NOVA AUTA ACADEMIAE CAESAREAE LEOPOLDINO-CAROLINAE GERMANICAE NATURAE CURIOSORUM. TOMUS LXX. CUM TABULIS XXI. Abhandlungen der Kaiserlichen Leopoldinisch-CGarolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher. 70. Band. Mit 21 Tafeln. Halle, 1898. Buchdruckerei von Ehrhardt Karras in Halle a. S. Für die Akademie in Commission bei W. Engelmann in Leipzig. IENTBArR AED OF TIE MUSEUM OF CO as ZOÖLOGY. GIFT je | de b. en Drug an & a 27 j \ = Us v ) ar D u E4 . . » Pe = nn i . 5 a Erz u : ‘ 0 u 2 = . . “ . ng @ u . j .. ” j u u u 5 ö u Tu e w ad je nG 5 B ra [8 » De Ban 8; Arm NOVA ACTA ACADEMIAE CAESAREAE LEOPOLDINO-CAROLINAE GERMANICAE NATURAE CURIOSORUM. TOMUS LXX. CUM TABULIS XXI. Abhandlungen der Kaiserlichen Leopoldiniseh-Caroliniscehen Deutschen Akademie der Naturforscher. 70. Band. Mit 21 Tafeln. Halle, 1898. Buchdruckerei von Ehrhardt Karras in Halle a. 8. Für die Akademie in Commission bei W. Engelmann in Leipzig. ae $ gunnerntlis TErTIEE PETE UF, ! ss Im AUT, 27 18 sa Tore N. A anlEieN LAT ® 5 Em ulm ed, al iemäi. 2 er ar i u‘ Da . E . TREO u)! \ L 9 erinnern. Naar “ BET rue r Seiner Majestät Wilhelm I. Deutschem Kaiser und Könige von Preussen ihrem hohen Schirmherrn dem erhabenen Gönner und Beförderer aller wissenschaftlichen Arbeit des deutschen Volkes widmet die Kaiserliche Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher diesen siebenzigsten Band ihrer Abhandlungen durch den Vorsitzenden Dr. Karl von Fritsch. 7 ME ı 81 HAERTIIR Yu UsklastlE 7 17..naMANTA NH Ai ua) Tas wir wi ei Ph tim un m \ - N ABl win ’ ' \ 4 N Fi 4: R R DETAM TEEIlLL mE BEE A ur ’ j { niw . » u u {i ( f : ’ KT Inhalt des LXX. Bandes. L. Frobenius. Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive . W. Zopf. Untersuchungen über die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten der Flechten (Erste Ab- handlung) . H. Hallier. Indonesische Acanthaceen W. Zopf. Untersuchungen über die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten der Flechten (Fortsetzung) C. Greve. Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla, Lamnungia und Artiodaetyla non rumi- . 97—192. . 193 — 240. . 241 —288. TENNEN TAN S nr Par ee en N ee ENRRTELEHNR . 1—96. Taf. I—Vl. AdEya NANL, NAndE Taf. IX—XVI. Taf. XVII—-XXI. ST BIT: Fi 2 l ee Trail - r er el ee, EI l yiadi Pa BE 77 1438 WE ur Bye TPimın . villa ® die Ma .ı aa Mi er BE KR Hi; JA @DE ia news! D 4 ir BAyEL 2 . f ur“ ı# & ur Vorstand der Kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher. Gegründet am 1. Januar 1652. Deutsche Reichsakademie seit dem 7. August 1687. Präsidium. K. Freiherr von Fritsch in Halle a.S., Präsident. | A. Wangerin in Halle, Stellvertreter. Adjuncten. I. Kreis: F. Ritter von Hauer in Wien; | VIII. Kreis: M. H. Bauer in Marburg. E. Mach in Wien; IX. Kreis: E. H. Ehlers in Göttingen. J. Hann in Graz. X. Kreis: G. Karsten in Kiel. II. Kreis: E. Wiedemann in Erlangen; XI. Kreis: A. Wangerin in Halle. R. Hertwig in München. Xl. Kreis: H. Schaeffer in Jena. Ill. Kreis: C. v. Liebermeister in Tübingen. XI. Kreis: V. Carus in Leipzig; IV. Kreis: A. Weismann in Freiburg. | H. B. Geinitz in Dresden. V. Kreis: @. A. Schwalbe in Strassburg. XIV. Kreis: A. Ladenburg in Breslau. VI. Kreis: R. Lepsius in Darmstadt. ' = XV. Kreis: R. Virchow in Berlin; VII. Kreis: E. Strassburger in Bonn. C. A. Jentzsch in Königsberg. Sectionsvorstände und deren Obmänner. VI. Zoologie und Anatomie: I. Mathematik und Astronomie: J. Lüroth in Freiburg, Obmann; A. von Kölliker in Würzburg, Obmann; R. Helmert in Potsdam; C. Gegenbaur in Heidelberg; G. Cantor in Halle. F. E. Schulze in Berlin. II. Physik und Meteorologie: G. B. Neumayer in Hamburg, Obmann; A. Oberbeck in Tübingen; E. Mach in Wien. VII. Physiologie : C. von Voit in München, Obmann; F. L. Goltz in Strassburg; III. Chemie: | W. Engelmann in Berlin. J. Wislicenus in Leipzig, Obmann; H. Landoldt in Berlin; VIII. Anthropologie, Ethnologie und Geo- J. Volhard in Halle. graphie: IV. Mineralogie und Geologie: R. Virchow in Berlin; F. Ritter von Hauer in Wien, Obmann; F. Freiherr von Richthofen in Berlin; H. B. Geinitz in Dresden; F. Ratzel in Leipzig. K. Freiherr von Fritsch in Halle. V. Botanik: IX. Wissenschaftliche Mediein: H. @. A. Engler in Berlin, Obmann; E. Leyden in Berlin, Obmann; S. Schwendener in Berlin; R. Virchow in Berlin; F. Buchenau in Bremen. M. von Pettenkofer in München. DIL ee wen, ee ak konese ef en ‚lern sn al th eidg ai ri Kar, a Su e ul j Tee rel Altar Ö A, SER 2. mia Bu dl es ir men; anlanıı "A usa u an LM 8 IN tot v Ark in Per: u} kin atıın Katie “un and vi PER e"" er = en Beet 404/1 Mi A vs DR IB * 5 Kein nee sn Bee rn ME Aussee Ber} dadir) 15 een, t BA near Ms Te sale a hit N. . KV ri Zara Tran 377 Jen 8 9 rg \ u vr su WR er % rn se we ge er Ka ta ei 2ich WRBESA =D ‚tn DEE Tuurd it steh ih et ar u Bin Ds mus. 9, . Ai (Bl Kars Bit " . ri ae ei I IN 1 A RE = j AR 4 En 94 br i in Dart BI) Pr 7 an ® ae en i KO ul LEER Sg ' j a4 Er. u} ee 1 Dar . 0 een [au y i ic + a - iu ur a ty att = ih; y Alla: SE ML TIEF DI ZEIE n te sr u j ai) o Mei z R PTTIE Isa. rl 4 ib v1 3 kon MH ji jr area 6 > PETE Tv, » ZI 64 in er j) Heel una. NM ‚ 2 Br Ad 2 k \ ' u 4% un (d u 6 ‘ Si ie u c: 7 PER, 6 eur um lin ir 3 7 3 on ee. 2 NONE FRCHR Abh. der Kaiserl. Leop.- Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band LXX. Nr. 1. DER KAMERUNER SCHIFFSSCHNABEL UND SEINE MOTIVE von L. Frobenius. Mit 6 Tafeln Nr. I-VI. Eingegangen bei der Akademie am 1. Juni 1896. HALLE. 1897. Druck von Ehrhardt Karras, Halle a. S. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. nr The: ob slmahnh nnnoeinont 2 # Ami ug K m Kr Aa . aunangen TIER ART Bi uurolk A MR (MU mr Fo PET PeRnN „I My m Eee 1 { H Saunen Linie... ro af ri ee TE 3 A.r.,r2aH ur As Alielt; won. SPEER ans a POFFTLeE TEE 10T were 7 ee Herrn Joachim Graf von Pfeil und Klein Ellgut in Verehrung und Dankbarkeit zugeeignet vom Verfasser. ar a a u Al a nn T en ei r p: i Le) u x - 4 “ x 0 | Dr ’r 5 - = De d BD BR Fu . 0) EB 5 " = : D 5 u - l i „= u on ß . - | iu) ” 5 \ ei Y S | Aral soll han Kid wor ums) hlonol, wrıoH = idradduad km ERTL En Di NM tsuplangımn Inhalt. Einleitendes. I. Theil. Der Verkehr mit der Seele. 1. Das Geistereitiren und ähnliches. 2. Enthaltungsgebote und Vergeistigung. 3. Seelenfahrt und Totenfeste. I. Theil. Die Seele in den Thieren. 1. Die Vogelmythe. 2. Die Fananymythe und die Schlange. 3. Der Totemismus. III. Theil. Formvergleich, Schluss. Die Abildungen. Kameruner Schifisschnabel, Original, Museum für Völkerkunde in Hamburg. ” 9 1 2 3. 4. B 5 6 7 So D TE 28a,b. Maske der Abo-Leute erworben von Lieut. Späthe. „ ” Er ” ” Ethnographisches Museum in München. Ethnographisches Museum in Stockholm. Museum für Völkerkunde in Berlin. Original-Photographie. Original, Ethnographisches Museum in München. ” Museum für Völkerkunde in Berlin. Modell, Museum für Völkerkunde in Kiel. ” ” „ „ ” Sammlung Späthe (Öls in Schlesien). Museum für Völkerkunde in Dresden. Museum für Völkerkunde in Hamburg. Museum für Völkerkunde in Berlin. Ethnographisches Reichsmuseum in Leiden. Reichspostmuseum in Berlin. Museum für Völkerkunde in Berlin. Gewerbe-Museum in Krakau. Museum für Völkerkunde in Bremen. Sammlung Meinecke (Berlin). Provinzial-Museum in Hannover. Museum für Völkerkunde in Berlin. Ethnographisches Museum in Basel. Missions-Museum in Basel. Museum für Völkerkunde in Berlin. Ethnographisches Museum in Wien. Museum für Völkerkunde in Berlin. Museum für Völkerkunde in Lübeck. Historisches Museum in Bern. 29—32. „Knjalan“, Schnitzerei der Dajak, Ethnographisches Museum in Wien. Im Besitze des Verfassers. Einleitendes. Mit einem gewissen Behagen wendet sich der Verfasser schon deshalb der Besprechung des Kameruner Schiffsschnabels zu, weil er damit jungfräu- lichen Boden betritt. Eine wissenschaftliche Betrachtung ist ihm bisher noch nicht zu Theil geworden. Das einzig belangreiche, was die Literatur über ihn aufzuweisen hat, ist eine Bemerkung Schurtz’s und eine allgemein gehaltene Beschreibung durch Buchner. Letztere sei in Anmerkung ge- geben,') es wird sich Gelegenheit bieten, häufiger darauf zurückzukommen. 1) Buchner, „Kamerun“, schreibt $. 40: Es ist das (Holzschnitzen) eine der vielen unnützen Beschäftigungen, die dem tändelnden Sinne des Negers besonders zusagen. Am hervorstechendsten unter den Erzeugnissen dieser Kunst, sind die erwähnten complieirt aus- sehenden Ornamentstücke, die bei Wettfahrten vorne an den Kanus befestigt werden. Als Motive derselben findet man hauptsächlich europäische Formen, phantasievoll untermischt mit afrikanischen Thiergestalten. Jeder Häuptling oder Kanubesitzer trägt dabei eine andere Gruppirung der verschiedensten Gegenstände zur Schau, so dass man von einem kleinen dunkeln Beginn afrikanischer Heraldik sprechen könnte. „Das am häufigsten wiederkehrende Inventarstück eines solchen Schmuckes ist ein rundes Kredenzbrett mit einer bauchigen Flasche, um welche sechs oder acht kleine Schnaps- gläser stehen. Dieses sinnige Emblem der Zivilisation nimmt gewöhnlich den Schwerpunkt des Ganzen ein. Dicht unter dem zierlichen Sockel auf dem das Kredenzbrett ruht, strecken halb links und halb rechts zwei Schiffskanönchen ihre hölzernen Rohre nach vorn. Hinter ihnen ragen vielleicht zwei blumenartige Gebilde höher empor, die man als Sonnenschirme deuten muss, und nach unten hängt eine Glocke herab. Mitten zwischen diesen durch häufige Wiederholung sehon mehr konventionell gewordenen Motiven drängen sich dann die unter- scheidenden individuellen Merkzeichen vor, die oft eine reizende Naivetät der Erfindung zur Schau tragen, Menschengestalten mit Flinten, die eine mächtige Schlange würgen, löwenartige Bestien mit weit aufgesperrtem Rachen, in eifriger Begattung begriffene Elefantenpärchen, Krokodile, die einen Vogel beim Schwanze packen und dgl. mehr.“ Was Buchner im Anfange des zweiten Absatzes sagt, bezieht sich offenbar auf den von ihm selbst erworbenen Schiffsschnabel Fig. 2. Seine Auffassung von der Bedeutungs- losigkeit dieser Schnitzwerke glaube ich in der vorliegenden Arbeit widerlegt zu haben. 8 L. Frobenius, [8] Schurtz wurde auf einen Kameruner Schiffsschnabel (es handelt sich um unsere Fig. 4) aufmerksam, gelegentlich seiner Studien über das Augen- ornament und schreibt:') „Sicher nachweisen lässt sich das Augenornament in Afrika, an den merkwürdigen Schiffsschnäbeln von Kamerun, die in ihrem Stile so ganz fremdartig der innerafrikanischen Kunst gegenüber- stehen und auch in ihrem Aufbau aus zahlreichen, eng verbundenen Figuren, an melanesische Schnitzereien erinnern. Vielleicht klärt uns die Zukunft über die Geschichte dieser seltsamen Gebilde auf, die berufen scheinen, einen Ausblick auf mancherlei neue Probleme zu eröffnen.“ Damit sind einige Schwierigkeiten, die die vorliegende Arbeit zu überwinden hatte, ausgesprochen; einmal ist von der Bedeutung der eigen- artigen Schnitzwerke nichts bekannt, zum andern bietet zunächst kein anderer Gegenstand der afrikanischen Plastik emen direeten Fingerzeig. Dazu kommt aber noch eins, und zwar war dies die mühsamst zu beseitigende Klippe, ich meine die kleine Anzahl der in europäischen Museen vor- handenen Stücke.”) Nachdem es aber gelungen war, ein genüsgendes Material zu sammeln um ein Bild der Formentwicklung zu gewinnen, war immerhin die erste Unannehmlichkeit, nämlich das Fehlen jeder Erläuterung, Erklärung noch zu überwinden. Wenn sich auch die einzelnen Theile dieses alleinstehenden Gebildes mit einzelnen Mythen und Ideen anderer Westafrikaner in Einklang bringen liessen, so war eine einheitliche Grund- idee doch erst nachweisbar nach Auffindung der Kalabar Maske Nr. 28 und nach Erkennung aller Parallelen, die im letzten Abschnitt eine eingehendere Erörterung finden werden. 1) H. Schurtz, Das Augenornament und verwandte Probleme, 1895, S. 33—39. 2) Es ist meine angenehme Pflicht, an dieser Stelle allen den Herren, die mir ent- weder durch Uebersendung von Photographien und Zeichnungen oder durch Zurverfügung- stellen ihrer Privatsammlung behilflich waren, meinen Dank auszusprechen. Vor allen Dingen schulde ich denselben Herrn Weiler, der mir in Kamerun die Photographie zu Fig. 5, Herrn Dr. Hjalmar Stolpe, der mir in Stockholm die Photographie zu Fig. 3, Herrn Professor Dr. Max Buchner, der mir die Photographie zu Fig. 2 und Fig. 6, Herrn Lüders, der mir in Hamburg die Photographie zu Fig. 1, Herrn Dr. Wilhelm Hein, der mir in Krakau die Farbenskizze zu Fig. 16, Herrn Dr. Scheppig, der mir die Photographie zu Fig. 8 hat an- fertigen lassen und Herrn Botstiber, der mir in Wien die Photographie zu Fig. 24 und 27—30 angefertigt hat, sowie endlich Herrn Maler C. Weidmann in Lübeck, der für mich die Zeichnung zu Fig. 18 und Photographie zu Fig. 26 hergestellt hat. [9] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive, 9 Die Eigenart der zu behandelnden Stoffe muss eine sehr strenge Beweismethode beanspruchen. Eine solche kann aber nur dadurch erreicht werden, dass die Einheitlichkeit der Entwieklungsreihen und der Motive festgestellt wird. Das aber wieder ist nieht möglich ohne ein weites Zurückgreifen, eine gemeinsame Grundlage, die allen Einzelheiten als Fundament dient. Das muss deshalb vorangeschickt werden, um den scheinbar nieht zum T’'hema gehörigen Theil I zu erklären und zu recht- fertigen. Der afrikanischen Weltanschauung ist leider bis jetzt keine ein- gehende, wissenschaftliche Untersuchung zu Theil geworden, und das musste bei dieser Arbeit eben mit nachgeholt werden, um sich überhaupt ver- ständlich machen zu können. Noch eins muss vorangesandt werden. Die Entwieklung der einzelnen Motive, zumal die Uebernahme europäischer Motive an Stelle unklar gewordener der eigenen Kunst, beweist, dass ein Verständniss der Kompo- sition kaum mehr existirt, dass seine primäre Bedeutung aber entschieden verloren ist. Um für den Vergleich der Einzeltheile des Schnitzwerkes mit den entsprechenden Absätzen einen Anhaltspunkt zu geben, möge hier eine Zerlegung angedeutet werden. Die ursprüngliche Form des Schiffsschnabels muss aus folgenden Motiven zusammengesetzt gewesen sein: 1. der Mittelstange, 2. dem Vogel an der Spitze der Mittelstange, der die Schlange im Schnabel trägt, 3. dem Menschen, der in der Mitte der Tragstange steht und auf beiden Seiten ein Thier mit den Händen hält, 4. den Seitentheilen, die den hintern Theil der Mittelstange mit dem Querbrette verbinden, dem Querbrette. or Nova Acta LXX. Nr.l. vw LTheil Der Verkehr mit der Seele, Jene zahlreichen Holzfiguren, die in Afrika, zumal dem Westen des Erdtheiles aufgefunden wurden und unter dem Namen Götzenbild, Idol, Fetisch, Gottheit, Zauberfigur in den europäischen Museen Einzug gehalten haben, sie alle können Beweise ablegen sowohl für die Schwierigkeit, die Neger-Anschauung zu verstehen, als auch für die Unklarheit, die den Negern in Bezug auf die eigene Vorstellung eigen ist. T'hatsächlich schwankt der Neger in Dingen der Weltanschauungen stets zwischen Gegensätzen. Der Grund der Erscheinung ist in der Thatsache zu finden, dass diese Völker sich jeder Empfindung hingeben. Alle Empfindungen bleiben flache, selten vertieft sich der Ausdruck einer solchen bis zur Schöpfung einer Mythe. Alle gemeinsam wirken deshalb wie der Anblick einer Steppenlandschaft. Jene Figuren sind ihrer primären Bedeutung gemäss als Ahnenbilder zu erklären. Ratzel') giebt hierfür einige Beispiele. Es lassen sich aber bei eingehendem Studium noch zahlreiche Beweise anführen. Hier lässt schon ein grosses Beispiel die Grundidee, die fast allen „Teufeln “, „Schutz- geistern“, „Göttern“ etc. das Leben gegeben hat, ahnen; die Seele der Verstorbenen, das ist das Ursprungsmotiv aller dieser Variationen. Dem entsprechend ist es unumgänglich nothwendig, die Stellung, die der Neger seinen Todten gegenüber einnimmt, näher kennen zu lernen. Das sei der Zweck dieses ersten T'heiles, im Verlaufe dessen noch mancher Lichtblick !) Friedrich Ratzel: „Völkerkunde * 2. Aufl. Bd. I. S. 47. [11] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 11 auf die Gruppe der Erscheinungen fallen wird, die im speciellen die Grund- lage des Kameruner Schiffsschnabels bilden. Auch hier wieder führt uns der Ausgangspunkt der Entwieklungs- reihen zu dem Satz: „Ein Naturvolk geht nicht von der Beobachtung der regelmässigen Erscheinungen, der Gesetze in der Natur aus, sondern von der Beobachtung der Ausnahmeerscheinungen“.) Erst dann kommt das (Gewohnte zum Verständniss, wenn es aufhört ausnahmslos zu sein. Die Verehrung der Eltern tritt erst dann ein, wenn sie gestorben sind. Es ist das eine allgemein menschliche Eigenschaft. Man lernt erst dann seinen gesunden Körper schätzen, wenn ein Gebrechen an seine einstige Makel- losigkeit gemahnt. Das grösste Ereigniss im Leben ist das Ende desselben. Das Leben läuft gleichmässig dahin, erst der T'od erinnert an die Vergängliehheit. So ahnen denn die Neger nicht die Selbstverständlichkeit des Todes?) und für solehen Glauben muss dieses Ereigniss, der Tod eines Mitmenschen, zum interessantesten und denkwürdigsten Vorkommniss werden. Daher hat sich die Anschauung der Neger rückwärts — wie wir es noch mehrmals finden werden — in dieser Hinsicht gebildet. Erst nachdem jemand gestorben ist, fragt man nach dem Schicksal, der Art der Seele, und lässt sie alle Wandlungen durchmachen, bis sie endlich in der neuen Ineorperation die Periode ihrer Körperlosigkeit beendet hat. Darum sehon allein giebt es eine Schöpfung der Seele nicht. Im Kreislauf wandert sie vom Menschen- körper aus durch die verschiedenen Gestalten, die die Mythologie hervor- gebracht hat und bleibt entweder in der „Todtenstadt“ oder kehrt in einen Menschenkörper zurück. Ein: „Im Anfange war nichts und Gott schuf ete.“ giebt es für die unbeeinflussten Neger nicht. Eine ungeheure Unklarheit herrscht aber darüber, was aus der Seele wird, wie sie sich zum Menschen stellt, wenn sie einen Menschenkörper verlassen hat. Hiervon, von diesem Wirrwar, dem Durcheinanderfluthen der eigenartigsten Anschauungen, von den Schicksalen der körperlosen Seele wollen wir in dem ersten und ') Vergl. m. Arbeit: „Stielgerechte Phantasie“, die demnächst im „Internationalen Archiv für Ethnographie“ erscheinen wird, und das, was Näheres darüber in Theil II, Ab- schnitt 2 gesagt ist. ?) Die afrikanische Todesmythe muss als secundär bezeichnet werden. I 12 L. Frobenius, 12] zweiten Theile uns ein Bild zu machen suchen. Wir werden eine Reihe von Motiven kennen lernen. l. Das Geistercitiren und ähnliches. „Die hauslos in Einöde umherschweifenden Abiku (Seelen in Yoruba), denen trotz des quälenden Hungergefühles im Toodtenopfer keine Speisegaben gespendet werden, streiten sich so oft ein Neugeborener in die Welt tritt um seinen Besitz zur Einbehausung, und der zuerst glücklich Besitz- ergreifende hat sich, um Frieden zu halten, mit seinen Leidensgenossen darüber zu einigen, dass ihnen von der zum Auffüttern des Säuglings dienenden Speise ein vereinbartes Quantum abgegeben werde. Dadurch wird dann leicht der dem Kinde nöthige Antheil allzusehr beeinträchtigt, denn obwohl die durch die Tagesarbeit des Magens bewältigbare Speise für «zwei Seelen in einer Brust», also für einen Gefährten genügen mag, so wird doch wenn allzuviele Mitesser partieipiren ein Hinscheiden statt haben müssen.“') Schutzeeist“, „neuentstandene Seele“(?), „Seele eines Verstorbenen“ ” to} ’ vb) \ I A das sind Erklärungsversuche, die das Entstehen neuer Geschlechter deuten sollen und mit grosser Unklarheit durcheinanderfluthen, wie es auch diese Mittheilung zeigt, denn wie hier das neugeborene Kind den umherschweifenden Seelen in die Hände fällt, so die lebenden Menschen im Zustande der Be- sessenheit. Ueber diese Besessenheit schreibt Wilson: „Sogenannte Besessene sind nichts ungewöhnliches; sie geben sich durch wahnsinnige Geberden, durch Verzuckungen, durch Schäumen des Mundes, durch Aeusserungen übernatürlicher Kraft,”) durch Zerreissen des eigenen Fleisches, Zähne- !) A. Bastian: „Zur Mythologie und Psychologie der Nigritier in Guinea“. Berlin 1894, S. 18 nach Ellis: „The Yoruba-speaking peoples“. 2) Ein eigenartiges Beispiel dieser Art erzählt Lenz: Bei den Aschuka produeirte sich zur Zeit seiner Anwesenheit ein «vom Teufel Besessener» auf folgende Weise: „Der Betreffende sass den grössten Theil des Tages in oder vor seiner Hütte und sprach und handelte wie jeder vernünftige Mensch. Plötzlich, gewöhnlich gegen Abend, springt er auf, läuft wie toll im Dorf umher, wobei er ein unheimlich klingendes Gebrüll erhebt und wendet sich dann dem Walde zu, immer nur in einem so schnellen Lauf als irgend möglich. Dort aber reisst er mit den Händen einen Baum sammt seinen Wurzeln aus der Erde unter der [13] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 1151 knirschen und andere Erscheinungen dieser Art zu erkennen, die in manchen Fällen allerdings nichts weiter sein mögen, als die Wirkung starker Nar- kotika, aber keineswegs überall auf dieselbe Weise sich erklären lassen. Uebrigens kommen diese Erscheinungen in Süd-Guinea häufiger vor als in Nord-Gruinea.“') Wenn diese Besessenheit auch oft erwähnt wird, so theilt doch eigentlich nur Wilson mit, wen die Eingeborenen für den Besitzergreifenden halten. Bei den Wabondei sind dieselben zu ganz bestimmten Geistern, „Pepo“*, geworden.’) — „Epileptische Anfälle (Kiswaheli — pepo) werden von den Waniamwesi einem bösen Geist zugeschrieben, den man durch Tanz, Biergelage und Höllenlärm aus dem Körper des Befallenen heraustreibt, falls Schwitzen und Streichen mit Mehlbrei nichts nützt.“°) Die Wakundi baden Besessene im Fluss, schlachten ein Schaf und stellen Tänze an.) „Singen, Schreien und eigenartige Geberde sind bei den Mandingo Zeichen der Besessenheit. Wenn dieses einer Weibsperson widerfährt und sie glauben, dass es eine wirkliche Besitzung ist, so legen sie ihr ein Manns- kleid an und geben ihr ein Sagay in die Hand, gehen um sie herum und singen mit sehr kläglicher Stimme, um den Teufel zu vertreiben.“°) „Die Quolga — wohl die jetzigen Gola — sagen der Soma d.i. der Teufel (!) besässe die Leute, die aus Tiefsinnigkeit oder Verzweiflung sich von anderer grössten Anstrengung, denn er darf sich keines Werkzeuges bedienen; er nimmt dann den Baum auf die Schultern und läuft damit zum Dorfe zurück, so schnell als es eben mit dieser Last möglich ist, wobei er beständig jenes schauerliche Geheul ausstösst. Bei seiner Ankunft im Dorfe flüchten Weiber und Kinder in die Hütten und schliessen dieselben. Die Männer kümmern sich nicht um ihn. Ist er bei einer bestimmten Hütte angelangt, so versucht er es, immer noch den schweren Baum auf der Schulter, in das geschlossene Haus einzudringen, was natürlich nieht geht, so dass er schliesslich schweisstriefend zusammenstürzt, den Baum krampfhaft festhaltend. Jetzt erst erbarmt man sich seiner; er wird von einer alten Frau, auf welche der Kakodämon in dem Manne keinen Einfluss hat, aus dieser Lage befreit, indem sie ihm einen Löffel voll weissen Pflanzensaftes giebt. Der Baum wird ihm abgenommen und er in seine Hütte gebracht, wo er sich nach dieser strapaeiösen Arbeit ausruht.“ Oskar Lenz: „Skizzen aus Westafrika“. S. 194. 1) Wilson: „Westafrika“. 8.199. 2) Oskar Baumann: „Usambara und seine Nachbarländer“. S. 142—143. 3) Stuhlmann: „Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika“. 8.86. 4) Oskar Baumann: „Durch Massailand zur Nilquelle“. 8. 222. °) „Allgemeine Historien der Reisen“. II. Bd. 8. 243. 14 L. Frobenius, [14] Gesellschaft in den Wald entfernen. Daselbst weise ihnen der Soma die Kräuter und Wurzeln und die Stellungen, Worte und ÜCeremonien, welche zu solchen boshaften Verrichtungen nöthig sind“ ete.') In Loango glaubt man, dass die Besessenen — Unkullu — aus denen die Seele eines Ver- storbenen spreche, durch den Schlag der heiligen Trommel geheilt werden können. Den auf diese Art Ausgetriebenen wurden dann Geisterhütten ge- baut.) Abamba nennen die Pongwe die Seelen eines anderen Stammes, Inläga die des eigenen. Diese beiden Geistergruppen sind es, welche die Besessenheit durch Besitzergreifung hervorrufen’) etc. Die Verallgemeinerung eines Individuums einerseits, die Concentrirung mehrerer Personen andererseits stellen die verschiedenen Formen der Be- sessenheitsanschauung dar. Die Anfangsformen liegen oft tief vergraben. Die Loangoküste bietet das Bild der grössten Verwirrung, dort sind alle alten kleinen und grossen Ahnen zu allgemein verehrten Viertelsgöttern geworden. So auch der Chikokke, eine Holzfigur. Oftmals kommt der Geist dieser Figur „und besucht Männer, Weiber und Kinder, die dann auf drei Stunden unsinnig sind. Was sie während dieser Zeit reden, das ist des Chikokke Wille, in dessen Tempel oder Hütte sie grosse Freuden- bezeugungen anstellen. Sie nennen solche Person Mokisso Moquat, das heisst von dem Mokisso ergriffen, und kleiden die auf diese Art Besessenen sehr schön.“') „Des Mokassa, das den Nyansa belebende Wesen, hat stets seinen Priester, in dessen Körper er Aufenthalt nimmt und der bedeutenden Einfluss im Lande hat. Er kann Gutes und Böses verhängen, ja sogar die Zukunft weissagen.“’) Die Schlange, die in Weida die Ahnenverehrung geniesst und von den Beta genannten Priestern gepflegt wird, versetzt in Raserei und die Rasenden sind im Stande wahrzusagen.‘) Cochinguella hiess bei den Jaga die Üeremonie, mittelst dessen der Geist Bangala 1), „Allg. Hist. d.R.“ EI.Bd. S. 629. 2) A. Bastian: „Die deutsche Expedition an der Loango-Küste“ Bd. II S. 224 und: „Ein Besuch in San Salvador“. S. 101. 3) Wilson, a. a. 0. S. 288. 4) „Allg: Hist. d. R““ IV.Bd. S. 658. 5) Stuhlmann, a. a. O. S. 188. 6) A. Bastian: „Allerlei aus Volks- und Mensehenkunde.“ Bd.1l. 8. CXIV. Vergl. auch Bossmann über Besessenheit durch die Sehlange. [15] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 15 Quingure's, des grossen Hordenführers in seinen Tempel gerufen wurde. Auf Befragen weissagte er die Zukunft und gebrauchte dabei eine veraltete Sprache. — Bunsi wurde in Angoy durch Klingeln herbeigerufen und senkte sich auf den Priester, der auf Bunsis Thron sitzend, so dessen Willen und Weisheit verkündete.') Es war ein gleicher Geist, der die Jaga durch Generationen beherrschte. Starb der alte Fürst, so senkte er sich in den Nachfolger’) Wenn an der Goldküste eine Seele befragt werden soll, so kisst sie sich an der Kette, die vom Dache des Gbalo (Sprecher) ge- nannten Wahrsagers herabhängt, nieder.?) Während so die Verbindung mit den Geistern von momentaner Noth- wendigkeit abhängig gemacht wird, tritt sie auch in verschiedener Form als beständig auf. Dahin leitet schon die Anschauung der Waganda, die vermeinen,. dass die Seelen der verstorbenen Fürsten dann und wann in eine lebende Person einziehen, „die unter diesen Zuständen an temporärer Raserei leiden“. ‘) Bassa-je (Ellis®)) oder Bassa jeh (Skerchley‘‘)) heissen in Dahome diejenigen Medien, die den verstorbenen Königen zu Besitzergreifung dienen. Diesen, die Seelen aller früheren Könige vertretenden Frauen, reiht sich eine noch eigenartigere Figur an. Ueber sie berichtet Labarthe folgender- massen: „Der König hat einen eigenen Teufel. Um diese Rolle zu spielen, sucht man einen jungen Mann von 30 Jahren aus, den man vermittelst eines Getränkes rasend macht; diesem baut man sodann eine Hütte, eine Stunde vor der Wohnung des Königs“.‘) Der Neger tritt also in direkten Verkehr mit den Geistern seiner ‚Verstorbenen, indem er sie veranlasst in einen Menschen einzuziehen und durch dessen Mund seine Wünsche und Bedürfnisse, sowie die Zukunfts- weissagungen kund zu thun. Man ruft den Geist. Zum Beispiel legen die Wakundi einen jungen Verwandten des zu befragenden Todten auf den Boden und klopfen ihm mit einer Hacke auf den Kopf. Der äussert dann !) A. Bastian: „Loango-Küste“ a. a. O. Bd. 11. S. 60, ebeuda Bd. 1. S. 86/7. 2) A. Bastian: „San Salvador“ a.a. O0. 8. 150/1. 3) A. Bastian: „Der Fetisch an der Guinea-Küste“* $. 42. 4) Stuhlmann a. a. 0. 8. 187. 5) Ellis: „The Ewe-speaking peoples“ S. 111. 6) Skertehly: „Dahomey as it is“ S. 226 und 462. ) Labarthe: „Reise nach der Küste von Guinea“ 1803. S. 145/6. 16 L. Frobenius, [16] die Wünsche des Verstorbenen.') Bei dem Kabinda sind es die Ahnen- figuren, die von den Geistern eingenommen werden, wenn sie sich ver- ständlich machen wollen. Der Neger, der mit einem Ahnen verkehren will, bringt ihm zunächst ein kleines Opfer durch Anspeien der Figur dar. „Dann beginnt ein leises Murmeln, ein unverständliches Gebet und erst einige Minuten später wird der Manipamba (die Figur) an’s linke Ohr ge- halten. Der betende Neger hat aber vorher nach beendigten Gebeten seine Bitte oder Frage laut ausgesprochen.“ Der Geruch an einer gewissen Stelle unter dem Lendentuche des Figürleins ist für den Konsultirenden der Vorbote der Antwort. „Mit dem richtigen Geruch wird die Figur sogleich wieder an das Ohr gelegt; kräftige Erschütterungen des ganzen Körpers des Negers verrathen dann, dass der Manipamba mit seinem Schützlinge sich zu unterhalten begonnen hat.“’) Auch der Mkwiri wendet sich bei Unglücksfällen um Auskunft und guten Rath an die Geister seiner Ver- storbenen. Der Ganga beugt sich über ein Wasserbeeken und spricht: „«Vater, Mutter, offenbart mir, wer den Zauber verübt hat.» Nach einer Weile weiss er einen Namen zu nennen. Vater, Mutter, nennt er die Geister Abgeschiedener.“’) Die Massongo üben ähnliche Sitte. „Wenn man Ursache hat, wegen irgend eines Leidwesens den Verdacht zu schöpfen, dass die Seelen der Verstorbenen nicht zufrieden und vielleicht hungrig sind, so wird der Wahrsager gerufen. Derselbe setzt sich mit seinem heiligen Topf, auch wohl noch mit anderen Sachen, als geschnitzten Köpfen u. s. w. in die Mitte der Anwesenden. Während er sich mit dem Wasser aus dem Topfe wäscht, treibt er allerlei Hokuspokus, indem er bald kriecht, bald die Glieder verrenkt. Plötzlich springt er auf und stösst zum Zeichen, dass die Seele des Verstorbenen in ihn übergegangen ist, unartikulirte, bestialische Laute aus. Jetzt beginnt einer aus dem Kreise der Anwesenden, die in den Wahrsager übergegangene Seele zu fragen, was sie wünsche, ob sie hungrig sei u. s. w. Die Anwesenden wiederholen dieselben Fragen, indem sie im Chor schreien, und der Wahrsager antwortet darauf, dass die Seele ein Fest oder ähnliches verlangt.“ ‘) !) Oskar Baumann: „Massailand“ a. a. O.S. 221. 2) Tams: „Südwest-Afrika® S. 88/9. 3) Schwarz: „Kamerun“ S. 175. 4) Paul Pogge: „Im Reiche des Muata Yamwo“ 8. 38. 117] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 17 Der Zustand der Besessenheit ist gewissermassen aufzufassen als der entgegengesetzte zu dem der Vergeistigung. Letzteren bespreche ich im nächsten Abschnitt. Beiden Zuständen liegt das Bedürfniss zu Grunde, sich mit den gefürchteten und verehrten Seelen der 'Todten verständigen zu können. Während aber in dem ersteren die Seele zu den Körperformen zurückkehrt, so macht sich im anderen der Mensch von denselben frei, um in der Art dem Geiste gleich zu sein. Nur Gleiches kann Gleiches ver- stehen. Das ist eine der fundamentalsten Annahmen der Wilden-Welt- anschauung; ebenso bedeutungsvoll ist sie wie das Bedürfniss, mit jenen unheimlichen Wesen, den Körperlosen, den Pakt eines friedlichen Verkehrs immer wieder aufs Neue abschliessen zu können. Daher die Häufigkeit der Sitten, denen die Ideen der Besessenheit und der Vergeistigung zu Grunde liegen. Meistens mit Recht wird man in der Verehrung der Thiere, Bäume, Gegenstände jeder Art, bei den Negern die Annahme der Wirkungs- kraft eines Menschengeistes suchen. Bis jetzt nahm man allerdings die selbstständige Wirkungskraft, die Zauberkraft, die zusammenhangslos indi- viduelle Kraft an, wenn man von der Verehrung eines Holzes, "T'opfes, Steines, T'hieres, Bildnisses hörte. Man vernehme nur, als ein Beispiel von vielen, die Auffassung Uruiekshanks, eines im Allgemeinen vortrefflichen und durchaus nicht oberflächlichen Beobachters: „Sie glauben, dass das höchste Wesen aus Mitleid mit dem Menschengeschlecht, einer Menge von Dingen, beseelten und unbeseelten, die Eigenschaft der Göttlichkeit verliehen habe, und dass er jeden Menschen bei der Wahl des Gegenstandes seiner Verehrung leite. Ist diese Wahl getroffen, so wird der Gegenstand seines Kultes, der «suman», das heisst sein individueller Götze. (N.B. soma — Geist — Seele.) Dies kann ein Klotz, ein Stein, ein Baum, ein Fluss, ein See, ein Berg, eine Schlange, ein Aligator, ein Bündel Lumpen sein, oder alles, worauf die schweifende Phantasie eines Götzendieners verfallen kann. Von dem Augenblicke an, wo er seine Wahl getroffen hat, nimmt er überall in seiner Noth, in seiner Bedrängniss Zuflucht zu diesem seinem Gotte.“') ') B. Oruiekshank: „Ein achtzehnjähriger Aufenthalt an der Goldküste Afrikas“, S. 217/18. Nova Acta LXX Nr.1. Bi) 18 L. Frobenius, [18] Kein Wunder, wenn man lange Zeit der Völkerkunde die Bedeutung einer Wissenschaft nicht zugestanden hat! Es ist wohlthuend, wie in neuerer Zeit dagegen derartig difieile T'hemata behandelt werden, für Afrika zumal von Ellis, der zum Beispiel von Kwamina, einem Suman, einem Wesen, das als Stein in einem Beeken verehrt wird, schreibt: „From time to time Kwamina enters into a priest. They see the priest convulsed, they hear a strange voice, the voice of IKwamina proceeding from the priest, saying: «I, Kwamina have come», and they hear also the predietions and instruetions he utters. But all this time the stone is still in the brass pan, it has not changed its appearence, nor disappeared, neither has it moved or spoken.“') Daraus lässt sieh jene Vorstellungsrichtung, die ich als Bindeglied aller Anschauungseinzelheiten dieser Gruppe erklären konnte, noch klarer erkennen. Jedes Wesen kann mit dem Menschen nur verkehren, wenn es sich in dem menschlichen Sinn verständlichen Formen äussert. (Und der umgekehrte Satz bietet das Ver- ständniss für die Erscheinungen des nächsten Abschnittes.) Wenden wir uns nunmehr der letzten Gruppe der Geistereitirungs- sitten zu. Es sind Gebräuche, die dem "Todtenfeste vorangehen, die die Beweise bieten, dass nach der Annahme der Neger die Seele bis zur letzt- genannten Feierlichkeit in der Nähe des menschlichen Körpers bleibt. Die Todtenbefragung, die ich meine, ist der letzte Verkehr mit dem körperlosen Geist vor seiner Fahrt über den Todtentluss. Der Todte wird an der Sierra-Leona-Küste auf einer leiterartigen Bahre befestigt. Zwei Männer nehmen dieselbe auf ihre Köpfe, und ein dritter, der eine Art Rohr in der Hand hat, tritt vor den Verstorbenen hin und „fragt ihn nach der Ursache seines Todes. Erst thut er einen oder ein paar Schritte vorwärts und schwenkt sein Rohr gegen die Leiche, ‚worauf er aber gleich wieder zurücktritt und ihm allerlei Fragen vorlegt. Wenn nun die Träger sich stellen, als wolle der Leiehnam sich mit aller Gewalt vorwärts gegen den Mann mit dem Rohre bewegen, so hält man die Be- antwortung der vorgelegten Frage für bejahend, verneinend ist sie aber, wenn die Leiter mit dem Leichnam hin und her schwankt.“?) Etwas anders !) Ellis: „The Tshi-speaking peoples.“ 8. 191. 2) Winterbottom: „Nachrichten von der Sierra-Leona-Küste.“ 8. 299/300. [19] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 19 sind die Manipulationen, die die Gola mit dem Leichnam zum Zwecke der Todtenbefragung vornehmen. „Wenn man meint, dass Jemand gewaltsam umgebracht worden ist, so wäscht man die Leiche nicht eher, als bis eine scharfe Untersuchung angestellt worden ist. In dieser Absicht wickeln sie einige alte Kleider des Verstorbenen mit Abschnitten von seinen Haaren und seinen Nägeln ein. Auf solche blasen sie Sägespähne von gewissen Hölzern und befestigen das Bündel an der Bahre, welche zwei Schwarze um den Platz herumtragen. Vor diesen gehen Priester her, die mit ein paar Aexten aneinander schlagen!) und den Leichnam fragen, wo, wann, von wem und warum er hingerichtet worden und ob ihre Gottheit Kanow ihn in ihren Schutz genommen. Wenn der Geist durch eine gewisse Be- wegung der Köpfe von den Leichenträgern ihnen zu verstehen giebt. dass es die Sowa munusin sind, so fragen sie weiter, ob der Zauberer ein Manns- bild oder ein Weibsbild ist und wo er sich aufhält.“”) Etwas anders wird der Schluss von Dapper erzählt. Als «Ja» beugen nach ihm die Träger die Kniee, als «Nein» schütteln sie mit den Köpfen.) Auch Bossmann er- zählt die Art des Antwortgebens ein wenig abweichend. Wenn die Frage nach der Ursache dieselbe trifft, „so müssen diese "Träger, ich weiss nicht durch was List oder Erfindung, mit des Verstorbenen Haupt eine Neigung machen gegen den Fragenden zum Zeichen einer gleichgiltigen mündlichen Bejaung. sonst aber bleiben sie unbeweglich.“') Während Spieth nur eine allgemeine indireete Befragung der Geister bei den Ewe kennen lernte — der Ganga „muss den Geist des Verstorbenen in das Dunkel seiner Hütte eitiren und ihn fragen, warum er diese Welt verlassen habe“°) — beschreibt Kling aus dem Lande der Adeli eine direete: „Wenn jemand stirbt und die Leiche zum Begräbniss getragen wird, wird überall an den Häusern, wo sie nicht vor- noch rückwärts will, der Betreffende des Vergiftens beschuldigt, und er muss den Gifttrank trinken“.‘) !) Dieses erinnert sehr an das Beckenschlagen und Trommeln, das vielfach vor- genommen wird, um die Communication mit den Geistern einzuleiten. 2) „Allg. Hist.d.R.“ Bd.III. S. 629. >) 0. Dapper: „Umständliche und eigentliche Beschreibung von Afrika“. 1671. S. 404/5. 4) W. Bossmann: „Beschreibung Guineas“. S. 268. 5) Spieth in: „Monatshefte der: Norddeutschen Missionsgesellschaft“. 1893. 8. 88. 6) Originalnotiz aus Hauptmann Kling’s Tagebuch I. 13. Juni 1888. 3* 20 L. Frobenius, [20] Im Westen und im Süden findet sich die Sitte in derselben Form wieder. Nachtigall beschreibt den Brauch, wie er bei den Somrai geübt wird. „Bei 'Todesfällen vornehmer Männer wissen die weisen Männer die Schuldigen zu entdecken. In Somrai nehmen zwei derselben den Leichnam auf die Köpfe, der eine das Kopf-, der andere das Fussende. fordern mit den Angehörigen des Verstorbenen diesen laut auf, sie zum Mörder zu führen, schwanken, scheinbar vom Impulse des T'odten getrieben, hierher und dorthin, bis sie eine bestimmte Richtung annehmen und endlich vor der Thür des vermeintlichen Urhebers Halt machen.“') Dieselbe Art der Todtenbefragung ist bei den Benguela üblich. Die Leiche wird in den um- liegenden Ortschaften herumgetragen und ein anscheinend erzwungenes Stehenbleiben der Träger zeigt an, wo der Mörder zu finden ist.) In sehr interessanter Weise beschreibt Buchner eine Ceremonie dieser Art, der er unter den Bangala beiwohnte. Nachdem zwei Jünglinge, die von den Dorf- ältesten gehörig instruirt waren, die Leiche auf die Schultern genommen hatten, wurde nach der Todesursache gefragt; wenn nun die Träger, ob- gleich sie sich scheinbar dagegen stemmten, vorwärts stürzten, wie von Uun- sichtbarer Macht getrieben, so bedeutete dieses «Ja». Im anderen Falle blieben sie fest stehen.“”) — Eine weitere genaue Beschreibung liefert Wilson in seinem Berichte über die Grebos (Krus). Die dort wieder- gegebene Form schliesst sich an die der Adeli-Somrai an.‘) 2. Enthaltungsverbote und Vergeistigung. Haben wir im Vorigen das Bestreben der Neger, den Verkehr mit den Geistern der T'odten aufrecht zu erhalten kennen gelernt, so haben wir es jetzt mit dem Gefühle der Furcht vor dem Nebelhaften, Unfassbaren zu thun. Wohl haben diese beiden Motive entgegengesetzte Sitten gezeitigt, aber sie selbst stehen in keiner Richtung im Gegensatz, sondern stellen eine Ergänzung dar. Um einen Feind — als solcher tritt die erzürnte 1) Gustav Nachtigall: „Sahara und Sudan“. Bd, Il. S. 686. 2) Falkenstein: „West- Afrika“. S. 115/6. 3) Buchner im: „Ausland“. 1887. S. 343/4. 4) Wilson: a. a. O. S. 170/1. [21] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 21 Ahnenseele auf — bekämpfen oder beschwichtigen zu können, muss man ihn kennen. Des weiteren kann man Jemand wohl fürchten, möchte aber trotzdem von seiner Uebermacht Gebrauch machen. Dazu kommt, dass ein zeitlicher Unterschied zwischen den Sitten dieses und des vorigen Abschnittes stets im Auge behalten werden muss. Beide sind getrennt oder vielmehr ihre Motive sind, das eine vor, das andere nach dem Todtenfest entstanden. Vor demselben ist die Seele noch in der Nähe des Körpers. Ist sie nach derselben gegenwärtig, so ist sie aus der 'T'odtenstadt zurückgekehrt. Das Todtenfest und seine primäre Bedeutung wird im nächsten Abschnitt be- sprochen. Bei der unendlichen Fülle von hier in Frage kommenden Sitten muss ich mich darauf beschränken, eine rohe Skizze der Entwieklung und dann dazu eine Reihe erläuternder Beispiele vorzulegen, ohne mich den den Einzelheiten, wie eigentlich verdient, widmen zu können. Bis zum Todtenfeste, dessen Zweck die Beförderung der Seele ins Jenseits ist, bleibt der Geist des Verstorbenen in der Nähe seiner irdischen Wohnstätte, er umschwebt den Kreis seiner Familie, weilt am eigenen Herdfeuer. Er hat daher alle Anrechte auf die Wittwe. Ihm allein ge- hören, so lange er auf Erden weilt, die Geräthe, Waffen, Kleinodien, kurz alles Eigenthum, das ihm bei Lebzeiten zu eigen war. So entsteht die erste Gruppe der Enthaltungsgebote. Das Erbe des 'Todten wird nicht vertheilt vor dem Todtenfeste. Daraus entwickelt sich die Idee, dass das, womit der Todte in Be- rührurg kommt, unrein wird (als Variation zu der Idee, dass nicht be- nutzt werden darf, was dem Todten gehörte). Auch wohl möglich, dass man annahm, der Geist habe eine gewisse Gewalt über das, was der Leichnam berühre. Er, der körperlose Geist, umschwebt vor seiner Fahrt in die Toodtenstadt aber auch alle seine Freunde und Verwandte, daher müssen diese sich nach dem Todtenfeste säubern von aller Unreinlichkeit, die durch die Berührung mit dem Geiste entstanden ist. Aber nicht nur sich selbst, auch das Geschirr, das sie in dieser Zeit benutzten, müssen sie waschen. Das ist die grösste, variationenreichste, die zweite Gruppe; es sind die Seelenreinigungsgebote. Den weit grössten Theil der in Frage kommenden Gebote haben 22 L. Frobenius, [22] DO aber (die vielen Nebenanschauungen, die den Geist im Baum,') im Vogel, in der Schlange, im Topfe, im Wasser u. s. w. sich wieder einkörpern lassen, gezeitigt. Weil der Geist im Walde lebt, darf das Holz gewisser Bäume nicht verwendet werden. Das Hauptmotiv der totemistischen Speiseverbote lernen wir im dritten Abschnitte des zweiten Theiles kennen. Dem Geiste keine Gewalt über sich zu geben, der Wunsch liegt allen diesen Anschauungen zu Grunde. Diesem und vor allem einem zweiten Motive ist der Kreis der Vergeistigungssitten entsprungen. Man will dem Geiste gleich werden, seine Eigenschaft, die Unabhängigkeit vom Körper gewinnen. Die beiden Motive haben eigene Sittenkreise gezeitigt, gehören aber zusammen, bilden eine einheitliche Anschauung. Sie gehen und fliessen wieder zusammen von und in der Annahme, dass das Einhalten der Enthaltungsgebote eine Kraftgewinnung im Allgemeinen bedeute. Alles, was zum Bedürfniss des Lebens gehört, behindert die Freiheit des Geistes in gewisser Weise. Die Gewährung der Bequemlichkeit, die man dem Körper zu 'T'heil werden lässt, fesselt den Geist an das Körperliche, lässt seine Kraft erschlaften. Dadurch, dass man dem Körper Entbehrungen auf- erlegt, befreit man den Geist von den matt, lässig, träge machenden Wirkungen des körperlichen Wohllebens. Das ist edler ausgedrückt als der Neger denkt, aber der Gedanke ist in seiner tieferen Bedeutung ein rein menschlicher und ein auch den Wildstämmen eigenthümlicher. Durch die 3efreiung von den zur Erde herabziehenden Körpergenüssen wird dem Greiste also die Möglichkeit gegeben, mit den Geistern, die körperlos existiren, also ohne körperlichen Ballast schweben, in Verbindung zu treten; ja der strenge Enthaltungsgebote auf sich nehmende Mensch gewinnt sogar eine der Gewalt der Geister ähnliche Macht. In der Vergeistigung erwächst dem Vergeistigten die Geister- gewalt. Es ist das an der Hand einiger Beispiele zu erläutern. „Es gilt für unglückbringend, wenn sich ein Mann einer Wittwe naht, bevor sie gewisse Ceremonien und Opfer vollzogen hat, welche die !) Vgl. m. Arbeit: „Der Afrikanische Baumkult.“ in: „Aus allen Welttheilen“ 1896. [23] Der Kameruner Schiftsschnabel und seine Motive. 23 Macht haben sollen, das Unheil abzuwenden und die selten eher, als viele Monate nach des Gatten 'T'odte statthaben.“') Das ist das Anrecht, das der Todte bis zum Todtenfeste auch noch an seine Gemahlin hat. Eigen- artig hat es sich an der Sierra Leona-Küste verändert. Dort lebt eine Frau, die um einen Verwandten oder eine Freundin trauert, während der Zeit des Leidtragens von ihrem Manne getrennt’) Umfangreicher sind die Enthaltungsgebote in diesem Sinne bei den Gola. eis darf nicht gegessen werden, getrunken wird nur aus Scherben, gespeist vom Boden. Bunte Traeht ist verpönt, geschlafen wird im Haustlur, die Gatten sind des Nachts gesondert.) Von der Sitte der Reinigung lässt sich vieles erzählen. „Der Ge- danke, dass die Berührung von Todten und Sterbenden, sowie alles dessen, was mit dem Tode zusammenhängt, verunreinigt, findet sich auch bei den Betschuana und sie unterwerfen sich, wenn sie einen Leichnam angefasst, ein Grab gegraben haben, oder wenn sie auch nur nahe Verwandte des Verstorbenen sind, bestimmten Abwaschungen, nehmen neue Gewänder und scheeren das Haar oder reinigen sich durch den Rauch eines Feuers, in welches Zaubermittel geworfen sind. Selbst die aus dem Felde zurück- gekehrten Krieger waschen sich und ihre Waffen in feierlicher Weise.“‘) Auch findet sich in Südafrika die Sitte, bei der Nachricht vom Tode eines Freundes oder Bekannten ein Kalb zu opfern und sieh mit dem Blute zu besprengen, um, wie Isaks sagt: „sich vom Kummer zu reinigen“) In Loango werden bei Todesfällen nur Lendentücher einheimischer Her- stellung‘) getragen, und der Genuss des Branntweins ist verboten. Haare und Bart lässt man wachsen und ausserdem wäscht man sich nicht.) Neue und alte Berichte von der Goldküste erzählen vom Waschen derer, die mit !) Cruickschank: a. a. O0. 8. 259. 2) Winterbottom: a. a. 0. 8. 199. 3) Dapper a.a. O. S. 404: „Allg. Hist. d. R.“ Bd. III S. 624. 4) G. Fritsch: „Die Eingeborenen Süd -Afrika’s“ S. 201. 5) Isaks: „Travels and adventures in Eastern Afrika“ Bd. I S. 510. 6) Diese Sitte findet sich in Afrika auch gelegentlich der Beschneidung wieder. Die Beschnittenen dürfen sich in den meisten Fällen nur mit Büschen oder doch wenigstens nur mit einheimischen Zeugen kleiden. ") L. Degrandpre: „Reise nach der Westlichen Küste von Afrika“. S. 76. 24 L. Frobenius, [24] der Leiche in Verbindung kamen.') Oontact with a corpse renders a person unclean and he must purify himself by washing in water from head to foot”) Auch müssen dort die Frauen über dem Grab, das sich in der Wohnhütte des Gatten befindet, mehrere Wochen lang Wache halten.) Eine sehr interessante Reinigungsform ist in Ambacea bei Pungo a Ndongo Brauch. Nach dem Ende der Bestattungsceremonien wird der überlebende der Gatten von einer Person desselben Geschlechts auf dem Rücken in den Fluss getragen und in diesen hineingeworfen. Nach diesem Vorgang muss der oder die Leidtragende acht Tage lang abgeschlossen leben.‘) Interessant ist auch die Reihe der Sitten, die sich auf Grund, der vorgezeigten Anschauungen in der Speiseform entwickelt haben. Dass die Gola nur aus Scherben trinken und vom Boden essen dürfen, erwähnte ich schon. Leidtragende der Susu dürfen während der Trauerzeit die Speise nicht selbst bereiten. Dieselben werden von anderen im Palawer-Hause öffentlich beköstigt) Beim Tode naher Verwandter oder guter Freunde essen die Bakuba ein Jahr hindurch nur Erdnüsse und Mais.) Ja die 'Tschi vernichten sogar das während des Todtenfestes, des Egwah-awatschwi, gebrauchte Geräth. Dieses Fest dauert acht Tage; es wird jedes dritte und vierte Jahr gefeiert. Am Morgen des neunten Tages werden vor T'agesanbruch alle Kalabasen und Thongefässe vernichtet, so dass im neuen hobbor, der Zeit zwischen zwei T'odtenfesten, neues Koch- geschirr verwandt wird.‘) Sehr sorgfältig vermeidet es der Neger, das zu benutzen, womit der Geist vor seiner Fahrt ins Jenseits in Berührung ge- kommen sein könnte. Man betrachtet das als sein Eigenthum, ebenso wie man Hütte und Geräth eines Verstorbenen in Afrika wohl meist (ursprüng- lich) dem Verfall überlässt. Das Enthaltungsgebot geht oft vom T'odten selbst aus. So werden 1) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV S. 167. Cruickshank a. a. 0. S. 259. 2) Ellis: „Ewe* a. a. 0. S. 160. 3) Cruickshank a. a. O0. S. 259. Ellis. „Ewe* a. a. G. S. 160. 4) Valdez: „Six years travellers life“. Bd. II. 8. 296. 5) Winterbottom a. a. O. S. 305. 6) Wolf, Wissmann: „Im Innern Afrikas“ 8. 241. °) Ellis: „The Tschi-speaking peoples“. S. 228 [0 © [25] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 25 Sitten bei den Bakwiri') in Kakongo und Loango’) gedeutet. An der Loangoküste muss ausserdem der sich dem Schutze eines gewissen (reistes Unterwerfende, bestimmte Gebote innehalten.’) Damit ist der Weg der bis- herigen Entwicklung schon verlassen und das Gebiet der Abweichungen betreten. Absonderliche Ereignisse haben eine eigene Gruppe von Sitten dieser Art geschaffen. So erzählt Cameron aus Unjanjembe: „Der Lagerplatz befindet sich in Mitten einer Gruppe ungeheurer Felsen; Wasser kann man nur durch Graben am Fusse eines der grössten bekommen. Dieser Felsen soll einst auf ein Dorf gestürzt sein und dabei alle Bewohner zerschmettert haben, und das Volk glaubt, dass die Geister der Erschlagenen den Platz noch fortwährend umschweben. Sollte jemand von der Quelle nicht mit der genügenden Achtung sprechen, zum Beispiel «Wadschi», das gewöhn- liche Wort für Wasser, gebrauchen statt «Warwa», das in verschiedenen Dialekten Pombe, Palmwein und andere Getränke bedeutet; oder sollte Jemand sich dem Orte in Stiefeln nahen oder in unmitelbarer Nähe eine Flinte abfeuern, so würden die Geister sofort die Quelle verstopfen“.‘) So mag es mit den traurigen Erlebnissen ihrer Vorgänger zusammenhängen wenn ein gewisser König die Insel Bance nicht betreten,’) und Anfina, ein König der Wagungo, an einer gewissen Stelle nicht über den Nil setzen wollte,°) beide aus Furcht unterzugehen. Ein Beispiel, wie geradezu komische Sitten und Einschränkungen aus solchen Erlebnissen der Fürsten für ikre Nachfolger entstehen können, erzählt Johnston.’) Wenn nun schon von vornherein so strenge Enthaltungsgebote und Verpflichtungen eingehalten werden, um nicht in die Gewalt der Geister zu fallen, ihren Zorn zu erregen, so ist natürlich nach begangener Frevel- that, als welche das Nichteinhalten einer Quixille (so heissen die Enthaltungs- gebote in Loango, dem fruchtbarsten Boden für die Sitten dieser Gruppe und I) Schwarz a. a. O. 8. 177. 2) Dapper a.a. 0. S. 532, 542. 3) A. Bastian: „Loango-Küste“ a.a. O. Bd. I, S. 166/7, 4) Cameron: „Quer durch Afrika“. Bd. I. 8.123. 5) Winterbottom a. a. 0. S. 286/7. Anmke. 6) W. Junker: „Reisen in Afrika“. Bd. III. S. 504. ‘) H. H. Johnston: „Der Kongo“. S. 212/3. Nova Acta LXX. Nr.1. 4 [89] 6 L. Frobenius, [26] wollen wir deshalb diesen Namen für sie beibehalten) betrachtet wird, die Sühne hart und dringend nothwendig. Es sei nur als Beispiel das Schicksal derer angeführt, die in Dahome eine der als Geisterwohnstätten gedachten Schlangen versehentlich verwundet haben. Einmal im Jahre wird für solche eine Reinigungsceremonie abgehalten. Bis dahin sind sie ausgestossen. „Die Reinigung besteht darin, dass alle gleichzeitig und zwar zusammen mit Schweinen und Hühnern in ein Haus eingesperrt werden, an das man Feuer legt. Sobald die Zerstörung des Hauses soweit vorgeschritten ist, dass die Ausgestossenen durchbrechen können, rennen sie, von den Aussen- stehenden mit Prügeln empfangen, zur Lagune, um sich hineinstürzend ihre verbrannte Haut zu kühlen. Mit der Kahlscheerung des Kopfes ist die Reinigung beendet, und die bis dahin Ausgestossenen erfreuen sich wieder derselben Rechte wie alle Uebrigen.“') Aehnliche Sitten, die auch in anderer Riehtung ins alltägliche Leben eingreifen, sind durchaus nicht selten.?) Wie die, die mit den Toten in Berührung kommen, so müssen auch solche, die in anderer Weise mit den Geistern zu thun hatten, eine Reinigung vornehmen und in übergrosser Fürsorge führt solches zu den jährlichen Reinigungsceremonien, die auch ohne bestimmte Veranlassung abgehalten werden. Die Henker Issinis mussten nach vollzogener Amtsthätigkeit eine besondere Hütte vor der Stadt beziehen.’) Diejenigen, die in Süd-Guinea von der Besessenheit geheilt sind, also aus denen ein Geist ausgetrieben ist, sind gewissen Beschränkungen unterworfen. „Sie müssen sich gewisser Speisen enthalten, gewisse Plätze meiden, wo das Volk sieh versammelt und gewisse Pflichten erfüllen. Die Verletzung irgend einer dieser Vor- schriften wird angeblich durch die Wiederkehr der Krankheit gestraft.“ ‘) Am Flusse Dah wird jährlich das Reinigungsfest von Herrscher und Volk in Aschanti gefeiert.) Fandröana ist das „Fest des Bades“, das Hauptfest 1) H. Zöller: „Kamerun“, Bd.I. 8.57. 2) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV. 8. 682/3. 3) Gottfried Loyer: „Kurze Nachricht einer Reise nach Issinie auf der Gold-Küste* 1701. S. 140 und 290 ft. %) Wilson a.a. ©. S. 290. ‘ ID [27] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 7 der Howa. Auch in ihm liegt offenbar der tiefere Sinn der jährlichen Reinigung verborgen.') Diesem Sittenkreis. der dem Bedürfniss nach passiver Haltung ent- sprungen ist, steht derjenige gegenüber, der dem Wunsche, activ sich äussern zu können, das Dasein verdankt. Es sind die Sitten der Vergeistigung. Am klarsten spricht der Sinn dieser Gebräuche und des mit ihm Bezweckten aus der Erzählung eines Ereignisses, dessen Wiederholung Ramsayer und Kühne mehrmals erlebten. Sobald nämlich den gefangenen Missionaren ein Wunsch durchaus nicht erfüllt wurde, drohten sie, keine Nahrung mehr zu sich nehmen zu wollen, und jedesmal wurden die Krieger Aschantis im höchsten Grade erschreckt.) Es wäre sehr falsch, wollte man annehmen, es wäre dieser Schrecken auf die Furcht für die Missionare zurückzuführen. Im Gegentheil, es war Furcht vor ihnen. Durch die Enthaltung der Nahrung würden, so dachten die Aschanti, diese schon an und für sich mit für die Negeranschauung übernatürlichen Kräften aus- gestatteten Menschen noch viel machtvoller. Denn in ähnlichen Fällen handelt der Neger ganz ebenso. „Die Jaga legten sich harte Entbehrungen !) Sibree: „Madagaskar“. S. 353. — Mit Absicht ist in diesen Abschnitten möglichst wenig Rücksicht genommen auf die Analogien, welehe die madagassischen Sitten bieten. Die Betrachtung des Fady würde zum Vergleich mit dem Tabu und dem Pamali und damit weit ab vom Wege geführt haben. Hier in der Anmerkung kann aber auf einige Paralell- erscheinungen des Fady-Kreises zu den afrikanischen Bräuchen hingewiesen werden: „Bei dem Tode eines Königs werden stets viele Dinge für Fady erklärt, viele Dinge für die Dauer einer bestimmten Zeit (gewöhnlich für mehrere Monate, in manchen Fällen auch für ein Jahr) gänzlich untersagt. Als Radama I. gestorben war, mussten nicht nur fast sämmtliche Ein- geborene sich das Haupthaar scheren lassen, es durfte auch Niemand glänzende Kleider und Schmuck tragen oder sich salben, niemand durfte reiten oder sich in einem Palankin tragen lassen: es wurde verboten, Seide zu weben, Thongeräth anzufertigen, edle Metalle zu arbeiten, Zucker zu fabriziren, Zimmerarbeiten auszuführen, zu schreiben oder Strohgeflechte zu machen; alle Begrüssungen wurden untersagt, ebenso alle Instrumentalmusik, alles Singen und Tanzen. Betten, Tische und Stühle durften nicht gebraucht und geistige Getränke die ganze Zeit hin- durch nicht genossen werden.“ Ebenda 8. 325. Vgl. auch 8. 336 fl. 2) Ramsayer und Kühne: „Vier Jahre in Aschanti“. 8. 271. p 28 L. Frobenius, [28] auf, ähnlich denen der nordamerikanischen Jägerstämme bei ihren Kriegs- zügen, um sich durch Busse zu würdigen Streitern der heiligen Quixille zu machen.“') Der zum Cassa-Ordale, dem wahrscheinlich den Geistern vorgelegten Urtheil, Bestimmte, kann einige Wochen Aufschub verlangen, um durch reinigende Ceremonien sich zu kräftigen.”) In dieser Form wird die Sitte von der tiefsten Bedeutung für die Entwicklung der Geheimbünde Ja, der Brauch der Bundbildungen ist wahrscheinlich auf sie zurückzuführen. Allerdings positive Aussagen sind selten, doch das kann nicht Verwunderung erregen, wenn man bedenkt, dass diese Sitten, zumal der Gedanke der Reinigung, auch bei uns nicht fehlen. (Siehe Fasten!) Ausserdem kennen wir die Gedankengänge der Neger nach directen Berichten überhaupt nicht. Wir kennen nur die Sitten und Gebräuche, das heisst den Ausdruck der Motive, nicht aber den Sinn der Motive. Weiterhin haben diejenigen, denen wir die Mittheilung über die Geheimbünde verdanken, diese scheinbar so einfachen Sitten überhaupt nicht beachtet, sondern haben nach Mystischem Umschau gehalten. Das geht schon daraus hervor, dass die Autoren auch dann, wenn sie völlig eingehende und genügende Berichte bringen, (so Caillie, Büttikofer, Golberry, Winterbottom, Johnston u. s. w.) aussagen, es sei das innere Wesen noch nicht erkennbar. Wenn also die positive Bestätigung auch fehlt, dafür übertriebene (von den Negern selbst) Erzählungen häufig sind, so kann das kein Beweis gegen meine Darstellung sein. Ich werde vielmehr zu zeigen versuchen, dass gerade aus diesen letzterwähnten Berichten, dann aus der Macht, die man den Schülern der Bünde anvertraut, hervorgeht, dass der aus den Enthaltungsgeboten herausgewachsene Vergeistigungsgedanke den Urgedanken auch der Geheimbundsitte bildete. Die Zöglinge des Mumbo Jumbo dürfen in ihrer Einweihungszeit in keine Hütte gehen (ausser in die väterliche) und mit keinem Mädchen zusammenstehen.’) Die Schüler der Purra leben monatelang einsam in einem Walde; Maskirte bringen ihnen die Nahrung, sprechen dürfen sie 1) A. Bastian: „San Salvador“ a.a. 0. S. 205. 2) A. Bastian: „Loango-Küste* a.a. 0. Bd. I. 8. 206. 3) Golberry: „Reisen durch das westliche Afrika‘. 8. 152. [29] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 29 mit Niemand u. s. w.') Ueberhaupt ist die Einsamkeit, wie es scheint, das hauptsächlichste Mittel, um den Zustand des Wohllebens nach Möglichkeit zu verhindern. Alle die Mittheilungen jedoch, denen zufolge die Zöglinge der Bünde und Ganga für längere Zeit in die Wälder geführt werden, können hier nicht aufgezählt werden. Auch jene Jünglinge, die in den Bund des Belli aufgenommen werden, leben während der Zeit der Lehre (4 bis 5 Jahre) einsam im Busch, und ihre Kleidung ist naturwüchsig. Dapper sagt: „Im Anfange seynd sie gantz mit Vogelfedern und Buschgewächsen bekleidet und haben Mützen, von Bast gemacht, auf dem Kopfe, welche so lang seynd, dass sie vor das Gesicht hangen.“’) Enthaltungsgebote scheinen auch den in den Jehve Bund Auf- genommenen auferlegt worden zu sein.) Der Mwetyi ist ein Bund bei den Nachbarn der Pongwe, den Sehekani und Bakeles. Bei der Aufnahme muss ein Gelübde, zum Beispiel, sich einer gewissen Speise oder eines gewissen Getränkes zu enthalten, abgelegt werden, das für das ganze Leben gültig bleibt.‘) Wirklich rein sachliche Mittheilungen haben wir nur für die Nkimba. Nach Bentley und Wauters ist die Nahrung der Nkimba-Lehrlinge rein vegetarisch. Nach Lejeune ist ihnen der Genuss durch Frauen hergestellter Nahrung untersagt, und Wauters fügt hinzu, sie dürften nieht in Hütten schlafen. Im Süden scheint die Strenge hierin grösser zu sein als im Norden. Kropf sagt, die Aba Queta müssten in ihrer Zurückgezogenheit von Vögeln und Wurzeln leben und derart oft, „vom Hunger getrieben, ihren eigenen Eltern Vieh stehlen, im Felde schlachten und verzehren.“’) Die Bet- schuana-Knaben werden in der Lehrzeit auf das härteste gezüchtigt.‘) Fleisch erhalten sie erst nach der Beschneidung, vorher müssen sie sich mit Ge- därmen begnügen.') Sehen wir nun, wie der Neger den Vergeistigungszustand auffasst, I) Ebenda. S. 42. 2) Dapper a. a. 0. S. 414. 3) Spieth a. a. 0. S. 54. 4) Wilson a. a. 0. 8. 291. 5) Kropf: „Das Volk der Xosa-Kaffern*. 8. 239. 6) Fritsch a. a. O. S. 205. 7) Crampel: „Reisen in Südafrika“. 8. 239. 30 L. Frobenius, [30] d. h. vergleichen wir einmal jene phantasiereichen Erzählungen mit dem hier Entwickelten. Der entsprechende Vorgang unter den Ndembo in Kongo wird von Bentley folgendermassen beschrieben: „Wenn jemand in das Ndembo eingeweiht werden soll, so weist ihn der Ganga an, auf ein gegebenes Zeichen hin sich plötzlich todt zu stellen. Dem entsprechend fällt der Novize plötzlich auf einem öffentlichen Platze nieder, man legt Begräbnissgewänder über ihn und er wird weggetragen zu einer Umzäunung, die vela heisst. Man sagt von ihnen, sie wäre Ndembo gestorben.“') Da- neben die von Bastian niedergelegte Original-Auffassung: „Der grosse Fetisch lebt im Inneren des Buschwaldes, wo ihn niemand sieht und niemand sehen kann. Wenn er stirbt, sammeln die Fetischpriester sorg- fältig seine Knochen, um sie wieder zu beleben und ernähren sie, damit er aufs Neue Fleisch und Blut gewinne. Im Lande Ambamba muss Jeder einmal gestorben sein, und wenn der Zauberpriester seine Calabasse gegen ein Dorf schüttelt, so fallen die jungen Männer und Jünglinge, deren Stunde gekommen ist, in einen Zustand lebloser Erstarrung, aus dem sie gewöhn- lich nach drei Tagen auferstehen. Den aber, welchen der Fetisch liebt, führt er fort m den Fusch und begräbt ihn in dem Fetischhause, oftmals für eine lange Reihe von Jahren. Wenn er wieder zum Leben erwacht, beginnt er zu essen und zu trinken wie zuvor, aber sein Verstand ist fort und der Fetischmann muss ihn erziehen und selbst in jeder Bewegung unter- weisen, wie das kleinste Kind.“’) Aehnlich wie über die Ndembo sind die Aussagen über die Nkimba. Ward giebt an, dass die Dorfbewohner den aus der Lehre zurückkehrenden Jüngling als von den Todten auferstanden betrachten. Einige Autoren behaupten, es würde den Neueintretenden ein das Bewusstsein raubender Trank eingegeben. „Jedenfalls stellen sich die Zöglinge, als hätten sie alles frühere vergessen. (Näheres bei Wauters, Johnston, Bastian, Lejeune, Ward ete.) Frauen des Abbe Bundes, die be- leidigt sind, stellen sich wahnsinnig und „die Neger sagen von ihnen, dass sie tot seien.“’) Vom Belli Paato heisst es, „dass es ein Tod, eine Wieder- !) H. Bentley: „Dietionary and grammar of the Congo language“. 8.506. „Globus“ 13945, Bd 28:2 101772 2) A. Bastian: „San Salvador“ a. a. 0. 8. 82/3. 3) Monrad: „Gemälde von der Küste Guinea“. 8. 45. [31] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 31 geburt und Einverleibung in die Versammlung der Geister oder Seelen sei.“ Von der Aufnahme erzählen sie, dass die Novizen getötet, gebraten und ganz verändert werden, dem alten Leben und Wesen absterben und einen neuen Verstand und Wissenschaft bekommen.“') Nicht viel besser wird mit dem Einzuweihenden des Simo verfahren. Die Neger berichten einander, „man schneide ihnen die Kehle ab und lasst sie eine Zeitlang für todt liegen; nachher werden sie von Neuem belebt.“’) Ganz besonders eigenartiges erzählt man aber gar von dem Horrey in Senegambien. Dort werden „die Jünglinge verschluckt, eine Weile vom Horrey im Wanste behalten und dann wieder ans Licht der Welt gebracht.“ °) Mit dieser Neuwandlung hängt die Aenderung des Namens zusammen ; das wird wenigsten berichtet von den Nkimba- und den Jehwe-Zöglingen, ‘) den Geweihten Togo’s’) und den Purrakandidaten der Bullom.‘) Die Ganga der Okande führen auch zwei Namen, von denen der eine in ihrer Eigen- schaft als Ganga, der andere im Privatleben geführt wird.”) Es geht aus diesen Mittheilungen und Sitten hervor, dass die Ver- geistigung als ein Tod und eine Wiedergeburt aufgefasst wird, d. h. die Enthaltungsgebote sind bis zum Tode, also der völligen Aufgabe des Körpers, durchgeführt. Diese ganz extreme Auffassung wirft die grellsten Lichtblicke nach allen Seiten. Der Zustand der Vergeistigung erhebt den Neger so weit über die Alltäglichkeit, dass seine Macht der des Geistes selbst gleichkommt. Das ist dies wichtigste Ergebniss des Vergleiches mit der Bedeutung der allgemeinen Enthaltungsgebote. Es ist damit ein ver- hältnissmässig klares Bild wenigstens von der Geister- Seelen -Vorstellung, die den Negern eigen ist, zu gewinnen. Im Bezug auf die Ein- und Aus- körperung der Geister kennt der Neger keine Grenzen. Nachdem das hier in dem Falle, wo es sich doch um den ursprünglichen Zusammenhang von it) Dapper a.a. O0. S. 413. 2) Winterbottom a. a. O. 8. 14/5. ) Jobson, in den: „Allg. Hist. .d. R.“ Bd. II. S. 50/1. ) Spieth a. a. O. 8. 76. 5) Herold in: „Mittheilungen aus deutschen Schutzgebieten“ 1892. S. 146. ) Winterbottom a. a. 0. S. 181. ?) Lenz a. a. O0. S. 205. 32 L. Frobenius, [32] Menschenkörper und Seele handelt, schon nachgewiesen ist, kann es später kein Staunen erregen, wenn die körperlose Seele in einer Reihe von anderen Körperformen Aufenthalt findet. Damit haben wir für das Verständniss des Todtenfestes und vor allem des zweiten Theiles „die Seele in T'hierform“ einen festen Boden gewonnen. Andererseits ist aber auch schon jetzt die vollständige Unabhängigkeit von einem schöpferischen und leitenden Grotte nachgewiesen. Wenn der Mensch sich selbst entleibt und wieder ein- körpern zu können glaubt, so ist damit bewiesen, dass für ihn die Existenz eines Gottes im christlichen Sinne oder auch nur eines entsprechenden ge- sunkenen „Gottesbewusstseins“ eine Unmöglichkeit ist. Wenn er selbst so machtvoll ist, er oder einer seiner Mitmenschen, dann müssen seine er- schöpfenden Grottesgestalten auch von dieser Urmenschenkraft ausgegangen sein. Für ihn existirt kein Bedürfniss eines menschenschöpfenden Gottes: Das sende ich deshalb hier voraus, damit wir dann, wenn wir später die Entstehung noch anderer Götter kennen lernen werden, die Frage, warum es keinen klar ausgesprochenen Adamsschöpfer giebt, hier schon erledigt haben, Jetzt aber soll die Darstellung der Vergeistigungs-Anschauung noch dadurch ergänzt werden, dass wir uns von den Ausdrücken der Geister- gewalt überzeugen. So gering wie die Anzahl der Mittheilungen über die Entstehung der Geistergewalt, d. h. die dazu führenden Enthaltungsgebote, sind, so gross ist die Menge derer, die Kunde von der Geistergewalt selbst bieten. Ich gebe hier ein Bild derselben ; ich verfolge die einzelnen Formen hinaus bis zur — Bettelei. „Die Aba-Kweta, Beschneidungskandidaten der Ama Xosa geniessen in ihrem Uebergangsstadium vom Knaben zum Manne eine fast völlige Freiheit von allen Gesetzen, besonders hinsichtlich des geschlechtlichen Umgangs, so dass sie sich ungestraft jedes unverheiratheten Frauenzimmers bemächtigen können, wenn sie wollen.“') Da sie in der Nahrung sehr beschränkt sind, können sie sogar ihren eigenen Eltern das Vieh stehlen.’) Die Gewalt, die den Nkimba zu Gebote steht, ist so ausgedehnt, dass Dörfer ganz gegen sie abgesperrt sind. Im Staate Angoy giebt es einen 1) Fritsch a. a. O. S. 109. 2) Kropf a. a. O0. S. 126. [33] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 33 Mann Namens Kuwukata-Kanga-Asabi, welcher den Sindungo zusammen- ruft, wenn diese Maskirten auf Staatsbefehl ein Dorf plündern sollen. Sobald die Masken angelegt sind, treiben die Sindungo diesen Mann mit Schlägen in das Dorf zurück als symbolisches Zeichen, dass jetzt das gemeine Gesetz für eine Zeit lang suspendirt sei und das Walten der dunklen Vehme beginne. In ihrem phantastischen Aufputz und durch die Masken unkennt- lich gemacht, durchziehen sie das Dorf, wo sie das ihnen Passende sich zueignen.“') (So dient bei vielen Bünden die Geistergewalt als Gerechtig- keitswahrerin.) Beim Tode eines Bundesmitgliedes kommt der Nda in phantastischer Maskentracht aus dem Walde „mit einer grossen Anzahl von Männern, um sich ohne Unterschied an dem Eigenthum der Dorf- bewohner zu vergreifen. Er nimmt dann jederzeit so viel Schafe und Ziegen in Beschlag, als zu einem grossen Schmause erforderlich sind und Niemand hat das Recht, darüber Klage zu führen.“ Der Umfang der Plünderungen richtet sich nach dem Range und der Wichtigkeit des Verstorbenen.”) Es ist gerade der letztere ein sehr interessanter Fall. Offenbar handelt es sich um ein Todtenfest, das sich der Verstorbene selbst feiert. Hier können wir den ursprünglichen Sinn des Todtenfestes erörtern. Mit der Seelenfahrt hängt es, wie im nächsten Abschnitt bewiesen werden wird, zusammen. Der Geist kann diese Wanderung in die Todtenstadt nur an- treten, wenn er im Besitze eines gewissen Vermögens an Geldwerth (daher die Leichentücher, die oft meterdiek um den Leichnam gewunden werden) und Nahrungsmitteln ist. Alles, was beim Todtenfest gegessen, getrunken und seopfert wird, geht in den Besitz der Geister über. Der Zusammen- hang der Geistergewalt und des Toodtenfahrtmythus ist aber noch nach anderer als der hier im Ndafeste angedeuteten Richtung erkennbar. Wenn die Henker Issinies einen Menschen getötet haben, dann wird ihnen vor dem )) A. Bastian: „Loango-Küste.* Bd. I. S. 222. 2) Wilson a.a. 0. S.295. — Auch sonst ergreift der Nda bei seinem Erscheinen gern die Gelegenheit, seine Geistergewalt auszuüben. „Häufig bleibt er vor dem Hause eines Mannes stehen, von dem bekannt ist, dass er Rum besitzt und fordert eine Flasche davon, die ihm unweigerlich verabreicht werden muss.“ Wenn Frauen sich bei seinem Er- scheinen sehen lassen, werden sie arg zugerichtet. Nova Acta LXX. Nr.1l. > 34 L. Frobenins, [34] 'Thore der Stadt eine Hütte errichtet. Das heisst, man will nichts mit ihnen zu thun haben, mit den Unreinen, die in Berührung mit den Todten gekommen sind. Dass man aber den Geist des T'odten in den Henker sogar übergegangen zu sein glaubt, das scheint aus dem Umstande hervorzugehen, dass die Henker bis zur Vollendung der Hütte im Besitze der Geistermacht sind. Sie laufen durch die Stadt und können rauben, was ihnen gefällt.') Im Falle der Vergeistigung nimmt der als Geist angesehene das, was beim Todtenfeste dem Geiste gegeben wird. „Es besteht beim Panga (einem Bunde Kameruns) noch eine Ordens- regel zu Recht, wonach jeder Panga-Mann das Eigenthum eines Nicht- Panga-Mannes angreifen darf; auch sonst mag er verüben, was er will, er untersteht nach der Ordensregel keiner Gerichtsbarkeit.“”) Ueberhaupt, Kamerun ist das Land, wo die Geistergewalt zumeist geübt wird; die Kleinstaaterei ist ein unterstützender Faktor. Die Jünglinge der Mukuku, (die in der Abgeschiedenheit ihr Dasein fristen, „unternehmen hie und da nächtlicher Weile Einbrüche in die Dörfer zum Zwecke des Stehlens.“ Einst war in Akwa-Stadt ein grosser Skandal, weil ein Schwein von Muemba-Leuten gestohlen war „und Muemba-Leute kann und darf man nicht belangen.“’) Wenn der Egbo durch die Strassen zieht, „darf kein Wesen, das nicht zum Egbo gehört, sich blicken lassen, denn er wird so- gleich von dem sinnlosen Haufen in den Wald geschleppt und verschwindet dort für immer.“‘) Auch Bastian versichert, es werde der Tod jedem sicher sein, der sich während einer Egbotagung auf den Strassen sehen liesse.’) Der Oro darf von keinem Weibe gesehen werden. Wehe der Frau, die von ihm auf öffentlichem. Platze angetroffen wird.‘) Grelegentlich der Beschreibung des Belli Busches sagt Dapper: „Auf 3 oder 4 Meilen herum dürfen keine Frauen und Uneingeweihte kommen, !) Loyer a.a. O. S. 290 fi. 2) Autenrieth in: „Der evangelische Heidenbote“ 1894. 8.10. 3) Buchner: „Kamerun“. 8. 27 u.a. 0. 4) J. Thormählen in: „Mittheilungen der Hamburger geographischen Gesellschaft.“ 1884. 8. 332. 5) A. Bastian: „Der Fetisch“ a. a. O. 8. 10/1. 6) Hoffmann: „Abbeokuta“. S. 137 Anmkg. [35] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 3) es sei denn, dass sie allda was nöthiges zu thun hätten oder kein anderer Weg wäre zu irgend einem Orte zu gehen. In solchem Falle wird ihnen zugelassen, mit hellem Gesange und anders nicht vorbeizugehen. Denn wenn einige Frauen allda stille vorbeigingen, so würden sie von den Geistern weggenommen und ewig bewahrt werden, wenn es auch selbst des Königs Gemahlin oder Tochter wäre.“ ') Im Purra-Bunde äussert sich eine zweiseitige Geistermacht. Einmal darf der Jüngling, der in einsamer Hütte weilt, diese nicht verlassen, ohne sich den schwersten Strafen auszusetzen (also steht auch er unter dem Banne der Geistermacht) und zum andern wird versichert, „dass jeder Un- eingeweihte, der sich aus Neugier in den Purra-Wald zu gehen verleiten lasse, ohne Schonung aufgeopfert werde, dass Unbesonnene, die dahin haben eindringen wollen, verschwunden seien, ohne dass man jemals von ihnen etwas wieder gehört habe.“ Auch diejenigen, die, nicht eingeweiht in den Bund, zur Zeit der Anwesenheit der Purramaskirten auf der Strasse sich sehen lassen, verfallen dem Tode.°) So hat die Geistermacht das mystische Dunkel, in das die Träger der Bundideen eingehüllt sind, gezeitigt. Auch der Simo hat unter den Susu mit diesem, in Folge der Geistermacht jener berechtigten, Verbote, den Geheimstätten der Maskirten zu nahen, sich einen Schutzmantel geschaffen und wenn die Uneingeweihten auch nicht immer das härteste Los betrifft, so werden doch auch Fürsten, die diese Gebote übertreten und im Walde getrofien werden, gezwungen, die Dauer und Entsagungen der „lodten-Zeit“ durchzumachen und unfreiwillig Mitglieder des Bundes zu werden.‘) Nicht viel anders bei dem Bunde selben Namens am Rio Nunez: „Quand le simo ou des inities rencontrent quelques personnes dans les bois, ils leur deman- dent le mot d’ordre. Si elles repondent juste, elles sont admises parmi eux; mais si elles ne peuvent satisfaire A leur question, le simo et les jeunes elöves, tous armes de fouets ou de verges, se mettent A leur poursuite, et, aprös les avoir fustigdes A outrance leur font payer une forte rangon. !) Dapper a.a. 0. S. 414. 2), Golberry a.a. 0. S. 42/3. Winterbottom a.a.0. 8. 181/2. 3) Winterbottom a. a. 0. S. 183,4. 36 L. Frobenius, [36] Quand un enfant non eirconeis tombe entre leurs mains, ils lui font subir l’ope&ration, et les gardent pour linitier. Is sont impitoyables pour les pauvres femmes, quils assomment A coups de verges; on m’a meme assure que parfois ils poussent la barbarie jusqu’ä les tuer.“ Auch an Festtagen, wenn Simo und Schüler ausserhalb des Waldes sind, darf kein Uneingeweihter sie schauen.') Ebenso wenn die Lou Abends auf der Strasse erscheinen, muss jedermann sich in seine Hütte zurückziehen. Binger sagt, die Dou (dieselben wie die Lou Caillies) „prügeln die Buben und auch Erwachsene, wenn diese naiv genug sind, vor ihnen Furcht zu haben.“ ?) Sehr klar tritt auch in andern Verhältnissen, ausserhalb der Bünde, die Vergeistigung betreffend, die Geistergewalt zu Tage. So dürfen die Albino, die ja als Geister gedacht sind, nehmen, was sie wollen, „denn jedermann fürchtet sich vor ihnen.“’) Vom Senegal berichtet Jannequin: „Die Knaben haben einen Monat lang nach der Beschneidung die Freiheit zu plündern und alle Gewaltthätigkeiten an den Jungfrauen zu begehen, nur nicht zu ermorden oder ihre Person zu rauben.“‘) Aber auch sonst wird aus derselben Gegend’) von den mit der Beschneidungsmaske be- kleideten Jünglingen ähnliches berichtet. „In dieser Gestalt begehen die- jenigen, die tiefer unten an der Küste wohnen, grosse Unordnung, erpressen Geld und nehmen sich ausschweifende Freiheiten. Die am Senegal sind nicht so wild und begnügen sich mit dem, was ihnen gegeben wird.“ °) Mit der letzten Bemerkung ist auch schon der Anschluss an die Sitten gegeben, in denen sich das Verkümmern der Geistermachtidee äussert. Von den unter der Obhut des Mumbo Jumbo stehenden Beschnittenen sagt 1) Rene Caillie: „Journal d’un voyage a Temboecton“. T.I. 8. 112/3. 2) Binger: „Du Niger au golfe de Guinde.“ T. 1. S. 379. Caillie a. a. 0. T.I. S. 286. 3) Battel in: „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV. S. 666. 4) Jannequin in: „Allg. Hist. d. R.“ Bd. III. S. 239. 5) Bei den Fulbe wohnen die Neubeschnittenen vierzig Tage in einem Hause zu- sammen und erhalten eine Art Unterricht. Es steht ihnen danach eine ungewöhnliche Freiheit zur Verfügung; sie dürfen stehlen und essen was ihnen gefällt. Boilat: „Esquises Sene- galaises.“ 8. 408. Hequard: „Reise an der Küste und in das Innere von West-Afrika.“ S. 230, auch Gerland: „Anthropologie der Naturvölker.“ Bd.I. 8. 467. 6) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. III. S. 240. [37] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 37 Golberry: „Sie können Speise und Trank verlangen, wo es ihnen gefällt; allein sie dürfen in keine Hütte gehen, ausser wo sie eingeladen werden, sie müssen an der 'T'hüre stehen bleiben und wenn man sie nicht zum Eintritt nöthigen will, so fordert doch der Gebrauch, ihnen mehrere Speisen zu reichen, die allemal sorgfältig zugerichtet sind.“ ') Und dann sinkt die Geistergewalt hinab zur Bettelei. Bettelnd ziehen die Beschnittenen Timme’s in den Dörfern umher.’) Als Possen- reisser- und Bettler treten der maskirte Mokho-Missi-Kou,’) die Maskirten der Bakundu,‘) die Akisch’) auf. Eine Maske aus dem Benue Gebiet der Flegelschen Sammlung trägt den Vermerk „von den Baja Bettlern getragen.“ °) Jede Idee, der von Natur eine Kraft zum Aufschwung zu edleren Formen im Wesen liegt, wird von den Negern in den Schmutz gezogen. Diesen wenig erquickenden Ausläufern der Vergeistigungsidee kann aller- dings die edle Richtung gegenübergestellt werden, die aus der regellosen ungestümen Urkraft der Sitte den Brauch der gesetzgebenden, Ordnung schaffenden Geheimbünde hat emporwachsen lassen. Doch das kann hier nicht mehr erörtert werden. Wir sind so schon vom Hauptpfade abgekommen. 3. Seelenfahrt und Todtenfeste. Erst lernten wir die Todtenbefragung kennen — der Geist wird noch einmal zur, sich durch den Körper äussernden Thätigkeit angeregt —, dann in den Enthaltungsgeboten das Bestreben, sich vor der Berührung mit dem Geiste — der Geist soll nicht in die Nähe zurückkehren — zu schützen. Es ist also eine Spalte vorhanden, die sich aber durch die Mythe von der I) Golberry a. a. 0. S. 152. 2) Caillie a.a.0. T.I. 8. 252. 3) Binger a.a.0. T.I. S. 106. 4) Schwarz a.a. 0. S. 210. 5) Wissmann, Pogge: „Unter deutscher Flagge quer durch Afrika.“ S. 29/30. Cameron a. a. OÖ. Bd. II. S. 162. Schütt: „Reisen im südwestlichen Becken des Kongo.“ S. 116/7. Buchner in: „Schörers Familienblatt*“ 1884. S. 169. 6) Berliner Museum für Völkerkunde III. F 465. 38 L. Frobenius, [35] Seelenfahrt erklären lässt. Dieser Mythe und ihrer Wirkungen auf das, und Aeusserungen in dem Todtenfest, wollen wir uns jetzt widmen. Mittheilung über die letzten Bruchstücke des Seelenfahrtsmythus an der Goldküste sind vier bekannt, die ihrer Wichtigkeit halber alle hier wiedergegeben werden mögen. Schon Bossmann erkundete in den 1690er Jahren näheres über die herrschende Anschauung: „Es giebt einige, so lediglich glauben, dass ‚der Abgelebte alsbald an ein bekanntes Wasser gebracht werde, welches tief im Lande unter dem Namen Bosmanque sich findet — sonder Zweifel müssen sie hierdureh die Seelen verstehen, denn den Leib sehen und be- halten sie bei sich — und alsda er von einem Götzen gefragt werde, wie er zeither in der Welt gelebt; dafern er nun seinen Abgott reichlich und fleissig geopfert, auch kein verbotenes Fleisch zu sich genommen, lasse ihn der Götze allgemach mit Gelindigkeit über den Fluss herüber und geleite denselben in ein sehr köstliches Land, dem Paradies der Moham- medaner nicht ungleich; wäre es, dass der 'Todte von verbotenem Fleische genossen, auch die den Götzen gewidmeten Tage nicht fleissig in Acht genommen, so stürzet er denselben ins Meer, ersäufet denselben und sei also seiner in Ewigkeit vergessen.“') Ein ähnlicher, etwas europäisch an- gehauchter Bericht stammt von Barbot. Nach diesem geht die Seele „unter die Erde zu einem Alten, Namens Bossifor (vgl. Luzifer!?), der ihre guten und schlechten Handlungen scharf untersucht, wenn sie wohl gelebt haben sie in ein Thhier steckt (Totemismus!) und nach dem grossen Flusse Bossi- manque in ein angenehmes Land schafft. Anderenfalls wird sie unter- wegs ersäuft.“?) Diesen beiden alten Nachrichten stehen zwei neue treffliche Berichte zur Seite, deren ersterer von dem Missionar Spieth stammt. „Nach dem Tode muss die Seele wandern, bis sie endlich an den Ufern eines grossen Flusses anlangt. In seinem Wasser bergen sich schreckliche Ungeheuer und seine Ufer sind schaurig kalt. Die angekommene Seele wird dann gegen Entrichtung eines Fährgeldes von einem alten Manne 1) W. Bossmann a. a. 0. S. 189/90. Siehe auch Monrad a. a. 0: 8.16: 2 AUSS EINST. de Ro Ba.nVEE SE 176. [39] Der Kameruner Schiffssehnabel und seine Motive, 39 Akotiam (dies ist offenbar der Bossifer Barbots) genannt, über den grossen Strom gesetzt. Vom jenseitigen Ufer führt sie der Weg in das 'T'schievhe, die grosse Todtenstadt, zu den vorangegangenen Vätern. Mit diesen darf der Ankömmling nach vorangegangener Gerichtssitzung für immer vereint zusammen leben, denn dort giebt es keinen Tod mehr. Weil aber alles, was die Seele in der Unterwelt isst und trinkt, sie doch nicht vollkommen sättigt, so ist sie mit einem beständigen Heimweh nach diesem Erdenleben erfüllt“) — Die klarste Darstellung ist aber diejenige Herolds: „Ein breiter Fluss ist zu überschreiten, bevor man die Welt der Toten betritt, welche am anderen Ufer des Asisa beginnt. Ein kleiner untersetzter alter Fährmann, mit grauem Bart und Haar, Namens Akotia, setzt mit einem Kanu über den Fluss gegen Entrichtung eines geringen Fährgeldes. Er setzt jedoch nur die über, welche ihr Fahrgeld zahlen können und für welche bereits ein Todtenfest veranstaltet wurde. Ist letzteres nicht geschehen, so pflegt ’er das Uebersetzen mit der Bemerkung zu verweigern: «Ich habe für Dich noch nicht schiessen hören.» Am anderen Ufer des Flusses Assisa sitzen viele Tote meist mit schönen weissen Landestüchern angethan, gemüthlich eine Pfeife rauchend; etwas abseits von diesem sitzen andere, welche nicht rauchen und welche grosse Wunden haben, aus denen Wasser läuft.“ — Der Autor fährt fort: „Auf Grund dieser Anschauung ist es ganz natürlich, wenn die Dorfbewohner gemeinsam die Angehörigen anhalten, ihren Todten ein Fest zu veranstalten, da sie befürchten, dass der böse Geist eines Verstorbenen, welcher vergebens Eingang in die Welt (der Toodten sucht, dem Dorfe aus Uebelwollen Schaden zufügen könne.“ ’) Das Schicksal der dem Körper entfliehenden Seele ist hier dem- gemäss in primärer Anschauung vom Todtenfeste abhängig. Jedoch nur bei den Eweern und einigen anderen Völkern der Goldküste ist dies aus- gesprochen worden. Allein diese Erscheinung ist für den Ethnologen nicht befremdend; colonienartig vertheilt, finden sich an der westafrikanischen Küste, und besonders der Goldküste, die Reste primärer Anschauung, die ') Missionar Spieth in einer Rede gehalten am Missionsfest in Bremen im Juni 1893 2) Herold a.a. 0. Bd. V. S. 156/7. 40 L. Frobenius, [40] Ueberbleibsel der ursprünglichen Motive. Wir werden nun sogleich noch einige Trümmer derselben kennen lernen. Ellis schreibt: „Unter den östlichen Stämmen (der Ewe -Völker) wird das Todtenfest zumal für die abgehalten, welche während des letzten Jahres starben, und man glaubt, dass, wenn dieses Fest nicht abgehalten würde, die Geister an den Ufern des Volta wandern würden, ohne ihn überschreiten zu können.“') Auch bei den Aschanti ist durch das Leichenfest das Schicksal der körperlosen Seele bestimmt.) Die Wittwen der Tsschi dürfen solange mit anderen Männern nicht in Verbindung treten, als das 'Todtenopfer nicht dargebracht ist, da solange noch die Seele des dahingeschiedenen Gatten in der Nähe weilt und somit auch eifersüchtig die nur ihm zu- stehenden Rechte keinem andern zukommen lassen will.) Aus demselben Gedankengange heraus. hat sich an vielen Orten die Sitte gebildet, dass Frauen noch eine gewisse Zeit in dem Raum schlafen müssen, in dem der tote Gatte bestattet wurde. - Umgekehrt zwingt die Sitte den sonst allge- waltigen Herrscher der östlichen Warua-Länder, den Cassongo, acht Tage bei der Leiche der verstorbenen Frau zu schlafen.‘) — Auch die Bullom und Timme halten ein recht kostspieliges Todtenfest ab. Die Feier desselben wird als «einen Schrei machen» bezeichnet. Von dem Tage des Ablebens bis zur Feier des Schreies stellt man den Verstorbenen ein Bett, Nahrungs- mittel ete. zur Verfügung.’; Das alles sind Zeichen dafür, dass man den r Eintritt der Seele ins Todtenreieh erst dann für möglich hält, wenn das Todtenfest auf der Oberwelt abgehalten und so dem Verstorbenen ein Begleit- gut mitgegeben ist. Denn alles, was bei dieser Feier gegessen, getrunken und verthan wird, kommt der Seele zu Gute. Als „Seelenvertreibung“ kann man gewisse an der Westküste Afrikas und auf auch Madagaskar geübte Sitten bezeichnen. „In Alt-Kalabar wird die Stadt alle zwei Jahre von allen Teufeln und bösen Geistern (so werden vielfach selbst von den Eingeborenen die gefürchteten Seelen der 1) Ellis: „Ewe“ a. a. O. S. 108. 2) Bowdich: „Mission von Cap Coast Castle nach Aschanti.“ 8. 358. 3) Ellis: „Tshi“ a. a. O. 8. 242. 4) Cameron a.a.O. Bd. I. 5) Winterbottom a. a. 0. S. 308. [#1] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 41 Verstorbenen genannt; devil Todtengeist) gereinigt, welche nach Ansicht der- Autoritäten während dieser Zeit von ihr Besitz genommen haben. Sie nennen die Sitte «Judok>; eine ähnliche Ceremonie wird an der Goldküste gefeiert. Zu einer bestimmten Zeit wird eine gewisse Anzahl Figuren, , hergestellt und hier und da in der Stadt vertheilt. Diese Figuren, denen man verschiedene Gestalt giebt, werden aus Stäben und Bambusgeflecht hergestellt. Einige sehen aus wie menschliche Körper mit Armen und Beinen. Phantasievolle Künstler statten diese Produkte mit einem alten Strohhut aus, geben ihnen eine Pfeife in den Mund und einen Stock in die Hand, als wenn sie zu einer Reise gerüstet wären. Einige dieser Figuren sollen Vierfüssler vorstellen, andere Krokodile und Vögel. Von den Geistern wird angenommen, dass sie in ihnen nach 5 bis 4 Wochen ihren Aufenthalt nehmen. Kommt die Nacht der allgemeinen Austreibung heran, so sollte man meinen, die ganze Stadt wäre verrückt geworden. Die Bevölkerung isst und trinkt festlich und zieht dann in Gruppen aus, um in alle leeren Winkel zu schlagen, als ob dort empfindende Wesen zu ver- jagen wären; dabei machen sie hallo! aus Leibeskräften, Schüsse Knallen, die Nabikems werden wit Gewalt umgerissen, in Brand gesetzt und in den Fluss geworfen. Die Orgie dauert bis zur Morgendämmerung und die Stadt ist dann für weitere zwei Jahre von Geistern befreit.