55 — mig — 1 7 Lil h 8 „ tr 4 : Dexonomiſche turgeſchie für den beuſthen Landmann und die Jugend n den mittleren Schulen. 4 Von Heinrich Sander, ak Proſeſſot am Gymnaſio illuſtri in Carlsruhe, der Gefetfhaft ; Naturforſchender Freunde in Berlin, und der Fuͤrſtlichen Auhaltiſchen deutſchen Geſellſchaft in Bernburg Ehrenmitglied. 4. N 8 , BE x 8 Ep u 14 *. 1 7 4 7 Ken Rega „ W. N 1 * mit Nö miſch⸗ Kaiserlichen terpnösigten Privilegio. | Leipzig, 1782. 7 5 8 Fler. Bord, Jacobaͤer und Sohn. Ne 15 RN RN N Se N — n 4 8 N sa > 8 * Bar T x z Vorrede. 5 ABK r iſt der erſte Theil des mir ſo o oft abge forderten Buchs. Sehmwerlic würde . 0 es jemals berſprochen haben, wenn 0 die Laſt, die ich mir dadurch dufbindete in ihrer Große vorher gekannt hatte, Ich legte die erſte \ \ Hand daran, als ich um meiner | Geſundheit willen 1 ward, n von Span " 2 N Vorrede. | legen. Ich glaubte alſo, mich damit au eine angenehme und leichte Art zu beſhiftigen, fand. aber bald, daß es viel ſchwerer iſt, fuͤr unge⸗ 5 lehrte zu ſchreiben, als fuͤr Leſer, die ſchon Wiſſenſchaft und Beleſenheit haben; und daß es nicht wenig Mühe koſtet, aus dem unermeßli⸗ chen Vorrath der Nalkurgeſchichte und der Land⸗ | | wirthſchaft das auszuheben, zu fammten ? und zuſammenzudraͤngen, was eigentlich jeder ver⸗ nuͤnftige Menſch, und jeder Landwirth, oder doch wenigſtens jeder Lehrer, Aufſeher, Vorſte⸗ her und Richter des gemeinen Mannes wiſſen | ſollte. Weil ich aber einmal den Verſuch ma- chen wollte, b man nicht von der Schoͤpfung, | von der Erde, vom Menſchentztper und von den Thieren ſo reden koͤnnte, daß mich jeder Bauer 2 BEE | verſteht, Vorrede. fuͤgung und jeden Ausdruck. Ich bemuͤhte mich Dr verfießt, f war ic auch bey der ueberſich des Er Werks nicht zu fte in Abſicht auf jede Wort⸗ — vielmehr, fo zu ſchreiben, wie ich in meiner fruͤ⸗ heren Jugend oft mit den Landleuten geredet ha⸗ n be, weil ich weiß, daß wir uns in dieſer Spra⸗ lich vorkommen wird, wenn etwa ein Recenſent mich tadelt, weil ich ſchreibe der Butter, da man doch in Sochſen die Butter ſagt, oder wenn chnuche Kleinigkeiten geruͤgt werden. Das muß mir auch zur Entſchuldigung dienen, wenn hie und da etwa ein Beyſpiel, 5 eine Bemer⸗ kung wiederholt iſt; wiewohl mon es doch nicht 15 g anders, als unter verſchiedenen Geſichtspunkten | finden wird, Jeder chen muß ſich die Mühe, | 3 manches N che verſtunden. Doher mir es auch ſehr laͤcher⸗ Vorrede a oft einzuſt höͤrfen, nicht derdrießen laſſen. | Strenge hatte ich mir das Geſet vorgeſchrieben, . alles das wegzulaſſ , was dem Landmann nicht | nöthig und nicht nutz lich iſt. Indeſſen hielt ich N es doch für gut, zuweilen ein Beyſpiel von Thie⸗ ren in andern Welttheilen einzuſtreuen, um da⸗ durch die Neugierde zu reizen und zugleich zu befriedigen. In der Geſchichte des Menſchen habe ich geſucht, ſo viele gute Erinnerungen an⸗ zubringen als nur moͤglich ate Von der Fortpflanzung e ich nicht ganz ſchweigen. Tadeln mich diejenigen, die gar rein und heilig ſeyn wollen, auch uͤber dem Wenigen, was ich davon nach vielen Ueberlegungen einfließen ließ, ä fo ſollen fie wiſſen, daß zur wahren Menſchen⸗ liebe ernſthafte Thaͤtigkeit, weiſer und gewiſſen⸗ hafter . Vorrede. hafter Unterricht gehoͤrt, nicht ewiges Seufzen | und unfruchtbares Klagen uͤber das Verderben der Menſchen. Freymuͤthig bin ich überall dem f angel und habe bey aller Gelegenheit die kindische und ſuͤndliche Furcht vor dem Teufel, Seren und andern | 5 Misgeburten der Thorheit und der Finſterniß zu | vertreiben geſucht, in der gewiſſen Ueberzengung, | daß ich dadurch auch unter den gemeinen Chri⸗ ſten keinen Schaden ſtiften würde, weil ich ſo ut bey allen Gelegenfeiten meine unbegrenzte Hoch⸗ achtung fuͤr Gottes Wort und Wahrhe it, die allein mein ewiges Gluͤck ausmachen wird, bli⸗ cken ließ. Fragt mich jemand, ob ich denn ; wirklich glaube, daß ein einziger unter den Land⸗ 5 leuten das Buch leſen werde? ſo antworte ich | 4 mit Vorrede. mit den Worten unſers wuͤrdigen Jeruſalem: 2 „Sollten wir nicht die Hoffnung faſſen durfen, „daß die Menſchheit fi nad) und nach zu einer | „ der Wuͤrde ihrer Nat ur und ihrer Beſtimmung „gemaͤßern und allgemeinern Vollkommenheit | y noch erheben, und der Zuſtand dieſer Erde da⸗ „ durch zugleich noch fo viel vollkommner werden z koͤnne? Unſre Natur wird freylich die Schwaͤ⸗ „che ihrer Sinnlichkeit allemal behalten; aber „ iſt es deswegen noͤthig, daß der größte Theil ER nber Menſchen immer in der niedrigen thieriſchen „Sinnlichkeit und Dummheit bleibe? Sollte „ dem ungeachtet nicht uͤberhaupt eine thaͤtigere „Erkenntniß Gottes, eine allgemeinere Cultur i „der Vernunft, eine allgemeinere Sittlichkeit — „möglich werden?“ (S. Betracht. V. Vom | Urſprunge | Vorrede. Urſprunge des Boͤſen.) Und lieſt der Bauer mein Buch nicht ſelber, fo wird man doch darin allerley finden, worüber man zuweilen mit ihm ſprechen muß. Den Kindern in der Schule zur 11 ene eine Stelle nach der andern vor “ Iefen e Iſt es verwegene Unsergedenhit, wenn ich das wuͤnſche? =; | Wer wird aber zur Erreichung biefer men⸗ 155 ſhenfreundichen Abſich mehr beytragen, ; Ba . 1 wird leichter zu eben dieſem Zweck wirken konnen, | 15 Sie „Lehrer und Prediger der Religion! als Sie, die Sie dazu berufen ſind, die Väter, Freunde und Rathgeber der gemeinen Ehttfien | ä N ſeyn, und Ertenntniß Gottes unter dem groſ⸗ ſen Haufen zu verbreiten? Auf Ihnen beruhet es 4 5 unſtrei⸗ r * [IF a * hi 19 x . \ . u Vorrede. 5 unſtreitig am meiſten, wie lange noch der Aber⸗ glaube herrſchen, und die Gedankenloſigkeit der groͤßte Fehler des Bauren ſeyn ſoll. Nehmen Sie dann neben dem Unterricht aus Gottes ſchriftlicher Offenbarung auch die laute und rei⸗ zende Sprache der Natur zu Hülfe, und erwer⸗ ben Sie ſich dadurch die Achtung und das Ver⸗ trauen bey Ihren Zuhörern. Ich will nichts von der Pflicht, Gott auch aus der Natur zu predigen, ſagen. 8 Ich will Sie nur an die ange *) Statt aller andern Gruͤnde verweiſe ich hier nur auf 19 5 die hierüber im Prediger⸗Journal gewechſelten Streit. ſchriften. Im B. I. S. 302 2c. Cellners bewegliche | 9 Bitte an alle evangeliſche echte, die Offenbarung 5 Gottes in der Natur zu predigen. Was der würdige ‚ Vorrede. l angenepne oe Ihrem Amt und Ih⸗ rer Wirte ſehr anftendig Unterhaltung erinnern, die Sie bey der? aturgeſchichte finden werden. Ich will Sie nur bitten, in der d Jugend Ihre Aude, die einſt wieder in Jre oder andrer i e | Maͤnner Mann am Schluß ſagt, S. 323. iſt leider! Wahrheit. Im B. II. S. 257 ꝛc. eine gutgemeynte Gegenerinne⸗ rung von Köppen, Im B. III. S. 408 ꝛc. Töllners Antwort auf diefe, und im B. IV. S. 257 ꝛc. Koͤp⸗ pens wiederholte Gegenerinner ungen. Ueberhaupt it in dieſem Journal für Prediger fo viel Schoͤnes, Lehrreiches und Nuͤtzliches, daß es das erſte Journal aller jungen Theologen ſeyn ſollte; und wahrlich auch | 7 9 * ein alter und erfahrner Mann wird gerne leſen, was Yrelton, Doddridge, Jacobi 2c. uͤber das Lehramt in der Kirche geſagt haben. 1 Dora Männer Fußtapfen treten ſollen, mit Ernſt zum | Studium der Natur anzuhalten, damit fie früs he die erſten Schwierigkeiten überwinden und ſich hernach in ihrer Muße auf dem Lande ſelber 0 forthelfen koͤnnen. Ich will Sie nur daran | erinnere: daß überall Thiere, Vögel, Fiſche, Inſecten, Wuͤrmer, Pflanzen und Steine find, und daß alſo die Eich dt ge Ihre Gegend fen an allen Merkwürdigkeiten eim nirgends, und in rauhen Waldorten am wenigſten Statt en finden kann. Ich will Ihnen nur die Schriften der ſchwediſchen Academie der Wiſſenſchaften zeigen, wovon ſeit Linnees Zeiten kein Band erſcheint, in welchem nicht ein oder mehrere Prediger auf dem Lande die leſenswuͤrdigſten Aufſaͤtze von ihrem Kirchſpiele eingeſchickt haben. | Dec Vorresk, Doch, worum ai fuß 2 ich Sie ſoweit nach Norden? 2 N . Sehen Sie nur in der Nahe auf das erhabene Beyſpiel unſtes derchrungswirdigſten gerrn | Pröfi identen von Bahn! Seine Excellenz | | haben noch jest beym Eintritt in das Alter, das | Gottes Güte mit tauſendfachem Segen kroͤnen wolle! neben der überhäuften Menge von Ge⸗ ſchaften, womit jeder Tag zu unſerm und des Landes Beten beladen iſt, die Kunde der Natur 5 fo lieb gewonnen, daß Sie in kurzer Zeit den N ſchwerſten Theil der Naturgeſchichte, namlich die Mineralogie, mit ſpſtematiſchrichtiger Kennt: ni uͤberſchaut, | und Ihre Sammlung Selber ge ordnet haben. Vorrede. 1 Sobald man im zweyten Theil dieſes 1 Buchs, der, indem ich dies ſchreibe, fen auge | gearbeitet vor mir liegt, die Menge der Sachen, die allein in der Geſchichte der Juſecten geſagt werden mußten, finden wird, ſo wird man mich, . wie ich hoffe, entſchuldigen, wenn das Werk ſtaͤrker bien als ich ſelber wuͤnſchte. Für die | Tragen und Unwiſſenden, die lieber mit ihrem Geld und Handel zu thun, haben, als mit den Wiſſenſchaften, fuͤr dieſe ſtudieren und ſchreiben + wir freylich nicht. Sie ſollen such im Beſitz | ihrer Unwiſſenheit ungeſtoͤrt eſſen und trinken duͤrfen! a Inhalt. Inhalt. Einleitung. 1 | S. I Erſter Abſchnitt. Von der Schöpfung uͤberbaupt. 16 J. Vom allgemeinen Zuſammenhang. 16 : II. Denn in der Natur iſt eine Stuffenfolge. 20 III. Vom weiten Umfang ber Natnr. . | 22 IV. Daß auch das Kleinste nicht uͤberfluͤßig fe. 26 | i V. Mannichfaltigkeit der Natur. 29 b VI. Weiſe Austheilung der Naturguͤter. 33 vil. Thätigkeit der Natur. . VIII. Creislauf in der Natur, | N 43 115 MR IX, Zer- Inhalt. | IX. Zerſtoͤrung gen und Naubehiere! in der N S. 44 X. Gleichgewicht! in der Natur. 8 49 XI. Gift in der Natur. . Ä { 99 XII. Geſtalt des Erdbodens ſelber. RR 56 XIII. Mooſe, Graͤſer, Stauden, Baume, Pfützen, | Meerlinſen, Berge. | BUN... XIV. Stroͤme, e Sanaifeimiten und Bäder. | XV. Von Ausartungen und Misgeburten. 70 II. Sweyter Abſchnit. Naturgeſchichte des Men⸗ ſchen. TR I. Unterſchied von den Thieren. 17 74 II. Natuͤrliches Vaterland. a - Ri) III. Natürliche Speiſe. — Beſonders vom 1 Brod. 81 IV. Natuͤrliche Farbe. | ba V. Staͤrke, Schwere, Ebenmaaß, Schönheit und Groͤße des Koͤrpers. | - 90 VI. Von den Wilden, a 92 VII. Von der Fahl und menge fer manchen | 96 VIII. Vom innern Bau des Menſchenkorpers überhaupt. Faſern. Fluͤßige Theile. e e {ur 16 5 235 e Inhalt, 1 * Von ben Knochen. u 1 — 5 9 N * Von den Zaͤhnen. 1 4 5 103 x. Vom Speichel. e 104 XII. PR Schlund und der Auftroͤhre. W 105 XIII. Warum man nicht nach einer Erhitzung trinken duͤrfe. 5 A 106 XIV. Vom Magen. 0 | ee 108 XV. Von den Gedaͤrmen. Sr | ER II XVI. Von der G Galle, Gekrsſe und Wiko Fäden, 114 XVII. Vom umlauf des Stute Schlag und Blut⸗ | adern. N \ 116 1 Dom er;: ñ7ĩö 0 1 XIX. Von der Lunge. e e 10 153 Vom Blut ſelber. „ 124 XXI. Vom Gebirn. 125. Nerven. aldi 16 IX, Von der Milz. 128. Von in Nieren. 628. Vom Urin. 6 f a 139 XXII. Vote der Baut. 131. Ihrer Ausduͤnſtung und Einſaugung. 131. 05 den Naͤgeln 135. und Basren. 135 xxiv. Von den Sue be 5 1 136 XXV. Vom Gefübl. a 7 „% XXXVI. Vom a * . 10 N / * A 1 1 i NN \ L Inhalt. XXVI. Vom Seſchmack. 15 wi Su EXVILBom Geruch 000, f XXVIII. Vom Shi. 440 XXIX. Vom Beficht, 1 RR 143 XXX. Vom Schlaf. | 1 146 XXXI. Von der Fortpflanzung Sera er 19 XXXII. Vom Menſchen im Mutterleib. 152. Von Muttermaͤhlern. 153. Von der Geburtshuͤlfe. 153. Vom Saͤugen. 154. Vom Einbinden der Kinder. 157. Von der Zeit des Saͤugens. 159 XXXIII. Vom Alter des Koͤrpers und vom natuͤrlichen Tod. 159. Von der proportion zwiſchen Gebornen und Geſtorbenen. 161. Von den Zeichen des Todes. 162. Von den Leichen⸗ wůͤrmern. 1 162 III. Dritter Abſchnitt. Von den n sinfiig Thies ren. 166 A) Pen den Thieren überhaupt, 166. 1) Von der Verſchiedenheit im Bau des Koͤrpers. 166. 2) Von ihren 1 ſcharfen Sinnen. 167. 3) Von ihrer Ernahrung. 169. 4) Von ihrer Begattung. 170. 5) Von ihrer Bekleidung. 172. Vom Huf. 173. Von den Hoͤrnern. 173. 6) Vom Schlaf der Thiere. 174. 7) Von der Geſchwindigkeit in ihren b Bewegungen. 175. 8) Von den Toͤnen der Thiere. 76. Von den Landthieren, die zuweilen in und unter dem . 0 Waſſer find. 177. Mk Von den Trieben der Thiere. 179 a Das 10 * Zobel. es Was Par u; bn 1. 1. Vaterland. VVV | 1 3 Vergleichung mit dem Rindvieh. 4 Kennzeichen eines guten pferds. 182 5 Haut des pferd. „ 6. Swan und 1 des pferbs. e e | 183 . Sin 2... , A | | 185 8 C W. und Putzen. | 05 185 | . Farbe, Euter, giftige pflanzen, Magen, geen Laſten⸗ | tragen, Roßadern. | 187 10. ® Vom alter der pferde. | nun | 189 2 1. Ven Henof, Stutte und Fohlen. | | | 190 12. Vom Naturell der pferde | ' 9 192 5 don Krankheiten des Pferds. | | 193 Rn . m i 0 5 Das Rindoich, \ * En 100 1. Vaterland. eee * 5 1% 0 2, Vorteile dieſer uch. 195 . Große, Be Beer giftige Sewäht Fett, rg Inhalt. 5. Von der Stalfätterung. BR 92 r S. 201 2 6. Fortpfſanzung des Nindoiche. 209 2 a der Mafung ber Kälber. h | 207 8. Von den Zuchtfälbern. | er Nr 9. Von ihrer weiteren Behandlung. 209. Haarkugeln. an. Gallenſteine. zır. Verſchneiden. 212. Vom Joch. 212 10. Vom Wiederkaͤuen. 1 23 | | II. Von den Milchkuͤhen. 214. Vom Melken und Aufbe wahren der Milch. vB 12. Von der Hornviehſeuche. 5 5 22⁰ O) Die Schafe. | + 221 I. Vaterland und Verſchiedenheit. . N 221 2. Nahrung, Waffen, Vekleidung, Nutzung. 222 3. Alter. 225. Winterfutter. 2265 Stall. 227 4. Vermehrung. 228. Bezeichnung. ! 1 — 229 5. Schwindel, Bandwuͤrmer, Graͤtze. ne 230 0 | E) Die Biegen. \ 1 231 1. Vaterland. 237 N 2. Vortheile der Biegen, 231 5 1 3. Schaden derſelben. 0 | 1 0 8 0 50 ; - x 1 — Inhalt. 00 Die Schweine. N 0 91 Naturgeschichte des Schweins. 2. Vom Erziehen und M aͤſten des Shmins.. | 3. Von den Sinnen: G) Von andern vierfuͤßigen, theils zahmen, wilden Thieren. i ai: 5 J. Der Eſel. 240. und der Mmauleſel. II. Die Rage ; II. Der Sund. w. Der Fuchs. ir w Der Wolf. ; VI. 2 Der Baſe. VII. Das Canigchen. 1 VIII. Die Sausmaus. 1 IX. Die Feld⸗ und Waldmaus. X. Der Bamſter. 1 XI. Die Ratte. a 1 XII. Das Wieſel. X!III. Oer Iltis. 5 XIV. Der Marder. ers „„ XV. Der Igel. 10 5 e SAVE Der Dachs. ' | e in 266 NI. Der Maulwurf. g | ’ 1 ! 261 XVIII. Die Fledermaus. ee ER ö XIX. Das Eichhorn. g . 1 * k i - | 1 + — | — \ * * \ | ( f U * 7 1 ' m 5 l | / ( / Yu h . 0 f ” A N — | | Dean | 1 0 il 4 97 ' / — bHOeeconomiſche Naturgeſchichte. eerſter Theil. 7 INN nl | hi 1 5 n e na Einleitung. 4 habe ſchon oft, meine liebe Landleute, darüber a5 nachgedacht „ob ich euch nicht in den langen 5 Winterabenden, wo ihr beyſammen in der Stube bleiben muͤßt, zuweilen etwas aus der Natur, von Thieren, Pflanzen, Steinen, vom Waſſer, vom Feldbau, von den Wieſen, vom Unkraut, von eurem Koͤrper, von den Sternen, die ihr in der Nacht am Himmel ſeht, auch etwas vom Meere, und von den ent⸗ ‚ fernten heißen und kalten Laͤndern erzählen ſollte. Ihr hoͤret alle gerne zu, wenn einer, der weit und breit ge⸗ reiſt iſt, erzaͤhlt. So oft ich euch etwas aus der Ge⸗ ſchichte der Religion, oder von den älteften Zeiten Teutſch⸗ lands geſagt habe, ſeyd ihr allemal aufmerkſam geweſen. Ich habe mit Vergnuͤgen bemerkt „ daß viele unter euch meinen Vortrag recht gut im Gedaͤchtniß behalten, und den folgenden Tag wieder mit ihren Nachbarn, als ſie am Abend vor der Thüre ſaßen, davon geſprochen haben. Nun wißt ihr, wie ſehr ich euch liebe, wie gerne ich bey euch bin, wie ich auf alles Acht gebe, was ihr treibt, wie ich in der Beſtellung meiner Guͤter gerne wieder von euch lerne, wie ich euren Kindern allerley Sachen zeige, und ihnen beym Unterricht zugleich Freude mache, wie 170 e nur deswegen unter euch lebe, um euch A den 2 | | Einleitung. den ſicherſten Weg zu einem vernünftigen, ; ruhigen, frommen, und alſo auch glücklichen Leben zu zeigen. Das kann ich dann nicht beſſer thun, als wenn ich euch zur Natur fuͤhre, und euch die Ordnung, die Weisheit, die Gute, die vollkommne Uebereinſtimmung, die durch die ganze Schöpfung herrſcht, fo gut ich kann, beſchreibe. 700 febet freylich immer mitten in der Natur, ihr ſehet N. mmer die Morgenroͤthe, den ſchoͤnen rothen Glanz des ae am Abend, den Wald, den Strom, das Feld, die Gaͤrten, und ihr ſeyd gluͤcklich, daß ihr euch mehr in der freyen Luft aufhalten koͤnnt, als in engen Zimmern. Aber daraus müßt ihr nicht ſchließen, daß ich euch nichts von den Werken Gottes ſagen koͤnnte, das ihr nicht ſchon wuͤßtet. Ihr ſehet vieles; aber ihr uͤberſehet auch manches, weil ihr nicht wißt, worauf ihr Acht geben ſollt. Ich wollte euch z. E. gleich von eu⸗ rem Koͤrper etwas ſagen, an das ihr nie gedacht habt, ſo lange ihr auf der Welt ſeyd, und den ſchoͤnen Leib habt. Ihr kennt alle die Maulwuͤrfe; aber wie ſchoͤn und wie geſcheut das ganze Thier gebaut iſt, daran habt ihr wohl noch nie gedacht. Ihr fraget den Kalender, wenn ihr wiſſen wollt, wie der Himmel morgen ausfehn wird. Aber gebt lieber auf allerley Zeichen in der Na⸗ tur an Thieren und Pflanzen Acht, weil ihr doch immer unter freyem Himmel ſeyd, und glaubt ſicher, daß euch kein Menſch mit Gewißheit das Wetter vorausſagen kann, wenn er nur den Kalender, und nicht die Natur ſelber um Rath fragt. Ihr fuͤhret die Duͤngung auf eure Felder; aber das thut ihr nur, weil ihr es ſo von eurem Urgroßvater geſehen und gelernt habt. Ihr wißt mir doch nicht zu been, warum der Unflath der Thiere gerade An Einleitung. 1 3 6 gerade die beſten Saͤfte dem Boden giebt, und wie ihe euch helfen Fönnter, wenn ihr keinen Miſt hättet. Ihe ſeyd im vorigen Sommer alle unwillig geworden über die Maykaͤfer, als fie euch das Laub der Bäume abfraßen; aber ihr wußtet nicht, daß ihr an den Engerlingen an, fangen muͤßt, ſie auszurotten, weil der Engerling in der Erde ſich in den Maykaͤfer in der Luft verwandelt. a Habe neulich einem kranken Ochſen in einer Stunde drey verſchiedene Arznepen eingeſchuͤttet, und ich habe euch geſagt, daß ihr da das Geld unnuͤtze ausgegeben, das Thier kranker gemacht, als es vorher war, und die vo⸗ rige Arzney durch die ſo geſchwind nachfolgende gehindert - habt, gute Wirkung zu thun. Erinnert euch, wie viele Muͤhe es mich gekoſtet hat, nur einige von euch zu uͤber⸗ zeugen, daß es nicht ſchaͤdlich, ſondern vielmehr A, und recht angenehm fey, an jedem Tag die Fenſter aufzu⸗ machen, „und in die Wohnftuben, „ beſonders in die ee chlafkammern, „ und zu den Betten der Kinder friſche | Luft zu laſſen. Und doch komme ich noch alle Tage in fo manches Haus, zu Handwerkern und Profeffioniften, wo ich nicht bleiben kann, wenn ihr nicht das Fenſter oͤffnen laßt. Der Doctor gab mir neulich Recht, als ihr ihm ſagtet, daß ich euch das unnoͤthige Aderlaſſen misrathen habe. Ihr wolltet Steine führen, Kalk lo. ſchen, Holz fällen, ein Haus bauen, und das alles in einem Vierteljahr, bis ich euch fagre, wie unſre Vor⸗ fahren gebaut haben, wie man bey Gebaͤuden nicht zu ſchnell ſeyn muͤſſe. Sehet alſo, daß ihr doch ſelbſt an dem, womit ihr taͤglich umgehet, noch manches lernen koͤnnt. Es hat zu allen Zeiten Leute gegeben, die ihre Kräfte und ihr ganzes Leben dazu verwendet haben, alle | 0 Wuͤrmer 4 Einleitung. Wuͤrmer, alle Graͤſer, alle Baͤume und Kraͤuter kennen zu lernen. Man nennt dieſe verdiente Männer Natur⸗ forſcher, und unſre erſte Menſchen mußten alle ſich um die Kenntniß der Natur bekuͤmmern, ſonſt waͤre das Getreide nie unter uns bekannt geworden, ſonſt waͤre der Ackerbau, das Pfluͤgen, Eggen, Saͤen, Erndten, Dreſchen und Mahlen nie aufgekommen. Ihr muͤßt aber auch nicht glauben, daß wir nun, da wir einmal Weizen, Spelz, Roggen, Haber und Gerſte kennen, aufhören koͤnnen, die Schöpfung und das alles, was da⸗ zu gehoͤrt, zu ſtudieren. Man lernt immer etwas neues, und oft gereicht es euch und euren Kindern zum groͤßten Vortheil. Z E. das Welſchkorn, die Erdaͤpfel und Kartoffeln, der Krapp, der Tabak, wachſen jetzt alle bey uns; aber eure Vorfahren wußten von allen dieſen Pflanzen nichts. Ihr wuͤrdet fie nicht gerne hergeben; indeſſen kannte man ſie in Europa dem Namen nach nicht, ehe man den vierten Welttheil, Amerika, entdeckt hatte. Auf meinen Reiſen habe ich geſehen, daß man die Kruͤp⸗ pel, und die elenden Menſchen, die mit einem deibesge⸗ brechen geboren werden, zur Abwartung der Seiden⸗ raupen brauchen kann, und ſeitdem ich das weiß, habe ich mir Maulbeerhecken um ein Stuͤck meines Gartens ziehen, und Maulbeerbaͤume auf den Kirchhof ſetzen laſſen. Wenn dieſe nun ſtark genug geworden ſind, laſſe ich Seidenraupeneyer kommen, und fange mit den ungluͤcklichen Menſchen in unſerm Flecken die Seidenzucht an, ihr moͤgt im Anfang dazu ſagen was ihr wollt. Euer Vieh befindet ſich recht gut beym Klee; aber wenn niemand die Werke Gottes genauer, als ihr insgemein chu betrachtet haͤtte, fo ftünde der Klee noch unter den vielen Einleitung. 1 vielen taufend anjen, über die ihr mit bloßen Füßen: und mit hölzernen Schuhen ohne alle Aufmerkſamkeit weglauft. Jetzt weiß es jeder junge Bauer, daß es dem Acker zutraͤglich iſt, wenn man Erde von den Wie⸗ ſen, oder von andern Oertern darauf fuͤhrt; aber wenn ihr die beſte, ſchicklichſte Erdart nicht zu wählen wuͤßtet, wenn ihr auf ein ſchweres, naſſes Feld noch mehr ſchwe⸗ ren und lettigen Grund fuͤhren wolltet, wuͤrdet ihr euch nicht dadurch ein er ſtaunlich muͤhſames Geſchaͤft machen, und doch eure Abſicht nicht erreichen? Ihr ſeyd an eine gewiſſe Ordnung, an eine beſtimmte Zahl von Pflanzen und Thieren mehr durch die Gewohnheit, als durch ver⸗ nuͤuftige Ueberlegung, gebunden. Was eure Väter hier gebaut haben, das baut ihr auch, und ihr denkt nie daran, ob ihr nicht noch mehr, oder beßre Sachen pflan⸗ zen koͤnnt. Wenn ich euch von dem erzaͤhle, was man in andern Gegenden, und nicht gar weit von uns, aus⸗ ſaͤet und erndtet, fo ſagt ihr gleich: „Ja, das geht nicht u bey uns, dieſe ER ein andres Feld haben.! Aber habt ihr denn auch ſchon Verſuche gemacht, ob euer Boden nichts andres träge, als was eure Voraͤltern ſeit Jahr⸗ hunderten daraus gewonnen haben? Die ſchmackhaften Aepfel, Birnen und Apricoſen, die ich durch Pfro— pfen und Aeuglen in meinem Garten gezogen habe, habt ihr doch noch nicht vergeſſen? Vor funfzig Jahren haͤtte keiner unter allen, die damals hier lebten, geglaubt, daß unſer Wald einmal ſo ſchoͤne junge Schlaͤge haben werde, als er jetzt hat, daß wir hier Lerchenbaͤume in Menge anpflanzen koͤnnten; und doch haben wir es gluͤcklich da. hingebracht, und ihr ſeyd jetzt, wie ich Hoffe, uͤberzeugt, 30 man ehemals unverantwortlich mit den koſtbarſten 6 Einieitung Balbingen ı Unifgangen iſt. Eben fo habt ihr das Fiſchwaſſer bald vernachlaͤßigt, bald erfchöpft, weil ihe gar mit der Natur der Sachen nicht bekannt ſeyd, und gar vieles auf Gerathewohl thun muͤſſet. Wenn ihr mir aber in den finſtern Winterabenden, ſtatt daß ihr, ſobald euer Vieh gefuͤttert iſt, gleich zum heißen Ofen kriecht, und auf der Bank ſchlaft, aufmerkſam zuhoͤren wollt, ſo will ich euch manches ſagen, das ihr kuͤnftig in eurer Landwirthſchaft brauchen, und mit Nutzen anwen⸗ den koͤnnt. Doch ihr koͤnnt euch von diefen Beſchaͤſtigungen noch viel größere Vortheile mit Gewißheit verſprechen. Die Beſchauung der Natur wird euch immer mehr vom Diaſeyn eines ewigen, allmaͤchtigen, und unbegreiflich großen Gottes, von feiner über alles waltenden Vorſe⸗ bung, von ſeiner unergruͤndlichen Weisheit, von ſeiner hoͤchſten Güte und unaufhoͤrlichen Wohlthaͤtigkeit uͤber⸗ | zeugen. Denn, wenn ihr ſehet, daß am Gewölbe des Himmels „ auf der Erde, im Menſchengeſchlecht, unter allen Thieren und Gewaͤchſen, ſelbſt im Waſſertropfen, im Staube und im Sandkorn alles ſchoͤn und gut iſt, daß das alles ſich nicht ſelber erhalten kann, daß alles vergaͤnglich, veraͤnderlich, hinfaͤllig iſt, und daß es doch immer vorhanden, und immer ſo iſt und bleibt, wie es ſeyn fol, müßt ihr daraus nicht, als vernünftige Mens ſchen, den Schluß machen, daß ein von uns ganz ver⸗ ſchiedenes, und viel größeres, herrlicheres Weſen noth⸗ wendig ſeyn muͤſſe, wodurch die ganze Welt regiert wird? Die Erde hat ſo viele Vorzuͤge, ſo viele edle und nuͤtzliche S ; unter den lebendigen und todten Geſchoͤpfen 1 jo viele 3 und Verſchiedenheit; es 0 ſud 3 Mai a, 8 Einteitun“ .:% find fo viele Kräfte in der Natur, die fo leicht häblich und zerſtoͤrend werden koͤnnten: und doch kracht der Dons ner nicht immer, die Erde bebt nicht immer, eure Huͤt⸗ ten werden nicht immer vom Waldwaſſer weggeſchwemmt, der Blitz zuͤndet ſelten einen Kirfhbaum an, die Raupen ſchaden euch nicht alle Jahre, ihr habt im Lande mehr Ochſen als Woͤlfe, unter euren Schafen ſind nicht alle raͤudig, ihr koͤnnt durch eure Vernunft den Marbern Fallen legen, und die Fuͤchſe von euren Huͤhnerhaͤuſern abhalten; oft habt ihr nur einen halben Herbſt, aber das Korn geraͤth deſto beſſer; oft bekommt ihr kein frühes Obſt, aber deſto ſtaͤrker iſt die Maſtung fuͤr die Schwei⸗ ne in den Waͤldern; und ſo ſeht ihr immer, daß eins in der Welt dem andern die Hand bietet, eins dem andern * nachhilft, eins das andre wieder erſetzt, eins auf das andre folge — Könnt ihr dabey etwas andres denken, als was in eurer heiligen Bibel ſteht, daß Gott Schoͤ. pfer, Vater und Erhalter ſey von allem, was da iſt, und daß ihr allein ſeiner Liebe die Abwechſelung der Ta⸗ und der Jahrszeiten, das Licht der Sonne, die Feuchcbarkes des Regens, die Vermehrung des Saat⸗ korns im Boden, und den Segen bey euren Seen zu danken habt? | Ich wuͤnſche, meine li ebe Mitbürger, daß ihr an dieſen Betrachtungen Freude finden moͤchtet. Es iſt eine ſehr natürliche Pflicht, eure offne Augen und Ohren, alle eure Sinne, und euren Verſtand dazu anzuwenden, daß ihr den großen und guͤtigen Herrn der Welt immer beſſer kennen lernt, und euch eure zum Theil muͤhſame Fel ogeſthaͤfte⸗ durch die beſtaͤndige Erinnerung an ſeine W gie Abſichten erleichtert und verſuͤßet. Wir leben nicht 1 A in - Einleitung. in der Welt, nur um immer binter dem Pflug zu gehen Hund im Schweiß des Angeſichts unſer Brod zu eſſen. Wir muͤſſen auch für den beſſeren Theil des Menfhen, für die Seele ſorgen, und die Geſinnungen der Ehrfurcht, der Liebe, der Dankbarkeit, der Freude über Gott, und ein ſtarkes Vertrauen zu ihm ins Herz pflanzen. Wenn wir hoͤren, daß viele Millionen große und kleine Thiere auf der Welt ſind, daß der Erdboden einen ſehr großen Umfang hat, daß das Menſchengeſchlecht überall fort— kommt, und uͤberall gluͤcklich ſeyn kann, daß man mit einem Glaſe, wodurch das Kleinſte groß und unſerm ſchwachen Auge ſichtbar wird, in jedem Waſſertropfen eine ganze Fluth von Geſchoͤpfen erblicken kann; wenn man euch in jeder Blume zeigen kann, wozu die Faͤden, der Staub auf den Fäden, die Vertiefungen, die gie nen und gefaͤrbten Blaͤtter nuͤtzlich ſind; wenn man euch eine uͤber Nacht im Waſſer gelegene Bohne auseinander⸗ legen, und euch darin ſchon den kuͤnftigen Bohnenſtaͤn. f gel und die Wurzel zeigen kann; wenn ich ſage, warum jeder Weizenhalm die Hoͤhe, die Gelenke, die ſchmalen Blaͤtter, und die ſpitzigen Stacheln oben haben muß: ſo muͤßt ihr euch dadurch gewoͤhnen, an etwas mehr zu denken, als an euer Haus und Hof, muͤßt uͤber euer Dörfchen wegſehen, und zu euch ſelber ſagen: Gott if ein großer und reicher Herr! Der Koͤnig hat auch ein Reich, er kann auch viel ausrichten, ihm gehoͤrt auch viel; aber was iſt das gegen unfern- allmaͤchtigen Vater im Himmel? Wenn ihr immer beſſer einſehet, daß die Welt ein ſchoͤnes Haus zu eurem Nutzen, zu eurem Vergnügen iſt, fo müßt ihr auch, wenn einmal Hagel⸗ ſchlag o oder RU euer REN: feiße, doch glauben, daß — Einleitung. 1 | daß Gott Swe doch noch immer euer gnaͤdiger und guter Vater iſt, weil er in eben dem Jahr, wo eure Aerndte ſchmal ausfaͤllt, doch noch die ganze Welt, viele 0 große Laͤnder und Koͤnigreiche bereichert, und unzählige 4 > Millionen von Geſchoͤpfen mit Eſen und N 9 chend verſorgt. Es muß euch auch nich ie 0 wenn ihr in der Geſchichte der Natur mit dem Land, das ihr bewohnt, und mit den Pflanzen und Thieren, die eure Nahrung, eure Kleidung, und eure Arzneyen liefern, bekannt werdet. Wie manches braucht ihr alle Tage und habt noch nie an feine Entſtehung gedacht — Viele unter euch werden gewiß nicht wiſſen, wo das Salz herkommt. Viele in den Städten wiſſen nicht, was Harz, Theer und Pech iſt. Eure Weiber ſtri⸗ cken Strümpfe von Baumwolle; aber das Ding, das ſo heißt, waͤchſt deswegen nicht au einem Baum. Man hat euch ehemals beredet, das Gold ſey eine Pflanze, und wachſe unter dem Korn. Die Foͤrſter und Jaͤger erhalten unter ſich gar manche lächerliche und abgeſchmack⸗ te Sage von den Tieren im Wald. Sie glauben, der Hirſch habe die Galle unter dem ere und koͤnne etliche Jahrhunderte alt werden. hr fürchtet euch ges wiß alle vor den Schlangen, und wenn ihr ihre Ge« ſchichte wuͤßtet, wuͤrdet ihr euch der kindiſchen Furcht 8 ſchaͤmen. Ueberhaupt ſeht ihr gar manches in der Nas tur fuͤr ein ſchreckliches Gift an, das voͤllig unſchuldig, das ſogar gut und heilſam iſt. An euren Hecken, in Suͤmpeen, auf naſſen Wieſen wachſen einige fcharfe Ge⸗ waͤchſe, die eurem Vieh gefährlich werden, wenn ihr ſie nicht unterſcheiden koͤnnt, und ausrottet. Aber, wenn As |. 10 Einleitung. ihr uͤber die Raupen flucht, oder euch ber das Un⸗ kraut auf den Feldern ärgert, fo verrathet ihr dadurch eure Unwiſſenheit; und oft glaubt ihe gar, daß alle die tauſend Gattungen kleiner Thiere, die ihr Ungeziefer, und ich Inſecten nenne, nur euch zur Plage erſchaffen ſeyen, oder kaͤglich aus faulem Fleiſch oder faulem Kaͤſe entſtuͤnden. Was meynt ihr, wuͤrdet ihr wohl ſo uͤber⸗ eilt urtheilen, wenn ihr uͤberzeugt waͤret, daß jedes Land feine eigene Winde, fine eigene Gewaͤchſe, feine eigene Voͤgel, ſeine eigene Raupen hat, und haben muß, und daß gar viel darauf ankommt, ob die Pflanze in dieſem oder in jenem Monat bluͤht, und Saamen traͤgt? Macht euch alſo, meine liebe Freunde, recht oft das Vergnuͤgen, über alles, was euch vor Augen liegt, nad)» zudenken. Dies Vergnügen ift ſehr natuͤrlich; ihr koͤnnt es wohlfeil haben, es koſtet euch nichts, als Aufmerk⸗ ſamkeit und Nachdenken; es iſt edel, und bereitet euch vor zur Ewigkeit; es iſt ein gutes Mittel gegen die Lan⸗ geweile, gegen die unangenehmen Empfindungen des Verdruſſes, mit welchen ihr auch zuweilen geplagt ſeyd. Zugleich iſt es auch das dauerhafteſte Vergnuͤgen, das ich euch anzupreiſen wuͤßte. Denn die Natur iſt uner⸗ meßlich, unerſchoͤpflich, unergruͤndlich. Wenn ihr euch alle Tage unterrichten ließet, und indem ihr auf den Wieſen, oder in den Weinbergen arbeitet, beſtaͤndig al⸗ les, was ihr ſehet, bemerken wolltet, ſo wuͤrdet ihr doch im laͤngſten Leben nicht alle Werke Gottes kennen lernen. Ihr duͤrft euch auch nicht ſchaͤmen, bey einer Raupe lange ſtehen zu bleiben, oder der ſchwarzen Spinne zuzu⸗ ſehen, wie fie ihr Gewebe aufzieht. Nur das iſt ſchaͤnd. 0 wodurch wir uns und unſern Mitbrüdern ſchaden. | ( IM. | 1 W 1 Einleitung. IL Schaͤmt euch, wenn ihr eure menſchliche Würde b die Trunkenheit erniedrigt habt. Schaͤmt euch, wenn die Weinſchenke vom wilden Geſchrey der Zaͤnker und Raufer ertönt, Aber die Betrachtung der Natur iſt Pllicht für den Menſchen; und wenn es Gott keine Schande war, Schnecken, Wuͤrmer, Schwaͤmme und Sandkoͤrner zu erſchaffen, wenn es fuͤr ihn nicht zu klein iſt, das alles zu erhalten, ſo muͤßt auch ihr einander nicht auslachen, wenn einer Luſt bezeugt, ſo manche verborgen ne Schönheiten in der Natur, fo viele erhabene und praͤchtige Kunſtwerke, ſo viele ganz vortreffliche Einrich⸗ tungen, ſo viele regelmaͤßige Abwechſelungen, und beſon⸗ ders fo manche unbemerkte Wohlthat Gottes beſ⸗ ſer, als gewoͤhnlich geſchieht, zu ſchaͤtzen. Glaubt mir, ohne Wind haͤttet ihr nicht eine einzige Birne. Daß eure Füllen, und Kälber, und Lammer, und Schweine meiſtens gluͤcklich geworfen werden, das koͤnntet ihr, und wenn ihr alle zuſammenſtuͤndet, und alle Aerzte her⸗ beyholtet nicht bewirken; aber Gott erhaͤlt das alles, was dazu gehört, in feiner Ordnung. Es liegt auch noch manche gute Erdart zu Toͤpfen und Geſchirren, mancher bisher noch unbekannte Stein zum Bauen, manches Erz: und Kohlenlager, das unſre Nachkommen finden und brauchen werden, im Boden. Es wachſen vor euren Wohnungen, an den Waſſergraͤben und an den Straßen noch viele Pflanzen, deren Mark, deren Wurzel und Blätter wir in einer allgemeinen Theurung brauchen koͤnnten. Iſt es denn nun nicht billig, daß ihr das alles, was euch Gott geſchenkt hat, lieber recht kennen lernet, und euch nicht laͤnger mit den Thorheiten des Aberglaubens, mit ſo vielen einfaͤltigen Grillen von 12 Einleitung. von der Schaͤdlichkeit vieler Thiere, oder von einer be⸗ ſondern Kraft, die gewiſſe Kraͤuter und Steine haben ſollen, entweder ein leeres und unnuͤtzes Vertrauen und vergebl iche Hoffnung, oder eine marternde Furcht ganz ohne alle Nothwendigkeit in Kopf ſetzet. Eure Kuh kann einmal von der Weide kommen, und rothe Milch geben, ohne daß der Teufel oder die Hexen, dergleichen es nie gegeben hat, wiewohl man leider! manche alte Frau in den finſtern Zeiten des Papſtthums um dieſes voͤllig ungegruͤndeten Verdachts willen verbrannt hat, ihr das Euter gequetſcht, oder ſonſt Schaden zugefuͤgt haben. Wenn ein Kraut keinen beſonders ſtarken Ges ruch und Geſchmack hat, ſo koͤnnt ihr damit nichts aus⸗ richten. Laßt euch wenig von den außerordentlichen Eu» ren oder Heilungen, deren viele Leute ſich immer ruͤhmen, aufbinden. Wir kennen freylich noch lange nicht alle Kraͤfte der Natur; aber fragt nur allemal erſt nach, ob die Erzaͤhlung auch wahr iſt, und ſehet zu, ob man nicht neben dem geheimen Pulver, oder neben den koſtbaren Tropfen auch noch ein ganz gewoͤhnüiches und auf der Apotheke ſchon lange übliches Mittel gebraucht hat, wo⸗ durch eigentlich das Uebel gehoben worden iſt, wenn man es gleich aus Stolz und Gewinnſucht nicht eingeſtehn will. Je laͤnger ihr mir zuhoͤrt, oder vielmehr, jemehr ihr der Natur nachgeht, deſtoweniger Vorurtheile wer⸗ det ihr behalten. Denn ihr werdet z. B. lernen, daß das Aufkeimen der Gewaͤchſe vom Saamen und vom Boden abhaͤngt, aber nicht davon, ob an dem Tage, da ihr den Kern in den Boden werft, die chriſtliche Kir⸗ che 1 des Todes, oder der Geburt ihres Stifters erin⸗ nert. Derner, daß der Nutzen der Aderlaſe von eurem 192 7 | R 4 . | ML Einleitung. 79 Körper, von eurer nachfolgenden Lebensordnung abhaͤngt, nicht von dem, was ein Kalendermacher vor mehr als hundert obern zum Aderlaßmaͤunchen hingeſchrieben hat. Viele unter euch fuͤrchten ſich vor den Donnerwettern. Aber da ſeht ihr ja vielmehr die Pracht der Schoͤpfung und das Jubelfeſt der Natur. Laßt Himmel und Erde krachen, blitzen, beben und toͤnen, es geſchieht alles zum Beſten der Welt. Wenn ihr nicht als Chriſten immer zum Tode bereit ſeyd, fo muͤßt ihr euch auch vor der gol⸗ denen Sonne fArshenzend jede Kraft in der Natur kann euch toͤdten. Im heißen Welttheil if in mancher Ge⸗ gend alle Abende ein ſehr wohlthaͤtiges Gewitter. Eben ſo iſt es naͤrriſch, wenn ihr meynt, ein neuerlich in Stall gebrachtes Stuͤck Vieh koͤnne nicht gedeihen, wenn ihr ihm nicht, indem es zum erſtenmal aus der Stallthuͤre geht, allerley Tuͤcher uͤber die Schwelle legt. Gebt ihm gutes Futter, gebt es ihm hinreichend, uͤbertreibt das Vieh nicht bey der Arbeit, haltet es reinlich, luͤftet den Stall oft aus, nehmt es in Acht, wenn es ſchwitzt ꝛc. ſo wird es geſund und ſtark werden. Aber ein Kreuz an die Stallthuͤre, ein heiliger Spruch auf einem Zeddel, der misbrauchte Name Gottes, oder gar Namen aus fremden Sprachen, die ihr nicht verſteht — was ſoll euch das helfen? Das Kreuz des Erloͤſers iſt um ganz andrer Urſachen willen aufgerichtet worden. Dem Gott, den euch Natur und Religion verkuͤndigen, duͤrft ihr euer Haus und Hof, Aecker und Vieh, wie euch Luther ſchon im kleinen Catechismus gelehrt hat, weil es zu eu- rem taͤglichen Brod gehoͤrt, im Gebet empfehlen; aber ihr entweihet feinen Namen, wenn ihr ihn als ein ver; ſtecktes Zaubermittel brauchen wollt. Und ſagt mir doch, wie u Einteitung. a wie ſollen einige ſchwarze und weiße $ Figuren A een Papier und auf dem Holz im Blut, in den Eäften, im Magen des kranken Thiers nur die geringſten Veraͤnde⸗ rungen machen koͤnnen? Die Kenntniß der Natur wird euch auch von der wunderbaren Sucht heilen, durch Duͤngeſalze, durch allerley kraftige Pulver, mit wel. chen ihr euer Sastkorn anfeuchten, oder darin einwei⸗ chen ſollt, in kurzer Zeit reich zu werden, und euch eine ganz unermeßlich große Erndte zu EUR er duͤrft nur einmal auf den Gang der Natur, und auf die Nahrung, die alle Gewaͤchſe haben wollen, Acht geben, ſo werdet ihr das gleich fuͤr Windbeuteley, oder fuͤr Geld⸗ A ſchneiderey anſehen muͤſſen. Das beſte Mittel, der Natur viel abzugewinnen, iſt dies: Behandelt fie recht, d. h. bauet den Acker, die Wieſe, den Garten, den Wald, der Natur gemaͤß. Nutzet dazu die Erfahrungen andrer Menſchen, die ihren Verſtand lange ſchon in die⸗ ſen Dingen geuͤbt haben. Verachtet nicht die Sitten und Gewohnheiten andrer Laͤnder, wenn fie mit der Nas tur uͤbereinſtimmen. Ahmet davon ſo viel nach, als das Land, das ihr bewohnet, erlaubt. Schimpft nicht N auf das Neue, blos deswegen, weil es für euch neu iſt. Glaubt es aber auch nicht deswegen blindlings, weil es gerade aus England oder aus Frankreich heruͤbergeflogen iſt. Am beſten iſt es, wenn ihr ſelber nachdenkt, wel⸗ che Verbeſſerungen ihr in eurem Gebiet, auf euren Fel⸗ dern anbringen koͤnnt. Werdet auch nicht unwillig, oder | muthlos, wenn die erſten Verſuche nicht gelingen. Die Natur geht langſam zu Werke; oft iſt es ein verſtecktes Hinderniß, ein kleiner unbemerkter Fehler, was euch bis. ber der 1 eurer Muͤhe beraubt hat. Wie Einleitung 13 | ie wollen nun zuerſt von der ganzen Erde reden. Heach wollen wir bey den Thieren anfangen, und insbeſondre von uns und unſerm Wa das Wiſſens⸗ Nee wee | | 16 Algemene Naturgeſchichte — —-—-— Erſter Abſchnitt. Von der Schoͤpfung uͤberhaupt. 15 | do oft ihr die ganze Welt anſehet, meine liebe Sand. allem dieſem, was ihr ſehet und hoͤret, ein genauer Zu⸗ ſammenhang, eine allgemeine Verbindung iſt. Das heißt ſo viel: alles, was da iſt, muß da ſeyn. Der geringſte Käfer gehört in dieſe Welt fo gut als der ſchoͤn. ſte Vogel. Ohne Sonne beſtuͤnde die Erde nicht; ohne Luft koͤnnte weder Menſch, noch Thier, noch Pflanze le. ben; ohne die Ausduͤnſtungen der Erde waͤre die Luft nicht das, was ſie iſt; ohne die Ergießungen der Luft in Regen, Schnee ꝛc. waͤre die Erde nicht im Stande, eis nen Grashalm vorzubringen; kein Kraut ſproßte aus dem Boden, wenn nicht die verſchiedenen Erdarten ſo gemiſcht waͤren; ohne dieſe Kraͤuter lebten die Thiere nicht; ohne die Thiere koͤnnten die Menſchen nicht fort- kommen, und der Menſch hat wieder allerley Einfluß auf Gewächſe und Thiere. Wir veredeln die Pflanzen durch unſre Wartung, und indem wir ſie auf dem gan⸗ zen Erdboden verbreiten, arbeiten wir wirklich auch zum Beſten der Thiere in kalten und in warmen Laͤndern. Die kalten, duͤrren und unfruchtbaren Lander des Erd» bodens ſollen nach der Abſicht Gottes aus den waͤrmeren und ſchoͤneren Gegenden verſorgt werden. Um des Men. ſchen willen waͤchſt offenbar Flachs, Hanf, Baum- wolle, Seide. Die Erde naͤhrt in Aſien und an leute, muͤßt ihr euch allemal erinnern, daß unter mehren a Zr > 0 2727777 ee ZZ 5 9 Algemene Raturgeſchichte. . „ mehreren Orten ihre Bewohner ohne Ackerbau und Plug, | ohne alle ihre Mühe durch allerley Baum ⸗ und Erdfruͤch⸗ te, z. B. durch Palmen und Brodfruchtz aber es waͤre nicht gut, wenn fie überall fo ergiebig wäre. Die Arbeit, die wir jetzt das ganze Jahr anwenden muͤſſen, um unſer Brod zu gewinnen, iſt fuͤr die Ausbildung unſrer Seele ſehr heilſam, dient zur Erweckung des Ver⸗ ſtandes, und unterdruͤckt die Leidenſchaften, die cat Ju unſerm größten Ungläck immer toben wuͤrden. . manchen Ländern treten regelmaͤßig in gewiſſen Jahrs⸗ zeiten die Stroͤme aus, und uͤberſchwemmen. Aber das muß ſeyn, ſonſt koͤnnte dort der Reis, von dem ſo viele tauſend Menſchen leben, und viele andre einheimi⸗ ſche Gewächſe nicht wachſen. In Aegypten hat man wenig Düngung; den Cameelmift braucht man dort zur Feurung, weil auch das Holz rar iſt: daher kommt der Nil alle Jahre, und aͤberſchwemmt vom Junius bis in September einen großen Theil des platten Landes, und laͤßt einen ſehr fruchtbaren Schlamm zuruͤck. Wenn nicht manche große Handelsſtadt am Meer, an einem Landſee, oder doch an einem Strom gelegen wäre, wuͤr⸗ de ſie ihren Handel ſo weit ausbreiten koͤnnen? Coſtanz | verſchickt auf dem Bodenſee, an welchem es gebaut iſt, ſeine Gartengewaͤchſe, ſeinen Wein, und erhaͤlt dafür auf eben dieſem Waſſer aus der Schweiz und Tyrol Salz, Eiſen und andre Waaren. Schaffpauſen in der Schweiz liegt eine Stunde von dem Ort Lauffen, wo der Rhein uͤber ſchreckliche und hohe Klippen mit praͤch⸗ tigem Geröfe herabſtuͤrzt. Daher muͤſſen alle Schiffe, die auf dem Bodenſee und auf dem Rhein von oben rt vor we Stadt ausgeladen werden; die B - Bürger * 18 Allgemeine Naturgeſchichte. Bürger führen die Guͤter auf der Achſe unter Lauffen und den Rheinfall hin, gewinnen jaͤhrlich daran ſehr viel, und dadurch iſt Schaffhauſen groß und reich ge: worden. In Teutſchland waͤchſt am Rhein, am Ne⸗ cker, an der Moſel ꝛc. eine Menge Wein; in Ober⸗ und Niederſachſen waͤchſt entweder gar kein Wein, oder nur wenig, und ein ſchwacher Wein. Aber dafür ge⸗ raͤth in Sachſen die Leinwand ſehr gut; ſie kaufen unſern Wein, und ſchicken dafuͤr ihren Flachs in der halben Welt herum. In Lappland liegt unter andern auch | das koſtbare Metall, Zinn; der Lapplaͤnder verkauft das, und holt dafuͤr Korn, Getreide, und andre Nothwendig⸗ keiten in Danemark und Schweden. Die jungen 05 Voͤgel wachſen faſt alle von den vielen Raupen auf, die ihr im Fruͤhjahr und Sommer auf den Blaͤttern ſitzen ſehet. Dieſe Raupen, die noch haͤufiger ſeyn würden, wenn ſie die Voͤgel nicht wegholten, naͤhren ſich von dem erſten jungen Laub, das die Bäume und Stauden aus treiben. Sobald im Felde wieder viele kleine Muͤcken und Fliegen ſind, ſo ſehet ihr, daß auch die Eidechſen ; wieder aus ihrem Winterſchlaf erwachen, und ihnen mik ihrer ſcharfen und gezaͤhnelten Zunge nachſtellen. Die Krebſe, die in ſo vielen Waſſern ſitzen, ſind nicht nur zum Eſſen gut; ſie ſind unentbehrlich, weil ſie die Unreinigkeiten und das faule Aas im Waſſer auffreſſen. Die Raubvoͤgel muͤſſen auch in der Welt ſeyn, ſonſt 5 würden die Froͤſche, Kroͤten, Schlangen, Eidechſen, er Salamander, Schnecken ꝛc. uns zuletzt von der Welt verdraͤngen. Ihr erkennet leicht, daß der Wechſel des Regens und des Sonnenſcheins, und das Maaß, ei die Staͤrke und der u des Windes mit der Frucht⸗ 5 . barkeit Allgemeine duturgeſhicte 19 borkelt der Erde in Verbindung ſtehen müffe Wie koͤnntet ihr ſonſt alle Jahre Heu und Fruͤchte erndten? Ihr wißt, wie ſchwer es iſt, das Vieh im Winter zu ernähren, wenn der vorige Sommer ſo trocken und duͤrre war, daß ihr wenig Heu und Ohmd ſammlen konntet. Ihr wißt, wie betruͤbt, wie mager und kuͤmmerlich die nuͤtzlichen Hausthiere im Fruͤhjahr ausſehen, wenn ihr im Maͤrz und April vergeblich auf friſches Gras wartet, weil lange kein Regen gefallen iſt. Die Tyroler koͤnn⸗ ten kaum leben, wenn ihr Land nicht zwiſchen Italien und Bayern in der Mitte laͤge. Das fruchtbare Si⸗ eilien muß auch die Inſel Malta, die beynahe ein einziger? Felſen iſt, ernaͤhren. Ihr wißt beſſer, als ich, wie viel ihr vom Lande in jeder Woche nach der Stadt bringt; und ihr muͤßt auch geſtehen, daß ihr euch die Kleider, das Hausgeraͤthe und andre Beduͤrfniſſe, wos mit euch die Stadt verſorgt, nicht ſelber verſchaffen koͤnn⸗ tet, wenn eure Feldgeſchaͤfte nicht verſaͤumt werden folls ten. Sehet da die allgemeinen Verknüpfungen in der Welt. Ihr ziehet das Brod aus der Erde, das iſt das ſchoͤne und unaufhoͤrliche Geſchaͤft des nuͤtzlichen Bauren⸗ ſtandes. Ihr koͤnnt euch ruͤhmen, daß der Koͤnig ohne euch kein Brod eſſen koͤnnte. Aber der Menſch braucht noch mehr als Eſſen und Trinken, und dafuͤr ſorgen die Menſchen, die ſich in Staͤdten naͤher vereinigt haben, und enger, als ihr, beyſammen wohnen. So wenig ihr den Acker bauen koͤnntet, wenn ihr nicht Wieſen und Futterkraͤuter hättet, fo or koͤnnt ihr ohne die Stadt leben. Der Arzt und der Richter kann mit allem dem, was er zu feiner Wiſſenſchaft braucht, da unmöglich le⸗ ben, wo eure Hütte euch gar wohl behagt. Erkennet r E darin 20 allgemeine Naturgeſhichte. darin die Weisheit Gottes, der alles o innig, En genau mit einander zu verbinden wußte, daß kein Ding in der Welt alle andre Geſchoͤpfe neben ſich entbehren und blos fuͤr ſich leben kann. II. Ihe werdet nun daraus auch ergehen warum ich zuweilen in meinen Geſpraͤchen mit euch die Shi pfung mit einer Leiter vergleiche, oder von der Stufen⸗ | 9980 in der Natur rede. Es if wirklich alles in der el fo ſchoͤn, ſo voll Beziehung auf einan! er, fo viele unmerf liche Verſchiedenheit, als wenn der Schöpfer am todten lebloſen Staub angefangen, ſein Werk immer beſſer und ſchoͤner. gemacht, und endlich am Menſchen aufgehoͤrt hätte, Iſt nicht der Schwamm noch ein ſehr unvollkommnes Giewaͤchs? Die Trüffel unter dem Boden haben nicht Wurzel, nicht Stiel, nicht Laub, nicht Bluhe. Ein Grashalm ſieht ſchon beſſer aus; die Tulpe und Narciſſe hat noch eine ſchoͤnere Blume; und von den Kräutern koͤnnt ihr zu den halben Stauden, zu den voͤllig holzartigen Geſtraͤuchen, von dort zum weichen Holz, endlich zu den haͤrteſten und feſten Baͤu⸗ men fortgehen. Im Thierreich faͤngt der Schöpfer auch mit Geſchoͤpfen an, die noch weniger find, als un: ter den Gewaͤchſen der Schimmel. Ihr h habt einmal die kleinen Waſſerthierchen bey mir durch das Vergröße rungsglas geſehen: welch eine Menge ſo einfacher Thiere in einem Tropfen! Im Meer und im füßen Waſſer iſt ein feiner Wurm, man nennt ihn den Polypen; der iſt ein wahres Thier, bat einen Kopf, frißt willkuͤhrlich, legt Eyer, aber die Jagen wachſen ihm auch aus dem j Leibe heraus, wie die Zweige auf den Baͤumen. Erin⸗ nert euch nur an den N: Ihr ſeyd nicht in | SER % Ri 0 Allgemeine Naturgeſchichte. 21 Stande, das Ende zu beſtimmen, an dem ſein Kopf iſt. Der Bandwurm ſcheint eher ein Stuͤck von den Gedaͤr⸗ 5 men eines andern Thiers zu ſeyn, als ein eigenes Thier. Aber nehmt eine Biene, eine Weſpe „eine Muͤcke! wie viele Glieder hat fie ſchon! Die Sommervoͤgel haben auf i ihren Fluͤgeln eben ſo viele kuͤnſtliche Federn, als die wahren Voͤgel haben. Der Fiſch ſcheint nur ein Klumpen Fleiſch zu ſeyn; es iſt ein Thier faft ohne Hals und Bruſt, ohne Vorder » und Hinterfuͤſſe: aber die genauſte Proportion iſt doch beobachtet; keine Floſſe darf weiter vorne oder hinten ſtehn, wenn er noch ſo, wie vorher, ſchwimmen ſoll. Die Schildkroͤte hat eine Bedeckung aus einem Stuͤck; die Fiſche, die Schlan⸗ gen und einige e vierfüßige Thiere, z. B. das Guͤrtel⸗ thier und das Schuppthier in Amerika, haben mehre- re Schilder und Ringe auf dem Seite. Der Froſch hat noch keinen Schwanz; die Eidechſe hat ihn, alle Voͤgel „haben ihn, und die meiſten vierfüßigen Thiere. Unter den letzteren fliegt auch die Fledermaus mit haͤutigen x Flügeln, aber Federn hat fie nicht. Der Vogel, Strauß | hingegen hat Haare, und fliegt nicht, weil er zu ſchwer iſt. Die vierfuͤßigen Thiere weichen in den Zaͤhnen, im Kopf, im Maul, im Magen unmerklich von einan. der ab. Wie nahe iſt der Haſe mit dem Caninchen, und der Hirſch mit dem ee verwandt! Die Katze und der Luchs gehoͤren offenbar in Ein Geſchlecht. Der Hund, der Wolf und der Fuchs paaren ſich ſogar mit einander. Wenn das Pferd auch ein ſchwarz⸗ braunes Kreuz uͤber den Ruͤcken, und auch nur unten am S chwanz lange Haare haͤtte. wie wolltet ihr es vom Eſel unterſcheiden? Auch Schafe und d Ziegen vermi⸗ „ 18 \ 22 Allgemeine Naturgeſchichte. ſcheen ſich mit einander, wenn ihr die Heerden zuſemmen austreiben laſſet. Beſchauet die Vorderpfote des Baͤren und des Mauſwurfs — hat ſie nicht viel Aehnlichkeit mit der Menſchenhand? Und wenn ihr einmal Gelegen« heit habt, einen Elephanten zu ſehen, ſo werdet ihr über den fleiſchichten Ruͤſſel erſtaunen, der dieſem großen Thier vom Kopf herabhaͤngt, und den es mit der be wundernswuͤrdigſten Geſchicklichkeit gerade ſo, wie wir unſre Haͤnde und Finger, zu allem Geſchaͤften brauchen kann. Ihr habt wohl ſchon den Nachahmungen der Affen zugeſehen. In Indien ſind einige beynahe fo groß wie Menſchen; ſie gehen auch aufrecht, wie wir; ſie gehen am Stock, eſſen, trinken, ſchlafen im Bette, ſetzen ſich an Tiſch, leben ordentlich unter den Menſchen, wenn man ſie zahm macht, erben auch die Blattern vom Menſchen; es fehlt ihnen nichts, als Sprache und Ver⸗ nunft. — Lernet daran, wodurch ihr euch wirklich vom Thier unter ſcheiden koͤnnt. An unſerm Koͤrper iſt nichts, das wir allein haͤtten. Aber Vernunft, Geſelligkeit, Umgang und Gefaͤlligkeit gegen andre, Empfindungen der Lebe und Dankbarkeit gegen Gott und Menſchen, das iſt das, was den Werth und den Adel eurer Natur ausmacht. Das iſt auch zugleich der Weg, auf dem ihr in der Reihe der Weſen immer höher ſteigen, „ und f endlich! den Platz des Engels einnehmen koͤnnt. III. Ihr koͤnnt aber auch daraus auf den weiten | Umfang der Natur, auf die Größe der Schöpfung den Schluß machen. Von den vielen praͤchtigen Sternen, die ihr in der Nacht am Himmel glänzen ſeht, will ich euch noch nichts ſagen. Bleibt nur mit euten Gedanken auf A a Alden Naturgeſchichte. 23 5 auf der Erde, und feffe euch einmal, wenn ihr koͤnnt, das alles vor, was auf und in unſrer Erde iſt. Ihr koͤnnt ihren Umfang auf 25 Millionen Meilen ins Ges vierte rechnen, und dieſer ungeheure Raum iſt ganz be⸗ voͤlkert. Pflanzen, Thiere, Erd- und Steinarten find uberall. Vor wenigen hundert Jahren entdeckte man den vierten Weltcheil, Amerika. Die europäifchen Voͤlker haben ſich in die großen und weiten Laͤnder ge⸗ ei, aber nur das Allerwenigſte davon iſt angebaut. Vor wenigen Jahren entdeckte man den fünften Welttheil, Auſtralien; auch dieſer iſt groͤßer als Europa, aber wir kennen kaum einige Inſeln. Ihr wuͤrdet es in eurem ganzen Leben nicht alles hören koͤnnen, was man ſchon von den I Menſchen „ von den Bergen, Seen, Stroͤmen, Waͤldern, Thieren, Gewaͤchſen und Steinen der laͤngſt bekannten Welttheile geſagt, erforſcht und geſchrieben hat. Und doch ſind noch in Europa ſehr ſchoͤne und be⸗ traͤchtliche Laͤnder, die nie genau durchſucht worden find. Man findet noch jetzt immer neue Inſecten, und Fiſche, von denen man vorher nichts wußte; unſre Pfuͤtzen wim⸗ en noch von Würmern, die unfern Vorfahren nie vor die Augen gekommen find; das Regiſter der Pflanzen iſt erſtaunlich groß, kein menſchliches Gedaͤchtniß kann alle Namen behalten: und doch ſtehen gewiß noch auf manchen Bergen und Huͤgeln Kräuter, Mooſe, Schwaͤm⸗ me, die noch kein Kenner beſchrieben hat. Von Afrika wi.ſſen wir faſt nichts. Die ermattende Hitze des Lan⸗ des, der Mangel des Waſſers, die dicken Waͤlder, die zungebahnten Wege, die ſchrecklichen Berge, und die Menge der wilden Thiere machen es zur Zeit beynahe wg, das Innre dieſes Welttheils, der doch fo 00 FM 34 viele 41 24 Allgemeine Naturgeſchichte. 5 viele Merkwürdigkeiten in ſich faßt, zu ſtudieren. Und was meynt ihr mag noch in den Tiefen des Erdbodens verborgen ſeyn? ? Unſre tiefſten Bergwerke bedeuten nichts, | wenn man fie mit der Dicke des Erdkerns vergleicht. Man hat die Schale der Erdkugel ein wenig aufgeritzt. In Ungarn arbeiten die Bergleute 286 Klafter tief in der Erde; aber das iſt gerade, als wenn ein Murmel⸗ thierchen in den Alpen ſich eine Schlafſtaͤtte ausgraͤbt. 1 Auch die größten Höhlen, die man kennt, reichen kaum bis an den achttauſendſten Theil des Durchmeſſers der Erde, der 1720 deutſche Meilen betraͤgt. Rechnet dazu die unuͤberſehbaren Felder des Meers, unter deſſen Wel⸗ len noch weit mehr Geſchoͤpfe vorhanden find, als auf dem feſten Lande. Allein die See auf der ſüͤdlichen Haͤlfte der Erdku gel iſt mehr als zehntauſend Meilen breit, und im Durchſchnitt koͤnnt ihr die Tiefe des Meers im⸗ mer gegen zweyhundert Klafter rechnen. Nun iſt es unmoͤglich, euch beſtimmte Zahlen von der Menge der lebenden Thiere, von der Summe der vorhandenen Pflan⸗ zen, und von den Verſchiedenheiten der Erdarten, der Steine, der Salze und der Erze anzugeben. Ihr findet Thiere an Thieren, und Thiere in Thieren. Die klein⸗ ſten ſind im kaͤlteſten Wintermonat am zahlreichſten. Schafe giebt es in Rußland ſo viel, daß man nur das Talg davon braucht, und das Fleiſch wegwirſt, daß man die Schafmutter wenige Tage vor dem Lammen aufs ſchneidet, nur um das ungeborne Schaffell zu haben, Die blutrothen Flecken an den Haͤuſern und auf dem Waſſer entſtehen insgemein von einer fuͤrchterlichen Men⸗ ge Inſecten. Denkt einmal, wie viele Haſen alle Jahre ſterben muͤſſen, um. für ſo viele Menſchen Huͤte zu machen! . . * - * „ 1 * \ *. — Allgemeine Maturgeſchichte. 25 = Ihr koͤnnt tauſend Millionen Menſchen auf dem Erdbo⸗ 705 den rechnen, und von dieſen allen ſtirbt ſelten einer in deiner wahren e Koͤnntet ihr ſagen, wie viel ihr und eure Vaͤter (wir wollen nicht bis zum Große vater zuruͤckgehen,) ſchon Weizen, Roggen, Haber, Duͤnkel, Gerſte, Grundbirnen, Welſchkorn, Erbſen, Bohnen, Wicken, Linſen, Ruͤben und Obſt nur von euren Feldern in die Scheunen gefuͤhrt haben? Ihr ſehet oft große Zuͤge von Maſtochſen durch das Land gehen, die in volkreichen Staͤdten ihren Tod finden. Die Rech⸗ nungen zeigen am Ende des Jahrs, daß eine fuͤrchterliche Zahl ausgetrieben wurde; und das iſt doch noch Klei⸗ nigkeit gegen die Viehzucht in der Schweiz, in Holland, in Friesland, in Hungarn, in Polen, in Juͤtland ıc, Ein Schaf traͤgt nicht viele Welle alle Jahre, und doch wird faſt kein Menſch in Europa ſeyn, der nicht etwas Wolle brauchte zu ſeiner Kleidung. Wie viel Getreide freſſen nur die Pferde, die zur Pracht gehalten werden? Von den Fiſchen will ich eich nichts ſagen, als daß ein großer Theil des Menſchengeſchlechts verhungern muͤßte, wenn uns Gott einmal dieſen Segen entziehen wollte. Daß man mit Krammetsvoͤgeln, mit Lerchen, mit wilden Enten, mit fetten Kapaunen, mit jungen Huͤhnern, mit Ortolanen, mit Gaͤnſen ꝛc. handelt, iſt bekannt. Wie viel gewinnen die armen Inſeln der Oſtſee am Pflaum der Eyder! Wie viel Gold, Silber, Kupfer, Eifen, Bley, Zinn und Queckſilber hat man ſchon aus der Erde gezogen! Ganze Koͤnigreiche feuren und kochen mit Steinkohlen; andre Laͤnder ſtechen Torf aus, und indeß daß man hier die Gruben erſchoͤpft, | wäh: an einem andern Ort wieder Vorrath für die B 1 ſpaͤte — 26 Allgemeine Naturgeſchichte. ſpaͤte Nachwelt. Zu allen unſern kaͤglichen Bedürfniffen 1 / brauchen wir viel Holz: aber, glaubt mir, das ift noch Kleinigkeit gegen die Menge des Holzes, die zum Schiffs. bau und auf ka erfordert wird. Auch kann man über gar viele Fluüſſe in der Welt kaum ſteinerne Bruͤcken bauen. Daher ſind in der Schweiz ſo viele Nheinbruͤcken, wovon beynahe jede einen Wald von Baͤumen gekoſtet hat, und noch taͤglich koſtet. Und das alles giebt Gottes reiche Natur beſtaͤndig her! Es darf keine Pflanze ausgehen, es darf kein Thier abſterben, es geht nichts Gutes ganz verloren in der Schoͤpf ung: Gott ſorgt für alles, und denkt immer an alles. Das und mit Dank und Lob gegen ihn afülen. 