?lBti :'^-, ^^ih ^^33^^^^^ 1 j' ^^^eS^^' - ' ^jj^ H^KHP^^ ^^-.^^: .^f'^B - -^Ä ^^^ ^^-¥iS Jl^ :a«i^ ^^ ^' .-^.^ Ü 41 '^l|t0 haak 6ias pvtsenteh bg James Troyer "" — ORGANOGRAPHIE DER PFLANZEN INSBESONDERE DER ARCHEGONIATEN UND SAMENPFLANZEN. VON DR. K. GOEBEL, tROPESSOR AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN. MIT 539 ABBILDUNGEN IM TEXT. 1r JENA, VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1898—1901. Vorwort. Wenn der Teil der Botanik unserer Tage, den man gewöhnlich als „Morphologie" bezeichnet, einst einen Geschichtschreiber finden sollte, so wird dieser die letzten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts wahrscheinlich als eine Übergangsperiode bezeichnen. Solche Übergangszeiten sind da- durch gekennzeichnet, dafs die früher herrschend gewesenen Richtungen, nachdem sie das geleistet haben, was ihnen eigentümlich war, sich aus- gelebt haben. Die neuen Bestrebungen, naturgemäfs mit den alten und untereinander oft im Kampfe, haben noch keine allgemeine Anerkennung gefunden. Man sieht aber, dafs die Dinge nicht so einfach liegen, wie man früher glaubte, dafs das alte Schema vielfach nicht mehr passen will. Das hängt in der „Morphologie" wesentlich damit zusammen, dafs man dazu gelangt ist, die Gestaltung der Pflanzen als einen Teil der Lebenserscheinuugen zu betrachten, nicht als eine Begriffskonstruktion, wie dies in der idealistischen Morphologie geschah. Alle Lebenserschei- nungen aber stehen in bestimmter Beziehung zur Aufsenwelt, und für die Morphologie heifst das, wie in diesem Buche nachzuweisen versucht werden soll, dafs sie vor allem die Gestaltung der Organbildung zu betrachten hat, dafs sie nicht nur eine vergleichende historische Disciplin ist, sondern in erster Linie es mit Verhältnissen zu thun hat, wie wir jetzt sie vorfinden. Sie hat nachzuweisen, inwieweit die Organbildung eine Anpassung an äufsere Verhältnisse darstellt und von diesen oder von inneren Beziehungen abhängig ist; ein solcher Nachweis ist auch notwendig, wenn die phylogenetische Betrachtung in den Vordergrund gestellt wird, denn auch die geschichtliche Entwicklung mufs sich in steter Beeinflussung durch die Aufsenwelt vollzogen haben. Phylogenetische Spekulationen sind ohne Zweifel anziehender als die Beschäftigung mit unscheinbaren und vielen wohl sehr nebensächlich erscheinenden Ge- staltungsverhältnissen der Pflanzen, die uns umgeben. Mir scheint es aber, dafs z. B. die Erkennung der Faktoren, welche bedingen, dafs die eine Hälfte eines Blattes gröfser wird als die andere, wichtiger ist als ein durch That- sachen nicht gestütztes phylogenetisches Hypothesengebäude ; Hofmeister, Sachs und Herbert Spencer haben diese Richtung, die wir als Organo- graphie bezeichnen können, in den letzten Jahrzehnten vor allem gefördert. Freilich handelt es sich nur um Anfänge; ein weites, wenig bebautes, aber vielversprechendes Arbeitsfeld liegt vor uns. Die grofsen Schwierig- keiten, die namentlich in der richtigen Fragestellung liegen, treten in YY Vorwort. dem vorliegenden allgemeinen Teile besonders hervor, und ich habe lange geschwankt, ob ich ihn nicht ganz weglassen solle. Aber wenn er auch mehr Materialien zu einer allgemeinen Organographie statt einer von allgemeinen Gesichtspunkten ausgehenden Darstellung bietet, so wird er doch trotz aller Unvollkommenheit nicht überflüssig sein, schon deshalb, weil er zeigt, dafs dieselben Probleme sich in den verschiedensten Ver- wandtschaftskreisen wiederholen, was bei einer l^inzeldarstellung der ver- schiedenen Gruppen natürlich nicht hervortreten kann. Die Ziele, welche das Buch verfolgt, mögen im übrigen aus der Darstellung selbst sich ergeben. Ausdrücklich bemerkt sei nur, dafs es sich beschränkt auf die Archegoniaten und die Samenpflanzen, die Thallo- phyten aber nur im allgemeinen Teile vergleichsweise mit berücksichtigt. Vollständigkeit ist in keiner Weise beabsichtigt, namentlich auch nicht in der Darstellung der Ansichten anderer, auf die ich nur insofern ein- gegangen bin, als es für die hier verfolgten Zwecke notwendig erschien. Mehrfach sind die Resultate noch nicht veröffentlichter Untersuchungen im Laufe der Darstellung mitgeteilt. Betreffs der Abbildungen habe ich öfters auf die in meinem Buche „Pflanzenbiologische Schilderungen" (Marburg 1889 — 1893) enthaltenen Bilder hingewiesen; dieselben sind der Kürze halber als S. Fig. . . . citiert, das Buch auch sonst als S. — Die Verfasser des in demselben Verlage erschienenen Lehrbuchs der Botanik (Strasburger, Null, Schenck, Schimper) gestatteten die Verwendung einer Anzahl von Figuren , die, soweit sie Originale sind, mit Lehrb. bezeichnet wurden. Die Darstellung der Grundzüge der mechanischen Blattstellungs- theorie wurde von Herrn Dr. Arthur Weisse übernommen, der also für den betreffenden Abschnitt allein verantwortlich ist. Ein Register wird erst dem Schlufsband beigegeben werden, deshalb folgt hier zunächst eine ausführliche Inhaltsübersicht. Ambach, 1. September 1897. K. Goebel. Inhaltsübersicht. Vorwort p. Ill Erster Absclmitt. Allgemeine (jliederuiig des Pflaiizeiikörpers p. i— 52 § 1. Einleitung. Morphologie und Organographie p. 1 — 9 Definition der Morphologie. — Darf man von der Funktion der Organe abstrahieren? — Metamorphose als Funktionswechsel. — Die Verkennung dieser Thatsache führt zu einer rein formalen Charakteristik der Organe. § 2. Einteilung der Organe bei den Samenpflanzen p. 10 — 16 Unzulänglichkeit der formalen Merkmale. Diese stellen nur ein, und zwar ein äufserliches und keineswegs konstantes Moment dar, eine wirkliche Charakteristik der Organe kann sich nur auf die Gesamtheit der Eigenschaften gründen und darf also (unter Berück- sichtigung des Funktionswechsels) auch die Funktion nicht vernach- lässigen. — Homologe und analoge Organe. — Homologe Organe sind nicht immer solche „gemeinsamer Abstammung". — Die Entwicklung hat offenbar meist polyphyletisch-divergent von einfachen Ausgangs- formen aus stattgefunden, deren Nachkommen übereinstimmende Entwicklungsmöglichkeiten mitbekamen. § 3. Organbildung und Arbeitsteilung bei niederen Pflanzen (Thallophyten) P- 17—34 Von einfachen Anfangen ausgehend, finden sich hier mehrfache Ansätze zu höherer Gliederung; die Ausbildung der Vegetations- organe in AVurzel und Sprofs ist nur ein Specialfall davon. — Ein- und mehrzellige Pflanzen, monergide und polyergide Zellen, Zellkolonieen und Zellstaaten, Beispiele für Kolonieen (p. 20). — A. Nicht festsitzende Kolonieen. 1. Kolonieen nackter Energiden (nichtcelluläre Energidenkolonieen). Myxomyceten (p. 20). 2. Kolo- nieen behäuteter Energiden (p. 21) (Protococcaceen, Volvocineen). — B. Festsitzende Kolonieen (p. 24). — Diatomeen (scheinbare Ver- zweigung bei Licmophora), Hydrurus (Annäherung zur Ausbildung eines Vegetationspunktes), Verschiedenheit von Haupt- und Seiten- sprossen. — IL Zellenstaaten mit Vegetationspunkten (p. 27). — Regehnäfsige Anlegung seitlicher Organe. — Diff'erenzierung in Lang- und Kurztriebe kommt in den verschiedensten Verwandtschafts- verhältnissen vor. Beispiele: Sphacelarieen, Florideen (bei diesen zuweilen blattähnliche Ausbildung der Kurztriebe, auch Umbildung zu Haftorganen). § 4. Normale Organbildung am Vegetationspunkt und Regene- ration P- 35—43 Kurze Anführung der Regeln für die normale Organbildung am Vegetationspunkt. — Regeneration = Neubildung von Organen nach Verletzungen. 1. Regeneration des Vegetationspuuktes (p. 36) findet VI luhaltsübersicht. am leichtesten statt. Beispiele: Wurzelsi)itze , Farnprothailien. 2. Neubildung von Organen (p. 36), „Polarität" bei der Neubildung, bedingt durch die Richtung der Stoifwanderung. — SACHs'sche Hypo- these organbildender Stoffe. — Beeinflussung der Neubildung durch den Zustand, in -welchem das abgeschnittene Organ sich vorher befand. — Regeneration bei Pilzen (p. 42). — Verschiedenheit des Verhaltens von Stecklingen gegenüber den durch Korrelation be- dingten Umänderungen. § 5. Verwachsungen und Verkümmerungen p. 43 — 52 Einleitung: Die vergleichende Organographie kann vielfach durch Annahme von VerM'achsungen und Verkümmerungen das Zustande- kommen bestimmter Gestaltungsverhältnisse historisch erklären. — Verwachsung (p. 44—47). — Entwicklungsgeschichtliche und „con- genitale" Verwachsung. Beispiele für letztere, speciell Inflorescenz von Spathiphj'llum platyspatha. — Verkümmerung (p. 47). 1. Art und Weise der Verkümmerung. Dieselbe besteht in einer Hemmung der Organbildung, die auf den verschiedensten Entwicklungsstufen erfolgen kann; der Grad der Ausbildung verkümmernder Organe ist deshalb ein sehr schwankender. 2. Ursachen der Verkümmerung. Diese liegen, soweit sie erkennbar sind, einmal in einer Beeinflussung durch andere Organe (Korrelation), sodann darin, dafs funktionslos werdende Organe verkümmern. 3. Die morphologische Bedeutung der verkümmei'nden Organe liegt darin, dafs sie vielfach die Re- konstruktion der „Typen" gestatten, aber nicht alle verkümmernden Organe sind Reste früher entwickelter. Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse p. 53—121 § 1. Einleitung p. 53 Allgemeines, polare Ausbildung. — Unterschied von radiären, bilateralen und dorsiventralen Organen. — Beziehungen zwischen Richtung und Ausbildung. — Radiäre Organe meist orthotrop, dorsi- ventrale meist plagiotrop. — Die Dorsiventralität plagiotroper Or- gane nicht Ursache, sondern Folge des plagiotropen Wuchses. — Wechsel von plagiotropem und orthotropem Wuchs bei manchen Organen. — Beziehungen zwischen dorsiventralem Bau und plagio- tropem Wuchs, radiärem Bau und orthotroper Richtung, besonders deutlich bei Flechten. § 2. Stellungsverhältnisse der Organe an radiären Achsen ... p. 61 Grundzüge der mechanischen Blattstellungslehre, bearbeitet von Dr. Akthuk AVeisse p. 61 — 71 § 3. Dorsiventrale Sprosse p. 71 I. Verschiedener Bau von Ober- und Unterseite, Epinastie und Hyponastie. IL Stellungsverhältnisse. Diese lassen sich meist in Beziehung bringen zu den Lebensverhältnissen, oft aber (bei Seitensprossen) bis jetzt nur in räumliche Beziehungen zur Abstammungsachse. Beispiele dafür namentlich bei Algen. Einzelbetrachtung: A. Kletternde und kriechende Sprosse (p. 77) zeigen meist eine „Verschiebung" der Blätter auf die Rückenseite, während auf der Bauchseite AVurzeln, auf den Flankenseiten Sprosse stehen. Abflachung der Achsen vieler kriechender und kletternder Sprosse. B. Dorsiventrale Ausbildung von Seitensprossen (p. 79). Diese erfolgt durch 1. Veränderung der Blattanordnung und zwar a) durch Änderung der Blattinsertion (damit vielfach verbunden die Beschränkung der Seitenzweige auf die Hanken), b) durch Internodiendrehung, c) von vornherein im Vegetationspunkt (erläutert an Vaccinium Myrtillus, wo die Änderung wahr- scheinlich durch das Licht bedingt wird, aber nur an Sprossen höherer Ordnung). In anderen Fällen (Tilia, Corylus etc.) ist die Änderung der Blattstellung erblich geworden, oder doch (Phyllanthus) nur in den ersten Entwicklungsstadien noch zu Inhaltsübersicht. yjj ändern. — 2. Anisophyllie (p. 85). Anisophyllie tritt anf in sehr verschiedenem Grade bei den versibiedensten Pflanzen. Historisclies. A. Laubmoose (j). 86). B. Lebermoose (p. 87j. C. GefafskrviJtogamon (p. 88|. Anisojjhyllie bei Lyco])odinm eomi)laiiatiiiii und alpinum, bei den Selaginellen. Zustande- kommen bei S. sanguinolenta, 1). Samenpflanzen (p. 93). «) Laterale, ß) habituelle Anisophyllie. 1) Urticaeeen (speciell Pellionia und Elatostemma) (p. 94). 2) Melastomaceen (Cen- tradenia) (p. 98j. 3) Acanthaceen (Goldfussia). 4) Gesneriaceen, dort bei einigen die kleineren Blätter offenbar ganz verkiimmert (p. 97). § 4. Symmetrieverhältnisse der Blätter p. 99 Dorsiventrale Blätter meist annähernd gleichseitig. Ausnahmen häutig. I. Kotyledonen, bei diesen die Schiefheit offenbar zusammen- hängend mit der Lage im Samen (p. 100). IL Laubblätter (p. lOlJ. A. Ganzes Blatt ungleichseitig, bedingt durch die Lage des Blattes, die verursachenden Faktoren aber nicht bekannt. Begonia (p. 102). Asymmetrie durch ungleiche Ausbildung von Teilblättchen bei Leguminosen (p. 104). B. Asymmetrie der Teilblättchen. Nicht von der Schwerkraft ver- ursacht (p. 106). Beziehungen zum Licht. Asymmetrie der Neben- blätter (p. 109). Unterbrochen gefiederte Blätter; wahrscheinlich wirkt Korrelation mit. § 5. Symmetrieverhältnisse von Blüten und Infloreseenzen ... p. 111 Dorsiventrale Blüten zuweilen ganz asymmetrisch. Beziehungen zur Inflorescenz. Unterscheidung der dorsiventralen Blüten in solche, die erst nach oder schon vor der Entfaltung dorsiventral ■werden. Nur erstere direkt von äufseren Faktoren beeinflufst, letztere zunächst nur teleologisch verständlich. Wesentlich und un- wesentlich dorsiventrale Blüten. Infloreseenzen (p. 116). Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Or^aiibilduug auf ver- schiedenen Entwicklungsstufen, Jugendformen p. i2l— 151 Einleitung. Verschiedene Dauer der Entwicklung aus inneren und äufseren Gründen. Vom Pflanzenkörper sich ablösende Zellen oder Zellkomplexe haben in manchen Fällen offenbar durch vorherige Be- einflussung eine begrenzte Entwicklungsdauer. Ungünstige äufsere Be- dingungen kürzen die Entwicklung oft sehr ab (Bildung von Keimzellen aus Keimzellen), günstige, namentlich gute Ernährung, dienen als Reiz, der eine längere Entwicklung „auslöst". Homoblastische Entwicklung: Jugendstadien von den folgenden nicht sehr verschieden, heteroblastische Jugendformen abweichend von den Folgeformen. Letzteres meist dann, wenn die Jugendform anderen Verhältnissen „angepafst" ist. Sie kann das ursprüngliche oder auch ein abgeleitetes A'erhalten darstellen. Primärblätter sind häufig nur Hemmungsbildungen. Verschiedene Dauer der Jugendform, in extremen Fällen stellt sie den eigentlichen Vegetations- körper dar. Rückschläge zur Jugendform. Einzelfälle p. 127 I. Thallophyten: Lemanea, Batrachospermum, Dumontia filiformis, Polysiphonia Binderi, Characeen, Sphacelarieen p. 127 — 130 IL Gefäfskryptogamen, Primärblätter der ungeschlechtlichen (iene- ration p. 130 III. Gymnospermen, fixirte Jugendstadien p. 132 — 134 IV. Angiospermen. Experimenteller Beweis, dafs Primärblätter Hemmungsbildungen sind (bei Vicia Faba), (p. 134|. — Jugend- stadien bei bestimmten biologischen Gruppen. A. Kletteri)rtanzen. 1. Wurzelkletterer (p. 136|. 2. Rankenjjflanzen ip. 139). — B. Wassei'- und Sumptpflanzen (p. 142). — C. Xerophile Pflanzen (p. 143). 1. Phyllodienliildende Akazien (p. 144). 2. Eucalyptus (j). 144). 3. Einige Dikotylen mit Cupressineen-PIal)itus (p. 145). 4. Pflanzen mit verkümmerten Blättern p. 135 — 148 Zusammenfassung p. 148 YJJJ Inhaltsübersicht. Rückkehr zur Jugendform (p. 148—151). Diese läfst sich in manchen Fällen experimentell herbeiführen durch Änderung der äufseren Be- dingungen, namentlich auch durch „Schwächung" der Folgeform, deren Auftreten von äufseren Faktoren vielfach anders beeinflufst wird als das der Jugendform. Abschlufs der Entwicklung p. lol Vierter Aljsclinitt. Mifsbilduiigeu und ihre Bedeutung für die Organograpliie p- 152—175 Einleitung. — Unmöglichkeit einer genauen Definition des Begrifl's Mifsbildung und der Abgrenzung gegenüber den Variationen. § 1. Bedeutung der Mifsbildungen für die Organographie .... p. 154 Mifsbildungen sind nicht ganz regellos, Sprofsanlagen z. B. werden nicht zu Blättern oder Wurzeln mifsbildet, Sporangien nicht zu vegetativen Organen. Bei der „Vergrünung" von Staubblättern und Fruchtblättern verkümmern die Sporangien. Derartige Gebilde sind keine Atavismen, sondern krankhafte Störungen, berechtigen also nicht zu phylogenetischen Schlüssen. § 2. Wodurch entstehen Mifsbildungen? p. 159 A. Viele Mifsbildungen sind vererbbar, ihr Zutagetreten aber oft an bestimmte äufsere Bedingungen geknüpft, bei deren Fehlen sie als „latente Anlagen" verharren. Beispiele für Vererbung: 1. Fasciationen (p. 160). 2. Zwangsdrehungen fp. 160). 3. Erb- liche Sterilität des Mais (p. 160). 4. „Gabler" (p. 161). 5. Ver- schiedene Fälle (p. 162). B. Andererseits sind äufsere Faktoren als veranlassendes Moment von Mifsbildungen bekannt, besonders bei niederen Pflanzen. Bei Samenpflanzungen nach Peykitsch' Untersuchungen Pelorien- bildung (p. 164); künstliche Fasciationen (p. 164); Doppelblätter (p. 164); Vorbildungen durch Schmarotzer (Pilze, Insekten, Gallenbildungen) p. 165 § 3. Bedeutung der Mifsbildungen für die Theorie der Organ- bildung p. 173 Diese liegt darin, dafs hier verursachende Momente für Gestaltungen nachweisbar sind. Sachs' Stofl' und Form, Wuchsenzyme. Fünfter Absclmitt. Beeinflussung der Gestaltung durch Korrelation und äul'sere formative Reize p. 176 I. Korrelationen P- 177—186 Einleitung. Begrifl' der Korrelationen. Quantitative und qualitative Korrelation. A. Quantitative Korrelation (Kompensation des Wachstums), Wett- bewerb der Anlagen als Ursache von Verkümmerung in Früchten (resp. Samen), Blütenständen. Beeinflussung des Austreibens von Knospen, der Gröfse von Blättern und Blattteilen in der Blüte. Korrelation zwischen vegetativen und Fortpflanzungsorganen. B. Qualitative Beeinflussungen (p. 183). Eichtungsverhältnisse, Haupt- sprosse und Seitensprosse, unterirdische und oberirdische Triebe, Dornbildung. Blattgestaltung bei Sporophyllen, Knospen- schuppen, Banken. II. Beeinflussung durch äufsere Reize p. 186 A. Einflufs der Schwerkraft p. 188 1. Orientierende Einwirkung (p. 188). Am Embryo von Marsilia, den FarnprothallienC?); bei Kakteen, Tladiantha, bei Regene- rationsvorgängen; bei ganzen Pflanzen. 2. Qualitative Beeinflussung der Organbildung. Austreiben der Rhizome von Yucca, Cordyline. Verschiedenheit von Haupt- und Seitensprossen. B. Einflufs des Lichts p. 194 1. Richtende Wirkung (p. 194). Bestimmung von Rücken- und Bauchseite bei dorsiventralen Organen; Brutknospen von Mar- Inhaltsübersicht. IX chantia und Lunularia; Keimi)tlanzen thalloser dorsiventraler Lebermoose; Farnprotliallien, apogame Sprofshildung an Farn- prothallien, polare Differenzierung' bei der Keimung der Sporen von Equisetum und einigen Fucaceen. Zweige von Thuya etc.; Rhizom von Xupliar; Verteilung der Wurzeln bei den Kletter- sprossen des Epheu, von Kakteen; P^inwirkung auf die Knollen- bildung bei der Kartoffel; Verzweigung plagiotroper Moose; Stellung derBlätter bei dorsiventraleuJungermanniaceen, Schisto- stega; dorsiventrale Ausbildung von Moossjjorogonien; Ast- stellung bei Algen. 2. Qualitative Beeinflussung (p. 204). a) Verschiedene Entwicklungs- stadien einer und derselben Pflanze an verschiedene Licht- intensitäten gebunden. Algen, welche bei schwachem Licht nicht iiber das Jugendstadium hinausgelangen (p. 205), ]\[usci- neen (p. 205). Höhere Pflanzen «) A'egetationsorgane. Pand- hlätter von Sagittaria, Paindblättei von Campanula rotundifolia; ß) Abhängigkeit der Blütenbildung von Beleuchtungsverhält- nissen (p. 209). — b) Überflächen vergröfserung bei chlorophyll- haltigen Wurzeln (p. 211); bei Kakteen und anderen Pflanzen mit assimilierenden flachen Sprofsachsen (p. 214); bei Moos- protonemen (p. 214); bei Algen (j). 215). — c) Anisophyllie. Be- einflussung durch die Lichtintensität bei Abies pectinata, Ly- copodium complanatum, Dikotylen (p. 215). — d) Funktions- änderung durch das Licht (resp. Lichtmangel) bedingt. Bei Aus- läufern von Circaea; bei Algen (p. 210). — e) Einwirkung des Lichts auf die Gestaltungsverliältnisse der Pilze p. 221 C. Einflufs der Umgebung (des Mediums) p. 223 1. Einwirkung von "Wasser und Luftfeuchtigkeit, a) Wasser- pflanzen und amphibische Pflanzen (p. 224). — b) Herbeiführung von Ruhezuständen durch Austrocknung (p. 226). — c) Knollen- bildung bei Juncus und Poa bi Ibosa (p. 226). — d) Dornen- und Stachelbildung (p. 226). — e) Blattform einiger Sedumarten p. 228 2. Salzpflanzen p. 238 3. Beeinflussung der Organbildung einiger Pilze durch die Umgel)ung D. Mechanische Reize p. 230 Inhaltsübersicht des speciellen Teiles. Einleitung: Specifische und Anpassungsmerkmale fallen nicht oder doch nur zufällig zusammen. Wichtigkeit der Sexualorgaue als „specifische Merkmale". Gliederung der „Archegoniaten". Einzeldarstellung: I. Areheg-oniaten p. 234 A. Bryophyten p. 235 Einleitung. Einteilung der Bryophyten in Lebermoose und Laub- moose. Übergangsformen zwischen beiden sind nicht bekannt, haben oflFenbar auch nie existiert, da alle Anzeichen auf eine polyphyletisch- divergente Entwickelung hindeuten, speciell die Gestaltung des Vegetationskörpers, während im Bau der Sexualorgane sieh viel Übereinstimmendes findet. Für die Verwandtschaftsfrage deshalb besonders wichtig Entwickelung und Bau der Sexualorgane. a) Antheridien (p. 286). Der Bau der fertigen Antheridien in beiden Reihen im Avesentlichen übereinstimmend, die Gestaltungsver- schiedenheiten hängen offenbar zusammen mit dem Öffnungsmecha- nismus. Dabei die Antheridienwand stets aktiv beteiligt , Laub- moose (p. 239) haben eine Offnungskappe, bei Lebermoosen ist diese nicht abgegrenzt fp. 238). b) Archegonien (p. 241). Fertiger Bau, Entwickelung bei Lebermoosen (p. 243), bei Laubmoosen ip. 244). Einzeldarstellung. 1. Lebermoose p. 245—338 Allgemeine Charakteristik. Symmetrieverhältnisse. Meist dorsi- ventral, radiär nur Calobryaceen. Manche Riella-Arten nur scheinbar radiär. Vegetationspunkt und Zellenanordnung (p. 247). Verzweigung (p. 248). Allgemeine Gestaltung des Thallus (p. 249 1. Bildung von blattähnlichen Verzweigungssystemen begrenzten Wachstums bei verschiedenen Gattungen als Parallelformen (p. 2-50 — 252). Bei Aneura (Hauptachsen und Seitenachsen , Wm-zeln) (p. 2ö2 — 254). Anhangsorgane des Thallus und zwar Schleimhaare (p. 254 — 256). Schuppen der riarchantiaceen-Beihe ip.256 — 261). Abhängigkeit ihrer Gestaltung von ihrer Funktion, Bedeutung für die Wasserversorgung. Blattbildung p.261-271 Definition der Blätter. W^iederholt unabhängig in verschiedenen Reihen erfolgtes Auftreten der Blattbildung. Bei Anthoceroteen (p. 261— 262). Bei anakrogynen Jnngermannieen (p.263 — 266). (Blyttia, Symphyogyne, Blasia, Fossombronia, Treubia, Calobryaceen). Die akrogynen Formen sind nur ein Specialtall (p. 267 — 268). Rückkehr beblätterter Formen zum Thallus (Cephalozia, Zoopsis) (p. 268). Reduktion der Blätter bei der Bildung von Flagellen und „Wurzel- sprossen" (p. 269). Arbeitsteilung zwischen den Zweigen, Lang- und Kurztriebe (p. 270). Rhizoiden p.271— 273 Aufgabe der Rh., teils nur Haftorgane, teils zur Wasseraufnahme. Fehlen bei Wasserformen. Arbeitsteilung bei Monoclea und den Marchantiaceen. Inhaltsübersicht. XI Ungeschlechtliche Vermehrung p.273 — 278 Zwei Typen: A) Teilung. Beispiele: Pellia calj^cina, Fegatella supradecomposita (p. 274). 15) Bildung von Brutzellen, diese können schon vor der Ablösun"- zu Zellkörpern heranwachsen, Lejeunia u. a. Die Keimung der Brutzellen stimmt der Hauptsache nach überein mit der der Sporen. Anpassungserscheinungen der vegetativen Organe bei Lebermoosen p. 278— 304 1. Beziehungen zur Wasserversorgung. A) Einrichtungen zum Festhalten von Wasser bei thallosen, wie bei foliosen Formen im wesentlichen übereinstimmend. 1. Aneura (p. 279 — 280). 2. Metzgeria saccata (p. 280). 3. Anthoceroteen (p. 281). 4. Foliose Formen (p. 282). Paraphrenien bei Trichocolea und Stephanieila |p. 283). Umbildung von tilättern und Blattteilen zum Wasserfestiialten bei Gottschea, Eadula, Frullania, Lejeunia, Colura, l'hysiotium u. a. B) Einrichtungen zum Überstehen von Trockf^nperioden |p. 290—296). a) Einrollung des Vegetationskörpers bei Eiccien, Marchantieen, Plagiochila circinata, b) Bildung von KnöUchen (p, 291). Historisches (p. 291). Eigene Untersuchungen (p. 292 — 294). Fossombronia tuberifera, Anthoceros dichotomus, A. ai-gentinus, Riccien. c) Bildung tiefgehender Wurzelsprosse (Stephanieila) (p. 295). d) Beziehungen des anatomischen Baues des Marchantiaceen-Thallus zur Wasserauf- nahme und Wasserverdunstung (p. 296 —301). 2. Beziehungen zum Lichte (p. 301 — 302). 3. Beziehungen zu anderen Organismen (Symbiose, Schutz gegen Tierfrafs) (p. 303 — 304). Fertile Sprosse und Schutz der Sexualorgane, resp. der Sporogonien p. 304 — 317 a) Verteilung der Sexualorgane, Bildung von „Ständen", Um- bildung der Tragsprosse (p. 305). b) Einrichtungen zum Schutz der Antheridien und Archegonien und (bei den Archegonienständen) zum Festhalten spermatozoi'dhaltiger Wassertropfen, Perichätien und Perianthien. Zusammenhang von Gestalt und Funktion speciell bei den „Ständen" von Marchantiaceen (p. 310). Jungermannieen ohne Perianth (p. 313). Geokalyceen (p. 314). Bückblick (p. 317). Hier Avie auch sonst sind die biologischen Beziehungen erkennbar, das phylogenetische Zustandekommen unklar. Sporogonien p. 317— 329 Aufgabe: Sporenbildung, bei den meisten avich Sporenverbreitung. Damit steht die Gestalt im innigsten Zusammenhang. 1. Antho- ceroteen-Typus (mit Columella und sterilen Zellen, Bedeutung der- selben) ip. 318). 2. Marchantiaceen- und Jungermanieen-Keihe (p.320). a) Nur Sporenmutterzellen und Wandzellen in der Kapsel, b) Auch sterile. Diese dienen A)zunächst aIsNährzellen(Sphaerocarpus)(p.321^ ß) auch als Elateren. Die Bewegung der Elateren verschieden stark, am stärksten bei rascher Austrocknung. 1. Elateren als Schleuder- organe (p. 323—325). a) Jungermannia-lVpus (p. 323). b) Frullania- Typus (p. 323). c) Formen mit Elaterenträgern: Pellia (p. 324), Aneura (p. 325). 11. Elateren gewöhnlich nur zur Auflockerung der Sporenniasse dienend (p. 325). Fossombronia, Marchantiaceen. Entwickelung der Sporogonien (p. 326—329). a) Jungermannieen- Typus (p. 326). Bildung des Elaterenträgers bei Aneura (p. 327). b) Anthoceroteen-Tvpus' (p. 328). Wirkung der Befruchtung auf die Mutterpflanze (p. 329). S p o r e n k e i m u n g p. 329 — 338 Bau der Sporen, unklare Beziehungen zwischen Struktur der Sporenhüllen und den Lebensbedingungen (p. 33U) Es entsteht stets ein „Vorkeim". Gestaltung desselben bei 1. Jungermannieen (und Anthoceroteen). A) Thallose Formen (p. Ml). B) Akrogyne Jungerm. (p. 331). Beziehungen des Vorkeims zu den Lebensver- hältnissen (p. 331—332). Beispiele dafür, dafs der A'orkeim den eigentlichen Vegetationskörper darstellt (p. 333). Abhängigkeit der Keimungsweise von äufseren Faktoren (p. 333— 334). II. Marchantieen (p. 334). Der Unterschied gegenüber den Jungermannieen besteht nur darin, dafs die Längsachse des Vorkeims und der jungen Pflanze nicht zusammenfallen. Nachweis der Thatsache, dafs auch Xll Iiilmltsübersicht. bei den Marc-haiitiaceeu die Brutknospenentwickeluug der Haupt- sache nach mit der Sporenkeimung übereinstimmt (p. 335). Heran- wachsen der Keimpflanze, Eudimentärbleibeiide Formen (p. 336 — 338). 2. Laubmoose p. 838— 385 Sporeukeimnng und Gestaltung des Vegetationskörpers, p.338— 360 Typische Protonemaform : Verzweigte Fäden, in den chlorophyll- losen (teilweise auch in den chlorophyllhaltigen) „schief" gestellte (^Kierwände. Bedeutung der Schiefsteilung (p. 340). Falsche mor- phologische Schlüsse aus dieser Thatsaclie ip. 341). Besondere Gestaltungsverhältnisse des Protonemas bei Ephemeropsis (p. 342), Polytrichaceen (p. 342), iSchistostega p. 343), Buxbaumieen (p. 343), Tetraphideen (p. 344i, Andreaeaceen (p. 344), Sphagnum (p. 344). Berichtigung der Angabe, dafs hier auch ein Fadenprotouema sich finde, Umwandlung der Rhizoklen in Zelltlächen, Keimung der Sporen von Eucamptodon Hampeanum und Dicnemon semicryptum innerhalb der Sporogonien (p. 345). Die Protonemenformen lassen sich alle als Modifikationen cles Fadenprotonemas betrachten (p. 346). Brutknospenbildung am Protonema (p. 347 — 348). Einfachste Form der Moospflanze bei Buxbaumia (p. 348), bei Phascaceen (p. 351). Unverzweigte Stämrachen und Pseudoverzweigung bei Schistostega (p. 351'. Übergang zur echten ^'erzweiguug der gewöhnlichen Moos- stämmchen (p. 3-52). Blattbildung und Verzweigung derselben (p. 3-52). Abweichendes Verhalten von Andreaea (p. 353). Gestaltung der Laubsprosse, Auftreten von Trieben begrenzten und unbegrenzten Wachstums (p. 3-54). Arbeitsteilung der Blätter: Xiederblätter und Laubblätter, eigentümliche Ausbildung der Niederblätter bei Ptero- bryella longifrons (p. 354). Gestaltung der Laubblätter und Hoch- blätter (p. 3-56). Bilaterale Sprosse (p. 357) (Eriopus, Drepanophyllum, Schistostega, Fissidens). Dorsiventrale Sprosse (p. 359). Anhangs- gebilde, haarähnliche Bildungen (p. 359). Ungeschlechtliche Ver- mehrung (p. 360). Beziehungen der Laubmoose zur Aufsenwelt p. 361 — 369 Speciell zur Wasseraufnahme. Aufsere und innere Wasserleitung (p. 362). I. Einrichtungen zum Festhalten von Wasser (p. 363- 368). Bewirkt: A) durch die Form des Blattes (p. 363): B) durch seinen Bau: 1. durch Auswüchse der ßlattfläche |p. 363); durch Para- phyllien p. 365). Bau und Entwickelung der Paraphyllien von Hypnum splendens und Thuidium; 2. durch leere, durchlöcherte Zellen (Sphagnum, Leucobryaceen, Pottiaceen, speciell Syrrhopodium revolutum) (p. 367). II. Einrichtungen gegen Vertrocknung (p. 368j. Bildung von Haarspitzen und toten Blattteilen bei xerophilen Moosen. Sexualorgane und Sporogonien p. 369 — 385 1) Stellung der GeSthlechtsorgane: akrogyn und akrandisch; zweifelhaft bei Polytricaceen und Sphagnum (p. 369). 2) Verteilung, Zwergmännchen (p. 370 1. 3) Blütenbilduug. Bedeutung der Peri- chätialblätter und der Paraphysen für die Befruchtung. 4) Sporo- gonien ip. 371). Bedeutung der Calyptra, speciell der Calyptra mit Wasserbauch und mit „Haaren" (p. 372). Zellenaufbau des Embryos (p. 373). Diff"erenzierung steriler und fertiler Zellen (p. 373—376). Verschiedenheit der Organisation der Sporogonien je nach der Gröfse derselben und der Zahl der hervorgebrachten Sporen. Speciell a) Ernährungsverhältnisse (p. 376) Ein normal mit Rhizo'iden versehenes Sporogon (Eriopus) (p. 377). Assimilationsthätigkeit der Sporogonien. b) Einrichtungen zur Sporenverbreitung- (p. 378 — 385). Kleistokarpe und stegokarpe Moose. Explodierende Kapseln von Sphagnum (p. 381). Verschiedene Einrichtungen des Peristoms bei den Bryineen (p. 382). Phylogenetische Ableitung der Peristomtypen derzeit unmöglich (p. 38-5). rnhaltsüborsieht. XIII B Pteridophyten und Samenpflanzen. Einleitung p, 386 1. Geschlechtsgeneration der Pteridophyten p. 3SG— 431 § J. Bau und Entwickluno; der Sexualorgane p. 387—401 a) Antheridien. Polyciliatc und biciliatc Sperinatozoideu (p. 387). Bedeutung für die systematische Stellung, spcciell von Isoetes (p. 387 u. 388). Bau der Antheridien bei den isosporen Pteridophyten. Einge- senkte und freie Antheridien. Übergang zwischen beiden bei Equisetum. Deckschicht und Inhalt. Art des Öffnens (p. 389). Entwicklungs- geschichte der Antheridien (p. 392), einheitlicher Typus derselben. Heterospore Pteridophyten (p. 394). Diskussion der ' Homologie der „Wandungszelleu''. b) Archegonium-Bau (p. 396). Entwicklung (p. 397). c) Vergleichung der Entwicklung der Archegouien und Antheridien imter sich und mit derjenigen der Bryophyten (p. 398). Verschieden- heiten gegenüber Anthoceros (p. 398). Bryophyten und Pteridophyten als gesonderte Entwicklungsreihen, d) Abnorme Geschlechtsorgane (p. 400), treten namentUch auf an alternden Prothallien. § 2. Die Gestaltung der Prothallien p. 401—431 Einleitung. Gliederung und ürganbildung der Prothallien. Rhizoid- bildung. Bedeutung der Verschiebung der Bildung der Sexualorgane in eine frühere Entwicklungsstufe. Alterserscheinungen. Prädestination bei heterosporen Formen (p. 402). Diese sind nicht plastisch, wohl aber die der isosporen in verschiedenen Grade. Symmetrieverhältnisse (p. 403). Einzeldarstellung. a) Lycopodiaceen: 1) Lycopodiura (p. 404). Verschiedenheit in der Gestaltung der saprophytisch und der „autotroph" lebenden Prothallien. Typisch sind radiäre Prothallien , deren Lappenkrone bei saprophy tischer Lebensweise in Wegfall kommt. Der „Phleg- maria-Typus'' entsteht durch Auswachsen der Kandzone derartiger Prothallien ; die einzelnen ProthalUenformeu sind miteinander also nahe verbunden. 2) Selaginella (p. 407). b) Equisetum (p. 407). Gestalt der Prothallien, Geschlechstsverteilung, Entwicklung, c) Filicineen (p. 410 — 424). Marattiaceen (p. 410). Ophioglosseen (p. 410). Lepto- sporangiate Farne (p. 411). Osmundaceen (p. 411). Cyatheaceen (p. 411). Polypodiaceen (p. 412). Hymenophylleen (p. 418). Genetische Beziehungen der Prothalliengestaltung der isosporen Farne (p. 420). Heterospore Farne: Salviniaceen (p. 422). Marsiliaceen (p. 423). Be- ziehungen der Archegonieuzahl zur Befruchtungswahrscheinlichkeit (p. 423). Isoetes (p. 423). Ungeschlechtliche Vermehrung der Prothallien p. 424 — 425 Anpassungserscheinungen bei den Prothallien p. 426—431 Die Kurzlebigkeit der meisten Prothallien bedingt, daß Anpassungs- erscheinungen bei ihnen weniger deutlich auftreten, als z. B. bei den Lebermoosen (p. 426). Knöllchenbildung bei den Prothallien von Anograme ("p. 426). Anpassungen der Mikrospuren der Salviniaceen an das Wasserleben (p. 428). Symbiose mit Pilzen (p. 428). Ver- teilung der Geschlechtsorgane (p. 430). Apogamie (p. 430). 2. Ungeschlechtliche Generation der Pteridophyten und Samenpflanzen . I. Vegetationsorg-ane p. 431 ff. 1) Allgemeine Charakteristik derselben p. 431 Einleitung. Die wichtigsten Vegetationsorgane sind Wurzel und Sproß, daneben treten noch, namentlich bei Pflanzen, die unter eigenartigen Lebensbedingungen lel)cn, Organe anderer Art auf. Hap- teren der Podostemaceen (p. 432). Ranken von Smilax (p. 432). Haustorien der Parasiten (p. 433). Die „intramalrikale" starke Ent- wicklung der Haustorien, verbunden mit starker Kückbildung der Vege- tationsorgane, bedingt, daß nur noch die Blütensprosse übrig bleiben. XIV luhaltsübersicht. § 1. Wurzel und Sproß p. 435—441 ai Umbildung von AVurzeln in Sprosse bei Farnen ("p. 435), bei Monokotylen (p. 436). b) Organe die keine ..typischen" Wurzeln und und Sprosse sind (Wurzelträger und Protokorme (i>. 337). Wurzel- träger der Selaginellen und ihre Umbildung zu lieblätterten Sprossen (p. 437). Protokorm der Lycopodiaceen (p. 439). Analoge Bildungen bei den Keimpflanzen von Orchideen u. a. (p. 440). c) (Angeblicne) Umbildung von Sprossen in Wurzeln (p. 441). § 2. Freilebende Wurzeln und Blätter, Übergänge zvsischen Blatt und Sproß p. 441—449 Freilebende Wurzeln bei einigen Saprophyten (Monotropa, Pirola uniflora) (p. 441). Selbständig lebende Blätter, Streptocarpus (p. 442). Die „GHeder" der Lemnaceen sind auseinander hervorsprossende Blätter (p. 442). Organbildung bei Utricularia (p. 444). Umbildung von Blättern in S^irosse bei Farnen (p. 448). 3. Die Ausgestaltung der Vegetationsorgane am Embryo . p. 449— 46ö 1) Morphologische Differenzierung der Embryonen, a) Pterido- phyten. a) Farne fp. 449). ß) Isoetes. y) Equisetum. fi) Lycopodinen (p. 450). b) Samenpflanzen. 2) Orientierung der Organe am Embryo (p. 451). Ursachen für diesellje. Die Organe werden so angelegt, wie es für ihre Funktion am vorteühaftesten ist. a) Pteridophyten. y.) Formen ohne Embryoträger (p. 452). ^i) Formen mit Embryoträger (p. 453) b) Samen 25 flanzen (p. 454). Polare Differenzierung durch die Lage gegeben. Ausgestaltung des Embryos im Samen, a) Ausgliederung des Embryos. 1) Unvollständige Embryonen. Zwei Gruppen: solche mit zeitweilig und solche mit bis zur Keimung unvollständigen Em- bryonen. Temporär unvollständige Embryonen (p. 455). Ranunculaceen (15. 455). Fumariaceen (]). 455). Stylidiaceen (p. 455). Monokotylen (Gagea u. a.) (p. 456). Gymnospermen {]). 456). Bis zur Keimung un- vollständige Embryonen l)ei Juucus glaucus (p. 458). Saprophyten und Parasiten ip. 458). 2) Embryoneu viviparer Pflanzen (p. 459-461), ß) Umgestaltung des Embryos durch Ablagerung von Eeservestoffen im Samen. Diese erfolgt in den Kotyledonen oder im hypokotylen Glied (p. 462). Letzteres bei Guttiferen (p. 462). Lecythideen (p. 463i. Monokotylen, speciell Potamogetonaceen mit seitlichen Auswüchsen des Hypokotyls (p. 464). II. Einzeldarstellung" der Vegetationsorgane. 1. Die Wurzel p. 466—490 § 1. Einleitung. Funktion der Wurzel. Fälle von Eückljildung derselben. 1) Pteridophyten. Farne (p. 466). Lycopodinen (p. 466 . 2) Samen- pflanzen (p. 467). § 2. Charakteristik der Wurzel. 1) Wurzelhaube (p. 468). 2) Wachstum der Wurzel. 3) Wurzel- haare (p. 471). 4) Verkürzung der ausgewachsenen Region. Zug- wurzeln (p. 472). § 3. Das Wurzelsystem. Verschiedenes Verhalten der Hauptwurzel, Gründe für das fi'üh- zeiti^e Absterben derselben bei manchen Pflanzen (p. 474). Entstehung der Seitenwurzeln a) an andern Wurzeln (p. 475), b) an Sprossen (p. 476). §4. Verschiedene Ausbildung der Glieder eines Wurzel- systemes p. 477 §5. Besonderen Funktionen angepaßte Wnirzeln. a) Atemwurzel der Sumpfpflanzen (p. 479). b) Assimilations- und sproßbildende Wurzeln bei Podostemaceen (p. 481). c) Luftwurzelnder Cycadeen (p. 482). d) Wurzelbilduug der Epiphyten (p. 484). a) Nest- wurzeln. ,i) Assimilationswurzeln (pT 484). y) Haft wurzeln, e) Kletter- pflanzen (p. 487) (Haft wurzeln und Nährwurzeln), f) Wurzeln als mechanische Schutzorgane (Dornwurzeln) (p. 488). g) Speicherwurzeln (p. 489). § 6. Entwicklungsperiode der Wurzeln p. 489 Inhaksübeisicht. XV 2. Der Sproß p. 490 A. Blattl)ilduug p. 490— (316 Einleitung. Typisches Blatt das Laubblatt, dem aber außer der Assimilation stets auch noch andere Funktionen zukonnnen, namentlich Knospenschutz. Unmöglichkeit einer rein anatomischen Charakteristik der Blätter: es giebt Blätter ohne Gefäßbündel und ganz blattartig gebaute Sproßachseii (p. 491). Symmetrieverhältnisse im Bau der Blätter bei xerophilen Pflanzen (p,' 492). I^mkehrung des Blattbaues bei xerophilen Schuppenblättern (p. 49.j), bei Pflanzen, welche die anatomische Oberseite nach oben wenden (p. 495). § 1, Äußere Gliederung des Blattes p, 497 — .öOO Spreite, Stiel, Blattgrund. Beziehungen der Ausbildung dieser Teile zu ihrer P^inktion, Blattscheide als Stütze der Internodien. Ver- schiedene Entwicklung des Blattgrundes bei Leucojum, Narcissus u. a., bedingt durch den Achselsproß (p. 498). Blattstiel. Entstehung bei Monokotylen (p. 498). Auch bei Dikotylen die abweichende Ausbildung des Blattstiels bedingt 1) durch schwächere Beleuchtung der basalen Region der Blattspreite, 2) stärkere mechanische Inanspruchnahme. §2. Blatten twieklung im allgemeinen p. 500 Geschichtliches (p. 500). Anlegungsfolge der Teile (p. 503). 1) Blattwachstum im allgemeinen (p. 503). Anlegung der Blätter am Vegetationspunkt. 2) Wachstumsverteilung im Blatt, a) Verteilung von Spitzenwachstum und Interkalarwachstum (p. 504 — 508). Vor- läuferspitze und ihre Bedeutung (p. 505). Spitzen Wachstum auch bei Dikotylenblättern (p. 508). b) Wachstums Verteilung bei der Anlegung der Blattfläche bei Samenpflanzen (p. 509). Einteilung Prantl's. § 3. Blattbildung und Blattentwicklung der Hauptgruppen p. 510—533 a^ Pteridoi^hyten (p. 510 — 517). Spitzenwachstum und Knospenlage (p. 510). Eusporangiate Farne. Leptosporangiate(p. 512). Verhältnis von Gabelung und monopodialem Wachstum, bedingt durch die Blattgestalt; wo eine lange, wohl entwickelte Rhachis, da seitliche Anlegung der Fiedern, sonst Gabelung (p. 513). Periodisch unterbrochenes Spitzen- wachstum bei Gleicheniaceen u. a. (p. 514). Nichteingerollte Farn- blätter (p. 516). b) Samenpflanzen (p. 517). Einleitung, Terminologie. Gymnospermen (p. „518"). Monokotylen (p. 518 — 524). Basale Aus- zweigungen und sympodiale Blattentwicklung bei Arokleen (p. 520). PalmbLotter (p. 521). Schwertförmige Blätter von Iris (p. .523). Diko- tylen (p. 524). Schildförmige Blätter (p. 528—532). § 4. Beziehungen zwischen Nervatur und Blattentwicklung p. 533—538 Es handelt sich dabei nicht um systematische, sondern um durch die Blattgestaltung bedingte Verhältnisse (p. 533). a) Typische Mono- kotylen-Nervatur, bedingt durch Gestalt und Wachstum der Blatt- anlage (p. 534). Wo breitere Spreiten sich ausbilden, tritt abweichende Nervatur ein, bedingt namentlich durch die frühzeitige Ausbildung der Mittelnerven, so speciell bei Aroideen, b) Dikotylen (p. 536). §5. Beziehungen zwischen Blattgestalt und Lebensverhält- nissen, Heterophyll ie P- 538 — 551 1) Pteridophyten." Beispiele für geteilte und ungeteilte Farnblätter (p. 538). Anpassungen der Blätter an Wasseraufnahme, Todea-Arten u. a. (p. 539). Teratophyllum (p. 540). Sogenannte „Adventivfiedern" von Hemitelia capensis (p. 540). Hymenophyllecn (p. 540). Salvinia, speciell die eegen Benetzung geschützten kahnförmigen Blätter von Salvinia auri- culata. AzoUa (p. 541). Nischenblätter und Mantelblättcr ei)iphy tischer Farne (p. 543). Niederblätter (p. 543). 2) Samenflanzen. Beispiel für Heterophyllie (p. 544—551). a) Landpflanzen. Camiianula rotundi- folia (p. 044). Scabiosa columbaria und andere Dipsaceen (p. 544). b) Wasserpflanzen und Sumpfpflanzen (p, 545). c) Xerophile Pflanzen (p. 546). d) Phyllodienbildung (p. 540). § 6. Nebenblätter, Ligularbildungen und Verwandtes . . . . p. 551-571 1) Einleitung. Ursprung und Funktion der Nebenblätter (p. 551). Als Knospenschutzorgane können verschiedene Auswüchse der Blatt- basis oder Blattfläche dienen, deren verbreitetste die Nebenblätter, seitliche Anhängsel des Blattgrundes, sind, auch Fiederblättchen können zum Knospenschutz Verwenduntr finden, so bei Cobaea (p. 552). Tetra- eonolobus ip. 553). Guilandiua (p. 553). Entstehung von Neben- >^yj Inhaltsüberj^ieht. blättern durch Verbreiterung des Blattgrundes bei Adenostyles (p. 554). Aus Blattsegmenten bei Viburnum Öpulus (p. 555 1. Stipulae persi- stentes und Stip. caducae (p. 555). Gefäßbündelverlauf in den Neben- blättern. 2) Entwicklung der Nebenblätter (p. 556). Sie werden um so früher angelegt, je früher sie in Funktion treten. Verkümmerung der Nebenblätter (p. 556). 3) Gestaltungsverhältnisse und Umbildungen. Größen Verhältnisse (p. 557). Pfeilförmige Stipulae bei Papilionaceen (p. 557). Verwachsungen bei Papilionaceen (p. 558), Dipterocarpus (p. 559), ürticaceen (55'.»), Rubiaceen (p. 560). Stipulae der Stellaten (p. 560). Ähnliche Ausbildung bei Alcherailla- Arten (p. 562). Scheinbar auch bei Acacia verticillata (p. 562). Axillarstipeln. Ficus (P- 563 1. Eanunculaceen (p. 563). Ochrea der Polygoneeu (p. 564). „Axillar- stipeln" bei Gunnera scabra und manicata (p. 564), bei Monokotylen. Ligula der Gräser (p. 565). Unrichtige bisherige Auffassung über die Funktion derselben. Ligularbildungen bei Palmenblättern (p. 569). Stipellen (p. 569) dienen als Ivnospenschutz (p. 570). Umgebildete Nebenblätter (p. 570). Eückblick (p. 571 1. § 7. Umgebildete Blätter p. 571— 616 Einleitung. 1) Vorblätter (p. 572). Definition, Zahl und Funktion, letztere hauptsächlich Knospenschutz (Beispiel: Aristolochia elegans), Knospenschuppen von Salix u. a. Flügelblatt der Tilia- Inflorescenz (p. 573). Schwellkörper von Cyperus (p. 573). 2) N i eder - blätter und Hochblätter (p. 573— 586 1. ai Niederblätter. Nieder- blätter sind umgebildete Lanbblätter (p. 574). Dreifache Weise der Umbildung, b) Hochblätter. 3) Speicherblä tter , speciell Tozzia und Lathraea ip. 586). 4) Kotyledonen. Definition (p. 588). Kot. der Pteridophyten als Hemmungsbildungen von Laubblättern (p. 588). Die abweichende Gestaltung der K. der Samenpflanzen, bedingt durch die Lage im Samen, die Aufspeicherung von Eeservestoffen , die Verwendung zu Saugorganen , Schutz der Stammknospe. Einzel- beispiele: A. Dikotylen fp. 590 — 595). 1) Morphologie der Kotyledonen. Sinnlosigkeit der Bezeichnung der K. als „Thallomlappen". Die ein- fachere Gestaltung der Kotyledonen, bedingt durch Vergänglichkeit, Stellung und Korrelationsverhältnisse (p. 590). Kotyledonen sind dauernde oder zeitweilige Hemmungsbilduugen von Laubblättern (p. 591). Beispiele: Streptocarjjus (p. 591). " Onagrarieen. 2) Ver- anlassende Momente für die Gestaltung (p. 592). B. Monokotylen (p. 595 — 605). Kotyledonen als Laubblätter bei endospermlosen Samen (p. 595). Verschiedene Entwicklung der Kotyledonarscheide (p. 597). Differenzierung des Kotyledon im Saugorgan, Zwischenstück, Scheide. Beispiele: Tradescantia (p. 597). Cyperaceeu (p. 598). Gräser (p. 601). 5) Blatt als Kletterorgan (p. 60.5). 6) Blattdornen (p. 614). Verschiedene Stadien der Verdornung bei Leguminosen , Berberideen, Kakteen, Aurantieen. 7) Nektarien (p. 616). In der vegetativen Eegion nur bei Kakteen bekannt. B. Verzweigung und Arbeitsteilung der Sprosse p. 616 — 648 § 1. Verzweigung p. 616 Axilläre undnichtaxilläre Verzweigung (p. 616). Verhältnis von Deck- blatt und Achselsproß p. 617). Epiphylle Inflorescenzon bei Kakteen und anderen Pflanzen (p. 621). Biologische Bedeutung des Hinauf- wachsens der Deckblätter an ihrem Achselsproß bei Solaneen (p. 622). Verkümmernde Knospen (p. 624). §2. Verschiedene Ausbildung der Sprosse (Arbeitsteilung) . p. 624 Einleitung: Laubsprosse als typische Sprosse, die früher oder später eine L'mbildung erfahren können (p. 624). Zusammenhang der Arbeitsteilung mit der Lebensdauer (jj. 624). I. Vegetative Sprosse. Differenz zwischen ober- und unterirdischen Sprossen (p. 625). A. Oberirdische (photophile) Sprosse (p. 625). a) Orthotrope, radiäre Sprosse und ihre Umbildungsformen. Bedeutung der Blattanorduung und Internodienstreckung (p. 626). Langtriebe und Kurztriebe (p. 626). Phyllocladien (p. 631). Dornen (p. 635). Speichersprosse (p. 63(5 1. Sproßbildung bei Kletterpflanzen (p. 636). b) Plagiotrope Sprosse (p. 639). B.'Geophile Sprosse ^p. 645). Inhaltsübersicht. XVII C. Der Spross im Dienste der Fortpflanzung l». (il!) Einleitung: Bildung von Ausläufern, Brutknospen etc. Beispiel: Lycopodium Selago {p. GÜO). Biologische Bedeutung der Organbildung an den ßrutknospen. Remusatia vivipara (p. 051). Blütenbildung. Definition (p. 651). Blüten der Pteridophyten vergliehen mit denen der Samenpflanzen. Primitiver Typus der Zwitterblüte. Ein Beispiel für Zwitterbildung bei Coniferen (p. (j53j. Definition des Ausdruckes „Placenta" (p. (554). g 1. Blüten und Sporophylle der Pteridophyten p. ü54— (J!)0 A. Allgemeines über Sporophylle p. (J54— (j()3 Blattbürtiger und achsenbürtiger Ursprung der 8porangien (Sela- ginella) (p. 655). Aufgabe der Sporophylle (p. 655). Beziehungen der- selben zu den Laubblättern (p. 656). Experimentell erzeugte „Ver- grünung" der Sporophylle (p. 656 — 657). Sporophylle, deren Zurück- führung auf Umbildung von Laubblättern nicht ohne weiteres möglich ist. Schizaeaceen (p. 660). Marsiliaceen (p. 660— f)62). Öphioglosseen (p. 662). B. Einzel betra c ht u n g. 1) Farne (p. 663 — 679). a) Eusporangiate Farne. Marattiaceen (p. 663). Öphioglosseen, speciell Helminthostaehys (p. 6()4). b) Lepto- sporangiate Farne, a) Isospore (p. 666 — 668;. />') Heterospore (p. 668). AzoUa (p. 669 — 671). Marsiliaceen (p. 671—673). c) Schutzeinrich- tungen für die Sporangien und Stellung derselben am Sporophyll (p. 674). d) Bedingungen für das Auftreten der Sporophylle (p. 678). 2) Equisetum (p. 679 — 682). Biologische Bedeutung der Schildform der Sporophylle (p. 679). Deren Verhalten zu den Laubblättern (p. 680). Gesamtgestaitung der Blüten: Annulus (p. 6S1), begrenztes Wachs- tum (p. 681), homophyadische und heterophyadische Equiseten und ihre Beziehungen zu den Standortsverhältnissen (p. 681 — 682). 3) Lyco- podinen (p. 683 — 690). Lycopodium (p. 683). Psilotaceen (p. 684). Selaginella (p. 685). Radiäre und dorsi ventrale Blüten (p. 686). Be- ziehungen der Lycopodinenblüten zum vegetativen Sproßsystem (p. 688). Auftreten verkümmerter Sporangien (p. 689). § 2. Blütenbildung der Gymnospermen p. 690— 705 A. Cycadeen." Gesamtgestaitung der Blüten (p. 690). I. L^eber- gänge von Laubblättern zu IMakrosporophyllen und biologische Be- deutung der Gestaltung derselben (p. 690—692). II. Mikrosporophylle (p. 692). B. Ginkgoacccn und Coniferen (p. 693 ff.). I. Männliche Blüten (p. 693). Reduktion der Si)orophylle auf ein Sporangium bei Juniperus (p. 695). IL Weibliche Blüten (p. 6!)6 ff.). C. Gnetaceen (p. 704—705). § 3. Blütenbildung der Angiospermen p" 705— 747 Differenz von" Blüte und vegetativem Sproß (p. 706). A. Allge- meines. 1) Betreffs der Anordnung der Blattorgane (p. 707 — 716). a) Bedeutung der Raumverhältnisse am Blütenvegetationspnnkt (p. 707). Kritik der „Dedoublements-Theorie (p. 710 ff.) b) Verschmel- zung von zwei Blattorganen der Blüte zu einem (p. 716). c) Unter- bleiben der Streckung der Blütenachse (p. 718). d) Begrenztes Wachs- tum derselben, terminale Blattorgane (p. 718). e) Dorsiventrale Blüten (p. 720). Anhang: Die Bedeutung der anatomischen Methode für die Blüten morphologie (p. 722). 2) Verwachsungen (p. 723). 3) Ver- kümmerungen (p. 724). B. Einzelbetrachtuug der Blütenorgane (p. 725 ff.). 1) Blütenhülle (p. 725). Herkunft der Blütenhülle am Beispiel der Ranunculaceen erläutert (p. 726). Formverschiedenheiten durch Verschiedenheit in der Wachstumsverteilung bedingt (p. 730). 2) An- droeceum, Gestaltung der Staubblätter (p. 730 ff.). 3) Gynaeceum (p. 732 — 746). Einleitung: Verschiedene Auffassungen über das Zu- standekommen der Gynaeceen (p. 732). Abkürzungen der Entwick- lung, a) Betreffs der AbgUederung von Achse und Blatt (p. 733). b) Betreffs der Verwachsung der Fruchtblätter (p. 733). c) Betreffs der Einzelentwicklung derselben (p. 733). Stellung des Gynaeceum in der Blüte (p. 735). Ursprungsort der Samenanlagen (p. 733). Einzel- darstellung: A. Oberständiges Gynaeceum. 1) Apokarpe Frucht- knotenbildung (p. 735). 2) Synkarpe Fruchtknotenbildung (p. 738). XVIII Inhaltsübersicht. a) Mit septaler Placentation (p. 738). b) Mit parietaler Placentation (p. 740j. 3) Parakarpe Fruchtknoten bildung, freie Centralplacenta (p. 741). B. Unterständiges Gynaeceum (p. 743—746). Kurze Bemerkung über Fruchtbildung (p. 746). Umgebildete Blüten (p. 746). III. Die Fortpflanzungsorgane p. 747—811 Einleitung. Charakteristik der Sporangien (p. 748). Eingesenkte und freie Sporangien (p. 748). Herkunft des Sporangienstieles (p. 748). Allgemeines über den Bau der 8porangienwand (p. 7" 49). Sogenannte „Elateren" (p. 750). Differenz im Bau der Sporangienwand bei Pteridophyten und Gymnospermen einerseits, Angiospermen anderer- seits (p. 751). v^ 1. Die fertigen Sporangien der Pteridophyten. a) Lycopodinen (p. 752—757). Psilotaceen (p. 752). Lycopodium (p. 753). Selaginella (p. 754). Lage der (_)effnungsstelle bei den Sporangien, Abweichung bei L. inundatum (p. 756). b) Equisetum (p. 757). c) Eusporangiate Farne (p. 757 — 760). Ophioglosseen (p. 757). Marattiaceen (p. 759). d) Leptosporangiate Farne (p. 760—768). Bedeutung der Lage des Annulus (p. 761). 1) Annulus gerade, Riß quer (Polypodiaceen) (p. 761). 2) Annulus schief (Hymenophylleen) (p. 761). 3) Osmundaceen (p. 763). Gleicheniaceen (p. 764). Schizaea- ceen (p. 764—765). i; 2. Entwicklung der Sporangien p. 768 — 776 Verhalten der Tapete: Plasmodialtapete und Sekretioustapete (p. 769). Einrichtungen zur Ernährung des sporogenen Zellkomplexes (p. 769). Ursprung derselben, Archespor (p. 770). Trennung der Mikro- und Makrosporangien (p. 774). § 3. Phylogenetische Hypothesen zur Sporangienbildung . p. 777—778 § 4, Aposporie P» 779 i; 5. Mikrosporangien der Samenpflanzen p. 781 a) Gymnospermen (p. 781). b) Angiospermen (p. 782), Keimung der Mikrosporen (p. 783). § 6. Makrosporangien der Samenpflanzen p. 784 Einleitung. Gröberer Bau der Samenanlage (p. 784). Bedeutung der Integumente , Chalazogamie (p. 785). Entwicklung und Anzahl der Integumente (p. 786). Nackte Samenanlagen (p. 787), bei Mono- kotylen (p. 788), bei Dikotylen (p. 788—791). Bau und Entwicklung des Nucellus. Allgemeines Verhalten, Abhängigkeit der Entwicklung von der Bestäubung (p. 793). Entwicklung der Makrospore (p. 794). Speciellere Darstellung a) Gymnospermen (p. 796—798). 1) Cycadeen (p. 796). 2) Coniferen (p. 797). Gnetaceen (p. 798). Keimimgserschei- nungen der Makrospore bei den Gnetaceen (p. 798). b) Angiospermen. Entwicklung des Nucellus (p. 800—808). Einrichtungen zur Ernährung der Makrospore innerhalb des reifenden Samens (p. 806 — 811). Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. § 1- Einleitung. Morphologie und Organographie. Die neueren botanischen Lehrbücher pflegen die Gesamtheit dessen, was wir über die Pflanzen wissen, unter drei Abteilungen zu bringen: Morphologie, Anatomie und Physiologie; die beiden ersten können auch als Morphologie der äufseren und der inneren Gliederung zusammen- gefafst werden, was indes der ursprünglichen Bedeutung des Wortes zuwiderläuft. Der Ausdruck ^Morphologie stammt von Goethe^). „Es hat sich daher auch in dem wissenschaftlichen Menschen zu allen Zeiten ein Trieb hervorgethan, die lebendigen Bildungen als solche zu erkennen, ihre äufsern, sichtbaren, greif liehen Teile im Zusammenhange zu erfassen, sie als Andeutungen des Innern aufzunehmen, und so das Ganze in der Anschauung gewissermafsen zu beherrschen .... Man findet daher in dem Gange der Kunst, des Wissens und der Wissenschaft mehrere Versuche, eine Lehre zu gründen und auszubilden, welche wir die Morphologie nennen möchten." Damit ist zugleich gesagt, (hifs es sich bei der Morphologie nicht um eine blol'se Unterscheidung und Benennung der äufseren Teile der Pflanzen handeln kann. Mit Unrecht hat man diese Aufgabe, welche der Terminologie zufällt, auch teilweise als Morphologie bezeichnet. Dieser ist aber die Kenntnis der verschie- denen Erscheinungsformen der Gliederung des Pflanzenkörpers nur Mittel zum Zweck. Sie sucht nicht das Einzelne, sondern die Beziehungen der Thatsachen untereinander. Eine Terminologie kann man auch auf Grund der Untersuchung toter Pflanzen aufstellen. Die Morphologie aber hat es, wie Goethe schon hervorhebt, mit „lebendigen Bildungen" zu thun, welche in steter Veränderung begriffen und den Einwirkungen der Aufsenwelt unterworfen sind. Es handelt sich also mit anderen Worten um den Teil der Lebenserscheinungen, der in den äufseren Gestaltungsverhältnissen seinen Ausdruck findet. 1) Goethe, Bildung und Umbildung organischer Naturen (vgl. Gesamtausgabe, Cotta, 1869, 36. Bd.). Goebel, Organographie der Pflanzen. 1 2 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Gewöhnlich mm weist mau die Betrachtimg der Lebenserscheinungeu der Physiologie zu , uud weuu wir frageu , wodurch sich die Aufgaben der Morphologie uud der Physiologie uuterscheideu , so treffen wir ziemlich allgemein auf die Angabe, dafs die Physiologie es zu thun habe mit den Leistungen der PHanzenorgane . während die Morphologie sich um diese durchaus nicht kümmern dürfe, vielmehr eine lediglich vergleichende und phylogenetische Disciplin sei. Sachs sagt z. B. '): „Die sehr verschieden geformten und verschie- denen physiologischen Zwecken dienenden Teile der PHanzen, die man gewöhnlich als ihre Orgaue bezeichnet, können wissenschaftlich von zwei verschiedeneu Standpunkten aus betrachtet werden : man kann sich ein- mal die Frage vorlegen, inwiefern diese Teile durch ihre Form uud Struktur geeignet sind, ihre physiologischen Arbeiten zu verrichten V In diesem Falle betrachtet man sie einseitig als Werkzeuge oder Organe, und diese Betrachtungsweise selbst ist ein Teil der Physiologie. Oder aber man abstrahiert einstweilen vollständig von diesen Beziehungen .... und fragt nur, wo und wie sie entstehen, in welchen räumlichen uud zeitlichen Beziehungen die Entstehung und das Wachstum eines Gliedes-) zu denen eines andern steht. Diese Betrachtungsweise ist die morpho- logische." Eine derartige Trennung ist nun, wie auch Sachs ausdrücklich hervorhebt, lediglich eine künstliche und einseitige, die nur so lange beibehalten werden darf, als sie gute Dienste leistet. In der That hat sie schlieislich zu Einseitigkeiten und vielfach zu einem leeren Schematisums geführt. Denn in der Natur hängen Gestalt und Funktion der Organe auf das Innigste zusammen, eines ist durch das andere bedingt ; ich stehe vollständig auf dem Standpunkt Herbert Spencers, welcher in seinem, in der Botanik viel zu wenig gewürdigten Werke ^) sagt: „Überall bestimmt die Struktur in beträchtlichem Mafse die Funktion, und überall sind die Funktionen unaufhörlich thätig, die Struktur abzuändern. In der Natur sind beide untrennbar zusammen- wirkende Faktoren, und die W^issenschaft kann keine wahre Erklärung der Natur geben, ohne ihr Zusammenwirken beständig im Auge zu behalten. Eine Darstellung der organischen Entwicklung nach ihren besonderen Eigentümlichkeiten mufs im wesentlichen eine Darstellung der gegenseitigen Wirkungen von Struktur und Funktion aufeinander sein . . . ." Aus der Anschauung, welche in diesen Worten vortrefflich dargelegt ist, stammt auch der Titel des vorliegenden Buches (wie ich denn auch vor 16 Jahren die von mir bearbeitete „Entwicklungsgeschichte" absichtlich als Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane bezeichnet habe). Es betrachtet die Organe der Pflanzen eben als das, was sie sind, als Organe, als Werkzeuge, wenn es auch auf die Verrichtungen derselben im ein- ^) Lehrbuch der Botanik 4. Aufl. S. 151. Ich führe diese Worte hier an, weil sie in klarer Weise eine auch jetzt noch weit verbreitete Anschauung ausdrücken; später bat Sachs seine Auffassung bekanntlich geändert. (Vgl. dessen Vorlesungen über Pflanzenphysiologie und „Gesammelte Abhandlungen".) ^) Das Wort „Glied" ist der deutsche Ausdruck für die äufsern Organe der Pflanzen und Tiere. Es giebt keine Glieder, die nicht Organe sind, abgesehen von den ver- kümmerten; deshalb verstehe ich nicht, was der Satz bedeutet: „Die pflanzliche Morpho- logie kennt keine Organe, sondern nur Glieder des Pflanzenkörpers." (Strasbdrgkr, Lehrbuch 2. Aufl. S. 7.) ^) Herbert Spekcer, Die Principien der Biologie. Deutsche Ausgabe von B. Vetter. 2. Bd. S. 4. § 1. Einleitung. Morphologie und Organographie. 3 zelneu nicht eingehen kann, sondern nur im allgemeinen den Zu- sammenhang von Form und Funktion betont. Zunächst aber haben wir die Frage zu erörtern, wie man denn dazu kam. in der Morphologie von den Funktionen ganz al)zusehen. Ist es doch mit Recht einer der Fundamentalsätze dieser Disciplin, dafs die Funktion eines Organs über seine „mori)hologische Bedeutung" noch nichts aussage, oder anders ausgedrückt, dais dieselbe Funktion von Organen verschiedener morphologischer Bedeutung übernommen werden kann, dafs „analoge" und „homologe" Organe unterschieden werden müssen (vgl. unten). So sind die Ranken des Weiustocks, die von Passi- flora u. a., Sprofsachsen, deren Blätter ganz oder fast ganz unterdrückt sind, die Ranken der Papilionaceen und anderer Pflanzen aber, die jenen an Form und Funktion gleichen, sind umgebildete Blätter, sie sind jenen analog, nicht homolog. Diese Erkenntnis ist eine der wichtigsten Errungenschaften der Morphologie. Sie war aber zugleich auch die Ursache einer unrichtigen Verallgemeinerung. Weil ein Organ gleicher morpliologischer Bedeutung verschiedene Funktionen annehmen kann, wurde die Funktion als etwas ganz Nebensächliches betrachtet, als etwas, das für die Charakteristik der Organe gar nicht in Betracht kommen dürfe, von dem mau also bei einer Einteilung der verschiedenen Glieder der Pflanze in allgemeine Kategorieen von vornherein absehen müsse. Diese Folgerung war, wie unten kurz gezeigt werden soll, ein Irrtum. Sie hat aber namentlich auch in einer mit ihr auf das Innigste zusammenhängenden Grundfrage der Morphologie zu einem unhaltbaren Standpunkt geführt. Das Problem, um welches es sich da])ei handelt, wird seit Goethe als die Lehre von der Metamorphose bezeichnet. Wir verstehen darunter die Thatsache, dafs die Mannigfaltigkeit der Pflauzenorgane sich bei genauerer Betrachtung auf wenige „Grund- formen" zurückführen läfst, durch deren „Umbildung" die grofse Zahl der verschiedenen Glieder des Pflauzenkörpers entsteht. Wenn wir uns aber fragen, wie wir uns diese Grundformen und deren Umbildung vorzustellen haben, so geraten wir sofort auf ver- schiedene Auffassungen l)ei denen, die sich überhaupt die Mühe gegeben haben, über die Begriffe, mit denen sie operieren, nachzudenken. In der idealistischen Morphologie, wie sie von Goethe, A. Braun und Hanstein vertreten war, handelte es sich bei der Metamorphosenlehre, wie ich anderwärts dargelegt habe ^\ wesentlich nur um eine Begriftskonstruktion. Goethe selbst hat seine Anschauung trefl"end in den Worten bezeichnet, „dafs nun das, was der Idee nach gleich ist, in der Erfahrung entweder als gleich oder als ähnlich, ja sogar als völlig ungleich und unähnlich erscheinen kann, darin besteht eigentlich das bewegliche Leben der Natur." Und in etwas anderer Form hat sich diese idealistische Auf- fassung auch erhalten, als durch K. F. Wulff, R. Brown und Schleiden die Entwicklungsgeschichte zu einem der wichtigsten Hilfsmittel der Organographie erhoben wurde. Die Anschauung, welche ich als die „Diff"erenzierungstheorie" bezeichnet habe, hat sich, wie überhaupt die ganze Metamorphosenlehre, entwickelt an dem Studium der Umbildungen der Blätter, welche die gröfste Mannigfaltigkeit aufweisen. Hätte man ') Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane. Schenks Handbuch der Botanik III, 1 S. 103 ff. 1* 4 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. statt dessen z. B. die Umbildungen der Wurzeln als Ausgangspunkt genommen, so würde man wohl allgemein zu der Anschauung gekommen sein, w^elche die Metamorphose nicht als eine nur gedachte, sondern als eine wirkliche Umbildung auffafst, eine Anschauung, die ich seit Jahren unter lebhaftem Widerspruche anderer eingehend zu begründen gesucht habe. Die Differenzierungstheorie nimmt an, dafs am Vegetationspunkte der Sprosse indifferente Anlagen entstehen, die sich in mannigfaltiger Weise je nach den Bedürfnissen der PHanze entwickeln können, unter sich aber das Gemeinsame haben, dafs sie „Blätter" sind. Die andere Auffassung nimmt eine reale Umbildung einer Anlage an, und zwar so, dafs z. B. die Anlage eines Laubblattes, statt zu einem Laubblatt sich wirk- lich auszubilden, zu einem im fertigen Zustand ganz anders aussehenden Schuppenl)latt oder einem Sporophyll werden kann, oder eine Staubblatt- anlage zu einem Blumenblatt u. s. w. Wir sehen in diesem Falle stets, dafs ein mehr oder minder langer Weg der Ent- wicklungsgeschichte z. B. eines Laubblattes und eines Schup- peublattes übereinstimmt. Wir bezeichnen das letztere als eine Umbildung des ersteren schon deshalb, weil wir bei vielen Schuppenblättern sehen, dafs sie im jugendlichen Zu- stande Teile besitzen, die beim Laubblatt sich entfalten, beim Schuppenblatt aber verküm- mern, und wir haben es sogar in der Hand, experimentell diese Umbildung zu verhin- dern. Da gerade bei diesem Falle die Sache besonders klar liegt ^) , so sei kurz ein Bei- spiel dafür erörtert. Fig. 1 zeigt in I die Umrisse eines Laubblattes, in II die einer Knospenschuppe von Acer Pseudoplatanus. Beide sind äufserlich recht verschiedene Gebilde. Das Laubblatt besteht aus der Spreite (X), dem Stiel S und dem nur wenig hervortretenden Blattgrund G ; die Knospen- schuppe ist ohne Gliederung, trotzdem ist die Schuppe nichts anderes als eine umgewandelte Laubblattanlage. Wenn wir uns die kleine schwarze Spitze der Knospenschuppe näher ansehen (Fig. 1 ///), so finden wir, dafs sie bei stärkerer Vergröfserung eine kleine Blattspreite aufweist, Fig. 1. Acer platanoides. / Laubblatt (verkl.), G Blattgrund, S Blattstiel. II Knospenschuppe. III Junge Knospenschuppe (vergr.), L Anlage der Blattspreite, welche später verkümmert. IV (Nr. weggeblieben) Laubblattanlage (vergr. u. schemat.). ^) Vgl. Beitr. zur Morphologie und Physiologie des Blattes. Botan. Zeitung 1880 S. 753 ff. § 1. Einleitung. Morphologie und Organographie. 5 oder vielmehr die Anlage zu einer solchen, die aber sich nicht weiter ent- wickelt hat, sondern abgestorben ist. Diese sonderbare Thatsache erklärt sich, wenn Avir die J'.ntwicklungsgeschichte des Laubblattes verfolgen, was hier nur in den gröbsten Zügen zu geschehen braucht. Es zeigt sich, dafs auf einer gewissen Entwicklungsstufe das Laubblatt etwa die in Fig. 1 IV abgebildete Gestalt besals. Wir erkennen deutlich die Anlage der Blattspreite (i), deren Gliederung schon sichtbar ist; der Blattstiel ist noch nicht vorhanden, er wird durch die Streckung der Zone ent- stehen, die zwischen der Blattspreite (L) und dem Blattgrunde (G) liegt. Ganz dasselbe Entwicklungsstadium durchläuft nun auch eine Knospen- schuppe. Aber jetzt tritt eine Änderung ein: Die Spreitenanlage (L) vertrocknet, der Blattstiel bildet sich überhaupt nicht, der Blattgrund aber wächst bedeutend heran und gestaltet sich eben zu der Schuppe, von der wir ausgingen. Wir können, wie erwähnt, eine ihrer Stellung nach zur Ausbildung als Schuppenblatt bestimmte Laubblattanlage auch experimentell verhindern, diese Umbildung zu erfahren und sie zwingen, als Laubblatt weiter zu wachsen. Es giebt ferner, wie im speciellen Teile gezeigt werden soll, Fälle, in denen die Spreitenanlage auf einem viel späteren Stadium vertrocknet; bei Brownea erecta sind die Knospen geschützt durch aufrecht stehende, vertrocknete Laubblätter, an denen Blattiiedern etc. deutlich ausgebildet sind. Vielfach freilich erfolgt die Umbildung auch schon früher, und ist dann natürlich nicht mehr direkt nachweisbar, sondern nur aus vergleichenden Gründen erschlossen. Wenn nun die Dift'erenzierungstheorie sagt : Die Anlagen eines Schuppenblattes und eines Laubblattes von Acer sind eben beide „Blattanlagen", die sich bald so, bald so ausbilden können, so übersieht sie ganz, dafs der Begriff „Blatt" lediglich eine Abstraktion, d. h. also nicht etwas Wahrgenom- menes, sondern eine künstlich geschaffene Kategorie ist, die keine that- sächliche Existenz hat. Was wir durch Anschauung wahrnehmen, sind Laubblätter, Schuppenblätter, Bankenblätter, Sporophylle etc. Das, was diese Organe gemeinsam haben, was uns gestattet, sie unter einen Allgemeinbegriff zu fassen, mufs etwas anderes sein als das, dafs sie alle aus „Blattanlagen" hervorgehen. Denn wenn es keine Blätter^) giebt, kann es auch keine Blattanlagen geben; es müssen entweder die Anlagen von Laubblättern, Schuppenblättern etc. von vornherein ver- schieden sein, oder sie sind eine Zeitlang gleich und werden dann ver- schieden, d. h. es muis eine wirkliche Umbildung, eine Änderung des Entwicklungsganges einer dieser Anlagen eintreten, aus der sich dann die andern entwickeln können. Dafs nun schon die ersten Anlagen der Organe an den Vegetationspunkten nicht indifferenter Natur sind, d. h. nur aus embryonalem Gewebe bestehen, das in beliebiger Richtung sich entwickeln kann, das geht schon daraus hervor, dafs z. B. die Anlagen von Blättern und von Seitensprossen innerlich voneinander verschieden sind schon zu einem Zeitpunkt, wo sie als ungegliederte Höcker über die Oberfläche des Vegetationspunktes hervortreten. Kein Fall ist bekannt, in welchem ein Höcker, der seiner Stellung nach eine Blatt- anlage liefern sollte, sich zu einem Sprosse entwickelt hätte und um- gekehrt. Und doch sind Blatt und Sprofs, wie das unten anzuführende merkwürdige Beispiel von Utrieularia zeigt, keine Organkategorien, die ^) Ein Beispiel absoluten Nichtverstehens dieses Satzes und der ganzen Ausführungen über Umbildung bieten unter anderem die Bemerkungen P. Vdillemins (L'annee biologique p. 461). 5 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. immer scharf voneinander getrennt sind. Man muls deshalb zugeben, dafs Sprols- und Blattanlageu gewöhnlich von vornherein verschieden sind, und schon ein einfacher Analogieschlufs führt uns dahin, dafs wir auch für die „Blattanlagen" annehmen, dals sie von vornherein eine bestimmte , nicht eine indifferente stoffliche Beschaffenheit haben , die ihre weitere Entwicklung bedingt. Diese Beschaffenheit wird für alle „Blattanlagen" eine Zeitlang dieselbe sein (vgl. das oben angeführte Beispiel). Die direkte Beobachtung zeigt nun weiter, dai's in der That vielfach eine Abänderung des Entwicklungsganges vorkommt, dafs eine Organanlage, an der man die Anlage der einzelnen Teile eines Laubblattes schon unterscheiden kann, nicht zu einem Laubblatt, sondern zu etwas anderem wird. Diese Entwickluugsänderung steht immer im Zusammenhang mit einer Funktionsänderung, Wenn eine Laub- blattanlage zu einem Schuppenblatte wird, so hat sie allerdings nicht vorher als Laubblatt funktioniert, aber sie hat die Teile angelegt, die zu dieser Funktion geeignet waren. Und viel deutlicher als dieser Fall zeigt ein anderer, um was es sich eigentlich handelt, der nämlich, wo wirklich ein und dasselbe Organ diesen Funktionswechsel in zeitlicher Aufeinanderfolge zeigt. Einige Beispiele mögen dies erläutern. Die basalen Laubblätter von Lilium candidum (und ebenso die einiger Arten von Dielytra) fungieren zunächst als gewöhnliche Laubblätter; später schwillt ihr unterer Teil zu einem schuppenförmigen Eeservestoffbehälter an, während der obere Teil zu Grunde geht, das Blatt hat sich umgebildet: es war erst Assimilationsorgan , und wurde dann in seinem unteren Teile Speicherorgan. Ebenso ist es bei einer Kletterpflanze , Quisqualis chinensis. Die Blattteile gewöhnlicher Laubblätter (die als solche funktionieren) ändern ihre Form und bilden sich zu harten , holzigen Hacken um, die der Pflanze als Kletterorgan dienen, während die Blatt- spreite abgeworfen wird. Bei einigen Arten von Astragalus und Caragana werden die Spindeln der gefiederten Blätter, nachdem die Fiederl)lättchen al)gefallen sind, zu Dornen. Hier und in zahlreichen anderen Fällen wird doch niemand leugnen, dafs eine wirkliche, reale Umbildung stattgefunden hat; ein Organ, das zu einer bestimmten Funktion ausgebildet war und diese ausgeübt hat, übernimmt eine andere Funktion und erhält eine andere Form. Nehmen wir nun z. B. au , die Blattfiedern von Astragalus fielen ab, ehe sie sich entfalten, ehe sie also als Laubblattteile funktionieren können, während die Spindel sich zum Dorn entwickelt, wäre das nicht auch ein Fall von wirklicher Uml)ildungV Gewifs, sie hat sich nur um einen Schritt früher vollzogen. Was wir den „fertigen" Zustand nennen, ist ja nur das Endstadium einer Reihe aufeinander folgender Ent- wicklungsstufen. Diese aber sind nicht unabhängig voneinander, sondern gesetzmäfsig miteinander verkettet, eine folgt aus der andern. Wenn wir eine „Blatt"anlage auf irgend einem Stadium als „indifferent" be- zeichnen, so heifst das im Grunde nichts anderes, als die kausale Ver- knüpfung der Entwicklungsvorgänge leugnen. Ein Laubblatt wird zum Laubblatt nicht erst im letzten Stadium seiner Entwicklung, die materielle Beschaffenheit der Anlagen — mögen wir dieselbe nun im Vorhandensein bestimmter Stoffe oder einer bestimmten Struktur suchen — bedingt die Entwicklung. Diese besteht aus einer Aufeinanderfolge von Vorgängen, von denen immer der folgende von dem vorhergehenden bestimmt wird. § 1. Einleitung. Morphologie und Organographie. 7 Innere oder äufsere Eintiüsse aber können diese Entwieklnng in andere Bahnen lenken. Dann tritt eine Umbildung ein ; je früher dies geschieht, um so weniger ist die Umbildung entwicklungsgeschichtlich nachweisbar, und um so verschiedener werden im allgemeinen die Organe aucii im fertigen Zustand sein; aber gerade bei der Blattmetamorphose giebt es, wie ich früher gezeigt habe, alle Abstufungen, und dem entspricht auch, dals bei Umbildungen vielfach Mittelbildungen zwischen zwei Organen auftreten. Dies ist sehr häufig bei „abnormen" Umbildungen (siehe das Kapitel über Milsbildungen) , aber auch bei normalen durchaus nicht selten. So z. B, bei den Knospenschuppen, aber auch in zahlreichen anderen Fällen, von denen ich nur wenige, leicht zu beobachtende hier nennen will. Die Intlorescenzen von Nidularium splendens, einer Bro- meliacee, sind umgeben von einer Anzahl prachtvoll rot gefärbter, als „Schauapparat" dienender „Hochl)]ätter" , die unter sich Verschieden- heiten aufweisen. Die untersten stimmen mit den gewöhnlichen Laub- blätteru überein , nur hat sich ihr Basalteil rot gefärbt. Bei den folgenden Blättern nimmt der rotgefärbte Teil immer mehr zu, bis bei den oberen das ganze Blatt, von der Basis bis zur Spitze, rot gefärbt erscheint. Mit andern Worten, die hier als Rotfärbung auftretende Um- bildung tritt bald früher, bald später in der Entwicklung der Laubblatt- anlage ein. Der basale Teil ist nämlich der, welcher am spätesten bei der Blattentwicklung fertig wird; daraus ergiebt sich, dais, wenn die Umbildung erst verhältnismäfsig spät eintritt, nur der basale Teil betroHeu wird, und die weiteren Stufen ergeben sich dann von_ selbst^). Bei andern Bromeliaceen, wie z. B. Bilbergia, ist dagegen der Übergang von Laubblättern zu Hochblättern ein ganz unvermittelter, der Vorgang selbst bleibt aber ofil^'enliar derselbe. Ebenso ist es z. B. bei vielen Rankenpflanzen. Bei manchen rankenden Fumariaceen, wie Corydalis claviculata, haben wir bei den aufeinander folgenden Blättern der Keim- pflanze alle Übergänge von gewöhnlichen, nicht rankenden Laubblättern bis zu den mit Ranken ausgerüsteten. Wir sehen , wie die Stiele der oberen Teilblättchen sich allmählich verlängern , während die Spreite derselben eine Verringerung erfährt, bis typische, fadenförmige Ranken entstanden sind. Bei einer andern (nicht derselben Familie .angehörigen) Rankenpflanze, der Cobaea scandens, ist dagegen der Übergang von nicht rankenden zu rankenden Blättern meist ein ganz plötzlicher. Aber die Entwicklungsgeschichte der Ranken dieser Pflanze zeigte^), dafs sie ganz auf dieselbe Weise entstehen, die wir bei Corydalis claviculata schon aus der einfachen Beobachtung der Keimpflanzen erschlielsen können, nämlich die Rankenfäden selbst sind stark verlängerte, mit Reizbarkeit ausgerüstete Blattstiele, und die Spreiten der Teilblättehen sind als kleine Hacken an den Rankenenden noch nachweisbar. Nicht bei allen Ranken findet die Umbildung der Laubblattanlage in der eben beschriebenen Weise statt. Es kann auch die ganze Blattanlage zur Bildung der fadenförmigen Ranke verwendet werden. Und wenn wir z. B. die Entwicklungsgeschichte der ersten Ranken von Benincasa cerifera, einer Cucurbitacee , untersuchen, so sehen wir, dafs an ihnen noch deutlich eine Blattspreite angelegt wird, dafs dann aber das ganze ^) Ein ganz analoges Beispiel bieten die Hochblätter der in botanischen Gärten viel kultivierten Dikotvle Eraiithenium nervosum. 2 GuKUEL, vgl. Entwicklungsgesch. S. 431. Vgl. auch A. Ma.nn: „Was bedeutet Metamorphose in der Botanik?'" Dissertation. München 1894. 3 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Blatt, statt iii die Fläche zu wachsen, sich zu einer langen, fadenförmigen Ranke streckt, was bei den folgenden Blättern nicht der Fall ist. Zahlreiche andere Beispiele sollen im speciellen Teile angeführt werden. Ich betrachte den Nachweis, dafs eine entwicklungsgeschichtlich verfolgbare direkte Organumbildung stattfindet, als eine der wichtigsten Thatsachen der Organographie der Pflanzen. Dazu kommen noch zahlreiche experimentelle Belege, die teils von der Natur selbst, teils vom Menschen ausgeführt worden sind. Wenn die Blütenknospen von Knautia arvensis von einem als Peronospora violacea bezeichneten Pilze befallen werden , so entwickeln sich häufig aus den Staubblattanlagen Blumenblätter. Die ersteren waren aber keine „indifferenten" Anlagen. Die Reihe der Vorgänge, durch welche sie zu Staubblättern werden sollten, hatten schon begonnen, aber der Pilz lenkte die Entwicklung in andere Richtung. Ähnliche Beispiele werden in dem Kapitel über Mifsbildungen zu besprechen sein. Hier sei nur angefülirt. dafs, wie meine Untersuchungen zeigten, durch einfache Ein- grifi'e die Umbildung der Laubblattanlagen zu Kuospenschuppen. und bei Onoclea Struthiopteris die zu Sporophyllen verhindert werden kann ^). Der letztere Fall sei hier kurz besprochen. Die Sporangien der Farne entstehen an Blättern, die man als Sporophylle bezeichnet. Diese stimmen mit den Laubblättern entweder ganz überein, wie z. B. bei Aspidium filix mas, oder die Sporaugienbildung bedingt mehr oder minder tief greifende Änderungen in Gestalt, Richtung und Bau der Sporophylle. Zu den Farnen, bei denen diese Verschiedenheiten am gröfsten sind, gehört die genannte Art, deren Sporophylle in regelmäfsigem Wechsel mit den Laubblättern gebildet werden. Sie stimmen aber mit den Laub- blattanlagen ziemlich lange überein; erst mit der Bildung der Sporangien tritt eine Abänderung des Entwicklungsganges ein. Es läfst sich diese aber verhindern, wenn man die Laubblätter alle entfernt. Dadurch werden die Sporophyllanlagen , die nichts anderes sind als Laubblatt- anlageu, genötigt, sich zu Laubblättern auszubilden, die Sporaugien- bildung wird unterdrückt, entweder ganz oder teilweise. Auch in Hin- sicht auf die Vererbung, d. h. die Thatsache, dafs die Nachkommen, abgesehen von kleinen Abweichungen, die Entwicklung ihrer Eltern wiederholen, ist es von Wichtigkeit, dafs nur bestimmte Orgauanlagen vererbt zu werden brauchen, aus deren Umbildung dann andere hervor- gehen. Nur kommen die Ursachen der Umbildung nicht, wie in dem oben genannten Beispiele von Knautia, von aufsen, sondern von innen, von der Thätigkeit der Pflanze selbst. Unser Metamorphosenbegrift" ist also zunächst ein ontogenetischer und darum ein experimentell fal^sbarer und beweisbarer. Phylogenetische Betrachtungen können hinzutreten , aber dafs es nicht berechtigt ist, lediglich in phylogenetischem Sinne von einer Metamorphose zu sprechen, zeigt schon die einfache Thatsache, dafs die Metamorphosenlehre älter ist als die Descendenztheorie, und sie würde auch bestehen bleiben, wenn die letztere aufgegeben würde. Wir beschränken dabei den Begriff Umbildung auf die Fälle, wo der Funktionswechsel ein deutlich hervortretender ist. Auch die Laub- blätter ein und derselben Pflanze sind voneinander an Gestalt vielfach ver- schieden, wo aber damit nicht eine andere Funktion als die der Assimilation *) über künstliche Vergrünung von Farnsporophyllen. Bericht der deutschen botan. Gesellsch. Bd. V (1887) S. 69. § 1. Einleitung. Morphologie und Orgauograpliie. 9 und Transpiration in den Vordergrund tritt, werden wir von einer Um- liildung besser nicht reden, sondern nur von einer verschiedenen Aus- bihiung. Natürlich hissen sich — wie dies ja bei allen künstlichen Ab- grenzungen, die sich auf Organismen bezielien , der Fall ist — scharfe Grenzen zwischen diesen Begriften nicht ziehen, zumal die kleinen Ab- weichungen in der Funktion mit Gestaltverschiedenheiten stets Hand in Hand gehen. In dem Wurzelsystem einer dikotylen Pflanze z. B. sind Hauptwurzel und Seitenwurzeln Organe, die im wesentlichen dieselbe Funktion und Gestaltung haben. Aber doch sind zwischen beiden Ver- schiedenheiten im physiologischen Verhalten und der Ausbildung vor- handen, die beruhen einmal auf Korrelationsverhältnissen, und dann auf der verschiedenen Reaktion äufseren Einflüssen gegenüber. Dafs aber eine Nebenwurzel ihre Verschiedenheit gegenüber der Hauptwurzel eben nur ihrer Lage im Wurzelsystem verdankt, sehen wir daran, dafs sie leicht zur Ausbildung als Hauptwurzel veranlalst werden kann. Die Verschiedenheiten zwischen Haupt- und Nebenwurzel sind zu wenig tief- greifend, um von einer „Metamorphose" zu reden. Hätte sich übrigens die Metamorphosenlehre entwickelt an der Be- trachtung der Wurzeln, statt der der Blätter, so würde sie, wie oben hervorgehoben, nicht zu solchen unlogischen Vorstellungen geführt haben, wie dies thatsächlich der Fall war. Denn wenn man von einer „Wurzel" einer höheren Pflanze spricht, so denkt sich niemand darunter eine abstrakte Idee, sondern eine ganz bestimmte Anschauung: ein blattloses, cylindrisches , mit einer Wurzelhaube versehenes Organ. Das kommt einfach daher, dafs bei der Wurzel der Funktionswechsel ein viel selte- neres Vorkommnis ist als beim „Blatt", und dafs infolge dessen man sich nicht daran gewöhnt hat, den Begriff Wurzel allmählich so zu ver- allgemeinern, dafs nichts mehr als ein Abstractum übrig bleibt, mit dem nichts anzufangen ist. Immerhin aber giebt es nicht wenige Fälle, wo auch Wurzeln sich umbilden. Und dann können wir diese Umbildung sehr deutlich verfolgen. Wir sehen, dafs die Wurzel, wenn sie sich zu einem Sprosse umbildet, ihre Wurzelhaube abwirft (bei Platycerium und einigen andern Farnen, auch einigen Samenpflanzen), und dasselbe ge- schieht unter entsprechender Veränderung der Gewebe, wenn sie zu einem Dorne wird (Myrmecodia echinata, Acanthorrhiza aculeata) oder zu einer als Reservestoffbehälter dienenden Knolle. Auch hier kann der Funktiouswechsel eintreten, ehe die Wurzel ihre ursprüngliche Funktion als Ernährungs- und Haftorgan ausgeübt hat. Das Resultat unserer Auseinandersetzung ist also folgendes: Zu der Meinung, die Morphologie habe von der Funktion der Organe ganz zu abstrahieren, ist man lediglich dadurch gekommen, dafs man nicht beachtete, dafs die Umbildungen bedingt sind durch einen Funktions- wechsel. So erschien die Funktion als Nebensache für die Charakteri- sierung der Organe, rein äufserliche Beziehungen als die Hauptsache, aber auch die rein formalen Beziehungen sind keineswegs das Bleibende „in der Erscheinungen Flucht". Auch sie wechseln. Diesen Wechsel, d. h. die Veränderungen, die sich in der Organbildung einer natürlichen Gruppe vollzogen haben und vollziehen festzustellen, ist eine der wich- tigsten Aufgaben der Organographie. Funktion und Form lassen sich aber nicht trennen, ohne dafs man zu ganz unfruchtbaren Anschauungen kommt. Dafür sollen im folgenden weitere Belege gegeben werden. 10 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Ptlanzenkörpers. § 2. Einteilung der Pflanzenorgane bei den Samenpflanzen. Die Unterscheidimg und Benennung der Pflanzenorgane ging selbst- verständlich aus von den höheren Pflanzen, da man diese zuerst kennen lernte. Da der „Metamorphosenlehre" der wichtige Nachweis gelungen war, dals die grolse Zahl der Organe sich zurückführen lälst auf wenige „Grundformen", so handelt es sich darum, diese voneinander abzu- grenzen und sie zu charakterisieren. Sehen wir zu , wie dies einer Morphologie gelungen ist, die sich auf einen lediglich formalen Stand- punkt stellt. Unwillkürlich ging mau dabei aus von den Vegetationsorganen, zumal man auch die Sporophylle der Blüte lediglich für „Blatt"organe hielt, während die Bedeutung der Sporangien erst durch Vergleich mit den Gefäfskryptogamen erkannt werden konnte. Dals die wichtigsten Vegetationsorgane der höheren Pflanzen Wurzel, Stengel und Blatt (Laubblatt) sind, zeigt die unmittelbare Be- obachtung. Man fügte diesen Organen später noch die Haargebilde oder Trichome hinzu, die Anhängsel der Oberhaut darstellen, welche aus Epidermiszellen entspringen. Und als sich zeigte, dafs zur Bildung mancher Stacheln, Drüsen etc. auch tiefer liegende Gewebe schichten verwendet werden, schuf man für diese Gebilde die Kategorie der „Emer- genzen", deren Charaktere eigentlich wesentlich negativer Natur waren, d. h. sie sind weder Blätter, noch Sprosse, noch Wurzeln und entstehen nicht endogen. Bei den Sprossen, Blättern und Haaren abstrahierte man von all den verschiedenen Ausbildungsformen und fafste sie als Caulome Phyllome und Trichome zusammen. Hier ist zunächst hervorzuheben, dafs es der Morphologie nicht gelungen ist, diese Organkategorien durch scharfe, allgemein giltige Definitionen voneinander abzugrenzen, und trotzdem giebt es kaum noch Fälle , wo man zweifelhaft sein könnte, in welche Organkategorie ein bestimmtes Organ gehört, oder mit anderen Worten, was seine morphologische Bedeutung oder kürzer gesagt, seine Homologie ist, ein Begriff, auf den noch einzugehen sein wird. Ebensowenig nämlich wie in der Systematik ein einzelnes Merk- mal als ausschlaggebend für die Verwandtschaft betrachtet wird, eben- sowenig kann auch ein einzelnes Merkmal ausschlaggebend für die Homo- logie eines Organes sein und das ist hier diejenige Gruppe von Eigen- schaften, die man als die morphologischen zu bezeichnen pflegt. Es handelt sich darum festzustellen, welche Stellung es in der Gesamtentwicklung einnimmt, welchem Organe einer verwandten Form es entspricht, durch welchen Umbilduugsvorgang es zu stände kam, oder mit anderen Worten, welcher Funktions Wechsel eingetreten ist. Wir werden nachher sehen, zu welch unfruchtbaren Anschauungen die Vernachlässigung dieses Princips speciell bei der Betrachtung der Fortpflanzuugsorgane geführt hat. Eine der grofsen Schwierigkeiten, die uns bei der Definition der vegetativen Organe auffallen, fällt bei den Fortpflanzungsorganen weg. Die eigentlichen Fortpflanzungsorgane (Sporangien, Oogonien etc.) haben der Natur der Sache nach keinen Fuuktionswechsel, sie behalten ihre Funktion und Form, und darin beruht ja auch mit ihre Wichtig- keit für die Systematik. Bei der Wichtigkeit der Frage, und der grofsen Unklarheit, die darin vielfach auch in neuester Zeit noch herrscht, § 2. Einteilung der Pflanzenorgane bei den Samenpflanzen. \\ ■wird es nicht unnütz sein, auf die verschiedeneu Versuche der Organ- abgrenzungen hier näher einzugehen '). 1. Dals die Unterscheidung ursprünglich ausging von äufseren Form- verschiedenheiten ist selbstverständlich. In dem Namen „Blatt" liegt schon, dals man darunter ein tlaches, plattes Organ verstand, das sich dadurch von dem meist cylindrischen Stengel unterschied, während man zu den Wurzeln alle unterirdischen Organe rechnete. Es ist jetzt eine allgemein bekannte Thatsache, dals es Blätter giebt, die ganz wie Sprosse aussehen, und umgekehrt, werden doch selbst noch in einem der neuesten Lehrbücher die Blätter der Binsen als blattlose Sprossachsen bezeichnet, wohl deshalb, weil sie in der That wie cylindrische, blattlose Sprosse aussehen, und in demselben Werke werden die Bhizoideu der Moose als „Haare" bezeichnet, doch wohl auch nur, weil sie wie Haare höherer Ptlanzen aussehen, obwohl sie mit denselben sonst natürlich gar nichts zu thun haben. 2) Die äussere Gestalt hängt enge zusammen mit der Funktion und mit dem anatomischen Bau. Bei den Yegetationsorganeu aber kann die Form und damit auch der anatomische Bau sich ändern, es tritt die „Metamorphose" ein, und ein Blumenblatt ist homolog einem Laubblatt, trotzdem es eine ganz andere Form hat. Auch der anatomische Bau ist bei homologen Organen oft ein ganz verschiedener, und die Versuche, die man gemacht hat, um auf Grund des anatomischen Baues die blatt- ähnlichen Zweige von Ruscus u. a. für Blätter zu erklären, sind so voll- ständig verunglückt, dafs es sich nicht lohnt, sie der verdienten Ver- gessenheit zu entreil'sen. 3) Die Entwicklungsgeschichte von Stamm und Blatt zeigt in vielen Fällen Differenzen. Zunächst in der Entwicklungsdauer, die Blätter sind meist Gebilde begrenzten Wachstums, die Sprosse nicht. Nun giebt es freilich viele Sprosse, die normal gleichfalls begrenztes Wachstum besitzen, wie die Kurztriebe mancher Nadel- und Laubhölzer, aber diese können veranlafst werden, sich zu unbegrenzt wachsenden Trieben, zu Langtrieben umzubilden. Sie sind von demselben nicht specitisch verschieden, die Begrenztheit der Entwicklungsfähigkeit wird ihnen nur durch ihre Stellung im Gesamtaufbau aufgeprägt. Freilich wissen wir nicht, ob dies für alle Kurztriebe gilt. Es ist wahrscheinlich, dafs z. B. die nadeiförmigen, blattlosen, als Assimilationsorgane dienenden Kurztriebe von Asparagus von vornherein als Sprosse begrenzter Entwicklung ange- legt wurden, dafs also auch hier sich dieselbe Abstufung in der Organ- bilduug findet, der wir noch oft begegnen werden. Sie findet sich auch bei niederen Pfianzen. Die „Blätter" von Ohara z. B. sind nichts anderes als Kurztriebe, aber es ist, soweit wir bis jetzt wissen, unmöglich sie zu Langtrieben umzubilden und äulserst unwahrscheinlich, dafs dies je ge- lingen wird. Ebenso ist es bei den Sameupfianzen niemals gelungen, ein Blatt künstlich zu unbegrenzter Entwicklung zu veranlassen. Wohl aber macht die Natur selbst dies Experiment. Sie zeigt uns bei einigen Farnen Blätter, die mehrere Vegetationsperioden hindurch an ihrer Spitze weiter wachsen, und in viel auffallenderem MalVe ist dies der Fall bei der zu den merkwürdigsten Bfianzen der Erde gehörenden Gattung Utricularia. Die flutenden „Sprosse" der Wasseriormen dieser 1) Vgl. GoEUEL, Vergleichende Entwicklungsgescli. 8. 127 ff. Boweb, üii the limits of the use of the tarms „Pl.yllunie and Caulome". Annais of botany I. S. 1.« ff. \2i Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Gattimg sind, ebenso wie die kriechenden Ausläufer der Landformen, wie ich nachgewiesen habe ^), Blättern homolog. Aber der Unterschied von Stamm und Blatt ist ganz verwischt, die den Blättern homologen Organe bringen Blüten und andere Sprosse hervor und wachsen unbe- grenzt weiter, nur durch eingehende Vergleichung läfst sich konstatieren, dafs sie offenbar hervorgegangen sind aus Blättern, die mit Spitzen- wachstum begabt sind, und sich in eigenartiger Weise weiter entwickelt haben. Dies zeigt uns, dafs alle Unterschiede — so auch die von Sprois und Blatt — nur relative, nicht allgemein durchgreifende sind. Die Art und Weise wie die Blätter am Vegetationspunkte einer Sprofsachse angelegt werden, ist von der der Sprosse nicht durchgreifend verschieden, und es würde keinen Zweck haben, auf die Beteiligung der verschiedenen Zellschichten eines Vegetationspuuktes bei Anlage eines Blattes oder eines Seitensprosses einzugehen. Wohl aber ist ein Punkt noch zu er- wähnen. Die Blätter sind in den meisten Fällen Auswüchse der Sprofs- achse, sie entstehen an dem Vegetationspunkt derselben als seitliche Ausgliederungen. Terminale d. h. aus dem Ende eines Sprofsvegetations- punktes hervorgehende Blattorgane giebt es, wie wir später sehen werden, in den Blüten vieler Ptianzen. Aber auch die Kotyledonen der Mono- kotylen entstehen terminal am Embryo. Und sieht man davon ab, so giebt es bei den Embryonen mancher Monokotylen (auch denen von Jsoetes) Fälle, wo Blätter entstehen, ohne dafs ein Sprofsvegetationspunkt nachweisbar wäre, und auch die Vegetationskörper von Lenma sind zweifellos nichts anderes als auseinander hervorsprossende Blätter^), nicht blattlose Zweige^), wie man vielfach angenommen hat. Alle Versuche einer einfachen Definition von „Caulom" (Stengel) und Phyllom sind mifslungen, und zwar weil keines der Merkmale, auf welche sie sich stützen, in allen den verschiedenen Verwandtschaftsreihen konstant ist. Pflanzen sind eben Lebewesen, deren Organbildung sich nicht nach Definitionen richtet, was wir können und was allein im Grunde Interesse hat, ist nur das : die Modifikationen der Organbildung inner- halb einer Gruppe durch Vergleichung aller Charaktere festzustellen. Wie etwa phylogenetisch die Blätter der Samenpflanzen entstanden, dafür haben wir keine Anhaltspunkte, und es kann deshalb nur von dichte- rischem Interesse sein, darüber zu spekulieren, wir werden unten sehen, dafs die Gliederung des Teiles des Vegetationskörpers, den wir mit Sachs zweckmäfsig als Sprofs bezeichnen, im Stamm und Blatt offenbar oft und auf verschiedene Weise in verschiedenen Gruppen des Pflanzen- reiches zu Stande gekommen ist. An dem Beispiel der Haare läfst sich am schlagendsten zeigen, wie verkehrt es ist, die Charakteristik von Organen auf ein Merkmal bauen zu wollen. Haare oder Trichome sind die Bildungen, die auf der Epi- dermis der Pflanzen sich befinden. Es kann nun schon bei den gewöhn- lichen, typischen Haaren zweifelhaft sein, ob es überhaupt zweckmäfsig ist, Organe der verschiedensten Funktion, die ein so äufserliches Merkmal miteinander teilen, unter einem Namen zusamenzufassen. Dies wäre gerechtfertigt, wenn diese Organe in irgend welchem inneren z. B. genetischem Zusammenhang miteinander stehen würden, wenn es z. B. ') Der Aufbau von Utricularia. Flora 1889 S. 291. Ausführlicher in Morphol. und biolog. Studien in Ann. du jardin botanique de Buitenzorg vol. IX und S. II. 2) Siehe S. II 274 ff. ^) Für solche hat Hofmeister sogar die Blätter von Pistia erklärt. § 2. Einteilung: der Pflanzenorgane bei den Samenpflanzen. 13 gelänge uachzuweisen, dals die Diüseiiliaare der Labiaten homolog sind den Wollhaaren, welche sich bei manchen Arten dieser Familie finden, dals also beide Haarformen aus einer gemeinsamen Grundform hervor- gegangen oder eines derselben die Uml)ildung des andern sei *). Ein derartiger Zusammenhang mag bei manchen Haarformen vorhanden sein, aber sicher ist, dals er bei sehr vielmehr nicht anzunehmen ist, dals die verschiedenen Haarformen eben lediglich das gemeinsam haben, dafs sie Epidermisgebilde sind. Es ist dies aber nur ein äulserliches Moment. Wenn ich bei einer Labiate in einem Intercellularraum im Innern ein „Drüsenhaar" von demselben Bau und denselben Eigenschaften, wie die der auf der Epidermis stehenden, finden würde, so würde ich dies Gebilde trotzdem ein „Drüsenhaar" nennen. Die Stellung und Pint- stehung eines Orgaus ist für mich ein Moment, aber nicht das einzig aus- schlaggebende. Ein jedes Organ ist gebildet durch eine Reihe gesetzmälsig aufeinanderfolgender Entwicklungszustände, die begründet sind in seiner stofflichen Beschaffenheit, und die in gewisser Weise abgeändert werden können. Warum sollte sich die Änderung nicht auch auf den Ursprungs- ort beziehen können V Die Autheridien aller Lebermoose entspringen aus Oberflächenzellen, die von Anthoceros in einer geschlossenen Grube. Sind sie deshalb denen der anderen Formen nicht homolog? Die Frage ist hier nur, wie sind sie in die Grube gekommen, hat diese Abweichung für sie eine besondere Bedeutung, nicht die, sind sie deshalb etwas anderes als andere Autheridien. Immerhin mag bei den Vegetationsorganen eine solche Bezeichnung als „Trichome" auf Grund des ürsprungsortes in man- chen Fällen bequem sein. Geradezu absurd ist es aber, wenn man, wie dies immer noch geschieht, auch manche Fortpflanzungsorgane als „Trichome" bezeichnet, nur deshalb, weil sie aus der Oberhaut hervorgehen! Die Gründe, welche ich früher dagegen geltend gemacht habe, sind grofsen- teils nicht beachtet worden. Ich möchte dieselben deshalb hier wieder- holen. Zunächst ist hervorzuheben, dals der Ursprung aus der Epidermis eben nur eine und zwar eine rein formale Seite der Entwicklung darstellt. Es kommt nicht nur darauf an, wie ein Organ entsteht, sondern vor allem auch darauf, was es wird, und wenn man auch den Satz zugeben wollte, dafs alle „Trichome" aus der Epidermis entstehen, so folgt daraus noch lange nicht, dafs alles was aus der Epidermis entsteht ein Trichom ist. Es können auch Blattgebilde aus der äufsersten Zellen- lage des Vegetatiouspunktes hervorgehen (das Perigon von Ephedra nach Strasburger) und die Adventivsprosse, welche auf abgeschnittenen Begonia- blättern entstehen, entstehen aus der Epidermis, sehr häufig sogar — nach den Untersuchungen von Hansen — aus einer einzigen p:piderniis- zelle. Kein vernüftiger Mensch wird sie aber deshalb Trichome nennen. Ebensowenig Sinn hat es für mich, wenn man ein Farnsporangium ein „Trichom" nennt. Denn weder im ontogenetischen noch im phylogene- tischen Sinne läfst sich annehmen, dals ein Sporaugium aus der Um- bildung eines Haares hervorgegangen sei. dafs hier ein Funktionswechsel stattgefunden habe. Wir kennen die phylogenetische Entwicklung der Pteridophyten nicht, wir wissen nur, dafs die sporenbildcnde Gene- ration dem Sporogouium eines Mooses homolog ist, wie aber etwa bei 1) Dafs auch bei Haaren Funktionswechsel vorkommt, ist mir unzweifelhaft. Ich habe dies jüngst an dem Beispiel der meiner Ansicht nach aus Driisenhaarcn herv^or- gegangenen, wasserabsondernden Haare der Khinanthaceen zu zeigen gesucht. Flora 8.3. Bd. S. 426. 14 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzcnkörpers. einer Entwickluug von einem sporogonartigen Gebilde aus die Sporaugien sicli dift'erenziert halben, darüber können wir höcbstens Vermutungen aufstellen. Nur wenn uns dieser Vorgang bekannt wäre, würden wir auch den „morphologischen Wert" der Spoiangien kennen, sie jetzt mit den Haarbildungen zusammenzustellen, ist ganz sinnlos, vermutlich sind auch die Haare in vielen Fällen späteren Ursprungs als die Sporangien. Ebenso ist es bei andern Fortpflanzungsorganen, z. B. den Samen- anlagen (resp. dem Nucellus derselben), ferner den Antheridien und Archegonieu der Archegoniaten. Von den Antheridien der Moose wissen wir, dafs sie bald als Abschlufs der Stammspitze, bald an Stelle von Blättern oder Haaren entstehen, was lediglich zeigt, dafs der Ent- stehungsort schwankend ist, wenn wir auf Grund dieser Thatsache sagen, dafs die „morphologische Bedeutung" dieser Gebilde eine verschiedene sei, so drücken wir damit nur aus, dafs die morphologische Bedeutung in diesem Sinne etwas Neliensächliches ist. Die FortpÜanzungsorgane entstehen naturgemäfs an den ihnen vorausgehenden Vegetationsorganen, und die Vegetationsorgane, welche die Fortpttanzungsorgane hervor- bringen, sind vielfach in charakteristischer Weise umgebildet. Die Fort- ptianzungsorgane selbst aber können nicht auf die Vegetationsorgane bezogen werden, sie sind, wenn wir uns auf den phylogenetischen Standpunkt stellen, offenbar — wenngleich in einfacherer Form — vorhanden ge- wesen, ehe der Vegetationskörper die Gliederung erreichte, die er jetzt besitzt. Namentlich bei den Samenpflanzen hat man vielfach die Träger der Fortpfianzungsorgane nicht scharf genug von den letzteren unter- schieden. Man betrachtete ein Staubblatt z. B. als ein einheitliches Gebilde, während es doch besteht aus einem Sporophyll und den oft in dasselbe versenkten Sporaugien (Pollensäcken). Ersteres ist ein um- gewandeltes Blatt; letztere als umgewandelte Blattteile zu bezeichnen, führt zu keinem Sinn, wohl aber ist es eine wichtige Errungenschaft zu wissen, dafs sie homolog sind den Sporangien der Pteridophyten. Der Ausdruck homolog ist hier etwas näher zu erörtern. Er wird in verschiedenem Sinne gebraucht, der gerade an den Staubblättern er- läutert werden kann. Wenn ich sage: ein Staubblatt ist einem Blatte homolog, der Pollensack einem Sporangium (oder wenn man will, einer Reihe von Sporangien) so hat beides nicht dieselbe Bedeutung. Ein Pollensack ist thatsächlich seiner Funktion nach nichts anderes als ein Sporangium, weil er Sporen hervorbringt, er nimmt in dem Gesamt- haushalt der Samenpflanzen dieselbe Stelle ein, wie ein Mikrosporangium in dem von Selaginella, ein Staubblatt aber ist ein umgebildetes Blatt, das, weil es Sporangien hervorbringt, eine andere Gestalt und Funktion erhalten hat. Die Übereinstimmung der Pollensäcke mit den Sporaugien würde uns unbekannt geblieben sein, wenn die Pteridophyten, namentlich die heterosporen, alle ausgestorben wären. Dafs ein Staub- blatt ein umgebildetes Blatt ist, würden wir aber auch feststellen können, wenn nur Samenpflanzen auf der Erde vorhanden wären. Wir sollten also diese zwei Gesichtspunkte unterscheiden. Gewöhnlich werden homo- loge Organe als solche definiert, für die wir einen gemeinsamen phylo- genetischen Ursprung annehmen dürfen, der aber oft sehr weit zurück- liegen dürfte. Denn eine eingehende Betrachtung führt uns zu der An- nahme, dafs vielfach von sehr einfachen Formen ausgehend sich mehrere verschiedene Pteihen entwickelt haben, bei denen aber die Organ- bildung in mehr oder weniger übereinstimmender Weise erfolgte, weil sie von der Stammform her übereinstimmende Entwicklungsmöglich- § 2. Einteilung der Pflanzenorgane bei den Samenpflanzen. 1 5 keilen initbekomineii haben, d. li. die stoii'liclie Beschaffenheit so war, dals die Entwicklung in übereinstimmender Weise sich al)spielen muiste. So sind z. B. die Sporogonien von Laub- und Lebermoosen hom()b)g. Aber es sind das zwei Reilien, oder vielmelir lleihenkomph'xe, die sich voneinander getrennt haben müssen, als die Bildung der Sporaugien so einfach war, sowie wir sie jetzt z. B. bei Coleochaete^) tinden, wo man von Sporangien kaum reden kann. In beiden Reihen hat eine Weiterentwicklung stattgefunden, aber das Wesentliche der Sporangien lag von vornherein nur in der Sporenbilduug, die Funktion ist dieselbe geblieben, während die sonstigen Gestaltungsverhältnisse nach den ver- schiedensten Richtungen hin auseinandergingen. Noch deutlicher liegt die Sache bei den Vegetationsorganen der Lebermoose. Kehmen wir überhaupt eine Entwicklung an, so müssen sich bei den Lebermoosen beblätterte Sprosse mehrmals in ver- schiedenen Reihen unabhängig voneinander entwickelt haben. Die Blätter der z. B. akrogynen und anakrogynen Lebermoose wären einander somit nicht homolog. Andererseits entstehen sie am Yegetationsimnkt bei allen wesentlich auf dieselbe Weise und stimmen auch in ihren sonstigen Eigenschaften überein, so dafs sie offenbar doch Gebilde vor- stellen, die etwas Gemeinsames haben. Man hat deshalb mehrfach von einer Organisationshomologie gesprochen , die mit der phylogenetischen nichts zu thuu hat, oder doch nur insofern, als man den noch undifferen- zierten Ahnen gemeinsame Entwickluugsmöglichkeiten zuschreibt. Das sind Vorstellungen, die verwickelter sind als die übliche phylogenetische — meist mit selir unsicheren Vermutungen rechnende — Detinition, aber sich den Thatsachen näher anschmiegen als jenes Schema. Von diesen homologen Bildungen sind zu trennen die analogen, wobei die Übereinstimmung zweier Organe meist nur darin besteht, dafs sie dieselbe „Anpassung" an die Aulsenwelt aufweisen, was aber auf ganz verschiedenem Wege erreicht wurde. Es sei hier nur erinnert an die Euphorbien mit Kakteenhabitus, die vielerlei Pflanzen aus ver- schiedenen Familien mit Nadelblättern, die Thatsache, dafs wir bei Polytrichum ebenso wie beim Mohne Porenkapseln, bei dem Pilze Battarea ganz ähnliche Elateren wie bei vielen Lebermoosen antreffen etc. Es ist dies ja mit eine der Thatsachen, welche dazu führten, dafs man glaubte, die Morphologie habe von der Funktion der Organe ganz ab- zusehen, weil sie sonst homologe und analoge Organe verwechseln könnte. Allein wir haben gesehen, dafs dies nicht der Fall ist, und dafs wir zur Charakteristik der Organe auch die Funktion brauchen ^), wenn wir uns nur der Thatsache des häufigen Funktionswechsels erinnern. Berücksichtigen wir diese Erwägungen, so werden wir bei den höheren Pflanzen^) zunächst unterscheiden: 1. die Vegetationsorgane, und zwar Wurzel und Sprofs mit ihren Anhangsgebilden, die man als „Haare" resp. Emergenzen zusammen- fassen mag; 2. die Fortpflanzungsorgane: Sporangien (inkl. Sporogonien) und die Sexualorgane, Antheridieu und Oogonien resp. Archegonien. ') Coleochaele gehört meiner Ansicht nach nicht zu dem „Archetypus" der Arche- gainaten; es handelt sich hier lediglich um einen Vergleich. '-) Man versuche es doch einmal, eine Blüte oder ein Staubblatt zu definieren, ohne auf die Funktion dieser Organe Rücksicht zu nehmen! ^) Pteridophyten und Samenpflanzen. \Q Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Der Sprofs ist bei den höheren Pflanzen — von einigen stark rück- gebildeten Parasiten abgesehen — in Sprofsachse und Blatt gegliedert. Es giebt zwar auch ganz blattlose Sprosse begrenzten Wachstums (die nadeiförmigen oder blattähnlichen Assimilationssprosse der Asparagus- Arten, die Borsten der Setaria- und Cenchrus-Inflorescenz), aber dies sind doch nur Ausnahmen. Merkwürdig ist, wie in verschiedenen Verwandt- schaftskreisen bei Pflanzen, welche die Blätter haben verkümmern lassen, doch wieder eine Gliederung zustande kommt, die ohne genauere morpho- logische Untersuchung ganz das Bild einer beblätterten Pflanze darstellt. Das bekannteste Beispiel dafür sind die „Phyllocladien" mancher Mono- kotylen; aber derselbe Vorgang kehrt wieder bei Phyllanthus- Arten und bei einer Anzahl von Sukkulenten, sowohl Kakteen als Euphorbiaceen. (Vgl. I. Teil, daselbst auch Abbildungen hierher gehöriger Fälle.) Aufserdem sehen wir, dafs auch bei niederen Formen dieselbe Gliederung des Sprosses sich einstellen kann. Die Geschlechtsgeneration vieler Leber- moose und die sämtlicher Laubmoose zeigt deutlich eine Gliederung in Sprofsachse und Blatt, und zwar ist dieselbe bei den Lebermoosen, wie oben erwähnt, in verschiedenen Verwandtschaftskreiseu erreicht worden, die sich unabhängig voneinander entwickelt haben. Dals die Blätter der Ge- schlechtsgeneration der Moose nicht homolog sind denen der ungeschlecht- lichen Generation der Gefäfskryptogamen, ist ohne weiteres klar. Sollen Avir deshalb für lieide verschiedene Namen gebrauchen? Ein solcher Vorschlag ist in der That von Bower gemacht worden^). Es fragt sich aber, ob das zweckmäl'sig wäre. Meiner Ansicht nach ist es einfacher, die alte Bezeichnung beizubehalten, mit dem Bewufstsein, dals sie sich nicht auf Homologieen, sondern auf Analogieen gründet. Je verwickelter der Apparat an Kunstausdrücken in einer Wissenschaft wird, desto schwieriger ist seine Handhabung, und er ist ja doch nur Mittel zum Zweck ^). Ich sehe deshalb auch kein Bedenken, die blattähnlichen Organe, die wir bei manchen „Thallophyten" finden, als Blätter zu be- zeichnen (vgl. unten). Einige Florideen haben durchaus eine analoge Gliederung erreicht, wie bei den höheren Pflanzen, z. B. die in Fig. 17 abgebildete Polyzonia jungermauno'ides, und auch bei Phaeophyceen fehlt es nicht an Beispielen, auch hier in verschiedenen Entwicklungsreihen, so in denen der Laminariaceen und Fucaceen. Der Weg, auf welchem diese Gliederung in Sprofsachse und Blatt zustande gekommen ist, kann ein sehr verschiedener sein. Es soll im folgenden kurz gezeigt werden, auf wie mannigfaltigen Wegen, von einfachen Anfängen ausgehend, bei niederen Pflanzen eine solche Gliederung erreicht wird. ^) On the limits of the use of the terms „Phyllome" and „Caulome". Annais of botany I S. 135 ff. ^) Etwas anderes ist es, wenn die Beachtung der Homologie uns zur Beseitigung unnötiger Benennungen bringt. Der Ausdruck „corpusculum" für die Archegonien der Gymnospermen ist wohl schon ganz verschwunden, und wenn wir einen Pollensack z. B. ein Mikrosporangium nennen, so ist das kein neuer Ausdruck, sondern nur die Übertragung einer bei den Pteridophyten unentbehrlichen Bezeichnung. § 3. Orgaubildung iiud Arbeitsteilung bei niederen Pflanzen (Thallophyten). 17 Organbildung und Arbeitsteilung bei niederen Pflanzen (Thallophyten). Ein Vegetationskörper, dessen Sprolsaclise nicht melir in Stamm und Blatt gegliedert ist, wird als Tliallus bezeichnet; einen flach, blatt- ähnlich ausgebildeten Thalhis hat man früher auch als „frons" bezeichnet, eine überflüssige Benennung, die glücklicherweise im Aussterben begriffen ist. Der Ausdruck Thallus, der auch nichts anderes bedeutet als Sprofs, ist von AcHARius^) zuerst auf die Flechten angewendet, nacliher auf Algen , Pilze und die thallosen Lel)ermoose übertragen worden. Dals eine scharfe Grenze zwischen einem Thallus und einem lieldätterten Sprofs nicht zu ziehen ist, zeigen schon die unten anzuführenden Beispiele. Es ist auch versucht worden, neben dem Begriff Thallus noch den des „Phytoms" aufzustellen. Darunter versteht Nägeli den Vegetationskörper der einzelligen Pflanzen, ferner den aus gleichwertigen Zellen bestehen- den und den zwar verzweigten, alier nur mit unter sich und dem Mutter- organ gleichwertigen Verzweigungen verseheneu Vegetationskörper. Das Phyton! soll sich vom Thallus resp. Thallom dadurch unterscheiden, dafs der Thallus „Trichome" hervorbringt. Diese Unterscheidung er- scheint durchaus entbehrlich. Die mehrzelligen „Phytome" fallen teils unter den später zu erörternden Begriff' der Kolonieen resp. Coenobien, und von „Trichomen" in dem Sinne wie bei den höheren Pflanzen kann man bei den Thallophyten überhaupt nicht sprechen. Die Organe, die man bei ihnen als haarartige bezeichnen kann, haben den verschieden- sten Ursprung und die verschiedenste Funktion ^). es sind darunter Haft- organe, Schutzorgane der verschiedensten Art, solche, die Schleim ab- sondern, und viele, deren Bedeutung wir nicht kennen. Sie haben nur das gemeinsam, dafs sie klein bleibende Anhängsel des Thallus dar- stellen und mit den Haaren höherer Pflanzen vielfach eine gewisse äufsere Ähnlichkeit haben, aber e*s fehlt ihnen, da keine Epidermis vor- handen zu sein pflegt, natürlich auch das formale Merkmal, das man für jene, wie wir oben sahen, als das ausschlaggebende betrachtete. Gerade die niederen Pflanzen bieten Anhaltspunkte dafür, wie, von einfachen Formen ausgehend, in einer Reihe eine höhere, mit Arbeits- teilung verknüpfte Gliederung entstehen kann, ein Vorgang, der sich nicht nur einmal vollzogen, sondern in verschiedenen Peihen wiederholt hat. Diejenige Gliederung, welche bei den höheren Pflanzen sich flndet, erscheint dabei nur als ein Einzelfall der übei'haupt aufgetretenen. Ein- und mehrzellige Pflanzen, Zellkolonieen und Zellstaaten. Die äufseren Gestaltungsverhältnisse des Pflanzeuköri)crs sind be- dingt durch die Eigenschaften der lebendigen Substanz, des Protoplasmas, das bei den höheren Pflanzen eingeschlossen ist in den zahlreichen Zellen, ^) Vgl. z. B. AcHARius, Lichenographia universalis. Gottingae 1810 (p. 3: „In omni Licheno eompleto duae .... sese offerunt partes, quarum iina corpus ipsius Lichenis constituens thallus a me dicitur" . . .). -) Vgl. u. a. MoEBius, Morphologie der haarartigen Organe bei den Algen. Biolog. Centralblatt XII S. 71 ff. Goebel, Organographie der Pflanzen. 2 X8 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Ptlanzenkörpers. die den Ptlauzenkörper zusammensetzen. Nur unter den niederen Pflanzen finden wir einzellige vor. Wie Sachs gezeigt liat^), ist indes der Zellbegrift", wie er historisch sich entwickelt hat, ungenügend geworden , er führt zu offenbar unrichtigen Vergleichen. Wenn man eine Caulerpa und eine Diatomee oder Desmidiee alle als einzellig bezeichnet, so ist damit offenbar nur ein äulserer Umstand hervor- gehoben: der, dafs alle diese Pflanzen, von einer Zellhaut umgeben, einen nicht gekammerten Protoplasmakörper einschliefsen^). Der innere Bau dieser Plasmakörper ist indes ein verschiedener. Es zeigt sich dies dadurch, dafs der eine (bei Desmidieeu und Diatomeen) nur einen, der andere viele Zellkerne hat. Darin spricht sich al)er eine ver- schiedene Organisationshöhe aus. Nehmen wir ein Beispiel. A sei eine einkernige , B eine mehrkernige Zelle. Beide sollen sich vermehren durch Schwärmsporen. Dies kann bei B einfach dadurch geschehen, dafs jeder der vorhandenen Zellkerne sich mit Protoplasma umgiebt, resp. dafs der Plasmakörper sich in einzelne Teile sondert. Bei A mufs erst ein wiederholter Teilungsvorgang eintreten. Die vielkernige Zelle ist also der einkernigen in diesem Beispiel zeitlich voraus, und aufserdem zeigt sie in ihrem vegetativen Leben ein Verhalten , das bei der andern erst zur Zeit der Fortpflanzung eintritt — nämlich eben das, dafs sie vielkernig ist. Sie entspricht also nicht dem vegetativen, sondern dem vor der Fortpflanzung erreichten Zustand der einkernigen Zellen. Diese Erwägung veranlafst uns, den SACHsschen Energiden- begriff anzuwenden. „Unter einer Energide," sagt Sachs, „denke ich mir einen einzelnen Zellkern mit dem von ihm beherrschten Proto- plasma." Diese Energiden können dann in Ein- oder Mehrzahl in einer Zellkammer eingeschlossen sein. Es ist dabei nicht notwendig, dafs die von" einem Zellkern „beherrschte" Protoplasmamasse immer dieselbe sei^); aber gerade das Verhalten der Kerne bei der Bildung der Fort- pflanzungsorgane der Siphoneen spricht deutlich für die Rolle, die ihnen der Begriff „Energide" zuweist, und ebenso das Verhalten bei der Regeneration. Bei der Fortpflanzung, sowohl der geschlechtlichen als der ungeschlechtlichen, treten in den genauer untersuchten Fällen ein- zelne Energiden auf, oder, wo dies nicht der Fall ist, wie bei den Schw^ärmsporen von Vaucheria^), zeigte das Verhalten der Cilien sehr deutlich , dafs kein einfaches , sondern ein aus vielen Energiden zusammengesetztes Gebilde vorliegt. Demnach unterscheiden wir auf ^) Vgl. namentlich dessen Physiologische Notizen II. Beiträge zur Zellentheorie. Flora 75. Bd. 1892 S. 57 und IX. Weitere Betrachtungen über Energiden und Zellen ibid. 81. Bd. (Ergbd. z. Jahrg. 1895). ^) So sagt z. B. L. Klüin (vgl. Untersuch, über Morphologie und Biologie bei der Gattung Volvox; Ber. d naturforsch. Ges. zu Freiburg i. B. Bd. V Heft 1 S. 43): „Die höchste Ausbildungsstufe erweist das einzellige Individuum bei den Siphoneen — bei welchen die Natur einmal zeigen wollte, welche Entwicklungshöhe sich mit einer einzigen Zelle erreichen läfst, denn als solche müssen wir den Thallus trotz Gröfse und weitgehender Arbeitsteilung bezeichnen." ■^) Rofs und Reiter bilden in einem Kavallerieregiment eine „Einheit", auch wenn die Pferde gewechselt werden I *) Wie Schmitz nachgewiesen hat, entsprechen jedem Zellkern, oder, wie wir jetzt sagen können, jeder Energide zwei Cilien, die ganze vielwimperige Schwärmspore also einem Komplex zahlreicher zweiwimperiger. — Die Verschiedenheit monergider und poly- ergider Zellen spricht sich namentlich auch durch ihr Verhalten bei der „Regeneration" aus ; kleine Stücke des Inhalts pol3-ergider Zellen können (sofern sie eine oder mehrere Energiden enthalten) zu neuen Zellen auswachsen, bei monergiden Zellen ist eine solche Teilbarkeit nicht vorhanden. § 8. Organhildmig niul Arhtitsteilmii,^ bei niederen Pflanzen ^Thallopllyten). 19 Grund der ueuereu Zellenlehre zunächst nicht mehr ein- und mehr- zellige, sondern monergide (abgektlrzt aus monenergide) und polyergide Pflanzen; die polyergiden lassen sich dann in cclluläre (die gewöhn- liche Form) und nichtcelluläre gruppieren, je nachdem die Energiden in Zellkammern eingeschlossen sind oder nicht. Polyergide nicht- celluläre PHanzeu sind z. B. die Myxomyceten (falls man diese über- haupt zu den PHanzen rechnen will) und die nur gegen aul'sen durch eine Membrau abgegrenzten Siphoneen, Organismen, die beide nur als Bewohner des Wassers oder ständig feuchten- Standorte denkl)ar sind, in denen die Myxomyceten bis zum Fortptianzungsstadium verborgen leben. Bei Landpfianzen dagegen tritt allgemein der celluläre Bau auf, wobei die einzelnen Zellkammern durch feste Wände voneinander ge- trennt sind. Die Schilderung des inneren Baues der PHanzen gehört indes nicht hierher, dagegen konnte die oben kurz gegebene Auseinander- setzung auch vom organographischen Standpunkt aus nicht ül)ergangen werden. Dafs es auch zwischen den einzelnen oben aufgestellten Kate- gorieen Übergänge giebt, braucht kaum hervorgehol)eu zu werden, als solche können z. B. die Siphonocladiaceen aufgefalst werden, deren fadenförmiger, verzweigter Thallus aus polyergideu Zellen liesteht. Die Gestaltungsverhältnisse monergider Ptlanzenkörper zu schildern, liegt nicht in der Aufgabe dieses Buches. In einer Anzahl von Fällen ist es gelungen, die Form derselben mit den Lebensverhältnissen in Beziehung zu setzen, so bei manchen Diatomeen, bei denen die festsitzenden anders ge- staltete monergide Zellen haben, als die beweglichen oder schwebenden; ebenso ist klar, dafs die birnförmige Gestalt der meisten Schwärmsporen für ihre Bewegung besonders geeignet ist. In andern Fällen kennen wir die speciellen Lebensverhältnisse noch zu wenig, um sagen zu können, ob z. B. die stabförmigen oder sichelförmigen Desmidieen anderen Ver- hältnissen angepalst sind, als die platten. Der Übergang von monergiden zu polyergiden Formen hat offenbar in den verschiedensten Verwandtschaftskreisen stattgefunden und zwar dadurch, dafs die bei der Teilung entstandenen Energiden sich nicht vereinzelten, sondern im Verbände miteinander blieben. Nägeli') hat das schon vor längerer Zeit folgendermafsen geschildert: „Die Zellen, die bei der einfacheren PHanze sich als Keime lostrennen und die Anfänge neuer Individuen darstellen, werden bei der nächsthöheren Pflanze Teil des individuellen Organismus und verlängern die Ontogenie um einen entsprechenden Schritt." Der Verband, in welchem die einzelnen Energiden miteinander stehen, kann ein mehr oder minder inniger sein. Eine polyergide Pflanze ist entweder eine (celluläre oder nichtcelluläre) Energiden- Kolonie (oder Coenobium = Energiden - „Horde"), bei der eine Arbeitsteilung zwischen den einzelnen Energiden noch nicht aufgetreten ist und jede Energide auch für sich zu leben vermag, oder die Ener- giden zeigen eine Arlieitsteilung und werden in Verbindung damit ver- schieden voneinander, sie gestalten sich zum Energiden-„Staa t" ; dies ist der Fall, wie er bei der Mehrzahl der polyergiden PHanzen ver- wirklicht ist. Zwischen beiden giebt es natürlich Übergänge, schon weil die Abtrennung eine künstliche, auf die extremen Verhältnisse begründete ist. 1) Nägeli, Systematische Übersicht der Erscheinungen im Pflanzenreich. Frei- burg i. B. 1853. Ferner: Mechanisch-phvsiol. Theorie der Abstammungslehre S. 6S^. 2* 20 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. I. Eolonieeu. Die äufsere Form der Kolonieen ist eine sehr verschiedene ; ich möchte im folgenden lediglich einige Beispiele herausgreifen , um zu zeigen, worauf es hier ankommt. A. Nicht festsitzende Kolonieen. 1. Kolonieen nackter Energiden (niclitcelluläre Energidenkolonieen) finden wir in den Plasmodien der Myxomyceten. Die Vorteile der Kolonie- liilduug hängen hier offenbar mit der Sporenbildung und namentlich der Sporen- verbreitung zusammen. Eine Energidenkolonie kann gröfsere, für die Verbrei- tung der Sporen besser ausgerüstete Fruchtkör- per aufbauen. Besonders lehrreich ist , dafs bei einer niederen Entwick- lungsreihe, der der Acra- sieen , die vegetativen Energiden noch verein- zelt leben, kein Plas- modium bilden, und erst wenn die Sporenl)ildung herannaht , zusammen- kriechen. Ein Frucht- körper kommt dabei bei Guttulina z. B. noch nicht zur Ausbildung, und ein besonderer Vorteil des Zusammenkriechens der Energiden oder des Zu- sammenlagerns der Spo- ren ist nicht abzusehen, Avenn man nicht etwa annehmen will , dafs ein solches Sporenhäufchen r^W^y^i a\ ^"^' ^^^ Verbreitung der ^*C w'r"'^'''^?V " i '^ Sporen günstigere Aus- sichten biete , als eine einzelne Spore sie hat. Nehmen wir aber als ein- mal gegeben an (ohne dafs wir uns um den Nutzen weiter kümmern), dafs die ursprünglich freilebenden (hier als Amöben zu be- zeichnenden) Energiden eine Anziehung aufeinan- der ausüben (wahrschein- lich eine chemotaktische), so läfst sich , von den Acrasieen ausgehend , eine fortschreitende Reihe zusammenstellen , bei der die Sporenbildung in einen i m m er späteren Zeitpunkt nach der Koloniebildung verlegt wird, also zwischen der letzteren und der Sporenbildung ein vegetatives Stadium eingeschaltet wird, das ermöglicht, H^^^^^V Fig. 2. Keimung und Plasmodienbildung des Myxomyceten Chondrioderma difforme; aus den Sporen schwärmen nackte, bewimperte Energiden aus (« — ^), die zu Amöben («, k) werden; diese kriechen, wie l zeigt, zu einer Energiden- kolonie zusammen; n ältere Energidenkolonie (= Plas- modium). (Lehrb.) § 8. Organbildinig und Arbeitsteilung bei niederen Ptianzen (Thallophyteu). 21 viel mehr Sporen zu bilden , als Energiden sich zur Kolonie vereinigt liatton. während ursprünglich (bei Guttulina) die Zahl der Sporen und der Energiden gleich war. In den höchst entwickelten Fällen findet schon bei den Acrasieen eine Arbeitsteilung unter den Energiden statt, es bilden sich Fruchtkörper, bei denen nicht mehr alle Energiden zu S])oren werden, sondern nur ein Teil — allerdings der grölsere — , während andere zum Aufbau des Stieles Ver- wendung finden. Lehrreich sind die von Brefeld näher untersuchten Arten Polysphondy- lium violaceum und Dictyostelium mucoro'ides ^). Aus den keimenden Sporen gehen hier nackte, amöboide Energiden hervor, die sich durch Zweiteilung vermehren, aber nicht, wie bei andern Schleimpilzen, zu einem Plasmodium sich vereinigen. Erst zur Bildung eines Fruchtkör])ers kriechen sie in un- gemein grolser Zahl zu einer dichten Masse zusammen, wobei offenbar chemo- taktische Richtungsbewegungen mit im Spiel sind. Nun tritt eine „Arbeits- teilung" ein. Nicht alle werden, wie bei den niederen Formen dieser Reihe noch geschieht, zu Sporen. Eine mittlere Partie der Amöbenmasse wird zur Bildung eines zelligen Stieles verwendet, die hier gelegenen Amöben nehmen Wasser auf, welches sie andern entziehen, umgeben sich mit einer Meml)ran und werden zu polyedrischen Zellen. Der Stiel wächst an seiner Spitze, indem die hier gelegenen Amöben zu Stielzellen umgebildet werden. An dem Stiel kriechen die Aniöbenmassen in die Höhe, und wenn er fertig ist, werden alle nicht zur Stielliildung verwendeten Amöben zu Sporen. Offenbar sind die Amöben ursprünglich alle gleich. Es hängt von ihrer Lage im Amöbenhaufen und von ihrer gegenseitigen Beeinflussung ab, ob eine Amöbe zur Stielzelle oder zur Spore wird. Dafs die Stielbildung für die Sporenverbrei- tung vorteilhaft ist, ist klar ; sie hat dieselbe Funktion wie bei den Moossporogonien etc. Ein an seiner Spitze durch neu herauf- kriechende Energiden wachsender Polysphon- dyliumfruchtkörper stellt ein sonderbares Gegenstück zu einem Sprofs einer höheren Pflanze dar, der auch an seiner Spitze — am Yegetationspunkt — embryonale, w^eiter unten fertig ausgebildete Energiden besitzt. ^jLU' 2. BLolonieen behäuteter Energiden. Angeführt werden sollen nur einige Bei- spiele, welche für allgemein organographische Fragen lehrreich sind. a) Protococcaceen. In Fig. 3 abgebildet ist eine gröfstenteils aus entleerten Zellen bestehende Kolonie von Pediastrum granu- latum, einer häufigen Süfswasseralge. Wir bemerken , dafs die den Rand der tafel- Fig. 3. Pediastrum granulatum (nach A. Braun). A Kolonie, deren Zellen bis auf vier entleert sind; der Inhalt der letzteren wird zur Bildung von Tochterkolonieen verwendet. 5 Junge Kolonie, deren Zellen noch regellos angeordnet sind. C Etwas ältere Ko- lonie, deren Zellen sich in eine Ebene angeordnet hal>eu; die äufseren sind deutlich zweispitzig, die inneren zeigen nur eine Andeutung davon. (Lehrb.j förmigen Kolonie einnehmenden Zellen andere Gestalt haben als die inneren, sie sind mit zwei hornförmigen Fortsätzen versehen, oder, kurz gesagt, zweiarmig. Bei den inneren Zellen tritt dies nicht hervor. Aber die Durchmusterung einer Anzahl von Formen (auch das in Fig. 3 C abgebildete Jugendstadium) zeigt uns, dafs eigentlich alle Zellen die 1) Brkfeld, Untersuchungen aus dem Gesamtgebiete der Mykologie 6. Heft. 22 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Fähigkeit haben, zweiarmig zu werden, dafs aber die inneren durch ihre dichte Zusammenlagerung daran verhindert werden , diese Form anzunehmen. Würde man die regelmäfsige Anordnung der Zellkolonie bei ihrer Geburt stören, so würden gewifs alle Zellen zweiarmig werden. Wir sehen also, dafs hier schon eine , Avenn auch nicht sehr tiefgreifende gegenseitige Be- einflussung der Zellen eintritt. Die einzelnen Zellen der Pediastrumkolonie werden übrigens nach Chodat frühzeitig iiolyergid, und bei der Bildung einer neuen Kolonie trennen sich dann die Energiden, die aus einer Zelle hervoi-- gingen , voneinander. Welche Kräfte die Ausbreitung der Pediastrumkolonie in eine Ebene bedingen, wissen wir nicht, vielleicht kommt die Richtung der Lichtstrahlen dabei in Betracht. b) Bei der Gruppe der Volvocineen sind die Gestaltungsverhältnisse der Kolonieen besonders lehrreich. Es linden sich hier einzeln lebende, monergide Formen mit freibeweglichen Zellen, wie Chlamydomonas, und solche, an deren liochentwickelten , aus zahlreichen Zellen bestehenden Kolonieen sogar eine Polarität und Arbeitsteilung deutlich hervortritt, wie Volvox. Chlamydomonas besteht aus behäuteten , mit zwei Cilien versehenen , an- nähernd ellipsoidischen oder kugeligen Energiden, die sich durch Teilung vermehren. Bei der von Goroshankin untersuchten Chi. Braunii z. B. ent- stehen bei der ungeschlechtlichen FortpHanzung meist vier , seltener zwei Tochterzellen. Die sich zur Teilung anschickende Zelle wird bewegungslos und teilt sich durch eine Längswand, der eine zweite, auf der ersten recht- winklig stehende folgt. Die vier Tochterzellen trennen sich voneinander. Würden sie — in einer Ebene liegend — vereinigt bleiben, so würden sie eine vierzellige Kolonie bilden, wie sie bei der Gattung Gonium\) vorkommt. Hier sind vier bis sechzehn einander ganz gleiche Zellen von einer gemeinsamen S'chleimhülle umgeben , sie bilden eine flache , tafelförmige Kolonie , deren Zellen nicht, wie man früher annahm, durch Pi'otoplasmafortsätze miteinander in Verbindung stehen. Wie wenig innig die Zellen miteinander verbunden sind , zeigt auch die Thatsache , dafs bei Gonium pectorale (wie BtJTSCHLi angiebt) häufig einzelne Zellen die Kolonie verlassen und als chlamydomonas- artige Wesen frei umherschwärmen; manchmal lösen sich auch die Kolonieen ganz in einzelne Zellen auf. Jede der Zellen kann zum Ausgangspunkt einer neuen Kolonie werden , eine vegetative Vermehrung der Zellen aber findet, nachdem die Kolonie einmal gebildet ist, nicht mehr statt. Denken wir uns die flache Gonium-Kolonie zu einer Hohlkugel eingestülpt, so erhalten wir Eudorina-Kolonieen (ebenso entstehen in etwas abgeänderter Weise auch die Pandorina-Kolonieen). Auch hier sind die Zellen noch sämtlich gleichwertig und nicht miteinander in Verbindung. Anders bei der Gattung Volvox ^) selbst. Zu nächst ist hervorzuheben, dafs hier schon die Zahl der Zellen, sowie die Gröfse der ganzen Kolonie eine bedeutendere ist, als bei den oben angeführten Gattungen. Erstere schwankt bei Volvox aureus zwischen 200 und 3000, bei Volvox globator zwischen 1500 und 16 400 (bei den hier allein in Betracht kommenden ungeschlechtlichen Kolonieen) ; der merkwürdige feinere Bau der Kolonieen kann hier nicht geschildert werden, es genügt, zu erwähnen, dafs sie zwei Pole besitzen, die sich sowohl entwicklungsgeschichtlich als ihrem Baue nach unterscheiden. Der eine , bei der Bewegung nach vorn gerichtete ^) Vgl. MiGULA, Beiträge zur Kenntnis des Gonium pectorale. Botan. Centralblatt Bd. 43. 1890. ^j Vgl. darüber namentlich Klkin, Morphol. u. biol. Studien über die Gattung Volvox (Pringsh. Jahrb. XX) und: Vergl. Unters, über Morphologie und Biologie der Fortpflanzung bei der Gattung Volvox. Ber. der naturf. Gesellsch. zu Freiburg Bd. 5, 1890, sowie die dort angeführte Litteratur. § 3. Organbilduug und Arbeitsteilung bei niederen THanzen (ThallopliyteuJ. 23 trophische Pol ist der, an welchom das Zusamiiienschlie!son der Zellen aus einer konkaven Platte zur Kugel stattfand; zuweilen bleil)t hier noch eine Öffnung erhalten. Die Zellen, welche dein trophisclien Pole genähert liegen, sind die Ernährungszellen, während in der liinteren Hälfte der Kolonie diejenigen sich finden, welche die Fortpflanzung ül)ernehnicn (die Kolonieen sind hier immer entweder mit geschlechtlichen oder ungeschlechtlichen Fort- pflanzungszellen versehen) ; die im vordem Pol befindlichen Zellen hal)en einen besonders groi'sen, roten Augfleck (Stigma), der bei der Orientierung der Bewegung offenbar eine Rolle spielt. Gegen den Äquator der Kolonie zu wird er kleiner und ver- schwindet nach hinten ganz oder wird durch ein farbloses Öltröpfchen er- setzt. Auch in der hin- teren Koloniehälfte wer- den aber nicht alle Zellen zu Fortpflanzungszellen ; bei V. globator sind es deren meist nur acht. Die übrigen haben lediglich Ernährungsfunktion. Sie gehen später zu Grunde, offenbar werden sie von den Fortpflanzungszellen ausgesogen ; ilire Proto- plasmakörper wachsen dementsprechend auch während der Entwicklung der Fortpflanzungszellen nicht mehr und Averden substanzärmer. Eine solche weitgehende Be- einflussung der Zellen wird dadurch erleichtert , dafs sie miteinander durcn Plasmafortsätze in Ver- bindung stehen , Verlnn- dungen, die in der hin- teren generativen Hemi- sphäre zahlreicher sind, als in der vorderen , trophischen. So sehen wir also bei Volvox schon eine Arbeitsteilung eingetreten 1 . innerhalb der vegetativen Zellen insofern, als die vorderen etwas anders organisiert sind, als die hinteren, 2. zwischen vege- tativen und generativen Zellen. Die vegetativen Zellen gehen zu Grunde, sie arbeiten für die generativen. Es wird dadurch der Kolonie ermöglicht, unter günstigen Umständen rasch sich zu vermehren und sogleich kräftige Tochter- kolonieen in die Welt zu senden. Thatsächlich findet unter solchen Umständen auch eine ungemein ergiebige Vermehrung statt. Dafs übrigens auch bei den andern Volvocineenkolonieen eine, wenngleich viel weniger tiefgreifende, gegen- seitige Beeinflussung der Zellen stattfindet, ergiebt sich schon aus ihrer gemein- schaftlichen Schwimmbewegung, welche offenbar eine Kegulierung der Cilien- Fig. 4. Volvox aureus (nach L. Klein). A Alte, mit Tochterkolonieen (t), Eizellen und Antheridieu versehene Kolonie. Die Zellen treten nur als kleine Kreise auf der Kugeloberfläche hervor. B Junge Kolonie. (Lehrb.) 24 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. thätigkeit der einzelnen Zellen voraussetzt. Dafs wir auch Yolvox selbst noch als Kolonie bezeichnen , hat eigentlich nur dadurch Berechtigung , dal's die Beziehungen zu den Kolonieen der andern Volvocineen so klar zu Tage liegen ; rein für sich betrachtet könnte man Volvox auch eine echte vielzellige Pflanze, einen Zellenstaat nennen. Einer experimentellen Behandlung ist bis jetzt die Frage nicht unterworfen worden, ob etwa liei einer Zerstörung der generativen Zellen beliebige andere sich zu solchen ausbilden können ; wenn die Zerstörung ohne tiefgreifende Schädigung der Kolonie und frühzeitig genug möglich wäre , ist die Frage wahrscheinlich zu bejahen. Dafs auch betreffs der hier nicht zu erörternden Fortpflanzungsorgane bei den Volvo- cineen eine sehr lehrreiche Stufenfolge von Iso- gamie zu Oogamie sich findet, daran sei hier nur erinnert. Die Sperraatozoiden von Vnlvox stellen eine Parallelbildung zu den Spermatozoiden der Archegoniaten dar ; ihre langgestreckte Gestalt steht, meiner Ansicht nach wie bei diesen, damit in Verbindung, dafs sie, um zu den Eizellen zu gelangen, sich in gallertige Substanzen einzubohren haben. B. Die festsitzenden Kolonieen haften am Substrate entweder durch Ausscheidung einer haftenden Substanz oder durch Ausbildung besonderer Haftorgane, die vielfach infolge äufse- rer Reize (namentlich sog. Kontaktreize) auftreten, und vielleicht ursprünglich durch das Vorhanden- sein einer solchen Reizbarkeit entstanden sind. Durch das Vorhandensein einer angehefteten Basis ist eine weitere Differenzierung der Kolonie gegeben. welche zu der eines Zellenstaates namentlich dann üliergeht, wenn das der Basis entgegengesetzte Ende der Kolonie sich zum Vegetationspunkt gestaltet. Dieser Schritt hat offenbar mehrfach stattgefunden. Zunächst seien aber einige Beispiele geschildert, in denen er nicht gethan wurde. Die von einer gemeinsamen Gallerthülle umgebenen Kolonieen von Apiocystis scheiden an der Basis eine Haftsubstanz in Gestalt einer Art Haftscheibe aus. Die eigen- tümlichen „Pseudocilien" dieser Alge, welche aus der Gallerthülle hervorragen, möchte ich für Organe halten, welche für den Stoffaustausch (namentlich auch den Gaswechsel), welcher durch die derbe Gallerthülle erschwert ist, in Betracht kommen. Sehr mannigfaltige, sowohl frei flottierende als festsitzende Koloniebildungen kommen bei den Diatomeen vor, wobei die einzelnen Zellen meist durch Gallertausscheidung zusammengehalten sind ; solche Ausscheidungen dienen bei den festsitzenden Kolonieen auch zur Anheftung. Eine Arbeitsteilung unter den Zellen der Kolonieen ist nicht bekannt, abgesehen davon, dafs bei manchen, wie bei der Gattung Achnantus, bei der die Kolonieen fadenförmig und an einem Ende des Fadens angeheftet sind, nur diese Basalzelle den Schleim- faden ausscheidet. Sie verhält sich also anders als die übrigen Zellen der Fig. 5. Licmophora flabellata (nach Smith). Diatomeen-Ko- lonie mit verzweigten Gallert- stielen. § 3. Org;uiliil(luiig und Arbeitsteilung bei niederen Pflanzen (Thallophyten). 25 Kolonie, von denen aber jede wohl im stände wäre, die Bildung des Schleim- fadens zu übernehmen. Auch bei der in Fig. 5 abgebildeten Licnioi)hora flabellata (L. radians K.) ist nur scheinbar eine verschiedene Ausbildung der einzelnen Glieder der Kolonie vorhanden. Die Zellen sitzen hier in fächerfönniger Anordnung auf den etwas verbreiterten Enden verzweigter Gallertstiele, die Äste sind aber von verschiedener Stärke. Einige sind kurz und dünn und tragen nur wenige Zellen, andere sind viel dicker und länger und mit zahlreichen Zellen am Ende versehen. Diese Erscheinung erklärt sich dadurch, dafs die Gallert am unteren Ende der Zellen ausgeschieden wird , und dafs dann einzelne Zellen sich von den anderen abtrennen. Sie fahren mit der Gallertausscheidung fort und bilden so einen neuen Stiel, der notwendig dünner und kürzer sein mufs, als der, welcher von einer gröfseren Zahl von Zellen hervorgebracht wird. Es kommt so ein Bild zu stände, welches dem eines monopodialen Verzweigungs- systemes ähnlich sehen kann. Aber die Ähnlichkeit ist nur eine äul'ser- liche, die Zellen sind alle gleich, die Abtrennung einzelner kein regelmäfsiger Vorgang. Etwas an- deres würde es sein , wenn die Zellen der „Seitenäste" nach ei- niger Zeit ihre Wachstums- und Teilungsfähigkeit einstellen wür- den, während die an der Spitze der Hauptachse gelegenen sie bei- behielten. Dazu liegt bei diesen nur durch Gallerte verbundenen Zellen aber weder ein äufserer noch ein innerer Grund vor^). Eine besondere Hervorhebung verdient hier die Gattung Hydrurus, eine Alge ; die in Gestalt reich verzweigter , unter Umständen mehrere m langer Gallertstränge in Süfsw^asserbächen und Flüssen nicht selten vorkommt. Es liegt hier eine hochentwickelte Kolonie brauner Flagellaten vor, wie sich schon daraus schliefsen läfst, dafs jede Zelle 5—6 pulsierende Vakuolen hat, wie sie sonst nur schwärmenden Zellen zukommen. Die einzelnen Energiden sind einer gallertigen Substanz eingebettet, und zwar ist schon bei der Keimung der Fortpflanzungszellen die Schleimabsonderung in dem dem Substrate zugewandten Teile eine stärkere, es bildet sich hier also ein Haftorgan aus (Fig. 6. 1). Die Energiden der Kolonie verhalten sich ursprünglich alle gleich, alle können auch zu Ästen auswachsen, so dafs also eine ganz regellose Verzweigung eintritt (Fig. 6, 111). Aber zwischen den Ästen und dem Hauptstamm Fig. 6. Hydrurus foetidus. J Junge Pflanze. II Spitze einer Pflanze: Chromatopbor der end- ständigen Zelle scbon bings geteilt. /// Verzwei- gung. (/ u. II nach Klkbs, 77/ nach Bekthold.) ^) Ganz ähnliche Verzweigungen finden sich bei den Kolonieen des sonderbaren Spaltpilzes Nevskya ramosa. (Vgl. Famintzin, Melanges biolog. Acad. de St. Petersbourg t. XIII liv. 2.) Über die interessanten Koloniebildungen bei Myxobakterien s. Thaxtek, Myxobacteria. Hotanical gazette 1892. Es scheint hier eine Arbeitsteilung vorzukommen, indem nicht alle Zellen der Kolonie gleich entwicklungsfähig sind. 26 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pfianzenkörpers. besteht eine Verschiedenheit. Nur die Energiden der Äste können zu Fort- pflanzungszellenwerden ^). Der Hauptstamm dient oft'enbar nur noch als mechanische Grundlage des Ganzen, er geht später zu Grunde. Die Entwickelungsfähigkeit der an seiner Basis gelegenen Energiden ist offenbar dadurch gestört worden, dafs der Hauptstamm mechanisch ganz anders beansprucht wird, als die Seiten- zweige, was um so weniger auffallen wird, wenn man bedenkt, dafs Hydrurus in rasch fliefsendem Wasser zu wachsen pflegt, seine Energiden haben ihre Eigen- schaften durch die andere Inanspruchnahme geändert. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 7. A Ulothrix zonata, Keim- pflanze ; r Haftorgan, welches chloro- phyllarm ist oder den Chlorophyll- gehalt ganz verliert. (Lehrb.) Fig. 8. Keimpflanze von Ulva Lactuca. An der Basis haben sich Haftorgane gebildet. (Lehrb.) Ferner ist auch das "Wachstum der Äste bemerkenswert. Am Scheitel ist die Gallerte dünner, und hier liegt eine Energide, die sich (nach Klebs) durch eine Längswand teilt. Dann findet eine Verschiebung statt, indem eine Energide wieder an den Scheitel rückt. Obwohl die einzelnen Energiden ein- ander im wesentlichen gleich sind, zeigt also immerhin der Scheitel einen anderen Bau, als die hinter ihm liegenden Teile. Es ist wenigstens eine An- näherung an das Vorhandensein eines Vegetationspunktes gegeben. AVahr- scheinlich sind auch die Fäden vieler Fadenalgen (Oedogoniaceen, Coufervaceen u. a.) nichts anderes als Kolonieen von zeitweilig mit einer Membran um- gebenen Schwärmsporen. Die basalen Zellen dieser P'äden, welche zu Haft- organen ausgewachsen sind, verhalten sich vielfach ähnlich wie der basale Teil des Hydrurus-Hauptstammes, d. h. sie haben ihre Entwicklungsfähigkeit ein- ^) Vgl. Klebs, Flagellatenstudien. Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. LV Heft 2 u. 3, daselbst weitere Litteratur. § 3. Organbildung und Arbeitsteilung bei niederen Ptianzen (Tlialjoipiiyten). 27 gebüfst. So stirbt z. \). bei Ulothrix zonata (Fig. 7 A) (deren Zellen sonst alle gleichuiälsig sich teilen) in der basalen Zelle das Protoplasma nicht selten ab, so daXs hier die Teilungen aufhören. Der Grund dieser Erscheinung dürfte der- selbe sein, der oben für Hydrurus geltend zu machen gesucht wurde. Die angeführten Bespiele zeigen uns, dafs, ausgehend von Kolonieen gieichaitiger Zellen resp. Energideu, die alle sich weiter entwickeln können, nach verschiedenen Richtungen liin gewissermalsen der Versuch gemacht wird, zu höherer Gliederung zu gelangen, wie sie sich in der Arbeitsteilung zwischen den Koloniebewohnern ausspricht. Das Wort Arbeitsteilung erklärt natürlich noch gar nichts, es ist lediglich ein zu- sammenfassender Ausdruck für die Thatsachen. Bedingt wird die Arl)eits- teiluug und die damit verbundene Verschiedenheit einmal durch die gegenseitige Beeinflussung der Energiden einer Kolonie, sodann durch ihre verschiedenen Beziehungen zu äusseren Faktoren. Vielfach werden Energiden schon durch ihre Lage in der Kolonie von anderen Ener- giden beeintiulst (z. B. Pediastruin, Polysphondyliuin, auch Volvox), und dadurch in ihrer Gestalt und Funktion bestimmt, sie werden ferner auch durch diese Lage von äufseren Faktoren anders beeinüufst, werden auf äuTsere Reize anders reagieren als die anderen Energiden, wie dies für Hydrurus u. a. hervorgehoben wurde. Eine weitergehende Arbeitsteilung aber ist nur bei verzw^eigten Vege- tationskörpern zu erwarten. Verzweigung kommt, wie wir sahen, schon bei Kolonieen vor. Sie wird aber eine geregelte, erst beim Vorhandensein eines Vegetations Punktes, der Besitz eines solchen ist charakteristisch für die Zellenstaaten und damit für die „typischen" Ptianzen überhaupt. n. Zellenstaaten mit Vegetationspunkten. Die sonderbare Bezeichnung V e g e t a t i o n s p u n k t rührt her von dem Begründer der Entwicklungsgeschichte, K. Fr. Wulff V), welcher gegen- über den zu seiner Zeit herrschenden Spekulationen der Evolutionstlieorie die Entstehung der Organe, ihre „generatio". durch Beobachtung zu er- mitteln suchte, wobei er zu dem Schlüsse kam, dai's bei der Entwicklung eine wirkliche Neubildung von Teilen statttindet, eine Neuanlage von Orgauen an dem ursprünglich ungegliederten Keime. Dies Resultat ergab sich schon aus seinen Untersuchungen über die p]ntwicklung des Blattes, welche er an der Bohne verfolgte, und der Blüte. Er erkennt, dals das Vorhandensein von Blattanlagen in der Knospe, auf welche die Evolu- tionslehre sich stützte, denn doch nur ein eng begrenztes ist. Untersucht man nämlich eine Knospe genauer: „donec taudem hoc modo introrsum et deorsum simul penetiando ad substantiam plantae interiorem pervenias, humidam, succis gravidam et nulla amplius folia tenentem", so gelangt man damit an die „extremitas axeos trunci", in der noch keine Gewebe- differenzieruug vorhanden ist. Diese Endigung der Stamm- oder Zweig- aclise nennt er Vegetationspunkt, und an ihm entspringen Blattanlagen und Seitenzweige als „propulsiones trunci". Damit war eine der funda- mentalen Thatsachen in der Entwicklung der PHanze klargelegt, die, dafs im Gegensatz gegen die höheren Tiere der Ptlanzenkörper Stellen besitzt, wo nach der Bezeichnung von Sachs noch „embryonales" Gewebe vorhanden ist, das neue Zellen und neue Organe liefert. Die letzteren entstehen gewöhnlich so, dals die jüngsten dem Vegetations- punkt am nächsten sind — in progressiver Reihenfolge. Die Betrachtung ') Kaspar Frikdiuch Wolkf, Theoria generationis. 28 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. niederer Pflanzen zeigt in dieser Beziehung weniger konstante Verhält- nisse, auch der Besitz eines von den übrigen Teilen verschiedenen Vegetatiouspunktes ist nur ein Specialfall der möglichen Konstruktionen des Pflanzenkörpers, allerdings der verbreitetste. Wir haben schon bei Hydrurus eine Andeutung eines Yegetationspunktes getroffen. Zu einem wirklichen Vegetationspunkte aber gehört, dafs die an ihm liegenden Zellen sich anders verhalten, als die weiter rückwärts befindlichen, und dafs die Anlegung der seitlichen Bildungen iu ganz bestimmter, vom Vegetationspunkt aus geregelter Pieihenfolge geschieht. Innerhalb der Arten der Gattung Cladophora läfst sich in dieser Hinsicht ein Fortschritt verfolgen; es ist dies eine sehr verl)reitete, aus ver- zweigten Zellreihen bestehende Fadenalge. Dafs die einzelneu Zellen polyergid sind, ist für unsere Betrachtung nicht von Belaug. Bei Cladophora fracta') findet die Zell- vermehruug zunächst durch Teilung der an der Spitze gelegenen Zelle (Scheitelzelle) statt, und die Äste (welche ebenso ausgebildet sind, wie die Hauptachse) entstehen an deu von der Spitzenzelle abgegliederten Zellen in progressiver Pieihenfolge. Später aber treten auch an den Gliederzellen Teilungen auf, und es bilden sich aus deu neuentstandeueu Zellen Äste, die zwischen die alten eingeschaltet sind. Denken wir uns diese interkalare Ast- bildung unterbleibend, wie dies bei anderen Cladophora arten, z. B. Cladophora prolifera, der Fall ist (vergi. auch Fig. 9), so erhalten wir das Schema der Bildung seitlicher Organe, welches bei den Pflanzen am meisten ver- breitet ist, d. h. das der progressiven Ent- stehung von Neubildungen. Mit der Verzweigung ist, wie schon bei Hydrurus hervorgehoben wurde , vielfach eine verschiedene Ausbildung von Hauptachse und Seitenzweigen verbunden. Ganz wie dort hat die Hauptachse einmal eine andere me- chanische Funktion als die Seiteuachsen, und sodann steht sie zu diesen in bestiuimten Stoflwechselbeziehuugeu , sie erhält von den Seitenachsen Stofle und umgekehrt. Wo die Seitenachsen dicht gedrängt eine Hauptachse umschliefsen, werden sie diese für die Assi- milationsarbeit weniger geeignet machen, weil die Seitenachsen jetzt das Licht wegnehmen. So kann es denn nicht befremden, wenn wir auch hier Verschiedenheiten von Haupt- und Seitenachseu antreffen, wenn z. B. bei Algen, die wie Draparnaldia und Chaetophora reich verzweigt sind, die Zellen des Hauptstammes bei einem gewissen Alter der Pflanze, wo Fig. 9. Cladophora glomerata, Stück des Thallus. Die Ver- zweigung findet in regelmäfsig gegen die Spitze der Fäden hin fortschreitender (progressiver) Eeihenfolge statt. (Lehrb.) ') Vgl. Berthoi.d, Untersuchungen über die Verzweigung von Süfswas.'^eralgen. acta acad. Leop. Carol. Bd. XV 187i?. Nova § 3. Organbilduu^ und Arbeitsteilung bei niederen Pflanzen (Thallophyten). 29 die Zelleu der Seiteuachsen uocli imgestört weiter wachsen, schon unfähig sind, sich zu teilen, Schwärnisporen zu erzeugen oder in umfassender Weise zu assimilieren. Dieselbe Erscheinung kann sich natürlich zwischen den Seitenachsen wiederholen, es wird, wie Herbert Spencer (a. a. 0. I § 214) sehr gut ausgeführt hat, besonders mit der Vergröfserung des Vegetationskörpers ein Ungleichwerden seiner Glieder Hand in Hand gehen, namentlich eine Verschiedenheit von Hauptachsen und Seitenachsen. Aufserdem läfst sich bei Algen nicht selten beobachten, dal's die Zelle, welche einen Ast liildet, im Wachstum zeitweilig oder dauernd gegenüber den anderen zurückbleibt. Geschieht dies regelmäfsig, so wird dadurch die Hauptachse selbst eine Gliederung erfahren, die Stellen derselben, wo seitliche Orgaue entspringen, die Knoten, verhal- ten sich anders als die luternedien, und diese Ver- schiedenheit ist bei manchen (wie den Charen) eine ungemein scharfe (Fig. 10). Entstanden sein dürfte sie dadurch, dal's die Bildung eines seitlichen Organes ursprünglich direkt eine Hemmung der betreffenden Zone der Hauptachse herbeiführte. AVir haben dann also erreicht eine Pflanze mit Vegetationspunkt und regelmäfsiger Ausgliederuug seitlicher Organe ; wir haben ferner gesehen , wie vielfach schon durch die Thatsache der Verzweigung eine mehr oder minder ausgeprägte Verschiedenheit zwischen Hauptachse und Seitenachsen herbeigeführt wird, und haben mm die verschiedene Ausbildung der Seitenachsen selbst zu prüfen. Eine ungemein häutige Erscheinung ist es, dafs die Seitenachsen sich in Langtriebe und Kurztriebe trennen. Die äufsere Verschiedenheit beider liegt darin, dafs die Kurztriebe begrenztes, die Langtriebe unbegrenztes Wachstum haben, erstere erscheinen als Hemmungsbildungen der letzteren. Mit dieser äufseren Verschiedenheit geht aber auch eine solche der Funktion Hand in Hand: die Langtriebe er- möglichen die eigentliche Verzweigung, die Kurz- triebe sind meist Assimilationsorgane. So sind bei Chara z. B. die wirteiförmig gestellten „Blätter" nichts anderes als Kurztriel)e, welche gegenüber den Langtrieben auch etwas einfacheren Bau auf- weisen. Dieselbe Verschiedenheit kehrt übrigens ])ei höheren Pflanzen wieder, es genüge, an die bekannten Gestaltungsverhältnisse der Pinusarten, mancher Kakteen u. a. zu erinnern. Wie bei diesen Pflanzen sind auch bei den niederen Kurztriebe und Langtriebe ursprünglich nur quantitativ, nicht qualitativ verschieden; dieselbe Seitenachse, die unter günstigen Vegetationsliedingungeu zu einem Langtriebe geworden wäre, wird unter ungünstigen zu einem Kurz- trieb. In den Fällen, in denen Langtriebe und Kurztriebe schärfer ge- trennt sind, ist auch der Ort ihrer Entstehung ein verschiedener, auch die Verschiedenheit der Struktur nimmt zu. Dafür seien einige Beispiele angeführt. Einen lehrreichen Fall für die verschiedenartige Abstufung der einzelnen Organe bieten unter den Fig. 10. Chara fragilis, Sprofsstück. Die wir- telig gestellten Blätter, welche die Geschlechts- organe tragen ,' sind Kurztrieben (Lehrb.) 30 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Phaephyceen die Sphacelarien ^) von denen aber nur einzelne Beispiele hervorgehoben werden sollen, wir wollen uns dabei auf die Astbildung beschränken. Die Gattung Sphacelaria selbst besteht aus Achsen, die aus mehreren Zell- reihen aufgebaut sind. Sie verzweigen sich, indem sie seitlich entspringende Äste hervorbringen, die bei manchen Arten sich gleich verhalten, bei andern in Kurz- oder Langtriebe gegliedert sind. Aulserdem besitzen sie „Haare", d. h. Auszweigungen begrenzten Wachstums, die einfache, plasmaarme Zell- reihen bleiben und auch anders angelegt werden, als die gewöhnlichen Zweige, nämlich sehr nahe am Scheitel, so dafs bei ihrer Entstehung die Scheitelzelle seitlich abgelenkt wird. Bei Halopteris filicina (Fig. 11 und 12) fehlen die Haare". Der reichverzweigte Thallus besteht lediglich aus Langtrieben und Fig. 11. Halopteris filicina. Sprofssystem, schwach vergröfsert (nach einer Mikrophoto- graphie). Man erkennt an den Sprofsendungen die Scheitelzelle als dunklen Fleck. Kurztrieben verschiedener Ordnung. Sie Averden alle in gleicher "Weise ange- legt, und zwar, wie Fig. 12 zeigt, sehr nahe am Scheitel. Jeder Sprofs endigt mit einer Scheitelzelle und ist gewöhnlich zweizeilig verzweigt, so dafs ein fiederiges Gesamtverzweigungssystem zu stände kommt. Dabei unterscheiden sich die Zweige verschiedener Ordnung schon dadurch, dafs die Scheitelzelle um so kleiner wird, je höher die Verzweigungsordnung ist, und um so früher stellt der betreffende Sprofs dann auch sein Wachstum ein und geht in den ^) Vgl. Geyler, Zur Kenntnis der Sphacelarien (Jahrb. f. wiss. Botanik IV S. 479); Pringsheim, Über den Gang der morphologischen Diiferen/.ierung in der Sphacelarienreihe (Gesammelte Abhandlungen I. Bd.); Magnus, Zur Morphologie der Sphacelaiüen (Festschr. zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Ges. naturforsch. Freunde zu Berlin 1897); Reinke, Beiträge zur vergl. Anatomie und Moi-phologie der Sphacelariaceen (Biblioth. botanica Heft 23). § 3. Organbildung und Arbeitsteilung' bei niederen Pflanzen (Thallophyten). 31 Dauerzustand überM. Wälirend bei der Achse 1. Ordnung in Fig. 12 die sämtlichen Zellen wiederholt durch Längswände geteilt sind, unterbleibt bei den Achsen höherer Ordnung diese Gliederung mehr und mehr, und manche bleiben einfache Zellreihen, sie stellen den anderen gegenüber Hemmungs- bildungen dar, woliei die Hemmung auf verschiedenen Stadien der Ent- wicklung eintreten kann. Zugleich geht aus der Fig. 12 weiter hervor, dafs bei allen Seitensprossen der erste Zweig dem Muttersprofs zugekehrt ist, und dafs die beiden ersten Seitenzweige immer auf einer Seite stehen — eine An- ordnung, die ermöglicht, dafs die Sprosse alle Platz haben, ohne sich zu decken; es kommt eine Deckung zwar auch sonst gelegentlich vor, aber wenn die Äste gleich anfangs regelmäfsig zweizeilig stünden, müfste hier ständig eine Deckung eintreten. Fig. 12. Halopteris filicina. Ende eines Lang- triebes. Von der grofsen Seheiteizelle werden durch uhrglasförmig gebogene Wände Segmente herausgeschnitten, die zu Ästen erster Ordnung auswachsen; diese verzweigen sich ihrerseits in derselben Weise. Die Seitensprosse höherer Ord- nung entwickeln sich aber immer weniger kräftig. Fig. 13. Cladostephus verticillatus (nach Pringsheim). Längsschnitt durch einen Langtrieb mit Kurztrieben. Die Kurz- triebe sind begrenzten Wachstums; ihre Scheitelzelle verwandelt sich durch Teilungen in einen Zellkörper. Die untersten Äste sind oft in ihrer Entwicklung gehemmt. Die Ver- schiedenheiten zwischen Kurztrieben und Langtrieben sind hier also nur quantitativ, nicht qualitativ. Eine höhere Gliederung — die sich aber von der von Halopteris nicht phylogenetisch ableiten läfst — zeigt Cladostephus, der auch eine höhere anatomische Ausbildung besitzt. Es sind hier folgende Glieder vorhanden: ') Ganz ähnliche Verschiedenheiten finden sich auch bei den Sprofssystemen höherer Pflanzen. Bei der Tanne z. B. sind die Vegetationspunkte der verschiedenen Sprofsformen verschieden. Die Knospe des Hauptstammes zeichnet sich aus durch kurze, gedrungene Form, massige Anlage etc. und unterscheidet sich dadurch von den Langtriebknospen und Kurztriebknospen; Kurztriebknospen können aber zur Ausbildung als Langtriebe veranlafst werden und Langtriebe zu Hauptsprossen werden. Vgl. betr. der Gestalt der verschiedenen Vegetationspunkte: Busse, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie und Jahresperiode der Weifstanne. Flora 77. Bd. Jahrg. 1893 S. 113 ff. 32 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. 1. Langtriebe. Neue Langtriebe entstehen durch eine eigentümliche Gabelung des Scheitels. 2. Kurztriebe, die wirtelig gestellt aus den ältesten Rindenzellen des Stengels hervorgehen. Sie werden von Pringsheim als „Blätter" bezeichnet und werden also von Anfang an anders angelegt als die Langtriebe (vergl. Fig. 13). 3. Die „Fruchtblätter" , d. h. Kurztriebe , welclie die Fortpflauzungs- organe tragen. Sie stimmen im allgemeinen mit den Blättern überein, unter- scheiden sich aber von ihnen durch eine einfachere anatomische Ausbildung Fig. 14. Bostrj^chia Moriziana. Habitusbild eines Sprosses (vergr.j. Die Sprofsachse trägt als Assimilationsorgane funktionierende verzweigte Kurztriebe und solche, die, unverzweigt bleibend, sich zum Substrate wenden und die Pflanze an demselben befestigen (JV). und durch ihre Stellung, sie bilden sich nämlich am Ende der Vegetations- periode in regelloser Stellung an den alten Steugelgliedern. 4. „Haare", Zellreihen, die an den Blättern sich ausbilden. 5. Adventivsprosse, ausgehend von den Centralzellen der Achse. — Von den Wurzelfäden kann hier abgesehen werden. Charakteristisch ist hier also namentlich, dafs die verschiedenen Glieder hier schon ihrem Ui'sprung nach verschieden sind, was bei Halopteris nicht der Fall ist. Eine ganz analoge Gliederung in Langtriebe und Kurztriebe finden wir auch bei vielen Florideen, von denen einige Vertreter, die namentlich auch die Arbeitsteilung unter den Kurztrieben erläutern sollen, hier kurz geschildert § 3. OrganbilduDf^ und Arbeitsteilnng bei niederen Pflanzen (Thallophyten). 33 sein mögen. Ich wähle dazu zunächst einige an den Flufsmündungen Guianas auf Mangroven etc. wachsende Sürswasserflorideen ^). Bostrycliia Moritziana ist eine Floridee , die fiederige Verzweigungs- systeme trägt. Diejenigen Achsen, die als Träger der Verzweigungssysteme ausgebildet sind, haben einen komplizierteren Bau, als die Zweigendigungen. Während letztere Zellreihen sind, sind erstere Zellkörper. Aber auch die Haupt- achse endigt in eine Zellreihe. Die Fiederzweige haben ein begrenztes Wachstum, sie stellen Kurztriebe verschiedener Ordnung dar, die auf einem früheren oder späteren Entwick- lungsstadium stehen bleiben. Untersucht man die Verzweigung am Scheitel, so erscheint sie als eine gabelige. Indes ist sie in Wirklichkeit doch eine monopodiale, nur entsteht der Seitenzweig in der Scheitelzelle dadurch, dafs durch eine weit hinaufreichende Wand ein Stück abgeschnitten wird, das zum Zweig auswächst und sich zunächst ebenso kräftig entwickelt, als die Fortsetzung des Hauptsprosses, welche zur Seite gedrängt wird. Der- selbe Vorgang wiederholt sich bei der Verzweigung der einzelnen Glieder, abgesehen von denen, die zur Bildung von Haft- oder FortpHanzungsorganen bestimmt sind. Die Pflanzen sind an dem Substrate fest gewurzelt durch be- sondere, unverzweigt bleibende Thallusglieder, die an ihrem Scheitel die Haft- organe (gewöhnlich als Rhizoiden bezeichnet) hervorbringen. Diese in der Figur 14 mit W bezeichneten Zweige haben einen anderen Bau und eine andere Wachstumsrichtung, als die vegetativen Zweige, sie sind nämlich im fertigen Zustand bis zum Scheitel Zellkörper (angelegt werden auch sie als Zellreihen) und wenden sich dem Substrate zu, sie erscheinen früh schon auf der Unter- seite der Zweige inseriert, der ganze Vegetationskörper gewinnt dadurch den Charakter eines dorsi ventralen Sprofssystems, auf dessen Unterseite Wurzeln sich befinden. Diese stellen meist den basalen Ast eines der Assimilations- kurztriebe dar. Übrigens ist zu bemerken, dafs die Verzweiguugsebeneu der Assimilationssprosse nicht immer zusammenfallen, Aufser dieser Sprofsum- bildung kommt noch eine andere vor: einzelne, gleichfalls unverzweigt bleibende Sprosse werden zu keulenförmigen Zellkörpern (Stichidien), welche die Tetra- sporeu hervorbringen. Von Interesse ist, dafs drei andere an demselben Standorte wachsende Pflanzen eine ganz ähnliche Organditferenzierung zeigen. Haftsprosse , die ebenso wie die von Bostr. Moritziana entstehen, hat Bostrychia callipteris, bei Lomentaria impudica stehen sie auf der Unterseite der Verzweigungssyteme zwischen zwei Seitensprossen, die Haftsprosse sind hier nicht selten mit Aus- wüchsen versehen. Delesseria Leprieurii hat zwar keine Zweige zu Haftsprossen umgebildet, aber Rhizoidenbüschel unmittelbar unter jeder (scheinbaren) Thallus- gabelung. Diese leisten hier dieselben Dienste : sie fehlen bei den Sprossen, welche Tetrasporen tragen. In allen diesen Fällen entstehen die Haftorgaue ohne Einwirkung eines äufseren Reizes. Bei Plocamium (Fig. 15) dagegen entscheidet offenbar die Berührung mit einem festen Körper darüber, ob die Spitze eines beliebigen Sprosses zum Haftorgan sich umbildet oder nicht, während bei den oben genannten drei Pflanzen von vornherein bestimmte Sprosse als solche angelegt werden. Wir sehen hier also, dass schon auf dieser einfachen Stufe der Orgau- bildung eine Gliederung zu stände kommen kann, welche Wurzel {bei Bostrychia Moritziana sind die abwärts wachsenden Zweige Wurzeln analog) und be- blätterten Sprofs der höheren Pflanzen repräsentiert. Diese Ähnlichkeit wird 1) Vo-l. über einige Süfswasserflorideen aus Britisch Guiana. Flora 83. Bd. S. 436. 1897. Goebel, Organographio der Pflanzen. 3 34 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. noch auffallender, wenn die Kurztriebe auch äufserlich blattähnlich ausgebildet sind. Polyzonia juugermannoides z. B. gleicht (Fig. 16), wie der Artnamen sagt, durchaus einem beblätterten Lebermoose, auch die Schiefstellung der Blätter stimmt mit der der Lebermoose überein. Dafs diese Blätter verbreiterte Kurzti'iebe sind, zeigt z. B. der Vergleich mit der in dieselbe Florideengruppe gehörigen Fig. 15. Plocamium coccineum. Die Zweig- spitzen haben sich bei E-^, H^^ -ffg zu Haft- scheiben entwickelt. Fig. 16. Cliftonaea pectinata. Ende eines Sprosses. Die Kurztriebe, den Blättern von Polyzonia entsprechend, stehen der Unterseite genähert (links). Vergr. Fig. 16. Fig. 17. Habitusbild der Floridee Polyzonia junger- mannoides (von oben, vorn von der Seite gesehen). Schwächer vergr. als Fig. 16. Cliftonaea pectinata (Fig. 16), bei der in der Abbildung links zwei Reihen von Kurztrieben sichtbar sind. Auch die bei höheren Pflanzen die Regel bildende axilläre Stellung der Seitensprosse linden wir schon bei Polyzonia. Die Seitensprosse entspringen an der Basis eines Blattes ; eine ähnliche Beziehung zwischen Kurz- und Lang- trieben findet auch bei anderen Florideen statt ^). M Vgl. z. B. Kny, Über Axillarknospen bei Florideen. Berlin 1873. § 4. Normale Orgaiibildung am Vegetationspunkt und Regeneration. 35 § 4. Normale Organbildung am Yegetationspunkt und Regeneration. Die Art und Weise der Organanlegimg am Vegetationspunkt (ein- schlierslich der Verzweigung) bedarf hier keiner neuen zusammenfassen- den Darstellung^). Es seien nur folgende Hauptpunkte hervorgehoben: 1. An Vegetationspunkten, die eine unbegrenzte Thätigkeit haben, entstehen die Anlagen gewöhnlich in progressiver Reihenfolge, mag der Vegetationspunkt nun terminal oder interkalar liegen, und zwar als seitliche Aussprossungen, exogen oder endogen. In manchen Fällen (monokotyle Embryonen, Lemnaceen) ist ein deutlich abgegrenzter Vege- tationspuukt überhaupt nicht vorhanden (vergl, speciellen Teil). 