“ Diese Beschreibung Hutehinsons wird durch einige interessante Mittheilungen Wadells ergänzt; „beim Ndok (dem Judok Hutehinsens) gab es bisweilen Ausbrüche wirk- lichen Kummers, bei dem Gedanken an verstorbene Verwandte, die schliess- lich so weggetrieben wurden, — herzbrechend leidenschaftliche Klagen“.') In derselben Weise ist die Sitte von Wilson beschrieben. Er lernte sie an der Goldküste kennen; dort werden die Geister in die Wälder getrieben.’) Bossmann ist wohl der älteste, der einen ausführlichen Bericht giebt. Er beobachtete die Vorgänge mehrere Jahre hintereinander in Axim. Seine Erzählung schliesst mit den Worten: „Damit auch Keiner (der Teufel) in ihren Häusern sich verbergen könne, sind die Weiber so vorsichtig, dass sie alles irdene und hölzerne Gefäss von aller Unsauberkeit reinigen, 1) A. Bastian: „Der Fetisch“ a. a. O. S. 21/4. 2) Wilson a. a. 0. 8. 160/1. Nova Acta LXX. Nr.l. 6 42 L. Frobenius, [42] auswaschen und ausspülen lassen, damit ja der Teufel nicht irgendwo sitzen bleibe“.') Der (Gegensatz, welcher die beiden, bishererwähnten Formen des Todtenfestes unterscheidet, ist der, den Negersitten oft Zwiespalt auf- zwingende, schon oben besprochene. Einmal ist man bemüht, die Geister in der Nähe zu behalten, zum anderen sucht der Neger sich von ihnen zu befreien. Uebrigens findet sich auf Madagaskar eine Sitte, die der letzt- geschilderten Form des Toodtenfestes doch sehr ähnlich ist. „Der Leichnam eines Königs der Tanäala wird schon am Tage des Todes selber bestattet, wobei man eimige Flinten zerbricht und die einzelnen Stücke derselben neben die Leiche legt. Eine öffentliche Verkündigung des Todes findet nicht statt. Man fertigt ein Bildniss des Königs, bedeckt es mit Zeug und hängt es in der östlichen Ecke des Hauses auf. Nach 6 Wochen wird es in den Fluss Mätitänana versenkt und nun werden dieselben Ceremonien begangen, wie sie bei der Bestattung der Unterthanen üblich sind.) Südlich vom Congo hat sich aus dem wohl anfangs der Ndokform gleichen Todtenfest das Mahamba- oder Malambofest gebildet.) Bastian theilt eine Ceremonie mit, aus der noch die Spuren der alten Seelenfahrt- idee hervorzuschimmern scheinen. Der Autor schreibt: „Die Ceremonie des Mutamba ward von den Verwandten angestellt, um den umherflatternden Seelen (Zumbi) Ruhe in Desu (Nzämbi in Ambriz) zu verschaffen. Bei Unterlassung fällt die Seele dem in der Unterwelt resi- direnden Kadiampembe anheim. Gewöhnlich wird ein Schwein geschlachtet, dessen Kopf man in den Fluss wirft, um von demselben fort- 1) Bossmann a.a. 0. 8. 192/3. 2) Sibree a. a. O. S. 266/7. 3) Ueber die Mahamba schreibt Pogge: „Neben den Lupingo giebt es noch Maham- ba, worunter nicht die Seelen Verstorbener, sondern eine Art Nebengottheiten oder Schutz- geister verstanden werden; es giebt deren für die Jagd, den Krieg, für den Schutz der Felder u.s.w. Derartige Geister werden in Malange «Mahamba», im Lunda-Reiche «Mutanda», bei den Baschilange auch «Kilumbua» oder «Bilumbia» genannt.“ Wissmann-Pogge a. a. O. S. 379. Wolf, welcher von der Anschauung der Neger im Hinterlande Angola’s spricht, nennt Hamba den «grossen Geist» Wissmann Wolf a.a. O0, 8. 143. [43] Der Kameruner Schiftsschnabel und seine Motive. 43 geschwemmt zu werden.“') In dem die Unterwelt beherrschenden Kadiam- pembe ist wohl entschieden die Figur des Fährmannes erhalten und die Art des Opfers, wenn sich die Fortsetzung auf dem Wasser auch auf das Opferthier, statt auf die Seele (dargestellt in einer Figur) bezieht, erinnert sehr an die Ndok-Ceremonie in Calabar und an der Goldküste. — In der weiteren Form des Mahamba-Festes zeigt sich schon der vollständige Ver- lust der Ursprungsidee (von der Seelenfahrt). Die Verallgemeinerung, Ab- schleifung, das Zeichen, das für alle afrikanischen Sitten so charakteristisch ist, hat auch hier alles Anziehendere, Speeiellere, Tiefere langweilig &, un- scheinbar, stumpf, geistlos gemacht. Pogge erzählt von dem Mahamba-Fest in der Mussumba: „Auch hier haben die Neger eine besondere Furcht vor den Geistern der Verstorbenen, den Mahamba. Die Mahamba besitzt die Kraft der Zauberei. Sehr oft giebt der Kupongo bei Consultationen wegen Zaubereiverdachtes der Mahamba die Schuld, wodurch manchem unschuldigen Menschen das Leben gerettet wird. Den Mahamba werden auch, um sie bei guter Laune zu erhalten oder um die gefährliche böse Mahamba zu be- sänftigen, die bekannten üblichen Mahamba -Feste gebracht.“”) So ist das Todtenfest zum Versöhnungs-, zum einfachen Opferfest geworden. Nur um einen friedlichen Verkehr mit den Geistern zu erhalten, wird es gefeiert. Auf diese Weise wird es in der Fortentwieklung immer einfacher, nichtssagender, bis der einfache Unglücksfall zum Opfer des Huhnes, das dem Geiste dargebracht wird, führt‘) Das ist dann in echt afrikanischer Sittenentwieklung der letzte Ausläufer der T'oltenfesteeremonie. Der vergnügungslustige Sinn der Neger hat das Todtenfest, in der Form wie bei den Angola das Mahambafest gefeiert wird, allerdings in eine noch traurigere Feier herabgedrängt (s. Wolf).‘) Schon aus dem letzten Kreise der Todtenfeste geht hervor. dass es mit dem Fortwandern der Seele so recht ernst nicht mehr genommen wird. Selbst da, wo aus der Weise, wie das Fest begangen wird, noch ein klares I). A. Bastian: „San Salvador“ a.a. 0. S. 101/2. 2) Pogge a.a. 0. S. 236. 3) Schütt a. a. O. 8. 36. 4) Wissmann Wolf a. a. 0. S. 14/5. (5 44 L. Frobenius, [44° Verständniss für die Bedeutung der Ceremonie vorhanden sein muss, ich meine an der Goldküste, wo man die Seelen mit vollem Bewusstsein aus seiner Nähe verbannt, eben da führt man alles mögliche Unglück, wenn sonst kein Feind in Verdacht kommt, auf die eigentlich auf der Erde nicht mehr vorhandene Seele zurück. Bei derartig herrschender Unsicherheit kann es also nicht Wunder nehmen, wenn die Todtenfeste sich wiederholen. „Einen Monat nach dem Abscheiden feiert man ein neues Todtenfest.* So bei den Landama und Nalu.') „Wenn der König von Arder gestorben ist, werden zwei oder drei Monate nach seinem Todte zwei seiner Kebsweiber und etliche Diener gewürget.“’) Zu Axim und anderweitig setzt man über das Grab unterschiedliche irdene Bilder, welche das Jahr darauf nach Ab- sterben des Beerdigten gereinigt wurden: „alsdann sie von Neuem die Leichenceremonien ebenso prächtig und köstlich wiederholen wie zur Zeit der Beerdigung geschehen“) Diese Wiederholung mag zunächst auf die nicht seltene und ur- sprünglich ja wohl an der Westküste überall vorhandene Idee zurück- zuführen sein, dass die Seele noch eine Zeit lang in der Nähe der Lebenden verweile.‘) Dadurch werden wir aber zu jenem Anschauungskreise geführt, der sich bei der Beobachtung des Körpers gebildet hat. Es handelt sich um die Mythe vom Seelenwurm, über die ich schon verschiedentlich referirt habe. Man glaubt nämlich in der Made des vermodernden Leichnams, also dem einzigen lebenden Reste, die Verkörperung der Seele zu er- blicken. Demnach wäre also die Seele erst ganz entwichen, wenn das Fleisch vollständig zerfallen ist. Thatsächlich scheint eine solche An- schauung vieler Orts, wenn auch mehr empfunden als klar gedacht, vor- handen zu sein. Als Beispiel diene Camerons Bericht über die Bestattung der Ugogo- Häuptlinge. „Nach der Waschung wird der Körper aufrecht in einen Baum 1) Caillie a..a..0. 7.1.2 8.116. 2) Dapper a.a. 0. S. 484. 3) Bossmann a. a. 0. 8. 273. 4) Herold a. a. 0. 8.155. Bei der Eve des Gebirges glaubt man die Seele noch ein Jahr in der Nähe des Verstorbenen. [45] Der Kameruner Schiftsschnabel und seine Motive. 45 gestellt und die Leute ziehen täglich zu ihm hinaus, wehklagen, begiessen ihn mit Pomb&, bestreuen ihn mit Asche und vollführen auf diese Weise eine Art Todtenfeier. Diese Ceremonie setzen sie nun so lange fort, bis der Körper vollständig zersetzt ist; dann wird er auf eine flache Erhöhung gebracht und den Wirkungen der Sonne, des Regens, des Thaues ausgesetzt, bis nur die Knochen übrig geblieben sind, die dann begraben werden.“') Bei den Pare, die die Leichen in eine Grube setzen, wird das Grab nach einem Jahre wieder geöffnet, der Schädel demselben entnommen und in einem irdenen Gefäss in einem Baum oder in der Hütte aufbewahrt. Der unter der Latuka eines natürlichen Todes Gestorbene „wird in einem seichten Grabe bestattet, nach etwa zwei Monaten aber wieder ausgegraben, die Knochen von den verwesten Theilen gereinigt und in einem "Thon- gefäss untergebracht.“’) In Benin werden nach Dapper die Leichen manch- mal wieder ausgegraben, um aufs Neue mit Opfern bedacht, um wie schon einmal mit grossem Geschrei beweint zu werden.) Nach dem in Aschanti herrschenden Brauche wird ein Häuptling erst leicht bestattet, das Grab mehrmals am Tage mit Wasser begossen und, wenn die Gebeine ziemlich gereinigt sind, herausgenommen und in Kästen aufbewahrt.‘) Diesen Sitten und der beständig schwebenden Furcht vor den Geistern, die doch möglicherweise noch in der Nähe weilen könnten, um Unheil zu stiften, — diesen Gründen zufolge wird also das Todtenfest wieder- holt. Es wird so das jährliche Todtenfest, wie es weitverbreitet ist, und welehes die letzte Gruppe der afrikanischen Todtenfeste darstellt, entstanden sein. „Im April jeden Jahres wird (an der Goldküste nach Ellis) ein be- sonderer Tag der Todtenerinnernng gefeiert.“) Und ebenso wie bei den Ewe auch auf Madagaskar. An dem Leichenstein beim Grabe versammelt sich jährlich die Familie; eine Rede wird gesprochen und danach zu Ehren 1) Cameron a.a.0. Bd. 1. S. 103. 2) H. Frobenius: „Die Heidenneger des ägyptischen Sudan“. 8. 451. 3) Dapper a.a. 0. 8. 488. 4) Ramsayer und Kühne a. a. 0. 8. 127. 5) Ellis: „Ewe“ a.a. O0. S. 108. 46 L. Frobenins, [46] und zu Gunsten der Todten kräftig gespeist (und getrunken).) Einmal im Jahre opfern die Yorubba unter Festlichkeiten den Verstorbenen,’) einmal im Jahre wird in Benin den todten Freunden und Verwandten das Ge- dächtnissfest gefeiert,’) und jedes Jahr wird in Congo die Malala genannte Feier, das dem Opfern für die verstorbenen Könige geweihte Fest begangen.') Und ebenso ist es bei den Dahome,’) den Aschanti,‘) den Gola’) und war es bei den Jaga°) Sitte. Auch zu den Maskirten, den die Geister Darstellenden, ist das T'odten- fest in mancherlei Beziehung getreten. An der Leiche des Königs von Loango tanzten einige in Vogelmasken gehüllte Leute. Der Tanz bezog sich zumal auf eimen mächtigen Phallus, den sie mit vielem Gepränge herumführten.) Auf die Bedeutung dieser Maske und dieses Symbols werden wir im ersten Abschnitt des zweiten 'T'heiles zurückkommen. Es tritt hier die Entstehung des Lebens mit dem Ausgange desselben in Verbindung; Anfang und Ende sind miteinander verknüpft. Die Masken, welche die Geweihten des Belli und Sandy in Liberia tragen, werden auch bei Festen, „bei den (redenktagen der Verstorbenen“ 10 ) getragen. Diese Maskirten repräsentirten die Verstorbenen. Dieselben treten an ihrem Ehrentage persönlich auf. Auch in Kamerun erscheinen beim 'T'odtenfeste solcher, die dem Eckongolo angehört haben, die Maskirten dieses Bundes.") Maskirte waren auch bei der Beerdigung der Bali zu- gegen,”) ebenso wie beim 'Todtenfest der Nkosi.”) Auch in Süd- Guinea ') Ehrmann: „Neueste Beiträge zur Kenntniss Madagaskars“. 8.51. 2) Hoffmann a. a. 0. S. 69. 3) Dapper a.a.0. 8.493. „Alle. Hist.d.R.“ Bd.IV. 8.458. Bossmann a.a.O. S. 548. 4) „Allg. Hist. d. R.“ V. 8.7. Dapper a.a. 0. S. 563. 5) Norris: „Reise ins Innere von Guinea“. 8. 184. 6) Ramsayer und Kühne a. a. 0. S. 110. ?) Dapper a. a. O. S. 413, 8) Battel in: „Allg. Hist. d. R.“ Bd. V. S. 105. 9) Degrandpre a. a. 0. S. 63. 10) Büttikofer: „Reisebilder aus Liberia“ Bd. II. S. 310 Anmke. 1!) Pauli in: „Petermanns geographische Mittheilungen“ 1885. 8. 17. Buchner E08 SHPIN: 12) Nach einer brieflichen Mittheilung (20. X. 1894) Lieutenant Hutters. 13) Autenrieth: „Missionsreise in Kamerun“. 8.20. #7] Der Kameruner Schiffssehnabel und seine Motive. 47 ist der Nda persönlich zugegen, wenn ein Angehöriger des Bundes gestorben ist. Der Maskirte übt dann volle Geistergewalt aus.') Nachdem derartig der Seelenfahrtsmythus gleichsam herausgelöst ist aus der umgebenden Schaale der Todtenfeste gilt es, sich nach anderen T'herlen, den Ergänzungsstücken, umzusehen. Da ist zunächst die Ueber- menge von Mittheilungen über einen einfachen Wassereultus. Man ver- ehrt Bäche, Flüsse, Seen, Meere. Diese Mittheilungen müssen aber so lange kalt lassen, als nicht ein bestimmter Anknüpfungspunkt ge- boten wird. Nun schreibt Bossmann: „Den Ort künftiger Glück- oder Unglück- seligkeit bilden sie sich ein an irgend einem Ort in der See“) Die Leiche des Muata Jauwo wird in den Kalanyibach geworfen. Würde er in der Erde bestattet, so glauben die Kalunda, dass er sich in ein T'hier verwandeln würde.) Ist einer unter den Warundi von einem Geiste besessen, so baden sie ihn in einem Flusse.‘) Von ihren alten verehrten Fürsten glaubten die Baschilange, sie seien in das Geisterwasser (Maji- Kalunga) gestiegen, und Wissmann und Pogge, die ersten ihr Land be- tretenden Weissen, wurden als die aus dem Seelenmeere Zurückkehrenden begrüsst.) Ebenso empfingen die Bissagos-Insulaner die ersten Europäer als Geister.‘) ‚Jetzt verstehen wir, wenn die Kalabar- und Tlanäla-Leute die Ahnen- bilder beim 'Todtenfeste ins Meer senken, wenn bei den Ssongo,') Otschi,‘) Baquiri,’) das Orakel aus einem Wasserbecken empfangen wird. Im 1) Wilson a.a. 0. 8. 294. ?) Bossmann a..a. 0. 8. 547. 3) Müller in: „Im Inneren Afrikas“. S. 101. 4) Oskar Baumann: „Massailand“ a.a. 0. S. 222. 5) Wissmann Pogge a. a. 0. 8. 87. 6) Brü& in: „Alle. Hist. d. R.“ Bd. II. S. 428. ") Pogge a..a.0. 8. 38. 8) A. Bastian: „Der Fetisch“ a. a. 0. S. 39. 9) Schwarz a. a. O. 8. 175. 48 L. Frobenius, [48] Wasser ist die Stätte des Geistes. Ueber das Wasser kommt er aus der Todtenstadt. Und nun noch als den ringabschliessenden Schlussstein eine Bemerkung Bossmanns aus Guinea.') „Es giebt andere, die da behaupten wollen, dass die ersten Menschen aus einem unterirdischen Brunnen hervorgekommen seien.“ Dem entspricht es, wenn mancherlei Völker’) ihre 'Todten in Kanus bestatten. Es ist das Todtenschiff. 1) Bossmann a.a.0. S. 178. 2) Kund in: „Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin“ 1886 S. 328. Wilson a. a. ©. S. 170; auch Büttikofer und andere. II. Theil. Die Seele in den Thieren. Im ersten Abschnitt ist, wenn meine Absicht gelungen ist, ein tieferer Blick in das Wesen der afrikanischen Anschauungsweise gewonnen. Die Arbeit soll nicht allein dem Zwecke dienen, jenes eine Schnitzwerk, die Bedeutung des Schiffsschnabels zu verstehen, sondern ich möchte vor allen Dingen die Construction der afrikanischen Weltanschauung zeigen, möchte für dieses so lange vernachlässigte Gebiet Interesse erregen, und beweisen, dass mehr zu suchen und zu finden ist, als was Schneider, mein Vorgänger, in diesen Arbeiten finden zu müssen glaubte.') Deshalb gehe ich nicht allen den schmalen Ziekzackweg, der uns durch die Gebiete führt, aus denen die Motive unseres zu erklärenden Gegenstandes stammen. Ich ersteige abseits liegende Höhen und versuche einen weiteren Ausblick zu gewinnen. Es ist immer eine unangenehme Sache, alteingebürgerten Anschau- ungen mit kritischem Auge näher zu treten, aber es ist notwendig. Ich möchte neben meiner Hauptaufgabe noch eine leicht damit zu verbindende erledigen: die Prüfung der ursprünglichen Ansicht über die schöpferischen Kräfte.) Die Aufgabe ist nicht leicht. Seit mehreren Jahrhunderten arbeiten 1) W. Schneider: „Die Religion der afrikanischen Naturvölker“. Münster 1891. 2) An dieser Stelle muss betont werden, dass ein Eingehen auf die Götter der ein- -stigen und jetzigen Afrikaner hier nicht möglich ist. Die Trümmer der afrikanischen Cos- mogonie finden andern Ortes eine Besprechung. Die Gestalten, wie Mawou, Nyankupong, Olorun u. s. w. stammen nicht aus der Cosmogonie. Olorun ist z. B. der „Sky-God“ der Yoruba, neben dem noch Obatala ein Himmelsgott als Stammvater des Existirenden verehrt wird. Nova Acta LXX. Nr.l. 7 50 L. Frobenius, [50] europäische Culturpioniere an dem Werke der Umgestaltung afrikanischer Weltanschauung. Die Ergebnisse sind der Arbeitsweise entsprechend. Man arbeitete früher nicht an den Fundamenten, sondern der äusseren Gestaltung des Gebäudes. Man lehrte nicht die Grundbegriffe unserer Anschauung, sprach nicht von dem Prineip der christlichen Nächstenliebe, den Segnungen der Arbeit, — das zu lehren lernte man erst kürzlich, sondern von den bib- lischen Ueberlieferungen, von den Sakramenten. Die alten Missionare Kongos prahlten mit ihren Listen der Getauften. Das war ihr Zweck, und der Bischof stand am Meeresufer und taufte Leute, die seine Sprache nicht verstanden, taufte nur heerdenweise, taufte, damit kein Heide nach Amerika komme. Mit Voraussetzungen wurde an die Arbeit gegangen. Das Wesen, das die Neger im Ueberall existiren ahnten, das Wesen nannte man Gott den Sehöpfer, Gott den Allliebenden, Allleitenden, Gerechten. Ob der Name, den man für Gott brauchte, dem Neger ein Stammvater, eine Gewittergottheit oder eine Geheimbundsekte war, darnach wurde wenig gefragt. Die Er- gebnisse entsprechen dem. Wenn man die Berichte von der Schöpfung der weissen und schwarzen Männer liest, dann hat man einen Begriff von den erzeugten Zerrbildern.‘) Aber es wurde noch weiter gegangen. Aeusserliche Aehnlichkeiten wurden als Fundamentverwandtschaften erklärt. Somit wurde das Wissen des christlichen Gottes unter den nackten schwarzen Söhnen der Natur entdeckt. Ein Stamm, der als Naturvolk bezeiehnet werden muss, hat daher seinen Namen, weil er unter dem schweren Joche der Knechtschaft seufzt. Und die Natur ist eine harte Herrin. Der Hunger in den Zeiten der Dürre und der Viehseuche, die Kälte in den Nächten der Regenzeit sind wenig geeignet, die Empfindung der Freiheit zu gewähren. "Thatsächlich ist die Negerweltanschauung das Bild eines gequälten, deprimirten, seit Generationen misshandelten Menschenherzens. Wenn Schneider da von einem „starken Glauben an einen guten Gott“ sprechen will, so muss er durchaus fun- damentale Beweise bringen und die sind nicht leicht möglich. Er sagt selbst: „der afrikanische Gottesbegriff trägt nirgends Züge fröhlicher Ent- wicklung“, setzt aber hinzu: „nicht selten dagegen unverkennbare Anzeichen DIR von Verkümmerung oder Verzerrung eines ursprünglich reineren und !) Ueber diese seeundäre Mythe demnächst mehr. [>1] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 5l reicheren Gottesbewusstseins.“ Der Schluss ist umgekehrt zu ziehen. Alle edlen Triebe der Entwicklung der Moral und des Empfindungswesens sind aufgewachsen auf Schutt und Fäulniss. Es ist eine tiefe und grosse Er- kenntniss, dass der Zug, dem die menschliche Entwicklung folgt, beständig von unten nach oben zielt, ebenso wie bei der Pflanze die Wurzel im Morast ruht, und die Blüthe der Sonne entgegen sprosst. Daher lässt sich das Wesen einer Weltanschauung nicht verstehen, wenn man seine Ent- wicklung nicht da zunächst studirt, wo die Wurzeln lagern. Aber das sei zugegeben, für Afrika war das bis jetzt nieht leicht. Es gehört ein gewisser Muth dazu, sich in das Chaos, das man gemeiniglich Fetischismus nennt, hinabzustürzen und darin sich nach Ordnung umzusehen. Da gilt es weg- zuräumen und zusammenzulegen, nicht zu zerstören und doch zu trennen, zu theilen und zu ergänzen, bis man die Structur erkannt hat. Dass das nicht mit einem Spatenstich zu erledigen ist, geht aus dem Gesagten hervor. Soll auch nicht im Vorliegenden etwa Vollendetes, Irrthümerfreies geboten werden. Es sind nur die ersten Früchte, Ergebnisse mühsamer Bergmannsarbeit. Es ist nicht leicht, bei so schwerer Arbeit allein zu sein, und liegt mancher Block da unten, den zwei Arme allein nicht fortschaften können. Ein Motiv, das zur Gestaltung einer Gottheit führen kann, lernten wir schon kennen, das der Vergeistigung. Jetzt gilt es noch zwei solche Motive klar zu legen und die Entstehungsweise der Schöpfungskraft aufzufinden. 1. Die Vogelmythe. Es giebt eine Reihe von Wesen in der Anschauung der afrikanischen Neger, die von den Missionaren bis jetzt als die Reste eines einst stärkeren Gottesbewusstseins aufgefasst worden sind. So bei den Ewe Mawu, bei den Tschi Niankupong, weiter südlieh Mulungu, Sambi u. s. w. Was wir an sicheren Nachrichten über sie wissen, lässt sich in wenig Worten zusammenfassen. Sie haben nicht die Welt geschaffen, haben überhaupt nichts mit der Welterschaffung, mit der Lebensentstehung, mit dem Lebens- ende zu thun. Es werden ihnen keine Opfer und Gebete dargebracht; sie existiren. 52 L. Frobenius, [52] Es werden also Mawu z. B. keine Opfer gesandt. Nur Gewalten, denen man gewisse T’hätigkeitsgebiete zuschreibt, wie Khebioso (dem die Blitze Schleudernden), Sapatan (dem die Kinderpocken Verbreitenden), Legba (dem die Geschlechter Segnenden) werden solche gespendet. Aber man tritt durch jedes Opfer eines Huhnes mit Mawu in Verbindung, indem der Körper des Thieres wohl auf der Erde bleibt, der Geist desselben aber zu Mawu emporsteigt.‘) Nämlich: „Nach der Vorstellung der Ewe Völker befindet sich zwischen dem blauen Himmel, der als Dach der Welt gedacht ist, und der Erde der Khekheme genannte Raum; Khekheme heisst «die freie Luftregion» (free-air-region). Die Vögel sind die einzigen aller irdischen Geschöpfe, die diese Region durchkreuzen und deshalb heisst der Vogel «Khe-vi» gleich «child of the free or open air».“?) Der Vogel ist das Kind der Lüfte. Was ist Mawu, und wie ist die Stellung der Vögel zu Mawu zu deuten ? Mawu ist nicht der Sehöpfer, nicht der durch Opfer zu Ehrende (das ist der zu Gewinnende); es ist der in unerreiehbarer Ferne Existirende. Hieraus ergiebt sich, dass Mawu nur der Ausdruck einer gänzlich unklaren Ahnung eines höheren Wesens ist, es ergiebt sieh aber auch, dass er mit den Handlungen der Menschen u. s. w. in keinerlei Verbindung steht. Was kann Mawu nun sein ? Fassen wir kurz die ganze Anschauungsweise der Neger zusammen. 1) „Though Mawu is considered the most powerful of all the gods, sacrifice is never directly oflered to him. This requires some explanation. The indireet sacrifice consists of the indwelling spirits of domestie fowls and other birds sacrificed to the terrestrial gods, and which are believed to aseend to Mawu and to be, as it were, his portion of a sacrifice, the body being that of the terestrial gods.“ Ellis „Ewe“ a.a. O0. S. 33/4. Es ist daraus deutlich zu erkennen, dass es sich nicht um ein Opfer an Mawu handelt, denn man denkt nur daran, etwas von den Specialgottheiten zu verlangen, als z. B. Kinder, Ende der Krankheit, reiche Ernte u.s.w. Von Mawu erwartet und verlangt man nichts. 2) Ellis: „Ewe“ a.a. 0. 8. 34/5. Der Autor fährt fort: „On this account birds are considered to some extent as mysterious ereatures, and there are a variety of superstitions about different birds, which will be slated further on, which their indwelling spirits are regarded as having some connection with, or relation to, Mawu, because it is they alone who soar up into khekheme, and approach his dwelling-place, the sky. A small bird, a variety of the oriole, that soars like a lark, and makes a whirring noice by striking its wing-feathers together, is sacred to Mawu.“ [53] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 53 Eine Verehrung zollen sie nur da, wo sie wirken, beinflussen können, wo sie fürchten. Der Geist, der vom Menschen Besitz ergreifen kann, der Fluss, in dessen Wellen der Fischer seinen Tod findet, der Blitz, der den Wanderer erschlägt, das Raubthier, das den Jäger zerfleischt, das sind z. B. wichtige Kräfte, die als selbstwirkend und absichtlich handelnd ge- dacht und als Einzelheiten zu Grundfesten eigener Mythenbildungen werden. Aber viel Einfacheres, Alltägliches genügt, um eine übersinnliche Kraft zu vermuthen. Der Neger stolpert über einen Stein, den er nieht beachtete, ein in der Abenddämmerung wie ein Vogel erscheinendes, vom Winde bewegt, schwebendes Blatt wird erst in der Nähe als solches erkannt; derartiges genügt, um dem Neger den Gedanken an Zauberei nahe zu legen. Jeder unvermuthet angetroffene Gegenstand kann die Aengstlichkeit der Wilden Afrikas wachrufen. So entsteht jene zerfahrene Anschauungsweise, die dazu geeignet war, den Europäer zur Aufstellung des Fetischismus zu bewegen. Thatsächlich schenkt der Neger also jeder Ausnahme der Regel, deren Wirkungen ihm als Ausnahmen, als abweichend vom Gewohnten auffallen, genügende Beachtung, um sogar Verehrung zu zollen. Dem gegenüber steht aber als dumpfe Empfindung die Ahnung, dass die Natur sich in bestimmten gewissen Gesetzen bewegt. Dem Neger würde — und ihm allen? — das Aufgehen und Niedersinken der Sonne, das Nahen der Regenzeit erst dann auffallen, wahrhaft zum Bewusstsein kommen, wenn einmal die Sonne stehen bliebe, die Regenzeit kein Ende nähme. Das ganze Trachten und Grübeln der Neger ist mit dem Suchen nach Gründen der unregelmässigen Ereignisse beschäftigt. Das Regelmässige kümmert ihn nicht, er fragt nicht danach. Daher! er ahnt auch nur die Regelmässigkeit in den Naturwechseln. Und der Ausdruck dieser Ahnung der Gesetzmässigkeit, der ist Mawu, das sind jene Götter, von denen sie sagen „sie kümmern sieh nicht um uns“, „sie sind zu weit“, „sie sind zu gleichgültig“, „sie sind zu gut“. Eine fortgesetzt gleichmässig unterbrechunglose Erscheinung ist aber — darauf deutete ich schon oben hin — das Leben. Eine Schwankung ist die Krankheit. Da beginnt das Sinnen nach dem Grunde, und man findet als Grund, als unterbrechende Kraft die Urmacht des körperlosen Geistes und die Zauberkraft des Mitmenschen. Der Geist ist beständig. Der Körper 54 L. Frobenius, [54] vergeht. Der Geist existirt weiter. Ein Auslöschen des Geistes giebt es nur, wenn der Mensch seine Enthaltungsgebote nicht einhält, dann stürzt ihn der Fährmann des Maji Kalunga in die Tiefe. Deshalb giebt es keine Schöpfung der Geister. Wenn die Neger also kein „der Mensch muss sterben“ kennen, und das wird uns oftmals versichert,') so findet sich auch hierin eine Beachtung der „Ausnahme“. Der ungewöhnliche Tod ist ein Gegensatz zum gewohnten Leben. Mawu, das Wesen, das nur aus der Vermuthung der Ahnung des Vorhandenseins geschaffen wurde, ist — eigentlich selbstverständlich — als Alldurehdringendes, Allumfassendes, mit dem Allumspannenden in Ver- bindung gebracht, mit dem Himmelszelt. (Wu —- beschatten. Und so giebt es viele Götternamen dieser Gruppe, deren Stamm mit dem Himmelsdach in Verbindung steht.) Wohlgemerkt! Mawu ist zunächst nicht der Himmel selbst, sondern der dem Firmament innewohnende Geist. Indem aber jene erste Ahnung der Naturgesetzmässigkeit mit einem sichtbaren Gegenstand in Verbindung trat, verkörperte sie sich so zu sagen in demselben (dem Himmel) und die Aufmerksamkeit richtete sich nun fast lediglich auf diese Verkörperung. Das sekundäre ward damit zum primären. Kein Neger wird daher sagen können, wie sein Mawu entstanden ist; denn Mawu ist nur geahnt als Natur-Gesetzmässigkeit, mehr be- wusst als Welt-Incorporationsgeist. Verdrängt wird aber jeder weitere Gedanke in dieser Hinsicht durch die Uebermacht der sich immer und immer wieder aufdrängenden Ausnahmeerscheinungen, durch die Ver- ehrung aller der Kräfte, die einmal schaden, eingreifen, wirken, d. h. die Kräfte, die nicht an bestimmte Gesetze gebunden sind, die willkürlich sowohl nützend wie schadend wirken können. Mawu — um auf den Ausgang zurückzugreifen — tritt also in I!) Kein Neger — es sei denn, dass er mit europäischen, arabischen oder indischen Gedanken vertraut sei — sieht den Tod als etwas selbstverständliches an. Die Bongo sagten zu Schweinfurt: „Wie kann man sterben, wenn man nicht hungert?* An der ganzen West- küste ist das Kassa-Ordal (oder welchen Namen dieses Urtheil führen mag) bekannt und Sitte, im Falle ein Mensch in Folge Krankheit, Altersschwäche oder Zufall stirbt, durch dies Orakel festzustellen, wer vermittelst übersinnlicher Kräfte des Todes Urheber gewesen ist, nur — weil der Neger an einen natürlichen Tod nicht denkt! Anders ist es bei den Hottentotten. [55] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. B)) Verbindung mit den durch freien Lichtraum schwebenden Vögeln und den Geistern der geopferten Hühner. Eine ähnliche Figur — nach der eben dar- gelegten Entwicklung — wie Mawu ist die Sande-Gottheit «Gumba». Gumba bedeutet gleichzeitig «Blitz»'). „Gewitter“ ist auch die Uebersetzung des Ausdruckes, mit dem die Völker Baghirmis das «unklare Wesen» — wie ich es nennen will, denn das Wort «Gott» führt zu falschen Vorstellungen — bezeichnen’) u. s. w. Bei den Eweern wird die Blitzgottheit ganz besonders verehrt und zwar unter dem Namen „Khebioso“.°) Dieser Name‘) ist zusammengesetzt aus Khe | bird | be | to let go light or throw out light und so | fire | „so dass dies wörtlich bedeutet «der Vogel oder das vogelähnliche Geschöpf, das Feuer ausspeist.» Da die Gewitterwolke heranzieht in Khekheme, der freien Luftregion, und da diese Region nach der Eingeborenen Ansicht nur von Vögeln durchzogen werden kann, so stellen sich die Eweer vor, dass Khebioso eine fliegende Gottheit ist, die in mancher Hinsicht etwas mit einem Vogel gemein hat. Die allgemeine Ansicht scheint zu sein, dass Khebioso ein vogelähnliches Geschöpf ist, welches inmitten der schwarzen Gewitterwolke verborgen ist und von hier aus die Blitze schleudert. Einige glauben ausserdem, dass das Krachen des Donners das Rauschen seiner gewaltigen Schwingen ist.“°) Die gleiche Anschauung scheint unter den Betschuana zu herrschen.‘) 1) Schweinfurt: „Im Herzen von Afrika.* 8. 245. 2) Nachtigall a. a. 0. Bd. II. S. 685. 3) Skerchley sagt über diesen: „Last of the four prineipal Fetiches (sie!) is Khe- vyosoh, the thunder — god (!), who may be taken as the Dahoman Jupiter. He presides over the weather, and punisches those who do not please him with the abi, or lightning. A person killed by lightning is supposed to have fallen under the especial displeasure of the deity, and a ban of excommunication is passed upon the body by the Khevyosoh-si. The eorpse is not allowed to be burried, but is brought to the Klevyosoh-ho or thunder temple u. s. w.“ a.a. O. S. 468/9., 4) Etwas anders lautet das Wort nach A. Bastian. Chebieso gleich „der das Feuer «aso» ausleuchtende «bi» Vogel «che»“. „Volks- und Menschkunde a. a. ©. Bd. II. S. LXXXIH. 5) Ellis „Eve“ a.a. O. 8. 37. 6) „Thunder they (die Betschuanen) supposed to be caused by a certain bird, which may be seen soaring very high during the storm, and which appeared to the natives as if it nestled among the forked lightnings. Some of these birds are not unfrequently killed, and their having been seen to descend to the earth may have given rise to this ludierous notion. 56 L. Frobenius, [56] Khebioso, die Gewitter-Vogel-Gottheit kann als eine Aeusserung Mawu’s des Allumfassenden (wie — bedecken) angesehen werden. Wenn der Mensch vermittelst der Vogelseelen mit Mawu in Verbindung tritt, so äussert sich Mawu durch den Gewittervogel. Weiter unten werde ich noch ganz besonders auf die Stellung, die die Vögel zwischen Mawu, «der Ver- körperung im Firmament». und der Licht-Blitz-Gottheit einnehmen, Bezug zu nehmen haben. Beim Hühneropfer geht der Körper zu Ende und der einwohnende Geist zu Mawu.') In Yoruba wird bei Leichenfesten das Adire-irama genannte Huhn geopfert. Es soll die Seele führen!’) Das, was hier als einziges Mal klar ausgesprochen ist, das liegt weit entrückt den Sitten zu Grunde. So bei den Bullom und 'Timene. Winterbottom schreibt: „Bei der Bestattung binden sie einen Vogel bei den Beinen am Grabe fest und schütten ihm ein wenig Reis hin. Frisst er den Reis nicht, so lassen sie ihn am Leben, frisst er ihn aber, so schneiden sie ihm den Kopf ab und besprengen das Grab mit seinem Blute. Das geschieht gleich nach dem Tode und wird noch einmal wiederholt, wenn der «Schrei», wie sie sagen, d. h. die Trauerzeit ihr Ende erreicht hat!“ °) Viel deutlicher und ohne Nebenbedeutung ist es, wenn in alter Zeit von der Goldküste erzählt wird, der 'Todte werde vor der Bestattung mit Hühner-Blut besprengt.‘) Auch wird an anderer Stelle gesagt: „Wenn jemand stirbt, so machen sie ihm einen neuen Fetisch, der ihn in die andere Welt geleiten soll.“’) Dann folgt die Beschreibung der Grabesblutbe- sprengung (und zwar mit dem Blute eines Hahnes). Als 1704 ein König I have never had an opportunity of examinig this bird, but presume it belongs to the vulture species.“ Robert Moffat: „Missionary Labours and Scenes in Southeru Africa“. London 1842. 8. 338. ‚ 1) A. Bastian: „Zur Psychologie und Mythologie der Nigritier.“ S. 36. 2) A. Bastian: Ebenda S. 41, nach Ellis: „Yoruba“ a. a. O. 3) Winterbottom a. a. O0. S. 303. 4) „Allg. Hist. d. R.“ Bd.IV. S. 166. i 5) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV. S.191/2 und ähnliches wird aus dem alten Congo beschrieben. Ebenda Bd. IV. 8. 724/5. [57] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 97 Alt-Kalabar's schwer erkrankte, opferte man ein Kind. Snellgrave sah es an einem Baumast hängen. Daneben hing ein Hahn. ') Und nun greift in diese feine Unterscheidung von Seele und Seelen- führer auch schon die rohe Trägheit, die Verallgemeinerung erscheint wieder. „In den Nachtvögeln kehren aus der andern Welt solche Seelen zurück, die als Fetissero Uebles thun wollen.“ °) Noch ein kleiner Sehritt und das Huhn, der Vogel, wird als die Seele des Menschen aufgefasst. Auch es wurde gethan. Sobald Neumond ist, führt ein gewisser, am Kongo entstandener Eunuchenverband Tänze auf und opfert ihm, dem aufsteigenden Gestirn, einen Vogel, einen weissen Hahn. Der Vogel wird dabei in die Luft geworfen und in Stücke zerrissen, so- bald er zur Erde fällt. Man sagte Johnston, dass in früheren Zeiten ein Menschenopfer bei solchen Gelegenheiten dargebracht sei, das in letzter Zeit jedoch durch einen weissen Hahn ersetzt wurde.) Ein Neger erzählte Du Chaillu, dass die Seele eines seiner todten Freunde in einem Vogel Wohnung genommen habe,‘) und aus Sagen der Zulu lässt sich auf ähnliche Anschauung schliessen.’) Ein tief eingeprägter Zug der Trägheit, Denkfaulheit, in gewisser Weise Phantasiren lässt sich auch hier wiedererkennen. Bald die Seele 1) Snellgrave 1730 in: „Allg. Hist. d. R.“ Bd. III. S. 541. 2) A. Bastian: „Loango-Küste“ a. a. ©. Bd. II. S. 223/4. 3) H. H. Johnston a. a. O. S. 3380. Hier wird übrigens das Huhn dem neuleuchtenden Gestirne geopfert. Sollte das eine Rückerinnerung an die Flammengottheit sein? 4) P. du Chaillu: „Explorations and adventures in Equatorial Afrika“ S. 336. Dazu sagt Schneider: „Dass hier eine Gedankenlosigkeit oder ein, vielleicht Seitens des Fragestellers herbeigeführtes Missverständniss obgewaltet hat, liegt auf der Hand“ (a. a. ©. 8. 257). Diese Ansicht stützt Schneider nur darauf, dass der Neger, der das oben Mitgetheilte dem Forscher sagte, die Frage Du Chaillu’s, ob er an eine Seelenwanderung glaube, verneinend beantwortete. Das ist charakteristisch für den sonst so sorgfältigen Schneider. Die Unklarheit im Kopfe des Negers kennt er nicht. Es ist eine Gedankenlosigkeit, weil die Antwort in die Hypo- thesen vom Vorhandensein christlicher Ideen in der Neger Weltanschauung nicht hinein passt. Er bringt die Stelle da, wo er den Unsterblichkeitsglauben nachweisen will. Auch die tote- mistischen Grundideen hat Schneider, trotz seines riesigen Materials, nicht erkannt. 5) Die Originalstelle ist mir nieht zur Hand (B. J. Haarhoff: „Die Bantustämme Süd- afrikas“ 8. 24). Schurtz („Augenornament“ 8. 73) weist gelegentlich der Erwähnung des deutschen Märchens, in welehem der gemordete Knabe als Vogel wiederkehrt und Rache nimmt, auf „ganz ähnliche Sagen der Zulu* hin. Nova Acta LXX. Nr.1. s 58 L. Frobenius, [58] des Menschen betonend, dann wieder in dem Vogel ohne tiefere Ueber- legung den Geistervogel sehend, weiterhin den Vogel als Bindeglied zwischen sich und den höheren Mächten verwendend, neue Sitten schaffend, alte verderbend, hat dieser echt afrikanische Charakterzug viel Unklares gezeitigt. Ein grösserer Theil dieser wirren Erscheinungen sei wieder- gegeben mit Voraussendung eines Fingerzeiges. Wenn wir die Parallelen zu den afrikanischen Mythen und Motiven zu besprechen haben werden, dann wird sich zeigen, dass, wie das Huhn in Afrika in der Mitte eines Sittenkreises steht, dass ebenso in N.-W.-Amerika um den Raben, in Oceanien bald um Buceros, bald um Schnepfe, bald um Hahn gleiche Mythenringe sich gebildet haben. Der Unterschied beruht aber zur Hauptsache darin, dass die Oceanier genug künstlerische, schöpferische Geisteskraft besitzen, um hohe Ideen, tiefe Mythen, grosse Anschauungen und feine, poetische Empfindungen zu zeitigen, dass aber im Gegensatz dazu, das dureh Kriege haltlos gewordene und zusammengewürfelte, durch Sklavenhandel degenerirte, durch schwankende Regierungsformen und Gan- gathum geistig herabgedrückte, unfreie, westafrikanische Völkerelement zu gleichgiltig ist, um Tieferes denken, zu stumpfsinnig, um Feineres verstehen, zu verschmitzt, um Edleres schaffen und halten zu können. Wo wir noch edles Blut finden (Sande, Bakuba, Bassonge), da sind die Krieger zu rauh und zu selbständig, um über das, was unter der rauhen Schale des harten Soldatenlebens an Feinerem verborgen liegt, zu sprechen. Selten sprechen tiefe Menschen von ihren Empfindungen und Anschauungen; der Lump prahlt mit dem Wenigen, was er im Innern hat. Deshalb haben wir wenig Kenntniss von höheren, grösseren, afrikanischen Anschauungen, aber eine umfangreiche von Zerr- und Kümmerformen. In den Schöpfungssagen der Congo-') und Niger-Völker”) spielt der Hahn eine nicht untergeordnete Rolle. Das Opfer des Huhnes wird weiterhin vielfach angewandt, um ferne Geister in die Bildnisse zu rufen. Von den Somrai wird der heilige Pfahl mit Hühnerblut bestrichen, wenn man des Beistandes der Ahnen bedarf‘) Um mit den Seelen der Verstorbenen in 1) Lenz a. a. 0. 8.210. 2) A. Bastian „M. und Ps. d. N.“ S. 44/5 nach Crowther. 3) Nachtigall a. a. O. Bd. II. S. 685. [59] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 59 Verbindung treten zu können, muss der Ewe-Ganga Blut der Hühner auf das Lehmbildniss sprengen.) In Usambara werden die beleidigten Dorf- Gottheiten, die im Zorn über eine ihrem Verbote zuwiderhandelnde That das Dorf verliessen, in dasselbe zurückgerufen, indem das Hühnerblut an ihre Heiligthümer, Behausungsstätten gesprengt wird.) In Guinea wurde die Belebung einer hölzernen Statue dadurch hervorgerufen, (dass man ein Huhn in sein hohles Innere warf, so dass mit dem dem 'T'hiere entströmenden Blute“ Lebenskraft in jenes Bildniss drang.) Im Osten macht der Sinn eine kleine Wandlung durch. Um Felder fruchtbar zu machen, steckt man Hühnereier in den Boden (Usambara). Um etwas Naheliegendes zu ver- hüten, dürfen Mädchen, wenn sie einen Liebhaber haben, vor der Hochzeit nieht Hühner essen oder nur schlachten (Ubondei).‘) Das Belebende ist der Vogel. Als Dybowski zu den Languasi kam, schritten ihm die Häuptlinge dieses Stammes entgegen. Der Fürst trug eine weisse Henne im Arme, riss dem armen 'Thiere Federn aus und streute sie dem Reisenden in Bart und Haare und übergab ihm endlich den geschundenen Vogel. Dasselbe erlebt er bei den T'okbo.’) „Die Susu nehmen, wenn sie beten, gewöhnlich einen weissen Vogel in die Hände.“°) Als Brüe (ca. 1700) eine der Bissa- gos-Inseln betrat, „näherte sich seinem Schiffe ein Canoe mit 5 Schwarzen, von denen einer auf Verdeck kam mit einem Hahn in der linken Hand und einem Messer in der Rechten. Er kniete eine Minute vor Brüe nieder, ohne zu reden, darauf stand er auf, wandte sich gen Osten, schnitt dem Hahn die Kehle ab, kniete wieder nieder und liess einige Tropfen Blut auf Brües Fuss fallen.“ Mast und Pumpe wurden auch mit dem Blute besprengt, worauf der Mann den Europäern den Hahn reichte; seine Leute erklärten, I) Herold a. a. 0. S. 144,5. 2) Oskar Baumann: „Usambara“ a. a.0. 8. 114. 3) A. Bastian: „M. und B.d.N:* S. 24. *) Oskar Baumann: „Usambara“ a.a. 0. S. 275 u. 127. 5) Jean Dybowski: „La route du Tschad“ 8. 331 u. 334. 6) Winterbottom a. a. O. 8. 292. gr 60 L. Frobenius, [60] sie sähen die Europäer als Meergötter an.') An diese Sitten schliessen sich die Opfer, die eines höheren Wesens Schutz zu erlangen bezwecken, an. Um Schiffen eine günstige Fahrt zu sichern, verrichtet man in Cala- bar folgende Ceremonie unter Anrufung der Ahnengeister: „Man opfert eine Henne. Dieselbe wird lebendig mit einem Fuss an eine lange Stange ge- bunden; am anderen Fuss hat sie einen kupfernen Ring, und in diesem Zu- stand lässt man das 'T'hier verhungern.“’) Die Schiffe der Wabuma und Babangi führen einen weissen Hahn am Bugspriet.‘) Lander musste seiner Zeit auf der Rückreise aus den Haussa-Ländern den als sehr gefährlich bekannten Fluss Musse überschreiten. Eben weil er so gefährlich ist, tödteten die Führer ein Huhn, sprengten Blut in den Fluss, legten etwas von den Eingeweiden in das Vordertheil des Canoes, ein zerbrochenes Ei in das Hintertheil und murmelten einige Worte, die Lander nicht verstand.“') Auch beim Schwur wird das Huhn in einigen Gegenden verwandt.) Vom „Omen“ des Vogelfluges wird oft gesprochen. Derartige An- schauung wurde angetroffen an der Sierra-Leone-Küste‘) Bei den Gola’) an der Goldküste‘) westlich von derselben’) bei den Ewe') in Yoruba'') am Congo") in Angola") bei den Baschilange'‘) bei den Waniamwesi”) bei den Makololo'") auf Madagaskar”) u. s. w. 1) „Alle. Hist. d. R.“ Bd. U. S. 428. Weisse Hühner zu opfern ist weit verbreitet und beliebt. Vergl. Spith a. a. 0. S. 53, 54, 75, 76. Büttenkofer a. a. O. Bd. II. S. 333. 2) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV. S. 485. 3) Mense in: „Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft“ und Büttner: „Reisen im Congo-Gebiet“ S. 235. 4) Lander im Tagebuche der zweiten Reise Clappertons S. 415. 5) Oskar Baumann: „Usambara“ a. a. 0. 8. 45. An der Tanga-Küste. Dapper a. a. O. S. 471. An der Goldküste. 6) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. II. S. 613. ‘) Dapper a.a. 0. S. 395. s) „Alle. Hist. d. R.“ Bd. IV. 8.178/9. 9°) Bossmann a. a. 0. 8. 322/3. 10) Ellis „Ewe“ a.a.O. S. 95/6, 99 u.a.a. O. 11) Hoffmann a.a. 0. S. 68. 12) Merolla in: „Allg. Hist. d. R.“ Bd.V. 8.50. Dapper a.a. 0. 8. 553. 13) A. Bastian: „Loangoküste“ Bd. II. S. 239. Dapper a. a. 0. 8.584. „Allg. Hist. d. R.“ Bd.V. S. 35. 14) Wolf, Wissmann a. a. O. S. 157. 15) Stuhlmann a. a. O. S. 94. 16) Livingstone: „Missionary Travels and Researches in South Afrika“ 8.559, 577. 17) Sibree a. a. 0. 8. 308. [61] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 61 Die Bedeutung des Huhnes sinkt einerseits herab bis zu der des Amulettes und Zaubermittels ganz allgemeiner Art,') anderseits endet sie im Speiseverbot.?) Dazu ist endlich noch eins zu besprechen, nämlich das „Hühnerorakel“. Die verbreitetste Form des Orakels, das im Fall der Anklage auf Zauberei den Ausschlag giebt, ist die folgende. Dem Menschen, der be- schuldigt ist, einen andern behext zu haben, wird ein Gifttrank, der Cassa- Bambu-Bundu-Trank eingegeben. Speit er ihn aus, so ist er unschuldig, behält er ihn im Leibe und bekommt er in Folge dessen Leibschneiden, so wird er als schuldig erklärt und meistens gelyncht. Diese Sitte wird in Westafrika von der Senegalküste bis Angola geübt und hat bis tief in das Innere Verbreitung gefunden. So weit mir bekannt ist, wurde sie in Ost- Afrika nicht beobachtet. Bei den Sande, Mangbattu u. s.w. wurde der Gifttrank — Baenge genannt — einem Huhn verabreicht.) Sicherlich ist dies die Vermischung eines den Vögeln abverlangten Orakels und jener Kassasitte. Dies geht schon aus dem Rückfall hervor, den Junker erzählt. Der Reisende betont, dass er diese Form des Brauches nur einmal angetroffen habe. Es wurde das Baenge keinem Hahne, sondern dem der Hexerei Beschuldigten selbst eingegeben. „Er starb daran, folglich war er nach den herrschenden Be- griffen «schuldig»; wäre er am Leben geblieben, so hätte ihn dies von dem Verdachte befreit.“*) Die Ausdehnung der Baenge-artigen Orakel giebt zu denken. Der westlichste Ausläufer reicht bis Aschanti,’) wo der Angeklagte, ein Huhn mehrmals ableckend, einen „ekelhaften * Pflanzensaft trinken muss. Im Siiden hat die Baengeform bis zu den Bangala (dem Lunda- und nicht dem 1) Lenz a.a. 0. 8.192. Stuhlmann a. a. 0. 8. 94. Degrandpre a. a. 0. 8. 31. 2) Speiseverbote Vögel betreffend: An der Kruküste: Winterbottom a. a. 0. 8. 290. Bei den Bakwiri: Schwarz a.a. O0. 8.177. Am Gabun: Bowdich a. a. 0. 8.537. An der Loangoküste: A. Bastian: „Loangoküste“ a.a. O0. Bd. II. S. 166/7. Bei den Mussorongo: ebenda Bd. I. S. 187. In Pare: Oskar Baumann: „Usambara“ a.a. 0. 8. 227. Bei den Wagungo: Junker a. a. O. Bd. III. S.504/5. Bei den Manjema: Livingstone: „Letzte Reise“ Ba. II. S. 175. 3) Schweinfurt a. a. 0. 8. 246. Ebenso bei den Barutse: Livingstone: „Missions- reisen“ Bd. II. S. 282. 4) Junker a. a. O. Bd. II. S. 471. 5) Bowdich a. a. O. 8. 398. 62 L. Frobenius, [62] Kongostamme), Bakuba und Barutse Verbreitung gefunden. Bei den Bakuba fand Wolf!) die Sitte, bei den Bangala Buchner.’) Während aber im Osten Afrikas diese Form der Sitte völlig zu fehlen scheint — wie ich gleich zeigen werde, vertritt eine andere ihre Stelle — kommt sie wieder in Madagaskar zum Vorschein unter dem Namen Tanguin oder Tangena.) Entweder — und das wird von den Sakalava berichtet — giebt man diesen Tanguingifttrank Hühnern ein,‘) oder man lässt ihn den Beschuldigten trinken, der gleichzeitig einige Stücke Hühnerbrust zu verschlucken hat.) Also beide Ansätze, der der Kassa- und der der Baengeform finden sich auf Madagaskar. Ursprünglichere, reinere Sitten scheinen sich da zu finden, wo diese Misehung fortfällt. Bei den Ewe,‘) Lur”) und Somray,‘) also von der einen Seite des Sudan bis zur andern, ist es Brauch, aus dem Hinfallen der Hühner, nachdem sie in die Luft geschleudert sind, oder ihnen die Kehle abgeschnitten ist, und sie so mit den letzten Kräften des Körpers zu ent- fliehen suchen, das Orakel zu lesen. Ob das T'hier auf dem Rücken, dem Bauche oder der Seite liegt, wird als massgebend angesehen in der Frage, ob man ein Unternehmen beginnen oder von ihm abstehen soll. Unter dem Einflusse der nordostafrikanischen Völker machte das Hühnerorakel eine eigene Wandlung durch. Im Karague und Uganda’) bei den Warundi und den Wanjamwesi'’) wird aus den Hühnerdärmen geweis- sagt. Von den Wanjamwesi wurde die Sitte in Urua — Msiri, der Fürst der südlichen Warua war bekanntlich ein Mjamwesi — eingeführt und so von Reichard dort angetroffen.) Der Beweis, dass es sich um eine von I) Wolf, Wissmann a.a. 0. S. 231. 2) Buchner im: „Ausland“ 1887 8. 344. 3) Hat nicht der Name des madagassischen Vogelorakels (Tanguin, Tangena) eine gewisse Aehnlichkeit mit dem eines oceanischen Vogelgottes (Tangaroa!)? 4) Ehrmann a. a. O. S. 282, 159. 5) Sibree a. a. O. S. 216. 6) Kling in seinem Tagebuche (Manuscript) 26. IV. 1888. ‘) Emin in: Stuhlmann a. a. 0. S. 526. 5) Nachtigall a. a. O. Bd. II. S. 686. ») Stuhlmann a. a. 0. 8. 188/9, 238. 10) Oskar Baumann: „Massailand“ a.a. 0. S. 223, 255. 1!) Reichard in: „Mittheilung der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin“ 1886. S. 118. 165] Der Kameruner Schiftsschnabel und seine Motive. )3 Norden stammende Beeinflussung des Hühnerorakels handelt, ist durch den Umstand gegeben, dass auch bei den Mandingo das Weissagen aus Hühner- därmen Sitte ist.') Mehr als Curiosum, als um einen Schluss daraus ziehen zu wollen, sei hier noch eine Form des Hühnerorakels, und zwar die, die Barth bei den Marghi fand, erwähnt: „Das eigenthümliche Gottesgericht dieser Völker, das auf dem heiligen Felsen von Kotschi stattfindet, wird folgendermassen herbeigeführt. Es ist Sitte, dass, wenn zwei Personen mit einander im Streit liegen, sich beide nach jenem Felsen begeben, jeder mit einem Hahne, den er für den kampflustigsten hält. An der heiligen Stätte angelangt, hetzen dann die Gegner ihre Hähne aufeinander, und wessen Thier die Oberhand gewinnt, der ist auch der Sieger.“’) Wer denkt hier nicht unwillkürlich an die berühmten Hahnenkämpfe der Malaien!’) Ich glaube, diese Reihe der Sitten lässt die Entstehung ziemlich deutlich erkennen. Aus dem Flug und dem Hinfallen des Vogels erkannte der Neger das Schieksal. Dazu traten die Gottesurtheile in Form des Kassatrinkens, des Lesens aus Eingeweiden. Wenn ein Vogel auf zur Sonne steigt, wird er für das menschliche Auge immer kleiner und kleiner, bis er zuletzt unseren Blicken ent- schwunden ist. So fliegt auch der Vogelgeist zu Mawu empor. Mit dem Vogel vergleichen viele Völker die Sonne, sie malen sie mit zwei Flügeln. So weit hat sich aber in Afrika ein Sonnenmythus nicht gebildet, aber man sieht, dem Lichtgott Khebioso, dem Feuerschleudernden, dem Gewittervogel liegt doch auch dieselbe Idee zu Grunde. Es dürfte sieh also um die Frage handeln: Steht der Vogelmythus mit der Sonne in Zusammenhang oder nicht? Nun. mit der Sonne zunächst nicht, wohl aber mit dem Licht. 1) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. II. S. 240. 2) H. Barth: „Reisen in Afrika“ Bd. II. S. 647. 3) Bock: „Borneo“ 8. 44/5. Rienzi: „Oceanien“ Bd.]. S. 143, 163,4, 313. Ratzel u. s. w. 64 L. Frobenius, [64] Waitz sagt über die Vogelverehrung in Afrika: „Der ganze Weltraum, der Luftraum insbesondere, ist mit auf und abschwebenden Geistern erfüllt; der Vogel, der in der Luft Schwebende, ist eine besonders häufige Incar- nation der Götter. Die Schnelligkeit der Flügel macht ihn nicht nur zum Götterboten geschickt, sie macht ihn selbst zum Gotte. Schnelligkeit ist eine den Göttern wesentliche Eigenschaft. Der Blitz — Waitz meint wohl das Gewitter — wird von den Völkern der Sklavenküste als schneller Vogel gedacht, der den leuchtenden Strahl schleudert. Schwerlich ist es daher das den Raubvögeln überlassene Amt der Strassenreinigung, das sie in Aschanti, Dahome und Benin unverletzlich macht.“ ') Also auch diesem vielgelehrten Manne scheint der Zusammenhang mit dem Blitz besonders wichtig. — Von einem direkten Zusammenhang mit den Gestirnen scheint keine Erzählung etwas auszusagen. Wohl denken sich die Bangala am Kongo Sonne und Mond als Liebespaar”) und Aehnliches wird an der Loangoküste,‘) wurde bei den alten Anziken‘) und ist von den Massai besungen,’) wohl mögen einige Schriftsteller wie Omboni‘) und Römer”) von der Sonne als einer höchsten Gottheit der Afrikaner gesprochen haben, so liegt doch, dem und so manchem anderen‘) nicht die geringste Andeutung eines Zusammenhanges mit der Vogelmythe zu Grunde. Eine andere Untersuchung bringt entschieden näher. Ich beginne mit Madagaskar. Dort herrschen, wie ich schon öfter Gelegenheit hatte zu zeigen und worauf auch schon viele andere hingewiesen haben, nicht nur I) Th. Waitz: „Anthropologie der Naturvölker“ Bd. I. S. 176. 2) Ernest Deligne im: „Congo Illustre® 1893. S. 83. 3) A. Bastian: „Loango-Küste“ a.a. O0. Bd.I. S. 326. 4) Dapper a. a. O0. 8.539. A. Bastian: „San Salvador“ a.a. 0. 8. 148/9. 5) Oskar Baumann: „Massailand“ a.a. O0. S. 163. nach Waitz. 6) Omboni: „Viaggi nell’ Afrika oceidentale.* S. 309. ?) Römer: „Nachrichten von der Küste Guinea.“ 8. 84. >) Nach der Ansicht der Mussorongo gab es früher viele Sonnen, bis endlich Sambi sie bis auf eine zerstörte, weil die Menschen zu sehr unter der Hitze litten (A. Bastian: „Loango-Küste“ a.a. O. Bd. I. 8. 223). Unter den Liedern am Gabun war früher ein Sang besonders beliebt, in dem der Sieg der Sonne über den Mond besungen wurde (Bowdich a. a. 0. S. 87) und ähnliches bei Hofimann a. a. O. $. 224, Ramsayer und Kühne a. a. O. 8. 87. „Allg. Hist. d. R.“ Bd. II. 8.71. Bd. III. 8. 608. Bd. IV. S.501 u.a. ©. Leon: „Deserip- tion de l’Afrique“ 1556. 8. 321. [65] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 69 den westafrikanischen ähnliche, sondern in vielen Beziehungen sogar völlig gleiche Anschauungen. Die Geister der Verstorbenen sind, nach dem Glauben dieser Völker dazu verdammt, mit wilden Katzen, Eulen und Fledermäusen umherzu- schweifen, oder wohl gar in diese Thiere verwandelt zu werden. Ungefähr derselbe Glaube herrscht auch in Bezug auf gewisse Verbrecher, besonders derer, die wegen Verdachtes der Zauberei hingerichtet werden. So gelten die erwähnten T'hiere als von übler Vorbedeutung.') Dazu die Anschauung der Inner-Afrikaner: „Wunderbar“, sagt Schweinfurt, „ist die Furcht der Bongo vor bösen Geistern, deren Sitz allgemein in das Dunkel des Waldes verlegt wird. «Bitabok» heissen bei ihnen Geister, Hexen und Teufel im Allgemeinen, Waldkobolde im Speciellen aber «Ronga»; dahin gehören nach ihren Begriffen vornehmlich die Fledermäuse, dann Eulen jeder Gattung und der Ndorr (Galago senegalensis), ein Halbaffe, welcher in hohlen Bäumen sein licht- scheues Dasein fristet. Es giebt noch mehr nächtliche Thiere, vor welchen sie eine gespenstergleiche Fureht zu äussern pflegen. ”) Wildkatzen, Eulen und Fledermäuse, und Fledermäuse, Eulen und Nachtaffen, zwei schöne Sammlungen nächtlieh-greulicher Thiere. Es sind das die Geschöpfe, die im Herzen Waldesdunkel fürchtender Menschen Aengstlichkeit wachrufen müssen. Dazu beachte man den schon oben er- wähnten Glauben, dass in den Nachtvögeln die Seelen „Böser“ — in rein afrikanischer Weltanschauung, die kein gut und böse in unserem Sinne kennt, die Seelen derer, die entweder erstens ohne Bestattung vermodern, oder zweitens gewaltsam das Leben verloren oder drittens, die nicht ihre Quixille u. s. w. einhielten — aus dem Jenseits zurückkehren. Welcher Abstand zwischen diesen Extremen, einmal der durch die Lüfte schneidende, blitzschleudernde Vogel, dann die flatternde, lichtscheue Fledermaus! In den frühen Morgenstunden schon steigt der Vogel mit schmetterndem Gesange zur Sonne empor, um sie, die Liehtspendende, zu begrüssen; diese Sonne, die nach madagassischer Ansicht die «Quelle aller Fruchtbarkeit» ist.”) t) Sibree a. a. O. S. 302/3. 2) Schweinfurt a. a. 0. 8.121. 3) Ehrmann a.a. 0. S. 134. Nova Acta LXX. Nr.l. g 66 L. Frobenius, [66] Dem entspricht es, wenn, wie oben berichtet, beim Todtenfeste der Fürsten Loangos, mit Vogelmasken Vermummte mit einem grossen Phalles tanzten. (Siehe Abschnitt 3 des I. Theiles.) Das „Belebende“ ist der Vogel. so konnte ich oben sagen. Deshalb sind auch dem geschlechtersegnenden Legba Lichtvögel geheiligt,') und deshalb dürfen unverheirathete Frauen kein Hühnerfleisch essen. — Weil der Vogel, zumal der Hahn, ein Lichtgott ist, deshalb darf er nachts auch nicht krähen, so gerne man auch seinen, den Morgen, die aufgehende Sonne verkündenden Ruf vernimmt. Es ist weit verbreitet in Afrika Sitte, solche wider ihren Beruf handelnden, vor Mitternacht krähenden Hähne zu töten.’) Man sieht solches unzeitgemässe Krähen als sehr schlechtes Zeichen an. Mir scheint gerade diese Anschauung und Sitte als ausserordentlich charakte- ristisch für die Stellung des Lichtvogels. üs ist, um zu Legba und seinen Vögeln zurückzukehren, die Be- deutung der Fruchtbarkeit, die vom Lichte auf die Vögel übergegangen ist. Der Todte kann nicht mehr sehen, sein Auge ist gebrochen, der Lichtvogel führt seinen Geist hinfort. Das ist die Idee, die mich veranlasst hat, so tief auf die Bedeutung des Vogels einzugehen. Die ursprüngliche Mythe, wie ich sie aus den umschliessenden Schlacken in diesem Abschnitt heraus- gelöst zu haben glaube, ist also folgendermassen in Worte zu fassen: „Der Vogel im Allgemeinen und der Hahn im Speciellen ist der Seelenführer, der im Augenblicke, wo das Auge bricht, wo Nacht den Körper einhüllt, die Seele auf dem durch ihn erleuchteten Pfade in’s Jenseits trägt.“ Im dritten Theile werde ich von diesem Ergebniss auszugehen haben und an der Hand die Formen anderer Gegenstände, die tiefe Bedeutung des Motives für den Kameruner Schiffsschnabels nachzuweisen haben. 2. Die Fananymythe und die Schlange. Im vorigen Abschnitte konnte ich das Auge nach der strahlenden, reinen Sonne richten, jetzt muss ich bis zum Ekelhaftesten hinabsteigen, zum Verwesen des Menschenkörpers. ı) Ellis: „Ewe“ a. a. 0. S. 42. 2) Livingstone: „Missionary Fravels ete.“ 8.577. Ellis: „Ewe“ a.a. O. S. 96. [67] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 67 An anderer Stelle’) habe ich eingehend die Fananymythe, die Mythe vom Seelenwurm besprochen, so dass ich hier kurz darüber hinweggehen kann. Der Neger sieht oder sah — denn von der Mythe sind nur noch Reste in Form einzelner Sitten vorhanden — in den Würmern, die in dem vermoderten Cadaver sich zeigen, die Verkörperung der Seele. Der Mada- gasse nennt diese Made „Fanany“. Die Anschauung ist nicht so weit hergeholt, wie das zunächst scheinen mag. Jene Würmer stellen die einzigen neuentstehenden Lebewesen da vor, wo kürzlich das letzte Lebens- zeichen gegeben wurde. Die Anschaung hat sich auf die Jauche, die dem Körper entfliesst, ausgebreitet; man reibt sich damit ein und nimmt damit die Weisheit des Verstorbenen an. Den Gefässen, in denen Jauche, Maden u. s. w. aufbewahrt werden, wird oftmals eine gewisse Verehrung zu theil. Diese Made nun ist die Jugendform der Seele; nach Negeranschauung wird sie im späteren Alter zum Krokodil, zur Eidexe oder zur Schlange. Eine Verbreitung der Anschauung findet sich auch darin, dass, wie die Seele über das Wasser in die Todtenstadt gelangt, so hier die Made in der Ver- wesungsbrühe schwimmt. Dadurch ist die Verwandtschaft der Sitten nach vielen Seiten angedeutet. Nur mit wenigen Zeilen brauche ich die Krokodils- verehrung zu skizziren, um nachher mich der Schlange widmen zu können. Im Krokodil sehen viele madagassische Völker die Ahnen ihrer Häuptlinge”) An der Sierra Leoneküste fürchteten sich die Eingeborenen, den über die Hütten kriechenden Eidexen zu nahe zu treten. „Denn sie sagen, dass es die Seelen von ihrem Vater und ihrer Mutter sind, welche kommen, um den Folgar mit ihnen zu machen, das ist, mit ihnen sich zu belustigen.“°) Bei den Alur‘) und in Yoruba°’) stehen die Aligatoren und Krokodile im Dienste der Flussgeister. 1) Vergl. die Arbeit: „Ein Motiv des Gefäss-Cultes“ in: „Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft“. 1895. S. 532 ff. 2) Leguevel de Lacombe: „Voyage a Madagaskar.“ 8. 223. Sibree a. a. 0. 8. 302; ebenso rühmen sich einige Radjas auf Timor Nachkommen der Krokodile zu sein. Rienzi: „Oceanien*“ Bd. I. S. 223. 3) „Allg. Hist. d. R.“ Bd. III. S. 233. 4) Emin in: Stuhlmann a.a. 0. S. 529. 5) Hoffmann a. a. 0. S. 69. g* 68 L. Frobenius, [68] Wie in Indonesien und auf Madagaskar so vielfach es Sitte ist, scheint auch in West-Afrika das Urtheil den Krokodilen vorgelegt zu werden, in- dem Angeklagte über die von solchen bevölkerte Lagunen schwimmen müssen,') und derart werden wir die Verehrung wieder durch alle ver- schiedenen Mischungen und Beeinflussungen durch andere Vorstellungen ver- folgen können. Jedenfalls ist die Verehrung des Krokodils in Afrikas Westländern eben so weit geographisch verbreitet, als innerlich verästelt.’) Auf diese Verwandtschaft des Menschen ist auch das Menschen-Eidex- Ornament?) zurückzuführen. Wenn dasselbe sich zumal auf Stirnstücken afrikanischer Masken zeigt, so ist das als ein Erbstück von der Geister- hütte zu betrachten.) So wie die Eidexe, die über die Hütte hinhuscht, als Ahnengeist von den Bewohnern begrüsst wird, so stellt auch das Eidex- Örnament auf der Geisterhütte den Geist des darunter Schlummernden dar. Wenden wir uns nun der Vorstellung zu, die der Neger von der Schlange hat. Von den Kaffern wird sie hoch in Ehren gehalten. Sie vermuthen in diesen Thieren die Geister von Brüdern und Ahnen.) Aus dem Nilgebiet berichtet Schweinfurt‘): „Schlangen sind die einzigen 'Thiere, I) Bossmann a. a. 0. 8. 542/3. 2) Krokodilverehrung in Senegambien: A. Bastian: „San Salvador“ a.a. 0.8. 110/1. „Allg. Hist. d. R.“ Bd. I. $.439. Bd. III. 8.352. Bei den Ewe: Ellis: „Ewe“ a.a. 0. 8. 71ff. Zöller: „Kamerun“ Bd. I. 8. 53/4. Derselbe: „Togo“ 8. 156. In Bonny: Köhler: „Einige Notizen über Bonny ete.“ 8. 61. 62. In Kalabar: „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV. 8. 487. Zöller: „Kamerun“ Bd. I. S.89. In Kamerun: Reichenow in: „Verhandlungen der Berliner anthro- pologischen Gesellschaft“ 1873. 8. 180. Loangoküste und Congo: A. Bastian: „Loango- küste“ a. a. 0. Bd. II. 8. 248/9. Bei den Kalunda: Pogge a.a. 0. 8. 117/8. Basuto und Bamangwato: Arbousset et Daumas: „Relation d’un voyage explorative au NE de la Colonie du Cape“ 8.12. Livingstone: „Missionsreisen und Forschungen in Süd-Afrika“ 8. 294 etc. 3) Vergl. die Arbeit: „Die Kunst der Naturvölker. I. Die Ornamentik“ in: „Wester- mann’s illustrirte deutsche Monatshefte“ 1895/96. S. 332 ff. 4) Die Urmotive der afrikanischen Masken habe ich skizzenhaft in einem Vortrage auf der Naturforscher-Versammlung in Lübeck (1895) nachgewiesen. Vergl. Verhandlungen derselben $. 133 ff. und ebenso Westermann a.a. 0. S. 602 ff. 5) Döhne: „Zulu Kaffer Dictionary“ 8. 140. Arbousset et Daumas a. a. O0. 8. 277. Delagorgue: „Voyage dans l’Afrique australe“ 8.22. A. Bastian: „Volks- und Menschen- kunde“ Bd. I. S. LXXXII. G. Fritsch a. a. O. 8. 106. 6) Schweinfurt a. a. 0. 8.45. — „In jedem Hause befindet sich eine ungeheuere zahme Schlange, die das Zischen ihres Herrn kennt und auf dessen Ruf herkommt und Milch aus einer Tasse trinkt.“ [69] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 69 welchen von den Dinka sowohl als den Schilluk eine Art göttlicher Ver- ehrung gezollt wird. Die Dinka nennen sie ihre Brüder und betrachten die Tödtung derselben als ein Verbrechen. Verschiedene Gewährsmänner, die ich um Auskunft anging, betheuerten sogar, dass einzelne Schlangen dem Hausbesitzer bekannt seien, dass er sie beim Namen nenne, und dass er mit ihnen wie mit Hausthieren verkehre.“ Aehnliches erzählen Vita Hassan,') Casati’) und andere. Der dritte, gleichsam „classische“ Boden der afrikanischen Sehlangenverehrung ist Weida und Dahome. Die alten Schriftsteller: Des Marchais, Bossmann, Barbot, Atkins ete. haben darüber Genaues und auch Fabelhaftes in grosser Menge erzählt, so dass es sehr schwer ist, den Kern zu erkennen.) Als die Dahomeer gegen Weida an- stürmten, da bestand deren einziges Schutzmittel, durch das sie glaubten völlig gesichert zu sein, in einem auf dem Wege aufgestellten Bildniss der Schlange‘) Die Ausdehnung der Schlangenverehrung an der afrikanischen Westküste scheint mir im Norden bei den Susu ihre Grenze zu haben.’) In Togo) Popo,) bei den Afo,‘) in Aschanti,’) bei den Bube'’) ist ein ähn- licher Schlangendienst gefunden. Auch Büttikofer sah am Fisherman Lake eine gefütterte und frei herumkriechende Schlange, „die man als Schutz- heilige in der Stadt ansah und welcher ‚niemand etwas zu Leide thun durfte“. Dieser Fall war der einzige, den der Reisende beobachtet hat.) Die Anschauung, die Waitz vom Schlangendienst genommen hat, ver- dient berücksichtigt zu werden. „Die Schlange ist der Gott des Wetters, des Landbaues, des Reichthums und der Herden, demnach das Symbol !) Vita Hassan: „Die Wahrheit über Emin Pascha“ Bd. I. S. 59. 2) Casati: „Zehn Jahre in Aequatoria“ Bd. II. S. 180. 3) Bossmann a. a. O. 8. 446— 462. „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV. S. 322 — 344, Bd. III, S. 545. 4) Norris a. a. 0. 8. 172. 5) Dapper a.a. 0. 8. 374. 6) Zöller: „Togo“ 8.192. 7) Hoffmann a. a. 0. 8. 115. 8) Rohlfs: „Quer durch Afrika.“ Bd. II. S. 203/4. Unter den Ahnenbildern fand sich eine Schlange mit gekröntem Weiberkopfe. 9) Ramsayer und Kühne a. a. 0. 8. 57. 10) A. Bastian: „Loangoküste“ Bd. II. S. 210. 11) Büttikofer a. a. O. Bd. II. S. 328/9. 70 L. Frobenius, [70] der schaffenden Naturkraft.“') Diese Auffassung erhält noch da- durch eine weitere Stütze, dass junge Mädchen der Schlange geweiht werden; sie werden der Schlange verehlicht und zu diesem Zwecke eine Stunde ein- geschlossen. Des Marchais fügt hinzu: „Man sagt, diese Anwälte wären andere Creaturen, die zur Verehelichung geschickter wären, als diese kriechenden 'Thiere, und die Früchte dieser Begebenheit, die nach einer gewissen Zeit zum Vorschein kämen, hätten menschliche Gestalt.) Pogge erlebte es, dass bei der Hochzeit einer Tochter des Muata Jamwo eine Schlange herbeigebracht wurde, um bei der Ceremonie zugegen zu sein.) Es giebt ausserdem noch eine Bedeutung, die in Afrika Krokodil und Schlange gemeinsam haben, die wegen ihrer Verbreitung auf der Erde sehr interessant und für uns hier sehr wichtig ist. Die Bube, bei denen die Schlange die Mittelsperson zwischen Rupe und den Ganga ist,‘) spannen im Falle ernster Kinderkrankheiten eine Schlangenhaut in der Mitte des Dorfes auf einen Pfahl aus, „und die Mütter bringen die Säuglinge, um dieselbe zu berühren.“’) An der Loangoküste wird in Krankheitsfällen eine Figur in Form eines Krokodils angefertigt. ..Die Balunda trommeln in Krankheitsfällen vor einem mit Lehm bestrichenen Grasaligator, dem Cauris als Augen eingesetzt sind.‘) Dann wieder auf Madagaskar: „Nach dem Glauben der Völker besass (das Idol Ramähaväly die Macht, Krankheiten zu heilen. Der Name bedeutet «fähig zu antworten» oder «fähig zu rächen».‘) Als Werkzeug der Rache dieses Idols galten die Schlangen, durch die es jede Beleidigung rächte. Man schrieb dem Ramähaväly eine sehr ausgebreitete und ausser- 1), Waitz a. a. ©. Bd. 1. 8.179, 2), „AllsseHist di 'R.“7 BarlV., 3) Pogge a.a. O0. S. 195. 4) A. Bastian: „Loangoküste a. a. 0. Bd. II. S. 210. 5) A. Bastian: „San Salvador“ a.a.O. S. 318. 6) A. Bastian: „Loangoküste“ a. a. 0. Bd. I. 8. 45. Bd. II. 8. 196. Livingstone: „Missionsreise* Bd. I. S. 321/2. °) Eigenthümlicherweise existirte früher in Weida ein rathender Geist in Gestalt einer Holzfigur, der Angoya. Ihm wurden Orakel abverlangt. Es war ein auf einem Topfe sitzendes Ungethüm; Kopf und Rumpf stammten von Menschen, Arme und Beine vom Krokodil. Auf dem Haupte trug er einen Strahlenkranz von Eidechsen und Schlangen. „Allg. Hist. d. R.“ Bd. IV. S. 329/30, mit Abbildung. [71] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 1 ordentliche Macht zu, die sich nicht allein über Krankheiten, sondern auch über die Elemente, Jahreszeiten und die Zukunft er- streckten.“ „Nach Zeichnungen der Eingeborenen scheint Ramähaväly aus zwei roh geschnitzten Eidexen bestanden zu haben.“ Tabuirt war für die Anhänger dieses Idols, eine Schlange zu tödten oder, wenn sie vor kurzem an einen Begräbniss theilgenommen hatten, das Haus des Idols zu betreten.') Nach allen Seiten ist hier der Anschluss gegeben, sowohl an die Grundzüge des Fanany Motives als an die Sitten und die Anschauungen der Weidaer. Behalten wir es hier aber zunächst im Auge. Es ist eine sekundäre Bedeutung, die der Schöpfungskraft, die primäre ist die der Verkörperung des Geistes eines Verstorbenen in der Schlange. Auch hier be- steht wieder ein gewisser Gegensatz zwischen Ursprungsideen und Folgeform.”) Das Durcheinanderwachsen der Schlangen und Krokodil findet noch eine wichtige Bestätigung der gemeinsamen Abstammung in einer Bornu- Mythe die beginnt: „Alle Sehlangen stammen vom Aligator ab; der brütete aus einem seiner Eier die Kulutschi-Schlange aus, die gab der Abr-Schlange das Leben. Diese brütete die Gangu-Schlange und die ward Mutter der Fuschi-Schlange. Als deren Brütezeit gekommen war, brachte sie die T'sechibati hervor, diese brütete die schwarze Schlange aus u. s. w.“ Dann folgen noch mehr Arten.’) Innere Krankheiten, Schmerzen, Fieber u. s. w. werden vom Neger nieht auf organische Fehler zurückgeführt, sondern auf die Bewegung, den Zustand der Seele. „Einen behexen“ heisst entweder, einen fremden Geist in seinen Körper hinein oder einen eigenen aus ihm heraus locken. In der Krankheit ringt die Seele mit dem Körper. Die erstere will die letztere 1) Sibree a. a. 0. 8. 337/8. 2) Wer sich für die Eigenart der Neger, Anschauungen umzukehren, d. h. von dem- selben Knotenpunkte aus, die Vorstellung nach verschiedenen Seiten hin auszubilden, interessirt, beachte die Stellung, die bei den Waganda z. B. die Schlange einnimmt. Diese glauben nämlich, dass, wenn Jemand erkrankt ist, eine Schlange in seinen Körper gefahren sei. Stuhlmann a.a. O. S. 181. 3) Koelle: „African Native Litterature.“ 8. 185—198. Bleek: „Reinecke Fuchs in Afrika.“ 8. 153. ff. 12 L. Frobenius, [72] verlassen und so wendet sich der geängstigte Mensch an die Schlange, die er mit Opfern bedenkt, die er zu versöhnen, zum Bleiben zu bewegen sucht, an die Kraft, die helfen kann. Da die Schlange auch das Belebende im Allgemeinen wird, so entsteht ein Dienst, der dem Geist der Elemente, der Fruchtbarkeit, der schaffenden Naturkraft geweiht ist. Die Entwicklung der Vergötterung zweier Thier- gruppen habe ich nun durchgeführt und es ergiebt der Vergleich ein interessantes Resultat. Der Vogel, der auf zum strahlenden Luftraum emporsehwebt, der Wurm, der in der Jauche des vermodernden Kadavers aufwächst, beide sind zu Repräsentanten des Werdens geworden. Wie der Vogel den Wurm aus der Erde pickt, so eilt der Lichtvogel, mit der Schlange, der Seele im Schnabel hinfort. Beide Male schliesst sich Werden an Vergehen an. Hier schimmert eine Ahnung hindurch, eine langsam aufsteigende tiefere Weltvorstellung wird bemerkbar. Es ist der Gegensatz von „Irdisch und Ueberirdisch“ der hier am Ausgangspunkte des Lebens, wenn auch bisher nur undeutlich erkennbar, wie fernes Meeresrauschen geahnt wird. So ist die Weltanschauung jener nicht durch die Beobachtung der grossen Züge täglich vergleichbarer Naturgesetze, Naturerscheinungen ent- wickelt, sondern durch lange Reihen von Einzeleindrücken, die zeitweilige Ereignisse mit sich bringen. Die Beachtung der ersteren ist längst zurück- gedrängt in Folge der Form, in der sie sich äusserte (die Gesetzmässigkeit im Firmament verkörpert!). Die Beobachtung der letzteren war ein Zick- zackweg; aber alle Wege führen in der Oulturentwieklung zu denselben Zielen, die eimen sind kürzer, die anderen länger. Und so führt dieser Weg, der ein beständiger Schrecken vor „unnatürlichen“ unerwarteten Er- eignissen ist, am Ende auch zur Frage, „wie ward es“ und kann, indem der Neger auf den Ausgangspunkt, nämlich die Frage, „wie ist es“ oder „wie wird es werden“ zurückgeht, auch zu einer Schöpfungsmythe und sogar zu einem gewaltigen, regelnden, schöpferischen Gotte in unserem Sinne führen. Das ist nicht nur hier in Afrika ein einheimischer Zug, auch findet er sich nicht allein in der Weltanschauungslehre, sondern es ist das eine allgemeine Fundamentaleigenschaft der menschlichen Natur und somit der [73] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 73 Cultur. Ich habe ihn auch schon in der Kunst nachgewiesen. ‚Jene ersten Versuche, einen Anhaltspunkt für die Anschauung zu schaffen, (der An- schauung entsprechend, dass der Menschengeist im Baumast hause) wollen nicht im entferntesten gemacht sein in dem Bestreben, den Menschen möglichst naturgetreu zu schnitzen. Die Masken werden nicht gemacht, um das Menschengesicht darzustellen. Aber die Cultur ist dem Zwange der Natur unterworfen, die auch dem wilden Menschen immer wieder ihr eigenes Bild vor Augen hält, bis der sie endlich wie ein widerstrebender Schulbube mit Staunen erkennt. Man kann sagen, die Menschheit entwickle sich bewusstlos; die grossen Ziele der Cultur sind ihr unbekannt, wie der Wanderer die Land- schaften an seiner Strasse erst sieht, wenn er ihnen gegenüber steht. Wie der Philosoph nicht sagen kann: „ich will den oder den grossen Gedanken fassen“, ebensowenig weiss die Menschheit, wohin sie mit der Cultur kommt. Und ebenso wie Champignons auf Düngerhaufen spriessen, wie aus der Raupe ein Schmetterling wird, wie aus der Made im Cadaver eine schöpferische Gottheit emporwachsen kann, so entwickeln sich aus den hässlichen, fratzen- haften Geistesgebilden der Wildstämme auch zuletzt hohe und höhere Em- pfindungen und Anschauungen. Man soll nicht über sie lachen und spotten, und man braucht auch nicht Mitleid mit ihrem hässlichen und unscheinbaren Gewand zu haben, so dass man es mit europäischen Brokat-Ansätzen ver- zieren will; Karrikaturen bringt man zu Stande. Sie haben keinen edeln Gott; aber das Vermögen, einen solchen sich zu schaffen, das haben sie. Und das ist mehr werth, wie ein «verloren gegangenes Gottes- bewusstsein.> 3. Totemismus. Die Gründe, welche zur Verehrung gewisser Thiere Veranlassung gegeben haben, sind neben den erwähnten, noch der verschiedensten Art. Die Menschenähnlichkeit gewisser Affen hat die Aufmerksamkeit vieler Völker auf sich lenken müssen. So wird auf Madagaskar der Babacoota (Keller sagt Babacoa) als Vorfahr angesehen.') Die Baschilange tödten eben- 1) Conrad Keller: „Reisebilder aus Ostafrika und Madagaskar.“ S. 316. 180. 179. Sibree a. a. 0. S. 302. Nova Acta LXX. Nr.]. 10 74 L. Frobenius, [74] falls keinen Affen, weil ein Ahne in ihnen sein könne.) Ein Märchen der Bangala (am Kongo), das Deligne nacherzählt, nennt den Affen geradezu den Stammvater der Menschen.”) Der Socko, ein Gorilla ist die Incorporation der Verstorbenen nach dem Glauben der Manjema.’) Bei Bonni vertritt eine langschnauzige, dunkelbraun bepelzte Affenart die auf der anderen Seite des Flusses verehrte Eidexe.‘) In Mayumbe ist der Name des Gorilla «Waldgott>, die Mussorongo betrachten die Affen als gefallene Menschen.’) Der Ndorr wird vom Bongo mit Misstrauen als geisterhaftes Wesen angesehen.‘) Die Sande, die sonst nicht gerade wählerisch, sondern im Allgemeinen echte Canibalen sind, essen zwar das Fleisch vieler Affenarten, aber das des Schimpansen nicht.) Auch die Leute, die Dybowski vom Senegal zum Uelle mitgenommen hatte, konnten sich nur schwer entschliessen, Affenfleisch zu verzehren.°) Schurtz nimmt sicher mit Recht an, dass die Menschenähnlichkeit der Grund der Speiseverschmähung sei.) Ein anderes Thier, welches als Raubthier und zwar als heimtückisch, unbemerkbar heranschleichende Katze in Afrika viel Unheil anrichtet, ist auch der Mittelpunkt einer eigenen Anschauung geworden. Es ist der Leopard. Als einst am oberen Ogowe ein solches T'hier eine Frau geraubt und zerrissen hatte, war man allgemein der Ansicht, ein Mann aus dem Dorfe habe sich in das T'hier verwandelt und so die That vollbracht.!) Schweinfurt erzählt: „Im mohamedanischen Ost-Sudan ist heute noch von Sahara (d. i. Hexen) beständig die Rede und bekannt sind die Vorstellungen, welche daselbst die alten Weiber mit Hyänen in Verbindung setzen, indem nämlich viele derselben, daran glaubt man steif und fest, in den Leib der scheusslichen Geschöpfe zu schlüpfen vermögen, ohne dass Jemand etwas !) Pogge in: „Unter deutscher Flagge quer durch Afrika.“ 8. 373. 2) E. Deligne a.a. 0. S. 34. 3) Livingstone: „Letzte Reise.“ Bd. II. S, 64. 4) Köhler a. a. 0, S. 62. 5) A. Bastian: „Loangoküste* a. a. O. Bd. II. S. 185 und 245. 6) Schweinfurt a. a. 0. S. 121. ?) Junker a. a. 0. Bd. II. S. 237. $) Jean Dybowski a. a. O. S. 140. 9) H. Schurtz: „Die Speiseverbote.*“ Hamburg 1893. 8. 28. 10) Oskar Lenz a.a. 0. 8. 169 [75] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 1 davon merkt.“') Bei Banana am Kongo giebt es eine Familie, deren Mit- glieder in Folge eines eigenartigen Zaubermittels in Stand gesetzt sind, sich im Dunkel des Waldes in Leoparden zu verwandeln.’) Aus diesen und noeh manchen andern Notizen’) geht hervor, dass im Leopard nicht etwa die Seele eines Verstorbenen, sondern die Willens- kraft eines lebenden Menschen vermuthet wird. Diesen Einzelbehandlungen steht die gruppenweise Verehrung der Thiere gegenüber; der Totemismus ist es. Ein Stamm, eine Familie führt ein Thier als Totem, als „Wappen“. In diesem Thier, dessen Fleisch zu verzehren allen Stammes- oder Familiengenossen verboten ist, begrüssen die Neger ihre Vorfahren. In Akwapim ist es (nach einer Notiz im Basler Missionsmagazin 1552, S. 137) Sitte, dass man ausserhalb der totemistischen Familie heirathen musste, d. h. also eine Person, die ein anderes T'otem führt. Die Entstehung der Sitte wird auf mancherlei Weise erklärt. Bastian sagt einmal: „Von den Herero bemerkt Hahn, dass sich das Speiseverbot nach der Enganda (Abkunft) richte, und dann geht das nationale Thier leicht in die Bedeutung eines Stammeswappens über.“') Eine weitere Ent- stehungsform wird im Namen gesucht, indem man annimmt, in alter Zeit sei der Name nach Thieren gewählt, und dass dann in rückschliessender Anschauungsentwieklung das Thier als Stammvater anzusehen sei. Jedenfalls genügt es, an dieser Stelle das Vorhandensein eines früheren Totemismus d. h. seine Reste nachzuweisen, aus denen hervorgeht, wie weit er einst ausgebreitet gewesen sein muss.) Ein anderes Mal hoffe ich Gelegenheit zu haben, auf die primäre Bedeutung und den Ursprung des afrikanischen Totemismus einzugehen. Am bekanntesten und vielleicht auch am ausgeprägtesten ist er bei den Betschuana.°) Bei ihnen liegen noch heute den Stammesnamen "Thier- 1) Schweinfurt a. a. ©. S. 122. 2) A. Bastian: „Loangoküste“ a. a. O. Bd. II. S. 248 und 249. 3) Dapper: Holländische Ausgabe. Bd. II. S. 152/3. A. Bastian: „Loangoküste“. Bd. IL S. 243 ft. 4) A. Bastian: Ebenda Bd.I. S. 186. 5) H. Schurtz: „Speiseverbote“. S. 36. 6) Fritsch a. a. O. 8. 152. 10* 76 L. Frobenius, [76] bezeichnungen zu Grunde. Zum Beispiel heisst Batlapi: Fischvolk, Bakhatla: Affenvolk, Bakuena: Krokodilvolk, Batau: Löwenvolk, Baphiring: Wolfsvolk, Batlung: Elefantenvolk, Batsetse: T'setse- (eine Stechfliege) volk ete. Man fragt einen Mann nach seinem Stamm mit den Worten: „Was tanzst du?“ Die Antwort mit dem Namen des Thieres giebt die Verwandtschaft an.') Wie die Sulu-Regimenter unter Dingaan verschiedene Farben trugen,”) wie Campell unter den Matschappiles verschiedene "Tracht unterschied: 1. Katzen- felle, 2. dunkelfarbige Schakalfelle, 3. rothe Schakalfelle, 4. Rinderhäute, 5. Löwenfelle, 6. Gnufelle, 7. Hartebestfelle,’) so finden wir ähnliches bei den Warua: „Als Schurz verwenden sie ein Stück Thierhaut, und zwar legen die Männer aus demselben Geschleeht oder derselben Familie die Haut von demselben sie kennzeichnenden Thiere an, wenn sie vor dem Häuptling erscheinen.“‘) Die nordwestlichen dieser Stämme, der Baluba, die Baschi Lange zerfallen in drei Gruppen: 1. die Baschi- Lambembele (Moskitovolk), 2. Baschi-Lakassange (Termitenvolk), 3. Baschi- Lamboa (Hundevolk). Wissmann°’) bemüht sich, die Namen symbolisch zu deuten, aber es handelt sich entschieden um eine totemistische Eintheilung der Völker. Ob der Tätowirung der Bakongo-Babwende, welche Thierfiguren in die Haut ritzen, totemistische Motive zu Grunde liegen, ist unbekannt, aber nicht ausgeschlossen.) Die Küsten von Angola, Kongo, Loango und das ganze Siüd-Guinea bieten überhaupt nur verschwommene Reste, und das ist natürlich. Kleinstaaterei, Gangatum und das sich immer wiederholende An- stürmen der Inlandvölker gegen Küstenstämme haben die staatliche Or- ganisation, die sich anderen Ortes auf dem Boden des Totemismus auf- gebaut hat, entweder in den Wurzeln zerstört oder von Anfang an nicht !) Arbousset et Daumas a.a. 0. 8. 249/50, 421 ff. Livingstone: Missionsreisen und Forschungen in Südafrika.“ Bd. I. 8.235. A. Bastian: „Allerlei aus Volks- und Menschen- kunde.“ Bd. II. S. CXV. 2) Fritsch a. a. ©. 8. 129. 3) J. Campell: „Zweite Missionsreise in das Innere Südafrikas.“ 8. 250. 4) Cameron a. a. 0. Bd. II. S. 63. 5) von Wissmann: „Meine zweite Durehquerung“ 8. 245—248. Vergl. auch Wissmann, Pogge a.a.0. S. 251 und Wolf, Wissmann 8. 167 und 189. 6) H. Ward: „Fünf Jahre unter den Stämmen des Kongo.“ 8. 27. ler} [77] Der Kameruner Schifisschnabel und seine Motive. 7 entstehen lassen. Jedenfalls sehen wir aber in persönlichen und indivi- duellen Speiseverboten Reste einstig tiefgreifender totemistischer Bildungen.') In alter schöner Blüthe findet sich der Totemismus noch jetzt bei den Tschi und Ewe. Bowdich, der von der Verwandtschaft der Aschanti, Fanti, Akim, Assim etc. spricht, sagt: „Es giebt eine Sage, dass alle diese Völker ursprünglich zwölf Stämme oder Familien ausmachten, nämlich Aquonna, Abrotoo, Abbradi, Essona, Annona, Yoko, Intschwa, Abadie, Tsehwudam, Agoona und Doomina, wie sie sich jetzt noch immer eintheilen ohne Rücksicht auf den Nationalunterschied.“’) "Treffen sich unter ver- schiedenen dieser Völker Angehörige derselben Familie, „so begrüssen sie sich als Brüder“. @uonna bedeutet einen Bütffelochsen, ein T'hier, welches dieser Familie verboten ist zu essen. Abrootoo bedeutet einen Kornhalm und Abbradi eine Bisangfeige, Annona ist ein Papagei, Esso heisst eine wilde Katze, Yoko bezeichnet rothe Erde, mit der man den unteren Theil des Hauses im Inneren bemalt, Intschwa ist ein Hund, Appiadie bedeutet ein dienendes Geschlecht, Etschwee heisst Panther, Agoona bezeichnet einen Ort, wo Palmöl gesammelt wird.) Den Familiennamen Dumina kann auch Ellis nicht er- klären. Nach ihm dürfte aber die Abbahzi- (Abbadie-) Familie, die Cani- balen-Familie sein, denn da Abbah „Kind“ und dzi „Strasse“ heisst‘) werden wir unwillkürlich an die Menschen - Fleisch - Märkte am Uelle und oberen Kongo erinnert. Von Totem-clans der Ewe lernte Ellis folgende kennen: 1. Leopardenfam., 2. Schlangenfam., 3. Löwenfam., 4. Yamsfam., 5. Krokodil- fam., 6. Affenfam.’) Wie es sich mit dem Totemismus der Yoruba-Völker verhält, kann ich nicht sagen, da mir das betreffende Quellwerk®) nicht zugänglich ist. Der 'Totemismus Oberguineas”) lässt sich vielfach nur in Form streng 1) Dapper a. a. O. 8. 532 u.a. o. „Allg. Hist. d. R.* Bd. IV. S. 682. Bd. V. S. 43. H. Schurtz: „Speiseverbote.“ A. Bastian: „Loangoküste.* a. a. 0. Bd.I.u. Bd. II. v. O. 2) Es ist die Form des Totemismus, die in Amerika so weit verbreitet ist. 3) Bowdich a. a. O0. 8. 307— 309. 4) Ellis: „Tschi“ a. a. O. S. 205 ff. 5) Derselbe: „Ewe“ a.a. O. S. 100. 6) Derselbe: „Yoruba“. *) Bossmann a. a. O0. S. 187—189. 78 L. Frobenius, [78] beobachteter Speiseverbote') erkennen. So in Waida.’) Seine frühere Aus- dehnung®) mag bis Liberia — wenn nicht noch weiter — gegangen sein. „Bei den Grobos — damit meint Wilson offenbar die Kru —, die in un- mittelbarer Nachbarschaft des Cap Palmas wohnen, bestehen 12 Familien, die sich seit undenkbaren Zeiten abgesondert gehalten haben. An der Spitze einer jeden steht ein Oberhaupt, gewöhnlich das älteste männliche Mitglied derselben. Das Eigenthum sämmtlicher Familienglieder gilt, mit Ausnahme einiger Gegenstände von geringem Werthe, für gemeinsames Gut, über welehes ohne Zustimmung des Familienhauptes nicht verfügt werden darf.“ ‘) Die Speiseverbote, die auch Winterbottom an der Sierra Leoneküste kennen lernte,°) sind erblich.‘) Wenn also Wilson auch nichts über die Namen und etwaigen Speiseverbote der 12 Grobos-Familien sagt, so ist doch die An- nahme der Verwandtschaft mit den 12 Totem-Familien der Aschanti nicht fernliegend. Endlich füge ich die Uebersetzung zweier von Ellis erzählten tote- mistischen Dichtungen der Tschi bei: „Ein Eingeborener von Uhama, dessen Frau kürzlich gestorben war, ging niedergeschlagen an der Küste hin nach dem Dorfe Oboanu, als er eine junge Frauensperson traf, die ihn fragte, warum er allein ginge und so trübselig aussähe. Er theilte ihr die Ursache seiner Einsamkeit mit, liess sich in ein Gespräch mit ihr ein und forderte sie endlich, von ihren Reizen bezaubert, auf, die Stelle der Verstorbenen einzunehmen und seine Frau zu werden. Sie willigte gern ein, kehrte mit dem Manne in sein Haus zurück und lebte mit ihm. Eine Zeit lang ging alles gut, aber nach einigen Monaten wurde sie unruhig, und endlich sagte sie ihrem Manne, sie !) Ramsayer und Kühne a. a. O. S. 185. Boweich a. a. O. S. 362/3. Siehe auch A. Bastian: „Der Fetisch“ a. a. O0. S. 29. Derselbe: „San Salvador“ a. a. O. S. 300. 2) Phillips 1694 in: „Allg. Hist. d. R.“ Bd. Il. S. 420/1. 3) Notabene in dieser Gegend, denn sonst ist der Totemismus in Abyssinien zu finden und war auch Sitte bei den alten Egyptern. Vgl. z. B.: E. Bowdich: „An essay on the superstitions, customs and arts commen to the ancient Egyptians, Abyssians und Ashantees S. 48/9. 4) Wilson a. a. O. S. 98/9. Er berichtet noch Weiteres über diesen interessanten Brauch aus alten Zeiten. 5) Winterbottom a. a, O. S. 290. 6) Büttikofer a. a. O0. Bd. II. S. 333/4. [79] Der Kameruner Schiffsschnabel und seine Motive. 