13 1 2 IV. Allein, wenn gleich ſo viele und vielerley Dinge 0 der Natur vorhanden ſind, ſo iſt doch auch das Kleinſte nicht uͤberfluͤßig oder unnuͤtze. Denn alles, 100 da iſt, iſt zu irgend einem Zweck brauchbar. Wir muͤſſen nur nicht glauben, daß alles zunächſt und allein für uns geſchaffen ſeyn muͤſſe, und daß alles, was wir nicht eſſen, oder an unſerm Leibe tragen, oder in unſre Haͤuſer nehmen koͤnnen, gar ohne alle Beſtimmung in der Welt ſey. Der Menfeh darf alles benutzen, dazu hat er Vernunft: aber was ihm nicht gefaͤllt, daruͤber £ freuen ſich viele andre Thiere, und ſaͤttigen ſich damit. Ihr kennt die Kaͤfer, die vom Miſt der größeren: Thiere leben; die Voͤgel, die das unverdaute Haberkorn im Auswurf der Pferde aufſuchen; die kleinen Spazen und muß euch freylich, meine Lieben, das Herz ee — 4 * Finken, die im Winter die Saamen der Stauden und Waldpflanzen aus EEE bervorziehenz die Maiſen, | ' | die 2 * \ Algemene Saturgefgichte 27 die Inſeeteneyer von den Baͤumen ſammlen, 115 jeden ausgefallnen Kern unter dem Schnee zu finden wiſſen. Von den feinen Moosfaͤden, die im Rheinwaſſer ſchwim⸗ men, vom Schlamm der ſtillſtehenden Waſſer auf den Wieſen, leben die Karpfen. In Tyrol handeln die Menſchen mit Canarienvoͤgeln; auf dem Schwarz⸗ wald dient das häufige Holz zur Ver fertigung allerhand hoͤlzerner Waaren, die in der ganzen Welt herumgetra⸗ gen werden. Im Städtchen Geiß! ingen bey Um ſind viele Beindrechsler, die die Ochſenknochen verarbei⸗ ten. Bis ein Baum ganz verfault iſt, wenn er einmal anfängt abzuſterben, hat der Schöpfer wieder viele tau⸗ ſend Raupen, und durch dieſe wieder viele Spechte und andre Vögel ernaͤhrt. Die Ameiſen bleiben in ihren Löchern, ſobald Kaͤlte und Regen kommt: aber am war⸗ men Sommertage holen ſie jedes ſuͤße Troͤpfchen Saft, das auf dem Laub der Baͤume ſitzt, und vorher ſchon durch den Lib der Blattlaͤuſe gegangen iſt. Aus dem 54 der Thiere, und aus der Aſche des verbrannten Holzes zieht man noch S alze heraus, die zum Waſchen, zum Faͤrben, zur Seife dienen. Eine Schildlaus, die an den Wurzeln vieler Pflanzen fig t, haben eure Vaͤ. ter ehemals in Teutſchland um Johanvistag geſammelt, und damit ſaͤrbte man das bekannte Scharlachroth. Ihr koͤnnt euch vorſtellen, daß ihr das Buch jetzt nicht fo leicht und wohlfeil haben koͤnntet, wenn man nicht aus abge: tragenen zumpen, d. b. aus abgenutztem Hanf und Flachs, Papier machen konnte. Die Butterblume waͤchſt an Pfuͤtzen und Graͤben, aber ein kluger Arzt weiß ſie zu brauchen. So manches von euch nicht ge⸗ e . iſt den Thieren im Wald eine ſchmack. haſte 77 — 5 Allgemeine Naturgeſchichte. af ala ai; 3 2 “ „er — hafte S Speiſe, oder eine heilſame Arzney. Alle Haare, H Wollflocken, Strohhalme, Heufaſern und Moosfäden, | die verloren gehen, ſammlen die Voͤgel zu ihrem Neſte. Im Sommer werdet ihr in den meiſten Schwaͤmmen, wenn ihr ſie entzweybrecht, Raupen finden. Wie vor⸗ trefflich koͤnnen wir die Federn der Voͤgel, die Gall⸗ aͤpfel, und die Rinde der Eichen, die Nußſchalen, und fo viele oͤl⸗ und mehlreiche Saamen brauchen! Was iſt kleiner, als Taback⸗ und Kartoffelſaamen? aber wie nuͤtzlch, wie gut! Nehmt einmal nur den Sand aus der Welt, wie viele Vortheile werden wir zugleich verlieren! wie viele Thiere werden darunter leiden! | Sehet ihr nicht im Sommer, daß bie fleißige Biene in mancher Blume Honig und Staub ſucht, die ihr nicht 6 anſehen mochtet? Eure Waldungen wuͤrden von der Hitze und von der Kaͤlte leiden, wenn nicht ſo viele Mooſe darinnen wuͤchſen, die den jungen und den alten Baͤu⸗ men nuͤtzlich find, Uns kommt manches klein vor, weil wir nicht wiſſen, wie viel Gutes dadurch entweder wirk⸗ lich geſchieht, oder doch darinnen verborgen liegt. Aber ihr duͤrft gewiß glauben, daß in der Haushaltung der Natur das Geringſte a gewiſſen Abſichten angewendet wird. Was ein Thier liegen laͤßt, daruͤber iſt das an. dre froh. Die Natur kann alles brauchen, weil ſie gar viele Koſtgaͤnger hat. Nehmt euch das zum Muſter in eurer eigenen Haushaltung, und beweiſet im Kleinen | eben die weiſe und vorſichtige Sparſamkeit, die d Schoͤpfer, ſeines grenzenloſen Reichthums grace, in der großen Welt beobachtet. Wer ſelber gar nichts ſchoffen, nichts wirklich hervorbringen kann, der darf ie: um w weniger verſchwenden. zig * 80 Allgemeine Raturgeſchichte. 29 7 1 V. Ich erinnere mich noch des großen Vergnuͤgens, das uh der Anblick meiner kleinen, und noch lauge nicht vollſtaͤndigen Sammlung aus den Schaͤtzen der Natur gemacht hat. Ihr b bewundertet da die 8 tig ⸗ eit der Natur, und ihr hattet Recht. Es iſt eine un⸗ beſchreibliche Verſchiedenheit unter den Geſchlechtern der Thiere, unter den Familien der Pflanzen, unter den Steinen und Mineralien. Die Blattläufe legen durch den ganzen Sommer lebende Jungen, und die letzte Brut im November beſteht aus Eyern. Bey vielen Wuͤr⸗ mern entwickelt ſich das letzte Gelenk in ein Junges. Die Eyer der Schlangen und der Eidechſen haben keine harte Schale, wie die Vogeleyer, und werden nur von der Sonne ausgebruͤtet. Es giebt im Meer Fiſche, die in den Floſſen ein Loch haben, und doch nach Belie⸗ ben ſchwimmen koͤnnen. Bey andern ſind die beyden Deckel uͤber den Kiehmen ſeſt angewachſen, find unbe, weglich „ und ſie leben doch. Die 2 ahne des Hundes | Find, vom Gebiß der Maus fehr unterſchiedenl. N wied derkaͤuenden Thiere haben in der obern Kinnlade vor⸗ ne keine Schneldezaͤhne; bey vielen Fiſchen ſitzen noch Zähne am Eingang des Schlundes. Einige Inſecten haben viele tauſend Augen, andre Geſchoͤpfe haben nur zwey hintereinander. Die Hayen können ganze vier⸗ füßige Thiere verſchlucken; das Chamaͤleon lebt von wenigen Fliegen einen ganzen Tag; und der Froſch, die Krdte, die Schlangen, die Landf ſchildkröten, die Fledermaus, liegen durch den ganzen Winter im Schlaf ohne alle Nahrung. Wir haben zwey Augen⸗ lieder, der Vogel hat drey; wir haben fleiſchigte Lip⸗ pen, ı er N einen hornartigen Schnabel; bey uns ſteht \ die Pr 30 Allgemeine Naturgeſchichte, a die Naſe aus dem Geſicht hervor, er hat nur ganz ie | ne Maſenloͤcher. Bey uns iſt der Hals kurz und ſtark, die Waſſervoͤgel haben ihn ſehr lang. Bey den wenig⸗ ſten vierfuͤßigen Thieren ſteht an der vorderen Pfote der Daumen ſo weit zuruͤck, als bey uns. Nur am Reunhirſch in Lappland, und an unſerm Haſen hat man eine ſichtbare Ungleichheit in der Bildung der Fuͤße bemerkt. R ach allen Beobachtungen iſt die Witterung | nicht einmal der Witterung eines andern Jahrs gleich, und doch habt ihr immer Heu machen, die Erndte ein⸗ ſammlen, und euch im Herbſt uͤber den Moſt freuen koͤnnen. Ich Buß. euch ein andermal die Witterung i im gelobten Lande der Juden erklaren, damit ihr verſteht, was in der Bibel fo oft Fruͤh- und Spatregen bedeutet. In der Welt giebt es Gegenden, wo oft lange kein Res gen. fälle, wo faſt keine Quellen find, wo es nie ſchneyt, wo nie das Waſſer zu Eis gefriert, wo man euch, wenn ihr vom zugefrornen Rheinſtrom erzaͤhltet, fuͤr Wahn⸗ witzige anſehen würde, Wir müßten bis um Mitter⸗ nacht beyſammen ſeyn, wenn ich euch nur aus einer Claſſe von Thieren die vornehmſten Verſchiedenheiten ſagen wollte. Jedes Thier iſt ein eigenes Weſen. Die Seebaͤren, Seekuͤhe und Seeldwen ſchwimmen, freſſen, jagen im Meer, und ſchlafen auf dem Felſen am Ufer. — Einige Krebſe haben eine ſehr lange Schere zum Suchen der Nahrung, und eine ſehr kurze zum Einſtecken in das Maul, das bey ihnen nicht am Kopf, ſondern unten am Bauch ſelber ſizt. Im Meere koͤn⸗ nen gar viele Thiere den Ort, wo ſie geboren ſind, gar nicht verlaſſen, und ſterben auch auf demſelbigen Pla. Im Herzen, im Blut, in der Lunge, in der Leber, im Machen | \ R Allgemeine Naturgeſchichte. | 31 Magen, in den dicken und dünnen Gedaͤrmen, kurz in jedem Glied hat der Schoͤpfer viel Verſchiedenheit ange⸗ bracht. Die Crocodile ſpeyen ihren Koth wieder durch das Maul aus. Andre Thiere wuͤrden davon ſterben, bey dieſem Thier ift es die natürliche Bauart ſeines Koͤr⸗ pers. Gold und Silber verliert durch das heſtigſte . und anhaltendſte Feuer nichts von ſeiner Schwere, aber eine Stange Eiſen ſchmelzt am Feuer. Mit Schwefel kann man dieſes Metall gar leicht zerſtoͤren. Bley zerſchmelzt in einer mittelmaͤßigen Saͤure; aber wir ken⸗ nen noch kein Mittel, Gold und Silber in ihre Be⸗ ſtandtheile aufzuloͤſen. Kupfer und Zinn laſſen ſich unter dem Hammer aus einander treiben. Man kann ſie drehen, fi ſchneiden, hobeln, poliren, mit andern Me⸗ tallen verſetzen; aber Spießgl las, Wißmuth, Zink und Kobold zerſpringen unter dem Hammer, und gehen auch in einem maͤßigen Feuer gleich davon. Das ſind jetzt nur einige Proben von der, unendlichen Verſchieden⸗ heit in den Werken Gottes. Es iſt gar manches wirk⸗ N lich vorhanden, was br, nicht für möglich: anſehen ſolltet, z. B. die vielen Wuͤrmer im Leibe der Kinder, die oft noch nichts als Muttermilch getrunken . die Bandwuͤrmer im Gehirn der Schafe, der Ochſen; die Bremſeneyer im Maſtdarm der Pferde ze. Ihr koͤnnt daraus auf die Allmacht Gottes den Schluß ma⸗ chen. Nicht zwey Blaͤtter, nicht zwo Schnecken, nicht zwey Holzſtüͤcke, nicht zwo Raupen, ſind ſich voͤllig gleich. Und doch machen alle dieſe ſo ſehr verſchiedene Weſen ein Ganzes aus, in welchem die vollkommenſte Ordnung herrſcht. Die Schoͤpfung iſt eine große Armee, die aus vielen enen beſteht, wovon faſt jeder Mann | feine 32 - Mfgemeine Srattirgefhichteh feine eigene Kleidung Hat, Aber der Wille des Ober herrn fuͤhrt ſie alle nach ſeinen Abſichbe und e durch ſie A, was er will. VI. Ihr habt in der Mannichfaftigfeit der Natur die Größe Gottes geſehen. Die Austheilung der Na. turguͤter auf der ganzen Erde kann euch ſeine Weisheit lehren. Jede Gegend, jedes Land hat die Nahr ungs⸗ mittel, die Thiere, die Alrzneypflanzen, die es haben muß; und ein andres Land hat wieder andre Vorzuͤge. Ihr wiſſer ſchon von euren 1 daß manches auf ihren Feldern beſſer geräch als auf euren, und- wieder umgekehrt. Flachs geräth nicht allemal da, wo man Hanf bauen kann. Das Kohl und Kappiskraut wird nicht uͤberall gleich groß, man mag Setzlinge kom men laſſen, oder nur den Saamen auswerfen. Das Land um Ulm herum iſt wegen feiner Spargeln berühmt. - In Engelland waͤchſt mehr Weizen als Roggen. An manchen Orten kann man mit aller Muͤhe keine . — Birnen ziehen, und ebendaſelbſt wachſen Aepfel im Ueberfluß. Forellen ſind am liebſten in Berg- und Woldwaſſern. Aeſchen find in vielen andern Fluͤſſen, außer dem Rhein, eine große Seltenheit. Im Mayn find keine Lachſe, und alſo auch keine Saͤlmlinge. Die Menſchen, die am Meere wohnen, haben dagegen wieder viele andre Fiſche, die ihr nicht anders als ein. geſalzen, oder geraͤuchert, getrocknet erhalten koͤnnt, 3. B. die Heringe, die Stockfiſche, die Makrelen. Wir haben nur eine Gattung Krebſe in unfern ſüßen Waſſern: aber im Meere ſind noch mehr als ſiebenzig Arten, große und kleine, mit Schwaͤnzen und ohne Schwanz, und ſie machen einen großen Theil der Ernaͤh. rung * 7 zu Algemeine Naturgeſchiche. 33 0 tung für Menfchen eb für Thiere aus. Wo das Fie⸗ ber zu Hauſe zu ſeyn ſcheint, da waͤchſt auch der Baum, der die Chinarinde liefert, und andre heilſame Pflanzen. In Aegöpten, wo viele Froͤſche, Kroͤten, Eidechſen ꝛc. find, da kommen unſre Storche, viele Reiher und andre Waſſervoͤgel zuſammen, und freſſen den Ueberfluß weg. In heißen Landern laufen die kleinen Fuͤchſe, von welchen Simſon ſo viele gefangen hat, noch jetzt ſchaarenweiſe herum, heulen in der Nacht, und freſſen alles Aas, und manches Lebendige, was ſie erhaſchen koͤnnen. Alle heiße Laͤnder wimmeln von Inſecten; aber es find auch dort vierfuͤßige Thiere, Voͤgel, große Froͤſche und ungeheure Schlangen, die die vielen kriechen⸗ den und ſchleichenden Thierchen wegſreſſen müffen. Bey uns muͤßten die Ameiſenbaͤre verhungern; aber in Amerika finden fie hinlaͤnglichen Vorrath, und find da⸗ ſelbſt auch ſehr nuͤtzlich. Ihr habt am Pferd ein viel angenehmeres Geſchenk, als der Araber am Cameel. Aber in die heißen mit trocknem Sand bedeckten Gegen» den ſchickt ſich kein Thier beſſer, als das Cameel. Da⸗ her findet ihr auch in der Bibel, daß es die erſten Men⸗ ſchen in Aſien beſtaͤndig als Laſtthier gebraucht, ganze Cameelheerden gezogen, und ihre Reifen damit ge⸗ macht haben. Als man die neue Welt, oder Amerika entdeckte, da waren dort (um euch nur einige zu nennen,) keine Pferde, keine Ochſen, keine Eſel, keine Schafe, keine Ziegen, keine Schweine, keine Hunde, keine Katzen. Aber Bären, Wölfe, Fuͤchſe, Rehboͤcke, Hirſche, Luchſe, Wieſel und Marder find der alten und der neuen Welt gemein. Hingegen ſind auch wieder ganz eigene Thiere in n Amerika, 3. B. die Beutelthiere, die Guͤrtelthiere ꝛc. C — — — Afrika 34 Allgemeine Narugelchen Afrika hat wieder feine: eigene Thiere, und zwar kom⸗ men dort die allerſonderbarſten vor; z. B. das Nashorn. In Europa war ehemals kein Ochſe. Die Phönicier, die erſten Kaufleute in der alten Welt, die von Tyrus aus handelten, von welcher Stadt Eſaias und Ezechiel 5 oft reden, haben dies nuͤtzliche Thier nach Europa ger bracht. Auch muͤßten wir die Kirſchen, die Pflau⸗ men, die Pferſiche, die Apricoſen, den Weinſtock ꝛc. wieder hergeben, wenn wir nur die Pflanzen. behalten ſollten, die eigenthuͤmlich in unſern Welttheil gehoͤren. Weiſe und gütig find ſogar die kleinern Voͤgel in die Lander vertheilt. Wir koͤnnen die Finken, Maiſen, Bachſtelzen, Nachtigallen, Rothkehlchen ꝛc. nicht entbehren, wenn ſich die Raupen nicht ſchrecklich aus⸗ breiten und alles wegfrefjen ſollen. Baumwolle kommt in Teutſchland nicht in freyer Luft fort; wir koͤnnen auch, weil es oft regnet, die Seidenraupe nicht auf dem Maulbeerbaum ſelber ſitzen und fpinnen laſſen: daher iſt Baumwolle und Seide bey uns theuer, aber dafuͤr haben wir Hanf und Flachs im Ueberfluß zu unſrer Bedeckung. Dazu kommt die Schafwolle, die man in warmen Laͤndern nicht noͤthig hat; daher hat auch das Schaf dort keine Wolle, ſondern nur Haare. Die Menge des guten und trinkbaren Waſſers in allen nicht zu warmen und nicht zu kalten Laͤndern iſt ein gluͤcklicher Vorzug vor den heißen Weltgegenden. Ihr ſeyd ſchon aus dem erſten Buch der Weltgeſchichte, das Moſes geſchrieben hat, mit den Streitigkeiten bekannt, die uͤber gefundene Quellen und Brunnen unter den Hirten | Abrahams und ſeines Bruders, ſo lange ſie beyſammen waren, gar nicht aufhoͤrten. Das Waſſer iſt dort ſo | | | Mal Allgemeine Naturgeſchichte. 35 rar, daß man den Ort der Quelle einfaßt, verſchließt, | und verſiegelt. Daher find in den dortigen Waldungen viele rohrartige Pflanzen, die ganze Maaße Waſſer enthalten, und dieſe hauen die Reiſenden, wenn ſie der Durſt quaͤlt, ab. Auch iſt der wilde Honig, den die Bienen in die Baͤume und in die Steinritzen trage N, eine Erquickung des Wandrers und der Hirten, wie ihr ebenfalls aus der h. Schrift wißt. In heißen Laͤn⸗ dern wachſen Baͤume, aus deren Rinde man Kleidungs⸗ ſtuͤcke verfertigen kann, Eine unendliche Menge von Baum- und Erdfruͤchten, von eßbaren Wurzeln, von Beeren, Nuͤſſen, Melonen, Feigen, Granaten ꝛc. iſt dort. Die weiten Baͤume und Pflanzen haben dort im ganzen Jahr Bluͤthen und Fruͤchte. Ihre große Blaͤtter, und die großen, zahlreichen und weitgeſtreckten Aeſte werfen Schatten, und dienen zur Bedeckung der Wohnungen. Die Palmen ſind insbeſondre große, g majeftätifche Baͤume, und man kann alles von ihnen brauchen. Um die Luft durch die Ausdüͤnſtung abzukuͤh⸗ len, find auch die größten Ströme in den heißeſten San. dern, und die hoͤchſten Berge fuͤhrte die Natur dort auf. Weil viele ſtillſtehende Waſſer, und die Suͤmpfe, die das Meer verurſacht, gar einen haͤßlichen Geſtank oft machen, ſo ſind auch dort wieder viele Gewuͤrzpflanzen, viele wohlriechende Baͤume, die die faule Luft verbeſſern, wenn man ſie nicht zu ſtark abtreibt. Zur Schafzucht find alle heiße Länder vortrefflich, weil dies Thier trockne, duͤrre Gegenden liebt. Daher iſt in Europa die ſpani⸗ ſche Schafzucht die allervorzuͤglichſte. Der Eſel iſt in warmen Landern viel ſchoͤner, groͤßer, geſchwinder, hur⸗ tiger „und wird daher dort zum Tragen, Ziehen und C 2 N Reiten, 36 Allgemeine Parurgefhichte: Reiten, ſelbſt von Koͤnigen, gebraucht, An gar vielen Orten fuͤhrt die Bibel Eſelheerden als ein Stuͤck vom Reichthum der Morgenlaͤnder an. Sie gehen viel ſiche. rer Berg an und Berg herab, als die Pferde, und müfe ſen ber alles uͤber die döchſten Gebirge ſchleppen. In Amerika iſt der Biſon oder Buckelochſe, und fein Buckel zwiſchen den Schultern iſt beym Tragen des Ge⸗ treides und andrer Lebensmittel auf den ſteilen Bergen, wo man kein Fuhrwerk brauchen kann, ſehr bequem, indem dieſer Auswuchs auf den ziemlich abſchuͤſſigen We⸗ gen die Saft aufhäle Aber auch die kallen Laͤuder ha⸗ ben ihre ee liche Reichthuͤmer: viel Eiſen, viel Kupfer, viele Steine, viele Kalkgruben, viel und vier lerley Holz, womit noch ein ſtarker Handel getrieben wer⸗ den kann, viele Steinkohlen, viel Pech und Harz, noch. viele andre oͤlreiche gg e koſtbare und ſehr dicke Pelze, einen unaufhoͤrlichen Ueberfluß von Fiſchen, aus deren beſonders großen und dicken Lebern fuͤr die langen Winternaͤchte Oel geſotten werden kann; viele Waſſer⸗ vogel, deren Fleiſch, Eher und Pflaumfedern genutzt werden; viele Beeren von Stauden auf den kahlſten Felſen, viel Gerſte zum Bier, viel Haber, viele Strich⸗ voͤgel, viel Wildpret in den Waldungen, große See⸗ thiere, die auf den Felſen am Meer todtgeſchlagen werden, viele warme Waſſer und Geſundbrunnen ꝛc. Am aͤußer⸗ ſten Ende der Erdkugel iſt das leben der Menſchen freys lich lange nicht ſo angenehm und leicht, wie bey uns; aber Gott ernährt doch auch dort feine Menſchen. Die Leute kennen kein größeres Gluͤck, und find mit ihrem Schickſal zufrieden. Man hat Islander, Lapplaͤn der und Grönlander nach Europa gebracht; aber fie wollten * Allgemeine Naturgeſchichte. 0 37 i ö wollten i in den Koͤnigsſtaͤdten, wo alles Schoͤne zuſam menkommt, nicht bleiben, und baten, daß man ſie wie⸗ der, weil ſie das Heimwehe hätten, zu ihren Eisbergen laſſen möchte. Ihr habt das allerdings als eine große Güte Gottes anzuſehen, daß auch dieſe Menſchen in ei⸗ nem erſchrecklichen Sande, wo ſechs, acht Monate lang Nacht, und die allerſtrengſte Kaͤlte iſt, ſich doch wohl befinden. Das Nordlicht, das ich euch ſchon etliche mal gezeigt habe, iſt dort ſtaͤrker und häufiger, Das Meer verſorgt ſie das ganze Jahr mit Fiſchen. Die Fauͤchſe, Bären und Wölfe geben ihnen Pelze. Holz werſen ihnen auch die Wellen des Meers aus. Molken und Waſſer iſt ihr Trank. Damit fie von dem ewigen Fleiſcheſſen nicht krank werden, tragen die Stauden viele gute Beeren fuͤr ſie, und beſonders waͤchſt Sauerklee und Loͤffelkraut überall. Selbſt die Wallfiſche im Meer werden von ihnen überwältigt, und muͤſſen mit ihrem Speck und Fleiſch dieſe Se ernaͤhren. Im Winter verkriechen fie ſich zum Theil in tiefe Löcher unter dem Boden, und leben von getrockneten Fiſchen. Fuͤr fie find auch die Gaͤnſe und Enten fehr wichtig, die von Zeit zu Zeit, und ſo an daß man darauf rech⸗ nen kann, dort in ſolchen großen S chwaͤrmen ankommen, wie ihr hier gar keine zu Geſicht bekommt. Der Lapp⸗ ‚länder lebt faſt ganz vom Rennthier; davon hat er ganze Heerden, weil man von dieſem Thier alles brauchen kann, und es nur von einer Gattung Moss lebt, die es immer unter dem Schnee hervorkratzt. Eben ſo ſchlaͤgt man in Groͤnland die Seehunde kodt, und auch dieſe koſten die Leute nichts. Im Meer werden ſie groß und un von Ziſchen, und außer ihrem Fleiſch brauchen die s C3 Groͤn⸗ . 38 Allgerneine Naturgeſchichte. Groͤnlaͤnder auch das Fell, das Blut, die Sehnen, die Knochen, kurz alles, was an dem Thier iſt, iſt nüglich. 5 Ohne dieſe Thiere koͤnnte man dort nicht leben. Die Guͤte Gottes waͤhlte dieſen Weg, ſchuf dieſe Thiere, und erhlelt ſie bisher, weil er fuͤr alle Laͤnder, fuͤr alle Men⸗ ſchen, für alle Geſchoͤpfe vaͤterlich ſorgt. Ihr braucht den Seehund und das Rennthier nicht, da ihr Ackerbau, Wieſen, Gaͤrten und Viehzucht habt. Aber das alles muß man an den aͤußerſten Gegenden der Erde entbehren, daher haben jene Bewohner wieder ihre eigene Mittel, die euch nicht noͤthig ſind, und win in eurem ne nicht ſtatt finden koͤnnten. \ VII. Damit die Natur immer ihre Schoͤnheit, ihre Reichthuͤmer behalte, und gleichſam immer jung, immer neu bleiben koͤnne, ſo findet ihr durch die ganze Welt eine außerordentliche Lebenskraft, einen ſehr ſtarken Trieb, viel Thaͤtigkeit und Wirkſamkeit verbreitet. Die Welt iſt ein großes Glockenſpiel, das nie ſtille ſteht. Ihr würdet erſtaunen, wenn ihr alles ſehen follter, was nur in einer Stunde in einem kleinen Bezirk der Welt geſchieht. Immer wird etwas zerſtoͤrt, und immer kommt wieder etwas neues an ſeine Stelle. Alles, was erſt angefangen hat, wird immer mehr entwickelt, und was ſchon lange gewaͤhrt hat, kommt ſeinem Ende immer naͤher. Der Rhein lauft immer fort, bis er in Holland in das Meer fälle. Was glaubt ihr ‚ was für Unorönungen würden in der Welt entſtehen, wenn er einmal wieder alle die Klippen, uͤber die er herabgefallen iſt, hinaufſteigen, durch den Bodenſee zuruͤckfließen, und wieder zu e Quelle zurückfehre wollte? Das Lecht — 8 4 Allgemeine Naturgeſchichte. 39 Licht der Sonne kommt ſchon, ſo lange die Welt ſteht, durch die Luft zu uns herab; es eilt mit der größten Ge⸗ ſchwindigkeit durch unermeßliche Raͤume, und ermuͤdet nicht. Die Luft iſt in unaufhoͤrlicher Bewegung, und ihr glaubt nicht, welche unausſtehliche Marter es fuͤr die Seefahrenden iſt, wenn ſie einmal auf dem Meere liegen bleiben müͤſſen, weil die Bewegung der kuft zu ſchwach iſt, das Schiff fortzutreiben. Im Waſſer wird be⸗ ſtaͤndig Erde, Salz und Oel unter einander gemengt; es dringt immer in die Roͤhren der Pflanzen; es ſteigt immer aus dem Meere in die Luft; aus der Luft faͤllt es zur Erde; in Duͤnſten ſteigt es wieder auf, und faͤllt wieder im Regen nieder. In der Tiefe der Erde arbei⸗ tet die Natur beſtaͤndig an Steinen und Metallen. Da kocht immer etwas; das unterirdiſche Feuer loͤſcht nie ganz aus; da geſchehen immer Aufloͤſungen und Ver. wandlungen; man kann an der ungeheuren Menge Bimsſtein, Traß, Sand, Schlacken ꝛc., die die feuerfpeyenden Berge in Italien, Island, Amerika c. ſchon ausgeworfen haben, ſehen, wie weit die verborgene Glut ſchon um ſich gegriffen haben muß. Ganze Staͤd⸗ te und Doͤrfer in Neapel wurden noch kurz vor Chriſti Geburt mit dem ſtroͤmenden Feuer uͤbergoſſen, und unter der alles uͤberſchwemmenden Gewalt begraben. Bis nur das Korn in Aehren ſchießen kann, müſſen viele Laͤuterungen und Vermiſchungen des Safts in dem Sten⸗ gel vorgehen. Sonnenwaͤrme, und der Druck der Luft, und das Schwanken des Halms im Winde, dieſe und noch mehrere Dinge müffen ſich vereinigen, den Saft in die Hoͤhe zu treiben, und ihn von einem Gelenk zum an⸗ dern fortzuſtoßen. Denkt dazu, daß jedes Blatt am m C 4 Baum 40 Allgemeine Katurgeihtee Baum das Seinige bun muß, wenn der Baum geſund 5 ſeyn ſoll; daß ſelber die Stiche der Inſecten in die Gewaͤchſe ihnen nicht allemal ſchaͤdlich ſind; daß die Erſchuͤtterung der Blume durch die Bienen und andre Innſecten zur Erzeugung des Saamens unentbehrlich iſt; daß die Natur da, wo wir glauben, daß ſie uns nur einen Apfel zum Eſſen verfchaffen wolle, im Inwendi⸗ gen vielleicht ein Dutzend Saamkerne bildet, und in jes dem Kern einen ganzen Apfelbaum im Kleinen ſchon ent⸗ wirft. Und nun zaͤhlt einmal die vielen tauſend Bluͤthen an einem Baum; zaͤhlt nur die praͤchtigen Blumenbuͤ⸗ ſchel der wilden Kaſtanie, die wie Federbuͤſche ausſe, hen! Auch auf den hoͤchſten Bergen, auch im trocknen Sand, auch in Pfuͤtzen und Moraͤſten iſt die Hand des Schoͤpfers immer geſchaͤftig. Denn uͤberall leben Thiere, und fuͤr dieſe muß die Natur ſorgen. Auch iſt es die Abſicht der Natur, daß alle Plaͤtze urbar gemacht wer⸗ den ſollen. Daher ſind ſo viele tauſend Pflanzen erſchaf⸗ fen worden; daher tragen fie fo viel Saamen, und has ben noch dabey eine Menge Knoſpen; daher kommen ei⸗ nige unter ihnen im Kalk, andre im Letten, andre im Sand, andre im Waſſer ſort. Ihr muͤßt auch nicht glauben, daß im Winter die ganze Natur ſtille ſtehe. Nur die jaͤhrlichen Pflanzen ſterben ganz ab am Ende des Sommers. Von andern ſtirbt ab, was uͤber der Erde war, aber die Wurzel treibt im Fruͤhjahr wieder. In andern langdaurenden Pflanzen zieht die Kaͤlte die Gefaͤße zuſammen, daß der Saft nicht eindringen kann; aber fuͤr dieſen Saft ſorgt der Schoͤpfer im Winter. Gar manches, das im Sommer ſchoͤn und friſch war, W jetzt faulen, und das alles funkt ſich in der Erde. Der * ee Allgemeine Naturgeſchichte. gu Der Schnee zerſchmelzt nach und nach „und die Erde ſaugt das alles, gleich einem Schwamm, in ſich. Gar viele Fiſche laichen mitten im Winter. Der Kreuzvo⸗ gel baut ſein Neſt im Chriſtmonat, und bruͤtet nach dem Neujahr. Von den kleinſten. Thieren findet man im Winter das Waſſer weit ſtaͤrker bevölkert, als im Sommer. Im Winter muß der Schöpfer für alle Froͤ⸗ ſche, Fledermaͤuſe, Baͤren, Schlangen, Schwalben und beten ſorgen, die in Schlaf verſunken ſind. Sie nehmen zwar in dieſem Zuſtande nichts zu ſich; aber das Triebwerk im Koͤrper, der Lauf des Bluts zwiſchen dem Herzen und der Lunge darf doch nicht ganz aufhören, wenn das Blut nicht gerinnen ſoll. Und wenn wuͤrde ich fertig werden, wenn ich euch noch weiter durch alle Reiche der Natur fortfuͤhren, und euch zeigen wollte, wie jedes Thier fein Amt, fein Geſchaͤft hat, und wie jedes ſeine Beſtimmung vollftändig und zur rechten Zeit erfuͤlt? An den kleinſten Thieren werdet ihr den groͤßten Fleiß erkennen muͤſſen. Die Todtengraͤber ſind kleine Käfer, aber fie begraben einen todten Maulwurf. Im Waſſer leben kleine Inſecten, die ſich aus unzaͤhligen Strohhalmen, Sandkoͤrnchen und Schneckenhaͤuschen eine Röhre bauen, fo groß als fie felber find. Die Pil⸗ lenkaͤfer tragen die kleinſten Unreinigkeiten zuſammen, drehen Pillen daraus, um es deſto beſſer fortzuſchaffen, ſtoßen mit den Hinterfuͤßen ſo lange daran, bis ſie die Pille bey ihrer Wohnung haben, und legen alsdann ihre Eyer hinein. Ich will euch nichts von der großen Müs he ſagen, womit Bienen, Welpen, Hummeln, Ameiſen eintragen, ſich eine Stadt anlegen, ihren Bau im Stand erhalten, ihn vergroͤßern und vertheidigen, en C 5 „ hid 4 und ihre Jungen erziehen. Ihr koͤnit das s täglich ſehen in der Natur. Auch arbeiten die Voͤgel vor euren Aus gen an ihrem Neſt; und in Indien ſind ſogar welche, die, gleich den Schneidern, den Schnabel wie eine Na⸗ del brauchen, aus allerley Faͤden Zwirn machen, ſich mehrere Blaͤtter zuſammennaͤhen, und in den innren Höhlungen ihr Neſt anlegen. Aber genug vom Fleiß der Natur! Nur ſey er euch zum Bilde aufgeſtellt, und gebe euch die große Lehre, daß in Gottes eee ö mand faul und traͤge ſeyn darf! | N M. Weil in der Natur nie ein allgemeiner Still⸗ ſtand iſt, ſo entſteht daraus ein ewiger und unaufhoͤrlicher Kreislauf, das heißt, es ſcheint, als wenn die Welt alle Augenblicke etwas von ihren Beſtandtheilen, von ihrer Materie, von ihren Bewohnern verloͤre: aber ſie verliert niemals etwas; ſie bekommt alles, was todt und unbrauchbar geworden iſt, unter einer andern Geſtalt wieder; und ſo lauft alles, was zur Welt gehoͤrt, in ei⸗ ner großen Zirkellinie beſtaͤndig herum. Die ſchwarze Gartenerde, in der unſre beſte Kuͤchenkraͤuter wachſen, iſt aus verfaulten Pflanzen und Thieren geſammlet wor⸗ den. In unſerm Magen verwandelt ſich Brod, Fleiſch, Suppe, Waſſer in eine Materie, wovon das Beſte end⸗ lich wieder Blut werden kann. Das Uebrige geht aus dem Koͤrper, und iſt wieder eine ſehr gute Duͤngung fuͤr die Gewaͤchſe. Warum iſt eine Stunde Regenwetter mehr werth, als alles Spruͤtzen und Begießen des Gaͤrtners? Weil der Regen alle die guten Theile wieder mitbringt, die von den Pflanzen ausgeduͤnſtet ſind, und weil das, was ſchon einmal ein Theil von einer Pflanze | war, Allgemeine Naturgeſchichte. 43 war, leicht wieder in das Gewebe einer andern aufges nommen werden kann. Denn daß alle Gewaͤchſe, und die Thiere, und das Waſſer, und der Erdboden ſelber beſtaͤndig ausduͤnſten, d. h., feine, kleine ſubtile Thei⸗ le verlieren, das werdet ihr laͤngſt bemerkt haben. Die dicken Nebel, die am Morgen an den Bergen haͤngen, die Nebel auf der Erde, die Wolken am Himmel, ſind nichts anders, als geſammlete Daͤmpfe der Erde und ihrer Geſchoͤpfe, die endlich in Tropfen zuſammenkommen, und im Regen, Schnee, Hagel, Schloßen, wieder zur Erde berabfließen. Das geht eben ſo zu, wie, wenn die Suppe lange zugedeckt auf dem Tiſche ſteht, ehe ihr zum Eſſen kommt, und dann die Duͤnſte der Suppe ſich oben an dem Deckel der Schuͤſſel, weil das der Fältefte Ort iſt, fein anhängen, aber gleich große, dicke Tropfen < ausmachen, wenn ihr den Deckel fchief herabnehmt. Gebt auf die Berge Achtung, die euren Wohnort um⸗ geben: ihr werdet von Zeit zu Zeit bemerken koͤnnen, daß ſie immer kleiner werden. Die Winde, das beſtaͤn⸗ dige Streichen der Luft, die Thiere, ſonderlich das Nes genwaſſer, und die unten am Fuß der Berge hervorbre⸗ chenden Quellen nehmen den Bergen immer etwas; man kann nach wenigen Jahren oft über einen Bergtmegfes hen hinter welchem man vor einem Menſchenalter wegen feiner Höhe nichts ſehen konnte. Ihr koͤnnt dieſe all. maͤhlige, langſame, aber beſtaͤndige Abnahme der Ber⸗ ge auch aus der Menge von Erde ſchließen, die die wil⸗ den Waſſer den Bergen, aus welchen fie kommen, ent führen, fo oft ein ſtarker Platzregen gefallen iſt. Als⸗ dann gehoͤren einige Stunden dazu, bis das Waſſer wie⸗ der 1 geworden, und der ſchwimmende Letten zu Bo⸗ den | . 44 Allgemeine Naturgeſchichte. den gefallen iſt. Stellt euch nun vor, daß die Berge dieſe Verminderung ſchon ſeit vielen tauſend Jahren ers fahren, ſo werdet ihr leicht begreifen, daß auf dieſe Art ſchon ganze Felsgebirge zerſtoͤrt werden konnten. Alles, Berge, Huͤgel, Menſchen, Thiere, Pflanzen, Steine und Metalle, alle Geſchoͤpfe find immer veraͤnderlich und unbeſtaͤndig. Sie helfen auch alle ſelber zu dem allge⸗ meinen Wechſel in der Welt. Wir find die größten Zerſtoͤrer, und richten in jedem Reich der Natur Ver⸗ wuͤſtungen an. Nur Gott allein iſt ewig, und immer derſelbe. Wenn auch die Himmel veraltern, wie ein abgenutztes Kleid, ſo nehmen doch ſeine Jahre kein Ende, und feine Allmacht, immer aus verfaulten Körpern neue und ſchoͤnere Weſen . wird duch die Länge der Zeit nicht geſchwaͤcht. | * IX. Bey dieſer Gelegenheit Taue ich Ai etwas von den Zerſtoͤrungen, und von den Raubthieren in der Natur ſagen. Ihr meynet vielleicht, Gott hätte keine Loͤwen, Tiger, Fuͤchſe, Marder, Iltiſſe, Ottern, Baͤren, Geyer, Crocodile ꝛc. ſchaffen ſollen. Wenn ihr von den Erdbeben, und von dem Elend hoͤrt, das die feuerfpeyenden Berge in heißen Laͤndern anrichten, ſo denkt ihr oft im Stillen, Gott haͤtte ſo manches Ungluͤck ſeiner Welt erſparen koͤnnen. Wenn euch die Raupen, die Maykaͤfer, die Erdfloͤhe ꝛc. alle Bluͤthen abfreſſen, daß ihr die angenehme Hoffnung, viel Obſt zu ſammlen und zu doͤrren, aufgeben muͤſſet, fo werdet ihr oft ganz irre an der Weisheit und Guͤte Gottes. Aber denkt nur immer, daß gerade das Geſetz der Vergaͤnglichkeit, g unter dem alles ſteht, vom . bis zum Sandkorn⸗ chen, * * } >» Algemene Naturgefiichte 45 chen, das Mittel iſt, der Erde ihre Fruchtbarkeit ihre Ordnung und ( Schoͤnheit beſtaͤndig zu erhalten. Was zerſtoͤrt wird, iſt deswegen nicht vernichtet. Die Rau⸗ pe, die eure Bäume ſchaͤndet, naͤhrt den Vogel; der Vogel kommt zuletzt auf euren Tiſch, oder er wird einem 5 ondern Thier, das euch noch nuͤtzlicher iſt, zu Theil. Iſt nicht die Oberflaͤche der Erde gerade ſo, wie ſie zum Acker⸗ und Weinbau ſeyn muß? Und doch ſage ich euch, ſie hat dieſe Geſtalt erſt durch eine lange Reihe von gen 1 waltſamen Erſchuͤtterungen und ſchrecklichen Veränderun⸗ gen erhalten. An einigen Orten in der Welt muͤſſen ſeuerſpeyende Berge ſeyn, ſonſt wären wir nirgends, und vielleicht nicht einen Tag vor Erdbeben ſicher. Und auch am Berg Aetna in Sicilien felber iſt das Land unten außerordentlich fruchtbar. Denn alles, was er auswirft, wird kuͤnftig guter brauchbarer Boden, in dem alles waͤchſt. Weiter oben wachſen in einer wirk- lich reizenden Gegend, als wenn es ein Paradies waͤre, die allerwohlriechendſten Pflanzen; es wohnen dort Voͤ⸗ gel, Schafe, Ziegen; man findet uralte und gewaltig dicke Eichen und Kaſtanienbaͤume daſelbſt, und diefer ſchoͤne Zirkel des Berges erhebt ſich viele Meilen in die Hoͤhe. Nur am Gipfel liegen immer Maſſen von Schnee und Eis, die nicht ſchmelzen, wenn gleich in⸗ wendig das Feuer nicht ausloͤſcht. Die Natur warnt auch die Einwohner des Landes vor jedem kommenden Ausbruch der gluͤhenden Materien durch den Rauch, der immer etliche Tage vorher vom Gipfel dieſes für die ganze Erde beſtimmten Luftlochs in dicken Saͤulen aufſteigt. In Rußland ſieht man das Austreten des Wolga⸗ ſtroms gar gerne. Denn die Wieſen werden dadurch HE / fehe * 45 Allgemeine Naturgeſchichte. ſehr verbeſſert, und die unendlich häufigen Mäufe, Rat⸗ ten, Hamſter ꝛc. womit jenes Land mehr als ein andres Reich in Europa uͤberſchwemmt iſt, werden dadurch weg⸗ geſchafft und vermindert. Ihr koͤnnt ſelber in eurem Vaterlande ſehen, daß wir jetzt da pflügen, und Futter, kraͤuter bauen, wo ehemals der Rhein gefloſſen ift, und unſre Nachkommen werben gewiß die Stücke unfrer Weis deplaͤtze, die der Strom jetzt zu eurem Verdruß mit Sand und Kies uͤberſchuͤttet hat, urbar machen. Ihr konnt auch aus eigener Erfahrung wiſſen, daß wir nach einem naſſen Jahre, nach einem Winter voll Schnee und Eis immer viel weniger Raupen haben, als nach einem trockenen Sommer. Denn die kleinſten Thiere koͤnnen die Kaͤlte ausſtehen, aber die Abwechſelung der Naͤſſe und Trockenheit toͤdtet Millionen unter ihnen. Nicht alle Geſchoͤpfe koͤnnen von Pflanzen leben: denn im Staat Gottes ſoll Mannichfaltigkeit ſeyn, und die 1 Gewaͤchſe koͤnnten leicht ausgerottet werden. Die Thiere, die von andern gefreſſen werden, haben doch wenigſtens eine Zeit lang das Gluͤck des Lebens genoſſen, haben doch mehr Vorzuͤge gehabt, als wenn ſie blos Pflanzen gewe⸗ fen wären, beſtimmt, andre groͤßre Geſchoͤpfe zu ernaͤh⸗ ren. Die Raubthiere ſchaden nicht immer, fie nutzen auch. Die Wieſel und Igel, die Feldmarder und Fledermaͤuſe reinigen das Land, die Hoͤfe und die Scheuren von den Maͤuſen und Ratten; auch die wil⸗ den Katzen und die Fuͤchſe thun das. Ihr muͤſſet daher dieſe Thiere mit Dankbarkeit gegen Gott anſehen, fie nicht überall ausrotten, noch weniger grauſam verfol- gen; und wenn ſie euch einmal einen kleinen Schaden zu- fügen, j N. ir Verluſt und Gewinn gegen einander techn ' 1 Allgemeine Naturgeſchichte. 47 rechnen. Die Raben, die Storche und die Rei⸗ her ſaͤubern die Wieſen von dem Ueberfluß der Froͤſche, der Kroͤten, der Eidechſen, Schlangen, Blindſchleichen und Salamander. Die Kohlraupen werden von den Goldammern „die Feldſpinnen und Heuſchrecken werden von den Droſſeln und Krammetsvögeln ge⸗ freſſen. Die Ameiſen konnen, wenn fie ſich zu ſehr vermehren, den Baͤumen ſchaden; daher freſſen die Nachtigallen ihre Jungen, und en en ſie dadurch ein. In Afrika find viele Löwen, Tiger, Leopar⸗ den, Panther ꝛc.; aber wenn dieſe auch dort nicht waͤ⸗ ren, ſo waͤre kein Obſtgarten, kein Reis- und Hirſefeld vor den achtzehn bis zwanzig Affenarten, unter welchen einige ſich ſogar vor dem Menſchen nicht fuͤrchten, ſicher. Zu Tauſenden laufen dort große Ziegen, die man An⸗ tilopen nennt, herum, und freſſen ganze Striche des Erdbodens rein ab: aber in der Nacht ſchickt die Weise heit der Natur Raubthiere hinter fie, die fie durch ein fuͤrchterliches Geheule aus ihren Löchern aufjagen, und verzehren. Auch wuͤrden dort die Haſen, die Maͤuſe, die Ratten alles einnehmen und veroͤden, wenn ihnen nicht wenigſtens ein Dutzend kleinere Raubthiere, Wie⸗ ſel, und andre im Wege ſtuͤnden, und ſie wieder erwuͤrg⸗ ten. Sehet alſo, meine liebe Landleute, daß Gott nicht ohne große Weisheit auch fleiſchfreſſende Thiere geſchaffen, und in jedem Lande gerade die ſtarken und ſchwachen Ge⸗ ſchoͤpſe zuſammengeſtellt hat, die dort noͤthig find, um Ordnung, Ruhe und Frieden zu erhalten. Es iſt eine wahre Fuͤrſorge Gottes: er thut ſelber durch dieſen ewigen Streit in der Natur das, was wir nicht thun koͤnnten; wir würden entweder zu viele Thiere, oder zu wenige aus- or, + - 48 Allgemeine Pater, 125 ausrotten, weil wir fo ſchwach ſind, daß wir ſelken die Mittel ſtraß e finden, und in allen Sachen Maaß zu hal⸗ ten wiſſen. Bader dürfe ihr gewiß glauben, daß auch die Raubtbiere nicht thun dürfen, was fie wolen ; fie find ſelber wieder eingeſchraͤnkt, und liegen, wie ein grims miger Hund, an der Kette. Die furchtbarſten Thiere duͤrſen ſich nicht ſo ſtark vermehren, als die unſchaͤdlichen und nuͤtzlichen Hausthiere. Ferner iſt es von allen Maͤnnchen der Katzen, der Loͤwen, der Tiger ꝛc. bekannt, daß ſie oft ſelber ihre eigene Brut der Mutter entreißen und verſchlingen. Auch, wenn fie erwachſen find, und vom Heiß hunger getrieben werden, freſſen ſie einander ſelber auf. So gefraͤßig fie find, fo koͤnnen ſie doch alle ſehr lange hungern. Man kann oft dem Loͤwden, und der Hyaͤne, weil ihr Körper etwas ſteifer iſt, durch ei: | nen ſchnellen Seitenfprung entwichen. In der Jugend ſterben ſchon viele von ihnen, und ſie werden auch nicht ſo alt, wie die ruhigern Thiere. Mit Feuer, mit Flin⸗ tenſchuͤſſen e. kann man fie in Angſt und in die Flucht jagen. Die Thiere, die ihren Verfolgungen ausgeſetzt ſind, entgehen ihnen oft durch die Geſchwindigkeit im Rennen. Ihre ſcharfe Sinne zeigen ihnen den Feind von weitem. Die Jaͤger koͤnnen euch viel von der Lift erzaͤhlen, die der Haſe, der Hirſch, der Dachs ‚de Fuchs anwendet, wenn er in Gefahr iſt, die Beute des Menſchen, oder andrer Thiere zu werden. Einige Thie. re werfen ihren Verfolgern ihren eigenen Auswurf entge · gen. Andre ftellen ſich, als wenn fie todt wären, und 5 retten ſich auf dieſe Art. Die Pferde, die Hunde, 5 die wilden Schweine fegen Gewalt gegen Gewalt; fie fütagen binten aus, oder ſezen ſich mit ihren Zähnen 5 3 Algemeine e Naturgefgiht 49 zur Wehre. Der Ochs zeigt ſeine Hörner „das Ca- ninchen graͤbt ſich in die Erde; der Igel ſticht mit ven | Stacheln, und rollt ſich zuſammen; der Vogel nimmt ſeine Jungen unter die Fluͤgel; der Fiſch treibt eine Menge Schleim aus dem Körper, und glitſcht aus der Hand; die Forellen verſtecken ſich, die Baͤrſche haben ſcharfe Spitzen an den Floſſen, der Aal hat eine gefaͤhr⸗ liche Staͤrke im Schwanz, wenn er euch auf den Arm ‚Schlägt. So kaͤmpfen die Thiere mit einander: aber die groͤßte Zierde des Menſchen iſt, wie ihr wißt, Liebe, Geſellſchaft, Freundſchaft, und vernünftiger Umgang mit feinen Brüdern und Schweſtern. 5 N. ae: werdet nun auch leicht gaſthen, 6 was die Natirſolſcher unter dem Gleichgewicht der Natur, von dem ſie ſo gerne reden, verſtehen. Gott verhuͤtet naͤmlich durch den ewigen Krieg zwiſchen den Elementen und unter allen Thieren, daß ſich keine Gattung zum Schaden der andern ausbreiten darf, daß der Wolf nicht alle Schafe auffrißt; daß noch immer Maͤuſe uͤbrig blei⸗ ben, wenn gleich die Katzen alle Jahre viele davon weg⸗ freſſen; daß noch immer Forellen, Ruffolken, Weiß⸗ fiſche und Barben in den Waſſern ſind, wenn gleich Hechte genug immer Laich und junge Fiſche verſchlucken; daß das Pflanzenreich nie ausſtirbt, wenn wir gleich viele tauſend Saamkoͤrner zerſtoͤren, und die Raupen viele Millionen Keime abnagen. In keinem Lande ſind alle Schaͤtze der Natur beyſammen, und kein Land iſt ſo ganz arm, daß es nicht auch ſeine eigene Gaben, ſeine eigene Vorzüge hätte, Wo dies und jenes fehlt, da wird der Mangel durch etwas anders erſeht. Die Leute f 8 am * 50 Allgemeine Naturgeſchichte. am Meer bekommen ihr Salz aus dem Meer; hinge. gen in Polen, Siebenbuͤrgen, Bayern ꝛc. liegt es in un⸗ ermeßlichen Schaͤtzen unter der Erde. In Frankreich nähren ſich einige Oerker nicht weit von Paris blos vom Maͤſten des Gefluͤgels mit Welſchkorn; in Teutſchland loͤſen die Bauren an manchen Orten alles ihnen noͤthige 5 N ld aus Kirſchen, aus Aepfeln, aus Zwetſchen, aus Nuͤſſen, und brennen viel Kirſchenwaſſer. Es iſt ſchon of vergebliche Mühe geweſen, wenn man Thiere aus ganz kalten in gemaͤßigſten Landern, und umgekehrt, einheimiſch machen wollte. Viele Pflanzen, die im ſoͤdlichen Frankreich und in Italien ganze Waͤlder aus⸗ machen, z. B. Oelbaͤume, Citronen⸗ Pomeranzen⸗ g baͤume, e Grauaten ꝛc. koͤnnen wir bey uns nicht fortbringen, wenn wir fie nicht im Winter ins eins gewaͤrmte Gewächshaus ſtellen. Es iſt alles in der Welt gegen einander abgewogen, es ſoll ein unaufhoͤrli⸗ cher und allgemeiner Markt unter allen Menſchen ſeyn. Ihr glaubt nicht, wie ſich die Maͤuſe ohne Katzen, die Wuͤrmer ohne Maulwuͤrfe, die Raupen ohne Spazen und Finken, die Neſſeln ohne fo viele Ra upen, die Schwaͤmme ohne Hitze und Trockenheit, die ſchlechte. ren Arten der Fiſche ohne Raubfiſche, die Wafferwürs _ mer ohne Gaͤnſe und Enter, die Schnecken und Mu⸗ ſcheln in den kleinen Gewaͤſſern ohne Raben, die Sper; linge ohne die Sperber und Kukuke, die Bienen ohne den Immenwolf und die Schwalben, die Fliegen und Muͤcken an den Pfützen ohne die Frͤͤſche und Kroͤ⸗ ten, die Wanzen ohne die Feldwanzen und Maiſen, die Schnaken ohne die Schwalben, die Maykaͤfer ohne die Eulen, die Werren ohne die Kraͤhen und Raben | ver⸗ ii S Algemene Naturgeſch chte. 51 Fenn wurden. Aber ohne unſer Zuthun hat . Scchoͤpfer ſelber jedem Thier ſeine Feinde entgegengeſtellt. Davon find die größten 9 5 ſo wenig, als der Menſch ſelber, ausgenommen. Die kleinſten Geſchoͤpfe verme ch» ren ſich in kurzer Zeit ins Unendliche. Ihr ſehet datz an den Eduien, Floͤhen, Kaͤſemilben, Baumlaͤt⸗ ſen, Erdfloͤhen zc. Gegen dieſe koͤnnen wir auch vil nn ausrichten, a als gegen Bären, Hirſche, Elephan⸗ ten. Daher ſind 885 die meiſten Pfeile der Natur ges gen dieſe gerichtet. Millionen werden geboren: Millio⸗ nen ſterben wieder in kun Zeit; aber laßt ihr der Na⸗ tur nur freyen Lauf. Die Gute Gottes iſt größer, als unſer gutes Herz. | © ie wird keinem Thier Nnrecht⸗ ge⸗ ſchehen laſſen. Das Auge Gottes ſieht zugleich uberall hin, und wird dem Morden und Wuͤrgen ein Ende ma⸗ chen, ſobald die ganze Schoͤpfung darunter No ch leiden koͤnnte. 0 In. Böhmen iſt um Prag beine eine fehe | fayitiche Gekreideraupe, aber fie. braucht zu ihrem ganzen Leben kaum zwanzig Tage. So gut if: Gott! ſo ernaͤhrt er Thiere, und ſpart doch dem Die euſchen ſein tägliches: Brod! Dabey laßt uns aber nicht ver g eſſen, daß Gott ſich durch dieſe Einrichtungen in deb Welt fin. Recht, einer Gattung Thiere in dieſem Jahr mehr Frucht. barkeit als ſonſt zu geſtatten, nicht vergeben hat. Wie wenig koſtet es ihn, wenn er uns zuͤchtigen, und durch | den Mangel dem Undank und dem Misbrauch feiner | ‚Güter ſteuren will? Seine Krieg gsheere ſind immer ge⸗ ruͤſtet, und ein einziger warmer Som, wertag brütet legio⸗ nen Freſſer aus. Er will nur, ſo ſind f ſie da, ziehen mit ſchreckl ichen Waffen ausgeruͤſtet aus einem Land ins andre; vor ihnen liegen Paradieſe, hinter ul wid die Erde zur ki - 83 XL. For | 52 Allgemeine Naturgeſchichte. XI. Ihr fuͤrchtet euch ohne Zweifel vor dem Gift in der Natur, vor den giftigen Thieren und Pflanzen eben ſo, wie ich ehemals. Aber ich habe mit großer Freude in der Schule der Natur gelernt, daß dergleichen ſchaͤdliche Dinge, wovon nur ſehr Weniges noͤthig iſt, um unſerm Leben in kurzer Zeit ein Ende zu machen, hoͤchſt ſelten ſind in der Schoͤpfung, wenn wir ſie mit den vielen guten und nuͤtzlichen Gaben in der Natur ver⸗ gleichen. Es giebt kein vierfüßiges Thier, und keinen Vo⸗ gel, deſſen Fleiſch für uns giftig wäre, Auch die Kroͤte und der Salamander find fo wenig giftig, als die ſchoͤne Eidechſe. Unter den Flußfiſchen koͤnnt ihr alle effen, nur den Rogen des Barben nicht; aber fein Fleiſch iſt geſund. Man fuͤrchtet ſich insgemein vor den Spin⸗ nen; aber in Gefaͤngniſſen ſind viele Menſchen ganz be⸗ kannt mit ihnen geworden, und haben fie gegeſſen. Uns ter den Schlangen und Wuͤrmern kommen einige wirklich giftige Gattungen vor: aber es ſind immer nur ſehr wenige Arten; ſie pflanzen ſich nicht ſtark fort; ſie find in den heißeſten Laͤndern gewoͤhnlicher, als in den kalten und gemaͤßigſten; man kann ſie leicht theils am Bau des Koͤrpers, theils an ihrer faſt durchgaͤngig ver. daͤchtigen Farbe erkennen; ſie verrathen ſich oft ſelber. Die giftigſten Schlangen ſtinken haͤßlich ſchon von wei⸗ tem, und die allerſchrecklichſte unter ihnen, die in Ame. rika lebt, hat am Schwanz eine Klapper von 1224 pergamentnen Ringen, womit ſie allemal, ehe ſie beißen will, vorher etlichemal klappert, und heißt W die Klapperſchlange. Ferner iſt auch allemal da, wo dieſe Thiere vorkommen, die Pflanze, das Holz „ die Wurzel, „ das Oel zu Haufe, das das beſte Gegenmittel * Allgemeine Naturgeſchichte. 5 33 ist Der Schoͤpfer hat ihnen auch ſelber wieder an an⸗ dern Thieren ihre Feinde entgegengeſtellt, die ſie aufſu⸗ 5 chen, und vermindern; z. B. die Klapperſchlangen werden von den Schweinen gefreſſen „ und dieſe fuͤrch⸗ ten ſich nicht vor ihrem Biß. In den Laͤndern, wo fie leben, haben ſie auch wieder ihren Nutzen; ſie fangen Maͤuſe, Ratten, Eichhoͤrner ꝛc. weg. Es hat auch kein Thier Gift vom Schoͤpfer erhalten, das ſich ſonſt auf andre Art ſeinen Raub verſchaffen, oder ſich gegen ſeine Feinde vertheldigen kann. Nach dem Tode kann man noch die Haut und das Fleiſch der giftigſten Schlangen ohne alle Gefahr brauchen. Der Scorpion hat auch ein Gift bey ſich, das in die Wunde fließt, die er mit dem Stachel am Schwanz geftochen hat; aber fein eige⸗ neesſcett, das ſogenannte Scorpiondl, iſt das beſte Mits tel dagegen. Oft koſtet es auch nur einen Schlag mit einer Ruthe, ſo iſt das giftige Thier entzweygehauen. In der Tiefe des Meers ſind noch viele giftige Fiſche: aber dieſe kommen ſelten in Menſchenhaͤnde; in den Wellen der See find fie beſtimmt, den Unrath aufzufrefe ſen, nicht uns zur Speiſe zu dienen. Sind ſie uns ſchaͤdlich, fo dürft ihr doch das als eine gewiſſe Wahr⸗ heit annehmen, daß deswegen ihr Fleiſch nicht allen Thieren gefaͤhrlich iſt. Denn es iſt nichts in der Natur, das man ein allgemein toͤdtendes Gift nennen koͤnnte. Immer iſt es doch für gewiſſe Gefchöpfe, zu gewiſſen Abſichten gut. Und dieſe nun zu erforfihen, dazu has ben wir unſern Menſchenverſtand, und ſollen durch Era fahrungen klug werden. Es muß euch ein Vergnügen machen, wenn ihr hoͤret, daß bie Aerzte ſchon fo glücklich a find, mit den siftigfen Kräutern, z. B. mit Es . 2 54 Aldemeine dutargrſchichte * f Schierling, Stechapfel Wolfofirſche, Eiſenhüt⸗ lein, Zeitloſe ac. die ſchrecklichſten Krankheiten nach und nach zu 2 en. Durch Kochen, durch Trocknen, Verſetzen, Altwerden, veraͤndert ſich manches an einer Pflanze; mlt bös big! verwandelt! ſich oft blos dadurch f in eine gute und nuͤtzliche Pflanze. Es kommt uͤber⸗ haupt nur darauf an, daß ihr nichts unmaͤßig brauchet, ſonſt wird alles Gift für euren Koͤrper. Wein, Brann⸗ tewein, Kirſchenwaſſer find herrliche Dinge, aber für den Unmaͤßigen werden ſie toͤdtlich. Der Arzt und der Apo⸗ theker waͤgt das, was er euch in Krankheiten verſchrei⸗ ben muß, aufs genauſte ab; und blos darauf beruht es, ob ihr Arzney, oder Gift bekomm: Ihr koͤnnt daran ſehen, warum die Schröpfer, die Bader, die Duacfale ber, und noch weniger die Scharfrichter, die Curſchmiede, und jede alte Frozm unmöglich ' Arzneyen machen, und austheilen kann, ohne daß ihr in der groͤßten Gefahr ſeyd, von dieſen heümüichen Mördern) die viel ärger ſind als Str aßenkauber, den ploͤtzlichen, oder fangfam abzehren⸗ den Tod in Pillen ‚ Bulcern und Laxirmitteln zu erhal⸗ N ten. Es gehort mehr Unterſcheidung und Beurtheilung dazu, durch fremde Kraͤfte der Natur in euren kranken Korper zu wieken, als dieſe Leute insgemein haben koͤn⸗ nen. Sie ſollen bey ihrem Handwerk bleiben, und die Kenntniß der Arzneyn zittel denen uͤberlaſſen, die ihre meiſte Zeit, oder gar das ganze Leben dieſen Unter ſu⸗ chungen gewidmet haben. Durch den Misbrauch wird alles in der Natur ſchaͤdlich. Wein ihr Grab gefunden, der doch ſonſt die Arzney des Lebens, der Bal ſam des Greiſes iſt! So iſt es auch mit ee und Gif t. Gr W der fie nicht maͤßg f ' und \ Wie viele haben ſchon im — Allgemeine s Ortung, 55 und vernüͤnf ftig zu gebrauchen weiß, find fie freylich wie ein ſpitziges Meſſer in der Hand eines Raſenden. Oft iſt die Schale einer Frucht giftig, aber der Kern iſt gut. Oſt iſt fuͤr uns die Rinde am Baum, oder am Saamen mehr werth, als die Saamkerne ſelber; oft ziehen wir die beſte Kraft aus der Bluͤthe; an einem andern Gen waͤchs iſt die Wurzel der wirkſamſte Theil: und eben ſo iſt es mit dem Gift. Es ſitzt nicht in allen Theilen, und iſt nicht in allen Theilen gleich ſtark verbreitet. Das Laub an euren Kartoffeln iſt nicht ganz frey vom Gift, aber die Knollen an der Wurzel eſſen wir taͤglich ohne Schaden. Bey den Pflanzen will ich euch davon noch mehr ſagen. Auch unter den Metallen find einige dem Korper ſehr ſchaͤtlich, z. B. Kupfer, Bley, Ar enik ꝛc. Dieſe dürfen ſreylich nicht in euren Koͤrper kommen, aber ihr koͤnnt ſie ſonſt zu vielen guten Abſichten anwen⸗ den. Aber jemehr ihr auch dieſe im Anfang freylich ſchauderhafte Kräfte der Natur kennen lernt, jemehr werdet ihr uͤberzeugt werden, daß Gott auch darin weiſe und gut handelt, und daß ihr euch auch vor den 4 en f nicht aber gläubifch und nicht kindiſch fuͤrchten dürft. Nehmt aber bey dieſer Gelegenheiten och einen guten Rach von mir, als eurem Freunde, an. Die ſchrecklichſten Gifte für deib und Seele find die heftigen Begierden, die man Affecten nennt, der Zorn, die Wolluſt, die Heftigkeit, der heimliche Neid, die beſtaͤndige Unzufrie⸗ denheit, die verſteckte Rachſucht, das ewige Sinnen und Gruͤbeln, wie man reich werden, bequem und wolluͤſtig leben, und andern Menſchen vorſpringen wolle. Huͤtet euch dafuͤr, wenn euch Geſundheit, Ruhe, Schlaf, Munterkeit bey Geſchaͤften, und das ee ſelber lieb iſt. „ Andern 55 Allgemeine Naturgeſchichte⸗ Andern Menſchen Schaden thun wollen, das widerſpricht ohnehin eurer Natur, und allen euren Pflichten. Und wenn ihr meynt, daß ihr durch euren Witz, und durch euer Rennen und Laufen die Welt nach eurem Kopf dre. hen werdet, und alle eure Wuͤnſche erreichen, ſo ſeyd ihr große Thoren, die ihre Zufriedenheit gegen eee, Dinge hergeben. XII. Sehet nun die Geſtalt des Erdbodens felber an, und ſagt mir, ob ihr ihn ſchoͤner und fruchtbarer wuͤnſchen koͤnnt. Thaͤler und Höhen, Sandlaͤnder und waſſerreiche Gegenden, Stroͤme und Seen und Fluͤſſe und kleine Bäche, Aecker und Wieſen, Wald und Wein deplatz, alles wechſelt fo mit einander ab, daß es uns gar nicht ſchwer werden kann, alle Beduͤrfniſſe zu befriedigen. Die Erde bewegt ſich beſtaͤndig, ſie ſchwimmt ſehr ſchnell in ihrem Gleiſe fort, und doch hindert uns das, weil ihr Umfang gar groß iſt, im geringſten nicht an unſern Verrichtungen. Wir meynen vielmehr, die Erde ſtuͤn— de ſtill, und die viel groͤßere Sonne liefe im Kreiſe, gleichſam um den kleinen Erdball zu bedienen, um ſie herum. Aber es iſt gewiß kein kleines Werk der All⸗ macht und Weisheit Gottes, daß weder durch das tüge liche Umdrehen der Erdkugel, noch durch die ſchnelle Bewegung, wodurch ſie alle Jahre einen großen Raum durchlaͤuft, das Leben der Thiere, das Einwurzeln und Wachſen der Pflanzen, und die Feſtigkeit unſrer Woh⸗ nungen im geringſten gehindert wird. Die ſchoͤne und mannichfaltige Bekleidung der Erde traͤgt auch viel zu unſerm Ver gnuͤgen bey. Es iſt im Winter langweilig zu reifen, wenn überall nichts iſt, als Schnee und Eis. 5 5 das Fruͤhjahr bietet uns mit jedem Tage neue ER | 1 Allgemeine Maturgeſchichte. N Gegenſtaͤnde zum Beſchauen dar. Die Menge und Verſchiedenheit der Graͤſer, Blumen, Kräuter, Ge— ſtraͤuche, Baͤume und Fruͤchte iſt unuͤberſehlich. Wo iſt irgend ein kleiner Winkel auf Erden, an dem die Na. tur nicht arbeitete, um ihn mit dem gruͤnen Kleid der Pflanzen, das für die allenthalben lebenden Thiere fo wichtig iſt, zu bekleiden? In leeren und nicht genug bes voͤlkerten Staͤdten waͤchſt das Gras zwiſchen dem Pfla» ſter hervor, und uͤberzieht die Straßen. Weil die Erd⸗ arten, Kalk, Thon, Sand, grober Kies, eiſenhaltiger Letten, Kreide, ſchwarze Gartenerde ꝛc. immer mit eine ander abwechſeln, ſo haben wir auf der Erde eine erſtaun⸗ liche Menge und eine unendliche Verſchiedenheit von Gewaͤchſen. Tannen, Fichten, Lerchen, Cypreſſen kommen auch im Sandboden fort. Das Welſchkorn nimmt mit eben dieſem Boden vorlieb; aber Flachs, Hanf, Weizen, Krapp verlangt, wie ihr wißt, ci: nen fetteren, wohlgeduͤngten Boden. Auch muͤßt ihr in der Oberfläche: der Erde ſelber die Weisheit Gottes erkennen. Sie koͤnnte viel haͤrter und undurchdringlicher ſeyn. Aber alsdann haͤttet ihr gewaltig viel Muͤhe, den ſteifen Boden zu bezwingen. Ihr duͤrft nicht weit gehen, fo kommt ihr in Gegenden, wo man 6 bis 3 Pferde an den Pflug ſpannen muß, und wenn nur wenig Regen kurz vorher gefallen iſt, ſo kann man gar mit dem Felde nichts anfangen. In andern Gegenden iſt der Erdboden beynahe ein einziger Fels. Man kann wohl auch von den Steinen Brod erndten; aber dort iſt die Arbeit 1 wahre Plage der Menſchen, und hundert Unbequemlich⸗ keiten, von welchen ihr gar nichts wißt, druͤcken dort den Landmann. Doch wäre es auch wieder nicht gut, wenn 2 D 5 die U 6 58 Allgemeine Naturgeſchichte. 4. die Erdkugel weicher, leichter, muͤrber waͤre, als ſie iſt⸗ Es iſt nicht das beſte Feld, wo das Vieh ſo wenig ſich anzuſtrengen braucht, daß es mit dem Pflug davon lau- fen kann. Und waͤren wir nicht alsdann in Gefahr, von dem unfichern Boden verſchlungen und verſchuͤttet zu werden? Der Schoͤpfer wußte das alles, und ſah noch viel mehr gute und boͤſe Folgen von jeder aber Einricht tung vorher, als wir; daher muͤſſen wir mit allen feinen Anordnungen vollkommen zufrieden ſeyn, und ſie dank⸗ bar verehren. Die immer fließenden und immer friſchen Quellen, die hellen, durchſichtigen Stroͤme, mit gruͤnen Ufern von beyden Seiten eingefaßt, die blauen Berge i in der Ferne, die die naturliche Grenze zwiſchen den Laͤndern zu ſeyn ſcheinen, die haͤngenden Felſen mit ihren innern Hoͤhlungen, die ungeheuren Steinbrocken auf den ſchreck⸗ lichſten Hoͤhen, die krummen Thaͤler darzwiſchen, und die oft unuͤberſehbaren Ebenen und fruchtbaren Felder, die bis zu einem dicken und viele Stunden langen Walde fortlaufen, wie ſchoͤn, wie nuͤtzlich, wie unverbeſſerlich . iſt das alles? Wenn ein Koͤnig ſich einen Luſtgarten an⸗ legen will, ſo ahmt er die Matur, die ſchoͤne Geſtalt der Erde nach, und vereinigt Ackerfeld, Wieſe, Wald, Waſſer, Einöden, Felſen, Waſſerfaͤlle ze; in einem klei⸗ nen Bezirk. Setzet zu dieſem allem die verborgenen Schaͤtze der Erde, die reichen Adern in Bergwerken, die Gold und Silberſtuffen, fo viele andre noch nuͤtzlichere Metalle, die unerſchoͤpflichen Steinbrüche, die Menge des ſchoͤn und bunt gemalten Marmors, den Ueber fluß des Achets in manchen Laͤndern, den weißen Gyps, ‚so viel Mergel und Toͤpfererde. — Die Weisheit des Scherſes legte das in die Tiefe, damit die Oberfläche der 1 All gemene Mattırgefhichter 8 | PER den Pflanzen nicht benommen würde, damit; wir uns zuerſt vom Ackerbau n en und, wenn wir vorher die reichſten Quellen der Natur eroͤffnet haben, alsdann erſt die Eingeweide der Erde durchwuͤhlen ſollen. Wir haben oft oben die ſchoͤnſten Fruchtfelder, wenn un⸗ ten durch die Erzgraͤber alles ausgehoͤhlt iſt. In, Flandern ſah ich der ſchoͤnen Flachserndte auf eben den Jeldern zu, unter welchen ich einige Tage vorher in, einer ſchrecklichen Tieſe die Steinkohlenwerke beſehen hatte. Denn ſo groß iſt der Segen Gottes, daß die Erde überall vol fh ven Hot Güte! 0 | * 5 25 XIII. Die Mooſe bekleiden wie ein 1 Fuppich ia Po und hindern, daß eie ihre Feuchtigkeit nicht völlig, verlieren kann. Die Graſer wachſen ſchon höher, und ernaͤhren den Menſchen, — Suchtthiere und das Gewild im Wald. Die Stauden dienen insbeſondre den Vo geln und Inſecten zum Aufenthalt, und ihre herrliche i Beeren ſind ein wichtiges Geſchenk für. die Menſchen. Die Baͤume haben einen vielfachen Nutzen, den ich euch nicht zu ſagen brauche. Aber daran habt ihr vielleicht noch nie gedacht, daß ſie uns die Gewaͤchſe erhal ten, wenn ſie auch ſonſt uͤberall abgefreſſen werden. Denkt einmal, daß manche Grasart, oder die Gartenkraͤuter ganz ausgeflorben: waͤren auf der Erde, und daß man ſiee auch nicht wieder aus Saamen ziehen koͤnnte: ſo waͤ⸗ ten wenige Baͤume allein hinreichend, den ganzen Erd⸗ boden wieder mit Gewaͤchſen zu erfüllen. Denn auf jedem Baum ſteht Pflanze auf Pflanze; jeder Zweig, jedes Reis, jede Knoſpe koͤnnte ein eigenes Gewaͤchs „ ; die ane Thiere 1 ſie nicht erreichen, | und 60 Allgemeine Naturgeſchichte. und ihnen alſo faſt keinen Schaden thun; ſie 3 lich deſtomehr Inſecten auf ſich, aber dieſe befördern nur die Entwickelung ſo vieler verborgenen Keime im Baum. Ihr ſeht auch, daß im Waſſer, und in jeder Pfuͤtze Pflanzen wachſen. Dadurch wird der Moraſt nach und nach ausgetrocknet, der Schlamm wird feſt durch die Wurzeln, das abgefallne Laub fault, und vermehrt den guten Boden, die Pflanzen ſelber ſterben endlich ab, und helſen zur Ausfuͤllung des Moraſts. So ſind die Torflager entſtanden, die unſre Nachkommen, wenn fie auf den Nachwuchs des Holzes warten muͤſſen, aus⸗ ſtechen werden. So ſind durch die Laͤnge der Zeit gar g viele Moraͤſte von der Natur ſelber wieder urbar gemacht worden, denen ihr es jetzt nicht mehr anſehen koͤnnt. Aber auch, ſo lange ſie Pfuͤtzen ſind, oder waren, ha⸗ ben ſie ihren Nutzen im Ganzen. Viele tauſend Thiere finden da ihre Geburtsſtaͤtte, ihren Aufenthalt. An den ſauren und ſtenglichten Gewaͤchſen, am Schilf, am Rohr, am Kandelwiſch haͤngt der Laich der Froͤſche, der Fiſche, der Blutigel; viele tauſend Voͤgel werden in ſolchen Gebuͤſchen am Waſſer ausgebruͤtet, und leben von den Raupen, die ebenfalls dort entſtehen. Die Waſſerlinſen in den Suͤmpfen find die Speiſe der Enten und der jungen Froͤſche. Auch die Baumwurzeln, ganze im Moraſt verſunkene Baͤume, viele Saamkerne, die darinnen begraben worden, als der Sumpf entſtand, ſind deswegen nicht ganz verloren. Lange bleiben ſie darin ganz, verweſen nicht, werden oft ſelber vom Waſ⸗ fer emporgehoben und ausgeſtoßen; die Saamen, ſon⸗ derlich Erbſen und andre Huͤlſenfruͤchte, keimen noch, wenn ſie wieder in beßres Erdreich geworfen werden. N In en; 4 RER Allgemeine Naturgeſchichte. 