2. In der Blüteuregion wird der Vegetationspunkt von den zuletzt entstandenen Blattorganen oft ganz aufgebraucht, es findet also eine terminale Ausgliederung statt. Das- selbe ist der Fall bei den Antheridien und Archegonien vieler Moose etc. 3. Bei Sprolsachsen begrenzten Wachstums und Blattaulagen richtet sich die Reihenfolge des Auftretens der Organanlagen darnach, welcher Teil des Vegetationspunktes am längsten den em])ryoualen Charakter behält. Ist dies der basale Teil, so kann die Reihenfolge der Entwick- lung nach unten hin fortschreiten (vgl. Fig. 18) oder wie bei manchen Blättern die Anlegung der Seiteublätt- chen, bei Placeuten die der Samen- anlagen von der Mitte aus nach zwei Seiten. Einschaltung neuer Organ- anlagen zwischen schon vorhandene findet bei höheren Pflanzen nur in der Blütenregion statt. 4. Die Vegetatiouspunkte wirken als Anziehungscentren für Baustoffe, je nach ihrer Lage stärker oder schwächer. Wird z. B. der Vege- tationspunkt eines Farnprothalliums verletzt oder weggeschnitten, so bilden sich zahlreiche „Adventivsprosse" an dem Prothallium, die, so lange der Vegetationspunkt in Thätigkeit war, nicht auftreten konnten (vergl. Fig. 20). Bei einer PHanze mit zahlreichen Vegetationspunkten entsteht so vielfach eine Art Wettbewerb der Vegetatiouspunkte, ein Verhalten, das bei den „Correlationen" zu besprechen sein wird. Die Organbildung an den Vegetationspunkten ist das normale Verhältnis. Die ausgewachsenen Zellen sind einer weiteren Entwicklung, nachdem sie einmal als Bausteine bestimmter Ausbildung dem PÜanzen- körper eingefügt sind, bei ungestörter Vegetation nicht fähig. Sie haben aber die Möglichkeit einer anderweitigen Entwicklung sehr vielfach Fig. 18. Vallisneria (Lagarosiphon) altenii- folia, Längsschnitt einer Inflorescenz ; die Blüten werden in absteigender Reihenfolge angelegt. ^) Vgl. d|is betr. Kapitel in meiner vergl. Entwicklungsgeschichte S. 177—200. 36 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. noch nicht verloren, sie bleibt nur gewöhnlich in latentem Zustand vor- handen und tritt nur dann hervor, wenn die gegenseitige Beeinflussung der Zellen aufgehoben wird. Dies ist der Fall bei den Erscheinungen, die man als Regeneration zusammenfassen kann. Ich vermeide dabei absichtlich den Ausdruck „Adventivbildungen", weil unter demselben sehr verschiedenartige Dinge verstanden werden. Wenn z. B. die Knospen, welche auf den Blättern mancher Farne (Asplenium bulbiferum und vieler anderer, ferner unter den Phanerogamen bei Bryophyllum calycinum) entstehen, ebenso wie die auf einem alten, abgeschnittenen Begoniablatte gebildeten als „adventive" bezeichnet werden, so ist dies eine unzweckmäfsige Nomenklatur. Denn im ersteren Falle entstehen die Sprosse schon in frühester Jugend des Blattes, so lange das Gewebe desselben noch ganz embryonale Beschaffenheit hat, sie stehen an be- stimmten Orten und gehören durchaus in den normalen Entwicklungs- gang der Pflanze. Die Bezeichnung dieser blattbürtigen Sprosse als adventive besagt nur, dafs sie bei den Blättern der meisten andern Pflanzen sich nicht finden. Im zweiten Falle werden die Knospen dagegen aus Zellen gebildet, die schon in den Dauerzustand übergegangen, denen schon bestimmte Eigenschaften aufgeprägt waren; nur die letztgenannten Gebilde kann man im strengeren Sinne des Wortes als „hinzuge- kommene", als adventive bezeichnen; bei den betreffenden Farnen aber gehört die Sprofsbildung auf den Blättern in den Kreis der normalen Organbildung, ebenso z. B. bei den Wurzeln der Podostemaceen, w^elche Sprosse in progressiver Reihenfolge ganz regelmäfsig hervorbringen. Wenn wir die an abgetrennten Pflanzenteilen oder verletzten Pflanzen auftretende Keubildung von Organen als Regeneration be- zeichnen, so bleiben hier die in der Anatomie zu behandelnden Erschei- nungen der Callusbildung, Wundheilung u. s. w. aufser Betracht. Auf die auch bei der Regeneration vielfach beteiligten Correlationsverhält- nisse wird im 5. Abschnitt näher eingegangen werden. I. Regeneration des Vegetationspunktes. Am leichtesten tritt offenbar die Regeneration von embryonalem Gewebe ein, wobei von Interesse ist, dafs sich dabei solche Teile des Vegetatiouspunktes bethätigeu können, die bei höheren Pflanzen ihrer Lage nach schon im Begriff' waren, sich zu bestimmten Gewebesystemen auszubilden. Nachdem Ciesielski zuerst beobachtet hatte, dafs an Wurzeln, deren Spitze abgeschnitten war, nach einigen Tagen eine neue Wurzelspitze auftritt, hat Prantl ^) den Vorgang näher untersucht. Eine vollständige Neubildung der Wurzelspitze mit Beteiligung aller Gewebe- lagen findet dann statt, wenn der Schnitt etwa da geführt wird, wo die bogige Anordnung der Zellenreiheu des Wurzelvegetationspunktes in die gerade übergeht. Es bildet sich eine Wucherung, ein aus embryonalem Gewebe bestehender „Callus", in welchem dann später ein neuer Wurzel- vegetationspunkt an Stelle des alten auftritt, sodafs die neue Wurzel- spitze ganz wie eine normale aussieht. Gelegentlich werden statt eines Scheitels auch zwei angelegt; es wäre von Interesse, wenn festgestellt werden könnte, unter welchen Bedingungen dies erfolgt. Wird der Schnitt weiter entfernt von der Wurzelspitze geführt, so tritt nicht ^) Untersuchungen über die Regeneration des Vegetationspunktes an Angiospermen- wurzeln. (Arbeiten a. d. botan. Institut in Würzburg, herausgeg. von Sachs I. Bd.) § 4. Normale Orgaubildung am Vegetationspuukt und Kegeneration. 37 Ersatz der verloreneD Spitze, sondern Anlage einer oder mehrerer Wurzeln ein, hervorgegangen aus einer Gewebewucheruug, welche der Leitbündelanlage entstammt. Bei noch entfernterem Schnitt zeigt sich überhaupt keine Neubildung mehr, was meiner Ansicht nach auch damit im Zusammenhang stehen dürfte, dafs an solchen Stellen schon die Anlagen von Nebenwurzeln vorhanden sind, von denen nun eine die Fortsetzung der Hauptwurzel übernimmt und die „Regeneration" au derselben unterdrückt. Wenn der neue Wurzelvegetationspunktjan Stelle des alten die Wurzel fortsetzt, so mufs er dies offenbar unter Ein- wirkung des stehengebliebenen Teiles gethan haben. — Auch wenn die Wurz(?ln längs gespalten werden, regenerieren sich die Hälften, falls ihnen einen Teil der Scheitelregion zugefallen ist^). Ganz ebenso verhalten sich z. B. Farnprothallien. Eine Regene- ration des Vegetationspunktes erhält man, wenn man ein Polypodiaceen- prothallium (von Herzform) der Länge nach spaltet, also einen Lappen entfernt, es bildet sich dann aus dem ergänzten Vegetationspunkt ein neuer Lappen aus, das Prothallium gewinnt in seinem vorderen Teile seine ursprüngliche Form wieder, während die älteren entfernten Teile nie mehr nachwachsen. Dafs derartige abgetrennte Teile nicht mehr nachwachsen, im Gegensatz zu dem Verhalten vieler, namentlich niederer, Tiere hängt offenbar mit dem Vorhandensein der Vegetationspunkte bei den PHanzen zusammen. Da an diesen neue Organe ohnedies ent- stehen, so hätte z. B. die Ergänzung eines abgeschnittenen Blattteils keinen Nutzen, während bei Tieren, die keinen Vegetationspunkt be- sitzen, der Verlust eines Organs ein dauernder Nachteil ist, falls nicht das entfernte Organ regeneriert werden kann. II. Neubildung von Organen. Diesen Fällen sehliefsen sich die unmittelbar an, in denen nicht, wie in den eben angeführten, eine Wiederherstellung des Verlorenen, sondern ein Ersatz durch neugebildete Teile eintritt, der Verlust wirkt off'enliar als Reiz. Ein Beispiel wurde schon oben für die Wurzeln angeführt, bei denen der Schnitt zu viel von der Wurzelspitze entfernte, als dafs Regeneration des Vegetationspunktes hätte eintreten können; es bilden sich dann an der Schnittfläche Ersatzwurzeln aus, E])euso ist es bei Erbsen-Keimpflanzen^), denen Wurzel und hypokotyles Glied unter- halb der Ansatzstelle der Kotyledonen abgeschnitten wurden ; es bildet sich dann ein Callus, aus dem Wurzeln bald in Einzahl, bald in Mehr- zahl entstehen, wobei nicht selten Mifsbildungen durch „Verwachsung" von zwei oder mehr Wurzeln entstehen. Wenn der Sprofs einer der- artigen Keimpflanze abgeschnitten wird, so bildet sich an der Wundfläche in manchen Fällen nur ein Callus, in anderen entstehen aus demselben auch 1 — 2 Sprosse, und dasselbe hat man vielfach an abgeschnittenen Stämmen von Buchen, Pappeln u. s. w. zu beobachten Gelegenheit, liei denen aus dem Cambium ein Callus entsteht, aus dem eine ganze Anzahl von Sprossen hervorgehen. Bei der Ergänzung abgeschnittener Pflanzenteile zu ganzen Pflanzen macht sich vielfach die Erscheinung geltend, die man als „Polarität" ^) Betreffs der anatomischen Verhältnisse vgl. Lopriore, Über die Regeneration gespaltener Wurzeln. Nova acta Acad. Leop. Carol. Bd. LXVI No. 5. 2) VöCHTiNG, Organbildung im Pflanzenreich II S. 19. 3"g Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. bezeichnet hat^), eine Erscheinung, die natürlich schon au der unverletzten Pflanze vorhanden war und bei der Regeneration nur handgreiflicher hervortritt. Es kann auf diese Erscheinungen hier nur kurz hingewiesen werden. An einem abgeschnittenen Sprofsstück entwickeln sich Wurzel- anlagen vor allem am Wurzelpol (demjenigen Teile, welcher dem Vege- tationspunkt des Sprofsstückes am fernsten liegt), Sprosse treiben am Sprofspol aus. Wurzeln verhalten sich, soweit sie überhaupt zur Re- generation befähigt sind, umgekehrt 2), und Blätter zeigen keine Polarität: Die Neubildungen entstehen hier an der Blattbasis, bei manchen nur Wurzeln, bei andern auch Sprofsanlagen, werden doch nicht wenige Pflanzen, wie z. B. die Begonien, durch Blatt„stecklinge" vermehrt. Diese Thatsachen lassen sich am leichtesten unter einen allgemeinen Gesichtspunkt bringen, wenn wir mit Sachs annehmen, dafs die Stoffe, welche zur Bildung der verschiedenen Organe Verwendung finden, verschieden sind. Im normalen Pflanzenleben würden dann sprofsbildende Stoffe den Sprofsvegetationspunkten zufliefsen, wurzel- bildende dem Wurzelsystem, und demzufolge müssen bei einer Unter- brechung der Strombahnen dann Wurzeln am Wurzelpol, Sprosse am Sprofspol auftreten, während bei den Blättern die Strömungsrichtung der Bildungsstoffe immer nur nach der Sprofsachse zugeht, und dem- gemäfs die Neubildungen an der Basis auftreten. Die Gärtner pflegen bei den auf feuchten Sand gelegten abgeschnittenen Begoniablättern die dickeren Blattrippen zu durchschneiden; es tritt dann oberhalb jedes Einschnittes eine Knospe auf. Der Einflufs von Schwerkraft und Licht auf die Regenerationserscheinungen wird im 5. Abschnitt zu besprechen sein. Hier sei zunächst noch ein Fall angeführt, der in besonders lehr- reicher Weise eine Bestätigung der Anschauung ist, dafs der Ort der Neubildungen bei der Regeneration bestimmt wird zunächst durch die Richtung, in welcher in der unverletzten Pflanze die Wanderung der Baustoffe stattgefunden hat. Manche monokotyle Pflanzen setzen nie oder doch nur sehr selten Samen an, weil die unter dem Boden liegenden vegetativen Fortpttanzungs- organe (Zwiebeln etc.) eine stärkere Anziehung auf die Baustoffe aus- üben, als die befruchteten Samenanlagen (vgl. Abschnitt 5). So ist es z. B. bei Lilium candidum, Lachenalia u. a. An abgeschnittenen Blüten- schäften von Lachenalia luteola ^) bilden sich nahe der Basis zahlreiche Bulbillen aus, weil die Stoffwanderung nach der Basis ging. Bei Hya- cinthus Orientalis dagegen entstehen an abgeschnittenen Blüteuschäften Bulbillen an der Spitze, hier reifen die Samen nämlich normal, zu den befruchteten Samenanlagen findet Stoff Wanderung statt. Auf diese, nicht auf das begrenzte oder unbegrenzte Wachstum (wie Vöchting angenommen hatte), kommt es also an. Auf dem eben kurz angedeuteten Verhalten beruht auch die Mög- lichkeit, Pflanzen durch Stecklinge künstlich zu vermehren. Die einzelnen Arten verhalten sich hierin verschieden, manche sind nicht im stände, ^) Vgl. Vöchting, Über Organbildung im Pflanzenreich Bd. I u. II; Sachs, Stoff und Form der Pflanzenorgane. Ges. Abhandl. 2. Teil. 2) Ausnahmen von diesem Verhalten sind sicher vorhanden. Eine, die Knollen von Tladiantha dubia betreffend, wird unten zu erwähnen sein (in Abschnitt V, Schwerkraft- wirkung). ^) H. LixDKMUTH, Über Bildung von iJulbillen am Blütenschafte von Lachenalia luteola Jacq. und Hyacinthus orientalis L. Ber. d. D. bot. Ges. 14. Bd. S. 247. § 4. Normale Organbildung am Vegetationspunkt uncl Kegeueratiou. 39 an abgeschnittenen Zweigen neue Wurzeln zu erzeugen, und seihst ein und dieselbe PHauze kann sich in verschiedenen Altersstadieu verschieden verhalten. Die Jugeudformen der Cupressiueen z. B. bewurzeln sieh leicht, die Zweige der älteren PHanzen schwer. In anderen Fällen — bei abgeschnittenen Blättern ^) mancher Pflanzen — tritt dagegen zwar Wurzelbildung, aber keine Sprofsbildung ein. Wurzelbildung konnte ich auch an abgeschnittenen Blütenständen von Klugia Notoniana und anderen Gesneraceen erzielen, welche keinerlei vegetativen Organe besitzen (nur einige schmale Hochblätter); eine Weiterentwicklung derselben trat bis jetzt nicht ein. Das Reproduktionsvermögen der verschiedenen Organe ist bei einigen Gruppen ein sehr geringes. Bei den Farnen z. B. ist kein Fall bekannt, dals aus abgetrennten Blättern neue Pflanzen sich gebildet hätten (abgesehen von den „Stipulae" der Marattiaceen und den aposporen Farnen und andern abnormen Fällen), obwohl hier vielfach schon in den nicht abgetrennten Blättern Sprosse auftreten. Bei den Lycopodien ist nur Itei den ersten Blättern der Keimpflanzen von L. inundatum das Auftreten von Adventivsprossen beobachtet, die späteren scheinen dazu nicht befähigt zu sein. Ebenso verschieden ist das Verhalten der Wurzeln bei den Gefäfs- kryptogamen. Bei einigen derselben tritt Sprofsliildung schon an der unverletzten Wurzel auf (vgl, den speciellen Teil), und solche Wurzeln sind, auch wenn sie abgetrennt werden, besonders zur Regeneration ge- eignet. Interessant ist das Verhalten von Ophioglossum ^). An der un- verletzten Pflanze tritt an den Wurzeln, und zwar sehr nahe der Spitze, öfter Sprofsbildung auf, aber doch immer nur bei sehr wenigen Wurzeln einer Pflanze. Dagegen erhält mau Sprofsbildung reichlicher, wenn man den Gipfel der Pflanze zerstört^), namentlich aber auch aus jeder einige cm langen abgeschnittenen Wurzelspitze, wobei also die Sprofsbildung nicht am Sprofspol, sondern am Wurzelpol selbst stattfindet, wo normal offenbar „sprofsbildende Substanz" entsteht, die aber an der unverletzten Pflanze dem Sprosse selbst zufliefst. Auch jedes andere Wurzelstück ist übrigens zur Regeneration geeignet. Das Verhalten abgeschnittener Blätter ist bei der Regeneration be- sonders lehrreich, weil wir sehen, dafs es nicht unter allen Umständen dasselbe ist. Sachs hat hierauf für Begonia zuerst aufmerksam ge- macht*). Wenn man Blätter von blühreifen Pflanzen nimmt, so bilden die an ihnen entstandenen Adventivsprosse sehr bald schon Blüten (vgl. Fig. 19). während diese, wenn Blätter noch nicht blühreifer Pflanzen benutzt werden, erst viel später entstehen. Ich habe diesen Versuch mit Achimenes wiederholt mit demselben Erfolg. Wenn man Blätter aus der Blütenregion nimmt, so entstehen Adventivsprosse, die früher zur Blütenbildung übergehen als die an Blättern aus der basalen Region der Pflanze entstandenen. Die ersteren bildeten meist nur 1 — 2 Blatt- paare, die keine Blüten in der Achsel haben, die andern stets eine ^) Manche Pflanzen bilden auch ohne äufsere Eingriffe „Blattstecklinge". So ent- stehen Adventivsprosse an der Basis der abgefallenen Fiederblätter der Aroideengattung Zamioculcas und an den abgelösten unteren Blättern von Nasturtium lacustre. 2) PoiKAULT, Recherches anatomiques sur les cryptogames vasculaires. Ann, d. scienc. nat. botan. ser. VII t. XVIII p. 148 fl^. ^) Ähnliche Correlationsverhältnisse sind offenbar auch sonst vorhanden, so z. B. bei Populus tremula; wenn ein Baum gefällt wird, bilden sich zahlreiche „Adventivsprosse" auf den Wurzeln aus. ■*) Sachs, Physiologische Notizen I. Flora 1893. 40 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. gröfsere Zahl. Sachs schlofs aus seinen Versuchen, dafs die bltiten- bildenden Stoffe in den Blättern blühreifer Pflanzen schon enthalten waren. Man könnte auch sagen, dafs die Blätter blühreifer Pflanzen überhaupt ärmer an Baumaterial sein werden, dafs die von ihnen ge- bildeten Adventivsprosse demzufolge von vornherein „geschwächt" seien, und dafs erfahrungsgemäfs Blütenbildung durch Schwächung des vege- tativen Wachstums begünstigt wird. Ungemein grofs ist das Reproduktionsvermögen bei den Moosen; man kann wohl sagen, dafs bei Laub- und Lebermoosen fast jede Zelle des Vegetationskörpers und teilweise auch der Sporogonien, die überhaupt noch entwicklungsfähig ist, eine neue Pflanze ergeben kann. Dabei findet sich, dafs bei der Regeneration der Laubmoose stets nicht direkt eine neue Pflanze, sondern das auch bei der Sporeukeimung auftretende Jugendstadium auftritt, also Protonema sich bildet, an dem die Pflanzen dann entstehen \), Bei den Lebermoosen ist dies meist nicht der Fall. Auch bei den Formen, die bei der Sporeukeimung zunächst einen Keim- schlauch bilden, entsteht auf abgeschnittenen Blättern u. s. w. meist zuerst ein Zellkörper und au diesem dann die Anlage einer neuen Pflanze^). Diese Verschiedenheit bedarf noch einer genaueren experi- mentellen Prüfung; ich glaube, dafs es möglich ist, die Blätter so zu be- einflussen, dafs bei der Regeneration dieselben Erscheinungen wie bei der Sporenkeimung auftreten. Von Einzelheiten der Reproduktionserscheinungen bei Moosen möchte ich hier nur weniges anführen. Bei den Blättern der Lebermoose läfst sich eine Bevorzugung der Basis beim Auftreten der Adventivsprosse nicht beobachten. Die Adventivsprosse entstehen auf den abgeschnittenen Blättern oft in grofser Zahl. Die Verschiedenheit der Lebermoosblätter (betreffs des Ortes der Neubildungen) von denen der höheren Pflanzen (bei welchen die Neubildungen an der Basis auftreten) möchte ich darauf zurückführen, dafs in den nur aus einer Zellschicht bestehenden Leber- moosblättern beim Abschneiden Baustoffe, die, der Sprofsachse zufliefsend , beim abgeschnittenen Blatte dann au der Basis sich anhäufen, in so ge- ringer Menge vorhanden sind, dafs sie zur Bildung von Adventivsprossen nicht ausreichen. Diese Stoffe müssen erst durch die Assimilations- thätigkeit des abgeschnittenen Blattes gebildet werden, und so unter- bleibt denn auch die Regeneration im Dunkeln und in kohlensäurefreier Luft, weil in beiden Fällen eine Assimilation nicht möglich ist. Ein Grund zur Bevorzugung der Blattbasis fällt bei diesen erst im abge- schnittenen Blatt entstandenen Stoffen weg, während bei einem inhalts- reicheren, mit Mittelnerven u. s. w. versehenen Moosblatt ähnliche Ver- hältnisse wie bei phanerogamen Blättern eintreten können. Unter den thallosen Formen ist das Verhalten von Marchantia be- sonders eingehend untersucht ^). Bei einem durch Querschnitte aus dem Thallus herausgeschnittenen Stück bilden sich Adventivsprosse nur an der Spitze (dem dem Vegetationspunkte der unverletzten Pflanze zuge- kehrten Teile). Selbst kleine Fragmente des Thallus sind der Regenera- ') So entsteht denn auch z. B. bei Sphagnum aus abgeschnittenen Sprofsstücken ein Protonemafaden, der bald in das für diese Gattung charakteristische Flächenprotonema über- geht; aus abgeschnittenen Sphagnuniblättern habe ich Regeneration bis jetzt nicht erhalten. 2) Vgl. ScHOSTÄKowiTSCH , Über Regeneration und Reproduktion bei Lebermoosen. Flora 179. Bd. (Ergänzungsbd. z. Jahrg. 1894). Goebel, Über Jugendformen von Pflanzen etc. Sitz.-Ber. der Kgl. Bayer. Akademie, math. physik. Klasse 1896. ^) VöCHTiNG, Über die Regeneration der Marchantien. Pringsh. .Jahrb. § 4. Normale Organbildung am Vegetationspunkt und Regeneration. 41 tion noch fähig. Mit steigendem Alter nimmt aber der Gegensatz von Spitze und Basis ab. Wenn man ganz alte Thallusstücke zur Regeneration benützt, so kommen auch an der Basis gelegentlich Adventivsprosse zum Vorschein. Die von der LaubÜäche getrennten Stiele der Intlorescenzeu liefsen dagegen adventive Sprosse an der Basis entstehen, ebenso die Wände der Brutknospeubecher. Vöchting führt dies auf das begrenzte resp. unbegrenzte Wachstum der betreifenden Organe zurück, was ich für ein durchaus äufserliches Moment halte (auf seine theoretischen Vorstellungen einzugehen, halte ich für überflüssig), es kommt vielmehr auf die Richtung der Stoffbewegung einerseits, den Wund- ^^ rs.- \/- Fig. 19. Achimenes Haageana (Gartenbastard). Ein Blatt einer blühreifen Pflanze wurde als Blattsteckling verwendet. An dem basalen Ende des abgeschnittenen Blattstiels hat sich ein Adventivsprofs entwickelt, der sofort zur Blütenbildung geschritten ist. reiz andererseits an. Gerade die Leber moosblätter zeigen nach dem Obigen ein lehrreiches Verhalten. Dafs an dem InHorescenzstiel von Marchantia die Adventivsprosse an der Basis auftreten, mag damit zusammenhängen, dafs er sich an der Basis am längsten streckt, und demzufolge hierher auch von oben Baustoffe strömen. Übrigens tritt die Polarität bei anderen thallosen Lebermoosen nicht oder nicht in dem- selben Mafse wie bei Marchantia hervor. (Vgl. Schostakowitsch a. a. 0.) Namentlich aber spricht für die hier entwickelte Anschauung auch die Thatsache, dafs bei alten Thallusstücken von Marchantia die Polarität verwischt wird. Die anziehende Wirkung der Vegetatiouspunkte ist näm- lich vielfach eine begrenzte, sie kann sich nur auf eine gewisse Strecke 42 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Ptlanzenkörpers. Gröfse). An dem rechts liegenden haben sich an der Basis zahlreiche „Ad- ventivsprosse" gebildet. ausdehnen. Bei jungen Prothallien von Osmunda finden sich keine Adventivsprosse. Alte, Linggewordene bilden solche an ihrer Basis, die von dem Vegetationspunkt nicht mehr beeinflufst wird. Aus den hinteren, alten Teilen eines Marchantiathallus wird also eine Stoffbeweguug nach dem Vegetationspunkt hin nicht oder doch nur in untergeordnetem Mafse eintreten , was zum Verhalten bei der .jg, « «r Regeneration stimmt. JM t> ^^^ ■ • ^^^ Pilzen sind namentlich durch Brefeld ^) ?f«, T iW / eine Anzahl hierher gehöriger Vorgänge bekannt geworden. Aus einer Zygospore von Mucor Mucedo keimt gewöhnlich nur e i n Keimschlauch , der bei der Keimung an der Luft mit einem Sporangium endigt. Wird dieser Schlauch in seiner Entwicklung vor der Sporenentwicklung gestört, so entwickelt sich Fig. 20. Prothallien von aus der Zygospore ein zweiter, und wenn man ihn Osmunda regaiis (natüri. in Wasser Untertaucht, ein dritter, wobei natürlich durch den Substanzverlust immer kleinere Sporan- gien gebildet werden. Ebenso können die normal unverzweigten Fruchtträger durch Störung zur Verzweigung veranlafst werden. So wenn die in Streckung befindlichen Fruchtträger mit einer Glasscheibe bedeckt werden, durch parasitische Pilze und andere das Wachstum ungünstig be- einflussende Faktoren. Die Sklerotien von Coprinus stercorarius haben eine aus festem, dichtem Gewebe bestehende schwarze Rinde. Schält mau diese ab, so bildet sich eine neue, und der Vorgang lälst sich bei gröfseren Sklerotien oft wiederholen, er erinnert an die Bildung des Wundkorkes bei höheren Pflanzen. Aus den Sklerotien entwickeln sich eine gröfsere Anzahl von Fruchtkörpern („Hüten"), von denen aber bald einer die andern unter- drückt, wenn man sie alle entfernt, entstehen neue. Schneidet man den Hut eines Fruchtkörpers ab, so sprofst aus der Schnittfläche nicht etwa ein neuer Hut hervor, sondern es wachsen Hyphen hervor, die so- fort zur Bildung eines Fruchtkörpers übergehen. Aus abgeschnittenen Stücken von Fruchtkörpern wächst Mycel aus, wenn sie in Nährlösung gebracht werden, selbst schon angelegte Basidien können wieder zu Mycelfäden auswachsen. Aus dem Angeführten geht hervor, dafs die Pilze sich im wesentlichen betreifs der Regeneration ähnlich verhalten, wie die höheren Pflanzen ; entfernte Teile werden nur aus „embryo- nalen" Pilzteilen ergänzt (zu diesen gehören Sporen, Sklerotien etc., Gebilde, in denen der Inhalt wesentlich aus „Keimplasma" besteht), ältere, schon differenzierte Teile kehren wie bei den höheren Pflanzen erst wieder auf das „embryonale" Stadium zurück, indem sie zu Hyphen auswachsen, von denen aus dann erst eine weitere Organbildung ein- treten kann. Ebensowenig wie eine abgeschnittene Blüte oder ein Blatt- stück wird aber ein abgeschnittener Hut eines Pilzfruchtkörpers oder ein Mucorsporangium direkt regeneriert, immer wird erst wieder ein vegetatives Hyphenstadium eingeschaltet. Dass die Bildung neuer Fruchtkörper nach Entfernung des „Hutes" eines Fruchtkörpers rascher vor sich geht, als unter anderen Umständen, erinnert an die für Begonia ') Bekfpxd, Untersuchungen aus dem Gesaratgebiete der Mykologie. § 5. Verwachsungen und Verkümmerungen. 43 und Achimenes angeführte Erscheinung und zeigt, dafs es bei der Regeneration auch ankommt auf die „Disposition", die dem betreffenden Ptlanzenteile aufgeprägt worden ist. Zu derartigen Erwägungen führt auch das Verhalten der ab- geschnittenen Blätter von Moosen. Während Blätter nicht frukti- tizierender Pflanzen leicht und rasch neue Pflanzen produzieren (und zwar entstehen diese aus dem aus den Blättern gebildeten Protonema rascher als au dem aus der Sporenkeimung entstandenen), geschieht dies nach meinen Erfahrungen bei fruktifizierendeu Pflanzen nicht oder nur nach längerer Zeit, offenbar weil alle vom Blatte gebildeten Bau- stoffe dem Sporogon zugeflossen sind, und vielleicht auch der Plasma- körper der Zellen schon eine , zunächst noch nicht wahrnehmbare Ver- änderung erfahren hat. Die von der Pflanze abgetrennten, zu Stecklingen verwendeten Sprosse behalten im allgemeinen die Eigenschaften bei, die sie besafsen. Wenn man nun bedenkt, dafs bei einer Tanne oder Fichte ein plagio- troper dorsiventraler Seitensprofs nach Entfernung des Hauptsprosses sich aufrichten, und dabei radiär werden kann, so sollte man erwarten, ein solcher aus dem Sprofssystem losgelöster, vertikal eingepflanzter und bewurzelter Seitensprofs müsse sich ebenso verhalten. Dabei ist aber zu beachten, dafs beim Steckling ganz andere Ernährungsverhältnisse ob- walten, als bei dem Seitensprofs, dessen Hauptsprofs entfernt ist. Diesem steht das ganze Wurzelsystem der Pflanze zur Verfügung, und alle in derselben vorhandenen Nährmaterialien, er wird zum Hauptsprofs durch kräftigere Ernährung. Die Bewurzeluug der Stecklinge von Coniferen z. B. ist aber meist eine relativ schwache und demgemäfs auch die Ernährung. Diese kann die dem Zweige einmal aufgedrängte Eigentümlichkeit (Dis- position) nicht überwinden. Damit wird es wohl zusammenhängen, dafs Aststecklinge von Tannen nur schwer Hauptachsen bilden. Ich habe die blattähnlichen, zweizeilig beblätterten Äste von Phyllanthus lathy- roides als Stecklinge zum Älehrfachen der Länge, die sie an der Pflanze erreichen, heranwachsen sehen ; sie wurden nicht radiär, während an der Basis der Stecklinge sich radiäre Sprosse entwickelten. § 5. Verwachsungen und Verkümmerungen. Die Untersuchung der Organbildung am Vegetationspunkt genügt häufig nicht zur Erkennung der Homologien, diese sind vielfach verdeckt durch Vorgänge, die nur auf dem Wege des Vergleiches mit anderen Formen erschlossen werden können. Nehmen wir z. B. an, die Blütenorgane, die in Fig. 21 A abgebildet sindi), gehörten einer ganz isoliert stehenden Monokotyle an, deren Staubblätter nur in dieser Zahl und Anordnung vorkommen. Jeder würde sagen: Hier liegt eine axilläre männliche Blüte vor. mit nur einem Perigonblatt. In Wirklichkeit aber sind es drei männliche Blüten, deren jede auf ein einziges Staubblatt reduziert ist, das Blatt ist kein Perigon- blatt, sondern das aus zwei Blättern verwachsene Vorblatt der ersten M Vgl. GoF.BKL, über den Bau der Ährclien und Blüten einiger javanischer Cyperaceen. Ann. du jardin bot. de Buitenzorg vol. VII. 44 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Fig. 21. Scirpodendron costatum. Links Querschnitt eines dreiblütigen Ährchens, rechts Schema. / Primanblüte, II und III Achselblüten in der Achsel der beiden Vor- blätter « und ß. ^Inflorescenzachse an der die Blüte I als Achselspross entsteht. Blüte ; in deu Achseln dieser Blätter stehen dann zwei weitere, die auch aus je einem Staubblatt bestehen. Wir sehen uns hier also veranlafst, die Blütenbildung als eine durch Verkümmerung (von dem ganzen Perigon, ferner von 5 Staubblättern und dem Gynäceuni der„typischen" Cyperaceenblüte) und Verwachsung (der beiden Vorblätter) zu stände ge- kommene zu betrachten. Der Morphologe , wel- cher die Homologieen zu ergründen versucht, kon- struiert sich dazu un- willkürlich einen Aus- gangspunkt, der entweder mit einer lebenden Form übereinstimmt, oder ein lediglich durch Abstrak- tion gewonnener Typus sein kann. Alle Ange- hörigen einer Reihe stellen sich dann dar als Abänderungen dieses „Typus". Die Abänderungen erfolgen meist dadurch, dafs eine Ver- kümmerung, eine Verwachsung oder eine Umbildung eingetreten ist, und diese Veränderungen stehen oft in deutlichster Beziehung zur Aufsenwelt, oder sie sind bedingt durch innere Beziehungen der Organe untereinander. Zur Erkennung der Veränderungen , welche in der Organbilduug stattgefunden haben, stehen der Organographie drei Wege oifen : der Vergleich mit verwandten Formen, die Entwicklungsgeschichte und das Experiment. Auf die Bedeutung der experimentellen Organo- graphie wurde oben an einigen Beispielen bei Besprechung der Meta- morphosenlehre schon hingewiesen. Sie ist einer der jüngsten Zweige der Organlehre, dem man eine bedeutende Zukunft voraussagen darf, und wir werden deshalb später in einem besonderen Kapitel die bis jetzt er- reichten Resultate mitzuteilen haben. Selbstverständlich geht die ex- perimentelle Organographie über in die Physiologie, es wurde aber oben kurz zu zeigen versucht, dafs eine Trennung von Morphologie und Physiologie lediglich eine formale sein kann, und hier verstehen wir unter Organographie ganz im allgemeinen diejenige Forschungsrichtung, welche sich mit der Organbildung der Pflanzen befafst, gleichgiltig, welcher Methoden sie sich dabei bedient. Die Begriffe Verwachsung und Verkümmerung hat man teilweise in verschiedenem Sinne angewendet, und es wird nicht überflüssig sein, sie hier etwas eingehender zu untersuchen. Einzelbeispiele w^erden sich im Verlaufe der speciellen Darstellung ergeben. Verwachsung. Der Ausdruck Verwachsung wird teils im wörtlichen, teils im ver- gleichenden Sinne gebraucht, d. h. man verstand darunter sowohl die Thatsache, dafs ursprünglich getrennte Organe sich mit ihren freien Teilen vereinigen, als die, dafs man vielfach Organe, die bei gewissen Pflanzen frei, selbständig sind, bei anderen miteinander vereinigt findet, ohne dafs diese Vereinigung durch eine im Verlaufe der Entwicklung eintretende Verwachsung erfolgen würde. Eines der bekanntesten Bei- § 5. Verwachsungen und Verkümmerungen. 45 spiele bietet die Blumenkrone der Sympetalen, die gewölinlich als verwachsenblätterig bezeichnet wird. In Wirklichkeit liegt die Sache so, dafs eine Anzahl freier Blattaula gen gebildet, aber bald auf gemein- samer ringförmiger Basis emporgehoben werden. Man kann diesen Ring- wall betrachteu als zu stände gekommen aus den Basalteilen der be- ireffenden Blattaulagen, die aber von Anfang an oder „kongenital" miteinander vereinigt sind. Darauf wird indes bei Besprechung der Blütenbildung zurückzukommen sein, zunächst seien für das Eintreten wirklicher Verwachsung Beispiele angeführt. Dabei ist zu bemerken, dafs von der Verwachsung im fertigen Zustand um so weniger zu be- merken ist, je früher sie erfolgt. Die Scheidewand des Fruchtknotens der Cruciferen z. B. ist aus zwei miteinander verwachsenen Stücken zusammengesetzt, die Verschmelzung der Zellen geschieht aber so früh- zeitig, dafs dieselbe im fertigen Zustand nicht mehr bemerkliar ist, ähnlich ist es bei manchen Fruchtblättern, bei der Blumenkrone von Ceropegia etc. Eine zeitweilige oder dauernde Verwachsung durch Naht- verbindungen tritt zwischen den Blättern der Blütenhülle, in manchen Fällen bei bestimmter („klappiger") Knospenlage ein ^). Entweder wachsen die einander berührenden Epidermiszellen benachbarter Blätter zahnartig zwischeneinander ein, dann können wir von einer „Zellen- naht" sprechen, oder die Verzahnung erfolgt nur durch Cuticularrippen und -zapfen, Cuticularnaht. In diesen Fällen erfolgte also im Gegensatz zu den oben erwähnten die Verwachsung erst nach Ausbildung der Cuticula. Indes kann dieselbe auch nach der Verwachsung in manchen Fällen teilweise resorbiert werden (Staminaltubus von Lobelia nach Reiche a. a. 0.). Die hier angeführten Fälle sind zwar biologisch von Interesse, treten aber an Wichtigkeit durchaus zurück gegenüber der kongeni- talen Verwachsung, wobei es sich, wie schon oben erwähnt, um ganz andere Vorgänge handelt. Fig. 22. Schema für die freie Ausbildung (//), teilweise (///) oder vollständige (IV). Verwachsung dreier nebeneinander entstehender (/) Haare. Nehmen wir einen einfachen Fall an (Fig. 22). Drei benachbarte Ober- liächenzellen (1, 2, 3 Fig. 22 /) sollen in Haaren auswachsen , die jedes für sich sich entwickeln (Fig. 22 II). Bei einer verwandten Pflanze aber wachsen die Zellen von vornherein als einheitlicher Zellkörper. Diesen kann man als aus einzelnen Zellen kongenital verwachsen bezeichnen, "was zunächst einen rein vergleichenden Sinn hat (d. h. nur ein anderer Ausdruck für die Thatsache ist, dafs die Zellen liei der ersten Pflanze nicht miteinander vereint wachsen) und eigentlich erst dann von Be- deutung wird, wenn sich wahrscheinlich machen lälst, dafs der kongenital ^) Vgl. Reiche, Über nachträgliche Verbindung frei angelegter Pflanzenorgane (Flora 1891 p. 435); Raciborski, Die Schutzvorrichtungen der Blütenknospen (Flora 81. Bd. 1895 p. 151 ff.). 46 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflauzenkörpers. verwachsene Körper phylogenetisch aus den freien Haaren hervorgegangen ist. Eine Stütze für diese Vorstellung würde es z. B. sein, wenn man eine Pflanze kennen würde, bei der die Haare, wie in Fig. 22 III, nur in ihrem unteren Teile (der schraffiert ist) zusammen- hängen. Dieses Verhalten kann dann auf doppelte Weise erreicht werden. Entweder wachsen die Haare zunächst frei aus und werden dann durch die Streckung ihrer zusammenhängenden Basalteile emporgehoben, oder es entsteht zunächst ein Zell- körper (der schraffierte, ähnlich wie bei Fig. 22 IV) und es wachsen dann erst die drei Zellen an der Spitze weiter, für beide Modalitäten finden wir bei Entstehung der Sympetalen Blumenkrone Beispiele. — Ein Vorgang, welcher der hier angenommenen Verwachsung von Haaren entspricht , findet sich in der That bei den Haarwurzeln mancher Flori- deen und einiger Lebermoose. Bei den meisten Arten beider Reihen sind einzelstehende Haar- wurzeln vorhanden, bei einigen Zellkörper, die wir als aus Haarwurzelbüschel „kongenital ver- wachsen" bezeichnen können (so bei Polyzonia jungermannoides unter den Florideen, betreffs der Lebermoose vgl. S. I p. 161 und Fig. 66). In allen Fällen, wo eine kongenitale Verwachsung aus ver- gleichenden Gründen angenommen wird, mufs eine entwicklungsgeschichtliche Prüfung ergeben , wie der Vorgang eigentlich ist. Beide Forschungs- methoden müssen sich gegenseitig ergänzen und berichtigen. Der unterständige Fruchtknoten z. B. wurde von der Entwicklungsgeschichte vielfach als von der becherförmig gewordenen Blütenachse ge- bildet betrachtet, die Fruchtblätter sollten nur zur Griffelbildung verwendet werden. Die vergleichende Betrachtung hatte dagegen zu dem Resultate ge- führt, dafs auch beim unterständigen Fruchtknoten die Fruchtblätter au der Bildung der Fruchtknoten- höhle beteiligt sein müfsten, und dafs aus ihnen die Samenanlagen entspringen, ohne dafs dadurch über den Vorgang selbst eine genauere Aufklärung gegeben wäre. Die genauere Verfolgung der Ent- wicklungsgeschichte zeigt nun in allen bis jetzt ge- in"üften Fällen, dafs beide Anschauungen in ge- wissem Sinne Recht haben, und dafs sie sich vereinigen lassen, wofür auf den speciellen Teil verwiesen sei. Hier möchte ich an der Hand der Figuren 23 u. 24 ein anderes Beispiel kurz erörtern. Die Blüten- kolben der Aroideen sind umhüllt von einem, als Spatha bezeichneten Hochblatt, welches unterhalb des Blütenkolbens entspringt. Bei Spathiphyllum platyspatha liegt nun der eigentümliche Fall vor, dafs der Blütenkolben ganz mit der Spatha ver- wächst, die Blüten entstehen nur auf dem freien, der „Verwachsungsstelle" gegenüberliegenden Teile des wenig hervortretenden Blütenkolbens. Ein Fig. 23. Spathiphyllum platyspatha. Inflorescenz etwas schief von oben gesehen; die Inflorescenz ist einseitig, der Spadix mit der Spatha „verwach- sen". Es sind zwei Reihen männlicher Blüten vor- handen , dazwischen die weiblichen. § 5. "Verwachsungen und Verkümmerungen. 47 Querschnitt durch den Blutenkolben (Fig. 24, III) erweckt den Anschein, als ob die Blüten aus der Oberseite der Spatha entsprängen, welche mit ihren eingeschlageneu Rändern den Blutenstand schützend umgiebt. Die Entwicklungsgeschichte zeigt nun, dais unterhalb der Spitze des Blüten- standes auch hier die Spatha ganz normal angelegt wird (Fig. 24, / und II), statt dais nun aber — wie gewöhnlich — der oberhalb der Ursprungsstelle der Spatlie gelegene Teil stark wächst und sich mit Blüten bedeckt, erfolgt hier ein anderer Vorgang: es entwickelt sich die Zone der InHorescenz, welcher die Spatha eingefügt ist, es ist dies Fig. 24. Spathiphyllum platyspatha. Entwicklung der Inflorescenz. I vind II junge In- florescenzen, an denen man die Anlage des Spatha sieht, die seitlich unterhalb des Vege- tationspunktes der Inflorescenz hervorsprofst. Das der Inflorescenz gegenüberstehende Blatt wird zu einem Niederblatt, in dessen Achsel sich ein Fortsetzungssprofs entwickelt. III Querschnitt durch eine junge Inflorescenz. IV Schematische Figur zur Erläuterung der „Verwachsung". der in der schematischen Fig. 24 IV schraffierte Teil. Dieser wächst heran, er besteht aufsen (in Fig. 24 IV, rechts) aus der Inflorescenzachse, innen aus der Basis der Spatha, und so, durch Vereintwachsen von Blatt- insertion und Sprofsachse kommt das sonderbare Gebilde zu stände, von dem wir ausgingen. Andere Spathiphyllumarten zeigen diese Ver- wachsung in viel geringerem Grade, nur an der Basis der Inflorescenz, mit welchen biologischen Beziehungen es zusammenhängen mag, dafs bei Sp. platyspatha der Entwicklungsgang in so eigentümlicher Weise abgeändert wurde, wissen wir nicht. Verkümmerung. Je reicher die Gliederung einer Pflanze ist, desto häufiger ist die Erscheinung, die wir als Verkümmerung bezeichnen können. Bei Thallophyten tritt sie demgemäls verhältnisniäfsig seltener auf, als bei höheren Pflanzen, und bei diesen häufiger in der Blütenregion, als in der vegetativen, entsprechend der höheren Gliederung der ersteren. Wir lassen dabei selbstverständlich alle die Fälle ausser Betracht, bei welchen ein Organ durch ungünstige äufsere Einflüsse in seiner Entwicklung gehemmt wird, hier handelt es sich nur um die durch innere Ursachen erfolgende Verkümmerung. Darüber lassen sich folgende allgemeinere Sätze aufstellen. 48 Erster Abschnitt, allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. 1. Art und Weise der Verkümmerung. Alle Verkümmerung erfolgt dadurch , dafs eine Organanlage ihren normalen Entwicklungsgang nicht vollständig durchläuft, sondern auf einem früheren oder späteren Stadium desselben stehen bleibt. In diesen Fällen ist die Organanlage entwicklungsgeschichtlich noch nachweisbar, in zahlreichen anderen aber unterbleibt auch die erste Anlegung, und die Verkümmerung kann dann nur noch durch den Vergleich mit anderen Formen erschlossen werden. Dafs zwischen Verkümmerung und Nichtanlegung („Abort und Ablast") keine scharfe Grenze zu ziehen ist, zeigt die Thatsache, dafs bei einer und derselben Ptianze ein und das- selbe Organ bald in verkümmertem Zustand angetroffen wird, bald ganz fehlschlägt, und dies ist wieder nur ein Specialfall der allgemeineren Thatsache, dafs verkümmerte Organe in der Entwicklungshöhe, die sie erreichen, sehr schwanken. Zunächst seien jedoch für das erstere Bei- spiele angeführt. Die Ährchen der Gräser Setaria, Pennisetum u. a. sind umgeben von einer aus Borsten bestehenden Hülle. Zweifelsohne sind, wie die Entwicklungsgeschichte zeigt, diese Borsten Infforescenzzweige, an denen man auch zuweilen Blütenrudimente wahrnimmt. Allein in den meisten der zahlreichen von mir untersuchten Borsten ^) war keine Spur von Ährenbildung an diesen Borsten wahrzunehmen, und es zeigt dieser Umstand, dafs ein scharfer Unterschied zwischen dem Fehlschlagen (der Verkümmerung) und dem gänzlichen Unterbleiben der Entwicklung von Sprossungen nicht zu machen ist. Wenn au einer Setariaborste im einen Falle ein fast vollständiges Ährchen, im andern nur eine An- deutung der Glumae, im dritten gar kein Ährcheurudiment angelegt wird, so sind diese drei Stadien doch offenbar nur dem Grade nach von- einander verschieden. Und ähnliche Fälle lassen sich auch von Blatt- bildungen anführen. So giebt Schmitz 2) an, dafs sich bei Artanthe Jamaicensis, einer Piperacee, nur das median nach hinten stehende Staubblatt des zweiten Staubblattwirteis ausbildet, aber schmächtiger ist als die drei Staubblätter des äufseren Kreises. In einzelnen Blüten war aber das genannte Staubblatt zwar als Höcker angelegt, kam aber nicht zur Ausbildung, schlug also fehl. Bisweilen aber unterblieb sogar die erste Anlegung eines solchen Höckers, ja sogar die ersten Zellteilungen, wodurch die Bildung desselben sonst eingeleitet zu werden pflegte. Schmitz hat das völlige Unterbleiben der Anlegung eines Organs als Ablast gegenüber dem Verkümmern, dem Abortus bezeichnet, aber, wie schon erwähnt, ist eine wesentliche Verschiedenheit zwischen beiden Vorgängen nicht vorhanden , die Annahme des Fehlschlagens eines Organs, sei dasselbe nun noch im rudimentären Zustand vorhanden oder nicht, wird immer durch V e r g 1 e i c h u n g gestützt werden müssen. Der Umstand, dafs mit solchen Vergleichungen zuweilen Mifsbrauch getrieben worden ist, hindert daran nichts. Es ist übrigens nicht immer leicht, verkümmernde Organe abzu- grenzen gegenüber umgebildeten und gegenüber denen, die nur eine zeitweilige Hemmung ihrer Entwicklung erfahren. So verharren z. B. die Blätter an den rasch wachsenden Sprofsachsen mancher Schling- pflanzen zunächst in unentwickeltem Zustand, und werden in diesem entweder abgeworfen oder nehmen später ihre Entwicklung wieder auf. Die „ruhenden Knospen" vieler Bäume verkümmern, wenn sie nicht ^) GoEBEL, Zur Entwicklungsgeschichte einiger Inflorescenzen. Pringsh. Jahrb. XIV. 2) Schmitz, Die Blütenentwicklung der Piperaceen in Hanstkin, botan. Abhandlungen II. Band p. 37. § 5. Verwachsungen und Verkümmerungen. 49 durch Beschädigimg des Baumes zum Austreiben veranlalst werden. Schon die oben kurz angeführten Beispiele zeigen, dals die \'erkümme- rung bei einem und demselben Organe früher oder später erfolgen kann ; damit hängt es zusammen, dals die Ausbildung verkümmernder Organe aufserordentlich schwankt. Beispiele lassen sich sowohl aus der vege- tativen Region, als aus den Blüten anführen. Die unterste Gluma der Ährchen von Lolium ist bei den meisten Arten spurlos verkümmert. Bei L. temulentum dagegen ist sie ent- wicklungsgeschichtlich stets nachzuweisen und erreicht oft solche Gröfse, dafs sie auch für das blofse Auge deutlich hervortritt. Die Deckblätter der Cruciferenblüten sind meist spurlos verkümmert, treten aber ge- legentlich ausnahmsweise auf. Verkümmernde Staubblätter zeigen alle Übergangsstufeu von dem normalen Bau der Anthere bis zu einem ungegliederten Höcker^). Dabei ist charakteristisch, dafs in manchen Blüten mit stark ver- gröfserter Blumenkroue gerade die Staubblätter eine frühzeitige Hemmung erfahren , während dies bei den auf sie folgenden Fruchtblättern nicht in so starkem Malse geschieht (Randblüten vieler Compositen), Auch bei Fruchtblättern und Samenanlagen finden sich alle Stufen der Ver- kümmerung. Verkümmernde Organe werden häufig später sichtbar, als dies nach ihrer Stellung der Fall sein sollte. Wenn sie überhaupt nicht mehr angelegt werden, so kann dies so weit gehen, dals auch der Platz, an dem sie stehen sollten, verschwindet. So ist die Blüte der Labiaten z. B. eine „typisch" fünfzählige. Thatsächlich aber entwickelt sie sich von der Bildung der Blumenkrone ab, als ob sie eine vierzählige wäre. 2. Ursachen der Verkümmerung. Hierbei sind zwei Gesichtspunkte von Bedeutung, die aber beide gleichzeitig in Betracht kommen können : 1. Die Verkümmerung erfolgt durch die Einwirkung anderer Teile der- selben Pflanze, also direkt durch Correlation. 2. Die Verkümmerung erfolgt im Zusammenhang damit, dafs die Organe funktionslos geworden sind, die Reduktion solcher Organe kann direkt durch ihre Funktionslosigkeit bedingt sein, oder nur indirekt, indem eine Verkümmerung unnötig gewordener Organe den übrigen zu gute kommen wird, jedenfalls einen verminderten Verbrauch an Bau- stoffen bedingt. Das Funktionsloswerden erfolgt in vielen Fällen dadurch, dafs ein anderes Organ die betreffende Funktion übernimmt (z. B. die Sprofsachse die sonst den Blättern vorzugsweise zukommende Kohlenstoff- assimilation). Ad 1). Hierfür lassen sich zahlreiche Beispiele anführen. Da die- selben zum Teile bei den Korrelationserscheinungen zu besprechen sein werden, so sei hier nur einiges kurz angeführt. Die Farnprothallien und Moosprotonemen (mit Ausnahme von Ephe- merum) gehen zu Grunde, wenn eine junge Pfianze entstanden ist, welche die Baustoffe an sich reifst. In dem Fruchtknoten der Eiche entwickelt sich von sechs Samenanlagen, in dem der Linde von zehn nur eine, die 1) Familler, Flora 1896 p. 133 ff. Goebel, ürganographie der Pflanzen. 50 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. alle andern verdrängt; die oberen Blüten reicliblütiger Inflorescenzeu (z, B. Boragineen, Oenothera) verkümmern, wenn die unteren Samen an- setzen. Die Knospen an der Basis der Jahrestriebe der meisten Holz- pHanzeu sind ebenso entwicklungsfähig wie die anderen, aber durch ihre Lage dazu verurteilt, „Ruheknospen" zu bleiben, die gewöhnlich ganz und gar verkümmern und nur unter bestimmten äufseren Umständen zum Austreiben gelangen. Zahlreiche andere Beispiele liefsen sich an- führen. Ad 2). Die Verkümmerung trifft funktionslos gewordene Organe. Nicht immer ist es leicht nachzuweisen, warum der Funktions- verlust eintrat; dafs aber dieser stattgefunden hat, tritt in den meisten Fällen deutlich hervor. Für eine Anzahl von Fällen aus der vegetativen Region möchte ich auf die Erörterung der Symmetrieverhältnisse hin- weisen und hier noch einige weitere beifügen. In dem oben erwähnten Falle von Lolium handelt es sich um die Verkümmerung eines der beiden Hüllblätter, welche sonst die Ährchen umgeben. An dem Endährchen des Blütenstandes von Lolium sind sie auch beide vorhanden, weil dieses frei liegt, also nach allen Seiten hin eines Schutzes bedarf. Bei den Seitenährchen ist dies nicht der Fall , sie liegen in einer Bucht der Intiorescenzachse, die sie nach einer Seite hin deckt, die andere wird durch die obere Gluma beschützt. Die der Intiorescenzachse zugewandte Gluma ist ganz überflüssig und verkümmert dementsprechend. Ähnlich ist es mit den Deckblättern vieler Blüten. Wo die letzteren dicht gedrängt stehen, wird der Schutz der Deckblätter entbehrlich (zumal wenn wie bei den Compositen noch eine Hochblatthülle als gemeinschaft- licher Schutzapparat hinzukommt), sie verkümmern, weil die dicht- gedrängten Blüten eines besonderen Schutzes nicht bedürfen. Besonders lehrreich sind die Doldenpüanzen^). An den Dolden erster und zweiter Ordnung sind häufig, aber nicht immer, die Deckblätter der äufseren Blutenstände resp. Blüten noch erhalten, sie stellen die „Hülle" oder das „Hüllchen" der beschreibenden Botanik dar. Soweit ich die mir lebend zugänglichen Umbelliferen daraufhin geprüft habe, finde ich, dais die Hülle um so mehr erhalten ist, je weniger für den Schutz der In- fiorescenzen sonst gesorgt ist. Sind diese lange in den mächtig ent- wickelten Blattscheiden von Hochblättern etc. verborgen, so fehlt Hülle und Hüllchen, ist dies nicht der Fall, konnnt also den genannten Or- ganen noch eine Funktion zu, so sind sie auch erhalten. Man vergleiche z. B. Angelica silvestris mit Daucus Carota. Natürlich läi'st sich eine solche Beziehung nie als eine allgemein giltige betrachten, weW andere Beziehungen sie verwischen können. In den Blüten selbst liefert die Verkümmerung der Blumenkrone bei kleistogamen Blüten ein charakteristisches Beispiel für den Satz, dafs funktiouslos werdende Organe verkümmern , indes erfolgt der Vor- gang hier bei manchen Pfianzen direkt infolge äufserer Einwirkungen (vgl. Abschnitt V), nicht etwa durch eine im Verlauf von Generationen eingetretene Reduktion der nutzlos gewordenen Blumenkrone. Auch wo für die Verkümmerung scheinbar keine den Lebensverhält- nissen entnommenen Gründe vorzuliegen scheinen, werden sich bei ^) Die jungen Infloreseenzen der Cruciferen stimmen mit jungen Dolden ganz überein, es strecken sich die Internodien der Inflorescenzachsen erst später; es ist deshalb nicht zu verwundern, dafs auch bei ihnen die Deckblätter ganz zu verkümmern pflegen. § 5. Verwachsungen und Verldimmerungen. 51 genauerer Betrachtung solche wohl finden lassen. In der Familie der Ranunculaceen haben wir z. B. eine ganz allmähliche Abstufung von den Fruchtl)lättern der Helleboreen, welche zahlreiche Samenanlagen tragen, zu denen der Ranunculeen, die nur eine einzige hervorbringen; ])ei den Anemoneen und Clematideen lassen sich die verkümmernden Samenaulagen leicht noch eutwickluugsgeschichtlich nachweisen. Unter- suchen wir die Sache vom biologischen Standpunkte aus, so sehen wir, dafs die Helleboreen nur wenige, die Ranunculeen und Anemoneen viele Fruchtblätter in den Blüten haben. Mit anderen Worten: es kommt der Ptianze an auf die Verringerung der Zahl der Samen (die dafür um so besser ernährt werden können). Diese fühlt sie herbei entweder durch Verringerung der Zahl der Fruchtblätter oder der Samenanlagen; letztere läfst sich bei den Anemoneen und Clematideen noch entwicklungs- geschichtlich nachweisen, bei den Ranunculeen nicht. 3. Die morphologische Bedeutung der verkümmernden Organe besteht namentlich darin, dafs durch sie oft die Übereinstimmung mit verwandten Pflanzen hergestellt wird, ein Verhältnis, das die phylogene- tische Morphologie dahin zu deuten pflegt, dafs die verkümmerten Organe solche darstellen , die bei den Vorfahren entwickelt waren. Es ist in der That wahrscheinlich, dafs z. B. die Blüten von Salvia, die jetzt zwei ausgebildete und zwei verkümmerte Staubblätter besitzen, allstammen von einer Form , die wie andere Labiaten vier entwickelte Staubblätter besafs. Nur wird man sich hüten müssen, alle verkümmernden Organe etwa als solche zu betrachten , die bei den Vorfahren der betreffenden Form entwickelt gewesen wären. Eine solche Anschauung wäre für die regelmäfsig verkümmernden Blüten vieler Infiorescenzen rein in der Luft stehend. Wie ich an den Infiorescenzen der Gräser nachzuweisen gesucht habe ^) , liegt hier vielmehr die Annalime nahe , dafs die in einer In- florescenz vorhandenen plastischen Materialien zwar zur Anlegung, nicht aber zur Entfaltung einer gröfseren Anzahl von Organen ausreichen, und das kann bei den betreffenden Formen von jeher der Fall gewesen sein. Es ist ja eine ganz allgemeine Regel , dafs viel mehr Organanlagen gebildet werden, als zur Funktion gelangen, sei dies nun wie in den genannten Fällen durch frühzeitige Unterdrückung der Organanlagen selbst oder durch Zugrundegehen der fertig ausgebildeten Organe. Unsere meisten phylogenetischen Reihen sind Reduktionsreihen, d. h. also solche, bei denen die Abänderungen durch Verkümmerung zu stände kommen. Es ist dies psychologisch leicht verständlich. Wenn wir einen bestimmten „Typus" haben, so ist damit unserer Vergleichung ein fester Anhaltspunkt gegeben. Dieser fehlt aber, wenn es sich um eine auf- steigende, nicht um eine absteigende Reihe handelt. Darauf ist besonders hinzuweisen, weil aus dem eben angedeuteten subjektiven Grunde Verkümmerungen häufig angenommen worden sind, ohne dafs stichhaltige Belege dafür vorhanden waren. So leitet z. B. neuerdings Celakovsky die sämtlichen Blüten der Gymnospermen von Zwitterl)lüten ab, nament- lich weil bei Welwitschia in den männlichen Blüten eine rudimentäre ') GoEBKL, Beitr. zur Entwicklungsgeschichte einiger Infiorescenzen. Pringsh. Jahrb. Bd. XIV. 4* 52 Erster Abschnitt. Allgemeine Gliederung des Pflanzenkörpers. Samenanlage vorhanden ist. Das ist ein reines Phantasiegebäiide, und die Annahme, dals „funktionslose Gebilde immer nur Relikte nach vor- mals wohl ausgebildeten, normal funktionierenden Organen darstellen", wie oben (und schon vor Jahren) hervorgehoben, eine nicht allgemein zutreffende, ebensowenig als etwa die, dafs die Vorfahren des Menschen Zwitter gewesen seien, weil der Mann rudimentäre Brustdrüsen und eine frühzeitig rückgebildete Uterusanlage besitzt. Verkümmernde Organe können auch solche sein, die überhaupt bei der betreffenden Art (oder dem betr. Geschlecht) nie vollständig zur Entwicklung gelangten; nur unser synthetisches Bedürfnis drängt uns immer wieder zur Annahme von Reduktionsreihen, von denen aber viele nur als Dichtung berechtigt sind, d. h. den ästhetischen Genufs gewähren, eine Reihe von Thatsachen untereinander in Verbindung gebracht zu haben. Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse.') § 1- Einleitung. Unter den Symmetrieverhältnissen verstehen wir hier ganz allgemein die räumlichen Beziehungen der Pflaozengestaltung, Nur selten sind die PÜanzenkörper nach allen Richtungen des Raumes hin annähernd gleichmälsig entwickelt, wie dies z. B. bei den monergiden, kugeligen Zellen von Eremosphaera der Fall zu sein scheint; gewöhnlich ist die Ausbildung nach verschiedenen Richtungen hin eine verschiedene. Die Untersuchung der Symmetrieverhältnisse ist von grosser Wichtigkeit, weil sie in engster Beziehung zu den Lebensverhältnissen stehen und auch für die Beurteilung des Gesamtaufbaues von erheblichster Bedeutung sind. Gründete sich doch die „Spiraltheorie", welche jahrzehntelang die Morphologie beherrscht und vielfach in Sackgassen geführt hat, wesentlich auf eine unrichtige Verallgemeinerung der Symmetrieverhält- nisse orthotroper Sprosse der höheren Bilanzen. Zunächst sei daran erinnert, dafs, wie im vorhergehenden Abschnitte dargethan wurde, die meisten Pflanzen und Ptianzenteile eine polare Ausbildung zeigen, einen Gegensatz zwischen ,,Spitze und Basis", ein Gegensatz, den wir schon bei manchen Zellkolonieen auftreten sahen, der aber scharf hervortritt, sobald ein Vegetationspunkt vorhanden ist, mit dessen Auftreten schon von vornherein die Polarität gegeben ist. Es trat uns dieselbe ferner namentlich bei der Regeneration mancher Ptianzenteile entgegen. Aber auch im normalen Leben ist die verschiedene Ausbildung einer basalen und einer apikalen Region, namentlich bei Holz- gewächsen, ausgeprägt genug. Wir sehen, dal's die Seiteuzweige um so mehr gefördert sind, je näher sie der Spitze des Jahrestriebes liegen, eine Einrichtung, welche besonders geeignet erscheint, eine geregelte 1) Vgl. MoHL, Über die Symmetrieverhältnisse der PHanzen (Vermischte Schriften bot. Inhalts 1845); H. Spesckr, a. a. O. ; Sachs, Lehrbuch der Botanik; Sachs, Über ortho- trope und plagiotrope Pflanzenteile (Arb. d. bot. Instituts in Würzburg Bd. II p. 226 und Ges. Abhandlungen Bd. II); Gokhkl. L^ber die Verzweigung dorsiventraler Sprosse (Arb. des bot. Instituts zu Würzhurg Bd. II) und Vergl. Entwicklungsgeschichte p. 141—150. 54 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Ausbreitung des Holzgerüstes eiues Baumes herbeizuführen. So hat der Jahrestrieb einer Kiefer in seinem basalen Teile keine Seitensprosse, weiter hinauf folgen Kurztriebe, und erst an der Spitze stehen in scheinbar wirteliger Stellung die Langtriebe; dadurch kommt am Hauptsprofs selbst ein stockwerkartiger Aufbau zu stände, ohne dafs die Äste sich decken, während bei den Seiteuzweigen die Äste höherer Ordnung immer mehr vom Hauptstamm abrücken und so die Assimilationsorgane ständig nach der Peripherie hin rücken , wo sie die günstigsten Beleuchtungs- verhältnisse finden. Analog verhalten sich viele Laubhölzer, nur dafs hier eine mehr allmähliche Abstufung eintritt und die Knospen im Basalteil des Jahrestriebes vielfach als Ruheknospen ausgebildet sind, die sich nur bei Beschädigungen entfalten. Spitze und Basis eines Pflanzenteils können wir uns durch eine Linie verbunden denken, die wir als seine Längsachse bezeichnen. Sehen wir ab von seltenen Ausnahmefällen, so lassen sich betreffs der Anordnung der seitlichen Organe und der Ausbildung der Organe selbst dreierlei Fälle unterscheiden : 1) Radiäre Ausbildung ist vorhanden, wenn ein Organ keine vordere und hintere, keine rechte uud linke Seite unterscheiden lässt, sondern rings um die Längsachse nach allen Radien des Querschnitts annähernd gleichartig organisiert ist. Anmerkung. Diese Ausbildungsform wurde ursprünglich von E. Meyer ^) als die konzentrische bezeichnet, ein Name, der wohl mit Recht keinen Ein- gang gefunden hat. Namentlich pafst die MEYERsche Bezeichnung nicht auf die radiäre Verteilung seitlicher Organe. Leider hat sich für die Blüten durch A. Braun eine besondere Terminologie eingebürgert. Radiäre Blüten werden als aktinomorph, dorsivcntrale als zygomorph bezeichnet. Diese schwerfälligen Benennungen halte ich für ganz überflüssig und werde sie deshalb nicht anwenden. 2) Unter bisymmetrischen oder bilateralen Organen verstehen wir solche, welche eine vordere und eine hintere, eine rechte und eine linke unter sich jeweils gleiche Seite haben. Bilateral ist also z. B. ein zwei- zeilig beblätterter Sprois von Schistostega (Fig. 25) und Fissidens, der ge- fiederte Bryopsisthallus etc. Bei Schistostega ist die bilaterale Gestaltung übrigens im Verlauf der Entwicklung aus einer radiären hervorgegangen. Die später der Länge nach augehefteten zweizeilig stehenden Blätter waren nämlich im Vegetationspunkt quer inseriert (Fig. 26) und rings um die Sproisachse verteilt. Noch einfacher gestaltet sich bei Opuntia der Übergang : die radiäre Sprofsachse wird auf zwei einander gegenüberliegenden Seiten abgeflacht und so zu einem bilateralen Gebilde. Wie nahe sich radiäre und bilaterale Struktur stehen, sehen wir auch bei dem frei im Wasser flutenden, nur an der Basis festgewurzelten Thallus vieler Meeresalgen, der bald flach (bilateral), bald cylindrisch ist. Auch manche Blätter, wie die von Iris, sind der Hauptsache nach bilateral. 3) Dorsivcntrale Organe lassen stets, wie dies im Namen liegt, eine Rücken- und eine Bauchseite unterscheiden, die voneinander verschieden sind. Die beiden Seitenflächen, die Flanken, sind entweder einander gleich, oder sie sind verschieden; letzteres ist z. B. der Fall bei den nur auf einer Seite mit Blüten besetzten Inflorescenzen von Vicia Cracca, auf der blütentragenden Seite stehen die Blüten in Schrägzeilen. 1) Linnaea VII, p. 419. § 1. Einleitung. 55 Mit diesen Kategorieen sind nur die liäufigsten Fälle diarakterisiert; dafs sie in einander übergehen können, wurde schon für den Fall von Schistostega erwähnt. Ebenso wie ein radiär angelegtes Organ bilateral, kann ein bilaterales oder radiäres dorsiventral werden : Beispiele dafür werden sich im Verlaufe der Darstellung ergeben; zunächst ist kurz zu erwähnen, welche Beziehungen zwischen Symmetrie und Richtung der Organe l)esteheu. Sachs hat (a. a. 0.) die PHanzenorgane eingeteilt in orthotrope und phigiotrope. Ortliotrop ist ein Organ , wenn es unter gewöhnlichen Lel)ensver- hältnissen auf horizontaler Erdoberfläche ])ei allseitig gleicher Beleuch- tung senkrecht aufwärts oder senkrecht abwärts wächst, plagiotrop, wenn es schiefe Richtung zum Horizont oder horizontale Lage annimmt. Die äulseren und inneren Einwirkungen, welche dabei beteiligt sind. Fig. 25. Zweizeilig beblättertes Fig. 26. Schistostega osmundacea. Zwei Sprofs- Pfiänzchen von Schistostega osmun- spitzen von aufsen. Die ursprünglich quere ßlatt- dacea (vergr.), als Beispiel für bila- insertion wird in die Längslinie der Sprcfsachse terale Ausbildung. verschoben. bleiben hier aufser Betracht; dagegen ist auch für die organographische Betrachtung wichtig der Satz, dafs orthotrope Organe fast immer radiär oder bilateral, plagiotrope dagegen häufig dorsiventral sind, seltener bilateral, z. B. die bilateralen Sprosse von Schistostega und Fissidens. Es genügt , auf die orthotropen Hauptachsen der krautigen Gewächse, deren radiäre Gestaltung ohne weiteres erkennt- lich ist, und auf die gewöhnlich plagiotropen Blätter hinzuweisen, deren dorsiventraler Bau an der Verschiedenheit von Ober- und Tuterseite sofort hervortritt, während die radiär gebauten Blätter von Juncus (die man immer noch teilweise verkehrt als „sterile Halme" bezeichnet) orthotrop sind, ebenso wie die bilateralen Blätter von Iris u. a. Dafs plagiotrope Organe so selten bilateral sind (vgl. die oben an- geführten Beispiele), hängt offenbar damit zusammen, dafs die meisten derselben namentlich unter dem EinHuis einseitiger Beleuclitung dorsi- 56 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. ventral geworden sind; wir betrachten in den meisten Fällen die plagio- trope (durch äufsere und innere Faktoren veranlafste) Richtung als das Primäre, die dorsiventrale Ausbildung als das Sekundäre. Damit, dafs speciell das Licht eine grofse Bedeutung für die Ausbildung der Dorsi- ventralität hat, hängt es auch zusammen, dal's unterirdische plagiotrope Organe fast immer radiär geliaut sind. Ist einem Organe einmal der dorsiventrale Charakter aufgeprägt, so reagiert es dann gegen äufsere Einflüsse auch anders als ein radiäres. Im einzelnen gestalten sich die Ver- hältnisse ziemlich mannigfaltig. Ein und dasselbe Organ kann in den ver- schiedenen Stadien seiner Entwicklung erst orthotrop und dann plagiotrop sein oder infolge der verschiedenen Ein- wirkung äufserer Reize entweder ortho- trop oder plagiotrop sich verhalten, namentlich infolge von Korrelations- verhältuissen aus der plagiotropen in die orthotrope Stellung übergehen : nicht selten finden wir auch, dafs die vege- tativen Sprosse plagiotrop, die der Fort- pflanzung dienenden orthotrop sind \). So ist es z. B. bei j\Inium uudulatum (Fig. 28 u. 29). Ein schönes Beispiel für den erstgenannten Fall bietet das Wachstum von Hypnum splendeus. Die- ses im Schatten der Wälder wachsende Moos l)esitzt (vgl. Fig. 27) einem ge- fiederten Blatte gleichende , zweizeilig verzweigte Sprosse, die sich rechtwinklig zum Lichteinfall stellen. Jedes dieser plagiotropen, mit kleinen Blättchen be- setzten Sprofssysteme ist nur eine Vege- tationsperiode thätig. Im Beginn der nächsten entwickelt sich nahe seiner Basis ein starker, zunächst orthotroper und uuverzweigt bleibender Seitensprols. der aber bald plagiotrop wird und sich zweizeilig in einer zum Lichteinfall rechtwinklig stehenden Ebene ver- zweigt. Da die alten, absterbenden Sprofsgenerationen noch einige Zeit erhalten bleiben , so kommt dadurch ein stockwerkartiger Aufbau zu Stande, der die neue Sprofsgeneration vor dem Begrabenwerden in dem Detritus des Waldbodens schützt. Einigermafsen analog ist das Verhalten der Kiefern, die mit einem orthotropen Hauptsprofs und plagiotropen Seitenästen ausgerüstet sind. Die im Frühjahr neu austreibenden Spitzen der Seitentriebe aber sind Fig. 27. Hypnum I Hylocomium) splen- dens. Etagenwuchs : in jedem Jahre bildet sich ein erst orthotroper, dann plagiotroper, in einer Ebene verzweigter Sprofs aus. ^) So habe ich früher darauf hingewiesen, dafs die bei allseitiger freier Beleuchtung orthotropen Sprosse mancher Dikotylen bei einseitiger, geminderter Beleuchtung plagiotrop werden (Gentiana asclepiadea, Lonicera- Arten), was ihnen eine bessere Ausnützung des Lichtes gestattet (Beitr. zur Morphol. und Physiol. des Blattes. Bot. Zeitg. 1880). § 1. Einleitung. 57 zunächst orthotrop iiiid werden erst später, ottenbar unter dem Eintiul's des Hauptsprosses (also durch Korrehition), phigiotrop. Manche Bäume besitzen — wenigstens im späteren Lebensalter — ausschlierslich plagiotrope Sprosse, obwohl es zur Ausgestaltung eines orthotropen Hau])tstammes kommt . der aber erst nachträglich aus einer Verkettung plagiotroper Sprolsgenerationen entsteht. So ist es bei der Buche, Linde, Ulme. Nur in der Jugend, bei der Keimung, bilden diese Bäume orthotrope Sprosse , die dann auch in ihrer Gestaltung von den später auftretenden plagiotropen abweichen. Die letzteren sind zwei- zeilig beblättert und dorsiventral. Die KeimpHanzen der Buche ^) sind orthotrop, die ersten Blätter mit den Kotyledonen gekreuzt, meist schliessen die Keimpflanzen damit ihr Wachstum ab; nicht selten tritt Fig. 28. Fig. 28. Mnium undulatum. Vegetativer Sprofs. Er ist erst orthotroj) und wird dann plagiotrop. Natürl. Gröfse. Fig. 29. ]Mnium undulatum. Orthotroper Sprofs, welcher mit einem rosettenförmigen Antheridienstand abgeschlossen hat. Unterhalb desselben sind drei vegetative, von Anfang an plagiotrope Seitensprosse entstanden. Natürl. Gröfse. aber noch ein drittes, über einen der Kotyledonen fallendes Blatt auf. Die Endknospe des ersten Jahrestriebes aber wird schon dorsiventral (vgl. KoLDERUP-RosENviNGE Unders0gelser over ydre Faktorers Indtlydeise paa organdannelsen hos Planterne). Ulmus besitzt im ersten Jahre zweigliedrige gekreuzte Laubblatt- wirtel, erst im zweiten Jahre tritt (an dem ersten Seitensprofs der mit begrenztem Wachstum versehenen Keimachse) die zweizeilige alt(>rnierende ') Nach DöLL, Flora von Baden p. 537, kommt bei den Keimachsen von Fagus sylvatica und Carpinus Betulus teils spiralige, teils dekussierte Blattstellung vor, ebenso bei Ulmus. Die mir vorliegenden Keimpflanzen von Ulmus (entweder campestris oder effusa) haben sämtlich gekreuzte Blattstellung, wobei die Blätter nicht, wie später an den plagiotropen Sprossen, asymmetrisch sind. 58 Zweiter Abschnitt. Svmmetrieverhältnisse. Blattstellung auf, die Keimpflanzen der Linden sind radiär, nach ^/s be- blättert. Trotzdem nun diese Pflanzen späterhin nur dorsiyentrale, zwei- zeilig beblätterte, plagiotrope Sprosse bilden, kommt ein mit radiärer Krone versehener Stamm zu stände , wie sie bei anderen Bäumen von Anfang an vorhanden ist. Es geschieht dies dadurch, dafs die Symmetrie- ebenen der aufeinander folgenden Sprofsgeuerationen nicht miteinander zusammenfallen (vgl. das Diagramm Fig. 80); bei den am meisten aufrecht wachsenden Sprossen mul's also, da der Stamm aus verschiedenen Sprofs- geuerationen sich zusammensetzt, notwendig ein radiäres Gebilde zu Stande kommen, während l)ei den mehr horizontal wachsenden Sprossen durch Internodiendrehung die Symmetrieebene der zweizeilig beblätterten Seiteusprosse vertikal gestellt wird, und so diese horizontalen Seitenzweige zu Gebilden sich gestalten, die, einem mehrfach gefiederten Blatte gleichend, einen dorsiventralen Gesamtbau aufweisen. Fig. 30. Querschnitt durch einen Lindenzweig. Eine Seitenknospe ist getroffen; dieselbe ist zweizeilig beblättert. Ihre Symmetrieebene fällt mit der ihres Muttersprosses nicht zusammen. Amn. Es wird nicht überflüssig sein, darauf hinzuweisen, dafs die soeben kurz erörterten Verhältnisse mehrfach unrichtig aufgefal'st wurden , offenbar infolge davon, dafs man die Stellungsverhältnisse nicht in den Knospen, sondern am entfalteten Baume untersuclite. So glaubte z. B. Wigand (Der Baum p. 161), die Seitenknospen der Linde begännen nicht mit V2 Stellung, offenbar durch die Internodiendrehung an horizontalen Seitenästen irre geführt, und übersah, dafs die Symmetrieebenen von Seiten- und Hauptsprofs von An- fang an nicht zusammenfallen. Auch das Knospendiagramm , welches Frank (Die natürliche, wagerechte Richtung von Pflanzenteilen. Leipzig 1870) Fig. 1 giebt, ist betreffs wesentlicher Punkte nicht ganz richtig. Es ist die Stellung der Achselknospen zum Tragblatt und die Stellung der ersten Blätter der Knospen abweichend. Bei der Richtungsverschiedenheit der einzelnen Sprofssysteme solcher aus nur plagiotropen Sprossen aufgebauten Bäume spielen wohl einerseits die Intensität und Richtung des Lichtes, andererseits Korrelationsverhält- nisse eine Rolle. Die Hauptsprosse der Buche z. B. sind bei freiem Wuchs steil aufgerichtet, bei schwacher Beleuchtung (im dichten Walde) wachsend, können sie fast horizontal werden. Inwieweit den Seitensprossen durch § 1. Einleitung. gQ den Einfliifs der mehr aufrecht wachsenden Hauptsprosse eine gröfsere Neigung zum Horizont induziert wird, hleiht näher zu untersuclien. Ührigens fehlt es auch nicht an Ausnahmefällen. Vicia Faha z. B. ist eine nach ihrer Verzweigungsart, wie viele andere Papilionaceen, als dorsiventral zu bezeichnende PÜanze ^). ihre Sprosse sind aber orthotrop. Für die grofse Mehrzahl der Fälle aber gilt die ol)en auf- gestellte Regel. Es wird von Interesse sein, auch von niederen Pflanzen einige Beispiele für die Beziehungen zwischen Symmetrie und Richtung anzu- führen. I»ei den Flechten tritt die Dift'erenz zwischen den dorsiventral ge- bauten, ineist dem Substrat angeschmiegten „Laubtlechten" und den radiär gebauten, aufrecht wachsenden oder herabhängenden „Strauchflechten" be- sonders deutlich hervor. Ton besonderem Interesse ist der Übergang von dorsiventralen in radiäre Organe, der sich bei den b'lechten mehrfach tindet ^). Zunächst sei erwähnt, dafs ein solcher Übergang in dreifacher Weise stattfinden kann: 1) durch Zusannnenrollung eines dorsiventralen Thallus resp. Thallus- teiles, 2) durch Bildung orthotroper vegetativer Auswüchse am dorsiventralen Thallus, 3) durch Entwicklung der Stiele der Fruchtkörper, die namentlich dann eine auffallende Avird und zur Bildung eigenartiger vegetativer Organe führt, wenn die Bildung der Fruchtkörper selbst in eine spätere Entwick- lungsperiode verlegt oder ganz und gar unterdrückt wird. Für diese drei Fälle seien eiujge wenige Beispiele angeführt. 1. Cetraria islandica besitzt einen dorsiventralen, flachen oder oben rinnig- konkaven Thallus, der schräg aufsteigend wächst. Bei manchen, mehr auf- wärts gerichteten Ästen verwachsen die Thallusränder miteinander zu einer Röhre. Das letztere wird die Regel bei der als var, crispa bezeichneten Form, und derartige Thallusäste nehmen dann meist einen radiären Bau an, indem die grünen Algenzellen gleichmäfsig verteilt sind , während sie an den dorsiventralen Ästen der Oberseite genähert liegen ; dafs übrigens die Einrollung des Thallus namentlich auch in mechanischer Beziehung von Vorteil ist , braucht kaum hervorgehoben zu werden ; ein flacher Thallus kann sich, wenn er eingerollt ist , viel leichter aufrecht halten, als wenn er ausgebreitet bliebe. 2. Bei Thalloidima vesiculare zeigt der Thallus keulenförmige Aus- wüchse, die an manche niederen , strauchförmigen Algen erinnern , und bei den Bartflechten entwickelt sich der Thallus oft'enbar von Anfang an in dieser Weise ^). 3. Bei einigen Flechten sind die Stiele der Askusfruchtkörper , die Podetien , stark entwickelt und als Assimilationsorgan von Bedeutung (z. B. Pycnothelia , Glossodium u. a. ; Abbildungen bei Keinke). Denken wir uns diese Podetien verzweigt, so gelangt man zu den eigenartigen J\)rmen, wie sie bei manchen Stereocaulonarten sich flnden. Hier tritt ein aus K()rnern und Schuppen gebildeter primärer Thallus auf, dem bei numclien Arten strauchige, reich verzweigte Gebilde entspringen, welche an den Enden der stärkeren Äste die Fruchtkörper tragen, während die schwächeren steril bleiben, begrenztes Wachstum haben und lediglich als Assimilationsorgane dienen. ^) Die Inflorescenzen sind — ähnlich wie bei Vicia Craca — alle nach einer Seite hin gerichtet (vgl. Fig. 78), die vegetativen Knospen nach der andern. -) Vgl. darüber Reinke, Ahhandi. über Flechten IV. Pringsh. .Jahrb. XXVIII p. 191. ^) Vgl. Reinke, Abhandl. über Flechten III. Pringsh. .Jahrb. XXVIII j). 105. 60 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Ebenso ist es bei der artenreichen Gattung Cladonia^). Der Ausgangs- punkt der Entwicklung ist auch hier ein dorsiventraler , flacher Thallus, welchem bei den einfachsten Formen die Fruchtkörper direkt aufsitzen. Bei andern finden wir den Fruchtkörper gestielt und verzweigt. Wir treffen bei den Cladonien zwei Haupt- formen, die Strauchform und die Becherform, die miteinander durch Übergänge verbunden sind. Bei den Becherformen tritt in der becherförmigen Erweiterung (welche eine Yergröfserung der assi- milierenden Oberfläche bedingt) schon wieder der dorsiventrale Bau auf, während die cylindri- schen Becherstiele radiär sind. In besonders auffallendem Mafse ist dies der Fall bei Cl. verti- cillata (Fig. 32), bei der die gestielten Becher stockwerkartig auseinander hervorsprossen und der Becherrand in blattartige Zipfel zerschlitzt Fig. 31. Cladonia coceifera. Aus dem horizontalen Thalhis {() hat sich ein becherföi-miges Podeti um entwickelt, aus dessen Eand crestielte Apthecien ent- springen. (Lehrb.j ist, SO dafs der Gesamthabitus dem einer Pflanze mit Avirtelständigen Blättern, etwa einer Chara, ähnlich wird, eine Gestaltung, die wieder zeigt, dafs von ganz verschiedeneu Ausgangspunkten aus ähnliche Formen erreicht werden können. Bei chlorophylllosen Pflanzen findet sich nichts dergleichen, da hier die Beziehung der Ober- flächenvergröfserung zum Lichte wegfällt. Nach dieser allgemeinen Orientierimg über die Beziehungen von Lage und Ge- staltung sollen im folgenden die Symmetrie- verhältnisse der einzelnen Organe besprochen werden, und zwar in folgender Einteilung: I. Vegetationsorgane. A. Sprofs. 1. Radiäre und bilaterale Sprosse; 2. dorsiventrale Sprosse. B. Blatt. IL Blüten und Blütenstände. Fig. 32. Cladonia verticillata in natürl. Gröfse. ^) Vgl. Krabbe, Entwicklungsgeschichte und Morphologie der polymorphen Flechten- gattung Cladonia, Leipzig 1891. § 2. Stellungsverhältnisse der Organe an radiären Achsen. ßj § 2. Stellungsverhältnisse der Organe an radiären Achsen. Die Anordnung der seitlichen Orgaue ist nur in seltenen Fällen eine anscheinend regellose, meist ist sie auf bestinmite Ke.ueln zuiück- zuführen. So seheu wir an den Wurzeln die Seiteiiwurzeln in I.äiigs- reihen angeordnet, entsprechend dem anatomischen Baue. Besonders hat die Anordnung der Blätter an den Sprolsachsen das Interesse auf sich gezogen. Es ist hier nicht der Ort, die Thatsachen, die bei der Untersuchung der Blattstelluugen sich ergeben haben, und die Deutung, welche ihnen die „Spiraltheorie" gegeben hat, darzulegen. Diese Ver- hältnisse sind so oft behandelt worden, dafs kein Anlals zu einer neuen Darstellung vorliegt. Die Spiraltheorie alier ist ein überwundener Standpunkt. Eine umfassende Theorie der Blattstelluugen, die all- gemeinereu Anklang gefunden hätte, ist noch nicht an ihre Stelle getreten. Denn die ScHWENDENERSche mechanische Blattstellungslehre beschränkt sich auf bestimmte Fälle. Da an sie die weitere Forschung anknüpfen mufs, so erschien eine Darstellung derselben erwünscht. Herr Dr. "Weisse hatte auf ineinen Wunsch die Freundlichkeit, diese Darstellung zu über- nehmen. Ich selbst bin betreffs der Tragweite der mechanischen Blatt- stellungslehre und ihrer empii-ischeu Grundlagen anderer Ansicht; gerade deshalb w\ar mir erwünscht, die Grundzüge derselben von anderer Seite darlegen zu lassen. Gruiidzü^e der mechanischen Blattstellun^slehre. Bearbeitet von Dr. Arthur Weifse. Die ältere Blattstellungslehre beschäftigte sich liauptsächlich damit, die Stelluiigsverhältnisse der seitlichen Organe, Avie sie sich im fertigen Zustande darbieten, nach arithmetischen Gesichtspunkten zu klassifizieren. Die einzelnen Stellungssysteme sind für sie konstaute Gröisen, die nur mathematische Be- ziehungen zu einander besitzen. In scharfem Gegensatze hierzu betrachtet die von Schwendener ^) begründete mechanische Theorie der Blattstelluugen auf Grund entwicklungsgeschichthcher Studien die werdenden Stellungsver- hältnisse; sie sieht in den seitlichen Organen nicht diskrete Punkte, sondern geometrische Körper, die dadurch, dafs sie in bestimmten Entwicklungsstadien sich gegenseitig berühren, aufeinander mechanisch einwirken müssen. Als Faktoren, durcli welche im Verlauf der Sprofsentwicklung Ver- schiebungen der seitlichen Organe bedingt werden, kommen in erster Linie Ungleichheiten des Längen- und Dickenwachstums in Betracht. Nehmen Avir z. B. an, das Mutterorgau wachse vorwiegend in die Dicke, während sich die seitlichen Sprossungen unter Beibehaltung ihrer Querschnittsform allseitig ver- gröfsern, so werden oftenbar die Widerstände ihr Maximum in der Längs- richtung, ihr Minimum in der Querrichtung erreichen. Die hierdurch bedingten Verschiebungen werden dieselben sein, wie sie ein der Axe paralleler Druck bewirken würde. Wenn umgekehrt das Längenwachstum vorwiegt, so werden Verschiebungen eintreten, wie sie ein longitudinaler Zug herbeiführt. Um das Problem möglichst zu vereinfachen, gehen wir nüt Schwendener von der Annahme aus, dafs Form und Grölse der seitlichen Organe wälirend der Verschiebung konstant bleibe und ihr Querschnitt kreisförmig sei. Be- ') S. ScHWKXDKNKK, Müchauische Tlieoric der Blattstellungen. Leipzig 1878. 62 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. trachten wir z. B., um einen konkreten Fall vor Augen zu haben, die der 13 Hauptreihe angehörige Spiralstellung mit der Divergenz ^— , wie sie Fig. 33 auf o4- abgerollter Cylinderfläche zur Darstellung bringt. "Wirkt auf dieses System ein longitudinaler Druck, so ist zunächst klar, dafs sich derselbe nur in der Richtung derjenigen Parastichen fortpflanzen kann, in welchen sich die seit- lichen Organe berühren. Wir erhalten also zwei Komponenten, von denen die eine in der Richtung der Dreierzeilen (also z. B. von 27 aus in der Reihe 27, 24, 21 . . . .), die andere in der Richtung der Fünferzeilen (27, 22, 17 ) wirksam ist. Das Problem entspricht also vollständig der in der Mechanik behandelten Aufgabe über die Bewegung eines Dachstuhls mit ungleichen Sparrenlängen. In unserm Beispiel stellt Organ 27 die Spitze, die beiden Kontaktzeilen 27, 24, 21 ... , und 27, 22, 17 ... . die Sparren Fig. 33. 33. Schema der ^-Stellung für kreis- förmige Organe. Nach Schwekdener. Fig. 34. Stellung der Organe, wie sie durch longitudinalen Druck aus Fig. 33 entsteht. Nach SCHWENDENER. des Dachstuhls dar. Auch olme die mathematische Lösung des Problems zu verfolgen, kann man sich leicht an der Hand von Konstruktionen oder einem aus Pappschachteln zusammengesetzten Modell davon überzeugen, dafs durch den longitudinalen Druck sich der Winkel des Dachstuhls vergröfsern und die Fufspunkte auseinander rücken müssen. Hierbei wird die Spitze des Dach- stuhls sich nicht nur senken, sondern auch eine seitliche Verschiebung in der Richtung nach dem längeren Sparren erleiden. Eine verläutige Grenze dieser Verschiebung ist in unserm Beispiel erreicht, wenn der Kreis 37 auf 29 stölst und sich der Winkel zwischen den Dreier- und Fünferzeilen auf 120^ ver- gröfsert hat (vgl. Fig. 34). Es berühren sich jetzt die Kreise nicht nur auf den Dreier- und Fünferzeilen, sondern auch auf den Achterzeilen (z. B. 27, 19, 11 . . . .). Bei weiterem Druck hört sodann der Kontakt auf den Dreier- zeilen auf; die Fünfer und Achter bilden einen neuen Dachstuhl, der in ähn- licher Weise, wie der bisher wirksame, sein Spiel beginnt. Da jedoch jetzt der längere Sparren auf der entgegengesetzten Seite liegt, so müssen auch die seitlichen Verschiebungennach der entgegengesetzten Seite hin stattfinden. Wenn § 2. Ötellungsverhältnisse der Organe au radiären Achsen. 63 der Öffiiungswinkel wiederum 120 '^ erreicht, treten die Dreizelniei'zeilen als Berührungsliuien hinzu, während bei fortdauerndem Druck der Kontakt zwischen den Organen der Fünferzeilen aufhört ; Achter und Dreizehner l)ilden' fortan den Dachstuhl. So wiederholt sich immer das gleiche Spiel, solange der longitudinale Druck andauert. Nacheinander kommen die 21er, 34er, 55er etc. zur Mitwirkung. Infolge dieser wechselnden Kombination der Reihen bewegen sich also die einzelnen Organe langsam hin und her, sie schwingen gleichsam um eine mittlere Lage, Diese Schwingungen nehmen jedoch von Stufe zu Stufe an Gröfse ab, weil die Basis des wirksamen Dachstuhls mit jedem Wechsel der Kontaktlinien auf einen immer kleineren Bruchteil der ur- sprünglichen Gröi'se heruntersinkt. Von Schwendener ist der genauere Ver- lauf dieser Schwingungen durch Rechnung bestimmt worden. Geht nmn von der i -Stellung aus, so nähern sich die Oscillationen innner mehr und mehr dem "bekannten Grenzwert von 137*^ 30' 28". Die Divergenzen durchlaufen successive alle möglichen Zwischenwerte zwischen 180^ und diesem Grenz- wert. Hierbei kommt den Gliedern der ScHiMPER-BRAUNschen Divergenzreihe 1 1 2 ^ j5^ ^ 13 Y' Y' T' 8 ' 13' 21' 34 ' ' * ' nur insofern eine besondere Bedeutung zu, als sie als successive Näherungs- werte des Kettenbruchs 1 2 + 1 1 + 1 1+. . ., durch den sich bekanntlich der oben angegebene Grenzwert darstellen läfst., die wirklichen Divergenzen annähernd" mit den kleinsten Zahlen darstellen. Was an einem Beispiel für die Stellungen der Hauptreihe abgeleitet wurde, gilt im allgemeinen auch für jedes andere Spiralsystem. Stets bewirkt ein longitudinaler Druck eine allmähliche Annäherung au einen gewissen Grenz- wert. Dafs ein longitudinaler Zug Verschiebungen in gerade entgegengesetzter Reihenfolge hervorrufen mufs, bedarf gleichfalls wohl nur der Erwähnung, Wir hatten bisher der Einfachheit wegen angenommen, dafs der Durch- messer der seitlichen Organe konstant und nur der Umfang des Mutterorgans variabel sei. Diese Voraussetzung trifft nun aber in Wirklichkeit nicht zu : die Sprosse wachsen stets so stark, dafs der gegenseitige Al)stand auch in longitudinaler Richtung allmählich gröfser wird. Während also der ANnikel des gegebenen Dachstuhls sich infolge der überwiegenden Dickenzunahme des Stammes mehr und mehr öftnet, verlängern sich zugleich die beiden Sparren. Statt einer Senkung des Scheitels, wie sie im vorhergehenden geschildert wurde, erfolgt also thatsächlich eine allmähliche Steigerung der Giebelhohe. Die seitlichen Oscillationen werden aber auch in diesem Falle genau die gleiche Gröfse erreichen, da sie nur von dem gegenseitigen Verhältnis der Sparrenlängen abhängen. . Die bisher vorausgesetzte Kreisform der seitlichen Organe hndet sicli in der Natur zwar in vielen Fällen, so besonders in der Blütenregion, fast voll- kommen verwirklicht. In zahlreichen andern Fällen aber, in denen die Organe mehr in die Breite gezogen oder in die Länge gestreckt erscheinen, ist die Übereinstimmung nicht ohne weiteres zuzugeben. Haben die Organe elliptische Querschuittsform, so läfst sich durch folgende Überlegung eine Losung des Problems herbeiführen. Wir können uns ein elliptisches System dadurch ent- standen denken. daCs wir ein für kreisförmige Organe konstruiertes Schema aut 64 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverliältni.sse. eine schief gestellte Ebene projizieren. Betrachten wir z. B. die Schatten- bilder, welche durch die Sonnenstrahlen von einem Kreissvstem entworfen werden, so können wir uns leicht davon überzeugen, wie bei geneigter Pro- jektionsebene die Kreise in Ellipsen von unter sich gleicher Excentricitcät übergehen. Der Üffnungswinkel der Sparren erleidet hierbei zwar bedeutende Yeränderungen ; ebenso wird die Giebelhöhe bei quergestellten Ellipsen ver- kürzt, bei aufrechtstehenden vergröl'sert ; die seitlichen Oscillationen aber bleiben in beiden Fällen dieselben wie für kreisförmige Organe. Ähnliches gilt auch für andere geschlossene Figuren von regelmäfsiger Gestalt , solange die Queraxen horizontal gestellt sind. Für schief liegende Axen ergeben sich dagegen auch bezüglich der seitlichen Verschiebungen kleine Abweichungen. Doch bleibt der Hauptcharakter der Oscillationen auch in diesen Fällen der- selbe. Übrigens kommen auffallend schief gestellte Organe in der Natur ver- hältnismäfsig selten vor. Nur wenige Organe behalten während des ganzen Verlaufs ihrer Ent- wicklung die gleiche Form ; die meisten zeigen erhebliche Veränderungen, die teils durch aktives Wachstum bedingt werden, teils auf passiven, durch den gegenseitigen Druck veranlafsten Abplattungen beruhen. In manchen Fällen erreichen diese bekanntlich einen so hohen Grad, dal's die rundlichen Quer- schnittsformen der Anlagen schon frühzeitig in Polygone übergehen, die ohne Zwischenräume aneinander schlielsen. Beispiele hierfür bieten viele Koniferen- zapfen und Kompositenköpfchen, der Fruchtstand der Ananas u. a. In diesen Fällen tritt häufig längere Zeit hindurch eine Berührung der Organe nach drei Richtungen hin ein. Es ist dann also gewissermafsen ein Dachsluhl mit drei Sparren wirksam. Wie Schwendener gezeigt hat, erleiden alsdann die seit- lichen Verschiebungen im allgemeinen eine Verkleinerung; es findet die An- näherung an den Grenzwert mit geringeren Oscillationsweiten statt. Nachdem wir uns im vorhergehenden mit den nachträglichen Verschie- bungen beschäftigt haben, die ein gegebenes Stellungssystem im Laufe der Entwicklung erfährt, wenden wir jetzt unsere Aufmerksamkeit dem Zustande- kommen jener ursprünglichen Stellung zu. Beobachtungen am Scheitel lehren, dafs die neuen Organe stets im Anschlufs an die vorhergehenden in akropetaler Reihenfolge augelegt Averden. Hofmeister ^) hat zum erstenmal den Versuch gemacht, diese Thatsache mechanisch zu erklären, indem er den Satz aufstellte, dafs die neuen Organe in der gröfsten Lücke entstehen, welche die schon vorhandenen zwischen sich lassen. Wenn dieser Satz nun auch in der ausgesprochenen Form eigentlich nicht zutrifft, so mufs doch anerkannt werden, dafs Hofmeister richtig erkannt hat, dafs die Stellung der neuen Organe durch die der älteren bedingt wird. Von Schwendener sind diese Verhältnisse an zahlreichen Beispielen eingehend untersucht worden. Überall zeigte es sich, dafs die jungen Organe im Kontakt mit den älteren angelegt werden. Um Mifsverständnissen vorzubeugen, sei noch besonders hervorgehoben, dafs dieser Kontakt an den jugendlichen Blatthöckern im all- gemeinen nur auf zwei Parastichen statthat , dafs dagegen auf den Ortho- stichen der Regel nach keine Berührung vorhanden ist. Selbstverständlich kann man von einem buchstäblichen Kontakt der Anlagen nicht eher sprechen, als bis dieselben sich über die Oberfläche des Mutterorgans erheben. That- sächlich sind die jüngsten Stadien seitlicher Organe aber schon früher mikro- skopisch erkennbar. Man sieht ihre Bildungscentren in gewissen Abständen voneinander entstehen, so dafs also jeder Anlage ein bestimmtes Entwick- ^) WiLH. HoFMEisTEK, Allgemeine Morphologie der Gewächse. Handbuch der physio- logischen Botanik I. Bd. 2. Abtlg. Leipzig 186«. § 2. Stellungsverhältnisse der Organe an radiären Achsen. 65 lungsfeld entspricht, das sie im Verlauf ihrer Ausgestaltung vollkommen aus- füllt, aber nicht überschreiten kann, Aveil die benachbarten Anlagen die ihnen zugemessenen P'elder ebenfalls vollständig beanspruchen^). Dafs diese Ent- wicklungsfelder eine bestimmte und, solange die Organe gleichartig sind, nahezu konstante Gröfse besitzen, ist eine morphologisch gegebene Tliatsache, die nicht weiter erklärt werden kann. Ebenso ist die gegenseitige TJerührung dieser Entwicklungsfelder und der dadurch bedingte Kontakt der jugendlichen Organe als gegeben zu betrachten. Die relative Gröfse der Anlagen und ihr Kontakt mit vorhergehenden Organen sind somit die niori)liologischen Grundlagen, auf welchen sich die ScHW^ENDENERsche Anschlufstheorie aufbaut. Es wurde schon oben erwähnt, dafs dieser Kontakt stets auf Parastichen zu beobachten sei, dagegen der Regel nach auf den Orthostichen fehle. Eine Ausnahme hiervon machen unter den Phanerogamen nur die dreikantigen Kakteen^). Bei ihnen sind die drei Orthostichen zugleich Kontaktzeilen, während eine seitliche Berührung selbst bei den allerjüngsten Blattanlagen nicht zu konstatieren ist. Es mufs mithin in diesem Falle die Rii)i)enbildung, obschon sie erst unterhalb der obersten Blattanlagen beginnt, einen bestim- menden Einflufs auf die Vorgänge am Scheitel ausüben. Übrigens ist das Fehlen des seitlichen Kontakts nur für die dreikantigen Formen sicher nach- gewiesen ; bei den vierkantigen und noch mehr bei den vielkantigen Kakteen- sprossen kommt es auch in seitlicher Richtung zur Berührung der jungen Anlagen. Bekanntlich linden sich nicht selten auch an dem nämlichen Sprofs Änderungen in der Zahl der Kanten. Zwischen drei Rippen kann z. B. plötzlich eine vierte hinzutreten, oder aber eine Rippe hört mit einem bestimmten Blattkissen auf. Selbstverständlich sind mit solchen Übergängen auch Än- derungen der Blattstellung verknüpft ; doch sind es nicht mechanische Momente, welche in diesem Falle die Änderung herbeiführen, sondern Verhältnisse morphologischer Art. Nach den interessanten Untersuchungen von Vöchting ^) ist die Form der Kakteensprosse in auffallender "Weise von der Intensität der Beleuchtung abhängig. Während bei den Phanerogamen, von der eben besprochenen Ausnahme abgesehen, alle Punkte des Scheitels in gleicher Weise befähigt sind, das Centrum eines neuen Bildungsherdes zu werden, finden sich bei gewissen Kryptogamen bestimmte Beziehungen zwischen den Stellungsverhältnissen der seitlichen Sprossungen und den Teilungsvorgängen am Scheitel. In erster Linie sind hier die Moose zu nennen, bei denen bekanntlich aus jedem Segment, das von der Scheitelzelle abgeschnitten wird, ein Blatt hervorgeht. Dagegen findet schon bei den G e fäf skrypto gamen nicht mehr eine Ab- hängigkeit der Blattstellung von den Zellteilungen des Scheitels statt. Man kann sich z. B. an Farnstämmen leicht davon überzeugen, dafs die Spirale, in welcher die Segmente der Scheitelzelle aufeinander folgen , keineswegs immer mit der Blattspirale gleichgerichtet ist. Es kommt Gleichläufigkeit und Gegenläufigkeit ungefähr gleich häufig vor. Ein lehrreiches Beispiel bietet ferner Struthi opteris germanica. Hier ist die Scheitelzelle zwei- ') S. ScHWENDENER, Die jÜDgsten Entwickelungsstadien seitlicher Organe und ihr Anschlufs an bereits vorhandene. Sitzungsber. d. Berliner Akademie d. Wissensch. 1895 p. 645—663. 2) S. ScHWENDENER, Zur Kenntnis der Blattstellungen in gewundenen Zeilen. Sitzungs- beritiht d. Berliner Akad. d. Wissensch. 1894 p. 974. 3) Herm. Vöchting, Über die Bedeutung des Lichtes für die Gestaltung blattförmiger Kakteen. Zur Theorie der Blattstellungen. Pringsh. Jahrb. XXVI 1894 j). 438 flF. Goebel, Organographie der Pflanzen. O 66 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. schneidig, während die Blätter in spiraliger Anordnung mit Divergenzen der Hauptreihe auftreten^). In einem früheren Abschnitt haben wir die Verschiel)ungen kennen ge- lernt, welche die Organe im Laufe der Entwicklung nacheinander durchlaufen, wenn das Verhältnis ihrer Gröfse zum Umfang des Mutterorgans durch ungleichmäfsiges Längen- und Dickenwachstum verändert wird. Ganz ana- loge Stellungsänderungen müssen aber auch ein- treten, wenn die relative Gröfse der seitlichen Organe sich aus anderen Gründen ändert. Wenn z. 1). bei einer Pflanze in einem bestimmten Entwicklungszustande die seitlichen Organe all- mählich kleiner werden , wie dies etwa beim Übergang von der Laubblatt- zur Blütenregion der Fall ist, oder wenn die Organe zwar gleich grofs bleiben, dafür aber die gemeinsame Achse an Umfang zunimmt , so werden Stellungsände- rungen stattlinden, die im wesentlichen mit den durch longitudinalen Druck hervorgerufenen Ver- schiebungen übereinstimmen. Nur besteht der Unterschied , dal's die Änderungen , welche in letzterem Falle an denselben Organen nach einander eintreten mufsten, hier an ver- schiedenen Organen neben einander zu be- obachten sind. Fig. 35 veranschaulicht die Wirkung all- mählicher Gröfsenabnahme für kreisförmige Or- gane. Im untern Teile der P'igur, bei A, stehen die 3er- und 5ei'-Zeilen in Kontakt und schneiden sich ungefähr rechtwinklig , ebenso bei B die 5er- und 8er- Parastichen, während bei C die 8er- und 13er-Zeilen sich berühren, aber noch unter schiefem Winkel aufeinander treffen. Da- zwischen finden wir bei a und ß die Übergangs- stelluugeu, bei denen die Organe nach drei Rich- tungen in Kontakt stehen. Man sieht, wie der Reihe nach genau dieselben Stellungen und daher auch dieselben Divergenzen zu stände kommen, die "wir bei der Verschiebung gleich grofser Organe infolge vorwiegenden Dickenwachstums kennen gelernt haben. Wenn das Kleinerwerden der Organe sehr rasch erfolgt, so entstehen Gruppierungen, die eine besondere Betrachtung nötig machen. Je nach dem Grad der Gröfsenabnahme erhält man Anschlufsformen, die nach Schwendener als erste, zweite und dritte Übergangsfigur bezeichnet werden. Da jedoch Fälle der dritten Art im Pflanzenreich thatsächlich nur sehr selten vorkommen, so beschränken wir uns auf eine kurze Besprechung der beiden ersten Fälle. In Fig. 36 ist die erste Übergangsfigur wieder- Fig. 35. Zur Veranschaulichung der Wirkung der allmählichen Gröfsenabnahme für kreisförmige Organe. Nach Schwekdenkr. 1) S. Schwendener, Über Scheitelwachstum Berliner Akad. d. Wissensch. 1885 p. 927. und Blattstellungen. Sitzungsber. d. § 2. Stellungsverhältnisse der Organe an radiären Achsen. 67 gegeben. Es tritt in die durch die drei unteren Ellipsen gebildete Lücke ein Organ, welches zwei der Ellipsen l)orülirt, während ein zweites Organ mit diesem und der dritten Ellipse in Kontakt steht. Bei der in Fig. 36 gewählten Numerierung hört somit der Kontakt auf den 5er-Zeilen auf, tritt dagegen auf den 13er-Zeilen Fig. 36. Erste Übergangsügur nach SCHWENDKNER. Fig. 37. Zweite Übergangstigur nach SCIIWKNDENER. neu hinzu. Im Falle der zweiten Übergangsfigur, Fig. 37, befinden sich zwei Organe in der Lücke, ohne diese ganz auszufüllen, so dafs noch ein drittes Organ zwischen diese treten kann, ohne jedoch die unterste Ellipse zu berühren. Wie aus der Numerierung hervorgeht , hört in diesem Falle der Kontakt sowohl auf den 5er- als auch auf den 8er-Zeilen auf, kommt dagegen für die 13er und 21er neu zu stände. Das Vorrücken der Kontakt- zeilen findet hier also mit Über- springen einer ganzen Stufe von Zwischenstellungeu statt. Es schliefst sich gewissermafsen an die in Fig. 35 bei A gezeichnete Stellung sogleich die bei C an. Bemerkenswert ist es , dafs auch bei so rascher Gröfsenabnahme der Organe sich die Stellungsände- rungen in dem Geleise der ])etref- fendenrecurrenten Reihe vollziehen. Beispiele zu den geschilderten Verhältnissen liefern besonders die Kompositenköpfchen in der Re- gion, wo sich die ersten Blüten an die Hüllblätter anfügen, sowie die Basen von Coniferenzapfen bei dem Anschluls der Schuppen des Zapfens an die Brakteen des Stiels. Wir hatten uns bisher nur mit Spiralstellungen beschäftigt. Es erübrigt, noch einige Worte über Quirlstellungen hinzu- zufügen. Wenn man von den relativ selten vorkommenden gedrehten Quirlen (systenie bijuguö, trijugue etc. der Brüder Bravais) und einigen abweichenden Anordnungen innerhalb der Blüten absieht, kann als Regel bezeichnet werden, dafs die Glieder der einzelnen Quirle mit einander alternieren, d. h. dafs die Organe eines Kreises gerade in die Lücken zwischen den Gliedern des vorangehenden Kreises fallen. Die Kontakt- zeilen verlaufen in diesem Falle nach beiden Seiten unter gleichem Winkel, Fig. 88. Übergang fünfzähliger Quirle in Spiral- 2 Stellung nach -^, nach Beobachtungen an Araceen- kolben schematisiert. Nach Schwendener. QQ Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. bilden also einen Dachstuhl mit gleich langen Sparren, der somit zu seitlichen Verschiebungen keinen Anlafs geben kann. Ein Wechsel der Stellung mufs dagegen eintreten, sobald sich die relative Gröfse der Organe in der Richtung einer Parastiche ändert. Verschiebungen dieser Art beobachtet man häufig an den Kolben von A r a c e e n. In Fig. 38 ist ein solcher Fall in schematischer Weise wiedergegeben. Der untere Teil zeigt fünfzählige Quirle, der obere Spiralstellung 2 mit der Divergenz -— . ^Wie man sieht, ist jhier die Zahl der Organe eines vollständigen Umlaufs um eins kleiner als die doppelte Gliederzahl eines voran- gehenden Quirls. In analoger Weise wird durch entsprechende Zunahme der 2 relativen Gröfse der Organe auf viergliedrige Quirle eine — - -Spirale und all- ^ 2 gemein auf n-gliedrige Quirle eine Spiralstellung mit der Divergenz Jd n — 1 folgen. Wenn andererseits die relative Gröfse der Organe in der angegebenen Weise abnimmt, wird sich an viergliedi'ige Quirle eine Spiralstellung mit der 2 2 Divergenz -— , an fünfgliedrige mit der Divergenz ■— - und allgemein an n-glied- 9 11 2 rige Quirle eine Spirale mit der Divergenz ; — — anschliefsen. Häufig fin- ° 2 n -f- 1 den bei den A r a c e e n die Gröfsenänderungen aber auch in unregelmäfsiger Weise statt, so dafs nach mancherlei Übergängen auch Spiralstellungen anderer Reihen auftreten. Die A r a c e e n können noch zur Erläuterung einer weiteren Ursache der Stellungsänderungen als Beispiele dienen, nämlich des s'p rungweisen Kleinerwerdens der Organe. Es folgen bei diesen Gewächsen bekannt- lich auf die gröfse stengelumfassende Spatha die relativ kleinen Blüten ohne alle Vermittelung. Da nun die Spatha meistens schief inseriert ist, so können die ersten Bltiten, welche dicht oberhalb des Spathengrundes hervorspriefsen, unmöglich einen vollständigen Quirl oder den ganzen Umlauf einer Spirale darstellen. Wir werden uns daher nicht wundern , wenn wir regelmäfsigen Stellungen überhaupt erst in einiger Höhe über dem Grunde begegnen. Auch ist die gröfse Mannigfaltigkeit der Systeme , die sich an den Araceen-Kolben findet, nach der mechanischen Blattstellungstheorie durchaus verständlich. Die kleinen individuellen Abweichungen in Bezug auf Ansatz der Spatha und Gröfse der Blütenanlagen müssen bei der relativen Kleinheit derselben not- wendigerweise die verschiedensten Stellungsverhältnisse einleiten. Wenden wir uns jetzt zu den Eigentümlichkeiten, welche die Blattstellung bei der Verzweigung des Stammes darbietet. In dem selteneren Falle der dicho tomischen Verzweigung, wie sie besonders bei den Lycopo- diaceen zu beobachten ist, schliefsen sich die Blattanlagen der Gabelzweige unmittelbar an die des ungeteilten Zweiges an. Ist der Winkel, den die Gabelzweige miteinander bilden, ziemlich spitz, so dafs sich dieselben zunächst berühren, so kann natürlich an dieser Stelle keine Blattbildung eintreten. In- folgedessen entstehen hier Lücken in der Anordnung, die im einzelnen zu mancherlei Änderungen in der bisher verfolgten Stellung Anlafs ^geben können. Der Anschlufs vollzieht sich jedoch stets nach den Regeln der Juxta- position. Was sodann den häufigeren Fall der axillär en Verzweigung anbetrifft, so ist zunächst klar, dafs der Scheitel einer zwischen Muttersprofs und Trag- blatt eingekeilten Knospe in seitlicher Richtung im allgemeinen einen ge- ringeren Druck als in medianer Richtung erleidet. Es ist daher durchaus § 2. Stellungsverhältnisse der Orj^ane an radiären Achsen. 69 nicht überraschend, dafs die bei weitem häufigste Stellung der beiden ersten Blätter des Axillartriebs eine laterale ist, und erst die folgenden Blätter median oder mehr oder weniger schief gestellt sind. Bei resultierender Spiralstellung handelt es sich ferner um die Alternative, ob das dritte Blatt der Axillarknospe dem Tragblatte oder dem Stamm zugewandt hervorsprielse, sodann kommt die Verschiebung nach rechts oder links aus der Mediane in Betracht. Dafs die vordere und hintere Seite der Knospe im allgemeinen ungleichen Druckverliältnissen ausgesetzt ist, liegt teils schon in der Ungleich- artigkeit der Organe, von welchen der Druck ausgeht, teils in der morpho- logisch gegebenen Wachstumsrichtung der Knospe begründet. Je nach Um- ständen wird also bei einer bestimmten Pflanze zuerst auf der Aufsenseite, d. h. zwischen Knospe und Tragblatt, bei einer anderen zuerst auf der Innen- seite jenes Mafs von Druckverminderung eintreten, welches Bedingung der seitlichen Sprossung ist. Auch ist die Möglichkeit nicht aus- geschlossen, dafs bei derselben Pflanze bald die eine , bald die andere Seite die günstigere ist. Da es selbstverständlich unmöglich ist, die Gröfse des Druckes, welchem die Knospe auf der Vorder- und Hinter- seite ausgesetzt ist, dynamo- metrisch zu messen, so niufs man sich mit indirekten An- haltspunkten zu behelfen suchen. Man wird sich daher besonders auf die extremen Fälle zu stützen haben, bei denen die verschiedenen Druck- verhältnisse mit hinlänglicher Sicherheit übersehen werden können. Wenn die Wachs- tumsrichtung des Seitentriebs einen nahezu rechten Winkel mit der Hauptachse bildet, so wird schon sehr früh ein eigentlicher Kontakt zwischen dem Mutterstrahl und dem Stammscheitel der Axillarknospe aufhören, während derselbe offenbar mit dem Tragblatt noch längere Zeit bestehen bleibt. Es wird daher in diesem Falle das dritte Blatt notwendig auf die Innenseite fallen müssen. Und in der That nimmt bei allen Pflanzen, welche diesen Bedingungen genügen, das dritte Blatt ausnahmslos diese Stellung ein. Eine gröfsere Anzahl von Bei- spielen hierfür hat Schwendener besonders unter den Coniferen und Gras- s u 1 a c e en gefunden. Bei andern Pflanzen, deren Axillartriebe weniger senkrecht abgehen, zeigt sich dieses Verhalten, wie zu erwarten, nur stellenweise. Wenn die Axillarknospe in einem relativ spitzen Winkel aus dem Hauptstrahl hervor- spriefst, so ist das dritte Blatt ausnahmslos dem Tragblatte zugewandt. Es ist diese Stellung für die grofse Mehrzahl der Dikotylen charakteristisch. Die seitliche Abweichung des dritten Blattes wird durch Asymmetrie- verhältnisse des Blattwinkels bedingt. Als solche kommen hauptsächlich drei Momente in Betracht: 1. eine seitliche Verschiebung, welche das Tragblatt in Bezug auf die durch Stamm und Knospe gelegte Mediane darbietet, 2. eine schiefe Fig. 39. Querschnitt durch eine Axillarknospe von Solidago canadensis nebst Tragblatt. Vergr. 45 fach. Nach SCHWKNDENER. 70 Zweiter Abschnitt. Symnietrieverhältnisse. Insertion des Tragblattes und 3. der ungleiche Druck, den bei spiraliger Stellung die Blattbasen der oberhalb des Tragblatts stehenden Blätter des ]Mutter- sprosses auf die Axillarknospe ausüben. Die beiden ersten Arten von Asym- metrie tindeu sich besonders häutig ; dagegen ist der dritte Fall nur bei Coniferen, sowie an Blütenständen beobachtet worden. Um die Wirkung derartiger Asymmetrieverhältnisse an einem Beispiel näher zu verfolgen , be- trachten wir Fig. 39, welche einen Querschnitt durch die Axillarknospe von Solidago canadensis nebst zugehörigem Tragblatt darstellt. Die Mitte des Tragblattes liegt deutlich links von der durch Stamm und Knospe gehen- den Mediane (in der Figur durch die gerade Linie angegeben). Oftenbar wird daher auch auf dieser Seite das Tragblatt auf die Knospe einen gröfseren Druck ausüben als auf die rechte Seite. Mithin mul's auf letzterer das dritte Blatt (in der Figur mit 2 bezeichnet) hervorsprielsen. Auch das folgende, nach hinten fallende Blatt erscheint nach derselben Seite aus der Mediane verschoben. Wie man sieht, ist durch die Stellung des dritten Blattes die Wendung der Spirale vollkommen bestimmt; sie i^t im vorliegenden Falle linksläutig. Bezüglich weiterer Einzelheiten mufs auf die Originalarbeiten ^) verwiesen werden. Übrigens wird das Zustandekommen und die Wendung der Blattspirale auch an den S ä m 1 i n g s a c h s e n durch Asymmetrieverhältnisse veranlafst ^). So zeigen bei den Dikotylen häufig schon die beiden Kotyledonen kleine Ab- weichungen von der regelmäfsigen Opposition und veranlassen so bereits bei den ersten Laubblättern eine ausschlaggebende Anordnung. In anderen Fällen stehen dagegen die ersten Blätter in mehr oder weniger regelmälsiger Decus- sation, und erst allmählich erleidet diese Anordnung durch kleinere Unregel- mäfsigkeiten, wie sie bei organischen Gebilden ja stets za beobachten sind, eine Störung. Es folgt dann häutig eine Anzahl von Blättern in völlig regelloser Stellung, bis allmählich eine bestimmte Spiralstellung resultiert. Auch an A d v e n t i v z w e i g e n ist die Stellung der ersten Blätter von mechanischen Verhältnissen abhängig. Sehr lehrreich sind in dieser Beziehung experimentelle Untersuchungen, die vom Verfasser an Weidenstecklingen aus- geführt wurden'^). Beraubt man einen Salix-Steckling , nachdem er sieh be- wurzelt hat, aller Axillartriebe, so bilden sich meistens bald an den Schnitt- flächen Adventivsprosse. Man kann nun dadurch, dafs man den Wundtiächen verschiedene Gestalt giebt, die Basis der Adventivknospen mehrfach variieren und so ihren Einflui's auf die Stellung der ersten Blätter experimentell er- mitteln. Stets wird das erste Blatt an dem Orte des geringsten Widerstandes angelegt. Die Gründe für die Stellung der folgenden Blätter entziehen sich meistens einer genaueren Beurteilung. Sie stehen häutig durchaus regellos, und erst allmählich kommt, ähnlich wie an Sämlingsachsen, eine bestimmte An- ordnung zu Stande. Dafs bei so wechselnden Übergängen relativ häufig Stellungen der Haupt- reihe resultieren, ist teils von der relativen Gröfse der Organe, teils von der ^) S. ScHWENDENEK , Mechan. Theorie der Blattstellungen, p. 98 ff. — A. Weisse, Beiträge zur mechanischen Theorie der Blattstellungen an Axillarknospen. Flora 1889 p. 114 — 140. — Derselbe, Über die Wendung der Blattspirale und die sie bedingenden Druckverhältnisse an den Axillarknospen der Coniferen. Flora 1891 p. 58 — 70. ^) S. ScHWENDENER, Wechsel der Blattstellungen an Keimpflanzen von Pinus. Verh. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenburg, Sitzung v. 27. Juni 1879. — Bernh. Kosenplentek, Über das Zustandekommen spiraliger Blattstellungen bei dikotylen Keimpflanzen. Inaug.- Dissertation. Berlin 1890. ^) A. Weisse, Neue Beiträge zur mechanischen Blattstellungslehre. Pringsh. Jahr- bücher XXVI, 1894, p. 238 ff". § 3. Dorsiventrale Sprosse. 71 Basis abhängig , auf welclicr sich das System aufbaut ^). Es würde zu weit führen, sollte auf diese Frage hier näher eingegangen werden. Dafs bei bestimmten Pflanzenarten regelmäfsig Spiralstellungen, ])ei anderen zweizeilige Anordnung oder quirlige Stellungen der Blätter zu beobachten sind, ist in erster Linie durch die Form- und Gröfsenverhältnisse der jungen Blattbasen bedingt 2): Wachsen die Pdattanlagen frühzeitig vorwiegend in die Breite, d. h. in quer-tangentialer Richtung zum Stammscheitel, so dafs sie mehr als die Hälfte desselben umfassen, bevor das folgende Blatt hervorspriefst, so resultiert bei symmetrischer Ausbildung der beiden Blatthälften eine zwei- zeilige Anordnung. Findet andererseits das Wachstum der jugendlichen Blattanlagen vorwiegend in die Dicke, d. h. in radialer Richtung zum Stamm- scheitel, statt, so kommen im allgemeinen Stellungen in Blattpaaren und Quirlen zu stände. Die Zahl der Glieder jedes Quirls ist von der relativen Gröfse der Blattanlagen, sowie von den mechanischen Verhältnissen der Basis abhängig. So setzt z. B. die zAveigliedrige Dekussation an Axillarsi)rossen verhältnismäfsig grofse Blattanlagen und ungefähr gleiche Druckverhältnisse auf der Stamm- und Tragblattseite des Blattwinkels voraus. Die Spiral- stellungen endlich werden, wie ja bereits mehrfach zum Ausdruck kam, stets durch eine Asymmetrie eingeleitet, die entweder schon in der gegebenen Basis der betreffenden Axe vorhanden ist oder in ihrer weiteren Entwicklung in Wirksamkeit tritt. Das Dicken- und Breitenwachstum der jugendlichen Blattbasen pflegt in diesen Fällen von mittlerer Gröfse zu sein. Die schönen Resultate, welche die mechanische Blattstellungslehre auf dem Gebiete der Blütenmorphologie ^) aufzuweisen hat, müssen hier über- gangen werden. Es handelt sich bei ihnen weniger um principielle Fragen als um interessante Einzelheiten, über die sich gerade aus diesem Grunde nicht in Kürze referieren läfst. § 3. Dorsiventrale Sprosse. I. Verschiedener Ban von Ober- nnd Unterseite. Die Verschiedeulieit von Rücken- und Bauchseite dorsiventraler Sprosse kauu sich verschieden äulsern , zunächst darin, dafs die i)eiden Seiten verschieden gebaut sind, wie bei dem Thallus eines Leber- mooses oder bei einem zweizeilig beblätterten Sprofs, an dem sämtliche Blattoherseiten nach ol)en , sämtliche Unterseiten nach unten gekehrt sind. In minder auffallendem Grade tritt die Dorsiventralität im Bau der Sprof Sachsen beblätterter Sprosse auf, doch ist sie auch deut- lich nachweis'bar. Dies zeigt sich teils in der Gestalt, teils im anatomi- ^) S. ScHWENDENER, Zur Tlieoric der Blattstelhmgen. Sitzuugsber. der Berliner Akad. d. Wissenseh. 1888 p. 750 — 755. — A. Weisse, Neue Beiträge zur niechanisclien Blatt- stellungslehre. Pringsh. Jahrb. XXVI, 1894, p. 256—266. 2) A. Wehse, a. a. O. S. 236—294. ^) S. ScHWENDENER, Mechanische Theorie der BlattsteHungen. p. 107 — 126. — K. Schumann, Blütenmorpliologische Studien. Pringsh. .Jahrb. XX, 1889, p. 349—426. — Derselbe, Neue Untersuchungen üb. den Blütenanschlufs. Leipzig 1890. — Derselbe, Morpho- logische Studien. Heft I. Leipzig 1892. — A. Weisse, Die Zahl der Randblüten an Kompositenköpfchen in ihrer Beziehung zur Blattstellung und Ernährung. Pringsh. Jahr- bücher XXX, 1897, p. 453-483. 72 Zweiter Abschnitt. Symnietrieverhältnisse. scheu Bau. Die Achsen der blattähnlichen Sprosse von Phyllanthus lathyroides sind oben abgeflacht, wie viele Blattstiele, deren Bau sich auch der der Achsen mancher dorsiventraleu InHorescenzen anschliefst '). Ebenso zeigen sich die dorsiventraleu Achsen von Hypnum spleudens auf der Oberseite abgeflacht, betrefts des Verhaltens der Lycopodien ist das unten Mitzuteilende zu vergleichen. An den orthotropen Sprossen der Bäume ist der Holzkörper gewöhnlich radiär entwickelt. Plagiotrope Seitenäste zeigen sehr häufig die Erscheinung, die von C. Schimper^) als Epi- und Hyponastie bezeichnet worden ist: der Holzkörper wächst auf der nach oben oder der nach unten gekehrten Seite stärker in die Dicke, so dafs das Mark eine excentrische Lage erhält. Es seien die Thatsachen für die plagiotropen Sprosse von Holz- priauzen (nach Wiesneks Zusammenfassung) hier kurz erwähnt: 1. Die Coniferen sind hyponastisch. 2. Laubhölzer mit schwacher oder mangelnder Anisophyllie zeigen anfangs einen radiären, später einen epinastischen und schliefs- lich einen hypouastischen Holzkörper. 3. Bei Laubhölzern mit starker Anisophyllie tritt anfangs Hyponastie, dann Epinastie und schliefslich wieder Hyponastie ein. 4. Bei manchen Holzgewächsen (Lycium barbarum, Berberis vul- garis) bleiben die Achsen radiär. Welche Ursachen es sind, welche die Epi- und Hyponastie bedingen, ist ganz unbekannt; klar ist nur, dafs der plagiotrope Wuchs die Ver- anlassung dazu giebt. Nicht allein im Holzkörper prägt sich die Er- scheinung einer verschiedenen Förderung von Ober- und Unterseite aus, auch in anderen Wachstumsdifterenzen. Sehen wir ab von dem Ver- halten der sekundären Rinde bei manchen Holzpfianzen. so ist hier zu nennen das verschiedene Verhalten des peripherischen Grund gewebes bei jungen Sprossen auf der Ober- und der Unterseite. Die kriechenden Sprosse von Nuphar luteum sind in der Endknospe radiär, werden aber später (wie in Abschnitt V gezeigt werden soll, unter dem Einflufs ein- seitiger Beleuchtung) dorsiveutral und kriechen auf dem Boden. Die Blattnarbeu sind auf der Unterseite weit auseinander gerückt, auf der Oberseite nicht. Ähnlich, nur nicht so stark, ist es bei den Nadeln mancher Nadelhölzer (Fichte, Taxus u. a.), auch bei den plagiotropen Sprossen von Elatostemnia und Goldfussia anisophylla. IL Stelinngsverhältnisse. Zweitens äussert sich die dorsiveutrale Ausbildung darin, dafs die S t e 1 1 u n g s V e r h ä 1 1 u i s s e der Seitensprossungen auf den beiden Seiten verschieden sind. Als Rückenseite bezeichnen wir bei kriechenden . kletternden und schwimmenden Sprossen die Oberseite, die Unterseite als Bauchseite. Mit der Verschiedenheit dieser beiden Seiten hängt offenbar eine Eigentümlichkeit des Vegetationspunktes zu- sammen, die wir bei einer Anzahl dorsiventraler Sprossen aus den ver- ^) Vgl. GoEBEL, Über die Verzweigung dorsiventraler Sprosse. Arb. d. bot. Instituts in Würzburg, herausgeg. von J. Sachs. Hd. II p. 430. 2) C. ScHiMPER, Amtlicher Bericht der naturforsch. Versammlung in Göttingen 1854; Hofmeister, Aligemeine Morphologie p. 604: Kny, Über das Dickenwachstum des Holz- körpers etc. (Sitzungsber. d. Ges. naturforsch. Freunde zu Berlin 1877); Wiesner, Unter- suchungen über den Einflufs der Lage (Sitzungsber. der Wiener Akad. 1892|. Wiesner hat statt der Ausdrücke Epinastie und Hyponastie Epitrophie und Hypotrophie vor- geschlagen, da die ersteren auch in anderem Sinne verwendet worden sind. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 73 sehiedensteu Abteilungeu des Pflanzenreichs antreffen , nämlich seine starke Eiukrümmung oder Einrollung, eine Eigentümlichkeit, die zum Schutze des embryonalen Gewebes dient und sich in derselben Weise bei den Blättern der Farne, Droseraceen etc. flndet. Fig. 40 giebt ein Beispiel eines solchen eingerollten Vegetationspunktes einer Alge (in noch stärkerem Mal'se eingerollt ist der von Polyzonia jungermannoides) ; unter den Muscineen bieten Mastigo- bryum und Hypnum crista castrensis, unter den Gefälskryptogameu Azolla, unter den Samenpflanzen Utricularia (die wasserbewohnenden Arten) Bei- spiele dafür. Fig. 40. Cliftonaea pectinata. Spitze eines der dorsiventralen Sprosse. Fig. 41. I Kiella Battandieri; oberer Teil eines Pflänzchens (vergr.). Bei $ Stelle eines ( entleerten) Antheridiuras, bei $ junges Sporogon; v Vegetationspunkt. li Schema von Riella. III Schema anderer thallosen Lebermoose (im Quer- schnitt der Thallus). Meist läfst sich die Dorsiventralität vegetativer Sprosse in deutliche Beziehung zu den Lebensbedingungen, speciell der Lage der Organe, bringen, was aus den unten anzuführenden Beispielen ohne weiteres hervor- gehen wird. Indes leuchtet eine solche Beziehung vorläufig noch nicht überall ein, was auf unserer unvollständigen Kenntnis der Lebens- verhältnisse der betreffenden Pflanzen beruhen mag. übrigens ist es 74 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhaltnis.se. auch sehr wohl denkbar, dafs dorsiventrale Gestaltimg aus „inneren" Ursachen auftritt, ohne direkte Beziehung zur Aufsenwelt. Ein solcher Fall liegt vielleicht vor bei einigen Meeresalgen, bei denen wir freilich vielfach die Beziehung zur Umgebung noch sehr wenig kennen, Rytiphloea pinastroides \) hat z. B. an den frei im Wasser befindlichen, nicht kriechenden Trieben dorsiventrale , schneckenförmig eingerollte Sprofsenden. Auf den Flanken stehen (gegen die konkave Seite hin) die Seitensprosse, auf der konvexen einfacher gebaute Kurztriebe („Blätter"). Diese, sowie die Einrollung schützen den Vegetationspunkt; ich mufs aber dahingestellt sein lassen, ob dies die einzige biologische Bedeutung der Dorsi- ventralität ist. Die in Fig. 40 abgebildete Floridee zeigt die eine Seite als Flügel ausgebil- det ; offenbar steht Fig. 42. Thuya occiden- talis. Schema der Zweig- stellung an einem t^eiten- sprofs: die ersten Äste dritter Ordnung stehen auf der der Hauptachse zu- gewandten Seite der Äste zweiter Ordnung. Fig. 43. Antithamnion (Pterothamnion) Plumula. Thallu.sstück, stark vergr. (Erklärung im Text.) Die kleinen, eigentümliche Inhaltskörper einschliefsenden Zellchen sind absichtlich weg- gelas.sen. derselbe vertikal in Protilstellung. Eine merkwürdige Parallelbildung damit zeigt die Lebermoosgattung Riella (Fig. 41). Auch hier sind die Sprosse eigentlich dorsiventral, aber die Rückenseite ist nicht wie sonst bei dorsiventralen Lebermoosen flach, sondern als Flügel — also gleichfalls in Profilstellung — ausgebildet (Genaueres im spez. Teile). Und auch bei Blättern finden wir ganz ähnliche Vorgänge: die Blattfläche von Fissidens und Iris entspricht dem Flügel von Cliftonaea und Riella. ') Vgl. darüber und einige andere analoge Fälle: Ambronn, Über einige Fälle von Bilateralität bei den Florideen. Botan. Zeitg. 1880 p. 160. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 75 Bei Seitensprossen (und seitlichen Gliedern überhaupt) tritt sehr häutig eine dorsiventrale Ausbildung auf, die in bestimmter Beziehung zum Hauptsprosse steht, ohne dal's es bis jetzt möglich wäre, diese Be- ziehung anders als rein äulserlich — räumlich — festzustellen. Fig. 42 zeigt ein einem Einzelfall nachgebildetes Schema der Verzweigung eines Sprosses von Thuya occidentalis. Es erhellt, dals jeder Seitensprois zu- nächst dorsiventral ist. insofern seine ersten 3—5 Auszweigungen nur auf der dem Muttersprols zugekehrten Seite auftreten , später stehen sie abwechselnd an den beiden Kauten, und zwar ist bei dieser anfäng- lich einseitigen Stellung weder au eine Beeintiussung durch Schwerkraft, noch durch Licht zu denken. Ganz Ähnliches findet sich bei manchen Fig. 44. Fig. 44. Spitze eines Langtriebes von Halopteris filicina. Vergr. Fig. 45. Fig. 45. Plocnmium coccineuni (vergr.). Die Seitencäste stehen immer nur auf einer Seite, der Wuchs ist sympodial. Bei ff^, H^, H^ Haftscheiben, mittelst deren die Ptianze sich an einer anderen Alge (i) festgehafiet hat. Algen (vgl. z. B. Fig. 44 von Halopteris filicina ^), die untersten Seiten- äste jedes primären Astes sind der Hauptachse zugekehrt, die folgenden alternieren ; ferner Fig. 46 von Euptilota (wo die äufsere Seite bevorzugt ist), und vielen Blättern. Wie noch zu betonen sein wird, ist ein Nutzen dieser Stellung insofern vorhanden, als bei Entwicklung der Zweige auf beiden Seiten eine Deckung derselben und somit eine Beeinträchti- gung ihrer Funktion stattfinden würde, über das ursprüngliche Zustande- kommen ist damit aber noch nichts ausgesagt. Besonders auffallend ist ') Bei Stypocaulqn fand Gevler (Zur Kenntnis der Sphacelarieen. Pringsh. Jaln-- bücher IV, 2) bei den Asten erster Ordnung den ersten Ast zweiter Ordnung in 44 Fällen 8 mal nach aufsen, 36 mal nach innen gerichtet, so dafs hier zwar eine bedeutende Bevor- zugung der inneren Seite, aber keine absolute Konstanz in der Stellung des ersten Astes ersichtlich ist. — Vgl. auch Bkkthold, Beitr. zur Morphologie und Physiologie der Meeres- algen. Pringsh. Jahrb. XIII. 76 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. der in Fig. 43 abgebildete Fall von Antitliamnion Plumula. Wir sehen hier Langtriebe und Kurztriebe (vgl. S. 29), die Kurztriebe stehen einer- seits in der Ebene des Papiers (und diese bilden das eigentliche Gerüst der Pflanze), anderseits auch oben und unten, die letzteren sind aber in viel geringerer Anzahl vorhanden und dienen, wie es scheint, nur noch zum Schutze der jugendlichen Teile, da sie namentlich an der Stelle sich finden, wo ein seitlicher Langtrieb sich bildet. Die Langtriebe zeigen nun zunächst, dafs die Auszweigungen auf der Aufsen- seite gefördert sind, auf den Innenseiten dagegen zurück- bleiben , während jeder Kurz- trieb nur auf der der Haupt- achse zugekehrten Seite Aus- zweigungen hervorbringt. Auch die in Fig. 46 abgebildete Alge zeigt von dem Langtrieb unten rechts deutlich eine Förderung der Aufsenseite. Wenn uns nun auch, wie erwähnt, die nächsten bewirken- den Ursachen dieser Erschei- nungen unbekannt sind, und man ähnlich wie bei der Gliede- rung vieler Blätter (vgl. unten) zunächst nur wird sagen kön- nen, dafs dadurch eine der vielen möglichen Konstruktio- nen zweckmäfsiger Raumaus- nützung erreicht wird, so er- scheint es doch nicht überflüssig, darauf hinzuweisen , dafs hier offenbar Beziehungen vorliegen, die bei niederen wie bei hoch- stehenden Pflanzen in derselben W^eise wiederkehren, und die schon deshalb zu eingehenderer Prüfung auffordern. Im folgenden sollen nun die wichtigeren Formen dorsi- veutraler Ausbildung besprochen werden. Eine strenge Trennung nach Kategorien ist kaum durch- führbar, die folgende Einteilung soll also lediglich von äuiserlicher Bedeutung sein. 1. Kriechende und kletternde Sprosse; 2. dorsiventrale Seitensprosse; 3. Anisophyllie. Die letztere Gruppe wird nur wegen ihrer weiten Verbreitung getrennt behandelt, denn Anisophyllie findet sich einerseits bei dorsi- ventralen Zweigen, anderseits auch bei kriechenden und kletternden Hauptsprossen. Eine andere Eigentümlichkeit mancher dorsiventraler Fig. 46. Euptilota Harveyi nach Cramek. Spitze eines Langtriebes. An jedem Gliede stehen zwei (ungleich grofse) Kurztriebe. Unten rechts hat sich ein Langtrieb entwickelt, dessen Seitenäste auf der der Hauptachse zugewendeten Seite im Wachstum zurückbleiben. § 3. Dorsiveutrale Sprosse. 77 Sprosse, das Auftreten asymmetrischer Blätter, wird bei Besprechimg der Symmetrieverhältuisse der Blätter zu behandeln sein. A. Kletternde und kriechen de Sprosse. Die Dorsiventralität derselben äussert sich zunächst darin, dafs die Wurzeln sich auf der Bauchseite, der dem Lichte abgekehrten, sich linden . wie dies schon an einem Lebermoos-Thallus oder einem Farn- prothallium deutlich hervortritt und ebenso bei vielen höheren Pflanzen. Die Beziehung dieser Erscheinung zum Lichte wird später zu erörtern sein (Abschnitt Y). Eine zweite Stufe spricht sich darin aus, dafs bei dorsiventralen Sprossen die „Tendenz" herrscht, die Blätter auf die Ober- seite zu riicken, während die Seiteusprossen auf den Flanken bleiben. Dies tritt in merk- würdiger Übereinstimmung bei Pflanzen der verschiedensten Verwaudtschaftskreise auf. Wie so oft können wir auch hier zwei Fälle unterscheiden: ent- weder es erfolgt diese Organ- stellung wirklich im Yerhiuf der Eiuzelentwicklung, oder sie geschieht schon von vornherein am Vegetationspunkt. Für den ersten Fall sind zwei Beispiele von bilateralen Sprossen (mit zweizeiliger Blatt- stellung) anzuführen. Monstera deliciosa (eine Aroidee) besitzt kletternde Sprosse. Die Blätter derselben werden (hauptsächlich durch Torsion der Sprolsinter- uodien) so nach der Riickenseite hingeschoben, dafs sie scheinbar oft nur eine Blattzeile bilden. Ähnlich ist es bei den kriechen- den Sprossen von Acorus und Butomus. Der von Butomus umbellatus hat eine aufrechte Endknospe, in welcher die Blätter zwei- zeilig, die Anlagen der Seitenknospen vor der Blattmitte stehen. Am niederliegenden Teile des Rhizomes aber stehen die Blätter auf der Rückenseite in zwei einander sehr genäherten Reihen, die Bauchseite scheint von Blattinsertionen fast ganz entblöfst, sie trägt nur Wurzeln, und die Seitenknospen stehen am unteren Blattende auf den Flanken. Ganz ähnlich ist die Organstellung in der zweiten Kategorie von Fällen. Die Siphonee Caulerpa prolifera besitzt einen kriechenden Stamm, der auf seiner Unterseite Wurzeln, auf seinen Flanken Zweige, auf seiner Rückenseite Blätter trägt. Ebenso verhält sich die Floridee Herposiphouia , bei welcher auf der Rückenseite zwei Reihen Blätter, auf den Flauken Seitensprosse, auf der Bauchseite Wurzeln stehen; damit vollständig übereinstimmend sind die Stellungsverhältnisse bei den kriechenden Stämmen der Farne Marsilia und Pilularia. Fig. 47. Caulerpa prolifera. Habitusbild. Die kriechende Sprofsac.lise(a) trcägt oben die Blätter (i), unten die Wurzeln (>•). Lehrb. 78 Zweiter Abschnitt. Svminetrieverhältnisse. Andere kriechende Farnstämme, wie die von Lygodium i)almatiim, Polypodium Heracleum , P. quercifolium*), haben die rückeustäudigen Bhittzeilen so genähert, dafs sie wie eine einzige aussehen, während bei Polypod. taeniosuni auf der Rückenseite allein die in Parastichen geordneten Blätter dicht gedrängt stehen. Die von Klein untersuchten Keimpflanzen von Polyp. Heracleum zeigten zweizeilige Blattstellung (mit einer Divergenz der Blattzeilen von etwa 45*^ auf der Rlickenseite), so dafs also an ihnen die Dorsiven- tralität weniger scharf ausgeprägt ist als an den älteren Pflanzen, welche einzeilige oder nahezu einzeilige Blattstellung haben. Bei allen diesen Farnen ist die Dorsiventralität schon im Vegetationspunkt bestimmt, beruht also nicht auf nachträglicher Verschiebung. Die Seitensprosse dieser Farne stehen den Flanken genähert. Ganz analoge Stelluugsverhältnisse finden sich unter den Phanerogamen bei den Begoniaarten mit dickfieischigen kriechenden Stämmen. Auch die dem Substrat angeschmiegten Podosteniaceen zeigen vielfach dorsiventrale Ausbildung-), und andere Beispiele werden sonst noch gelegentlich im Verlaufe der Darstellung zu erwähnen sein (z. B. das von IS^upliar luteum oben Angeführte). Indes genügen die erwähnten Thatsachen. um zu zeigen, wie weit verbreitet dorsiventrale Ausbildung bei kriechenden resp. kletternden Sprossen von Pflanzen aus den verschiedensten Ver- Fig. Querschnitte zweier flacher, dorsiventraler, auf Baumrinden kriecliender Farn- stämnie. I Acrostichum scandeus. // Polypodium Schomburgkianum. wandtschaftskreisen ist. Dafs das erörterte Stellungsverhältnis dasjenige ist, welches als das vorteilhafteste zu bezeichnen ist, ist klar. Die Blätter werden am einfachsten, ohne Drehungen u. s. w.. an das Licht gelangen, wenn sie der Oberseite der kriechenden oder kletternden Sprosse genähert sind, für die Wurzeln ist die Stellung auf der Unter- seite die l)este, und da die sämtlichen Sprosse dem Substrat augedrückt sind, ist auch die Flankenstellung der Zweige teleologisch ohne weiteres verständlich. Manche kriechenden und kletternden Sprofsachsen zeigen eine mehr oder minder grofse Abfiachung. Die Ursachen derselben sind nicht untersucht, möglicher Weise ist (wenigstens in manchen Fälleu) das Licht dabei beteiligt; es sei besonders auf die im Abschnitt V anzuführenden Beispiele hingewiesen, avo bei Wurzeln eine Abfiachung unter dem Einfinfs des Lichtes erfolgt, und dadurch dorsiventrale Struktur bedingt wird. In manchen Fälleu erfolgt bei Sprofsachsen und Wurzeln eine Abflachung auf der dem Substrate anliegenden Seite offenbar dadurch, dafs die betreffenden Teile schon in jugendlichem plastischem Zustande ^) Vgl. betreffs der angeführten Polypodiumarten L. Klkin, Bau und Verzweio'uno- einiger dorsiventral gebauter Polj'podiaceen. Nova acta Acad. Leop. Carol. Bd. XLII Nr. 7. Halle 1881. ^) Vgl. darüber die Angaben von Warming und siehe S. II p. 331 ff.. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 79 sich dem Substrate anpressen (sei es infolge von negativem Helio- tropismus oder von anderen Ursachen). Ich habe auf diese Erscheinung bei manchen Orchideenluftwurzeln hingewiesen ^), sie ist aber auch z. B. bei Farnstämmen wahrscheinlich vorhanden , so bei Acrostichum scandens (wo auch die Lichtseite abgeflacht ist, Fig. 48); bei manchen, wie dem mit tlach krustenförmigen Sprolsachsen ausgerüsteten Polypodium Schom- burgkianum (Fig. 48, //), dürfte die Abflachung eine erblich gewordene sein, die krustenförmigen Sprofsachsen bieten hier den Wurzeln Schutz. B. Dorsiventrale Ausbildung der Seitensprosse. Wenn an einem orthotropeu Hauptsprofs sich Seitensprosse aus- bilden, so erlangen diese sehr häufig statt der radiären eine dorsiventrale Ausbildung. Es kann dies in sehr verschiedenem Grade und auf ver- schiedenem Wege erfolgen. Der Vorgang lälst sich unter folgende Gesichtspunkte bringen : 1. Veränderung der Stellung der Blätter; diese erfolgt a. durch Änderung der Blattinsertion, b. durch Drehung der Internodien oder der Blattbasis, c. von vornherein im Vegetationspunkt; 2. verschiedene Ausbildung der Blätter auf Ober- und Unterseite des Sprosses (Anisophyllie) (häufig mit den unter 1. angeführten Vorgängen zusammen vorkommend); 3. Auslnldung der Seitenzweige nur oder doch vorzugsweise auf den Flanken der Sprosse. Es genügt, einige Beispiele anzuführen. la. Die sämtlichen Sprosse unserer Eichenarten ^) (Quercus pedun- culata und Qu. sessilifiora) sind radiär nach -/s beblättert; die Seitensprosse sind dorsiventrale die Insertion der Blätter nämlich ist bei ihnen nicht quer, sondern geneigt zur Längsachse des Sprosses , ähnlich , nur nicht so stark wie bei " — • den zweizeiligen Sprossen von Tilia, Fagus etc. l;^ "^ \;n^ (Fig. 49). Betrachtet man einen Zweig von oben , so steht an den Blättern auf der linken Yio-. 49. Schema der Blatt- Seite der linke, auf denen der rechten der und Seitensprofsinsertion an rechte Rand tiefer als der andere. Blätter, dorsiventraien Zweigen von die genau oben inseriert sind, zeigen vielfach '^'^'^' ^'^s^^ e^. quere Einfügung (der Grad der schiefen Ein- fügung variiert übrigens auch bei den Seitenblättern sehr). Diese oberen Blätter sind auch mit fast gleichen Blatthälften versehen , während die anderen verschieden ausgebildete Blatthälften haben; auch die unten näher zu besprechende Erscheinung der Anisophyllie ist bei den Seiten- sprossen der Eiche schon bemerkbar, die also von vollständig radiärer Anlage im Verlaufe der Entwicklung zur (freilich nicht stark hervor- tretenden) dorsiventraien Ausbildung übergehen. 1 b. Bei Seitensprossen werden vielfach die Blattinsertionen in eine (annähernd horizontale) Ebene gebracht durch Internodiendrehung. Sämtliche Blattoberseiten sind dabei dem Lichte zugekehrt^). So besonders 1) Siehe S. II p. 351. 2) Vgl. WiGAND, Der Baum p. 45; Möhl, Morphol. Untersuchungen über die Eiche. ^) Vgl. Frank, Die natürl. wagerechte Richtung von Pflanzenteilen etc. Leipzig 1870. 80 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. auffallend bei Stiäuehern, deren Blätter in zweizähligen gekreuzten Quirlen stehen (Arten von Lonicera . Philadelplius. Deutzia). aber auch bei solchen mit zerstreuter Blattstellung z. B. Spiraeaarten. Ich habe früher schon darauf hingewiesen^), dafs. wenn sonst orthotrope Sprosse bei schwacher einseitiger Beleuchtung plagiotrop werden , sie dieselbe Erscheinung aufweisen, d. h. also durch Drehung der Internodien eine BlattHäche rechtwinklig zum Lichteinfall freistellen; dies zeigt Gentiana asclepiadea. wenn sie an Waldrändern wächst, besonders deutlich; aber auch bei vielen anderen Pflanzen läfst sich dieselbe Erscheinung be- obachten. Dafs in anderen Fällen die Drehung, welche die Blattflächen annähernd in eine Ebene bringt, durch die Blattbasen selbst ausgeführt wird (wie bei der „Scheitelung" der Tannennadeln), ist für das schlielsliche Resultat ohne Bedeutung. Bei den Nadelhölzern, welche diese mit der Nichtausbildung von Internodien im Zusammenhang stehende Erscheinung zeigen, tritt mit besonderer Deutlichkeit auch in der Verzweigung der dorsiventrale Charakter der Seiteusprosse hervor. Die Zweige höherer Ordnung entspringen ausschlielslich oder doch vorzugsweise den Flanken der Seiteusprosse, und dadurch kommen die flachen Verzweiguugssysteme zu stände, wie jedermann sie von den Ästen, z. B. der Tannen, kennt. Obwohl die Beeinflussung der Gestaltung durch äufsere Faktoren erst in einem anderen Kapitel zu besprechen sein wird , so möchte ich hier doch auf den lehrreichen Unterschied in dem Verhalten der Fichte''^) und der Tanne hinweisen. Bei der Tanne werden die Seitenknospen an den horizontalen Ästen alle von vornherein nur auf den Flanken angelegt (gelegentlich treten bei A. pectinata und anderen Abiesarten solche auch auf der Zweigunter- seite auf); bei der Fichte zeigen bei kräftigen, frei stehenden, also allseitig beleuchteten Exemplaren die oberen Seitensprosse des Haupt- stammes eine radiäre Anordnung der Zweige, die unteren nur die flaukenständigen und teilweise die auf der Aulsenseite entwickelt. Dafs dies durch Verkümmerung der beschatteten (auf der Zweig- oberseite entstandenen) Zweige geschehen ist. zeigt die That- sache, dafs, soweit ich gesehen habe, bei im Schlufs stehenden Fichten auch an den oberen Seiteuzweigen nur flaukenständige Verzweigung eintritt. Auch hier also sehen wir wieder, dafs l)ei der einen Pflanze (der Fichte) durch äufsere Einflüsse ein Gestaltungsverhältnis zu stände kommt, das bei anderen von vornherein vorhanden, erblich ist. Als eine Art Übergang von la zu Ib kann das Verhalten von Vaecinium Myrtillus betrachtet werden, das ich in folgender Weise fand^). Die Keimpflanzen der Heidelbeere bilden zunächst einen orthotropen, radiären Sprols, dessen Laubblätter in einer Divergenz stehen, die ich nicht näher bestimmt habe, die aber etwa ^/s betragen dürfte. Dieser Sprofs ist von begrenztem Wachstum, seine Endknospe verkümmert. An ihm treten Seitensprosse auf, die teils als Ausläufer in den Boden eindringen, und dann nur Niederblätter entwickeln, teils zu oberirdischen ^) Zur Morphologie und Physiologie des Blattes. Botan. Zeitg. 1880. ^) Vgl. auch H. Spencer a. a. O. p. 136. ^) Vgl. darüber auch Hofmeister, Allgem. Morphologie p. 627, von dessen Angaben meine Befunde mehrfach abweichen. Vor allem kann ich nicht zugeben, dafs die Blätter „aller oberirdisch sich bildenden Laubknospen in zweizeiliger Anordnung angelegt werden". Dafs dies nicht zutrifft, es vielmehr auf die Stellung der Knospen im Gesamtaufbau an- kommt, zeigt schon das Verhalten des orthotropen, radiären Keimsprosses. Man vergleiche den ganz analogen, unten näher zu schildernden Fall von Lycopodium complanatum. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 81 Sprossen sich gestalten, die ebenso wie die Ausläufer radiär sind und begrenztes Wachstum haben. Die Ausläufer treten nach einiger Zeit über die Erde und verhalten sich dann orthotrop. P]rst die Seitensprosse höherer Ordnung werden plagiotrop und zweizeilig beblättert und bringen ihrerseits Sprosse hervor, die sich ebenso verhalten. Untersucht mau aber eine derartige später zu einem zweizeilig beblätterten Sprosse auswachsende Knospe, so zeigt sich, dals die Blattstellung erst allmählich in die zweizeilige übergeht, und dafs die beiden Blattzeilen vielfach Fig. 50. Vaccinium Myrtillus. Links Querschnitt durch die Endknospen eines unterirdi- schen Ausläufers, rechts Querschnitt einer Achselknospe, die sich an dem plagiotropen Spross einer verdunkelten Pflanze entwickelt hat; die ßlattstellung ist nicht zweizeilig. Unregelmärsigkeiteu aufweisen. Zunächst kommen rechts und links an der Seiteuknospe die „Vorblätter" (Fig. 51), welche, mit einem Rande mit einander verwachsend, die Knospe einhüllen. Dann folgen zwei ebenfalls als Schutzorgane dienende (und dementsprechend bei der Ent- faltung der Knospen abfallende) Blätter, die ebenso gestellt sind, wie an den Knospen radiärer Sprosse , nämlich mit der Medianebene der zwei Blattzeilen annähernd gekreuzt. Die Figuren zeigen, wie die zwei- zeilige Stellung bei den späteren Blättern ganz oder annähernd erreicht Fig. 51. Vaccinium Myrtillus. Querschnitt zweier Seitenknospen, an denen nach den vier ersten Blättern zweizeilige Stellung eintritt. wird. Und zw^^r geschieht dies nicht, wie man meinen könnte, und auch ich früher vermutet habe^), durch Internodiendrehung, sondern durch ^) Vgl. Entwicklungsgeschichte p. 145. — "Was die Richtung der plagiotropen Heidelbeersprosse betrifft, so sind sie, wenn das Licht von oben einfällt, annähernd hori- zontal. Am Waldesrand, bei einseitiger Beleuchtung, findet man sie auch aufrecht, ihre „Oberfläche" dem Lichte zugewendet. Hier sei noch erwähnt, dafs der umgekehrte Fall, dafs nämlich aus einer V2-Stellung der Blätter eine radiäre {^k) Stellung hervorgeht, gleich- falls vorkommt. Es ist dies der Fall bei Liriodendron tulipifera, wo die Blätter in den Knospen nach 1/2, am entfalteten Sprofs nach 2/5 geordnet sind. Vgl. Eichler in Sitz.- Ber. des bot. Vereins der Provinz Brandenburg XXIL Goebel, Organographie der Pflanzen. D 32 Zweiter Abschnitt. Syninietrieverhältnisse. eine allmähliche Veigrörserung der Divergenz der neu entstehenden Blätter. Wäre nämlich das erstere der Fall, so könnten die jüngsten Blätter nicht, wie dies öfters sich nachweisen läfst, einander annähernd gegenüber stehen. Es handelt sich also um eine Beeinflussung des Vegetatious Punktes selbst, welche zur Änderung der Blatt- stellung führt, die übrigens nicht in allen Knospen gleichmäfsig vor sich geht und wahrscheinlich durch das Licht bedingt wird. (Vergl. Fig. 50, rechts.) In anderen Fällen ist eine direkte Änderung der Blattstellung im Verlaufe der Einzelentwicklung nicht nachweisbar oder doch in den zu erwähnenden Fällen nicht nachgewiesen. Ehe auf Einzelbeispiele eingegangen wird, sei nur hervorgehoben, dafs bei Seitensprossen zweierlei in Betracht kommt: einerseits ihre plagiotrope Stellung, andererseits ihre unter dem Einflufs des Hauptsprosses und ihrer Lage zum Erdradius erfolgende schw^ächere Ausbildung überhaupt, die an und für sich schon, ganz abgesehen von der Dorsiventralität, zu einer Verminderung der Blattzeilen führen kann. Von hierher gehörigen Beispielen seien genannt : Bei Castanea vesca stehen die Blätter au den Keimsprossen (der Hauptachse) und kräftigen Stockausschlägen nach ^/s. bei den Seitensprosseu nach V/2. Bei den Keimpflanzen von Corylus Avellana nach Vs, und schon die Seitenknospen dieser Achsen zeigen zwei- zeilig angeordnete Blattstelluug. Kräftige Triebe der Haselnufs (wie sie an der Basis der Sträucher sich nicht selten bilden) w-erdeu orthotrop und zeigen dann radiäre Blattstellung (nach V3). Arten einer und derselben Gattung können sich übrigens verschieden verhalten. Bei unseren ein- heimischen Birken sind alle Sprosse mit spiralig gestellten Blättern be- setzt , bei Betula lenta und B. nigra ^) dagegen nur der orthotrope Hauptsprofs, die Seiteusprosse sind zweizeilig beblättert; ebenso verhält sich Alnus viridis. (Über Alnus glauca vergl. Hofmeister, Vergl. Morph, p. 609 und 610). Analoge Fälle von succulenten Pflanzen, die besonders lehrreich sind, werden in dem Kapitel über Schwerkraftswirkuug zu be- sprechen sein. Denken wir uns bei den soeben besprochenen Bäumen die radiäre Hauptachse nur auf das Keimstadium beschränkt, so erhalten wir das oben erwähnte Verhalten von Carpinus, Ulmus, Tilia u. a., die späterhin nur noch aus zweizeilig beblätterten Seitensprossen bestehen. Wenn man das Verhalten einer Anzahl verwandter Pflanzen vergleicht, so liegt es nahe, die radiäre Blattstellung als die primäre, die zw^eizeilige als die unter dem Einflufs der seitlichen Stellung bei manchen Pflanzen zu stände gekommene zu betrachten ; sehen wir doch innerhalb einer und derselben Gattung (Betula) die Seitenäste bei den einen Arten zweizeilig, bei anderen radiär beblättert, und in der Gattung Corylus läfst sich gleichfalls eine Steigerung wahrnehmen, wenn wir Corylus Colurna mit radiärem ortho- tropem Hauptstamm vergleichen mit Cor. Avellana, wo die zw^eizeiligen plagiotropen Sprosse überwiegen, das Extrem bilden dann, wie schon erwähnt, Formen, bei denen die radiäre Ausbildung auf den Keimsprofs beschränkt ist, alle anderen ausgeprägt dorsiventralen Charakter zeigen. ^) Vgl. DöLL, Flora von Baden p. 527. Von krautartioen Pflanzen sei hier noch die Commelynee Callisia delicatula angeführt, deren Hauptachsen nach 2/5, deren Seiten- achsen nach '2 beblättert sind. Die Seitenachsen zeigen ihren dorsiventralen Charakter auch dadurch, dafs die Blätter auf der Unterseite genähert und schief sind. (Vgl. KoLDKRüP-RosENViNGK, Uudersegelser over ydret Faktorers Indflydelse etc. Kjöbenhavn 1888 S. 57.) Ähnlich verhalten sich andere Commelyneen, so Cj-anotis Kewensis Clarke. § o. Dorsiventrale Sprosse. 83 Dieser tritt l)ei Corylus, Carpiuus, Fagiis, Ulmus, Tilia 0 hervor, auch in der Stelhmg der Blätter und Seitenknospen. Die beiden Bhittreihen stehen einander niclit gegenüber, sondern sind auf der Unterseite der Sproisachse einander genähert. Die Blattinsertionen verlaufen ferner nicht quer zur Längsachse der Sprosse, sondern schief (Fig. 49), und zwar so, dal's dadurch die Blattoberseite schon schief nach oben gerichtet ist, so dafs es nur noch einer Drehung von etwa 45" an der Blattstielbasis l)edarf, um die Blatttiäche horizontal (resp. parallel der Längsachse des Zweiges) zu stellen. Die Seitenknospen aber sind nicht vor der Blattmitte. sondern ober- halb derselben, dem oberen Nebenblatt des Tragblattes genähert, ein- gefügt, ganz wie bei so vielen anderen dorsiventralen Sprossen. Fig. 52. Querschnitt durch eine Sprofsachse von Tilia parvifolia. Links ein Blatt mit Achselsprofs getroÖ'en, Vj, v^ dessen Vorblätter; rechts (punktiert) der Querschnitt eines weiteren Blattes mit Achselsprofs angedeutet. Die Blätter konvergieren aber nicht so stark nach unten, wie dies hier in übertriebener Weise angenommen worden ist. Nicht selten nehmen die Seiteusprosse Idattähnlichen Habitus au und stimmen mit den Blättern namentlich auch darin überein, dafs sie begrenztes Wachstum besitzen und wie Blätter von der Hauptachse ab- gegliedert werden. Sehen wir ab von den im speciellen Teile zu be- sprechenden Phyllocladien, so ist hier als Beispiel anzuführen das Verhalten einiger Phyllanthusarten ^). Wie die in Fig. 53 abgebildete Art, Ph. miinosoides zeigt, sind hier scheinbar doppelt gefiederte Blätter vor- handen, ähnlich wie bei manchen Leguminosen, worauf auch die Art- benennung (ebenso bei PhvU. lathyroides u. a.) hindeutet. In Wirklichkeit haben wir aber Zweige mit zweizeilig gestellten Blättern vor uns, wie schon die Thatsache zeigt, dafs an ihnen die Blüten stehen. Die Hauptachse und die stärkeren Seiteuachsen sind spiralig beblättert, tragen aber keine Laul)blätter, sondern nur Schuppen, in deren Achseln dann die 1) Auch Aristolochia Clematitis führt Hofmeister (a. a. O. p. 609) unter den Pflanzen an, bei denen die Blätter lotrecht wachsender Achsen nach der Divergenz 2/5, an den von der Vertikale abgelenkten Sprossen aber zweizeilig augeordnet sind. Ich kenne die Keimpflanzen von Ar. Clematitis nicht. Bei den adventiv an den Wurzeln entstehenden orthotropen Sprossen aber finde ich von Anfang an die Blattstellung ^'2. 2) Vgl. Dingler, Die Flachsprosse der Phanerogamen. I. Heft: Phyllanthus. München 1885. 6* 84 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverliältnisse. Seitensprosse stehen. Wie mir das Experiment bei Phyll. lathyroides gezeigt hat^), lassen sich die zweizeiligen Sprosse, solange sie noch ganz jung sind, in radiäre umbilden, eine Thatsache, welche mit dafür spricht, dals sie aus radiären hervorgegangen sind; es findet also hier wie bei Vaccinium Myrtillus eine Beeintiussung des Yegetationspunktes der Seitensprosse statt. Fig. 53. Gipfel einer Pflanze von Phyllanthus mimosoides, scliief von oben gesehen. Die radiäre Hauptachse der Pflanze ist scheinbar besetzt mit doppelt gefiederten Blättern. In Wirklichkeit sind diese zweizeilig verzweigte, "blattähnliche Sprofssysteme ; die Blätter sind einfach. Es giebt also, wie die angeführten Beispiele zeigen, alle Ueber- gänge von radiären zu dorsiventralen Seitensprossen. Bei manchen Pflanzen sind die Seiteusprosse noch radiär, die Dorsiventralität wird ihnen im Verlaufe der Entwicklung aufgeprägt. Bei anderen ist sie ') über Jugendformen von Pflanzen und deren künstliche Wiederhervorrufung. Sitz. Ber. d. kgl. bayr. Akad. d. Wiss., math.-physik. Klasse, 1896. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 85 schon im Vegetationspunkt vorhanden, und diese können meist auch künstlich nicht mehr in die radiäre Form übergeführt werden (vgl. den Abschnitt über Regeneration). Korrelatiousverhältnisse (im weitesten Sinne) und die Einwirkung äufserer Kräfte spielen bei dieser Differen- zierung eine Rolle. Mehrfach hat auch, und zwar oftenbar durch An- passung, die Hauptachse selbst von vornherein einen dorsiventraleu Charakter angenommen. So beim Epheu. dessen kletternde oder kriechende Sprosse zweizeilig beblättert sind, während die vom Substrat sich abhellenden Sprosse, welche die Blüten tragen, radiär sind. Sie stellen offenbar das ursprüngliche Verhalten dar. 2. Anisophyllie. Unter Anisophyllie versteht man die That- sache, dafs an plagiotropen Sprossen auf den verschiedenen Seiten Blätter verschiedener Gröfse (und verschiedenen Gewichtes) auf- treten. Meist sind die auf der Oberseite stehenden Blätter kleiner als die auf der Unterseite befindlichen, jedoch kommt auch das Um- gekehrte vor. Die Anisophyllie ist eine Erscheinung, die in den verschiedensten Verwandtschaftskreisen wiederkehrt und innerhalb eines und desselben Verwandtschaftskreises, ja innerhalli ein und derselben Gattung oft in verschieden hohem Grade auftritt. Es wird deshalb lehrreich sein, sie an einigen, verschiedenen Verwandtschaftsgruppen entnommenen Beispielen zu verfolgen. Allen diesen Beispielen ist gemeinsam, dals es sich aus- schliefslich um plagiotrope Sprosse handelt, und dafs die Anisophyllie an denselben auftritt als ein Anpassungscharakter, der in deut- licher Beziehung zur Richtung des Sprosses, speciell zum Lichte steht. Damit soll nicht gesagt sein, dafs das Licht der bedingende Faktor bei allen Erscheinungen der Anisophyllie sei, denn wie in dem Kapitel über die Einwirkung äufserer Faktoren zu zeigen sein wird, braucht ein Gestaltungsverhältnis nicht von dem Faktor aldiängig zu sein, an den es angepafst ist. Das für Selaginella unten anzuführende Beispiel wird zeigen, dafs Anisophyllie an einer Pflanze infolge besonderer Umstände auftreten kann, während gewöhnlich die Sprosse isophyll sind. Historisches. Die auffallende Ungleichheit in der Beblätterung mancher Dikotylen ist seit lange bekannt und hat bei einigen Arten, z. B. Goldfussia anisophylla, Anlafs zur Artbenennung gegeben; die Gebrüder Bravais haben z. B. auf diesen Fall hingewiesen, und Weddell hat in seiner Monographie der Urticaceen trefflich die Anisophyllie von Elatostemma etc. besprochen. Auf die Anisophyllie von Seitensprossen bei Pflanzen mit dekussierten Blättern, sowie auf den Zusammenhang der Anisophyllie höherer Pflanzen mit den äufseren Faktoren, speciell dem Lichte, hat wohl zuerst Herbert Spencer 1865 aufmerksam gemacht. Er sagt (a. a. 0. p. 138): „Eine verwandte Wahrheit, welcher dieselbe Bedeutung zukommt, tritt uns entgegen, wenn wir die relativen Gröfsen der Blätter von einem und demselben Zweige ins Auge fassen, wo ihre Gröfseu überhaupt verschieden sind. Fig. 205 stellt einen Zweig einer Roi's- kastanie dar, der vom untersten Saume des Baumes genommen wurde, wo das Licht beinahe allen Blättern, mit Ausnahme der am weitesten vorgestreckten, zum gröfsten Teil entzogen war. Nicht nur, dals hier die Blätter bilateral an diesem nach unten gewendeten Zweige verteilt siud^), statt symmetrisch 1) Spkncer meint damit offenbar, dafs bei dem betreffenden Sprofs (durch Drehung die Blattzeilen) nicht horizontal und vertikal, sondern diagonal standen. 86 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Fig. 54. Cyathoplio- rum pennatum. Drei- reihig beblätterter, dorsiventraler Sprofs , Blätter auf der in der Figur nach oben gekehrten Seite kleiner als die ande- ren ; hier stehen auch die kleinen, kurz ge- stielten Sporogonien. Im unteren Teile des Sprosses fehlen ei- nige Blätter. Er ent- springt aus einem kriechenden (wahr- scheinlich sympodia- len) Rhizom , das Wurzeln (Rhizoiden) trägt. Die grösseren Blätter sind asym- metrisch, die kleine- ren nicht. ringsum sich anzuordnen, wie dies an einem der aufwärts wachsenden Sprosse der Fall ist; son- dern wir haben auch die Thatsache zu bemerken, dafs eine verschiedenartige Ausbildung an der obern und untern Seite zu stände kommt. Jedes der zusammengesetzten Blätter liekommt nämlich einen Blattstiel und Xebenblättchen ( — d. h. viel- mehr Fiederblättchen — ), welche um so gröfser sind, je beträchtlicher die ihm zugängliche Licht- menge ist ; je weiter wir daher gegen den Fufs des Baumes herabsteigen, desto grölsere Gegen- sätze zeigen die zusammengehäuften Blätter.'' Später ist namentlich durch Hofmeister^), Wiesner ^) und Frank ^) die Aufmerksamkeit auf die Anisophyllie gelenkt worden. Die Be- zeichnung stammt von Wiesner her , indes ist seine Definition zu enge, wenn er (Untersuchungen über den Einflufs der Lage etc. S. 38) sagt: „Diese Erscheinung spricht sich darin aus. dafs an geneigten Sprossen die oberseits gelegenen Blätter eine geringere Masse und ein geringeres Volumen besitzen, als die unteren, während die seitlichen ein intermediäres Verhalten zeigen." Denn es können auch die nach unten gekehrten Blätter die kleineren sein, wie dies bei den beblätterten Jungermannieen und Lycop. compla- natum der Fall ist. Über die Ursachen der Anisophyllie vgl. Abschnitt V). Dafs es sich bei habituell anisophyllen Sprossen um photo- plagiotrope handelt, habe ich zuerst für einige besonders auffallende Beispiele festgestellt. (Botanische Zeitung 1880 S. 839 ff.. Über einige Fälle von habitueller Anisophyllie). Es sollen aus verschiedenen Gruppen einige Beispiele für Anisophyllie angeführt werden. A. Laubmoose. Die meisten Laubmoossprosse sind ortho- trop und isophyll, von den plagiotropen sind einige isophyll. z. B. die plagiotropen Hypnum- arteu. Die plagiotropen Laubsprosse (die Blütensprosse sind orthotrop) von Minium undu- latuni (Fig. 28 u. 20) zeigen meist eine An- deutung von Anisophyllie insofern, als die auf der Oberseite stehenden Blätter etwas kleiner sind, als die anderen. Indes tritt dies Ver- hältnis nur wenig ausgeprägt auf, sehr auf- ^) Allgem. Morphologie der Pflanzen 1868. ") WiESXER, Beobachtungen über den Einflufs der Erdschwere etc. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch. Bd. 58. 1868. ^) Fkank, Über die Einwirkung der Gravitation auf das Wachstum einiger Pflanzen- teile. Botan. Zeitung 1868. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 87 fallend aber ist die Auisopliyllie bei Cyathüphoruni , Kacopiliiui und Hypopterygiuni. Ein Blick auf die Abbildung von Cyathoplioiuni pennatuni (Fig. 54) genügt, um dies zu erkennen. Nach den Angaben in der Litteratur \) sind die grösseren Blätter auf der dem Lichte zugewendeten Seite inseriert, die kleineren auf der Unterseite, wie bei den Lebermoosen. Die grösseren Blätter von Cyathophorum und noch mehr die von einigen Hypopterygiumarten (z. B. Hypopt. fuscolindiatum) sind asymmetrisch, wie die mancher dorsiventralen Sprosse höherer Pflanzen. Sie werden also durch die Blattnerven in zwei ungleich grolse Hälften geteilt, von denen die kleinere die gedeckte ist, was wieder dafür spricht, dals die kleineren Blätter auf der Schattenseite liegen. Indes, da mir nur getrocknetes Material vorlag, so kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob das immer so ist. B. Lebermoose. Sehr auffallend tritt die Anisophyllie und ihre Beziehung zur Dorsi- ventralität und zum plagiotropen Wuchs bei den beblätterten Junger- mannieen (den „akrogynen") hervor. Die Stämmchen derselben wachsen dem Substrat angeschmiegt (bei sehr schwacliem Lichte werden sie, wie ich mich überzeugt habe, positiv heliotropisch), seltener sind schief auf- steigende Formen, wie Mastigobryum. Die Sprosse haben drei Reihen von Blättern, zwei seitliche und eine, aus viel kleineren, bei manchen Formen äuiserst reduzierten Blättern bestehende untere, die der Amphigastrieu. Diese Blätter gehen hervor aus den Segmeuten einer „dreiseitig pyramidalen" Scheitelzelle, welche die eine ihrer Flächen dem Substrate zukehrt. Dabei ist charakteristisch, dals bei denjenigen Formen, welche entwickelte Unterblätter (Amphi- gastrieu) besitzen, die Trojektion der Scheitelzelle ein gleichseitiges Dreieck darstellt; l)ei denjenigen, welche reduzierte oder gar keine Amphigastrieu haben, ist die Grundlinie des Dreiecks kleiner als dessen Seiten. Die ausgeprägtere Dorsiventralität kommt hier also schon im Bau des Vegetationspunktes zum Ausdruck. Die Seitenblätter sind ursprünglich quer zur Längsachse der Sprosse inseriert, später werden sie so verschoben, dals sie ihre Oberseite nach oben kehren und schief oder annähernd in der Längsachse der Sprosse inseriert sind. Dies ge- schieht indes, soweit meine Erfahrung reicht, nur bei solchen Formen, bei denen die Blätter als Hache Platten entwickelt sind. Wo die Blätter in Form von Zellreihen auftreten (z. B. Jungermannia trichophylla, Arachniopsisj, unterbleibt die Verschiebung. Dafs es sich dabei um einen Vorgang handelt, der die Blätter in die günstige Lichtlage bringt, ist ohne weiteres klar, und er wird nach meinen Untersuchungen auch direkt bei manchen Arten durch das Licht bedingt. Dabei zeigt sich häutig an den Seitenblättern eine asymmetrische Ausbildung — der „Unter- lappen" ist kleiner als der Oberlappen — während dies bei den Amphi- gastrieu, deren Insertion nicht verändert wird, und ebenso bei den nicht aus ihrer .zum Stengel queren Lage verschobenen Seitenblätteru unter- bleibt. Über die Blattbildung an den Sexualsprossen, bei denen die Anisophyllie häutig verschwindet, ist der specielle Teil zu vergleichen. Dafs die dorsiventrale Ausbildung der vegetativen Sprosse als eine zu dem Lichte in direkter Beziehung stehende zu betrachten ist. zeigt schon eine vergleichende Betrachtung. Die von der Lichtquelle hinweg- wachsenden (also nicht plagiotropen), als „Wurzelträger" funktionierenden ^j Z. B. C. MüLLKR, Synopsis muscoruin frondosoniin Vol. II p. 88 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Sprosse von Mastigobryum trilobatum haben drei Reihen gleich grofser quer inserierter Bhitter. Schneidet man dieselben ab und läfst sie im Lichte weiter wachsen, so gehen sie in die gewöhnlichen, stark ani- sophyllen Sprosse über. Auch andere Beispiele zeigen, dafs die Ani- sophyllie bei den dorsiveutralen Lebermoosen oftenliar eine sekundäre Anpassungserscheinung ist (was auch für die phylogenetische Be- trachtung dieser Gruppe von Bedeutung ist). Es sei nur eines noch genannt. Calypogeia Trichomanes besitzt dorsiventrale, dem Boden angeschmiegte Sprosse mit sehr kleinen, öfters auch verkümmerten Amphigastrien. Diese Sprosse werden orthotrop, wenn sie Brutknospen erzeugen. So- fort werden die Amphigastrien gröfser, sie bleil)en hinter den Seiten- blättern kaum mehr zurück, während sie vorher von diesen um ein Vielfaches übertroflfen wurden. Die wenigen isophyllen Jungermannieen (Calobryum, Haplomitrium) sind orthotrop; es scheint aber, nach früher von mir gemachten Wahrnehmungen, dafs Calobryum unter Umständen plagiotrop und im Zusammenhang damit auch anisophyll werden kann, ähnlich wie dies für eine Selagiuellaart unten anzuführen sein wird. C. Gefäfskryptogamen. Bei den Filiciuen und Equisetinen sind Beispiele von Anisophyllie nicht bekannt, was bei den Equisetinen nicht wunder nehmen kann, da bei ihnen die Blätter als Assimilationsorgane nicht in Betracht kommen, und die Anisophyllie , wie wir sahen , stets zu der vom Lichte ab- hängigen Assimilationsthätigkeit in Beziehung steht. Die Erscheinung der H e t e r 0 p h y 1 1 i e , wie sie bei manchen Formen sich findet und später näher zu besprechen sein wird, gehört nicht hierher, da es sich dabei um eine qualitative, nicht um eine quantitative Verschieden- heit der Blattbildung handelt^). Wohl aber sind einige Lycopodinen hier zu nennen. In der Gattung Lycopo diu m finden sich plagiotrope. kriechende Sprofsachsen (z. B, bei L. clavatum, inundatum), die zwar lietreffs der Blattgröfse keine Dorsiventralität zeigen, wohl aber in der Anordnung der Teile ihrer Leitbündelstränge und in der Entwicklung der Binde ^), während die orthotropen Sprosse von L. Selago auch in dieser Beziehung radiär ausgebildet sind. Anisophyllie tritt dagegen auf im Verwaudtschaftskreis von L. com- planatum (L. complanatum, alpinum). Es seien zuerst die Symmetrie- verhältnisse , wie ich sie bei L. complanatum fand , geschildert. Die Pflanze besitzt eine unterirdisch kriechende Hauptachse, von der aus Seiteusprosse begrenzten Wachstums an das Licht treten. Die unter- irdischen Teile sind — was zu betonen bei Gefäfskryptogamen nicht überflüssig ist — chlorophylllos. Die oberirdischen Sprosse — nament- lich die Auszweigungen höherer Ordnung — sind stark abgeflacht und ') Dies ist wenigstens in den typischen Fällen so; auch die Anisophyllie kann aber, wie die unten zu erwähnenden Urticaceen zeigen werden, sich bis zu qualitativen Ver- schiedenheiten der Blätter steigern. ^) Vgl. Hegelmaier (Botan. Zeitg. 1872 p. 776): Der Rindenkörper entwickelt sich auf der Lichtseite zu abgerundeten, aber doch deutlichen, von den Blattinsertionen herab- laufenden Leisten (d. h. die Blattpolster sind hier entwickelt), während er auf der Schatten- seite glatt ist, die Blattpolster also nicht hervortreten. Dasselbe, nur in viel ausgesproche- nerem Mafse, ist auch bei den ausgeprägt dorsiveutralen Sprossen von L. Chamaecyparissus, wie weiterhin gezeigt werden soll, der Fall. Die Lycopodiumarten bieten ein sehr lehr- reiches Beispiel dafür, dafs verwandte Formen verschieden stark auf äufsere Gestaltungs- reize reagieren können. Dafs in der That solche hier in Betracht kommen, ergiebt sich aus meinen unten anzuführenden Untersuchungen für L. complanatum. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 89 ausgeprägt dorsiventral und auisophyll. Es sind au ihneu vier Blatt- reihen vorhanden (au stärkeren Ästeu mehr, vgl. unten), eine obere, zwei seitliche und eine untere. Die seitlichen Blätter, denen zusammen mit ihrem Blattpolster (dem mit der Sprolsachse „verwachseneu" Teile der Blattbasis) die Assimilationsarbeit fast allein zukommt, sind nicht mir grölser als die oberen und unteren Blätter, sondern auch anders g e f 0 r m t. In ihrem oberen Teile wie die Blätter der beiden anderen Reihen tiach, werden sie nämlich in ihrem unteren Teile kielförmig (Fig. 56, J), mit anderen Worten, sie zeigen in ihrer Gestaltung eine Annäherung au die Ausbildungsform der Blätter von Fissi- deus. Dabei ist der in das Blattpolster sich fortsetzende Kiel auf der Ober- seite viel chlorophyllreicher als auf der Unterseite; dais diese Gestaltung der Seitenblätter geeignet ist, ohne Drehung derselben den Sprofs zu einem flachen, blattähnlicheu Assimilations- orgau zu macheu. braucht kaum hervor- gelioben zu werden. Die Blätter der Ober- und der Unterseite sind gleich- falls unter sich verschieden. Die letz- teren sind kleiner, sie spielen bei der Assimilation keine Rolle, sie sind bleich und ohne hervortretende Blattpolster, die ersteren dagegen chloropliyllreich und mit hervortretendem Blattpolster versehen, so dafs durch diese hervor- tretenden Blattpolster eine, wenn auch nicht l)eträchtliche Yergrölseruug der assimilierenden Fläche herbeigeführt wird. Im Vegetatiouspunkt tritt die Verschiedenheit in der Ausl)ildung der Blätter übrigeus noch nicht hervor, doch macht sich die Ungleichheit von Ober- und Unterblättern schon frühzeitig geltend (Fig. 56, 1). Fig. 55. Lycopodium cotnplanatum. Dorsiventraler Sprofs, links von der Licht-, rechts von der Schattenseite. Etwas (IV/'ifach) vergröfsert. Fig. 56. Lvcopodium complanatum. Querschnitte durch einen dorsiventralen Sprofs höherer Ordnung: 1 an der Spitze, 2 weiter unten. S Schattenseite, L Lichtseite. Weit verschieden vou der Gestaltung dieser Assimilationssprosse ist die der unterirdischen. Diese sind radiär, mit spiraliger Blatt- stelluug versehen, vou (annähernd) cylindrischem Querschuitt, mit Blättern, die alle gleich ausgebildet sind, und einem (iefäfsbündel- körper, der gleichfalls radiär ist. während der der dorsiventralen Sprosse bilateral symmetrisch ist (vgl. Fig. 56, 2). Auch die Verzweigung erfolgt an den unterirdischen Sprossen im Gegensatz zu den oberirdischen nicht in einer Ebene. Zwischen den beiden Sprofsformen giebt es indes 90 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. alle Übergänge. Die über den Bodeu sich erlielieiuleu Sprosse ge- winuen nämlich ihre Dorsiventralität und Anisophyllie erst allmählich. Ursprünglich sind sie radiär, mit vielzeiliger Blattstelluug. Sie Machen sich dann auf der Lichtseite ab, ]»leiben aber auf der Schattenseite noch gewölbt, und die am Rande stehenden Blätter nehmen jetzt schon Kiel- form an. Die Dorsiventralität spricht sich auch darin aus, dafs die Ver- zweigung nur in einer Ebene erfolgt. An diesen in ihrem oberen Teile schon dorsiveutralen Sprossen stehen dann als Seitensprosse höherer Ordnung die oben geschilderten, stark dorsiveutralen, deren Blatt- anordnung auch eine andere ist. Die Dorsiventralität ist hier, wie meine Untersuchungen gezeigt haben, bedingt durch das Licht und ebenso die Anisophyllie. Lehrreich ist das allmähliche Zustande- kommen beider Erscheinungen und die Thatsache, dafs Sprosse höherer Ordnung auf den bedingenden äufseren Faktor stärker reagieren als die direkten Seitenzweige des „Rhizoms". Zugleich ist es von erheb- lichem Interesse, zu sehen, wie innerhalb eines Verwandtschaftskreises, desjenigen der Lycopodineu, das Problem, einen vierzeilig beblätterten Sprofs zu einem plagiotrop-dorsiventralen, anisophylleu zu machen, auf ganz verschiedene Weise gelöst wird. Denn die Selaginellen bedienen sich dazu ganz anderer Mittel. Bei Lycop. complanatum haben wir ge- Fig. 57. Lycopodium alpinum. Querschnitte durch einen Sprofs auf verschiedener Höhe (1 am höchsten, 4 am tiefsten). Die Lichtseite Z ist nach oben, die Schattenseite S nach unten gekehrt; bei 2 — 4 ist die Stelle der Blattpolster, welche am chlorophyllreichsten ist, durch Schraffierung angedeutet. sehen, dafs die vierzeilige Blattstellung durch Reduktion entstand. Ob bei den Selaginellen auch ein derartiger Vorgang stattgefunden hat, bleibe dahingestellt, da wir es hier zunächst mit den thatsächlichen Verhältnissen zu thuu haben. Jedenfalls müfste die Reduktion bei den vierzeilig beblätterten Selaginellen dann nur im Verlauf der Phylo- genese, nicht dem der Ontogenese erfolgt sein. Die Verschiedenheit in der Erreichung desselben Zieles zeigt uns aber wieder, dafs bei allen Anpassungen nicht nur die Einwirkung der Aufsenwelt, sondern namentlich auch die durch die stoffliche Beschaffenheit der Pflanze be- dingte Art und Weise, wie sie auf diese Einwirkung antwortet, in Be- tracht kommt. Zugleich liefern uns die verschiedenen Lycopodium-Arten ein Beispiel dafür, wie verschieden sellist innerhalb einer Gattung die Empfänglichkeit für die Einwirkung äufserer Faktoren sein kann. Die plagiotropen Sprosse von L. annotinum u. a. sind nur schwach dorsi- ventral in Bezug auf die Entwicklung der Rinde und des Leitbündel- körpers. Bei L. alpinum steigert sich die Dorsiventralität und nähert sich schon sehr von L. complanatum. Die Blattpolster sind auch hier auf der Lichtseite stärker entwickelt als auf der Schattenseite (vgl. Fig. 57) und die Blattpolster der Seitenblätter stark abgetiacht und dorsiveutral. Die Seiteublätter selbst aber sind noch nicht so ver- ändert wie bei L. complanatum; sie sind der Hauptsache nach Mach und § 3. Dorsiventrale Sprosse. 91 erfahren mir iu ihrem unteren, in das Bhittpolster übergehenden Teile eine Art Drehung (vgl. Fig 57) und werden hier auch schwach kiel- förmig. Die auf der Schattenseite stehenden Blätter sind hier kräftiger entwickelt als bei L. complanatum. Bei den kriechenden Sprossen von L. inundatum — die nur schwach dorsiventral sind — sind ültrigens die auf der Sprolsunterseite stehenden Blätter auch kleiner als die übrigen und oft chlorophylllos. Selaginella. In der umfangreichen ^) Gattung Selaginella finden sich isophylle und anisophylle Arten. Erstere bilden bei weitem die Minderzahl. Die grofse Mehrzahl ist ausgezeichnet durch den Besitz von in vier Reihen stehenden Blättern, wobei die zwei dem Lichte zu- gekehrten Blattreiheu viel kleiner sind als die „Unterblätter". Von be- sonderem Interesse ist nun, dal's es eine Form giebt, die ott'enbar je nach äufseren Umständen bald isophyll, bald anisophyll vorkommen kann. Es ist dies S. sanguinolenta, welche ich, aufmerksam gemacht durch eine Notiz von Spring (Monographie des Lycopodiacees) , näher untersucht habe. Es besitzt diese an steinigen und, der Blatt- anatomie nach zu schliefsen, wenigstens zeitweilig trockenen Standorten ^) wachsende Art aufrecht wachsende Sprosse mit vier Reihen anliegender, derber Blätter, die alle von gleicher Gröfse und quer zur Längsachse der Sprosse inseriert sind (Fig. 58). Aufser diesen kommen al)er noch Sprosse vor. l)ei denen Aniso- phyllie eingetreten ist, wenn auch nicht in so hohem Grade , wie bei anderen Selaginellaarten. Immerhin kann man, wie Fig. 59 zeigt, sehen, dafs auf der Ober- seite der Sprosse Blätter stehen, die kleiner sind als die Seiten- blätter. Aufserdem haben die Blätter hier eine schiefe Insertion, was ihnen eine günstige Ausnützung des einfallenden Lichtes, ohne sich gegen- seitig stark zu decken, ermöglicht. Diese Sprosse sind offenbar solche, die an beschatteten und zugleich feuchtereu Standorten gewachsen sind, was sich auch darin ausspricht, dafs die Blätter gröl'ser sind, als an den isophyllen Sprossen. Die ersteren sind plagiotrop und schwach dorsi- ventral geworden unter dem Eintlufs schwacher, einseitiger Beleuchtung. Was hier offenbar direkt infolge äufserer Faktoren eintritt, die dorsiventrale Struktur, ist bei den anderen Selaginellen, soweit wir wissen, erblich, d. h. von äufseren Faktoren unabhängig. Bei manchen, z. B. Sei. caulescens, Avachsen die Sprosse zunächst orthotrop und sind dann vollständig isophyll, werden dann aber später plagiotrop und ani- Fig. 58. Selaginella sanguinolenta. Spitze eines ge- wöhnlichen , iso- phyllen Sprosses. Vier Blattreihen vorhanden aus gleichgrofsen und gleichgestalteten Blättern. Fig. 59. Selaginella san- guinolenta. Dorsiventra- 1er, anisophyller Sprofs von oben. Etwas stärker vergr. als Fig. 58. ') Baker, Handbook of the Fern-Allies zählt 334 Arten auf, von denen 8 isophyll sind. 2) Überhaupt wachsen die isophyllen Selaginellen (soweit mir dieselben aus eigener Anschauung bekannt sind, S. spinulosa, rupestris) an trockneren und helleren Standorten als die anisophyllen. Dafs unter letzteren Formen sich finden, die sich periodischer Aus- trocknung angepafst haben (S. lepidophylla), ist wohl als eine sekundäre Erscheinung z)i betrachten. 92 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. sophyll. Bei anderen tritt schon von vornherein die Anisophyllie auf. Die seitlich inserierten Blätter kehren ihre Oberseite, die auf der Ober- seite stehenden ihre (morphologische) Unterseite dem Lichte zu. Dabei ist charakteristisch, dafs die vier Blattzeilen einander nicht mehr unter rechtem Winkel schneiden (vgl. Fig. GO). Dies kehrt bei anderen ani- sophyllen Ptianzen, wie wir sehen werden, wieder und ist eine Ein- richtung, welche die die Assimilation hauptsächlich besorgenden Blätter in die günstige seitliche Lage bringt. Die Dorsiventralität ist übrigens schon im Yegetationspunkt ausgeprägt, dessen Querschnitt nicht kreisförmig, sondern elliptisch ist. indem die Licht- und die Schattenseite abgeplattet sind. Bei vielen Selaginellen tritt auch Asymmetrie der einzelnen Blätter auf, gleichfalls eine bei dorsiventralen Sprossen weit verbreitete Erscheinung (vgl. Fig. 61). Während also bei Lyc. complanatum von den vier Blatt- reihen zwei einander gegeuüber- Fig. 60. Selaginella haematodes. Sprofs- stück von oben (vergr.). Die auf der Oberseite stehenden Blätter kleiner, als die auf der Unterseite; aufserdem die Blätter ungleichhälftig. liegende sich an der Herstellung der AssimilatiousMäche ])eteiligen, sind es bei Selaginella zwei einander an- grenzende Blattreihen, die dieselbe Rolle spielen, dort trat eine auffallende Veränderung der Blatt form ein und fiel die auf der Schattenseite liegende Blattreihe fast der Verkümmerung anheiin ; hier werden die grolsen Blätter nach der Lichtseite hin schon bei ihrer Anlage im Vegetationspunkt gerückt, und nehmen auch die beiden Reihen kleinerer Blätter, welche der Sprofsachse anliegen, an der Assimilation noch Anteil. Die oben angeführten Erfahrungen, Fig. 61. Querschnitt durch eine Sprofsspitze von Selaginella haematodes. Die schief sich kreuzenden Blattpaare der Altersfolge nach bezifiert; die auf der Oberseite stehenden Blätter kleiner als die auf der Unterseite stehenden (Blatt >s und 9 nicht ganz gezeichnet, im zweiten und fünften ßlattpaar ist bei dem untern Blatt die Nummer weggeblieben). dafs es 1) eine Selaginellaart giebt (S. sanguinolenta) . bei der die Anisophyllie nicht konstant, sondern offenbar unter dem EinÜuls äufserer Faktoren auftritt, und dais 2) bei manchen robusteren Selaginellaarten die Sprosse in ihrem unteren Teile noch isophyll sind, und aufserdem 3) die neuerdings von mir beobachtete Thatsache, dass bei etiolierten Sprossen von Seh. helvetica die Anisophyllie zwar nicht ganz verschwunden, aber doch vermindert ist ^), sprechen aber dafür, dafs auch bei den „habituell" anisophyllen Selaginellen lediglich eine (durch das Licht bedingte) An- ') Vgl. auch HoFMKiSTEK, Allgem. Morphologie p. 626. § 3. Dorsiventrale Spi'osse. 93 passungserseheiuimg vorliegt, eine Anpassung, die aber schon auf die am Vegetationspunkt eintretenden Gestaltungsverhältnisse gewirkt hat. Dafür haben wir hier auch bei den Seitensprossen Beispiele kennen gelernt (vgl. p. 81). D. Samenpflanzen *). Wie bei den niederen Pflanzen, so tritt auch bei den höheren Ani- sophyllie in den verschiedensten Verwandtschaftskreisen und oft inner- halb einer und derselben Gattung in verschiedenem Grade auf. Die Blätter der einen Seite (der Oberseite) unterscheiden sich zunächst nur durch geringere Gröfse von denen der anderen, aber bei hochgradiger Anisophyllie, wie sie namentlich bei manchen Urticaceen, Elatostemma, Pellionia u. a. auftritt, linden wir die beiden Blätter nicht nur durch ihre Gröfse, sondern auch durch ihren Bau und ihre Funktion von- einander sehr verschieden. Es lassen sich zunächst zwei, freilich nicht scharf trennbare Fälle unterscheiden. In dem einen sind nur die Seitensprosse radiärer isophyller Hauptsprosse anisophyll; wir können diesen Fall als laterale Anisophyllie bezeichnen, im zweiten ist das ganze Sprofssystem anisophyll: hal)ituelle Anisophyllie. a) Die laterale Anisophyllie tritt am auffallendsten auf an den seitlichen Ästen von Holzpflanzen mit grofsen dekussierten Blättern (z. B. Aesculus- Arten, Sambucus nigra, Acer campestre, platanoides, Pseudoplatauus u. a. Fraxinus, Staphylea pinnata) aber auch z. B. bei Catalpa syringaefolia, welche dreigliederige Blattwirtel besitzt. Minder auffallend sind die Diff"erenzen bei zer- streuter Blattstellung (vgl. das oben von Quercus und das unten von Abies Angeführte). Die Anisophyllie ist übrigens auf Holzgewächse nicht beschränkt, sie findet sich auch bei krautigen Pflanzen, z. B. bei Urtica, Scrophu- laria- Arten u. a.; namentlich bieten die Tropen dafür eine reiche An- zahl von Beispielen. Bei unseren Sträuchern fehlt sie gewöhnlich denen, die. wie olien erwähnt, ihre Blätter an den Seitensprossen durch Drehung in eine Ebene verschieben, oder tritt doch nur an den letzten, ihre Stellung beibehaltenden Blättern eines Jahrestriebes hervor. An Eschen- und Ahornarten ist nicht selten das oberste, unmittel- bar an die Terminalknospe angrenzende Blatt als Kuospeuschuppe, das untere als Laubblatt ausgebildet, was gleichfalls zeigt, dafs die Blatt- bildung auf der Unterseite gefördert ist. Bei Pflanzen mit dekussierten Blättern, bei welchen die Blattpaare nicht durch Internodiendrehung in eine Ebene gebracht werden, bleiben die Blätter entweder in ihrer normalen Lage, d. h. zwei Blattreihen seitlich, eine oben, eine unten, oder es findet eine Drehung statt, so dals die Blattreihen diagonal stehen. Im ersteren Fall, der bei der lateralen Anisophyllie der ge- wöhnliche ist, sind an den seitlichen Blattreihen die beiden einander gegenüberstehenden Blätter von gleicher Gröfse. Im zweiten, der bei der habituellen AnisophvHie stets eintritt, sind die zwei oberen Blatt- reihen aus kleineren Blättern gebildet als die beiden unteren. Auch bei lateraler Anisophyllie kann aber (z. B. bei der Rofskastanie) eine 1) Vgl. aufser der oben (j). 86) citierten Litteratur Wiesner, Studien über die Aniso- phyllie tropischer Gewüchse (Sitzungsber. d. Wien. Akad., math.-naturw. Klasse, Bd. CHI Abt. 1 1894); Hallier, Neue und bemerkenswerte Pflanzen aus dem malaiisch-papuanischen Inselmeer (Annales du jard. bot. de Buitenzorg XIII p. 279). 94 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. solche Drehung eintreten. Die grölseren Blätter haben auch gröfsere Achselsprosse als die kleineren. Der Nutzen der ganzen Einrichtung ist ohne weiteres klar, es wird durch die stärkere Entwicklung der unteren Blätter die assimilierende Blattfläche mehr an die Peripherie der Baumkrone verlegt, wo die Beleuchtungsverhältnisse günstigere sind ^). ß) Habituelle Anisophyllie. Die hier anzuführenden Beispiele schliefsen sich an das oben für Selaginella angeführte an. Es können natürlich nur einige wenige Fälle herausgegriffen werden. Fig. 62. Pellionia Daveauana. Sprofsstück mit asymmetrischen Blättern, a Die ver- kümmerten, wie Nebenblätter aussehenden Blätter, die auf der Oberseite stehen (die Axillarstii^el der Laubblätter steht mehr nach unten; es sieht aus, als ob jedes Blatt zwei Stipulae hätte!). 1) Urticaceeu ^). In Fig. 62 abgebildet ist ein Sprofsstück von Pellionia Daveauana (ganz ebenso verhalten sich eine Anzahl Elatostemma- arten). Scheinbar ist der Sprofs zweizeilig beblättert, in Wirklichkeit sind vier Blattzeilen vorhanden, aus gekreuzten Blattpaaren bestehend. Die einander gegenüberstehenden Blätter aber sind in jedem Paare von sehr ungleicher Gröfse und Gestalt: die oberen, kleineren, in Fig. 63 mit deutschen Ziffern bezeichneten sind viel kleiner als die unteren, sie haben aber wie diese hier noch ihre Axillarstipeln. Mehr reduziert ^) Vgl. das oben aus H. Spencer angeführte Citat. Wiesnek hat „die Förderung der äufseren Glieder eines Seitenorgans gegenüber den inneren" als Exotrophie bezeichnet (Wiesner, vorl. Mitteilung über die Erscheinung der Exotrophie. Ber. der D. bot. Ges. X. 1892, p. 552 ff. ^) Vgl. "Weddell, Monographie des Urticacees. Arcli. du Museum d'histoire nat. IX 1856. § 3. Dorsiventrale Sprosse. 95 sind die oberen Blätter bei Elatostemma sessile (Fig, 64). Es kommt hier bei ihnen nicht mehr zur Aiisgliederung von Bhxtt und Nebenblatt (Axillarstipel), und man kann die oberen Blätter leicht mit Neben- blättern verwechseln, die unteren sind als Laul)blätter ausgeljildet. die eine ,. Axillarstipel'^ (ein häutiges Schutzorgan der Knospe) entwickeln. Fig. 63 zeigt einen Querschnitt der Knospe, die Laubblätter sind mit römischen Zahlen bezeichnet, die kleinen, ihnen gegenüberstehenden Schuppenblätter mit Buchstaben. Blatt I ist nicht gezeichnet, nur seine Axillarstipel .5^1 ist in der Figur vorhanden. Ihm steht das Schuppen- blatt a gegeuiiber. das keine Bolle mehr bei der Assimilation spielt, nur noch als Schutzorgau dient i). Bei manchen Elatostemma- Arten sollen diese rudimentären Blätter ganz verkümmern, und dann würde eine ähnliche Blattstellung sich ergeben, wie sie bei Ulmus z. B. sich vorfindet. In ihrem Gesamtaufbau scheinen die Elatostemmaarten sich ver- schieden zu verhalten. Bei einer in Buitenzorg ge- Fig. 63. Pellioiiia Daveauana. Querschnitt einer Sprofsknospe. Die gröfseren Blätter jedes Blattpaares sind mit lateinischen, die kleineren, dazu gehörenden, mit deutschen Nummern versehen, zu jedem Blatte eine Axillarstipel (also z. B. sti gehört zu /, at4 zu 4). Die Ziftern sind versehentlich in verkehrter Lage angebracht. Fig. 64. Elatostemma sessile. Querschnitt durch eine Knospe. II — /F die Laubblätter (von dem Laubblatt I ist nur die zugehörige Axillarstipel st^ getroffen]; a, ^, c die /, //, /// gegenüberstehenden und mit denselben Blattpaare bildenden, zu Schuppen verkümmerten Blätter (sie haben keine Axillarstipein). meinen (von mir nicht bestimmten) Form beobachtete ich, dafs schon der Keimsprofs plagiotrop und anisophyll sich ausbildete; von anderen finde ich in meinen Notizen, dafs sie einen kriechenden Stamm besitzen, von dem plagiotrope Sprosse ausgehen, deren Blätter, solange sie noch im Boden sind, von gleicher Gröfse sind. Es scheinen sich also ähnliche Ditfe- renzen zu finden wie bei Selaginella. Bei Elat. sessile ist die Anisophyllie übrigens auch an etiolierten Sprossen vorhanden, wie sie denn offen- bar in allen diesen Fällen durch äufsere Faktoren nicht direkt veranlasst ist. Vegetative Sprosse entstehen nur in den Achseln der gröfseren ^) Weddkll hat dies Blatt als Stipula betrachtet. Dies ist nicht richtig; es ist kein Rudiment einer Blattspreite nachzuweisen, und das stipelähnliche Blatt ist ein ganzes, frühe stehen gebliebenes Blatt. Es bedeckt sich früh mit Haaren, was auch die Blatt- anlagen der grofsen Blätter, nicht aber die Axillarstipein thun. 96 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Blätter, und da dieselben am fertigen Sprofs scheinbar zweizeilig an- geordnet sind, so entsteht daraus ein flaches, dorsiventrales Ver- zweigimgssystem, ähnlich dem der meisten Selaginelleu, mit denen Elatostemma auch die Schief- heit (Asymmetrie) der Blätter gemeinsam hat. Es liefsen sich leicht Beispiele von Urticaceen anführen, bei denen die Aniso- phyllie viel weniger ausge- sprochen ist und demzufolge eine biologische Bedeutung nur in geringem Mafse besitzt. Ich möchte aber, um auf die Ver- breitung der Erscheinung hin- zuweisen, lieber noch Beispiele aus anderen Verwandtschafts- kreiseu anführen. 2) Die Melastomaceeu-Gattuug Centradeuia enthält Arten, die verschieden stark anisophyll sind. In ausgeprägtem Mafse ist die Verschiedenheit der Blätter sichtbar bei der in Fig. 65 ab- gebildeten Centrademia inae- quilateralis, deren plagiotrope Sprofssysteme sich auch durch die sichelförmig gestalteten Blätter auszeichnen. Die Aus- bildung der Laul^sprosse deutet auf schattige Staudorte hin, au denen sie sich rechtwinklig zum Lichteiufalle stellen. Sehr viel weniger ausgeprägt (namentlich au den orthotropen Sprossen) ist die Auisophyllie bei C. flori- bunda, z. B.: gröfseres Blatt Länge 6 cm, gröfste Breite 1,4, kleineres Blatt Länge 5, gröfste Breite 1,1 cm. Auch die sichel- förmige Krümmung des Blattes ist hier nur schwach augedeutet;, die Pflanze bildet keine flachen Verzweigungssysteme, da auch die kleineren Blätter Axillar- sprosse haben. So wenigstens bei Gewächshauspflanzen ; bei im Schatten des Waldes wachsen- den dürfte der plagiotrope und anisophylle Charakter ausgeprägter sein ') ; jedenfalls aber ist er hier noch weniger fixiert, als bei C. inaequilateralis. Fig. 65. Centradenia inaequalifolia. Die Blätter stehen in gekreuzten Paaren; sie sind sehr un- symmetrisch. In jedem Blattpaare ist aufserdem ein Blatt viel gröfser als das andere; nur das gröfsere Blatt hat einen Achselsprofs. ^) Oft sind nämlich die Differenzen gröfser, sie scheinen hier sehr zu schwanken. Bei Herbarexemplaren finde ich die kleinen Blätter oft nur 1 — 2 cm, die grofsen 4 — 6 cm lang. § 'S. Dorsiventrale Sprosse. 97 3) Als letztes Beispiel sei eine Acautliaceengattung, Goldfussia, hier augefülirt. Fig. 66 giebt ein Diagramm der Stelhmgsverhältnisse vou Goldfussia glomerata. Die Blätter siud auch hier dekussiert, aber es fällt sofort auf. dals die Blattpaare später sich nicht rechtwinklig kreuzen, der Abstand zwischen den groi'sen Blättern ist gröl'ser als 90*^, sie er- scheinen nach den Seiten hin verschollen, der der kleinen ist Z. 90*^. Die Achselknospen sind im Querschnitt eingetragen. Sie beginnen mit zAvei lateral gestellten Blättern, von denen eins gewöhnlich kleiner ist als das andere, darauf kommt ein zw^eites Blattpaar, bei welchem stets das der Mutterachse zugekehrte Blatt das kleinere ist. Diese Stellung ist, wie ich a. a. 0. betont habe, deshalb von Wichtigkeit, weil sie zeigt, dafs hier nicht, wie man früher annahm, die Anisophyllie zur Schwerkraft in direkter kausaler Beziehung stehen kann. Zw^ar ist bei den beiden ersten Blättern, wenn mau sich den Hauptsprofs in geneigter Richtung oder horizontal liegend denkt, stets das nach unten gekehrte das gröfsere, nicht aber bei dem folgenden Blattpaar, bei welchem die Orientierung Fig. 66. Goldfussia glomerata. Diagramm. Die Blätter des Hauptsprosses in Flächen- ansicht, die der Achselsprosse im Durchschnitt. zum Muttersprofs ausschlaggebend ist; stets wird das dem Muttersprofs abgekehrte Blatt das gröfsere, gleichgültig, ob es nach oben oder nach unten liegt ^). Später kommen die Blattreihen durch Drehung in die Diagonalstellung zu liegen. Weitere Beispiele von Anisophyllie bieten in derselben Familie Strobilanthus-Arten, bei den Gesneriaceen Columnea (schwach bei C. Schiedeana, sehr stark bei Col. Kalbreyeri und C. purpurata). Es ist wahrscheinlich, dals bei manchen Gesneriaceen die beiden Reihen kleiner Blätter auf der Oberseite ganz verkümmert sind (Klugia, Rhynchoglossum u. a.). Bei Klugia fand ich in der That ge- legentlich auf der Sprolsoberseite ein Blatt meist kleiner als die seit- lichen Blätter, offenbar ist dies ein Rest der oben stehenden Blätter. 1) Dasselbe Verhalten beobachtete ich auch an den zwei ersten Blättern der Achsel- sprosse von Goldf. isophylla, welche später Blattpaare von gleicher Gröfse haben. Bei dem medianen Blattpaare ist die Gröfsendifferenz biologisch verständlich, das der Mutterachse zugewendete Blatt ist das schwächer beleuchtete. Es war in einem Falle 6,5 cm lang, das ihm gegenüber stehende 11,5 cm, auch ist das obere schmäler als das untere. Das folgende, in die Vertikalebene fallende Blattpaar zeigt die Erscheinung zuweilen auch noch, aber weniger stark. Goebel, Organographie der Pflauzen. 7 93 Zweiter Abschnitt. Syminetrieverhältuisse. Auisophyllie kann auch an sympodial verketteten Sprofssystemen auftreten, die plagiotrop wachsend sich ehenso verhalten, wie monopodiale Sprosse. Eines der schönsten Beispiele dafür bilden die blühenden, aus- geprägt plagiotropen Sprosse von Atropa Belladonna, bei denen die auf der Oberseite stehenden Blätter viel kleiner sind, als die am Rande stehenden, während der orthotrope Hauptsprofs isophyll ist. Die Aus- bildung dieser Sprosse stimmt also ganz mit derjenigen von Selaginella, Elatostemma u. a. überein, abgesehen eben von ihrem Zustandekommen. Es ist eine lange Reihe von Anisophyllie-Beispielen , die wir oben aufgezählt haben. Blicken wir auf diesellie kurz zurück, so ergiebt sich folgendes. 1. Anisophyllie tritt bei im System hoch- wie bei niederstehenden Pflanzen in verschiedenem Grade auf und oft innerhalb einer Gattung in verschiedener Weise. 2. Sie findet sich im allgemeinen nur bei plagiotropen Sprossen, und erscheint in den schärfer entwickelten Fällen als ein Anpassungs- charakter, der in Beziehung steht zu der Herstellung einer in einer Ebene liegenden Assimilationsfläche oder zur Hinausschiebung der Assi- milationsfläche in die Peripherie einer Baumkrone, wobei die nach ihrer Stellung für das Zustandekommen dieser Fläche minder geeigneten Blätter Neigung zur Reduktion zeigen und schliefslich ganz verkümmern können. Diese Reduktion kann veranlafst sein direkt durch die Lage dieser Blätter namentlich zum Licht, indes spielen höchst wahrscheinlich auch Korrelationsverhältuisse eine wichtige Rolle. Denn es werden bald die Blätter auf der Licht-, bald die auf der Schattenseite reduziert, bei Lycopod. complanatum triff't beides zugleich zu; die starke Entwicklung der seitlichen Blätter dürfte hier auf das Kleinbleiben der anderen Ein- fluis haben. 3. Damit ist noch nicht gesagt, dafs die Anisophyllie stets durch äufsere Faktoren direkt bestimmt werde. In einigen Fällen geschieht dies allerdings, wie noch genauer zu erörtern sein wird, durch das Licht und durch die Lage zum Horizont; in vielen Fällen aber besteht eine direkte Beziehung zu äufseren Faktoren nicht. Elatostemma und Goldf. glomerata zeigen die Anisophyllie auch im etiolierten Zustande und bei allen Lagen des Sprosses, sie ist aber bei aufrecht wachsenden Sprossen von G. glomerata vermindert. Bei den anisophylleu Zweigen von Aesculus u. a. ist die Anisophyllie schon in der Knospe induziert, sie wird also nicht im Verlauf der Entfaltung erst herbeigeführt. Bei Seitensprossen ist aufserdem zu berücksichtigen, dafs die Organ- bildung derselben beeinflufst werden kann durch die Beziehung zu ihrem Muttersprofs, Beziehungen, die aber durchaus noch näherer Aufklärung bedürfen, denn die Feststellung der räumlichen Beziehungen giebt uns natürlich noch keine Aufklärung darüber, wie sie zustande kommen. Es wurde oben schon (p. 74) bei Thallophyten auf hierher gehörige That- sacheu hingewiesen, z. B. darauf, dals bei Antithamnion plumula die Kurztriebe auf der einem andern Langtriel^e zugekehrten Seite kleiner bleiben als auf der entgegengesetzten. § 4. Symmetrieverhältnisse der Blätter. 99 § 4. Symmetrieverhältnisse der Blätter. Blätter siud iu ihrer grofseu Mehrzahl dorsiveutral, iudes wurde schon oben darauf aufmerksam gemacht, dafs es auch bilaterale uud radiäre giebt; als Beispiele wurden die Blätter von Iris und Juucus angeführt. Die genauere Betrachtung derartiger Fälle gehört iu die specielle Morphologie der Phauerogamen. Hier ist nur noch zu l)e- toneu , dafs eine ganz oder annähernd radiäre Ausl)ilduug der Blätter auch durch nachträgliche Wachstumserscheinuugen auftreten kann, und zwar dadurch , dal's eine rechtwinklig zum Blattstiel stehende , nacli allen Richtungen annähernd gleich entwickelte Blatttläche hergestellt wird. Dies kann auf doppelte Weise geschehen: durch Lagenänderung der Teile eines zusammengesetzten Blattes oder durch Bildung eines schildförmigen Blattes, bei welchem der Blattstiel der Unterseite der Blatttläche eingefiigt ist, nicht wie sonst ihre Fortsetzung bildet. Dies ist indes nur durch einen nachträglichen Wachstumsprozel's zustande ge- kommen. Als Beispiel für den ersteren Fall seien die Marsiliablätter genannt , deren vier Fiederblättchen annähernd gleich grofs sind und von einem Punkte ausstrahlen. Die der radiären Form sich am meisten nähernden schildförmigen Blätter finden sich bei einigen Dikotylen, wie Neluml)ium u. a. Sie stehen dann einzeln, uud die Blattfläche steht rechtwinklig zum orthotropeu Stiele, die Beziehungen zur Sprofsachse fallen bei einem derartigen Blatte weg, es stellt gewissermassen ein für sich bestehendes, orthotropes und radiäres Gebilde dar. So finden wir denn auch z. B. bei Umbilicus pendulinus ^), dafs nur die langgestielten Blätter der Wurzel- rosette schildförmig sind. In dem Mafse, wie die Sprofsachse sich (bei der Bildung eines Blütenstandes) streckt, werden die Blätter kürzer ge- stielt, sie verlieren die Schildform und gehen in die gewöhnliche Blatt- gestalt über, bei der die Spreite die unmittelbare Fortsetzung des Stieles bildet -). Die Blattspreite derartiger Blätter ist meist so gestaltet, dafs ihre Medianebene sie in zwei annähernd gleiche Hälften teilt. Bei ortho- tropeu Sprossen steht diese Medianebene (welche den Mittelnerv iu sich aufnimmt und rechtwinklig zur Blattfläche steht) senkrecht auf dem Horizont. Freilich ist die "Symmetrie der beiden Blatthälften stets nur eine annähernde. Weder in der Gestaltung des Umrisses, noch in der Anordnung der Blattnervatur ist eine vollständige Symmetrie irgendwo anzutreften, und die Entwicklung z. B. eines Farn- und eines Moosblattes zeigt von vorn- herein einen uugleichmäisigen Aufbau der beiden Blatthälfteu (vgl. die Angaben im speciellen Teile); ebenso stehen auch bei einem Dikotylen- blatt mit fiederiger Nervatur die einander entsprechenden Nerven der beiden Blatthälfteu sich nur selten gegenüber. Sehen wir iudes ab von ') Vgl. H. Spencer a. a. O. 2) Bei den kurzgestielten, schildförmigen Blättern einiger epiphytischer Hymenophylleen handelt es sich um ganz andere Verhältnisse (vgl. den Abschnitt über die Blattgestaltung bei Farnen im speciellen Teil). 7* 100 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. dem jMaugel völliger Symmetrie, so sind ,hier einige Fälle besonders hervorzuheben, bei denen die Asymmetrie des Blattes besonders aus- geprägt und ein für die betreffende Pflanzenform konstanter Cha- rakter ist\). Am häufigsten kommt die Asymmetrie vor bei Laub- blättern, und bei diesen läfst sie sich fast überall deutlich mit den Lebensverhältnissen, vor allem ihrer Lage (im weitesten Sinne), in Zu- sammenhang bringen, aber auch bei Kotyledonen, Vorblättern und Blüten- hüllblättern ist die Erscheinung verbreitet. So sind bei einigen Pflanzen nur die Kotyledonen asymmetrisch, nicht aber die übrigen Blätter (manche Geranium- und Polygouum-Arten), während bei andern nur die Lauliblätter, nicht die Kotyledonen, diese Erscheinung zeigen. Einige Beispiele seien hier genannt. L Kotyledonen: Geranium pratense und andere Arten; Erodium, Lupinus, Astragalus, Cicer, Tetraganolobus , Desmodium gyrans. Poly- gonum Fagopyrum u. a. Man wird wohl Lubbock^) zustimmen, wenn er die Ungleichheit der Blatthälften der Kotyledonen in Beziehung bringt mit ihrer Lage im Samen und der Gestalt desselben, irgend eine An- passungserscheinung ist darin wohl nicht zu sehen. Fig. 67 zeigt z. B. Fig. 67. Querschnitt durch einen Samen von Geranium pratense. Rechts das hypokotyle Glied, links die beiden Kotyledonen getroffen. Der Mittelnerv ist angedeutet; man sieht deutlich, dafs die Ungleichhälftigkeit der Kotyledonen mit den Raumverhältnissen innerhalb der Samenschale in Beziehung steht. einen Samenquerschnitt von Geranium pratense. Die beiden Kotyledonen sind so eingefaltet, dafs jeweils die kleinere Hälfte des einen von der gröfseren des andern umfafst wird, das Zurückbleiben der einen Hälfte jedes Kotyledons wird hier also wohl darauf beruhen, dafs sie weniger Raum zur Verfügung hatte, als die anderen^). Im übrigen ist auf den Abschnitt tlber Samenentwicklung zu verweisen. IL Laubblätter. Hier kommt in Betracht entweder die Asymmetrie des ganzen Blattes oder die der seitlichen Fiedern. A. Ganzes Blatt ungleichseitig. Hierher gehören zunächst eine Anzahl plagiotroper Sprosse, wie z. B. manche Gräser , Ficus stipularis (die kletternde Jugendform) , Columnea Schiedeana und Kalbreyeri, die oben angeführten Urticaceen (vgl. die Abbildung von Pellionia Daveauana, Fig. 62) Centradenia. ferner von nicht plagiotropeu Sprossen die hängenden, sichelförmigen Blätter von ^) Vgl. die Aufzählung bei Wydler, Über asymmetrische Blätter und ihre Beziehung zur Symmetrie der Pflanze (Flora 1857 p. 209); Herbert Spencer a. a. O. ; Wiesner, Untersuchungen über den Einflufs der Lage auf die Gestalt der Pflanzenorgane. I. Die Anisomorphie der Pflanze (Sitzungsber. d. k. Akad. in Wien 1892) und die daselbst citierten anderen Abhandlungen des Verfassers. 2) A contribution to our knowledge of seedlings Vol. I p. 34. London 1892. ^) Auf demselben Grunde beruht vielleicht die Asymmetrie, welche die Blätter mancher Musaarten zeigen. § 4. Symmetrieverhältnisse der Blätter. |()1 Eucalyptus globulus, Blätter von Rochea falcata ^), die dadurch von den meisten anderen abweichen, dais die gleichgebildeten Blatthälften jeweils auf die entgegengesetzten Seiten fallen (nach Wydler „autitropisch" sind), während sonst bei allen Blät- tern eines Cyklus die gleiehgebildeten (grofsen oder kleinen) Blatthälften auf dieselben Seiten fallen. Dafs die Asymmetrie der Blätter meist auftritt dann, wenn „ihre Teile in unsymmetrischer Relation zur Um- gebung stehen" (Spencer), kann nicht bezweifelt werden. Die Medianebene derartiger Blätter steht gewöhnlich schief zum Horizont (sie sind „klino- trop" nach Wiesner), und im Zu- sammenhange mit dieser schiefen ,.. ^o ^ , . , , ,. ^ ,. Ebene steht auch die Asymmetrie. eVS/lei^flrit^Zctrjit"^ Nur ist es nicht leicht, die Faktoren Blattpaare schief gekreuzt, die Blätter anzugeben, welche dieselbe bedingen. asymmetrisch. Es sei deshalb auf einige Beispiele hingewiesen, die einen Anhaltspunkt zur Lösung dieser Frage geben können. Für einige Commelyneen wurde oben erwähnt, dafs der Hauptsproi's radiär, die Seitensprosse dorsiventral sind. Bei Callisia delicatula hat der radiäre, nach ^/s beblätterte Hauptsprofs symmetrische Blätter, die Seitensprosse haben alternierende asymmetrische Blätter, Die Blätter der plagiotropen I-indenzweige sind mit wenigen Aus- nahmen mehr oder minder deutlich asymmetrisch. Bei senkrecht ein- gepflanzten Stecklingen der Linde fand H. Spencer einen beträchtlichen Procentsatz der Blätter vollständig symmetrisch. Auch bei der Ulme und der Buche ist das Mafs der Asymmetrie der Blätter schwankend. Radiäre Keimsprosse aber haben stets symmetrische Blätter. Au den plagiotropen Sprossen ist namentlich das am Ende der Sprosse stehende Blatt, das sich so stellt, dafs seine Medianebene rechtwinklig zum Hori- zont steht, nicht selten fast symmetrisch ausgebildet-). Es spricht sich dies auch darin aus, dafs beide Blatthälften dann gleichweit am Blatt- stiel hinabreichen, während bei den asymmetrischen Blättern die untere Hälfte tiefer hinal)reicht als die obere. Die Asymmetrie ist also in den genannten Fällen nicht streng ver- erbt, sondern durch äufsere Einflüsse veränderlich. Dafs sie — bei allen Blättern ursprünglich in geringem Grade vorhanden — durch letz- tere in vielen Fällen stark gesteigert wurde, scheint mir zweifellos, und zwar spielt dabei wohl nicht die Schwerkraft, sondern das Licht wohl die Hauptrolle. Dafs das Licht, wenigstens in manchen Fällen, noch direkt die Blattform beeinflussen kann, scheint aus folgendem Falle her- vorzugehen, der zwar eigentlich in einen andern Abschnitt gehört, aber doch hier angeführt werden raufs. ^) Die Blattpaare von Kochea sind schief gekreuzt, was in noch höherem Grade bei Mesembryanthemumarten vorkommt. Die biologische Bedeutung dieses Gestaltungsverhält- nisses ist mir bei Rochea ganz unklar geblieben, aber dafs eine solche vorhanden, ist kaum zweifelhaft. 2) Vo-1. Wiesner a. a. O. Wenn Wiesner auf Grund einer Angabe Hofmeisters annimmt, dies symmetrische Endblatt sei aus einer asymmetrischen Anlage hervor- gegangen, so möchte ich dazu bemerken, dafs mir dies in Ermanglung eines entwicklungs- geschichtlichen Nachweises noch fraglich erscheint. 102 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Bei Trichomaiies Hildel)randti (vgl. Giesenhagen, Flora 1890, p. 450) stehen die Blätter scheinbar in einer Linie auf dem Rücken des an Baumstämmen etc. kriechenden Stämmchens. Sie sind ungestielt und schildförmig und mit ihrer (Haarwurzeln tragenden) Unterseite der Baumrinde dicht angeschmiegt. Überall, wo ein Blatt von einem andern überdeckt wird, stellt es bald sein Wachstum ein; auch das überdeckende Blatt wird an der betreffenden Stelle in der Weiter- entwicklung gehemmt, wodurch Unregelmärsigkeiten in der Entwicklung entstehen. Die bedingenden Faktoren wären natürlich nur durch Be- obachtung der lebenden Pflanze mit Sicherheit festzustellen. Annehmen darf man aber wohl , dals bei dem bedeckten Blatte die Beschattung hemmend auf die Ausbildung wirkt; ob an dem deckenden Blatte die Wachstumshemmung dadurch bedingt wird, wie Giesenhagen annimmt, dafs es vom Substrate abgeschnitten ist, mufs dahingestellt bleiben. Die Schildform der Blätter erlaubt hier eine allseitige Ausnützung des Sub- strates und schützt das Stämmchen und seine Knospe. Kehren wir zu den asymmetrischen Blättern ^) zurück , so sei be- treffs der Orientierung der beiden Blatthälften noch folgendes bemerkt. Die Orientierung der beiden Blatthälften ist selbst bei den Arten einer Gattung nicht immer dieselbe. Denken wir uns einen zweizeilig beblätterten, kletternden Sprofs, dessen BlattHächen alle in einer Ebene liegen (etwa wie bei Pellionia, Fig. 62), so sind die gröfseren Hälften bei den einen Pflanzen die der Sprolsspitze zu-, bei anderen die ihr abgekehrten. Etwas eingehender sei die Gattung Begonia behandelt, deren gesamte Wuchsverhältnisse hier an einigen Beispielen besprochen werden sollen. Freilich kann es sich nur um eine allgemeine Orien- tierung handeln, da Gestaltungs- und Lebensverhältnisse der Begonia- Arten sehr mannigfaltig sind. Diese Gattung ist dadurch ausgezeichnet, dal's sie ausschliefslich dorsiventrale Sprosse in der vegetativen Region hervorbringt. Die Dorsi- ventralität äuisert sich in der Gestalt der Blätter, der Nebenblätter und (bei manchen Arten) in der Stellung der Blätter und Seitensprosse. Alle Begonien sind ausgezeichnet durch zweizeilige Blattstellung und mehr oder minder asymmetrische Blätter. Im übrigen kommen mancherlei Abweichungen vor. Denken wir uns einen geneigt wachsenden Begoniasprofs horizontal gestellt, sodal's seine Unterseite genau nach unten, seine Oberseite nach oben steht, und von vorn betrachtet, so kommen betreffs der Orientierung der beiden ungleichen Blatthäften zwei Fälle vor ^). 1. Bei dünnstämmigen Arten, wie z. B. Begonia scandens, B. maculata, incarnata (Fig. 70), sind, wie bei Pellionia, die gröfseren Blatthälften nach oben gewendet. Die beiden Nebenblätter sind von ungleicher Gröi'se, das auf der Lichtseite stehende (gedeckte) ist z. B. bei B. maculata gröiser, als das auf der Schattenseite stehende. 2. Bei anderen, namentlich dickstengligen Arten, wie B. manicata, B. Rex u. a. , ist die kleinere Blatthälfte nach oben gewendet, also ^) Es sei hier nur noch bemerkt, dafs natürlich aus der Thatsache, dafs die Asymmetrie derselben zum Lichte in Beziehung steht, noch nicht hervorgeht, dafs dasselbe auch der bedingende Faktor gewesen sein mufs, und dafs überhaupt, wie dies schon aus dem über die Kotyledonen Gesagten hervorgeht, verschiedene cäufsere Faktoren Asymmetrie bedingt haben können. ^) Ich finde bei Untersuchung einer Anzahl von Arten die Verhältnisse so, wie Sachs (Lehrbuch 4. Aufl. p. 213ft".) sie angegeben hat; die Angaben von Hofmeister sind in mehr als einem Punkte irrig, auch darin, dafs bei orthotropen Begoniasprossen die Spitzen übergeneigt seien. § 4. Symmetrieverhältnisse der Blätter. 103 umgekehrt wie bei 1. Das wendet sich aber bei der Entfaltung so, dais die Blattspitze und damit die kleinere Blatthälfte nach unten sieht. Bei den aufrecht oder schief aufsteigend wachsenden Arten stehen die Blätter in zwei Zeilen, die etwa 180" von einander divergieren, die Seitenknospen noch in den Blattachseln. Bei den mit kriechendem Stamm versehenen sind die beiden Blattzeilen einander auf der Oberseite ge- nähert, wie das Diagramm Fig. 69 zeigt, während die Seitenknospen auf den Flanken, in der Achsel eines der Nebenblätter stehen, eine Ein- richtung, deren Vorteil ohne weiteres einleuchtet, und die bei vielen dorsiventralen Sprossen wiederkehrt. Die Orientierung [der Symmetrieebene der Seitensprosse zu der der Hauptsprosse ist eine sehr verschiedene. In manchen Fällen steht sie rechtwinklig zur ersteren, und dies scheint mir der „typische" Fall zu sein, er ist bei den dünnstengligen Arten der herrschende; in anderen macht sie mit ihr einen Winkel oder fällt gar mit derselben zusammen. (Vgl. KOLDERUP-ROSENVINGE a. a. 0.)^) Fig. 70. Begonia incarnata u. a. Schema der Blattbildung und Verzweigung von oben gesehen. Fig. 69. Begonia Rex. Schema der Blattstellung und Verzweigung von vorn gesehen. TF Wurzelseite der Sprofsachse, die oberhalb W im Querschnitt zu sehen ist. Vor jedem Blatt zwei Stipulae, diese im Querschnitt gedacht, während die Blätter selbst in Fläehen- ansicht gezeichnet sind. In der Achsel des zweiten Blattes (scheinbar in der der untern Stipel) ein Achselsprofs. Was die biologische Bedeutung der schiefen Ausbildung der Blätter anbelangt, so läfst sich im allgemeinen sagen, dais diejenige Blatthälfte die kleinere ist, welche die beschattete sein würde, worauf Herbert Spencer wohl zuerst hingewiesen hat, a. a. 0. p. 149, und dafs die Schiefblättrig- keit eine zweckmäfsige Raumausnützung ermöglicht. Indes kann dieser Gesichtspunkt z. B. die Grölseudiffereuz der Nebenblätter nicht teleologisch erklären. Es ist eben im Zusammenhang mit dem plagiotropen Wuchs der meisten Arten (einige sind wieder orthotrop geworden) eine ungleich- seitige Ausbildung eingetreten, die in vielen, nicht allen Fällen zweck- mäfsig erscheint. ^) Die Angaben von Sachs und Eichler stimmen nicht mit den von Rosekvingk und sind unter sich entgegengesetzt. Nach Sachs macht bei dickstengligen Arten der Hauptschnitt der Seitensprosse mit dem der Hauptsprosse einen nach oben spitzen Winkel: Eichlers Diagramm ergiebt einen stumpfen. Nach Rosknvinge hat die Symmetrieebene bei den Seitenknospen von B. hydrocotylifolia die von Sachs angegebene Lage, während sie bei B. Rex von Anfang an vertikal steht (vgl. Fig. 69j. 2^04 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Begoniaarten mit aufrecht wachsenden Sprossen sind, soweit meine Erfahrungen reichen, solche, die ein liuschiges, durch reiche Verzweigung bedingtes Wachstum haben. Betrachten wir einen Sprofs von oben (Fig. 70), so zeigt sich , dafs die horizontal stehenden Blattflächen der Hauptsache nach nach einer Seite hin, die als die Aufsenseite zu be- trachten ist, verlegt sind. Die Blattspitzen stehen nicht, wie dies sonst l)ei zweizeilig beblätterten Sprossen der Fall ist, dem An- heftuugspunkt des Blattes gegenüber, sondern haben demselben gegen- über eine Drehung bis zu 90*^ ausgeführt. Der dorsiveutrale Charakter auch der aufrecht wachsenden Formen tritt dadurch hervor; jeder Sprofs hat eine Aufsenseite mit viel, eine Innenseite mit wenig Blattfläche (in Fig. 70 nach oben gekehrt). Da nun die einzelnen Sprosse einander ihre Innenseite zukehren, so wird dadurch eine nach aufsen gerichtete Beblätterung des ganzen Sprofssystems erzielt , während gleichzeitig die einzelnen Blätter so gelagert sind, dafs die beschattete Seite weniger entwickelt ist als die unbeschattete. Es liegt hier also, meiner Ansicht nach, ein Fall vou „Exotrophie" vor. Im allgemeinen dürfte für die Begonien der Satz gelten, dafs die- jenigen, die kurze Internodien besitzen, lauggestielte Blätter haben und umgekehrt, wenigstens bei den grofsblättrigen Formen. Eine eingehende Darstellung der Biologie der verschiedenen Arten auf Grund von Be- obachtungen im Heimatlande derselben, würde von grofsem Interesse sein, zumal die Le])ensverhältnisse sehr verschieden sind; einige, wie B. scandens, fagifolia u. a., sind Wurzelkletterer wie der Epheu, andere, wie B. Rex, haben auf der Erde, resp. Felsen, wachsende dicke Rhizome, andere wieder orthotrope Sprosse. Abgesehen von den kletternden Formen, können wir die Gesamtsymmetrieverhältnisse bei den Arten mit gestreckten Internodien (Fig. 70) vergleichen denen zusammengesetzter Blätter mit unsymmetrischen Teill)lättchen (vgl. unten). Der Sprofsachse von Begonia entspricht dann ein Blattstiel der einzelnen Blätter den Teilblättchen. Auch sonst kommen asymmetrische Blätter an orthotropen Sprossen vor, und wahrscheinlich handelt es sich dabei, wie in dem angeführteu Falle der orthotropen Begonien , um eine der Einrichtungen zur Ver- legung der Blattflächen nach aufsen. So bei Achimenes, einer Gesneriacee mit zwei- oder dreizähligen Blattwirteln. Die Asymmetrie der Blätter tritt hier, wie bei einigen anderen Gesneriaceen nicht immer, meist aber ziemlich auffällig hervor, und die Blätter haben dann eine ähnliche sichelförmige Krümmung, wie bei der in Fig. 70 skizzierten Begonia. Die untersuchten Sprosse von Ach. Haageana (einer Gartenform) waren aus Knöllchen entwickelt, sie standen dicht gedrängt und waren auisophyll, indem die nach innen gekehrten Blättcheu kleiner waren, als die nach aufsen stehenden. Die sichelförmige Krümmung der Blattspreiten trägt nun dazu bei, die Blattfläche mehr nach aufsen zu verlegen. Vugieiche Entwicklung der beiden Blatthälften kommt auch bei zusammengesetzten Blättern vor, durch ungleiche Gröfse der Teilblättchen, die so weit gehen kann, dafs auf einer Seite einige der Teilblättchen verkümmern. Zunächst sei erwähnt, dafs die Nebenblätter bei manchen dorsiventralen Papiliouaceen auf der Oberseite (der Inflorescenzseite) gröfser sind als auf der Unterseite. Viel auffallender ist aber die Un- gleichheit der Fiederblättchen selbst bei einer Anzahl von Arten, die, § 4. Symnietrieverhältnisse der Blätter. 105 soweit ich sie lebend untersuchen konnte, alle ausgezeichnet sind durch den Besitz ausgesprochen plagiotroper, niederliegeuder Sprosse. Diese sind zweizeilig beblättert, die eine Blatthälfte ist also nach oben, die andere nach unten gekehrt. Die Verschiedenheit ist hier zuweilen so auffallend, dal's sie selbst in der systematischen Benennung Ausdruck ge- funden hat. Die Blätter von Indigofera diphylla (Fig. 71, J). Hosackia subpinnata, Anthyllis tetraphylla (Fig. 71, ///jsind „einseitig gefiedert". Bei Indig. diphylla ist nur ein Fiederblättchen vorhanden auf der Ober- seite. Anthyllis tetraphylla hat auf der nach oben gewendeten Seite 2—3 gröfsere, auf der nach unten gekehrten nur ein Fiederblättchen. Die Blätter sind an dem niederliegenden Sprofs schief inseriert, so dal's ihre Oberseiten schief nach der Sprol'soberseite gerichtet sind. Es ist klar, dafs diese Sprosse eine Dorsiventralität , ähnlicli der von Begonia. zeigen, und dafs ebenso, wie bei den plagiotropen Sprossen von Begonia, diejenigen Blatthälften i-eduziert erscheinen, welche die schwächer be- leuchteten sind. Dabei ist bemerkenswert, dafs inlicli auch die PHaiizen gehören, bei denen an einem und demselben Exemphir oder bei verscliiedenen Exemplaren derselben Art radiäre und dorsiventrale Blüten vorkommen. An dem- selben Stock von Saxifraga stellaris sind, wie H. Müller^) angiebt, die gerade nach oben gericliteten Blüten radiär, die seitlich gerichteten zum Teil dorsiventral (indem die ol)eren Blumenltlätter etwas schmäler sind und kleinere gelbe Flecke haben). Bei Soldanella pusilla finden sich Stöcke mit senkrecht herabhängenden Blüten, die ringsum gleich- gestaltet sind, und andere mit schräg abwärts geneigten, unten etwas weiter ausgebreiteten Blumenkronen-). Für uns ist in den angeführten Fällen von Interesse, daCs die Dorsi- ventralität durch äuisere Faktoren induziert wird, und zwar geschieht das erst spät, nach dem Öffnen der Blüten, während bei der zweiten Kategorie von Blüten die dorsiventrale Ausbildung schon vor der p]nt- faltung erfolgt. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dafs hierbei in physiologischer Beziehung, wie Noll^) zuerst nachgewiesen hat, zweierlei Gruppen dorsiventraler Blüten zu unterscheiden sind. Diejenigen, welche KoLL als „wesentlich" zygomorph bezeichnet, sind dadurch charakterisiert, dafs sie sich stets in bestimmter Weise orientieren, und zwar gewinnen sie ihre ,,Normalstellung" (wobei sich der Blüteneingang stets der Intlorescenzachse abwendet, die Rückenseite nach oben, die Bauchseite nach unten), in der der Insektenbesuch am günstigsten stattfinden kann, wenn sie aus derselben gebracht werden, durch bestimmte Orientierungsbewegungen wieder, sie reagieren also auf Lagenverände- rungen anders als radiäre Blüten. „Unwesentlich" zygomorph sind da- gegen die Blüten, die am Rande der Inflorescenzen von manchen Cruciferen (Iberis u. a.), Umbelliferen (Heracleum, Coriandrum u. a.), Compositen, Dipsaceen etc. stehen. Sie werden dadurch im morphologischen Sinne dorsiventral, dafs der nach aufsen gekehrte Teil der Blumenkrone sich stärker entwickelt als der innere. Diese Blüten reagieren auf Lagenänderungen ebenso wie ihre radiär gebliebenen Schwesterblüten, sie dienen lediglich zur Verstärkung des Schauapparates der ganzen Inflorescenz. Zur Bestäubung der Einzelblüten steht die Dorsiventralität der Blumenkrone in keiner direkten Beziehung. Dies zeigt sich namentlich auch dadurch, dafs in manchen Fällen dasselbe Resultat erzielt wird, ohne dafs die Blumenkrone, das Androe- ceum und Gynoeceum eine dorsiventrale Ausbildung zeigen. So bei einigen Rubiaceen. Als ich vor einigen Jahren einen Ausflug in die Bor Ghats in Indien machte, fielen mir Sträucher auf, an deren leuchtend roten Blüten ich von weitem weifse Schmetterlinge sitzen zu sehen glaubte. Es war dies eine Mussaendaart, über deren Blüten ich damals folgendes notierte: „An einzelnen der äufseren |Blüten des Blutenstandes ist von den fünf Kelchblättern eines ungemein vergröfsert und einem Laubblatt ähnlich geworden, nur dafs es ganz und gar chlorotisch ist und keine Spur von Chlorophyll enthält. Durch diese weifsen Blätter wird der Blütenstand von weitem auffallend. Die inneren Blüten haben fünf pfriemenförmige kleine Kelchblätter." Ähnlich ver- ^) H. MüLLKR, Alpenpflanzen etc. p. 535. 2) Einen ähnlichen Fall bildet Herbebt Spencer für Campanula ab (Principien der Biologie II p. 160). ^) NoLL, tjber die normale Stellung zygomorpher Blüten und ihre Orientierungs- bewegungen zur Erreichung derselben. Arbeiten d. bot. Instituts in Würzburg, herausgeg. von Sachs, III. Bd. Goebel. Organographie der Pflanzen. o 114 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. hält sich auch Pogouopus Ottonis, eine andere Rubiacee, die ich später in Venezuela antraf. Bei diesen Eubiaceen werden also nur einzelne Kelchblätter der peripherisch gestellten Blüten anders ausgebildet, sonst bleibt die Blüte radiär. Diese Fälle sind auch, wenn man das Zustande- kommen der Blütendorsiventralität kausal zu erklären versucht, offenbar von den anderen zu unterscheiden. In den meisten hierher gehörigen Beispielen werden derartige Blüten radiär angelegt, aber durch Förderung des äufseren Teiles der Blütenhülle dann dorsiventral. Auch bei den „wesentlich" dorsiventraleu Blüten erfolgt die Dorsiventralität durch verschiedene Ausbildung der radiär angelegten Blütenteile oder dadurch, dafs die inneren Blütenteile in anderer Zahl angelegt oder ausgebildet werden als die äufseren ; oft genug sind auch beide Vorgänge kombiniert, dann aber gewöhnlich in der Weise, dafs daraus eine dorsiventrale Blüte resultiert, oder, mit anderen Worten, die Symmetrieverhältnisse der einzelnen Blütenkreise ändern sich nicht unabhängig von einander. Beispiele dafür bietet jedes systematische Werk, namentlich Eichlers Blütendiagramme. Es sei an der Hand der Fig. 82 hier nur darauf hingewiesen, wie eine radiär angelegte Blüte durch verschiedenartige Ausbildung des Audroceums dorsiventral werden kann. Die Blüten von Commelyna bestehen wie die der meisten Monokotylen aus fünf dreizähligen Quirlen, eine radiäre Anordnung, welche eine symmetrische Teilung durch drei verschiedene Schnittrichtuugen gestattet. Es bilden sich aber von den sechs Staubblättern nur drei vollständig aus, die drei anderen (in der Figur durch schwarze Kreuze bezeichnet) sind steril und w^eichen auch durch die Form ihrer kreuzförmig-vierlappigen Antheren von den vorderen fruchtbaren ab. Infolge davon ist die Blüte dorsiventral ge- worden, sie ist nur durch einen Schnitt symmetrisch teilbar, und in Ver- bindung damit zeigt das in die Symmetrieebene fallende Staubblatt eine andere Ausbildung als die beiden anderen, namentlich besitzt es ein breiteres Konnektiv. Dieselbe Änderung der Symmetrie würde ein- getreten sein, wenn die drei äufseren Staubblätter ganz verkümmert wären, wie denn solche Verkümmerungen sehr häufig eintreten. Nament- lich ist aber, wie in der Morphologie der Blüte noch ausführlicher zu zeigen sein wird, die Zahl der Fruchtblätter häutig reduziert, wodurch die Gesamtsymmetrie der Blüte beeintlufst wird. Ihren augenfälligsten Ausdruck aber findet die letztere in der Ausbildung der Blütenhülle, speciell der Blumenkrone. Es braucht nur erinnert zu werden an die „lippenförmigen", zungenförmigen und „maskierten" Blüten, das Auf- treten von Spornen u. s. w. Die soeben kurz geschilderten Verhältnisse haben früh schon Ver- anlassung zu Versuchen einer teils teleologischen, teils kausalen Er- klärung gegeben. Schon Christian Konrad Sprengel^) hat in ersterer Beziehung auf die Gesichtspunkte hingewiesen, welche auch heute noch (wenngleich teilweise in anderer Auffassung) als die wichtigsten zu be- trachten sind. „Drey Umstände sind es, aus welchen man, wie so vieles andere, was die Struktur der Blumen betrifft, also auch, warum sie regulär 2) oder irregulär^) sind, erklären kann. Der erste ist die Inflorescenz oder die Art und Weise, wie die Blumen an den Stengel ^) Das entdeckte Geheimnis der Natur etc. Berlin 1793 p. 37. Vgl. auch Delpino zigomorfia florale et sue cause, Malpighia I p. 245 — 262, Robertson, zygomorphy and its causes bot. gazette 1888. 2) = radiär. ^) = dorsiventral. § 5. Öyimnetrieverhältnisse von Blüten und Inflorescenzen. 115 oder au die Zweige einer PHaiize augefügt siud. Der Zweite ist, dafs die Regeutropfeu. weuigsteus liei eiuer Windstille, perpeudikulär auf die Blumen herabfallen. Der dritte ist die Absicht der Natur, dafs die Insekten die Blumen befruchten sollen, wenn man dal)ey zugleich auf die natürliche Stellung der Insekten Rücksicht nimmt, welche im Fliegen allezeit und im Stehen und Gehen gewöhnlich die aufrechte ist." Bei einer gerade aufrecht stehenden oder gerade herabhängenden Blüte sei weder von Seiten der Insekten, noch der des Regens die ge- ringste Ursache gegeben, warum sie nicht radiär sein sollte, das Insekt müsse sie, wo es auch sich setze, befruchten können, während „horizon- tale" Blumen, weil sie eine obere und untere Seite haben'), und das Insekt sich jedesmal auf die untere setzt und auf einer von beiden hinein- kriecht, irregulär sein müssen .... (a. a. 0. p. 42). Es lag nach Aufstellung des Selektionsprinzips nahe, das Auftreten der Dorsiventralität an Blüten dadurch zu „erklären", dal's man auf die Vorteile hinwies, welche daraus entspringen. „Der zygomorphe Bau der Blume lockt Kreuzungsvermittler an und schliefst unnütze Houig- räulier aus. Es werden mehr Samen durch Kreuzung erzeugt, und die daraus hervorgehenden Pflanzen zeigen sich widerstandsfähiger und lebenskräftiger als die durch Inzucht entstandenen. Je besser sich der Blütenbau den Kreuzuugsvermittleru anpalst, um so kräftigerer Nach- w^uchs wird erzeugt, der die Eigenschaften der bestangepafsten Individuen auf die Nachkommen übertragen wird" (Focke). Wenn aber diese Blüteu- formen zu stände gekommen wären, lediglich durch Variieren nach be- liebigen Richtungen hin und Überleben des Passendsten, so ist nicht einzusehen, warum nicht auch viele Eudblüten dorsiventral geworden sind. Zudem giebt es auch windblütige Plianzeu. deren Blüten wie die vieler Gräser dorsiventral sind^) (es sind nur die beiden unteren lodiculae ausgebildet , die obere ist als nutzlos meist verkümmert , die Blüte ist eine unzweifelhaft dorsiventrale). Meines Erachtens mul's das in der Stellung der Blüten liegende Moment besonders hervor- gehoben und das Verhalten der erst nach der Entfaltung dorsiventral Averdendeu Blüten als Ausgangspunkt genommen werden. Seitenblüten kommen in anderer Stellung zu den äufseren Kräften als die Endblüten. Je nach der Empfänglichkeit der ersteren für äulsere Faktoren wird dadurch die Blütengestalt mehr oder Aveniger früh geändert werden. Diese Veränderungen können erblich geworden sein, und derartige Blütenformen werden allerdings anderen gegenüber begünstigt sein. Dabei ver- kümmern dann vielfach Teile der Blüte, die nach Eintritt der dorsi- ventralen Ausbildung nutzlos geworden sind. Indes können auch Seiten- blüten radiär l)leil)en, wie bei vielen Malvaceen. Ganz abzuweisen sind meines Erachtens die rein mechanischen Er- klärungsversuche, wie zuerst einer von A. P. De Candolle versucht wurde. Er erwähnt in seiner „Theorie elementaire" (1819), dafs die Stellung der Blüten von grofsem Eintiul's auf ihre Symmetrieverhältnisse sei. Jede Blüte, die von Natur terminal, aufrecht und einzeln stehend sei, sei radiär, auch A\enn sie eiuer Familie mit gewöhnlich dorsiventralen ^) Spkkngel hat damit derartige Blüten sehr richtig schon als dorsiventrale bezeichnet; denn darauf kommt es an, dafs eine obere und eine untere Seite vorhanden ist, während das im Ausdruck „zygomorph" enthaltene Gleichheitsverhältnis von rechter und linker Seite im Grunde nebensächlich ist. 2) Darwin (Form of flowers etc. p. 147) hatte» hen^orgehoben, dafs keine windblütige Pflanze mit dorsiventralen Blüten bekannt, sei. 8* WQ Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. Blüten augehöre (z. B. Asamm unter den Aristolochieen) ; wenn aber unter einer Terminalblüte Seitenblüten entstehen, so werden diese unter dem Druck ihrer Nachbarn stehen^) und mehr nach aulseu wachsen, wo der Druck kleiner sei. Auch andere Faktoren (Ungleichheit gegen- über der Ernährung, der Luft und dem Lichte) können eine Rolle spielen. Wo bei Pflanzen, die normal keine Terminal-, sondern nur stark dorsiventrale Seitenblüten haben, Endblüten auftreten (wie ge- legentlich bei einigen Labiaten), sind diese Terminalblüten radiär ^j, auch weist er darauf hin, dals aufserdem bei der Änderung der Blüten- symmetrie Korrelationserscheinungen zwischen den einzelnen Blüten- teilen in Betracht kommen. Hofmeister nimmt auch bei den dorsiventralen Blüten (ähnlich wie bei den dorsiventralen Sprossen) eine kausale Beziehung zur Schwerkraft an (Allg. Morph. S. 581). Endlich haben wir Versuche, wie Darwin her- vorhebt^), welche die Insekten selbst dafür verantwortlich machen wollen, welche durch von ihnen ausgeübte Reize die Blütenform beeinflussen sollen^). So sagt z. B. Henlow^): „I regard this cause as issuing from the insect itself, namely the mechanical influeuce of its weight and pressures." Wie dies die Thatsache erklären soll, dafs bei den Orchideen und anderen Pflanzen die richtige Orientierung der Blüte erst bei der Ent- faltung erfolgt, ferner die oben erwähnten dorsiventralen Randblüten, vermag ich nicht einzusehen, die ganze Vorstellung ist eine subjektive Vermutung ohne irgend welchen thatsächlichen Beleg, und im Grunde sind wir über die von Sprengel und De Candolle aufgestellten Gesichts- punkte in dieser Frage nicht viel hinaus gekommen: wir wissen, dafs dorsiventrale Ausbildung der Blüten in den meisten Fällen mit den Bestäubungsverhältnissen zusammenhängt und nur an Seitenblüten vor- kommt. luflorescenzeii "). Wie bei den Blüten haben wir auch hier zwei Fälle: solche In- florescenzen, die radiär angelegt sind und erst durch Drehung (sei es der Blütenstiele oder der Internodien der Inflorescenzachse) dorsiventral werden, und solche, bei denen schon von Anfang an Dorsiventralität vorhanden ist. Die Blüten an dorsiventralen Infloresceuzen sind meist nur mit einem kurzen Stiele versehen, der Inflorescenzachse kommt die Aufgabe zu, sie für die Bestäubung etc. in die richtige Lage zu bringen. Was zunächst die Beziehungen zu den Lebensverhältnissen anbetriff't, so haben wir zwei Fälle zu unterscheiden. Dorsiventrale Infloresceuzen finden sich nämlich sowohl bei wiudblütigen, als bei insektenblütigen Pflanzen. 1. Windblütige Pflanzen. In den Infloresceuzen von Urtica dioica, Dorstenia, einiger Gramineen u. a. stehen die Blüten (und bei Urtica dioica u. a. auch die Inflorescenzäste) alle auf einer Seite der Inflorescenz ^) Dafür fehlt es an jedem Beweis, ebenso wie in den andern Fällen, in denen man „Druck" als gestaltbeeinflussendes Moment angenommen hat. '-) Auch bei anderen Pflanzen treten solche „Pelorien" auf. Vgl. betr. derselben den Abschnitt IV. '') Darwin, Form of flowers etc. p. 147. *) Vgl. Nägeli, Mech.-physiol. Theorie der Abstammungslehre, wo der Einflufs des Krabbeins der Insekten in pliantastischer Weise für die Gestaltung der Blumenkrone etc. verantwortlich gemacht wird. ■') Henslow, floral structures p. 103. ^) Vgl. GoEBEL, Über die Verzweigung dorsiventraler Sprosse. Arb. d. bot. Inst, in Würzburg, herausgeg. von Sachs, II. Bd. 3. Heft. 1880. § 5. Symmetrieverhältnisse von Blüten und Inflorescenzen. 117 imd zwar auf der nach oben gekehrten. Was die biologische Bedeutung dieser Anordnung bei Urtica diciosa lietrifli't, so ist eine solche vielleicht im Zusammenhang damit zu finden, dal's die Antheren hier explodieren. Der in Form kleiner Staubwölkchen zerstreute Pollen wird eher Aussicht haben, durch Luftströmungen transportiert zu werden, wenn er nach oben, als wenn er nach andern Richtungen hin geschleudert wird. Urtica urens hat monöcische Blütenverteilung und nicht dorsi- ventrale Inflorescenz. Auffallend dorsiventrale InÜorescenzen, bei denen die Ährchen ein- seitig an dem Gesamtbliitenstand inseriert sind, finden sich bei vielen Gräsern (Chloris, Dactylis u. a.). Für diese eine Beziehung zur Aufsen- welt zu finden, schien kaum möglich. Wenn wir nun die Einrichtungen der Grasiufioresceuz vergleichend biologisch betrachten, so zeigt sich, dais die Gestaltung der Infiorescenz so eingerichtet ist, dafs sie durch den Wind leicht bewegt werden kann. Die schlanken Halme, die Ährchen, die beim Zittergrase (Briza) auf langen, dünnen Stielen sitzen, die sparrig abspreizenden Äste bei andern dienen alle demselben Zwecke, den auch die Gestaltung der Filamente verfolgt, dem, den Pollen leicht heraus- schütteln zu lassen. Einseitig entwickelte Infiorescenzen nun halien meines Wissens nur solche Gräser, bei denen die Ährchen kurz gestielt sind. Rücken sie nach einer Seite hin (z. B. Dactylis), so wird dadurch dem Wind eine grölsere Fläche geboten, als wenn sie ringsum gleich- mäfsig verteilt wären. Aber auch avo wegen der geringen Zahl der Ährchen dieser Gesichtspunkt nicht in Betracht kommen kann, wird durch die einseitige Belastung ein öfteres Hin- und Herschwingen erfolgen, als wenn dies nicht der Fall wäre. Übrigens zeigen die mit radiären In- tiorescenzen ausgestatteten Gräser, auf wie vielerlei Weise innerhalb einer Familie ein und dieselbe Aufgabe gelöst werden kann. 2. Insektenblütige Pflanzen. Bei Pflanzen, die an Standorten wachsen, an denen eine einseitige stärkere Beleuchtung herrscht, wie z. B. an Waldrändern, oder bei Inflorescenzen, die an dicht buschigen Pflanzen auftreten, wird der „Schauapparat" der Blüten, wie ich kurz angedeutet hal)e (a. a. 0, p. 399) und durch Urban\) weiter ausgeführt wurde, günstiger wirken, wenn er nach einer Seite, und zwar nach der Lichtseite, hingekehrt ist. Am auffallendsten sind die schon der An- lage nach dorsiventralen Blütenstände, für die zunächst ein Beispiel an- geführt sei. Fig. 83 zeigt einen Querschnitt durch die Knospe einer blühenden Pflanze von Vicia Cracca. Dieselbe ist zweizeilig beblättert, es sind die mit 1 — 6 bezeichneten Blätter durch den Schnitt getroften. Die Inflorescenzen (If) stehen in den Blattachseln. Alier sie erscheinen schon alle nach einer Seite (in der Figur nach der Oberseite) hin- gerückt, weil jede einzelne Infiorescenz nicht vor der Mitte der Blatt- achsel, sondern nach der Stipula hingerückt erscheint-); auf der der Inflorescenz abgekehrten Seite der Blattachsel tritt dann später ein vege- tativer Sprofs auf (vgl. Fig. 79, p. 109). In jeder einzelnen Inflorescenz stehen die Blüten auf der der Hauptachse (S) abgewendeten Seite, und dies spricht sich schon von Anfang an, also schon vor dem Auftreten der Blüten, darin aus, dafs die Inflorescenzachse auf dieser Seite stark ab- 1) Ueban, Zur Biologie der einseitswendigen Blütenstände. Ber. der D. bot. Ges. Jahrg. 1885. -) Dies ist aber gleich von Anfang an der Fall, nicht etwa eine nachträgliche Ver- schiebung:. 118 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. geflacht ist und deineutsprecheud auch der Hauptachse dicht anliegt. Diese blüteuleere Seite krümmt sich zunächst stark ein, was dem Schutze der jungen Blütenknospen zu gute kommt. Später richten die Inflorescenzen sich negativ geotropisch auf, sie sind orthotrop, trotz ihrer Dorsiventralität; der Vergleich mit anderen Papiliouaceen macht es wahrscheinlich, dafs diese dorsiventralen Inflorescenzen aus radiären hervorgingen. Daian läist sich anschlieisen die Besprechung der dorsiventralen schneckenförmig eingerollten Blütenstände , wie sie sich bei vielen (nicht allen) Bora- gineen , Hydrophylleen , Hyoscyamus u. a. finden. Phylogenetisch sind derartige Blütenstände wohl von Wickeln abzuleiten^). Für uns kommt hier nur in Betracht, dafs sie ausgeprägt dorsiventral sind, sie tragen die Blüten auf der Oberseite, die Deckblätter (wo solche vorhanden sind) stehen auf den Flanken. Die Blüteustandachsen verlaufen meist ■.^ Fig. 83. Vicia Cracca. Querschnitt durch das Ende eines blühenden Sprosses. S Sprofs- achse. Es sind vier Inflorescenzen getroffen (2? die Blüten der älteren Inflorescenzen; alle Blüten stehen auf der der Hauptachse abgewendeten Seite) und sechs Blätter, von denen .3, 4, 5, Ö Inflorescenzen in ihren Achseln haben; die sämtlichen Inflorescenzen stehen aber nicht vor der Mitte der Deckblätter, sondern der nach oben gekehrten Seite der Haupt- achse zu. Die Fiederblättchen der älteren Blätter sind an ihrer Einkrümmung kenntlich; Sil— st Q Stipulae (Nebenblätter j: die, welche auf der Oberseite stehen, sind gröfser, als die auf der Unterseite. schräg aufsteigend und entfalten sich in der Weise, dafs die sich öffnenden Blüten auf dem höchsten Punkte der Inflorescenzachse stehen ; sie sind so nicht nur am besten sichtbar, sondern auch am besten be- leuchtet, und dafs das Licht nicht nur indirekt für die Bestäubung, sondern auch direkt in Betracht kommt, ist höchst wahrscheinlich. Die Gärtner z. B. sind allgemein der Meinung, dafs eine künstliche Be- stäubung bei Sonnenschein bessere Aussicht habe als bei trübem Wetter^). Betreffs anderer von Anfang an dorsiventraler Inflorescenzen ver- weise ich auf meine genannte Abhandlung, und gehe hier über zu den- jenigen Inflorescenzen, die nur einseits wendi g sind, also ihre Blüten ^) Betreffs ihrer Entwicklung vgl. : Über die Verzweigung etc. und die dort angeführte Litteratur. Wo, wie bei Borago ofScinalis, die einzelnen Blüten länger gestielt und mit grofser Blumenkrone versehen sind, ist die Inflorescenz so gut wie nicht dorsiventral, sondern stimmt mit echten Wickeln, wie sie z. B. bei Scrophularia sich finden, überein. ^j Dies kann bedingt sein durch Narbensekretion etc.; auch die Transpirations- verhältnisse sind bei Besonnung andere, die Frage verdient eine eingehende Untersuchung. § 5. Symmetrieverhältnisse von Blüten und Inflorescenzen. UQ durch Torsionen der Blütenstiele oder der InHorescenzachse nach einer Seite hin wenden , während sie radiär angelegt waren. Solche tinden sicli auch unter den Papilionaceen , z. B. Hedysarum sibiricuni u. a., aber auch in andern Familien, namentlich hei Labiaten (Horminum pyre- naicum, Scutellaria peregrina u. a.), Rhiuanthaceeu (namentlich Melam- pyrum), Scrophulariueen (Digitalis purpurea), Pyrolaceen, auch bei manchen Monokotylen, wie Gladiolus, Freesia u. a. Besonders auffallend wird diese Einseitigkeit der Blütenstände dann, wenn die Blätter, ur- sprünglich in gekreuzten Paaren stehend, durch Drehung der luHores- cenzachse in zwei Reihen zu liegen kommen (die bei manchen nach der lilüteuleeren Seite der luHorescenz hin konvergieren), während die Blüten nach einer Seite hin sich biegen (Melampyrum pratense und silvaticum, Scutellaria peregr.) , die Blüten können so von den Deckblättern zur Blütezeit nicht mehr irgendwie verhüllt werden. Dais die Eiuseitswendigkeit der genannten Inflorescenzen in vielen Fällen durch äulsere Faktoren bestimmt wird, scheint mir nicht zweifel- haft, und zwar wird mau zunächst mit Vaucher annehmen ^), dais dabei vor- zugsweise das Licht in Betracht kommt; er sagt z. B. (a. a. 0. III 543) von ]\Ielampyrum: „Cette direction des Heurs, du cote de la lumiere. est si frappante, que dans le sylvaticum, qui ne croit guöre qu"au milieu des bois, on peut juger par ce moyen quel est le cote le plus eclaire de la foret; j'ai souvent remarque dans la meme plante les fleurs diiferemment tournees, selon la hauteur ä laquelle elles etaient places" .... Dafs indes keineswegs überall Lichtwirkung vorliegt, geht aus Nolls Unter- suchungen hervor (a. a. 0. p. 235). An Waldrändern sieht man die Digitalis-Intlorescenzen alle ihre blütenbesetzte Seite nach dem Lichte hinwenden. Aber auch allseitig beleuchtete Inflorescenzen sind scharf einseitswendig. Die InÜorescenzachsen zeigen von einem gewissen Alters- stadium ab eine Nutationskrümmung, hängen also über, die Blütenstiele sind positiv geotropisch. die Blüten müssen deshalb alle nach einer Seite hingekehrt sein, und zwar sind sie an seitlichen Inflorescenzen notwendig der Hauptachse abgekehrt. Bei einseitiger Beleuchtung aber krümmt sich die InHorescenzachse positiv heliotropisch. Ähnlich dürfte es bei Convallaria Polygonatum u. a. sein. Auch die auffallend einseitigen In- florescenzen verschiedener Scutellaria-Arten gehören hierher^). Die Blüten sind hier — auch an stark einseitig beleuchteten Büschen — alle nach aufsen gewendet. Es findet eine Drehung der Internodien der In- florescenz abwechselnd in entgegengesetztem Sinne statt, wodurch die Deckblätter der Blüten, die ursprünglich in gekreuzten Paaren standen, fast in zwei Reihen zu liegen kommen. Die Infioresceuzachsen hängen auch hier über (durch „spontane Nutation"), und die Richtung des Überhängens bestimmt die Richtung der Eiuseitswendigkeit (wie bei Digitalis), die Blütenstiele [aber sind positiv geotropisch. Da die aus den Blattachseln der Hauptachsen entspringenden Seitensprosse plagio- trop sind und sich von der Hauptachse weg neigen, so müssen die Blüten alle nach aufsen gekehrt sein. Das Gesamtresultat würde hier also von folgenden Faktoren abhängen: 1. Bei den Hauptachsen An- nahme einer geneigten Stellung (ich würde sie einfach als plagiotrop J) Histoire physiol. des plantes d'Enrope Vol. III. Vgl. auch Wies.nkr, Die heliotrop. Erscheinungen im Pflanzenreich, p. 62 — 74. 2) Vgl. darüber Noll a. a. O. und Kolderlp Bosknvinge, Revue generale de botan. vol. I. (Organisation dorsiventrale etc. p. 21 des S.-A.) 120 Zweiter Abschnitt. Symmetrieverhältnisse. bezeichnen). 2. Die schiefe Richtung der Seitenachsen wird beeinflufst von der Hauptachse , sie krümmen sich alle von der Hauptachse weg. 3. Internodieudrehung der Intiorescenzachsen (wie bei andern plagio- tropen Sprossen). 4. Positiver Geotropismus der Blütenstiele. Auch bei den dorsiventralen lutloresceuzen sehen wir also, um es kurz zu sagen, dafs die Natur das Gute nimmt, wo sie es findet, wie es zustande kommt, ist ihr offenbar gleichgültig. Es ist unter bestimmten Umständen vorteilhaft, dafs die Blüten alle nach einer Seite hin ge- richtet sind, und das kann teils durch Krümmungen (heliotropische, geotropische, plagiotrope Stellung der Inllorescenzachse), teils durch An- legung auf einer Seite erfolgen; dafs übrigens auch allein durch ein- seitige Beleuchtung eine Interuodiendrehung ausgelöst werden kann, welche die dekussiert stehenden Blätter in zwei Reihen bringt, habe ich für Urtica dioica gezeigt (Bot. Zeit. 1880 p. 843). Dafs die dorsiventralen InÜorescenzen aus radiären hervorgegangen sind, ist in dem Vorstehenden als wahrscheinlich angenommen; sehen wir doch, dafs bei den einseitswendigen Blütenständen dieser Vor- gang thatsächlich im Verlauf der Entwicklung eintritt. Die Ursache, welche die Entstehung der von vornherein dorsiventral angelegten In- florescenzen bedingt hat (oder die Ursachen, da der Weg ein verschie- dener gewesen sein kann), kennen wir nicht. Man \) hat namentlich bei den Papilionaceen die Nichtausbildung der Blüten auf einer Seite da- durch erklären wollen, dafs man annahm, sie werde hier durch den Druck der Hauptachse verhindert, welcher die Inflorescenzen, wie Figur 83 seigt, mit der blütenleereu Seite thatsächlich dicht anliegen, und das- selbe ist der Fall bei den Inflorescenzen von Trifolium rubens und Medicago sativa , die nur an der Basis eine blüteuleere Stelle haben. Indes dürfte das Kausalverhältnis gerade das umgekehrte sein: dies Anliegen findet statt, weil hier keine Blüten entstehen und so der Raum besser ausgenützt wird. Nirgends läfst sich erweisen , dafs so grob mechanische Beziehungen , wie Druck Verhältnisse , einen so weit- gehenden Einfiufs auf die Gestaltung ausüben. Auch giebt es bei den Papilionaceen Formen (Trifoliumarten, vgl. meine angeführte Abhand- lung) , bei welchen die Blütenanleguug einseitig beginnt , um dann all- mählich die ganze lufiorescenzachse in Anspruch zu nehmen, ohne dafs dafür Druckverhältnisse in Anspruch genommen werden könnten. Viel- mehr prägt sich auch hier schon von vornherein die Eigentümlichkeit der Inflorescenz in der Gestalt ihres Vegetationspunktes aus. Die Ver- kümmerung der Blüten auf einer Seite dürfte vielmehr damit in Zu- sammenhang stehen, dafs sie , hier in ihrer Funktion geschwächt , der Verkümmerung anheimfielen. Doch sind, wie gesagt, die Wege, die dazu geführt haben, erst noch aufzufinden. ^) Zuerst wohl Godron (Observatious sur les bourgeons et sur Tinflorescence des Papilionacees, Nancy 1865. Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung auf verschiedenen Entwicklungsstufen, Jugendformen. Voi'bemerkung. Eine Darstellung des in diesem Abschnitt l)ehandelten Gegenstandes habe ich früher gegeben in Yergl. Ent^vicklungsgeschichte der Pflanzenorgane, p. 251 ff; ferner: Über die Jugendzustände der Pflanzen, Flora 1889 p. 1 — 45; Über Jugendformen von Pflanzen und deren künstliche ^Yieder- hervorrufung (Sitzungsbericht der kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften math.-naturw. Klasse, 189b). Die Litteratur ist, soweit sie Phanerogamen betrifft, vollständig aufgeführt in der Abhandlung von C. Schäffer: Über die Verwend- barkeit des Laubblattes der heute lebenden Pflanzen zu phylogenetischen Unter- suchungen (XIII. Band der Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissen- schaften. Herausgegeben vom naturwissenschaftlichen Verein Hamburg 1895.) Einleitung. Alle Lebewesen hefiuden sich — vou dem Zustande des „latenten Lebens" abgesehen — bekanntlich fortdauernd in dem Zustand der Ver- änderung. Hier beschäftigt uns nur die mit dieser ver])un(lene äulsere Gestaltveränderung. Im allgemeinen ist dieselbe natürlich um so mannig- faltiger, je höher organisiert eine Pflanze ist. Bei niederen Pflanzen, bei denen eine Trennung von generativem und vegetativem Plasma noch nicht eingetreten ist (Bakterien, Conjugaten etc.), ist auch' der Form- wechsel bei der Entwicklung ein sehr einfaclier. Bei höher differenzierten Pflanzen aber tritt mit der Bildung der geschlechtlielien Fortpflanzungs- organe ein Höhepunkt der Entwicklung ein, der dem „Erwachsensein" der Tiere einigermafsen entspricht, auch darin, dafs die vegetativen Teile früher oder später absterben, obwohl bei einem Baume, der durch die Samenbildung nicht erschöpft wird, die zahlreiclien Vegetations- punkte eine theoretisch unbegrenzte Existenz gestatten würden. Mit Recht hat man wohl in diesem Falle die immer ungünstiger werdenden äufseren Bedingungen dafür verantwortlich gemacht, dals ein allmählicher Stillstand der Vegetation — der sich in Verkürzung der Sproisachsen 1^22 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. u. s. w. ausspricht — und schliefslich der Tod eintritt. Die Verhältnisse werden hier verwickelt durch die Verkettung zahlreicher Sprofs- generationen. In andern Fällen sind es aber sicher innere Ursachen, welche die Entwicklung zu einer begrenzten machen, namentlich kommen wahrscheinlich Korrelationsverhältnisse zwischen generativen und vege- tativen Zellen in Betracht. Dahin gehört das Prothallium der Makrosporen der Selaginellen, die von aulseu offenbar nur Wasser aufnehmen. Seine Entwicklung ist schon deshalb eine begrenzte, weil es kein Chlorophyll zu erzeugen ver- mag. Die in demselben enthaltenen Stoffe reichen aus zur Erzeugung einer Anzahl von Archegonien, die vom Lichte scheinbar unabhängig entstehen, da die zu ihrer Bildung nötigen Stoffe schon von der sporangien- tragenden Pflanze hervorgebracht wurden. Aber auch das Wachstum der Salviniaprothallien ist ein begrenztes. Sie besitzen Chlorophyll und wuchern, wenn die erstgebildeten Archegonien nicht befruchtet wurden, weiter. Die durch Assimilation gebildeten Stoffe werden wahrscheinlich immer wieder zur Archegonieubildung verwendet; es kann infolgedessen zu einem kräftigen vegetativen Wachstum nicht kommen. Die Prothallien gehen schliefslich zu Grunde. Auch die Prothallien der Marsiliaceen zeigen, wenn das Archegonium unbefruchtet bleibt, zwar noch eine vege- tative Wucherung, die aber zeitlich eng begrenzt ist. Der Energievorrat, der dem Prothallium mitgegeben ist, ist mit der Bildung des Arche- goniuras offenbar der Hauptsache nach erschöpft, und neue Energie kann nicht mehr zugeführt werden. Auch bei höheren Pflanzen reichen unter Umständen die in dem Samen enthaltenen Stoffe aus, um Blüten und Früchte hervorzuliringen. Wenigstens kann man von in absolut sterilem Boden erzogenen Keimpflanzen bei Lichtzutritt einige wenige Samen ernten, offenbar aber nur bei Pflanzen, die mit Reservestoffen reichlich ausgestattet sind. Analoges finden wir bei uiedern Pflanzen. Unter un- günstigen äufseren Umständen wird die Entwicklung auf die Vorgänge beschränkt, die aus der Keimzelle wieder eine Keimzelle entstehen lassen. So bilden die abgeschleuderten Sporen von Empusa Muscae, wenn sie nicht auf eine Fliege treffen, einen kurzen Keimschlauch, der seinen Plasmainhalt fast vollständig zur Bildung einer neuen Spore verwendet. Die Sporen von Cladosporium lassen statt eines Mycels einen Sporenträger oder direkt neue Sporen aussprossen, wenn man sie bei möglichst vollkommenem Ausschlufs von Nährstoffen, ungehindertem Luftzutritt und genügender Feuchtigkeit kultiviert (Schostako witsch, Flora 81. Bd. p. 370). Die Sporen von Mucor racemosus bilden, in destilliertem Wasser keimend, ein schwächliches Mycel, an dem noch ein kleiner Sporangienträger entstehen kann, und bei Versuchen in verdünnter Luft beobachtete Klebs ^ ), dafs eine einzelne Spore direkt im Sporangium zu einem kleinen, aber normalen Sporangienträger ausgewachsen^ war. An den Brutknospen von Lejeunia Metzgeriopsis können aus denselben Zellen, die sonst zu einem umfangreichen Thallus auswachsen, neue Brutknospen entstehen ^ ) ; offenbar rettet auch hier die Pflanze unter Um- ständen, welche der Entwicklung ungünstig sind, das „Keimplasma" auf möglichst kurzem Wege. Gewöhnlich aber ist zwischen der Keimung und der Keimbildung eine längere Reihe von Entwicklungsvorgängen ein- ^) Klebs, Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen, p. 496. 2) GoEBEL, Morphologische und biologische Studien. Annales du jardin botanique de Buitenzorg VII PI. VII p. 7L Einleitung. 123 geschaltet, deren Nutzen für die Art darin l)e8teht, dals die bedeutende Zu- nahme des Pflanzenkörpers die Bildung zahl reicher Keimzellen ermöglicht. Das Aultreten derselben bezeichnet stets einen Höhepunkt der Ent- wicklung, in vielen Fällen deren Abschluis. Dieser Höhepunkt der Ent- wicklung wird nur allmählich erreicht. Die ersten Stadien kann man als Jugendstadien bezeichnen. Es ist selbstverständlich unmöglich, sie scharf al)zugrenzen. (Wir sehen dabei zunächst ab von den Anord- nungsverhältnissen der Zellen und von der Gestaltung, die z. B. der Embryo höherer Pflanzen innerhalb des Samens erhält, und beschäftigen uns nur mit den Eigenschaften, die bei der Keimung auftreten). Die Abweichung dieser Jugendstadien von der „Folgeform" kann mehr oder minder gross sein. Diese beiden Stufen bezeichnen ihrerseits natürlich wieder Reihen von Entwicklungsvorgängen, die meist ohne scharfe Grenzen ineinander übergehen. Die Verschiedenheit beider spricht sich nicht nur in der Gestaltung, sondern vielfach auch in anderen Eigentümlichkeiten aus, namentlich ist das Re- produktionsvermögen der Jugendform vielfach ein anderes, als das der späteren. So haben die ersten Blätter der Keimpflanzen von Lycopodium inundatum die Fähigkeit, Adventivsprosse zu erzeugen, die späteren nicht ^). Analog verhalten sich diejenigen von Utricularia montana, und bei manchen Coniferen bewurzeln sich Stecklinge der Jugeud- forni leicht, solche der Folgeform schwer oder gar nicht (vgl. p. 43). Wir sehen ferner die Richtungsverhältnisse der Jugendform oft abweichend: bei manchen Pflanzen, die später plagiotrope Sprosse bilden, ist der Keimling orthotrop (Tilia, Fagus, Carpinus, vgl. p. 57), bei andern ist das Verhältnis umgekehrt, so bei den unten zu besprechenden Wurzelkletterern aus der Familie der Aroideen, IMarcgravia- ceen u. a. Dies ist nur eines der zahlreichen Beispiele dafür, dafs die Jugendform andern äufseren Verhält- nissen angepafst ist, als die Folgeform, eine Thatsache, die ja bei den „Larvenformen" vieler Tiere noch viel auffallender hervortritt. Die Verschiedenheit beider Ent- wicklungsabschnitte tritt nun in sehr verschiedenem Grade hervor; wir haben Fälle, wo sie sehr gering ist. beide also ganz allmählich ineinander übergehen. Diese habe ich früher als homoblastische Entwicklung bezeichnet, und solche, bei denen sie grofs ist, die h e t e r o b 1 a s t i s c h e Ausbildung. Zwischen beiden Fällen giebt es natürlich keine scharfe Grenze. Bei höheren Pflanzen können z. B. die Casuarineu als Beispiel für homoblastische Entwicklung dienen (Fig. 84). Die equisetumähulichen, chlorophyllhaltigen Sprofsachsen dieser Pflanzen haben rudimentäre, wirtel- ständige, zu Scheiden verwachsene Blätter. Schon die Keimpflanze ver- hält sich , abgesehen von den Kotyledonen , ebenso. Nur die Zahl der Blätter, welche einen Blattwirtel zusammensetzen, steigt; auf die Koty- ledonen folgt ein zweizähliger mit ihnen gekreuzter Blattwirtel, diesem ein zweiter gleichzähliger, der dritte ist vierzählig und mit dem zweiten diagonal gekreuzt-). Fig. 84. Keimpflanze vonC'astiarina torulo&a. 2 mal vergr. ') Vgl- auch das für Preissia commutata unten Angefülirte. ^) Vgl. MoRisi, Contributo all' anatomia del caule e della foglia delle Casuarinee. Mem. della R. Acc. delle science dell' istituto di Bologna Ser. V T. IV p. 692. ]^24 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. Und ganz ähnlich ist es bei den Schachtelhalmen selbst. Die Achse der Keiniptianze ist zwar viel schmächtiger und einfacher anatomisch gebaut als die Achse der späteren Sprosse, die Zahl der Blätter in einem Blattwirtel ist eine geringere, und die unterirdische Sprossen fehlen noch, es bilden sich aufeinanderfolgend immer kräftiger gebaute Sprofsgeue- rationen aus, bis die definitive Ausl)ildung erreicht ist; aber die Grund- züge der Gestaltung sind doch bei allen Sprossen dieselben. Dagegen sehen wir eine heteroblastische Entwicklung bei den australischen, Phyllodien besitzenden Akazien und in andern Fällen, namentlich bei Mus- cineen und manchen Algen, Solche Beispiele haben namentlich dann die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wenn die Gestaltung der KeimpHauzen übereinstimmt mit derjenigen der Folgeform verwandter Pflanzen , wie dies bei den genannten Akazien der Fall ist. Viele Acacia- Arten haben dauernd die Blattform, die bei den phyllodienl)ildenden nur bei der Keimung auftritt, die Gestaltung der Keimptianzen führt uns direkt die Umbildung, welche vor sich gegangen ist, vor Augen, Dafs sich hier bei den Keimptianzen die ursprünglichere, phylogenetisch ältere Form der Vegetationsorgaue erhalten hat, steht, wie unten noch auszuführen sein wird, auch hier damit im Zusammenhang, dafs sie unter andern Bedingungen leben als die Folgeform. Aber in andern Fällen beruht die Gestaltung der Keimptianzen sicher nicht auf Erhaltung eines ur- sprünglichen Formverhältnisses, sondern auf einer später aufgetretenen Anpassung V). Die Keimptianzen zeigen denn also nicht ein primitives, sondern ein abgeleitetes Verhalten. Die Anpassung an andere Verhält- nisse giebt uns an und für sich noch keinen Aufschlufs darüber, sondern nur der Vergleich mit verwandten Formen. In manchen Fällen ist denn auch mit Sicherheit eine Entscheidung darül)er nicht möglich, zumal innerhalb eines und desselben Verwandtschaftskreises, ja innerhalb einer und derselben Gattung die Gestaltung der Jugendform keineswegs immer eine übereinstimmende ist. Aufser dem abweichenden Verhalten der Jugendform zu den äufseren Bedingungen des Ptlanzenleliens kommt nun vielfach noch ein weiterer Faktor in Betracht, der sich namentlich in der Gestaltung der Blätter der Jugendform ausspricht. Diese verdanken, wie ich früher nachwies, vielfach ihre von der der „Folgeblätter" abweichende Gestaltung der Thatsache, dafs sie Hemmungsbildungen darstellen, d. h. die Blattentwickluug stimmt mit der der Folgeblätter ül)erein, aber die Blattanlage bleibt auf einem gewissen Stadium der Entwicklung stehen und erreicht dadurch eine scheinbar oft weit abweichende Gestaltung. Dieser Gesichtspunkt findet seine Anwendung übrigens auch auf die Ge- staltung derjenigen Jugendformen, welche oben als phylogenetisch pri- mitiv gegenül)er der Folgeform bezeichnet wurden, da diese letztere ja ihren abweichenden Charakter dadurch erhält, dafs sie zu einer wei- teren Umbildung fortschreitet. Nicht selten treten bei manchen Pflanzen Rückschläge der Folgeform zur Jugendform ein. Diese werden besonders zu besprechen sein. Im folgenden handelt es sich nicht um eine eingehende Darstellung der Entwicklung der verschiedenen PHauzenformen, vielmehr sollen, dem Charakter einer allgemeinen Organographie entsprechend, aus verschie- ') Hierher gehören auch die verschiedenartigen Einrichtungen zur Ernährung des Embryo und zur Erleichterung der Keimung — Dinge welche, soweit sie morphologisches Interesse bieten, im speciellen Teile Erwähnung finden werden. Einleitung. 125 denen Gruppen Beispiele für die cliarakteristische Gestaltung der Jugendformen hervorgehoben werden. Es wird dies absichtlich nach einer nicht konsequenten Gruppierung geschehen, eben um die verschie- denen Seiten des Problems hervorzuheben; ganz unberücksichtigt bleibt dabei bei den Samenpflanzen die Gestaltung der Kotyledonen, welche in dem speciellen Teile zu besprechen sein wird. Hier sei nur hinzugefügt, dals diese von den Laubblättern oft so abweichend gestalteten Gebilde auch nichts anderes sind als Hemniungsl)ildungen derselben; die Hem- mung ist eine teils dauernde, teils vorübergehende. Als Beispiel für letzteres Verhalten sei auf das Verhalten der Kotyledonen von Ampe- lopsis hingewiesen , welche, ursprünglich klein und einfach , nach der Keimung zu verhältnismäl'si g grolsen L a u b b 1 ä 1 1 e r n auswachsen. Noch auffallender verhalten sich manche Oenothereen^), bei denen durch interkalares Wachstum an der Basis der Kotyledonen nach der Keimung ein Stück eingeschoben wird, das viel gröfser ist als der ursprüng- liche Kotyledon. Fig. 85. Fig. 85 zeigt die Keimung der Sporen des Lebermooses Lejeunia. Es bildet sich als „Vorkeim" eine mit zweischneidiger Scheitelzelle wachsende Zellfläche , die aber nur unbeträchtliche Gröfse erreicht und dann aus ihrer Scheitelzelle die beblätterte Pflanze entwickelt. Fig. 86 (viel schwächer vergröfsert als Fig. 85). Lejeunia Metzgeriopsis. Der „Vorkeim" ist der eigentliche Vegetationskörper; an demselben, als kleine Anhängsel, die beblätterten Sprosse, die nur als Träger der Geschlechtsorgane funktionieren. Bei diesen PHanzeu hat also eine Hemmung in der Entwicklung der Kotyledonen nur für die Dauer der Samenruhe und die ersten Keimungsstadien stattgefunden, der Unterschied dem Verhalten der meisten andern Kotyledonen gegenüber ist aber meines Erachtens nur ein quantitativer, nicht ein qualitativer. Kaum minder verschieden als die äufsere Gestaltung ist auch die Dauer der Jugendformen. Vielfach ist dieselbe von äulseren Faktoren abhängig, namentlich bei niederen Pflanzen. Bei einigen derselben stellt ^) Vgl. LuBBOCK, On seedlings Vol. II p. 553 ff. 126 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. aber die Jugendform den eigentlichen Vegetationskörper dar, die Folge- form bringt der Hauptsache nach nur die Geschlechtsorgane hervor und erscheint als ein kurzlebiges Anhängsel der Jugendform. Dabei kann diese letztere auch dadurch an selbständigem Charakter gewinnen, dafs sie besondere Vermehrungsorgane ausbildet, aus denen dann natürlich immer nur wieder die Jugendform sich ausbildet; bei einigen Coniferen werden wir übrigens sehen, dafs bei ihnen die „Jugendform" auch zur Bildung von Geschlechtsorganen schreiten kann ; wir haben dann Pflanzen vor uns, bei denen ein Abschnitt der Entwicklung, der sonst als „Folge- form" auftritt und für den Artcharakter von grofser Bedeutung ist, ganz ausgeschaltet erscheint. Als Beispiele für solche Pflanzen, bei denen die Jugendform eine sehr lange Dauer hat (während sie bei verwandten Pflanzen nur ein rasch vorübergehendes Entwicklungsstadium darstellt), seien hier nur zwei Moose angeführt, bei denen dies Verhalten besonders Fig. 87. Ephemerum serratum. Protonema mit sieben (weiblichen und männlichen) Pflanzen. Eine der weiblichen Pflanzen (die gröfste links, welche die neben ihr stehende männliche Pflanze verdeckt) hat ein nahezu reifes Sporogon hervor- gebracht. In der Mitte stehen ausnahmsweise drei beblätterte Pflänzchen zusammen, gewöhn- lich sind es nur zwei. Fig. 88. Ephemerum serratum. Stück eines Protonemafadens mit zwei jungen Pflanzen (stärker vergr. als Fig. 87). In der Pflanze links schimmern drei Anthe- ridien, in der rechts ein Archegouium durch ; das erste Blatt dieser Pflanze (nach vorn gekehrt) ist eine einfache Zellreihe. einfach hervortritt. Lejeunia Metzgeriopsis (Fig. 86) besitzt einen reich ver- zweigten Thallus von bandförmiger Gestalt, der sich durch scheiben- förmige Brutknospen sehr reichlich vermehrt. Trotzdem ist dies Leber- moos aber ein beblättertes, der Thallus ist nur eine Weiterentwicklung der bei der Keimung anderer Lejeuniaarten auftretenden Jugendform. Die beblätterten Sprosse, die bei diesen die eigentlichen Vegetations- organe darstellen, sind liei L. Metzgeriopsis nur noch als Träger der Geschlechtsorgaue ausgebildet, die Jugendform stellt den eigentlichen Vegetationskörper dar und besitzt selbständige Vermehrungsorgane, Brutknospen, die für die Verbreitung der Pflanze wahrscheinlich wich- tiger sind als die Sporen. Ganz ähnlich verhält sich unter den Laub- moosen Ephemerum (vgl. Fig. 87 u. 88), wo das fadenförmige, sonst nur als Jugendform auftretende Protonema an Dauer die nur als Träger der Geschlechtsorgane auftretenden bablätterten Sprosse weit übertrifft. In den genannten Fällen ist die lange Dauer der Jugendform eine erbliche Einzelfälle. 127 Eigenschaft. Inwieweit hier ein iu'S])rüngliches oder ein durch Anpassung entstandenes Verhalten vorliegt , wird hei den Bryophyteu näher zu erörtern sein, weshalb die Bryophyten hier nur kurz erwähnt werden. Dais aufserdem in einer Anzahl von untersuchten Fällen äulsere Umstände Fig. 89. Keimung der Sporen von Fuuaria hygrometrica. Bei A Beginn der Keimung; B ein Protonema mit zwei jungen Moosknospen (kn), eine derselben hat eine Wurzel r getrieben. Nach MüLLEK-Thurgau. (Lehrb.) Fig. 90. Protoneraapolster (natürl. Gröfse) eines Mooses (vielleicht Bryum pseudotriquetum), einem Stück Holz aufsitzend. Diese ungewöhnlich massige Entwicklung hat unter Um- ständen stattgefunden, welche das Wachstum des Protonemas begünstigten, die Bildung von Moosknospen aber verhinderten. das Auftreten der Folgeform verhindern und dadurch die Dauer der Jugendform über das gewöhnliche IMals hinaus verlängern können, wird später zu zeigen sein. Das eigenartige Verhalten mancher Conifereu aber wird im folgenden Erwähnung finden. Einzelfälle. I. Thallophyteii. Während die Sporen von Oedogonium, Vaucheria, Fucus u. a. ohne wesent- liche Gestaltsveränderungen zur geschlechtsreifen Pflanze heranwachsen, ist dies bei anderen Algen nicht der Fall, sie bilden vielmehr einen mehr oder 128 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. minder eigenartigen Vo r k e i m. Als Beispiele seien zunächst einige F 1 o r i d e e n genannt, bei denen namentlich das Verhalten zweier Süfswasserformen, Lemanea und Batrachospermum, näher untersucht ist. Lemanea besitzt einen aus cylindrischen Zellkorpern (die aber als aus verschmolzenen Zellfäden zu stände gekommen zu betrachten sind) bestehenden Thallus, welcher die Geschlechtsorgane erzeugt. Die Sporen, die in ihm ent- stehen, wachsen aber zu einem viel einfacheren „Yorkeim" ^) aus, der aus Zellfäden besteht, an denen dann die komplizierter gebauten Sexualsprosse auftreten. Hier wie in anderen Fällen (Protonema der Moose, Flächenvorkeim von Sphagnum) ist es charakteristisch, dafs die Folgeform Wurzelfäden besitzt, die in ihrer Gestaltung mit der des Vorkeims übereinstimmen, und aus denen auch neue Pflanzen entspringen können. Sie kriechen auf der Unterlage und heften dadurch den Thallus an. Solche Vorkeime können, wie Brand neuerdings gezeigt hat^), auch aus vege- tativen Zellen der Sexualsprosse , die beim Austrocknen lebendig bleiben , hervorgehen. Lemanea verhält sich auch in dieser Be- ziehung ganz ebenso wie die Laubmoose. Die „Vorkeime" von Lemanea sind teil- weise als Formen der Algengattung Clian- transia beschrieben worden, und dasselbe geschah mit denen von Batrachospermum^). Das Verhalten derselben läfst sich folgender- mafsen kurz zusammenfassen: 1. Aus den keimenden Sporen entsteht ein aus Zellfäden bestehender „Vor- keim", der sich zunächst der Unter- lage anschmiegt und dadurch die Befestigung auf dersell)en vorbereitet. 2. Bei normalen Bedingungen, vor allem reichlichem Lichtzutritt, erreicht dieser Vorkeim meist nur geringe Gröfse ; an ihm entstehen die eigentlichen Batrachospermumpflanzen. 3. Häutig aber, namentlich liei schwacher Beleuchtung, entwickelt sich der Vor- keim üppiger, es entstehen Raschen, von aufrechten Zellreihen an ihm ; diese sind als Chantransiaarten beschrieben worden, auch an diesen können sich Batrachospermumpflanzen entwickeln; entsteht aber die An- lage zu weit vom Substrat entfernt, so verkümmert sie. Die Vorkeime können sich selbständig durch Brutzellen (Gonidien) fort- pflanzen. Aus den Berindungsfäden der Batrachospermum-Pflanzen können sich sekundäre Vorkeime entwickeln. Fig. 9L Lemanea (wahrscheinlich torulosa). Fadenförmiger „Vorkeim", an welchem, ganz wie bei den meisten Laubmoosen, die Pflanze, an der später die Geschlechtsorgane entstehen, als Zellkörper auftritt. ^) Zuerst nachgewiesen von Thwaites, On the early stages of development of Lemanea fluviatilis. Proc. of the Linnean Society of London Vol. I p. 360. 1849. Vgl. ferner Wartmann, cit. bei Goebel, Flora 1889. ^) Fortpflanzung und Regeneration von Lemanea fluviatilis. Bericht d. D. bot. Ges. XIV. Bd. p. 185. ^) Vgl. SiRODOT, Les Batrachospermes , Paris 1884, und die Kritik seiner Anschau- ungen in Flora 1889 p. 5. Einzelfälle. 129 Wir sehen also , dafs die Vorkeime hier einer selbständigen Fort- pflanzung fähig sind und dafs sie unter Bedingungen zu wachsen vermögen, die nicht hinreiclien, uin die höhere Entwiclilungsform der Pflanze hervorzurufen, Thatsachen, die ganz den von den Laubmoosen bekannten entsprechen. Von marinen Florideen möchte ich hier nur zwei Fälle anführen. Dumontia flliformis ^) bildet bei der Keimung zunächst eine Haftscheibe, die dem Substrat dicht angeschmiegt ist. Sie besteht aus dicht gedrängten vertikalen Zellreihen und gleicht der Florideengattung Hildenbrandtia. An dieser entspringt ein verzweigter, aufrechter Thallus, der aber nach der Fruktifikation abstirbt, während die Haftscheibe perenniert und neue Dumontiasprosse er- zeugen kann, im Grunde ein ähnliches Verhältnis wie bei Batrachospermum und Lemanea. Sehr eigentümlich ist das Verhalten von Polysiphonia^) Binderi (Ab- bildung S. I p. 64 Fig. 69, 70, 71). Die Entwicklung der Pflanze beginnt mit der Bildung eines cylindrischen Keimsprosses, der in Bau und Gestaltung voll- ständig dem Typus der Gattung entspricht. An diesem nun entstehen seitlich ein oder mehrere flache Gebilde, welche sich krustenförmig der Oberfläche anderer Algen, namentlich von Codiumarten, anlegen. Diese Krusten kann man betrachten als bestehend aus einer Anzahl miteinander vereinigter, in einer Ebene liegender Polysiphoniafäden. "Wenn es zur Bildung der Fortpflanzungs- organe geht, so treten nun wieder freie Polysii)honiafäden auf, welche Tetra- sporen bilden. Dieser Fall ist besonders lehrreich. Dafs die Krustenform des Thallus hier eine sekundäre Anpassung darstellt, welche das feste An- haften am Substrate gestattet, ist klar. Sie greift hier aber noch nicht auf die ersten Keimungsstadien zurück ; an sich wäre es ganz wohl möglich, dafs die Kruste schon bei der Sporenkeimung auftreten w'ürde, dann hätten wir einen Fall, etwa ähnlich, wie er bei Dumontia geschildert wurde, bei der aber der Bau der Scheibe auf ein primitiveres Verhalten hinweist. Ähnliches wie für die genannten Florideen gilt nun auch für andere Algen, deren Verhalten aber nur kurz erwähnt werden kann. Die Vorkeime der Ohara ceen werden in den gröfseren Lehrbüchern ausführlicher be- schrieben^). Bei den Sphacelariaceen *) entsteht bei der Keimung gewöhnlich eine Haftscheibe , an der dann erst die cylindrischen , assimilierenden und fruktiflzierenden Sprosse sich bilden. Die Haftscheibe ist olfenbar hervorge- gangen aus kriechenden Zellfäden, die jetzt aber so miteinander verschmolzen sind, wie bei Polysiphonia Binderi und dabei auch weitere, nicht näher zu erörternde Differenzierungen erfahren haben. Von Interesse ist nun nament- lich, dafs es eine Gattung giebt (Battersia mirabilis), bei der die Haftscheibe, die ich als eine sekundär entstandene Anpassung betrachten möchte^), den eigentlichen Vegetationskörper darstellt, an welchem die fruktiflzierenden Sprosse 1) Eeinke, Alpenflora der westlichen Ostsee. Kiel 1889. Beebner, On the origin of the filamentons Thallus of Dumontia filiformis. Linnean Society's Journal Vol. XXX. Den von Brebner als öfters vorkommend beschriebenen endogenen Ursprung des Thallus an der Haftscheibe möchte ich auf frülizeitige Überwallung zurückführen. 2) Man hat diese Form meist auf Grund von vegetativen, adaptativen Merkmalen als besondere Gattiang Placophora aufgestellt, was gegen alle systematischen Principien ist. Vgl. Flora 1889 p. 3 und die dort angeführte Litteratur. ^) Vgl. z. B. GoEBEL, Grundzüge der Systematik. *) Vgl. Rkinke, Übersicht der bisher bekannten Sphacelariaceen. Ber. der D. bot. Gesellsch. VIII p. 201 und Beiträge zur vergl. Anatomie und Morphologie der Sphace- lariaceen. Bibl. botanica Heft 23, daselbst weitere Litteratur. °) Solche Haftscheibenbildung findet sich auch bei Ectocarpeen, hier aber nicht all- gemein. Vgl. die in S. I p. 163 angeführten Fälle. Goebel, Organographie der Pflanzen. 9 130 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. als kurze Anhängsel erscheinen, ebenso wie dies bei den oben erwähnten Muscineen Ephemerum, Lejeunia Metzgeriopsis u. a. der Fall ist. So sehen wir also bei allen den genannten Algen die Jugendstadien die beiden Eigentümlichkeiten entweder getrennt oder zusammen auf- weisen: einerseits eine primitivere Gestaltung, die übereinstimmt mit der verwandter Formen (Polysiphonia Binderi) oder mutmafslicher Vor- fahren (Batrachospermum etc.), andererseits Anpassungen, welchen wir eine phylogenetische Bedeutung nicht beilegen können, und die bei diesen Thallophyten meist (aber nicht immer) mit der Befestigung am Substrat zusammenhängen. Für das Verhalten der Muscineen mögen die wenigen oben kurz angeführten Beispiele hier genügen, da die interessanten Keimungs- erscheinungen dieser Gruppe im speciellen Teile eingehende Berücksich- tigung finden werden. Erwähnt sei nur, dals, ganz abgesehen von dem Auftreten des Protonemas, dieser höchst eigentümlichen Jugendform, die Primärblätter der jungen Moos- ptlauzen von Interesse sind, indem sie bei solchen Pflanzen, wo die Folge- blätter besondere Anpassungen zeigen, mit der einfacheren Gliederung anderer Moose übereinstimmen. So bei Sphagnum, Fissidens, Polytrichum. II. Getäfskryptogamen. Die Entwicklung der Geschlechtsgeneration wird gleichfalls im speciellen Teile ausführlich besprochen werden; hier sei nur der Fig. 92. Primärblätter von Famen. /, II Scolopendrium officinarum -,3,4 Asplenium Kuta Muraria; 5 älteres Blatt von Aspl. viride. (Vergr.) Jiigendstadien der ungeschlechtlichen Generation gedacht, weil sie für die hier behandelte Frage besonders lehrreich sind ; das Verhalten der wenigen hierher gehörigen Wasserpflanzen wird mit den angio- spermen Wassergewächsen zusammen zu erwähnen sein. Einzelfälle. 131 6. Die Entwicklung der Eciuiseten und Lycopodinen erfolgt im wesentlichen homoblastisch. Die Farne sind bekanntlich ausgezeichnet durch eine groCse Formenmanuigfaltigkeit in der Blattbildung. Die rrimärblätter aber sind selbst bei Farnen, deren Folgeblätter sehr voneinander abweichen, ül)ereinstinimend. So sind in Figur 92 abgebildet Priniärblätter von Aspleniuni Kuta Muraria und von Scolopendrium. Es sind dies zwei Farne, deren Folgeblätter so ver- schieden sind, wie nur irgend möglich. Scoloi)endrium besitzt eine lang- gestreckte, einfache, Aspl. Ruta Muraria eine reich zerteilte Blatttläche. Die Primärblätter aber gleichen sich sehr. Wir sehen sie von gabelig geteilten Nerven durchzogen, auch die Blattfläche selbst weist bei manchen Formen eine Gabelung auf, aber selbst wo dies nicht der Fall ist, ist die Wachstums- weise der Blätter eine übereinstimmende. In dem Blatte II von Scolopendrium ist schon ein aus den gabelig entstandenen Nerven sympodial entstandener Mittelnerv sichtbar, der später immer deutlicher hervortritt, und während man die Gabelteilung auch bei den folgenden, schon Fiederbildung zeigenden Blättern mancher Formen noch deutlich verfolgen kann , treten wenigstens scheinbar die Fiedern am Scheitel des erstarkten Blattes immer mehr als seitliche Bil- dungen auf. Diese Bemerkungen beziehen sich auf die Farnblätter, bei denen früh- zeitig das Scheitelzellwachstum durch Randzellenwachstum ersetzt wird (vgl. den speciellen Teil). Bei manchen, wie Cera- topteris thalictroides, ist die Scheitelzelle noch vorhanden, wenn schon einige Fie- dern angelegt sind , die dann natürlich zweifellos seitliche Aussprossungen der Blattanlage darstellen. Auch in diesem Falle erscheinen übrigens die Primärblätter deutlich als Hemmungsbil düngen, auch sie haben ursprünglich Scheitelzell- wachstum, das nur viel frühzeitiger (vor data. Die Blätter der Reihenfolge nach dem Auftreten von Yerzweiuungen) in beziffert. Während Blatt 5 und C schon Randzellwachstum übergeht i).' ^ die Gestalt gefiederter Blätter erreicht 1 , • 1^ 1 1 1 1 hatten, ist i infolge ungünstiger aufserer Es Würde keinen Zweck haben, den Einwirkungen wieder auf die Gestalt von allmählichen Übergang zu den Folge- 2 herabgesunken, blättern hier ausführlich zu schildern. Dagegen ist auf zwei Thatsachen aufmerksam zu machen. 1. Der Entwicklungsgang der Primärblätter ist trotz aller äufseren Ver- schiedenheit mit dem der folgenden übereinstimmend, sie sind Hemmungs- bilduugen. 2. Dies zeigt aufser der morphologischen Betrachtung auch die Thatsache, dafs die Ausbildung der Primärblätter schwankt, dafs die höhere Blattform um so rascher erreicht Avird, je kräftiger die Keimpflanze ist, und ferner das Experiment. ]Man kann nämlich die Blattbildung einer Pflanze auch im späteren Alter wieder auf die Primärblattstufe lierunterdrücken , wenn man sie unter ungünstige Bedingungen bringt. Dies zeigt z. B. Figur 93. Die Fig. 93. Keimpflanze von Doodya cau- V) Die Primärblätter von Polypodium vulgare zeigen keine dichotome Nervatur; hier bleibt wohl ebenfalls die Scheitelzelle länger erhalten. 9* ]^32 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. Keimpflanze hat mit Blatt 5 schon den Typus eines gefiederten Blattes er- reicht, wenngleich erst zwei Blattfiedern vorhanden waren, Blatt 7 aber hat wieder ganz die Ausbildung der ersten Primärblätter, z. B. von Blatt 2, an- genommen, eine andere Pflanze sank von vier Fiederpaaren zunächst auf zwei herab, und würde, wenn sie unter den ungünstigen Verhältnissen weiter vege- tieren könnte, schliefslich auch die Primärblattform wieder haben auftreten lassen. In weitei-en Versuchen gelang es, bei Pflanzen, die schon Blätter mit mehr als vier Fiederpaaren entwickelt hatten, die Blattbildung auf die durch Blatt 6 und 7 in Figur 93 dargestellte Stufe herunterzudrücken, ein weiterer Beweis für die oben dargelegte Anschauung. Bei älteren , mit stärkerer Sprofsachse, vielen Reservestoffen etc. versehenen Pflanzen wird eine solche Reduktion viefach unmöglich sein, namentlich auch deshalb, weil hier am Vegetationspunkt schon mehr Blattanlagen vorhanden und in ihrer Gliederung bestimmt sind, und weil der Pflanze mehr Baustoffe zur Verfügung stehen, die eine ungünstige Beeinflussung zunächst äufserlich weniger hervortreten lassen. III. (jymnospermen ^). Die Gestaltung der Keimpflanzen der Cycadeen bietet für unsere Be- trachtung nichts Besonderes^). Dagegen haben diejenigen mancher Coniferen um so mehr die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als manche derselben in der Gärtnerei eine Rolle spielen. Man kann nämlich, namentlich bei manchen Cupressineen, die Jugendformen „fixieren", d. h. während sie normal nur ein mehr oder weniger rasch vorübergehendes Entwicklungsstadium darstellen, kann man ihre Dauer künstlich verlängern oder zu einer (theoretisch) unbegrenzten machen. Es ist dies auf zweierlei "Weise möglich : entweder benützt man Seitensprosse der Keimlinge ^), welche die charakteristische Jugendform zeigen, als Stecklinge, oder man entfernt über den basalen Seitensprossen den Haupt- trieb , die ersteren wachsen dann kräftig heran und behalten die Jugend- gestaltung bei, während sie normal von dem sich stärker und in abweichender Form entwickelnden Hauptsprofs unterdrückt werden. Auch in späterem Alter behält übrigens, wie wir sehen werden, die basale Region der Pflanzen vorzugsweise die Fähigkeit bei, Sprosse der Jugendform hervorzubringen. Das Verhalten möge an einigen Beispielen geschildert sein. 1. Pinus. Die Kiefern haben bekanntlich an den Sprofsachsen, welche das bleibende Gerüst der Pflanze darstellen, nur braune, als Knospenschuppen dienende, nach der Knospenentfaltung bald abfallende „Niederblätter". In deren Achseln stehen Kurztriebe , welche zwei oder mehrere nadeiförmige Blätter hervorbringen (bei Pinus monophylla nur eines). Die Keimpflanzen dagegen bringen stets nach den Kotyledonen Laubblätter an den Langtrieben hervor, dies geschieht bei P. Pinea mehrere Jahre hindurch*). Bei Pinus silvestris dagegen verschwinden die Primärblätter schon im zweiten Jahre, an der Basis der austreibenden Knospe sind sie noch vorhanden, nach oben ') Vgl. betreffs derselben auch die Abhandlungen von Cakriere und Beissner (citiert in meiner oben erwähnten Arbeit, Flora 1889). ^) Ebenso sind bei Ginkgo die Primärblätter lediglich Hemmungsbildungen.. ^) Das erstere Verfahren ist seit langer Zeit bekannt, das zweite meines Wissens von mir zuerst angewendet worden. Es ist deshalb von Interesse, weil es zeigt, dafs hier auch Korrelationsverhältnisse eine Rolle spielen: Bei normaler Entwicklung werden die basalen, die Jugendform zeigenden Triebe unterdrückt von denen der Folgeform ; entfernt man die letztere, so erstarkt erstere und gewinnt eine ganz andere Dauer als sonst. *) Übrigens ist bei einer und derselben Art die Dauer und Entwicklungsstärke der Jugendform oft verschieden. Einzelfälle. 233 hin aber gehen sie in die Schuppen über, in deren Achsehi die Kurztriel)e stehen. Die Jugendform läfst sich nacli den Angaben in der Litteratur durcli Stecklinge „fixieren", indes ist mir dies, da die Stecklinge nicht anwuchsen, nicht gelungen. Die nadeiförmigen Primärblättcr sind anatomisch einfacher gebaut als die folgenden (vgl. Kaufliolz a. a. 0.). Namentlich sind die Einrich- tungen zur Transpirationsverminderung in viel geringerem Grade vorhanden, wie sich dies von Pflanzen erwarten läfst, die im Schutze anderer heran- wachsen. Bei Larix zeigen die Jugendstadien (im ersten, unter Umständen auch im zweiten Jahre) insofern eine Abweichung, als die Blätter hier den Winter überdauern, wie die der Pinus- (und der mit Larix nalie verwandten Cedrus-Arten), während sie an älteren Sprossen im Herbst abfallen. Cupressinen. Die Blattbildung bei dieser Gruppe ist eine sehr ver- schiedene, selbst innerhalb einer Gattung. Juniperus communis z. B. hat die für die Nadelhölzer typische Blattform: abstehende Nadeln. Bei Junip^-rus virginiana, Cupressus-, Callitris-, Chamaecyparis- , Thuyaarten sind die Blätter der ausgebildeten Sprosse mit ihrer Oberseite gröfstenteils mit der Sprofsoberseite „verwachsen", die Nadelblätter auf die Jugendform liescliränkt. An den männlichen Pflanzen von Junip. chinensis treten aber auch im späteren Alter vielfach noch Zweige mit nadeiförmigen Blättern auf (vgl. S. I Fig. 11). Die Blütenkätzchen stehen aber gewöhnlich nur an den Zweigen mit anliegenden, schuppenförmigen Blättern, gelegentlich traf ich sie auch in den Achseln nadeiförmiger an. Zweige mit nadeiförmigen Blättern, welche ich vor sieben Jahren als Stecklinge benützte , sind unterdessen zu über 1,5 m hohen Büschen herangewachsen, die ihre Blattform beibehalten haben, später aber wohl auch Zweige mit anliegenden Blättern hervorbringen w^erden. Die Jugendformen aller der genannten Formen haben abstehende Blätter und lassen sich in dieser Form fixieren, sie werden zu hohen Stämmen von ganz anderem Aussehen als die normal entwickelten Pflanzen derselben Art *). Meist sind sie aber nicht im stände, Blüten hervorzubringen, doch kann dies in einzelnen Fällen erfolgen. Ich habe dafür früher (Flora 1889 S. 36) aus der Litteratur Beispiele angeführt und später selbst am Gardasee einen der- artigen Fall beobachtet. Da die Jugendform hier — ebenso wie bei Pinus — als die ursprünglichere zweifellos zu betrachten ist, so haben wir auf diesem Wege die Stammform der Pflanzen gewissermafsen aufleben lassen ! Für die Auffassung der Entwicklung überhaupt ist es von grofsem Interesse, dafs die fixierten Jugendformen gewöhnlich ihre Gestaltung beibehalten und in einem Alter und bei einer Gröi'se, bei der die normalen Pflanzen längst geschlechts- reif sind, gewöhnlich keine Sexualorgane hervorzubringen vermögen, trotzdem die äufseren Bedingungen dazu vorhanden sind. Zwischen Jugendform und Folgeform giebt es natürlich Übergänge. Auch diese lassen sich fixieren, gehen dann aber unter günstigen Bedingungen später mehr oder weniger rasch in die Folgeform über. Es ist wahrscheinlich, namentlich auch aus Analogie mit den unten zu besprechenden Fällen, dafs auch bei den bisher besprochenen Coniferen die Dauer der Jugendform unverletzter Exemplare durch bestimmte äufsere Ein- wirkungen verlängert werden kann. So giebt Beyerinck nach Mitteilungen ') Sie wurden in den Gärten früher als Retinispora ericoides etc. bezeichnet. Wenn Gärtner behaupten, dafs diese fixierten Jugendformen klein bleiben und nicht alt werden, so ist zu bemerken, dafs dies durchaus nicht allgemein zutrifft (vgl. Goebkl a. a O.). Indes ist nicht zu verwundern, wenn Stecklingspfianzen ein weniger gut entwickeltes Wurzel- system haben als normale, und zudem sind die Blätter der Jugendformen meist weniger widerstandsfähig (.weil zarter gebaut) als die der älteren. 234 Dritter Absdmitt. Verschiedenheit der Orgaubildiing etc. verschiedener Züchter au^), „dafs alle Umstände, Avelehe die Ernährung be- einträchtigen, die Erhaltung der Jugendcharaktere begünstigen", und dafs dem- entsprechend bei Topfkultur die Jugendform länger erhalten l)leiht. Es wäre möglich, dafs die Japaner die Retinisporen durch Topfkultur (mit Wurzel- schere etc.) gewonnen haben, indem also durch ungünstige äufsere Bedingungen das Auftreten der Folgeform verhindert wurde. Von anderen Nadelhölzern sei hier nur das Verhalten von zwei, mit be- sonders abweichenden Yegetationsorganen ausgerüsteten Arten genannt. Die Phyllocladusarten^) zeichnen sich aus durch blattähnlich ausgebildete Zweige (Phyllocladien), welche in den Achseln schuppenförmiger, kleiner, bald vertrocknender und braun werdender Blätter stehen, die aber ursprünglich noch grün sind (eine Mittelstufe zwischen dem gewöhnlichen Verhalten und dem von Pinus, wo die Blätter am Hauptstamm gleich anfangs als braune Schuppen auftreten) , also auch nichts anderes als umgebildete Laubblatt- anlagen sind. Die ersten Blätter der ersten Jahrestriebe der Keimpflanze und dann auch wieder ein Teil der im zweiten Jahr entwickelten dagegen sind flache, grüne Nadeln. Am Ende der Triebe sind sie viel kürzer, schon am dritten Jahrestrieb aber den schuppenartigen Blättern älterer Exemplare viel ähnlicher, gehen also allmählich in diese über. Auch die Phyllocladien ge- winnen erst allmählich ihre auffallend blattähnliche Gestalt, gehen übrigens an ihrer Spitze gelegentlich wieder in cylindrische, mit spiralig gestellten Blättern besetzte Zweige über. Ein „Fixieren" der Jugendform ist hier noch nicht versucht. Ganz ähnlich wie Pinus verhält sich bei der Keimung Scia- dopitys, welche später statt der Kurztriebe die eigentümlichen Doppelnadeln trägt. An der Keimpflanze folgen auf die beiden lineal-lanzettförmigen Kotyle- donen die dem ersten (sehr verkürzten) Jahrestriebe angehörenden Laub- blätter. Diese aber sind einfach, mit ungeteilter Spitze und einfachem Gefäfs- bündel. Schon der nächste Jahrestrieb läfst seine Blätter (wie Pinus) zu Schuppen verkümmern und entwickelt in deren Achseln (in seinem oberen Teile) die Doppelnadeln mit ausgerandeter Spitze und zwei Gefäfsbündeln. IV. Angiospermen. Nach dem in der Einleitung Erwähnten werden im allgemeinen die Verschiedenheiten in der Ausbildung der Jugend- und der Folgeform um so gröfser sein, je verschiedener die äufseren Bedingungen sind, denen beide angepafst sind, während, v^o dies nicht der Fall ist, die Primärblätter , mit denen wir es hier zunächst zu thun haben, nur Hemmungsbildungen sind (wie bei den Farnen nachgewiesen wurde), falls sie iiberhaupt verschieden von den folgenden sind. Die Gliederung der- selben ist dann eine einfachere. So sind bei den dreiblätterigen Trifolium- arten die Primärl)lätter einfach, ebenso bei Ononis u. a., wobei bemerkens- wert ist, dafs diese Blattform bei 0. Natrix sehr lange beibehalten wird. Keunedya rubicunda zeigt zunächst Primärblätter ohne Spur von Fieder- blättchen, dann solche, bei denen die letzteren zwar angelegt, aber zu kleinen Spitzchen verkümmert sind'^), an den folgenden sind sie ent- wickelt. (Weitere Beispiele s. Flora 1889, p. 29 ff.) ') ßotan. Zeitung 1890 p. 539. 2) H. Th. Gevler, Einige Bemerkungen über Phyllocladus. Abhandl. d. Senckenb. GeseUsch. Bd. XII. ^) Dies geschieht z. B. auch bei älteren Exemplaren von Acacia lophantha mit den untersten Fiederblättchen, was ich anführe, weil es zeigt, dafs eine Heuimungserscheinung vorliegf. Einzelfälle. 135 Besonders reduziert und in ilirer Gestalt von den folgenden ab- weichend sind die Primärblätter von Vicia Faba u. a. Sie sind hier kleine, dreizähuige Blättchen. Die mittlere Si)itze stellt die Blattspreite, die seitlichen die Stipulae vor, die Blattanlage ist hier also auf einem sehr friihen Stadium stehen geblieben , und hat danach nur eine Vcr- grölserung , keine weitere morphologische Gliederung erfahren. Dafs dem so ist, lälst sich auch experimentell nachweisen. Die an der Basis der Pflanze entstehenden Achselsprosse begiinien nämlich mit derselben Blattform. Entfernt man den Hauptsprofs oberhalb einer Seitensprols- aulage, so wird dieselbe dadurch zu frühzeitigem Austreiben veranlafst, und statt der Primärblätter erhält man — je nach der Ausbildung, Fig-. 94. Primärblätter von Vicia Faba. In IX ein normales, am Grande einer Haupt- achse stehendes Primärblatt. /— VIII verschiedene Umbildungsstuten von an der Basis von Seitensprossen stehenden Primärblättern, gewonnen durch Abschneiden des Haupt- sprosses; a Blattspitze, st Stipulae (resp. deren Hemmuiigsbildungen), b Seitenblättchen. Die Nervatur ist nur unvollständig angedeutet. welche dieselben schon erreicht hatten — die mannigfaltigsten Mittel- bildungen zwischen ihnen und den Laubblättern oder typische Laub- blätter (vgl. Fig. 94). Derartige Fälle zeigen uns also, dafs die Entwicklungshemmung der Primärblätter in Korrelation steht zu der Bildung anderer Organe der- selben Pflanze. Übrigens ist klar, dafs die erstentwickelten, also dem Boden nahe stehenden Blätter der Pflanze eine höhere Gliederung leichter entbehren können als die folgenden, dem Wind, Regen und anderen äufseren Faktoren mehr ausgesetzten Blätter. Diese Verschiedenheit äufseren Verhältnissen gegenüber tritt noch auffallender hervor, wenn wir einige durch ein gemeinsames biologisches Verhalten gekennzeichnete Gruppen ins Auge fassen. 136 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Oro-anbildung' etc. A. Kletterpflanzen. 1. Wurzelkletterer. Sehr verschieden ist die Gestaltung der Jugeudblattform von der der Folgeblätter bei manchen kletternden Aroideen. An einer kletternden Aroidee, wahrscheinlich einer Mon- stera- oder Philodendronart , welche an den Erythrina-Schutzbäumen einer Kakaoplantage in Venezuela empor- kletterte , überzeugte ich mich von dieser Differenz. Die Blätter sind zu- nächst ungestielt (resp. ganz kurz gestielt) und liegen der Stammober- Fig. 96. „Pothos celatocaulis". Jugendform. Der zweizeilig beblätterte Sprofs wächst auf einem Baumfarnstamm, dessen Oberfläche die Pothosblätter dicht angeschmiegt sind. fläche dicht an, so die jungen Haft- wurzeln des Philodendron schützend. Später ändern sie ihre Gestalt, sie bekommen eine gröfsere Spreite und einen längeren Stiel und stehen vom Stamm ab, bis endlich die grofsen, am Rande zerteilten Blätter sich bilden, die für ältere Philodendron charakte- ristisch sind. Die in den Gärten als „Pothos celatocaulis" kultivierte Aroidee ist zweifelsohne eine solche Jugendform, deren weitere Entwicklung man aber noch nicht kennt, trotzdem die Pflanze eine Länge von mehreren Metern erreicht (vgl. Fig. 96). Fig. 95. Junge Pflanze einer kletternden Aroidee, nach einer in San Esteban (Vene- zuela) aufgenommenen Photographie. Die unteren Blätter sind, wie bei „Pothos cela- tocaulis", dem Baumstamm, an welchem die Aroidee wächst, dicht angeschmiegt, die oberen erhalten eine andere Gestalt. Einzelfälle. 137 Gauz Ähiilielies hat Ridley^) von „ Auadendrum medium" beschrieben, dessen Jugeudform in den Gärten als Pothos tiexuosus kultiviert wurde, was um so weniger zu verwundern ist, als man l)ei dieser Ptianze nur sehr selten alle Blattformen zusammen antrifft (während man dies bei der soeben erwähnten Pflanze leicht beobachten kann) und viele Exemplare offenbar lange auf dem Jugendstadium verharren. Die Blattformen sind in Fig. 97 dargestellt. Ridleys Beschreibung derselben ist folgende: A Die Blätter stehen zweizeilig und dicht zusammen, sie zeigen ein sammtiges Grün. Wenn die Ptianze höher steigt, werden sie breiter und mehr eiförmig, weniger schief, mit herzförmiger Basis und deutlicher gestielt, etwa 7V2 cm lang und halb schreit; J5 höher hinauf werden sie länglich zugespitzt, 18 — 20 cm lang, 10 cm breit mit einem kurzen, dicken Stiel von 2^/2 — 4 cm Länge ; C noch sind sie zwei- zeilig und liegen tiach auf dem Baumstamm. Dann erfolgt eine grolse Änderung, sie werden eiförmig zugespitzt mit herzförmiger Basis, 15—20 cm lang, 10 cm breit mit einem 12 cm langen Stiel ; D sie sind nicht mehr zweizeilig und liegen dem Stamme auch nicht mehr an , sondern spreizen nach allen Eichtungen. Ihr dunkles, glänzendes Grün zeigt, dafs sie sehr verschieden von den zarten , sammtig grünen Blättern der unteren Region sind. Dann beginnen sie, wäh- rend Umrils und Gröise der letzten Form beibehalten wird, Anzeichen für fiederschnittige Gliederung zu zeigen; E der Stiel wird über 20 cm lang und erhält ein „Knie" nahe der Spreite, die jetzt etwa 25 cm lang und bis nahe auf die Mittelrippe tiederschnittig ist, an beiden Seiten der letzteren befinden sich eine Anzahl elliptischer Durchlöcherungen; F endlich erhält die Blattspreite eine Länge von über 40 cm mit schmalen, 2V2— 4 cm breiten Segmenten, ähnlich wie ein Raphidaphora-Blatt; G die Pflanze ist jetzt blühreif, sie bildet aber häufig noch eine andere Blattform; H es entstehen nämlich oft lange, herunterhängende Ausläufer, diese besitzen breite, ovale oder fast runde Blätter, die an der Basis herzförmig und fast sitzend sind. Wenn die Pothos-Form an einem Felsen oder einer Mauer wächst, bleibt sie ohne höhere Entwicklung 2), au einem Baumstamm kann sie Fig. 97. Verschiedene Blattformen von Anadendrum medium („Pothos flexuosa") nach Ridley. Stark verkl. A Ungestielte „Sammetblätter" ; B höher oben stehende, dickere Blätter; C Auftreten des Stieles; B—G weitere Differenzierung [G Blatt einer blühbaren Pflanze); H Blätter eines „Aus- läufers". 1) Ridley, Potlios flexuosus Hort. Gardeners Chronicle I p. 527, 1894. 2) Dies möchte ich nach dem Verhalten des Epheu kaum als allgemein giltig betrachten; wenigstens ist durchaus nicht einzusehen, woher eine solche Verschiedenheit kommen sollte. 138 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. imd thiit es auch gewöhnlich , sich zur Raphidophora-Form entwickeln, wenn sie hoch genug gewachsen ist. Stecklinge der letzteren Form kehren nie zur Pothos-Forni zurück. Beide Formen aber bilden, wenn sie über ihre Stütze hinauswachsen , die lange, hängende, ausläuferähnliche Form mit runden, entfernt stehenden Blättern. Bidley meint, dafs die Entwicklung der Baphidophora-Form mit dem Lichte nichts zu thun habe, da sie nicht selten in ganz dunklen Teilen des Waldes erfolge, während die Bothos-Form auf einem dem Sonnenlicht ausgesetzten Felsen oder Baumstamm sich nicht weiter entwickle. Vielleicht fehlen hier indes die andern zum normalen Wachstum nötigen Faktoren (Feuchtigkeit etc.), und es wird deshalV) die PHanze auf dem Jugendstadium zurückgehalten, ähnlich wie dies oben von einigen Conifereu ausgeführt wurde. Jedenfalls wäre es von grofsem Interesse, diesen Fall experimentell näher zu prüfen. Die verwandten Arten. Anadendrum marginatum und A. montanum, haben keine derartigen Jugendformen. Ähnlich wie diese Aroideen verhalten sich auch einige Kletter- pflanzen, die anderen Familien entstammen. Eine Ähnlichkeit, die z. B. daraus hervorgeht, dafs die Jugendformen der ersteren häutig in den Gärten mit denen von Marcgraviea verwechselt wurden \), Die Marc- gravien gehören zu den auffallendsten Kletterpflanzen der tropisch- amerikanischen Flora. Die Jugendform liesitzt plagiotrope Sprosse, deren dem Baumstamm anliegende Blätter die Wurzeln decken, während späte?- nicht wurzelnde, orthotrope oder doch jedenfalls vom Substrat abstehende Sprosse entstehen mit viel gröfseren. gestielten Btättern, an diesen ent- stehen dann auch die Blüten-). Ähnlich verhalten sich einige kletternde Ficusarten , so Ficus scandens und F. pumila . die man in unseren Ge- wächshäusern fast stets nur in der plagiotropen Jugendform sieht. Wie bei diesen Pflanzen die Jugendform oft'enbar eine in Verbindung mit der kletternden Lebensweise entstandene Anpassung darstellt, so auch beim Epheu, dessen Jugendsprosse abweichend von denen der ver- wandten Araliaceen nach ^12 beblättert und plagiotrop sind. Nur läfst sich die abweichende Blattform dieser Jugendsprosse (sie haben 3—5 lappige Blätter, während die der orthotropeu . blütentragenden Sprosse eiförmig zugespitzt sind) mit den äufseren Verhältnissen zunächst nicht in Verbindung bringen. Wenn mau neuerdings die gezackte/Blatt- form der Jugeudsprosse mit ihrer Zusammeufügung zu einem „Blatt- niosaik" hat in Beziehung bringen wollen, so ist dies, wie eine un- befangene Naturbeobachtung zeigt, erdichtet oder als ein seltener Aus- nahmefall herausgegriifen , welcher die Zweckmäfsigkeit der Blattform beweisen soll. Die orthotropen. nach ^/s (auch '" s und ^13) beblätterten radiären Sprosse treten erst nach Erreichung eines gewissen Alters auf, und bilden sich wohl nur. wenn Licht von höherer Intensität zur Ver- fügung steht, als es zur Bildung der plagiotropen Sprosse ausreicht. ^) Mehrmals wurden mir Aroideenjugendfornien von Handelsgärtnereien als „Marc- gravia" zugesandt. — Bei anderen Marcgraviaceen, z. B. Norantea guianensis, scheint eine abweichende Jugendtbrni niclit vorhanden zu sein. -) Die verschiedenen Blattformen sind auch anatomisch verschieden. Die Blätter der plagiotropen Sprosse haben namentlich auf der Unterseite ein verhältnismäfsig dickes, lufthaltiges Gewebe , dessen Intercellularräume vielleicht manchmal mit Wasser injiziert sind, jedenfalls aber eine Schutzdecke für die Wurzeln bilden. Wächst ^larcgravia auf einem dünnen Aste, so krümmen sich die Blattflächen entsprechend um den Ast herum. Hier wie bei den oben erwähnten kletternden Aroideen sind die Jugendblätter ferner nach dem Typus der „Sammetblätter" erkannt; ein auf das Blatt gebrachter Wassertropfen breitet sich bei Marcgravia rasch aus. Einzelfälle. 139 Die ersten Blätter, die bei der Keimuiij;- auftreten, gleichen übrigens denen der orthotropen Sprosse, obwohl die Keimlinge von Anfang an zweizeilig beblättert sind, die fünf lappigen Blätter treten erst im zweiten Jahre auf^). In der Gärtnerei werden die radiären Sprosse vielfach als Stecklinge benutzt, die zu „Epheubäumchen" (falschlich als var. arborea bezeichnet) heranwachsen und lange Zeit fortleben können. Gelegentlich Fig. 98. Hedera Helix. Ein Stück eines in einen Blütenstand endigenden Astes. Blattform ist verschieden von der der sterilen Sprosse (5). (Lehrb.) Die entwickeln sie an ihrer Basis Sprosse, welche auf die Jugendform zurück- schlagen. Wir haben bei den genannten Kletterpflanzen also Jugendformen, die ausgezeichnet sind durch plagiotropen Wuchs und damit in Zusammen- hang durch abweichende Blattform und vielfach auch andere Blatt- stellung. Wie bei plagiotropen Sprossen aus einer radiären eine Va Stel- lung hervorgehen kann, haben wir oben (p. 80) schon bei Vaccinium Myrtillus gesehen, hier ist diese Stelluugsänderung eine erbliche geworden. 2. Eankenpflanzen. Die meisten Rankenpflanzen haben im Jugendstadium keine oder doch nur funktionslose Ranken. Letztere Thatsache ist deshalb von Interesse, weil sie uns wieder das Auftreten von Organhemmungen vor Augen führt. Fassen wir zunächst die Blattrauken ins Auge, so finden wir bei manchen an der jungen Pflanze alle Übergänge von den ersten nicht rankenden Laubblättern ])is zu solchen, hei denen die Ranken in ihrer Gestalt von der der Laubhiätter abweichen und die Form dünner, reizbarer Fäden angenommen haben, bei Corydalis cla- viculata, Adlumia cirrhosa u. a. Ebenso können wir bei der merk- ^) BucHENAu, Botan. Zeitung 1864 p. 236. 140 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Org'anbilduno' etc. Würdigen Keimung von Nepentlies (S. II, p. 98 ff.) deutlich verfolgen, wie das hier ursprünglich nur als Tierfalle (und Assimilationsorgan) aus- gebildete Blatt allmählich auch zum Kletterorgan sich gestaltet. Dagegen ist bei Cobaea und den Papilionaceen der Übergang ein unvermittelter. Als ein auch sonst merkwürdiges Beispiel sei Lathyrus aphaca erwähnt (vgl. Fig. 76). Die ganze Blattlamina hat sich hier zur Ranke umgebildet. An den KeimpHanzen erscheinen nach den (hypogaeischen) Kotyledonen zuerst einige der einfachen Primärblätter, wie sie bei Papilionaceen sehr verbreitet sind: zuerst gewöhnlich eine nicht oder nur andeutungsweise gegliederte, dann mehrere dreispitzige grüne Schuppen, die mittlere Spitze entspricht der Blattlamina, die lieideu seitlichen den Kebenblättern. Darauf folgen Laubblätter mit je zwei Fiederblättchen und unsymmetri- schen Nebenblättern. Die folgenden Blätter lassen die Blattlamina ver- kümmern, sie erscheint als kleines Spitzchen zwischen den bedeutend vergröfserten und symmetrisch gewordenen Nebenblättern. Dann erst folgen Blätter, deren Lamina zur Ranke umgebildet ist. Diese rudimen- T Fig. 99. Lathyrus Clymenum. Blattformen aus verschiedenen Lebensaltern einer Keim- pflanze. I Ungegliedertes Primärblatt: II ein Primärblatt, in eine Eanke endigend, bei 8l die rudimentären Stipulae; /// und IV Blätter, an denen die Fiederblättchen auf- getreten sind. tären Blätter sind wohl als die ersten funktionslosen Ranken zu betrachten. Es ist anzunehmen, dafs Lath. aphaca ursprünglich eine Blattbildung wie andere Lathyrusarteu besafs, dafs nur der Eudteil des Blattes als Ranke funktionierte, dann aber die Fiederblättchen verkümmerten und in Verbindung damit die Nebenblätter sich bedeutend vergröfserten. Be- sonders eigentümlich ist die Blattbildung bei Lathyrus Ochrus^), einer Pflanze, die deshalb mehrfach zu Erörterungen Anlafs gegeben hat, weil hier in der That eine Reihe von Vorgängen miteinander verquickt sind ; die ersten Blätter (Fig. 99) sind klein und schmallanzettlich. An ihrer Basis kann man jederseits einen, event. auch 2 kleine häutige Zähne unterscheiden, die wohl als verkümmerte Nebenblätter zu betrachten sind. Das Blatt wird dann gröfser, seine Spitze wächst aus zu einer zunächst noch rudimentären Rauke. Rechts und links (oder auch nur einseitig) tritt eine weitere Ausgliederung auf, zwei seitliche Ranken. Diese sitzen also auf einer breiten Blattfläche. Später treten auch Fieder- blätter auf, und die obersten Blätter haben eine doppelte oder dreiteilige endständige Ranke und darunter 1—2 Paare Fiederblättchen; nicht selten ^) Ahnlich verhalten sich auch L. Clymenum und L. Mauritanicus. Einzelfälle. 141 steht auch einem Fiederblättchen eine Ilanke gegenüber. Wie ist nun das eigentümliche Gebilde aufzufassen ? ^) Ikmisch hielt den tiächen- förmigen Teil des Blattes für einen Blattstiel. Dies widerspricht aber der Entwicklungsgeschichte und dem Verhalten anderer Papilionaceen. Bei diesen finden wir häufig Primärblätter von der in Fig. 94, / abgebildeten Form. Diese sind, wie ich auch experimentell nachgewiesen habe, sicher Hemmungsbildungeu, die so zu stände kommen, dal's a nicht einem Blatt- stiele ohne Spreite, sondern dem ganzen oberen Teile einer Blattanlage entspricht (dem sog. Oberblatt). Ein Blattstiel ist ülicrliaupt noch nicht gebildet. Denken wir uns a stark vergrölsert, den darunter befindlichen Teil nur wenig entwickelt, so erhalten wir L. Ochrus (Fig. 99, /). Nur bleibt hier die Blattbilduug lange auf diesem Stadium stehen, die Blatt- fiäche ist also nicht ein Blattstiel ^), sondern der ganze obere Teil der Blatt- anlage, der sich vom unteren — dem Blattgrund — nicht mehr scharf sondert. Später entwickelt er sich dann weiter in der ol)en angegebenen Weise. Das Verkümmern der Nebenblätter hängt mit der Verbreiterung der ganzen Blattaulage sicher ursächlich zusammen, erstere sind als Schutz- organe für die Stammknospe überflüssig geworden, weil diese Funktion durch die breiten Blätter selbst besorgt wird. Die Verbreiterung der Blattfläche aber wird der Pflanze erlauben, rasch heranzuwachsen und ihre Wettbewerber zu verdrängen; ich möchte glauben, dals diese Arten an ziemlich dicht besiedelten, grasigen Standorten, Hecken u. s. w\ mit nicht sehr starker Beleuchtung aufwachsen. So, glaube ich, können wir auch hier noch der Umänderung nachgehen, welche erfolgte. Ganz ähnlich verhält sich L. Nissolia, nur dais hier auch die obersten Blätter keine Banken entwickeln. Wie bei L. Ochrus treten an der Keimpflanze schmallanzettliche, ungefiederte, mit rudimentären Nebenblättern versehene Primärblätter auf. Für Darwins Hypothese (Kletterpflanzen p. 154), wonach diese Art von einer ursprtinglich windenden Pflanze abstammen soll, welche dann zum Blattkletterer wurde, dann die Verzweigung der Ranken ein- büfste, schliefslich auch deren Rotationsvermögeu und Pieizbarkeit, worauf die Ranke wieder blattartig wurde, scheinen mir derzeit keinerlei positive Anhaltspunkte vorzuliegen (Darwin nimmt sogar noch eine zweimalige Veränderung in der Ausbildung der Nebenblätter an). Möglich dafs L. Nissolia von einer Rankenpflanze abstammt, dann aber ist es nicht erforderlich, einen so verwickelten Vorgang anzunehmen, wie Darwin es thut, vielmehr zeigt der Vergleich mit L. Ochrus einen einfacheren Weg. Endlich möchte ich noch einen Fall anführen, der dadurch von Interesse ist, dals die Eigentümlichkeit, als Ranken zu funktionieren, schon den Primärblättern zukommt. Darwin hat a. a. 0,, p. 47, für Tropaeolum tricolorum darauf hingewiesen, dafs es bis zu einer Höhe von 2—3' keine Blätter erzeuge, sondern für Berührung (Kontakt) reiz- bare „Filamente", welche höher am Stamm hinauf in vollkommene Blätter übergehen. Diese „Filamente" sind nun nichts anderes als Primärblätter; dafs sie schon als Ranken funktionieren, hängt oftenbar damit zusammen, dafs die Sprofsachsen aufserordentlich dünn sind, und 1) Eigentlich setzt eine derartige Erörterung die im allgemeinen Teil noch nicht gegebene Darstellung der Blattentwicklung voraus ; ich glaubte aber aus anderen Gründen den eigenartigen Fall hier nicht unerörtert lassen zu sollen. ^ 2) ScHENCK hat (in seinen „Beiträgen zur Biologie und Anatomie der Lianen I p. 184) die alte iRMiscHsche Deutung unter Nichtberücksichtigung aller entwicklungs- geschichtlichen Thatsachen wieder vorgebracht. 142 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. dementsprechend die Notwendigkeit von Haftorganen hier viel früher sich geltend macht, als bei anderen Rankenpflanzen. Die von mir unter- suchten Keimpflanzen hatten nur wenige „Filamente", ehe sie zur Blatt- bildung übergehen. Die Filamente sind verlängerte Blattanlagen, an denen eine Trennung in Stiel und Spreite noch nicht eingetreten ist. Weiter nach oben hin an der Pflanze wird eine Spreite dann sichtbar. Hier sei auch das Verhalten einer anderen Tropaeolumart kurz erwähnt. Die meisten Tropaeolumarten haben an ihren Blättern keine Neben- blätter, obwohl sie solche ursprünglich offenbar besessen haben. Tr. majus besitzt sie denn auch an den beiden ersten Blättern , allein sie zeigen schon hier einen reduzierten Charakter (zuweilen fehlt eines, und sie stehen nicht immer an dem normalen Platze). Betreffs der rankentragenden Cucurbitaceen sei auf den speciellen Teil verwiesen, und hier nur erwähnt, dafs, wie ich früher gezeigt habe (vergl. Entw. -Gesch. p. 240), die einfache Rankenbildung der Keim- pflanze bei schlechter Ernährung auch im späteren Alter noch auf- treten kann. B. Wasserpflanzen und Sumpfpflanzen. Das Verhalten einer gröfseren Anzahl hierher gehöriger Formen wurde früher (S. II) von mir eingehender geschildert ^). Es sei hier nur weniges kurz hervorgehoben. Die Sarracenieen stimmen in der Gestaltung ihrer Primärblätter alle im wesentlichen überein, während die späteren oft ziemlich voneinander verschieden sind (vgl. die Abbildungen a. a. 0.). Bei den Utricukrien ist das Verhalten der Keimpflanzen besonders wichtig, weil es die Über- einstimmung im Gesamtaufl)au der Land- und Wasserarten zeigt, die späterhin weit voneinander abweichen. Eine Anpassung, welche das Um- geworfen werden der Keimpflänzchen erschwert, spricht sich in der Ge- staltung der schildförmigen Primärblätter von Salvinia u. a., der kreisei- förmigen von Azolla aus (Fig. 73 a. a. 0.). Die eigentümlichen, bei man- chen Nymphaeaceen auftretenden untergetauchten Primärblätter dürften als Hemmungsbildungen zu betrachten sein; späterhin entstehen dann Schwimmblätter, deren Bildung aber bei Nuphar unter ungünstigen Be- dingungen ganz unterbleilien kann, so dafs die Pflanze dann fortdauernd Blätter bildet, die denen der Keimpflanzen entsprechen. Namentlich hat das Verhalten einiger Monokotylen Veranlassung zu verschiedener Auffassung gegeben. Alle bis jetzt untersuchten Alismaceen und Pontederiaceen und Potamogetoneen sind dadurch ausgezeichnet, dafs sie — so verschieden auch später die Blattform sein mag — ursprünglich bei der Keimung einfach bandförmige Blätter hervorbringen, die man früher irrigerweise für Phyllodien gehalten hat. Sie gehen meist durch Zwischenstufen in die höhere, mit Stiel und Spreite versehene Blattform über. Die Primär- blattform wird von den einzelnen Arten verschieden lange lieibehalten, am längsten von denen, die mehr untergetaucht leben. Bei diesen, z. B. Heteranthera zosterifolia , Sagittaria natans tritt die höher entwickelte Blattform meist nur an blühenden Pflanzen und in geringer Zahl auf, während zahlreiche bandförmige Blätter vorhanden sind, die bei den mehr dem Landleben angepafsten Arten nur als rasch vorübergehende Ent- ^) Daselbst auch zahlreiche Abbildungen. Einzelfälle. 143 wickluügsstiife sich findeu. Solche Verschiedenheiten finden sich bei Arten einer und derselben Gattung, wie der Vergleich von S. natans und 8. cordi- folia zeigt, bei welch letzterer die Primärblätter kaum eine Rolle spielen. Es fragt sich nun: sind die Primärl)lätter hier eine durch Anpassung an das Leben im Wasser entstandene Blattform oder nicht V Die That- sache, dafs bei der groiseu Mehrzahl der andern Monokotylen die band- förmigen Blätter die typische Blattform darstellt, dafs ferner diese Blätter auch dem Landleben sich anzupassen vermögen, und andere Gründe führten mich früher zu der Ansicht, dafs ein Grund zu der erstgenannten obigen Annahme nicht vorliege, so wenig auch daran zu zweifeln ist, dais ein Zusammenhang zwischen der Zahl dieser Blätter und der Lebensweise der betreftenden Ptlauze vorhanden ist (vgl. a. a. 0.). Viel einfacher gestaltet als die über das Wasser tretenden sind auch bei einigen Dikotylen die untergetauchten Primärblätter anders gestaltet, als die an oder über den Wasserspiegel treten- den. So zeigt Fig. 100 eine Keimpflanze der Nymphaeacee Victoria regia, die das erste — von den folgenden noch ab- weichende — Schwimmblatt d gebildet hat , die drei diesem vorangehenden Blätter sind untergetaucht, die Blatt- spreite ist bei a noch nicht vom Stiele abgegrenzt und bei h und c anders ge- staltet als bei d. Dafs es sich dabei um eigenartig entwickelte Hennnungs- bildungen handelt , zeigt die Thatsache, dafs an den austreibenden Knollen von Nymphaea rubra dieselben Primärblätter wie an den Keimpflanzen auftreten, und Nuphar luteum verharrt unter ungünstigen Umständen (in sehr tiefem Wasser etc.) Fig. 100. Keimpflanze von Victoria regia oft sehr lange auf der Stufe derBildung von (nach Tkecul). Die Blätter nach ihrer AVasserblättern, wie sie bei der Keimung Reihenfolge beziffert; s Samenschale; sich bilden. a Hauptwurzel; r, r-i, r» Seitenwurzeln. C. Xerophile Pflanzen. Xerophile Pflanzen, d. h. solche, die an Standorten leben, wo sie zeitweilig der Gefahr zu starker Transpiration ausgesetzt sind, besitzen bekanntlich vielfach Anpassungen an ihren Standort^), Anpassungen, die sich aussprechen namentlich in der Verringerung der Blattgrölse oder dadurch, dafs Blätter mit vertikal gestellter Blattspreite gebildet werden (Eucalyptus, die Phyllodien von Acacia u. a.) ; bei solchen Xerophilen, deren Sprofsachsen an Stelle der Blätter als Assimilationsorgane ausgebildet sind, hat vielfach eine Verbreiterung der Sprofsachsen stattgefunden. Die Jugendstadien zeigen oft abweichende Verhältnisse und stimmen in ihrer Gestaltung mit nicht xerophilen Pflanzen überein. 1) Dieselben sind, weil sie die augenfallig.sten sind, in den letzten Jahren bis zum Überdrufs erörtert worden. 144 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. Namentlich haben sie sehr vielfach wohl entwickelte Blätter, indes nicht immer. Die Blattentwicklung der Keimpflanzen ist bei Kakteen, bei Casuarina, bei Ruscus aculeatus, R. Hypoglossum u. a. keine wesentlich andere als späterhin. Aber selbst nahe verwandte Formen können hier- bei Verschiedenheiten zeigen, denn Ruscus andre gynus (Semele androgyna) besitzt an der KeimpHanze grofse, wohl entwickelte Laubblätter, die später nicht mehr auftreten, vielmehr sind dann auch hier die Blätter zu kleinen Schuppen verkümmert. Schon oben wurde hervorgehoben, dals der Mangel xerophiler Charaktere bei derartigen Jugendformen damit zu- sammenhänge, dafs die Keimpfiauzen im Schutze anderer PÜanzen auf- wachsen, und dafs ihre Entwicklung überhaupt nur dann stattfindet, wenn genügend Wasser vorhanden ist, während die weiterentwickelte Pflanze anderen Ansprüchen zu genügen hat. Fig. 101. Sprofs von Ruscus acu- leatus. Auf den blattähnlichen Phyllo- cladien (cl) haben sich Blüten ent- wickelt. (Lehrb.) Fig. 102. Keimpflanze von Acacia. Die Primär- blätter 1 — 4 sind wie bei anderen Acaciaarten; bei 5 und (> Übergang zur Phyllodienbildung ; 7—9 Phyllodien. (Lehrb.) Auch hierfür sei eine Reihe von Beispielen aufgeführt. 1. Das bekannteste und am häufigsten angeführte bilden die Phyllo- dien besitzenden Akazien. Die Phyllodien entstehen, indem der Blattstiel (zuweilen auch die Blattspindel) sich in vertikaler Richtung verbreitert, während die Blattspreite verkümmert. Die Keimpflanzen (Fig. 102) aber haben — soweit sie untersucht sind — ausnahmslos Blätter, die mit denen der sonstigen Akazien übereinstimmen , d. h. doppelt gefiederte Spreiten und einen normalen Blattstiel besitzen. An den folgenden ver- breitert sich der Blattstiel allmählich , während die Spreite zurückgeht, bis die Phyllodienform erreicht ist. Bei einigen Arten treten übrigens auch späterhin, d. h. nach den Phyllodien, Laubblätter auf, z. B. Ac. heterophylla. 2. An Acacia angeschlossen sei das Verhalten von Eucalyptus, wo zwar im späteren Lebensalter keine Phyllodien, wohl aber messerklingenförmige, Einzelfälle. J45 hängende, auf beiden Seiten gleich gebaute Blätter entstehen, die zerstreut an den Sprolsachsen stehen. Die Keimpflanze aber l)ildet längere Zeit hindurch an ihren vierkantigen Zweigen ovale, gekreuzt stehende Blätter, die dorsiventral gebaut sind — die beiden Entwicklungsstufen haben einen ganz verschiedeneu Habitus. 3. An das oben von vielen Cupressineen angeführte Verhalten schliefst sich dasjenige mancher Dikotylen mit ähnlichem Habitus, d. h. schuppenförmig anliegenden Blättern. " Einige neuseeländische Verouica- arten zeigen diesen Habitus ganz besonders auffallend (V. cupressoides, V. lycopodioides). Soweit die Keimpflanzen dieser Arten bekannt sind, zeigen sie alle abstehende Blätter, die wie die anderer Veronicaarten mit Stiel und Spreite versehen sind, eine Gliederung, die bei den später auftretenden Blättern verschwindet. Dasselbe Verhalten ist nach den (unten zu er- wähnenden) Eückschlagserscheinungen anzunehmen für die cupressoide Myrtacee Melaleuca micromeris. Auch Passerina hirsuta ^) hat in der Jugend abstehende, später anliegende Blätter, während andere Passerina- arten nur die der Jugendblattform von P. hirsuta entsprechenden Blätter besitzen. 4. Pflanzen, bei denen die Folgeblätter verkümmert sind. Zylla myagroides ist eine Crucifere, deren chlorophyllhaltige Sprofs- achsen zu Dornen ausgebildet und nur mit verkümmerten Blättern besetzt sind, in der Jugend hat sie grolse, wohl entwickelte Blätter (S. I Fig. 3). Bei den Keimpflanzen und den neu austreibenden Sprossen von Clematis afoliata lälst sich die allmählich eintretende Reduktion der Blätter sehr schön verfolgen. Bei Carmichaelia sind die Sprofsachsen abgeflacht und mit verküm- merten Blättern versehen (neu an der Basis austreibende Sprosse ver- halten sich ähnlich wie Keimpflanzen). Bei der Keimung entsteht zu- nächst (wie bei anderen oben erwähnten Papilionaceen) nach den Koty- ledonen ein einfaches, ungeteiltes Primärlilatt. Darauf folgen einige drei- zählige. dann unpaarig gefiederte Blätter mit 2—3 Fiederpaaren. Von diesen treten aber nur wenige auf. die Blattbildung sinkt bald wieder herunter, entweder zunächst wieder auf ein dreizähliges Fiederblatt oder sofort auf ein einfaches. Weiter oben sind dann am flachen Stamm die Blätter ganz und gar zu kleinen Schuppen verkümmert. Die Blatt- bildung erreicht also in den gefiederten Laubblättern allmählich ihren Höhepunkt und sinkt dann wieder herunter. Die Übereinstimmung der Primärblätter mit den nach den Laubblättern auftretenden Hemmungs- bildungen zeigt besonders deutlich, dafs auch die Primärblätter demselben Vorgang ihre Entstehung verdanken. Bei Carm. Engsii traten an den Keimpflanzen nur noch einfache Laubblätter auf, die bei manchen Exemplaren auch zu ungestielten kleinen Schuppen verkümmert waren, so dafs wir auch hier in einer Gattung den Übergang von heteroblastischer zu homoblastischer Keimung haben. Ähnlich wie Carm. stricta keimt Bossiaea rufa. Die Hauptachse der Keimpflanze besitzt eine Anzahl ge- stielter, ovaler Blätter und ist nicht verlireitert, sie verkümmert später, während aus den Achseln der Kotyledonen und unterhall) dersellien Zweige hervortreten, welche allmählich zu Phyllocladien sich ausbilden. An diesen Hachtn Sprossen sind von den Blättern nur die kleinen, spitzen Stipulae übrig, deren Spreitenanlage verkümmert ist (die Angabe Hilde- ^) Vgl. die Abbildung bei Pasquale, Sulla eterofillia. Xapoli 1867. Tav. I. Goebel, Organographie der Pflauzeu. 10 146 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Org-anbildung etc. BRANDS, „von den Blattspreiten ist nichts vorhanden", ist sicher irrig). Andere Bossiaeaarten besitzen iilirigens flache Zweige mit wohl ausge- bildeten Blättern (B. heterophylla) oder, wie B. microphylla, cylindrische Zweige mit zahlreichen Laubblätteru (Askenasy a. a, 0. pag. 4); es finden sich also in einer Gattung alle Übergangsstufen. Auch Ulex europaeus, dessen Blätter in erwachsenem Zustand in Dornen verwandelt sind , besitzt als Keimpflanze (von den ersten Primärblättern abgesehen) dreizählige Laubblätter wie andere Genisteen. An den höher stehenden Blättern werden die seitlichen Teilblättchen immer schmäler und kommen zuletzt gar nicht mehr zur Ausbildung. Das einfach lineal gewordene Blatt aber gestaltet sich allmählich zum Dorne um; auch aus den Zweigen entwickeln sich Dornen. Das Verhalten von Colletia verdient hier gleichfalls Erwähnung (Ab- bildung: S. I Fig. 8). Die Colletien sind dornige Sträucher mit bei älteren Pflanzen kleinen , hinfälligen Blättern. Besonders eigentümlich ist Colletia cruciata, bei welcher die zu Dornen sich entwickelnden Seiten- sprosse stark abgeflacht sind. Die Keimpflanzen aller mir bekannten Colletiaarten sind nun im wesentlichen gleich gel)aut; sie besitzen cylin- drische Sprolsachsen mit w^olil entwickelten Laubl)lättern, und die Abmachung der Sprolsachsen bei C. cruciata beginnt erst später ; die Gestaltung der Keimpflanzen weist also auch hier einen ursprünglicheren Charakter auf. Das Verhalten von C. cruciata findet ein Analogen bei manchen Kakteen. Bei den Kakteen tritt , wie oben erwähnt , zwar Laubblattbildung auch an den Keimpflanzen nicht auf, die Blätter sind auch hier zu Schuppen, resp. zu Dornen umgebildet, aber die Sprofsachsen zeigen viel- fach primitivere Gestaltungsverhältuisse als später. Als „typisch" für die Mehrzahl der blattlosen Kakteen können wir folgende Ausbildung des Vegetationskörpers betrachten : fleischige , mit chlorophyllhaltigem Gewebe überzogene Sprosse, die in der Achsel kleiner, schuppenförmiger Blätter Dornenbüschel tragen. Die Dornen sind umgebildete Blätter, die auf einem in der Blattachsel stehenden, sehr bald verkümmernden Seiten- sproi's sich bilden. Bei vielen Formen sind diese Dornenbüschel in Längs- kanten augeordnet, eine Form, die wir als die Cereus-Form bezeichnen können. Von dieser weichen sehr auffallend ab die mit flachen, blatt- ähnlichen Sprofsachsen versehenen Arten von Epiphyllum, Tihipsalis und Phyllocactus (letztere Gattung von Cereus eigentlich nur habituell ver- schieden). Verfolgen wir aber die Keimungsgeschichte, so zeigt sich, dals die Keimpflanze vielfach (und bei den einzelnen Arten in verschiedenem Grade) noch eine mit der „typischen" Gestaltung übereinstimmende Aus- bildung zeigt; wir können auch hier an der Keimpflanze verfolgen, wie die Umbildung vor sich gegangen ist. Fig. 103 zeigt eine Keimpflanze von Phyllocactus phyllanthoides. Es treten hier zunächst vierkantige, mit Dornenbüscheln besetzte Sprofs- achsen auf, die ganz aussehen wie ein Cereus. Von den vier Kanten bleiben dann nur zwei übrig, die Sprofsachse flacht sich bedeutend ab, und wir haben aus der Cereus-Form die scheinbar weit abweichende Phyllocactus-Form hervorgehen lassen. Andere Arten derselben Gattung zeigen nun zwar bei der Keimung auch noch vier Kanten angedeutet, aber zwei derselben treten nur noch ganz rudimentär auf, in Gestalt je eines Dornenbüschels, das ül)er den Zwischenraum über den Kotyledonen fällt. Bei ungenauer Betrachtung würde man glauben, die Keimpflanze sei von Anfang an zweikantig (so z. B. bei Phylloc. phyllanthus). Ganz Eizelfälle. 147 ähnliche Erscheinungen zeigen, wie ich a. a. 0. nachgewiesen liabe, auch Epiphyllum- und Rhipsalisarten mit Üachen Sprolsachsen. A])er auch bei solchen Kakteen, welche später ihre Sprolsachsen nicht abüachen, treten bei der Keimung cereusähnliche Sprosse auf, die in phylogenetischer Hinsicht von höchstem Interesse sind. Die zwei auf Bäumen wachsenden Arten Rhips. cassytha und Uli. paradoxa sind im ausgebildeten Zustande einander so unähnlich, wie nur Fig. 103. A Keimpflanze von Phyllocactus phyllanthoides. Es treten zuerst mehrkantige, cereusähnliche Sprosse auf, bei dem jüngsten Sprosse ist aber die Kantenzahl schon auf drei vermindert; die Kanten sind aber flügeiförmig entwickelt. Später sind nur noch zwei Kanten vorhanden. irgend möglich. Erstere hat lange, dünne, dornenlose Sprosse, letztere sehr sonderbar gestaltete, abwechselnd dreikantige (vgl. die Habitusbilder in S. I). Die Keimpflanzen beider Arten aber stimmen (von Gröfsenverhält- nissen etc. abgesehen) in der Hauptsache miteinander überein, und zwar darin, dafs die kantige, mit Stachelbüscheln besetzte, also cereusähnliche Sprosse besitzen. Es würde zu weit führen, andere Beispiele von den Kakteen hier mitzuteilen, es kann auf das in den „Schilderungen" Ge- sagte verwiesen werden. Dafs gerade bei den Kakteen die Keimpflanzen in so lehrreicher Weise zeigen, wie von einer gemeinsamen Grundform aus die verschiedenen Formen des Vegetationskörpers zu stände gekommen sind, dürfte damit zusammenhängen, dafs wir in ihnen, wie es scheint, 10* ]^48 Dritter Abschnitt. Verschiedenheit der Organbildung etc. eine phylogenetisch junge Familie vor uns haben, in der auch eine Ab- trennung von Gattungen kaum streng durchzuführen ist. Zusamuieufassuii^. Bei der Entwicklung der Pflanzen aus dem Keime (Spore, Samen) treten vielfach Gestaltungsverhältnisse auf, die von den späteren ab- weichen. Namentlich ist dies der Fall, wenn der Keimling anderen Verhältnissen angepafst ist als die späteren Entwicklungsstadieu. Die Gestaltung der Primärstadien kann aber selbst innerhalb einer und der- selben Gattung eine verschiedene sein, und auch bei einer Art schwanken. In einer Reihe von Fällen zeigt sie den Folgestadien gegeniiber, wie der Vergleich mit verwandten Formen zeigt, offenbar die ursprüng- licheren, später durch Anpassung geänderten Verhältnisse. So sind die Keimpflanzen der aus sympodial verketteten , dorsiventralen Sprofs- systemeu bestehenden Ulmen, Buchen, Haiulnichen orthotrop und radiär, wie die verwandten Formen zeitlebens. Bei xerophilen Pflanzen tragen vielfach die Keimpflanzen noch nicht die mit der xerophilen Lebens- weise in Zusammenhang stehenden Charaktere, ebenso bei manchen Ptankenpflanzen u. a. Andererseits sind in anderen Fällen die Jugend- stadien unzweifelhaft die, wTlche durch Anpassung verändert sind (Hedera, Marcgravia. Salvinia u. a.), und vielfach spricht sich in der Organbildung der Keimpflanzen, namentlich der Blattbilduug, einfach eine, wahr- scheinlich durch Korrelationsverhältnisse bedingte Hemmung aus. Rückkehr zur Jugeudform. Ein besonderes Interesse beansprucht die Thatsache, dafs bei einer Anzahl von Pflanzen eine Piückkehr zur Jugendform eintreten kann, die wir als einen „Rückschlag" im ontogenetischen Sinne auffassen können. Von vornherein ist zu betonen, dafs das Auftreten dieser Rückschlags- erscheinungen selbst bei den Arten einer und derselben Gattung sich verschieden verhält, bei den einen Arten unter bestimmten Bedingungen eintreten kann, bei anderen nicht, und dafs das Auftreten derselben zuweilen beschränkt ist auf bestimmte Regionen des Pflanzeukörpers oder auf ein bestimmtes Entwicklungsstadium, mit dessen Überschreitung die Möglichkeit des „Rückschlags" erlischt. Die experimentelle Be- handlung dieser Frage ist erst vor kurzem begonnen worden \) und dürfte noch manchen wertvollen Aufschluis bringen. Vor allem hat sich bei einer Anzahl von Beispielen gezeigt, dafs ein Rückschlag zur Jugend- form namentlich dann eintritt, wenn die Vegetatiousbedingungen un- günstig beeinüufst werden. Dafür haben wir bei den Primärblättern der Farne oben schon ein Beispiel kennen gelernt. Derartige Pflanzen ver- halten sich gewissermafsen ähnlich wie Bastarde, die zweierlei „Blut" haben. Die Eigenschaften der Eltern sind im Bastarde gewöhnlich ver- schmolzen, sie können aber, wie bei manchen Kakteen-Bastarden, auch getrennt zu Tage treten. Ebenso ist es bei manchen Mifsbildungen, die oft auf die Normalform, von der sie ausgingen, „zurückschlagen". Wie in diesen zum Vergleich herangezogenen Fällen tritt auch bei manchen Pflanzen in späterem Alter der Charakter der Jugendform zu Tage. Ein Beispiel, das zeigt, dafs die Möglichkeit des Rückschlags an eine bestimmte Entwicklungsstufe gebunden ist, bieten uns einige Mus- ^) GoEBEL, Über Jugendformen von Pflanzen und deren künstliche Wiederhervor- rufung. Sitsiungsber. der k. bayer. Akad. d. Wissensch., niath.-phys. KL, 1896. Einzelfälle. 