79 müsse heimgehen und ihre Verwandten besuchen. Er hatte nichts dagegen einzuwenden, nur stellte er die Bedingung, sie zu begleiten, aber davon wollte sie durchaus nichts wissen, sie sei allein gekommen, sagte sie, und allein wollte sie auch wieder gehen. Der Mann wollte nicht zugeben, dass sie ohne ihn ging und drang immer mehr in sie, ihm zu sagen, warum sie ihm eine so natürliche Bitte abschlüge. Sie gingen gerade am Meeres- strande hin, da sprach sie: „Ich will nicht, dass du mit mir gehst, weil du mich. bei unserer Rückkehr verspotten würdest“. Er versicherte, dass er dies nie thun werde, und endlich, nachdem er geschworen, dass er nie nachher in irgend einer Weise auf ihre Heimat und ihre Familie anspielen wolle, gestand sie ihm, dass ihre Heimat im Meere sei, dass ihre Verwandten, wie auch sie selbst, Fische seien. Wenn er noch immer wünschte, sie zu be- gleiten, solle er die brandenden Wellen zählen, wenn sie an die Küste schlügen, und mit ihr unter der dritten untertauchen. „Als die dritte Welle die Küste berührte. stürzte sie sich darunter, und da ihr Mann ihr folgte, gelitten sie beide unter das Wasser und kamen bald dahin, wo ihre Verwandten wohnten. Von diesen wurde sie mit Freuden aufgenommen; sie erzählte ihre Geschichte und stellte ihren Begleiter als ihren Gatten vor. Auch er wurde willkommen geheissen und die Ver- wandten räumten ihm ein Haus ein, warnten ihn aber davor, ohne ihm zu sagen warum, dasselbe unter irgend einer Bedingung zu verlassen. Einige Tage willfahrte er ihrer Bitte, als er aber eines Abends einige junge Fische spielen sah, ging er hinaus, um sie aus der Nähe zu beobachten. Kaum hatte er jedoch das Haus verlassen, als die Verwandten seiner Frau ihm folgten und ihn überredeten, in dasselbe zurückzukehren. Drei Tage nach- her, als er die jungen Fische wieder spielen sah, verliess er das Haus jedoch wieder. Nun hatte aber der Mann, seit er bei den Fischen lebte, einige Eigenthümlichkeiten der Fische angenommen, z. B. unter anderen die Aus- strahlung eines phosphoreseirenden Lichtes in der Nacht, und als er sich der Oberfläche des Wassers zu sehr näherte, wurde er von einigen Fischern in einem Kanoe bemerkt, die sogleich einen Speer nach ihm warfen, indem sie ihn für einen ungewöhnlich schönen Fisch hielten. Als die Verwandten seiner Frau seine Gefahr bemerkten, eilten sie ihm zu Hülfe und suchten ihn auf den Grund des Meeres herabzuziehen; aber als sie alle ihre Be- 80 L. Frobenius, [50] mühungen vergeblich sahen und die Fischer ihn wirklich an die Oberfläche hinaufzogen, baten sie einen vorbeischwimmenden Haifisch, die Schnur zu zerbeissen, an welcher der Speer befestigt war. Der Haifisch erfüllte so- gleich ihre Bitte, und der Mann war wieder frei. Er wurde in das Haus getragen, der Speer herausgezogen und ein Verband angelegt, mit dessen Hilfe die Wunde bald wieder geheilt war. Als er genesen war, schickten ihn die Verwandten seiner Frau, welche fürchteten, dass ihm bei längerem Verweilen ein neuer Unfall zustossen möchte, mit seiner Frau ans Land zurück. Als Abschiedsgeschenk gaben sie ihm den Speer, schärften ihm jedoch ein, denselben sorgsam verborgen zu halten. „Ans Land zurückgekehrt, gingen die beiden in ihre frühere Wohnung zurück, wo der Mann den Speer sorgfältig im Stroh des Daches verbarg. Das Haus, in welchem sie wohnten, gehörte zu einer Gruppe von Häusern, die in Form eines Rechtecks einen offenen Hof umschlossen, und in den anderen Häusern wohnten andere Familien. In einem derselben wohnte der Besitzer des ganzen Grundstücks; dieser beschloss einige Jahre nach der Rückkehr des Paares aus dem Meere, die ganze Strohbedachung zu er- neuern. Er begann mit dem Dache dieser Beiden und als das Stroh ent- fernt war, entdeckte er den Speer. Seltsamerweise erkannte der Hauswirth diesen sofort als seinen eigenen und forderte ihn zurück. Er beschrieb die Umstände, unter denen er ihn verloren, als er ihn nach einem grossen Fische schleuderte, und fragte den Mann, wie er in dessen Besitz gelangt sei. Dieser bemühte sich zuerst, der Frage auszuweichen, als er aber durch die Anklage, ihn gestohlen zu haben, zu einer Erklärung gedrängt wurde, erzählte er widerstrebend das ganze Abenteuer. Dieser Bruch des Ver- sprechens, das er seiner Frau gegeben, hatte nieht unmittelbar üble Folgen. Aber er hatte in der letzten Zeit noch eine zweite Frau genommen, und eines Tages, als sich die beiden Frauen zankten, warf die Zweite der Ersten ihre Ab- stammung vor. Dies kränkte die Frau so tief, dass sie beschloss, in ihre Heimath im Meere zurückzukehren und ihre frühere Gestalt wieder anzunehmen. Sie ging also zu ihrem Gatten, machte ihm Vorwürfe, dass er ihr Geheimniss verrathen, nachdem er darauf bestanden, sie in ihre Heimath zu begleiten, und erklärte ihm, dass sie entschlossen sei, ihn für immer zu verlassen. 2 , wallansdiz ran. Inmsrkpr ia In lee dass | va real re HM Hure! Ei) re Ar ie ee Va Are a der u rd eh a Er Ze, WR Walt! 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AT | j Fig.21 ee 7 ORION \ Lichtdruck v.Cebr.Plettner, Halle®/5. Frobenius: Schiffsschnabel Taf 3. Nova Acta Acad. C. Frobenius: Schiffsschnabel. Taf. 4. c yo, Togourpssyzups Ssnıuagody s/e ae ‘2awmgeLdT 'aqen) "A IEIBUY-NonıpyuorT (wo 17, =pyteig "wo HT =ayoH "mo HLZ Sdugr]) essgag 'Tınyeu "9, :ugey '9] DA “(oygog "wo 93 pun oduyrf "wo 75) eRkoıg) "ınyeu 8, :Teqeugog gs se u art En ee ea ——— A 'go] "YYT7 0A 409 Yon DIT’ 'pvoy vjoy vaoy L Ka) Ber a AN ne N e En & j > - = Sm j en Nova Acta Acad. 0.1.0.6. Nat.Cur.Vol.LAX. Br: Fig. 24 Lichtdruck v.Gebr.Pleuner, Halle®/S. Frobenius: Schiffsschnabel Taf 6. 45° ure » NOMA ACTA: Abh. der Kaiserl. Leop.- Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Zand EX Nr 2: UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE DURCH PARASITISCHE PILZE HERVORGERUFENEN KRANKHEITEN DER FLECHTEN (Erste Abhandlung) von Dr. Wilhelm Zopf, M. A.N. a. o. Professor und Vorstand des kryptogamischen Laboratoriums der Universität Halle. Mit 2 Tafeln Nr. VII und VIII, sowie 85 Zinkographieen. Eingegangen bei der Akademie am 8. Juni 1896. HALLE. 1897 Druck von Ehrhardt Karras, Halle a. S. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. —— % vi h } | ETSEN ON: N un nen oh altaohadh Karma ‚Tou= goak ‚Pen EN FE ;' Mein an hal "air ‘ | | Mal "5 aussah N 3UDEINZNIAG han 3 "2 Mana 1a TERN . tsaulmaddä am I) j 2 BI 5 n i Aa - 4 $ 2% . a j i j si m) . I en tale siraE Br \ we: . IT ı "un x Gar Pre? Er. N u B 73 5 u j f ”, u s hl . D u = 5 u nahe I j reis x Tre AV an a Ar A) 2 . Sa! j D ' . £ . s j u 5 Bun | f De 7 I wor ureereee 0 | li i u ei . i es tuBA Ba B Te Eu N "a Kilalb „werk trend m Juin u». 2» u! Pr‘ =y ” ” u & a ‘ u u Vorwort. Die Flechten gehören mit in die Reihe derjenigen Pflanzengruppen, welche die meisten Pilzkrankheiten aufzuweisen haben. Eine im Laufe der letzten Jahre von mir zusammengestellte, wahr- scheinlich noch nicht einmal vollständige statistische Uebersicht') lässt dies insofern deutlich erkennen, als sie allein gegen 800 Fälle von Parasitismus aufweist, hervorgerufen durch eirca 400 Pilzspecies an etwa 350 Lichenen- arten. Und dabei ist das in Rede stehende Gebiet in extensiver Richtung noch so wenig durchforscht, dass alljährlich immer noch neue Krankheits- erreger und Krankheitsformen hinzukommen. Die pilzlichen Parasiten spielen hiernach offenbar im Leben der Flechten eine nicht unbedeutsame Rolle, verdienen daher auch seitens der Mycologen und Parasitologen eine ernste Beachtung. Bisher ist ihnen diese freilich gänzlich versagt worden, was schon aus dem Umstande hervor- geht, dass sich in den pflanzen - pathologischen Handbüchern, selbst in den neuesten, nicht einmal eine Andeutung von der Existenz solcher Schmarotzer vorfindet. Eine solche geringschätzige Behandlung ist freilich auch wieder zu verstehen, wenn man bedenkt, dass es den heutigen Pflanzenpathologen mehr auf Objeete von praktischer Wichtigkeit ankommt, die Flechtenpara- siten aber irgendwelche praktische Bedeutung nicht beanspruchen können; ja sie ist sogar bis zu einem gewissen Grade zu billigen, wenn man er- wägt, dass die Kenntniss dieser Organismen gegenwärtig noch auf einer t) Hedwigia 1896, p. 312—366. 100 W. Zopf, [4] sehr niederen Stufe steht, ganz im Gegensatz zur Kenntniss derjenigen Pilze, die auf höheren Pflanzen oder auf anderen Kryptogamen z. B. Algen, vor- kommen. Diese Thatsache findet, wie mir scheint, ihre Erklärung hauptsäch- lich in folgenden Punkten. Bisher lag das Studium der Flechten bewohnenden Schmarotzerpilze ausschliesslich in den Händen von Lichenologen. Das erscheint auf den ersten Blick sonderbar, findet aber seine Erklärung in dem Umstande, dass man früher, bis in die sechziger Jahre hinein, solche Schmarotzer nicht als Pilze, sondern vielmehr als Liehenen betrachtete und sie demgemäss in das Fleehtensystem einreihte. Um diese vermeintlichen Flechten sich zu kümmern, hatten die Myeologen natürlich keine Veranlassung. Aber auch später, als man mehr und mehr erkannte, dass das Gros dieser Schmarotzer entschieden Pilznatur zeige, überliess man den Lichenologen das Studium derselben auch ferner gern, nicht bloss weil dasselbe eine ge- wisse, nieht leicht zu erwerbende Kenntniss der Flechten selbst voraus- setzt, sondern auch weil es für den Mycologen doppelte Schwierigkeiten haben musste, die in einer grossen Flechtenliteratur zerstreuten Beobach- tungen zusammenzubringen. So blieben denn die Flechtenschmarotzer bis heute eigenste Domäne der Lichenologen, und diese bearbeiteten das Gebiet ganz ausschliesslich in systematischem Sinne. An dieser Arbeit betheiligten sich in erster Linie Nylander und Arnold; grössere oder kleinere Beiträge lieferten ferner Tulasne, Massalongo, Körber, Mudd, Lindsay, Anzi, Baglietto und Carestia, Th. Fries, Müller Arg, Rehm, Lahm, Ohlert, Alm- quist, Wainio, Stein, Minks, Zwackh, Weddell, Kernstock, Steiner u.a. Auf diese Weise wurde nun zwar eine grosse Summe von Species ans Licht gebracht, aber die Kenntniss derselben ist im Ganzen auf der primitiven Stufe einseitigster Systematik stehen geblieben.) Insbesondere 1) Ich will übrigens damit jenes Resultat durchaus nicht unterschätzen. Die Auf- findung der Formen und ihre wenn auch zunächst noch mangelhafte Unterscheidung nach grob-systematischen Gesichtspunkten bildet doch schliesslich immer die erste wichtige Vor- stufe für die nähere Kenntniss einer Organismengruppe. Und wer zu diesen ÖObjeeten in IP] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten, 101 fehlen gute Abbildungen, welche den äusseren und inneren Bau veranschau- lichen könnten, mit wenigen Ausnahmen gänzlich, was natürlich zur Folge hat, dass man sieh von diesen Objeeten keine rechte Vorstellung machen kann und die Vergleichung derselben auf grosse Schwierigkeiten stösst. Entwiekelungsgeschichtliche sowie biologische Fragen und solche physiologischer Natur sind bisher kaum gestreift worden. Selbst eine etwas genauere morphologische Charakteristik der fertigen Zustände, die eigentlich das Nächstliegende wäre, wird in den meisten Fällen vermisst; viele Arten sind sogar auf so mangelhafte Charaktere hin be- gründet worden, dass die neueren sehr dankenswerthen Versuche von Winter und Rehm, wenigstens den in Deutschland, Oestreich und der Schweiz vorkommenden Flechtenparasiten endlich einmal die richtige Stel- lung im Pilzsystem anzuweisen, theilweise unbefriedigend ausfallen mussten. Wenn also in anbetracht dieser Sachlage die mycologischen und pflanzenpathologischen Handbücher den Flechtenschmarotzern gegenüber sich seither ablehnend verhielten, so darf uns ein solches Verfahren nicht wundern. Um so mehr möchte es an der Zeit sein, das in Rede stehende Gebiet nach der morphologischen wie nach der biologischen Seite hin etwas näher zu studiren. Ich selbst habe in den letzten zwei Jahren einen bescheidenen Ver- such in dieser Richtung unternommen und lege hier zunächst den ersten T'heil meiner Ergebnisse vor. Es sollte mich freuen, wenn die Arbeit dazu beitragen würde, dass man den in Rede stehenden Objeeten zukünftig etwas mehr Beachtung zu Theil werden lässt. In erster Linie kam es mir darauf an, das äussere Auftreten so- wie den äusseren und inneren Bau der Parasiten durch Abbildungen nähere Beziehung tritt, wird jedenfalls bald einsehen, dass schon zur blossen Auffindung und ersten groben Unterscheidung der dem unbewaffneten Auge vielfach ganz entgehenden Formen ein gewisser Scharfsinn, Uebung und Erfahrung gehören, und der miceroscopischen Untersuchung im Allgemeinen viel grössere Schwierigkeiten entgegenstehen, als es bei den Parasiten anderer Pflanzen der Fall ist. 102 W. Zopf, [6] soweit zur Anschauung zu bringen, dass man sich eine richtige Vorstellung von den betreffenden Arten machen, sie leichter auffinden und identifieiren und ausserdem zum Zweck der Gruppirung besser vergleichen kann. Sodann wurden gewisse biologische Momente berücksichtigt. So habe ich z. B. die Beziehungen, in welchen die Parasiten zu dem einen Componenten der Wirthsflechte, der Alge, stehen, zu studiren gesucht. Hierbei hat sich die merkwürdige Thatsache ergeben, dass die Hyphen gewisser Arten (z. B. Ahymbocarpus punctformis b., Conida rubescens Arnold) die Algenzellen völlig umspinnen, ohne sie irgend- wie zu schädigen. Ich vermuthe hiernach, dass in diesen Fällen das biologische Verhältniss zwischen Parasitenhyphen und Wirthsalgen ein etwa ähnliches ist wie das bekannte (gewöhnlich als Symbiose bezeichnete) Ver- hältniss zwischen Flechtenhyphen und Algen. Man könnte also in solchen Fällen von „Nebensymbiose“ (Parasymbiose) sprechen.') Seit ich an Sol/orina crocea durch zwei oder mehrere Schmarotzer hervorgerufene „Mischinfeetionen“ beobachtete, habe ich weitere Vor- kommnisse solcher Erscheinungen konstatiren können. Die Kenntniss der- selben ist zur Vermeidung von Täuschungen oder Verwechselungen nicht ganz unwichtig. Von sonstigen biologischen Momenten wurde noch die Art und Weise der Sporenentleerung in Betracht gezogen. Da in neuerer Zeit Brefeld die Ansicht äusserte, die Schläuche der Aseomyceten seien in Bezug auf Zahl, Gestalt und Grösse der Sporen „constant“ gewordene Organe, so habe ich auch auf diesen Punkt besonderes Augenmerk gerichtet, dabei aber gefunden, dass fast alle der untersuchten Arten in jener Beziehung beachtenswerthe Schwankungen aufweisen. Bei Aenosphaeria geographicola (Arnold) wurde sogar ein höchst merkwürdiger Dimorphismus der Schlauchsporen beobachtet. Ein gewisser Antheil an dem Zustandekommen vorliegender Arbeit gebührt Herrn Oberlandgerichtsrath a. D. Dr. F. Arnold in München, der ') Vgl. meine kürzlich in den Berichten der deutsch. botan. Gesellschaft erschienene Mittheilung: „Ueber Nebensymbiose (Parasymbiose). Januarheft 1897. [7] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 103 die Standorte und Formen der Flechtenschmarotzer besonders auch der algen- bewohnenden wie wohl kaum ein Zweiter kennt. Er war so gütig, mir nicht bloss die verschiedenartigsten frischen und getrockneten Materialien zur Orientirung und zur Untersuchung zu senden, sondern mich auch auf Exeursionen, die wir in den letzten Jahren in Nord- und Südtirol (am Arl- berg und in Gröden) gemeinsam unternahmen, mit dem Auftreten dieses und jenes Objectes in der Natur bekannt zu machen, wofür ich ihm auch hierdurch meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte. 1. Rosellinia Groedensis. Gelegentlich einer Exeursion, die Dr. F. Arnold und ich von St. Ulrich in Gröden nach den alten Porphyrblöcken machten, die durch einen ehemaligen mächtigen Bergsturz von dem steilen Südwestabhange des Raschötz-Massivs herunter gekommen sind, bemerkten wir an verschiedenen Thalli von Zertusaria sulphurellia Körber var. varzolosa eigenthümliche inselartige Flecken von etwa !/ bis 3 Millimeter Durchmesser, die dureh ihre schwärzliche Färbung mit der hellen, bald gelblich, bald weiss- lich oder auch röthlich gefärbten Flechte in auffälligem Kontrast standen und sich besonders auf und zwischen den weisslichen Soredienhaufen ent- wickelt hatten (Fig. 1). Sie erinnerten lebhaft an das Bild, welches Zeczdea zintumes- cens auf ZLecanora sordıda darbietet. Bei einer vorläufigen miero- » stellte sich in- scopischen Prüfung dessen heraus, dass es sich nicht um einen Disecomyceten, son- dern um einen Pyrenomyceten handele Ich suchte daher den Fig. 1. Randstück eines Thallus von Pertusaria Standort nochmals auf und brachte sulphurella Körb. var. variolosa in natürlicher theils Grösse mit zahlreichen zwischen den weissen So- y redienhaufen befindlichen, von dem Pilze ge- theils durch Abschaben besonders bildeten schwarzen Inseln. mit Hammer und Meisel, dickkrustiger Stellen des genannten Flechtenthallus noch einiges Material zur weiteren Untersuchung zusammen. Bevor ich nun den Parasiten näher charakterisire, möchte ich kurz [9] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 105 erwähnen, dass die Thallusschöllchen genannter Flechte auf Vertikalschnitten eine nur sehr schwach entwickelte Rinde zeigen (Fig. 4R), auf welche die schmale Zone der Algengruppen folgt (Fig. 4A), während das Mark sehr stark entwickelt ist (Fig. 4M). Dasselbe ist normal weiss gefärbt, zeigt Fig. 2. Fragment eines Thallus der Pertusaria sulphurella var. variolosa mit mehreren Peritheeiengruppen des Parasiten, 12fach. aber hie und da röthliche Stellen, in welehen man gewöhnlich relativ sehr grosse Prismen eines gelben Körpers wahrnimmt, dessen Natur ieh noch nicht sicher stellen konnte, da mir nur kleine Mengen der Flechte zur Verfügung standen. An den Hyphen des Markes ge- langt übrigens ein weisser Körper zur Ab- ® R & Fig. 3. Zwei Perithecien von der scheidung in solcher Menge, dass dieselben Seite gesehen, 60fach. in ihrem Verlaufe undeutlich erscheinen. Unter der Lupe stellen sich die oben erwähnten schwarzen Inseln als Gruppen von mehr oder minder dieht beisammen stehenden Peri- thecien dar (Fig. 2). Meistens findet man nur 3 bis 8, ausnahmsweise ein Dutzend und mehr der Früchtehen beisammen. Von kugeliger oder kurz -ellipsoidischer, vielfach etwas höckeriger Form und pechsehwarzer Farbe, zeigen dieselbe eine deutliche, meistens Nova Acta LXX. Nr. 2, 14 106 . W. Zopf, [10] aber nieht prominirende Mündung (Fig. 5), tragen also Sphaeriaceen- Charakter. Sie sind etwa 0,3—052 mm diek und 0,3—0,6 mm hoch, erscheinen dem blossen Auge daher nur als kleine schwarze Punkte, und sitzen dem Fig. 4. Vertikalschnitt durch eine Thallusscholle der Pertusaria und durch 2 Peritheeien des Parasiten. Von den letzteren ausgehend sieht man die schwarzen Mycelmassen des Pilzes. R. Rinde der Flechte, A. Algengruppen, 40fach. Thallus der Flechte entweder oberflächlich auf oder sind mit dem unteren Theile, aber dann meist nur bis zur Hälfte, eingesenkt (Fig. 4). Das Mycel, von welchem die Perithecien entspringen, lässt sich auf Vertikalschnitten durch den Wirthsthallus, im Gegensatz zu den Myce- lien der meisten anderen Flechtenparasiten, ziemlich leicht verfolgen (Fig. 4), weil seine Hyphen durch ihre auffällige braune Farbe zu dem farblosen Markgewebe der ZPertusaria in scharfem Contrast stehen. Und zwar er- scheint die Braunfärbung so stark, dass die Fäden bei schwacher Ver- grösserung schwarz erscheinen (Fig. 4). Gegen die Oberfläche des Wirthsthallus hin pflegen sie meistens ein sehr dichtes, mehr oder minder diekes, etwa stromaähnliches Geflecht zu bilden, dem die Perithecien in Gruppen auf- oder einsitzen (Fig. 4). Aber auch im Mark der /ertusaria trifft man hin und wieder ähnlich dieht ver- [11] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 107 flochtene schwarze Hyphenmassen und zwar in charakteristischer Nesterform an (Fig. 4). Da die braunen Pilzfäden und deren reiche Verästelungen das Mark- gewebe der Flechte in höchst unregelmässigem Verlauf durchsetzen, so treten einem die ersteren auf Vertikalschnitten fast stets nur im Form von kurzen Fragmenten entgegen, die bei schwacher Vergrösserung wie schwarze Strichelehen und Punkte erscheinen (Fig. 4). Ausser durch die stärkeren Krümmungen unterscheiden sich üb- rigens diese das Markgewebe durch- wachsenden braunen Fäden in nichts von den stromaähnlich verflochtenen, Fig. 5. Stück eines Mycelsystems, welches auf der Oberfläche einer Thalluswarze hin- von denen einiee Fragmente in Fig. 7 : 2 = 2 kriecht, ‘40 fach. dargestellt sind. Letztere bestehen aus Zellen von meist gestreekter Form und zeigen häufig sehr kurze Seiten- ästehen (Fig. 7). Aber nicht bloss innerhalb des Pertusarienthallus wuchert das Mycel des Pilzes, sondern auch auf der Oberfläche der T’halluswarzen kriechen Fig. 6. Ein Peritheeium des Parasiten mit den auf der Oberfläche des Wirthsthallus befindlichen Myceltheilen, 60fach. seine Systeme hin, dieser sich fest anheftend (Fig. 5, 6). Dabei gehen sie entweder nur von der oberflächlichen Lage des stromatischen Geflechtes 14* 108 W. Zopf, 12] aus, oder sie nehmen gleichzeitig von dem basalen Theile der Peritheeien- wand ihren Ursprung, um nach allen Seiten hin zu strahlen (Fig. 6). Solche ganz oberflächlich verlaufenden Mycelien sucht man bei der grossen Mehrzahl der Flechtenparasiten vergebens; über ein paar ähnliche Fälle wird später berichtet werden. Als eine bemerkenswerthe Erscheinung ist hervorzuheben die schliess- liche Umbildung der oberflächlichen Mycelien in Gemmen. Fig. 7. Hyphentheile aus einer Fig. 8. Gemmenbildung an den oberflächlichen oberflächlichen stromatischen My- Myceltheilen, 540fach. celpartie des Pilzes, 540fach. Eingeleitet wird dieser Vorgang in der Weise, dass die bis dahin eylindrischen Zellen (Fig. 7) durch interealar auftretende @Querwände eine Theilung in sehr kurze, etwa isodiametrische Glieder erfahren. Indem die- selben etwas aufschwellen, nehmen sie etwa rosenkranzartige Form an (Fig. 8), hierauf loekert sich der Verband der Glieder durch gegenseitige Abrundung derselben, jedoch bleiben in der Regel je 2 der kurzen Zellchen zu Bisquit- oder Semmelformen vereinigt, etwa an die sogenannte Diplococeus- form der Spaltpilze erinnernd (Fig. 8). Wenn schliesslich gänzliehe Trennung und Verschiebung dieser Paare erfolgt, wie es z. Th. schon Fig. 8 zeigt, so wird der ursprüngliche Faden- (1 3] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 109 verband verwischt oder auch gänzlich aufgehoben und man findet am Ende nur noch Haufen von bisquitartigen Gemmen. Auch an der Membran ist mittlerweile eine Veränderung aufgetreten, indem sie noch etwas kräftigere Verdiekung und Bräunung erfahren hat, ). wozu noch eine feine Wärzehenseulptur hinzutritt (Fig. 8), die sich an den ursprünglichen Mycelgliedern nicht vorfindet (Fig. 7 Wir haben hier also einen Fall von totaler Umbildung des Mycel- systems in Gemmen vor uns. Eine solche ist im Allgemeinen nieht häufig. Viel öfter findet man an den Mycelien, sowohl der Phyeo- als der Myeo- myeeten partielle Gemmenbildung, indem nur einzelne Glieder der Mycel- fäden zu Gemmen umgebildet werden. Früher hat man braune Gemmenketten von der Beschaffenheit der obigen in der alten Gattung Zorzla beschrieben. Vermuthlich dienen die Gemmen des vorliegenden Pilzes als Pro- pagationsorgane, doch habe ich sie nieht zur Keimung zu bringen vermocht. Eine Bedingung. ihrer Bildung scheint Luft- zutritt zu sein, da man sie an den im Innern der Flechte verlaufenden Myceltheilen nicht vorfindet. Was nun die Perithecien anlangt, so besitzen sie eine ziemlich dicke, aus etwa s— 10 Zelllagen bestehende Wandung (Fig. 9). Während die innersten Lagen farblos und zartwandig erscheinen, weisen die äussersten stark gebräunte und verdiekte Wände auf. Von der Innenwand des Peritheeiums ki Fig.9. Medianer Vertikalschnitt durch entspringen in dichter Stellung zarte, aus ge- ein reifes Peritheeium des Pilzes. Aw. Aussenwand. Iw. Innenwand. Per. Periphysen. 175fach. streckten Zellen bestehende Periphysen, die an der Basis spärlich verzweigt sind (Fig. 9 Per.). An der Mündungsregion finden sie sich in nur kurzer Form vor; etwas weiter nach abwärts, etwa an der in Fig. 9 mit Per. bezeichneten Stelle erscheinen sie schon etwas länger (Fig. 10) und nehmen gegen die Basis des Peritheciums hin noch erheblich an Länge zu, allmählich in die Paraphysen übergehend. 110 W. Zopf, [14] An der Membran der Periphysen bemerkt man eine deutliche Dif- ferenzirung in zwei Lamellen, deren äussere so stark vergallertet, dass die einzelnen Fäden wie in einer dieken, den Durchmesser der Zellen oft ums 3— 4fache übertreffenden Gallertscheide stecken (Fig. 10). An den Enden Fig. 10. Periphysen aus der Partie Per. des in Fig. 9 gezeichneten Peritheciums, mit stark vergallerteten äusseren Mem- branlamellen, 540fach. Fig. 12. Schlauchsporen in ihren Fig. 11. A Ein Schlauch mit 8 Sporen, 540fach. verschiedenen Formen, 540 fach. B ein ebensolcher 540fach v. Verankerungs- mittel. © Oberes Schlauchstück, a Verkettungs-, b Verankerungsmittel, 960fach. D Ejaculirte Sporenkette. der Periphysen lassen sich diese Gallerthüllen noch getrennt wahrnehmen (Fig. 10), weiter zurück verschmelzen sie zu einer gemeinsamen zähen Gallertmasse, aus welcher die einzelnen Periphysen zu befreien auch bei starkem Druck nur schwierig gelingt. Die Innenlamelle dieser Fäden ist zart, der Inhalt zeigt keinerlei auffällige Merkmale. Die Periphysen eonvergiren sämmtlich gegen die Mündung hin und nähern sich mit ihren Enden so weit, dass kaum ein enger Kanal für den [15] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 111 Durchtritt der ejaculirenden Schläuche bleibt, Verhältnisse, welche man ja auch bei anderen Sphaeriaceen, z. B. Sordarien') wiederfindet. Die Schläuche sind von schlank-eylindrischer Form, deutlich gestielt und wie es scheint stets mit 8 in eine Reihe gelagerten Sporen versehen (Fig. 11). Am Scheitel der dünnen Schlauchwand bemerkt man weder Ver- diekung noch Porenbildung oder Faltung. Auch färbt sie sich mit Jodjod- kalium weder blau noch roth. Die Sporen erscheinen stets einzellig, bald breiter oder schmäler elliptisch, bald mehr eiförmig, spindelig oder selbst eitronenförmig (Fig. 12), von der hohen Kante gesehen ein wenig zusammengedrückt, variiren also in der Gestalt nicht unbeträchtlich. Man findet keinen Schlauch, der völlig gleichgestaltete Sporen besässe. Ihre anfänglich blass-olivengrünliche oder olivenbräunliche Membran nimmt schliesslich tiefbraune bis schwärzliche Färbung an und wird dabei spröde und zerbrechlich. Im Inhalt häuft sich Fett an, dessen "Tropfen von der dunklen Membran völlig verdeckt werden. Die Länge der Sporen beträgt etwa 16—24 u, die Breite 10—12,5 u. Keim- poren sind in der Membran nicht vorhanden. An den die Schläuche überragenden schlanken Paraphysen, die sich erst nach vorheriger Färbung als in gestreckte Zellen gegliedert erweisen, im Uebrigen nur an der Basis spärlich verzweigt erscheinen, tritt die Vergallertung der äusseren Membranlamellen noch intensiver auf, als an den Periphysen (Fig. 13). Die Gallerthüllen verschmelzen ebenfalls zu einer homogenen mit Jodlösungen nicht färbbaren Masse; die Innenwand bleibt sehr zart. Im Inhalt der Paraphysen bemerkt man zur Reifezeit des Peritheciums zahlreiche kleinere und grössere Fetttropfen (Fig. 13). Nach vorstehenden morphologischen Daten handelt es sich zweifellos um einen mit derber Wandung und mit Mündung versehenen Pyrenomyceten, speciell um eine Sphaeriacee im Sinne von Winter, derselbe theilt diese 5 Fig. 13. Paraphysen Gruppe ein in Chaetomiaceen, Sordarieen und nit stark vergaller- ING teter Aussenwand, !) Zopf, Anatomische Anpassung der Schlauchfrüchte an die 540fach. Funetion der Sporenentleerung, Halle 1884, u. Handbuch der Pilze p. 89. 112 W. Zopf, 116] Sphaeriaceen i.e.S. Unser Pilz gehört zu der letzteren Abtheilung und speciell zu der ersten Winter’schen Section, da er keine ausgesprochene Stromabildung aufweist und seine Perithecien nicht in das Substrat ein- gesenkt sind. Zu dieser Section rechnet W. die Triehosphaeriaceen, die Melanomeen, die Ceratostomeen, die Amphisphaeriaceen und die Lophiostomeen. Von diesen 5 Familien können nach der Winter'- schen Charakteristik nur die Melanomeen in Betracht kommen, und unter diesen bloss die Gattung Kosel/inia, deren Merkmale übrigens Punkt für Punkt auf den vorliegenden Pilz passen. Unter den von Winter und Saccardo (Sylloge I) zusammen- gestellten zahlreichen Species findet sich nun keine einzige, die mit meinem Pilze völlig übereinstimmte. Auch die drei flechtenbewohnenden Arten, (die Saecardo aufführt, AR. C/adoniae (Anzi) auf den Podetien von Cladonia deformis, R. Nephromatis (Uronan) auf dem 'Thallus von Vephroma resuptina- Zum, und X. aspera (Hazsl.) auf dem T'hallus von Aspzcrka cinerea, weichen in verschiedenen wesentlichen Punkten durchaus ab; letztere, die meiner Art noch am nächsten steht, schon dureh die kugelige Gestalt der Peri- theeien, das mamillenförmige Ostiolum und die Eiform der Sehlauchsporen, wenn anders diese Angaben über das nur dürftig bekannte Objeet richtig sind. Ich glaube daher vorliegenden Pilz als neu ansprechen zu dürfen und werde ihn als Aosel/nia Groedensis bezeichnen. Die eigenthümlichen Gemmen- bildungen, die er besitzt, scheinen die Conidienfruetification zu ersetzen, die man bei einigen Vertretern des Genus beobachtet hat. Was nun die Biologie des Pilzes anbetrifft, so äussert er aus- gesprochen parasitische Eigenschaften. Denn da, wo die dichten Mycel- massen sitzen, wird das Flechten-Gewebe, einschliesslich der Algenzellen, voll- ständig zerstört, im Mark, wo die Mycelmassen sich besonders stark zu entwickeln pflegen, in oft noch viel ausgedehnterer Weise, als es Fig. 4 zeigt. Eine parasitische Fernwirkung auf benachbarte Algengruppen seheint zu fehlen, da dieselben völlig normales Aussehen zeigen. Bezüglich der Entleerungsweise der Sporen konnte festgestellt werden, dass sie auf dem Wege simultaner Ejaeulation erfolgt. Die Einrichtungen hierfür sind im Wesentlichen die nämlichen, wie ich sie früher für gewisse [17] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 113 Sordaria-Arten nachwies.') Die Sporen werden nämlich zu einer Reihe verkettet und diese im Aseusscheitel verankert (Fig. 11 B, ©). Als Ver- kettungsmittel dienen Epiplasmamassen (zur Sporenbildung nicht verwandtes Plasma), die sich mit Anilinfarben z. B. Safranin intensiv färben. Auch das Verankerungsmittel, das sich als breite schwanzartige Masse der Terminal- spore anhaftet (Fig. 11 BC bei v), besteht aus Epiplasma. Trotzdem das Verkettungsmittel wenig auffällig erscheint, ist es doch sehr wirksam, denn es gelingt selbst bei starkem Druck auf das Deckglas nur schwer oder auch gar nicht, die Sporen theilweise von einander zu trennen; auch findet man häufig die ejaculirten Sporen entweder noch fest zur Kette verbunden (Fig. 11 bei D) oder doch wenigstens noch zu mehreren vereinigt. Die Oeffnung des Schlauches scheint, wie bei Sordaria, durch Absprengung des Endtheils im Form einer Kappe zu erfolgen, doch lässt sich dieselbe, infolge starker Verquellungserscheinungen, an der ejaculirten Sporenkette nur selten noch deutlich erkennen. Bisher lagen über den Entleerungsmodus der Kose/linia-Arten meines Wissens keine Untersuchungen vor. lI. Sorothelia squamarioides. Dieser seltene Pilz lebt auf PVacodium gelidum (L). Zwei kleine mit dem Parasiten behaftete Proben der Flechte vom Umhauser Wasserfall im Oetzthal in Tirol erhielt ich von Herrn Dr. Arnold. Die Früchtchen treten auf den Thalluslappen der Flechte zu 6—15 in kleine schwarze Gruppen zusammengehäuft auf (Fig. 14 Per.), meist in unmittelbarer Nähe der eigenthümliehen Cephalodienbildungen dieser Lichene (Fig. 14 Ceph.), mitunter auch auf letztere selbst übergehend. Von kugeliger oder eiförmiger Gestalt und schwarzer Farbe besitzen sie eine deutliche, aber nicht vorgezogene Mündung und messen etwa 0,16—-0,24 mm in der Dieke, während die Gruppen 0,6—1 mm Breite aufweisen. Die Schläuche sind stets eylindrisch und nur ganz kurz eestielt (Fig. 15), der Regel nach mit 8 Sporen versehen, aber mitunter auch nur !) Anatomische Anpassung der Schlauchfrüchte an die Function der Sporenentleerung, Zeitschrift für die gesamt. Naturwissensch. Bd. 56 (1883). Nova Acta LXX. Nr. 2, 15 114 m W. Zopf, [18] 7 enthaltend. Ihre Länge beträgt etwa 78 u, ihre Breite etwa 14,5—16 «. Die Membran ist derbwandig und wird weder durch Jodjodkalium noch durch die übliche Corallinlösung, noch durch Methylenblau gefärbt. Am Scheitel ist sie mit Porus versehen. Ar Re Fig. 14. Fragment eines Thallus von Placodium gehidum Fig.15. Rechtsein Schlauch 12fach vergr. An verschiedenen Stellen dichte schwarze Peri- mit 8 Sporen, links Para- theciengruppen des Pilzes (Per.) (die mit Ceph. bezeichneten physen, bei a mit Ana- Bildungen sind Cephalodien der Flechten, die mit Sor. be- stomose, 550 fach. zeichneten Soredien). Fig. 16. Verschiedene For- men der Schlauchsporen, 550fach. Zwischen den Schläuchen gewahrt man Bündel von Paraphysen, welche jene meist weit über- ragen. Sie sind in gestreckte Zellen von etwa 1,7 bis 3,6 « Durchmesser gegliedert und senden hie und da dicht unterhalb der Querwände Seitenäste ab, die mit benachbarten Paraphysen in Anasto- mosen-Verbindung treten können, eine Erscheinung, die meines Wissens bei den Sphaeriaceen noch nicht beobachtet wurde. Von der Gliederung, Verzweigung und Ana- stomosenbildung der Paraphysen erhält man ausserordentlich schöne Bilder, wenn man sie mit Methylenblau färbt. Im ungefärbten Zustande sind die [19] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 115 Verhältnisse zwar auch schon wahrzunehmen, jedoch nicht so leicht und so sicher wie bei jener Färbung, weil die Fäden ihre Membran ziemlich stark vergallerten und dadurch blass erscheinen. Daher die Angabe Mudd's, dass die Paraphysen „undeutlich“ seien. Die vergallerteten übrigens durch Jodjodkalium, Corallin und Methylen- blau nicht färbbaren Häute verkleben fest miteinander, sodass sie, wenigstens wenn man schon älteres Material vor sich hat, auch durch starken Druck nur schwer zu trennen sind. Die die Peritheeienwand im Innern auskleidenden Periphysen, die gegen die Mündung hin immer kürzer werden und nach der Basis zu allmählich in Paraphysen übergehen, tragen übrigens, von den Längen- verhältnissen abgesehen, ganz den Charakter der letzteren. Die Sporen bestehen stets aus zwei Zellen, welche in manchen Fällen an Grösse und Form völlig gleich, meist aber in diesen Beziehungen mehr oder minder verschieden sind. Für beiderlei Vorkommnisse giebt Fig. 16 Beispiele. Auch der Gesammtumriss der Sporen variirt vielfach. Bald sieht man die breitere oder schmälere Ellipsoidform, bald die breitere oder schmälere Stabform, bald Eiform oder Birnform, bald die Bohnenform (Fig. 16). Mitunter gewahrt man selbst schwach S-förmig gekrümmte Ge- stalten (Fig. 16). Bald entspricht der Scheidewand eine Einsehnürung, bald fehlt diese. Auch in der Grösse der Sporen treten vielfache Variationen auf, welche sich bezüglich der Länge zwischen 16 und 21 «, bezüglich der Breite zwischen 6 und 9 u bewegen. Anfänglich sind die Sporenhäute olivengrün, später olivenbraun bis dunkelbraun gefärbt. Im letzteren Falle pflegt das in Tropfenform reichlich gespeicherte Fett völlig verdeckt zu werden. Die Beziehungen des Pilzes zu den Flechtencomponenten festzustellen war nicht möglich, weil das Material bereits zu alt erschien. Aus dem gleichen Grunde konnten keine Keimversuche vorgenommen werden. Durch obige Charakteristik werden die früheren recht kurzen und z. Th. nicht einmal zutreffenden Beschreibungen nicht unerheblich ergänzt resp. corrigirt. 15* 116 W. Zopf, [20] Aufgestellt wurde die Species 1861 von Mudd') als Sphaeria sguamarioides. Er hat die Paraphysen augenscheinlich gar nieht gesehen, da er sie als schleimig-zerflossen bezeichnet, die Sporenform ungenau notirt und die Sporenmaasse falsch angegeben, wenn es sich hierbei nicht etwa, wie Winter vermuthet, um einen Druckfehler handelt. Ich erwähne solche Dinge nur als Beispiel für die Ungenauigkeit und Flüchtigkeit, mit der manche Lichenologen ihre Beobachtungen und Beschreibungen der Flechten- parasiten gemacht haben. Später hat Arnold’) das Vorkommen des Schmarotzers in den Alpen (an der oben angegebenen Lokalität) konstatirt. die Paraphysen gesehen und die Sporenmaasse richtig angegeben, aber die Früchtehen merkwürdiger Weise als Discomycetenfrüchtehen aufgefasst, jedenfalls ein braunes Epi- theeium und ein braunes Hypothecium zu sehen geglaubt. Gelegentlich einer späteren Mittheilung’) stellte er den Pilz zur Gattung Polycoccwn und gab richtige Umrissbilder einiger Sporen. Winter,‘) der den Pilz nieht kannte und leider die unrichtigen An- gaben Mudd'’s den richtigeren Arnold’s vorzog, demgemäss auch die Gegenwart von Paraphysen nicht berücksichtigte, zog den Schmarotzer zur paraphysenlosen Gattung Tichothecium, in der er in seinem falschen Be- streben, möglichst zu vereinigen, statt streng zu scheiden, die heterogensten Species zusammengewürfelt hat. Er deutete jedoch wenigstens an, dass nach der Arnold’schen Beschreibung der Pilz möglicherweise zu Sorothelia Körber zu stellen sei. Meiner Meinung nach ist dies in der That die einzige richtige Stelle, wo der Pilz unterzubringen ist: die heerdenweise Vereinigung der Peri- theeien, ihre oberflächliche Stellung, die derbe fast kohlige Beschaffenheit der Peritheeienwand, die Gegenwart von Paraphysen, die 8-Zahl der Sporen im Schlauche, die Gestalt, Zweizelligkeit und Farbe der Sporen — das alles !) Mudd, W. A manual of British Lichens. Darlington 1861. 2) Lichenologische Ausflüge in Tirol. VII. Verhandl. der zoolog. bot. Gesellschaft. Wien 1872. p. 283. 3) Lichenologische Fragmente XVI in Flora 1874, p. 29. Taf. II, Fig. 8. 4) Bearbeitung der Pilze in Rabenh. Kryptogamenflora. Abth. II, p, 353. [21] Untersuch, üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 117 sind Merkmale, welche sämmtlich auch der Gattung Sorothelia zukommen, wie sie Körber') und Winter kurz charakterisirt haben. Es würde sich nur noch fragen, ob nicht etwa Sorothelia sguamarioides (Mudd), so werde ich nunmehr vorstehende Art nennen, mit Sorothelia con- /uens Körber, die auf Phlvcts argena schmarotzt, identisch ist, was nach der allerdings sehr dürftigen Körber’schen Beschreibung’) wohl möglich wäre, da alle von Körber und Winter angegebenen Merkmale auch auf Sorothelia squamarioides zu passen scheinen mit Ausnahme der geringeren 6 « betragenden Dicke der Sporen und der nach ‘ bei Winter nur 5 Körber und Winter geringeren Länge der Paraphysen. Ich kann aus Mangel an Vergleichsmaterial keine Entscheidung treffen; doch würde der Name Sorothelia sguamarioides jedenfalls bestehen bleiben, weil S. confluens von Körber vier Jahre später aufgestellt worden ist. III. Phareidia @yrophorae. Von Pilzen, welche Krankheiten der Gyrophoren hervorrufen, sind bisher nur eine sehr kleine Anzahl bekannt geworden, welche sämmt- lich den Pyrenomyceten zugehören. Und zwar fand auf dem Thallus von Gyrophora arctca Ach. aus Lappland Sommerfelt’) seine Dofhidea lichenum (Homostegia lichenum Fuckel Symb. myeol. p. 224), Körber‘) sein Tichothecium grossum, während Nylander seine Melanotheca apogyra auf den Apothecien von Gyrophora polyphydl/a (1) beobachtete.) Wahrscheinlich existiren aber noch verschiedene andere Gyrophoren- Schmarotzer. Dafür spricht ein neuer Pyrenomyceten-Fund Arnold’s an einer dritten Gyrophora-Art, nämlich G. cy/ndrica (L.). Das Material war in der Nähe der Albonseen (an der Knappenhütte) bei St. Christoph am Arlberg in Tirol gesammelt und mir von Herrn Dr. Arnold als Artho- Ppyrenia Gyrophor.ae n. sp. freundlichst mitgetheilt zu näherer Untersuchung. Dieselbe ergab Folgendes: 1) Parerga p. 471. 2) 1. ce. p. 472. 3) Flora lapponica p. 224. 4) Paverga lichenologica p. 469. °) Flora 1887 p. 132. Vgl. Hue, Addenda nova ad. lich. europ. p. 311. 118 WezopEt ei: [22] Was zunächst das äussere Auftreten des Parasiten anbetrifft, so siedelt sich derselbe immer nur auf den T'halluslappen, niemals auf den Apothecien an. Dem blossen Auge entgeht er vollständig, ja selbst bei Anwendung der Lupe kann man ihn leicht übersehen. Seine Früchtchen sind nämlich relativ sehr klein, unter der Lupe eben nur als feinste schwarze Pünktchen wahrnehmbar, die hier spärlich, dort zahlreich zwischen den als etwas grössere Fig. 17, 12fach. Fragment eines Thallus von Fig. 18, 60fach. Stückchen eines Thallus- Gyrophora eylindrica, von oben gesehen mit fragmentes aufgeweicht und von der Ober- 3 Apotheeien und zahlreichen Spermogonien, seite betrachtet etwas stärker vergrössert. die als grössere Punkte erscheinen. Die kleinen Die kleinen Früchtehen mit heller Mün- Pünktehen zwischen diesen stellen die Peri- dung stellen die Perithecien des Parasiten, thecien des Parasiten dar. die drei grossen die Spermogonien der Flechte selbst dar. Fig. 19, 60fach. Stück eines Vertikalschnitts durch ein von dem Parasiten besetztes Thallus- fragment. p Peritheeien des Schmarotzers, s Spermogonien der Flechte. Punkte auftretenden Spermogonien der Flechte verstreut erscheinen (Fig. 17). Dazu kommt, dass die infieirten T'hallustheile äusserlich kein irgendwie auf- fälliges Krankheitssymptom erkennen lassen. Betrachtet man aber einen befallenen 'T’halluslappen nach vorheriger Anfeuchtung bei etwa 50facher Vergrösserung von oben, so heben sich die kleinen dunkeln mit heller Mündung versehenen Perithecien des Pilzes [23] Untersneh. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 119 von den meist viel grösseren und nicht mit hellem Mündungsporus aus- gestatteten Spermogonien der Flechte leicht kenntlich ab (Fig. 18). Schärfer noch prägt sich der Gegensatz beider Fruchtformen auf schwach vergrösserten Vertikalschnitten durch den Thallus aus (Fig. 19): die relativ stattlichen Spermogonien sp sind ziemlieh tief in das Gewebe eingesenkt und treiben daher meistens sogar die untere Rinde etwas hervor, während die kurz birnförmigen kleinen Peritheeien p des Schmarotzers meist nicht über die Mittellinie des @Querschnitts hinabragen (Fig. 19). Die Grösse der Schlauchfrüchtehen schwankt etwa zwischen 0,1 und 0,16 mm in der Höhe und 0,08 — 0,13 mm in der Breite. Ihre Wandung besteht aus mehreren Zelllagen, deren äusserste mit humifieirten (mehr oder weniger dunkel gebräunten) Wandungen versehen sind. Die Mündung liegt etwa in gleichem Niveau mit der Oberfläche der oberen Rinde. Der Mündungskanal ist ausgekleidet mit Periphysen, die keine besondere Eigen- thümlichkeit zeigen. Fig. 20, 500fach. a—e Jüngere und halbreife Fig. 21, 900fach. Reife Schlauchsporen mit Schläuche mit 8 resp. 4 Sporen, f reifer Schlauch Fetttropfen. in Vorbereitung zur Ejaculation (Streekung) be- griffen; a äussere, i innere Lamelle der Wandung. Paraphysen fehlen vollständig. Die Schläuche sind breit keulenförmig bis breit spindelförmig, kaum gestielt und mit breitem gerundeten Scheitel versehen (Fig. 20. Da sie im Vergleich zu den relativ kleinen Perithecien relativ gross erschemen — ich fand sie 39 bis 50 « lang und 14—20 „ breit — so haben in einem Perithecium nur wenige Platz. Der Regel nach werden in den Schläuchen je 5 Sporen erzeugt, 120 W. Zopf, [24] doch kommt auch, allerdings in selteneren Fällen, die Zahl 4 vor (Fig. 20d). Die Sporen sind constant zweizellig, die obere Zelle erscheint stets breiter, als die untere (Fig. 21). Schon in der Jugend oder doch in halbreifem Zu- stande macht sich in den Sporen ein starker Fettgehalt bemerkbar, und zur Reifezeit ist jede Zelle mit einem stattlichen Fetttropfen ausgestattet (Fig. 21). An der nicht besonders dieken, auch keinerlei Sculptur aufweisenden Sporen- membran zeigt sich im Reifestadium eine gelbliche, schliesslich olivenbräun- liche Färbung, die nur bei sehr alten im Peritheeium zufällig zurück- gebliebenen und meist abgestorbenen Sporen stark nachdunkelt. In der Länge messen die Sporen 13—17,86 «, in der Breite 7,14—8,04 u. Was die systematische Stellung des Pilzes anlangt, so kann nach vorstehenden Beobachtungen kein Zweifel sein, dass es sich um eine Sphaeriacee handelt, und zwar um einen Vertreter der Gattung Phar.cidia im Sinne von Körber (Parerga 469) und Winter (l. e. p. 342). Die Gattung Arthopyrenia stellte Massalongo für typische Flechten auf, hier handelt es sich aber um emen Pilz. Von den bei Winter aufgeführten Arten, zu denen noch Pharcidia rivulorum (Kernstock) Zopf und Pharcidia glebarum (Arnold) Z. hinzukommen würden, unterscheidet sich Pharcidia Gyrophorarum (Arnold) schon durch 17,9:7,14—8), wie folgende Uebersicht lehrt. die Grösse der Sporen (13 Ph. epicymatia (Wall) 10—12:3 lichenwn (Arn) 12—15 : 3,5 —4 „ Arthonmae (Avn) 18—23:5 „ Punctillum (Arn) 14—18 :3,5—5 „ Psorae 27—30 :6—9 „ Zabacina (Arm) 10—12:3 „ constrictella (Müll) 18—22 : 8—9 „ Öadiae (Arm) 15—16 : 4—5 „ Ahlesiana 9—14:3—4 „ Schaerer! (Mass) 12—14:3—3,5 „ Jlageniae (Rehm) 12—15:4—5 „ dispersa (Lahm) 13—15:4—5 „ mecrospila (Körb) 15—17:4—5 |25] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 121 Ph. conspurcans (Fr) 105 „ FPorocyphr (Stein) De — parvipuncta (Stein) Da „ riwulorum (Kernst) 12,5—14,3 :5,4—6,3 glebarum (Arm) 12—15:3. Ich muss hiernach mit Arnold vorliegende Art für neu halten. Ueber die Mechanik der Sporenentleerung von Pharcıidien ist zur Zeit noch nichts bekannt. Eine specielle Untersuchung in dieser Richtung, die durch die frische Beschaffenheit des Arnold’schen Materials ermöglicht wurde, hat folgenden Aufschluss gegeben: Macht man nicht zu dünne Schnitte durch ein von dem Parasiten oceu- pirtes T’hallusläppchen und beobachtet nun einzelne nicht angeschnittene Perithecien unter dem Deckglas, so wird man etwa innerhalb einer halben Stunde aus der Mündung des einen oder andern Früchtehens eine Schlauch- spitze hervorkommen sehen, die sich allmählich verlängert und in der man in schräger Reihe die Sporen liegen sieht. Hat der Schlauch eine gewisse Länge erreicht, so fährt plötzlich eine Spore heraus und der Schlauch ver- kürzt sich gleichzeitig etwas. Sodann nimmt er etwa die ursprüngliche Länge wieder an und ejaculirt wiederum eine Spore und so fort, bis er entleert ist. Es findet also succedane Ejaeculation statt, wie wir sie durch Pringsheim’s Untersuchung für ZYeospora Scerpi‘) kennen. Das Verhalten des Schlauches bei diesem Vorgange ist folgendes: An der Schlauehwand, die sich übrigens mit Jodjodkalium weder bläut noch röthet, findet eine Differeneirung in zwei Lamellen statt. Bei der Reife des Schlauches und bei Feuchtigkeitszutritt dehnt sich die Innenlamelle (i in Fig. 21f) stark und die äussere (a in Fig. 21f) wird an der Spitze gesprengt. An herausgedrückten Schläuchen lässt sich das gar nicht selten direct beobachten. Die Streekung des Innenschlauches wird schliesslich so bedeutend, dass das Ende durch den Mündungskanal ins Freie gelangt, worauf dann die Ejaculation erfolgt. Nach Pringsheim ejaculiren die herausgedrückten Asci von Pleospora Scirpi schon beim Liegen im Wasser des Objectträgers. An dem !) Pringsheim’s Jahrb. I, p. 189. Nova Acta LXX. Nr. 2. 16 122 Ww. Zopf, [26] vorliegenden Pilz habe ich das niemals beobachten können, vielmehr wurden die Schläuche unter jenen Verhältnissen sehr bald abnorm; der scheitel- ständige Theil der Wandung quoll stark auf (Fig. 21f) und der mittlere wurde schliesslich gesprengt, sodass die Sporen seitlich herauskamen. Die Länge des aus dem Peritheeium herausgetretenen Schlauches beträgt kurz vor eintretender Ejaculation nach einigen von mir vor- genommenen Messungen 30—40 u. Nehmen wir die Höhe des Peritheciums auf durchschnittlich 130 « an, so würden die definitiv gestreckten Schläuche durehsehnittlich 165 « lang sein. Die mittlere Länge reifer Schläuche vor der Streekung berechnet sich nur auf etwa 45 «, mithin müssen sich die Schläuche um etwa das 4fache ihrer ursprünglichen Länge strecken, um ejaculationsbereit zu sein. An der Spitze der freiwillig aus dem Peritheeium herausgetretenen Schläuche kann man niemals eine Quellung der Wandung wahrnehmen, wie sie an künstlich herausgebrachten Schläuchen zu sehen ist, z. B. in Fig. 21. IV. Rhymbocarpus punctiformis. Von Herm Dr. F. Arnold im August 1895 auf kleinen Exemplaren von Ahtzocarpon geographicum (L.) aufgefunden, die auf Porphyrgeröll bei St. Ulrich in Gröden (Südtirol) gewachsen waren. Der Pilz tritt ausschliesslich auf den T'hallusschollen auf. Seine höchst winzigen und daher mit blossem Auge nicht wahrnehmbaren Früchtehen erscheinen bei Lupenbetrachtung als schwarze Punkte, die unregelmässig über die Oberfläche der Areolen zerstreut sind (Taf. I, Fig. 1). Sie können unter Umständen so reichlich und in so dichter Stellung vorkommen, dass die betreffenden 'T’'hallustheile ein rauchgraues bis schwärzliches Aussehen erhalten. So charakteristisch diese äussere Form des Auftretens an sich ist, so kann sie doch allein nicht zur Unterscheidung von gewissen anderen auf Riuzocarpon geographicum vorkommenden Schmarotzern dienen, denn bei der- selben Vergrösserung betrachtet bieten z. B. mit Tchotnecium Stiema Körber oder mit 7. macrosporum Hepp besetzte Areolen oft genau dasselbe Bild. Ein vergleichender Blick auf Fig. 1 u. 13 der Tafel II, sowie auf Fig. 1 u. 4 der [27] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 123 Tafel I wird dies sofort erkennen lassen. Auch das Auftreten von Aeno- sphaeria geographicola (Arnold) ist ein ganz ähnliches, wenn auch die Früchtehen dieses Schmarotzers meist etwas grösser und dichter gestellt erscheinen (Taf. I, Fig. 8). Der in der Uebersehrift genannte Pilz ist ein Diseomycet. Be- trachtet man die von ihm befallenen Ar2ocarpon-Areolen bei etwa 40facher Vergrösserung, so zeigen die Apothecien des Schmarotzers meist unregel- mässig-eckigen, hie und da aber auch annähernd kreisförmigen oder ellip- tischen Umriss (Taf. II, Fig. 2). Die bei dieser Vergrösserung schwarz er- scheinende Oberfläche ist höckerig und mit ein oder mehreren klaffenden Rissen versehen. Mitunter gehen diese vom Uentrum aus, was den Anschein erwecken kann, als habe man es mit Perithecien statt mit Apothecien zu thun. Eine Berandung der Apotheeien fehlt (Taf. II, Fig. 2, 3). Auf Vertikalschnitten dureh die Thallusschollen zeigen die Früchtehen etwa die Gestalt einer Pauke (Taf. II, Fig. 3). Sie sind vollständig in das Gewebe der Flechten eingesenkt, so dass ihre Oberfläche in gleichem Niveau mit der Oberfläche der Areolen liegt oder doch nur wenig über dieselbe hervorragt (Taf. II, Fig. 5). Wenn man Fragmentehen einer mit solchen Früchtchen besetzten Areole nach vorherigem Aufweichen in Wasser durch Drücken und Sehieben des Deckglases behandelt, so gelingt es hier und da, kleinere Früchtchen vollständig zu isoliren. An diesen sieht man dann die dünne farblose oder doch nur sehr schwach bräunlich gefärbte Wandung in Form eines Hyphen- gewebes entwickelt (Taf. II, Fig. 4). Die Hyphen und ihre Aeste- verlaufen longitudinal und sind im oberen Theile der Wandung aus ganz kurzen, etwa isodiametrischen, im mittleren und unteren aus etwas gestreckten Zellen gebildet, die zartwandig und fast oder ganz farblos erscheinen (Taf. II, Fig. 4). Der basale T'heil der Früchtchen lässt keine scharfe Grenze erkennen. Durch diese Umstände erinnert der Pilz an die Vertreter der tehm’schen Familie der Arthonieen. Auch bei diesen fällt der Mangel einer ausgeprägten Hüllen- oder Gehäusebildung auf, im Gegensatz zu vielen anderen Diseomyceten, wo die Apothecien ein mehr oder minder derbes und dickes, meist «efärbtes und nach aussen hin scharf ab- 16* 124 W. Zopf, [28] gegrenztes Hüllgewebe erhalten, mithin auf einer höheren Stufe der Aus- bildung stehen. Den basalen T'heil des Apotheeiums nimmt ein nicht besonders stark entwickeltes Hypotheeium ein (Taf. II, Fig. 5 sbh.), welches auf Vertikal- sehnitten farblos oder doch nur sehr schwach gebräunt erscheint. Von ihm erheben sich eylindrische bis schlank -keulige, kurz gestielte Schläuche, welche acht einzellige, zartwandige, farblose mit Fetttropfen ausgestattete Sporen von ellipsoidischer oder bohnenförmiger, selten spindeliger Form führen (Taf. II, Fig. 6 u. 7). Die Schlauchwand ist mässig verdickt und weist weder einen durch Jod sieh bläuenden, noch einen durch Jod roth werdenden Stoff auf. Zwischen den Schläuchen bemerkt man relativ kräftige, spärlich ver- zweigte und in gestreckte Glieder getheilte Paraphysen (Taf. II, Fig. 8). Soweit dieselben zwischen den Schläuchen verlaufen, sind sie farblos; die über die Sehlauchregion hinausragenden sich ebenfalls verzweigenden Enden aber werden durch einen Membranfarbstoff spangrün gefärbt (Taf. II, Fig. 9) und dureh eine gallertige Substanz mit einander zu einem dichten und dieken Epithecium verklebt, das bei schwacher Vergrösserung fast schwarz erscheint. Da diese Epitheeium - Elemente so fest aneinander hatten, dass sie selbst durch starken Druck nur schwer zu lösen sind, so würden die Schläuche ihre Sporen nicht ins Freie befördern können, wenn nicht gegen die Reifezeit der Früchtehen das Epitheeium unregelmässig zerrissen würde. Ferner lässt sich beobachten, dass die zwischen den Asken stehenden Paraphysentheile zur Reifezeit sich von ihren oberen, dem Epithecium an- gehörigen T'heilen abtrennen. Man sieht daher jene Paraphysentheile zur teifezeit frei dastehend und die Enden der Asci kaum überragend (Taf. II, Fig. 5). Es ist das eine sehr eigenthümliche Erscheinung, die meines Wissens noch bei keinem anderen Diseomyceten beobachtet wurde. Wie dieselbe zustande kommt, habe ich durch direkte Beobachtung nicht er- mitteln können. Vermuthlich wird die Trennung dadurch bewirkt, dass die zwei übereinander stehenden Zellen einer Hyphe sich gegen einander ab- runden, nachdem die Mittellamelle der betreffenden Querwand durch Ver- gallertung gelöst wurde. Die spangrüne Färbung der Paraphysenenden, welche das Epithecium [29] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d.Flechten. 125 bilden, sowie der eben genannten Hyphen wird durch einen Membranfarb- stoff bewirkt, der mit Salpetersäure violettroth wird, in eone. Schwefelsäure mit schmutzig-blaugrüner Farbe löslich ist und durch Kalilauge weder Lösung noch Verfärbung erfährt. An alten Apotheeien lässt sich eine andere eigenthümliche Erscheinung beobachten. Bei schwacher (etwa 60facher) Vergrösserung sieht man näm- lich von der Peripherie solcher Früchtehen sehr häufig mehr oder minder zahlreiche schwarze, vielfach gebogene Linien ausstrahlen, die sich meistens reichlich und unregelmässig verzweigen (Taf. II, Fig. 10), so dass sehr zier- liche Bilder zustande kommen. Diese Linien stellen dieke Hyphen dar, welche als Seitenäste von den Hyphen der spangrünen Theile der Frucht ausgesandt werden und sich den Areolen der Flechte dicht anschmiegen. Anfangs sind sie von derselben spangrünen Farbe, wie die Hyphen, von denen sie ihren Ursprung nahmen, später geht die Färbung mehr ins Olivengrüne und schliesslich in mehr oder minder dunkles Braun über. Während diese Fäden zunächst in ge- streekte Zellen gegliedert erscheinen, werden sie später durch intercalare Quertheilungen kurzzellig (Taf. II, Fig. 11). Schliesslich runden sich die Zellen dergestalt, dass die Fäden ein rosenkranzartiges oder 7orzwa-ähnliches Ansehen gewinnen (Taf. II, Fig. 11). Sie sind ziemlich kräftig verdickt und an der äusseren Membranschicht mit kleinen Unebenheiten versehen, die man allerdings nur bei starken Vergrösserungen wahrnimmt. Was die Stellung im System anlangt, so muss der Pilz wohl ohne Zweifel den „Arthonieen“ im Sinne Rehm’s!) angereiht werden, da die für diese Familie als Hauptcharaktere angegebenen Merkmale „Frucht- schicht eingesenkt, dann hervorbrechend, von keinem eigenen erkennbaren Gehäuse umgeben, rundlich oder verschiedentlich fleekartig geformt“ voll- ständig auf ihn passen. Auf der andern Seite weicht der Schmarotzer sowohl dureh die Form der Schläuche und Paraphysen als auch durch das farblose Hypothecium und das mächtige Epithecium von allen 6 Gattungen der genannten Familie !) Bearbeitung der Discomyceten in Rabenh. Kryptogamenfl. III, p. 414. 126 W. Zopf, [30] ab, von Conzda, Celidium, Lecideopsis, Arthonia, Arthothelium auch noch durch die Einzelligkeit der Schlauchsporen. %s dürfte somit die Aufstellung einer neuen Gattung nöthig sein, für die ich den Namen Ahymöbocarpus') vorschlage. Dieselbe würde folgender- maassen charakterisirt werden können: Apothecien vollständig in das Gewebe der Wirthspflanze eingesenkt, ohne eigentliches Gehäuse. Schläuche schmal keulig, Ssporig. Schlauch- sporen einzellig, farblos. Paraphysen spärlich verzweigt, ohne blasige End- zellen, die Enden zu einem blasigen Epithecium verklebt. Hypothecium farblos. Schlauehmembran durch Jod weder gebläut noch geröthet. Die Diagnose von Ah. punctiformis würde lauten: Apothecien paukenförmig, mit dunkel-spangrünem, bei schwacher Vergrösserung schwarz erscheinendem Epitheeium. 0,04—0,14 mm breit und bis 0,12 mm hoch. Schläuche etwa 50 —53 u lang, 9 u diek, mit nicht stark verdickter Wandung. Paraphysen relativ dick, an den @Querwänden nicht eingeschnürt. Sporen zu 8 in einer Reihe geordnet, verlängert ellip- soidisch oder bohnenförmig, seltener mehr spindelig, 10,7—12,5 « lang und 3,57 — 5,56 u breit, dünnwandig, mit Fetttropfen. Auf dem 'Thallus von Rhzocarpon geographicum. Was nun die Beziehungen des Pilzes zu dem Wirth anbetrifft, so zeigten Vertikalschnitte durch die von dem Pilze besetzten Areolen die Algengruppen, auch die unmittelbar an die Akymöocarpus-Früchtchen an- grenzenden, stets in lebhaft chlorophyligrüner Färbung. Ahymbocarpus punchformis scheint demnach auf die Alge der Flechte keinerlei schädigenden Einfluss auszuüben. Betrachtet man nun feinere Vertikalschnitte bei stärkerer Vergrösse- rung, so lässt sich konstatiren, dass die Hyphen des Hypotheciums sowie dievon den seitlichen Theilen der Frucht ausgehenden Hyphen die Algen vielfach dicht umspinnen (Taf. I, Fig. 5). Diese umsponnenen Algenzellen sehen rein ehlorophyligrün, also durchaus lebenskräftig aus. Dass es sich bei den umspinnenden Hyphen wirklich um die des Ahymöocarpus und nicht etwa um solche des Axzocarpon handelt, I) Der Name ist gebildet von ovußos Pauke und x«orxos Frucht. [31] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 127 geht daraus hervor, dass jene Hyphen mit Jodjodkalium nichts von Blaufärbung annehmen, während die dem Adzocarpon geo- graphicum angehörigen mit diesem Reagenz ausgesprochenen Bläuung erfahren. Bekanntlich herrscht jetzt allgemein die wohl auch ganz richtige Annahme, dass zwischen den die Algen umspinnenden Flechtenhyphen einer- seits und den Algenzellen andererseits ein Stoffaustausch stattfindet, jeden- falls von Seiten der Alge Kohlehydrate an die Hyphen des Flechtenkörpers abgegeben werden. Es liegt nahe zu vermuthen, dass auch zwischen den Hyphen des Rhymbocarpus und den Algenzellen des Arrzocarpon ein ähnliches Ver- hältniss besteht, jedenfalls erscheint nach dem eben Dargelegten eine rein parasitische d. h. schädigende Wirkung der Arymöocarpus-Hyphen auf die Alge ausgeschlossen. Ist jene Vermuthung richtig, so würde Ahrymbocarpus punctiformis noch keineswegs als Flechte anzusprechen sein, denn zum Begriff der Fleehte gehört die Vereinigung von Pilz und Alge zu einem morphologisch geschlossenen Ganzen. Die Hyphen des Ahymöocarpus verflechten sich eng mit den Hyphen des Auzocarpon. Daher findet möglicherweise auch ein Austausch von Stoffen zwischen diesen beiden Elementen statt. Haustorienbildungen seitens des »AAyrmbocarpus waren nicht nachzuweisen. Ganz ähnliche interessante Beziehungen zwischen den Hyphen des Flechten - Parasiten und den Flechten - Componenten finden auch anderwärts statt. Man vergleiche z. B. die weiter unten besprochene Conzda rubescens, die auf Drplotomma epibolum auftritt. V. Discothecium Stigma (Körber) Zopf. (Hierzu Taf. II, Fig. 12—18.) Von Körber auf den Thallusschollen der Psora lamprophora an Basalt der kleinen Schneegrube im Riesengebirge aufgefunden und in Parerga lich. p. 468 als Trchothecium Stigma Körber mit einer sehr dürftigen Dia- 128 W. Zopf, [32] gnose veröffentlicht. Winter,') der den Originalpilz in Körber's Lich. sel. nr. 360 untersuchte, fügte nur die Sporenmaasse hinzu. Lahm hat, nach Körber's Angabe, den Parasiten in Westphalen auf Azzocanpon geographıcum (L) beobachtet, und auch Winter führt diese Flechte als Wirthspflanze an. Ich selbst fand zahlreiche Thalli von Cazocarpus alpicolus (Whlbg) Körber, welehe Herr Dr. H. Glück auf dem Brockengipfel gesammelt hatte) reichlich mit dem äusserst winzigen, mit blossem Auge nicht wahr- nehmbaren Pilze besetzt und nahm daraus Veranlassung, ihn näher zu untersuchen. Seine Anwesenheit macht sich dadurch bemerklich, dass der sonst so schön gelbgrün gefärbte Thallus auf kleinere oder grössere Strecken hin etwa rauchgraue Färbung annimmt.. Betrachtet man solche Stellen mit einer stärkeren Lupe, so sieht man die Areolen des T'hallus mit zahlreichen wie durch Nadelstiche her- vorgerufenen schwarzen Punkten besetzt (Taf. II, Fig. 12 und 13), welche ebensoviele Früchtchen des Schmarotzers repräsentiren. Vertikalschnitte durch die befallenen T'hallusareolen lassen erkennen, dass diese Früchtchen Perithecien eines Pyrenomyceten darstellen. Die- selben weichen aber von gewöhnlichen Perithecienformen dadurch ab, dass sie nicht kugelige, ellipsoidische oder birnförmige Gestalt zeigen, sondern etwa wie ein Krug oder ein Töpfchen gestaltet sind, das von oben durch einen flachen oder doch nur schwach gewölbten Deckel geschlossen ist (Taf. II, Fig. 15), der in der Mitte die Mündung trägt. Diese breite, kreisrunde, deckelartige Scheitelregion repräsentirt sich noch besser, wenn man eine Perithecien tragende Areole bei schwacher mieroscopischer Vergrösserung (etwa 60facher) von oben betrachtet (Taf. II, Fig. 14). Man sieht dann auch den Mündungsporus deutlich, der auf Vertikal- schnitten natürlich nur ganz zufällig getroffen wird. a Charakteristisch ist ferner der Bau der Seitenwand eines solchen Früchtehens; derselbe lässt nämlich statt des pseudoparenchymatischen Ge- 1) Rabenh. Kryptogamenflora, Pilze II, p. 351. 2) Sie zeigten zweizellige Sporen, waren also nicht etwa das so ähnliche Rhrzo- carpon geographieum. [33] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 129 webes, wie es sonst solche Peritheeien zeigen, ein mehr ausgesprochenes Hyphen - Gefüge erkennen (Taf. II, Fig. 16). Dabei entspricht der Verlauf der parallel gelagerten Hyphen etwa der Längsachse des Früchtchens, d.h. er geht von der Basis nach dem Scheitel zu. Am Besten sieht man diese Verhältnisse an halbreifen Früchtehen. In der Wandung dieser Hyphen wird ein brauner Farbstoff abgelagert, der bei Zusatz von conc,. Salpeter- säure wie von Jodjodkalium keine Farbenänderung erkennen lässt. Die Scheitelregion des Früchtehens ist, da sie mit der Luft in unmittelbarer Berührung steht, dunkel gefärbt und dabei etwas derber, als die Seitenwand. Bei Lupenvergrösserung erscheinen die Früchtehen schwarz. Der Durchmesser des breiten Scheitels beträgt etwa 0,1—0,24 mm, die Höhe des Früchtehens bis 0,3 mm. Der basale Theil der inneren Fruchtwand, von dem die Schläuche entspringen, nimmt mit Jodjodkalium weinrothe Färbung an. Die achtsporigen Schläuche (Taf. IL, Fig. 17) sind keulig, nach der Basis hin stärker verjüngt, als nach der Spitze zu, etwa 62 —66 « lang, 16— 19 a breit und färben sich in dem Wandtheile mit Jod weder blau noch roth.") Während Paraphysen vollständig fehlen, sind Periphysen relativ kräftig entwickelt mit deutlicher Gliederung und spärlicher Verzweigung. Sie entsprechen genau den bei der folgenden Species erwähnten und in Taf. I, Fig. 7 abgebildeten. Die im Umriss spindelförmigen Sporen (Taf. II, Fig. 18) sind zwei- zellier, an der Scheidewand nur sehr schwach eingeschnürt, an den Enden gerundet oder verschmälert, aber nicht scharf zugespitzt, 14— 20 « lang (ja selbst bis 25 a in Ausnahmefällen), 5,5 —8 « diek, anfangs schmutzig olivengrünlich, später olivenbräunlich bis dunkler braun. Nur selten er- scheinen die beiden Zellen an Grösse und Form ein wenig ungleich. Im Inhalt bemerkt man kleine Oeltröpfehen, die im Alter zu grösseren zu- sammenfliessen. 1) Mit Jodjodkalium wird allerdings eine rothbraune Färbung des ganzen Nucleus hervorgerufen, allein dieselbe beruht augenscheinlich darauf, dass der Inhalt der jungen Schläuche starke Glycogenreaction zeigt. Die Schlauchwände färben sich bestimmt nicht roth, was sich an entleerten Asei ganz sicher feststellen lässt. Nova Acta LXX. Nr. 2. 17 130 W. Zopf, [34] Der Pilz kommt auch in den Alpen vor. Ich habe ihn auf Exem- plaren von Ahzzocarpon geographrcum') angetroffen, die auf Glimmerschiefer des Moosthales bei St. Anton am Arlberg in Tirol in einer Höhe von etwa 1600 m von mir gesammelt wurden. Es liessen sich zwischen dem Brocken- und dem Alpenpilz auch nicht die geringsten Differenzen auffinden, weder in der Art des äusseren Auftretens noch bezüglich des inneren Baues. Ersteres habe ich in dem Bildehen von Taf. II, Fig. 13 veranschaulicht. Aber auch in der Hügelregion fehlt der Parasit nicht. So wächst er auf Ahızocarpon geographrcum der Porphyrklippen bei Kröllwitz un- weit Halle. Irgend welche Differenzen gegenüber der Hochgebirgspflanze auf- zufinden war unmöglich. Was nun den Einfluss des Parasiten auf die genannten beiden Wirthspflanzen anbetrifft, so ist auf Vertikalschnitten durch die befallenen Thallusschüppehen von einer Schädigung der Algenzone keine Andeutung zu finden, obwohl die zahlreichen Peritheeien tief in deren Bereich hinein- ragen (Taf. II, Fig. 15). Die Algengruppen zeigen nämlich ganz dieselbe frische grüne Farbe, wie sie auf Vertikalschnitten durch nicht befallene Areolen entgegentritt. Auch an dem Markgewebe habe ich keinerlei auf- fällige Veränderungen wahrnehmen können: es zeigte die gewöhnliche weissliche Färbung gesunden Markes. Dagegen erleidet die an pilzfreien Areolen so intensiv gelbgrüne bis eitronengelbe Farbe, welche sowohl Cazo- carpus alpicolus als Ahızocarpon geographicum aufweisen, und welche im Wesentlichen auf Produktion von Ahzzocarpsäure beruht,’) hie und da eine Umwandlung ins Graugrünliche; aber auch diese Erscheinung, die wohl auf eine Zerstörung der eitronengelben Akzzocarpsäure hindeutet, findet sich keineswegs immer an den befallenen Areolen vor. Körber wie auch Winter glaubten den Pilz zur Gattung T77cro- Lhecium stellen zu dürfen. Allein die charakteristische Töpfehenform der !) Sie hatten mauerförmige Sporen, gehörten also nicht etwa zu (atocarpus. 2) Für Rhizocarpon geographicum wurde der Gehalt an Rhizocarpsdwre bereits in Heft V meiner Beiträge zur Morphol. u. Physiol. niederer Organismen (1895) p. 49 nach- gewiesen, für (atocarpus alpicolus habe ich ihn erst neuerdings festgestellt. [35] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 151 Peritheeien, der eigenthümliche Bau der Peritheeienwandung sowie die Acht- zahl der Sporen im Schlauche lassen eine Vereinigung mit jener Gattung, die kugelige oder eiförmige Peritheeien, vielsporige Schläuche und einen anderen Bau der Fruchtwand besitzt, nicht wohl zu. Ich schlage daher vor, die Species von Tichothecium abzutrennen und die neue Gattung „, „Peritheeien eingesenkt, krug- oder topfförmig, mit breitem flachen oder nur Discothectum“ aufzustellen mit folgenden Merkmalen: schwach gewölbten Scheitel. Seitenwand der Peritheeien aus parallelen Hyphen gebildet, deren Verlauf von der Basis nach dem Scheitel der Frucht geht. Paraphysen fehlend. Periphysen gut entwickelt. Schläuche Ssporig. Sporen braun, zweizellig.“ Die obige Species würde demnach als Discothecrum Stigma (Körber) Zopf zu bezeichnen sein. Zu ihrer Erkennung dienen noch folgende Merk- male: Früchtchen schwarz 0,1-—-0,24 mm breit und bis 0,3 mm hoch. Ba- saler Theil der Fruchtwand an der Stelle, wo die Schläuche entspringen, durch Jodjodkalium weinroth. Schläuche keulig, nach der Spitze zu schwach, nach der Basis hin stärker verjüngt, etwa 62—66 u lang 16—19 u breit. Schlauchwand durch Jod weder blau noch roth gefärbt. Sporen spindelig, aus meist gleichen, selten ein wenig ungleichen Zellen gebildet, an der Querwand nur sehr schwach eingeschnürt, 14—20 u lang, 5,5—8 u breit (in selteneren Fällen bis 25 « lang), anfangs olivengrünlich, später oliven- bis dunkelbraun, mit Fetttropfen versehen. Einen Pilz, den er für Tichothecium Stioma Körb. hält, fand Lindsa y auf einem aus der Schweiz (St. Moritz) stammenden, in Hepp’s Exs. Nr. 153 herausgegebenen Exemplare von Rhızocarpon geographicum var. alro-virens Sch. Die in der dürftigen Beschreibung‘) angeführten Merkmale würden allerdings zu jener Species stimmen, wenn L. nieht durch gesperrten Druck hervorgehoben hätte, dass die Schläuche mit Jodlösun & blaue oder violette Färbung annähmen. Bei dem von mir untersuchten ächten T. Strgma Körb. trifft dies, wie bereits erwähnt, bestimmt nicht zu. Ich werde daher den Lindsay’schen Pilz als Discotheerum Shgma var. coeru- Zescens abtrennen. !) Observations on Lichenieolous Miero-Parasites. Quart. Journ. of Microse. Seience Vol-X1 1871, p. 41: 132 W. Zopf, [36] VI. Discotheecium macrosporum (Hepp) Zopf. (Hierzu Taf. I, Fig. 1—5.) Dieser Parasit, zuerst von F. Arnold als Trehotheciun macrosporum (Hepp in lit.) beschrieben,') den Sporen nach abgebildet’) und in seinen Exsiceaten‘) herausgegeben, bewohnt sowohl Ahzzocarpon geographicum (L) als auch Calocarpus alpreolus (Wahlbg) und zeigt schon hierin Ueberein- stimmung mit Discothecium Stigma. Von genanntem Lichenologen erhaltene Exemplare auf Ahzzocarpon geographicum von Porphyr bei Plan im Grödener Thale in Südtirol gaben mir erwünschte Gelegenheit, die Species genau zu prüfen und sie mit Discothecium Stigma sorgfältig zu vergleichen. Hierbei hat sich sowohl in Rücksicht auf die habituellen Charaktere, als auch in Bezug auf Bau der Fruchtwand, Beschaffenheit der Schläuche und Sporen vollkommenste Uebereinstimmung beider Species herausgestellt. Nur eine einzige Differenz und zwar chemischer Natur, habe ich aufzufinden vermocht, nämlich die schon von Arnold beobachtete aber von Winter mit Stillschweigen übergangene weinrothe Färbung der Schlauch- wandung mit Jodlösung, ein Merkmal, was man, wie ich schon anführte, bei Discothecium Stiema stets vermisst. Da solche chemischen Charaktere Constanz zu zeigen pflegen, so ist ınithin, trotz der sonstigen Uebereinstimmung, eine Identifieirung der beiden in Rede stehenden Pilze nicht statthaft. Man wird vielmehr den in der Ueberschrift genannten Schmarotzer entweder wie bisher als besondere Species und zwar als Discothecium macrosporum (Hepp) Zopf aufführen müssen oder doch wenigstens als besondere var. macrosporum zu Discothecium Stgma zu stellen haben. Eingehende Untersuchungen an einem auf Zecidea incongrua Nylander schmarotzenden Pilze, von welchem ich dureh Herrn Dr. F. Arnold frisches, gut entwickeltes Material vom Arlberg (Gmneisswände des Wirth oberhalb i) Verhandl. der zool. bot. Gesellsch. Wien 1875, p. 471. — Flora 1874: Licheno- logische Fragmente XVI. 2) Daselbst Taf. II, Fig. 4. 3) Lichenes exsiccati Nr. 778. [37] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 135 der Albonseen bei St. Christoph) erhielt, haben ferner ergeben, dass auch (dieser Sechmarotzer in allen Einzelheiten seines Baues vollkommenste Ueber- einstimmung aufweist mit ZDiscothecium Stioma, wicht minder aber mit D. macrosporwn: Mit letzterem stimmt er auch noch darin überein, dass die Schlauchwände einen mit Jodlösung sich roth färbenden Stoff enthalten. Ich kann daher nicht umhin, den Zecidea incongrua bewohnenden Pilz mit Discothecium macrosporum (Hepp) Zopf für identisch zu erklären. In Taf.I, Fig. 1—3 wurde das äussere Auftreten der Perithecien auf den Thallusschüppehen der Flechten, die Form derselben auf dem Vertikalschnitt, sowie Schlauch- und Sporenform zum Zweck des Vergleichs mit Discothecrtum Stiema und macrosporum abgebildet. VH. Tichothecium pygmaeum Körber. (Hierzu Taf. I, Fig. 4—7.) Ausser dem oben besprochenen Discothecrum Stioma waren die vom Brocken stammenden Thalli des Cafocarpus alpreolus noch von einem zweiten Parasiten oceupirt, nämlich dem Trechothechun pygmaeum (Körber). An einzelnen Stellen konnte man beide dieht neben einander wachsend oder gar auf denselben Thallus-Areolen vorkommend antreffen (Taf. I, Fig. 4 bei a). Die Thallusregionen, wo das Discothecium sich vorfindet, sind mit blossem Auge nicht von den Tüchothecium-tragenden zu unterscheiden. Beide erscheinen wie sehr fein punktirt und von graugrüner Farbe. Bei stärkerer (etwa 12facher) Lupenvergrösserung indessen macht sich sofort ein erheblicher Unterschied bemerkbar, der darin besteht, dass die Früchtehen des Tichotheciwn fast ohne Ausnahme am Rande, beziehungsweise auf der Grenze der Areolen oder in Spalten derselben stehen (Taf. I, Fig. 4), während die des Discofhecrums über die Areolenfläche zerstreut sind (Taf. II, Fig. 12). Die Zichothecium-Perithecien übertreffen ferner im Allgemeinen die Discothecium-Früchtehen an Grösse etwas und sind in nur geringer Zahl (etwa zu 1—4) an jeder Areole zu finden (Taf. I, Fig. 4. Wo beide Parasiten durcheinander wachsen, ist es mit der Lupe nicht möglich, kleinere Peritheeien des Tichothectum von grösseren des Discothecium zu unterscheiden, man muss hier schon zum Mieroseop greifen, wenn man entscheiden will, was zu dem einen und was zu dem anderen Schmarotzer gehört. 134 W. Zopt, [38] Dass diese Früchtehen dem ächten 7. Aygmaeum (Körber) Winter p. 349 angehören geht daraus hervor, dass die Beschaffenheit der Schläuche und Sporen (Taf. I, Fig. 5) im Wesentlichen mit der Diagnose Winter’s übereinstimmt, nur waren die völlig reifen Schläuche etwas grösser, 58 bis 60 « und 23 a breit und die Sporen 6,7—8 « lang und 3,6 — 4,5 « breit, während W. 47—52 u lange, 12—14 « breite Schläuche und 6—8 u lange. 3—3,5 u dieke Sporen angiebt. Das sind aber geringe Differenzen. Viel- leicht handelt es sich um die var. B. grandiuscula Arnold, die etwas grössere Perithecien aufweist, wofür auch meine Messungen der Früchte (0,22 bis 0,28 mm Durelmesser) sprechen würden. Winter giebt als eines der Charakteristika der Tichothecien an, dass Paraphysen vorhanden seien, allerdings undeutliche, zu einer Schleimmasse zerflossene. Allein ich habe weder bei vorliegender Art noch bei anderen ächten vielsporigen Tichothecien jemals irgend welche Para- physenbildung wahrnehmen können und muss daher die Winter'sche An- nahme als auf Täuschung beruhend bezeichnen. Die entleerten Schlauch- membranen bestehen aus einem Kohlehydrat, welches mit Jodjodkalium Rothfärbung giebt. Ich finde auch nirgends angegeben, dass die innere Fruchtwand der oberen "Theile wohlentwickelte, relativ kräftige Peri- physen aufweist. Sie sind nur spärlich verzweigt (Taf. I, Fig. 7). VIII. Scutula episema (Nylander). Nylander') hat diesen Parasiten auf Aspzexlia calcarea (L) aufgefunden und als Zecidea episema Nyl. beschrieben. Seine Diagnose’) ist indessen recht dürftig ausgefallen, dabei auch nicht einmal zutreffend, sodass ich mir einige Ergänzungen und Correcturen erlauben muss. Ich untersuchte von Richard und Ripart in Frankreich, von Galton in England gesammelte Exemplare, die nach dem Urtheile des Herrn Dr. Arnold, der sie mir freundlichst geliehen hat, die zweifellos 1!) Flora 1568 p. 185. $ 2) Sie lautet: „Sporen farblos, gewöhnlich einzellig, bisweilen 2—4zellig, 1O—1S u lang, 4—5 w diek. Hymenialschicht durch Jod blau, dann roth werdend. Paraphysen mittel- gross, an der Spitze verdickt, schwarz. [39] Untersueh. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 135 ächte Z. episema Nyl. darstellen, wie sie in Arnold’s Exsice. Nr. 1194 ausgegeben worden ist. Das äussere Auftreten des Pilzes ist insofern ein ganz charak- teristisches, als seine Apothecien der Regel nach in Gruppen auftreten und zwar meist zu 2—6 auf jeder Aspzeilia-Areole (Fig. 22). Fig. 22. Stück eines Thallus von Aspierlia Fig. 23. a Schlauch mit S Sporen; p p Para- calcarea. Die Areolen sind mit einer ganzen physen, rechts nach Behandlung mit Jodjod- Anzahl von Apotheeien der Scutula episema kalium, 750 fach. sp Einzelne Sporen, (Nyl) besetzt; bei a die Apothecien der 1140 fach. Aspieilia selbst, 10 fach. Diejenigen Thallusstellen, welche diese Gruppenbildung besonders häufig aufweisen, machen sich schon dem blossen Auge als etwa rauch- graue Flecken bemerkbar. Da die Apotheeien der Thallusfläche aufsitzen, so können sie nicht mit den bekanntlich eingesenkten Apotheeien der Aspreitia selbst (Fig. 22 a) verwechselt werden. Der ziemlich kräftig entwiekelte Rand der Apothecien zeigt dunkel- graue Färbung, während die flache oder schwach convexe Hymenialfläche tiefschwarz erscheint. Den Durchmesser der Früchtehen des französischen Pilzes bestimmte ieh zu 0,24—0,5 mm, die englischen Exemplare waren etwas kleiner. Auf dünnen Vertikalsehnitten erscheint das kräftig entwickelte Hypo- theeium rothbraun. Die Schläuche (Fig. 23 a) sind keulig, kurz gestielt und mit 8 Sporen versehen. Ihre Wandung nimmt mit Jodjodkalium aus- 136 W. Zopf, [40] gesprochene Blaufärbung an. Zwischen den Schläuchen stehen kräftig ent- wickelte Paraphysen (Fig. 23 p), die sich spärlich verzweigen, deutliche Gliederung in gestreckte Zellen zeigen und mit kopfigen Enden ver- sehen sind. Letztere scheiden einen dunkel-spangrünen Farbstoff ab, der sich in cone. Schwefelsäure zuerst mit violetter, dann schön blauer Farbe löst und schliesslich wieder ins Spangrüne übergeht.') Von cone. Salpetersäure wird der Farbstoff ebenfalls mit violetter Farbe gelöst, die indessen bald verschwindet. Der in dem rothbraunen Hypotheeium enthaltene Körper löst sich in cone. Schwefelsäure mit rothbrauner Farbe, geht aber mit conc. Salpeter- säure oder Salzsäure weder Lösung noch Farbenänderung ein. Die Sporen, welche im oberen Theile des Ascus in 2—3 Reihen gelagert erscheinen, zeigen verlängert -ellipsoidische bis stumpf-spindelige, seltener eiförmige Gestalt, sind gerade oder schwach gekrümmt, stets nur durch eine einzige @Querwand getheilt (Fig. 23 sp), farblos und messen 6,6—10,5 « in der Länge, 3,9—4,6 u in der Breite. Mitunter ist der krumig gewordene Inhalt der einen oder anderen älteren Spore allerdings so gruppirt. dass er bei flüchtiger Beobachtung eine zweite oder selbst dritte Querwand vortäuschen könnte, wie sie Nylander gesehen zu haben glaubt, allein sobald man durch Natronlauge den Inhalt homogen macht, verschwinden diese vermeintlichen Septa und es bleibt nur die eine mediane Querwand. Der Beschaffenheit der Sporen, Schläuche und Paraphysen, dem dieken gefärbten Hypotheeium und dem gleichfalls gefärbten Epithecium sowie der sonstigen Beschaffenheit der Frucht nach muss die vorliegende Speeies ohne Zweifel zur Gattung Scufua im Sinne von Rehm’s Be- arbeitung der Discomyceten p. 321 gestellt werden. Sie mit Mycobalimbia subfuscae (Arnold) zu. identificiren, wie es Zwackh,’) übrigens unter Zu- !) Um diese Reaction zu beobachten, thut man am Besten, nicht zu dünne Schnitte zwischen Objeetträger und Deekglas in wenig Wasser zu bringen und vom Rande her ein Tröpfehen der cone. Säure zufliessen zu lassen. 2) Liehenen Heidelbergs, 1883, p. 62. [41] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 157 stimmung Nylander’s selbst, gethan hat, würde schon die Mehrzelligkeit der Sporen dieser letzteren Art verbieten. IX. Phaeospora supersparsa Arnold. Von F. Arnold auf dem Thallus der Zecrdea platycarpa Ach. von den Uampiler und Seisser Schichten oberhalb des Rollepasses bei Paneveggio in Südtirol aufgefunden und mir zur näheren Untersuchung mitgetheilt. Die Areolen des Wirthsthallus waren theils auf der Fläche, theils am Rande mit zahlreichen Früchtehen des Parasiten besetzt, die dureh ihre geringe Grösse von dem Apothecien der Zeczidea leicht unterschieden werden konnten (Fig. 24). Fig. 24. Fragment eines Thallus von Lecidea Fig. 25, 60fach. Fragment eines platycarpa. Die Thallusareolen sind fast siämmt- Vertikalschnittes durch eine Thal- lich mit zahlreichen Perithecien des Parasiten lusscholle der Leeidea platycarpa besetzt. Die grossen Apotheeien gehören der mit einem median getroffenen Peri- Flechte selbst an, 12fach. theeium des Parasiten. Dem blossen Auge erscheinen sie als feinste schwarze Pünktchen, die einzeln kaum noch deutlich wahrzunehmen sind, aber sich bei dichter Stellung leicht bemerkbar machen, indem sie den betreffenden Stellen des Wirthsthallus eine rauchgraue Farbe verleihen. Auf dünnen, wegen des reichen Gehaltes an Kalkoxalat schwierig herzustellenden Vertikalschnitten durch die befallenen Wirthsareolen sieht man, dass (die Perithecien dem Thallus zunächst völlig eingesenkt sind und selbst im ausgereiften Zustande mit ihrem stumpfen Scheitel nur wenig über die Oberfläche desselben hervorragen (Fig. 25). Nova Acta LXX. Nr. 2. 15 138 W. Zopf, [42] Da auf sehr dünnen median geführten Schnitten durch diese Früchtehen ein enger Mündungskanal wahrgenommen wird (die Mündungsstelle sieht man auch, wenn man den Scheitel der Früchtehen bei schwacher Ver- grösserung von oben her betrachtet) so ist die Sphaeriaceen-Natur des Pilzes zweifellos. Auf median geführten Vertikalschnitten erscheinen die Früchtehen breit-elliptisch bis eiförmig (Fig. 25). Ihre Dicke schwankt zwischen etwa 0.06 —0,20 mm, während die Höhe noch ein klein wenig mehr betragen kann. Die Wandung der Perithecien erscheint dunkelbraun, bei schwacher Vergrösserung schwarz, und ist auf der Innenseite mit Periphysen aus- Fig. 26, 540fach. Zwei 4sporige und zwei Fig. 27, 540fach. Zwei- bis siebenzellige 5sporige Schläuche des Parasiten. reife Schlauchsporen in ihren sehr wechselnden Formen. gekleidet, die in der Mündungsregion schmäler und kürzer erscheinen, als an den übrigen Stellen. Paraphysenbildungen dagegen werden gänzlich vermisst. Die Schläuche (Fig. 26) treten stets in eylindrischer oder in der Mitte nur sehr schwach bauchiger Form auf, sind in nur kurzen Stiel ver- schmälert und messen etwa 84—89 u in der Länge, 10 —14,5 u in der Breite. Ihre Membran ist am Scheitel mit Porus versehen und färbt sich mit Jodjodkalium weder blau noch roth. Bezüglich der Sporenzahl kommen nicht selten Schwankungen vor. Vorherrschend ist die Vierzahl, doch findet man hin und wieder 6-, häufig dsporige Schläuche (Fig. 26). [43] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 139 Als Verkettungsmittel der Sporen dient bei der Sporenbildung un- verbraucht gebliebenes Plasma (Epiplasma), welches mit Jodjodkalium in- tensive Rothbraunfärbung (Glycogenreaction) giebt. Die im reifen Zustande mit derber und ziemlich dunkel gebräunter Membran versehenen Sporen weisen stets Septenbildung auf, doch schwankt die Zellenzahl relativ beträchtlich, nämlich zwischen 2 und 8, meist herrscht die Vierzahl vor (Fig. 27). Vielfachen Schwankungen unterliegt ferner die Form der Sporen, und man findet wohl kaum einen Schlauch, in welchem alle Sporen genau gleiche Gestalt aufwiesen. Vorherrschend ist die Ellipsoidform, die bald kürzer, bald länger erscheint. Daneben trifft man birnförmige oder eiförmige, spindelige, mitunter auch keulige Formen an (Fig. 27). Hin und wieder treten selbst gekrümmte Sporen auf. In Schläuchen, die mehr als 4 Sporen enthalten, pflegen letztere sämmtlieh oder doch z. Th. kleiner zu sein, als in den 4sporigen und weniger zellig (2—3zellig). Im Inhalt der Zellen wird fast stets Fett in Tropfen gebildet, welche durch die derbe und dunkle Sporenhaut meist undeutlich zu sehen sind. Die Länge der Sporen schwankt zwischen etwa 16 und 21 a, die Breite beträgt etwa 7—12,5 a; doch habe ich auch bis 39 « lange Sporen beobachtet. Die Mycelfäden durchsetzen das Mark der Flechte in sehr un- regelmässig gekrümmtem Verlauf und bestehen aus sehr weitlumigen, z. Th. stark bauchigen und gebräunten Zellen, wodurch sie in Gegensatz zu den farbiosen Hyphen des Wirthes treten. Die näheren Beziehungen derselben zu den Algen und Flechtenhyphen zu studiren war mir aus Mangel an frischem Material nicht möglich. Müllerella thallophila Arnold. Von Arnold auf Aspicilia caesio-cinerea Nyl. in den Alpen auf- gefunden und als Müllerella thallophıla kurz beschrieben.') Meine Untersuchungen sind an Arnold’schen Originalexemplaren !) In Flora 1888 p. 14. 18* 140 W. Zopf, [44] von Porphyr oberhalb des linken Bocche -Sees bei Paneveggio in Südtirol gemacht und haben Folgendes ergeben. Der Pilz erzeugt äusserst winzige, für das blosse Auge nicht er- kennbare Peritheeien. Bei schwacher Vergrösserung gewahrt man, dass sie auf den kleinen 'Thallusschollen einzeln, auf grösseren bis zu 5 auftreten, meist in Abständen, bisweilen auch zu 2—3 beisammen (Fig. 28). x Fig. 28. Fragment eines Thallus der Aspielia caesio-cinerea. Die grossen Apotheeien gehören der Flechte an; die auf den meisten Thallusareolen vorhandenen kreisrunden schwarzen Körper stellen die Peritheeien der Parasiten dar (12fach). Auf Vertikalschnitten sieht man sie in das Thallusgewebe völlig eingesenkt und nur mit dem breiten tiefschwarzen Scheitel, der von dem Mündungskanale durchsetzt ist, sehr wenig über die T'hallusoberfläche her- vorragen (Fig. 30). Sie sind breit eiförmig und messen in der Breite 0,08—0,22, in der Höhe bis 0,35 mm. Von den meist viel grösseren Apo- thecien der Flechte unterscheiden sie sich schon unter der Lupe durch den kreisrunden Umriss ihres Scheitels, der in der Mitte die Mündung als schwarzen Punkt erkennen lässt (Fig. 28 und 29). Von der Basis der Perithecienwand entspringen keulenförmige [45] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 141 Schläuche (Fig. 31). Weit überragt werden dieselben von schlanken, in langgestreckte, etwa eylindrische Zellen gegliederten und meist mit keuliger Endzelle abschliessenden Paraphysen. Letztere sind verzweigt, durch häufige Anastomosen mit einander verbunden (Fig. 31) und ausserdem durch Fig. 29. Kleine Aspicilia-Areole von oben be- Fig. 30. Vertikalschnitt durch eine von 2 trachtet mit 2 die Mündung deutlich zeigenden Perithecien besetzte Aspieilia-Areole. Das Peritheeien des Pilzes, 60 fach. eine Peritheeium ist median getroffen, 60fach. eine Gallertmasse verklebt, welche durch Verschleimung der äusseren Membranlamelle der Hyphen entsteht. Bei Anwendung von Methylenblau, das den Inhalt kräftig färbt, treten Gliederung, Verzweigung und Anastomosenbildung sehr deut- lich hervor. Die Schläuche sind stets vielsporig. Doch wechselt die Anzahl der Sporen sehr. Ich habe durch genaue Zählung 24, 28, 29, 30, 32, 44 ermittelt. Die Zählung gelingt leicht, wenn man isolirte intacte Schläuche durch Deck- glasdruck sprengt. So lange die Sporen im Schlauche dieht beisammenliegen, kann man die Zahl zwar annähernd schätzen, aber niemals sicher feststellen. Arnold giebt 20 —24 an, Regel sind aber jedenfalls die oben angeführten höheren Zahlen, wie ich mich durch Untersuchung einer ganzen heihe von Perithecien überzeugte. IR . Fig. 31. Zwei reife Schläuche U ® .. . . . = I Sehr eigenthümlich ist das chemische zechts Paraphysen mit Anasto- Verhalten der Schlauehwand, insofern (dieselbe ran DEINES, durch Jodjodkalium im scheitelständigen Theile, etwa im oberen Drittel, ausgesprochen blau, im übrigen Theile dagegen weinroth gefärbt wird. 142 W. Zopf, [46] Blaufärbung der Schläuche durch Jod kommt ja häufig vor, ebenso Roth- färbung. Das gleichzeitige Auftreten beider am selbigen Schlauche ist jedenfalls eine seltene Erscheinung. Durch Methylenblau wird die Schlauchwand nieht gefärbt. In Bezug auf Form sind die Sporen ziemlich auffällig variabel; bald erscheinen sie gestreckt ellipsoidisch, bald sehr kurz und breitellipsoidisch, bald mehr eiförmig oder birnförmig, . re De Mono en 1 D,, . bald wieder mehr spindelig. Einige dieser Formen habe ich in pie. 32, 340- Fie. 32 gezeichnet. Demgemäss finden auch Variationen in der fach. Verschie- . er B e ß dene Formen geringen Grösse der Sporen statt, die sich bewegen zwischen der Schlanch- 7 und 12,5 « bezüglich der Länge und zwischen 4,2 und 5,3 « Spasen: bezüglich der Breite. Die Membran färbt sich mit der Reife braun, im Inhalt wird Fett in Form von Tropfen gespeichert. Was nun die systematische Stellung des Pilzes anbetrifft, so hat Winter‘) die Gattung Müllerella zu den Sphaerelloideen gestellt. Das ist ganz unzulässig, weil diese Familie lauter Repräsentanten ohne Paraphysen besitzt. Zwar hat Winter auch die Gattung Stgmatea, die Paraphysenbildungen sehr ausgeprägter Art erkennen lässt, zu dieser Familie gebracht, aber er sagt selbst, dass sie hierher nicht passe und nur deswegen hier untergebracht sei, weil er sie anderwärts nicht einzustellen vermöchte. Meiner Meinung nach kann das Genus Nüllerella nur bei den Melano- meen oder bei den Amphisphaerieen im Sinne Winter’s unter- gebracht werden. Ich möchte mich für das Erstere entscheiden, da die Amphisphaerieen im Sinne Winter's keine Repräsentanten mit ein- zelligen Sporen aufweisen, während dies bei den Melanomeen und speciell der Gattung Kosellnia der Fall ist, von der AZüllerella eigentlich nur durch die Vielsporigkeit der Schläuche wesentlich abweicht. 