61 In Engelland erzieht man auf ſolchen großen Mooren viele Gaͤnſe, pfluͤckt fie fünfmal im Jahr, und ver kauft Federn und Fleiſch in London. Die Weisheit des Schoͤ⸗ pfers gab der Erde mehr Waſſer als Land, damit uberall Regen, Quellen, Brunnen, Thau und Wolken ſeyn konnten. Wir haben es dem Duͤnſten des Meers zu danken, daß es uͤberall regnet, daß viele noͤrdliche Laͤnder doch eine gemaͤßigte Witterung haben, daß man nahe am Meere die Kaͤlte eines ſtrengen Winters oft lange nicht fo ſtark erfaͤhrt, als weit davon. Auch die Berge muͤßt ihr nicht als eine Unbequemlichkeit, oder als eine Verunſtaltung der Erde anſehen. Waͤre die Erde eine ganz ebne Flaͤche, ſo laͤge ſie ſchon lange unter dem Meere begraben, ſaͤhe traurig, verwuͤſtet aus, und mwaͤre nur ein Aufenthalt für die Fiſche. Aber wie ma. jeſtaͤtiſch find überall die Ketten der Gebirge, und wie anmuthig iſt die Abwechſelung der Berge und der Thaͤ. ler! Wie geſund iſt die Luft auf ihnen! Wie alt, wie ſtark werden oft die Menſchen, die auf Bergen wohnen! Ihr muͤßt ſie ferner als natuͤrliche Schutzmauren gegen den Wind anſehen; der ſtaͤrkſte Nordwind bricht ſich an ihnen. Die Sonnenſtralen fallen ftärfer auf die Berge, als auf das ebne Land; daher wachſen ſo viele herrliche Kraͤuter auf ihnen, und ſo viele koſtbare Saͤfte werden da gekocht. Von ihnen fallen auch wieder die Lichtſtra⸗ len verſtaͤrkt herunter, und befördern das Wachsthum | der im Thale ſtehenden Pflanzen. Wir würden wirklich viele taufend Gewächfe nicht haben, wenn fie nicht Ait. dem Ruͤcken der Gebirge aufwachſen koͤnnten. Aber in jeder Erhöhung wachſen andre; je höher ihr hinaufſteigt, deſtomehr findet ihr Gewaͤchſe aus kalten Laͤndern, weil Yon | N es 62 Algemene Naturgeſth. . “ des oft obeß ſo kalt iſt, als in Lappland wbe Grdntafd. c Die Be find auch viel kraͤftiger und hellſamer, als die aus niedrigen Gegenden. Das iſt der Grund, warum in der Schwetz Milch, Butter und Kaͤſe ſo gut it, warum man dort ſo manche Pflanze, z. E. Sauerklee, Schluͤſſelblume, Veronica ꝛcc fammlek, und ſie als deutſchen Tee in der Welt ber umtraͤgt Daher kommt es, daß das Hammeifleiſ ſch ſo koͤſtlich wird, wenn die Schafe auf Felſen herumklettern, und dort das © Schafgras, wilden Quendel ee. freſſen koͤn⸗ nen. Auch ſammlen ſich unfre Apotheker manches nuͤtz⸗ liche Kraut auf den Bergen, das fie ſenſt im Thal gar nicht finden wurden. Weil die Berge mit Pflanzen ganz beſetzt ſind, ſo ſind ſie auch ein ſehr bequemer Auf⸗ enthalt für viele vierfuͤßige Thiere, für Voͤgel, für krie⸗ chende und jet eichende Thiere Der Wie lebe oft in einer Höhe, die wenigſtens 6000 Fuß über: der Flaͤche des Meers erhaben iſt; aber ihm iſt in dleſer rei⸗ nen Luſt wohl, er macht oft die entſetzlichſten Spruͤnge von einer ſpitzigen Klippe zur andern, und faͤllt doch nicht. Eben fo wohnen die Gemſen und die Mur melthiere auf den hoͤchſten Alpen. Die Natur laͤßt dort Gras für die Gemſen wachſen, fo ſchoͤn und hoch, daß ſie ſich oft darin ganz verbergen koͤnnen. Sie haben das ſtaͤrk⸗ ſte Geſicht, das ſeinſte Ohr, und den ſchaͤrff ten Geruch. Sie gehen auch im ſtrengſten Winter nicht aus ihrem kalten Vaterland. Die Gemſenjager kommen oft ſelber in lebensgeſahr, weill die Thiere immer hoͤher ſteigen, und ſich ſchnell wieder auf ihre Hörner in die ſchrecklich⸗ ſten Thaͤler hinabſtuͤrzen. Die großen Geyer, Adler) Falken, a Sera, Birth m 1 aben algen Natungefichte 63 ER den Bergen ihre Wohnung. Die Raubdogel bauen ſich da ihren Horſt, fliegen aus, und ſuchen ihre Nahrung, wo ſie ſie in der Hoͤhe erblickt haben. Die andern wohnen in den Tannen und Birkenwaͤldern, die, wie ihr wißt, auf Gebirgen ſehr haͤufig, oft ſehr dick und groß find, und ſelbſt dem Menfchen mannich⸗ faltigen Nutzen ſchaffen. Sie leben daſelbſt im Sommer von den Fruͤchten der Baͤume, und von den Beeren an ſo vielen Stauden, und im Winter findet man bie Tan⸗ geln und junge Sproſſen der Baͤume in ihrem Magen. Ich will euch nichts vom Wil ldpret und von den vielen Schmetterlingen ſagen, die ihr im Sommer auf den Bergen, fo oft ihr hinauſſteigt, finden werdet. Es kann ihnen nie an Juſecten fehlen, denn dieſe lieben die Waͤr⸗ me, und dieſe finden ſie in der Hoͤhe. Die Berge helfen auch zur Entſtehung des Regens. Die Wolken fm» len ſich an den Gebirgen, und werden durch ſie in ihrem Zug aufgehalten. Daher ſind ſo viele Seen auf den Bergen, ſo viele Waſſerſchoͤtze inwendig, fo. viele Quel- len am Fuß der Berge, und fo viele große Ströme ent⸗ 5 ſpringen auf Gebirgen, von welchen ſie zugleich ihren i Fall, ihren Sturz erhalten. Wuͤrden eure Wieſen fo vortrefflich grunen, wenn ſie nicht hie und da von dem klaren Waſſer, das von den Bergen fällt, getraͤnkt wuͤr⸗ den? Und würde der Rhein und ſo mancher andre große Strom viele hundert Meilen nach der See laufen, und ſich in ſo manchem Land ausbreiten koͤnnen, wenn das Waſſer nicht von hohen Bergen herabſtroͤmte? In der alten Welt laufen die Berge meiſtens von Abend nach Morgen, und in der neuen Welt von Mitternacht nach BE und: eben dieſe Richtung haben auch die großen | Ströme, | 64 Allgemeine Naturgeſchichte. Stroͤme. Die hoͤchſten Gebirge in der Welt ſind in Afrika und im amerikaniſchen Sande Peru. Man rech. net, daß ſie dort dreytauſend Klafter hoch ſind. Dieſe tragen unſtreitig zum Gleichgewicht der Erde gegen das Meer ſehr viel bey. Sie ſind daher auch naͤher bey der Mitte der Erdkugel, als bey den Polen „ oder einge⸗ druͤckten Enden der Erde. Aber gerade in jener Gegend ſind auch die weitlaͤuftigſten und die tiefſten Meere. Sehet daran, wie viel Ordnung und Zufammenftims mung in der Welt iſt! In Europa ſollen die Spitze der Pyrenden zwiſchen Spanien und Frankreich, und eini⸗ ge Spitzen der Alpen in der Schweiz die hoͤchſten Berge ſeyn. Ein Eisberg beym Montblanc iſt 13000 Fuß über die Flaͤche des Genfer ſees erhaben. Steigt man auf dieſe Hoͤhen, ſo findet man nichts, als unuͤberſehliche Felder von Eis, das oft 100 Klafter dick iſt, in welchem greuliche Spruͤnge vorkommen, in denen oͤfters ganze Ströme rinnen, die nach dem Fuß der Berge hinlaufen, und dort das Land ſo uͤberfluͤßig mit Waſſer verſorgen, daß man überall die ſchoͤnſten Weiden hat. So ſieht es auf den hoͤchſten Gebirgen aus. Die kleineren Berge find ganz mit Moos bedeckt, die Wolken liegen beſtaͤn⸗ dig auf ihnen, die Mooſe ziehen das Waſſer an ſich, und leiten es in das Innre der Gebirge. Ihr wißt überdem, welche Maſſen von harten und feſten Bau⸗ ſteinen, wie viel Sand, Kalk, Thon, Gyps, und wie viele koſtbare und nuͤtzliche Metalle in den Eingeweiden der Berge verborgen ſind. In Schweden, Ungarn, Sachſen ꝛc. leben viele tauſend Menſchen vom Bergbau. Die Menge des Holzes, das von Bergen herabgeſtuͤrzt, und dann auf den Fluͤſſen e BR wird, kann ich Allgemeine Naturgeſchichte. 65 ich nicht beſtimmen. Eben ſo wenig laͤßt es ſich mit Worten ſagen, wie viele tauſend Fuder? Wein, wie viele Millionen Malter Obſt, und andre Fruͤchte auf. den Bergen gewonnen werden. Das Ka jest nur einige von den in die Augen fallenden Vorthe ilen, die wir den Gebirgen zu danken haben. Die Schweizer find da her mit ihren Alpen ſehr wohl zufrieden: fie, erziehen daſelbſt eine Menge Vieh; fie ſchicken ihre ſchmackhaften . Kaſe i in der ganzen Welt herum, und erhalten viele Dies talle, Steine und Salze aus dieſen We N | VIV. m uns von den Alpen au den test men, Baͤchen und Fandfeen fortgei hen. In der alten Welt rechnet man vierhundert und dreyßig, u nd in der neuen Welt hundert und vier und zwanzig große unmittelbar in das Meer fließende Stroͤme. Wie viele in dem fuͤnf⸗ ten Welttheil find, wiſſen wir noch nicht. Rechnet nun in Gedanken alle die kleinen Fluͤſſe und Baͤche dazu, die in die großen Stroͤme fallen. Z. E. in die Donau ergießen ſich mehr als zweyhundert kleinere Waſſer; in den Mhein fallt die Aar, der Mayn, der Neckar, die Moſel, die Elz, die Traiſam, die Schutter, die Wieſe, die Pfinz, die Murg, die Nagold, die Wurm, die Enz ꝛc. Die Weisheit des Schoͤpfers hat dafür geſorgt, daß nirgends ein Land ohne Waſſer iſt. Es kann ſich aber auch nirgends anhaͤufen, weil die kleineren Gewaͤſſer immer zu den groͤſſeren laufen, und zuletzt mit ihnen ſich im Meere verſammlen. Ihe begreift auch leicht, daß es ein Werk der Allmacht iſt, alle Stroͤme, Fluͤſſe, Bäche, und Quellen beſtändig zu | erhalten, und gleichſam mit. neuem Vorrath zu verſorgen, | E | Dazu * 66 Allgemeine Naturgeſchichte. Dazu braucht der Schoͤpfer die Aus duͤnſtungen der Erde und des Meers; dazu ſind die hoͤchſten Berge; dazu hel⸗ fen die Wolken, die Regenguͤſſe, und beſonders die un, geheure Menge von Schnee, womit die Spitzen der er⸗ habenſten Berge immer bedeckt find. Ich brauche euch das mannichfaltige Elend nicht zu beſchreiben, das noth⸗ wendig entſtehen müßte, wenn nur einer von den Haupt⸗ tronen in Teutſchland verſiegte. Sie dienen uns zur Fruchtbarkeit der Felder, und zum Traͤnken der Wieſenz fie treiben für uns ſo viele Muͤhlen, und andre nuͤtliche Gewerbe; ſie tragen ſo manches mit Kaufmannsguͤtern ſchwer beladene Schiff, ſo manchen Reiſenden, ſo man⸗ chen Holzfloß ſchicken wir auf dem Waſſer ohne große Mühe zu entfernten Nationen; ſie ernaͤhren ſo manche wohlſchmeckende Fiſche, geſunde Krebſe, und machen, daß wir ſelber an den vortrefflichen Fiſchen im Meer Theil nehmen konnen. In den nördlichen Landern be: ſonders, wo der Ackerbau nicht fo blühen kann, wie bey uns, da iſt oft die Fiſcherey in einem kleinen Gewaͤſſer außerſt wichtig fuͤr die Erhaltung des Volks. Weil die meiſten Fluͤſſe eine lange Reiſe machen ſollen, und durch mehrere Lander ziehen, ehe ſie ſich im Meere verlieren, ſo ſtuͤrzt dle Natur faſt alle von Gebirgen herab, damit ſie auf dieſe Art einen Fall erhalten, und nun uͤber das platte Land hinfließen koͤnnen. Manche werden aber da. durch ſo heftig und wuͤtend, daß ſie die ſchoͤnſten Gegen⸗ den verwuͤſten und wegſpuͤlen wuͤrden, wenn ihnen nicht die Natur allerlehy Hinderniſſe in Weg legte. Ihr wißt, und habt es ſchon oft zu eurem großen Schaden erfahren, welchen ungewiſſen und veraͤnderlichen Lauf der Rheinſtrom hat; und doch iſt dieſer Fluß ſchon vorher, IS | 102 | RR; Allgemeine Naturgeſchichte. 67 ehe er zu euch koͤmmt, nachdem er von den Schweizer: 100 gebirgen herabge ſt uͤrmt uf, zwoͤlf Stunden lang durch den Bodenſee gelaufen, woſelbſt ſein wilder Lauf auf 2 breiten Bette, und durch den ruhigeren Fluß jenes Waſſers gebrochen wurde, und gleich nachher muß der ganze Strom über viele Klippen herabſtuͤrzen. -—- Schließt alſo daraus, daß der Strom, gegen den ihe euch jetzt noch verſchanzen koͤnnt, voͤllig unaufhaltſam ſeyn wuͤrde, wenn ihn nicht der Schöpfer ſelber auf dieſe Art gebaͤndigt haͤtte. Ihr habt es aber auch eben dieſer Gewalt, womit der Fluß über Berge und Felſen hin⸗ ſtuͤemt, zu danken, daß euch fein Waſſer fo viele feſte Steine, Felsbrocken, derbe Wacken, ſchoͤne Kieſel, und ſelbſt Goldkoͤrner, die aus dem Innern der Gebirge los⸗ gewaſchen werden, mitbringt. Manche Gegenden haben a ſtatt der Fluͤſſe einen ſtillſtehenden See, deſſen Waſſer N 5 ebenfal ls fiſchreich, und doch nicht faul iſt. In der Schweiz und in Rußland ſind gar viele Sandfeen, die die Ernahrung, den Handel, die Bequemlick beit, und das Vergnuͤgen der Einwohner befördern, In den ges birgigſten Gegenden findet ihr oft keine große, aber wies le kleine überafl hervor rieſelnde Quellen, die beſonders deswegen unſchaͤtzbar ſind, weil ſie die Klippen gruͤn ma⸗ chen, in den rauhſten Thaͤlern und auf den ſteilſten Fel. fen die ſchmackhafteſten Kräuter ernähren, und zu einer anſehnlichen Viehzucht den Grund legen. Wie koͤnnte ſo viel Vieh gezogen werden auf dem Schwarzwald, wenn nicht an unzähligen Orten kleine Berg⸗ und Wald⸗ waſſer aus den Steinen hervorbraͤchen, dle beſtaͤndig fließen, und ſo manche Wieſe, ſo manches Thal immer ih und grün erhielten? Erinnert euch, indem wir jetzt N 2 vom — Ra 68 Allgemeine Naturgeſchichte. vom Waſſer auf der Erde reden, auch an die Sauer⸗ brunnen, und an die warmen und kalten Bader, die offenbar zum Nutzen der gebrechlichen Menſchen vorhan⸗ den, und große Wohlthat Gottes ſind. Wie ihr das Waſſer durch allerley Zufäge und Vermiſchungen ſuͤß, oder bitter, oder geſalzen machen koͤnnt: ſo werden die Quellen unter dem Boden warm oder kalt, eiſenhaltig oder feifenartig, ſchwefelreich oder vitrioliſch, je nachdem fie auf ihrem Weg uͤber verſchiedene dagen von Eiſen, Kupfer, Salz, Schwefel, Salpeter, Vitriol, Seifen⸗ erde ꝛc. hinlaufen. Verſchiedene Dinge, die dem Koͤr⸗ per nuͤtzlich oder ſchaͤdlich werden koͤnnen, liegen unter unſern Fuͤßen ſchichtenweiſe uͤber einander, wie die Blaͤt⸗ ter in einem Buche. Dieſe verſchiedene Materien ge⸗ rathen zuweilen in Gaͤhrung; ein andermal fangen fie von ſich ſelbſt Feuer. Das Waſſer reißt durch alle dieſe Lagen mit der ihm eigenen Gewalt unaufhaltſam durch, nimmt dieſes mit, loͤſt jenes auf, erhitzt ſich dort, be⸗ und bereichert ſich ſelber mit feinen Theilchen von allen den Erdarten, Salzen, brennlichen Koͤrpern und Me⸗ tallen, die es auf feiner unterirdiſchen Reife mitgenam⸗ men hat. Weil nun dieſe mit dem Strom des Waſſers fortgefuͤhrte Theile viel feiner und ſubtller find, als ſie durch menſchliche Kunſt jemals werden koͤnnen, ſo drin⸗ gen ſie hernach, wenn wir ſolche Waſſer trinken, oder den ſiechen Körper darin baden, unvermerkt mit dem Waſſer, und mit Huͤlfe der aͤußerſt feinen Luft, die darin befindlich iſt, in die engſten und geheimſten Theile des Koͤrpers; und dieſe find es eben, wo ſich die meiſten Krankheiten entſpinnen. Das beklche Spaawaſſer Pal kommt hier einen beſonders ſtarken Geruch und Geſchmack, hat 1 — 5 ; a = * EN 5 2 Fe 9 — 2 C u. 7 . \ „ .. Allgemeine Naturgeſchichte. 609 hat fon an manchen abgezehrten Menſchen W Wunder | gethan. Auch viele, die durch Schwelgerey ihre Ge⸗ 9 ſundheit verloren haben, erhalten ſich damit. Nach ihm gegen böfe Geſchwüͤre, zur Abfuͤhrung vieler Unveinigfeis 05 ten, und in hartnaͤckigen Krankheiten. Im franzoͤſi⸗ hat das Pyrmonter, das Schwalbacher und andre Waſſer am meiſten das ſtaͤrkende Eiſen bey ſich. Die ſeifenführenden Brunnen, z. E. das ſteinbacher Bad, waſchen vortrefflich alle Unreinigkeiten aus den Schweiß. töchern des Körpers. Die Quellen, fo nach Schwe⸗ fel und faulen Eyern riechen, z. B. bey Aachen, Baa⸗ den, dienen durch ihre Waͤrme und durch ihre Miſchung gegen alle Nervenkrankheiten, gegen Quetſchungen und äußerliche Schäden am feibe. In Baaden in der Schweiz ſind einige Quellen ſo heiß, daß man die Hand verbrennt, wenn man ſie an den Zapfen haͤlt. Das Selterswaſſer hilft gegen Verſtopfungen der Gedaͤrme, ſchen Flandern ſind ſogar einige ſchlammichte Moraͤſte vielen Kranken nuͤtzlich und heilſam. Das Wildbad im Wuͤrtembergiſchen kann, weil es im Sommer und im Winter immer einerley Wärme hat, zu allen Jahrs⸗ zeiten gebraucht werden. Viele Millionen Kruͤge wer⸗ in rauhen Gegenden. Der Schöpfer erſetzt den Bewoh⸗ nern eines wilden Landes durch dieſe heilſame Waſſer an⸗ dre Maͤngel. Denn durch den Handel mit dieſem Waſ⸗ ſer kommt viel Geld in das Land, und mit der Verferti⸗ den jahrlich an dieſen und unzaͤhligen andern Quellen ge⸗ = > füfle, und nach allen Gegenden der Welt ausgefuhrt. Ihr findet dieſe koſtbare Geſchenke der Natur meiſtens gung und Verſendung der Flaſchen werden viele Hände beſchaͤſtigt. Solltet ihr einmal mismuͤthig werden, . | E 3 g und 70 Algemeine Y murgeſcichte. und en nicht mehr. von ganzem Herzen uͤber Gottes € ausgebreitete Güte in der Schöpfung freuen koͤnnen „ ſo A erinnert euch nur an die viele tauſend Kranke, die an dieſen unerſchoͤpflichen Quellen ihre Geſundheit, Nuße und Zufriedenheit wieder gefunden haben. XV. Noch in Wort, meine Freunde, von Aus⸗ artungen und „Misgeburten in der Natur. Ihr wiſſet, paß die Thiere ſich immer nur zu ihres Gleichen halten, und daher auch immer ihres Gleichen erzeugen. Baſtardthiere, z. E. der Mauleſel, entſtehen nur mit Huͤlſe des Menſchen. Die Thiere vermiſchen ſich nicht mit fremden Thieren, ſo lange ſie im wilden Zuſtande ſich ſelber uͤberlaſſen ſind. Dadurch erhaͤlt der Schoͤpfer die Welt der Thiere beſtaͤndig in der ſchoͤnſten Ordnung. Und wenn auch einmal Baſtardthiere erſcheinen, ſo bekommen fie keine Nachkommenſchaft. Sie muͤſſen bald wieder untergehen, weil entweder ſie, oder doch ihre Jungen, das Vermögen nicht haben, ſich fortzupflanzen. Schließt daraus, daß eine Menge alter laͤcherlicher Er⸗ zaͤhlungen von ſonderbaren Paarungen und abſcheulich⸗ misgebildeten Geburten zu den Traͤumen und Fabeln ge⸗ böre, die man ehemals im Papſtthum erdacht hat, um eure arme Vorfahren, die nicht fo, wie ihr, unterrichtet wurden, erſt in Angſt zu jagen, und dann um ihr Geld zu bringen. Die Aale haben ihre eigne Weibchen, ſie begatten ſich nicht mit den Schlangen. Ohne von Menſchen gezwungen zu werden, verlaͤßt kein Thier, auch in der größten Brunft nicht, fein eigenes Geſchlecht. Indeſſen eniftehen bey denjenigen Gattungen vorzuͤglich, — die wir in unſern Haͤuſern balken, oe das Einfperren, i Be) A | he | \ Allgemeine dat durch die Erziehung, Verſchneiden, Nahrung, Arbeit, und durch unſre oft falſche und närrifche Siebe ſolche Ver⸗ aͤnderungen in der Größe, in der Farbe, in der Mun⸗ terkeit, im Laufen, im Tragen und Richten der Ohren, im Muth, in der Stärke, und ſelbſt im Fett und Fleiſch der Thiere, daß ein zahmer Ochs einem wilden, ein zah⸗ mes Fohlen einem wilden Pferd gar nicht gleich ſieht. Das find Ausartungen, die freylich zuletzt fo weit gehen koͤnnen, daß es noͤthig wird, eine neue Zucht anzufangen, und ungeſchwaͤchte Stiere aus der Schweiz, Hengſte aus der Barbarey, Widder aus Spanien und Afrika ꝛc. kommen zu laſſen. Eure zahme Schweine paaren ſich mit den wilden Schweinen im Wald freywillig und fruchtbar. Sie ſind alſo gewiß einerley Thier; aber welch ein Unterſchied! Eben fo find die Spielarten unter den Pferden, Hunden, Katzen, Tauben ꝛc. faſt unzaͤhlig. Oft bleibt eine gewiſſe Zeichnung, ein gewiſſes Maaß der Glieder, ein beſondrer Umſtand durch einige Zeugun⸗ gen erblich; aber weil das nicht weſentlich zu dem Thier gehoͤrt, ſo verliert es ſich zuletzt doch. Ganz uͤberſehen dürft ihr das auch nicht in der kandwirthſchaft: denn z. B. in unſern Gegenden iſt ein weißes Pferd faſt immer ſchwaͤcher, als ein ſchwarzbraunes. Das weiße Rind⸗ vieh wird eher von der Hornviehſeuche angeſteckt, als dos lichtrothe, oder rothbraune. Die ſchwarzen Ochſen haben bey uns immer eine ſchwaͤchere Haut, und die ſtechenden Inſecten plagen fie im Sommer weit mehr, als die andern. Es iſt beffer, einfaͤrbige Schafe zu halten, als i Nicht alle Katzenarten fans gen auch die Ratten. Die Pummer unter den Hunden en ihr nie, halten, weil ſie mehr, als andre, zur Wut 4. Ä t / 72 Allgemeine ounturgehichte. geneigt ſind. Auch unter den Gewächſen kö faſt in jedem Garten Abweichungen vor; aus dem Saamen aber waͤchſt, wenn ihr die Pflanze nicht verſetzt, nicht beſchneidet, nicht bea: beitet, allemal die eigentliche Pflan⸗ ze wieder auf. Der Kohlpflonzen, der Birnen, der Aepfel, der Pflaumen, der Kartoffeln, der Wein⸗ trauben giebt es unzaͤhlig viele Spielarten; aber dieſe entſtehen und vergehen, je nachdem ſie von den Gaͤrtnern und euch behandelt werden. Das ſeht ihr daraus, weil, wenn ihr eures Nachbars gute Aepfel auf einem jungen Apfelbaͤumchen ziehen wollt, es nicht hinreichend iſt, den Kern jener Aepfel in euren Garten zu ſtecken. Ihr muͤſſet, um gerade dieſe, und nicht die wilde Gattung von Aepfeln zu erhalten, zum Pfropfen, zum Ableger. machen, zu den Senkreiſern eure Zuflucht nehmen. Die weiſe Natur uͤberließ hier manches eurem Verſtand und eigenen Nachdenken. Ihr ſollt als vernuͤnftige Menſchen euer Obſt, eure Erd und Baumfruͤchte fo ſehr zu verbeſſern ſuchen, als ihr koͤnnt. Wenn ihr alſo von beſſeren, ſchoͤneren, größeren, geſuͤnderen Aepfeln oder Pflaumen hört, als ihr fie bisher gewohnt ſeyd; wenn man euch ſagt, daß eure Kartoffeln nothwendig klein und ſchlecht werden muͤſſen, wenn ihr nur immer die wieder ſteckt, die im vorigen Jahr gewachſen ſind: ſo muͤßt ihr da nicht hartnaͤckig oder eigenwillig am Alten kleben, ſondern den Rath erfahrner Maͤnner annehmen. Manches muß, nachdem es lange durch Ableger fortges | pflanzt worden, auch wieder einmal aus Saamen gezogen werden. Die Muͤhe des Pfropfens muͤßt ihr euch nicht verdrießen laſſen. An eben dem Platz, wo ein ſchlechter ven n ſteht, kann ein ee Franzobſtbaum . ln 15 i 1 EM, m Allgemeine Naturgeschichte. 73 | wachen, Die Obrigkeit hat euch deswegen Landgaͤrtner gaaufgeſtellt, und bietet euch öfters im Wochenblatt guten Klee und andre Saamen an. Wenn man euch von Zwittern erzähle, die unter Menſchen und Thieren vor⸗ gekommen ſeyen, fo glaubt das nicht. Beyderley Ges ſchlechtsglieder find nie an einem Körper beyſammen. Man hat oft kleine Fehler und Unrichtigkeiten in der Bil⸗ | dung gewiſſer Theile für eigene Glieder angeſehen. Auch 4 find es leere Fabeln, was man euch von Meermenſchen, von Meerjungfern, von Drachen 2c. erzähle. In der Bibel müßt ihr Eidechſen oder das Crocodil ver⸗ ſtehen. Wenn aber einmal bey eurer Viehzucht eine 5 Misgeburt vorkommt, die zu viel, oder zu wenig Glie. der, oder einen verunſtalteten Koͤrper hat, ſo duͤrft ihr euch daruͤber nicht aͤngſtigen. Solche misrathene Ge⸗ burten leben insgemein nicht lange; und wenn ihr ſehet, daß es dem ung luͤcklichen Thier ſogar am Kopf ſehlt, fo ſchlagt es lieber gleich todt, und rechnet das zu den un. vermeidlichen Ungluͤcksfaͤllen der Landwirthſchaft. Denn auch die traͤchtigen Thiere koͤnnen eben fo, wie Menſchen, durch allerley Zufaͤlle erſchreckt, und in ihrer Traͤchtigkeit geſtoͤtt werden. Schonet alſo eure Stutten, Kuͤhe und Schafmuͤtter, wenn ſie in dieſem Zuſtand find; uͤberla. det ſie nicht mit Arbeiten, und uͤberlaßt es ubrigens ru⸗ hig dem großen und guten Schoͤpfer, der auch auf das Leuben der Thiere Acht giebt, und ſeinen gehorſamen Men⸗ ſchen Segen und Nahrung verſprochen, aber nirgends in der Bibel gedroht hat, daß er durch Misgeburten und Ungtüdsfälle unter dem 977. feinen Unwillen an Tag ib e - E 5 Z3Zbweyter — 74 Naturgeſchichte des Menſchen. | E . Naturgeſchichte des Menschen. I. | | Ä / Se der Matufgeſchichte nennt man das alles ein Thier, was einen Koͤrper, aus Waſſer und allerley kuͤnſt⸗ lichen Roͤhren zuſammengeſetzt, und eine Seele hat, die dieſen Leib, ſo lange er lebt, d. h., ſo lange die Gefaͤße und die Saͤfte zum Umlauf tuͤchtig ſind, bewohnt, re⸗ giert, darin denkt, und durch ihn empfindet. Weil wir nun das alles auch haben, ſo werdet ihr nicht daruͤber zuͤrnen, wenn wir den Menſchen zu den Thieren rechnen. Unſer Koͤrper, und die davon abhaͤngenden Empfindungen, Triebe und Bewegungen ſind voͤllig thieriſch. Wir er⸗ fahren Schmerz und Freude, leiden Hunger und Durſt, haben Froſt und Waͤrme, verlangen nach der Ermattung Schlaf und Ruhe fuͤr unſern Koͤrper, wie die Thiere. Er entſteht aus einem ſehr kleinen Anfang, waͤchſt erſt in Mutterleib, wie eine Pflanze durch die Wurzel, reißt ſich nachher los, und wird durch Nahrungsmittel, die er ſelbſt in ſeinem Innerſten aufloͤſt und bereitet, groß, ſtark, ausgedehnt, bis er endlich wieder eben ſo wie der Koͤrper der Thiere, durch ſich ſelber, eben deswegen, weil er lange gedauret hat, abnimmt, und zu der Erde zuruͤckkommt, aus der er entſtanden iſt. Die vierſußi. gen Thiere haben auch alle Glieder, die wir haben; an unſerm Koͤrper iſt nichts, das uns Menſchen ganz allein und eigenthuͤmlich gegeben worden wäre. Das Cameel, 1 | j der Zwehter Abſchni itt. — * 8 — — 0 Naturgeſchichte des Menſchen. 75 | der Krebs, die Schnecke, und einige Fiſche koͤnnen eben ſo gut aufwaͤrts gen Himmel ſehen, als wir. Die großen Affen, eine Bergratte in Aegypten, und auch der wilde Bär gehen eben fo ſchoͤn nur auf zween Fuͤßen, als wir. Die Schluͤſſelbeine, die uns dazu helfen, haben auch die Hafen, die Eichhoͤrnchen, die Stachel⸗ ſchweine, die Voͤgel. Die Augen der Affen haben ebenfalls Augenbraunen und Augenwimpern; ; man hat ſogar große Seethiere weinen geſehen. Der Maul⸗ wurf, der Baͤr, einige Affen, und die amerikaniſchen Dachſe brauchen ihre Vorderpfoten eben ſo, wie wir unſre Hände; die letzteren z. B. klettern damit auf den Baͤumen bis an die Spitze der Aeſte hin. Wollt ihr euch etwa dadurch von den Thieren unterſcheiden, daß euer Leib hie und da nackend, und ihr Körper ganz hans richt ſey, ſo muß ich euch ſagen, daß viele Haare an uns durch die Kleider abgeſtoßen und abgerieben werden. Wilde Menſchen find insgemein ganz haaricht, und der Elephant, das Guͤrtelthier und andre haben auch nur an den wenigſten Stellen des Koͤrpers Haare. Wir haben keinen Schwanz, aber das Meerſchweinchen und alle Halbeaninchen haben auch keinen. — Schließt alſo daraus, daß der Vorzug des Menſchen vor den Thieren nicht im Koͤrper liegt, ſondern auf den viel groͤßeren und mannichfaltigeren Faͤhigkeiten der Seele beruht. Die Thiere haben auch außer ihrem Koͤrper noch ein andres Weſen, das wir Seele nennen. Das erkennt ihr an ihrem freywilligen Laufen, Springen, Ruhen, Freſſen, Saufen, Schreyen, Zanken, Schmeicheln, Jagen ꝛc. Waren fie bloße Maſchinen, wie z. B. eure Muͤhle, oder die Sruchtputzmaſchine i in der Scheure, wie könnte man fie 7 76 Naturgeſchichte des Menſchen. ſie etwas lehren, was fie vorher nicht thaten? Und wie koͤnnte man ſie gewoͤhnen, etwas nicht anzuruͤhren, das ſonſt ihre liebſte Speiſe it? Ihr wißt, man richtet Affen, Elephanten, Pferde, Hunde, Vögel ze. ab, daß fie Schildwacht ſtehen, allerley holen, etwas wegtragen, Gewehr losſchießen, auf dem Seil tanzen, Melodien nachahmen, Woͤrter ausſprechen ꝛc.; und wiederum wer⸗ den Jagdhunde gewoͤhnt, auf Rebhuͤhner nicht loszu⸗ ſtuͤrzen, das Wildpret ihrem Herrn vor die Füße hinzu. legen ꝛc. Einige haben von Natur viele Geſchicklichkeit: 3. E. der Bieber baut ein ſehr kuͤnſtliches Haus; der Fuchs weiß ſehr liſtig zu ſtehlen; der Hirſch verwirrt den Jaͤger und den Hund auf Wan e Art; ein Schaf, ein Schwein, eine Gans, ein Huhn iſt ſchon viel wach ſinniger, und weiß ſich weniger zu helfen. Andre ſind gelehrig, und lafſen ſich leicht von Menſchen unterrichten. Dahin gehoͤrt vorzuͤglich der Elephant, das Pferd und der Hund. Der ſpieleriſche Affe ahmt alles ſelber nach, nimmt aber weniger Unterricht an. Indeſſen konnte man doch noch nie den gelehrigſten Hund, oder den fein⸗ ſten und'lenkſamſten Elephanten zum vernünftigen Den⸗ ken, und alſo auch nicht zum ordentlichen Reden brin gen. Unſre Kinder lernen beydes von Jugend auf, ine dem fie in der menſchlichen Geſellſchaft leben. Die Thiere find zum Theil täglich um uns, und fie werden doch nie ganz zahm, und nie vernuͤnftig. Viele machen auch immer unter ſich ſelber eine Geſellſchaft aus, z. B. die Bieber, die Seebaͤren und Seelöwen, und viele kleinere Inſecten; aber ſie reden nicht mit einander, und erfinden nichts neues, machen ihren? Bau in dieſem Jahr gerade wis im aktgen ihre Jungen koͤnnen es fo gut, N 4 5 wie 5 Naturgeſchichte des Menſchen. 77 wie die Alten; die Nachkommen werden nicht kluger; die Thiere nehmen nicht zu in ihren Künffen und Kennt⸗ niſſen. Es muß alſo doch wohl etwas mit dem Menſchen geboren werden, das uns über alle andre Thiere wegſeßt, und das nennen wir die Vernunft, oder die Kraft ne unſichtbaren Geiſtes, das Vergangene, das Gegenwaͤr⸗ tige und das Zukünftige zuſammenzudenken, mehrere Dinge in Verbindung zu betrachten, Urſachen und Wir⸗ kungen, Begebenheiten mit ihren Folgen, Handlungen mit ihren Bewegungsgruͤnden, Wahrheiten und den ſuͤßen Reiz, der darin liegt, andre Menſchen, und ihre Empfindungen, Wuͤnſche und Beduͤrfniſſe, Welt, Himmel, Erde, Meer und alles, was darinnen 5 Gott und ſeine große Eigenſchaften, Erſcheinungen in der Natur und ihre ſich gleichbleibende Reihe, Geſchich. ten der Worgei und ihre fpätefte Nachwirkungen, und viele ſolche Dinge, uns fo klar, fo deutlich und beſtimmt vorzuſtellen „daß wir im Stande find, unſre Gedanken durch Worte oder andre Zeichen in die Seele des andern uͤberzutragen. Gebet nun, ob je ein Thier dazu im Stand iſt! Das iſt die große Seite des Menſchen! das iſt unfee Verwandtſchaft mir Gott und den Engeln! das iſt der Werth, den jeder Menſch, auch der aͤrmſte Tages loͤhner, der geplagteſte Bauer hat! Das iſt der Grund unſrer Hoffnung auf Unſterblichkeit, und das iſt die große Anlage unſrer Natur, vermoͤge welcher unſer Geiſt im⸗ mer weiter ausgebreitet werden, immer hoͤher ſteigen, immer mehr umfaſſen, lernen, vieles in ſich ſelbſt gleich⸗ ſam verſchließen, genießen, und doch nicht geſaͤttigt wer⸗ den kann. Ihr duͤrft auf dieſe Menſchenwürde aller: dings stolz ſeyn. Der Schoͤpfer hat uns einen hohen Nang / | 8. Naturgeſchicht e des Menschen. Rang angewieſen. Wir herrschen uͤber alle Elemente, aber kein Thier iſt im Stande, Feuer aus dem Kieſel herauszuſchlagen: eine Kunſt, die der Menſch fruͤh gefunden . muß. Die großen Affen im Wald haben Leine kindiſche Freude, „wenn Reiſende etwa ein Feuer an⸗ machen. Sie laufen alle zuſammen, und ſetzen ſich mit lautem Gelaͤchter um den Brand herum, wenn die Men⸗ ſchen fort find. Aber zum Gluck für die Wälder haben ſie nicht ſo viel Ueberlegung, daß fie nur ein Stuͤck Holz hinzuthun duͤrften, um ſich dieſes angenehme Schauſpiel noch mehr zu verlaͤngern. Vergleichet damit die vielen ſchoͤnen Entdeckungen, Wiſſenſchaften, Künfte und Er⸗ ſindungen der Menſchen! Wir waͤgen den Mond, und meſſen die Sonne. Wir berechnen die Verfinſterungen der Geſtirne, die die Nachkommen erſt ſehen werden. Wir weiſen dem Blitz ſeinen Weg an, und ahmen die feuerſpeyenden Berge nach. Wir ſind in einen engen Ort eingeſchloſſen, und unſer Geiſt fliege im Augenblick an den aͤußerſten Stern. Wir dringen mit unfrer De redtſamkeit unſern Mitbruͤdern ins Herz, und leiten ihre Neigungen, wie man Waſſerbaͤche leitet. Wir fahren auf ein unbekanntes Meer, weiffagen neue Lander, kehren das Steuerruder wohin wir wollen, ſinden Amer, laden ſeine Schaͤtze haft kommen zuruͤck, und denken nach, wo der fünfte Welttheil liegen muͤſſe. Wir ma- chen den Menſchenkoͤrper nach, ſchleifen uns Glaͤſer, um das Kleinſte in der Natur zu ſehen, und gehen in unſern Unterſuchungen bis zu dem heiligen Vorhang Ben den keine menſchliche Hand aufziehen darf. 101 1 \ II. die r 2 ect Naturgeſchichte des Menſchen. 79 II. Ihr koͤnnt leicht denken, daß der Menſch auch ein natuͤrliches Vaterland im erſten Anfang gehabt baben muß, fo wie jedes Thier irgendwo auf der Erde zu Hauſe iſt, wo es wild lebt, und ſich allein helfen kann, und fo wie jedes Gewaͤchs feinen naturlichen Boden hat. Die heilige Geſchichte beſchreibt das Geburtsl land des Menſchen als einen Garten, d. h. als eine ſehr reizende, außerſt fruchtbare, ungemein angenehme, von vier großen Stroͤmen bewaͤſſerte Landſchaft, wo der Neugeſchaffne! der Glückliche! alles ohne Mühe und Arbeit, ohne Pflug und Eiſen, (denn das alles kannte er ja noch nicht,) ohne Ackerbau und Viehzucht, ohne Geſellſchaft und Huͤlfe, ohne Beyſtand und Unterftügung, ohne Verdruß, ohne Schweiß und Ermuͤdung fand, was zu ſeiner volle gen Erhaltung und Fortpflanzung noͤthig war. Das ſogenannte Paradies mußte fo ausſehen, fonſt wäre das erſte Menſchenpaar wieder abgeſtorben, ehe es mit der Natur umzugehen, und ihr ſeinen Unterhalt abzugewin⸗ nen gelernt haͤtte. So li und fruchtbar, , ſo ſchoͤn und bequem iſt aber bekanntermaßen nicht die ganze Erde, und die ganze Erde follte doch von Menſchen bewohnt werden, die ſich nicht im Müßiggang „ ſondern im Schwei ihres Angeſichts naͤhren ſollten. Es iſt daher N jetzt, da die Menſchen ſich fo ſehr auf allen Seiten aus. gebreitet haben, beynahe unmoͤglich, die wahre Lage un⸗ ſers erſten Vaterlands gewiß zu beſtimmen. Wir ken⸗ nen viele Gegenden des Erdbodens, beſonders in Aſien, wo noch jetzt viele hundert Menſchen ohne die geringſte Arbeit, ohne alle Anſtrengung, ohne Ackerbau, ohne Kunſte und Handwerke leben, und Ueberfluß haben. Der ganze beiße ee der Erde iſt von Natur ſo geſegnet, I 1 | 7 + go Naturgeſchichte des M Menschen. geſegnet, daß man da eſſen und trinken kann ohne Arbeit und Muͤhe. Da iſt ein ewiger Sommer, immer Dla. then und zugleich reife Fruͤchte an den Baͤumen; dort iſt eine Menge Palmen, deren Fruͤchte, Mark u Safte herrliche Nahrung für den eee ſind, deren 0 Blaͤtter Wohnungen und Decken geben, wie man ſie in jenen Landern braucht; dort find Bau N eßbare Wurzeln, melonenartige Pflanzen ꝛc. in unendlicher Menge vorhanden. Dort hat man im ganzen Jahr nicht noͤthig, F Feuer anzumachen; dort find auch die nackten Thiere meiſtens zu Haufe; und eben dieſer ſchoͤne und geſegnete Theil von Aſien iſt auch das Vaterland unſcer Hausthiere. Man nahm dieſe mit, als die immer mehr anwachſende Menge der Menſchen ſie noͤthigte, aus dem blühenden Zirkel nach Norden und nach Suͤden abzuwei⸗ chen, und ſich anderswo anzubauen. Im erſten Buch Moſes wird von ſolchen Voͤlkerwanderungen und Zer⸗ f ſtreuungen des Menſchengeſchlechts geredet, und ihr koͤnnt euch wohl vorſtellen, daß die 9 Menſchen unmoͤglich alle da, wo gleichſam die Wiege des Menschen ſtand, bey⸗ u bleiben konnten. est iſt bie ganze Erde Bas _ terland des Menſchen. Wo man zu Schiffe auf dem Meere hingekommen iſt, 170 man Menſchen gefunden. Laͤnder, die jetzt ganz im Meere liegen, find nicht immer ſo ganz getrennt von der uͤbrigen Menſchenwelt geweſen. Ehemals hieng Amerika oben an Aſten; Engelland und Frankreich waren ein Ganzes; Spanien und Afrika ſind ebenfalls nur durch die Gewalt des Meers von einander N abgeriſſen worden; die vielen kleinen Juſeln in den in⸗ dlaniſchen und andern Meeren find ebenfalls nur Ueber. bach von großen Stücken 1 Landes, die die See nach * Naturgeſchichte des Menſchen. 81 nach und nach verſchlungen hat; man hat noch nirgends mehr als eine Meuſchenart gefunden; alles, was wir aus der Geſchichte der Natur, des Menſchen, der Wiſ⸗ J ſenſchaften, Sitten, und Kuͤnſte wiſſen, beſtaͤtigt das, daß von Afien aus, und zwar erſt feit einem gewiſſen Zeitraum, der gar nicht unendlich iſt, der Erdboden be⸗ volkert, und das Menſchengeſchlecht verbreitet worden iſt. Die Natur des Menſchen ift fo vom Schöpfer eingerich- tet, daß ſie ſich an jeden Himmelsſtrich, an die kaͤlteſte und an die waͤrmſte Luft gewoͤhnen kann. Wie wenige Thiere koͤnnen beydes im hoͤch pſten Grad aushalten! Aber der Menſch lebt in Indien, wenn Siegellack vor der Somenhige ſchmelzt, wandelt in Afrika i im Sand, wo das Blut aus allen Schweißloͤchern fließt, und ieh Winter an der Hudſonsbay in ein tod) in der Erde, wenn ſie ie funfzehn Schug tief gefroren iſt. If. Es laͤßt ſich daraus leicht die natürliche, oder wenigſtens die erſte S ypeiſe der erſten Menſchen errathen. In feinem naturlichen Vaterland aß der Menſch im Anz fang kein Fleiſch, trank keine Milch, brauchte nichts aus dem Thierreich; die vielen ſchmackhaften Pflanzen und ihre ſuße Fruͤchte verſorgten ihn hinlaͤnglich mit allen Be⸗ duͤrfniſſen. Und noch jetzt eſſen die Leute unter den Pak: men kein Fleiſch; viele tauſend Menſchen in den heißen Ländern werden allein vom Genuß der Pflanzen alt, ge⸗ ſund und ſtark. Die Hitze des Landes tödtet auch alle Luſt zum Fleiſch; man will lieber friſche, ſaftvolle, kuͤh⸗ lende Fruͤchte haben, die den Durſt ſtillen, und der Faͤu⸗ lung im Blut widerſtehen. Auch war es die erſte An⸗ 1 des G 7 Moſ. I, 29.) daß der 5 \ Menſch des Ganzen. Hätte der Menſch gleich bey feinem Eins tritt in die Welt Erlaubniß gehabt, andre Thiere zu feis 1 82 Naturgofihichte des Menſchen. Menſch im Anfang wenigſtens allein vom Pflanzenreich leben ſollte. Nicht, als wenn es nicht unſre Beſtim⸗ mung wäre, auch Fleiſchſpeiſen zu genießen, ſondern die. ſer Befehl Gottes war noͤthige Sorge fuͤr die Erhaltung ner Ernaͤhrung umzubringen, ſo haͤtten leicht ganze Gat⸗ tungen von Thieren, da ohnehin die Raubthiere ſie ver⸗ koͤnnen. Es war auch in der Jugend der Welt, da alle Thiere noch wild und ungeſchwaͤcht waren, und der Men⸗ ſchenverſtand noch weder Bogen, noch Pulver erfunden hatte, ſo leicht nicht moͤglich, Thiere zu erjagen und zu folgten, in ihren erſten Zeugungen ausgerottet werden bezwingen. Aber ſobald das erſte Menſchenpaar aus der ſchoͤnen Gegend weichen mußte, ſobald ſie Kleider gegen die kalte Nachtluſt noͤthig hatten, (1 B. Moſ. III, 21.) ſobald legte ſich auch die junge Familie des Men⸗ N ſchenvaters auf Ackerbau und Viehzucht, (1 B. Moſ. IV, 2.) und nun beſtimmte ohne Zweifel die Gottheit felber den Ueberfluß der jungen Thiere zum Opfer, (1 B. Moſ. IV, 4.) und nach der Suͤndfluth, da das Schiff des Noah von den nuͤtzlichen und eßbaren Thieren eine hin. reichende Zahl erhalten hatte, (1 B. Moſ. VII, 1. 2. 3.) erlaubt ihnen der Schoͤpfer den Genuß des Fleiſches aus⸗ druͤcklich, und uͤbergiebt ihnen das Thierreich wie das Pflanzenreich. (1 B. Mos. IX, 2. 3.) Der Bau des menſchlichen Koͤrpers, unſre Zaͤhne, unſer Magen und Gedaͤrme ſind auch offenbar, wenn wir ſie mit fleiſch⸗ und grasfreſſenden Thieren vergleichen, ſo beſchaffen, daß wir beydes mit einander verbinden, und dadurch, wie die Er fahrung 5 2 am beſten für unſte Geſundhelt ſorgen * 5 ee MM NRaturgefficte des menten. 82 forgen ſollen. Die Weisheit des Schoͤpfers ſah vorher, 8 daß ein großer Theil des Menſchengeſchlechts wuͤrde in Gegenden leben muͤſſen, wo die Erde ſechs und mehrere Monate nichts traͤgt, wo man alſo gezwungen ſeyn würde, vom getrockneten und gedoͤrrten Sommervorrath „oder gar beffändig von Fleiſch und Fiſchen aus dem Meere zu leben. So wurden auch die Menſchen durch die Noth gezwungen, das Kochen, Braten, Sieden, Backen, Doͤrren anzufangen, und aus dem geſammten Pflanzen: | reich beſonders die mehlichten Saamen des Getreides, und die mehlreichen Wurzeln auszuſuchen, weil dieſe dem natuͤrlichen Milchſaft, der uns eigentlich ernaͤhrt, am naͤchſten kommen. So entſtand nach und nach die Kunſt, Brod zu backen. Erſt aß man dieſe Koͤrner roh, wenn ſie noch in ihrer Milch waren. Das tbaten ſelber noch die Juden zu Chriſti Zeit in ihrem Lande. (Matth. XII, 1.) Dann fieng man an, die halbreifen Aehren zu kosten ! oder über Kohlen zu braten, und dazu trinken die Hirten auf dem Feld in Aſien noch lebt warme Milch, um die Körner. wieder zu erweichen. Man hat erſt nach und nach die Erfindung der Hand: ke Roß der Wind: und Waſſermuͤhlen, und der Backöfen gemacht. Erſt bes gnuͤgte man ſich damit, daß man die Körner roh zwiſchen zween Steinen, oder im Moͤrſer zerſtampfte. Es giebt auch außer Weizen, Spelz, Roggen, Haber und Gerſte noch viele andre Dinge, aus welchen man Brod backen kann, und zum Theil in andern Laͤndern wirklich bereitet, z. B. Welſchkorn, Erbſen, Bohnen, Kartoffeln, Pa⸗ taten, Caſſavewurzeln in Amerika, Bucheckern, Eicheln, Kaſtanien, Elſebeeren, Schoͤßlinge und Rinden der Tan⸗ nen, Fichten und Birken, Mark von Palmen, Aepfel, N 5 2 Warzen⸗ . 84 Naturgeſchichte des sen Warzenkürbiß Cocosmehl, Waſſernuͤſſe und 0 Nuͤſſe, Reis, Hirſe, Buchweizen, Saamen von Sauer⸗ ampfer, von Flachs, Spinat und Sonnenblumen, Erd⸗ äpfel, Steckruͤben, Mohrruͤben, Aaronswurzel, Que⸗ ckenwurzeln, Katt an ine Natterwurzel, Zwie⸗ bein von rothen und gelben Klien, die ſogenannte Brod⸗ frucht, u. ſ w. Man hat ſich von jeher bemuͤht, Brod zu verſertigen, weil es das tägliche Nahrungsmittel des Menſchen iſt, ſelbſt in allen Krankheiten ohne Schaden gegeſſen werden kann, dem Menſchen nie entleidet, viele andre Speiſen, z. B. die fetten, Butter und Oele, erſt ſchmackhaft macht, und aͤußerſt nahrhaft iſt, indem es Schon im Munde, wenn es nur lange gekaut, und innig mit Speichel vermiſcht worden iſt, faſt ganz zu Milch⸗ ſaft wird. Auch iſt es gewiß eine beſondre Vorſehung Gottes, daß, wenn in der Türkey die Peſt durch alles fortgepflanzt wird, doch das Brod ſo wenig als Waſſer und Luft von dieſer Seuche angeſteckt wird. Das neugebackene Brod iſt zwar manchem angenehmer; aber weil es noch viel Luft und Waſſer in ſich haͤlt, ſo iſt es viel ſchwerer zu verdauen. Die dicken Kuchen, die ihr oft in Menge verzehrt, ſind ebenfalls ungeſund, weil dabey kein Sauerteig iſt. Es iſt die rohe Maſſe von Mehl, Waſſer und Fett; der Magen hat Muͤhe, ſie zu verdauen. Euer Brodteig muß vorher, ehe ihr die ein⸗ zelnen Brodte macht, ſtark in die Höhe ſteigen, ſich aus. breiten, oder gaͤhren, ſonſt bleibt zu viel von dem ſchlei⸗ michten Weſen, das im Brod ſteckt, im Teig, und das ſchadet dem Koͤrper. Sehet das an Muͤllerpferden, die man oft mit bloßem Mehl maͤſtet. Sie werden zwar davon ans auſgetrieben, rund, ſehen wohl aus, aber . EB En ® Matuegefhichte des Wengen. g5 ſtark find fie doch nicht. Nehmt daher guten Sauer teig dazu, und laßt ihn durch die Hand der Beckerinn vollkommen durch die ganze Maſſe verbreitet werden. Jemehr ihr in dem Teig arbeitet, und ihn unter einander mengt, deſto beſſer werden die Theile des Mehls von einander getrieben, deſto gleichfoͤrmiger und allgemeiner wird die Gaͤhrung, deſto mehr Luftloͤcher oder Augen be« kommt das Brod, indem die durch die Waͤrme ausge. dehnte Luft hernach uͤberall aus dem Schleim hervor⸗ bricht. Der Teig. würde für ſich endlich in Gaͤhrung kommen, ohne fremden Zuſatz, wie der Reſt vom er-. ſteren Backen im Gefäß zum Sauerteig wird. Aber wir erwärmen das Mehl bis auf einen gewiſſen Grad, und miſchen etwas Sauerteig dazu, damit es deſto ſchneller gaͤhrt. Es iſt auch euer Vortheil, wenn das Brodmehl viel Waſſer einſaugt. Denn ihr bekommt deſtomehr Brod aus einem gewiffen Maaß von Mehl. Wenn man langfam, aber lange knetet, fo zieht ſich im mer mehr Waſſer hinein, und das Brod wird hernach auch recht ſehr luftig. Die Becker ſalzen auch ihren Brodteig oͤfters ſtark ein, damit das im Waſſer aufge loͤſte Salz immer noch mehr Waſſer einſaugen ſolle. Aber ſchreckliche und aͤußerſt menſchenfeindliche Gewinn⸗ ſucht iſt es, wenn ein Becker, um die Schwere feines Brods zu befördern, oft gar den für unſern Körper gifti⸗ gen Kalk, den noch ſchaͤdlicheren Gyps, und wiederum das Kalkmehl von gebrannten und zerſtoßenen Knochen unter den Teig mengt, von dem vielleicht die meiſten ſei⸗ ner Mitbuͤrger, Fremde, Kranke, Arme, Kinder, und ſogar Reiſende eſſen werden! Man bringt das Brod nachher in das Feuer, um auf einmal der Gaͤhrung ein F 3 e 85 Naturgeſchichte des Menſchen. Ende zu machen, ſonſt wuͤrde das Brod ſauer werden, | auseinander fließen, und endlich faulen. Ich habe'ofe.. bey euch wirklich ſaures Brod gefunden, und ihr ver⸗ ſichertet mich doch, daß das Mehl gut geweſen ſey. Ohne Zweifel habt ihr da den Teig zu ſtark gaͤhren laſſen. iter euch dafuͤr, es iſt ungeſund, wenn das Brod ſauer iſt. Im Ofen muͤßt ihr es nun allemal eine hinlaͤngli⸗ che Zeit liegen laſſen, und das noͤthige Holz nicht ſparen, damit es nicht naß, und nur halb ausgebacken wieder herausgezogen wird. Wenn es nicht leicht, loͤchericht, von Luft und Waſſer meiſt befreyt iſt, fo iſt es allemal ein ungeſundes Brod. Ein naſſes, ſizengebliebenes ſpeckartiges Brod kann euch nicht ernaͤhren, denn der Speichel kann ſich beym Kauen nicht damit vermiſchen, und ſchluckt ihr es doch hinunter, ſo zieht ihr euch Koli⸗ ken zu, und die Gedaͤrme muͤſſen natuͤrlich mit dieſem Brey verſtopft werden. Je beſſer es gebacken iſt, je nahrhafter und wohlſchmeckender iſt es; das ſeht ihr an der Rinde, oder Cruſte, die jeder, der fie noch beißen kann, lieber ißt, als das Innre, weil dieſe aͤußre Flaͤche des Brods, indem fie die meiſte Hitze ausgeſtanden hat, auch am beſten ausgetrocknet, am meiſten von Waſſer und Luft befreyt, und eben dadurch auch ſo ſchoͤn gefaͤrbt worden iſt. Wenn alſo eure Becker oft ein Brod auf⸗ ſtellen, das fo weich iſt, daß man es in der Hand zuſan⸗ mendruͤcken kann, als wäre es nur in den Sonnenſtralen gebacken worden, ſo kauft ihr es dem Stuͤmper i in ſeiner Kunſt nicht ab. Macht auch in eurer eigenen Haushal⸗ tung die Brodte nicht zu groß, damit das Feuer deſto beſſer von allen Seiten auf fie wirken, und fie vollkom: men ausbacken kann. Dimäge Laibe ſich, Hi : | die | Naturgeſchichte des Menſchen. 87 die gar zu großen bleiben meiſtens niedrige Kuchen. Ihr ſeyd dieſe Sorgfalt beym Brodbacken euch, noch mehr aber euren Kindern ſchuldig, die beſtaͤndig Brod eſſen koͤnnen, und denen ihr es auch wohl erlauben koͤnnt, wenn ihr nur verſichert ſeyd, daß das Brod nicht naß und zähe iſt. Etwas Kuͤmmelſaamen im Teig giebt dem Brod einen lieblichen Geruch, und befördert die Verdauung. Es laͤßt ſich auch deſto länger und beſſer erhalten, wenn es wohl ausgebacken iſt. Nehmt euch nur in Acht, daß ihr das Brod nicht in einem feuchten Keller, oder an einem naffen Ort aufbewahrt. Wenn Schimmel darauf waͤchſt, ſo iſt das ein ſicheres Kenn⸗ zeichen, daß das Brod entweder an ſich noch zu viele Feuchtigkeiten enthaͤlt, oder daß es an einem naſſen Ort liege. Sonſt kommt wenig darauf an, ob ihr weißes oder ſchwarzes Brod habt. Das nahrhafteſte ift: uns ſtreitig das Roggenbrod. Das war auch unter unſern alten teutſchen Vorfahren das gewoͤhnliche Rahrungs⸗ mittel. Wer es beſſer haben will, der nimmt zum Rog⸗ gen mehr oder weniger Weizenmehl. Commißbrod iſt ſchmackhaft, und wird aus einem Mehl gebacken, wos von die Kleyen noch nicht abgeſondert find. Der Zwie⸗ back, den man beſonders auf Seereiſen im Schiff mit⸗ nimmt, iſt ein zweymal gebackenes Brod, das eben des⸗ wegen gar nahrhaft iſt, ſich ſehr lange ohne Berfchlims _ merung erhält, und in Waſſer, Wein, Fleiſchbruͤhe ꝛc. wieder erweicht werden kann. Ich habe mich bey dem Brodte lange aufgehalten, weil es fo wichtig fuͤr uns iſt. Sonſt muß ich euch von den uͤbrigen Nahrungsmitteln der Menſchen ſagen, daß faſt kein großes und kein klei⸗ nes e, in der S chöpfung iſt, das nicht irgendwo von | F 4 a einem 88 | Naturgeschichte des Menſchen. einem Menſchenvolk gegeſſen wuͤrde. Auf die Taſel des großen und reichen Kaiſers, unter welchem unſer lieber Luther lebte, kamen oft bey feyerlichen Gelegenheiten Reiher, Kraniche, Rohrdommel und Fuͤchſe. Wir verabſcheuen in Europa aus Unqiſſenheit, Gewohn⸗ heit, laͤcherlichen Vorurtheilen ꝛc. das Fleiſch der Hunde, Ratten, Maͤuſe, Katzen, Baͤren, Fuͤchſe, Pferde, Schlangen, Eidechſen, Kroͤten, Raupen, Ameifen, Heuſchrecken, Wanzen, und ihre Eyer, und in andern Laͤndern ſpeiſt man alle dieſe Thiere mit dem groͤßten Appetit; man bereitet ſie auf mannichfaltige Art; der Europaͤer ißt mit, wenn er dort iſt; auf langwierigen Seereiſen, in e Feſtungen, in belagerten Staͤdten, in Theurung und Hungersnoth hat man ſchon = oft auch zu dieſen Thieren ſeine Zuflucht genommen, und hat aus Erfahrung gelernt, daß alles, was die Natur hat, gut iſt, und daß wir uns beynahe aus allem durch Menſchenverſtand und Klugheit Lebensmittel bereiten koͤnnen. So gluͤcklich iſt der Herr der Schöpfung, fo lange er Gottes Stelle vertritt! Der Urheber der Natur hat uns gleichſam den ganzen Erdboden teen IV. Wir wollen nicht fange W ſtreiten, ob die ſchwarze oder die weiße Farbe die natürliche Farbe des Menſchen ſey. Wie unſre erſte Aeltern, oder wie Noah und ſeine Kinder ausgeſehen haben, das laͤßt ſich nicht mit Gewißheit beſtimmen. Es kommen auch zwi⸗ ſchen den weißeſten und zwiſchen den ſchwaͤrzeſten Men⸗ ſchen noch alle moͤgliche Zwiſchenfarben vor. Es giebt gelbe, dunkle, braune, afchfarbige, graue, Fupfer- und ehren Beat In Europa ſelber haben die Menſchen Maturgeſchichte des Denfchen. | f 89 Menſchen nicht alle einerlen Farbe. Aber auch der ſchwaͤrzeſte Mohr hat ein weißes, duͤnnes, durchſichtiges Oberhaͤutchen, wie wir; in der Haut, die darunter liegt, iſt allemal der Sitz der Farbe. Die Kinder der Moh⸗ ren werden rothgelb geboren, die Schwaͤrze zeigt ſich erſt nach acht Tagen. Die Luft, die Hitze, die Berge und Winde in den heißen Laͤndern, das Leben im Wald, das Schwimmen und Baden, und die Nahrungsmittel moͤgen wohl viel zu allen dieſen Menſchenfarben beytra⸗ gen. Einerley Menſchengattung iſt es doch: denn die Europaͤer pflanzen ſich fruchtbar mit den Megerinnen, und umgekehrt dieſe mit jenen, in heißen, gemäßigten und falten Laͤndern fort, und nach einigen Zeugungen verliert ſich die urſpruͤngliche Farbe, zuletzt verſchwindet fie. ganz. Es iſt ein abgeſchmackter Aberglaube, daß Gott den Afrikanern die ſchwarze Farbe zur Strafe gege⸗ — ben habe. Wer hat euch denn geſagt, daß der Teufel | ſchwarz, wie dieſe Leute, ſey? Es ift e eine Wohlthat fuͤr fie in jenen heißen Laͤndern. Die Weißen ſind dort weit mehr von der Hitze geplagt, als die Schwarzen. Glaubt ihr fiher, daß die Mohren mit ihrer ſchwarzen Farbe, mit ihren dicken aufgeworfenen Kippen, und mit ihren filzichten Haaren eben fo geſcheut und witzig ſind, als Europaͤer „und daß ſie viel beſſer laufen „rennen, ſchwimmen, „ jagen, klettern, tragen und arbeiten koͤnnen, als wir. Ach, das iſt das un⸗ gluͤckliche Volk, das zur Sclaverey verdammt zu ſeyn ſcheint! Tauſendweiſe kaufen ſie die Europaͤer in ihrem Vaterland, und fuͤhren ſie, wie das Schlachtvieh, nach Amerika, wo fie euren Zucker, Caffee, und andre ſolche e unter ſchrecklichen Mis handlungen bauen müffen ! 8 dais 90 Mnturgeſchichte des Menfgend V. Von der außerordentlichen Staͤrke des me lichen Koͤrpers ſeyd ihr ſelbſt zuweilen bey eurer Lebensart die beften Zeugen. Der Schoͤpfer gab uns einen zaͤrtli⸗ chen, aber überall mit Nerven durchflochtenen Leib, und dieſen habt ihr es ohne Zweifel zu danken, daß ihr die größten Laſten von der Stelle heben koͤnnt. Eure Ue⸗ bung, die ihr von Jugend auf in allerley ſchweren Ge⸗ ſchaͤften des Lebens gehabt habt, hat auch viel dazu bey⸗ getragen. Ihr koͤnnt auch nicht beſſer für die Geſundheit und Leibesſtaͤrke eurer Kinder forgen, als wenn ihr fie alle Tage, doch ohne fie unvernuͤnſtig vor der Zeit zu uͤber⸗ treiben, ihre Kräfte an ſchwerwiegenden Dingen üben’ laßt. Dadurch wird das Fleiſch derb und feſt, und die Glieder an Anſtrengung gewoͤhnt. — Daß wir aber mit dieſem Körper nicht fliegen, und von Natur nicht ſchwimmen koͤnnen, das werdet ihr nicht verlangen vom Schöpfer. So lange wir die Menſchen ſeyn follen,- die wir jetzt find, fo iſt der Körper zu ſchwer zum Flug, und wir koͤnnten uns auch nirgends die Fluͤgek fo geſchickt anſetzen am Körper, daß fie ihn wirklich trugen. Und wuͤrde nicht im menſchlichen Leben dadurch mehr Ungluͤck und Verwirrung entſtehen, als daß Gutes dadurch ber fördert würde? Weil wir das und kein andres Gehirn haben müffen, fo wird dadurch der Kopf fo ſchwer, daß er uns im Waſſer gleich hinunterzieht, wenn wir nicht gelernt haben, nach den Regeln der Schwimmkunſt Gleichgewicht zu halten. Andre Thiere ſchwimmen leicht über einen Fluß, weil fie viel leichtere Köpfe, viel längere Haͤlſe haben, und immer gewohnt find, ſich auf allen vier Gliedern zu bewegen. Sehr fette Menſchen koͤnnen das Schwimmen ohne a lernen, weil fie leichter find, . a als 7 35 — — 6 = * Natursiffichte des Menschen. 5 91 als das Waſſer, und alſo von ihm getragen werden. Sonſt ſeht ihr wohl, daß auch unſrer aͤußrer Koͤrper das ſchoͤnſte Ebenmaaß hat, und daß alle Glieder an dem⸗ ſelben ſo angebracht ſind, wie es die Nothwendigkeit, die Bequemlichkeit und die Schoͤnheit erfordert. In der 4 ‚Stellung der Theile ift das genauſte Gleichgewicht beob⸗ achtet. Ohne Gelenke und Knorpel koͤnnen wir unſre Knochen nicht brauchen, und ohne Knochen waͤren wir ein fleiſcherner Sack, der ſich nicht aufrecht erholten 105 koͤnnte. So viele freye, leichte, ungehinderte und man: nichfaltige Bewegungen, als uns moͤglich ſind, kann kein Thier zu gleicher Zeit mit feinen G Gliedern machen. e wißt, wie ungeſchickt und ſchwerfaͤllig wir ſind, wenn wir nur einen ſteifen Hals, oder einen F luß im Arm haben. Die Augen ſtehen in der Hoͤhe, um alles 8 beobachten; die Ohren ſind auch im Schlaf immer offen; die Naſe iſt gerade uͤber dem Mund, und prüfe die Speiſen; die Zunge iſt in geſundem Zuſtand nie ganz trocken; mit dem feinen Gefuͤhl in der Hand koͤn⸗ nen wir am ganzen Körper überall hinreichen, und dieſe menſchliche Hand hier iſt ohnehin ein Meiſterſtuͤck Got⸗ tes, das noch nie ein Kuͤnſtler nachgemacht hat! Daß jeder Menſch auf dem Erdboden ſein eigenes Geſicht, 5 Sprache und Gang hat, das iſt ein erſtaunliches Werk der. göttlichen Allwiſſenheit und Weisheit. Jeder wohl. gewachſene Menſch iſt zehnmal ſo lang, als ſein eigenes Geſicht, vom Wirbel auf dem Kopf bis zur Spitze des ausgeſtreckten Fußes gerechnet. Um fo mehr iſt es eure Pflicht, den ſchoͤnen, kunſtvollen, und, wenn er einmal verdorben iſt, nicht wieder ganz herzuſtellenden Koͤrper 10 n und ihn nicht durch Schwelgen und Wolluͤſte, 1 oder 92 Ä Maturgeſcichte des mans. | oder durch wildes Naufen und Balgen zu fhänden und zu zerſtoͤren. Es iſt freylich lächerlich, wenn einer glaubt, ehemals ſeyen alle Menſchen Rieſen geweſen. Das iſt unmoͤglich, aber viel mehr geſunde, ſtarke, dauer⸗ hafte Menſchen waren in der Vorwelt, als jetzt unter uns ſind. Und wenn ihr eure Kinder ſo fruͤh an den Caffee, an den Branntewein, an das ſchaͤdliche Hinſitzen in der Nacht zum Kartenſpiel gewoͤhnt, ſo werden ſie freylich bald alle ſolche ſieche, blaſſe, kraͤnkliche, elende Menſchen werden, wie ihr in der Stadt in Menge ſehen koͤnnt. Gluͤcklich ſeyd ihr, wenn ihr, ſo viele von euch koͤnnen, beym Pflug und bey der Egge bleibt. Dabey koͤnnt ihr eure Geſundheit unter freyem Himmel viel beffer erhalten, als wenn ihr für den Fabricanten ftillfigend are - beitet, und euch zuſammen in eine Stube voll Duͤnſte 0 einſperren laßt. Strebet auch um eurer Geſundheit | willen nicht darnach, in den Herrenſtand zu kommen, oder eure Rinder ‚fiubtegen zu laſſen. Sonſt find die Rieſen, und die Zwerge, die ſich zuweilen fuͤr Geld ſehen laſſen, fehlerhafte, kraͤnkliche Menſchen, die nicht ordentlich, langſam, und l g, wie andre Men⸗ ſchen, gewachſen ſind. Die Rieſen haben iasgemein einen ſchwachen Verſtand, und werden ſo wenig als die Zwerge alt. Ihr koͤnnt daraus auf die Weisheit Gottes ſchließen, die uns gerade die mittlere Hoͤhe und Groͤße gab, die die beſte iſt, wenn der Erdboden fo viele Menſchen ernähren, und der Menſch ſich nicht vor jedem Thier ſuͤrchten, ſeinen Herr uͤber alle bleiben Re vl. Ihr höre mid öfters von 5 Wilden i in an⸗ dern Welttheil en reden. Dabey muß ich euch erinnern, 15 daß Maturgeſhiche des Menſchen. 