149 ciiieen. Die KeimuugserscheinuDgeu dieser Gruppe sollen im speciellen Teile ausführlich geschildert werden, hier handelt es sich nur um die allgemeine Frage. Die Marchantieen bilden l)ei der Keimung zunächst einen Keimschlauch, der dann an seiner Spitze in eine Keimscheilie ül)er- geht, aus der das Ptiänzchen sich entwickelt. Die Anlage zur jungen Ptlanze kann bei geminderter Lichtintensität bei Preissia zur Keimschlauchl)ildung zurückkehren, allein nur so lange, als der später dauernd lieibehaltene Bau des Vegetationspunktes (und auch die höhere anatomische Gliederung der Ptlanze) noch nicht erreicht ist. Ebenso gelang es, den Zellkörper, der an dem fadenförmigen Protonema von Funaria hygrometrica als Anlage einer Moosknospe entsteht, zum Auswachsen zu Protonemafäden zu ver- anlassen (GoEBEL a. a. 0.), aber auch hier nur bis zu einem gewissen Alters- stadium, nämlich bis zum Auftreten der für die Moosstämmchen charakte- ristischen , dreiseitig pyramidalen Scheitelzelle, Später können zwar beliebige Zellen der Sprofsachse oder der Blätter bei der Regeneration (vgl. p.40) zu Protonemafäden auswachsen, nicht aber der Vegetationspunkt. Indes wurde angenommen, dafs die Fähigkeit dazu auch in ihm latent vorhanden sei , da in einem Falle, bei Schistostega osmundacea, von „abgeschwächten" Sprossen auch die Scheitelzelle zu Protonema auswuchs. Von höheren Pflanzen seien folgende Beispiele angeführt : Von sumpf- und wasserbewohnenden Monokotylen wurden oben die bandförmigen Primärblätter erwähnt. Es zeigt sich , dais ein Rückschlag zur Primärldattform eintreten kann bei Pflanzen , deren Vegetation un- günstig beeinfiufst wird. So traten an Exem- ^^'^s- 104. Keimpflanze von plaren von Eiehhoi-aia azuiea, blatt einer Angiosperme homolog ist mit dem der Gymnospermen — - die Mifsbildungstheorieen, die für die Angiospermen aufgestellt wurden, können aber, wie hier nicht weiter ausgeführt werden kann, auf die Gymnospermen keine Anwendung finden. — Hier sei mit Bezug auf die vergrünten Staubldätter nur noch darauf aufmerksam gemacht, dafs selbstverständlich die Möglichkeit der L^mwandlung der Staul)l)lattanlage in eine einfache grüne oder blumenblattähnliche Blattspreite bei den- jenigen Pfianzen länger vorhanden sein mul's, bei welchen die Pollen- mutterzellen sich erst auf einem relativ späten Entwicklungsstadium des Stauliblattes ausbilden, als bei denjenigen, welche das Archespor schon relativ früh anlegen. Es kommt also bei der Umwandlung von Staub- blattanlagen in Betracht erstens die Entwicklungsstufe, auf welcher die Staubblattanlage steht zur Zeit, wo sie den Antrieb zur Umwandlung — wenn dieser Ausdruck gestattet ist — erhält, und auf die Gröfse dieses Antriebs. Je nach dem Auftreten dieser Faktoren erhalten wir ein einfaches oder „vierfiügeliges" Laub- oder Blumenl)latt oder ein solches mit mehr oder weniger mifsgebildeteu. in ihrer Insertion ver- zerrten Pollensäcken. In noch höherem Grade als die vergrünten Staubblätter haben die vergrünten Samenanlagen Anlafs zu morphologischen Hypothesen ge- 156 Vierter Abschnitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung für die Organographie. geben. Die Thatsachen sind kurz folgende. Namentlich an kultivierten Prianzen findet man nicht selten krankhaft veränderte Blüten, bei welchen ein Teil der Blattorgane der Blüte oder alle laubblattähnlich ausgebildet sind. So z, B. bei Aquilegia vulgaris, Reseda odorata, Alliaria officinalis u. a. Der Grund zu dieser „Yergrünung" ist meistens unbekannt, in einigen Fällen ist sie, wie Peyritsch experimentell nachgewiesen hat, durch Insekten veraulafst, in andern dürfen wir wohl annehmen, dafs durch Ernährungsverhältnisse die sexuelle Potenz geschwächt, die vegetative ge- steigert ist. In diesen vergrünten Blüten sind nun namentlich auch die Fruchtknoten mehr oder weniger verändert, man findet sie entweder nur vergröfsert, aufgeblasen oder an Stelle jedes Fruchtblattes ein Laubblatt, wie dies z. B. bei Trifolium repens und in andern P'ällen (z. B. bei ge- füllten Kirschenblüten) nicht selten ist. An so vollständig „vergrünten" Fruchtblättern findet man nun meist gar keine Samenanlagen mehr, die Bildung derselben ist vollständig unterblieben. Bei Alliaria officinalis z. B. findet man auf der vollständigsten Vergrünungsstufe Kelchblätter, Staubblätter und Fruchtblätter vollständig in Laubblätter mit Knospen und Sprossen in den Achseln umgewandelt, an den Fruchtblättern keine Spur von Samenanlagen mehr. Es hat sich eben, schon ehe die letzteren angelegt waren, der Einfluls geltend gemacht, welcher die Blattanlagen der Blütenknospen zur Yergrünung veranlasste. In andern Fällen minder vollständiger Yergrünung aber findet man im Fruchtknoten Bildungen, die offenbar aus abnormer Entwicklung der Samenaulagen hervor- gegangen sind. Und zwar treten eine ganze Anzahl verschiedener Mifs- bildungsformen der Samenanlagen auf. Die letzteren bestehen im nor- malen Zustand bekanntlich aus einem inneren Gewebekörper, dem Nucellus, welcher den wichtigsten Teil der Samenanlage, den Embryo- sack, enthält und von einer oder zwei Hüllen, den Integumenten, um- geben ist, und dem Stiele oder funiculus, mittelst dessen die Samenanlage der Placenta aufsitzt. Die wichtigste Frage ist nun die, wie verhalten sich die einzelnen Teile der Samenanlage in dem YergrünungsprozefsV Hier ist zu konstatieren, dafs in allen Fällen die Yergrünung begleitet wird von einer Yerkümmerung desNucellus, also desjenigen Teiles, welcher überhaupt das Charakteristicum der Samenanlage ist, und das ausmacht, was sie von einer beliebigen ähnlichen Gestaltung unterscheidet. Dagegen erfahren die Integumente und oft auch der Funiculus eine vegetative Ausbildung, es können aus ihnen blättchen- artige Gebilde hervorgehen, Yor allem ist hervorzuheben, dafs die Samenanlagen auf ver- schiedenen Stufen ihrer Entwicklung der Yergrünung unterliegen können, woraus dann natürlich auch verschiedene Yergrünungsstufen resultieren. In Fig. 107, 1 ist eine Samenanlage abgebildet, welche beide Integumente schon angelegt hatte. Das Innere [Ji), welches den Kucellus umschliefst, ist nur wenig verändert, dagegen entspringt es scheinbar auf einem Stiele aus dem kahnförmig gewordenen äufseren Integument, wie dies der schematische Längsschnitt (Fig, 107, 2) einer weniger tief veränderten Yergrünung zeigt, Dafs die Yergrünung hier das äufsere Integument ergreift, erklärt sich daraus, dafs es (wie bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle) später angelegt wird als das innere. Und dafs der vom Innern Integument umschlossene Nucellus, welcher wie die Entwicklung der normalen Samenanlage zeigt, stets terminal an derselben ist, zur Seite gedrängt erscheint und in der Fig, 107, 2 scheinbar aus. der Fläche des geöffneten äufseren Integuments 1. Bedeutung der Mifsbildungen für die Organographie. 157 entspringt, kann uns ebenfalls nicht Wunder nehmen, denn wir wissen, dafs ein ähnlicher Vorgang vielfach auch in der normalen Samenanlagen- entwicklung eintritt, indem auch hier bei Samenknospen mit massig entwickeltem lutegument die vom Nucellus gebildete Spitze der Samen- knospe scheinbar zur Seite gedrängt wird, so dafs der Nucellus seitlich aul'serhalb der von der Integumentanlage gebildeten Spitze der Samen- anlage hervorzukommen scheint. In Fig. 107, 3 ist die Samenanlage zu einem Blättchen geworden, welches, wie oben erwähnt, den Nucellus auf einer Fläche trägt. Das äufsere Integument war hier beim Eintreten der Vergrünung noch nicht angelegt, das innere vielleicht eben erst an- gedeutet, der Funiculus hat sich ebenfalls blattartig ausgebildet, und der Nucellus ist, indem der unterhalb desselben befindliche Teil der Samen- anlage als Blättcheu über ihn hinauswuchs, in seitliche Stellung geraten. In Fig. 107, i endlich ist ein Fall abgebildet, wo äufseres und inneres Integument bereits angelegt waren, der untere Teil der Samenanlage aber sich blattartig ausgebildet hat und über das äufsere Integument hinausgewachsen ist. Endlich linden wir häutig auch die Samenanlage Fig. 107. Vergrünte Samenanlagen: 1 — 3 von Hesperis matronalis nach Celakowsky; 1 mit beiden Integumenten (Ji inneres, Je äufseres); 2 scliematischer Längsschnitt eines ähnlichen Stadiums {Nu Nucellus); 3 Samenanlage, die vor Anlage des äufseren Integu- ments vergrünt ist, JS'u der verkümmerte Nucellus, / „Ovularblättchen" ; 4 vergrünte Samenanlage von Alliaria ofticinalis nach Vei.knowsky, äufseres und inneres Integument vorhanden; G die „Funicularspreite". ersetzt durch ein einfaches Blättchen, d. h. die Vergrünung ist ein- getreten zu einer Zeit, wo weder Integumente, noch Nucellus (resp. Archespor) angelegt waren. Schon dies Endresultat hätte zeigen können, wie wenig berechtigt es ist, die Vergrünungeu als Rückschlagsl)ildungen aufzufassen: das Endresultat ist ein einfaches Blättchen, und es wäre absurd, dies als die primitivste phylogenetische Entwicklungsstufe auf- zufassen, ebensowenig als man dies thun kann, wenn der charakteristisch gestaltete sporangientragende Blattteil einer Aneimia beim Unterbleiben der Sporangieubilduug als vegetatives Blatt sich ausbildet; die Fort- pH anzungsorgane, auf deren Entstehung und Entwicklung es uns in beiden Fällen ankommt, fehlen eben ganz, und in Verbindung und gewiss in kausaler Verknüpfung damit treten dann bestimmte vegetative Er- scheinungen auf. Weil eine Integumentanlage zu einem Blättchen wird, braucht es aber ebensowenig je ein solches gewesen zu sein, als die Zell- gruppe in der Achsel dieses Integumentes , die sich bei Vergrünungeu häutig au einem Sprofs entwickelt, jemals ein Sprofs gewesen ist. Der einzige Schlufs, den man aus den Vergrünungeu ziehen könnte, wäre der, dafs die Integumente aus Fruchtblattsubstanz gebildet sind, resp. Wuche- rungen des Fruchtblattes darstellen, die einer vegetativen Entwicklung 1 58 Vierter Abschnitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung- für die Organographie. um SO mehr fähig siud, je mehr die Fortptianzuugsorgane (der Nucellus) in ihrer Entwicklimg gehemmt sind. Aus dem Gesagten ergiel)t sich nun ohne weiteres, dafs wir in den vergrünten Samenanlagen verkrüppelte, krankhaft veränderte Bildungen zu sehen haben. Wir können es also nur als einen Irrtum betrachten, wenn man derartige jMilsltildungen als Rückschlagsbildungeu auf- fassen will und uns darül)er wundern, dats die Behauptung aufgestellt werden konnte, ein Blättchen, auf dem der verkümmerte Nucellus sitzt (unter welcher Form zuweilen die vergrünteu Samenaulagen auftreten, so in Fig. 107), sei genau homolog mit einem ein Sporangium, resp. einen Sorus tragenden Fiederblättchen eines Farn. Als ob ein verkümmertes, in den l)is jetzt l)ekannteu Fällen auch nicht einmal einen Embryosack zeigendes Höckerchen mit einem Sporangium auch im entferntesten etwas zu schaffen hätte! Doch es würde zu weit führen, den Irrwegen der Mifsbildungs-Logik hier noch weiter zu folgen; eine lohnendere Aufgabe ist es. dem Zustandekommen der Mifsl)ildungen nachzugehen und die Ursachen zu ermitteln, welche die Ablenkung von der normalen Ent- wicklung liedingen, eine Frage, die um so wichtiger ist, als ihre Lösung auch auf die grofsen Probleme der organischen Gestaltbildung ülierhaupt Licht werfen kann, Namentlich aber ist das Studium der Mifsbildungen. wie DE Yries" Untersuchungen zeigen, von grofser Bedeutung für die Lehre von der Vererbung und Variation. § 2. Wodurch entstehen Mifsbildungen?^) Die Beantwortung dieser Frage stöfst zunächst auf eine ernstliche Schwierigkeit. Einerseits nämlich sehen wir, dafs durch bestimmte äufsere Eingriffe IMilsbildungen hervorgerufen werden können, anderer- seits häufen sich die Beispiele dafür, dais ^Mifsbildungen erblich sind, also aus inneren, uns unliekannten Ursachen hervorgehen-). Beispiele für die zuletzt angeführte Thatsache sind teilweise schon längst bekannt. Jedermann weils, dafs die „Füllung'- der Blüten durch Samen übertragliar ist, ebenso die merkwürdige Pelorienbildung mancher Pflanzen. Godron fand z. B. die Pelorien von Corydalis solida durch fünf Generationen hindurch vererbt. Weitere Beispiele bei Darwin, Variation of animals and plants. Ebenso verhält sich Celosia cristata, der bekannte „Hahnenkamm". Bei den von mir untersuchten Pflanzen war im Gegensatze zu den Angaben anderer Autoren die Vererbung der Fasciation eine absolute. Selbst als ich die Pflanzen in sterilem Sande kultivierte, bildeten sie noch Fasciationen — auch in zweiter Genera- tion — aus. A. Eine wenigstens teilweise Vererbbarkeit läfst sich wohl für alle spontan auftretenden, d. h. nicht durch äufsere Faktoren veranlafsten Mifsbildungen annehmen ^). ^) Vgl. des Verf. Abhandlung „Teratology in modern botany". Science progress 1896. 2) Auch wo äufsere Ursachen die Mifsbildungen hervorrufen, handelt es sich übrigens, wie unten zu zeigen sein wird, vielfach nur um ein Zutagetreten latenter Anlagen. ^) Für die mit abnormen Blattbildungen versehenen Farne geben einige Autoren ein merkwürdiges Verhalten an: „Spores gathered from au abnormal portion of frond can reproduce this abnormality whilst spores from a normal portion of the same frond can produce normal plants" (Lowe, fern growing p. 26). Von andern wird dies bestritten. § 2. Wodurch entstehen Mifsbildungen? 159 Indes ist dieselbe eine sehr verschiedene, die Keimpflanzen von Acer striatuni mit panachirten Blättern ergaben z. B. nur l)ei ^/s der Exemplare Vererl)ung der Panachiernng^), In neuerer Zeit haben namentlich die Untersuchungen von de Vries für die Vererbbarkeit von Milsbildungen zahlreiche Belege geliefert. Es scheint die Vererbung von Mifsl)ildungen teilweise an besondere äufsere Bedingungen geknüpft zu sein , und zwar an andere als die normale Organbildung. Bei den „viviparen" Poaarten (und einer Anzahl anderer Gräser) ist die Blüten- und Samenbildung in den Ährchen mehr oder weniger stark reduziert und ersetzt dadurch, dals die Ährchenachse zu einem — später sich ablösenden — beblätterten Sprols auswächst. Die aus diesen Sprossen entstandenen PHauzen wiederholen die „Mifsbildung" , welche hier aber der PÜanze sehr nützlich ist, da sie in Ermanglung der Samen- bildung die Fortpflanzung stört; aber nicht unter allen Umständen; wenigstens hat Hunger ^) beobachtet, dafs bei Topfkultur die vegetative Sprossung unterblieb. Indes dürfte dies nur dann der Fall sein, wenn die Topfpflanzen unter ungünstigen Wachstumsbedingungen gezogen werden. Die vivipare Poa alpina, welche ich seit 4 Jahren als Topf- pflanze ziehe, hat wenigstens seit dieser Zeit immer noch die vegetative Sprossung gezeigt. Indes stimmt die HuxGERSche Beobachtung ganz übereiu mit den für die Rückkehr zur Jugendform oben angeführten Thatsacheu (vgl. p. 194 ff.). Die Blütenbildung ist als das phylogenetisch Ältere, die Sprossung als etwas später Erworbenes zu betrachten, beide „Tendenzen" sind offenbar an verschiedene äufsere Bedingungen geknüpft, die nur blütenbildende Pflanze ist also ein „Ptückschlag" zum ursprüng- lichen Verhalten. Solche Rückschläge finden sich auch sonst noch, und von besonderem Interesse ist, dafs sie (ähnlich wie die im vorigen Kapitel behandelten Rückschläge zur Jugendform) offenbar dann eintreten, wenn die Vegetation der abnorm veränderten Pflanze unter für sie weniger günstigen Verhältnissen vor sich geht. So erwähnt Lowe^), dafs Pflanzen von Polyp, vulgare und Scolopendrium vulgare, welche die als „cam- bricum" und „crispum" bekannte abweichende Blattform besafsen, in schlechten Boden ausgepflanzt, nach wenig Jahren zur normalen Form zurückkehrten, damit aber die Möglichkeit, die Mifsbildung*) hervorzu- bringen, nicht verloren hatten. Bei anderen Exemplaren aber ist dies offenbar nicht der Fall, sie behalten auch im üppigsten Boden ihre normale Form, die üppige Ernährung wirkt für das Auftreten der Mifsbildung nicht als verursachender, sondern lediglich als auslösender Faktor. (Be- treffs der gefüllten Blüten vgl. die Angaben in Beitr. zur Kenntnis ge- füllter Blüten. Pringsheims Jahrb. XVII. Bd.) Im folgenden seien einige Beispiele für die Vererbbarkeit von Mifs- bildungen im einzelnen angeführt. ^) Vgl. über diesen und andere Fälle: Godron, Des races vegetales qui doivent leur origine ä une monstruosite. Nancy 1873 (Extrait des Memoires de l'Academie de Stanis- LADS pour 1873). 2) Hunger, Über einige vivipare Pflanzen und die Erscheinung der Apogamie bei denselben. Dissertation. Rostock 1887. 3) a. a. O. p. 30. *) Als Mifsbildungen sind sie schon deshalb zu bezeichnen, weil sie gewöhnlich steril sind. — Betreffs des Auftretens normaler Rückschlagssprosse bei abnormen Kakteen vgl, z. ß. die Abbildung S. I Fig. 5. 160 Vierter Abschnitt. Mifsbildungeu und ihre Bedeutung für die Organographie. 1. Fasciationen ^). Bei acht Pfianzeu konnte de Vries die Erblichkeit der Fasciation konstatieren. Allerdings war dieselbe niemals eine absolute, so dafs alle Individuen dieselbe gezeigt hcätten, aber die Thatsache der Ver- erbung selbst trat doch deutlich genug hervor. Als Beispiel sei Crepis biennis angeführt, bei der die Fasciation schon an den W^urzelrosetten auftrat: in der zweiten Generation bei 3 "/o „ dritten ,, „ AO^Io „ vierten „ „ 30 "/o „ fünften „ „ 24 *^/o. Gelegentlich kann auch eine Generation ganz übersprungen werden. So wurde der Samen von zwei fasciierten Blütenköpfen von Taraxacum officinale aus- gesät, ergab aber im ersten Jahre nur normale Individuen, im zweiten Jahre aber traten an denselben Pflanzen 10 fasciierte Inflorescenzen auf, und in spateren Generationen traten ungefähr 80 "/o fasciierte Inflorescenzen auf. Offenbar sind äufsere Einflüsse von Bedeutung. Nur gut ernährte Exemplare von üppigem Wachstum zeigen die Fasciation^), was ganz mit den weiter unten zu erwähnenden Thatsachen übereinstimmt. 2. Zwangsdrehungen ^). Unter Zwangsdrehungen verstand A. Braun die Drehungen, welche Stengel aufweisen können, veranlafst durch die Verwachsung der Blätter in eine wenig dehnbare Spirallinie. Es kommt dies als Abnormität bei Pflanzen mit normal wirtelig gestellten Blättern vor, diese gehen in eine Spiralstellung über, verwachsen an ihrer Basis und bilden so um den Stengel einen Panzer. Bei seiner Verlängerung niufs der Stengel so weit als möglich die Spirallinie aufrollen und dreht sich selbst in entgegengesetzter Richtung. DE Vries konnte die Richtigkeit der BRAUNschen Auffassung der Zwaugs- drehungen erweisen zunächst dadurch, dafs er sich reichliches Material heran- zog. Bisher war man nur auf einzelne, zufällig im Freien gefundene Fälle angewiesen gewesen. Durch den Nachweis , dafs Zwangsdrehungen erblich sind , gelang es , zahlreiche Exemplare für die Untersuchung heranzuziehen und so das Zustandekommen der Mifsbilduug festzustellen. Es zeigte sich dabei, dafs schwache Keimpflanzen geringere Aussicht auf schön ausgebildete Zwangsdrehungen geben als kräftige, gut gedüngte, bei denen auch andere Mifsbildungeu (Vermeinung der Zahl der Kotyledonen, Fasciationen etc.) mit Vorliebe auftreten. 3. Erbliche Sterilität des Mais *). In einer Maiskultur traten vollständig sterile, ganz unverzweigte Pflanzen auf. Natürlich mufs hier, wenn Vererb- barkeit vorliegt, ein ganz ähnliches Verhältnis sich finden wie bei den gefüllt blühenden Pflanzen, die selbst steril sind, aber von einfach blühenden Exem- plaren abstammen, welche die „Tendenz" haben, gefüllt blühende Nachkommen zu liefern. Es wurde eine beinahe sterile Pflanze, deren Kolben nur sehr kleine Körner trug, ausgewählt. 19 ^/o der Nachkommen waren ganz steril, während die Nachkommen von anderen, kräftigen Exemplaren nur sehr wenig Fälle von Sterilität aufwiesen. ^} DE Vries, Over de erfelijkkeid der fasciatien. Botanisk Jaarboek Dodonaea 6. Jaarg. 1894 (avec un resunie en langue fran^aise). Ferner: Sur les courbes Galtoniennes des monstruosites. Bulletin scientifique de la France et de la Belgique T. XXVII 1896. '^) Weniger gut ernährte geben also mehr Rückschläge auf die normale Form. ^) DE Vries, Monographie der Zwangsdrehungen. Pringsh. Jahrb. XX. — Derselbe: Eine Methode, Zwangsdrehungen aufzusuchen. Ber. der D. botan. Gesellsch. XII. *) DE Vries, Steriele Mais als erfelijk ras. Bot. Jaarboek Dodonaea 1890 und: Over steriele Mais-Planten. Ibid. I 1889. § 2. Wodurch entstehen Mifsbildungen? 161 4. Im Anschluls daran sei die Mifsbildung envähiit, die bei Vitis viuifera vorkommt und als „Gabler" bezeichnet wird^). Sie bestellt darin, dafs die Rauken zu vegetativen Sprossen werden, und im Zusammenhange damit die Blütenbildung ganz unterbleibt. Derartige Mifsbildungen kommen gelegentlich auch bei normalen Reben vorübergehend vor, bei den „echten Gablern" aber sind sie eine dauernde Rasseneigenschaft, die auch bei Stecklingen u. s. w. wiederkehrt. Über etwaige Vererbbarkeit durch Samen, analog dem vorhin besprochenen Falle, ist hier nichts bekannt. 5. Erblich erwies sich auch eine abnorme P'orm von Myosotis alpestris mit vielzähligen . teilweise durchwachsenden Blüten , über welche P. Magnus berichtet hat-'). Erwähnen wir endlich noch die Yersuclie von Heinricher ^), welcher fand, dafs das Auftreten des zweiten Staubblattkreises bei Iris (welcher normal fehlt) vererbbar ist. Die Ausbildungsform der Glieder desselben ist freilich grofsen Schwankungen unterworfen. Bald zeigten sie sich als verkümmerte, bald als vollständig ausgebildete Staubblätter, bald waren es Staminodien mit oder ohne Pollensäcke, bald narbenartige Gebilde. Eine vollständige P'ixierung, d. h. also die Zucht von Stöcken, welche nur atavistische Blüten trugen, ge- lang bis jetzt nicht. Von besonderem Interesse ist, dafs auch Blüten auf- traten , bei denen der innere Perigonkreis ebenso ausgebildet war als der äufsere , also eine Blütenform sich fand , die von der gewöhnlichen weit abwich und vielleicht als eine Steigerung des Rückschlags betrachtet werden kann. B. Andererseits habeu wir auch eine Reihe von Fällen kennen ge- lernt, in welchen experimentelle Hervorrufung von Mifsbildungen gelang. Wir sehen dabei ab von den Erscheinungen , wie sie bestimmt werden durch Lichtmangel, Temperaturverhältnisse etc. Besonders günstig für derartige Untersuchungen erwiesen sich niedere Pflanzen, namentlich Pilze; einige wenige Beispiele seien angeführt. De- matium pullulans, ein Pilz, der sonst gewöhnliche Hyphen oder hefe- artige Sprossung zeigt, bildet, wenn er andauernd bei einer Temperatur von 30 — 31 "^ C. kultiviert wird, eigentümliche Gebilde, seine Zellen teilen sich jetzt nämlich nach allen Richtungen des Raumes; es gehen aus ihnen Zellkörjjer hervor, deren Zellen bei gewöhnlicher Zimmertemperatur dann wieder hefeartig aussprosseu*). Einigermalsen analog sind die interessanten ]\Iiisbildungen bei Basidiobolus ranarum, welche Raciborski neuerdings hervorgerufen hat^). Dieser Pilz besteht normal ans ein- kernigen, cyliudrischen, zu Fäden aneinander gereihten Zellen; er läist sich leicht kultivieren. Bei steigender Konzentration der Nährlösung werden die Zellen immer kürzer und nähern sich der Kugelform, ja die Wände erhalten statt einer queren immer häufiger einen schiefen Ver- lauf, was bei normalem Wachstum nie vorkommt. Bringt man Kulturen in lO^/oige Glycerinlösung und kultiviert sie bei höherer Temperatur {QO^ C.) so entstehen vielfach — nicht alle Zellen 1) E. Rathay, tJber die in Nieder-Österreich als „Gabler" oder .,Zweiwipfler" be- kannten Reben. Klosterneuburg 1883. ") Magnus, Teratologische Mitteilungen. Botan. Ver. d. Prov. Brandenburg 1882. 3) Versuche über die Vererbung der Rückschlagserscheinnngen der Pflanzen. Pringsh. Jahrb. XXIV. *) ScHOSTAKOWiTSCH, Über die Bedingungen der Konidienbildung bei Rufsthaupilzen. Flora 81. Bd. (Erg.-Bd. z. Jahrg. 1895) p. 376. 5) M. Raciborski, tJber den Einflufs äufserer Bedingungen auf die Wachstumsweise des Basidiobolus ranarum. Fhtra 82. Bd. p. 107. 1896. Goebel, Orgauographie der Pfiauzeii. 11 162 Vierter Abschnitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung für die Organographie. reagieren gleich — Riesenzelleu von 60 fx Durchmesser mit zahlreichen Kernen; zwischen einzelnen derselben treten noch zarte Wände auf. Hier handelt es sich offenbar um tiefgreifende Störungen des Wachstums, die Riesenzellen sind nicht mehr entwicklungsfähig, sie gehen zu Grunde. Andere Abnormitäten sollen hier nicht angeführt werden: erwähnt sei nur, dafs man Basidiobolus durch Kultur in 1^/oigem Ammoniumsulfat oder P/oigem Chlorammonium dazu zwingen kann, ein „Palmella-Stadium" zu bilden, wie es sonst bei keinem anderen Pilze bekannt ist : er isoliert sie in kugelförmige Zellen mit dicker Wand, die sich aus der alten Zell- hülle befreien. Hier ist die Hemmung der Entwicklung offenbar nicht eine so weit gehende wie in dem oben betreffs der „Riesenzellen" be- schriebenen Falle. Ähnliche Erfahrungen wurden bei einigen Algen gewonnen ; auch bei ihnen können durch die Beschaffenheit der Nährlösung, namentlich die Konzentration derselben, Mifsbildungen hervorgerufen w^erden, wenn die- selben auch nicht so weit gehen wie bei Basidiobolus. So fanden Chodat und Huber ^) , dafs bei Pediastrum Boryanum in konzentrierter Nähr- lösung die Bildung von Tochterkolonieen unterbleibt, und die Zellen zu- weilen zu grofsen „Hypnocysten" werden, und bei anderen Süfswasseralgen sah Richter -) bei Kultur in Salzlösung gleichfalls Abnormitäten auftreten. Gehen wir zu den Phanerogamen über, so möchte ich vor 'allem hier die Worte anführen, mit denen ein auf dem Gebiete der Ätiologie der Mifsbildungen sehr verdienter Forscher, Peyritsch, seine Abhandlung über die Ätiologie pelorischer Blütenbildungen ^) einleitet. „Bei der Erforschung der Ätiologie von Pelorienlnldungen und überhaupt von Bildungsabweichungen dürfen zwei Momente nicht aufser acht gelassen werden. Es ist dies das veranlassende Moment, das in vielen Fällen ein äufseres Agens sein dürfte, und dann ein inneres, nämlich die Prä- disposition zur Entwicklung der Anomalie. Man kann sich durch vielfältige Erfahrung überzeugen, dafs nicht alle Individuen derselben Art und auch zu allen Zeiten gegen dieselbe äufsere Schädlichkeit in derselben Weise reagieren ; nicht bei allen ist die Fähigkeit, abzuändern, in ab- normen Formen aufzutreten, zu erkranken, in derselben Weise vorhanden." Es ist dies eine Erwägung, zu der auch die oben augeführten Versuche von DE Vries führen, und die im Grunde für die Einwirkung aller äufseren Faktoren auf die Gestaltungsverhältnisse gilt, nur dafs es sich bei den Mifsbildungen um Prädispositiouen handelt, die normal nicht zu Tage treten. Ob man Pelorien als Mifsbildungen oder als Rückschläge be- trachten will, ist für unsere Frage hier gleichgültig. Zweifellos stellen diese wunderbaren Blütenformen einen primitiveren Blütentypus dar als die dorsiventralen („zygomorphen") Blüten, die für die betreffenden Ptianzen normal sind. Was die Ätiologie der Pelorien anbelangt, so ist bekannt, dafs, wenn Gipfelblüten sich an Sprossen mit sonst dorsiventralen Blüten bilden, diese fast ausnahmslos Pelorien sind, dafs aber auch seitenständige Blüten sich als Pelorien entwickeln können. Der Einflufs der Lage auf die dorsiventrale, resp. radiäre Ausbildung ist hier also unverkennbar, der Versuch, ihn streng experimentell zu beweisen, aber kaum ausführbar; ^) Recherches experimentales sur le Pediastrum Boryanum. Bull, de la societe bot. suisse 1895. ^) Über die Anpassung der Süfswasseralgen an Kochsalzlösung. Flora 1892 p. 4 ff. ^) Denkschriften der k. k. Akad. in Wien 38. Bd. 1878. § 2. Wodurch entstellen Mifsbildungen? 163 denn wenn Hoffmann i) duicli künstliche Senkrechtstelluug von Bluten- knospen von Achimenes graudiflora, Salvia Horniinuni. Gloxiuia speeiosa u. a. Peloiienbildnng zu erreichen suchte, so niulste der negative Ausfall dieser Versuche von vornherein als selbstverständlich erscheinen. Zu der Zeit, wo man mit Blütenknospen, die dorsiventral angelegt sind, operieren kann, ist die Ausbildung derselben schon viel zu weit vorgeschritten, als dals irgendwie wesentliche Änderungen sich erwarten liefsen. Die Hoff- MANNscheu Kulturversuche sind ülierhaupt bei kritischer Prüfung kaum verwendbar, so zahlreich sie auch sind. Peyritsch hat in seiner citierten Schrift das veranlassende Moment der Pelorieuliildung auf andere Weise zu ermitteln gesucht. Ausgehend von im Freien gemachten Beobach- tungen, fragte er sich, ob das Auftreten von Pelorien nicht vielleicht durch einen Wechsel der Lebensbedingungen veranlalst sein könne V Versuche mit Galeobdolou luteum und Lamium maculatum weisen darauf hin, dals dies in der That der Fall ist. Zwar lassen diese Ver- suche manche wichtige I'rage noch unbeantwortet, indes möchte ich doch um so mehr das Resultat derselben erwähnen, als eine ausgedehnte Wiederholung dieser Versuche aufserordentlich erwünscht wäre. Die genannten Labiaten wuchsen an ihren natürlichen Standorten im Schatten anderer PÜauzen. Werden diese (z. B. durch Abholzen von Waldstellen) entfernt, so trifft man vielfach Pelorien und in ihrer Be- gleitung andere Blütenanomalieen. Die Annahme lag also nahe, dals die Steigerung der Lichtintensität die Ursache des Auftretens dieser Blüteumifsbildungen war. Der Versuch sprach deutlich für die Richtig- keit der Annahme, dals in der That die Änderung der Lebensbedingungen die Pflanzen zu Variationen veranlafste. Es wurden dieselben an Stand- orte mit starker Insolation geptiauzt (der Kontrollversuch, die Stöcke zu teilen und einen Teil der Pflanzen an normalen, schattigen Standorten weiter zu kultivieren, scheint leider nicht gemacht worden zu sein). Einige Exemplare entwickelten gar keine Blüten, eines änderte die Blütezeit, und die Blüten traten an Sprossen auf, die normal keine Blüten ansetzten. Drei Exemplare brachten gipf eis tändige Pelorien hervor. Zwei blieben vorwiegend normal, aber l)ei einem erschien doch eine in den Zahlenverhältnissen der Blütenblätter abnorme Blüte. Im folgenden Jahre waren die abnormen Erscheinungen geringer, es scheint eine Ge- wöhnung an die neuen Lebensbedingungen eingetreten zu sein, wie dies ja auch sonst vorkommt; dafs dabei die Blütenbildung überhaupt eine verminderte war, erklärt sich wohl aus der ungünstigen Beeinflussung des Gesamtwachstums. Bei Lamium maculatum ergaben sich ähnliche Anomalieen, die aber ebenso wie bei Galeobdolou sich nie über die ganze Pflanze erstreckten. Auch in der vegetativen Region traten gelegentlich Anomalieen auf, aber nicht alle Pflanzen reagierten in gleicher Weise. Hier soll nur noch darauf hingewiesen werden, dafs, wie schon länger bekannt ist und auch oben erwähnt wurde, bei einer Anzahl von Pflanzen, z. B. Digitalis purpurea, die Pelorienbildung durch Samen sich vererbt, für die Labiaten hat Peyritsch bei Leonurus cardiaca einen der- artigen Fall nachgewiesen. Bei Galeobdolou und Lamium aber tritt die (als latente Anlage auch hier anzunehmende) Neigung zur Pelorien- bildung nur dann hervor, wenn besondere äufsere Lebensbedingungen den Anstofs dazu geben. ^) Botan. Zeitung^ 1875 p. 625. 11 164 Vierter Abschnitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung für die Organographie. So haben wir wohl auch die Thatsache aufzufassen, clafs man künstlich Fascia tionen erzeugen kann, dadurch, dals der „Saft" rasch und mit grofser Intensität in eine Seitenknospe geleitet wird, die sonst nur einen kleinen Teil desselben erhalten hätte. Deshall) finden wir Fasciationen besonders häufig bei Stockausschlägen und Wasserreisern, und auch bei einjährigen Pflanzen (Phaseolus multifiorus \) , Vicia Faba) läfst sich Fasciation hervorrufen, wenn man die Hauptachse über den Kotyledonen abschneidet. Die Achselsprosse derselben werden dann, statt sich normal auszubilden, häufig fasciiert. Ferner treten bei derartigen Sprossen nicht selten „Doppelblätter" auf 2). Es geschieht dies namentlich bei Pflanzen mit zweizähligen (dekussierten) Blattpaaren, wie z. B. Weigelia, Lonicera. Es ändert sich die Blattstellung, indem statt der zweizähligen dreizählige Quirle auf- treten. Namentlich an der Grenze beider Stellungsverhältnisse findet man oft alle Ubergangsstufen von einem mehr oder minder tief zwei- spaltigen zu getrennten, aber einander noch genäherten Blättern, auch bei ungeänderter Blattstellung können übrigens solche Blätter auftreten. Sie entstehen offenbar dadurch, dals der Sprofs unter dem Einfiuls ge- steigerter Ernährung statt zwei Blattanlagen deren drei ausbildet, von denen zwei nahe zusammenliegen. Sie bilden sich entweder getrennt aus, wenn ihnen die Bildungsstoffe die zur Entwicklung zweier Blätter hinreichen, zuflieisen, oder, falls dies nicht geschieht, entsteht ein ge- teiltes Blatt^). Diese Mifsbildungen findet man einerseits an Sprossen, die nach dem Stutzen ihrer Hauptsprosse austreiben, andererseits sah ich sie auch an unverletzten, aber stark gedüngten Weigelia-Sträuchern. Üppig entwickelte Sprosse zeichnen sich auch sonst vielfach durch Ab- weichungen in ihrer Blattgestaltuug — von der Blattgrölse ganz abge- sehen — aus, die man nicht gerade als Mifsbildungen bezeichnen kann, die aber hier kurze Erwähnung finden mögen. Bei Symphoricarpus racemosus sind die Blätter gewöhnlich einfach und ganzrandig, au üppigen „Erneuerungssprossen" aber fiederschnittig. Bei Sambucus nigra '^) zeigen die Stockausschläge die Nebenblätter, die sonst meist verkümmern, reich- lich entwickelt und die Blattfiäche weiter geteilt als sonst. Ähnliche Beispiele liefsen sich noch vielfach anführen. Ebenso konnte ich durch Entfernung des Hauptsprosses die einfachen Primärblätter an den basalen Seitensprossen von Vicia Faba veranlassen, sich zu Laubblättern auszubilden (oder zu Mittelhildungen zwischen Laub- und Primärblättern, die jeder Teratologe als echte Mifsbildungen anerkennen würde, vgl. Fig. 94), und bei Versuchen, die A. Mann auf meine Ver- anlassung anstellte, gelang es gleichfalls, die Banken von Pisum sativum teilweise zur „Verlaubung" zu bringen. Eine sehr interessante Mifs- bildung an Wurzeln hat Sachs bei Cucurbita dadurch hervorgerufen, dafs er alle Sprofsvegetationspunkte entfernte. Dann wuchsen die rechts und links neben jedem Laubblattstiele im Stammgewebe sitzenden Wurzel- ^1 Hier zuerst nachgewiesen von Sachs. 2) Vgl. J. Klein, Über Bildungsabweichungen an Blättern. Pringsh. Jahrb. XXIV S. 423 ff.; Celakowsky, Über Doppelblätter bei Lonicera Periclymenum und deren Be- deutung. Ibid. XXVI S. 1 ff. Daselbst weitere Litteratur. ^) Manche Autoren fassen die Erscheinung auch als eine mehr oder minder tief greifende Spaltung einer Blattanlage auf, meiner Ansicht nach nicht mit Recht. Man kann an Kakteen leicht beobachten, dafs mit kräftigerer Ernährung eine Steigerung in der Zahl der Orthostich en auftritt; ähnlich ist es offenbar in den oben kurz erwähnten Fällen. Eine ausführlichere Erörterung würde hier zu weit führen. •*) Vgl. Fkitsch in Österr. botan. Zeitschrift 1889 Nr. 6. § 2. Wodurch entstehen Mifsbiklnngen? 165 anlagen zu haselnufs- bis wallnufsgrofsen, kurz gestielten Kuolleu aus, an denen die Wurzelhaube verschwindet, der Vegetationspunkt unkenntlich wird, während sich der axile Leitbündelstrang in einen Kreis von Leitbündeln auflöst, die durch chlorophylllialtiges Gewebe voneinander getrennt sind, es entsteht also eine der Sprolsachse ähnliche Gewel)e- ditferenzierung. (Sachs, Gesammelte Abhandlungen p. 1172.) Eine weniger tiefgreifende Änderung ist die. welclie infolge von un- günstigen Ernährungsverhältnissen auftritt. Juncus bufonius hat normal wie die anderen Juncusarten trimere Blüten. Bei auf sterilem Boden erwachsenen Zwergexemplaren fand Buchenau diniere Blüten, während J. capitatus, unter denselben Verhältnissen erwachsen, die Zahlenverhält- nisse seiner Blüten nicht ändert. Auch bei J. bufonius ist es übrigens nicht immer der Fall, immerhin liegt eine deutliche Beeinflussung hier vor. Auch betreffs der Geschlechterverteilung machen sich l)ei normal diöcischeu Pflanzen , wie den Weiden , offenbar äufsere E>inflüsse zu- weilen dahin geltend, dais au männlichen Pflanzen weildiche Blüten resp, Mittellnlduugen auftreten und umgekehrt. So beol)achtete Hampe (Linnaea XV p. 3ö7), dals bei einer Salix repens solche Zweige, welche aus unter Wasser wachsenden Ästen entsprangen i nd an die Oberfläche gelangten, weibliche Blüten trugen, diejenigen, die nach dem Austrocknen des Wassers zur Blüte kamen, männliche. Jede Störung der normalen Vegetationsbedingungen wiid im allgemeinen geeignet sein, die latent vorhandene ^lögliehkeit. weibliche Blüten an männlichen Exemplaren zu erzeugen . hervortreten zu lassen. So beschreibt denn auch Haacke (Biolog. Centralblatt 1896 p. 877 ff.) den Übergang von weiblichen Blüten in männliche bei einem stark verstümmelten weiblichen Exemplar von Salix Caprea. In allen diesen Fällen also handelt es sich um bestimmte stoffliche Einwirkungen. Solche müssen wir auch annehmen dann, wenn die Ursache der Milsbildungeu ausgeht von Tieren oder parasitischen Pilzen. Was die durch parasitische Pilze hervorgerufenen Veränderungen in der Gestaltung ihrer NährpHanzeu anbelangt, so braucht hier kaum daran erinnert zu werden, in wie aufserordentlich verschieden starkem ]\Iafse dieselbe eintritt, oft so wenig, dafs äulserlich davon nichts zu bemerken ist. Eine stärkere Beeinflussung werden wir nur da erwarten können, wo der Schmarotzer embryonales Gewebe beeinfiulst. wie es nament- lich in den Vegetationspunkten vorhanden ist. Die Wucherungen, welche au manchen Sprofsachsen und Blättern auftreten, sollen hier unerwähnt bleiben^), ebenso alle die mannigfachen Fälle von Verkümmerungen etc. Hier handelt es sich nur um einige Beispiele, in denen eine als „Mils- bildung" zu bezeichnende Beeinflussung der Gesamtgestaltung eines Organes durch den Parasiten eintritt. Es handelt sich dabei einerseits um eine Umbildung von Organen, ferner um Entwicklung von sonst latent bleibenden Organen und schliefs- lich auch um eine Neulüldung von solchen. Auf den Ästen der Weifstannen (Abies pectinata. aber auch anderer Abiesarten) findet mau häufig „Hexenbesen", negativ geotropische Sprosse, die im Gegensatz zu den normalen Tannensprossen einjährige Nadeln tragen, 1) Kleinere Beiträge zur Naturgeschichte der Juncaceen. Abhandl. d. uaturw. Ver- eins zu Bremen II. 2) Diese Erscheinungen werden in der mykolog. Littcratur ausführlich besprochen. Vgl. DE Bary, Morphologie und Physiologie der Pilze und die ausführliche Zusammen- stellung bei V. TuBEUF, Pflanzenkrankheiten. 166 Vierter Abschnitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung für die Orgauographie. die aucli in Bau und Form von den andern sich unterscheiden. Diese abnormen Sprosse werden durch das Einwandern des Mycels eines Rost- pilzes, des Accidium elatinum, in eine Tannenknospe hervorgerufen. Sie sind stets steril, ebenso wie die von Uromyces Pisi befalleneu Sprosse verschiedener Euphorbiaarten , die in ihrem ganzen Habitus sich auf- fallend von den normalen unterscheiden. Auch Exoascusarten rufen auf Kirschbäumen. Birken etc. abnorme, als Hexenbesen bezeichnete Verzweigungssvsteme hervor (vgl. die zahlreichen Abbildungen in Tubeufs Buch.) In den Blüten von Knautia arvensis tritt, wenn sie von Peronospora violacea befallen sind, öfters eine Umwandlung der Staubblattaulagen in violette Blumenblätter, also eine „Füllung" ein ^), in andern Fällen nur eine Hemmung der Staubblattentwicklung oder Auftreten eines blumen- blattartigen Flügels an Stelle eines Pollensackes. Ähnlich fand Giaud bei Saponaria ofticinalis in Blüten, die durch Ustilago antherarum be- fallen waren, zuweilen die Staubblätter in Blumenblätter verwandelt, eine Umwandlung, die, wie wir sehen werden, auch infolge der Einwirkung von Tieren häufig eintritt. Dies sind Beispiele, in denen sonst anders sich entfaltende Organ- anlagen eine Ablenkung in ihrer Entwicklung erfahren. Aber auch nor- mal verkümmernde Organe können durch die Einwirkung eines Schma- rotzerpilzes zur Weiterentwicklung gebracht werden. Lychnis vespertina^) ist eine gewöhnlich diöcische Pflanze. Sie kommt aber zuweilen auch (scheinbar) mit Zwitterblüten vor. Dies ist in allen genauer untersuchten Fällen dadurch veranlafst, dafs weibliche Blüten von Ustilago anthe- rarum befallen wurden, der die Ausbildung der sonst auf einem frühen Entwickluugsstadium stehen bleibenden Staubblattanlagen veranlafst; in den Antheren bilden sich aber statt der Pollenkörner Ustilagosporen aus, der weibliche Sexualapparat verkümmert grofseuteils. Ein Beispiel von Neubildung von Organen an Stellen, an denen sie sonst nicht auftreten, findet statt. Ein ähnliches Beispiel haben wir an den sonderbaren „Hexen- besen" ^), welche auf den Blättern von Pteris quadriaurita sich infolge der Einwirkung eines Pilzes, der Taphrina Laureucia, bilden. Es sind dies Adventivsprosse mit verbildeten Blättern, während normale Adventiv- sprosse auf den Blättern dieser Pflanze niemals auftreten; bei anderen Formen gehört das Auftreten von blattbürtigen , der vegetativen Ver- mehrung dienenden Sprossen dagegen zu den normalen Erscheinungen. Die Blätter dieser Adventivsprosse weichen in Gestalt und Bau von den gewöhnlichen Pterisblättern ab. Die Gestalt wird aus der Abbildung hervorgehen (Fig. 108). Was den Bau anbelangt, so sei erwähnt, dafs er ein viel einfacherer als der normaler Blätter ist; das Blattgewebe ist nur sehr wenig differenziert, die Epidermis besitzt keine Spaltöffnungen und die Blätter sind offenbar, teleologisch betrachtet, hier ebenso wie die Gewebewucherungen anderer „Pilzgallen" dazu bestimmt, aus dem Pflanzenkörper Baumaterialien an sich zu ziehen, die der Pilz dann zur ^) DE Baky, a. a. 0. p. 395. Molliard, Cecidies florales. Annales des scienc. nat. VIII ser. t. 1. ^) Mangin, Eecherches sur le polymorphisme floral, la sexualite et Vherniaphroditisme parasitaire du Lychnis vespertina. Lyon 1889. Über analoge Fälle bei andern Pflanzen vgl. Mangin et Gl ARD in Bull, scienti'f. de la France et de la Belgique 1884. ^) Vgl. GiESENHAGEN, Über Hexenbesen an tropischen Farnen. Flora, Erg.-Bd., 1892 p. 130 ff. § 2. Wodurch entstehen Mifsbildungen ? 167 Bildung seiner Sporen verwendet. Dafs diese verbildeten Blätter aber trotzdem nichts anderes sind, als Umbildungen (resp. Hemmungs- bildungen) gewöhnlicher Blattanlagen, ergiebt sich schon daraus, dafs sie ebenso wachsen und angelegt werden, wie normale Blätter, und dafs man — obwohl sehr selten — zwischen ihnen zuweilen ein normales Pterisblatt trifft, was offenbar dadurch zustande kommt, dafs hier aus- nahmsweise in die Blattanlage keine Pilzhyphen hineinwuchsen. Der Vorgang ist also offenbar der, dals infolge der Einwirkung des parasi- tischen Pilzes das Blattgewebe zur Bildung eines sonst hier nicht auf- tretenden Adventivsprosses veranlasst wird, und dafs der Pilz dann durch "■>'^^ Fig. 108. Blatttieder von Pteris quadriaurita (nach Gikskxhagkn), auf welcher sicli infolge der Einwirkung des parasitischen Pilzes Taphriua Laurencia ein „Hexenbesen" gebildet hat, dessen Blätter abweichend von der gewöhnlichen Blattform der Pflanze ausgebildet sind. seine Einwirkung die Blattanlageu verändert. Das erstere Moment er- innert sehr an die unten von Selagiuella pentagona angeführte Gallen- bildung. (Betreffs der Pilzgallen von Aspidium aristatum vgl. Giesen- HAGEN a. a. 0.) Bei Luzula Havescens und L. Forsteri, welche von einem „Brand- pilze" befallen waren, fand Buchenau ^) die Blüten durch dichte Büschel von Hochblättern ersetzt, was uns zu den durch Tiere veranlafsten Ver- grünungserscheinungen überleiten kann. Von besonderem Interesse sind die Versuche „Über künstliche Er- zeugung von gefüllten Blüten und anderen Bildungsabweichungen" von '; Abhandl. d. naturw. Vereins zu Bremen II. 168 Vierter Abschuitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung für die Organographie. J. PeyritschM. Leider liat der Tod diesen Forsclier verhindert, die in Aussicht gestellte ausführlichere Darstellung seiner Yersuchsresultate zu geben. So besitzen wir nur die genannte kurze Mitteilung, der früher schon eine andere^) vorhergegangen war, in der Peykitsch gezeigt hatte, dafs man bei Arabisarten durch künstliche Infektion derselben mit Aphisarten Chloranthien erzeugen kann, vorausgesetzt, dafs die infizierten Blütenknospen noch nicht zu weit in ihrer Entwicklung vorangeschritten waren. Mit der Vergrünung war eine Störung der Ausbildung der Ge- schlechtsorgane verbunden, namentlich war der Pollen rudimentär und offenbar funktionsunfähig. Weitergehende Mifsbildungen wurden bei anderen Pflanzen durch Infektion mit Phytoptus bei Valerianeen und Cruciferen erzielt. Es stellten sich teils abnorme Blattformen, teils verschiedene Formen von Blütenfüllungen und sprossenden Blüten ein. Die ersteren bestanden im allgemeinen darin, dafs Blattzähne an einigen Stellen gleich den Zähnen eines Kammes aneinandergereiht auf Lappen standen, die meist über den übrigen Blattrand hervortraten; bei Centranthus calcitrapa zeigte sich öfters die Erscheinung, die Masters in seinei- „Yegetable teratology'' p. 445 als „Enation von Blattorganen" bezeichnete. In den Bluten- ständen der Cruciferen zeigte sich an wenigen oder an zahlreichen Blüten das Auftreten der sonst ganz verkümmerten Stützblätter. Diese glichen in Form und Textur kleinen Laubblättern. Die Füllung der Blüten kam in den verschiedensten Formen vor. Alle Zwischenstufen von der Petalodie einzelner Staub- und Frucht- blätter bis zur vollkommenen Füllung waren vertreten, und aulserdem fanden sich Durchwachsungen der Blüten, doppelte und dreifache Co- rollen, Calycanthemie, Sprossungen innerhall) der Blüten u. dgl. Alle diese Erscheinungen wurden erzielt durch Übertragung eines Parasiten, und zwar eines Phytoptus, der sich in degenerierten Knospen von Valeriana tripteris fand. Der Grad der Umbildungen war dabei ein verschiedener, je nach der Gröfse der Infektion und der Empfindlichkeit der Pflanze. Analog sind die Erscheinungen, welche durch den Stich eines In- sektes, der Livia juncorum, vielfach bei Juncusarteu (J, lamprocarpus, supinus, acuminatus u. a.) hervorgerufen werden, sowohl an Blüten, als an den Vegetationsorganen ^). Die Erscheinungen bei Blüten sind ver- schieden, olTenl)ar nach dem Zeitpunkt, in welchem die umbildende Ein- wirkung des Insektes stattfindet. Gemeinsam ist, dafs eine Verküm- merung der Sexualorgane eintritt, aulserdem bald nur eine Vergröfserung der Perigonldätter bis auf das Dreifache der normalen Länge , bald Knospenbildung in deren Achseln, wobei auch die Stellung der Perigon- Idätter verändert ist, bis schliefslich statt der Blüten grofse Blattbüschel entstehen. Auch vegetative Sprosse können durch das Saugen des In- sektes verändert werden. Die Einwirkung desselben besteht darin, dafs die Internodien ganz kurz bleiben und fast sämtliche Blattachseln Seiten- sprosse entwickeln , an denen die Blätter nach einem zwischen V2 — ^/a liegenden Divergenzbruche stehen (aber nicht regelmäfsig und unter mannigfachen Drehungen und Verschiebungen). Besonders eigentümlich ') Sitzungsber. der k. Akad. der Wissensch. in Wien Bd. XCVII 1888. 2) Peyritsch, Zur Äthiologie der Chloranthien einiger Arabis-Arten. Pringsheims Jahrb. XIII, 1. ^) Vgl. BucHENAu, a. a. O. p. 390. Diese Mifsbildung gehört oflenbar zu den häufigsten; sie kommt auch in der Umgebung Münchens in zahlreichen Exemplaren vor. § 2. Wodurch entstehen Mifsbildungen? 169 aber ist die Veräudeiimg , welche die Blätter erfahren; ihr Scheiden- teil vergrölsert \) sich ganz bedeutend, während der Spreitenteil klein bleibt oder ganz verkümmert, mit anderen Worten : das Insekt bringt hier die- selben Veränderungen hervor, wie sie sonst bei der normalen „Blatt- metamorphose" eintreten, wenn aus einer Laubblattaulage ein Niederblatt oder ein Hochblatt entsteht. Für das Insekt liegt der Vorteil offenbar darin, dafs das weiche, in Streckung l)egriffeue Gewelie der Blattscheide ihm leichter für die Ernährung zu- gänglich ist. Kehren wir indes zu den Peyritsch- schen Versuchen zurück ^), so scheint mir zweierlei von besonderer Bedeutung zu sein. Einmal die Thatsache, dals, wie bei der Gallenbildung, eine stoffliche Einwirkung des Parasiten die Ur- sache der Mirsl)ildung ist, und dann dafs bei den Mifsbildungeu meist keine neue Organbildung auftritt, sondern nur eine Verschiel)ung der Organe, anderer- seits zeigen schon die von Pilzen oben angeführten Fälle, dafs bei Mifsbildungeu auch neue Gestal- tungsverhältnisse auftreten können. Was zu- nächst die „Verschiel)ung" der Organbilduug lie- dingt. so sei folgendes bemerkt. Wenn eine Blüte „vergrünt" , so erhalten die statt der Blumen- blätter, Staubblätter etc. auftretenden Laubblätter die Form der gewöhnlichen Laubblätter der lie- treffenden Pflanze, z. B. bei Drosera findet man in den vergrünten Blüten auf den Blättern die für die Droserablätter charakteristischen „Ten- takeln". Freilich ist die Vergrünung nicht immer eine vollständige, dann ist die Form der bei der Vergrünung entstandenen Blätter natürlich eine einfachere, aber der extreme Fall ist eben der klarste. Wenn ferner bei der Füllung der Blüten neue Petala erscheinen, so haben dieselben der Hauptsache nach die Form der gewöhnlich vor- handenen. Die Milsbildung bestand in einer abnormen Umlüldung und gewissermafseu in einem Durcheinanderrütteln der verschiedeneu Organe. Aber ebensowenig als gewöhnlich bei der Gallenbildung neue, sonst in der Pflanze nicht vorkommende Gewebebestandteile auftreten 3), 1) Das Studium dieser Mil'sbildung-en ist denjenigen Botanikern zu empfehlen, welche trotz aller entwicklungs- geschichtlichen und sonstigen Angaben die Binsenblätter immer noch für Sprosse halten. 2) Betrefts anderer durch Tiere verursachter Gestalt- veränderungen bei Pflanzen verweise ich auf die Zusammen- stellung bei Frank, Pflanzenkrankheiten III. Teil. 3) Ob diesem Satze ganz allgemeine Giltigkeit zukommt, erscheint freilich fraglich. Denkbar ist auch der andere Fig. 109. Juncus lampro- carpus. Durch Livia jun- corum umgebildeter Sprofs. Die Blätter haben eine mächtige Entwicklung der Scheiden unter Reduktion der Blattspreiten erfahren. 170 Vierter Abschnitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung für die Organographie. ebensowenig entstand bei diesen Mifsbildungen morphologisch etwas Neues. Neu ist nur die Kombination des der Pflanze Möglichen, die Eigenschaften, welche kombiniert werden, bleiben dieselben wie die Stücke, welche die wechselnden Bilder des Kaleidoskops liefern. Mittelbildungen zwischen zwei Organen entstehen dabei sehr häutig, so hat Petritsch bei Vale- riana statt der Brakteen Mittelbildungen zwischen Brakteeu und Pappus- strahlen beobachtet oder zwischen Brakteen und Blumenldättern. Wenn also etwas Neues bei derartigen Mifsbildungen nicht auftritt, sondern nur eine andere Kombination der vorhandenen Anlagen, so geht für uns daraus wieder hervor, dafs man sich hüten niufs, Mifsbildungen phylogenetisch deuten zu wollen, wie das sehr vielfach geschehen ist. (Vgl. den § 1 dieses Kapitels.) Zugegeben, dafs manche in der Pflanze als latente Anlagen vorhandenen Charaktere \) beim Auftreten von Mifsbildungen in verstärktem Mafse hervortreten, so handelt es sich da- bei doch immer nur um Entfaltung von etwas in abgeschwächtem Zustand Vorhandenem , nicht um eine Änderung der ganzen Organ- bildung, wie sie auftritt, wenn z. B. in vergrünten Blüten statt der Samenanlagen Blättchen auftreten. In den letzteren ist das Charak- teristische der Samenanlagen, Embryosack etc., verschwunden. Wenn aber die Deckblätter einer Cruciferen-Inflorescenz sich entwickeln, so mag man das, aus vergleichenden Gründen, immerhin als einen Piück- schlag bezeichnen. Ebenso wird man die von Treub-) u. a. beobachtete Thatsache auffassen können, dafs bei Gallenbildungen in den Blüten- köpfchen von Hieracium umbellatum vom Involucrum aus bis zur Mitte des Blütenköpfchens, wo die Gallenauftreibung safs, alle Übergänge vom normalen Pappus der Blüten bis zum Auftreten von fünf ge- trennten, .grünen , mit Leitbündeln versehenen Blättchen zu beobachten waren. Überall aber ist es nur der Vergleich mit verwandten Formen, welcher uns zu einer derartigen Auffassung veranlassen kann; denn es ist mir unzweifelhaft, dafs es latente Anlagen giebt, die nie bei den Vorfahren entwickelt waren, die also keinerlei phylogenetische Bedeu- tung haben. So haben A. Braun und Strasburger ^) l)ei Selaginella pentagona merkwürdige Gallenbildungen beobachtet, die äufserlich Bulbillen ähnlich Fall. Hebest (Biologisches Centralblatt 1894) weist z. B. auf die von Solms- Laubach beobachtete Thatsache hin , dafs bei den von Ustilago Treubii an Polygonum chinense hervorgerufenen Pilzgallen das Gewebe der Nährptlanze capillitiumähnliche Zellen liefert, welche bei der Sporenausstreuung mitwirken (nach Solms namentlich dadurch, dafs es die schwere Benetzbarkeit der freigelegten Zellen erhöht). Indes handelt es sich schliefslich doch nur um bei dem Wachstum der Pilzgalle stark in die Länge gedehnte Zellen der Nährpflanze, die ebenso wie die Gevvebeformen anderer Gallen nicht der Nährpflanze, sondern dem Schmarotzer dienstbar sind. (Vgl. dagegen die Ansicht von Solms, Ustilago Treubii in Ann. du jardin bot. de Buitenzorg Vol. VI p. 79.) Übricens fanden sich Zellformen, die bei ungestörter Entwicklung nicht vorhanden sind, namentlich auch hei den Haarbildungen der „Erineum"-Gallen. Diese durch Milben verursachten Haarbildungen stehen gleichfalls im Dienste des Parasiten und weichen von den normalen Haargebilden der betreffenden Pflanzen ab. ^) Neottia nidus avis, die bekannte saprophytische Orchidee, hat keine grünen Laub- blätter. Gelegentlich aber tritt ein solches auf. Die Anlage dazu war offenbar noch in latentem Zustand vorhanden. Wenn man hier eine Vererbung von mit Laubblättern aus- gerüsteten Vorfahren her annehmen wird, so ist andererseits nicht abzusehen, warum es nicht auch latente Anlagen geben sollte, die nicht als Keste frülierer Entwicklung zu betrachten sind. ^) Treüb, Notice sur l'aigrette des composees. Arch. Neerl. T. VIII. ^) Strasburger, Die Bulbillen und Pseudobulbillen der Selaginella. Botan. Zeitung 1873 p. 105. § 2. Wodurch eutstehen Mifsbildungen? 171 sind. Diese haben sechs Zeilen gleichartig ausgebildeter Blätter (während sonst bekanntlich — abgesehen von den wenigen isophyllen lärmen — die Selagiuellablätter in zweizähligen, schief gekreuzten Quirlen stellen und an den vegetativen Orgauen die beiden Blätter jedes Quirls von sehr ungleicher Grölse sind). Eine derartige Blattstellung, wie sie diese Galleusprosse zeigen (die von einer Dipterenlarve bewohnt sind), findet sich bei Selagiuella sonst nie. Die „Bull)i]len" wachsen mit einer drei- seitig pyramidalen Scheitelzelle. Ihre ersten Entwicklungsstadien sind leider unbekannt, wahrscheinlich aber entstehen sie als Wucherungen an jugendlichen Sprossen infolge des Reizes, welchen die Larve ausiibt. Wir haben keinen Grund, anzunehmen, dafs die Vorfahren dieser Sela- giuella jemals sechsreihig beblätterte Sprosse gehabt haben, oder da Is die Vorfahren von Pteris quadriaurita Adveutivsprosse auf den Blättern ent- wickelten (vgl. p. 167), vielmehr sind diese Milsbildungen offenbare Neu- bildungen (deren Beschaffenheit abhängt von der des Protoplasmas der Pflanze einerseits und dem auf es ausgeübten Heiz andererseits). Es scheint, dais niedere Pflanzen, namentlich Pilze, für Milsbildungen plastischer sind als höhere, bei denen, wie wir sahen, meist nur eine Verschiebung der Organbildung eintritt. Die soeben angeführten , durch Tiere verursachten Mifsbilduugeu veranlassen uns, einen Blick zu werfen auf die neueren Forschungen über das Zustandekommen der Gallen. Dafs diese wunderbaren Gebilde schon frühe die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, ist erklärlich genug. Sehen wir hier doch infolge eines durch ein Tier ausgeübten Reizes eine Neubildung entstehen, welche dem sich darin entwickelnden Tiere Wohnung, Nahrung und Schutz in überraschend zweckmäfsiger Weise gewährt. Wovon geht nun dieser Reiz aus? Nach der Meinung von Lacaze-Duthiek V) , der sich z. B. auch Dakwin und Hofmeister an- geschlossen haben, wäre ein durch das eierlegende Insekt mit dem Lege- stachel eingeführter Giftstoff' die Ursache der Gallenbildung. Dabei ist selbstverständlich, dais der durch das Muttertier ausgeübte Reiz bei der betreffenden Pflanze eine Reizerapfänglichkeit voraussetzt, der „virus" von Cynips Rosae z. B. hat auf die Eiche, die so viele Gallen trägt, keinerlei Wirkungen. Die Theorie von Lacaze-Duthier hat sich nun aber in vielen Fällen nicht als stichhaltig erwiesen, wie schon aus Adlers berühmten eutomo- logischen Untersuchungen hervorging. Auf botanischem Gelüet hat namentlich Beyerinck^) unsere Kenntnisse über Gallenbildung bereichert. Es zeigte sich, dafs bei den Cynipidengallen der Reiz, welcher die Gallenbildung bedingt, nicht von der eierlegenden Gallwespe, sondern von der Larve ausgeht. Diese übt ihre Wirkung schon aus, während sie noch vollständig in ihrer Eischale eingeschlossen ist. Es ist dies kaum anders denkbar als dadurch, dafs man annimmt, die Larve scheide lösliche Substanzen ab, die in das Gew^ebe der Pflanze eindringen. Denn vielfach ist die Larve von dem zur Galle auswachsenden Gewebe ent- fernt, sie kann von demeslben sogar in einzelnen Fällen durch totes Gewebe getrennt sein, ohne dafs dadurch die Entstehung der Galle ver- hindert würde. Dieser Fall zeigt, dafs es sich um eine durch das 1) Lacaze-Duthier, Recherches pour servir ä l'histoire des galles. Ann. d. sciences nat. bot. 1853. 2) Beobachtungen über die ersten Entwicklungsphasen einiger Cynipiden- Gallen. Amsterdam 1882. 172 Vierter Abschnitt, Mifsbildimgen und ihre Bedeutung für die Organographie. lebende Protoplasma der Nährpllaiize vermittelte Reizfortleitung nicht handeln kann. Da also die Wirkung von der Larve ausgeht und eine langsame ist, kann man die Entwicklung der Galle durch Abtöten der Larve zum Stillstand bringen. Dals nicht etwa ein „Wundreiz" bei der Gallenbildung die Hauptrolle spielt, geht schon einfach aus der Thatsache hervor, dals die Eier in vielen Fällen an der (Jber fläche Jugendlicher Ptianzenorgane festgekle])t und dann von Seiten des um- liegenden Gewebes umwallt wei'den. Indem an den Stellen des jugend- lichen Gallgewebes, welche von dem Tiere unmittelbar beriihrt werden, das Wachstum gehemmt wird, entsteht die Larvenkammer, die stets von Nährgewebe für die Larve ausgekleidet ist. Von besonderem Interesse für eine Theorie der Gallenbildung ist die von Adler entdeckte, von Beyerinck bestätigte Thatsache, dafs auf ein und derselben Nährpflauze , der Eiche , die verschiedenen Formen einer und derselben Gallwespe verschiedene Gallen erzeugen. Die weib- lichen Tiere von Dryophanta folii z. B. verlassen im November oder Dezember ihre Galle auf einem Eichenblatt. Sie suchen sofort eine Knospe (ein „schlafendes Auge") auf, legen auf den Vegetatiouspunkt derselben ein Ei und erzeugen dadurch eine kleine violettfarbige Knospengalle, welche mau, ehe der Zusammenhang bekannt war, einer als Spathegaster Tascheubergi bezeichneten Gallwespe zuschrieb. Die Männchen und Weibchen dieser Art verlassen im Mai ihre Wohnungen; die befruchteten Weibchen stechen in Rippen junger Eicheulilätter und geben dadurch Veranlassung zur Entstehung der Blattgallen, von denen wir ausgingen. Die beiden Gallen sind sowohl ihrer Form, als ihrem anatomischen Bau nach verschieden. Kommt dies daher, dafs der von den parthenogenetisch entstandeneu Eiern ausgesonderte Stoff (der die Gallenbildung bedingt) ein anderer ist als der der befruchteten Eier, oder daher, dals der Stoff zwar derselbe, die Reaktion des Vegetations- punktes aber eine andere ist als die des Blattes? Die Beantwortung dieser Frage wäre meiner Ansicht nach für die Morphologie wichtiger als die Verfolgung von Scheitelzellen und anderen Detailfragen, an welche so viel Arbeit gewendet wird. Dafs die Galle den Bedürfnissen der Larven in ausgezeichneter Weise angepalst ist, ist schon hervorgehoben worden. Speciell ist von Interesse, dafs die in der Galle sich entwickelnden Tiere teils mecha- nisch, teils chemisch (namentlich durch reichliche Gerbstoffbilduug) ge- schützt sind, ein Schutz, der freilich, wie die zahlreichen Inquilinen der Gallen beweisen, kein absoluter ist. Welch merkwürdige Bildungen dabei entstehen können, zeigen die Gallen der Mikrolepidoptere Cecidotes Eremita, welche sich an den Zweigen argentinischer Sträucher aus der Gattung Duvana finden V). Diese kugelige bis eiförmige Galle entsteht aus dem Cambium der Zweige; sie besitzt ein parallel der Oberfläche gelagertes cambiales Meristem, welches in radialer Richtung nach innen ein aus protoplasma- reichen, dünnwandigen Zellen bestehendes Nahrungsgewebe für die Raupe, nach aufsen Sklerenchym und Leitbündel erzeugt. Sie l)esitzt einen Deckel, der ohne jede Beihülfe des Insektes hervorgebracht wird und demselben gestattet, später die Gallenkammer, die ihm zum Schutze dient, zu verlassen. ^) HiEKONYMüS, Ber. über die Thätigkeit der botan. Sektion der Schlesischen Gesell- schaft 1884 p, 272. § 3. Bedeutung der Mifsbildungen für die Theorie der Organbildung. 173 Dieser Schutz wird bei einer anderen Galle dadurch hervorgerufen, dafs infolge des Reizes der Larve sich Wurzeln bilden, die sich über die Larvenkamnier herlegen und, miteinander verklebend, einen dichten lebendigen jMantel bilden. So ist es bei der durch Cecidomyia Poae auf Poa nemoralis hervorgerufeneu Galle ^). Die Wurzeln entstehen hier an Stellen, wo sie normal sonst nie auftreten. Der zur Gallenbildung führende Reiz geht auch hier von der Larve aus, die sich mit der Ober- fläche eines noch wachsenden Internodiums fest verklebt. Es bilden sich zunächst rechts und links, in beträchtlicher Entfernung von dem Tiere, leistenförmige Anschwellungen, aus denen dann die Wurzeln ihren Ur- sprung nehmen ; man kann dieselben sogar veranlassen, sich zu normalen Wurzeln weiter zu entwickeln, wenn man die Galle als Steckling benützt. Dal's indes die Galle nicht überall durch die Reizwirkung der Larve entsteht, zeigt das Verhalten von Nematus Capreae^). Hier trifft, wie schon Adler fand, die alte Theorie von Lacaze-Duthier in der That zu, die Entwicklung der Galle ist abhängig von der mit dem Ei in das junge Blatt eingeführten Substanz aus der Giftblase. Dies folgt schon daraus, dais jede durch die Säge des Insekts angebrachte Ver- wundung, auch wenn kein Ei darin abgelegt wird, die Gallenbilduug veranlafst, und ferner daraus, dafs die künstliche Vernichtung des Eies hier die Gallenbildung nicht verhindert, nur auf die Gröfse derselben wirkt die Entwicklung des Eies ein. Zum Schlüsse dieser kurzen Besprechung neuerer Gallenforschungen sei nur auf zwei Punkte hier noch hingewiesen. Der eine ist der, dafs im anatomischen Bau der Gallen im allgemeinen keine anderen Gewebe- bestandteile auftreten, als die betreffende Pflanze sie auch sonst, nur an anderem Ort und in anderer Verteilung, ausbildet. Zweitens ist hervor- zuheben, dafs alle höher differenzierten Gallen hervorgehen aus jugend- lichen, noch entwicklungsfähigen Geweben, die durch die Einwirkung der Gallentiere zu abweichender Ausbildung veranlafst werden; je höher ausgebildet eine Galle ist. um so früher wird die gallenerzeugende Ein- wirkung auf das Pflanzen ge webe stattfinden müssen. § 3. Bedeutung der Mirsbildungen für die Theorie der Organbiidung. Schon im vorhergehenden wurde auf einige allgemeine Erwägungen hingedeutet, die aus dem Studium der Mifsbildungen sich ergeben. Hier mag kurz erwähnt werden, zu welchen theoretischen Betrachtungen sie geführt haben. Vor allem ist hier anzuführen die SACHSsche Theorie von „Stoff und Form" ^), welche speciell auch auf die Mifsbildungen an- gewendet worden ist. Sachs geht davon aus, dafs die formalen Verschiedenheiten der Pfianzenorgane begründet seien in ihrer materiellen Verschiedenheit, und dafs die Veränderungen der organischen Formen auf Veränderungen in den Ernährungsvorgängen beruhen (dies Wort im weitesten Sinne ge- 1) Beyerinck, Botan. Zeitung 1885 p. 305. 2) Beyerinck, Über das Cecidium von Nematus Capreae auf Salix aniygdalina. Botan. Zeitung 1888. 3) Gesammelte Abhandlungen über Pflanzenphysiologie von J. Sachs. II p. 1109 ff. 174 Vierter Abschnitt. Mifsbildungen und ihre Bedeutung' für die Organograpliie. iiommen). Die Substanzen, welche die Bildung eines Laubblattes ver- anlassen, sind also verschieden von denen, die zur Bildung einer Samen- anlage, einer Wurzel u. dgi. notwendig sind. Ist dies der Fall, so sind auch die sogenannten „morphologischen Prozesse" kausal verständlich, ebenso wie dies z. B. in der Morphologie der Krystalle der Fall ist. Wir können dann uns auch ein Bild davon machen, wie es kommt, dafs bei Milsbildungen so häutig ein Organ an Stelle eines anderen Organs auftritt, oder dafs die Formverhältnisse der beiderlei Organe in der ver- schiedensten Weise miteinander gemischt sind , ähnlich wie die Eigen- schaften zweier verschiedener Species in ihren Bastarden gemischt auftreten. Es werden solche Mittelliildungen zu stände kommen, wenn in eine Organanlage andere organbildende Stoffe einwandern. Die durch Tiere verursachten Mifsl)ildungen zeigen uns nun in der That, dafs durch materielle Einwirkungen die Organliildung ver- ändert wird, wenn auch natürlich, wie wir hervorgeholten haben, die Veränderungen bestimmt sind durch die Eigentümlichkeiten der Pflanze selbst. Dafs gerade in den Blüten so besonders häuhg Mifsbildungen auftreten, während wir solche bei Wurzeln z. B. relativ selten antreffen, kann in folgenden Eigentümlichkeiten seinen Grund haben ^). 1. Die Organanlagen entstehen am Blütenvegetationspunkt rasch nach- einander und gewöhnlich in gröfserer Zahl dicht über- und neben- einander. 2. Es w^erden dabei in kurzen Intervallen Organe verschiedener Aus- bildung (Blumenblätter, Staubblätter etc.) angelegt. 3. Es werden also, je verwickelter ein Organkomplex der Pflanze ist, desto leichter Mifsbildungen eintreten können, denn schon kleine Störungen genügen, um bei dem Einwandern der organbildenden Stoft'e in die Anlagen Änderungen hervorzurufen. Eine normale Aus- bildung eines so komplizierten Apparates kann nur dann statthnden, wenn alle Stoffbewegungen und Zellteilungen mit einer fast mathe- matischen Genauigkeit erfolgen. Wenn z. B. einige Moleküle solcher Substanzen, welche die Antherenbildung anregen, nur um ^luoo mm rechts oder links vom Wege abirren oder sich auf ihrer Wanderung in den Blütenvegetationspunkt verspäten oder ver- frühen, so werden an einem Carpellblatt oder einem Blumenblatt Antherencharaktere teilweise auftreten. Bei meinen Untersuchungen über die Entwicklung gefüllter Blüten ^) gelangte ich zu dem Schlüsse, dafs die SACHSSche Auffassung in der That die einfachste allgemeine Zusammenfassung der Thatsachen er- möglicht. In allen Fällen handelt es sich hier um eine Steigerung der Quantität der blütenblattbildenden Stoffe. Diese äufseit sich bald in einer Spaltung der normalen Blütenblattanlagen, bald in dem Auftreten neuer Blütenblattanlagen, bald in der Umbildung anderer Blattanlagen der Blüten zu Blumenblättern, womit vielfach tiefgreifende Störungen in der Ausbildung der ganzen Blütenanlage verbunden sind. Sachs hat seine Auffassung der „blütenbildenden" Stoffe später (1887) dahin erläutert, dafs er sagt^), es sei darunter nicht die ganze Stoft'masse zu verstehen, aus denen eine fertige Blüte oder Blütenknospe bestehe.- „Vielmehr nehme ich an, dafs äufserst geringe Quantitäten ^) Vgl. auch Sachs, Über Wachstumsperioden und Bildungsreize. Flora 1893 p. 217. ^) GoEBEL, Beiträge zur Kenntnis gefüllter Blüten. Pringsh. Jahrb. XVII p. 207 ff. ^) Gesammelte Abhandlungen I p. 307. § 8. Bedeutung der Mifsbildnngen für die Theorie der Organbildung. 175 eiuer oder verscliiedener Sul)stanzen (chemischev Verl)iudimgt'n) in den Blättern entstehen, die es l)ewirkeu, dals die den Vegetationspunkten olinehiu zuströmenden allbekannteu Baustoffe die Form von Blüten an- nehmen. Diese blütenbildeuden Stoffe könuen, ähnlich wie Fermente, auf grölsere Massen plastisclier Sulistanzen einwirken, während ihre eigene Quantität verschwindend klein ist." Diese Auffassung steht ganz in Übereinstimnnmg mit den Anschauungen iiber Uml)ildung, zu denen wir oben gelangt sind. Sie steht ferner auf dem Boden der „Epigenese" ; ebenso wie die Gestaltung eines Stärkekorns bedingt ist durch die stoff- liche Beschaffenheit der stärkeerzeugeuden Ptianze, ebenso auch die der organbildenden Stoffe. Auch Beyerinck (Bot. Zeitung 1888) ist betreffs der Gallenl)ildung zu ähnlichen Schlüssen gelangt wie Sachs. Er nimmt an, dals der von den Tieren ausgesonderte galleubildende Stoff einen enzymatischeu Charakter hat, dals es Wuchseuzyme gebe, welche das Protoplasma der Nährptianze so beeinflussen, dals eine Gallenbildung eintritt. Solche „Wuchsenzyme" nimmt Beyerinck nach dem Vorgänge von Sachs auch bei der normalen Orgaulnldung an, nur dals sie dann vom Protoplasma der Ptianze selbst erzeugt werden. Da diese Enzyme offenbar für die verschiedenen Organe verschieden sein müssen, so nähert sich diese Vorstellung ganz der SACHSSchen. Indes mufs es genügen, auf diese allgemeinen Fragen kurz hingewiesen zu haben. Es kann sich auf diesem schwierigen Gebiete zunächst ja doch nur um Gleichnisse, nicht um ins einzelne durchgeführte Theorieen handeln. Jene allgemeinen Anschauungen aber werden um so fruchtbarer sein, je mehr sie eine klare Fragestellung für weitere experimentelle Forschung ermöglichen. Fünfter Abschnitt. Beeinflussung der Gestaltung durch Korre- lation und äufsere formative Reize. In dem Kapitel über Mirsbildiingeii lialieu wir gesehen, dafs äufsere Umstände oft einen tiefgreifenden Eiutiufs auf die Organbilduug ausüben können; durch einen parasitischen Pilz kann z. B. auf den Blättern von Pteris quadriaurita (p. 166) die Bildung eines Sprosses hervorgerufen werden an Stellen, wo ein solcher sonst niemals entsteht, und zweitens linden wir seine Blätter an Bau und Gestalt von den normalen abweichend ausgebildet. Wie hier also die Organbildung selbst und ihr Verlauf ab- hängt von bestimmten äufseren Faktoren, welche auf das mit bestimmten Eigenschaften ausgerüstete Protoplasma der NährpÜanze einwirken, so wird auch die normale Organbildung von äufseren Faktoren bestimmt und beeinflufst. Es ist zunächst selbstverständlich, dafs sie wie alle anderen Lebensvorgänge gebunden ist an das Vorhandensein der allgemeinen Lebensbedingungen. Deren Untersuchung gehört aber in das Gebiet der Experimentalphysiologie, und auch die besonderen Fälle, in denen die Entfaltung angelegter Organe oder die Entwicklung überhaupt nur unter bestimmten, als Reize wirkenden Bedingungen erfolgt, gehören nicht hierher. Für die orgauographische Betrachtung ist es z. B. nicht von Bedeutung, dafs die Keimung der Orobanche-Samen nur im Kontakt mit der Wurzel einer NährpÜanze, die der Lebermoos-Sporen (nach Leitgeb) nur im Lichte erfolgt. Wenn sich aber nachweisen läfst, dafs die Gestaltung der Keimpflanze eine andere ist, je nachdem die Keimung bei starker oder bei geringer Lichtintensität erfolgt, so ist dies eine Thatsache, die auch für den Organographen von höchster Bedeutung ist, weil sie ihm eine direkte Abhängigkeit der Gestaltung von äufseren Bedingungen zeigt. Natürlich lassen sich auch hier nur willkürliche Grenzen gegenüber der Physiologie ziehen; aber immerhin wird es be- rechtigt sein, diese Thatsachen hier auch vom organographischen Ge- sichtspunkte aus zu betrachten, wie dies schon in Hofmeisters „All- gemeiner Morphologie" geschehen ist, einem Werke, das auf die ex- perimentelle Behandlung morphologischer Fragen nachdrücklichst hin- gewiesen hat und sich dadurch zu der idealistischen Morphologie in scharfen Gegensatz stellte. I. Korrelationen. lyy Für die experimentelle Organographie kommt zweierlei in Betracht: einmal die gegenseitige Beeinflussimg der Organe untereinander, die wir als Korrelation bezeichnen, und dann die Wirkung äulserer Faktoren, welche man mit Herbst^) als formative Reize bezeichnen kann. Besonders deutliche Beispiele für solche formativen Reize haben wir schon in dem Kapitel über Milsbildungen angeführt. I. Korrelationen-). Die bei der Besprechung der Regeneration angeführten Thatsachen zeigen, dals die Organe vieler PÜanzenkörper auch nach der Abtrennung von den letzteren unter günstigen Umständen weiter leben können. Ebenso werden beim Okulieren Knospen, beim Pfropfen ganze Sprols- stücke aus dem Gewebeverband losgetrennt und vereinigen sich mit einem anderen; auch Blätter und Wurzeln lassen sich von "einer Pflanze auf eine andere (derselben oder einer anderen Art) übertragen. Sie wachsen an und setzen ihre Lebensverrichtungen fort. Diese Thatsachen könnten zu der Anschauung führen, dais die Organe eine weitgehende Unabhängigkeit voneinander aufweisen. Eine genauere Untersuchung zeigt aber, dafs dem nicht so ist, dals vielmehr eine W^echselwirkung zwischen Teilen des Pflanzenkörpers stattfindet; Grölse und Ausbildung eines Organs ist vielfach durch ein anderes be- stimmt^). Diese gegenseitige Beeinflussung bezeichnen wir als Korre- lation. Wir können mit Sicherheit von einer solchen nur dann sprechen, wenn sie experimentell feststellbar ist. In zahlreichen anderen Fällen steht zwar die Ausbildung eines Organs in deutlicher Beziehung zu der eines anderen, aber Avir wissen nicht, ob das eine direkte oder indirekte ist. Bei den Phyllanthusarten, welche blattähnliche Seitenzweige tragen, sind die Blätter am Hauptsprols gewöhnlich zu Schuppen verkümmert. Dies kann aber auf sehr verschiedenem Wege erfolgt sein: 1. dadurch, dais die einem gefiederten Blatte ähnlichen Seitensprosse direkt wachstums- hemmend auf die Blattanlagen wirkten: 2. dadurch, dais die Laubblätter der Hauptachse durch die blattähnliche Ausbildung der Seitensprosse mehr oder minder funktionslos wurden und dadurch der Verkümmerung anheimfielen. Nur im ersteren Fall ist die Abhängigkeit eine direkte Korrelation. Die Feststellung solcher Korrelationen ist für die Organo- graphie von gröister Bedeutung, deshalli mögen im folgenden einige der bis jetzt bekannten Fälle angeführt werden. Die Beeinflussung bei der ^) Herbst, Bedeutung der Eeizphysiologie für die Ontogenese. Biol. Centralbl. 1895 p. 72] fi". Auf diese tretfliche Abhandlung sei hier besonders hingewiesen. ^) Vgl. GoEBKL, Beiträge zur Morphol. und Physiol. des Blattes. Botan. Zeitg. 1880 p. 153 Ö'. LTber die gegenseitigen Beziehungen der Pflanzonorgane. Berlin 1884 (in der hier gegebenen Darstellung vielfach benutzt). Zur Geschichte unserer Kenntnis der Korre- lationserscheinungen I. Flora 1893 p. 38 ff. II. Flora 1895, Ergänzungsband p. 195 ff. Daselbst ist auch die ältere Litteratur angeführt. ^) Man könnte auch sagen, durch seine Beziehungen zu dem Organsystem, dem es angehört, und das gewissermafseu ein zusammenhängendes Ganze bildet und bei Ver- letzungen sich möglichst wieder herzustellen sucht. Das Vorhandensein eines „Systems" ei-schliefsen wir aber eben aus den Korrelationsthatsachen , und es erscheint mir von nebensächlicher Bedeutung, ob man z. B. bei Verletzungen (z. B. beim Abschneiden eines Coniferengipfels) mit Herbst (a. a. O.) die „Alteration des Systems" betonen will oder die direkte Beeinflussung der Organe. Der Einflufs der Entfernung des Gipfels ist eben der, dafs die Stellung des obersten Seitensprosses im „System" eine andere wird, worauf auch seine Wachstums- und Gestaltungsverhältnisse sich verändern. Goebel, Organographie der Pflanzen. 12 178 Fünfter Abselniitt. Beeinflussung der Gestaltung durch Korrelation etc. Korrelation ist entweder eine quantitative oder eine qualitative, ohne dafs sich zwischen beiden eine scharfe Grenze ziehen liefse. Der erst- genannte Fall ist der einfachste, er sei hier zunächst erörtert. Die quantitative Korrelation spricht sich darin aus. dafs entweder die Ent- wicklung einer Organanlage durch ein anderes Organ ganz unterdrückt oder doch die Gröfse, welche sie erreichen kann, durch Korrelation beeinflufst wird; diese quantitative Korrelation hat man auch als Compensation des Wachstums bezeichnet. Jeder PÜanzenkörper bildet wohl mehr Organanlagen aus, als er zu entfalten im stände ist, ebenso wie z. B. der weitaus gröfste Teil der Samen, die jährlich entstehen, zu Grunde gehen, sei es, weil sie keine günstigen äufseren Bedingungen für ihre Entwicklung finden, sei es. dafs sie durch andere Organismen im „Kampf ums Dasein" unterliegen. So bleiben auch von den Organanlagen viele unentwickelt, weil die Bau- materialien, die sie zu ihrer Entfaltung bedürfen, anderen zuHiefsen, die eine stärkere Anziehung auf sie ausül)en können. Als „Kampf" tritt dieser Wettbewerl) namentlich l)ei der Bildung der FortpÜanzungs- organe auf. Die Frucht der Eiche, der Buche, der Linde schliefst je einen verhältnismäfsig sehr grofsen Samen ein. Im Fruchtknoten sind aber eine viel gröfsere Anzahl von Samenaula gen vorhanden, z. B. bei der Eiche 6, bei der Linde 10. Diese sind auch alle oiTenbar be- fruchtungs- und entwicklungsfähig, wie schon daraus hervorgeht, dafs gelegentlich auch mehr als eine zum Samen sich ausbildet. Aber meist gewinnt frühzeitig eine einzige Samenanlage das Übergewicht und speichert alle der jungen Frucht zuströmenden Baustoffe in sich auf, während die anderen von ihr in der Entwicklung gehemmt und schliefs- lich zerdrückt werden. Welche Ursachen die begüostigte Samenanlage bestimmen, ist nicht bekannt, wir wissen also nicht, ob es die zuerst befruchtete ist, oder ob sonstige Faktoren in Betracht kommen. Noch auffallender sind die Vorgänge bei der Samenbildung mancher Nadelhölzer. Bei der Kiefer sind in der Samenanlage 3—5 befruchtungs- fähige Eizellen vorhanden. Nehmen wir an, es würden drei befruchtet, so entstehen also zunächst 3 Embryonen. Jeder von diesen spaltet sich aber noch in vier Teilembryonen, die alle zu vollständigen Embryoneu werden können. Man müfste deren also eigentlich 12 im Samen au- treffen. Es ist aber später stets nur ein einziger vorhanden, welcher über die anderen die Oberhand gewinnt und sie zum Verkümmern bringt, so dafs man im reifen Samen kaum noch ihre zerdrückten Reste wahrnimmt. Diese Spaltung der Keimanlage ist anscheinend nutzlos. Vielleicht wird sich aber bei genauerer Untersuchung ergeben, dafs die verkümmernden Teilembryonen gewissermafsen die Rolle von Haustorien gespielt, d. h. die Nahrungsstoffe des Eudosperms in eine Form über- geführt haben, die dann von dem begünstigten Embryo rasch benutzt werden kann. Wie innerhalb der Frucht vielfach die einzelnen Samen resp. Embryo- anlagen in Wettbewerb treten, so auch die einzelnen Früchte reichblütiger Blüten- oder Fruchtstände. In diesen reicht das Material sehr häufig nicht mehr hin, um die jüngsten, letztgebildeten Blüten am Ende des Blütenstandes zur Entfaltung zu bringen. Obwohl an den meisten derselben alle Organe schon angelegt sind , verkümmern sie , denn die älteren Blüten haben inzwischen schon mit der Fruchtbildung begonnen, sie beanspruchen alle Baustoffe, die sonst den jüngeren Blüten zugefiossen wären. Wenn man die jungen Früchte rechtzeitig entfernt , so kommen die sonst ver- I. Korrelationen. 179 kümiiieinden Blüten zur Entwieklimg , so l)ei Boiagiueen, Oenothera bieiinis ii. a. Diese Korrelation wird um so weniger hervortreten, um so günstiger die Ernährungsl)edingungen der Pflanze sind. Erscheinen hier die gewöhnlieh zum Verkümmern verurteilten Blüten vom Nütz- lichkeitsstandpunkt aus als Reserven, die im Fall des Ausbleibens der Befruchtung der älteren Blüten in Thätigkeit treten, so wird man nicht dasselbe sagen können dann, wenn die zuletzt angelegten Blüten von vorn- herein schon in der Knospe verkümmern, wie l)ei vielen Gräsern. Diese auf den verschiedensten Entwicklungsstufen verkümmernden Blüten sind, soweit wir bis jetzt einsehen können, gänzlich nutzlose Gebilde. In der vegetativen Region finden wir gleichfalls Beispiele für die vorübergehende oder dauernde Entwicklungshemmung durch Korrelation. Bei den Bäumen und Sträuchern mit periodischer Entwicklung treilien die Axillarknospen an den diesjährigen Trieben erst im nächsten Jahre aus. Entfernt man die Blätter rechtzeitig, so erfolgt die Entwicklung schon in diesem Jahre, und dasselbe tritt in der Natur bei Pflanzen ein, deren Blätter eine Umbildung resp. Rückbildung erfahren. So bei Ber])eris. deren zu Dornen umgebildete Blätter beblätterte Kurztriel)e in ihren Achseln haben, und bei Pinus, wo die Blätter an den Langtrieben zu Schuppenblättern (Niederblättern) reduziert sind. Schon DE Gandolle ^) hat die erwähnte Thatsache darauf zurückgeführt, dafs die Blätter den Achselknospen den „Saft" entziehen; analog ist die von Wiesner ^) vertretene Auffassung, dafs ältere, stärker transpirierende Teile den jüngeren das Wasser entziehen (in diesem Falle also die Blätter ihren Axillarknospen) und dadurch das Austreiben verhindern. Auf dasselbe Verhalten wird auch die Verkümmerung der Sprofsspitzen der Jahrestriebe von Ulmus, Fagus, Carpinus, Tilia u. a. zurückgeführt. Man sieht, wie die Blätter nach den Triebspitzen hin allmählich ab- nehmen und das Ende der Triebe schlielslich vertrocknet; dafs sich keine Endknospe bildet, wäre also auf die „Absaugung" des Wassers durch die älteren Teile zurückzuführen ; ich möchte aber annehmen, dafs dabei auch noch andere Faktoren in Betracht kommen. Für die Entwicklung der Knospen kommt namentlich auch die Korrelation mit anderen Knospen in Betracht. Man kann an einem noch im Wachstum begriffenen Jahrestrieb auch ohne Entblätterung ein Aus- treiben der Knospen hervorrufen durch Entfernung der Sprolsspitze . es treiben dann die der Schnittfläche zunächst gelegenen Knospen aus, während, wie schon früher angeführt wurde, die gegen die Basis hin gelegenen in ihrer Entwicklung gehemmt werden, sie bleiben un- entwickelt oder werden zu Kurztrieben , auf die unten zurückzukommen sein wird. Dafs die unentwickelt gebliebenen Knospen bei Beschädigung des Baumes durch ihr Austreiben von Nutzen sein können, wurde gleich- falls früher schon betont. Wie vorsichtig manche Pflanzen in dieser Beziehung sind, zeigen z. B. die Keimpflanzen von Juglans regia. Ober- halb der Kotyledonen findet sich hier eine grölsere Reihe von Knospen übereinander, 'bis 8 auf jeder Seite, während sonst gewöhnlich über jedem Blatte nur eine Achselknospe ang;elegt wird. Von diesen zahlreichen Keimpflanze keine sie Knospen wächst bei ungestörter Entwicklung der Keimpflanze kein einzige zu einem Zweige aus, und nach Verlauf einiger Jahre sind si ^) Physiologie vegetale p. 767. 2) Wiesner, Der absteigende Saftstrom und dessen physiologische Bedeutung. Botan. Zeitg. 1889 p. 1. Die Litteratur ist in dieser Al)liandlung nicht angeführt. 12* 180 Fünfter Abschnitt. Beeinflussung der Gestaltung durch Korrelation etc. K Fig. 110. Keimpflanze von Lathyrus Aphaca. Nur an den beiden un- tersten Laubblcättern ist die Spreite entwickelt. Bei diesen Blättern sind die Nebenblätter viel kleiner als bei den fol- genden, bei denen die Blattspreite verkümmert ist (weiter oben wird sie zur Kanke). nicht mehr sichtbar. Diese Hemmung wird nicht durch ein „Absaugen" des Saftes seitens des Stütz- blattes der Knospen bedingt, denn die Kotyledonen bleiben hier hypogäisch , sondern dadurch , dals die Keimpflanze alles ihr zu Gebote stehende Material zur Entwicklung ihrer Endknospe verwendet, welche sich zum Stämmchen verlängert. Wird diese zerstört, solange die erwähnten Seitenknospen noch entwick- lungsfähig sind (im ersten oder zweiten Lebensjahr der Pflanze), dann wachsen eine oder einige wenige Seitenknospen zu einem Triebe aus, der die Weiter- entwicklung der Keimpflanze sichert. Zahlreiche Fälle von Entwicklungshemmung an vegetativen und an Blütensprossen lassen sich so auf Wachstums- korrelationen zurückführen. Dasselbe gilt auch für Blätter und Blattteile. Die Gröfse, welche die Blätter erreichen, ist, wenn jedem einzelnen reichliche Nährstofl'e zur Verfügung stehen, eine viel bedeutendere, als wenn ein be- stimmtes Nährstoff"quantum sich auf eine Anzahl Blätter verteilt. Demzufolge zeigen Blätter an Stock- ausschlägen ^) eine bedeutendere als ihre sonstige Gröfse, und es treten an denselben vielfach Organe hervor, die an den gewöhnlichen Blättern ver- kümmert sind. So sind an Stockausschlägen von Robinia Pseudacacia die „Stipellen" (vgl. den spe- ciellen Teil) zu Blättcheu entwickelt, und bei denen von Sambucus nigra treten die sonst meist sehr reduzierten Nebenblätter wieder auf. Lehrreich ist besonders das Verhalten der Neben- blätter mancher Pflanzen. Die Gröfse derselben wird mit bedingt durch die Einwirkung des Blattes, an dem sie stehen. Entfernt man die Blattanlage mög- lichst frühzeitig, so tritt eine bedeutende Vergröfse- rung der Nebenblätter ein, wie beistehende Zahlen zeigen mögen. Von zwei in einem Topfe stehenden, aus gleich schweren Samen erwachsenen Pflanzen wurden an der einen die Blätter belassen, bei der andern möglichst frühzeitig entfernt. Die Fläche je eines Nebenblattes betrug bei der ersten Pflanze bei der zweiten 1. 2. 3. Blatt 141 Dmm, „ 172 „ „ 165 „ 239 Dmm, 561 „ 920 „ Gelegentlich wurden im Freien mifsbildete Pflanzen gefunden, bei denen die Blätter vollständig verkümmert, die Nebenblätter enorm vergröfsert waren. Der Versuch zeigte uns, dafs der letztere Umstand eine Folge des erste ren ist, und dasselbe ^) D. h. also von Sprossen, die sich nach Entfernung des Hauptstammes aus dessen stehen gebliebener Basis entwickelt haben. * I. Korrelationen. |gj werden wir aunelimen dürfen bei Lathyrus Apliaca, dessen Blätter zu Ranken umgebildet und in ihrer gewölinliclien Funktion ilurch die un- gemein vergröfserten Nebenblätter ersetzt sind (vgl. Fig. 110). Nicht l)ei allen mit Neben})lättern versehenen Ptianzen lii Ist sich eine solche Korre- lation nachweisen, vielleicht deshalb, weil die Nebenblätter früher ihre Wachstumsfähigkeit verlieren, als der experimentelle Eingriff erfolgen kann. Dieser hat z. 1>. keine Vergröfserung der Nebenblätter zur Folge bei Phaseolus multitiorus u. a. Dafs bei der ungleichen Ausbildung der Teilblättcheu zusammeu- gesetzter Blätter wahrscheinlich Korrelationsverhältnisse mit im Spiele sind, wurde früher lietont (p. 111). Sicher erwiesen ist eine derartige Abhängigkeit z. B. für die Kotyledonen von Streptocarpus. Diese ei-- reichen sehr ungleiche Gröfse, der eine bleibt klein, der andere wächst mächtig heran zu einem dem Boden aufliegenden Laul)blatt. Wird er frühzeitig entfernt oder sein Wachstum durch Eingipsen gehemmt, so entwickelt sich dafür der andere, sonst zurückbleibende Kotyledou^). Dafs die Gröise, welche ein Blatt erreicht, auch durch die Korrelation zu Sprolsachsen bedingt sein kann, zeigt, wie ich früher hervorhob (S. I p, 236), das Verhalten mancher SchlingpUanzen, bei denen die rasche und starke Verlängerung der Internodien eine vorübergehende oder dauernde Hemmung der Blattentwicklung bedingt. Auch das Klein- bleiben der Blätter etiolierter Sprosse ist, wenigstens in manchen Fällen, keine direkte Lichtwirkung. Lässt man an Sprossen von Phaseolus multiüorus. deren oberer Teil in einen dunklen Raum eingeführt wurde, nur ein Blatt stehen und entfernt frühzeitig alle Sprofsvegetationspunkte, so erreicht das Blatt im Dunkeln dieselbe Gröise, wie die am Lichte befindlichen ^). Es ist sehr wahrscheinlich, dafs ähnliche Korrelationen auch in der Blüte zwischen den Blattgebilden bestehen. Wenn wir sehen , dafs bei den als Schauapparate dienenden Randblüten vieler Compositen . ferner von Viburnum Opulus, Hydrangeaarten , die Blumenkroue (resp. bei Hydrangea der Kelch) mächtig vergrölsert ist, die Staubblätter und Fruchtblätter aber fuuktionslos geworden sind oder ganz fehlen, so ist es aufserordentlich wahrscheinlich, dafs hier ein direktes Kompensations- verhältuis vorliege, d. h. dafs das Wachstum der Blumenkrone die Ver- kümmerung der Sporophylle bedingt. Experimentell erwiesen ist diese Kompensation freilich nicht, aber sie liegt sehr nahe, zumal auch sonst ähnliche Fälle sich finden. Namentlich gehört dahin das Verkümmern ganzer Blüten, wie wir es bei Muscari comosum, Celosia cristata (der fasciierten Garteuform), dem Blumenkohl u. a. finden. Au den Blüten- ständen von Muscari comosum z. B. sind die oberen Blüten der lu- florescenz zum Schauapparat ausgebildet, ihr Stiel ist viel länger als bei den unteren unscheinbaren und blau gefärlit. Die Sporophylle der Blüten sind auf verschiedener Entwicklungshöhe verkümmert, wohl in- ^) F. Hering, Über Wachstumskorrelationen infolge mechanischer Hemmung des Wachsens. Pringsh. Jahrb. XXIX p. 142. 2) Just, Über die Abhängigkeit des Laubblattes von seiner Assimilationsthätigkeit. Pringsh. Jahrb. Bd. XXVH Heft 3. Vgl. ferner betreffs der Etiolierungserscheinungen GoDLKWSKi, Zur Kenntnis der Ursachen der Formänderung etiolierter Pflanzen. Botan. Zeitg. 1878 p. 81 ff. Beim Tabak wird durch Entgipfeln und durcli Entfernung der Seiten- triebe die Gröl'senentwicklung der Blätter bei der Kultur gefördert. Vgl. z. B. Wollnv, Untersuchungen über künstliche Beeinflussung der inneren Wachstumsursachen. Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik YIII. Bd. 2. Heft. 182 Fünfter Absclmitt. Beeinflussung der Gestaltung durch Korrelation etc. folge der Ausbildung des Stieles zum Schauapparat. Ebenso linden wir in den Inflorescenzen des Blumenkohls, in denen die Blütenstiele abnorm fleischig verdickt sind , und in denen von Celosia , deren Intloresceuz- achsen bandförmig verbreitert sind, zahlreiche verkümmerte Blüten neben normal ausgebildeten. Die Liste Heise sich fortsetzen (erwähut sei auch Ehus Cotinus), aber da kein experimenteller Beleg vorliegt, so handelt es sich doch nur um — allerdings sehr wahrscheinliche — Ver- mutungen, ebenso wie bei den samenlosen Früchten von Ananas und Bananenkulturformen nicht nachgewiesen ist, ob die Verkümmerung der Samen durch die gesteigerte Entwicklung des Fruchtfleisches bedingt wird. Die zuletzt erwähnten Fälle leiten uns über zu den Beziehungen, welche zwischen den Blüten resp. den Fortpflauzungsorganen im all- gemeinen und den vegetativen Teilen obwalten. Einerseits läfst sich in vielen Fällen zeigen, dals mit der Bildung der Fortpflanzungsorgane oder ihrer Produkte eine Hemmung der vegetativen Entwicklung ver- bunden sein kann (Absterben der Faruprothallien nach Erzeugung eines Embryo, einjähriger Pflanzen infolge der Blüten- resp. Samenbildung); andererseits kann unter Umständen, unter denen die vegetativen Organe üppig sich entwickeln, die Bildung der Fortpflanzungsorgaue unterdrückt werden, während eine Wachstumshemmung die Bildung der letzteren hervorruft. Es sind auf diesem Gebiete eine Reihe von Erfahrungen gesammelt worden^), die hier zusammenzustellen nicht meine Absicht ist, da dies wohl passender in einer Physiologie der Fortpflanzung geschieht. Einige wenige Beispiele seien indes angeführt. Dafs Wachstumshemmung die Blütenbildung begünstigt, tritt, wie ich früher schon anführte, namentlich bei Coniferen hervor; verpflanzte Fichten z. B. gelangen viel früher zur Blütenbildung — die dann aber meist nicht zur Fruchtbildung führt — , als dies normal der Fall ist, und ganz ähnliche Erscheinungen habe ich bei Thuya occidentalis beobachtet; auf schlechten Boden verpflanzte Exemplare bedeckten sich iiber und iiber mit Blüten. Analoge Erscheinungen sind in der gärtnerischen Praxis längst bekannt. Auch bei einjährigen Pflanzen wird chis Stadium der Blüteubildung unter sonst gleichen Verhältnissen langsamer erreicht, wenn sie in gut gedüngtem, eine üppige Vegetation ermöglichendem Boden stehen, als wenn sie nur wenig Nahrung zur Verfügung haben; die iS^ahrung wirkt (um ein modernes Schlagwort zu gebrauchen) als Reiz, welcher eine längere vegetative Entwicklung „auslöst", die dann natürlich auch eine reichlichere Samenbildung ermöglicht^). Wenn bei Pflanzen keine Fortpflanzungsorgane gebildet werden, aber üppiges vegetatives Wachstum eintritt, so kann das letztere die Ursache der Unterdrückung der Fortpflanzungsorgane oder die Folge davon sein. Beides kommt vor. In ersterer Hinsicht habe ich auf das Verhalten mancher Wasserpflanzen hingewiesen, die, wie Marsiliaarten , Riccia fluitans u. a. , ihre Fortpflanzungsorgane auch dann nicht ausbilden, wenn die äufseren Verhältnisse günstig dafür wären; sobald sie als Laudpflanzen wachsen, tritt die üppige vegetative Entwicklung mehr zurück, und die Fortpflanzungsorgane entstehen normal. Wie H. Müller^) *) Betreffs der niederen Pflanzen vgl. Klebs, Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen. Jena 1896. ^) Vgl. auch das p. 122 Gesagte. ^) Beitrag zur Erklärung der Kuheperiode der Pflanzen. Landwirtsch. Jahrb. 1886. I. Korrelationen. 183 aunimmt, wäre auch die Thatsache, dafs an bei höherer Temperatur getriebeueu Ptiauzen die Blüten wicht selteu „stecken Ideiben", dadurch bedingt, dai's die bebhitterteu Triebe den Blütenknospen die Nahrung entzögeu. Ganz ähnliche Erscheinungen sind es j(>denfalls, welche bei manchen Ptiauzen die Verhinderung des Samenansatzes bedingen. F^in solcher tindet bei Lilium candidum fast nie statt, bei anderen mit vege- tativer Vermehrung ausgerüsteten Pflanzen , wie llanunculus Ficaria, selten. Wie schon K. Gesner vor mehr als zweihundert Jahren gefuiulen hattet), tritt bei Lilium an abgeschnittenen Blütenstengeln Samenansatz ein. Hier ist derselbe also gewöhnlich dadurch verhindert, dafs die Baustoffe, welche sonst zur Samenbildung verwandt werden, in die Zwiebel strömen , wo sie zur Bildung von Brutzwiebeln — also un- geschlechtlichen Vermehruugsorganen — Verwendung finden. Auch bei Lachenalia luteola fand Lindemuth^) trotz künstlicher Bestäubung keinen Samenausatz, konnte einen solchen aber an abgeschnittenen Blüten- stengeln erzielen, und dasselbe soll nach van den Bokn bei Ranun. Ficaria der Fall sein-"*). Der entgegengesetzte Fall, dafs die Unterdrückung der Fortpiianzungs- organe (oder eine unvollkommene Ausbildung derselben) das Primäre ist , die Steigerung vegetativer Entwicklung das Sekundäre , findet sich z. B. bei manchen gefüllt blühenden Pflanzen. In der Umgebung Mün- chens kommt Cardamine pratensis in grofser Menge gefüllt blühend vor. Die Pflanzen vermehren sich niRSsenhaft durch Brutknospen , die selbst aus den Spitzen der gefüllten Blüten sich entwickeln , dadurch hat diese Form, welche die Samenbildung ganz eingebüfst hat^), teilweise die normale, samenbildende verdrängt, was allerdings wohl nur in einem so regenreichen Klima wie dem der oberbayerischen Hochebene möglich sein dürfte. Auch der von mir beschriebene Fall'^), dafs bei Isoetis lacustris unter bestimmten Umständen die Sporangienbildung unter- drückt wird, dürfte hierher gehören. Ebenso werden an den alternden Prothallien von Doodya caudata die Geschlechtsorgane abnorm, und nun tritt apogame Sprossung ein , und vielleicht ist auch in anderen der- artigen Fällen dies der Vorgang gewesen. Von den qualitativen Beeinflussaugen durch Korrelation seien hier zunächst die Richtungsverhältnisse genannt. Dieselben sind bedingt einmal durch die Reaktion auf äufsere Reize (Geotropismus etc.), haupt- sächlich aber auch durch Korrelation. Namentlich ist eine solche vor- handen, wenn an einer orthotropen Hauptachse plagiotrope Seitenachsen entspringen. Am einfachsten liegen die Verhältnisse bei den Wurzeln. Es wurde schon l)ei Besprechung der Regeneration erwähnt, dafs die Entfernung der Spitze der Hauptwurzel in vielen Fällen das Wachstum der Seitenwurzeln beeinflufst. Die der Schnittfläche nächste stellt sich in die Verlängerung der Hauptwurzel und nimmt damit deren Eigen- schaften an, d. h. Wachstums- und Verzweigungsfähigkeit werden ge- 1) Vgl. JosT, Botan. Zeitung 1897 II p. 17 ff. 2) Über Samenbildung an abgeschnittenen Blütenständen einiger sonst sterilen Pflanzen- arten. Ber. der D. botan. Gesellsch. 14. Bd. 1896 p. 244. ^) M. VAN DKN ßoBN a pu faire fructifier le Lis blanc et la Ficaire en enlevant au Premier les ecailles du bulbe, ä la seconde ses petits tubercules basilaires. Belgique horticole 1863 p. 226. •*) Auch bei der Normalform können sich Adventivsprosse auf den Blättern bilden; beim Wegfall der Samenbildung ist dazu aber eine grr.fsere Menge von Baumaterial ver- fügbar. f'j Über Sprofsbildung auf Isoetesblättern. Botan. Zeitung 1879 p. 1. 184 Fünfter Abschnitt. Beeinflussung der Gestaltung- durch Korrelation etc. steigert, die frühere Seitenwurzel wird zur Grundlage für die weitere Gliederung des Wurzelsystenis. Für Sprofssystenie bieten die Nadelhölzer die lehrreichsten Beispiele, Die dorsiventrale Ausbildung der Seitenäste bei den Fichten wurde oben geschildert. Sie ist aber nur eine durch den plagiotropen Wuchs in- duzierte, und dieser wird durch Korrelation bedingt. Denn schneidet man die Spitze des Hauptsprosses ab, so richtet sich der nächste Seiten- sproCs (zuweilen auch mehrere) auf, vorausgesetzt, dals er noch nicht zu alt war. Die neu zuwachsenden Teile nehmen dann eine radiäre Ausbildung an, ganz der, wie sie für den Hauptsprofs charakteristisch ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dals die den Seitenästen durch ihren plagiotropen Wuchs aufgeprägte Dorsiventralität bei den einzelnen Formen gewissermalsen verschieden festsitzt. Bei Tannen ist der Gipfelersatz durch einen Seitensprofs weniger leicht als bei Fichten (wie es scheint, gelingt er um so besser, je kräftiger das betreffende Exemplar und je jünger der Seitensprofs ist). Wenn der Seitensprofs sich nicht auf- richtet, so treten eine oder mehrere radiäre Triebe an seiner Basis_ auf, von denen einer den Gipfel ersetzt. Ganz ausgeschlossen ist der Über- gang eines dorsiventraleu Seitensprosses in einen Hauptsprofs bei den Araucarien. Es sind die Seitensprosse hier in der ül»erwiegenden Mehr- zahl der Fälle nur in einer Ebene verzweigt, und nach dem bis jetzt Bekannten scheint es, dafs ihnen ihre Eigenschaften von vornherein aufgeprägt wei'deu. Nach dem für Phyllanthus oben Mitgeteilten (p. 84) wäre es freilich auch bei Araucaria möglich, dafs dem Vegetationspunkt der Seiteusprosse die Dorsiventralität nur früher und fester induziert wird als sonst, ganz junge Seitensprosse also vielleicht auch hier zum Gipfelersatz befähigt sind. Auch die Kurztriel)e der Kiefernarten können auf diese Weise veranlafst werden, sich zu Langtrieben umzubilden, und Ähnliches gilt für andere Fälle. Ein besonders plastisches Material liefern die Kartofieln, an den schon Knight eine Anzahl sehr interessanter Experimente ausführte. Die Kartotfelknollen sind zu Reservestoffbehältern umgebildete unter- irdische Seiteusprosse. Hire Uml)i]dung erfolgt unter dem Eintlusse der in den Blättern gebildeten, nach abwärts wandernden Stoffe. Schneidet man von einer KartoffelpHanze, ehe die Knollenl)ildung begonnen hat, die oberirdischen Sprosse ab, so wachsen die unterirdischen zu über den Boden tretenden Laubsprossen aus. Sie sind nichts anderes als Laul)sprosse, welche durch ihre Stellung im ganzen Sprofssystem zu unterirdischem Lel)en genötigt und später durch eine weitere stoffliche BeeinÜussung von selten der oberirdischen Laubsprosse zu Knollen um- gebildet werden. Fällt diese doppelte Beeintlussung weg, so nehmen sie ihren ursprünglichen Charakter wieder an und ersetzen zugleich die verloren gegangenen Organe. Man kann auch oberirdische Sprosse, wie Knight gezeigt hat, zur Knolleubildung veranlassen. Es geschieht dies, indem man die unter- irdischen Ausläufer früh entfernt, oder ihre Verl)indung mit den ober- irdischen Teilen beeinträchtigt. Knight giebt sogar an, dafs es ihm ge- lungen sei , die Bildung der Knollen an der Spitze von oberirdischen Sprossen zu veranlassen, den Punkten also, welche von dem Orte der normalen Knollenbildung am weitesten entfernt sind ^). Für die Kuollen- ') Vgl. auch DE Candolle, Pflanzenphysiologie I p. 130 und Vöchting, Über die Bildung der Knollen. Bibl. bot. Heft 4. Cassel 1867. I. Korrelationen. ] 85 bildung kommt iil)rigeus weiter iu Betracht, dafs sie durch Lichtmangel begünstigt wird. Ganz el)enso wie die KuoUenbihlung verhält sich auch die der Zweig- dornen . bei denen sich die Sprossachse unter Verkümmerung der Blätter und Aufhören des Längenwachstums zu einem Dorn gestaltet. Schneidet man den Ast, dessen Seitenknospe sich bei normaler Vege- tation zu einem Dorn entwickelt hätte, ab. so wird sie zu einem gewöhn- lichen Laubsprofs. nicht zu einem Dorn. Korrelationserscheinungeu sind in einer Anzahl von Fällen auch als mafsgebend für die Gestaltung der Blätter erkannt. Die Sporophylle von Gefälskryptogamen werden im speciellen Teile besprochen werden. Hier sei nur erwähnt, dals sie von den Laul)blättern vielfach abweichen in Gestalt. Gröl'se und Richtung. Diese Abweichungen sind der Haupt- sache nach direkt bedingt durch das Auftreten der Sporangien') an den Sporophylleu. Diese stimmen ursprünglich ganz mit den Laubblatt- aulagen überein, das Auftreten der Sporangien bedingt die von der anderer Lauliblattanlagen abweichende Entwicklung. Dals eine solche Korrelation stattfindet, kann man schon durch vergleichende Beol)ach- tungen sicher erschliei'sen (vgl. die von mir in der „Vergleichenden Ent- wicklungsgeschichte" angeführten Thatsachen ). Dazu kommt der an Onoclea Struthiopteris geführte experimentelle Beweis-). Durch Wegnahme der Laubl)lätter kann mau die Sporangien- bildung ganz oder teilweise verhindern und die Sporophyllanlagen zur Ausl)ildung als Laubblätter nötigen^). Ganz so ist es bei den Knospen- schuppen. Diese, als Schutzorgane für die Knospen während deren Ruhe- periode dienend, weichen von den Laublilättern derselben Pflanze an Gestalt und Gröise nicht bedeutend al). sie halien auch, wo die Laub- l)lätter reich gegliedert sind, doch nur die Gestalt einfacher Schuppen, welche für ihre Aufgabe, den Knospen als „Decken" zu dienen, die ge- eignetste ist. Die L^ml)ildung der Laublilattanlagen zu Knospenschuppen findet auf dreierlei Art statt : meist geht die Knospenschuppe hervor aus dem basalen Teile der Blattaulage. dem Blattgrunde, während die Spreitenanlage verkümmert, der Stiel nicht gebildet wird, oder es ver- kümmert die' Spreitenanlage und die Nebenblätter entwickeln sich zu Knospeuschuppen. oder endlich das ganze Blatt wird zur Knospendecke umgebildet. In allen drei Fällen li'el's sich nun zeigen, dals man die Umbildung zur Knospenschuppe verhindern kann. Es geschah dies da- durch, dals die eigentlich für das nächste Jahr bestimmten Knospen 1) Diese Beeinflussung tritt natürlich vieltach schon sehr früh ein; ehe die Sporangien als solche sichtbar sind, treten schon die stoflflichen Veränderungen ein, die zur Bildung derselben führen, und schon diese Veränderungen können die Gestaltung der Blattanlage beeinflussen. 2) GoEßEL, Über künstliclie Vergrünung von Farnsporophyllen. Ber. der D. botan. Gesellsch. Bd. V 1887. Abbildung in Annais of botany Vol. VI PI. XXII. 3) Eine Korrelation findet zwischen der Sporangi.>nbildung und der Ausbildung der Blätter (und der ganzen, mit .Sporoi)hvllen besetzten S])rosse) auch bei den Selaginellen statt. Ich habe bei Selaginella Lvalli" früher darauf liingewiesen, dafs Sporangienäliren (in denen die Blätter anders ausgebildet sind als die vegetativen) sich unter Verkümmerung der Sporangien zu vegetativen Sprossen weiter entwickeln können. Behrk.ns hat neuer- dings (Über Regeneration bei Selaginella. Flora 84. Bd. p. 159) gezeigt, dafs dies regelmäfsig erfolgt, wenn man Sporangienstände als Stecklinge benutzt. Er meint, dafs das Auswachsen der Sprofsspitze hier das Verkümmern der Sporangien bedinge. Mir .scheint es aber näher liegend, anzunehmen, dafs durch das Abschneiden eine Störung in der Ausbildung der Sporangien eintreten mufste, welche dem Sprofs dann die vegetative Weiterentwickluno- gestattete. 186 Fünfter Abschnitt. Beeinflussung der Gestaltung durch Korrelation etc. schon im Jahre ihrer Anlegimg zum Austreiben gebracht wurden. Je nach dem Zeitpunkt, in welchem dies geschah, bildeten sich dann statt der Knospendecken Laubblätter oder, wenn die Umbildung schon be- gonnen hatte, Mittellnldungen zwischen Knospenschuppen und Laub- blättern aus. Als letztes Beispiel sei erwähnt, dafs man die Umbildung der Blatttiedern der Erbse zu Ranken gleichfalls öfters verhindern kann, wenn mau die andern Blätter entfernt. Alle diese Thatsachen, denen sich andere anreihen liefsen, zeigen, dafs Korrelationen bei der Organ- bildung eine wichtige Rolle spielen, sie kommen jedenfalls in noch viel ausgedehnterem Mafse in Betracht, als wir nach unserer jetzigen be- schränkten experimentellen Erfahrung wissen. Zugleich sind die hier kurz angeführten Thatsachen namentlich auch deshalb wichtig, weil sie Belege für die oben dargelegte Auffassung des Vorgangs der Umbildung darstellen. II. Beeinflussung durch äursere Reize. Die Art und Weise, wie die Organbildung einer Pflanze, von der Eizelle ausgehend, sich abspielt, ist bedingt durch die besonderen Eigen- schaften der lebenden Substanz der Eizelle. Es wurde aber schon bei Besprechung der Jugendzustände , der Symmetrieverhältnisse und der Mifsbildungen darauf hingewiesen, dafs äufsere Einwirkungen die Art und Weise der Gestaltung beeiniiusseu können. Sie wirken, indem sie die Gestaltungsfähigkeit der Pflanze beeinflussen, als Reize, deren Wirkung von der Reaktionsfähigkeit der betreffenden Pflanze abhängt. Diese Reaktionsfähigkeit kann sich im Laufe der Einzelentwicklung ändern (vgl. das über die Rückkehr zur Jugendform p. 149 Gesagte). Ein kräftig wachsender Trieb von Bryopsis (vgl. unten) verhält sich ferner bei der Umkehrung der ganzen Pflanze anders als ein weniger kräftiger, letzterer erfährt eine Lhnbildung, ersterer nicht. Auch die phylogenetische Entwicklung des Pflanzenreichs ist, wie hier nicht näher ausgeführt werden kann, oflenbar zurückzuführen einmal auf innere, in der Beschaffenheit der lebenden Substanz l)egründete Ursachen und auf die Einwirkung äufserer Faktoren. Diese letztere ist in manchen Fällen eine direkte, jetzt noch wahrnehml)are, in andern eine, wie wir annehmen dürfen, erblich gewordene, und dann nur 'durch Analogie- schlüsse erkennbar. Wenn wir z. B. sehen, dafs die chlorophyllhaltigen Luftwurzeln mancher Orchideen die Abflachung auf der Lichtseite nur unter dem Einflufs des Lichtes gewinnen, bei andern aber auch im Dunkeln, dafs ferner die Dorsiventralität mancher Organe direkt von äufsereu Faktoren beeinflufst wird, in andern eine erbliche ist, so liegt wenigstens die Vermutung sehr nahe, dafs auch in diesen Fällen die Organbildung ursprünglich durch äufsere Reize beeinflufst, dann aber erblich geworden sei. Die grofse Übereinstimnumg. welche die Ge- staltung der Pflanzen schliefslich doch in den verschiedensten systemati- schen Gruppen zeigt, drängt ferner zu dieser Annahme. Die Abhängigkeit der Organldldung von äufsereu Faktoren trägt vielfach den Charakter der Nützlichkeit an sich, sie erscheint zweck- mäfsig. Wenn z. B. die Keimlinge mancher Lebermoose und Farne bei schwachem Lichte fadenförmig sind, bei stärkerer Lichtiutensität zu Zell- flächen werden, so ist ohne weiteres klar, dafs die erstere Eigentümlich- II. Beeinflussung durch äufsere Reize. 187 keit ilmen gestattet, in güustigere Beleuchtungsverhältiiisse zu koimneu, die zweite, eine intensivere Assimilationstliätigkeit zu entfalten. Indes ist Avolil anzunehmen, dals die Organismen von Anfang in ihrer Organ- bildung abhängig waren von äuiseren Faktoren, und dals nur diejenigen dieser Abhängigkeitsverhältnisse durch Überlehen des Passendsten sich erhalten haben, welche zweckmäfsig waren. Dies scheint mir nament- lich auch daraus hervorzugehen, dals vielfach der P'aktor, welcher ein bestimmtes Verhältnis der Organbildung bedingt, gar nicht derjenige ist, an welchen dasselbe „angepafst" ist. Ich habe früher auf solche Beispiele hingewiesen: die Archegonien der Farnprothallien entstehen auf der Schattenseite. Dies ist an sich eine für die Funktion der Arche- gonien ganz gleichgiltige Thatsache, denn in zahlreichen andern Fällen entstehen sie auf der Lichtseite eines dorsiventralen Thallus (Pellia u. a.) oder sind ringsum gleichmäfsig verteilt (Lycopodiumprothallien, Arche- goniophore der Trichomouesprothallien etc.). Bei den Farnprothallien aber ist die Stellung auf der Schattenseite vorteilhaft, w^eil sie dort am besten die Wassertropfen finden, die zur Öffnung und zur Befruchtung der Archegonien notwendig sind. Eine w^eitere Eigentümlichkeit, auf die hier hingewiesen werden mufs, ist die, dals ein und dasselbe Gestaltungsverhältnis durch ver- schiedene äufsere Einwirkungen hervorgerufen werden kann. Die be- weglichen Entwicklungsstadien (Schwärmer, Amöben, Plasmodien) der ]\Iyxomyceten z. B. haben die Fähigkeit, in Ruhezustände überzugehen, die ihrer Gestaltung nach von den ersteren verschieden sind. Der Anstofs, der diese Änderung bedingt, kann durch langsames Austrocknen gegeben sein, aber ottenl)ar auch durch andere äufsere Verhältnisse, wie ungünstige Ernährungsbediuguugeu. Dementsprechend konnte ich bei einer phanerogamen Wasseipfianze , Myriophyllum , nachweisen \) , dals die eigentümljchen Ruhezustände, die sonst am Ende der Vegetations- periode als Überwinterungsknospen — den Sklerotieu der Pilze ent- sprechend — entstehen, auch zu jeder anderen Zeit durch Hunger her- vorgerufen werden können. Diese Pflanzen reagieren also offenbar auf jede ungünstige äufsere Beeinflussung dadurch, dals sie in einen Ruhe- zustand übergehen, vorausgesetzt, dals die nötigen Baustoffe zur Bildung derselben vorhanden waren. Ähnlich verhält es sich offenbar auch mit der Sporenbildung der Bakterien. Auch das Auftreten von „Rückschlagssprossen", welche die ein- facheren, bei der Keimung zunächst auftretenden Gestaltungsverhältnisse zeigen, wird bei manchen Pflanzen durch verschiedene, die Vegetation ungünstig beeinflussende Bedingungen herbeigeführt, so das Wieder- auftreten der Jugendblattform bei Sagittaria natans, Veronica cupressoides u. a. (vgl. oben p. 149). Die Art und Weise der Beeinflussung der Organbildung kann eine verschiedene sein, im einfachsten Falle handelt es sich um eine richtende Wirkung. So bei dem Auftreten von Wurzeln auf der dem Lichte abgekehrten Seite u. a., Erscheinungen, die sich freilich durchaus nicht scharf trennen lassen von denen, wo die Art und Weise der Aus- bildung, nicht nur die Stellung eines Organes äufserer Beeinflussung unterliegt. Namentlich ist noch zu erwähnen, dafs diejenigen äuiseren Bedingungen, unter denen normal sich die Lebensthätigkeit eines Organes vollzieht, auf die es, kürzer gesagt, „gestimmt" ist, oft auch als Reize 1) s. II p. 360. 188 Fünfter Abschnitt. Beeinflussung der Gestaltung durch Korrelation etc. das Auftreteii desselben hervorzurufen pflegen. Die gewöhnlichen Wurzeln leben bei Lichtabschluls in feuchtem Substrat : Lichtabschluls und Feuchtig- keit rufen auch Wurzelbildung hervor, analoge Fälle werden sich den im folgenden augeführten mehrfach entnehmen lassen. A. EiiifluCs der Schwerkraft. Dem Einflufs der Schwerkraft schrieb namentlich Hofmeister (Allg. Morphologie § 25) eine bedeutende Rolle für die Gestaltungsverhältnisse zu. Er führte darauf zurück u. a. die dorsiventrale Ausbildung der Seitensprosse mancher Pflanzen ^), die Blattgestaltung der plagiotropen Begoniasprosse u. a. Es kann jetzt keinem Zweifel mehr unterliegen, dafs die Bedeutung der Schwerkraft als „formativer Reiz" bedeutend tiberschätzt wurde, es kann in dieser Beziehung auf das Kapitel über Symmetrieverhältnisse und die Besprechung der Lichtwirkung verwiesen werden, wo auch das, was über das Zustandekommen der Anisophyllie bekannt ist, besprochen wird. Immerhin ist die Schwerkraft in einer Anzahl von Fällen teils für die Anordnung, teils für die Ausbildung der Organe von Bedeutung. 1. Orientierende Einwirkung. Eine solche wurde vermutet betreffs der Organbildung am Embryo der Gefäfskryptogamen, namentlich der Filicineen. Aus der befruchteten Eizelle gehen hier hervor: der Stammscheitel (nach oben), die Wurzel (nach unten), ein oder zwei „Kotyledonen" und ein als „Fufs" bezeich- netes Haustorium. Es hat sich aber gezeigt, dais die Orientierung dieser Teile lediglich durch innere Ursachen, die Lage des Embryos im Arche- gonium bestimmt wird, zur Schwerkraft also nicht in Beziehung steht und ebensowenig zum Licht ^). Denn wenn man Prothallien, die auf Wasser schwimmen, von unten beleuchtet, so treten die Archegonien, die sonst auf der Unterseite stehen, auf der Oberseite auf, die in ihnen ent- standenen Embryonen haben aber trotzdem dieselbe Anordnung ihrer Organe wie sonst. Nur in ganz beschränktem Malse nahm Leitgkb^) au den Embryonen von Marsilia einen orientierenden Einflufs der Schwer- kraft wahr. „Die Lage der ersten Teiiungswand im Embryo von Mar- silia ist insoweit eine ganz bestimmte, und von äulseren Verhältnissen unal)hängige, als sie in jedem Falle die Archegonachse in sich aufnimmt; €s ist dieselbe aber um die letztere drehbar, und nimmt, sobald die Archegonachse aus der Vertikalen heraustritt, die Lage ein, dafs der ^) Sachs (Lehrbuch der Botanik, IV. Aufl., p. 212) hat gezeigt, dafs für die dorsi- ventralen Seitensprosse einiger Holzpflanzen (Cercis, Corylus) ein unmittelbarer Einflufs der Schwerkraft auf die Anordnung der Knospenteile ausgeschlossen ist. ^j Vgl. Heinkichek, „Beeinflufst das Licht die Organbildung am Farnerabryo?" Mittlgn. a. d. botan. Inst, zu Graz 2. Heft. Jena 1888. ^) Leitgeb, Zur Embryologie der Farne. Sitzungsber. der Wiener Akademie 1878. Ferner: Studien über Entwicklung der Farne ibid. LXXX. Bd. 1879. — Wie aus den oben mitgeteilten Thatsachen hervorgeht, spielen also äufsere Kräfte bei der Organdiff'erenzierung er die Dorsalschuppen annimmt. Diese finden sich hier auch da, wo keine Geschlechtsorgane sind (wie auch aus meiner Arbeit schon zu entnehmen war). St. geht bei der Definition des Begriffes „Blatt" ausschliefslich aus von den foliosen akrogynen Formen. Dies ist unzulässig. Die Blattbildung ist, wie wir sahen, in verschiedenen Verwandtschaftskreisen der Lebermoose wiederholt aufgetreten. 1) Hedwigia 1891 p. 191. Goebel, Organographie der Pflanzen. 18 266 Sjiecielle Organographie. Auf dem Rücken des Stämmchens stehen zwei Reihen von Schuppen (neben jedem Blatte, und mit seiner Insertion auf dasselbe übergreifend eine), deren hintere Teile einen zickzackförmigeu Kamm l)ilden (Fig. 166). Fig. 166. Treubia insignis Goebel. Habitusbild einer Pflanze (nat. Gröfse), von oben gesehen. Mit einem Sporogon, etwas kleiner als nat. Gr. Sie decken die Geschlechtsorgane (und die Brutkuospen), wo solche vor- handen sind, und tragen namentlich auch zum Schutze des Yegetatious- punkts wesentlich bei, der ülnigens auch von Schleim eingehüllt ist. Dieser verdankt seinen Ursprung Schleim- papillen, welche an einer tlügelartigen Wuche- rung des unteren Blattrandes stehen und so die centralen Schleimpapilleu anderer Leber- moose ersetzen, resp. überflüssig machen ^). Mit Treulüa vielleicht verwandt ist die einzige Lebermoosgruppe , welche orthotrope Sprossen hervorbringt, die der Calobryaceen -), gebildet vom Calobryum und Haplomitrium. Fig. 167 zeigt ein Habitusliild von Calobryum. Von einem sympodial gebauten Rhizom er- heben sich dreizeilig beblätterte Sprosse; die Blätter sind wie die von Treubia an ihrer Basis mehrschichtig und tragen wie diese Schleimpapilleu , die sich hier aber auch auf der cylindrischen Sprolsachse selbst finden. Die Calobryaceen stellen die höchste Entwick- lungsstufe der „anakrogynen" Lebermoose dar. Dies spricht sich auch namentlich darin aus, dafs die Sprosse , welche die Sexualorgane tragen, terminale Gruppen von Antheridien und Archegouien besitzen , worauf bei Be- sprechung der Stellung der Geschlechtsorgane zurückzukommen sein wird. Aufserdem ist hier die cylindrische Sprols- achse scharf von den vollständig quer zu ihr inserierten Blättern ab- Fig. 167. Calobryum Blumii. Habitusbild einer weiblichen Pflanze in nat. Gr. H Aus- läufer, die zugleich als Wurzeln dienen, und sich teilweise zu (sympodialj verketteten Laub- sprossen erheben; N Neben- ausläufer. ^) Blattbürtige Schleimpapilleu finde ich auch bei Fossombronia caespitiformis. ^) Vgl. Goebel, Calobryum Blumii, Ann. du jardin botanique de Buitenzorg Vol. IX p. 11 ff. Ich habe hier nachgewiesen, dafs das bis dahin ganz rätselhafte Calobryum mit Haplomitrium in eine Gruppe gehört, die ich Calobryaceen genannt habe. Die Änderung in „Haplomitriaceen", die ein neuerer Kompilator vorgenommen hat, ist eine ganz willkürliche. I. Arcliegoniaten. 267 gegrenzt, es ist ein durchaus typischer beblätterter Sprol's vorhanden. Dabei ist von Interesse, dal's gelegentlich sich anisophylle Sprosse finden ^). Die Blätter auf der einen Seite sind um die Hälfte kleiner als die anderen und können sogar gelegentlich fast ganz verkümmern, während die beiden anderen Blattreihen schief, nicht quer inseriert waren. Dieser Fall ist von erheblichem Interesse, weil er als ein offenbar durch äufsere Faktoren bestimmtes und deshalb dem Experimente zugängliches Vor- kommen diejenige Ausbildung der Blätter darstellt, die bei den akro- gynen foliosen Lebermoosen die herrschende ist. Hier haben wir auch ein meist mit dreiseitig pyramidaler Scheitel- zelle-) wachsendes, typisch dreireihig beblättertes Stämmchen, aber die ventrale Blattreihe der Amphigastrien besteht aus Blättern, die kleiner sind als die beiden seitlichen. Das hängt damit zusammen, dals hier in der vegetativen Region nur plagiotrope Sprosse vorkommen, al)- gesehen von solchen, die Brutknospen bilden. Die Amphigastrien sind zuweilen auf haarförmige Bildungen reduziert oder fehlen ganz, wie bei Juugermannia bicuspidata, wo sie übrigens gelegentlich, aber selten, auftreten. Ein solches Auftreten ist ganz ausgeschlossen bei Physiotium, dessen Sproisachsen eine zweischneidige Scheitelzelle haben, also nur die Segmente anlegen, aus denen Seitenblätter hervorgehen^). Charakte- ristisch ist, dal's au den orthotropeu Sexualsprossen die Amphigastrien auch da auftreten, wo sie den vegetativen fehlen, und denselben Fall habe ich früher (I p. 81) für die orthotrope Brutknospen tragenden Sprosse von Calypogeia nachgewiesen. Bei den meisten Formen sind die Blätter einschichtig, doch kommen mehrschichtige z. B. bei Gottschea pachyphylla und einigen anderen vor, wo die Mehrschichtigkeit vernmtlich dieselbe Bedeutung hat wie die Blattsukkuleuz bei den höheren Pflanzen. Ein Mittelnerv ist meist nicht vorhanden. Wo ein solcher bei schwacher Vergröfserung scheinbar sich darbietet, handelt es sich um Zellen mit eigentümlichem, von dem der anderen Blattzellen abweichendem Inhalt (so z. B. bei Frullania Tamarisci); vielleicht handelt es sich, dabei — was näher zu untersuchen wäre — um eine Anhäufung von Ölkkörperu). Eine Andeutung eines mehrschichtigen Nerven findet sich bei Sca- pania und Plagiochila- Arten und bei Jungerm. albicans*). Charakteristisch ist die frühzeitig auftretende, bei manchen aber später wieder verwischte Teilung des Blattes in zwei Hälften, die ein Spitzenwachstum, wie es bei den Laubmoosblättern vorhanden ist, von vornherein ausschliefst. Dem entspricht auch die bei vielen Jungennannieen im fertigen Zustand deutlich sichtbare Zweilappigkeit der Blätter, wobei Oberlappen und Ihiterlappen der Seitenblätter, nicht aber der Amphi- gastrien, häufig von sehr verschiedener Form und Gröise sind. Durch diese Zweiteilung unterscheiden sich die Blätter der akrogynen Formen auch von denen aller anakrogynen. Die Auswüchse, die in Gestalt von Lamellen, Papillen usw. sich auf den Blättern mancher Formen finden, sollen bei Besprechung der Einrichtungen zur Wasseraufnahme Er- wähnung finden. Schon im allgemeinen Teile geschildert wurde die bei vielen Formen auftretende Verschiebung, die so weit gehen kann, dafs die Seitenblätter 1) A. a. O. p. 16, vg-1. auch T. I p. 87. 2) Betreffs der Gestalt derselben vgl. I p. 87. 3) Vgl. Fig. 187, 1 und Flora 1893 p. 445 ff. *) Vgl. MoKiN, Anatomie comparee de la feuille des Muscinees. These. Eeunes 1893. 18* 268 Specielle Organ ographie. horizontal eingefügt erscheineü. Es ist dies allerdings nicht allgemein der Fall: wo keine eigentliche Blattlläche ausgebildet ist, sondern das Blatt wesentlich nur aus Zellreihen besteht, wie bei J. trichophylla , Lepidozia bicruris, Arachniopsis, untei-bleibt die Verschiebung. Schon dies lälst darauf schliefsen, dals es sich um eine Verschiebung handelt, die zur Herstellung einer günstigen Assimilationsfläche in Beziehung steht, und zwar wird diese Verschiebung bei manchen Formen, z. B. J. l)icuspidata, wie ich gezeigt habe ^), direkt durch das Licht bewirkt, bei andern ist sie erblich geworden. „Verwachsungen" der Blätter (entweder der beiden einander an- nähernd gegenüber- stehenden Blätter oder dieser beiden und des entsprechenden Amphi- gastriums) konmien bei verschiedenen Arten vor, ohne dals bis jetzt eine biologische Bedeu- tung dieser Erscheinung ersichtlich wäre (so bei Plagiochila connexa und conjugata,Chiloscyph US- Arten u. a.). Sehr merkwürdig ist die Thatsache, dals es beblätterte Junger- mannieen giebt , deren Vegetationskörper ge- wissermafsen auf die Gestalt eines Thallus zurückgesunken ist. Dies ist der Fall bei Ce- phalozia (Pteropsiella) frondiformis. Dei- Vege- tationskörper dieses Lebermooses stellt, wie schon der Artname besagt , einen tiaclien, bandförmigen Thallus dar, von dem beblätterte, die Sexualorgane tragende Äste entspringen. Wie meine Untersuchungen ergeben haben -), entspricht indes der scheinbare Thallus einem beblätterten Sprofs, dessen horizontal gestellte Seitenblätter miteinander verschmolzen sind oder, was auf dasselbe hinauskommt, auf einer flügeiförmigen Wucherung des Stämmchens stehen. Man findet auch Übergangsformen vom „Thallus" zum beblätterten Stämmchen. Fig. 168. Lepicolea cavifolia. Habitusbild einer Pflanze, von unten, die seitlichen Äste zu Flagellen ausgewachsen, die mit reduzierten Blättern besetzt sind ; etwa 3 mal vergr. ^) Über Jugendformen von Pflanzen und deren künstliche Wiederhervorrufung. Sitzber. der Kgl. ßayr. Ak. der Wiss. math. physik. Klasse 1896. ^) Über rudimentäre Lebermoose, Flora 1893. I. Archeffoniaten. 269 ■^#^^^\ TÄ^CÜI- e^/«?-'!'--'''^. Ähnlich ist es bei der Gattimg (resp. Sektion von Cephalozia) Zoopsis (vgl. Fig. 227). Auch hier sind die Blätter nur als kleine An- hängsel des Stämmchens ausgebildet. Die abgetlacht-grorszellige Dorsal- seite dessellien besorgt die Assimilation, eine genaue Untersuchung des Vegetationsi)unktes ergiebt aber, dais hier dieselben Verhältnisse sich finden wie l)ei andern foliosen Formen, und die Sexualsprosse haben auch wohlentwiekelte Blätter. In anderer Weise findet eine Reduktion der Blätter statt bei den Sprossen, die als „Flagellen" und als Ausläufer, resp. Rhizome ausgebildet sind. Unter Flagelleu ^_^^ verstellt man Sprosse -.,-.«-»,-~^ mit dünnen . langen Sprol'sachsen und re- duzierten Blättern. Bei Lepidozia , Lepicolea u. a. können gewöhn- liche Seitensprosse sich zu Fla gellen ent- wickeln. Diese sind reich an Ehizoiden und dienen offenbar als Befestigungsapparate, ähnlich wie wir sie oben von einigen Aneura-Arten kennen gelernt halien. Bei Mastigobryum sind diese Flagellen ven- tralen Ursprungs. Die Sprosse wachsen hier nicht dem Substrate angeschmiegt, sondern schief aufsteigend. Die Flagellen haben genau dieselbe Funktion wie die Wurzelträger der Selaginellen.sie führen der Pflanze Wasser und darin gelöste Stoffe aus dem Substrate zu. und sie können wie die übrigens ganz blatt- losen Wuizelträger der Selaginellen zur Umbildung in beblätterte Sprosse künstlich veranlafst werden. Auch bei Lembidium dendroideum (Fig. 169) treffen wir schief auf- steigende Sprofssysteme , die keine Ehizoiden entwickeln. Diese finden sich dagegen an den in das Substrat eindringenden und auf demsellien kriechenden, mit reduzierten Blättern versehenen Sprossen, von denen die in das Substrat eindringenden äuiserlich ganz wurzelähnlich aussehen (vgl. die Figurenerklärung). Bei vielen Plagiochila- und Bryopteris-Arten (Fig. 170) sind die Sprosse in ihrem untern Teile dem Substrat angeschmiegt und erheben sich in ihrem oberen frei. Ebensowenig wie bei der Eut- Fig. 169. Lembidium dendroideum. Habitusbild einer frei- präparierten Pflanze, 4 mal vergr. Die oberirdischen Sprofs- systeme schief aufsteigend und mit den Enden eingekrümmt. A Antheridienäste an der Basis der Sprofssysteme. Diese sind mit wurzelähnlicheu unterirdischen Sprossen versehen, an einem derselben der Knollensprofs £. — (Der älteste oberirdische Sprofs ist der am meisten rechts stehende ab- gebrochene Stummel.) 270 Specielle Organographie. Stehimg der Flagellensprosse wissen wir, welche äurseren Faktoren etwa auf die Entstehung dieser Sprol'sformen von Eintluls sind. Von sonstiger Arbeitsteilung unter den Zweigen eines Sprolssystems (abgesehen von den Trägern der Sexualorgane) ist zu erwähnen das Vor- kommen von Langtrieben und Kurztrieben, das ja auch bei den thallosen Formen sich findet, es tritt dies bei Bryopteris filicina deutlich hervor (Fig. 170). Knollenbildung, wie sie bei thallosen Formen anzuführen sein wird, ist bei fo- liosen akrogynen bis jetzt nicht bekannt (vgl. jedoch Fig. 169, bei B). Es erübrigt noch anzuführen, in welcher Beziehung die Ver- zweigung zur Blatt- bildung steht. In keinem Falle ist sie eine „axilläre". Wie aus dem Obigen her- vorgeht, sind, dem dorsiventralen Cha- rakter ^) der beblätter- ten Jungermaunieen entsprecheod, die Äste entweder laterale oder ventrale, ganz e])en- so wie bei den thal- losen , ebenfalls dorsi- ventralen Formen. Nur bei Anomoclada^) erscheinen die Äste auf der Rückseite der Sprosse. — Bei der lateralen Verzweigung sehen wir, dafs die Zweigbildung teilweise auf Kosten eines Seiten- Idattes geschieht. Untersucht man z. B. bei Frullania dilatata ein Blatt, an dessen Grunde ein Seiten- sprois entspringt , so zeigt sich, dafs diesem Blatte sein unterer Teil, das „Blattohr" fehlt, und an dessen Stelle ein Sprofs seinen Ursprung nimmt. Während sonst das ganze seitenständige Segment zur Blattbildung beansprucht wird — zuweilen werden einige Zellen zur Bildung der freien Stannn- obertläche verwandt — , wird hier die „bauchständige Hälfte" des Seg- mentes zur Zweigbildung verwendet, es bleibt zur Blattbildung nur die Fig. 170. Bryopteris filicina. Habitusbild. Die Sprosse, in einer Ebene verzweigt, treiben an der Basis mit reduzierten Blättern versehene Ausläufer, welche sich zu neuen Sprofs- systemen erheben können und zugleich für die Befestigung sorgen. 4 mal vergr. 1) Vgl. I p. 80. ^) Deren Verzweigung entwicklungsgeschichtlich näher zu untersuchen wäre. I. Archegoniaten. 271 obere Hälfte übrig. Nur graduell davon verschieden ist die Zweiganlage im „basiskopen Basilarteil" des Segmentes, d. h. die Blattbildung aus dem Segment ist hier vollständig, und nur eine Zelle im untern (basiskopen) Teil des Segmentes wird zur Scheitelzelle der Astanlage , die man also z. B. bei Radula comjjlauata unterhalb eines vollständig ausgebildeten Blattes findet. Die Seitensprosse mancher Arten können sich zu Ruheknospen ge- stalten. So bei Lejeunia , wo die drei ersten Blätter des Seitensprosses zu einer Hülle zusanimenschlielsen, welche die auf unbestimmte Zeit ruhende Sprofsanlage umgiebt und erst bei deren Weiterentwicklung durchbrochen wird. Dies führt über zu der (nach Leitgeb) endogenen Entstehung der ventralen Seitensprosse mancher Arten. So bilden sich nach diesem Forscher die Flagellenäste von Mastigobryum aus einer un- mittelbar unter der Aufsenzelle gelegenen Zelle, ebenso die Fruchtäste derselben Ptianze, sowie die von Lepidozia, Calypogeia u. a. Eigentüm- lich ist die Zweigbildung von Lophocolea bideutata und Jungermannia Idcuspidata. Sie erfolgt fast ausschlielslich ventral, die endogen angelegten Äste breiten sich dann aber zu beiden Seiten des Hauptstämmchens auf dem Substrat aus, so dafs das Verzweigungssystem denselben Halntus zeigt wie ein aus lateraler Zweigbildung hervorgegangenes. Es erübrigt uns noch , nachdem wir die Gestaltungsverhältnisse des Yegetationskörpers kennen gelernt haben, einen Blick zu werfen auf die Organe, die ihn dem Substrate anheften und ihm wenigstens bei manchen Formen auch Wasser und darin gelöste Stoffe zuführen. Es sind dies die Ehizoiden (Haarwurzeln). Allen Lebermoosen — sowohl den thallosen als den folioseu — gemeinsam ist der Besitz einzelliger Haarwurzeln oder Rhizo'iden, im Gegensatz gegen die Laubmoose, die stets gegliederte (aus einer Zellreilie bestehende) Rhizoiden halien. Die Aufgabe dieser Rhizoiden ist eine verschiedene , bei manchen Leberlnoosen sind sie offenbar nur Haftorgane (so bei einigen epi- l)hytisch lel)enden foliosen Formen), bei anderen sind sie zugleich Haftorgane und wasseraufnehmende. Kur bei wenigen Formen fehlen die Rhizo'iden ganz, und es lassen sich dafür auch Gründe angeben. So sind z. B. die Calobryaceen (Calobryum und Hai)loniitrium) rhizold- los^). Sie besitzen, wie obenerwähnt (vgl. Fig. 167), wurzelähnliche, im Substrate kriechende S])rosse, welche offenbar die Rhizoiden über- flüssig machen. Ebenso fehlen diese bei Physiotium cochleariforme, einer mit grofsen Wassersäcken versehenen Form, die sich also verhält wie Sphagnum-). Bei zwei Riccien, die Land- und Wasserformen hal)en (R. natans und R. fluitans), fehlen sie bei der Wasserform, sie sind hier ebenso überflüssig wie die Wurzeln mancher anderen, im System höher stehenden Wasser- pflanzen (z. B. Salvinia, Utiicularia u. a.), w^elche gleichfalls nicht zur Aus- bildung gelangen. Wie früher für R. fluitans mitgeteilt wurde (I i). 231), kann ül)rigens auch bei der Wasserform die Rhizoidenbildung durch Kon- takt mit einem festen Körper hervorgerufen werden. Dagegen ist bei manchen Ei)iphyten ein besonders starkes Haftorgan entwickelt in Form ') Die Keimung dieser Lebermoose ist noch nicht bekannt. Es wäre möglich, dafs — ähnlich wie Sphagnum — die Keimlinge mit Rhizoiden ausgerüstet sind. ^) Bei Trichocolea Tomentella, die nach Nkes nur wenig oder keine Rhizoiden haben soll, finde ich diese dagegen wohl entwickelt. 272 Specielle Oi'ganog:raphie. einer Haftscheibe, deren Vorhandensein und Entstehung aus einem Rhi- zoidenbündel ich bei Lejeunia-Arten nachgewiesen habe'). Bei einigen thallosen Formen sehen wir eine Arbeitsteilung unter den Rhizoiden eintreten. Diese erfolgt bei Lebermoosen, die durch stattliche Gröfse sich auszeichnen, und namentlich auch l)ei solchen, liei denen die Thallusoberseite kein Wasser aufnimmt und deshalb die Rhi- zoiden eine besondere Bedeutung für die Wasseraufnahme lialien. Bis jetzt sind in dieser Beziehung bekannt Monoclea ^) und die Angehörigen der Marchantiaceen-Reihe. Monoclea dilatata, welche ich in Venezuela lebend zu untersuchen Gelegenheit hatte ^), ist deshalb von Interesse, weil sie die bei den Marchantiaceen hervortretenden Eigentündichkeiten der Rhizoideubildung nur angedeutet zeigt. Sie hat nändich ZAveierlei Rhizoiden: engere, verhältuismäfsig dickwandige und dünnwandige weitere, Erstere ent- springen teils aus dem Thallusrand, teils aus der Unterseite, letztere ausschliefslich aus der mittleren dickeren Partie der Thallusunterseite (vgl. Fig. 134, III). Sie dringen sofort in das Substrat ein, die ersteren aber wachsen zunächst dem Thallus angeschmiegt, und zwar so, dafs die seitlich ents])ringenden nach der Mittelregion hin konvergieren. Hier bildet sich ein Rhizo'idenstrang, der unter der „Mittelri])])e" verlauft, und der sich schon durch seine Kapillarwirkung feucht erhalten wird; die seitlichen Rhizoiden können dann die Seiteni)artieen des Thallus versorgen. Die ganze Anordnung erinnert au die bei hygrophilen Marchantiaceen, namentlich bei Dumortiera vorhandene; ich fand Mono- clea auch nur an sehr feuchten Standorten. Was bei Monoclea nur an- gedeutet ist, kommt, wie erwähnt, bei den Marchantiaceen zur aus- gejirägten Entwicklung. Hier finden sich auch die längsten Rhizoiden (nicht selten über 2 cm), die auf der Unterseite des Vegetationskörpers oft einen dichten Filz ])ilden. Die Arbeitsteilung unter den Rhizoiden tindet hier ihren Ausdruck in der Verschiedenheit von „glatten'' und „Zäpfchenrhizoiden". Die ersteren liaben die gewöhnliche Ausbildung, die letzteren sind ausgezeichnet durch zäi)fchenförmige Verdickungen in ihrem Innern. An den Keimlingen und den aus Brutknospen entstehenden Pflanzen von Marchantia treten zunächst nur glatte Rliizoideii auf; sie sind es auch, die auf der Unterseite eines älteren ^larchautiathallus zunächst in die Erde eindringen und ihn l)efestigen. Die Zäpfchenrhizo'iden dagegen liegen , wie früher beschrieben (p. 258) , zunächst in Gestalt von Bündeln der Thallusunterseite an , das stärkste längs der ]\Iittel- linie des Thallus verlaufend, erst weiter hinten am Thallus dringen auch die Zäi)fchenrhizoiden in den Boden ein. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs diese Rhizoideubündel, die auch unter den Inflorescenz- strahlen von ^larchantia und im Stiel der Intlorescenzen verlaufen (Fig. 171), Wasser auch kapillar (wie ein Docht) zu leiten vermögen, obwohl die Wasserbewegung hauptsächlich in ihrem Innern stattfindet. Mit der Wasserleitung stehen, wie Kamekling'*) neuerdings gezeigt hat, offenbar auch die Verdickungen im Innern der Zäpfchenrhizoiden im Zusammenhang. Wenn der Thallus den Zäpfchenrhizoiden Wasser entzieht und aus dem Boden nicht genügend rasch Wasser aufgenommen 1) S. I p. 161 Fig. 66. ") Welche übrigens Wasser von aufsen aufnehmen kann. 3) Vgl. auch Rüge Flora 1893. •*) Kamerling, Zur Biologie und Physiolooie der Marchantiaceen. Flora 84. Bd. (Erghd. z. Jahrg. 1897j. I. Arcliegoniaten. 273 werden kann, so eutstehen im Inueru Wasser(laiii})fblasen (..Luftl>laseu'"), ^Yelclle ein Xachiückeu des Wassers luiterbrecheD. Durch die Zäpfchen- verdickungen werdeu die Dampflilasen in der Mitte aufgespannt und so die Konnnuuikation von Wasser ober- und unterhalb der Blase an dieser vorbei ermöglicht. Es ermöglichen also die Zä])fchenrhizolden eine ausgiebigere Wasserversorgung als die glatten. Dem ent- spricht die Thatsache , dals sie besonders eutAvickelt sind bei Formen mit relativ starker Transpiration, während sie bei solchen mit schwacher ganz zurücktreten. So fand ich sie bei einer in Venezuela gesammelten hygrophilen Dumortiera-Art nur in verschwindend geringer Zahl, ebenso fehlen sie bei Cyathodium cavernarum. Bei Dumortiera hirsuta finde ich einen Teil der Rhizo'iden zu derbwandigen Borsten umgebildet. Dals sie wirklich umgebildete Bhizo'iden sind, ergiebt sich schon daraus, dafs man zwischen Borsten und Rhizoiden Übergänge findet. Mau wird die Borsten wohl als Schutzorgane des Thallus zu betrachten haben (vgl. auch die vom Thallus abstehenden, wohl als umgebildete Rhizoiden zu betrachtenden Borsten l)ei manchen Metzgeria-Arten). ohne dals es bis jetzt möglich wäre, diese Schutzvor- richtung genauer zu präcisieren. Sonst ist Funktionsänderuug und Umbildung der Rhizoiden nicht be- kannt. Wenn Lindenbekg von R. natans (der Landform) „gegliederte Rhizo'iden" angiebt. so ist dies ein Irrtum oder eine Verwechslung mit den au älteren Riccien zuweilen sich findenden fadenförmigen Adventiv- sprossen, die auch ein neuerer Kom- pilator noch mit Ilhizoiden ver- wechselt. Diese letzteren sind, soweit wir wissen, bei keinem Leber- moose — wieder im Gegensatz zu den Laubmoosen — einer Umbildung oder Weiterentwicklung fähig! Fig. 171. Preissia commutata. Querschnitt durch den Stiel einer weiblichen ,,Iu- florescenz". Die Ehizoidenbündel sind iu zwei tiefen seitliclien Kinnen verborgen. Ungeschlechtliche Vermehr u n g ^). Alle ungeschlechtliche Vermehrung ist im Grunde ein Teiluugsvorgang des Vegetationskörpers, bei welchem die Teilstücke freilich von sehr ungleicher Grölse sein können. Bei kriechenden Lebermoosen werden — ebenso wie bei vielen anderen Pilanzen — die Äste durch Ab- sterben der hinteren älteren Teile zu selbständigen Pflanzen (Fig. 172). Vielfach haben sich aber auch be- sondere Vermehrungsorgane ausgebildet, die man als Brutknospen bezeichnet. Dafür seien einige Bei- spiele angeführt. Fig. 172. Ricein fluitans. Landform, nat. Gr., von oben. Die Zweige des Thallus vereinzeln sich durch Ab- sterben von hinten her. ') Vgl. Nkes V. EsKXBECK, Naturgcsch. der europäischen Lebermoose; Lkitgeb a, a. ()., EcGE, Beitr. zur Kenntnis der Vegetationsorgane der Lebermoose Flora 77. Bd. 1893; ScHüSTAKOwiTscH, l'bcr Reproduktion und Regenerationserscheinungen bei den Lebermoosen Flora 79 (Ergbd. z. Jahrg. 1894). 274 Specielle Orgauographie. A) Dem Teilungsvorgang am nächsten an scliliefseu sich die Fälle, wo sich besonders ausgebildete Zweige vom Vegetationskörper ablösen ^). In sehr rudimentärer Gestalt tritt uns dieser Vorgang entgegen bei Pellia calycina. Gegen Ende der Vegetationsperiode entstehen an sterilen Exemplaren durch wiederholte Gabelung des Vegetationspunkts kurz- bleibende , mit Stärke und anderen Reservestoffen gefüllte , nicht mit Khizolden versehene, sondern vielfach etwas aufgerichtete und einander überdeckende Auszweigungen (Fig. 173), welche leicht abbrechen und offenbar eine primitive Form von Brutknospeu darstellen. Sie können, wenn sie nicht abbrechen, im nächsten Frühjahr als gewöhnliche Thallus- zweige weiter wachsen. Weiter differenziert sind diese bei Fegatella supradecomposita. Sie stehen auf dünnen Stielen , können also leicht I V'- i/ Fig. 173. Pellia calycina. Verzweigung eines sterilen Thalluslappens im Herbst, von der Unterseite. Vergr. Fig. 174. Fegatella supradecomposita. Thallus mit 3 Brutknospen, von unten. 12 fach vergr. sich ablösen (Fig. 174). Äulserlich gleichen sie einigermalsen denen von Marchautia, namentlich dadurch, dafs sie seitlich je einen Vegetations- punkt haben. Es sind annähernd kreisförmige, flache Platten , die aber ganz anders entstehen als die von Marchantia. Während letztere, wie unten nachgewiesen werden soll, eigentlich einzellige, nur vor ihrer Ablösung (statt erst bei der Keimung) zu einem Zellkörper heran- wachsende Brutkörper sind, sind die von Fegatella supradecomposita nur modifizierte Thalluszweige, was auch daraus ersichtlich ist, dais die Vegetationspunkte mit Schuppen bedeckt sind , wie dies bei dem Thallus der Marchantieen allgemein der Fall. B) Alle übrigen Formen von Brutknospen lassen sich meiner An- sicht nach zurückführen auf die Bildung von Brutzellen, die aber viel- fach schon an der mütterlichen Pfianze sich weiter entwickeln , so dafs zwischen ihnen und Adventivsprossen zuweilen keine scharfe Grenze zu ziehen ist; so in dem Verwandtschaftskreis der Metzgerieen. Viele Aneura- Arten haben vom Thallus sich loslösende zweigeteilte Brutzellen. Diese werden durch einen kurzen Ruck aus ihrer Mutterzelle entleert^), ^) Wir sehen dabei ab von der unten zu schildernden Knöllchenbildung. ^) Vgl. GoEBEL, Muscineen p. 338; Rüge, Flora 1896 p. 307. I. Archegoniatcn. 275 dann wahrsclu inlieh durch Quelhiug innerer ^lenihranschichteu; man findet diese Brutknospeubildung oft in grol'ser Menge auftreten. Daran schliefst sich unmittelbar an die Brutknospenbildung, wie ich sie bei der in der Umgebung meines Wohnortes häutigen ^Nfetzgeria conjugata fand. Hier sind besondere vom Sulistrate al)stehende, den anderen gegen- über sehr verschmälerte Thallusäste als Träger der Brutknospen aus- gebildet. Von besonderem Interesse ist, dafs diese Brutknospenäste allmählich ihre Dorsiventralität verlieren und radiär wtrden: während Brutknospen anfangs nur am Rande auftreten (und zwar dicht gedrängt), findet man sie später auch auf der Oberseite und Unterseite des Thallus. Es ist klar, dais die aufrechte Stellung die Verbreitung der Brut- knospen begiinstigt. Die Brutknospen sind hier, wenn sie sich ablösen (w'obei. ähnlich wie bei Aneura, ein Ptest der Zellwand der ]\Iutterzelle stehen bleibt), zu konkaven Zellplatten herangewachsen, die einen Vege- tatiouspunkt (mit zweischneidiger Scheitelzelle) besitzen und zu einem neuen Thallus heranwachsen ; dies geschieht bei den Brutkörpern von Aneura erst nach der Ablösung. Bei .Metzgeria furcata finden wir statt der Brutknospen regellos auftretende „Adventivsprosse", die auch aus einzelnen Zellen des Randes oder der Mittelrippe hervorgehen. Mehr oder minder weit vor der Ablösung herangewachsene Brut- knospen finden sich auch bei anderen thallosen Leliermoosen : so die oft beschriebenen von jMarchantia und Lunularia, ferner bei Treubia, Cavi- cularia und Blasia. Letztere hat sogar zweierlei Brutknospen: die einen sind Zellkörper von annähernd kugeliger Gestalt, die in flaschen- förmigen Behältern mit langem Halse gebildet werden, aus denen sie bei Befeuchtuug herausquellen (weil Schleim von Schleimpapillen auf. dem Grunde des Brutkuospenbechers gebildet wird, was in minder aus- giebiger Weise auch bei ^larchantia geschieht); die anderen sind „Brut- schüppchen", an deren Basis die Zelle, aus welcher der neue Thallus hervorgeht , schon in einem frühen Entw icklungsstadium kenntlich ist. Sie finden sich auf der Thallusoberseite, besonders an solchen Sprossen, welche weder Brutknospenbehälter, noch Geschlechtsorgane tragen^). Cavicularia hat Brutknospen, deren äuisere Zellen dickwandig und mit je einer Hervorragung versehen sind, sie sind vielleicht zur Verbreitung durch Thiere bestimmt. Es würde kaum von allgemeinerem Interesse sein, die Brutknospen- bildung der thallosen Formen hier im einzelnen zu schildern. Erwähnt sei nur, dals sie meist sporadisch in bestimmten Verwandtschaftskreisen, zuweilen selbst innerhalb von Gattungen auftritt. So ist z. B. Antho- ceros glandulosus die einzige derzeit bekannte Anthoceros-Art, welche Brutknospen (in Form ovaler Zellkörper) besitzt; unter den Marchantieen sind nur Marchautia und Lunularia damit ausgerüstet; wie ausgiebig sie sich durch Brutknospen verbreiten, ist daraus ersichtlich, dals man diese Pflanzen nicht mit anderen Moosen zusammen kultivieren kann, ohne dais die letzteren in kurzer Zeit mit Marchantia und Lunularia infiziert und schlieislich von ihnen überwuchert werden. Bei den foliosen Jungermaunieen ist das Vorkonum^n von aus Sprossen gebildeten Brutknospen nicht bekannt, wohl aber finden sich häufig einzellige oder vor der Ablösung zu Zellkörpern heranwachsende. ') Die Brutschüppchen sind in mancher — namentlich anch biolog^ischer Beziehung — noch der Aufklärung bedürftig. Ein ähnlicher Dimorphismu.s der Brutknospen scheint mir übrigens bei Laubmoosen (Tetraphisj vorzukommen. 276 Specielle Orgauographie. Die Brutknospeubildung ist bei zahlreichen Arten verbreitet. Meist tindet sie sich am Rande, resp. an der Spitze der BUitter, wobei die Brutknospen oft in langen, verzweigten, hefeartig sprossenden Ketten auftreten. Die einzelnen Brutzellen lösen sich namentlich bei Befeuch- tung leicht voneinander ab; bei Lophocolea bidentata fallen lose, mit- einander verbundene Zellaggregate von den Blättern ab. Jenachdem die Brutknospeubildung in einem mehr oder minder frühen Stadium statt- findet, wird die Blattbildung mehr oder minder durch die Brutknospeu- bildung beeinträchtigt. Es läfst sich dies an ein und demselben Sprol's beobachten. Bei Scapania nemorosa z. B. findet man an den brut- kuospentragenden Sprossen bei den unteren Blättern nur die Spitze des Blattoberlappens mit Brutknospen besetzt — die Bildung derselben trat relativ spät ein. Bei den weiter ol)en stehenden Blättern wird zuerst der Blattuuterlappen in die Brutknospeubildung mit einbezogen , und je w^eiter nach oben , desto mehr wird die Entwicklung der Blattfiächen gehemmt, bis endlich an Stelle jedes Blattes direkt aus dem Scheitel- zellsegment eine Gruppe von Brutkörnern erscheint; die blattbürtigen Brutkuospen sind zu stengelbürtigen geworden — ein lehrreiches Bei- spiel für eine schrittweise vor sich gehende Umänderung. Die Zahl der Brutknospen ist in solchen Fällen eine sehr grolse, sie geht vielfach in die Tausende. Dafs die brutknospentragendeu Sprosse mancher Arten, z. B. Calypogeia Trichomanes, orthotrop werden — ganz ähnlich dem von ]Metzgeria conjugata ol)en angeführtem Beispiel — , wurde schon früher erwähnt. Bei Radula\ Lejeunia^) und Colura^) l)ildeu sich an den Blättern Brutkuospen in Gestalt von Zellfiächen, M'elche bei diesen meist epi- physisch lebenden Formen eine rasche Anheftung an das Substrat ge- statten. Die von Lejeunia (Fig. 175) haben zwei Vegetationspunkte, aus denen später je ein Sprols hervorgehen kann, auch sind sie schon mit Haftorganen ausgerüstet. Diese Haftorgane sind, wie der Vergleich von Fig. 175, 77/ mit Fig. 175, 7 zeigt, nichts anderes als in ihrer Entwicklung gehemmte Pihizoiden. Der Fall von Fig. 175, 7 ist auch dadurch von Interesse, dais hier nur eine Scheitelzelle vorhanden ist. Wahrscheinlich hängt dies damit zusammen, dafs die Brutknos^jO hier nicht in der Mitte, sondern excentrisch angeheftet ist. Bei den mit zwei Scheitelzellen ver- sehenen Brutknospen von Lejeunia (Fig. 175. 777) kann aus jeder der Scheitelzelleu ein beblättertes Pfläuzchen hervorgehen , aber es kann, wie ich beobachtete, die Scheitelzelle auch zu einem „Thallus" aus- wachsen (indem die zweischneidige Segmentierung weiter geht), ähnlich wie eine keimende Spore ihn liefert. Offenbar geschieht dies unter Umständen, welche für die Bildung des Stämmchens nicht günstig sind; besonders entwickelt ist dieser „Thallus" oft an den keimenden Brut- knospen von Iladula- Arten (vgl. die a. a. O. gegebenen Abbildungen), er trägt hier auch dazu bei, die junge Pflanze noch fester an das Sul)- strat (Phanerogamenblätter) anzuheften. In dieser Abhängigkeit der Weiterentwicklung der Brutknospen zu beblätterten Pflanzen macht sich eine physiologische Übereinstimnmng mit den Erscheinungen der Sporen- keimung geltend . und diese findet auch in morphologischer Beziehung statt. Denn die Keimung der Brutknospen erfolgt, wie ich schon früher ^) Vgl. GoEBEL, Morphol. u. biol. Studien I (Annales du jardin l)otanique de Buitenzorg Vol. VII). I. Arc'hegroiiiaten. 277 (Musciueeu p. 339) hervorhob imd durch die Untersuchimgeu von Rüge und SCHOSTAKOWITSCH bestätigt wurde, im allgemeinen übereinstimmend mit der der Sporen, bei deren Besprechung darauf zurückzukommen sein wird. Bei ]\Iarchantia und Lunularia ist dies scheinbar gar nicht der Fall; wir werden aber sehen, dal's hier eigentlich nur eine andere Orientierung der „Keimscheibe" vorliegt, die sich — ähnlich wie bei Riella — nicht in Flächen-, sondern in Protilstellung entwickelt. Man kann leicht feststellen, dal's oft ein gewisser Antagonismus zwischen Brutknospenbilduug und geschlechtlicher Fortpflanzung vor- handen ist. Die Brutknospen treten entweder ausschliel'slich oder doch vorzugsweise auf an sterilen Exemplaren, Leitgeb beobachtete sie indes Fig. 175. Brutknospenbildung von Lejeunia. / Brutknospe von L. (Odontolejeunia) mirabilis St. n. sp. S Scheitelzelle, A Anhaftungsstelle. Aus einzelnen Randzellen haben sich auf der Unterseite Haarwurzeln (Rhizo'iden) entwickelt in Gestalt langer Schläuche. II Stück eines Blattes von Lejeunea (Cololejeunia) Goehelii mit 3 noch aufsitzenden Brutknospen und den Ansatzstellen (s) zweier abgefallenen. /// Brutknospe derselben Art mit 4 Haftorganen (*) und zwei Scheitelzellen. auch an den Blattspitzen männlicher „Intlorescenzen" von Scapania nemorosa, und Nees von Esenbeck führt „Jungermannia Sphagni" als zugleich mit Sporogonien und Brutknospen vorkommend an. Dafs aufserdem den Lebermoosen eine reiche Regenerationsfähigkeit (namentlich aus abgetrennten Stücken) zukommt, wurde bei Besprechung der Regenerationserscheinungen hervorgehoben (I p. 40). Dort wurde auch betont, dal's hierbei im Unterschied gegen die Laubmoose, bei denen bei der Regeneration stets auf das für die Sporenkeimung charakteristische „Protonema" zurückgegriffen wird, bei den Leber- moosen sofort Zellkörper aufzutreten pflegen, auch da, wo bei der Sporenkeimung ZellHächen oder Zellfäden entstehen. Indes veranlassen mich meine Untersuchungen zu der Annahme , dafs auch in jeder Zelle 278 fSpecielle Organographie. der Leiiermoose die Fälligkeit, sich der Sporenlveinmng eutsprecheud weiter zu entwiclvelii. latent vorhanden ist. aber nur hervortritt, wenn eine Abschwächuug des Vegetationskörpers stattgefunden hat. Der Nachweis dafiir gelang speciell bei Metzgeria furcata M. bei welcher unter bestimmten Bedingungen die Zellen nicht wie sonst direkt zu „Adventiv- sprossen" auswachsen, sondern zu Zellreihen, ganz wie bei der Sporen- keimung. Und dem entspricht ferner eine Beobachtung Leitgebs, wo- nach an älteren (d. h. nach meiner Auffassung abgeschwächten) Pflanzen von J. bicuspidata Zellen der StengeloberÜäche zu Schläuchen auswachsen können, die. den Keimschläuchen entsprechend, an ihrer Spitze einen Sprofs bilden. Ähnliches wurde an den alten Blättern von Lophocolea bidentata und (von mir) an denen einer tropischen Lejeunia beobachtet — Thatsachen, welche, wie hier nicht weiter ausgeführt werden kann, von der gröfsten Bedeutung für unsere Gesamtauffassung der Entwicklung sind, so wenig man auch in unserem mikrotomfreudigen Zeitalter solche Erscheinungen zu beachten püegt. Anpassungserscheinungen der vegetativen Organe l)ei Lebermoosen. 1) In erster Linie kommt hier das Verhältnis zum Wasser in Betracht, da der Vegetationskörper anatomisch ganz anders gebaut ist, je nachdem er Wasser direkt von aufsen aufnimmt oder nicht. Nur die Lebermoose , bei denen die Obertläclie des Vegetationskörpers nicht l)euutzbar ist, erreichen eine höhere anatomische Gliederung, die aber durch Piückl)ildung auch wieder auf einfachere Verhältnisse zurücksinken kann. Mau kann sich leicht davon überzeugen, dafs eine Piiccia (abgesehen etwa von Riccia tiuitans) oder eine ^Larchantia nicht wie eine Pellia oder die beblätterten Lebermoose direkt von Wasser benetzbar ist, und darin liegt der Schlüssel für den so al)weichendeu Bau. der zu einer Parallelbildung mit der Gewebegliederung höherer Pflanzen geführt hat. Die meisten Lebermoose gehören zu den „hygrophilen" Pflanzen, d. h. denen, die in feuchter Umgebung leben, wo sie selten der Gefahr längerer Austrocknung ausgesetzt sind, und wir sehen dementsprechend, dafs ebenso wie bei den Flechten auch bei den Lebermoosen die Zahl der Formen um so gröfser wird, je mehr mau sich der feuchten Gel)irgsregion nähert. Epiphytisch oder auf ungeschützten Standorten lebende Formen aber werden zeitweiligem Wassermangel ausgesetzt sein: wir sehen sie teils mit der Fähigkeit ausgerüstet, nicht zu lange dauernde Austrocknung zu ertragen , teils mit besonderen Einrichtungen zum Wasserfesthalten. Diese kommen auch schon bei terrestrischen Formen vor, sie sind in ganz überraschend reichem Mafse bei zahlreichen Formen vorhanden. Im allgemeinen zielen diese Einrichtungen darauf hin, Wasser fest- zuhalten und so eine ausgiebigere Wasseraufnahme zu ermöglichen. Der Nutzen dieser Einrichtung ist da , wo Wasser nicht stets vorhanden ist, ohne weiteres einleuchtend, bei Wassermangel stehen bei den meist zart- gebauten Formen die Lebensvorgänge, namentlich auch die Assimilation ^) Vgl. GoKBEL, Eückschlacrsbildungen und Sprossuno- bei Metzareria, Flora 85. Bd. (1898) p. 69 ff. I. Archegoniaten. 279 bald still ^), sie werden also um so länger im Gange bleiben und um so intensiver verlaufen, je länger Wasser festgehalten wird. In den Tropen sind Lebermoose vielfach auf Blättern höherer Pflanzen angesiedelt, von denen das Wasser leicht abläuft. Indes finden wir Einrichtungen zum Wasserfesthalten auch bei Lebermoosen, die in der meist triefend nassen Bergregion der Tropen wachsen, wie z. B. bei Physiotium- Arten. Hier ist zu beachten , dafs ein ähnliches Verhältnis wie bei den Torfmoosen vorliegt. Diese wachsen an stets feuchten Standorten, trotzdem haben sie höchst merkwürdige Einrichtungen zum Zuführen und Festhalten von Wasser. Wozu? Darüber habe ich in der Litteratur nichts finden können. Meines Erachteus-) kommt vor allem in Betracht, dafs die Torfmoose der Hauptsache nach von Regen Wasser leben, und dafs sie demzufolge Aschenbestandteile aus dem Substrate nur in sehr geringer Menge erhalten, sie müssen dementsprechend eine grofse Menge von Wasser ver- dunsten. Ähnlich wird auch das jenen in der nassen Bergregion lebenden Lebermoosen zugängliche Wasser von Nebel, Regen u. dgi. herstammen und nur wenig Nährstoffe enthalten, so dafs gröfsere Wassermengen notwendig sind. — Obwohl die Einrichtungen zum Wasserfesthalten bei thallosen und foliosen Formen im wesentlichen über- einstimmen, wird es doch lehrreicher sein, wenn beide getrennt besprochen werden. Den Beginn mögen einige Aneura- Arten machen. 7 v ^ Fig. 176. Aneura eiidiviaefolia. Thallus- stück, ca. 9 mal vergr., von unten. Die Zweige ki'aus nach unten gerichtet. 1. Aneura. a) An. endiviae- folia. In Fig. 17(3 ist abgebildet ein Thallusstück einer Aneura. welche ihre Namen erhalten hat von der einem krausen Endivienblatte ähnlichen Beschaffenheit des Thallus. Diese rührt daher, dafs die Äste nach unten eingebogen sind, sie verleihen dem Thallus so eine schwammige Beschaffenheit, welche ihn geeignet macht, Wasser festzuhalten. Die Äste höherer Ordnung sind von den Haupt- achsen dadurch unterschieden , dafs sie , vom Mittelnerv abgesehen , ein- schichtige Zellplatten sind. — Ähnliches beobachtete ich bei einigen javanischen Aneura-(Pseudoneura-)Arten. Es wäre an lebenden Exem- plaren zu untersuchen , wie weit die Beschaffenheit der Randzellen des Thallus mancher Aneura -Arten für die Wasseraufnahme in Betracht kommt. ^) GoEBEL, Die Blattbildung der Lebermoose und ihre biolog. Bedeutung, Flora 1893 p. 439. Lufttrockene, aber lebende Frullania hatte auch nach achtstündiger Beleuchtung keine CO., zersetzt. Vgl. ferner Jönsson, Recherches sur la respiration et rassimiiation des Muscinees. Comptes rendus 1894, welcher gleichfalls zu dem Resultate kommt „plus la Proportion d'eau est considerable. plus les echange.* g-azeuses sont intenses". '■*) Diese Auffassung ist zuerst von meinem vi über in einer Diskussion ausgesprochen worden. verstorbenen Freunde .1. Sachs mir gegen- 280 Specielle Organographie. b) Ähnlich wie die soeben erwähnte Art verhält sich An. hymeno- phylloides (Fig. 177). Ihr Thallus gleicht einigermai'sen einem fieder- förmig verzweigten Blatt eines Hymenophyllum. Er besitzt eine tret^'liche Einrichtimg zum Festhalten von Wasser. Zunächst ist bemerkenswert, dafs die Thallusspitzen stark nach unten eingekrümmt sind. Auch die Äste der zwei an der Hauptachse stehenden Astreihen konvergieren nach deren Unterseite, und jeder einzelne Thallusast hat seine Ränder konkav nach unten gebogen (Fig. 178, 2, 3). Auiserdem sind die dünnwandigen Zellen der Thallus- ol)erriäche vielfach nach aulsen ge- wölbt , so dafs also für Festhalten von Wasser vortrefflich gesorgt ist. Da])ei ist zu l)eachten, dafs es sich um dem Substrat nicht anliegende Zweigsysteme handelt. Die be- deutende Verschiedenheit im Zellen- aufbau zwischen Haupt- und Seiten- achsen tritt in der Fig. 178 ohne weiteres hervor. c) Andere Einrichtungen treffen wir bei An. fuegiensis (Fig. 179). Hier sind auf der Unterseite des Thallus Lamellen angebracht, die am zahlreichsten an der Hauptachse sind und an den Seitenachseu höherer Ordnung immer spärlicher werden. Der Rand dieser Lamellen ist nicht glatt, sondern mit aus mehreren Zellen bestehenden „Haaren" be- setzt, was die Schwammwirkung natürlich bedeutend erhöht; die Zellwände der Lamellen sind an den Ecken verdickt, wie bei vielen Blättern folioser Formen. Mit (longi- tudiual inserierten) Blättern kann man die Lamellen auch sonst ver- gleichen, denn sie entstehen ähn- lich wie die „Amphigastrien" von Fossombronia je unterhalb einer Schleimpapille (verlaufen also nicht über die ganze Länge des Thallus). Bei den Seitensprossen höherer Ord- nung wird aber nicht hinter jeder Schleimpapille eine Lamelle gebildet. 2. Unsere einheimischen Metzgeria -Arten haben keine besonderen Einrichtungen zum Wasserfesthalten, abgesehen von den Papillen, mit denen der Thallus von M. pubescens besetzt ist. Dagegen hat die in Neu-Seeland auf Baumrinden lebende Metzg. saccata^) ganz ähnliche Fig. 177. Aneura hymenophylloides, in Seitenansicht, Smalvergr. Der Vegetations- punkt des Langtriebes und alle Äste sind nach unten eingekrümmt. ^) Vgl. GoEBEL, Flora 189-3 p. 425, woselbst auch eine Abbildung gegeben ist. I. Archegoniaten. 281 „Wassersäcke", wie sie in den Blattohren von FruUania oder denen des unten zu beschreibenden Dendroceros foliatus vorliegen. Am Thallus- raude linden sich näm- lich blaseuförmige, resp. kapuzeuformige Anhängsel , welche schon nahe am Scheitel angelegt werden durch konkave Einwölbung einzelnerRandpartieen desThallus, die, grolser geworden, mit Wasser sich füllen und so als „Wassersäcke" dienen. 3. Anthoceroteeii. Einzelne Anthocero- teen wiederholen die von thalloseu Junger- manuieen o])en ange- führten Anpassungen. Schon unser ein- heimischer Anthoceros punctatus hat auf der Thallusoberseite gru- bige Vertiefungen , in denen sich Wasser hält. Anth. arachnoideus ') hat statt dessen ein Netzwerk von niedri- gen , zerschlitzten Kämmen , dem wir wohl dieselbe Be- deutung zuschreiben dürfen. Dagegen ist An- thoceros timbriatus am Rande seines mehr- schichtigen Thallus mit einer vielfach krausgerollten ein- schichtigen Zelltiäche versehen, durch welche mir diese Art, die ich in der Cordillere von Merida antraf, sofort auftiel. Die Rand- krause entsteht , wie oben gezeigt (p. 144), Fig. 178. Aneura hymenophylloides. Querschnitte: 1 der Hauptachse, 2 einer Achse erster, 3 einer solchen zweiter Ordnung. Stark vergr. ') Vgl. die Diagnose von Stephani in: Colenso's New Zealand Hepaticae. (Linnean society's Journal of botany Vol. XIX.j Fig. 179. Aneura fuegiensis. Querschnitt durch einen Thallus. Die auf der Unterseite befindlichen Lamellen erscheinen als Zellreihen, zwischen diesen Lamellen wird Wasser fest- gehalten. Stark vergr. Goebel, Organographie der Pflanzen. 19 282 Specielle Organographie. aus deu „Mittellappen" bei der Gabelung des Thallus und erinnert in ihrer Beschaffenheit an die bei Aneura endiviaefolia geschilderten Verhältnisse ^). Die merkwürdigen Verhält- nisse von Dendroceros foliatus wurden bei Besprechung der Blattbildung schon berührt, es wurde gezeigt, dafsani Thallus- raud kapuzenförmige Bildun- gen sich huden, die teils als besondere Sprossungen am Vegetatioiispunkt angelegt werden , teils aus den Mittel- lappen hervorgehen; es ist ohne weiteres klar, dafs diese Ge- bilde diesell)e Bedeutung haben die „Wassersäcke" von wie Metzgeria saccata , und das- sellie gilt für den von Karsten beschriebenen Dendroceros in- flatus. Vielfach weichen die Zellen von Dendroceros in der ein- schichtigen Thallustiäche aus- einander, es dürfte diese sonder- bare Intercellularraumbildung die schwammige Beschaffenheit des ganzen Thallus erhöhen. Diese Beispiele zeigen, dafs bei verschiedenen Verwandtschaftsgruppen der thallosen Lebermoose ana- loge Anpassungen aufgetreten sind; wir werden bei der Knöllchenbildung einen wei- tereu Beleg für diesen Satz kennen lernen. 4. Foliose Formen. Bei Besprechung der Blattbildung wurde schon hervorgehoben, dafs das Auftreten der Blätter Anpassungen zum Festhalten von Wasser ermöglicht. Sie ffnden sich in der That in reicher Mannigfaltigkeit, und zwar, wie kaum hervorgehoben zu werden braucht, namentlich bei solchen Formen , die es nötig haben ; solche , die an ständig feuchten Standorten Fig. 180. Anthoceros fimbriatus. Thallusstück, von unten, vergr. (Die Rhizoiden sind nicht ge- zeichnet.) Am Rande einschichtige, kraus gerollte Lappen, die Wasser festhalten. Fig. 181. Dendroceros foliatus. Etwa 10 mal vergr., von oben. Man erkennt die ,,Mittellappen" daran, dafs sie in der Mitte eingebuchtet sind, die andern kapuzenförmigeu Gebilde sind die „Blätter". ^) Aus ihr können auch Ad- ventivsprosse entstehen. I. Archegoniaten. 