1) Rabenhorst's Kryptogamenfl. Pilze II. Abth, p. 354. [47] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 143 X. Conida punctella. Auf dem Thallus_ von irischen Exemplaren des Diplotomma epipolium (Ach.) hat Nylander seinerzeit einen Discomyceten angetroffen, den er in einer kurzen Diagnose als Arthonia punctella beschrieb.') Später zeigte Arnold, dass dieser Parasit auch auf dem euro- päischen Festlande vorkommt. Er fand ihn zunächst wiederum auf D. epr- polium, theils in Oberfranken (an Kalkfelsen des Görauer Angers östlich von Weissmain), theils bei Paneveggio in Südtirol (an den Campiler und Seisser Schichten oberhalb des Rollepasses), theils am Arlberg (an Kalk- hornstein des Kaiserjoches bei Pettneu), neuerdings auch auf Drplotomma porphyricum Arn. (an Porphyr bei St. Ulrich im Grödener "Thale in Südtirol). Durch Arnold’s Gefälligkeit bin ich in die Lage gekommen, den Pilz von allen diesen Lokalitäten näher zu untersuchen. Hierbei hat sich herausgestellt, dass — wie schon Arnold in einem Briefe an mich ver- muthete — unter Arthonia (Conida) punctella mindestens zwei verschiedene Species versteckt sind. 1. Conida punctella (Nyl.). Der Thallus der Flechte von Kalkfelsen des Görauer Angers östlich von Weissmain in Oberfranken war so reiehlich mit den Apotheeien des Parasiten besetzt, dass er wie rauchgeschwärzt erschien. Gegen die Apo- theeien der Fleehte selbst treten die Früchtehen des Pilzes an Grösse so bedeutend zurück, dass eine Verwechselung beider nieht wohl möglich ist, ganz abgesehen von der weisslichen Berandung der Diplotomma - Früchte (Fig. 33). Für das blosse Auge sind die einzelnen Pilzfrüchtchen nieht oder kaum unterscheidbar, da sie in der Breite nur 0,08 —0,36 mm messen. Auf den grössten Thallusschollen trifft man sie bis zu 15 an, auf den kleinsten nur zu 1—2 (Fig. 33). Sie stehen fast immer auf der Fläche, seltener am Rande der Areolen (Fig. 33). Ihre Farbe ist stets eine tief !) In Carroll, Contribut. to Irish Lichens (1859) p. 10. Die Diagnose ist von Almquist in dessen Monographia Arthoniarum p. 48 aufgenommen worden. 144 W. Zopf, [48] schwarze, die Gestalt meistens eine unregelmässig eckige (Fig. 34), nur hie und da trifft man einmal mehr gerundete Formen an. An dünnen Vertikalschnitten durch die befallenen Diplotomma - Are- olen kann man sich leicht überzeugen, dass die Apotheeien des Schmarotzers Fig. 33, 12fach. Stück eines Thallus von Fig. 34, 60fach. Eine einzelne Thallus- Diplotomma epipolium (Ach). Fast sämmt- schuppe von oben gesehen, mit jüngeren liche Thallusschollen sind von ein bis meh- und älteren Apothecien der (onida pune- reren Apothecien der (onida punctella tella in sehr unregelmässiger Form. besetzt. Die grösseren Früchte gehören dem Diplotomma selbst an. dem Thallus völlig eingesenkt auftreten, nicht bloss in den jüngsten Stadien der Entwieklung, sondern auch in völlig reifem Zustande (Fig. 35). Man sieht nämlich an solchen Schnitten die äusserste Rindenlage der Flechte auch über völlig entwickelte Hymenien als schmale, farblose, con- Fig. 35, 100fach. Vertikalschnitt durch eine Thallusscholle der Flechte und zugleich durch ein Apothecium des Pilzes; s der von der oberflächlichsten Rindenschicht gebildete, das Apothecium dieht überkleidende „Schleier“, e Epitheeium, h Hypotheeium, a Algengruppen. [49] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 145 tinuirliche Schicht hinweggehen (Fig. 35). Bisher ist diese Erscheinung von keinem der anderen Beobachter gesehen worden, wahrscheinlich weil man statt Schnitte zu machen, die hier allerdings wegen der starken Kalk- oxalat- Einlagerung schwierig herzustellen sind, die rohe Präparation durch Zerdrücken vorzog. Dieser die Apotheeien bedeckende „Rindenschleier“ zeigt gallertige Beschaffenheit seiner Elemente. Mit Jodjodkalium nimmt er schön biaue Färbung an, was sonst die peripherischen Rindentheile des ZDrplotomma nicht thun; es muss also wohl unter Einwirkung des Parasiten und speciell der Apothecien an dem Schleier eine chemische Umwandlung stattgefunden haben. Man darf sich die Sache vielleicht so vorstellen, dass die Enden der Schlauchschicht einen Stoff ausscheiden, der eine partielle oder totale Umwandlung der Rindenzellmembranen in einen mit Jodjodkalium sich bläuenden Körper bewirkt. Mit der üblichen Safraninlösung behandelt nimmt jenes Velum ebenso wie seine Fortsetzung über der Flechtenareole schön rothe Färbung an, mit wässrigem Methylenblau wird es violett. Im Alter zerreisst es hie und da. Die schwächer oder stärker gewölbte Schlauchschicht ruht auf einem meist kräftig entwickelten, jener etwa an Höhe gleichkommenden, mitunter recht ungleich dicken Hypotheeium (Fig. 35 h), dessen Färbung tiefbraun, bei schwacher Vergrösserung fast schwarz erscheint. Nach der von Arnold herrührenden Diagnose bei Rehm (p. 425) soll das Hypothecium farblos sein. Da meine Beobachtungen an demselben Material gemacht sind, das Arnold für seine Diagnose diente, ich aber sämmtliche von mir untersuchte Apothecien dieses Materials stets mit braunem Hypothecium versehen sab, so muss jene Angabe wohl auf irgend einem Irrthum beruhen. Durch eoncentrirte Schwefelsäure nimmt die ge- nannte Schicht einen mehr ins schmutzig -braunviolette gehenden Ton an, Salpetersäure bewirkt keine Verfärbung. Die sitzenden oder doch nur sehr kurz gestielten Schläuche weisen Birngestalt auf (Fig. 36A), sind etwa 34—43 u lang, 16—20 « breit und erzeugen, wie es scheint, stets nur 8 Sporen. Ihre Wandung ist im oberen Theile verdickt und enthält keinen durch Jodjodkalium sieh röthenden Nova Acta LXX. Nr. 2. 19 146 W.Zopf, [50] oder bläuenden Stoff, wird mit Safraninlösung nicht roth, färbt sieh aber mit Methylenblau violett. An den Schlauchsporen (Fig. 36 sp) macht sich im Alter eine schwache Bräunung bemerkbar. Sie sind verlängert eiförmig, etwa 13,4 bis 15,5 « lang und 6—6,4 « breit, stets zwei- zellig, die beiden Zellen ungleich ausgebildet. Ihre Lagerung im Schlauche geschieht fast ausnahmslos in dem Sinne, dass die kleinere der beiden Zellen gegen die Schlauchbasis hin gerichtet ist. Mit Jodjodkalium färbt sieh die RN Serizuene el Den Sporenmembran weder roth noch blau; auch physenenden, 540fach; bei sp zwei durch Safraninlösung wird sie nicht gefärbt. 900fach vergrösserte Sporen. Die Paraphysen (Fig. 36 P) weisen an der Spitze meist kürzere und mehr oder minder stark gebräunte, in der Mitte und an der Basis meist verlängerte und farblose Zellen auf. Ihre Enden bilden ein schwach entwickeltes braunes Epitheeium (Fig. 35 e). Infolge starker Vergallertung der Membranen verkleben die Paraphysen mit einander sowohl als mit der Aseusmembran. Mit Jodjodkalium färbten sich die verschleimten Theile, wenn auch nur vorübergehend, blau. Durch eonc. Schwefelsäure nahmen die braunen Paraphysentheile mehr violettbraunen Ton an, während starke Salpetersäure sowie verdünnte Lösungen der Aetz- alkalien das Braun jener eben so wenig veränderten, wie das Braun des Hypotheciums. Vergleicht man vorstehende Charakteristik mit der Diagnose, welche Almquist (Monographia Arthoniarum p. 48) von Conida punctella (Nylander) gegeben hat, so wird man sehen, dass alle die daselbst aufgeführten Merk- male vollkommen auf den oberfränkischen Pilz passen. Ich habe sodann eine eingehende Untersuchung an dem Schmarotzer vorgenommen, den Arnold auf Diplotomma epipolium (Ach) vom Kalk der Campiler und Seisser Schichten oberhalb des Rollepasses bei Paneveggio in Südtirol beobachtete. Das äussere Auftreten, das ich in beistehender Fig. 37 veranschau- liche, war ganz dasselbe wie beim oberfränkischen Pilz. Auch in Bau und Beschaffenheit der Schlauchschicht, des Hypotheeiums und Epitheciums [51] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 147 konnte ich keine Unterschiede finden. Die Bildung des oben genannten „Schleiers“ wurde auch hier nicht vermisst. Im Charakter der Schläuche, Paraphysen und Sporen (Fig. 38) trat ebenfalls keinerlei Differenz hervor. Die Sporen maassen etwa 12,5 —14,5 in der Länge, 6 — 7,7 in der Breite, Fig. 37, 12fach. Fragment der Randpartie eines Thallus von Fig. 38, 500fach. A Schläuche, Diplotomma epipolium (auf Kalk der Campiler und Seisser P Paraphysen, Sp Sporen des Schichten über dem Rollepasse bei Paneveggio in Tirol). Pilzes. Die grossen Apotheeien gehören dem Diplotomma, die kleinen dem Parasiten an. was zu den obigen Messungen an dem fränkischen Material (13,4 —15,5 « Länge, 6—6,4 « Breite) ebenfalls passt. Ich glaube daher den Pilz von Paneveggio mit dem von Oberfranken identifieiren zu dürfen. Meine Bemühungen zwischen der Comda auf Diplotomma porphyricum und der wie oben charakterisirten Conida punctella irgend greifbare Unter- schiede aufzufinden, sind gleichfalls völlig fehlgeschlagen, obwohl der Ver- gleich ein eingehender war. ’ XI. Conida rubescens Arnold. Auf Diplotomma epipolium (Ach) von Kalkhornstein des Kaiserjoches bei Pettneu am Arlberg in Tirol. Im äusseren Auftreten macht sich gegenüber der Comda punctella keine wesentliche Differenz bemerkbar, wie man aus dem Vergleich von beistehender Fig. 39 mit den Figuren 33 und 37 ersehen kann. Die auch hier mit blossem Auge kaum wahrnehmbaren Apothecien erscheinen unter der Lupe in Form von meist unregelmässigen kleineren oder grösseren 19*F 148 i W. Zopf, [52] tiefschwarzen Punkten (Fig. 39). Sie finden sich zumeist auf der Fläche der T'hallusareolen, hier oft bis zu je einem Dutzend, seltener an der Grenze derselben (Fig. 39). In Fällen, wo sie zahlreich auftreten, sieht der 'Thallus wie grau bestäubt aus. Hie und da verschmelzen ein paar Früchtehen mit einander. Ihr kleinster Durchmesser dürfte kaum unter 0,06 mm, ihr grösster nur selten über 0,28 mm hinausgehen, wäh- rend die Höhe etwa 0,14 bis 0,15 mm beträgt. Tail ee ] Fig. 39, 12fach. Stück der Randpartie eines 'Thallus Fig. 40, ca. 40fach. Vertikal- von Diplotomma epipolium mit zahlreichen Apotheeien schnitt durch eine befallene des Parasiten. Areole der Flechte. Es sind drei Apothecien des Parasiten getroffen. Wie man auf Vertikalschnitten durch die befallenen T'hallusareolen sieht, entstehen die Früchtchen, wie die von Comda punctella in der Rinde und durchbrechen dieselbe auch in späteren Stadien ebenfalls nieht (Fig. 40 und 41). Vielmehr bleibt die äusserste Rindenlage des Wirthsthallus als dünne, verschleimende, helle Schieht (Schleier) über dem Hymenium erhalten (Fig. 40 und 41 s). Dieselbe färbt sich mit gewöhnlicher Safraninlösung sowie auch mit Jodjodkalium intensiv roth, mit Methylenblau intensiv blau. Das Hypotheeium ist nur als schwache, dabei farblose Schicht entwickelt (Fig. 41 und 42 hyp), die sich mit Methylenblau blau, mit Safranin roth färbt. Die Schlauchschicht weist Paraphysen von schmutzig-brauner Färbung auf. Dieselben überragen die Schläuche erheblich und vergallerten stark (Fig. 42 p). Die Schläuche (Fig. 43 a) sind ei- oder birnförmig, sehr kurz gestielt, etwa 41—48 u lang und ca. 23— 26 «u breit. Ihre am Scheitel ziemlich [53] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 149 en ee N Fig. 41, 100fach. Vertikalschnitt durch ein Apo- theeium; a Algengruppen, hyp das farblose Hypo- thecium, s der das Hymenium bedeckende Schleier. Fig. 43. Reife 8sporige Schläuche, 540 fach. Fig. 42. Stück eines sehr dünnen s Spore, 900fach. Vertikalschnittes durch ein Apo- theeium; a Algengruppen, hyp Hypo- theeium, s Schleier, p Paraphysen. dieke Wandung ist in zwei Lamellen differenzirt, welche sich beide mit Jodjodkalium roth färben, die innere, wie es scheint, stets intensiver als die äussere. Auch die Membranen der Paraphysen zeigen diese Reaction. In Rücksicht auf diese Rothfärbungen wurde die Species Conida rubescens genannt. Die Sporen treten stets in der Achtzahl auf, sind verlängert eiförmig resp. birnfürmig, zweizellig, an der Scheidewand meist ein wenig ein- geschnürt, farblos, auch im Alter nicht braun werdend. Meist ist die obere Zelle etwas länger, stets aber breiter und gerundeter, als die untere mehr kegelförmig gestaltete. An der Sporenmembran lassen sich zwei Lamellen erkennen, eine innere derbe und eine äussere schleimige. Beide nehmen mit Jodjodkalium intensive Rothfärbung an, während der Zellinhalt sich gelb färbt. Die Sporen messen 16—18 (bisweilen selbst bis 21) « in der Länge und 7—8 (die Schleimhülle eingerechnet 9—10,7) « in der Dicke. 150 W. Zopf, [54] Es sind mithin genügende Momente vorhanden, um die Abtrennung der Conida rubescens von Conida punctella zu rechtfertigen: Conida rubescens Conida punctella Sporen farblos Sporen schliesslich gebräunt 16—18,21:9—10,7 13—15,5:6—7 Hypothecium farblos Hypothecium dunkelbraun Schleier durch Jod roth Schleier durch Jod blau Schläuche 41—48:23—26 Schläuche 34—43:16 —20 Schlauchwand durch Jod roth Schlauchwand dureh Jodnicht gefärbt. In biologischer Beziehung ist Folgendes hervorzuheben: Den Algen der Wirthsflechte gegenüber verhält sich die Comda rubescens nicht wie ein gewöhnlicher Parasit. Auf dünnen Vertikalschnitten durch den Wirthsthallus und gleichzeitig durch die Apotheeien der Conzda sieht man, dass zahlreiche Algenzellen in dem subhymenialen Gewebe eingeschlossen sind, indem sie von den Hyphen desselben allseitig umsponnen wurden (Fig. 41 und 42). Mitunter liegen die Algen nur um 2—3 Zellen von der Basis der Paraphysen oder Schläuche entfernt (Fig. 42). Für eine Schädigung durch den Pilz liegen keinerlei Anzeichen vor, im Gegentheil erscheinen die Algenzellen durchaus lebens- kräftig, mit schön grünem Inhalt versehen und auch in Grösse und Form nichts Auffälliges zeigend. Da auch bei Comida punctella die Algengruppen meist bis ganz dicht an die Perithecien des Pilzes heranreichen (Fig. 35), so scheint auch hier keine Schädigung der Algen aufzutreten. Doch habe ich das nieht direkt eonstatiren können, da das betreffende Arnold’sche Material bereits eine längere Reihe von Jahren im Herbar gelegen hatte, der Dip/otomma-Thallus mithin nicht mehr lebend war. Conida rubescens schliesst sich mithin in seinem eigenthümlichen Ver- halten zu den Algen der Wirthsflechte dem früher besprochenen Ahyrbocarpus punchformis eng an. [55] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 151 XII. Xenosphaeria geographiecola (Arnold). (Hierzu Tafel I, Fig. S—17.) Meine Untersuchungen bezogen sich auf Exemplare, welche Dr. Arnold auf Ahızocarpon geographıcum am den Albonseen bei St. Christoph am Arl- berg in Tirol (2200 mm) gesammelt und in Nr. 1670 seines Exsiceaten- Werkes unter dem Namen ZPhaeospora geographicola Arn. herausgegeben hat. Die Thallusstellen, auf denen der Pilz sich angesiedelt hatte, waren macroscopisch daran kenntlich, dass sie fein und schwarz punktirt er- schienen. Betrachtet man solche Stellen mit der Lupe, so sieht man die Areolen des Azzocarpon auf der Fläche wie auch am Rande mit rundlichen mattschwarzen Flecken besetzt, welche eben so viele Perithecien repräsen- tiren (Taf. I, Fig. 8). Dieselben stehen im Centrum einer solchen Pilz- ansiedelung häufig dicht gedrängt, oft wie zusammengeflossen erscheinend (Taf. I, Fig. $) und dann ein ganz charakteristisches Bild darbietend. das von dem des Discothecium Stioma (vergl. Taf. Il, Fie. 12 und 13) sowie dem des Trehothecium pygmaeum (vergl. Taf. I, Fig. 4), die beide ebenfalls auf Rlnzocarpon geographicum vorkommen, recht verschieden ist. Bei schwacher mieroscopischer Vergrösserung zeigen die Früchtchen, von oben gesehen, einen rundlichen Mündungsporus (Taf. I, Fig. 9), der sich im Alter durch radienartige Risse mehr oder minder stark erweitert (Taf. I, Fig. 9a). Auf Vertikalsehnitten durch die Areolen erscheinen die Perithecien eingesenkt (Taf. I, Fig. 11). Im entwickelten Zustande zeigen sie die Form einer Urne, die mit breitem, flachen oder doch nur schwach gewölbten Deckel verschlossen ist (Taf. I, Fig. 11). Sie entstehen inmitten des peri- pherischen Gewebes der T'hallusareolen (Taf. I, Fig. 10), nähern sich bei weiterem Wachsthum der Oberfläche und schimmern jetzt durch die dünne oberflächliche Rindenschicht als graue rundliche Stellen durch (Taf. I, Fig. 9b). Später obliterirt diese Schicht, und der flache oder schwach ge- wölbte Scheitel liegt jetzt frei. Die Wandung der Perithecien ist schwarz, im Deckeltheile fast kohlenartig spröde und diek (Taf. I, Fig. 11). Die Früchtehen messen etwa 0,14—0,56 mm in der Höhe und 0,12—-0,50 mm in der Breite. 1) Lichenologische Ausflüge in Tirol, XXVI, in Verhandl. der zoolog. botan. Ge- sellschaft. Wien 1896. 152 Ww. Zopt, [56] Die Schläuche sind zwischen lange, ihren Scheitel weit überragende Paraphysen eingesenkt, welche spärliche Verzweigungen aufweisen und deutlich in gestreekte Zellen gegliedert erscheinen (Taf. I, Fig. 12 p). Ihre Wandungen vergallerten stark und durch diese Gallert werden (die dicht gestellten Fäden unter sich förmlich verklebt, sodass sie nur durch starken Druck zu trennen sind, wenigstens in der zwischen den Asken liegenden Region. Im Alter nehmen sie bräunliche Färbung an, wohl ein Zeichen ihres Absterbens. Mit verdünnter Jodjodkaliumlösung behandelt, färben sie sich vorübergehend blau, dann roth. Die Schläuche (Taf. I, Fig. 12—15) erscheinen in diek eylindrischer Form, am Scheitel breit abgerundet und hier mit Porus ausgestattet, dick- wandig und bald mit 4, bald mit 6, meistens aber mit 8 Sporen versehen. In der Länge messen die Schläuche, wenn sie nur 4 Sporen enthalten, etwa nur 74-88 u, wenn sie 6 oder 8 erzeugen etwa 105—119 « in der Länge, während die Breite etwa 7—8,9 u beträgt. Jod färbt die Schlauch- membranen roth. Ich habe bei dieser Species einen eigenthümlichen Dimorphismus der Schlauchsporen beobachtet: An besonders gelungenen Vertikalschnitten dureh die Perithecien liess sich schon bei etwa 100facher Vergrösserung hin und wieder be- obachten, dass die zwischen den langen Paraphysen stehenden Schläuche bezüglich ihres Inhaltes durchaus nicht den gleichartigen Charakter zeigen, wie man ihn am Nueleus anderer Pyrenomyeeten zu sehen gewohnt ist, vielmehr einzelne derselben ein ganz anderes Aussehen darbieten. Bei An- wendung einer stärkeren Vergrösserung erkennt man alsbald den Grund dieser Erscheinung: Die einen der Asei führen Sporen in Form von Zellreihen (Taf. I, Fig. 12a und 13), die andern in Gestalt kleiner rundlicher Gewebekörper (Taf. I, Fig. 12b, 14 und 15). Letztere entstehen in der Weise, dass die Zelle sich erst durch eine zur Längsachse quer gerichtete Wand theilt, dann in jeder der beiden Tochterzellen eine etwa senkrecht auf jener stehende Längswand auftritt, worauf in dem einen oder dem anderen @Quadranten nochmals eine Längs- wand inserirt werden kann, die wieder etwa senkrecht auf der vorigen steht? (Katzl, Bio.l2x): 57) Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d.Flechten. 153 Meist liegen die auf die erste Wand (Querwand) folgenden Wände in ganz verschiedenen Ebenen. Eine sogenannte Brechung der Wände, wie man sie in Taf. I, Fig. 12 bei der Spore x bemerkt, tritt, wie es scheint, nur selten ein. Ausnahmsweise unterbleiben Längstheilungen ganz. Der Regel nach erscheinen die Zellreihen bildenden Sporen vier- zellig, ausnahmsweise kommen zweizellige und selbst achtzellige vor (af... Big.ı16). In Bezug auf die gebräunte Membran und die Inhaltsbeschaffenheit zeigen die Gewebekörper und die Zellreihen keinerlei Differenz. Mit beiden angestellte Kulturversuche fielen negativ aus; es wurde keine Keimung er- zielt. Ein Zusammenvorkommen beider Sporenformen in demselben Schlauch konnte niemals constatirt werden. Die Zahl der Gewebekörper führenden Asei steht in jedem Peri- theeium der Zahl der Zellreihen führenden erheblich nach. Die Zellreihen führenden Schläuche sind bald grösser, bald kleiner (Taf. I, Fig. 12 und 13) und weisen dementsprechend bald 8, bald 6, bald auch nur 4 Sporen auf. In den Gewebekörper führenden habe ich 8 und 6 gezählt. Mitunter kommen von den 8 nur 6 oder 4, von den 6 nur 4 zur völligen Ausbildung (Taf. I, Fig. 14). Die übrigen bleiben ungetheilt, farblos und sterben schliesslich ab. Gesammtumriss und Grösse der Gewebekörper variiren in eben dem- selben Maasse wie die der Zellreihen. Erstere sind bald sehr breit ellip- soidisch, bald eiförmig oder birnförmig, bald bisquitförmig; letztere bald spindelig, bald mehr stabförmig, dann wieder keulig oder eiförmig, ellip- soidisch und bisweilen in der Mitte deutlich eingeschnürt. Hin und wieder treten dem Beobachter ganz sonderbar gestaltete Formen entgegen (@Rafz) Fig. 16). Die gewöhnlichen (spindeligen) Sporen maassen etwa 19,6— 26,8 u in der Länge, 7—8,9 u in der Breite, die gewebeartigen dagegen waren nur etwa 10,7—14,3 a lang und 8,9—9,8 « breit. Eine Variation, wie sie die Schläuche der Xenosphaerra geographicola bezüglich der Sporenform zeigen, ist mir anderweitig noch niemals ent- gegengetreten, und auch in der Literatur habe ich kein Beispiel dieser Art “verzeichnet gefunden. Nova Acta LXX. Nr. 2. 20 154 W. Zopf, [58] Dergleichen Variationserscheinungen dürften eine gewisse Beachtung verdienen, da sie höchst wahrscheinlich den Anstoss zur Bildung neuer Arten geben. Wer wie Brefeld — im Widerspruch mit den 'Thatsachen — leugnen wollte, dass die Asci der Schlauchpilze sowie die von ihnen er- zeugten Sporen die Fähigkeit besitzen, in Bezug auf Gestalt, Grösse, Theilungsfähigkeit u. s. w. zu variiren, der würde damit auch den hohen Werth dieser Organe als ein wichtiges Mittel zur Abarten- und Speeies- bildung verkennen resp. ignoriren. Man wird sich vorstellen dürfen, dass Xenosphaeria geographcola ehemals nur eine der beiden beschriebenen Sporenformen geführt hat, ent- weder die Zellreihenform oder die Gewebekörperform. Es wäre aber auch denkbar, dass der Pilz an manchen Lokalitäten noch jetzt die eine der beiden Sporenformen rein aufwiese. Um dies einmal prüfen zu können, wandte ich mich an Herrn Dr. Arnold mit der Bitte, mir womöglich von anderen Localitäten Material zu senden. Ich erhielt hierauf Exemplare, welche Arnold auf Gneiss des Kraxentrags beim Brenner in Tirol ge- sammelt hatte.‘) Bei der Untersuchung stellte sich nun heraus, dass die Peritheeien immer nur Schläuche mit der nicht gewebeartigen Sporenform enthielten. Auch Arnold hat, wie ich aus seinen Notizen ersah und wie auch aus seiner Diagnose") hervorgeht, immer nur diese letztere vorgefunden. Es dürfte daher wohl die Vermuthung berechtigt sein, dass wir in der Pflanze vom Kraxentrag die ursprüngliche Form mit nur Quertheilungen zeigender Sporenform vor uns haben, in dem Pilze vom Arlberg dagegen eine später entstandene Varietät, die neben den Reihensporen bereits gewebe- körperartige produeirt, wenn auch noch in zurücktretender Zahl. Möglicherweise ist an anderen Localitäten die Gewebekörperform schon die vorherrschende, vielleicht sogar bereits die ausschliessliche ge- worden, worauf man bei späterer Wiederauffindung und Untersuchung des Pilzes zu achten haben würde. Dass auch die Sporenzahl in den Schläuchen varürt, habe ich 1) Vgl. Arnold, Lichenol. Ausflüge in Tirol, XIII (Verhandl. der zool. bot. Gesellsch. Wien 1874), p. 284. [59] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 155 bereits oben hervorgehoben. Dabei herrscht die Achtzahl entschieden vor, während Sechszahl und Vierzahl sowohl bei dem Arlberg- als bei dem Kraxentrag - Material zurücktreten. Möglicherweise ändern sich auch diese Verhältnisse nach den Localitäten, und zwar in dem Sinne, dass Vier- und Sechszahl häufiger werden oder gar überwiegen. 'I'h. Fries hat eine grönländische SpAaeria beschrieben,') die ebenfalls auf den "Thallusschollen von Ähizocarpon geographicum vorkommt und mit Arnold’s Aenosphaeria geographicola vom Kraxentrag die grösste Aehnlichkeit hat, nur sind die Sporen etwas grösser und nach Fries immer in der Vierzahl vorhanden. Sollte hier vielleicht eine Form vorliegen, die mit letzterer Species in ge- netischem Zusammenhang steht und bei der die Vierzahl bereits die aus- schliessliche geworden ist? Ich glaubte, etwa durch Untersuchung des Originalmaterials, das Herr Prof. Fries mir zu senden die Güte hatte, einen Anhalt in dieser Richtung zu gewinnen, allein die erhaltene Probe enthielt leider nur noch ein paar unentwickelte Früchtehen. Fragen und Erwägungen wie die obigen lassen sich, wie ich ge- legentlich zeigen werde, noch an andere variable Pilzspeeies anknüpfen und dürften, richtig angewandt, wohl geeignet sein, gewisse Wege der Varie- täten- und Speciesbildung aufzufinden. Wenn ich die vorliegende Sphaeriacee nicht, wie Arnold es gethan, zu Phaeospora, sondern zu Xenosphaeria bringe, so geschieht dies aus dem Grunde, weil die Vertfeter der Gattung Zraeospora im Sinne von Hepp keine Paraphysen aufweisen. Die Charakteristik der Gattung Xenosphaeria (Irevisan), wie sie Körber (Parerga 496) gegeben hat, lässt sich jetzt wie folgt fassen: „Peritheeien eingesenkt, nur mit dem breiten, niedergedrückten Scheitel an die Oberfläche des Substrats ragend, mit derber, am Scheitel kohliger Wandung. Schläuche ceylindrisch 4, 6 oder Ssporig. Schlauch- 1) Hedwigia 1881, p. 59. Saecardo Sylloge II, p. 83 hat den Pilz zur Leptosphaeria gebracht und als L. polaris bezeichnet: „Peritheeiis parvis immersis atris; aseis eylindraceo — clavatis, paraphysibus copiosis ramosis obvallatis, tetrasporis, sporidiis monostichis oblongis, utrinque obtusis, 3 septatis, ad septa (praeeipue medium) nonnihil constrietis, loculis 1—2 guttulatis, obseure fuseis, 283—32 u long 9—10 u crassis. 20* 156 W. Zopf, [60] wand am Ende mit Porus. Paraphysen die Asci überragend, kräftig ent- wickelt, verzweigt, aus stark gestreckten Zellen gebildet. Sporen der Regel nach aus 4 in eine Reihe gelagerten Zellen gebildet, seltener nach 3 Rich- tungen des Raumes getheilt. Endzellen gerundet, niemals zugespitzt, Sporen- wand braun.“ Die Xenosphaeria geographicola (Arnold) vom Arlberg verdient wegen des ausgezeichneten Dimorphismus der Schlauchsporen als besondere Var. dimorphotica von dem Pilze vom Kraxenträger unterschieden zu werden. Als nächste Verwandte der A. geographıcola müsste nach der Beschreibung von Th. Fries die oben erwähnte Zepfosphaeria polarıis Sacc. angesehen werden und nach der Diagnose bei Körber (Syst. 326) Aenosphaeria Engeliana (Saut). XIII. Solorina - Parasiten. Auf Solorina crocea konnte eine Mischinfeetion dureh drei verschiedene Ascomyceten beobachtet werden, einem neuen zur Familie der Pezizaceen (Rehm) gehörigen Discomyceten, der alle Charaktere einer Mycobzlimbia im Sinne Rehm’s aufweist und als Mycodilimbia Arnoldiana bezeichnet werden möge, ferner einer gleichfalls neuen Sphaeriacee, die ich als Zepzo- sphaeria lichenicola bezeichnen werde und endlich der bereits bekannten Bertia lichenicola de Notaris (Rhagadostoma corrugatum Körber), die ja eben- falls zu den Sphaeriaceen gehört. Das Solorina- Material war von Herrn Dr. F. Arnold in Tirol ge- sammelt worden, theils an der Jamthalhütte bei Galtür (2206 m), theils an den Albonseen am Fusse des Wirth bei St. Christoph (2200 m) und im Verwallthale bei St. Anton am Arlberg (1600 m). Ich selbst nahm einige kranke Thalli an den genannten Seen auf. o 1. Mycobilimbia Arnoldiana Zopt. Der Parasit macht sieh äusserlich dadurch kenntlich, dass die von ihm befallenen Thhalluspartieen stark gebleicht erscheinen. Seine Apothecien sind über die betreffenden Thallustheile unregelmässig verstreut (Fig. 44), höchstens zu zwei bis drei vereinigt, von oben gesehen etwa kreisrund, tief [61] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d.Flechten. 157 und glänzend schwarz, ca. 0,15—0,43 mm breit. Da sieh der Diseus schon frühzeitig mehr oder minder stark hervorwölbt und von der Apotheciumhülle bei Betrachtung von oben nichts zu sehen ist, so glaubt man auf den ersten Bliek eher ein Perithecium als ein Apothecium vor sich zu haben. Die Apotheeien entwickeln sich, wie man auf Vertikalschnitten sieht, in dem inneren Theile der Rinde, bei ihrem wei- teren Wachsthum wölben sie die Rinde nach aussen stark vor (Fig. 45). In Folge des starken Druckes, den sie gegen die oberflächlichen Rindenpartieen ausüben, werden diese stark gedehnt und schliess- lieh soweit zerrissen, dass der Discus mehr - minder vollständig frei liegt. ie : oder minder vollständig frei liegt. Die Fig. 44, 12fach. Fragment eines Thallns- Apothecienwandung bleibt aber nach wie lappens von Solorina crocea mit Apo- . thecien der Mycobilimbia Arnoldiana 2. vor von dem Rindengewebe umschlossen. Das Mycel durchsetzt mit seinen feinen, schwer zu verfolgenden Fäden sowohl die Rinde als das Mark der Solorina. Man sieht dies auch schon daraus, dass die Apotheeien mit ihrer Basis oft bis in das Mark Fig. 45, 60fach. Vertiealschnitt durch den Thallus von Solorina crocea mit zwei reifen Apothecien des Mycobilimbia Arnoldiana. Dieselben sitzen in der’ Rinde R und sprengen diese schliesslich. Das links befindliche Apotheeium ist median, das rechts befindliche tangential getroffen. hineinreichen (Fig. 45). In letzterem macht sich insofern eine Einwirkung bemerkbar, als die unterhalb der Apothecien gelegenen Partieen desselben eine Verfärbung erfahren. Das ursprünglich so schöne Roth wird nämlich ins schmutzig Rothbraune umgewandelt, was offenbar darin beruht, dass 158 W. Zopf, [62] die Solorinsäure,') welche an den Markhyphen ausgeschieden wird, eine chemische Veränderung erleidet. In der Rinde äussert sich die Einwirkung des Parasiten vornehmlich in der völligen Entfärbung der Algen- gruppen, die eine Folge ihrer Abtödtung ist. In diesem Umstande liegt offenbar eine theilweise Erklärung für das sehr deutliche Ausbleichen des Solorina- Thallus an den von dem Parasiten befallenen Stellen. Nur ab und zu sieht man noch Gruppen lebender grüner Algen in der erkrankten Solorina-Rinde erhalten. & n\ I Y 2 & 10 © \ Fig. 46, 550fach. a Stück eines Vertikal- Fig. 47, S40fach. Reife Schlauchsporen von schnittes durch das Hymenium, zwei reife verschiedener Form, Grösse und Gliederung. Schläuche mit Paraphysen zeigend, rechts ein Junger Schlauch sowie Paraphysenenden. Die Schläuche erscheinen kurz keulig, am Scheitel breit gerundet und nach der Basis allmählich verschmälert (Fig. 46). Ihre Länge beträgt etwa 44—64 mikr., ihre Breite 15—22 mikr. Durch Jodjodkalium nehmen sie, und zwar in ihrer ganzen Ausdehnung, intensive Bläuung an. In jedem Schlauche werden 8, seltener 6 Sporen gebildet. Dieselben sind kürzer oder länger spindelförmig, meist schwach bogig gekrümmt, 1)) Ich habe diesen prachtvoll rothen krystallisirenden Körper in meinen Beiträgen zur Physiol. u. Morphol. niederer Organismen Heft V (Zur Kenntniss der Stoffwechselprodukte der Flechten) näher charakterisirt. Vgl. auch Ann. d. Chemie Bd. 284, p. 111. [63] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 159 farblos, zwei- bis achtzellig, an den Scheidewänden nicht oder doch nur sehr schwach eingeschnürt (Fig. 47). Die Zellen besitzen meist ungleiche Grösse und zeigen im reifen Zustande völlig homogenen, ziemlich stark lichtbrechenden Inhalt. Die Lagerung der Sporen im Schlauch ist meist eine vertikale oder eine etwas schräge. Ihre Länge schwankt zwischen etwa 15 und 28,6 mikr., ihre Breite zwischen etwa 4,2 und 5,4 mikr. Die Paraphysen sind dünn, schlank, spärlich verzweigt, am Ende aus kürzeren, schwach ausgebauchten, weiter zurück aus etwas längeren Grliedern bestehend, durch ihre stark vergallertende Membran unter sich und mit den Schläuchen verklebt, die Schläuche überragend. Ihre Gliederung (Fig. 46) wird erst durch Anwendung von Kalilauge deutlich. In physiologischer Beziehung zeichnet sich der Pilz dadurch aus, dass er einen schön smaragd- oder spangrünen Farbstoff produeirt. Derselbe wird seitens der Paraphysenenden zur Ausscheidung gebracht. Während er von concentrirter Schwefelsäure sowie von Aetzalkalien augen- scheinlich nicht angegriffen wird, wandelt er sich durch eoncentrirte Salpeter- säure in einen violetten bis violettbraunen Körper um und erinnert durch diese Reaction an das von Bachmann!) in den Flechten Daczdia muscorum (Sw.) und in Arthrosporum accline (Fw.) im Epithecium gefundene Bacidia- grün, mit dem er freilich sonst nichts zu schaffen hat, da, wie gesagt, Schwefelsäure nicht auf ihn einwirkt, während das Bacidiagrün sich mit diesem Reagenz violett färbt. Da er nach seinem Verhalten zu Aetzalkalien und Schwefelsäure auch nichts mit dem Lecidea-, Aspiecilia und Thalloidima-Grün (s. Bachmann |. ce.) zu thun hat, so ist er als neu anzusprechen und könnte als Mycobilimbin bezeichnet werden. Eine nähere chemische Charakteristik wird sich freilich bei der Seltenheit und Kleinheit des Materials wohl niemals geben lassen. Die Abscheidung des genannten Pigments findet in so ausgiebiger Weise statt, dass der Discus schwarz erscheint, selbst noch bei schwacher mieroscopischer Vergrösserung. Aber auch im Hypotheeium wird das Pigment ausgeschieden, namentlich an der Grenze gegen die Schlauchschicht zu, wo 1) Ueber nicht krystallisirte Flechtenfarbstoffe. Pringsheims Jahrb. 21. 160 W. Zopf, [64] es zahlreiche kleine dunkelgrüne Schollen bildet. An der Basis des Hypo- theciums weicht die spangrüne Färbung mehr einer diluirt olivengrünlichen oder olivenbräunlichen. was auch für die, wie wir sahen, sehr schwach ent- wickelte Fruchtwand gilt. Die bisher bekannten, bei Rehm (l. ec.) aufgeführten drei AZycodr- /imbia-Arten sind ebenfalls Flechtenparasiten: 7. Azltasi (Hepp) bewohnt Peltigera canina, M. obscurata (Sommerf.), Peltigera canına und rufescens, M. subfuscae (Arnold) schmarotzt auf dem Thallus von Zecanora subfusca var. campestris Schaer. Von M. subfuscae habe ieh durch Dr. Arnold Originalmaterial er- halten. Sie zeigt nicht bloss anders geformte, an der Basis stark kopfige Paraphysen, sondern ist auch in chemischer Beziehung von 47. Arnoldiana verschieden, insofern der von den Paraphysenköpfen ausgeschiedene span- grüne Farbstoff durch starke Salzsäure violett gefärbt wird, was beim Pigment der 47. Arnoldiana nicht der Fall ist. Ausserdem enthält das Hypotheeium von 47. subfuscae einen rothbraunen Körper, welcher der M. Arnoldiana fehlt. Die beiden übrigen Arten unterscheiden sich von 47. Arnoldiana ebenfalls schon durch die chemisch total verschiedenen Stoffe im Epitheeium und Hypotheeium. Schliesslich will ich noch erwähnen, dass ich auf Querschnitten durch den Solorinathallus neben den Apothecien der AZ Arnoldiana zweimal kugelige Spermogonien angetroffen habe, welche auf femen, wenig ver- zweigten Sterigmen feine fadenförmige und z. Th. schwach gekrümmte, 57— 1 u lange und 0,89 —1,19 « breite Spermatien abschnürten, die bei Wasserzutritt in Bündeln aus der Mündung heraustraten. Ob diese Früchtchen in den Entwickelungsgang der 7. Arnoldiana gehören, liess sich vorläufig nicht sicher entscheiden. 2. Leptosphaeria lichenicola Zopf. Sie befällt sowohl den Thallus der Solorina, als auch die Apothecien derselben (Fig. 48). Ihr Sitz machte sich fast immer leicht kenntlich an der düsteren, etwa rauchgrauen Färbung, welche die befallenen Thallus- und Apotheeien - Partieen angenommen hatten. [65] Untersueh. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 161 Bei Betrachtung mit der Lupe sieht man solche Stellen meistens mit einer Unzahl von winzigen schwarzen Früchtchen besetzt, die aber niemals zu Gruppen vereinigt sind (Fig. 48). Dem blossen Auge entgehen sie fast oder treten ihm höchstens als feinste Pünkt- chen entgegen. Die Form dieser Perithecien ist eine kugelige, ellipsoidische oder kurz eiförmige. Sie entstehen in der Rinde des Thallus (Fig. 49), wie in der Schlauchschicht der Solorina - Apothecien (Fig. 50) und wölben die peripherischen "Theile der ersteren bei ihrem weiteren Wachsthum mehr oder minder stark hervor (Fig. 49), dieselben schliesslich sprengend. Bei schwacher mieroscopischer Vergrösserung von oben betrachtet, zeigen die Früchtchen einen deutlichen Mündungsporus, aber keine vor- gezogene Mündung. In der zarten Fruchtwand kommt “ein schön spangrüner Farbstoff zur Ab- Fig. 48, 1Ofach. Thallusstück mit Apo- theeium (ap) von Solorina cerocea, beide besetzt von zahlreichen Perithecien der Leptosphaeria lichenicola. Auf dem Thallus sind nur ausgebildete, auf dem Apotheeium auch halbreife und ganz junge Früchtchen zu sehen, letztere in Form feiner Punkte. lagerung, der dureh cone. Salpetersäure oder Salzsäure, sowie durch wässrige Alkalien anscheinend nieht angegriffen, durch Salpetersäure aber violett wird und hierin mit dem oben erwähnten Mycobilimbin überein stimmt. Fig. 49, 60fach. Vertikalschnitt durch das in Fig. 48 abgebildete Thallusstück der Solorina. R Rinde mit den vertikal stehenden Algengruppen und drei reifen Perithecien der Lepto- sphaeria lichenicola, welche die oberflächlichen Theile der Rinde mehr oder minder stark hervorgetrieben haben. Nova Acta LXX, Nr. 2. 21 162 W. Zopf, [66] Die Früchtehen enthalten etwa cylindrische oder schwach keulige Schläuche, welehe am Scheitel breit abgerundet, an der Basis in einen nur kurzen Stiel verschmälert erscheinen, etwa 52—70 a lang und 10,5—13,9 u Fig. 50, 60fach. Stück eines Vertikalschnittes durch das obige Apotheeium der Solorina. Die Schlauchschicht S besetzt mit jüngeren und halbreifen Peritheeien der Leptosphaeria lichenicola. A Algenschicht, M Mark. dick sind und 6— 5 farblose Sporen erzeugen (Fig. 5la, b). Dieselben bieten schmal-keulige oder spindelige Form, sind 5—7zellig, an beiden Enden abgerundet, an den Querwänden eingeschnürt, mit zartem Gallerthofe Fig. 51. a halbreifer, b reifer Schlauch, 450fach; ce reife Spore, S40fach; d Paraphysen- stücke, 840fach. versehen, im Inhalt meist Oeltropfen zeigend und messen etwa 20—23,7 u in der Länge, 5,3 — 5,9 « in der Breite (Fig. 5lec). Paraphysen spärlich, sehr fein unregelmässig und sparrig verästelt (Fig. 5ld). Die Schlauch- wand nimmt mit Jod keine Bläuung an. [67] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 163 Was die Wirkung des Parasiten auf den Wirthsthallus anbetrifft, so sind schädigende Einflüsse auf die Algenzone nicht zu bemerken; dieselbe erwies sich auch an den Stellen schön grün, wo die Peritheeien des Schmarotzers in unmittelbarem Contaet mit ihr waren (Fig. 49). Dasselbe gilt für die unter der Schlauchschieht befallener jugendlicher Apotheeien befindliche Algenzone (Fig. 50 A): Wo wie in Fig. 48 und 50 die Schlauch- schieht der Solorina mit Hunderten von Perithecien besetzt ist, dürfte es aber wohl kaum zur Ausbildung von Sehläuchen kommen. Die vorstehend angegebenen Merkmale charakterisiren den Pilz als eine Sphaeriacee und zwar als eine Zepfosphaeria im Sinne der Winter’schen Bearbeitung der Pilze. Man kennt bereits mehrere Flechtenschmarotzer in dieser Gattung. Sie finden sich angeführt bei Winter l. ce. p. 440 —444 und bei Saccardo (Sylloge II, p. 83 und 84) zusammengestellt. Von ihnen allen ist vorliegende Art durch die Production des spangrünen Farbstoffs in der Perithecienwand, sowie durch die Beschaffenheit der Paraphysen und Schlauehsporen verschieden. Ich werde sie daher als Zepfosphaeria liche- ntcola bezeichnen. 3. Bertia lichenicola De Notaris. Diese längst bekannte, von Körber!) als Ahagadostoma corrugatum beschriebene Sphaeriacee erzeugt ihre relativ grossen Perithecien in charak- teristischen Gruppen (Fig. 52) und ist daher von den oben beschriebenen beiden Pilzen schon mit blossem Auge zu unterscheiden. Was ich an der Körber’schen Beschreibung auszusetzen habe ist, dass sie dem Pilze Paraphysen vindieirt. Sie sollen zwischen den Asci verlaufen, äusserst fein und in der Schleimmasse des Nucleus fast nur wie zerfliessende Striche wahrnehmbar sein. Da die mir zur Verfügung stehenden Perithecien sehr schön ent- wickelt waren und daher sowohl junge wie reife Schläuche enthielten, mussten etwa vorhandene Paraphysen ebenfalls nachweisbar sein. Allein an sehr dünnen Vertikalschnitten als auch an den beim Zerdrücken von 1) Parerga p. 473. 164 W.Zopf, [68] Perithecien enthaltenen Schlauchgruppen kann man sich mit völliger Sicherheit überzeugen, dass von dergleichen Bildungen zwischen den Schläuchen nichts vorkommt. Dagegen sieht man die ganze Innenwand des Peritheeiums mit Periphysen dicht überkleidet. Sie sind im unteren Theile der Frucht ziemlich kräftig entwickelt (Fig. 55), spärlich verzweigt und bestehen aus Fig.52, 10fach. Thallusfragment von Solorina Fig. 53, 550fach. Periphysen aus dem unteren, crocea. Links Gruppen von Peritheeien der an die Schlauchmasse grenzenden Theile der Bertia lichenicola, vechts Leptosphaeria Frucht. lichenicola Z. mit zahlreichen punktförmigen Peritheeien. relativ grossen, dünnwandigen und fettreichen meist bauchigen Zellen, die von der Basis nach der Spitze zu an Dicke abnehmen. Die Endzelle ist mehr oder minder stark verjüngt (Fig. 55). Gegen die Mündung hin nehmen die Periphysen an Länge wie an Dicke allmählich ab. Ihre Membranen verschleimen ziemlich stark und daher sind sie nur in zarter Form vorhanden. Es ist zu verwundern, dass diese relativ stattlichen Bildungen noch von Niemand gesehen worden sind; Winter (l.c. p. 238) erwähnt eben- falls nichts von ihnen. Auch für die todte Pflanzentheile bewohnende Derta moriformıs werden Paraphysen angegeben (Winter 1. c. p. 237). Ich vermuthe, dass es sich hierbei ebenfalls um Periphysen handelt, denn dieser Pilz steht in viel zu naher Verwandtschaft zu D. kchenzcola, als dass in jener Beziehung eine Differenz vorhanden sein sollte. [69] _Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 165 Die ziemlich lang gestielten Schläuche erscheinen von schlank keuliger Form und sind gegen die Spitze hin deutlich verjüngt (Fig. 54). Mit Jod wird die Schlauchwand weder blau noch roth gefärbt. Wie Körber, so sah auch ich die Mehrzahl der Schläuche mit nur 2 Sporen ausgestattet (Fig. 54). Hin und wieder beobachtete ich 3, auch 4. Winter dagegen bezeichnet die Asei als in der Regel 4sporig. Diese & Kr a m——— = = S re BASS Tiere Fig. 54. Ein junger und ein reifer Schlauch. Fig. 55. Einzellige und dreizellige reife Letzterer mit 2 reifen einzelligen Schlauch- Schlauchsporen, 540fach. sporen, 540fach. Differenzen erklären sich wohl daraus, dass der Pilz an der einen Loealität mehr, an der anderen weniger Sporen in den Schläuchen bildet. Die Sporen sind von eylindrischer Gestalt, dabei an den Enden ab- gerundet oder auch ein wenig verjüngt. Schon Körber hat das Vor- herrschen einzelliger Sporen gesehen und ich kann das für mein Material bestätigen. Es handelt sich dabei nicht etwa um unreife, sondern um reife Sporen (Fig. 54 und 55). Hin und wieder sieht man zweizellige, bisweilen auch dreizellige (Fig. 55). Winter hält die Zweizelligkeit für die Regel, Körber glaubt dagegen, dass das Typische die Einzelligkeit ist. Nach Karsten kommen die Sporen mitunter selbst vierzellig vor. Der Fettreichthum der Sporen steigert sich oft bis zu dem Grade, 166 W. Zopf, [70] dass das Lumen von einem dieken Fetteylinder fast ausgefüllt wird (Fig. 54 und 55). Bezüglich der Dimensionen herrscht eine gewisse Variation, die sich, wie auch Winter angiebt, zwischen 30—50 « in der Länge und 7—9 u in der Breite bewegt. Um nun nochmals auf die Peritheeien zurückzukommen, so sind diese anfänglich vollständig in die Rinde eingesenkt, brechen aber später, Fig. 56, 40fach. Vertikalschnitt durch ein von dem Parasiten besetztes Thhallusläppehen der Solorina erocea. M Mark, A die pyramidenförmigen Algengruppen. Die Peritheeien sind theilweise etwa vertikal getroften, theilweise tangential. Vom Grunde der Peritheeien gehen die Mycelfäden z. Th. bis in das Mark hinein, z. Th. halten sie sich auf der Grenze von Mark und Algenschicht auch innerhalb der letzteren. wenn sie sich vergrössern, aus derselben zur Hälfte bis zu Zweidrittel hervor (Fig. 56). Die Perithecienwand baut sich aus zahlreichen Zelllagen auf. Die Wände der äusseren Zelllagen sind ziemlich stark gebräunt, die der inneren farblos. Alle Wandungszellen, die äusseren ausgenommen, führen reichlich Fetttropfen, wenigstens zu der Zeit, wo die Schlauchbildung in vollem Gange ist. Auf Tangentialschnitten (Fig. 57) tritt der pseudoparenchy- matische Charakter des Wandgewebes deutlich hervor. Infolge des Umstandes, dass die äussersten, stark gebräunten Zell- lagen ihre Lebensfähigkeit bald verlieren, können sie dem tangentialen Wachsthum der inneren nicht folgen, und es entstehen ziemlich tiefe un- [71] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 167 regelmässige Risse in derselben, welche die Perithecienwand von aussen höckerig erscheinen lassen (Fig. 56), wenigstens an der freien Seite. Die Peritheeien entspringen von eigenem Mycel, dessen reich und unregelmässig verzweigte und sehr unregelmässig verlaufende Fäden gebräunt erscheinen und daher auf Vertikalschnitten durch den Wirthsthallus ziemlich leicht wahrgenommen werden. Dicht unter den Perithecien bilden® 8 >, 20 l F R i g s Fig. 57, 250 fach. sie- meist ein ziemlich diehtes und daher dunkler aus- Tangential-Schnitt durch das Gewebe der Peritheeium- bis tief in das Mark hinein, hier und da sieht man sie wand, die pseudo- parenchymatische Anordnung derZel- Mark (Fig. 56). In der Algenzone scheinen sich die Hyphen len zeigend. sehendes Geflecht (Fig. 56). Sie gehen unter Umständen auch nur in dem Grenzgebiet zwischen Algenzone und wenig auszubreiten, für gewöhnlich findet man sie nur in dem unteren Theile derselben. Wie schon eingangs angedeutet wurde, können die vorstehend ge- nannten drei Pilze an der Solorina crocea Mischinfeetionen hervorrufen. So sah ich mehrfach auf denselben Thalluslappen Dertia lichenicola und Zeptosphaeria lichenicola angesiedelt und zwar unmittelbar neben ein- ander (Fig. 52). In einem Falle konnte ich das gemeinschaftliche Vorkommen von Mycobilimbia Arnoldiana und Leptosphaeria lichenicola auf der Mitte eines T'hallus eonstatiren, und zwar hatten sich die Perithecien der Letzteren zwischen den Apothecien der Ersteren angesiedelt. Beiderlei Früchte zu unterscheiden ist oft nur mit Hülfe des Microscops möglich. Endlich liess sich in mehreren Fällen beobachten, dass alle drei Pilze auf demselben Thallus zugegen waren, entweder dicht vergesellschaftet oder in Abständen von einander. Da ich die Doppelinfeetion durch Berta und Zeptosphaeria an Solorina Material verschiedener Standorte gesehen habe, so glaube ich, dass dieselbe verbreitet ist. Aber wahrscheinlich werden auch die anderen Combinationen 168 W.Zopf, [72] nicht selten zu finden sein, wenn erst die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt ist. Auf den Apotheecien der So/orina crocea habe ich bis jetzt immer nur die Zeplosphaeria lichenicola angetroffen, niemals die Mycobzlimbia Ar- noldıana oder die Derta lichenicola. XIV. Didymosphaeria sphinctrinoides. Auf Physcia elegans von Sandstein bei Pettneu im Stanzer Thale in Tirol sowie von Dolomitblöcken bei Wolkenstein in Gröden beobachtete Arnold 1894 einen kleinen Parasiten, der auf den Apothecien der Flechte in winzigen schwarzen Früchtchen auftrat. Durch ein von Arnold er- haltenes Pröbchen lernte ich den Pilz kennen. Im folgenden Jahre hatte ich dann selbst Gelegenheit, ihn in sehr schöner Entwickelung an den Porphyrmauern von Oberwinkel bei St. Ulrich in Gröden zu beobachten. Die zu relativ stattlichen, zierlich strahligen Rosetten ausgebildeten Thalli der Physcra, sonst von der bekannten schön rothgelben bis bräunlich- gelben Farbe, machten schon aus einiger Entfernung einen durchaus krank- haften Eindruck, der durch ihr stark missfarbiges Aussehen hervorgerufen wurde. Am auffallendsten war die Verfärbung der Rosetten im Centrum, welches einen mehr oder minder dunkelgrauen Ton angenommen hatte; von hier aus nahm dieselbe dann in eoncentrischer Folge ab, sodass die Rand- zone die gewöhnliche gelbe Farbe, wenn auch meistens in blasserer Form beibehielt. Bei Betrachtung mit der Lupe erkennt man, dass die rauchgraue Färbung der eentralen 'T’halluspartieen in der Hauptsache hervorgerufen wird durch eine massenhafte Production von kleinen schwarzen Früchtehen seitens des Parasiten. Letztere siedeln sich mit Vorliebe auf den zahlreichen älteren dieht gedrängten Apotheeien der Flechte an, bedecken deren Diseus meist förmlich (Fig. 55) und geben ihm hierdurch ein tief-schwärzliches Aussehen; andererseits treten sie aber auch auf den "T'hallustheilen auf, bald mehr zerstreut (Fig. 58), bald mehr in dichter Lagerung, in letzterem Falle ebenfalls eine Schwärzung der betreffenden Wirthstheile bewirkend. Die allmähliche Abnahme der rauchgrauen Färbung vom Centrum des Thallus gegen die Peripherie zu erklärt sich schon daraus, dass das [73] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 169 mit der Flechte in concentrischer Richtung fortwachsende Parasitenmycel, wie andere Pilzmycelien, seine Früchtchen in centrifugaler Folge entwickelt: letztere also nur im Centrum des Mycels am dichtesten auftreten werden. Fig. 58, löfach. Segment eines rosettig-strahlig ausgebildeten Thallus von Physcia elegans mit Apothecien in verschiedenen Altersstadien (von Porphyr). Die Früchtehen des Parasiten sieht man sowohl auf dem Thallus, als auch auf den älteren und jüngeren Apotheeien entwickelt. Die Früchtehen des Parasiten treten in Form von kurz-birnförmigen eiförmigen oder ellipsoidischen Peritheeien auf (Fig. 60 und 61). Ihre Mündungsregion ist entweder gar nicht oder doch nur wenig vorgezogen. Da ihre Länge etwa nur bis 0,24 mm, ihre Breite etwa 0,16—0,2 mm be- trägt, so sind sie für ein gutes Auge höchstens eben noch als feinste schwarze Pünktchen wahrnehmbar. Wie man sich an Vertikalsehnitten dureh befallene Apotheeien über- zeugen kann, entstehen die Peritheeien als kleine rundliche Körper inmitten Nova Actu LXX. Nr. 2. 22 170 W. Zopf, [74] der Sehlauchschieht, brechen ‚aber mit zunehmender Grösse aus derselben hervor und sitzen schliesslich nur noch mit ihrem unteren Theile in der- selben (Fig. 60). Die thallusständigen Perithecien entwickeln sich in der Rinden- schicht, durchbrechen aber diese ebenfalls (Fig. 61). Hin und wieder sieht Fig. 59, 40fach. Fragment eines nicht strahlig Fig. 60, 90fach. Vertikalschnitt durch ein ausgebildeten Thallus der Physcia elegans befallenes jugendliches Apotheeium der mit jugendlichen Apothecien, die auf dem Physeia: In der Schlauchschicht sitzen noch sehr unentwickelten Diseus ein bis Junge und halbentwickelte Perithecien des mehrere jüngere Peritheeien des Parasiten Schmarotzers. tragen. Auf einem Thalluslappen sitzen zwei ältere Perithecien, das grössere mit deutlicher Mündung. man noch Reste des äusseren hindengewebes der Perithecienwand auf- sitzen (Fig. 61). Letztere besteht aus wenigen Zelllagen, deren äussere stark gebräunt erscheinen, besitzt im Uebrigen keine besonderen Eigenthümlichkeiten. Die stets nur ganz kurz gestielten Schläuche weisen im normalen Zustande eylindrische Form auf (Fig. 62 A), beim Liegen in Wasser können sie mehr keulige Gestalt annehmen (Fig. 620). Ihre Membran ist in zwei Lamellen differenzirt, eine äussere in Wasser wenig oder gar nicht quellbare und eine innere quellbare. Beide werden durch Jodjodkalium weder ge- bläut noch geröthet. Während der Beobachtung sieht man bisweilen an reifen Schläuchen die äussere Lamelle (Fig. 62B bei a) gesprengt werden, und gleichzeitig die innere (Fig. 62B bei i) sich stark in die Länge strecken. Am Scheitel [75] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 171 zeigt die innere Lamelle einen deutlichen Porus, der auch dann noch sichtbar bleibt, wenn der scheitelständige Membrantheil aufquillt (Fig. 62). Der Bau der Schlauchmembran ist mithin ein ganz ähnlicher wie der von Z/eospora, Cucurbitaria, Leptosphaeria, Sporornia und anderen Sphaeriaceen. Fig. 61, 60fach. Vertikalschnitt durch ein Fig. 62, 550fach. A 4sporiger Schlauch, Thallusfragment der Physceia mit einigen B ein ebensolcher in Vorbereitung zur Eja- Perithecien des Schmarotzers. eulation, © 6sporiger Schlauch. Was die Sporen anbetrifft, so werden in manchen Schläuchen nur 4, in anderen aber 6 erzeugt, die Sporenzahl ist also auch bei dieser Species on Fig. 63, 960fach. Ejaeulirte Sporen von ver- Fig. 64, 175fach. Ein reifes Peritheeium, schiedener Form. aus dessen Mündung zwei sich zur Ejaculation anschiekende Schläuche herausragen. nieht constant. Die Sporen bieten birnförmige oder weinkern -fürmige Ge- stalt dar, erscheinen stets zweizellig und an der Querwand schwach ein- geschnürt. Die eine Zelle ist stets sowohl länger als auch dieker und 22% 172 ! W. Zopf, [76] ‚dabei meist von bauchiger Form (Fig. 63). Im Schlauche liegen entweder sämmtliche Sporen so, dass die kleinere kegelförmige Zelle nach unten ge- richtet ist (Fig. 62 B), oder aber so, dass ein paar Sporen die kleinere Zelle gegen den Schlauchscheitel hin, die übrigen die nämliche Zelle der Schlauch- basis zuwenden (Fig. 62A, C). Der Inhalt der Sporen führt zur Zeit der Reife stets Fetttropfen; die Membran bleibt auch im Alter farblos, mit Methylenblau wird sie violettblau. Ich fand die ejaculirten Sporen etwa 17,8— 23,6 a lang und 7,1—5 u breit. Da das Untersuchungsmaterial noch ganz frisch war, so nahm ich Veranlassung zu prüfen, in welcher Weise die Sporen aus den Schläuchen herausbefördert werden. Dass dies durch Ejaeulation geschieht, war auf dem bekannten Wege leieht nachzuweisen, es frug sich nur, ob die Sporen simultan oder succedan ejaculirt würden. Um das ermitteln zu können, machte ich dieke Vertikalschnitte durch einige, mit den Perithecien des Pilzes reichlich besetzte Pryscia-Apothecien, und beobachtete diese con- tinuirlich im Wasser unter dem Deckglase bei mässig starker Vergrösserung. Es dauerte nur etwa 20—25 Minuten, so sah ich auch schon aus der Mündung einiger intaet gebliebener Peritheeien eine Schlauchspitze die Mündung passiren und sich allmählich bis zu einer gewissen Länge strecken. Die Sporen waren dabei hinter einander gelagert (Fig. 64). Dann öffnete sich der Schlauch am Scheitel, und es flog eine Spore in das umgebende Wasser. Gleichzeitig trat eine kleine Verkürzung am Schlauche ein. Nachdem der- selbe wieder die frühere Länge erreicht hatte, ejaculirte er abermals eine Spore und so fort, bis alle Sporen entleert waren. Jetzt zog sieh die Schlauchwand ins Peritheciuminnere zurück. Durch diese direkte Beobachtung ist mithin sicher gestellt, dass der Pilz zu den suecedan ejaculirenden gehört, also der /Xeospora Scirpi und der Zeptosphaeria Lemaneae an die Seite zu stellen ist, für die Pringsheim und Woronin den gleichen Vorgang festgestellt haben. Häufig sieht man, dass wenn der Scheitel des ersten Schlauches ein Stück über die Mündung hinaus ist, sich auch schon einen zweiten, eventuell bald sogar einen dritten sich hervordrängen (Fig. 63). In einigen Fällen dieser Art erfolgte an dem einen oder dem anderen Schlauche keine Eja- eulation, sondern die Entleerung ging in abnormer Weise vor sich. Das [77] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 175 herausragende Schlauchstück bog sich nämlich um, verquoll wie es schien und öffnete sich dann anstatt am Scheitel ziemlich weit unterhalb desselben, etwa an der Grenze der Perithecienmündung. Aus dem gebildeten Riss traten dann eine oder auch ein paar Sporen heraus. Ich möchte dieses abnorme Verhalten darauf zurückführen, dass die Schläuche. wenn sie sieh zu 2 oder 3 durch die enge Mündung hindurch- zwängen, einen starken Druck aufeinander ausüben, bei dem der eine oder der andere dann so alterirt wird, dass er unterhalb des Seheitels platzt. Das schnelle Siehhervordrängen mehrerer Schläuche dureh die kleine Mündung erklärt sich wohl aus dem direkten Liegen der Früchtchen in Wasser. Dasselbe dringt schnell in letztere und in die Schläuche ein, die reifen beginnen sich daher sofort zu strecken und müssen sich nun einen Ausweg suchen. In der Natur kommen dergleichen Erscheinungen vielleicht auch vor, etwa wenn die Früchtehen durch starke Regengüsse unter Wasser gesetzt werden. In feuchter Luft ejaculiren die Schläuche normal, die Sporen lassen sich daher an Deckgläsern auffangen. Alle ejaculirten Sporen sind von einem schleimigen mit feinen Körnchen besetzten Hofe umgeben, was bei einer der Sporen in Fig. 63 angedeutet ist. Zwischen den Schläuchen befinden sich zahlreiche feinfädige un- regelmässig verzweigte und förmlich durcheinander gewirrte Paraphysen (Fig. 65). Sie sind, wie man nach Behandlung mit Jodjod- I kalium sieht, in gestreckte Zellen gegliedert und nur etwa IN Üj se 0,88-—1,78 u diek, übrigens farblos. In ihren Membranen Lil ist ebenfalls kein mit Jod sich bläuender oder röthender BEN Stoff vorhanden. \ Auf Grund der angeführten Charaktere kann kein Zweifel sein, dass der Pilz zur Gattung Didymosphaeria 7 . » 1 ap’an » . » ahsir im Sinne der Winter’schen Bearbeitung gehört und der fig. 65, 550 fach. D. sphinctrinoides (Zwackh, Flora 1864 p. 88) sehr ähnlich Paraphysen. ist, denn die wenigen von Zwackh angegebenen Merkmale „Schläuche eylindrisch, schmal, 6—8sporig, 74— 78 u lang, 10 — 12 u breit; Sporen zweizellig, farblos, 18—22 u lang, 6—7 « dick; Paraphysen fädig, getrennt“, stimmen vollständig auf vorlingenden Pilz. Nur das Substrat (Thallus von 174 W. Zopf, [78] Lecanora subfusca) ist ein anderes. Ich wollte jedoch beide Objecte nicht identifieiren, bevor ich nicht den Zwackh’schen Parasiten genau verglichen hätte. Das ist jetzt an einem von Herrn Dr. Arnold mir freundlichst geliehenen Original, von Zwackh bei Heidelberg auf Z. subfusca var. campestris gesammelt, geschehen, und ich kann nur sagen, dass es mir nicht möglich gewesen ist, irgend einen erheblichen Unterschied aufzufinden. Der ächte Zndococeus sphinctrinoides Zwackh bildet ebenfalls kurz birnförmige oder ellipsoidische, glänzend schwarze Perithecien (Fig. 66) von etwa 0,1—0,18 mm Durchmesser. Sie finden sich auf jeder 'Thallusschuppe zu mehreren, hie und da in Gesellschaft der Apothecien eines anderen, zu den Discomyceten gehörigen Schmarotzers, der Mycobilimbiae subfuscae (Arnold) (Fig. 65M). Anfangs eingesenkt, ragen sie später bis Fig. 66, 12fach. Fragmentchen yur Hälfte und mehr über die T'hallusoberfläche eines Thallus von Lecanora sub- & { . > fusca var. campestris Schaer. hervor. Die Zecanora-Apotheeien scheint der Pilz Die rundlichen schwarzen Punkte stellen die Peritheeien von Yndo- coceus sphinetrinoides Zw. dar, Die Schläuche weisen eylindrische Gestalt die kleinen Becherfrüchtchen bei x : . R M gehören zu Mycobilimbia sub- Auf, sind am Scheitel breit gerundet und messen fuscae (Arnold). L ist ein Apo- etwa 71—79 «a in der Läng& und 11—13,3 a in theeium der Lecanora. stets zu meiden. der Breite. Ich habe sie stets 6sporig gefunden, Zwackh auch 8sporig. Die Sporen sind meist einreihig gelagert, weinkern- fürmig, 2zellig, farblos von etwa 19,6— 21,4 « Länge und 7,14 u Breite. Die eine Zelle erscheint stets etwas breiter und länger als die andere. Zwischen den Schläuchen bemerkt man zahlreiche feinfädige unregelmässig verzweigte, hier und da mit Anastomosen versehene Paraphysen (Fig. 67), die eine deutliche Gliederung in gestreckte Zellen meist erst bei Anwendung von Jodjodkalium zeigen und gewöhnlich nicht über 1 «, hier und da bis 1,78 a diek werden. Weder die Schlauch- noch die Paraphysen - Membranen enthalten ein mit Jodjodkalium sich bläuendes oder ein damit sich röthendes Kohlehydrat. Das alles sind Merkmale, die wir auch bei dem Parasiten der [79] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 175 Physcia elegans vorfinden. Da aber der letztere nur 4 resp. 6 Sporen in seinen Schläuchen erzeugt, der Pilz von Zecanora subfasca dagegen immer 6- oder Ssporige Schläuche zu enthalten scheint, so haben wir doch viel- leicht schon eine Varietätenbildung ähnlicher Art vor uns, wie bei Xeno- sphaeria geographicola (Arnold). Jedenfalls ist auch im vorliegenden Falle die Variation resp. Differenz in den Sporenzahlen, die Brefeld so gänzlich Fig. 67, 300fach. Herausgedrückter Nucleus mit 6sporigen Schläuchen und Paraphysen. Links sieht man Fragmente der letzteren bei 550facher Vergrösserung. ignoriren zu müssen glaubt, wiederum eine ganz bemerkenswerthe. Es _ empfiehlt sich daher vielleicht, den Pilz auf Physca elegans von dem auf Lecanora subfusca als Didymosphaeria sphinctrinoides var. physicola zu unter- scheiden. D. sphinctrinoides bildet übrigens seine Peritheeien niemals, wie es scheint auf den Apothecien der Zecanora subfusca aus, während die var. Physicola auf den Physcia-Apotheeien massenhaft Perithecien producirt. Grösste Aehnlichkeit mit Didymosphaeria sphinctrinoides (Zwackh) zeigt eine Didymosphaeria, welche ich auf dem Thallus einer wasser- bewohnenden Verrucarıa und zwar der V. pachyderma (in der Rosanna- schlucht bei St. Anton am Arlberg auf Gmneissgeschieben gesammelt) spär- lich vorfand. Die kurz birnförmigen oder ellipsoidischen winzigen, mit brauner Wandung versehenen zerstreuten Perithecien führten cylindrische Schläuche, welche theils 4, theils 6 Sporen erzeugten (Fig. 68) und etwa 12,5 « diek waren. Ihre Wandung gab mit Jodjodkalium weder Blau- noch Rothfärbung. Die zahlreich vorhandenen, die Schläuche überragenden Para- physen (Fig. 68) waren unregelmässig und sparrig verzweigt, feinfädig, etwa 176 W. Zopf, [50] 1—1,4 a diek und zeigten sich, mit Jodlösung be- handelt, in gestreckte Zellen gegliedert. Die zwei- zelligen farblosen an der Scheidewand eingeschnürten Sporen hatten etwa 17,5—19,6 u Länge, 7,14—8 u Breite, ihre obere Zelle war länger und dicker als die untere (Fig. 68). Alle diese Merkmale stimmen genau für D. sphinetrinoides, von der ich den Pilz Fig. 68, 550faeh. 4sporiger Nöchstens als var. Verrucariae unterscheiden möchte, Schlauch und Paraphysen obwohl das Vorkommen auf einer Wasserflechte v. Didymosphaeria sphinc- , a m , trinoides var. Verrucariae. immerhin ein eigenthümliches ist. In naher Verwandtschaft zu Didymosphaeria sphinctrinoides scheint ferner eine Didymosphaeria zu stehen, welche ich von Dr. Arnold auf Aspicılia laevata Ach. forma albicans Arnold!) von Gneissgeschieben im Bett der Fig. 69, Ein Thallusstück von Fig. 70, 12fach. Fragmentchen eines Thallus von Aspicihia laevata f. albicans, Aspierlia laevata f. albicans. Man sieht die das fleekenartige Auftreten des Früchtehen des Parasiten auf den Thallusschollen Pilzes auf der Mitte und am sitzen, bei a und b auch am Rande wie auf der Rande des Thallus veranschau- Scheibe der Apotheecien. lichend. Natürliche Grösse. Rosanna bei St. Anton am Arlberg erhielt. Die Untersuchung, welche so- gleich an frisch gesammeltem Material vorgenommen wurde, ergab Folgendes: 1) Lichenologische Ausflüge in Tirol XXV. [S1] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 177 Das Auftreten des Pilzes auf dem Thallus der genannten Flechte ist insofern ein ganz charakteristisches, als er daselbst augenfällige Flecke von dunkel-aschgrauer bis schwärzlicher Farbe erzeugt, die zu der weiss- lich-grauen Färbung der Flechte in einigem Kontrast stehen (Fig. 69). Ihre Breite betrug ',—2 em. Wo diese Flecke sich ungehindert entwickeln können, was auf der Fläche des T'hallus der Fall ist, pflegen sie etwa kreisförmige Gestalt anzunehmen (Fig. 69), während sie am Thallusrande mehr in Form von schmäleren oder breiteren Säumen auftreten (Fig. 69a). are S Ar N FEIERTEN indie TER Te, £ N en ER Pe Be 27 Fo nie Hd Fig. 71, 60fach. Vertikalschnitt durch eine Thallusscholle und ein Apothecium ap der Flechte mit 4 Perithecien des Parasiten, von denen 2 in der Rinde, 2 in dem Hymenium ap sitzen. Die graue Färbung aller dieser Stellen beruht darauf, dass der ent- sprechende Thallustheil mit zahlreichen winzigen Perithecien besetzt und daher wie punktirt erscheint. Bei Betrachtung mit der Lupe sieht man die Früchtehen den Areolen der Flechte aufsitzen, meist in grösserer Zahl (Fig. 70), oft sogar ganz dieht gedrängt, sodass sie die Areolenfläche vollständig bedecken. Anfangs eingesenkt, treten sie später etwa zur Hälfte über die 'Thallusoberfläche hervor. Aber auch am Rande der Apotheeien sowie selbst auf der Scheibe derselben können sie auftreten (Fig. 70a, b). Ihr Durehmesser beträgt bis 0,26 mm. Auf Vertikalschnitten durch den Wirthsthallus erkennt man, dass die Gestalt eine kurz birnförmige oder ellipsoidische ist und die Früchtehen in der Rinde sitzen (Fig. 71). Die Wandung erscheint dunkelbraun und von derber Beschaffenheit. In den etwa eylindrischen, beim Liegen im Wasser des Objeetträgers sich gegen die Mitte oder Basis hin meist etwas weitenden Schläuchen Nova Acta LXX. Nr. 2. 23 178 W. Zopf, [52] zählte ich stets 8 Sporen (Fig. 72). Die beiden Zellen erscheinen auch hier etwas ungleich, die im Schlauche nach oben gerichtete ist stets breiter als die andere, dabei meist auch etwas kürzer (Fig. 72). Häufig erscheinen die Sporen etwas ungleichseitig. Ihre Länge bestimmte ich zu 18.4 bis 21,4 a, die Breite zu 6,6 —7,6 u. Die verzweigten Paraphysen haben die- selbe Beschaffenheit wie bei den vorausgehenden Formen, sind aber weniger zahlreich. Ihre Membranen färben sich ebenso wenig wie die Schlauchmembran mit Jodlösung roth oder blau. Der Durchmesser betrug 1,5—2,7 u. Von D. sphinctrinoides weicht der Pilz nur darin ab, dass seine Schläuche nicht genau eylindrische Gestalt zeigen und die Paraphysen viel weniger zahlreich, dabei auch etwas dieker sind. Vielleicht liegt eine blosse Sub- Fig. 72, 550fach. RechtseinSchlauch mit 8 Sporen, links 1896 p. 317 gethan habe, als var. aspzeiliicola bezeich- einzelne Sporen, strats-Varietät vor, die man, wie ich es schon in Hedwigia nen könnte. Auf dem Thallus von Aspieila laevata f. albicans kommt nach Arnold eine Arthopyrenia Verrucariarum Arn. vor, die nach seiner kurzen Beschreibung) der D. sphrnetrinoides var. aspiciliicola ähnlich ist, aber keine Paraphysen und schmälere Sporen hat, also keine Didymosphaeria, sondern eine Pharcidia darstellt. XV. Sphaerellothecium araneosum. Unter den Krusten von Zecanora badia, welche ich im August vorigen Jahres auf Porphyrblöcken des Raschötzmassivs in Gröden für eine Unter- suchung auf Flechtensäuren sammelte, fand sich bei späterer näherer Be- sichtigung ein Exemplar, welches reichlich mit einem sehr kleinen Parasiten besetzt war. Seinen Sitz hatte er hauptsächlich auf den Apotheeien der Flechte, von denen kein einziges verschont wurde, doch wanderte er hier und da auch auf die Thalluswarzen über. Dem blossen Auge entgeht er vollständig. Erst bei starker Lupenvergrösserung bemerkt man auf den ') „Rundliche dunkle Flecken bildend: Apoth. numerosa, emersa, perith. fuseum, sporae incolor. 1 sept., elongato-obl. 18:5 « in aseis eylindraceis,“ [53] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 179 Hymenien der Zecanora zahlreiche feine schwarze Pünktchen, die Perithecien des Schmarotzers (Fig. 75). Auf dünnen Flächenschnitten durch das Hy- menium treten uns dieselben als kugelige Körperchen entgegen, welche auf einem aus braunen dieken Hyphen be- stehenden, daher sehr augenfälligen Myeel sitzen (Fig. 74). Dasselbe ist reich und sehr unregelmässig verzweigt, dabei zeigen die_Hyphen niemals geraden Verlauf, sondern überall Krümmungen und Knie- bildungen (Fig. 74). Bei Betrachtung mit der Lupe möchte man glauben, dass das Mycel sich vollkommen oberflächlich befinde, der Pilz also epiphytischen Charakter . _, i & Fig. 73, 12fach. Gruppe von Apothecien habe, allein wenn man feine Vertikal- der Lecanora badia von oben gesehen, in der Mitte kleine Thalluswarzen. Auf dem Hymenium der Apotheeien zahlreiche Apotheeium macht, überzeugt man sich Perithecien des une in Form von Punkten. schnitte durch ein befallenes Zecanora- sofort, dass der Sitz des Mycels sich innerhalb des Hymeniums befindet, allerdings in der oberfläch- lichsten Schicht derselben (Fig. 75). Dabei breitet sich dasselbe nahezu in einer Fläche aus, sendet also nicht etwa Aeste nach abwärts tiefer zwischen Schläuche und Paraphysen hinein. Fig. 74. Mycel und Perithecien des Parasiten 60fach vergr. (Stück eines sehr dünnen Flächenschnittes durch das Lecanora-Hymenium). 180 W. Zopf, [54] Die Scheitelzellen der My- celäste gliedern zunächst zwar verlängerte Zellen ab (Fig. 76), letztere werden indessen durch intercalar auftretende (@uerthei- lungen sehr bald in kürzere, sich mehr oder minder stark gegen einander einschnürende Zellen ge- Fig. 75, 40fach. Vertikalschnitt durch ein Apo- gliedert, deren Wände sich all- theeium der Lecanora badia. Man sieht die durch- mählich verdieken und bräunen geschnittenen Mycelfragmente und die Perithecien Bere in der oberflächliehsten Schicht des Hymeniums (Fig. 76). sitzen (nieht oberflächlich), a Algenzone. Ich habe schon erwähnt, dass der Verlauf der Mycelhyphen und ihrer Aeste ein vielfach gebogener und gekrümmter ist, was sich namentlich an den älteren T'heilen des Systems bemerkbar macht, wo die Hyphen sich nieht bloss nach rechts und links, SEEN sondern auch nach oben und unten | hin biegen. Diese Erscheinung er- klärt sich daraus, dass die Hyphen, wie gesagt, in einem zähgallertigen _“ Hymenium liegen, welches vermöge seiner Consistenz der Verlängerung der Fäden einen gewissen mecha- nischen Widerstand entgegensetzen muss. Es ist schwer, die Hyphen durch Druck aus der Gallertmasse herauszubringen. Starke Fettspeiche- Fig. 76, 400fach. Fragment von der Peripherie eines Mycels. Die grösseren Kreise bezeichnen durchschnittene Schläuche, die kleineren dureh- mit verdiekten und gebräunten Mem- schnittene Paraphysen der Lecanora (Flächen- s P md sehnitt durch ein befallenes Lecanora - Apo- branen in der Regel antrifft, wir rung, wie man sie sonst in Mycelien Iherium), hier übrigens vermisst. Besondere haustorienartige Organe, mittelst deren sich der Pilz etwa an den Schläuchen oder Paraphysen festheften könnte, wie es z. B. bei Melano- spora Didymariae Zopf der Fall ist, werden nicht erzeugt. Da das Mycel in dem Hymenialschleim eingebettet liegt, also an allen 'T'heilen seiner [85] _Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 181 Oberfläche Nahrung aufnehmen kann, wären solche Bildungen wohl auch überflüssig. An den Mycelien entstehen in ausserordentlich grosser Anzahl rund- liche, mit Mündung versehene Perithecien (Fig. 74 und 77). Ihre Form ist eine kugelige oder höchstens eine sehr kurz ellipsoidische (Fig. 77). Während bei anderen Sphaeriaceen solche Früchtchen sieh meist über das Niveau des Mycels erheben, senken sie sich in vorliegendem Falle mehr oder weniger unter dasselbe hinab, was man an Vertikalschnitten be- fallener Zecanora-Hymenien deutlich erkennen kann (Fig. 75 und 77). Man Fig. 77, 250fach. Stückchen eines mit dem Pilze besetzten Vertikalschnittes durch ein Lecanora-Hymenium. Das dieht unter der Oberfläche des Letzteren liegende Mycel trägt ein reifes herabhängendes Perithecium, aus dessen Mündung eben ein Schlauch hervor- Fig. 78, 540fach. Mycelfäden mit jüngsten getreten ist, und rechts wie links davon Perithecienanlagen. Jüngere Peritheciumanlagen. wird durch diese auf den ersten Blick etwas sonderbare Erscheinung etwa an Kürbispflanzen erinnert, die auf horizontalem Spalier gezogen ihre Früchte herabhängen lassen. Erklärlich wird diese Lage einerseits wohl dadurch, dass die Früchtchen sich vermöge ihrer Schwere in die Gallert hinabziehen, andererseits wohl auch dadureh, dass die Grenzschieht der Gallert infolge Berührung mit der Atmosphäre zu zäh geworden ist, als dass die Perithecien sich nach dieser Riehtung hin entwickeln könnten. Der Entwiekelungsgang der Perithecien, welcher sich ziemlich vollständig verfolgen liess, verläuft folgendermaassen : Halbentwickelte Früchtehen machen infolge ihrer meist gerundeten Form auf den ersten Blick den Eindruck, als wären sie ihrem Ursprunge nach ächte Gewebekörper (Fig. 79); allein eine nähere Untersuchung 182 W. Zopf, [56] lässt deutlich erkennen, dass es sich eigentlich um Hyphenfrüchte handelt. Die ersten Anlagen entstehen in der Weise, dass an einem Mycel- faden eine beliebige Zelle ein kleines Seitenästehen treibt, das sich sofort an den Faden ganz eng anschmiegt und quertheilt (Fig. 78 Iz); oder es treten etwa gleichzeitig an 2—4 neben einander liegenden Mycelzellen Kurz- ästchen auf, die sich ebenfalls an den Faden oder an einander anschmiegen und sich sehr bald durch Querwände theilen (Fig. 78 ID). Es kann aber auch geschehen, dass 2—4 neben einander liegende Mycelzellen sich erst in der Querrichtung stark strecken und dann in Richtung der Fadenachse theilen, wodurch kleine Zelltlächen entstehen (Fig. 78 IHla). An diesen Zellen wie auch an benachbarten treten dann Kurzästchen auf, die sich jenen dicht anschmiegen und ihrerseits quertheilen (Fig. 78 Ill z). Der eigentliche Charakter der Anlagen liegt also in der Kurzzweig- bildung, der Theilung und dem Sichanschmiegen oder Zusammenschmiegen der Kurzäste. Diese Processe setzen sich weiter und weiter fort, sodass die Zelleomplexe allmählich sich vergrössern. Sie nehmen dabei meist aus- gesprochen gerundete Formen an (Fig. 79), und nur ab und zu sieht man einen oder den anderen angeschmiegten Kurzast sich etwas über die Ober- fläche des jungen Fruchtkörpers erheben. Ein Auswachsen einzelner Kurz- äste oder einzelner Zellen zu haarartigen oder rhizoidenartigen Anhängen findet nicht statt. Da die Hymenialgelatine des Zecanora-Hymeniums sich eben so gut schneiden lässt, wie etwa Celloidin oder Paraffin, so erhält man auf feinen Flächen- oder auch Vertikalschnitten durch jene hier und da auch gute Querschnittsbilder der Peritheeiumanlagen (Fig. 850). Sie lehren, dass die centrale Partie etwas vorgeschrittener Zustände aus einem pseudoparenchy- matischen Gewebe besteht, welches im Gegensatz zu der in nur einer Zell- lage sich ausbildenden und dabei, namentlich an den Aussenwänden, sich bräunenden und verdiekenden Rindenschicht zartwandig und farblos erscheint (Fig. 80). Im weiteren Verlaufe der Entwiekelung entsteht im Centrum dieses Gewebes ein Hohlraum, in welchen hinein von den angrenzenden Zellen Schläuche getrieben werden. Paraphysenbildung fehlt gänzlich. Auch von Periphysenbildung habe ich nichts Sicheres sehen können. Auf [57] Untersueh. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 183 Quersehnitten durch reife Peritheeien sieht man, dass die Wandung aus nur » einer Lage von gebräunten Zellen besteht, auf die nach innen hin ein bis zwei Lagen farbloser und dünnwandiger Zellen folgen (Fig. 50). Solche Querschnitte lassen auch erkennen, dass die Zahl der Schläuche nur gering ist (Fig. 80). Fig. 80, 540fach. Querschnitt durch ein jüngeres und ein reifes Perithecium. Fig. 79, 540fach. Halbentwickelte rundliche Fig. 81. Schlauch mit 8 Sporen, 540 fach. Peritheeien mit ihren Myceltheilen. Bei a Einzelne Spore, 960fach. noch recht deutliche Hyphenstruetur. Letztere zeigen bauchige Form, sind kaum gestielt und produeiren, wie ‘es scheint, stets 8 Sporen (Fig. 81). Ihre Wandung färbt sich mit Jod weder blau noch roth. Die Sehlauchsporen besitzen eiförmigen Gesammtumriss und bestehen aus einer bauchigen und einer mehr konischen Zelle. Im Schlauche sind sie der Regel nach so gelagert, dass die letztere nach der Schlauchbasis hingewendet erscheint. An der Grenze beider ist eine schwache Ein- schnürung vorhanden. Bei der Reife tritt starke Bräunung der Membran ein. In der Länge messen die Sporen etwa 125—14,3 a, in der Breite etwa 5,4 u. In Freiheit gesetzt werden sie dadurch, dass die Schläuche sich ver- längern, bis sie aus der Mündung herausragen (Fig. 77), worauf sie sich 154 W. Zopf, [58] öffnen; doch habe ich nicht feststellen können, ob simultane oder succedane Ejaeulation erfolgt. Da der Schlauchscheitel indessen keine Porenbildung zeigt, darf Ersteres vermuthet werden. Was die systematische Stellung des Pilzes anbetrifft, so haben wir es ohne Zweifel mit einer Sphaerelloidee (Winter) zu thun. Von Tichotheciwn unterscheidet er sich schon durch den Mangel an Periphysen, wie durch Zahl und Form der Schlauchsporen; von ZDiscothecrum, wie ich es oben (p. 131) definirte, ebenfalls schon durch die Beschaffenheit des Ge- häuses und die Form der Sporen. ZPharcidia hat farblose, Ascospora eben- falls farblose, meist einzellige Sporen, Sizerzatea, die Winter fälschlich zu den Sphaerelloideen brachte, führt Paraphysen, Sphaerulina besitzt mehrzellige Sporen, Zaestadia einzellige. Es bliebe also nur noch die Gattung Sphaerella übrig. Aber auch zu dieser will der Pilz wegen des Baues und Entwiekelungsganges seiner Perithecien, seiner stark gebräunten Sporen und seiner Mycelbeschaffenheit nicht recht passen. Gleichwohl führt Winter eine Sphaerella araneosa Rehm auf, welche, von Arnold auf dem Thallus und dem Apothecienrande von Ochrolechta pallescens var. upsaliensis sowie auf Varzicellaria rhodocarpa an verschiedenen Stellen in den Tiröler Alpen (Serlosgruppe, Gurgl, Finsterberg, Mittelthal) gefunden und in Rehm, Ascomyceten Nr. 133 sowie in Arnold Exs. 646 herausgegeben, nach der bei Winter (p. 356) sich findenden Diagnose mit meinem Pilze vollständig übereinstimmt. W. fügt aber auch schon hinzu, dass die Species bei Sphaerel/a nicht gut unterzubringen sei, ebenso wenig bei 7rchothecium. üs wird also wohl am Besten sein, eine neue Gattung aufzustellen, für die ich den Namen Sphaerellothecium vorschlage, um die Mittelstellung zwischen Sphaerella und Tichothecium anzudeuten. Der Charakter der Gattung würde in folgenden Merkmalen gegeben sein: „Myeel endophytisch in der Fläche. ausgebreitet, wie bei Ascospora, aber nieht flächen- oder strangförmig, aus weitlumigen, durch intercalare Theilung kurzgliedrig ‘werdenden, braunen Zellen gebildet. Perithecien eingesenkt, schliesslich höchstens mit dem Scheitel das Substrat durch- brechend, ohne vorgezogene Mündung, ohne verbreiterten Scheitel und ohne Triehombildungen, kugelig oder höchstens kurz ellipsoidisch, mit dünner hautartiger Wandung, von der nur die äusserste Zelllage gebräunt erscheint; [89] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 185 Paraphysen- und Periphysenbildung fehlend. Schläuche in re- lativ geringer Zahl, 8sporig, ejaculationsfähig, am Scheitel ohne Porus.“ In Sphraerellotheciwn araneosum (Rehm) haben wir einen Parasiten vor uns, der nicht mit den Algen der Wirthsflechte in Berührung tritt. Bei seiner Vegetation in dem Hymenium von Zecanora badia bildet er jeden- falls Stoffe, welche auf die Schläuche schädliche Wirkungen zu äussern im Stande sind. Denn diese Organe zeigten in den von mir beobachteten Fällen durchaus abnormes Aussehen und brachten es nieht zu normaler Sporenbildung. XVI. Rosellinia alpestris. Auf einer Excursion, die Herr Dr. Arnold mit mir von St. Ulrich aus nach dem Grödener Joche unternahm, fanden wir an Dolomitblöcken Fig. 83, 60fach. Aus dem Thallus hervorgebrochene Perithecien des Parasiten, das eine vom Scheitel aus, die beiden anderen von der Seite gesehen. Fig. 82, 12fach. Vier Thallusschuppen von Acarospora glaucocarpa, jede mit einer kleinen Anzahl von Perithecien des Pilzes besetzt, die etwas über die Oberfläche des Thallus hervorragen. der Ferrare-Alpe Exemplare der Acarospora glaucocarpa, die mit feinsten schwarzen Pünktchen besetzt waren. Dieselben präsentiren sich unter der Lupe als mit Mündung ver- sehene Perithecien, welche bald mehr vereinzelt, bald in Gruppen aus der Oberfläche der 'Thallusschuppen hervorbrechen (Fig. 82 und 83). Auf die nur spärlich vorhandenen grossen Apotheeien der Flechte ging der Pilz nicht über. Nova Acta LXX. Nr. 2, 24 186 W. Zopf, | [90] Bevor ich nun den Parasiten weiter bespreche, muss ich den Bau des fertigen Acarospora-Thallus kurz skizziren. Vertikalschnitte durch die T'halluslappen lassen ein ziemlich kräftig entwickeltes Mark (Fig. 54 M) und eine etwa eben so dieke Rinde (Fig. 54 R) erkennen. Dicht unterhälb der Oberfläche der letzteren ver- EEAENN NE a Gr Ts NIE, nee Fig. 84, 40fach. Vertikalschnitt durch eine von dem Parasiten befallene Thallusschuppe der Acarospora glaucocarpa. M Mark, A Algenzone, R Rinde, in derselben die Farbstoffzone f. Innerhalb der Rinde ein junges Perithecium (a), bei b und e aus der Rinde hervorgebrochene, etwa median getroffene, reife Perithecien. läuft parallel zu derselben ein schmales, auf dünnen Sehnitten schwach rothbraun gefärbtes Band (Fig. S4f). Hier ist der Sitz des Farbstoffes zu suchen, der den 'Thallusschollen ihre braune Färbung verleiht. Zwischen Rinde und Mark liegt die mächtig entwickelte Algenzone (Fig. 84 A). Die Algengruppen ragen in sonderbaren Formen in die Rinde hinein, insofern sie baum- oder strauchartig-configurirte Massen bilden, die etwa senkrecht zur T'hallusoberfläche stehen. An ihren peripherischen Thheilen, also da, wo das Licht direkt auf sie wirken kann, zeigen sie lebhaft grüne Färbung. Nach rückwärts nimmt dieselbe an Intensität ab und die basalen wie auch die mittleren Theile solcher Strauchgebilde erscheinen farblos, offenbar weil aus Mangel an Licht die Algenzellen ihr Chlorophyll allmählich verlieren und absterben. In den so gebauten Thhallusschuppen siedelt sich nun der Pilz in der Weise an, dass er die obere Hälfte des T'hallusquerschnittes occupirt (Fig. 54). Seine Perithecien entstehen stets in dem algenfreien Theile [91] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgernfenen Krankheiten d. Flechten. 187 der Rinde (Fig. Sta), um mit zunehmender Grösse die Oberfläche derselben zu durchbrechen (Fig. 84 b ce). Im reifen Zustande sind sie kurz- und breit- birnförmig oder eiförmig, am Scheitel flach gerundet oder auch abgestutzt. Ihre Wandung besteht im unteren und seitlichen Theile aus etwa 6—8 Lagen ziemlich kleiner, derbwandiger gebräunter Zellen, an die sich nach innen noch ein paar Lagen farbloser anschliessen. Von letzteren entspringen haarartig feine, spärlich verzweigte, etwa 0,8—1,5 « breite Fäden, welche sich theils als Paraphysen (Fig. 85) zwischen die Schläuche einschieben und diese etwas überragen, theils als kürzere Periphysen den obersten T'heil der Perithecienwand gegen die Mündung hin auskleiden. Die kaum gestielten, länglich eiförmigen Schläuche sind etwa 45 — 50 « lang und 22 bis 25 « breit. Sie führen, wie es scheint, stets 8 Sporen (Fig. 85). Ihre Wandung enthält pie. 35, 540fach. Schläuche, Para- einen mit Jodjodkalium roth werdenden Stoff. physen und Sporen des Parasiten. Die einzelligen, mehr oder minder breit ellipsoidischen, eiföürmigen oder seltener auch bohnenförmigen Sporen besitzen eine derbe dunkelbraune sculpturlose Wandung und führen im Inhalt reichlich Fett. Ihre Länge be- Ekel 17% Das Mycel, von welchem die Früchtehen entspringen, ist nur in der trägt etwa 11,5—16 a, ihre Breite 7,5 unmittelbarsten Umgebung der Peritheeien, wo es schwach bräunliche Färbung besitzt, wahrzunehmen und von den Rindenhyphen der Flechte zu unter- scheiden. In einiger Entfernung von den Früchtehen erscheinen die Hyphen des Schmarotzers mit den Hyphen der Flechte selbst auf den feinsten Schnitten so conform, dass sich eine Differenz nicht bemerken lässt. Auch durch Reagention eine Unterscheidung herbeizuführen gelang nicht. Ich habe auch noch andere Fälle beobachtet, wo Parasitenhyphen und Flechten- hyphen morphologisch und chemisch anscheinend genau denselben Charakter tragen, eine Erscheinung, die wohl weitere Beobachtung werth ist. Obwohl die Früchtehen des Pilzes den Algen der Flechte vielfach unmittelbar benachbart, häufig sogar an ihrer Basis von den Algengruppen ganz dicht umschlossen sind, so werden doch die Algen durch den 24* 188 W.Zopf, Untersuch. üb. die durch parasit. Pilze hervorgeruf. Krankheiten d. Flechten. [92] Schmarotzer augenscheinlich nicht geschädigt, wie man aus ihrer lebhaft grün bleibenden Färbung wohl schliessen darf. Aus den oben genannten Gründen lässt sich ein Umsponnenwerden der Alge seitens der Pilzhyphen freilich nicht direkt constatiren, obwohl ein solches bei der engen Be- rührung der Algengruppen mit den Peritheeien (Fig. 84) sicher statt- finden wird. Auf Grund der angegebenen Merkmale ist der Pilz zu den Sphae- riaceen und zwar zu den Melanommeen zu stellen. Man könnte, wenn man die Einzelligkeit der braunen Sporen, die Gegenwart von Para- physen, die Beschaffenheit der Schläuche und den Bau der Perithecien- wandung in Betracht zieht, schwanken zwischen den Gattungen Aosellnia und Müllerella Hepp.') Allein da letztere statt der Achtzahl Vielzahl der Sporen aufweist, auch keine deutlichen Paraphysen besitzt, so ziehe ich vor, den Pilz bei Aosel/inia unterzubringen und ihn als Kosellmia al- pestris zu bezeichnen. Von den eingangs dieser Arbeit besprochenen Ao- sellinia Grödensis weicht er schon durch die bauchige Form der Schläuche, die Form und Grösse der Sporen sowie auch durch die Beschaffenheit der Paraphysen und den Mangel an Gemmenbildungen ab. !) In J. Müller, Prineipes de Classification des Lichens (Mem. de la soc. de phys. et d’hist. nat. de Geneve t. XV. Tafel I. 190 W.Zopf, Untersuch. üb. die durch parasit. Pilze hervorgeruf. Krankheiten d. Flechten, [94] Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. ig. 14. nen 10! ig. 11. ig. 12. .13. lo: 16: 7. Tafel 1. Fig. 1-3. Discothecium macrosporum (Hepp). 