9 daß unter dieſen nicht alle rohe, wilde, ungeſittete Men⸗ ſchen ſind, denen man es kaum anſieht, daß fie Menſchen ſind. Ihr muͤßt euch nicht vorſtellen, daß ſie alle in den Waͤldern wie Loͤwen und Tiger herumlaufen, und ohne Geſellſchaft und Verbindung einzeln unter den Baͤu⸗ men liegen. Der Name klingt nur ſo, aber es iſt eine wahre Ungerechtigkeit, daß wir ſie alle ſo nennen. Sie haben ihre Staaten, gute Sitten, heilige Geſetze, einge. führte Gewohnheiten, Götter und Religions gebraͤuche, ihre Städte und Wohnungen, ihre alltägliche und feſtliche Kleider, ihre Feyertaͤge, ihre Vergnuͤgungen, ihre Kriege, ihre Friedensſeſte, ihre Fuͤrſten und Anführer, ihren Glauben von einer andern Welt, ihre Strafen, ihre Seichenbegängniffe und Begraͤbniſſe, wie wir. Sie find daben meift ſehr geſunde, behende, hurtige, ſtarke Leute. Ehe die Europäer nach Amerika kamen, trank kein Wilder je ein warmes Getraͤnk. Das kalte Waſſer a war ihr liebſter Trank. Von uns haben viele ſogenannte Wilde erſt den Gebrauch der Gewuͤrze gelernt, die bey ihnen wachſen. Vorher waren fie mit dem natürlichen und erſten Gewürz, mit dem Salz, zufrieden. Jetzt ſaufen die, ſo den Europaͤern unterworfen ſind, oder zu. naͤchſt bey ihnen wohnen, Branntewein, Thee, Caffee, Punſch, kochen ſich alle ihre Speiſen, rauchen und ſchnupfen aͤußerſt ſtark Tabak, und verlieren dagegen die Vorzüge und Vollkommenheiten ihres Koͤr pers, um de⸗ ren willen man ſie ſonſt bewunderte. Die andern haben alle noch die ſchoͤnſten, weißeſten und feſteſten Zähne, die ſo ſtark find, daß fie, ohne Schmerz zu befürchten, die haͤrteſten Schalen zerbeißen koͤnnen. Ihr beſonders en Geſicht, Gehoͤr und Getuch hüt ihnen auf der Jagd. — 94 Ntturgeſchichte des Menfihen Jagd. Sie nehmen keinen Hund mit, ſie koͤnnen es aber an dem Geruch der Spur wlſſen, ob ein Europaͤer oder einer von ihren Landsleuten, ein Baͤr oder ein Fuchs da gegangen iſt. Laufen koͤnnen ſie viele Tage hinter⸗ einander; ſind gewohnt, ſich im Wald durch Dornen und Hecken einen Weg zu machen, und werden nicht von jeder Abwechſelung des Wetters 1 Sie ſinden überall im Wald, und durch ihren Fiſchfang ihre Er: naͤhrung. Von Jugend auf geuͤbt zu ſchwimmen, werfen fie ſich unerſchrocken in jeden Strom, zu dem ihr Weg fuͤhrt. Sie klettern auf die hoͤchſten Baume und ſind erfinderiſch, ſich allerley kleine Huͤlfsmittel dazu zu machen. Geſchickte Leute find es insgemein; aus Hans ren, geſpaltenen Weiden, duͤnnen Rinden, abgezogenem Schilf und Rohr, geglättetem Stroh, aus kleinen Meer⸗ ſchnecken und Meermuſcheln, aus Wolle, Flachs und Seide, aus Knochen, Schildkroͤten und Elfenbein ma. chen fie ſich die niedlichſten und ſchoͤnſten Kleider, Putz. ſtuͤcke, Geſchirre, Hausgeräthe, Körbe, Matten, De. cken ie. Im Anfang, als die Europäer zu ihnen kamen, I mußte man ſich ſehr vor ihnen in Acht nehmen. Sie ſtahlen alles auf dem Schiff und im Zelt, was fie bee kommen konnten, weil ihnen alles, wie den Kindern, neu und glänzend vorkam. Aber doch find fie gutmuͤthig, und geben für ſchlechte Meſſer, Spiegelchen, eiſerne Naͤgel, runde Steine und gefärbte Gl laskugeln das Gold, Silber und die Edelſteine ihres Landes her. Die Pflan⸗ zen und Thiere ihres Landes kennen ſie weit beſſer, als wir unſre natuͤrliche Schaͤtze. Jeder! Wilde iſt mit den . \ 2 Kräutern bekannt, die gegen die gewohnlichen Krankheiten gut ſind. Sie haben oft den ee als ſie in ihrem 1 rad Lande duturgeſhiche des Menschen 008 Sande wie Muͤcken hinſtarben „ oder von giftigen Schlangen gebiſſen wurden, beßre Mittel gezeigt, als alle unſre Aerzte entdecken konnten. Eine große Liebe zu ihrem Vaterland haben fie alle. Der armſelige Sclave in Amerika ſehnt fi ſich immer nach dem Lande ſeinen Aeltern, und weil er dieſe Freude im Leben nicht mehr bat, ſo thut er ſich oft den Tod an, und troͤſtet ſich mit dem füßen Gedanken, daß er wenigſtens nach dem Tode wieder in Afrika ſeyn werde. Man hat auch (wie ich N euch ſchon geſagt habe, aber ich wiederhole es hier, da⸗ mit ihr dabey an die allgemeine Guͤte Gottes denken ſollt ) Groͤnlaͤnder und Lapplaͤnder aus ihrem rauhen Lande nach Europa gebracht: aber die ſchoͤnſten Städte, alle Freuden und Wolluͤſte unfrer reichſten Menſchen ges fielen ihnen nicht: fie wurden krank, und verlangten ernſtlich wieder zu den beeiſten Klippen, zu den ſchau⸗ derhaften Bergen von Schnee zuruͤckgebracht zu werden, von welchen man ſie entſernt hatte. Dort in ihrem na⸗ tuͤrlichen Vaterlande leben ſie auch alle viel laͤnger, als e Hundert jaͤhrige Leute find unter ihnen keine Sel. tenheit. Sie ſchwaͤchen ſich nicht vor der Zeit durch alle die unſeligen Mittel, die der unruhige und gewinn⸗ ſuͤchtige Geiſt des Menſchen in Europa erfunden hat, und noch täglich vermehrt. Das find einige Züge von den Wild 15 an welchen wir uns oft ſchrecklich verſuͤn⸗ digt haben. Bis man in Aſien und in Amerika den feſten Fuß gefaßt hatte, den man jetzt dort hat, find vie. le Millionen Landeseingeborne, beſonders von den Spas niern, grauſam hingerichtet worden. Die erſten Erobe⸗ rer der neuen Welt wollten auch gleich ihre Apoſtel ſeyn. Wenn man kaum etwas von der Sprache der Indianer N | / 98 Belt — — 7 k v 1 5 N N * Naturgeſchichte des Menſchen. gelernt hatte, fagte man ihnen gleich alle Geheimniſſe der chriſtlichen Religion vor, und ſtellte die Marienbilder an die Stelle ihrer Goͤtzen. Der gute ehrliche Wilde ver⸗ ſtand das nicht, focht fuͤr ſeinen Abgott, warf oͤfters ein katholiſches Betbuch (das erſte Buch, das er in ſeinem Leben ſah, und die Kunſt zu leſen konnte er ſich ohnehin nicht denken,) zu Boden; daruͤber entſtand ein Blutbad, wovor die Menſchheit ſchauert. Aber es war eine Zeit, wo man, wie unſer Heiland ſagt, glaubte, Gott einen Dienſt daran zu thun, wenn man den heißen Sand, den man erſt entdeckt hatte, mit Menſchenblut abkuͤhlte, und ſein Ohr allen Seufzern der Billigkeit und der Religion verſtopfte. | . Si: VII. Vielleicht möchtet ihr auch wiſſen, wie viele Menſchen etwa auf dem ganzen Erdboden ſind, 5 leben koͤnnen. Aber eben, weil noch ſo große Theile den Welt nicht angebaut, nur von Wilden bewohnt ſind, fo koͤnnen wir die Zahl des Menſchengeſchlechts nicht ges wiß angeben. Man rechnet gegen tauſend Millionen Menſchen auf dem ganzen Erdboden. Teutſchland iſt gegenwärtig eins der volkreichſten Länder in der Welt. In allen Gegenden der Erde ſeben Teutſche, und man ſpuͤrt doch keinen Mangel. Die Kinderblattern, die geile Seuche, die ſtehenden und immer mehr anwachſen⸗ den Armeen, die Peſt, die amerikaniſchen Colonien, die unaufhoͤrlichen Kriege, und ſonderlich die Schifffahrt und das Seeweſen, das find die Dinge, die der Menſch⸗ heit großen Schaden thun, und der zunehmenden Bes voͤlkerung im Wege ſtehen. Feſte und geſchloſſene Ehen | find das beſte Mittel, die Volksmenge in kurzer Zeit zu verſtaͤrken. In allen Laͤndern, wo die tuͤrkiſche Religion 0 RUN herrſcht, 4. Maturgeſciche deswienſchen. 97 | Harfe „und alſo die Vielweiberey erlaubt iſt, iſt Ar. muth an Menſchen, und viele tauſend Knaben werden ſchon in der Jugend, weil ſie im Alter doch keine Frau finden koͤnnten, und die eingeſchloſſenen Weiber der Rei⸗ chen und Vornehmen aufs ſtrengſte bewachen muͤſſen, ungluͤcklicherweiſe verſtümmelt. Das iſt auch wohl une, laͤugbare Wahrheit, daß der Erdboden noch weit mehr Menſchen tragen, faſſen und ernähren koͤnnte, als wirk⸗ lich auf demfelben leben. Ich will nichts von Aſia, Afrika und Amerika fagen, wo die Waͤlder keine Gren⸗ zen haben, wo die unangebauten Felder unendlich ſind, wo das ſchoͤnſte Land vielleicht noch Jahrhunderte lang auf Menſchenhaͤnde warten wird, wo freylich ſchon mars cher, der in die neue Welt zog, Land genug umſonſt be⸗ kam, aber doch nicht Mittel genug in Händen hatte, ſich Vieh und Geſchirre anzuſchaffen, und den erſten Auf⸗ wand, der bey Neubruͤchen unvermeidlich iſt, zu beftreis ten. Ich will euch nur ſagen, daß es ganze Laͤnder giebt, wo man zward den Pflug kennt „ aber doch alles mit der Hacke in der Hand bearbeitet, damit man deſtomehr herausziehen koͤnne. Das Kaiſerthum China ſteckt zum Erſtaunen voll Menſchen; aber alle Aecker ſind Gärten, und werden wie Gartenland gebaut. Man iſt dort ſo ſparſam mit dem Duͤnger, daß jeder Menſch fuͤr feinen täglichen Auswurf wieder Eſſen und Trinken bes kommen kann. Ich will euch nur daran erinnern, daß noch manche gute Pflanze ungenuͤtzt an den Straßen und Gräben waͤchſt, die unſre Nachkommen in der Kuͤche brauchen werden; daß unſre Alleen, breite Straßen und Luſtgaͤrten einen großen Theil vom fruchtbaren Lande weg⸗ | nehmen daß in Holland, wo faſt nichts waͤchſt, doch * a 8 eine 98 Innrek Bau des Menſchenkoͤrpers. eine Menge Menſchen durch ihren Fleiß ernaͤhrt wirdz daß wir viele uͤberfluͤßige Thiere halten, und unſer Brod⸗ mehl im Ganzen noch an vielen Orten verſchwendenz daß man manchen ſtarken Bettler, der mit Frau und Kindern im Lande herumzieht, mit Gewalt anhalten ſollte, kahle Gebirge, unfruchtbare Haiden, wuͤſte Suͤmpfe urbar zu machen, wie in Engelland oft ſchon zum Vor⸗ theil der Bettler ſelber gefchehen iſt; daß auf der Inſel Ruͤgen in der Oſtſee, die doch lauter Flugſand iſt, jetzt jeder dort wohnende Schiffmann einen niedlichen Garten angelegt hat; daß man mit anhaltendem Fleiß uͤber die größten Schwierigkeiten Meiſter werden, und aus dem Meere der Natur da einen ganzen Bach hinleiten kann, wo es im Anfang ſcheint, als wollte ſie hier keinen | Sen von ihrer Güte fallen laſſen. uhr VIII. Der innre Bau des Menſchenkorpers ver⸗ kündigt noch mehe, als die Schönheit des äußeren, ſei⸗ nen Schoͤpfer. Ich will euch, wenn ihr mir aufmerk⸗ ſam zuhoͤrt, einiges davon ſagen, und werde dabey Ges legenheit haben, euch manche Warnung und manche Regel zu geben, die ihr zur Erhaltung eurer Geſundheit nicht vergeſſen muͤßt. Ich wuͤrde gar nicht aufhören koͤnnen, wenn ich von allen Theilen, und von den be; ſtimmten Verrichtungen, die auch die kleinſten Theile haben, reden wollte. Denn das ſeht ihr ſelber ein, voll⸗ kommner, niedlicher, beſſer koͤnnte das Innre des Kor. pers nicht ſeyn. Was verdaut der Magen nicht? Wie leicht bewegen wir uns? Wie geſchickt arbeitet die Seele in dem Koͤrper, ſo lange er geſund iſt? Wie geſchwind | wirken die Sinne? Wie regelmäßig, iſt der Umlauf des Buuts? — unter Bau des Dienfentörners. 99 Bluts? An i Haar iſt mehr Macht und Weisheit, als alle Menſchen haben. Die Glieder, die das Leben wirklich erhalten, z. E. Herz, Magen, Eingeweide, Gedaͤrme, arbeiten ohne unſer Wiſſen und Zuthun bes 0 ftändig, auch wenn wir fchlafen, fort. Das Herz ges horcht uns nicht, es wartet nicht auf unſern Befehl, wir koͤnnen es weder aufhalten, „noch in Gang bringen. Hingegen ſind die Arme, die Fuͤße, die Sinne unſrer Willkuͤhr unterworfen, und muͤſſen thun, was wir wollen. Beybdes iſt unſtreitig eine große Wohlthat vom Schöpfer. Solltet ihr es wohl glauben, daß der ganze Koͤrper, der doch ſchon oft drey Centner ſchwer geworden iſt, aus fan ter einzelnen Faſern zuſammengeſetzt iſt? und daß jede Faſer aus Erdkuͤgelchen beſteht, die durch einen zaͤhen Leim mit einander verbunden ſind? Ihr koͤnnt das am gekochten Kalb - oder Rindfleiſch ſehen. Je laͤnger man es kocht, deſtomehr geht das klebrichte Weſen heraus, deſto ſchmackhafter wird die Suppe, die Bruͤhe, aber deſto kraftloſer muß natuͤrlich das Fleiſch werden, und zuletzt fallen die duͤrren Faſern von einander. Nun ſeht ihr auch den Grund ein, warum ein todter Menſch im Sarg verweſt ſeyn kann, und man findet doch ſeine na⸗ tuͤrliche Geſtalt noch, die aber bey der geringſten Era ſchuͤtterung verfaͤllt. Durch die Sänge der Zeit find alle Troͤpfchen von dem bindenden Leim ausgeduͤnſtet, und nur das Wenige von wahrer Erde, das zum Körper ges hoͤrt, iſt zuruͤckgeblieben. Das iſt auch eben der Leim, den die Leimſieder und Schreiner aus allen Abfäll en von thieriſchen Theilen, beſonders aus Fellen, Haͤuten und Knochen, herauskochen. Wenn nun alles in unſerm e Haͤute, Baͤnder, Gefaͤße, Adern, Knochen, G 2 das * = Er, Er = Re 1 100 Innrer Bau des 2 das Fleiſch ſelber, und alle Eingeweide aus lauter Faſern | beſtehen, die bald härter, bald weicher, bald ſelten, bald in Menge vorhanden ſind; und wenn dieſe Faſern, die man zuletzt findet, und immer in noch duͤnnere Faſern ſpalten kann, groͤßtentheils aus zaͤhem Leim beſtehen: fo koͤnnt ihr auch ſchon daraus den Schluß machen, daß | alfo an unferm Körper viel mehr fluͤßige als feſte Theile ſeyn müffen, und euer Urtheil iſt richtig. Man darf nur einen Knochen austrocknen laſſen in der Sonne, oder auskochen, bis er nicht mehr gelb, ſondern weiß iſt, und ihn nachher wieder waͤgen, ſo wird er viel leichter ſeyn, als vorher. Wir haben ungefähr dreymal fo viele Fluͤſ⸗ ſigkeiten, als fefte Theile im Körper. Denn durch das Austrocknen verlieren alle Eingeweide des Koͤrpers viel von ihrem Gewicht, und jemehr man in das Innerſte des Körpers mit Meſſer, Augenglas, und mit den beſten Maſchinen zum Einſpruͤtzen der Gefaͤße dringt, jemert findet man, daß auch da Gefaͤße ſind, wo man keine mehr vermuthete. Die letzten und feinſten Aederchen koͤnnen wir nicht einmal ſehen, fo wie wir auch die Feuch. tigkeit, die uns wirklich ernaͤhrt, und in den kleinſten Canaͤlen angelegt wird, nicht erblicken koͤnnen. Aber die ganze ae ee unſers Koͤrpers iſt ſo, daß ſich die fluͤßigen Theile beſtaͤndig in den feſten hin und her bewegen ſollen. Und der Koͤrper lebt, und iſt geſund, ſo lange die Fluͤßigkeiten ihren rechten Weg laufen, und ſo beſtaͤndig unter einander gemiſcht, und von einander geſchieben werden. Der ganze Körper entſteht auch aus Fluͤßigkeiten. Im Mutterleib bekommt das Kind nichts als Blut von der Mutter „ und kommt doch mit allen h Knochen und Knorpeln zur e Im Ey iſt nich g als 11 Innrer Vau des Menſchenkoͤrpers. 10 als Dotter und Eyweiß; beydes iſt fluͤßig: aber es ent⸗ ſteht doch waͤhrend der Ausbruͤtung ein Vogel daraus, der einen harten Schnabel und ſeine feſte Klauen hat. Ich ſage euch das deswegen, damit ihr oft über eure Entſtehung, und über euren Körper nachdenken, und die Weisheit Gottes die zu tauſend Dingen, die wir nicht ö 7 er Mittel und Wege weiß, preiſen een | IX. Unſre ie alle thieriſche Knochen find aus Kalk, Oel und Waſſer zuſummengeſetzt. Kalk iſt die Erde aus der wir genommen ſind; dieſer ſammlet ſich auf dem Kirchhof, und treibt dort viele Pflanzen, die einen Boden von der Art lieben, z B. Wermuth ic In Mutterleib ſind ſie wie hohle Faͤden. Mit großer Kunſt ſetzt fie der Schöpfer aus lauter dünnen Blaͤttchen zuſammen, damit ſie feſt und doch nicht ſchwer ſeyn ſoll⸗ ten. In ihnen ſelber haben wir keine Empfindung, weil keine Nerven darin ſind: aber uͤber ihnen liegt zu ihrer Beſchuͤtzung und Ernaͤhrung ein zartes Haͤutchen, das mit Nerven und Blutgefaͤßen durchflochten iſt. Und darin entſteht der heftige Schmerz, wenn ihr etwa das Schienbein an der Treppe anſtoßt. Aber eben die⸗ ſer Schmerz ſoll uns vorſichtig machen, daß wir dieſe Stuͤtzen des Körpers ſchonen und in Acht nehmen. Es iſt eine ſchreckliche, und Gott Lob! feirene Krankheit, wenn die Knochen fo weich werden, daß fie ſich zuſam⸗ u) menkruͤmmen, und daß man bineinſt hneiden kann. Sbonſt find fie durch haͤutige Baͤnder und Gelenke mit in einander fo verbunden, daß wir, ihrer Staͤrke und Fe⸗ ſtigkeit ungeachtet, doch alle Glieder bewegen koͤnnen. Ihre 1 iſt genau beſtimmt, und bey allen Meofben 2 6 3 gleich. — N 102 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. gleich. Wir haben z. B. alle fieben Halswirbel ‚fies‘ ben wahre Rippen, die vorne am Bruſtbein ange⸗ wachſen ſind, und fuͤnf andre, die den Bauch umgeben, und nur hinten am Ruͤckgrad feft find, Nicht alle Knochen haben Mark, weil ſie nicht davon, ſondern vom Blut ernaͤhrt werden. Jenes feine Oel dringt vor⸗ ne und hinten an den Knochen heraus, und erhäft beſon⸗ ders die Gelenke biegſam und geſchmeidig. Aus vielen harten und feſten Knochen iſt die Hirnſchale wie eine Schuͤſſel zuſammengeſetzt, damit das weiche Gehirn darin ſicher liegen kann. Außerordentlich weiſe und kuͤnſtlich iſt der Rückgrad aus 24 Wirbeln zuſammengeſetzt, das mit wir uns drehen und wenden koͤnnten. Die darzwi⸗ ſchenliegenden Knorpel verhindern das Reiben; die Oeff⸗ nungen daran ſind für das koſtbare Rͤͤckenmark, für die davon auslaufenden Nerven, und fuͤr die Blutgefaͤße. Im Alter werden dieſe Knorpel hart, daher wird auch das Niederbuͤcken alten Leuten beſchwerlich. Die zween oberſten Wirbel am Hals find befonders ſtark, und dazu eingerichtet, daß ſie den Kopf tragen, und nach allen Seiten wenden ſollen. Waͤren die Bruſtrippen vorne beym Bruſtbein nicht knorplicht, und alſo beweglich, ſo koͤnnte ſich die Bruſt nicht erheben, und nicht erweis kern; wir wären wie die Schildkroͤten, und koͤnnten nicht wechſelsweiſe aus- und einathmen. Das Schen⸗ kelbein iſt deswegen eins der ſtaͤrkſten, weil es den gan⸗ zen Leib tragen muß. Beſehet aber einmal, mit welcher regelmaͤßigen Weisheit die hervorragenden Abſaͤtze, und die hineingehenden Vertiefungen an beyden Enden gerade ſo gemacht ſind, daß ſie zu den andern Gelenken paflen, * und das een des Körpers beſoͤdern. Das Knie der 5 | | Tauben. Iunrer Bau des wernſchentkepers. 103 Tauben, „ wenn ihr ein Beyſpiel vom Gegentheil wollt, hat keine Scheibe, daher koͤnnen dieſe Voͤgel auch nie mit geſtrecktem, engem immer mit ri Knie eins Be X. Zu den Knochen Neben ci die Zaͤhne und mit dieſen fängt nebſt den Lippen die lange Reihe der Glieder an, die uns die Natur zur Ernaͤhrung gegeben hat. Weil uns nichts ernaͤhrt, das nicht fluͤßig iſt, ſo mußten wir fo viele und fo vielerley ſcharſe Meſſer im Mund haben, um alle harte und feſte Speiſen zu vers ſchneiden, zu zerreißen, und zu zermalmen. Die Wurzeln der Zaͤhne ſind hohl, da geht ein kleines Haͤut⸗ chen mit Blutgefaͤßen und Nerven hinein. Jene ernaͤh⸗ ren den Zahn, und dieſe ſind es, die uns den abſcheuli⸗ chen Schmerzen machen, wenn der Zahn irgendwo ange⸗ ſteckt und ausgefreffen iſt, daß kalte Luft, Waſſer, oder kleine Theile von den verkauten Speiſen ſelber in den Zahn kommen, und die Nerven beruͤhren Finnen Wenn ſie nicht haͤrter waͤren, als andre Knochen, und nicht da, wo ſie aus dem Zahnfleiſch herausſtehen, mit einer ſteinharten Rinde uͤberzogen waͤren, ſo muͤßten ſie in kurzer Zeit abgenutzt ſeyn. So Kane die Säuglinge Milch aus der Bruſt trinken, brauchen fie noch keine Zaͤhne. Sobald ſie aber bst das Zahnfleiſch durch⸗ brechen, ſo iſt das ein deutlicher Wink der Natur, daß ihr nun das Kind entwoͤhnen ſollt, und ihm ſtarkere Speiſen anbieten koͤnnt. Wenn die Kinder Schmerzen | haben, bis-die Zaͤhne hervorgebrungen find, ſo beſtreicht ihr das Zahnſleiſch nur oft mit friſchem reinen Honig, dadurch wird es erweicht, und die Spannungen laſſen nach. Wenn aber dieſe Milchzaͤhne wieder ausgefallen 1 G 4 „und 104 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. ’ und die andern nachgewachſen find, dann gewoͤhnt eure Kinder, die Zaͤhne recht ſorgfaͤltig zu ſchonen, weil ſie euch im Alter zum Kauen und auch zum Gehör ſehr noͤ⸗ thig ſind. Mit eiſernen, ſilbernen und meffingenen Werkzeugen, Gabeln, Stecknadeln x. muß man gar die Zähne nicht reinigen. Dazu iſt ein Federkiel, oder * ein Stift von Holz viel beſſer. Mit friſchem Waſſer reinigt euch am fruͤhen Morgen den Mund und die Zaͤhne, und waſcht ſie auch nach dem Eſſen wieder ab. Seyd vorſichtig, auch einen wirklich angefreſſenen Zahn aus ⸗ reißen zu laſſen. Denn ihr koͤnnt durch die Werkzeuge des Zahnarzts, oft ohne ſeine Schuld, ſchrecklich ungluͤck⸗ lich werden, und ihr nehmt dadurch allen andern Feſtig⸗ keit und Haltung. Druͤcket vielmehr einen losgeworde⸗ nen Zahn recht oft am Tage mit aller Gewalt durch den Daumen wieder in ſeine Hoͤhlung hinab, ſo waͤchſt er nach und nach wieder an, und thut euch noch viele Jahre Dienſte. Sonſt nehmt euch vor Verkaͤltungen i in Acht, weil daraus leicht Fluͤſſe, ein Brennen und Sehen. im Jahnſteiſh maehen kann. % XI. Der Mund iſt im geſunden A nie rocken; 5 wenn wir aber vermittelſt der Zaͤhne kauen, dann fließt beſonders der Speichel aus den Gefaͤßen, in welchen er abgeſondert wird, zu, vermiſcht ſich mit den Speiſen, und arbeitet dem Magen vor. Wenn man den Speichel, der durch den ganzen Tag in Mund fließt, meſſen koͤnnte, ihr wuͤrdet ſehen, daß dieſe Abſonderung aus dem Blute betraͤchtlich iſt. Es iſt eine Wohlthat fuͤr uns, daß der Speichel an ſich weder Geruch noch Geſchmack hat, a fan ar wir von alle * einerley ee * \ * 7 Junrer Bau des Menſchenkorpers. 105 Doß er ſeifenartig iſt, das ſeht ihr ſchon an den Thieren, die alle ihre Wunden blos mit ihrem Speichel heilen. Eben deswegen iſt er dazu beſtimmt, die Speiſen nicht nur anzufeuchten, ſondern auch den Anfang zu ihrer Aufloͤſung zu machen. Daher man ſich gewöhnen muß, alles, was man in Mund nimmt, recht und lange zu kauen. Denn von dieſer erſten Veraͤnderung der Spei⸗ ſen haͤngt die ganze folgende Verdauung, und zuletzt ſelber die Miſchung des neuen Bluts, das daraus berei⸗ tet wird, ab. Es iſt dies zugleich eine leichte und ange⸗ nehme Sache. Denn je laͤnger ihr die Speiſen im Munde herumdreht, deſtomehr loͤſt der Speichel die darin enthaltenen Salze und Oele auf, enten Ge. erg emeſteht davon auf der Zunge. 148 N — XI I, Wenn nun durch alle dazu emitiiebende Kräfte aus den S peiſen Biſſen i im Munde gemacht worden ſind, ſo befoͤrdert beſonders die Zunge das Verſchlucken der Speiſen. Sie muͤſſen naͤmlich hinten an der Wurzel der Zunge durch die fleiſchichte Roͤhre, die der Schlund, oder die Speiſeroͤhre heißt, hinabgepreßt werden, wozu die Feuchtigkeiten und das Fleiſch des Schlundes ſelber, das von den Speiſen gereizt wird, und ſich zuſammen⸗ zieht, ſehr viel beytrage. Gerade vor dem Schlund liegt die Kehle, oder die harte knorplichte Luftroͤhre, die beftändig offen bleiben muß, damit auf diefem Weg 0 | Luft in die Lunge kommen und gleich wieder herausgeben kann. Koͤmmt das Geringſte von unſern Speiſen, ein Kern, eine Graͤte, ein Waſſertropfen, ein Brodkoͤrnchen nur in dieſe Luftroͤhre, (ihr nennts: in den unrechten _ ſo find wir in Gefahr zu erſticken; 3 und ihr wißt G 5 0 das \ 106 Innrer Ban des Menſchenebrpers · das erſchreckliche Huſten, das die Natur gleich in der = Abſicht erregt, um den böfen Feind, der fid) an dieſem Platz, wo nichts als Luft ſeyn ſoll, feſtſetzen will, wie ⸗ der von ſeiner Stelle zu vertreiben. Damit nun das nicht immer geſchehen ſollte, ſo hat der guͤtige Schoͤpfer oben an die Oeffnung der Kehle, da, wo wir eigentlich unſre Sprache bilden, einen Knorpel hingeſtellt, den Kehldeckel, der wie eine Fallbruͤcke in die Hoͤhe ſteigen und fallen kann, und der von ſich ſelbſt gleich zufaͤllt, und den Eingang in die Luftroͤhre verſchließt, ſobald das Geringſte von Eſſen und Trinken dahin kommt. Wenn ihr nun aber, indem ihr eben etwas hinunterſchlucken wollt, doch zu gleicher Zeit redet, oder lachet, ſo ſtoͤßt die Luft, die ihr dazu braucht, den Kehldeckel wieder auf, und nun kann freylich etwas an den wichtigen Ort fallen, wo der Luft nicht das Kleinſte im Weg ſeyn darf. Zuweilen hilft ein Erbrechen noch, aber oft muß man die Luftroͤhre in aller Eile aufſchneiden, und nachher die Wunde wieder zuheilen laſſen. Sehet daran, wie wenig dazu noͤthig iſt, euch ein Leben zu verkuͤrzen, das | ſo angenehm ſeyn kann! Leben und Tod gehen immer nes ben einander. Wenn Gott nicht ſelber unſern Odem be. wahrte — ach, wie viele tauſendmal waͤren wir in Ge⸗ fahr zu ſterben, indem wir uns erhalten und dem Him per S Speiſe geben wollen! XII. Ihr habt gehort, daß der Schlund und die Kehle neben einander liegen. Sobald der Schlund in die Bruſt kommt, geht er am Mittelfell vor den Ruͤckgradswirbeln hinter dem Herzen nach der Denn A die NER ihn in dem Zwerchfell iſt, wodurch Bruſt und na, „ 2 £ PIE; Den Fre en - Inner Bau des Wenſhenkbrpera. | 107 Unterleib von einander geſchieden wird. Ich ſage euch dieſe genaue Verbindung des Schlunds mit der Bruſt deswegen ſo beſtimmt, damit ihr den vernünftigen Grund von der Regel einſeht, die man euch ſo oft giebt, daß ihr naͤmlich nicht, wenn ihr eben durch Arbeit, Rennen, Springen ꝛc. ſtark erhitzt, oder im Schweiß ſeyd, gleich einen kalten Trunk verſchlingen, und ſelber eure Thiere nicht in der Hitze ſaufen laffen ſollt. Denn ſobald das kalte Waſſer, Wein, Bier, Milch ze. im Schlund dahin kommt, wo ſo viele andre fleiſchichte mit großen und kleinen Blutgefaͤßen reichlich verſehene Theile ihn be⸗ ruͤhren, ſo zieht es dieſe, wie alle kalte Koͤrper thun, um ſo mehr zuſammen, je mehr ſie vorher durch die Hitze ausgedehnt waren. Dadurch entſteht eine Stockung des Bluts in den Schlagadern, die die Rippen mit Blut verſorgen; in der Hohlader, die eine der wichtigſten iſt, muß das Blut ebenfalls gerinnen, und ſie verſtopfen; in der Haut, die die Bruſt inwendig auskleidet, muß auch eine toͤdtliche Entzuͤndung entſtehn, worauf endlich Schwindſucht und ein fruͤher Tod erfolgt, und ſchon oft erfolgt iſt. Merkt euch das, auch beſonders bey euren Vergnuͤgungen, auf dem Tanzboden, in den geſchaͤftigen und ſehr heißen Jahrszeiten, bey Feuersnoth „da denket an meinen guten Rath, an eure Geſundheit, an eure Fa⸗ milien, und an die Pflichten, die ihr euch ſelber chuldig ſeyd. Nehmt wenigſtens, ehe ihr nach einer großen Erhitzung trinkt, nur wenige Biſſen Brod, Fleiſch, Obſt, oder was ihr bekommen koͤnnt, und eff das vor⸗ her, damit das kalte Waſſer nicht unmittelbar an die alsdann ſtrotzenden Blutgefaͤße kommen koͤnne. Oder | ware euch vorher die Hände, he mit dem Waſſer etliche⸗ — 108 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. etlichemal uͤber das Geſicht, waſcht den Hals ab, daß der Koͤrper nach und nach von der Erhitzung wieder ab⸗ gekuͤhlt wird. Aber alle ploͤtzliche Uebergaͤnge von großer Hitze zu großer Kaͤlte muͤſſen euch ſchaͤdlich ſeyn. Und wenn es doch geſchehen iſt, daß ihr (oder ein Pferd, ein Ochs ꝛc.) in der Hitze kaltes Getraͤnke bekommen habt, ſo ſitzet ja nicht ſtille hin, ſondern macht euch gleich wie⸗ der eine ſtarke Bewegung, bis ihr wieder in Schweiß kommt, und zwingt auch das Thier dazu, wenn ihr es erhalten wollt. Dies iſt ſchlechterdings noͤthig, wenn das ſtockende Blut wieder vertheilt, und von neuem in Umlauf gebracht werden ſoll. Glaubt mir, meine liebe Landleute, gar viele Menſchen von eurem und vom hoͤhe⸗ ren Stand haben ſich auf dieſe Art den Tod zugezogen; 5 und uͤberlegt doch ſelber, als vernuͤnftige Menſchen, was koͤnnen euch hernach alle die abſcheul'chen Mittel der Quackſalber und heimlichen Menſchenmoͤrder helfen, wenn ihr bereits an den edelſten Theilen angeſteckt ſeyd, und nie wieder eine voͤllige Geſundheit erwarten N 80 XIV. Alles, „was durch den S Knie east (orte ſich in dem großen fleiſchernen Sack, den wir Magen nennen. Dieſes Behaͤltniß iſt immer feucht, und immer warm. Das entſteht von den Blutgefaͤßen, die dem Magen eigen ſind, und von den benachbarten Eingeweiden. Dazu kommt die Kraft des Magens, ſich beſtaͤndig zuſammenzuziehen und auszudehnen. Das alles zuſammengenommen befördert die Aufloͤſung oder die Verdauung unſrer Speiſen. Es iſt daher wieder nicht rathſam, ſehr kalte oder ſehr heiße Dinge i in Magen 3 zu bringen. Es entſtehen Verſtopſungen auf der inner⸗ e 1 . Innrer Bau des Menſchenkorpers. 109 ſten Haut des Magens, die von vielen Blutgefaͤßen ganz zotticht ausſteht. Ferner kann das unmaͤßige Saufen des Weins und des Brannteweins unmoͤglich geſund ſeyn. Denn man weiß aus Erfahrung, daß beſonders der Branntewein die Saͤfte verzehrt, die der Magen zur Aufloͤſung der Speiſen haben ſoll. Daher eſſen auch die meiſten Saͤuſer wenig oder oft gar nichts. Ihr wißt überhaupt, daß unſer Schöpfer und Herr das Laſter der Trunkenheit ernſtlich verboten hat. Es ſcha. det auch allen guten Sitten, und wird felten wieder abge⸗ legt. Man lernt von Tage zu Tage immer mehr ſaufen, bis man enblich „ohne beſoffen zu ſeyn, gar nicht mehr leben kann. Wie wenig ein Trunkenbold in ſeinem Hausweſen fortkomme, das werdet ihr auch leicht ſelber bemerken koͤnnen. Es entſtehn noch gar viele andre Suͤnden daraus. Wenn ihr euch aber einmal betrun⸗ ken habt, ſo ſaufet doch nur am andern Morgen nicht Branntewein in den verdorbenen Magen. Efßt lieber eine warme Suppe, oder helft euch durch Faſten und Muͤchternheit. Ihr begreift nun auch, woher die Em⸗ pfindung des Hungers und des Durſts entſtehe. Die Saͤfte im Mund und im Magen werden, wenn ſie nicht wieder mit andern vermiſcht werden, durch das lange Umlaufen immer dicker und ſchaͤrfer, und reizen endlich den Magen ſelber. Dieſes unangenehme Reiben der innren Haut des Magens an ſich ſelber iſt nach der weiſen Einrichtung der Natur fuͤr uns eine ſehr gute Erinnerung, daß wir wieder Speiſen zu uns nehmen, und beſonders durch das Trinken den Verluſt der Saͤfte erſetzen ſollen. Die Groͤße des Magens hat freylich bey Menſchen und bey een kein beſtimmtes Maaß. Bey allen gras: . 0 freſſen. 110 Jynpet Bau des Wenſchenkörperl. | freffenden © Thieren findet ihr viel größere und weitere Maͤgen, als bey fleiſchfreſſenden. Es giebt auch unter den Menſchen Voͤlker, die um ihres Freſſe ens willen be⸗ ruͤhmt ſind. Es giebt hingegen viele andre Erfahrungen in Gefaͤngniſſen, Spitaͤlern und auf Galeren, die die alte Wahrheit, daß die Natur mit Wenigem zufrieden ſey, beſtaͤtigen. Man kann ſich auch zur Unmaͤßigkeit nach und nach, wie zu allen Dingen, gewoͤhnen. Fin⸗ det ihr, daß ihr ſtarken Appetit habt, ſo iſt es beſſer, öfters zu eſſen, als viel auf einmal. Sonſt aber duͤrft ihr darin getroſt der Natur folgen, und eſſen, wenn und was die Begierde fordert. Es ſind wirklich laͤcherliche und zugleich durch ſich ſelbſt ungluͤckliche Leute, die ſich ſaſt bey jedem Biſſen und bey jeder andern Speiſe ein Gewiſſen daraus machen, davon zu genießen, aus Furcht, ſie moͤchten krank werden. Auch klingt es gar ſeltſam, wenn vornehme und reiche Leute, um etwas Eigenes vor unſrer Gattung von Menſchen voraus zu haben, und aus allzugroßer Selbſtliebe immer den eye aufen laſſen, da. mit er erſt ſagen ſolle, ob dies und jenes auch geſund ſey. Selten iſt man im Stande, mit Gewißheit zu ſagen, von welchen Speiſen dieſe oder jene Uebelkeit enkſtanden iſt, es waͤre dann, daß man ſich offenbar uͤberladen, oder aͤußerſt wider] ſprechende Dinge ſchnell nach einander zu ſich genommen Hätte, Wenn ihr z. E. Milchſuppe und Sauerkraut, oder einen Reisbrey, oder Hirfengrüge dicht mit Safran beſtreut, oder eine Milchſuppe ſchwarz voll Pfeffer eſſet, fo kann das freylich nicht geſund ſeyn. Eben fo wenig, wenn ihr gekochte Aepfel und Birnen und Sauerkraut zuſammen genießet. Behaltet die Re. ” gel, daß mehr die Menge, das Uebermaaß, als die 1 15 Befaffen- Pe r 4. Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. ırı Beſchaſſenheit der Speiſen ſelber dem Menſchen ſchaͤdlich iſt. Es ſind Menſchen bekaant worden, die ſich nach und nach gewoͤhnt hatten, Gift zu eſſen. Auch iſt es euch weder durch die Vorſchriften der Vernunft, noch durch die Sittenlehre des Chriſtenthums 3 e weilen auch etwas mehr und etwas Wohlſchmeckenderes zu genießen, als gerade zur Erhaltung des Koͤrpers nos thig wäre. Deswegen verknüpfte eben Gott die Pflicht des Eſſens und Trinkens mit dem ſinnlichen Vergnügen dabey, daß wir dabey ſeine mannichfaltige Guͤte empfin⸗ den, und uns dadurch, bey den Laſten und, Widerwaͤr⸗ tigkeiten dieſes Lebens, mit guten Freunden zu einer ge⸗ mäßigten Freude, die in Froͤhlichkeit ausbricht, aber doch in Schranken bleibt, ſollen ermuntern laſſen. Wundert euch nicht darüber, daß ich von der Naturge⸗ ſchichte ſo geſchwind immer 1 unſer Thun und Laſſen uͤbergehen kann. Alle Befehle Gottes ſtimmen mit den Einrichtungen der Natur zuſammen, und ‚alles, was uns die Natur lehrt, beſtaͤtigt wiederum die klaren Aus⸗ ſpruͤche Gottes in der Bibel. Sehet, ſo wahr, ſo zu⸗ ſammenhaͤngend iſt alles in den Werken Gottes! So gewiß wiſſen wir, daß wir nicht irren, und auf dem wahren Weg zur Glückseligkeit in. wenn wir ſie ernſt⸗ lich ſtudieren! XV. Am Magen hängen d ie Gedaͤrme, ein lan, ger haͤutiger, bald enger, bald weiter Canal, der viele Windungen macht, bis ans Ende des Korpers fortlaͤuft, und, damit er ſich nicht in einander verſchlingen kann, gar ſchoͤn, wie ein Hemd am Halskragen, am Gekroͤſe be feſtigt iſt. Man giebt den einzelnen Stücken verſchie⸗ dene Namen; aber es iſt (ent kein Unterſchied darin, f als / 112 Innrer Bau des Menchenkorperb. als daß das erſte Stück der Gedaͤrme viel enger if, als das hintre, damit naͤmlich erſt noch jedes gute Tropfchen | Saft herausgezogen werden kann, ehe die groben Unrei⸗ nigkeiten aus dem Koͤrper weggehen. Oft ſind dieſe Saͤcke ſieben⸗, acht-, neunmal fo lang, als der Menſch, dem fie gehören, und das; nicht ohne Urſache. Je laͤn⸗ ger fie find, je mehr werden darin die Speiſen aufgelöft, verarbeitet, und deſto vollkommner verdaut. Denn auch ihre innre Flaͤche iſt mit vielen Blutgefaͤßen und Schleimdruͤſen verſehen, wodurch der Weg, den die Speiſen nehmen muͤſſen, beſtaͤndig angefeuchtet wird, damit wir von ihrem allmaͤhligen Fortruͤcken keine Schmerzen haben. Weil ſie ſerner eine eigene Haut mit ineinanderlaufenden Fleiſchfaſern haben, ſo machen dieſe Fleiſchfaſern, d daß die Gedaͤrme ſich beſtaͤndig, wie Wuͤr⸗ mer, vorwaͤrts und hinterwaͤrts bewegen, wodurch die Speiſen zwar weiter ruͤcken, aber nicht eher, als bis ſie ganz ausgepreßt find, und alles Gute und Nahrhafte zu. ruͤckgelaſſen haben. Schrecklich iſt das Elend, wenn die Fallthuͤren oder Klappen, die hie und da in den Gedaͤr⸗ men angebracht find, damit die S peiſen nicht mehr zu⸗ ruͤckgehen ſollen, durch Krankheiten angefreſſen werden, und dann die Bewegung der Gedaͤrme verkehrt geſchieht, fo daß die Spelſen wieder nach dem Magen zuruͤckgeſtoßen werden. Wenn ich nur Zeit genug haͤtte, euch immer tiefer in den feinen Bau des Körpers bineinzuführen, ihr würdet tauſend Urſachen der Kraͤnklichkeit, taufend 15 moͤgliche Gefahren ſehen, und Gott deſtomehr fuͤr eure 0 a dane Auch AR es in e hir * 7 Innrer Bau des Menſchenkörpers. 113 und zu behalten, ganz aufhört, Der Körper iſt ſchon beynahe gelähmt, wenn nichts mehr beym Kranzen bleibt. Die Winde in den Gedärmen find nichts als Luft, die ſich aus den Speiſen entwickelt hat: aber wenn dieſe Luft ſtaͤrker iſt, als die Kraft der Gedaͤrme, die ſie immer heraustreiben wollen, wenn fie den Darm aufblaͤſt und dehnt, welche e Wenn das Fell im Unterleib, das die meiſten Eingeweide und alle Gedaͤrme zuſammen⸗ hält, verwundet, oder an irgend einer ſchwachen Stelle durch das Andringen ver Gedaͤrme endlich zerriſſen | wird, fo entſteht ein Bruch, und mit ihm ein täglicher Schmerz, eine immerwaͤhrende Buͤrde für den Menſchen. Nehmt euch daher vor allen heftigen Anſtrengungen, vor gewagten Spruͤngen, vor unnoͤthig ſchnellem Reiten, vor dem Aufheben großer und ſchwerer daſten, vor hefti⸗ gem Zorn, vor dem uͤberfluͤßigen Ringen und Kämpfen eurer Jungen unter einander in Acht; und wer das Un⸗ gluͤck hat, gebrochen zu ſeyn, der ſey gleich im Anfang vorſichtig, und trage unaufhoͤrlich das Band, das man von den Aerzten haben kann. Ihr ſtuͤrzt euch ſonſt in Gefahr, bey jeder Veraͤnderung, die im Wetter, oder im Körper vorgeht, pioͤtzlich zu ſterben. Durch das Fett oder Oel, das im Netz beſtaͤndig aus dem Blut abgeſondert wird, hat die Natur fuͤr die Waͤrme des Magens und der Gedaͤrme geſorgt. Auch der magerſte Menſch hat in dieſer duͤnnen Haut immer etwas Fett. Bey fetten Menſchen und Thieren legt ſich hier, beſon⸗ ders in der Ruhe, gar viel an. Ihr dürft aber gewiß glauben, daß ein bicker Bauch allemal ein unnatürlicher Zuſtand, in der Sommerhitze und bey allen Geſchaften 166 des Lebens eine ſehr beſchwerbrhe zaſt, und noch uͤberdies 9 \ noth⸗ | — 114 Innrer Ban des Menſchenkoͤrpers. nothwendig ein Behaͤltniß von allerley Krankheiten iſt. Der Umlauf des Blats wird gar gewaltig dadurch gehin⸗ dert; daher ſterben die meiſten dicken Leute entweder am Schlagfluß, oder an der Waſſerſucht, Wie gut iſt es fuͤr euch, daß ihr ſchon durch euren Beruf genoͤthigt ſeyd, euch beſtändig zu bewegen! Das bewahrt euch vor dem Saamen zu ſo manchem Leiden, den oft Reiche und Wolluͤſtige, als wenn fie ſich ſelber feind wären, vorſaͤtz⸗ lich und mit großen Koſten in ihren Koͤrper funden VXVI. In das erſte Stuͤck der Gedaͤrme ergießt ſich die Galle, ein ſcharfer, dicker, dunkelgelber, bittrer, laulichtwarmer Saft, der in der Leber aus dem Blut bereitet wird, zum Theil in der daran haͤngenden Gallen⸗ blaſe eine Zeit lang liegen bleibt, und daſelbſt immer die, cker und ſchaͤrfer wird. Die Leber iſt das größte Eins geweide im Unterleib, haͤngt auf der rechten Seite des Magens, empfaͤngt ihr Blut aus der ſogenannten Pfort⸗ ader, und hat n einen ſehr ſchoͤnen und bemuns dernswuͤrdigen Bau. Die Verbindung des Gallen⸗ ganges mit den Gedaͤrmen iſt ſo weiſe und vorſichtig vom Schoͤpfer gewaͤhlt, daß keine Galle, wenn ſie nicht noͤthig iſt, zufließen kann. Sonſt reizte dieſer ſcharſe Saft beſtaͤndig die Gedaͤrme, und wuͤrde alle gute Speiſen mit dem Koth zu ſchnell aus dem Koͤrper weg⸗ waſchen, wie ihr beym Durchlauf und in andern Krank; heiten ſeht, die vom Uebermaaß, oder von allzugroßer Schärfe der Galle entſtehen. Der Nutzen der Galle bey unſrer Verdauung iſt ſehr groß. Sie vermiſcht ei⸗ gentlich die aller ver ſchiedenſten Sachen, indem ſie alles ee und warben e ſie bezwingt a e Innrer Bau des Menſchenköͤrpers. 156 Fett der Speiſen, daß es mit allen andern Sachen zum Brey wird, und reizt, indem fie die Bewegung der Ges daͤrme verſtaͤrkt, gar ſehr den Appetit. Weil aber die Galle gar leicht zu ſcharf wird, ſo mildert ſie die Natur wieder durch das Waſſer, das aus der großen Druͤſe, die unter dem Magen liegt, und das Gekroͤſe genannt wird, allemal, wenn die Verdauung geſchehen ſoll, zu⸗ fließt. Die Kinder bekommen die Doͤrrſucht, wenn dieſe Druͤſe verſtopft wird. Ein Menſch, deſſen Ge⸗ krböſe knorpelhart geworden war, hatte bis an ſeinen Tod ein beftändiges Brechen, weil bey ihm wegen i Seh ler die Galle ihre ganze Schaͤrfe behielt. Zu den wich⸗ tigften Gefäßen für unſre Einäheung gehoͤren nun noch die Milchgefaͤße, die in unzaͤhliger Menge auf der ganzen innren Haut der Gedaͤrme ſitzen, ſo eng und fein wie Haare ſind, und das, was endlich durch das ganze | Geſchalt der Badanıng aus allen Speifen herausgezogen wird, und einer weißlichten ſuͤßen Milch gleich ſieht, in ſich ſaugen. Weil ſie ſo klein und fein ſind, ſieht man ſie nicht anders, als wenn man ein Thier einige Stunden, nachdem es gefreſſen hat, aufſchneidet. Außer dieſer Zeit iſt immer ein ftines) „gutes, nahrhaftes Waſſer darin, ſonſt wuͤrden ſie zuſammenfallen und verwachſen. Man kann ihre Zahl wohl auf fünfmal hunderttauſend rechnen; ſo viele, damit, wenn auch im Alter viele verſchloſſen werden, doch noch immer offne Milchgefaͤße genug vorhanden find. Dieſe kleine Gefäße vereinigen ſich nach und nach in groͤßere Roͤhren, in welchen der Milchſaft bis in die Bruſt heraufgehoben, und dort end⸗ lich tropfenweiſe und ſehr langſam dem ſchon vorhanden nen Blut beygemiſche wird. Da habt ihr nur das Groͤbſte, . h H 2 10 nur * 16 Nit Bau des Mnfgenförgene nur eine unvollſtaͤndige Beſchreibung von unfrer Ernäße rung, die aber hinreichend iſt, euch auf die Weisheit, Macht und Guͤte Gottes aufmerkſam zu machen. Hat David niche Recht, wenn er betet: Ich danke dir, | Gert!” daß “ wunderbar gemacht worden bin? XVII. daßt uns jetzt vom Umlauf des Bluts mit einander reden. Im Grund iſt dieſer Koͤrper eine einzige Ader, ein großer Canal mit vielen Seitenaͤſten und Nebenzweigen, die aber alle fo mit einander verbune den ſind, daß das Blut aus den Hauptſtaͤmmen in die Seitenzweige und in die kleinſten Gefaͤße laufen kann, und daß wieder aus der engſten Ader ein Weg zum Her⸗ zen iſt. Weil aber fo viele und verſchiedene Gefäße im Koͤrper ſind, ſo unterſcheidet man vorzuͤglich zwo Gat⸗ tungen. Die Schlagadern oder Pulsadern empfan. gen das Blut beym Herzen, führen es nach allen Theis len des Koͤrpers, ſind in ihrem Anfang ſehr groß und weit, werden aber immer enger und ſpitziger, und ziehen fi) unaufhoͤrlich wechſelsweiſe bald zuſammen, bald deh⸗ nen ſie ſich wieder aus, und ſtoßen eben dadurch das Blut immer weiter fort. Das Letztere iſt das, was man den Puls oder den Schlag der Adern nennt, und der Arzt greift das an ſolchen Orten, wo die Ader auf dem Knochen aufliegt, und nicht ausweichen kann, unter ſeinem Finger. Er thut das, um darnach die Staͤrke und Geſchwindigkeit des Blutlaufs im Koͤrper zu beur⸗ theilen. Die kleinſten, wie die größten Schlagadern ruhen keinen Augenblick; inweudig find fie fehr glatt, und außen ſtellen ſie, wenn man ſie aus dem Fleiſch, in dem ſie herumkriech hen, ſoigfaltig herausnimmt, die ſchoͤn⸗ ki Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 117 ſten Baͤume und andre Figuren vor. Nur mit der allergroͤßten Vorſicht kann man zuweilen an einer Schlag ⸗ ader Blut herauslaſſen. Trifft ein unvorſichtiger Bar bier eine Pulsader, ſo ſtreift fie ſich zurück, und es ent⸗ ſteht eine toͤdtliche Verblutung. An der Spitze des Koͤr⸗ pers biegen ſich die meiſten Schlagadern um, laufen nach dem Herzen zuruͤck, werden, je näher fie ihm kom⸗ men, immer weiter, bringen das Blut wieder nach dem Herzen und Lungen zuruck, und heißen alsdann Blut⸗ adern. An dieſen merkt man keinen Puls; dieſe find. es, die ihr unter der Haut hinlaufen ſeht; (denn die Schlagadern liegen tiefer;) aus dieſen läßt man euch in Krankheiten Blut auslaufen, und weil das Blut in ih⸗ nen Muͤhe hat, wieder heraufzuſteigen, ſo ſind in eini⸗ gen, da wo es am noͤthigſten war, nach gewiſſen Ent⸗ fernungen kleine Fallthuͤren oder Klappen angebracht, auf welchen kleine Saͤulen von Blut gleichſam ruhen und von ihnen getragen werden, damit das einmal her⸗ aufgehobene Blut nicht wieder zuruͤckfallen kann. Wenn ihr einmal in Staͤdten, wo junge Aerzte unterrichtet wer⸗ den, Gelegenheit habt, das ganze Geflechte der Puls⸗ und Blutadern roth und blau eingeſpruͤtzt zu ſehen, ſo verſaͤumt dieſe Gelegenheit ja nicht, und laßt euch durch keinen wunderlichen Ekel abhalten, dahin zu gehen, we der menſchliche Koͤrper geoͤffnet und zerlegt wird. Wir wuͤßten noch gar nichts in der Arzneywiſſenſchaft, wenn niemand das Herz gehabt haͤtte, Leichen zu oͤffnen, und die verborgene Weisheit Gottes in unſerm Körper, der — eine kleine Welt iſt, aufzuſuchen. . » 3 XV, Aber 1186 Innrer Wau des Menſchenkoͤrpe XVIII. Aber Puls- und Blutadern würden uns nichts helfen, wenn wir kein Herz hatten. Der Schoͤ⸗ pfer baute um dieſes ſchoͤnen und wichtigen Glieds willen die Bruſthoͤhle, die, wie ein Gewoͤlbe, Herz und Lun⸗ ge beſchuͤtzt, weil es koͤdtlich wäre, wenn die aͤußre Luft unmittelbar auf die Lungen wirken koͤnnte, und die zu⸗ gleich ſelber bey den Verrichtungen der Lunge ihre weſent⸗ liche Dienſte thut. In ihrer linken Haͤlfte liegt das ſleiſchichte Gefaͤß, das wir Herz nennen. Es hat eine ſtumpfe Spitze, ſteht etwas ſchief, und hat ferner einen nicht ſehr merklichen Einſchnitt, bey einem ausgewachſe⸗ nen Menſchen ein ziemliches Gewicht, und eine ziemliche roͤße. Inwendig beſteht es aus lauter Fleiſchfaſern, die gitterfoͤrmig, wie die Faͤden an einem Netz, in ein⸗ zander verſchlungen ſind, ſo daß kein Menſch im Stande if, ihren Lauf zu bezeichnen. Man unterſcheidet daran vier Hoͤhlungen, naͤmlich zwey Herzohren „oder zween kleine Saͤcke oben, und zwo Herzkammern, oder die innern Abiheilungen des ganzen Gefäßes, die durch“eine fleiſchichte Zwiſchenwand entſtehn. Das Gewebe des Herzens iſt feſt, ſonſt hieite es die beſtaͤndige Arbeit nicht aus. Zu ſeiner Beſchuͤtzung, damit es durch keine hef⸗ tige Bewegung des Körpers: von feiner Stelle geriffen wird, und zur ordentlichen Verrichtung ſeiner Weſchate iſt es noch in den Herzbeutel eingehuͤllt, und der Zwi⸗ ſchenraum zwiſchen dieſem Sack und dem Herzen ſelber iſt noch mit einem eigenen Waſſer angefuͤllt, das nie ganz fehlen, auch nicht weder zu dick noch zu duͤnn wer⸗ den darf, wenn unſre Geſundheit fortdauren ſoll. So bald man das Herz aus dieſer ſeiner Verwahrung Lee ih ſo hut. es a zween vollkommne Schlage, die ſonſt Innrer Bau des Mensch enköͤrpers. 179 Kent ſich fo gleich find, wie die Bewegungen des Perpen⸗ dikels an der Uhr. Das Herz haͤngt uͤbeigens an nichts, als an ſeinen eigenen Gefaͤßen. Es hat naͤmlich außer den ſogenannten Kranzadern, die zu feiner eigenen Er⸗ naͤhrung dienen, noch eine obere und untere Hohlader, die das Blut aus dem ganzen Körper zurückbringen, eine Tungenpuls⸗ und eine Lungenblutader, die das Blut nach der Lunge und wieder zuruͤckbringen, und end⸗ lich die große Hauptpulsader, die das Blut im ganzen Koͤrper vertheilt, und von welcher alle andre Schlagadern eee Die Bewegung, die man am Herzen wahrnimmt, iſt eine beſt kaͤndig abwechſelnde Zuſammen⸗ ziehung und Ausdehnung. Beydes zuſammengenommen heißt ein Schlag des Herzens. Sobald das Blut in eine von den vier Höhlungen des Herzens fälle, fo iſt es nicht anders, als wenn dieſer Sack es nicht behalten wollte; er zieht ſich zuſammen, preßt dadurch das lu wieder heraus in eins von den Gefäßen des Herzens, und ſtellt ſich im Augenblick wieder ausgedehnt dar, fo 1 daß er wieder im Stande iſt, neues Blut 5 das er aber ebenfalls gleich wieder wegſtuͤßt. Das Blut ſelber iſt hier der Reiz, das Triebwerk, der Stachel, wodurch alle Kammern und Abeheilungen des Herzens unaufhörlich i in Bewegung gefeßt werden. Nehmt bas Herz eines Froſchs, eines Aals, einer Schl ange oder Eidechſe, es wird auf dem Teller noch fange, nachdem ihr es aus dem Leibe genommen hat, zappeln. nd ruht es dem erſten Anſchein nach, ſo reizt es mit einer Meſſerſpitze, mit Salz, mit Pfeffer, fo werdet ihr ſeine Schlaͤge gleich wieder ſehen. Aber im Leibe der Thiere braucht es nichts, eis die wenigen Tropfen Blut, die | H 4 auf 120 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. auf einmal in einem Herzohr, in einer Herzkammer Platz haben, ſo geht die Maſchine unaufhoͤrlich fort. Der Menſchenverſtano ſucht ſchon lange vergeblich, ein Kunſtſtuͤck zu machen, das ſich beſtaͤndig bewegte. Da ſeht ihr ſo ein Ding, das Gott geſchaffen hat! Alle andre fleiſchichte Theile an unſerm Koͤrper ermuͤden endlich, | wenn fie immer arbeiten ſollen. Der Zimmermann laßt endlich den muͤden Arm fallen. Der Holzhauer kann nicht immer die ſchwere Axt aufheben. Die Beine bre. chen uns faſt, wenn wir lange geſtanden ſind. Der Hals kann am Abend den Kopf nicht mehr gerade tragen. Aber das Herz wird nicht muͤde! In hundert und meh⸗ reren Jahren verliert es nichts von feiner Kraft und Staͤrke. In Mutterleib ſieht man es bey Zeiten, und dort klopft es am ſtaͤrkſten, dort hat es die größte Geſchwindigkeit. Nachher wirkt es fort bey Tage und bey Nacht, ems pfängt immer, und ſchickt immer fort, verbreitet ſeinen wohlthaͤtigen Einfluß auf die aͤußerſten, kleinſten Blut. aͤderchen, ſpringt immer in die Hoͤhe, und verlaͤßt doch ſeine Stelle nicht, arbeitet immer gegen die Waͤnde ſeines Beutels, und zerreißt ihn doch nicht, iſt immer geſpannt und immer ſchlapp, und verwelkt doch nicht, und hoͤrt am letzten unter allen Gliedern auf, wenn ſchon alle an. dre abgeſtorben find, Gott! welche Weisheit in dieſem Koͤrper! Herr, wie viel Ordnung, und Allmacht, und Güte im Gebäude vom Staube, das ans Kine Staub wird! | XIX, Neben dem Herzen 95 in ar Bruſt die 95 rechte und linke unge, worunter ihr euch einen großen weichen Beutel denken müßt, der fich, wie ein Blaſebalg, | voll uf, ziehen, ſich nee und wieder zuſammen⸗ DM Bi Innrer Bau des Menfihenförpere. 121 e kann. Juwendig iſt die Lunge aus vielen tauſend kleinen Zellen und Gaͤngen zuſammengeſetzt, die aber alle unter einander Verbindung haben. win entſtehen von der Kehle, oder von der Luftroͤhre, die ſich hier in fo. viele Aeſte verrheilt, und von der ich oben ſchon geredet habe. Sie beſteht aus lauter ſtarken Knorpeln, und hilft uns zum Ein » und Ausathmen und zum Reden. 5 So wenig wir gewiß ſagen koͤnnen, warum wir immer Luft: in den Körper nehmen und fie wieder herauslaſſen muͤſſen, fo wiſſen wir doch alle, daß es toͤdtlich iſt, wenn wir keine oder eine zu duͤnne oder zu dicke Luft einathmen. Die Erſoffenen ſterben nicht deswegen, weil ihnen der Hals voll Waſſer wird, wie ihr etwa meynt. Es kommt gemeiniglich gar kein Waſſer in die Luſtroͤhre: daher iſt es thoͤricht, ja es kann erſt noch ſchaͤdlich ſeyn, wenn ihr einen ins Waſſer geſtuͤrzten Menſchen auf den Kopf ſtellt. So lange nur noch die Werkzeuge des Einathmens nicht verletzt ſind, ſo kann man bey Ertrunkenen, bey denen, r 16 ſelbſt erhangen haben, und doch nicht Kraft ge⸗ ug hatten, ſich ſelbſt das Genick zu brechen, wie der e dem Miſſethaͤter thut, d. h. die Halswirbel von einander zu druͤcken, und ferner auch bey allen, die von Duͤnſten, von fi ‚lichen Daͤmpfen bey Bruhn, Berge werken ꝛc. erſtickt, und im Anſang nur ſcheinbar todt ſind, allemal noch Hoffnung haben, daß man durch ge⸗ lindes Reiben, durch allmaͤhliges Erwaͤrmen, durch Einblaſen der Luft, des Tobackrauchs ꝛc. Tas Leben wies der herſtellen werde. Ihr habt allerdings Urſache, eure Obrigkeit dafuͤr zu ſegnen, daß ſie auch ſolche Anſtalten zur Rettung unglücklicher Menſchen nach und nach ein⸗ führt; und es wäre ein großer Schimpf für alle, die N Di 25 | noch 1 15 122 Innrer Bau des Werther noch vernuͤnftige Menſchen ihn wollen, wenn ihr euch durch das Vorurtheil, ein Selbſterhenkter ſey unehrlich, man muͤſſe ihn nicht anruͤhren ꝛc. abhalten ließet, fo einem armen, verblendeten Geſchoͤpf, das wohl unfinnig ſeyn muß, weil es mit ſich ſelber und mit ſeinem Schoͤpfer Streit anfangen und der Natur Trotz bieten will, die Friſt des lebens wieder zu verlaͤngern. Auch waͤre es laͤcherlich, wenn ihr jenen Mitteln, die ſcheinbar Todten wieder herzustellen, deswegen alle Kraft abſprechen wolle tet, weil man ſie vielleicht einmal zu ſpaͤt, oder nicht recht anwendere, und eine ganze Stunde vergebens ge⸗ rieben hat. Viele andre Erfahrungen hat man fuͤr die Gewißheit des Mittels, und die Vernunft befiehlt, nichts nach einzelnen Faͤllen zu beurtheilen. Erinnert euch aber auch hierbey der Regel, die euch ſo oft gegeben wird, daß ihr an euren Zimmern, Werkſtaͤtten und Schlaſſtaͤtten alle Tage, beſonders im Sommer des Morgens, und auch im Winter um Mittag die Fenſter oͤffnen und fri⸗ ſche Luft hereinlaſſen ſollt. Wenn alle eure Duͤnſte im⸗ mer beyſammen bleiben; wenn ihr gar ein Kohl len becken hinſtellt, daß der S chwefeldampf auf der Luft liegt; wenn ihr in großer Menge auf der Gerichtsſtube, oder in der Kirche ſeyd, und öffnet doch kein Fenſter; wenn ihr im Winter den Ofen greulich einheizet, und meynet, daß ihr euch, oder auch wohl gar euren Kranken dadurch Gutes thun wollt: ſo wird bat die Luft fo verdorben, daß ſie das Blut in der Lunge nicht genug ausdehnt. Fraget nur den Arzt, und die Geiſtlichen, die euch als⸗ dann beſuchen. Es iſt beynahe unmoͤglich, zu rede, wenn ihr nicht friſche, beßre Luft einlaſſen wollt. Man hat Beyſpiele daß viele Leute todt wen, find, die 5 — “ U A | Kürten, | Michi gezwungen hat, in einem engen e den Qualm der Duͤnſte auszuſtehen. Die andern Gefäße der Lunge find. die Blutgefäße. So wie ſich die Luft⸗ roͤhre in der ganzen Lunge verbreitet, ſo vertheilt ſich auch die Lungenpulsader ins Unendliche, ſo daß die Blut⸗ und 5 Luftgefaͤße einander beſtaͤndig begleiten; und durch eigene Blutadern fließt alles Blut aus der Lunge wieder nach dem Herzen zuruck. Den eigentlichen wahren Nutzen aber, der daraus entſteht, wenn das Blut, ehe es im Korper herumlaͤuft, vorher der unmittelbaren Berührung der Luft ausgeſetzt wird, hat man bisher noch nicht gewiß beſtimmen koͤnnen. Das darf euch nicht befremden; der Menſchenverſtand hat noch l ange nicht alle Werke Gottes ergruͤndet, und wir werden ſie nie ganz verſtehn lernen. Auch in unſerm Koͤrper iſt noch manches vor unſern Au⸗ gen verborgen. Er muß noch oſt aufgeſchnitten werden, ehe man ihn ganz kennt. Daher iſt es eben nicht men⸗ ſchenfreundlich, daß ihr euch zuweilen widerſetzt, wenn es der Arzt verlangt, oder wenn es die Obrigkeit beſiehlt, daß eine Leiche in eurem Ort geöffnet werden fol. Wir koͤnnten oft etwas babey lernen, wornach man ſich here nach in Krankheiten zum Beſten vieler andrer Menſchen richten koͤnnte. Ihr habt da ein laͤcherliches Vorurtheil, als wenn das für euren Verwandten eine Schande wärs, wenn man in ſeinem Koͤrper mit dem Meſſer wuͤhle. Aber iſt es dann nicht vielmehr Ehre fie mich „wenn ich noch mit meinem Koͤrper nach meinem Tod meinen Mitbuͤrgern nuͤtzlich ſeyn kann? Oder meynet ihr etwa, euer Vetter komme alsdann nicht mit allen ſeinen Theilen unter den Boden, und koͤnne nicht ruhig ſchlafen? Ich hoff, die e der Natur wird euren Ver ſtand ſtaͤrken, und a ein 2 Urtheil von alen ende faͤllen lehren. e XX. Doch wir kommen wieder zu unde Blut zuruͤck. Daß das Blut wirklich einen Kreislauf im Koͤrper macht, iſt daher klar, weil aus jeder großen oder kleinen Schlagader, wenn ſie verletzt wird, der ganze Vorrath unſers Bluts herauslauſen kann, und weil eine Schlagader, wenn fie unterbunden wird, zwiſchen dem Herzen und dem Verband aufſchwillt, weil alsdann das Blut, das vom Herzen koͤmmt, und nach den aͤußern Theilen des Koͤrpers fließen will, nicht weiter fortkann; hinter dem Verband aber wird die Schlagader ſchlapp und leer, weil dort gar kein Blut mehr hinkommt. Hingegen bey den Blutadern iſt die Erſcheinung umge⸗ kehrt. Bindet eine Blutader ab, ſo wird ſie hinter dem Verband gegen das Herz niederfallen und leer werden, | hingegen zwiſchen dem Verband und den Spitzen der Glieder wird ſie vom geſtemmten Blut ſtrotzen. Man ſieht auch durch das Vergroͤßerungsglas an zarten Thei⸗ len, wo die Haut duͤnne iſt, auf dem Schwanz der klei⸗ neren Fiſche, gar deutlich, wie das Blut hin und her fließt, und in der umgebogenen Ader ebenfalls umkehrt. Ach, wie oft habe ich mit Entzuͤcken dem ſanften Strom von weißen und rothen Blutkuͤgelchen in allerley Thieren zugeſehen, und das ſachte Kraͤmpfen der Adern mit ſtum. mer Andacht bewundert! O ich moͤchte nicht leben, wenn ich nicht auch einiges von dem geſehen haͤtte, was zu den erften Schönheiten der Natur im Großen und im Klei. nen gehoͤrt! Im Blut ſelber muͤßt ihr die feſtern, ſchwe⸗ reren und die rothen Beſtandtheile von dem blaßgelben Waſſer, das jene umfließt, und mit ſich fortreißt, unter⸗ kan * — =; * % 125 e a ſcht gleich 1 einer halben Stunde, daß das Aderlaßblut in der Schale gerinnt, der Kuchen ſegzt ſich in der Mitte zu Boden, und das Waſſer ſteht oben darauf. So lange das in den Adern mit einander fortſchwimmt, und ſich nicht ſcheidet, ſo bleibe der Kreis⸗ . Faß nrfrk; aber in vielen Krankheiten gerinnt das Blut, und in Faulfiebern wird das Blut ganz aufgelöft. Die Wärme des Bluts entſteht wahrſcheinlich vom Rei⸗ ben der Bluttheilchen an einander, und von dem beſtaͤn. digen Reiben des Bluts an den Waͤnden der Gefäße, Ä Seine rothe Farbe ift eben nicht weſentlich; das Blut des Kindes in Mutterleib iſt nicht roth; wahrſcheinlich ’ entſteht dieſe Farbe von den vielen Eiſentheilchen, die wir mit den Speiſen in unſer Blut bringen. Die Ge⸗ ſtalt der einzelnen Bluttheilchen iſt linſenfoͤrmig; ; alle das ben gleiche Figur: aber der Durchmeſſer eines einzigen iſt kaum der fuͤnftauſendſte Theil eines Zolls. Der Schöpfer bildete fie ohne Zweifel deswegen ſo ſchoͤn, fo fein und regelmaͤßig, daß ſie ohne Muͤhe und ohne alle Schwierigkeit durch die engſten Gefäße durchſchluͤpfen, und überall ihren Weg fortſetzen koͤnnten. Denket aber einmal nach, welch ein erſtaunenswuͤrdiges Werk der Allmacht Gottes es iſt, unſer Blut aus ſolchen feinen Kuͤgelchen zuſammenzuſetzen! Und indem diefe Millionen gleitender Koͤrper dahin rollen, ſieht unſer guter Gott ihrem unaufhoͤrlichen Fluß zu, und zaͤhlt die Tage und Jahre, bis die Stunde kommt, wo er ruft, daß das 3 aufhoͤren und der Lauf des Bluts ein es nden XXI. Dies iſt i nun der wichtige Saſt, der im gan. zen Koͤrper herumgefuͤhrt wird, in allen Eingeweiden - | ! Ver⸗ Veränderungen leidet, und zu beſondern Saͤften verar⸗ beitet wird. Ein ſehr betraͤchtlicher Theil davon geht nach dem Gehirn, deſſen aͤußre Bedeckung das aller feinſte Geflechte von vielen tauſend aͤußerſt zarten und engen Blutgefaßen iſt. In das Innre des Gehirns, das der weichſte Brey iſt, den ihr euch denken koͤnnt, gehen die Endigungen aller dieſer Blutgefaͤße, und ſon. dern dort, wie es wahrſcheinlich iſt, ein ungemein feines, zartes, unſichtbares Waſſer ab, das beſtaͤndig in alle Nerven fließt, und zur Bewegung und Empfindung unentbehrlich iſt. Man nennt das den Nervenſaff, | oder die Lebensgeiſter; und wenn diefe feine Fluͤßigkeit, die wir freylich nicht genug kennen, nicht vorhanden wär - re, fo koͤnnte man nicht begreifen, warum fo viel Blut nach dem Gehirn geſchickt wird. Zuweilen geſchieht es, daß eins oder mehrere von dieſen feinen Gefaͤßen des Ge⸗ hirns zerplatzen, wo alsdann das ausgelaufene Blut, oder der Schleim, einen Theil der Canaͤle, und der Nerven, die aus dem Gehirn ausgehen, niederdruͤckt, und den Einfluß des Nervenſafts in dieſe Canaͤle hindert. Ges ſchieht das im ganzen, oder nur in einem großen Theil des Gehirns, ſo iſt der Tod unvermeidlich. Werden nur einige Gefäße gepreßt, fo nennt man es den Schlag. fluß; und ihr koͤnnt nun begreifen, daß dieſe Krankheit ſehr natuͤrlich zugeht, daß ein Menſch ſprachlos werden muß, wenn gerade die Jungennerven vom Blute gepreßt werden, daß er auf einer oder auf beyden Seiten lahm werden muß, je nachdem viele oder wenige Blutgefäße zerborſteten. Ihr koͤnnt auch daraus begreifen wie die geiſtigen Getränke, Wein, Bier, Branntewein de. uns en munter, „lebhaft, und beym unmaͤßigen Gebrauch 1 ER KON WEL ER RR n e * n I be; N . Innrer Dau des Menſhenkörpers. 