283 lel)eii . zeigen meist nichts davon, es sei denn, dafs die besonderen, oben erwähnten Verhältnisse obwalten. Zunächst sei indes hervor- gehoben. da(s auch die Sprolsachse sich dabei beteiligen kann, und zwar durch Bildung von Auswüchsen, die man nach Analogie mit den bei manchen Laubmoosen sich findenden als Paraphyllien bezeichnen kann. Solche sind bei zwei Gattungen bekannt, bei Trichocolea und Stephaniella, Gattungen, die einander systematisch keineswegs nahe stehen. Am längsten bekannt sind sie bei Trichocolea Tomentella \) , ohne dal's man über ihre Funktion etw^as zu ermitteln gesucht hätte. Ich finde die Paraphyllien hier ebenso wie bei Tr. paraphyllina nur auf der Oberseite und den Flanken des Stengels in Gestalt einfacher oder verzweigter Zell- fäden, ganz ähnlich denen, die an den Blatträndern sitzen (vgl. unten) und die ganze Pflanze zu einer spougiösen Masse machen. Daran nehmen zweifelsohne auch die Paraphyllien teil . sie wirken ebenso wie die La- mellen von Aneura fuegiensis und die auf den Blättern von Polytrichum. Das zweite Beispiel für Paraphyllienbildung bietet Stephanieila para- phyllina"), ein „xerophiles" Lebermoos, dessen merkwürdige „Wurzel- bildung" unten zu beschreiben sein wird. Die Blätter kommen hier als Assimilationsorgane gar nicht in Betracht, sie verlieren offenbar frühe schon ihren Chlorophyllgehalt und dienen nur als Decken für die Stamm- knospe und für die Paraphyllien , welche dichtgedrängt die Oberfläche der Sprolsachse bedecken und zugleich ein Apparat zum Wasserfesthalten und Assimilatiousorgane sind^). Viel häufiger als die Paraphyllienbildung kommt die Blattgestaltung selbst in Betracht. Wir sehen dabei ab von dem einfachsten Falle, dem, dafs, wie bei den Laubmoosen, durch die Zusammendrängung der Blätter kapillare Hohlräume entstehen. Erwähnt sei aber, dals bei verschiedenen Gattungen angehörenden , von Baumästen in Gestalt von Strängen herunterhängenden Formen (Frullania atrosanguinea. Fr. atrata, Lejeunia lumbricoides*) u. a.) die Seitenblätter nicht wie sonst flach ausgebreitet, sondern eingekrümmt sind und so in Verbindung mit den verhältuis- mäfsig grolseu Amphigastrieu ein das Stämmchen umgebendes System kapillarer Hohlräume bilden. Solche kommen auch zu stände : 1. durch am Blattrande oder auf der Blattfläche auftretende Ausw'üchse in Gestalt von Zellreihen oder Zellflächen. So sehen wir z. B. bei Tricho- colea tomentosa einerseits dem Blattrand entspringen eine Anzahl ver- zweigter Zellreihen, andererseits treten solche auch auf der Blattunterseite auf. Nach allen Richtungen hin abstehend, machen diese Gebilde die ganze Pflanze zu einer schw^ammigen Masse. In geringerem Grade tritt dasselbe bei andern Formen auf (vgl. die a. a. 0. gegebene Abbildung von Lopho- colea muricata). Bei den Gottschea -^j- Arten entspringen auf jedem Blatt ein oder mehrere Lamellen, die in besonders auffallender Weise l)ei G. sciurea einen Wasserversorgungsapparat bilden ; 2. durch LTmbildung einzelner Blattteile, und zwar wird der Wasser- behälter gebildet : ^) Hier schon erwähnt von Nkks von Esenbkck, Naturgeschichte der europ. Leber- moose III p. 109. Sie werden hier irrig als „Blattansätze" bezeichnet. ^) Vgl. Jack, Stephanieila paraphyllina Jack nov. gen. Hepaticarum. (Hedwigia Bd. XXXIII 1894 p. 11 tr.) ') Als solche kommen sie bei Trichocolea oftenbar — da ja hier die Blätter chlorophyll- haltig sind — nur nebensächlich in Betracht. *) Abbildungen a. a. O. (Flora 1893 Tafel YIII u. IX Fig. 1 u. 2). ^) Abbildung in Morphol. u. biol. Studien (Annales du jardin botanique de Buiten- zorg VII) und Flora 1893 Taf. VII u. VIII Fig. 18. 19* 284 Specielle Organographie. A) dadurch, dafs der Unterlappen des Blattes dem Oberlappen so anliegt, dafs er mit demselben ein taschen- oder krugförmiges Organ bildet: Radula (Fig. 206), Phragmicoma, Lejeunia u. a. Diese Organe wurden ebenso wie die weiter unten zu besprechenden als „Auriculae" bezeichnet. Betreffs deren Gestaltung mufs ich auf meine angeführten Abhandlungen verweisen; erwähnt sei nur das Vorkommen von Hetero- phyllie, einer Arbeitsteilung unter den Blättern. So finden sich bei Lejeunia- Arten (aus der Untergattung Ceratolejeunia) solche, die an der Basis der Seitensprosse einen oder zwei verhältnismäfsig sehr grofse Wassersäcke — fast ohne freie BlattHäche — haben, während die übrigen Blätter viel kleinere Säcke, aber eine grofse, durch den Oberlappen ge- bildete Blattfläche haben*). Noch sonderbarer ist R. pycnolejeunioides (vgl. Flora 1893, p. 432), welche l)esondere Kurztriebe besitzt, deren Blätter sämtlich nur als engmündige, nicht mit einer freien Blatttiäche versehene Wassersäcke ausgebildet sind, die sich von denen der Lang- triebe bedeutend unterscheiden. B) Der Unterlappen liegt wie l)ei A dem Oberlappen an, ist eingeschlagen, bildet aber für sich allein den Wasserbehälter; er wird auf der (morphologischen) Oberseite, nicht wie bei A auf der Unterseite konkav: Frullania und Polyotus. Von Frullania giebt Fig. 182 eine Abbildung: der Blattunterlapi)en ist viel kleiner als der 01)er- lappen, er ist konkav eingestüli)t und biklet ein kapuzenförmiges Gel)ilde, neben welchem ein kurzer, mit einer Schleimpapille endigender Zipfel steht, der sog. „Stylus auriculae"^). Hier wie in andern Fällen ist der Wasserbehälter so geformt, dafs er nach aufsen hin nicht weit geöffnet ist, so dafs das Wasser langsamer verdunstet, zum grofsen Teil aber den Blattzellen zugeführt wird. (Betreffs „Frullania" cornigera u. a. vgl. die au- gef. Al)haudl.) Reicher mit Wassersäcken aus- gestattet ist die Gattung Polyotus, die daher auch ihren Namen hat. Wir finden „Auriculae" nicht nur an den Seiten- blättern, sondern auch an den Amphigastrien, wie z. B. die Abbildung Fig. 183 zeigt. Die Seitenblätter sind aufserdem bei manchen Arten noch mit randständigen Zellreihen versehen , welche die Schwamm- wirkung verstärken. Bei den oben genannten Gattungen Radula, Lejeunia, Frullania, Po- lyotus u. a. haben alle Arten mehr oder minder entwickelte Wassersäcke; es giebt aber auch Gattungen, wo sie nur bei einzelnen Arten auftreten. So in der Gattung Plagiochila^) bei PI. cucullifolia , bei Chilosoyphus decipiens und cymbaliferus, bei Jungerm. curvifolia. Bei Frullania konnte ich nachweisen, dafs die Bildung der Wassersäcke unterbleibt, wenn sie längere Zeit ständig feucht kultiviert wird. Die Bildung der Wasser- Fig. 182. Frullania Ta- marisci. Sprofsstück, von unten, a Amphigastrium; WS Wassersack (kapuzen- förmig ausgehöhlter gröfserer Teil des Blatt- uuterlappens); p Ober- lappen des Elattes. 36 mal vergr. (Lehrb.) ^) Ich habe diesen Fall 1889 abgebildet (S. I p. 178 u. 179), es ist also nicht richtig, wenn neuerdings angeführt wird, „er sei ganz unbeachtet geblieben". ^) Die Sehleimabsonderuug findet nur in der .Jugend statt und dient zum Schutze der Stammknospe. In Fig. 182 ist der „Stylus auriculae" nicht gezeichnet. ^) Vgl. GoEBEL, Eine javan. Plagiochila mit Wassersäcken. Annales du jardin botanique de Buitenzorg Vol. IX. I. Archegouiateu. 285 Säcke ist also eine Anpassimgseischeiuimg , die offenbar in direkter Be- ziehung zu äulseren Faktoren entstand; je nachdem dies früh oder spät in der Geschichte einer Gattung eintrat, wird dieser Anpassungscharakter zugleich als systematisches Merkmal dienen können oder nicht. C) Die höchst entwickelten Einrichtungen finden sich bei den Gattungen Colura (Colurolejeunia) und Physiotium. Sie besitzen nämlich Wassersäcke, deren Mündung mit einer in einem Scharnier beweglichen Fig. 183. Polyotus clavigea. Habitusbild, vergr. Sowohl an den Amphigastrien, als an den Seitenblättern entspringen Wassersäcke, an den Amphigastrien 1 — 2, an den Seiten- blättern je eins. Klappe verschlossen ist. Die Klappe sclirumpft bei Austrocknung ein, der Wassersack ist dann offen, während sie im befeuchteten Zustand einer Widerlage aufliegt, also einen Klappverschlufs bildet, ähnlich dem- jenigen, welcher l)ei den Schläuchen von Utricularia sich findet. Als Beispiel sei Colura^) angeführt. Fig. 184 giebt ein Habitusbild einer von mir in Südamerika gesammelten Art, der Col. tortifolia. Es tritt bei dieser Abbildung freilich ein für Colura charakteristisches Ver- hältnis nicht hervor, das, dafs die Blätter vom Substrat (es sind epi- ^) Die ßlattgestaltung wurde von mir beschrieben in Morphol. u. biolog. Studien und Ann. du jardin liotanique de Kuitenzorg VII u. IX, ferner in Flora 1893 p. 445 — 450. 286 Specielle Organographie. phytisch lebende Formen) abstehen; dagegen ist ohne weiteres ersichtlich, dafs die Zahl der Amphigastrien hier doppelt so grols ist^) als bei den meisten andern foliosen Leber- moosen. Das Ende der Seiten- blätter wird eingenommen von einem kenlenförmigen Sack , auf den eine Röhre zuführt. Bei der Entwicklung der Colurablätter haben wir zweierlei zu unterscheiden : Einmal rollt sich der Unterlappen des Blattes gegen den Oberlappen ein , wie bei Lejeunia, er kann mit dem- selben verwachsen, so die ge- schlossene, auf den Sack zu- führende Röhre bildend, der Sack selbst aber ist Lejeunia gegen- über eine Neubildung, er ver- dankt seine Entstehung einem gesteigerten Flächenwachstum des Teiles der Blatttiäche, welcher unmittelbar über der soeben er- wähnten Röhre liegt. Der Sack kommt also nicht etwa , wie frühere Autoren annahmen, durch Einrollung zu stände, sondern auf ganz ähnliche Weise wie etwa die Wassersäcke von Frullania, mit denen auch die ersten Schlauchblätter der Keimpflan- zen^), die nach einigen Machen Blättern auftreten , in ihrer Ge- staltung der Hauptsache nach übereinstimmen, vor allem darin, dafs die nach unten gekehrte Schlauchmünduug noch nicht durch eine Klappe verschlossen ist. Nur geht der Schlauch hier der Hauptsache nach aus dem Oberlappen hervor, der einge- rollte Unterlappen des Blattes bildet nur die auf den Schlaucli zuführende enge Röhre; die ur- sprünglichen Blattspitzen stehen später am Schlaucheingang, die schleimabsondernde Keulenpapille des Blattuntej-lappens tritt hier meist deutlich hervor. Besonders merkwürdig ist, dafs der Schlauch- eingang durch eine Klappe verschlossen ist (Fig. 185). Diese liegt einem Fig. 184. Colura tortifolia. 30 mal vergr. Neben jedem Seitenblatt steht ein Amphi- gastrium, an des.sen Basis sich Rhizoiden ent- wickeln. Die Schläuche der Seitenblätter sind mit der Spitze aufwärts gerichtet (was in der Figur sich nicht gut wiedergeben liefs). Bei A ein antheridientrageuder Ast. ^) Es geschieht dies offenbar dadurch, dafs nach jedem seitlichen Segment in der Scheitelzelle ein ventrales gebildet wird. 2) Vgl. z. B. die Keimung von Colura ornata a. a. O. Ann. du jardin botanique de Buitenzorg Vol. IX p. 28 ff. I. Archegpniaten. 287 Rahmen auf, der durch ein eigentümliches Auswachsen (und teilweise Übereinanderwachsen) einiger Zellen der Schlauchwand zu stände kommt. Die Klappe geht aus einer Ilandzelle des Blattunterlappens hervor. Sie hat an ihrer Basis ein Gelenk ^), welches gestattet, dals die Klappe leicht nach innen ge})Ogen werden kann, während der Rahmen, dem die Klappe aufliegt, eine Öfl'nung nach aufsen verhindert. Wenn der Sack kein Wasser mehr enthält, wird er ebenso wie bei Physiotium ohne Zweifel durch Einschrumpfen der Klappe geöffnet sein. Fig. 185. Schematischer Längsschnitt, rechtwinklig auf die Klappe {K ) geführt durch das Schlauchblatt von Colura Karsteni. W das Widerlager, welchem die Klappe aufliegt, diese hat unten ein Gelenk und kann, wie der Pfeil andeutet, nur nach innen sich öffnen. Fig. 186. jf, 4 Physiotium giganteum. Stämmcheu, von unten; an den Wassersäcken schimmern die Vertiefungen durch , in welchen die Eingangsöffiiungen liegen. 4 Hal- bierter Wassersack. 2, 3, 5 Ph. conchaeforme. 2 Scheitel, von oben, zwei junge Wassersäcke sichtbar; 8 junger Wassersack, von vorne; 0 Oberlappen des Blattes; J/ oberer Teil des Unterlappens; 5 Längsschnitt durch die Ansatz- stelle der Klappe, das Gelenk zeichnet sich durch kleinere Zellen aus. Die in Fig. 184 abgebildete Colura tortifolia beobachtete ich in lebenden Exemplaren in Britisch Guyana. Sie lelit, wie die andern Colura- Arten epiphy tisch, und zwar auf Baumldättern. Die Colurablätter waren nicht wie die anderer blattbewohnender Lebermoose dem Baum- blatte angeschmiegt, sondern aufgerichtet^). Die Klappe wird hier also ^) Betreffs des bei den verschiedenen Arten nicht übereinstimmenden Baus des Ge- lenkes verweise ich auf meine angeführten Abhandlungen. ^) Dies trifft wahrscheinlich für alle Colura-Arten zu. Jedenfalls für die schöne, grofse Colura Karsteni, wie ich früher (Flora 1893 p. 438j gezeigt habe. 288 Specielle Organographie. nicht mir eine freie Verdunstung des Wassers, sondern auch ein Zurück- fliefsen desselben verhindern, wozu bei engen Säcken freilich schon die kapillare Anziehung genügen wird. Tiere waren in den Säcken hier nicht vorhanden. Es wird auf diese Inquilinen unten zurückzukommen sein, zunächst seien die nicht minder merkwürdigen Gestaltungsverhält- nisse der Physiotiumblätter kurz geschildert. Physiotium ist ein Bewohner der kühlen, feuchten Bergregion ver- schiedener Tropengegenden, in Europa findet sich nur eine Art oHenbar als Relikt aus der präglacialen Zeit an denselben Standorten wie die Hymenophylleen, die seine historischen Geschicke geteilt haben. Bhizo'iden sind bei der europäischen Art (Ph. cochleariforme), von der ich lebende Exemplare in Norwegen untersuchte, nicht vorhanden. Fig. 187. Physiotium conchaefolium. Querschnitte durch Stamuiknospen. 1 höher (Scheitelzelle sichtbar), 2 tiefer. VergT. Fig. 188. Physiotium raicrocarpum. Freiprä- pariertes Blatt , ausge- breitet (vergr.). Links der einfach gebaute Wassersack. Er ist kahnförmig und hat eine weite Öffnung, man sieht, dafs auf der Blattober- seite eine Lamelle ent- springt, die auch auf die Insertionsstelle des Wassersackes übergreift. Die Wassersäcke sind hier sehr grofs und mit Ausnahme der sonder- baren Eingaugsöffnung ganz geschlossen. Ihre Anordnung wird aus dem Querschnitt (Fig. 187) hervorgehen, der zugleich zeigt, dafs Amphigastrien hier überhaupt nicht vorhanden sind. Dies hängt, wie a. a. 0. gezeigt wurde, damit zusammen, dafs das Stämmchen hier nicht eine dreiseitige Scheitelzelle besitzt, wie bei allen andern bis jetzt daraufhin untersuchten Lebermoosen, sondern eine zweischneidige (Fig. 187, i), es entstehen also nur zwei Reihen blattliildender Segmente, aus denen die Seitenblätter hervorgehen '). Die Entwicklung der Wassersäcke soll hier nicht näher geschildert werden ; erwähnt sei nur, dafs zu ihrer Bildung nicht die ganze untere Segmenthälfte benützt wird, und dafs am Aufbau der Wasser- säcke ein Auswuchs auf der Oberseite teilnimmt (ähnlich wie bei Fr, cornigera). Bei Phys. microcarpum finden sich (wie auch bei andern 1) Die Keimung von Physiotium ist bis jetzt unbekannt; es wäre von Interesse, zu erfahren, ob hier im Verlaufe' der Einzelentwicklung der Übergang von der dreiseitigen zur zweischneidigen Scheitelzelle eintritt, wie dies z. B. bei dem Laubmoose Fissidens der Fall ist. 1. Arcliegoniaten. 289 Arten) sehr einfach konstruierte Wassersäcke, deren Beschaffenheit aus Fig. 188 hervorgehen wird. Meist al)er sind die Wassersäcke viel ver- wickelter gehaut (vgl. Fig. 186). Sie ]ial)eu eine enge Mündung, die in einer Vertiefung liegt, der eigentliche Ausgang ist von zwei muschel- schalenförmig aufeinander liegenden Stücken der Schlauchwand l)egrenzt. von denen das eine starr, das andere durch ein Gelenk l)ewegiich ist. Die Klappe besteht aus toten Zellen mit zarten Aufsenwänden, bei Wasser- entziehung schrumpft sie und läfst so den Eingang in den Schlauch frei ; an ihrer Basis l)esitzt sie wie die von Colura ein Gelenk. Das Wasser, welches in dem Schlauche enthalten ist, mufs beim Verdunsten mit Aus- nahme eines kleinen Bruchteiles durch die Schlauchwand hindurch, und da diese aus lebenden Zellen besteht, so können diese nicht nur das Wasser, sondern namentlich auch die in diesem gelösten Stotfe ausnützen. Eine Verdunstung durch die toten Zellen der Klappen ist aber auf ein Minimum heruntergesetzt dadurch, dafs die Eingangsöffnung in einer Vertiefung liegt, die ihrerseits Wasser festhält, nach dem Verschwinden desselben aber mit feuchter Luft erfüllt ist. Wenn die Wasserzufuhr aufhört, verdunstet zunächst das der PHanze oberflächlich anhaftende Wasser, die Wassersäcke sind schon durch ihre Lage auf der Unterseite vor raschem Wasserverlust geschützt. Sie verlieren zunächst wohl das Wasser, das im Vorhof zum Eingang ist, dann verdunstet der Wassersack selbst, die Luftblase in seinem Innern wird grölser, das Wasser wird schliel'slich alles verbraucht, die Klappe und der ganze Sack schrumpfen, füllen sich aber bei Befeuchtung in kurzer Zeit wieder mit Wasser, in dem aber meist eine oder einige Luftblasen zurückbleiben. Vielfach, aber durchaus niclit immer findet man in den Wassersäcken von Physiotium auch Tiere, allein keineswegs nur in diesen. Vielmehr ist seit langer Zeit bekannt, dafs in den Wassersäcken vieler Lebermoose mehr oder minder regelmäfsig Tiere sich finden. In denen einheimischer und tro- pischer Lejeunien und Frullanien sind es Rotatorien, die auch in den engeren Wassersäcken bei Radula pycnolejeunioides regelmälsig vorhanden sind. Diese Tiere sind auf das Vorhandensein von Wasser angewiesen, aber ertragen zeitweilige Austrockuuug, sie finden in den Wassersäcken günstige Wohnstätten, wie überhaupt die Moosrasen von zahlreichen niederen Tieren bewohnt sind. Für die Pfianze sind sie jedenfalls nicht nötig; dafs sie ihr Vorteile bringen (z. B. Düngung durch Exkremente) ist möglich. Die von Spkuce und später von Zelinka ausgesprochene Ver- mutung, dafs die Wassersäcke ursprünglich infolge eines von den Tieren ausgeübten Pieizes entstanden sind, ist ganz haltlos. Gerade in den weiten, grofsen Wassersäcken von Lejeunia (Ceratolejeunia und L. paradoxa. vgl. Flora 1898) sind Tiere gewöhnlich nicht anzutreffen, sie suchen mit Vorliebe die engeren Wassersäcke auf, in denen das Wasser sich oifen- bar länger hält. Die Klappeneinrichtung der Colura- und Physiotium-Arteu erinnert, wie schon erwähnt, an die Utriculariablasen. und da diese Tierfallen sind, lag es nahe, dassell)e für die Säcke dieser Leliermoose zu vermuten. Bei Physiotium cochleariforme, welches ich lebend untersuchte ^), fand ich öfters Tiere in den Schläuchen, aber doch viel seltener, als man erwarten niüfste , wenn die Pflanze insektivor wäre. Es fanden sich Tiere ver- schiedener Verwandtschaft (wieTardigraden, Anguillulen, Crustaceeu usw.). alles Wassertiere. Sie können, einmal in den Schlauch hineingelangt, ') Vgl. Flora 1893 p. 451 ff. 290 Specielle Organographie. wemi sie ihn nicht zu durchbrechen vermögen, nicht mehr heraus. Wenn das Wasser verschwindet, und die Khippe schrumpft, können sie hinaus- geh^ngen; aber da sie Wasserbewohner sind, werden sie bei Austrocknung nicht beweglich sein. Bei Ph. conchaefolium waren in den untersuchten Säcken keine Tiere vorhanden. Wenn es auch wahrscheinlich ist, dals aus der zersetzten Körper- substanz der in den Schläuchen abgestorbenen Tiere lösliche Bestandteile von den Säcken aufgenommen werden , so spielt dieser Vorgang doch offenbar hier wie bei anderen Lebermoosen nur eine untergeordnete Rolle gegenüber der, welche den Säcken als Wasserbehälter zukommt. Es wäre indes nicht richtig, wenn man alle Lebermoose als „hygro- phile" betrachten wollte. Es giebt auch „xerophile" Anpassungen. Am einfachsten sprechen sich diese aus in der Fähigkeit mancher Formen, zeitweilige Austrocknuug zu ertragen — eine Fähigkeit, die offenbar bei verschiedenen verschieden stark ausgebildet ist, was in der Beschaffenheit des Protoplasmas begründet sein mufs. Uns interessieren hier nur die Eigentümlichkeiten der Organbildung, die zum Auftreten dieser Trockenheit überstehenden Ptuhezustände in Beziehung stehen. Solche weisen einige Marchantiaceen auf. So Riccia intlexa , deren gefurchter Thallus bei Trockenheit durch Einbiegen der Ränder das zarte Assimilationsgewebe vor raschem Wasserverlust schützt^), und namentlich einige Marchantieen , deren Verhalten durch Matti- ROLO^) untersucht worden ist. Arten von Plagiochasma, Reboulia, Gri- maldia, Fimbriaria und Targionia schliefsen bei Trockenheit ihren Thallus so, dals das Assimilationsgewebe bedeckt ist. Die dunkeln . (bei manchen Arten fast schwarzen) Schuppen cinäiis (nach LiZnLrg, Spe'- ^^er Unterseite, die vorher unsichtbar waren, cies Hepaticarum). Sprofsspitze bedcckeu jetzt den Thallus, und dieser bietet (vergr.): im trockenen Zustand in seinem zusammeugerollteu Zustand einen stark eingerollt. höchst Sonderbaren Anblick dar. Bei Be- feuchtung tritt wieder eine Ausbreitung ein. Die Bewegung erfolgt durch Wasserverlust, resp. Wasseraufuahme der Zellmembranen in dem chlorophyllosen Teil des Thallus und bringt zweifelsohne das Assimilationsgewebe in eine geschützte Lage. Grimaldia dichotoma kann in einer fast absolut trockenen Atmo- sphäre 7 Jahre in diesem Zustand des „latenten" Lebens verharren, ohne ihre Entwicklungsfähigkeit einzubüfsen, während in feuchtem Räume kultivierte Grimaldiasprosse im Exsikkator bald zu Grunde gehen. Der- artige hygroskopische Bewegungen finden sich auch bei foliosen Formen : Fig. 189 zeigt ein Sprofsende von Plagiochila circinalis, welches im trockenen Zustand schneckenförmig eingerollt ist und so den Vegetations- punkt schützt durch Umhüllung mit älterem Gewebe^). ') Sj-nopsis Hepaticarum p. 794. -) Mattirolo, Contribuzione alla Biologica delle Epatiche, Malpighia, anno II p. 181 — 204; ferner: nuove osservazioni sulla reviviscenza della Grimaldia dichotoma Raddi (Rendiconti della R. Accademia dei Lincei, Classe di scienze tisiche etc.j. Seduta del 17. giugno 1894. ^) Dies ist freilich nur aus dem Verhalten der toten Pflanze geschlossen, an der lebenden ist die Frage experimentell noch nicht geprüft. I. Archegoniaten. 291 Weiter fortgescliritten ist die Aupassimg au Troekenperioden bei den Formen, welche mit Reservestoffen ausgestattete Ruhezustände in Gestalt von Knöllchen bilden. Historisches. Da die Knöllchenbilduiig hei den Lehermoosen ein Vorgang von grol'sem biologischen Interesse ist, so mögen einige historische Angaben hier Platz finden. Der erste, der diese Erscheinung und zwar bei Anthoceros dichotonius beobachtete, scheint Raddi gewesen zu sein^). „Raddi fand in der Anschwellung am Ende der Wurzelstränge ein weitses, fast kugel- rundes Körpeichen, das er für eine Keimknospe hält." Nees v. Esenbeck ver- mutete, dafs sich diese Anthoceros-Art durch Sprossen aus den verdickten Enden ihrer starken Wurzeltriebe fortpflanze, worauf später auch Stephani hinwies^). — Inzwischen war auch bei andern Anthoceros-Arten Knollenbildung angege])en worden , so bei Anthoceros tuberosus aus Australien durch Taylor (vgl. die in der Synopsis Hepaticarum wiedergegebene Beschreibung, p. 791). — Für Riccien hat Lindenberg ^) bei ein-er am Kap wachsenden Riccia angegeben, dal's sie aus der Unterseite „hie und da gröl'sere Sprosse . . ., welche an der Spitze in einen kugelförmigen oder länglichen Kopf verdickt sind, treibe, diese Form geht späterhin in eine Scheibe über und bildet sich wahrschein- lich zu einer neuen Pflanze aus". Vermutlich handelt es sich hier also nicht um Knollenbildung, sondern um ventrale Ausläufer. Bei R. natans giebt er an (a. a. 0. p. 479): ,,So])ald sie aber dem Ufer sich nähert oder auf dem Schlamme ruht, treibt sie aus der ganzen Unterhaut, auch aus den zu der- selben gehörigen Fetzen (worunter er die Schuppen meint) dünne, zarte, rund- liche , haarförmige , häufig gegliederte ^) Wurzelfasern , die an den Gliedern gleich der Unterhaut gefärbt, sonst aber wasserhell oder durch eine Körner- masse getrübt sind. Oft verdicken sich diese Fasern keulen- oder kugel- förmig, in welchem Falle sich der rote oder braune Farlistoff in diesem ver- dickten Ende häuft, welches später flach wird und zu einer neuen Pflanze sich entwickelt. — Diese LiNDENBEROschen Angaben lassen allerdings höchstens vermuten, dafs bei den genannten Riccia- Arten Knollenbildung vorkommt, irgend welche genaue Einsicht geben sie nicht. Auch für Petalophyllum wird in der Synopsis hep. Knollenbildung angegeben. Bei einer in den Küsten- cordilleren von Venezuela von mir gefundenen Fossorabronia-Art beobachtete ich Knollenbildung '^), und neuerdings ist diese eingehender untersucht worden bei einer als Geothallus tuberosus beschriebenen Jungermanniee (welche Petalophyllum sehr nahe stehen dürfte), von Douglas Campbell*^). ') Vg-l. die Angaben bei Nees v. Esenbeck, Naturgescbichte der europäischen Lebermoose IV p. 347. ^) He(hvigia 1887 p. 6. ^) LiiNDENBEBG, Monographie der liiccien, Nova acta Acad. Caes. Leop. XVIII, 1. *) Dies ist, wie oben erwähnt, sicherlich irrig, es liandelt sich offenbar um eine ähnliche Erscheinung, wie man sie bei K. glauca beobacliten kann, wo an älteren Riccienpflanzen einzelne Zellen zu Schläuchen atiswachsen, die wie keimende Sporen an ihrem Ende eine Keimscheibe bilden. (Mau hat neuerdings deshalb behauptet, dafs Rhizoiden zur vegetativen Vermehrung dienen könnten, was durchaus nicht der Fall ist.) Wir haben in diesem Falle eines der bei Lebermoosen seltenen Beispiele vor uns, wo bei der vegetativen Vermehrung (Regeneration) auf das Keimstadium zurückgegriffen wird. Wie ich nachgewiesen habe, ist dies dann der Fall, wenn die Pflanze unter un- günstigen äufseren Bedingungen war, womit ganz übereinstimmt, dafs die eben erwähnte Erscheinung beobachtet wird namentlich an alten, überwinterten Riccien. (Vgl. Fellner, Keimung der Sporen von R. glauca. Jahresber. des akad. naturw. Vereins in Graz, 1. Jahrg. 1875.) "•) Vgl. Rüge, Flora 1893. ^) Douglas Campbell, New Californian Liverwort (Botanical gazette 1896). Der- selbe : The development of Geothallus tuberosus, Annais of botany Vol. X Nr. XI etc. 1896. 292 Specielle Organographie. Die Kuöllehenbildimg sei auf Grund ei kurz geschildert für eine Fossombrouia und Fig. 190. Fossombronia tuberifera Goebel (gesammelt in Peleguen, Chile). 17 mal vergr. Ki alte Knolle, welche einen beblätterten Sprofs getrieben hat, dessen Ende sich abwärts biegt, nur noch reduzierte Blätter hen^orbringt und zur neuen Knolle {Kn) anschwillt. A Archegonien auf der Oberseite des Sprosses. gener Untersuchungen hier zwei Anthoceros-Arten. Fossombronia tuberi- fera (wie ich sie nennen wilH). vgl. Fig. 190) lebt einigermafseu ähnlich wie Adoxa moschatellina oder eine Kartoffel . d. h, sie bildet abwechselnd über den Boden tretende und knollig anschwellende, im Boden verborgene Sprosse, nur dafs dieser Vorgang sich an einer und derselben Sprofsachse mehrmals wiederholen kann. In Fig. 190 z B. sieht man am hinteren Ende des PHänz- chens deutlich die alte Knolle {Kl). Aus ihr hat sich ein beblätterter Sjjrofs ent- wickelt, der über den Boden getreten ist. Er hat auf seiner Rückenseite auch einige Archegonien (A) her- vorgebracht. Nachdem die Biattbildung ihren Höhe- punkt erreicht hat (was sehr bald geschieht, da das ganze — --(^^^^^ '^jÜrv Fig. 191. Fossombronia tuberifera. Sporogontragende Pflanze, in der Seitenansicht. Das Sporogon ist umgeben von einer glockenförmigen Hülle, die Spitze der Pflanze beginnt in den Boden einzudringen, wo sie zu einer neuen Knolle werden wird. 18 mal vergr. ^) Sie steht der von mir bei Tovar in Venezuela gefundenen Art ofienbar nahe, ich fand sie zusammen mit Anth. argentinus (einer gleichfalls knöllchenbildenden Formi in einer aus Peleguen (Chile) stammenden Probe. I. Arohegoniaten. 293 PHänzchen sehr klein ist), krümmt sich der weiter wachsende Sprofs sehr scharf nach abwärts, die Blätter werden reduziert, sie erscheinen als nur wenig vortretende Säume und können — was die oberirdischen nie thun — aus ihrem Rand Haarwurzeln entwickeln. Die Sproi'sspitze schwillt zur Knolle an {Ku) , der Yegetationspunkt bleibt , gedeckt von den jüngsten Blattanlagen, erhalten, die oberirdischen Teile gehen bei Eintreten der trockenen Jahreszeit offenbar zu Grunde , das Knöllcheu übersteht sie. Es kann, wenn es wieder austreibt, sich verzweigen und so einem kleineu Büschel von Ptiauzen den Ursprung geben. Wenn sich ein Sporogon entwickelt, so setzt sich trotzdem die PHanze meist durch einen Knollensproi's fort (s. Fig. 191). Ähnlich wie bei der geschilderten Fossonibronia verläuft offenbar auch die Knollenbildung bei Geo- thallus tuberosus, nur dafs hier, wie es scheint, der Stiel fehlt, welcher dos Vergraben der Knöllchen in den Grund bei F. tuberifera (und den Anthoceros -Arten) besorgt. Charakteristisch für Geo- tballus ist, dafs der die Re- servestofte enthaltende Teil des Knöllchens durch eine oder zwei Tagen von Zellen mit dicken, dunklen Wänden abgegrenzt ist; die Knolle entsteht sowohl an fruktiti- zierenden . als an sterilen Sprossen. Die Knöllchen der beiden untersuchten An- thoceros-Arten (Anth. dichotomus und Anth. argentinus) möchte ich gleichfalls als umgebildete Thalluszweige betrachten , Beservestoffen gefüllt ist. Fig-. 192. Anthoceros dichotomus. Thallnsstück, etwa 17 mal vergr. Aus dem verdickten mittleren Teile ent- springen zwei langgestielte Knollen, an der linken Hälfte des rechten Thalluslappens ist der Umrifs einer jungen Knolle sichtbar. (Die dunkleren Flecke links bezeichnen Nostockolonieen.) deren Ende knollig angeschwollen und mit Soweit das jMaterial erlaubte, den Bau der Knöllchen zu untersuchen, wurde dieser übereinstimmend gefunden mit denen von Anth. tuberosus, über welche Ashworth ^) einige ^Mitteilungen gemacht hat. Die Knöllchen sind umgeben von einigen Schichten leerer, korkähnlicher Zellen. Die inneren sind erfüllt mit Fett und Aleuron gleichenden kleinen Körnern. Bei Anth. dichotomus (Fig. 192) stehen die Knöllchen auf der Thallus- unterseite. Ich fand sie sowohl an sterilen, als an fertilen Thallusteilen, doch scheinen sie an ersteren mehr sich zu bilden. Sie entspringen an ^) Ashworth, On the structure and contents of the Tubers of Anthoceros tuberosus Taylor. (Memoirs and proceedings of the Manchester literary and philosophical society Vol. 41 p. I.) 294 Specielle Organographie. dem mittelrippenartig verdickten Teile des Thailus (der aber von dem andern nicht scharf abgesetzt ist), sind lauggestielt und mit Rhizo'iden versehen. Angelegt werden sie schon nahe hinter dem Yegetationspunkt, was darauf schliefsen läist, dafs sie kerne Adveutivsprosse, sondern Ventral- sprosse sind. Statt des Stieles, der später offenbar ebenso wie der ülirige Thailus zu Grunde geht , findet man zuweilen einen chlorophyllhaltigen Thalluslappen. Bei Anthoceros argentinus^) entspringen die Knöllchentriebe teils seitlich, teils ventral. Fig. 193 zeigt, wie seitliche Thalluslappen nach abwärts sich krümmen, anschwellen und so zu durch ihre dunkle Färbung hervortretende Kuöllchen werden. — Die Art der Keimung der Kuöllchen ist unbekannt, die dem Herbar entnommenen entwickel- ten sich nicht mehr; da. wie es scheint, der Vegetationspunkt au den Kuöllchen nicht erhalten bleibt, so ist anzunehmen, dafs aus unterhalb der Korkhülle ge- legenen Zellen ein oder mehrere neue Vegetationspunkte hervor- gehen, welche die Hülle sprengend zu Thalluslappen auswachseu. Neuerdings beobachtete ich Knöllchenbiklung auch bei einer Kultur von Anthoceros laevis, Avelche mir Herr Dr. Levier aus Florenz gesandt hatte. Die Kuöll- chen traten als weifsliche, mit Re- servestotfen erfüllte Anschwellungen auf der Unterseite des Thailus in der Nähe der Vegetationspunkte auf, sie waren mit Rhizo'iden ver- sehen. Dafs auch bei Riccien Knöll- chenbiklung vorkommt, ist zweifel- los. Ich fand bei einer italienischen Riccia ganze Thallusglieder als lange , knöllchenähnliche Gebilde entwickelt dadurch, dafs die Thallusränder eingebogen und der unter dem Chlorophyll- gewebe liegende Teil reichlich mit Reservestoffen gefüllt war, so dafs er schon äufserlich weifslich erschien. Stephani hat neuerdings ^) Kuöllchen bei R. bulbifera beschrieben , deren morphologische Natur aber aus der Be- schreibung nicht ersichtlich ist. Einigermafsen den oben erwähnten Fällen schliefst sich an die Brut- knöllchenbilduug, die bei Fegatella conica an Sprossen eintritt, die von anderen überwuchert und schliefslich zum Absterben gebracht werden, was sich auch künstlich hervorrufen läfst. Nur sind diese von Karsten^) näher unter- suchten, als ventrale Adventivsprosse an der Mittelrippe entstehenden Gebilde Fig. 193. Anthoceros argentinus. Thailus mit Kuöllchen, offenbar aus der Keimung eines (an der Basis unten als Anschwellung noch sicht- baren) KnöUchens hervorgegangen. Die Kuöll- chen entstehen an sich abwärts biegenden und an der Spitze anschwellenden Randlappen. ^) Vgl. Jack und Stephani in Hedwigia 1895 p. 317. 2j Stephani, Bulletin de l'herbier Boissier T. VI p. 333. Vgl. auch R. vesicata Taylor (Nov. Hep. in London Journal of botany 1846 p. 417). ^) G. Karsten, Beitr. zur Kenntnis von Fegatella conica Bot. Zeit 1887. I. Aicheffoniateu. 295 nicht für Trockeuperioden eingerichtet, was ja der Thatsache entspricht, dafs Fegatella Standorte bewohnt . die ständig feucht sind. Knöllchen , die nur 7 Tage lufttrocken aufbewahrt waren , trieben nicht mehr aus ; es liegt hier zwar ein Ruhestadium vor, aber nicht ein mit Trockenheit in Beziehung stehendes; wie in anderen Fällen wird die Fähigkeit. Austrocknung zu ertragen, oifenbar auch hier durch den trockenen Standort bedingt, bezw. gesteigert. — Hingewiesen sei noch, dafs bei Farnprothallien (Anogramme-Arten) ganz analoge Knöllohenbildung vorkommt , wie sie oben von einigen Lebermoosen geschildert wurde. Eine weitere Eigentümlichkeit xerophiler Leber- moose ist. dafs sie tief in den Boden dringende Organe zur Wasseraufnahme bilden. Sehen wir hier ab von den Haarwurzeln der Marchantieen . deren Länge und Massen haftigkeit damit in Beziehung steht, dafs die ThallusoberÜäche kein AVasser auf- nimmt , so ist hier namentlich zu erwähnen das Verhalten der Stephaniella- Arten ^). Es sind dies foliose Lebermoose, die auf lehmigem, starker Aus- trocknung unterworfenem Boden wachsen ; es sind kleine, 2— 4mmlangePflänzchen, deren wurmförmige Gestalt an die der eben erwähnten Marchantieen im Trockenzustand erinnert. Die Stelle der Schuppen jener vertreten bei Stephaniella die muschel- schalenartig zusammenneigenden Blätter, die den Stengel ganz einhüllen; die einzelnen Ptiänzchen bilden feste, kompakt trocken harte Decken, welche auch den unterirdischen Teilen Schutz gewähren. Diese sind besonders auffallend (vgl. Fig. 194). sie dringen in den Boden ein und erreichen eine Länge bis zu 30 mm — also etwa das 8-fache der Laub- sprosse. Diese bedeutende Länge gestattet ihnen, als viel ausgiebigere Organe der Wasseraufnahme zu dienen, als es die kleinen Haarw^urzeln sind, die an ihnen und auch der Sprofsunterseite sich finden. Übrigens sind diese „Rhizome" mit sehr reduzierten Blättern versehen, sie entsprechen morphologisch den Flagelleuästen , wie sie bei manchen Leber- moosen sich vorfinden, und offenbar können sie auch zu lieblätterten Ästen auswachsen. Die merkwürdigen Einrichtungen zum Fest- halten von Wasser bei St. paraphyllina sind oben (p. 283) erwähnt worden. Zur xerophilen Lebens- weise in Beziehung steht wahrscheinlicli auch die *'^»- ^^^. StejAanieiia Gestaltung eines anderen foliosen Lebermooses, der ^Xm eiues^' Sprosset Bazzania filum^). Sie wächst auf rotem (offenbar (Seitenansicht). Auf der öfters austrocknendem) Lehmboden, die Blatttläche Unterseite ein mit meist abgerissenen und des- halb zu kurz erscheinen- den) Rhizoiden besetzter Wui'zelsprofs ; auf der Seite entspringt ein Seitensprofs. ^) Vgl. J. B. Jack, Stephaniella paraphyllina Jack nov. gen. Hepaticarum. (Hedwigia 1894 p. 11.) — Die obige Dar- stellung nach eigener Untersuchung. 2) Vgl. Stephani, Hedwigia 1893 p. 206. 296 Specielle Organographie. ist nur sehr weuig entwickelt, sie ist dem Stengel dicht angeprefst und hat mächtig verdickte Zellwände; die ganze PHanze hat den steifen, starren Habitus, den viele Wüstenptlanzen aufweisen. Welch grofse Bedeutung die Art und Weise der Wasseraufnahme auch für den anatomischen Aufbau des Thallus hat, tritt namentlich hervor bei den Marchantieen und liiccien. Dals der anatomische Aufbau mit der Bewurzelung der ersteren in direktester Beziehung zur Wasser- aufnahme steht, darauf habe ich schon früher hingewiesen^). Diese Lebermoose sind ihrerseits keineswegs alle trockenen Standorten an- gepalst; manche, wie Dumortiera, sind sogar wieder zurückgekehrt zu dem Verhalten der Mehrzahl der übrigen Lebermoose, und einige, wie Riccia natans, R. fiuitans, kommen in schwimmenden Wasserformen vor; aber die typischen Vertreter dieser Gruppe sind dadurch ausgezeichnet, dafs sie Wasser nicht durch die ganze KörperoberHäche aufnehmen, sondern der Hauptsache nach durch ihre hier besonders stark ent- wickelten „Rhizo'iden" (vgl. p. 272). Dem entspricht auch das Vorkommen. In warmen, sonnigen Gegenden, wie z. B. in Sttdtirol, trifft man Junger- mannieen nur in wenigen Vertretern, dagegen zahlreiche Marchantieen und Riccien, von denen z. B. Grimaldia fragrans und R. ciliata in Menge an sonnigen Standorten vorkommen ; diese Formen haben, ihrem stark be- leuchteten Standort entsprechend, auch ein sehr entwickeltes Assimilations- gewebe , das bei an schattigen Standorten sich findenden Angehörigen derselben Verwandtschaftsreihe eine bedeutende Rückbildung erfahren kann. Charakteristisch ist bei den Marchantieen und Riccien namentlich, dals im Assimilationsgewebe sich Lufthöhleu befinden. Diese entstehen, wie zuerst Leitgeb gezeigt hat, nicht etwa wie die Intercellularräume höherer Pflanzen durch Auseinanderweichen von Zellen, auch nicht durch eine von aulsen nach innen fortschreitende Spaltung, sondern sie stellen ur- sprünglich Einsenkungen in der Oberfläche dar, die dadurch entstehen, dals bestimmte Punkte derselben (die immer da liegen , wo vier Zellen zusammeustoisen) in ihrem Wachstum zurückbleiben und so von den be- nachbarten Teilen überwachsen werden. Es bilden sich so grul)euförmige Vertiefungen, die bei den meisten Riccien (den landbewohnenden Formen) sehr eng sind. Man überzeugt sich leicht, dafs diese Gruben Luft sehr festhalten und kein Wasser eindringen lassen. Wenn man auf eineu Thallus von R. giauca einen Wassertropfen setzt, so breitet dieser sich nicht aus — der Thallus ist nicht benetzbar — und dringt auch nicht in die Gruben ein; selbst wenn man die Oberhaut durch einen Flächen- schuitt abträgt und in Wasser legt, bleiben die Luftblasen zwischen den Zellen erhalten. Die obersten Zellen des dorsalen Thallusgewebes sind bei den Riccien chlorophylllos, bei manchen sind sie etwas erweitert und erschweren so das Eindringen von Wasser in die Luftkanäle noch mehr. Diese chlorophylllosen Zellen scheinen aber bei verhinderter, resp. er- schwerter Transpiration auch imstande zu sein, Wasser in flüssiger Form auszuscheiden . wenigstens habe ich sie unter diesen Umständen bei R. lamellosa öfters mit kleinen Wassertröpfchen bedeckt gefunden. Über- haupt sind sie offenbar dazu bestimmt, die Wasserdampfabgabe zu über- nehmen, sie sind reich an Wasser und decken den Wasserverlust aus den chlorophyllhaltigen Zellen. Bei Riccien , die an trockenen Stand- *) Pflanzenbiol. Schilderungen II p. 222. Weiter ausgeführt sind diese Beziehungen in der angeführten Arbeit von Kamkrling. I. Archegoniaten. 297 orten leben, siud oft mehrere Zellen (von oben gerechnet) chlorophylllos. Es ist dies die primitivste Form einer Epidermis. Bei R. Huitans und R. natans werden diese Luftkanäle ersetzt durch weite Kammern, was bei diesen teils in (resp. auf) dem Wasser, teils an feuchten Standorten lebenden Formen nicht verwundern kann. Diese Kammern münden aber nur mit einer engen (bei der Wasserform von R. Huitans meist wieder verschlossenen) Mündung nach aulsen , die Kammern werden nändich überdacht durch das Flächenwachstum der Ol^erhaut. Nur bei R. crystallina münden die Kammern in ihrer ganzen Weite nach aulsen. Das ist aber eine Art, die. an feuchten Standorten vorkommend, rasch ihre Entwicklung bis zur Sporenreife durchmacht und dann abstirbt. Ein solcher leicht gefügter Bau ist nur da existenzfähig, wo keine ernsteren Ansprüche an ihn gestellt werden. Der Typus : dorsale Luftkammern, die mit mehr oder weniger enger Mündung — der „Atemöffnung" — nach aulsen münden, ist in verschiedener Ausbildung bei der Marchantiaceenreihe verbreitet. Seit ^NIirbels schöner Untersuchung ist ja March. polymorpha in den Lehrbüchern zum Ver- treter der Lebermoose geworden , sehr mit Unrecht , weil sie eben nur eine der höchst specialisierten Formen darstellt. Eine eingehende Schil- derung hier zu geben, ist nicht erforderlich, wohl aber sind die Be- ziehungen der Strukturverhältnisse zu den Lebensbedingungen um so mehr hervorzuhebeD. als dieselben gerade hier sehr lehrreich sind. Die Decke, welche die Luftkammern überdacht, ist mehr oder minder scharf als „Epi- dermis" ausgebildet, sie besteht aus chlorophylllosen Zellen mit verdickten kutikularisierten Aulsen wänden bei xerophilen Formen, wie Oxymitra, Plagiochasma-Arten, während bei dem an feuchten Standorten lebenden Cyathodium gerade die Oberhautzellen des (der Hauptsache nach nur aus zwei Zelllagen bestehenden) Thallus Chlorophyll führen. Die andern Formen bewegen sich — je nach ihren Lebensbedingungen — zwischen diesen beiden Extremen. Die Atemöffnungen haben einen dreifachen Zweck, von dem nur der eine in ihrem Namen Ausdruck findet. Einmal (wie selbstverständlich) stellen sie die Ein- und Austrittsstellen für Kohlensäure und Sauerstoff zu dem Assimilationsgewebe dar, sodann verhindern sie das Eindringen von W^asser, und endlich können sie auch für die Regelung der Wasserverdunstung herangezogen werden — sie sind zwar ihrer Entstehung nach von den Spaltöffnungen, wie wir sie bei den „GefäfspHanzen" (und innerhalb der Bryophytenreihe an den Sporogonien, von Anthoceros und denen vieler Laubmoose) linden, verschieden, gleichen ihnen aber in ihrer Funktion. — An der Bildung der Atemöffnungen beteiligen sich stets mehrere Zellen, welche der Öffnung angrenzen. Je nachdem sich diese nur durch Wände rechtwinklig auf die Oberfläche oder durch solche parallel denselben teilen, entstehen „einfache" oder „kanal- förmige" Atemöffhungen. Letztere linden sich bei Marchantia (Fig. 195) und Preissia am Thallus und den „Fruchtköpfen" der übrigen Arten, die am Thallus einfache haben. Die einfachen Atemöffnungen sind über den Thallus erholien auf einer warzenförmigen Hervorragung, es trägt dies dazu bei, dals Wasser leicht ablliefsen kann; da die Öffnungen eng sind, so kann Wasser nicht eindringen. Dies gilt auch für die kanalförmigen Öffnungen, und von besonderem Interesse ist, dafs, wie oben erwähnt, bei der Wasserform von Riccia fluitaus die Öffnungen verschlossen werden. Dasselbe war der Fall bei einer von mir gefundenen, von Ruge^) näher ^) Rüge, Beiträge zur Kenntnis der Vegetationsorgane der Lebermoose. Flora 1893 p. 294. Goebel, Organographie der Pflanzen. 20 298 Specielle Organographie. beschriebenen Wasserform von Marchantia polymorpha. Bei dieser hatte die untergetauchte Lebensweise die Biklung der Luftkammern an manchen Stellen des Thallus verhindert; wo mit Luft gefüllte Kammern vorhanden waren, waren die Atemöffhungen geschlossen durch papillenartiges Aus- wachsen der Zellen des unteren Ringes der Spaltöffnungen. Bei Du- mortiera endlich, einer mit Vorliebe im Sprühregen von Wasserfällen, an Steinen, in Bächen u. s. w. wachsenden Gattung, findet, offenbar ur- sprünglich veranlafst durch diese Lebensverhältnisse ^), eine merkwürdige Rückbildung statt : die Luftkammerschicht wird zwar im Vegetationspunkt noch angelegt, aber sehr bald zerstört. Dies Lebermoos verhält sich also schlielslich ganz wie etwa eine Pellia . die zwar meist auf dem Lande lebt, aber auch Wasser direkt von aufsen aufnimmt. Fig. 195. (Nach Strasburger.) AtemöfFnung von Marchantia polymorpha. A iu Flächen- ansicht; B im Durchschnitt des Thallus. Vergr. Dabei ist von Interesse, dafs die Rückbildung verschieden weit gehen kann. Bei den meisten Arten erkennt man noch eine Areolierung, welche den zerstörten Luftkammern entspricht, und es sprol'st das hier später frei zu Tage liegende Assimilationsgewebe aus dem Boden der Luftkammern hervor. Ich habe aber a. a. O. auch eine Art beschrieben, bei der das nicht mehr der Fall ist, und bei der der Durchschnitt durch die älteren Thallusteile ein ähnliches Bild wie etwa von Pellia oder Monoclea bietet: d. h. das Chlorophyll ist in der äufseren Zelllage des Thallus vorhanden; es mag dahingestellt bleiben, ob die von mir unter- suchte Art identisch ist mit D. trichocephala , von der D. Campbell (Mosses and ferns p. 49) später Analoges angegeben hat. Was die Beziehungen der Atemöffnung zur Transpiration anbelangt, so ist klar, dafs um so weniger rasch der Wasserdampf entweichen wird, je enger die uffnung ist. Thatsächlich finden wir diese auch bei xero- philen Formen enger als bei hygrophilen. Besonders von Interesse ist, dafs bei manchen Formen ein Verschlufs der Öffnungen eintreten kann. Ich habe darauf bei Preissia commutata zuerst aufmerksam gemacht^); ^) Worauf ich schon S. II p. 223 hingewiesen habe. Spätere Autoren haben sich dieser Auffassung angeschlossen. ^) GoEBEL, Die Muscineen, Schenks Handbuch der Botanik, 9. Lieferung, Berlin 1882 p. 327: „Nach dem, was ich bei Preissia, wo der unterste King aus vier Zellen besteht, I. Archegoniaten. 299 bei Mach, polymorpha ist sie uieht vorliandeD. Wie aus meiner in der Anmerkung angeführten Beobachtung und der Abbildung (Fig. 196) hervor- geht, ist es der unterste Zellriug, welcher den Yerschluls, resp. die Ver- engerung der Ateniöftnung herbeiführt, und dasselbe hat Kamerling für die Atemöffnungeu auf den Fruchtköpfen anderer Arten bestätigt. Der Yerschluls tindet statt bei Wasserentziehung, während bei starker Turgescenz die Spalten offen stehen. Bei Preissia, einer auf Felsen, an Mauern und ähnlichen nicht stets feuchten Standorten wachsenden Form, ist die Ausmündung der Spalte ohnedies enger als bei Marchantia; die untersten ^. . -■^ ::-■■■... Zellen (ihre Zahl variiert von 3 — 6, meist /''y'i^ /~7^--^ ' aber sind es vier) springen vor, so dals f f /' 1/ "' -^^"^ • die Spaltöffnung vierarmig ist. Die Ober- // / fj "\ \ \ fläche der Zellen, welche den Atemöft'nungs- / [1 ^^^^-^ ( ■ j = kanal begrenzen, ist mit Wachsköruchen \ \ \ y/~v>-^^ ■/ ■ überzogen (ähnlich auch bei JMarchantia) \ V "V^^ ^^^^^ ••' und dadurch für Wasser nicht benetzbar. \ \<^ 'y^ / Aufserdem ist die Atemöftnung auch an (^^ ^'"^^ ..■■■■'' ihrer äufseren Mündung enger als in der ■"-•■.. " Mitte. Setzt mau auf einen dünnen Preissia- thallus einen Wassertropfen, so sieht man, Fig. 196. Preissia commutata. Atem- dafs dieser nicht imstande ist, die Luft in Öffnung, von unten, stark vergr. der Atemöftnung zu verdrängen, es wird also das darunter liegende Gewebe vollständig vor Benetzung geschützt. Ein vollständiger Yerschlufs der Spalte (resp. der Spalten) tritt übrigens bei Preissia nicht immer ein, aber es ist nicht zu bezweifeln, dafs auch schon eine Yereugerung der Spalte von Yorteil für die Regulierung der Transpiration sein wird. Bei den einfachen Spalten ist die Yer- engerungsfähigkeit meist eine eng begrenzte. Dafs an den Fruchtköpfen die tonnenförmigen (hier meist verschlufsfähigen) Atemöffnungen auch da angebracht sind, wo die vegetativen Teile einfache haben, hängt, wie schon Rüge hervorgehoben hat, offenbar damit zusammen, dals jene eines kräftigeren Transpirationsschutzes bedürfen^) als diese. Besonders eigentümlich ist der Bau von Exormotheca, von welcher Gattung ich die afrikanische E. Holstii untersuchte ^). Hier ist der Thallus mit so hohen Luftkammern versehen, dafs er, von oben gesehen, weils erscheint, und die Atemöffnungen liegen auf hohen, schornsteinartigeu Hervorragungen. Offenbar wirkt die Luftschicht, die hier im Thallus über dem Assimi- lationsgewebe liegt, als eine Art Isolator gegen zu starke Erwärmung, ähnlich wie es bei manchen Laubmoosen, z. B. Bryum argenteum, durch lufthaltige (abgestorbene) Blattteile geschieht. Übrigens finden sich bei Fegatella conica — welche feuchte Stand- orte bewohnt — unter den Atemöffnungen schnabelförmig ausgezogene, gesehen habe, glaube ich annehmen zu dürfen, dafs denselben die Fähigkeit zu- kommt, die Atemhöhle unten zu verschliefsen, dafs dieselben also wirk- lich als Schliefszellen funktionieren. Es ist also nicht ganz richtig, wenn Kamerling (a. a. O. p. 87) sagt, dafs die bei vielen Arten sehr ausgeprägte Verschlufs- fähigkeit der Atemöffnungen der Marchantiaceen bis jetzt unbekannt geblieben sei.'' ^) Es ist dies freilich zunächst nur da einleuchtend, wo die Antheridieustände gestielt sind, nicht aber bei den sitzenden von Fegatella u. a. Die Luftkanimern sind hier klein und dienen der Hauptsache nach nur der Atmung. Die Herabsetzung der Transpiration kann aber den Antheridien zu gute kommen, welche zur Entleerung usw. Wasser bedürfen. ^) Vgl. auch ÖOLMS- Laubach, Über Exormotheca Mitten, eine wenig bekannte Marchantiaceengattung, Botan. Zeit 1897 p. 1. 20* 300 Specielle Organographie. chlorophyllarme Zellen, welche die Transpiration steigern, als Ver- dunstungszellen funktionieren ^). Auch sonst steht die Ausbildung des Assimilationsgewebes bei diesen Lebermoosen offenbar zur Transpiration (wie zur Lichtintensität) in Beziehung. Als Assimilationsgewebe funk- tionieren im einfachsten Falle die Seiten- und Bodenwände der Luft- kammern , bei Cyathodium die Aufsendecke. So ist es auch bei den Keimpflanzen von Marchantia polymorpha, während später aus dem Boden ^) der Kammer die konfervenartig gegliederten Zellfäden hervor- sprossen, die sich auch bei Boschia, Preissia, Lunularia, Fegatella, Targionia finden, während bei Reboulia, Grimaldia, Fimbriaria, Duvalia und einigen Plagiochasma-Arten das ganze unter der Oberhaut liegende Gewebe scheinbar ein völlig regelloses, von kleineren und gröfseren unter sich in Ver- bindung stehenden Lufthöhlen durchsetztes Kammerwerk dar- stellt. Dies kommt daher, dafs aus den Wänden und Decken der Luftkammern Zellplatten in die Kammern hineinwachsen und die- selben so durch unvollständige Scheidewände führen. Je enger die Verbindungen zwischen den einzelnen Kammern und den Atemhöhlen sind, desto lang- samer wird die Transpiration vor sich gehen; es sind die ein- zelnen, verschiedeneu Lebensbe- dingungen angepaisten Formen daraufhin aber noch nicht ge- nauer untersucht. — Weniger In- teresse würde für uns die Be- sprechung des bei vielen dickeren Marchantieen und Riccien unter dem Assimilationsgewebe liegenden Speichergewebes haben, in welchen namentlich auch Wasser gespeichert wird. Als der Wasserspeicherung dienend dürfen wir wohl auch die Schleimbildung betrachten, die bei vielen Lebermoosen vorkommt, und zwar bei Marchantieen und Antho- ceroteen^). Bei Marchantieen finden wir Schleimzellen teils einzeln, teils wie bei Fegatella in Zügen angeordnet (betrefis der Einzelheiten vgl. die angeführte Litteratur). Bei manchen Anthoceros-Arten (offen- bar auch bei Dendroceros) finden sich im Thallus Schleimhöhlen — bei Anth. glandulosus z. B. in erstaunlich grofser Zahl, die selbst noch in neuester Zeit bei verschiedenen Anthoceros-Arten als „Luftgänge" be- schrieben worden sind. Es erfolgt die Schleimbildung hier nicht wie Fig. 197. Exormotheca Holstii. Thallusstück, Oberansicht, unten (schwächer vergröfsert) im Durchschnitt. Das assimilierte Gewebe ist durch Schraffierung angedeutet. ^) Vgl. Kamerling a. a. O. 2) Zuweilen auch aus den Seitenwänden oder der Decke derselben. ^) Bei beiden von mir nachgewiesen. Vgl. Zur vergl. Anatomie der Marchantieen, Arb. des bot. Instituts in Würzburg II p. 529 ff. Meine Untersuchungen über Schleimbildung bei Anthoceros sind mit seinen eigenen mitgeteilt von Rüge a. a. O. Betreffs der Mar- chantieen vgl. auch Pkescher, Die Schleimorgane der March. In Sitz-Ber. der Wiener Ak. der Wissensch. Bd. LXXXVI Abt. 1. I. Archegoniatea. 301 bei den Mavchauticeeu in den Zellen, sondern intercellular ^). Ein experimenteller Beleg für die Bedeutung der Schleimbildung ist hier nicht geliefert, es ist immerhin auffallend, dafs sie bei einer hygrophileu Form wie Fegatella so stark ausgebildet ist; indes ist die oben an- genommene Funktion immer noch wahrscheinlicher als die ihr von Leitgeb zugeschriebene mechanische. Dafs bei manchen thallosen Leber- moosen (Preissia, Blyttia u. a.) auch Sklerenchymfasern sich finden, sei hier nur kurz erwähnt, da eine eingehende anatomische Behandlung nicht im Plane dieses Buches liegt. Erwähnt sei nur, dafs bei manchen Formen mit stark verdickten Zell- membranen die Verdickung offenbar der Hauptsache nach nicht mechanisch in Betracht kommt, sondern für die Wasserspeicherung. Die j\Iem- brauen sind quellbar und können um so mehr Wasser einlagern, je dicker sie sind, damit dürfte z. B. die starke Verdickung der Wandungen der Stamm- und Blattzellen z. B. von Lepicolea ochroleuca zusammen- hängen. Im übrigen ist die Gewebegliederung in den Stämmchen der foliosen Formen eine so einfache, dafs sie hier keiner weiteren Er- örterung bedarf. Welche Rolle der Hydrotropismus bei der Substratrichtuug der Lebermoose spielt, bedarf noch genauerer LTntersuchung. Auch der Geotropismus ist eigentlich nur für die Marchantieen näher unter- sucht; bei den rinden- und blattbewohnenden Formen kann negativer Geotropismus, wenn er überhaupt vorhanden ist, nur schwach ausgeprägt sein, da sie nach allen Richtungen hin dem Substrat angeschmiegt wachsen. 2) Beziehungen zum Lichte. Auf die Gestaltung sowohl der thallosen als der beblätterten Lebermoose ist das Licht von erheblichem EinÜufs. Etiolierte Sprosse von Marchantieen und anderen thallosen Formen wachsen aufrecht ^) und bleiben schmal und zusammengefaltet ; die Flächenentwicklung des Thallus erfolgt, ebenso wie seine charakte- ristische anatomische Ausbildung, nur bei entsprechender Beleuchtungs- stärke^). Dieser EinÜufs des Lichtes auf das Flächenwachstum kann sich sogar nur auf die eine Thallushälfte erstrecken; ich traf in Vene- zuela an Baumrinden eine Blyttia, die häufig nur einen Flügel hatte — den vom Substrate abstehenden — , der andere, ihm dicht anliegende, war nur angedeutet oder verkümmert. Ähnliches tritt auch au beblätterten Jungermannieen ein, die an Töpfen augeschmiegt wachsen und ihr Licht von oben erhalten. Dann steht eine Blattreihe vom Substrate ab, die andere verkümmert bis auf kleine Rudimente*). Dies entspricht der ^) Wie bei manchen Alpenpflanzen; vgl. Lazniewski, Beitr. zur Biologie der Alpen- pflanzen. Flora 18. ^) Dies kann auch bei beleuchteten Sprossen geschehen, wenn sie in sehr feuchter Luft kultiviert werden (vgl. Kamekling a. a. O.). ^) Bei schwachem Lichte aus Brntknospen erzogene Marchantiapflanzen zeigen eine sehr verlangsamte Entwicklung und verharren auf einer niedern Stufe der Gewebebildung. Vgl. Stahl, L'ber den Einfiufs des sonnigen und schattigen Standorts, Jenaische Zeitschr. für Naturw. XVI. Bei etiolierten Trieben von Fegatella finde icli das Assimilations- gewebe meist nur in Form einzelner Zellen (statt von Zellreihen) in den Randteilen gar nicht entwickelt. *) Vgl. auch Frank, Die natürliche wagerechte Richtung von Pflanzenteilen. Leipzig, 1870 p. 70. Frank spricht sich über die Ursache der Verkümmerung nicht aus, scheint aber den Platzmangel dafür zu halten. Meiner Ansicht nach liegt eine Lichtwirkung vor, denken wir uns die Pflanzen zunächst dem Topfe dicht anliegend, die beiden Reihen von 302 Specielle Organographie. schon im allgeniemen Teile angeführten Thatsache (s. p. 207), dafs an etiolierten Sprossen von Jungermannieen die Blätter auf einem frühen Entwicklungsstadium stehen bleiben. Was hier künstlich und gelegent- lich herbeigeführt wird, kommt in der freien Natur bei einigen Formen regelmäfsig vor. An schwach beleuchteten Standorten, z. B. in Höhlen oder auf dunklen Waldstellen, wachsen Lebermoose von eigentümlichem Habitus, wie er sonst bei KeimpHanzen oder halbetiolierten Sprossen auftritt: die Blätter sind nur schwach entwickelt, meist in Gestalt von Zellreihen, die Assimilation wird der Hauptsache nach durch die dazu besonders ausgerüstete Sprolsachse besorgt. Es sind dies teilweise die Formen, die oben als „rudimentär" aufgeführt wurden. Bei den meisten dürfte es sich um ein Stehenbleiben auf einem Entwicklungsstadium handeln, das von anderen überschritten wird, und dieses Stehenbleiben steht wahrscheinlich zu den Standortsverhältnissen, namentlich der schwachen Lichtintensität, in Beziehung; experimentelle Untersuchungen darüber liegen leider nicht vor. In Beziehung zum Lichte stehen wenigstens in vielen Fällen auch die eigentümlichen Färbungserscheinungen der Vegetationsorgane mancher Lebermoose. Bei vielen sind diese rein grün , aber manche Formen weichen auffallend ab. Jedermann kennt die dunkelkupferfarbigen Frul- laniarasen auf den Rinden unserer Bäume, noch auffallender ist die dunkle Färbung von Frullania atrata und F. atrosanguinea, die in grofsen Strängen in den feuchten südamerikanischen Bergwäldern von den Bäumen herabhängen. Besonders fiel mir die dunkle Färbung bei verschiedenen antarktischen (von Will in Südgeorgien gesammelten) Jungermannieen auf. Auch die felsenbewohnenden Gymnomitrien zeigen eine solche dunkle Färbung, die hier wie in anderen Fällen offenbar nur au den dem Lichte ausgesetzten Teilen sich entwickelt und auf dem Vorhandensein von (ursprünglich natürlich im Protoplasma gebildeten) in der Zellmembran abgelagerten Farbstoffen beruht. Rote Farbstoffe sind ziemlich verbreitet, so bei Physiotium, Scapania undulata u. a. ; ferner haben die Schuppen mancher ]\Iarchantiaceen (teilweise auch die Thallusunterseite) eine blaurote Färbung, und bei manchen Fossombronia- Arten ist die Zellwand der Rhizoiden violett gefärbt. Man wird wohl Stahl zustimmen, wenn er die Duukelfärbung mancher Lebermoose (die auch bei vielen Laubmoosen wiederkehrt) mit der stärkeren Wärme- absorption in Beziehung bringt ^) ; aber eine experimentelle Behandlung der Frage steht noch aus; die kurzen Angaben von Jönsson^), dafs dunkelfarbige Frullania Tamarisci einen schwächeren Respirations- und Assimilationsgaswechsel zeigen als grüne Exemplare, bieten noch keine genügende Basis zur Entscheidung der Frage. Ganz unbekannt ist, ob der gelben Färbung, die z. B. bei manchen Lepicolea-Arten vorkommt, eine biologische Bedeutung zukommt. Seitenblättern dein Substrat angeschmiegt und gleichmäfsig entwickelt. Fällt jetzt das Licht von oben ein, so werden nicht nur die transversal-heliotropischen Blätter, sondern auch die Sprofsachse eine Drehung um 90° ei-fahren und dadurch eine Blattreihe zwischen das Stämmcheu und die Topfwand zu liegen kommen, also dem Lichte fast ganz entzogen bleiben. Ganz dieselben Erscheinungen habe ich auch bei zweizeilig verzweigten Laub- moosen (Hypnuni -Arten) beobachtet. Wenn diese mit der einen, zweigtragenden Seite einem Baumstamm anliegen, so wird hier die Zweigbildung unterdrückt und bleibt also auf eine Seite beschränkt. ^) Stahl, Über bunte Laubblätter. Annales du jardin bot. de Buitenzorg Vol. XIII, p. 168. ^J Comptes rendus de l'Acad. des sciences 21 Aoüt 1894. I. Archegoniaten. 303 3. Beziehungen zu anderen Organismen. Hierbei kommt (abgesehen von den oben erörterten tierischen Inquilinen) in Betracht einmal die Symbiose von Nostoc mit Blasia und Antlu)ceros, anderer- seits der Schutz gegen Tiere, Die Schleimhöhlen der Anthoceroteen sind ganz regelmälsig von Nostockolonieen bewohnt. Die beweglichen Fadenstücke von Nostoc (die Hormogonien) dringen in die Schleim- spalte ein und wachsen innerhalb derselben zu einer Nostockolonie heran. Diese übt auf die Schleimhöhle eine eigentündiche Wirkung aus: die Spalte wird geschlossen und die Wandzellen der Höhle wachsen zu Schläuchen aus, welche sich verzweigen und unter sich und mit der Nostockolonie in so innige Berührung treten, dals es aussieht, als ob ein parenchymatisches Gewebe vorhanden sei. in dessen Intercellular- räumen sich Nostoc befindet ^ ). Ebenso sind die Blattohren von Blasia regelmälsig von Nostoc bewohnt (gelegentlich traf ich auch andere Cyanophyceen darin), welches eine Vergröfserung „des Ohres" bedingt und die Bildung eines (aus einer Zelle bestehenden) vielfach verzweigten Schlauches, der in die Nostockolonie hineinwächst. Wie diese Symbiose aufzufassen ist, darüber fehlen uns noch alle experimentellen Belege. Hervorzuheben ist, dals hier wie sonst (Azolla, Gunnera) die Cyano- phyceen nur in schleimbildende Hohlräume einwandern, und es macht den Eindruck, als ob sie in diese hineingelockt würden. Sie finden dort geschützte Wohnräume. Ob ihr Wirt einen Vorteil von ihnen hat, muis dahingestellt bleiben. Ich habe früher (Muscineen p. 360) vermutet, dals die Nostockolonieen als Feuchtigkeitsreservoire dienen könnten (vermöge ihres wasserhaltenden Schleimes) , andere schreiben ihnen die Fähigkeit der Assimilation freien Stickstoffs — also eine ähnliche Bolle wie den Knöllchenbakterien der Leguminosen — zu; das alles sind zunächst nur Vernmtungen, die nur experimentell bewiesen oder widerlegt werden können. Viele Lebermoose werden von Tieren, namentlich Schnecken, nicht gefressen^), was wohl meist auf dem Vorhandensein bestimmter „Schutz- stoffe" beruht, da mechanische Schutzmittel nur bei solchen in Betracht kommen können, die stark verdickte Zellmembranen haben; auch läfst sich leicht beim Kauen bei vielen Lebermoosen ein unangenehmer Ge- schmack konstatieren, und ausgelaugte Pflanzen werden gefressen. Es liegt nahe, das Geschütztsein der Lebermoose gegen Tierfrafs, sowie den eigentümlichen Geruch, den manche Arten besitzen, mit dem Vorhandensein der Olkörper^) in Verl)indur)g zu setzen, wofür freilich kein experimenteller Beweis vorliegt. Die Ölkörper liegen in Einzahl (Marchantieen) oder Mehrzahl in den Zellen, sie bestehen aus einer Grundsu])stanz (einem Stroma), dem Tropfen fettiger Sul)stanzen ein- gelagert sind, aulserdem bei Marchantieen _ Gerbstoff, bei anderen vielleicht auch geringe Mengen ätherischer Öle. Jedenfalls sind die hier abgelagerten Stoffe ihrem ganzen Verhalten nach als Exkrete zu bezeichnen (sie finden sich z. B. auch bei im Dunkeln neu gebildeten Teilen) , ohne dals es l)is jetzt möglich wäre, ihre Bedeutung im Stoff- wechsel näher festzustellen. Küster vermifste sie bei Untersuchung einer gröfseren Anzahl von Lebermoosen nur bei Riccia lamellosa, Oxy- *) Vgl. Lkitgeb, Lebermoose V 16. 2) Vgl. 8TAHL, Pflanzen und Schnecken. Jena 1888 p. 1888. ^) Vgl. W. V. Küster, Die Ölkörper der Lebermoose und ihr Verhalten zu den Elmioplasten. Inaug. Dissert. Basel 1894, daselbst ist die ältere Litteratur citiert. Stahl hat die Ölkörper als „Schutzkörper" bezeichnet. 304 Specielle Oi'ganographie. mitra pyramidata. zwei Clevea-Arteu. Metzgeria furcata') und Metzgeria puhescens, Jung, bicuspidata und J. Micliauxii, während z. B. andere Riccia- Arten sie besitzen; den Anthoceroteen scheinen sie ganz zu fehlen. Fertile Sprosse und Schutz der Sexual organe resp. der Sp orogonien. Der Bau der Geschlechtsorgane und ihrer Produkte wurde in der Einleitung geschildert (p. 236 tf'.)- Hier ist zweierlei anzufügen, einmal die Verteilung der Geschlechtsorgane und sodann die Ein- wirkung, welche das Auftreten der Geschlechtsorgane auf die Vege- tationsorgane hat, eine Einwirkung, die sich ausspricht in Gestalt- veränderungen der Vegetationsorgane und in dem Auftreten von Hüllen für die Sexualorgane, resp. Sporogonien. a) Verteilung. Auf das monöcische oder diöcisclie Verhalten soll hier nicht näher eingegangen Averden, da es selbst innerhalb einer und derselben Gattung (z. B. bei Pellia) bei den einzeluen Arten verschieden sein kann. Dafs diöcische Formen beim Fehlen der männlichen Pflanzen nicht fruktifizieren, ist selbstverständlich und tritt besonders auffallend bei Lunularia vulgaris hervor, die, schon seit langem (wahrscheinlich auf Orangenkübeln) aus Süd- europa zufällig in nur weiblichen Exemplaren - ) eingeschleppt , sich durch Brutknospen reichlich vermehrt hat ; es treten zwar Archegonienstände, aber keine Sporogonien auf. Bei den thallosen Formen sitzen die Geschlechts- organe immer auf der Rückenseite (Oberseite) des Thallus. Es gilt dies, wie Fig. 139 und 140 zeigen, auch für Riella, wo nur das Vorhandensein des Flügels die Anordnung anders erscheinen läfst: die Antheridien sitzen eingesenkt in dem hier mehrschichtig werdenden Flügel, die Archegonien auf beiden Seiten desselben. Nach dem Entstehuugsort der Archegonien hat Leitgeb die Jungerraannieen in akrogyne und anakrogyne eingeteilt: bei den ersteren (zu denen die Mehrzahl der foliosen Formen gehören) wird der Scheitel zur Archegonienbildung aufgebraucht, bei den anderen nicht. Doch nähert sich Calobryum den akrogynen Formen insofern, als hier terminale Gruppen von Antheridien und Archegonien sich finden (Fig. 167). Fassen mv zunächst die Verteilung der Sexualorgane bei den ana- krogynen Jungermannieen und den Marchantieen ins Auge, so lassen sich zweierlei Formen derselben unterscheiden: entweder die Verteilung ist eine regellose (so z. B. bei Riccia, Fossombronia , die Antheridien von Pellia u. a.), oder es bilden sich mehr oder minder scharf abgegrenzte Gruppen oder Stände der Geschlechtsorgane. Im ersteren Fall (und zu- weilen auch im letztern) wachsen die Sprosse nach der Bildung der Sexualorgane weiter; wenn sie als Kurztriebe ausgebildet sind (wie in dem Fig. 198 abgebildeten Falle), sind sie natürlich von den vegetativen Ästen noch mehr abgegrenzt. Die primitivere Verteilung ist wohl die diftüse. wie sie bei Riccia sich findet. Die Archegonienhälse ragen hier über die Thallusoberseite hervor, während der untere Teil in einer Grube sich befindet. Auch die Antheridien sind versenkt, diese aber vollständig. Die Mündung ^) Ob die von Stahl als Ölkörper bezeichneten winzigen lichtbrechenden Körper von Metzgeria wirklich solche sind, ist näher zu untersuchen. ^) Die in den Büchern sich findende Angabe, dafs männliche Exemplare auch im Süden selten seien, ist unrichtig. Ich fand sie überall, wo ich danach suchte, in Florenz, Korn, Neapel, Sizilien. Dafs Lunularia in Italien, wie es scheint, nicht gerade sehr häufig fruchtet, dürfte daran liegen, dafs es im Frühjahr, wo die Befruchtung stattfindet, oft an der nötigen Feuchtigkeit fehlt, — Kultivierte Exemplare fruchteten bei mir reichlich. I. Archesroniaten. 305 der Grube, in der sie sitzen, ist zu eiuem mehr oder weniger weit über den Thallus hervorragenden, von einem engen Kanal durchbohrten „Stifte'' aus- gezogen, im allgemeinen dürften sie über den Thallus etwa so weit hervor- stehen wie die Arehegonienhälse, doch bedarf dies genauerer Untersuchung. Wenn die Antheridien sich entleeren, so pressen sie ihren schleimigen, die Spermatozoen enthaltenden Inhalt aus dem engen Mündungskanal der Antheridiengrube heraus, und zwar dürfte bei der Enge des Kanals eine allmähliche Entleerung stattfinden, und es können die Spermatozoiden entweder durch Wassertropfen zu den meist in einer Furche des Thallus Fig. 198. Aneura (Pseudoneura) eriocaulis. 5 mal vergr. Mit männlichen Ästen. Fig. 199. Aneura sp. Weiblicher Sexualsprofs, von oben. Der Rand ist aufwärts gekrümmt imd in eine Anzahl Schuppen ((Sj, S2, A3) ausge- wachsen; eine schuppenartige Wuche- rung findet sich auch am hintern Ende des Sexualsprosses (in der Fig. nach oben gerichtet). Stehenden Archegonien geschwemmt oder auch durch kleine Tiere (Milben usw.) auf die Arehegonienhälse übertragen werden; thatsächlich findet mau die Riccien meist reichlich feuchtend. Monoclea bildet Antheridien stände, die denen mancher Marchan- tiaceen gleichen. Die Sprosse, welche Antheridienstände hervorbringen, stellen hier ihr Wachstum nicht ein, während die Archegonien tragenden dies thun. Bei Aneura (vgl. z. B. Fig. 198) bleiben die Sexualsprosse den sterilen gegenüber frühzeitig im Wachstum zurück und erscheinen infolge davon als seitliche Anhängsel am Rande des Thallus. Diese Sprosse bringen entweder Antheridien oder Archegonien hervor und stellen damit ihr Wachstum ein. Männliche und weibliche Sexualsprosse stehen entweder auf derselben Pflanze (z. B. An. multifida) oder auf verschie- denen Exemplaren, also entweder in monöcischer oder diöciseher Ver- teilung. Die Antheridien entstehen in progressiver Reihenfolge und sind dem Gewebe des Tragsprosses eingesenkt. Da sie in gröfserer Anzahl beisammenstehen, nimmt dieses ein wabiges Aussehen an. b) Schutz. Dieselbe Entstehungsfolge zeigen auch die Arche- gonien; die Archegonienstände zeigen Einrichtungen, welche die Arche- gonien schützen und — was bisher übersehen wurde — namentlich auch imstande sind. Wassertropfen festzuhalten, welche für die Be- fruchtung notwendig sind. Fig. 199 zeigt einen Archegonienstand von 306 Specielle Organographie. oben. Er ist umgeben von einer Hülle. Diese wird gebildet einmal von den beiden aufgestülpten Thallusrändern und dann von einer schuppenartigen Wucherung am hinteren Ende des Sexualsprosses. Besonders bemerkenswert ist, dafs die Thallusränder der Sexualsprosse ausgewachsen sind in eine Reihe distinkter Schuppen (auf der linken Seite der Figur mit >S'i , S2, S^ bezeichnet) , die wir als Andeutung einer Blattbildung betrachten können, die bezeichnenderweise hier nur an den Sexualsprossen, nicht an den sterilen auftritt. Die lang ausgezogenen Zipfel dieser Hüllen bilden einen Fangapparat für Wasser- tropfen. — Waren es hier gewöhnliche, nur in Korrelation mit der Bildung der Sexualsprosse modifizierte Seiten zweige des Thallus, welche die Sexualorgane tragen, so sind es bei Hymenophytum und Metzgeria Ventral- Fig. 200. Fig. 201. Fig. 200. Blyttia Sp. Längsschnitt durch einen Archegonienstand, aufsen das becher- förmige Perichätium, innerhalb desselben die Anlage (/ /) des „Perianths". Fig. 201. Längsschnitt durch einen Archegonienstand von Symphyogyne, links das aus einer Schuppe bestehende „Perichätium", rechts der Thallus ; der Embryo hat sich tief in das Gewebe unterhalb des Archegoniums eingebohrt. Dieses Gewebe ist durch nach der Befruchtung eingetretenes, mit Zellvermehrung verknüpftes Wachstum entstanden. Das Perichätium ist als einfache Schuppe ausgebildet. sprosse, welche dieselben Dienste leisten. Die beiden in Fig. 143 und 149 abgebildeten Hymenophytum- Arten zeigen diese kurz gebliebenen Sprosse, welche die Sexualorgaue (in diesem Falle die Archegonien) auf ihrer Oberseite tragen. Die Archegoniengruppen sind umgeben von einer in verschiedene Schuppen zerschlitzten becherförmigen Hülle, wie bei Blyttia (Fig. 200), wobei die Archegoniengruppen auf der Rückenseite gewöhnlicher Thallussprosse stehen. Wir wollen , um eine einheitliche Benennung zu haben und neue Ausdrücke zu vermeiden, die vor der Befruchtung vorhandene und zum Festhalten von Wassertropfen dienende Hülle der Archegonienstände als Perichätium , die erst nach der Be- fruchtung auswachsenden als Perianth bezeichnen. Manche Lebermoose haben nur ein Perichätium, andere, wie die Hymenophytum-Art, auch ein Perianth. Dies zerschlitzte Perichätium (Fig. 143) bildet einen Wassertropfensammelapparat , ähnlich wie bei Aneura; wie bei Blyttia ist innerhalb derselben eine erst nach der Befruchtung auswachsende, das Sporogou schützende Hülle (s. Fig. 143) angelegt. Bei Metzgeria ist eine I. Archegoniaten. 307 solche Hülle nicht vorhanden ^), sie wird ersetzt durch die konkave Ein- krümmimg des Sexualsprosses selbst. Bei Symphyogyne (Fig. 201) ist der Archegouienstand durch eine einzelne, schuppenförniige Wucherung der Thallusrückenseite geschützt (Perichätialschuppe), während die Antheridien einzeln von einer kleinen Schuppe gedeckt auf der Thallusrückenseite stehen. Diese Stellung möchte ich auch für die Archegonien als die ursprüngliche annehmen. Darauf deutet das Verhalten von Mörkia hin. Hier sieht man aufserhalb des rerichätiums deutlich noch einzelne Schuppen, während die?e bei Blyttia schon mehr zu einer becherförmigen Hülle vereinigt sind. Doch kann eine solche Homologie nur innerhalb einer Gattung oder ganz nahe ver- wandter Gattungen gelten, denn bei anderen ist das Perichätium sicher auf andere Weise als durch Vereinigung von Schuppen entstanden. Bei Pellia (wenigstens der von mir untersuchten P. calycina) ist ein ganz ähnliches Perichätium vorhanden wie bei Blyttia, nur dals seine Mündung nach der Thallusspitze hin geneigt ist, denn es bildet sich nicht nur hinter der Archegoniengruppe (vom Vegetationspunkte aus gerechnet) , sondern auch vor derselben eine Wucherung, die, nach der Befruchtung stark auswachsend, die kelchförmige Hülle des Sporogons mit aufhaut. Die Vereinigung der Archegonien zu Archegonienständen erhöht offenbar die Wahrscheinlichkeit der Befruchtung, zumal diese Archegonienstände, wie erwähnt, Einrichtungen zum Festhalten von Wassertropfen besitzen. Gewöhnlich entwickelt sich nur ein Embryo weiter zum Sporogon , das sich in das unterhalb des Archegonstandes befindliche, nach der Befruchtung heranwachsende Gewebe einbohrt, doch traf ich bei P. calycina gelegentlich auch zwei Sporogone (ungleicher Entwicklung) innerhalb einer Hülle. Bei Sphaerocarpus ist die Versenkung der Antheridien und Arche- gonien in den Thallus nicht gut möglich , weil dieser nur aus wenigen Zell anlagen besteht. Hier wachsen gleichzeitig mit einem jungen Anthe- ridium auch die ringsum liegenden Zellen wallartig empor, die Hülle (das Perichätium) überwuchert den Scheitel des jungen Antheridiums und endigt in einen zitzenförmigen Fortsatz, an dessen Spitze sich eine Öffnung befindet. Eine ähnliche Hülle besitzen auch die Archegonien (Fig. 202). Diese chlorophyllhaltigen Hüllen haben offenbar auch eine Bedeutung als Assimilationsorgane. Bei Fossombronia (Fig. 164) und Haplomitrium stehen die Antheridien frei auf der Steugeloberfiäche , in der Jugend sind sie in der Endknospe durch die Blätter geschützt. Gelegentlich findet man sie auch , ebenso wie die Archegonien , durch Schuppen geschützt, die wir wohl mit Leitgeb als (nicht mehr konstant gebildete) Reste der Schutzorgane betrachten können, welche die rein thal losen Vorfahren von Fossombronia besafsen, sie wurden mit dem Auftreten der Blattbildung überfiüssig und bildeten sich zurück. Wie wenig man aber derartige Hypothesen verallgemeinern kann, zeigt das Verhalten von Treubia, bei der, wie wir früher sahen (p. 266), die Dorsal- schuppen mit zu den stets vorkommenden Organen der Pflanze gehören, offenbar deshalb, weil sie hier mit zum Schutz des Vegetationspunktes ^) Wenigstens bei Metzg. furcata. Bei M. australis soll nach Stephani (Hedwigia 1889 p. 268) eine solche Hülle vorhanden sein, es wäre also möglich, dafs wir sie in dem ganzen Verwandtschaftskreis als ursprünglich vorhanden zu betrachten haben, und dafs sie bei den meisten Metzgeria- Arten nur in Verbindung mit der starken Einkrümmung des Tragsprosses selbst verkümmert wäre. 308 Specielle Organographie. verwendet werden. Calobryum bildet einen Übergang oder vielmehr eine Parallelbildung zu den akrogynen Jungermannieen insofern, als die Archegonien (und auch die Antheridien) terminale „Stände" auf den be- blätterten Sprossen bilden, welche das Wachstum der letzteren ab- schliefsen. Die Marchantiaceen sind dadurch ausgezeichnet, dafs bei ihnen die Umbildung der die Sexualorgane tragenden vegetativen Sprofsachsen am weitesten geht; es bilden sich die eigentümlichen „Inflorescenzen", wie Fig. 202. Sphaerocai"pus terrestris. Stück einer weiblichen Pflanze, von oben. 12 fach vergr. Zahlreiche Perichätien (je ein Archegoniuui umschliefsendj verdecken fast die ganze Thallusoberfläche. wir sie bei Marchantia, Preissia u. a. kennen. Indes finden sich in der Marchantiaceenreihe alle Abstufung von dem primitivsten Verhalten bis zu der oben erwähnten hohen Ausbildung. Wir können drei Hauptstufeu unterscheiden: 1. dift'use Verteilung der Sexualorgane, bei Riccia, 2. Ver- einigung derselben in Gruppen ohne Umbildung des betreffenden Thallus- zweiges. So ist es z. B. bei Corsinia, wo die Archegonien in Gruben stehen, die durch Nichtausbildung des Assimilationsgewebes zustande kommen, ferner bei Plagiochasma (Fig. 203), wo wiederholt Antheridien- stände auf dem Rücken des Thallus gebildet werden; sie sind, wie auch die Abbildung zeigt, geschützt durch Hüllschuppen. Diese Hüllschuppen (Perichätialschuppen) sind wohl auf ähnliche Weise zustande gekommen, wie sie oben für die Ventralschuppen des Thallus angenommen wurde. Auch die Archegoniengruppen sind von solcben Hüllschuppen umsäumt. Diese stehen aufrecht, sie können so mit ihren Spitzen leicht Wasser- tropfen festhalten und dadurch die Befruchtung befördern. Bei Plagio- chasma finde ich zwei Archegoniengruppen an der Basis eines Höckers, und von Auswüchsen desselben schalenförmig eingeschlossen. Der Höcker ist unten eingeschnürt, oben abgerundet, er wird dann kurz vor der Fruchtreife dadurch emporgehoben, dafs der untere eingeschnürte Teil I. Archegoniaten. 309 sich zu einem Stiele verlängert. Es kommt so eine ganz ähnliche Bildung zustande, wie der Stiel an den .Juflorescenzen" von Marchantia u. a., der aher einen ganz anderen Ursprung hat. Es sind hier also noch sehr einfache Mittel für den Schutz der Archegonien, die Befruchtung und die Erleichterung der Sporenaussaat angewendet, der „Kopf" der Frucht- stände hat übrigens, wenn er überhaupt chlorophyllhaltiges Gewebe ent- wickelt, was nicht immer der Fall ist, auf diesem tonnenförmige Atem- öftnungen (vgl. p. 299 ff.). Die Annähe- rung zur dritten Gruppe, die sich bei einigen Formen findet, sei übergangen. 3. Die Geschlechtsorgane auf stark umgebildeten , strahlig verzweigten Trägern (Sprofssystemen begrenzten Wachstums). So ist es bei den be- kannten „Inflorescenzen" von Marchan- tia und Preissia. Diese verdanken Fig. 203. Plagiocliasma Aitonia. Männ- liche Pflanze mit 5 Antheridienständen, von oben. Stach vergr. Die jüngeren Antheridienstände sind durch über sie herliegende Schuppen geschützt, ebenso der Vegetationspunkt. Fig. 204. Marchantia polymorpha. A männ- liche Pflanze mit „Inflorescenzen" und Brut- becken (ä); 7i Inflorescenz, längsdurclischnitten ; man sieht die eingesenkten Antheridien (a), die Schuppen («), die Rhizoiden (r). ihren Ursprung einer wiederholten Gabelung des Vegetationspunktes des fertilen Sprosses. Die männlichen (Fig. 204) sind Scheiben-, die weiblichen hutförmig. So oft diese Gebilde beschrieben worden sind, so wenig kann man sagen, dafs ihre biologische Bedeutung ganz aufgeklärt sei. Warum sind männliche und weibliche InHorescenzen strahlenförmig gebaut? Wes- halb die männlichen anders geformt als die weiblichen, beide aber ge- stielt, was doch zunächst nur für die weiblichen (für die Sporenver- breitung) von Nutzen sein kann; welche Bedeutung haben die verschie- denen Hüllen der Sexualorgane? Es sei versucht, wenigstens auf einige dieser Fragen Antwort zu geben. Zunächst ist zu erwähnen, dafs die Scheiben nicht wirklich radiär, sondern nur durch eine Teilungsebene symmetrisch teilbar sind, was bei anderen Marchantia -Arten viel deutlicher als bei der einheimischen M. polymorpha hervortritt. Sodann dürfte die Thatsache, dal's die männ- lichen Scheiben aus Thalluszweigen mit nach dem jeweiligen Vegetations- punkt fortschreitender Antheridienbildung bestehen, damit zusammen- hängen, dafs dadurch längere Zeit hindurch befruchtungsfähige Spermato- zoen zur Verfügung stehen. 310 Specielle Organographie. Was die Verschiedeuheiten von mäuulichen und weiblichen Intiores- cenzen anbelangt, so ist sie betreffs der Stellung der Sexualorgane nur eine scheinbare, die Antheridien bleiben dauernd auf der Oberseite stehen, wie bei allen andern Lebermoosen, die Archegonien werden auch auf der Oberseite angelegt, aber auf die Unterseite verschoben, wo sie eine ge- schützte Lage haben. Die Scheibenform der männlichen Inflorescenzeu steht mit ihrer Funktion im Zusammenhang. Der Stand der Scheibe ist etwas nach aufwärts gebogen. Es bleibt also ein Wassertropfen, der auf die Scheibe gelangt , zunächst auf dieser liegen , er breitet sich , wie schon Stras- burger ^) bemerkt hat, rasch aus; wenn reife Antheridien vorhanden sind, so entleeren diese ihren Inhalt in den Wassertropfen, und wenn nun ein neuer Wassertropfen auf die Scheibe fällt, wird der spermatozoeuhaltige grofsenteils weggespült werden. Zweifelhaft kann erscheinen, warum die Antheridieustände gestielt sind. Bei den Archegonständen ist es ja klar, sollte es bei den Antheridienständen nur aus denselben Gründen erfolgen wie etwa die Bildung der Brustwarzen bei männlichen Säugetieren? Ich möchte eher annehmen , dafs die Verbreitung der Spermatozoen durch Eegentropfen erfolgt, welche auf die Hüte auffallen, und wenn diese ge- stielt sind , weiter abspritzen , als wenn sie ungestielt sind. Trif['t ein solcher Tropfen dann auf einen weiblichen Hut von unten, so halten ihn die eingekrümmten Strahlen desselben fest. Denn die weiblichen Hüte haben keine Üachen , sondern nach unten umgebogene Strahlen. Dies steht mit der Befruchtung, auch wenn die Tropfen von oben kommen, in Zusammenhang. Solange die „Hüte" noch ungestielt sind, sind die Archegonienhälse nach oben gebogen (es ist unbekannt, infolge welches „Tropismus"). Die Binnen zwischen den eingebogenen Hutstrahlen führen Wassertropfen auf die Archegoniengruppen zu, und die Archegonien können so, wenn sie geöffnet sind, leicht mit spermatozoenh altigem Wasser versorgt werden. Ein auf die Oberliäche des Fruchtkörpers gebrachter Wassertropfen haftet nicht an den konvexen Strahlen ; er liefst nach unten zu den Arche- goniengruppen, wo noch besondere Einrichtungen getroffen sind, um ihn festzuhalten ; aber von oben kann spermatozoenhaltiges Wasser eben nur so lange kommen, als die Hüte ungestielt sind. Später sind die Arche- gonienhälse gerade nach unten gerichtet, und wenn sie überhaupt be- fruchtet werden, so wird dies, wie oben erwähnt, durch von unten kommen- des Wasser geschehen. Ein Aufsteigen der Spermatozoen in den den Stiel durchziehenden Bhizo'idenbündeln erscheint mir höchst unwahrscheinlich. Zum Festhalten von Wassertropfen dient aufser der Einkrümmuug der Hutstrahleu (die erst später, wenn die Sporogone heranwachsen, sich ausbreiten) namentlich die zerschlitzte Hülle, das Perichätium (h), welche die Archegongruppeu umgiebt (Fig. 205, B), und später auch heran- wachsend die Sporogone schützt. Diese Hülle entspricht den oben er- wähnten „Muschelschalen", welche die Archegoniengruppen bei Plagio- chasma umgeben. Aufserdem aber hat jedes Archegonium hier noch eine besondere Hülle , das „Perianth" (Fig. 205 , D) , welche , vor der Befruchtung schon als niederer Eingwall an der Basis des Archegoniums vorhanden, später das Archegonium überwächst. Diese Hülle ist den andern Marchantiaceen gegenüber als Neubildung zu betrachten, ihr Auf- ^) Die Geschlechtsorgane und die Befruchtung bei Marchantia polymorpha. Jahrb. für wiss. Botanik YII p. 49. I. Archegoniaten. 311 treten steht offenbar damit in Zusammenhang, dafs die jungen, auf einem gestielten Träger sitzenden Sporogonien eines stärkeren Schutzes gegen Austrocknung bedürfen, als dies bei andern , an gedeckteren Standorten wachsenden oder ihre Sporogonien erst später emporhebenden Marchan- tiaceen der Fall ist. Wir haben die Ge- staltung der Marchantia- Intiorescenzeu in Bezie- hung zu bringen gesucht hauptsächlich zu drei Faktoren: 1, der Ver- breitung der Spermato- zoen und der Sicherung der Befruchtung, 2. der auf einen längereu Zeit- raum verteilten Möglich- keit der Befruchtung, verbunden mit der That- sache, dal's in jedem Ar- chegonienstande mehrere Sporogonien au der gan- zen , mehrere Arche- gonienstände tragenden Inflorescenz , also eine Sporogonienzahl , welche gröfser ist als die Strahlenzahl , vorhanden sind, 3. Schutz der Sporo- gonien und Sporenaus- saat. Vergleichen wir da- mit eine andere, nahe verwandte Form, die aber andere Lebensverhält- nisse aufweist, die Gat- tung Dumortiera^) (vgl. p. 298). Hier entwickelt sich der Stiel der weib- lichen InHorescenzen erst nach der Befruchtung, woraus wir, dem Obigen entsprechend, schliefsen werden, dafs die männ- lichen Inliorescenzen un- gestielt sind. Dies trifft zu, ihr „Stiel" verdient kaum diesen Namen, er .^fe Fig. 205. Marchantia polymorpha. A weibliche Pflanze mit Brutknospenbechern {b) und Archegonständen (Ee- ceptakeln), nat. Gr. B Receptaculum , von unten, 3 mal vergr. ; sp Sporogonien ; h Perichätium. C der Länge nach halbiertes „Receptaculum", 5 mal vergr. B junges, noch im Archegonienbauch eingeschlossenes Sporogon, im Längsschnitt. E geöffnetes Sporogon, welches die Sporen- Elaterenmasse hat heraustreten lassen (vergr. 10). F Ela- tere. G Sporen (vergr. 350). H Keimpflanze; vk Keim- schlauch; k Keimscheibe; v Vegetationspunkt des jungen Pflänzchens, welches schon ein Khizoüd {rh) getrieben hat (vergr. 100). C, E nach Bischoff, B, D, F—H nach Kny (Lehrb.). ^) Untersucht an zwei von mir in Südamerika gesammelten Arten und D. irrigua von den kanar. Inseln. 312 Specielle Organographie. dient höchstens dazu, um das Abtiiefsen des Wassers von der Antheridien- scheibe einigermafsen zu erleichtern. Da die Gattung „hygrophil" ist, wird kein Perianth zu erwarten sein — ich habe auch im Gegensatz zu einer Angabe Leitgebs — keine Spur davon bemerkt \). Die Hüte sind zur Zeit der Befruchtung nicht mit Strahlen versehen, sondern am Rande nur schwach eingekerbt. Die später auftretenden „Strahlen" entstehen durch die starke Entwicklung der Perichätialhülle, welche die einzelnen Archegoniengruppen umgiebt. Diese Hülle hat eine enge, trichterförmige Mündung, aus der die Archegonienhälse ziemlich weit hervorragen, Fig. 206. Eadula tjibodensis. Am Ende des Stämmchens eine Archegoniengruppe. Fe Perichätialblätter; Fi Anlage des Perianth. Aus den Wassersäcken entspringen Rhizo'idenbüschel. sie ist mit Schleim erfüllt-). Besonders auffallend sind die zahlreichen Schuppen , welche am Hute sich befinden , und die teils nach oben ge- krümmt sind , teils nach unten ragen , sie bilden einen Bausch , der spermatozoidhaltiges Wasser festhält — für das Eindringen der Sperma- tozo'iden in den geöffneten Archegonhals kommen offenbar chemotaktische Wirkungen in Betracht. Bei Dumortiera erkennt man noch deutlich, dals die Archegongruppen eigentlich auf der Oberseite des Trägers stehen ; es wird hier in jedem Archegonstand nur ein Sporogon ausgebildet. Bei Dumortiera sind die biologischen Verhältnisse (was Befruchtung, Sporen- aussaat usw. betrifft) wesentlich ebenso wie bei Plagiochasma, während die morphologischen verschieden sind — ein lehrreiches Beispiel dafür, wie mit verschiedenen Mitteln dasselbe erreicht werden kann. ^) Lebermoose VI, p. 174. ^) Freilich ist die Hülle hier ebenso wie bei Plagiochasma wesentlich derber als bei Marchantia. I. Archegoniaten. 313 Bei den akrogynen Lebermooseu wird der Schutz der Antheridien durcli zu diesem Zwecke oft charakteristisch geformte Blätter bewirkt (es stehen ein oder mehrere Antheridien in der Blattachsel). Auch die Arche- gonien (bei Lejeunia und Phragmicoma ist in jeder Blüte eins vorhanden, bei Frullania 2—3. bei Plagiochila, Jungermannia, Lophocolea eine gröfsere Zahl, bei letztgenannter Gattung bis 100) sind zunächst umgeben von den Blättern, welche das Perichätium bilden (Pc Fig. 205). Sie unterscheiden sich von den vegetativen meist durch ihre bedeutendere Gröfse und dadurch, dafs sie die Anpassungen der letzteren (z. B. Bildung von Wassersäcken) nicht zeigen. Wo die Sexualsprosse ortho- trop sind, treten vielfach auch die Amphi- gastrien im Perichätium auf, selbst da. wo sie an den vegetativen Organen verkümmert sind. Bei den nicht orthotropen Sexual- sprossen von Piadula z. B. aber fehlen sie ebenso vollständig wie an den vegetativen. Aufserdem halien die meisten Formen ein zur Blütezeit als niedriger Ringwall vor- handenes (Pr Fig. 206), später auswachsen- des Perianth , das man gewöhnlich als aus drei verwachsenen Blättern bestehend be- trachtet, eine Deutung, die mir zweifelhaft erscheint, es könnte das Perianth auch eine von thallosen Vorfahren ererbte Bildung sein. Es findet sich auch nicht überall : so fehlt es bei Trichocolea, Gymnomitrium und bei den „geocalyceen" Jungermannieen. Von Trichocolea untersuchte ich die in Java gesammelte Tr. pluma (Fig. 207). Auf dem Ende eines dicken , mit Blättern und zahlreichen Paraphyllien besetzten Astes be- findet sich eine Archegoniengruppe, von der wie gewöhnlich nur ein Sporogon ausgebildet wird. Das befruchtete Archegonium erfährt nur ein ganz unbedeutendes Wachstum, es bohrt sich der Embryo früh in das Stengel- gewebe ein , das ihm den nötigen Schutz gewährt und das fehlende Perianth ersetzt. Wenn man den Begriff Calyptra auf den nach der Befruchtung herangewachsenen Archegonienbauch beschränken würde, hätte Trichocolea auch keine Calyptra, aber es wäre eine solche Definition sieher unzweckmälsig und unhaltbar. Unrichtig ist es, dafs die „Calyptra durch die angewachsenen Involucralblätter wollig" sei^), eine Verwachsung findet hier in keiner Weise statt, und die „Wolle" kommt der Hauptsache nach von den Paraphyllien her (vgl. p, 283), die hier als wasserfesthaltende Organe, wie an den vegetativen Sprossen dienen. Zu der Abbildung, Fig. 207, sei noch bemerkt, dafs sie insofern die Verhältnisse nicht richtig wieder- giebt, als während der Entwicklung des Sporogons der obere Teil des Tragastes nicht stationär bleibt, sondern in die Länge wächst. Fig. 207. Längsschnitt durch einen fertilen Zweig von Trichocolea pluma. Embryo schraffiert; H Halsteil des befruchteten Arche- goniums ; A unbefruchtete Arche- gonien; punktiert ist der Umrifs eines älteren Embryos angedeutet. ^) Schiffner, Jungermanniae akrogynae (Engler-Pr.\ntl), Die natürl. Pflanzenfamilien, 112. Lief. p. 109. Goebel, Organographie der Pflanzen. 21 314 Specielle Organographie. Die Bedeutimg der Perianthieu (vgl. auch Fig. 215) für die heran- reifenden Sporogonien ist hauptsächlich die, dafs sie ein Eindringen von Wasser verhindern und gegen Austrocknung schützen. Nur bei einer Form, bei Anthoceros, kommt es vor, dafs in der Höhle, welche die jungen Sporo- gonien umschliefst, Flüssigkeit sich findet, und zwar ist diese offenbar aus- geschieden von den gegliederten Zellfäden, welche in diese Höhle hinein- ragen. Es ist wahrscheinlich, dafs hier ebenso wie bei einigen Laubmoosen, bei denen die bauchig aufgetriebene Calyptra Wasser ausscheidet, dieses vom Sporogon verbraucht wird — ein Fall, welcher erinnert an die Wasserausscheidung in den Blütenknospen mancher Samenpflanzen. Fig. 208. Calypogeia ericetorum. Habitasbild einer Pflanze mit fertilem, vvurzelähnlichem Sprofs, an dessen Ende man das befruchtete Archegonium durchschimmern sieht. Ebenso finde ich schleimige Flüssigkeit in dem engen Rohre, auf dessen Grunde die Archegonien von Calypogeia ericetorum sitzen. Calypogeia gehört zu einer Gruppe von Jungermannieen , die man als die „Geo- calyceen" bezeichnet, weil bei ihnen die Sporogonien in einen hohlen, meist mehr oder minder tief in die Erde eindringenden Fruchtast ver- senkt sind. Man hat längst erkannt^), dafs diese Gruppe eine biolo- gische, keine systematische ist, d. h. dafs Geocalycie als An- passungscharakter in verschiedenen Gruppen vorkommt, und wir werden sehen, dafs sie entgegengesetzt der bisherigen Annahme auch auf ver- schiedene Weise bei verschiedenen Formen zustande kommt. Keine der- selben hat ein „Perianth", dieses wird eben ersetzt durch andere Bil- dungen, die auch dem heranreifenden Sporogon Schutz gewähren, nament- lich auch gegen Austrocknung, denn offenbar finden sich hier Formen, ^) Vgl. z. B. Spruce, On Cephalozia 1882 p. 92. Spruce hebt dort die Verwandt- schaft von Acrobolbus f= Gymnanthe Taylor pro p.) mit Alicularia, von Calypogeia mit Southbya hervor; seine entwicklungsgeschichtlichen Vorstellungen über das Zustande- kommen der Geocalycie entsprechen aber den Thatsachen nicht. I. Archegoniaten. 315 /^ ' bei denen die Wasserversorgung zur Zeit der Sporogonentwicklung keine stets sichere ist. Bei C. ericetorum (Fig. 208) kann das mit Haarwurzeln besetzte, wurzelähnlich in die Erde eindringende Fruchtrohr fast 1 cm Länge er- reichen und kommt dadurch schon in eine Lage, welche die Wasserauf- nahme erleichtert, die Austrocknung sehr erschwert, liegt ja das Frucht- rohr doch auch auf der Unterseite der Ptiänzchen. Die Innenhöhle ist ausgekleidet von haarähnlich vorspringenden Zellen; an diesen befinden sich noch noch besondere, schleimaussondernde Papillen (vgl. Fig. 209, ^;), die mit dazu beitragen, das heranwachsende Sporogon stets feucht zu erhalten; sie werden später von dem heranwachsenden Sporogon verdrängt. Die Entwicklung der Fruchtsäcke ist von GoTTscHE und Hofmeister unter- sucht worden. Die Archegonien stehen auf der aufwärts gekrümmten Spitze eines kurzen ventralen Astes, der von einigen Hüllblättern umgeben ist. Später wird dieser Ast konkav vertieft, indem eine ringförmige Gewebezelle unterhalb der Einfügungsstelle der Archegonien stark wächst, ähnlich etwa wie bei der Bildung eines unterständigen Frucht- knotens oder einer Feige. So mufs das befruchtete Archegonium schlieMich auf den Grund einer Röhre kommen, an der man aufsen noch einige Blätt- chen und zahlreiche Ehizoiden antrifft. Diese Zone, von der das Wachstum ausgeht, ist auch in späteren Stadien noch erkennbar (es ist die in Fig. 209 schraffierte). Je nachdem sie die In- sertion von Blättern umfafst oder nicht, werden wir auf der Oberfläche des Beutels Blätter finden (Calyp. Trichomanes) oder nicht (Calyp. ericetorum). Das erstere Verhalten hat zu der unrichtigen Behauptung Anlafs gegeben^), in einer „nabelartigen Grube am Grunde des Beutels" liege ein Vegetationspunkt, der auch Blätter produziere. Woher sollte dieser Vegetationspunkt kommen? Der Vegetationspunkt des Beutelsprosses ist ja durch die Archegonienbildung aufgebraucht worden ; es müfste der eines Seitensprosses sein , was zu ganz un- möglichen Konsequenzen führt. Seitensprosse treten übrigens an den Beuteln von Calyp. ericetorum gelegentlich auf, aber an ganz anderer Stelle. Anders als bei Calypogeia erfolgt die Beutelbildung bei Gymnauthe saccata (Fig. 210), wo sie bis jetzt nicht richtig aufgefafst wurde. Hier soll nämlich die Calyptra fast ganz mit dem Beutel verwachsen sein, was aber durchaus nicht der Fall ist. An den schief aufsteigenden Stämmchen von G, saccata (Fig. 210, I) sieht man einen dicken, fleischigen, bräunlichen Körper nahe der Spitze herunterhängen, auf dessen Aufsenseite sich bei den von mir untersuchten Fig. 209. Calypogeia ericetorum. Längs- schnitt durch einen „Sack", halb sche- mati.sch. p Schleirapapille ; E Embryo ; N Nährgewebe des Archegonienstiels («f); A unbefruchtetes Archegonium; schraffiert ist die Zone, von der das Wachstum des Sackes hauptsächlich ausgeht. ^) Schiffner a. a. O. p. 70. 2V 316 Specielle Organographie. Exemplaren nur spärliche Rhizoiden befanden. Es scheint mir nach den getrockneten Exemplaren fraglich, ob der „Beutel" hier wirklich in der Erde steckt. Möglich wäre es ja, dafs er durch sein Gewicht die Pflanze niederzieht; aber das ist nur durch Untersuchung lebender Pflanzen zu entscheiden. Untersucht man ihn genauer, so sieht man, dafs er in jugendlichen Stadien gar kein Beutel ist, sondern ein solider, fleischiger Körper, auf dessen Spitze eine Anzahl Archegonien (ca. 20) steht. Die Archegonien befinden sich, wie ein Vergleich des Längsschnittes mit dem Querschnitt zeigt, in einer seichten, von den angrenzenden Blättern grofsenteils bedeckten Grube. Sie stehen an der Sprofsspitze, das Sprofsgewebe hat sich um dieselben etwas erhoben und unterhalb der Archegoniengruppe eine knöllchen- förmige Wucherung gebildet. Erst der Embryo bohrt sich in dies Gewebe, welches in den von mir untersuchten Beuteln keine Stärke enthielt, und löst die centrale Partie auf, so dafs jetzt wirk- lich ein „Beutel" entsteht, auf dessen Spitze die unbefruchtet gebliebenen Arche- gonien und die sehr wenig entwickelte Calyptra sich befinden. Die Resultate meiner Untersuchungen stehen also im Gegensatz zu den Angaben von Stephani (Hedwigia 1889 , p. 276) : „Hier verwächst alsbald der basale Teil der Haube mit der Beutelwand, und mit der fortschreitenden Verlängerung des Frucht- sackes wächst die Haube zu einem langen Rohr aus , in dessen Grund die Frucht sitzt." Diese Vorstellung geht aus von der Annahme, die Entwicklung finde ursprüng- lich ähnlich wie bei Caljpogeia statt , es bilde sich ein wirklicher Sack, mit dem die Calyptra verschmelze. Eine solche Ver- wachsung findet aber, wie oben erwähnt, nicht statt, der Vorgang ist vielmehr ein ganz ähnlicher wie bei dem Einbohren der Embryonen von Blyttia und anderen in das unter ihnen liegende Gewebe. Fig. 210. Gymnanthe saecata. / Habitnsbild einer „beutel"tragenden Pflanze, 2 fach vergr. ; II Längsschnitt durch den „Beutel" (Embryo punk- tiert); J7i Querschnitt durch die seichte Vertiefung, in welcher auf der Oberseite des „Beutels" die Archegonien stehen. Merkwürdig ist aber hier, dafs das Gewebe, welches der Embryo verdrängen soll, sich zunächst so massig entwickelt, und der Embryo in seinem Wachstum dann erst folgt. Offenbar bildet sich die Knolle erst nach der Befruchtung; ohne Zweifel liefert sie die Materialien, auf deren Kosten der Embryo wächst. Die fleischige Beschaffenheit weist wohl darauf hin , dafs auch die Wasserversorgung dabei in Betracht kommt, obwohl G. saecata ihrer sonstigen Beschaffenheit nach an feuchte Standorte gebunden sein dürfte. Biologisch entspricht also das „Beutel- gewebe" hier wesentlich nicht dem Beutel von Calypogeia, sondern dem I. Archegoniaten. 317 (erst nach der Befruchtung heranwachsenden) Archegonienfufs , jenes Lebermooses, in welchen sich das Sporogon einbohrt. Eiu weiterer unklarer Begriff, der sich in der Lebermooslitteratur be- treffs dieser geocalyceen Jungermannieen findet, ist der des „Involucellum". Das soll eine besondere „zweite HtxUe" sein, die sich „innerhalb der Haube" entwickelt. Meiner Ansicht nach liegt hier nichts anderes vor als ein kragen- förmiger Auswuchs an der als Saugorgan dienenden angeschwollenen Basis des Sporogons ; von einem Involucellum zu sprechen, scheint mir ganz über- flüssig. Ein ähnlicher Kragen findet sich , wie schon Gottsche gezeigt hat, auch bei Pellia epiphvlla und in anderen Fällen, Wir haben es hier lediglich mit einer Oberflächenvergröi'serung des Haustoriums, nicht mit einer „Hülle" zu thun. Überblicken wir die oben geschilderten Verhältnisse , so zeigt sich, dafs wir die Verschiedenheiten, welche die Sexualsprosse den vegetativen gegenüber zeigen, in biologischer Beziehung wenigstens der Haupt- sache nach verstehen können. Es handelt sich dabei einerseits um die Sicherung der Befruchtung, andererseits um den Schutz des heran- wachsenden Sporogons. Dagegen ist eine phylogenetische Ableitung der verschiedenen Ausbildungsformen derzeit nicht oder doch nur in sehr beschränktem Mafse möglich. Die einzelnen Gattungen haben gerade in der Ausstattung der Sexualsprosse vielfach ganz verschiedene Wege ein- geschlagen, die ihnen von „inneren" Ursachen gewiesen sind. Dabei sind vielfach Parallelbildungen aufgetreten. Als solche sind z. B. zu betrachten die Hüllen, welche sich um die einzelnen Archegonien bei Sphaerocarpus und bei den Marchautieen bilden, die „Periauthien" von Blyttia und den foliosen Jungermannieen u. a. Beachtenswert er- schien uns auch , dals an den Sexualsprossen vielfach eine Andeutung der Blattbildung selbst bei thallosen Formen auftritt (Aneura, die Antheridiendeckschuppen bei Mörkia usw.), eine Thatsache, auf die bei Besprechung der phylogenetischen Hypothese über das Zustandekommen der akrogyuen Jungermannieen zurückzukommen sein wird. Sporogonien. Das vorwiegend der Entwicklungsgeschichte zugewendete Interesse der Lebermoosforschung in den letzten Jahrzehnten hat es mit sich ge- bracht, dals dem Bau und den Lebensverhältnissen der fertigen Sporogonien eine ungenügende Betrachtung geschenkt wurde. Es wird deshalb an- gezeigt sein, gerade diese hier in den Vordergrund zu stellen, da das „fertige" Stadium doch als Endziel der ganzen Entwicklung das wichtigste ist^). Gemeinsam allen Sporogonien ist, wie der Name besagt, die Hervor- bringung der Sporen, die stets durch Vierteilung von Mutterzellen ent- stehen. Aber die Gestaltung dieser Organe ist trotz der übereinstimmen- den Funktion eine sehr verschiedene : zu der Aufgabe der Sporenbildung gesellt sich vielfach die der Sporenverbreitung, und beide können auf mannigfaltige Weise gelöst werden. Zunächst lassen sich zwei Haupt- typen unterscheiden : auf der einen Seite der der Anthoceroteen-, auf der andern der der Marehantiaceen- und Jungermannieen-Reihe. Es ist von ^) Vgl. GoEBEL, Über Funktion und Anlegung der Lebermoos-Elateren. Flora 80. Band Jahrg. 1895 p. 1 tf. 318 Specielle Organographie. Interesse, festzustellen, dafs in beiden Gruppen Parallelbildungen sich finden. Dahin gehört z. B. das Auftreten der Elateren, welche sowohl bei Anthoceroteen, als in den beiden anderen Reihen sich finden, bei den ersteren allerdings mit etwas anderem Bau. 1. Anthoceroteen-Typus. Gehen wir aus von der Gattung Anthoceros (Fig. 211) selbst, so ist für die Sporogonien charakteristisch, dafs sie lange, cylindrische Gebilde darstellen, die nicht in Stiel und Kapsel ge- gliedert sind. Nur der basale Teil ist etwas angeschwollen und als Saugorgan entwickelt, das häufig kurze, haustorienartige Schläuche in die Mutterpflanze treibt. Aber die Sporogonien haben einen reichlichen Chlorophyllgehalt, sie sind also imstande zu assimilieren. Damit hängt zusammen, dafs die äufserste Zell- schicht mit Spaltöff- nungen versehen ist. Fig. 211. Anthoceros laevis. Habitusbild in nat. Gr. sp ungeöffnetes Sporogon, an den geöffneten ist die borstenförmige Columella c sichtbar. (Lehrb.) Fig. 212. Anthoceros punctatus. Querschnitt durch den noch nicht ganz fertigen Teil des Sporogons. In der Mitte die kleinzellige Columella, welche durch sterile (später zu „Ela- teren" werdende) Zellen mit der assimilierenden Wandung verknüpft ist, dazwischen Sporentetraden ; in der Epidermis ist eine Spaltöffnung getroffen. die, ganz ebenso gebaut wie die der höheren Pflanzen (vgl. Fig. 212), in der Muscineen-Reihe sonst nur noch an den Sporogonien bei einer Anzahl von Laubmoosen vorkommen — wieder ein merkwürdiges Beispiel von Parallelbildung. Fig. 212 zeigt einen Querschnitt durch ein Anthoceros-Sporogon. Die mehrschichtige Wand funktioniert als Assimilationsgewebe. In der Mitte des Sporogons verläuft ein engzelliger Gewebestrang, der aus der mit zwei Klappen sich öffnenden Frucht später als Borste hervorragt — die „Columella". Sie hat zunächst eine mechanische Funktion, die mit der l3eträchtlichen Längenentwicklung der Sporogone in Beziehung steht; sie bildet gewissermafsen die Säule, an der ein Netzwerk steriler Zellen befestigt ist, zwischen welchem die Sporenmutterzellen liegen ; aufserdem hat die Columella aber auch eine ernährungsphysiologische Aufgabe. Sie geht unten über in den Basalteil des Sporogons, welches betreffs seiner Wasseraufnahme auf die Mutterpflanze angewiesen ist. Die Wasserver- dunstung wird aber keine ganz unbeträchtliche sein, zumal das Sporogon I. Archegoniaten. 319 lange weiter wächst. Es hat nämlich ausgesprochen interkalares Waehs- timi; während es an seiner Spitze schon geöifnet ist, sind weiter unten die Sporen noch nicht ausgebildet. Die Columella wird also, dem „Central- strang'' mancher Laubmoose vergleichbar, zunächst der Wasserzufuhr dienen. Aul'serdem kann die Columella den Sporenmutterzelleu auch andere Stoffe zuführen, und sicher geschieht dies auch durch die sterilen Zellen des Sporenraumes, die ja in Verbindung mit dem peripherischen Assimilationsgewebe stehen. Später kommt diesen sterilen Zellen aber noch eine andere Aufgabe zu. Sie lösen sich gröfstenteils von der Sporo- gonienwand und der Columella los und führen beim Austrocknen drehende Bewegungen aus, durch welche die Sporenmasse in Bewegung gerät. Einzelne Sporen , teilweise auch Klumpen von solchen werclen mitsamt den (hier im Gegensatz zu den übrigen Lebermoosen typisch aus Zell- reihen bestehenden) „Elateren" aus den geöffneten Sporogonieu heraus- geworfen , was nach dem unten Anzuführenden bei Sonnenlicht noch energischer geschehen wird. In seltenen Fällen zeigen diese „Elateren" bei Anthoceros laevis auch rudimentäre . spiralige Verdickungen ^) auf ihren Zellmembranen , was deshalb von Interesse ist , weil andere An- thoceros-Arten (A. Vincentianus. giganteus, multifidus, denticulatus u. a. und Dendroceros) diese spiralige Verdickung scharf ausgeprägt zeigen. Hier führen diese Zellreihen offenbar auch energischere Schleuder- bewegungen aus als bei den Anthoceros laevis, punctatus u. a. , bei welchen nur rudimentäre Elateren vorhanden sind. Es liegt, wie mir scheint, kein Grund vor, sie als rückgebildet den anderen gegenüber zu betrachten ; vielmehr sehen wir. wie innerhalb einer Reihe sich die Aus- bildung eines Organes allmählich steigern kann. Von den äulserlich ähnlichen Elateren der Jungermannieen und Marchantieen unterscheiden sich auch die mit spiraligen Verdickungen versehenen der Anthoceroteeu, wie aus dem Obigen hervorgeht, dadurch, dals sie aus Zellreihen be- stehen. Was die dritte Gattung der Anthoceroteeu, Notothylas, betrifft, so hat Douglas Campbell-) neuerdings nachgewiesen, dals — im Gegensatz zu den auf ungünstiges Material begründeten Angaben Leitgebs — die Differenzierung von Archespor und Columella im wesentlichen ganz ebenso erfolgt wie bei Anthoceros. Nur ist das interkalare Wachstum weniger ausgeprägt, und die Teilungen des Archespors verlaufen etwas anders. Dagegen zeigt der Bau der reifen Kapsel bedeutende Abweichungen. Wir finden bei den Notothylas-Sporogonien, welche viel kleiner bleiben als die von Anthoceros. weder ein Assimilationsgewebe an der Kapsel, noch dementsprechend auch Spaltöffnungen. Ob die sterilen Zellen sich bei der Sporenaussaat beteiligen^), ist unbekannt; ob es Notothylas-Arten giebt, bei denen wenigstens in dem reifen Sporogon keine Columella nach- weisbar ist (sie könnte hier wie unter den Laubmoosen bei den Ephemera- ceen frühzeitig zerdrückt werden), bedarf weiterer Untersuchung. Bis jetzt zeigen sich die Anthoceroteeu in allen ihren Eigentümlichkeiten als eine den anderen Lebermoosen gegenüber scharf abgegrenzte Gruppe von offenbar beträchtlichem Alter. ^) Gewöhnlich findet man zwei in der Längsrichtung, aber nicht gerade verlaufende Verdickungsstreifen. ^) Mosses and ferns p. 141 ff. •') Wahrscheinlich ist dies der Fall, da sie Verdickungsstreifen auf ihren Zell- wänden haben. 320 Specielle Organographie. 2. Marchantiaceeii- nnd Juu^ermaiiiiieeii-Reihe. Die Sporogouien der Anthoceroteen stehen auf einer ziemlich hohen Stufe der Differenzierung gegenüber den niedersten Formen der Sporogonien, wie wir sie bei den Marchantiaceen finden; der niedrige Grad der Ausbildung spricht sich darin aus, dals die Sporogonien keinerlei besondere Einrichtungen zur Sporenaussaat besitzen. Wie bei den Laubmoosen finden wir diesen Typus auch bei den Lebermoosen dann, wenn die Sporogonien verhältnis- mäfsig klein sind, aber relativ grolse und nicht sehr zahlreiche Sporen hervorbringen. Wo zahlreiche kleine Sporen gebildet werden, sind stets auch besondere Einrichtungen zur Sporenaussaat vorhanden : das Sporogon differenziert sich in eine Kapsel, die neben den Sporen noch sterile, bei Fig. 213. Notothylas orbicularis (nach Douglas Cämpbkll). 1 Längsschnitt durch den Thallus (X) Scheitelzelle; rechts von derselben ein junges Archegonium ($) und ein älteres; JD Deckelzelle; h Halszellen'. (600/1.) 2 Längsschnitt durch ein junges Sporogon, Archespor punktiert. der Reife meist der Sporenaussaat dienende Zellen enthält, und in einen Stiel, dessen basaler Teil als Saugorgan ausgebildet ist. Durch die Streckung dieses Stieles wird der Archegonienbauch durchbrochen und die Kapsel emporgehoben. Diese Streckung erfolgt in kurzer Zeit durch starke Vergröfserung der Stielzellen unter Verbrauch der in denselben lagernden Stärke. Die Kapsel wand öffnet sich in charakteristischer Weise, und die Sporen werden ausgestreut, und der aus dünnwandigen Zellen aufgebaute Stiel verwelkt. Diese Sporogonien haben also im Gegensatz gegen die der Anthoceroteen aufserhalb des Archegonienbauches nur eine sehr kurze Existenz ; sie leben der Hauptsache nach durchaus auf Kosten der Geschlechtsgeueration, auf der sie sich wie Parasiten verhalten. Diese bildet oft auch ein besonderes Nährgewebe für die Sporogonien aus. Die niedrigst stehenden Formen der Sporogonien sind kleistokarp , sie entlassen ihre Sporen erst durch Verwitterung der Sporogonwand, die Sporen sind relativ grofs, besondere Verbreitungsmittel' nicht vorhanden. Bei den höher stehenden öffnet sich die Sporogonwand bei der Reife, bei den Junger- I. Archegoniaten. 321 maiuiieeu meist in vier Klappen, bei den Marchantieen innerlialb der einzelnen Gattungen in sehr verschiedener Weise, Nach in meinem Institut aus- geführten Untersuchungen löst sich immer ein Deckelstück ah (mit Ausnahme etwa von Targionia , deren Wand in einzelne unregelmäfsige Stücke zerfällt). Dies „Deckelstück" ist entweder zusammenhängend, oder zerfällt in einzelne Zellen. Der Rest der Kapsel bleibt als Urne stehen (Reboulia, Grimaldia u. a.), spaltet sich in vier (später nochmals geteilte) Klappen bei Lunularia , rollt sich zusammen bei Fegatella, kui-z, es kommen hier verschiedene Variationen vor. Ganz unrichtig ist die (von Schiffner wiedergegebene) Zeichnung und Angabe , dal's bei Lunularia Elaterenbüschel an den Klappenspitzen hängen bleiben (wie dies bei Aneura der Fall ist). Indes soll auch auf diese Ver- hältnisse hier ebensowenig näher eingegangen werden als auf die Abweichungen von der gewöhnlichen Öffnungsweise der Jungermannieen-Kapseln. Fig. 214. Spliaerocarpus terrestris. I 3 Sporeutetraden und 2 sterile Zellen aus einem reifen Sporogonium , stark vergr. // Längsschnitt durch ein Sporogon mittlerer Ent- wicklung (Sporenmutterzellen noch nicht geteilt); c Calyptra; P „Perigon". Betreffs der iuueren Differenzierung lassen sich bei Marchantiaceen und Jungermanniaceeu folgende Typen untersclieiden : 1. Das Sporogon differenziert sich in eine Wandschicht und einen nur von Sporen erfüllten Innenraum : Riccia , Oxymitra. Die Wand- schicht wird frühzeitig bei Riccia wieder „resorbiert", die Sporen werden durch Verwitterung des Thallus frei. 2. Die Zellen des Innern werden nicht mehr alle zu Sporenmutter- zellen, ein Teil bleibt steril. A) Die sterilen Zellen sind nur „Nährzellen", das Sporogon hat keinen wirklichen Stiel, sondern höchstens ein als Saugorgan dienendes kurzes Anhängsel (Corsiuia , Riella , Spliaerocarpus). Die primitivsten Verhältnisse finden sich bei Sphaerocarpus , insofern als die Differenz zwischen sterilen und fertilen Zellen hier verhältnismälsig spät eine be- trächtliche wird. Merkwürdig ist, dal's die Wand des Sporogous frühe schon vom Inhalt sich abhebt (Fig. 214, 11). Der letztere ist umgeben von einer schleimigen Flüssigkeit, die wir der vergleichen dürfen, die sich in den „Wasserbäuchen" der Calyptra einiger Laubmoose findet (vgl. diese), d. h. sie dient wohl als Wasserreservoir. Die sterilen Zellen zeichnen sich zunächst durch ihren gröfseren Stärkegehalt aus, während 322 Specielle Organographie. die fertilen mehr mit Eiweiisstoffen sich füllen, eine Differenz, die in ganz ähnlicher Weise auch bei Aneura hervortritt. Die fertilen Zellen werden gröfser, der Gewebeverband lockert sich in der Weise, dafs zunächst Gruppen von 2— 3 Sporenmutterzellen mit einigen daran haftenden sterilen Zellen gebildet werden. Die Flüssigkeit, welche den Innenraum der Sporenkapsel erfüllt, ermöglicht übrigens vielleicht insofern einen Stoff- austausch, als lösliche Stoffe in sie von den sterilen Zellen abgegeben, aus ihr von den fertilen aufgenommen werden können. Jedenfalls werden die fertilen Zellen hier zum gröfsten Teile von den Chlorophyll haltigen sterilen und der chlorophyllhaltigen Kapselwand ernährt, der kurze Stiel des Sporogons löst sich bald ab. so dais das Sporogon auf sich selbst an- gewiesen ist. Die Kernteilungen in den sterilen Zellen (später treten öfters auch Teilungswände auf, Fig. 214. 1, links) erinnern mehr an die Kernfragmentatiouen in den Tapetenzellen der Antheren als an die Teilungen der Sporenmutterzellen. Die Sporen bleiben zu Tetraden ver- bunden (Fig. 214. J), die sterilen Zellen sind auch bei der Sporenreife noch nachweisbar. Die Art. wie die Sporen herausgelangen (ol) durch Verwitterung der Sporogonwand oder sonstwie), ist bei Riella und Sphaerocarpus nicht näher bekannt. Dasselbe gilt für Corsinia. Wahrscheinlich werden bei all diesen Formen die Sporen, nachdem die Sporogonien verwittert sind, weggeschwemmt. Die sterilen Zellen sind hier wie bei Sphaerocarpus noch bei der Sporenreife lebend und mit kleinen Chlorophyllkörpern versehen . auch sie dienen als Nährzellen . sind aber äul'serlich schon etwas elaterenähnlicher als bei Sphaerocarpus. B) Die sterilen Zellen sind mit meist spiraligen Verdickungen ver- sehen, spindelförmig, zuweilen verzweigt. l)ei der Sporenreife tot. sie be- teiligen sich bei der Sporenverbreitung, und zwar in verschiedener Weise, teils" indem sie beim Austrocknen Schnellbewegungen ausführen^), teils indem sie nach der Öffnung der Sporogone durch hygroskopische Be- wegung ein lockeres Haufwerk bilden . das einen grösseren Raum ein- nimmt als in der Si)orogonkapsel. und von dem die Sporen durch Luft- strömungen allmählich hinweggeführt werden können. Die Schnell- bewegungen der Elateren treten, wie ich gezeigt habe, beim Austrocknen derselben ein, sie werden um so energischer sein, je rascher die Aus- trocknung erfolgt. So findet bei den Marchantieen gewöhnlich keine erhebliche Abschleuderung statt, wohl aber tritt eine solche ein unter den Bedingungen, die ich mit den Worten eines Beobachters aus dem vorigen Jahrhundert. Kölreuter, wieder- geben möchte^). „Will man haben, dafs sich die Fäden (= Elateren) der stäubenden Samenkapseln lebhaft bewegen sollen, so darf man sie nur, nachdem sie (d. h. offenbar die Sporogonien) zuvor im Schatten gestanden, auf einmal *) Der Bewegungsmechanismus der Lebermooselateren ist neuerdings von Kamerling (Flora 1898 p. 1-57) einer eingehenderen Untersuchung unterworfen worden. Indem ich auf die genannte Abhandlung verweise, bemerke ich nur, dafs der Bewegungsmechanismus nicht bei allen Lebermooselateren derselbe ist, der von Anthoceros z. B. weicht von dem der meisten Jungermannieen ab. Kamkrling hebt hervor, dafs diese Verschiedenheit der Mechanik mit eine Stütze für die von mir ausgesprochene Ansicht sei, dafs es sich bei den Elateren ursprünglich überall um „Nährzellen" handle, die erst sekundär in den Dienst der Sporenverbreitung traten. (Nachtr. Anm.) 2) KöLREüTER, Das entdeckte Geheimnis der Kryptogamen. Karlsruhe 1777 p. 23. (Die von diesem hochverdienten Forscher hier entwickelten Anschauungen über Be- fruchtung sind vei-fehlt, es finden sich aber doch einzelne gute Beobachtungen.) I. Archegoniaten. 323 der Sonne aussetzen, oder wenn sie den Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, gelinde anfeuchten; alsdann wird ihre Bewegung, sowie ihre eigene sowohl, als die angehauchte Feuchtigkeit wieder abdünstet, augenblicklich stärker und leb- hafter, dergestalt, dafs der dadurch losgeschnellte Samen wolkenweise abfliegt. Am allerstärksten aber zeigt sich diese Wirkung, wenn man auf ihren gelben Wollenbüschel den Brennpunkt mit einem gemeinen Brennglase fallen läfst^). Eben dieses Hilfsmittels kann man sich auch bei den stäubenden Kolben des Schaftheus mit gleichem Vorteil bedienen," Diese je nach der Raschheit des Aus- trockiieus verschieden starke hygroskopische Bewegung ist auch hei der folgenden Ein- teilung im Auge zu behalten. — Die zwei Gruppen — bei der einen dienen die Elateren als Schleuderorgane, bei der anderen nicht — sind nicht scharf voneinander zu trennen. In beiden Gruppen lassen sich verschiedene Typen unterscheiden. I. Die Elateren wirken als Schleuder- organe. a) Junger m a n u i a - T y j) u s. Die Ela- teren sind frei, der Sporogonwand also nicht angemessen und ohne wahrnehmbare Ordnung im Sporenraum verteilt. Die Kapsel wand öffnet sich mit vier Kla})pen. Dadurch wird die vorher noch feuchte Masse von Sporen und Elateren der Austrocknung ausgesetzt; sobald die Kapselwaud klafft, beginnt meist das Ausschleudern der Sporen, es dauert meist nur kurze Zeit, in einigen Minuten ist alles vorüber, die Existenz des Sporogons hat damit ihren Abschluis gefunden. Hierher gehören verschiedene Jungermannia -Arten, Plagio- chila, Chiloscyphus u. a. Eine Modifikation dieses Typus, die zum folgenden ül)er]eitet, findet sich bei Jungermannia bicuspidata, J. trichophylla u. a. Hier sind nämlich die sehr laugen Elateren mit ihrer Basis an- geheftet an die Sporogonwand , sie konver- gieren nach innen hin, wo eine elaterenfreie Zone sich befindet. In dem geöffneten Sporo- gon sieht man die mit Si)oren besetzten Ela- teren mit ihrem freien Ende eine drehende Bewegung ausführen und dann von ihrer Anhaftuugsstelle abspringen, wobei sie die ihnen ansitzenden Sporen fortschleudern. Einige bleiben übrigens gewöhnlich auf der Kapselwand sitzen. b) F r u 1 1 a n i a - T y p u s. Hierher gehören aulser Frullania die mit ihr nahe verwandten Gattungen Lejeunia, Colura imd Phragmicoma. Hier sind die Elateren einander annähernd parallel in der Längsachse des Fig. 215. Längsschnitt durch ein Stämmchen von Junger- mannia biciaspidata. P Perianth. Das Sporogon des befruchteten Archegoniums hat sich tief in das Stäramchen eingebohrt. ^) Von neueren Autoren war die Schnellwirkung der Elateren ganz in Abrede ge- stellt worden. 324 Specielle Organographie. Sporogous angeordnet ; ihre verbreiterten Enden sind mit der Innenfläche der Kapsel in Verbindung, bei der Öffnung des Sporogons reilsen sie an ihrer Basis ab und bleiben mit dem oberen Ende an der Sporogonwand sitzen. Die Öffnung der Kapsel erfolgt bei Frullania sehr rasch — ein Ruck, und die Sporen sind weggeschleudert. Offenbar werden die Elateren beim Zurückbiegen der Klappen gespannt, reifsen dann ab, schnellen da- durch los und schleudern die Sporen fort, die hygroskopischen Be- wegungen, welche die Elateren auch hier ausführen können, haben nur eine nebensächliche Bedeutung. C) Formen mit „Elaterenträgern". a) Pellia-Typus^). Die grolsen Kapseln der Pellia-Arten enthalten Sporen, die schon innerhall) des Sporogons die ersten Keimungsstadien zurückgelegt haben und dabei zu Zellkörpern ge- worden sind. Damit hängt es zusammen, dals hier ein Wegschleuderu gewöhnlich nicht stattfindet. Betrachtet man ein geöffnetes Sporogon von Pellia calycina (Fig. 216), so findet man dem Grunde der Kapsel ansitzend ein Büschel (öfters bis 100) langer, fadenförmiger, sjnralig verdickter Zellen; bei P. epi- phylla sind es viel weniger, auch sind sie au ihrem Grunde gewöhnlich miteinander im Zusammenhang. Diese Büschel sind die „Elatereuträger", die eigent- lichen, freien Elateren sind mit den Sporen schon ab- gefallen. Ein Schnitt durch eine ungeöffnete Kapsel zeigt im Centrum derselben im untern Teil der Kapsel einen Zellkörper mit strahliger Zellanordnung, der zum Elatereuträger wird. Sporenmutterzellen sind hier überhaupt nicht vorhanden. Die Aufgabe des „Elaterenträgers" ergiebt sich aus der Art und Weise, wie die Kapsel sich öffnet. Bei P. calycina fand ich folgendes, was in Ergänzung meiner früheren An- gaben mitgeteilt sei. Die Kapsel öffnet sich in vier Klappen, die sich zunächst annähernd horizontal aus- breiten. Elateren und Sporen geraten in lebhafte Be- wegung (gelegentlich werden auch einige Sporen auf kurze Entfernungen hin ausgeschleudert). Man sieht vom Elatereuträger zunächst nichts, weil er über die Sporeumasse (resp. über die vier Klumpen derselben) spinnwebartig ausgebreitet ist. Die Sporenelateren- niasse nimmt ein gröfseres Volumen ein als in der Kapsel und ruht zunächst auf den Klappen. Später biegen diese sich noch mehr zurück, die Sporen werden infolgedessen, wenn sie nicht vorher schon durch Luftströmungen entfernt sind, abfallen. Aber es geschieht dies nicht auf einmal, weil durch den Elaterenträger die Masse noch zusammengehalten wird, an demselben eine Art Stütze hat. Später richtet sich der Elatereuträger, der beim Öffnen der Kapsel auseiuaudergezogen worden war, wieder auf; sollten noch Sporen an ihm haften . so können sie leicht weggeblasen werden. Wir sehen also, dafs der Elaterenträger eine allmähliche Aussaat der Sporen sichert (dals er in der Jugend auch eine ernährungsphysio- logische Funktion hat , wird unten zu erwähnen sein) , und wenn wir Fig. 216. Pellia caly- cina, geöffnetes (und entleertes) Sporogon. Die Klappen der Spo- rogonwand zurück- geschlagen , in der Mitte der „Elateren- träger", aus zahl- reichen Fäden be- stehend. ^) Vgl. aufser meiner citierten Arbeit (und der dort angeführten Litteratur) auch Jack, Beiträge zur Kenntnis der Pellia-Arten, Flora 81. Bd. p. 1 ff. I. Archegoniaten. 325 bedenken, dafs in einer Kapsel von Pellia epiphylla Jack 4500 Sporen zählte, so leuchtet ein, wie wichtig es für die Pflanze ist, dals diese nicht in grolser Anzahl miteinander aus der Kapsel ausfallen. b) Aiieura - Typns (Aneura, iMetzgeria, Hymenophytum). Während bei Pellia der „Elaterenträger" als ein eigentümlich ausgebildetes Elaterenbündel betrachtet werden kann, ist bei dem Aneura-Typus der Elaterenträger mehr specialisiert. Fig. 217 zeigt einen Längsschnitt durch eine reife Kapsel von Aneura pinguis. Wir sehen in den Inuenraum der Kapsel von der oberen Wand aus einen Gewebekörper hinein- ragen , den Elaterenträger , die losen Elateren sind im Sporenraum in strahliger Anordnung verteilt. Der Elaterenträger spaltet sich später in vier Teile , die Trennungslinien sind schon frühe erkennbar. Die Zellen des Elateren- trägers haben halbringförmige Verdickungen, die untersten derselben wachsen vielfach zu zugespitzten . elaterenähnlichen Zellen aus. Zwischen diese Yorsprünge des Elatereuträgers (und auch an anderen Stellen) legen sich die Enden einer Anzahl der freien Elateren an, aber keineswegs alle. Die Kapsel öffnet sich in vier Klappen , die annähernd horizontale Pachtung einnehmen, ebenso teilt sich die Sporen- und Elaterenmasse in vier Teile. Nun führt jede dieser vier den Klappen aufliegenden Massen au ihrem Anheftungspunkt (also am Elaterenträger) eine Drehung von etwa 90" aus, so dais auf jeder Klappe die Sporenmasse aufgerichtet erscheint. Nun beginnt ein energi- sches Abschleudern der Sporen, nach etwa fünf ^linuteu sind nur die Elaterenträger mit ein- zelnen denselben anhaftenden Elateren übrig. Es ist klar, dafs durch diese Einrichtung zweierlei erreicht wird. Einmal können die Sporen- massen dadurch , dafs sie über die Sporogon- wand herausgehoben werden, in weiterem Um- kreis zerstreut werden, sodann wird dadurch bei der langgestreckt cylindrischen Gestalt der Aneura-Sporogonien eine ausgiebige Entleerung bewirkt, wir sehen dementsprechend auch, dals der Elaterenträger um so mehr entwickelt ist, je länger die Kapsel ist. Betreffs Metzgeria sei auf die angeführte Abhandlung verwiesen (Flora 80. Bd. Jahrg. 1895 p. 27). II. Elateren nicht (oder doch gewöhnlich nicht, vgl. oben p. 322) als Schleuderorgane, sondern nur zum Auflockern der Sporenmasse dienend. Schon bei Pellia wurde ein eigentlich hierher gehöriges Verhalten angeführt. Auch Fossombronia verhält sich ähnlich. Die Kapselwand trennt sich hier in einzelne Stücke, wobei ein unterer schüsseiförmiger Teil übrig bleibt, der der Masse von Sporen und Elateren als Stütz- punkt dient. Durch die Bewegungen der Elateren (die zur Abschleuderung nur in ganz unbedeutendem Maise führen) wird die Masse voluminöser Fig. 217. Aneui'a pinguis. Längsschnitt durch eine reife Kapsel, vergr. Man sieht von der Spitze der Kapsel in den Sporenraum herunter- ragen den Elaterenträger, im Sporenraum zahlreiche Ela- teren und Sporen. 326 Specielle Organographie. und kann leicht allmählich weggeführt werden. Ebenso verhielten sich die untersuchten Marchantiaceeu. bei denen sich vor der geöffneten Kapsel ein voluminöses Haufwerk bildet, das an das Capillitiumgertiste mancher Myxomyceten erinnert. Die oben erörterte Funktion der Elatereu bezieht sich nur auf den fertigen Zustand. Es ist mir aber nicht zweifelhaft, dafs sie auch während der Entwicklung des Sporogons eine Bedeutung haben. Sie eignen sich vermöge ihrer langgestreckten Gestalt zu Leitungsbahnen, in welchen Nährstoffe für die Sporenmutterzellen transportiert werden. Besonders leuchtet das ein für Formen, bei welchen die Elateren (oder Elaterenträger) mit der Sporogonienwand in Verbindung stehen, wie dies beim Frullania-, Aneura-, Pellia-Typus und dem von Jungermannia bi- cuspidata der Fall ist. Wo die Elateren zerstreut im Sporeuraum Fig. 218. Lophocolea heterophylla. Die beiden ersten Figuren (.300/1) zeigen einen jungen Embryo im medianen Längsschnitt und in Aufsenansicht, die dritte (53/1) einen älteren im medianen Längsschnitt. (Nach Kienitz-Gerloff.) liegen, werden sie immerhin als Nährzellen dienen können, welche den gröfsten Teil ihres Inhaltes an die Sporenmutterzellen abgeben. Dies wird dadurch erleichtert, dafs die Wände der Sporenmutterzellen, wie die der Elaterenanlagen auf einem mittleren Entwicklungsstadium eine gallertige Beschaffenheit zeigen. Man sieht auch bei Pellia unter dem Elaterenträger in jugendlichen Kapseln eine Anhäufung von Stärke, welche wir als den Überschufs der zugeführten über die durch den Elateren- träger weggeführten Kohlenhydratmenge betrachten dürfen; später wird auch diese Stärke verbraucht und offenbar nicht nur zur Ausbildung des Elaterenträgers. Was die frühesten Entwicklungsstadien der Embryonen betrifft, so können wir betreffs der Zellenanordnuug einige Typen unterscheiden, die aber nicht strenge innegehalten werden. a) Der verbreitetste ist der J u n g e r m a n n i e e n -T y p u s. Die befruchtete Eizelle wird zunächst durch eine zur Längsachse des Archegoniums recht- winkbge Wand in eine obere und eine untere Zelle zerlegt. Aus der ersteren allein geht die Kapsel und der Stiel des Sporogons hervor, während die untere Zelle als Anhängsel am Fufs des Sporogonienstiels erscheint und wahrschein- lich als Saugorgan dient. Ein etwas älterer Embryo zeigt in seinem oberen Teile eine Anzahl von Querscheiben, deren jede aus vier Zellen in Form von Cylinderquadranten gebildet wird. Der Scheitel ist eingenommen von vier I. Archegoniaten. 327 Zelleu in Form von Kugeloktanten. Die Scheidewände derselben bezeichnen die vier Trennungslinien, in welche später die Kapsel aufreifst. Aus diesen vier Kugeloktanten geht in den einfachsten Fällen (die aber eigentlich die am weitesten von der ursprünglichen Gestaltung entfernten sind, z. B. bei Pellia, Frullania, Lejeunia) die Kapsel hervor, indem durch perikline Wände vier äufsere Zellen — die Anlage der Kapselwand — von vier inneren — der Anlage der Sporenmutterzellen oder dem „Archespor" — getrennt werden. In den meisten Fällen werden aber auch noch die den oberen vier Zellen angrenzenden Stockwerke mit in die Kapselbildung einbezogen, so z. B. bei Radula. Da wir als den primitivsten Fall den anzusehen haben, dafs alle Zellen des r Fig. 219. Aneura palmata. Längsschnitt durch den Kapselteil zweier Sporogonien ver- schiedenen Alters. Das „fertile" Gewebe des Kapselinnern ist punktiert. T Trennungs- linie für die Elaterenträger und die Kapselwand. Embryos (mit Ausnahme der Wandschicht wie bei Riccia) das Archespor dar- stellen, so wird die Sporogonentwicklung um so mehr dem primitiven Typus nahe stehen, je später sich die Differenzierung des Archespors vollzieht. Innerhalb des aus der Teilung der Archesporzellen entstandenen sporo- genen Zellkomplexes bilden sich dann eine Anzahl Zelleu „steril" aus, die oben behandelten Nährzellen und Elateren. Viel weiter geht dieser Vorgang der Sterilisation einzelner Teile des sporogonen Zellkomplexes bei den mit Elaterenträgern versehenen Formen. So bei Aneura^). Charakteristisch ist, dafs sich hier schon sehr frühe im sporogenen Zellkomplex eine Trennung bemerkbar macht in zwei Meristeme , von denen das eine , weniger thätige, aber ursprünglich den Hauptteil der Kapsel einnehmende den Elaterenträger, das andere das fertile Zellgewebe liefert, das sich erst später in Sporenmutter- zellen und Elateren differenziert. Ursprünglich sind die Zellen des Kapselraumes anscheinend alle gleichartig, wie bei den übrigen Lebermoosen. Später unter- scheidet sich eine peripherische Partie von Zellen durch reicheren Plasma- gehalt, Chlorophyll und durch Abwesenheit von Stärkekörnern von den inneren. Letztere bilden den Elaterenträger, erstere das sekundäre Archespor. Es ist ') Vgl. GoEBEL, Archegoniatenstudien VI, Flora 1895 p. 24. 328 Specielle Organographie. anzunehmen, dals die sterilen Zellen den t'ertilen aui'serdem auch als Nahrungs- speicher und -bahnen dienen, und dafs damit die frühe Difterenzierung zusammen- hängt. Abgesehen von dem Interesse , Avelches diese Entwicklung au sich bietet, ist sie namentlich deshalb von Bedeutung, weil hier uns im Verlauf der Einz e 1 en t wicklun g ein Vorgang entgegentritt, den wir bei Antho- ceros aus vergleichenden Gründen als einen phylogenetisch gewordenen anzunehmen Grund haben. — Von Abweichungen im Zelleuaufbau des Sporogons innerlialb der Junger- mannieen-Reihe sei hier nur genannt Sphaerocarpus und Symphyogyne. Bei ersterer Gattung hat der Embryo langgestreckte Gestalt und Avird demzufolge zunächst in übereinanderliegende Querscheiben geteilt, welche später in Quadranten zerfallen. Symphyogyne zeigt an ihrem Eml)ryo nach Leitgeb ein ähnliches Spitzenwachstum wie der der Laubmoose und eine spätere Ditferenzierung des Sporenraums. Wenn noch mehr Formen untersucht werden, so werden sich wahrscheinlich noch andere Abweichungen vom „Typus" herausstellen, die wie in anderen Fällen um denselben oscillieren. Die Riccien und Marchantieen zeigen eine der kugelförmigen , resp. eiförmigen Gestalt ihrer Embryonen entsprechende Zellenauordnung, deren Besprechung hier kein weiteres Interesse bieten würde. Erwähnt sei, dafs bei den Marchantieen nach Kienitz-Gerloff schon durch die erste , quer zur Längsachse des Archegoniums stehende Wand Kapsel- und Stielteil von- einander getrennt werden. Auch hier linden wir Schwankungen : bei Tar- gionia^) treten in dem langgestreckten Embryo zunächst Querwände auf, und es kann für kurze Zeit sogar zur Bildung einer „zweischneidigen" Scheitel- zelle kommen; später tritt dann im oberen Teil Quadrantenbildung ein. Dafs der Embryo von Riccia der primitivste ist. den wir kennen, wurde schon früher hervorgehoben (p. 321). b) An thoce r OS-Typus. Wie das fertige Sporogon von denen anderer Lebermoose abweicht, so auch die Entwicklung. Zwar die ersten Entwicklungs- stadien stimmen mit denen des Jungermannieentypus überein : der Embryo besteht aus 2 — 3 Stockwerken quadrantisch gelagerter Zellen. Aus dem unteren geht der „Fufs" (das Saugorgan) hervor, aus den oberen, resp. dem einen oberen die Kapsel. Die Zellen dieser Stockwerke werden durch Peri- klinien in Innen- und Aufsenzelleu zerlegt (Fig. 213, 2). Während aber bei den übrigen Lebermoosen die Aufsenzelleu zur Wand , die Innenzellen zum Archespor werden, ist das bei Authoceros nicht der Fall. Hier bilden die Innenzellen die oben erwähnte Columella, das Archespor wird von den Aufsen- zelleu durch weitere perikline Spaltung abgetrennt. Es ist eine Zellschicht in Gestalt einer nach unten hin offenen Glocke oder Kuppel (ähnlich wie bei den Laubmoosen Sphagnum und Andreaea). Ursprünglich waren offenbar auch die Innenzellen fertil, es findet hier aber eine Sterilisation statt , wie wir sie ähnlich bei Aneura kennen gelernt haben , und auch die Thatsache, dafs die als Assimilationsgewebe dienenden Schichten der Kapselwand durch weitere iierikline Teilungen entstehen, deutet darauf hin, dafs wir es mit einer später entstandeneu Neubildung zu thun haben. Aus dem Archespor gehen nicht nur die Sporenmutterzellen , sondern auch das NetzAverk steriler Zellen hervor, in dessen Maschen die Sporenmutterzellen liegen, gleichfalls ähnlich dem von Aneura erwähnten Vorgang. Dafs das Sporogon von Authoceros späterhin selbständig assimiliert, wurde oben hervorgehoben. Die Embryonen anderer Lebermoose sind zwar gewöhn- *) Muscineen p. 355. I. Archegoniaten. 329 lieb — wenigstens auf früheren Entwicklungsstadien — auch chlorophyll- haltig, allein für die Ernährung kommt das offenbar (abgesehen von Sphaero- carpus, Riella. Corsinia, vgl. p. 321) kaum in Betracht, vielmehr leben sie auf Kosten der Mutterpflanze. Der Basalteil des Embryo bohrt sich in diese oft tief ein. Es findet sich vielfach ein meristematisches Gewebe , das sich infolge der Befruchtung weiter entwickelt, so bei Pellia, Aneura u, a., bei Calypogeia gehört es dem hier sehr entwickelten „Fufs" des Embryos an. Auch sonst erstreckt sich die Wirkung der Befruchtung auf andere Yor- gänge als die Embryobildung selbst, namentlich auf die Bildung oder viel- Fio;. 220. Blyttia sp. Ceylon. Al^f der Thallusoberseite rechts ein junges Sporogon, ein- gehüllt von Calyptra und Perianth, auf'^en das Perichätium (letzteres ist an dem Archegonien- stand weiter links allein sichtbar und mit zahlreichen haarartigen Fortsätzen versehen). mehr Weiterentwicklung von Hüllen für das reifende Sporogon. Darauf wurde oben schon hingewiesen, es sei deshalb nur ein Beispiel hier kurz vorgeführt. Fig. 220 zeigt von einer Blyttia-Art rechts ein junges Sporogon. Das- selbe ist umgeben von einer zweifachen ( resp. dreifachen) Hülle , zunächst von der Calyptra. Diese wird aber nur in ihrem obersten Teile von dem Archegonienbauche gebildet, der Hauptsache nach besteht sie aus dem unter dem Archegonium liegenden Gewebe, in welches sich der Sporogonstiel ein- gebohrt hat; es erhellt dies schon daraus, dafs man an dieser „Calyptra" die unbefruchtet gebliebenen Archegonien aufsitzen sieht. Aufserhalb der Calyptra kommt eine viel längere und weitere Hülle, das „Perianth", welches zur Blütezeit nur als kleiner Riugwall vorhanden war und erst durch die Befruchtung den Anstofs zu weiterem Wachstum erhalten hat. Es ist oben mit einem Schopf versehen, welcher Wassertropfen den Eintritt in das Innere versperrt. Unterhalb desselben ist dann das Perichätium, das sich nur wenig nach der Befruchtung vergröisert. Sporeukeimung. Die Sporen der Lebermoose sind sämtlich einzellig. Wo im Sporau- gium mehrzellige Körper vorkommen, wie bei Pellia, Fegatella, Dendro- ceros, liegt meiner Ansicht nach lediglich ein Fall vor, bei welchem die Goebel, Organographie der Pflanzen. 22 33Q Specielle Organographie. Keiniuug schon innerhalb des Sporogous begonnen hat. Es ist charakte- ristisch, dals dies bei Formen statthndet, die sämtlich Bewohner feuchter Standorte sind, ich habe deshalb diesen Vorgang früher ^ dem der Viviparie bei höheren Pflanzen angereiht. Diese Zellkörper werden wohl ebenso wie die verhältnismälsig grolsen Sporen der Rieden hauptsächlich durch Fortschwemmung verbreitet werden, während die Mehrzahl der Leber- moossporen, wie oben gezeigt wurde, durch den Wind Verbreitung finden. Gröfse und Umhüllung der Sporen sind sehr verschieden, selbst bei nahe verwandten Formen : Marchantia hat kleine, dünnwandige, Preissia grofse, dickwandige Sporen. Während man früher den Sporen gewöhnlich eine cuticularisierte Exine und eine aus Cellulose bestehende Intine zuschrieb, unterschied Leitgeb^) drei Hautschichten ; das „Exospor" besteht nämlich aus zwei verschieden entstandenen Schichten, deren innere, der Spore selbst angehörig, die eigentliche „Exine" darstellt, während die äufsere Um- hüllung — das „Perinium" — dem Exospor später aufgelagert wird und aus Teilen der Sporenmutter- zelle besteht. In Fig. 221 ist die äufsere, faltig abstehende Haut, das Perinium. Die Funktion derselben ist eine schützende, namentlich auch gegen zu starke Austrocknung; im allgemeinen finden wir es bei xero- Fig. 221. Grimaidiadichotoma. Spore links P^^üen Formen Stärker entwickelt von aufsen, rechts im Durchschnitt (der In- als bei hygropllilen. Freilich siud die halt durch Punktierung angedeutet). Die Beziehungen im einzelnen uicht klar. äufsere Sporenhaut bildet Aussackungen. LeiTGEB stellt die Bedeutung deS Periniums als Schutz gegen Aus- trocknung in Abrede und weist diesen hauptsächlich der Cuticula zu, weil das Perinium auch bei Corsinia , die feuchte Standorte bewohne, mächtig entwickelt sei. Es wird sich aber fragen, ob diese Standorte wirklich ständig feucht sind. Gewiis wird auch (namentlich bei wasserbewohnenden Riccien) der Schutz gegen Pilze in Betracht kommen ; mit einer längeren Ruhezeit der Sporen könne das Perinium deshalb, wie Leitgeb meint, nicht in Beziehung stehen , weil gerade dickwandige Lebermoossporen, wie die von Corsinia, Preissia, Anthoceros, Sphaerocarpus, schon wenige Tage nach der Sporenaussaat keimen. Die blasige Auftreibung des Periniums, wie sie namentlich bei Grimaldia sich findet (Fig. 221) möchte man zunächst wohl aus Analogie mit den Pollenkörnern von Pinus für eine Flugeinrichtung halten. Aber zur Zeit des Aufspringens der Kapseln enthalten die Auftreibuugen nicht Luft. Leitgeb findet ihre Bedeutung darin, dafs sie die Volumzunahme der Spore bei der Keimung gestatte und doch zunächst noch eine schützende Umhüllung darstelle. Ich ge- stehe, dafs mir diese Deutung nicht ganz befriedigend erscheint^), und dafs mir für eine endgiltige Deutung der Strukturverhältnisse der Sporen- hüllen erst noch eine eingehendere Kenntnis der Lebensbedingungen der betreffenden Arten notwendig erscheint. Namentlich wird es sich fragen, wann in der Natur die Sporenkeimung erfolgt. 1) s. I p. 133. 2) über Bau und Entwicklung der Sporenhäute. Graz 1884. ^) Bei Corsinia besteht das Perinium aus einzelnen Platten, die eine Dehnung des Innern gestatten. I. Archegoniaten. 331 Wie in andern Gruppen finden wir auch bei den Lebermoosen Formen, deren Sporen auf sofortige Weiterentwicklung eingerichtet sind, und eine längere Austrockuung nicht ertragen, und solche, die eine Ruheperiode durchmachen können, resp. müssen. Charakteristisch für die Keimung ist, dafs sie eine heterobhistische ist (vgl. I, p. 123). Es bildet sich zunächst ein einfacher gestalteter Vorkeim, an dem die Pflanze sich dann entwickelt, nur sind Vorkeim und Pflanze voneinander weniger scharf abgesetzt als bei den Laubmoosen, weil vielfach aus der Endzeile des Vorkeims die Pflanze sich bildet. Die Gestaltung des Vorkeims ist eine meist verschiedene und, wie schon früher (I, p, 125 ü'.) dargelegt wurde, teilweise von äufsereu Faktoren abhängige. Sie sei, da sich an die Keimung eine Anzahl inter- essanter Fragen knüpfen, hier an einigen Beispielen geschildert. l. Junge rmannieen. A) Thallose Formen. Sehr einfach sind die Keimungserscheinungen bei Metzgeria und Aneura. Bei Metzgeria ^) teilt sich die Spore, nachdem sie ihr Volumen vergröfsert hat, durch eine Querwand in zwei (meist ungleich grofse) Zellen. Schon in der einen (kleineren) dieser beiden Zellen kann durch eine zur Längsachse schief geneigte Wand die Bildung einer „zweischneidigen" Scheitelzelle eingeleitet werden, und es entsteht so eine, zunächst einschichtige Zellriäche, welche später an ihrem Vegetationspunkt Schleimpapillen l)ildet, eine Mittelrippe erzeugt und so die charakteristische Form des Metzgeriathallus hervorbringt. Die Länge des Fadens hängt offenbar ab von der Lichtintensität; je geringer diese ist, desto später wird sich die Zellfläche bilden. Ebenso verhält sich Aneura. bei welcher auch verzweigte Keimfäden beobachtet sind. Und auch die Brutknospen stimmen in ihrer Keimung ganz mit den Sporen überein. Die Keimung von Blyttia, Mörkia, Mono- clea, Hymenoph} tum und Symphyogyne ist nicht bekannt. — Die inner- halb des Sporogons schon zu Zellkörpern gewordenen Sporen von Pellia haben an dem einen Ende — es ist nicht bekannt, wie dasselbe inner- halb des Sporogons liegt — eine hellere Zelle, die zum ersten Rhizoid auswächst, während die Entwicklung des Pfläuzchens gewöhnlich am andern Ende des aus der Spore hervorgegangenen chlorophyllhaltigen Zellkörpers eintritt. Indes kann der Zellkörper auch so sich lagern, dals hier au diesem Ende gleichfalls Rhizoiden auftreten, und die Anlage der Pflanze in der Mitte des Vorkeimkörpers eintritt. Oflenbar sind es also äulsere Faktoren, die bestimmen, wo die Anlage stattfindet, und die durch Anlegung des Rhizoids angedeutete Polarität des Vorkeims ist keine ein für allemal feststehende ; sie tritt nur ein, wenn der Keimling aufrecht stehend sich entwickelt, auch verhalten sich die Pellia- Arten in dieser Beziehung nicht gleich. B) Akrogyue Jungermannieen. Ganz ähnlich wie bei Pellia verläuft die Keimung bei Frullania und Madotheca, aber hier erst nach der Aussaat. Es entsteht aus der Spore ein eiförmiger Zellkörper, der sich durch Rhizoiden am Substrat befestigen kann, eine Auisenzelle desselben wird zur Scheitel- zelle des belilätterten Stämmchens. Eine Beziehung dieser Keimungsart zu den Lebensverhältnissen ist bis jetzt nicht bekannt. Dagegen ist eine solche ersichtlich bei Radula und bei Lejeunia. Bei Radula geht aus der Spore eine kuchenförmige Zellfläche hervor, die im wesentlichen ebenso gestaltet ^) Vgl. GoEBEL, Über die Jugendzustände der Pflanzen. Flora 1889 p. 15; Über Kückschlagsbildungen und Sprossung bei Metzgeria. Flora 1898. 22* 332 Specielle Organographie. ist wie die Brutknospen dieser Pflanze, nur dafs diese an ihrer Basis die Anheftungsstelle zeigen. Aus einer Zelle am Rande dieses kuchen- förmigen Vorkeims bildet sich die Anlage der beblätterten Pflanze; es ist klar, dafs die Gestalt des Vorkeims und der Brutknospen sie geeignet macht, einer Baumrinde oder einem Blatte sich rasch anzuheften, was für diese epiphytisch lebenden Formen von Vorteil sein wird. Ähnliches sehen wir bei der grofsen Gattung Lejeunia. Fig. 222, 1 zeigt die eigen- tümlich langgestreckte Spore von Lej. serpyllifolia. Sie teilt sich durch eine Querwand, und diese Teilung kann sich, wie Fig. 222, 5 zeigt, wiederholen, und so ein kurzer Keimfaden entstehen. Gewöhnlich aber tritt schon nach der ersten Teilung in einer der beiden Zellen die Bildung einer „zweischneidigen" Scheitelzelle ein, während die andere sich durch eine Längswand teilt, es entsteht so eine, je nach der Art und den äufseren Umständen breitere oder schmälere Zellfläche (vgl. Fig. 222, 5), die sich durch Adventivsprosse vermehren kann. Schlielslich geht aus der Scheitelzelle des Vor- keims die beblätterte Pflanze hervor. Vergleichen wir damit die Ausbildung der Brutknospen , so sehen wir (vgl. Fig. 175, III), dafs an der auf einem kurzen Stiele sitzenden Zellfläche meist zwei keilförmige Scheitelzellen sind, aus deren jeder ein beblätterter Sprofs hervorgeht. Eine solche Brutknospe entspricht eigentlich zwei an ihrer Basis miteinander vereinig- ten Vorkeimen, oder, was auf dasselbe heraus- kommt, einem bipolar entwickelten Vorkeim. Die Verschiedenheit der Sporenkeimung gegen- über besteht lediglich darin, dafs bei der Spore schon eine Polarität gegeben ist, bei der frei auf dem Blatte sich entwickelnden Brutknospe (die anders angeheftet ist als die von Radula) aber nicht ^). Wenn wir diese Verschiedenheit berücksichtigen, so ist eine wesentliche Verschiedenheit zwischen Sporenkeimung und Brutkuospenentwicklung nicht vorhanden. Wir werden auch für Marchantia nachweisen können, dafs die scheinbare grofse Verschiedenheit zwischen Sporenkeimung und Brutknospenentwick- lung lediglich durch die Lage bedingt ist, in der sich die Brutknospen ausbilden. Auch bei Lejeunia können, wenn die äufseren Umstände nicht günstig sind, Vorkeime und Brutknospen thallos weiter wachsen, ehe sie zur Er- zeugung einer beblätterten Pflanze gelangen. Normal der Fall aber ist dies bei einer blattbewohnenden Lejeunia, die ich in Java gefunden und L. Metz- geriopsis genannt habe (Fig. 223). Diese merkwürdige Pflanze zeigt als Vegetationskörper einen Thallus, der reich verzweigt ist, und am Rande Anhangsorgaue trägt, Zellreihen, die am Vegetatiouspunkt in regel- mäfsiger Reihenfolge entstehend als rudimentäre Blätter angesehen werden könnten. Dieser dem Substrat angeschmiegte und an ihm durch Rhizolden befestigte Thallus vermehrt sich sogar durch Brutknospen. Als kurze Fig. 222. Sporenkeimung von Lejeunia. 1 — i Le- jeunia serpyllifolia (Exo- spor durch Punktierung an- gedeutet, es wird hier — wie auch bei einer Anzahl anderer Formen — nicht durchbrochen, sondern stark gedehnt). 5 Vorkeim einer unbestimmten südamerikan. Lejeunia-Art. ^) Vgl. auch das p. 276 über Lejeunia mirabilis Angeführte! I. Archegoniaten. 333 Anhängsel treten an ihm hebliitterte Sprosse hervor, die lediglich die Aufgabe haben, die Sexualorgane hervorzubringen und einer vegetativen Weiterentwicklung, soweit wir bis jetzt wissen, nicht fähig sind. Der Thallus ist nun, wie ich nachgewiesen habe, nichts als ein riesig ent- wickelter Vorkeim, der hier aber den eigentlichen Vegetationskörper darstellt, während er sonst nur ein rasch vorübergehendes Entwickhmgs- stadium ist. Ein ähnlicher Fall wird unten bei Protoce- phalozia ephemeroides und bei den Laubmoosen zu erwähnen sein. Bei andern Lebermoosen, so Lophocolea , Chiloscyphus, Calypogeia, Cephalozia, wach- sen die mit einem feinkörnigen Exospor versehenen Sporen bei der Keimung zu einem Schlauche aus, der durch Querteilungen zu einer Zell- reihe wird. Es bildet sich also wie bei Aneura und Metzgeria ein Zellfaden, der sich auch verzweigen kann. Dabei ist von Interesse, dafs z. B. bei Calypogeia Trichomanes ge- legentlich auch ganz ähnliche Keimungsstadien wie bei Le- jeunia auftreten, d. h. mit zweischneidiger Scheitelzelle wachsende Zellflächen — mit ein Beweis dafür, dafs diese nur eine Modifikation, resp. Weiterentwicklung des Fadenstadiums darstellen. — Aus der Endzelle des Fadens (oder der Zelltiäche) entsteht dann die dreiseitig pyramidale Scheitelzelle, mit deren Auftreten die Entstehung des beblätterten Stämmchens eingeleitet ist. Auf die Primärblätter desselben kommen wir unten zurück; hier sei nur erwähnt, dafs die Amphigastrien später auftreten als die Seitenblätter. An ihrer Stelle entstehen vielfach zu- nächst nur Schleimpapillen, die erst später durch Teilungen ihrer Trag- zellen auf die Spitze eines Schüppchens emporgehoben werden. Die Keimung der Brutknospen stimmt, soweit sie untersucht ist, auch hier mit der der Sporen überein. Bei der von Spkuce in Südamerika gefundenen Cephalozia (Proto- cephalozia) ephemeroides wird der eigentliche Vegetationskörper dar- gestellt durch den aus verzweigten Fäden bestehenden Vorkeim i), an welchem die kurzen, beblätterten, die Sexualorgane tragenden Sprosse nur als Anhängsel erscheinen. Die Vorkeimfäden erinnern sehr an die der Laubmoose, auch darin, dafs sie aus einem oberirdischen chlorophyll- haltigen und einem unterirdischen chlorophylllosen Teile bestehen. Eine weitere Gruppe von anakrogynen Lebermoosen ist die, bei denen Fig. 223. Lejeunia Metzgeriopsis Goebel, männliche Pflanze, vergr. ') Vgl. GoKBEL, Rudimentäre Lebermoose. Flora 1893 p. 83 und die dort citierte Litteratur. 334 Specielle Organographie. je nach äufseren Umständen bei der Keimung entweder ein fadenförmiger Vorkeim oder ein Zellkörper entsteht: Alicularia, Trichocolea , Jimger- mannia trichopliylla, J. hyalina, Lepidozia reptans. Es ist niclit l)ekannt, welche äufseren "^ Faktoren es sind, die den Ausschhig darüber geben, ob ein Fadenprotonema oder ein Zellkörper entsteht. Wahrscheinlich ist mir, dafs das Licht dabei eine Hauptrolle spielt, und bei geringer Lichtintensität Fadenprotonema entsteht, bei stärkerer ein Zellkörper; indes könnten auch Feuchtigkeitsverhält- nisse beteiligt sein. Ganz Ähnliches gilt, wie schon I, p. 206 erwähnt wurde und aus der Fig. 224 ersichtlich ist, für Anthoceros, während bei Dendroceros sofort ein Zell- körper entsteht. Wir werden bei Be- sprechung der Prothallienbildung der Farne sehen, dafs auch dort dasselbe Problem sich ganz in derselben Weise wiederholt. Zunächst ist die Keimung der IL Marchantieen und Riccieu hier zu besprechen. Wir können dabei an- knüpfen an die früher schon verwendete Fig. 225 von Preissia commutata. Im Grunde besteht die einzige Verschiedenheit in der Keimung der Marchantieen gegenü1)er der anderer thallosen Lebermoose darin, dafs die junge Pflanze sich hier nicht in derselben Rich- tung entwickelt wie der „Vorkeim". Dieser ist positiv heliotropisch, er bildet an seinem Ende einen rechtwinklig zur Richtung der Lichtstrahlen sich abflachenden Zellkörper, die Keimscheibe, aus deren einem Quadran- ten die neue Pflanze hervorgeht. Diese macht also mit dem Keimschlauch ur- sprünglich einen rechten Winkel. Bei den verschiedenen Formen ist dies aber ver- schieden scharf ausgeprägt (bei Marchantia vgl. Fig. 205, H, p. 311). Durch das Verwelken des Keimschlauches kommt das PÜänzchen auf die Erde, die ganze Einrichtung ist offenbar darauf berechnet, die Pflanze an das Licht zu bringen, wenn die Sporen zwischen Steinen etc. liegend keimen, und da, wie früher berichtet, der Keimschlauch (innerhalb der durch die Ernährungsbedingungen gegebenen Grenzen) um so länger wird, je schwächer die Lichtintensität ist, so wird dadurch die Erreichung der günstigen Lichtintensität um so wahrschein- licher. Ähnlich keimen die Riccien ^). Dafs Fegatella schon innerhalb des Sporogons die Sporen zu Zellkörpern ausbildet wie Pellia, wurde schon Fig. 224. Keimung von Antho ceros, nach Leitgeb. KW ^) Nach Douglas Campbell soll bei Riccia hirta die Wachstumsachse der jungen Pflanze mit der des Vorkeims zusammenfallen. Nach seinen Abbildungen (Mosses and ferns Fig. 9) ist dies aber nicht der Fall. Die ßückenseite des Thallus der Keimpflanze fällt nicht mit der Längsachse des Vorkeims zusammen. Übrigens liegt bei dieser Keimungs- art den andern Lebermoosen gegenüber lediglich eine mehr oder minder scharf aus- gesprochene Anpassung vor, das ursprüngliche Verhalten ist zweifelsohne das für .Metzgeria u. a. geschilderte. Bei Marchantia polymorpha (vgl. auch Kny, Text der VIII. Abteilung der botanischen Wandtafeln p. 388) ist die Keimscheibe kaum entwickelt, I. Arche2:oniateu. 335 früher erwähnt; indes kann auch bei andern jVIarchantieen (ähnlich wie hei Anthoceros hievis) die Bildnng des Keinischhiuches gelegentlich unterdrückt werden, so hei Targionia nach D. Campbell. CA CEP- ^ •' Fig. 225. Preissia commutata, Keimung. An dem hier sehr kurz bleibenden Keimfaden bildet sich oben ein Zellkörper, die Keimscheibe, deren Endzelle meist duix-h Quadranten- teilung (2) zerlegt wird, in einem Quadranten bildet sich die Scheitelzelle (s) des jungen Pflänzchens. 4 zeigt im optischen Längsschnitt, dafs die Wachstumsi-ichtung des „Vor- keims" und der Keimpflanze einen Winkel von etwa 90 *' miteinander bilden. .5 Eine Keimscheibe, von oben, bei der schon nach der ersten Teilung in der einen Hälfte die Scheitelzelle des Keimpflänzchens (s) entsteht. Es erülu'igt noch, das Verhalten der Brutknospeu von Marchantia und Lunularia mit der Sporenkeimung zu vergleichen, von der sie schein- bar weit al)weichen. Diese Brutknospen (Fig. 226) sind bekanntlich linsenförmige Zell- körper, die an beiden Seiten eine Einbuchtung haben, in welcher die Vegetationspunkte liegen, aus denen je ein neuer Thallus sich entwickelt. Die ganze Brutknospe ist nun meiner An- sicht nach nichts anderes als eine vertikal gestellte, ohne K e i m - schlauch sich e n t wm c k e 1 n d e Keimscheibe^), die, ihrer Profil- stellung entsprechend, nicht dorsiventral ausgebildet ist — auch bei den Keimscheiben wird erst durch das Licht die Doi'siventralität „in- duziert" (p. 195). Von den gewöhnlichen Keimscheiben unterscheiden sich die Brut- knospen, von ihrer bedeutenderen Gröise und den damit im Zusammenhang stehen- den Struktureigentümlichkeiten abge- sehen, nur dadurch, dafs sie nicht einen, sondern zwei Vegetatiouspuukte anlegen. Dasselbe haben wir oben für Lejeuuia ge- sehen. ^V i r k 0 m m e n somit zu de m Ptesultat, dafs bei allen Lebermoosen die Art der Sporen- keimung wesentlich übereinstimmt mit der der Brut- Fig. 226. Marchantia polymorpha. Brutknospenentwicklung. st Stiel ; X Anfüguugsstelle ; D Flächenansicht ; E Querschnitt (durch die Vegetations- punkte). (Lehrb.) die Verschiedenheit in der Richtung von Keimschlauch und Thallus aber doch deutlich. Wenn aber der Keimschlauch frühzeitig auf die Erde gelangt, so wird diese Richtungs- verschiedenheit kaum hervortreten. ij Vertikal gestellt ist die Keimscheibe auch bei Riella. (Vgl. Goebel, Flora 1893 p. 104. Zur Kenntnis der Entwicklung von Riella.) 336 Specielle Or^anographie. knospenentwicklung. Läfst sich nun in der Keimung der Sporen ein gemeinsamer Typus erkennen? Ich habe diese Frage früher dahin zu beantworten gesucht, dafs ich annahm, die Biklung eines Keim- schlauches und dessen Weiterentwicklung zu einem fadenförmigen, verzweigten Protonema sei als das ursprüngliche Verhältnis zu betrachten. Dafür läist sich anführen, dafs bei einer Anzahl von Formen die Keim- schlauchbildung regelmäfsig auftritt, bei andern wenigstens unter be- stimmten äufseren Bedingungen, und dafs wir verfolgen können, wie das fadenförmige Stadium des Keimlings auf eine immer kürzere Dauer be- schränkt oder die Bildung eines Keimschlauches durch die einer Zell- fläche oder eines Zellkörpers ersetzt werden kann. Aulserdera würde durch diese Annahme, die freilich lediglich eine Hypothese ist, eine Über- einstimmung in der Vorkeimbildung der Lebermoose mit der der Laub- moose herbeigeführt, auch, wie wir sehen werden, mit der der lepto- sporangiaten Farne. Als das primitivste Lebermoos erscheint ein solches, das an einem einfachen oder verzweigten Keimschlauch einen Zellkörper entwickelt, der die Geschlechtsorgane trägt. Diesem Ideal nähert sich Sphaerocarpus insofern, als schon die ganz jugendlichen Pflanzen Ge- schlechtsorgane tragen und der Thallus eben nur Träger der Geschlechts- organe ist, wie die beblätterten Sprosse bei Lejeunia Metzgeriopsis und Cephalozia ephemeroides. Schon im allgemeinen Teile wurde an dem Beispiele der Myxo- myceten (I p. 20) gezeigt, dafs eine höhere Ausbildung des Vegetations- körpers dadurch zu stände kommt, dafs die Sporenbildung in einen immer späteren Zeitpunkt verlegt wird. Nehmen wir denselben Eutwicklungs- vorgang auch für die Lebermoose an , so würde der Vegetationskörper solchen Formen wie den eben erwähnten gegenüber einen Fortschritt dadurch erreichen, dafs er erst allmählich und in längerer Entwicklungs- dauer die Ausbildung, welche ihn zur Hervorbringung der Sexualorgane befähigt, erhält. Auf dieses Heranwachsen ist hier noch kurz einzugehen. Bei den thallosen Jungermannieen sind, der Einfachheit des Baues der erwachsenen Pflanze entsprechend, auch die Veränderungen, welche die Keimpflanze erfährt, einfach (vgl. das p. 331 über Metzgeria Gesagte), während bei den Marchantieen, der höheren Gliederung entsprechend, auch die Zahl der durchlaufenen Entwicklungsstadien eine gröfsere ist. Die jungen Pflänzcheu haben zunächst einen andern Bau des Vegetations- punktes, nämlich (wie Fig. 225 zeigt) eine keilförmig -zweischneidige Scheitelzelle , die später in eine vierseitig prismatische übergeht. Der Thallus ist zunächst einschichtig; auch wenn er mehrschichtig geworden ist, hat er zunächst noch keine Schuppen auf der Unterseite, keine Luft- kammern auf der Oberseite. Statt ersterer finden wir ein oder mehr- zellige keulenförmige Papillen , entsprechend zuerst denen von Metz- geria , später denen von Mörkia oder Cyathodium. Mit letzterer ]\Iar- chantiee stimmen die Keimpflanzen von Preissia, Marchantia u. s. w. auch darin überein, dafs die ersten Luftkammern noch nicht aus ihrem Boden das charakteristische Assimilationsgewebe aussprossen lassen: mit andern Worten, war sahen bei den relativ hoch differenzierten Marchan- tieen die Keimpflanzen Entwicklungsstadien durchlaufen , die bei andern Lebermoosen den dauernden Zustand darstellen, eine Thatsache, die von höchstem Interesse ist. Bei Marchantia treten übrigens die Luftkammern verhältnismäfsig spät auf. Charakteristisch ist auch , dafs die jungen Pflanzen zunächst nur die „Medianschuppen" haben, also auch hier ein Bauverhältuis zeigen, das bei andern Lebermoosen das bleibende ist. I. Archeffoniaten. 337 während Marcliantia später die oben (p. 258) beschriebene reichere Sehuppenausrüstung erhält. Denken wir uns. eine Preissia- oder ]\Iar- chantia-KeinipHauze würde Geschlechtsorgane hervorbringen, ehe die Luft- kammern auftreten, so würden wir ein Verhältnis wie bei Sphaerocarpus haben. Bei Plagiochasma Aitonia ^) zeigt der Thallus auf seiner Oberseite zunächst grubige Vertiefungen mit breiter Mündung, erst später treten die durch eine Atemöffnung nach aulsen al)geschlossenen Luftkammern auf. die erstere Konstruktion ist eben, wie andere Eigentümlichkeiten der Keimpflanze, nur möglich bei einem kleinen, schattig und feucht \ege- ^ Fig. 227. Zoopsis argentea. 1 Junge Pflanze mit nur aus 3 Zellreihen bestehenden» .Stämmchen; die „Blätter" sind Zelireihen, die wesentlich nur dem Schutz des Vegetations- punktes dienen. ;? Stück einer älteren Pflanze ; ein ventraler Seitensprofs mit wohl ent- wickelten Blättern trägt die Archegonien. Stark vergr. tierenden Gewächs. Bei den auakrogynen foliosen Formen ist an den Keimpflanzen zweierlei bemerkenswert : die Gestalt der Primärblätter und das Auftreten der Amphigastrien. Zuerst treten die Seitenblätter auf, und zwar als kurze Zellreihen. Man kann, wie ich bei J. bicuspidata gezeigt habe, auch später durch schlechte Behandlung die Sprosse nötigen, wieder Primärblätter zu bilden, letztere sind offenbar lediglich Hemmungsbildungen. Während nun die meisten Formen mehr oder minder rasch, jedenfalls aber lange vor dem Auftreten der Sexualorgane vollständig entwickelte Blätter bilden, ist dies bei denjenigen, die ich „rudimentäre" genannt habe, nicht der Fall. Bei diesen bleibt an den vegetativen Sprossen die Blattbildung auf einer Stufe stehen . die bei andern nur an der Keimpflanze sich findet, uud erst die Sexualsprosse erhalten weiter entwickelte Blätter. Es er- innert dieser Vorgang also einigermafsen an den, dafs die Vorkeimbildung verlängert wird, nur trifft hier diese (zeitliche) Verlängerung das auf die Vorkeimbildung folgende Stadium. 'j Vgl. ScHosTAKOwiTSCH, Flora 79. Bd. p. 360 fl'. 338 Specielle Organographie. Die Lebermoose, die hier in Betracht kommen, sind zunächst da- durch ausgezeichnet, dal's sie, ebenso wie Lej. Metzgeriopsis und Proto- ceplialozia ephemeroldes, der grofsen INIehrzahl der übrigen gegenüber sehr klein sind ; sie haben dünne Stämmchen, die, an schattigen, feuchten Standorten lebend, diesen Lebermoosen ein äufserlich algenähnliches Aus- sehen geben ^). Es gehören Vertreter aus verschiedenen Verwandtschafts- gruppen der foliosen Lebermoosen hierher. Einige Beispiele seien ge- nannt. Ziemlich verbreitet ist die Gattung Zoopsis (eine Untergattung von Cephalozia). Die Seitenblätter sind bei den einzelnen Arten an den sterilen Sprossen ungleich stark entwickelt; nur aus zwei Zellen mit je einem Anhängsel bestehen sie bei Zoopsis argentea und setulata, sie werden angelegt wie bei allen übrigen Lebermoosen, aber vollständig in horizontale Stellung verschoben. Die Amphigastrien gelangen über den Zustand der „Primordialpapillen" (zwei nebeneinanderstehende keulen- förmige Papillen) nicht hinaus. Ganz anders die Sexualsprosse ; sie haben wohl entwickelte, als Zelltlächeu ausgebildete Blätter. Mehr entwickelt sind die Blätter bei Lepidozia bicruris und Arachuiopsis. Sie bestehen aus zwei Zellreihen, an den fertilen Sprossen aus Zellflächen, und ähnlich ist es bei Lepidozia gouiotricha und einigen andern. Auf die Beziehung der Organbildung dieser Lebermoose zu den Staudortsverhältuissen wurde oben (p. 302) schon hingewiesen. 