12fach. Einige Thallusschüppchen von Leeidea incongrua nebst einem Apotheecium a. Auf den ersteren sieht man wenige bis mehrere dunkle Punkte, welche die Peri- thecien von Discothecium macrosporum vepräsentiren. 60fach. Vertikalschnitt durch eine solche Thallusschuppe mit den Peritheeien des Discothecium, welehe nahezu median getroffen sind. 750fach. Ein 8sporiger Schlauch des Pilzes. Bei sp 2 Sporen. Fig. 4—7. Tichothecium pygmaeum (Körber). 12fach. Ein Thallusfragment von Catocarpus alpicolus (vom Brockengipfel). Die am Rande der Thallus- Areolen sitzenden grösseren Punkte gehören dem Ticho- thecium pygmaeum an, die kleineren bei a befindlichen und über ein paar Thallus- areolen zerstreuten Punkte stellen die Perithecien von Discotheeium Stigma (Körb) dar. 540fach. Reifer Schlauch. 960fach. Einzelne Sporen. 540fach. Periphyse aus dem oberen Theile des Peritheeiums. Fig. 8—17. Xenosphaeria geographicola (Arnold). 12fach. Ein kleiner Thallus von Rhizocarpon geographieum mit zahlreichen in der Mitte dieht gehäuften Peritheeien des Parasiten. 60fach. Eine Areolengruppe desselben Rhizocarpon von oben gesehen. Alte und minder alte Peritheeien des Parasiten, die Mündung zeigend; bei a ist dieselbe schon durch Zerfall stark erweitert. Bei b befindet sich ein jüngeres Peritheeium, welches die oberflächlichste Rindenschicht noch nieht durchbrochen hat und daher als graue Stelle durch dieselbe durchschimmert. 60fach. Vertikalschnitt durch eine Thallusareole mit 3 Peritheeien, die noch un- reife Schläuche führten. 60fach. Ein ähnlicher Vertikalschnitt, der ein reifes Peritheeium median getroffen hat. 540fach. Schläuche und Paraphysen. Schlauch a zeigt 8 Sporen der gewöhnlichen spindeligen Form, Schlauch b enthält 8 Sporen von Ellipsoidform, von denen nur 4 ausgebildet sind und sich nach zwei Richtungen des Raumes getheilt haben. 540fach. Schlauch mit nur 4 Sporen, von denen zwei vierzellig, die übrigen zwei- zellig erscheinen. 540fach. Ein 6sporiger Schlauch mit ellipsoidischen nach 2—3 Richtungen des Raumes getheilten Sporen, von denen zwei abortirt sind. 540fach. Schlauch mit 8 nach 2—3 Richtungen des Raumes getheilten Sporen. 540fach. Gewöhnliche Schlauchsporen von verschiedener Form. 540fach. Drei Schlauchsporen der kurzen und breiten Form, die grössere nach zwei Richtungen des Raumes getheilt. Tab.VN. | W Zopf: hrankheiten der Flechten: Taf 1. Tafel 11. 192 W.Zopf, Untersuch. üb. die durch parasit. Pilze hervorgeruf. Krankheiten d. Flechten. [96] Fig. 1. Fig 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 10. Fig. 11. Tafel Il. Fig. 1-11. Rhymbocarpus punctiformis Zopf. 12fach. Thallusfragment von Rhizocarpon geographicum (L) mit zahlreichen, in Form schwarzer Punkte auftretenden Apothecien des Parasiten. 60fach. Ein paar Areolen der Flechte mit einigen Apothecien des Parasiten. 90fach. Vertikalschnitt durch eine Thallusareole mit zwei etwa median getroffenen Apothecien des Rhymbocarpus. 170fach. Durch Druck frei präparirtes kleines Apotheeium von der Seite gesehen, die Hyphenstruetur der Wandung zeigend. 540fach. Stück eines Vertikalschnittes durch das Hymenium des Parasiten; a un- reife Asei, p Paraphysen, sbh subhymeniales Gewebe, welches einige Zellen der Rhizocarpon -Alge umschliesst. 900fach. Schlauch mit 8 nahezu reifen Sporen. 900fach. Einige Schlauchsporen. 900fach. Paraphyse. 900fach, Fragment des blaugrünen Epitheeiums. 60fach. Zwei Thallusareolen mit einigen Früchtchen des Parasiten, deren Epitheeium- elemente zu dunklen Hyphen ausgewachsen sind. Letztere kriechen auf der Thallus- oberfläche hin. 900fach. Fragmente solcher Hyphen. Fig. 12—18 Discotheeium Stigma (Körber) Zopf auf Catocarpus alpicolus (Whbg?) Fig. Körber und Rhizocarpon geographicum (L). 12fach. Ein Thallusfragment des Catocarpus mit zahlreichen Perithecien des Parasiten. Die grossen schwarzen Punkte stellen alte, die kleinen junge Perithecien dar. 12fach. Kleiner Thallus von Rhizocarpon geographicum. Einige Thallusareolen mit mehr oder minder zahlreichen Perithecien des Pilzes. 60fach. Stück einer Thallusareole von Catocarpus von oben gesehen mit 5 alten und 3 jungen Peritheeien. Die ersteren namentlich zeigen die starke, diskusartige Verbreiterung des Scheitels, in dessen Mitte die Mündung liegt. 60fach. Vertikalschnitt durch eine Thallusareole von Catocarpus mit 4 Peritheeien des Parasiten. Das rechts befindliche ist etwa median getroffen und zeigt den diskusartigen oder wie ein Deckel gestalteten Scheitel, die übrigen sind mehr oder weniger stark tangential angeschnitten. 550fach. Stück aus der Mitte der Seitenwand eines jüngeren Peritheeiums, den parallelen Verlauf der Wandungshyphen zeigend, deren Richtung von der Basis nach dem Scheitel der Frucht geht. 550fach. Ein unmittelbar vor der Sporenbildung stehender und ein reifer acht- sporiger Schlauch. 550fach. Einzelne reife Schlauchsporen. Nova Acta Acad. (1.0.6. Nat. Cur Vol.LIX. | | Tab VW | | W Zopf: hrankheiten der Flechten. Taf 2. NOVA ACTA: Abh. der Kaiserl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band LXX. Nr. 3. Indonesische Atanthaceen von Dr. Hans Hallier. Mit 8 Tafeln Nr. IX—XVI. Eingegangen bei der Akademie am 3. Juni 1897. HALLE. 21897. Druck von Ehrhardt Karras, Halle a. S. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. \ | a Alma oh Atınatit senak:natsund! lands; wo erfuhr DAR an hal E nn 5 Ne ie 1m ul = en: io noeh si DD 22 as Ä by teitlat ssaEl PN ESEL IN ET iM isoib Aa) i Indonesische Acanthaceen. Von Dr. Hans Hallier. (Hierzu Taf. IX—XV].) Die vorliegende Abhandlung hat den Zweck, in Form von zwang- losen, mit einander in keinem oder doch nur in lockerem Verbande stehenden Beiträgen alle die Familie der Acanthaceen betreffenden Ergebnisse be- kannt zu geben, zu welchen die Untersuchung einer Reihe im botanischen Garten zu Buitenzorg ceultivirter, von den Molukken, Borneo, Sumatra und Java stammender Pflanzen die erste Veranlassung gegeben hat. Im Uebrigen bedarf es hier keiner weiteren erläuternden Vor- bemerkungen, nachdem dieselben bereits in der Einleitung zu meiner Arbeit über neue und bemerkenswerthe Pflanzen aus dem malaiisch -papuanischen Inselmeere') gegeben worden sind. 1. Strobilanthes mesargyrea sp. n. Taf. XIV, Fig. 1. Herba ereeta, praeter nodos glaberrima; caulis (in planta iuvenili, quae sola exstat) humilis, simplex, triste glauco-viridis, opacus, sub- quadrangulus, ad angulum quemvis linea pallida notatus, ad nodorum annulum stipulaceum quemvis corona pilorum brevium patentium sordide flavidorum barbatus, ceterum glaber; cuiusvis iugi folia aequalia; petio- lus brevis, erassus, semiteres, deorsum eomplanatus, glauco-viridis, opacus; 1) Annal. jard. bot. Buitenzorg 13, 2 (II. 1896) S. 276—327, Taf. 21—30. I5* 196 Hans Hallier, [#] lamina late elliptica, basi acuta, apice abrupte in acumen breve obtusius- eulum vix mueronulatum contraeta, iunior ad basin marginibus involutis undulata, adulta supra laete atro-viridis, nitore subtili velutino, secus nervum intermedium vittae albido-argenteae, maculato-dilaceratae, nervis laete viri- dibus interruptae ornamento praedita, subtus albido-viridis, nitidula, pinni- nervis, parce sed erasse venosa; nervi laterales utrinsecus 7—8, arcuati, in margine sensim approximati, denique coaliti; nervi venaeque subtus laetius et saturatius quam intervenia virides. nitore vitreo. — Variat foliis subtus violascentibus. Caulis 3—4 mm crassus, internodiis 1—4 em longis; petiolus LO—15 mm longus, 3 mm latus; Jamina usque ll cm longa, 5—7 cm lata, acumine 5—7 mm longo. Mittelborneo, häufig in üppiger Krautvegetation auf humusreichem Boden des schattigen Hochwaldes am Fusse des Liang Gagang und in Gemeinschaft mit Ziyssiglottis anisophyllia HALLIER f., P. dursuta sp. n. (B. 2588) u. s.w. am Fusse des Amai Ambit') (III. u. V. 1894, Hort. Bog.; von hier im Herb. Bog. 14. XII. 1895 B. 397). Obwohl diese schöne Zierpflanze in Cultur nur sehr schlecht ge- deihen will und sich noch nicht zum Blühen angeschickt hat, so lässt sie sich doch, und zwar an der Form und Nervirung der Blätter, sehr leicht als nahe Verwandte des S. co/orata T. AND. erkennen. Mit dem letzteren ist, wie sich an einem authentischen Exemplar des Herb. Bog. erweisen liess, S. po/vdotrya MiQ. synonym. Beiläufig sei hier ferner noch erwähnt, dass sich, ebenfalls durch authentische Exemplare des.Herb. Bog., Aue/ka Funghuhmiana Mi. als Synonym von S. /ulrformis BL. erwies. Auch Axellia Lrichotoma NEES ist zu Strodrlanthes überzuführen und zwar, wie die authen- tischen Exemplare des Herb. Boiss. beweisen, als Synonym von S. Japonzca Mi. In dem zweiten, im ‚Jahre 1854 erschienenen Verzeichniss der ZOLLINGER' schen Pflanzen, welches die genaueren Standortsangaben enthält, sind die Aecanthaceen nicht mehr bearbeitet worden. Ueber die Herkunft der Anellia trichotoma ist daher nichts sicheres bekannt. Da indessen die von ZOLLINGER aus Japan erhaltenen Pflanzen mit den gleichen Etiketten versehen sind, wie die javanischen, so ist es leicht möglich, dass die Pflanze !) Siehe die Annal. jard. bot. buitenz. 13,2 8. 291. — Die hier erwähnte no. B 2589 ist keine Gesneracee, sondern eine Rubiacee. [>] Indonesische Acanthaceen. 197 unmittelbar von Japan stammt. Im Herb. Bog. befindet sich übrigens ein Exemplar der Pflanze, welches nach der Art der Etikettirung offenbar aus dem Hort. Bog. stammt, und da sich unter den ZOLLInGER'schen Pflanzen auch solehe befinden, welche dem Hort. Bog. entnommen worden sind, so steht noch die andere Möglichkeit offen, dass auch das ZOLLINGER’sche Exemplar von Auellia trichotoma im Hort. Bog. gesammelt wurde, 2. Hemigraphis. Auf die äusserst nahe Verwandtschaft und die unklare gegenseitige Aborenzung der Gattungen ZZemigraphis und Strobilanthes wurde bereits von KURZ!) aufmerksam gemacht. Anfänglich war ich daher stark dazu geneigt, die beiden Gattungen zu vereinigen und gab dieser Ansicht be- reits insofern Ausdruck, als ich an anderer Stelle’) die im Folgenden zu beschreibenden neuen molukkanischen Arten vorläufig als Sirodzlanthes-Arten erwähnte. Bei genauer Prüfung zeigte sich jedoch, dass sich /emzgraphıs doch recht wohl als selbständige Gattung aufrecht erhalten lässt, auch ohne dass man zu einer so unnatürlichen und somit auch unwissenschaftlichen Umgrenzung seine Zuflucht nimmt, wie sie ihr von CLARKE’) gegeben wurde. Obgleich nämlich Kurz a. a. ©. schon darauf hinwies, dass das bisherige Unterscheidungsmerkmal der beiden Gattungen, nämlich die An- zahl der Samen, unzureichend wäre und, für sich allein in Anwendung ge- bracht, zur Trennung von äusserst nahe verwandten Arten führen müsse, lässt sich ÜLARKE a. a. 0. durch diese Warnung nicht davon abschrecken, Strobilanthes flava KURZ*) wegen seiner 8-samigen Kapseln von seinen nächsten Verwandten, nämlich S. crzispa BL., Phyllostachya KURZ, scabra NEES, Zimorensis NEES (?) und aspera DCSNE, welche sämmtlich gelbe Blüthen besitzen und offenbar eine besondere Section von Siroddlanthes bilden, zu trennen und als neue Section von ZZemigraphis aufzuführen. Um also zu einer natürlicheren Abgrenzung der beiden Gattungen zu gelangen, müssen 1) Kurz in Journ. As. Soc. Dengal 40, 2 (1871) 8. 74. 2) H. HALLıER in Annal. Buitenz. 13 8. 277. 3) CLARKE in Hook. f. Fl. Brit. Ind. 4 (1885) S. 426. 4) Eine Hemigraphis flava Kurz giebt es nicht. 198 Hans Hallier, [6] wir zu der Anzahl der Samen noch ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zu Hilfe nehmen, und ein solches bietet sich ganz von selbst in der Blüthen- farbe. Rechnen wir nämlich alle weiss- oder blaublüthigen Formen mit S-samigen Kapseln zu /Zemzgraphis, alle weiss- oder blaublüthigen Formen mit nur 4- oder 2-samigen') Kapseln aber, sowie sämmtliche gelbblüthigen Formen ohne Rücksicht auf die Anzahl der Samen zu Siroörlanthes, so ist damit eine nicht allein in der Praxis leicht durchführbare, sondern zugleich auch der natürlichen Verwandtschaft entsprechende Eintheilung gefunden. 1. H. repanda m. — Auelha repanda L., Sp. ed. II (1762) p. 886; BurM., Fl. Ind. (1768) p. 134 t. 40 f. 2; NEES in DC., Pr. 11 (1847) p. 144; Mng., Fl. Ind. Bat. 2 (1856) p. 786 (omnes exel. syn. RUMPH) non BL. — Zire papua RuMPH, Amb. 6 (1750) p. 31 (nom. indig. ternatense)? Pl. viva in horti Bog. rosario culta: Herba prostrata, ramosa, iso- phylla vel parum anisophylla; eaules tenuiusculi, herbacei, artieulati, geni- eulati, angulis 2 duplieibus oppositis inter cuiusvis iugi folia decurrentibus 4-anguli, atroviolacei, nitiduli, ad nodos radicantes, supra nodos tumidi, ad annulum interfoliarem quemvis utrinsecus pilis paueis longis erecto-patentibus penicillati, infra nodos pilis raris brevibus patentibus recurvis obspersi, ceterum glabri; folia decussata, herbacea; petiolus longiuseulus, semiteres, deorsum complanatus, viridis vel violaceus, subtus sicut costa pilis raris maiusculis patentibus procurvis hirsutus; lJamina angusta, linearis, sensim angustata, obtusiuscula, grosse et irregulariter lobato-erenata, suberispa, basi brevissime et late cuneata, integra, supra atroviridis, violascens, nitida, glabra, subtus saturate rubro-violacea, eodem fere quo Adriplreis hortensis forma ru- bra colore, nitidula, praeter costam glabra; costa supra angusta, prominens, subtus latior, semiteres; nervi laterales angulo acuto ascendentes, breves. apice parce ramosi, supra parum conspieui, subtus quam intervenia saturatius rubroviolacei; flores in spieis solitariis vel ternis terminalibus simplieibus modice pedunculatis ereetis abbreviatis strobiliformibus post florem elongatis in cuiusvis bracteae axilla solitarii vel bini, sertim superpositi, ebracteolati, sessiles; bracteae decussatae, quadrifariae, erectae, subspathulato-lineares, snbintegrae, sicut calyces atroviolaceae, nitidae, glabrae, infimae 2 ceteris 1) S. crassifoka Mıg. [7] Indonesische Acanthaceen. 199 multo longiores, foliis forma atque indumento similes, subpetiolatae, obscure repandulo-sinuatae; calyx usque ad dimidium 5-fidus, atroviolaceus, tubo 5-angulo, glabro, laciniis subaequalibus, linearibus, acutissimis, sub apice pilis raris brevissimis patentibus hirtulis, apice setulis 1—5 longioribus penieillatis, postica ceteris paulo longiore; corolla forma et colore exacte ut in sequente, sed minor; stamina, ovarium, discus, stylus, stigma ut in sequente, sed antherae omnes violaceo- striatae. Rami 2 mm erassi, internodiis usque ultra 6 em longis; petiolus 3—23 mm longus; lamina usque 7 em longa, supra basin usque 12 mm lata; pedunculus spicae florentis 10—17 mm longus, post florem usque ultra 4 em longus; spica florens (praeter peduneulum) 1—2 em longa, post anthesin usque ultra 3 em longa; bracteae infimae usque 13 mm longae, 2 mm latae, ceterae usque l cm longae, 1 mm latae; ealyx l cm longus; corolla 14 mm longa, tubo (praeter faucem) 6 mm longo, 1 mm lato, fauce ca. 5 mm longo, 3 mm lato, limbo vix l em lato, lobis 4 mm longis latisque. Java (ZOLLINGER no. 1585, Herb. Berol.). Gelebes, Minahassa, bei Pakuh-ureh 400 m überm Meer (KOORDERS 18. IV. 1895 no. 15833 3, Herb. Bog. — Einheim. Name: Lire), ebendort im Orte Amurang (KOORDERS 2. IV. 1895 no. 158383, Herb. Bog. — Ein- heim. Name: Lir&-papüa). Nach LINSE ist die Pflanze auf Java heimisch, wo sie von mir jedoch noch nirgends wild angetroffen wurde. Hingegen findet sie sich in Cultur im Hort. Bog. (ohne Angabe des Sammlers no. 125, Herb. Bog.; HALLIER f. 8. VIII. 1895, Herb. Bog.) und wird in den Privatgärten West- javas ebenso wie die folgende vielfach zu Beeteinfassungen verwendet. Im October und November 1896 sah ich sie auch mit der folgenden in den botanischen Gärten zu Singapur, Pinang, Oaleutta und Peradenia. Prunella domestica angustifolia RUMPH |]. c. S. 30, Taf. 13, Fig. A kann unmöglich zu dieser Art gehören, zu der sie von NEES und MIQUEL bezogen wird. Nach RUMPH steht dieselbe aufrecht und ihre Blätter, die nieht ge- kräuselt sind, werden im Walde bis 9 Zoll lang. Hingegen liess sich mit Leichtigkeit die RumpH'sche Pflanze in der unten beschriebenen ZZ angusti- /olra wiedererkennen. 2. H. colorata m. — ZAuellia colorata Bu. Bijdr. 3 (1826) p. 795; NEES ]. ec. p. 145; MiQ. 1. ce. p. 787 (excl. syn. RumpH?). Pl. viva in horti Bog. locis subopaeis ceulta (tab. IX, fig. 1): Herba 200 Hans Hallier, [5] prostrata, ramosa: foliorum facies inferna, bracteae, calyces saturate rubro-violacei, eodem fere colore, quo Atriplieis hortensıs forma rubra; caules et petioli eodem fere colore, sed tristiores, virescentes, pube minuta densiuscula patula reflexa obspersi, subopaci; caules lignescentes, rigidi, apice erecti, quadranguli, geniculati, supra nodos tumidi et radieantes; folia decussata, in quovis jugo aequalia, herbacea; petiolus longus, subteres, deorsum eomplanatus; lamina cordato-ovata, acumine brevi mutico ter- minata, undique regulariter et grosse crenata, supra pallide glauco - viridis, nitore argyrescente, nervis venisque saturate viridibus reticulata, sub lente eystolithis quocunque versis striolata, intra marginem pilis raris oblique patentibus setulosa vel pilorum vestigiis nigro-punetata, seabra, secus erena- rum margines atro-violacea, apice nonnunquam violascens, subtus juvenilis nitida, adulta nitidula, pinninervis, ad nervos minute et patule puberula, ceterum glabra, venis saturatius rubro-violaceis remote retieulata; flores in spieis strobiliformibus, breviter peduneulatis, post anthesin elongatis, solitariis, terminalibus, vel binis ternisve, quarum 1—2 accessoriae sunt laterales; bracteae decussatae, quadrifariae, sessiles, ovatae, obtusae, integrae, supra glabrae, margine ciliatae, subtus minute puberulae vel glabreseentes, im- brieatae; braeteolae sieut in sequente, vix !/, calyeis longitudine; in cuiusvis bracteae axilla flores 1—2 sertim superpositi, sessiles, plerumque ebracteolati; calyx usque ad ?/, 5-fidus, basi glaber, laciniis subaequalibus, subulatis, acutissimis, dorso parce pilosis, margine eiliatis, postica ceteris paulo longiore; corolla subzygomorpha, alba; tubus intra ealycem tenuis, ima basi parum ampliatus, extus nitidus, glaber, supra calycem antice ventri- coSus, nervosus, opacus, sicut limbus extus minute et patule puberulus: limbus subrotatus, 5-lobus, lobis aequalibus, ovatis, dextrorsum oblique exeisis; faux infra lobum anticum nervis 3 parallelis violaceis lineolatus, secus nervum lateralem utrumque stria flava ornatus, infra lobum lateralem et posticum utrumque nervo intermedio violaceo lineolatus, palato supero prope staminum longiorum antheras pilis tenuibus densis patentibus albidis piloso; filamenta 4 didynama, omnia fertilia, alba, nitore vitreo, antica 2 longiora, parte sua inferiore corollae adnata, introrsum patule pilosa, postica 2 brevissima, paulo supra anticorum partem adnatam inserta, sed tamen antica non adaequantia; antherae oblongae, pallide flavae; thecae parallelae. [9] Indonesische Acanthaceen. 201 induplicatae, rima longitudinali introrsum dehiscentes, in staminibus longi- oribus vel raro etiam in brevioribus utrinsecus stria solitaria longitudinali lilaeina lineatae; ovarium oblongum, nitidum, viride, basi tumidum, disco minuto tenui annulari suffultum, apice hirsutum, ceterum glabrum; stylus tenuis, albidus, nitore vitreo, minutissime et parce hirsutus, stigmate vio- laceo, eurvato, lineari, linguiformi, basi subeyathiformi, postice unidentato terminatus. Caulis 2 mm erassus, internodiis 15—50 mm longis; petiolus usque 45 mm longus; lamina usque ultra 7 cm longa, ultra 5 em lata; bracteae ca. 1 cm longae, 5 mm latae; calyx l cm longus; eorolla ca. 15 mm longa, tubo basi vix l mm lato, apice 3 mm lato, limbo 15 mm lato, lobis ea. 6 mm longis totidemque fere latis. i BLUME giebt a. a. O0. als Standort für diese Pflanze an: „In hortis Javanensium“. Auch ich fand sie in Buitenzorg’s Umgebung häufig im Halbschatten unter den Fruchtbaumbeständen der Kampongs (Dörfer der Inländer), noch niemals aber in unzweifelhaft wildem Zustande. In den Gärten der Europäer zu Buitenzorg wird sie vielfach zu Einfassungen verwendet und im October und November 1896 sah ich sie auch in den botanischen Gärten zu Singapur, Pinang, Caleutta und Peradenia sowie in den Anlagen beim Bahnhof zu Peradenia in Cultur. Von Herbarexemplaren haben mir die folgenden vorgelegen: Java (ZOLLINGER no. 544, H. Ber., H. Boiss.); Bidara Tjina bei Batavia (EDELING Mai 1863, Herb. Bog.); Tji-luwar (BURCK, Herb. Bog.), Kota Batu (DE Moxchy, Herb. Bog.), jenseits des Tji-liwung (HALLIER f. 20. IV. 1893 no. 250, Herb. Bog.), Tji-karet Udik (H. RaaP 18. VI. 1896 no. 455, Herb. Horti Genuensis) und Tanah Sareal bei Buitenzorg (H. RaAP 18. VI. 1596 no. 467, Herb. Horti Gen.). Forma aprica, quae eolitur in rosario horti Bog. (tab. IX, fig. 2). differt foliis multo minoribus, vix 30— 35 mm longis, 25 —30 mm latis, erispatis, supra paulo saturatius viridibus, magis violaceis, inflorescentiis ditioribus. Die Blumen sind offenbar, wie auch bei allen übrigen Arten, ephe- mer, denn an beiden Formen fand ich bei unbedecktem Himmel um 1 Uhr mittags sämmtliche Blumenkronen abgefallen und schwach gebräunt. Wenn schon wegen ihrer undeutlich gezähnten und oberseits dunkel- grünen Blätter die molukkanische Prunedla silvestris ruöra RUMPH, welche von NEES und MIQUEL unter Anellia colorata aufgeführt wird, nicht hierher Nova Acta LXX. Nr. 3, 26 202 Hans Hallier, [10] gehören kann, so ist sie wegen ihrer zweilippigen Blume mit zweispaltiger Oberlippe überhaupt ganz aus der Gattung ZZemigraphis hinauszuweisen. 3. H. prostrata sp. n. (tab. IX, fig. 3). Pl. viva: Herba late prostrata, ramosa, obsolete anisophylla; caules petiolique rubrovirides, nitiduli; caules tenuiuseuli, rigidi, internodiis valde elongatis, petiolis decurrentibus geminatim quadranguli, geniculati, supra nodos tumidi et radicantes, ad nodi cuiusvis annulum interfoliarem corona pilorum patulorum barbati, ad angulos et latera 2 opposita angustiora complanata parce et minute puberuli, ceterum g/aöri; folia decussata, in quovis iugo aequalia vel subaequalia, herbacea, modice petiolata; petiolus semiteres, deorsum complanatus, conspieue biangulatus; lJamina herbacea, ovala, obtusiuseula, basi odfusa, vix cordata, latere altero secus petiolum paulo magis produeto inaequilateralis, margine grosse sinuato-erenata, pinni- nervis, iuvenilis supra rubroviridis, erenis marginalibus valde crispatis, adulta supra umzeolor, saturate viridis, glaberrima, nitida, sub lente dense et irregulariter excavato-striolata, subtus saturate rubro-violacea, eodem fere colore, quo Atriplieis hortensis forma rubra, ad nervos (prominulos) parce pubera, ceterum glabra, parce reticulato-venosa; flores in spieis strobili- formibus, breviter peduneulatis, solitariis, terminalibus vel binis ternisve, quaruım 1—2 accessoriae sunt axillares; pedunculi sieut caulis, sed tenuiores; bracteae decussatae, quadrifariae, imbricatae, sessiles, ovatae, obtusae, integrae, conspieue eiliatae, ceterum gladrae, supra virıdes, subtus praeter nervum intermedium vrzdem rubroviolaceae, basi verescentes, brac- teolae in emiusvis strobili Hloribus superioribus nullae, in fl. inferioribus rarissimae, minutae, vix !/; calyeis longitudine, subulatae, subtus rubrae, eiliolatae; calyx vordis; ceterum ZZ. coloratae in loco subopaco eultae similis, sed omnibus partibus minor, praecipue habitu graciliore, foliorum forma et colore indumentoque, braetearum et calycum colore diversa. Folia usque 4 cm lata, ultra 7 em longa. Celebes, Fels Sapanang bei Pangkadjene (TEYSMANN no. 12156, Herb. Bog.). Minahassa, nahe bei und in Kota Menado 10 m überm Meer (KOORDERS 26. XII. 1894 no. 15822$, Herb. Bog. — „Blumen weiss. Ein- heim. Name: Rumput merah“, d.i. rothes Kraut); Molukken (GAUDICHAUD 1830, Herb. Berol.); Ambon (H. O. FoRBES 1882 no. 3275, Herb. Ber.), [11] Indonesische Acanthaceen. 203 Hutumuri daselbst (Teysw., Herb. Bog.), Wahai daselbst (Teysw., Herb. Bog.), Ema daselbst (TEysm., Herb. Bog.); Saparua bei Ambon (TEYSM. no. 5024, Herb. Bog.); Aru-inseln, Wokam (TREUB 1893, Hort. u. Herb. Bog.). An der Pflanze des Hort. Bog. fand ich in einer Blüthe die Blumen- krone quer gestellt. 4. H. angustifolia sp. n. (tab. X, fig. 2). — Prunella domestica august- Jolia RumpH, Amb. 6 (1750) p. 30 t. 13 figg. A et B: Pl. viva: Herba erecta, ramosa, #. bicolori (Ruelliae bicolor! BL.) proxima, sed habitu foliorumque forma valde diversa; caules petiolique ut in Z. prostrata, sed petioli multo breviores; folia Zonge /anceolata, irre- gulariter et grosse et mutice serrata vel breviter Prnnzloba, basi sensim 2» petiolum attenuata, apice sensim in acumen longum subintegrum muticum elongata; spicae terminales, breviter peduneulatae; ceterum FA. pro- stratae similis. Caulis usque 5 dm altus, internodiis 2—4 cm longis; petiolus vix 2 cm longus; lamina usque ultra 13 em longa, 3 cm lata; dimensiones ceterae ut in praecedente. Ambon, Hila (Treu 1893, Herb. u. Hort. Bog.). 5. H. stenophylia sp. n. (tab. X, fig. 3). Praeeedenti arcte affınis, sed habitu graciliore, petiolis tenuioribus, foliis angustioribus vix pinnato-lobatis, spieis elongatis, bracteis laxioribus angustioribus acutioribus diversa. — Pl. viva horti Bogor.: Herba striete erecta. ramosa, ca. 8 dm alta; rami striete erecti, virides, opaci, subteretes, petiolis deeurrentibus geminatim quadranguli, ad latera 2 opposita angustiora interfoliaria appresse griseo-puberuli, inter petiolos transverse cristato-barbati, ceterum glabri, ad nodos artieulati, supra nodos valde tumidi et sordide atrovirides, alii radialiter, alii diagonaliter anisophylli, internodiis longis; folia deeussata, herbacea, homoeomorpha, aequilateralia, angusta, longissima, linearilanceolata, grosse, remote, obtuse, irregulariter erenato-serrata, apice sensim in acumen angustum subintegrum obtusiusculum, basi in petiolum longiusculum semiteretem pilis raris minutis patulis hirsutum angustata, supra herbaceo-viridia, nitida, glabra, nervo intermedio prominente dimidiata, subtus saturate purpureo-violacea, nitidula, ad nervos (prominentes) pilis minutis raris patulis proversis hirsuta, venis saturatius coloratis reticulata; nervi laterales angulo acuto ascendentes, curvati, confluentes, in nervum 26* 204 Hans Hallier, [12] intramarginalem coaliti; spieae terminales solitariae vel geminae vel ternae; peduneculus brevis, geminatim quadrangulus, undique puberulus, ceterum ramis similis; bracteae decussatae, subsessiles, in petiolum brevissimum latum sensim angustatae, erecto-patentes, haud imbricatae, infimae 2 e basi latiore in caudam angustam longam recurvam obtusiusculam elongatae, ceterae ovato-lanceolatae, breviter et obtusiuscule acuminatae, patulae, omnes supra virides, nitidae, glabrae, subtus sordide virides vel imprimis ad nervos violascentes, appresse puberulae, margine conspieue griseo-eiliatae: brac- teolae desunt; flores axillares, solitarii, sessiles; calyx fere usque ad basin 5-fidus, laeiniis subulatis, ciliolatis. subaequalibus; corolla fere ut in praecedente, alba; capsula obverse quadrangulo-fusiformis, carina et dorsali et ventrali subsexangula, ad latera sulcata, acute acuminata, pilis densis minutissimis patentibus puberula, abortu 2-sperma; retinacula in utraque valva 5— 6. Internodia usque 9 cm longa, 3 mm cerassa, supra nodos usque 9 mm crassa; petiolus 1—2 cm longus; folium cum petiolo usque 165 mm longum, 10— 14 mm latum; peduneculus usque 25 mm longus; spiea intermedia usque 6 em longa; bracteae infimae usque 23 mm longae, vix 4 mm latae, ceterae cum petiolo usque 14 mm longae, 5 mm latae; calyx ca. l cm longus; capsula 8 mm longa, 1,5 mm lata. Buru, Kajeli (TEysm., Herb. Bog.); Celebes, 10 m über See auf fruchtbarem vulkanischem Sand in Kota Menado sehr gemein (KOORDERS 27. XII. 1894 no. 158413, Herb. Bog. — „Kraut von !/;, m Höhe; Blüthen weiss, geruchlos; Blätter purpurn; einheim. Name: Lire papüa“), Minahassa, Weg nach Buha (KOORDERS no. 158403. — „Einheim. Name: Salah makohe“). Durch KOORDERS in den Hort. Bog. eingeführt. 6. H. buruensis sp. n. (tab. XI). Herba erecta, ramosa, obsolete radiatim anisophylla; caules crassi, rigidi, herbacei, obsolete quadranguli, discolores, rubrovirides, nitiduli, pube minuta pulverulenta aspersi, genieulati, supra nodos tumidi; folia decussata, isomorpha, herbacea, sub inflorescentiis gradatim diminuta; petiolus brevis, semiteres, deorsum complanatus, subtus eodem fere quo caulis colore atque indumento; Jamina late lanceolata, sensim in acumen breve integrum muti- cum attenuata, ad basin (integram) subcuneato-acuta, ceterum regulariter et grosse erenata, supra laete viridis, lucida, setulis brevibus raris proversis patulis scabra, subtus saturate rubroviolacea, eodem fere quo Atrrplicis [13] Indonesische Acanthaceen. 205 hortensis forma rubra colore, nitida, praeter nervos dense et appresse puberulos einerascentes glabra; nervi supra prominuli, subtus conspieue prominentes, intermedius subtus semiteres, laterales angulo acuto ascendentes commissurisque intramarginalibus arcuatis coniuneti; venae rarae, utrinque vix eonspieuae; flores in spieis ternis terminalibus,. simplieibus vel tricho- tomis, longe peduneulatis, strobiliformibus, elongatis; braeteae decussatae, quadrifariae, sessiles, ovato-lanceolatae, sublineares, integrae, muticae, utrinque paree et minute hirsutae, supra virides, nitidae, subtus praeter basin vires- centem violaceae, margine dense ciliolatae, patentes nec imbrieatae; flores in braetearum 2 infimarum axillis terni vel raro seni dichasia 1 vel 2 sim- plicia bibraeteolata formantes, in axillis ceteris solitarii vel bini sertim superpositi ebraeteolati, sessiles; braeteolae lineari-subulatae, virides, eiliatae, dimidia fere calyeis longitudine; calyx fere usque ad dimidium 5-fidus, tubo dense et minute hirsuto viridi 5-angulo, laeiniis subaequalibus linearibus acutissimis apice violascentibus dense eiliolatis extus patule hirsutis, postica ceteris longiore; corolla fere ut in /Z colorata, sed paulo minor, lobis magis recurvis, loborum lateralium et postieorum nervo inter- medio vix conspieuo, fauce antice non striis binis flavis ornato, sed ima basi violascente; antherae non lilaeino-striatae; ovarıum, diseus, stylus, stigma ut in ZZ colorata. Herba ca. 5 dm alta; rami usque 4 mm erassi, internodiis usque 14 em longis; - petiolus 5—10 mm longus; Jamina usque ultra 7 cm longa, 35 mm lata; peduneulus usque ultra 35 mm longus; spiea (praeter peduneulum) usque ultra 6 cm longa, internodis usque 13 mm longis; bracteae infimae usque 2 cm longae, 4 mm latae, ceterae usque 15 mm longae, 5 mm latae; calyx 1 em longus; corolla ca. 15 mm longa, tubo (praeter faucem) 7 mm longo, ultra 1 mm lato, fauce ca. 6 mm longo, 3 mm lato, limbo vix 15 mm lato, lobis 5 mm longis, vix 4 mm latis. Buru, Kajeli (BINNENDIK, T’EYsM., Herb. Bog.); Hort. Bog. (HALLIER f., Herb. Bog. u. Monac.). Eine Varietät mit etwas breiteren Brakteen wurde gefunden in der Minahassa auf Nordeelebes am Weg von Ranoketang nach Amurang (KOORDERS 25. II. 1895 no. 158468, Herb. Bog. — „Einheim. Name Udam sinokat“). Auch ein daselbst bei Ranoketang gesammeltes sterieles Exem- plar mit viel grösseren Blättern scheint hierher zu gehören (KOORDERS 19. II. 1895 no. 158278, Herb. Bog. — „Blüthen weiss“). 206 Hans Hallier, [14] 7. H. Petola sp. n. (tab. X, fig. 1). — Zire petola RUMPH, Amb. 6 p. 31? Pl. viva: Habitu praecedenti simillima, sed foliorum forma et colore, braeteis eorollisque minoribus diversa; caulis praeter nodos glaber; petiolus brevis, semiteres, superne parce puberulus; lamina ovato-lanceolata, irre- sulariter et mutice serrata, dentibus quam in ZZ angustifolia multo minoribus, nunguam conspieue lobata, basi subacuta, apice in acumen breve muticum producta, subtus eruenta maculisque magnis irregularibus pallide luteis virescentibus varzegata, in nervis venisque pilis rarissimis appressis obsita, ceterum ut in 7. prostrata, spicae terminales, breviter peduneulatae; bracteae quam in praecedentibus wzu/lo minores, oblongae, subspathulatae, integrae vel farce denticulatae, basi sensim paulo attenuatae, apice obtusae, supra saturate virides, nitidae, parce pilis parvis patentibus dispersis hirsutae, subtus sieut folia »zaculatae, ealyeibus plerumque breviores; braeteolae in cuiusvis strobili floribus superioribus nullae, in floribus inferioribus rarae, minutae, vix !/, ealyeis longitudine, subulatae, subtus rubrae, eiliatae; calyx ut in praeeedentibus; eorolla quam in praecedentibus /ongzor, sed angustior, superne turbinato-tubulosa, tubo calyeem 220 superante, lobis quam in FH. angustifolia winoribus, parum recurvis, suberectis, petalorum nervis D intermediis fellucidis, non eoeruleis, fere usque in loborum apıcem eonspieuis, ventre intus seeus lobi antiei nervum lateralem utrumque vitta pailide vosea in imo fundo Hlavida striato; antherae »0n striatae; cetera ut in ZZ. angustıfolia. m Internodia 2—8 em longa; petiolus 5—15 mm longus; lJamina usque 7 cm longa, 3 cm lata; braeteae 1 cm longae, vix 3 mm latae; calyx 7—S mm longus; corolla 13 mm longa, limbo S mm lato. Nordceram, Wahaai (Teysm., Herb. Bog. — „folia variegata“; TREUB 1893, Hort. u. Herb. Bog.). 8. H. reptans K. Schun. in EnGr. Jahrb. 9 (1888) p. 219 vix ENGL. in Eser. Jahrb. 7 (1886) p. 474. — Auellia reptans FORST. Prodr. (1786) p. 44; NEES in DC. Prodr. 11 (1847) p. 145. — Sfroöllanthes Naumannı EnGL. in ENGL. Jahrb. 7 (1886) p. 474. Tanna (FORSTER, Herb. Monae.); Neuguinea, spurs of Owen Stanley Range (J. CHALNERS 1880, Herb. Berol.), Hatzfeldthafen (WARBURG 1889 no. 21192, Herb. Ber.), Finschhafen (M. HoLLrunG IX. 1886 no. 317, Herb. Ber.), Wasserfall des Üorallenflusses bei Finschhafen (HOLLRUNG [15] Indonesische Acanthaceen. 207 no. 32a, H. Ber.); Neu-Hannover, Ufer eines kleinen Flusses (NAUMANN 24. VII. 1875, Herb. Berol. — „Blüthen violett“). var. glaucesceens m. — Pl. viva horti Bogor.: Herba parva, pro- strata, ad nodos radieans, plerumque parvifolia, contracta, peduneulis bre- vissimis, sed in horto nonnunquam var. prönulfoliam habitu aemulans, foliis ampliatis, internodiis et petiolis peduneulisque elongatis; eaules subteretes, obseure quadranguli, angulis binis approximatis, supra nodos parum tumidi, sieut. petioli sordide virides, opaei, pilis rigidis, patentibus, parum reflexis, in iuventute rubris, postea discoloribus hirsuti; petioli in caulibus con- tractis breviuseuli, in e. elongatis, in quibus folia sunt maiora, longiores, semiteretes, deorsum complanati; lamina herbacea, ovata, subecordata, obtusa vel acumine brevissimo mutico terminata, grosse et regulariter crenata, pinninervis, supra Zallıde glaucoviridis, argyrescens, nitidula, nervis venisque saturate viridibus rezewlata, pilorum dispersorum, oblique patentium, ad margines apicemque versorum, einereorum tuberculis basalibus puncetata, margine ciliata, subtus pa/lde glauco-viridis, opaca, in interveniis pilis sparsis, minutis, patulis, procurvis, rubris pubescens; nervi subtus in folio iuvenili pilis maioribus densioribus rubri, in folio seniore discolores, laterales utrin- secus 4—6, arcubus intramarginalibus inter se coniuncti; spicae terminales solitariae vel binae ternaeve, quarum una exacte terminalis, 1—2 in axillis foliorum supremorum, plerumque drevzsszme peduneulatae, in plantis robustioribus laxatis tantum longius pedunculatae, breves, pauciflorae, post anthesin /arum elongatae; pedunculi angulis binis approximatis quadranguli, sordide virides, in jiuventute rubescentes, pilis minutis patulis vel deflexis puberuli; bracteae parvae, spathulatae, acutiusculae, obseure cerenulatae, basin versus sensim in petiolum eonspieuum attenuatae, supra nitidulae, saturate, sed triste virides, pilis raris patentibus hirsutae, subtus sordide et pallide virides, puberulae, opacae; bracteolae desunt; flores in bractearum axillis solitarii vel raro bini secundi, sessiles; calyx sordide, sed saturate viridis, basi D-angulus, glabrescens, nitidus, usque ad dimidium 5-fidus, laeiniis subulatis, tenuissime acuminatis, triquetris, ad angulos eiliatis; corolla sieut in ZZ. col/orata HALLIER f., sed multo minor, lobis minus patentibus, suberectis, da/lde albido-coerulea;, loborum lateralium nervi intermedii parum conspieui, intus coerulei; lobi antiei n. intermedius et intus 208 Hans Hallier, [16] et extus saturate coeruleus, laterales 2 vel 4 parum conspieui, intus coe- rulei; tubus intus antice fundo imo tantum vittis binis flavidis coloratus; antherae non striatae; capsula iuvenilis oblonga, angulis binis approxi- matis quadrangula, antice et postice complanata, obscure carinata, sub- sexangula, acuta, apiee puberula, ealycem paulo superans. Internodia in plantis elongatis usque 6 cm longa; petiolus usque 2 cm longus, in pl. contraetis vix 5 mm longus; lamina usque 6 cm longa, 45 mm lata, in plantis mino- ribus vix 3 cm longa, 22 mm lata; pedunculi usque ultra 1 cm longi; spieae usque 2 cm longae; bracteae 1 em longae, vix 3 mm latae; calyx Il mm longus; corolla 12 mm longa, limbo 1 em lato. Ambon, Soja (TREUB 1895, Hort. Bog.)!: Neuguinea, Wasserfall des Corallenflusses beim Finschhafen (HOLLRUNG no. 32a ex p. Herb. Berol.)? var. primulifolia m. (tab. IX, fig. 4). — Auellia primulaefolia NEES in Nova acta nat. eur. 19 suppl. 1 p. 382 et in DC. Prodr. 11 (1847) p. 144; Mia. Fl. Ind. Bat. 2 (1856) p. 785. — #4. primulifolia K. SCHUM. in ENGL. Jahrb. 9 (1888) p. 219. — Pl. viva horti Bogor.: Herba humilis, prostrata, ad nodos radicans, foliis serzder maioribus quam in var. glaucescentis plantis miserioribus eontractis, internodiis, petiolis, peduneulis Serumgue elongatis; lamina supra wmzcolor, atro-viridis, \unior rubescens, subtus safurate rubra, eodem fere colore, quo Coleus atropurpureus, ad nervos venasque (saturatius rubras) dense, in interveniis parcius minute et appresse pubera, nitidula, nervis nitore vitreo; spicae /onge pedunculatae, paulo ditiores quam in var. glaucescente, post anthesin va/de elongatae; braeteae subtus sieut calyces safurate rubrae, petiolo viridi; corolla paulo safuıratius eoerulea quam in var. glawcescente, capsula iuvenilis rubescens, matura ex apice valvis 2 divergentibus recurvis dehiscens; placentae 2 intus secus val- varım lineas medianas carinatae; retinacula in valva utraque 4—5, subulata, curvata; ceterum var. g/aucescent: simillima. Internodia usque ultra 3 em longa; petiolus usque 25 mm longus; Jamina usque ultra 5,5 em longa, fere 4 cm lata; spicae fruetiferae usque 4 cm longae, peduneulis usque ultra 6 em longis; braeteae usque ultra 15 mm longae, 5 mm latae; dimensiones ceterae ut in var. glaucescente. Manilla (CHAnIsso no. 118, H. Ber.), Hali-hali (MEYEN, H. Ber.); Celebes, Minahassa, Penamarangan-gebirge (KOORDERS 25. I. 1895 no. 158283, Herb. Bog.), bei Kajuwatu (KOORDERS 26. II. 1895 no. 167758 und 167778, Herb. Bog.), bei Amurang (KOORDERS 26. III. 1895 no. 167768, [17] Indonesische Acanthaceen. 209 Herb. Bog.); Ceram, Wahaai (Teysm. ex p., Herb. Bog.), Sidceram, Amahei und Ceram-laut (TREUB 1893, Herb. und Hort. Bog.); Sula bessi (TEysM., Herb. Bog.); Buru (TEysM., Herb. Bog.); Key-inseln (WARBURG 1889 no. 21194 ex p., H. Ber.); Neuguinea, Wasserfall des Corallenflusses bei Finschhafen (HOLLRUNG 32a ex p. H. Ber.). var. gracilis m. — Auellia parabolica NEES in DC. Pr. 11 (25. XI. 1847) p. 144. — ZZ. parabolica SCHUM. et HOLLR. Fl. Kais. Wilh. Land (1889) p. 124. — Rami graciliores, elongati; folia multo minora; braecteae ovatae, e basi lata sensim in petiolulum attenuatae. Philippinen (ÖUMING no. 571. H. Ber.), Manila, Makakai (WICHURA V. 1861 no. 1791, H. Ber.); Celebes, Masarang (SARASIN 11. V. 1894 no. 387, Herb. Sarasin); Waighiou (LEssoX ded. 1825, H. Ber.). 3. Gymnostachyum variegatum sp. n. Taf. XII, Fig. 1. Pl. viva horti Bog.: Herba humilis, erecta, heterophylla, isophylla; caulis herbaceus, carnosus, angulis binis approximatis quadrangulus, triste viridis vel iunior violaceus, nitidulus, glaber vel iunior tantum pulverulentus, ad nodos transverse eristato-barbatus; folia decussata, transverse patentia; petiolus breviusculus, semiteres, deorsum complanatus, pallide viridis, nitidulus, glaber vel iunior tantum puberulus; lamina ovata, obtusa, ob- solete et irregulariter erenulata, subintegra, pinninervis, supra atroviridis, nitore roridulo, setulis minutis brevibus patentibus obspersa, subtus vires- centi-albida, nitore argyrescente, nervis venisque saturatius viridibus remote retieulata, nuper adulta basi subeordata et e medio sinu sensim in petiolum attenuata, supra tricolor maculisque aliis pallide viridibus aliis albeseentibus secus nervum intermedium praecipue variegata, prope basin inter nervos laterales transverse bullato-rugosa, senior basi immediatim secus petiolum deeurrens, internerviis elongatis plana et subspathulata, supra maculis evanescentibus eoneolor; nervi supra e suleis suis prominuli, subtus con- spieue prominentes, nitore vitreo, laterales utrinsecus 5—9; flores in spicz terminali pedunceulata decussati, sessiles, parvi; pedunculus et rhachis quadranguli, glabri, nitore vitreo, iuniores violacei, angulis viridibus an- Nova Acta LXX. Nr. 3. 27 210 Hans Hallier, [18] . gustissime alati, adulti virides, coneolores; peduneulus inter flores 2 in- fimos transverse eristato-barbatus; fos quivis braetea una subulata viridi bracteolisque 2 lateralibus parum brevioribus latioribusque sterilibus vel alabastra inevoluta foventibus suffultus; ealyx viridis, ad ?/; fere 5-fidus, dentibus aequalibus breviter subulatis subtriquetris; corolla extus pilis densis brevissimis patentibus minute puberula, bilabiata; tubus reetus, sub- eylindrieus, obseure angulatus, albidus, dorso linea duplice longitudinali lilacina striatus; palatum inferum extus bulla dupliee longitudinali intrusum; labium superum ovatum, eueullatum, emarginatum, intus albido - lilacınum, extus saturatius laeinum, earinatum, utrinque nervis 6—8 saturate lilaeinis subparallelis lineatum; labium inferum supero paulo longius et latius, late ovatum, trilobum, intus albido-lilacınum et ad palati bullam duplicem saturate lilacino-maculatum, extus paulo saturatius lilacinum, lobis ovato-lanceolatis, summo apiee saturate lilaeinis; filamenta 2 basi sua tubo atlnata, puberula, superne libera, glabra, albida, nitore vitreo, ad latus distale lilaeino-lineata; antherae labio supero conditae, saturate lilacinae, sagittatae, paulo pro- eurvae, pilis raris capitatis glandulosae, ad latera rimis 2 longitudinalibus dehiseentes, theeis aequalibus, parallelis, cohaerentibus, apiee liberis, acu- minatis, basi appendieulo filiformi albido calearatis; pollen fere ut in G. ceylanico ARS. et NEES!); stylus filiformis, albus, nitore vitreo, apice hamato-decurvo sensim extenuatus; capsula subeylindrica, tenwis, non unguieulata, usque ad basin seminifera; retinacula hamata, ascendentia, in utraque valva ca. 6. Caulis ca. I dm altus,, 3—4 mm crassus; petiolus 5—30 mm longus; lamina usque ultra 9 cm longa, usque 7 cm lata; pedunculus cum spiea fructifera usque 2 dm longus; bractea ca. 3 mm longa; ealyx 5 mm longus; corollae tubus S mm longus, labium superum ca. 5 mm longum latumque, inferum ca. 6 mm longum et totidem fere latum; capsula 17 mm longa, vix 2 mm crassa. Östsumatra, Deli (TREUB 1894, Hort. Bog.), Tandjung Gunung ebendort (JAHERI 1895, Hort. u. Herb. Bog.). Eine dieser äusserst ähnliche Art mit in gleicher Weise gefleckten Blättern, welehe der Hort. Bog. unter dem Namen Zbermarera sp. aus dem 1) vide ENGLER, Jahrb. 18 (22. XII. 1893) t. 1. f. 47! 19] Indonesische Acanthaceen. 211 botanischen Garten zu Pinang erhielt, unterscheidet sich hauptsächlich durch die Blattform. ‘ Die irre leitende Angabe in ENGL. u. Prantr's Nat. Pfl. IV. 3. b. S. 287, dass die Andrographideen 4 Staubblätter besässen, beruht wohl nur auf einem Druckfehler. Ungenau ist ferner in ihrer Verallgemeinerung die in der Gattungsbeschreibung auf S. 324 desselben Werkes gemachte Angabe „Antheren stumpf“, denn schon NEES beschreibt die Antheren seines @. Zeptostachyum, welches die Grundlage der Gattung bildet, folgender- maassen: „antherae basi bicalcaratae sive reeurvo-aristatae* und WIGHT bildet G. canescens, latifolium, sangwinolentum wnd zumal jeörz- fugum wit zugespitzten Antheren ab. 4. Justitia ($ Betonica) vittata sp. n. Taf. XIII. Pl. viva: Herba recta, isophylla; caulis simplex, teres, saturate viridis, nitidulus, seceus lineas 2 longitudinales oppositas appresse einereo- puberulus, ceterum glaber, supra nodos artieulatos violascens et tumidus; petiolus longiuseulus, subteres, deorsum complanatus, viridis, nitidulus, secus angulos 2 superos patule einereo-puberulus, ceterum glaber; foliorum superiorum lamina tenuis,. herbaceo-membranacea, magna, ovata, basi inaequilateralis aurieulisque 2 involutis undulatis subeordata, apice acu- minata, margine integra vel obseure et irregulariter repandula. pinninervis, supra saturate viridis, coneolor, nitida, tubereulis raris minutis scabra, ceterum glabra, nervis parum suleatis subbullata venisque prominulis obscure retienlato-rugosa, subtus multo pallidior, glauco-viridis, nitore argyrescente, glabra, nervis valde prominentibus semiteretibus nitidis laetius gramineo- viridibus venisque densis tenuibus saturate viridibus retieulata; nervi laterales utrinseeus 7—9, procurvi, areubus intramarginalibus sertis inter se coniuneti; venulae densissimae, tenuissimae, sieut venae pellucidae; folia inferiora quam superiora multo minora et angustiora, supra vittae intermediae glauco- argenteae dilaceratae ornamento praedita, ceterum sicut folia superiora; spieae solitariae vel ternae, terminales, brevissime peiduneulatae, densiflorae; rhachis viridis vel rubescens, secns lineas 2 longitudinales oppositas in nodis alternantes pube minuta appressa cinerascens, ceterum glabra; Pils: 212 Hans Hallier, [20] braeteae parvae, quadrifariae, imbricatae, spathulatae, eaducae, petiolo brevi tenui glabro atrorubro suffultae, lamina petiolo aequilonga, orbieulari- spathulata, utrinque viridi, glabra, nervis pinnatis atrorubris pieta, pilis longis einereis conspieue eiliata; flores decussati, in cuiusvis bracteae axilla solitarii, sessiles; calyx minutus, atroviolaceus, glaber, bracteolis 2 minutis oppositis subulatis atrorubris glabris suffultus, laciniis 5 subulatis subaequalibus; corolla ineonspieua, bilabiata. imbricatione ascendente, extus pallide viridis, glabra, nitore vitreo, dorso et ventre et ad faueis latera quadricarinata; labium superum parvum, breve, integrum, triangulare, acutum, procurvum, marginibus revolutum, inferum multo maius latiusque, late ova- tum, obscure trifidum, subintegrum, deeurvum, intus albido-viride, suleis 2 lateralibus longitudinalibus eum margine parallelis lineatum, palato infero profunde sulcato transverse rugoso: filamenta 2 tenuia, filiformia, viridia, nitore vitreo, palato infero inserta, furcato-divergentia, apice iterum con- vergentia; antherarum thecae luteolae, opacae, connectivi valde dilatati marginibus affıyae, late divergentes, altera introrsa calcarata, altera ex- trorsa mutica; pollen ut in Juszitia procumbente‘); diseus oblique cupu- laris, inferne late emarginatus, albido-viridis, nitore vitreo; ovarıum longe ovoideum, a lateribus compressum, laete luteo-viride, nitore vitreo; stylus tenuis, filiformis, albidus, nitore vitreo, sieut ovariıum post corollam deiec- tam nectarifluus, pilis raris minutis procurvis- hirtellus, summo apice parum elavatus. Caulis usque 4 dm altus, 3 mm crassus, supra nodos 6 mm crassus, internodüs 2—7 em longis; petiolus usque 4 cm longus, 2 mm crassus; lamina foliorum superiorum usque 19 cm longa, 9 cm lata, inferiorum vix 8 em longa et 3 cm lata; spicae 2—3 cm longae; braetearum petiolus vix 2 mm longus, Jamina 3—4 mm longa et lata; bracteolae parum ultra 1 mm longae; calyx 3 mm longus; corolla 13 mm longa, tubo 5 mm longo, 2 mm lato, faucee 4—5 mm longo, labio supero 5 mm longo, ad basin 5 mm lato, infero 7 mm longo, ad basin ultra 6 mm lato; stylus 9 mm longus. Herkunft wie bei voriger. 5. Uebersicht der Gattung Ptyssiglottis. Von der Gattung fvssiglottis war bisher nur eine einzige auf Zeylon einheimische Art bekannt, mit welcher nach ANDERSON und MIQUEL !) vide ENGLER, Jahrb. 18 t. II. fig. 94! [21] Indonesische Acanthaceen. 213 die javanische Kosiellularia sarmentosa ZOLL. identisch ist, welcher Ansicht CLARKE!) jedoch nicht beipflichtet, während BENTHAM und HOOKER?) diese letztere als eine zweite Art der Gattung zu betrachten geneigt sind. Zu dieser zeylanischen gesellen sich nun einschliesslich der beiden bereits anderwärts’) von mir beschriebenen Arten nicht weniger als 9 malaiische hinzu und der Verbreitungsmittelpunkt der Gattung wird hierdurch nach Borneo verschoben. In der äusseren Tracht weichen nun zwar diese 10 Arten in hohem Grade von einander ab, trotzdem scheint mir jedoch ihre Zusammen- gehörigkeit ausser Zweifel zu stehen. Zunächst stimmt nämlich 2. aur:- cwlata in der äusseren Tracht so vollständig mit /. radıcosa T. AxD. über- ein, dass sie von einem im Buitenzorger Herbar befindlichen unvollständigen authentischen Exemplar der letzteren nur durch Form und Grösse der Blätter und längere Blüthenstiele unterschieden werden kann, und auch die eigenthümliche Form und Faltung der Blumenkrone steht recht wohl mit ANDERSON’s Gattungsbeschreibung im Einklang. Ferner besitzt P. amisophyd/a Spangenpollen, welcher sich von demjenigen, welchen LIXDAU®) bei P. radı- cosa fand, nur durch die beträchtlichere Länge der Körner unterscheidet. In der Farbe und eigenthümlichen Faltung der Blumenkrone stimmen nun mit ?. auriculata vollkommen überein PL amsophyla und P. picta, die mir in Buitenzorg ebenfalls in lebenden Exemplaren zur Verfügung standen, und 2. kirsuta, welche leider nicht mehr lebend vorhanden ist, schliesst sich ihnen hierin, wie ich mich deutlich erinnere und auch in meinen Reise- aufzeichnungen angedeutet finde, ebenfalls an. Bei allen diesen vier Arten springt die nach oben zu bauchig erweiterte Röhre der weissen Blumen- krone in 3 stärkere und 3 schwächere Kanten aus und vorne in 2 Längs- falten ein und auf dem quergerunzelten Gaumen der dreilappigen Unter- lippe befindet sich ein grosser gelber Fleck. In der Farbe der Blumen- krone weicht nun zwar von diesen ?, /rutescens ab, doch liess sich durch Untersuchung getrockneten Materials und mit Hilfe meiner Reiseaufzeich- 1) CLARKE in Hoox., Fl. Brit. Ind. 4 (1885) S. 544. 2) BETH. et Hoox., Gen. 2 (1876) S. 1118. 3%) Annales jard. bot. Buitenzorg 13. 2 (III. 1896) 8. 239—293 Taf. 23 Fig. 2a—c. 4) LINDAU in ENGLER, Jahrb. 18 (1893) S. 56 Taf. II. Fig. 60. 214 Hans Hallier, [22] nungen feststellen, dass auch sie und 7. /Zanceolata, deren Blüthenfarbe ich nicht notirt habe, in der Form und Faltung der Blumenkrone mit den übrigen Arten übereinstimmen. Von P. dispar, leptoneura und procridifola endlich liegt mir zwar die Blumenkrone nicht vor, doch stimmt in der Tracht die erste in hohem Grade mit P. anisophylla, die zweite vollkommen mit P. /anceolata und die dritte mit ?. /rutescens überein, und auch in der Form des Blüthenstandes, des Kelches und der Kapsel schliessen sie sich eng an die übrigen Arten an. Nach BENTH. u. HOOK. ist Plysszgdotis mit der Gattung Dianthera verwandt und in der Beschreibung meiner P. anisophyda hob ich bereits hervor, dass mit dieser vielleicht eine ebenfalls aus Borneo stammende und von BENTH. u. HOoOK. unter Dianthera erwähnte Pflanze identisch ist. Trotzdem glaube ich jedoch die sich unwillkürlich aufdrängende Frage, ob Ptyssiglottis vielleicht mit ZDianthera zu vereinigen sei, vernmeinend be- antworten zu müssen. Denn nach OLARKE's') Umgrenzung der Gattung unterscheidet sich Dranthera durch endständige und lang gestreckte Blüthen- stände und von LINDAU?) wurde sie mit Jusiezra vereinigt, welche sich von Ptyssiglottis durch den Besitz von Knötchenpollen unterscheidet. Uebrigens geben auch sehon BENTH. und HOooR. an, dass sich Ztysszglottis von den meisten Dianthera-arten durch die Tracht und durch das nicht verbreiterte Konnektiv ihrer Antheren unterscheidet. Bemerkenswerth ist es, dass in der Gattung ausser dem von LINDAU bei P. radicosa beobachteten Spangenpollen auch Blüthenstaub mit glatter nur durch 3 Poren unterbrochener Exine, sowie Stachelpollen und eine eigenartige Form des Rahmenpollens vorkommt. Die Folgerungen, welche sich hieraus für die Stellung der Gattung im System ergeben, wurden bereits an anderer Stelle®) erörtert, und wir können daher dazu übergehen, dasjenige, was uns augenblicklich über die Gattung bekannt ist, in folgender Uebersicht zusammenzufassen. Ptyssiolottis T. AND. in THWAITES, En. Zeyl. (1864) p. 235; BENTH. 1) CLARKE a.a. 0. 8. 541—543. 2) LinDAU a. a. 0. S. 58. 3) Hans HALLIER, Pseuderanthemum metallicum sp. n. und das System der Acan- thaceen. — Annal. jard. bot. Bwitenz. 15. 1 (1897 oder 1898). [23] Indonesische Acanthaceen. 215 et Hoor., Gen. 2 (1876) p. 1117; CLARKE in Hook., Fl. Brit. Ind. 4 (1855) p. 543; Baızron, Hist. pl. 10 (1891) p. 449; LisDAU in ENGLER u. PRANTL, Nat. Pfl. IV. 3. b. (1895) p. 330; TRIMEN, Fl. Ceyl. 3 (1895) p. 340. — Rhytiglossa sp. NEES. Herbae vel frutiees habitu vario, prostrati vel ereeti, isophylli vel anisophylli; caulis plerumque secus Iineas 2 longitudinales oppositas in nodis alternantes pubeseens; flores in eymis eontraetis axillaribus solitariis sessilibus vel brevius longiusve pedunculatis, nonnunquam scorpioideo-fureatis, plerumque paueifloris; bracteae plerumque parvae subulatae, raro foliaceae lanceolatae; calyeis dentes 5 subaequales lineares; eorollae bilabiatae plerumque albae tubus inferne tenuis eylindrieus, superne antice ventricoso- inflatus, postice carinato-angulatus, antice angulis 2 lateralibus subearinatus et inter eos plieis 2 longitudinalibus, quae iterum carina angusta intermedia inter se dissipiuntur, profunde bisulcatus, inter angulum postieum et anticos utrinseeus iterum plieca singula parum prominente angulatus, adeo ut anguli 3 acutiores et 3 alternantes minus prominentes resultant; labia imbricatione ascendente, postea revoluta, superum brevius angustiusque, breviter bilobum, segmentis rotundatis, inferum latum, trilobum, lobis rotundatis, lateralibus quam intermedius multo angustioribus, divergentibus, intermedio secus medium sulcato, intus ad basin saepe macula magna citrina eolorato; geni- talia in labii superi plica intermedia subeondita; filamenta 2 corollae ventri supra tubi partem basalem attenuatam inserta, filiformia, apice con- vergentia; antherae 2 ovatae, biloculares, facie laxe cohaerentes, rimis 2 sublateralibus dehiscentes, conneetivo non vel parum dilatato, theeis sub- parallelis approximatis subaequalibus, postieis nonnunquam basi breviter acuminatis; pollen sphaericus vel ellipsoideus vel oblongus, poris 3 aequa- torialibus vel raro pluribus praeditus, ceterum nune laevis nune plieis 3-3 distinetis longitudinalibus rimosus nune areis 3 elliptieis longitudinalibus fenestratus; staminodia desunt; discus ceupularis vel breviter vaginalis; ovarium glabrum 4-ovulatum; stylus filiformis, glaber, apice decurvus, integer; capsula acuta, stipite solido suffulta, 4-sperma; semina lenti- cularia, glabra, minute et irregulariter tubereulata. Speee. 1 —11, quarum 1 ceylanica, 1 sumatrana, S borneenses, 1 dubia javaniea. 216 Rn Hans Hallier, c Isophyllae: pollen non areis 3 elliptieis fenestratus Anisophyllaer# u: Irazu So RE. Herba magna erecta hirsuta acutifolia, peduneulis lonoıISssimisy er er Herbae parvae humiles subglabrae, peduneulis brexiorabuszikuleaet % AUEULSRRSRN ine Suberecta, foliis lanceolatis aeutis pietis Prostratae, foliis ovatis obtusiuseulis concoloribus Bolia 'bası rotundalar unzang Sala Folia basi in aurieulas binas secus petiolum de- GURLENteSsHexTtenUatarsr Re re Folium abortivum minutum sessile subreniforme; pollen non areis 3 elliptieis fenestratus Folium abortivum subulatum vel raro (in iugis in- fimis tantum) normali subaequale; pollen (in spece. omnibus?) areis 3 elliptieis fenestratus . Folium normale obovatum, obtusum, areolato-bullatum Folium normale obovato-lanceolatum, acuminatum, planumsm: Am RT. % Herbae minores erectae paueiramosae, foliis mino- zibısalaneeolahıs "A lultent:n SENAT. Brutices, srandıtolı EaIr AREIEER Jar 0 Folium normale erassiuseulum, modice acuminatum, petiolo brevi crassiusculo, venis subtus erassiuseulis Folium normale tenuiter membranaceum, longe acu- minatum, petiolo longiusculo tenero, venis subtus tenulbusi.aptans la wie veuliBueif ARE: Pl. sicca nigricans; folium normale breviter petiolatum, subtus conspieue reticulato-venosum, modice acu- minatum; inflorescentia sessilis, pluriramosa . . Pl. sicca pallida, substraminea; folium normale longe petiolatum, acumine longissimo lineari terminatum, venis raris parum conspicuis; inflorescentia bre- viter pedunculata, furcata . . . [24] I. £. hirsuta 2 II. P. pieta 3 III. /. radıcosa IV. £. auriculata 6 V. £. anisophylla VI P. dispar VII. £. Zanceolata VII. 2. Zeptoneura IX. P. /rutescons X. 2. procridfolia. [25] ’ Indonesische Acanthaceen. 217 I. P. hirsuta sp. n. (tab. XIV. fig. 2). Pl. sieca: Herba magna, ereeta, ramosa, isophylla, hirsuta; caulis erassus, teres, basi lignescens, ceterum herbaceus, sieut petioli pilis densis reflexis subpatentibus artieulatis rufis villosus; folia subsessilia, magna, late elliptica, breviter et obtuse acuminata, basi attenuata subito reseeta in petiolo erasso brevissimo deeurrente, integra, pinninervia, subtus dense reti- culato-venosa, supra ubique subaequaliter subtus ad nervos venasque prae- eipue pilis rufis patulis artieulatis molliter hirsuta, margine dense eiliolata, subtus pallidiora; nervus intermedius supra canalieulatus, subtus valde pro- minens; nervi laterales densi, utrinseeus ca. 15, angulo acuto ascendentes, parum procurvi, marginem versus sensim confluentes, commissuris trans- versis in linea fracta (ziezac) eum nervis lateralibus parallela anastomo- santibus inter se eoniuneti; peduneuli axillares solitarii longissimi rigide erecti; flores parvi, in pleiochasiis abbreviatis subcapitatis dense congesti; braeteae foliaceae, lanceolatae, basin versus sensim attenuatae, subsessiles, 2 infimae maiores, oppositae; pedicelli breves, tenues, ut calyeis tubus glabrati; ealyx minutus, usque ad dimidium 5-fidus, laciniis subulatis, apice extus paree hirsutis; corolla ut in ?. anisophyl/a; stamina 2; antherae ovatae, theeis 2 parallelis ecalcaratis aequilongis; pollen ellipsoideus, glaber, poris 3 aequatorialibus praeditus, ceterum sine ulla sculptura; staminodia desunt; capsula acuta, stipite solido suffulta, 4-sperma; semina lenti- cularia, glabra. Herba ultra 5 dm alta; caulis usque 4 mm erassus, internodiis usque 6 em longis; petiolus 2—3 mm longus; lJamina usque 25 em longa, ultra 11 cm lata, acumine 15 mm longo, ad basin 1 em lato, laminae parte basali attenuata ca. 1 cm longa; pedunculus usque 25 cm longus, ca. 2 mm erassus; bracteae usque 25 mm longae, 9 mm latae; pedicelli ca. 3 mm longi; calyx vix 2 mm longus; corolla ultra 15 mm longa. Mittelborneo, bei Nanga Raun am Oberlauf des Mandai- stromes in Gemeinschaft mit CyrZandra- und Forrestia- arten, der Rubiacee B. 2589 u. s. w. in der üppigen Krautvegetation auf dem feuchten, humus- reichen Boden des schattigen Urwaldes am Fuss des Liang Gagang (7. II. 1894, B. 2588) und Amai Ambit, zumal in der Nähe von Waldbächen, auch über 700 m hoch unter den westlichen Felswänden des Liang Gagang zwischen grossen Felsblöcken (20. III. 1894, B. 2588). Im Herb. Bog. und Herb. Monae. Nova Acta LXX, Nr.3. rn wo 218 Hans Hallier, [26] Adnotat. itin.: Stengel grün, wie die ganze Pflanze abstehend gelbbraun behaart; Blätter oberseits glänzend, dunkelgrün, unterseits matt, hellgrün, mit gelbgrünen, abstehend behaarten Mittel- und Fiedernerven; Blume gelblichweiss, mit gelbem Fleck auf der Unterlippe. Eine in der Tracht und zumal im Blüthenstande mit 7% kirsuta übereinstimmende Art, die sich aber durch geringere Grösse und mangelnde Behaarung unterscheidet, wurde vom sundanesischen Pflanzensammler JAHERI im Jahre 1896 aus Westborneo in den botanischen Garten zu Buiten- zorg eingeführt. Auch in den botan. Gärten und Herbarien zu Singapur und Pinang sah ich im Oktober 1896 einige noch nicht beschriebene Arten der Gattung, welche bier nicht mehr berücksichtigt werden konnten. II. P. picta sp. n. (tab. XV. fie. 3). Herba humilis, ascendens, isophylla; eaulis herbaceus, tenuis, teres, triste viridis vel rubescens, subopacus, ad lineas 2 oppositas longi- tudinales appresse et minute puberulus, ceterum glabriuseulus, ad nodos inter folia lineis 2 oppositis transversis minute puberulus, basi supra nodos radieans; folia decussata, transverse patentia vel decurva, iuniora rubro- viridia, inferiora vittata, posteriora ornamento evanescente concoloria; pe- tiolus semiteres, triste viridis, opacus, deorsum complanatus, supra et ad angulos 2 laterales appresse et minute puberulus; lJamina late lanceolata, in acumen obtusum extenuata, obscure et irregulariter repandula, subintegra, pinninervis, supra atroviridis, setulis brevibus patentibus obspersa, secus nervos vittae pallide glauco -viridis, in foliis iuvenilibus rubescentis, nervis saturate viridibus lineatae ornamento praedita, subtus triste et pallide viridis, nitore argyrescente, nervis venisque laetius et saturatius viridibus reticulata; flores in dichasiis axillaribus solitariis breviter peduneulatis paueifloris; peduneulus, bracteae, bracteolae, pedicelli, calyces triste rubro-virides, glabri; peduneulus teres; bracteae bracteolaeque parvae, lanceolatae, acutae; pedicellus brevis, erassus, clavatus; calyx fere usque ad basin >-fidus, laciniis aequalibus longis subulatis, post capsulam deieetam paten- tibus; corolla fere ut in P. amsophyllia et auriculata, alba, palato infero intus macula lutea ornato; filamenta 2 pilis articulatis granuloso-asperis patentibus obspersa; antherae cordatae, emarginatae, biloceulares, rimis 2 longitudinalibus sublateralibus dehiscentes, thecis subaequalibus subpar- [27] Indonesische Acanthaceen. 219 allelis approximatis, basi obtusis, altera basi paulo magis produeta; pollen sphaerieus, undique minute spinulosus et poris raris, sed pluribus quam 3, praeditus; staminodia desunt; capsula stipitata, basi sterilis, infra apicem acuminatum 4-sperma, fusiformis, a lateribus compressa, iuvenilis eernua, matura erecta; retinacula hamata; semina discoidea, appendice brevi obtuso compresso praedita, glabra. Caulis paulo ultra 1 dm altus, vix 2 mm erassus, internodiis usque ultra 5 em longis; petiolus 5—15 mm longus; lamina usque 8 cm longa, 37 mm lata; pedunculus usque ultra-1 em longus; braeteae 2—3 mm longae; pedicellus ca. 3 mm longus; calyeis laciniae 6 mm longae, vix 1 mm latae; capsula 15 mm longa, 4 mm lata, stipite 2 mm lato. Nordostsumatra, Deli, Kampong Pakam (JAHERI 1595, Herb. u. Hort. Bog., Herb. Monace.). Gleich so manchen anderen Pflanzen, wie z. B. /Zewrttia bicolor WIGHT, Ibomoea pes tigridis 1. und Zranthemum leuconeurum SCHLECHT., bringt auch 2. picta in dem regenfeuchten Klima Buitenzorgs fast nur kleistogame Blüthen hervor. II. P. radicosa (NEES 1847) T. AND. 1. c. (exel. syn. ZOLL.?); CLARKE 1. c. p. 544; Lispau 1. e. et in ENGL. Jahrb. 18 (1895) t. II. fig. 60; 'TRIMEN l. e. (tab. nostra XV. fig. 2), — Ahytıglossa yadıcosa NEES in DC. Pr. 11 p. 344. — Kostellularia sarmentosa ZOLL. in DC. Pr. 11 p. 82022 Mig>, El. Ind. Bat. 2 (1856) p. 825? — Ceylon. Die javanische KAostellularia sarmentosa ZOLL., welche nach MIQUEL Java? und ANDERSON mit 2. radicosa identisch, nach BENTH. und HooK. jedoch specifisch verschieden ist und nach CLARKE überhaupt nicht in diese Gattung gehört, hat mir leider nieht zur Untersuchung vorgelegen. IV. P. auriculata HALLIER f. in Ann. Bintenz. 13 (Il. 1896) p. 292 (tab. nostra XIV. fig. 3). Westborneo (Herb. Bog. und Herb. Monae.). V. P. anisophylla HALLIER £.]. c. p. 289 t. 23 figg. 23—c. Corollae labium inferum plicatum, palatum rugosum. West- und Mittelborneo (Herb. Bog. und Herb. Monac.). Bei einer nochmaligen Untersuchung des Blüthenstaubes dieser Art fand ich denselben völlig übereinstimmend mit demjenigen von /. hersuta und 2 auriculata. Durch eine dritte, an einer dem Abfallen nahen Blumen- 28* 220 Hans Hallier, [28] krone vorgenommene Untersuchung wurde jedoch das Ergebniss der ersten bestätigt, wonach 7. anzsophy//a Spangenpollen besitzt. Unter den von LixnpDau abgebildeten Formen kommt er noch am nächsten demjenigen von Anisacanthus virgularis,) dem er in der Form und zumal durch die aequa- toriale Verbreiterung der 3 Spalten, in welchen sich die Poren befinden, in hohem Grade ähnelt. Es liess sich jedoch mit Sicherheit feststellen, dass eine Vereinigung der 6 Nebenspalten zu 3 rahmenartigen Ringen nicht stattfindet. Das abweichende Ergebniss der zweiten Untersuchung scheint darauf hinzudeuten, dass die spangenartige Skulptur des Blüthenstaubes erst in den spätesten Entwieklungsstadien zur Ausbildung gelangt. Auch die Angaben über den Blüthenstaub von /. kirsuta, radicosa und auriculata bedürfen daher wiederholter Nachprüfung. VI. P. dispar sp. n. (tab. XV. fig. 4). Praecedenti proxima. — Pl. sicea: Suffrutex prostratus (?) vel as- cendens (?), simplex, anisophyllus, ad nodos fibris radiealibus rigide et ob- lique patentibus pauciramosis rufo-pubescentibus lignosis ad latus idem versis praeditus; caulis lignosus, rigidus, teres, nigricans, secus lineas 2 longitudinales oppositas pubescens, supra nodos inerassatus vel exsiecando eonstrietus, internodiis longis; folii normalis petiolus brevis, pilis minutis proeurvis subappressis rufeseens, lJamina inaequilateralis. obovato-lanceolata, acumine brevi obtusiusculo terminata, basi oblique obtusiuscula, integra, Pinninervis, supra nigricans, glabra, plana, utringue sub lente eystolithis densis striolata, subtus pallidior, glauca, praeter nervos (prominentes pube minuta rufa vestitos) glabra, venis raris parum conspieuis reticulata; nervi supra immersi, laterales utrinsecus 6 — 7, angulo acuto erectopatentes com- missurisque intramarginalibus arcuatis coniuncti; folium abortivum fere ut in P. anisophyl/a, minutum, sessile, reniformi-orbieulare, obtusum, subtus nervosum; florum glomeruli sessiles, axillares, solitari; pedicellus brevis, subelavatus, teres, sicut calyx breviter et patule pubescens; calycis laciniae lineares, subaequales; corolla et fructus non exstant. Caulis 2 mm crassus, internodiis usque 4 cm longis; folii normalis petiolus 4 mm !) ENGLER Jahrb. 18, Taf. II, Fig. 55. [29] Indonesische Acanthaceen. 221 longus, lamina usque 11 em longa, ultra 3 em lata; folium abortivum ca. 4 mm latum, 3 mm longum; pedicellus 3 mm longus; ealyx ca. 15 mm longus. Westborneo, Landak, Ngabang (TEysnm. 11495, Herb. Bog.). VII. P. lanceolata sp. n. (tab. XV. fig. 1). Pl. sicea: Herba erecta, anisophylla, non vel parce ramosa; caulis teres, herbaceus, secus lineas 2 oppositas longitudinales pubescens, ceterum glaber, internodiis longis, supra nodos exsiccatione collapsis; cuiusvis iugi folium normale petiolo brevi semitereti deorsum canaliculato, ad margines hispido, subtus glabro suffultum, lanceolatum, aequilaterale, integrum vel irregulariter et obsolete repandulum, acumine longo reeto vel subfalcato acutiusculo terminatum, basi acutum, margine revolutum, herbaceum, cras- siusculum, pinninerve, utringue glabrum, supra nigricans, subtus multo pallidius, nervis lireatum venisque valde conspieuis crebris retieulatum; nervus intermedius supra anguste canaliculatus, subtus prominens; nervi laterales utrinseecus 6—7, angulo subreeto ex intermedio divergentes, pro- eurvi, commissuris arcuatis marginalibus coniuneti; folium abortivum sine regula et in eodem ramo nune valde diminutum, sed eadem ac normale forma, nunc minimum subulatum, nune normali simile et subaequale; flores parvi, in fascieulis axillaribus solitariis brevissime peduneulatis minute et dense bracteolato-squamosis capitatis vel rarius breviter furcatis dense con- gesti, brevissime pedicellati; calycis laciniae 5 filiformes, subaequales, apice pilis minutis raris patulis obspersae; corolla fere ut m P. am- sophylla et auriculata, bilabiata, tubo sensim ampliato ventricoso superne triquetro; labii inferi trifidi lobi laterales quam intermedius multo angustiores et ab eo plieis 2 longitudinalibus separati; stamina 2; antherarum thecae aequales, parallelae, ecalcaratae, non connectivo dilatato seiunctae; pollen ellipsoideus, rimis 3 longitudinalibus non contluentibus et in euiusvis rimae dilatatione aequatoriali poro singulo orbieulari praeditus, inter rimas binas area longitudinali elliptica annulis prominentibus saepe in figura S-formi geminatis pulchre ornata fenestratus („Rahmenpollen“); staminodia desunt; capsula stipite solido suffulta, acuminata, 4-sperma, valvis trinervibus dorso canaliculatis; semina lentieularia, glabra. Herba usque ultra 5 dm alta; caulis 2—3 mm erassus, internodiis usque 9 em longis; folii normalis petiolus ea. 5 mm longus, lamina usque 9 cm longa, 25 mm lata, Ss gus, 1 S 222 Hans Hallier, [30] acumine 10—18 mm longo; folium diminutum 5— 70 mm longum; calyx 6—8 mm longus; corolla 8—9 mm longa; eapsula 14 mm longa. Westborneo, im Waldesschatten in der Gegend von Suka Lanting in der Spitze des Kapuasdelta’s (28. u. 29. IX. 1893, B. 82 u. B. 177). Der Blüthenstaub dieser Art — untersucht wurde B. 177 — ist eine Form des Rahmenpollens und gleicht noch am ersten dem von Anzsacanthus virgularis NEES,') doch sind die 3 elliptischen umrahmten Felder in eine Anzahl mondgebirge-artiger 0- und S-förmiger Skulpturen aufgelöst, wodurch eine äusserst zierliche Zeichnung der Exine entsteht. VIll. P, leptoneura sp. n. (tab. XII. fig. 2). Praecedenti simillima, sed ecaules petiolique glaberrimi; folium normale longius et tenuius petiolatum, maius, longius acuminatum, multo tenuius, membranaceum, nervo intermedio supra non canalieulato, nervis lateralibus utrinseeus 6— 9, nervis venisque subtus multo tenuioribus, com- missuris intramarginalibus a margine plerumque multo magis remotis; folium abortivum plerumque minutum, subulatum, raro (in ramorum iugis inferioribus) normali subaequale; inflorescentiae semper exaecte furcato-scorpioideae breviter peduneulatae rami 2 cerassi, breves, bracteolis densis imbricatis squamati, apice pauciflori, ceterum abortu steriles; calyx, capsula, semina ut in praecedente; eorolla non exstat. Folii normalis petiolus usque 13 mm longus, lamina usque 13 cm longa, 33 mm lata, acumine usque 25 mm longo; folium abortivum 1—3 mm longum, raro usque 75 mm longum; ealyx 7 mm longus; capsula 16 mm longa. Westborneo, Kapüas (TEysn. 7918, Herb. Bog.), Melawi (TEYSM. 7923, Herb. Bog;). IX. P. frutescens sp. n. (tab. XV. fig. 2). Pl. sieea: Nigricans, glabra, frutesecens, anisophylla; rami arti- eulati, inferne lignescentes, subteretes, superne herbacei, exsiceatione eollapsi suleatique; folia normalia petiolo brevi canalieulato suffulta, magna, late lanceolata, in acumen longum acutum reetum vel falcatum extenuata, basi acuta, aequilateralia vel parum inaequilateralia, pinninervia, utrinque nervis prominentibus costata, subtus pallidiora venisque nigricantibus dense et con- I) Siehe EnGL., Jahrb. 18, Taf. II, Fig. 55. [31] Indonesische Acanthaceen. 223 spieue retieulata; nervus intermedius basin versus supra eanalieulatus, subtus valde prominens; nervi laterales utrinsecus 13— 15, valde procurvi, ex- trorsum sensim eonfluentes: folia abortiva minuta, subulata, procurva, mox deeidua, raro (in ramorum iugis infimis) normalibus similia, sed multo minora; inflorescentiae parvae, in foliorum et normalium et abortivorum axillis solitariae vel binae, sessiles, pluriramosae; rami brevissimi, bracteolis dense imbricatis minutis squamosi, apice paueiflori, ceterum abortu steriles; pedieellus brevissimus; calyeis laciniae 5 lineares, subaequales, apice pilis minutis raris patentibus obspersae; corolla parva, bilabiata; sta- mina 2; pollen (in speeim. B. 2837) ut in /. Zanceolata, sed arearum 3 ellipticarum seulpturis annularibus multo densioribus eonfluentibus; stami- nodia desunt; capsula ut in Z. Zanceolata, sed, ut tota planta, multo maior; semina lentieularia, glabra. Rami usque 5 mm crassi, internodis 4—11 em longis; petiolus usque 17 mm longus; lamina usque 23 cm longa, 1 dm lata; folium abortivum vix 6 mm longum, raro (in iugo infimo) usque ultra 3 cm longum; inflorescentiae rami vix 5 mm longi; ealyeis tubus vix 2 mm, laeiniae vix 7 mm longae; capsula 2 em longa. Mittelborneo, im Hochwald auf dem Liang Gagang (20. III. 1594, B. 2837, Herb. Bog.; 1. IV. 1894, B. 3071, Herb. Bog. und Herb. Monae.); Westborneo, Berg Biang am Kapüas (TEysM. 7920, Herb. Bog.). Reiseaufzeiehnungen nach der lebenden Pflanze B. 2837: Zweige stielrund, schwach glänzend, dunkelgrün, mit 2 gegenständigen, von den Blattstielen herablaufenden Längslinien; Blätter oberseits glänzend, dunkelgrün, unterseits schwach schimmernd, hellgrün, mit gelbgrünen Mittel- und Fiedernerven; Kelch der jungen Knospen roth, der älteren grün; Blumenkrone hellgrün, mit weisslicher, 3-lappiger Unterlippe; Seiten- lappen spitz, schmal, Mittellappen breit, mit Lefzensaum wie bei Zinarza; Oberlippe klein. X. P. procridifolia sp. n. (tab. XV. fig. 1). Pl. sieca: Frutex pallidus, substramineus, glaberrimus, ramosus, anisophyllus, Zlatostemati (8 Procridı) pedunculato haud dissimilis; ramıi articulati, inferne lignosi, teretes, albicantes, secus lineas 4 longi- tudinales nigre striolati, supra nodos incrassati, nigricantes, superne her- bacei, exsiecatione collapsi sulcatique, supra nodos exsiccatione rugosi; 224 Hans Hallier, [32] folii normalis petiolus longus, crassus, carnosus, pallidus, supra canali- eulatus, lamina magna, lanceolata, conspieue inaequilateralis, acumine longissimo lineari caudata, basi acuta, margine anguste revoluto minute et irregulariter erispato-dentieulata, pinninervis, utringue nervis prominentibus lineata venisque vix eonspieuis reticulata, subtus pallidior; nervus intermedius supra tener, raro basin versus canalieulatus, subtus latior, valde prominens; nervi laterales utrinseeus 11—13, straminei, valde procurvi commissurisque intramarginalibus areuatis eoniuneti; folium abortivum in iugis infimis quoque minutum, subulatum, procurvum, mox deeiduum; inflorescentiae minutae, in foliorum et normalium et abortivorum axillis solitariae, furcato- scorpioideae, peduneulo brevi exsiccatione plurisulcato; rami bini, breves, eontracti, bracteolis minutis dense imbricatis squamosi, apice paueiflori, ceterum abortu steriles; flores parvi, brevissime pedicellati; calyeis lacmiae 5 subaequales, subulatae; corolla non exstat; eapsula et semina ut in ceteris. Rami usque 4 mm erassi, internodiis usque 7 cm longis; folii normalis petiolus ultra 3 em longus, lamina usque 25 cm longa, fere 9 em lata, acumine usque ultra 5 cm longo; folium abortivum 3—4 mm longum; pedunculus 3 mm longus, 1 mm crassus; in- florescentiae rami 2—6 mm longi; pedieellus 2 mm longus; calyx 6 mm longus; capsula 17 mm longa. Westborneo, im Hochwald am Fusse des Berges K’lamm bei Sintang am Kapüas (13. II. 1894, B. 2512). — Auch ein Exemplar, welches sich mit ?. dispar (Teysm. 11495) vermengt fand, scheint noch hierher zu gehören. Name bei den Desa-dajaken: Tätau. Adn. it.: Strauch mit oberseits glänzenden, dunkelgrünen, unterseits schwach glänzenden, graugrünen Blättern. [33] Nova Acta LXX. Nr. 3, Indonesische Acanthaceen. Tabula IX. 226 Hans Hallier, [5+] Tafel 1 (Tab. IX).) Hemigraphis, blühende Zweige mit von oberseits gesehenen Blättern nach den lebenden Pflanzen des botanischen Gartens zu Buitenzorg. Fig. 1 in ?/, nat. Gr., die übrigen in nat. Gr. Fig. 1. H. colorata Hauer f. forma umbrosa. Fig. 2. H. colorata HALLIER f. forma aprica. Fig. 3. H. prostrata HALLIER f. Fig. 4. H. reptans K. Scuun. var. primulifolia HALLIER f. !) Sämmtliche Tafeln wurden nach Bleistiftzeichnungen des Javanen Mas Kro- MOHARDJO hergestellt. Nora Acta Acad.C.1.0.@.Nat.Cur. VolL.IXX TabIX. M.Kromohardjo del. Litn.Anst. Julius Rlinkharät, Leipzig 1. Hemigrapnhis colorata Hallier f forma umbrosa. 2. Hemigraphis colorata Hallier £ forma apırica. 3. Hemiigraphis prostrata Hallier F. %. Hemigrapıhis replans K. Sch. var. nrimulifolia Hallier F Hallier: Acanthaceen. Taf 1, Indonesische Acanthaceen. Tabula X. 29* DV -] 228 Hans Hallier, [36] Tafel 2 (Tab. X). Hemigraphis, nach den lebenden Pflanzen des Hort. Bog.; Fig. 3a in ?/, nat. Gr., die übrigen in nat. Gr. Fig. 1. H. Petola HAuLıer f., blühender Zweiggipfel. Das drittunterste Blatt links von der gefleckten Unterseite her gesehen, die übrigen Blätter von der mit einzelnen kurzen Börstchen besetzten Oberseite gesehen. Fig. 2. H. angustifolia HALLIER f.. blühender Zweiggipfel mit von oberseits gesehenen Blättern. Fig. 3. H. stenophylla HALLIER f. a blühender Zweiggipfel mit von oberseits gesehenen i Blättern; b von unterseits gesehenes Blatt. Nora Acta Acad. C.1.C.@. Nat.Cur Vol.IXX e Tab.X. M.Kromohardjo del 5 Lith.Anst. Julius Klinkharät, Leipzig /. Hemigraphis Petola Hallier £ 2. Hemigraphis angustilolia Hallier F. 3. Hemigrapıhıs stenonhylla Hallier F. Hallier: Acanthaceen. Tal ? Indonesische Acanthaceen. Tabula X1. 230 Hans Hallier, [38] Tafel 3 (Tab. XD). Hemigraphis buruensis HALLIER f., blühender Zweig in nat. Gr., nach der lebenden Pflanze des Hort. Bog., die grösseren Blätter von oberseits gesehen. Nora Acta Acad. (1.0.6. Nat.Cur VoL.INX Tab,AT. \e SR Wr N M.Kromohardjo del. Lifh.Anst. Julius Klirkhardt, Leipzig Hemigraphis buruensis Hallier f. Hallier: Acanthaceen. Tal 3. [39] Indonesische Acanthaceen. Tabula All. 88) 8%) DD Fig. 1. Hans Hallier, [40] Tafel 4 (Tab. X). Gymmostachyum variegatum HALLIER f. a Blühende Pflanze mit von oberseits gesehenen Blättern in #, nat. Gr.; b Blüthe in ?/, nat. Gr.; e seitlich längs auf- /5 geschnittene Blumenkrone mit den beiden gespornten Staubblättern, in ?/, nat. Gr.; 9 d Fruchtähre in nat. Gr.; e Kapsel in ?/, nat. Gr. Alles nach lebendem Material des Hort. Bog. . Ptyssiglottis leptoneura HALLIER f. in nat. Gr. a -Blühender Zweig mit von unterseits gesehenen Blättern nach dem Exemplar 7918 des Herb. Lugd.-Bat. Zwei der Blattstiele sind unterseits angebohrt. b Fruchttragender Zweig mit von oberseits gesehenen Blättern nach dem Herbarexemplar 7923. Nora deta Acad. 1.C.@.Nat.Cur VoL.EXX Tab. XD. r = Fig. Id. Mromahardjo del. Litn.Anst. Julius Rlinkhardt, Leipzig /. Gymnostachyum vartegatum Hallier f. 2. Ptyssiglottis leptoneura Hallier f. Hallier: Acanthaceen. Taf 4%. 5 2 I u | i ü ®. i N j } f n r - Yr 3 n ER ß | F . Y j i ’ A 2 e . . ö ö F 2 a z N ü = = ? j . N ö ’ . u n 3 ö . h j « “ \ j h or 0 ar « 5 ’ u ui ö [+41] Indonesische Acanthaceen. Tabula XI. Nova Acta LXX. Nr.3. 30 WW Sb) os 234 Hans Hallier, [42] Tafel 5 (Tab. XII). Justitia vittata HALLIER f. nach der lebenden Pfl. des Hort. Bog. a Blühender Gipfel der Pfl. in !/, nat. Gr.; b eines der unteren Blätter von oberseits gesehen, in nat. Gr.; ce Blüthenähre in nat. Gr.; d von unterseits gesehenes Deckblatt in ?2/, nat. Gr.; e Blüthe in 2/, nat. Gr. I Nora Acta Acad.C.1.C.@.Nat.Cur. Vol.EAX Tab. X. M. Kromohardje del Lith.Anst. Julius Rlinkhardt, Leipzig Justicia vittata Hallier F. Hallier: Acanthaceen. Tat 3. 143] Indonesische Acanthaceen. Tabula XIV. 236 Fig. 2. . Strobilanthes mesargyrea HALLIER f., oberer Theil der jungen Pflanze in ?/, Hans Hallier, [44] Tafel 6 (Tab. XIV). 5) nat. Gr., nach der lebenden Pflanze des Hort. Bog. Ptyssiglottis hirsuta HALLIER f., blühender Zweiggipfel mit einem von ober- seits und drei von unterseits gesehenen Blättern in 2/, nat. Gr. nach den Exem- plaren des Herb. Bog. 3. Ptyssiglottis aurieulata HALLIER f., niederliegender, mit dem blühenden Gipfel aufgerichteter Zweig in nat. Gr. nach der lebenden Pfl. des Hort. Bog. Nora Acta Acad.€1.C. 6.Nat.Cur. VolL.IXNX Tab. AI. M.XKromohardjo del Lith.Anst. Julius Klinikhardt, Leipzig. 1.Strobilanthes mesargyrea Hallier f: 2.Plyssiglottis hirsuta Hallier f. 2.Plyssiglottis auriculata Hallier F. Hallier: Acanthaceen. Taf, 6. „ @ j m. I 7 N | I ' I f ! f N f i “ . [45] Indonesische Acanthaceen. Tabula XV, DV =ı 258 Hans Hallier, [46] Tafel % (Tab. XV). Ptyssiglottis. Fig. 3 nach der lebenden Pfl. des Hort. Bog., die übrigen nach den Exemplaren des Herb. Bog., Figg. 1, 2 u. 4 in nat. Gr., Fig. 3a in !/, nat. Gr., Figg. 3b u. 3c in 2/, nat. Gr. Fig. 1. Pt. lanceolata HALLIER f. a Blühender Zweig mit 3 von oben und zahlreichen von unterseits gesehenen Blättern; b Stück eines fruchttragenden Zweiges mit einem von unterseits gesehenen Blatt. Beides nach dem Exemplar B. 32. Fig. 2. Pt. radicosa T. Ann. a Zweig mit 2 von oben und 5 von unten gesehenen Blättern; b ein solcher mit von oberseits gesehenen Blättern, beide mit jungem Blüthenstand. Fig. 3. Pt. picta HALLIER f. a Blühender Zweig mit von oberseits gesehenen Blättern; b Blüthe; ce Kapsel. Fig. 4. Pt. dispar HALLIER f., blühender Zweig mit von oberseits gesehenen Blättern. Nora Acta dcad.C1.C0.6.Nat.Cur VolL.IXX Tab. XV. M Kromchardjo del Lith. Anst. Julius Klinkhardt, Leipzig /. Ptvssiglottis lanceolata Hallier 2. Piyssiglottis radteosa T. And. >. Ptyssiglottis piela Hallier F. 4. Ptyssiglottis dispar Hallier f Hallier: Acanthaceen. Tal 7. 1 { „ ” j 5 j ' ” I \ h f PB =. = ü i f Ian u j Zu ni ® ” En 5 = ı _ i = u 4 1 EM e in2 2 r Indonesische Acanthaceen. Tabula XV. 240 Hans Hallier, Indonesische Acanthaceen. [48] Tafel S (Tab. XV). Ptyssiglottis. . Pt. proeridifolia HALLIER f. in nat. Gr.nach dem Exemplar B. 2512 des Herb. Bog. a Fruchttragender Zweig mit einem erwachsenen und einem jungen von unterseits gesehenen und zwei von oberseits gesehenen Blättern; b Zweigstück mit zwei gabeligen Blüthenständen. Pt. frutescens HALLIER f., blühender Zweig mit einem von unterseits und zwei von oberseits gesehenen Blättern, in ?/, nat. Gr. nach einem Exemplar von no. B. 3071 des Herb. Bog. Nora deta Acad.C.1.0.6.Nat.Cur Vol. LEAX Tab. XV. M. Kromohardjo del. Lith. Anst.Julius Rlinkhardt,Leipzig /. Ptvssiglottis procridifolia Hallier F. 2. Piyssiglottis Trutescens Hallier F. Hallier: Acanthaceen. Tal $. “ NOV AN AHOHT Ar Abh. der Kaiserl. Leop.- Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band LXX. Nr. 4. Untersuchungen über die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten der Flechten (Fortsetzung) von Dr. Wilhelm Zopf, M. A.N. a. o. Professor und Vorstand des kryptogamischen Laboratoriums der Universität Halle. Mit 44 Autotypieen. Eingegangen bei der Akademie am 17. März 1898. HATLTLE. 1s98. Druck von Ehrhardt Karras, Halle a. S. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. 1 WR Pan Ca ı, Ber u zalinoinniat ah And na ae Par NE a u, a rn BITTER N Tue a RER I HEREIN Kr . | - u u \ . = er og n u © zn dm 5 u B E pe > i ze ZN EN I I RR R- Rn LEN Yaz Ce WM) LI} 5 \ [3 B =; r ® XVH. Echinothecium retieulatum n. sp. In allen den zahlreichen Fällen, wo Pilze auf Flechten parasitiren, handelt es sich, soweit die Beobachtungen überhaupt einen sicheren Anhalt bieten, durchweg um ein endophytisches oder intramatrikales Auf- treten. Dagegen scheinen sicher beglaubigte Fälle von rein epiphytischem Verhalten solcher Pilze bisher nicht bekannt geworden zu sein. Der in der Ueberschrift genannte, von Hermm Dr. F. Arnold auf lebender Parmelia saxatılis (L) an Fichten der Mendel in Südtyrol ent- Fig. 1. 12fach. Thallusstick von Parmelia saxatilis mit 3 Endlappen, hinten abgerissen gezeichnet. Man sieht die Oberfläche mit einigen Mycelsystemen des Pilzes übersponnen. Nach dem abgerissenen Ende zu liegt ein Mycelsystem mit reicher Verzweigung und vielfacher Anastomosenbildung, durch welche es ein netzartiges Ansehen gewinnt. Die feineren und gröberen schwarzen Punkte stellen jüngere und ältere Peritheeien dar. deekte und mir zur näheren Untersuchung zugesandte Pilz bietet, wie im Folgenden gezeigt werden soll, einen solehen Fall dar. Wie man bei Betrachtung mit einer guten Lupe sieht, werden sowohl 31* 244 W. Zopf, [4] die älteren Theile wie auch die jüngeren Lappen des Parmeliathallus von dem Pilze mit feinen sparrigen Systemen schwarzer, relativ dicker Mycel- fäden übersponnen (Fig. 1). Letztere erinnern an das Mycel von Sphaerello- thecium araneosum. Bemerkenswerth ist, dass die Zweigenden dieser Mycelien, wie man sich bei nicht zu starker mikroscopischer Vergrösserung überzeugt, mit den Parmelia-Lappen fortwachsen, dabei niemals über die Ränder derselben hinaus, gewöhnlich auch nicht bis an die äusserste Grenze derselben herangehend (Fig. 1). Während an den jüngeren Myceltheilen die Aeste noch frei sind, zeigen die älteren Mycelpartieen vielfache Anastomosenbildungen, und dem- gemäss erscheinen ältere Theile der Parmelia wie mit einem dichten feinen Netzwerk übersponnen (Fig. 1), das diesen Thheilen eine aschgraue Färbung verleiht. Die Hyphen der jüngeren Myceltheile bestehen aus nur wenig gestreckten, eylindrischen Zellen (Fig. 2a u. b), die der älteren aus sehr kurzen bauchigen Gliedern, daher © ein rosenkranzförmiges Aussehen zeigend (Fig. 26). An den Wandungen der Mycelzellen macht sich schon früh- 1 zeitig kräftige Verdickung und Bräunung geltend, die im Alter noch zunehmen. Niemals werden an den My- celien Strangbildungen beobachtet. Fr. Schon wenn man das Mycel auf Flächenschnitten Fig. 2. 540fach. mustert, bekömmt man bestimmt den Eindruck, als ver- a. Spitze eines noch N : a) t i fortwachsenden Mycel- laufe es rein oberflächlich, und zwar desshalb, weil astes. b. Weiter zu- rückliegender Theil eines solchen e. Frag- hervortreten, wie es nur bei frei daliegenden Hyphen ment eines alten Mycel- Ter Ras fadens mit sehr kurzen (er Kall ıst. bauchigen Zellen. Die den Hyphentheilen j anhängendenKrystalle durch vom Parasiten besetzte T'hallustheile (Fig. 3). Solche sind Kalkoxalat. alle Hyphen in derselben Fläche liegen und so scharf Völlige Gewissheit hierüber lieferten Querschnitte Schnitte zeigten, dass in der That die Pilzhyphen aus- schliesslich auf der Aussenfläche der Rinde verlaufen, und niemals Mycelzweige in das Rindengewebe oder gar zur Algenregion aussenden. [5] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 245 Es lässt sich ferner feststellen, dass die Pilzhyphen sich der Flechten- oberfläiche an allen Punkten dieht anschmiegen und förmlich mit derselben verkleben. Infolgedessen sind die Hyphen selbst bei Anwendung starken Druckes nur schwer von der Parmeliarinde abzubringen. Ist dies an irgend Fig. 3. 