127 berauſcht machen. Sie vermehren den Trieb des Bluts nach dem Kopf; je ſchneller das Blut im Kopf laͤuft, deſtomehr Lebensgeiſter bekommen wir auch: alſo werden unſre Empfindungen und Gedanken ſtaͤrker, und eine angenehme Froͤhlichkeit bemeiſtert ſich unſer. Wenn aber das Blut gar zu heftig und zu ſchnell nach dem Kopſe getrieben wird, fo wird es endlich ausgedehnt, die Blutgefäße ſtrotzen und drücken einen Theil des Cem hirns nieder; daher die Verwirrung der Sinne und das Wanken der Fuͤße. Auch der Mohnſaft toͤdtet auf dieſe Art, wenn man zu viel davon genießt. Erſt erheitere er, und vertreibt den Schlaf; hernach h er das Blut zu ſehr aus, bis die Gefaͤße zerreißen. Ihr ſeht alſo, hier im Gehirn iſt der Ort, wo die koͤrperliche Empfin⸗ dung und die Gedanken und Vorſtellungen der Seele an einander graͤnzen. Daher meynt man auch, daß hier die Seele ihre Wohnung, ihren Thron habe. Aber mit Gewißheit laͤßt ſich das nicht beſtimmen. Den inn⸗ ren Bau des Gehirns kennen wir ohnehin nicht; von den einzelnen Theilen deſſelben koͤnnen wir den Nutzen nicht angeben. Beynahe noch wichtiger, als das Gehirn, iſt ſeine Verlaͤngerung, das Ruͤckenmark. Wenn alle andre Wunden im Koͤrper, im Herzen, in den Lungen, im Gehirn ꝛc. noch geheilt werden koͤnnen, ſo heilt doch kein Balſam und kein andres Mittel Verletzungen des Ruͤckenmarks. Ochſen und Elephanten fallen gleich todt nieder, wenn man mit dem Meſſer geſchickt zwiſchen zween Wirbeln hinabſtoßen und das Ruͤckenmark abſchnei. den kann. Auch alle Nerven ſtammen aus dem Gehirn. Sie ſind die Urſache der Bewegung, und der Sitz der angenehmen und unangenehmen Empfindung. Sie IE ſind 128 Innrer Bau des Menſchenkorpers. ſind eben ſo, wie jeser andre Theil des Körpers, man⸗ chen Krankheiten unterworfen; auch ſie koͤnnen oft an Schlagfluͤſſen Schuld ſeyn; die ſchrecklichen Zuckungen und Verdrehungen derer, die mit der fallenden Sucht behaftet ſind, entſtehen von unordentlichen Bewegungen N und krampfhaften Zerrungen der Nerven: aber wir wife fen noch wenig in der Geſchichte der Nervenkrankheiten, und noch weniger ſichre und zuverlaͤßige Mittel. Daher iſt es in ſolchen Nervenzufaͤllen ganz underantwortlich von euch, wenn ihr zu Quackſalbern und Roßärzten läuft, und dem armen Menſchen ſein Elend durch dumm und hirnlos zuſammengeſetzte Mittel noch vergrößert. Wun⸗ dert euch nicht, wenn ich davon niemals anders, als mit Heftigkeit reden kann. Straßenraͤuber und offenbare Moͤrder richten bey weitem den großen Schaden nicht u den dieſe Afteraͤrzte ſtiften. XXII. Nach dem Gehirn iſt die Leber eins der vornehmſten Eingeweide. Ich habe aber oben bey der Verdauung ſchon davon geredet. Ihr gegenüber liegt die weiche ſchwarzblaue Milz, deren innres Gewebe ſo loſe iſt, daß ſie leicht von einem aͤußeren Schlag, von einem hohen Sprung zerreißen kann. Die Weisheit des Schoͤpfers gab uns die Milz, fo viel wir ſehen koͤn⸗ nen, deswegen, damit das Blut, das nachher in der Leber zur Abſonderung der Galle dienen ſoll, hier vorher verduͤnnt, unter einander gemengt, und zum Durchgang durch die engſten Gefaͤße vorbereitet werde. Hinter der Leber und Milz liegen die rechte und die linke Nieren, die viel feſter find als jene, aus vielen Schlag - und Blutadern einen ſchlangenfoͤrmigen Ueberzug haben, und Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 129 und inwendig aus lauter Roͤhren beſtehen, „ die in kleine Warzen auslaufen. In dieſen Warzen wird nun durch kaum ſichebare Oeffnungen der Urin aus dem Blut ab⸗ geſondert; eigene Gaͤnge fuͤhren ihn herab in die Harn. blaſe; dieſe empfaͤngt und en das ſcharfe Waſſer, Rund ſchickt es durch die Harnroͤhre aus dem Körper hin⸗ aus. Die Blaſe der Weiber iſt allemal kleiner wegen der Gebaͤrmutter, die einen Theil des Platzes einnimmt. Damit die Schärfe des Harns uns an der innern Seite der Blaſe keine Schmerzen mache, ſetzte die Natur an die h innerſte Haut der Blaſe viele e die fie be⸗ ſtaͤndig mit Schleim uͤberziehen. Den Ausgang der Blaſe koͤnnen wir willführlid) verſchließ en oder öffneng aber es iſt doch nicht gut, daß man den Urin oft lange zurückhalte, weil ſonſt daraus eine Laͤhmung des Fleiſchs am Blaſenhals entſtehen kann, und eine gaͤnzliche Uns moͤglichkeit, das Waſſer nur eine kurze Zeit zuruͤckzuhal⸗ ten. Wenn zu viele erdichte Theile im Waſſer haͤngen, und endlich an einander Hängen bleiben, fo entſteht in den Nieren, in den Gaͤngen oder in der Blaſe erſt Grus, und dann Steine, die durch ihre ſpitzige ſcharfe Ecken ſchreckliche Schmerzen machen, und, wenn ſie immer groͤßer werden, entweder den Tod verurſachen, oder her⸗ ausgeſchnitten werden muͤſſen. Sonſt ſeht ihr ſelber, daß bey Menſchen und bey Thieren der Geruch, die Farbe, der Geſchmack und die Durchſichtigkeit des Urins fehe unbeſtimmt und ſehr veraͤnderlich iſt. Es kommt dabey blos auf die Speiſen an, die wir genießen. Das Rind⸗ vieh giebt im Winter faſt immer einen kruͤben Harn, der viel Erde bey ſich fuͤhrt, weil fie duͤrres Heu freſſen. Im Sommer hingegen 1 er ein klares helles Waſſer, Abe das 130 Innrer Bau des Menſchenkörperse | das faft nichts zuruͤcklaͤßt, weil fie 10 mehr gruͤnes Gras, ſriſche Pflanzen freſſen, die ſich ſelber voll Waſſer geſo— gen haben. Wenn die Thiere im Fruͤhjahr zum erftens mal junges Laub freſſen, beſonders die gelben Pfriemen, oder Weißdorablͤͤthen, oder die erſten zarten Schoß inge Hund Knoſpen der Eichen, Buchen, Quitten ꝛc. fo be⸗ kommen ſie davon einen rothgefaͤrbten Urin, den man insgemein für Blut anſieht. Auch die Milch der Kuͤhe wird alsdann etwas roͤthlich. Ihr duͤrft alſo dabey nicht an Hexen, noch weniger an den Teufel, oder an andre boͤſe Menſchen denken. Das ſind die natuͤrlichen Folgen von der ſchnellen Abwechſelung des duͤrren mit dem friſchen l und die unvermeidliche Wirkung von den Salzen und Oelen, die in den Gewaͤchſen ſtecken, ſo wie unſer rin von den Beeren der Reinweide ſchwarz, und von der Rhabarber ſchmuziggelb wird. Schließt vielmehr daraus, daß die Harnpropheten und Waſſerbeſeher, die von dem entfernteſten Kranken die kleinſten Umſtaͤnde wiſſen und gleich Arzneyen verſchreiben wollen, ſo bald man ihnen nur das Waſſer des Patienten gebracht hat, wahre Betruͤger und Menſchenmoͤrder ſind, denen man den Staupbeſen geben und die freche Stirne brandmarken ſollte. Ein wahrer Arzt beſieht auch den Urin; denn die Natur befreyt auf dieſe Art das Blut von der uͤber⸗ fluͤßigen Schaͤrfe: aber ſein Urtheil baut er nie allein auf dies veraͤnderliche Waſſer. Der Urin iſt kein Spiegel, in dem man alles ſehen kann, was im Körper vorgeht. Wenn ihr euch und das Leben eurer Mitmenſchen lieb habt, ſo ſolltet ihr kuͤnftig der Obrigkeit alle die klugen Maͤnner und die hochweiſen und tiefgelehrten Frauen an⸗ zeigen, die ſich, ohne Wiſanſhaf e und Beruf zu haben, Ae Dune Bau des 0 nn 131 eeſtechen; an unſerm Kbuper zu pfuſchen. Aber ihr ließet oft nicht fo ſchrecklich mit eurem Vieh umgehen, als man euch zu Leibe geht, wenn ihr wuͤßtet, was euch die deute, und oft gar herumlaufende Juden geben, zu denen ihr leider! mehr Vertrauen faßt, als zu den ge⸗ pruͤften und in Pflichten genommenen Aerzten, die euch 5 die eie als eine treue Mutter, ſchickt. 0 XXIII. Durch die Haut, die das 8 lich und alle Eingeweide überzieht und zuſammenhaͤlt, geſchieht noch eine ſehr merkwuͤrdige Abſonderung aus dem Blut. Es liegt naͤmlich unter der Oberhaut, die keine Blutgefaͤße und keine Nerven hat, daher ſie auch ohne Schmerzen nach und nach abfällt und wieder erneuert wird, die Fleiſchl haut, die, wie ein lederner Ueberzug, aus vielen einzelnen Faſern und über einander liegenden Blättern beſteht „und ſich, ſo lange wir leben, wachſen und dick werden, immer mehr ausdehnt, daher fie auch gegerbt und zum Einbinden der Bücher gebraucht werden kann. Weil ſie uͤberall mit Nervenwaͤrzchen beſetzt iſt, ſo iſt ſie fuͤr uns der Sitz des allerfeinſten Gefuͤhls; und weil ſie überall mit den feinſten Schlag» und Blutadern durch⸗ flochten iſt, deren aͤußerſte Spitzen ſich in die kleinſten Gefaͤße endigen, ſo dunſten wir beſtaͤndig, aber unmerk⸗ lich, durch die Haut aus, und ſaugen auch beſtaͤndig durch die Haut ein. Seht ihr nicht im Winter, oder auch im Herbſt und Fruͤhjahr, ſobald es kalt um uns herum iſt, daß jeder Menſch gleichſam einen Nebel um ſich hat, weil alsdann die Kaͤlte das Verfliegen der Dämpfe in der Luft hindert? Sobald wir uns ſchnell Aa, daß dieſe unmerkliche Ausduͤnſtung in einem 5 7 | | 4 2 f Glied, 132 Innrer Bau des Menſchenkörpers. Glied, am Hals, am Fuß ꝛc. unterdruͤckt wird, wird uns da nicht das Glied ſo ſchwer, ſo laͤſtig? Druͤckt uns nicht gleichſam eine ungewohnte Laſt ſo lange, bis wir durch die Waͤrme im Bett, oder durch das Reiben mit warmen Tuͤchern die feinen doͤcher am Körper wieder ers öffnet, und das, was vorher weggehen ſollte, durch den Schweiß ausgetrieben haben? Es iſt daher freylich ein unaufhoͤrlicher Abfluß und Zuſatz in unferm Koͤrper. Das Allermeiſte von dem, was wir eſſen und trinken, geht durch die Ausdürſtüng fort. Aber doch muͤſſen wir immer Nahrung zu uns nehmen, ſonſt zehrte ſich dieſer Körper ſelber ganz ab. Wenn durch eine ſtarke Bewe⸗ gung, oder durch heiße Speiſen, oder durch warme Luft und Kleider der Trieb des Bluts verſtaͤrkt, und die Ge⸗ faͤße der Haut eroͤffnet werden, fo ſammlet ſich diefer fei⸗ ne Dunſt in Tropfen, und wir ſchwitzen. Im Som⸗ mer ſchwitzen wir ſtark, und laſſen weniger Waſſer von uns. Im Winter haben wir weniger Schweiß, und mehr Urin: denn fuͤr die Natur iſt es gleichguͤltig, auf welchem Wege das uͤberfluͤßige Waſſer aus dem Koͤrper hinausgeſchafft wird. Es iſt auch dabey noch ein großer Vortheil für uns, daß fo manche verdorbene Theile, die wir mit den Speiſen bekommen, und die der Saame zu vielen Krankheiten ſeyn wuͤrden, dadurch unvermerkt wieder weggehen. Und eben deswegen iſt die R egel des Arzts, daß ihr euch nie ploͤtzlich verkaͤlten ſollt, fo wich⸗ tig und der Natur gemaͤß. Nach einer ſchweren Arbeit, wenn der ganze Koͤrper vom Schweiß trieft, muͤßt ihr nicht alle Kleider abwerfen, in eiskaltem Waſſer baden, oder in gar zu kaltem Schatten niederſitzen. In der Zugluft duͤrft ihr nicht ſtehen, oder ſitzen: denn da iſt immer | - N 2 nt 2 — / Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 132 immer eine Seite des Koͤrpers waͤrmer, und die andre kalter. Im Seid. und Spaͤtjahr muß man keine dünne Sommerkleider tragen, weil ſich alsdann die Witterung an jedem Tage etlichemal aͤndert. Wenn ihr die Kleider auszieht, ſo muͤßt ihr nicht unter das offne Fenſter treten; und wenn ihr am Morgen vom Bette kommt, müßt ihr nicht lange unangezogen herumlaufen, weil euer Koͤrper noch kurz Norbet durch die Wärme des Betts eröffnen worden iſt. Im Bette ſelbſt muͤßt ihr den Leib ganz bedecken, beſonders nicht mit unbedeckten Fuͤßen, oder mit offenen Fenſtern ſchlafen. Ihr muͤßt im Winter das Zimmer nicht zu ſehr erwaͤrmen, und nicht immer am heißen Ofen ſitzen, weil ihr ſonſt leid ein Uebel be⸗ kommt, wenn ihr wieder in die kalte Luft kommt. Wenn ihr getanzt und geſprungen habt, iſt es nicht gut, gleich in den kalten Wind zu ſtehen, weil ſonſt alle Schweiß⸗ loͤcher verſchloſſen werden, 0 alſo die Unreinigkeiten, die die Natur ausſtoßen wollte, darin zurückbleiben. Indeſſen iſt es eine abſcheuliche Thorheit „was ich hoͤre, daß hie und da unter euch Mode ſey. Ihr kriechet im Fieber und in manchen andern Krankheiten auf einem Vret ganz nackend in den Backofen, nachdem das Brod ausgezogen iſt? Warum wollt ihr euch denn lebendig braten, und euch ſelber muthwillig ſchwaͤchen? Verban⸗ net dieſes unnatuͤrliche Mittel, es ſchadet in hundert Fallen. ‚Aber fo wie die Haut ausduͤnſtet, ſo hat uns die Natur auch die kuͤnſtliche und große Wohl hat gethan, daß wir durch die Blutadern manche Erfriſchung des Bluts ein« ſaugen koͤnnen. Daher baden wir; daher legen wir Pflaſter, Salben und allerley Ueberſchlaͤge auf; daher impft man die Blattern ein; daher geht Gift ins Blut, le und 134 Innrer Bau des Menſchenkörpers. und wenn es nur auf den Kopf geſtreut wird; daher wird einer vom andern im Bett, durch Kleider, durch Be⸗ ruͤhrung, durch Speichel und gemeinſchaſtliches Eſſen angeſteckt. Daher laͤßt man Schwindſuͤchtige eine Zeit lang ſich im Kuhſtall aufhalten, oder man zuͤndet aller⸗ ley Harze und Oele vor ihnen an. Man muß deswegen auf Reiſen, in Gaſthoͤſen, beym Einkauf neuer und alter Sachen vorſichtig ſeyn, und ſich uͤberhaupt der Sauber⸗ keit und Reinlichkeit befleißigen. Aus dem unterlaſſenen Waſchen, befonders an den Händen, womit wir täglich viele andre Körper angreifen, entſtehen ſehr viele Krank⸗ heiten. Auch das Baden im fließenden kalten Waſſer iſt ſehr geſund, beſonders für junge Leute, die immer ſtark ausduͤnſten. Hemden und Strümpfe müßt ihr verwechſeln, fo oft ihr koͤnnt, ſonſt tragt ihr immer euren eigenen Schmuz am Leibe herum. Die geflochtenen Strohbhüͤte find viel gefünder, als eure dicke Pelzkappen. | Jungen Söhnen müßt ihr die letzteren gar nicht kaufen: denn Kinder haben mehr Waͤrme als Erwachſene, es ſchwaͤcht ihnen den Kopf und macht fie zärtlich; gewohnt fie vielmehr, mit offenem Kopf alle ihre Gefchäfte zu ver⸗ richten. Ueberhaupt muͤßt ihr um dieſer Ausduͤnſtung und Einſaugung willen die friſche Luft nirgends aus⸗ ſchließen. Wo eurer viele beyſammen ſind, da macht Fenſter auf. Zuͤndet auch zuweilen Wacholderholz an; das verbreitet einen guten Geruch, und ſchlaͤgt die unrei . nen Daͤmpfe nieder. In der Schweiz iſt der Winter ſtrenger als bey uns, aber die Leute fuͤrchten ſich nicht vor der Kaͤlte. In der Stadt Baaden iſt manche Er am Haufe und ſelbſt der Giebel ganz voll Fenſter. Dadurch haben die vielen Menſchen und Handwerker, die Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 135 die in einem Hauſe oft beyſammen wohnen, auch ſelbſt | in den kurzen Wintertagen Licht genug; ; und. wenn auch die Scheiben mit Eis uͤberzogen werden, ſo macht doch die Menge der Fenſter, daß es auch e am Abend belle iſt. Ihr koͤnnt auch immer einige Gewaͤchſe und Blumen in Toͤpfen in das Zimmer ſtellen. Man weiß aus Erfahrung, daß die Pflanzen, die auch auf der ganzen Haut und auf allen Blättern feine Oeffnungen haben, zur Reinigkeit und Geſundheit der duft ſehr viel beytragen. — Von den Näͤgelit, deren Wurzeln in der Haut liegen, brauche ich euch weiter nichts zu ſagen, als daß es wahre Pflanzen am thieriſchen Körper find, die ihren Saft unten durch die Wurzel erhalten und ſo immer fortwachſen. Der Schoͤpfer gab ſie uns zur Be⸗ ſchuͤtzung der aͤußerſten Spitzen der Nerven an Fingern und Zaͤhen. Daher thut uns jedes Anſtoßen ſo wehe, wenn wir fie zu tief abgeſchnitten haben. Ihr ſolltet fie aber wenigſtens alle acht Tage abſchneiden, ſonſt ſeht ihr einem Raubthier gleich, und es ſammlen ſich gleich aller⸗ ley Usseirtigfeiten, unter den Naͤgeln. Auch müßt ihr es durchaus nicht von euren Kindern leiden, daß ſie ein⸗ ander mit den Naͤgeln nach dem Geſicht fahren, und ſich die Haut verkratzen wollen. Das haben ſie von Katzen und Hunden geſehen; aber ſind denn die unvernuͤnftigen Thiere eure Sehrmeifter, eure Muſter? Eben fo find auch die Haare wahre Gewaͤchſe, die mit ihrer Zwiebelwur⸗ zel in der Haut ſtecken, deren Koͤrper eine harte Schale hat, und inwendig hohl iſt. Wenn man ſie mit der Wurzel ausreißt, und in Waſſer ſetzt, wachſen ſie, wie jedes andre Gewaͤchs, auch im Glaſe. Sie befähigen uns gegen die Ungemaͤchlichkeiten der Kälte und der N J 4 Witten 0 136 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. . Witterung, und fuͤhren auch viele unreine Säfte aus dem Körper, Daher müße ihr ſte ohne Noth nicht ab⸗ ſchneiden, und fie ſorgfaͤltig kaͤmmen und in Ordnung erhalten, weil ſonſt von dem Unrath, der ſich unter und zwiſchen ihnen ſammlet, Krankheiten entſtehen koͤnnen. Ihr ſeht daraus, daß auch die Haare „ fo klein und verachtet ſie ſind, doch ſehr wichtig ſind an unſerm Koͤr⸗ per, und man ſieht ſie auch gerne unter dem Vergroͤße⸗ rungsglas. Daher ſagt die Bibel, daß alle unfre Haare gezaͤhlt ſeyen, d. h., daß auch fie unter der guͤtigen Auf- ſicht des Gottes ſtehen, der der ee A a feiner Heſchöpfe iſt. \ XXIV. Ich eile jetzt, euch mit den fuͤnf Sinnen | an unſerm Koͤrper bekannt zu machen. Ohne dieſe nuͤtz⸗ ten uns alle Kräfte der menſchlichen Seele nichts. Wir lernen nicht eher denken, reden und vernuͤnftig handeln, bis wir viele Dinge in der Hand gehabt, manches geſe⸗ hen und gehört haben. Die Farben, der Geruch, der Geſchmack, die Figur, der Schall der Körper und aller⸗ ley Toͤne laſſen ſich, wie ihr wißt, mit Worten nicht be. ſchreiben; aber unſre Sinne belehren uns ſchnell und richtig davon, ſo lange ſie ſelber geſuntd ſind. In un⸗ ſerm Koͤrper ſind die Nerven das Glied, das uns zu allen Empfindungen hilft. Eigentlich aber iſt es doch nur die Seele, die den Eindruck von allen aͤußerlichen Sachen bekommt. Denn ein Todter, der eben geſtor . ben iſt, hat noch Gehirn und Nerven: aber weil die Seele vom Körper entfernt iſt, fühle er doch nichts mehr. Die Thiere haben oft ſchaͤrfere Sinne, als wir: z. B. der Raubvogel ſieht viel weiter als ich; der Hirſch hat e, | | das ı Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 137 das feinſte Gehör; ; die Spinne hat ein ſehr zartes Gefühl: aber wir durfen darüber nicht klagen, als wenn der Schoͤs pfer die Thiere beſſer bedacht haͤtte, als uns. Wenn wir in jedem Waſſertropfen alle kleine Pflaͤnzchen und Thierchen ſaͤhen; wenn alles auf unfre Naſe wirkte, was beſtaͤndig und uͤberall neben uns in der Natur fault; wenn wir jedes Inſect, „ das ſich bewegt, jeden Sonnenſtaub, der im Winde herumfliegt, hoͤrten: ſo hätten wir nir⸗ gends Schlaf und Ruhe, die Plage waͤre wahrhaftig größer als das Vergnügen. Bey den Thieren muß die Naſe und andre Sinne ſtaͤrker ſeyn, weil ſie ſonſt kei⸗ ne andre Freuden haben, als ſinnliche Empfindungen. Aber die Begierden des Menfchen ſollen nie ſo heftig ſeyn, nie ſo ſtark gereizt werden, daß er daruͤber die Freuden der Vernunft, die edleren Ba des Geiſtes und des Herzens vernachlaͤßigt. Alſo iſt auch diefe Ein⸗ ſchraͤnkung unſrer Sinne weiſe und gut fuͤr uns von Gott | Lewa. 2 XXV. Vermoͤge der M ch bie in der | ganzen Haut angebracht find, fuͤhlen wir jeden Koͤrper, der uns beruͤhrt; beſonders haben wir an den Spitzen der Finger und der Zaͤhen eine feine Empfindung, wiewohl wir durch das Treten und Gehen die Schärfe des Gefuͤhls an den Fußzaͤhen verlieren. Es lehrt uns dies Überall verbreitete Gefuͤhl Aufmerkſamkeit auf das zarte Gewebe unſers Koͤrpers, und verſchafft uns zugleich manches ſinnliche Vergnuͤgen. Beſonders hilft dieſer Sinn ſehr viel zur Erkenntniß, indem wir dadurch mit allerley be⸗ ſondern Eigenſchaften der Koͤrper bekannt werden; z. B. ob ſie warm oder kalt, feucht oder trocken, rauh oder gate In Bis zum Erſtaunen haben einige Menſchen, J „ ſonder⸗ \ 138 Innrer Bau des Menſchenkörpers. ; ſonderlich Blinde, das Gefühl durch Uebung geſchaͤrſt, und nu ſich durch dieſen Sinn den. Mangel der OBER | erſetzt. . Kin | ..XRVE Wir ſchmecken im ganzen a des Gaumens; doch iſt vorzüglich die Zunge, und fie am meiſten hinten an der Wurzel, der Sitz des Ge ſchmacks. Deswegen iſt fie auch im gefunden Zuſtand niemals tro. cken, damit ſie immer die Salze, die in den Speiſen find, auföfen kann. Sie iſt aus Fleiſch, Nervenwaͤrz⸗ chen und Blutgefaͤßen zuſammengeſetzt. Nebſt dem, daß ſie die Bitterkeit, Suͤßigkeit, das Herbe, Saure, Salzichte, Gewuͤrzhafte, und andre Gattungen des Ge⸗ ſchmacks an Koͤrpern unterſcheidet, ſo dient ſie uns auch zum Verſchlingen der en und zur Bildung der Tone, Sie hat ihre eigene Bedeckungen, und ſaugt oͤſters, wenn wir nach einer ſtarken Entkraͤftung Wein, Fleiſch⸗ bruͤhe, oder ſonſt etwas nahrhaftes trinken, ſchnell i durch ihre Blutgefaͤße das Beſte davon ein, leitet es unmittel⸗ bar in das Blut, und ſtaͤrkt dadurch den Menſchen auf der Stelle wieder. Der Schoͤpfer machte uns durch dieſen Sinn die Nothwendigkeit, Speiſe und Trank zu uns zu nehmen, zu einem ſinnlichen Vergnuͤgen, und wir koͤnnen faſt in den meiſten Faͤllen blos am Geſchmack unterſch eiden, ob uns die Speiſe zutraͤglich iſt oder nicht. Was garſtig riecht, und wunderlich oder unangenehm ſchmeckt, das kann kein Nahrunge smittel für und feyn, XXVII. Das Werkzeug des Geruchs, die außte 94 und innre Naſe, ſteht niemals weit von der Zunge M fernt „ weil dieſe beyden Sinne zuſammengerem men die Speiſen prüfen und unterfuchen Rae Im Inwendigen N der Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 139 der Naſe find viele Hoͤhlungen; dieſe ſind mit einer Haut uͤberkleidet, die ſehr viele Nerven hat, damit wir die kleinen Theilchen riechen koͤnnen, die von den Koͤrpern ausduͤnſten. Ferner hat ſie viele Blutgefaͤße und Schleimdruͤſen, | wodurch beſtaͤndig Feuchtigkeiten abge⸗ ſondert werden, weil wir mit einer ganz trockenen Naſe nicht riechen könnten. Ueber dies find in der innern Naſe viele kleine, feine, ; lockre „leichte Knoͤchelchen, und um alle dieſe zieht ſich die Haut, wodurch wir eigentlich rie⸗ chen, herum. Dadurch wird alſo dieſe wichtige Haut ſehr groß, und das war die Abſicht des Schoͤpfers. Die Feuchtigkeiten in der Naſe, die zum Theil auch aus den Augen herabfließen, beſchuͤtzen die Nerven, und! nachen, daß die Naſe von der Luft, die immer aus und eingeht, nie ER net wird. Wenn der Schleim zaͤhe wird, oder wenn Staub, ſcharfer Taback ze 1c. die Nerven vet, fo linie ſich der Reiz bis in die Lunge fort, die Luft bricht mit Gewalt durch die Naſe heraus, und nimmt alles mit, was ihr im Wege iſt, d. h. wir nieſen; aber der Gluͤckwunſch, den einer dem andern dabey macht, iſt eine ſeltſame Gewohnheit. Das haben die abergkaͤu⸗ biſchen Roͤmer aufgebracht, die jede Kleinigkeit fuͤr eine Ahndung anfahen, und gleich Gutes oder Boͤſes daraus prophezeihen wollten. Ihr koͤnnt das eben ſo, wie das Gefundheittrinfen, ohne Schaden abſchaffen. Der Schnupfen hindert natürlich allen Geruch, weil er von einer uͤberfluͤßigen Menge von Feuchtigkeiten in der Naſe entſteht. Die aͤußre Naſe iſt knorplicht, damit wir die Naſenloͤcher aus ſpannen und zuſammenziehen koͤnnen. Durch dieſe fuͤhrt die Luft die riechenden Theile an unſre Nerven, daher iſt * unten weit und oben eng. Men⸗ 1 a ſtchen 140 Innrer Bau des Menſchenkoͤrvers. ſchen und Thieren find gewiſſe Arten des Geruchs anges nehm, andre unangenehm. Zur Unterſcheidung der Speiſen hilft dieſer Sinn ebenfalls ſehr viel: aber weil 2 der Weg von der Naſe zum Gehirn ſo kur; iſt, ſo nehmt euch vor allen ſehr flüchtigen und ſtark riechenden Sachen in Acht. Man kann ſich und andre durch ſolche Gerüs _ che toͤdten, beſonders, wenn ſich der Geruch in einem en⸗ gen und uͤberall verſchloſſenen Zimmer in der Nacht, in deß daß wir ſchlaſen, anhaͤuft, z. E. Violen, Gellar, Safran ꝛc. Auch hat da jeder Menſch feine eigene Ner⸗ ven. Dieſem ſtinkt das, was jenem wohlriecht. Fuͤr manchen iſt der Geruch des Rosmarins, der Katzen, der Hunde unausſtehlich, und viele tauſend andre Men⸗ ſchen leiden nichts davon. Wenn ihr die Schaͤrfe des Geruchs erhalten wollt, ſo flieht mebeſonpte das Tabak, fhnupfen. Denn dadurch werden die Nerven endlich ſtumpf, und verlieren ihre Empfindlichkeit, nebſt dem, daß es auch, ſondeelich bey Weibsleuten, die ſchoͤne und helle Stimme, die einem jungen Maͤdchen gewiß zur Empfehlung dient, und nicht ſo ſehr verngchlien werden ſollte, verderbt. XXVII. Wir hören, indem die zitternden Ben gungen der Luft in unſer Ohr fallen, und von unſern Nerven aufgenommen werden. Dazu hilft zuerſt das aͤußre Ohr, das aus Knorpeln beſteht, damit es bewegt und doch auch geſpannt werden kann. Ihr ſehet an euren Pferden, Ochſen, Schweinen und an allen Thie- ren im Wald, daß ſie beftändig die Ohren bewegen, und ſie nach der Gegend hinrichten „ wo der leiſeſte Schall herkommt. Auch wir koͤnnten das, wenn wir es vonn Jugend auf gethan haͤtten. Aber dadurch, daß man uns RN, - 1 Inner Bau des Menſchenkoͤrpers. 141 uns gleich in der Kindheit beyde Ohren feſt an den Kopf druͤckte und feſtband, ſind die Glieder, die zur Bewe⸗ gung des Ohrs dienen ſollen, eingefchläfert worden, fo. 5 wie die linke Hand immer ſchwaͤcher iſt, als die rechte, nicht weil ſie nicht ſo vollkommen gebaut iſt, wie jene, ſondern weil wir ſie nicht ſo brauchen, wie die rechte Hand. Vom Rand des aͤußern Ohrs bis zum Anfang des inn⸗ ren iſt ein kleiner Gang, der allemal einige Kruͤmmungen hat, damit der Schall, wenn er in das Ohr faͤllt, daran anſchlagen, und indem er zuruͤckgeſtoßen wird, wie ein Scho an nahen Bergen, dadurch verſtaͤrkt werde. Das her ſtecken die, ſo ein ſchwaches Gehoͤr haben, kleine Hoͤrroͤhre ins Ohr, ſobald man mit ihnen redet, damit die Stimme des Redenden durch das krumme Horn ver⸗ ſtaͤrkt werden und deſto mächtiger in ihr Ohr fallen moͤge. Hinten an dieſem Gezoͤrgang ſitzt auch das ſogenannte Ohrenſchmalz, ein ſchmuziges, brennbares Weſen, das vermuthlich dazu beſtimmt iſt, den allzuſtarken Ein⸗ druck der Luft auf die innern Theile zu vermindern. Ihr müßt es aber von Zeit zu Zeit herausſchaffen, weil es ſonſt hart wird und den Gehoͤrgang ganz verſtopfen koͤnn⸗ te. Das ſogenannte Ohrenklingen entſteht nicht von dem, was andre Leute in der Ferne Gutes oder Boͤſes von uns fagen; ſondern bey geſunden und bey kranken Perſonen koͤmmt es entweder von der Vollbluͤtigkeit, oder von einem verſtaͤrkten Antrieb des Bluts nach dem Kopfe. Das Inwendige des Ohrs faͤngt mit der Trommel oder mit dem Paukenfell an, d. h. mit einer Haut, die fortpflangt, So oft ihr mit einem fpigigen Werkzeug auf einen Ring uͤber einer Höhle geſpannt iſt, und die Schwingungen der Luft zu den tiefer liegenden Theilen in * 4 1 7 142 Junrer Bau des Menſchen körpers. in das Ohr greift, muͤßt ihr euch forgfältig in Acht neh⸗ men, daß dieſe Haut nicht zerriſſen wird. In dieſer Paukenhoͤhle liegen einige kleine, harte Knoͤchelchen „die wie ein Hammer, wie ein Ambos, wie ein Steigbuͤgel ausſehen, und eben dieſelbe Abſicht haben, den Schall immer weiter fortzupflanzen. Der kleine Abſtand, in dem dieſe Knoͤchelchen von einander liegen, iſt zur Schaͤr⸗ fe unſers Gehoͤrs wichtig. Man kann taub werden, wenn ſie zuſammenwachſen: aber der Gott, der es unter ſeine Titel ſetzt, daß er das Ohr gemacht habe, weil es kein Menſch vollkommen nachmachen kann, verhuͤtet das bey Millionen Menſchen. Wie kuͤnſtlich noch ferner das Innerſte des Ohrs gebaut iſt, den feinen Schnecken⸗ gang, die halben Zirkel, die Nerven, und die kleinen Fenſter oder Oeffnungen, und wie es eigentlich zugeht, daß wir hoͤren, das kann ich euch mit Worten nicht be⸗ ſchreiben. Das wißt ihr aber, daß dieſer Sinn des Gehoͤrs für uns eine unerſchoͤpfliche Quelle von Nutzen und Vergnuͤgen if. Ein taubgebornes Kind lernt ſelten ſeine Vernunft gebrauchen. Alle Zeichen, die man ſtatt der; Worte erfinden kann, belehren uns nicht ſo schnell, a nicht ſo ſicher und deutlich von dem, was um uns herum, ergeht, und was andre Menſchen denken und empfinden. In unſern Zeiten hat die Vorſehung die Mittel, Tauben und Stummen die Sprache und das Gehoͤr zu verſchaf⸗ fen, geſegnet; aber ſie ſind aͤußerſt ſchwer und wirken langſam. Ihr habt deswegen dieſen Sinn insbefondre als eine der größten Wohlthaten Gottes anzuſchen. So. bald wir einige Jahre gelebt haben, macht man uns durch Unterricht und Erziehung mit Gott und mit feinem gnaͤdigen Willen gegen uns bekannt. ) NIX. wei \ (= Hera Bau des Menſchenkoͤrpers. 143 XXIX. Wei das Auge ein ungemein zaͤrtliches und doch ſo nuͤtz liches Glied iſt, ſo hat ihm die Natur allerley aͤußerliche Beſchuͤtzungen gegeben. Die Augen⸗ braunen verhindern, daß nicht zu viele Lichtſtralen und nicht ſenkrecht von oben herab einfallen. Sie halten auch die Schweißtropfen aus den Loͤchern im Stirnbein ab, daß ſie nicht in die Augen fließen. Die beyden Augenlieder dienen, beſonders im Schlaf, zum genauen Verſchließen der Augen. Damit fie verfä) loſſen bleiben, ſitzen die Augenwimpern fo daran, daß die untern Oer, chen neben und zwiſchen die obern zu liegen kommen. Wird nur ein einziges von dieſen Haͤrchen umgebogen, oder nimmt es eine verkehrte Richtung an, ſo iſt das eine eigene Augenkrankheit, und es entſteht daraus ein heftiger und unaufhoͤrlicher Schmerz. Damit das Auge ſich deſto geſchmeidiger und glätter in feiner Lage herum⸗ drehen kann, brachte die Natur da allerley Fett und das Thraͤnenwaſſer an, das aus vielerley Gefaͤßen zufließt. Iſt dies ſchluͤpfrige Waſſer nicht vorhanden, ſo iſt jede Bewegung des Auges mit einem unangenehmen Reiben verbunden. Wenn ein Theil von dem fettigen Weſen ſich vorne mit den Thraͤnen vermiſcht, ſo entſtehen dar⸗ aus die gelben Unreinigkeiten, die ihr euch allemal am fruͤhen Morgen mit friſchem Brunnenwaſſer aus den Augen waſchen muͤßt. Die Feuchtigkeiten in den Augen thun uns auch noch den vortrefflichen Dienſt, daß fie alles, was in das Auge fliegt, ein Staͤubchen, ein In⸗ ſect 2c, ſogleich herauswaſchen, wenn man nur ein wenig Geduld hat, und nicht durch das Reiben den fremden Koͤrper noch mehr in Staub verwandelt. Der Augen⸗ ball ſelber liegt, um ſeiner Sicherheit willen, in einer Ekrochichten 5 , g . g 0 144 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. knochichten Hoͤhle, die mit einer Beinhaut bekleidet iſt. | Darin hänge er an einem flarfen Nerven, der aus dem Gehirn nach dem Auge lauft und zum Sehen dient. Groͤßer oder kleiner darf unſer Auge nicht ſeyn, ſonſt uͤrden wir entweder von allzuvielem Licht geblendet wer⸗ den, oder wir wuͤrden nicht binref chend genug alles um uns herum bemerken koͤnnen. Die aͤußere oder die harte Haut giebt dem Auge Feſtigkeit, und beſchuͤtzt es gegen alle aͤußerliche Verletzungen. Der vordere Theil dieſer Haut iſt hornartig, durchſichtig, aus mehreren Schichten zuſammengeſetzt, damit die Lichtſtralen durchfallen Fönnen, Nach dieſer kommt die Regenbogenhaut, deren innre Flaͤche die Traubenhaut heißt, weil ſie mit reifen blauen Trauben am meiſten Aehnlichkeit hat. Im vorderen Rand dieſer Haut iſt der ſogenannte Stern im Auge, oder die Oeffnung zum Eindringen der Lichtſtralen. In Mutterleib iſt dieſe Oeffnung mit einer eigenen ſehr zar⸗ ten Haut verſchloſſen, die ſich aber insgemein vor der Ge⸗ burt ſpaltet und verliert. Nachher haben wir noch das Vermoͤgen, die Oeffnung auszudehnen und zuſammenzu⸗ ziehen, je nachdem zu viele oder zu wenige Lichtſtralen vorhanden find. Ihr kennt die Augen der Katzen und der Nachteulen, die ſogar die wenigen lichtſtralen, die in einer nicht ganz ſtockfinſtern Nacht noch in der Luft vorhanden ſind, auffaſſen koͤnnen. Die letzte Haut im Auge iſt die Nerven: oder die Markhaut, und dieſe iſt die allerempfindlichſte am ganzen Körper, Denn da liegt ein ausgebreiteter Nerve nackt da; die aͤußerſten Enden einer Nervenfaſer ſind hier zwey und dreyßigtau. ſendmal feiner, als ein Haar. — Nun koͤnnt ihr euren Verſtand anſtrengen, uͤber die Allmacht Gottes nachzu- | denken, — * JInnrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 145 N denken, 15 die das alles ſchaffen konnte. In die Hoͤhlun. gen, die von dieſen Häuten gebildet werden, hat die Na⸗ tur auch einige Feuchtigkeiten gelegt. Den groͤßten Theil nimmt die ſogenannte glaͤſerne Feuchtigkeit ein, die Hell und durchſichtig iſt, in vielen kleinen Faͤcherchen ſteckt, aus feinen Blutgefaͤßen abgeſondert wird, und mit dem ſogenannten Augenkryſtall Gb iſt. Das iſt naͤmlich ein linſenfoͤrmiger Koͤrper, durchſichtig, wie Gefrornes, oder wie Gallerte, in einer feſten Capſel, die immer mit etlichen abgezaͤhlten Tropfen erfuͤllt fern muß, wenn die Linſe nicht mit der Capſel verwachſen ſoll. Dieſer Koͤrper beſteht fuͤr ſich aus vielen einzelnen Lagen uͤber einander, hat ſeine eigene Blutgefaͤße, und iſt in geſundem Zuſtande immer klar und durchſichtig. Man ſagt: der Menſch hat den Staar, wenn die Linse undurch⸗ ſichtig geworden iſt. Man ſticht einem den Staar, in⸗ dem man durch die vorderen Augenhaͤute mit einem feinen Werkzeug durchſtoͤßt, und den Koͤrper entweder ganz im Auge niederdruͤckt, oder ihn gar herausnimmt. Die Beſtimmung der Einfe iſt, die Lichtſtralen zu ſammlen — mit wir * nun nach allen Seiten bewegen konnten, ſo und zu brechen: aber man kann noch ſehen, wenn man ſchon keine Linſe mehr hat; nur wird das Geſicht kuͤrzer, oder man hilft ſich mit erhaben geſchliffenen Glaͤſern. Die bloße waͤſſerichte Feuchtigkeit im Auge verhuͤtet, daß nicht einige Haͤute zuſammenwachſen. Im Mut⸗ terleib ift das noch eine ſehr unreine und truͤbe Feuchtig⸗ keit; aber wenn ein Kind zu rechter Zeit geboren wird, ſo iſt ſie klar, und alle unreine Theile ſind wieder nach den Gefäßen zuruͤckgegangen. So kuͤnſtlich und man⸗ nichfaltig iſt der Bau des menſchlichen Auges, und da. an | 146 gungen: Bau des Menſ doenkkrpers . gab uns die Natur eigene Fleiſchbuͤſchel dazu, „ und legte überhaupt i in dies Glied, wenn es nicht uͤbermaͤßig ans geſtrengt wird, ſo viele Kraͤfte und Dauer, daß man oft das helle und geſunde Geſicht eines achtzigjaͤhrigen Grei⸗ ſes d muß. Ihr, meine liebe Landleute, ſeyd insbeſondre darin glücklicher, als viele von euren Vorger N ſetzten und Lehrern. Jene muͤſſen von Jugend auf vie⸗ lerley leſen und ſchreiben. Dadurch werden die Augen fees lich vor der Zeit geſchwaͤcht. Ach, ihr glaubt nicht, welche betruͤbte Ausſicht mancher junge und fleißige Mann vor ſich ſieht, wenn er vom Morgen bis Abend dieſes baute Glied anſtrengen muß, und weiß nicht, ob er im Alter von der ſchoͤnen Natur wird Abſchied nehmen müffen, Ihr. blicket immer in die offne Natur, 10 ſehet immer das ſanfte Gruͤn der Fluren und der Wieſen vor euch. Dadurch wird euer Auge immer vergnuͤgt und zugleich geftärkt, So brauchet dann dieſen koſtbaren Sinn auch beſonders dazu, wozu er euch gegeben iſt, und betrachtet die Werke der Natur. Ihre Schere wird euer Auge U ergoͤtzen, und ihre Weisheit euren Verſtand auf die wuͤr⸗ digſte Art beſchaͤftigen. PR \ XXX. Wenn alle dieſe Einne En 15 wir alſ von allem dem, was um uns herum vorgeht „gar keine Nachricht bekommen, ſo ſind wir im Schlaf, und dies fer Zuſtand überfälle uns wider unſern Willen von Zeit zu Zeit. Alsdann geſchieht das eigentliche Geſchaͤft der innerſten Ernaͤhrung in den kleinſten Theilen. Alsdann bereitet die Natur in unſerm Gehirn wieder den Nerven- ſaft, den wir am Tage durch die willkuͤhrliche Bewegung unſrer Glieder verbraucht haben. Daher müßt ihr auch e — 4 % A „ Innrer Sau des Menſchenkoͤrpers. 147 ibeſders bey eurer beſtaͤndigen Anſtrengung, den = Schlaf richtig abwarten, und ihn als das beſte und na⸗ tuͤrlichſte Erhaltungsmittel zur Geſundteit anſehen. Leute „ die man mit Gewalt immer am Schlaf gehindert hat, ſind zuletzt nicht nur aͤußerſt kraftlos und ohnmaͤch⸗ tig, ſondern auch verruͤckt, wahnwitzig und zuletzt raſend geworden. In der großen Hitze iſt man immer fchläfes rig, weil durch die warme Luft die Saͤfte im Koͤrper ausgedehnt werden, woraus ein ſtarker Druck auf das 5 Gehirn entſtehen muß. Da iſt es auch ſo gefährlich nicht, einzuſchlafen, als in einer großen Kaͤlte. Ihr werdet gehoͤrt haben, daß man ſchon oft in ſtrengen Win⸗ tern Handwerkspurſche, Reiſende, Arme, Pof tillions ꝛc. verfroren auf den Straßen und in den Waͤldern gefunden hat, die nach allen Erfahrungen dieſen Tod nicht geſtor⸗ | ben feyn würden, wenn fie ſich hätten des Schlafs ent⸗ ſchlagen, und ungeachtet der ſtrengſten Kälte ihren Weg fortgehen koͤnnen. Denn weil die Kaͤlte die Blutgefaͤße in der aͤußern Haut zuſammenzieht, und alſo alle Säfte von der Oberflaͤche des Koͤrpers nach den innerſten Thei⸗ len treibt, ſo werden endlich auch die Adern im Gehirn uͤberfuͤllt, ſtrotzen und druͤcken das Geßirn nieder. Da⸗ her kommt der unwiderſt ehliche Trieb zum Schlaf, der jeden anfaͤllt, der ſich lange in einer heftigen KRät: lte auf⸗ hält, Daher kommt es auch, daß die, die man noch zu rechter Zeit von dieſer Todesart errettet hat, ſelber ſagen, ſie waͤren in den allerſuͤßeſten, angenehmſten Schlaf verſunken. Denn der Druck des Bluts auf das, Gehirn nimmt immer nach und nach zu, der Lunge wird es auch immer ſchwerer zu athmen, und indeß erſtirbt zu gleicher Zeit die Oberflaͤche des Körpers, Merkt es alſo, K 2 daß — | 178 I | m 148 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. daß ihr euch in dem Fall durchaus nicht von der Kälte und dem Schlaf uͤberwaͤltigen laßt. Strengt euch lieber aufs aͤußerſte an; aber ſitzet nicht ſtill, legt euch nicht auf ö den Wagen nieder; geht lieber, ſo lange es euch nur moͤglich iſt, nebenher, und reibet die Glieder. Sonſt iſt die Zeit vor und zunaͤchſt nach Mitternacht die beſte und natuͤrlichſte Zeit zum Schlaf. Des Schlafs nach dem Mittagseſſen la euch, auch wenn ihr keine Geſch aͤfte haͤttet. Ihr verdauet alsdann ſchlecht, werdet traͤge, bekommt Blaͤhungen, und bey fetten oder ſtarken Perſonen koͤnnen leicht Schlagfluͤſſe daraus entſtehen. Dat beſte Mittel zu einem ruhigen Schlaf iſt Arbeit, Maͤßigkeit im Eſſen und Trin'en, Bewegung und Ge⸗ müthsruhe. Wenn ihr euer leben uͤberdacht, und euch der Güte Gottes empfohlen habt, ſo entfernet alle andre unruhige Gedanken und Ue eberlegungen aus der Seele, ſo werdet ihr nicht leicht traͤumen. Und habt ihr ein mal einen Traum, ſo fuͤrchtet euch nicht Dafür, wenn euch etwas Boͤſes im Schlaf vorgekommen ift, und erwartet auch nichts um des Traums willen, wenn ihr von einem großen Gluͤck getraͤumet habt. Das find Spiele dern Einbildungskraft eurer Seele, die alsdann am geſchaͤf. tigſten wirkt, wenn ſie von außen keine neue Gegenſtaͤnde durch die Sinne erblickt. Das einzige muß ich noch hinzuſetzen: Lieget im Bett mehr auf der rechten, als auf der linken Seite. Sonſt hindert ihr die Bewegung der Lunge und des Herzens. Druͤckt es der ſogenannte Alp, fo denket dabey nicht an ein Geſpenſt; es iſt Vollbluͤtig⸗ keit, Ueberladung des Magens, oder dicke Betten und ungeſunde Stellung oder Lage des Koͤrpers im Schlaf. 9 0 brauche ich wohl nicht zu erinnern, daß es wunder bare ’ = x 1 % a i Innrer Bau des Menſchenkbrpers. 149 bare Gewohnheit und ſchandliche Unfauberfeit iſt, wenn ihr entweder mit euch, oder mit den Kindern, den Katzen und Hunden in einem Bett zu liegen erlaubt. Fuͤr dieſe Thiere iſt das gar keine Gluͤckſeligkeit: denn wer giebt ihnen im Wald ein Federbett; und die wilden Thiere ſind doch geſuͤnder, als die zahmen? Und fuͤr euch kann allerley Uebels daraus entſtehen. Ihr ziehet im Schlaf ihre Ausduͤnſtungen an euch, ihre kleine Thierchen laufen von ihnen, und beſuchen euch, fie laſſen ihre Unreinigkei⸗ ten im Bett und in den Kleidern zurück, und man hat die betruͤbteſten Veyſpiele, daß ſolche Thiere, nachdem man ſie lange fuͤr die allergetreuſten und gehorſamſten Geſchoͤpfe gehalten hat, durch eine unwillkuͤhrliche Bewe⸗ gung, die das Kind vielleicht im Schlaf gemacht hat, gereizt, ihre natuͤrliche Wut gebraucht, und es jaͤmmer⸗ lich zugerichtet haben. Man weiß das ſogar von Schweinen daß fie nämlich, wenn fie immer im Zim⸗ mer herumlaufen d öurften, Kinder aus der Wiege geriſſen und ſie gefreſſen haben. Alſo ſetzt euch dieſen Gefahren nie aus. Wir haben im Schlaf die Majeſtaͤt nicht, die ſonſt faft alle Thiere anerkennen. Da liegen wir kraft⸗ los, ohne Empfindung da, mehr ein Todter „ als ein zebendiger, mehr eine Pflanze, als ein Thier. XXXI. Ich ſollte euch jetzt auch etwas von den weiſen Anſtalten Gottes in unſerm Körper zur Fort pflanzung des menſchlichen Geſchlechts ſagen, und wenn ich euch alles Schoͤne und Große, das dabey vorkoͤmmt, geſagt hätte, fo wuͤrdet ihr gewiß überzeugt ſeyn, daß | das wolluͤſtige Spiel, der ſinnliche Kuͤtzel dabey, an den die en Menſchen gleich denken, ſobald ſie nur das K 3 „ Woße 150° unver Bau des Menſchenkörpers⸗ 8 Wort nennen hoͤren, das Wenigſte bey der ganzen. S 85 5 che iſt. Aber ich habe meine Urſachen, warum ich da⸗ von nicht umſtaͤndlich reden will. Nur Einiges will ich euch ſagen. Zuerſt bitte ich euch und beſchwoͤre euch, bey dem Gehorſam, den ihr dem Herrn der Natur und dem Schöpfer e zres Lebens ſchul dig ſeyd: bewahret eure Soͤhne und Töchter „wenn ihr fie anders lieb habt, vor der frühen, und auch in den maͤnnlichen Jahren vor der unmäßigen Wolluſt, und insbefondre vor der ſchrecklichen und unnatuͤrlichen Seuche der Selbſtbefleckung. Es aͤßt ſich mit Worten nicht beſchreiben, zu welchem hohen Grad das Elend eines Koͤrpers ſteigen kann, der auf eine ſolche ſchaͤndliche Art entweiht und zerruͤttet wurde. Fluch den Verfuͤhrern, die die verfluchten Kuͤnſte, fein eigener Zerſtoͤrer und Moͤrder zu ſeyn, unter einem Hau⸗ fen bluͤhender und unſchuldiger Kinder ausbreiten! Leidet es durchaus nicht, daß garſtige und unzuͤchtige Dinge | vor den Ohren der Kinder geſchwatzt werden. Ihre Einbildung faßt alles auf, und erinnert fie in der Ein» ſamkeit daran. Praͤget ihnen fruͤhe Hochachtung für ihre Menſchenwuͤrde ein. Macht ihnen den Gedanken an Gottes Allgegenwart und Allwiſſenheit gelaͤufig. Ge⸗ woͤhnt fie zur Schamhaftigkeit, auch unter Perſonen ih» res Geſchlechts, zur Maͤßigkeit, zum Fruͤhaufſtehen, und laßt ſie nie ganz muͤßig gehen. Und nehmt auch wohl körperliche Strafen zu Huͤlſe, wenn ein muthwilli⸗ ger Junge andre aͤrgern und verfuͤhren will. Laßt euch dadurch nicht verleiten, daß ihr viele Wolluͤſtlinge geſund herumgehen und alt werden ſehet. Sie ſcheinen nur ge⸗ fund: fie leiden täglich geheime Schmerzen, fie erhalten oft den ausgemerge iten Körper beſtändig mit ſtarken Weinen, | = ' 1 8 Junrer Bau des werben 156 | Weinen, mit hitzigen Getränk; en, mit kraͤftigen Arzneyen, und ſchwaͤchen ihn dadurch immer mehr. Denn die Strafen der Natur bleiben nie ganz aus. Sie kommen oft ſpaͤt, aber ſie kommen doch gewiß nach; und gegen fie iſt, eben deswegen, weil es natuͤrliche Folgen von Berfündigungen gegen die Natur find, keine Arznei) im ganzen Umfang der Natur. Ihr ſeht alſo hier wiederum, daß die Religion und die Landesobrigkeit, wenn ſie alle N Aus bruͤche der geilen Luſt verbietet und mit Strafen be⸗ legt, auch darin als wahre Freunde mit euch umgehe Sie unterſagen euch nur allein das, was euch wüflch . * an Geiſt und Körper ungluͤcklich machen muß. Das Vorurtheil moͤchte ich euch auch gerne nehmen, als waͤre das monatliche Blut, das dem andern Geſchlecht zu gewiſſen Zeiten abfließt, aͤußerſt unrein, oder wohl gar für die Gewaͤchſe im Feld und im Garten giſtig. Die Abſicht des Schoͤpfers bey jener Einrichtung iſt die aller⸗ weiſeſte und all llerliebenswürdigſte Vorbereitung zur Em⸗ | pfängniß, und das abgegangene Blut iſt eben fo rein und geſund, als die Saͤfte, woraus bey wirklich ſchw vangeren Frauen die Frucht ernaͤhrt und zum M Wee ausgebil⸗ det wird. Sehet ſerner die 5 7 an! Faſt alle haben nur eine gewiſſe Zeit im Jahr zu ihrer Bezatkin g und * die Weibchen laſſen, wenn ſie gu kraͤchtig worden ſind, das Maͤnnchen nicht mehr zu, damit das Junge in ſeiner dunkeln Werkſtaͤtte nicht beunruhigt werde. Ich wuͤnſchte, daß ich auch dies nicht um ſonſt fagte.. . 24 daß ihr mich hier verſtuͤndet. Der Menſch hat Freyheit, ſich zu allen Zeiten im Jahr ſortzupflanzen; aber nebſt dieſem Vorrecht haben wir auch Vernunft, wodurch wir den ſchoͤnſten Trieb lenken, regieren, und in den Schran⸗ K 4 Bay 1" 1 b 152 n Bau des Menſchenkörpers. ken der Ordnung, die ihm der Urheber der Welt ſelber vorgeſchrieben hat, erhalten ſollen. Wer aber auch, ſeys Mann oder Weib, im Eheftande freywillig, aus * 4 allerley niedertraͤchtigen Abſichten, auf irgend eine Art der Vermehrung der Familie ſchadet, das Entſtehen ſeiner Kinder ſelbſt verhindert, Und im Genuß des an⸗ dern Geſchlechts nur ſeine geile Luſt ſaͤttigen will, der wiſſe, daß die Strafen Gottes beſonders auf den Laſtern ruhen, die das Auge der Mengc in ihrer Finſterniß nicht ſehen kann! 9 XXXII. Wer nur jemals eine Nachgeburt, Nas belſchnur und Mutterkuchen geſehen hat, der muß dar⸗ aus ganz natürich den Schluß machen, daß wir in Mutterleib wie ein Gewaͤchs gelebt haben, und eben ſo, wie die Pflanzen, ernährt worden find. Das her iſt beym Kind in Mutterleib der Kreislauf des Bluts gar nicht ſo, wie er bey Erwachſenen iſt. Nach der Geburt verwachſen einige Theile, und andre fangen erſt alsdann an, ihre Dienſte zu thun. Die hoͤchſte Zahl von Kundert die auf einmal geboren wurden, iſt fünf, Was find wir beym erſten Anfang in Mut⸗ terleib? Wenn ihr es bey einem Arzt ſehen könnt, fo verſaͤumt es ja nicht, wiewohl man euch die allererſte Geſtalt nach der Empfaͤngniß nicht zeigen kann. Ein Blaͤschen voll gelben Waſſers, und eine kleine weiße Linie darin: das iſt der Anfang des Monarchen und des Bettlers. Wenn, meiftens nach neun Monaten, die Naͤgel an Fingern und Zähen alle wohl gebildet ſind, und die Oberhaut ſich überall über der Haut aus gebrei⸗ tet bal ſo hat das Kind en gehörige Reife: Kommt 8 * ö ; ir 0 1 a 74 5 1 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 1 es fruher, ſo iſt es noch zu ſchwach „ will gar immer ſchlafen, kann die Luft nicht ausſtehen, friert immer, und iſt oft zum Wimmern zu ſchwach. So wenig man es erklaren kann, fo wenig kann man es doch laͤugnen, daß ein ploͤtzlicher Schrecken, eine heftige Einbildung, das ſogenannte Verſehen der ſchwangeren Mutter gar oft auf das Kind einen fi chtbaren Eindruck macht, und gar oft an den ſogenannten Mutter, Zitter, Feuer oder Brandmaͤhlern Schuld hat. Dagegen kann ich euch, den Muͤttern, wohl nichts mit mehr Gewißheit empfehlen, als: eine beſtaͤndige Gleichmuͤthigkeit, beſonders zune Zeit der Schwangerſchaft. Gewoͤhnt euch von frühen Jahren an, ihr, die ihe die ehrenvolle Beſtimmung habt, oft Mütter und Saͤugammen der größten und liebens. wuͤrdigſten Menſchen zu ſeyn, uͤber nichts ſehr zu erſchre. cken. Das wird euch manche unnoͤthige und oſt laͤcher⸗ liche Angſt erſparen, und euch vor mancher Gefahr ſicher ſtellen. Ich denke nicht, daß es noch bey euch, als Schuͤlern der Natur, noͤthig ſey, euch vor allerley aber⸗ glaͤubiſchen Sachen zu warnen, die man ehemals im Heidenthum und nachher in den betruͤbten Finſterniſſen des Pabſtthums in der Schwangerſchaft, und bey der Niederkunft der Weiber nicht unterlaſſen durfte. Huͤtet euch vielmehr vor ſtarken und hitzigen Getraͤnken, am allerineiſten vor dem alsdann höchft ſchaͤdlichen Caffee; dieſe ſind es, aus denen ſo viele Kindbetterkrankheiten entſtanden ſind, von welchen unſre Voraͤltern gar nichts wußten. Zur leichten und richtigen Geburt macht frey⸗ lich die Natur allemal die beſten Anſtalten. Indeſſen, wenn eure Hebammen und ihre Beyfrauen bey einer wis Large 90 0 des Kindes, oder wegen einem an⸗ K 5 \ dern 0 u. 1 154 Innrer Bau des wenſhentörptte. 1 dern mißlichen Umſtand aͤngſtlich werden, und ſich gleich nicht mehr zu helfen wiſſen, (wie man ihnen denn un⸗ moͤglich ſo viel Unterricht geben kann, daß ſte vollkemm⸗ 5 ne Geburtshelferinnen werden könen /) fo ſolltet ihr doch vorher, ehe die Stunde voll Angſt und Schrecken kommt, beſonders, da zuweilen auch eine uͤbereilte Ge⸗ burt eintritt, es als Ehegatten, deren größtes Gluͤck im wechſelſeitigen Vertrauen beſteht, unter einander aus; ge⸗ macht haben, daß ihr in einem ſchweren Fall gleich nach der Stadt ſchicken, und euch die geſchickte Hand des Mannes, den die Obrigkeit dazu geſetzt hat, ausbitten wolltet. Ihr ſeyd dieſe Pflicht euch ſelber, euren Eher gatten, dem Kinde, das geboren werden ſoll, und den übrigen, wenn ihr ſchon einige habt, ſchuldig. Ihr duͤrft euch auch daran nicht ſtoßen, als wenn ihr dadurch gegen die Schampaftisfeit fehleet. Die beften und un. tadelhafteſten Frauen haben ſich ſchon oft dieſes Mittels bedient, und haben Gott gedankt, daß ein Geburtshelſer in der Nähe war. Glaubt mir, ihr koͤnnt durch eine ungeſchickte Hebamme, auch a ohne ihr Ver ſchulden, 2, wenn fie einmal in der Angſt iſt, beſchädigt, verletzt, und auf Zeitlebens ungluͤckliche Weiber werden. — Da ich mit euch rede, meine liebe Landleute, und nicht mit den Vornehmen, die immer etwas Eigenes haben wollen, ſo brauche ich euch die natürliche Pflicht, daß jede Mutter ihr Kind ſelber an die Bruſt legen und ſaͤugen ſoll, nicht erſt zu beweiſen. Aber erinnern muß ich euch, daß ihr dem Kind auch die erſte Milch, die nach der Niederkunft in die Bruͤſte tritt, zukommen laſſet. Beetſch und Brietſch nennt man dieſe Milch, die ich hier e bey Kuͤhen und Schafen: denn bey allen . Innxrer Bau des Menſchenkörpers. 15 N Lin allen lebendiggebärenden und ſaͤugenden Müttern unter⸗ 4 ſcheidet ſich die erſte Milch dadurch von der, die 1080 5 her, wenn die Milchgefaͤße in den Bruͤſten ſchon mehr ausgedehnt find, abgeſondert wird, daß fie etwas duͤnner und fäuerlicher iſt. Das wiſſen die Hebammen, und meynen oft, ſie ſey dem Kinde nicht geſund. Aber das iſt eben die Abſicht des Schoͤpfers bey dieſer Milch. Sie ſoll zugleich ein gelindes, abſuͤhrendes Mittel ſeyn, um das Kind von dem Mutter: oder Erbkoch zu befreyen, der ſich durch neun Monate in feinen Gedaͤrmen geſamm. let hat. Alle Säfte und alle Arzneyen des Apothekers fand dem Kinde nicht ſo heilſam, wie das, was aus dem Blute kommt, an welches es von feinem erſten Eniſtehen an gewöhnt. iſt, und alles andre greift das arme Wuͤrm⸗ chen, das noch ſaſt nichts vertragen kann, viel zu ſtark an. Die ſuͤßen Molken, oder Milch mit Eyweiß zum Gerinnen gebracht, iſt noch das Einzige, was jener na⸗ tuͤrlichen Ab fehr am naͤchſten kommt. Wo man die Schaf ⸗ und Viehzucht recht verſteht, da iſt es durch ſtrenge Geſetze befohlen, daß man den jungen Thieren — natürliche, Arzney nicht entziehen ſoll; und große Aerzte haben es mit Recht in Hoſpitaͤlern und Erziehungs⸗ hiufern befohlen, daß die Kinder damit, und ſonſt mit Nichts, in den erſten Tagen gereinigt werden ſollen. Ihr koͤnnt auch, wenn nur die Frau nach der Nieder⸗ kunft eine Zeit lang geruht und geſchlafen hat, das Kind gleich anlegen, und es wird euch nicht reuen, wenn es gleich vielleicht nicht Sitte in eurem Dorfe iſt. Saugt das Kind, ehe die Bruͤſte ſtrotzen von Milch, ſo iſt wee. niger zu befuͤrchten, daß die Warzen aufſpringen moͤchten, wenn gleich nach und nach mehr Milch zufließt. Je. in | Au, mehr —— 17 * * 4 156 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. 5 mehr ſich die Frau beym Saͤugen vor» und niederwaͤrts beugt, und das Kind niedrig legt, deſto leichter fließt die Milch dem Kind von ſelbſt in Mund. Wenn die Bruſt oder nur die Warze auſſpringt, ſo beſtreicht ſie nicht mit Branntewein, (dann wird ſie noch leichter wund und durchgeſogen,) ſondern mit friſchem, ſuͤßen Mandeloͤl, ſtreut fein geriebenen Zucker darauf, oder nehmt halb Wein, halb Waſſer, thut etwas Zucker und Honig dar⸗ ein, und waſcht damit den Schaden. Enthaltet euch aber beſonders, ſo lange ihr ſaͤuget, von vielem Wein und Caffeetrinken: denn alles, was ihr alsdann eſſet und trinket, das theilt ſich eurer Milch mit, und ihr bringt das in den zarten Leib eures Saͤuglings. Sollte auch — eine Frau gleich nach der Niederkunft etwa wegen ſtarken Blutverluſt, oder aus andern Urſachen Arzney nehmen muͤſſen, ſo hoͤrt damit auf, beſonders wenn eine Saͤure darin waͤre, ſobald das Kind Milch zu trinken anfaͤngt. Viel trinken muß die Säugerinn freylich. Sie befommt. Durſt, weil fie fo viele Säfte verliert. Auch in der Nacht muß ſie Waſſer bey ſich ſtehen haben. Doch darf ſie in eben der Abſicht auch zeitiges Obſt genießen. Ich weiß zuverlaͤßig, daß einmal eine Frau in den drey erſten Wochen ihres Kindbettes einen ganzen Fuͤhrling Wein ausgetrunken hat. Zur Schande dieſer Saͤufe⸗ rinn will ich das hieher ſetzen; aber wie mag das Mut⸗ terherz im Leibe dieſer Betrunkenen fo kalt und roh gewe⸗ ſen ſeyn! Wenn ihr eben heftig im Zorne geweſen ſeyd, fo legt doch das Kind nicht an die Bruſt. Die Milch iſt alsdann Gift fuͤr den Saͤugling, er kann im Augen⸗ blick ſterben. Wenn ihr wirklich gar keine Milch habt, 65 und ie feine herbeyziehen koͤnnt, ſo gebt deswegen das ö 5 Kind Inneer Bau des Minfenförhers. . 137 Kind nicht jeder Saͤugamme. Gegen das Blut, gegen N die Saͤfte, gegen Eſſen und Trinken, gegen die Treue und Redlichkeit, und insbeſondre gegen die heimlichen Wolluͤſte dieſer Perſonen laͤßt ſich gemeiniglich gar man⸗ ches mit allem Recht erinnern. Zieht ihr alsdann das Kind lieber mit Waſſer auf, und gewohnt es fruh zu Brodſuppen. Man hat viele Beyſpiele, daß ſolche Kinder nachher doch große, ſtarke und geſunde Koͤrper geworden ſind. Oft wollen die Kinder wegen der Mund. faͤlniß nicht gern ſaugen; ; daruͤber muͤßt ihr den Wund. arzt um Rath fragen. Oft iſt ihnen von der Hebamme die Zunge nicht recht geloͤſt worden, und ſo lange das nicht geſchieht, koͤnnen fie unmöglich fangen, Aber ih wuͤrde nicht fertig werden, wenn ich mich noch lange in der Kinderſtube aufhielte. Nur das muß ich noch ſagen: Ihr muͤßt die Kinder freylich mit Windeln und Baͤndern einwickeln, font wuͤrden die weichen Glieder krumm, und fie ſtuͤrzten euch, wenn ihr fie tragen wolltet, vom Arm herab; aber bindet ſie nur nicht zu feſt ein, als wenn ſie Gefangene waͤren, die in Ketten liegen muͤſſen. Das allzuenge Zuſammenſchnuͤren hindert die Bewegung des Herzens, der Lungen, der ganzen Bruſt, und er⸗ ſchwert alfo nothwendig dem Kinde das Athmen. Fer⸗ ner preſſen die Wickelbaͤnder, wenn ſie zu ſtark angezogen werden, den Magen, die Leber, und die Gedaͤrme fo zuſammen, daß die Verdauung nicht ohne Schmerzen vor ſich gehen kann. Die Aerzte haben es auch bemerkt, daß unter den Menſchen krumme Fuͤße haͤufiger ud, als krumme Arme, und ohne Zweifel kommt das daher, weil man dem Kinde fruͤher erlaubt, die Arme aus den Seifen heraus zuziehen und Re frey zu bewegen, als die e 1 ' e . 158 Innrer Bau! des EUER Schenkel und Fuͤße, die noch laͤnger eingeknebelt werden. Die ſchiefen und ee Fuͤße eurer Kinder mögen freylich auch öfters daher kommen, daß ihr, die Hinder „zu fruͤhe auf die Fuͤße ſtehen und das Gehen verſuchen laſſet. Wenn dann die beyden Stuͤtzen noch nicht ſtark genug ſind, die Laſt des K Koͤrpers zu tragen, ſo muͤſſen ſte ſich freylich unter ihm biegen. Wahr iſt es indeſſen „allemal, daß die Wilden, die ich euch oben beſchrieben habe, ihre Kinder nicht ſo in ſteife Bilder verwandeln, und daß unter den Thieren i im Wald, die ſich allein uͤber⸗ laſſen find, keins krumm aufwächft, wenn es nicht durch einen Zufall beſchaͤdigt wird. Die Kinder muͤſſen auch frühe angewoͤhnt werden, die linke Hand wie die rechte zu gebrauchen. Eine iſt. 1 wie die andre, durch Uebung wird die linke ſo ſtark als die rechte, und bey vielen Geſchaͤſten iſt die linke Pie unerebehelich. Beil auch ſchon oft eine Amme, oder die! Mutter ſelber, ihr eigenes Kind in der Nacht im Schlaf an der Bruſt er⸗ druͤckt hat, fo; ſolltet ihr doch einmal darin folgen, und das Kind nicht mehr im Bette ſaͤugen, e ee allein und in Gefahr feyd, darüber einzuſchlaſen. Vom Kin⸗ N derbrey wuͤrde ich euch doch nicht nu alt, und wenn ich euch g leich mit Wahrheit ſagen koͤnnte, daß ſchon viele Kinder deswegen geſtorben ſind. Aber ſtopft ſie | ur nicht allzuſehr damit, macht ihn nicht fett, laßt ihn recht kochen, gebt ihnen den Brey nicht, ſo lange er heiß . iſt, und erlaubet nicht jedem Mund, jeder Baaſe und Hevatterinn, dem. Kind vorzukauen, und ihren oͤſters gar unreinen Speichel damit zu vermiſchen. Wenn die Knaben einige Monate alt ſind, ſoll der Vater oder die Hebamme nachſehen, ob ſich die Da vorne an der | hel 1 Innrer Bau des Menſchenkorpers. 