2. Laubmoose. Bei den Laubmoosen soll aus Gründen, die sich aus der Darstellung selbst ergeben werden, ausgegangen werden von der S p o r e n k e i m u n g , an die sich dann die Schilderung der Geschlechtsgeneration anschlielst. Seit Hedwig zum erstenmal eingehend die Keimung der Moos- sporen beschrieben hat, ist dieser Vorgang der Gegenstand sehr vieler Untersuchungen und Deutungen gewesen , und trotzdem sind unsere Kenntnisse darüber noch weit von einem Abschlüsse entfernt. Zwar stellen wir den Vorkeim nicht mehr als „Protonema" zu den Algen, betrachten ihn auch nicht mehr wie Hedwig als Kotyledon oder lassen wie F. Nees VON Esenbeck die Moosknospen durch Verflechtung der Protonemafäden zu Stande kommen, aber trotzdem ist manches noch strittig und unklar. Denn mit dem Worte „Vorkeim" ist über die morphologische und bio- logische Bedeutung des Gel)ildes, welches den beblätterten Sprossen voran- geht, natürlich noch nichts ausgesagt. Bei den allermeisten besteht der „Vorkeim" aus verzweigten Zell- fäden, unterscheidet sich aber von den fadenförmigen Lebermoos- vorkeimen schon dadurch, dals er nicht einzellige Rhizoiden entwickelt, sondern dafs die unterirdischen Organe ebenfalls gegliederte Zellfäden sind^), welche also denen der Lebermoose morphologisch nicht gleich- wertig sind; sie sind unterirdische Vorkeimachsen, nicht Anhangsgebilde des Vorkeims. Die Entwicklung, welche dieser erreicht, ist bei den verschiedeneu Formen eine verschiedene, wie dies ja auch bei den Lebermoosen hervorzu- ^) Thatsächlich ist auch eine hierhergeliörige Form unter dem Namen „Kurzia crena- canthoidea" als Alge beschrieben worden. (Vgl. Goebel, Kurzia crenacanthoidea, Morph, u. biolog. Studien. Ann. du jardin botanique de Buitenzorg IX.) ') Unter den Lebermoosen nähert sich, wie ich nachgewiesen habe, nur Protocepha- lozia ephemeroides den Laubmoosen in dieser Beziehung (vgl. p. 833). I. Archeoroniaten. 339 heben war. Eiuen sehr einfachen Fall liietet z. B. Physcomitrium pyri- forme^). Die keimende Spore wächst hier zu einem durch Querwände gegliederten chlorophyllhaltigen Zellfaden aus, der sich verzweigt. Aufserdem entstehen Ehizolden, welche dünner sind als die am Lichte befindlichen Protonemafäden , aber wie diese mit rechtwinklig ge- stellten Querwänden versehen sind. Die Zellteilung findet in allen Achsen des Vorkeims in der Regel nur in den End-, nicht in den Gliederzellen statt. Die verschiedene Ausbildung der Yorkeimachsen ist offenbar bedingt durch ihre verschiedene physiologische Funktion, Auch bei massiger entwickeltem Vorkeim finden wir zunächst eine solche wenig stark ausgeprägte Verschiedenheit zwischen unterirdischen und oberirdischen Achsen. Erstere (wenigstens die stärkeren) sind dann ^ z M Fig. 228. Keimung von Fiinaria hygrometrica (nach MüLLtK-Thurgau). ex Exospor; * Spore; k Moosknospe; r ßhizoiden. (Lehrb.) meist mit gebräunten Aufsenwänden und schief zur Längsachse ge- stellten Querwänden versehen. Eben solche Rhizoiden haben auch die beblätterten Moosptianzen, sie sind aber hier noch reicher verzweigt, und zwischen den einzelnen Verzweigungen tritt eine Arbeitsteilung ein: die letzten dünnen Auszweigungen können ihrer Funktion nach mit den Wurzelfasern höherer Pflanzen verglichen worden ; sie umwachsen die Endpartikelchen, die dickeren Äste werden einerseits als Haftorgane, andererseits der Stoffleitung dienen. Die Schiefstellung der Wände in den Rhizoiden ist nun ohne Zweifel eine sehr merkwürdige Thatsache, die in biologischer wie in morphologischer Beziehung eine Erörterung fordert. Zunächst ist hervorzuheben, dals wir dafür ein anderes Beispiel haben. In den Rhizoiden der Charen sind die Wände gleichfalls nicht einfache Quer- wände , sondern sie sind sohlenförmig gebogen , setzen sich aber den Aufsenwänden rechtwinklig an. Dasselbe soll nun, wie Errera-) zuerst ^) Vgl. GoEBEL, Über die Jugendzustände usw. Flora 1889. 2) Biol. Centralblatt Febr. 1888 p. 729. 340 Specielle Organographie. ciger als „Papillen" und Mamillen wirken Auswüchse der Blattfiäche in Form von Zellreihen oder Zellplatten, aus chlorophyllhaltigeu Zellen bestehend. ^lan hat diese Auswüchse früher nur als Verstärkung des Assimilations- apparates betrachtet , aber, wie ich früher ^) hervorgehoben habe, mit Unrecht. Die Assimilation kann nur bei Gegen- wart von Wasser vor sich gehen, die Lamellen oder Zell- reihen stehen so dicht gedrängt, dafs sie Wasser zwischen sich festhalten. Auch eine Vergleichung der Standorts- verhältnisse führt zu demselben Resultat. Wir finden die schönst entwickelten Lamellen auf den breiten Nerven der an exponierten Standorten wachsenden Polytrichum-Arten, bei der nahe verwandten, aber an mehr feuchten und schattigen Standorten wachsenden Catharinea uudulata sind die Auswüchse kleiner und weniger zahlreich (meist 4— G). Die eigentliche Blattfiäche ist hier noch chlorophyllreich, sie rollt sich bei Austrocknung über die Lamellen ein, bei Polytrichum tritt die Blattfiäche in ihrer Bedeutung als Assimilatiousorgan ganz und gar zurück gegenüber den hier mächtig entwickelten Lamellen. Man hat neuerdings behauptet, dafs die Lamellen bei Feuchtkultur verschwinden. Dies ist nicht richtig, sie werden nur reduziert, am meisten bei Catharinea, wo sie, wie erwähnt, ohnedies am kleinsten sind. Wenn man Polytrichum in Wasser kultiviert, sterben die alten Blätter unter Schwarzwerden ab, die neuen, dem Wasserleben angepafsten haben niedrigere Lamellen. Bei einigen Barbula-Arten (B. aloides, ambigua, membranifolia) finden sich dicht gedrängte , verzweigte Zellreihen (die Membran der Endzellen ist oft eigenartig — off'enbar zum Schutze — verdickt). Die einschichtige Blattfiäche ist konkav über den mit Aus- wüchsen versehenen Teil hergebogeu, wodurch ein vortreft'licher Schwamm- apparat zu stände kommt. Auch Pottia-Arten mit Lamellenauswüchsen giebt es (P. curvifolia, barl)uloides u. a.), so dafs also hier ein An- passungscharakter vorliegt, der in drei Verwandtschaftsreihen der Laub- moose (Polytrichaceen, Barbulaceeu, Pottiaceen) unabhängig voneinander aufgetreten ist. Übrigens hat auch Campylopus polytrichoides auf der Unterseite seiner Blätter lamellenähnliche Bildungen, die aus ziemlich dickwandigen Zellen bestehen, und deren Funktion noch genauer zu untersuchen ist; wahrscheinlich ist, dafs auch sie zum Wasserfesthalten dienen. 1) Flora 1893 p. 430. I. Archegoniaten. 365 Auch die Stämmchen mancher Moose besitzen chlorophyllhaltige Auswüchse, die Wasser festhalten (und auch kapillar leiten) können. Es sind dies die sogenannten Paraphyllien , die sich bei einigen Thui- dium und Hypnum-Arteu tindeu; wir haben analoge Bildungen bei einigen Lebermoosen kennen gelernt. Bei den Laubmoosen sind sie dadurch merkwürdig, dals sie teilweise in ihrer Ausl)ildung sich der der Blätter sehr nähern und wie diese als ZellÜächen erscheinen (Fig. 245). Indes handelt es sich dabei meiner Ansicht nach sicher um Gebilde, die aus Zellfäden hervor- gegangen sind, und die auch nicht die charak- teristische Anordnung der Blätter besitzen. Bei Hypnum spleudens bedecken die Para- % phyllien als dichter Filz die Oberfläche der kräftigen Sprosse , sie sind breitere oder schmälere Zellflächen, die verzweigt sind, wo- bei die langen Äste nach verschiedenen Rich- "^ \ tungen hin abstehen (vgl. Fig. 245). m Fig. 245. Paraphyllium von Hypnum spleudens, 210 mal vergr. Links unten ist eine Spitze umgebogen. Fig. 246. I — IV Hypnum splendens ; V Thuidium tama- riscinum; / u. //junge Parapbj'Uien ; J//u. /F Spitze zweier älterer (aber noch nicht ausgewachsener); /'fertiges Paraphyllium von Thuidium. Die Entwicklungsgeschichte der Paraphyllien war bisher nicht be- kannt. Ich habe sie bei H. splendens untersucht und gefunden, dafs sie schon frühzeitig in der Stammknospe angelegt werden, ihre Zahl steigt in dem Mafse, wie die Segmentoberfläche wächst; es werden auch neue Paraphyllien zwischen die alten eingeschaltet. Von Interesse ist, dafs die Zellenanordnung mit der der Blätter übereinstimmt, es ist eine zwei- schneidige Scheitelzelle (Fig. 246, I, II) vorhanden, aus deren Segmeuten auch in ganz regelmäfsiger Reihenfolge rechts und links die Aus- sprossungen angelegt werden, die ihrerseits die beschriebene Zellen- anordnung wiederholen. Schliefslich tretfen sich die „Segmentwände" aber in dem fadenförmigen Ende des Paraphylliums (oder seiner Aus- zweigungen) nicht mehr (Fig. 245 III IV). Sie sind aber in sehr charakteristischer Weise schief zur Längsachse des Fadens gestellt, was an die vom Protonema geschilderten Verhältnisse erinnert. An den 366 Specielle Organographie. Seitenzweigen höherer Ordnung werden auch die Paraphyllien schmäler und spärlicher, und bei Thuidium^) haben nur die Hauptsprosse Para- phyllien. Diese sind meist nur verzweigte Zellreiheu (Fig. 246, V) mit knorrigen Auswüchsen versehen (ähnlich wie die Papillen der Blätter); es ist hervorzuheben , dafs solche Paraphyllien auch aus der Basis der Blätter entspringen können. Manche sind auch als Zellflächen ent- wickelt, deren Entstehung ich aber abweichend von dem oben für H. splendens Geschilderten linde. Es tritt hier die Entstehung aus Zell- fäden noch deutlich hervor, es ist kein „Scheitelzellwachstum" vorhanden, sondern einfache Antiklinen- und Periklinenfächerung wie bei der Blatt- entwicklung von Andreaea, weshalb auf Fig. 240 verwiesen werden kann (die Blätter von Thuidium haben dieselbe Zelleuanordnung wie die andern Laubmoosblätter). So bilden die Paraphyllien von Thuidium den Übergang zu den Protouemafäden begrenzten Wachstums, welche aus der Stammoberfläche anderer Laubmoose entspringen. Auch die zur Brutknospenbildung dienenden stammbürtigen Protouemafäden werden zugleich der Wasseraufnahme dienen, so die des in Fig. 244 abgebildeten Eriopus remotifolius , auch bei Drepanophyllum falcatum finde ich ähn- liche Bildungen. Wir sehen also, dafs die Paraphyllien zu betrachten sind als aus der Stammoberfläche entspringende Protonema äste begrenzten Wachstums , die sich teilweise zu Zellflächen entwickelt haben , der Wasseraufsaugung dienen und zugleich eine Verstärkung des Assimilations- apparates darstellen, Bildungen, die aber teilweise eine der der Blätter analoge Wachstums- und Ausbildungsweise erlangt haben. 2. Durch leere Zellen mit durchlöcherten Wänden. Auch diese Einrichtung sehen wir als Parallelbildung verschiedene Male in verschiedenen Verwandtschaftskreisen auftreten , und zwar an Pflanzen , die sehr verschiedene Standorte bewohnen . nämlich einerseits nasse und andererseits trockene ! Für das erste bieten die Arten der Gattung Sphagnum ein bekanntes und oft erörtertes Beispiel. Auf den Bau von Blatt und Stamm braucht deshalb hier nicht näher eingegangen zu werden. Ich erinnere deshalb hier nur daran, dafs, wie oben hervorgehoben (p. 279), der Sinn der ganzen Einrichtung bisher nicht erkannt wurde, höchstwahrscheinlich aber darin liegt, dafs die Sphagna an Standorten wachsen, deren Wasser einige der zur Ernährung notwendigen Aschenbestandteile nur in sehr geringer Menge enthält, so dafs eine ausgiebige Wasserverdunstung not- wendig ist. Die Polster der Leucobry aceen dagegen finden wir in trockenen Wäldern, nicht an nassen, sumpfigen Standorten. Wir haben es hier zu thun stets mit mehrschichtigen Blättern, in welchen die chlorophyllhaltigen Zellen nur einen kleinen Teil des Raumes einnehmen gegenüber den chlorophylllosen. Ich verweise betreffs der Einzelheiten in Bau und Ent- wicklung der Leucobryaceenblätter auf die oben citierte, unter meiner Leitung ausgeführte Arbeit von W. Lorch. Es verdankt das Leucobrya- ceenblatt, wie namentlich der Vergleich mit Dicranum albicans zeigt, seine Gestaltung einer starken Entwicklung und eigenartigen Ausbildung der Blattrippe. Die leeren Zellen kommunizieren durch zahlreiche Löcher in der Wand unter sich, an den Aufsenwänden sind hier verhältnismäfsig wenig Poren vorhanden, namentlich finden sie sich in der basalen Partie *) Untersucht wurde Th. tamariscinum. I. Archegoniaten. 367 des Blattes, von wo aus das Wasser leicht kapillar in die übrigen Teile des Blattes gelangen kann. Hier soll (teleologisch gesprochen!) das Wasser nicht wie bei Sphagniim rasch verdunsten, sondern längere Zeit für die chlor()])liyHführenden Zellen festgehalten werden, die beiden scheinbar ähnlieiien Blattstrukturen sind also eigentlich verschiedenen äufsereu Verhältnissen angepalst. Experimentell näher zu untersuchen ist die Wasseraufnahme bei Dicranum albidum, welches in seiner Blatt- struktur einen Übergang von dem gewöhnlichen Dicranaceenblatt zu dem von Leucobryum bietet. Durchlöcherte Zellen finden sich auch l)ei den Pottiaceen-Gattungen Calymperes, Syrrhopodon, Encalypta; hier aber stets nur in einer Schicht, und zwar meist nur im unteren Teile des Blattes (vgl. LoRCH a. a. 0.). Die Löcher finden sich hier auf fast allen oder allen Aulsenwänden und Seiten- wänden. Wie weit die Um- bildung des Blattgewebes zur Wasseraufsaugung — unter Zurückdrängung der Assimilationsarbeit — gehen kann , zeigte mir die Untersuchung von Syrrhopodon revolutus Dz. & Mb. Fig. 247, / giebt ein Habitusbild des Blattes. Die chlorophyllhaltigen Zellen, deren Areal durch augedeutet ist , nehmen Schraffierung , u,_iiiiivLi nur einen vleinen Teil des Blattes in Fig. 247. Syrrhopodon revolutus. I Blatt, schwach vergr., die chlorophyllhaltigen Teile schraftiert. //Quer- schnitt durch den untern Teil eines Blattes, stärker vergr. /// Flächenansicht des untern Teiles, die mechanischen Zellen sind nur durch Schi-affierung an- gedeutet, die leeren, mit Löchern versehenen treten deutlich hervor. Anspruch, der bei weitem gröfsere wird eingenommen von Zellen, die leer sind, und deren Wände (sowohl die Aufsenwände, als die Seitenwände) Löcher haben. Ein Querschnitt durch den unteren Teil des Blattes (Fig. 247, II) zeigt nur zweierlei Gewebeformen. Die leeren Wassersaugzellen und das mechanische Gewebe der Blattrippe und des Blattrandes, welches den Rahmen bildet, an welchem die dünnwandigen leeren Zellen aufgehängt sind, die sonst nicht die nötige Festigkeit haben würden. Die chloropbyllhaltigen Zellen sind aufserdem noch mit Papillen besetzt, so dafs hier wirklich alles Erdenkliche gethan ist, um Wasser festzuhalten. Denn auiser den genannten anatomischen Eigentümlich- keiten kommt noch in Betracht, dafs das Blatt nicht Hach, sondern stark konkav vertieft ist. und dafs die Stäramchen in dicht gedrängten Basen wachsen. Es giebt dies Moos an Schwammwirkung also einem Sphagnum oder einer Leucobryacee kaum etwas nach. An den Sprofsachsen sind bis jetzt nur bei den Torfmoosen besondere Einrichtungen zur Aufnahme, bezw. zum Festhalten von Wasser (ab- gesehen von den oben beschriebenen Parai)hyllien) liekannt, möglicher- weise kommen sie aber auch anderweitig vor. Von Cyathophorum 368 Specielle Organographie. pinnatum beschreibt Brizi^) linsenförmige Gruppen von Zellen an der Sprofsachsenoberfläche mit imverdickten silberglänzenden Wänden. Der Inhalt ist, wenn sie erwachsen sind, verschwunden. Meiner Ansicht nach handelt es sich um Zellgruppeu, wie man sie auch bei andern Moosen findet, und welche die Stelle bezeichnen, wo Protonemafäden oder Seitenzweige ihren Ursprung nehmen. Es wäre aber möglich, dals diese Zellen hier speciell der Wasseraufnahme dienen — worüber nur eine experimentelle Untersuchung entscheiden kann. IL Einrichtungen gegen Vertrocknung. Wie schon erwähnt, ertragen xerophile Laubmoose lange Trocken- perioden, ohne Schaden zu nehmen. Trotzdem treffen wir auch (von der uns unzugänglichen Beschaffenheit des Protoplasmas abgesehen) Ein- richtungen, die unzweifelhaft als Trockenschutz, teilweise wohl auch als Schutz gegen hohe Wärmegrade zu betrachten sind. Es mag dies damit zusammenhängen, dafs es einerseits hauptsächlich auf den Schutz der jugendlichen, im Knospenzustand befindlichen Teile abgesehen ist, anderer- seits es nicht gleichgiltig sein wird, ob der Wasserverlust beim Eintrocknen langsam oder rasch erfolgt. Eine solche Yerlangsamung wird erfolgen durch die Bewegungen, welche die Blätter vieler Laubmoose beim Ein- trocknen ausführen : die von Polytrichum legen sich dem Stämmchen an, andere winden und drehen sich zusammen, und wir sahen dieselbe Wirkung bei den Leucobryaceen erreicht dadurch, dafs die lebenden Zellen mit einem Mantel von toten, lufthaltigen umgeben werden. Dasselbe finden wir nun auch in andern Fällen, wo aber die toten Zellen nur als Schutz- mantel, nicht auch zur Wasseraufnahme dienen. Bryum argenteum hat seinen Namen von dem Silberglanz seiner Sprosse, bedingt durch Absterben des Zellinhalts im obern Teil der Blätter. Dadurch wird die Stammknospe mit einem Mantel umgeben, der die Wasserabgabe herabsetzen mufs. Es hängt nun von äufseren Umständen ab, wie weit dieser Vorgang geht. Wenn man die Pflanze schattig und feucht kultiviert, so bleiben, wie ich gezeigt habe^). die Blätter grün, an trockenen Standorten dagegen tritt der Silberglanz auf, und die Blattspitze ist haarähnlich ausgezogen. Ganz dasselbe trefien wir auch in andern Fällen : Grimmia leucophaea, ein an sonnigen Felsen wachsendes Moos, hat ihren Namen von den weifsen Blattspitzen, und die oben erwähnte Hedwigia ciliata bildet an trockenen, sonnigen Orten eine „var. leucophaea", deren Blätter bis zum dritten Teile herab aus toten Zellen bestehen, ebenso bei Physcomitrium repens u. a. Haben wir es also hier offenbar mit einer durch äufsere Verhältnisse veranlafsten direkten Anpassung zu thun, so gilt dasselbe von den „Haarspitzen", welche nicht selten mit der eben erwähnten Struktur zu- sammen vorkommen. Solche hyaline Haarspitzen finden sich nur bei Bewohnern trockener Standorte, sie bilden in der Knospenlage dicht ge- drängt den Abschlufs der Endknospe nach aufsen, und ihre verdickten Zellmembranen wirken zudem noch als Wasserspeicher. Viele unserer auf Felsen und an Mauern wachsenden Moose (Racomitrium-, Grimmia-, Barbula-Arten u. a.) zeigen diese „Glashaare", und es ist charakteristisch, dafs manche derselben Standortsformen an feuchten Örtlichkeiten oder ^) Sopra alcune parti colaritä etc. dei Cyatliophorum. Rendiconti della K. Acc. dei Lincei 1893. ^) Flora 1896 (82. Bd.) p. 10. Leucobryum glaucum dagegen behält seine Blatt- struktur zähe bei, selbst wenn es unter Wasser kultiviert wird. I. Archegoniaten. 369 im Wasser aufweisen, deren Blätter keine Glashaare haben (so Raco- mitriiim canescens epilosum \) u. a.), Moose , die an ständig feuchten Standorten leben, bringen solche Haarspitzen nie hervor. Die Beziehungen der Gestaltung der Laubmoose zum Lichte sind mehrfach an andern Stelleu hervorgehoben worden. Erinnert sei hier an die (oftenbar vom Lichte abhängige) dunkle Färbung mancher jNIoose und die Rotfärbung mancher Sphaguum-Arteu an der Sonnenseite, es kann in dieser Beziehung auf das (p. 302) über die Lebermoose Gesagte verwiesen werden. Der dicht gedrängte Polsterwuchs, der fast allen hoch- alpinen Moosen eigentümlich ist, dürfte der Erwärmung dieser Moos- polster zu statten kommen. Sexualorg-ane und Sporog-onien. 1. Stellung der Geschlechtsorgane. Die sämtlichen Laubmoose sind akrogyn, die Archegonienstände bilden immer den Abschlufs einer Sprofs- achse. sei es der Hauptachse (bei den akrokarpen Moosen) oder einer Seiteuachse. Ersteres Verhalten würde nach den oben (p. 351 ff.) dar- gelegten Anschauungen als das ursprünglichere zu betrachten sein. Auch bei den Antheiidienständen ist dies ursprünglich der Fall, die Moose sind also auch akrandrisch. Das erste Antheridium geht aus der Scheitel- zelle hervor, die folgenden aus den Segmenten. Von dieser Stellung sind nur zwei Ausnahmen bekannt, das von Sphagnum und das von Poly- trichum. Bei ersterer Gattung steht je ein Antheridium am „anodischen" Rand einer Blattiusertion. Leitgeb zeigte, dafs die Antheridien die Stelle einnehmen . die sonst den Mutterzellen von Seitensprossen zukommt — man könne hier also annehmen, dafs der Seitenzweig schon im einzelligen Zustand zur Antheridienbildung übergehe, wie denn auch sonst die Blatt- bildung an den männlichen Zweigen öfters eine sehr geringe ist, so hat Fontinalis z. B. winzige reduzierte Äste. Freilich gehört Sphagnum einem andern Entwicklungskreis an als die Bryineeu , und es scheint fraglich, wie weit man den Vergleich — denn ein solcher ist es — aus- dehnen soll. Die zweite Ausnahme findet sich bei den Polytrichaceen -). Die becherförmigen Antheridienstände durchwachsen hier regelraäisig, d. h. die Scheitelzelle der Hauptsprosse bleibt erhalten und verlängert sich später zu einem beblätterten Trieb. Die Antheridiengruppen stehen in 2—8 übereinander stehenden Reihen unterhalb je eines Blattes, unter- mischt mit den später zu erwähnenden Paraphysen. Hofmeister und mit ihm Leitgeb haben dies Verhältnis so gedeutet, dafs „jede Antheridien- gruppe einen kaum irgend in die Länge entwickelten Seitenzweig dar- stellt, dessen Scheitel sich zur ersten Antheridie entwickelt". Diese Auf- fassung würde das Verhalten von Polytrichum in Übereinstimmung mit dem der übrigen Laubmoose bringen , und man könnte als Analogie die Campvlopus- Arten anführen, bei denen mehrere weibliche „Blüten" in ein „Köpfchen" vereinigt sind, das dem Becher von Polytrichum einiger- ^) Vgl. darüber die Angaben bei Limpricht, Die Laubmoose in Rabenhorst. Krypto- gamen Flora von Deutschland, 2. Aufl. ^) Vgl. Hofmeister, Über die Zellenfolge im Achsenscheitel der Laubmoose. Bot. Zeit 1870 p. 465; Goebel, Über die Antheridienstände von Polytrichum. Flora 1882 p. 323; Leitgeb, Die Antheridienstände der Laubmoose. Ibid. p. 467 tf. 370 Specielle Organograpliie. mafsen gleicht^). Wenn ich also auch die Berechtigung der Hof- MEiSTER'schen Auffassung vollständig zugebe, so ist doch andererseits hervorzuheben, dals der entwicklungsgeschichtliche Nachweis dafür fehlt; bis jetzt hat niemand gezeigt, dals ursprünglich an der Stelle einer Antheridiengruppe eine Zweigscheitelzelle sich findet, die Segmente abgliedert, auch bei den „Blutenständen von Mnium u. a. ist die Ent- wicklungsgeschichte noch unbekannt und somit fraglich, ob wir wirklich alle Moose als „akrandrisch" betrachten dürfen. Keine Ausnahme von der Akrandie machen die monöcischen Laubmoose, bei denen die Antlieridien scheinbar frei in der Achsel eines Stengel- oder Perichätialblattes angetroffen werden. Wie Satter^) für Phascum euspidatum und Archidium nachgewiesen hat, schliefsen die Laubsprosse hier mit einer männlichen Blüte ab und werden dann von einem Seitenaste (oder zwei), der eine weibliche Blüte hervorbringt, übergipfelt, und das dürfte auch für andere Moose zutreffen. 2. Auf die Verteihiii^- der Geschlechtsorgane soll nicht w^eiter ein- gegangen werden, wohl aber ist hervorzuheben, dafs bei diöcischen Moosen vielfach die männlichen Pflanzen kleiner und einfacher organisiert sind als die weiblichen. Ein auffallendes Beispiel für dies Verhalten wurde oben schon für Buxbaumia angeführt, deren äui'serst kleine männliche Pflanzen nur ein Blatt und eigentlich kein Stämmcheu haben, während die weibliche Pflanze eine gröfsere Anzahl Blätter und ein — freilich auch sehr kleines und einfach gebautes Stämmchen besitzt. Auch bei Ephemerum sind die männlichen Pflänzchen kleiner und blattärmer als die weiblichen (vgl. Fig. 87), und in mehr oder minder hohem Grade kehrt dies bei vielen diöcischen Moosen wieder. Zu den auffallendsten Beispielen gehören die „Zwergmännchen", die sich bei Leucobryum und einigen Dicranum- Arten finden (neben grölseren männlichen Pflanzen). Offenbar kann bei diesen Moosen ebenso wie bei Farnprothallien die Entstehung männlicher Geschlechtsorgane erfolgen auch unter äufsern Bedingungen, die zur Bildung der weiblichen nicht hinreichen; übrigens ist klar, dafs die weiblichen Pflanzen, welche später den Embryo auszu- bilden haben, besser ausgerüstet sein müssen als die männlichen. 3. Biütenhilduiig-. Weün man bei den Laubmoosen von „Blüten" redet, so geschieht dies nur auf Grund einer äufserlichen Ähnlichkeit der Antheridieustände mancher Formen mit Blüten höherer Pflanzen, irgend welche Homologie mit denselben ist natürlich nicht vorhanden. Die Geschlechtsorgane sind geschützt einerseits durch die Blätter, welche sie umgel)en (Perichätialblätter) , andererseits durch die „Para- physen". Diese sind Zellfäden, deren obere Zellen vielfach kugelig an- geschwollen sind und Chlorophyll enthalten, bei Polytrichum sind sie in kleine Zellflächeu übergegangen (vgl. p. 353, Anm. 2). Was zunächst die Homologie dieser Gebilde betrifft, so kann es nicht zweifelhaft sein, dafs sie den haarähnlichen Gebilden nahe verwandt sind, die man auch an den vegetativen Sprossen trifft (vgl. p. 359). Denn in manchen Fällen sind sie von denselben kaum unterschieden (so z. B. bei Diphyscium), in andern (Mnium, Polytrichum) finde ich ganz allmähliche Übergänge zwischen beiden. Hire Funktion ist nicht genügend aufgehellt. Wie ich früher ^) Abbildung-en bei Dozy u. Molkenboee, Bryologia javanica, z. B. Tab. LXVIII. "} H. Satter, Zur Kenntnis der Antheridieustände einiger Laubmoose. Ber. d. D. bot. Gesellsch. II p. 13. I. Archeffoniaten. 371 (]V[iisciiieeu p. 375) hervorhob, sind sie zunächst offenbar Schutzorgaue (speeiell gegen Austrocknung), und die kugelige Erweiterung der Zellen, die viele Paraphysen haben, wird ihnen gestatten, die Antheridien besser zu decken, als dies sonst der Fall wäre. Zweifelsohne ist das aber nicht ihre einzige Funktion^). Ausscheidung (und zwar von Schleim) ist nur bei Diphyscium bekannt, ob sonst noch etwa die Ausscheidung von Wasser, resp. schleimiger Flüssigkeit, wie Leitgeb sie bei dem Leber- moose Corsinia beobachtete, vorkommt, ist zweifelhaft. Wohl aber werden die Paraphysen Wasser kapillar festhalten. Es ist dies namentlich der Fall bei den scheibenförmigen, resp. flach becherförmigen männlichen Blüten von Polytrichum, Mnium etc., die schon durch die Gestalt ihrer Hüllblätter geeignet sind, Wasser leicht festzuhalten : setzt man auf einen trocknen Antheridienstand einen kleinen Tropfen Wasser, so wird er aufgesogen. Auiserdem werden die dicht gedrängten Paraphysen auch den reifen Antheridien ein Widerlager bilden, welches bewirkt, dafs der Spermatozoidenbrei noch weiter heraus- geprefst wird. Wie übrigens die Spermatozoidenverbreitung erfolgt, ob sie dem Zufall (durch Wassertropfen etc.) anheimgegeben ist, oder kleine Tiere dabei mitwirken, ist hier ebenso- wenig bekannt wie bei den Leber- moosen. Die weiblichen Blüten sindknospen- förmig und von einem oder mehreren Blattcykeln umhüllt. Wir haben oben (p. 357) schon gesehen , dafs diese Hüllblätter vielfach von den gewöhnlichen dadurch unterschieden sind, dafs sie Einrichtungen be- sitzen, speeiell „Wimpern", die ihnen gestatten, Wasser festzuhalten, das ihnen für die Befruchtung unentbehrlich ist. 4. Sporo^oiiieii. Wie die Laubmoose betreffs ihrer vegetativen "als die Lebermoose, so auch betreffs des So sehr auch ein Sporogon von Splachnum Stiel , seiner merkwürdigen Apophyse und Sporenaussaat sich unterscheidet von dem ganz mit Sporen erfüllten . besonderer Ein- richtungen zur Sporenaussaat entbehrenden von Ephemerum. so sind sie doch beide nach demselben „Plane" gebaut, nur ist das eine der Her- vorbringung und der Aussaat zahlreicher kleiner Sporen angepaist, das andere begnügt sich, eine kleine Zahl viel gröf serer Sporen hervorzubringen, und damit steht seine geringere Gröfse und seine ein- fachere Organisation in engster Beziehung. Es seien Entwicklung und Lebensverhältnisse des Sporogous hier kurz geschildert. Von den Lebermoosen weicht das Verhalten zum Archegonienbauch ab. Am meisten stimmt mit jenen noch Sphagnum überein , dessen Fig. 248. Querschnitt einer (noch nicht fertigen) weiblichen Blüte von Mnium undulatum. Zwischen den Archegonien dicht gedrängt die quer geschnittenen Paraphysen. Vero-r. Gliederung einförmiger sind Aufbaues ihrer Sporogouien. rubrum mit seinem langen seinem Peristomapparat zur ungestielten , bei der Reife 1886 Vgl. 248. auch Kienitz-Gerloff, Über die Bedeutung der Paraphysen. Bot. Zeitung 372 Specielle Organographie. Sporogon fast bis zur Reife im Archegonbauche eingeschlossen bleibt, der dann durch die Ausdehnung des Sporogons unregelmäfsig zerrissen wird. Auch bei den Phascaceen kommen noch primitive Verhältnisse vor. Bei Archidium tritt ähnlich wie bei Sphagnum das Sporogon aus der gesprengten Calyptra hervor, und bei Nanomitrium ^) (vgl. 250, II) drückt der Kapselteil des Embryo die Zellen des Archegonienbauches bis zur Unkenntlichkeit zusammen : daher trägt die Nauomitriumkapsel dann auf ihrer Spitze allein den Archegonienhals. Dafs der nach der Be- fruchtung bedeutend herangewachsene Bauchteil des Archegouiums dem Embryo als Schutzorgan dient (die untere Hälfte desselben bohrt sich mehr oder minder tief in das Moosstämmchen ein, und der dadurch scheidenförmig gewordene Teil desselben bildet — als „Vaginula" be- zeichnet — die Fortsetzung der Calyptra) ist klar. Bei einigen Moosen kommt dazu, dafs sie zugleich ein Wasserreservoir für den Embryo bildet. Bei Funaria hygrometrica und anderen Funariaceen. sowie bei Encalypta vulgaris baucht sich die Calyptra in ihrem untern Teil aus und steht vom Embryo ab, ein Verhalten, das unverständlich war, ehe nachgewiesen wurde ^), dafs zwischen der Calyptra und dem Embryo Flüssigkeit aus- geschieden wird. Die Standortsverhältnisse der betreffenden Moose machen es wahrscheinlich , dafs das ausgeschiedene Wasser dazu bestimmt ist, vom Embryo später aufgenommen zu werden. Ein experimenteller Be- weis liegt dafür freilich ebensowenig vor wie für die analogen Fälle der Wasserausscheidung in den Blutenknospen mancher Samenpflanzen. Bei den meisten Moosen tritt der langgestreckte, spindelförmige Embryo früh schon aus dem Archegonienbauch hervor, er hebt die Calyptra an ihrer Basis (wo vielfach offenbar die Trennungslinie schon vorbereitet ist) ab und führt sie als Mütze mit empor, welche das Ende des Sporogons bis kurz vor der Reife schützend umhüllt (Fig. 254, c). Bei solchen Formen, die an trockenen Standorten wachsen, wie Polytrichum, Ortho- trichum u. a., ist die Calyptra durch „Haare" 2) noch verstärkt, die nichts anderes sind als Protonemafäden begrenzten Wachstums, die aus ihr nach der Befruchtung hervorgewachsen sind. Die Calyptraauswüchse von Polytrichum sind verzweigte Zellreihen, welche dicht miteinander verfilzt und verschlungen sind*); da die Zellwände der stärkeren Fäden dick und cuticularisiert sind , so leuchtet ihre Bedeutung als Schutz gegen Austrocknung ohne weiteres ein. Die Auffassung der haarähnlichen Bildungen auf der Calyptra als Protonemafäden mag zunächst befremdend erscheinen, aber Protonema, an dem neue Pflanzen entstehen , entwickelt sich, wie ich früher (Musci- ceen p. 390) zeigte, auch bei Conomitrium aus der Calyptra. Bei Poly- trichum , Orthotrichum u. a. Laubmoosen sind diese , erst nach der Be- fruchtung auftretenden Protouemabildungen der Calyptra, sehr charakte- ristisch , sie haben z. B. bei Polytrichum schief gestellte Wände (vgl. Fig. 249). Offenbar dienen sie hier, solange der Embryo noch klein und im Archegonienbauch eingeschlossen ist, auch zur Wasserversorgung ^) Vgl. darüber Goebel in Flora 1895 p. 493. ^) Goebel, Flora 1895 p. 474, wo ich auch auf die gänzlich in Vergessenheit ge- ratene Angabe Hedwigs hingewiesen habe. ^) Orthotrichum hat seinen Namen bekanntlich daher, dafs diese „Haare" auf- gerichtet sind. Es sind übrigens schmale Zell flächen von ähnlicher Entstehung wie die Paraphyllien von Thuidium. Da ihre Zellen lange lebendig bleiben, können sie auch für die Wasseraufnahme in Betracht kommen. *) Vgl. die Abbildungen von Firtsch in Ber. der D. bot. Gesellsch. I Taf II. 1. Archegoniaten. 373 desselben. Die „Haare" -werden in basipetaler Folge entwickelt, und während die oberen, dickwandigen Luft zwischen sich festhalten und das befruchtete Archegonium vor Austrocknung schützen, werden die untern, noch dünnwandigen, benetzbaren, Wasser aufnehmen. So ersetzen sie hier die Wasserbäuche der Calyptra von Funaria und Eucalypta. Bei manchen Moosen ist der Embryo von einer hyalinen Schleim- masse umgeben ^), welche ihn meiner Ansicht nach gegen das Eindringen von Wasser schützt, da der Halsteil der Archegonien keineswegs immer nach der Befruchtung sich schliefst. Fig. 249. Längsschnitt durcli eine Sprofsspitze von Polytri- chum (65/1), welcher aufsen Blätter, innen zwei Archegonien, rechts ein unbefruchtet ge- bliebenes, links eines mit Em- bryo zeigt. Dieser hat sich in den Stiel des Archegoniums ein- gebohrt, nachdem derselbe, wie der Vergleich mit dem unbe- fruchtet gebliebenen Archego- nium zeigt, nach der Befruchtung mächtig herangewachsen war. Aus der „Calyptra" sind in basi- petaler Eeihenfolge Zellreihen hervorgesprofst (die „Haare" der Calyptra); die oberen sind schon dickwandig und dienen als schützender Schopf, die untern auch zur Wasseraufnahme. Im Zelleiiaufbau des Embryos schliefst sich Si^hagnum nahe an den bei vielen Lebermoosen vertretenen Typus an. Es tritt in der befruchteten Eizelle zunächst eine QuerAvand auf; die untere Hälfte erfährt nur noch wenige Teilungen , die obere wird zum eigentlichen Sporogon. Sie zerfällt in 6 — 8 Querscheiben, und diese in je vier Quadranten, deren weitere Ausbildung unten zu erörtern sein wird. Bei allen übrigen Laubmoosen ist die Teilungs- weise eine andere. Nachdem in der befruchteten Eizelle 1 — 2 Querwände aufgetreten sind, erscheint in der oberen (dem Archegonhals nächsten) Zelle eine schräge Wand, der sich eine zweite, entgegengesetzt geneigte ansetzt. Damit ist eine „zweischneidige" Scheitelzelle hergestellt, die eine Anzahl von Segmenten bildet (Fig. 250, I)^ später aber zuweilen auf ähnliche Weise mit einem Zellnetz ausgefüllt wird, wie dies bei der Scheitelzelle mancher Farn- prothallien oder der der Sporogonienstände von Equisetum der Fall ist. In clem Zellkörper, welcher den jugendlichen Embryo darstellt, wird nur eine relativ kleine Zahl von Zellen zur Sporenbildung verwendet, die meisten bleiben steril und dienen teils zur Ernährung der fertilen , teils zur Sporen- aussaat. Wir kennen bei den Laubmoosen so primitive Sporogonien, wie z. B. ^ ) So bei Andreaea und Sphagnum. Vgl. Waldner, Die Entwicklung der Sporogone von Andreaea und Sphagnum. Leipzig 1887. 374 Specielle Organographie. Riccia sie hat, nicht mehr, sondern (abgesehen von Archidium) nur solche, welche dem bei den Lebermoosen von Anthoceros repräsentierten Typus gleichen. Im Kapselteil der Laubmoose diiferenziert sich frühe schon eine fertile Zellschicht, die wir als Archespor zu bezeichnen haben. Verfolgen wir diese zunächst auf dem Querschnitt. Ein Schnitt durch einen jungen Laubmoosembryo kann nach dem oben Angeführten nur zwei Zellen zeigen , die durch die Segmentwand getrennt sind. Dann tritt eine zweite, zur ersten rechtwinklige Wand auf, so dafs Cylinderquadranten ent- Fig. 250. Nanomitrium tenerum. Längsschnitte durch befruchtete Archegonien und junge Sporogonien verschiedener Entwicklung, vergr. (/ am stärksten). I Junger Embryo, noch im Archegonbauch liegend. // Älterer Embryo , Endothecium punktiert, der Fufs (J^l hat sich in den Archegonstiel eingebohrt. J/J Älterer Embryo, das Amphithecium [a) dui'ch perikline Wände gespalten. IV Sporogon, dessen Sporenmutterzellen grofsenteils schon sich getrennt haben, im Längsschnitt, Columella deutlich sichtbar. In den meisten Sporen- mutterzellen ist der Inlialt angedeutet, in anderen war er herausgefallen. stehen (die bei Archidium nicht gebildet werden) ; in jedem Quadranten bildet sich, sei es durch Auftreten einer Autikline oder einer Perikline (Fig. 252, 1) eine innere und eine äufsere Zelle, es sind also vorhanden vier innere Zellen, Avelche als das „Endothecium" bezeichnet werden können, und eine Anzahl äulserer — das Amphithecium. Ein primitives Laubmoossporogon wäre ein solches, welches das Amphithecium zur Sporogonwand , das Endothecium zu Sporenzellen gestalten würde. In der That sind bei Xanomitrium zwischen beiden Diiferenzen im Zellinhalt vorhanden , das Endothecium besteht aus besonders plasmareichen Zellen. Bei Archidium ist das ganze Endothecium noch als Archespor zu bezeichnen, dessen Zellen aber nicht alle fertil werden, nur einige wenige (1 — 7) werden zu Sporenmutterzellen, die übrigen dienen offenbar — ähnlich wie etwa bei Eiella — als Nährzellen ^). Bei den anderen Laubmoosen aber treffen wir stets ein Archespor in Gestalt einer Zellschicht. ^) Über ihren Inhalt ist nichts Näheres bekannt, Leitgeb sagt, er sei „wasserhell", es wäre also möglich, dafs auch Wasserspeicherung in Betracht kommt. I. Archegoniateu. 375 Diese ist bei Andreaea und Spliagnum kuppeiförmig gewölbt , bei den übrigen oben und unten von sterilem Gewebe durchsetzt, also in Gestalt einer oben und unten offenen Tonne ausgebildet. Das sterile GeAvebe wird schon sehr frühzeitig angelegt. Es ist die Columella. Bei allen Laubmoosen Fig. 251. (Nach W. P. ScHiMPEu.) B Sp. acuti- folium. Archegonium mit Embryo (dessen Zellen- anorduung nicht richtig gezeichnet istj. C Junges Sporogon derselben Art im Längsschnitt; «ÄArche- gonienhals; ca Calyptra; sp/Fufs des Sporogoniums ; CO Columella; spo „Sporen- sack" mit Sporen ; ps Pseudopodium. E Geöff- netes Antheridium. D Sporogon von Sph. squar- rosum. Ä Kapsel; ^Deckel; vergr. (Lehrb.) Fig. 252. Funaria hygro- metrica (nach D. Camp- bell, teilweise vom Verf. schematisiert). Quer- schnitte verschieden alter Embryonen. 1 Jung; E Endothecium; A Amphi- thecium. 2 Älter; Arche- spor punktiert. 3 Noch älter; i Intercellularräurae im Amphithecium ; ar Archespor; p die Zell- schichten, aus denen weiter oben (im Deckel) das Peri- stom hervorgeht (aus Teilung einer Zelllage entstanden). (mit Ausnahme von Sphagnum) sondert sich das Endothecium durch perikline Teilungen in eine äufsere Zellschicht, das Archespor, und einen centralen sterilen Teil, die Columella ; beide erfahren dann meist noch weitere Teilungen, die beim Archespor zur Bildung der Sporenmutterzellen führen. Bei Sphagnum entsteht dagegen das Archespor aus dem Amphithecium, das Endothecium bildet nur die Columella. Das Amphithecium erfährt übrigens auch bei den übrigen Moosen noch vor dem Auftreten des Archespors Zellteilungen, durch 376 Specielle Organogiaphie. die es mehrschichtig wird. Es bildet sich in ihm ein lutercellularraum, welcher eine äufsere, mehrschichtige Kapsehvand von zwei dem Archesj^or anliegenden Zellschichten trennt. Letztere werden als „äulserer Sporensack" bezeichnet, während der „innere Sporensack" die äufserste , dem Archespor angrenzende Zellschicht der Columella ist, die ebenso wie die das Archespor auf der Aufsenseite begrenzenden Gewebe durch inhaltsreiche Zellen sich auszeichnet und offenbar die Aufgabe hat, die Nährstoffzufuhr zu den Archespor- (resp. Sporenmutter)zellen zu be- j2 y'^/^"^)"^ sorgen. Die Ausbildung eines yf ^ '£r\ ~ ^-^\ S umfangreichen sterilen Gewebes (Columella, Wandschicht etc.) in der Kapsel steht mit der Sporen- bildung im engsten Zusammen- hang. In kleinen Kapseln, die nur wenig Sporen bilden, sehen wir auch nur wenig sterile Zellen; es werden für die Ernährung der fertilen Zellen nur wenig An- sprüche gemacht, und wir finden im reifen Sporogon von den- selben bei Nanomitrium (Fig. 253) und Ephemerum fast nichts mehr vor ; die Columellazellen dienten nur als Nährzellen und werden vor der Sporenreife zerdrückt. Man hat deshalb Ephemerum früher und Nanomitrium auch noch neuerdings eine Columella abgesprochen , für Ephemerum hat N. J. C. Müller ihr Vor- handensein schon früher nach- gewiesen , und neuere Unter- suchungen zeigten sie mir auch bei Nanomitrium , allerdings in nur wenig entwickelter Aus- bildung. Je mehr Sporen gebildet werden, desto umfangreicher wird auch die Columella. Sie dient für die fertilen Zellen als Wasser- und als Nähr- stoff Speicher , man findet sie häufig z. B. mit Stärke versehen. Für die fernereu Lebenserscheiuungen des Sporogons kommt in Be- tracht einmal die Ernährung desselben , und dann die Art und Weise, wie die Sporen ausgestreut w^erden. Fig. 253. Nanomitrium tenerum. Längsschnitt durch ein fast reifes Sporogon. A Annulus, die Sporen hängen noch in Tetraden zusammen, die Zellen des Amphitheciums sind mit Ausnahme der AVandschicht fast alle aufgelöst; die Columella ist ganz verschwunden. Stark vergr. (120/1). a) E r n ä h r u n g s V e r h ä 1 1 n i s s e. Dals in den ersten Entwicklungsstadien die sämtlichen Moosembryonen wie Parasiten von der MoospHanze ernährt werden, ist selbstverständlich. Ihr unterer, zuweilen angeschwollener Teil, der „Fufs", dient als Hau- storium und ist dazu in manchen Fällen, so bei Diphyscium ^) und Bux- baumia, mit besondern schlauchförmigen Auswüchsen versehen , welche durch Querwände gefächert und sogar verzweigt sein können , also mit \) GoEBKL, Flora 76. Bd. (Ergbd. z. Jahrg. 1892 p. 103). I. Archegoni.ateu. 377 den Rhizoiden übereinstimmen. Betreffs der Wasseraufnahme bleibt bei den meisten Moosen das Sporogon auch dauernd auf die Mutterptianze angewiesen ^). doch giebt es Formen, wie Eriopus remotifolius, die offen- bar Wasser durch die am Sporogonstiel reichlich vorhandenen haar- förmigen Auswüchse aufnehmen. Eriopus ist aulserdem noch durch eine andere Eigentümlichkeit merk- würdig, nämlich dadurch, dafs es mit Rhizoiden versehene S p 0 r 0 g 0 n i e n besitzt, der einzige mir bekannt gewordene Fall eines durch nach aufsen tretende Rhizoiden bewurzelten Sporogons. Die Rhi- zoiden finden sich da, wo das Sporogon der (meist kragenförmig verdickten) Vaginula aufsitzt. Sie entstehen durch Auswachsen der oliertlächlichen Zellen, es sind Zellreihen, mit teils schiefen, teils geraden Wänden, die ein dichtes Geflecht bilden und teilw^eise auch aufsen an der Vaginula herunter- wachsen. Aufserdem dringen Rhizoiden aber auch in die Vaginula von oben- her ein, sie legen sich dem aus grofsen, inhaltsreichen Zellen bestehenden Fufs des Sporogons an. Ob sie auch zwischen seine Zellen eindringen, habe ich bei dem spärlichen Material, das mir zur Verfügung stand, nicht ermitteln können. Man könnte dies Verhalten zu den kühnsten phylo- genetischen Schlulsfolgerungen verwenden — ein sich bewurzelndes Moos- sporogon brauchte Ja nur noch an der Spitze' weiter zu wachsen, sich zu verzweigen etc., um eine Annäherung an das Verhalten der ungeschlecht- lichen Generation der Pteridophyten zu erreichen. Meiner Ansicht nach wäre eine solche Folgerung verfehlt. Es liegt hier offenbar nur eine, allerdings merkwürdige Anpassung vor. Diese steht damit im Zusammen- hang, dafs an der Grenze zwischen „Fufs" und Seta des Sporogons frühe schon Zellen braun werden, und, wie es scheint, absterben. Dadurch inuis die Stoftleitung erschw^ert, resp. unterbrochen sein. Dem wird da- durch abgeholfen, dais nach aufsen Rhizoiden entwickelt w^erdeu zur Wasseraufuahme (der auch die Haare des Sporogonstieles dienen werden), nach innen zur Ausbeutung der im „Fufs" enthaltenen Materialien. Was die sonstige Ernährung der Sporogouien anbelangt, so ist mit Recht in einer Reihe neuerer Arbeiten, namentlich von Haberlandt^) betont worden, dafs viele Laubmoossporogonien eine eigene Assimilations- arbeit aufweisen. Sie sind ausgerüstet mit chlorophyllhaltigem Assimi- lationsgewebe, das bei den verschiedenen Formen in sehr ungleichem Mafse entwickelt ist. bei einigen aber sich der Form des Pallisaden- parenchyms nähert. Bei so einfach organisierten Sporogonien wie dem von Nanomitrium kommt die Assimilation der chlorophyllhaltigen Wand- schichten des Sporogons offenbar kaum in Betracht, ebenso bei einer Anzahl anderer Moose mit kleinen Kapseln (z. B. auch Eriopus). Bei andern dagegen ist Assimilationsgewebe vorhanden , teils in der Kapsel- wand, teils in dem Teile des Sporogons der zwischen Kapsel imd Stiel liegt, und der als Apophyse bezeichnet wird ^). Hier betinden sich auch bei vielen Moosen Spaltöffnungen von ganz demselben Bau wie bei 1) Es findet sich in der Seta vielfech ein ventraler Strang dünnwandigen protoplasma- losen Gewebes, der offenbar der Leitung dient (vgl. Vaizky, The transpiratiou of the sporophore of the Musci. Annais of botany Vol. I p. 73 und on the Anatoray and de- velopment of the sporophore of the Musci, "journ. Linn. Soc. Vol. XXIVj. V. nennt das betr. Gewebe „Leptoxylem". "\ A. a. O. ^) Ich stimme Haberla>.dt bei, wenn er die Apophyse der Seta zurechnet, nicht der Kapsel. Goebel, Organographie dev Pflanzen. 25 378 Specielle Organographie. ^V den höheren Pflanzen ^), sie steüeu die Ausmimdungsgänge der zahlreichen Intercelliilarräume des Gewebes dar und ermöglichen so einen Gasaus- tausch und Transpiration. Ihre verschiedene Ausbildung ist hier nicht zu erörtern. Erwähnt sei nur, dafs sie bei Sphagnum rudimentär bleiben, was wohl darauf hindeutet, dafs Sphagnum von einer Form abstammt, deren Sporo- gonien, aus dem Archegonienbauch heraustretend, eine Assimilationsthätigkeit entfalteten, sich dem Ver- halten der Mehrzahl der Laubmoossporogonien also mehr näherten, als es jetzt der Fall ist. Überhaupt ist Sphagnum, wie wir auch bei Betrachtung der Keimungserscheinungen gesehen haben, offenbar keine primitive, sondern eine stark umgebildete Form; auch das Verhalten der Antheridienbildung würde, wenn man Leitgebs Anschauungen gelten läfst , darauf hindeuten. Wie dem nun auch sei, jedenfalls ist es merkwürdig, dafs bei den Bryophyten wiederholt (bei Anthoceros und verschiedenen Laubmoosreihen) die Bildung von Spaltöffnungen aufgetreten ist, die denen der Samenpflanzen ganz entsprechen. Besonders merkwürdig ist die Entwicklung der Apophyse bei manchen Splachnum-Arten, speciell spl. rubrum und luteum 2) (Fig. 255, /, II), bei denen die Apophyse zu einem schirmförmigen Kragen auswächst, der in seinem Bau einem dorsiventralen Blatte gleicht, das Spaltöffnungen nur auf der Oberseite besitzt; später wirkt, wie wir sehen werden, die Apophyse indirekt auch bei der Sporenaussaat mit. Auch andere Splachnaceen haben übrigens die „Tendenz", die Apophyse stark zu entwickeln, eine Eigentümlich- keit, die bei den genannten Arten zu dem höchst merkwürdigen Gebilde sich gesteigert hat. b) Einrichtungen zur Sporenverbreitung^). Die ganze Gestaltung der Sporogouien zielt, wie wir sahen, auf Sporenbildung einerseits, auf die Sporenverbreitung andererseits. Es wurde oben schon erwähnt, dafs die einfachsten Bauverhält- nisse der Sporogouien sich da finden, wo wenige und verhältnismäfsig grofse Sporen im Sporogon enthalten sind, während wir dort, wo viele Sporen gebildet werden, oft sehr verwickelte Einrichtungen treffen, welche auf eine a 1 1 m ä bliche Sporenaussaat hin- zielen. Bei den meisten Phascaceen sind Einrich- tungen zur Sporenverbreitung nicht vorhanden, sie sind „kleistokarp", das Sporogon öffnet sich nicht, Fig. 254. Polytrichum commune. rh Rlii- zo'iden laber nur ein kleiner Teil, die andern sind abgerissen); s Seta; c Calyptra; ap Apophyse; d Deckel. Nat. Gr. (Lehrb.) ^) Vgl. darüber aufser den angeführten Arbeiten auch Vüillejiin, Sur les homologies des mousses; Bünger, Beiträge zur Anatomie der Laubmooskapsel, Bot. Centralblatt 1890 Bd. XLII. 2) Vgl. Vaizey, On the morphology of the sporophyte of Splaehnum luteum. Annais of botany Vol. V p. 1, ^) Vgl. GoEBEL, tJber die Sporenausstreuung bei den Laubmoosen. Flora 80. Bd. (1895) p. 459 ff. I. Archegoniaten. 379 sondern verwittert^); da die Sporogonieu von Ephemerum u. a. sich leicht ablösen , können sie durch Regengüsse in toto fortgeschwemmt werden. Ob die lebhaft rote Färbung der Sporogonieu von Eph. serratum etwa zu einer Verschleppung durch Tiere in Beziehung steht, wäre näher zu untersuchen. Merkwürdig ist, dals, wie ich nachgewiesen habe, schon bei den Phascaceen eine Gattung sich findet, deren Sporogonieu durch einen Deckel sich ölfnen, wobei auch ein freilich nur rudimentärer Annulus sich findet, es ist dies das oben mehrmals erwähnte Nanomitrium (Fig. 253), Fig. 255. / Splachnum luteum (nach Hedwig). Ge- öffnete Kapsel mit Apophyse A (ca. 3 mal vergr.). 7J Längs- schnitt durch eine ungeöffnete Kapsel nach Vaizey; Sp Spaltöffnungen; Js Archespor; cl Columella; 8 Seta; Lx „Leptoxylem"; P Peristom; c Columella; A Arche- spor; iSSeta. III, /r Schema für die Öffnung der Splach- numkapsel, nach Bryhn. Fig. 256. Andreaea petro- phila. ps Pseudopodium; spf Sporogonfufs ; k Kapsel, mit 4 Spalten geöffnet; c Calyptra. Vergr. 12. (Lehrb.) was uns zeigt, dafs ein strenger Unterschied zwischen kleistokarpen und stegokarpen (deckelfrüchtigen) Moosen nicht gemacht werden kann. Zu den letzteren gehört die grofse JNIehrzahl der Moose. Indes ist zunächst das abweichende Verhalten von Andreaea, deren Sporogonieu man als „schizokarp" bezeichnen kann, erwähnt. Es findet hier keine Deckel- bildung statt, vielmehr sind in der Sporgonwand im mittleren Teil des Sporogons 4—6 Trennungslinien angelegt, an denen das Sporogon sich beim Austrocknen öfinet (Fig. 256), beim Befeuchten findet ein Ver- schluls der Spalten statt. Da die Sporenmasse feucht ist, so klebt sie den Klappen an, und die Sporen werden dann in dem Malse, wie sie aus- trocknen, allmählich durch Luftströmungen weggeführt. Bei den stegokarpen Moosen löst sich der obere Teil der Kapsel als Deckel ab. Es ist die Ablösungsstelle in charakteristischer Weise ') Betreffs Phascum subulatura und Physcomitrella patens vgl. a. a. O. p. 404. Es sei hier ausdrücklich betont, dafs ich die Einteilung der Moose in kleistokarpe und stego- karpe für eine rein künstliche halte, kleistokarpe Formen kommen in verschiedenen Verwandtschaftsreihen der Moose vor. 25* 380 Specielle Orgauographie. ausgebildet. Die Vorgänge, welche die Ablösimg bedingen, sind noch nicht nach allen Eichtungen hin eingehend untersucht, sie sind bei den einzelnen Gruppen auch ziemlich verschieden \). Meist hndet sich ein „Annulus", d. h. ein Ring aus einer oder mehreien übereinander liegenden Zellanlagen bestehend, die ausgezeichnet sind durcli ihren Schleimgehalt. Der Schleim wirkt als Wasserspeicher und bedingt, dafs die Ringzellen beim Austrocknen weniger schrumpfen als andere Teile der Kapsel, wodurch Spannungen entstehen, die zu Rissen in der Kapselwand führen. Damit ist bei manchen die Funktion des Ringes der Hauptsache nach beendigt, bei den Hypnum- Arten z. B. bleibt er mit der Kapsel beim Öffnen in Verbindung oder löst sich in kleinen Stücken ab. Bei andern dagegen rollt sich der Ring, nach- dem durch die Risse in der Kapsel- wand Feuchtigkeit eingedrungen ist, als Ganzes ab vermöge der Voluni- veränderung, welche die schleim- haltigen Zellen beim Quellen er- fahren. Betreffs zahlreicher Einzel- heiten , namentlich des merkwür- digen Verhaltens von Tetraphis, Buxbaumia u. a. verweise ich auf die angeführte Abhandlung. Mannigfach sind auch die Ein- richtungen zur Sporeuverbreitung, die wir bei den deckelfrüchtigen Moosen antreffen. Zunächst handelt es sich darum, die Kapsel über das Stämmchen möglichst emporzuheben, was entweder durch Bildung eines Sporogonstieles (der „Seta") ge- schieht oder durch Bildung eines Pseudopodiums, wie bei Sphagnum und Andreaea, d. h. einer stiel- ähnlichen Verlängerung der Sprofs- achse unmittelbar unterhalb des befruchteten Archegoniums, Bei Mnium lionium. A Pflanze mit jungem, B mit reifem, aljer noch nicht ent- deckeltem Sporogon, Centdeckelt; cCalyptra; d Deckel; h Kapsel; p Peristom; s Seta; rh Rhizoidenbüschel. E Inneres Peristom (vergr.) mit Zähnen und feinen Schleuder- fäden. B zwei Zähne des äufseren Peristoms (vergr.j. (Lehrb.) Moosen, die auf Baumstämmen oder nackten Felsen leben, ist der Stiel meist sehr kurz — sie sind relativ starken Luftströmungen ausgesetzt gegenüber den an bedeckten Standorten wachsenden. Namentlich aber kommt die Beschaffenheit der Kapselmündung in Betracht, die Frage, ob ein Mund- besatz, ein Peristom, vorhanden ist oder nicht. Einen grofsen Teil der nacktmündigen Moose hat man früher in einer besonderen Gattung Gymnostomum zusammengefafst, später aber erkannt, dais solche Formen sich in verschiedenen Verwandtschaftskreisen finden können. Freilich können wir bei den meisten kaum eine Vermutung darüber äufsern, ob der Peristommangel ein primärer oder auf Rückbildung beruhender ist. *) Vgl. H. DiHM, Untersuchungen über den Annulus der Laubmoose. Flora 79. Bd. (Ergbd. z. Jahrg. 1894 p. 286j. I. Archegoniaten. 381 wie (lenn überhaupt die „Phylogeuie" des Moosperistoms eines der dunkelsten Gebiete ist^), bei Nanoniitrium z. B. werden wir den Mangel eines Peristoms als einen primären betrachten, bei Orthotrichum gymno- stomum liegt die Annahme einer Rückbildung nahe, da die verwandten Arten alle mit reristom versehen sind und man auch bei dieser ein rudimentäres Peristom tiudet (vgl. Flora 1895 p. 472). In biologischer Beziehung ist der Mangel eines Peristoms meist leicht verständlich, es handelt sich meist um kleine Kapseln mit enger Mündung (z. B. Schisto- stega, Hymenostomum, Pottia , vgl. die An- gaben a. a. 0.), und die Sporen haften l)ei einigen vermöge der Verdickungen der Sporen- wand zusammen, so dals sie nur allmählich weggeführt werden. Eine, soweit bis jetzt bekannt, isolierte Stellung (betr. Phascum patens, vgl. die a. a. 0. angeführte Angabe He(lwigs) nimmt betreffs der Sporenverbreitung Sphagnum ein^). Wenn die reifen Kapseln der Torfmoose austrocknen, so explodieren sie, wie schon Bridel bekannt war, mit hörbarem Geräusch, wobei Deckel und Sporen auf ziemlich weite Entfernung (bis 10 cm) abgeschleudert werden; es geschieht dies an sonnigen Tagen, da die Sonne das Aus- trocknen der Kapseln liefördert. In diesen ist die Columella vertrocknet und durch Luft er- setzt. Beim Austrocknen wird der Längsdurch- messer der Kapseln nicht verändert, wohl aber der Querdurchmesser beträchtlich verkleinert. Die vorher annähernd kugelige Gestalt der Kapseln nähert sich der cylindrischen, dadurch wird die Luft in der Kapsel unterhalb der Spoi-enmasse komprimiert. Der Deckel ist von festerem Gefüge, zieht sich nicht oder doch viel weniger zusammen als die Kapsel. Da- durch mufs eine Spannungsdifferenz entstehen, welche dazu führt, dafs der Deckel an der dazu vorgebildeten Stelle (dem „Annulus") von der Kapsel abreitst und nun samt der Sporeu- masse durch die komprimierte Luft wie aus einem pneumatischen Gewehre losgeschossen wird. Die Sporenentleerung erfolgt hier also auf einmal, aber mit beträchtlicherem Kraft- aufwand, der die Zerstreuung sichert, aulserdem nicht bei feuchtem Wetter, da dies das Austrocknen der Kapseln verhindert. Wo ein Peristom vorhanden ist, verhindert es das Eindringen von Feuchtigkeit in die Kapseln und wirkt bei der Sporenaussaat mit. Seiner Entstehung nach gehört es stets dem Amphithecium an und besteht, abgesehen von Fig. 258. Milium hornum (nach Stkasbürger). Teil eiiies Quer- schnittes durch die Kapsel- wand in der Nähe des Kinges. n .Schlei inhaltige Annulus- Zellen; 1, 2, 3, 4 Zellschichten des Amphitheciums; d' die in der dritten, d" die in der vierten gebildete partiäre Wandver- dickung (Zahn des äufseren Peristoms); c Inneres, an seiner Basis als Haut erscheinendes Peristom. (Lehrb.) ') Das auch durch die Abhandlung von Philibert „sur le peristome des niousses" nicht als aufgeklärt betrachtet werden kann (vgl. Revue bryologique). ^) Vgl. Nawaschin, Über die Sporenausschleuderung bei den Torfmoosen. Flora 83. Bd. Jahrg. 1897 p. 151 ff. gg2 Specielle Organographie. Tetrapliis und den PolytricliaceeD, stets aus Trümmeru von Zellmembranen, d. h. den verdickten Teilen derselben, während die dünnen zerstört werden. Es lassen sich verschiedene Typen unterscheiden , von denen die hauptsächlichsten nach biologischen Gesichtsi)unkten hier angeführt werden sollen. Indes lassen sich die einzelnen Gruppen nicht scharf von- einander sondern. A) Bei der Sporenaussaat nur das Peristom beteiligt. I. Das Peristom dient nur als hygroskopischer Verschlufs der Kapsel: die Peristomzähne biegen sich bei Befeuchtung ül)er die Kapselöffnung und verschliefsen sie, bei Trockenheit sind sie zurückgeschlagen. Das Peristom ist ein einfaches, z. B. bei Weissia -Arten u. a. Bei Barbula ist eine eigenartige Modifikation dieses Typus vor- handen. Die 32 Peristomzähne sind hier schon in der Kapsel schraubig gekrümmt , sie schlielsen eng aneinander und sind bei manchen Arten, z. B. bei B. subulata, im unteren Teile zu einer Haut verbunden. Beim Austrocknen winden sich die Peristomzähne oben zu einem Schopf zusammen, an der Basis treten sie auseinander und gestatten so den Austritt der Sporen. Bei dem verwandten Trichostomum bilden die haar- förmigen Peristomzähne ein Sieb, welches nur eine allmähliche Sporen- entleerung zuläfst. Dies leitet uns über zu einer weiteren Gruppe. II. Das Peristom sichert aufserdem auch die allmähliche Entleerung 1. bei einfachem Peristom a) durch Entwicklung langer Peristomzähne , die im trockenen Zu- stand über die Kapselöffnung eingebogen bleiben und so ein Gitter- werk bilden. Hierher eine Anzahl Dicranaceen und Fissidenteen, bei einigen (nach Steinbrinck auch bei Ceratodon purpureus) wurde beobachtet, dafs die langen Peristomzähne zum Abschleudern der Sporen dienen. Sie krümmen sich beim Austrocknen nach innen. Die Sporen haften an den Vorsprüngen der Peristomzähne leicht an (zumal sie ursprünglich noch eine feuchte Masse bilden) und werden dann beim Auswärtsbiegen leicht abgeschleudert; b) durch Verbundenbleiben der Peristomzäline an der Spitze. Bei Conostomum bilden die Zähne des Peristoms einen Kegel , der 16 Längsspalten hat. Bei Befeuchtung schlielsen sie sich , bei Trockenheit gestatten sie den Austritt. Ich habe mich oft gefragt, ob eine derartige Einrichtung (eine mit Löchern versehene Haut) nicht eigentlich einen primitiveren Typus des Peristoms darstelle als der, bei welchem einzelne Peristomzähne vorhanden sind; wir finden ihn in verschiedenen Moosreihen. 2. Doppeltes Peristom. Dabei ist das innere meist nicht hygroskopisch, a) Es dient nur zur Verengerung der Kapselmündung , das äufsere nur als Verschlufs. «) Orthotrichum. Die inneren Peristomzähne in der Trockenheit über die Kapselmündung hergebogen, die äufseren zurück- geschlagen (betreffs abweichender Orthotr.-Arten vgl. a. a. 0.) Bei Orthotrichum callistomum hängen die Zähne des Peristoms im Centrum zusammen, sie bilden eine „Streusandbüchse". Dasselbe ist der Fall ß) bei Fontinalis, wo das innere Peristom ein zierliches Gitter- werk bildet, und bei Cinclidium, wo es eine Kuppel darstellt, I. Archegoniaten. 383 an deren Basis 16 Öffnungen sich finden, welche von den äufseren Peristomzähnen bei Befruclitung gerade verschlossen werden. Y) Bei Funaria hängen die äufseren Peristomzähne an der Spitze zusammen, sie bilden dort ein Sieb. Die inneren Peristomzähne biegen sich so, dafs sie die Stellen verengern, wo die Spalten zwischen den äufseren Peristomzähnen am breitesten sind. Bei Befeuchtung werden die Spalten (durch Bewegungen des äufseren Peristoms) vollständig geschlossen. Fig. 259. Buxbaumia indusiata. Querschnitt durch das (noch nicht ganz fertige) Peristom. F/i Peristomhaut; Fa äufseres Zahni)eristoin. d) Buxbaumieen-Typus : das innere Peristom ein aus einer ge- falteten Haut bestehender, mit enger Mündung versehener Trichter. Dieser ist bei Diphyscium und Buxbaumia aphylla allein vorhanden, bei Buxbaumia indusiata finden sich aufser- dem noch Spuren (in Gestalt kleiner Zähne, Fig. 259) eines äufseren Peristoms, dessen Funktion unbekannt ist. — Wie a. a. 0. nachgewiesen wurde, entsteht das Faltenperistom der Buxbaumiaceen durch einen besonderen Teilungsprozefs in einer ringförmigen Zellenlage ^), die wir als die Ursprungs- stelle des Peristoms zu betrachten haben. Wahrscheinlich läfst sich bei allen Moosen das Peristom seinem Ursprung nach auf die innerste Zellschicht des Amphi- theciums zurückführen , die aber ihrerseits (z. B. bei den Buxbaumiaceen und Polytrichaceen) Teilungen erfahren kann; es wäre, wenn das allgemein zutrifft, also eine gewisse Ana- logie mit dem Archespor vorhanden , das auch bei allen Moosen als eine Zellschicht angelegt wird. Indes bedarf diese Frage noch weiterer Untersuchung. Jedenfalls zeigt die Verschiedenheit der Peristombildung innerhalb der einen ^) Sie ist in Fig. 259 durch die Klammer bezeichnet, man mufs sich die Teilungs- wände wegdenken. 384 Specielle Organographie. Gattung Buxl>aumia wieder, wie schon aus andern Gründen betont wurde, dafs sie offenbar ein^ sehr alte ist. Der Peristomtrichter bedingt natürlich, dafs die Sporen nur allmählich heraustreten können, und zwar werden sie heraus- geblasen, wenn auf die Oberseite der dorsiventralen Diphys- ciumkapsel ein Regentropfen etc. filllt\). Die Ablösung der dicken äufseren Membranschichten bei Buxbaumia indusiata (welche daher ihren Namen hat) macht hier gleichfalls das Blasebalgspiel möglich, b. Inneres Peristom dient auch zur Abschleuderung der Sporen. Dies wurde beobachtet bei einer Anzahl Bryaceen, Hypnaceen und Mniaceen. Die Mündung der Kapseln ist hier meist nach unten gerichtet; die Sporen gelangen so in den Peristomtrichter, fallen aber zunächst noch nicht heraus, sie werden durch die Schleuder- fäden des inneren Peristoms abgeschleudert, B) Auch die Columella wirkt bei der Sporenaussaat mit. 1. Dies ist schon bei manchen peristomlosen Formen, wie Pottia truncata, bei denen durch die stehenbleibende Columella die Kapselmündung ver- engert und so die Sporenaussaat verlangsamt wird, wie auch bei den Splachnumarten^) (Fig. 255. III ii. IV) der Fall. Die Columella hat oben eine scheibenförmige Erweiterung, sie tritt, wenn die Kapsel einschrumpft, hervor, wobei sie sich nach Bryhn noch streckt, wodurch die Sporen- masse zum Teil herausgeprefst wird ; diese ist aber, wie bei vielen andern Moosen, zunächst noch klebrig. Das Peristom schlägt sich zurück; bei feuchter Luft streckt sich die Urne wieder^) und das Peristom schliefst sich. Merkwürdig ist nun, dafs hier die Sporen nach Bryhns Beobachtung durch Fliegen verbreitet werden, welche wahrscheinlich durch die lebhafte Farbe, welche — wie schon der Artname besagt — speciell bei Splachnum luteum und rubrum, die Apophyse besitzt, an- gelockt werden. Diese Thatsache erklärt, wie die Splachnaceeusporen auf ihre eigentümlichen Standorte (Tierleichen, resp. Tierexkremente) gelangen. Diese werden ja bekanntlich von Fliegen zur Eiablage besucht und dabei auch die Splachnaceeusporen übertragen. Es ist dies der einzige bis jetzt sicher konstatierte Fall der Sporen- übertragung durch Tiere bei Moosen, es ist aber sehr wahrscheinlich, dafs noch andere vorkommen. 2. Tetraphis-Typus. Die reifen Kapseln von Tetraphis pellucida (und verwandten Formen) haben ein aus vier Zähnen bestehendes Peristom, die im trockenen Zustand nur verhältnismäfsig kleine spaltenförmige Zwischenräume zwischen sich lassen , im befruchteten diese ver- schliefsen. Diese Zähne sind aber nicht Membranstücke, sondern der ganze obere Teil der Kapsel (abgesehen vom Deckel) spaltet sich in vier Stücke, die Columella wirkt also bei Bildung der Peristom- zähne mit. Man kann aber (vgl. a. a. 0. p. 482) auch hier die ') Vg-l. auch meine Notiz: Über Sporeiiverbreitung durch Kesrentropfen. Flora 1896 p. 480. ^) Ich hatte auf das Verhalten von Splachnum nach Untersuchung- toten Materials hingewiesen (Flora 1895 p. 481). Die späteren Angaben von Bryhn, dem meine Mit- teilung offenbar unbekannt blieb (Beobachtungen über das Ausstreuen der Sporen bei den Splachnaceen, Biol. Centralbl. 1897 p. 48), stimmen damit im wesentlichen übei-ein. ^) Wie von mir a. a. O. hervorgehoben worden, sind Voluraveränderungen der Sporogonwnnd auch sonst für die Sporenverbreitung von Bedeutung, aber noch näher zu untersuchen. I. Archetconiaten. 385 charakteristisch verdickte Zellschicht nachweisen, die sonst allein zur Peristombildung benutzt wird — es ist wie sonst die innerste Zellschicht des Amphitheciums. Polytrichaceen-Typus. Allen Polytrichaceen gemeinsam ist es, daß, wie oben schon erwähnt, die Peristomzähne aus ganzen, toten Zellen bestehen. Diese Zellen entstehen durch weiter als bei den Bux- baumiaceen gehende Teilungen in den Peristommutterzellen. Bei Dawsonia, einer in ihren vegetativen Charakteren mit Polytrichum nahe verwandten Gattung, finden wir als Peristom einen langen aus zahlreichen Borsten gebildeten Schopf. Diese Borsten sind ge- gliedert durch gewöhnlich schief stehende Querwände. Ich hatte neuerdings Gelegenheit, in Australien zwei Dawsonia-Arten (die prachtvolle große D. superba und die kleinere D. polytrichoides) zu untersuchen und bemerke — betreffs der Einzelheiten auf eine spätere Mitteilung verweisend — hier nur Folgendes. Die Kapseln sind bei beiden dorsiventral wie bei Diphyscium. Sie besitzen eine flache und eine gewölbte Seite. Ursprünglich stehen sie aufrecht, dann biegen sie sich so um, daß sie annähernd horizontal stehen! Die Sporen können hier durch dieselbe Blasebalgeinrichtung wie bei Diphyscium entleert werden, jede Erschütterung genügt, um die Sporen durch die Zwischenräume des pinselförmigen Peristoms herauszutreiben; die Sporen sind sehr klein, dem entspricht auch der Bau des Peristoms. Wenn teilweise angegeben wird i), die Columella nehme bei Dawsonia an der Bildung des Peristoms teil, so muß ich dagegen bemerken, daß meine früher gegen diese Angabe gerichteten Zweifel Fig. 260. Dawsonia superba. 1. Teil des Querschnitts durch die Peripherie des oberen Kapselteiles. P Peristom, Co Columella, W Wandschicht. II. Der ganze Querschnitt bei schwächerer Vergr. Peristom punktiert. ^) HoOKER (Musci exotici), Tab. CLXII, bildet bei Dawsonia polytrichoides von der Columella entspringende Peristomborsten ab. Ich habe derartiges nie gesehen. Goebel, Organographie der Pflanzen. 26 ggß Specielle Organograpliie. sich durch die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung durchaus bestätigt haben. Wenngleich eine äußerlich scharfe Abgrenzung zwischen Peristom und Columella nicht stattfindet, so sind beide doch als gesonderte Gewebe deutlich zu erkennen. Das Peristom geht hervor aus einer ringförmigen (in Pig. 260 II punktierten) Zone , die ihrerseits offenbar ihre Entstehung der tangentialen Spaltung einer oder weniger Zellschichten verdankt. Von den ursprünglich gleichartigen Zellen werden kleinere Zellen abge- schnitten (Fig. 260 i) — was an den für Diphyscium und Bux- bavimia beschriebenen Vorgang erinnert — und diese erhalten stärkere Wandverdickung. Diese übereinander gestellten Zellen bilden dann die oben erwähnten Peristomborsten, welche durch das Zugrundegehen der zartwandigen Zellen vereinzelt werden. Bei den übrigen Polytrichaceen haben wir den Typus der Porenkapsel; die Kapselöffnuug ist durch eine aus der Columella entstandene, später der Zerstörung anheimgefallene Haut, das Epi- phragma, verschlossen. Die mit dem Epiphragma in Verbindung stehenden Peristomzähne bestehen aus Bündeln meist hufeisenförmig gekrümmter Zellen. Es spricht sich in Bau und Entstehung des Peristoms der Polytrichaceen offenbar ein von dem primitiven weit entfernter Typus aus. Blicken wir auf die hier nur kurz erörterten, wunderbar mannig- faltigen Einrichtungen zur Sporenverbreitung zurück, so sehen wir, daß wir die Leistungen dieser Einrichtungen jetzt wohl im großen und ganzen übersehen können, nicht aber das Zustandekommen derselben in den einzelnen Verwandtschaftsgruppen der Moose , deren Zusammenhang übrigens auch noch sehr der Aufklärung ]>edürftig ist. Dies Problem hat aber — obwohl es mehr Aussicht auf Lösung bietet — weniger zu Er- örterungen gereizt als das des Zusammenhanges zwischen den Bryophyten und der nächsthöheren Gruppe, der der Pteridophyten. Es wird auf diese Versuche wenigstens zum Teile einzugehen sein, obwohl sie positive Resultate nicht aufzuweisen haben. B. Pteridopilyten und SamenpfLaiüzen. Einleitung. Wie bei den Bryophyten gliedert sich bekanntlich auch bei Pteridophyten und Samenpflanzen der Entwicklungsgang in eine ge- schlechtliche Generation (den „Gametophyten'') und eine ungeschlecht- liche (den „Sporophyten"). Bei den Samenpflanzen aber versteckt sich der Generationswechsel in der Bildung des Samens, einer eigenartigen Weiterentwicklung der Makrosporangien. Daraus ergab sich die Not- wendigkeit, zunächst nur die Geschlechtsgeneration der Pteridophyten zu besprechen, diejenige der Samenpflanzen dagegen an die Schilderung der Sporangienentwicklung anzuknüpfen. 1. Oeschleclitsgeneration der Pteridophyten^). Für die Bryophyten waren wir zu der Anschauung gelangt, daß ihre Geschlechtsgeueration, von einfachen Gestaltungsverhältnissen ausgehend, *) Da die Litteratur bei Campbell (Mosses aud ferns) sowie ucuerdiugs rou Sade- BECK (Einleitung zu deu Pteridoplivteu in Exglee-Prantl, Natürl. Pflanzenfamilien) aus- führlich angegeben ist, so sehe ich hier von allgemeinen Litteraturangaben ab. I. Archegoniaten. 3gY sich in verschiedenen Reihen zu höher entwickelter Gestaltung ausgebildet habe, und daß selbst äußerlich übereinstimmende Bildungen, wie z. B. die Blattbildung, in verschiedenen Reihen ganz unabhängig voneinander zu- stande gekommen seien. Gemeinsame Züge dagegen fanden wir im Bau der Sexualorgane, obwohl auch hier, wie wir "sahen, keine vollständige Gleichförmigkeit herrscht. Dieselben Fragen kehren wieder bei den Pteridoi)hvten ; die Organ- bildung der Geschlechtsgeneration ist hier indes keine so mannigfaltige als bei den Brvophvten ; es hängt dies, wie wir sehen werden, zusammen mit der Kurzlebigkeit der als „Prothallium" bezeichneten Geschlechts- generation und mit den Rückbildungen, welche diese erfahren hat. Ehe aber auf die Gestaltungsverhältnisse näher eingegangen wird, ist auch hier zunächst der Bau der Sexualorgane zu erörtern. § 1. Bau und Entwicklung der Sexualorgane. a) Antheridien. Die Antheridien sind die Bildungsstätten der Spermatozoiden. Diese sind bei allen Bryophyten (vgl. p. 237) insofern übereinstimmend gestaltet, als sie mit zwei Cilien versehen sind ; wir wollen sie als „biciliaf be- zeichnen. Bei den Pteridophyten lassen sich dagegen nach dem Bau der Spermatozoen zweierlei Gruppen unterscheiden: 1) polyciliate Pteridophyten 2) biciliate Pteridophyten Farne, Lycopodinen ^), Equiseten, Selaginellaceen. Isoeteen. Hier schließen sich offenbar an Dazu gehören ferner: Cycadeen die mit nur passiv beweg- und Ginkgoaceen. liehen männlichen Sexual- zellen versehenen Coniferen (vielleicht auch Gnetaceen). Der Bau der Sexualzellen ist zweifellos von großer systematischer Bedeutung, da er innerhalb der Gruppen, die wir als natürliche erkennen, im wesentlichen konstant ist. Wir wissen zwar, daß die Zahl der Cilien bei den Schwärmsporen einiger Algen bei einer und derselben Art, z. B. Ulothrix, eine verschiedene sein kann, insofern als die Makro- zoosporen vier, die Mikrozoosporen zwei Cilien haben, aber auch hier ist innerhalb der zwei Kategorien (Makro- und Mikrozoosporen) die Zahl eine fast konstante 2). Und da dies schon bei so niederen Gruppen der Fall ist, so werden wir den Bau der Spermatozoen als ein sehr altes und systematisch sehr wichtiges Merkmal betrachten müssen. Es ist aber wahrscheinlich, daß innerhalb der polyciliaten Pteridophyten wieder verschiedene Entwicklungsreihen sich finden, jedenfalls werden wir dieselben aber als von den biciliaten sehr frühzeitig getrennt zu be- trachten haben. Isoetes wird gewöhnlich zu den Lycopodinen gestellt, mit denen die ungesclilechtliclie Generation einige Eigentümlichkeiten gemeinsam hat, ') Die Spermatozoen sind nur bei Lycopodiuni, nicht Ijei Phylloglossum und den Psilotaceen bekannt. Es ist aber höchst wahrscheinlich, daß sie auch bei den letzteren bieiliat sein werden. ^) Es kommen Schwankungen in der Zahl der Cilien auch vor bei Lyeopodium. wo gelegentlich drei auftreten (BRUCHMANN, Über die Prothallien und die Keimpflanzen mehrerer europ. Lycopodien, p. 32). 2ö* 3gg Spccielle Organograpbie. z. B. das frühzeitige Erlöschen des Spitzenwachstums des Blattes , di& Stellung der Sporangien auf der Blattoberseite, die dichotome Verzweigung- der Wurzeln, den Besitz einer „Ligula". Allein das sind doch keine ganz ausschlaggebenden Momente. Die Stellung der Sporangien z. B. variiert auch bei den Farnen, die ,,Ligula" ist nicht einmal allen Lycopodinen ge- meinsam und kommt auch sonst vor ; sowohl die geschlechtliche als die ungeschlechtliche Generation zeigt so tiefgreifende Verschiedenheiten von, der der Selaginellaceen, daß, seitdem ich zuerst hervorhob, „die beiden als Ligulaten zusammengefaßten Abteilungen haben außer dem Besitz einer Ligula sonst wenig Gemeinsames und würden vielleicht zweckmäßiger als besondere Ordnungen aufgeführt i), die Isoetaceen von verschiedenen Autoren, zu den Farnen gestellt worden sind. Meiner Ansicht nach werden sie besser neben den Farnen als eine besondere Gruppe betrachtet werden^ die allerdings auch zu den Lycopodinen Beziehungen zeigt. Der feinere Bau und die Entwicklung der Spermatozoiden können hier nicht näher geschildert werden. Bemerkt sei nur, daß diejenigen von Lycopodium (vgl. Bruchmann a. a. 0.), wie es scheint, am ein- fachsten gebaut sind, d. h. aus einer weniger tiefgreifenden Umbildung-^ der Spermatozoidmutterzelle hervorgehen, als dies in anderen Fällen geschieht. Es sind Gebilde, die mit den Schwärmsporen mancher Algen übereinstimmen: länglich -eiförmige Zellen, die etwas unterhalb ihrer Spitze die zwei Cilien tragen und außer dem Zellkern auch noch deut- lich Protoplasma führen ; sie scheinen das ganze Plasma der Mutter- zelle mitzuführen , während sonst bei der Spermatozoidbildung ein Teil des Plasmas der Mutterzelle unverbraucht zurückbleibt (vielfach als blasenförmiges Gebilde noch mitgeschleppt und dann abgeworfen wird). Im Bau der Antheridien lassen sich bei den isosporen Pterido- phyten zwei, nicht scharf voneinander getrennte Typen unterscheiden : der der ganz oder teilweise eingesenkten und der der freien. Den ersteren finden wir da, w^o die Antheridien an Zellkörpern auftreten (bei Equisetum können die Antheridien auch an Zellfäden oder Zell- flächen sich bilden, es entsteht dann zur Bildung des Antheridiums zu- nächst ein Zellkörper, vgl. unten) ; es ist dies der Fall bei den Lyco- podiaceen, Equisetinen. Marattiaceen und Ophioglosseen, auch bei sämt- lichen heterosporen Pteridophyten ; bei den leptosporangiaten Farnen,, bei denen die Antheridien an Zellfäden, Zellflächen (oder an dem Gewebe- polster der Prothalliumunterseite) stehen , ragen sie meist annähernd kugelig über das Prothallium hervor, nur in abnormen Fällen finden sie sich auch eingesenkt. Bei den eingesenkten Antheridien haben wir zu unterscheiden die nach außen abschließende Deckschicht, welche nicht nur als Schutz für die heranreifenden Spermatozoen dient, sondern auch bei der Öffnung der Antheridien beteiligt ist. Sie ist bei E(i[uisetum und den Marat- tiaceen einschichtig, bei den Ophioglosseen zweischichtig: Lycopodium nimmt insofern eine Mittelstellung ein. als die Deckschicht in der Mitte einschichtig, gegen den Rand hin zwei- (resj). niehr-)schichtig ist. Bei den Marattiaceen und Lycopodium erfährt die ursprünglich aus einer Zelle bestehende Deckschicht charakteristische Teilungen, die eine (von ') Gnindzügc der Systematik iiud speeiellen Pflanzeumorpbologie. Leipzig 1882> p. 217. I. Archegoniaten. 389 der Fläche gesehen) dreieckige mittlere Zelle ergeben, bei ersteren ist die Antheridienhöhle auch noch umgeben von tafelförmigen, durch peri- kline Wände von den Nachbarzellen abgeschnittenen Zellen, welche wohl, ähnlich wie die Tapetenzellen der Sporangien oder die „Deck- ^ d Zellen" der Archegonien man- cher Coniferen, den Stofftrans- port (res}), stoffliche Um- setzungen) zu den Spermato- zoidmutterzellen zu besorgen / X\^ -^M^ haben. Übrigens gehen die ein- gesenkten Antheridien (von der oben erwähnten Mantelschicht Fig. 261. Längsschnitte dm-cli zwei Antheridien von abgesehen) ebenso wie die Equisetum pratense (die Spemiatozoidmntterzellen j. ~ . -ir .X 11 nicht genau gezeichnet). Das links (etwas schwächer freien aus einer Mutterzelle ,.e,g,. .,i, ^as rechts) halb, das rechts ganz ein- hervor, erst eine genaue Ver- gesenkt, d Deckschicht, J/c SIeristem. gleichung der Entwicklungs- geschichte ermöglicht, die Frage nach der Übereinstimmung beider im ganzen Aufbau zu erörtern; zunächst sei nur erwähnt, daß die „freien'' Antheridien überall von einer einzigen Lage von ,,Wand"-Zellen umgeben sind, manche sitzen auch einem kurzen Stiele auf. Man sollte denken, daß bei so oft untersuchten Gebilden, wie dies rochen wird, während Bruchmann angiebt, daß einige Zellen der Deckschicht verschleimen und dann die Spermatozoidmutterzellen durch Wasseraufnahme das Antheridium sprengen. Es wäre möglich, daß die einzelnen Lycopodium- Arten sich derart verschieden verhielten, daß im ersterwähnten Falle nur eine der Deckschichtzellen (ähnlich wie bei manchen Laubmoosantheridien) Fig. 262. Equisetiim ]>ratense, männliches Protliallium, etwa 25 mal vergrößert, von der Unterseite. A An- theridien, d Deckelzellen derselben. Zwischen den An- theridien nnd luiterhalb derselben findet keine Lappen- bildnng statt. ^) Campbell (a. a. 0., p. 427) giebt für E. Telmateja an : ..There is often a triangulär operciilar cell recalling the similar cell in these forms" (Marattia, Osmnnda). Ich möclite dazu bemerken, daß die Gestalt der Zelle nicht darüber entscheiden kann, ob sie eine Deckelzelle ist oder nicht; bis jetzt ist bei Equisetura eine solche nicht nachgewiesen (vgl. das obea über E. pratense Gesagte). I. Archegoniaten, 391 durch Schleimbildiing gesprengt würde, im letzteren Falle mehrere, was ein primitiveres Verhalten darstellen würde. Unter den Farnen nähern sich die Marattiaceen-Antheridien- denen der Lycopodien namentlich durch den Bau der Deckschicht, der in der Mitte eine besondere dreieckige Zelle zeigt, welche als „Deckelzelle" „abgeworfen" wird^). Die Antheridien der Ophio glo ss een sind ausgezeichnet durch eine zweischichtige Deckzelllage, wenigstens ist es so bei den wenigen Vertretern der Ophioglosseen, deren Geschlechtsgeneration bekannt ist: Botrychium Lunaria, Botr. virginianum und Ophioglossum pedunculosum ; wir haben oben gesehen, dai^ eine perikline Spaltung der Deckschicht der Antheridien auch bei Lycopodiaceen — hier aber nicht vollständig und nicht bei allen Arten — auftritt. Indes ist der die Öffnung be- dingende Bau der Wand offenbar auch hier unvollständig bekannt. ]Mettenius -) giebt an, „von den beiden die äußere Wand des Anthe- ridiums bildenden Zelllagen werden die Zellen der inneren auseinander- geschoben, und bald darauf wird eine Zelle der äußeren Lage durch- brochen". Jeffrey-'') sagt: „The spermatozoids make their way out by means of an aperture formed by the disappearance of two superimposed cells of the outer wall of the antheridium" — wie aber dieser Vorgang sich abspielt, ist ebenso wie bei Ophioglossum unbekannt. Bei den leptosporangiaten Farnen finden wir normal, wie erwähnt, freie, nicht eingesenkte Antheridien; bei Doodya caudata kommen neben der gewöhnlichen Antheridiengestaltung auch eingesenkte vor, was aber schon als erstes Anzeichen der bei diesem Farn sich an alternden Prothallien findenden pathologischen Veränderung der Sexual- organe zu betrachten sein dürfte^). Der Bau der Antheridien ist im wesentlichen überall derselbe: eine einschichtige Wand umgiebt die Spermatozoidmutterzellen, die Öffnung findet in einer Zelle statt, die wir als Deckelzelle bezeichnen wollen, sie liegt meist auf dem Scheitel des Antheridiums (bei den Osmundaceen z, B. etwas seitlich von demselben). Die feineren Vorgänge des Öffnungs- mechanismus sind auch hier unbekannt, wir wissen nur, daß die Öffnung in zweierlei Weise erfolgen kann : entweder wird die Deckelzelle (wohl nach Sprengung der Cuticula) abgehoben oder sie wird durchbrochen und dadurch den Spermatozoen der Austritt ermöglicht. Ersteres ist der Fall bei den Hymenophylleen (soweit untersucht), den Osmundaceen, Cyathea- ceen (bei denen die Deckelzelle meist in zwei geteilt ist), Gleicheniaceen, und unter den Schizaeaceen bei Lygodium, bei den Polypodiaceen und Aneimia und Mohria^) dagegen reißt die Deckelzelle auf. Es ist also, soweit sich aus den bisherigen Untersuchungen entnehmen läßt, die Art des Öftnens innerhalb eines größeren Verwandtschaftskreises bei den Farnen konstant, mit Ausnahme der Schizaeaceen, unter denen aber M JON'KMAN, Die Geschlechtsgeneration der Marattiaceen. *) Filices horti botanici Lipsiensis, p. 119. ^) The gametoph^-te of Botrychinm virginianum University of Torento stiulies, biological. series, 1898, No. 1, p. 15. *) Tgl. Heim, Untersuchiingeu über Farnprothallien. Flora, Bd. 82, 1896, p. 333. Halb eingesenkt sind die randständigen Antheridien von Ceratopteris. ^) Es ist charakteristisch, daß auch der Zellenaufbau des Antheridiums der beiden letztgenannten Gattungen von dem von Lygodium abweicht, er stimmt bei der letzteren Gattung mit dem Polypodiaceentypus überein. 392 Specielle Orgaiiographie. Lygodium auch sonst, sowohl was seiue geschlechtliche als was seine ungeschlechtliche Generation anbelangt, eine Sonderstellung einnimmt. Die Entwicklungsgeschichte der Antheridien zeigt scheinbar ziemlich große Verschiedenheiten, namentlich zwischen den eingesenkten und den freien Antheridien. Indes ergiebt eine genauere Vergleichung, wie ich nachzuweisen versuchen möchte, daß dieser Unterschied doch weniger groß ist, als es zunächst scheinen könnte. Vor allem nehmen die Spermatozoid- mutterzellen stets in beiden Fällen aus einer Mutterzelle ihren Ursprung. Bei den eingesenkten Antheridien teilt sich die Antheridienmutterzelle durch eine Perikline in eine Außenzelle {d), welche die Wand, eine Innenzelle (Ji), welche die Spermatozoen liefert (Fig. 263 Vi). Nun kann bei Equisetum die Antheridienbilduug (die gewöhnlich an dem zu einem Zellkörper gewordenen sti±ZJ 1. ^ Fig. 263. Schema für die Antheridienentwicklung. M üljerall die Spcrmatozoidmuttcr- zelle. I Aneimia. II Polypodiaceeu. /// Osmundaeeen. IV — TT Equisetum. {IV für die Antheridienbilduug in einem Zellfaden , dessen Endzelle l)ei IV im Längsschnitt . bei V in Oberansicht gedacht ist, VI bei Entstehung des Antheridiums in einem Zellköi-per). (1 Deckzelle. Prothallium erfolgt) auch an Zellfäden resp. Zellflächen auftreten. Hier muß gewissermaßen erst ein Zellkörper hergestellt werden. Es teilt sich dazu eine Zelle hävifig in der Weise, die in Fig. 263 IV u. V schematisch dargestellt ist, d. h. es wird durch drei nach verschiedenen Richtungen ge- neigte Teilungswände eine Zelle von der Gestalt eines Kugeltetraeders herausgeschnitten, die nun erst eigentlich die Antheridienmutterzelle ist, sie teilt sich in die (in weitere Zellen zerfallende) Deckelzelle und die Spermatozoidmutterzelle. Die durch die Wände 1, 2, 3 nach außen ab- geschnittenen Zellen unterscheiden sich hier nicht wesentlich von anderen Prothalliumzellen, während die Deckelzellen das thun (schon durch ihr Verhalten beim Öffnen des Antheridiums). Wir werden die ersteren also nicht als zum Antheridium, sondern als zum Prothallium gehöris; be- I. Aichegouinteu. 393 trachten 1). Diese Teiluugen erinnern uns sehr an die bei der Anlage des Osmundaceen- Antheridiums stattfindenden (Fig. 264). Es treten hier mehrere, die Bildung eines Antheridienstieles einleitende Zellwände (die nach drei Richtungen des Raumes geneigt sind) auf (Fig. 263 III\, dann folgt eine kuppeiförmig gebogene Wand (4, 4 Fig. 263 7/), die eigentlich erst der ent- spricht, welche bei Marattia, Equisetum, Lj'copodium die Deckschicht vom Inhalt trennt, aus ihr wird auch durch weitere Teilungsschnitte wie bei JMarattia die Deckelzelle des Antheridiums herausgeschnitten. Bei den Poly- podiaceen bildet sich in der Antheridiummutterzelle zunächst eine trichter- förmige Wand (Fig. 263 77, 1 1), welche die Zelle in eine äußere und eine innere teilt, letztere ist — mit Equisetum verglichen — die eigentliche Antheridium- mutterzelle, die durch eine Perikline die Wandzelle abtrennt, in welcher die ringförmige Wand 3 3 die Deckelzelle abschneidet. Allerdings aber weicht der Lage des Antheridiums entsprechend, auch die die Anthe- ridiummutterzelle umgebende Ringzelle von den vegetativen Prothallium- zellen ab, sie hat sich der Funktion, dem Antheridium als Hülle zu dienen, angepaßt. Eigentlich nur eine weitere Vereinfachung ist es, wenn bei Aneimia (Fig. 263, I) zuerst eine kuppeiförmig gewölbte Wand 1 1 auftritt, der sich dann die ringförmige [2 2) ansetzt. Wenn wir eine Reihe konstruieren wollen, können wir also sagen : es ist Fig. 264. Antheridien von Osmimda (nach Heim), iu vei-schiedeuer Ansieht. Die Deckelzelle (Z>) liegt seitlieh, nur die Wandungszellen sind gezeichnet. ein primitiverer Charakter, wenn die Antheridien verhältnismäßig spät, wenn das Prothallium schon im Zellkörper ist, angelegt werden, in diesem Falle treten sie „eingesenkt" auf. Sollen sie früher, wenn erst ein Zellfaden oder eine Zellfläche vorhanden ist, entstehen, so tritt der „freie" Tj-pus ein (der dann auch bei den auf dem Zellenpolster stehenden Antheridien beibehalten wird). Dieser erfordert zunächst die Herstellung eines Zell- körpers, wobei Variationen in der Richtung der Wände auftreten iwie wir sie auch bei den Lebermoosen kennen gelernt haben). Diese scheinen inner- halb der natürlichen Gruppen konstant zu sein (ungenügend bekannt sind in dieser Beziehung die Hj-menophylleen;, aber im Grunde sind, wie soeben ^) Ich habe diese Auffassung schon früher vertreten, sie ist auf meine Yeranlassuus auch in der Arbeit Buchtiex's (s. u.) ausgesin-ochen. 394 Specielle Organograjihie. nachzuweisen versucht wurde, die Verschiedenheiten doch geringer, als sie auf den ersten Blick erscheinen, weil wir überall zunächst die Antheridium- mutterzellen zerteilt finden in Deckschichtmutterzelle und Spermatozoid- nmtterzelle; die Abkömmlinge der letzteren sind entweder alle (Equisetum) beim Öffnen des Antheridiums beteiligt oder nur eine. resp. bei einigen Fällen einige. Die Kenntnis der Entwicklungsgeschichte soll uns auch die Antheridien- bildung der heterosporen Pteridophyten verständlich machen. Die Antheridien der heterosporen Pteridophyten sind sowohl bei den Filicineen als den Lycopodinen eingesenkt. Ihr Bau stimmt mit dem der übrigen Pteridophj^ten durchaus überein, nur sind teilweise Vereinfachungen eingetreten, die mit der Reduktion des Prothalliums zusammenhängen dürften. Nachdem zuerst der Verf. i) für Isoetes darauf hingewiesen hatte, daß die von MiLLAEDET angegebenen zwei „sterilen Zellen" vielleicht als rudimentäre "Wand Schicht des Antheridiums betrachtet werden könnten, hat Belajeff durch eingehende Untersuchungen erst eine sichere Basis für die Deutung der einschlägigen Verhältnisse geschaffen -i. a ) M a r s i 1 i a c e e n. Diese seien zunächst besprochen, weil sie die am wenigsten reduzierten Verhältnisse zeigen. Die Mikrospore (Fig. 265, 1) zerfällt bei der Keimungzunächst in drei Prothalliumzellen, A, B, C, von der obersten wird die Zelle D abgeschnitten. D i^nd A bleiben steril (von letzterer wird später die kleine linsenförmige Zelle i?Fig. 26.5 ///abgeschnitten, die Belajeff als rudimentäres Phizoid betrachtet). In den Zellen B und C wird durch die Fig. 265 (nach Belajeff). /- — III Marsilia. IV Isoetes, ilalinoaiiiana. Gekeiinte Mikro- sporen stark vergr. Bei / besteht das Prothallium aus 4 Zellen, welche durch die Wände i, 1, 2, 2, S, S, vou einander getrennt sind. Bei // sind durch die Wände 5 iind 6 die Antheridiummutterzellen {M) abgetrennt. Bei III ist die Antheridiummutterzelle geteilt in Deckzelle <.D) und einen mehrzelligen inneren Sjiermatozoidenmutterzellenkomplex. R Ehi- zoidzelle. In IV Deckzelle des Antheridiums. in Fig. 265 // mit 5 und 6 bezeichneten Wände die Antheridiummutterzelle M herausgeschnitten, die sich dann ganz ebenso wie bei den Marattiaeeen,. Equisetum etc. in eine Deckzelle {D Fig. 265 ///) und die Spermatozoid- mutterzelle teilt, erstere bleibt einfach, letztere erzeugt 16 Spermatozoen. Mit anderen Worten : Wir haben ein aus sechs ..sterilen" Zellen bestehendes ^) Vergl. Entwickhmgsgesehichte p. 426, Anm. 2. (In: Schenk. Handbuch der Bo- tanik III, 1.) *) Vergl. Belajeff, Über die männlichen Prothallien der Wasserfarne (Hydropteiüdes). Bot. Zeit. 1898, Heft IX/X. Daselbst ist ist auch die Litteratur angeführt. I. Archcgoniaten. 395 Prothallium, welchem zwei Antheridien eingesenkt sind ; bemerkenswert ist, daß das ganze Prothallium dorsiventral gebaut ist, die Antheridien stehen nach einer Seite hin. b) Isoetes [Pig. 265 JV^)] besitzt nur ein Antheridium. In den Mikro- spuren wird zunächst durch die Wand 1, 1 eine kleine Zelle (R) abgetrennt. Der größere Teil des Innenraumes wird durch zwei schief gegen die Längsachse der Spore geneigte Wände geteilt in zwei flache Zellen und eine im optischen Längs- schnitt dreieckige. Diese allein betrachte ich als die Antheridienmutterzelle 2), sie teilt sich durch eine perikline Wand in eine äußere, die Deckzelle D, und eine innere, aus welcher durch Teilung die vier Spermatozoidmutterzellen ent- stehen. Wir hätten also ein Prothallium, bestehend aus drei sterilen Zellen und einem Antheridium, und meine Deutung weicht nunmehr von der von mir ursprünglich als möglich proponierten, von Bela.jeff u. a. — welche meine kurze Bemerkung wohl übersehen haben — acceptierten ab, indem ich nicht alle sterilen Zellen (außer i?j, sondern nur eine derselben als der Antheridienwand angehörig betrachte. Die Gründe dafür ergeben sich atis der oben dargelegten vergleichenden Entwicklungsgeschichte der Antheridien, außerdem stimmen bei meiner Auffassung die Verhältnisse bei allen hetero- sporen Formen miteinander überein. Daß hier wie bei Marsilia u. a. alle sterilen Zellen (von R abgesehen) sich (offenbar durch Schleimbildung) an der Sprengung des Exospors beteiligen, kann nicht als Grund für ihre Deutung als W^andzellen angeführt werden. Denn hier handelt es sich um eine Anpassung an r a s c h e K e i m u n g i n n e r h a 1 b d e s E n d o s p o r s , welche bedingt, daß den sterilen Prothalliumzellen ganz andere iVufgaben zufallen, als sonst. c ) Selaginella. Auch hier wird nur ein Antheridium gebildet, und es entsteht znnächst eine kleine sterile Zelle {p Fig. 266 1, die von den Autoren als ein- zige Prothalliumzelle betrachtet wird. Meiner Ansicht nach sind aber die in Pig. 266 A und D mit w bezeichneten Zellen Prothalliumzellen, mit Aus- nahme der nach rechts (etwa in der Mitte) liegenden, welche die Antheridien- wandung, den „Deckel" vorstellt. Mutatis mutandis ist dann eine ziemlich große Übereinstimmung auch mit den Marsiliaceen erreicht, eine Überein- stimmung, die wesentlich auf einer Analogie der ganzen Verhältnisse be- ruhen dürfte, unter denen die Sporenkeimung erfolgt. d) Sal viniac een. Hier sei nur Salvinia erwähnt, bei welcher die Rückbildung am weitesten geht, weil es nicht mehr zur Ausbildung einer Deckschicht kommt. Die Mikrospore teilt sich zunächst in die drei Pro- thalliumzellen 7, 77, 777 Pig 267, von 7 gliedert sich die kleine Zelle ^y ab, 77 und 777 erzeugen je ein Antheridium. Sie zerfallen durch zwei Anti- klinen in die beiden sterilen Zellen h und c, d itnd e Pig. 267 B und die Antheridienzelle, aus der lediglich je zwei Spermatozoidmutterzellen hervor- gehen. Die Dorsiventralität des Prothalliums tritt auch hier deutlich her- vor. Die steril bleibenden (meiner Ansicht nach mit Unrecht als Wand- ^) Belajeff, Antheridien und Spenuatozoiden der heterosporen Lycopodinen. Bot. Zeitung, 1883. -) Nach Belajeff teilt sie sich zunächst durch eine Antikline (welche in Fig. D nicht sichtbar ist, weil sie in die Ebene des Papiers fällt) in zwei Zellen, von denen dann erst durch die Wand 4 die beiden Deckelzellen abgeschnitten werden. Dies würde eine Abweichung von der Entwicklung aller anderen Pteridophytenantheridien darstellen (außer Selaginella, wo nach Belajeff derselbe Vorgang sich findet). :Man könnte die Übereinstimmung retten durch die freilich etwas gezM-ungene Annahme, daß zwei Antlieridienmutterzellen unmittelbar nebeneinander liegen ; übrigens würde eine später als sonst eintretende Trennung von Wand und Inhalt ein primitiveres Verhalten darstellen. 396 Specielle Orgnnographie. Zellen bezeichneten) Zellen b, c, d, e beteiligen sich in keiner Weise an der Öifnung des Antheridiums, es ist ja auch klar, daß bei so kleinen Anthe- ridien auch der Oflnungsmechanismus ein sehr einfacher sein kann. Man könnte versucht sein, diese einfache Struktur als eine nicht reduzierte, son- dern primitive (rudimentäre) zu betrachten, da sie übereinstimmt etwa mit der der Antheridien von Algen wie Oedogonium. Allein allgemeine Er- wägungen über die Reduktion der Prothallien, sowie der Vergleich mit der (wenn auch nicht gerade sehr nahe) verwandten Azolla, deren (nur in Einzahl vorhandenes) Antheridium einen Deckel besitzt, lassen die Annahme einer Reduktion als die näher liegende erscheinen, zu beweisen ist sie natürlich ebensowenig wie die erstere. Fig. 266. A—E Selagiuella stolonifem. Vergr. 640. Keimung der Mikrosporen, suceessive Stadien, j) Pro- thalliinnzelle, s spermatogene Zellen. .1, B, D von der Seite, C vom Rücken. In E die sterilen Zellen aufge- löst. F Sei. cuspidata, Spermatozoideu. Vergr. 780. (Nach Belajeff.) (Lehr)>.) Fig. 267. Salvinia natnns. Männ- liche Prothallien. A Teilung der Mikrosporen in 3 Zellen / — III. Vergr. 860. B fertiges Prothallium von der Flanke. C von der Bauch- seite. Vergr. 640. Zelle I hat sich in die Prothalliumzellen a und p geteilt, Zelle // in die sterilen Zellen h, c und die beiden sper- matogeneu Zellen s^, von denen jede 2 Spermatiizoidmutterzellen bildet. Zelle III in die sterilen d, e und die beiden spermatogenen Zellen s.,. Die Zellen s, s, und s., s, stellen 2 Antheridien vor. (Nach Bela- jeff.) (Lehrb.) b) Archegonium, Daß der Bau der Archeiuonien im großen und ganzen bei den Pteridophyten mit demjenigen der Bryophyten übereinstimmt, liegt schon im Namen „Archegoniaten" ausgedrückt. Es sind die Archegonien der Pteridoithyten mit ihrem Bauchteil dem Prothalliumgewebe eingesenkt; bei Marattia und einigen heterosporen Formen (Isoetes, Selagiuella) tritt auch der Halsteil nur wenig hervor, er nähert sich darin dem Verhalten des Archegoniums der Anthoceroteen und der Gymnospermen. Dieser Halsteil besteht, soweit bekannt, tiberall ursprünglich aus 4 Zellreihen, er umschließt die Halskanalzellen, in denen der beim Öffnen des Arche- goniums austretende Schleim gebildet wird. Bei den Bryophyten ist stets eine Reihe von Halskanalzellen vorhanden, wir werden deshalb geneigt sein, diejenigen Pteridopliyten-Archegonien als die i)rimitiveren zu bezeichnen, welche gleichfalls eine Reihe von Halskanalzellen liesitzen. Dies ist der Fall bei einigen Lyco])odiuin-Aiten, Lycojjod. clavatum und annotinum haben 6 — 10 (zuweilen namentlich die letztere Art auch mehr) I. Archegoniaton. m Halskanalzellen ^), Lyc. Phlegmaria nach Treub :]— ö. Schon innerhalb der Lycopodinen kann aber die Zahl rednziert werden auf eine (so bei L. cernunni und L. inundatum), vielleicht tritt hier noch eine Kern- teilung ein, die aber nicht von einer Scheidewandbildung gefolgt wird. So ist es wenigstens bei den übrigen Pteri(lo]»hyten, die nur eine Kanal- zelle besitzen, Marattiaceen , Botrychiuni, E([uisetum. den Farnen; da gelegentlich bei Marattiaceen, Osniiinda, Equisetuni auch das Auftreten einer Scheidewand beobachtet wird, so unterstützt dies die Annahme, daß eine Reduktion hier eingetreten sei, noch mehr; diese Reduktion geht bei den heterosporen Formen noch weiter. Bei den Marsiliaceen ist die Halskanalzelle äußerst klein, und eine Kernteilung unterbleibt demgemäß, ebenso ist es. wie es scheint, bei Selaginella. Bei Isoetes, das eine breite Halskanalzelle hat, teilt sich — wenigstens zuweilen — der Kern derselben in der Querrichtung. Diese Reduktion der Hals- kanalzellenbildung ist insofern von Interesse, als die Gymnospermen- Archegonien es zur Bildung von Halskanalzellen überhaupt nicht mehr bringen. Ebensowenig wie bei den Antheridien sind wir bei den Archegonien der Pteridophyten über den Öftnungsmechanismus unterrichtet. Zweifellos erscheint mir, daß der Archegonienhals an seiner Spitze nicht — wie gewöhnlich angenommen wird — passiv gesprengt wird, sondern durch eine aktive Öffnungsbewegung der an der Spitze liegenden Zellen sich öffnet. Dies ist besonders auffallend bei Equisetuni, wo an der Spitze vier lange, große, durch ihren hyalinen (vielleicht schleimhaltigen) Inhalt auffallende Zellen liegen, zwischen welche die Halskanalzelle nicht ein- gedrungen ist. Diese Zellen biegen sich dann ankerförmig nach außen, sie erfahren also (abgesehen davon, daß sie unten mit den anderen Hals- zellen vereinigt bleiben) eine ähnliche Gestaltveränderung, wie ich sie für die Wandzellen dieser Lebermoosantheridien (vergl. Fig. 135 5) beschrieben habe, und sie sich — wenngleich weniger auffallend — auch bei den Deckelzellen der Equisetumantheridien selbst findet. Auch bei Selaginella spinulosa-) findet eine starke Auswärtskrümmung der vier obersten Halszellen statt, bei den leptosporangiaten Farnen beteiligen sich offenbar auch tiefer gelegene Zellen an der Öffnungsbewegung. Die Entwicklung der Archegonien der Pteridophyten (Fig. 266) verläuft in den bekannten Fällen überall im wesentlichen übereinstimmend. Es teilt sich eine Oberflächen- zelle zunächst durch eine Quer- wand in eine obere (1) und eine untere (2). Erstere zer- fällt durch Kreuzteilung in 4 Zellen, die sich weiter teilen, sie wölben sich meist als Hals hervor, bei Marattia nur sehr wenig. Bei Selaginella fFig. 268 III), deren Hals auch nur wenig hervortritt , treff'en die Teilungswände ebenfalls nicht die freie Oberfläche, der Archegoniumhals erscheint mehrschichtig, was wegen des später zu erwähnenden Verhaltens mancher Coniferenarchegonien be- ^ Fig. 268. Schema für den Arehegonienentwicklung (Längsschnitt). I und // leptosporangiate Farne {h Hals, k Halskanalzelle, c Centralzelle, b Basal- zelle). /// Selaginela spinulosa. ') BRrcHMAXX a. a. O. *) Vergl. Bri'CHMAXX, ydas spinulosa, Taf. IH, Fig. 49. 398 Specielle Organographie. merkenswert ist. Die untere Zelle teilt sich in zwei, die Halskanalzelle (die durch weitere Teilungen, wie oben erwähnt, Tochterzellen liefern kann, oder diese nur andeutet) und die Centralzelle, welche nach Abtrennung der ,. Bauchkanalzelle" die Eizelle liefert. Bei den Marattiaceen ist der eingesenkte Teil von tafelförmigen „Deckzellen" umgeben, bei anderen ist nur die unten an die Eizelle angrenzende Zelle durch ihre Gestalt als ,.Basalzelle'" ausgezeichnet, es ist anzunehmen, daß diese ebenso — wenn- gleich nicht so ausgesprochen — wie die „Deckzellen" der Gymnospermen- archegonien die Aufgabe haben, die Ernährung der Eizelle zu vermitteln. Die Einzelheiten in den Zellteilungsverhältnissen der Halses sollen hier, wie bei den Bryophyten unberücksichtigt bleiben. Dagegen erübrigt eine c) Vergleichung der Antheridien- iiiul Archegonienentwicklung der Pteridophyteu unter sich, sowie mit deu entsprechenden Vorgängen bei den Bryoi)hyten. 1) Vergleich der Archegonienentwicklung mit der An- theridien e n t w i c k 1 u n g. Wenn wir die Entwicklung der eingesenkten Antheridien vergleichen mit der der Archegonien. so ergiebt sich, wie ich schon vor Jahren hervorgehoben habe^). eine ziemlich weitgehende Übereinstimmung, von der wir freilich nicht wissen, wie weit sie eine ursprüngliche oder nur zufällige ist. Sowohl beim jungen Antheridium, als beim Archegonium wird durch eine perikline Teilungswand AVandschicht und Inhalt ge- sondert, die Hals Zellen des Archegoniums entsprechen der stark h e r V 0 r g e w a c h s e n e n W a n d s c h i c h t des A n t h e r i d i u m s. Bei den „freien" Antheridien fällt die Analogie allerdings scheinbar weg, aber sie läßt sich doch noch einigermaßen verfolgen, so z. B. bei Os- munda. wo durch die Wand 4, 4 (Fig. 265 III) Innen- und Außenzelle ge- trennt werden, dieser entspricht in Fig. 2(33 II die Wand II. in Fig. 2(33 / die Wand I, deren Krümmungsverhältnisse durch die Gestalt der Mutter- zelle bedingt sind. 2) "\^ e r g 1 e i c h der Antheridien u n d Archegonien der P t e r i d 0 }) h y t e n m i t denen der B r }' o p h }' t e n. Ein solcher Vergleich muß für die Frage nach dem Zusammenhang der beiden Reihenkomplexe wichtig sein, aus den Gründen, auf welche schon früher (p. 23(3) hingewiesen wurde. Man hat dabei vielfach die Anthoceroteen herangezogen, als deren bekanntester und verbreitetster Vertreter die Gattung Anthoceros zu betrachten ist. Der arme Anthoceros, wozu hat er nicht alles herhalten müssen ! Gewiß steht er wie ein Fremdling unter seinen Genossen: die Zellstruktur i Chlorophyll- körper mit Pyrenoid i, der anatomische Bau ( Schleimhöhlen und Schleimspalten), die Entstehung der Sexualorgane, Bau und Wachstum des Sporogons zeigen Abweichungen gegenüber den anderen Lebermoosen. Aber eine genaue Be- trachtung läßt eine Übereinstimmung mit Eigenschaften, wie sie bei Pterido- phyteu sich finden, nicht hervortreten. Die Antheridien sind im fertigen Zustand ebenso gebaut wie die anderer Lebermoose, sie haben eine Wand- schicht, Stiel etc., und ihr Zellenaufbau ist einer, wie er auch sonst bei Leber- moosen vorkommt, aber bei keiner zu den Pteridophyteu g e - kö r i g e n. P f 1 a n z e bekannt ist. Die ganze Antheridiengruppe mit einem ^) Vergleichende Entwiekluugsgesehichte der Pflaiizeuorgaue, p. 425 und 42G. I. Aichcgoniiiten. 399 einzigen Antheridium anderer Lebermoose oder eines Farn gleichsetzen zu ■wollen, weil sie aus einer Zelle hervorgeht, halte ich für eine lediglich formale d. h. nur äußerliche Vergieichung — was kann man in letzter Instanz nicht alles auf eine Zelle zurückführen ! Die endogene Entstehung aber ist offenbar eine sekundäre Erscheinung d. h. auf die sonst häutig vor- kommende Versenkung in Gruben zurückzuführen. Daß diese anfangs ge- schlossen sind, findet sein Analogen z. B. in der Entstehung der Luft- kammern von Marchantia, die nicht, wie sie eigentlich sollten und z. B. die von Fegatella auch thun, als Einsenkungen der Oberfläche entstehen, sondern als von Anfang an nach außen geschlossene Hohlräume. Wenn Campbell la. a. 0. p. 298) versucht, zwischen einem Marattia-Antheridium und einem eingesenkten Antheridium von Anthoceros ( das von einer doppelten Zellschicht nach außen überdeckt ist), dadurch eine Analogie zu finden, daß er sich bei dem ersteren die Wandschicht und den Stiel wegdenkt, so scheint mir das nur in dem Wunsche, zwischen Bryophyten und Pterido- phyteu Anknüpfungspunkte zu finden, nicht aber in thatsächlichen Ver- hältnissen begründet zu sein ^ ). Auch die Archegonentwickelung von Anthoceros weicht von derjenigen der Pteridophyten ab. Erinnern wir uns, daß die Archegonien bei allen Bryophyten ursprünglich gleich angelegt werden: die Mutterzelle teilt sich durch drei Längswände in eine innere und drei äußere Zellen (die sich weiter durch Längswände teilen können (Fig. 137). Auch Anthoceros zeigt dasselbe Verhalten, nur daß hier die Mutterzelle des Archegons nicht hervorragt, sondei-n eingesenkt bleibt und die Halskanalmutterzelle von der Deckelzelle (d Fig. 137) abgeschnitten wird. Kein Pteridophytenarche- gonium zeigt eine derartige Entwickelung -)^ selbst wenn wir annehmen, daß die Halszellen des Pteridophytenarchegoniums nicht den Halszellen des Muscineenarchegoniums, sondern nur den Deckelzellen (d Fig. 137) der- selben entsprechen (die dann eine starke Weiterentwicklung erfahren hätten), würde gerade Anthoceros sich betreffs der Archegonenentwicklung (durch die Entstehung der Halskanalzelle) mehr von derjenigen der Pterido- phyten entfernen, als andere Lebermoose. Und die Thatsache, das trotz der Einsenkung der Archegonien bei Anthoceros die Entwicklung derselben nicht mit der der Farne, sondern mit der der übrigen Lebermoose überein- stimmt, weist ebenso wie die Antheridienentwickluug darauf hin, daß wir es eher mit einem abgeleiteten Typus zu thun haben, jedenfalls aber mit einem, der zu den Pteridophyten keine näheren Beziehungen zeigt. Mit der Gevatterschaft von Anthoceros zu den Pteridophyten ist es also, was die Sexualorgane anbetrifft, übel bestellt. ') Schon Waldxer (Die Eutwickluus des Antheridiums von Anthoceros (Sitzuugsber. der Wiener Akademie Bd. 75, 1887) sagt mit Recht, die Differenzierung einer so vollkommen individualisierten "Wandschicht bei den Antheridien von Anthoceros und in gewissem Sinne auch bei den Archegonien, und der Umstand, daß die Bildung dieser Hüllschichten voll- kommen der der übrigen Lebermoose gleicht, läßt wohl die Annahme als wahrscheinlich er- scheinen, daß die Versenkung der Archegonien und die endogene Entstehung der Antheridien abgeleitete Vorgänge sind. -) Die einzigen Fälle, die man anführen könnte, sind derzeit wohl die Archegonien von Isoetes und Marsilia. Allein es fehlt liier der Nachweis einer konstant auftretenden, mit der der Bryophyten übereinstimmenden Zellenauordnung bei der Archegonienentstehung. Die Archegonienmutterzelleu werden hier aus einzelnen großen Prothallienzellen heraus- geschnitten, was mit der frühen Entstehung zusammenhängt. Der Vorgang ist vielmehr zu vergleichen mit dem. der eintritt, wenn bei Equisetum schon an Zellfäden Antheridien an- gelegt werden (vgl. j). 392). 400 Specielle Organographie. Das Resultat unserer Vergleichung ist also: der Bau der Sexual- organe ist innerhalb der Pteridophyten ein systematisches Merkmal von großer Bedeutung. Es ist, soweit wir übersehen können, der Bau der Archegonien ein viel gleichmäßigerer als der der Antheridien, bei den ersteren ist es wesentlich die Zahl der Halskanalzellen, die (von 10 und mehr bis 1) schwankt, wobei die Vielzahl wohl als ein ursprüng- licheres Verhältnis angesehen werden kann. Bei den Antheridien er- scheint der eingesenkte Typus als der i)rimitivere. für die Bildung „freier'' Antheridien läßt sich bei Equisetum einigermaßen ein für die ver- gleichende Betrachtung zu verwertender Vorgang finden. Die Zahl der Spermatozoen scheint bei den eingesenkten Antheridien größer zu sein als bei den freien, die aber wohl in größerer Zahl auftreten. Der Bau der Sexualorgane stimmt bei Bryophyten und Pteridophyten zwar in den Grundzttgen überein , zeigt aber betreffs der Entwicklung und des feineren Aufbaues doch solche Verschiedenheiten , daß hier offenbar, phylogenetisch gesprochen, zw^ei Reihenkomplexe vorliegen, von denen nicht der ..höhere'' vom niederen aljgeleitet wei'den darf, sondern die schon sehr frühzeitig von einfachen einander ähnlichen Urformen ent- springend getrennte Bahnen eingeschlagen haben. Zu demselben Resul- tate werden uns auch andere Erwägungen führen. d) Abnorme Geschlechtsorgane. Zum Schlüsse dieses Kapitels sei noch das Auftreten abnormer Geschlechtsorgane erwähnt, welches aus verschiedenen Gründen von Interesse ist. Bei alternden Prothallien von Hemionitis palmata und Lygo- dium japonicum fand ich^) häufig eine ,,Vergrünung" des Halsteiles eintreten (Fig. 269). Während sonst an unbefruchtet gebliebenen Archegonien der Halsteil abstirbt, war hier in ihm in zahlreichen Fällen Chloro[)hyll auf- getreten und die Zellen wuchsen zu „Adventivsprossen" aus, (die meist sofort Antheridien l)ildeten, vgl. Fig. 269), wurden also zur vegetativen Fig. 269. Hemionitis palmata, ..vergrünte" Archegonien (reclits) im Längsschnitt, A An- theridium ; Z'Halskanal, links im Querschnitt, drei Antheridien verschiedenen Alters sichtbar. Vermehrung verwendet. Wir können dieses Verhalten als eine Alters- erscheinung betrachten : bei jungen kräftigen Prothallien zieht das Meris- tem alle Baumaterialien an sich und verteilt dieselben gewissermaßen auf die einzelnen Organanlagen, bei älteren ist das Meristem abgeschwächt. ') über Jngendformen von Pflanzen u. s. w. Sitzuncrsber. der Kgl. bavr. Akad., math.-phys. KL, 1896, p. 475. I. Archegoniateu. 401 die Arbeitsteilung der Zellen eine weniger gebundene, auch Zellen, die sonst andere Funktion haben, können jetzt vegetativen Charakter an- nehmen. Auch sonst treten an alternden Prothallien abnorme Sexualorgane auf: Hofmeister 1) erwähnt z. B. einen Fall von Asplenium septen- trionale, wo der Halsteil dem Prothallium ganz eingesenkt war. Besonders wichtig erscheint mir der Nachweis, daß abnorme Sexual- organe sich bei manchen Prothallien vorfinden, die apogame Sprossung aufweisen. Denn es ist die Annahme eine sehr naheliegende, daß die beiden Erscheinungen in ursächlichem Zusammenhang stehen, daß die apogame Bildung neuer Pflanzen erfolgt, im Zusammenhang damit, daß die Sexualorgane funktionsunfähig geworden sind. Dies braucht sich nicht immer äußerlich als Mißbildung derselben zu zeigen, es kann ein scheinbar normal aussehendes Archegonium trotzdem funktionsunfähig sein, aber das andere Verhalten ist natürlich das auffallendere. Heim hat in seiner obenerwähnten Arbeit gezeigt, daß die Prothallien von Doodya caudata zunächst normale Sexualorgane hervorbringen, daß ferner auch sexuell erzeugte Embryonen auftreten können. Unter- bleibt deren Bildung, so tritt ..Apogamie'' ein, und es treten die mannigfaltigsten Mißbildungen der Sexualorgane auf (zwischen denen auch normale Antheridien sich bilden können). Auch bei anderen apo- gamen Prothallien linden sich abnorme Archegonien, so bei Aspidium falcatum. Es linden sich hier z. B. statt vier nur drei Halszellen, die Halskanalzelle zerfällt in vier Teilstücke, die Archegonien öffnen sich nicht etc. Bei Osmunda erfahren die Halszellen des sich nicht öffnenden Archegoniums zuweilen perikline Spaltungen, es bildet sich ein Höcker, der das Archegonium umschließt. Alles Erscheinungen, die, wie mir scheint, auf eine Störung hindeuten, deren Folge dann auch das un- geschlechtliche Auftreten neuer Pflanzen am Prothallium ist. Indes wird auf das Verhalten apogamer Prothallien unten kurz zurückzu- kommen sein, zunächst sind die Gestaltungsverhältnisse der Prothallien zu schildern. § 2. Die Gestaltung der Prothallien. Wie dies schon im Namen liegt, geht die Geschlechtsgeneration der Pteridophyten über die Gestalt eines Thallus nicht hinaus. Auch wo, wie bei den Prothallien mancher Lycopodium- und der Equisetum- Prothallien, am Prothallium sich Lappen befinden, welche sich ihrer physio- logischen Leistung nach einigermaßen mit den Blättern von Lebermoosen vergleichen ließen, werden wir sie doch nicht als solche bezeichnen können , da ihnen weder eine bestimmte Gestalt noch ein bestimmter Entstehungsort eigen ist. Unter den Farnen könnte man nur in der Lappenbildung bei alten Osmundaprothallien -) eine entfernte Annäherung an die Blattbildung finden; von sonstigen Anhangsgebilden sind ..Haare'' verschiedener Art, ferner in einigen Fällen „Paraphysen" bei den Sexual- organen bekannt, wie solche auch bei thallosen Lebermoosen vorkommen. Die Bewurzelung der Prothallien entspricht gleichfalls der Haupt- sache nach derjenigen der Lebermoose, d. h. es sind einzellige Rhizoklen vorhanden. Freilich ist das nicht ausnahmslos der Fall. Für alte ^) Vergleichende Untersuchungen, p. 83 u. 84. -) Vergl. Bot. Zeitung 1877, p. 705. Goebel, Organographie der Pflanzen. ^7 ^Q2 Siiecielle Orgauographie. Cyatlieaceenprothallien gab Bauke mehrzellige (durch Querwände ge- teilte) Rhizoiden an, allgemein vorhanden sind sie bei Danaea ^), ver- mutlich werden sie auch sonst sich finden, docli ist wohl das Verhalten als ein aus der Einzelligkeit abgeleitetes zu betrachten, jedenfalls gleichen auch derartige Rhizoiden nur wenig denen der Laubmoose, die meist schief gestellte Wände haben (vergl. p. ;340ft".). Bei den männlichen Prothallien der heterosporen Formen unterbleibt die Rhizoidenbildung (betr. der als Andeutung derselben vielleicht aufzufassenden Zelle, vergl. p. 394) auch bei den weiblichen Prothallien von Salvinia und Azolla fehlen die Rhizoiden. Da die Makrosporen hier im Wasser schwimmend keimen, also eine Befestigung an dem Substrat nicht stattfindet, ferner die Pro- thallienentwicklung offenbar fast ausschließlich auf Kosten der in der Makrosporen aufgehäuften Reservestoffe erfolgt, so ist leicht verständlich, daß Rhizoiden hier entbehrlich sind, auch bei Marsilia und Pilularia entstehen sie verhältnismäßig spät und dienen wohl hauptsächlich zur vorläufigen Befestigung, welche der Wurzel der Keimpflanze das Ein- dringen in den Boden erleichtert. Bei Isoetes kommen an den w^eiblichen Prothallien zwar Rhizoiden vor, sie scheinen aber, wenigstens bei den bis jetzt untersuchten Wasser-Isoeten nur in seltenen Fällen aufzutreten. Wir sehen hier schon Zeichen von Rückbildungen, die am Prothallium auftreten, auf diese wird noch näher einzugehen sein. Zunächst sei die Frage nach der Lebensdauer der Prothallien kurz erörtert, weil damit auch die Bauverhältnisse zusammenhängen. Unter den Lebermoosen finden sich nur wenige, die man als einmal fruchtend (monokarpisch) bezeichnen kann. Dahin gehört z. B. Sphaerocarpus terrestris. Hier zeigt der Thallus, seiner kurzen Lebensdauer entsprechend, eine sehr einfache Gestaltung. Bei der Geschlechtsgeneration der Pteridophyten aber ist es das allgemeine Verhalten, daß sie nach Hervorbringung eines Embryo abstirbt: sie wird, wie früher angegeben, von diesen ausgesogen. Eine Ausnahme, d. h. wiederholte Embryobildung, findet sich vielleicht bei älteren, bandförmigen Prothallien von Osmunda-). Es wird gezeigt werden, daß die Embryobildung bei manchen Farnprothallien in so frühem Entwicklungsstadium eintreten kann . daß Gestaltungsverhältnisse . zu denen sie befähigt sind, ,,latent" bleiben, ähnlich etwa wie an verzwergten, unter ungünstigen Ernährungsverhältnissen erwachsenen Samenpflanzen nicht alle die Blattformen zur Ausbildung gelangen, die eine „normale" Pflanze, ehe sie zur Blüte gelangt, hervorbringt. Unbefruclitet gebliebene Prothallien können oft lange fortwachsen, al)er auch hier treten schließlich Alterserscheinungen ein, die sich teils in abnormer Gestaltung, teils im Auftreten von Adventivsprossen zeigen (vergl. Fig. 20, p. 42 und die unten anzuführenden Thatsachen). Vielleicht würde es aber gelingen, Farnprothallien von unbegrenzter Entwicklungsdauer zu ziehen, wenn man sie unter Bedingungen kultiviert, welche zwar vegetatives Wachstum, nicht aber die Bildung der Sexualorgane gestatten. Daß außer der Ver- mehrung durch Adventivsprossungen manche Prothallien es zur Bildung von Brutknospen gebracht haben, wird bei der Einzelschilderung dar- zulegen sein , der Vorgang hat sich in mehreren Reihen unabhängig wiederholt. Bei den heterosporen Formen ist die ganze, kurzbegrenzte Ent- wicklung der Prothallien schon von vornherein bestimmt. Sie spielt ^) Bkebner, Oll the i^rothallus and embiyo of Danaea simplicifolia, Auuals of botany, Bd. X, p. 109. *) GOEBEL, Bot. Zeitung 1877, p. 700. I. Archegoni;i1en. 403 sich oft iiinerhall) weniger Stunden ab. die männlichen Prothallien sind Ton vornherein einer vegetativen Entwickhing unfähig, aber auch die weibhchen nehmen , trotz der ihnen in . den Makrosporen zur Ver- fügung stehenden Reservestotfe, nur schwache Anläufe zu einer Weiter- entwicklung, wenn sie unl)efruchtet bleiben : selbst die chlorophyllhaltigen Prothallien der Salviniaceen und Marsiliaceen gehen l)ald zu (irunde. Sie sind nach unseren bisherigen Erfahrungen — um mit den alten Theologen zu reden — „prädestiniert", ihr Loos ist ein für allemal bestimmt. Dadurch, daß hier Makro- und Mikrospuren mit einander ausgesät werden, ist es möglich, direkt auf das „Ziel" der Embryobildung, für welche den Makrosporen ja schon die nötigen Nährstoffe mitgegeben sind , loszusteuern. Die isosporen Pteridophyten dagegen müssen ihre Prothallien erst langsam heranreifen, und die Stoffe, die sie zur Embryo- bildung l)rauchen, erst durch eigene Arl>eit erwerben lassen. Wie unab- hängig die Prothallien heterosporer Formen von äußeren Faktoren sind, zeigt auch die Thatsache, daß die Keimung der Sporen von Salvinia und Marsilia. die Entwicklung der Prothallien und die Befruchtung sowie die Ausbildung des Embryo auch l)ei Lichtabschluß erfolgt. Bei den isosporen Formen dagegen ist das Licht (abgesehen von einigen mit chlorophyll- führenden Sporen) schon eine Bedingung für die Keimung und die Prothal- lien werden von ihm betreffs ihrer Gestaltung und Ernährung tiefgreifend beeinflußt. Demzufolge sind diese Prothallien plastisch, sie können sich den äußeren Verhältnissen anpassen. Allerdings in verschiedenem Grade. Am meisten plastisch sind die Farnprothallien. wie ja auch die Farne und zwar die leptosi)orangiaten, jetzt, was Zahl der Formen und Verbreitung anbelangt, an der Spitze der Pteridophyten marschieren ; recht wenig plastisch sind die Prothallien mancher Lycopodien, deren Verhalten uns den Eindruck einer alten, den „Anforderungen der Neuzeit" nicht mehr recht ge- wachsenen Familie macht, auch die Equisetenprothallien unterliegen in der freien Natur leicht Feinden. Dem entspricht auch die Bedeutung der Geschlechtsgeneration für die Erhaltung: sie ist bei den Farnen am größten, man findet hier in Menge Prothallien und Keimpflanzen, einige Formen (Anogramme chaerophylla und A. leptophylla, Salvinia natans, ferner manche Baumfarne u. a.) sind ausschließlich auf die geschlechtliche Vermehrung angewiesen. Equiseten und Lycopodien haben langlebige, mit vegetativer Vermehrung ausgerüstete Sporophyten, auf die geschlechtliche Fortpflanzung wird zwar mehr, als man früher glaubte, zurückgegriffen, aber verhältnismäßig doch sehr wenig, diese Formen würden vom Erdboden nicht verschwinden, auch wenn ihre Geschlechtsgeneration ganz wegfiele. Symmetrie Verhältnisse. Mit den Lebermoosen stimmen die Prothallien auch darin überein, daß radiäre Ausbildung nur selten vor- kommt, so bei Lycopodium, Ophioglossum pedunculosum, den Archegonio- phoren einiger Trichomanes-Arten. Die Prothallien der Farne und Equiseten sind ausgesprochen dorsiventral. Auf die Beziehungen der Dorsiventralität der Farnprothallien zum Lichte wurde schon früher hingewiesen (p. 19(3), indes finden wir dorsiventrale Ausbildung auch in Fällen, wo an eine Lichtwirkung nicht zu denken ist. So bei den Mikroprothallien von Salvinia, Isoetes, Marsilia etc., ferner den unterirdischen Prothallien von Botrychium virginianum. Es ist ganz unbekannt, ob es sich hier um eine „Vererbung" von ursprünglich chlorophyllhaltigen Prothallien her handelt oder um nur durch „innere L'rsachen" veranlaßte Vorgänge. Es sei nun zunächst die Prothallienbildung für die einzelneu Gruppen kurz geschildert, um darnach zu erörtern, inwiefern zwischen ihnen Be- 404 Specielle Organographie. Ziehungen sich auffinden oder konstruieren lassen. Wir beginnen dabei mit den Lycopodiaceen, weil hier die Sexualorgane nach dem oben Dargelegten einen ' verhältnismäßig primitiven Aufbau zeigen, und es deshalb nahe- liegend erscheint, mit ihnen auch die Schilderung der Prothallienbildung zu beginnen. "^^ a) Geschlechtsgeneration der Lycopodien i). 1) Lycopodium. Die früher unbekannte Prothallienbildung dieser Gattung 'ist durch Fankhauser, Bruchmann, Treue und den VerL bei einer Anzahl von Arten bekannt geworden. Es zeigte sich dabei, daß die ProthaUien teils chlorophyllhaltig, teils chlorophylllos sind, im letzteren Falle leben sie saprophytisch, es liegt aber auch bei den chloro- phyllhaltigen der Verdacht \ nahe, daß sie teilweise organische Substanzen aus- nützen (betreffs der Pilz- symbiose s. unten). Die Gestaltung der ProthaUien ist eine bei den einzelnen Arten ziemlich verschiedene. Ausgegangen sei von den chlorophyllhaltigen Prothal- lien, wie wir sie bei Lycop. inundatum und L. cernuum finden. Das Prothallium ist hier ein aufrecht im Boden steckender Körper, den wir einer Zuckerrübe im Kleinen vergleichen können. Er trägt oben eine ..Lappenkrone"', unterhalb derselben ein Meristem, aus welchem auch neue Lappen hervorgehen können. Der im Boden steckende Teil ist chloro- phyllärmer und trägt die Rhizoiden. Die ProthaUien tragen beiderlei Sexualorgane, wie bei den meisten Pteridophytenprothallien treten die Antheridien (An Fig. 270) früher auf als die Archegonien, und sind betreffs des Ortes ihres Auftretens weniger beschränkt als diese, sie finden sich sowohl auf den Lappen, als dem eigentlichen Prothalliumkörper. Die Archegonien dagegen sind gebunden an das unter der Lappenkrone be- findliche Meristem, welches rings um das Prothallium herumgeht, sie stehen unmittelbar unter der Lappenkrone. Das Prothallium von L. salakense ist gleichfalls chlorophyllhaltig, zeigt aber keine Lappenkrone oder doch nur Andeutungen davon, es dürfte dies damit zusammenhängen, daß von dem basalen, knolligen Teil 4. niyvim Fig. 270. Lycopodhmi iuundatum 1 (am stärksten vergr.), (nach de Baby) wcnigzelliges Prothallinm. 2 Pro- thallinm mit Antheridium [An), 3 Älteres Prothallium, 31 Meristem, 4 Prothallium mit Archegonien (A) und Keimpflanze, Co Cotyledom B „Protokorm'". M Litteratur: De Bary, Über die Keimung der Lycopodien, Ber. der naturf. Gesellsch. zu Freiburg i. Br., 1858; Fankhausek, tjber den Vorkeim von Lyeopodium, Bot. Zeit., 1873, p. 1 ; Treub, Etudes sur les Lycopodiacees, Ann. du jard. bot. de Buitenzorg, Vol. IV, V, VII; GOEBEL, Über Prothjdlien und Keimpflanzen von Lycopod. inundatum, Bot. Zeit., 1887, Bruchmaxx, Über die ProthaUien und die Keimpflanzen mehrerer europ. Lycoijodien., Gotha 1898. I. Arcbegoniaten. 405 dieser Prothallien eine reiche Verzweigung eintritt, die biologisch die Lai)])enbildung ersetzt. Daß diese letztere bei den saprophytisch lebenden Lycopodium- prothallien unterbleibt, werden wir von vornherein erwarten können, sehen wir doch auch bei Saineni)tlanzen eine Rückbildung der Assimi- lationsorgane bei saprophytischer Ernährung vielfach eintreten. Übrigens hat Bruchmann gezeigt, daß die Prothallien von L. Selago, die ge- wöhnlich im Substrat verborgen und farblos sind, auch an der Erdober- fläche wachsen und ergrünen können; in geringerem Grade wurde dies auch bei L. clavatum, annotinum und complanatum künstlich herbei- geführt. Ähnliches fand schon Mettenius für die gleichfalls unter- irdisch lebenden Prothallien von Ophioglossum pedunculosum. Fig. 271. Lvcopodium inundatum. Prothallium mit Archegonien (A). (Vergr.) Längs- In Fig. 272 ist ein schnitt durch ein Prothallium vonL complanatum dargestellt. Es stimmt — von seinem merkwürdigen ana- tomischen Bau abgesehen — in seiner Gestaltung mit derjenigen der Ge- schlechtsgeneration von L. inundatum und L. cernuum überein, nur fallen die Lappen weg, und die Geschlechts- organe stehen auf dem wulstigen oberen Teile des Prothalliums ; unter- halb dieses Teiles ist auch hier ein Meristem vorhanden. Damit stimmt im wesentlichen auch L. clavatum und annotinum überein. nur daß hier der obere Teil verhältnismäßig breiter und mehr vertieft ist; denkt man sich an einem solchen Prothallium einen Teil der Randzone stark auswachsend und vom übrigen getrennt, so Avird der Anschein eines dorsiventralen Prothalliums entstehen können. Fig. 272. Längsschnitt eines Protlialliums von Lyco])odiiim comi^lauatum (nach Beüchmanx), 26 mal vergr. s Basis (älte- ster Teil), e Epidermis, r Eindenschicht, 2J Palissadenschicht, c centrales Gewebe, m Meristem, g ,, generatives Gewebe" an Antheridien, ar Archegonien , k junger Embrvo. AQQ Spccielle Oi"ganographie. Dies geschieht nicht selten bei Lyc. Selago. Die Gestaltungsverhält- nisse sind hier ziemlich mannigfaltige, aber schließen sich doch den oben besprochenen Formen an, doch ist das Prothallium ausgezeichnet durch das Vorhandensein gegliederter „Haare" (Paraphysen) zwischen den Sexual- organen, im übrigen ist es radiär i;nd kann bei gleichmäßigem Wachstum hier auch Becherform annehmen. Meist aber wachsen einzelne Randpartien des Meristems aus zu oft langgestreckten Prothallien, die dann, ihrer Entstehung entsprechend, die Sexualorgane nur auf einer Seite tragen, während die Rhizoiden an der Basis radiär verteilt sein können; es entstehen solche Formen nach Bruch- mann da, wo die Prothallien in festerem Erdreich aus der Tiefe der Erd- oberfläche zustreben. Diesen dorsi ventralen aber, wie erwähnt, auf die gewöhnliche Form zurückführbaren Prothallien schließe ich die des „Phlegmaria"-Typus an 1 ). Es gehören hierher nach Treub außer L. Phlegmaria auch L. cari- natum und der Hauptsache nach L. Hippuris und L. nummularifolium. Diese Arten haben fadenförmige, unbegrenzt an der Spitze wachsende, dünne, chlorophylllose Prothallien, von denen mir besonders wichtig er- scheint, daß sie die Sexualorgane einseitig tragen; sie haben wie die von L. Selago Paraphysen und besitzen unten zu erwähnende merkwürdige Brutknospen. Ihre erste Entstehung ist nicht bekannt, ich leite sie aber aus radiären Prothallien durch einseitige Aussprossung ab, wie die von L. Selago. Ob diese Ableitung und die ganze Verkettung der verschiedenen Prothalliumformen, wie sie oben versucht wurde, richtig ist, fragt sich. Aber nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse scheint sie mir eine ungezwungene zu sein, und ich sehe keinen zwingenden Grund, die Kluft zwischen den einzelnen Prothallienformen der Lycopodien für eine so große zu halten, wie Treub und Bruchmann dies thun ^). Die Entwicklung der Lycopodiumprothallien von der Sporenkeimung aus ist nur bei wenigen Arten näher bekannt. Bei L. inundatum teilt sich die keimende Spore zunächst durch eine Querwand in eine Basalzelle, R (Fig. 270 1) und eine obere, in der durch abwechselnd nach rechts und links geneigte Wände zwei Segmentreihen entstehen , es tritt später offenbar ein Körperlichwerden des Keimlings ein, der an seiner Spitze zum ersten Prothalliumlappen (Fig. 270 2) auszuwachsen scheint. Treub fand, daß bei L. cernuum und inundatum aus der Spore zunächst ein kleiner Zellkörper, das „tubercule primaire" hervorgeht, ganz ähnlich dem in Fig. 270 / abge- bildeten. Dann tritt ein Stillstand in der Entwicklung ein, und es wächst die Scheitelzelle zu einer Zellreihe aus, die sich durch Teilungen zu einem Zellkörper umwandelt. In schwachem Licht werden diese Zellreihen sehr lang und ähnlich wie bei Farnprothallien kann diese Bildung an jungen Prothallien (vielleicht auch an „abgeschwächten" alten) durch schwache Beleuchtung wieder hervorgebracht werden. Sie können, wenn sie mit dem Boden in Berührung kommen, sekundäre Knöllchen bilden. Bei den sapro- phytisch lebenden Prothallien, bei denen die Beziehung zum Lichte fort- fällt, dürfte wohl aus der Spore ein als solcher fortwachsender Zellkörper *) Zu einei" mit der oV)igen übcreiustimmeiKlen Auffassung ist neuerdings auch W. H- Lang gelangt, dessen Abhandlung (The Prothallus of Lycopodium clavatum L. Annais of botany, Vol. 13, p. 278 ff.) nur erst nach Abschluß meines Manuskripts bekannt wurde. Die von Lang mitgeteilten Thatsachen sind eine Bestätigung der von Bruchmann be- schriebenen. I. Archegoniatcn. 407 hervorgehen. Bei L. salakense entspringen aus dem „tubercule primaire" mehrere Auszweigungen (was auch bei L. cernuum gelegentlich eintritt), damit wurde oben die Thatsache in Beziehung gebracht, daß sie eine weniger reiche Ausgliederung erfahren als bei L. cernuum und inundatum. Ein einigermaßen analoger Fall wird unten für Anogr. leptophylla anzu- führen sein. 2) Für Selaginella ist oben die Bildung der Mikroprothallien schon geschildert worden, es genügt also, die der Makroprothallien kurz anzuführen. Organographisch ist über sie wenig zu bemerken. Es sind Zellkörper, welche die Makrospore erfüllen und später am Scheitel sprengen. Sie bringen einige Archegonien hervor und bilden auch Rhizoiden, sind aber einer vegetativen Weiterentwicklung nicht fähig. Bei den meisten untersuchten Selaginella-Arten beginnt die Prothallium- entwicklung schon , solange die Sporen noch innerhalb des Makro- sporangiums eingeschlossen sind, sie gelangen hier sogar schon zur Archegonienanlegung (so bei Sei. Martensii, lepidophylla , erythropus, serpens u. a., alles anisophylle Formen (vgl. p. 91), bei der einzigen untersuchten isophyllen Selaginella, der S. spinulosa^), dagegen bildet sich das Prothallium erst nach der Sporenaussaat. Die Vorgänge bei der Prothalliumbildung-) entsprechen denen bei Isoetes (Kernteilung, freie Zellbildung u. s. w.), es ist die Bildung eines Zellkörpers in dem Scheitelteil der Si)ore auch hier zeitlich gefördert, wie ja auch nur hier Archegonien angelegt werden, aber die scharfe Abgrenzung durch ein „Diaphragma", welche frühere Untersucher (Hofmeister, Pfeffer) zwischen dem erstgebildeten und dem später auftretenden Teile des Prothalliums angenommen hatten, ist nach den neueren Untersuchungen nicht vorhanden. Merkwürdig sind die von Bruchmann bei Sei. spinulosa aufge- fundenen ..Sprenghöcker'' : 3 je unter einer ..Sporennaht'' liegende Zell- höcker, durch deren Volumzunahme die dicke Sporenhaut gesprengt wird ; an ihnen entspringen auch die einzigen hier vorkommenden „Trichome", lange, einzellige Schläuche, die wir wohl als etwas modifizierte, wie es scheint, nicht in den Boden eindringende, aber trotzdem der Wasser- aufnahme dienende Rhizoiden betrachten dürfen. b) Equisetum. Die Prothallien aller untersuchten Equisetum-Arten — es sind freilich nur die in Europa vorkommenden — stimmen miteinander durch- aus überein, auch darin, daß sie gewöhnlich diöcisch sind. Es ist die Diöcie hier aber nicht schon in den Eigenschaften der Sporen gegeben, die schlechter ernährten Prothallien werden männlich, die gut ernährten weiblich, und man kann, wie Buchtien ^) zeigte, weibliche Prothallien durch schlechte Ernährung dazu bringen, statt der Archegonien Anthe- ridien hervorzubringen. Die männlichen Prothallien sind von den weib- lichen in keiner Hinsicht wesentlich unterschieden, sie sind den letzteren gegenüber Hemmungsbildungen, und wie auch sonst kann die Hemmung bald früher, bald später eintreten. Übrigens fand ich gelegentlich auch monöcische Prothallien bei E. pratense, das eine hatte schon einen ^) Brtjchmann, Untersuchungen über Selat;. spinulosa. Gotha 1897, \>. 42 ff. *) Vgl. Arnoldi, Botan. Zeitung 1898. ^) BtTCHTlEX, Entwicklungsgeschichte des Prothalliums von Equisetum. Bihlioth. bo- tanica 8 (1887). 408 Specielle Organogrnphie. Embryo und oben auf den Lappen Antheridien. das andere war in einer Längshälfte weiblich, dann war das Meristem durch eine ameristische Zone unterbrochen, darauf folgte die männliche Hälfte, die aber statt der Archegonien Antheridien hervorbrachte. Das Merkwürdige bei Equi- setum ist nur, daß die weiblichen Prothallien nicht zuerst Antheridien hervorbringen ^). 273. Equisetum i>ratense, weibliches Prothalliuin von der Unterseite. A, A Arche- gonien. oömal vergr. ^) So ist es bei den meisten anderen isosporen Pteridoiihyten. Es ist wahrscheinlich auch bei Equisetum möglich, aus männlichen Prothallien durch Versetzung in gute Er- nälirungsl)ediugungen weibliche zu macheu. Es wird aber, selbst wenn man Sporen einzeln unter anscheinend ganz gleichen Bedingungen aussät, kaum zu erwarten sein, daß sie alle weibliche Prothallien liefern, da die Reaktionsfähigkeit der Sporen nie die ganz gleiche sein wird. Über die Aussaat der Sporen vgl. später. I. Aichcwouiaton. 409 Betrachten wir zunächst ein weibliches Protliallium. so hat es in seinem Aussehen einige Ähnlichkeit mit einem Protliallium von Lyco- podium cernuum, durch die Lappenkrone, die es besitzt und das darunter betindliche Meristem. Aber ein tiefgreifender l'nterschied liegt in der Symmetrie : das Prothallium ist nicht radiär, sondern dorsiventral. wir haben, wie bei den Farnprothallien, eine Licht- und eine Schattenseite. Auf letzterer betindet sich ein Meristem, unterhalb der Lappen, aus welchem sowohl nach vorn wie nach rückwärts neue Zellen hervorgehen. Gegen die Lappenkrone hin entstehen Archegonien und neue Lappen, so daß die Archegonien zwischen die Lappen zu liegen kommen und nach der Oberseite des Prothalliums hin verschoben erscheinen : gegen die Basis des Prothalliums hin erscheinen neue Rhizoiden. Das Meristem verläuft aber, wie auch aus der Abbildung erhellt, nicht ununterbrochen. Die Lappen dienen einerseits als Assimilationsorgane, andererseits halten sie Wassertropfen fest und erleichtern so die Befruchtung, der körpei"- liche Teil des Prothalliums aber speichert hier, wie bei den Lycopodien und Farnen, die Reservestoffe auf. die dann später vom Embryo auf- gebraucht werden. Die männlichen Prothallien (Fig. 2<)2) sind meist kleiner, mit weniger und kleineren Lappen versehen, auch chlorophyllärmer als die weiblichen, schwanken aber in ihrer Ausbildung je nach den Lebensbedingungen und dem davon abhängenden Zeitpunkt, in welchem die Antheridien- bildung eintritt. Ist dies verhältnismäßig spät der Fall, so gleichen die männlichen Prothallien den weiblichen, sie haben ein Meristem, das nach oben hin neue Antheridien erzeugt, die Lappenbildung aus dem Meristem aber unterbleibt : besonders auffallend tritt dies hervor, wenn weibliche Prothallien in männliche überführt werden. Tritt die Antheridienbildung schon früh ein , so treffen wir häufig ,,ameristische" Prothallien . die Antheridien an den Spitzen der Lappen tragen können. Daß es für die Verbreitung der Spermatozoen vorteilhafter ist, wenn die Antheridien freistehen (d. h. keine Lappen vorhanden sind) bedarf keines Beweises. Die ersten Keimungserscheinungen der Eipiisetumsporen werden von äußeren Bedingungen stark beeinflußt. Wie schon der Chlorophyllgehalt zeigt, sind sie auf sofortige Keimung eingerichtet; es wird von der Spore zunächst die Rhizoidmutterzelle abgeschnitten, die Rhizoiden sind bei starkem Lichte negativ heliotropisch, dringen aber in einer feucht ge- haltenen Atmosphäre nicht in den Boden ein. offenbar wirkt also auch der Hydrotropismus mit beim Eindringen, bei schwacher Beleuchtung in feuchtem Räume werden sie positiv heliotropisch, eine Erscheinung, die für ihre Lebenthätigkeit unter normalen Umständen kaum von Bedeutung sein dürfte. Aus der Prothalliummutterzelle geht unter günstigen Beleuchtungs- verhältnissen zunächst eine Zellreihe hervor, die zu einer Zellfläche wird, au der durch Auswachsen einzelner Zellen eine Verzweigung eintritt ; auf der Schattenseite des schon mehrere Zelllagen dick gewordenen Pro- thalliums tritt dann ein IMeristem auf, das neue Lappen und Archegonien bildet. Stärkere Beleuchtung ruft frühere Flächenbildung hervor, bei starker Nährstoffzufuhr kann auch sofort ein Körperlichwerden eintreten, aber es ist dies nicht der Verlauf, den die Entwicklung gewöhnlich nimmt. Wir werden ganz analoge Fälle von Plasticität auch bei den Farnpro- thallien anzuführen haben. 41Q Specielle Organograi>hie. c) Filicineen. Die Gestaltungsverhältnisse der Farnprothallien haben zwar den Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gebiklet, aber trotzdem ist unsere Kenntnis derselben noch eine sehr lückenhafte, es dürfte noch nicht einmal beim zehnten Teil der Farnarten die Geschlechtsgeneration bekannt sein. Längere Zeit glaubte man, diese sei sehr einförmig gestaltet, ihr Typus sei die in allen Lehrbüchern abgebildete, allerdings sehr häufig vorkommende Ausbildungsform : ein kleiner, herzförmiger Thallus. der auf der LTnterseite hinter der Einbuchtung die Geschlechtsorgane (die Antheridien können sich auch auf der einschichtigen Fläche finden) und Haarwurzeln trägt. Es ist nun zunächst klar, daß. selbst wenn alle Farn- prothallien äußerlich einander gleich erscheinen würden, dies nur auf der Unvollkommenheit unserer Untersuchungsmethoden beruhen kann. Denn das Prothallium einer Gleichenia muß „innerlich" eine andere Beschafienheit haben als das eines Aspidium; sonst könnte nicht aus der befruchteten Eizelle des ersteren eine so ganz andere Pflanze hervor- gehen als aus der des letzteren. Die Eizelle aber ist nur eine besonders ausgebildete Prothalliumzelle, nicht etwas von den anderen Zellen funda- mental Verschiedenes. Indes auch in den äußeren Gestaltungsverhältnissen kommen, wie ich in einer Reihe von Abhandlungen nachzuweisen ver- sucht habe, viel mehr Verschiedenheiten vor, als man früher annahm, die herzförmigen Prothallien, weit entfernt die „typischen" darzustellen, bilden nur einen Einzelfall, der allerdings weit verbreitet, aber doch wohl kaum als ursprünglich anzusehen ist. Betrachten wir zunächst 1) die eusporangiaten Farne. Die Mar attiaceen \), deren Prothallien bekeimt sind, zeigen im wesentlichen die oben als „typisch" bezeichnete Gestalt der Farnprothallien, unter denen sie sich durch dunkelgrüne Färbung, fleischige Beschafl'enheit (auch die Randpartien sind hier mehrschichtig, und das Prothallium wird meist von vornherein als ein Zellkörper angelegt), sowie den oben erwähnten Bau der Sexualorgane auszeichnen ; die Prothallien von Danaea haben mehrzellige Rhizoiden -). Die Prothallien der Ophioglosseen sind nur unvollständig be- kannt, sie haben das gemeinsam, daß sie unterirdisch lebende Sapro- phyten sind, wie die einiger oben geschilderter Lycopodium-Arten. In der Gattung Ophioglossum ist die Geschlechtsgeneration nur bei Ophpedun- culosum durch Mettenius aufgefunden worden ^). Die jüngsten Prothallien stellten Knöllchen dar, aus denen sich ein konischer Fortsatz erhob, der sich bedeutend verlängert und an seiner Spitze unbegrenzt weiterwächst, am Lichte kann dieser cylindrische Prothalliumkörper ergrünen und sich in 2 oder 3 kleine Läppchen sjtalten (eine Andeutung einer Lappen- krone V). Die Verteilung der Sexualorgane an diesen Prothallien scheint Mettenius als eine radiäre zu betrachten; zweifellos sind sie von einem Pilze bewohnt. Sie haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Lycopodium- prothallien, etwa vom Phlegmariatypus, aber diese Ähnlichkeit kann eine rein äußerliche sein. M JONKMAN a. a. O. DaseUist weitere Littciatur. ■) Beebxer, On the Prothallus and Embryo of Dauaea simplicifolia. Aiinals of Botany, Vol. X, 1896. Auch die erste Wurzel der Keimpflanze hat mehrzellige Wurzel- haare, ein Umstand, der mir mit dafür zu sprechen scheint, daß wir es mit einem abgeleiteten Verhalten zu thun haben. ^) METTENlUiS, Filices horti botanici Lipsiensis, 1856, p. 119. I. Archegoniaten. 411 Über Botrycliium liegen die älteren Angaben von Hofmeister^) für Botrycliium Lunaria, die neueren von Jeffrey über Botr. vir- ginianum-) vor. Die knöUchenförmigen Prothallien tragen die Sexual- organe auf ihrer Oberseite, sind also dorsiventral, auch das Meristem des Prothalliums ist nach oben hin verschoben. Zuerst entstehen, auf einer kammartigen Hervorragung, Antheridien, zu beiden Seiten Arche- gonien ; die Rhizoiden sollen öfters vielzellig sein [namentlich die auf dem Kamm odei den Flanken des Prothalliums entspringenden-^)], während die an der Basis des Prothalliums stehenden einzellige Schläuche sind; die Prothallien sind stets von endophytischen Pilzen bewohnt. Botry- cliium Lunaria dürfte damit wohl in der Hauptsache üliereinstimmen, doch läßt sich aus Hofmeister"s Angaben über die Lage von Sexual- organen und Meristem nichts entnehmen, und da in beiden Fällen die frühesten Entwicklungsstadien unbekannt sind, wissen wir auch nicht, ob etwa das dorsiventrale Botrychiumprothallium aus der einseitigen Weiterentwicklung eines radiären Anfanges entstanden ist. Daß die Sexualorgane nach oben liegen, ist jedenfalls für die Befruchtung bei diesen unterirdisch lebenden Prothallien vorteilhafter, als wenn sie — wie bei den ]\Iarattiaceen u. a. — auf der Unterseite ständen (etwas Ähnliches wird für die knolligen Archegoniophore von Anogramme zu berichten sein), und daß die Prothallien nicht in die Fläche ausgebreitet sind, hängt ohne Zweifel mit der Thatsache zusammen, daß sie nicht assimilieren. 2) Bei den 1 e }) t o s p o r a n g i a t e n F a r n e n sind unterirdisch lebende Prothallien bis jetzt nicht bekannt, sie besitzen alle (abgesehen von den Mikroprothallieu der Salviniaceen und Marsiliaceen) Chlorophyll. Was die Gestaltungsverhältnisse anbetrifft, so sei namentlich auf einen Umstand hingewiesen, der auch in allgemeiner Beziehung von Interesse ist. Es ist der, daß charakteristische Eigentümlichkeiten des Prothalliums oft dadurch nicht hervortreten, daß es schon vor Ausbildung derselben infolge der Hervor- b ringung eines Embryos sein Wachstum einstellt. Zwei Beispiele mögen dies erläutern. Die Prothallien von Osmunda sind scheinbar herzförmig wie die der Polypodiaceen. Wenn sie aber nicht durch frühzeitige Embryobildung in ihrem Wachstum gehemmt werden, entsteht erst für sie die eigentlich charakteristische Wachstumsform : sie wachsen zu einem bandförmigen, manchen Lebermoosen täuschend ähn- lichen Phallus aus, der eine Länge von über 4 cm und eine mehrjährige Lebensdauer erreichen kann^), das Gewebepolster der Unterseite (welches hauptsächlich zur Aufspeicherung von Baustoffen dient) erscheint als Mittelrippe, die rechts und links Archegonien trägt, nur der Vegetations- punkt läßt gelegentlich Lappen aussprossen, die man etwa wie bei Dendroceros (p. 262) als rudimentäre Blattbildung betrachten kann. Irgendwelche „Haar^-Bildungen finden sich bei den Osmundaceenprothallien nicht. Ein zweites Beispiel bieten die Cyatheaceen. Das Prothallium kann hier infolge von Embryobildung sein Wachstum einstellen, zu einer Zeit, wo es die ihm eigentümlichen Haarbildungen noch nicht zeigt; ^) Hofmeister, Beiträge zur Kenntnis der Gefäßkryptogamen. lY. t'ber die Opbio- glosseen. Abb. der K. Säcbs. Ges. d. Wissenscb., V, p. 657. ^) Jeffrey a. a. O. ^) Ob es sieb dabei niebt eber nm Parajjbyscn bandelt? *) GOEBEL a. a. O. 412 Specielle Organographie. diese „Haare'" sind borstenförniige ZellÜächen. die auf beiden Seiten des Prothalliums (bei Balantium antarcticum auch am Rande desselben) auf- treten. Schließen wir der Erwähnung dieser Thatsache noch andere den Cyatheaceen eigentümliche Erscheinungen an. so zu nennen namentlich die bei einigen regelmäßig und zuweilen sehr früh eintretende Verzweigung des Prothalliums. Eine solche tritt gelegentlich auf auch bei Osmunda (Fig. 20) und bei alten Polypodiaceenprothallien, für die Cyatheaceen aber zeigt z. B. Fig. 274 eine Ab- bildung von Amphi- cosmia (Hemitelia) Walkerae, wo das Prothallium schon sehr frühzeitig sich gegabelt hat , und bei Hemitelia gigan- tea finden sich Pro- thallien mit mehre- ren Vegetations- punkten (die aus Verzweigung her- vorgehen). DieseEr- scheinungen ^) sind deshalb von Inter- esse, weil sie uns einen Hinweis dar- auf geben, wie durch Verlegung des Auftretens der Sexualorgane in einen früheren Zeitpunkt der Prothalliumeutwicklung eine Rückbildung des Prothalliums zustande kommen kann, wie sie bei den Mikroprothallien der heteroSporen Formen in so auffallender Weise hervortritt, können doch bei schlecht ernährten Farnprothallieu. wenn sie erst 2 Zellen gebildet haben. Antheridien auftreten. Was die P oly podiaceen anbelangt, so sei zunächst hervor- gehoben, daß sie stets nur einzellige „Haare" haben, wenn überhaupt solche vorhanden sind; es sind teils „Drüsenhaare", teils „Borstenhaare"' (Fig. 275), beide wohl als Schutzorgane gegen kleine Tiere aufzufassen. Einen Übergang zu den Haarbildungen der Cyatheaceen finden wir bei den Dicksonieen, die auf der Ober- und Unterseite, sowie am Rande Prothallien Drüsenhaare besitzen, die auf einer Trägerzelle stehen, der eine (mitunter verzweigte) Zellreihe hervorgehen kann. Von gewöhnlichen Herzform machen außer den unten zu erwähnenden Vitta- rieen und Anogramme-Arten auch einige epiphytisch lebenden Polypodia- ceen eine Ausnahme, die lang-bandförmige Prothallien haben, mit keinem fortlaufenden Gewebepolster auf der Unterseite, nur an den Stellen, wo Archegonien auftreten, wird das Prothallium mehrschichtig (vgl. Fig. 275 Ä). Ihr Verhalten mag insofern mit der epiphytischen Lebensweise zusammen- hängen, als epiphytische Farnprothallien vielfach offenl)ar nur unter besonders günstigen Umständen Archegonien hervorbringen, in der Fig. 274. Hemitelia (Ami^hicosmia) Walkerae. Prothallien- entwicklimg. 1 junges Prothallium (stärker vergrößert als 3 und S), wh Rhizoid, die Prothallien ;? und S haben je 2 Vege- tationspunkte (v). der aus der ^ Analog ist die. daß bei herzförmigen Polypodiaceen und Ancimiaprothallieu mit un- gleichzeitiger Entwicklung der beiden Flügel'die Bildung des einen unterdrückt werden kann, wenn frühzeitig ein Archegonium befruchtet wird. I. Archegoninten. 413 Zwischenzeit aber vegetativ leben, womit auch die unten zu erwähnende V^erniehrung durch Brutknospen zusammenhängen mag. Fig. 275^. Fig. 275 Ä Fig. 275 A. Prothalliviin von Polypodium obliquatnm vou unten. Am Rande Borsten und Eliizoiden {Wh}. Auf der Unterseite 2 Gi-uppen von Archcgonien, von Rhizoiden umgeben (nur an diesen Stellen ist das Prothallium mehrschichtig). Vergr. Fig. 275 B. Polypodium obliquatum. Scheitel eines bandförmigen Prothalliums mit Borsteu- haaren, an einem derselben die Wand durch Quellung in Kalilauge schraubenbandförmig gespalten. Stark vergr. Die anderen Polypodiaceen haben, wie erw^ähnt, meist herzförmige Prothallien, die aber nicht immer auf dieselbe Weise zustande kommen. Die Sporen bilden bei der Keimung zunächst einen Zellfaden, dessen Länge von äußeren Faktoren abhängig ist. Es wurde schon bei Be- Fig. 276. Farnpruthallien verschiedenen Alters (vergr.,). 1 Hymcnolepis spicata, junges Prothallium, an welchem unten die Sporenhaut ansitzt, /(, h Längswand, die, etwas schief zur Prothallium-Längsachsc verlaufend, die Seheitelzelle .s abschneidet, g (stärker vergr. als i) älteres Prothallium eines unbestimmten Farn. Die zweischneidige Scheitelzelle ist durch eine Perikliue geteilt und dadurch „Randzellenwachstum eingeleitet. 3 und 4 Asi^leuium Nidus A Endzelle des Protlialliums, das Meristem entsteht seitlich. 414 Specielle Organographie. sprecliung der Lebermoose (p. 334) darauf hingewiesen, daß die Form des Keimlings von äußeren Bedingungen abhängig ist, und daß die Fadenform eher ermöglicht, in günstige Lichtverhältnisse zu gelangen, ähnlich wie liei Keimlingen von Samenpflanzen dies oft durch starke Verlängerung des hypo- kotylen Stempelgliedes geschieht. Nun wird bei den Polypodiaceen das Fadenstadium auch bei den günstigsten Bedingungen nicht oder doch nur sehr selten über- sprungen ^). Wenn die Sporen dicht gedrängt keimen, sehen wir es länger beibehalten (Fig. 279 V) und nicht selten eine Verzweigung der Fäden eintreten, bei einzeln kei- menden Sporen, die günstigen Be- leuchtungsbedingungen ausge- setzt sind, geht schon die zweite Zelle des Fadens oft zur Flächen- bildung über -). So war es z. B. bei allen von mir untersuchten Keim- lingen von Pteris longifolia, die einzeln auf Schlammerde aufgegangen waren. Es wird ohne Zweifel auch durch andere Limstände als durch schwache Beleuchtung möglich Fig. 277. Sporaugiuin von Aerostiehuin peltatum, in welchem (an der Pflanze) die Sporen keimten ; sie haben sämtlich nur Zellreihen entwickelt. Vergr. Fig. 278. Prothallium von Alsophila australis, welches infolge ungün- stiger Ernährungsver- hältnisse zur Fadenbil- dung zurückgekehrt ist. W Rhizoiden. A An- theridium. Auch die zweischneidige Scheitel- zelle (die Segraentgrenzen sind stärker ausgezogen) ist zum Faden ausge- wachsen. Vergr. ^) Es unterliegt aber wohl keinem Zweifel, daß man, ähnlich wie bei Equisetum, durch besondere Kulturbedingungeu dies künstlich erreichen könnte. ^) Auch die erste Zelle kann bisweilen Längsteilungen erfahren und es ist sehr wahr- scheinlich, daß es durch bestimmte Kulturmethoden bei manchen Farnen gelingen wird, aus der Spore zunächst einen Zellkör])er hervorgehen zu lassen, wie dies normal zuweilen bei den Marattiaceen geschieht. I. Arcliegouiateu. ^1 f% sein, die Keimlinge länger auf dem Fadenstadium zurückzuhalten^) und es ist ferner möglich, dies auch später wieder hervorzurufen. Junge Keimlinge, die noch nicht typisches „Meristem" gebildet haben, gehen, in schwache Beleuchtung versetzt, leicht wieder zur Faden- bildung über, ähnlich, wie dies oben für Preissia geschildert wurde (p. 206). Bei älteren Prothallien ist dies nur dann der Fall, wenn sie ihr Meristem verloren haben -) und durch ungünstige äußere Verhältnisse ,,abgeschwächt" sind, während sie sonst mehrzellige Adventivsprossen erzeugen (vgl. unten). Das „Optimum" für die Fadenform liegt eben tiefer als das für die Flächenbildung -^j. Diese wird im Keimfaden an- gelegt durch Längsteilung, nachdem gewöhnlich vorher schon (oft sehr frühe) aus der der Sporenhaut angrenzenden Stelle des Fadens das erste Rhizoid hervorgegangen war, dem später zahlreiche andere folgen, bei Erdprothallien entspringen sie bei normaler Lage stets auf der L^nter- seite, bei epiphytisch wachsenden auch aus dem Rande (Fig. 275). Die Zellenanordnungsverhältnisse hier zu schildern, ist nicht erforderlich. Erwähnt sei nur. daß am Ende der jungen Zelltläche sehr häufig sich eine „zweischneidige" Scheitelzelle befindet, die aber später durch eine Perikline geteilt wird^), worauf „Marginalwachstum" eintritt (Fig. 27(3 ;?). Die beiden Flügel des Prothalliums erheben sich rechts und links von dem Vegetationspunkt, die Herzform ist erreicht und es beginnt die Bildung des mehrschichtigen Zellpolsters. Diesem oft geschilderten Ver- halten gegenüber steht zunächst, daß die beiden Prothalliumflügel ungleich zeit ig entstehen, die zuerst aus dem Keimfaden entstandene Prothalliumfläche baut zunächst den einen Prothalliumflügel auf, das den Vegetationspunkt des Prothalliums bildende Meristem dagegen kommt in eine seitliche Lage und unterhalb desselben sproßt der zweite Prothallium- flügel hervor. Diesen Vorgang erläutert Fig. 279 für Pteris longifolia. Hier bildet sich aus dem Keimfaden zunächst eine einschichtige Zell- fläche, ohne Beteiligung einer Scheitelzelle, die Antiklinen divergieren am Scheitel; es läßt sich die Art und Weise, wie die Zellen gefächert werden, auch an älteren Stadien, wie z. B. dem in Fig. 279 II ge- zeichneten, leicht ablesen. Die Intensität der Zellvermehrung bleibt am stärksten au einer seitlich an dieser Zellfläche gelegenen Stelle, hier findet sich das Meristem (in dem oft eine zweischneidige Scheitelzelle zu erkennen ist). Unterhalb desselben sproßt dann der zweite Prothalliumlappen her- vor, der, zunächst natürlich viel kleiner als der erste, allmählich dessen Größe erreicht. Hier bildet also die erst entstandene Zellfläche einen großen Teil des ersten Prothalliumlappens, in anderen Fällen einen nur kleinen. So sehen wir in Fig. 27(3 4 ein junges Prothallium von Asple- nium Nidus, bei welchem das Meristem schon in früherem Entwick- lungsstadium als bei Pteris longifolia seitlich liegt, es geht, wie die Ver- gleichung mit Fig. 27(3 3 zeigt, aus der zweiten Zelle des Zellfadens her- ') So zeigt Fig. 277 eiu Sporaugium von Acrostichum peltatum, iu welchem die Sporen, noch während das Sporangium auf dem Sporophyll festsaß, ausgekeimt haben : sie sind sämt- lich zu tiefgrünen Zellreilien ausgewachsen, die natürlicli nur eine sehr geringe Zufuhr von Aschenbestandteilen erhalten. "^) GoEBEL, Über Jugendzustände etc. (Sitzuugsber. der kgl. bayr. Akad. d. Wiss. 1896). ^) Übrigens können Liängsteilungnn auch bei Prothallien eintreten, die (unter besonderen Bedingungen) sich im Finstern entwickelt hal)en. *) Bei Lygodium bleibt sie dauernd erhalten. 410 Sl)ecielle Organographie. vor, der mit einer Papille abschließt: bei Platycerium ^) geht das Meri- stem aus der einen Hälfte der Endzelle hervor. Ich bin auf diese A'erhältnisse hier kurz eingegangen, nicht ihnen eine große Bedeutung zukommt, sondern weil sich zeigen weil ließ, Fig. 279. 7— iP^Pterislongifolia. /F schwach, die anderen Fig. stärker vergrößert. Bei 7J ist die erste Fadenzelle des Prothalliums durch die Spore verdeckt. V Acrostiehum peltatum. Fadenprothallium bei Keimung innerhalb der noch festsitzenden 8porangien entstanden. daß 1) von terminaler {n) zu seitlicher (b) Meristemanlage alle Ab- stufungen vorkommen, und 2) weil bei verschiedenen Farnab- teilungen beides vorkommt. So sind alle Gymnogrameen, deren Pro- thalliumentwicklung bekannt ist, durch seitliche Meristemanlage und späteres Auftreten des zweiten Prothalliumtlügels ausgezeichnet, unter ') Ganz ähnlieh ist es oft auch bei Aspidium filix mas u. a. Bei Platycerium kann das Meristem auch zuweilen terminal stehen, übrigens könnte man auch in den Fällen, in welchen an der Spitze eines Zellfadens eine zweischneidige Scheitelzelle entsteht, sagen, daß diese nur ans einer Hälfte der Terminalzelle hervorgehe. Es ist aber mit solchen Er- wägungen zunächst nichts weiter zu erreichen, obwohl analoge BehauiJtungen (wie die, daß der Laubmoosembryo eigentlich einer Hälfte des Lebermoosembryo entspreche (auch jetzt noch wiederholt werden. I. Archegoniaten. 417 den Schizaeaceen hatten Lygodium terminales, Schizaea und Mohria seit- liches Meristem. Wenn die Bildung eines (des zweiten) Flügels unter- bleibt, so gelangen wir dadurch zu Prothalliumformen, wie die unten zu schildernden von Anogramme und Vittaria. Ich glaube nicht, daß man eine phylogenetische Beziehung zwischen apikaler und seitlicher Meristemlagerung konstruieren kann : vielmehr haben wir ein lehrreiches Beispiel vor uns, daß zwei „Entwicklungsmög- lichkeiten" a und h gegeben sind, zwischen denen zuweilen eine und dieselbe Art schwankt, und von denen — soweit unsere dürftigen Kennt- nisse uns beurteilen lassen — bald a, bald b sich in mehr als einem Verwandtskreis herrschend gemacht haben, ob- wohl es für die Lebensw^eise ganz gieichgiltig erscheint, ob a oder h auftritt. Daß aber die Herzform schließlich bei diesen Formen immer, wenngleich auf verschiedenem Wege, „ange- strebt" wird, dürfte damit zusammenhängen, daß sie eine vorteilhafte Gestaltung darstellt. Die Flügel liegen, da sie keine Rhizoiden ent- wickeln, dem Boden nur lose auf, man über- zeugt sich leicht, daß unter ihnen Wasser- tropfen sich sammeln ^) (Fig. 2 434 Speeielle Oi'ganograpbie. fahren, daß nui" noch die Bltttensprosse übrig l)leiben, die Haustorien aber den Vegetationskörper allein darstellen. Einen solchen Fall stellt z. B. die in Fig. 292 abgebildete (mir von Herrn Dr. üle freundlichst übersandte , von Herrn Graf Solms-Laubach als neu bezeichnete) Pilo- styles-Art dar. Auf der Oberfläche des Sprosses der Xährpflanze erschei- nen nur die kleinen Blü- ten des Schmarotzers. Der Vegetationskörper dieser Rafflesiacee scheint ähnlich beschaffen zu sein, wie der von Soljis be- schriebene von Pilostyles aethiopica, welcher in den Zweigen einer Caesalpinee, der Bei'linia paniculata schmarotzt. In der sekun- dären Rinde des Wirtes verlaufen Stränge, die ohne bestimmte Gestalt sind, und von denen schmale, plattenförmige Aste ab- gehen, die, radial gegen den Holzkörper wachsend, von diesem allmählich als „Senker" umschlossen werden. Laubsprosse fin- den sich hier wir bei allen Rafflesien nicht, die ein- zigen Sprosse, welche als „Adventivknospen" im In- neren des „thallodischen Vegetationskörpers " ent- stehen und durch die Rinde des Nährzweiges hervorbrechen, sind die Blütenknospen, ähnlich wie am Mjxel eines endophytischen Pilzes z. B. einer Peronospora die Frucht- träger (hier die Conidienträger) entspringen und über die Oberfläche der Nährpflanze hervorti'eten. Bei einer anderen Pilostyles-Art, dem Pilostyles Hausknechtiii), geht die Reduktion des intramatrikalen Vegetationskörpers noch viel weiter. Es schmarotzt diese Rafflesiacee auf Astragalus-Arten, die Blütensprosse der- selben treten auf den Basalstücken der Blätter zu Tage. Auf jungen Ent- wicklungsstadien zeigt sich, daß die Blütenknospen einer polsterförmigen, unregelmäßig begrenzten, in fester und enger Verbindung mit dem Gewebe des Astragalus-Blattes stehenden Gewebemasse des Parasiten aufsitzen, dem Floralpolster. Derartige Floralpolster finden sich regelmäßig zwei in dem Fig. 292. Pilostyles Ulei Solms. Es sind uur die kleinen Blüten des Schmarotzers auf Sproßachso und Blattsiiindcln der Legumiuose, auf der er schmarotzt, siclitljar. ^) Solms-LavbacH , Ül)er den Thallus von Pilostyles Hauskneclitii. Bot. Zeit. 1874, Kr. 4 und 5. Uugesehleclitliche Oruaiiisatkm der Ptericlophyten und Samenpflanzen. 