60fach. Vertikalschnitt durch den Thallus von Parmelia saxatilis. R Rinde, M Mark, ıh Rhizoiden. Bei m das oberflächlich verlaufende Mycel des Pilzes, bei p die stacheligen Peritheeien. einer Stelle gelungen, so sieht man dem betreffenden Hyphenfragment feinere oder gröbere, unregelmässig rundliche oder scharfkantige Partikelchen (Kalkoxalat) anhaften, die der Rindenoberfläche angehörten‘) und infolge des festen Anklebens der Hyphen an den Rindenelementen mit abgerissen werden mussten (Fig. 2). Auch nach vorheriger Behandlung mit Kalilauge liessen sich die Pilzhyphen nur schwer von der Rinde abtrennen. Als Klebmittel dient ihnen ohne Zweifel der Schleim, der bei Berührung der Rindenelemente mit Wasser (Regen, Thau) wie bei anderen Flechten so auch bei Parmelia saxatılis entsteht. Nach erfolgtem Abtrocknen hält dieser Schleim die Hyphen fest, ebenso wie er auch aufgeflogene Staubtheile, Pollen- körner ete. festklebt, wovon man sich durch das Fig. 4. 100fach. Fragment eines Mycels mit Anastomosen An den älteren Myeeltheilen werden zahl- und einem reifen Peritheeium vom Scheitel gesehen. Experiment leicht überzeugen kann.) reiche Peritheeien erzeugt. Sie werden erst mit 1) Der oberflächliche Theil von der Rindenschicht der Parmelia enthält nämlich ausserordentlich zahlreiche Kalkoxalatkrystalle; dieselben sind zumeist sehr klein, aber viel- fach in schönster Oetaederform vorhanden. 2) Manche Lichenologen vermeiden es, Flechten bei Regenwetter mit Hammer und Meissel abzulösen, weil der hierbei auffliegende Steinstaub die Oberfläche der Flechten beim späteren Antrocknen für immer verunreinigt. 246 W. Zopf, [6] Hülfe der Lupe als feinere oder gröbere schwarze glänzende in gewissen Abständen stehende Punkte wahrgenommen (Fig. 1). Im fertigen Zustande präsentiren sie sich bei stärkerer Vergrösserung als kugelige oder etwas niedergedrückt-kugelige Behälter von nur etwa 0,04—0,08 millim. Breite. Von ihrer pseudoparenehymatischen, dunkel- braunen, ein- bis zweischichtigen Wandung strahlen in bald nahezu gleichen, bald ungleichen Abständen kräftige trichomartige Bildungen aus, an Zahl etwa 6— 16 (Fig. 4, 5, 6). Sie bestehen aus je einer geraden oder Fig. 5. 240fach. Halbreifes Peritheeium Fig. 6. 240fach. Reifes Peritheeium von oben betrachtet, die Mündung und acht von der Seite gesehen, mit einer grösseren Anzahl kräftige meist aufwärts gerichtete Trichome der stachelartigen Triehome, von denen die zeigend. meisten aufwärts, die übrigen nach abwärts gerichtet erscheinen. Bei a die Spitze eines eben aus der Mündung hervortretenden, zur Ejaculation sich anschiekenden Schlauches. etwas gebogenen Reihe von kurz-eylindrischen, etwa 4—5 « im Durchmesser haltenden Zellen, deren Wandungen relativ kräftige Verdiekung und Bräu- nung und bei starken Vergrösserungen sehr schwache Körnelung zeigen. Soweit diese Bildungen, deren Länge etwa der Hälfte oder Zweidritteln des Perithecien-Durchmessers gleichkommt, von der unteren Hälfte der Frucht- wandung entspringen, wenden sie sich meist dem Mycel zu (Fig. 6) und gehen hie und da mit diesem Anastomosenbildung ein (Fig. 5). Von oben betrachtet lässt die Schlauchfrucht eine deutliche Mündung von hellerer Färbung erkennen (Fig. 5). Dem geringen Durchmesser der Perithecien entsprechend ist die An- zahl der Schläuche eine nur kleine, wohl selten über 10 hinausgehende. Paraphysen wie auch Periphysen fehlen. Die Schläuche (Fig. 7) sind eiförmig, ungestielt, sehr klein, etwa 18—22 « lang, 10,7—12,5 « breit und enthalten acht zweizellige farblose dünnwandige Sporen. Die eine Zelle derselben ist stets etwas dicker als die andere (Fig. 7f.) Im Schlauche pflegt (die Spore so orientirt zu sein, dass der Regel nach die diekere Zelle dem [7] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 247 Ascusscheitel, die schmälere der Schlauchbasis zugewandt erscheint (Fig. 7e). Bezüglich der Grösse kommen nur geringe Schwankungen vor, die sich zwischen etwa 8,9 und 9,5 .« in der Länge und 3,5—4,5 u in der Breite bewegen. In Freiheit gesetzt werden die Sporen durch Ejaculationsvorgänge. Beobachtet man reife frische Perithecien, welche völlig intaet sein müssen, in Wasser unter dem Deckglas von der Seite, so sieht man binnen etwa einer halben Stunde einen Schlauch mit seinem verschmälerten Ende sich durch die Mün- dung hindurchschieben (Fig. 6 bei a) worauf er sich noch weiter verlängert und schliesslich seine Sporen ejaculiren lässt, wie es scheint, eine nach der andern. Fig. 7a,b,c,d, e. Junge und ältere Schläuche, ziehung nehmen die Schlauchfrüchte des Pilzes da- bei e entwiekelter, aus der : : Mündung hervorragender durch ein besonderes Interesse in Anspruch, dass Schlauch mit seinen 8 Sporen, 540fach. f eine einzelne Schlauchspore, 960fach vergr. In entwieklungsgeschichtlicher Be- sie sich nach dem bisher nur selten beobachteten Typus der Gewebekörper aufbauen. Die ersten Anfänge entstehen in folgender Weise: An beliebigen Stellen der Mycelfäden schwellen zwei oder noch häufiger drei neben ein- ander liegende Zellen etwas auf (Fig. Sa). Sodann theilt sich die am dieksten gewordene Zelle, und das ist bei drei Zellen die mittlere, durch eine in die Richtung der Längsachse fallende Wand (Fig. 8a). Hierauf vergrössert sich jede der beiden Tochterzellen, um sich dann durch eine quer zur vorigen stehende Wand zu theilen (Fig. Sb). In jeder Zelle der so entstandenen Tetrade tritt dann eine Theilung nach einer dritten Richtung des Raumes auf, sodass wir einen kleinen Gewebe- körper von acht Zellen erhalten. Die weitere Vergrösserung und Theilung dieser letzteren hat zur Folge, dass der Gewebekörper an Volum etwas zunimmt und wie ein kleines Knöllchen erscheint (Fig. Se, d). Hin und wieder betheiligen sich an der Vergrösserung desselben die anstossenden Zellen nur durch Aufschwellung (Fig. Sb), vielfach theilen sie sich aber früher oder später selbst ebenfalls noch. Anlegung von Kurzhyphen an 248 W. Zopf, [5] die Primordien, wie ich es bei Sphaerellothecium araneosım (Rehm) beobachtete, findet niemals statt. Aus diesen Angaben folgt, dass die Primordien auf un- geschleehtlichem Wege entstehen. In der weiteren Ausbildung zur Schlauchfrucht gleichen sie übrigens durchaus dem Sphaerellothecium araneosım (Rehm), weshalb ich einfach auf meine Darstellung des Letzteren verweisen kann. (Erste Abhandlung 8. 181). Rücksichtlich der Haarbildungen des Peritheeiums muss bemerkt werden, dass sie relativ spät zur Bildung gelangen, etwa um die Zeit, wo das Innere sich zu differenziren beginnt, also die Schläuche angelegt werden (Fig. Sd). An jüngeren Entwicklungsstadien der Schlauchfrucht habe ich sie nie vor- gefunden. Es war zu prüfen, ob der Pilz etwa Fig.8. 540fach. Verschiedene Stadien auch Conidien erzeugt. Mustert man seine von Primordien der Schlauchfrucht. Bei a das jüngste, bei b das folgende, j F = 2 bei e u. d noch weiter vorgeschrittene SO sieht man in der That hie und da Stadien der Bildung d. Gewebekörpers. Flächenschnitte der befallenen Flechtenstellen, 2—4zellige Gebilde, welche wie Conidien aussehen (Fig. 9): Ihre Wandung ist stark gebräunt, ihr Inhalt meist fett- reich. Ich habe indessen nie beobachten können, dass diese Gebilde am Mycel entstünden. Auch die naheliegende Annahme, dass sie etwa am Ende der Haarbildungen der Schlauchfrucht abgeschnürt würden, war nicht zutreffend, denn ich habe niemals irgend welche ae E Stadien einer solchen Abschnürung vorgefunden. Es bleibt daher nur die Annahme übrig, dass es ejaculirte Sporen Fig. 9. 540fach. im ausgekeimten Zustande sind. Thatsächlich finden sie Ausgekeimte u. dabei grösser, mehrzellig und braun gewordene und zeigen noch die Form der Schlauchspore, nur dass Schlauchsporen, sich auch nur immer in der Umgebung der Perithecien sie statt der zwei meist schon vier Zellen aufweisen. Um nun auf das biologische Verhalten des Pilzes zurückzukommen, so kann nach dem oben dargelegten kein Zweifel sein, dass er auf lebender [9] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 249 Parmelia saxatilis vorkommt und mit dieser fortwächst. Er verhält sich hiernach wie ein Parasit. Von anderen Flechtenparasiten weicht er jedoch darin ab, dass er, wie oben nachgewiesen, streng oberflächlich, epiphytisch lebt und nur durch enge Verklebung seiner Hyphen mit den Elementen der Flechtenrinde in Contact tritt. Es frägt sich nun, ob und wie er seine Nahrung aus der Flechte bezieht. Weicht man frische Parmelia saxatilis in kaltem Wasser kurze Zeit ein, filtrirt die Flüssigkeit und engt dieselbe auf dem Wasserbade ein, so erhält man eine Lösung, die sauer reagirt, und die ein gewisses (Juantum von organischen wie anorganischen Stoffen enthält. Dies geht — auch ohne Analyse schon aus dem Umstande hervor, dass diese Lösung ein treffliehes Nährmedium für Schimmelpilze (z. B. Penieiltium) abgiebt. Man wird daher wohl kaum fehlgehen in der Annahme, dass durch Regen, Thau oder Schneewasser ebenfalls Stoffe aus der Flechte in Lösung gehen und dem Pilze als Nährmaterialien zugeführt werden. Aus der rein epiphytischen Lebensweise dürfte sich der Umstand erklären lassen, dass der Pilz die Flechte in keiner Weise schädigt oder irgendwie verändert. Algenzone und Rinde bleiben, wie die mikroscopische Prüfung erkennen lässt, völlig normal, und selbst an den Stellen, wo die Pilzhyphen mit der Flechtenrinde in unmittelbarem Contact stehen, lässt sich auch nieht die kleinste Veränderung des Rindengewebes, und wäre es auch nur eine Verfärbung desselben, constatiren. Der Pilz tritt dadurch in scharfen Gegensatz zu solchen Parasiten, die wie z. B. gewisse /Vechria- Arten, das Flechtengewebe mehr oder minder tiefgreifend verfärben und zerstören. In der ersten Abhandlung wurde gezeigt, dass flechtenbewohnende Pilze existiren, die wie Ahvmbocarpus punchformis L. auf Rhizocarpon geo- graphicum oder wie Conzda rubescens Arnold auf Diplotomma epipolium in den Flechtenkörper eindringen und mit ihren Hyphen die Algen desselben umspinnen, ohne diese irgendwie zu schädigen. Auch von Pilzen dieser Art, die wie ich annehme, mit den Algen der Flechte in Symbiose (Parasymbiose) stehen, also gewissermaassen selbst niedere Flechtenformen repräsentiren, Ist der oben beschriebene Pilz biologisch total verschieden. Nova Acta LXX. Nr. 4. 32 250 W. Zopf, 110} Was endlich die Stellung des Parasiten im System anbetrifft, so lassen die angegebenen Eigenschaften offenbar keinen Zweifel, dass wir es mit einer Sphaeriacee im Sinne der Winterschen Bearbeitung der Pyrenomyceten (pag. 187) zu thun haben. Auch die Sphaerelloiden- Natur (Winter p. 334) des Pilzes kann nicht in Zweifel gezogen werden, wie sich schon aus dem Mangel an Paraphysen sowie aus der Ejaeu- lationsfähigkeit der Schläuche ergiebt.') Die Triehosphaeriaceen im Sinne von Winter haben allerdings borstige Perithecien aufzuweisen und ebenso ejaeulationsfähige Schläuche, aber sie sind mit dem Apparat der Paraphysen ausgestattet. Im Hinbliek auf die Natur der Schläuche und die Beschaffenheit und Zahl der Sporen stimmt der Pilz auffallend überein mit den Sphaerelloideengattungen Pharcidia, Sphaerella, Sphaerellothecium und Ascospora. Ihn mit Pharcidia zu vereinigen, würde indessen schon deshalb nieht angehen, weil sämmtliche hierher gehörige, ausschliesslich Flechten- parasiten darstellende Arten typische Endophyten sind, und von den übrigen Gattungen weicht vorliegender Pilz sehon durch die charakteristische Haarbildung der Perithecien ab. Unter diesen Umständen halte ich es für berechtigt, den Pilz in eine neue Gattung, Zchrnothecium, zu verweisen und ihn als £. reiicwlatum zu bezeichnen. Zum Schluss gebe ich eine vergleichende Charakteristik der Gattungen Echinothecium, Sphaerellothecium und Pharcıdıa. Echinothecium Lopf. Flechtenbewohnend. Mycel oberflächlich, aus dieken braunen vielfach anastomosirenden, im Alter torulösen Hyphen gebildet. Perithecien als Gewebekörper entstehend, mit Mündung und steifen haarartigen einfachen Anhängseln versehen. Schläuche bauchig, stiel- los, Ssporig, ejaeulationsfähig. Sporen 2zellig, farblos, die eine Zelle grösser als die andere. Paraphysen und Periphysen fehlend. E. reticulatum Zopf. Perithecien kugelig oder niedergedrückt-kugelig, dunkelbraun, mit blossem Auge kaum erkennbar, 40—80 «a breit. Borsten !) Winter hat versucht, auch die Gattung Stigmatea, obwohl sie nach ihm Para- physen enthält, zu den Sphaerelloideen zu bringen; er sagt jedoch selbst, dass diese ihre Stellung zweifelhaft sei. [11] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 251 dick, braun, zu 6—16, in kurze eylindrische Zellen gegliedert. Schläuche eiförmig 18—22:10,7—12,5. Sporen im Umriss verlängert — eiförmig 8,9—9,5 : 3,5—4,5, die obere Zelle etwas dicker als die untere. — Auf der Rinde von Parmelia saxatilis an Fiehten auf der Mendel in Südtirol von Arnold aufgefunden und in seinen Lich. exs. unter Nr. 1743 herausgegeben. Sphaerellothecium Zopf.') Flechtenbewohnend. Myeelien in der obersten Schicht von Rinde oder Apothecien der Wirthsflechten sich entwickelnd, vielfach Anastomosen bildend, aus dieken braunen, im Alter torulös werdenden Hyphen gebildet. Perithecien eingesenkt oder halbeingesenkt, als Hyphenfrüchte entstehend, ohne haarartige Anhänge, mit Mündung versehen. Schläuche bauchig, stiellos, 8sporig, ejaculationsfähig; Sporen - 2zellig, braun, die eine Zelle grösser als die andere. Paraphysen und Periphysen fehlend. Hierher 59%. araneosum (Rehm). Pharcidia Körber (erweitert). Flechtenbewohner. Mycel intramatrical, feinfädig, farblos. Peritheeien intramatrical, schliesslich mit dem Scheitel hervorbrechend, ohne haarförmige Anhängsel, an der Basis zartwandig, ungefärbt oder blass gefärbt, gegen den Scheitel hin derber und dunkler gefärbt. Schläuche eiförmig, ungestielt, $sporig, ejaculationsfähig. Paraphysen und Periphysen fehlend. Sporen 2zellig, farblos, die obere Zelle etwas anders geformt, als die untere. XVII. Nesolechia punctum Massalongo. Auf dem Thallus von C/adonia dieitata f. brachytes (das Material war von Herın Waghorne an der Bay of Islands, Sandy Point in Neufund- land gesammelt und mir von Herrn Dr. F. Arnold mitgetheilt worden) fand sich ein Discomycet vor, der die Thalluslappen zu eimer sehr eigen- artigen Wuchsform veranlasst hatte. Dieselben waren nämlich ziemlich klein geblieben, eirca 3 mm hoch, etwa ohrmuschelformig gestaltet, mit 1) Nova Acta, Bd. 70, Nr. 2, pag. 178. [9 157 % 252 W. Zopf, [12] krausem Rande versehen, standen dicht gedrängt, halb aufrecht und bildeten auf diese Weise eigenthümliche Gruppen, welche bei Betrachtung mit der Lupe etwa an lockere Kohlköpfe en miniature erinnerten (Fig. 10). Die Oberseite solcher Schuppen, wie auch der Rand derselben war mit zahlreichen schwarzen, nur mit der Lupe deutlich wahr- nehmbaren Pünktchen, den Apotheeien des Pilzes, besetzt, welche hie und da auch auf der Unterseite auftraten. Bei etwa 60facher Vergrösserung er- scheinen die Früchtchen, von oben be- trachtet, in auffällig-unregelmässigen, zu- meist eckigen Formen, wie sie sich ähnlich bei Conida-Arten präsentiren (Fig. 11). Fig. 10. Gruppe von halbaufrechten, 5 7 R % ) »7* B) AaOP D ’ Fe e S > zZ vn mit krenulirten Rändern versehenen Der Re gel nach traten sie zu { Thallusschuppen von Oladonia digitata beisammen auf, sich meistens eng berührend f. brachites, von oben betrachtet, 5 = Te mit zahlreichen Apothecien des Para- oder auch zusammenfliessend (Fig. 11). Viel- siten in Form von schwarzen Punkten; 12fach vergr. fach stellten sie 3 gebrochene Ketten dar (Fig. 11). Ihr kleinster Durchmesser betrug etwa 0,04, ihr grösster etwa 7 gliedrige Reihen oder 0,19 mm. Auf Vertikalschnitten durch den Wirths- thallus sieht man, dass die Früchtchen Pauken- Ps In, 8 Ge “ oder Schlüsselform zeigen und in der Rinden- schicht sitzen (Fig. 12), anfänglich ganz im diese eingesenkt sind (Fig. 12 bei a) und dann kugeligs bis kurz-ellipsoidisch erscheinen. Eine eigentliche Gehäusebildung aufzu- finden habe ich selbst an den dünnsten Verti- Fig. 11. Stückchen eines befallenen Thalluslappens von oben betrachtet, mit zahlreichen Apothecien des Para- mocht. siten von unregelmässig eckigen Ken Formen. An ein paar Stellen Ki An der Oberfläche des übrigens nur sehr die Früchtehen zu sonderbar gestal- teten Formen zusammengeflossen; i 3 ä - 2 60 fach vergr. wird eine Substanz abgeschieden, welche bei kalschnitten durch die Apothecien nicht ver- schwach violettbraun gefärbten Hymeniums [2] ri . .ir . r . ORE [13] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 253 schwacher Vergrösserung schwarz, bei stärkerer dunkel-violettbraun er- scheint (Fig. 15). Die Abscheidung erfolgt so reichlich, dass sich eine relative dieke Kruste bildet (Fig. 13), ein sogenanntes Epitheeium. Durch Druck lässt sich dasselbe abtrennen. Mit conc. Schwefelsäure behandelt, verfärbt u“ a AN N ee “ = 975,007 Tre DT pr GE Zu ao | 3 Fig. 13. Stück eines Vertikalschnittes Fig. 12. Vertikalschnitt durch ein befallenes dureh das Hymenium des Parasiten. Das- Cladonia-Blättehen mit 10 Apotheeien des Para- selbe ist bedeekt von einer abgeschiedenen siten, die in die Rinde eingesenkt erscheinen; violett-braunen Substanz, die sich in 60 fach. Klümpchenform auch in dem subhyme- nialen Gewebe (sbh) vorfindet; 540 fach vergrössert. sich die Substanz nicht merklich, auch in verdünnter Kalilauge bleibt sie unverändert; cone. Salpetersäure dagegen färbt sie mehr ins Rothbraune um und Chromsäure bewirkt völlige Entfärbung. Man nimmt gewöhnlich an, dass dergleichen Abscheidungen nur seitens der Paraphysen erfolgen, doch kann man sich in vorliegendem Falle leicht vergewissern, dass auch die Köpfe der Schläuche an der Abscheidung betheiligt sind. In dem nicht besonders stark entwickelten subhymenialen Gewebe (Fig. 13 sbh), wie auch an den Flanken der Früchtehen kommt gleichfalls eine dunkle Substanz in Form kleinerer oder grösserer Klümpehen zur Ab- scheidung, welche nach ihrer Färbung sowie nach ihrem Verhalten zu den obigen Reagentien mit der von den Paraphysen- und Schlauchenden ab- geschiedenen überemstimmte. Sie tritt mitunter recht zurück, mitunter wieder ist sie ziemlich reichlich vorhanden. Die Schläuche sind von schlank keuliger Form (Fig. 14) und zeigen die grösste Breite dieht unter dem breit gerundeten Scheitel. Ihre Länge beträgt etwa 38—41l «, ihre Breite ”—9 «. Man kann deutlich einen Unter- schied in der Länge der reifen Schläuche beobachten. Die längeren ent- halten stets 8, die kürzeren dagegen nur 6 Sporen (Fig. 14). 254 W. Zopf, 114] Dureh Jodjodkalium wird die Schlauchwand weder geröthet noch gebläut, auch nicht nach dem Herausdrücken der Sporen, durch wässriges Methylenblau und ebenso durch Anilinblau nur sehr blass gefärbt, durch Corallin (nach Zimmermann) gar nicht gefärbt. Die Sporen erscheinen spindelig oder keulig, 6,2—8 u lang und etwa 2,6 « breit, dünn- wandig, farblos, zur Reifezeit gewöhnlich mit Oeltropfen (Fig. 14). Durch Lebendfärbung mittelst wässrigem sehr verdünnten Methylen- blau liess sich in jeder Spore ein Kern nach- weisen. Die Paraphysen sind nur spärlich ver- zweigt, bei Anwendung von Jodjodkalium oder Fig. 14. Ein längerer Ssporiger und ein kürzerer 6sporiger reifer Schlauch mit Paraphysen; eylindrische Zellen gegliedert, auch die Endzelle 960 fach vergr. anderen Farbreagentien deutlich im gestreckte in gestreckt-eylindrischer, oder doch nur wenig keuliger, niemals aber kopfförmig angeschwollener Form zeigend (Fig. 14). Da die äussere Membranlamelle vergallertet, kleben die Paraphysen unter einander und mit den Asci fest zusammen, sodass man zu ihrer Isolirung einigen Druck anwenden muss. Die Ejaculation erfolgt durch Oeffnung des Schlauchscheitels mit emem Loch, nicht durch Absprengung eines Deckels. Nach vorstehenden Eigenschaften war zu vermuthen, dass der Pilz identisch sein möchte mit /Vesolechta punctum Mass. Infolge der Gefällig- keit des Herrn Dr. Rehm war ich in der Lage, zwischen meinem Material und dem von Massalongo in seinen Lich. exs. No. 153 herausgegebenen Original einen genauen Vergleich anstellen zu können. Hierbei ergab sich, dass beide Objeete sowohl im äusseren Auftreten der Früchtchen, als auch im äusseren und inneren Bau der letzteren sowie endlich in chemischer Be- ziehung kemerlei erhebliche Abweichungen zeigten. Dass die Früchtehen des Massalongo’schen Originals ein wenig breiter waren, nämlich 0,13 — 0,26 mm maassen, fällt natürlich nicht ins Gewicht. Die Schwankungen in der Sporenzahl fand ich gleichfalls übereinstimmend (bald 8, bald 6). [15] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 255 Demnach musste ich meinen Pilz bestimmt als /esolechia punctun Mass. ansprechen. Wie schon oben hervorgehoben, zeigten die Früchtchen meines Materials keine eigentliche Gehäusebildung. Das war auch bei dem Massa- longo’schen Original der Fall, und Massalongo selbst, wie auch Körber (Par. 461) haben ausdrücklich dieses Moment mit als ein Merkmal der Gattung MVesolechia angeführt. Ich meine daher, dass es nicht angängig sein dürfte, das Genus Vesolechra den Patellariaceen anzugliedern, wie Rehm es gethan; vielmehr die Arthonieen den geeignetsten Platz für die Unter- bringung desselben abgeben möchten. Rehm!) beschreibt den Pilz als Wesol/echta oxysporella. Zwischen seiner Diagnose und meiner obigen Charakteristik ist insofern eine Diffe- renz vorhanden, als Rehm die Apothecien als rund und zuletzt sitzend bezeichnet, während ich sie, auch in dem Massalongo’schen Original, auf das ja Rehm seine Beschreibung ebenfalls stützte, eckig und zum grössten Theile eingesenkt vorfand (Fig. 12); ferner in Bezug auf die Zahl der Schlauchsporen, die bald 6 bald 8 beträgt, während Rehm 8 anführt, und endlich in Bezug auf den Umstand, dass ich mit Jodjodkalium keine Bläuung oder Röthung an den Schlauchmembranen erhalten konnte, was bei der Unsicherheit, die solche Jodreactionen nach meiner Erfahrung zeigen, allerdings nicht ins Gewicht fällt. Ob Wesolechia punctwn Mass. mit V. oxyspore//a (Nyl.) identisch ist, wie Rehm annimmt, vermag ich nicht zu sagen, da ich Nylander’sches Originalmaterial nicht zur Verfügung hatte. Arnold giebt für diesen Pilz ein olivengrünes Epitheeium an, woraus ich schliessen muss, dass er eine ganz andere Species vor sich gehabt hat. Der geographische Verbreitungkreis von /V. punctum, der sich bisher meines Wissens auf Europa beschränkte, wird durch meine vorstehende Untersuchung auf Nordamerika (Neufundland) erweitert. XIX. Microthyrium maculans n. sp. Von Vertretern der Sphaerelloideen - Gattung Arerothyrium sind meines Wissens bisher nur höhere Pflanzen bewohnende beobachtet worden. Das Vorkommen obiger neuen Art auf emer Flechte hat daher !) Bearbeitung der Discomyceten in Rabenhorst’s Kryptogamenflora p. 316. 256 W. Zopf, [116] ein gewisses Interesse. Ich fand den Pilz zufällig, als ich Gyropkora hır- sata (Ach.) an Granitblöcken der Rosstrappe im Harz zum Zwecke einer Flechtensäure-Untersuchung in grösserer Menge sammelte, und habe ihn in Arnold’s Lichenes exsiecati unter Nr. 1742 herausgegeben. Sein Auftreten ist insofern charakteristisch, als er an dem Wirths- thallus eigenthümliche, ziemlich auffällige Fleckenbildung hervorruft. Von rundlicher Form und einem Durchmesser von etwa 1—6 Milli- meter, heben sich die Flecke von der hellgrauen Oberfläche der Gyrophora durch ihre dunklere Färbung meist ziemlich auffällig ab (Fig. 15). Sie sind bald mehr, bald weniger scharf begrenzt und bald zu wenigen bald zu vielen (ich zählte bis 15) vorhanden, mitunter zu 2 oder mehreren zusammenfliessend. Jedem Fleck entspricht eine bald schwächere bald stärkere pustelartige Hervorwölbung, die etwa an die Pusteln erinnert, welche Zxoaseus deformans an Almusblättern Fig. 15. Ein Thallus von hervorruft, nur dass sie minder grosse Ausdehnung Gyrophora hirsuta von x : In TOkTenerenn era reren haben. Aeltere Pusteln pflegen meist concav, jüngere dunkeln, von Mierothy- meist convex zu rium maculans hervor- _ } v 3 f gerufenen Flecken be- in der Hauptsache darauf, dass der Pilz auf geringem setzt, in natürl. Grösse, sem. Ihre dunkle Färbung beruht Raume äusserst zahlreiche, winzige, meist dicht bei einander stehende Früchtehen entwickelt, die bei Betrachtung mit der Lupe als pechschwarze Punkte erscheinen. Fig. 17. Stück eines Vertikalschnittes durch einen von den Fig. 16. 60fach. Stückchen Peritheeien des Parasiten occeupirten Fleck von Gyrophora eines mit dem Parasiten be- Hirsuta. Bei a median, bei b tangential getroffene Perithecien. setzten Fleckes: 9 verschieden R Rinde, M Mark, rh Rhizoiden der Flechte, grosse Perithecien in der An- 60 fach vergrössert. sicht von oben. Sie stellen mit Mündung versehene Perithecien dar (Fig. 16 — 18). Dieselben haben nicht die sonst übliche Kugel-, Ellipsoid- oder Birn- [17] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 297 form, sondern weisen die Gestalt eines breiten niedrigen Kegels oder auch einer Kugelcalotte auf (Fig. 17). Mit der breiten und flachen, mitunter etwas verbogenen Fläche sitzt ein solches Früchtehen im reifen Zustande der Rinde der Flechte auf (Fig. 17). Von oben betrachtet erscheinen die Peritheeien fast nie kreisrund, sondern schwächer oder stärker eckig (Fig. 17. 18.). Der (Juerdurchmesser beträgt etwa 0,08— 0,2 mm selten mehr oder weniger, die Höhe etwa O,( )S—0,1 mm. Bezüglich der Wandung des Perithe- eiums ist hervorzuheben, dass sie ein ex- quisites Hyphengewebe darbietet (Fig. 18), und zwar sind die Hyphen so ange- ordnet, dass sie in der Längsrichtung der Frucht verlaufend, nach dem Scheitel zu Fig. 18. 540fach. Reifes Peritheeium convergiren. Um die Mündung herum vom Scheitel gesehen, die Hyphen- \ : ‚ven etwa iso-diametrische Zellen, > done reigend‘ liegen etwa iso - diametrische Zellen, die schliesslich auseinander weichen und so eine Mündung bilden (Fig. 18). Bei Anwendung von Druck spaltet sich die Wandung, dem Verlaufe der Hyphen entsprechend. An der reifen Frucht erscheinen die Hyphen derbwandig und stark gebräunt, sodass die Frucht bei schwacher Vergrösserung schwarz erscheint. Im Innern findet man nur Schläuche, keine Paraphysen, auch keine deutliche Periphysen- bildung. Die ersteren sind gestreckt, in der unteren Hälfte etwas erweitert, kurz gestielt und mit 8 Sporen versehen (Fig. 19). Die Länge der Schläuche beträgt etwa 53—60 u, die oO g Breite 08 “« In der Schlauchwand be- b Fig. 19. 960fach. Ein Schlauch findet sich kein mit Jod roth oder blau wer- des Pilzes mit 8 reifen Sporen. dender Stoft. Daneben zwei freie Sporen. En ® 5 B EHER: x Die Schlauehsporen sind farblos, im Umriss meist verlängert-eiförmig oder keulig, selten spindelig. Sie bestehen aus zwei Zellen, von denen die eine etwas dicker zu sein pflegt, als die andere, Nova Acta LXX. Nr. 4. 33 258 W. Zopf, [18] (Fig. 19). Im Schlauche orientiren sich die Sporen gewöhnlieh in der Weise, (dass die diekere Zelle dem Scheitel, die dünnere der Basis des Schlauches zugekehrt erscheint (Fig. 19). Zur Zeit der Reife enthalten die Sporen gewöhnlich 1—2 Oeltropfen (Fig. 19). Dass es sich bei vorliegendem Pilze um ein ächtes JZerothyrıum handelt in dem Sinne wie Winter!) die Gattung auffasst, geht sowohl aus dem Baue der Peritheeienwand, wie auch aus der Beschaffenheit der Schläuche und Sporen hervor. Zu Asterina Lev. Winter 1. e. p. 77, die gleichfalls strahlig gebaute Hyphenfrüchte aufweist, kann der Pilz nicht gebracht werden, weil diese Gattung braunschwarze Schlauchsporen und andersgeformte Schläuche besitzt. Es ist unbegreiflich, wie Winter AZcro- Lhyriom und Asterina zu den Perisporiaceen bringen konnte, da die Reprä- sentanten dieser Gattungen doch mit Mündung versehene Peritheeien be- sitzen und in der Beschaffenheit der Schläuche und Sporen sowie in dem Mangel an Paraphysen Sphaerelloideen-Charakter im Sinne von Winter aufweisen. Die Diagnose der vorliegenden Species würde lauten: Nherothyrium maculans Lopt. Auf dem Thallus von Gyrophora hirsuta (Ach.) dunkle rundliche Flecken von 1--6 mm Durchmesser bildend, die mit sehr zahlreichen win- zigen Perithecien besetzt sind und sich pustelartig nach oben oder nach unten vorwölben. Peritheeien im reifen Zustande der T'hallusrinde aufsitzend, breit und niedrig-kegelförmig oder schildförmig vorgewölbt, mit flacher Basis versehen, bei schwacher Vergrösserung schwarz erscheinend, 0,05—0,2 mm breit, 0,08—0,1 mm hoch; Peritheeienwand dünnhäutig, aus strahlig gegen die Mündung hin convergirenden Hyphen gebildet, die aus kurzen um die Mündung isodiametrischen, derbwandigen und gebräunten Zellen bestehen. Schläuche eylindrisch-oblong, kurz gestielt, Ssporig, 53—60 « lang, 8—13,2 u breit. Schlauchwand durch Jod weder blau noch roth. Sporen farblos, verlängert eifürmig bis keulig, selten spindelig, zweizellig, obere !) Bearbeitung der Pilze in Rabenh. Kryptogamenflora II. Abth. p. 79. [19] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten, 259 Zelle etwas dicker als die untere, bei der Reife Oeltropfen enthaltend. Paraphysen und Periphysen fehlen. Was endlich das biologische Verhalten anbetrifft, so sendet der Pilz seine Mycelfäden in die Rinde der Flechte zwischen die Algengruppen hinein. Es ist aber sehr schwer sie weiter zu verfolgen, weil ihre Elemente farblos sind und den Elementen des Flechtengewebes gänzlich conform werden, und auch auf chemischem Wege, z. B. mit Jodlösung oder mit Anilinfarbstoffen mir eine scharfe Differenzirung nicht gelingen wollte. Aus demselben Grunde konnte ich auch nicht feststellen, ob das Mycel über den Bereich der von dem Pilze hervorgerufenen Flecken hinausgeht. Die Alsenzellen scheinen durch das Dazwischenwachsen des Mycels keinerlei Schädigung zu erleiden, sodass möglicherweise eine symbiotische Beziehung zwischen dem Pilzmycel und der Flechtenalge stattfindet. Erst im Alter der Flecke, wenn die massenhaft und in dichter Stellung erzeugten Peri- thecien den Algen das Licht wegnehmen, scheinen diese theilweis oder auch ganz abzusterben, während sie ausserhalb des Bereiches der Flecke schön grün bleiben. Es werden, wie es scheint, immer nur solche Thalli von dem Pilze befallen, welche sich in feuchter schattiger Lage befinden, z. B. am Grunde der Felsen, während sie weiter oben, wo Licht und Luft reichlicher zu- treten können, pilzfrei bleiben. Ich habe mich davon an der obengenannten Lokalität mehrfach überzeugen können. Kleinere 'Thalli erwiesen sich übrigens in der Regel reichlicher von den Pilzflecken besetzt, als grössere. XX. Merisınatium Lopadii (Amold). Von F. Arnold auf Zopadium pezizoideum (Ach.) var. muscicolum (Smrft) in der alpinen Region der Tiroler Alpen (im Pizthal, am Stein- mannl bei 8000° oberhalb Mittelberg) aufgefunden und als Pol/vdlastia Lo- padi folgendermassen beschrieben‘): „Apotheeia minutissima, atra, solum apice e thallo Lopadii emergentia, apice pertusa, perith. obseure fuseum, K-, hym. jodo vinosum, paraph. indistinetae, sporae fuscidulae, fuscae, ovales 1) Lichenologische Ausflüge in Tirol XVII 8. 547. 260 W. Zopf, [20] vel late oblongae, 1—3 septatae, septis loculis et guttulis nonnullis impletis, 0,022—0,025 Mm Ie., 0,012—0,015 Mm lat., 8 in aseis elongatis.“ Meine Untersuchung von Arnold’s allerdings schon 23 Jahre altem Öriginalmaterial hat ergeben, dass es sich um einen Pilz handelt, der zur Gruppe der Sphaeriaceen i. w. S. gehört. Er war auf dem sterilen Thallus der genannten Flechte angesiedelt und hatte daselbst zahlreiche Perithecien in meist ziemlich dichter Stellung entwickelt, welche an der Basis und meist noch weiter hinauf, mitunter selbst bis gegen den Scheitel hin, von den Wärzchen und Schüppehen des Wirthsthallus mehr oder minder bedeckt erschienen (Fig. 20). Von oben betrachtet liessen sie eine deutliche, scharf umschriebene Mündung erkennen Fig. 20. 60fach. A. Stück eines Thallus von Lopadium pezizoideum var. muscicolum mit 3 durchgebrochenen Perithecien des Parasiten. B. Ein Peritheeium von der Seite gesehen. (Fig. 20 A), von der Seite gesehen erschienen sie kurz und breit birmförmig (Fig. 20 B). Für das blosse Auge als schwarze Pünktchen eben noch er- kennbar, maassen sie im Querdurchmesser 0,26 — 0,36 mm. Die Wandung erscheint bei schwacher Vergrösserung pechschwarz und glänzend, doch ein wenig rauh und ohne irgendwelche Haarbildungen. Sie ist ziemlich diek und fest, von lederartiger Consistenz. Das Mycel besteht aus schlanken dünnen Fäden, welehe in gestreckt- eylindrische, etwas verdickte Zellen gegliedert erscheinen und etwa 2,7 u im Durchmesser halten. Da sie olivengrünliche Farbe besitzen, lassen sie sich in dem Gallertgewebe der Wirthsflechte leicht nachweisen und nament- lich auch von den viel zarteren und farblosen Hyphen des Lopadium scharf unterscheiden. [21] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 261 Den bräunlichen Mycelfäden ganz ähnliche Hyphen gehen als Rhi- zoiden von der Basis der Peritheecien in den Wirthsthallus hinein. Bei stärkerer Vergrösserung zeigt sich die Perithecienwandung als pseudo- parenchymatisches, aus zahlreichen ‘/ Zellschiehten bestehendes Gewebe. Die äusseren Zellschichten nehmen dunkelbraune Färbung an. Die Schläuche treten entsprechend dem relativ grossen Lumen der Schlauchfrucht sehr zahlreich auf. Sie sind stets von eylindrischer Form und mit nur kurzem Stiel versehen, am Scheitel breit gerundet, etwa 130 « lang und 14—16 « breit. (Fig. 21 A). Im oberen Theile der Schlauchwand nimmt man eine ziem- lich starke Verdiekung wahr und am Scheitel einen Porus, wie ihn so manche Sphaeriaceen, z. B. Pleos- pora-Arten, zeigen (Fig. 21 A). Da man zahlreiche Schläuche ent- leert und mit geöffnetem Scheitel vorfindet (Fig. 21 B), so muss der Pilz Ejaculationsfähigkeit besitzen. Kir a1 5A0ksch A Reiter Schlauch des Para- Ob die Sporen simultan oder succedan siten mit seinen 8 mauerförmigen Sporen. ejaculirt werden, lässt sich natürlich B. Entleerte und verquollene Schläuche. C. Eigenthümliche Stränge, beim Verquellen der entleerten Schläuche aus diesen herausgepresst. Die Wandune der Schläuche ent- D. Sporen in verschied. Theilungsstadien (a—h). 2 nur an lebendem Material feststellen. hält einen Stoff der sich mit Jod- jodkalium anfangs ausgesprochen roth bis blass rothbraun färbte, aber nach wenigstündigem Liegen unter dem Deckglas, nachdem ein Theil des Jods durch Auswaschen entfernt war, rein blau erschien. Nach der Ejaeculation verquellen die mittleren Membranschichten des Ascus beträchtlich und hierbei wird die innerste Schlauchwandschieht 262 W. Zopf, .[22] nebst kleinen Resten unverbrauchten Plasmas wie zu einem Strange zu- sammengepresst, den man sogar vielfach aus dem geöffneten Schlauchende durch den Druck der Schleimmasse des Ascus herausgepresst sieht (Fig. 210). Dieser herausragende Theil zeigt hie und da Erweiterungen mit kleinen Querfalten (Fig. 210). Man könnte solche Erscheinungen, zumal bei Betrachtung mit schwächeren Vergrösserungen leicht missdeuten, nämlich sie für Paraphysen halten, wie es Arnold gethan zu haben scheint, wenn er von „undeutlichen* Paraphysen spricht. Thatsächlich ist keime Spur von ächten Paraphysen vorhanden; man bemerkt vielmehr zwischen den Sporen -führenden Schläuchen nur noch die entleerten gequollenen Schlauchmembranen und in diesen liegend, sowie aus ihnen vielfach herausragend die eben erwähnten eigenthümlichen Stränge (Fig. 210). Wenn Letztere durch den starken Druck des gequollenen Ascusschleimes zufällig mehrfach zerrissen werden, so können sie um so leichter Paraphysenglieder vortäuschen. Die Schläuche enthalten, wie bei so vielen anderen Flechtenparasiten, konstant 8 in eine Reihe gelagerte Sporen (Fig. 21A). Letztere sind breiter oder schmäler spindelig, dabei oft etwas schief, hie und da auch eiförmig. Ihre Länge schwankt etwa zwischen 19,6 und 30,4 «, ihre Breite etwa zwischen 10,7 und 125 «. Im Zustand der Reife erscheinen sie mauer- förmig-vielzellig und gebräunt. Wie die verschiedenen Entwieklungsstadien a—h in Fig. 21D zeigen, entstehen die Querwände succedan, was für die Sporen von ZXeospora Scirp? bereits De Bary (Morphologie p. 106) abgebildet hat. Bemerkenswerth aber ist, dass die Querwände nicht, wie bei /eospora Seirpi und anderen Sphaeriaceen senkrecht zur Längsachse der Spore stehen, sondern mehr oder minder ausgesprochen schief zu derselben liegen (Fig. 21D a fl. Es können etwa 3—7 Querwände entstehen. Die hierdurch ge- bildeten Zellen theilen sich dann meist ebenfalls durch schiefe Wände, schliesslieh können Theilungen nach einer dritten Richtung des Raumes hinzutreten, sodass wir Gewebekörper erhalten. Plasmaanhängsel, wie wir sie bei Zleospora Scirpi finden, fehlen hier. Was die systematische Stellung innerhalb der Sphaeriaceen an- betrifft, so kann es sich, da ich den wichtigen Paraphysenmangel sicher er- [23] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 265 wiesen habe, und ein solcher nur bei den Sphaerelloideen im Sinne von Winter zu finden ist, nur um letztgenannte Familie handeln. Da nun aber eine Gattung mit mauerförmigen, gebräunten Sporen in dieser Familie fehlt, so möchte ich unter dem Namen „Merismatium* (der an die Gewebe- natur der Sporen erinnern soll) eine solche aufstellen und den Pilz Aeris- matium Lopadi (Arnold) nennen. Es ist nicht zu verkennen, dass andererseits, im Bau der Schläuche und Sporen, sich Anklänge an Pleosporeen (speciell Z%eospora), an Amphisphaerieen (speciell Sirzekeria) und an Massarieen (speciell Pleomassaria) vorfinden. Ueber die näheren Beziehungen des Merzismatium Lopadü zu Lopadıium pezizoidewm habe ich nichts ermitteln können, weil, wie gesagt, das Material schon 23 Jahre lang im Herbar gelegen hatte. XXI. Lichenostieta podetiicola nov. spec. Auf Podetien von Cladoma gracilis f. hyörida, welche Waghorne in Neufundland (Bay of Islands, Riverhead) sammelte, fand Dr. F. Arnold kleine schwarze Pünktchen, die einen Parasiten anzudeuten schienen. Die nähere Untersuchung zeigte, dass in der That ein Parasit vorhanden war, der aber nicht in Schlauchfrüchten, sondern m Pyeniden fructifieirte. Letztere, wegen ihrer Kleinheit dem blossen Auge entgehend, zeigten sich bei Lupenvergrösserung als zahllose schwarze Pünktchen über die ganze Oberfläche der Podetien, wie auch über die Innenfläche der Becher zerstreut (Fig. 22); nur die Apotheeien der Cladonia blieben von ihnen verschont. Aeusserlich machten sich an den Podetien keinerlei pathologische Ver- änderungen, etwa in Form von Auftreibungen oder Verkrümmungen bemerkbar. Die etwa kugeligen Früchtchen sind zunächst in das Rindengewebe eingesenkt, brechen aber, wie man auf Querschnitten durch die Podetien sieht, schliesslich aus diesem hervor (Fig. 23). Wie Flächenschnitte durch die Podetien-Rinde zeigen, sind die Früchtehen mit deutlicher Mündung versehen (Fig. 24). Ihre Wandung ist dünn, häutig, aus einem pseudoparenchymatischen Gewebe gebildet, das sich bei der Reife bräunt, an dem an die Oberfläche tretenden Theile stärker, als an dem basalen, eingesenkten. Der Durchmesser der Früchtehen beträgt nur etwa 0,06 — 0,15 mm. 264 W. Zopf, [24] Sterigmenbildungen fehlen; die Conidien werden vielmehr direet von der Wandung abgeschnürt. Fig. 22. Ein mit zahl- reichen Pyeniden des Parasiten in Form von kleinen schwarzen Pünktchen besetztes Po- detium von (ladonia graeilis £.hybrida; Sfach vergrössert. Bezüglich der Form der Conidien herrscht eine bald bald schmal-nierenförmig, bald breit-, bald schmal- gewisse Mannigfaltigkeit, insofern sie breit-, ellipsoidisch, bald ei- oder birnförmig, aber auch in letzteren Fällen meist ein wenig gekrümmt erscheinen 33) h (Fig. 25). jreite, 1,85—4 u in der Länge. Ihre Länge beträgt ca. SurEinerder Im Inhalt sieht man in der Regel kleine Oeltröpfehen. Infolge von Verschleimung ihrer Membranen kleben die Conidien leicht aneinander. Der von den Membranen der Fruchtwand und der Conidien gebildete Schleim treibt bei Wasserzutritt zu den Früchtehen letztere heraus. In der bisherigen Literatur scheinen nur drei “älle vorzuliegen, in denen ausschliesslich Pyeniden erzeugende Pilze auf Cladonien beobachtet wurden. Alle drei sind von Lindsay konstatirt. In dem einen Falle vorkommenden Pyenidenpilz, den ich PryZ%ostieta uncrali- handelt es sich um den auf (Cl/adoma uncıalıs cola nannte,') in dem andern um eine auf C/adoma bellidiflora Ach. lebende Art, in dem dritten um JZerothela alcıcorniaria Lindsay, die auf C/adomia alcicornis lebt. Die erstere, bisher nur in England (Birnam Hill, Dunkeld) gefundene, ruft Auftreibungen der Podetienäste Fig. 23. 60 fach vergr. Science. Januar 1891. Querschnitt durch ein Podetium der Uladonia gracilis mit drei Pyeniden des Parasiten hervor und schnürt ihre 8,4 « langen und 5 « breiten ovalen, birnförmigen oder „irre- gulären* Conidien auf 12—17 « langen Basidien ab, kann also hier nicht in Betracht kommen. Für die zweite auf den Thallusschuppen von Cladonia belhdifiora in England (Dublin) beobachtete Species giebt Lindsay’) ellipsoi- dische Sporen an, die an kurzen Basidien ab- 1) Lindsay, Observation on Lichenicolous Micro-Parasites. Quart. Journ. of Microse. p. 29. 2) Memoir on the Spermogones and Pyenides. Transaction Roy. Soc. Edinbourg. Vol. XXI, p. 163 u. 285 und Tab. VII, Fig. 14—16. [25] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 265 geschnürt würden, was Beides nicht für mein Objeet zutrifft. L. hat übrigens auch seine Pyeniden stets in Gesellschaft eines von ihm nicht näher cha- rakterisirten Discomyceten angetroffen. se Ar Ar 498, Fig. 24. Flächenschnitt eines Podetiums mit drei Fig. 25. Verschiedene Conidienformen des Früchtehen des Parasiten, von denen die zwei Pilzes: 540fach vergr. älteren bereits eine deutliche Mündung erkennen lassen; 60fach vergr. Die Beschreibung von Mrcrothelia aleicorniaria Lindsay') habe ich nicht erlangen können. Ich werde daher meinen Pilz vorläufig als Zzcheno- sticta podeticola bezeichnen. Herr Dr. Arnold sandte mir ferner Exemplare von C/adomia cornuta (L) Schaer. zu, die von Waghorne am Clode Sound in Neufundland ge- sammelt waren und deren Podetien ebenfalls mit feinen schwarzen Pünktchen besetzt erschienen. Die Untersuchung zeigte, dass es sich gleichfalls um Zzchenosticta podetircola handelte. XXI. Pharcidia Arnoldiana nov. spec. Der Pilz befand sich auf einem von Herrn Dr. F. Arnold ge- sammelten Exemplar von Zndocarpon mimiatum aus den baierschen Alpen (Kalkfelsen bei Tegernsee). Seine Anwesenheit macht sich schon dem blossen Auge deutlich be- merkbar und zwar dadurch, dass er auf der Oberfläche des Thallus mehr oder minder zahlreiche Fleckenbildungep hervorruft (Fig. 26). Letztere machen etwa den Eindruck, als ob auf verschiedene Stellen des Thallus Funken niedergefallen wären und kleine Brandstellen bewirkt !) Nach Arnold in: Lindsay’s Enumeration of Mieroparasites 27. Nova Acta LXX. Nr. 4. 34 266 Ww. Zopf, [26] hätten. Auf dem erwähnten, etwa 45 mm breiten T’hallus befanden sich ohngefähr ein Dutzend solcher Flecke (Fig. 26). Sie zeigten meist kreis- runden bie und da auch elliptischen Umriss, einen Durchmesser von etwa 1—5 mm und matt russschwarze Farbe. Die Flecke erinnern etwas an die von Microthyrium maculans Zopf auf dem Thallus von Gyrophora hirsuta hervorgerufenen Fleckenbildungen (Fig. 15), nur sind sie durch ihre dunklere Färbung auffälliger. Die centrale Partie der Flecke pflegt am dunkelsten zu sein, von hier aus nimmt dann die Schwärzung nach der Peripherie hin allmählig ab. Doch kommt es auch vor, dass die dunkelste Partie einer mehr Fig. 26. Ein Thallus von Endocarpon miniatum in natürlicher Grösse, mit schwärzlichen, von dem Parasiten her- zwischen Centrum und Peripherie angehört, vorgerufenen Flecken besetzt. oder minder breiten, ringförmigen Zone wie es in Fig. 27 der Fall ist. Ueber das Niveau der Flechtenrinde treten die Flecken übrigens niemals hervor, be- wirken auch auf der Unterseite keinerlei besondere, etwa in Anschwellung oder Verbiegung ete. sich äussernde Veränderung. Schon bei Betrachtung mit einer guten Lupe sieht man die Flecken mit zahlreichen tiefschwarzen, glänzenden Perithecien besetzt (Fig. 27). Sie messen gewöhnlich nur etwa 0,05 — 0,08 mm bisweilen 0,1 mm, sind also ziemlich klein. Wie man sich auf Vertikalschnitten durch einen Thallusfleck über- zeugt, bieten die reifen Perithecien breit-birnförmige bis eiförmige Gestalt dar und sind mit ihrem grösseren Theile eingesenkt, sodass nur die scheitel- ständige Partie hervorragt (Fig. 28). Ferner sieht man an solchen Schnitten den eingesenkten Theil der Wandung in zarterer Ausbildung und weniger dunkler Farbe, als die an die Oberfläche tretende, tief braun bis schwarz erscheinende Scheitelpartie (Fig. 28). Bei ihrem Durchbrechen durch die Rinde heben die Peritheeienscheitel kleine Fragmente der äussersten Rindenlage mit empor. [27] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgernfenen Krankheiten d. Flechten. 267 Von oben betrachtet zeigen die Peritheeien schon bei schwachen Vergrösserungen eine deutliche Mündung. Die Schläuche (Fig. 29) erscheinen stets a 2. stiellos, im unteren Theile bauchig, im oberen rer > schmal, also etwa verlängert-birnförmig. Das | .‘ obere Ende ist mit dieker Membran und einem , scheitelständigen Porus versehen. Ich habe stets 5 | ; je 8 Sporen im Schlauch beobachtet, die durch °, Ejaeulation herausbefördert werden. Die Länge der Schläuche betrug etwa 36 «, ihre grösste , Breite etwa 13,4 u. an - u RE Die Sporen sind von schmal-eiförmiger Fig. 27. Einer der Flecke mit zahlreichen schwarzen Peritheeien Mitte nur schwach eingeschnürt, 16—18 « lang des Pilzes besetzt; 12fach vergr. Gestalt, stets farblos und zweizellig, in der und 45 —5,4 a breit. Fast stets erscheint die obere Zelle etwas breiter und am Scheitel gerundet, während die untere Zelle sich kegelartig verjüngt (Fig. 29). Im Inhalt ausgereifter Sporen be- bemerkt man stets Oeltropfen. Ich traf mehrmals Sporen an, die im Begriff waren Keimschläuche zu treiben (Fig. 29). Paraphysen fehlen. Die dünnen Fäden, die ich einmal ausnahmsweise in einem reifen Perithecium antraf, waren nichts anderes als Keimschläuche von Schlauch- sporen. Die endogene Entstehung der Peri- Fig. 28. Stück enies Vertikalschnittes R: © £ r NEE 7 durch einen der dunklen Thallusflecke thecien, die Beschaffenheit ihrer Wandung, yon Fig. 26, die Lagerung der Peri- der Mangel an Paraphysen, sowie der Bau theeien in der Rinde ee 60fach E 5 h ® vergrössert. der Schläuche und Sporen lässt keinen Zweifel, dass wir es hier mit einem Vertreter der Sphaerelloideen-Gattung Pharcidia zu thun haben. Bis jetzt ist kein solcher auf Zndocarpon miniatum gefunden worden. Wohl aber führt J. Müller’) einen ähnlichen Pilz als 1) Flora 1872, p. 507. 34* 268 W. Zopf, [28] auf Zndocarpon Loscos? J. Müller vorkommend auf und beschreibt denselben als Sphaerella dealbans wie folgt: „Peritheeien in dem Thallus nistend, kugelig, 0,2 mm breit, (f schwarz, aus dem sternförmig zerreissenden Thallus wenig heraus- ragend und hier 0,1 bis 0,13 mm breit. Paraphysen fehlend. Schläuche ca. 45 — 50 u lang, fast eylindrisch, oberwärts ein wenig breiter, stumpf, dünnwandig, Ssporig. Sporen eylindrisch- eiförmig, oft deutlich gekrümmt, zweizellig, hyalin, in der Mitte ro kaum eingeschnürt, an beiden Enden stumpf. Obere Zelle etwas Aa kürzer und breiter als die untere. Länge der Sporen 14—18 w. Die Perithecien sind grösser als bei anderen Flechten bewohnenden Pyrenomyceten und nehmen bisweilen das Centrum oder auch den grösseren Theil des Wirthsthallus ein, meist zerstreut, seltener zusammenfliessend auftretend. Durch die Einwirkung des Pilzes wird der Thallus elfenbeinweiss. In Spanien (Aragonien)“. Fig. 29. Rechts zwei reife Schläuche mit je 8 Sporen, links Sporen, von denen 2 Es handelt sich hierbei ohne Zweifel ebenfalls ee um eine Pharcidia, die ich deshalb als /%. dealbans (J. Müll.) bezeichnen werde. Meine oben charakterisirte PAarczrdia weicht schon durch die Flecken- bildung, die sie auf der Wirthstlechte hervorruft, sodann auch durch Grösse und Form der Perithecien und Schläuche ab. Ich betrachte sie daher als neu und werde sie zu Ehren von Herm Dr. F. Arnold als Pharcıdıa Arnoldiana bezeichnen. Hinsichtlich ihres Verhaltens zur Wirthsflechte ist hervorzuheben, dass die befallenen dunkelgefärbten fleckenartigen Stellen abgetödet werden, und das Gewebe infolgedessen brüchig wird und Risse oder Spalten erhält. Das parasitische Mycel scheint sich nieht über den Bereich der Flecken hin auszudehnen. Der Pilz verhält sich also ganz anders, wie so viele andere Flechten bewohnende Pilze, speciell auch wie 7%. dealbans Müll. XXIII Ueber einige Phaeospora-Arten. 1. Phaeospora-Catolechiae. Der Pilz fand sich auf einigen Exemplaren von Catolechia pulchella (Schrader) 'Th. Fries, welche ich im oberen Theile des Rendelthals bei St. Anton am Arlberg in einer Höhe von 2400 m aufgenommen hatte. [29] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 269 ör befällt die gelben 'Thallusschuppen, ohne diesen ein irgendwie krankhaftes Aussehen zu geben. Die von Herrn Dr. H. Glück und mir vorgenommene Untersuchung des spärlichen Materials ergab Folgendes:') Die Perithecien sitzen den Thallusschuppen meist gegen den Rand 3 auf (Fig. 30). Zur Reifezeit befinden sie sich entweder ganz oberflächlich oder sind doch nur mit ihrem hin einzeln oder in kleinen Gruppen von 2 basalen Theile der 'Thallusrinde und Algenzone eingesenkt (Fig. 31, 32), in der Jugend dagegen sitzen sie im Gewebe drin. Fig. 31. 27fach. Vertikalschnitt durch den Thallus, zugleich median durch ein Perithe- cium des Parasiten geführt. a Rinde, m Mark, r Rhizoidenfragmente. Von der Basis des Peri- Fig. 30. 12fach. Zwei Thallusschüppchen von theeiums gehen Mycelhyphen bis in die Rhi- Catolechia pulchella, von denen das eine ein zoidenregion. junges Apotheeium ap der Flechte, das andere 4 Perithecien des Parasiten trägt. Zwei derselben sind reif, die zwei anderen erst halb entwickelt. Bei flüchtiger Betrachtung können sie leicht mit jungen Cxtolechia- Apothecien (Fig. 30ap) verwechselt werden, doch sind sie nicht dunkelbraun und matt, wie es bei Letzteren der Fall, sondern schwarz und glänzend. Ihre Form ist etwa kugelig; doch erscheinen sie am Scheitel etwas niedergedrückt und an der Basis bisweilen etwas vorgezogen und dann etw: breit-birnförmig (Fig. 32, 33). Die Mündung wird schon bei schwachen Ver- grösserungen als hellere, scheitelständige Stelle bemerkbar. In der Breite 308 u. maassen reife Perithecien etwa 198—297 a, in der Höhe 165 Die Wandung des Früchtchens ist, namentlich in der oberen Hälfte, von relativ beträchtlicher Dicke (etwa 31—44 a messend) und besteht dem- ') Die Figuren sind sämmtlich von Herrn Dr. Glück gezeichnet. 270 W. Zopf, [30] gemäss aus 10—12 und mehr Lagen von kleinen tangential nur wenig ge- streckten Zellen (Fig. 55), von denen die äusseren derbe stark gebräunte, die inneren zarte farblose Membranen besitzen (Fig. 33). Trichombildungen an der Aussenwand fehlen. Wie median geführte Vertikalschnitte zeigen, entspringen von der Innenwand im unteren und mittleren Theile zahlreiche Schläuche, im L Aa 1 23 sb ae! Fig. 32. 120fach. Medianer Vertikalschnitt Fig. 33. 290fach. Fast medianer Vertikalschnitt durch ein reifes Perithecium. durch ein reifes Peritheeium. Die Innenwand der Fruchthülle ist im oberen Theile als mächtige Gewebeschicht entwickelt, von der zahlreiche Periphysen P entspringen, die einen Mündungs- kanal zwischen sich lassen. oberen Theile zahlreiche, eine mächtige Schicht bildende, spärlich verzweigte Periphysen (Fig. 35P, 34P), die zu einem engen Mündungskanal zusammen- stossen und ziemlich stark verschleimen. Die Schlauchschicht geht, wie man an genau medianen Vertikal- schnitten sieht, ziemlich hoch an der Perithecienwand hinauf (Fig. 32) und ist nicht durchsetzt mit Paraphysen. Die Schläuche (Fig. 34A) sind kurz gestielt, von spindelig-keuliger Form und enthalten 8 Sporen. Mit Jodjodkalium nimmt die entleerte Schlauchwand schwach-rothe Färbung an. Hinsichtlich der Form, Grösse und Theilung der reifen Sporen herrscht auffällige Variation (Fig. 34a f). Regel sind 4zellige Sporen, doch kommen häufig 2-, 3- oder 5zellige vor. Manche Schläuche enthalten nur 4zellige, andere nur 2zellige reife Sporen. Letztere zeigen dann breit- ellipsoidische oder eiförmige Gestalt (34ac). Die spindeligen 4zelligen [31] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 271 endigen entweder mit spitz-kegeligen oder mit stumpf -gerundeten Zellen (Fig. 34 abf). Die Färbung der Sporen ist braun. Im Inhalt tritt Fett auf. Infolge der beträchtlichen Formschwankungen variirt natürlich auch die Grösse der Sporen beträchtlich, nämlich zwischen S und 22 a in der #2 | (6) Fig. 34. A ein unreifer und ein reifer Ascus, letzterer mit 4—5 zelligen Sporen, 600fach. P. Eine Periphyse, 910 fach. a—f Zwei- bis fünfzellige reife Sporen von verschiedener Grösse u. Form, aus demselben Peritheeium stammend, 600fach. Länge und 4,5— 8,5 «a in der Breite. Zweizellige Sporen sind etwa nur 12,5—16 u lang, 4,5 — 8,4 breit, vierzellige dagegen etwa 17—22 « lang und 7,5—8,5 u breit. Auf die Wirthsflechte übt der Pilz augenscheinlich keinerlei schäd- liche Wirkungen aus, denn die Thalluslappen behalten ihre normale Form, Grösse und Farbe, und die Algenzone bleibt intakt. 2. Phaeospora rimosicola auetorum. Der Pilz ist vonseiten verschiedener Lichenologen auf einer ganzen Reihe von Lichenen beobachtet worden. So z. B. von Leighton‘), der ihn unter Verrucaria rimostcola her- ausgab und beschrieb, auf Arzzocarpon excentricum (Ach.); von Mylander?), welcher ihn Verrucaria advenula nannte, ferner von Körber) der ihn als Xenosphaeria rimostcola aufführt, von Arnold‘), welcher ihn bald X. »2mo- !) The Lichen-Flora of Great Britain III Aufl. p. 496. 2) Flora 1865 p. 606 und 1867 p. 330. 3) Parerga 467. 4) Lichenologische Ausflüge in Tirol XX (1870) p. 377. 379; XXV, 371. Licheno- logische Fragmente Flora 1858 p. 632 und 1870 p. 236. 272 W. Zopf, [32] stcola bald Phaeospora r. nannte und von Winter‘), der ihn zu Tchofheeium brachte, auf derselben Wirthsflechte; von Lönnroth’) der ihn als Theddnun parasiticum characterisirte, sowie von Arnold’) und Stein‘) auf Ahrzocar- pon calcareum (Weiss); von Arnold’) und Lahm‘) auf Ah. atroalbum (Wulf); von Körber‘) und Lahm‘) auf Ah. concentricum (Dav.); von von Arnold auf Aehmia coerulea Krınph.*), Zecidea sperrea Ach und Zeca- nora Boku Rod.) Unterzieht man die von genannten Autoren angegebenen Eigen- schaften einem näheren Vergleich, so ergeben sich mehrfach Differenzen. Namentlich gilt dies für die Sporenmaasse. So geben an für den Parasiten auf: Dimensionen in w: Lönnroth Rhız. calcareum 16—24 : 7—9,5 Arnold n " 18—22 : 8—9 e n 22 : 6—7 Stein 5 a 13—16 : 5—6 Arnold Rehmia coerulea 18—22 : 5—9 Rhizoc. excentricum 15—18 : 5—6 n ones Nylander 5 R in 2056 8 Stein a = 13—16 : 5—6 Winter 5 5 13—16 : 5-6 Arnold Rh. atroalbıum 15—18 : 5—6 Es muss also bei der Phaeospora rimosicola eine ganz ausnahmsweis- beträchtliche Variation in der Sporengrösse vorliegen; oder aber es müssen unter dieser Art verschiedene Species versteckt sein. Ich habe nun lebende Materialien des Pilzes von verschiedenen Sub- straten, die ich theils Herrn Dr. F. Arnold in München verdanke, theils selbst sammelte, auf den letzteren Punkt hin geprüft und bin zu dem 1) Bearbeitung der Pilze in Rabenhorst’s Kryptogamenflora. Abth. II p. 354. 2) Flora 1858. 3) Ausfl. VI, 1145; XI, 521; 521; XV, 387; XVI, 396. 414. 4) Flechtenflora von Schlesien p. 350. 5) Ausfl. IV, 617. 6) Zusammenstellung der in Westphalen beobachteten Flechten; Münster p. 153. ) Parerga 467. 8) Flora 1870 p. 236. 9) Ausfl. XXV, 367. [33] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 273 Resultat gekommen, dass Ph. r. in der That eine mindestens zwei verschie- dene Arten umfassende Sammelspecies darstellt. 1. Eine auf Ahrzocarpon calcareum aus den Dolomiten vorkommende Form. Sie siedelt sich auf dem 'Thallus der Flechte an. Ihre Gegenwart bekundet sich äusserlich nur dadurch, dass die Areolen des Wirthes mit feinen, für ein gutes Auge noch deutlich wahrnehmbaren Pünktchen besetzt sind, die, wenn zahlreich vorhanden, dem sonst etwa kreideweissen Thallus der Flechte ein schwach-graues Ansehen geben können. Fig. 35. 12fach. Stück eines Thallus von Rhizo- carpon calcareum mit zahlreichen Perithecien des Parasiten. a Apotliecien. R Rand d. Flechtenthallus. Sm Fig. 37. 60fach. A. Ein paar Areolen des Rh. calcareum von oben betrachtet, mit 2 Perithecien des Pilzes. An dem ER bei a befindlichen noch unreifen ist der a ae „Schleier“ erst am Scheitel, an dem reifen ; i bei b gelegenen schon weiterhin abgelöst. Fig. 36. 60fach. Vertikalschnitt durch eine Thallus- B. Frei heraus präparirtes Peritheeiunn, areole des Khizocarpon calcareum mit einem die Töpfehenform zeigend. CO. Vertikal- median getroffenen Peritheeium von Töpfehenform. schnitt durch eine Rhizocarpon-Areole mit Die Deckelpartie weist noch Reste der oberfläch- dem herausragenden Scheitel eines Peri- lichsten Rindensehicht der Flechte auf; a Algenzone. theciums; a Algenzone. Unter einer guten Lupe erscheinen die Pünktchen als schwärzliche Perithecien, die zu 1-4 in den Areolen nisten (Fig. 35) mitunter auch in solchen, die bereits ein grosses Flechtenapotheeium tragen. Nova Acta LXX. Nr. 4 35 274 W. Zopf, [34] Macht man dünne Vertikalschnitte durch befallene Areolen, was bei der starken Verkalkung derselben mit Schwierigkeiten verbunden ist, so treten median getroffene reife Perithecien in Form eines eingesenkten Töpf- chens mit wenig vorgewölbtem, von der Mündung durchbohrtem Deckel entgegen (Fig. 36). Von dieser Töpfehenform überzeugt man sich auch an frei präparirten Früchtehen. Sehr deutlich ist die Mündung bei der Be- trachtung der Früchtchen von oben zu bemerken (Fig. 37a b). Die Perithecien sitzen in der Rinde und Algenzone und ragen kaum in das Mark hinein (Fig. 36). Ihr Querdurchmesser beträgt im frischen, an- gefeuchteten Zustande etwa 0,18—0,25 mm bei einer Höhe von etwa 0,20 bis 0,28 mm. Im Jugendzustande sind die Früchtehen vollkommen in das Gewebe der Flechte eingesenkt. Auch später noch, wenn sie sich mit dem Scheitel schon etwas über das Thallusniveau hervorgewölbt haben, sieht man sie noch von der äussersten Rindenschicht des Wirthes wie von einem dünnen weissen Schleier überkleidet. Erst wenn das Peritheeium ausreift, wird dieser „Schleier“ infolge starker, durch das Sichvorwölben des Frücht- chens bedingter Spannungserscheinungen theilweis gesprengt, was in der Regel zuerst am Scheitel geschieht (Fig. 36 und 37a b). Später können auch noch weitere Theile des Schleiers abblättern, und man sieht bisweilen sehr alte Früchtehen mit völlig entblösstem und dann glänzend schwarzem Scheitel. In einem Falle bemerkte ich, dass der Schleier sich durch einen nahezu vollständigen Ringriss in toto abzulösen im Begriff war. Den bisherigen Beobachtern scheinen diese Verhältnisse entgangen zu sein. Die Perithecienwand ist weniger dick als bei Z%. Catolechiae. Der eingesenkte Theil derselben zeigt minder dunkle Färbung und minder grosse Härte, wie die mit der Luft in Berührung kommende deckelartige Partie, die schwarz und brüchig erscheint. Bei /%. Catolechiae dagegen ist die Perithecienwand von überall gleichartiger Farbe und Consistenz, was damit zusammenhängt, dass die Früchtchen dieser Species zur heifezeit höchstens noch am basalen Theile eingesenkt erscheinen. Vom unteren Theile der Perithecienwand entspringen zahlreiche Schläuche von keulig - spindeliger, kurz gestielter Form (Fig. 38). Sie [35] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 275 messen etwa 60—66 « in der Länge, 18—20 u in der Breite und führen stets, wie es scheint, 8 Sporen. Die Schlauchmembran färbt sich mit Jod- lösungen weinroth, quillt in Wasser im oberen Theile stark und ist am Scheitel mit Porus versehen. Bezüg- lieh der Grösse, Form und Theilung der Schlauchsporen herrscht eine gewisse Variabilität. In der Regel sind sie schmäler oder breiter spin- delig resp. verlängert -ellipsoidisch und dabei meistens ein wenig ge- krümmt, was mit der Lage im Schlauehe zusammenhängt (Fig. 38). Doch treten auch eylindrische, sowie breit- oder schmal - eiförmige Gestalten auf. Der Regel nach gliedern sich die Sporen in 4 Zellen, indessen kommen auch in reifem Fig. 38. 540 fach. A. Periphysenlager aus der h ; : 3 Mündungsregion. B. Reifer Schlauch. €. Oberes zellige vor. Nieht minder wechseln Ende eines jungen Schlauches, D. Verschiedene Formen von Schlauchsporen. Zustande zweizellige sowie 5 (die Dimensionen. Ueberwiegend sind Sporen von 17,8—23 a Länge und 6,7—9 « Breite; hin und wieder findet man bis zu 28,6 u lange und bis zu 10,7 u breite, während andererseits auch wieder auffällig kurze von nur 12 « Länge vorkommen können. Völlig reife Sporen sind stets bräunlich gefärbt und an den Quer- wänden nur mit schwachen Einschnürungen versehen (Fig. 38). Von Wichtigkeit für die Beurtheilung der Stellung der Grattung Phaeospora im System ist die Frage, ob die Peritheeien Paraphysen und Periphysen erzeugen. Nach Leighton (l. c) fehlen bei der von ihm auf Avzocarpon excentricum beobachteten Ph. rimosicola sowohl Peri- physen (er nennt sie Mündungsfilamente) als auch Paraphysen vollkommen. Auch Nylander (l. ec.) hebt für den Pilz (er identifieirt ausdrücklich seine Verrucaria advenula mit V. rimosicola Leight.) den Mangel an Peri- 302 276 W. Zopf, [36] physen hervor. Arnold hat keine Periphysen bemerkt, Paraphysen fehlen nach ihm und Körber; wogegen Winter behauptet, es seien Paraphysen vorhanden, aber in undeutlicher Form; von Periphysen erwähnt er nichts. Auch Stein will flockig-krumig zersetzte Paraphysen gesehen haben. Die Ansichten über Gegenwart von Paraphysen stimmen also nicht überein und Periphysen hat keiner gesehen. Nach meinen Untersuchungen lassen dünne Medianschnitte sehr deutliche Periphysenbildung erkennen, welche den oberen Theil des Peritheeiuminnern als diehtes Polster auskleiden (Fig. 38 A). Allerdings ist dasselbe nicht ganz so mächtig, wie bei Pr. Catotechtae. Die Periphysen sind im obersten Theile des Mündungskanals kürzer und aus kürzeren Zellen gebildet, als weiter rückwärts nach dem Fruchtinnern zu. Sie lassen sich nicht bloss auf Schnitten zur Anschauung bringen, sondern können auch schon durch vorsichtigen Druck aus lebenskräftigen reifen Perithecien herausgepresst werden. Infolge der Zartheit und Ver- gänglichkeit ihrer Membranen kann man sie an überreifen Peritheeien nicht mehr sicher nachweisen. Paraphysen sind, wie auch alle früheren Beobachter mit Ausnahme von Winter und Stein angeben, bestimmt nicht vorhanden. 2. Eine auf Azocarpon excentricum (Ach.) wachsende Form, von Porphyr der Schlucht von Pufels in Gröden. Der Pilz befällt die Thallusareolen von AA. excentricum. Für die richtige Bestimmung der Flechte bürgt auch Herr Dr. F. Arnold. Die Früchtchen des Parasiten sind so winzig, dass nur ein sehr gutes Auge sie eben noch zu erkennen vermag. Bei reichlichem Auftreten lassen sie den weisslichen Wirthsthallus etwa mausegrau erschemen. Unter der Lupe sieht man die Früchtchen als zerstreute grobe schwarze Punkte theils auf der Fläche theils an den Rändern der Areolen sitzen (Fig. 39). Von den Peritheeien des auf AA. calcarewm lebenden Parasiten unter- scheiden sich die Früchtehen schon durch ihren erheblich geringeren Quer- durehmesser, der hier etwa 0,12—0,16 mm, dort dagegen etwa 0,18 bis 0,25 mm beträgt. Die Perithecien sind ebenfalls töpfehen- oder paukenförmig einge- senkt und bis gegen die Reife hin von einer dünnen schleierartigen Schicht [37] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 277 der äussersten Flechtenrinden-Lage überdeckt, die aber schliesslich gleich- falls von dem sich nur wenig hervorwölbenden Scheitel der Perithecien abblättert, meistens in der ganzen Breite des Fruchtscheitels. Form und innerer Bau der Früchtchen entsprechen nach meinen Prüfungen durchaus denen der auf AA. calcareum wachsenden Pilz- form; nur erscheint die Wandung, die an den eingesenkten Theil deutlich pseudoparenchy- matische Structur aufweist und ebenso die Periphysenschicht minder kräftig entwickelt, =— als dort.. Paraphysen fehlen ebenfalls. Die Fig. 39. 12fach. Fragment eines kleinscholligen Thallus von Rhizo- carpon excentricum (Ach.) mit zahl- mit Jodlösung sich röthenden Körper enthält, reichen Peritheeien des Parasiten, x . DEN F a die theils am Rande, theils auf der bieten die nämliche Form dar, wie bei jenem fläche der Areolen sitzen. Die Grossen berandeten Früchtchen stellen Apo- thocien der Flechte selbst dar. Schläuche, deren Membran gleichfalls einen Pilze, weisen aber etwas geringere Dimensionen auf. Dies hängt damit zusammen, dass auch die Grösse der Sporen, die übrigens gleichfalls zu 8 vorhanden sind, erheb- 16 a, in der Breite nur 5,4—7 «. Im übrigen gleichen die Sporen nach Gestalt lich geringer erscheint. Sie beträgt nämlich in der Länge nur 12,5 und Theilungsweise (Fig. 40) sowie in der Färbung vollkommen denen des vorigen Pilzes. 3. Eine Form auf Ahrzocarpon excentricum (Ach.) ebenfalls von Porphyr der Schlucht von Pufels in Gröden. Diese Form war auf einem älteren, grössern Apothecien tragenden Thallus vorhanden, der sich dicht neben demjenigen Thallus befand, welcher die Form 2 trug. WER u 8 Fig. 40. 540 fach. Verschiedene Sporen- In Form, Bau und Grösse stimmten die Früchte mit formen des Pilzes. Das äussere Auftreten des Pilzes (Fig. 41) entsprach im Ganzen dem der Form 2, nur mit dem Unterschiede, dass die Peritheeien auf den Wirthsareolen etwas zahl- reicher vorhanden waren, bis zu 15 auf grösseren Areolen. denen von Form 2 gleichfalls überein, wogegen sie im Vergleich zu 278 W. Zopf, [38] Form 1 bedeutend kleiner erschienen. Man vergleiche Fig. 41 mit Fig. 39 und Fig. 35. Dagegen ergab sich hinsichtlich der Form und Grösse der Schläuche Fig. 41. 12fach. Fragment eines Thallus Fig. 41. 540fach. Links ein reifer von Rhizocarpon excentricum (Ach.) mit Schlauch des Pilzes, rechts verschieden zahlreichen Perithecien des Parasiten. Die gestaltete Sporen. breiten Früchtchen gehören z. Flechte selbst. und Sporen starke Annäherung an Form 1 und völlige Verschiedenheit von Form 2. Die Sporen massen bei Form 3. 16--19,6 in der Länge, 6,2—8 in der Breite LONG, B) I ee ee 22212516 a n HAT Ich habe mich bei vorstehender Untersuchung auf die genannten Pilzformen beschränken müssen, weil ich von den auf anderen Flechten vorkommenden verwandten Formen kein geeignetes, frisches Material be- kommen konnte. Die Untersuchung lehrt, dass unter der Phaeospora rimosicola der Autoren Pilzformen versteckt sind, welche z. Th. sehr erhebliche Unter- schiede aufweisen. Die eine Form, welche ich auf Ahzzocarpon calcareum vorfand, ist mit relativ grossen Perithecien, grossen Schläuchen und grossen Sporen ausgestattet; die andere dagegen, die auf Az. excentricum lebt, durch Kleinheit aller Theile: kleinere Perithecien, kleinere Schläuche und kleinere Sporen ausgezeichnet. [39] Untersueh. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 279 Es dürfte daher berechtigt sein, diese beiden Pilzformen in Zukunft als besondere Species auseinander zu halten. Ich schlage desshalb vor, den mit den grossen Früchten, Schläuchen und Sporen ausgestatteten Pilz auf Ahzzoc. calcareum, von der Phacospora rımostcola der meisten Autoren abzutrennen als 7%. parasitica, und ersteren Namen auf den mit kleineren Früchtehen, Schläuchen und Sporen ver- sehenen Pilz auf Arrzocarpon excentricum zu beschränken, wie ja ursprüng- lich auch seitens Leighton (1856) die Bezeichnung Verrucarıa rimosicola ausschliesslich auf den Parasiten letztgenannter Flechte bezogen worden ist. Als dann Lönnroth (Flora 1858) sein auf AM. calcareum schmarotzendes Thelidium parasiticum aufstellte, dessen Charaktere vollkommen mit der auf der gleichen Flechte von mir beobachteten Phaeospora übereinstimmen, hätte man fortan an der speeifischen Trennung der beiden Schmarotzer fest- halten sollen, allein spätere Lichenologen und Mycologen haben diese Unterscheidungen ohne nähere Begründung ignorirt und wahrscheinlich ausser der Verrucaria rimostcola Leight. und dem Zhekdium parasıticum auch noch andere Pilze zu der Phaeospora rimosicola zusammengezogen. Die Ferrucaria rimoszcola Leighton’s ist übrigens wahrscheinlich schon zwei Jahre früher (1854) von Deakin'!) als Verrucaria Gager beschrieben und abgebildet worden, wie Leighton selbst annimmt, indem er für seine Species ausdrücklich auf Deakin’s Abbildungen verweist. Deakin hielt freilich den Parasiten und den sterilen Thallus von Azzocarpon excentricum für eine einheitliche Bildung, denn er beschreibt und bildet ab den 'Thallus seiner V. Gage: als krustig und in Areolen zerklüftet, und aus diesem Grunde ging er nach Leighton’s Auffassung der Priorität verlustig, aber im Uebrigen sind seine Beschreibung und Abbildungen noch heute brauchbar. Was endlich die von mir beschriebene dritte Form anbetrifft, die wie wir sahen, ebenfalls RA. excentricum bewohnt, so ist sie so gTOss- schläuchig und grosssporig, dass man sie ohne Zweifel nieht zu Phaeospora rimostcola in meinem obigen Sinne bringen darf. Sie müsste vielmehr nach der genannten Beschaffenheit der Schläuche und Sporen zu Phaespora para- sztica gestellt werden. Von dieser weicht sie nun aber wieder erheblich 1) On now species of Verrucaria and Sagedia. Annals of Nat. Hist. XIII Ser. 2 (1854) p. 37. 280 W. Zopf, [40] dureh die viel geringere Grösse der Perithecien ab, die der von ZA. rimo- szeola entspricht. Es wären also zwei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Entweder ist der Pilz eine Form von Zr. parasıtica, die auf Ah. excentricum statt der gewöhnlichen Grossfrüchtigkeit Kleinfrüchtigkeit erwirbt, oder es ist eine selbständige, in der Mitte zwischen /%. parasitica und Ph. rimosicola stehende Art. Im ersteren Falle würde sie als Z%. parasıtica var. media bezeichnet werden können, im letzteren als 2%. media. Eine Entscheidung, welche von beiden Auffassungen die richtigere ist, wird nur durch das Kulturexperiment gewonnen werden können, das natürlich in der freien Natur vorgenommen werden müsste. Ob ein solches Experiment jemals gelingen wird, ist sehr zu bezweifeln, denn man kann von dem infieirten Thallus wohl kaum andere Phaeospora-Keime fernhalten. Phaeospora Zoptf. Phaeospora Hepp Eur. ex parte et emend. Xenosphaeria Körber Par. 467 ex parte et emend. Tichotheciwn Winter Hedwigia 1886, 15 und Rabenh. Kryptogamenfl. Pilze I Abth. II 345 minima ex parte. Flechtenbewohner. Perithecien anfangs in das Gewebe der Rinde und Algenzone der Wirthsflechte völlig eingesenkt, später das Rindengewebe durchbrechend, entweder nur mit dem Scheitel oder schliesslich bis zur Hälfte und weiter über die Rindenoberfläche herausragend. Gestalt der Perithecien töpfehen- oder paukenförmig mit flach - gewölbtem Scheitel. Wandung dick, aus mehreren bis vielen Zelllagen bestehend, von denen die äussersten stark gebräunt sind, an den mit der Luft in Berührung stehenden Partieen sehr dunkel und fest werden, an den eingesenkten Theilen minder dunkel und fest erscheinen. Innenseite der Peritheeiumwand im oberen Theile mit mehrzelligen Periphysen ausgekleidet. Schläuche breit-spindelig oder spindelig-keulig, kurzgestielt, nie mehr als 8 sporig. Schlauchwand am Scheitel mit Porus versehen. Sporen der Regel nach mit 3 Querwänden versehen (also 4 zellig), an den Polen mehr oder minder stark gerundet, an den Querwänden [41] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 281 nur wenig eingeschnürt, spindelförmig, ausnahmsweise zwei-, drei-, fünf- oder sechszellig und dann bald eiförmig, ellipsoidisch, keulig oder spindelig erscheinend, zur Reifezeit gebräunt und meist fettreich. Paraphysen fehlen. Die Gattung Phaeospora steht im Bau der Perithecien, dem Mangel an Paraphysen, der Gegenwart von Periphysen und dem Charakter der Schläuche den Gattungen Trchothecrum Fw. und Discothecium Zopf nahe, unterscheidet sich aber von diesen Gattungen durch mehrzellige Sporen. Die hierher gehörigen Parasiten schädigen anscheinend weder die Flechtenalge noch den Fleehtenpilz, rufen auch keinerlei gestaltliche Ver- änderungen an der Wirthsflechte hervor und unterdrücken die Fructifikation derselben nicht. Ich fasse die Gattungen Tzehothecium, Discothecium und Phaeospora zu der Familie der Zrchothecieen zusammen und stelle diese zu den durch Mangel an Paraphysen ausgezeichneten Sphaerelloideen Winters. 1. Phaeospora Catolechiae Zopf. Auf den 'Thallusschuppen von CaZofechra pulchella (Schrader) Th. Fries. Perithecien einzeln oder in kleinen Gruppen dicht beisammen stehend, relativ gross, etwa 198 — 297 u breit, 165 — 308 «a hoch, niedergedrückt- kugelig bis sehr kurz birnförmig oder paukenförmig, schwarz, zur Reifezeit glänzend, nur mit der Basis eingesenkt. Wandung sehr diek, an der Innen- seite im oberen Theile mit reicher Periphysenbildung. Schläuche spindelig-keulig, kurz gestielt, Ssporig. Schlauchwand durch Jod schwach roth werdend. Sporen in Form, Grösse und Theilung sehr variabel, in der Regel 4 zellig (ausnahmsweise 2-, 3- oder 5zellig, spindelig, kurz-ellip- soid, eiförmig oder keulig), 17—22 u lang, 7,5—8,5 « breit, mitunter auch nur 8 « lang, 4,5 « breit, an den Querwänden sehr schwach oder garnicht eingeschnürt, braun. Paraphysen fehlen. Verbreitung: Bisher nur aus der hochalpinen Region der Alpen (Rendelthal in Tirol, 2400 m) bekannt. 2. Phaeospora parasıtica (Lönn.) Zopf. Syn: Zhehdium parasiticum Lönnroth Flora 1858, 632. Xenosphaeria rimostcola Armold, Ausflüge VI (1871), 1145; XI (1873), 521; XV (1876), 387: Nova Acta LXX. Nr.4 36 282 W. Zopf, [42] Phaeospora rimostcola Arnold, Ausflüge XVI (1876) 396. Fragmente IX Flora 1870, 326. Auf den Thallusareolen von Arzzocarpon calcareum (Weiss) (= Stegertia calcarea Körber). Perithecien zerstreut, zu 1—4 auf den Wirthsareolen, relativ gross, etwa 0,18—0,28 mm breit und 0,20—0,28 mm hoch, töpfehen- oder pauken- förmig, in Rinde und Mark eingesenkt, nur mit dem flach gewölbten deckel- artigen Scheitel über das Niveau der Flechtenrinde sich erhebend. Scheitel im Gegensatz zu dem eingesenkten, braunen weniger festen "Theile der Perithecienwand, pechschwarz, hart zerbrechlich, zur Reifezeit noch mehr oder minder vollständig von der äussersten Lage der Flechtenrinde schleier- artig überdeckt oder auch ganz frei. Schläuche breit -keulig -spindelig, kurzgestielt, S8sporig, etwa 60—66 « lang, 18— 20 « breit. Schlauchwand durch Jod roth werdend. Sporen in Form, Grösse und Theilung sehr variabel, in der Regel 4zellig 17,8— 23 «u lang, 6,7—9 « breit, ausnahms- weise 2-, 3-, 5- oder 6zellig und dann oft nur 12 a aber auch bis 28,6 « lang und bis 10,7 a breit. Normale Sporenform schmäler oder breiter spindelig, meist ein wenig gekrümmt, oder verlängert ellipsoidisch, oder ver- längert eiförmig, an den Scheidewänden nur schwach eingeschnürt, an den Enden meist gerundet; daneben treten fast eylindrische, breit eiföürmige, kurz ellipsoidische, bisquitartige und keulige Gestalten auf; mitunter sind die Endzellen zugespitzt. Bei der Reife sind die Sporen gebräunt. Paraphysen fehlen. Periphysen gegliedert, zartwandig, verschleimend, Membran durch Jod roth. Verbreitung: Auf Ahzz. calcareum (Weiss) in Schweden (Insel Gotland) nach Lönnroth; in den baierschen Alpen nach Arnold; in den Tiroler Alpen nach Arnold und Zopf. Auf Ahiz. caeruleum Krmpelh. (Rehmia coerulea Krmp.) in den baierschen und Tiroler Alpen nach Arnold. Var. media Zopf. Auf den Thallusareolen von Ahzzocarpon excentricum (Ach). Perithecien zerstreut, zu mehreren bis vielen (bis 15) auf den Wirthsareolen, relativ klein 0,12—0,16 mm breit, eingesenkt und wie bei [43] Untersueh. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 283 Ph. parasıtica gebaut. Schläuche in Form und Grösse mit denen von Ph. parasitica übereinstimmend. Sporen 16—19,6 « lang, 6,2—8 u breit, im Uebrigen von derselben Beschaffenheit wie bei A. parasitıca. Verbreitung. Bisher nur aus der Schlucht von Pufels im Grödener Thale (Südtirol) bekannt. 3. Phaeospora rimostcola Zopf. Syn: Verrucaria Gage! Deakin 1854. 5 rimostcola Leighton 1856. Exs. 253. Phaeospora rimostcola Arnold, Ausflüge XX (1870) 357. Exs: Arnold, Lichenes exs. Nr. 1737b. Auf den 'Thallusareolen von Akzzocarpon excentricum (Ach). Perithecien zerstreut, zu mehreren auf den Wirthsareolen relativ klein 0,12 — 0,16 breit, töpfehen- oder paukenförmig, eingesenkt und nur, wie bei Z%. parasitica, mit dem flach gewölbten Scheitel die hier ganz dünne „schleierartige* Rindenschicht durchbrechend. Perithecienwand weniger diek als bei 7%. parasztıca, in der Scheitelregion schwarz, hart und zerbrechlich, an dem eingesenkten Theile braun und weniger hart. Schläuche breit- keulig-spindelig, kurzgestielt, kleiner als bei PA. Parasitica, 8sporig, ihre Wandung durch Jod roth werdend. Sporen der Regel nach 4zellig, braun, spindelig, eiförmig oder ellipsoidisch, an den Polen gerundet, an den Quer- wänden schwach eingeschnürt, viel kleiner als bei A. Parasitica, nämlich etwa 12—16 a lang und 5,4—7 u breit, bisweilen nur 3- oder 2zellig, selten zugespitzt. Paraphysen fehlend, Periphysen vorhanden, ge- gliedert, mit zarter, verschleimender, durch Jod roth werdender Membran. Verbreitung. Im Grödener Thale (Schlucht von Pufels und bei St. Ulrieh) in Südtirol, sowie in den Dolomiten (Arnold, Zopf). In England nach Leighton. XXIV. Tichotheeium gemmiferum var. brachysporum. Es handelt sich hier um eine Tichotheeiumform, die ich auf A%:2o0- carpon excentricum (Ach), von Porphyr bei St. Ulrich in Gröden beobachtete und zwar auf den Thallusareolen dieser Flechte. 36* 284 W. Zopf, [44] Die Perithecien des Pilzes entgehen wegen ihrer Klemheit dem blossen Auge. Mit der Lupe sind sie als feine oder gröbere Punkte wahr- nehmbar, die meist zu mehreren zerstreut auf den Wirthsareolen sitzen (Fig. 43A). Sie sind, wie man auf Vertikalschnitten (Fig. 43B) sieht, in die Rinde, die Algenzone und einen Theil des Markes eingesenkt und selbst bei der Reife ragt nur der Scheiteltheil hervor, meist auch nur die Mün- dungsregion desselben, da die äusserste Lage der Rindenschicht der Flechte nur allmählich abblättert, sodass die Früchtchen gewöhnlich erst im ver- alteten Zustande die ganze breite Scheitelfläche entblösst zeigen. Die Gestalt der Früchtehen ist, wie man auf medianen Vertikal- schnitten, sowie an frei präparirten Exemplaren sieht, breit birnförmig und Fig. 43. A. 12fach. Stückchen eines Thallus von Rhizocarpon excentricum (Ach.) mit 3 grossen Apothecien und den kleinen zahlreichen Peritheeien des Parasiten. B. 68fach. Vertikalschnitt durch eine Areole der Flechte mit 2 etwa median getroffenen Perithecien des Parasiten und der intacten Algenzone. C. 540fach. Zwei 8sporige Schläuche des Pilzes.. D. 890fach. Mehrere Schlauchsporen. E. 540fach. Zwei Periphysen aus der Mündungsregion. mit nur flach gewölbtem Scheitel abschliessend (Fig. 4OB). Ihre Breite beträgt etwa 0,14— 0,16 mm bei etwa 0,16 — 0,2 mm Höhe. Die früheren Beobachter geben für die Peritheeien nur 0,1 mm Grösse an, wahrscheinlich nur, weil sie sich nieht die Mühe gaben, diese Objecte frei zu präpariren oder an Schnitten zu messen. [45] Untersuch. üb. die dureh parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 285 Die Wandung der Früchtehen wird gebildet von einem dichten und relativ dieken Hyphengewebe, das im Scheiteltheil schwarz, in den tiefer liegenden Partieen mehr braun erscheint und die Eigenthümlichkeit zeigt, mit Jodlösungen intensive Bläuung anzunehmen, was den bisherigen Beob- achtern des T. gemmiferum nicht bekannt gewesen zu sein scheint. Die Innenseite der Fruchtwand erscheint in der oberen, der Mün- dungsregion entsprechenden Partie ausgekleidet mit Periphysen, die sich sowohl auf feinen Vertikalschnitten als auch schon bei vorsichtigem Zerdrücken der Früchtchen bestimmt nachweisen lassen, den früheren Unter- suchern aber ebenfalls entgangen sind (Fig. 43E). Sie sind in zwei bis mehrere gestreckte Zellen gegliedert, von denen die Endzelle entweder kegelig oder keulig auftritt, und zeigen eine zarte, stark vergallertende Membran, die mit Jod sich blass weinroth färbt. Im oberen Theile der Mündung gelegene Periphysen messen etwa 2,6 « im Querdurchmesser. Paraphysen fehlen den Früchtchen vollständige. Die Schläuche erscheinen keulig, nicht bauchig und mit nur kurzem Stiel versehen. Sie führen stets acht Sporen. . Die Membran der Schläuche wird durch Jodlösungen roth. Auch die bereits entleerten ver- quollenen Membranen lassen diese Eigenschaft sehr deutlich erkennen. Die Länge der Schläuche schwankt etwa nur von 57—-41 u, die Breite von 8,9 — 10,7. Die stets zweizelligen braunen Sporen (Fig. 43CD) weisen bald sehr kurze, bald wenig verlängerte Ellipsoidform, bisweilen auch Birnform auf und messen 6,7—S8S a in der Länse, 4,9—5,95 a in der Breite. ) u 2 ) ) L Augenscheinlich schädigt der Pilz die Algen des Rhizocarpon nicht, denn diese bleiben, selbst in unmittelbarer Nähe der Perithecien, kräftig grün; auch bezüglich des Gewebes des Flechtenpilzes habe ich keinerlei Schädigung, wie sie sich etwa durch Verfärbung oder sonstige abnorme 3eschaffenheit documentiren könnte. ausfindig zu machen vermocht. Ob vorliegende Pilzform mit der Verrucaria gemmifera Taylor (in Mackay, Flora hibern. II, 95) identisch ist, dürfte sich wohl kaum mit Sicherheit feststellen lassen, da Originalexemplare wohl kaum noch existiren. 286 W. Zopf, [46] Hat Leighton'‘) wirklich den Taylor’schen Pilz vor sich gehabt, so dürfte derselbe von dem vorstehend charakterisirten verschieden sein, denn L. giebt viel grössere Sporen-Dimensionen an (10—12 « lang, 6—7 breit), als sie mein Pilz aufweist, dessen Sporen, wie gesagt, 6,7—8 lang, 4,9 —5,95 breit sind. Der Leighton’sche Parasit kömmt überdies auf einer anderen Wirths- flechte vor und weist auch halbeingesenkte und anders geformte Perithecien auf. Es scheint mir desshalb passend, meinen Pilz als var. drachyspora von Tichoth. gemmiferum (Tayl.) abzutrennen. Vielleicht stellt er eine besondere Species dar. XXV. Didymosphaeria pulposi nov. spec. Ich habe diesen Pilz auf einigen Exemplaren des Colema pulposum (Bernh.) beobachtet, die auf Lehmboden bei Gutenberg unweit Halle ge- sammelt waren. Er bewohnt vorzugsweise den thallodischen Gehäuserand der Collema- Apotheeien (Fig. 44 A), kömmt aber gelegentlich auch auf den 'Thallus- lappen vor. a Sein Auftreten ist insofern besonders charakteristisch, als er an den genannten Organen gallenartige Bildungen hervorruft, welche in Form von Knötchen auftreten. Am thallodischen Rande der Apotheeien, wie auch auf den Thalluslappen treten die Knötchen meist gehäuft auf (Fig. 44 A). In jedem Knötchen sitzt der Regel nach ein einziges Peri- theeium (Fig. 44BCODE). Es ist vollständig eingesenkt, zeigt breit - birn- förmige Gestalt und erscheint bei schwacher mikroskopischer Vergrösserung schwarz gefärbt. Die pseudoparenchymatische Wandung desselben ist dünn und weich, sodass sie sich unschwer zerdrücken lässt. Die Zellwandungen der äussersten Schieht sind bei stärkerer Vergrösserung von bräunlicher Farbe. Von der Perithecienwand entspringen im oberen, gegen die Mündung zu liegenden Theile Periphysen, im unteren Paraphysen und Schläuche. Erstere sind in gestreckte Zellen gegliedert, spärlich verzweigt, hin und wieder durch eine Anastomose verbunden und etwa 1,78— 2,6 a dick. Die Schläuche erscheinen schmal-keulenförmig, 4— 6 sporig, etwa 598 — 73 u !) Lich. angioc. 47. [47] Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Krankheiten d. Flechten. 287 lang und 10,7—12,5 « breit (Fig. 44 F), die Sporen verlängert-eiförmig oder 5,56 u breit, weinkernförmig, farblos, zweizellig, etwa 14—18 u lang, 4,9 fast durchweg ist die eine Zelle etwas dieker und breiter gerundet, als die andere (Fig. 445). f pP EN — Si \ a n 4 ee g Er | ZU z : RE RT f ) Pen / 2 dp Fig. 44. A. Sfach. Apothecium von Collema pulposum von oben gesehen. Die Knötchen an der einen Seite des Randes sind durch den Parasiten hervorgerufene Gallen. B. 40fach. Vertikalschnitt durch einen mit einem Apothecium versehenen Thalluslappen der Flechte; h Hymenium, rechts davon mehrere Gallen, jede mit einem Peritheeium des Pilzes. C—E. 40fach Aehnliche Vertikalschnitte. Der thallodische Rand des Apotheeium zeigt je eine gallenartige Wucherung mit je einem Peritheeium des Pilzes. F. 540fach. Reife Schläuche, der eine 4-, der andere 6sporig. P. 540fach. Paraphysen. S. 890fach. Einzelne Schlauchsporen. Die Auffindung des Parasiten wird dadurch erschwert, dass die von ihm hervorgerufenen Knötchenbildungen von denjenigen wärzchenförmigen Erhabenheiten des Thallus und des Apotheciumrandes der Flechte, in welchen 288 W. Zopf, Untersuch. üb. die durch parasitische Pilze ete. [48] sich die Spermogonien bilden, auch mit der Lupe meist nicht zu unter- scheiden sind. Schädigende Einwirkungen des Pilzes habe ich weder an dem einen noch an dem anderen Componenten der Flechte wahrnehmen können. Es werden vielmehr beide zu lebhafterer Entwicklung und damit zur Bildung jener Knötchen angeregt. Die vorstehenden Mittheilungen stellen nur ein Fragment dar, das ich erst später werde vervollständigen können, da ich für die nächste Zeit Pflichten übernommen habe, die mir eine vorläufige Weiterbearbeitung der Materie verbieten. NOVA ACTA Abh. der Kaiserl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher Band LXX. Nr.5. Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla, Lamnunguia und Artiodactyla non ruminantia. Von Carl Greve. Mit 5 Karten in Farbendruck, Nr. XVITI—XXI Eingegangen bei der Akademie am 30. April 1898. HALLE. 