189 — Eichel des mannlſchen Gliedes auch ganz herabſtreiſen laͤßt. Wo nicht, ſo kann man alsdann noch gar leicht belfen. Geſchieht das nicht, ſo iſt der Menſch nachher {N nie fähig, Kinder zu erzeugen. In vornehmen Familien iſt dieſe Sorgfalt aͤußerſt noͤthig. Fragt ihr mich auch, wie lange die Frau faugen ſoll, und ſoll ich nicht nach dem Eigenſinn mancher Frau, oder nach ihren ver ſteckten Abſichten dabey urtheiſen, ſondern nach dem, was die Natur angiebt; fo iſt die natürliche Regel dieſe: Sobald das Kind die erſten Zaͤhne bekommt, ſo iſt das ein deutlicher Wink der Natur, daß es nun auch feſtere Speifen genießen. ſoll. Denn dieſe Zaͤhne e find. offenbar | zum. Kauen beſtimmt, und verurſachen der Mutter Schmerzen während: Bam Saͤugen. Große Kinder ſaugen auch oft die geſundeſte Mutter ganz aus, und viele Frauen ſchwaͤchen ſich durch das lange und unnoͤ⸗ thige Saͤugen fuͤr die Zukunſt und für das Alter viel mehr, als durch wiederholte Schwager haften geſchehen ſeyn wuͤrde. 1 Aber eben der Körper, 11 ber auf dieſe Akt 5 nach und nach entſteht, wird endlich hart, unbiegſam, und kommt feinem Verfall i immer naͤher. Daran iſt die innre Einrichtung, der Kreislauf des Bluts s, das ewige Abreiben und Anlegen gewiffer Theile ſelber Schuld, wozu die häufigen und ſchiſellen Abwechſelungen in ig“ Luft kommen, die auf das Innre und Aeußre des Koͤr⸗ \ pers einen ſchaͤdlichen Einfluß haben. Bey einem alten Menſchen ſind viele von den feinſten Haargefaͤßen ſchon verſchloſſen und verwachſen. Manche Haͤute werden ganz zaͤhe und endlich beinern. Die Knorpel und Flech⸗ ſen werden immer härter, Das Fleiſch ſchrumpft zus ſammen, 160 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. | ſammen, daher wird die‘ Haut welk und runzlicht, und ſo nimmt auch die Einſaugung und die Ausdünſtung ab. Die Knorpel an der Vraſt werden endlich auc) ganz knochenhart, und die feinſten Gefaͤße in der Lunge ver» ſtopfen ſich endlich auch. Dadurch wird den Alten das 5 Athmen beſchwerlich, daher hoͤrt man fie im Schlafe ſonderlich roͤcheln, daher muͤſſen fie meiſtens huſten, wenn fie Schleim auswerfen wollen. Der Ruͤckgrad = wird unbiegfam, und alle Knochen werden im hohen Al. ter ſo ſproͤde, daß ſie, wenn ſie brechen, kaum wieder geheilt werden konnen. Die Haare Mae grau werden, weil die Gefaͤße zuletzt auch keine Säfte mehr durchlaſſen wollen. Die Zähne follen aus, weil ihre Hoͤhlung größer wird, und ihre Adern verdorren. Man merft insgemein eine Abnahme aller Sinne, und dieſe iſt ohne Zweifel der Grund von der Aengſtlichkeit, vom Arawol on und von der wunderlichen Laune, worüber man bey vier _ 10 nicht bey allen, alten Leuten klagen muß. Im Ganzen genommen 9 Weibsperſonen ſpaͤter alt, als Maunsleute, weil fie mehr Fluͤßigkeiten in ihrem ganzen Körper haben als wir. Sie hoͤren alſo ſpaͤter auf zu 5 wachſen, und wenn fir ein gewiffes Alter einmal zurück- gelegt haben, leben fie insgemein viel länger, als Maͤn⸗ ner. Die Vorſehung hat das weislich fo eingerichtet. Sie koͤnnen ſich im Alter und im Witwenſtande viel beſſer allein fortbringen, und ſich die noͤthigſten Bed uͤrf⸗ niſſe verſchaffen, als wir, die wir im Alter am meiſten die Pflege des weiblichen Geſchlechts nöthig haben, dar her der Hageſtolz alsdann am meiſten leidet. — Das A ter, von dem ich ſeither geredet habe, iſt das natuͤrliche; s Urſachen ſind een, weil ſie im Koͤrper liegen; | | 1 wir Pe . > 5 5 ki REN en re a re — ö \ 1 Innrer Dau des; wenſhentkrpens. 161 5 wir werden alt, weil wir jung gervefen find. ; und gelebt haben, und ſo nimmt das Leben alle Tage mehr und mehr ab; das letzte Ende von allen dieſen Stufen und Beynindenugen iſt der Tod. Aber von dieſem natür« lichen Tod. find alle. Krankheiten, die durch innre und aͤußre Urſachen entſtehen, wohl zu unterſcheiden. Wenn ſich ein Menſch nicht ſelber auf irgend eine Art langſam hinrichtet, ſo lebt er laͤuger, als alle Thiere. In den hochgelegenen kalten Landern, wo Schpwelgerey und Sit⸗ tenverderben noch nicht hingekommen ſind, muß man jetzt die älteften Menſchen ſuchen. Das hohe Lebensalter der erſten Menſchen laͤßt ſich ohne eine beſondre gnaͤdige Vorſehung Gottes, die es damals, da es zur Erhaltung des Menſchengeſchlechts, und zur Fortpflanzung der göttlichen Offenbarungen, womit die wahre Religion an⸗ ſfieng, noͤthig war, fo veranſtaltete, nicht erklaren. So wie wir finden, daß Gott im Ganzen bey den Geburten immer eine gewiſſe Proportion erhält zwiſchen den beyr den Geſchlechtern, ſo daß in gewiſſen Jahren jeder Mann eine Frau, und jede Frau einen Mann finden kann, nach Abzug alles deſſen, was als Ueberſchuß gerechnet war, und in jungen Jahren, oder im Krieg, oder auf der See umgekommen iſt: ſo iſt auch unter den Sterbenden von beyderley Geſchlecht, ferner unter den Sterbenden in jedem Alter, in der Stadt und auf dem Lande, unter Verungluͤckten, Todtgebornen dc. eine gewiſſe Ordnung, und das allerrichtigſte Verhaͤltniß, wie man mit Erſtau⸗ nen in großen und in kleinen Laͤndern aus den Ster beli⸗ ſten und Seelenregiſtern ſieht, eine ſich immer gleich blei. bende Anſtalt, die nur die Weisheit Gottes zu erhalten, und ſeit 2 n Jahrhunderten fortzufuͤhren weiß. — L Und \ 162 Innrer Bau des Menſchenkoͤrpers. Und nun noch zwo Anmerkungen von unſetm Tod Die erſte: Alle Zeichen des Todes ſind ungewiß⸗ ſo lange ihr keine wahre Faͤulniß bemerkt, ſo lange das Ge⸗ ſicht nicht welk, bleyfaͤrbig und ſafrangelb iſt, und fo lange nicht der Augapfel ganz gebrochen, und alle Glieder ſtarr und voͤllig unbiegſam worden ſind. Wenn ihr mit dem Todten zur Begraͤbniß eilt, ſo ſeyd ihr in Gefahr, ihn lebendig zu begraben, und ihn, wenn er nun im Grabe aufwacht, in das allerfuͤrchterlichſte Elend zu ſtuͤr⸗ zen. Man hat unzaͤglig viele, aber graͤßliche Beyſpiele, daß ſolche zu früh unter die Erde gebrachte Leute aus ih⸗ rer ſtarken Ohnmacht, aus dem ſcheinbaren Tod wieder zu ſich ſelbſt gekommen ſind. Sie haben geklopft, haben den Sargdeckel aufſprengen wollen, haben ſich mit der Bahre im Grabe voll Verzweiflung herumgewaͤlzt, ha⸗ ben an ihrem eigenen Fleiſch genagt, haben ſich den Kopf eingeſtoßen, bis ſie endlich des allererbaͤrmlichſten Todes geſtorben ſind. Ihr habt daher den Befehl der Landes⸗ obrigkeit, daß jede Leiche eine beſtimmte Zeit nach dem Sterben liegen bleiben ſolle, ehe man ſie begraben darf, als eine wahre Wohlthat anzuſehen, und koͤnnt euch nur in den allerdringendften Nothfaͤllen, und nur alsdann, wenn euch ein Arzt oder ſonſt ein erfahrner Mann von der Gewißheit des wirklichen Todes überzeugt, davon losſagen. Die andre Anmerkung: Wenn euer Koͤrper fo tief in die Erde gelegt wird, als die Geſetze es befeh⸗ len, damit nicht die faulen Ausduͤnſtungen der Todten den Lebenden eine Peſt verurſachen, ſo ſeyd ihr auch nicht in Gefahr, von Wuͤrmern oder Raupen gefreſſen zu werden. Eigentliche Leichenwuͤrmer giebts in den ganzen Natur keine. Vielmehr laufen alle kleine Thiere, e | 10 Laͤuſe N i 1 Ir L \ 6 \ } y : AN mir 1 * 1 / + 4 Junker Bau des d Wenſchentzrpers. 165 Laͤuſe und Flöhe, gleich vom Menſchen weg, ſobald er kalt wird. Und auch die Wuͤrmer, die wir in den Ge⸗ daͤrmen gehabt haben, ſterben mit uns. Andre, z. E. Schmeißfiegen, leben nicht 45 Fuß tief in der Erde. Sie fönnen wohl ihre Eyer in einen Menſchenkuochen le⸗ gen, der aus ſeinem Grabe herausgenommen und mit andern Knochen und Schaͤdeln auf dem Kirchhofe herum. geworfen wird, aber in das Grab ſelber kommen fie nicht. Der Koͤrper verweſt von ſich ſelber; da geht das Geſetz des Schoͤpfers in ſeine Erfuͤllung: Du biſt Erde, und zur Erde ſollſt du wieder werden. Wenn öfters der Ars me unter euch in ſeiner Huͤtte kaum ſo viel Platz hat, daß er den Todten lange genug liegen laſſen kann, ſo bittet, daß euch die Obrigkeit ein Todtenhaͤuschen bauen laſſe, und g d gebt dort Acht auf eure Leichen. Beurtheilt lt aber hierbey ſelber die Thorheit derer, die in Kirchen oder an beſtimmten Plaͤtzen, wo es oft dem leben und der Ge⸗ ſundheit andrer Menſchen ſchaͤdlich werden kann, begra⸗ ben ſeyn wollen. Als wenn der todte Körper etwas daz von merkte, ob uͤber ihm Gottesdienſt gehalten wird, oder ob uͤber ſeinem Huͤgel Gras und Kraͤuter bluͤh en! Eben ſo laͤcherlich, aber auch unanſtaͤndig und unchrift ich iſt es, wenn ihr immer den Ort, wo eure Mitbruͤder verweſen, als einen Schauplatz anſehet, auf welchem der . f die Geiſter, oder wohl gar die Geſtorbenen ſelber a Naͤchte herumſchwaͤrmen, Flammen anzuͤnden, 8 | Kinderpoſſen oder Gaukelſpiele treiben koͤnnen. Warum fuͤrchten ſich viele unter euch, um Mitternacht uͤber den Kirchhof zu Ben Warum erzaͤhlt man noch immer fo viel närrifches Zeug, das uber den Gräbern unſrer Ge⸗ liebten . ſeyn a wiewohl es niemand senau a 982 geſehen, 5 i 164 Innrer Bau de Wannen. N | geſeben, und keiner deutlich gehoͤrt hat? ecru a aubt ihr, daß im Beinhaͤuschen die Knochen ſich zuweilen be. wegen, und die Stangen und Tragbahren erſchuͤttert werden, um die Zeit, da wieder ein Sterbender ſeinem Ende nahe iſt? Ach, meine liebe Landleute! laßt uns lieber die Werke der Natur lernen, und die Thorheiten des Aberglaubens, womit wir uns bisher nur geaͤngſtigt 1 0 5 als vernünftige Männer wegwerfen. Am juͤng⸗ ſten Tage wird Auferſtehung rauſchen auf jedem Gefilde des Todes. Dann wird der lebenbringende Hauch Got⸗ tes, wie bey der erſten Schoͤpfung, wieder den kodten Staub beleben. Aber indeſſen ruht der irdiſche Theil der Chriſten; es iſt eine Saat, die reif werden muß, bis der Tag der Erndte, wo man große Garben binden wird, kommt; und die großen Begriffe, die wir uns von Gottes Weisheit und Guͤte nach der Lehre der Bibel machen muͤſſen, erlauben uns nicht zu glauben, daß der Arge und ſeine Rotte, die ja zur ewigen Strafe bereits verurtheilt iſt, Freyheit habe, mit der Aſche unſrer Bruͤ⸗ der zu ſpielen, um uns dadurch zu kraͤnken. Entfernet alſo alle ſolche und aͤhnliche Vorſtellungen vom Sterbe⸗ bette. Der Tod iſt kein Mann mit Stundenglas und Senſe. Man malt ihn nur wie ein Gerippe, weil nach dem Tod nichts mehr uͤbrig bleibt vom Koͤrper, als die Knochen; aber auch dieſe faulen zuletzt. Auch bey den ſchrecklichen Zuckungen und Kraͤmpfen, die ihr in manchen Krankheiten vor dem Tode vorhergehen feher, muͤßt ihr nicht an den Satan denken. Es ſind blos Nervenzufaͤlle, und Folgen von den innern Zerruͤttungen des Gehirns. Der Anblick iſt oft für euch ſchrecklicher, als er für den ine ſchmenzhaft iſt. Erinnert euch dabey 4 / Inner Bau des menſhenksrpers. 165 vn eurer eigenen Sterblichkeit, betet voll diebe und Mitleiden zu Gott um Erloͤſung eurer Freunde „wenn es ſein Wille iſt, und verehret den Regenten unſers Le⸗ 1 bens nicht durch kindiſche aghaftigkeit, ſondern durch fromme rene ir — „ Dritter 600 166 Von den Thieren uͤberhaupt. Dritter Abſchnitt. Von den vierfüßigen Thieren. | | Och habe euch oben, als wir die Naturgeſchichte des IN Menſchen anfiengen, geſagt, was ein Thier ſey, und wodurch ſich der Menſch von allen andern Thieren unterſcheidet. Nun wollen wir aus dem großen Haufen der lebendigen Geſchoͤpfe einige herausſuchen, die uns in unſern de beſonders nuͤtzlich oder ſchaͤdlich werden koͤnnen. Ihr muͤßtet euren Pflug und Wagen vergeſſen, und beſtaͤndig nichts thun, als Buͤcher leſen, und Lehrer anboͤren, wenn ihr alle und jede vorhandene Thiere ken- nen wolltet. Aber wir wollen aus jeder Claſſe von Ge⸗ ſchoͤpfen nur die herausſuchen, die entweder zu euren Hausthieren gehoͤren, oder die ſonſt auf irgend einen Theil eurer Landwirthſchaft, auf eure Viehzucht, auf eure Nahrung und Geſundheit Einfluß haben. — 1) Das beobachtet ihr gleich, ſobald ihr nur einige Thiere nee daß ihr aͤußerlicher Körper ſehr ver⸗ ſchieden gebaut iſt. Wenn oft im Innren ein Thier 1 bigen Glieder hat, die das andre hat, ſo richtet ſich doch die ganze aͤußre Geſtalt, die Hoͤhe und Laͤnge der Vorder- und Hinterfuͤße, der Gang, die Finger oder die Zaͤhen an den Spitzen des Körpers, offenbar nach dem Element, das dem Thier angewieſen iſt. Daher kom⸗ men die Fuͤße, womit einige laufen; die Fluͤgel, womit andre fliegen; die Floſſen, womit andre ſchwimmenz | dis 0 ; 4, Von den Thieren berhaupt. 167 die Zaͤhen, auf weicht andre treten; die Klauen, wo⸗ mit andre klettern; die Krallen, womit ſich einige auf den Baͤumen erhalten. Eben ſo haben nicht alle Thiere einerley Futter; daher iſt fo viel Verſchiedenheit im Maul, in den Kinnladen, im Schnabel, in Zaͤhnen, im Magen und Gedaͤrmen. Das duͤrfen wir aber ſicher glauben, daß auch das Thier, deſſen Koͤrper am weiteſten von uns abſteht, und ein roher Klumpen Fleiſch zu ſeyn ſcheint, z. B. fo manche Schnecke in ihrer Schale, in ſeiner Art ſo vollkommen, ſo gut und weiſe gebaut 05 als der Ochs oder das ſchoͤnſte Pferd. Jede Beſonder⸗ heit, die ſich an irgend einem chieriſchen Koͤrper findet, hat ihren Grund in der Lebensart und in dem Elemente des Thiers. 2) Weil die Thiere, wie ihr oben gehöre habt, keine Vernunft haben, ſo find die Sinne für fie, von der aͤußerſten Wichtigkeit; ohne ihre finnliche Werkzeuge und ohne ihre beſondre Schaͤrfe und Staͤrke koͤnnten ſie ſich weder erhalten, noch vertheidigen, noch fortpflanzen. Daher haben alle Thiere wenigſtens zween Sinne, den Geſchmack und das Gefuͤhl. Andre haben ſo viele als wir, aber oſt iſt ein oder mehrere Sinne bey ihnen viel ſtaͤrker als bey uns. Alle die, ſo beſtaͤn. dig unter der Erde wohnen, wie z. B. der Maulwurf, haben ein ſehr ſchar fes Gehör. Alle Raubthiere jagen und rauben vermoͤge ihres feinen Geruchs; z. B. der Wolf, der Fuchs. Die Voͤgel, z. B. ein Falke, haben insbeſondre ein gutes Geſicht; die Spinnen und. mehrere Inſecten uͤbertreffen uns am feinen Gefuͤhl; und wir duͤrfen im Beſitz unſrer Vernunft daruͤber nicht klagen. Wir haben ſelber viele Vortheile davon, z. B. der bund muß uns mit Man feinen Naſe das Wild N + im „ ee U A ü \ y - N > mu (Hs — 1 9 \ 2 N > \ 2 * 168 Von den Thieren überhaupt. con im Wald aufjagen. Und wie wuͤrden die Hirſche, die Haſen, die Rehboͤcke, und alle andre Thiere unter dem vermiſchten Haufen von Gewaͤchſen die fuͤr ſie beſtimmten Pflanzen von den ihnen ſchaͤdlichen Kraͤutern unterſchei⸗ den Fönnen , wenn fie nicht durch Geruch und Geſchmack angeleltet oder gewarnt wuͤrden? 3) Denn darauf beruht die Ernahrung fo vieler tauſend Thiere, daß nicht alle einerley freſſen wollen, ſondern die ganze Schoͤpfung iſt gleichſam in kleine Reviere verſchnitten. Die Gewaͤchſe ſind unter die Thiere ausgetheilt. Jedes frißt nur das, was ihm wohl riecht und ſchmeckt; was dem einen Thier Gift iſt, das iſt koſtbare Speiſe dem andern; daher kann das Zahmſte neben dem Wildeſten, das Maͤßigſte neben dem Gefraͤßigſten, das Kleinſte neben dem Groͤßeſten leben. Die allermeiſten Thiere leben von Pflanzen: aber die vierfuͤßigen Thiere freſſen das Laub, die Voͤgel warten auf den Saamen, der Menſch nimmt die Fruͤchte, und die Inſecten freſſen an der Rinde, an der Wurzel und an der Bluͤthe. Man hat einem Ochſen nach und nach 494 verſchiedene Kraͤuter vorgeworfen, davon fraß er 276, und 218 ließ er liegen. Und ſo verhalten ſich alle Thiere, wenn man ihre Triebe auf dieſe Art pruͤft. Es iſt immer etwas in der Natur, das nicht fuͤr ſie, wohl aber fuͤr andre Geſchoͤpfe, beſtimmt iſt. Daher kann man auf eine Wieſe, wo vorher Kuͤhe geweidet ha⸗ ben, hernach noch Pferde, und nach den Pferden noch Schafe hintreiben. Die wiederkaͤuenden Thiere, die oben keine Zähne haben, koͤnnen das Gras unmöglich ſo nahe am Boden abſchneiden, als andre. Die Thiere llaſſen auch eine ſonſt gute Pflanze ſtehen, wenn ſchen ein e | andres e daran gefreſſen hat; fr oft das * 2 — 0 5 BR \ 1 U / p \ Von den Thieren berhaupt. 169 Brod nicht, wenn von meiner Hand zu viel Schweiß daran haͤngt. Der Menſch, der Affe, das Schwein, der Fuchs, der Baͤr, der Bieber, der Hamſter — das ſind die vorzuͤglichſten von denen, die Pflanzen und Fleiſch verdauen koͤnnen. Warme Speiſen nimmt im Stande der Freyheit kein Thier. Es waͤre ein großes Ungluͤck, und eine beſtaͤndige Gefahr für den Menſchen, wenn auch die unvernuͤnftigen Tiere neben uns mit Feuer umgehen koͤnnten. Getraͤnke nehmen die fleiſchfreſſenben Thiere weniger zu ſich, als die pflanzenfreſſenden; und ihr ſeht am Hund, wie viel Muͤhe es ihn koſtet, wenn, er mit ſeiner ſchmalen Zunge etwas Waſſer in Mund bringen will: aber er ſchwitzt auch ſelten, und duͤnſtet nicht ſehr aus. Geiſtige Getraͤnke ſind nicht für die Thiere. Bey uns ſaufen die Ratten im Keller Wein, und der Elephant liebt ſehr ganze Flaſchen von Wein, Bier und Branntewein. Nach Weintrauben find die ee die Dachſe, die Ochſen, die Bären ſehr luͤſtern, aber wahrſcheinlich um der Suͤßigkeit der Beeren willen. Pferde, Ochſen, Kühe und Steare müffen dazu ge. 4 woͤhnt ſeyn, wenn ſie Wein verſchlucken ſollen. Was das Maaß der Ernaͤhrung betrifft, ſo iſt es eine weiſe Einrichtung vom Schoͤpfer, daß die großen Thiere bey weitem nicht fo heißhungrig und gefraͤßig find, als die kleineren. Ihr duͤrft nur eine Raupe abwaͤgen, und auch das Laub, das ſie in 24 Stunden frißt. Waͤgt dagegen euren Ochſen, euer Pferd, und vergleichet damit die paar Haͤnde voll Heu oder Gras, die ihr ihm vor— werfet, ihr werdet einen großen Unterſchied finden. Wenn es nicht ſo waͤre, ſagt mir, wie wollten wir oft gange Heerden von zahmem Vieh erhalten? Die Fiſche 8 0 95 g freſſen y | | * ‘ « N \ \ J 1 0 N 170 Von den Thieren überhaupt. freſſen auch ſehr viel, weil ſie eine ſehr ſcharfe Galle ha⸗ ben. Der Vogel verdaut ſehr ſchnell, weil er ein ſehr warmes Blut hat, und in beſtändiger Bewegung iſt. Aber die Schlangen, die Froͤſche, die Kroͤten, die Kaͤfer, die Kreuzſpinnen, und andre Thiere, deren Blut kaͤlter und langſamer iſt als das menſchliche, leben oft Jahre lang ohne Nahrung, und bringen den ganzen Winter, weil fie alsdann keine Inſecten fangen koͤnnen, im Schlaf zu. Ihr wißt ſelbee in eurer Haushaltung, wie viel dazu gehoͤrt, bis ihr mit den Eurigen ernaͤhrt ſeyd. Schließt nun von dieſem unendlich Kleinen auf das un⸗ endlich Große, auf das große Haus der Natur, wo ſo viele Koſtgaͤnger ſind, und euer himmliſcher Vater naͤh⸗ ret fie doch! 4) Eben ſo haͤlt Gott auch durch feine Ger ſetze den noch heftigeren Trieb zur Begattung in Ordnung. Alle Thiere muͤſſen ihre Gattung fortpflan⸗ zen, daher 95 beynahe unter allen zwen verſchiedene Ge⸗ ſchlechter. Jedes haͤlt ſich zu ſeines gleichen, und ohne Zuthun des Menſchen entſtehen niche leicht Waſtarde. Die, ſo nicht immer beyſammen ſind, finden einander alsdann durch die Stimme und durch den Geruch. Sie machen nicht alle zu gleicher Zeit Junge, weil daraus allerley Unbequemlichkeiten entſtuͤnden. Außer der Brunftzeit merkt man nicht das Geringſte an den geilſten Thieren. Dieſe tritt bey den meiſten nicht eher ein, als bis fie ausgewachſen find, und ihre gebörige Staͤrke er⸗ reicht haben. Die Zeugungsglieder richten ſich nach der Figur des Körpers, und nach den verſchiedenen Stellun⸗ gen bey der Paarung. Z. B. Die Kater haben ſehr kurze Ruthen; damit ihnen nun die Katze nicht gleich wieder entwiſcht, ehe geſchehen i, was geſchehen ſoll, b a; \ 6 bedlenen fe ü ch ute deer a und Krallen. Der Hauptunterſchied in der Art der Fortpflanzung iſt der: Einige legen Eyer, die außerhalb dem Mutterkoͤrper aus⸗ gebruͤtet werden; z. B. die Vogel, Viſche, Froͤſche, Ei⸗ dechſen, Schlangen, Infecten, Regenwürmer. Bey andern hingegen, z. B. dem Menſch und allen vierfuͤßi⸗ gen Thieren, wird das junge Thier ſchon in Mutterleib entwickelt, ausgebildet, kriecht endlich aus feinen Hüllen hervor, „ und erhalt feine erſte Nahrung aus der Bruſt, oder aus dem Euter der Mutter. Auch die Zeit der Traͤchtigkeit f verſchieden. Die größten Thiere, ſo nur wenige Jungen bringen, tragen am laͤngſten. Die Stutte allein wirft ſtehend, alle andre Thiere legen fich dabey nieder. In Abſicht ihrer Fruchtbarkeit hat ihnen der Schoͤpfer weiſe Geſetze vorgeſchrieben. Alle gefraͤßi⸗ ge, und noch mehr alle ſleiſchfreſſende Thiere ſind nicht ſo zahlreich in der Welt, als die, die die Natur weniger koſten, und dabey ſehr von andern verfol (gt werden. Am 5 allerfruchtbarſten ſind die nuͤtzlichen Hausthiere, Ochſen, Schafe, Ziegen, Schweine ꝛe. Die, fo die hitzigſten ſind im Geſchaͤft der Begattung, die ſorgen auch aufs eifrig ſte und zaͤrtlichſte fuͤr ihre Jungen, z. B. die Reb⸗ gr Hühner. Die Muͤtter der Vierfuͤßigen beißen den Jun⸗ gen die Mabelſchnur ſelber ab, verſchlingen die Nachge⸗ burt, und heilen die Wunde durch das Lecken mit ihrem Speichel. Die Zaͤrtlichkeit gegen die Jungen geht oft erſtaunt ich 1 und verwandelt ſich bey den ſchwaͤchſten Thieren in Wut. Wenn andre, z. B. das Maͤnnchen im Baͤren⸗, Wieſel⸗ und Caninchengeſchlecht, ihre Jun⸗ gen öfters ſelber erwuͤrgen und zerreißen, fo geſchieht das aus Geilheit. Dem Mann iſt die lange Beſchaͤſtigung des En ; Alm, W * 2 Von den Tieren überhaupt. | des Weibes mit den Jungen undutsſtehlich wegen der Heft! gkeit ſeiner Triebe. Es iſt auch ein merkwürdiger b Naturtrieb bey den Thieren, daß ſie das Junge, das etwa kraͤnklicht, kruͤpplicht, oder ſonſt fehlerhaft iſt, lie⸗ ber gleich in der Jugend umbringen, als erziehen, weil das arme Geſchoͤpf nur ſich ſelbſt zur Laſt aufwachſen, und doch keine Zierde der Schöpfung feyn würde, 5) Alle Thiere haben an ihrem Koͤrper außer der Haut noch eine gewiſſe Bekleidung, es ſey nun, daß ſie aus Haa⸗ ren, oder aus Federn, oder aus Schuppen, oder aus Schalen, oder aus Schildern beſtehe. Ihr habt alle dieſe Arten des Ueberzugs als Mittel anzuſehen, die natuͤrliche Waͤrme des Koͤrpers beyſammen zu erhalten, und die aͤußre kalte Luft auszuſchließen. Ein alter und ein todter Koͤr⸗ per kann durch keine Betten und durch keine Kleider mehr erwaͤrmt werden, weil ſein Blut ihn nicht mehr waͤrmt. Jedes Thier hat eine Bedeckung, die ſich zu ſeinem Ele⸗ ment und zu ſeiner Lebensart ſchickt. Weil ſie ſich in der freyen Luft beſtaͤndig abnutzt, ſo erneuert ſie ſich auch beſtaͤndig; die vierfuͤßigen Thiere haaren ſich, die Voͤgel mauſern ſich, Froͤſche, Kroͤten, Schlangen und Raupen ziehen die Haut aus, die Fiſche wechſeln ihre Schuppen ze. Man hat es ehedem dem Schoͤpfer zum Vorwurf gemacht, daß allein der Menſch eine nackte Haut habe und fo huͤlflos geboren werde. Aber die Natur konnte uns feis ne gewiſſe Kleidung angeboren werden laſſen, weil wir in warmen, gemaͤßigten und kalten Laͤndern leben, und alſo nach Beſchaffenheit des Landes ſeidene, wollen, baumwollene, leinene Kleider tragen muͤſſen. Das iſt zugleich ein mächtiger Antrieb für unſern Verſtand; wir mußten fruͤhe nachdenken, wie wir diefem Bedarfe a! 1 a | BE STERN 40 HI N 3 ae welten, Bey allen Thieren, die im kalten Nor. den leben, verdicken ſich die Haare auf der Haut im Winter fo ſehr, daß wir dieſe Pelze zu unſrer Beſchuͤ⸗ tzung im kalten Winter brauchen koͤnnen. Zu den Be⸗ kleidungen der Thiere gehoͤrt auch der Huf, oder das Horn, womit die Natur einige Thiere an den aͤußerſten Spitzen des Koͤrpers verſehen hat, der beym Pferd und Eſel ganz, beym Ochſen, bey der Ziege, beym Schaf und Hirſch aber entzwey gefpalten iſt. Unter den euros paͤiſchen Thieren hat regelmaͤßig nur das Geſchlecht der Ochſen, der Schafbock, die Ziegen und das Hirſch— geſchlecht jene Gewaͤchſe auf dem Kopf, die ihre Wur⸗ zel in der Hirnſchale und in den Bedeckungen, die dort lliegen, haben, ſich bey jeder Thiergattung verſchieden bilden, und Hoͤrner heißen. Wenn zuweilen ad Has ‚fen, Pferde, Schafe, Woͤlfe, Katzen, Gaͤnſe, Enteri-⸗ che ꝛc. Hoͤrner bekommen, ſo iſt dies eben ſo Ausnahme 8 von der Regel der Natur, als wenn in Irrland vlele Ochſen ohne Hoͤrner ſind, oder in Engelland viele K uͤhe, die keine Hoͤrner haben. Man hat ſogar Wucherſtiere ohne Hoͤrner; und dieſe waͤren vielleicht keine uͤble Zucht: denn ohne Hoͤrner kann er weder den Menſchen, noch den Baͤumen und Gewaͤchſen im Garten ſchaden. Weil die Hörner von den uͤberfluͤßigen Saͤften des Thiers entſte⸗ hen, ſo muß natuͤrlich viel Zufaͤlliges dabey ſeyn, auch ihre Groͤße und Geſtalt kann nicht immer dieſelbige ſeyn. Die Ochſen, Ziegen und Schafe haben glatte und hohle Hoͤrner, und behalten ihre Hoͤrner, ſo lange ſie leben. Aber die ſogenannten Gewichte oder Geweihe des Hirſchs haben allerley Zacken, Zinken, Sproſſen, ſind inwendig feſt, derb, und ka alle Jahre ab. Es ift zum Er⸗ ſtaunen, en überhaupt. a 27 u 174 Don den ghirren uberßaupt. a ſtaunen, wie der Hirſch alle Jahr e fo. viele Säfte Gi ben kann, daß oft ein Geweihe von 10 bis 12 Pfund daraus gebildet wird. Sind die Hörner hohl, fo bat fie auch das Weibchen. Hingegen die Hirſchkuh und die Rehkize haben keine. Da die Hörner den Thieren zur Zierde und zur Vertheidigung gegeben find, ſo ver⸗ dienen ſie es, daß ihr auf ihr Wachsthum an den Haus⸗ thieren, in der Jugend beſonders, wo die geringſte Be⸗ ſchaͤdigung ihnen die Geſtalt einer Misgeburt geben kann, eben ſo viel Ruͤckſicht nehmt, als der Hirſch ſein Geweihe ſchont, wenn er es eben friſch aufgeſetzt hat. Denn, wenn ihr Vieh mit ſchlechten Hoͤrnern in der Landwirth⸗ ſchaft habt, fo wird es vom andern Vieh gar zu oft mis⸗ handelt. Die andern Thiere greifen die ſchlecht gewaff⸗ | neten an, und beſchaͤdigen fie öfters; gerade wie oſt ſchlechte Menſchen Freude daran haben, einen Wehrloſen zu plagen. Doch mußt ihr auch kein Vieh mit allzu⸗ ſtarken oder ſpitzigen Hoͤrnern kaufen, oder ihm wenig⸗ ſtens die Spitzen abſaͤgen, weil die Thiere mit ſolchen Hoͤrnern gerne ſtoßen und dadurch viel Ungluͤck anrichten koͤnnen. 6) Auch vom Schlaf der Thiere muß ich euch etwas ſagen. Glaubt ihr es nicht, wenn die Jaͤ— ger ſagen, daß alle Thiere, die Unſchlitt haben, z. B. das Hirſchgeſchlecht, nicht ſchlafen. Ich habe euch oben beym Menſchen die Gruͤnde geſagt, warum jedes Thier von Zeit zu Zeit ſchlafen muß. Die meiſten nehmen die Nacht dazu, die Raubthiere ausgenommen, die in der Dunkelheit auf ihren Raub ausgehen müffen. Von der Ruhe der Fiſche wiſſen wir noch wenig; vom Aal iſt es bekannt, daß er in der Nacht aus dem Waſſer auf daͤs Feld geht. Alle Thiere, auch der Menſch, ſchlafen in | RE Bi » 2 7 4 * . 1 55 + F We W. Von den Thieren n überhaupt, . der Jugend am meiſten. Nachher ſchlaͤft der Menſch laͤnger als die meiſten Thiere; einen ſehr kurzen Schlaf bat das Pferd, der Ochs und die Voͤgel. Faſt alle ziehen alsdann die Glieder an ſich und verkuͤrzen ſie; die Pferde ruhen oft ſchon aus, indem ſie nur mit den Fuͤßen im Stehen abwechſeln; der Ochs legt ſich faſt immer auf die linke Seite, daher iſt auch ſeine linke Niere im⸗ mer dicker und fetter, als die rechte. Die Voͤgel um faſſen den Zweig mit ihren Krallen, ſetzen ſich vollfoms men ins Gleichgewicht, und en petgeh den Kopf unter den Flügeln, Das koͤnnen alle kleine Voͤgel. Aber der Strauß in Afrika iſt groß, hoch, und hat nur kleine kurze Fluͤgel. Daher ſchlaͤft er gleichſam ſitzend auf dem Boden, ſtuͤtzt ſich vorne auf ein hartes Horn, das ihm der Schoͤpfer am Bruſtbein gegeben hat, und weil in beißen Landern in jeder Macht ein ſtarker Thau fällt, ſo iſt dagegen ſein Gehirn oben mit einer Schwuͤle von Horn beſchuͤtzt. Sehet doch die liebreiche Vorſorge Got⸗ ‚tes für alle feine Geſchoͤpfe! Was ein Thier entbehren muß, das wird ihm gleich auf eine andre Art erſetzt. Und Millionen wehrloſer Thierchen beſchuͤtzt der Schöpfer der Natur in jeder Macht; ſobald die Koͤniginn des Tags, die Sonne, untergangen iſt, verbergen ſich die meiſten in ihren Wohnungen, und erwarten wieder den Anbruch des Tages. Die kleinſten und geſchaͤftigſten Thiere, z. B. die Bienen, ruhen faſt gar nicht; im Ameijenbah« fen höre der Fleiß und die Arbeit nicht auf. 7 In Abſicht auf die Geſchwindigkeit der Bewegungen übertrifft das Pferd alle andre Thiere. Bey den großen Wettrennen, die die reichen Leute in Engelland oft veran— ſtalten, ſieht man öfters mit Erſtaunen, wie ſchnell die 5 arabi⸗ N 0 * f g EN Ä — a 476 Von den Thieren uberhaupt. arab iſchen und bare e Pferde laufen. Aber frey⸗ lich hält das Pferd nicht ſo lange aus, als das Renn⸗ thier in Lappland, das doch auch in einer Secunde ſei⸗ nen Schlitten mit dem Herrn einen Weg von 17 Schuh und 1 Zoll fortgezogen hat, und als das Elenn in. Schweden. Nach dieſen Thieren kommt der Menſch in Rückſicht auf die Geſchwindigkeit im Laufen. Engli⸗ ſche Wettlaufer find ſchon ‚oft mehr als tauſend Schuh in einer Minute gelaufen. In beißen Laͤndern iſt auch der Eſel ſchnell, weil er dort auch größer iſt; man gallopirt auf ihm, und reitet auch mit Eſeln um die Wette. Dem Menſchen kann man dabey weit mehr Laſt auflegen, als dem Pferd, und er haͤlt eine gleich ſtarke, aber nicht uͤbertriebene, Bewegung länger aus, als alle andre Thiere. Selbſt dem großen Elephanten kann man nicht mehr, als acht und zwanzig Menſchen, oder 2228 Pfund auf. laden, und dieſe traͤgt ein Elephant, der neun Ellen hoch und ſieben lang iſt, nicht länger als neun Stunden. Wenn ihr die Staͤrke eurer Ochſen und Pferde recht ken⸗ nen lernen wolltet, ſo muͤßtet ihr dieſe Thiere freylich in N ihrer Wildheit ſehen. Die afrikaniſchen Buͤffelochſen * x fallen ganze Heerden an, und find im Stande, Pferde mit den Fuͤßen zu zertreten. Aber, die Wahrheit zu ſagen, ſo ſind die kleinſten Kaͤfer und Milben, wenn man ihren kleinen Koͤrper anſieht, und damit 5 Ge⸗ baͤude, ihren Lauf und ihre Verrichtungen vergleicht, die allergeſchwindeſten und die allerſtaͤrkſten. Zu unſerm Beſten kennen die großen Thiere ihre Kraͤfte nicht, ſonſt 1 ließen fie ſich nicht ſo lenken von einem ſchwachen Jungen. 8) Daß kein Thier wirklich reden lernt, habe ich euch oben ſchon geſagt. Mit vieler he lehrt man Papa ⸗ gehen, 77 * W En | . ach a 8 24 n „ x SE ! i 8 5 5 185 „ e 1 I = 8 . 5 9 * . 1 55 = > 2 2 Br Von den u Thieren überhaupt. 17 geben, Naben, Staare, Elſtern und Goldfinken, einige Worte nachſagen. Ein Baurenjunge in Nieder⸗ ſachſen brachte auch einmal einen Hund in etlichen Jah, ren ſo weit, daß er in Gegenwart eines der groͤßten deutſchen Gelehrten etliche ſchwere Wörter aus unſcer Mutterſprache aus ſprechen konnte. Daß die Thiere aber keinen vernünftigen Begriff damit verbinden, das ſeht ihr daran: ſie ſagen ihre Worte gar oft zur Unzeit, am unrechten Ort, unzaͤhligemal hinter einander her, wie eine Pfeife ſchreyt, ſobald ſie angeblaſen wird. Indeſſen en haben die Thiere doch ein Vermoͤgen, aller⸗ ley Töne hervorzubringen, die die Verſchiedenheit ihrer Empfindungen ausdrücken. Diejenigen insbeſon⸗ ' dre, die Bruſt und Lungen haben, koͤnnen einen ſehr ver⸗ nehmlichen Laut von ſich geben; aber Fiſche, Inſecten und Würmer ſind ſtumm, außer daß einige, z. E. die | Heimchen oder die Hausgrillen, durch das ſchnelle un. einanderſchlagen ihrer Fluͤgel einen ſehr verdruͤßiichen Ton erregen koͤnnen. Unter den vierfuͤßigen Thieren haben die Mänr Ahe allen färfere Stimme; aber der Ton der Kuh iſt groͤber, als die Stimme des 8 Stiers oder des Ochſen. Das verſchiedene Schreyen und Rufen der Thiere hilft ihnen vorzüglich zur Paa⸗ rung, in Gefahren, bey ihren gemeinſchaftlichen Arbei⸗ ten, auf ihren Reiſen, auf ihren naͤchtlichen Streiſe⸗ reyen ꝛc. Wir verſtehn die Bedeutung von jedem ein⸗ zelnen Ton nicht, aber die Thiere von der naͤmlichen Gattung kennen die Sprache wohl. 9) Außer den Fiſchen und noch andern ganz für das Waſſer beſtimm⸗ ten Thieren, kann kein Landthier beſtaͤndig in und unter dem ah er ſeyn. Einmal könnten fie im Waſſer 0• M nicht * 7 A % > \ , a 178 Von den Thieren überhaupt, | nicht athmen, wie es doch ſeyn muß; und hernach wuͤr⸗ de das Fleiſch der Landthiere, wenn es beſtaͤndig im Waſſer waͤre, endlich weich, ſchlapp, halb faul, und die Thiere verloͤren alle Kraft, ſich zu b oder auf Raub auszugehen. Daher wechſeln die Fiſchottern, die Flußottern, die Waſſerratten und die Bieber mit ihrem Aufenthalt zwiſchen dem Waſſer und dem feſten Land ab; und eben fo machen es einige von den Seethie⸗ ren, die Seekaͤlber, die Seebaͤren, die Seeloͤwen, die Wallroſſe und die Seekuͤhe, die ich euch ſchon mehrmals genannt und im Kupfer gezeigt habe. Da⸗ mit indeſſen dieſe Thiere auch in der Zeit, wo ſie, um ihrer Nahrung willen, ſich unter dem Waſſer aufhalten muͤſſen, nicht in Gefahr kommen, zu erſticken, ſo hat der Schöpfer bey dieſen Thieren, die in beyden Elemen⸗ ten leben ſollen, die Einrichtung ſo gemacht, daß ſie, ſo⸗ bald ſie unter das Waſſer gehen, wieder eben den Kreis⸗ lauf des Bluts, wobey keine Beyhuͤlfe der Lunge noͤthig iſt, bekommen, den ſie und wir in Mutterleib gehabt haben. Naͤmlich in der Scheidewand des Herzens bleibt bey ſolchen Thieren das eyfoͤrmige Loch offen, das in Mutterleib vorhanden war, und durch dieſe Oeffnung, die bey uns und allen andern Thieren nach der Geburt gleich verwaͤchſt, fließt das Blut, ſobald keine Luft mehr in die Lunge kommt, ohne erſt hinüber zu gehen in die Lunge, wie ihr gehört habt, gerade aus einer Kammer des Herzens in die andre, und dies iſt der Grund, warum dieſe Thiere doch auch unter dem Waſſer leben koͤnnen. Wenn ſie hernach merken, daß ſie vom Waſſer angegriffen, welk und ſchlapp werden, ſo gehen ſie wieder an das trockne , feſte and „ wärmen ſich in der Sonne, | Bus | / Von den Thieren uͤberhaupt. 179 und das Fleiſch erhäft feine Spannkraft wieder. Beym Bieber iſt die weiſe Fuͤrſorge Gottes augenſcheinlich. 5 Er baut ſich ias Waſſer aus Holzzweigen und naſſem Thon ein niedliches Häuschen, das aber viel größer ſeyn müßte, wenn auch fein breiter Schwanz darin Platz ha⸗ ben ſollte. Daher laͤßt er hinten eine Oeffnung, wo⸗ durch der Schwanz immer in das Waſſer hinabhaͤngt. Damit nun das Fleiſch des Schwanzes nicht faul werde im Waſſer, ſo iſt der Schwanz ſchon mehr fiſchartig, als der ganze übrige Körper, Er ſoll auch in Kloͤſtern, wo er gegeſſen wird, ſchmecken wie fettes Fiſchfleiſch; und da ſonſt der ganze übrige Koͤrper des Biebers mit den koſtbaren Haaren beſetzt iſt, die man zu Huͤten braucht, fo ift der hintre Anſatz an feinem leib, der ihm bey ſeinem Bau ein unentbehrliches Werkzeug iſt, mit Schuppen beſetzt, die das Waſſer abhalten, daß das Fleiſch nicht faulen kann. Der Schöpfer ſchuf alle moͤg⸗ liche Thiere, und wußte fuͤr jedes eigene Mittel, eigene Wege. 10) So oft ich ſeither von den Trieben ds Thiere geredet habe, müßt ihr dabey ihre natürliche Ba ſtrebungen denken, gewiſſe Handlungen zu verrichten, gewiſſe Geſchaͤfte und Bemuͤhungen, die ihnen ſo natuͤr⸗ lich ſind, als uns der Trieb zum Reden, zum Gehen, zum Bewegen der Arme und der Füße, Sobald die aͤußern Gegenſtaͤnde ihnen in die Sinne fallen, ſobald regen ſich dieſe Triebe. Z. B. der Wolf wird heiß⸗ hungrig, wenn er eine Heerde Schafe erblickt. Ihr kennt die Heftigkeit, womit ſich der Hengſt im Fruͤhjahr feiner Stute bemächtigte. Die Thiere haben dabey kei⸗ ne wahre Begriffe, ſie urtheilen nicht, ſie ſchließen nicht, 1 ſe haben. keinen an 115 koͤnnen nicht nachdenken; aber ur, M 2 ihre 180 Von den Thieren überhaupt, | ihre Empfindungen, ihre Neigungen und Abneigungen ſind gar lebhaft, und reißen ſie unwiderſtehlich zu den Gegenſtaͤnden bin, die, für fie find, Ein Wolf riecht die Lockſpeiſe, er hat den Geruch von angebranntem Fleiſch, und folgt ihm nach; aber ſebald er wieder eine andre Witterung von einem Menſchen, der da gegangen iſt, oder vom Fangeiſen bekommt, ſo kehrt er wieder um. Deswegen kann er ſich aber die Falle doch nicht vorſtellen, er wird nur bange wegen feine: leben, ohne daß er deut⸗ lich weiß warum? Und, weil die Thiere gar keine Ver⸗ nunft f haben, ſo hat ihnen der Schoͤpfer gewiſſe Kunſt⸗ triebe gegeben, durch welche fie ohne Erfahrung, ohne Ueberlegung, ohne Schule, Beyſpiel und Muſter, von ihrer Geburt und Jugend an mit meiſterhafter Geſchick⸗ lichkeit gleich alles das thun, was zu ihrer Erhaltung, Vertheidigung und Fortpflanzung noͤthig iſt. Unſre jetzige junge Vogel flechten ſich ein Neſt, und haben doch nicht geſehen, wie ihre Aeltern das Heft bauten, in welchem fie ausgebrütet wurden. Wenn die Sei⸗ denraupe ſich einſpinnt, fo liegt der Kopf des kuͤnftigen Schmetterlings allemal am lockern Theil. Schneidet das ſeidene Haͤuschen auf, legt die vertrocknete Raupe inwendig verkehrt hinein, ſo kann der Schmetterling nicht herauskommen. Alſo das weiß die Raupe, ſobald fie geboren iſt, daß fie ihr ſeidenes Grab an der einen Seite duͤnner, an der andern dicker machen muß; und ſobald ſie in den Fall kommt, ſo macht ſie es wirklich ſo. Der Ameiſenloͤwe graͤbt ſich ruͤckwaͤrts im duͤrren San. de einen hohlen Trichter neben einem Ameiſenhaufen, da⸗ N) 1 * „ 1 — . 4 1 N y mit fie hinabfallen und er fie ausfaugen kann, und das ” e, ſobald er 1 iſt. Auch die Spinne bringt . bre Von den Tb eren überhaupt. N 181 er Guo ſeidene Netze fuͤr Fliegen und Muͤcken zu weben, die viel ſchneller ſind, als ſie, mit auf die Welt. Daher iſt auch weiter kein Gedanke an den Nutzen oder Schaden, den ihre Geſchaͤfte in der Welt ſtiften, in 5 iber Seele. Die Bienen tragen den Honig fuͤr ſich ein, ſie denken nicht an uns. Wir haben Faͤhigkeiten, durch Unterricht und Umgang mit andern Menſchen alles mögliche zu lernen; aber wir koͤnnen auch veraͤndern, verbeſſern, zusetzen, erfinden. Wir koͤnnen uns bey unſern Handlungen den edelſten Zweck vorſtellen, und uns durch den Gedanken an Gott, an uns ſelbſt, an unſre Mitbruͤder entweder ermuntern oder abſchrecken laſſen. Wir haben auch lebhafte. Empfindungen, koͤr⸗ perliche Triebe; aber wir haben doch Freyheit, Ueberle⸗ gung, Bedachtſamkeit, und koͤnnen, wenn wir unſre Vernunft zu Huͤlſe nehmen, unfte Enſchließung ſo lange zurückhalten, bis wir die Sache von allen Seiten uͤber⸗ legt und geprüft haben. Aber der Loͤwe ſtuͤrzt unauf⸗ haltſam auf einen Raub hin, mern er Hunger hat. Die Katze verläßt den weichſten und waͤrmſten Ort, ſobald ſie Maͤuſe ſpuͤrt. Jeder ſinnliche Eindruck macht ihre Kräfte rege. Daher weiß man auch, daß ſchon Voͤgel auf gemalte Trauben einfallen wollten, und daß ein Pferd bey Erblickung eines ſehr naluͤrlich gau ann in wichen Ae | Doch genug von den Thieren 16505 Wir wollen nun eure Hausthiere einzeln durchgehen. M3 D Das 182 Don den vierfüfigen Thieren. B) Das Pferd. 1. Das Pferd, das in den aͤlteſten Zeiten der Welt mehr zum Krieg als zum Ackerbau gebraucht wurde, iſt in Aſien zu Haufe; daher kommen noch jetzt die ſchoͤn⸗ ſten Pferde entweder aus Arabien, oder aus der Baron 1605 in Afrika. | 0 1 2. Vor dem Rindvieh hat das Pferd de darin einen · Vorzug, daß es alle ſeine Arbeiten ſchneller verrichtet; daß man es zu allen Jahrszeiten brauchen kann; daß es c wieder, und mache lange ſchlaͤft. 3. Aber dagegen fft es meiflens im Ankauf ee | im a, koſtbar; im Alter wenig werth; im Geruch ſehr ekel; in ſeinem Bau ſehr zart; vielen Krankheiten unterworfen; erfordert mehr Zeug und Geſchirre; will mehr Muͤhe und Wartung haben, als das Rindvieh; hinterlaͤßt auch keinen ſo vortheilhaften Duͤnger, und iſt in bergichten Gegenden, wenn es nicht ſelber ſehr klein iſt, unbrauchbar. ain, 4. Der Kopf des Pferds ſoll nicht fleiſchicht, nicht fett und nicht zu lang ſeyn. An den Ohren muß es die feinſte Empfindlichkeit aͤußern, ſich nicht hineingreifen laſſen, und fie fpigen koͤnnen. Kauft niemals ein Pferd, das an den Ohren Narben hat. Man glaubt, daß die ſogenannten Glasaugen die beſten ſeyen, weil dieſe ſel⸗ ten blind werden. Ein ſchoͤnes Pferd hat einen Schwa⸗ nenhals; das Vorderroß iſt nicht zu hoch; der Ruͤcken iſt eben; mit den Vorderfuͤßen ſtemmt es gegen die Erde; der 6 0% Das Pferde a 183 der S Schweif muß ganz haaricht ſeyn, und es muß ihn, wenn man. ihn aufhebt, feſt an ſich bruͤcken. ei Weil das Pferd ſich dadurch von uns und sin Thieren auszeichnet, daß es die ganze Haut zuſammen⸗ runzeln und ſich auf dieſe Art Staub und Inſecten vom Leibe fchaffen kann, fo waſcht das Füllen nur von Jugend auf öfters, ſo erhält ſich dieſe Eigenſchaft der Haut, und das Pferd führt zufammen, ſobald ihr ihm Sand auf den Ruͤcken werfet. Merkt euch uͤberhaupt bey den Pſerden und bey allen Hausthieren dieſe Regel: Kaufet niemals altes Vieh; man wendet insgemein alle Muͤhe und alles Futter vergeblich an alte Thiere. Sorget da⸗ fuͤr, daß ſie beſtaͤndig zu rechter ⸗ Zeit gefürtert und ges pflegt werden: denn es ſind unvernuͤnftige Geſchoͤpfe, die nicht fordern, nicht klagen koͤnnen. Seyd nicht ſorglos, wenn eure Thiere außer dem Hof herumlaufen und ſich ſelbſt uͤberlaſſen ſind. Ihr ſeyd ſchuldig, auf ſie Acht zu geben. Ueberlaſſet nicht alles den Knechten und Mägden. Unſer weiſer Luther, der große Erfahrung in allen Sachen hatte, hat ſchon in ſeinen Reimen von der Haushaltung geſagt: „Geſinde nimmermehr bedenkt, „Was Schad oder Nutz im Hauſe brengt.“ Der Haus⸗ pater muß ſelber nachſehen, und wenn er gutes Geſinde bat, auch weiche und liebreich mit ihm umgehen. 6. Die Engelinte „die die wunderliche Gewohn⸗ | gen 155 kommen nun ſelber davon ab. Laßt ihr dem | edeln Thier, was ihm der Schöpfer gegeben hat, die Frchemchele au bedecken und ſich die Plage der Inſecten M e vom * 8 PN 1 17 { 184 Von den vierfüßigen Thieren. vom Leibe zu (haft: en. Es iſt natütlch, daß ſich bey dem verſtuͤmmelten Schwanz Bremſen in den Maſt⸗ darm ſetzen, die das Thier nicht weghringen kann, wenn es ſich nicht die Hinterbacken an einem Pfoſten wund | reibt. Auch taugt das Zopfeflechten der Stallknechte nicht viel. Der Staub ſetzt ſich a (sdann in den Sch weiß des See daraus entſtehen Geſchwuͤre auf der Schwanzriebe. die den ganzen Schweif zuletzt verderben, und die durch kein Arzney mittel zu heilen ſind. In der Jugend muß! der Schwanz oben, wo er am Ruͤcken ſitzt, oft gewaſchen werden, wenn er ſchoͤn werden ſoll. Nehmt euch auch vor den Ziegenboͤcken in Acht. Einige frefe ſen dem Pferd den S Schwanz ab, und das Pferd haͤlt ihnen ruhig ſtill. — Ueberhaupt ſollen alle Haare des Pferdes, ſie moͤgen nun eine Farbe haben welche es ſey, kurz, glatt ſeyn, und wenigſtens fo tief ſitzen, daß, wenn das Pferd ſich nicht gerade haͤrt, ſie ſich nicht leicht ausziehen laſſen. Mit Pferdehaaren wird ein großer Handel getrieben. Die Knopfmacher, die Kuͤſ⸗ fen» und Ballenmacher brauchen fie. Auch zu dem Sir delbogen der Geigen werden fie angewendet. Wenn fie in Matratzen, Polſtern und Stuͤhlen hart worden ſind, darf man nur den Staub ausklopfen, und ſie im Waſſer et lichemal auffieben laſſen, fo find fie wieder gut und weich. Die Haare der Pferde werden glaͤnzend, und der Leib fleiſchicht, wenn man, wie in Danemarf ge⸗ ſchieht, den Saamen der ſtechenden Neſſeln ſammlet, ihn an der Sonne trocknet, zu Pulver ſtoßt, und 95 eine Kg voll in den aa thut, ee 5 7 N = RL „ Ri . nne x 1 i 25 J Ni ue AN . 4 7. 148 EN y RN 3 y Y / 0 10 5 \ — 5 A Das Pfd. 1 et 185 2 Ar den Ber des Dferds muß ihr auch ſehr oh ſehen beym Einkauf, und ihn auch nachher zu ſcho⸗ nen wiſſen. Wenn er mehr als eine Farbe hat, ſo iſt er gewiß ſchlecht. Je ſchwaͤrzer er iſt, deſte dauerhaft ter. Das Pferd muß ganz darauf treten koͤnnen. Laßt es nicht immer in der Näffe, in feinem eigenen Urin ſte⸗ hen, das verderbt den beſten Huf. Huͤtet euch, daß er nicht einmal ſpaltet. Ein ganz geſpaltuer Huf kann wohl mit Wagenfalt se uͤberſchmiert, aber niemals wieder geheilt werden. Das Füllen muß beſchl agen werden, ſebals der Huf ganz gebildet iſt, ſonſt wächſt er immer weiter und unregelmäßig fort. Das Hufeiſen muß dem nr Fuß des Thiers voͤllig fo anpaffend feyn, wie ein Schuh \ an unſerm Fuß. Der Schmied iſt eigenſinnig, wenn er noch immer den Huf beym Beſchlagen brennt. Da⸗ e werden die Blutgefaße, aus welchen der Huf im« mer nachwachſen ſoll, zerſtöͤrt; es iſt genug, wenn er die alten Spine, fo weit fie verwelkt und verborrr find, penilafpee. Daß er beym Aufſchlagen des Eiſens die Nägel nicht zu tief hineintreiben darf, weiß jeder Stall⸗ knecht. Im Winter beſchlaͤgt man ſie rauh, oder g macht kleine Stollen an das Roßeiſen, damit fie über. das Eis deſto ſichrer gehen koͤnnen; aber man behauptet, daß die Thiere, wenn fie nicht daran gewoͤhnt ſeyen, eben fo ſicher gehen. Einige befchlaxen fie alsdann nur 0 mit Nägeln, deren Köpfe ſpitziger find, als die gewoͤhn⸗ chen, Daß die Kammmacher aus dem Huf der 3 Eur 0 Sachen verfertigen, iſt bekannt. a Das Striegeln, Putzen, Weſchen 25 ION men der Ne iſt ihrer ©: N ſehr zutraͤglich; „ M 5 daher 0 0 186 Von den vier füßigen Thieren. daher ſolltet ihr lieben Landleute auch bey euren Pferden, wenn ihr ſie gleich nicht, wie große Herren, um der So Aue Pracht willen haltet, dieſe Mühe nicht ſcheuen. Die Thiere werden bad von dem freſſenden Staub befreyt, der auch in euren oft ſchlechten Stallungen mehr auf ſie faͤllt, als im Marſtall, weil euer Heuboden insgemein ſchlecht verwahrt iſt. Bey einigen koͤnigl, preußiſchen Regimentern iſt dieſer Befehl, die Pferde zu putzen, um ſeines großen Nutzens willen ſo ſtrenge gegeben, daß die Reiter den Pferdeſtaub vorzeigen muͤſſen. Und gerade das Pferd iſt das Thier, das ſich ſelbſt gefällt, wenn es geputzt da ſteht, und ſeine Spiegel weit wegwerfen kann. Doch iſt es beſſer, wenn das Striegeln und Buͤrſten vor dem Stall, als im Stall geſchieht. Viele vergeſſen auch, das dicke ſitzende Haar an den unten ſitenden Ge, lenken auszukommen. Ich denke auch, daß jeder unter euch, der Pferde halten kann, auch ſo viel im Vermoͤgen haben wird, daß er jedem Pferd einmal eine ſchlechte wollene Decke kauft. Es iſt gar gut, wenn ihr das Pferd damit bedecken koͤnnt, ſobald es voll Schweiß zu⸗ ruͤckkoͤmmt, und ihr ihm das Geſchirr abnehmt. Jene | leichte Decke verhindert, daß es ſich nicht verkaͤltet, und ſtets in der Ausduͤnſtung bleibt, die die Natur fordert. Gut iſts, wenn ihr das Pferd auf Holz, auf Dielen oder Brettern ſtehen laßt, und nicht auf Pflaſterſteinen, und wenn ihr zugleich den Boden des Stalls ſo einrich⸗ tet, daß das Pferd etwas hoͤher ſteht, und ſein Urin von ſich ſelber abfließen kann. Daß auch der Ort, wo unſre nuͤtzliche und taͤglich geplagte Thiere ausruhen und ſchla. 7 fen ſollen, friſche und geſunde Luft haben muß, das habe ich euch ſchon mehrmals erinnert. Die Thiere im Wald mit | in „ — et. 187 Fe fo geſund, fo munter und friſch, weil fie beſtaͤndig die freye Luft genießen, und ihre eigene Daͤmpfe nie bey⸗ ſammen bleiben. Man hat es gerne, wenn die Pferde weit vom Stall der Schweine und der are ſtehen. Denn aus dieſen Oertern kommt beſonders am fruͤhen Morgen ein haͤßlicher Geſtank. Die Hühner muͤſſen auch nicht zu den Dferdefrippen kommen. Sie laſſen ihren Koch und ihre Federn darin zuruͤck. Eben ſo iſt es eine unertraͤgliche Faulheit, wenn der Stallknecht mehr als acht Tage hingehen laͤßt, ehe er den Miſt aus dem Stalle zieht. Muͤſſen dann die Fuße nicht krank werden, wenn fie immer im Naſſen ſtehen? Sollen denn eure Thiere in ihrem eigenen Unrathe umkommen? Arbeiten fie deswegen für euch, damit ihr fie zu einem ewigen Geſtank verurtheilet? Iſts moͤglich, daß ſie ge⸗ fund und ſtark bleiben, wenn fie nichts anders, als faule, ſcharfe, widrige Duͤnſte einſaugen? Euer Miſt kann in der Grube und auf dem uͤbrigen Haufen, wo er der Luft ausgeſetzt iſt, viel beſſer faulen, ohne euer Vieh anzu⸗ ſtecken. Daß uͤbrigens der Pferdemiſt zu den hitzigen gehoͤrt, das zeigt der Geruch im Stall. Man braucht ihn daher in Miſtbeeten, und wo man etwas hne ane will. \ ) 9. Die natuͤrliche, und alſo die beſte Farbe des Pferds ſcheint die ſchwarzbraͤunlichte zu ſeyn; alle andre Farben koͤnnen zwar dem Liebhaber gefallen, aber eigenfa lich ſind es erblich gewordene Schwachheiten, beſonders die weiße und die gefleckte. Nur die Stutte hat Eiter, am Hengſt ſieht man ſelten eine Spur von Bruͤſtenz ee wie das männliche Geſchlecht der Hunde auch keine Bruſt⸗ 188 Von den vierfuͤßigen Thieren. Bruſtwarzen hat;) und auch an der Stutte iſt das Ge⸗ ſoͤge nicht zu allen Zeiten gleich ſtark und ſichtbar. Eine hoͤlzerne Krippe iſt dem Thier nicht ſo geſund, als eine ſteinerne, oder eine, die mit verzinntem Blech ausge. ſchlagen iſt. Das Krippenbeißen muͤßt ihr ihnen von Jugend auf abgewoͤhnen, indem ihr ihnen auch noch in der Nacht Heu in die Raufe ſteket. Zuweilen muß man etwas Salz Über das Futter ſtreuen, es iſt Ver⸗ wahrungsmittel gegen Krankheiten. Wenn von der Vogelkirſche, deren Bläthe praͤchtig iſt, und deren Ge⸗ ruch ſich ſehr lange erhalt, ein betrügerifcher Wirth nur den kleinſten Zweig in einen Haufen Heu verſteckt, fo rührt das Pferd das Heu nicht an. Es frißt nicht, und wenn auch nur getrocknete Blaͤtter davon unter das Heu geſtreut an Eben fo hat die Gewinnſucht und die Bosheit ein Mittel erfunden, dem hungrigſten Pferd das Freſſen zu verwehren, indem man ihm naͤm⸗ lich die Zaͤhne mit Talg, mit Seife ꝛc. beſtreicht, wor⸗ auf man ſie mit Salz wieder abreiben muß, wenn man ſie in gutem Stande erhalten will. Wo Taxus waͤchſt, da müßt ihr das Pferd davon entfernen; der Baum iſt giftig für dieſe Thiere. Das Gras und Heu von trocke⸗ nen und erhabenen Orten freſſen ſie am liebſten. Kein Pferd muß man mit Brechmitteln plagen. Die fran⸗ zoͤſiſchen Zergliederer fanden zuerſt, daß ein Pferdema⸗ gen zwar viermal weiter als ein Menſchenmagen iſt, daß aber der obre Magenmund eine ſehr ſtarke Kraft hat, die er auch noch nach dem Tode behält, ſich ſeſt zuſam⸗ menzuziehen, und nichts, das einmal darin iſt, wieder nach dem Schlund zurüͤckzulaſſen. Auch hat dies Thier keine Gallenblaſe. Sein e Beulhedihnde . | mittel er Pferd. R189 mittel iſt das Hinausſchlagen mit den Hinterfuͤßen; doch giebt es auch Pferde, die gefaͤhrlich beißen. In Sachſen macht man auch Pferdeleder, das arme {eur te unter ihren Schuhen, wie Solen, brauchen koͤnnen. Ferner machen die Kalmucken aus Pferdehäͤnken born⸗ artige Gefäße und Kannen, die das kochende Waſſer nicht erweicht, und die dem Waſſer keinen fremden Ges ſchmack geben. Die Kraft des Pferdes zum Laſten⸗ tragen iſt außerordentlich. In Engelland ſind Pferde, die neunhundert bis tauſend Pfund tragen koͤnnen. Den todten Pferden nimmt man die Sehnen unten am Fuß heraus, läßt fie im Waſſer erweichen, ſchlaͤgt fie, nach⸗ dem ſie trocken worden ſind, auseinander, und verkauft fie buͤndelweiſe an die Orgelbauer. Das find die ſo⸗ genannten Roßadern, womit fie die Falten an den Bla. ſebaͤlgen ausjüllen, damit ſie, weil ſie ſehr zaͤhe ſind, den Blaſebalg, wenn er niedergedruͤckt war, wieder in die Hoͤhe ziehen. Und dieſe Baͤnder ſind es, die man im Krieg den feindlichen r. oͤfters abhaut, wenn man dem Feind ſchaden will. Die en brauchen ſie | a bey den Saͤtteln. 10, „ Eine der ie Fragen im Handel und Wandel, und ſonderlich beym Pferdekauf, iſt: wie ol man das Alter des Thiers erkennen? Regel der Natur iſt, daß das Pferd 40 Zaͤhne haben ſoll; daß es neben den ſechs Rapp ⸗oder Vorderzaͤhnen in jedem Kinn⸗ backen zween Eckzaͤhne oder Haken haben ſoll; daß es aber dieſe letzte, die kurz, duͤnne und ſpitzig ſind, erſt im vierten, ſelten im dritten Jahr bekommt; daß vom drit⸗ ten bis Dun fünften a alle Rappzähne nach und e nach 190 Von den vierfuͤßigen Thieren. nach ausfallen, - welches man das Schieben nennt; daß aber nach den Milchzaͤhnen immer wieder andre nach⸗ wachſen, die man an ihrer gelblichten Farbe, und an den | 0 die ſie oben haben, erkennt, da Hingegen die, erſten Zaͤhne weiß, kurzer und ausgerundeter ſind. Nun iſt ei der Betrug unerſchoͤpflich, und man giebt d den Pferde⸗ zaͤhnen bald ein älteres, bald ein jüngeres Anſehen⸗ Man feilt an den Haken, wenigſtens außen, wo man zukommen kann, oder man ſchlaͤgt fie dem Pferd ganz aus dem Maul, wenn man es noch für jung verkaufen will. Man macht öfters den Pferden in die Gruben der Zähne den Kern, oder die ſchwarzen Flecken nach, die ſie insgemein haben, aber nur bis in ein gewiſſes Alter. Wenn die Pferde ſchieben, müßt ihr fie beſonders ſcho⸗ nen: denn ſonſt werden ſie um dieſe Zeit leicht blind. Das hoͤchſte Alter, das ein Pferd erreichen kann ‚if etwa dreyßig Jahre. Wenn man die Backenzaͤhne der Pferde queer durchſchneidet, ſo erhaͤlt man oft kieine halbdurchſichtige Taͤfelchen, die, wie Achate, mit den | ſchoͤnſten Farben ſpielen. Man braucht in einigen Lan“ dern dieſe manchen ganz unbekannte Stuͤcke, um allerley andre Sachen damit einzulegen und zu W e 11. Eigentlich iſt kein Hengſt vor dem fünften au ausgewachſen; doch läßt man ihn ſchon im dritten und vierten Jahre vierjährige Stutten beſpringen, aber er erſchoͤpft ſich deſto eher, je fruͤher man ihm die Wolluſt geſtattet. Aus einzelnen Beyſpielen, wo es in fi uͤherer Jugend, oder im ſpaͤteren Alter noch gelungen iſt, oder aus Zwillingen, die etwa vorgekommen ſind, koͤnnt ihr nichts ſchließen. Je beſſer ſeh Mann und Weib in | 15 | ER - N er s Pfr. „ Abbſccht der r Große e een deſto ſtaͤrkere Foh⸗ len duͤrft ihr erwarten. Die beſte Zeit iſt vom Maͤrz bis in May monat, und es iſt gut, wenn nach 290 Tas gen das Fohlen nicht zu lange mit duͤrrem Heu gefüttert werden muß, oder auch, ehe der Winter kommt, ſchon einige Staͤrke erhalten hat. Der Zuchthengſt muß ſreyn⸗ lich gut gewaͤhlt ſeyn, er muß auch um ſelbige Zeit wohl⸗ gehalten werden; doch ſchadet ihm leichte Arbeit nicht. Es iſt eine alte und ſchaͤdl 108 Grille, daß man die Stutte gleich nach einer fr uchtbaren Paarung mit kaltem Waſſer erſchrecken müſſe? Welches wilde Thier im Wald mag das haben? Iſt die Stutte traͤchtig, fo darf fie nicht geſchlagen, geſtoßen, gejagt werden. Gebt insbeſondre bey jedem traͤchtigen Thier darauf Acht, daß ſie das erſtemal nicht verwerfen. Man weiß aus Er⸗ fahrung, daß es hernach faſt immer geſchieht. Alle vierfuͤßige Thiere legen ſich zum Gebaͤren nieder, die Stutte allein wirft, wie ich ſchon geſagt habe, ſtehend, und ihr Fohlen bringt, auch gegen die Natur andrer Thiere, auf der Zunge ein dickes ſchwarzblaues Weſen mit auf die Welt, das ihm herabgeriſſen werden muß, unnd das ſehr unſchicklich den Namen Milz erhalten hat. Es iſt gut fuͤr die Stutte, wenn ihr ſie alsdann im dun⸗ keln Stall vor kalter Luft bewahrt. Wenn ſie keine Milch hat, koͤnnt ihr das Fohlen auch an einer andern Stutte ſaugen laſſen; ihr koͤnnt es auch mit Ziegen » oder auch mit Kuhmilch erziehen laſſen. In Sibirien mel« ken die Menſchen den Stutten die Milch aus, und ma⸗ chen Branntewein Barauan Wollt ihr ein ſchoͤnes Fül⸗ len haben, ſo haltet es von Jugend auf ſehr reinlich, und e ihm alle Morgen, mit kaltem Waſſer Augen, Be > a ö | " Von den vierfüßigen Thieren. chlaͤfe und Knie. Sie ſaugen gerne ſechs bis ſieben 7 se en, aber nach den en vierzehn Tagen kann die Stutte ſchon wieder zur Arbeit angehalten, und das Fohlen 1 80 und nach zum grünen Futter gewöhnt wer⸗ den. Bey uns werden die meiſten jungen Pferde ver⸗ kiinikten weil man meynt, daß man fie ſonſt nicht an⸗ ders, als mit großer Mute regieren, und mit vielen Grrahren brauchen koͤnne. Das Mittel iſt aͤußerſt fehmerzbaft, ſcheint faſt unnatuͤrlich zu ſeyn, iſt ein ge⸗ waltiger E Sn den wir in die natürlichen Rechte der Thiere thun, und nimmt dem Pferd ſelber allen Muth und alle ira zum Ausbauren. Es ift einerley, ob man dem Thier die Gefaͤße, die den Saamen bereiten und fuͤhren, ganz herausſchneidet / oder ob man fie nur breit ſchlägt und zerſtoͤrt. Merkwürdig iſt es, daß ge⸗ rade in Arabien, wo die Pferdezucht aufs hoͤchſte getries ben wird, dieſe ſeltſame Gewohnheit des Europaers gaͤnzlich unbekannt 5 und von den BR Io wird, 1 „Vom Naturell des Pferdes will ich b nur kurz lüge, daß es durch einen fruͤhen und der Sache angemeſſenen Unterricht das lenkſam iſte und geſchickteſte Thier werden kann, wie ihr an den Pferden ſehet, die man frühe auf die Reitſchule ſchickt, oder an denen, die man zum Kunſtreiten abrichtet. Aber eben dieſe gute Anlagen des Pferdes koͤnnen auch eben ſo ſchnell verdor⸗ ben werden, wenn es nicht von Jugend auf gebaͤndigt und im Zaum erhalten wird. Es gewoͤhnt ſich das Steigen in die Hoͤhe, das Beißen, das Ausſchlagen, das Stutzi ae die Staͤtigkeit ꝛc. an, wenn es ſeinen Reiter K 1 f e Das Pferd. 193 Reiter nicht fühle, und ſeinem Willen folgen darf. Doch verdient es wegen dem Widerſtand, den es an manchen Orten, wo es vorbeylaufen ſoll, oͤfters blicken laͤßt, noch am meiſten Entſchuldigung. Es kann eine Tuͤcke darun⸗ ter verſteckt lieg gen, woruͤber ihm Strafe von Rechts we⸗ gen gehoͤrt. Oft richtet man aber bey dieſem edeln Thier mit ſanftem Streicheln und liebreichem Wefen mehr aus, als mit Schaͤrfe. Aber ſein ſcharfer Geruch ent⸗ deckt auch gar oft einen ihm unangenehm riechenden Koͤr⸗ per an einer Stelle, wo wir nichts ſehen und nichts rie. chen, und dieſe widrige Empfindung auf ſeinen Nerven reizt das Thier, und bringt es oft beynahe in Wut. Das iſt der Grund, warum es oft an Schindangern, Richt⸗ plaͤtzen, faulen Waſſergraͤben ꝛc. nicht ohne Schnauben und Schwitzen voruͤbergeht. Oft wird es ſchon ſcheu, wenn nur der Wind in einen Baum fährt, Der Baum rauſcht, und ein ganzer Strom von Geruͤchen geht auf das Pferd zu. Es iſt bey Thieren von ſcharſen Sinnen alles ſehr natürlich, ihr dürft euch nicht gleich vor dem Satan ober feinen ſchwarzen Cameraden fürchten. 13. Die Krankheiten des Pferds ſind zu ichn | | faltig, als daß ich ſie euch hier beſchreiben koͤnnte. Nur den Strengel und den Rotz dieſer Thiere will ich euch erklaren. Ihr wißt, das Pferd kann nicht ſaufen, ohne die Naſe zugleich in das kalte Waſſer zu ſtecken. Da iſt es daun unvermeidlich, daß nicht auch die innre Naſenhaut, die mit Nerven und Blutgefäßen durch⸗ wachſen iſt, vom Waſſer berüh we und erkaͤſtet werde. Daraus entſteht eine Entzündung, ein Schnupfen, eine unterdruͤckte Ausduͤuſtung, ee Adern am K a f a, \ MR ‘ 194 Von den vierfüßigen Thieren. Kopf, ein kleines Fieber, ein ſchleimichter Ausfluß aus der Maſe, und das alles kann freylich, wenn es lange anhält, immer gefährlich ſeyn. Auch kann jede Veraͤn⸗ derung der Luft im Herbſt und im Fruͤhjahr dieſe Ders ſtopfung der Gefäße in der Naſe nach ſich ziehen. Man . mache ihnen alsdann nur eine gemaͤßigte Bewegung, gebe ihnen weniger Futter, aber mehr Waſſer, und bes wahre ſie vor aller Zugluft. Auch ſoll der Stallknecht W das Waſſer zum Tränken des Viehes eine kleine Weile vorher aus dem Brunnen ſchoͤpfen, ehe das Vieh zur Tränke koͤmmt, beſonders, wenn der Brunnen ſehr tief, und alſo das Waſſer ſehr kalt iſt. Auch billigen es viele Landwirthe, wenn dem Vieh fein Maſſer in den Stall getragen wird. Nech ſchoͤner ſind die Stallungen, wo friſches Waſſer in einer Roͤhre durch den Stall läuft, und ſich dem Vieh ſelber anbietet, fo oft es Luft hat. Insgemein verliert ſich der erſte Anfall dieſer Krankheit bey dem Pferde wieder nach wenigen Tagen; wenn aber die Entzuͤndung uͤberhand nimmt, ſo muͤßt ihr den Arzt um Rath fragen. ö . © Das Rindvieh. 