435 Blatte, wo sie zur Entwicklung gelangen, nach der Blütezeit gehen dieselben zu Grunde. Der iutramatrikale Vegetationskörper des Parasiten, der diese „Floralpolster" erzeugt, besteht aus einfachen Zellsträngen, die Solms ihrer Ähnlichkeit mit einem Pilzmycelium halber auch direkt als Mycelium bezeichnet. Dasselbe ist hauptsächlich im Marke des Astragalussprosses verbreitet, seine Aste dringen aber auch in die Gefäßbündel, durchsetzen die Markstrahlen, verbreiten sich in Form unregelmäßig geschlängelter Fäden in der Rinde und schließen sich endlich irgendwie an die jungen Floralpolster an. Es gelingt mit Leichtigkeit, dies Mycelium bis in den Vegetationspunkt zu verfolgen; in einer Region, in welcher noch kaum die Scheidung von Rinde und Mark erfolgt ist, ist es reichlich vorhanden. — Es konnte sogar mit Bestimmtheit bis unter die äußersten Zelllagen des Scheitels verfolgt werden i Solms a. a. 0., p. 68 1. Die Floralpolster ent- stehen aus diesem Mj'celium, indem in ein Blatt bald nach dessen Ent- stehung Mycelfäden eintreten, in seiner Basis anschwellen, und durch Teilung ihr Ende in ein Netz unregelmäßig polyedrischer Zellen umwandeln, das später zum Floralpolster anschwillt. Endogen, wie es scheint, entsteht auf demselben die Blütenknospe. Diese Beispiele werden genügen, um zu zeigen, daß es außer „Wurzel und Sproß" (in dem früher detiuierten Sinne) noch andere Organe, die — teleologisch ausgedrückt — zu besonderen Zwecken gebildet sind, giebt, die sich aber nicht auf Umbildung aus anderen, früher existierenden Organen zurückführen lassen. Fassen wir die Gestaltungsverhältnisse von Wurzel und Sproß näher in das Auge, so ist zunächst daran zu erinnern, daß die Plasticität der Vegetationsorgane eine besonders große ist und darin ist es auch be- gründet, daß sich allgemein durchgreifende Unterschiede zwischen den einzelnen Kategorieen derselben nicht aufstellen lassen. Die Fälle, wo zwischen den letzteren Übergänge vorkommen, sind von besonderem Interesse und sie verdienen hier noch eine eingehendere Besprechung, als die, welche ihnen im allgemeinen Teile gewidmet werden konnte. i; 1. Wurzel und Spross. Eine allgemeine Charakteristik soll hier nicht gegeben werden, da dies besser bei der Einzeldarstellung geschehen wird: hier ist nur die Frage zu erörtern, können \Yurzeln in Sprosse übergehen und Sproß- achsen in Wurzeln V a) Umbildungen unzweifelhafter Wurzeln in Sprosse. Sowohl bei Pteridophyten als bei Samenpflanzen kennen wir eine Anzahl von Fällen, in denen teils regelmäßig, teils mehr gelegentlich Wurzeln an ihrer Spitze zu Sprossen werden, indem sie die Wurzelhaube verlieren und zur Blattbildung schreiten. So unter den Farnen. Hier ist eine solche Umbildung mit Sicherheit nachzuweisen bei Diplazium (Asplenium) esculentum ^) und mehreren Platycerium-Arteu (PI. alcicorne, Wdlinkii. Stemmaria, Hilli). Es sind dies Farne, die sich sowohl ihrer Lebensweise als ihrem sonstigen ^' erhalten nach sehr verschieden ver- ^) Vergl. LaCHMAXX, Contiibutious a l'histoire naturelle de la racino des Fougeres. Ann. soc. bot. Lyon, 1888, genauer untersucht wurde diese mir schon früher bekannte Er- scheinung von S. RosTOWZEW, Beitr. zur Kenntnis der Gefäßkryptogamen, Flora, 1890, p. 155 ff. 29* 436 Specielle Organographie. lialten. Die Platycerien sind Epipliyten, die reichlich keimfähige Sporen hervorbringen, bei denen aber die ungeschlechtliche Vermehrung durch Wurzelsprosse trotzdem in ausgedehntem Maße eintritt. Dipl. esculentum dagegen ist ein baumartiger Erdfarn, der zwar in der Kultur, wie es scheint, nur Avenig, in seiner Heimat aber häufig Sporangien bildet, so daß man die Bildung von Wurzelsprossen nicht wohl als einen Ersatz der gewöhnlichen Fortpflanzung durch Sporen betrachten kann. Es kann die Umbildung der Wurzelspitze bei kürzeren oder längeren Wurzeln eintreten, und offenbar ist jede Wurzel dazu imstande, da man an ge- sunden, abgetrennten Wurzelspitzen die Umbildung fast immer beobachten kann, an der Pflanze wird sie ofl"enbar durch die Lage der Wurzel nahe der Bodeuoberfläche begünstigt. Man kann deutlich verfolgen, wie die Scheitelzelle der Wurzel zur Sproßscheitelzelle wird. Bei Samenpflanzen ist derselbe V'organg bis jetzt nur bei Monoko- tylen, Listera cordata^), Neottia nidus avis-) und Anthurium longifolium ^) nachgewiesen, die für Dikotylen gemachten Angaben (betreffs deren man die von Rostowzew angeführte Litteratur vergleichen wolle) sind mangels genauerer Untersuchungen ganz unzu- verlässig. Die Umbildung von Wurzeln in Sprosse ist meiner Ansicht nach nur ein besonders eigentümlicher Einzelfall der häufigen Erscheinung, daß Sprosse an Wurzeln auftreten. Dies erfolgt bei manchen Pflanzen ganz regelmäßig, die Sprosse werden, in gegen den Wurzel- vegetationspunkt hin fortschreitender Reihenfolge, endogen angelegt, durch diese endogene Anlegung gewinnen die Vegetationspunkte (ebenso wie die der Nebenwurzeln) den an der blattlosen Wurzel sonst nicht zu erreichenden Schutz. Besonders auffallend tritt dies hervor bei manchen Podostemeen ^). In Fig. 293 ist eine Wurzel der Podostemee Marathrum utile abgebildet, die ich vor Jahren im RiO' Boconö in Venezuela sammelte. Man sieht^ daß 2 Reihen von Sproßanlagen sich bilden,, die jüngsten sind öfters schon an dem noch von der Wurzelhaube bedeckten Teile der Wurzel wahrnehmbar. Denken Fig. 293. Wurzel von Marathnim wir uns uuu die Bildung dcs Sprosses vitiie mit 2 Reihen von „Adventiv- der Wurzelspitze immer mehr genähert, prossen". Oben rechts ein jiuiger Ad- j^jj^gj^ derartigen Fall Zeigt Ophioglossum' ventivproß. 10 mal vergrößert, die , , ^'-^ tt i -j. Wurzel bildet an seiner Basis eine vulgatum , desseu Vermehrung, soweit geiapiJte Haftscheibe. wir bis jetzt wisseu, ausschließlich durch ^) Bkundix, ITber Wurzelprosse bei Listera cordata L. Bihang tili k. Svenska Vet. Akad. Handlingar, 21. Bd., Afd. III, EArNKlAER, De danske blomster planters naturhistorie, Bd. 1, p. 313." '■') Waeming, Gm riUlderue hos Neottia nidus avis L. Medd. fra den naturhist. Forening i Kjobnhavn 1874 (daselbst weitere Litteratur). ^) (ioEBEL, Über Wurzelprosse bei Anthurium longifolinm. Bot. Zeit., 1878, p. 645. *) Wo Wakming sie eingehend beschrieben hat. Ungeschlechtliche Generation der Pteridophyteu und Samenpflanzen. 437 Sl'fir" if ^ ^' w^'^- 1^^^' '"^^^"^^^ ^^^^ Sproßanlage, ganz nahe der Sc eitelzelle der \\ urze , aus emem ihrer jüngsten Segmente, die Wurzel- spitze selbst wachst weiter ) ^ur ein kleiner Schnitt ist es von hier aus bis zur Lmbildung der Wurzelspitze selbst in eine Sproßspitze, die bproßanlage ist hier zur terminalen geworden. Wir werden unten ein ganz ähnliches Heraufrucken der Sproßbildung auf den Scheitel auch bei ±arnblattern nachweisen können. b) Organe, die keine typischen Wurzeln sind (Wurzel- träger und Protokerne). Als Wurzeln haben manche Autoren auch betrachtet die „Wurzel- trager die sich bei einer Anzahl Selaginella-Arten finden, und zwar ausschließlich bei plagiotrop-dorsiventralen Formen, wie z. B. Sei. Martensii cuspidata u a Die oberen Teile der plagiotropen , (nicht kriechenden) Sprosse befinden sich m ziemlicher Entfernung von dem Boden, die „Wurzeltrager ermöglichen ihnen, mit diesem in Verbindung zu treten gerade wie für das foliose Lebermoos Mastigobrvum , i). 269 ange- führt wurde, daß Flagellenäste^^ (die hier mit reduzierten Blättern ver- sehen sind und zahlreiche Rhizoiden ent- wickeln), die Verbindung mit dein Boden ^ herstellen. .<^.[^p^^ t Fig. 294. Fig. 295. Fig. 294. Sproßstück von Selaginella :Martensii mit Wnrzelträger. Fig. 295. Keimpflanze von Selaginella („hoitensis"), 2fach vergr. cot Cotyledouen, Wt inneer Wurzelträger, H Hypokotvl, Ma Makrospore, W, Hauptwurzel, W„ TF, aus dem HjVokotvl entspringende Wurzeln. ') Yergl. EosTOWzKW a. a. O. Ich hatte schon früher (vergl. Entwgeseh i) 344) Zweifel an der Richtigkeit der Angabe Vax Tieghem's, wonach die Wurzelspitze' sich zur feproßspitze umwandeln sollte, geäußert. 43.^ Speeielle Organographie. Die Wurzelträger der Selaginelleu (Fig. 294) sind ganz blattlos, sie ent- stehen meist paarweise, je einer oben und einer unten an der durch Ver- zweigung der Sproßachsen gebildeten Gabel. Xahe ihrer Spitze bilden sie endogen die Anlage einer oder niehrererAYurzeln. sie selbst entstehen exogen i). Sie können sich gabelig verzweigen und erreichen bei manchen Formen be- deutende Länge, die sie keineswegs, wie irrig angegeben wird, hauptsächlich interkalarem Wachstum verdanken, vielmehr zeigen sie lange Zeit ein ausgeprägtes Spitzen Wachstum. Die Ausbildung resp. das Hervortreten der Wurzeln wird durch Feuchtigkeit veranlaßt, gewöhnlich erfolgt sie im Boden, gelegentlich auch in feuchter Luft. Daß diese Wurzelträger sich zu beblätterten Sprossen umbilden können, wurde durch Pfeffer gezeigt "-), der angab, daß die Ent- fernung der beiden Gabel- äste oberhalb des Ur- sprungs der Wurzelträger die Umbildung der letz- teren zu Sprossen zu be- günstigen scheine. Mit Sicherheit kann mau diese bei noch jugendlichen Wurzelträgern erzielen, wenn man die Aste als Stecklinge behandelt, und ihnen die Vegetations- punkte nimmt ''). Einen derartigen Fall zeigt Fig. 296. Es waren hier an der Gabelungsstelle zwei Wurzelträger, TFT, (auf der Oberseite (ent- springend) und WT2 auf der Unterseite) vorhan- den. Letzterer hat sich zu einem beblätterten Sprosse entwickelt, der nach einigen abweichend gestalteten Blättern zur gewöhnlichen Selaginella- Blattbildung übergeht, an ihm ist auch bereits eine AVurzel (oder ein Wurzelträger, es wurde das Verhalten nicht näher untersucht) entstanden. Dieser einfache ^'ersuch ist einer der lehr- Fig. 296. Selagiuella euspidata, etwa 9mal vergrößert. Die Sproßsi^itzen zweier Gabelsprosse wurden abgeschnitten ; von den 2 Wui'zelträgern hat WT, sich in einen beblätterten Sj^roß umgebildet, WT^ sich nicht weiter entwickelt. W Wurzel. ^) Vgl. darüber Teeub , Eecherches sur les organes de la Vegetation de Selaginella Martensii Lejde, 1877, p. 11 ff. *) Entwicklung des Keimes der Gattung Selaginella in Hansteix, Botan. Abhandl., 1. Bd. ^) Behrexs, Üljer die Eegeneration" der Selaginellen-Flora, 84. Bd., p. 159 ff., vgl. auch Beijerixck, Beobachtungen und Betrachtungen über AVurzelknospen und Neben- wurzeln, j). 16. Ungeschlcelitlü'he Genemtion der Ptoriiloiihytcn und Sameiipflünzeii. 439 reiclisten und leiclitest auszuführenden, die wir betreffs der künstlich herbei.ueführten Funktionsänderung kennen. Die Frage ist nur: was sind die Wurzelträger eigentlich? Es sind drei Möglichkeiten, man kann sie betrachten als blattlose Sprosse, als haubenlose Wurzeln und als keines von beiden, als Organe sui generis. Für die Sproßnatur kann man die leicht erfolgende Umbildung der Wurzelträger in beblätterte Sprosse geltend machen, sowie die Art der Entstehung. Freilich sind Übergänge von beblätterten Sprossen zu Wurzelträgern nicht vorhanden, schon bei der Keimpflanze treten die Wurzelträger in derselben Ge- staltung auf, wie später, Fig. 295 zeigt eine Keimpflanze, welche ober- halb des einen der beiden Kotyledonen den ersten Wurzelträger entwickelt hat. Für die Wurzelnatur hat man vorzugsweise anatomische Gründe angeführt, die aber nicht ausschlaggebend sein können. Neuerdings hat Bruchmann ^) darauf aufmerksam gemacht, daß bei Sei. spinulosa, einer radiären, keine Wurzelträger besitzenden Form, die Wurzeln nicht unmittelbar aus dem Stamm entsjjringen, sondern in einem exogen entstandenen Zellkörper endogen angelegt werden. Dieser er- scheint dann als ein hier ganz kurz bleibender „Stiel'' der Wurzel, er fand sich in ganz übereinstimmender Weise auch ])ei anderen Arten. Der Wurzelträger dorsiventraler Selaginella-Arten würde dann nur eine, den Lebensverhältnissen entsprechende Weiterbildung dieses „Stieles" sein, den man vielleicht dem „Frotokorm'' anderer Lycopodinen (s. u.) ver- gleichen könnte. Es wären dann also die W^urzelträger der Selaginellen weder aus der Umbildung von Sprossen, noch der von Wurzeln hervor- gegangen, sondern die Weiterbildung einer bei allen, auch den radiären Arten in rudimentärem Zustand, vorhandenen Gewebewucherung. Es werden weitere Untersuchungen über die Wurzelbildung der Selaginellen erforderlich sein, um diese Auffassung noch eingehender zu begründen, sie hat den Vorteil, daß sie sich stützt auf vergleichende Betrachtung der Organbildung innerhalb der Gattung selbst, nicht auf ein in sie hineingetragenes allgemeines Schema. Protokorm der Lycopodinen. Im Anschluß an die Wurzel- träger der Selaginellen sei kurz dasjenige Organ besprochen, das Treue-) als ..Protokorm" bezeichnet hat. Wir finden es bei der Keimung einiger Lycopodium-Arten und bei Phylloglossum, dessen Keimung allerdings noch nicht bekannt ist. In Fig. 270, 4 ist eine Keimpflanze von L. inun- datum abgebildet, welche mittels des Hausteriums (des „Fußes") im Prothallium noch festsitzt. Sie hat außer dem Kotyledon (co) noch ein zweites Blatt entwickelt, an ihrer Basis findet sich nicht wie sonst an Keimlingen, das hypokotyle Glied mit Wurzel, sondern eine knollen- ähnliche mit Pihizoiden versehene Bildung, welche morphologisch ent- spricht einem hypokotylen Stengelgliede, in welchem die Anlage einer Wurzel unterblieben ist '^) ; die Pflanze wächst zunächst weiter (wobei sie dorsiventral wird), bildet noch einige Blätter und erst verhältnismäßig spät entsteht (exogen) die erste Wurzel, jetzt erst tritt auch eine höhere anatomische Ausbildung (Auftreten der Gefäßbündel etc.) ein. Wir können also an den Keimpflänzchen zwei Entwicklungsstadien unterscheiden, im ') Untersnehnntren über Selaginella spinulosa ABr. Gotha 1897. "■) Buiteuzorger Annalen, VIII, p. 30. BeI'CHMAXX faßt in Ubcreinstinnniing mit Treub's früherer Ansieht den ..Protfikern'" als frei gewordenen Fuß auf, worin ich ihm nicht beistimmen kann. Die Funktion des „Fnßes" (Haustoriums) wird in den betr. Fällen dni'ch den stark entwickelten Embryoträger ausgeübt. ^1 Diese Auffassung habe ich schon früher vertreten. Bot. Zeit. 1887, p. 157. 440 8i>ecielle Organograpbie. ersten stellt es ein parenchyniatisches Knöllchen dar, das einige Blätter trägt, im zweiten tritt die innere und äußere Gliederung der Pflanze erst hervor. Ganz ähnliche Knöllchen, wie am Embryo können bei L. cernuum auch an den Wurzeln entstehen, sie können Blätter bilden und zu einer neuen Pflanze werden, vorausgesetzt, daß sie isoliert werden. Treub betrachtet das Knöllchen der genannten Lycopodium-Keimpflanzen nicht als ein reduziertes, sondern als ein rudimentäres Organ, als Vorläufer des beblätterten Sprosses der heutigen Pteridophyten und nennt es deshalb ,,Protokorm''. Ich muß gestehen, daß diese phylogenetische Deutung mir nicht überzeugend erscheint. Wir finden nämlich ganz ähnliche Bildungen auch bei Samenpflanzen, sowohl bei Monokotylen als Dikotylen, wenn am Keimling die Ausbildung einer Wurzel zunächst (oder ganz) unterbleibt. So bei den Orchideen. Ich habe für eine epiphy tische Form, Taeniophyllum Zollingeri die Keimung geschildert (S. I, p. 195) und Raciborski ^j fand bei einer Anzahl anderer epiphy tischer Orchideen im wesentlichen dieselben Verhältnisse. Die Keimpflanze stellt einen langgestreckten, grünen Körper dar, der vorne einen rudimentären Kotyledon hat, unterhalb desselben den Stamm vegetations- punkt; die Hauptmasse des Keimlings wird gebildet von dem „Protokorm", d. h. einem rudimentären hypokotylen Gliede, welches sich nicht in eine Wurzelanlage fortsetzt, und mittels zahlreicher Hafthaare den Keimling an der Baumoberfläche befestigt. Bei Aerides pusillum fand Racibokski (a. a. 0.) an diesem „Protokorm" Adventivsprosse auftreten. Bei den Keim- lingen der Erdorchideen wird der „Protokorm" meist knöllchenförmig. Von Dikotylen sei genannt Streptocarpus polyanthus, dessen wurzel- loses hypokotyles Glied (= Protokorm) nach Hielschek sich durch Hafthaare im Boden befestigt. An den früher erwähnten Embryonen der Utricularia- Arten2) bleibt das hypokotjle Glied gleichfalls ein undifferenzierter, als Reservestoffbehälter dienender Zellkörper, ebenso bei einigen wurzellosen Podostemeen. Dieses Auftreten eines „Protokorms" in ganz verschiedenen Verwandtschaftskreisen scheint mir nicht geeignet, die Hypothese von seiner phylogenetischen Bedeutung zu unterstützen, ich kann in dem „Proto- kerne" zunächst nur ein Organ sehen, das einem in der Entwicklung (speciell der Wurzelbildung) gehemmten hypokotylen Glied entspricht. Es steht sein Auftreten wahrscheinlich mit den äußeren Lebensbedingungen in Beziehung. Daß bei Pflanzen die überhaupt die Wurzelbildung eingebüßt haben, wie die Utricularien, auch am Keimling keine Wurzelbildung auf- tritt, ist leicht verständlich. Bei anderen Pflanzen, wie den genannten Lycopodium-Arten und Orchideen mag das Unterbleiben der Wurzelbildung mit der langsamen Entwicklung der Keimpflanze zusammenhängen, vielleicht mit der „Pilzsymbiose" S)^ die sich bei diesen Pflanzen findet. Indes mangelt uns eine klare Einsicht in diese Beziehungen bis jetzt : was die Lycopodien anbelangt, so sei hier noch auf Phylloglossum hingewiesen. Diese australische Lycopodiacee besitzt in der Basis der beblätterten Pflanze zwei parenchymatische Knöllchen, die ihr Perennieren ermöglichen, ') Flora, 1898, 85. Bd., p. 337. Daselbst auch -svcitere Litteratur. ) Vgl. die Figur 298 1 von Geulisea, die in dieser Beziehung mit Utricularia ü})er- einstimmt. .) An dem Stamm von Lyeop. inundatum Inldet sieh an einzelnen Stellen „Polster- gewebe", welches mit Pilzhyphen infiziert ist. Die Neubildung von Wurzeln ist in dessen Umgebung begünstigt, ganz ähnliches Polstergewebe findet sich auch im ..Protokorm" von L. inundatum, in beiden Fällen, und ebenso bei den "Wiu-zelkiiöUehen von L. cernuum scheint also durch die Pilzinfektiou eine Stoffzufuhr verniittelt zu werden. Ungeselilcehtliche Generation der rteridophyten und 8:unenj»t'lanzen. 441 in ähnlicher Weise, wie dies bei vielen Ophrydeen der Fall ist. Diese Knöllchen (die in den von mir untersuchten Exemplaren keine Pilzinfektion aufweisen I, lassen sich ohne Zweifel, wie dies auch von verschiedenen Autoren geschehen ist, mit dem „Protokorm" der oben erwähnten Keimpflanzen ver- gleichen, sie stellen eine Anschwellung der Sproßachse dar, in der keine Wur- zel angelegt wird, diese entsteht oberhalb der neuen Knöllchen exogen an <äer Pflanze ^). c) Uuibildungeii von Sprossen in Wurzeln, Sproßachsen, die wurzelähnlich gestaltet sind, haben wir schon bei Lebermoosen kennen gelernt (p. 271). sie finden sich sowohl bei Pterido- phyten (z. B. Psilotaceen) als Samenpflanzen, aber eine wirkliche Um- bildung eines Sprosses in eine Wurzel hat sich bis jetzt nirgends nach- weisen lassen. Beijerinck -) will eine solche allerdings bei Rumex Acetosella beol)achtet haben ; indes kann ich seine Angaben nicht als be- weisend betrachten ^). § 2. Freilebende Wurzeln und Blätter, Übergang zwischen Blatt und Spross. Die einzelneu Organe des Pflanzenkörpers sind wir gewöhnt, uns in Verbindung miteinander zu denken, weil dies in der That das häufigste, d. h. den gewöhnlichen Lebensbedürfnissen entsprechende und von uns infolgedessen als ,,uormal" betrachtete Vorkommnis ist. Wir sehen bei den Vegetationsorganen z. B. Wurzel und Sproß mit einander verknüpft, und die Betrachtung der Regenerationserscheinungen hat uns gezeigt, daß die Wegnahme des Wurzelsystems oder des Sprosses vielfach eine Neubildung der verlorenen Teile zur Folge hat. Diesen Thatsachen stehen aber andere gegenüber. Es zeigt sich, daß unter besonderen Lebensbedingungen die Organe auch — wenigstens zeitweilig — für sich allein leben können. Allgemein bekannt und zugegeben ist das Vorkommen wurzelloser Sproße, die bei einigen freischwimmenden Wasser- pflanzen (Salvinia. Ceratopliyllum. Wasser-Utricularien etc.) auch bei Landpflanzen bei Übernahme der Wurzelfunktion durch Sproßachsen (Psilotum, Epipogon, Coralliorrhiza) oder Blätter (Geulisea. Polypom- pholyx, Land-Utricularien) vorkommen. Weniger beachtet ist dagegen das Vorkommen frei lebender, d. h. nicht einem Sprosse entspringender Wurzeln. Wir finden es bei einigen Saprophyten und Parasiten. Bei ersteren ist die saprophytische Lebensweise der Wurzeln off"enbar ermög- licht durch die Symbiose mit Pilzen. Sie sind dadurch von den assimi- lierenden Sprossen bis zu einem gewissen Grade unabhängig, und that- sächlich sind bei manchen, wie z. B. Monotropa, assimilierende Sprosse nicht mehr vorhanden. Untersuchen wir z. B. das Wachstum von Pirola (Monesis) uniflora^), so zeigt sich, daß die beblätterten Sprosse ^) Vgl. betreffs der morphologischen Verhältnisse BowEE. On the development and morphology of Phvllocrlossnni Drunimoudii. Phil. Transaetions of the Royal Society, 1885. ^) a. a. O., p. 41. ^) B. fand an der Basis neu gebildeter Wurzeln ein oder zwei „Blättcheu" und schließt daraus, daß ein Sproß nach Anlage eines oder zweier Blätter als Wurzel weiter gewachsen sei. Weder aiis dem Texte, noch aus den Allbildungen geht al)er hervor, daß diese ,, Blätter" Gefäßbiindel hatten, es ist also die Möglichkeit vorhanden, daß es blattähnlich gestaltete Teile ■des durchbrochenen Eindengewebes waren. •*) Vergl, iRMiSfH, Flora, 1855, p. G28 ff. ,/[,J2 Speciclle Organographie. aus einem im Boden befindlichen Wiirzelsystem entspringen. Sie sind von diesem, da sie selbst keine Wurzeln entwickeln, ganz ab- hängig (in der Nähe der Sprosse entspringt gewöhnlich ans dem Wurzel- system eine Seitenwurzel), und bilden auch keine Seitensprosse. Auch finden sich W^urzelsystenie, die otlfenbar jüngere Stadien darstellen und noch keine Sprosse entwickelt haben. Es ist die Keimung leider un- bekannt. Wahrscheinlich aber geht aus dem ungegliederten Embryo des keimenden Samens nicht wie sonst ein beblätterter und bewurzelter Sproßt), sondern unter Verkümmerung des letzteren nur ein saprophytisch lebendes W^urzelsystem hervor, an dem dann si)äter endogen Sprosse ent- stehen. Ganz ähnlich ist es auch bei der verwandten, aber keine Laub- blätter mehr besitzenden Monotropa. W^ährend die über den Boden tretenden Sprosse nach der Blütezeit absterben, perenniert das Wurzel- systeni und läßt in der nächsten Vegetationsperiode wieder neue Blüten- sprosse hervortreten. Diese selbständig lebenden Wurzelsysteme mit einem besonderen Namen zu bezeichnen -) halte ich aber nicht für er- forderlich, denn zweiffellos handelt es sich hier um ein in Verbindung mit der saprophytischen Lebensweise stehendes abgeleitetes Ver- halten, abgeleitet von dem normalen, bei dem wdr vielfach auch sproß- bildende (aber mit chlorophyllhaltigen Sprossen im Zusammenhang stehende) nicht selbständige Wurzeln kennen. Auch selbständig lebende Blätter giebt es. Zwar kann man die gewöhnlich in diesem Sinne aufgefaßten Kotyle- donen von Streptocarpus polyanthus und W^endlandii w'ohl kaum so be- trachten. Bei der Keimung entfalten sich zwei Kotyledonen wie bei anderen Streptocarpus-Arten. Einer bleibt an Größe l)ald zurück und verschwindet später, der zweite wächst zu einem großen Laul)blatt aus, aus dessen Basis später die Liflorescenzen entspringen. Hielscher '•^) hielt die letzteren für adventive Bildungen. Es ist aber — obwohl eine einwandsfreie entwicklungsgeschichtliche Untersuchung nicht vorliegt — Avahrscheinlicher, daß die Liflorescenz aus dem Ende der Hauptachse her- vorgeht, die sich zwischen beiden Kotyledonen zu einem Internodium streckt, welches später wie der Stiel des großen Kotyledon aussieht. Hierher kann man auch die Gestaltung des Vegetationskörpers der Lemnaceen rechnen. Man hat die flachen, aus einander hervorsprossenden Glieder dieser Pflanzen teils als Thallusglieder, teils — und dies ist die herrschende Anschauung — als (bei den meisten Arten) blattlose Sprosse aufgefaßt. Die blattähnlichen Gebilde sind aber, wde ich früher hervorhob'), offenbar wirklich Blätter. Man sprach ihnen die Blatt- natur ab, weil an der Basis eines alten Gliedes ein (bei AVolffia) oder zwei neue Glieder (Fig. 291) hervorsprossen, und man es für ein mor- phologisches Dogma hielt, daß ein Blatt nie aus einem anderen Blatte, sondern nur aus einem Sproßvegetationspunkt hervorgehen könne. Dies Dogma wird aber durch das unten zu erwähnende Verhalten von Utri- ') Denkbar ist natürlich auch, daß, wie Ikmisch annimmt, bei der Keimung ein Sproß entsteht, dessen Hanptwnrzel (oder einer ihrer Seitenäste) dann zu dem sjd roßbildend eu Wnrzelsystem wird. Die Analogie mit der Keimnng von Orobranche läßt mir aber die oben gegebene Annalime znnäehst wahrscheinlicher erscheinen, auch bei dieser wird der Haupt- sproß bei der Keimung ganz unterdrückt. -) Wie Velenovsky vorsehlägt in seiner Mitteilung „Über die Biologie und Morphologie der Gattung Monesis". Czeehisehe Akademie, Prag 1892. ") COHN's Beitr. zur Biol. der Pflanzen, 3. Bd., vergl. dagegen Fritsch, Über die Ent- Avicldung der Gesneriaeeen. Ber. d. deutschen bot. Gesellsch., 1894, p. 97 ff. ■*) S. II, p. 276. Ungeschlechtliche Gener:itioii der Pteridophyten und S;inicni)flaiizen. 443 Fig. 297. Lemna trir«nlca, frei i)räparierte Glieder. Yergr. / von unten, // von nl)en. W Wurzel. Im übrigen vergl. den Text. cularia und das von vielen monokotylen Embryonen über den Hänfen geworfen. An letzteren pflegen die ersten PJlätter zu entstehen, ohne daß ein sichtbarer Vegetationspunkt vorhanden wäre, und es liegt keine Nötigung vor, ihn als eigentlich vorhanden , nur nicht wahrnehmbar in den Embryo hineinzuglauben. Der Kotyledon, das erste Blatt, bildet sich ja auch nicht aus einem ^'egetations- körper. sondern einem Stück des Embryo. Ebensogut können auch spätere Blätter aus dem an der Basis anderer Blätter übrig blei- benden embryonalen Gewebe ent- stehen. Geradeso ist es auch bei Lemna und ihren Verwandten und zwar sprechen für meine Auf- fassung, wie ich früher hervorhob, namentlich folgende Gründe: 1) Pflanzen mit blattlosen Sprossen gehören sonst zu denen, welche Transpirationsherabsetzung „bezwecken" ; bei den teils im, teils auf dem Wasser lebenden Lemnaceen wäre dies ganz unverständlich. 2) Bei der Keimung entwickelt sich der Kotyledon von Lemna zum ersten „Sproß"glied, das mit dem folgenden im wesentlichen übereinstimmt, der Kotyledon aber ist das erste Blatt, folglich müssen die folgenden „Glieder'' auch Blätter sein, wenn man den vergleichenden Standpunkt nicht ganz verlassen will. 3) Das was man sonst, z. B. bei Spirodela, für Blattorgaue gehalten hat, hat mit Laubblättern kaum Ähnlichkeit und kann zwanglos als „Ligularbildung" aufgefaßt werden. Auf die Morphologie dieser merk- würdigen Pflanzen im einzelnen einzugehen, liegt hier kein Anlaß vor. An der Hand der Abbildung Fig. 297 sei nur darauf hingewiesen, daß die neuen „Glieder" bei Lemna paarweise auf der Oberseite der alten entstehen und in taschenförmige Wucherungen eingeschlossen werden. An der Basis jedes Blattes behält eine Gewebezone embryonalen Charakter, aus ihr gehen die Neubildungen hervor, ein eigentlicher Vegetationspunkt aber kommt nicht zur Ausgliederung. Wenn man nun auch nur den Teil eines Lemna-Gliedes, der oberhalb der Bildungsstelle von Seiten- gliedern und Wurzeln steht (F Fig. 297), als Blatt, den unterhalb derselben als Sproßachse {S Fig. 297) bezeichnen wollte, so würde man dadurch die Thatsache nicht aus der Welt schaffen, daß die beiden nicht von- einander abgegliedert sind. Nach unserer Auffassung behalten also die Lemnaceen ein Verhalten bei, das sonst nur bei Keimpflanzen sich findet, ähnlich wie Phyloglossum, wie wir sahen, eine Organbildung in seinen Knöllchen aufweist, die bei Lyc. inundatum und L. cernuum auf die Keim- pflanzen (und die sich ähnlich verhaltenden bei L. inundatum beobach- teten ,,Adventivsi)rosse") beschränkt ist. Diese Auffassung scheint mir der- zeit die natürlichste, mag sie auch der alten Morphologie als eine — wie anderes am besten tot zu schweigende — Ketzerei erscheinen. Mehrfach wurde erwähnt, daß das Verhalten von LTtricularia für die allgemeine Betrachtung der Organbilduug von besonderem Interesse sei, weshalb dasselbe hier etwas näher erörtert werden muß. 444 Specielle Organographie. Utricularia gehört zu der Familie der Lentil)ularieen, deren sämt- liche Gattungen Insektivorie betreiben. Pinguicula zeigt die ..normale" Gliederung des Yegetationskörpers der Samenpflanzen, Wurzel und be- blätterten Sproß. Die anderen Gattungen sind wurzellos. Die Funktion der Wurzeln wird bei Genlisea ^) durch die zugleich als Insekteu- falleu dienenden . höchst merk- würdigen Schläuche ersetzt, welche wie sonst die Wurzeln in das Sub- strat eindringen : ( vergl. Fig. 2':)H) es kann keinem Zweifel unter- liegen, daß diese Schläuche um- gebildete Blätter sind. Bei Po- lypomi)holyx und einigen (aber offenbar nur der Minderzahl) der auf dem Lande lebenden Utri- cularia-Arten findeu wir folgende Organbildung. Als Beispiel diene die von mir in Westaustralien ge- sammelte Utricularia Hookeri -) (Fig. 299). Aus dem Samen geht ein an seiner Spitze in einen Blütenstand übergehender radiärer Sproß hervor, der, abgesehen von den Blattgebilden der Blüten und der Hochldätter, folgende Organe trägt : 1) Laubblätter, 2) Schläuche, die als Tierfallen dienen, 3) lang- gestreckte aber uuverzweigte und schlauchlose, dünnen Wurzeln glei- chende Bildungen, wir wollen sie „Blatt wurzeln" nennen. Diese stecken wie die Schläuche im Sub- strat (feuchtem Boden), die Laub- blätter erheben sich über dasselbe. Hier ist also die bei Genlisea den Schlauch l)lätteru übertragene Dop- pelfunktiou (Tierfallen und Haft- organe , resp. Wasseraufnahme) auf zwei Organe übertragen, die Schlauchblätter und die Blatt- wurzeln. Beide stehen einander aber noch sehr nahe, beide sind umgel)ildete Blätter, die Stiele der Schläuche gleichen sehr den Blatt- wurzeln und nicht selten findet am Ende langgestreckter Blattgebilde, die man zunächst für Blattwurzeln zu halten geneigt war, noch Schlauch- Fig. 298. Genlisea violacea. 1 Keimpflauze mit 3 Blättern, vergr., P, erstes Laiibblatt, S Schlaiichblattaulage , V Yegetationspimkt. Wh AVurzelhaare. 2 Ältere Keimpflanze etwa 3mal vergr. Sie hat außer einer Anzahl Laiibblätter 2 Schlauchblätter 6^, aus Äj gebildet, die in den Boden eingedi-ungen sind. Jf terminale Inflo- rescenz. S Dieselbe Pflanze (nat. Größe) si^äter. an der Basis der ersten Inflorescenz hat sieh eine zweite gebildet. 4 Stück einer Inflorescenz mit vegetativem Sproß, die zweiarmigen jungen Schlauchblätter nach unten gerichtet. ^) Vergl. GOEBEL, S. II und zur Biologie von Genlisea, Flora, 1893, 77. Bd., ]>. 208. ^) Derartige einfach organisierte Utricularien waren mir bei meinen friiheren Unter- suchixngen nicht bekannt. Die Gestaltuugsverhältnisse von Utricularia wurden geschildert in Flora, 1889 (der Aufbau von Utricularia) und ..Morpholog. und biolog. Studien" (Anuales du jardin botanique de Buitenzorg, Vol. IX und S. IL Ungesohlochtliche Gononition clor rtcridojihyton uud Samenpflanzen. 445 wurzeln statt M (siehe Fi.u'. '2W). Uml)il(Uing von Blättern zu Schläuchen tinden wir auch sonst vielfach, sie ist also nichts Besonderes. Blatt- wurzeln sind allerdings sonst nicht bekannt, aber sie unterscheiden sich iininerhin nicht sehr auffallend von den B 1 ä 1 1 e r n der Utric. Hookeri: sie behalten das auch bei diesen zunächst (wenngleich nur ganz kurz) vor- handene Spitzen Wachs- tum länger bei und bleiben — wie dies bei nicht an das Licht tretenden Organen ja auch sonst bekannt ist — schmäler als die Laubblätter. Bei an- deren Arten von Utri- cularia aber sehen wir die den Blattwurzeln entsprechenden Or- gane zu unbegrenzt wachsenden Aus- läufern entwickelt, die Blasen, Laubblätter "-), Blütenstände und an- dere Seitenprosse ent- wickeln ; sie verlieren so den Blattcharakter vollständig. Sehen wir z. B. die in Fig. 300 abgebildete Utr. aifinis an, so finden wir an der Basis der Infiore- scenz hier keine Laub- blätter mehr vor. son- dern nur den Blatt- wurzeln entsprechende Organe (K) , sowie Ausläufer, die Blätter (6) entwickelt, und sich verzweigt haben. Die Blattwurzeln können in Ausläufer Übei"- Fig. 299. Utrieiilarla Hookeri. Blühende Pflanze, deren unter- gehen und zwischen iidisdie Teile frei präpariert sind. Dreimal vergr. (im Schaft ^fpcpn iincl rlm-. T oiiK ^in 3 cm langes Stück ausgelassen), Z Laubblätter (punktiert), ü esen untl aen l.aUO- g gehläuehe, R Rhizoiden (Blattwurzelm, Sj junge Schläuche blättern giebt es bei am Ende von Rhizoiden, bei X abgebrochene Enden. 'i Auch bei Utricularia vulgaris treten (bei der Keimpflanze I die Schläuche gelegentlich am Ende eines Primärblattes auf (s. die Abbildung in S. II, Fig. 43 auf p. 941). ■-) Diese kehren der Spitze des Ausläufers ihre Unterseite zu, und dementsprechend stehen auch die Acliselsprosse dieser Blätter auf der der Ausläuferspitze abgewendeten Seite, also ein Verhalten, das dem an Sprossen sich findenden entgegengesetzt ist. 44G 8pecielle Orgaiiograi)liie. mancheu Arten alle Übergänge, wofür ich früher zahlreiche Beispiele augeführt habe. Die Blätter sind überhaupt durch ein staunens- wertes Reproduktionsverniögen bei manchen Arten ausgezeichnet, Aus- läufer, ja selbst neue Blätter können aus den Blättern entspringen (Fig. 300 T), die Ausläufer ihrerseits können sich zu krallenähnlichen Haftorganen, z. B. Utr. neottioides, und zu knöllchenförmigen Wasser- speichern gestalten, kurz es ist das gewöhnliche Schema der Organbildung hier ganz über den Haufen geworfen. Die Betrachtung der Keimung aber und der entwicklungsgeschichtliche Vergleich haben den Ausgangspunkt Fig. 300. /Utric. coenila, (vergr.) Blatt (b^), aus dem ein Ausläufer und ein zweites Blatt (b„) hervorgesproßt ist. II Habitusbild von Utr. affiuis (vergr.), 1)lühcnde Pflanze (die Blüte etwas verbogen), der unten die Samensehale noch ansitzt [S], Laubblätter sind an der Basis der Inflorescenz nicht mehr vorhanden, sondern nur beblätterte Ausläufer und „Ehizoiden" K. aller dieser wunderbar mannigfaltigen Verhältnisse erkennen lassen. Die Keimpflanzen (denen wir bei der Frage nach den Kotyledonen wieder be- gegnen werden) haben auch bei den meisten untersuchten Arten das Verhalten beibehalten, das z. B. Utr. Hookeri zeitlebens zeigt, d. h. hier stehen die Schläuche als umgebildete ganze Blätter an der Hauptachse, während wir sie bei vielen anderen Arten auch an den Blättern antreften. Auch die an den KeimpHanzen entstehenden Ausläufer gleichen zunächst den „Blattwurzeln", später verzweigen sie sich dann in der oben er- wähnten Weise. Die Gründe, welche uns die so verschieden gestalteten, oben be- sprochenen Organe der Land-Utricularien als „Blätter" erscheinen lassen, sind kurz folgende: 1) Für die Blasen ergiebt sich die Blattnatur sowohl aus dem Vergleich mit Genlisea, als aus der Keimungs- und Entwick- lungsgeschichte (sowie aus gelegentlichen Übergangsformen zwischen Uugeschlcchtlifhc Generation der Pteridoiiliyten und Sanicniiflanzen. 447 Blasen und Primärblättern ^). 2. Für die Ausläufer sahen wir, daß sie in verschiedener Ausstattung auftreten. Wir linden alle Übergänge zwischen Laubblättern und Ausläufern (so l)ei ütr. longifolia, bry()i)hila. coerulea u. aj. o) Blätter und Ausläufer stimmen in ihrer Stellung am Keimsiiroß überein, wir sehen ferner, daß selbst statt der \'orblätter der Blüten und der Deckblätter an den Intlorescenzen Ausläufer auftreten können, daß also über die Art, wie die Organbildung dieser Utricularien zustande gekommen ist. kein Zweifel bestehen kann. Die bisher besprochenen Utricularien sind in der europäischen Flora nicht vertreten, hier finden sich nur im Wasser lebende Formen, mit langen, Hütenden, zweizeilig beblätterten „Sprossen". Die vergleichende Betrachtung ergab, daß die Wasser-Utricularien abgeleitete Formen dar- stellen, deren Keimsproß sich nicht weiter entwickelt (bei den Landformen wird er zur InÜorescenz), während ein Ausläufer zum „Sproß" heran- wächst, und Blütenstände, Seitenzweige u. s. w. hervorbringt, es ist das- selbe Gebilde, das wir bei den Land-Utricularien aus den „Blattwurzeln'" resp. Blättern sich haben hervorbilden sehen. Zugleich bieten die Wasser- Utricularien das auft'allendste Beispiel für ein freilebendes Blatt , das freilich die Eigenschaften des gewöhnlichen Blattes ganz abgestreift hat. Dieses höchst merkwürdige Beispiel eines „Organ-Proteus", wie Utri- cularia ihn darstellt, scheint mir mit den Ernährungsverhältnissen zusammen- zuhängen. Ich meine das nicht so, daß die Mannigfaltigkeit der Orgau- biklung etwa direkt durch die Ernährungsverhältnisse bedingt wäre. Wohl aber wird Utricularia durch ihren Tierfang vom Substrat unabhängiger gemacht, sie kann sich, wenn der Ausdruck gestattet ist, erlauben, ihre Phantasie walten zu lassen, wie etwa ein reicher Mensch dies thut. Die Einfälle des Armen aber w-erden — ebenso wie die der gewöhnlichen Pflanzen — von der eisernen Schere der Lebensbedürfnisse kurz gehalten. Ich hatte früher-) für die Podostemeen, eine Gruppe von Wasser- pflanzen, darauf hingewiesen, „daß die große Mannigfaltigkeit in der G-e- staltung des Vegetationskörpers nicht auf eine Anpassung sich zurückführen läßt, sondern darauf, daß an einem, pflanzliche Mitbewerber und viele tierische Feinde ausschließenden Standort, die durch den „Gestaltungstrieb'' entstandenen Formen sich größtenteils erhalten konnten". Bei Utricularia sind es nach dem Obigen nicht die Standorts-, sondern Ernährungsverhält- nisse, die eine freiere Entfaltung des ,, Gestaltungstriebes" ermöglichen. Dazu kommen natürlich die „inneren" Faktoren, namentlich das verhältnismäßig lange andauernde Spitzenwachstum der größeren Utricularia-Blätter, welches eine Weiterentwicklung derselben begünstigt. Daran schließen wir einen weiteren Fall der Umwandlung von Blättern in Sprosse an, wie er bei Farnen sich findet, deren Blätter ja auch durch lange dauerndes Spitzenwachstum ausgezeichnet sind. Es scheint das Vorkommen dieser L^mwandlung gar nicht so selten zu sein. Nach- ^) Wenn man von Genli?;ea ausgeht und damit Ff)rmou, Mie Polyponipholyx ^owie Utri- cularia Hookeri vcrglciclit, wo Übergänge zwischen Bhiscn uud Ausläufern sich finden, so könnte mau zu der Ansieht gelangen, daß die Stufen der Umbildung folgende waren. 1) Beblätterte Pflanze mit "Wurzeln (Pinguicula). 2) Ein Teil der Blätter bildet sich zu in den Boden eindringenden Schläuchen aus, die Win-zeln verkümmern als nutzlos gewordene Organe. 3) Die Stiele der Schläuche ))ilden sich teilweise zu Blattwurzelu aus, unter Hemmung resp. Yerkümmcnuig der Sclilauchlnldung (Utr. Hookeri, Polyponipholyx). 4) Die Blattwui-zeln werden zu Ausläufern, die Blätter und Schläuche bilden. *) S. II, p. 227. Ähnliche Anschauungen sprach neuerdings Reixke betreffs der inter- essanten Gestaltungsverhältnisse von Caulerpa aus. 448 Specielle Organographie. gewiesen ist es durch meine Untersnclinngen zunächst bei Adiantum p]dgeworthi. Hier wie bei einigen Aneimia — (z. B. A. rotnndifolia), Asplenium-Arten ii. a. finden wir den oberen Teil des Blattes ansläufer- artig verlängert und am Ende desselben die Anlage einer neuen Farn- pflanze (Fig. 302). Es ist klar, daß durch die Streckung des Blattes der auf dem Blatte gebildete ..Ableger" von der Mutterpflanze entfernt wird, ebenso wie etwa bei einem Erdbeerausläufer, wie bei diesem ist die an der Spitze des Farnblattes entstandene neue Pflanze auch schon mit Wurzelanlagen ausgerüstet. Die Frage ist, ob die neue Pflanze wirklich aus der Blatt spitze hervorgeht: die PMldung von Knospen auf Farn- blättern ist ja eine sehr verbreitete Erscheinung und so könnte hier (wie dies sonst auch geschieht) eine Knospe nahe der Spitze angelegt werden ^). Meine Untersuchungen veran- lassen mich, die P'rage zu bejahen. Die Fig. 301. Adiantiim Edgeworthi, Habitiisbild eines kuospcnbildeuden Blattes, b erstes , unabhäugig vom Stammscheitel entstandenes Blatt der Knospe, ^/j nat. Gr. ^ Fig. 302. Adiantum Edgeworthi, Entstehung der blattspitzenbürtigen Knospen, I — /Fstai'k, F schMach vergr. I Blattsiiitze von oben. Die Blattscheitelzelle hat sich diirch eine Querwand geteilt. X Stelle, an der das erste Blatt der Knospe entsteht. II Dieselbe Blattspitze Ton der Seite, / die seitliche Blattreilie, aus der sich sonst am Blatte die Fiederblättcheu ent- wickeln. III Oijtischer Längsschnitt durch eine Blatt- spitze, S die geteilte Scheitelzelle, b erstes Blatt der Knospe. IV Etwas älteres Stadium. T' Längsschnitt durch eine Blattspitze, S die von Spreuschuppcu umgebene Knospe, b erstes Blatt (scheinbar die Fort- setzung des Miitterblattes bildend). Blätter von Ad. Edgeworthi zeigen an ihrer Spitze eine zweischneidige Scheitelzelle-), welche zwei Reihen von Segmenten bildet. Es fand sich an freipräparierten Blattspitzen wiederholt ein Stadium, in welchem diese Scheitelzelle durch eine auf ihren gel)ogenen Seiten wänden rechtwinkelige Teilungswand geteilt war (Fig. 302 1, 2), dadurch entstehen 2 Scheitel- zellen, welche sich der Gestalt der dreiseitig-pyramidalen, wie sie bei vielen Staramscheiteln von Farnen sich findet, sehr annähern, eine der- ') Die Betrachtung des fei'tigeu Zustandes genügt also in lieiner Weise zur Bestimmung des Urspningsortes der Knospe. ^) Wie die Blätter anderer leptosporangiatcr Farne (vergl. den Abschnitt über Blatt- entwicklung). Ungeschlechtliche Gciieiatidn flanzen in einem besonderen Abschnitte be- handeln und wenden uns zunächst den morphologischen Erscheinungen zu. a) P t e r i d 0 p h y t e n. ci) Farne. Man ist oft geneigt, die Embryoentwicklung der Farne als ..typisch" für die übrigen Pteridophyten zu betrachten, indes mit Unrecht. Es darf bei Beurteilung des Farnembryos das — bis jetzt ganz vernachlässigte — biologische Moment nicht vergessen werden: Da im Prothallium nur verhältnismäßig (d. h. im Verhältnis etwa zu den Pro- thallien der Ophioglosseen- und der meisten Lycopodium- Arten) wenig ^) Die frühzeitige Anlegung dieses Blattes, das allen auf der Knosi)e stehenden voraus- eilt, ist biologisch verständlich : es wird früh gebraucht (weil es der Knospe Assimilate zuführt) und entsteht demgemäß früli. Man könnte es, wenn man nur ältere Stadien berücksichtigt (Fig. 302 .5), für die Fortsetzung des Blattes halten, an dem die Knospe entsteht. Es bildet sich aber zweifelsohne etwas seitlich von der ursprüntrlichen Blattsi)ilze. Goebel, Organographie der Pflanzen. oü 450 Specielle Orgaiiographie. Reservestoffe abgelagert sind, auch die Assimilationsthätigkeit der Pro- thallien ilirer Größenverhältnisse wegen keine sehr beträchtliche sein kann, so nniß die junge Farnpflanze früh schon selbständig werden. Dem entsi)richt. daß die einzelnen Organe sich früh voneinander sondern. Charakteristisch ist, daß am Embryo unabhängig voneinander ent- stehen: 1) die Stammknospe; 2) ein Kotyledon — so bezeichnet, weil er nicht wie die späteren Blätter aus der Stammknospe entsteht; 3) die erste Wurzel; 4) ein Saugorgan, „der Fuß" i), mittels dessen aus dem Prothallium, auch wenn der Embryo schon das Archegonium durchbrochen hat, Nährmaterialien in ihn übergehen können, auch dient er, ehe die Wurzel in den Boden eindringt, zur Befestigung des Embryos. Die Stellen des Embryos, wo diese Organe sich bilden sollen, lassen sich früh schon unterscheiden. Der Embryo (vergl. das Schema Fig. 304 I) zerfällt nämlich in S Oktanten, von denen einer die Stammknospe, zwei andere den Kotyledon (resp. ein dritter einen zweiten Kotyledon), einer die Wurzel, der Best das Haustorium liefert. Indes wäre es offenbar ein Irrtum, anzunehmen, daß schon mit den ersten Zellteilungen eine materielle Sonderung im p]mbryo eingetreten sei. Die regelmäßige Zell- teilungsfolge gestattet uns nur den späteren Ort der Organanlagen verhältnismäßig weit zurück- zuverfolgen. Zunächst aber ist der Embryo offen- bar noch (auch nach der Octantenbildung) aus wesensgleichen Zellen zusammengesetzt, in denen allmählich dann eine differente Ausbildung eintritt. Wie es scheint, stimmen damit im wesentlichen alle Filicineen überein, al)er schon bei den Marattiaceen stößt die Zurückführung der einzelnen Organe auf die Oktanten auf Schwierigkeiten und auch bei Botrychium ist sie nicht gelungen. ß) Bei Isoetes ist ein Stammvegetations- punkt nach der Ausgliederung von Wurzel und Kotyledon nicht wahrnehmbar, erst später tritt er deutlich hervor, es dürfte dies mit der wenig ergiebigen Blattproduktion der Keimpflanzen zu- sammenhängen. ;') Equisetum. Die Eml)ryoentwicklung schließt sich im wesentlichen an die der Farne an, charak- teristisch ist, daß auch am Embryo die Blatt- bildung zurücktritt, sie kommt (ähnlich wie bei einigen unterirdisch keimenden Lycopodien) we- sentlich nur als Schutz der Sproßsjjitze in Be- tracht. d) Lycopodinen. Hier gieljt es monokotyle und dikot3'le Embryonen. Erstere bei L. Selago. inundatum (Fig. 270, 3) und cernuum (nebst ver- wandten Formen), letztere z. B. bei L. clavatum, annotinum. Die Ver- schiedenheit dürfte insofern mit den Lebensverhältnissen, in Beziehung stehen, als die unterirdisch angelegten Keimpflanzen ihren Sproßscheitel ausgiebiger durch Blattbildung schützen, als die oberirdisch entstandenen. Fig. 303. S. denticiüata, B Keimjiflänzcben, welches außer den beiden Kotyle- donen noch 2 Blätter ent- wickelt hat mit der Makro- spore. Vergr. (Nach Bischoff, Lehrb.) ^) Es Märe besser diese Bezoichuuug ganz fallen zu lassen und nur von dem Haustorium zii s^irechen. Ungeschlechtliclie Generation der PtoiidojiliytiMi und Samenpflanzen. 451 Selaginella (Fiii. .')0;»J5) hat 2 Kotyledonen, die Embryonen von S. spinulosa haben nach Bruchmann kein Haustoiium („Fuß"). Alle untersuchten Lycopodineu besitzen an ihrem Eml)ryo einen Embryoträger (Fig. oü4 Et) und erinnern dadurch an die bei Sanieni)tlanzen so häufig sich ündenden Verhältnisse: die Zurückführung der Organe auf einzelne Zellen des jungen Embryos ist auch hier in den meisten Fällen unmöglich. b) Samenpflanzen. Es liegt nicht in meiner Absicht, hier eine Übersicht über die betreffs der Embryoentwicklung bekannt gewordenen Thatsachen zu geben. Es geschah dies vor einer Reihe von Jahren in der „Vergl. Entwicklungs- geschichte" ^), auf die um so mehr verwiesen sei, als etwas prinzipiell Neues seither nicht dazu gekommen ist. Es seien hier also nur kurz die hauptsächlichsten Erscheinungen hervorgehoben. 1 > Der Embryo der Samenpflanzen besteht in den typischen Fällen aus Wurzel und Sproß, letzterer mit einem oder mehreren Kotyledonen, dem Sproßvegetations- punkt und dem hypokotylen Stengelglied, in dessen "S'erlängerung die erste Wurzel angelegt wird. Die Anlegung der Wurzel kann in manchen Fällen (Gräser) so erfolgen, daß für das hypokotyle Stengelglied nichts mehr übrig bleibt. 2) Auch hier werden diese Organe unabhängig von- einander angelegt, die Kotyledonen also sind nicht am Sproßvegetations- punkt entstanden. Dieser tritt bei manchen Embryonen innerhalb des Samens ül)erhaupt noch nicht hervor, und ist bei manchen Monokotylen auch bei Bildung der ersten Blätter nicht als gesondert nachweisbar -) (vgl. die Bemerkung über Lemna p. 442). 3) Eine Zurückführung der Organgliederung auf bestimmte Teilungen im Eml)ryo ist höchstens für einige Fälle möglich, auch für diese aber gelten offenbar die oben für die Farne gemachten Bemerkungen, daß die wirkliche Organsonderung erst später eintritt, selbst wenn die Zellenanordnung erlaubt, die Stellen des Embryos, wo sie stattfinden wird, schon frühzeitig zu er- kennen. ,,Wir wissen im Grunde nicht viel mehr, als . . . daß ein Stück des Embryos, welches der Mikropyle zugekehrt ist, zur Wurzel wird, die Kotyledonen bei den Dikotylen (und Gymnospermen) seitliche Sprossungen des Embryos sind, während bei den Monokotylen der Kotyledon (aber nicht immer) apikal ist" (vgl. Entwicklungsgesch. p. 171). Dies ent- s^tricht der oben mehrfach vertretenen Anschauung, daß eine Differen- zierung der ursprünghch gleichen Zellen des Embryos erst allmählich eintritt. Orientierung der Organe am Embryo. Die Anordnung der Organe am Embryo, speciell die räumlichen Beziehungen von Wurzel, Kotyledon (resp. Kotyledonen) und Sproß- scheitel sind nicht bei allen Gefäßpflanzen dieselben. Die Frage, welche Ursachen, äußere oder innere, diesen Lageverhältnissen zu Grunde liegen, ist mehrfach aufgeworfen worden, nicht aber, soweit ich sehen kann, die, inwiefern die gegebene Anordnung zu den Lebensverhältnissen in Be- ziehung steht. Wir haben im allgemeinen Teile schon hervorgehoben (p. li^Sff.), daß äußere Kräfte beider räumlichen Anordnung der Teile des Embrvos nicht in Betracht kommen, hier sind deshalb die „inneren" M Schexk's Handbuch der Botanik, HI. 1. '^) Man kann ihn, wie ich a. a. O. licrvorhob, als zwar vorhanden, aber auf einige, äußerlich nicht hervortretende Zellen beschränkt betrachten, indes ist eine Nötigung zu einer -solchen Annahme nicht vorhanden. 30* 452 Specielle (')rganographie. Beziehungen hervorzuheben, darüber können wir, wie nachgewiesen ■werden soll, allgemein sagen: Wurzel, Sproß und Haustoriuni werden in der Orientierung angelegt, welche für ihre Funktion die vorteilhafteste ist. a) Pteridophyten. «) Formen ohne und jf) mit Embryoträger verhalten sich verschieden. Bei letzteren ist, schon durch das Vorhandensein eines Embryoträgers eine polare Differenzierung gegeben, das dem Embryo- träger abgekehrte Ende wird stets zum „Sproßpol". (() Am Farnembryo treffen wir als Organe, wie erwähnt, die Anlage des Sproßveuetationspunktes {S Fig. 3041), das Haustorium (i*^ Fig. 3042), den Kotyledon (Co Fig. 304 i), die Wurzel (TFFig. 304). Die Fig. 304 i), giebt ein Schema für die Lagerung dieser Teile. Die Archegonien stehen Fig. 304. Sehematische Zeichmingen für die Orientierung der Orgaue am Enihiyo, entworfen mit Benxitzung von Abbildungen von .Jeffrey fll), Bruchmaxn (Ilf), Pteffer (I]'J. I befruchtetes Arcliegonium eines isos])oren leptosporangiaten P^arns, .S' 8tainmscheitel, F Haus- torium (Fuß), Co Cotyledon, IF Wtirzel. // Botrycliium virgiuiannm, Prothalliunihingssehnitt, der ganze untere Teil des Embiyos wird zum Haustorium (f), die Wurzel II' und der Stamm- scheitel gehen aus de-r oberen HiQfte hervor. /// Lycopodium clavatum, ^/Embryoträger. IV Selaginclla, .4 Archegonien, // Hypokotyl. auf der Unterseite der Prothallien; es ist klar, daß das Saugorgan dem Prothallium, aus dem es seine Nahrung bezieht, zugekehrt sein muß. Die Wurzel wird den Archegoniumbauchteil am leichtesten durchbrechen, wenn sie nach unten liegt, der Stammvegetationspunkt müßte, w^enn er nicht schon nach oben hin angelegt wäre, durch Krümmungen diese Lage zu erreichen suchen. Der Kotyledon dient mit beim Durchbrechen der Kalyptra (d. h. des nach der Befruchtung herangewachsenen Bauch- teiles des Archegoniums resp. des ihm benachbarten Gewebes). Damit dürfte seine Lage gegenüber der Wurzel zusammenhängen; wie sich das Verhalten bei den horizontal schwimmenden Makrosporen der Marsilia- Ungeschlechtliche Generation der Ptend()i>hyten und Samenpflanzen. 453 ceen durch die „Drelibarkeit" der ersten Teilungswaiid des Embryos er- reicht wird, wurde p. 189 dar.uelegt. Vergleichen wir damit die Embryo- bihlung der Botrychiuin i) (Fig. 304//), so zeigt sich, daß hier Sproß und Wurzel aus dem oberen Teile des Embryos hervorgehen : würde die Wurzel nach unten angelegt, so müßte sie entweder Krümmungen ausführen, oder den knolligen Prothalliumkörper durchl)rechen. Ganz dasselbe sehen Avir bei Isoetes, dessen Makrosporen nicht horizontal, sondern aufrecht keimen (die Archegonhälse nach oben) ; auch hier wird Wurzel und Sproß im oberen Teil des Embryos augelegt. ß) Lycopodium. Beispiel: Lyc. clavatum und L. annotinum 2) (Fig. 304 ///). Der Embryo ist hier mit einem Embryoträger (Et) ver- sehen, wodurch polare Differenzierung gegeben ist. Er führt frühzeitig eine Krümmung aus, welche die Spitze nach oben bringt (vgl. unten Selaginella) : an einem älteren Embryo linden wir nach unten ein massiges Haustorium (/') (dorther müssen ja die Nährmaterialien kommen), nach oben die Stammknospe (Ä), seitlich die Wurzel (W). Die Stammknospe die sich aus der Erde herausarbeiten muß, ist hier von mehreren Blattaulagen bedeckt, die Wurzel wird verhältnismäßig spät angelegt, was mit der Thatsache in Verbindung stehen dürfte, daß das knollige, mit Reservestoffen reichlich versehene Prothallium dem Embryo erlaubt, ver- hältnismäßig lange unselbständig zu bleiben. Selaginella. Die Fig. 304 /F zeigt eine Keimpflanze, welche das von der dicken Schale der Makrospore umgebene Prothallium sowohl mit dem hypokotylen Gliede {H), wie mit der W^urzel (W) durchbrochen hat. Es geschieht dies an der Stelle, wo das dicke „Epispor'' der Makro- spore durch das Prothallium ge- sprengt ist. Die Anordnung gleicht jetzt einigermaßen der von Isoetes, aber ist in Wirklichkeit auf ver- schiedene Weise zustande gekom- men. Wie Fig. 305 zeigt, wurde der Embryo durch den Embryo- träger (ei) in das Prothallium hinab- geschoben, seine Spitze bildet den Sproßteil, sie krümmt sich, wie der mit emho bezeichnete Embryo in Fig. 305 zeigt, so daß sie die Durch- bruchstelle des Pi'othalliums durch die dicke Makrosi)orenhülle sj)m er- reicht. Die Wurzel (W) Fig. 304 wird verhältnismäßig spät angelegt, Avenn der Embryo schon (gegen den Embryoträger) fast in einem rechten Winkel umgebogen ist, dann aber so, daß sie sogleich in die für den D u r c h b r u c h günstige Lage gelangt, d. h. sie wird in annähernd horizontaler Richtung angelegt. Selaginella ist auch insofern von Interesse, als bei ihr (im Unterschied spm Fig. 305. Selaginella Marteusii. Weibliches Prothallium, aus der am Scheitel geöffneten Makrosporen membran sjym hervortretend, ar unbefruchtet gebliebenes Archegonium, eynb^, einh.2 zwei in das Prothalliumgewebe ein- gesenkte Embryonen mit den Embryoträgern et. Vergr. 124. Kombiniert nach Pfeffer (Lelirl).). ') Vgl. Jeffkey a. a. O. ') Vgl. BRrcHM.\xx a. a. O. A^A Specialle Örganographie. von anderen Pteridophyten) die Wurzel (wenigstens späterhin) ziemlich genau in die Längsachse des livpokotylen Gliedes fällt (Fig. 3035) eigentlich wird sie aber auch hier seitlich angelegt) wie ja auch eine Selaginella-Keimptlanze auffallende hal)ituelle Ähnlichkeit mit einem diko- tylen Keimling hat. b) Samenpflanzen. Dadurch, daß die befruchtete Eizelle am Embryosack festhaftet einer- seits, durch die hier meist eintretende Ausbildung eines Embryoträgers andererseits ist hier, wie bei den Lycopodinen von vornherein eine polare Differenzierung gegeben (vgl. p. 188 Anm.). Der der Anheftungs- j^telle — oder der Mikropyle der Samenanlage — abgekehrte Teil des Embryos wird stets zum ,, Sproßpol''. Die Wurzel entsteht in dem der Mikropyle zugekehrten Teil. Dies ist für sie auch insofern von A^orteil, als bei den meisten SamenpHanzen die W^irzel (inkl. Hypokotyl) bei der Keimung vorauseilt. Dazu bedarf sie Wasser. Die Mikropyle aber stellt nachgewiesenermaßen eine der Stellen der Samenschale dar, durch welche der Wassereiutritt am raschesten erfolgt. Die Einrichtungen zur Er- nährung des Embryos der Samenpflanzen werden, wie erwähnt, zusammen mit der Samenbildung besprochen werden, hier ist zunächst noch zu er- wähnen die Ges taltun g des Embryos im Samen. Bei den Pteri- dophyten geht die Entwicklung der befruchteten Eizelle gleichmäßig, d. h. nicht durch eine Ruheperiode unterbrochen, weiter. Bei den Sanieu- pÜanzen dagegen erfolgt mit wenigen, unten zu erwähnenden Ausnahmen früher oder später eine Unterbrechung der Embryoentwicklung, die erst bei der Keimung wieder aufgenommen wird. Die Ausbildung, welche der Embryo zur Zeit des Eintritts der Samenreife erreicht hat, ist eine sehr verschiedene, Sie bezieht sich einmal auf die Ausgliederuug (Art und Zahl der Organe des Embryos im allgemeinen) und dann auf die Um- bildungen, die mit der Ablagerung von Reservestotfen im Embryo ver- knüpft sind. a) Ausgliederung des Embryos. Als einen ,, normalen'" Embryo können wir den bezeichnen, der aus Wurzel und Sproß (mit Kotyledon, resp. Kotyledonen, Sproßachse und Sproßvegetationspunkt, an welchem sich oft noch weitere Blattanlagen befinden) besteht. Damit ist der Embryo für die Keimung eingerichtet, abweichendes V^erhalten fordert unwillkürlich zu der Frage heraus: womit hängt es zusammen? 1 ) Unvollständige Embryonen. Bei einer Anzahl von Pflanzen ist der Embryo zur Zeit der Ablösung der Samen von der Mutter- pflanze ein ungegliederter Zellkörper, der als Hemmungsbildung zu be- trachten und dementsprechend klein ist. Bei diesen unvollständigen Embryonen sind zwei Gruppen zu unterscheiden : bei der einen bleibt die unvollständige Ausbildung des Embryos erhalten während der ganzen Ruhezeit des Samens, also bis zur Keimung. Hierher gehört eine Anzahl Saprophyten und Parasiten, aber auch eine Anzahl anderer Pflanzen. Bei der anderen Gruppe dagegen dauert die Hemmung in der Embryonalentwicklung verhältnismäßig kurze Zeit, der Embryo entwickelt sich im abgefallenen Samen weiter, es tritt, ähnlich wie bei künsthch von der Mutterpflanze abgelösten Samen, eine Art „Nachreife"' ein. Es möge die letztere Gruppe zuerst besprochen werden, weil sie dem gewöhnlichen Verhalten sich näher anschließt. rngeschlechtliclie Generation der Pteri(loj)hyteii luul Sameni)flanzeu. 455 Um zu ermitteln. Avie weit es sich um eine biologische Gruppe han- delt, seien zunächst die Einzelfälle aufgezählt : Dikotylen. R a n u n c u 1 a c e e n. Über den Embryo von Eranthis hiemalis sagt kurz Baillon ^j, „ces graines sonst conmies, depuis longtemps, comme ne renfermant pas d'embrj'on a leur maturite". Wie verhält es sich damit? Daß kein nachweisbarer Embryo im reifen Samen vorhanden sein sollte, ist von vornherein sehr unwahrscheinlich. Thatsächlich ist der Embryo im reifen Samen ein Zellkörper, wie wir ihn bei anderen Eanun- culaceen und sonstigen Dikotylen in dem der Anlegung der Kotyledonen vorausgehenden Stadium antreffen, d. h. der Embryo ist nicht mehr ganz kugelig, sondern in seinem vorderen Ende etwas abgeflacht. Durch seine Kleinheit kann er bei oberflächlicher Untersuchung leicht übersehen werden. Ganz ähnlich verhält sich Ranunculus Eicaria. Eine Beschreibung des Ficaria-Embryos zu geben, ist aber überflüssig, da dies schon von Hof- meister -) und Hegelmaier ^) geschehen ist, Ersterer giebt an, daß der Embryo völlig ausgebildeter Samen von kugeliger Gestalt sei, letzterer, daß er in dem sonst der Anlegung der Kotyledonen vorausgehenden Stadium verharre: es gelang ihm nicht, Samen im Zimmer zur Weiterentwicklung zu bringen, im Freien ist dies aber nicht selten der Fall (vgl. Irmisch, Beitr. zur vergl. Morphol. der Pflanzen I, Eanunculus Ficaria, Halle 1854). Interessant ist das Verhalten innerhalb der Gattung Anemone'^). Der Embryo ist hier bald dikotyl, bald akotyl (letzteres in den Sektionen Sylvia und Hepatica). Es schwanken aber die Größen- und Ausbildungsverhältnissc des Embrj-os selbst bei einer und derselben Pflanze, bei An. trifolia finden sich gelegentlich die Kotjdedonen angedeutet. Meist aber ist der Embryo ein kugeliger, ungegliederter Zellkörper, so bei An. nemorosa, ranunculoi'des, Hepatica (die Pulsatillen haben einen kleinen dikotylen Embryo). Die Keimung findet bei ihnen erst im Jahre nach der Samenbildung statt (die Wurzel durchbricht aber meist schon im Herbst das Perikarp). Fumariaceen. Was Corydalis cava ^) und solida'"'j anbelangt, so ist bekannt ^), daß der Embryo sich erst nach dem Abfallen des Samens (in welchem er als kleiner ungegliederter Zellkörper liegt) im Laufe des Sommers und Herbstes weiter ausbildet, eigentümlich ist, daß hier ebenso wde bei Pan. Ficaria und Anemone appenina (Janczeavski a. a. O.i nur ein Kotyledon am Keimling sich findet. Stylidiaceen. Die untersuchten Stylidium-Arten *) zeigen sämtlich ungegliederte Embryonen, ohne Andeutung von Kotyledonen und Wurzeln. Daß dasselbe Verhalten aiich bei einer monokotylen Pflanze sich findet. ^) Siir rembryon et la germiiiation des graines de rEranthis hyenialis. Bulletin de la Societe Linneenne de Paris, No. 2, Seance dn 6 Mai 1874. -) Pkixgsheim's Jahrb. I, p. 83. ^) Verdeiehende Untersuchung über Entwicklung dikodvlodeuer Keime. Stuttgart 1878. p. 27 ff. •*) .Iaxczewski, Etudes morphologiqucs sur le genre Anemone. Revue de botauique, T. lY, 1892. ^) Bischoff (Beobachtungen über den eigentümlichen Gang des Keimens und der Ent- wicklung der Knollen bei Corydalis cava) konnte in den ..reifen" Samen den Embryo nicht finden, erst gegen Ende August gewahrte er ihn. *) Irmisch, I'ber einige Fumariaceen. Abb. der naturf. Ges. zu Halle II, 1860. Hegelmaiek, Vergleichende Untersuchungen über Entwicklung dikodyler Keime. Stutt- gart 1878. ') Hofmeister, Prixgsheim's .lahrb. I, p. 83. *j BuRNS, Beitr. zur Kenntnis der Stylidiaceen (erseheint in Flora. 1900). 456 Specielle Organographic. ist schon vor 50 Jahren von Hofmeister angegeben, aber, wie es scheint, nicht weiter beachtet worden. Er sagt^) von Gagea arvensis : ,. der Embryo wird dadurch zu einem eiförmigen Zellenkörper. Wenn seine Aus- bildung so weit vorgeschritten ist, daß er in der RichUing seiner Längen- achse 24, in der seiner kleinen Achse 12 Zellen zeigt, so beginnen die Wandungen der Zellen des schon seit einiger Zeit ihn dicht umgebenden Endosperms die . . . Verdickungsschichten zu zeigen, die Zellen des Embryos füllen sich dicht mit körnigen Stoffen und werden saftlos ; die Samenreife tritt ein. Gagea liefert somit das interessante Beispiel einer Pflanze, von der wohl kaum gesagt werden kann, daß sie sich nur von organischen Stoffen ernähre . . . und deren Embryo, wenn auch aus mehr- Zellen zusammengesetzt, als der von Orchis, des stets nur zweizeiligen, nie über ^ln)o '" im Durchmesser haltenden Embryo von Monotropa nicht zu ge- denken, aus einer homogenen Zellenmasse besteht und der bei der Samen- reife keines der Vegetationsorgane f Endknospe, Würzelchen und Keimblatt) zeigt, welche der Mehrzahl der Phanerogameu zukommen." Die von mir untersuchten Samen von Gagea lutea reiften Ende Mai, zu welcher Zeit auch die Blätter schon nicht mehr lebenskräftig waren. Der Embr5ro, an welchem der obere Teil des Embryoträgers ansitzt, ist ein ovoider Körper, der in einem genauer untersuchten Falle eine Länge von 0,26 mm, eine Breite von 0,17 mm besaß. Im unteren Drittel läßt sich eine seichte Grube erkennen, welche die Lage des Sproßvegetationspunktes resp. die der sehr wenig hervortretenden Kotyledonarscheide bezeichnet. Die Ausbildung der Wurzel ist noch kaum angedeutet, der Embr3'o ist also zwar etwas mehr gegliedert, als nach Hofmeister's Angabe zu erwarten war, aber doch noch unfertig. Übrigens habe ich nicht untersucht, wann seine Weiterentwicklung eintritt. Von anderen Monokotylen seien genannt: Paris quadrifolia, deren Embryo Gärtner als kleinen ungegliederten Körper abbildet (der bei der Keimung sich normal entwickelt), Erythronium dens canis, von dem Irmisch (IV, p. 17) einen kugeligen, am Wurzelende etwas zugespitzten Embryo angiebt, ferner die Amaryllidee Hymenocallis speciosa, von der A.Braun 2) einen kugeligen Embryo von kaum ^/g mm Durchmesser beschreibt. Bei Crocus vernus fand ich vollständige Embryonen, die Kotyledonengrube ent- hält sogar die Anlage eines zweiten Blattes ; Scilla sibirica hat einen Embryo, der etwas weiter fortgeschritten ist, als der oben von Gagea be- schriebene, er hat eine tiefere Kotyledonarscheidengrube. Es linden sich eben, wie schon erwähnt, alle Übergänge von „vollständigen" zu unvoll- ständigen Embryonen, auch bei den ersteren wird ja übrigens vor der Keimung zunächst eine weitere Ausbildung der angelegten Organe ein- geleitet. Von Gymnospermen wäre hier zu erwähnen Ginkgo biloba und Gnetum. Bei Ginkgo hndet die Befruchtung und dementsprechend die Embryobildung erst im abgefallenen „Samen" statt, bei Gnetum Gnemon^j sind zu dieser Zeit zwar Embrj^oanlagen vorhanden, die sich aber erst später weiter entwickeln. — Ich führe diese beiden Fälle hier an, bemerke aber, daß ich sie für die folgende Erörterung außer acht lassen möchte, da eine ^) Die Entstehung des Embryo der Phanerogamen. Leijizig 18-1:9, p. 20. *) Über Polyeuibrvouie und Keimung von Coelebogvne. (Arch. der Berl. Ak. der Wissensch. in Berlin, 1860, p. 172. ^) Vgl. LOTSY, Contributions to the life-history of the Genus Gnetum. Ann» des jard. bot. de Buitenzorg, 2. Ser., Vol. I, p. 46 ff. und die dort aufgeführte Litteratur. Ungeschlec'htlicliL- Geueratiou der Pteridophyteii und Samenpi'lauzen. 457 Beziehung der Verzögerung der EniLryobildung zu den Lebensverhältnissen nur in der Heimat der betrefitenden Pflanzen aufgedeckt werden kann. Es dürfte aus den oben angeführten Beispielen hervorgehen, daß das besprochene Verhalten des Embryos kein zufälliges sein kann. JJher die Ursachen, welche es bedingen, wissen wir zunächst nichts. Es lassen sich verschiedene Vermutungen aufstellen. Die nächstliegende ist wohl, daß das Tenii)eraturoptiniuni für die Embryoentwicklung höher liege, als das für die Endospermbildung, wol^ei dann zwischen beiden noch korrelative Beziehungen in Betraclit kommen können. Man könnte an solche auch denken für das ^'erhältnis der Samenbildung zur Ablagerung von Reservestotfen in Knollen, Zwiebeln und Rhizomen der betreffenden Pflanzen, eine solche Beziehung ist zwischen Samenbildung und Reserve- stoffablagerung ja für einige Pflanzen festgestellt^). Aber da der Samen im Endosperm alle später für die vollständige Ausbildung der Embryo notwendigen Stoffe mit bekommt, so ist eine solche Beziehung wenig wahrscheinlich. Es fragt sich ferner, ob diese Embryobildung biologisch einiger- maßen verständlich ist oder nicht. Ich habe an anderem Orte -) betont, daß allerdings eine Beziehung zu äußeren Verhältnissen sich erkennen lasse. Es seien die meisten dieser Pflanzen „Frühlingspflanzeu mit kurzer Entwicklungsperiode ^), welche ihnen zur Zeit, wo noch wenig andere Pflanzen kräftig entwickelt sind, und im Walde die Belaubung der Bäume noch keine dichte ist, anderen Pflanzen gegenüber von Vorteil sein muß. Teleologisch betrachtet, ist es also für sie von Wert, auch die Zeit der Samenentwicklung abzukürzen. Sie geben dem Samen also zwar Endosperm mit, aber die sonst während einer längeren Zeitdauer an der M u 1 1 e r p f 1 a n z e erfolgende Weiterentwicklung ttndet hier im abgefallenen Samen statt". . . . Daß die langsame Entwicklung solcher Samen mit unvollständigen Embryonen bedingt, daß diese spät erst keimen, und zwar zu einer Zeit, die in die normale Entwicklungsperiode der Pflanze fällt ^), also günstige Keimungsbedingungeu darbietet, ist gleichfalls nicht außer acht zu lassen. Der Same von Eranthis z. B. keimt immer nur (günstige äußere Bedingungen vorausgesetzt) im Februai- oder März, er muß nach seiner Aussaat erst während der „Sameureife" das Entwicklungsstadium erreichen, das ihn zur Keimung befähigt. Ähnlich ist es bei den Anemonen : die mit voll- ständigen Embryonen ausgestatteten keimen nach wenigen Wochen, die mit unvollständigen erst im Frühjahr nach der Aussaat (vergl. oben). Indes möchte ich den erstangeführten Gesichtspunkt für den wich- tigeren halten. Denn einerseits können wir bei nicht wenigen Pflanzen beobachten, daß die Embryoentwicklung thatsächlich mehr Zeit beansprucht als die Endospermbildung, andererseits ist nicht abzusehen, welchen Schaden es einer Hepatica oder einem Leucojum bringen sollte, wenn seine (in diesem Falle mit vollständigen Embryonen ausgerüstete) Samen schon im Sommer nach ihrer Bildung keimen würden. Auch die Stylidien ') Vergl. die p. 183 augeführte Litteratrr. 2) S. 1, p. HS. "j Diejenigen Frühlingspflanzeu . welehe im Sommer m ich lange fortvegetieren (z. B. Chrysosplenium alternifi)Iium, Sympliytum bulbosum, Pulmonaria u. a.) uud auch ihi-e Samen langsam ausbilden, haben, soweit meint; Erfahrungen reiehen. Samen mit vollständig aus- gebildeten Emliryonen. *) Worauf auch schon HaI3EKI..\XI)T für P'.ranthis hinwies (Schutzeinrichtung der Keim- pflanzen, Wien 1877, p. 50). ^gg Specielle (^»i'ganographie. haben nur eine kurze Vegetationszeit vor der Trockeni)eriode und vielleicht werden sich bei anderen Pflanzen dieses und anderer (physiologisch) ana- loger Gebiete dieselben ^'erhältnisse auftinden lassen. Embryo bis zur Keimung unvollständig. Hierher gehören eine Anzahl von Pflanzen, die, soweit ich sehen kann, biologisch nur das gemeinsam haben, daß sie kleine Samen besitzen. So Juncus glaucus (vielleicht auch andere Arten dieser Gattung i). An aus reifen Samen herausgedrückten Embryonen zeigte sich , daß die erreichte Entwicklungshöhe (namentlich betreffs der "Wurzelanlage) nicht bei allen dieselbe war. Das Kotyledonarende läßt sich durch seine größeren Zellen und seine bedeutendere Dicke von dem unteren leicht unterscheiden, ein deutlich abgegrenzter Sproßvegetations- punkt war nicht wahrnehmbar, doch ist der Embryo, der hier schon seine ge- streckte Gestalt zeigt, weiter fortgeschritten als der der meisten Orchideen. Er ist hier bei unseren einheimischen Formen ein eiförmiger Zellkörper, an welchen keine Gliederung in Kotyledon, Stammknospe und Wurzel einge- treten ist, auch die „Meristeme" nur insofern vorhanden sind, als eine (wie es scheint, nicht immer scharf abgegrenzte) Dermatogenlage den Embryo überzieht. Dagegen hat Tket:b in Sobralia macrantha eine Orchidee auf- gefunden , bei Kotyledon und Stammknospe im Embryo w^enigstens an- deutungsweise vorhanden sind. Die Anlage einer Hauptwurzel dagegen findet sich am Embryo nicht, und auch bei der Keimung tritt sie, wie oben (p. 440) erwähnt, nicht auf, es schwillt der untere Teil des Embryos (der nicht in hypokotyles Glied und Wurzel differenziert ist) knollig an, und befestigt sich in der Erde durch eine Vielzahl von Wurzelhaaren, während aus dem apikalen Teil der Kotyledon hervorgeht. Ganz ähnlich verhalten sich die untersuchten epiphytischen Orchideen und abweichende Angaben über Erdorchideenkeimung scheinen mar insofern nicht beweisend, als , wenn der apikale Kotyledon relativ klein , das untere Ende des Embryo dagegen groß und angeschwollen ist, leicht der Anschein ent- stehen kann, als entstände die Stammknospe terminal, wie das auch mehr- fach angegeben ist. Offenbar ist also der Orchideenembryo als eine einfache Hemmungsbildung des gewöhnlichen monokotylen Embryo zu betrachten, dessen apikaler Teil sich weiterhin zum Kotyledon entwickelt. Die Orchideen gehören meist zu den „Humusbewohnern"; auch dikotyle Saprophyten zeigen eine ähnliche Reduktion des Embryo, so die Pirolaceen, die saprophytisch lebende Gentianee Voyria u. a. Bei Monotropa ist der Embryo nur neunzellig '). Die Keimung der Samen dieser dikotylen Sapro- phyten ist nicht bekannt, sie erfolgt offenbar nur bei Gegenwart ganz be- sonderer Bedingungen, namentlich wahrscheinlich des Pilzes, den man in den Wurzeln der betreffenden Pflanzen als ständigen Symbionten findet. Die Kleinheit der Samen erlaubt deren eine größere Zahl mit demselben Materialaufwand zu bilden, und so wird die Wahrscheinlichkeit, daß einer der Samen in günstige Keimungsbedingungen gelangt, erhöht. Ganz Ahn- liches treffen wir bei vielen Parasiten. Es ist mit dem Parasitismus eine UnVollständigkeit in der Ausbildung des Embryo nicht notwendig ver- bunden, denn die parasitisch lebende, aber chlorophyllreiche Mistel ent- wickelt einen großen und wohl ausgebildeten Embryo. Ebenso die chloro- phyllose Lathraea. — Auch bei der schmarotzenden Cuscuta ist der Embryo ') Analog verhält sich ferner Cladium Mariscus, vergl. DiDRiCHSEN, Om Crperaceens, Kim II (Botanisk tidskrift, Bind 21, 1897 — 98), auch Sehoenus nigricans hat einen ähnlichen Embryo. '^) Yergl. Koch, Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. 8. Ungeschlechtliche Generalien der rteridoiihyteii uiul Sainen]>flanzen. 459 noch ziemlich groß und lang, allein die Hauptwurzel ist unvollständig aus- gebildet, es fehlt gewissermaßen ein Stück der Wurzelspitze samt der Wurzelhaube , die Wurzel erscheint nach unten hin nicht abgeschlossen. Sie bedarf einer höheren Ausbildung nicht, da sie bei der Keimung nur kurze Zeit in Funktion ist, so lange nämlich, bis es der Keimpflanze ge- lungen ist, eine Pflanze zu erreichen, auf welcher sie mittels ihrer Saug- organe (Haustorien) sich befestigt, dann stirbt die Wurzel und der ganze unterer Teil der Keimpflanze ab und dieselbe lebt auf ihrem Wirte, ohne mit dem Boden in Berührung zu stehen. Noch weniger ausgebildet ist der Embryo von Orobanche ^). Der Embryo wird ganz wie ein gewöhnlicher dikotyler Keimling angelegt, bleibt aber auf einer frühen Stufe stehen und repräsentiert im reifen Samen nur einen ungegliederten Zellkörper. Ahnlich hei anderen Parasiten, Balano- phoren und Rafflesiaceen. Von nicht saprophytisch lebenden Pflanzen seien noch die Utricularien erwähnt. Der Zusammenhang der Embryogiiederung mit den Lebensver- hältnissen ist noch unbekannt. AVir wissen nar, daß die Ausrüstung des Embryo im reifen Samen eine auffallend verschiedene bei den verschiedenen Arten ist : Utricul. reniformis -j und Humboldti sind schon innerhalb des Samens mit grünen Blattorganen ausgerüstet, die Embryonen scheinen keine Ruheperiode im Samen durchzumachen, sondern sich den unten zu er- wähnenden viviparen Pflanzen zu nähern. Das andere Extrem zeigt z. B» Utr. montana, deren Embryo innerhalb des Samens noch keine Blattanlagen hat. Wieder andere zeigen solche in Gestalt sehr kleiner, bei der Keimung sich weiterentwickelnder Höcker (vergl. z. B. Utr. orbiculata, S. II, p. 146, Fig. 47), welche den übrigen Dikotylen darin gleicht, daß hier zwei Höcker am Embryo vorhanden sind, während namentlich die Wasser-Utricularien deren eine größere Zahl aufweisen, die Utricularien nehmen somit auch in Bezug auf die Ausstattung ihrer Embryonen eine sonderbare Ausnahme- stellung unter den Dikotylen ein, namentlich da hier die „Kotyledonen-' (wenn man von solchen überhaupt sprechen will) sich von den Primär- blättern höchstens durch ihre Stellung unterscheiden. 2) Embryonen „viviparer'' Pflanzen-'*). Daß die Gliederung, welche der Embryo innerhalb des Samens erreicht, mit den äußeren Lebens- bedingungen in enger Beziehung steht, zeigt sich namentlich bei den Pflanzen, die man als „vivipar" bezeichnet hat. Streng genommen sind darunter nur solche zu verstehen, bei denen der Embryo, ohne eine Ruheperiode durchzumachen, schon solange die Frucht noch an der Mutterpflanze ist, keimt. Dies ist der Fall bei den „Mangrove"-Pflanzen, speciell den Arten der Gattung Rhizophora, Bruguiera. Ceriops. Der Embryo dieser Rhizophoreen ist ausgezeichnet durch die starke Ent- wicklung seines keulen- oder stockförmig, bei manchen an der Mutter- pflanze über ^/g ra Länge erreichenden hypokotylen Gliedes. Die Kotyle- donen dienen nur als Saugorgane, welche dem Embryo die von der Mutterpflanze gelieferten Baustoffe zuführen. Der Embryo gewinnt durch seine Gestalt die Fähigkeit, sich in dem schlammigen Substrat rascher ') Koch, l'ljer die E^ntwickluns des Samens von (orobanche. Jahrl». für uisscnsch. Botanik. Bd. 11. «) S. II, p. 14-2. ^j Vgl. S. I, p. 113 ff., MO die idtere Litteratur angeführt ist. Eingehende neuere Untersuehnngeu Ijei Karsten, Die Mangrove Vegetation des malayiselien Archipels. Biblioih. botanica, Heft 22. 460 Specielle Organographie. Fig. 306 A. Ciyptoc'oryne ciliata. SameneutAvickluDg. 1 Läugsscbuitt durch eiue Samen- anlage mit Embryo. Das äußere Integument ist schon zu einem schwammigen Körjjer heran- gewachsen, der Embryo noch im Embryosack (Endosperm schraffiert). 2 Längsschnitt durch eine ältere Samenanlage. Der Embryo ist mit seinem Wurzelende (w) und dem Sproß- Vegetationspunkt (v) aiis dem inneren Integument herausgetreten. 3 Etwas älterer Embiyo im Längsschnitt. 4 Querschnitt durch einen Samen. Der Embryo bat zalilreiche Blätter. e. ^ Fig. 306 i?. Cryptoeoryue ciliata. Links Längsschnitt durch ' einen (noch nicht ganz reifen) Samen. Der Embryo steckt mit dem Kotyledon im Enil)ryosack, die Hauptwurzel W und die umfangreiche Stanimknospe haben sicli außerhalb desselben weiterentwickelt. Je äußeres Integument. Rechts älterer Embryo, der sich vom Kotyledon losgelöst hat. C Ausatzstelle des Kotyledon. Tl" Wurzel. Unffeschkchtliche Genoration der Pteiidoj)liyton und Samen]if]anzen. 4.Q\ befestigen zu können, als wenn er in demselben erst heranwachsen müßte, und dies ist. wie Karsten (a. a. 0., ]). 38) mit Recht hervor- hebt, für Pflanzen mit verhältnismäßig langsamer Entwicklung besonders wichtig; Samen von Pflanzen, die durch rasche Entwicklung ausgezeichnet sind, wie z. B. die von Sonneratia acida, zeigen die Viviparie nicht, die rasche Entwicklung wird durch reichliche Ablagerung von Reservest'ofl'en l)egünstigt M. Der Keimling der Mangroven fällt mit der Wurzelspitze nach unten in den Schlamm -) und bewurzelt sich hier sehr rasch (wobei dem Standort entsprechend das Wurzelsystem sich flach ausbreitet und eine Hauptwurzel nicht zur Ausbildung gelangt), Avicennia bildet insofern den Übergang zu den ..viviparen" Pflanzen, bei denen die Fruchtwand nicht an der Mutterpflanze durchbohrt wird' als bei ihr die Keimlinge bald von der Friichtschale umhüllt, bald ohne sie sich loslösen ; sie haben an ihrem Hypokotyl steife, nach oben ge- krümmte Haare, welche zur ersten Befestigung im Schlamme dienen. Die Embryonen von Aegiceras wachsen innerhalb der hornartig ge- krümmten Frucht aus der Samenanlage heraus und füllen den Innenraum der Frucht namentlich durch ihr langes Hypokotyl aus (Abbildungen S. I, Taf. V und bei Karsten a. a. 0.). Auch bei Monokotylen flnden sich ganz analoge Erscheinungen. So (abgesehen von Crinum) bei Cryptocoryne ^j. Die Samenanlagen dieser Aroidee haben zwei Integumente, von denen das äußere nach der Be- fruchtung zu einem schwammigen Gewebekörper heranwächst (Fig. 305 7, 2); in diesem findet die Weiterentwicklung des Embryo statt. Dieser tritt nämlich mit seinem unteren Teile (d. h. Stammknospe, Hypokotyl und Wurzel) aus dem inneren Integument heraus, nur der Kotyledon bleibt als Saugorgan im Endosperm stecken (Fig. 30ß B). Die Stamm- knospe wächst mächtig heran, sie erzeugt zahlreiche Blätter und ist nur von einer äußerst dünnen Samenschale umgeben. Sie löst sich vom Kotyledon leicht ab (Fig. 306 B, rechts) und ist nun zu rascher Weiter- entwicklung ausgerüstet. Die Viviparie in ihren verschiedenen Formen ist. wie ich früher darzulegen versucht habe, nur eine besonders ausgebildete Fox"m des bei Bewohnern feuchter Standorte weitverbreiteten Verhaltens, daß die Keime ohne Ruheperiode sich weiterentwickeln. Wir haben bei den Leber- moosen, deren Sporen schon innerhalb der Sporangien keimen (p. 329) und bei den zwei analog sich verhaltenden Laubmoosen (p. 346) darauf hingewiesen. Auch bei Farnen, die ständig feuchte Standorte bewohnen, sehen wir die Sporen auf sofortige Keimung eingerichtet und teilweise, wie bei den Hymenophylleen, die ersten Keimungsstadien innerhalb der Sporangien zurücklegen, während die Sporen von Bewohnern trockener Standorte auf eine Ruhei)eriode eingerichtet sind. Die Ernährung des Embryos der viviparen Pflanzen von selten der Mutterpflanze wird oflenbar durch das ständige A'orhandensein von Wasser erleichtert. Die eigen- artige Form, welche das Hypokotyl der Rhizophoreen besitzt, die Ver- ankerungseinrichtung der Avicennien u. a. aber sind besondere An- passungen an den Standort, der, wie wir sahen, vor allem eine rasche Befestigung im Substrate erfordert. 'J S. I, p. 139. ■) Manche gelangen auch in das Wasser, durch wclclics sie wcitergeschwemmt werden, auch von diesen kommen einige später meist zur Weiterentwicklung. ') Vgl. GOEBEL, Cryptocoryne, eine „lebendig gebärende" Aroidee. Flora, Bd. 83, 1897, p. 42(3. 462 Specielle Organogra2>hie. ß) Umgestaltung des Embryos durcli Ablagerung von Reservestoffen. Charakteristische Veränderung erfährt der Embryo, wenn in ihm während der Samenruhe größere Mengen von Reservestoffen ab- gelagert sind. Meist geschieht dies bei den D ik o ty 1 e n in den Kotyledonen : allbekannt ist ja die mächtige Entwicklung dersell)en (im Verhältnis zur Ausbildung von Sproß und Wurzel) bei Papilionaceen. Cupuliferen u. a. Gewöhnlich werden l^eide Kotyledonen gleichmäßig zur Ablagerung be- nutzt, bei Trapa (Abbildungen S. II. Taf. XXIV) ist es nur einer, der mächtig anschwillt, während der andere klein bleibt. Es ist von Interesse, daß sich diese Verschiedenheit auch in der Anlegung der beiden Kotyle- donen ausspricht^). Der eine größere entsteht terminal am Embryo, der kleinere an der Stammknospe seitlich und an ihr der kleinere. Wie früher (S. II, p. 374) er- wähnt, kann ich darin nur den Ausdruck der Thatsache sehen, daß ein Organ, das früher gebraucht wird, auch früher angelegt wird (und in diesem Falle auch in anderer Stellung) als ein rudimentär bleibendes. Bei manchen Dikotylen wird das hypokotyle Glied zur Ablagerung von Re- servestoffen benutzt ; in die- sem Falle pflegen dann die Kotyledonen nur wenig ent- wickelt zu sein, so daß sie in einzelnen Fällen sogar als fehlend betrachtet wur- den. Einige Beispiele seien angeführt, wobei wir die an anderer Stelle l)esprocliene Gestaltung der Embryonen mancher Ütricularia-Arten, die wir auch hier anschließen könnten, ül)ergehen. Guttiferen. In Fig. 307 ist die Embryogestaltung und Keimung von Xantho- chymus pictorius Roxb. ab- gebildet -). Wie der Längs- schnitt (Fig. 307 //) zeigt, sind die beiden Kotyledonen sehr klein , sie treten aber namentlich in der Flächenansicht (Fig. 307 III) deutlich hervor, befinden sich aber nicht genau an der Spitze des Embryos, sondern sind durch einen Auswuchs des hypokotylen Gliedes^) (a Fig. 307 II), der bei der Kei- ^) Vgl. GiBELLi e Ferkeeo, Ric'cix'lie di anatomia e morfologia intorno allo sviluppo del oTolo e seme della Trapa natans. Malpighia V, 1891. ^) Nach eigenen Beobachtungen; vgl. Planchon et Triana, ISIemoire yur la faniilh' des Guttiferes. Ann. des sc. nat., Serie 4, T. 16, wo auch die ältere Litteratur angetührt ist. ^) Dies tritt noch auffallender auf bei Lecythideen. Vgl. die Al)bildung des Keimlings von Eschweilera ol>tecta von MiERS, wiedergegeben von NiEDENzr (1. c), wo die Sproßachse scheinbar seitlich aus der Mitte des hypokotylen Gliedes entspringt. Fig. .307. Xanthoehymus pictorius Roxb. / Keim- pflanze (auf '/., der nat. Gr. verkleinert). Oben der Keimsproß, welcher nach einigen Niederblattpaaren 2 Laubblätter gebildet hat. h knollenförmig verdicktes liyjjokotyles Glied , a Auswuchs desselben , r Haupt- wurzel, r' ,,Adventiv"-Wurzel. II Embryo aus einem reifen Samen im Längsschnitt (^/^ nat. Gr.). co Kotyle- donen. Diese sind besser sichtbar in der (stärker vergr.) Oberansiclit in JII sowie dem noch stärker vergr. (nicht ganz medianen) Längs;;chnitt durch den ol)eren Teil des Embrvo in IV. rnu;eschlechtlicbe Generation der Pt<'ii(lo))hyten und F'amenpfliinzen. 4(53 iiiung über den Boden tritt und erurünt. später aber vertrocknet, zur Seite gedrängt. Die Wurzelanlage ist nur klein, sie entwickelt sich bei der Keimung weiter ; die Hauptwurzel wird in ihrer Entwicklung bald übertlügelt durch eine an der Basis des Keimsprosses gebildete ,,AdYentiv''-Wurzel, welche sich in die Verlängerung des Keimsprosses stellt und offenbar dem bleibenden Wurzelsystem den Ursi)rung giebt; es Avird so eine direktere und einfachere ^'erbindung des Sprosses mit dem Boden hergestellt, als wenn die Leitungsbahnen dauernd durch das (als Keservestotfbehälter dienende und später ausgeschaltete) hypokotyle Glied gehen würden. Lecythideen. Hier finden sich denen mancher Guttiferen einiger- maßen analoge Verhältnisse. Genau untersucht wurde die Embryobildung von Barringtonia Vriesei durch Treub M. Der Unterschied gegenüber Xanthochymus besteht hauptsächlich darin, daß nicht nur das hypokotyle Glied fleischig verdickt ist, sondei'n auch die Fortsetzung desselben nach oben, die sich aber bei der Keimung streckt. Dieser Teil der Sproßachse trägt einige unregelmäßig gestellte Schuppen -). deren 2 unterste einander nicht gegenüberstehen, so daß man sie kaum als Kotyledonen bezeichnen kann: sie sind weder durch ihre Stellung noch sonst vor den übrigen Schuppen ausgezeichnet: die Hauptwurzel kommt hier nach den Angaben von Treub nicht zur Entwicklung. Auch hier erfolgt wie bei den Xantho- chymus die Ablagerung der Reservestotfe in dem stark angeschwollenen centralen Teil der embryonalen Sproßachse. Der Embryo von Bertholletia excelsa wird in der neuesten Be- arbeitung'^) der Lecythideen als „ungegliedert" bezeichnet, was wohl dasselbe bedeuten soll, wie die Beschreibung desjenigen von Lecythis, von welchem angegeben wird, er bestehe nur aus dem ..Stämmchen", d. h. also er sei ein blattloser Körper (dessen Vegetationspunkt sich erst später zur Sproßachse verlängert). Die Untersuchung des Embryos ergab aber, daß er Blattanlagen besitzt, welche den Vegetationspunkt bedecken. Allerdings sind sie recht klein und deshalb bisher nicht beobachtet worden, aber auf dem Längsschnitt sind sie deutlich wahrnehmbar (Fig. oO-s)^). Es sind zwei kleine Schuppen {Cot Fig. 308 i). welche den Vegetations- punkt des Embryos dicht Itedecken, ob sie einander genau gegenüber- stehen, wurde nicht ermittelt. Weitere Blattanlagen (wenn man von kleinen, am Vegetationspunkt wahrnehmbaren Höckern absieht), wurden nicht gefunden. Das massige hypokotyle (Tlied speichert auch hier die Reservestoffe im „Mark" . welches dui-cli aus kleinen, langgestreckten Zellen bestehendes Gewebe (in welchem sich später jedenfalls Leitbündel differenzieren), von der Rinde getrennt ist (in der Figur durch die dem Umfang gleichsinnig verlaufenden Striche angedeutet). Die Wurzelan- lage (TU) ist nur sehr wenig ausgel)ildet. aber an der Zellanordnung kenntlich, Abbildungen nach zu ui'teilen, entwickelt sie sich bei der Keimung zur Hauptwurzel weiter. Es besteht bei den erwähnten Embryonen offenbar eine Beziehung (Korrelation) zwischen der geringen Entwicklung der Kotyledonen und der massigen Ausbildung der hypokotylen Sproßachse, eine Beziehung, ') Notes sur rembryon etc. Ann. des jard. bot. de Buitenzorg, Vol. 4, j). 101 ff. ^) Diese können naeb gelegentlicben Beobachtungen an einer anderen Barringtonia Achselsprosse entwickeln, ■«enn das Ende des Keimlings liescbädigt Avnrde. '') XlEDEXZr, in Exglee-Peantl, Natürliche Ptlanzenfamilien III, 7. ■*) Der Embryo liegt in einem dünuen. meist nur aus zwei Zelllageu geliildeteu Endos|icriu. 464 Si)ecielle ()rgauograi>hie. die auch bei manchen Kakteen hervortritt (vgl. S. I). deren Hypokotyl nanienthch als Wasserspeicher ausgebildet ist. Bei Monokotylen ist die Ablagerung von Reservestoffen bei den- jenigen Formen ausgeprägt, die einen ..großfüßigen Embryo'' (Embryo macropus) haben, dahin gehören namentlich die Potamogetonaceen, unter n Fig. 308. Bertholletia excelsa. / Längsschnitt (hneh den Emliryo, scliwach (3',., mal) vergr. Cot Cotyledonen, W Wurzelende. // der apikale Teil eines Emhiyos, im Längsschnitt stärker vergr. ; man sieht, daß die Kotyledonen noch von einer dünnen Endospormseliiclit überlagert sind. /// Kotyledonen von oben (schwäclier vergr. als //) ; der eine Kotyledon deckt den anderen. denen z. B. Zanichellia ein verdicktes hypokotyles Glied zeigt, an dessen Ende gewöhnlich die Anlage der Hauptwurzel sich l^efindet. Fig. 309 stellt einen anderen Fall dar, den Emliryo einer Posidonia, deren Früchte ich am Strande von Westaustralien massenhaft angeschwemmt fand. Das untere Ende des mächtig angeschwollenen Hypokotyls entwickelt hier keine Wurzel, eine solche {W Fig. 309) findet sich seitlich au der Kotyledonarbasis. Man wird zunächst geneigt sein, sie als eine Adventiv- wurzel zu betrachten, während die Hauptwurzel fehlgeschlagen war, viel wahrscheinlicher aber ist es, daß, die letztere, durch eine seitliche Wucherung des Hypokotyles verschoben ist, also die Hauptwurzel dar- stellt, dafür spricht die von Bornet untersuchte Entwicklungsgeschichte des Embryos von Phucagrostis, und das unten anzuführende Verhalten von Zostera. Ungoschlfchtliehe Genoiation der Pteriilopliyton und Samcniiflanzcii. 465 Dieselbe Frage, wie bei Posidonia, kehrt wieder bei I\ui)pia^),"iwo nach Wille die Aiihige der Hauptwurzel am unteren Ende des Hypo- kotyls nur durch wenige Zellteilungen angedeutet sein soll, während am Grunde der Kotyledonarscheide frühzeitig eine Seitenwurzel angelegt wird, die Ascherson-) wohl mit Recht für die zur Seite gedrängte Haupt- wurzel hält. Daß seitliche Auswüchse des hypokotylen Gliedes^) in der That bei makroi»oden Embryonen vorkommen, zeigt in merkwürdiger Ausbildung die Gattung Zostera. Hier entspringt der sich bei der Fig. 309. Embryo von Posidonia sp. ca. 3mal vergrößert. Fig. 310. Zostera mariua. / Querschnitt durch die Frucht (schwach vergr.), Co quer getroffener Kotylcdon, H Querschnitt durch das hypokotyle Glied, 31 durch den niantelförmigen Auswuchs desselben. // Junger Embryo im optischen Längsschnitt, Et blasenförmiger (aus einer Zelle bestehender) Embryoträger, Co Cotyledon, Jtf Auswuchs des hypokotylen Gliedes. Der Pfeil bezeichnet die Richtung, in ^velcher die Spitze des Embryos ver- schoben erscheint. /// Alterer, aber noch nicht fertiger Embryo, elienso stark vergrößert M'ie der von der Fläche gesehene Embn-o IV, dessen Mantel durch Quellung sich flacher ausgebreitet hat als im Samen. Keimung weiter entwickelnde Teil des Embryos scheinbar aus einem schildförmigen Körper, welcher in der Frucht gefaltet ist und den oberen Teil des Embryos einschheßt, vgl. den Querschnitt Fig. 310 J. Dieser macht eine starke S-förmige Krümmung, deren unterer Schenkel vom Kotyledon {Co) gebildet wird, der obere (dem schildförmigen Teile anliegend) stellt den oberen Teil des Hypokotyles dar (i/ Fig. 310 ij. Dessen unterer Teil hat den erwähnten schildförmigen Auswuchs gebildet, in welchem die Reservestolfe abgelagert sind. Wie mir gelegentliche Beobachtungen zeigten, findet beim Embryo sehr frühzeitig durch die Entwicklung des Auswuchses am hypokotylen Glied eine Drehung statt, ähnlich wie dies oben bei Lycopodium u. a. erwähnt wurde. In Fig. 310 // ist durch den Auswuchs J/ eine Drehung der Spitze des Embryos um etwa 90° erfolgt und der Kotyledon scheinbar nicht mehr terminal. Hofmeister, welcher zuerst die Entwicklungsgeschichie des Zostera-Einbryos untersuchte^), *) Vgl. \VlLLE, Om kimens udviklingshistorie hos Ruppia rostellata og Zannichellia palustris. Vidensk. Meddel. fra der uaturli. For. Kopenhagen 1882. '^) Englek-Prantl, Natürliche Pflanzenfamilien II, 1, p. 199. ^) Auch bei Dikotylen finden sie sich nach dem oben (p. 462) Erwähnten. ■*) Hofmeister, Die Entwicklungsgeschichte von Zostera. Bot. Zeit. 1852. Goebel, Organographie der Pflanzen. 31 4(36 Specielle Organograpliic. deutete den Em])ryo wesentlich anders: was wir als schildförmigen Aus- wuchs des Hypokotyles bezeichneten, faßte er als ,.Achse erster Ordnung'' des Embryo auf. Darin wird ihm wohl kaum mehr jemand folgen, es wäre aber wünschenswert, daß einer der modernen Mikrotom-Schneider die Entwicklungsgeschichte des Zostera-Embryos genau verfolgen würde. In seiner Fig. 28 ist wahrscheinlich die Krümmung der Enibryonalachse schon erfolgt. Die angeführten Beispiele werden genügen, um zu zeigen, in wie tiefgreifender Weise bei verschiedenen PHanzen schon der Embryo durch die Ablagerung von Reservestoffen in seiner Gestaltung beeinflußt werden kann. Prinzipiell liegt nichts anderes vor, als was bei vielen Sprossen im späteren Lebensalter eintritt: die Ablagerung von Pteservestoften in den Kotyledonen entspricht der Zwiebel, die im Hypokotyl der Knollen- bildung. "^ Auch die Thatsache, daß die Reservestotie in einem seitlichen Auswuchs des Hypokotyls abgelagert werden (welche oben für einige Monokotylen geschildert wurde), findet ihr Gegenstück bei manchen Si)roßachsen. II. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 1. Die IVurzel. § 1. Einleitung-, Als „Wurzel" bezeichnete man ursprünglich alle unterirdischen Teile höherer Pflanzen. Eine genauere Betrachtung zeigte aber sofort, daß unter diesem Sammelnamen Organe verschiedenen Baues und verschiedener Funktion zusammengeworfen waren. Als Funktion der „typischen" Wurzeln — d. h. derjenigen, welche am gewöhnlichsten sind, weil sie den am meisten verbreiteten Lebensbedingungen ent- sprechen — können wir die als Nähr- und als Haftorgane dienenden Er d würz ein bezeichnen. Organe analoger Funktion (mit Überwiegen der Bedeutung als Haftorgane) kommen auch bei niederen Pflanzen vor (vergl. z. B. p. 33 Fig. 14 und das über die Moose und Lebermoose Angeführte); sie sind aber von wesentlich einfacherer Gestaltung, eine Verschiedenheit, die verständlich Avird, wenn wir bedenken, daß erst die Gefäßpflanzen als die typischen Land pflanzen von bedeutenderen Größen- verhältnissen auftreten, bei denen demzufolge auch an die unterirdischen Organe ganz andere Anforderungen herantreten als etwa an die Rhizoiden eines Laubmooses, welche zur Unterhaltung eines eigentlichen „Transpira- tionsstromes" nicht geeignet sind und über die Gestalt verzweigter Zell- fäden sich nicht erheben (vergl. die Rhizoidenstränge bei Polytrichum u. a.). Auch bei den Gefäßpflanzen aber können die genannten Funktionen anderen Organen als den Wurzeln übertragen sein (p. 444) und vielfach finden wir dann die letzteren überhaupt nicht ausgebildet. Einige dieser Fälle mögen hier zunächst augeführt sein. 1) P t e r i d 0 p h y t e n. Farne. Bei einer Anzahl kleiner epiphytischer Hymenophyllaceen (von denen wir aber die EmbiToentwicklung noch nicht kennen) sind Wurzeln nicht aufzufinden. Es sind dies Formen, die sich fast alle durch ihre geringe Größe auszeichnen, die in Fig. 311 al)gebildete Art (rechts in natürlicher Größe) bleibt hinter vielen Moosen bedeutend zurück, die Leistungen , welche ihr Vegetationskörper auszuführen hat, sind dem- entsprechend auch keine beträchtlichen. Die Wasseraufnahme findet durch Einzfldarstelluni;- dor Vcgetationsor<,'ane. 467 die einscliiclitigen inätter statt, als Haftorgane genügen die ..Haarwurzeln" (einzellige Schläuche), welche an den Sproßachsen, vielfach auch an den Blättern sich finden. Wo die Blätter wurzellosei- Formen eine verhältnis- mäßig bedeutende Größe erreichen (wie hei Tr. Hildebrandti, vergl. die Abbildungen bei Giesexhagen, Flora, 7o. Bd., 1S90, Taf. XIV), sind besondere Einrichtungen vorhanden (hier das Anliegen der Blätter am Substrat), welche die Wurzelbildung auch hier als entbehrlich erscheinen lassen. Manche Formen, z. B. Trieb, membranaceum, haben auch statt der Wurzeln blattlose Sprosse entwickelt, welche die Funktion der Wurzeln versehen. Mettenius^) giebt eine Liste der von ihm wurzellos befundenen Trichomanes - Arten. auf welche hier verwiesen sei. Wahrscheinlich giebt es übrigens wurzellose Formen auch unter den kleinen Hymeuophvllum- Arten. Denn es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß wir es nicht mit ursprünglich, sondern mit durch Ptückbildung wurzellosen Pflanzen zu thun haben, dies geht deutlich hervor aus einem Vergleich des Ver- haltens einer Anzahl von Arten. Die größeren erdbewohnenden Trichomanes - Arten haben ein wohlentwickeltes Wurzelsystem, einige epiphytisch (im Moose der Baumstämme etc.) lebende haben verhältnismäßig wenig Wurzeln ; Mettenius führt an, daß er bei Trich. pedicellatum, Ankersii. muscoides unter Hunderten von Exemplaren nur ein einziges Mal eine Adventiv- wurzel gefunden habe. Ob die Keimpflanze der wurzellosen Trichomanes- Arten eine Wurzel l)esitzt, wissen wir, wie erwähnt, nicht. Die einzelnen Arten verhalten sich vielleicht in dieser Beziehung verschieden. Bei der sofort zu erwähnenden Salvinia unterbleibt die Anlage der Wurzel schon am Embryo, Salvinia ist in allen untersuchten Arten wurzellos, was man längere Zeit bei diesen schwimmenden Wasserpflanzen für Wurzeln hielt, sind eigentümlich geformte, in das Wasser tauchende Blätter, die im Gegensatz zu den ganzrandigen Schwimmblättern in zahlreiche Zipfel zerteilt sind. Unter den Lycopodinen sind Psdotum und Tmesipteris wurzellos: die Funktion der Wurzeln wird versehen durch blattlose Rhizome. Bei beiden Gattungen ist die Oberflächenentwicklung und offenbar auch die Transpirationsgröße der Sprosse eine verhältnismäßig geringe; bei Tme- sipteris, welche die größten Blätter besitzt, sind diese vertikal 2) Bei den Same n p f 1 a n z e n haben wir oben schon wurzelloser Formen unter den Lentibularieen kennen gelernt, sich, daß die (Gattungen Genlisea, Polypompholyx und Utricularia voll- ständig wurzellos sind, die Stelle der Wurzeln wird bei den Landformen vertreten durch eigentümlich umgeformte Blattorgane, bei den unterge- Fig. 311. Trichomanes Goebelianum, Giesen- HAGEX (nach G.), rechts iu nat. Gr., links vergr. Die Pflanzen sind wurzellos , zur Befestigung dienen Rhizoideu (einzellige Haarwurzeln), welche am Stämmehen, aus den Blattnerven, teilweise auch aus der Blattfläche entspringen. gestellt. Beispiele Es zeiste ^) METTEXirs, über die Hymenophyllaceen, Abh. der math.-physik. Kl. der Kgl. Sachs Gesellsch. der Wissensch., Bd. YII. Ol * 46g Specielle Organographie. taucht lebenden, frei schwimmenden Wasseifornien ist das Fehlen der Wurzeln ohnedies verständlich, da hier die Aufnahme gelöster Substanzen durch die ganze Körperoberfläche stattfindet und die Funktion des Haft- orsanes wegfällt. Demgemäß zeigen auch andere unter denselben Ver- hältnissen lebende Wasserpflanzen Wurzellosigkeit, nämlich Ceratophyllum und Aldrovandia ^), ebenso die gleichfalls untergetaucht lebende Lemnacee Wolffia Welwitschii -). Daß auch unter den auf dem Wasserspiegel schwimmenden Wolffien einige sehr kleine, wie W. arrhiza, wurzellos sind, ist leicht verständlich. Merkwürdigerweise sind auch bei einigen festsitzenden Wasser- pflanzen die Wurzeln verschwunden. So bei einigen (durchaus nicht allen) Podostemaceen ''), darunter solchen von beträchtlicher Größe, wie Rhvncholacis macrocarpa. Hier ist die Verkümmerung der Wurzeln da- durch ermöglicht, daß andere Haftorgane, die oben (p. 432) erwähnten Hapteren, gebildet worden sind, wo bei hapterenbesitzenden Podoste- maceen auch Wurzeln vorhanden sind, sind dieselben teilweise anderen als ihrer „typischen" Aufgabe dienstbar gemacht, z. B. der unge- schlechtlichen Vermehrung, andere werden unten zu erwähnen sein. Ferner sind wurzellos zwei saprophjtisch lebende Orchideen, Coralliorhiza innata und Epipogon Gmelini, die Wasseraufnahme durch die Rhizoni- sprosse genügt bei diesen nur mit Schuppenblättern versehenen Pflanzen. Die in Verbindung mit der saprophytischen Lebensweise erfolgte Rück- bildung der assimilierenden und transpirierenden Blattoberfläche hat hier also die Rückbildung der AVurzeln ermöglicht. Auch unter den Epi- phyten finden sich Beispiele: Tillandsia muscoides, bei welcher die Auf- nahme von Wasser (und damit gelösten Stotten) durch die Sproßober- fläche erfolgt und die dadurch, daß sie an ihrer Basis einen Baumast umwindet, den nötigen Halt erhält, ist wurzellos, bei der Keimung tritt Wurzelbildung hier noch auf, erlischt aber sehr bald. § 2. Charakteristik der Wurzel. Die organographische Betrachtung einer typischen Erdwurzel ergiebt 4 Regionen derselben : 1) Die Spitze, d. h. der von der Wurzelhaube bedeckte Vege- tation spunkt, 2) die auffallend kurze wachsende Region, 3) die von den Wurzelhaaren bedeckte, 4) die, in welcher die Wurzelhaare, die nur eine kurze Lebensdauer haben, schon abgestorben sind. Dies gilt für die einzelnen, annähernd cylindrischen Wurzelfäden, die Ausbildung des Wurzelsystems wird unten zu betrachten sein. Zunächst seien die einzelnen, soeben genannten Merkmale einer Besprechung unterzogen: 1) Wurzelhaube. Die biologische Bedeutung der Wurzelhaube bedarf keiner näheren Erörterung, jedermann weiß, daß sie einerseits das zarte Gewebe des Wurzelvegetationspunktes beim Vordringen im Boden zu schützen hat, anderseits durch die Verschleimung ihrer äußeren Zell- membranen das Eindringen erleichtert ^). Ebenso ist klar, daß der Be- sitz der Wurzelhaube das Korrelat zur Blattlosigkeit der Wurzel bildet, ') Die in den Büchern immer Aviederkehrende Angabe, daß auch Myriophylliim wurzel- los aei, ist irrig. Die austreibenden Wintei'knospen bilden lange Wurzeln. ') S. II, p. 277. ^) Vgl. die S. II, p. 330 ff. gegebene Darstellung und die dort angeführten Arbeiten Wakming's. ■*) Betreffs der sonstigen Bedeutung der Schleimbilduug vgl. S. II. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 469 unterirdische Sprosse schützen ihren Vegetationspunkt fast ausnahmslos durch Niederblätter, die als Bohrorgane oft in ausgezeichneter Weise entwickelt sind (Equisetum, Triticum repens), wo dies nicht der Fall ist (Rhizonisprosse von Psilotum, Tmesipteris), handelt es sich um besondere Lebensbedingungen: die betreffenden Pflanzen sind Epiphyten, deren Rhizome nicht in festem Boden, sondern zwischen den ,, Luft- wurzeln" der Baumfarne oder in lockeren, mulmigen Humusmassen lialb- saprophytisch leben ^). Es ist charakteristisch, daß in den zwei einzigen bekannten Fidlen, avo auch die Vegetationspunkte von Sproßanlagen mit einer als Bohr- und Schutzorgan dienenden Kappe von Gewebe — die wir ihrer Funktion nach mit einer Wurzelhaube vergleichen können — versehen sind, dies geschieht v o r dem Auftreten der Blätter. Strasburger liat gezeigt, daß bei Ceptolotaxus Fortunei und Araucaria brasiliensis der Scheitel der Embryoanlage nicht zum Vegetationspunkte des Embryos wird, der letztere bildet sich vielmehr im Innern der Keimanlage, während der nur als Bohr- und Schutzorgan dienende ursprüngliche Scheitel abgeworfen wird. Fälle, welche diejenigen anführen könnten, Avelche aus blattlosen Sproßachsen, mit Wurzelhauben versehene, hervor- gehen lassen wollen, womit aber die anatomischen Differenzen beider noch nicht erklärt wären. Die Bedeutung der Wurzelhaube wird auch erläutert durch das Verhalten einiger Wasserpflanzen, bei welchen die Wurzeln frei in das Wasser hinunterhängen, die Wurzelhaube also als Schutzorgan weniger in Betracht kommen kann, wobei freilich nicht zu vergessen ist. daß wir es hier mit Wurzeln begrenzten Wachstums zu thun haben, deren Scheitel den embryonalen Charakter bald verliert. Eine sich durch neugebildete Zellen beständig regenerierende Wurzel- haube wird damit mehr oder minder überflüssig, und dementsprechend unterliegt sie einer in verschiedenem Grade auftretenden Rückbddung; derartige Wurzeln sind dem Leben im Wasser vielfach so innig ange- paßt, daß sie im Boden nicht mehr normal zu w^achsen vermögen. Die Wurzeln von Lemna minor und L. trisulca, Azolla tiliculoides und Hydro- -charis morsus ranae (alles schwimmende Wasserpflanzen) zeigen z. B. in einem normal befeuchteten Gartenboden beinahe gar kein Wachstum -) — andere Wasserpflanzen, die nicht so ausschließlich dem Schwimmen angepaßt sind, werden wahrscheinlich plastischere Wurzeln aufweisen. Dem entspricht auch das morphologische Verhalten, das, wie ich früher 3) hervorhob, einen Übergang bildet zu den oben erwähnten Fällen voll- ständiger Verkümmerung. Einige Beispiele seien angeführt. Azolla ist eine schwimmende Hydropteridee, welche (im Gegensatz zu der verwandten, oben erwähnten Salvinia) zwei Reihen von Wurzeln auf der I^nterseite der Stämmchen besitzt. Das Scheitelwachstum dieser Wurzeln ist aber ein begrenztes, es bildet die Scheitelzelle der Wurzeln nur ein „Haubensegment" (statt zahlreichen, wie bei den übrigen Pteri- dophyten). Wenn die Wurzel ausgewachsen ist, wird die Haube abge- worfen. Die Oberflächenzellen (auch die Scheitelzelle) wachsen zu ^) Für Psilotnm triquetrnm hat SoLMS-LArBACH außerdem nachgewiesen, daß bei einer Beschädigiing des Scheitels eines Rliizomsprosses entweder seitliehe Anlagen auswachsen, oder sich in der Peri])herie des Scheitelmeristems neue Sproßanlagen bilden. Ann. du jardin botanique de Buitenzorg. Vol. IV, p. 100. ^) Vgl. Wakker. Die Beeinflussung des Wachstums der Wurzeln durch das umgebende Medium. Jahrb. für wissensch. Botanik, 3_'. Bd., p. 71 ff. *) S. II, p. isO. (Daselbst auch Litteraturangaben.) 470 Speciellc Organographic. Haaren aus, so daß die Wurzel den behaarten Wasserblattzipfeln von Salvinia gleicht. Andere schwimmende Wasserpflanzen, wie die Lemnaceen, besitzen scheinbar eine Wurzelhaube, die aber entwicklungsgeschichtlich sich von den ächten Wurzelhauben unterscheidet (sie entsteht nicht wie die Wurzel- haube anderer Monokotylen aus der Epidermis des Wurzelkörpers), auch nicht eine periodische Erneuerung zeigt. Diese, wie ein Handschuhfinger über die Wurzelspitze gestülpte Hülle schützt die Wurzelspitze offenbar auch hier (gegen die auslaugende Wirkung des Wassers, kleine Tiere etc.), aber sie entsi)richt nicht einer Haube, sondern der bei anderen Wurzeln nur kurze Zeit vorhandenen Hüllen, die Van Tieghem ^) „poche digestive" genannt hat (vgl. Fig. 313). Ebenso verhalten sich Hyclrocharis (wahr- scheinlich auch die verwandte Trianea bogotensis) und Pistia Stratiotis. Die Wurzelhülle geht hier, Avie bei Azolla, verloren, wenn die Wuizeln ausgewachsen sind. Es findet bei diesen Pflanzen auch die Sonderung von Epidermis und Rinde nicht mehr statt, ihre Wurzeln sind, bei engerer Fassuug des Begriffs, also gieichfalls haubenlos. Bei Landpflanzen sind Wurzeln ohne Wurzelhaube nur in seltenen Fällen beobachtet worden. So bei Aesculus Hippocastanum -). Hiei- ent- stehen an den Wurzeln außer normal gebauten Seitenwurzeln periodisch kleine (etwa 2 mm lange) knöllchenförniige. nicht mit einer Wurzelhaube versehene. Wir köunen diese Würzelchen, deren Funktion unbekannt ist, wohl als Hemmungsbildungen betrachten, deren Haubenlosigkeit mit ihrer kurzen Existenz und ihrer geringen Größe in Beziehung steht. Diese Auf- fassung wird dadurch nahegelegt, daß es, wie es scheint, Übergänge zwischen haubenlosen und normalen Wurzeln giebt. Ein eigentümliches (aber noch näher zu untersuchendes) Verhalten zeigen auch (nach Jörgensen^i) die sproßbürtigen Wurzeln der Bromelia- ceen. Sie wachsen meist längere Zeit im Gewebe der Sproßachse und haben hier eine wohl entwickelte Haube, wenn aber die Wurzelspitze die Ober- fläche der Sproßachse durchbohrt hat, bestellt die Haube nur noch aus einer dünnen Lage toter, mehr oder weniger zusammengedrückter Zellen. Ver- mutlich handelt es sich um Wurzeln begrenzten Wachstums (Haftwurzeln). Die ebenfalls nur kurze Zeit funktionierende HauptAvurzel des Keimlings der bekannten Schmarotzerpflanze Cuscuta ^) ist zeitlebens haubenlos. Sie hat nur die Aufgabe, die Keimpflanze im Boden zu fixieren und ihr im ersten Entwicklungsstadium Wasser zuzuführen. Sie beginnt meist schon 2 Tage nach der Keimung abzusterben, und mit ihr natürlich die ganze Keimpflanze, falls sie bis dahin nicht eine Nährpflanze gefunden hat, auf welcher sie schmarotzen kann. Wie andere, unter bestimmten Lebensbedingungen nutzlos gewordene Organe wird also die Wurzelhaube in einigen Fällen im Laufe der Entwicklung abgestreift, in anderen ge- langt sie nicht mehr zur EntwickTunff. Daß die Wurzelhaube auch bei ^) Vgl. Van Tieghem et Douliot, Recherehes eorupaiecs siir l'origine des membrei* endogenes dans les plantes vasculaires. Ann. d. sciene. nat. VII, Ser. 1. 8. ') Vgl. Kleix und Sgabd, Zur Kenntnis der Wurzeln von Aesculus Hippocastanum. Flora, 1880, p. 14G. ") JÖKGEXSEN, Bitrag til rodens naturliistorie. Botanisk tidsskrift, Kopenhagen. 1878. *') Koch, Untersuchungen über die Entwicklung der Cuscuteen in Haustein. Botan. Abhand. II, 3. Die "Wurzeln der Orobanchen sind nach KocH (Die Entwicklungsgeschichte der €)robanchen, Heidelberg 1887) zunächst haubenlos, erhalten aber später eine schwache Wurzelhaulx'. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 471 Umbildung der Wurzel verloren geht, wurde schon oben (für die Um- bildung der Wurzel in einen Sproß) betont, andere Fälle werden unten anzuführen sein. 2) Die Verteilung des Wachstums an der Wurzel ist jhier^ nicht eingehender zu besprechen, wohl aber darauf hinzuweisen, daß es, ^wie Sachs hervorgehoben hat, für das ^"ordringen der Wurzelspitze im Boden vorteilhaft sein muß, daß die wachsende Region unmittell)ar hinter der Wurzelspitze liegt und verhältnismäßig sehr "kurz (2 — 10 mm) ist: je kürzer bei gegebener Querschnittsfläche ein Nagel ist, den man in ein Brett schlägt, desto weniger leicht wird eine Verbiegung eintreten, auch sehen wir, daß bei den Luftwurzeln (s. u.) die Wachstumsverhältnisse andere sind. Daß im übrigen das Wachstum der Wurzeln unter den Bedingungen am besten ist, unter denen sie normal wachsen (auf die sie „gestimmt" sind), kann nicht wunder nehmen. Die Wurzeln einiger Landpflanzen (Vicia Faba, Lupinus albus retc.) zeigten demgemäß, im Wasser kultiviert, eine Verzögerung ihres Längen wachtums^). 3) Region der Wurzelhaare. Die Wurzelhaare 2) entstehen als Aus- stülpungen der Oberflächenzellen der Wurzeln. Sie besitzen eine große Bedeutung schon dadurch, weil ihr Auftreten die absorbierende Ober- fläche der Wurzeln ganz bedeutend erhöht, außerdem auch deshalb, weil sie bei Landpflanzen die Bodenpartikelchen fest umwachsen, und so nicht nur den Halt der Wurzeln im Boden verstärken, sondern auch die den Bodenteilchen adhärierenden Wasserhüllen auszunützen vermögen. Sie sind aber nicht bei allen Pflanzen vorhanden, sondern fehlen namentlich einer Anzahl von Wasser- und Sumpfpflanzen (z. B. Butomus umbellatus, Hippuris vulgaris, Lemna-Arten, Menyanthes trifoliata. Pistia Stratiotes u. a.), außerdem bei einer Anzahl Coniferen (z. B. Picea excelsa, Pinus silvestris. Biota orientalis, Thuja occidentalis u. a.), bei einigen mono- kotylen Knollenpflanzen wie Crocus sativus, einigen Schmarotzern und Humusbewohnern, wie Mouotropa, Neottia, Orobanche ramosa. Es sind die genannten Pflanzen solche, welche entweder Wasser reichlich zur Verfügung haben, wie die Wasser- und Sumpfpflanzen, oder solche, bei denen die oberirdischen Teile keine sehr intensive Wasserverdunstung unterhalten, wie die Coniferen mit lederartigen Blättern (andere, wie Taxus, bilden indes zahlreiche Wurzelhaare), oder es handelt sich um Wurzeln, die von Pilzen bewohnt sind (Monotropa, Coniferen), bei Crocus sind die oberirdischen Teile wenig umfangreich und von kurzer Dauer, und bei den Schmarotzerpflanzen und Humusbewohnern sind die Blätter, welche bei anderen Pflanzen am meisten transpirieren, meist zu kleinen Schuppen verkümmert. Bei einer größeren Anzahl von Pflanzen, die normal Wurzelhaare besitzen, unterbleibt übrigens deren Bildung, wenn man die Wurzeln in Wasser kultiviert. So bei Allium Cepa. Hjacinthus orientalis. Zea Mays. Cucurbita Pepo, Phaseolus communis, Pisum sativum u. a.. aber es ist dies keineswegs bei allen Pflanzen so. und manche schwimmende Wasserpflanzen, wie z. B. Trianea bogotensis. besitzen sogar recht große Wurzelhaare, von Azolla. Hydrocharis u. a. wurde der Besitz von Wurzelhaaren oben schon erwähnt, für die Luftwurzeln wird die Frage unten zu erörtern sein. 4) Die innere Beschafl'enheit der nicht mehr der Nahrungsaufnahme ') Vgl. Wakkei: it. a. O. ^) Vnoentyledone>. Eevue de _j.74 S])ccielle Organograpliie. bellälter (Knollen etc.) abgegeben wird, aber ihre Bedeutung als Zug- wurzeln ist sicher nicht minder wichtig. Auch bei Dikotylen finden sich analoge Fälle, wie die in Fig. 31211/ abgebildeten Oxalisart zeigt. § 3. Das Wurzelsystem. Die Keimpflanze besitzt in den meisten Fällen zunächst nur eine einfache, unverzweigte Wurzel. Später entwickelt sich ein Wurzelsystem, das entweder ausschließlich durch \'erzweigung dar Hauptwurzel gebildet wird , oder durch Neubildung von Wurzeln an der Sproßachse ; im letzteren Fall i)flegt die Hauptwurzel frühzeitig abzusterben. Bekanntlich ist dies der Fall bei den Monokotylen, aber auch einer Anzahl Dikotylen, und es fragt sich, ob sich für das verschiedene Verhalten in der Aus- bildung des Wurzelsystems biologische Beziehungen angeben lassen. Es kommen dabei einmal innere Strukturverhältnisse und dann die Lebens- bedingungen in Betracht. Die Monokotylen sind (mit seltenen Ausnahmen) nicht mit sekun- därem Dickenwachstum begabt. Für die Hauptwurzel heißt das, daß die einmal angelegten Leitungsbahnen für Wasser und andere Baustoife, wie sie im Leitbündelcylinder vorliegen, dieselben bleiben. Die Ansprüche, welche die oberirdischen Pflanzenteile an die Wurzeln stellen, aber werden mit der zunehmenden Oberflächenentwicklung durch die Ver- mehrung der Zahl und Größe der Blätter größer, die Thätigkeit der Hauptwurzel könnte, selbst wenn sie noch so reich verzweigt wäre, nicht mehr genügen, sie wird ersetzt durch an der Sproßachse neugebildete Wurzeln, die in größerer Zahl auftreten, und bei manchen rasch sich entwickelnden Pflanzen, wie einer Anzahl von Gräsern schon am Embryo teilweise angelegt sind. Bei Dikotylen haben wir bei Besprechung der Keimung der Man- grove-Pflanzen ^) schon einen Fall kennen gelernt, in welchem die Ent- wicklung eines aus der Hauptwurzel hervorgehenden AVnrzelsystems in dem zähen, sauerstolfarmen Schlamme oflenbar unzweckmäßig wäre, that- sächlich unterbleibt sie auch. Es würde zu weit führen, den Beziehungen der Entwicklungsdauer der Hauptwurzel zu der Lebensweise im einzelnen nachzugehen , Ja dies auf das vielgestaltige Gebiet der Lehre von der Sproßfolge führen würde -), es genügt, betont zu haben, daß sie abhängt von der Gesamtökonomie der Pflanze; die Beziehungen im einzelnen bedürfen vielfach noch der Aufklärung. Art der Wurzelentstehung. Neue Wurzeln entstehen gewöhnlich endogeu, sie haben also die peripherischen Gewebe des Mutterorganes zu durch- brechen, was aber erst geschieht, wenn die junge Wurzel, die unter dem Schutze älterer Gewebe angelegt wurde, hinreichend erstarkt ist. Indes ist die endogene Anlegung keine ausnahmslose. Exogen bilden sich nach BowER die Wurzeln von Phylloglossum Drummondi, nach Treue die ersten Wurzeln der Keimpflanzen einiger Lycopodium-Arten und nach Warming ^) die Wurzeln am Stamme von Neottia nidus avis. Diese werden angelegt in ^) Ähnlich verhalten sieh wahrseheinlich andere auf Sumpfl)oden Maehsendc, durch ein flachstehendes Wurzelsystem ausgezeichnete Pflanzen, wie Taxodiiun distichum u. a. *) Vergl. z. B. Warming, Om skudbygning, overvintriug og foryngelse. Aftryck af naturhistorisk forenings festskrift, Kjobenhaven 1884. ^) Warmixg, Om rödderne hos Neottia nidus avis L. Vidensk. Medd. fra den naturhist. For. i Kjöbenhavn 1874, Xo. 1—2. Einzeldarstcllun.ir der Vegetationsorffane. 475 der dritten und vierten Periblemlage, während aus der ersten und zweiten, wie es scheint, die Wurzelhaube hervorgeht. Die Epidermis funktioniert eine Zeitlang als äußerste Schicht derselben und stirbt dann ab i). Exogen entstehen ferner nach Hansen 2) die Wurzeln an der Basis der Adventiv- sprosse und die Adventivwurzeln in den Blattachseln von Cardamine pratensis, Nasturtium ofhcinale und silvestre, Avährend die Adventivwurzeln anderer Wasser- und Sumpfpflanzen (z. B. Veronica Beccabunga, Polygonum amphi- bium, E-anunculus fluitans) in der gewöhnlichen Weise endogen angelegt werden. E n t s t e h u n g s 0 r t a) der Seitenwurzeln an der Hauptwurzel. Dieser ist ein fest bestimmter. Sehen wir ab von den Wurzelgabelungen, wie sie bei Lycopodien vorkommen , so findet die Anlegung von Nebenwurzeln immer statt am Umfang des axilen Gefäßbündelkörpers der Wurzel („des Plerom's''). Derselbe ist umgeben von einer einfachen Gewebsschicht, dem Pericambium, welchem nach außen die innerste Rinden- (Periblem-jschicht angrenzt, die gewöhnlich als „Schutzscheide" oder Endodermis eine eigen- artige Ausbildung erfährt. In diesem Pericambium, werden bei den Samen- pflanzen die Seitenwurzeln angelegt, bei den Gefäßkryptogamen dagegen in der innersten Rindenschicht. Und zwar geht die Wurzelanlage bei den letzteren hervor aus einer einzigen Zelle, während sich bei den Samen- pflanzen stets eine Mehrzahl von Zellen an der Seitenwurzelbildung betheiligt. Diese Zellgruppe des Pericambiums liegt bei den Pflanzen, welche mehr als zwei Gefäßgruppen haben, einer der Gefäßgruppen des axilen Stranges gegen- über (Fig. 319), darauf beruht es, daß man die Seitenwurzeln gewöhnlich in so viele Längsreihen angeordnet findet, als der Wurzelgefäßstrang Gefäßgruppen besitzt. Bei Wurzeln mit diarchen Bündeln finden sich aber (nach Van Tieghem) vier Seitenwurzelreihen, sie entspringen in den Zwischenräumen, welche die Gefäßgruppen von den zwei mit ihnen gekreuzt stehenden Siebröhrengruppen trennen. Die Einzelheiten der Entstehungsgeschichte seien hier übergangen und nur erwähnt, daß die Seitenwurzeln die ßindenschichten der Haupt- wurzel relativ spät durchbrechen. Die Wurzeln von Nuphar z. B. findet man auf eine Strecke von 10 und mehr Centimeter oberhalb der Wurzel- spitze frei von Nebenwurzeln. Die erste Bildung der Wurzelanlagen findet in den von NIgeli und Leitgeb untersuchten Fällen nahe an der Scheitel- region der Wurzel statt, zu einer Zeit, wo die für die ersten Gefäße be- stimmten Zellen sich noch nicht von den übrigen unterscheiden lassen. Für Polygonum Fagopyrum giebt Janczewski an, daß die Nebenwurzeln nahe dem Wurzelvegetationspunkt in dem noch von der Wurzelhaiibe bedeckten Gewebe entstehen, das noch keine verholzten Gefäße besitzt, ai;ch bei Pistia entstehen die Nebenwurzeln einem noch nicht verholzten Gefäße gegenüber. Jedenfalls sind zur Zeit der Nebenwurzelanlegung die Zellen des Rinden- gewebes der Wurzel vielfach schon in den Dauerzustand übergegangen und sind zwischen denselben Intercellularräume aufgetreten. Die Zellen aber, welche den Nebenwurzeln ihren Ursprung geben, leiten sich offenbar von dem terminalen embryonalen Gewebe ab. Das späte Hervortreten der Seitenwurzeln möchte ich als eine mit den Vi Es erfolgt dies nach WAimiXG's Fig. 9, Taf. IV. a. a. O., so früh, zu einer Zeit, MO die Wurzel noch ein kleiner Höcker ist, daß mau aus diesem Grunde hier die endogeue Entstehung der "Wurzel durch die Annahme retten könnte, die Epidermis nehme au der Wurzelbildung keinen Anteil, sondern würde von der Wurzelanlage nur gedehnt, bis sie abstirbt, also sehr allmählich durchbrochen. ^1 Hansen, A'ergl. Untersuchuugen über Adventivbildungen bei Pflanzen. Aldi, der Senckenb. Ges.. 12. Bd.. p. 139. 47(3 Specielle Organographie. Lebensbedingungen in Beziehung stehende Erscheinung betrachten. Eine frühzeitige Nebenwurzelbildung müßte das Vordringen der Hauptwurzel im Boden hindern, diese Hauptwurzel bahnt sozusagen zuerst den Weg und befestigt sich mit ihren Wurzelhaaren, und erst wenn die normale Weiter- entwicklung des Wurzelsystems geichert ist, brechen die Seitenwurzeln hervor. Bei manchen Pflanzen, namentlich solchen, die auf feuchtem Boden wachsen oder deren Wurzeln verhältnismäßig nur kurze Zeit funktionieren, unterbleibt übrigens die Verzweigung ganz und gar. So bei Ophioglossum, ferner namentlich bei einer Anzahl Monokotylen (Arum maculatum, Colchicum autumnale, Gagea lutea, Leucojum vernum, Ophrydeen) i) : ebenso sind die unten zu besprechenden „Haft wurzeln" meist unverzweigt. b) Sproßbürtige (Ad ve nti v- Würz ein). Die Sprosse verhalten sich betreffs der Fähigkeit, Wurzeln hervorzubringen, außerordentlich ver- schieden. Bei manchen einjährigen krautigen Samenpflanzen ist diese Fähig- keit offenbar gar nicht vorhanden, während andere, sovyohl kriechende als aufrecht wachsende Sprosse Wurzeln schon nahe dem Vegetationspunkte anlegen. Betreffs des Ortes der Anlegung sei erwähnt, daß nach Vax TiEGHEM und DouLiOT die Verhältnisse, wie sie bei der Entstehung der Wurzelverzweigung vorliegen, wiederkehren, also die sproßbürtigen Wurzeln bei den Samenpflanzen im „Pericykel'' entstehen, was aber auf die oben er- wähnten exogen angelegten AVurzeln keine Anwendung finden kann. Das Rindengewebe trägt zu ihrer Bildung- gar nichts bei oder umgiebt sie mit einer Wurzeltasche (Fig. 313), welche bei Durchdringen durch das Gewebe von Nutzen ist, wenn es sich auch nicht überall um eine „Verdauung" derselben handeln wird. Je nach der früheren oder späteren Anlegung ergeben sich Verschiedenheiten, die organographisch von geringem Interesse sind. Nicht alle sproßbürtigen Wurzelanlagen gelangen übrigens zur Entfaltung, manche bleiben lange Zeit, oft für immer als „latente" Anlagen stehen. Wir können hierher kaum zählen die Entwicklungshemmung von normal vorhandenen Wurzelanlagen unter un- günstigen äußeren Bedingungen , wie sie beim Epheu stattfindet, wenn er ohne Unterlage kultiviert wird. Da- gegen findet man bei den Weiden z. B. unter der Rinde latente Wurzel- anlagen, namentlich zu beiden Seiten der Achselknospen einzeln oder wie bei Salix vitellina, pruinosa u. a. zu mehreren. Diese W\irzelanlagen ent- wickeln sich an den Weidenstecklingen, während der normalen Vegetation jedenfalls aber nur-höchst selten. Über die Zeit ihrer Anlegung ist nichts bekannt, wahrscheinlich aber erfolgt dieselbe schon früh, wenigstens giebt VoEC'HTixG für 3 — 4 Monate alte Zweige von Sal. viminalis, pruinosa u. a. Fig. 313. Schematisoher Läugssehiiitt durch eine junge Nebeuwurzelaulage einer mono- kotylen Pflanze. Wt Wurzeltasche (aus der Eudodennis der Hauptwurzel hervor- gegangen). P Pericambium (..Pericykel"). S Siebteile. G ein Gefäßteil der Haupt- Avurzel. Wh Wurzelliaubc der N('l)en- ■\viirzel. ') Vgl. RiMBACH, Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch., 1.S99, p. 29. Einzeldarstellung der Vegetationsorgano. 477 dieselben an. Ohne Zweifel finden sie sich auch noch bei anderen Holz- pflanzen und Ähnliches findet sich z. B. bei Equisetiim, wo jede Seiten- knospe eine Adventivwurzel anlegt, die aber an den oberirdischen Teilen gewöhnlich nicht zur Entwicklung gelangt. Die letztere kann aber durch Feuelitigkeit und Dunkelheit hervorgerufen werden. § 3. Verschiedene Ausbildung der Glieder des normalen (Erdwurzel-)Systems ^ ). Die Ausbildung der Glieder des Wurzelsystenis und ihr Verhalten äußeren Faktoren gegenüber sind je nach ihrer Stellung im System verschieden. Die morphologischen Differenzen sind ähnliche, wie wir sie als Lang- und Kurztriebe auch bei niederen Ptlanzen erwähnt haben : wenn wir uns Fig. 12 mit der Spitze nach unten gekehrt und die Zell- wände wegdenken, würden wir ein einigermaßen zutreffendes Bild eines Wurzelsystems erhalten, bei dem freilich, wie wir sahen, die Verzweigung nicht so nahe zu der Spitze reicht. Die Glieder werden also im allge- meinen um so weniger kräftig ausgebildet, je höherer Ordnung sie sind, was sich auch in ihrem anatomischen Bau ausspricht, bei ausdauernden Pflanzen auch in der kürzeren Lebensdauer 2) der „Saugwürzelchen'', über welche übrigens auffallend wenig exakte LTntersuchungen vorliegen. Es ist namentlich seit den klassischen Untersuchungen von Sachs bekannt, daß die gesetzmäßige Ausbreitung des Wurzelsystems im Boden bedingt wird durch die verschiedene geotropische Reaktionsfähigkeit der Wurzeln verschiedener Ordnung: die Hauptwurzeln sind positiv geo- tropisch, die Nebenwurzeln erster Ordnung besitzen einen „geotropischen Eigenwinkel" ■•), der je nach ihrem Ursprungsort verschieden ist (bei den oberen, der Wurzelbasis nahestehenden nähert er sich meist B, bei den weiter unten stehenden wird er kleiner) ; die Nebenwurzeln zweiter Ordnung, welche aus denen erster Ordnung entspringen, sind dagegen überhaupt nicht geotropisch, sie wachsen aus ihren Mutterwurzeln gerad- linig hervor, ohne geotropische Krümmungen zu zeigen ; daß eine Anzahl derselben unter gewöhnlichen Umständen nicht über den Boden heraus- wächst, ist darin begründet, daß die Luft zu trocken für sie ist; in künstlich feucht gehaltener Luft können namentlich bei Monokotylen zahl- reiche dünne Wurzelfäden aus der Erdoberfläche hervorwachsen i), eine Thatsache, die wegen der unten zu erwähnenden Atemwurzeln von be- sonderem Interesse ist, es soll dort auch gezeigt werden, daß es unter bestimmten Verhältnissen negativ geotropische Wurzeln giebt (die bei Erdwurzeln bis jetzt nicht bekannt sind; es wäre aber möglich, daß auch hier normal negativ geotropische Wurzeln sich finden, deren Vorhanden- sein nur für gewöhnlich nicht zu Tage tritt) und ebenso Wurzeln, die sich der geotropischen Reizbarkeit ganz entledigt haben. Jedenfalls sehen wir schon bei den Erdwurzeln, daß die geotropische Reizbarkeit sich, ') Vgl. namentlich Sachs, Über das Wachstum der Haupt- und Nehenwurzeln. Gesammelte Abhandlungen, Bd. 2, XXXI u. XXXII. -j Auch die Wurzeln erster Ordnung, ivic sie z. B. an einer Hauptwurzel von Tara- xacum u. a. entspringen, gelangen übrigens nicht alle zu längerer Lebensdauer. Eine An- zahl derselben stirbt ab, ohne daß meines Wissens über derartige Verhältnisse Näheres be- kannt wäre. ^) Die SACHS'schen Untersuchungen beziehen sich auf Keimpflanzen, die Verhältnisse bei in tieferen Bodenschichten wachsenden Wurzeln können möglicherweise abweichend sein. ■*) Vgl. Sachs, Über latente Reizbarkeiten. Flora, 1S93, p. 1 ff. 478 Si>ecielle Organographit'. teleologisch ausgedrückt, regelt nach dem Bedürfnis, und das kehrt auch bei abgeleiteten Wurzeln wieder. Die an der Sproßbasis der Monokotylen entspringenden Wurzeln scheinen sich zu verhalten wie Nebenwurzeln erster Ordnung, deren geotropische Empfindlichkeit bei manchen mono- kotylen Wasserpflanzen übrigens eine geringe zu sein scheint : die an ihnen entspringenden Seitenwürzelchen wachsen bei Pontederia, Pistia u. a. nach beliebigen Richtungen, sind also offenbar nicht geotropisch. Auch die von Sachs angeführte Thatsache, daß geotropische Wurzeln, wenn sie in Luft (ohne Benetzung) wachsen, ihren Geotropismus ganz oder teilweise verlieren, ist für die Beurteilung der „umgebildeten", nicht geotropischen Wurzeln wichtig. Der auch bei manchen Erdwurzeln vorhandene negative Helio- tropismus und positive Hydrotropismus spielt bei den unten zu er- wähnenden Luftwurzeln offenbar eine größere Rolle, desgleichen Reibungs- (Kontakt-)Reize. die auch bei Erdwurzeln vorzukommen scheinen. Inwieweit für die Richtung der Seitenwurzeln „Exotropie" in Be- tracht kommt, bedarf erst noch näherer Untersuchung. Nach Noll ^) nehmen die nach vier Himmelsrichtungen radial von der Hauptwurzel aus- strahlenden Seitenwurzeln einer Lupine oder Yicia Faba. wenn sie aus ihrer Richtung gewaltsam abgelenkt werden , nach Beseitigung des Hindernisses mit scharfer Biegung wieder radiale Richtung zur Haupt- wairzel ein, was für ihre gleichmäßige Ausbreitung im Boden von erheb- licher Bedeutung sein ward. Als Nebenfunktion tritt bei manchen Wurzeln die Erzeugung von Sprossen auf („Adventivsprossen''), bei einigen ist diese Nebenfunktion — wie oben für einige Podostemeen angeführt wurde — zur Hauptfunktion geworden. Namentlich unter den Dikotylen giebt es eine große Anzahl von Pflanzen, deren Wurzeln Sprosse erzeugen, und zwar entstehen diese normal endogen, an derselben Stelle, w^o die Seitenwurzel den Ursprung giebt. Vielfach zeigen die Adventivsprosse örtliche Beziehungen zu den Seitenwurzeln, indem sie in der Nähe des Ursprungsortes einer Seiten- wurzel entstehen -) (z. B. Linaria vulgaris, Solanum Dulcamara, Pyrola. auch Dioscorea), eine Stellung, welche dem Sproß die Zufuhr von W^asser etc. aus dem Boden auf kürzestem Wege sichert, ähnlich wie die Stellung der Achselsprosse am Sproß in der Achsel eines Laubljlattes nicht nur Schutz gewährt, sondern auch den Bezug der Assimilate des Deckblattes. In anderen Fällen stehen die Adventivsprosse wenigstens in der Nähe von Seitenwurzeln. Unabhängig von diesen entstehen, wie mir scheint, die Adventivsprosse namentlich dann, wenn sie an älteren Wurzelteilen angelegt werden, die schon einen Holzkörper entwickelt haben : der Ursprungsort liegt bei Pyrus japonica, Rubus, Prunus etc. in den primären Markstrahlen, bei Ailauthus sind sie über die ganze Oberfläche der Mutterwurzel zerstreut. Auch hier ist aber der Ursprungs- ort kein konstanter: bei Aristolochia Clematitis ^) ist er nicht im Peri- cambium („Pericykel"), sondern in den Außenschichten der primären *j Noll, Über eine neue Eigenschaft des Wurzelsystems. Sitzungsber. der Niederrhein. Gesellseh. für Natur- u. Heilkunde, 1894. ') Vgl. Beijerinck, Beobachtungen und Betrachtungen über Wurzelknospen und Neben- wurzeln. Natuurk. Verb, der Koninkl. Akademie, Amsterdam 1886, Deel 25. ") Nach Beijerinck wird die Epidermis der Wurzel gewöhnlich durch die Knospe durchbohrt, allein ))ei sehr früh angelegten Knospen ist die Epidermis der Mutterrinde ein integrierender Teil der Neubildung (a. a. O. p. 109). Es findet hier also ein Übergang von endogener zu exogener Anlegung statt. Einzeldarstellung der Vcgetationsdrgane. 479 Rinde (ebenso, aber etwas tiefer in der Rinde, bei den Podosteinaceen), und die Wurzelknospen von Linaria M sind sogar exogene Bildungen, es kommen also betreffs der Anlegungsweise der Wurzelsprosse ähnliche Schwankungen vor wie bei den Wurzeln selbst. i^ 4. Besonderen Funktionen angepasste Wurzeln. Bei einer Anzahl von Pflanzen haben sich Teile des Wurzelsystems oder auch das ganze einer von der gewöhnlicher Endwurzeln abweichenden Funktion angepaßt und im Zusammenhang damit eine mehr oder minder tiefgreifende Änderung ihrer inneren und äußeren Gestaltung erfahren. Eine Reihe von Übergängen führt z. B. von den Erdwurzeln zu den aus der Stengelbasis mancher Monokotylen entspringenden, sich aber bald der Erde zuwendenden Stütz wurzeln , die in kleinem Maße. z. B. bei Zea Mays, in auffallender Ausbildung in dem Wurzelgestell der Pandaneen und mancher Palmen (Iriartea u. a.) auftreten, ihre merkwürdigste Ausbildung bei den Rhizophoren und manchen Ficus- Arten (wo sie immer noch vielfach mit „Stämmen" vei'wechselt werden) gefunden haben. Eine Einteilung dieser umgebildeten Wurzeln nach ihrer Funktion ist insofern mißlich, als z. B. eine als Assimilationsorgan ausgel)ildete Wurzel zugleich auch der Befestigung (und zwar unter vom Erdleben abweichenden Verhältnissen) dienen kann. Es mag deshalb die Be- sprechung mehr nach den biologischen Gruppen, um welche es sich handelt, erfolgen. 1) Sumpf- und Wasserpflanzen. a) Atemwurzeln der Sumpfptianzeu. Es wurde oben darauf hin- gewiesen, daß die Wurzeln der Sumpfpflanzen sich in einem für ihre Atmungsbedürfnisse ungünstigen Substrate befinden. Es wird ihnen, wie ich hervorhob -). durch die Intercellularen von den oberirdischen Teilen Sauerstoff" zugeführt. Einige Sumpfpflanzen haben aber besondere Einrichtungen zum Luftschöpfen entwickelt. Die Abbildung Fig. 314 zeigt eine der Maugrove-Vegetation Südamerikas angehörige Pflanze. Laguncularia racemosa. Rings um diese, auf schlammigem, von der See bespülten Boden w^achsenden Pflanze erheben sich Hunderte von spargel- ähnlich aus dem Boden hervortretenden Atemwurzeln (Pueumatophoren). Ganz ähnlich ist es bei Avicennia- und Souneratia-Arten. Die negativ geotropischen Wurzeln sind gewöhnlich unverzweigt, bei Beschädigung ihrer Spitze tritt eine Verzweigung ein. es bilden sich dann zwei oder mehr gleichfalls vegetativ geotropisch nach oben wachsende Wurzeln. Die Atemwurzelu sind durch ihre, hier nicht zu schildernde anatomische Struktur zu intensivem Gasaustausch besonders eingerichtet, sie ent- springen aus horizontal im Schlamme streichenden Wurzeln, auch bei anderen Pflanzen (Zuckerrohr, einigen Palmen) treten, wenn sie in nassem Boden wachsen, solche nach oljen wachsende Wurzeln auf; es liegt bei Laguncularia, Avicennia, Sonneratia nur eine auffallende Steigerung eines auch sonst verkommenden Verhaltens vor. ') über welche indes die Angaben von Beijekixck keinen hinreichend genauen eut- ■wieklungsgeschichtlichen Aufschluß geben. Seine Angaben über die Anlegung der Seiten- ■wurzeln stimmen nicht überein mit den von Vax Tieghem und Dorr.iOT für andere Linaria- Arten gemachten. -) S. II. Früher betrachtete man die Intercellularräunie der "Wasserpflanzen als Luft- reservoirs, was aber die reiche Entwicklung derselben bei den in die Luft ragenden Teilen von Sumpfpflanzen um so rätselhafter erscheinen lassen mußte. 480 Specielle Organograpbie. Für Sonneratia ist die inorphologisclae Natur der Pneumatoplioren neuer- dings durch Westermaier i) in Zweifel gezogen worden. Er betrachtet sie o c 9"^ auf Grund anatomischer Verhältnisse als Organe „sui geueris", auch ist der Vegetationspunkt nicht durch eine eigentliche Wurzelhaube, sondern durch einen Korkmantel geschützt, was aber durch diese Anpassung an das Luft- ^) Westermaiee, Zur Kenntnis der Pneumatophoren, Freiburg (Schweiz) 1900. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 4'^^! leben zustande gekommen sein kann : das kann möglicherweise auch die anatomischen Ditlerenzeu vom normalen Wui'zelbau bedingt haben ^j. Indes kennen wir die erste Anlage dieser „Pneumatophoren" nicht, und bis dies der Fall ist, wird sich auch über ihre „morphologische Bedeutung" wohl nichts Sicheres aussagen lassen. Es wäre möglich, daß die Pneuma- tophoren auf ähnliche Weise — nur wahrscheinlich früher — entstünden, wie bei Carapa moluccensis, wo das sekundäre Dickenwachstum im oberen Teile der nahe der Schlammoberfläche krieclienden Wurzeln ungleichmäßig ist, so daß hörn- oder fingerartige Auswüchse entstehen ^), die als ,, Pneuma- tophoren" dienen. Übrigens ist mir die Wurzelnatur der oben erwähnten negativ geo- tropischen Gebilde zunächst immer noch am wahrscheinlichsten. Bei Brug- uiera dienen demselben Zwecke knieartig über den Schlamm hervorragende Wurzelbiegungen, bei Lumnitzera gehen von den horizontal verlaufenden Wurzeln zahlreiche Neben wurzeln negativ geotropisch in die Höhe, biegen sich dann aber wieder in scharfem Bogen nach abwärts, an der Biegungs- stelle bilden sich besonders große Lenticellen (von oft bis 1 cm Durchmesser), welche dem Gasaustausch dienen. Die biologische Bedeutung der Atemwurzeln (auch der hier nicht näher zu erwähnenden „Wurzelkniee" von Taxodium) wurde zunächst auf Grund der anatomischen und der Standortsverhältnisse hervorge- hoben 3j und diese Auffassiuig durch Karsten und Gre-ciioff auch experi- mentell gestützt : Westermaier's H^'pothese betreffs der „Pumpwirkung" ist auf keine experimentelle Thatsache begründet und sehr miwahrscheinlich. Hierher gehören auch die eigentümlichen, nur im Wasser ent- wickelten, mit großen Intercellularräumen versehenen und mit der Spitze nach oben gerichteten Wurzeln, die sich bei einigen Jussiaea- Arten linden''). Man hat sie früher für Schwimmorgane gehalten, eine Auf- fassung, von der sich leicht zeigen läßt, daß sie unzutreffend ist. Sie sind begrenzten Wachstums, meist unverzweigt und können bei J. sali- cifolia eine Länge von 20 cm erreichen. Oifenbar dienen sie dem Gas- austausch. Sie entstehen nur im Wasser oder in nassem Boden. Eine Papilionacee Sesbania aculeata besitzt ähnliche Wurzeln ■'). b) Assimilations- und sproßbildende Wurzeln der Podostemaceen ^^j. Die Podostemaceen sind eine durch vielfache merkwürdige An- passungen ausgezeichnete Gruppe von Wasserpflanzen, die auf Steinen in rasch strömendem Wasser wachsen. Die Wurzeln — wenn solche überhaupt vorhanden sind — können deshalb nicht in das Substrat eindringen , damit steht es offenbar im Zusammenhang , daß sie mancherlei anderen Funktionen dienstbar gemacht werden; es trägt ^) Außerdem giebt es keine diu-eligreifeuden anatomisclieu Differenzen zwischen Wurzel und Sproß. Das gewöhnliche Schema der Sproßstruktur findet z. B. keine Anwendung auf manche ütrieularieen und Stvlidieen. -) Vgl. G. Karsten, tjber die Mangrovevegetation im Malayischen Archipel. Biblioth. Botanica, Heft 22, 1891, p. 51. ^) GOEBEL, I'ber die Rhizophoreuvegetation. Sitzungsber. der naturf. Gesellsch. zu Rostock, 1886. — in^er die Luftwurzeln von Sonneratia, Ber. der Deutschen bot. Gesellsch. Bd. IV, 1886 und S. I. •*) Vgl. die Al)bildungen uud Beschreibung in S. II, p. 259 ff., daselbst weitere Litteratur. °) Vgl. Scott, On the floating mots of Sesbania aculeata, Pers. Annais of botany I, p. 306. Auch bei dieser Pflanze handelt es sich meiner Auffassung nach nicht um Schwimm - sondern um Atemwurzeln. *) Vgl. Warmixg, Familien Podostemaccae I — V. Kgl. Danske Vidensk. Selsk. Skrifter 1881, 1882, 1888, 1891, 1899, femer S. II, p. 321 ff. und die dort angeführte Litteratur. Goebel, Organographie der Pflanzen. 1. *) Die Faktoren, welche die Lokalisierung der Wurzel haare auf die Unterseite bedingen, sind näher zu untersuchen : Eine Substratwirkung kann nicht in Betraclit kommen, da auch an freien Phalaeuopsis- Wurzeln in feuchter Luft Wurzelhaare nur auf der Unterseite ent- stehen. Es dürfte die ursprünglich durch das Licht hervorgerufene Dorsiveutralität hier der ausschlaggebende Faktor sein. ^) Ich habe nur eine Wurzelspitze untcrsuclit. Fig. 310 IV giebt einen uaiie derselben geführten Qucrsclinitt wieder. 48C) SpecicUe Organographic. „erblich fixiert" ist. Bei Pli. Schilleriana ist die Abflachimg' der Wurzel nicht durch das Licht bedingt, ein in einer undurchsichtigen Röhre ent- wickeltes, ganz chlorophyllloses, mehrere Centinieter langes Stück war ebenso abgeflacht, wie die am Lichte entwickelten Teile, dagegen war die Wandverdickung namentlich der Exodermis eine bedeutend geringere — sonstige anatomi- sche Differenzen seien hier über- V, i^t^^^ gangen. Bei manchen Phalae- nopsis-Arten gehen die Blätter in der trockenen Jahreszeit zu Fig. 317. Stück einer Baumrinde, an welcher dicht angejireßt die stark abgeflachten Wurzeln von Phalaenopsis Schilleriana Machseu. Die an zwei Wurzeln sichtbaren Einschnürungen sind durch Wachstumsiinterbrechungen veranlaßt (V2 nat. Gr.). Fig. 318. Piialaeuopsis Schilleriana, Querschnitte. I durch die Ober- , // durch die Unterseite einer Wvirzel. Ex Exodermis, T' Velamen. Grunde, es bleiben nur die grünen Wurzeln, welche gegen Wasserverlust gut geschützt sind, und der Sproßvegetationspnnkt zurück. Dies Ver- halten leitet uns über zu den Fällen, in denen die Blätter zu chlorophyll- losen Schuppen verkümmert, die Wurzeln die einzigen Assimilations- organe sind. So ist es bei Taeniophyllum-Arten, ferner Angraecum fasciola u. a.; Laubblätter entstehen bei Taeniophyllum ^) nicht einmal mehr bei der Keimung und wie sehr die Wurzeln dem Lichtleben an- gepaßt sind, zeigt sich auch daran, daß sie bei Taeniophyllum bei Licht- abschluß überhaupt nicht wachsen (nach Wiesner). /) Haftwurzeln, Bei einigen Epiphyten, welche imstande sind^ durch die Blätter größere Mengen von Wasser und darin gelösten Stoften aufzunehmen, dienen die Wurzeln nur noch als Befestigungsapparate. M Betreffs der Gestaltungsverhältnisse vgl. S. I. — Das dort abgebildete Taeniophyllum ist nicht T. Zollingeri (von dem die abgebildeten Keimlinge stammen), sondern eine der in der Bergregion wachsenden Formen, bei welchen die Assimilationswurzeln zum Teil herabhängen. Einzeldarstellung der Vegetationsorüane. 487 Sie sind nicht inistaude, den Wasserbedarf zu decken, ihre Leitungs- bahuen sind wenig, das mechanische Gewebe stark ausgebildet. Solche Haft würz ein linden sich bei einigen Tillandsia-Arten (T. bulbosa u. a.) und einigen anderen (nicht allen !) epiphytischen Bromeliaceen, daß Tillandsia usneoides die Wurzeln ganz verkümmern läßt, wurde oben schon hervorgehoben. Ähnliche Haftwurzeln linden sich bei vielen e) K 1 e tt e r p f 1 a n z en , von denen hier die Wurzelkletterer in Betracht kommen, sie lassen sich von den Epiphyten nicht scharf trennen. Wir finden hier vielfach eine Arbeitsteilung der Wurzeln, wie sie am längsten beim Epheu l)ekannt ist, in Haftwurzeln und Nährwurzeln. Unter Haft- wurzeln verstehen wir auch hier solche, die lediglich als Haftorgane dienen, ihre Funktion der Nahrungsaufnahme also entweder ganz oder doch der Hauptsache nach aufgegeben haben, man kann sich bei einem durch Haftwurzeln an eine Mauer angehefteten Epheu z. B. leicht über- zeugen, daß die Sprosse, wenn ihre Verbindung mit den (hier in der Erde vorhandenen) Nährwurzeln unterbrochen ist, verwelken. Die Nähr- wurzeln dagegen kommen nur für die Nahrungszufuhr in Betracht. Die Haftwurzeln ^) unterscheiden sich von den Nährwurzeln dann nicht nur durch ihre geringere Länge und Dicke, ihre kürzere Lebensdauer und abweichenden anatomischen Bau, sondern auch durch abweichende physio- logische Eigenschaften, sie haben die geotropische Empfindlichkeit ganz oder größtenteils verloren, dafür ist aber der negative Heliotropismus und die Empfindlichkeit für Kontaktreize bei manchen Haftwurzeln beträcht- lich stärker als bei Erdwurzeln -). In letzterer Beziehung seien nament- lich die Wurzeln hervorgehoben, die Mohl^) als „Wurzelranken" be- zeichnet hat, weil sie um dünne Stützen sich ähnlich wie Ranken herum- wickeln können. Diese „Wurzelranken" sind allerdings nicht immer nur Haftwurzeln. Mohl hat sie namentlich bei einer ^'anille-Art (A'anilla aromatica) beobachtet, sie hängen hier gerade gegen die Erde herab, wenn der Zweig, aus dem sie entspringen, frei in die Luft hinaushängt, dringen, wenn um einen Baumstamm geschlungen ist, in die Ritzen des- selben ein und winden sich, wenn sie mit einer dünnen Stütze in Be- rührung kommen, als Ranke um dieselbe. Ähnlich ist es bei Melastoma- ceen, Medinilla radicans, Dissochaeta u. a., bei letzteren dienen die Ranken- wurzeln ausschließlich als Haftwurzeln. Die Verschiedenheit im Verhalten von Haftwurzeln und Nährwurzelu sei an einem Einzelfall geschildert. Die Haftwurzeln von Philodendron jue- lanochrysum (Fig. 319) umwinden dicke Baumstämme als horizontale Taue, sie sind nicht geotropisch, negativ heliotropisch und gegen Reibungs- (Kon- takt-)Reize sehr empfindlich. Die Nährwurzeln sind dicker als die Haft- wurzeln, sie entspringen auch nicht wie diese auf der dem Substrate zuge- kehrten, sondern auf der Vorderseite der Philodendron-Sjjroßachse, sie wachsen nach dem Boden herunter, hier meist dem Substrat angeschmiegt, bei anderen Aroideen frei durch die Luft. Der Leitbündelc3dinder dieser Nährwurzeln zeigt viel Gefäße, wenig Sklerenchym, der viel weniger entwickelte der Haftwurzeln wenige und enge Gefäße und viel Skleren- ') Vgl. darüber auch "Went, Über Haft- und Xährwurzelu bei Kletterpflanzen und Ephiphyten. Annales du jardin botan. de Buitenzorg, T. XII, 1893. ■) Inwieweit auch positiver Hydrotropismus in Betracht kommt, wie ich schon früher vermutete (S. I, p. 100), bleibt experimentell näher festzustellen. ^) MOHI,, Über den Bau und das \yinden der Ranken- und Schlingpflanzen 1827 p. 4t) u. 49. TreI'B, Sur les idantes grimpantes, Ann. du jardin but. de Buitenzorg T. III, Wext a. a. O. 488 Specicllc Organograplüo chym. Es ist klar, daß die Nährwurzeln erst iiel)ildet werden können, wenn die Pflanze eine .uewisse Größe erreicht und das zur Bildung der Nährwurzeln erforderliche Baumaterial Ijereit hat und daß die Nähr- wurzeln andererseits dazu beitragen, daß manche hierher gehörige Kletter- pflanzen eine so bedeutende Größe erreicht haben. Bei den Kletter- pflanzen , welche den Zusammen- hang mit dem Boden und damit das ursprüngliche Wurzelsystem bald verlieren, oder welche von Anfang an sich auf Bäumen, nicht im Boden ansiedeln, wird also anzunehmen sein, daß aus Erdwurzeln zunächst Haftwurzeln, aus diesen Nährwur- zeln entstanden, eine Auffassung, welche auch durch bei einigen Aroideen vorkommende Mittel- bildungen zwischen Haft- und Nähr- wurzeln gestützt wird (vgl. Went a. a. 0.). Dasselbe gilt für andere Kletterpflanzen. Die Pandanee Frey- cinetia imbricata hat keine Nähr- Avurzeln. sondern nur Haftwurzeln, bei Fr. javanica können sich die Haft- zu Nährwurzeln ausbilden. Fr. Bennettii hat gut ausgebildete Nährwurzeln. Haftwurzeln finden sich auch sonst noch bei einer ganzen Anzahl von Kletterpflanzen. Clusiaceen, Artocarpeen, Bignonia- ceen, Asclepiadeen u. a. f ) Wurzeln als m e c h a - nische Schutz organe (Dorn- wurzeln). Wie Blätter und Sprossen, so können auch Wurzeln zu Dornen umgebildet werden. Beispiele dafür sind für Monokotylen und Diko- tylen bekannt. 1 ) Unter ersteren sind seit lange bekannt die Palmen Acanthorhiza^j und Iriartea. Acanthorhiza besitzt in der unteren Stammregion normale, in den Boden eindringende Wurzeln, in der olleren bilden sich schwächere, deren Wurzelhaube verloren geht, während die Zellmembranen mit Aus- nahme der Siebröhren verholzen und die Zellen der äußeren Rinde sklerenchymatische Struktur annehmen. Bei Iriartea sind es Neben- wurzeln, die zu kleinen Stachelspitzen verdornen. Sodann ist zu nennen Dioscorea prehensilis -). Diese merkwürdige Pflanze besitzt Knollen, die von einem Geflecht von Dornwurzeln umgeben sind, die hier aber im Boden sich l)efinden, nicht wie bei den Fig. 319. Stengel von Pliilodendi-on mela- nochrysum mit vertikalen Nähr- und hori- zontalen Ilaftwurzeln. Vr ^^^- Gr. Nach Weilt (aus Scliimper, Pflanzengeograiihie). ') P'RIEDRICH, Über eine Eigentümlichkeit der Luftwurzeln von Acanthorhiza aculeata. Acta horti Petropolitaui. Pars vil; ISSl (mir nur aus Ptc'f. bekannt). Vgl. auch Pa'SSOW, Über Pandanus odoratissimus in dessen vergl. Unters, p. 53, 54. -) Scott, On two new iustances of spinous roots. Anuals of botany Vol. XI, p. 327. EiiizeLlarstellunt,' drr Yegetationsorganc. 480 oben erwähnten Beispielen oberhalb desselben. Es ist nicht zu be- zweifeln, (laß diese Dornen einen sehr wirksamen mechanischen Schutz gegen Tiere darstellen. Ähnliche Verhältnisse finden sich vielleicht bei D. spinosa. Eine südafrikanische I\Ioraea-Art (Iridee) hat an der Stammbasis ein dichtes Netzwerk von Dornwurzeln, das an die Bekleidung eines Igels erinnert, auch hier scheint das Dornwurzelsystem unterirdisch zu sein. Von den Dikotylen ist nur ein hierhergehöriges bekannt: das der merkwürdigen Rubiacee Myrmecodia. welche von Treub M eingehend untersucht worden ist. Die Dornen, welche auf der Außenseite der Knolle und den schildförmigen Erhebungen des Stammes, welche die Blätter tragen, stehen, sind metamorphe Wurzeln, die iiire Wurzelhaube ebenfalls verlieren. g) Sp eiche rwnrz ein sind solche, die zur Aufspeicherung von Reservestoffen benützt werden. Je nach dem Maße, in dem dies ge- schieht, w^eichen sie von den gewöhnlichen Erdwurzeln auch in der Ge- stalt mehr oder minder ab, sie entwickeln, wo beträchtliche ]\Iengen von Reservestoifen abzulagern sind, zur Aufnahme derselben Parenchym und gewännen dadurch vielfach eine fleischige Beschaffenheit. Diese kann sich entweder auf die ganze Wurzel erstrecken, wie bei den als ,, Knollen'' nnd ,, Rüben" bezeichneten oder nur auf einzelne Stücke, die dann durch Stücke, die den gewöhnlichen Wurzelcharakter ti'agen, von einander ge- trennt sind. So z. B. bei der Cucurbitacee Tladiantha dubia, wo die knollenförmig verdickten Wurzelstücke ausdauern. während die übrigen zu Grunde gehen. Bildet sich die ganze Wurzel zur Knolle um, so verschwindet dabei auch die Wurzelhaube, so bei den Knollen von Ranun- culus Ficaria und denen der Ophrydeen. Eine eingehende Besprechung der Speicherwurzeln gehört mehr in das Gebiet der Anatomie. Nicht alle fleischig ausgebildeten Wurzeln dienen übrigens als Speicherwurzeln, wenigsten bei den fleischigen (vorzugsweise als ,, Zugwurzeln") in Be- tracht kommenden Wurzeln von Oxalis tetraphylla scheint dies nicht oder doch nicht in erheblichem Grade der Fall zu sein -). (Vgl. auch das oben über Zugwurzeln Angeführte.) Anmerkuug. Ich übergehe liier die Mykorrbizenbildung, da die Be- sprechung derselben ohne ausführlicheres Eingehen auf anatomische und experimentell-physiologische Fragen — welche außerhalb des hier festge- haltenen Rahmens liegen — unthunlich ist. Die obigen Beispiele sollen nur erläutern, wie in einer Anzahl von Fällen Funktion und Organausbil- dung zusammenhängen — gerade bei den Wurzeln tritt dies besonders deutlich hervor. § 6. Entwicklungsperiode der Wurzeln. Bei Pflanzen mit periodisch unterbrochener Vegetation ist natürlich auch die Entwicklung der Wurzeln auf bestimmte Zeit verteilt und zwar läßt sich im allgemeinen sagen, daß die Entwicklung der Wurzeln der der oberirdischen Pflanzenteile vorauszueilen pflegt, eine Thatsache, die ja schon bei den meisten Keimpflanzen deutlich hervortritt und deren biologische Bedeutung selbstverständlich ist. ^) Aimnlcs du jardiii hi)t:ini(Hie de IJuiteuzorg, T. III, ISSo, p. 129. — Dnselhst woitore Litteratiu-. *) Vgl. RiMBACH, Ber. der deutsi-lien Ijot. GoscUj^cIi., 1S99, p. 28. ^90 Spcfielle Orgauographic. Scharf ausgeprägt ist die Periodizität der Wllrzelent^vicklll^g, nament- lich bei Zwiebel- und Kn ollen pflanz en , da bei ihnen die Wurzel- bildung auf einen kurzen Zeitraum beschränkt zu sein pflegt. Bei Ranunculus Ficaria werden sie (die nötige Feuchtigkeit etc. vorausgesetzt) schon Ende Juni angelegt, an den Zwiebeln von Fritillaria imperialis im August, die Mehrzahl der anderen Zwiebelpflanzen dürfte die Wurzeln gleichfalls im Herbst vor dem Austreiben entwickeln. Tulipa silvestris z. B. 1) treibt im September 20—30 fadenförmige Wurzeln ohne Wurzel- haare, im Juni sterben sie (wie auch die oberirdischen Teile) ab; eine längere Dauer der Wurzeln bei Zwiebelpflanzen dürfte sich nur bei solchen finden, die, wie Leucojum vernum. dauernd feuchte Standorte bewohnen, hier leben die Wurzeln 2 — 3 Jahre. Auf verschiedene Zeitpunkte verteilt ist die Wurzelbildung bei solchen Zwiebel- und Knollenpflanzen, wo es sich um Wurzeln verschiedener Funktion handelt (vgl. p. 472). Die „Nährwurzeln" der Crocusknollen (Fig. 312) z. B. entstehen im Herbst, die „Zugwurzeln" im Frühling, wenn die neue Knolle fertig ist. Bei den Bäumen lassen sich -) im allgemeinen zwei Perioden der Wur- zelbildung unterscheiden: die eine im Herbst, die andere im Frühjahr, vor dem Austreiben der Blätter. Beide sind durch winterlichen Stillstand getrennt, der hier aber nicht, wie bei den Si)rossen, als eine von äußeren Faktoren nicht direkt veranlagte Ptuheperiode. sondern nur als eine durch das Sinken der Temperatur veranlaßte Hemmung zu betrachten ist: bei mildem Wetter findet auch im Winter offenbar Entwicklung und Wachstum von Wurzeln statt. Bei Tilia europaea z. B. findet im August, September und Oktober eine fortwährende Ausbildung des Wurzelsystems statt, die Kälte unterbricht dieselbe; im Dezemljer waren (in einem speciellen Falle), entsprechend dem milden Winter, wieder neue Wurzeln erschienen. Die Periode stärksten Wachstums fiel in den April, vor dem Austreiben der Sprosse. Nicht alle Bäume verhalten sich aber gleich, bei der Eiche z. B. findet im Frühjahr kein starkes Wurzelwachstum statt, erst im Juni zeigen sich neue Wurzelfasern, und die Perioden stärksten Wachs- tums fallen in den Oktober. Oflenbar stehen die Dift'erenzen (soweit sie sich als konstant erweisen sollten) in engster Beziehung zur Gesamt- ökonomie jeder Pflanze; aber gerade über das Zusammenwirken der einzelnen Organe sind wir vielfach nur sehr unvollständig unterrichtet. 2) Der Sproß. Eine allgemeine Charakteristik der Sproßbildung Avurde im s^ 2 des allgemeinen Teiles gegeben, auf welche hier verwiesen werden kann. Für die Gestaltung der Sprosse ist in den meisten Fällen die Ausbildung der Blätter so wichtig, daß es geraten erscheint, zunächst diese zu be- sprechen und daran die Schilderung der verschiedeneu Ausbildungsformen der Sprosse anzuknüpfen. A. Blatt bildung. Einleitung. Im allgemeinen Teile wurde (p. 10 ff.) auf die Charakteristik der Blätter näher eingegangen, im speciellen (p. 261 ffV) für >) Vgl. PaMBACH, a. a. O. -) Vgl. Eesa, tJber die Periode der Wurzeleufwicklung. Dissert. Leipzig 1871. Eiiizi'ldarstelliuig der Yogctatioiisorganc. 4i)l die Bryophyten gezeigt, daß bei ihnen die Blattbildung (von blattlosen Formen ausgehend) ott'enbar wiederholt und auf verschiedenem Wege eingetreten ist. Wie die Blattbildung bei den Pteridophyten und Samen- pflanzen „phylogenetisch" zustande gekommen ist. wissen wir nicht, daß sie mit der Blattbildung der Moose (die der geschlechtlichen Generation angehört) nichts zu thun hat, ist selbstverständlich, und auf die zum Teil geistreichen Versuche, durch welche man rein hypothetisch die beblätterte Pflanze der Pteridophyten und Samenpflanzen aus dem Moossporogon ab- zuleiten versuchte, können wir bei dem zugemessenen Räume hier nicht eingehen. Die auch neuerdings wiederholten Versuche, die Blätter der Farne als Zweigbildungen aufzufassen, beruhen auf ganz falschen Voraus- setzungen und haben kaum mehr ein historisches Interesse — sie werden deshalb hier keine weitere Erwähnung finden. Daß für uns das chlorophyllhaltige assimilierende Laubblatt, dessen Thätigkeit bei selbständig lebenden (autotrophen) Pflanzen erst die weitere Entwicklung ermöglicht, auch die Plattform ist, aus der die anderen (durch Funktionswechsel) abzuleiten sind, geht aus den früheren Darlegungen gleichfalls hervor (p. 5 fl".). Übrigens giebt es wohl kaum ein Laubblatt, das nicht außer der Assimilation auch noch andere Funk- tionen hätte. Wir sehen dal)ei ab von der Transpiration und heben nur die Bedeutung der Blätter als Schutzorgane für die Knospen, seien es Endknospen oder Axillarknospen, hervor, die zuweilen von verschiedenen Teilen des Blattes übernommen werden. Bei Aristolochia Sipho ist z. B. die Blattspreite um die Endknospe gefaltet, der Blattgrund schließt die Achselknospen ein. Bei anderen Pflanzen mit kleineren, mehrzellig gestellten Blättern finden sich analoge Verhältnisse. Kein Organ des Pflanzeukörpers tritt in solcher Mannigfaltigkeit wie die Blätter auf, weil die Beziehung derselben zu der Außenwelt die mannigfaltigsten sind. Dem entspricht auch eine reiche Verschiedenheit in der S y m m e t r i e und der anatomischen A u s b i 1 d u n g der Blätter. Von letzterer sei zunächst erwähnt das Verhalten der Leit- bündel, da dies teilweise zur Entscheidung der Frage, ob ein Organ als Blatt zu bezeichnen sei oder nicht, benutzt wurde. Die große Mehrzahl der Blätter ist von einem oder mehreren, oft reich verzweigten Leitbündeln durchzogen, deren Anordnung, wie unten gezeigt weiden soll, in bestimmter Beziehung zu dem Wachstum der Blätter steht, deren Funktion aber hier als bekannt vorausgesetzt werden kann. Es giebt aber auch Blätter ohne Leitbündel, eine Vereinfachung des Baues, die wir als eine Rückbildung betrachten müssen. Sehen wir ab von den zahlreichen Fällen, in welchen Blattanlagen frühzeitig in der Entwicklung und dementsprechend auch in der Gewebegliederung stehen bleiben (die ersteren also über das „Höckerstadium" nicht hinauskommen), ferner von den eine rudimentäre Leitbündelanlage zeigenden äußeren Knospenschuppen mancher Pflanzen, so finden wir z. B. gefäßbündellose Deckblätter der Blüten bei Utricularia orbiculata ^). Die Schuppenblätter am Rhizom der saprophytischen chlorophylllosen Orchidee Epipogon Gmelini bestehen nach Schacht -) aus 3 Zellschichten und besitzen weder Leit- bündel noch Spaltöffnungen, sie dienen nur als Schutzorgane des Vegetations- ^) GOEBEL, Morphologische und l)iologische 8tiulicii, l'tricuhiria. Ann. du jardiii l)otaniqiie de Buitenzor^, T. IX, p. 55. ^) Schacht, Beitr. zur Anatomie und Phy^iol. der Gewächse, p. 115 ff. 492 Sitecielle Oiganographic. punktes und haben offenbar nur eine kurze Existenz ; auch die schuppen- förmigen Blätter der parasitisch lebenden Cuscuta haben keine Spur eines Leitbündels i), ähnliche Fälle wüixlen sich wohl von anderen Parasiten und Saprophyten anführen lassen. Daß auch, wie hier hinzugefügt werden mag, in der Blütenregiou leit- bündellose Blattgebilde vorkommen, ist demgemäß nicht zu verwundern. So fehlen Leitbündel (vgl. die unten angeführte Abhandlung) bei einigen Loranthaceen, z. B. in den Kelchblättern von Gaiadendron punctatum, den Staubblättern einiger Arceuthobiaceen u. a., den rruchtblättern der Balano- phoreen. In allen diesen Fällen handelt es sich um kleine, zarte Blatt- gebilde, deren Gewebegliederung entsprechend vereinfacht ist. Dafür liefert auch das Verhalten der Hjanenophylleen einen schlagenden Beweis. Die kleinen, sterilen Blätter von Trichomanes Motleyi ^) haben in ihren Blatt- nerven keine Spur eines Gefäßbündels — die Leitungsbahnen für Wasser können hier rückgebildet sein, weil wie bei den Moosblättern Wasser direkt von außen aufgenommen wird. Die fertilen Blätter aber zeigen im Blattnerv ein mit Tracheiden (zunächst nur einer einzigen) ver- sehenes Leitbündel. Ebenso sind die Wasseideitungsbahnen bei Cerato- phyllum, einer untergetauchten Wasserpflanze, ganz reduziert, und das- selbe gilt für die Blätter der Podostemaceen, Terniola longipes, Tristicha trifaria und Tr. hypnoides (vgl. S. II, p. 340 und die dort gegebene Ab- bildung). Weddellina squamulosa hat an den Seitenzweigen Blätter, denen jede Andeutung eines auch noch so rudimentären Leitbündels fehlt. Der Besitz von Leitbüiuleln kann somit nicht als ein für die Blätter der Pteridophyten allgemeiner betraclitet werden ; ebensowenig gilt dies für die Ausbiklnng des chlorophyllhaltigen Blattgewebes, die, wie im folgenden kurz erwähnt werden soll, einerseits bei den Blättern selbst eine sehr variable ist, andererseits bei Pliyllocladien, also Sproßachsen, in derselben Art wiederkehrt, die man als für die Blätter „typisch" zn betrachten gewöhnt ist. S y m m e t r i e V e r h ä 1 1 n i s s e i m Baue de r Blatte r. Als typische Laubblätter sind wir zn betrachten ge^Yollnt, solche die dorsiventral („bifacial") gebaute, meist in Form dünner Gewebsplatten entwickelte Blattspreiten besitzen. Hätte sich die Botanik statt in Europa in West- australien entwickelt, so würde man diese Blattform als eine zwar nicht ganz seltene, al)er keineswegs als die typische beschrieben haben. Denn radiär oder auf beiden Seiten gleichgebaute Blätter (isolaterale) sind dort wohl die herrschenden, sie finden sich in den verschiedensten Familien. Es fehlt auch nicht an Übergängen zwischen dorsiventralen und isolate- ralen Blättern •'■). Derartige Blätter sind meist nicht wie die dorsiventralen flach aus- gebreitet, sie nehmen vielfach (wie z. B, die Sichelblätter der Eucalypten, ^) Es scheint iiichl überflüssig, auf diese, großenteils schon in meiner ..YergL Eut- ■\vickliingsgeschichte" angeführten Fülle hier wieder hinzuweisen. Hat doch Yan Tieghem (Sur l'existence du feuilles sans meristeles dans la fleur de certaines phaneroganies. Revue de botanique, T. 8, p. 48-2) Itchauptet: ,,Heureusemeut de telles (d. h. leitltündellose) racines, tiges on feuilles n'ont jamais ete rencoutrees jusqu' ici dans l'appareil vegetaTif des Phauero- games.'' ^) G. Karsten, Ann. du janl. bot. de Buitenzorg, T. XII, j). i:!5. ^) Man vergl. z. B. di(! von Reinke lietreffs der Leguminosen anüeführten Thatsaclien (Pringsh. Jahrb., Bd. 30). Einzeldarstellmiij der Vcyetationsorf'aiio. 493 die Phyllodien der Acaoien. viele Proteaceenl)lätter ii. a.) ..Profilstelliino*' an, besitzen ganz oder annähernd vertikal gestellte Flächen oder weichen in ihrer Gestalt von der gewöhnlichen ab. So sind cvlindrische Blätter nicht selten. In Fig. 320 ist eine Proteacee abgebildet, deren Zweige am Anfang der Vege- tationsperiode ein- fache Hache Plätter hervorbringen, später aber verzweigte von annähernd kreis- förmigem Qnerschnitt erhalten (das rings- hernm verlaufende, von zahlreichen Stab- zellen durchsetzte Palissadenparenchvm ist auf einer kurzen Strecke der Unter- seite durch kürzere Zellen ausgezeichnet, so daß dadurch noch ein kleiner Unter- schied zwischen Ober- und Unterseite sich wahrnehmen läßt.) Die tiachen Blät- ter haben Ober- und Unterseite wesentlich gleich gebaut, sie sind aber gegen Wasser- abgabe weniger stark Spaltöffnungen sind versenkt 320. Hakea trifurcata K. Br. Untere Blätter einfach flach, obere verzweigt und cvlindrisch. und geschützt. Ihre Epidermis ist nicht so dick, die nicht wie bei den C3'lindrischen Blättern in Gruben Mag auch die GesamtoberÜäche der cylindrischen, verzweigten Blätter hinter der der flachen nicht zurückstehen, so ist doch jedenfalls die vom Lichte getroffene Oberfläche bei letzteren größer als bei ersteren. bekanntlich wirkt das Licht aber steigernd auf die Transpiration ein. Während ich bei dieser Art keinen Übergang zwischen ganzen und ge- teilten Blättern beobachten konnte, ist ein solcher bei anderen Hakea- Arten, z. B. H. pectinata in oft ganz allmählicher Abstufung vorhanden. Im übrigen wird es derzeit wohl kaum gelingen, die ungemein mannig- faltige Blattgestalt der Proteaceen im einzelnen mit den Lebens- bedingungen in Beziehung zu setzen, es würde dazu nicht nur die Kenntnis der Lebensbedingungen , sondern auch der ganzen Organi- sation der betretfenden Pflanzen notwendig sein, unter denselben äußeren Lebenbedingungen kann das Blatt einer Pflanze, das durch die Leistungen des Wurzelsystems wenig Wasser erhält, xerophil sein, das einer anderen, dem durch die übrigen Organe mehr Wasser zugeführt wird nicht, es muß das besonders hervorgehoben werden , weil neuerdings mehrfach die Anpassungfrage einseitig auf Grund der Untersuchung einzelner Organe einer Pflanze behandelt worden ist. In Europa zeigen verhältnismäßig nur wenige Pflanzen eine radiäre oder bilaterale Ausbildung der Blätter. Es gehören dahin einmal die 494 Specielle Organographic. „Koinpaßpflanzen" i). die bei intensiver Besonnung ilire Blätter in Proiil- stelhmg bringen und auf beiden Seiten gleichen Blattbau aufweisen, und andererseits eine Anzahl von Sumpfpflanzen : die schwertförmigen Blätter von Iris (deren verschiedene Arten aber keineswegs alle an nassen Stand- orten leben) und Acorus Calamus sind schon von vornherein in „Profil- stellung" angelegt (vergl. den Abschnitt über Blatteutwicklung) bei Typha wird diese durch eine kleine Drehung der Spreite erreicht, und bei unseren Juncus-Arten ist das Blatt von kreisförmigem Querschnitt, im Innern ist es ein Röhrenblatt, d. h. enthält zahlreiche Lufträume, welche den Sauerstoff den unterirdischen Teilen zuleiten ; ül)rigens ist klar, daß derartige Blätter, die wir nur bei Pfianzen antreffen, die an dem Licht und deshalb auch Regen und ^Yind frei ausgesetzten Standorten wachsen, auch den mechanischen Einwirkungen eine geringe Fläche darbieten. Die Blattbildung von Juncus findet ein Gegenstück Ijei den cvlindrischen Blättern des (gleichfalls an feuchten Stellen lebenden) Farnkrautes Pilularia und denen zweier ausländischer Umbelliferen. Die Blätter von Crantzia und Ottoa gleichen ganz denen von Juncus-Arten, deren Blätter durch Diaphragmen quer gegliedert sind. Es handelt sich daltei wahrscheinlich um Blattformen, die durch Reduktion aus gegliederten Blättern entstanden sind. Bei L'^utersuchung von Crantzia linearis, die ich in Neuseeland sammelte, bemerkte ich in der That an dem jungen Blatte noch die Anlage von Seitenorganen, sie man für verkümmerte Blattfiedern halten möchte, obwohl sie nur in einer, nicht, wie dies zu erwarten wäre, in 2 Reihen erscheinen ; dafür spricht auch das Verhalten von Oenanthe fistulosa, au deren „röhrenförmiger" Blattspindel die Fliederblätter in redu- zierter Gestalt erscheinen. Bei Ottoa ■^), einer anderen Umbellifere fand ich am Ende der Blätter nur eine kleine Vertiefung resp. Abflachung, welche vielleicht einer äußerst rudimentär gebliebene Spreitenanlage entspricht. In die- selbe biologische Kategorie möchte ich auch die mono- kotylenähnlichen Blätter einiger Eryngium-Arten rechnen, die keine Phyllodien sondern, wie Übergangsformen und die -a| /- A ..Ai m...mil Fig. 321. Cnintzia linearis. .Junges Blatt, etwa 20fach vergr., unten die nur eine schmale Spalte offen lassende Blattscheide, an den durch Punktierung angedeuteten Diaphragmen eine Eeihe von Hr>ckern, wahr- scheiulicli verkümmerte Anlagen von Blattfiedern. Keimungsgeschichte zeigen, ans Blättern, deren Spreite sich unter Reduktion oder Unterdrückung der Gliederung (und des Blattstiels) stark gestreckt haben, hervorgegangen sind. Ich finde bei ausgepflanzten, als Sumpf- l)fianzen vortrefflich gedeihenden Eryngien ^). daß die schmalen, grasähn- lichen Blätter dieselbe Drehung der Spreite vollziehen, wie sie für die von Typha und Sparganium charakteristisch ist und dadurch Profilstellung annehmen, sie sind dadurch vor starker Transpiration geschützt, wie ') Vergl. Stahl, Über sogenannte Kompaßpflanzen, .Jena 1881 (Jenaisehe Zeitschrift für Naturw., 15. Bd., N. F. VIII). Heixeichee, l'l)er isolateralen Blattbau, Jahrb. f. wiss. Bot., 15. Bd. Weitere Litteratur citiert bei Habeklandt, Phvsiolog. Pflanzcnanatoraie, 2. Aufl., p. 260. ') S. II, p. 45. ^) Er. bromeliaefolium. paudanifolium u. a. Einzeklarriti'Uuiitj der VegctationsurgaiH'. 