1898. Druck von Ehrhardt Karras, Halle a. S. Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig E ; 3 > es ß i u x u Fr — B Fe B - e u u Re \ “ © u: ws ö 9 2 I 5 i nu” It, DENE; N ie ee HR %% DL De Te Er F Jose; sah; unhehk;stndgeiiik, Ar: e5 zu m were Bi 0:3 1 DEE OBER, ehe Kara) Be 7 79 BITHUR, Ya el x kn akt ee {4 dh Stab NE nt ae RAN ana A A u A b u A 5 5% j i LE f } ' f u = u “eR 2.8 5 RR NIF En a re ni 5 rt A irren ut a an N » FTrAH u - Krk, Ki : u FRPTR Mr 0 we ee ae ui Vorwort. Durch anerkennende Zuschriften (aus England, Frankreich, Russland und Deutschland) über meine beiden ersten grösseren Arbeiten auf zoogeogra- phischem Gebiete (Verdreitung der jetzt lebenden Raubthiere, Nova Acta d. Ks. Leop.-Carol. Deutschen Akad. d. Naturforscher B. LXIH. Nr. 1 und Vrr- breitung der Pinnipedia, Nova Acta ect. Bd. LXVI. Nr. 4), ermuthigt, ent- schliesse ich mich die Vrrörertung der Perissodactyla, Lamnunguwia, und Artio- dactyla non rwminantia zu veröffentlichen. Bei dieser Gelegenheit ist es mir eine angenehme Pflicht, der Kais. Leop.-Carol. Deutschen Academie der Naturforscher, welche mir die Publication meiner Arbeiten durch ihr wohlwollendes Ent- gegenkommen ermöglichte, sowie allen Fachgenossen, die mich durch Hin- weise auf Quellen, durch briefliche faunistische Angaben, oder durch Zu- sendung sonstigen werthvollen Materials liebenswürdig in meiner Arbeit unterstützten, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Es ist mir eine grosse Freude, meine Bestrebungen als nicht werth- los anerkannt zu sehen und dieser Umstand soll mir als Ansporn dienen — trotz aller Schwierigkeiten und trotz des Bewusstseins, bei aller Sorgfalt und kritischen Vorsicht doch manchen Irrthum begangen zu haben — die Arbeit, so lange meine Kräfte reichen, in derselben Riehtung fortzuführen. Die Prineipien, welche für die Orthographie, sowie für die Anordnung der geographischen Regionen maassgebend waren, sind dieselben, wie in den beiden obenerwähnten Arbeiten. Moskau, im December 1897. . Greve. re An “ a A anti ih & . Dr hie Fa a “Time erh ui AM 3 ne iesnäll BE a He ah 03 Drenan Aktargg DR a ar a ch “u n ZU TE: Paz al wen dr Nee AU DEETETZTTZ au “ " bg 2; = A os = . [ 4 e 2 . r . a2 u 0 u Ev 5 i P = a, fi & .. Pr u Es Jtamnztut P ei uniRan 1 dern Bruhn Aus ı TB br ra somit» ram Nr las ÄRL. rn heran ruhe re dur ne lead), Hunnz SO, ee ee A u) wu rer Fe wa ee FOND eu ln ven ai KUNA NIE Are an ri « T,ZU Ann Da re, ee DO u N STE u i wi Kim al u) ” ö x la a ff N fly Der Ir 2 Pe re | N, I ERIEETF ia en er er sk u. Ji-chl all ? “ Ay) 5 . nA N RAN 2 » N ch 2 i 17.7 shi Fr 141) Mir Sala nolte uy “in ug Dre Lus nano re ul mL Uran | NETTE T Ama. en a 1 SBARTEE, rel | DELL IKT IE” silugr uolriihen aus Man Am Yinr Dr Ann ll » AN Yannlı Tan I LATE ET u E Gt Un rau 2 j Fi Amann Ian LITE f ut: ar) a N 4. ımmUR Vale u Yınlm ah HD un ... OWEN sa TEE L sieh tm AI el äll k Eee SI Zr ee “vo ut u j x y 1 er . Eee BR az, j $ a aeg andiad 2 . = — ung gun’ Oi MARGAE vv % 2 j x . I. Die geographische Verbreitung der Perissodactyla. Einleitung. Höchst wahrscheinlich stammen die grasfressenden Säugethiere von Creodonten her. Als Zwischenglied dürften die Condylarthra gelten. Kaum irgend eine andere Säugethiergruppe hat so zahlreiche Vertreter unter den uns bisher bekannt gewordenen Fossilien, wie die Perissodactyla, so dass eine ziemlich zusammenhängende Kette von den ältesten Formen bis zu unseren zeitgenössischen nachgewiesen werden kann. Im unteren Eocän Nord-Amerikas stellen die Prenacodontidae die Stammformen für die fossilen Palaeotherien und unsere Zapire einerseits, für die erde, Nashörner andererseits dar, ja sie scheinen auch die Vorfahren der Chalcotherien, die man zu den Ardnodactyla stellt, zu sein. Einen Colleetivtypus verschiedener Zerzsso- und Artiodactylen, mit Anlehnung an Nager und Zdentaten bilden die alttertiären Toxodonten, die Mercerat in neuester Zeit revidirte. Es sind hier zu erwähnen: die Familie der Aaplodontotheridae mit Eutrigonodon Gaudryi Amegh., vom Monte Her- moso in Argentinien, Zuf. valıdus Mere. von Santa Uruz de la Sierra in Bolivien, Zut. Wilde! Merec. (Amegh.) aus Parana, ferner Zaplodontotherium Gaudryi (Mor.) vom Monte Hermoso; ZZ Zönum und Wilde Amegh., sowie H. minus (Bjd.) vom Parana und demselben Monte Hermoso. Aus dem Genus der Toxodontotherien T. compressum Amegh., aus dem Genus Dino- toxodon D. paranense (Burm.) aus Parana. Der Familie Zoxodon im engern Sinne gehören Toxodon platense Owen, Burmeisteri Gieb., paranense Laur. aus La Plata, 7. protoburmeisteri Amegh. aus Parana, 7. ensenadense Amegh. von San Antonio in Buenos Ayres, 7. giganteum Mor. vom Monte Hermoso, T. gracile H. Gerv. et Amegh., 7. Vaghti Mor. an. Das Genus Pachynodon 294 Carl Greve, [6] ist durch ?2 Darwin? (Burm.) von Arreeifes in Buenos Ayres, /. modicum Burm. aus Parana und Z. reverendum (Amegh.) von ebenda vertreten, Zum neuen Genus Xofodon gehören die paranensischen A. Yorzeurvatum (Amegh.), und X. virgatuwn (Amegh.), sowie A. erzstzatum Mor. aus dem Andalgalathale in der Provinz Catamarca, während A. frominens (Amegh.) dem Monte Her- moso angehört, wie auch A. /ormosıom (Mor.). Endlich wären noch die Genera Sienofephanus mit St. plicidens (Amegh.) aus Parana, ZZyperotoxodon mit Z7. speciosum (Amegh.) und Zxthops mit Z. praevius Amegh., beide vom Ufer des Santa Cruz in Patagonien — sowie Dilobodon mit Dilobodon luzanense Amegh. zu nennen. Ziıppaphlous entreri- anus Amegh. gehört ebenfalls denselben Fundorten an. Eine eocäne, den Nashörnern und Tapiren vielleicht gemeinsame Urform haben wir im nordamerikanischen SysZemodon, dem die auch daher stammende Form ZZyrachzus, von den Tapiren zu den Nashörnern leitend, sehr nahe steht. Ein Bindeglied zwischen Unpaarzehern und Elephanten stellen die Dinotherien dar. Im Nachfolgenden führen wir die Formen auf, deren Verwandtschafts- beziehungen mehr oder weniger klar ausgedrückt sind, so dass man sie mit den jetzt lebenden Typen in Beziehung setzen kann. I. Im Eocän lebten die fünfzehigen, tapirähnlichen .Coryphodontidae, z. B. Coryphodon eocaenus Owen (LZophiodon anthracoidum Blainv.), das aus den Ligniten des unteren Eocän von Soissons und Laons, Meudon bei Paris und England bekannt ist. Eine ziemlich ausgesprochene Tapirform zeigen die Zophrodontidae, welche zuerst in Europa (Zophiodon annectens), England, Frankreich, Deutseh- land (Zophiod. annectens Rüt. bei Egerkingen), besonders im den Bohnerzen der schwäbischen Alp, auftreten. Beide Sammlungen dieser Gattung brachten französische Forscher zusammen (ZopA. isselense Cuv. von Issel und Argenton; Z. Parisiense Gerv. aus den Kalken von-Paris, Passy, Nanterre, Vaugirard, Provins, Cuis, Blaye; Epermay; Z. tapirordes Cuv. — 7. tapıro- therium Blainv. = Z. buchsovillianum Cuv. von Buschweiler, dem Z. zsseiense sehr ähnlich; Z. medium Fisch. von Argenton; Z. occrtamicum Cuv. von Issel; Z. minutıon Fisch. von Argenton; Z. cesserasicum Gerv. von Üesseras bei St. Chinian, Depart. Herault; Z. »enimum Fisch. und Z. parvudon Laur. von [7] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 295 Argenton; Z. Duralii Pomel = Z. mastolophus Pomel = Z. leptognatum Gerv. von Nanterre, Passy, Vaugirard, zusammen mit L. parisiense im Kalke). Diesen parallele Formen fand man in Amerika, so /seclolophus annec- Zens und /atidens, Helaletes boops, Heptodon caleiculus bei Bridger. Andere, offenbar auch den Tapiren verwandte Gruppen sind die Hoyracodontidae (Hyrocodon Cartier! von Egerkingen in Europa, /Zyrachzus eximius von Bridger in Amerika), die Palaeotherüdae (P. magnum von Pferde- grösse, P. medium etwa tapirgross, /. minus kleiner als ein eh). Letztere sind mit den Tapiren durch die nordamerikanischen Zalaeosyops, die Tapire ihrerseits mit den Pferden durch die ebenfalls Nordamerika angehörenden Pholophus verbunden. Weitere eoeäne tapirähnliche Formen repräsentiren Zymnohyus, Ayra- cotherium, ersteres aus Nord-Amerika, letzteres aus England, doch müssen wir hierbei bemerken, dass manche Palaeontologen die Hyracotherien zu den Pferdeartigen stellen, woher sie auch als Synonyme zu den mittel- mioeänen amerikanischen und europäischen Zorrppus und Orohippus figuriren. Ein ziemlich prononeirter Tapir ist der europäische Palaeotapırus. Zu den eoeänen pferdeartigen Formen zählen Ziopterna, die zu Macrauchenta hinüberleiten und sich wenig von den Proterotheridae (vielleicht auch AVoto- /nppus) entfeınen. Sie gehören zur fossilen Fauna Patagoniens; ferner die Anchitherien (An. aurelianense Cuv. von Grive St. Alban), Anchlophus (Epr- Jippus) in Europa, besonders Frankreich; dann Zfpparitherium (FH. Duması Christ.) und das in Florida gefundene ZZppotherium ingenuum Leidy. Den Nashörnern näher verwandt sind Cadurcotherium Cayluxi Gerv. aus den Phosphoriten von Tarne, der Garonne und vom Lot (— Ahın. Cayluxi Gerv.); Tinoceros anceps und grande March. aus dem Felsengebirge; Diceratherium advenum March. aus Utah; Amynodon antiguum March. aus Nord-Amerika und schliesslich die von den Nashörnern zu den Palaeotherien führenden Dinoceratidae (D. mirabile March., etwa elephantengross, D. /acustre und /xcare March.). Im Eocän bei Egerkingen fand man Ah. (Lophrodon) rhinocerodes Rüt. Ein ausgesprochener Rhinocerostypus ist Ah. proferus Leidy aus Florida. II. Im Miocän begegnen wir manchen neuen Formen, treffen aber auch einige der eocänen wieder. Nehmen wir erst wieder die 'Tapire, so 296 Carl Greve, [5] haben wir die den Zophiodonten nahen Zystriodonten (L. splendens Mgr. aus dem Leithagebirge, dem Wiener Becken und von Brüttelen, Z. Zartet! Pomel (— Sus. tapirotherium Blainv. = Tapırotherium Larteti Gerv.) vom Fusse der Pyrenäen; mit ZZyrachius verwandt ist das nordamerikanische /Zyracodon. Aus den Whiteriver- Formationen in West-Dakota (mittlere Oreodonbeds) stammt Protapirus simplex, aus europäischen Phosphoriten 704 priscus. Von den Protocerasbeds am Whiteriver wurde /rotap. obligwidens beschrieben, der mit Prot. Dauwviltei Filh. von St. Gerand le Puy und Querey fast identisch scheint. Eine weitere miocäne Form bildet Colodon occidentalis. Richtige Tapire lieferten die Tertiärsande bei Montpellier (Zap. minor M. de Serres) und Eppelsheim (7% riseus Kaup.). Aus der Bourbonnais beschrieb Pomel 7. Poireri; T. helweticus lieferten die Schweiz und Wies- baden; 7. arvernensis Croizet Job. gehört dem Departement Puy de Döme an; ein Tapir von kaum Hyraxgrösse wurde von Gervais für Perreol bei Apt beschrieben, — 7. hyracinıs Gerv.-Hofmann fand 7. Zeiler: bei Göriach in Steiermark. Schliesslich wies man auch für das Obermioeän der Siwalik- hügel Tapirreste nach. Von mioeänen Pferdeartigen wären ZZpparitherium aurelianum GeiN., die Anchitherien (Myohippus) Nordamerikas und Europas, Mesohfpus (Nord- amerika): Anchith. hippoides Blainv. von Georgsmünde, Arch. Dumasıi Gerv., Anch. Radegondense Gerv. aus den Ligniten von Apt und der Insel Wight, von Steinheim und Nebraseca — wobei von Anch. praestans, Protohppus Castilloi (Mexico, Hidalgo), Mesohrppus Copei und intermedius (beide aus den Whiteriverbeds) zu Mes. Daird’ eine ununterbrochene Reihe von Ueber- gangsformen leitet — ZZppotherium, welches einerseits mit den eocänen ‚Paloplotherien, andererseits mit Pferden und Tapiren verwandt ist und dessen Reste man im Obermiocän des Wiener Beckens und der Siwalikhügel fand, aufzuführen. Letzterem stehen die ZZpparionarten nahe, von denen ZZpp. gracile Kaup. aus Deutschland, von Maragha in Persien und den Siwalik- hügeln bekannt ist, während ZZpp. antlopinum von Pikermi, ZZpp. medı- Zerraneum Hensel und Zipp. minus Pawlow von Mytilini auf Samos her- rühren. Andere Hipparionreste wurden in Russland (Krym), Spanien (Coneud), Frankreieh (Mont Liberon und Croix-Rousse), Kleinasien (Troja), Mexico (bei Hidalgo ZZpp. peninsilatum Cope) nachgewiesen. Ausgesprochenere [9] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 297 Eguus-Formen finden. wir in Chili’s und Boliviens Pampas, in Mexico (77. excelsus und Darcenae bei Puebla), im Obermioeän der Siwalikhügel und am Irawaddi in Birma (Zy. swalensis und Zg. Stenonis). Besonders reich ist das Miocän an Nashornähnlichen. Mit zu den merkwürdigsten Formen gehören die gewaltigen, aus den Rocky Mountains, Dakota, Nebraska, Wyoming und Colorado stammenden Dronthotherien, wie Dr. gisas March., Dinodon montanum March, Menodon Prouti Pomel und Megacerops coloradensis Leidy. Ferner müssen wir die Diceratherien mit zwei nebeneinander stehenden Hörnern aufführen, von denen Dice. armatın und zanım March. aus Oregon (am Day River) geholt wurde, während Die. advenum March. Utah’s Miocän angehört. Eine andere artenreiche Gruppe bilden die Aceratherien, deren Reste in Amerika, Asien und Europa gefunden wurden. Acer. Blanfordi var. Hrpparionum Koken rührt aus Yünnan her; Acer. typus Dav. ( Ac. incisivum Kaup. Rhin. incisivus Blainv. et Cuv.) lebte in Deutschland (Bohnerze der schwäbischen Alp in Würtemberg, bei Wiesbaden), Frankreich, Steiermark (Göriach bei Turnau), Russland; Arer. minutum Kaup. (Ar. minutus Cuv. — Rh. steinheimensis Jäger — Rh. pleuro- ceros Duv.) gehörte ebenfalls Deutschland und Frankreich an, wie auch Ae. Goldfuss' Kaup. (Ah. Goldfussi Kaup. — Ah. dbrachypus Lartet), das dem Rh. Merck ziemlich nahe steht; Aec. mite Cope (— Ae. occidentale Leidy) bewohnte die Gegenden Amerikas, welche heutzutage von Dakota, Colorado, den Mauvaises Terres und den Partien am White River eingenommen werden. Eine Art Aceratherium beschrieb Toula für das Balkangebirge. Dihoplus Schleiermacheri Kaup. (= Dıh. und Aın. sansaniensis Lartet et Gerv,, Rh. Schleiermacher! und Zeptodon Kaup.) und Ar. pachygnatus stellen Formen dar, die in Europa weit verbreitet waren, denn man kennt Reste derselben von Pikermi, von Mytilini auf Samos, aus Deutschland, Frankreich und England (Suftolk). Echte Nashörner kommen im Miocän ebenfalls schon vor, wie z. B. in Amerika (AA. meridianus Leidy (Texas, Washington - Country), AR. hes- perinus Leidy (Californien, Calaveras- Country), Ar. pacihkcus Leidy (vom Oregon), AA. matutinus March. (vom Felsengebirge, New Jersey), Ah. annectens March. (Oregon), Ah. pachygnafhus Wag. (- Atelodus pachygnatus Brand) von Pikermi und Mytilini, /%. pachypus Lartet aus Frankreich (Grive St. Alban), Nova Acta LXX. Nr.5. 38 298 Carl Greve, 3 [10] Rh. megarhinus aus Russland. Ueberhaupt treten die Nashörner in dieser Epoche zahlreich auf und man findet ihre Ueberreste häufig, selbst in Höhen bis 4570 Meter, wie z. B. auf dem Tibetplatean. Da die miocänen ZZyracodonten (Fl. nebrascensis Leidy aus den Mau- vaises Terres am White River, von Dakota und Colorado, ZZ arcıdens Cope aus Colorado) den Nashörnern verwandt scheinen, so möge auch ihrer an dieser Stelle erwähnt werden. III. Im Pliocän kommen zu einigen im Miocän schon aufgeführten Gruppen zahlreiche neue hinzu, besonders unter den Pferden und Nashörnern, während die 'Tapire schwächer vertreten sind. Von letzteren wäre als Vorfahr unserer eigentlichen Tapire Zapzrravus zu nennen. Den heute lebenden Arten sehr nahe stehende Species wurden in Europa (Frankreich, Deutschland und England) gefunden. An das ZZrppotherrum des Miocän schliessen an Zyorzppus, Myohippus (Parahippus) und Archhippus Nordamerikas. Die ebenfalls amerikanischen Phomppus und Protohrppus (Prot. pachyops, fossulatus, lentieularis Cope, Prot. perditus, mirabilis, placıdus Leidy, Prot. parvulus March. aus Texas, Blanco, Staked Plain, und Llano Estacado) scheinen direct mit den echten Pferden zusammenzuhängen, die ebenfalls in der Neuen Welt zahlreiche Vertreter im Pliocän aufzuweisen haben, wie Zg. crenidens, Barcenae Üope aus Mexiko, Fg. americanus Gery. aus Chili, #9. Cwnminst, minutus, semeplicatus, eurystylus und simplieidens Cope aus Texas. Asien lieferte aus dem Nerbudhathale, der Mongolei und andern Orten Zy. sivalensis und namadicus Fale.,; Europa (£g. Stenonis) und Afrika besitzen ähnliche Formen. Wildpferde wurden überhaupt in jungpliocänen Schichten aller Erdtheile (ausgenommen Australien) zahlreich gefunden. In Asien reichte ihr Gebiet bis ans Eismeer und Europa besass solche in Grossbritanien, Frankreich, Deutschland, Italien, Oesterreich und Russland in mehreren Rassen. Das Genus ZZppidium (FH. interpolatum und spectans Cope) lebte in Texas; Zöppotherium (H. affine und occrdentale Leidy) ebendaselbst; aus dem Miocän ragt das Genus /Zpparion in diese Epoche hinein (wir nennen bloss Hipp. crassum von Roussillon, ZZpp. gracile von Cerdagne in den Süd-Pyrenäen, Hipp. mesostylum, prostylum und diplostylum Gerv. aus der Vaucluse, und Fhpp. Richthofen! Koken aus Yünnan. In den Bohnerzen Würtembergs und 11] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 299 Nordamerikas sind ebenfalls Hipparionreste gefunden worden. Im Postplioeän wurden Pferdeknochen in den Höhlen Nordamerikas, Brasiliens, Algiers, Europas nachgewiesen. Eine Form dieser jüngsten Pliocänschichten, der amerikanische Pararrppus, leitete zu den Tapiren hinüber. Die mioeänen Aceratherien machen im Pliocän andern Arten dieses Genus Platz, die in Europa, aber noch zahlreicher in Amerika hausten. Wir führen hier Acer. megalodus Cope (Nordamerika), Acer. crassum Leidy ( Khın. crassus Leidy) vom Niobrara-River, Nebraska, Colorado und Acer. quadriplicatum Vope (Colorado) an. Eigentliche Nashörner sind für das Plioeän ebenfalls in grosser Zahl aufzuzählen. Sie bewohnten Asien, Europa und Amerika. Am bekanntesten und zahlreichsten sind die asiatischen Arten mit Ahın. swalensıs Fale., Ah. palaeindicus Fale. et Cautl. (— Ar. unzcorn!s L. das heute noch lebt?), Ar. decanensis Foote, Ah. platyrhinus Fale. et Cautl. (= Ah. sumatrensis Cuv.?) aus Indien und besonders vom Fusse des Himalaya, Siwalik — sowie AA. plreidens und simplicidens Koken, und Ar. sinensis Owen aus Yünnan. ZA. leptorhınus Cuv. (— Atelodus lepto- rhinus Pomel, Ah. mmegarhinus Christ., AA. Cuwieri! Desm.) wurde bei Roussillon in Frankreich, in England und Deutschland gefunden. Italien lieferte AA. etruscus von Prata bei Massa Marittima. IV. Das Diluvium bietet neue Tapire und Pferde und ausser plioeänen auch eine Menge eigener neuer Nashörner. Fossile Tapire aus dieser Epoche des Erdballes fand man in Europa in den Höhlen bei Sundwich, im Thale des Arno (Zap. arvernensis Croiz et Job.) und in Frankreich, sowie auch in den Süd- und Weststaaten des nördlichen Amerika, in südamerikanischen Höhlen (z. B. Zap. swnus Lund.), in Brasilien, am Brazos River im Staate Texas (Zap. americanus fossilis Carpenter), sowie auch in Asien (Zap. sinensis Owen, in Yünnan). Die Gattung Zywus stirbt im Posttertiär der Neuen Welt aus. Ihre Vertreter in diesem Erdtheil (Zyuus cwrvidens aus Patagonien z. B. leiten zu Fg. fossilis hinüber, einer Form, die in den Höhlen von Sundwich, bei Berlin, bei Moosbach in der Nähe Wiesbadens, bei Taubach bei Weimar, Unkelstein bei Bonn, im Lehm von Eppelsheim ünd in Belgien (in der Höhle von Spy) gefunden wurde; in Frankreich entdeckte man bei Limagne den Eguus limanensis Pommerol. Vom Zyuus caballus L. kennt man für Europa 38* 300 Carl Greve, [12] eine schwerere westliche und eine leichtere östliche Rasse. Ihre Reste waren zahlreich in den diluvialen Sanden, im Kies und Löss bei Moosbach, in der Solutre (Saone et Loire Departement), bei St. Martin d’Exeideuil, bei Badegols (an der Dordogne) und bei Nemours, ferner am Schweizerbild (wo Spuren des letzten Rheingletschers nachweisbar sind), in Italien (aus dem Armothal Eguus fossilis Rütim., non Owen, Zguus Stenonis Cocchi — Zg. sivalensis Fale. et Cautl.), in Oesterreich, England, sowie in Russland (besonders in den Gouvernements Cherson und Podolien). In Asien wurden derartige Reste für die Altaihöhlen am T'scharysch und Chanehar (die zum Obsystem gehören, West-Sibirien) und bis ans Eismeer hinauf sicher nachgewiesen. Afrika lieferte Pferdeknochen aus den Höhlen in Aleier. Zebrareste wurde im Diluvium der libyschen Wüste, am Sambesistrome und bei Likatlong gefunden. Knochen vom Steppenesel lagen mit solchen vom Pferde zusammen beim Schweizerbild (letzter Rheingletscher). Ein nashornähnliches, interessantes 'T’hier mit Pferdezähnen ist das diluviale Zassnotherrum Fischer! Desm., welches Fischer als Zlasmothertum sibiricum und Keyserängt, Duvernois als SZereoceros typus und ‚SZereoc. Gall beschrieben. Man fand seine Reste im Lande des donischen Kosakenheeres, bei Saratow und Samara am Wolgastrom, ferner am Ufer des Kaspischen Meeres — ja vielleicht sind hierher auch einige Knochenfunde vom Rhein (2) zu zählen. Knochen (und Gypsabgüsse von solchen), die dem Zasmotherium angehören, werden im zoologischen Museum der Universität Moskau auf- bewahrt. Nicht gering ist die Anzahl der Arten wahrer Nashörner, die den jetzt lebenden nahestehen und für diese Periode genannt werden können, wobei wir freilich bemerken müssen, dass viele von ihnen wohl nur Synonyme sein dürften. Wir heben hier die am meisten bekannten hervor: Ar. Mercki Jäger (= Ah. leptorhinus Owen Rh. hemitoechus Fale. — Kh. etruscus Fale. — Alelodus Merck! Brandt.), welches in Deutschland (Kirchberg in Schwaben, Tuffkalke von Thüringen, Hochthalsande am Oberrhein, diluviale Sande und Kies von Moosbach bei Wiesbaden, Taubach bei Weimar, T'hiede und Westeregeln im Kreise Wanzleben), Oesterreich, Schweiz (Schweizerbild, Torflager bei Wetzikon), Italien (Arnothal), Spanien, Frankreich (Chelles 13] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 501 im Departement Seine et Marne, Amien, Abbeville, St. Acheul an der Somme, Charente-Thal) und England, ferner in Russland (Samara, Polen) gefunden wurde; ferner Ah. kchorhinus Cuv. = Rh. tichorhinus Fisch, — Rh. Jour- danı Lartet Rh. antiquntatis Pall. — Ah. Pallasi. Brandt — Ah. lenensis Pall. — Alelodus tichorhinus Pomel), das in Asien bis in den hohen Norden hinauf, am Ob, Alej, Wilui, an der unteren Tunguska, der Lena, bei Ust- Jansk, auf Neu-Sibirien, im Selenga-System am T'schikoi, in Mittel- und Nord- Europa (Unkelstein bei Bonn, Rotheberg bei Saalfeld in Thüringen, Bahrer Höhle in Westfalen, Edesheim bei Nordheim in Hannover, Braun- schweig, im Löss von Moosbach), in Frankreich (le Moustier, St. Martin d’Exeideuil, Nemours, Badegols an der Dordogne, im Somme-Becken, an der Seine, Rhöne, Loire, Garonne, Charente, Adour, bei Solutre), in Belgien (Spy, Mons und Mervin), England (Brenfordhöhlen), in der Schweiz (Schweizerbild), Oesterreich (Prerau und Przedmost in Mähren) und in dem mittleren und nördlichen Russland lebte. Seine Reste sind es, die in der Thongrube Klinge bei Cottbus erwähnt werden (Nehring). Aus Dakota stammt das Aceratherium tridactylum Osborne. V. Das Alluvium schliesslich lieferte uns Reste von Tapiren aus der Auvergne, von Velai (aus vulkanischen Schichten); Pferde lebten um diese Zeit fast m ganz Mittel- und West-, sowie Ost-Europa wild. Nashörner fand man im Alluvium Borneos (Ah. sondaicus und javanzicus?) bei Sarawak. Nachdem wir so eimen Ueberbliek über die ungefähre Verbreitung der fossilen Perissodactyla gewonnen, können wir zu den recenten Unpaar- hufern übergehen. Systematisch kann ich dieselben in folgende Ordnung bringen: Ordo: Perissodactyla. Füsse m. nur einer wohlentwickelten huftragenden Zehe: Fam. I. Equidae. „ vorne und hinten mit je drei A Zehen: „II. Rhinocerotidae. " „ mit vier, hinten mit drei a ta „u EIN Tapinıdae: 302 Carl Greve, [14] Fam. I. Equidae. 2D1=\, oder), 1 7 u Mn a a CeiniselsuErnusmie a) Kastanien an Vorder- und Hinterfüssen, Hufe breit gerundet, Schwanz von der Wurzel oder wenigstens der grösseren Endhälfte an lang behaart 2 2 2 en Suboenusel Page b) Kastanien nur an den Vorderfüssen, Hufe eylindrisch (zwanghufig), Schwanz nur an der Spitze, behaart an vu rs ee n 2. Asimus L. Genus I. Equus L. Subgenus I. Equus L. Spec. 1. Zyuus caballus L. Im wilden Zustande kommt jetzt das Pferd nicht mehr vor, obwohl wir noch aus historischer Zeit Nachrichten über Wildpferde in Europa haben. Varro und Strabo nennen solche für Spanien, letzterer sogar auch für die Alpen. Im VI. Jahrhundert gab es wilde Pferde in Gallien. Im Mittelalter jagte man Wildpferde in Skandinavien und Deutschland, in welch letzterem sogar in Klöstern (z. B. St. Gallen) Vorschriften über die Benutzung des Fleisches dieser T’hiere zur Nahrung existirten. Im XV. Jahrhundert lebten sie noch auf den dänischen Inseln. Im XVI. Jahrhundert erwähnt ihrer Helisäus Röslin für die Berge des Elsass, Erasmus Stella (1518) für Preussen ; ebenso kommen sie zur Zeit der Merovinger (im Sachsenspiegel Hinweise darauf) vor. 1532 —42 spricht Th. Rantzow von ihnen und nennt sie für die Uckermärker Heide. Es scheint überhaupt, dass sie früher durch Lithauen, Polen, Deutschland bis Frankreich, ja vielleicht sogar England gingen. Verwildert ist das echte Pferd in vielen Gegenden, so z. B. in Amerika, wo man diese frei in den Steppen umhersehweifenden Thiere im südöstlichen Texas als „mustangs“ (noch geringe Herden vorhanden), in den Pampas und Llanos am Rio de la Plata als „eimarrones* bezeichnet. Letztere sind noch ziemlich zahlreich vorhanden, nur fehlen sie in Paraguay. Verschiedene Inseln des grossen Oceans (z. B. Sandwich) weisen eben- [15] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 303 falls verwilderte Pferde auf, und ebenso die Insel Kulaly im Kaspisee. Schliesslich S.-Australien, an der Grenze mit Victoria. var. 1. Zguus egwferus Pall. Eg. caballus equiferus Pall. — #9. sywestris Brinken. Ob der sogenannte Tarpan (türkisch und kirgisisch wildes Pferd, kalmückisch „taki“) eine echte wilde Pferdeart, oder bloss ein verwildertes Hauspferd sei — darüber hat in der Welt der Zoologen grosse Meinungs- verschiedenheit geherrscht und Modest Bogdanow erklärte den Tarpen in seinen „Otscherki (Beschreibung) der Fauna der Chiwaoase und der Kisilkum“ geradezu für eine Ausgeburt der Phantasie „deutscher Reisender in Russland“. Neuerdings hat nun, unserer Ansicht nach, Köppen klar bewiesen, dass es ein echter Wildliing gewesen. Wenn auch Anutschin gegen Köppen pole- misirt und in einer sehr gehässigen Weise nachzuweisen sich bestrebt, dass Köppen nieht in nöthigem Masse das Gebiet der paläontologischen Forschung über Equiden beherrsche — so scheint es uns, dass er absichtlich hierauf den Nachdruck verlegt, da er nicht im Stande ist, gegen das erdrückende actenmässige Material zu beweisen, dass es keine Tarpane gegeben. Wir selbst haben das Exemplar des Tarpan, das in den 80er Jahren im Moskauer Zoologischen Garten lebte, gesehen, ebenso auch Herr Professor Anutschin, der diesen Umstand verschweigt. Wir können nur Köppen voll zustimmen und stützen uns in Folgendem hauptsächlich auf seine Arbeit. Der Tarpan gehörte der östlichen, kurzköpfigen europäischen Wild- pferdform an. Er war ehedem ziemlich weit verbreitet. Schon Herodots Angaben über Herden wilder Pferde am Hypanis (Bug) müssen wir auf ihn beziehen, da er in diesen Gegenden sich auch am längsten gehalten hat. 1053—1125 regierte in Russland Wladimir Monomach, der in seiner „Unter- weisung an seine Söhne“ von wilden Pferden im Tschernigowschen Fürstenthum und am Ros-Flusse spricht (letzterer bei Kiew), die er mit eigner Hand erlegte oder bändigte. Gilbert de Lannoy sah wilde Pferde im grossfürstlichen Thiergarten bei Troki im jetzigen Gouvernement Wilna im Jahre 1414. Im X VI Jahrhundert werden für Lithauen, 1570 für Polen (unter Sigismund August) und für Preussen bei Königsberg unter Herzog Albert Zgur sylvestres 304 Carl Greve, [16] aufgeführt. Boplan erwähnt Herden von 50—60 Stück für die Ukraine (im XVII. Jahrhundert) und 1675 werden solche in Polen und Lithauen ebenfalls noch gejagt. Im ersten Drittel des XVIH. Jahrhunderts (1736) spricht Rzaezynski von wilden Pferden bei Umanj, Nowaja Setsch, am Bug, bei Lissjanka, Bililowka, Lebedyn. ‚Junker sah solche 1736 und 1737 in den Steppen um Asow. 1748 hielten sich einige „kosjaki* (Herden) bei Nowocho- persk im Woronesher Gouvernement auf; 1762 in den Steppen hinter dem Uralflusse im Orenburger Kreise. 1768 sah Gmelin selbst Tarpane bei Bobrowsk im Woronesher Gouvernement, und ebenso lebten sie damals in den Neurussischen Steppen (im Chersonschen, Taurischen, Jekaterinoslawschen (souvernement), in der Ukraine und Podolien. 1790 waren sie in Lithauen schon eime grosse Seltenheit. 1828 schreibt Brinken, dass der Tarpan „vor 100 Jahren“, also zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, noch in der Bjalo- wesher Wildniss existirte. In Polen wurden die letzten Tarpane im Thier- garten des Grafen Zamoiski bei Zamose gehalten (1808). Georgi führt den Tarpan für die Gegenden zwischen Dnjestr, Bug und Dnjepr an, für die Krymsche, Kaspische und Kirgisensteppe — und 1500 sollen die T’hiere schon sehr geringe Rudel gebildet haben. Falck erzählt, dass sie in der Kuban- und Kumasteppe, bei den Kalmücken, sowie in der Barabasteppe durch eine Beulenseuche ausgestorben und nur noch wenige im Chersonschen und der nördlichen Krym übrig geblieben seien. Am Ende des XVIIL, sowie im Beginn des XIX. Jahrhunderts werden sie für den Ingulski-pad (Cherson) genannt. 1812 machte Schleiden eine Jagd auf Tarpane mit. 1820 spürte man sie in der Wysunschen Steppe zwischen Ingul und Ingulez, bei Kachowka am Dnjepr. 1830 und auch einige Jahre später fand man, wie Motschulsky angiebt, die Tarpane zwischen Bug und Manytsch, jedoch sehr selten, ferner am Woltschjafluss im Jekaterinoslawschen (rouvernement und im Donezker Kreise an der Grenze des Woronesher Gouvernements, im Lande der donischen Kosaken. 1835 und 1837 trieben sich Herden am Flusse Konka beim Dorfe Kairy im Landgut Sawodowka, bei Nowotscherkask und zwischen Jelisawetgrad und Bobrinez herum, während kleinere Trupps zwischen 1834 und 1839 an der Grenze des Melitopolschen und Dnjeprowschen Kreises, im Selenyi und Agaimanskij-pad sich zeigten. 1840 waren hier noch vier Herden vorhanden, die sich bis 1854 hielten. 117] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 305 Ebenso konnte man 1840 auf dem Gute des Herrn Tomara am Ingul in der Chersonschen Steppe Tarpane beobachten. 1851 zeigten sie sich westlich von Sasehe, 1855 sollen sie hier ausgestorben sein. 1860 werden Tarpane für den Dnjeprowschen Kreis aufgeführt, ferner für die 'T'schornaja Dolina (Schwarzes Thal) und die Steppen bei Melitopol Dorf Rairy. 1866 lebten noch 7 Stück in der Sagradowschen Steppe des Chersoner Gouvernements. Von diesen wurde ein Füllen gefangen und später dem Zoologischen Garten in Moskau geschenkt, wo das Thier bis 1884 lebte. Verfasser hat diesen Tarpan, wie schon oben bemerkt, selbst gesehen; er wurde genau gemessen und beschrieben und über den Befund ein Protokoll aufgenommen, das bei Schatilow „Mittheilung über Tarpane* (russisch), Moskau abgedruckt ist (1884). 1874 wurde der letzte Tarpan bei der Kolonie Kitschkas (Einlage) im Kreise Alexandrow des Gouvernements ‚Jekaterinoslaw erlegt. 1879 und 1882 streckte man die beiden letzten des Dnjeprower Kreises und so war das interessante Greschöpf aus der Zahl der recenten Wirbelthiere gestrichen. Pallas lässt den 'Tarpan vom Dnjepr bis zum Altai gehen, nördlich aber nicht über den 50° oder 56° Breite hinausstreifen. Rawinsky und ‘versmann lassen ihn 1850 zwischen Wolga und Ural, auch bei Saratow vorkommen. Was aber seine Verbreitung über Europa’s Ostgrenze hinaus, über den Ural anbelangt, so kann das leicht auf Verwechslung mit andern Wildpferden, etwa mit 27. hemionus, onager, w. z. B. Gmelins Angabe für Transkaspien (Tjuk-karagan), vielleicht auch mit £y. Pszewalskü (siehe weiter) beruhen. Im Winter scheinen die Tarpane, ähnlich wie noch heute die Kulane, südlichere Gegenden aufgesucht zu haben, wenigstens wird von denen des Melitopoler und Dnjeprower Kreises berichtet, sie seien zum Winter in die Steppen bei Feodosia in der Krym hinabgewandert. Spee. 2. Zyuus Przewalsku Poljakow. Westlich vom Ural scheint ehemals eine Wildpferdart gelebt zu haben, die jetzt ganz ins centrale Hochland Asiens zurückgedrängt ist. Der „jauwat“ oder „takky“ der Turfaner, der „statur“ oder „dserlikadu* der Mongolen, den Przewalski irrthümlich „körtag*') nennt, ist unter seines Entdeckers Namen 1) „Körtag“ und „surtak“ (so soll nach Przewalski Fg. hemionus heissen) sind nur Bezeichnungen für die Farbe — braun die erstere, isabell die letztere. Die Chinesen nennen alle wilden Equiden „je-ma“ oder „ja-ma“. Nova Acta LXX. Nr. 4. 39 306 Carl Greve, [15] für die dsungarische salzige Hochsteppe (600 Meter) zwischen Altai und Tjanschan (82°— 91° östl. L. und 44°— 46° nördl. Br.), für das Gebiet von Haschun (von Atschik-su bis Sydschira im Osten) beschrieben worden und hier von den Gebrüdern Grum-Grzymailo erbeutet.') Er bewohnt vorherrschend die Ebene. Fermer soll Zy. /Przewalsku im 'Tarimbecken, um den Lobnoor, in den Landschaften südlich vom Tjanschan, in Mittel-Asiens Wüsten und West-Zaidam vorkommen, doch ist das ebenso ungewiss, wie die Zusammen- ziehung der unbekannten Wildpferde in 'Tibets Bergen und den Wäldern am oberen Hoangho mit dieser Art sehr gewagt. Ob die früheren Wildpferde Südsibiriens mit diesem oder mit dem Tarpan zu vereinigen sind — bleibt einstweilen fraglich. Subgenus 2. Asinus L. Spee. 3. Zyuus onager Pall. Asinus indicus Selater. — As. onager Gray. — Ey. asınus onager Pall., Schinz. — Zg. hemionus Hodgs. — Zg. onager Schreb. Die Inder und Beludschen nennen diese Wildesel „goorkhur*; bei den Persern heisst er „kerdetscht, kerdeckt, ghour“; bei den Mongolen „chulan“ (nach Grum-Grzymailo). Er lebt im T'har-Distriete Indiens, westlich vom Indus, in Guzerate, wo er seine südlichste Ausbreitungsgrenze erreicht. Am zahlreichsten ist er hier in den Ebenen an der Indusmündung, im Kutch. Weiter nach Osten als bis zum 75° östl. L. hat man ihn in Hindostan nicht getroffen. In grossen Herden schweifte er in den Wüsten Beludschistans, Persiens und Mittelasiens umher. In Turkestan geht er bis zum 48° n. Br. hinauf und hält sich vorherrschend im Norden und Osten vom Aralsee auf (vielleicht Verwechselung mit Zy. kemionus Pall.? D. Verf... Zum Herbste ziehen diese Esel in die persischen Kasbin - Berge. Die früher bezweifelte Angabe, dass man ihn in der Dsungarei getroffen, hat Grum-Grzymailo als berechtigt nachgewiesen, ja er hat ihn sogar noch weiter östlich getroffen. Besonders zahlreiche Trupps weiden am Saisan Noor, am Balchasch und um das Amu-Delta. Im Gebirge steigt er in diesen Gegenden bis 430 M. hinauf. vr. 1. Zguus hemmipus (J. Geoftr.). Asinus hamar Smith. — A. hemmipus J. Geoftr. — Zg. asinus hamar Smith. !') Nach Mittheilungen von Pewzow zwischen dem Flusse Manas und dem Meridian am ÖOstende des Tjanschan in der Wüste. [19] Die geopraphische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 307 Diese Abart heisst „ghör* — in den arabisch redenden Gegenden „act, fera, himar wakshi*. Sie unterscheidet sich nur wenig vom typischen 27. onager, ist also eine Lokalrasse, welche Theile von Kleinasien, die syrische Wüste östlich von Damaskus, Palästina, Nord-Arabien, Mesopotamien (Ras el Ain, Khabour- Quellen) und emige Punkte Armeniens bewohnt. Wenn englische Autoren dieselbe für die Indusebene (bei Gala-bagh) aufführen, so beruht das ent- schieden auf Verwechselung mit der typischen Onagerform. Spee. 4 Zyuus hemionus Pall. Asinus hemionus Gray, Pall. — A. krang Hodgs., Moorer. — Z. asinus ß. onager Pall. — Zy. caballus Moorer. — Zg. hemionus Eversm., L., Schinz. — Eg. hemionus var. kıang Hodgs. — Zy. kiang Hodgs. — Zy. onager Pall., Slowzow. — Zg. polyodon Hodgs. — Zy. guagga Moorer. Der Halbesel heisst bei den Mongolen „dschiggetai“; bei den Kirgisen und Turkmenen „kulan*; bei den Tibetanern „kiang, ye&lu“; bei den Persern „gurachar-kulan*; bei den Tanguten „dschan*. Die Heimath dieses Thieres bildet das Turgai-Gebiet (die südöstlichen Kreise Irgis und Turgai, seltener der Norden, die Ausläufer der Mugosar- berge), die Ust-urt, das Aralufer, die Ausläufer des Ulutau, 'Turkmenien (35° — 36° nördl. Br.), Transkaspien und Persien, von wo aus sein Gebiet bis in die Gobi und nach dem südlichen Daurien reicht. Regelmässig ist er zu treffen im nordwestlichen Karatau, West-Tjanschan, im Quellgebiet des Arys, Keles, Tschirtschik und ihrer Zuflüsse. Ebenso häufig zeigt er sich in den Syr-Darja-Niederungen, im Delta, zwischen dem Aral und der Arysmündung und in den Hochsteppen zwischen Aral und Kaspi, sowie in der Dsungarei (östlich vom Ulanussu in Turfan) zwischen Altai und Tjan- schan, bei Haschun in der Steppe, am Kukunoor, Lobnoor, mn Zaidam und Altyntagh. Gemein ist der Kulan im Thale Saissan-Ssoitu, in den Moskau- Bergen (Moskowski-Chrebet), am See Nesamersajuschtschij (der „nieht zu- frierende See“), im Thal der Winde, am Flusse Chatyn-Ssan (lauter Punkte in der Nähe von Has). Durch die Mongolei schweifen die Kulane bis nach Lassa in Tibet und bis Ladak. Sie bewohnen die Gegenden um den Alangol, den Tschokar- 39* 308 Carl Greve, [20] See, den Nappoganding-Pass, den Chomariri-See, Parang und Manerang- pass, das Tibetplateau, das Karakorum-Gebirge, den Hundes (um den Kar- sok-See) und das Küen-Lün bis 5430 Meter Höhe. Zahlreich sind sie in Kashmir, in der Rupschu-Ebene am Paraflusse und bei Kunawar und Leh. In das Sedletschthal aber gehen sie über den Himalaya nicht hinüber. Ihre Ostgrenze scheint in Nordwest-Chma (Kobdo bis Hangkou, zwischen Dsabehun und Chara-Borgamu bei Tschindan - Turuk, zwischen Kiachta und Peking) — die Westgrenze im Ost-Ural zu verlaufen. Sie wählen ihre Standorte gewöhnlich in der Nähe von Tränkplätzen, also Flüssen, Seen oder Brunnen, was die Eingeborenen zum Schaden der Thhiere wohl auszunutzen wissen. So findet man stets Kulanherden am T'schu in der Steppe Berpakdala in Ost-Turkestan, am Kukunoor, nördlich vom Atrek, an der Afghanengrenze zwischen Tedschen und Murghab, am Brunnen Adam-ilen, zwischen Pul-i-chatun und Akrabad, am Dalai-noor, zwischen Argun und Onon.') Aus solchen Gegenden, wo sie besonders zahlreich stehen, wie in den Steppen am Nordufer des Balschasch (Herden bis 1000 Stück), in den Kirgisen- und Tungusensteppen, zwischen Altai und Saisan, sowie südlich davon — unternehmen sie alljährlich grosse Wanderungen, oder sie wechseln wenigstens den Standort nach den Jahreszeiten. Im Winter halten sie sich mehr in der Kisilkum, im Syr-Darja-Delta und in den Saxaulwäldern und Salzwüsten bis 300 M. Höhe auf, ferner am Saisan-noor und in den Salz- steppen des östlichen Mittelasien. lm Frühling ziehen sie ins Aralgebiet durch die Akkum-Wiüste, die Sarykum, wobei sie am Dschemschid und Tokrau (Flüsse) auf gewisse Zeit Halt machen, bei welcher Gelegenheit die turkmenischen Jäger Treiben auf sie veranstalten. Im Sommer ziehen sie näher an die T'schingis-tau- Berge heran, steigen andererseits auch in die persischen Grenzgebirge bis 850 M. Höhe hinauf, gehen in die Mongolei, in den Bajan-chara-ula und den Altyntaeh. Zum Herbste wandern sie mehr nach Süden, an den Tsschu, und !) Sie bewohnen hier die Abagaitui-Steppe, das Altangalaplateau südlich von ihr bis zum Kerülün und Buirnoor und nördlich bis an den Ononborsa-Fluss und die Gasimurquellen. Am häufigsten waren sie früher im NW von den Soktuibergen. Aus China kommen sie in die Transbaikalsteppen. [21] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 309 erscheinen im Spätherbste in den Ajagusniederungen, in den Sandwüsten am Karatal, am Ili und Balchasch, am Bakanas-Fluss (im Norden) und gehen bis an den Ak-tau im Westen. Am See Sary-kamysch findet man diese 'Thiere zu jeder ‚Jahreszeit in grösseren und kleineren Trupps. In manchen Gegenden, wo der Halbesel früher sehr zahlreich weidete, hat der Fortschritt der Cultur ihn nach und nach verdrängt und hat ihn schliesslich ganz verschwinden lassen, wie z. B. bei Duschak, bei Karybend, um Kasantschik, wo heutigen Tags die transkaspische Eisenbahnlinie vorbei- führt und regeren Verkehr, eine diehtere Bevölkerung mit aller ihrer Un- ruhe herbeigezogen hat. Spec. 5. Zyuus taeniopus (Heug).). Asinus africanus Fitz. — As. taeniopus Heugl. — As. taeniopus afrıcanus Noack. — Zyguus afrıcanus Fitz. — #g. asinus Heugl. — #9. asınus afrıcanus Sel. — Zg. hamar huepp. Die Araber nennen den afrikanischen Steppenesel „hamar el wadi, hamar el “agabah“; im Maghreb heisst er „hamar & tell, hamar € nakheleh®; bei Massaua bezeichnet man ihn mit „atgibarah“; in Amhara „jä-meder- ahijä“; im Begawieh-Dialeet „halai-meq“; im Temäsirht „ahoulil“; bei den Danakil „debu-kollo* und bei den Somali „damer-debadeh*. Dieser Wildesel lebt im nordöstlichen Afrika zwischen dem Nil und dem Rothen Meer, in den ägyptischen Wüsten, auf der Baraka-Hochebene bei Massaua, vielleicht auch nach Westen bis Marokko hin und am Wüsten- rande, bis 13° nördl. Breite ins Innere hinein. Am Ostufer Afrikas geht er noch südlicher, bis zur Samhara, bis zum Lande der Danakil, Mudaito und Somali, ja vielleicht bis zur Breite von Zanzibar. Als Gegenden, in denen man ihm besonders zahlreich begegnet, werden die Landschaften westlich von Massaua bis zum Atbara, zwischen Chartum und Kassala (Gos Regch), das Gebiet der Tägä, die Steppen der Sukurieh, Nagä, Sendi, Habab, Mariä, das Uribu-Gebirge, Wadi Sofra und die Strasse von 'Tägäa nach Suakim bezeichnet. Man traf ihn auch in der Wüste Korosko (22° nörd. Br.), hinter dem Djebel Gheri und Djebel Rehan, in der Agaba '] hamar, wo er im Osten 310 Carl Greve, [22] bei Wadi-al-hamar zwischen Abu-hamed und Berber am Nil bei 18°’ n. Br. seinen nördlichsten Punkt erreicht. Ferner wird er für das Dar-hamr im Kordofan, im Fezzan und Süf, für Nord-Tassili und das Gebiet der Azger- und der Ahagar-Tuareg ve- nannt. Sokotora und die Insel Dahlaq-el-kebir bei Massaua beherbergen ihn ebenfalls. var. 1. Zguus taeniopus var. somaliensis (Noack). Asinus somahanus Sel. — As. taeniopus var. somaliensis Noack. — Eguus asinus somalicus Menges, Scl. — Zy. asinus somaliensis Scl. — Ey. somalıcus Scl. — 9. somaliensis Noack. — Ey. taeniopus somaliensis Noack. Der Somaliesel führt bei den Eingeborenen den Namen „daber- dabi deb.* Er wurde im Somalilande, südlich vom Danagqil-Gebiet, im Adellande, bis Berbera und am Hawaschflusse, an der Küste bis 8° nörd. Br., bei Bulhar (10° nörd. Br.), am Webi, östlich bis Habesch in Höhen bis 1500, 2000 Meter (südlich vom 10° nörd. Br.), auf dem Hekebo-Plateau (südöstlich vom Bulhar) erbeutet. Nördlich von Massaua scheint er nicht vorzukommen. Spee. 6. Zyuus Zebra \L. Asinus zebra Gray. — Eguus antiguorum H. Smith. — Zy. montanus Burch., Harr. — Z9g. zeöra Blum., F. Cuv., Desm., Desmoul., Erxl., Less. Pennant, Schinz, Shaw, Smith. — ZZppotigris antiguorm? H. Smith — ZZppot. zebra Smith. Das Urbild der Tigerpferde, das eigentliche Zebra, heisst auf arabisch „himar wahschi“; bei den Dengä „mukuar*; mn Kiswaheli „p'hunda-mlia*; im Kiunjamwesi „n’dulu*; bei den Boers „wilde Paard.“ Das einst so weit in Afrika verbreitet gewesene Zebra ist der Aus- rottungswuth europäischer Schiesser — den Namen Jäger verdienen sie nicht — fast ganz zum Opfer gefallen. Für manche Gegenden können wir die Jahre namhaft machen, in denen es dort noch einigermaassen zahlreich, oder aber wenigstens nachweislich in einzelnen Herden lebte. Die meisten Fundorte aber, die weiterhin folgen, stellen wir nur her, weil Reisende das T'hier für diese anführen; doch müssen wir es dahingestellt sein lassen, ob {e) 22 . . r . B . 2) [23 Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. Sll es daselbst noch jetzt sein Dasein fristet und ob es sich dabei wirklich um das echte Zebra handelt, da bei der Aehnlichkeit der verschiedenen Species von Tigerpferden und bei der üblen Gewohnheit, den Namen Zebra auf jedes afrikanische Zebrapferd anzuwenden, sehr leicht Verwechslungen mit unterlaufen. Jedenfalls behaupten viele Autoren, dass es jetzt kaum noch eine irgendwie bedeutende Anzahl von Individuen des echten Zebra gäbe. 1667 wird es von Carli für das Kongoland, Loanda und Pembo ge- nannt, während es heutzutage daselbst fehlt (nach Pigafetta und Battel). 1785 war es auf dem Kamis- Plateau am Groene-River noch sehr gemein. 1798 bildete die Flussscheide zwischen Great Kei-River und Great-Fish- River, sowie der Büffelluss bei den Geel-Beck-Hills im britischen Raffraria seine Ostgrenze. Nach Norden ging es am Westufer Afrikas nicht über den Orangefluss, das Roggeweld, Nieuweweld, die Sneeuwen-Berge, Grooten Winter-Berge hinaus, während es nach Süden bis in die nächste Umgebung der Capstadt streifte. 1822 war es hier schon ausgerottet und hatte sich mehr in die Gegenden zwischen dem Little Red-River und Celery-Spring im Middle Roggeweld zurückgezogen. 1864 konnte man Zebras noch zwischen der George- und Beaufort-Karroo in den Swaart-Bergen treffen. 1868 erschienen einige Zebras unweit der Capstadt, in den Hottentot-Hollands Mountains an der False-Bay und bei Franch-Hoock. 1887 hatten sie sich aber wieder in die Berge, Sneeuwenberge, Zwarte Ruggens, Zwaarte Berge, Winterhoeck- Mountains, also in die östlichen Provinzen geflüchtet und hielten sieh hier meist um den 1715 Meter über Winterhoeck sich erhebenden Cockscomb. Hier und im Damaralande konnte man sie auch noch 1889 beobachten, sowie vereinzelte Individuen bei Cradock. Wie wir oben bemerkten, war das Zebra früher weit verbreitet und ältere Quellen lassen sein ehemaliges Gebiet vom Cap bis Nubien und Habesch im Osten, im Westen bis Benguela oder bis zum Kuanza gehen. Manche Reisende zogen seine Grenze bei 12° nörd. Breite. Jedenfalls scheint die Annahme gerechtfertigt, dass man hierbei verschiedene Species von Tigerpferden zusammengeworfen hat, da schon am Ende des vorigen Jahr- hunderts seine Nordgrenze viel weiter nach Süden verlegt wurde. Merk- würdig ist es, dass seit 1667 keine weiteren Nachrichten vom Zebra im 312 Carl Greve, [24] Kongolande existiren und dass es bei T'schintschotscho von jeher gefehlt haben soll. Pagenstecher in seiner Bearbeitung der von Fischer im Massailande (Kilimandjarogebiet) gesammelten Thiere, nennt auch das Zebra, was einiger- maassen auffallend ist, da für diese Gegenden sonst niemand die echte Eguus zebra-Form aufführt, sondern bloss Varietäten von Zy. Burchelli, oder Eg. Grevyi. Speec. 7. Zguus Grevyi M. Edw. Asinus Grevyi (M. Edw.). — Zguus Grevyi Menges. Einheimischer Name: „fer’o*. Nach früheren Angaben sollte dieses Streifenpferd dem Somalilande und seinen Nachbargebieten bis etwa 8° 30° nörd. Br. angehören, thatsächlich aber scheint es einen weit grösseren Verbreitungskreis zu besitzen, wie es z. B. zuweilen bis Berbera und bis zum 10° nörd. Breite hinaufwandern soll. Nach Süden verlegen ältere Berichte seine Grenze unter den 1° 30° nörd. Breite oder höchstens 0° 52° nördl. Br., jedoch muss auch diese weiter hinaus- gerückt und vielleicht sogar südlich vom Aequator gezogen werden. Als sichere Fundorte für diese Species fanden wir aufgeführt: die Landschaften von Durhi, Central-Ogaden, die Strecken zwischen Tug-Fafan und dem Webi-Thal, 300 Meilen landeinwärts von Berbera, Wadi-Danän bis letzterem Orte, Dhubar an der Küste. Ferner werden die Gebiete nördlich vom Tana-Flusse, Let-Marifex in Schoa, das südliche Dolbahanta, die Njiroberge, die Loroghi-Kette (bis 2300 Meter hinauf) unter 2° 30 nörd. Breite und 37° östl. Länge, das Land am Oberlaufe des Kitsch, die Quell- gegenden des Bahar-el-Abjad, das Land der Berri, der Schuli, Galla, das Thal des Abay und Thumat im Fazoglo, Amhara, Qalabat, das Gebiet der Aröösostämme, die Gamba-Sambil zwischen Bahar-el-Azrak und Sobat, die Landschaften westlich vom Kir im Nilquellande, der Mimosenwald bei Azauad genannt. Vielleicht ist es diese Species, die im Chor Ginetti im Osten vom Bahar-el-Djebel gesehen wurde. Vom Somalilande südlich lebt es im Gansah- gebiete. Oestlich von den Schuli beobachtete man es im Langolande, ferner auch in Emins Provinz (Lattako). Seine südlichsten Gebiete liegen nördlich [25] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 313 vom Nyanza, südlich vom Rudolf- und Stephanie-See (20 Meilen östlich vom Shebeli-River und 120 Meilen nach Westen zwischen 2° und 5° Breite, bis zu einer Höhe von 1340 Meter), in Usui, Uganda, Ugogo, in den Land- schaften am Mgaeta-River (einem Zufluss des Kingani), wo es bis 200 Meter Höhe in die Gebirge hinaufsteigt, und dann noch zwischen dem Moeru- Berge und Kilimandscharo, sowie im Pard-Gebirge am Pangani. See. 8. Zguus quagga Gml. Asnus quagga Uuv., Geofir., Gray, Schinz, Schreb. — Zguus tsabellinus H. Smith. — Zg. guagga F. u. G. Cuv., Desm,, Desmoul., Fisch., Less., Licht., Schinz, Sparrmann, Thunb., Zimm. — Zdppotigris isabellinus, quacha und zuagga Smith. Dieses Tigerpferd ist, wie das echte Zebra, im Aussterben begriffen und es sollen die meisten Quagga’s, die als solche von Reisenden in der Litteratur aufgeführt werden, der Art Zy. Purchelli angehören. Im Caplande sind die Quagga’s augenblicklich ganz verschwunden. 1852 gab es im britischen Caffraria keine mehr und 1859 sind wahrschein- lich die letzten dieser Art erlegt worden. Wenn wir also hier Orte nennen, die von Reisenden und früheren Forschern als Aufenthalt dieses 'Thhieres vermerkt sind, so haben wohl die allermeisten Angaben nur historischen Werth. Früher soll das Quagga bis in die Kalahari, das deutsche Süd-W est- Afrika, im Transvaal und an der Delagoa-Bay, am Zugafluss und im Orange- freistaate, dem Swasilande, bei den Biggarsbergen (Umsinyati), bei Setiga- langa, bei den Vechnop-Hügeln und nördlich vom Limpopo eine gewöhnliche Erscheinung gewesen sein. Nach anderen Angaben sollen die Quagga’s nie nördlich vom Vaal vorgekommen sein. Nach starken Regenfällen wanderten die Thiere vom Zuga nach Norden zur Kalahari. Einige Rudel trieben sich früher an den Mündungen des Grossen und Kleinen Fisehflusses bei Colesberg, in den Karree-Bergen, bei Partridge-Fountein nördlich vom Sack- Ausse umher, doch waren 1894 nur 15 Stück unter Regierungsschutz ge- stellte Thiere bei Colesberg (30° südl. Br. und 25° östl. L.) nachgeblieben. Die Quellen, welche das Quagga für die nördlich vom Vaal gelegenen Partien aufführen, lassen es im Jahre 1836 nur noch im West-Griqua- Lande vorkommen, in der Nähe von Tränkplätzen, so bei Quaggastation, Nova Acta LXX. Nr.5. 40 314 Carl Greve, [26] Astrildstation, südlich vom Spring, von dem Rhenoster-Port, den Geranium- Rocks und Wortel- Fountein (24° — 25° östl. L. und 30°— 31° südl. Br.) am längsten sich halten. Spec. 9. Zguus Burchell Benn. Asinus Burchelli Gray. — Eguus Burchelli Blmb., Fisch., Gray, Schinz, Smuts. — Zy. campestris Smith. — #9. festwus Wagn. — Zg. hippohigris antiguorum H. Smith. — Zg. Markhami? — Eg. montanus Burch., Cuv,, Geoffr., Schinz. — Z#g. zebra Burchell. — Zuppotigris Burchelli et campestris H. Smith. — Zg. zedroides Less. Der Dauw oder „farru* der Somali und Bewohner von Harrar, ist ein Südafrikaner, der aber während der Dürreperiode bis Habesch hinauf- wandert. Im südlichsten Theile Afrika’s ist aber auch diese Art, dank dem englischen Schiesssport, fast ganz ausgerottet. Im Kaffernlande war sie 1552 sehon verschwunden, ebenso im Orangefreistaat und nördlich vom Ky-Garip, an der Klaarwater-Fountein, Groote-Fountein, bei Littaku, Ongelaks-Fountein, bei der Kuruman-Station, am Makwari-Fluss und in den Kamhanni-Bergen. Vereinzelt kommt der Dauw vielleicht noch jetzt im Nama-, Damara-, und Ovambolande vor, jedoch war er hier, ferner am Swakop-River zwischen Otjimbingue und der Küste, bei Scheppmannsdorf, Ondikurambo und bei den Owa-Herero schon 1851 ziemlich selten geworden. 1857 und 1858 traf man einzelne Individuen am Swakop, bei Scheppmannsdorf, in den Omatoko- bergen, bei Omuramba, in der Nähe von Eikhams und in den Sanddünen bei Anichaibib, sowie am Nosop. 1861 soll Zy. Burchelli am Zambesi und Limpopo häufig gesehen worden sein, doch mag hier auch eine Artverwechselung vorliegen. 1877 verschwand dies Zebra aus dem mittleren Herero-Lande und hielt sich dann mehr an den Wasserplätzen in der Kalahari auf, ostwärts von den T'schobe- sümpfen, im Schire-Hochlande und am Mweru-See. Vielleicht lebte es auch noch im Griqualande mit dem Quagga gemeinsam — doch lässt sich dieses kaum mehr feststellen. An der Westküste Afrikas streifte es bis an den Kunene, Luvule, bis zur Ansiedelung von Katanga am Lufire, im Kamba- Reiche (16° — 17° südl. Br. und 18° — 19° östl. Länge), bis an den Kubale in [27] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 315 Kiokko und Loanda hin. Bei Angra Pequena, zwischen Aus und Bethanien war es gemein. Auf seinen Wanderungen während der Dürre soll es bis zu den nördlich gelegenen Landschaften Ushuri, Massimba, Uganda, bis zu dem Kilimandscharo-Gebiete bei Taveita und auf das Plateau daselbst (bis zu 715 Meter Höhe) hinaufgehen. Man will es auch bei Adajil an der Küste, in der Samhara, im Somali- und Gallagebiet, im Thale des Abay und Tumat bis Fazaglo hin, sowie jenseits des ‚Jubaflusses, zwischen den Bergen im Borän - Gebiete ge- troffen haben. Doch ist es wohl möglich, dass diese Angaben, wie auch die Hinweise auf den Dauw am Fusse des Djebelät-Semmineh und Djebel Abu-Ramleh, das Qualabat, die Strecke zwischen der Seriba Gamba-Sambil, Bahar-el-Azrak und Sobat, sowie im Innern des Landes, westlich vom Kir, eher auf Zy. Chapman zu beziehen sind. Ey. hippotioris antiguorum wurde von Smith für Angola und die Gegenden am Orange, Swakop, zwischen Otjimbingue und der Küste, das Damaraland, Kissandschei und einige andere Punkte Südwest- Afrikas be- schrieben, doch scheint es uns ungerechtfertigt, diese Lokalform von 27. Dur- chelli trennen zu wollen. Ob die Angabe, dass seit 1559 kein Exemplar dieser Art (27. Burchelli) mehr gesehen worden sei, der Wirklichkeit entspricht, bleibt fraglich. var. 1. Zyuus Chapmanı Bains. Asinus Chapmani (Bains). — Eguus Boehmi Matschie. — £7. Burchelli Boelnni Matschie. — £y. Chapmanı Layard. Die holländischen Boeren nennen diese Spielart des Dauw „bonte (Juagga”. Das Hauptgebiet dieser Varietät scheint am Sambesi zu liegen, wo man sie bei Logu-Hill und an den Maramballa- Hügeln gegenüber Sena, nördlich von Sechellies-Town, bei Matietse, Daka, im Masarwa-Lande, am Malakahari, im Mashona-Lande, am Zimbaya, am Zusammenflusse des Kafua und Zambesi, am Machilla-Strom, im Liambye-Thal, in der Steppe zwischen Kalai und Zumbo (vor 50 Jahren in grosser Menge), nördlich von Tete am Revuque-River (1885) in grossen Herden, ferner zwischen der Küste, dem 40* 316 Carl Greve, [28] Mwendazi- und Rikuruthal am Nyassa-See, zwischen diesem und dem Bangweolo-See, an der Deep-Bay, südwestlich von derselben in der Henga- landschaft, im Thale des Loangwa und Pamasi (1574 und 1875), bei Kebrabosa und im Batoka-Lande beobachtete. Aber auch weiter nach Süden traf man dieses Tigerpferd, so östlich von den Tschobesümpfen, südlich bei Nataspruit und T’amasetse, hinter dem Simbaweni und am Omanbonde, ferner im Transvaalgebiet, am Olifant (1870), auf den Goldfeldern von Toti, bei den Vechtnophügeln, am Zuga, im Orange- freistaat, dem Swasilande, bei Setigalanga, am Krokodilfluss (Limpopo) und an der Delagoa-Bay, sowie der Mozambique-Küste. Im Bereiche des Tanganjika-Sees wird es für die Umgebung des ‚Jipe-Sees bei Ugogo, die westliche Mgunda, um den Tschaia-See in der Meunda-Mkali, die Makata-Ebene, Ganda, die Lilowa-Ebene, westlich vom Tanganjıka für Itawa am Chisera-Flusse unter Urungu, am Moero-See und nördlich vom Tanganjıka für das Bolegga-Gebiet, Marungu, Kakoma, Katanga am Lufire aufgeführt. Weiterhin erbeutete man es in Uwinsa, Unyamwesi, bei Nindo, in der Ukumbiwildniss am Vietoria-Nyanza, in Gongwe, Unyanyembe, Ule- kampuri, Usukuma, Jsimbiri, Ushuri, Massimbo, Uganda, Kawende (theils in den Bergen, theils in der Boga), in Urua jenseits des Lualaba am Luwule, im Massai-Lande, bei Merkale am Djuba, südlich vom Rudolf-See und im (Juellande des Nil. Ziemlich zahlreich streift es am Kingani, im Pare-Gebirge am Pangani, zwischen Kilimandjaro und dem Moeru-Berge umher, die Hochebenen bis zu 715 Meter — besonders bei Taveita — ersteigend und ebenso die Ebenen an ihrem Fusse bewohnend. Seltener scheint es am Rowuma (Sansibarküste), im Matebele-Lande, am Saschi-Flusse, dem Nyalzigo-River, bei Matope zu sein. Hinweise auf sein Vorkommen am Lombo im Hinterlande von Ben- guella, bei Okela und Agaru, im Gür-Lande, am Ufer des Jebus und im Chör Ginetti östlich vom Bahar-el-Djebel, beruhen vielleicht auf Ver- wechselungen. Die von Matschie Z. Dörr genannte Form, die wohl kaum auf eine Trennung von Zg. Chapman?! Anspruch erheben kann, ist vom Zambesi [29] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 517 (Moramballahügel), aus den Landschaften westlich vom Vietoria-See bis zum rechten Ufer des Kajera, von der Strecke zwischen Moero- und Tanganjika- (bei Katuma) und nach Norden bis Usui und Uganda (nicht über 1° 30‘ nördl. Br. hinaus), bekannt. Westlich vom Kadjuma soll sie fehlen, während man sie am Lualaba, bei Bolango in Manyema und bis zum Chisera, ferner in Urua, am Luwule, Lufire und bei Sona Baz in Ulunda gefunden haben soll wie auch bei Machakos in britisch Ostafrika. Was für „Zebra’s“ bei Kadji im Norden von Timbuktu (Lenz), und im offenen Lande bei Kirangosa (vielleicht das echte #7. zeöra im dieser letzteren Gegend) leben — das zu eruiren wollte uns nicht gelingen. Eguus eguuleus (Smith). Asınus eguuleus Smith. Die Chinesen sollen ein in der chinesischen Tartarei lebendes Pferd „yoto-tse“ nennen. Man weiss weiter nichts über diese 'Thiere, so dass die Frage offen bleibt, ob wir es mit Zgzus hemionus oder onager zu thun haben, oder ob es gar nur ein Bastard von Esel und Pferd ist, der ver- wilderte, oder ob hier gar an Zy. Przewalskii gedacht werden darf. Als genauere Lokalangabe fanden wir „Wüste Gobi, Kalkaör-Gebiet. Vertheilung der Familie Equidae nach Regionen. Mediterrane Region I. Genus: Equus . fe >< >= >= > >= / = 1. Subgenus: Equus L. >= >= > 2 Spee.1. Eg. caballus L. N : A 3 var.1. „ equwiferus Pall. . © © ; 2 Spee.2. „ Przewalskiüi Poljak >= > : >= = 2. Subgenus: Asinus L. . >= = >= >= >= a: Spee.3. Equus onager Pall.. = >= >= = var.l. „ hemippus (Geoffr.) : =< 5 < Spee.4. ,„ hemionus Pall. . >< >< >= . > » 5. „. taeniopus Heugl. > >= © var.l. „ somaliensis Noack >= 3 Spee.6. „ zebra L. er >= > n 1.» "Grevyi M. Edw. x S na „ 8 „. quagga Gmel. > x R un } 1.9» „ Burchelli Benn. > 5 SR En eg var.]. „ Chapmanni Bains. x Zz 318 Carl Greve, [30] Demnach ist das Genus Zgzas durch fünf Regionen der Alten Welt verbreitet. Der einzige wilde Vertreter des Subgenus Zgzus (Zg. Przewalskiü) bewohnt Theile der europäisch-sibirischen, mediterranen und chinesischen Region. Die Species des Subgenus Asus leben ebenfalls in denselben fünf Regionen, wobei Z7. onager die europäisch - sibirische, mediterrane und indische, seine Varietät Zg. hemippus blos die mediterrane, Zg. hemionus die europäisch -sibirische, mediterrane und chinesische, Z7. Zaemiopus die medi- terrane und afrikanische Region inne haben, während die Varietät Zy. soma- /iensis nur der afrikanischen angehört. Die vier Species und die eine Varietät der Tigerpferde gehören alle in die afrikanische Region. Vor etwa 16 Jahren wurde 7. egwferus noch in der europäisch -sibirischen und mediterranen Region getroffen, und Zy. cadal/us ist in der Neuen Welt (nordamerikanische und siüdamerikanische Region), auf einigen Inseln des Stillen Oceans und auf einer im kaspischen Meer (Kulaly) wieder verwildert. Fam. Il. Rhinocerotidae. DEE SAD ER EI eV RE CH EMNIS AR SARNOGENOSHEE a. Schneidezähne bleiben, 1 Horn . .Subgenus 1. Ahimoceros L. b. s 2 2 Hörner. . = 2. Ceratorhinus Gvay. (& 5 fallen früh aus, 2 Hörner n 3. Atelodus Pomel. Genus I. Rhinoceros L. Subgenus 1. RhinocerosLl. Spec. 1. Ahtınoceros indicus Cuv. 2 Rhinoceros asiatcus Blmb. — Ah. indicus d’Alton, Blainv., F. Cuv., Garrod, Geoffr., Owen, Schinz, Schreb., Wagn. — Ah. unicornis F. u. G. Cuv., Fisch., Flow., Geoffr., Giebel, L., Schinz, Schreb., Selat., Wolf. Die Eingeborenen Indiens nennen es „genda, ganda, genra, gor“. Die Heimath des indischen Nashorns ist kein zu ausgedehntes Gebiet. Es kommt vom Terai bis nach Süd-China im Osten, und vom Fusse des Himalaya bis weit nach Assam hinein vor. Im Sind fehlt es, so dass es al Die zeographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 319 o {>} pP o u hauptsächlich den nördlichen Strich Indiens, Bengalens, Nepal, Bhutan, das "Thal des Brahmaputra, Hinterindien (Kochinehina und China) bewohnt. Spee. 2. Ahtnoceros jaranus Uuv. Rhinoceros Floweri Gray. — Äh. javanicus F. Cuv., Desm., Fisch., Geoffr., Giebel, Gray, Horsf., Lesson, Müll., Schinz. — ZA. javanus Blainv., F. Cuv., Geoffr., Schreb. — Rh. inermis Lesson. — Rh. nasalis Gray. — Äh. sondarcus Blyth, Cuv., Horsf., Müll., Schinz, Sclater. Die Eingeboren der Insel Java nennen es „wara* oder „warak“. Obwohl wir Angaben fanden, welche dieses Nashom auch für das Festland und die anderen Inseln des Archipels aufführen, so scheint es doch ziemlich sicher ausgemacht zu sein, dass es nur auf Java vorkommt. Es steigt hier bis zu 3000 Meter ins Gebirge hinauf, hält sich aber gewöhnlich in den Wäldern längs den Flussläufen in den 'Thälern auf und wird selbst in nächster Nähe starkbewohnter Ortschaften, wie z. B. Batavias, getroffen. Wie wir schon bei Gelegenheit der Besprechung der fossilen Nas- hörner bemerkten, wurden Reste dieser Art (A. sondarcus Cuv.) bei Sarawak auf Borneo im Alluvium gefunden. Folglich ist das T'hier auf letzterer Insel entweder ausgestorben, oder aber es lebt noch im unbekannten Innern derselben. Subgenus 2. Ceratorhinus Gray. Spee. 3. Ahuinoceros sumatranus UN. Ceratorhinus Blythi Gray. — Cerat. Crossi Gray. — Cerat. mger Gray. — Cerat. sumatranus Gvay, Raffl. — Cerat. sumatrensıs (Cuv.), Garrod. — Rhinoceros Crossi (Blyth), Gray. — Kh. sumatranus Bell., Blyth., F. Cuv., Desm., Fisch., Geoffr., Home, Lesson, Müll, Raffl., Schinz, Schreb., Shaw. — Rh. sumatrensis Bartlett, Bell., Blainv., Cuv., Fisch., Flow., Sclater. Die einheimischen Namen dieses Nashorns sind: auf Sumatra „balsdak*, auf den anderen Sundainseln „badak, bachdak“; die Kayans auf Borneo be- zeichnen es mit „temadu“. Auch diese Species wird für das Festland aufgeführt, gehört aber in Wirklichkeit nur den Inseln an. 320 Carl Greve, [32] Auf Sumatra bewohnt es hauptsächlich die Flussniederungen am Lepan, Batang und Serangan im Nord-Osten der Insel, ferner die Umgebung von Tadjongmorawa. Auf Borneo haust es in den Dickichten des Sarawakldlistriets am oberen Rajahfluss, in den Landschaften Rejang, Kapuas, Koti, Ralungan. Auf dem Inselehen Labuan sowie den um Borneo herumliegenden Gruppen Palawan, St. Julian, Tambelan, Bungoran (Gross-Natuna), Balabak, Cala- mianes, (uyo, Cogayan, Sulu, Simbutu, Solombo und den Paternoster- Inseln bildet es auch keine Seltenheit. Im Gebirge trifft man dieses Nashorn bis zu Höhen von 2000 Metern, so z. B. auf Borneo bei Sarawak. var. 1. KAhrnoceros lastotis (Selater). Ceratorhinus Crossi Blyth. — Cerat. lasiotis Garrod, Sclater. — Cerat. suma- tranus, sumatrensis Gray. — KRhinoceros Cross! Gray opinante Blyth. — Rh. lasıotis Noll., Flow. — Ah. sumatrensis Anderson, Sclater. Die Burmesen nennen diese Festlandsform der vorhergehenden Art „khyen-sen“. Sie wurde oft mit der typischen Species verwechselt, die, wie schon oben bemerkt, nur den Inseln angehört. Das Gebiet dieser Varietät erstreckt sich auf Malakka und Hinterindien, wo sie im Staate Johore, in Tavay, Siam, Kombodja, Birma, 'T’enasserim, Arakan, Rangoon, in Bhamo, bei Charyolah südlich von den Cossyah-Bergen, westlich von Chittagong (92° östl. L.), am Meerbusen von Bengalen, in den Kaymahal-Hills, in Assam und den südlich davon gelegenen Sümpfen beobachtet wurde. Ihre äussersten Verbreitungsgrenzen erreicht sie einerseits in den Sunderbands Bengalens, in der Umgegend Kalkutta’s, im Terai und Sikkim, — andererseits in den süd- westlichen Provinzen China’s (Quang-si). Subgenus 3. Atelodus Pomel. Spee. 4. KAhinoceros bicornis L. Atelodus bicornis (L.), Pomel. — Alel. Keıitloa Pomel. — Ceratorhinus cucul- Jatus Brandt. — Khinaster bicornis (L.), Gray. — Khinaster keitloa Gray. — Rhinaster keitloa var. 1 et 2 Camperi, Gray. — Khinoceros africanus Camper, Cuv., Desm., Duv., Gieb., Harris, L., Schreb., Wagn. — AA. bicornis Anderson, 39 Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 21 geograp 5 J Blmb., Desm., Fisch., L., Noll, Smith. — An. drcornis capensis Uamper. — Rh. brcormis Holwoodı Selat. — Rh. bicornis major et minor Drummond. — Rh. Brucei Blainv. — Rh. Camper! Schinz. — Rh. eucullatus Gieb., Schinz, Wagn. — Rh. indicus Gray. — Äh. keitloa Anderson, Blanf., Gray, Schinz, Smith. — A. niger Alexandri, Schinz. — Ar. sumatranus Blyth. — Ah. Vamper! ? — Seiner weiten Ausbreitung entsprechend, hat dieses afrikanische Nas- horn natürlich auch eine grosse Zahl verschiedener Namen. Die Boers nennen es „Schwarznasliorn“; die Betschuanen „borele* und „keitloa* (wenn das hintere Horn sehr lang ist), ferner „upetän, upetyane“; die Matabele „upeigan, shanganiea*; im Kiuniamwesi heisst es „mpäla*; im Kiswahili „faru®; arabisch „abu-garn, anasah, fertit, omgaru, asinth“; amharisch „awraris, auraris“; im Dengäwi „tschel“; im Ranuri „gargadän*; im Tigredialekt „aris“; im Nob „buger“; bei den Haussa „marili*; bei den Somali „wuil“ oder „wiyil“; in Ost-Afrika an manchen Orten „gedangik*, und in den Hieroglyphen der alten Egypter „abu*. Früher lebte dieses Nashorn allenthalben in Süd-Afrika, ist aber heutzutage in manchen Gegenden schon ausgerottet oder wenigstens sehr selten geworden. 1652 war es sehr gemein am Tafelberge; 1775 kam es noch unter dem 32° südl. Br. in der Karroo vor, 1812 war es in derselben aber schon verschwunden; 1849 lebten die letzten Exemplare dieses Gebiets in den Zuurbergen und im Addobusch unter 32° südl. Br.; 1858 traf man diese Art in Ghanze und Abegham (zwischen der Westküste und dem Ngami- See) nur noch sehr selten. Heutzutage kann man das afrikanische Nashorn (AA. drcormis) tür folgende Landschaften und Gegenden des schwarzen Continents aufführen: Süd-Ost-Afrika vom 18° nördl. Breite bis zum 24° südl. Br. (im Westen ist es ausgerottet), wobei es südlich vom 23° südl. Br. eine grosse Seltenheit bildet, da im allgemeinen seine Südgrenze vom Kunene zum Ngami-See, dann längs der Ostgrenze der Transvaalrepublik bis zum Vaal und diesen entlang zur Delagoabay verläuft. So ist es jetzt eine grosse Rarität, im Basuto-Lande und bei Kolobeng, am Olifant-River und im Osten im Zulu- lande, wo früher die Keitloaform häufig auftrat. Ebenso lebt es vereinzelt in der Nähe von Wasserplätzen im der Nova Acta LXX. Nr.5. 41 322 Carl Greve, [34] Kalahari. Etwas häufiger begegnet man ihm am Kunene von Humba an aufwärts, während vom Kuisip nach Süden keine mehr vorkommen. Selten geworden ist es auch am Kubango (Okowango) und Ngami, an dessen Zu- flusse Teoge und an seinem Abflusse Zouga, sowie bei Omanbonde (20° südl. Br.) im Damaralande. In den Landschaften zwischen dem Sambesi und seinem Zuflusse Zschobe und dessen Sümpfen giebt es jetzt keine Nashörner dieser Art mehr, während 1879 daselbst „wenige“ ihr Dasein fristeten. Südlich vom Sambesi und dem Vietoriafalle, sowie überhaupt in diesen Breiten, bei Tamasanka (19° 50° südl. Br., 26° 10° östl. L.), am Gway- river (18° 50° südl. Br., 27° östl. L.), Cheberiver (18° 30° südl. Br., 24° 50° östl. L.), im Maschuna-Lande, dem Nyassa-Greebiet, dem Schire-Hochlande, am Luapula und an dem Mo&ro-See, bei Moramballa (am Schire), am Sunta- Fluss, bei Sena (beides im Sambesigebiete), am Kafue-Flusse (ebenda), ferner östlich vom Tanganjika-See, bei Kawende, Kakoma, am Likulve tritt es häufiger auf. In Uganda und Ugalla trifft man seime Spuren nur selten, ebenso im Lande der Wapokomo und Wagalla, während es im Massai-Lande, dem Batoka-Lande, am RKilimandscharo, bei Taveita zahlreich umherschweift und im Gebüsche der Hochebenen bis zu einer Höhe von 660 Meter sich aufhält. Die höchsen Gebirgslagen, in denen man diesem Thhiere begegnete, sind bis 2600 Meter (in der Nähe des Mo&ro-Sees). Noch weiter nach Norden finden wir dasselbe am Ukerewe-See (bei Udulia im Usukuma), am Rudolfsee, wir können ihm ins Innere des Galla- gebietes und nach Abessynien folgen, wo es in Shoa, in der westabessynischen Kola, im Qalabat, bei Ra sel fil, im Bazena-Lande, in der Provinz Tägä, bei Sennaar längs dem Weissen Nil, von Gondokoro bis zur Küste, abwärts am Blauen Nil bis Hedebät (am West-Ufer), am oberen Raad, Dindir, im Fazoglo, südlich vom Chor el Qanah, am 'Tumät, Jebus, im Chor el Deleb, Ga’al, am Sobat, in der Ghambat-Sambil, und am Gazellenflusse in ziemlicher Menge haust. Weniger häufig scheint es in der Toyo-Ebene nach dem Somalilande hin, in Süd-Ost-Haud, bei Habr Awat, Esa und Gadaburri, sowie in den Thälern am Webbe und Tug-Fafan, aufzutreten. Durch das Kordofan findet man es bis Wadai, Baghirmi (am Schari) verbreitet. Seine Nordgrenze liegt etwa bei 15° nördl. Br. in Nubien (Kassala, Suakim). In [35] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 323 den westlichen Gleicherländern und im Kongogebiete scheint dieses T'hier stets gefehlt zu haben. | Spec. 5. Ahunoceros simus Burchell. Atelodus Osweil' Anderson, Gray. — Alel. simus Burch., Pomel. — Cera- lorhinus Oswelli Gyay. — Ceratotherium Oswelli Gray. — Ceratother. simum Burch., Gray. — Khmoceros Burchelli Less. — KRhin camus H. Smith. — Rh. Oswelli Gray. — Kh. simus Anders., Blainv., Duv., Fisch., Flow., Giebel, Gray, Harris, Schinz, Sclater, Smith. Die Südafrikaner kennen das Stumpfnashorn unter dem Namen „mo- nuhu, kobala, tschikori*; die Bo@rs nennen es „Weissnashorn“; im Mashuna- Lande heisst es „m’combo*; bei den Matabele „umhofo*; bei den Betschuanen „tschukuru, mohuhu, kobaoba“. Die Tage dieses interessanten Diekhäuters sind gezählt, ja es ist möglich, dass überhaupt kein Thier dieser Art mehr lebt, denn die letzten Nachrichten über das Thier rühren aus dem Jahre 1892 her und stellen ein baldiges „zu Ende“ in Aussicht. Wir geben in Folgendem eigentlich also das frühere Verbreitungsgebiet und zwar nach den betreffenden Nach- richten chronologisch geordnet. Im Jahre 1858 lebte es bei Omanbonde, am Swakop und bei Schepp- mannsdorp, am Olifant- Fluss, bei Ghanze und Abeghan — überhaupt in Süd-West-Afrika bis zum Ngami-See nach Norden hinauf in ziemlicher Menge. In den sechziger Jahren war es in diesen Gegenden ebenfalls noch zahlreich vorhanden. 1874 erschien es in Süd- Afrika, im deutschen Süd- West-Afrika schon stark decimirt, und bei Diptal am Swakop, binnenwärts von der Walfisch-Bay, fiel das letzte Stumpfnashorn jenes Gebietes. 1877 gab es am Zschobe im Sambesigebiet bei Linyanti nur noch wenige, während sie 1874 noch in grosser Anzahl gejagt wurden. 1879 war es an den Zschobesümpfen, zwischen Batleltlie, Mababa, Maschabe, Sunta und dem oberen Zschobe, wie die Buschmänner sich ausdrückten, „zu Ende*. 1878 und 1880 weideten zahlreiche Trupps im Mashunalande, zwischen Umniati und Ganyane, und in der Nachbarschaft des Sabi-Flusses. 1881 konnte man sie zwischen den Flüssen Okowango und Kunene regelmässig antreffen, ebenso am Ngami-See, während sie im Osten nur noch die Strecken 41* 324 Carl Greve, [36] bewohnten, wo die T'setsefliege sie vor der Eimwanderung ausrottungslustiger Colonisten schützte. 1883 hatte ihre Zahl am Sabiriver, bei Umklangen im Matabelelande, zwischen dem Guay und Sambesi (18° 40° südl. Br., 26° 30° östl. L.), am Sech Webwe (18° 30° südl. Br., 29° 50° östl. L.) schon bedeutend abgenommen, obwohl hier und unter 27° südl. Br. und 24° östl. L. bei Latakoo im Jahre 1812 „Massen“ dieses Nashorns lebten. 1886 traf man einzelne Individuen im Matebele-Lande. 1889 war die Zahl dieser Nashörner am Ngami- See, Okowango und aufwärts von Humba am Kunene nicht viel geringer geworden, als man sie 1881 angetroffen, während drei Jahre danach, 1892, nur noch im Mashunalande welche zu finden waren, und vielleicht noch im portu- gisischen Tieflande am Sambesi und an der Delagoa-Bay (Lorenzo-Marquez). Auch weiter im Norden, wo es früher bei Karagwe, am Weissen Nil (1869), im Basuto-Lande, im Berri-Lande, im Witu- und Somali-Lande (Rh. Oswelli) nieht eben selten auftrat, ist es heute kaum aufzutreiben, so (dass man wohl mit Recht annehmen darf, dass dieses Nashorn auch bald auf die Liste vom Menschen im XIX. Jahrhundert ausgerotteter 'Thiere zu setzen sein wird. Vertheilung der Familie Rhinocerotidae nach Regionen. > S = < I. Genus: Rhinoceros 5 = >< >= 1. Subgenus: Rrhinoceros L. >= Spee. 1. Rhinoceros indicus Ouv. >= IE: > javanus Cuv. . >= 2. Subgenus: Ceratorhinus Gray . >= Spee. 3. Rhinoceros sumatranus Cuv. = var. 1. er lasiotis (Selater) . >= R 3. Subgenus: Atelodus Pomel . = x Spee. 4. Rhinoceros bieornisL.. . . . .| X E >< is: A simus Burchell . . . = : > Während — wie aus der Uebersicht fossiler Nashörner ersichtlich — die Nashörner früher ein weites Gebiet bewohnten, sind sie heutzutage auf nur drei thiergeographische Regionen beschränkt, nämlich auf die mediterrane, indische und afrikanische, wobei das Subgenus Ahrnoceros L. nur die zweite, [37] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 325 das Subgenus Ceratorhinus Gray ebenfalls dieselbe, und das Subgenus /e- /odus Pomel die erste und dritte Region inne hat. Von den zwei Species des letzten Subgenus gehört eine (AA. drcornis L.) beiden, die andere (Ar. sönus Burch.) nur der afrikanischen Region an. Fam. Ill. Tapiridae. M'\, GE U IE ER u Menüs" L., Hapızusl: Genus I. Tapirus L. Spec. 1. Zapırus americanus L. Fippopotamus terrestris I: Aydrochoerus tapır Erxl. — Tapırus americanus Briss., Cuv., Desm., Gmel., Hensel, Rengg., Schreb., Tschudi, Wied. — Zap. anta Zimmermann. — Zap. ecuadoriensis Gray. — Jap. Roulin! Fisch., Selater. — Zap. suillus Blmb., Schinz, Schreb, Wagn. — Zap. terrestris Gray, L. — Zap. terrestris peruvianus Gray. Azara nennt das T'hier „mborebi, tapijerete, tlacoxolote*; bei Oviedo heisst es „danda, anta, boeri, capa*; in Guyana bezeichnen es die Einwohner verschiedener Völkerstämme mit „maipouri, gamma, gadororo* und „tapirete*; „lante de la costa*. Seine Heimath sind die Waldgebiete der Küstenstrecke und die feuchten Urwälder des Binnenlandes in Süd- und Süd-Ost-Amerika, überhaupt kann man sagen, das ganze 'Tropengebiet östlich von den Cordilleren, vom 10° nördl. Br. bis zum 35° südl. Br. In Chili und Patagonien fehlt unser Tapir ganz. Man fing ihn im Gebiete von Venezuela (und vielleicht kommt er auch nördlicher vor), in den Wäldern von Guyana bei Demerara, in Surinam und Cayenne, in Brasilien am Amazonenstrom, am Rio Madeira, in den Provinzen Rio Janeiro, Cumana, Ytarare, Matto Grosso, Salto do Girao, Borba, Goyaz, Minas Novas und San Pedro, sowie Rio Grande, und am oberen Jacuhy. Am Pilco Majo in Paraguay und in Argentinien hält sich der Tapir an den diehtbewaldeten Fluss-Ufern auf, ebenso im Innern Brasiliens (Corrego d’Anta bei Neu-Freiburg) und folgt dem Laufe der Gewässer, besonders des Amazonas und seiner Zuflüsse hinauf bis in die 326 Carl Greve, [38] heisse Waldregion Perus (bis 850 M. Höhe), Eeuadors (am Macas-River und Sarayacu), sowie Bolivias. Spee. 2. Zapirus pinchacus Blainv. Tap. aenigmaticus Gray. — Tap. lewcogenys Gray. — Tap. pinchacus Roulin, Schreb., Wagn. — Zap. finchague Goudot, Less., Roulin. — Zap. Roulini Fisch, Wagn. — Zap. vıllosus Schinz, Tsschudi, Wagn. Der einheimische Name des Bergtapirs ist „pinchaque*, „dante de la montana*. Diese Art bewohnt die hohen Regionen der Anden bis über die Schneegrenze hinauf und wird annähernd von der Breite von Bogota bis südlich von Quito, in den Ost- und Centralcordilleren getroffen. Sicheren Nachweis über das Vorkommen dieses Tapirs haben wir aus Neu-Granada, Provinz Santa F& de Bogota, aus den Anden von Quito und den Hochebenen der östlichen peruanischen Cordilleren, wo er, ebenso wie in Ecuador, bis 2000 und 2300 M. emporsteigt. Noch grössere Höhen erreicht er in den Gebirgen der Provinz Mariquita und Summa Paz in Columbien, in den Cordilleren von Sunia und Asuay, sowie am Vulcan 'Tolmia, nämlich 3428 M., ja er streift sogar bis an die Schneegrenze bis 3857 M. Seinen nördliehsten Verbreitungspunkt hat er in der Silla de Caracas, in den Küstengebirgen Venezuelas. Spee. 3. Zapirus Baırdi Gray. Elasmognathus Bairdi, Dowei Gill. — Tap. Bairdi Gill. — Taf. Dowei (Gill), Selat. Diese Art, auch „dante de la montana* genannt, gehört einem "Theile von Mexieo und Central-Amerika an und unterscheidet sich von den andern Species durch die verknöcherte Nasenscheidewand. Es sind Exemplare aus Tabasco, Oaxaca in Mexico, aus Guatemala, von der atlantischen Küste Costa Ricas (Provinz Carthago, am Vulcan Irazu bis 3400 M.), aus Corinto (Nicaraguas Westufer), von Chiriqui in Panama bekannt. Hier lebt er bis 1715 M. im Gebirge. [39] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 2) Spec. 4. Zapirus indieus Desm. Rhinochoerus indicus (Wagl.). — Kh. malayanus Wagl. — Kh. sumatranus Gray. — Zap. bicolor Wagn. — Tap. indicus Blainv., Cuv., Müller, Schinz. — Tap. malayanus F. Uuv., Geoftr., Horsf., Schinz. — Zap. sumatranus Gray. Der Schabrackentapir, die Maiba, wird chinesisch „me“, in Birma „tarashu“, bei den Malayen „kuda-ayer“, auf Sumatra „saladang, gindol, tennu* genannt. Auf dem Festlande von Ostindien bewohnt er die Halbinsel Malakka, Hinterindien, Siam, 'Teenasserim, Birma (Tavay), und geht bis nach Süd- West-China hinauf. Im Allgemeinen kann man sagen, dass er südlich vom 15° nördl. Br. an ziemlich überall vorkommt. Von den Inseln des hinterindischen Archipels beherbergen ihn Sumatra, wo er bis 685 M. ins Gebirge aufwärts steigt, Borneo, Palawan, St. Julian, Tambelan, Bungoran oder Gross-Natuna, Balabak, die Calamianes, Cuyo, Cogayan, Sulu, Simbutu, Solombo, Pontianak und die Paternoster- Inseln. Verbreitung der Fam. Tapiridae nach Regionen. ee Son SE an rn as Es 77) I. Genus: Tapirus L. > > Spee. I. Tapirus americanus L. >< a 2% a pinchacus Blainv. >< PEN P Bairdi Gray . : = 4 > indieus Desm. . . .| x Die Tapire, welche fossil in Amerika und Europa gefunden werden, haben jetzt nur zwei Regionen inne: die südamerikanische und indische. Ersterer gehören drei Species an: Zap. americanus L., T. pinchacus Blainv., und 7ap. Dairdi Gray; letzterer die einzige Art 7aP. indicus Desm. II. Die geographische Verbreitung der Lamnunguia. Einleitung. So reich das fossile Material zum Aufbau einer Ahnenreihe für die Perissodactyla vorhanden ist, so ärmlich ist es in dieser Beziehung mit den Resten der Vorfahren der Klippschliefer bestellt. Im unteren Zocän und bis zum /Xlrocän hinauf haben wir die Zroto- therien, die in einigen Zusammenhang mit ihnen gebracht werden können. Im Miocän und Odgocän lebten die schon bei den Zerzssodactyta als Collectiv- typus aufgeführten Zoxodontia (Hegotherium, Prototoxodon, lcochilus, Pachy- rucos, Toxodon, T'ypotherium), die mehr oder weniger alle an /Zyrax erinnern. Was die recenten Klippschliefer angeht, so ist das vorhandene Material erstens sehr mangelhaft, wenig zahlreich und vor allen Dingen immer noch nicht soweit gesichtet, dass man einen vollkommen klaren Ueberbliek über das Ganze gewinnen kann. Wir haben daher die Arten gegeben, wie sie einstweilen von den neueren Bearbeitern beibehalten sind, obwohl wir die Ueberzeugung hegen, dass so manche von ihnen keine selbstständige Species, sondern blos Localvarietäten repräsentiren. Ordo: Lamnungujia. Die bekannten Kennzeichen der Ordnung gelten auch für die einzige Familie 1.: Hyracidae. Fam. I. Hyracidae. MANN, Ze 50 en er Genuss Aygergaherm: [41] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 329 Genus I. Hyrax IHerm. Spee. 1. Zyrax capensıis Ehrenb. Cavıa capensis Schreb.; Pall. — Zyrax capensis Schreb., Schinz. — Procavia capensis O. Thomas, Pall. — Zyr. senueircularıs Gvay. Die Hottentotten nennen das Thier „V-kaoump“; die Boeren „das, klipdas“ und „dassie*; die Engländer „rock-rabbit*. Der „Daman* oder Klippdachs gehört der Südspitze des schwarzen Erdtheils an, wo er in den Felsklüften des Tafelberges, im Caplande, in der Colonie Natal in grosser Menge haust. Im Transvaal, besonders im Osten von den Rustenburger Ebenen, im Oranje-Freistaat, in dem Kaffern- lande, in der Wüste Kalahari, bei Angra-Pequena, am Kuisib, im Damara- und Herero-Lande, bei Rehoboth und an der Westküste, in den Diamant- Distrieten bei Lekatlong ist er ebenfalls eine oft gesehene Erscheinung. Weiter hinauf nach Norden soll er bis an den Nyassa-See, in die Milanji- Ebene gehen, doch werden die als ZZ capensis bezeichneten Individuen aus noch nördlicheren Gebieten wohl anderen Arten einzureihen sein. Ob die mit ZZ. arboreus bezeichneten, auf Bäume kletternden von Elands Post und Kingwilliamstown im Caplande nicht eher zu capenses zu ziehen sind, bleibt noch fraglich. Spec. 2. AZyrax schoanus (O. T’hom.). Euhyrax abessynicus Gray, nec 77. abessynicus Hempr. u. Ehrenb. — Zyrax abessynicus Ehrenb. — Hyrax scroanus Gigl. — Frocavia abessynica und schoana Thom. Die Südabessynier nennen diesen Klippschliefer „aschkoko, malkoko, ikeo*; in Tigre heisst er „gehe“. Sein Gebiet ist ein ziemlich beschränktes, da er nur das südliche Abessynien, Shoa, Ankober, Dalanta, das Waldplateau von Lit-Marafia, Denz, Askalena, den Monte Mabrat, und vielleicht Tigre bewohnt. Spee. 3. Zyrax syriacus Ehrenb. et Hempr. Ayrax sinaiticus Gray. — Hyrax syriacus de Laborde, Schinz, Schreb. — Procavia sinaitica (Gyay). — Procavia syriaca '’hom. Der Name dieses Klippdachses ist im Arabischen „wäbr, webr, webri, Nova Acta LXX. Nr.5. 42 330 Carl Greve, [42] wubbr, uabr, ganamu bami Isrä’il“; bei den Sinaimönchen „choirogryllion®. In der Bibel heisst er „saphan“, was Luther mit „Kaninchen“ übersetzte. Er bewohnt die Wüste Oberäyptens, die Umgebung von Kosseir, die Sinai-Halbinsel, ferner die Wüste el Tih, Syrien und fand sich noch in historischer Zeit im Libanon, wo er jetzt fehlt. Wohl aber haust er noch in Nord-Arabien bei Aja, in Palästina am Horeb und am Westufer des Toten Meeres (bei Engaddi) im den Klippen und Felswänden. Im Osten der syrischen Wüste erreicht er fast den Euphrat. Für Persien ist sein Vorkommen sehr fraglich. — Hartmann führt ihn für Sennaar südlich von Neu-Dongola, für den Djebel Ghule und Fazoglo auf, doch ist auch diese Angabe nieht ganz einwurfsfrei. Noch weniger begründet scheint die Annahme eines Vorkommens bei den Tuareg. var. 1. Zyrax yayakarı (Thom). Procavıa yayakarı und Proc. syriaca yayakarı "Thom. Diese, von den Arabern im Localdialekt „ghanim-beni-israil“ (Schafe Israels) genannte Varietät lebt im centralen Nejd, bei Melhan, Dofar, süd- westlich von Maskat, im südöstlichen und südlichen Arabien. Spee. 4. Ayrax rufceps (Thom.). Ayrax dongolanus Blanf., Bocage. — Zyrax Burtom Gray. — Hyrax dongo- /ensis Ehrenb.. — ZZyr. ruficeps Ehrenb. — Procavıa dongolana, ruftceps T’hom. In Dongola „keko, koko* genannt. Der rotıköpfige Klippdachs ist in Oberägypten, bei Kosseir und in Nubien, bei Dongola el aguzeh, Neu-Dongola, in den Bergen der Bahjuda, an den Nilkatarakten, im Kordofän, am Djebel Ghule, in der Provinz Tagqa, zwischen Abdöm und Chartum, in den Landschaften zwischen Bahr el Azrak und Sobat, am Djebel Gherri und im Simrieh-Gebirge zu Hause. Nördlich vom Sobat wurde er in Sennaar, sowie im Lande der Fungi und im Fazoglo erbeutet. In das Gebiet der Tuareg, sowie der Tibbu geht er wohl kaum hinein. Spee. d. Zyrax abessinicus Hempr. et Ehrenb. Fuhyrax abessynicus Gray. — Ayrax. alpinus Gray. — Hyr. Brucei Blanf., [43] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 3a Bocawe. — Ahr. ferrusineus Gyay. — Hıyr. irroratus und Ayr. irroratus var. o , 2 S er w /uteogaster GrYay. — Procavia alpına (Gray). — Proc. Brucei und irrorata (Gray). — Proc. abessynica "Thom. In Abessynien heisst dieses T’hier „asehkoho®; bei Massaua „gihe*; bei den Danakil „ikeo“; bei den Somali „girad, djir-ad“; bei den Bantu „kibiru *. Die Heimath des abessynischen Klippdachses ist Abessynien (Bogas bei Adigrat), das Küstengebiet von Massaua (besonders im Wadi Averru), Gondar (bis zu 2000 Meter Höhe), bei Alt-Gondar im Westen des Gahathal und die Kirehenruine Fasilidas, das Bellegas-Thal, Arkiko, Shoa, Eilet, die Küste von Tajura bis Killulloo, Adel, der Berg Kasen, die nördliche Kola, Saalu an der Danakilküste, die Hadendoa-Berge, das Land der Beni-Amer, Mensa und das Land der Habab. In Nubien traf man ihn bei Ain-saba. Weitere Fundorte dieser Speeies sind der Djebel Njemali im Gebiet der Baggara-Araber, ferner das Land zwischen Tondj und Rohl, die Umgebung der Seriba Poncet's von Mvolo, der Djebel Dokurura in der Mudirije Rohl und Dutile nilaufwärts von Lado. Die von Gray als Zyr. örroratus beschriebene Form lebt in Höhen von 600 bis 2300 Metern im Habesch. var. 1. AZyrax abessynicus minor (N’hom.). Procarria abessynica minor (T’hom.). Diese Localvarietät wurde am Rothen Meer unter 13° nördl. Br. bei Alali zwischen Beilul und Assab an der Danakilküste erbeutet. Spee. 6. Ayrax pallidus (Thom.). Procavia pallida "Thom. Es ist dies eine blos auf das nördliche Somaliland, die Adailküste und das Heckeboplateau beschränkte Form. Spee. 7. Hyrax Welwitchi Gvay. Hyrax arboreus Peters nee Smith. — /Zyrax Welwitcht Bocage. — Procavia Welwitch: 'T'hom. Diese Art bewohnt die Felsen der Angolaküste in der Uferregion, 42* 332 Carl Greve, [44] das nördliche Damara- und Herero-Land und geht nach Norden über den Koanza bis an den Kongo im Land der Muschieongo und bis Ngotu am Kuilu. Bei Puneo-Andoneo steigt sie bis zu 1085 M. in das Gebirge hinauf. o© te} to) > Spec. 8. ZZyrax Latastei (T'hom.). Proravia Latasteı "Thom. Diese Art ist nur einmal am Senegal beobachtet worden. Spee. 9. Zyrax Bocageı Gray. Heterohyrax Bocagei Bocage. — Procavia Bocagei (Gray) Thom. Der einheimische Name des Thieres ist „pembe*. Bocage's Klippschliefer stammt aus der mittleren Region Angola’s und den Hochplateau’s daselbst. Sie wurde auch in Niederguinea bis zum Kongo hinauf und nach Süden bis zum 20° südl. Br. beobachtet. Anderer- seits soll diese Art im centralen Afrika, bei Ussambiro, südlich vom Ukerewe-See, vorkommen. Spee. 10. Ayrax Drucei Gvay. Dendrohyrax Bakerı, Blainvillei Gyay. — Hyrax Blaimvillei, irroratus Gray. — Hoyrax mossambicus Peters. — Procavia Bruce! Thom. — Procavıa mossambica Peters. Die einheimischen Namen dieser Art sind im Kiunjamwesi „tukimbi*; im Kissukuma „pimbi*; im Sudan „qego*; im Kisuahili „perere*; bei den Wayao „inschire*; bei den Wagogo „nguru-nguru“. Sie gehört dem östlichen Afrika an und haust in den Felsklüften Abessyniens, bei Senafe, Adigrat, Shoa, Tigre; ferner fand man sie in Ugogo, im Seengebiet westlich vom Weissen Nil, am Djebel Njemati, im Lande der Baggara-Araber, zwischen den Flüssen Tondj und Rohl, bei Mvolo, am Djebel Dakururu, nördlich vom Albert-See in der Mahdi-Provinz bei Dufile südlich von Lado, bei Sambuje, Latiko und Wadelai, am Vietoria-See, in Usagara bei Mpuapua, in Usambiro, beim Kilimandscharo bis zu 3000 M. Höhe, bei Taita und Mombasa, sowie am Tanganyika. Ebenso wird sie für das Gebiet am Mtambaflusse, Unjanjembe und Tabora aufgeführt. Im 99% [145] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 383 Siiden soll sie die Mozambique-Küste erreichen. Im Massai-Lande fand man sie bei Burunge. Eine Abart dieser Species ist var. 1. /Zyrax Drucei var. Somalica (V’hom.). Procavia Brucei var. Somalica "Thom. Sie ist etwas kleiner als die typische Form und lebt am Rudolfsee, im Somalilande an der Küste bei Goledde, an der Kora-Bay unter 9° 40° nördl. Br. und 43° 10° östl. L. Spee. 11. /Zyrax Emini (Thom.). Dendrohyrax Emini und Procavia Emini "Thom. Das äquatoriale Afrika, das Land der Mangbattu, die Umgebung von Tingasi sind die Heimath dieses 'Thieres. Spee. 12. Z/yrax valıdus (Thom.). Dendrohyrax valıdus True. — Procavia valıda "Thom. Wie es scheint, ist diese Speeies nur auf den Kilimandscharo und seine nächste Umgebung beschränkt. Spee. 13. Zyrax arboreus Smith. Dendrohyrax arboreus Gray. — Hyrax arboreus Gray, Schinz. — Zrocavıa arborea Thom. Die Namen dieser Klippschlieferform sind: bei den Ssehre „nogohn“; in Nubien „kehko“; bei den Bongo „mbereduh“; bei den Njamnjam „atabu*: bei den Lehssi „ketto“; bei den Golo „ngaffe“; bei den Kredj „o’soh“. Die Gebiete dieser Art haben wir in Ost- und Süd-Ost- Afrika zu suchen, in den Wäldern südlich von Kordofan, bei der Seriba Poncet's in Mvolo, in den Taitabergen, bei Mombasa, in Ugogo, an der Zambesimündug und der Mozambiqueküste. Ob der „boomdas“ der Holländer von Elands Post und Kingwilliamstown ebenfalls zu dieser Species, und nicht zu einer andern gehört, ist mehr als fraglich. 