1. Auch das nuͤtzliche Geſchlecht der Ochſen mit ihren Kuͤhen hat Europa wahrſcheinlich ſchon in den älteften Zeiten durch die erſten Kaufleute aus Aſien er⸗ halten. Nun find die Ochſen in allen Welttheilen uͤber⸗ all ausgebreitet, und wir haben in Polen und Preußen noch wilde Ochſen, oder Ur und Auerochſen, die ſich mit den zahmen Ochſen freywillig und fruchtbar forte pflanzen. Es giebt verſchiedene Gattungen von Ochſen, aber fuͤr uns iſt keine ſo wichtig, als die mit den ſchlap⸗ i pen, — > — Das Nindviceh. 19 pen, großen Wampen, oder Triel, und mit den laͤng⸗ lichtrunden auswärts gekruͤmmten Hoͤrnern. 2. Man kann nicht fuͤr alle Gegenden eine allgemei⸗ ne Regel geben, daß es beſſer ſey, alle Arbeiten mit Pferden, oder mit Rindvieh zu verrichten. Der Ochſe iſt immer wohlfeiler zu kaufen, leichter zu unterhalten, und weil man ihn, Len er ausgedient hat, maͤſten kann, ſo iſt er auch immer vortheilhafter zu verkaufen, als das Pferd. Dazu kommt, es fehlt nie an Gelegen⸗ heit, Rindvieh zu verkaufen. Ferner ſtoßen den Ochſen und Küuͤhen ſo viele Zufaͤll nicht zu, wie den Pferden, und die Blindheit des Maſtochſen verringert ſeinen Werth nicht. Der Dünger des Rindviehes iſt viel vortheilhafter, und weil der Ochſe bey uns etwas laug⸗ ſam und träge iſt, fo wird dadurch manches Feidgeſchaͤft, z. B. das Pfluͤgen, viel beſſer und vollſtaͤndiger beſorgt, als wenn die raſchen Pferde den Pflug über manche Scholle hinreißen. Doch muß ich euch freylich ſagen, daß es wegen der ſchrecklichen Hornviehſeuche nicht rath⸗ ſam iſt, allein Di ndvieh zu halten, wenn es moͤglich iſt, Pferde darneben zu erziehen. Die Entſcheidung der Mebenfrage, ob es beſſer ſey, mehr Milchvieh als ar⸗ beitende Ochſen zu halten, beruht allein darauf, ob ihr in der Nähe einer großen Stadt, oder ſonſt nicht weit von einer Menge Menſchen ſeyd, wo ihr Milch, But⸗ } ter, Kaͤſe gleich in baares Geld verwandeln, und eures ſicheren Abſatzes gewiß ſeyn koͤnnt. In dieſem Fall iſt es der Mühe werth, viele milchende Kühe zu halten. Man kann ſogar oft, ohne Butter zu machen, bie bloße en Milch theuer ee | 1 | Na 8 640 90 0 196 Von den vierfuͤßigen Thieren 3. In heißen Ländern iſt der Ochſe lein, „und ſein Fleiſch ſchmeckt nicht ſo gut als in Engelland, Ungarn, Dänemark ꝛc. Roth iſt die natürliche Farbe dieſer Thiere, denn dieſe hat auch der Auerochs. Aber im Koͤnigreich Neapel ſind weiße Ochſen ſehr gemein, und auf den Schweizeral pen hat man meiſtens ſchwarze Ochſen, und in Graubuͤndten, wo ein großer Vieh⸗ handel iſt, iſt die rothe Farbe des Rindviehs die verhaß⸗ teſte. Man ſchötzt dort am meiſten ein glänzendes Schwarzbraun mit einem weißen Streifen uͤber den Ruͤck⸗ grad, und ein falbes gelblichtes Grau. Ehemals, um die Zeit, da Chriſtus geboren wurde, gab es in Teutſch. land gar viele Auerochſen; und man erſtaunt über ihre Staͤrke und Wut: aber je mehr das Land angebaut und die Waͤlder ausgehauen wurden, deſtomehr wurden dieſe Thiere ausgerottet. Niedrige mit friſchem Gras be. wachſene Gegenden ſind der liebſte Aufenthalt fuͤr Ochſen, aber das Schierlingskraut und das Sturmhutkraut ſind Gift fuͤr ſie. Es iſt wirklich eine außerordentliche Sache, daß uns das Rindfleiſch von Jugend auf beym taͤglichen Gebrauch doch nicht entleidet, da wir doch des Hammels und des Kalbfleiſchs ſobald uͤberdruͤßig wer. den. Durch Ruhe, Unthaͤtigkeit und Ueberſtuß der Nahrung vermehrt ſich das Fett der Ochſen ohne Maaß. Die teutſchen Ochſen werden insgemein ſo groß und ea nicht „ als die auslaͤndiſchen; doch ward in Nuͤrnberg 1775 ein Ochſe geſchlachtet, der zehn Schuh ieh; ſechs Schuh hoch war, nur fünf Vierteljahre! in der Maſtung ſtund, und doch fünf und zwanzig Centner und vierzig Pfund ſchwer war. Man erhielt von ihm a 365 Pfund Unſchlitt, die Haut wog 75 Pfund, und am | . Das Rindvien. 197 Fleiſch blieben ſechs Centner und ſechs und ſiebenzig Pfund uͤbrig. Von der Maſtung mit Heu und Stroh wird der Talg, und alſo auch die Lichter davon, ſehr weiß, von Kürbiffen und Rüben aber wird er ſehr gelb. Aus dem Maſtdarm der Ochſen wird in Engelland und Irr⸗ land durch Einweichen im Waſſer eine ſehr dünne, zarte, und doch ſtarke Haut bereitet, die im Handel vorkommt, und die man lange nicht gekannt hat. Man braucht naͤmlich dieſe feine Haͤutchen, die wie Bl aͤttchen ausfer hen, und, wenn ſie naß ſind, am Munde kleben bleiben, um auf dem Amboß das Ducatengold ſo ſehr aus einan⸗ der zu ſchlagen, daß es Goldſchaum oder Flittergold wird, womit man Bücher, Liſten, Rahmen ꝛc. vergol⸗ det. Auch brauchen jetzt die franzoͤſiſchen Wundaͤrzte dieſe ſogenannte engliſche Haut bey Wunden und bey Aderlaͤſſen. Man kann die Bandagen entbehren, wenn man ein Stuͤckchen von dieſer Haut anhauchet und die Wunde damit verklebt; in wenigen Tagen iſt die Oeff. nung geſchloſſen, und der Arm iſt im geringſten nicht, wie ſonſt durch die Aderlaßbinden, beſchwert. Auch auf Reiſen iſt es bey jeder Verletzung am Finger ſehr bequem. Nachdem das Haͤutchen ſorgfaͤltig geſaͤubert worden iſt, wird es nur mit Gummiwaſſer geſtaͤrkt. Sehet an dieſem Beyſpiel, daß wir noch gar manches wegwerfen, das zu vielen Sachen gut iſt, und deſſen Bereitung viele Haͤnde nuͤtzlich beſchaͤftigen koͤnnte! Eben fo iſt es mit den großen und kleinen Knochen des Rindviehes. Das Staͤdtchen Geißlingen im Gebiet der Stadt Ulm kauft tauſendweiſe die Knochen der Och. ſen, die in Straßburg, Muͤnchen und Schafſhauſen ge. 3 werden, beſonders die Knochen der Vorder. N R3 und x 198 Von den vierfüßigen Thieren. und Hinterfuͤße. Man laugt das Fett heraus, ulld wenn ſie weiß geworden ſind, ſo drehen die Beindrechs⸗ ler daraus allerley Buͤchschen, kleine Schraͤnke, Becher, Löffel, Kugeln, und andre Spielſachen, die in der gan⸗ zen Welt herumgetragen werden, und man kann die ab⸗ fallenden Spaͤne noch als Dünger auf den Feldern brau⸗ chen. Gar viele Hefte, Schalen, Einfaſſungen, Stiele und Handgriffe kann man aus dieſen Knochen verfertigen. Auch die allerkleinſten Knochen von jungen Kaͤlbern und vom Schmalvieh, die zum Drehen zu weich und zu bruͤ⸗ chig ſind, ſammlet man in Engelland und Holland, bis man ganze Gewoͤlber damit angefuͤllt hat, und brennt hernach in eigenen, auf Dörfern dazu eingerichteten Back. oͤfen die weiße, zerreibliche Beinaſche daraus, die eben⸗ falls ein Handlungszweig if, Es ſtinkt freylich ab⸗ ſcheulich bey dieſem Brennen, aber die Goldarbeiter be⸗ zahlen ſie gerne, und auf allen Bergwerken muß man . haben, um gewiſſe Gefaͤße daraus zu machen, in wel⸗ chen man die edelſten Metalle probirt. Ferner brauchen die Kammmacher die Ochſenhoͤrner, und machen vie. lerley Geraͤthe daraus. In China erweicht man die Hörner, macht Laternen und manche andre ſchoͤne Sachen daraus. In Engelland ſteckt man die Ochſenhoͤrner i in die von Erde aufgeworfenen Waͤlle oder Daͤmme, , die man in den Gaͤrten zieht, damit ſie deſto feſter ſtehen ſollen. Sogar das alte verſaulte Ochſenblut wird in Faͤſſern aufbewahrt, und in den Zuckerſiedereyen zur Rei⸗ nigung und Abſchaͤumung des kochenden Zuckers gen braucht. In Aften handelt man mit den Schwaͤnzen . einer Art von Kuͤhen, weil ihre untre Haare beſonders lang, fliegend, weiß, glaͤnzend und fein ſind, wie Seide. 4 ! Sie Das g Rindpich 199 Sie faſſen dort dieſe Kuhſchwaͤnze in Siber ein, und tragen ſie in der Hand als Fliegenwehrer. Bey uns verderbt der Koth der Kuͤhe und Ochſen den Thieren ihre Haare am Schwanz, die ihnen doch fo noͤthig wa. ren als jenen gegen die Inſecten. Noch habe ich euch nichts von dem erſtaunlichen Nutzen des Dchfen - und Kalbleders geſagt. Die Madagaſcarer (ein Volk in Afrika) ziehen die Haut vom Ochſen nicht ab; ſie eſſen fie ſammt dem Fleiſch mit fo vielem Vergnügen, als das Fleiſch ſelber. Alle andre Nationen bereiten daraus das Leder; und ſtellt euch nur, wenn ihr koͤnnt, den unglaublichen Verbrauch des Kalbleders vor in der. ganzen Welt, in einem Jahre! Man macht Schuhe, Stiefel, Pantoffeln, Beinkleider, Saͤcke, Saͤttel, = Riemen, Ueberzuͤge, Kutſchen ꝛc. daraus. Von den älteften Zeiten an hat man im Morgenland, und übers haupt in Afien, die Bereitung der ſtark en und dauerhaften Lederarten beſſer verſtanden, als in Europa, und noch jetzt gewinnt Rußland jaͤhrlich ſehr viel am Handel mit Jufften oder Juchten, d. h. mit Ochſenhaͤuten, die in Sibirien, nachdem ſie auf die gewoͤhnliche Art gegerbt worden ſind, unvergleichlich ſchwarz oder roth gefaͤrbt, ferner ſehr geſchmeidig gemacht, und mit einem durch⸗ dringenden Geruch verfehen werden, der vom Del gewiß ſer dort wildwachſenden Pflanzen koͤmmt, womit das Leder eingerieben wird. Nach dieſem iſt das engliſche Ochſen und Kalbleder das beſte im Handel, und nun denkt, ſo vieles Gute genießen wir von dieſen Thieren, die uns Gott zu unſrer Haushaltung aus hoͤchſter Guͤte erſchaffen hat. Sie vermehren ſich auch eben deswegen ins Unendliche. Man rechnet nicht zu viel, wenn man | N ans «Ki 200 Von den vierfüßigen Aten annimmt, daß nur allein in der Reſidenz des engliſchen Koͤnigs in London, jaͤhelich 100009 Ochſen und 195000 Kaͤlber geſchlachtet werden. Wenn das Thier ſchon in 05 feinem eben durch das Ziehen und Arbeiten nützlich ge⸗ weſen iſt, ſo muß noch nach dem To le alles an ihm ker ſeyn. Deſto ſchaͤndlicher iſt es, wenn wir das beſte, brauchbarſte Thier nur einmal i im Leben mis⸗ handeln oder gar quälen. | 4. Die Zähne find auch 12 das beste Mittel, das Alter des Rindviehs zu erkennen. Da der Ochs Ser hat, ſo hat er in der obern Kinnlade keine Zaͤhne. In der untern bringt er acht Schneide oder Vorderzaͤh⸗ ne mit auf die Welt; dieſe Milchzaͤhne fangen im zehnten Monat an auszufallen zuerſt verliert das Kalb die vier in der Mitte, im ſechs zehnten Monat fälle noch einer aus an jeder Seite, und nach drey Jahren ſind alle Vorderzaͤßhne neu. Wir finden das bey der Kuh wie beym Stier „und dieſe Kennzeichen find ficherer, alg | alles andre, was man on den Ringen der Hörner ſehen wollte. Es iſt auch nicht ſchwer⸗ die zweyten Zaͤhne von den erſten zu unterſcheiden. Jene ſind breiter, aber nicht mehr ſchoͤn und weiß. Ueberhaupt gilt die Regel faſt durchgängig: Je unglelcher, ſchwaͤrzer und abge. ſchliffener die Zaͤhne ſind, deſto aͤlter iſt das Thier. Aber auch dies ſollte fuͤr euch Regel ſeyn, daß ihr das Thier nicht zu früh zur Arbeit anhaltet, weil ihr es da⸗ durch für fein ganzes Leben ſchwaͤcht. Gut iſt es, wenn ihr ſie in der Jugend gewoͤhnt, euch zuweilen ein Stuͤck Brod aus der Hand zu nehmen, damit man ihnen im Nochfall auf ae Art eine Weh beybringen kann. RR [4 ‘ 1. 77 Das Srindwieh 20¹ 5 5 Muſſen ſie bey ſtarken Winden arbeiten, fo werden fe leicht krank davon. Ziehen fie im Regenwetter am Joch, | ſeo wird der Hals oft roth davon. Alsdann ſchmiert die Stelle mit altem Butter, und laßt den Ochſen, wo moͤg⸗ ö lich, einige Tage ruhen. Auch in den heißeſten Tages. finden ſolltet ihr fie fo wenig als moͤglich arbeiten laſſen, weil der Schweiß allemal eine Entfräftung nach ſich zieht. Ihr ſolltet ferner nicht mehr Vieh halten, als ihr wohl füttern koͤnnt. Und oft fehlt ihr auch darin, daß ihr das Vieh zu lange behaltet. Wenn der Ochs zu alt bey euch wird, fo leidet euer Feld darunter, das ihr mit feis ner Huͤlfe pfluͤgen wollt. Verſtaͤndige Landwirthe mey« nen, ihr ſolltet das Rind vieh nicht über ſechs Jahre be. — batch, Selten trägt eine Kuh maß als zehn Kaͤlber. 5. Von dem Streit zwiſchen den neuen und alten f | e e ob es beſſer ſey, das Vieh auf die gemeine Weide gehen zu laſſen, oder ob es nicht viel vortheilhaf⸗ ter ſey, die gemeinen Weidep! äße auszutheilen ‚fein Wieſen zu verwandeln, und die Stallfuͤtterung einzus führen, werdet ihr ohne Zweifel ſchon gehört haben. Eine Menge Gruͤnde, unzaͤhlige Erfahrungen, ganze Koͤnigreiche, und die einſichtsvollſten Guͤterbeſitzer ſpre⸗ chen alle für die Stallfuͤtterung; und ich bin überzeugt, daß ihr ebenfalls ihren Nutzen einſehen und zugeſtehen wuͤrdet, ſobald ihr eure ganze Haushaltung ſo umgeaͤn⸗ dert haͤttet, daß ihr Futter genug zur Stallfuͤtterung ſammlen koͤnntet. Denn das werdet ihr mir doch nicht laͤugnen, daß ihr, ſo lange das Vieh auf der Weide geht, gar einen beträchtlichen Theil von feinem taͤg lichen Aus⸗ wurf verliert Man darf der en nur auf der Spur un e e nach U 202 Von den vierfuͤßigen Thieren. nachgehen. Ihr Weg iſt mit Dung bezeichnet, und ein aufmerkſamer Hirt laͤßt das alles durch kleine Kin⸗ der zuſammentragen und ſammlen. Zu dieſem Verluſt am Dünger kommt die unlaͤugbare Erfahrung, daß die weidenden Thiere die Wieſe ſelber verderben, indem ſie darauf herumſpringen, ſich niederwerfen, mit einander kaͤmpfen ꝛc. Sie treten manche Stelle in den Boden hinunter, beſonders, nachdem fie vorher vom Regen tief erweicht worden iſt. Kaan es anders ſeyn, als daß in ſolchen Loͤchern die Gra wurzeln bald nachher ab⸗ faulen muͤſſen, weil fie in eine Oeffnung, die beftindig voll Waſſer iſt, hinabgeſtampft find? An andern Plaͤ. tzen verderbt her Unflath der Thiere manche gute Stelle, die vorher friſches Gras getragen hat. Der Koth der Heerde ist frepich gute Duͤngung; aber wenn zu viel von dieſer fetten Materie auf einen Ort kommt und da liegen | bleibt, fo wird dadurch die Stelle nothwendig ausge⸗ brannt, und die Graswurzeln muͤſſen endlich abſterben. Ihr koͤnnt folche gelbe, verſengte, ausgetrocknete Stellen in Menge auf jeder Wieſe finden, wenn ihr euch dar⸗ nach umſehet; beſonders trifft dieſer Vorwurf den Gaͤn⸗ ſemiſt, der ſehr hitzig if, Nehmt dazu, daß auf ſolchen ſchon lange ſtark betriebenen, hart getretenen, und zum Theil verbrannten Wieſen wenig gutes Gras zu erwarten iſt. Ich habe mich nie bereden koͤnnen, daß eine nur mittelmäßig zahlreiche Heerde auf ſolchen Gemeinplaͤzen Nahrung genug finden koͤnne. Das Gras, das hier waͤchſt, iſt insgemein trocken wie Flachs, ſtaͤnglicht wie Holz; es denkt ja keiner unter euch jemals daran, daß er auch guten Heuſaamen auf dieſe Plaͤtze ſtreuen, 95 A die Reinigung und age: dieſer Grundſtuͤcke beſorgt — Das Rindvieh. D ieee beſorgt di ſollte! Wenn auch Waſſer auf den Alman⸗ den ſtehen bleibt, und das Futter nothwendig ſauer werden muß, ſo leitet es doch niemand ab. Die Sa⸗ chen, ſo einer ganzen Gemeinde gehoͤren, werden insge⸗ mein am ſchlechteſten beſorgt, weil keiner den Vortheil eigenthuͤmlich hat. Ihr koͤnnt auch nicht laͤugnen, daß ſolche Wieſenplaͤtze zu fruͤh und zu ſtark betrieben wer⸗ den. Ehe das Gras bluͤhen und feinen Saamen ver⸗ ſtreuen kann, wird es ſchon vom Vieh angefreſſen. Wo irgendwo ein junges Graͤschen hervorſprießt, iſt gleich die Zunge des Rindviehs da, und leckts weg von der Erde. Waͤre es dann bey, dieſen Umſtaͤnden nicht ein Wunder, wenn nicht viele, befonders die Pflanzen, die nur einen Sommer dauren, ſchnell nach einander abs giengen? Ihr wißt aber, daß an allen Stellen, wo die guten Kraͤuter erſtickt worden ſind, das Unkraut, deſſe ſen Saamen immer in der Erde liegt, ſogleich uͤberhand nimmt und wuchert. Da man ach fo viele Erfahrun. gen in Engelland und in Teutſchland hat, ſo werdet ihr es nicht laͤugnen, daß man von dieſen gemeinen Weide⸗ plaͤtzen viel groͤßeren Nutzen erhalten kann, wenn man fie austheilt und in ordentliche Wieſen verwandelt. Dann koͤnnen wir mit dem groͤßeren Vorrath von Futter mehr Vieh halten; und erziehen wir das im Stall, ſo geht uns auch kein Duͤnger verloren, der Acker wird beſſer geduͤngt, und die Erndie fallt reicher aus. In Sachſen, in der Pfalz, und an gar vielen andern Orten iſt man von der Gewißheit und von der Wichtigkeit die. ſer Vortheile uͤberzeugt worden. Eure Kinder brauchen alsdann nicht die beſten Stunden am Tage, die ſie in der Schule zubringen ſollten, mit dem muͤßigen Hüten . Kit auf 7 204 Von den vierfuͤßigen Thieren. auf der Weide zuzubringen, und daß einer daſelbſt den andern viel Boͤſes lehrt, das zeigt die betruͤbte Erfah⸗ rung. Man brauchet vielleicht bey einem großen Vieh⸗ ſtand, wenn die Stallfuͤtterung eingeführt iſt, einen Knecht mehr; aber dieſer Aufwand wird durch den groͤſ⸗ N ſeren Nutzen, den die Sache im Ganzen hat, wieder verguͤtet. Ihr ſparet viele Zeit damit, die ihr ſonſt mit dem Suchen und Fangen der Thiere verlieren muͤßtet. Das Vieh iſt alsdann nicht immer in Gefahr, krank zu werden, bald zu fruͤh, bald zur unrechten Zeit, wenn allerley Thau auf dem Graſe liegt, ausgetrieben zu werden. Ihr verliert nicht einen Tropfen Waſſer, nicht ein Loth von dem ſuͤr eure Felder ſo nuͤtzlichen Miſt der Thiere. Auch geben alsdann die abe weit mehr Milch, weil ſie nicht herumgejagt, nicht mehr von ſtoͤßigen Thie⸗ ren in Angſt getrieben, und nicht mehr von betruͤgeriſchen Hirten, oder von muthwilligen Jungen bey der Heerde ausgemolken werden. Selbſt zur Verhuͤtung der Rind⸗ viehſeuche, ſie mag nun entſtehen woher es ſey, ſcheint die Stallfuͤtterung vortheilhafter zu ſeyn. Unter den Pferden, die immer mehr in Staͤllen beyſammen gehal- ten werden, iſt keine ſolche anſteckende Seuche bekannt. In der Schweiz und in Holland, wo das Vieh den größten Theil des Jahrs auf den Weideplaͤtzen iſt, da hoͤrt das Viehſterben faſt nie auf. Man verlangt des. wegen nicht, daß das Vieh immer, wie Bildſaͤulen, da ſtehen und ſich gar keine Bewegung machen ſoll. Viel. mehr muß man es von Zeit zu Zeit aus den Stallungen laſſen, und in einem großen Hof herumſpringen laſſen. Das iſt beſonders auch zum Beſpringen und Belegen der Kuͤhe und Stutten nͤchig/ ; 11255 das Thier von allem 99 | 7 Das Andvich. a Zwang frengeſprochen Ber muß, wenn anders das Junge, das erzeugt wird, kein Krüppel ſeyn ſoll. Aber freylich ſind die Stallungen, die man bisher gehabt hat, faſt alle zu klein, zu enge, zu niedrig, zu dumpficht. Fraget eure Soͤhne, die auf ihrer Wanderſchaft nach Holland, Friesland ꝛc. gekommen find, fie ſollen euch ‚erzählen, wie reinlich, wie hell, wie ſauber der Hollaͤn⸗ der feinen Kuhftall hä. Im Sommer, wenn fein Vieh nicht zu Haufe ift, ſolltet ihr kaum glauben, daß x dies ein Kuhſtall ſey. Ich bin, als ich vor etlichen Jabren in Amſterdam war, bey einem großen Vieh⸗ herrn geweſen, der wohnte im Sommer im Kudftalf, und wer es nicht wußte, bemerkte es nicht. Man brauchte faſt nichts wegzunehmen, fo war der Kuhſtall in ein Wohnzimmer verwandelt. Wenn ihr alſo euer Vieh im Stall behalten wollt, fo muß ich euch zuerſt rathen, eine geſunde Wohnung für das Vieh zu bauen, N Alsdann ſollt ihr ſehen, wie friſch und munter es ſich da⸗ ſelbſt befinden wird. Doch muͤßt ihr ihm freylich, und wenn ihr Heu im Ueberfluß haͤttet, auch nicht mehr Futter auf einmal vorwerfen, als es gerade ſrißt, weil es das nicht mehr frißt, was einmal von ſeinem Athem durchdrungen und erwaͤrmt worden iſt. Ihr 7 alles Futter in die Krippe werfen, denn die Raufe iſt wider den natuͤrlichen Bau des Halſes; und wenn hr unter der Krippe den Stall ſauber haltet, ſo geht kein Futter verloren. 6. Was ich euch beym Pferd age babe „ das git auch von der Fortpflanzung des Rindviehes. Wenn ihr dieſe Thiere unter dem dritten Jahre ſich paaren laßt, 206 Von den wierfüßigen Thieren. ſo verſchlimmert ihr dadurch die Zucht. Wo ihr eine gar kleine Gattung habt, da iſt es gut, wenn man aus der Schweiz, aus 9% Hand, aus Friesland, oder aus den Gegenden in Teutſchland an der Weſer zuweilen einen Wucherſtier kommen laͤßt. Es fallen hernach ſo große Kaͤlber, daß ſie noch einmal ſo viel gelten als vorher. Freylich artet die Zucht nach etlichen Jahren wieder aus, aber man kann durch neue Stiere aus jenen Gegenden die Art gleich wieder verbeſſern. Wenn der Bulle anfaͤngt, Sn enſchen zu ſtoßen, ſo verſchneidet ihn N gleich, und gewoͤßnt ihn das Joch zu tragen. Sonſt 5 durch ihn großes Unglück entſtehen. Ich weiß ein Beyſpiel, daß ſolche vor Wolluſt wuͤtende Thiere e Frauen auf die Hoͤrner genemmen und wie einen Ball in die Hoͤhe geworfen haben. Der Bulle erſchoͤpft ſich, wenn man ihm das Beſpringen ta glich mehr als zweymal erlaubt. Man richtet es ſo ein, daß man eine Kuh hat, die im Sommer, und eine, die im Winter Milch giebt. Sie tragen bekanntermaßen faſt vierzig Wochen; darnach kann man ſich im Belegen N Kuh 1915 „daß eine im Hornung und die andre im Bloͤthenmonat belegt wied. Auf dieſe Art kommt das Kalb von der Winter- und von der Sommerkuh bald zur friſchen Weide. Leidet es durchaus nicht, daß man die Kuh durch allerley Arzneymittel wolluͤſtig oder hitzig ma⸗ chen will. Die Natur regt ſich von ſelbſt, wenn das Wieh geſund iſt. Die Kühe werden, wenn ihre Zeit iſt, unruhig, boͤlken, geben wenig Milch, und wollen ſogar auf andre Kuͤhe ſpringen. Gebt ihr etwa O elku - chen zu freſſen, ale andre Kuͤnſteleyen vertragen ſich nicht mit der Natur. Jum Ueberftuß, will ich eu auch 0 bier \ — Das Nindvien. 207 hier wieder erinnern, daß ihr die traͤchtige Kuh mit Schlägen verſchonen müßt, weil fie ſonſt leicht verwirſt. Wenn ihr auch nicht ſehe gute Nahrung geben koͤnnt, fo mußt ihr ſieben Monate nach ihrer Empfaͤngniß auf⸗ hören, fie auszumelken, weil alsdann das Thier alle ſei⸗ ne Saͤfte fuͤr das Junge in Mutterleib noͤthig hat. Nach dem Werfen laßt ihr die Mutter ihr Kalb ſelber ablecken, das dient ihm ſehr zur Geſundheit, und bes wahrt nur die Mutter vor Verkaͤltung. Wenn unter 5 euch auch die Ge ewohnheit eingeführt iſt, der Kuh nach dem Werfen eine Weinſuppe zu kochen, ſo laßt das nach und nach abgehen. Geiſtige Getraͤnke ſind nicht geſund für die Thiere. Wer giebt das im Wald den Auerkuͤ⸗ hen, und ſie und ihre Jungen werden doch ſtaͤrker und gefuͤnder, als unſer zahmes Rindvieh? Ruͤhrt lieber eine Hand voll Roggenmehl, damit es ſich nicht kluͤmpert, in lauem Waſſer an, und bringt das der Kuh in Stall. Und alles, was ihr weiter thun koͤnnt, iſt, daß ihr ihr zuweilen das Euter mit kaltem Waſſer abwaſcht, damit da keine Milchknoten, Geſchwuͤre, oder Verhaͤrtungen und Stockungen der Saͤfte entſtehen. Wenn unter der Arbeit beym Kalben der Kuh auch der Maſtdarm mit herausgetrieben wird, ſo muß der Stallknecht dieſen Darm wieder ſachte hineindruͤcken; und in einem alten Hausbuch wird gerathen, daß man in dieſem Fall Woll⸗ kraut, Heuſaamen, Haber und Hopfen mit einander ko⸗ chen, und es erlichemal warm auf dieſen Ort auflegen ſoll. | 7. Alsdann kommt es darauf an, ob ihr das S Stier⸗ 15 Kab alb zur Zucht, oder nur zur kurzen Maſtung und zum Verkauf aufziehen wollt. Soll das Kalb ö bald „208 Von den vierfuͤßigen Thieren. bald verkauft oder in der Haushaltung gegeſſen werden, fo laßt es bey der Mutter ſtehen. Sonſt ſehnt ſich die Kuh fo aͤngſtlich nach ihrem Jungen, daß ihr die Milch daruͤber vergeht. Ihr koͤnnt es an der Mutter ſaugen laſſen, bis ihr es ſtechen wollt, und dazu muͤßt ihr dh einige, wenigſtens vier Wochen abwarten, weil fonft das Fleiſch des jungen Kalbs ungeſund und unſchwack⸗ haft iſt. Gut iſt es auch, wenn ihr die Kuh ſelber mel. ket, und einen Theil der Milch dem Kalb zu ſaufen gebt. Hei man weiß aus Erfahrung, daß ein ſchwaches Kalb die Mutter nicht genug, und ein ſtarkes Kalb die Mutter zu ſehr ausſauget. Das geht ja ſelbſt mit den Kindern im Menſchengeſchlecht ſo. Auf eine gute Milchkuh müßt ihr aber alle mögliche Sorgfalt wenden. Braucht das Kalb viel, ſo kocht ihm Brodkrumen in fügen ie und maͤſtet es damit. Soll aber das Kalb zur? Zucht aufges d wer⸗ | den, en laßt es etwa vier oder fünf Wochen faugen, und ſchon waͤhrend dieſer Zeit gewoͤhnt es noch im Stall an grünes Futter, an Heu, an geſchnittnes Stroh von Gerſte, oder an Haber und Gerſtenſchrotl. Da, wo man Buchweizen baut, giebt man ihm auch dieſe Gruͤtze⸗ Bekommt das Kalb waͤhrend dem Saugen | kleine Schwaͤmmchen auf der Zunge, wie ſie oft auch unſre Kinder bekommen, und dadurch am M ilchfrugen gehindert werden, ſo waſcht ihm nur allemal nach etli⸗ chen Tagen das Maul, die Lippen und die Zunge mit etwas Salz, das in Eſſig aufgeloͤſt worden iſt. Beym Entwoͤhnen ſtel lt Mutter und Kind ſo weit von einander, daß ſie einander . mehr hoͤren. Das aͤngſtliche 0 ia 1 * 4 Geſchrey el die zaͤrtliche gehe, die der Schoͤpfer Kaͤlber, wenn ſie ſchon ein Jahr alt waren, einkaufte, auch den unvernuͤnftigen Thieren gegen einander einge⸗ floͤßt hat; aber die Geſundheit der Mutter und des Kalbs leidet darunter. Bey den Thieren wirken die heftigen Leidenſchaften eben ſo auf den Koͤrper, wie bey den Menſchen. Unter den deutſchen Landwirthen, von welchen man viel Gutes lernen kann, war einer, der alle feine Kälber ganz jung verkaufte, und lauter geſunde und ſich bey dieſer Einrichtung recht wohl befand. liche Treiben des Viehes auf die Weide iſt, da waͤre es \ gut, wenn ihr es, befonders im Anfang des Sommers, 9. Wegen dem weiteren Fortgang eurer Viehzucht will ich nur einiges erinnern. Wo auch noch das ſchaͤd⸗ zuweilen wieder einen Tag zu Hauſe behalten, und mit duͤrrem Futter ernähren koͤnntet, weil ſonſt der Durchfall im Leibe, der vom jungen friſchen Graſe ent⸗ ſteht, und ſonſt eine ſehr nuͤtzliche Abführun g des Viehs iſt, leicht zu weit gehen und die Thiere zu ſehr ſchwaͤchen koͤnnte. Daher muͤßt ihr alles, was Nahrung fuͤr das Vieh werden kann, forgfältig zu Rathe halten. Man ſtoͤßt an vielen Orten Wurzeln, Spreu, gefchniitnes Stroh zuſammen, und giebt es ihm wenigſtens am Morgen und Abend. Man kann auch duͤrres und grüs nes Futter zuſammenſchneiden laſſen, ſo wird das ſtarke Aufblaͤhen verhindert, und das kleinſte geht nicht verlo⸗ ren. Wendet zuweilen etwas Geld daran, und ſireuet dem Vieh Salz auf das Futter; alle Thiere freſſen es gerne; es vermehrt den Geſchmack, und iſt Verwah. rungsmittel gegen viele Krauk heiten. Am Sroh zum 9 N Unter⸗ 5 Das Kindvich. | 209 . * 210 Von den vierfuͤßigen Thieren. Unterſtreuen muͤßt ihr es auch nicht fehlen laſſen, und weil das Stroh zuweilen theuer wird, und Weizen, Roggen und Gerſte nicht alle Jahre viel Stroh geben, fo ſammlet forgfältig Heidekraut, Farrenkraͤuter und Laub auf den Straßen; ſammlet Rohr, Schilf, Bin⸗ fen, ſammlet die Abfälle von Hanf und Flachs, und glaubt gewiß, daß euer Vieh deſto geſuͤnder bleibt, je trockner es ſteht und liegt, und daß ihr das alles am Dinger mit Gewinn wieder bekommt. In Grau⸗ buͤndten haben die Stallknechte und alle Leute eine wah⸗ re Siebe zum Vieh, und wenden alles auf, es reinlich zu halten. Sobald die Kuh in Stall komme, binden ſie ihr den Schwanz mit Bindfaden in die Hoͤhe, daß ſie ihn zwar frey bewegen, aber doch nicht wuͤſte machen kann im Niederlegen. Aber dort gilt auch eine Kuh zehn bis vierzehn Louisd'ors, und ein ſechswoͤchentliches Kalb wird oft mit ſiebenzehn Gulden bezahlt. Ein ge⸗ ſchickter franzoͤſiſcher Vieharzt hat mit Recht erinnert, daß man auch die Ochſen ſtriegeln, und ihnen beſonders auch den Staub von den Fuͤßen waſchen ſollte, damit fie deſto beſſer ausduͤnſten koͤnnten. Aber wir wenden nur immer alle Muͤhe an das Pferd, und ſind wirklich undankbar gegen den nüglichen Stier. In Holland reibt man das Vieh, ſonderlich das junge, alle Morgen wenigſtens mit einem naſſen Strohwiſch ab; das hilft ſehr zur Geſundheit. Weil die Thiere, fonderlid) die wiederkaͤuenden, gerne an einander lecken, und gar leicht durch die rauhe Zunge des einen Ochſen Haare am andern losgeriſſen werden, die die Thiere hernach hinab. ſchlucken, ſo iſt es gut, wenn ihr zwey Stuͤcke Rind- vieh, beſonders in der Jugend, wo ſie ſich leicht etwas | aͤnge⸗ * Das Kindvieh. Alx f wsd koͤnnen, ſo weit von einander wegſtelk, und die Halfter im Anbinden darnach abmeſſet, daß ſie ein⸗ ander nicht erreichen konnen. Denn dieſe verſchluckte Haare werden nicht verdaut, ſie ballen ſich im Magen zuſammen, eine Menge Schleim und halbverdaute Spei⸗ ſen bleibt darzwiſchen ſitzen; nach und nach werden ſie hart, rund, bekommen eine dicke, oft ſchwarzgelbe Rin⸗ de, und fönnen, wenn fie immer größer werden, aller⸗ dings die Verdauung hindern, indem ſie den Speiſen den Ausgang aus dem Magen verſperren. Die Metz⸗ ger ſinden ſie gar oft im erſten Magen der Ochſen und der Kuͤhe; man nennt ſie Haarballen, Haarkugeln. In einem Hammel fand man in Frankreich einmal dreyſ⸗ ſig ſoche kleine Kugeln; man hat ſie auch bey Loͤwen, bey Ziegen, bey Gemſen angetroffen. Und da ihr nun wißt, daß ſie nichts als Haare und Koth ſind, ſo werdet ihr doch keinen Aberglauben damit treiben. Den Mücken, oder die Stellen des Körpers, wo fie einander erreichen konnen, mit Miſt beſtreichen, iſt bey Maſtoch⸗ fen zwar ein gewöhnliches, aber ein unſaubres und unge⸗ ſundes Mittel; man entferne diejenigen lieber von einan⸗ der, die es oft thun, oder ſchlage ſie etlichemal empfind⸗ lich auf die Schnauze. Wenn ſie in der Galle glaͤnzen⸗ de Steine bekommen, fo iſt das nichts anders, als ver« haͤrtete Galle. Werben fie groß, oder zahlreich, fo vera ſtopfen ſie freylich den Zufluß der Galle in die Gedaͤrme, und das Thier kraͤnkelt, weil es nicht verdauen kann. In dieſem Fall eilt lieber mit dem Ochs zum Schlaͤchter, denn dagegen weiß die menſchliche Kunſt kein Mittel. Wenn aber dem Thier ſonſt nichts fehle, fo iſt Haut und Fleiſch 21 und kann ohne alle Furcht gebraucht 2 rm werden. n — 212 Von den vierfuͤßigen Thieren. | werden. Es iſt übrigens auch beym Rindvieh e eine grauſame Gewohnheit, die meiſten Stuͤcke zu berſchnei⸗ den. Im Morgenland thut man das nicht, und es fehlt nicht mehr an Beyſpielen, daß man auch mit un⸗ verſchnittenen Ochſen alle Feldgeſchaͤfte beforgen kann. Selbſt der Wucheyſtier kann, indem er die Heerde be. ſorgt, doch zur Arbeit angehalten werden, und dann plagt ihn der Kitzel nicht ſo ſtark, daß er allen Leuten im Orte gefaͤhrlich wird. Ihr dürfe auch nicht weit reifen, ſo koͤnnt ihr ſehen, daß es HARTEN ift, dem Ochſen ein ſchweres Joch mit eifernen Ringen und vielen Bändern aufzulegen. Er zieht in einer leichteren Art von Kummt, oder an einigen wenigen Stricken viel leichter, als am gewohnten Joch. Spannt ihn lieber an der Bruſt als an den Hoͤrnern ein. Zum Holzfuͤhren im Wald mag das Joch beſſer feyn, weil er alsdann, wenn der Wagen bergab geht, beſſer zuruͤckhalten kann. In der Schweiz habe ich auch geſehen, daß jeder Ochs ſein eigenes leich⸗ tes Joch hat, das nur aus einem kleinen Stuͤck Holz, in Form ſeines Nackens gebogen, beſteht, und immer ſtark genug iſt, um die Stricke an beyden Seiten daran feſt zu binden. Dadurch wird den Thieren viele Ungemaͤch⸗ lichkeit erſpart, die nothwendig entſtehen muß, wenn zwey Thiere zuſammengejocht werden: denn wo find zween Ochſen, die in der Höhe und Breite des Kopfs, im Gang und Schritt, in der Munterkeit, oder kurz, in ihrem ganzen Weſen einander voͤllig gleich ſind? Man behauptet aber durchgaͤngig, daß der Ochs leichter ziehe, wenn nur ein Pferd vorhergeht, das die He des e in die Hoͤhe us WR / 10, Wir \ — Das Nundvieh. 2113 10. Wir fprechen ſchon lange vom Rindvieh, „und | ic habe euch noch nichts vom Wiederfäuen geſagt. Weil dieſe Thiere, ſo wie auch die Schafe und Ziegen, in der obern Kinnlade keine Zaͤhne haben, ſo koͤnnen ſie die Speiſen durch das erſte Kauen und Zermalmen nicht genug verkleinern. Daher hat ihnen der Schoͤpfer gleich⸗ ſam vier Maͤgen, oder in dem erſten Magen vier Ab. theilungen, und das Vermoͤgen gegeben, die erſt nur grob zerſtuͤckte Speiſe aus dem zweyten Magen wieder in den Schlund und unter die Zähne zu bringen, fie da noch einmal zu zerſtuͤcken und noch beſſ er mit Speichel zu ver⸗ miſchen. Sobald daher die Thiere in Ruhe ſind, fan⸗ gen ſie dieſe wiederholte Arbeit an. Man ſchlachtet ſel⸗ ten einen Ochſen, der nicht noch hinter den Zaͤhnen Baͤlle von Eßwaaren ſitzen haͤtte. Das Thier wiederkaͤut, ſo lange es gefund iſt. Sobald es krank wird, hört dieſe natürliche Arbeit auf. Das Thier bekommt auf dieſe Art den vollkommenſten Geſchmack von feinen Speiſen, und daher mag es auch kommen, daß im Auswurf der wiederkaͤuenden Thiere alles fo ganz aufgeloͤſt und zerſtuͤckt iſt, daß ihnen ſelten, ſo lange ſie wenigſtens nicht am Wiederkaͤuen gehindert werden, ein unverdautes Saa⸗ menkorn abgeht. Deswegen iſt beym Dünger der wie, derkaͤuenden Thiere viel weniger, als beym Miſt der Pferde, zu beſorgen, daß durch ihn fremde Kerne oder Unkrautſaamen auf den Acker gebracht werden. Man⸗ nichfalt und Kuttelfleck heißen dieſe bläcterige Magen im gemeinen Leben. Daß die jungen Kälber, fo lange fie Milch faugen, nicht wiederkaͤuen, iſt eben fo begreif⸗ lich, als daß das Rindvieh im Winter beym trocknen Pens mehr, als ir im Sommer wiederkaͤut. Ihr koͤnnt O 3 aber 214 Von den vierfüßigen Thiere. aber daraus auch begreifen, warum gerade die Weibchen der wiederkaͤuenden Thiere mehr, als andre, Milch ge⸗ ben. Denn ihre Jungen muͤſſen bey dem Mangel der Zaͤhne in der obern Kinnlade laͤnger von Fluͤßigkeiten * leben, als andre Thiere, die ein Maul voll Zaͤhne haben. Die Weisheit des Schoͤpfers erſatzte ihnen dieſen Mans gel durch eine Einrichtung des Magens, und durch eine natürliche Geſchicklichkeit, die Speiſen ohne Mühe und Schmerzen wieder heraufzubringen, die ſonſt andern Thieren verſagt iſt. Dies Wiederkaͤuen befördert ins⸗ beſondre auch das Fettwerden der Ochſen, wenn man ſie mit Mehl, mit Oelkuchen, mit Ruͤben ꝛc. maͤſtet. Man ſtellt fie alsdann freylich in die Ruhe; doch iſt es auch den Maſtochſen gut, wenn ie zuweilen Bewegung 5 an 5 11. Wenn ihr um der Mich, „ um des Butters 3 | Kaͤſes willen Kuͤhe haltet, fo ſehet darauf, daß ihr kei⸗ ne gar hochbeinichte Kuh kaufet. Es iſt manches in der Natur wahr, wenn wir es gleich nicht erflären koͤn⸗ nen, und ſo iſt auch dies. Man will die hohen Kuͤhe nicht in Staͤllen von der Art. Zuweilen giebt die Kuh auch nur aus zween Strichen am Euter Milch, fie fol aber aus allen vier Oeffnungen Milch geben. Manche wollen ſich gar nicht melken laſſen, und find in der Jus gend verdorben worden. Oft hat die Kuh andre Unar⸗ ten an ſich, z. B. fie iſt auf der Weide ſtoͤßig gegen ans dre ꝛc. Auf alles das muͤßt ihr beym Einkauf ſehen; fehlt es nicht in dieſen Stuͤcken, ſo kommt dabey wenig auf die Farbe an; doch iſt die dunkelbraune, weil ſie der Farbe der. wilden Ochſen am nächſten kommt, immer die i | beſte. 7 — Das Rindeich 215 beſte. Man bat beym Futter der Milchkuͤhe allerley vorgeſchlagen, das die Milch vermehren ſoll. Ein be⸗ ruͤhmter Gaͤrtner in Teutſchland meynt, man ſollte uͤber⸗ all zwiſchen Pfingſten und Johannistag den großen, ſchwarzen Rettich ſtark bauen, ihn abwaſchen, mit dem Stoßeiſen grob zerſtoßen, und ihn ſo zerſtuͤckelt den Kuͤhen vorwerfen. Sie freſſen ihn ſehr gerne; als ein ſalzichtes Futter verdient er ſchon Achtung, und das viele Waſſer, das die Thiere auf dieſe Art bekommen, vermehrt die Milch gewaltig. Eine Milchkuh muß viel Waſſer bekommen, ſo wie auch eine Amme, wenn fie ſaͤugen ſoll, viel trinken, viele feuchte Speiſen haben muß. In Holland maͤhet man auch die gemeinen Neſſeln ab, ſtoͤßt fie klein, und man will den Nutzen davon an der Milch ſpuͤren. Von den Paſtinaken iſt es ebenfalls gewiß, daß ſie die Mich vermehren. Auch kleingeſtampfte Ruͤben und geſtoßener Kohl ſind in dieſer Abſicht ſehr gut. Sie vermehren die Milch bey den Kuͤhen fo ſehr, daß fie zuletzt ganz mager werden. Vom Haberſtroh behaupten einige, daß es die Milch vermindre; und andre wollen gerade das Gegentheil be⸗ merkt haben. Vom Laube der Hülſenfruͤchte, beſon⸗ ders der Vitsbohnen, iſt es bekannt, daß es der Be. reitung der Milch im Leibe der Kuh (haben, Ihr ſeyd vermuthlich auch, wie die meiſten Landwirthe, nur ges wohnt, die Kühe zweymal am Tage melken zu laſſen. Und ihr glaubt es vielleicht nicht, wenn ich euch ſage, daß ihr deſtomehr Milch bekommt, je oͤfter ihr ſie melket. Denn jemehr man im thieriſchen Koͤrper den Zufluß der Säfte an einen gewiſſen Ort hin befoͤrdert, deſto ſtaͤrker fließen ſie dahin. Melkt alſo immerhin des Tages M 8 4 drey⸗ 216 Von den vierfuͤßigen Thieren. dreymal; dadurch werdet ihr die Natur der Kühe ge⸗ wöhnen, immer mehr Milch abzuſondern, weil die Ge⸗ faͤße im Euter immer mehr eroͤffnet werden. Es iſt auch deswegen noͤthig, das Melken dreymal am Tage vorzu⸗ nehmen, weil manche Kuh ſonſt die Milch von ſich ſelber weglaufen laͤßt aus dem Euter. Sie thut das naͤmlich, ſo oft ſie die Milch im Euter brennt und reizt. Und ſie muß im Euter ſcharf oder ſauer werden, ſobald fie, zus mal im Sommer bey einer großen Hitze, „lange im Eu⸗ ter bleibt. Wenn ſie nun im Euter ſelber gerinnt, ſo entſteht daraus eine Entzuͤndung, davon werden die Ge⸗ faͤße angegriffen, und daher mag es kommen, daß zu⸗ letzt aus einigen Strichen oder Zitzen keine Milch mehr herausgepreßt werden kann. Denn dieſer Umſtand iſt von einem Fehler in der Bildung der Warze, wenn naͤm⸗ lich die Gefäße von Natur zu eng find, wodurch die Kuh nothwendig hartmelkicht werden min 5, ſehr vers ſchieden. Aber auch hier muß ich euch wieder die genaue Sorgfalt des Hollaͤnders für das Euter der Milchkuͤhe ruͤhmen. Sie waſchen, reinigen, buͤrſten es, und ers halten es dadurch immer offen und geſchmeidig. Das Betragen der Milchmagd hat auch viel Einfluß auf die Kuh beym Melken. Das Ausmelken iſt an ſich jedem Thier angenehen die warme Milch verurſacht, indem ſie durch die Gefaͤße ſachte herabfließt, eine kitzelnde Em⸗ pfindung; daher leiden es die Kuͤhe gerne, wenn man ſie nur dabey nicht ſchlaͤgt, ſondern mit Vernunft und Güs te behandelt. Eine Hand mag freylich oft das Thier empfindlicher druͤcken, als die andre; daher koͤmmt es, daß ſich manche Kühe von fremden Perfo: en gar nicht wollen melken laſſen, und nur immer der Magd, an die N fe 8 1 ) 7 1 Das Rindvieh. 27 ſie gewoͤhnt ſind, ſtille halten wollen. Man muß das aber, ſo lange man wenigſtens ſichre und treue Bedien⸗ ten hat, nicht aufkommen laſſen. Auch das Euter der Kuh entzündet ſich leicht; da müßt ihr nun alles Salz, alles, was ſcharf iſt, weglaſſen. Nehmt ſriſchen, un eingeſalzenen Butter, und ſchmiert damit das Euter, da⸗ mit die Spannung in der Haut nachlaſſe. Und iſt das Uebel ſchon hartnaͤckiger worden, fo weicher einige Kiien⸗ blaͤtter einige Tage in Baumoͤl ein, und legt dieſe auf. Allemal muß das Euter, ehe man melkt, mit kaltem Waſſer abgewaſchen werden, und eben fo ſollen alle Ge⸗ faͤße, die ihr dabey brauchet, vorher vollkommen aus⸗ geſpuͤlt und auf das beſte gereinigt werden. Denn, wenn nur noch am Rand, in den Spalten und Fugen des Eimers das Geringſte von der vorigen Milch, oder von andern Sachen zuruͤckgeblieben iſt, ſo entſteht gleich eine Saͤure im Geſchirr, und dieſe theilt ſich mit aus. nehmender Geſchwindigkeit dem ganzen Vorrath von Milch mit; fie gerinnt, ehe fie in kleinere Gefäße ver⸗ theilt wird. Die Melkerinnen eſſen oft dabey noch ihr Abendbrod. Aber das kleinſte Brodkruͤmchen iſt, weil es Sauerteig bey ſich hat, im Stande, die ganze Maſſe anzuſtecken und in Gaͤhrung zu bringen. Man ſagt, die Milch gerinnt, wenn ſich durch eine innre in der Milch ſelber entſtandene Bewegung die fetten, waͤſſerich⸗ ten, ſalzichten und erdichten Beſtandtheile der Milch trennen, und jede ſich beſonders vereinigen. Wenn ihr nun oͤfters lange die Miſch ſtoßt, oder in dem Faſſe bherumtreibt, ohne daß Butter daraus werden will, fo liegt der Grund meiſtens in den Gefaͤßen, oder in der Milch felber, oder auch in der Luft. Denket auch dabey O 5 nicht * nicht an Zauberey und nicht an Hexenwerk. Wenn N \ — 28 Von den vierfuͤßigen Thieren. man es recht anzugreifen weiß, kann man auch aus der warmen eben gemolkenen Milch Butter machen. Um die Sahne, den Rohm, oder die fetten Theile alle zu bekommen, muß die Milch ſogleich durchgeſeigert werden; da gehen die oͤlichten Theile, weil ſie leichter ſind, als Waſſer, alle in die Hoͤhe. Man nimmt dazu mit Recht ein leinenes, auf einem Ring aufgeſpanntes Tuch. Das iſt beſſer, als Haarſiebe, die ohnehin in der Land⸗ wirthſchaft zu koſtbar find. Aber auch dieſes Tuch muß ſogleich aufs genauſte ausgewaſchen und wieder getrock⸗ net werden, wenn nicht die naͤchſte Milch ſauer werden ſoll. Ihr faßt die Milch gewoͤhnlich in enge, hohe Hafen, in Gefaͤße, die oben nur wenig breiter und groͤßer ſind, als unten. Aber da es uns dabey um nichts anders zu thun iſt, als daß alle Fettigkeiten der Milch ſich in die Höbe ziehen und oben ſammlen ſollen, ſo iſt es ja leicht begreiflich, daß ihr deſtomehr Rohm zum Butter bekommt, je breiter die Oberflache des Ge⸗ ſchirrs iſt. Ihr follter alſo lieber Schüffeln, als Töpfe, mehr flache und breite Gefäße, als hohe und enge dazu nehmen. Dabey habt ihr wohl noch nie daran gedacht, daß auch wegen eurer Geſundheit eben fo viel auf die Materie ankommt, aus der eure Milchgefaͤße ſind, als um der Menge willen auf ihre Figur. In Wald. und Bergorten hebt man die Milch insgemein in hölzernen Geſchirren auf. Aber dieſe werden ſelten ganz trocken, | wiewohl ſie ſonſt recht gut dazu waͤren. Der Hollaͤnder ſchüuͤttet feine Milch in glaͤſerne Gefaͤße; dieſe ſind rein, erhalten die Milch immer ſriſch, laſſen ſich ganz ausſpuͤ⸗ Ka len, nur ſind fie insgemein zu zerbrechlich, und muͤſſen — nn Dias Rindvieß). 219 gar oft von neuem angeſchafft werden. Bey den N. wöhnlichen Milchgeſchirren aus Thon, die der Hafner oder Töpfer mit der Glaſur überzogen hat, muß man doch immer befürchten, daß durch ſauer gewordene Milch das Bley, aus dem der Ueberzug gemacht wird, aufs geloͤſt, und hernach mit der Milch, als ein langſam toͤdtendes Gift unſerm Koͤrper mitgetheilt werde. Dar⸗ aus folgt wenigſtens ſo viel, daß ihr zur ſauren Milch, ſo wie zu allen ſauren Sachen, eigene beſonders gezeich. nete Gefaͤße haben, und ſolche nicht nachher gleich wieder zum Köchen, oder Aufbewahren andrer Speiſen brau⸗ chen ſollt. Man hat ein braunes Geſchirr in unſern Tagen angefangen und in Handel gebracht, das glatt und rein iſt ohne glaſurt zu ſeyn, das hart gebrannt iſt im Feuer, und doch nicht ſo ſproͤde wie Glas. Der⸗ gleichen Gefaͤße ſollten eure jungen Toͤpfer auf der Wan⸗ derſchaft machen lernen, fie find zum Milch werk die ola lerſchicklichſten. Schade iſt es fuͤr die koſtbare Milch, und ſchlecht fuͤr eure Geſundheit geſorgt, wenn ihr die Milhbafen in einen engen, dumpfichten, mit vielen andern Speiſen und riechenden Sachen vollgeftopften Kaſten ſetzt. Der Ort, wo man Milch aufhebt, darf nicht zu warm und nicht zu kalt ſeyn. Wer viel Milch hat, der muß ſich einen eigenen Milchkeller, oder eine Milchkammer halten, und in dieſen muß der Boden und die Wand gemauret ſeyn, und alles oͤfters abgewa⸗ ſchen und gereinigt werden. Wird die Milch zuweilen blau, ſo ſind daran keine Hexen Schuld; es find unreine Duͤnſte in dem Keller, oder im Gewölbe, die ihr durch angezündetes Wacholderholz vertreiben koͤnut. Aber ne muß die Butter ſchlecht werden, wenn ihr mik 1 dem 220 Von den vierfuͤßigen Thieren. dem Abrahmen zu lange wartet. In Holland nimmt man gleich am andern Morgen den Rahm von der Milch, die man geſtern Abend gemolken hat. Ich breche hier ab von der Milch zu reden. Wenn würde ich fertig werden, wenn ich vom Butter und Kaͤſemachen ſpre⸗ chen wollte? Die Sache verdiente es wohl, daß wir davon redeten. Die alte Welt, und noch unſre Vor⸗ aͤltern lebten faſt von Milch, Butter und Kaͤſe. Hol⸗ land und die Schweiz ſind das eigentliche Land der Kunſt, mannichfaltigen und wohlſchmeckenden Kaͤſe zu machen. In Holland ſind in ſieben Jahren nur auf dreyerley Maͤrkten beynahe neun 5 neunzig Millionen Pfund Käſe gewogen worden. In großen Haushal⸗ tungen, wo man die Nutzung der Kühe verpachtet, rech⸗ net man auf eine Kuh jahrlich funfzig Pfund Butter. In Oſtfriesland giebt man drey Knechten oder drey Maͤgden von einer Kuh zu eſſen, aber dort giebt auch eine gute Kuh 170 Pfund Butter im Jahr. Wenn das bey euch unerhoͤrt iſt, ſo ſchließet daraus, daß ihr in der Viehzucht, und ſonderlich in der Gewinnung des Futters, noch iche lernen koͤnnt und e muͤſſet. 12. Aber das ſchr ecklcchſte Uebel für unfte: Rinde viehzucht und für die ganze Landwirthſchaft iſt die anſte⸗ ckende Hornviehſeuche, die ſich beſonders in unſerm Jahrhundert ſo ganz erſtaunend ausgebreitet hat. Die Krankheit greift Lungen und Leber an, und geht endlich in Entzuͤndung und Verhaͤrtung uͤber. Ihr Anfang iſt verſteckt, ihre Zeichen ſind nicht beſtaͤndig, ihre Wir⸗ kungen ſind ſich nicht gleich, die wahre Urſache weiß man noch nicht; daher laͤßt ſich auch ao gewiſſe Arzney hi, * or ' ” 73 A * | Das Schaf. 221 | 600 zur Zeit dagegen angeben. In; Gegenden, wo das Vieh Sohle oder Salzwaſſe er zu ſaufen bekommen kann, da ſoll es bisher von der Seuche verſchont geblie. ben ſeyn. Schlaͤgt man auch das kranke Vieh gleich todt, ſo muͤßt ihr doch um eurer eigenen Geſundheit willen das Fleiſch davou nicht eſſen. Aber wenn das Fell gleich nach dem Abziehen in eine Kalklauge geworfen wird, „fa kann es 09:2 Schaden zu Leder verarbeiter werden. In⸗ deſſen, wenn die Obrigkeit beſtehlt, daß zur Verhütung aller nur moͤglichen Anſteckung das ganze Aas mit Haut und Haaren verſcharrt werden ſoll, ſo muͤßt ihr euch aus Liebe zum gemeinen Beſten ja nicht widerſetzen. Noch bat bisher kein Mittel zur Erſtickung des Uebels mehr, beygetragen, als die ſchleunigſte und aufs ſtrengſte beob⸗ achtete Sperre. Jeder Ort, in welchem nur ein krankes Rind iſt, muß gleich von Verbindung und Umgang mit allem andern Vieh abgeſchnitten werden. Sobald die Policey das befiehlt, fo iſt es das gro oͤßte Verbrechen, ö fi) dagegen zu ſetzen, oder heimlich durch das Geſetz durchzubrechen. Auch iſt es lieblos gegen andre Mit⸗ buͤrger gehandelt, wenn man das herumſchleichende Uebel 1 immer verſchweigt und eln, bis man nicht mehr helfen kann. | »). Die Schafe, 1. Jetzt iſt das Schaf durch den Menſchen auf ya ganzen Erdboden verbreitet worden; aber fein natürliches Vaterland ſcheinen die hohen Felſen im mittleren Aſien, und die ſandigten Wuͤſten in Afrika zu ſeyn, und dort iſt es auch viel wilder, hurtiger „ und ſieht unſerm aus⸗ gear⸗ 222 Von den vierfühigen Thieren. gearteten Schaf faſt gar nicht gleich. Es giebt Schafe mit und ohne Hoͤrner, mit großen, dicken, fetten Schwaͤnzen, und wieder andre mit ſehr kurzen. Bey den Kirgiſen in Sibirien werden einige Schafe fo groß, wie Steineſel; und in ſehr duͤrren mit Heide bedeckten Gegenden ſind die ſogenannten Heideſchnucken, oder eine ſehr kleine Gattung Schaſe bekannt. Auch in den Haaren oder in der Wolle iſt viel Unterſchied. Weil ſchon der dritte Menſch ſich auf die Schafzucht legte, ſo find fo vielerley Spielarten in dieſem Geſchlecht entſtan⸗ den. Und viele ſind ſo ſchwaͤchlich, und ſind in unſerm Welttheil fo vielen Krankheiten unter worſen, daß ſie oh⸗ ne Pflege von Menſchen gar nicht fortkaͤmen. | 0% Besch warme, trockene, mit allerley Kraͤu⸗ tern bewachſene Gegenden, fie mögen nun boch oder niedrig fern, liebt das Thier. Achtzig Schafe leben da, wo eine Kuh ſich kaum ſaͤttigen koͤnnte. In ſandigten Feldern ſind 5 und laſſen ſich auch gerne uͤber Klippen und Felſen treiben. Wo Heide ſteht, da er— halten fie ſich im Winter zwiſchen dem Schnee. Aber viel Waſſer, Moraͤſte und Suͤmpfe, ein ſeuchtes und regneriſches Land kann es nicht vertragen. Es nimmt wenig Waſſer; daher kam es von jeher da gut fort, wo Waſſerquellen eine Seltenheit ſind. Unter vielen andern nicht ſonderlich faftigen Kraͤutern liebt es beſonders das Schafgras, den Thymian, Lavendel, den Rosmarin, und alle wuͤrzhafte Pflanzen. In feinem Naturell iſt viel Lenkſamkeit, aber auch viel ſurchtſame Blodigkeit und dumme Schüchternheit. Ein Donner⸗ wetter, und jedes andre ſtarke N kann das Schaf 5 in — 1 Dos Schar. 223 in Angſt jagen. Bon Natur hat es faſt gar keine Wa ffen; es braucht feine Hörner, und ſchlaͤgt hinten aus: aber die Fuͤße ſind ſchwach. Merkwuͤrdig iſt, daß das Schaf da, wo es wild iſt, keine Wolle, ſon⸗ dern nur ein kurzes, ſtraubichtes „ graues Haal hat. In Aft ika haben die Schafe alle Haare. So wie ſie aber durch die Menſchen immer weiter von ihrem Vater⸗ land verpflanzt worden und noch werden, ſo fallen ihnen die Haare nach und nach aus, und ſie bekommen die duͤn⸗ nen, langen, biegſamen, fettig anzufuͤhlenden wollenen Faͤ⸗ den, die ſich ſpinnen laſſen. Verſetzt man unſre Schafe wie⸗ der in ſehr ſůdliche Gegenden, ſo verliert ſich die Wolle wieder, und nach einigen Zeugungen haben fie wieder Haare. Im mittleren Theil der Erde iſt die Wolle am beſten; aber Schafe in Island, Groͤnland ec. haben ſchlechte und unbrauchbare Wolle, die ſich oft von ſelbſt ain Schaf abloͤſet. Gemeiniglich hat dieſe Wolle eine natuͤrliche Kraͤuſelung. Das Fett, das darin iſt, haͤlt die Motten ab, die ſonſt die Wolle zerſtoͤren wuͤrden. Durch dieſe verdickte Bekleidung iſt das Schaf in unſern Gegenden gegen die Naͤſſe beſchuͤtzt, die oft nicht zu verhuͤten iſt. Daher muß man keine Faufen, die auf dem Ruͤcken eine lockre Wolle haben. Das Waſſer ſchlaͤgt durch und verkaͤltet die Haut. Den großen Nu⸗ gen, den dieſe Wolle leiſtet, brauche ich euch nicht zu beſchreiben. Vom Koͤnige bis zum N nehmen alle an dieſem Geſchenk der Natur Theil. Sie laͤßt fi) kaͤmmen, ſpinnen, weben, färben, mit Seide und Fa⸗ den verſetzen, und giebt zuletzt noch Fließpapier. En⸗ gelland und Spanien gewinnen alle Jahre betraͤchtliche Summen an der Schafwolle, und viele tauſend Haͤnde werden 224 Von den vierfuͤßigen Thieren. werden dadurch in den Fabriken beſchaͤftigt. Es iſt eine granſame, und für die Wolle ſchaͤdliche Gewohnheit, daß man den Tag vor dem Scheeren die Thiere waͤſcht. In Spanien waͤſcht man lieber die Wolle, nachdem ſie geſchoren if. Man muß fie fo ſcheeren, daß die ganze Wolle an einander bleibt. Nach dem Scheren bewahre man fie vor Zugwind, vor Erkaͤltung und vor ſtarkem Schweiß. Die zweyſchuͤrigen Schafe geben freylich mehr Wolle; aber die, fo nur einmal nach Pftingſten geſchoren werden, geben eine viel koſtbarere und längere Wolle, wie man ſie zu unſern Kleidern haben muß. Die Raufwolle, oder die, fo von ſich ſelbſt ausfaͤllt, iſt die ſchlechteſte, und muß mit der uͤbrigen nicht ver⸗ | mengt werden. Die allerbeſte iſt die, ſo am Hals, ‚im Nacken und auf dem Rücken ſitzt. Nach ihr kommt im ang die Seitenwolle, und zuletzt die, fo an den Schen⸗ keln ſizt. Weil dieſe Wolle auch insgemein h iſt, ſo muß auch dieſe beſonders gelegt werden. Je reiner die Wolle gehalten wird, deſto angenehmer il ſie dem Fabrikanten. Allerley Unreinigfeiten, die darinnen find, vermehren zwar das Gewicht; aber man bezahlt mit Recht deſtoweniger Dafür, und Darüber geht zuletzt der Abſatz ganz verloren. Man kann von den Schafen freylich auch die Milch benutzen, wie in der Schweiz geſchieht; aber man ſchwaͤcht dadurch die Mutter, ſo daß die Laͤmmer immer ſchlechter werden, und die Wolle wird dadurch verſchlimmert. Daher es beſſer iſt, den ganzen Gewinn von der Wolle zu erwarten, und das Melken der S chafe ganz abzuſchafſen. Schafbutter iſt ohnehin ſehr weiß, und ſchmeckt nicht jedermann. Will man Schafkaͤſe machen, ſo muß man die Milch OR N mit eh N Dos Schaf. 0 * 225 mit der Sahne Ab „weil fie ſonſt nicht angenehm zu eſſen ſind; und wenn ſie nicht ſchmelzen ſollen, ſo muß man ſie öfters mit einem ſtark geſalzenen Waſſer beſpruͤ. 3 tzen, damit ſie eine trockene Rinde bekommen und ſich verfahren laſſen. Das Schafleder braucht der Buche binder und der Pergamentmacher gar haͤufig, beſonders, da man es ſeit einigen Jahren ſehr duͤnne ſpalten kann. Blos um des Talgs willen werden jahrlich viele tauſend Schafe geſchlachtet. Aus vermengtem Ochſen » und Schoͤpſentalg macht man Lichter. Aus den Gedaͤrmen der Schafe macht man Saiten; man kehrt die Daͤrme, beſonders die von den Laͤmmern, um, waͤſcht fie, und dreht alsdann mehrere zuaammen. Daß man den Schafmiſt auf dem Felde brauchen kann, wißt ihr ohne mich. — Seht alſo, dies iſt ein FOR ‚on dem alles 177 und ne iſt. | 3 Auch bas Schaf gehoͤrt zu den lien; die in einem gewiſſen Alter die Zaͤhne wechſeln. Ehe es ein Jahr alt iſt, hat es acht kleine Schneidezaͤhne; aber ſcho on im erſten Jahr veraͤndert es zween davon, und im vierten find alle acht Zähne neu, nachher werden fie gelb und bruͤchig. Bey der Wahl der Schafe kommt es beſonders auf die Wolle an. Weiß, lang, ungefleckt und ſein ſoll die Wolle beym Widder und beym Schaf ſeyn. Je feiner die Wolle iſt, deſto beffer halten fie die Kaͤlte bey uns aus. Rothe Augen und eine rothe Haut ſind Kennzeichen von einer feinen Wolle. Sind die Schafe beregnet worden, ſo ſoll die Wolle in Reihen fallen oder Locken machen. Man muß ſie nicht eher kaufen, als bis fie seſchoren ſind. Da kann man Stirne, NP Hals 226 Von den vierfuͤßigen Thieren. Hals und Fuͤße beſſer beurtheilen. Die hochbeinichten und die gehoͤrnten S Schafe liebt man nicht bey der Heerde. Es iſt ſelten viel Vortheil bey der Schaͤferey, die nicht im Großen getrieben wird, außer wenn man ſehr ent⸗ fernte Aecker hat, die durch das Pferchen der Schafe geduͤngt werden koͤnnen. Wenn man auch das im Ganzen ſo ſchaͤdliche Recht hat, auf fremden Aeckern weiden zu laſſen, ſo muß man doch noch ſehr vieles und ſehr gutes Heu, und ſehr viel Stroh anſchaffen, damit man ſie im Winter, wenn man bey der ſtrengen Kaͤlte, ſonderlich die Laͤmmer, nicht austreiben kaun, nachfuͤt⸗ tern kann. Man kann, wenn die Schafe gedeihen ſollen, eher den Kuͤhen ſchlechtes Heu anbieten, als den Schafen. Hat man nicht immer Heu, ſo muß man ihnen wenigſtens Stroh von Roggen, Gerſten, Wicken, Erbſen, Hirſe ꝛc. anbieten, und wo man auch das nicht hat, da hilft man mit dem getrockneten $aube von Erlen, Birken, Eichen, Eſchen, Weiden, Buchen ꝛc. nach, | und wechſelt darzwiſchen mit Heu ab. Wer mit dieſer Viehzucht anfangen will, der halte im Anfang lieber wenige Schafe, und vermehre fie nach und nach. Für tauſend Stuͤck Schafe rechnet man ſchon vier Menſchen. Dieſe nehmen viel vom Nutzen weg, und nicht in jedem Jaahr geraͤth die Weide und die Heuerndte. Man muß die Schafe nie aus dem Stall oder aus ihren Hurden treiben, ehe die Sonne den Thau der Gewaͤchſe wieder aufgetrocknet hat. Dorngebuͤſche und andre Hecken muß man da weghauen, wo das Wollenvieh getrieben werden ſoll. Am weiteſten koͤnnen die Haͤmmel getrieben wer⸗ den; die Laͤmmer bleiben zunaͤchſt beym Schaͤfer, und brauchen die beſte Weide. Doch duͤrfen alle die, ſo man | durch u den Winter ſortbringen wil, vorher nicht zu fett werden, weil ihnen ſonſt der Abfall in der Nahrung gar empfindlich iſt. Wo im Winter feſter Boden iſt, der nicht mit Schnee und nicht mit Reif bedeckt iſt, da kann r l s Schal. * 27 man ſie bey heitrer Witterung und auch beym ſtrengen Froſt immer hintreiben, wenn man nur im Stall wie. der nachfuͤttern kann: denn ſie kommen gar oft hungrig „ruck, Die, ſo noch nicht ausgetrieben werden, muͤſ⸗ ſen dreymal am Tage gefuͤttert werden, und ſie fallen oft, wenn man ihnen nur verſchlaͤmmtes Heu zu ſreſſen giebt. Weil die Schafe wirklich einige Wochen ohne Saufen leben koͤnnen, ſo geben ihnen die teutſchen Schaͤ⸗ fer oft lange gar kein Waſſer; aber man laſſe ſie alle Tage faufen aus reinem und klarem Waſſer, ſonſt laufen ſie, wenn ſie der Durſt treibt, an unreine Pfuͤtzen, und ſaugen Egelſchnecken, die ihnen hernach in die Leber kommen, Regenwürmer, Inſecteneyer ꝛc. mit dem ſtinkenden Waſſer in ſich. Noch mehr, als andre Thiere, liebt das Schaf das Salz. In ſeinem natürlichen Vaterland iſt auch der Boden uͤberall mit Salz durch⸗ drungen. Man darf es ihnen daran nicht ſehlen laſſen, wenn anders die Zucht gedeihen ſoll. Vom Bluͤthen⸗ monat bis zum Ende des Chriſtmonats füttern die Schäs fer in Spanien hundert Schafen in jeder Woche dreyßig Pfund Salz. Wenn ich euch die Natur der Pflanzen lehren, und die Geſchichte des Getreides erzaͤhlen werde, ſo werdet ihr von ſelbſt einſehen, daß es für die Winters frucht aͤußerſt ſchaͤdlich ſeyn muß, wenn man die Schafe durch den ganzen Winter bis in Hornung auf jene Felder treibt. Schon oft habe ich eure Viehſtaͤlle getadelt, und dieſe Vorwuͤrfe Kam insbeſondre auch die Schaffe, P 2 | Sie „ 1 . 