354 Carl Greve, [46] Spee. 14: Zyrax dorsalis Fraser. Dendrohyrax dorsalis Gray. — Dendrohyrax sylwestris Jäger. — Hyrax syWwestris Temm. — Zyrax Stampfli Jentink. — Procavia dorsalis 'T’hom. Unter dem Namen „eiwia* verstehen die Eingeborenen einen Klipp- schliefer, der West- Afrika angehört. Man kennt ihn aus Liberia, wo er auf Bäumen am du Queah-River, Farmington - River, bei Hilltown, am Junk-River, bei Schiffelinsville, ferner an der Guinea- Küste, im Sierra Leone-Gebiet, in dem Aschanti-Lande, in Kamerun lebt. Fernando Po soll ihn ebenfalls besitzen. Spee. 15. Zyrax mericans Peters. Diese Art wurde nur bei T'schintschotscho, am Loango erbeutet. Spee. 16. Zyrax Stuhlmann? (Matschie). Procavıa Stuhlmanni Matschie. Die einzige von uns gefundene Ortsangabe lautet „Süd-Ost- Afrika“. Speec. 17. HZyrax Johnston (Thom.). Procavia Fohnston‘! "Thom. Thomas beschrieb diese Art für das Nyassaland. Speec. 18. Zyrax Gray: (Thom.). Dendrohyrax Grayı Bocage. — Procavia Gray: "Thom. Angola, Quissange, Cap Angombe sind als Fundorte dieser Species aufgeführt. Spee. 19. Zyrax Neumanni (Matsch.). Procavia Neumanni Matsch. Das bei den Eingeborenen „perere* genannte Thier stammt von Zanzibar, vom Dorfe Jambiani an der Ostküste. Ob die letzten 5 Species selbstständige Formen, oder mit anderen, dieselben Gegenden bewohnenden Arten zu vereinigen sind, konnte bei der Mangelhaftigkeit der Angaben nicht eruirt werden. Was für Arten es sein [47] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 339 mögen, die Tibesti, Borku, Arabokasu, das Tibbu-Land, die Gebiete zwischen Tripoli und Tschad-See, den Südrand desselben bevölkern, muss dahingestellt bleiben, da die Handhaben fehlen, um auch nur annähernd auf ihre Hin- gehörigkeit zu irgend einer Art zu schliessen. Verbreitung der Familie Hyracidae nach Regionen. Mediterrane Region Afrikanische Region I. Genus: Hyras Herm. | = = Spee. 1. Hyr. capensis Ehrenb. > a) schoanus 0. a. et, ? >= » 3: Syriacus Ehren., Hemp. | >= £ var.l. „ Jayakari (I'hom.) >= >< Spee.4. „ ruficeps (T'hom.) 5 >= >= » 5. „ abessynicus Ehrenb., Henn, >= >= Tanner, B minor (T’hom.) >= Spee.6. „ pallidus (I'hom.) . > »„ T. „ Welwitchi Bocage >= RE, Tatastev (Thom). = » 9 „ Bocagei Gray >= „10. „ Brucei Gray r >= varal.#, „ var. somalica (Thom) >= Spee.11. „ Emini (Thom.) >= „ 12. „ validus (T'hom.) = „ 13. „ arboreus Smith. >< „ 14. ,„ dorsalis Fraser. x „ 15. „ nignicans Peters . > „ 16. „ Stuhlmanni (Matschi.) . x | „ 17. ,„ Johnstoni (I’hom.) >= „ 18: „ Grayi (Thom.) >< „ 19. „ Neumanni (Matsch.) >= Während die Vorfahren der Klippschliefer hauptsächlich Amerika, und zwar dem südlichen, angehören, findet man die recenten Arten nur in Afrika und im äussersten West-Asien. Nur zwei Species und eine Varietät bewohnen zwei Regionen, die Mittelmeer- Region und die afrikanische — eine Art gehört nur der ersteren Region — alle übrigen nur der afrikanischen an, woher man sie heutzutage wohl als Charakterthiere des schwarzen Erdtheils gelten lassen kann. Ill. Die geographische Verbreitung der Artiodactyla non ruminantia. Einleitung. Die Urform der Schweine unterschied sich wohl kaum auffallend von dem amerikanischen eocänen Achaenodon — obwohl im Allgemeinen die Herkunft der Szzden in einiges Dunkel gehüllt ist. Einige Palaeontologen lassen als Stammtypus die Pantolestidae gelten und leiten von diesen die Anoplotherudae, Anthraeotherudae, Dichobunidae und Fippopotamidae ab. Jedenfalls scheinen die Anoplotherien des Eocäus und Mioceäus von Europa einen Uebergang zu den Schweinen einerseits, zu den Wiederkäuern anderer- seits zu bilden. I. Eocän. Das älteste schweineartige Thier im europäischen Eoecän ist wohl Coedochoerus, der mit Anoplotherium commune Cuv., Choeromorus, Choeropotamus in den eocänen Schichten bei Egerkingen und Paris lebte. Reste von Anoplotheriwn commune Cuv. wurden in den pariser Gypsen, bei Debruge, Vermels, Ribauts gefunden. Anoploth. 'secundarium Cuv. von Paris ist höchst wahrschemlich ein Junges von commune. Das pekariähnliche leotherrum stammt aus dem mittleren und oberen Eocän Frankreichs. Der Londonthon lieferte aus unteren eocänen Lagern Polophus und ZZyracothe- rom, die ebenfalls als indireete Verwandte der Schweine angesprochen werden. Choeropotamus gypsorum Desm. (— Ch. Ciuwier! Owen.) wurde bei Paris und auf der Insel Wight aufgefunden; Cr. Meissner! H. Meyer und Ch. Soemmeringi H. Meyer stammen ebenfalls von Wisht, ferner aus dem Departement Herault und Haute Garonne. Die Phosphorite von @Querey enthalten Reste von Zalaeochoerus Caenotherium (C. Füholi Lyddeker) und [49] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 337 Plesiomeryx — letzteres eine kleine, zwischen den Hirschen und Schweinen die Verbindung herstellende Form. Die Sehweiz lieferte aus dem Canton de Vaud /Zyopotamus Piecteti Lyddeker, und die Siwalikhügel Choeromeryx salistrenses Lyiddeker. Die Anthracotherien lebten zur Zeit, da sich die Phosphoritenschiehten von Querey bildeten. Sie sind vielleicht nahe Verwandte der Hippopotamen, ebenso wie Merycopotamus (M. nanus Lydd.), welehe Form aber schon zu den Suiden hinüberleitet. II. Im Miocän Europa’s findet man Zalaeochoerus und Ayotherium (Z. Meissner! Mgr. von Brüttelen, ZZ primaevum YFilhol von Querecy, H. Soemmeringi var. grivense Dep. von la Grive St. Alban), ferner Bothriodon, und ZZyopotamus (H. seckbachensis Kinkelin in der Braunkohle bei Darm- stadt), welch letzteres an die Anthracotherien anschliesst und auch in Dakota vorkommt. Die Gattung Choeromorus (Ch. pygmaeus Dep. — Cebochoerus sınllus Fraas — Colobus grandaevus Fraas) lebte in Frankreich, wo man bei la Grive St. Alban ihre Reste auserub. Die echten Sızden treten erst im Obermiveän auf, so Sus erymanthius Roth et Wagn., auf dessen Relicte man in Griechenland bei Pikermi und bei Mytilini auf Samos stiess. Für Asien kennt man aus Indien Reste mioeäner Suiden. Amerikas Miocän lieferte ebenfalls zahlreiche Ueberreste schweine- artiger Thiere, wie z. B. von Zinohyus (Oregon), Nanohyus, Leptochoerus, Elotherium (El. arcuatum Gope aus Canada) — die alle Nordamerika an- gehören, wobei das letztgenannte ein Bindeglied zwischen Pekaris und Hippopotamen vorzustellen scheint. Den Dreozyles aber nahe stehende Formen scheinen Zerchoerus (P. antiguus March. aus dem Felsengebirge) aus Dakota, Platygonus (Pl. bicalcaratus Cope) aus Texas, sowie auch verschiedene Dicotylesarten aus den Pampas zu sein. Was die mioeänen Hippopotamen anbelangt, so kann man wohl als stammverwandt mit ihnen die Anthracotherien Europas ansehen, von denen Merycopotamus die Verbindung mit den Flusspferden aus den Siwalikhügeln herstellt. ZZvopotamus, dessen wir schon oben gedachten, wird von einigen Palaeontologen näher zu ZZppopotamus gerechnet, weil er an die Anthracotherien anknüpft. Von echten Flusspferden können wir für diese Periode /7PP. travaticus und namadicus Fale. et Cautl., Zpp. siwalensis (= Hexaprotodon Nova Acta LXX. Nr.5. 45 338 Carl Greve, [50[ sivalensis Fale. — Hipp. anisoperus, megagnathus und platyrhynchus Me. Lelland), Hipp. palaeindicus (= Tetraprotodon palaeindicus Fale. et Cautl., alle aus Indien, Siwalik, nennen. Das letztere Thier war vielleicht identisch mit Hipp. major vom Fusse des Himalaya. II. Pliocäne Suiden haben wir ebenfalls in vielen Arten aufzu- führen, wobei gar manche von ihnen schon bei den miocänen Typen zu nennen waren, wie z. B. die amerikanischen Genera Zlothertum, Perchoerus, Leptochoerus, Nanohyus, — alle aus Dakota, und Zinnohyus von Oregon. Von Anoplotherien müssen wir Anopl sivalense Fale. et Cautl. aus den Siwalik- hügeln und Chalicotherium baltavarense Pethö. aus Baltavar in Ungarn er- wähnen. Die Chalieotherien sind übrigens nicht blos auf Europa beschränkt gewesen, sondern wurden auch für Asien nachgewiesen. Vom Fusse des Himalaya beschrieben die Palaeontologen Fale. et Cautly ein Choerotherium und von Steinheim rühren die Knochenreste von Choeropotamus steinheimensis und Choeromorus pygmaeus Dep. (= Coebochoerus surllus Fraas) her. Ziemlich stark ausgesprochene Arten von Sus lieferten «die plioeänen Lagerschichten Deutschlands (Sus antiguus Kaup., Sus palaeochoerus, Sus antediluvianus Kaup., von Eppelsheim, aus Württemberg und aus Oesterreich von Wiener-Neustadt), Frankreichs (Sus arvernensis Uroiz. aus der Auvergne, von Roussillon, Perpignan), der Schweiz (Neuf-Chatel, Mont de la Malme); vom obermioeänen Sus erymanthius scheint nicht allzuweit entfernt der ‚Szs provincialis aus der Provence, auch ist sein Zusammenhang mit dem Wild- schwein, Sus scrofa ferus und S. penzerllatus wahrscheinlich. Fossile Phacochoerus fand man in den postplioeänen Schichten von Algier, in der Arsino@ (am Suezkanal und bei Obbo). Amerika besass einstmals zahlreiche Arten von Zeofwdes, die im Pliocän und Postpliocän dieses Erdtheils uns ihre Ueberreste hinterliessen. Wir wollen hier blos die Arten Dzcofyles costatus Le Conte vom Missouri- gebiet, Platygonus aus Nebraska, aus Arkansas und Oregon aufführen. Aber auch die Knochenhöhlen von Brasilien, sowie andere Gebiete des nördlichen wie des südlichen Amerika bergen zahlreiche Relieten dieser T'hiere, die heute blos durch zwei Arten vertreten sind. [51] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 399 Nieht minder zahlreich sind die Verwandten unserer Flusspferde im Pliocän vertreten. Wenden wir uns erst den Anthracotherien zu, so haben wir aus den RKalken von Frankreich Anthracothertun vellaunum G. Cuy., von der Haute-Loire, ferner das Anthracoth. onordeum Gerv. von Moissac, Issoire, Dijon, Orleans, Neuville, vom Loiret zu nennen. Letzteres wurde auch auf deutschem Boden (= Anthracoth. magnum G. Cuv.) in der Braunkohle von Württemberg aufgefunden. Dalmatiens Braunkohlenlager beherbergen heste vom Anthracoth. dalmaticum Meyer und Anthracoth. minimum Franz. (am Monte Promisso). Das Reichsland lieferte von Lobsanne, von Weissenburg am Rhein das Anthracoth. alsatıcum &. Cuv., welches übrigens auch im Mainzer Becken nachgewiesen werden konnte. Aus den Headonbeds von Hardwell wurde von dem bekannten Forscher Lyddeker ein Anthracotherium, Anthracoth. Gress/y! beschrieben, und ein anderes, kaum die Grösse eines Pekarischweins erreichendes, das man in Frankreich in der Vaucluse, nicht weit von Debruge ausgrub, benannte der französische Zoologe Gervais /Zvopotamus cerispus. Dem heutigen ZZ amphrbus mehr oder weniger nahe stehende Formen besass Europa in grosser Zahl. Diese Thiere gingen nördlich bis nach Grossbritanien hinauf, und lebten in Frankreich, Italien, Deutschland sowie auf den mediterranen Inseln. So wird ZZppopotamus major G. Cuv. für die Höhlen von Brentford in England und für Toscana aufgeführt; /Z5P. maxımus und anzguus G. Cuv. kamen ebenfalls in Toscana, Val d’Arno, bei Paris und in der Auvergne (= ZZpp. Tormeli Croiz-Job.) vor. Andere Hippopo- tamusarten wurden für die Höhlen Gibraltars, Malta’s (ZZpp. Überiensis??) (das Postpliocän Algiers und des Nerbudhathales in Indien nachgewiesen. IV. Diluviale Schweine besitzen wir auch in ziemlicher Menge, und aus älteren Schichten ragt auch noch Chabecotherium sinense Owen (Yünnan) in diese Periode hinein. Ebenso begegnen wir dem schon er- wähnten Sus provincialis Cuv. in der Provence. Echte, den recenten Wild- schweinen nächstverwandte Rassen lebten weitverbreitet in Europa, so Sus scrofa palustris hüt. (noch jetzt als kleinere, rothe Hausschweinrasse in der Schweiz erhalten), welches die Schweiz, Deutschland (Grotte Hohlefels bei Blaubeuren, in Mecklenburg, in den Pfahlbauten bei Weimar, Küssow, Neu- 43* 340 Carl Greve, [52] brandenburg, Lapitz bei Fischwerder, Brunn und Bützow) bewohnte; ferner 5. scrofa ferus L. aus den Pfahlbauten der Steinzeit bei Matteguin (Genf), vom Embach bei Dorpat, aus Suhrs in Pilten (Kurland), vom Rinnehügel bei Burtneek (Livland) und aus der Burwell Fen-Höhle in Cambridgeshire. Diese Rasse fand man auch in den diluvialen Sanden und Kiesen von Moos- bach, und im Arnothal. Aus Asien wurden ebenfalls Reste derselben be- kannt, z. B. aus Höhlen bei Irkutsk in Sibirien. Eine andere Art S. gzganteus Fale. (5. S/rozz! Menegh.) wurde für das Arnothal — das also zwei Species besass — beschrieben. Für Amerik: führt Harlan S. amerzcanus (Georgien, Braunschweig-Uanal) auf. 5. Przscus Groldf. ist wohl mit S. sero/a identisch. Die aethiopische Region hat nie echte Sus besessen. Diluviale Pofamochoerus wurden in den Ambolisartra-Sümpfen Mada- gascars entdeckt, und ZDicofyles- Arten fand man in Nord-Amerika und Brasilien (in letzterem D. collaris Lund= torguatus). Hippopotamen aus dem Dilivium besitzen wir natürlich auch, so TI. madagascariensis Goldf., ZZ. Lemerle Grandidier aus den Sümpfen von Ambolisartra; ZZ major Cuv. aus Mittel- und Süd-Europa (Val d’Arno, dilu- viale Sande von Moosbach); /Z Pentland’ Fale. aus den Höhlen Sieiliens und Malta’s: /Z amphibius L. aus Frankreich (Chelles, Departement Seine et Marne, Amiens, Abeville St. Acheul an der Somme, Thal der Charente.) Ebenso kennt man echte Flusspferde aus Algier’s, Indien’s und Birma’s Diluvium. Ordo: Artiodactyla. I. Subordo: Artiodactyla non ruminantia. Füsse mit 4 Zehen, welche alle den Boden berühren. . . Fam. I. Obesa. " „+ „von denen die zwei mittleren den Boden berühren, die äusseren ihn aber nicht erreichen (Afterzehen). Bei einem Genus fehlt hinten die äussere Afterzehe . . Fam. II. Suina. [53] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 9341 Fam. I. Obesa. SER (ON RES ZUZ U EEBONE DEhRen. EI tn Genus’L., HippopotamusıE EZ lack rn „ ll. Choeropsis Morton. Genus 1. Hippopotamus L. Spee. 1. Arppopotamus amphibius L. Fl. abessynicus Heugl. — FH. amphibius Büft., Schreb. — 77. antıquorum Columna, Fisch., Smith. — ZZ australis Duv. — 77. capensis Desmoul. — H. senegalensis Desmoul. — ZZ. fypus auet. Die einheimischen Namen dieses Diekhäuters sind folgende: bei den Arabern „djamus el bahr, faros el bahr“; in Abessynien „aösint, galoba“; im Amhara-Dialeet „gomari“; bei den Galla “robi*; bei den alten Egyptern „behemoth“; bei den Dinka „njang*; bei den Djur „fahr“; bei den Bongo „habba“; bei den Njamnjam „dupoh“; bei den Golo „KHangu*; bei den Kredj „mrungu“; bei den Ssehre „diffoh“; die Mafiote nennen es „mvulu“; die Kopten „rir“; im Kisuaheli heisst es „kiboko*; im Kiunjamwesi „mata mombo*; am Ruwenzori „ufufu*; am Zambesi „mwu“; bei den Betschuanen „ihubu“; bei den Zulukaffern „om-vobo, imfubo“; bei den Ost-Sudanesen (wie im Habesch) „adsint“: im Geez-Dialeet „bihat“; im Galä „röbi“; im Auidi „robi*; im Dengäwi „rau“; bei den Bari „yaro“; im Kanuri „ngurutu“; im Häus „dorina*; in Niederguinea “neuvu, mvubu“; in der Hieroglyphenschrift heisst es „reret, aput“ (Nilpferdgöttin von 'Theben). Nach dem Buche Hiob sollte man annehmen, dass der Behemoth (Flussochse) im ‚Jordan lebte. In Egypten kamen die Nilpferde im Delta des Nil massenhaft vor und in der ältesten Zeit standen sie in der papre- mitischen Präfeetur unter Regierungsschutz (sie waren dem 'T'yphon heilig und repräsentirten den Oerberus der egyptischen Unterwelt); Strabo führt Nilpferde für einen Landsee gegenüber Arabien auf; in den Papyrusdiekichten herumwatende Flusspferde werden auf einem Basrelief aus dem Jahre 3700 vor Christus abgebildet; zur Zeit Ptolomäus VI. Philometor sah der griechische Arzt Nikander Nilpferde mit eigenen Augen bei Sais, aber nach hundert Jahren, als die Römer hinkamen, waren sie aus dem westlichen Arme des Deltas bald verschwunden. Im IV. Jahrhundert wurden sie durch heftige 342 Carl Greve, [54] Verfolgung stromaufwärts getrieben und zur Zeit des Ammianus Marcellinus waren sie schon so vergessen, dass er eine ganz unsinnige, falsche Be- schreibung der 'Thiere lieferte. Im XII. Jahrhundert erschienen sie wieder bei Damjat und hielten sich dann hier bis 1600, wann sie der Arzt Zerenghi aus Neapel am Delta bei Damjette sah, ja sogar zwei von ihnen fing. Das letzte Nilpferd wurde hier 1658 eingefangen. Zu Anfang unseres Jahrhunderts lebten sie noch in Nubien, doch schon 1851 gingen sie nach Norden nicht weiter als bis Chartum. Im Caplande wurden die Flusspferde in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts ausgerottet. Polybius nennt einen Fluss Bambotus (- Senegal), der bei Hanno geradezu den Namen „Flusspferdfluss“ führt (im Periplus). Wenn jedoch Alexanders des Grossen Soldaten im Ganges Flusspferde gesehen haben wollten, so wird das wohl mehr auf Wichtigthuerei mit Gefahren fremder Länder beruhen, da Nearchos ausdrücklich sagt, es gäbe daselbst keine. Was das heutige Vorkommen des Nilpferdes anlangt, kann man im Allgemeinen seine Grenze im Norden mit dem 17° nördl. Br., im Süden mit dem 25° südl. Br. bezeichnen, da es in allen grossen Flüssen vom Senegal und Abessynien an bis zum Limpopo und Olifant wohnt. Von Berber am Nil (zuweilen erscheinen einzelne T'hiere auch in höheren Parallelen) kann man ihnen hinauf im Strome durch Chartum bis in den Bahr el azrak, und in Abessynien bis zum 'Isana-See (1940 M.) folgen. Im Bahr el abiad begegnet man ihnen ebenfalls, wie auch in den Gewässern zwischen Sennaar und Sobat, im Lande der Dinka, Djur, Bongo, Njamnjam, Golo, Kredj und Ssehre. Im Atbara, dem Sobat und Setit sind Flusspferde ebenfalls häufig. Weiter südlich trifft man sie im Seengebiet, so im Vietoria-See-an den Inseln, zwischen Tabora und Ujui, besonders viel bei Bussisi im See, im Massailand, am Ruwenzori, Rudolfsee, seltener im Albert-Edward, häufiger im Kuliafiris, im Mubukuthal, und massenhaft im Kageraflusse. Zwischen Vietoria-See und der Sansibarküste im Lande Ugansi beleben sie alle Gewässer, und schwimmen von der ebengenannten Küste auch über Meeresarme, z. B. auf die Insel Mafia hinüber, ja sie haben sich auf dem Südende der Sansibarinsel vollkommen angesiedelt. Im Tanganjika-See, in allen kleineren Seen, Teichen und Sümpfen zwischen dem Tanganjika und der Ostküste Afrikas kann man die plumpen [55] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 345 Thiere oft genug beobachten. Besonders häufig zeigen sie sich im Ugalla- tlusse (fliesst in den Tanganjika), im Nyassa- und Schirwa-See, ferner im Sambesi, wo ihnen besonders die Strecken zwischen Seila und Ras Hafün und hinter der Stadt Simbaweni zu behagen scheinen. Weitere, an Nil- pferden reiche Gegenden sind am Liambi, am Lufire (beim Falle Dschuf, am Zschobe und seinen Sümpfen, im Barotselande, dem Zulu- Lande (Um- schaluse) bei RKarema aufzuführen. Bei Bagamojo und an der Kinganimündung unternehmen sie weite Schwimmtouren ins Meer. Mehr im Innern halten sie sich im Mashunalande am Hanyane und bei Umniati auf, ferner am Teoge und Ngami-See im Norden und Nordwesten, und erreichen am Olifantflusse ihre jetzige südlichste Ausbreitungsgrenze, während sie im südlicheren Kaffraria seit dem Jahre 1852 verschwunden sind. Ebenso sind sie schon längst ausgerottet im Caplande. Neuere Forschungen weisen sie auch für die Mkataebene (Ugombo- See), in den Galla- und Somaliländern für die Flüsse Dschuba, Wobi, Ozi, Dana, den Dalubi-See (Baball-See) am Fusse des Meruberges im Westen des Kilimandscharo, den ‚Jipe-See, Ngombe am Malagarazi (0. vom Tan- ganjika), für den Makanyazizufluss des Tanganjika nach. Am Lualaba und seinem Zuflusse Luama bilden die Flusspferde grosse Heerden und nicht minder zahlreich bewohnen sie den Shanga (Nebenfluss des Kongo unter 1° südl. Br.), den Momba (Oberlauf des Ngoko, eines Zuflusses des Shanga), den Kuilu mit seinem Zuflusse Nanga, den Kassai, Bania, sowie den Kongo selbst, besonders oberhalb Punta da Lenha und bei Banana. Ausserdem wurden sie an der Westküste Afrikas noch beobachtet am Ogowe, im Gasalande, in Oberguinea, am Niger und bis zum Gambia und Senegal hinauf. Nach Süden hinab, in Niederguinea, fanden sie ver- schiedene Reisende in Loango, Kuansa, Kunene und konnten ihre Spiele sogar in der Meeresbrandung beobachten. Im Okowango sind diese T'hiere jetzt ziemlich selten geworden, ebenso im südwestafrikanischen Flusse Tembi und dem Berg-River. Im Kei-River unter 33° südl. Br. im östlichen Caplande werden sie wohl aufgeführt, doch nur von älteren Quellen, mit deren Angaben man jetzt kaum noch rechnen kann, da spätere faunistische Mittheilungen geradezu sagen, dass es im Caplande ausgerottet ist. 344 Carl Greve, [56] Zwischen Sambesi und Matlokotlo unter 29° südl. Br. in den Sümpfen am Omanbonde sollen noch zahlreiche Heerden hausen, ebenso bei Gross- Zetaba am Olifant. Weniger häufig sind sie bei Harris-Drift am Orangestrom zu treffen. Am Tsad-See, in Baghirmi, am Shari, Logon und Ba-Ili giebt es ihrer noch genug, ebenso in den Haussa-Ländern. Genus Il. Choeropsis Morton. Spee. 1. Choeropsis Üiberiensis Morton. Choeropus liberiensis Leidy. — Hıppopotamus brachycephalus Noack: — Hipp. liberiensis Leidy, Morton. — ZZpp. minor Morton. — Zhpp. minutus Noack. In Liberia heisst das Thier „sea cow, water cow*. Die Vey-Neger nennen es „mali“. Die Verbreitung dieser Art ist räumlich ziemlich beschränkt, da sie in Liberias sumpfigen Wäldern, weniger in Flüssen vorkommt. Einzeln trifft man dieses Flusspferd im St. Pauls-Fluss; bei Monrowia geht es ins Innere des Landes bis 100 Meilen hinein. Ferner wurde es für Buluma, den Jeh, den Du Queah-River, Johns-River, Hilltown, den Fischermanlake, Bania, bei Kokhiö, im River Cess nachgewiesen und am Sarcies- Fluss an der Sierra Leoneküste beobachtet. Sonstige Angaben für Oberguinea, einige Tsad-SeeZuflüsse, den Senegal und Kongo sind nicht ganz einwandsfrei und es mögen Verwechselungen vorliegen. Verbreitung der Familie Obesa nach Regionen. > Zo Es <{ I. Genus: Hippopotamus L. . . . . = Spee. 1. Hippopotamus amphibius L. >= II. Genus: Ohoeropsis Morton . . . . < Spee. 1. Choeropsis liberiensis Morton >= Die Tabelle zeigt uns klar, wie beschränkt augenblicklich das Gebiet dieser Familie ist im Vergleich zu ihrer früheren Ausbreitung (siehe oben über fossile Hippopotamen). & 7] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 345 Fam. Il. Suina. Ma BENGenusTSsusik: —— Wange o. Fleischlapp. Ob. jederseits 73. x JM* „ zwisch. Auge Eekzähne vor- 7 | u. Schnauze War- ) springend. Hauer. | ee ZENVorsprung . . „ 11. Potamochoerus Gray. Oben jederseits 72. Obere Ecekzähne halbkreisförmig, nach oben und hinten I, EZ ERDE IRN Tr 4 ETERRIERBREN FE „ lII. Porcus Wagl. Wange mit einem Fleischlappen unter dem Alle Füsse vierzehig. Auge, oben jederseits nur 1 Schneidezahn, der erwachsenen T'hieren oft fehlt . . . „ 1V. Phacochoerus Cuv. Vorderfüsse 4zehig, Hinterfüsse 3 zehig; oben jederseits 2 Schneidezähne, Eckzähne nicht vor- ragend, J/° . Auf dem Rücken eine mit weitem Gane#sichwoimende Drüsen. ne „ V. Dicotyles Cuv. Genus I. Sus, Linne. Spee. 1. Sus scrofa L. Sus aper Briss. — S. barbarus auct.? — S. domesticus Briss. — S. europaeus Pall. — S/ascratus Schreb. — 5. fera auct.? S. Ivbieus Gray. — S. scrofa Alferaki, F. u. G. Cuv., Desm., Desmoul., Fisch., Finsch, Fitz, Gray, Griffith, Lesson, Reichenb., Wagn. — 5. scrofa aper Bechstein, Cetti, F. Cuv., Erxl., Geoff., L., Ridinger, Schinz, Schreb., Sewerzow, Zimmermann. — S. scrofa Fasciatus Schreb. — 5. scrofa ferus Bechst., Gmel., L., Poljakow, Schrenk. — S. scrofa meridionalis Fors. Major. — 5. scrofa var. aper L.. — >. scrofa var. meridionalis Fors. Major. — 5. sefosus aper Bodd. — S. scrofa var. sardous Strobel. Ein soweit verbreitetes Thier wie das gemeine Wildschwein hat natürlich auch bei jedem Volke seinen besonderen Namen, die wir hier, soweit sie uns bekannt geworden sind, aufführen: bei den Franzosen heisst es „sanglier“; bei den Russen „kaban“ (Eber); bei den Polen „weprz“; böh- misch „kanee*; in Dalmatien „divliy vepar“ (wilder Eber); bei den Spaniern „javali, jabali*; bei den Armeniern „chos“; bei den Osseten „chui*; bei den Nova Acta LXX. Nr.5 44 346 Carl Greve, [58] Grusiniern „gori*; die Araber nennen es „halüf, halüf el gabah, khansir- berri*; die Turkmenen „dungus“; die Usbeken „dongus“; die Kirgisen „tschuschka*; in Klein-Asien führt es den Namen „domuz, yaban domuz*“; bei den 'Tataren „donguz*; bei den Mongolen „jachai“; bei den Tungusen „tschiwilsa*; bei den Giljaken „ajara, ajerda*; bei den Mangunen und Golde unterhalb des Ussuri, bei den Kile am Gorin und Kur „nyghty“; die Golde oberhalb des Ussuri bezeichnen es mit „nykta“; die Birartungusen und Monjagern mit „toroki*; die Orotschonen „tokalagda*; die Dauren endlich mit „gagha*. Das Wildschwein war in früheren Zeiten in Europa viel weiter ver- breitet als in unseren Tagen, ist aber ausgerottet worden, so in Schweden (letzte 1752), Dänemark, Nord-Russland, Livland (in der zweiten Hälfte des XVII Jahrhunderts war es hier noch heimisch; 1784 kamen Wildschweine noch zuweilen über das Eis der Düna in Sesswegen und Ascheraden aus Polen, das letzte 1836 aus Lithauen bei Lubahn; 1822 erschienen Irrlinge in Kurland, 15882 im Kurzumschen Walde), Grossbritannien (zur Römerzeit noch überall; documentarische Nachrichten über Wildeber haben wir aus den Jahren 940, 1057 Schottland, 1087, 11553— 1165, 1174 sogar bei London, 1339 in Oxfordshire, 1502, 1531 und 1555 in Durham, 1539 und 1543 bei Savernake, 1593 bei Staffordshire, 1607 Lancashire, Windsor, 1622, 1683), Irland (bis zum XVII. Jahrhundert), Rügen. In Grossbritannien zeugen noch jetzt viele Ortsnamen vom früheren Vorhandensein der Wildschweine, ja sie lebten sogar auf den Seilly-Inseln und in den Hochländern (Highlands) — wann sie endgültig verschwanden, lässt sich nicht genau feststellen. Heutzutage treffen wir das Wildschwein in Mittel- und Südspanien und Portugal in Wäldern und besonders in den Marismas des nordwestlichen Spanien, aber auch in der Hügel- und Bergregion. In Frankreich lebt es in den Gebirgswäldern, hauptsächlich Lothringens.. Am Rhone- und Saone- Zusammenflusse waren sie bereits verschwunden, stellten sich aber 1870/71 nach dem Kriege wieder ein. Belgien besitzt sie in seinen Grenzgebirgen. Deutschland besass früher grosse Mengen des Schwarzwildes, doch ist es Jetzt meist schon ein Bewohner geschlossener Wildparks geworden. Immerhin kann man es für Elsass und Lothringen (Gebweiler), das Rheinland, den Huns- rück, das Haardt-Gebiet, den Regierungsbezirk Trier, die Eifel, Württemberg, Hessen-Nassau, die Umgebung Wiesbadens, Westfalen, Hannover (Blanken- [59] Die geopraphische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 347 burg im Harz, Göhrde, Springe, Colbitz-Letzlingen in der Haide, Zehdenick), Simmenau, Schleswig-Holstein), einzelne Partien Brandenburgs, Anhalts, Thüringens, Sachsens, der preussischen Provinz Sachsen, West- und Ost- preussen, Schlesien, Posen (meist in Parks), der Süd-Lausitz, der Görlitzer Heide (hier 1737, bei Löbau 1671, Zittau 1729, letztes am Oybin 1734 in freier Wildbahn), für Königswusterhausen anführen. In Mecklenburg ist es im Schwinden begriffen (Parks von Jaswitz, Dobbertin, Ribnitz), während es früher gemein war. Oesterreich beherbergt ebenfalls noch Wildsauen, in Böhmen seit 1801 freilich nur noch in Parks, frei aber in Galizien, dem Süden und Osten Ungarns, in Slavonien, Kroatien, Siebenbürgen (noch sehr zahlreich, besonders im Perschaner Höhenzug und zwischen Alt und Kokel), im Banat, der Bukowina und Dalmatien. In Steiermark wanderten Sauen 1893 aus Ungarn ein. In der Schweiz ist es sehr selten geworden, meist sind es Einwanderer von West und Nord, aus Deutschland und Frankreich. Vor 70 Jahren etwa hielt es sich noch in der Nachbarschaft des Jura und Rheins; 1855 gab es im Aargau viele, im 18. Jahrhundert sogar so zahlreiche Rudel, dass man sie mit Trommeln schrecken musste, um die Felder zu schützen. Jetzt lebt es ständig nur in den Jurawäldern (Basel, Aargau, Solothurn, Bern, Neu- chatel, Waadtland, Genf). Vor 200 Jahren hielten sich noch Sauen am Vierwaldstädter See. 1868 trieb sich im Berner ‚Jura eine grosse Bande umher und im selben Jahre traf man einzelne in Luzern. Auf einzelnen Mittelmeerinseln lebt es heute noch, so auf Corsika, Sicilien, Sardinien (letzteres Sas meridionalıs?). In Osteuropa ist Serbien, die Balkanhalbinsel, die Türkei, Griechen- land noch ziemlich reich an Wildschweinen. In Russland kommt es noch in Polen, bei Ljublin, Spala, im Bjawolescher Forst im Grodnoschen, Kow- noschen (seltener im Wilnoschen), im Minsker Gouvernement und südlicher in Podolien, Wolhynien, Bessarabien (selten bei Shitomir, Winnizy), sowie im Kiewschen vor.') Zahlreich haust es noch im Delta der Wolga, am Meer, geht zuweilen auch bis nördlich von Astrachan hinauf; im alter Zeit traf !) Nach mir direet neuerdings zugekommenen Nachrichten kommt das Wildschwein vor in: Tschernigow, Poltawa Kreis Perejaslawl, Nordtheil von Kiew, Revier Wolkowisk in Grodno, Revier Borisow in Minsk, Wilno bei Oschmjany. 44* 345 Carl Greve, [60] man es sogar bei Zarizyn und Kamyschin. (An den Kamysch-Samarskija osera (Seen) ist es ausgerottet). Ebenso ist es für das Ufer des Asowschen Meeres, am Unterlauf des Dnepr keine Seltenheit. In der Krym gab es ursprünglich keine Wildschweine, doch wurden von den Griechen Schweine dagelassen, verwilderten und sind jetzt in den Bergen von Sudak, bei Aluschta und Balaklawa, und seit 1860 in den Wäldern am Salgir in kleinen Rudeln vorhanden. Im Kaukasus ist Ss scrofa ziemlich gemein, so am Alasanj in den Wäldern bei den Zarskije Kolodzy (Brunnen), bei Psebai, am Uruschten, am Oberlauf der Belaja und ihren Zuflüssen Tehatsch und Schischa, an der Kischa, auf dem Bambak, Tschilipsa, Abago, ferner am Flusse T'schassu, an der grossen und kleinen Laba, im Thal der Malka, bei Wladikawkas, am Ufer des Schwarzen Meeres in Flussniederungen, bei Suchum-Ralc, in den sumpfigen Flussunterlaufgebieten am Kaspi-See, in der Karajas-Steppe am unteren Kur, bei Saljany sehr zahlreich, bei Lenkoran und im Talysch- gebiet bis zur Baumgrenze hinauf, obwohl im Tiefland viel häufiger. Am Mittellaufe des Araxes hält es sich in der Nähe der Wälder und massenhaft in den Sümpfen auf. Zahlreich ist es auch am Ararat und im Sangesursker Kreise, sowie in der Chramschlucht bei Zalkany. Vom Kaukasus aus können wir ‚Ss scrofa weiter nach Asien folgen. Durch die Levante geht das Wildschwein einerseits nach Syrien und Palaestina hinab (Sus Zövexs), andererseits nach Mesopotanien, Assyrien und Persien. Im Kopetdagh findet es sich in den Pistacienhainen und steigt bis 1715 m empor, hält sich aber besonders am See Delili, am unteren Atrek bei Tusakan, am Sumbar, Tschandyr und im Tedschendelta auf. In Transkaspien, im Turgaigebiet in den Schilfdiekiehten und süd- licheren Steppen, und im ganzen Aralokaspigebiet haust es an den Fluss- läufen in den Djungeln und Tamariskengebüschen. Man begegnet ihm an der Emba, dem Kuwandarja und Amudarja in grosser Zahl, ebenso im Sardabukulthale bis ans Meer hin, wobei es in eultivirten, weit von den Flüssen liegenden Landschaften und in der eigent- lichen Wüste fehlt. Das Flussgebiet des Murghab, an Afghanistans Grenze, beherbergt ihrer grosse Mengen, besonders bei den Quellen Imam-baba und Sary-jasy. Aus dem Delta des Syr-Darja, von der Mündung des Arys, kann man [61] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 349 seinen Spuren am T'schirtschiek und seinen Zuflüssen am Keles, der Arys- quelle, am Tschatyrkul, Sonkul, unteren Naryn, am Susamir, Dschumgal, Talas, Tschu, bei Almati, Wernoje, bei Kapal, am Aksai, oberen Naryn und Issikkul begegnen. In diesem Gebiete steigen die Rudel der Wildschweine im Gebirge bis an die Schneegrenze empor, das heisst bis zur Höhe von 4000 Metern. Ueberhaupt sind sie im ganzen Semiretschensker Gebiete (Siebenstromlande) sehr gemein, wie auch im Ferghanagebiet, im Pamirgebirge und in den Hissarbergen. Im östlicheren Tjanshan, am Bagajuldus-gol begegnen wir der Wild- sau ebenfalls, wie auch in den ausgedehnten Steppensümpfen und Schilf- diekichten des grossen Tartarei, im Gebiete von Kuldscha (wo sie im Winter, nach den Berichten der dortigen Jäger, sogar die durch Futter- mangel erschöpften Schafheerden überfallen und niederreissen sollen), in der Umgebung des Balchaschsees, im Walddistrikt von Katai, besonders aber am südöstlichen Ufer des eben genannten Sees, im Delta des Flusses li und der Lepsa. Die Stromläufe entlang hinauf, an den Armen des T'entek und im Schilfwalde am Alakul sind sie reichlich vertreten. Dem Tiger sind die Wildschweine eine willkommene Beute und ihretwegen streift er bis in diese Gebiete nach Norden hinauf. Nördlich vom Balchasch haust es in der Baraba, zwischen Ob und Irtysch und geht hier nach Norden bis zum 55° nördl. Breite. Oestlich von diesem Gebiete, im Altai, zwischen Altai und Tjanschan, in der dsunga- rischen Steppe, im Bezirke von Haschun (Guchien) fehlt es auch nicht an Wildsauen, wie auch im Altyntagh. Vom Tjanschan nach Südost erreicht es den Tarim (Hami) und Lob- noor und findet sich an geeigneten Orten im südwestlichen Central-Asien bis an den Himalaya hinab, den es jedoch nicht überschreitet, da auf seiner Südseite nur Szs erzstatus nachgewiesen wurde. Aus dem Altaigebiet können wir dem Wildschwein durch das’) Saja- nische Gebirge bis an den Baikalsee folgen, wo es zwischen Urga und Kiachta vorkommt. Am Jenissei in Schluchten und 'Thälern geht es bis zum 56° nördl. Br. hinauf, ist hier aber ziemlich selten, und der 55° kann 1) Westlich vom Charadaban fehlt es im Sajan, wohl aber trifft man es bei den tunkins- kischen Urjänehen und bei Karanot im Okathal, im Burejagebirge, in den Chotschiohöhen daselbst, bei Mahada, ferner am Amur zwischen dem unteren Sabaltsche und Dschewin. 350 Carl Greve, [62] im Allgemeinen als Nordgrenze gelten. Oestlich vom Baikal geht sein Verbreitungsgebiet an den Amur hinüber, längs dessen ganzem Laufe hinab, erreicht jedoch den Liman nicht. Ueberhaupt geht die Nordgrenze am linken Amurufer nur bis zum 54° nördl. Br., ja sie sinkt am unteren Laufe des Stromes bis zum 52° nördl. Br. hinab, so dass die nördlichsten Gebiete hier am Südabhange des Stanowoi-Gebirges liegen und in der Dseja-Prärie. Im Uebrigen fanden wir es für dieses Stromgebiet für folgende Oertlich- keiten erwähnt: bei Samachagdu an der Chelassomündung, an der Bureja und am Jarach, am Schilka und Argun, dem Ussuri (auch im Mündungsgebiet), wo man schon eine Uebergangsform zu Szs /eucomystax beobachten kann; ferner am Jai, an der Kada und bis zur Chaselachmündung, jedoeh nicht unterhalb derselben. Bei Nalso erreicht die Nordgrenze nur den 51° nördl. Br. Am Meer geht es nach Norden nicht über die De Castries-Bay und die südlich davon gelegenen Berge am Tundschi. In den Gebirgen des Amurgebietes soll das Wildschwein Höhen bis 1145 Meter ersteigen. Durch die Mandschurei können wir ihm bis nach Korea und Nord- west-China folgen, doch behaupten manche Beobachter, dass hier schon Ss leucomystax und nicht S. scerofa vorkomme. Eine Angabe für die Insel Jesso fanden wir auch in der Literatur, doch steht es wohl ausser allem Zweifel, dass hier eine Verwechselung vorliegt. Auf Sachalin fehlt es jetzt sicher, wohl deshalb, weil es die Stelle am Amur-Liman, die einzige die im Winter zufriert und dann eine Brücke bildet, nicht erreicht. Früher mögen Wildschweine auch auf dieser Insel gehaust haben, da man ihre Knochen mit menschlichen Werkzeugen aus der Steinzeit hier gefunden hat. In Afrika lebt unser T'hier (in der Form 5. merzdionalis) im Delta des Nil, am Damjat-Arme des Stromes um Beschä, am Menzaleh-See, zwischen Bah£eret-Burlos und Nil um Fuah herum, im Fajum, bei Sagqarah, westlich von hier in Tripolis, Tunis, Algier (Bona, Oran), Marokko, in den Riffi bei Mellilla, jedoch nur in den Wäldern am Nordrande — sodass der Atlas die Südgrenze bildet. Auf St. Thome im Guineabusen trifft man verwilderte S. scrofa domestıca. In Nord-Amerika giebt es verwilderte Hausschweine, die von 9 Stück abstammen, welche einst Plock (in welchem Jahre?) nach Neu-York impor- [63] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 391 tirte und in den Schawangung-Bergen, an der Grenze des Orange- und Sullivangebietes freiliess. Bei Tauranga auf Neu-Seeland leben verwilderte Schweine, die von den von Cook dagelassenen herstammen, und ebenso sind auf verschiedenen Siüdseeinseln’) verwilderte S. scro/a vorhanden, wie auch auf den Galapagos. Nahe dem gewöhnlichen Wildschwein verwandt, ist Spec. 2. - Sus senaariensis Fitz. Sus larvatus Fitz. — S. scrofa palustris Rütim. — 5. sennaariensis Hartm. Es führt bei den Arabern den Namen „quadrug*; die Fungi nennen es „jüs“; die Qubbah „jaui*; die Gälä „aye*; die Silkawi-Sprache bezeichnet es mit „kuno“; die Nobah mit udjang“; im Kanuri heisst es „gado“ (der Eber „bi“, die Sau „kurguri“); die Haussa nennen es ebenfalls „gadö*; die Teda „gadu“; die Songhay „binka*; am Lagone ist sein Name „ebdzi*; in Baghirmi „gäri“; die Mabah heissen es „mey“; die Dinka „angau*; die Djur „amajak* die Bongo „mondoh“; die Njamajam „gurrua*“; die Mittu-Mahdi „legjeh“. Es ist nachgewiesen für die Görg der Berberen (Marigots der Fran- zosen) in Senegambien, für das Senegalflussgebiet und den unteren Niger, die westlichen Sudanstaaten, Baghirmi, Bornu, Wadai, die Gegenden am Shari, Logon, Ba-Ili, am 'T’humat, im Kordofän, Süd-Sennaar, Dar-Bertät, im Nobahland, Fazoglo, Gälä-Gebiet, Darfur, am Bahr el-abiad, Bahr-el-djebel (Chor Ginetti), in den Wäldern von Täqgä und in den Gegenden hinter dem Simbaweni. Spee. 3. Sus /eucomystax 'T’emm. orcula taivana (Swinh.). — Sus leucomystax Fitz., Reichenb., Wagn. — S. Zeucomystax continentlalis Nehring. — S. fawanus Swinh. — S. vıltatus var. japonıca Nehring. Die Japaner bezeichnen dieses Schwein mit „shishi, inoshishi“. Die Japanischen Inseln Nippon, besonders in den Gebirgen nördlich von der Sendai-Bucht, Yesso (sehr zahlreich), Shikokw und Kiusiu, und die zwei Liukiu-Inseln Okinawa und Amami-Oshima, sowie Formosa bilden die Heimath dieser Art. Auf letzterer Insel beschrieb sie Swinhoe als S. Zaz- !) z.B. auf Hawaii, Oahu. 352 Carl Greve, [64] vanus, und auf den Liukiu scheinen sie eine kleinere Rasse vorzustellen. Am Ussuri und bei Wladiwostok hat man eine Umganesform dieser Art zu 5. crofa gefunden, die Nehring S. /eucomystax continentalis zu nennen vorschlägt. Spec. 4. Sus eristatus Wagn. Sus aper Hodgs. — S. eristatus Fitz. — .S. indieus Cantor, Gray, Horsf., Murray, Schinz. — 5. scrofa Elliot, Hodgs. — S. crofa var. indicus Horsf. — S. ceylonensis Blyth. Diese, dem gemeinen Wildschwein ebenfalls sehr nahe stehende Form, nennen die Hindu „boora janwar*; die Mahratten „dookur*; um Madras herum heisst es „ratpunny“; im Sindh „sooar* oder „dhookar“; die deutsche Be- zeichnung ist „Mähnenschwein*. Wie schon oben bemerkt (siehe S. scrofa) beginnt sein Grebiet auf dem Südabhange des Himalaya und geht durch ganz Indien. Im Gebirg hinauf können wir ihm bis 2000 Meter folgen. Besonders häufig scheint es in Bengalen, Nepal, im südlichen Mahrattenlande, bei Pinang, um Singa- pore und auf den Lancayinseln, in Tenasserim, bei Thagata, und auf Malakka, sowie in West-Birma zu sein. Einige Autoren nennen es für Arakan. Im Terai findet man es im Tieflande und bis 14530 Meter in den Bergen. Die Bengalische Provinz Singhbhum bildet seine Westgrenze. Vielleicht gehört das Ceylonschwein hierher. Da in der Systematik der Suiden noch immer keine Klarheit herbei- geführt ist, so haben wir uns entschliessen müssen, die von manchen Autoren bald zu der vorhergehenden Art, bald zu wzfatus oder verrucosus gezogenen Species nicht als Varietäten, sondern einstweilen als Arten auf- zuführen, um wenigstens die Localverbreitung richtig wiederzugeben. Spec. 5. Sus sondaicus (van Bemmelen). Sus scrofa var. sondaica van Bemmelen. Wurde für Java und Bali aufgeführt. Spee. 6. Sus moupinensis A. M. Edw. Der chinesische Namen des Thieres ist „e-tschehu‘“. [165] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 399 Es soll im südlichen Ganssu hoch im Gebirge, seltener im Thal, und ferner auch in Choissjan gefunden worden sein. Wohl mit 5. vefatus identisch. Spee. 7. Sus siamensis (auct.?). Ausser dem Namen ohne Autorangabe fanden wir nur die sehr lako- nische Angabe „Siam“. Spec. 8. Sus andamanensts Blyth. Sus andamanensis Gray. Diese Form kommt nur auf den Andamanen vor. Spee. 9. Sans vittatus Müll. et Schlegel. Sus ternatensis Meyer. — S. vittatus Boie., Forsyth. Major, Reichenb., Schinz, Tremm., Wagn. Auf Borneo heisst diese gute Art „babi alang-alang* oder „babi-utan“; auf Java „banen“. Sicher gestellt ist ihr Vorkommen für Sumatra, sowohl im Gebirge als auch am Strande (bei Tertibi, Deli, Padang, Tadjongmorawa) für Java, wo es bis 1430 Meter in die Berge emporsteigt (Tjikao) und Borneo. Ferner wurde es auf den Inseln Palawan, St. Julian, Tambelan, Bungoran, Balabak, den Calamianes, Cuyo, Sulu, Simbutu, Solombo, den Paternoster-Inseln und Ternate gefunden. Ob es auf Amboina lebt, bleibt einstweilen fraglich. Die Inseln im Westen von Sumatra sollen es alle besitzen, ebenso Flores, Banka. Spee. 10. Ss verrucosus Müll. et Schleg. Dasychoerus verrucosus Gray. — Sus verrucosus Boie, Reichenb,, Schinz, Tremm., Wagn. Das Pustelschwein heisst bei den Eingeborenen „babi*. Als Heimath dieser Species werden einige der grossen Sundainseln, Java (Parang, Batavia’s Umgebung), Borneo, dann Ueram, Palawan, St. Julian, Tambelan, Bungoran oder Gross-Natuna, Balabak, die Calamianes-Gruppe, Cuyo, Cogayan, Sulu, Simbutu, Solombo und die Paternoster-Inseln genannt. Nova Acta LXX. Nr.5. 45 354 Carl Greve, [66] Nach Prof. Nehrings Meinung kann als Varietät dieser Art an- gesehen werden, Var. 1. Sus celedensis Müll. et Schleg. Dasychoerus celebensis Gray. — Sus celebensis Boie, Reichenb., Schinz, Wagn. — 5. celebensis var. philippensis Nehr. — S. Marche! Huet. — S. philippensis Meyer. — S. verrucosus var. 8 Wagner. Die Spanier nennen dieses Schwein ebenso wie das europäische Wild- schwein „javali“; die Tagalen „babay damo* oder „pagil, dayong“. Auf Celebes werden eine ganze Reihe von Fundorten für diese Art angegeben, so Menado, Makassar (S. Celebes), die Minahassa, Gorontalo, T'oelabollo, Limbotto, Bone, Pare-Pare, Loka bei Bonthain, Katjang, Bira, Birakeke. Fermer wurden Exemplare von Saleyer (südlich von Uelebes), Morotai, Batjan, Ternate, Halmahera, Amboina nach Europa gebracht. Auf den Philippinen (S. ZArlppensis Meyer) lebt es auf Luzon, besonders bei Jala-Jala in der Provinz Laguna (S. Marche’ Huet.), dann in der Provinz Cagayan, bei Vigan; auf der Insel Cebu und Panay. Ob die Ausdrucks- weise „bis Mindanao* heissen soll, dass dieses Thier auch der Fauna dieser Insel angehört, oder nur bis zu den Inseln nördlich von derselben hinab- geht, konnten wir nicht klarstellen. (Mindoro?). ‚Jedenfalls nahe mit S. verrxcosus verwandt, sind Spee. 11. Sus mystacinus Gray. Sus mystaceus Gray. Als Fundort fanden wir, wenn auch mit einem Fragezeichen, Java Yayıy .\ Karner angegeben. Ferneı Spec. 12. Sus nzger Finsch. Dasychoerus verrucosus var. ceramicus (ray. — Sus ceramensis Rosenberg. — S. ternatensis Meyer. — 5. verrucosus var. ceramica Gvay. Finsch nennt es für Neu-Guinea, wo es an der Astrolabe-Bay, der Humboldts-Bay, bei Hihiaura, an der Bentley-, Milne-Bay, bei Kerapuno an an der Hood-Bay beobachtet wurde. Ausserdem soll es die Inseln Tidore, [67] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 355 Ternate, Goram, Waaigeou, Ceram und Seramlaut bis Tijoore (westlich von Neu-Guinea) bewohnen. Spec. 13. Sus timoriensis Müll. ‚Sus tmoriensis Schinz, Schleg., Reichenb., Wagn. — S. vitiatus var. 8 Wagn. Die Rottinesen nennen diese Art „bafi-foei“; bei den anderen Insu- lanern finden wir die Bezeichnungen „nassi, tafimepat“; die Holländer heissen es „Wildvarken“. Obwohl diese Art von Wagner zu S. vılfatus gestellt wird, so ist über die engeren Verwandtschaftsbeziehungen dieses Schweins zu anderen guten Arten die Meinungsverschiedenheit immerhin noch eine so grosse, dass wir es vorzogen einstweilen dasselbe gesondert aufzuführen. Gefunden wurde es auf Timor, Rottie, Pritti, Amarassi und an der Kaepang-Bay. Spee. 14. Sus papuensis Lesson et Garnot. Porcula papuensis Fitz, — Sus aruensis Rosenberg. — S. papuensis Boit., Desm., Fisch., Fitz., Gray, Jardin, Reichenb., Schinz. Auf Misool heisst diese Wildsau „byen“; auf Aru „kau“; auf Jappen ‚auran“: auf Neu-Guinea „nava“; ausserdem hört man auch den Namen „ben“. Von den nördlichen Molukken, dem Papu-Archipel, über Aru, Wokam, Waaigeou, Biak, Kwawi, die Keigruppe, Koor, Trangan, Yule-Island, Brookes-Island (Louisiaden), Jappen, Misool, Salawatti, Batanta, 'Tagai (Samoa-Inseln) ist das Papuaschwein bis Neu-Guinea hin verbreitet, wo es an der Nordküste bei Passir-Point, an der Freshwater-Bay (in der Nähe der Keppel-Bay, am Osteap bei der Humboldtsbay), sowie auf den kleinen, an der Küste Neu-Guineas liegenden Inseln getroffen wurde Da es auf letzterer Insel sowohl wild als zahm vorkommt, kann man annehmen, dass es hier vielleicht importirt wurde. Spee. 15. Szs dardatus Müll. et Schleg. Sus barbatus Reichenb., Schinz. — S. ceylonensis Blyth. Die Holländer nennen das Bartschwein „Boschvarken“; die Malayen „babi-poetih (— holländisch Wit-varken)*; die Dajaks „baboei* oder „bawoei*, „bawoei-himba*. 45* 356 Carl Greve, [168] Für die Insel Borneo haben wir ein ziemlich genaues Verzeichniss der Fundorte aufstellen können. Es soll Szs dardatus am häufigsten bei Baram, in N. O.-Sarawak zwischen Mont Dulit und dem Meere, Banjermassing, in den Diekichten am Doesanflusse, Kapuasfluss, im Lawutlande, bei Poeloe- lampej, am Moloekko-Flusse, bei Pontianak und Pleyharie getroffen werden. Englische Autoren machen es auch für die kleinen Inseln des Archipels namhaft, so für Palawan, St. Julian, Tambelan, Bungoran, Balabak, die Calamianes-Gruppe, Cuyo, Cogayan, Sulu, Simbutu, Solombo und die Pater- noster-Inseln. Sehr fraglich ist das Vorkommen unserer Art auf Java, Amboina und Bangka. Wenn Schinz es für Ost-Indien überhaupt, Fitzinger für Ceylon (nach Blyth) eitirt, so kann man wohl mit Sicherheit eine Ver- wechselung annehmen, da das Ceylonschwein aller Wahrscheinlichkeit nach eine Rasse von S corzs/atus ist. In den Siwalikhügeln wurden Schweine- knochen gefunden, die S. dardatus zugeschrieben werden, ob aber mit Recht, scheint fraglich. Var. 1. Sus calannanensis Heude. Sus barbatus var. calammanensıs Nehr. „ Wurde für die Calamianes-Inseln, und besonders Culion, und Var. 2. Sus palavensis (Nehr.). S. ahaenobarbus Huet. — 5. barbatus var. palavensis Nehr. für Palawan (Puerto Princesa), sowie die übrigen kleinen Inseln um Borneo, St. Julian, Tambelan, Bungoran, Balabak, die Calamianes, Uuyo, Cogayan, Sulu, Simbutu, Solombo und Paternoster beschrieben. Es soll diese letztere Varietät auch auf Borneo existiren. Zahlreich ist es bei Tai-tai auf Paragua. Spec. 16. Sus Zongirostris Nehr. Obwohl diese Form 5. Öardatus sehr nahe steht, so scheint uns dennoch Prof. Nehring dieselbe mit Recht als selbständige Art abgetrennt zu haben. Man besitzt Exemplare von Borneo (Kwala RKapuas im Südosten der Insel), beobachtete sie aber auch auf den Paternoster-Inseln, Palawan, St. Julian, Tambelan, Bungoran, Balabak, den Calamianes, Cuyo, Cogayan, Sulu, Simbutu, Solombo. ‚Java soll dieses Schwein auch besitzen. [69] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 357 Spec. 17. Sus salvanıa Hodgs. et Garson. Porcula salvania Hodgs. — P. salviana Hogs., Horsf., Wagn. — S. salvranus Hodeson. — Diese kleine Form wollte Hodgson in ein besonderes Genus Zorcula abgetrennt wissen, doch kann eine solehe "Trennung wohl kaum genügend motivirt werden. Aber ebensowenig konnten wir uns entschliessen, dieselbe mit S. cristatus als Varietät zu vereinigen. Das Gebiet dieses Schweines erstreckt sich dureh die Terai-Region ddes Himalaya, Sikkim, Nepal, nach Nordwest und Südost, soweit der Salbusch (Saulforest) reicht, sowie bis in die „West-Dooars“ von Bhutan. D Genus I. Potamochoerus Gray. Spee. 1. Potamochoerus larvatus (F. Uuv.). Choiropotamus africanus Teichenb., Schreb. — Nyectichoerus hassama Heug]. — Phacochoerus hoirapotamus (Desmoul). — Zh. larvatus (F. Cuv.). — Phasco- choerus larvatus Jardine. — Potamochoerus africanus F. Cuv., Gray, Schreb. — P. africanus sive larvatus Bobrezky, F. Cuv., Gräy. — P. /arvatus Gray, Maregrave. — Sus africanıs Cuv., Desm., Desmoul., Fisch., Grift., Lesson, Schinz, Schreb., Smuts, Thunberg. — S. chorropotamus Schreb. — . horro- potamus Desmoul. — S. /arwatus F. Cuv., Desmoul, Fisch, Griff., Lesson, Reichenb., Schinz, Wagn. Das Larvenschwein heisst im Kiunjamwesi „grue“; im Kisuaheli „w’grue*; bei den Mombuttu „dsum-bulu*; im Amhara-Dialeet „hasama* oder „asama“ (Vielfresser). Sidost-, Mittel- und Süd-Afrika bilden die Heimath dieses hässlichen Geschöpfes. Man begegnet ihm am Kilimandscharo, am Likulwetlusse, bei Karema, am Mweru-See, zwischen Tabora und der Ostküste, bei Bagamojo, von der Küste bis weit ins Innere hinein, an der Sansibarküste, am Kingani und Wala, sowie an der Mozambique-Küste und an der Algoa-Bay. Ob es in den Wäldern des Caplandes so allgemein verbreitet, bleibt zweifelhaft, sicher aber haust es an geeigneten Orten in der Kalahari und im Nama- und Damaralande. Bei Zomba im Nyassalande lebt es in zahlreichen Heerden. 358 Carl Greve, [70] Um Deldei, @oratzä (Kiratza), am Mareb, bei Asain, im Thale des Belegas und Bege’'meder im Habesch fehlt es ebenfalls nicht (NM. Aassama Heugl.) und ersteigt hier selbst Höhen von 1400—2600 Meter. Schliesslich müssen wir es auch für das Land der Mombuttu (Mang- batttu) nennen, wo es sehr zahlreich auftreten soll. Spec. 2. Potamochoerus pemcillatus Gvay. Choiwropotamus pictus Gray. — FPotamochoerus albıfrons auct.? — Pot. pen:- cillatus Schinz, Swinh. — ot. porcus auct.? — Sus guineensis auch? — S. pictus Wagn. — 5. penicillatus Schinz. — 5. porcus auct.? — S. (Choiro- potamus) pictus Gray. Diese Art führt in Liberia den Namen „bush-hog*; die Njamnjam nennen es „mokuruh, dschomborr*; die Mombuttu „mapeso*. Das Pinselschwein gehört vorherrschend dem südwestlichen Afrika an, obwohl Böhm es auch im östlichen gesehen haben will. Wir haben es aufgeführt gefunden für die Guineaküste, Loango, die Goldküste, den Kamerun- tluss, Liberia, besonders am Junk-River, Du Queah-River, River Cess in Sümpfen und Grasebenen, ferner bei Schiffelinsville, in den Mangrovesümpfen und Rotangdickichten, sowie im Walde. Am Binue wurden grosse Heerden getroffen. Im Lande der Haussa, Njamnjam und Mombuttu lebt es zu- sammen mit der Species . /arvetus. In Ugogo, Sansibar, bei Karema, am Luvule bei Urua, am Likulve fand es Böhm. Spec. 3. Potamochoerus Edwards! Grandidier. Choeropotamus Edwardsı Grandidier. — ZPotamochoerus africanus Gray. — ot. madagascariensis Gray. Im Madagassischen Tiefland heisst das Thhier „lamboneise“, im Hoch- lande „lambohava“. Seine Heimath ist Madagaskar, besonders um Manakawa. Genus 111. Porcus Wagl. Spee. 1. Porcus babyrussa Wagl. Aper indicus Seba. — Af. orientalis Seba. — Babyrussa alfurus Gray, Lesson. — Porcus babyrussa Fitz, Klein, L., Reichemb. — Sus babyrussa [71] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 359 Bodd. — 5. dabyrussa Blumenb., Cuv., Desm., Desmoul, Erxl., Fisch., Gmel., Grift., Hermann, Lesson et Garnot, Müller, Quoy et Gaim., Schleg., Schreb., Shaw, Vrolik, Zimmerm. — 5. (Dabyrussa) babyrussa Wagn. — 5. (Porcus) babyrussa Wagen. Der Hirscheber bewohnt Celebes (um Gorontalo und die Nordhälfte der Insel), die Molukken, Sulla, Mangola, Buru, die XKulli- Inseln (Xulli- Mangoli und Bangay im Westen von Celebes). Auf Ambonia, Ceram, 'T'imor, ‚Java, Sumatra, Borneo, wie auch auf Neu-Guinea und Neu-Irland fehlt er sicher. Reichenbach führt ihn aus Versehen für Madagaskar an. Genus IV. Phacochoerus Cuv. Spee. 1. Phacochoerus afrıcanus F. Cuv. Phacochoerus Aelianı Cretzschm., Fitz., Gray, Owen, Rüpp., Schinz, Temm,, Wagen. — Ph. africanus Fisch., Lesson, Peters. — /’h. darbatus Temm. — Ph. haroja Ehrenb. — Ph. incısivus Geoftr. — Phascochaeres Aehanı Cretzschm. — Phase. incısivus Geoftr. — Phascochoerus afrıcanus Uuy., Desm., Lesson. — Phase. Aehani Büttik., Rüpp. — Foreus sibestris auct.? — Sus Aelianı küpp., Wagn. — S. aethiopicus Erxl., Griff, Zimm. — S. africanıs Gmel., L. Das Warzenschwein heisst bei den Massauanern „Haruja*; im Kordofän, „Halluf“; auf arabisch „halüf, halüf el ghabah, halüf abu '] garn, halüf el khala, halüf-djebeli*; die Sennaar- Araber bezeichnen es mit „gadrug“; in Amhara nennt man es „‘aryä*; in Dongqur „‘arrojjä, mefles“; in Tigre „‘arrojja, apul“; auf Geez „hero-hagel“; im Gälä „ari*; im Begawi „ajak“; Häussa „gursunnu*; im Fulfulde „gursunnure*; im Tete „jiri* oder „niri“; in Guinea „em-galo“; im Kiunjamwesi „giri*; bei den Mombuttu „paio“; bei den A-Sande „sigba“; die Dinka nennen es „djehr*; die Djur „kull“; die Bongo „bohdu*; die Njamnjam „schibba“; die Mittu „uadoh“; die Kredj „bongboh, boddoh*; die Golo „wungbah“; die Ssehre „badso“; die Danakil „haroja“; die Somali -dotan-: Seine Heimath ist das tropische Afrika, vom Habesch bis zum Senegal und südlich vom 16° nördl. Br. In Ost- Afrika bewohnt es hauptsächlich die trockenen Baum- und Gras-Steppen. In Abessynien ist es in den 360 Carl Greve, [72] Niederungen und in der Kolla sehr gemein. Zwischen Tigre und dem Rothen Meer lebt es in Höhen von 300-—860 Meter, an anderen Orten sogar bis 3300 Meter. Im Habab und an der Küste bewohnt es alle Höhen bis 2600 Meter, und an der Adail-Küste (im Somali-Lande) trifft man es nicht minder häufig. Im Kordofän ist es sehr zahlreich im Nobahterritorium vertreten. Die Wälder des Sennaar und Fazoglo, die Gegenden um Roseres, das Dar-Bertä, die Landschaften südlieh vom Gezireh am Chor Deleb (Gazellenfluss), im Dar Wasib, Dar e Somati am oberen Dindir, die (rebüsche am Weissen Nil beherbergen es nicht minder. Vom Lande der Mombuttu, A-Sande, Mbomo, Dinka, Djur, Bongo, Njamnjam, Mittu, Kredj, Golo und Ssehre, über das Gür-Land und Yorihbah, sowie Nyffe geht sein Gebiet durch das ganze Sudan, den Tsad-See bis nach Guinea (östliches Söhil) und Senegambien, ja es soll sogar auf den Capverden vorkommen. Für die Liberiaküste ist es sicher nachgewiesen. Am Vietoria-See traf man es bei Karagwe, ferner am Rudolfsee. Oestlich am Kilimandseharo bis in Höhen von 2600 Metern. Ferner be- gegneten ihm Reisende bei Mrogorro, zwischen der Ostküste und Tabora, wo man der Menge dieser Thiere wegen den Anbau von Arachis hypogaea aufgeben musste. In Uniamwesi, Urua, Usaramo, in der Meunda- Mkali, bei Sena, Tete, im Batoka-Lande, bei Marungu, am Lufire und Likulve ist es allenthalben zu Hause und geht über den Limpopo bis nach Natal hinab. Für die Mozambique - Küste fanden wir es ebenfalls angeführt. Ob es am Kunene und südlich von ihm vorkommt, ist nicht ganz ausser allem Zweifel, da für die übrigen Gegenden dieses Theils von Afrika, die einen Zusammen- hang mit dem oben angeführten Verbreitungsgebiete herstellen, keine Angaben nachzuweisen waren. Spee. 2. Phacochoerus aethiopieus F. Cuv. Aper aethiopicus Pall. — Phacochoerus aethiopicus F. Cuv., Fisch., Gray, Pall., Schinz, Smuts, Wagner. — Z’%. africanus Blumenb., Cuv., Desm., Fisch., Geoffr., Griff, Harris, Lesson, Schreb. — 7%. (Aper) aethiopicus Reichenb. — Ph. edentatus Geoftr. — Ph. Pallası v.d. Hoeven, Owen. — Ph. typicus auct.? — Phascochaeres aethiopicus F. Cuv. — Ph. africanus Cuv., Desm., Griff. — Ph. edentatus Geoff. — Phascochoerus africanus Lesson. — Ph. edentatus [73] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 361 Geoffr. — Sus aethiopicus Blumenb., Cuv., Erxl., Gmel., Home, Linne, Pall., Schreb., Shaw, Thunb., Zimm. — 5. angal/a Böodd. — 5. hoeria Ehrenb. — 5: (Phacochoerus) aethiopieus Wagn. Die hölländischen Boers nennen diese Art des Warzenschweins „Hart- läufer*; die Hottentotten „kaunaba*. Die Südspitze Afrikas, Kamdebo, das Capland, das Shir&-Hochland im Nyassalande, die Umgebung des Muero-Sees (südwestlich vom Tanganjika), Mrogorro (zwischen. der Ostküste und 'Tabora in Ost-Afrika), die Gegenden am Sambesi bis nach Matlokotlo hin, im Westen die Landschaften bei Omu- ramba am Okowanga im Owamboland, werden als sichere Fundorte für diese Art namhaft gemacht. Solche allgemeine Angaben, wie „südlich vom Aequator* kann man also wohl gelten lassen. An der Mozambique - Küste soll es fehlen. Eine Quelle behauptet seine Abwesenheit in Guinea, wogegen wieder andere Angaben es für das Aschanti-Land aufführen und ebenso für die Goldküste. Es wird hier wohl eine Verwechselung vorliegen. Ebenso unglaublich scheint uns seine Namhaftmachung für das Innere des Somali- Landes. Genus V. Dicotyles Cuv. Spee. 1. Dieotyles labratus Cuv. Dieotyles albirostris Wlig., Licht., Schreb., Tsehudi, Wagn. — Die. labratus Bennett, Desm., Desmoul., Fisch., Fitz, Gray, Griff, Lesson, Reichenb., Rengger, Schinz, Schomb., Tschudi, Wied. — Sus albirostris Cuv., Schomb. — 5. Zayassı Erxl., Zimm. Das Thier führt bei den Creolen den Namen „tajacu*, Poreo de queixado branco, de mato verdeiro, Porco queixado, Queixo branco*. Die Guaranis nennen es „tanicati“; die Kaimakams „kahia*; die Botokuden „kuräk“; die Karaiben „pantic*; die Arrowaken „keheroane“; andere Völker Süd- Amerikas bezeichnen es mit „taititu, kairuni, panika, ipure*. Die Colonisten gebrauchen den Namen „pingu*. Die Verbreitung dieses Nabelschweins beginnt im Süden am Rio de La Plata, in Paraguay am Pilco mayo und geht bis nach Honduras im Nova Acta LXX. Nr. 5. 46 362 Carl Greve, [74] Norden. Die Wälder der Küste von Rio de Janeiro, Bahia, die Diekichte bei Registo do Sai, Nas Flechas, Rio das Flechas, Caicara, im Matto Grosso, bei Para, die Sümpfe von Guyana, Surinam, das Gebiet von Bolivia, Peru (bis 1000 Meter Höhe), Nicaragua, Costa Rica und Guatemala’ beherbergen, ebenso wie Honduras, zahlreiche Heerden. Wahrscheinlich ist es auch in den dazwischenliegenden, von uns nicht aufgeführten, weil in der Litteratur nicht vorhandenen, Gebieten zu finden, also in Venezuela und Columbien. Spee. 2. Dicotyles lörguatus Uuv. Aper americanus Briss. — Dicotyles tayacu Gray, L. — Die. torguatus F. Cuv., Desm., Desmoul., Fisch., Fitz., Geoftr., Griff., Lesson, Reichenh., Rengger, Schinz, Schomb., Schreb., Tschudi, Wagn., Wied. — 2. (Sus) Lorguatus Cuv. — Notophorus torquatus auct.? — FPorcus americanus harlet. — P. moschrferus Klein. — Sus (Dieotyles) torguatus Wagn. — 5. Zayagu WMlig, L. — 5. Zayassu Bodd., Erxl., Gmel., L., Schreb., Zimm. — .S. Zorquatus Cuv., Schreb. Die Brasilianer nennen diese Species „porco do mato pequeino*; bei den verschiedenen Eingeborenenstämmen heisst sie „pecari, tajacu coaigoara, wagansı, apuya, peraka, pakira, paquir, pakylei, eaitetu*; Azara führt den Namen „taytetu* auf. Die Mexicaner nennen es „Jaboli“. Das Grebiet dieses Nabelschweins geht von Nord-Patagonien (Regio entreriana) bis in die südlichen Vereins-Staaten hinauf. In Paraguay haust es viel am Pileomayo und geht in die Berge bis 1000 Meter hinauf. In Brasilien begegnen wir ihm bei Rio de ‚Janeiro und Bahia, am Rio Negro (Barra do Rio Negro), bei Ypanema, am Ytarare, bei Caicara. In Argentinien hält es sich in der Nähe des Rio de la Plata. Durch Guyana (Paramaribo, Surinam, Cayenne) können wir es bis Bolivia, Columbien (Küstenwälder bis S00 Meter Höhe), Peru verfolgen und durch Central-Amerika (Prov. Chiriqui, Gruatemala, Costa Rica) erreicht es Mexico, die Umgebungen von Veracruz (Hacienda de Tortugas, Jalapa, Tamaulipas, Santa Ana, Rio Ranchero nuovo, Misantla bis 600 Meter, Rio ‚Juan Martin), Texas (Rio Grande, Red River), Arcansas und Californien. Einige der Antillen beherbergen es ebenfalls (welche?) [75] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 363 Das Larvenschwein (Cenfuriosus, Ptychochoerus plicıfrons Fitz., Sus pliciceps, 5. scrofa var. pliciceps), dessen Heimath einige Autoren nach Japan, andere nach China oder Afrika verlegen, ist wohl nur das Produet einer Kreuzung. Vertheilung der Familie Suina nach Regionen. Seele = a Em | Sm am En ern au Sa | 3 | 85 Enlaeladla Sn) 191 2 I. Genus: Sus L.. SE > |. A >58 N>< \ Spee. 1. Sus scrofa L. SEEN N / „2. „ sennaariensis Fitz. = < „ 3 „ leucomystax Temm. >< 2 „ 4 „ cristatus Wagn. - x | »„ D: „ sondaica van Bemmelen >= „ 6. „ moupinensis A.M. Edw. °. . ; ß 1% = 7. „ siamensis . RR}: >= „ 8 „. andamanensis Blyth.. >= » 9% „ vittatus Müll. > „10. „ verrucosus Müll. >= . var.1. „ celebensis Müll. . SS ES = Spee. 11. „ mystacinus Gray >= = „ 12. „ niger Finsch . >= = „ 13. „ timoriensis Müll. >= = „ 14. „ papuensis Lesson NT > 5 >= R Toy barbarus Müll Dr | x 2 var.1. „ calamianensis Heude >= =) „ 2. „ palavensis (Nehr.) . >= 3 Spee. 16. „ longirostris Nehr. . > 1 „ 17. „ salvania Hodgs. : x n II. Genus: Potamochoerus Gray > = Spee. 1. Potamochoerus larvatus (Cuv.) . > ze: R penicillatus Gray . 2 2 , >= A ß ee di an Edwardsi Grandid. « : ; . i : >= INSGenus-s BoreusSWagl 3 Er 5 > : - ? > Spee. 1. Porcus babyrussa Wagl. . . . . 2 wi. 6 2 >= IV. Genus: Phacochoerus Cuv.. . . . . > ? > Spee. 1. Phacochoerus africanus Cuv. ? > are n aethiopicus Cuv. . 5 i 5 >= : 2 ; 5 VaGenus:7Diecotyles'Guy,. 2. Zune A 2 3 s ; e : Sal Spee. I. Dicotyles labiatus Cuv. BER : i > 5 . - : >= . 2% = torquatus Cuv.. . . .» © . - e - : : > >= Wie aus obiger Tabelle ersichtlich, bewohnt das Genus Szs 6 Regionen (die europ.-sibirische, mediterrane, afrikanische, indische, chinesische, austra- lische) und ist in einer (der nordamerikanischen) nur verwildert anzutreffen. 46* 364 Carl Greve, [76] Was die Anzahl der Arten anbelangt, beherbergt die europäisch-sibirische Region nur eine Art, die mediterrane 2, die chinesische ebenfalls 2, die afrikanische 2 (eine Art verwildert), die indische 11 Arten und 3 Varietäten, die australische 4 Arten (1 verwildert) und 1 Varietät, die nordamerikanische 1 (verwilderte) Art. Das Genus Potamochoerus ist durch zwei Arten in der afrikanischen und durch eine Art in der Madagaskar-Region vertreten. Das Genus Porcus lebt in einer Art in der australischen Region, und das Genus Phacochoerus in zwei Arten in der afrikanischen. Das Genus Dieco£vles besitzt zwei Arten in der süd- und eine in der nordamerikanischen Region. Die Schweine sind somit durch V Genera in 25 Species und drei Varietäten vertreten. Allgemeine Uebersicht. Genera Subgenera Species Varietäten A. Perissodactyla: Kama la Rinde: 1 2 9 4 BIS HNaNoCeNotIdDer re: 1 3 5 1 SE TIINVrsdaer er N 1 — 4 = B. Lammunguia: Kama ERW CidGe ee 1 18 3 C. Artiodactyla non ruminantia: Fam. I. Obesa 2 en 2 en II. Suwina 5 o 25 3 ” Uebersicht der Speciesanzahl nach Regionen. E = >) >) m © >) = : 24 .2 = Saar ne ERIE Re = ==] Ss | oa Sa| Ag Hs oa 25 | E2|s2ı 22 #8 |1232.23).88 88 za 2a ı Zu 30 5 Su ae an [ie Side Le a2 | #4 Eo | 0 ao | 7 © Sa Sl BEI En = = = Ei SH Er E = = < < = 77 2 = Fam. Equidae . 4 4 1 2 5 ie: ls . _ys 4 = en „ Rhinocerotidae 1 2 =E .. | o LTD Gt de 5 : 1 e Be „ Hyracidae 3 18 = 2 »eL.Obesar. R 1 5 ; 2 B R u) P < » Suima. 1 2 11 2 6(1*) 6(1*) 1 27 120) ar [77] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 365 Ebenso, wie wir in unserer „Verbreitung der Raubthiere* schon be- merken konnten, zeigt uns auch bei den in dieser Arbeit behandelten sechs Familien die Tabelle, dass die tropischen und subtropischen Gebiete (chinesische, indische, mediterrane, afrikanische Region) am reichsten an Species sind, während die Productivität der gemässigten Breiten (euro- päisch-sibirische und nordamerikanische Region) weit zurücksteht und die Inselregion Madagaskar die ärmste ist an Arten. Die australische Region weist verhältnissmässig zahlreiche Species auf (5), doch ist hier die Selbst- ständigkeit der einzelnen Arten noch sehr zweifelhaft. Do en nn 59 10. Benutzte Litteratur. Anderson, Der Okowango-Strom, 1863. a Reisen in Süd-West-Afrika bis zum Ngami-See, 1850—54. Andree, Forscehungsreisen in Arabien und Ost-Afrika, 1860. 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Amynodon antiquum 295. Anchilophus 295. Anchitherium 295. 296. „ aurelianense 295. „ Dumasii 296. „ hippoides 296. „ praestans 296. „ radegondense 296. Anoplotheriidae 336. Anoplotheriumcommume 336. „ secundarium 336. „ sivalense 338. Anthracotheriidae 336. 33% Anthracotherium ticum 339. „. dalmatieum 339. „ Gressiyi 339. „ magnum 339. „ minimum 339. alsa- | | Anthracotherium onot- deum 339. „ telaunum 339. Aper aethiopieus 360. „ americanus 362. „ indiceus 358. „ orientalis 358. Archhippus 298. Artiodactyla 2953. 336. 340. 364. Asimus 302. 317. „. africanus 309. „ Burchelli 314. „ (Chapmani 315. „ equuleus 317. „ Grevyi 312. „ hamar 306. „ hemionus 307. „ hemippus 306. „ indieus 306. „ kiang 307. „ onager 306. „ quagga 313. „ somalianus 310. „ taeniopus 309. afrıcanus 309. somaliensis 5 ram: 310. » Zebra 310. Atelodus 318. 329. 324. 325. „ bicornis 320. „ keitloa 320. „ leptorhinus 299. 300. „ Merchi 300. „ -Oswelli 323. „ pachygnathus 297. Atelodus simus 323. „ tichorhinus 301. Babyrussa alfurus 358. Botriodon 337. Bronthotherium 297. „ gigas 297. Cadurcotherium luxi 295. Caenotherium Filholi 336 Cavia capensis 329. Cebochoerus swllus 337. Centuriosus 363. Ceratorhimus 318. 319. 324. 325. Blythi 319. COrossi 319. 320. „ eueullatus 320. „ lasiotis 320. niger 319. „ Oswelli 323. „ sumatranus 319. 320. „ sumatrensis 319. 320. Ceratotherium Oswelli 329: „ simum 323. Chalicotherium 338. „ baltavarense 338. sinense 339. Cay- Choeromeryx silistrensis 33R Choeromorus 336. 337. » Pygmaeus 337. 338. Choeropotamus 336. „ Cunieri 336. „ Edwardsi 358. „ gypsorum 336. 47% 372 Choeropotammus Meiss- | neri 3836. Soemmeringi 336. „ steinheimensis 338. Choeropsis 341. 344. „ liberiensis 344. Choeropus liberiensis 344. Choerotherium 338. Choiropotamus _ africa- nus 357. „ pictus 358. Coebochoerus 336. „ swillus 338. Coenotherium 336. „ Filholi 336. Colobus grandaevus 337, Colodon occidentalis 296. Condylarthra 293. Coryphodon eocänum 294. Coryphodontidae 294. Creodontidae 293. Dasychoerus _celebensis 354. verrucosus 393. r „ var. ceramaeus 354. Dendrohyrax arboreus | 333: Bakeri 332. „ Dlainvillei 332. dorsalis 334. Emini 333. Grayi 334. silvestris 334. | validus 333. Diceratherinum advenum | 295. 297. | „ armatum 297. | „ nanmum 297. | Dichobunidae 336. | Dicotyles 338. 345. 361. 363. 364, | „ albirostris 361. collaris 340. „ costatus 338. „ labiatus 361. 363. 2] „ Carl Greve, Diecotyles (Sus) torquatus 362. „ tajacu 362. „ torquatus 340.362. 363. Dihoplus Schleiermacheri 297. | „ sansamiensis 297. Dilobodon 294. „ Iujanense 294. Dinoceras lacustre 295. lucare 295. „ mirabile 295. | Dinoceratidae 295. | Dinodon montanum 297. Dinotherium 294. Dinotoxodon 293. „ paramense 293. Elasmognathus Bairdi „ 326. Elasmotherium Fischeri | 300. Keyserlingi 300. „ sibiricum 300. Elotherium 337. 338. x 337. Eohippus 295. Epihippus 295. „ arcuatum | Equwidae 301. 302. 364. Equwus 297. 302. 317. 318. „ africanus 309. „ americanus 298. antiguorum 310. „ asinus 309. re ,‚ africanus 309. ; „ B onager 307. er „ hamar 306. En onager 306. „ somalieus 310. 55 „ somaliensis 310. „ Barcenae 297. 298. „ Boehmi 315. 316. „ Burchelli 312.313. 314. | 315. 317. | „ eaballus 299. 302. 307. 317. 318. [s4] Equwus caballus equiferus 303. 317. campestris 314. „ Chapmani315.316.317. erenidens 298. Cumminsi 298. eurvidens 299. equiferus 303. 318. „ „ equwuleus 317. „ eurystylus 298. „ excelsus 297. „ festivus 314. „ fossilis 299. 300. „. Grevyi 312. 317. „ hamar 309. „ hemionus 305.306, 307. Eyllrin rer a „ var. kiang 307. hemippus 306. 317.318. „ hippotigris antiquorum 314, 315. isabellinus 313. kiang 307. „ limanensis 299. Markhami 314. minutus 298. „ „ montanus 310. 314. „ namadicus 298. „ onager 305. 306. 307. STEILE: „ polyodon 307. „ Przewalskiü 305. 306. 3172318: „ quagga 307. 313. 317. „ semiplicatus 298. „ simplicidens 298. „ sivalensis 297.298. 300. „ somalieus 310. „ somaliensis 310. 317. 318. „» Stenonis 297. 298. 300. „ sylwestris 303. „. taeniopus 309. 317. 318. > „ somaliensis 310. [85] Egwus taeniopus var. soma- liensis 310. „ zebra 310. 312.314.317. „ zebroides 314. Euhyrasx abessunieus 330. Eutrigonodon Gaudryi 293. validum 293. » Wildei 293. Haplodontotheridae ==g3: Haplodontotherium Gaudryi 293. „ limum 293. „ minus 293. » Wildei 293. Hegotherium 328. Helaletes boops 295. „ Heptodon_ caleieulus 295. | Heterohyras Bocagei332. Hexaprotodon sivalensis 337 Hippaphloeus nus 294. Hipparion 298. antilopimum 296. cerassum 298. „ diplostylum 298. gracile 296. 298. „ mediterraneum 296. entreria- „ mesostylum 298. minus 296. „ peninsulatum 296, „ prostylum 298. „» Füchthofeni 298. Hipparitherinumaurelia- nense 296. » Dumasii 295. Hippidium 298. „ interpolatum 298. „ spectans 298. Hippopotamidae 336. Hippopotamus 337. 341. 344. „ abessynieus 341. Hippopotamnus ,„ amisoperus 338. „ antiquorum 341. „ antiquus 339. „ australis 341. brachycephalus 344. „ capensis 341. „ Lemerlei 340. „ liberiensis 339. 344. „ madsgascariensis 340, major 338. 339, 340. mazimus 339. | „ megagnathus 338. „ minor 344. minutus 344. ‚ namadicus 337. palaeindicus 338. „» Pentlandi 340. platyrhynchus 338. senegalensis 341. sivalensis 337, „ terrestris 325. „ Tormeli 339. „ travaticus 337. „ Zypus 341. „ affine 298. „ ingenuum 295. | „ occidentale 298. Hippotigris 310. „ Burchelli 314. „ eampestris 314. „ isabellinus 313. „ quacha 313. „ quagga 313. „ zebra 310. Hydrochoerus tapir Hyohippus 298. Hyopotamus 337. » erispus' 339. „ Picteh 337. „ seckbachensis 337. Hyotherium 337. amphi- 339. 340. 341. 344. Hippotherium 296. 298. antiquorum 325. Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodactyla ete. 3783 Hyotherium Meissneri 337. „ Primaevum 337. „ Noemmeringi var. gri- vense 337. Hyperotoxodon 294 „ speciosum 294. Hyrachius 294. 296. „ eximius 295. Hyracidae 328. 335. 364, Hyracodon 296. „ arcidens 298. „ nebrascensis 298. „ Cartieri 295. Hyracodontidae 295. Hyracotherium 295.336. Hyras 328. 329. „ abessynicus 329. 330. 339. 35 „ minor 331. 335. „ alpinus 330. „ arboreus 331. 333. 335. „ Dlainwillei 332. „ Docagei 332. 335. „ BDrucei 330. 332. 335. » „ var. somalica 333. 333. „ Durtoni 330. „ capensis 329. 335. „ dongolanus 330. „ dongolensis 330. „ dorsalis 334. 335. „ Zmini 333. 335. „ ferrugimeus 331. Gräyi 334. 335. „ Jayakari 330. 335. „ Johnstoni 334. 335. „ iwroratus 331. 332. 5 „. var. luteogaster 3ale „ Latastei 332. 335. mossambieus 332. „ Neumanni 334. 335. „ nigrieans 334. 335. „ pallidus 331. 335. 374 Hyrax ruficeps 330. 335 seioanus 329. „ semiecireularis 329. shoanus 329. 335. silwestris 334. | „. sinaitieus 329. Stampflü 334. Stuhlmanni 334. 335. syriacus 329. 335. validus 333. 335. Welwitchi 331. 335. Icochilus 328. Isectolophus 295. „ latidens 295. | Lammungwia 328. 364. Leptochoerus 337. 338. Lithops 294. „ praevius 294. Litopterna 295. Lophiodon annectens 294. anthracoideum 294. buchsovillianum 294. cesserasieum 294. Duralii 295. | isselense 294. | leptognathum 295. mastolophus 295. medium 294. minimum 294. „ minutum 294. ocertanicum 294. parisiense 294. 295. parvulum 294. | tapiroides 294. tapirotherium 294. Lophiodontidae 294. 296, | Lymnohyus 295. Lystriodon 296. Larteti 296. „ splendens 296. | Macrauchenia 295. Megacerops_ coloradensis 297: annectens ”„ Carl Greve, Menodon Proutii 297. Merycopotamus 337. „ nanus 337. Mesohippus 296. | „» Bairdi 296. „ Copei 296. „ intermedius 296. Myohippus 296. 298. Nynohyus 337. 338. Notohippus 295. | Notophorustorgquatus 362. Nyetichoerus hassama | 357. | Obesa 340. 341. 344. 364. | Orohippus 295. Pachynodon 293. Darwini 294. modieum 294. „ reverendum 294. Pachyrucos 328. Palaeochoerus 336. 337. Palaeosyops 23. Palaeotapirus 295. Palaeotheriidae 293. 295. Palaeotherium magnum 295. medium 295. minus 295. „ Paloplotheritnme 296. Pantolestidae 336. Parahippus 298. 299. Perchoerus 337. 338. „ antıquus 337. Perissodactyla 293. 364. Phacochoerus 338. 345. 359. 363. 364. „ Aeliani 359. aethiopieus 360. 363. africanus 359. 360.363. (Aper) aethiopicus 360. „ barbatus 359. edentatus 360. haroja 359. [86] Phacochoerus hoiropota- mus 357. incisivus 359. larvatus 357. „ Pallasi 360. „ typieus 360. Phascochaeres 359. aethiopicus 360. africanus 360. edentatus 360. „ tneisivus 359. Phascochoerus 359. „ afrıcanus 359. 360. edentatus 360. larvatus 357. Phenacodontidae 293. Platygonus 337. 338. bicalcaratus 337. Plesiomeryx 337. Pliohippus 298. Pliolophus 295. 336. Porcula papuensis 355. salvania 357. salriana 357. „ taivana 351. Poreus 345. 358. 363. 364. americanus 362. babyrussa 358. 3683. „ moschrferus 362. „ silvestris 359. Potamochoerus 340. 345. 391303: africanus 357. 358. „ sive larvatus 357. albifrons 358. Edwardsi 358: 363. larvatus 357. 363. madagascariensis 358. „ penicillatus 358. 363. poreus 358. Procavia abessynica 329. 3318 minor 331. „ ”„ Aeliani Aeliani ”„ „ 7 ” „ [87] Procavia alpina 331. „ arborea 339. „ Docagei 332. Brucei 331. 332. F „ var. somalica 333. „ capensis 329. dongolana 330. dorsalis 334. Emini 333. Grayi 334. „ Jayakari 330. Johnstoni 334. „ trrorata 331. „ Latastei 332. „ mossambica 332. Neumanni 334. pallida 331. „ ruficeps 330. shoana 329. „ sinaitica 329. Stuhlmanni 334. „ Syriaca 329. 7 „ tar. Jayakari 330. „ valida 333. Welwitchi 331. Protapirus Douvillei 296. „ obliquidens 296. „ priscus 296. „ simplex 296. Proterotheridae 295. Protohippus 298. „ Castilloi 296. „ fossulatus 298. „ lenticularis 298. „ mirabilis 298. „ pachyops 298. parvulus 298. „ perditus 298. » placidus 298. Prototoxodon 328. Ptychochoerus plicifrons 363. Rhinaster bicornis 320. „» keitloa 320. B2] 5 „ var.1.Camperi 320. | „ Camperi 320. , Rhinoceros 318. 324. africanus 320. annectens 297. antiqwitatis 301. asiatieus 318. Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. Rhinaster keitloa var. 2.| Rhinoceros bicornis 320. 321. 324. | 329. „ capensis 321. Holwoodi 321. major 321. bicornis minor 321. brachypus 297. Brucei 321. Burchelli 323. Camperi 321: camus 323. Cayluxi 295. crassus 299. Örossi 319. 320. cucullatus 321. Ouvieri 299. decanensis 299. etruscus 299. 300. Floweri 319. Goldfussi 297. hemitoechus 300. hesperinus 297. javanicus 301. 319. javanus 319. 324. indicus 318. 321. 324. inermis 319. incisivus 297. Jourdani 301. keitloa 321. lasiotis 320. 324. lenensis 301. leptodon 297. leptorhinus 299. 300. (Lophiodon) rhino- cerodes 295. matutinus 297. megarhinus 298. 299. Mercki 300. 375 meridianus 297. minutus 297. „ nasalis 319. niger 321. „ Oswelli 323. „ pachygnathus 297. „ pachypus 297. „ pacificus 297. palaeindicus 299. „ FPallası 301. platyrhinus 299. „ pleuroceros 297. „ plicidens 299. » Proterus 295. „ sansaniensis 297. „ Schleiermacheri 297. „ simplicidens 299. z simus 323. 324. 325. sinensis 299. „ sivalensis 299. „ sondaicus 301. 319. „. steinheimensis 297. stenocephalus 319. „ sumatranus 319. 321. 324. „ sumatrensis 299. 319. 320, „» tichorhinus 301. unicornis 299. 318. „ Vamperi 321. Rhinocerotidae 301.318. 324. 364. Rhinochoerus BD „ malayanus 327. „ sumatranus 327. Stenotephanos 294. „ plieidens 294. Stereoceros Galli 300. typus 300. indicus „ | Suina 340. 345. 364. ı Sus 345. 363. „ Aelianı 359. „ aethiopicus 359. 361. 376 Sus africanus 357. 359. „ „ ahaenobarbus 356. albirostris 361. IN americanus 340. andamanensis 353.363. | Sus | angalla 361. ger, antediluvianus 338. | antiquus 338. IE SR aper 345. 352. | N aruensis 355. | Re arvernensis 338. ® baberussa 358. ih. | „ babyrussa 358. 359. (Babyrussa) baby- IM; russa 359. „ barbarus 345. „ barbatus 355. 356. 363. var. calamianensis 356. > barbatus var. palaven- | sis 356. N calamianensis 356. 363. celebensis 354. 363. „ var.philippensis 354. | ceramensis 354. | ceylonensis 352. 355. choiropotamus 357. | (Choiropotamuuıs) pietus 358. cristatus 349. 352. 356. 363. (Dicotyles)torquatus 362. | domesticus 345. | erymanthius 337. 338. | europaeus 345. fascratus 345. fera 345. geganteus 340. guineensis 358. hoeria 361. hoiropotamus 357. indicus 352. larvatus 351. 357. „ ”„ Carl Greve, [58] leucomystax 350. 351. | Sus serofa var. sondaica 352. 363. „ eontinentalis 351. 352. longirostris 356. 363. Iybicus 345. 348. Marchei 354. moupinensis 392. 363. mystaceus 354. mystacinus 354. 363. niger 354. 363. palaeochoerus 338. palavensis 356. 3683. papuensis 355. 363. penicillatus 338. 358. (Phacochoerus) aethiopicus 361. philippensis 354. pietus 358. plieiceps 363. porcus 358. (Poreus) 359. priscus 340. provincialis 338. 339. salvania 357. 363. salvianus 357. scrofa 340. 345. 348. 350. 351. 352. 363. aper 345. „ domestica 350. „ fascratus 345. „ ferus 338. 345. „ mertidionalis 345. 347. 350, „ palustris 35l. „ var. aper 345. 27 indieus''352. babyrusas 339. ”„ ”„ 345. scrofa 363. var. 340. meridionalis | plieiceps | scrofa var. sardous 345. „ sSennaariensis 351. 363. „ setosus aper 345. „ siamensis 353. 363. „ sondaicus 352. 363. „ Strozzi 340. „ tajacu 362. „ tajassu 361. 362. „ taivanus 351. 352. „ tapirotherium 296. „ ternatensis 353. 354. „ timoriensis 355. 363. „ torquatus 362. „ terrucosus 352. 354. 363. var B. 354. ss » „ ceramica 354. „ vittatus 352. 353. 355. 363. var. B. 355. > » » Japonica 351. Systemodon 294. Tapiravus 298. Tapiridae 301. 325. 327. 353. ” „ „ „ 364. Tapirotherium _ Larteti 296. Tapirus 325. 327. „ aenigmaticus 326. „ americauus 325. 327. > „ fossilüi 299. anta 329. „ arvernensis „ bairdi 326. „ bicolor 327. „ Dowei 326. „ ecuadoriensis 325. „» helvetieus 296. hyracınus 296. „ indieus 327. „ leucogenys 326. „ malayanus 327. minor 296. „ pinchacus 326. 327. „ pinchaque 326. 296. 299. 327. [59] Die geographische Verbreitung der jetzt lebenden Perissodaetyla ete. 377 Tapirus Poirieri 296, ”„ priseus 296. Roulini 325. 326. sinensis 299. suillus 325. suinus 299. sumatranus 327. Telleri 296. terrestris 325. „ perwvianus 325. villosus 326. Tetraprotodon palaein- | dieus 338. Tinoceros unceps 295. „ grande 295. Tinohyus 337. 338. Toxodontia 328. Toxodon 293. 32 „ Burmeisteri 293. ensenadense 293. „ giganteum 293. „ gracile 293. „ paramense 293. Toxodon platense 293. „ protoburmeisteri 293. Voghti 293. Toxodontotherinum 293. compressum 295. Typotherium 328. Xotodon 294. eristatum 294. forieurvatum 294. formosum 294. prominens 294. virgatum 294. A 1Y : mn tebei tar PIITILZEL I TION 4 NERTICESA BE 0) 10, #39) PO FTENPLISE RE TENSTIET FE ET k al y N nee ä Ei e PRERT ATETE RL ET EL ULTANLN din ’ aan BUwnz) BETT ren Y un ' 8 EIER ET % Ash 4 % Ä } \ ‘ n > i & * P . {8 Fa f r r “ - . - \ \ \ . B i = - ’ yıla dpa FR si 25) ig ver ar Zur werk wer: Zi : PERLE. X ” y r , ABS GET UT IE IT “ b e ar Ace, Er eve ll ni 4 u . . MH f D “ IT i ar Sg Pr 1 Ar w Am) b Ku | . I u u 5 4 t | . - . . wer u rn D i . r - BZ 5 Tess . u u = . . u u, r - \ - ft ı = . 2 — @ Rn on, . \m I Ber Pu u ’ eu > RS d: Nora Acta Acad.01.0.6.Vat.Cur. Vol.IXX, 100 80 = E go 9 Östl.v. Greenwich. "0 60 0 20 G@ez. v. CO. Grevö, Moskau. Genus Eguus. Sbg. Equus, = Bea, co 80 100 120 140 160 180 160 140 120° Sbg. Asinus. zus) Sbg. Rhinoceros. [62®Po hg. Atelodus, Genus Rhinoceros, [2] „ Ceratorhinus. Genus Tapirus. KARTE Graph. Inst. Julius Klinkhardt, Leipzig. der Verbreitung der Familien und Genera der Perissodactyla. GREVE: PERISSODACTYLA. TAr ı. ‚Nora deta Acad. €1.C.6.Nat.Cur. VoLINN. (er 0 ÖstLv.Greftwich. 40 En 80 100 120 140 160 180 160 140 120 100 80 60 so 20 = Gez. v. O. Grevs, Moskan. Graph. Inst. Julius Klinkhardt, Leipzig. 1. Eq. caballus'L. früher wild. var. Eg, hemippus (Geofr. ZA 6. Eg. zebra, L.(!* früher) = var. Eg. Chapmani Bains. [Ch ver. „ equiferusPal,„ „ ZD ı „ hemionus Pall. Eh) a: „ Grevyi M. Edw. Fa 1. Tapirus americanus L. 2. „ Przewalskii Poljak. Tr; „ taeniopus Heugl. 8 „ quagga Gmel.(C ) früher) [®@] 2. » Pinchacus Blainy. EM 3. „ onager Pall. er}; var. „ somaliensis Noack. 9. „ Burchelli Benn. 3. n Bairdi Gray. [a 4. 5 indicus Desm. Bun, KARTE der Verbreitung der Familien Equidae und Tapiridae nach den Species. GREVvE&: PERISSODACTYLA TAar. 2. "VePIIEJÄH "UIBA JOp AalHa8 : 2 l \ PH ‘(yosIeM) Tuusumon ‘(woyL) 1aeıg ‘(WOQL) ruogsugor ‘(yoss) Tuusupyngg 'sIe497 SuBoLLdru "IOSBL] SIIESIOP "yyrug BN9I0AIE "(mOQL '0) suprwA "(moQL) ur somedg SavVL Isp ZunyraıgIor [® ] xx : von ı "7 (| gez a Fl = 2=*] DE a u ums 3jzdjer] ‘Ypısyyumy ‘Inf '4sUJ 'ydeıg ‘(WOQL) wortewos “ 18a kein wong * "Kern deoog * ‘(wOQL) te48807] xeıÄH s3B00g yonApM “ ‚(wogL ‘0) snpıped © ‘(woQ], '0) our $ METER ‘queuyrg snorufssege * ‘(woys '0) sdaoımı ‘(woqysJ 'O)TIeygeekr “ 8A 'quesym snoeuks "woyL 'O sunusoyus * 'queıyyg sısuodeo xeıÄH VTALOVAOSSIYHAI :HAHUO ‘Sep1}0J4890U1yy "ULB IHP KoWadg ‘OT ‘Teysıng snus * "I srwroorg “ ea] ‘(goyejag) sıyorwep * a ne Au) mmueysunsg # 1% ‘Ang snusael 4] "Ang SNOrpur "ug "n8Bysom '9Asıg 'Q 'A "209 09 0# yDMUusaln A "BSO o 081 00T 08 09 OH WOMUSSIJATSO 0 0% 021 001 08 "AXTIA ARJ ION 9 979 PDop DIOY DAoN I9p ZunyIoIgIaA BI Nora Acta Acad.C1.C.G.Nat.Cur. Vol.EXX. 0 _ Östl.v. Greenwich. 60 80 100° 120 10 160 180 160 140 120 100 80 co 0 20 Gez. v. ©. Grevö, Moskan. Genus Hippopotamus. n Choeropsis. Graph. Inst. Julius Klinkhardt, Leipzig. Genus Poreus. ja] Genus Dicotyles. Genus Sus, eb [222] » Potamochoerus, [ref „ _Phacochoerus. |ERE KARTE der Verbreitung der Familien und Genera der Artiodactyla non ruminantia, GREVE: PERISSODACTYLA. TAr 4. Nora Acta Acad.C1.C 6. Nat.Cur. VoLEXX, Tab XW. ' \ | | | EEE Na _. 8 vo Östl.v. Greenwich wo 60 80 100 120 140 160 180 160 140 120 100 80 60 40 20 Gerz. v. 0. Grevö, Moskau. Graph. Inst. Julius Klinkhardt, Leipzig. 1: Sus serofa L. BE ı0. Sus verrucosus Müll. ‚ 16. Sus longirostris Nehr, Ken! Dicotyles torquatus Cuv. [Ps355 2. „ Sennaariensis Fitz. var. „ celebensis Müll, _ „ salvania Hodgs. = 3. „ leucomystax Temm. u „ mystacinus Gray. u 1. Potamochoerus laryatus (Cuv.). Et« 4. „ eristatus Wagn. BE „ „iger Finsch, - je] 2. n penicillatus Gray. [2290 z ED 1, Choeropsis liberiensis Morton. 6. „ sondaica van Bmm. WM 18. „ timorienss MU. Bi 3 a Edwardsi Grandidier. EEE 6. „ moupinensis M. Eiw. EI 14. „ Papuensis Less. eis 1. Porcus babyrussa Wagl. == 7. „ siamensis M. Edw. & 15. „ barbatus Müll. Kb 1. Phacochoerus africanus Cuy. IRZEER 8. „ &andamanensis Blyth. [ee] var. „ calamianensis Heude. [O9] 2. n aethiopicus Cuv. EEE) S. „ vittatus Müll. N » _» palavensis (Nehr). [CD 1. Dicotyles labiatus Cuv. Verbreitung der Familien Suidae und Hippopotamidae nach den Species. GREVE: PERISSODLAUTYLA. TAr 5. Folgende von der Akademie herausgegebene Bände der NOVA ACTA sind durch die Buchhandlung von Wilh. Engelmann in Leipzig zu beziehen: Band LXX . Halle 1898. 40, RL ERNIE. „1897. „ „” LXVII . ” 1896. ” „ LXVI „ 1896. ” TR » 1896. 2 „. BERIy „ 1S95725) EXIT a SERIE „. DAUI + 1894225 EIER, R 1891.54 EX N 139456, ne RE EA, aan BR 2 UN, TB ID TER ENT. ER RER U ARTE SV. a ee „ LI „1889. „ PT TIERE, „ LI ” 1387. ” a Er ” 188777, HRTEX A ER IOXENIF ER TRRRL- SERRNT ra SENT 2 SRLYT ERBEN SER » a ISBRA = ARTN nn Sa DB b; 1882.27, CARE, ar Rs PERLTSPTIRL rtaiae SSKBINPATS Se IBZB DE? TC: AR 18788 . 5; DRINK. » Dresden 1877. „ „CKRXYIM \ LT re n RRXVII : IST u „. BRRVI „a RT 2.0.9.7 IB SE KRRIV Er, Ben ns BEBBA FLEROETTT (Er BERND. a: n„ RIM P U -,, ,„ XXIV Abth 3) s».. 1807 RER P I er IRRE SAloin 1) ar BER EE ER RT = : ld, 52 EEXX a RER) TE * no RRIX. ze „. XXI) Jena. 1862. ‚», » XXyıl - Sen 2:4) „. 180 ne RR RER). 2 De „a RRSVNSERST en KV Abthe2) . Breslau und Bonn 1858. „ SONERVL ENT — 1 EYE Anis) ne Te Wr 2.58% PAILER ,.) , IT AD a 3:2 3,,. SERRV PM =, RA ne Te X RIN ZEHN — tr EN) ae DO En, Se a ne a RR „RX Pl NN ACRYT Abth, I) De N n RRI Sp nl XD 9 pl) ET TER „ı REINER. IR TE, 4, „XV AbihB) an er er RP Se, 5. XV sr Abb.) nr re TERN „ AXU Spl. Fin, 9 „ XIV Spl.) ” ” narzs 1852. ” „RR < 5 EERIVA Abth. 2 ae TEEN u „BRETT Se a # XW.- Abth.il) Be „ XXI Spl. 7» n „All „‚'Spl.) „ re Bd „ SKIP nn. ge Zbth. 2) n 2 2 184522, DET DAT = Ne 1 ET) ea Su ReBds „ X BU Se ,% Be A) BEER. ua ne „ 22 PIC, EEE Anm) Tas > 3 AIR a „ Al Spl. 2) , ” ” 1841. „ »„ AIX Spl. I a „ XI Spl. 1) „ ” ” 1843. » RR SENT ee 2ER Abth. 2) a TEA as TR ee Abth. 1) a N Rt: 57: RE SET 1 Spl. 2) Bee RE SH I le Spl. 1) a N ARE TERN BIN, rk Abth. 2) ER 22 ERLEBEN. er ER Abth. 1) SON te BBE