228 Von den vierfuͤßigen Thieren. Sie ſind alle eng, feucht, verſchloſſen, und ſollten ge⸗ raͤumig, helle, voll Licht und Luft ſeyn. Baut ſie in der Mitte erhaben, damit der Harn der Thiere ſelber ablaufen kann. Weil die Schaſe bey uns einen dicken Pelz haben, ſo iſt es um ſo weniger nörhig, fie in dicke Mauren hinter ſtarken Thuͤren zu verfchließgen. Wenn ſie nur von oben herab Schutz haben gegen den Regen! Wenn ihr es vermeiden koͤnnt, ſo legt kein Heu auf den Boden uͤber dem Schafſtall. Der Staub, der font immer hinabfaͤllt, verderbt die Wolle; es iſt be wenn ihr in der Decke des Stalls eine fhrägfaufenbe Oeffnung machen koͤnnt, wodurch ein ee 155 wechſel! in dem Stall erhalten wird. 4. Zur Vermehrung der Schafe cine fein Bock, der unter zwey Jahren, und keine mehr als ſechsjaͤhrige Mutter gelaſſen werden. Weil die Schafe fünf f Mona⸗ te und zwanzig Tage tragen, ſo laͤßt man am beſten die Mütter, ſo Zucht schafe bringen ſollen, im October belegen, damit die Jungen bald zum grünen Futter kommen. Die zum Verkauf beſtimmten Laͤmmer gelten am meiſten in der Faſtenzeit. Ihre Mutter koͤnnen alſo im September beſprungen werden. Der Schaf⸗ bock wird mit Recht im Fruͤhjahr vom andern Geſchlecht weggenommen, und entweder mit dem Haufen der ver ſchnittenen Schafe, oder gar mit den Schweinen ausge⸗ trieben. Kein traͤchtiges Thier iſt ſo ſchwaͤchlich, und darf ſo wenig erſchreckt oder geaͤngſtigt werden, als die Schafmutter. Daher muß auch der Schaͤfer um die Zeit des Lammens immer Licht bey ſich haben, damit er die Mutter und das Junge gleich | in eine beſondre Ab. . cheilung bringen koͤnne. Die 1 Muͤtter darf man nicht weit auf die Weide treiben, und, wo man ſie hinfuͤhrt, da muß der Boden ſehr gut und vollkom⸗ men trocken ſeyn. Jagt man fie, fo lange fie, fäugen, ſo kann das den Laͤmmern toͤdtlich ſeyn. Treibt man auch die Mutter aus, ehe die Laͤmmer ſie begleiten ‚eo muß man fie doch am Mittag und am Abend zurücktrei⸗ | ben, damit die Lämmer vor dem Stall ſaugen. Oft ſtirbt die Mutter; aber eine Stiefmutter, auch eine Er ſtillt das verwaiſte Lamm. Man laͤßt ſie in Teutſchland nur acht oder zehn Wochen ſaugen; aber die engliſchen Schafe, die bekanntermaßen ſchoͤne und feine Wolle tragen, ſaugen 16 bis 18 Wochen. Man ver⸗ ſchneidet oder unterbindet viele entweder gleich, nachdem ſie von der Mutter abgeſetzt worden ſind, oder erſt nach einem Jahre, weil der Hammel groͤßer, ſtaͤrker, wol⸗ lichter wird. Bey der Gelegenheit zeichnet man ſie auch gemeiniglich mit allerley Farben und ſchmierigen Sachen; aber auf dieſe Art geht in einem ganzen Lande viel Wolle ver loren. Denn weil der Fabrikant diefen | Schmuz nachher nicht mehr herauswaſchen kann, ſo wird alle ſo bezeichnete Wolle weggeworfen. Andre zeichnen ſie an den Ohren; den Weibchen wird der Schwanz verſtutzt: denn irgend eine Zeichnung müffen ſie haben, damit man das Alter unter ſcheiden kann. Denn alle fi iebenjaͤhrige Mutterſchaſe, alte Boͤcke, und ſchon zweyjaͤhrige Haͤmmel, werden alle Jahre von der Heerde ausgemerzt. Nachdem man im Sommer noch ihren Abgang und ihre Wolle genutzt hat, maͤſtet man ſie im BR mit Rüben und Haber, mit Salz, Kleyen, e e . | 230 Von den vierfuͤßigen Thieren. Traͤbern, Heckerling ꝛc., und verkauft fie, wenn ſie nicht 1 in der e gebraucht werden. ri 5. Wenn die Schafe den Schwindel che den Kopf immer drehen, und ſtets ſchief nach einer Seite hinlaufen, ſo haben ſie im Gehirn eine kleine Gattung Bandwuͤrmer ſizen, wovon wir freylich nicht wiffen, wie ſie . gekommen ſind. Sie machen aber dem Thier, weil ſie am Kopf einen Kranz mit ſcharfen Haken haben, greuliche Schmerzen, und es entſtehn große Waſſerblaſen im Gehirn. Das Aderlaſſen hilft dabey nicht. Wenn niemand unter euch iſt, der die Kunſt gelernt hat, die kranke Stelle an der Hirnſchale zu finden, anzubohren, und das Uebel herauszunehmen, ſo muͤßt ihr das Schaf auf den Kopf ſchlagen, oder ſtechen; das Fleiſch iſt uͤbrigens geſund. Es gefiel dem Schöpfer, — gar vielen Thieren, auch den Ochſen und den Gemſen, dieſe einheimiſche Feinde aufzubuͤrden. Aber ein groͤße⸗ res Ungluͤck iſt es, wenn die Raͤude, oder die Graͤtze, | unter einer Heerde anfängt zu wuͤten. Sie ſteckt insgemein an, und weicht allen bisher bekannten Mitteln nicht. So. bald man daher nur ein Schaf bemerkt, das angeſteckt zu ſeyn ſcheint, dem die Wolle von ſelbſt ausfaͤllt an den unreinen Orten, ſo ſondert es ja gleich von allen andern ab, und ſchafft es lieber ganz weg. — Weil auch oͤfters die Schaͤfer ein Schaf ſchlachten, das Fell ſchicken, und vorgeben, es fen geſtorben, fo gebt auf die Fleiſch⸗ ſeite des Fells Achtung. Hat es noch rothe Adern, ſo iſt das Schaf geſchlachtet worden. Wenn es aber in⸗ wendig bleich und weiß ausſieht, ſo iſt es geſtorben. Ich höre ſogar, id einige Schäfer die Thiere nieder. werfen, / = \ regen 235 werfen, ihnen die Wolle an den Seiten wegſcheeren, ein Loch in die Haut machen, und mit einem kleinen Holz das Fett aus dem Leibe drehen. Andre verbinden ihnen die Hoden, und hindern dadurch die Paarung. Daher muß man auf die Sihafbien ein each es ee inne, 50 E) Die ichen. N F. Auch die Ziege if ein morgenlänbifhes Thier, | ib gar viele, große und kleine Gattungen halten ſich uur in Aſien und in Afrika auf. Unſre gemeine Haus⸗ ziege mit dem ſogenannten Geisbock kommt in ganz Europa fort, und iſt theils ein ſehr eich tpeils ein | ſehr eee Thier. Kaen In wilden, felſt chten, bergichten ; e mit Buſchwerk und Hecken bewachſenen „in trockenen und unfruchtbaren Gegenden kann dies Thier mit großem Nutzen gehalten werden. Fettes Gras liebt die Ziege nicht; ſie begnuͤgt ſich mit allerley Rinden, jungen Zwei⸗ gen und Aeſten, die auf kalten Bergen wachſen. Im Winter freſſen ſie Steinflechten, und erhalten ſich mit den verachteteſten Kraͤutern. Auch in den Ställen. ver⸗ langen ſie alsdann nur Heu, getrocknetes Laub, wilde Kaſtanien ꝛc. Dafür geben ſie uns ein ſchmackhaftes Fleiſch, beſonders werden die jungen Ziegen, die ſie im Fruͤhjahr werfen, nachdem ſie fuͤnf Monate traͤchtig ge⸗ weſen ſind, und oft zweymal im Jahr werfen, in großen Staͤdten, wohin ſie von Waldorten hingebracht werden, Vue gegeſſen. Ein einziger Ziegenbock iſt, wenn er Y 4 zwey 232 Von den vierfuͤßigen Thieren. zwey Jahre alt worden iſt, fuͤr eine Heerde von mehr als hundert Ziegen hinreichend. Nebſtdem nutzen wir den Talg der Ziegen, und manche Ziege hat gegen acht Pfund Fett. Die Lederhaͤndler brauchen viel Ziegenfett, und es geht noch jetzt viel Geld dafuͤr aus Europa nach andern Laͤndern. Die Ziegenmilch iſt ein herrliches Getraͤnke für geſunde und kranke Menſchen, und reinigt insbefondre das Gebluͤt. Mancher arme Mann erhaͤlt | feine ganze Haushaltung, beſonders die kleinen Kinder, mit der Milch von einer einzigen Ziege. Die Felle der Boͤcke und der Ziegen werden zu Pergament, noch mehr aber zu Hoſenleder, Handſchuhleder, Schuhleder, und zu Corduan und Saffian verarbeitet. Mit Sandelholz und andern Sachen faͤrbt man rothen, gel⸗ ben, blauen, weißen und ſchwarzen Saffian, und mei⸗ ſtens iſt es Bocksfell. Auch das ſogenannte Hüͤnerleder iſt die obre abgezogene Haut vom Ziegenfell, die glaͤn⸗ zend roth, oder weiß, oder gelb, oder violett gefärbt iſt, und zu Geldbeuteln und Sommerhanbſchuhen verarbeitet wird. Auch die Haare der Ziegen werden von den Pe. ruͤckenmachern gebraucht. Unſre Knopfmacher verarbei⸗ ten unter dem Namen Cameelhaar langes, feines, ſeidenartiges Haar von einer Art Ziegen aus Aſien, die in Teutſchland, und ſelbſt in Schweden fortkommt, und bie man zur Verbeſſerung der Art brauchen kann. , Dies find die Vortheile der Ziegen. Aber m wo junge Waldungen angelegt werden, wo Zaͤune und He⸗ cken wo Obſtgaͤrten und Weinberge ſind, da thun die Ziegen großen Schaden. Sie nagen an der Rinde 75 der jungen Baͤume „und ſtoͤren fie dadurch im Wachs« 5 | | thum. A Das Schwein. eh 29 thum. Sie zerſtoͤren i in einer Stunde Hecken, die man mit großer Mühe gepflanzt hat. Sie ſpringen über die Zaͤune, und freſſen alle zarte Pflanzen im Garten. Man hat daher angefangen, ihnen die Porderzäbne aus- zubrechen; andre hauen ihnen gleich nach der Geburt die Sehnen am Hinterfuß ab, fo daß fie nicht mehr hüpfen koͤnnen; am beſten iſt es, wenn man fie vom fetten Gras, von zarten Pflanzungen, und insbeſondre PM. Bae junger Baͤume abhalt. 105 Wen — 5 80 Die Schweine. ee e K 1 Das Schwein iſt! in Europa einprimife, Fast 15 1 ER Wäldern laufen wilde herum, von welchen ſich unſre zahmen Schweine freylich in vielen Stuͤcken, die aber blos Folgen von ihrer Einſchraͤnkung find, unter⸗ ſcheiden. Sie erreichen öfters ein Alter von fünf und zwanzig Jahren, und koͤnnen ſchon im erſten Jahr ſich fortpflanzen. Die Mutterſau hat oft mehr als funf zehn Saugwarzen, und wirft auch achtzehn bis zwanzig Junge. Vater und Mutter freſſen oft ihre eigene Jun⸗ gen. Das Thier- gehöre zu denen, die aus allen Rei⸗ chen der Natur Nahrung zu ſich nehmen. Es iſt wirk⸗ lich auch ein fleiſchfreſſendes und gefaͤhrliches Thier. Man weiß, daß fie die Leichen aus den Gräbern geſcharrt, die Erſchlagenen auf den Schlachtſeldern gefreſſen, und die kleinen Kinder in der Wiege grauſam verzehrt haben. Man weiß, daß ſie kleinen Knaben, die im Hemde auf den Gaſſen lagen, die Hoden abgeſreſſen, und ſie da⸗ durch zu Verſchnittenen gemacht haben. Daher taugt es freylich nicht, daß ihr oft Schweine und Kinder bey⸗ 5 Ds 5... fomimen 234 Von den vierfüßigen Thieren. N ſammen in einer Stube herumlaufen laßt, oder gar aufs Feld geht, und das ſchla fende Kind mit den Schweinen im Wohnzimmer einſchließet. Das Schwein hat fer⸗ ner einen ſehr ſtarken Geruch. Denn es wittert alle ſuͤße Wurzeln unter dem Boden, und graͤbt ſie aus, wenn auch glei ch über dem Boden kein Laub zu fehen iſt. Und findet es dieſe nicht, fo ſcharrt es doch Engerlinge und andre Inſecten aus der Tiefe empor. In Fichten⸗ waͤldern wühlen ſie oft das Moos auf, und freſſen In ſecten, die vorher auf den Fichten Schaden gethan haben. Man richtet fie daher in vielen Landern ab, wie Hunde, daß fie Trüffel ſuchen muͤſſen, wozu ihr natürlicher Hang zum Wählen ihnen ſehr behuͤlflich iſt. Der Ges ſchmack dieſes Thiers iſt nicht ſehr ſtark. Es frißt al⸗ les, was in einer großen Haushaltung abgaͤngig oder unbrauchbar iſt; jeden Miſchmaſch, den man ſonſt kei⸗ nem andern Thier anbieten duͤrfte, nimmt es an; nur etliche wenige Pfefferkörner duͤrfen nicht dabey ſeyn, weil es ſonſt davon ſterben wuͤrde. Seine große Ge⸗ fraͤßigkeit, und ſeine Ungeſchicklichkeit und Ungelehrig⸗ keit zu allen Sachen macht, daß das Thier unmaͤßig fett werden kann. Sie koͤnnen zuletzt, weil ſie ohnehin in der Maſtung immer ſtille liegen, und ſich faſt gar keine Bewegung machen „wegen der Laſt des Fetts gar nicht mehr aufſtehen. Man weiß Beyſpiele, daß auf ſolchen fetten Schweinen im Ruͤcken Maͤuſe ihr Neſt an⸗ gelegt haben, und die Schweine haben es nicht bemerkt: denn im Fett haben ſie, ſo weit es reines Fert iſt, keine Empfindung. Das Fett der Schweine unterſcheidet ſich vom Fett andrer Thiere ſchon dadurch, daß es viel weicher iſt als Unſchlitt, oder Talg, und daß es nicht l nur #r — Das Schwein. 235 nur hie und da, am Ende des Fleiſchs, oder darzwiſchen vorkommt, wie z. B. bey den Ochſen, ſondern daß es ind den ganzen Körper umgiebt „ und eine eigentliche Lage unter der Haut ausmacht. Schon is der Jugend ſplelt 5 das Schwein nicht, weder mit fei ines Gleichen, noch mit andern Thieren. Es hat immer keinen andern Trieb, als ſich mit allen moglichen Sachen zu ſattigen. Selbſt in Pfuͤtzen und Schlamm ruhties aus, verdaut und er⸗ waͤrmt ſich. Das wilde Schwein hot ein vie [ muͤr⸗ . deſſen Saft gefünder und leichter zu vers dauen iſt, als das Fleiſch des zahmen Schweins, weil es ſich beſtaͤndig bewegt, und nicht ſo viele und nicht fo bieferfen unverdauliche Sachen frißt, als das Schwein in der Haushaltung. Der Nüffel iſt bey dem wilden Schwein immer groͤßer, als beym zahmen, weil es ihn | beſtaͤndig braucht, und durch tägliche. Uebung immer verſtaͤrkt. Das zahme Schwein ſitzt viel mehr Speck an, als das wilde, weil es nicht immer im Wald herum⸗ kaufen, bald feine Nahrung muͤhfam ſuchen, bald vor feinen Feinden fliehen, bald ſich mit andern feines Ges ſchlechts mit den groß en herworftehend: en Hauern herum⸗ hauen muß, Die Thiere wiſſen die Zaͤhne, die ihnen der Schöpfer zur Vertheidigung gegeben bat, recht gut zu brauchen. Im Vorbeygehn hauen ſie eutweder ſchnell nach der Seite hin, oder fie ſtellen ſich zu einem vol kommnen Gefecht mit dem Hintertheil des Leibs an einen Baum, und wehren ſich nun, ſobald ſie den Ruͤcken frey haben, mit Verzweiflung und Wut gegen eine Schaar von Menſchen und Hunden. Mit fuͤrchterlicher Gewalt hauen fie den Jaͤgern und ihren ſtaͤrkſten Hun⸗ den in bas dicke Bein, und reißen ihnen oft den Bauch N. N | a auf. 2 6 Von den vierfüßigen Thieren. auf. In Afrika ſetzen ſich die dortigen wilden Schwei ne mit ihrem noch groͤßeren und ſtaͤrkeren Kopfe gegen die reißendſten Thiere. zur Wehre. Wenn ſie ſich ſelber unter einander Wunden geriſſen haben, fo waͤlzen fie ſich im Schlamm, oder reißen die Harzbaͤume auf, und reiben die blutende Stelle daran, ſo lange bis die Wun⸗ de gefchloffen iſt. Man findet daher oͤfters fol che feſte Stellen an ihrem Leibe, die, wie der dickſte Panzer, keine Kugel und keine ſcharfe Spitze durch laſſen. Bey uns hat das wilde Schwein ſtarke dicke Borſten, und darzwiſchen erhaͤlt es noch, wenigſtens im Winter, ein feineres wollichtes Haar, das ihm wie ein Pelz zur Er⸗ waͤrmung dient. Aber die zahmen Schweine verlieren im Stall dies Winterkleid, brauchen es auch nicht, und in dem milderen Himmelsſtrich von Spanien ſind auch die Haare der wilden Schweine ſeidenhaft, fein und kraus. Keine ſpaniſche Schweinsborſte kann der Schuhmacher brauchen. Der Huf der Schweine iſt ſich nicht immer gleich. Man rechnet es insgemein zu den Thieren mit gefpaltenen Klauen: aher es giebt nicht nur hie und da ein und das andre Schwein, ſondern es ſind von jeher in kalten und in warmen Sänbern ganze Heerden bemerkt worden, die keine wahre Klauen, ſondern einen e e Huf hatten. Ferner ſieht man an den Schweinen mit geſpaltenen Klauen immer nur zwo Klauen; es tritt nur auf zwo; zwo andere ſitzen inwendig, und ſitzen höher, fie nuͤtzen aber dem Thier bey feinem Gang gar nicht. Es hat eigentlich vien Zaͤhen; und wenn gar, wie bey einigen geſchieht, der Huf abfaͤllt, ſo ſind es vier wahre Zaͤhen. Es wird den Europaͤern nie er dies Thier auf dem ganzen Erdboden Das Schwein. 7 Erdboden herumzufuͤhren, und wo man einige auf neu⸗ entdeckten Inſeln zuruͤcklaͤßt, da vermehren ſie ſich im⸗ mer ſo ſtark, daß man ſie nachher wieder dort findet. Ein großes Verdienſt hat ſich das Schwein in Amerika, als man es dal ıdin brachte, durch die Reinigung der Waͤlder von den giftigſten Schlangen und andern Hin⸗ derniſſen erworben. Selbſt fein Wählen im Boden iſt nicht allemal unnüße und beſchwerlich. Der feſte, fil zichte Boden wird dadurch aufgelockert, verſtreute Saamkerne werden dadurch in guten Boden geworfen, das Ungeziefer wird vermindert, und alte Saamen die ſchon lange zu tief vergraben lagen, werden durch dieſe von der Natur beſtellte Arbeiter heraufgebracht. Selbſt das Aas, abgeſtandene Fiſche, „todte Krebſe ꝛc. ſuchen die Schweine im Waſſer auf, ziehen es unter dem Eis hervor, und reinigen durch ihre Freßbegierde die Luft vom Geſtank. Die wilden Schweine haben in der Brunftzeit i immer Schaum vor dem Maul, und hauen nach jedem Nebenbuhler: aber der zahme Eber iſt im Anfange nicht ſehr hitzig, bis er von der Sau gereizt wird. Daß man uͤbrigens vom Schwein alles, alles brauchen kann, iſt bekannt. Wir eſſen das Fleif ſch, das Blut, das Fett, den Magen, die Gedaͤrme, und die meiſten von den jungen Schweinen werden ganz von den Menſchen aufgeſpeiſt. Die Sattler, Schuſter und Siebmacher fragen nach der Schweinshaut. Der Duͤnger iſt hitzig, und leiſtet in Ag ſchweren und feuchten Boden gute Dienſte. Die Borſten werden zu Kehrwiſchen, Pinſeln, Birſten gebraucht, und als Zwirn verarbeitet. Die Zähne, wenn fie vom Kam pfen und Wuͤhlen abgeglaͤttet worden ſind, werden von den 238 Von den vierfüßigen Thieren. den Goldarbeitern zum Glaͤtten gebraucht. Fuͤr Se Exsfat hrer iſt das geräucherte und geſalzene Schweine⸗ ſteiſch We wichtig. Einige Gegenden in Teutfchs land, Weſtphalen, Pommern ꝛc. gewinnen jaͤhr⸗ lich viel Sc allein an ihren Schinken. Der Menſch, ſo wie er jetzt insgemein auf dem Lande faſt uͤberall iſt, kann beynahe ohne das Thier nicht leben, wiewohl ich eben nicht Ba kann, daß der häufige Genuß feines Fleiſches und feines. allzudicken Speckes geſund ſey. Fuͤr euch mag es wohl ſeyn, da ihr einmal von Jugend g daran gewöhnt ſeyd, und gleich nachher wieder barfe Arbeiten vornehmet, Rn 5 2. Wenn ihr alſo nur ſo viele Schweine halten wollt, als ihr in eure Haushaltung braucht, fo beſtimmt die Zahl darnach, ob ihr viele Abfälle von Kleyen, vom taͤglichen Eſſen, vom Milchwerk, von Obſt, von Gar⸗ tengewächſen, von Grundbirnen ꝛc. haben werdet. Un⸗ noͤthig iſt es, das Geld fuͤr junge Schweine aus dem Lande zu ſchicken. Nehmt einen anderthalbjaͤhrigen Eber, gebt ihm acht bis zwölf zweyjährige Schweine, ſo habt ihr in kurzer Zeit eine Menge Schweine, wovon die wenigſten aufgezogen werden duͤrfen. Stirbt die Mutter, wie zuweilen geſchieht, gleich nach dem Wer- fen, ſo kann die Magd, oder der Kumelte „die jungen Ferkel in den erſten zwo oder drey Wochen mit kuhwar⸗ mer Milch und mit Kleyen ernaͤhren. Weil die Mut⸗ terſau gleich nach dem Werfen wieder hitzig wird, ſo iſt es genug, wenn ihr ſie einmal im Jahr belegen, und vom October an vier Monate tragen laßt. Im Stall wollen fie Wärme, Trockenheit und Platz genug Br i ; le EIN Das Schwei r 2 Die hefte hin für 8 iſt die Ei chel⸗ Bache. und Caſtanienmaſtung in den Wäldern, Aber als dann sollten ſie billig vorher, damit fie nicht a llzuſehr wuͤhlen, in der Jugend am Ruͤſſel in die Sehne geſchnitten, oder durch einen Ring in der Naſe daran verhindert werde.. | Bill man viele Schweine zu Hauſe maͤſten, ſo koſten ſie freylich den am wenigſten, der ſie mit den Abfällen‘ ‚von Bierbrauen und vom Branntewei brennen ernaͤh⸗ | ren kann. In Engel land hat man jetzt auch angefan⸗ f gen, ſie zwiſchen dem andern Futter mit Kl ee zu maͤſten, wovon ſie auch die Wurzeln ſreſſen. Der leichte Durch⸗ | fall, der im Anfang davon entſteht, ſchabet nicht, und wenn auch der Speck davon gelb wird, ſo darf man ih⸗ nen nur acht Tage vor dem Schlachten wieder andres Futter geben, damit ſich die Farbe wieder verliere. Zu beklagen ſeyd ihr freylich, ihr arme Landleute, wenn zu⸗ weilen eine nicht landesvaͤterlichgeſinnte Ober- oder Une terobr igkeit die wilden Schweine nur um der Jagd willen ſo uͤberhand nehmen laͤßt, daß ſie euch im Sommer Korn und Gerſte abfreſſen „ oder die Kartoffelnaͤcker durchwuͤhlen „ oder eben fo, wie die Hirſche, in der Nacht ganze Aehren oder Kolben vom Welſchkorn ab» beißen. Wenn man dann eure Klagen auf Erden nicht hoͤrt, fo ſeufzet über ſolche harte Bedruͤckun gen zu dem Gott, der einſt auch über Könige, Fuͤrſten und Edel⸗ leute, wenn ſie nicht barmherzig geweſen ſind, ein un⸗ barinherziges Gericht halten wird. 3. In einigen Gegenden meynt man, daß die rothen Schweine mehr als die graulichtweißen zu dem Ausſchlag an der Zunge und am Leib, den man die Finnen nennt, geneigt 240 Von den vierfüßigen Thiere. geneigt ſind. Sorget in dieſem Fall beſonders für die Reinlichkeit des Thiers im Stall, und gebt ihm, um eurer eigenen Geſundheit willen, beßres Futter. Die Bra aune entſteht von ploͤtzlichen Bert aͤltu: ngen; die Zun⸗ ge wird ſchwarzbraun „ und das Thier erſtickt faſt in der Hitze. Man läßt ihm unter der Zunge zur Ader, und ihut ihm in fein Saufgeſchirr Burzelkraut, Haus wurzel und Mauerpfeffer, damit es davon ſaͤuft. Vielleicht würdet ihr auch wieder eine vorzüglich gute Zucht von Schweinen bekommen, wenn ihr mit Vorwiſſen der Obrigkeit junge Friſchlinge im Wald aufftenget, fie zahm machtet, und nachher als Budiehe bey euren Mutter ſauen brauchtet. 5 Ich habe euch nun von euren Hausthierti untettſch⸗ tet. Nun will ich euch noch kurz von andern vierfuͤßi. gen Thieren, die euch nuͤtzlich oder ſchaͤdlich werden koͤn⸗ nen, das Noͤthigſte ſagen. | G) Von andern vierfuͤßigen, theils 3 fſheils zahmen Thieren. J. Der Eſel. 1 75 Das Thier iſt im waͤrmeren Theil von Aſien e ein⸗ heimiſch, und kommt in kaͤlteren Laͤndern, als Teutſch⸗ land iſt, kaum mehr fort. Wenn der Eſel bey uns faul und traͤge iſt, ſo kommt es nur daher, daß er das Land und die Luft nicht recht vertragen kann. In heißen zaͤndern iſt er ſchoͤn, ſchnell, muthvoll und ſtark. . fel het ſchon in der Bibel, daß ibn Koͤnige und Prinzen 0 geen Der Eſel und Mauleſel. Die Katze. 241 geritten haben. Verachtung und Mishandlung verdient er alſo nicht: denn er frißt manches ſchlechte Kraut, das ihr dem Pferde nicht geben dürft, und braucht übers haupt nur eine ſchlechte Koſt. Er wird nicht ſo fehe von Inſecten geplagt; er hat eine dauerhafte Geſundheit; er ſchlaͤft noch weniger, als das Pferd, und verdient alſo gewiß auch, daß man ihn ſtriegle und putze. Er ver⸗ mehrt ſich ſchon im zweyten Jahr; ſeine Haut giebt Chagrin und Pergament; feine Milch iſt in vielen Krank⸗ heiten ſo geſund, daß man ſie im Winter mit Kuhmilch | oft nachmacht; und feine Kraͤfte werden beſonders in ber⸗ gichten Gegenden, weil er einen ſehr ſichern Gang geht, zum Teagen und Verſfuͤhren allerley Laſten gebraucht. Wo lockrer, leichter Boden, oder wo gar Sandland iſt, da kann man Eſel halten, und ſie an den Pflug und an die Egge ſpannen. Wir bekommen von ihnen die Mauleſel, denen man vier und mehr Centner aufladen kann. Wo ſteinichte Klippen ſind, da kommen dieſe viel beſſer fort, als Pferde. Bey Armeen, und auf den Alpen hat man häufig Mauleſel. Sie haben die Munterkeit des Pferds, und die Ausdaurungskraſt nebſt dem feſten Tritt des Eſels. Um ſchoͤne Mauleſel zu haben, laͤßt man oft mit großen Koſten einen Eſelhengſt aus Mayland kommen, und ſo ein Thier BEN ip gen 55 mit Vergnügen ſchen. Ill. Die ate Unfee zahme Katzen begatten ſich mit den wilden, die in Europa in den Waͤldern ſind, und durch die Er⸗ lehuns in ben Haͤuſern ſind die verſchiedenen Farben unter Q ihnen 242 Von den vierfüßigen Thieren. ihnen entſtanden. Die Katze iſt eigentlich ein Nacht thier, und wacht am Tage, blos weil ſie unter den Menſchen iſt. Sie haben ſehr ſcharfe Naſen, hören ouch jedes a Getoͤs, uns ſehen bey Tage und Nacht ſehr gut. Im Dunkeln glänzen ihre Augen, und das mit erleuchten ſie ſich oft ſelber bey ihren Diebſtaͤhlen den Weg. Streicht man die trocknen, glatten, feinen und reinen Katzenhaare, ſonderlich die ſchwarzen, vom Schwanz nach dem Kopfe zu mit einer trockenen Hand, fo geben fie öfters Funken von ſich. Die Katzen gehen ſtark nach der Katzenmuͤnze, nach dem Kraut Marum, und ſtreichen ſich auch mit dem großen Baldrian die Augen, als wenn ſie ſie damit ſtaͤrken wollten. Sie Kae hitzig bey der Begattung, paaren ſich dreymal im Jahre, fragen 55, auch 60 Tage; aber das Weibchen muß die Jungen verſtecken, weil ſie der Kater ‚öfters freſſen will. Ihre Klauen Helfen ihnen zum Klettern; ſie koͤnnen ſie aber, wenn ſie ruhig ſitzen wollen, in kleine Scheiden zuruͤckziehen, und ſtoßen ſie nur heraus, ſobald fe ie ſich feſthalten wollen. Das kommt ihnen oft beym Jagen der Maͤuſe, und beym Klettern auf die Baͤume, wo ſie die Voͤgel plötzlich überfallen, nebſt ihrem zaͤhen Leben, wohl zu ſtatten. Ihre N iſt ſcharf, wie ein Reibeiſen, damit ſie ihren Fang feſthalten koͤnnen. Man kann ſie wegen der außerordentlichen Vermehrung der Maͤuſe und Ratten in keinem Hauſe entbehren; aber nur in der Jugend ſind ſie artig und ſpieleriſch. Bald | nachher zeigt fid) ihr raͤuberiſches Naturell, und man hat ſchon oft mit Schaden gelernt, daß die beſte Haus⸗ katze noch immer ein tuͤckiſches und falſches Thier bleibt. Man 2 neue Beyſpiele, daß eine tolle Katze durch ihren U N Die ge Er | 243 5 Ihren Ki gte wuͤtend gemacht hat, wenn wir es gleich nicht erflären koͤnnen, wie der Biß eines raſenden Thiers Menſchen den Verſtand nehmen kann. Sie haben ſchon oft ihre Herren und Frauen im Schlaf uͤberfallen, und handlich zugerichtet. Oft beißen fie, ehe man es ſich verſieht. Daher iſt es gefährlich, und auch der Ge. ſundheit ſchaͤdlich, wenn ihr ſie auch in der Nacht im Schlafzimmer habt, oder ſie gar zu euch in das Bette nehmt. Das lestere iſt ohnehin für das Thier gar keine Wohlthat, und verwöhnt ſie. Sie will hernach von euch ernährt ſeyn, und fängt keine Maͤuſe mehr. Das Fett der Katzen kann man zum Fettmachen der Kar⸗ toffeln brauchen. Es iſt ein altes Sagbgeles in Teutſch⸗ land, daß man den zahmen Katzen die Ohren verſtuzen oder aufſchlitzen ſoll, damit fie naͤmlich nicht in das Feld, . oder in den Wald laufen, und etwa junge Haſen n fangen, weil ihnen alsdann die Naͤſſe des Graſes in die Ohren faͤllt, und ſie inwendig empfindlich küͤtzelt. Wenn eure | | Katze wirkl ich Maͤuſe fängt, ſo i iſt ſt ſie wichtig in der Haushaltung, und es iſt Suͤnde, wenn fie von muüth⸗ willigen Jungen gequaͤlt oder verfolgt wird. Aber zu viele Katzen muͤßt ihr auch nicht halten, weil ſie ſonſt mit ihrem Urin das ganze Haus beflecken. Und ges woͤhnt ihnen gleich von Jugend ab, daß fie nicht immer auf dem Feuerheerd, oder in der Kuͤche vor dem Ofen⸗ loch, und an der Feuermauer ſitzen wollen. Sie thun es gerne, weil ſie die Waͤrme lieben. Aber die Gefahr iſt groß; fie tragen öfters, ohne daß fie es felber wiſſen, Feuer in den Haaren weg, waͤlzen ſich dann in der Scheuer, auf dem Heuboden, im Stroh, oder ſpringen auf den Holzhaufen, und haben ſchon oft auf dieſe Art Q 2 eine Von den vierfüßigen Thieren. eine Feuersbrunſt veranlaßt. Eure Kinder follen ſich auch in Acht nehmen, daß ſie nicht die Katzen einſperren und zum Zorn reizen. Denn in der Wut fahren fie plotzlich zu und beißen. Aber alsdann iſt der Biß oft toͤdtlich, der ern wird wahres Gift in ihrem Maul. Der Hund. 1 Der Hund komat mit dem Menſchen . der gan⸗ zen Erde herum, und daher kommen auch die unzaͤhli⸗ gen Verſchiedenheiten in der Groͤße, in der Farbe, im Haar, in den Sitten ꝛc. Eigentlich iſt er ein fleiſchfreſſen⸗ des Thier, und frißt auch ſchon halbfaules Aas. Er frißt Fiſche, aber das Fleiſch der Waſſervoͤgel ruͤhrt er nicht an. Auch aus dem Pflanzenreich frißt er meiſtens 5 mehlichte Sachen. Wenn er Uebelkeiten hat, reißt er oft von der Kette ab, und ſucht Quecken und noch eine Grasart auf, und hilft ſich damit. Der Hund ſaͤuft wenig und mühſam, weil er mit der Zunge fein Waſſer ſchoͤpfen muß. Seinen ſcharfen, alles durchnagenden Koth trägt er, fo lange er nicht verwöhnt ift, und Frey» heit hat, gewiß allemal an einen abgelegenen Ort. Die Lederarbeiter laſſen ihn in Tonnen ſammlen, und 1 damit das Haar weg auf der Fleiſchſeite der Felle. viel Saffian bereitet wird, da haͤlt man viele 9 — blos um ihres Kothes willen. Der Geruch dieſer Thie re und ihr Gehoͤr iſt ſeht ſcharf. Daher braucht man ſie zur Jagd, und daher ſind ſie ſo ſehr geſchickt, ihren Herrn und ſeine verlorne Sachen in einer großen Ent⸗ fernung, und unter vielen fremden Menſchen und Din. | gen herauszuſuchen. Am Fr unter ſcheiden fie alle SR, die Der Hund 7. die zum Haufe gehören, von fremden oder verbächtigen seen. Sie ſchlafen auch leiſe, wenn ſie gleich laut ſchnarchen. S ie pflanzen ſich fort, ehe fie ein Jahr alt ſind. Die Hündin läßt mehrere Hunde zu, nimmt ſich aber nachher ihrer Jungen ſorgfaͤltig an, pflegt, leckt, erwaͤrmt, und unterſcheidet ſie genau. Ihr Alter beit gen ſie, wenn ſie lange leben, auf zwoͤlf bis funfzehn Jahre. Sie ſchwitzen ſelten; haben ein gelehriges Na- turell; laſſen ſich ſehr geſchickt abrichten; halten ſich gerne zum Menſchen; bewachen ihren Herrn mit vieler An⸗ haͤnglichkeit; kaͤmpfen fuͤr ihn, und haben ſchon oft die ſchoͤnſten Proben ihrer Treue abgelegt. Sie ſind in der Nacht faſt immer wachſam, und machen Laͤrmen, wenn fie unfichre Leute in der Naͤhe des Hauſes bemerken. Von jeher haben Menſchen junge Hunde gemaͤſtet und gegeſſen; auf Schiffen bratet man, ſo oft man kein an. dres Fleiſch mehr hat, einen Hund, und ihr Fleiſch ſchmeckt vollkommen wie Hammelfleiſch. Man be. ee an, e Brühen davon. SR . die Siber, und auch das Fell 15 gu güte, Mehr brauche ich euch vom Hunde nicht zu ſagen: denn, wenn ihr nicht an ſehr abgelegenen und einſamen Oertern lebet, oder wenn ihr nicht große Echäftresen _ habt, oder wenn nicht euer Haus und Hof ſehr weitläuf- fig, und eure Gewerbe ſehr zerſtreut find, fo iſt der Hund für euch, fo wie für viele Leute in der Stadt, ein völlig überflüßiges Thier. Und um des großen Elends willen, das baraus entſteht, wenn der Hund wuͤtend wird fend ihr ſchuldig, wo es die Noth nicht erfordert, keinen Hund zu halten. Den Kindern, jungen Studirenden, ö 2 3 den 246 Von den vierfüßigen Thieren. den Lehrpurſchen, und andern Leuten, außer Jägern, Meßgern und Schindern, muß man keines Hund, der mit ihnen herumlaͤuft, und uͤberall, in alle Zimmer, in jede Geſellſchaft, in die Kirche ꝛc. koͤmmt, geſtatten. Ihr koͤnnt es ihm nicht anſehen, ob er wuͤtend iſt oder nicht. Dieſe Krankheit faͤngt gar verſchieden an, und ereignet ſich in den kaͤlteſten Wintermonaten, wie in den heißeſten Sommertagen. Das Schrecklichſte iſt, daß der wuͤtende Hund ſeine Wut auch auf Menſchen, auf andre Hunde, auf Ochſen, Pferde, Katzen, Schafe, kurz, auf alle Thiere, die er in der Raſerey anfaͤllt, fortpflanzt. Laßt euch einmal von Leuten, die einen ra⸗ ſenden Menſchen geſehen haben, den erbaͤrmlichen Zu⸗ ſtand beſchreiben. Die menſchliche Kunſt weiß dagegen noch kein Mittel, das in allen Faͤllen helfen koͤnnte. Die Krankheit bricht oft bey gebiſſenen Menſchen und Thieren erſt lauge nachher aus. Ja man hat die be⸗ truͤbteſten Beyſpiele, daß ein Menſch, bey dem man den völligen Ansbruch der Wut viele Jahre durch Arzney⸗ mittel verhuͤtet hatte, zuletzt noch wuͤtend wurde, und daran ſtarb. Wenn daher nur der geringſte Verdacht gegen einen Hund (und waͤr er der Hund des Reichſten und Vornehmſten im Orte,) im Dorfe entſteht, daß er wütend ſey, fo zeigt es gleich der Obrigkeit an, oder ſchlagt das Nas im Fall der Noth ſelber todt. Iſt ein Menſch ſchon gebiſſen worden, ſo macht den Unglͤͤckli⸗ chen weiter nicht unruhig und aͤngſtlich mit vielem unnuͤ⸗ Gen Geſchwaͤtze von der Sache. Bringt ihn aber zur Obrigkeit, und zum Arzt: denn, wenn ihr ganz ſaum⸗ ſelig ſeyn wolltet oder auch in ſolchen ſchweren Fällen dem Quackſalber mehr Wen zutrauen wel als denen, — die ‚Der Sun . Ad die en Gott zu Pflegern und Helfern aufge hat, fü koͤnntet ihr euch dadurch ein erſtaunliches Elend zuziehen. 5 Hoͤrt ihr, daß eine Kuh, ein Stier, ein Pferd ꝛc. von dem woͤtenden Hund gebiſſen worden fen, fo ſtellt das Vieh gleich beſonders; iſt es Melk vieh, ſo duͤrft ihr die Milch, den Butter und den Kaͤſe davon nicht genießen, ohne N in die größte Gefahr zu ſtuͤrzen; noch weniger waͤre es der Liebe, die ihr euren Mitbuͤrgern ſchuldig ſeyd, gemaͤß, wenn ihr Milch und Butter vom gebiffes nen Vieh auf den Markt braͤchtet; zeigt es auch gleich der Obrigkeit an, damit man euch mit gutem Rath an die Hand gehen kann; und wenn, nach Beſchaffenheit der Sache „ befohlen wird, das Stuͤck Vieh auf den Kopf zu ſchlagen, und mit Haut und Haar tief in die Erde zu verſcharren, ſo widerſetzt euch doch nicht, und opfert lieber ein Stück Vieh auf, als daß ihr alle mit⸗ einander ungluͤcklich werdet. Kommt euch das ſchwer an, ſo folget meinem erſten Rath, und haltet keine Hunde, wo ſie nicht hoͤchſt noͤthig ſind. Alsdann behaltet ſie aber den ganzen Tag beym Hof an der Kette, und laßt ſie nur für die Nacht los, wenn Haus und Hof geſchloſ⸗ fen iſt. Ihr verhuͤtet dadurch, daß fie nicht uͤberall herumlaufen, allerley freſſen, andre Leute in Angſt jagen, oder beißen, und gewöhnt fie dadurch zur Wachſamkeit, f ſo daß ihr nachher auch wahren Nutzen von ihnen habt. Ihr koͤnnt ſogar vom Reiſenden auf der Straße und in den Wirthshaͤuſern verlangen, daß er feinen Hund bes ſtaͤndig bey ſich behalten fol, weil ihr nie wiſſen koͤnnt, ob der Hund geſund oder wuͤtend iſt. Mir iſt ein. | Exempel bekannt, daß ein Ochs wütend wurde, weil er von einem kleinen Hund, der auf der Straße vorbeylief, | 2 4 als n 0 . . ML, b s — 248 Von den vierfuͤßigen Thieren. als der Ochſe eben mit dem Pflug oben an den Anfang des Ackers gekommen war, und wieder umkehren wollte, gebiſſen ward. Auch der Knecht des Scharfrichters, der Abdecker, ſoll feinen Hund nach den Geſetzen der Poli. cey an einem Strick unter dem Karren bey ſich fuͤhren, und ihn nicht in jedem Ort herumlaufen laͤſſen. In andern Laͤndern ſpannt man die Hunde an Schlitten und Schubkarren, und treibt fie mit der Peitſche, daß ſie Fiſche, Holz, Obſt ꝛc. auf den Markt fuͤhren muͤſſen. Ehemals glaubte man, die Tollheit des Hundes entſtuͤn⸗ de von dem ſogenannten Tollwurm, den das Thier zu⸗ weilen unter der Zunge habe. Daher kommen die alten Befehle, den Hunden den Wurm nehmen zu laſſen. Allein, man weiß jetzt, daß das, was man wegſchneidet, kein Wurm iſt, ſondern etwas von den Gefaͤßen, die zum Kauen helfen, und den Speichel bereiten, und daß es zur Verhütung der Krankheit nichts beytraͤgt; indeſſen iſt es gut, wenn alle Jahre bey dieſer Unterſuchung we⸗ nigſtens einige von den uͤberfluͤßigen Hunden todtgeſchla⸗ gen werden. Beſonders ſollte man die Bummer aus⸗ rotten, weil dieſe die allergefaͤhrlichſte Art von Hunden find, die das fürchterliche Elend am meiſten verbreiten koͤnnen. Wer euch aber nach allen dieſen Erfahrungen doch noch mit lachendem Munde zumuthen will, ſeinen Hund auf den Schooß zu nehmen, und mit ihm zu ſpie⸗ len, oder ihn gar zu kuͤſſen und zu lecken, dem ſagt ihr, daß noch kein glaubwuͤrdiges Exempel vorhanden ſey, daß jemals die Raſerey, wenn ſie wirklich bey einem Menſchen ausgebrochen, gehoben worden ſey; daß bey der entſetzlichſten Krankheit gar oft nicht einmal eine e des SR fen, ban daß der Kranke 0 mit Der uche. Nas 279 mit voͤlligem Bewuſſſeyn ſeinem Tod entgegen gehe, die Marter des allerbrennendſten Durſtes leide, und doch beym bloßen Anblick eines Waſſertropfens Kraͤmpfungen | bekomme, und in diefem jammervollen Zuftand, fait nicht mehr Menſch, nicht mehr Gottes Bild, in ein bellendes Thier verwandelt, zum Entſetzen der Umſte⸗ henden endlich aufhoͤre zu toben, und ploͤtzlich verfaule! Und in dieſe Gefahr wollt ihr euch ſtuͤrzen, um des klel⸗ nen Vergnuͤgens willen, mit einem Ki zu fpielen 1 4 “ Ye IV. Der Fuchs. Der nächfte WVirwürdte vom Hund iſt der Fuchs, bei fh aber beſonders dadurch unterſcheidet, daß er ſich unter Baͤumen, Anhoͤhen und Felſen einen Bau in die Erde anlegt, in welchem er ſich am Tage verbirgt, und das Heberffüßlge, was er in der Nacht geraubt hat, ver⸗ zehrt. Im Wald und auf dem Felde frißt er junge Hafen, Nebhühner, Trauben, Obſt, Erd und Baum⸗ fruͤchte. Wenn er auf den Hof kommen kann, ſo holt er junge Huͤhner, Tauben, Gaͤnſe, auch ihre E weg; ihr muͤßt alfo die Haͤuſer des Federviehs wohl verwahren, und von Zeit zu Zeit nachſehen. Man legt ihnen aller⸗ ley Fallen, Eiſen, oder verrennt ihnen den Bau, ſchickt Hunde hinein, und ſtellt Schützen dazu. Man kann das Fuchsfleiſch eſſen, und ihr Winterbalg, beſonders der Schwanz, gehoͤrt zu den beſten Pelzwerken, die wir in Teutſchland haben. Wenn ihr einen Fuchs in der Falle habt, ſo nehmt euch vor ſeinem hartnackigen und gewaltigen Biß in Acht. Vergeblich iſt es, wenn ihr einen Fuchs auch von Jugend auf erziehen wolltet. 8 A 5 Er 250 Von den vierfüͤßigen Thieren. Er wird nie ganz zahm; nach zwoͤlf Jahren ſtirbt er meiſt; das ech Buß“ aber zwiſchen 2 * und ei ROH * 121 2 Zum Fuchs und Hund gehoͤrt auch der Wolf, der ehemals viel häufiger. war in ganz Teutſchland, aber jetzt in unſern Gegenden ziemlich ausgerottet iſt. Im ſtrengſten Winter laſſen ſich noch zuweilen einige von den hoͤchſten und dickſten Oertern des Schwarzwaldes in etwas niedrigeren Gegenden ſehen. Sie ſind aber alle. mal ein fuͤrchterliches Raubthier, das, ſobald man es merkt, aufgeſucht und vertilge werden muß. In den kalten Landern von Europa, wo noch viele Woͤlfe find, fuͤrchtet man ſich nicht vor ihnen, bis man hoͤrt, daß der Wolf in der Gegend ſchon einen Menſchen verriſſen habe, weil man weiß, daß er hernach immer nach die. ſem Fleiſch begierig iſt. Im ſtrengſten Winter noͤthigt fie der Hunger, oft in das Dorf zu kommen, oder die gefrornen Graͤber oft mit Geheule aufzuwuͤßlen, weil ſich alle andre Thiere verſtecken. Wo die Schaͤferen aufkommen ſoll, da muͤſſen freylich alle Woͤlfe ausge⸗ rottet werden. Auch die Woͤlfinn wirft in einem Bau unter der Erde, im April, nachdem ſie drey Monate dicke geweſen, 6 bis g Junge. Scharf iſt der Geruch und das Gehör des Wolfs. Man fängt fie mit ange branntem Luder in Fallen, in Garnen, in Gruben, oder man ſtellt um ihrentwillen eine Treibjagd an. Das Fleiſch des Wolfs frißt kein andres Thier, als wieder | ein Wolf. Aber das a 6 ein herrlicher Petz; wo viele 5 Der Wolf. Der Haſe. Das Caninchen. 251 bi find, da nügt man auch das Leder, und die e Jahne koͤnnen zum Glaͤtten gebraucht werden. 5 V. Der Haß, | Dies wehrloſe und faſt von allen Raubthieren und Raubvögeln verfolgte Thier frißt, mehr in der Macht, als am Tage, Kraͤuter, Wurzeln, Blaͤ laͤtter, Fruͤchte, e Sallat „ und nagt auch zuweilen am aufgeſchoſſenen Ge. treide. Sie pflanzen ſich ſchon im erſten Jahr fort, rammlen noch im Winter, und haben faſt alle vier Wochen Junge. Ihr ſcharfes Gehoͤr und ihre Ge ſchwindigkeit im Laufen errettet ſie oft. Die Haſen haben auch Haare im Maul und Haare unter den Fuͤß ßen. Wenn man Peterſilien ausſaͤet, fo kann man ſie damit bis in die Gaͤrten und zum Hauſe herbeylocken. Man 5 ißt ihr zartes Fleiſch, und die Kuͤrſchner, Strumpf⸗ und Hutmacher verarbeiten ihren Balg und ihre Haare. Der ganze Schaden, den die Haſen, beſonders die Holzhaſen, anrichten, iſt, daß ſie im Winter, und am meiſten im Anfang des Frühlings, an den faftigen Kine den der Bäume nagen, wogegen man die Bäume an den Straßen bis auf eine getz, Hoͤhe mit 8 verwahrt. VII. Das Caninchen. Die Eaninchen freſſen eben das, was die je Hosen, und ſind noch fruchtbarer als jene. In Frankreich, Engeland und Holland find fie häufiger, als in Teutſch⸗ land. hr Fleisch wird gegeſſen; ihr Balg giebt Pelz⸗ werk 252 Von den vierfuͤßigen Thieren. werk und Unterſutter, und ihre Haare geben feine Huͤte, und mit Seide verſetzt macht man daraus gute Zeuge, Struͤmpfe und Handſchuhe. Wo fie ſich ausbreiten, beſonders in einem ſandigten Land, da werden ſie zuletzt Landplage, vertreiben faſt die Menſchen, wuͤhlen das Erdreich uͤberall um, und verzehren alle Gewaͤchſe. Wenn man ſie um der Felle willen erziehen will, ſo muß man fie auf Sandbergen in Gruben ſetzen, die wenig ſtens auf einer Seite ausgemauret ſind, und ſie da mit Gartengewaͤchſen, mit Sellery, Ruͤben, mit Spreu, Heu und Haber füttern. Aber in Ställe oder gar in Wohnſtuben muͤßt ihr fie nicht ſetzen, weil fie um ihrer Jungen willen allemal eine Grube aushoͤhlen. Die Weeſel, Iltiſſe, Dachſe und Falken ſchraͤnken das Thier „ von dem in kurzer Zeit Millionen entſtehn koͤnn⸗ ten, wieder ein. Auch Krebſe kriechen in die Canin chenloͤcher, kneipen ſie in den Sub und ar. fie 9 VIII. Die Hausmaus. | Sr kennt das Thierchen alle, und wißt, aß es munter, behend, und doch furchtſam iſt, und ſich des⸗ wegen auch, wenn es Nahrung ſucht, nie weit von ſei. nem Schlupfloch entfernt. Den Mehlkaſten, das Brod, das friſche und gedörrre Obſt, die Kleyen, und alle meh» lichte und ölichte Saamen, Früchte, Zwiebeln, Fleiſch, und alle oͤlichte und fette Sachen muͤßt ihr beſonders wohl vor der Maus verwahren. Sie darf, weil fi jie ſo klein iſt, und außer andern Thieren noch immer von Katzen und Ratten verſolgt wird, meßemalen im Jahr, . Die Hausmaud. 253 faſt alle Monate, ſogar im December, nachdem ſie nur 14 Tage getragen hat, ſechs und mehrere Junge ma⸗ chen. Wenn ihr keine Katzen hättet, fo würden euch die Maͤuſe zuletzt alles auffreſſen, und die ſtärkſten Bal⸗ ken, die koſtbarſten Kleider durchnagen. In der alten Welt wollte man ſogar ein Beyſpiel haben, daß ſie aus Hunger Eiſen benagt haͤtten. Man kann oft in ihre Loͤcher heißes Waſſer ſchuͤtten, und nachher zerbrochene Glasſtuͤcke, zermalmte Schlacken, und verſtoßene Scherben hineinſtampfen, wiewohl 70 nicht eher, als bis ſie der aͤußerſte Hunger druͤckt, einen gewohnten Ort verlaſſen. Sie freſſen auch gerne Papier, und benagen die Bucher, vielleicht weil im Papier noch etwas Oel ſteckt. Andre meynen, man ſollte ihnen, weil man ſie doch nie ganz vertreiben wird, immer etwas Waſſer une ter die Bettſtellen oder unter die Kaͤſten ſtellen, fo wuͤr den fie den Durſt flillen, und das Papier gehen loſſen. Man weiß aber noch nicht gewiß, ob ſie überhaupt bey ihrer großen Gefraͤßigkeit jemals ſaufen. Im Stroh⸗ ſack und andern Bettſtuͤcken muͤſſet ihr zuweilen nachſehen, ob ſie ſich nicht einniſteln, weil man auf dieſe Art oͤfters eine ganze Brut vertilgen kann. Wenn ihr ihnen Gift legt, ſo ſterben ſie zwar davon: aber, wenn ihr kleine Kinder im Haus habt, fo iſt es mit den Giftkuͤgelchen eine gefährliche Sache; auch die Hühner finden es zus weilen, und freſſen davon, weil ihre Zunge nicht fo em⸗ pfindlich iſt, wie die Zunge andrer Thiere; und wenn die Maͤuſe davon freſſen, und daran ſterben, ſo findet man das Aas nur hoͤchſt ſelten, und es entſteht ein ſchaͤndlicher Geruch im Haufe, bis fie verfault find, ie bekannten Ziegelfallen find die beften, wenn man fie recht \ 254 Von dei 0 vierfüzigen Thieren. recht ſcharf zu ſtellen weiß. Nur muͤßt ihr fie richt oft an denſelbigen Oct ſtellen, ſondern die Stelle, wo eine erſchlagene Maus gelegen iſt, mit warmen Waſſer auf waſchen laſſen, damit ſich der Geruch verliert, ſonſt ge⸗ ben die andern nicht mehr an den Ort. Auch müßt ihr von Zeit zu Zeit die Spalten und Locher in den Fußboͤ⸗ den, an den Treppen, unter den Schwellen, unter alten lange dageſtandenen Kaͤſten und Schraͤnken unterſuchen, und ſeſt zuſchlagen laſſen. Auch in den Stallungen ſreſſen fie dem Vieh oft Haber, Gerſte, Wicken ꝛc. weg, laufen in der Nacht in den Krippen herum, ſu⸗ chen, was das Vieh übrig gelaſſen hat, laſſen aber oft 5 dafür ihren Unrath zuruͤck, der 15 Morgen aus der Krippe geworſen werden muß. Oft machen ſie gar ein Neſt in einen Balken am Camin; oft tragen ſie Werg oder Kuder vom Hanf, und andre Lumpen, Stroh, Heu, Wolle, Papier, Holzſpaͤne ꝛc. in die durchgenagte Feuerwand, fo daß es leicht Feuer fangen koͤnnte. Ehemals aß man junge Maͤuſe, machte Paſteten dar⸗ aus, und noch jetzt werden viele gegeſſen von andern Voͤlkern. Je mehr ihr eure Wohnung von zerſtreuten und verbröcelten Eßwaaren reinigt, je feſter ihr alles verſchließt und wohl verwahrt, deſtoweniger werdet ihr von dieſem a geplagt ſeyn. Die Feld⸗ und adam. Unter dieſem Namen haben wir uberall viele Satz tungen aͤußerſt fruchtbarer Thiere, die ſich, wenn einige trockene Jahre auf einander folgen, ſo ſtark vermehren koͤnnen ; daß man ſie als die Heere Gottes, die uns waſes Die Feld und Waldmaus. 255 | unſre Brodfrucht wegfreſſ en ſollen, anſehen muß. Sie leben meiſtens in Löchern unter der Erde, tragen daſelbſt Getreide, abgebiſſene Halme, Eicheln, Haſelnuͤſſe, Bucheckern zuſammen; kommen oft auf die friſchbeſaͤten Felder, richten großen Schaden an, und ziehen im Winter nach den Scheuren, wo ſie im Stroh und Korn niſten, und gewaltig viel freſſen. Einige unter ihnen vermehren ſich im Jahre mehrmals, und machen 9, 10% auch 18 Junge. Die große Waldmaus ſoll noch uͤber⸗ dies gefährlich beißen koͤnnen. Wir koͤnnen ſie nicht vertreiben, wegen der Menge. Gut iſts, daß ſie die Natur ſelber durch Woͤlfe, Fuͤchſe, Feldmarder und Raubvoͤgel verfolgen läßt; und zuweilen ſchickt Gott ein naſſes Jahr, dadurch werden viele Tauſende aus der Welt geſchafft. Man behauptet, daß man Ratten und Maͤuſe von den Wurzeln der Obſtbaͤume abhalten Einne, wenn man einige Knoblauchsſtoͤcke dahin pflanzt. Als fie einmal in? Teutſchland uͤberhand genommen hatten, ſtreute man Brodkugeln, in die man Arſenik gefneter hatte, auf das Feld, wodurch freylich viele getoͤdtet wur⸗ den; aber wegen der nuͤtzlichen Thiere iſt es in der Land. wirthſchaft gar nicht rathſam, viel mit Gift umzugehen. Man hat auch vorgeſchlagen, wider dieſe Thiere in den Scheuren unter das Getreide und an die Wände eine Lage von Wacholderſtraͤuchen, oder auch von Erlenlaub anzubringen. Die Stacheln an jenen e ſollen noch uͤberdies andres Ungeziefer abhalten. Man ſtellt ſonſt auch in eben dieſer Abſicht Lagen von dieſen Pflan⸗ zen in die Zimmer hinter die Tapeten; ihr koͤnnt es alſo auch in der Fruchtſcheure verſuchen. — X. Der 256 Von den vierf. Thier. Der pamſter X. Der Hamſter. In einigen Segenden von Teutſchland iſt dieſe Gal, tung von Maͤuſen außerordentlich ausgebreitet. Sie hat nur die Größe einer gemeinen Ratte; aber fie träge in eigenen Blaſen im Maul gewaltig viel Getreide in ihre Locher unter dem Boden. Man beſtellt deswegen eigene Hamſterjaͤger, die fie überfallen, todtſchlagen, | und die Frucht herausnehmen muͤſſen. Auch wird den Unterthanen, ſobald man ſie irgendwo ſpuͤrt, befohlen, von jedem Morgen Landes, den einer beſitzt, eine be⸗ ſtimmte Zahl Hamſterfelle alle Jahre bey einer fefiges ſetzten Strafe einzuliefern. Man findet gemeiniglich das ſchoͤnſte Getreide in ihren Wohnungen. Sie beißen dem Korn nur das Keimchen ab, ſie verunreinigen es weiter nicht; man kann es noch in die Muͤhle ſchicken; ſie ſetzen ſich aber zur Wehre, und beißen gewaltig gegen Menſchen, Pferde und Hunde. Auch wenn ſie im Winter in dieſen Hoͤhlen im Schlaf liegen, graͤbt man fie aus und toͤdtet fie, In einem bloßen Sandlande kommen fie nicht gut fort, weil fie da keine feſte Woh— nung bauen koͤnnen, aber in gutem ſchweren Boden iſt ihr Aufenthalt. Der Pelz ift oben roͤthlicht, und unten ſchwarz, er kann aber gebraucht werden. Von dieſem Thier gilt insbeſondre die Regel, daß man ihm gleich im Anfang wehren muͤſſe: denn ſie hecken mehrmals 8 im Jahre, und haben oft beynahe zwölf Junge. Da koͤnnt ihr dann leicht denken, daß fie auf ihren nächtlis | chen Streifereyen ganze Scheſſel v von Getreide und Rn Ackerbohnen eintragen. won Ratte. f Me | 257 9 Die Ratte. 2 Auch died 7 Gattung von Maͤuſen haͤlt ſich immer in Haͤuſern auf, zernagt das Holz, frißt Fleiſch, Getreide, Obſt, frißt andre Maͤuſe, auch Caninchen, Katzen, Maulwuͤrfe, und junge Enten, wenn fie ſchon vier Wochen alt find; wirft im Sommer etlichemal fünf bis ſechs Junge; fie. freſſen auch einander ſelber auf; in den Weinkellern ziehen ſie oͤfters mit den Zähnen und Zaͤhen die Spunde aus den Meinfäffern, hängen den mit feinen Schuppen beſetzten Schwanz hinein, und ſaugen hernach den Wein, beſonders den rothen, ab, der an den kurzen Haaren dal zwiſchen haͤngt. Eben ſo un⸗ angenehm iſt, daß ſie die reifen Trauben von den Reb⸗ geländern an den Haͤuſern und Wänden, oft am hellen Tage, abfreſſen. Einige werden ſo groß, daß ſich die Katzen vor ihnen fürchten müffen, Mit guten Fallen kann man ſie am beſten wegſchaffen, Auf Schiffen bat 5 man beobachtet, daß die alten Ratten, wenn ſie blind geworden ſind, oͤfters von den Jungen ernaͤhrt werden. Wenn ein altes Gebaͤude, ein Thurm, ein Schoppen ꝛc. abgebrochen werden ſoll, ſo beſtellt eigene Leute dazu, die die Ratten, die alsdann auseinander ſpringen, todtſchlagen. Ben ſolchen Gelegenheiten haben ſich dieſe Thiere ſchon an Orten ausgebreitet, wo man ſie vorher gar nicht kannte. Wo Zucker gepflanzt wird, da ſind - die Ratten gar häufig; abet fie werden auch dort gen geſſen, 5 > wie man fie ſchon oft auf Schiffen gebraten und mit Appetit verzehrt hat. Die Fruchiboͤden muͤſſen beſonders gegen die Ratten vermacht ſeyn. Sie haben uͤbrigens an dem Thier, wovon ich gleich reden will, MM einen 1 febr mächtigen Feind. W R lk. Das — 258 Von den vierf. Thieren. Das Wieſel. | ä | XII. Das Wieſel. | 1 Am Tage ſchlaͤft dies Thier meiſtens, außer daß es zuweilen im Schlachthauſe des Metzgers herumlauft. Immer ſteckt es in verborgenen Höhlen und Löchern, und ſtinkt, beſonders im Sommer, wenn es herausgeht. Im Sommer verfolgt das Wieſel junge Voͤgel, frißt auch ihre Eyer, und födter die jungen Schlangen. Im Winter bleibt es mehr im Hauſe und bey den Scheuren, wo es die Maͤuſe, Ratten, Sperlinge und junge Katzen aufſucht und frißt. Ihr müßt es alſo ſchonen auf eu⸗ ren Hoͤfen, aber das Hühner - und Taubenhaus wohl verwahren, daß es da nicht hineinkommt. Sein Balg iſt nicht ſchlecht; im Winter wird es oft ganz weiß: aber laßt es lieber leben, damit es euch die ſchaͤdlichen Maͤuſe wegfange. Vermehrt es ſich zu fihe, ſo koͤnnt ihr es mit Lerchenſchwamm und Eyern herbeyziehen und toͤdten. e ee an SI XII. Der Iltis. Der Iltis hat zwar einen haͤßlichen Geſtank, und iſt in Europa, was das Stinkthier in Amerika iſt; aber erlaubt ihr ihm immer, ſich Loͤcher in die Scheuren und Ställe unter dem Boden hin auszugraben, denn er iſt ein trefflicher Jaͤger und Freſſer der Ratten, der Maulwürfe und der Feldmaͤuſe. Im Sommer werdet ihr den Iltis nicht oft ſehen. Da iſt er meiſtens im freyen Feld, und lebt von jungen Voͤgeln und ihren Euyern. Aber ſobald der Winter anfängt, ſucht er einen warmen Heuboden auf, ſchlaͤft am Tage, und jagt in i | | der #* N N er. Dier Iltis. Der Marder. 259 i der Noche Freylich muͤßt ihr ihn nicht in den Hühnerſtal und nicht in das Taubenhaus kommen laſſen. Sonſt erwuͤrgt er euch alle, und ſchleppt fie davon. Auch von den Bienenſtoͤcken muß man ihn abhalten: aber ſonſt laßt ihm ja das Recht, auf dem Hof zu ſeyn, und wenn er euch auch einmal ein Huͤhnerey erwiſcht und ausſaͤuft. Der Mutzen, den er euch durch Vertilgung jener Maͤuſe leiſtet, iſt viel größer, 0 XIV, Der Marder. Auch der Marder haͤlt ſich immer in Ba Gebaͤu⸗ f den, Heuboͤden und Holzhauſen auf, läßt ſich ſelten am Tage blicken, verraͤth ſich nur durch 15 1 Geruch, macht aber in der Nacht auf Maͤuſe, Maulwuͤrfe, Voͤ⸗ gel und Katzen Jagd, wobey ihm ſein Springen, ſein Kletiern, und ſeine ſcharfe Zaͤhne gute Dienſte leiſten. Freylich erwuͤrgt er auch Tauben und Hühner, fo viel er erwuͤrgen kann. Man findet auch immer leere Eyer⸗ ſchalen um ihre Wohnung herum. Man legt ihnen deswegen Fallen, und ſchießt ſie nicht, um den Pelz nicht zu verderben. Iſt ein Marder mit dem Fuß in das Fangeiſen gefallen, fo ift frin Geſchrey, feine Wut ‚and, fein Beißen ganz unglaublich. Sie beißen ſich wohl eher ſelber den Fuß ab, und hinken auf drey Fuͤßen davon. Gleich das erſtemal geht er nicht in die Falle, er legt nur ſeinen Koth oder ſeine Loſung dazu. Fin⸗ det er dieſe den andern Tag wieder, ſo wird er ſchon dreiſter. Alſo muß man dieſe nicht wegſtoßen, nicht einmal verſchieben, ſonſt wird man lange vergeblich lau⸗ ren. Mit Eichhoͤrnchen kann man fie ſehr anlocken. R 2 3 268 Von den vierfuß. Thier. Igel. Dachs. Sie machen den ganzen Sommer Junge, und in einem Neſt ſind faſt immer 6 bis 7 Marder beyſammen. Das Fell der Feld⸗ oder Baummarder iſt ſchaͤtbarer, und von unſern Haus mardern beſonders an der Farbe des Halſes unterſchieden. Sie paaren ſich nicht mit unſern Hausmardern, wohnen in hohlen Bäumen, und leben von Eichhoͤrnern, Maͤuſen und Voͤgeln. XV. Der Igel. Die Natur hat EN Geſchlechter dieſes Tiers am ganzen Leibe ſo mit Stacheln bewaffnet, daß, wenn ſie ſich wie eine Kugel zuſammenrollen, und noch dabey ihr ſtinkendes Waſſer ausſpruͤtzen, ſelbſt die Hunde abge⸗ halten werden. Man muß alsdann den Igel in Waſſer werfen, wenn er ſich auseinander winden ſoll. Die Jungen, die im Geſtraͤuche auf Moos geboren werden, Br erſt nur kleine Anfänge von Stacheln. Er ſchlaͤft am Tage, liegt auch den ganzen Winter im Schlaf, und macht ſich ſein Lager meiſtens in hohlen Baͤumen. Mit ſeinem Ruͤſſel wuͤhlt er Maykaͤfer, Spinnen, Ameiſen, Heuſchrecken und Würmer aus dem Boden. In den Haͤuſern und Gärten muͤßt ihr ihn ja nicht ‚vers draͤngen; er faͤngt die Maͤuſe beſſer, als viele Rete N Ihr koͤnnt auch fein Sei effen. XVI. Der Dachs. Mit ſeinen langen Klauen macht fi ich der Dachs einen Bau in die Erde, und legt mehrere Roͤhren ann die in einen Keſſel ene Am “u ſchlaft Bu d einem Nahr ins andre flieht, den Bau aufhauen laſſen durch die Jaͤger. Auch ſein Fleiſch iſt eßbar; ſeine Haare geben gute Pinſel, und his Fell wird zum Ueber⸗ zug mehrerer Saͤcke und Reißetaſchen gebraucht, weil es 5 BEE 2 we Der Maulwurf. 251 e in der Nacht ſucht er Obſt, Trauben, Wurzeln, | — auch Maͤuſe und wilden Honig. Das Welſch⸗ korn frißt er gerne, wenn die Koͤrner noch voll Milch ſind. Man muß ihm daher Fallen legen, oder Hunde hineinſchicken, die ihn heraustreiben; oder, wenn er aus a das Woſſer abhaͤlt. Im Winter kommt er nur aus ſeinem Bau hervor, wenn die Witterung gelinde iſt, und geht wieder 1 wenn die Kaͤlte zunimmt. XVII. Der Maulwurf. 9 Wenn gleich der Maulwurf unter der Erde Wobtr, | 10 Hat er doch ein ſcharfes Gehör, ein feines Gefühl, und auch ganz kleine unter den Haaren verborgene Augen. In der Nacht kommt er aus ſeiner Hoͤhle hervor, und paart ſich am Ende des Winters. Das Weibchen wirft im May vier bis fünf Junge, und macht dazu ein kuöͤnſtliches Neſt mit vielen unterirdiſchen Gängen, Zum Aufwerfen der Erde iſt ſeine Vorderpfote wie eine Menſchenhand, und damit ihm dabey die Erde nicht in das Maul falle, iſt die Oberlippe doppelt, und dieſe dritte Lippe bedeckt, indem er wuͤhlt und aufwirft, die Oeffnung des Mauls. Er iſt immer nur in ſchwarzer Gartenerde und auf den Wieſen. Er frißt keine Wur⸗ zeln, ſondern nur Regenwuͤrmer, und andre Inſecten, die ſonſt im Stande waͤren, den Wurzeln der groͤßten Baͤume zu ſchaden, und die wir ſonſt mit aller Muͤhe N e e she RN. hatte. Wenn großes Waſſer kommt, fo werden ſie da, durch aus ihren Löchern am hellen 2055 herausgetrieben, und muͤſſen alsdann erſaufen. Wenn man die jungen 262 Von den vier fuͤßigen Thieren. nicht auszurotten wußten. Man weiß, 3, daß alle Baus me von unten hinauf abgeſtanden find, nachdem man mit Gewalt alle Maulwuͤrfe auf einem Gut vertrieben Pflanzen, die ſie, wenn ſie den Wuͤrmern nachjagen, mit den Wurzeln heraus geworfen haben, gleich wieder feſttritt, ſo Ahſen ſie wieder an. Die Erdſchollen, die ſie aufſtoßen, ſind die lockerſten und beſten; man kann Dlumentöpfe damit anfuͤllen. Weil ſie nichts aus dem Pflanzenreich freſſen, fo kann man ſie auch mit vergiftes ten Wurzeln nicht koͤdten. Wo friſche Hügel find, bringt guten Zieg genmiſt hin, der Geruch davon ſoll fie vertreiben. In der Nacht werden fie von Naubthieren und Raubvoͤgeln weggefangen. Am beſten iſt es, daß man ihnen Fallen mit ſcharfen Stacheln ſtellt, oder ſie heraushaut, wenn ſie eben geſtoßen haben. Von den Baͤumen vertreibe man ſie, weil nachher in ihre Gaͤn⸗ ge oͤfters Maͤuſe und Ratten kommen, und die Wur⸗ zeln der Obſtbaͤume obfreffen. Man kann auch wohl glaſurte irdene Töpfe in den Boden graben, und Regen⸗ wuͤrmer hineinthun. Iſt nur einer hineingefallen, ſo kann er nicht mehr heraus; er ſchreyt; die andern kom⸗ men, fallen auch hinein, und freſſen oft einander ſelber auf. Man kann auch das ſchoͤne Fell von Johannistag an bis zum Winter als Pelzwerk brauchen. In ihre Locher kann man auch ſpitzige Hagedornen ſtecken; daran verletzen ſie ſich die Naſe, und ſterben. Wenn ſie die Daͤmme, die man am Rhein und andern Fluͤſſen baut, durchloͤchern dann muß man im Anfang gleich wehren, ſonſt | - 9 ER * . Die Fledermaus. Das Eichhorn. 6 4 ſonſt entſtehen Loͤcher und Bruͤche darin, die man nur mit großen Koſten wieder ausfüllen kann. In Arabien Lem man ſie, und . das Fleisch ſehr gut. Ä XV Die Fledermaus. | 55 Die Federmauſe flattern nur wankend herum mit ihren haͤutigen Fluͤgeln „ und hängen ſich mit ihren Das geln an Baͤumen, Mauren und alten Schloͤſſern an. Sie ſind nicht giftig; ſchlafen im Winter; ruhen am Tage, und jagen in der Daͤmmerung Maͤuſe, Voͤgel, Kaͤfer, Muͤcken, Nachtſchmetterlinge, und werden wie⸗ der von den Eulen gefreſſen. Weil ſie einen ſcharfen Geruch haben, ſo muͤßt ihr alle Zugaͤnge zu Fleiſch, Kaͤſe, Lichtern, Schinken ꝛc. vor ihnen wohl verſchließen, Wenn fie euch Speckſeiten aus hoͤhlen, ſo haͤngt an einer Stange Kletten auf, und pudert dieſe mit Mehl. In der Meynung, daß es Nachtſchmetterlinge waͤren, gehen ſie darauf los, und bleiben mit den Fluͤgeln an den klei. nen 8 der Kletten 97 Sie freſſen nichts als Obſt und Baumfruͤchte; tragen ſich für den Winter einen Vorrath von Haſelnuͤſſen, Diane XIX, Das Eichhorn. Von dieſem artigen Thierchen, das beſtaͤndig in din ſagen wollen, daß ihr es auch ohne Bedenken eſſen koͤnnt. deln, e Bucheckern in hohle Baͤume; haben im Bluͤthen⸗ ſonſt finden fie es unvermuthet und freffen es weg. 15 Wäldern von einem Baum zum andern huͤpft, habe ich euch am Ende der Geſchichte der vierfüßigen Thiere nur Wan Das eichen. e Bluͤthenmonat drey bis vier Ju bekommen im Winter ein weißes Fell, das unter dem Namen Grau⸗ 1 werk gebraucht wird; enthülſen ihre Nahrung ſehr ge⸗ a ſchickt, und ſchaden im geringfien nicht; koͤnnen aber, wenn ſie zum Zorn gereizt werden ſehr M . ah AB beißen, | - Ende des erſten Thel 7 \ 5 y * ! INN, 1 65 a