495 denn überliaupt „xerophile" Charaktere bei einer Anzahl von Sumpf- pflanzen bekannt sind (vergl. das später über die Sproßbildun,i>- von einigen Cyperaceen und Restiaceen Anzuführende). Daß bei derartigen an freien, den Winden stark ausgesetzten Standorten wachsenden Pflanzen die frühere Gliederung der Blattspreite verloren gegangen ist. kann gleichfalls nicht wundernehmen, auch wird die Drehung der Blattspreite in mechanischer Beziehung von Vorteil sein. Schon die oben angeführten Thatsachen legen die Annahme nahe, daß auch bei den gewöhnlichen plagiotropen Blättern ihre dorsiventrale Aus- bildung durch ihre Lage veranlaßt sei, wenn sie auch, so weit wir bis jetzt wissen, allgemein eine erbliche geworden ist; dazu kommt, daß ein solcher dorsiventraler Bau auch blattähnlich gewordenen Si)roßachsen und Wurzeln aufgeprägt wird. Auf causale Beziehungen der Lage zum Blattbau weist auch das Verhalten einer Anzahl schuppenförmiger Blätter hin. Bei den xerophilen Compositen Lepidophyllum quadrangulare und Phoenocoma prolifera ^) liegen die Blätter mit der Olierseite dei- Sproßachse dicht an ; die nach außen gekehrte Unterseite kommt für die Assimilation vorzugs- weise in Betracht, sie hat Palissadenparenchym, die Oberseite Schwamm- parenchym. also gerade das Umgekehrte des gewöhnlichen Verhaltens. Wie hier eine Ä u d e r u n g des anatomischen Baues in Zusammenhang mit der von der gewöhnlich abweichenden Lage off'enbar erfolgt ist, so ist die dorsiventrale Differenzierung ofl'enbar auch bei dem gewöhnlichen Verhalten ursprünglich durch die Lage veranlaßt. Die eben besprochenen Fälle leiten uns über zur Besprechung der sonderbaren Erscheinung, daß bei einigen Pflanzen die (morphologische) Oberseite den Bau der IJnterseite hat und umgekehrt, bei diesen Pflanzen findet nach Entfaltung der Blätter eine Drehung statt, welche die „ana- tomische" Oberseite nach oben, die L^nterseite nach unten bringt. Dahin gehören -) namentlich eine Anzahl von Monokotylen (Alstroemeria, Allium ursinum, Pliarus brasiliensis und einige andere Gräser), ganz analoge Fälle finden sich aber auch bei der Kompositengattuug Metalesia und bei Stylidium (s. u.). Bei Pharus brasiliensis finde ich Folgendes. Die (morphologische) Oberseite der Blätter ist heller grün als die Unterseite. Es rührt dies daher, daß einerseits die Epidermiszellen der 01)erseite höher als die der Unterseite, andererseits die chlorophyllhaltigen Zellen (es waren an den untersuchten Gewächshauspflanzen 2 Lagen, eine unter der Ober-, eine unter der Unterseite vorhanden) auf der L^nterseite höher sind als auf der Oberseite. Letztere wird durch eine Torsion an der Blattbasis nach unten gerichtet, bei dem unter der Inflorescenz stehenden Blatt beträgt die Drehung bisweilen nur 90'^. Genauer untersucht wurde der Vorgang von Czapek (a. a. 0. i bei Alstroemeria. Die Blätter (abgesehen von der ersten) erfahren hier bei der Entfaltung eine Drehung von 180 ^ (Fig. 322), die, wenngleich träger, ') Ver?l. S. II, p. 32, Taf. XXIII. Fig. 12. Gauz ähnlich wie diese Kompositen verhält sich auch die Thymelaeace Passerina hirsuta. An den Keimpflanzen halben die dekussiert gestellten Blätter im wesentlichen den gewöhnlichen Bau. Später tritt zerstreute Blattstellung ein, die Blätter stehen dem Stamuie angedrückt, auf der stark behaarten Ober- seite ist Schwammparenchym und Spaltöffnungen, die Unterseite besitzt diese nicht, wohl aber Palissadenparenchym "(vergl. z. B. Carvel, Struttura delle foglie della Passeriua hirsuta. Nuovo giornale botania Italiano, Vol. II, p. 194). '-}Die Litteralur ist citiert bei Czapek, Studien über die A\'irkung äußerer Itcizkräfte auf die Pflanzengestalt I, Flora 85. Bd., p. 429. _J.gg Specielle Orgauograpbie. auch im Finstern vor sich geht. Czapek kommt betreffs der Entstehung dieser eigentümlichen Umkehrung der BlattÜächen zu einem Resultate, zu welchem auch ich früher gelangt war. Er nimmt an, daß die verkehrt orientierten Blätter der Alstroemerien im Laufe der phylogenetischen Ent- wicklung der Gattung aus in Prolilstellung behndlichen hervorgingen, die ihrer Stellung gemäß auf beiden Seiten gleich gebaut waren. Derartige Blätter kommen bei einigen Alstroemeria-Arten vor, auch bei denen mit drehenden Blättern nehmen die ersten Blätter der Sprosse eine Prohlstellung an (betreffs des Verhaltens am Klinostat vgl. a. a. 0. 1. Diese Stellung, die als Schutz gegen zu intensive Besonnung und Transpiration angenommen wurde, änderte sich bei veränderten äußeren Verhältnissen wieder in eine Flächenstellung, aber nicht durch Rückgängigmachen der Drehung von 90 <^, sondern durch Weiterdrehen um 90*', und der A'eränderten neuen Lage entsprechend nahm das Batt wieder einen dem ursprünglichen gegenüber verkehrten Dorsi- ventralen hinan. Fig. 322. Alsti'oemeria psittacina, Blatt (uat. Gr.). Durch Torsion des blatt- stielartigeu vinteren Teiles hat eine Drehung iler Spreite um 180" statt- gefunden. Es ist mir indes wahrscheinlich, daß die Umkehrung der Blattfläche in verschiedenen Gruppen auf verschiedenem Wege vor sich ging. Unter den einheimischen Gi'äsern zeigt z. B. Melica nutans die verkehrte Orientierung der Blattspreite i). Die basalen Blätter zeigen meist keine Drehung, kehren also die blassere Oberseite nach oben, an den weiter oben stehenden erfolgt entweder Aufrichtung der Spreite, wobei häufig ein Uberbiegen des oberen Teiles der- selben eintritt oder in eine Torsion derselben, welche die Unterseite nach oben bringt. Da es nun (z. B. bei Melica ciliata) xerophile Formen mit Roll- blättern giebt, so liegt es nahe, die Veränderungen folgendermaßen zu konstruieren: von einem gewöhnlich orientierten Blatte aus entstand zu- nächst entweder ein dem Halm anliegendes aufgerichtetes Blatt oder ein Rollblatt, dessen Unterseite die Struktur der Oberseite annahm ^) (wie bei den oben angeführten Schuppenblättern). Wenn solche Formen sich wieder feuchteren Standorten anpassen, kann die eingeleitete Strukturveränderung nicht rückgängig gemacht werden, wohl aber wird das Blatt wieder flach, und führt nun die oben angeführten Orientierungsbewegungen aus, daß die unteren, in feuchterer Umgebung lebenden, zudem kleineren Blätter sich daran nicht beteiligen, ist biologisch gleichfalls verständlich. Zu einer anderen Auffassung, die mir aber nicht einleuchtend er- scheint, gelangte Stahl ^), ohne indes eine experimentelle Begründung zu geben. Er findet in der Umkehrung der Blattspreite „ein Mittel zur Schwächung der Wirkung des Regenanpralls"; dieser soll durch die Torsion etc. sich weniger stark geltend machen, die hierhergehörigen Pflanzen wachsen (soweit es sich um einheimische handelt) aber keineswegs unter Bedingungen, welche einen besonderen Schutz gegen Regentropfen erforderlich machen, und ihre Blätter sind auch durch ihre Gestalt der Schädigung durch Regen- ') Die Spaltöffnungen finden sieh nur anf der ()berseit(', welche auch Haare trägt, die „Entfaltungszellen" liegen aber wie sonst auf der Oberseite. *) Namentlich Beschränkung der Spaltöffnungen auf der Oberseite, wie dies bei der- artigen Blättern die Regel ist. ^) Annales du jardin botanique de Buitcnzorg, T. XI, p. 151. Eiiizoldarstolhing der Vt'gctaiionsorgane. 497 tropfen nicht mehr ausgesetzt als die anderen, an denselben Standorten wachsenden Monokotylen (z. B. Convallaria majalisi. Die Blattspreite von Melica nutans ist durchaus nicht breiter als die vieler anderer Gräser mit nicht umgewendeten Blättern. Pharus brasiliensis besitzt einen stielartig verschälerten Teil der Blattfiäche, welcher dem Blatte auch ohne Umkehrung gestatten würde, den Regentropfen auszuweichen. Wir finden ferner bei anderen hierhergehörigen Gräsern die Blattspreite oft nur aufgerichtet oder (wie dies öfter bei Brachypodium pinnatum der Fall ist) nur in ihrem oberen Teile gedreht. Es dürfte nach der STAHL'schen Hypothese schwer zu ver- stehen sein, wie derartige Blätter ihre Struktur ändern konnten. Daß bei Alstroemeria z. B. der flache Blattstiel (der nichts anderes ist, als der untere, verschmälerte Teil der Spreite) durch die Drehung eine größere mechanische Leistungsfähigkeit erlangt, soll übrigens durchaus nicht in Abrede gestellt werden. Unter den Dikotylen ist, abgesehen von der oben erwähnten Komposite, mir eine Drehung der Blätter nur bei einigen australischen Stylidiumarten (St. pilosum und reduplicatumi bekannt i). Die Spaltöffnungen liegen hier auf der morphologischen Oberseite, die Unterseite ist von einer scheinbar mehrschichtigen dickwandigen Epidermis bedeckt, ein Bau, welcher in der Knospenlage vortrefflich zum Schutze der Knospe geeignet ist. Nach der Entfaltung findet eine Drehung statt, bei St. reduplicatimi ziemlich früh, bei S. pilosum später. Es giebt Stylidium-Arten sowohl mit isolateralen als mit Eollblättern, indes dürfte die oben für die Gräser versuchte Ab- leitung auch hier die natürlichste sein, daß die SxAiiL'sche Hypothese auf die genannten Stylidium-Arten nicht anwendbar ist, bedarf kaum der Hervor- hebung. § 1. Äufsere Gliederung des Blattes. Bei kleinen, schuppenförmigen Blättern ist die Gestaltung eine sehr einfache, das Blatt weist eine Gliederung nicht auf, auch sonst finden sich Beispiele, wo eigentlich nur eine Blattfiäche vorhanden ist. Meist aber läßt sich Blattspreite (Lamina), Blattstiel und Blattgrund unter- scheiden. Bei einem Juncusblatte finden wir nur die cylindrische Blatt- spreite und den kurzen, scheidenförmigen Blattgrund, der als Schutz für die Knospe dient. Er ist bei solchen Monokotylen, die ein lange dauern- des interkalares Wachstum ihrer Internodien aufweisen (wie die Gräser), zu einer langen, die Internodien umhüllenden Scheide entwickelt, aus der sich die Sproßachse herausschiebt und welche dem noch weichen, plastischen Geweben der unausgewachsenen Internodien den nötigen Halt verleiht; auch bei Dikotylen sehen wir den Blattgrund um so mehr ent- wickelt, je mehr seine schützende Funktion in Anspruch genommen wird ; es sei nur erinnert an die mächtige Entwicklung der Blattscheiden, welche die dicken Inflorescenzknospen großdoldiger Umbelliferen wie Archan- gelica-, Heracleum -Arten u. a. zu umhüllen haben. Darauf wird bei Besjjrechung der Hochblatt- und Nebenblattbildung noch einzugehen sein. Hier sei nur ein Fall erörtert, der eine schein- bare Abweichung darstellt. Die Blätter von Leucojum, Narcissus u. a. haben eine geschlossene, d. h. rings um die Sproßachse herumgreifende Blattscheide. Nur das Blatt, in dessen Achsel eine Blüte sich entwickelt, ') Vgl. die demnäohst in Flora 1900 erscheinende Arbeit von G. P. BuENS, Beiträge zur Kenntnis der Stylidiaeeen. Goebel, Organographie der Pflanzen. oo 498 Speciellc OrgnnogrMphio. besitzt eine offene, während man von vornherein eher etwa das entgegen- gesetzte Verhalten liätte erwarten können. Indes zeigt jeder Querschnitt durch eine Zwiebel (Fig. 323), daß die Ausbildung des Laubblattes, das eine Blüte als Achselknospe hat, durch die Raum verhcältnisse be- dingt ist. Die Zwiebel besteht aus Blättern, die außerordentlich fest aufeinander gepackt sind; es wird für die Blütenknospe dadurch Raum geschaffen, daß die Basis ihres Deckblattes nicht ganz herumgreift — kommt keine Bluten- knospe zur Entwicklung, so bildet sich eine geschlossene Blattscheide aus. Zwischen der Bildung der Achselknospe und der abweichen- den Gestaltung ihres (im übrigen als Laubblatt ausgebildeten) Deckblattes besteht also ein causaler Zusammenhang. Ob er ein mechani- scher, nur durch räumliche Verhältnisse be- dingter ist (indem etwa die frühzeitige Ent- Avickiung der Achselknospe die Anlage ihres Deckblattes verhindert, sich rings um die Sproß- achse zu entwickeln) oder auf andere Weise vermittelt wird, könnte nur durch das Experi- ment ermittelt werden . das aber bei Yor- im Inneren der Zwiebel sich abspielen, schwer ausführbar Fig. 323. Narcissus poeticus. Querschnitt durcli die Zwiebel (2raal vergr.). J Infloreseenz- schaft, E Deckblatt desselben, welches von den Scheidenblät- teru abweichend ausgebildet ist. so ist es seine Aufgabe, außerdem ermöglicht er das Blatt der Blatt- gängen, die sein wird. Was den Blattstiel anbelangt, in die günstige Lichtlage zu bringen, spreite, dem Anprall von Wind und Regen auszuweichen; die Funktion der bei manchen Pflanzen am Blattstiel (oder der Basis von Teilblättchen) ausgebildeten „Gelenkpolster" wird in den physiologischen Lehrbüchern ausführlich behandelt, kann hier also übergangen werden. Seine Entstehung aus dem basalen Teile der Blattspreite (unter Ver- ringerung der Flächenentwicklung derselben) läßt sich namentlich l)ei Monokotylen deutlich verfolgen. Der Besitz eines Blattstieles ist bei den Monokot3den nur in wenigen Familien (Palmen. Aroideen. Dioscoreen) verbreitet. In anderen gelangen nur einzelne Formen dazu. Es läßt sich aber bei nicht wenigen erkennen, daß die Basis der Spreite anders organisiert ist als der obere Teil. Nur wenig auffallend ist dies bei manchen Gräsern, wo die öhrchenförmige Spreitenbasis offenbar stärkerer mechanischer Inanspruch- nahme entsprechen kann, als wenn sie flach wäre ^) (auch ihr anatomischer Bau pflegt ab- weichend zu sein). Bei der Liliacee Xerotes longifolia ist der untere Teil der Blattspreite r i n n e n f ö r m ig g e b o g e n (Fig. 324 4, 5), der obere flach: es kommt so eine Art Stiel (aber noch ohne Formänderung der Spreite) zustande, man daß er steifer ist als die übrige Blattspreite. Die Blätter von Phormium tenax (und Fig. 324. Blattquerschnitte (in nat. Phormium tenax (F flügeiförmige Gr.). 1 — 3 von Wucherung der Blattunterseite), 4 u. 5 von Xerotes longifolia kann sich leicht überzeugen, als deren Träger er dient. ^) Bei Bambusa ist die Spreitenbasis so verschmälert, daß sie bei Pharus, Anomochloa u. a. kommt es zu deutlicherer Stielbildunj sich Iciclit drehen kann ; Einzolilaistclluncf der VeüctationsoriTaue. 499 a.), in denen außerdem der anderen Arten der Gattung) haben schon eine größere Annäherung zur Stielbihlung. Die Spreite ist im oberen Teile flach ausgebreitet (Fig. 324 1 — o), nach unten verschmälert sie sich und erhält zur Aus- steifung einen im oberen Teile nur angedeuteten kielartigen Vorsprung (F Fig. 247 2): im unteren, dem Blattgrunde genäherten Teile des Blattes nimmt der Kiel wieder ab. Diesem Beispiele schließen sich zahlreiche andere au (z. B. Alstroe- meria psittaciua [Fig. o2'2], ferner Funkia [Fig. 348] u. der Blattstiel die verschmälerte Blattbasis darstellt und stärkeren mechanischen Inanspruchnahme entsi)rechend dicker wird als die Spreite, auch sonst eine andere Anordnung seiner Gewebe erhält. Auch für Dikotylen (z. B. Plantago- Arten) werden analoge Beispiele zu erwähnen sein. Das Vorliandensein eines Blattstieles und die Länge, die er erreicht, steht einmal zu der Größe und zum Bau ^) der Blätter, andererseits aber auch zu äußeren Faktoren im Zu- sammenhang. Es wird bei Besprechung der Hoch- ^{^ blätter gezeigt werden, daß bei vielen Pflanzen die Länge des Blattstieles in der oberen Stengelregion sehr verringert ist. und wenn wir das Verhalten der Arten innerhalb einer Gattung betrachten, so finden wir nicht selten, daß die an schattigeren Stand- orten wachsenden, mit Blattstielen ausgerüstete Blät- ter besitzen, die an sonnigen vorkommenden nicht. Dabei sind aber stets auch die Größenverhältnisse zu berücksichtigen : ein kleines Blatt wird einen Blattstiel eher entbehren können als ein großes. Mau vergleiche z. B. Saxifraga rotundifolia und S. granulata (beide mit gestielten Blättern) mit S. aizoon und S. longifolia (ungestielte Blätter) u. a., die als Felspflanzen wachsenden Edrajanthus-Arten (unge- stielt) mit Campanula rotundifolia, latifolia u. a. Streng durchgreifende Beziehungen wird man auch hier freilich nicht erwarten dürfen, weil immer das X der ,,specitischen Konstitution'' mit in Betracht kommt. So hat z. B. Aposeris foetida obwohl eine ausgesprochene Schattenpflanze, ungestielte resp. kurzgestielte Blätter ; die unteren Fiederblätter wer- den immer kleiner, und man könnte diesen Teil der Blattspreite als eine Art verbreiterten Stiel betrach- ten, aber im allgemeinen scheint mir der Blattstiel doch auf geringere Lichtintensitäten „gestimmmf' zu sein als die Blattspreite (vgl. p. 204 ftV), wie er denn auch bei etiolierten Pflanzen sich bedeutend zu strecken pflegt. Auch bei den soeben erwähnten j^j^j,^ Aposeris tritt bei etiolierten Blättern Stielbild nng ein, und die einzelnen Teilblättchen rücken durch Herten Blatte hat sich der Streckung der zwischen ihnen befindlichen Teile der '»"«aie Teil stark gestreckt, Blattspreite auseinander, das Blatt erhält einen ganz ^' ''^ "gestieif geworden, ^y iS<' l l25. Aposeris ein etiolierte: ein normales Blatt. foetida. ; , rechts Im etio- anderen Habitus (Fig. 325). Wenn wir ferner den auf dem Wasser schwimmenden Blattrosetten , . auch die einzelnen Teilblätt- Uei pIjcii J^il^^^ auseinander berückt ('/., nat. Gr.). ') Ein sehr derb gebautes Blatt wird auch bei beträchtlicher Grüße eher eines antraten könuen als ein zartes, so z. B. bei Coccoloba pubescens. 33* Stich qQO Specielle Organogrnpliie. von Trapa u. a. sehen, daß die Blattstielbildung an den inneren, stark beleuchteten Blättern gehemmt, bei den älteren, von den anderen be- schatteten aber gefördert ist, so tritt die Beziehung der Blattstielbildung zum Lichte deutlich hervor. Bei größeren Blattflächen von Landpflanzen erfordert schon die stärkere mechanische Inansi)ruchnahme des Blattstieles eine stärkere Ausbildung desselben und damit zugleich eine größere Abweichung von der Gestaltung der Blattspreite. Für die Auffassung, daß der Blattstiel der Blätter der Samenpflanzen nichts anderes ist als ein verschmälerter und stark verlängerter Teil der Blattspreite, sprechen nicht nur die oben für einige Monokotylen erwähnten Thatsachen und die, daß sich die Bildung von Blattstielen vielfach auch an den Teilblättchen — die als seitliche Auswüchse der Blattspreite entstehen — wiederholt, sondern auch die, daß der Blattstiel seine bedeutendere Dicke und damit die von der Spreite abweichende Gestalt vielfach erst durch länger andauernde sekundäre Zellteilungen in seinem Grundgewebe erhält^). Mit der ab- weichenden Gestalt des Blattstieles hängt auch die Anordnung der Leit- bündel zusammen. Da diese aber im ganzen Blatte in engster Beziehung zur Entwicklung steht, so soll sie zusammen mit dieser später kurz be- sprochen werden. § 2. Blattentwicklung ixn allgemeinen. Zur Geschichte. Schon bei Malpighi ^) finden sich Angaben über die Entwicklungsgeschichte des Blattes. Nachdem er in ausgezeichneter Weise die Formveränderungen geschildert hat, welche die aufeinanderfolgenden Knospenschuppen der austreibenden Knospen, die „folia caduca" darbieten, untersucht er auch die Entwicklung der „folia stabilia", der Laubblätter. Den Vegetationspunkt unterscheidet er noch nicht von den jüngsten Blatt- anlagen. Er faßt seine Untersuchungen dahin zusammen (a. a. 0., p. 30) : „Naturae pariter methodus in producendis stabilibus foliis mirabilis est. Primo enim costula seu petiolus, carinae instar humore turgidus cum ap- pensis fibrulis manifestatur e quibus probabiliter sacculorum seu utriculorum transversalium membranulae pendent (d. h. die Nebenrippen mit der Blatt- lamina) ut in animalium primaeva delineatione observatur. Patent autem deducto novo alimento, quia complicata sacculorum moles, subintrante succo, turget et ita folii latitudinem et laxitatem conciiiat." Tiefer eindringend waren die Untersuchungen von C. E. Wulff 3). Er erkannte, daß die Blätter entspringen an der über die jüngsten Blattanlagen hervorragenden Spitze des Stengels, in welcher noch keine Gewebegliederung wahrnehmbar ist. Hier, am Vegetationspunkt („ne omni momento opus sit, largam descriptionem instituere, liceat vocare haec loca generatim puncta vegetationis vel superficies vegetationis" i entstehen die Blätter durch Aus- scheidung des „succus nutritivus", dessen Austreten hier nicht durch Epi- dermis oder Kinde gehemmt wird. Er erkennt die „akropetale" Anordnung der Blätter , unterscheidet zwischen Anlegungs- und Ausbildungsstadium und weist nach, daß geteilte Blätter durch Verzw^eigung ursprünglich ein- *) Vgl. Deinega, Beitr. zur Kenntnis der Entwicklnugsgeschichte des Blattes und der Anlage der Gefäßbündel. Flora, Bd. 85, 1898, p. -139 ff. ') Marcelli Malpighii opera omnia. Londini 1686. ') Theoria generationis auctore D. Caspako Feiderico Wolfe. Halae 17ü9, ed. nova 1774. Einzeldarstellung der Yegetationsorgune. 501 facher Anlagen entstehen. Die Mittelrippe läßt er zuerst entstehen, an ihr entsteht durch Ausscheidung ein heller Rand, die Blattlamina, an welcher nun durch neue Ausscheidung die foliola entspringen. Die nun folgenden, einem viel späteren Zeitraum angehörigen Unter- suchungen beschäftigen sich vor allem mit der Frage, ob das Wachstum des Blattes von oben nach unten (basipetal) oder von unten nach oben (akropetal) erfolge. Dabei wurde aber zunächst nicht unterschieden zwischen den verschiedenen Wachstumsphasen, wie sie später Sachs scharf hervor- gehoben hat. Namentlich die Differenz zwischen der embryonalen Phase (wo das Gewebe „me ristisch" ist, an Volumen aber wenig zunimmt) und der Streckungsphase ist in den älteren Arbeiten nicht berücksichtigt. Hier- her gehören, abgesehen von Spekulationen ohne eigene Untersuchungen, wie sie bei de Candolle (Organographie, I, p. 354) u. a. sich finden, die Ar- beiten von Steinheil, Mercklin, Schleiden, Trecul u. a. Steinheil i) findet, das Blatt wachse von oben nach unten, die Spitze sei also der älteste Teil, bei den zusammengesetzten Blättern aber (a. a. 0., p. 288) seien die obersten Blättchen die jüngsten. Schleiden's Behauptung 2)^ daß sich das Blatt gleichsam aus der Achse hervorschiebe, die Spitze sein ältester, die Basis sein jüngster Teil sei, regte zu lebhafter Diskussion an. Während Mercklin ^) Schleiden's Behauptung durch eine Reihe von Unter- suchungen zu stützen suchte, trat Nägeli ^) derselben entgegen. Schleiden's Forderung (a. a. 0., p. 167), den Bildungsprozeß des Blattes in die Bildungs- geschichte seiner einzelnen Zellen aufzulösen, verwirklichend, wendete er sich an die niederen Gewächse, Algen und Moose, deren einfachere Organisation eine Untersuchung der Zellfolge gestattete. Daß das Blatt hier nicht aus der Achse hervorgeschoben wird, sondern aus einer einzigen Oberflächen- zelle entsteht, läßt Schleiden's Theorie, wenigstens für die untersuchten Fälle, als unhaltbar erscheinen. Nägeli zeigte, daß „1) die „peripherische Zellenbildung" (d. h. die an der Spitze und am Rande) von oben nach unten fortschreite, daß also die Basis des Blattes zuerst, die Spitze desselben zuletzt angelegt werde; 2i daß die auf die peripherische Zellbildung folgende allseitige ( interkalare ) Zellenbildung bald zuerst am Grunde, bald zuerst am Scheitel, bald gleichzeitig am ganzen Blatte aufhöre ; 3) daß die Zellen- ausdehnung ebenfalls entweder von oben nach unten oder von unten nach oben fortschreite, oder überall gleichzeitig eintrete". Von Phanerogamen- blättern wurden Utricularia, Astragalus, Myriophyllum untersucht und ge- zeigt, daß bei letzterer Pflanze die Seitenblättchen in basipetal er Reihenfolge angelegt werden. Es besitzt das Blatt hiernach also ursprüng- lich einen apikalen Vegetationspunkt, er kann aber längst in Dauergewebe übergegangen sein, während am basalen Teil noch Zellbildung reichlich stattfindet, indem das Gewebe hier embryonalen (Vegetationspunkt- iCharakter behält. Eingehend wird das Blattwachstum der Phanerogamen in einer späteren Arbeit an Aralia spinosa erörtert 5).' ') Observatioiis sur le mode d'aceroissement des feuille». Ann. des seienc. nat., Ser. 2, T. VIII, 1837. *) Grundzüge der Aviss. Bot. II, p. 167. In sonderbarer Form findet sich derselbe Ge- danke auch bei Naudin, Ann. des sciene. nat., Ser. 2, 1842, T. XYIII. (Resume de quel- ques observations sur les developpenient des organes appendiculaires.i ^) C. E. V. Mekcklix, Zur Entwicklungsgeschichte der Blattgestalteu. Jena 1846. *) NÄGELI, Über Wachstum und Begriff des Blattes. Zeitschr. für wissensch. Botau., 1846, Heft 3 u. 4, p. 153. ®) Wachstumsgeschichte des Blattes von Aralia sj)inosa. l'flanzonphysiologische Tuter- suchungen, p. 88. q09 Specielle Organogniphie. Trecul's^) ausgedehnte Untersuchungen, die sich aber nicht mit der Zellbildung befassen, brachten eine reiche Menge wertvoller Thatsachen, aus denen zunächst hervorgeht, daß der Vorgang der Blattgestaltung bei verschiedenen Pflanzen, sogar nahe verwandten, ein sehr verschiedener sein kann, die Entwicklung der Seitenglieder z. B. bald in akro- bald in basi- petaler Beihenfolge stattfindet, oder sogar von einem Punkte aus nach beiden Seiten hin fortschreitet. Sein Irrtum, daß die Blattscheide zuerst entstehe, ist später durch Eichlek berichtigt worden; aus der Blattanlage gestaltet sich die Blattscheide erst verhältnismäßig später hervor, wie man z. B. an jedem Grasblatt sehen kann. Die Basis des Blattes gewinnt nämlich nicht sofort den Charakter der Blattscheide, sondern erst durch interkalares Wachstum wird die letztere aus dem Basalteil des Blattes aufgebaut, — Eine Klarlegung dieser Verhältnisse und Berichtigungen und Erweiterung der Angaben Trecul's findet sich in Eichler"s wertvoller Dissertation „Zur Entwicklung des Blattes mit besonderer Berücksichtigung der Nebenblattbildungen", Marburg 1861. — In Hofmeister's „Allg. Mor- phologie" (1868) wird namentlich die Verteilung des Wachstums im Blatte ausführlich erörtert, auch über die Entwicklung ein (freilich nicht gerade sehr eingehender ) Überblick gegeben. — Eine Verwendung der entwicklungs- geschichtlichen Thatsachen zur allgemeinen Morphologie des Blattes und speciell zu einer Klarlegung der Metamorphosenlehre habe ich in der Ab- handhmg „Beitr. zur Morphologie und Physiologie des Blattes" 3) zu geben versucht, in zusammenhängender Darstellung später in „Vergleichende Ent- wicklungsgeschichte der Pflanzenorgane" (Sche>ck, Handbuch der Botanik, III, 1). Es konnte gezeigt werden, daß sich auf Grund der Ent- wicklungsgeschichte zwischen den verschiedenen, oft im fertigen Zustand weit voneinander abweichenden Blät- tern einer Pflanze (Laubblätter in verschiedener Ausbil- dung, Hochblätter, Niederblätter u. s. w.) ein genetischer Zusammenhang erkennen läßt, d. h. daß der Entwicklungsgang itrsprünglich für alle Blätter derselbe ist, aber früher oder später bei manchen Blattformen in andere Bahnen gelenkt werden kann. Gehen wir aus von den höchstdifferenzierten Blattformen, so erscheinen die weniger differenzierten als Hemmungsbildungen, Zur Hemmung kann sich aber auch eine Umbildung gesellen fvgl. p. 4 ff.), die um so eingreifender er- scheint, auf je früherem Entwicklungsstadium sie erfolgt. In den angeführten Arl)eiten dürfte die Entwicklung der Blätter in ihren Grundzügen festgestellt sein, auf einige neuere Einzeluntersuchungen wird unten noch hinzuweisen sein. Zur Terminologie sei hier noch be- merkt, daß BowER ^) eine von der unten angewandten EiCHLER'schen verschiedene Terminologie vorgeschlagen hat. Er nennt Phvllopodium die ganze Hauptachse des Blattes (mit Ausschluß von den Verzweigungen derselben), dieses Phyllopodium kann sich differenzieren (durch die ver- schiedene Verteilung des Wachstums in der Quer- und Längsrichtung) in verschieden sich verhaltende Teile, in ein Hypopodium (Eichler's Blattgrund), einen mittleren verlängerten Teil des Mesopodium (=^ Blatt- stiel) und einen oberen Teile das „Epipodium". ^) Tkecul, Memoii-e siu- la formation des feiiilles. Ann. des sc. nat., Ser. 3, T. XX, p. 235 ff. -) Botan. Zeitung 1880. ^) On the coniparative morphology of the leaf in the vaseular ciyptogams and Gymuo- sperms. Philos. Transactions of the Royal Society, Part II, 1884. Einzeldarstellung der Vegetationsorganc, 503 Hervorzulieben ist zunäclist, daß selbstverstäudlich die Entwicklungs- geschichte bedingt wird durch die Gestalt des fertigen Blattes, denn wie schon p. 6 betont wurde: ..Was wir den fertigen Zustand nennen, ist ja nur das Endstadium einer Reihe aufeinander folgender Entwicklungs- stufen. Diese aber sind nicht unabhängig voneinander, sondern gesetz- mäßig miteinander verkettet, eine folgt aus der anderen." Im allgemeinen werden wii" sagen können, daß die Teile, welche zuerst in Funktion treten, auch zuerst entstehen; dabei ist daran zu erinnern, daß, wie oben hervorgehoben wurde, die Laubblätter nicht nur als Organe für Assi- milation, Transpiration u. s. w. in Betracht kommen, sondern schon in der Knospenlage als Schutzorgaue für die jüngeren Teile. Massart ^) hat hervorgehoben, daß diejenigen Teile eines zusammenge- setzten Blattes, welche am entfalteten Blatte die kleinsten sind, auch zuletzt entstehen. Dies trifft gewiß vielfach, aber nicht allgemein zu. Bei den mit 5 Hauptlappen versehenen Blättern von Acer platanoides (Fig. 1, p. 4) ist allerdings der unterste der kleinste und er ist, da die Blattentwicklung in basipetaler Richtung vor sich geht, zugleich der zuletzt entstehende, aber bei Fraxinus excelsior pflegt das unterste Fiederpaar kleiner zu sein als die übrigen, es entsteht aber zuerst: es kann eine (verhältnismäßige) Hemmung (gegenüber dem Wachstum der anderen Blattstiele) offenbar auf allen Entwicklungsstadieu eintreten. 1) Das Blatt Wachstum im Allgemeinen. Die Regel ist, daß die Blattanlagen als seitliche Auswüchse an dem Vegetationspunkt einer Sproßachse entstehen : eine Anordnung, welche die rasche Entwicklung zahlreicher Blattanlagen gestattet. Wir haben oben schon Ausnahmen von demselben kennen gelernt: Das Verhalten einiger monokotyler Embryonen (wo die Blatt- entwicklung verhältnismäßig langsam vor sich geht), das der Lemnaceen, w^o auch nur je ein Blatt gebildet wird, ebenso konnte die Entstehung-) der Kotyledonen hier angeführt werden, die unabhängig vom Stamm- vegetationspunkt entstehen. Ferner werden wir bei der Besprechung der Blütenentwicklung sehen, daß vielfach der Blütenvegetationspunkt für die Blattorgane der Blüte ganz aufgebraucht wird^), wenn es sich um ein einzelnes handelt, gelangen wir zu terminalen Blättern (vergL p. 35). Ist somit der Satz : „daß die Blätter stets seitlich an einem Vegetationspunkt entstehen", kein allgemein giltiger, so ist es doch der, daß Blattanlagen stets nur aus embryonalem Gewebe hervorgehen, kein Fall ist beobachtet, in welchem eine Blattanlage aus Dauergewebe hervor- gegangen wäre. Avährend Sproßvegetationspunkte bei der Regeneration aus diesem entstehen könnte (vergl. p. 3(5 ff.). Adventive (p. 36) Blätter oder Blattteile, von denen manche Autoren, z. B. bei den Farnen, sprechen, giebt es also, soweit wir bis jetzt Avissen, nicht. Bei den Moosen gehen die Blattanlagen hervor aus einer Zelle (einem Segmente der Scheitelzelle). Bei den Pteridophyten ist dies nur 'l J. Massakt, La recapitiilation et l'innovation cn embiyologie vegetalc. Biilletiu do la Societe Eoyale de botaiiique de Belgique, T. XXXIII (189-4). ^1 Ihnen gleich verhalten sieh die ersten Blätter apogam entstandener Farnkeimjiflanzcn, sie hilden sich unabhängig vom Vegetationspiinkt des Sprosses. "j Dies trifft vielleicht auch für die Rankenbildiing einiger ('ucnrbitaceen zu (vergl. diese). 504 Si>ecielle Organognipliie. bei den Farnen der Fall '), bei sämtlichen anderen, anch l)ei den Samen- pflanzen, ist es stets eine Zelloruppe, die zur Blattanlage auswäclist. Diese gewinnt ihre volle Größe erst allmählich, es entsteht häufig zu- nächst nur der später zur Spitze des Blattes werdende Teil der Anlage, und dann erst breitet sich die Blattanlage seitlich aus, indem weitere Teile des Vegetationspunktes in ihre Bildung einbezogen werden, das kann soweit gehen, daß die Blattanlage schließlich rings um den Vege- tationspunkt herumgreift, wie dies z. B. bei den Gräsern mit geschlossener Blatt- scheide und in anderen Fällen geschieht (Fig. 326). Was die longitudinale Ausdehnung der Blattanlage betritft, so finden wir bei Vegetationspunkten mit dicht ge- drängten Blattanlagen nicht selten, daß zwischen denselben keine freie Ober- fläche des Vegetationspunktes mehr übrig bleibt . in solchen Fällen bleibt der untere Teil der Blattanlage häufig mit der Sproßoberfläche vereinigt, und tritt am fertigen Sproß nicht selten als Blattpolster hervor, ein Vorgang, der wichtig ist für das Verständnis der unterstäudigen Fruchtknoten : derselbe Vorgang findet sich auch schon bei niederen Pflanzen, z. B. den Charen. Fig. 326. Dactylis glomcrata (nach Dei- nega). A Vegetationspuukt mit Blatt- anlagen, a Spitze derselben, die älteren Blattanlageu greifen ganz um den Yege- tationsijunkt herum. 2) Wachstuinsverteilun g im Blatte. a) Spitzen w a c h s t u m u n d I n t e r k a 1 a r w^ a c h s t u m. Die Blatt- anlagen, mögen sie aus einer Zelle oder einer Zellgruppe hervorgegangen sein, bestehen ursprünglich durchgehend aus eml)ryonalen Gewebe. Bald aber tritt eine Difterenzierung ein. die bei verschiedenen Pflanzen in verschiedener Weise verläuft. Knüpfen wir zunächst an das Verhalten der Moose an. W^ie früher erwähnt (p. 353), besitzt das Moosblatt (ab- gesehen von den a. a. 0. angeführten Ausnahmsfällen) an seiner Spitze zunächst eine ,,zweischneidige" Scheitelzelle, die rechts und links zwei Reihen von Segmenten abgliedert-') und so zunächst die Bausteine zum Aufbau der Blattanlage liefert. Die Thätigkeit dieser Scheitelzelle ist aber eine begrenzte. Bei Schistostega (Fig. 2(^) erlischt sie früh, die Scheitelzelle bleibt ihrer Gestalt nach aber noch kenntlich. Wir sehen schon in dem in der Fig. 26 (rechts), in der aus 13 Zellen bestehenden Blattanlage die Scheitelzelle lang ausgewachsen, ein Zeichen, daß sie ihre Thätigkeit eingestellt hat und hier schon die Phase der Streckung eingetreten ist, während im basalen Teile der noch sehr kleinen Blattanlage, wie der Vergleich mit der links stehenden Figur zeigt, Wachstum und Zell- teilungen weitergehen. Das Wachstum und die Gewebedifterenzierung ^) Wenigstens bei den leptosporangiateu, wo aber keineswegs aus jedem Segment ein Blatt hervorgeht, und auch nicht die ganze Segmentoberfläche wie bei den Laubmoosen zur Bildung der Blattanlage verwendet wird. Bei den eusporangiateu Farnen dürfte schon mehr- zelliger Urspi-ung der Blattanlage vorkommen. ^) Es sei daran erinnert, daß alle Moosblätter ursprünglich aus einer Zellschicht be- stehen, wo Mehrschichtigkeit (wie bei Anlegung von Nerven u. s. w.) erforderlich ist, diese erst n ach tr äsrlich eintritt. Einzeldarstellung der Vogetationsorgauc. 505 (welche bei Schistostega eine sehr einfache ist) ist also an der Spitze früher beendigt als an der Basis. Ist das eine zufällige Erscheinung V Meiner Ansicht nach hängt dies, wie wir sehen werden, auch sonst weit verbreitete Verhalten damit zusammen, daß die Blattspitzen zunächst als Knospen schütz zu dienen haben, weil sie ja am weitesten nach außen ragen, und wir haben bei den Moosen gesehen, daß die Blattspitzen bei den Bewohnern trockener Standorte in „Glashaare" auslaufen, die einen Schopf über der Stammknospe bilden. Die wachsenden Teile aber sind im Innern der Knospe verdeckt und geschützt. Dieses Vorauseilen der Blattspitze tritt liesonders deutlich hervor bei einer Anzahl von Kletterpflanzen, für welche Raciborsri ^) neuer- dings auf die biologische Bedeutung dieses Verhaltens hingewiesen hat. Es wird dadurch zunächst das Gewicht der Sprosse, welche in rotierender Nutation eine Stütze aufsuchen, leichter (und infolgedessen eine stärkere Längenentwicklung dieser Sprosse bei sonst gleichem Materialaufwand möglich). Den zunächst entwickel- ten Spitzenteil des Blattes be- zeichnet Raciborski als die Vor- , ^ läuferspitze. In den Figg. 327 / M )v lind 328 ist dieser Blattteil mit r bezeichnet. In Fig. 328 111 ist an dem jungen Blatte die in V^ V H st Fig. 328. Verschiedene alte Blätter von Gonolobus sp. 2 Y, mal vcrgr. F Yorlänferspitze, Zi Lumina lauf Fig. 327. Gonolobus sp. I Sproßeude, der Basis sclileiniabsoudernde Drüsen), st Blattstiel. //junges Blatt (/ 5mal. // lOmal vergr.) Die in /und //punktiert eingezeichnete Nervation der V „Vorläuferspitze". Vorläuferspitze ist im frischen Zustand nicht zu sehen. 1) Raciborski, Über die Yorlänferspitze. Flora. Bd. 87 (1900), p. 1 ff. Daselbst ist auch auf die Angaben von Cküger u. A. hingewiesen. 506 Sijeciellc <^rganogra])hic. ihrer Entwicklung im wesentlichen fertige Vorläuferspitze fast doppelt so lang als die noch sehr kleine Anlage der Blattspreite L, die nun, wie die Vergleichung der älteren Blätter zeigt, heranwächst, während die Vorläuferspitze nur noch eine unbedeutende Streckung an ihrer Basis erfährt. Ebenso können sich die Blattzipfel an einem gegliederten Blatte verhalten. Fig. 327 zeigt z. B. bei Benincasa cerifera, wie auffallend die oberen Blattzipfel der Entwicklung der BlattHäche vorauseilen, dadurch gewinnt Fig. 329. Benincasa ceriferii. J Junges Blatt : die Yorliinferspitzen T' eilen der Entwicklung der Lamina mächtig voraus, Avährend sie am fertigen Blatte (//) kaum hervortreten (J 9mal vergr., II nat. Gr.), III eine verzweigte Eanke im Jugendstadium. Zwischen beidenJRanken ist kein Siiroßvegetationspunkt sichtbar. Selbst am Scheitel der größeren Eanke hat das Gewebe noch embryonale Beschaffenheit, gf Gefäßbüudel. das Blatt im .Jugendzustand ein ganz anderes Aussehen als im fertigen. Ähnlich verhält sich z. B. Rhodochiton volubile. Die Bedeutung der Vorläuferspitze sehen wir fabgesehen von der oben erwähnten Bedeutung der Hemmung der Blattentwicklung für die kreisenden Sprosse von Kletterpflanzen) in dem Schutz des Sproßvege- tationspunktes, da, wo die Vorläuferspitzen chlorophyllhaltig sind, können sie auch zunächst die Vorgänge der Assimilation, ferner Atmung und Transpiration u. s. w. in Bewegung setzen, bis die Blatttläche sie in ge- steigertem Maße übernimmt. Bei den bis zu 10 cm langen, am entfal- teten Blatte meist rasch vertrockneten Blattsi)itzen der Musa-Blätter (welche früher irrig teilweise als ,, Ranken" bezeichnet wurden) und den kleineren ähnlichen Gebilden, die sich bei Zingiberaceen, einigen Aroideen u. a. finden, handelt es sich meiner Ansicht nach um Gebilde, welche dem Knospen ab Schluß dienen, man könnte sie als „Abschlußkörper" bezeichnen und dahin auch die unten zu erwähnenden Stipellar- und Ligularbildungen rechnen. Die Blätter der erwähnten Monokotylen haben eine in der Knospenlage gerollte Spreite. Der (annähernd) cylindrische Fortsatz schließt nun einerseits die einzelne eingerollte Spreite nach oben hin ab, andererseits steckt diese Spitze in dem durch das nächstältere Blatt gebildeten Hohlraum und bildet in diesem einen langen dünnen Pfropf, der sich in dem Maße, wie der Hohlraum durch Wachstum weiter wird, nach oben schiebt. Damit stimmt auch, daß z. B. bei Einzfldarstcllung der Vegetationsoitianc. ;")()7 Hedycliiuin Gardnerianiim dieser Abscldußkörper mit ziemlich langen Haaren versehen ist (bei einigen Aroideen (Cohjcasia n. a.) l»ehnden sich übrigens an der Bhittspitze bekannthcli Wassersi)alten. welche Wasser- tropfen absondern). Wo die Spitzen der Blattzipfel gezähnter oder sonst gegliederter Blätter innerhalb der Knosite Sekrete absondern ^), liegt die Vermntnng nahe, daß es sich nicht nur nm Entfernung überflüssige!' Nebeni)rodukte. sondern auch um den Schutz der jugendlichen Teile handelt. Das Vorauseilen der Blattspitze macht sich vielfach auch dadurch sicht- bar, daß hier zuerst Haare auftreten, was rnit der oben erwähnten schützen- den Funktion der Blattspitzen in leicht ersichtlichem Zusammenhang steht. Einige Messungen hat Sonntag ausgeführt, dessen Abhandlung -) ich fol- gende Zahlen entnehme, sie geben die Länge an, welche die Blattanlagen erreicht haben, wenn der Scheitel sein Wachstum einstellt, während an der Basis noch embryonales Gewebe sich befindet. Taxodium distichum 0,2 mm Picea excelsa Ü,29 Abies pectinata 0,32 ,, Pinus silvestris 0,35 Ahnliche Zahlen ergaben eine Anzahl Monokotylen, selbst bei Phragmites communis, dessen Blätter eine beträchtliche Länge (ca. ^/g m) erreichen, war die Blattanlage bei Beendigung des Scheitelwachstums nur 0,5 mm lang, es erhellt daraus, daß das Blatt seine Größe vor allem durch interkalares "Wachstum und Streckung erreicht. Bei den Dikotylen sind die Verhält- nisse mannigfaltiger, wie ja überhaupt die Ausbihlung der Blätter. So sind die entsprechenden Zahlen für Ruta graveolens 0,58 mm Juglans cinerea 0,(5 Geranium Robertianum 1,75 Ailanthus glandulosa 2,91 ,, Anthriscus silvestris 4,5 ,, Archangelica officinalis 15 ,, und noch viel größere Zahlen würden bei Berücksichtigung der sogleich zu erwähnenden Droseraceen u. a. erhalten worden sein. Auf die Entstehungs- folge der seitlichen Ausgliederungen des Blattes wird unten zurückzu- kommen sein. Hier sei nur das eigentümliche Verhalten von Guarea, einer Meliacee, erwähnt, das man früher mit dem mancher Earnblätter in eine Linie stellte. Das gefiederte Blatt entfaltet nämlich zunächst nur einen Teil seiner Fiedern, die unteren, in der nächsten Vegetationsperiode treten an der Blattspitze neue Fiedern auf. Nach Sonntao's Angabe handelt es sich hier aber nicht um einen Fall lange andauernden Spitzenwachstums des Blattes, das Blatt wird wie in anderen Fällen in toto angelegt und hat damit seine Entwicklungsthätigkeit abgeschlossen; nur die Entfaltungszeit ist verschieden, indem die basalen 3—4 Fiederpaare in der ersten, die anderen in der nächsten Vegetationsperiode sich entfalten ; ob diese Eigen- tümlichkeit mit den Lebensbedingungen im Zusammenhang steht, ist nicht bekannt. ') Vgl. z. B. Reixke. Beitr. zur Anatomie der an den Laubblätteni, besonders an den Zähnen derselben vorkommenden Sekretionsorgane. Jahrb. für wissensch. Bot., Bd. 10, p. 119. ^) Über Dauer des Seheitelwar-hstinns und p:nt\vi(klungsgesehie]ite des Blattes. Jahrb. für wisseusch. Bot., Bd. 18. 508 Specielle Organograi^hie. Dem angeführten Verhalten der Blätter der Samenpflanzen (sowie Lyco- podinen und Equisetinen) i)flegt man das der Farnl »lütter gegenüberzu- stellen, bei denen das embryonale Gewebe während der ganzen Dauer der Blatteutwicklung die Spitze einnimmt und zuletzt in den Dauer- zustand übergeht. Es wäre aber ein Iri'tum. wenn man etwa den Farnen allein Blätter mit Spitzenwachstum zuschreiben wollte. Auch bei einigen Samenpflanzen ist das Blatt ausgezeichnet durch Spitzenwachstum, d. h. dadurch, daß der apikale Teil während der ganzen Dauer der Ausge- staltung des Blattes embryonalen Charakter beibehält. Ganz wie bei den Farnen sehen wir in Verbindung damit eine andere Knospen läge des Blattes, als die bei Samenpflanzen sonst übliche : das Blatt ist schneckenförmig eingerollt und bringt so die embryonalen Teile in eine y o n den älteren, widerstandsfähigeren Teilen ge- schützte Lage. So ist es. wie Fig. 330 bei Drosophyllum (wo das Blatt nach außen hin eingerollt ist) und einigen anderen Drosera- ceen (Drosera binata, Dr. dicho- toma ^) u. a. (Blattspitzen nach innen eingerollt), ebenso bei einer Anzahl Utricularieen. Daß übri- gens die Wachstumsyerteilung für die Blattform nicht ausschlag- gebend ist, zeigt z. B. die That- sache, daß bei Byblis gigantea (welche bisher yon den Systema- tikern irrtümlicherweise zu den Droseraceen gerechnet wurde), die Blätter zwar denen von Dro- sophyllum ganz gleichen, aber ein ausgesprochen i n t e r k a 1 a r e s "Wachstum Ijesitzen und dement- sprechend auch keine eingerollte Knosi)enlage l)esitzen -). Die K n 0 s p e n 1 a g e der Blätter hängt meiner Ansicht nach ab einerseits yon der Art und Weise der Wachstumsyerteilung bei der Blattentwicklung, andererseits yon den Raumyerhältnissen in der Knospe. So zeigte eine flüchtige Unter- suchung einiger in der Knospe am Rande eingerollter Blätter, daß dies solche sind, die ein länger anhaltendes embryonales Randwachstum haben, daß also — mutatis mutandis — dieselben Verhältnisse yorliegen wie bei den an der Spitze eingerollten Blättern. Die Beeinflussung durch Raum- yerhältnisse aber erwies sich dadurch, daß Blätter, in deren Achsel früh- zeitig eine Knospe entsteht, durch diese yerhindert werden, die sonst durch das Blattwachstum bedingte Knospenlage einzunehmen. Die gewöhnlichen Laubblätter von Caltha palustris sind in der Knosi>e yoni Rande her ein- gerollt, die, \yelche eine Blütenknospe stützen, dagegen flach ausgebreitet ^). ') Bei anderen Droseraceen ist die Dauer des Sclieitehvaclistums eine viel kürzere, aueli bei den Farnen werden wir solelie Fälle anzuführen haben. *) Daran sind junge Pflanzen von Byblis gigantea von denen von Drosophyllum, denen sie sonst täuschend ähnlieh sehen, auf den ersten Blick zu unterscheiden. ^J Ich verweise im übrigen auf eine von Herrn Dr. ArnoLDI auf meine Veranlassung ausgeführte, demnächst in der „Flora" erscheinende Arlieit. Fig. 330. Blattspitze eines noch eingerollten Blattes von Drosophyllum lusitanicum. Vergr. Man sieht, daß die gestielten Drüsen in progres- siver Keihenfolge angelegt, aber aucli neue zwischen sie eingeschaltet werden. Einzeldarstellung der VegetationsorLrani'. 500 h) Wa ch s tiims V er teilimg bei Anlegung der Blatt flu che bei Samenpflanzen. Im obigen handelte es sich um die Wachstums- verteilung in der Blattanlage im allgemeinen, hier ist sie noch in Beziehung auf die Anlegung der Blattfläche kurz zu besprechen. Die Vorgänge sind verhältnismäßig einfach, wo das Blatt von vornherein als flaches Gebilde angelegt wird, das durch in der Querrichtung gleichmäßige Streckung des embryonalen Gewebes seine fertige Gestalt gewinnt. Wo aber frülizeitig schon z. B. ein dicker zur Mittelrippe werdender Teil sich sondert von einem dünneren, zur Spreitenbildung verwendeten, treten meist verwickeitere Beziehungen zwischen embryonalem Wachstum und Streckung ein. Die Typen, die man dafür aufzustellen versucht hat, sind miteinander durch Übergänge verbunden, und die Abgrenzung derselben infolgedessen mehr oder minder willkürlich. Als Beispiel sei die von Pkantl^) vorgeschlagene Einteilung kurz angeführt. Er unterscheidet : 1) Basiplaster Typus: Die Streckung tritt in der ursprünglich gleichmäßig embryonalen Blattanlage zuerst an der Spitze ein und greift dann nach unten hin um sich, bis das zunächst noch thätige Meristem ver- schwunden ist. So bei den Moosen, den Lycopodinen, Coniferen (mit Aus- nahme der früher zu ihnen gerechneten Gattung Ginkgo), den meisten Monokotylen, einer Anzahl Dikotylen mit einfachen Blättern (Serapervivum, Erica Tetralix, Gentiana asclepiadea, Asclepiadeen) ; wo wie bei den letzteren fiederige Nervatur vorkommt, sondert sich zunächst ein starker Mittelnerv aus (vergl. Fig. 327 //), der rechts und links von Teilungsgewebe begleitet wird, dies geht in basipetaler Richtung, aber in der Querrichtuug ganz gleichmäßig in Streckung über. Bei anderen hiei^her gerechneten Blättern treten am Meristem (in basipetaler Richtung) Auszweigungen auf, die zu Blattzähnen (Salix, Celtis, Prunus avium) oder Eiedern (Cephalaria leucantha) resp. Lappen (Bryonia u. a.) werden (vergl. auch Fig. 329). 2) PI europl aster Tyjjus: Mit randständigem Meristem, die Blatt- spitze geht nicht so rasch in den Dauerzustand über wie bei dem basi- plasten Typus. Von einfachen Blättern seien genannt: Aristolochia tomen- tosa, Rhamnus Erangula, Syringa vulgaris, der Übergang in die Streckung erfolgt in dem ganzen aus Meristem bestehenden Gewebe nahezu gleich- zeitig, nur am Rande bleibt längere Zeit noch der „meristische Zustand" erhalten, wo sich Verzweigungen finden, treten sie in akropetaler Reihen- folge auf (Quercus, Corylus, Tilia etc.), bei Ulmus von der Mitte nach oben und Tinten. 3) Euklader Typus: Die Auszweigungen treten nicht wie bei 1) und 2) erst dann auf, wenn ein Teil des Meristems in Streckung eingetreten ist, sondern schon, wenn das Blatt noch gleichmäßig aus embryonalem Gewebe besteht (Ginkgo, Juglans, Papilionaceen etc.). Eine scharfe Grenzlinie läßt sich, wie erwähnt, zwischen diesen Typen ('namentlich dem ersten und zweiten) nicht ziehen und die Zweckmäßigkeit ihrer Aufstellung scheint mir zweifelhaft; auf die Frage nach der Wachstums- verteilung wird übrigens auch bei der speziellen Behandlung der Blatt- bildung bei den einzelnen größeren Gruppen, die hier folgen soll, und namentlich bei der Besprechung der Beziehungen zwischen Blattentwicklung und Verlauf der Blattnerven näher einzugehen sein. Es kehren, wie ich schon vor Jahren betont habe (auch p. 35 dieses Buches), bei anderen Pflanzenteilen begrenzten Wachstums ganz die- ^) Praxtl, Studien über Wachstum, Verzweigung und Nervatur der Lauljliliitter, ins- besondere der Dikotylen. Ber. der D. bot. Gesellsch., Bd. 1, p. 280 ff. 510 Si^ecielle Organographie. selben Verschiedenheiten in der Wachtumsverteilung wieder (z. B. bei Placenten) und man hat bei den Blättern wohl zuviel Gewicht auf diese Wachstumsfragen gelegt. 3) Blattbihlung- und B la tt eiit wicldung bei den Hanpt- gruppen. a) Pteridophyt en. Die einfachen Verhältnisse der Blattbildung der Equisetinen und Lycopodinen (die alle „basiplaste" Blätter haben) bedürfen hier keiner Erwähnung. Wohl aber ist auf die Blattbildung der Farne hier einzugehen, die sich durch manche charalvteristische Eigen- tümlichkeiten auszeichnet, wenngleich keine derselben (von Zeilanordnungs- verhältnissen etwa abgesehen) auf die Farngruppe beschränkt ist. Farne. Die Blattbildung ist bei den verschiedenen Formen äußerlich eine außerordentlich verschiedene. Es braucht nur erinnert zu werden an den Gegensatz zwischen den kleinen, an dlröße hinter den Blättern einiger Leber- und Laubmoose zurückbleibenden Blättern einiger Hymeno- phylleen (vergl. z. B. Fig. 311) und den mit massigem, schenkeldickem Blattstiel ausgerüsteten Blättern von Angiopteris. Trotzdem lassen sich gemeinsame Züge der Blattentwicklung nicht verkennen, die namentlich hervortreten, wenn wir nicht die ausgebildeten, sondern die Primärblätter der verschiedenen Formen miteinander und mit den Fiederblättern ver- gleichen. iVn diesen sehen wir ein ausgesprochenes Ran dw ach st um, d. h. das Teilungsgewebe nimmt den Rand ein und in Verbindung damit eine gabelige Verzweigung der Blattnerven, die nur bei Randwachstum möglich ist. Daß andere Extrem ist, daß die Blattanlage als Gebilde mit ausgesprochenem S p i t z e u w a c h s t u m auftritt, an welchem dann (wo überhaupt Verzweigung auftritt) in monopodialer Verzweigung die Seitenfiedern auftreten. Zwischen beiden fehlt es nicht an Übergangs- stufen, namentlich sehen wir, daß vielfach z. B. bei Botrychium u. a. die Spitze der Blattanlage, nachdem sie durch seitliche Sprossung Fieder- blättchen erzeugt hat, zum Randwachstum und zur dichotomen Ver- zweigung übergeht, und daß bei manchen leptosporangiaten Farnen das sich gabelig verzweigende Blatt sich sympodial aufbaut (vergl. unten). Dieser Vorgang wird für die Farne oft als typisch betrachtet, demgegen- über ist hervorzuheben, daß wir schon innerhalb der Farnreihe einen ähnlichen Typus der Blattentwicklung finden (seitliche Entstehung der Blatttiedern), wie er bei den farnähnlichen Archegoniaten (Cycadeen) wiederkehrt , bei letzteren , wie wir sehen werden . mit allmählichem Zurücktreten des Spitzenwachstums der Blattanlage. Wie hier bei der Verteilung des Wachstums (mit Rücksicht auf die Verzweigung) die Entwicklung bestimmt wird durch die (lestaltung, die (teleologisch gesprochen) im fertigen Zustand erreicht werden „soll", so ist es auch mit dem Verhältnis zwischen Blattspindel (resp. Mittelrippe) und Spreite. Je massiger entwickelt die erstere ist, desto früher Avird sie im allgemeinen angelegt und desto mehr erscheint die Spreite an ihr als ein nachträglich entstehender fiügelartiger Auswuchs. Bower ^) hat besonderes Gewicht darauf gelegt, daß das Farnblatt typisch mit einer Flügelbildung versehen sei, selbst da, wo dies äußerlich (wie an den beinahe cylindrischen Blattstielen von Angiopteris etc.) nicht mehr hervortritt; die Flügel sind an dem unteren stielartigen Teil des ') Vgl. die unten anzuführende Abhandlung, sowie: The eomparative exaniination of the meristema of fcrns, as a phvlogenotic study. Annais of Viotanv. Vol. 111, 1889, p. 305 ff. Einzeldarstellung dt-r Yogotaliunsorgaiic 511 Blattes kürzer und derber entwickelt als weiter oben, und können sich bei Osniiinda, Marattiaceen u. a. an der Basis sclieidenförniig er- weitern. AVenn nun auch gewiß nicht in Abrede zu stellen ist, daß dem dorsiventralen Charakter und der Abtlachuug der Farnblätter entsi)rechend die meisten diese Flügelbildung aufweisen, so ist andererseits auch nicht zu vergessen, daß alle Übergänge zwischen dem cylindrischen , ganz flügellosen Blatte von Pilularia bis zu den von vornherein flach au- gelegten Blättern der Hymenophylleen sich finden. Bei Pteris serrulata z. B. (Fig. 335 11) ist die Blattanlage an der Si)itze zwar etwas abgeflacht, aber fast cylindrisch. auf beiden Seiten sproßt an der zuerst angelegten Rhachis die Lamina hervor, die mit keilförmigen Randzellen versehen ist, -welche sich durch abwechselnd gegen oben und gegen unten geneigte Wände teilen ; aber zunächst Averden die Zellen, welche aus der Teilung der Randscheitelzellen hervorgehen, verwendet zum xVufliau der Rhachis, erst später entsteht beim Weiterwachsen die dünnere Spreite. Ein Blatt mit dünnei" Rhachis würde die Randzellen früher zur Anlegung der Spreite übergehen lassen. Bei den mit einschichtiger Lamina versehenen Hymenophylleen ^) ist natürlich auch das Randwachstum der Spreite ein anderes, ebenso bei den derberen, massigeren Blattspreiten der Osmun- daceen (mit Ausnahme der den Hymenophylleen gleichenden Arten) und Marattiaceen. Indes sprechen sich in den Zellenanordnungsverhältnissen, ähnlich wie dies beim Thallus der Lebermoose (p, 248) hervorgehol)en wurde, ,,innere", nicht mitGrössenverhältnisseu u.s. w. direkt im Zusammen- hang stehende Faktoren aus. Auch dort haben wir gesehen, daß bei den thallosen Formen der Thallus dünnere Seitenflächen und einen dickeren mittleren Teil hat. und daß z. B. bei größeren Aneura-Formeu an den Hauptachsen die Flügelbildung so gut wie ganz unterdrückt werden kann. Die Fig. 152 (unten) würde — niutatis mutandis — auch einem Quer- schnitt durch ein junges Hymenophylleenblatt entsprehen, der obere Teil der Abbildung dem Querschnitt eines derberen Farnblattes. Wir treffen somit auch bei der Entwicklung der Farnl)lätter die zwei Faktoren, die uns überall entgegentreten, an : einerseits die Beziehungen zu äußeren Fak- toren, die sicli aussprechen namentlich in der Größe, welche die Blätter erreichen und diese setzt wieder bestimmte, auch die Entwicklungsge- schichte bestimmende Organisationsverhältnisse voraus, und andererseits in Vorgängen, die einem „inneren" Gestaltungstriebe entspringen, die sich aber — wenn wir auf das Endergel)nis blicken — ebensogut auch anders abspielen könnten. So haben die Blätter des Baumfarn Amphi- cosmia Walkerae ebensogut eine „zweischneidige" Scheitelzelle -j, wie die kleinen Blätter der Hymenophylleen sie (bis zu einem gewissen Entwick- lungsstadium) aufweisen, nicht wie man hätte vermuten können, eine dreiseitige (wie die Osnumdaceen) u. s. w. Die Blätter der Marattiaceen 3j sind verhältnismäßig massige Bildungen, wenigstens die von Marattia und Angiopteiis ; nur bei dieser ist die Blatt- entwicklung untersucht, es darf aber wolil angenommen werden, daß sie auch bei den anderen Gattungen entsprechend verläuft. Bekanntlich linden ^) Wo sie Avic bei Trichom. renifonue mehrschielitig ist, wird sie uicht von Anfang an so angelegt, sondern dureh nachträgliche, der Olierfläche parallele Teilungen. '') BowER, a. a. O. ^1 BowER. On the comparatire morphology of the leaf of the vascular cryptoganis and Gvmnosperms. Phil. Transactions of the Royal Society. Pt. II, 1884. 512 Specielle Organographie. sich an der Basis der Marattiaceen Stipularbildungen i), die bei den Farnen sonst nur noch bei Todea (wo ebenfalls eine „Axillarstipel" vorkommt) be- kannt sind. Die Blattanlagen sind wie bei den übrigen Farnen am Scheitel 2) eingerollt, die Seitenfiedern entstehen in akropetaler Anordnung; die An- legung der Blattflächen erfolgt von vornherein massiger als bei den lepto- sporangiaten Formen, der Blattscheitel wird bei Angiopteris häufig (viel- leicht immer) nicht in die Blattbildung einbezogen. Diesem Typus schließen sich die Osmundaceen an, insofern, als auch hier alle Blattteile in „akro- petaler" Anordnung auftreten, und das für die anderen Farne so charak- teristische Randwachstum der Blätter erst verhältnismäßig spät am Blatt- scheitel und den weiter fortgeschnittenen Fiedern sich zeigt. Daß die Blatt- anlagen hier eine „dreiseitig pyramidale" Scheitelzelle haben, könnte man, wie bei den thallosen Lebermoosen fp. 248) mit dem massigeren Aufbau derselben in Beziehung setzen, aber nach dem oben für einen Baumfarn Erwähnten, und da auch die nicht sehr großen und zart gebauten Blätter von Todea su- perba fs. u.) dieselbe Eigentüm- lichkeit haben, handelt es sich offenbar um einen Familiencha- rakter. Bei den näher untersuch- ten leptosporangiaten Farnen ^) finden wir . daß die aus einer Zelle hervorgegangenen Blattan- lagen zunächst eine „zweiseitige" Scheitelzelle haben (vergl. auch Fig. 302), die bei Farnen wie Pilu- laria, weil das Blatt eine cylindri- sche Gestalt hat und ungegliedert ist, ziemlich lange erhalten bleibt. Pilularia hat Blätter, die nur von einem Leitbündel durch- zogen sind. Bei den Farnen, deren Blätter flach entwickelt sind, hat Fig. 331. Allosunis crispiis. rmriß eiues Teilblätt- ^q^. Verlauf der Blattnerven und chens; mankaimdeutlidierkeimeu daßdieT^^^^^ ^.^ ^.^ demselben zusammen- hier eine gabelige ist (der Scheitel teilt sich eben . in die Zipfel 1 und 8, von denen 1 sich stärker hangende Art und Ameise der weiter entwickelt. 2 eine Seitenfieder bildet, S die Verzweigung des Blattes ganz jüngste, durch die vorhergehende Gabelung eutstan- besonderes Interesse erregt. Wir dene Seitenfieder. Die Blattrhachis (Spindel) .V ist ^^^^^ ^^. ß^g j^^^ ^er Pri- nichts als ein wenig in die Breite gewachsener und -, ■, , ^ ^ ^ ^ , später mechanisch verstärkter Teil der Blattspreite, märblätter der Farne gesehen Yergr. (p. 130), daß deren Blattnerven ^) Die „Stipularschuppen", welche sich (je eine auf jeder Seite der Blattbasis) bei Ceratopteris thalictroides finden (vgl. KsY, Die Entwicklung der Parkeriaceen, Nova acta Ac. Leop. Card., Bd. 37, 2, 1895, p. 29), sind wohl als besonders ausgebildete Spreuschuppen zu betrachten, sie finden sich bei älteren Blättern auch auf Stiel und Spreite. ^) Die Zellenanordnung an demselben ist ähnlich der am Wurzelseheitel der Marattia- ceen, d. h. es sind mehrere Initialen vorhanden, bei Marattia ist oft (aber nicht immer) eine dreiseitige Scheitelzelle vorhanden (vgl. betreffs des näheren Bower, The comparative ex- amination etc.). ^) Die Arbeiten von Hofmeister, Kxy, Sadebeck, Prantl (welche in allen Hand- büchern genannt sind) geben darüber Mitteilungen, ebenso die <)l)en angeführten Abhandlungen Bower's" Hier ist ein Eingehen auf Einzelheiten der Zellanordnung u. s. w. nicht möglich. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 513 gabelig (dichotom) verzweigt sind, und bei dem in Fig. 92 5 abge- bildeten Blatte von Asplenium viride ist leicht ersichtlich, daß es durch wiederholte gabelige Verzweigung seine Fiedern bildete, während in dem Fig. 92 4 abgebildeten Blatte nur eine einmalige Gabelung stattfand. Auch bei dem in Fig. 331 abgebildeten Blättchen von Allosurus crispus tritt die gabelige Verzweigung deutlich hervor. Die feinere entwicklungsgeschichtliche Untersuchung zeigt in vielen Fällen gleichfalls die gabelige Verzweigung, das Meristem befindet sich am Rande und behält über den zur Anlage der Blattnerven verwendeten Längsreihen von Zellen den embryonalen Charakter, während die dazwischen gelegenen Zellen früher in den Dauer- zustand übergehen. Indes ist dies keineswegs überall der Fall. Wo es sich handelt um langgestreckte, mit zahlreichen Seitenteilen versehene Blätter, finden wir sie mit einem einheitlich fortwach- senden apikalen Meristem ausgestattet. In Fig. 332 ist abgebildet eine Blattspitze von Adiantum Edge- worthi. An der Blattspitze befindet sich (was bei der schwachen Ver- größerung, bei welcher die Figur ge- zeichnet ist, nicht sichtbar ist) eine zweischneidige Scheitelzelle. Die Fie- dern werden unterhalb des fortwach- senden Scheitels als seitliche Aus- sprossungen angelegt, sie verzweigen sich ihrerseits gabelig, schließlich geht hier bei schwächeren Blättern auch der Blattscheitel in dieselbe Gestalt über, welche die Fiederblätter an- nehmen, es tritt das bei diesen cha- rakteristische Randwachstum auf, ähn- lich wie bei vielen Farnprothallien die keilförmige Scheitelzelle später durch eine Gruppe von meristischen Randzellen ersetzt wird. Ob man aus den angeführten und anderen Thatsachen (z. B. der häufigen ,. ab- normen" gabeligen Teilung der Blätter verschiedener Farne, welche sie „nor- mal" nicht zeigen u. a.) schließen will Fig. 332. Blattspitze von Adiantum Edge^vorthi, (wie auch ich es früher that l), daß die ^f ^ präpariert, vergr Man sieht die seitliche -^^ . T -n 1 1 ^ Anlage der I lederblattchen. Auf der Aussen- Verzweigung de% 1 arnblattes den ur- gej^e lange Haare; die einzelnen Blattfiedern spranglichen , jetzt teilweise ver- verzweigen sich am Rande später gabelig. wischten Tj^pus darstelle, so ist dies einstweilen nichts als eine Hypo- these, der sich auch andere gegenüberstellen lassen; wichtiger erscheint mir die oben hervorgehobene Beziehung zwischen seitlicher Verzwei- gung und Gabelung, die sich darin erkennen läßt, daß bei allen Farnen die seitliche Anlage derFiedern an der Blattanlage eintritt, w o e s sich da ru m ha nd el t , an ein e m lan gg es treckt en Blatte in raschenZügen dieSeitenteilean zulegen, gabeljge Verzweigung, wo das Flä che n w ac hs tum überwiegt und es nicht zur Ausbildung einer starken Blattspindel kommt. Wo mau auch bei M Flora 1889, p. 26. Goebel, Organographie der Pflanzen. 34 514 Speciolle Organographie. derartigen Blättern i z. B. denen der Gleicheniaceen) Gabelung angenommen hat, beruht das, wie unten anzuführen sein wird, auf Irrtum. Bei Farnblättern mit stark entwickelter (also lange monopodial wach- sender) Rhachis zeigen die Teilblättchen nicht selten eine Beziehung ihrer Gestaltung zu der schneckenförmigen Einrollung der Knospenspitze. So bei Nephrolepis exaltata. Jedes Fiederblättchen des einfach gefiederten — Blattes hat hier an seiner Basis eine nach der Blattspitze hin gerichtete lapi)enförmige Aus- breitung. Man überzeugt sich bei Betrachtung der Blattspitze leicht, daß dieser Lappen es ist, der zunächst die eingerollte Spitze nach außen deckt, während die junge Fiederspitze selbst noch unter der nächstälteren Fieder verborgen ist. Es wird durch die frühzeitige Flntvvicklung dieses Lappens^) also ein besserer Abschluß der jungen Teile er- möglicht, wie wir ähnliches früher (p. 108) für manche Nebenblätter von Samenpflanzen zu er- Avähnen't hatten; dasselbe dürfte für die sonder- bare Gestaltung der Teilblättchen mancher Adian- tum-Arten gelten (z. B. Adiantum trapezifoi-me). Es soll unten gezeigt werden, daß noch viel eigen- tümlichere und wegen Nichtberücksichtigung des funktionellen Gesichtspunktes irrig aufgefaßte Verhältnisse sich bei manchen Gleicheniaceen finden. Dies Spitzenwachstum der Farnblätter äußert sich bei manchen in auffallender Weise darin, daß es sich über mehrere Vegetationsperioden erstreckt: die fortwachsemle Blattspitze stellt ihr Wachstum periodisch ein, um es später wiederaufzunehmen. So ist es bei Nephrolepis-Arten-') (nicht bei allen, auch nicht bei den Primärblättern). Man kann, wie ich mich an Nephr, exaltata überzeugte — wenigstens manchmal — , die Grenze der „Jahrestriebe" an dem Kleinerwerden der Blattfiedern er- kennen, an älteren Blättern finde ich die (noch eingerollte) Blattspitze schließlich vertrocknet. Ebenso verhalten sich manche HymenophvHaceen, z. B. H. interruptum, Karstenianum, plumosum und in besonders auf- fallender Weise die Gleicheniaceen, bei denen man die im zeitweiligen Ruhezustand befindlichen eingerollten Blattspitzen sogar mit Adventiv- knospen verwechselt hat. Hier finden sich auch merkwürdige, bisher, wie es scheint, kaum beachtete Anpassungen, vor allem die Ausbildung ein- zelner Fiedern als Schutzapparate für die ruhenden Blatt- spitzen, also eine Art Blattknospenscliupi)en. Man hat diese Fiedern ganz überfiüssigerweise als „adventive"' und ,,ai)hleboi(le" Bildungen be- zeichnet'^) und PoTONiE hat die Vermutung geäußert ■*), es handle sich hier um „Erinnerungen an die ursprünglich spreitig besetzt gewesenen Hauptspindeln der Wedel". Es handelt sich aber weder um etwas ,, Ad- rig. 333. Nephrolepis exal- tata. Blattspitze, zweifach vergr. Jedes Fiederblatt hat einen nach oben gerichteten „Dccklapijen" entwickelt. ') An der fertigen Blattfieder ist er von der Basis der darüberstehenden meist bedeckt, dürfte also für die Assimilation wenig in Betracht kommen. *) Mettenics, Filiees horti botanici Lipsiensis, p. 99 nnd 101, betr. der Hymeno- phylleen siehe desselben Verf. Abhandlung über Hymenoiihyllaccen. ■') So noch nenerdings bei Sadebeck in Englee-PkaXTL's natürlichen Pflanzenfamilicn. Pteridophyten, p. 52. *) POTONIE, Lehrbuch der Pflanzenpaläontologie, p. 119. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 515 ventives , noch um „Erinnerungen", sondern nur darum, daß die den Wedelknospen nahestehenden Fiederu als Schutzorgane derselben aus- gebildet sind. Bei der in Fig. 334 abgebildeten Gleichenia liegen sie Fig. 334. Gleif'henia dichotoma. / und II Blatt o-nheln" in .l»no., „• t- u . welche dun^h die ..ehutzfiedern bedeckt ist, III eine S Sfi'eder ZndT f H « "•'\' einander (aniiähernd) gegenüberstehende, aber sehr ungleich tark alle il l'.to V f ' ''f nach außen .etehrten Teile (^, B^ si^d viel größer \ncfreilt gSSerf^ ^11^ t 1 und II Yg uat. Gr.) "' ursprünglich Wie zwei Muschelschalen über die Blattknospe her sie sind hier (wenigstens an dem verhältnismäßig kleinen Blatt dem de Tb bildung entnommen ist) kaum geteilt, während sie bei anderen Gle clienil Arten gelappt resp zerschlitzt sind. Diese Schutzfiedern sii d in ^o großer, je großer die Blattknospe ist, welche sie zu schützen laben an den kleinsten Blattknospen können sie ganz fehlen, und manche OleicTenia- ceen, nainentlich die mit dichter Behaarung oder Schuppenbild m. ver- sehenen, haben überhaupt keine Schutztiedern entwickelt. Es erhellt aus der Abbildung zugleich, daß die nach außen gerichteten Teile des Blattes gefordert sind (vergl. p. 1()7). Wo wie bei Glefchenia bifida an den Haupt- fordern des Blattes zunächst nur auf der Innenseite Fiedern auftreten (in einem mir vorliegenden Falle beginnt die Hauptfieder mit fünf nur auf der Innenseite stehenden Seitenfiedern, dann tritt die gewöhnliche beiderseitige Fiederung ein), handelt es sich vielleicht um vvähren 1 dei' Entfaltung thät^e Schutzfiedern. In welcher Beziehung das j Ssdie Weiterwachsen 1) der erwähnten Farnblätter zu den äußeren Lebems- M ." V ^^"ä, '° "^7 °^"^"*f° Bearbeitung der Gleicheuiaceen (von Diels in Ex.iLEE-PKAVTi NaturLehe Pflanzenfamihen) ist die Blattbildung unrichtig beschrieben. ..Adven^t^iro^e" n den „Gabelungen" der Blattachsen sind nicht vorhanden, es sind das vielmehr dirpedodisch 34* R|ß Specielle Organogra])hie. Verhältnissen steht, ist nicht näher bekannt, doch wird von vornherein zu vermuten sein, daß die Weiterentwicklung in der feuchten, das Stehen- bleiben in der trockenen Jahreszeit statttindet. Am längsten wachsen wohl die Blätter der Lygodien weiter, welche Stützen umwinden. Ob sie wirklich ein „unbegrenztes" Wachstum haben und schließhch nur sozusagen zufällig — durch ungünstiger werdende äußere Verhältnisse, Erschwerung des Wassertransports etc. — zu Grunde gehen, bedarf näherer Untersuchung i). Jedenfalls können wir bei den Farnen folgende Stufen aufstellen: 1) Die Keimpflanze beginnt mit einem Kotyledon, der von vornherein Randwachstum hat, er sowohl wie die Primärblätter (welche nur kurze Zeit Spitzenwachstum mit zweischneidiger Scheidel- zelle aufweisen) zeigen gabelige Verzweigung oder doch deutlich gabelige Nervatur. 2) Die Blattspitze wächst zunächst monopodial weiter, aber geht nach kürzerer oder längerer Zeit zum Randzellwaclistum und gabeliger Verzweigung über, o) Das Spitzenwachstum dauert mehrere Vegetations- perioden. Das Blatt bildet gewissermaßen Langtriebe und Kurztriebe, letztere sind Auszweiguugen höherer Ordnung, die von vornherein be- grenztes Wachstum haben. Ob diese Reihe eine aufsteigende oder ab- steigende ist oder auch nur eine Konstruktion, läßt sich mit Gewißheit nicht entscheiden. Sicher aber ist, daß die Gestaltung der Blattanlage mit der des fertigen Zustandes zusammenhängt in der Weise, wie dies oben hervorgehoben wurde. Auf die Beziehungen zwischen dem Spitzenwachstum der Farnblätter und ihrer eingerollten Knospenlage ist früher (p. 508) schon hingewiesen worden. Indes ist diese Beziehung keine ausnahmslose. Das Spitzen- wachstum des Blattes ist also nicht notwendig mit Einrollung ver- bunden. Bei Pteris serrulata, cretica und umbrosa finde ich-) die Laminarteile von Anfang an gerade (nur der Stiel zeigt eine scharfe Krümmung, so daß die Blattspitzen der Teilblättchen alle nach al)wärts gerichtet sind). Trotzdem ist das normale Spitzenwachstum auch hier vorhanden. Ich muß gestehen, daß ich von dieser Abweichung über- rascht war, glaube aber doch, daß sie biologisch verständlich ist durch Beachtung zweier Thatsachen. Einmal bilden sich schon sehr frühzeitig eine große Anzahl gegliederter Haare, welche auch die Blattspitze über- decken und schützen. Sodann eilt hier die Blattspindel der Entwicklung der Lamina außerordentlich voraus und letztere erreicht auch später keine bedeutende Breite. Sie sproßt zu beiden Seiten des fast cylindrischen Blattstiels hervor und behält verhältnismäßig lange in toto embryonalen Charakter (Fig. 335), zu ihrem Schutze genügen offenbar die Haare. Immerhin dürfte eine derartige Knospenlage nur bei Farnen vorkommen, die an besonders feuchten, geschützten Standorten wachsen, was hier weiterwaclisenden Blattsjjitzen. Die „Gabelungen" koninicn nur dadurch zustande, daß die Fiedern unterhalb der eingerollt bleibenden Blatts])itzon ^ieh annähernd gleichstark ent- wickeln. Keine einzige Gleichenia hat aber gegal)elte Blätter. ') Die Primärblätter stimmen mit denen anderer Farne überein, haben also begrenztes Wachstum. ^) iSIerkwürdigerweise scheint die Thatsache nirgends erwähnt zu sein, obwohl es sich um die in der Kultur wohl am meisten verbreiteten Farne handelt. — Nachträglich sei be- merkt, daß Leszcyc-Suminski in seiner bekannten Alihandluug ,,Zur Entwicklungsgeschichte der Farnkräuter", Berlin 1848, p. 16 für Pteris serrulata behauptet, die Primärblätter seien ,. schneckenförmig gewunden" (eingerollt); wie seine eigenen Abbildungen zeigen, handelt es sich aber nur um eine Einkrümmung des Stiels, nicht der Si^reite und die von Leszcyc- SuMiNSKi bestrittene ..Behauptung des Hernt Kaulfuss. daß gerade bei Pteris serrulata jene Aufrollung nicht stattfinde", ist richtig. Ich habe Kaulfuss' Angabe nicht verglichen. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 517 aiicli zutreffen wird ; vermutlich ist sie auch für die systematische Charak- teristik der betreffenden Artengruppen von Bedeutung. Anders liegt die Sache bei solchen Farnen, bei denen das Spitzenwachstum frühzeitig erlischt und deshalb auch die eingerollte Knospenlage fehlt. So ist es bei einigen kleinblätterigen Hymenophyl- leen. z. B. der in Fig. 311 abgebildeten Trichomanes-Art und einigen anderen mit ähnlichen Blättern versehenen, ferner bei den mit kleinen schildförmigen Blättern versehenen , früh zum Randwachstum übergehenden Arten Tr. peltatum und Tr. Motleyi (vergl. die Angaben bei den Schildblättern). Auch die Blätter von Ophioglossuni und Botrychium ^) haben keine eingerollte Knospenlage. Jeden- falls aber zeigen die soeben angeführten Beispiele und die p. 508 für Dikotylen ge- nannten, daß eingerollte Knospenlage nicht ein systematischer, sondern ein mit dem Spitzenwachstum zusammenhängender (aber nicht notwendig damit verbundener) Charakter ist, der bald mehr bald min- der konstant in einer Reihe auftritt. Fig. 335. Pteris serrulata. I (uat. Gr.) Junges Blatt. Der Blattstiel ist einge- krümmt, die Blattspreite (welche sclion geteilt ist) dagegen nicht. // Quer- schnitt (stark vergr.) nahe der Spitze eines Teilblättchens ; er ist fast kreisrund, die Laniina wird erst später aus den Randzellen L, L aufgebaut. III Quer- schnitt durch ein älteres Blättchen : man sieht, wie die dicke Rhachis der Lamina {L, L) in der Entwicklung vorausgeeilt ist. Bei einfach gestalteten Blättern, namentlich solchen, b) Samenpflanzen Einleitung die keinen Blattstiel haben, tritt bei der Weiterentwicklung der Blatt- anlage keine Differenzierung derselben auf. Anders bei höher ge- gliederten Blättern. Wir sehen hier vor allem, daß der Blattstiel ver- hältnismäßig spät entsteht, was der Thatsache entspricht, daß er auch erst bei und nach der Entfaltung in Thätigkeit tritt. Die Blattanlage erscheint zunächst in Gestalt eines Wulstes oder eines Höckers, sie wird in diesem Zustand als „Primordialblatt" bezeichnet. Das Primordialblatt gliedert sich fernerhin in zwei Teile, die aber nicht etwa scharf von einander getrennt sind, sondern sich nur durch den Anteil unterscheiden, den sie am ferneren Wachstum der Blattanlage nehmen. Der dem Stengelvegetationspunkt aufsitzende Teil der Blattanlage, der Blatt- gruud, nimmt nämlich an der weiteren Differenzierung der Blattanlage keinen Anteil, oder doch nur insofern, als auch hier bei vielen Pflanzen zu beiden Seiten der Blattanlage je ein Auswuchs hervorgeht, diese beiden Sprossungen des Blattgrundes werden als Nebenblätter oder Stipulae bezeichnet. In vielen Fällen gewinnt der Blattgrund eine scheidenförmige Ausbildung, so namentlich bei den Gräsern, Umbelli- feren u. a. Der über dem Blattgrund gelegene Teil der Blattanlage, das „0 berblatf, ist derjenige, ans welchem die Blattspreite hervorgeht, ist dieselbe im fertigen Zustand gegliedert (also z. B. gefiedert) oder geteilt, so kommt dies (abgesehen von den Palmen) durch Verzweigung ^) Das oben angeführte Beispiel einiger Pteris-Aiten zeigt ja, daß auch beim Vorhanden- sein von lange andauerndem Spitzenwachstum die Knosjienlage nicht notwendig eingerollt zu sein braucht. 518 Siiecielle Organographie. des Oberblattes zustande. Der Blattstiel ist, wie erwähnt, überall erst späterer Entstehung, er wird zwischen Oberblatt und Bkttgrund ein- geschoben, d. h. er entsteht aus der zwischen beiden gelegenen Partie der Blattanlage, welche die Eigenschaften eines embryonalen Gewebes länger behält. Daß in vielen Fällen Blattstiele überhaupt nicht gebildet werden, braucht wohl ebensowenig betont zu werden als daß zwischen Blattstiel und Blattscheide sich keine scharfe Grenze ziehen läßt. Es möge hier kurz die Blattentwicklung der größeren systematischen Gruppen besprochen werden. I. G y m n 0 s p e rm e u. a) C y c a d e e n 1). Die Blätter der Cycadeen gleichen äußerlich durch ihre Fiederung denen vieler Farne namentlich auch dadurch, daß die riedern in der Knospenlage schneckenförmig eingerollt sind, was aber von der Blattspitze selbst nicht gilt und offenbar damit im Zusammenhang steht, daß der Blattscheitel verhältnismäßig früh in den Dauerzustand über- geht, wie es scheint zuweilen schon vor Auftreten der Fiederblättchen. Diese gehen hervor aus zwei flügeiförmigen Wucherungen der Blattanlage, die embryonal bleiben; darin besteht ein Unterschied in der Blattent- wicklung gegenüber der der Marattiaceen. Allerdings reichen die vor- handenen Angaben nicht ganz aus, um einen Einblick in die Dauer des Scheitelwachstums zu gewinnen. Sonntag giebt a. a. 0. p. 241 an, daß ein Blatt von Cycas Thouarsii, welches eine Länge von ca. 50 cm hatte, eine eingerollte Blattspitze mit vollständig embryonalem Scheitel besaß, während in den von Bower untersuchten Fällen 2) dies apikale Wachstum, das nie sehr ausgeprägt war, mit dem Erscheinen der Fiedern aufhörte. Dies erfolgt bei den einen (C. Seemanni, C. Jenkinsiana) in akropetaler, bei anderen nahezu gleichzeitig, resp. die in der Mittelregion des Blattes treten etwas früher auf als die oberen und unteren (C. Jenkinsiana), während bei Macrozamia Miqueli und Encephalartos Barteri die Entwicklungsfolge deutlich eine basipetale ist. Länger als bei den Cycadeen bleibt das Spitzenwachstum erhalten bei Ginkgo, hier entsteht die Teilung des Blattes durch wirk- liche Verzweigung, es ist ein apikales randständiges Meristem vorhanden wie bei vielen Farnblättern, und die Verzweigung ist offenbar eine gabelige. Auf die Blattentwicklung der Coniferen hier näher einzugehen, ist bei der einfachen Gestaltung derselben nicht notwendig. Auch bei den Gnetaeeen erlischt das apikale Wachstum der Blattanlagen sehr früh. Dies ist namentlich auch ausgesprochen bei der in so vieler Hinsicht merk- würdigen Welwitschia mirabilis , die zeitlebens nur zwei mit den Kotyle- donen gekreuzte Laubblätter besitzt, die jahrzehntelang durch die Thätigkeit einer basalen Zone wachsen. Monokotylen. Auf die einfache Gestaltung der Blätter der meisten Monokotylen wurde oben schon hingewiesen, ebenso auf die Ausgiebigkeit des interkalaren Wachstums. Als Beispiel sei hier die Bildung eines Grasblattes kurz besprochen. (Dactylis glomerata Fig. ^26). Das Blatt besteht aus einer „geschlossenen'' Blattscheide und einer Blattlamina, an der Grenze beider steht die häutige „ligula" (vgl. unten). ^) Vgl. Warming , Undersogelscr og betragtiiiiiger over Cycadcine (K D. Videusk. Selsk. Forh., Koijeiihagcn 1877); BowER a. a. O. ^) Teilweise handelte es sich uui Keimpflanzen, die älteren verhalten sich vielleicht verschieden. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 519 Die Blattscheide hat, wie erwähnt, wesentlich auch die Aufgabe, das lange interkalar weiter wachsende Internodiuni zu stützen: man kann sich leiclit überzeugen, daß ein noch im Wachstum begriffener Grashalm, den man horizontal hält, nach Entfernung der Blattscheiden sein Gewicht nicht mehr zu tragen vermag. Die ringförmige Anschwellung, welche die Blattscheiden über ihrer Einfügungsstelle zeigen, mag zunächst dazu dienen, dem Ganzen gerade an der Stelle, wo das Gewebe des Inter- nodiums noch weich ist, einen festeren Halt zu geben. Bekannt ist ja auch die Bedeutung dieser Knoten für die Aufrichtung der Grashalme, worauf hier nicht näher einzugehen ist. Die jüngste Blattanlage an dem massigen Vegetationskegel hat die Form eines Wulstes, der aber noch nicht ganz um den Vegetationspunkt her umgreift, erst bei dem zweitjüngsten Blatte gewinnt die Blattanlage die Form eines kreisförmigen Walles, dessen eine Seite, die an welcher die Lamina entsteht, von Anfang an etwas höher ist als die gegenüberliegende. Diese Seite wächst stärker, während der stengelumfassende Blattgrund sich durch interkalares Wachstum zur Blattscheide ausbildet. Der BlattgriTnd ist aber anfangs sehr klein und gewinnt erst durch interkalares Wachstum seine Ausbildung zur Blattscheide. Von derselben scharf abgesetzt erscheint er erst nach dem Auftreten der Ligula. Daß die eben geschilderte Blatt- entwicklung nicht so aufgefaßt werden kann, wie Trecul wollte, daß näm- lich zuerst die Blattscheide sich bilde, ist klar. Die Blattanlage besitzt vielmehr anfangs weder Spreiten- noch Scheidenteil, der erstere wächst nicht aus dem letzteren hervor, sondern beide differenzieren sich erst im Aveiteren Verlaufe der Entwdcklung. Was die Blattscheide betrifft, die später eine Röhre darstellt, so mag hier noch darauf hingewiesen sein, daß dieselbe nicht etwa als durch „Verwachsung" der Ränder einer ursprüng- lich offenen Scheideanlage zustande gekommen zu denken ist, wie dies früher angenommen wurde, sondern dadurch, daß eine ringförmige Zone des Sproßovegetationsptinktes sich an der Blattbildung beteiligt. Eine vielfach nicht richtig aufgefaßte Eigentümlichkeit der Grasblätter ist hier noch zu erwähnen. Die Lamina ist bei Bambusa in der Knospen- anlage eingerollt (Fig. 336) und bleibt so verhältnismäßig lange Zeit, d. h. bis Fig. 336. Bambusa vertieillata. Blattquerselinitte, II durch die noch eingerollte BLittspreite, III eine Geleukstelle stärker vergrößert, / dieselbe an einem entfalteten Blatte. zu einem Stadium, wo die Gewebeausbildung im Blatte schon ziemlich fertig ist. Die Ausbreitung des Blattes wird hier besorgt durch besondere „Gelenk- zellen" d. h. Epidermiszellen, die zunächst klein bleiben, bei der Entfaltung aber stark heranwachsen und ein Volumen gewinnen, welches beträchtlich größer ist als das der übrigen Epidermiszellen, diese Gelenkzellen finden 520- Specielle Organographie. sich auch bei einigen anderen Monokotylen, ihre Bedeutung wurde wohl zuerst von Duval-Jouve ^ ) richtig erkannt. Einige Moiiokotylenblätter lassen die Spreite an ihrem unteren Ende jederseits auswachsen , es entsteht ein ,,pfeilförmiges'' Blatt wie bei Sagittaria und einigen Aroideen, Dies Wachstum tritt in besonders auf- fallender Weise da auf, wo an diesen basalen Blattzipfeln sogar eine Verzweigung auftritt, wie dies z. B. bei Helicodiceros, Helicophyllum, Dracunculus, Sauromatum u. a. der Fall ist. In Fig. 337 ist die meik- Fig. 337. Helicodiceros miiscivorns, Blatt (auf die Hälfte verkleinert) scHef von oben ge- sehen. H Die eigentliche Blattfläche, Erklärung im Text. würdige Blattbildung von Helicodiceros abgebildet: es sieht bei ober- flächlicher Betrachtung aus, als ob auf dem Blatte an dessen Basis sich zwei radiär beblätterte Sprossen erheben würden. In Wirklichkeit hat die Blattspreite unten zw^ei Lappen {1 und la), die es pfeilförmig machen würde (wie manche andere Aroideenblätter) wenn sie einfach blieben. Sie verzweigen sich aber sympodial (d. h. es entsteht aus 1 an dessen Basis 2, an diesem S u. s. w.). Diese Zipfel sind aber nicht, wie etwa bei Sauromatum, in einer Ebene ausgebreitet, sondern wendel- treppenartig gedreht, so daß die Blattzipfel an einer centralen Achse an- geordnet erscheinen. Diese aber ist nichts anderes als der verdickte äußere Rand der Basis der einzelnen Lappen, ein interessantes Beispiel dafür, daß bestimmte Teile des Blattes in dem Maße, in welchem sie stärker mechanisch in Anspruch genommen sind, auch stärker sich aus- bilden. Daß eine derartige, sonderbare Blattgestaltung eine biologische ^) Histotaxie des familles des Graminees. Ann. d. soo. nat. bot. VI, Sei"ie 1. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 521 Beziehung hat („wenn man es nur 7ai deuten weiß"), ist kaum zu be- zweifeln. Zunächst ist klar, daß die ganze Blatttiäche einen geringeren Raum einnimmt, als wenn die Blattzipfel flach ausgebreitet wären, nnd daß durch die schraubenförmige Drehung eine gegenseitige Beschattung der Bhittzipfel vermieden wird, wie sie auch über die ursprüngliche Blatttiäche emporgehoben werden. Der geringere Raum, den die Blatt- Mäche einnimmt, aber dürfte mit der dichteren Anordnung der Blätter und der Formen wie Sauromatum gegenüber, kürzeren Länge der Blatt- stiele zusammenhängen ; wenigstens finde ich, daß alle Aroideen mit sympodial verzweigter Blattscheide nur eines oder wenige Blätter bilden, die sie auf langem Blattstiel frei emporheben, während Helicodiceros, wie erwähnt, einige ziemlich dicht stehende, mit verhältnismäßig kurzem Stiel versehene Blätter aufweist. Auch sonst zeichnen sich manche Aroideen durch merkwürdige Blattbildungen aus. In Fig. 97 sind die Blätter einer hierher gehöiigen Pflanze abgebildet, welche teils durch Bildung von Löchern in der Spreite teils durch Fiederblättchen ähnliche Lappen sich auszeichnen. Die Blattbildung dürfte hier ähnlich zustande kommen, wie bei Monstera deliciosa^) und den verwandten Formen, wo zwischen den Nerven liegendes Gewebe im Wachstum zurückbleibt und vertrocknet; je nach- dem dieses absterbende Gewebe nahe dem Rande liegt , und der dünne, es nach außen begrenzende Gewebestreifen zerreißt, entsteht ein fiederig-gelapptes fjlatt. wenn er weiter innen liegt ein Loch. Auf die biologische Bedeutung dieser Zerteilung der Blattspreite wird unten zurückzukommen sein. Bei den fiederlappigen oder tiederteiligen Blättei-n von Philodendron-Arten dagegen liegt keine Lochbildung vor, sondern eine Lappenbildung durch stärkeres Wachstum einzelner Randteile des Blattes, und bei den Authurien, die Avie A. digitatum fingerförmig zu- sammengesetzte Blätter haben, entstehen diese als Auszweigungen der Blattanlage in basipetaler Reihenfolge. Eine besondere Besprechung verdienen auch die P a 1 m e n blätter, von denen manche zu den größten Blättern, die wir kennen, gehören. Damit steht auch die Gliederung derselben im engsten Zusammenhang, sowie der Besitz eines starken Blattstieles und bei (vielen) einer mäch- tigen Mittelrii)pe. Wo eine Gliederung der Blattspreite sich findet, kommt sie aber nicht wie sonst durch Verzweigung der ursprünglich einfachen Blattanlage zustande, sondern durch Zertrennung einer ur- sprünglich einheitlichen Blattfläche. Dafür finden wir schon bei einigen anderen Monokotylen Analoga, so bei Musa, deren Blätter leicht in ein- zelne, an der dicken Mittelrippe befestigte Abschnitte zerrissen werden. Das geschieht hier aber durch äußere Einwirkungen, namentlich den Wind, während bei anderen Monokotylen, wie z. B. Cyclanthus bipartitus die Zerreißung bei der Entfaltung durch die im Blatte vorhandenen Spannungsverhältnisse erfolgt. Auf solche mechanische Zerreißungen führte man früher auch die Zerteilung der Palmblätter zurück, wie die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung gezeigt hat, mit Unrecht. Es handelt sich hier vielmehr um ein mehr oder minder fi-ühzeitig, immer aber schon v o r der Entfaltung vor sich gehendes Absterben von be- stimmten Gewebeteilen oder um eine Trennung durch Verschleimung der Zellwände; dadurch ist abso die Zerteilung der Blattfläche von vorn- herein vorgezeichnet. Gewöhnlich unterscheidet man zwei Typen von ^) Vgl. die Zusammenstellung bei Exglee, in Exgler-Praxtl, Xatürliche Pflanzen- familien Araceae, jj. 104. 522 Si>ecielle Organographie. Palmenblättern, die der Fächer])almen und die der Fiederpalmen. Beide leiten sich aber von der gewöhnlichen monokotylen Blattform ab, und es läßt sich sehr schön zeigen, wie die Abweichungen mit der Größen- zunahme in Beziehung stehen. Beginnen wir mit den Fächerpalmen, weil diese der ursprünglichen Blattform der Monokotylen noch näher stehen als die Fiederpalmen. Zu- nächst ist klar, daß die fächerartige Faltung dieser Blätter thatsächlich die- selbe mechanische Bedeutung hat, wie bei einem aus gefaltetem Pa])ier ge- bildeten Fächer, d. h. es wird dadurch die Blättfläche ohne viel Material- aufwand ausgebreitet erhalten ^), wenn sie flach wäre, würde sie sich unter ihrem Gewichte durchbiegen oder müßte sehr starke Rippen bilden, das- selbe Bauprinzip wiederholt sich auch bei den Fiedern der Fiederpalmen, die wenigstens an der Basis oft rinnig-gefaltet sind. Die Faltung der Blattspreite beginnt übrigens außerordentlich frühe an der Blattanlage, was teilweise zu Mißverständnissen geführt hat -). Wenn ein Fächerblatt eine bedeutendere Größe erreichen soll, so müssen die einzelnen Strahlen des Fächers aus der Spitze von einander divergieren, an der Basis ist dies aus mechanischen Gründen nicht wohl möglich. Dies geschieht nun wirklich. Der obere Theil der Blattanlage, welcher an der Faltung nicht teilgenommen hat, stirbt ab, dadurch wird Raum geschaft't für die Diver- genz der Falten und auch die Spitzen der einzelnen Strahlen trennen sich auf mehr oder minder weite Strecken hin. Und zwar findet die Trennung bei den verschiedenen Palmen verschieden früh statt. Bei Pritchardia filifera sterben die schon mit Gefäßbündeln versehenen Ober- kanten der Falten ab, man sieht die zerrissenen Gewebestreifen als lange, braune Fäden am entfalteten Blatte hängen, bei Chamaerops tritt die Trennung viel früher ein, solange das Gewebe des Blattes noch ziemlich embryonalen Charakter hat und erfolgt durch Yerschleimung der Zellwände (ebenso bei Rhajiis und Cocos [letztere mit gefiederten Blättern]). Einen gewissen Übergang zwischen diesen beiden Arten der Trennung bildet z. B. Archontophoenix (mit Fiederblättern), wo die Streifen des Blattgewebes, welche bei der Entfaltung zu Grunde gehen, von vorn- herein dünner angelegt werden als das übrige Blattgewebe. Die Keim- pflanzen fast aller Fächerjjalmen ■^) haben die gewöhnliche monokotyle Blattform (mit bogenförmig verlaufenden , nicht an der Spitze diver- gierenden Blattnerven). Dasselbe gilt für viele Fiederpalmen, deren Fiederung, wie schon aus den oben angeführten Beispielen hervorgeht, gleichfalls aus einer Zerteiliing, nicht aus einer Verzweigung der Blattfläche entspringt. Betrachten wir z. B. die Primärblätter von Phoenix, so finden wir zunächst Blätter, die mit denen gewöhnlicher Monokotylen überein- stimmen (^abgesehen etwa von ihrer, übrigens jetzt noch wenig ausgespro- chenen Faltung), Fig. 338. Wir sehen dann an der Basis des Blattes eine stärkere (zunächst aber auf die Basis beschränkte), mittlere Partie sich herausbilden, die allmählich einen immer größeren Teil der Blattanlage in Anspruch nimmt und eine kräftige Mittelrippe darstellt. Die Blatt- fläche trennt sich dann in einzelne Segmente; daß dieser Vorgang an ^) Ebenso ist es, wenngleich weniger ausgesprochen, bei den dünnen, nicht flach aus- gebreiteten Blattflächen der Liliacee Cureuligo. Diese reißen leicht von der Spitze her ein. *) Die Angaben von NAUMANN z. B. beruhen auf Irrtum (vergl. Deixega, Flora 1898 ; daselbst auch Litteratiirangabeu). ^) Bei manchen Palmen ist schon das erste Laubblatt geteilt, vergl. Pfitzer, Llljer Früchte und Keimung einiger Palmen. Ber. der d. bot. Gesellsch., Bd. III, 1885, p. 32 vind die dort angeführte ältere Litteratur. Einzeldarstellung der Vegetationsorffane. 523 der Basis der Primärblätter beginnt, steht in Übereinstimmung mit dem interkalaren Wachstum des Blattes (Fig. o;}S). Wir sehen so aus dem gewöhnlichen Monokotylenblatt eine ganz andere Blattform hervorgehen, und zwar lassen sich folgende Ent- wicklungsstufen, welche von einer ganzen Blattfläche zu einer zertheilten führen, unterscheiden : 1) Die Zerteilung findet statt am entfalteten Blatte und zwar unter dem Einfluß äußerer Einwirkungen (Wind, Regentropfen). Hierher gehört Musa. bei der. wie erwähnt, die Zerteilung der Blattspreite die Funktion nicht be- einträchtigt. Bei Heliconia dasyantha fand Karsten ^), daß eine besondere Einrichtung besteht, welche eine Zer- schlitzung der Blattspreite unter dem Einfluß von Regentropfen bedingt: es stirbt ein Randstreifen des Blattge- webes ab , ehe die Mittelpartie ihre vollständige Größe erreicht hat. Da- durch entstehen Spannungen, welche beim Auffallen von Regentropfen eine Zerschlitzung der Spreite bedingen, 2) Die Zertheilung findet beim Ent- falten statt durch im Blatte vorhandene Spannungen, Cyclanthus bipartitus. 3) Die Trennungsstellen werden schon in der Knospe vorbereitet durch Absterben oder Verschleimen von Gewebe bei Palmen. In den vorhin angeführten Fällen handelt es sich um Monokotylen- blätter, deren Blätter die gewöhnliche Flächenstellung haben. Eine An- zahl besitzt aber Blätter mit Profil-(Vertikal)stellung und diese besitzen dann entweder radiär oder bilateral ausgebildete Blätter. Dahin gehören die Juncus-Arten mit radiären Blättern, die man früher für Sproßachsen gehalten hat, weil sie den Sproßachsen äußerlich und im anatomischen Bau gleichen (sie haben aber eine deutliche, wenngleich kleine Blatt- scheide und entstehen seitlich am Yegetationspunkt), ferner einige Allium- Arten und namentlich Iris, deren bilaterale Blätter vielfach Anlaß zu Kontroversen gegeben haben, selbst in Arbeiten neuesten Datums kann man (auf Grund anatomischer Untersuchungen) lesen, „daß die Irisblätter durch Verwachsung der beiden Blattflächen nach oben hin zustande kommen" ^). Die Entwicklungsgeschichte der schwertförmigen Irisblätter zeigt Folgendes. Die Blattanlage hat auch hier dieselbe Form wie die oben be- schriebenen, und ist auch hier bei ihrem Sichtbarwerden noch nicht stengel- umfassend (Fig. 339 Ä b^), was sie indes bald darauf wird fFig. 339 Ä h^). Das Primordialblatt wächst nun heran wie eine geAVöhnliche Blattanlage. Ihr Scheitel, in der Figur mit a bezeichnet, wird sonst zur Spitze der Blatt- Fig. 338. Priiuurblütter (auf ' „ verklei- nert). I und // von Phoenix canariensis, /// und IV von Chamaerops excelsia. ') Angefülu-t bei Stahl (auf dessen Abhandlung hin verwiesen sei), Regenfall und Blattgestalt. Ann. des jard. bot. de Buitenzorg, Vol. XI. *) Massart, a. a. O., p. 252. „La feuille d'Iris . . . doit etre eonsideree phylogeuique- ment eomme le produit de la soudure des deux moities de la feuille par leur face superieure. Meiner Ansicht nach ist das eine durchaus haltlose Vorstellung. 524 Specielle Organograi^hie. Fig. 339. Blattent Wicklung von Iris variegata. A Frei jiräparierter Vegetationspunkt (r) mit vier Blatt- anlagen. Die mit a bezeichnete höchste Stelle der Blattanlage M'ird hier nicht zur Blattspitze, sondern zum oberen Teil der Blattscheide, die Spitze der La- mina ist mit s bezeichnet. £ Zwei ältere Blätter \«n außen. ( Vergr.) lamina. Am Irisblatte aber liegt er später (vergl. 339 B) an der Stelle, wo die Blattspreite in die Blattscheide übergeht. Diese „Verschiebung" er- klärt sich aus der Entwicklungsgeschichte. Die Blattaulage erfährt bald (63 in Fig. 339 Ä) ein starkes Flächenwachstum und erhält infolge davon eine kahn- oder kapuzenförmige Gestalt. Auf ihrem Rücken ist das Flächenwachstum am stärk- sten. Hier behält eine Stelle den Charakter des Vegetations- punktes (s in b^ Fig. 339 Ä), es wächst hier die Kante der Blät- terlage aus zur Anlage der „schwertförmigen" Lamina. Die- selbe ist aber nur da hohl, wo sie in die Scheide übergeht, in ihrem übrigen Hauptteile von Anfang an eine solide Gewebe- platte. Es sind an der Blatt- anlage jetzt also zwei Scheitel, der ursprüngliche a und der neue s. Bald erhält die Lami- naranlage aber wirklich terminale Stellung. Den Übergang dazu veran- schaulicht das größere Blatt in Fig. 339 B, wo der Blattgrund (der sich später zur Blattscheide entwickelt) von der Laminaranlage durch eine ge- strichelte Linie abgegrenzt ist. Die Spreitenanlage hat zwar noch seitliche Stellung, ihre Mittellinie ist aber schon um ca. 45*^ gehoben, der ursprüng- liche Scheitel a dagegen nimmt seitliche Stellung ein. Diese Art der Blattentwicklung ist eine interessante Parallelbildung zu derjenigen der Moosgattung Fissidens (p. 359). Bei beiden entsteht die Blattspreite als eine flügeiförmige Wucherung der ursprünglichen Blattan- lage, und da bei Iris diese Flügelbildung i) ausgeht von der Rückenkannte der Blattanlage, so sind an derselben von vornherein gewissermaßen die beiden Seiten der Blattanlage gleichmäßig beteiligt, so daß nicht zu vei'- wundern ist, wenn sich dies auch im anatomischen Bau, namentlich im Ge- fäßbündelverlauf ausspricht, daß von einer „A'^erwachsung" zweier Blatt- flächen weder im ontogenetischen noch im phylogenetischen Sinne die Rede sein kann, zeigt schon der Vergleich mit den radiären Juncus- und Allium- blättern, deren Entstehung wesentlich (wie ich schon a. a. 0. zeigte) mit der der Irisblätter übereinstimmt; auf die wenigen Fälle von schildförmigen Blättern bei Monokotylen soll unten im Zusammenhang mit den anderen schildförmia-en Blättern hingewiesen werden. Bei den Dikotylen beruht die Entstehung der Gliederung des Blattes stets auf einer Verzweigung der Blattanlage, und zwar geht die- selbe aus von den Rändern der Blattanlage, die aber oft nach oben ein- gebogen sind, so daß es aussieht, als ob die Anlagen der Seiten glieder auf der Oberseite entstünden. Die Anlegung geschieht nach folgenden Haupttypen : ^) Man vergl. aiich das p. 498 über die Flügelbildung im dorsalen Teile des Phormium- blattes Gesagte. AVenn diese flügelartige Wucherung sehr früh auftritt, Avird sie zu Foi-men wie Iris führen, Avahrscheinlich giebt es zwischen dem Verhalten von Iris und Phormium. Übergänge. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 525 1) Verhältnismäßig selten tritt eine Teilung des Blattvegetations- punktes (wie sie bei Farnen u. s. w. statttindet) auf, so bei Utricularia i), Cera- tophyllum demersum -) und offenbar auch Drosera binata und Dr. pedata mit gabelig verzweigten Blättern, diese Verzweigungsart ist nur möglich bei Blättern mit länger andauerndem Spitzenwachstum. 2) Die seitliche Verzweigung läßt folgende Typen erkennen: a) Akropetale Ent- wicklung : alle Aus- gliederungen des Blat- tes entstehen in gegen den Scheitel fortschrei- tender Reihenfolge, hierher z. B. Umbelli- lereu, Papilionaceeu, Mimoseen, Caesalpi- nieen, Sambucus Ebulus ti. a. Die Blattspitze selbst geht früh schon in den Dauerzustand über und unterhalb derselben bleibt eine Zone em- bryonal, an der nun in akropetaler Reihenfolge die Seitenteile auftreten, weshalb Sonntag sie zum „interkalaren" Ty- pus rechnet , indes lassen sich die einzel- nen Typen ohnedies nicht scharf voneinan- der abgrenzen. b) Basipetale Ent- wicklung, die jüngsten Blattausgliederungen sind die untersten i My- riophylluni , Hottonia, Rosa, alle ..gefinger- ten'' Blätter, Poten- tilla anserina, Hellebovus foetidus, von gefiederten z. B. Sambucus nigra. c ) Divergent : Die Verzweigung geht von einer Stelle der Blattanlage aus nach oben und nach unten, Ächillea Millefolium, die Blattzähne der Ulmusblätter u. a. Da bei nahe verwandten Pflanzen die Entwickkingsfolge z. B. der Fiederblättchen bald akropetal, basipetal ist, so ist diesen Diffe- renzen nicht viel Gewicht beizulegen. Man hat auch bei Dikotylen teilweise einen sympodialen Aufbau des Blattes angenommen, wie er oben für einige Aroideen angegeben wurde. Meist handelt es sich dabei um ,,handförmig" geteilte Blätter, mit basipetaler Anlage der Blattlappen. Bei dem in Fig. 340 C abgebildeten Blatte von Acer platanoides z. B. sind 5 Hauptzipfel vorhanden, ein mittlerer und zwei seitliche. Wie Fig. 340 A zeigt, entstehen die Zipfel in basipetaler Reihen- Fig. 340. Acer platanoides , nach Deinega. A Außenansieht einer Knospe mit zwei jungen Blättern, sjy Blattsjjreite, an der fünf Segmente angelegt sind. B Älteres Blatt von der Seite, der Verlauf der Leitbüudel eiugezeiclinet. C Schema der Leitbündel, verlaufend im ausgewachsenen Blatte. D Querschnitt durch den basalen Teil einer Knospe (jedes Blatt erhält drei Gefäß- bündel). E Höher geführter Schnitt, i?" Querschnitt durch den Blattstiel. ^) GOEBEL, Morphol. und biolog und a. a. O.). 2) Massaet a. a. O. Studien. Ann. des jard. bot. de Buiteuzorg, Vol. IX 526 Specielle Organographie. folge, man kann den Vorgang aber auch so auflassen, daß nur zwei seitliche Zipfel vorhanden sind, aus denen dann die beiden unteren als Glieder zweiter Ordnung hervorsprossen i). Entwicklungsgeschichtlich ist hier schwer zu unterscheiden, ob sie direkt aus der Blattanlage (also als Glieder erster Ordnung) entstehen oder nicht. Daß Blattzipfel sich nur auf ihrer Außen- seite verzweigen, kommt häutig vor. Man denke sich z. B. in Fig. 73 das Chelidoniumblatt unterhalb der oberen Fiedern abgeschnitten, so würde ein özipfliges Blatt resultieren, dessen beide untere Lappen aber Aussprossungen der seitlichen sind. Indes sehe ich nicht recht ein, warum man ein der- artiges Blatt ein cymöses nennen will, die einzelnen Glieder des Blattes sind ja gar nicht voneinander gesondert und der Begrifl'„cjmöse Verzweigung" ist deshalb nicht eigentlich anwendbar. Die ganze Fragestellung kann von Bedeutung sein, wenn es sich um die Ableitung der Blatt formen innerhalb eines Verwandtschaftskreises handelt, für die all- gemeine Organographie scheint sie mir von wenig Gewicht. Jedenfalls aber geht Prantl viel zu weit, wenn er '•^) auch bei Achillea Millefolium annimmt, man könne die basipetal entstehenden Segmente als „auseinander hervorsprossend", das Blatt also in seinem unteren Teile als ein cymöses betrachten. Hier zeigt die Entwicklungsgeschichte, daß die basipetal ent- stehenden Fiedern aus einer Kandzone hervorsprossen, die meristematisch bleibt, während im inneren Teil des Blattes, wie das Auftreten von Inter- cellularräumen zuerst erkennen läßt, schon die Gewebegliederung begonnen hat. Die Fiedern sind wie sonst Aussprossungen des (nach oben etwas eingel)Ogenen) Blattrandes, ich habe kein Anzeichen finden können, das auf eine genetische Beziehung derselben untereinander hindeuten würde. An eine solche könnte man auch denken bei den Pflanzen, welche „unterbrochen gefiederte" Blätter haben, d. h. solche, bei denen abwechselnd Fiederblättchen sehr verschiedener Größe vorkommen. Bekannte Beispiele dafür finden sich unter den Solaneen (Sol. tuberosum), Rosaceen (Spiraea Filipendula, Geum-Arten , Potentilla anserina u. a. ■^). Es wurde p. 111 darauf hingewiesen, daß die klein bleibenden Fiederblättchen die Zwischen- räume zwischen den größeren ausfüllen und daß Analoges auch bei Algen vorkomme. Hier ist nun die Entstehung dieser kleinen Fiederblättchen zu erwähnen. Man könnte sie als Seitenfiedern der Fiedern erster Ordnung, welche auf die Blattspindel verschoben wären, betrachten. Allein die Entwicklungs- geschichte, soweit sie bekannt ist, sj^richt dafür, sie als selbständige Bildungen zu betrachten. Ihre Anlegung erfolgt später als die der größeren, und auch dafür haben wir in den früher citierten Alge Euptilota plumosa (Fig. 50) einen interessanten Parallelfall. Wie man sich leicht überzeugen kann, entstehen auch bei dieser die größeren Fiedern früher als die kleineren ihnen gegenüberstehenden. Ich betrachte die kleinen Fiedern als (wahr- scheinlich durch Korrelation) rückgebildete Fiedern erster Ordnung, nicht aber als eingeschobene Neubildungen (was man auch annehmen könnte). Für diese Auffassung^) spricht, wie mir scheint, auch die Thatsache, daß ^) Dafür könnte man den Gefäßbündelverlauf anführen ; es treten in das Blatt 3 Hanpt- nerven, in den mittleren und die beiden oberen Zipfel ein. Die Gefäßl)ündel 7T' und F ver- einigen sich im Blnttgrund mit II zxi einem Strang, man kann darnach vermuten, daß auch die betreffenden Blattzipfel zusammen gehören. ^) a. a. O., p. 280. ') Auch Reseda alba nach Sonntag, a. a. O., p. 247. *) Es wird allerdings nochmals zu prüfen sein, ob in Fällen, wie Spiraea Filipendula nicht die zuerst erwähnte, bisher, wie es scheint, nicht ins Auge gefaßte Auffassung be- rechtigt ist. Eine Zeichnung von Massart (a. a. O., PI. II, Fig. 33) würde dafür sprechen; es könnten übrigens auch beide Fälle vorkommen. Einzeldarstellung der Vegetationsorgam 527 diese interponierten Piedern bei schwächlicher entwickelten Blättern, z. B. der Jvartotl'el, ganz fehlen können. Hier sei noch besonders darai;f hingewiesen, daß durch verhältnismäßig geringe Verschiedenheiten in der Verteilung des Wachstums aus einer und der- selben Blattanlage äußerlich recht verschiedene Blattformen hervorgehen können. Nehmen wir z. B. an eine Blattanlage bilde auf jeder Seite fünf seitliche Anlagen, so geht daraus hervor, ein Blatt mit 5 Randkerben hervor, wenn die Lamina selbst stark, die seitlichen Anlagen wenig wachsen; das Blatt wird ein gefiedertes werden, wenn die Laminateile zwischen den Anlagen stark in die Länge, wenig in die Breite wachsen i), ebenso die Basis jeder „Anlage", ein gefingertes, wenn die Laminateile zwischen den Anlagen kaum mehr wachsen. Daß in der That gefiederte und gefingerte Blätter nur unwesentlich von einander unterschieden sind, sehen wir u. a. bei Aesculus Hippocastanum, der gewöhnlich gefingerte, gelegentlich aber gefiederte hat. Ein besonders eigentümliches Aussehen gewinnen gegliederte Blätter, welche stiellos und sehr tief geteilt sind, die einzelnen Blattzipfel nehmen dann das Aussehen selbständiger Blätter an und sind teilweise auch als solche beschrieben worden. Da diese Fälle auch in biologischer Beziehung von Interesse sind, so seien zwei Beispiele dafür angeführt. Alchemilla nivalis ist eine Pflanze der hohen Anden. Scheinbar besitzt sie wirtelig gestellte , unten zu einer Scheide verwachsene Blätter. In Wirklichkeit stehen, wie man schon aus der Thatsache, daß die Bätter der Scheinwirtel nicht alternieren (Fig. 341, 2), schließen kann, die Blätter Fig. 341. Sproßseheitel 1 von Limnophila heterophylla, 2 von Alchemilla nivalis von oben, vergr. In der Mitte der Yegetationspunkt, an dem oben links eine junge Blattanlage ent- standen ist. Die älteren Blätter in Teilblättelien tief geteilt, bei den beiden äußersten ist der ringförmige Scheidenteil getroffen. einzeln. Die Blattanlagen werden zunächst einseitig am Vegetationspunkt angelegt, umfassen ihn aber bald ringförmig. Der Eingwall selbst aber tritt ganz zurück gegen die in absteigender Eeihenfolge aus ihm hervor- sprossenden Blattzipfel, welche alle annähernd gleiche Größe erreichen und deshalb scheinbar als Blattwirtel erscheinen. Wie ich früher hervorhob 2), sind die Laubblätter dieser Alchemilla-Art offenbar atif ganz dieselbe Weise zustande gekommen, wie die Hochblätter ') Davon kann man sich auch leicht durch die Übergangsformen zwischen gekerbten und gefiederten (resp. fiederschnittigen l Blättern überzeugen, wie sie z. B. bei Scabiosa Colum- baria vorkommen (Fig. 356). ^) Yergl. S. II, p. 33 ff. und die dort gegebeneu Abbildungen von Alchemilla. 528 Si)ecielle Orgaiiographie. anderer Alchemilla-Arten, welche gestielte Blätter mit gewölinlicli geformter Blattspreite haben. Der Stiel ist unausgebildet geblieben, die Scheide stark entwickelt, sie greift ganz um den Vegetationspunkt herum. Wir können die biologische Bedeutung dieser Blattbildung einigermaßen verstehen, wenn wir bedenken, daß die jugendlichen Sproßteile durch die ineinanderge- schachtelten Blattscheiden vortrefflich geschützt sind und die kleinen Teil- blättchen dem (physiologisch) xerophilen Standort entsprechen. Das zweite Beispiel, Limnophila heterophylla ist einer Sumpfpflanze entnommen, deren untergetaucht wachsende Sproßteile scheinbar wirtelig stehende Blätter tragen (Fig. 352), während die ül)er das Wasser tretenden Sproßenden zwei- zählige gekreuzte Wirtel tragen. Die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung (Fig. 341, 1) zeigt nun, daß auch die Wasserblätter in zweizähligen, bald untereinander zu einem Ringwall vereinigten Wirtein auftreten, jedes Blatt bildet in absteigender Reihenfolge zahlreiche Blattzipfel (die ihrerseits sich wieder verzweigen). Nach oben hin am Sprosse wird zunächst der Mittelzipfel größer als die seitlichen, deren Bildung schließlich ganz unterbleibt, resp. nur durch randständige Blatt- zähne angedeutet wird. AVir kommen auf diese Pflanze unten bei Besprechung der bio- logischen Bedeutung der Blattformen zurück. Schildförmige Blätter ^). Als schild- förmige Blätter bezeichnen wir solche, bei denen die BlattÜäche nicht direkt in den Blattstiel übergeht, sondern die Spreite über den Stiel hinauswächst. Es erfolgt dies bei den schildförmigen Laubblättern stets da- durch, daß auf der Oberseite des Blattes (seiner Rückenseite) eine Zone des jungen Blattes dicht an der ursprünglichen Eiu- fügungsstelle des Stieles sich an der Sjjreiten- bildung beteiligt. Nur bei Kotyledonen und einigenNieder-, Hoch- und Staubblättern -) linden wir, daß auf der Blatt Unterseite ein die Spreite fortsetzender Auswuchs auf- tritt, Decandolle hat demnach epipeltate und hypopeltate Blätter unterschieden. Bei den letzteren handelt es sich wohl meist um Schutzvorrichtungen (von den „ver- satilen" Antheren abgesehen), so sind die Niederblätter einiger Asparagus- Arten schildförmig, was einen ausgiebigen Schutz der Sproßknospe herlieiführt. Bei den meisten hierher üehöritien Arten fallen Fig. 342. Limnophila heterophylla ^^q^q Niederl)lätter' späte'i-hin ab, sie sind {'/, Naturgr.), Wasserblatter, Luft- o i ^ *i i • i biätter und Übergewicht zwischen ^^^ Schutzorgaue. Aber bei dein in 343 abgebildeten Asp. plumosus beiden. Fig. ^) Vergl. Entwicklung.sge.sch., p. 234 ff. Eine Aufzählung der schildförmigen Blätter (ohne Berücksichtigung der neueren entM-icklungsgeschichtlichen Litteratur) hat C. DECANDOLLE gegeben (Sur les feuilles peltees. Bulletin des travaux de la societe hotanicjue de Geneve 1898/89, No. 9). •"- ^) Darauf, daß die mit versatilen Antheren versehenen Staubblätter mit den schildförmigen Blättern ihrer Bildungsweise nach übereinstimmen, habe ich schon a. a. O. hingewiesen. Einzeldarstelluug der Vegetationsorgane. 529 Avircl der Auswuchs der Blattunterseite später zu einem von der Sproß- achse abstehenden harten Dorn resp. Haken, welcher als Kletterorgan benutzt wird. — Ebenso sind z, B. die Pollensäcke von Juniperus durch eine die schuppenförmige Lamina des Schutzblattes fortsetzende Wuche- rung geschützt, welche icli mit einem Indusium verglichen habe^); bei den schildförmigen Kotyledonen, z. B, denen der Gräser, handelt es sich um eine möglichst große Berührungsfläche mit dem Endo- sperm, in den Samen der Eiche ist die kurze „radicula" von den nach unten liin ausgewachsenen Kotyledonen schützend umhüllt. Weniger klar liegt die Frage nach der biologischen Be- deutung bei den schildförmigen Laubblättern. Zunächst haben wir zwei Gruppen zu unterscheiden : die kurzgestielten und die langgestielten. Kurzgestielte, schildförmige Blätter sind mir nur von einigen epiphytischen Trichomanes - Arten bekannt , so bei Trichomanes Hildebrandtii '-), Tr. peltatuin und Tr. Motleyi (bei letzterem sind nicht immer alle Blätter schildförmig). Wenn wir bedenken, daß auch bei anderen Trichomanes-Arten (z. B. Tr. brachypus) die Blätter der Baumrinde dicht anliegen (sie sind an ihr durch Rhizoiden befestigt) , daß manche Acro- sticheen ferner gleichfalls derartige Blätter bilden, so wird man annehmen müssen, daß die Schildform bei gegebener Größe der Blattfläche einerseits für das Festhalten von Wasser, andererseits für den Schutz der zarten (hier wurzellosen) Stämmchen ganz besonders geeignet ist. Ganz andere Gesichtspunkte kommen bei den mit stark entwickeltem Stiel versehenen Schildblättern in Betracht. Zu- nächst ist hervorzuheben, daß die Größe des zur Schildform führenden Auswuchses eine sehr verschiedene ist. Das „Ideal" eines schildförmigen Blattes wäre ein solches, dessen Stiel in Fig. 343. Austreibender Sproß von Asparagus plumosus mit schildförmigen Niederblättern, ■ deren unterer Teil später von der Sproßaehse absteht, erhärtet und zum , .Kletterdorn" wird. der Mitte der annähernd kreisrunden Blattfläche eingefügt ist (diesem Ideale nähert sich z. B. Nelumbium). Bei anderen, wie manchen Caladium- arten, ist der vordere (über den Stiel hinausgewachsene) Teil der Blatt- fläche viel kleiner als di'p am blühenden Sproß stellenden Blätter (namentlich die Deckblätter der Blüten), verlieren ihre Schildform, es treten gewöhnliche Blätter mit kurzen Stielen auf. Ähnlich ist es bei der Berberidee Diphylleia cymosa, wo die oberen, kurzgestielten Blätter (aber nicht immer) die Schildform ganz oder beinahe ganz verlieren. An der Keimpflanze tritt die Schildform meist schon bei den Primär- blättern auf (Tropaeolum majus und minus, Xelumbium). doch fand ich bei Umbilicus pendulinus öfters Primärblätter der gewöhnlichen Form, EiuzcUlarstclhing clor Yc'iH'tationsorgiiiic. 5ol auch bei den Drosera-Arten mit Schildblättern tritt zunächst wohl immer eine Rosette von der gewöhnlichen Droseraceenblattform auf. Für die Entwicklungsgeschichte der schildförmigen Blätter charakte- ristisch ist zunächst, daß sie alle dem basipetalen Typus angehören; wir werden dies insofern verständlich finden, als ja die 8childform, wie oben erwähnt, eben auch einem an der Basis der Blattlamina vor sich gehenden Entwdcklungsvorgang ihren Ursprung verdankt. Übrigens zeigt die Ent- wicklungsgeschichte der Schildblätter im Grunde keine anderen Wachstums- vorgänge als die schildförmiger Haare, wie sie z. B. bei Farnen, bei Elaea- gnaceen u. a. vorkommen ; die alte Auffassung, daß es sich bei den Schild- blättern um eine Verwachsung der über den Blattstiel hinausragenden Blattränder handle, ist eine irrige, nur in biologischem Sinne ist sie einigei-- maßen berechtigt, insofern, als, wie oben dargelegt wurde, die schild- förmigen Blätter mit den herzförmigen etc. (mit über die Biattstieleinfügung hervorragenden unteren Blatträndern) ihrem Verhalten nach wesentlich über- einstimmen. Manche schildförmigen Blätter sind otfenbar hervorgegangen aus ge- wöhnlichen Blättern, die ursprünglich eine reichere Gliederung der Blatt- spreite besaßen. Ich habe für Hydrocotyle vulgaris i vgl. Entwicklungs- geschichte, p. 234) hervorgehoben, daß die Gliederung im Jugendzustande viel mehr hervortritt als im fertigen, und ähnlich ist es bei Tropaeolum majus und minus, deren Blätter im entfalteten Zustande scheinbar ganz- randig sind, während die Jugendstadien an die eingeschnittenen Blätter von Trop. aduncum u. a. erinnern. Massart (a. a. 0., p. 81 des S. A.) hält dem entgegen, daß diese Thatsache sich auch bei Umbilicus finde, während die verwandten Gattungen Blätter besäßen, welche in allen Stadien ihrer Entwicklung ganzrandig seien. Dabei ist aber übersehen, daß Bryophyllmn gegliederte Blätter besitzt, und eine Bryophyllum-Art ist zur Bildung von Schildblättern übergegangen. Es ist dies Bryoph. crenatum Baker; die am Bande gekerbten Blätter bilden erst ziemlich hoch an der Sproß- achse (wenigstens an dem einzigen mir vorliegenden lebenden Exemplare) an ihrer Basis einen nach oben etwas aufgestülpten, ziemlich kurz bleibenden Auswuchs, dessen etwaige biologische Bedeutung näher zu untersuchen ist. Entwicklungsgeschichtlich stimmen mit den Schildblättern bis zu einem gewissen Grade überein die schlauchförmigen Blätter, die wir bei einer Anzahl Insektivoren finden. Damit ist freilich keineswegs gesagt, daß plylogenetisch eine solche Ableitung anzunehmen sei, wenigstens wüßte ich dafür keine Thatsachen anzuführen. Cephalotus follicularis, die einzige Pfianze, welche außer Utricularieen nel)en den Schlauchblättern auch noch anders gestaltete hervorbringt, hat diese nicht schildförmig, sondern normal flach entwickelt. Gelegentlich findet man Mittel- biklungen zwischen beiden Blattformen (Fig. 345), Blätter mit Fig. 345. Cejihalotus follicularis. Mittelljiltlung zwif^t-heu einem Schlaxicb- und einem gewöhnliehen Blatte; auf der Blattoberseite befindet sich eine Einsenkuug, das Blatt ist nach Erreichung des in Fig. 346 / al)ge)nldeten Stadiums ohne weitere Gestaltvcrändorung weitergewachsen. einer Einstülpung auf der Oberseite, aber auch diese nähern sich nicht der Schildform und sind ihrerseits, wenn man die Entwicklungsgeschichte der Schlauchblätter kennt, leicht verständlich als Heramungsbildungen, ohne daß man sie als atavistische Gebilde zu betrachten braucht, zumal 35* ^32 Siiecielle Org:mogriii)hie. Sdilaucliblätter auch bei Lebermoosen auftreten (p. 284 ff.), wo keine schild- förmigen Blätter bekannt sind. Verfolgen wir die Entwicklungsge- schichte^) (Fig. 346), so sehen wir bei dem Blatte eine Einsenkung auf der Oberseite auft'reten, die allmählich tiefer wird. Der untere Band der Ein- Fig. 3-46. Cephiilotiis follicularis, Entwicklung der Knnnciiblatter (nach ElCHLEK teilweise anders orientiert). Auswuchs der Blattoberseite, dessen oberer Teil sich hier zum Deckel gestaltet. Senkung ((/ Fig. 346) — der Neubildung bei den schildförmigen Blättern ent- sprechend — wird hier (in seinem oberen Teile) zum Deckel (außerdem bildet er einen Teil des kragenförmig verdickten Einganges), der obere Teil der Blattanlage bildet den eigentlichen Schlauch, der sich später auf dem Stiele so "zurückbiegt, daß der Deckel oben zu liegen kommt. Vergleichen wir damit die schlauchförmigen Blätter von Nepenthes, Sarracenia, Utricularia (und Verwandten), sämtlich wie Cephalotus zu den Insektivoren gehörig, so tinden wir, was die Entwicklungsgeschichte betrifft, ganz übereinstimmende Verhältnisse, nur die Ausgestaltung ist eine andere. Da ich diese in den „Pflanzenbiologisclien Schilderungen" ausführlich be- sprochen habe, so sei hier nur ganz kurz auf den Aufbau hingewiesen. Der Teil, der laei Fig. 346 mit d bezeichnet ist und bei Cephalotus haupt- sächlich zur Deckelbildung verwendet wird, dient bei den genannten Pflanzen zum Aufbau des einen Teiles der Schlauchwand, der Deckel wird bei Sarra- cenia aus dem oberen (der Blattspitze entsprechenden) Teile der Schlauch- wand gebildet, der bei Utricularia und Polypompholyx zu dem merkwürdigen Klappventil auswächst, welche den Eingang in den Schlauch verschließt, während bei Genlisea zwei seitliche Teile der Schlauchblattmündung zu langen, später gedrehten Armen auswachsen ^). Bei Nepenthes entsteht der Deckel als Auswuchs unterhalb der Blattspitze (vergl. S. Taf. XXI), die Blätter sind hier auch dadurch merkwürdig, daß der Blattgrund sich später zu einer spreitenartigen Fläche entwickelt, während zwischen ihm und der Kanne ein stielartiger, meist als Ranke dienender Teil eingeschoben wird. Außer bei Insektivoren sind Schlauchblätter (von abnormen Bildungen abgesehen) nur noch bekannt bei der epiphytisch lebenden Dischidia Raffle- siana (vergl. die Abbildung und Litteratur ^) in S. I, p. 233) und den Hoch- l)lättern von Margraviaceen. Bei Dischidia Rafflesiana entspricht aber die Innenseite des Schlauchblattes der Blattunterseite, nicht wie bei den oben angeführten Fällen der Blattoberseite, und die auf der Unterseite konkaven Blätter einer anderen Asclepiadee, des Conchophyllum imbricatum bilden ') Vergl. Eichler, Über die Schlauchltlätter von Ce])halotus follicularis Lab. .Tahrl). des königl. bot. Gartens in Berlin, Bd. 1, 1881, ]i. 103. '^) Betreffs der inerkwiu'digen Struktur der Utricularicen-Schläuclie sei gleiclifalls auf das a. a. O. Gesagte verwiesen. ^) Namentlich Tkeuu, Sur Ics urncs du Dischidia Uafflcsiana, Annales des j. bot. de Bnitcnzorg, Vol. III, p. 13 ff. Eiuzekhirstelhmg der Vcgetatioiisorgane. 533 eine Art Übergang zu den Schlauchblättern der genannten Pflanze. Auch bei den merkwürdigen Brakteen mancher JMargraviaceen entspricht offenbar die Innenseite des Schlauchblattes der Blattunterseite. ij 4. Beziehungen zwischen Nervatur und Blattentwicklung ^). Bei Besprecliiing der Blattbilclung der Farne Avurde auf die Be- ziehungen zwischen Blattnervatur und Blattwachstum hingewiesen. Solche Beziehungen tinden sich, wenngleich in anderer Weise, auch bei den Angiospermen. Die Aufgabe der Blattnerven ist bekanntlich eine doi)i)elte: eine mechanische und eine ernährungsphysiologische. Ebenso ist bekannt, daß zwischen den Monokotylen-Blättern mit streitiger Nervatur und den Dikotylen mit „Netznervatur'' Unterschiede be- stehen,die indes keineswegs durchgreifende sind, einerseits giebt es unter den Monokotylen nicht wenige (namentlich unter den Aroideen), welche dikotyle Nervatur haben, andererseits unter den Dikotyleulaubblättern auch solche mit monokotyler Nervatur (Eryngium-Arteu mit monokotylen- ähnlichen Blättern, Plantago media u. a). Namentlich aber tinden wir, was gewöhnlich zu wenig beachtet wird, bei einer und derselben PHanze Unterschiede in der Nervatur der ver- schiedenen Blattformen. Die Nervatur der Hochblätter. Kelchblätter, der Blumenblätter etc. ist, wo diese Blattformen von den Laubblättern be- trächtlich abweichen, eine andere als die der letzteren. Das legt die Frage nach den Beziehungen zwischen Blatt gestaltung und Verlauf der Blatt nerven ohne weiteres nahe. Die Untersuchungen über Blattnervatur sind bisher meist nur mit Berücksichtigung der ^'erhältnisse im fertigen Blatte gemacht worden, wo die ursprüngliche Anordnung der Leitbündel vielfach nicht mehr recht kenntlich ist, da Auszweigungen, Anastomosen, Bildung von starken Mittelrippen etc. die ursprüngliche Anordnung verdecken. Außerdem ist mit einfachen Schlagworten, wie „streitige'' und „netzartige'* Nervatur nicht auszukommen, es handelt sich darum, wie in einem größeren Ver- wandtschaftskreise Blattnervatur und Blattwachstum zusammenhängen. Dies sei zunächst am Beispiel der Monokotylen gezeigt, bei denen sich nachweisen läßt, daß die scheinbar großen Verschiedenheiten, welche die Blattnervatur darbietet, doch nur Modifikationen eines „Typus" sind, ähnlich wie wir fast alle monokotyle Blüten auf einen Typus zurück- führen können. a) Typische, monokotyle Nervatur entsteht, wenn eine Blattanlage, dem Stamm mit breiter Basis aufsitzend, in allen Teilen (aber zu ver- schiedenen Zeiten!) annähernd gleichmäßig in die Länge und Quere wächst. Die in das Blatt eintretenden Leitbündel (von denen das mediane sich zunächst ausbildet) durchziehen das Blatt dann der Länge nach annähernd gleichmäßig von der Basis gegen die Spitze hin. Diesen Tyi)us finden wir z. B. bei den Gräsern, unter den Dikotylen bei den Eryngien mit monokotylenähnlichen Blättern und, mit wenig starken Ab- weichungen, auch bei manchen Hochblättern. Die Blattnerven treten in allen diesen Fällen nicht oder wenig über die Blattfiäche hervor. Nur eine kleine Modifikation ist es, wenn der obere Teil der Blattanlage sich durch stärkeres Breitenwachstum zur Blattfläche ausbildet, die vom Blattstiel nicht sehr verschieden einen stärker bogigen Verlauf der Nerven aufweist. Yergl. Deinega :i. a. O. (Flcni 1898). 534 Speciellc Organographie. So bei Eichhornia crassipes (Fig. 347). Im Stiel, d. h. dem Teil der Blattspreite, der nur wenig iu die Breite wächst, behalten die Leitbündel ihre parallele Anordnung, im Spreitenteil werden sie stark bogig. Ähnlich ist es bei den späteren Primärblättern von Sagittaria u. a. Derartig konstruierte Spreiten können ohne bedeutenden Aufwand von Baumaterial (zu ihrer Festigung) oder besondere Einrichtungen, (wie die für Curculigo u. a. oben er- wähnte Faltenbildung) eine bedeutende Flächenentwicklung nicht erreichen, wir sehen sie deshalb bei Pflanzen, die späterhin größere oder besonderen Aufgaben angepaßte Blätter hervor- l)ringen. auf die verhältnismäßig klein bleibenden Primärblätter beschränkt, wofür die Keimung von Phoenix (Fig. 338) und anderen Palmen ein oben erörtertes lehrreiches Beispiel liefert. Hier sei auf andere Mono- kotylen hingewiesen . bei denen wir finden, daß die Vergrößerung der Blatt- fläche ermöglicht wird^) durch die Ausbildung einer dicken, mittleren Partie, an der die dünnen Seitenteile gewissermaßen aufgehängt sind. Es ist von Interesse zu sehen, in wie verschiedenen Abstufungen dies auf- tritt, bis wir endlich zu Blättern ge- langen, die, wie die Musa-Arten, eine mehrere Meter lange Blattfläche haben, die an einer dicken „Mittelrippe" befestigt ist. Diese Form ist aber nur das Endglied eines Wachstumsvorganges, den wir in seinen Anfängen, z. B. bei Funkia ovata sehen (Fig. 348). Wir sehen hier eine Blattlamina von annähernd eiförmigem Umriß, die in einen rinnenförmigen Blattstiel, d. h. den Teil der Blattanlage, der sich nur wenig verbreitert hat. übergeht, der Blatt- stiel ist aber, was den Gefäßbündelverlauf betrifft, wenig von der Spreite verschieden, die Bündel sind in einer Reihe in ihm angeordnet. Im unteren Teil der Blattspreite aber sehen wir schon die An- deutung eines „Mittelnerven". Die Bündel erscheinen hier gehäuft, in- dem sie zunächst parallel verlaufen und dann erst in die Blattfläche einbiegen, zugleich ist hier die Blattfläche dicker als oben und an den Seiten. Nehmen wir an, die Gefäßbündel seien ursprünglich in der Blattanlage alle annähernd parallel angeordnet und das Breitenwachstum des Blattes schreite von oben nach unten fort, erfolge anfangs annähernd gleichmäßig, dann hauptsächlich an den Rändern, weil in dem unteren Teile sich zunächst die dickere mittlere Partie aufbaut, so müssen oben die Gefäßbündel den in Fig. 348 B schematisch angedeuteten Verlauf nehmen. Die erst angelegten Bündel haben den gewöhnlichen Verlauf, Fig. 347. Eiclihoiuia crassipes (nach Deinega). A junges Blatt, a Blattspreite, b Blattgrund, c Zone, aus welcher sich später der Blattstiel entwickeln wird. £ oberer Teil eines älteren Blattes, C Schema des Bündelverlaufcs im aus- gebildeten Blatt. ^) Ich gebrauche absichtlich diesen Ausdruck. Ich führe die Thatsaehe, daß, wir z. B. bei Aroideeu große Blattflächen finden, nicht darauf zurück, daß sie die weiterhin zu schil- dernde ,, Nervatur" haben, sondern sage: diese Nervatur ermöglicht die Erreichung einer bedeutenderen Blattgröße, Avir können sie aber auch bei kleinen Blättern finden, bedingt durch innere Eigenschaften der Familie, die aber für die Entwicklung großer Blattflächen die Entwicklungsmöglichkeit liefert. P'inzcldarstelluuLr der Vei'Otationsorg'aue. 535 je weiter nach unten, desto mehr Bündel waren schon im mittleren Blattteile, ehe das Breitenwachstum V^egann, das sie zum Ausbiegen in die jüngeren Blattteile veranlaßt. Es entspricht dieses Auftreten eines ,,Mittelnerven" (der aber nur durch stärkere Zusammendrängung der gewöhnlichen Nerven entsteht), an der Blattbasis einerseits, wie auch oben für die Palmen erwähnt wurde, dem „interkalaren" Wachstum des Blattes, andererseits der stärkeren mechanischen Inanspruchnahme der Blattbasis. ^Yesentlicll ganz ähn- liche Verhältnisse linden wir bei Fig. 3-iS. Fimkia (nach Deixega.) .-1 Blatt- aulage, welche den Vegetationspunkt um- schließt, differenziert in Blattgrund (seh) und Si^reitenanlage (sp), der Blattstiel geht später aus der Zone st hervor. B Schema des Bündelverlaufes im ausgehildetenBlatte. Fig. 349. (Nach Deixega.i Xauthosoma (Aroidee). ^4 Querschnitt durch den Blattstiel (die obere Seite ob nach unten gekelirt), Mclche das ..sekundäre Dicken Wachstum" des Blatt- stieles zeigt. B Schema des Gefäßbündel- verlaufes , welches scheinbar von dem der Monokotylen abweicht; die jüngsten Gefäß- bündel (j) biegen in den unteren Teil des Blattes aus. Aroideen, dies zeigt das Schema von Xanthosoma (Fig. 349), nur haben wir hier eine viel stärkere, von zahlreichen Bündeln durchzogene, nach oben hin aber verschwindende „Mittelrippe". Auch hier gehen die ältesten, d. h. am frühesten differenzierten Bündel am weitesten nach oben, aus der Mittelrippe biegen die Bündel in die Blattfläche aus ent- sprechend der Thatsache, daß diese gewissermaßen als Flügel beider- seits aus der dickeren Mittel partie herauswächst, dies Wachs- tum erfolgt aber auch hier früher oben als unten, und damit steht der Bündelverlauf im Zusammenhang. Im Blattstiel haben wir hier die Bündel nicht in einer Reihe angeordnet wie bei den Monokotj'len. bei welchen er von der Spreite verhältnismäßig wenig scharf abgegliedert ist, sondern über den Querschnitt zerstreut. Dies beruht darauf, daß der Stiel, der seiner größeren mechanischen Anspruchnahine entsprechend sich mehr der Cylinderform nähert, ein nachträgliches Dickenwachstum des Grund- gewebes erfährt (Fig. 349^). Nun ändert sich auch die Anordnung der Bündel, die jüngeren (die ihrer Entstehung entsprechend an den Seiten- teilen der Blattscheide sich finden), biegen sich im Blattstiel nach oben, sie sind es, die in die unteren Teile der Blattfläche ausbiegen. Die Hoch- 536 Siiecielle Organograiihie. blätter der Aroideen (welche dem Scheidenteile von Laiibblättern ent- sprechen) haben dagegen die gewöhnliche monokotyle Nervatur, hier tritt von vornherein (mit Ausnahme der Spitze) ein gleichmäßig verteiltes Wachstum ein wie bei einem Grasblatt. Im Vorstehenden ist zweierlei nachzuweisen versucht. Erstens konnten wir morphologisch ein Aroideenblatt (und dasselbe gilt oöenbar auch für die Scitamineen, Musaceen, Cannaceen ^) u. a.) von einem Gras- blatte, auch was den Gefäßbündelverlauf betriiTt. ableiten und zeigen, wie dieser mit dem Blattwachstum in Beziehung steht, zweitens sahen wir, wie die Organisation des Blattes, namentlich das Auftreten eines Mittel- nerven mit der Blattgröße in Beziehung steht. b) Was die Nervatur der Dikotylenblätter anbelangt, so zeigen schon die oben angeführten Beispiele, daß es eine spezifisch dikotyle Nervatur nicht giebt, vielmehr auch hier die Verteilung der Leitbündel im Blatte sich nach den Wachstumsverhältnissen richtet. Sie ist bei den Blättern von Acer platanoides (Fig. 340) der bandförmige (palmate) Verlauf der Blattnerven darauf zurückzuführen, daß das Blatt in „basipetaler'' Richtung sich ent- wickelt, wobei die einzelnen Blattlappen nicht auseinander geschoben werden, vielmehr das Blatt in allen seinen Teilen ziemlich gleichmäßig sich ausdehnt. Der Mittelnerv entsteht zuerst, dann die Nerven für die beiden oberen Blattlappen u. s. w., schließlich strahlen die Hauptnerven scheinbar von einem Punkte aus (betrefts der Einzelheiten vgl. Deinega a. a. 0.). Damit sei die Entwicklung eines ungegliederten Blattes, desjenigen von Caltha palustris verglichen. Die Hauptnerven strahlen auch hier von der Basis der Blattlamina aus (Fig. 350), am Blattrand befinden sich nur unbedeutende Einkerbungen. Diese entstehen verhältnismäßig viel später als die Lappen der Acer- blätter. Der Nervenverlauf hängt Fig. 350. Cidtha palustri.s Blatt (V, natür- liche Größe). Fig. 351. Jiissiaea salicifolia, liuks Kronen-, rechts Kelchblatt, 1 '■/, mal vergrößert. damit zusammen, daß die Lamina, welche sich von dem dicken Blattstiel schon frühzeitig abhebt, sich ohne Bevorzugung einer bestimmten Wachs- ') Lehrreich ist das Verhalten von Canna indica. Die großen Laublilätter haben einen „Mittelnerv", die reduzierten, kleinen Spreiten der unteren Hochblätter (die oberen haben keine Spreite mehr) zeigen normal monokotyle Nervatur, wie sie bei den Laubblättern nur an der Spitze sich findet. Übrigens ist die Ausbildung der Spreite bei den genannten Hoch- blättern eine sehr schwankeude, man findet solche, die etwa der Fig. 348 B für Fnnkia ent- sprechen, andere, die ganz entwickelte Cannablattspreiten haben. Einzeldar-stelliim; der Voi;etationsor£ranc. 537 tiimsrichtuiig gleichmäßi,G; in der Fläche entwickelt, wobei sie sich von den Seiten her einrollt. In Fig. o72 ist das Blatt noch ganz embryonal, nnr anf der Stelle, die der Basis der liamina entspricht, fallen Intercellnlarräunic auf. Seine Gestalt aber hat es im wesentlichen schon ganz erreicht. Die Nerven treten verhältnismäßig spät auf und strahlen, dem annähernd gleichmäßigen Flächenwachstum ^) entsprechend von der Blattbasis aus. Hätte aus der- selben Blattanlage ein ungeteiltes Blatt mit „fiedriger" Nervatur entstehen sollen, so wüi-de sich die Blattanlage zunächst in die Länge gestreckt haben. Die mittlere Partie wäre stark hervorgetreten, die BlattÜäche als seitlicher Auswuchs derselben erschienen, demgemäß hätte sich ein Mittelnerv ausge- bildet, von dem die Seitennerven ausgehen. Selbstverständlich giebt es auch hier zwischen den Wachstumsformen und demgemäß der Nervenverteilung alle Übergänge. Bei dem mit Caltha der Haui)tsache nach ^ A übereinstimmenden Blatte " '^ ■ von Asaruni europaeum z. B. ist die Streckung eine ungleichmäßige, mehr basi- petal vor sich gehende, und der mittlere Nerv tritt stär- ker hervor. Lehrreich sind auch die Verhältnisse bei den Blattgebilden der Blüte. Fig. 351 zeigt von Jussiaea- salicifolia links ein Blu- menblatt, rechts ein Kelch- blatt. Letzteres zeigt mono- kotyle Nervatur. Es wurde von vornherein mit breiter Basis angelegt und sti-eckte sich dann unter gleich- mäßigem Flächenwachstum in die Länge. Das Blumen- blatt entstand als viel schma- lerer Höcker, der sich dann in der durch den Verlauf der Nerven angedeuteten Richtung verbreiterte. Als Beisjjiel für ein ge- fiedertes Blatt sei Fraxinus genannt (Fig. 352), die Fie- dern werden in „akropetaler'' Reihenfolge angelegt, es tritt in die mit breiter Basis aufsitzende Blatt- anlage eine größere Anzahl von Leitbündeln ein (Fig. 352 C), die dem Wachstum der Fiedern entsprechend strahlig auseinander biegen. Später Fig. 352. Fraximis excelsior (nach Deinega). A Sproß- spitze von außen : an den beiden rechts und links stehenden I.lättern sind die Anlagen der Fiederblätter aufgetreten, ß Querschnitt durch eine Knospe. C Jvmges Blatt mit seinen Leitbündeln. X> (schematisch) Leit- bündelverlauf im auss;ewaehsenen Blatte. ') Der Rand bleibt länger „meristisch" und bringt dann die Eandzähne hervor und die Spitze des Blattes scheint iu der Streckung u. s. w. der Basis etwas vorauszueilen, indes soll auf diese Verhältnisse nicht eingegangen werden. Erwähnt sei, daß der Mitteluerv etwas stärker als die anderen entwickelt ist und auch der Anlage nach ihnen etwas vorauseilt. Eine , .monokotyle" Nervatur tritt hier nicht ein Megen den frühzeitig eintretenden Anlegung eines massigen cylindrischen Blattstiels (vgl. Fig. 372 liuksj. 538 Siieeielle Orgauographie. rücken die Fiedern anseinander, es bildet sich zwischen jedem Fiederpaar ein Teil des Oberblattes zur stielartigen Blattspindel (Rhachis) aus und die ursprüngliche Anordnung der Bündel wird verwischt. Der Blattstiel erfährt auch hier ein Dickenwachstum und zeigt die Leitbündel annähernd in einen Kreis angeordnet. Auch bei Dikotylen giebt es aber Fälle, wo der Blattstiel von der Spreite nur durch seine Schmalheit verschieden ist, er entsteht dann verhältnismäßig spät und zeigt die Gefäßbündel in einfacher Reihe ange- ordnet, so z. B. bei Plantago media, dessen Blattspreite die Hauptnerven ganz nach dem „monokot3'len" Typus angeordnet zeigt. § 5. Beziehungen zwischen Blattgestaltung und Lebensverhältnissen, Heterophyllie. Auf die Beziehungen zwischen Blattgestaltung und Lel)ensverhältnisseu wurde oben schon mehrfach hingewiesen. Eine eingehendere Behandlung dieses Themas ist ohne eingehende Besprechung der anatomischen Verliält- nisse — welche hier außer Betracht bleiben müssen — kaum möglich. Auch kennen wir in vielen Fällen die Bedeutung der Blattgestaltung noch nicht, und ich glaube auch nicht, daß die Blattgestalt überall als eine direkte An- passung aufzufassen ist. Zwar ist bei xerophilen Pflanzen die so oft zu beobachtende Reduktion der Blattfläche, das Auftreten von Rollblättern in den verschiedensten Familien deutlich genug in Beziehung zu den äußeren A'erhältnissen und die bei untergetaucht lebenden Wasserpflanzen verschiedener Verwandtschaftskreise sich findende Zerteilung der Blattfläche (sei es durch ^'erzweigung, wie in den meisten Fällen. sei es durch Löcherbildung wie bei Ouvi- randra^)), hat offenbar eine ähnliche Bedeutung wie die beträchtliche 01)erflächenentwicklungder Kiemen vieler Wassertiere; die langausgezogene Spitze der Blätter mancher in regenreichen Gegenden lebender Pflanzen dient als ,,Träufel- spitze" (Jungner, Stahl), die eine raschere Trockenlegung der Blattfläche gestattet, aber andererseits sehen wir vielfach durch „Variation" Blattformen auftreten, die mit den Lebensver- hältnissen nur in sehr indirekter Beziehung stehen 2) (vergl. p. 159) und jedenfalls nicht als direkte Anpassungen aufgefaßt werden kön- nen. So bei den schlitzblätterigen „Varie- täten" von Buchen und anderen Pflanzen, bei den merkwürdigen Blattformen, die bei Farnen als Abweichung von der Regel auftreten (Gabel- ungen und andere „Monstrositäten" [Fig. 353]). Unter diesen Umständen dürfte es zweckmäßiger sein, wenn zunächst einige wenige Beispiele heraus- gegriffen werden, die sich auf Pflanzen beziehen, bei denen die Ge- staltung der Laubblätter in verschiedenen Entwickhingsperioden eine auffallend verschiedene ist. Fig. 353. Polypodium vulgare: Blatt das teilweise zu reicheren als der gewöhnlichen Teilung (Fiederung) übei'gegangen ist. ^) Vergl. S. II, p. 320. ^) Ich habe früher (S. II) die Podostemeen als Beispiel dafür angcfülirt, daß unter gleichen äußeren Bedingungen die Gestaltnngsverhältnisse trotzdem sehr mannigfaltige sein können ; vergl. auch die Einleitung zu S. I und „Über Studium und Auffassung der Anpassungserscheinungen bei Pflanzen" (Akademie-Rede), München 1898. Einzeldarstclluug der Yegctatioiif^fH'gane. 539 1) Ptericlopliy teil. Wo die Blattgestaltuiig eine so einfache ist wie bei den Lycopodinen und Eqnisetinen M, wird von vornherein eine Arbeitsteilung zwischen den Blättern nicht oder nur in unerheljlicliem Maße zu erwarten sein. Betreffs Lycopodium sei auf die Unterschiede in der Blattgestaltung bei dorsiventralen Sprossen, die früher (p. 88, 217) erläutert wurden, hingewiesen, Einzelfälle, wie die Hakenbildung an den Blättern der Hauptsprosse von Lycopodium volubile, mögen bei Be- sprechung des Blattes als Kletterorgan erwähnt werden. Durch eine ungemein reiche Blattgestaltung zeichnen sich bekanntlich die Farne aus. Die reiche Zerteilung der Blattspreite macht sie widerstandsfähiger gegen die Einwirkung von Wind und Regen, der bei unzerteilter Blatt- spreite durch stärkeren Bau begegnet werden muß. Lehrreich ist z. B. das Verhalten der Hymenophylleen. Eine der wenigen Formen mit größeren, ungeteilten Blättern ist das mit nierenförmigen Blättern versehene Trichomanes reniforme, welches an der regenreichen Westküste Neuseelands die Baumstämme überzieht-). Hier ist die Blattspreite mehrschichtig, bei den anderen Hymenophylleen fast ausnahmslos ein- schichtig. Zu einem ähnlichen Resultat dürfte die Yergleichung des Baues des Blattes von Adiantum reniforme mit den Adiantum -Arten führen , die sich durch reich geteilte Blätter mit zarten Teilblättchen auszeichnen. Schon diese Beispiele zeigen, daß die äußere Gestalt und der anatomische Bau auf das innigste zusammenhängen. Die anatomische Ausbildung kann hier aber nur kurz berührt werden. Die meisten Farnblätter zeigen wesentlich denselben Bau wie die Blätter anderer Landpflanzen, d. h. sie besitzen eine (oft nicht sehr von dem darunter liegenden Gewebe verschiedene) Epidermis mit Spaltötinungen und ein von Leitbündeln und Intercellularräumen durchzogenes Mesophyll und sie sind diesem Bau entsprechend nicht imstande, Wasser in beträcht- licher Menge von außen aufzunehmen. Bei einer Anzahl von Farnen aber, die an feuchten, schattigen Standorten leben, ist die Blattstruktur in ähn- licher Weise vereinfacht wie bei den Blättern mancher Wasserpflanzen : sie haben keine Spaltöffnungen und (im physiologisch-anatomischen Sinne) keine Epidermis; die Intercellularräurae sind verschwunden, die Blatt- fläche (von den Nerven abgesehen) wird bei manchen einschichtig und die Gewebegliederung sinkt so auf eine Stufe herunter, welche der der Laubmoose gleicht. Für uns ist von Interesse, daß dieser Vorgang in verschiedenen Farngruppen unabhängig vor sich gegangen ist. Einige Beispiele mögen dies erläutern. Asplenium obtusifolium L. ^ i wächst an schattigen, sehr feuchten Stand- orten. Die Blätter können Wasser direkt von außen aufnehmen, sie haben keine Spaltöffnungen und keine Intercellularräume. Daß hier den ver- wandten Arten gegenüber eine Rückbildung vorliegt, kann um so weniger bezweifelt werden, als es sehr nahe verwandte, zu derselben „Species" ^) Bei diesen koranien die Blätter wesentlich niu- als Schutz- (bei den unterirdischen Sprossen auch als Bohr-) Organ für die Sproßsi^itzeu in Betracht. Daß die seheideuförmig „verwachsenen" Blätter an den fertilen Sprossen viel stärker entwickelt sind als an den sterilen, hängt, wie ich früher (Ber. der D. bot. Gesellsch., Bd. IV, p. 184) hervorhob, damit zusammen, daß die jungen Blüten (SporoiAvllstände) viel massiger sind als die vegetativen Knospen. ^) Ich fand die Blätter nach regenlosen Tagen ganz zusammengerollt, wenn die Trocken- heit nicht zu lange dauert, breiten sie sich bei Befeuchtung wieder aus und leben weiter. ^) Yergl. GiESEXHAGEX, Über hygrophile Farne, 76. Bd., 1892, p. 157. 540 Specielle Organographie. gezogene Formen giebt , die noch Spaltöffnungen und Intercellularräume haben. Unter den Osmundaceen sind schon seit lange einige Arten der Gattung Todea (T. pellucida, superba und Verwandte, welche die teilweise als be- sondere Gattung betrachtete Sektion Leptopteris bilden) durch ihre dünnen, durchscheinenden Blätter bekannt, sie leben gleichfalls an schattigen feuchten Standorten, T. superba ist aber, wie ich mich in Neuseeland überzeugte, gegen nicht zu lange dauernde Trockenheit weniger emptindlich, als man annehmen sollte. Unter den Acrosticheen sind durch Karsten ^) merkwürdige Beispiele analoger Anpassung bekannt geworden. So bei Teratophyllum aculeatum var. inermis Mett. Dieser auf Baumstämmen kletternde Farn besitzt zweierlei Blätter: solche, die dem Baumstamme anliegen und solche, die von ihm abstehen. Letztere sind die eigentlichen Assimilationsorgane vom gewöhn- lichen Baue der Farnblätter, erstere haben einen abweichenden anatomischen Bau, der durch ihre an Hj'menophylleenblätter erinnernde durchscheinende Färbung sich geltend macht (es sind aber auf der Unterseite noch Spalt- öffnungen vorhanden) ; sie sind offenbar benetzbar, dienen zum Festhalten von Wasser und nehmen wahrscheinlich auch selbst Wasser auf, die Beobachtung der Blattgestaltung bei Keimpflanzen wäre hier besonders interessant. Ebendahin gehören meiner Ansicht nach die merkwürdigen Bildungen auf den Blattstielen von Hemitelia capensis, die man teilweise sogar für Hymenophyllen gehalten -) und mit dem sinnlosen Namen Adventivfiedern bezeichnet hat: Meiner Ansicht nach, welche auf dem Aussehen und dem anatomischen Bau der Fiedern begründet ist (lebendes Material lag mir leider nicht vor), handelt es sich um eine Ausbildung der basalen Blatt- fiedern zur Wasseraufnahme. Die Pflanze wächst in feuchten Schluchten in der Nähe von W^asserfällen etc. Dieser Standort hat wie bei den Hymenophyllen, bei dem Lebermoos Dumortiera (p. 298) eine Veränderung zur Folge gehabt, welche hier sich aber nur auf einen Teil des Blattes erstreckt. Die basalen Fiedern sind fein zerteilt, die Spreite ist viel weniger entwickelt als bei den „normalen" Blattfiedern, meist nur einseitig am Nerven. Sie ist dünn, wahrscheinlich benetzbar und gleicht in ihrer Struktur der der oben erwähnten Teratophyllumblätter insofern, als zwar auch hier auf einer Seite des Blattes noch Spaltöffnungen vorhanden, die Intercellularräume aber sehr klein sind. Bei den Hj-menophylleen ist die oben angeführte Anpassung eine ganz allgemeine geworden, wir kennen keine Hymenophyllee , die mit Spaltöffnungen versehen wäre. Bei einer Anzahl von -Hymenophylleen (z. B. Trich. brachypus, deren Blätter den Baumrinden anliegend den Eindruck eines riesigen , reich verzweigten thallosen Lebermooses machen), Tr. Hildebrandti u. a., sind die Blätter mit Haarwurzeln (..Rhizoi'den") am Substrate befestigt, also offenbar haupt- sächlich auf das an der Baumrinde herunterrieselnde Wasser angewiesen. ) G. Karstex, Morpliologisehe uud biologische' Untersuchungen über einige Epiphvten- formen der ^lolukken. Ann. du jard. bot. de Buitenzorg, Vol. XII, p. 117. — Auf die systematische Zugehörigkeit dieses Farn (seine mir sehr zMeifelhafte Vereinigung mit Acrostichum [Lomariopsis] sorbifolium, die Christ (Die Farnkräuter der Erde, p. 39) vor- genommen hat) ist hier nicht näher einzugehen. Betonen möchte ich nur, daß der von Christ für die wasseraufnehmenden Blätter gebrauchte Ausdruck ,, Adventivblätter" unmöglich ist, da es Adventivblätter nicht giebt. ) Im Münchener Ilerbar lagen Fiedern unter dem Namen Trichomanos incisum Th., ein anderes Exemplar war als „palearum Hemiteliae ripariae E. Br. metamorph osis" bezeichnet, was natürlich ebenso irrig ist. Einzeldarstellung: der Yegotationsorir.inc. 541 Fig. 354. Salviuia aurioiilata. Blatt links schief von oben gesehen, rechts von der Einfügungsstellc aus. 3mal versr. Betreffs anderer Einrichtungen zum Eesthalten von Wasser (ganz analog denen für einige thallose Lebermoose früher beschriebenen) sei auf Giesen- haCtEn's Darstellung verwiesen. Dem Wasserleben angepaßte Blätter besitzt auch Salvinia. Wie in jedem Lehrbuche erörtert wird, hat diese Gattung zweierlei Blätter: Schwimmblätter und Wasserblätter, erstere einfach, letztere scheinbar i) büschelförmig verzweigt, in das Wasser hinunterhängend und spaltüftnungslos. Be- treifs der ersteren sei eine eigentümlich abweichende Ausbildungsform erwähnt. Während die Schwimm- blätter von S. natans im entfalteten Zustand flach sind, haben die von Sal- vinia auriculata eine eigen- tümlich kahnförmige Ge- stalt (Fig. 354). Diese Einfaltung nach oben wird die Pflanze einmal vor zu starker Beleuchtung schützen, namentlich aber bietet sie der Blattfläche auch Schutz gegen Benetzung. Sie trägt nämlich sehr zahlreiche gestielte, oben büschelförmig verzweigte Haare, welche keinen Wassertropfen auf die Blattfläche gelangen lassen, und selbst wenn das Blatt untergetaucht wird, Luft zwischen sich |so festhalten, daß eine Berührung der Blatt- spreite mit Wasser nicht eintreten kann. Andere Schwimmblätter sind durch die Beschaffenheit ihrer (nicht mit Haaren versehenen] Oberfläche unbenetzbar. Bei Azolla handelt es sich zwar nicht um eine verschiedenartige Ausbildung von Blättern, die an einer Sproßachse stehen, aber was bio- logisch auf dasselbe hinauskommt, um die verschiedene Ausbildung von Teilen eines und desselben Blattes. Die merkwürdige Blattbildung dieser schwimmenden Hydropteridee sind, soweit mir bekannt ist, bis jetzt nur rein „morphologisch" beschrieben ^1, nicht aber auf ihre biologische Be- deutung geprüft worden. Jedes Blatt besteht aus zwei Lappen : einem oberen und einem unteren, die sich nach Bau und Funktion sehr verschieden verhalten. Der nach oben gerichtete Blattlappen dient als Assimilations- organ. Seine morphologische Unterseite ist nach oben gerichtet und hat eine dementsprechende Gewebeausbildung. Hier finden sich palissadenähn- lich gestreckte Zellen und zahlreiche Papillen, Avelche jedenfalls mit zur Unbenetzbarkeit dieser Blattseite beitragen. Auf der (nach unten liegenden) morphologischen Oberseite der Oberlappen finden sich die eigentümlichen, von einer Nostocacee bewohnten schleimabsondernden ^) Höhlen, die gewöhn- lich allein vom Azollablatte besprochen werden. Ganz anders ist der Unterlappen gebaut: er besteht großentheils nur aus einer Zellschicht, nur eine mittlere (aber etwas nach oben hin gelegene, ^) Vergl. über die Entwicklungsgeschichte Glück, Flora, 80. Bd., j). 368. -) Vergl. vor allem Strasbuegee, Über Azolla. .Tena, 1873. *) Daß es sich um schleimal)soudernde Organe handelt, habe ich vor Jahren hervoi-gc- hobcn ; die Bedeutung der Symbiose mit Anabaena ^yird sich erst erkennen lassen, wenn die Stoffwechselerscheinungen bei den Cyauophycccn genauer bekannt sind. 542 Specielle Organographie. Partie ist mehrschichtig. Hier findet sich auch etwas chlorophyllhaltiges Gewebe und (auf der Oberseite i Spaltöffnungen, es ist zugleich die Stelle, welche, wie der Querschnitt zeigt, von den Oberlappen am wenigsten ge- deckt ist, also noch am meisten Licht erhält. Es fragt sich nun, was diese sonderbare Blattbildung zu bedeuten hat. Zunächst ist klar, daß die jugendlichen Teile durch diese Einfaltung, Lappenbildung und Deck- ung vortrefflich geschützt sind. Sodann zeigte der Versuch, daß der untere Blattlapj)en auf seiner Außenseite benetzbar ist und Wasser aufnimmt ^ i. Läßt man wurzellose Stücke auf einer schwa- chen Methyllenblaulösung schwimmen, so zeigt sich bald der Zellinhalt teil- weise blau gefärbt. Die Wasseraufnahme erfolgt hier also nicht allein durch die W^urzeln, sondern auch durch die Blattunterlappen, die somit eine doppelte Funktion (neben der mir wenig ins Gesicht fallenden Assimilations- thätigkeit) haben: Schutz der Knospe und Wasseraufnahme. Der chloro- phyllreiche Oberlappen ist, wie erwähnt, vor allem Assimilationsorgan. Da- durch, daß er nirgends mit dem A\'asser in Berührung tritt, ist es ihm möglich, auf beiden Seiten Spaltöffnungen auszubilden, während sonst Schwimmblätter nur auf der Oberseite solche zu haben pfiegen, seine schief aufgerichtete Stellung wird ihn (ähnlich, wie dies bei Salvinia auriculata der Fall ist), gegen allzu starke Insolation schützen. Aus dem Gesagten ergiebt sich ferner, daß die Azollablätter durch ihre eigentümliche Gestalt und Lage viele lufthaltige Räume zwischen ihren Lappen führen, die nicht nur für den Gasaustausch, sondern auch für die Schwimmfähig- keit der Pflanzen in Betracht kommen. Azolla ist also lehrreich dadurch, daß sie zeigt, wie die Blattausbildung durch die Lage beeinflußt wird (Palissadenparenchym auf der Blattunterseite, verschiedene Ausbildung von Oberlappen und Unterlappen) und wie die Blattgestaltung lAit der Lebens- weise in Verbindung steht. Eine sehr merkwürdige Heterophyllie findet sich auch bei manchen epiphytischen Farnen ^), bei denen man sie früher mit der Verschiedenheit in der Gestaltung steriler und fertiler Blätter verwechselte, wie sie bei Fite. 355. Azolla liliouloides. I lIabitu:^bild eines Sprosses von oben (vergr.). II Querschnitt durch eine Knospe, drei Blattpaare gezeichnet o,, », u. s. w. Ober- iind Uuterlappen der betreffenden Blätter. An den zwei obersten Blättern ist die Lage des Palissadenparenchyms durch Schraffierung angedeutet; in / sieht man (punktiert) die von Anabaena bewohnten Blatthöhluugen durch- schimmern. ') Dies ist, wie experimentelle, mit meinem früheren Assistenten Herrn Dr. Kamer- LIXG vor einigen Jahren ausgeführte Untersuchungen zeigten, auch bei einer Landpflauze, Pinguicula, der Fall, worüber ev. an anderem Orte berichtet werden soll. ^) Yergl. GOEBEL, Epiphytische Farne tmd Museineen in Ann. du jard. bot. de Buiteu- zorg, Vol. VII tind Pflanzenbiol. Schilderungen I sowie die daselbst gegebenen Abbil- duua'cn. Eiiizeldarstelliiutr der Yegctatiousorgane. 543 manchen Farnen auftritt. Bei Polypodium quercifolium, propinquum und anderen Arten aus der Sektion Drj'naria linden sich einerseits gestielte, geüederte Laubblätter, die als Assimilationsorgane dienen und auch die öporangien hervorbringen, andererseits ungestielte, mit breiter, herzförmiger Basis aufsitzende „Nischenblätter", die ihr Chlorophyll bald verlieren und mit derber Berippung versehen, zum Sammeln von Humus dienen, welchen der Farn nun als „Boden" benützt. Beide Blattformen werden in regel- mäßiger Abwechslung (nicht durcheinander gebildet) wenigstens bei den kultivierten Exemplaren, die ich mehrere Jahre beobachtete. Sowohl die a. a. 0. beschriebene Blattbildung der Keimpflanzen, als der Vergleicli mit verwandten Formen (z. B. P. Heracleum) machen es wahrscheinlich, daß auch die mit Nischenblättern versehenen Polypodium-Arten hervorgingen aus solchen, welche zuerst gestielte Blätter, die alle nur Assimilationsorgane waren, besassen, daß dann eine Verkürzung des Stieles und eine Verbreite- rung der Basis der Lamina eintrat, so daß sie also einerlei Blätter — Laub- blätter mit breiter Basis (zugleich der Assimilation und dem Humussammeln dienend) — erhielten, zwischen denen nun eine Arbeitsteilung eintrat, indem die einen die Funktion der Assimilation so gut wie ganz verloren, die anderen nur als Assimilationsorgane sich ausbildeten. Ähnliche Verschieden- heiten, welche ich a. a. 0. näher geschildert habe, finden sich bei der Gattung Platycerium. Auch dieser Farn hat zweierlei Blätter: die einen sind ganz dem Substi^at angeschmiegt („Mantelblätter") oder mit ihrem hinteren Teile aufgerichtet und zugleich als Nischenblätter thätig, die anderen sind gewöhnliche Laubblätter. Die Mantelblätter bilden dicht über einander gelagert und rasch absterbend Humus, der von den Wurzeln durchzogen wird. Die aufgerichteten Teile sammeln Humus, ähnlich wie die Nischenblätter der erwähnten Polypodium-Arten. Die Beziehungen zwischen Größe und Organisation tritt bei diesen Farnen deutlich hervor, nur durch die Aus- bildung dieser besonderen Anpassungen sind sie imstande, die oft riesige Größe zu erreichen, welche Arten wie PI. grande und biforme zu den bi- zarrsten Gestalten des Pflanzenreiches machen. Obwohl die Bildung von Niederblättern in einem besonderen Abschnitt behandelt werden wird, seien sie für die Pteridophyten doch hier schon er- wähnt. Niederblätter sind nur bei verhältnismäßig wenigen Farnen bekannt, nämlich bei Onoclea Struthiopteris und einigen Osmunda-Arten (0. regalis, cinamomea) sowie die als Speicherorgan dienenden Niederblätter der zwiebei- förmigen, blattbärtigen „Adventivsprosse" von Cystopteris bulbifera i). Sie entstehen dadurch, daß die Blattspreite auf einem verhältnismäßig späten (mit bloßem Auge deutlich sichtbaren) Entwicklungsstadium verkümmert, während der Blattgrund dem Knospenschutze dient. Bei 0. Struthiopteris finden sich übrigens auch Übergänge von den Laubblättern zu den Nieder- blättern : solche mit reducirtem Spreitenteil. Bezeichnend für die früher herrschend gewesene und noch jetzt stark nachwirkende idealistische Mor- phologie ist eine Äußerung von Stenzel 2) über die Niederblätter von 0. Struthiopteris: „Ihre Spitze trug eine, wenn auch noch so verkümmerte ein- gerollte Blattfläche ... so daß ich ... sie nicht als Niederblätter ansehen kann" . . . ; bezeichnend ist diese Äußerung deshalb, weil sie zeigt, wie die schon ') Auch liei den ersten üliitteni der au den fleischigen „Xcbenblättclien-^ von Jlarat- tiaeeen entstandenen Adventivsprosse verkünmiert die Spreite gewöhiüieh. ■-) I'ntersuchungen über Bau und Wadistum der Farne III (Xova acta Aead. Leo]i. Carol. lS60i. P)A.j^ Specielle Organographie. auf p. 4 hervorgehobenen genetischen Beziehungen der Laubblätter za den Niederblättern von der idealistischen Morphologie verkannt wurden. Ganz charakteristische Niederblätter finden sich bei den Land-Isoeten, deren Stamm in der Euhezeit von einem Panzer harter, dunkelgefärbter Schuppen bedeckt ist. Diese sind die Basalteile von Blättern, deren verkümmerte Lamina nur noch als kleine Spitze sichtbar ist. 2) Samenpflanzen. Wir lassen die besonders zu besprechenden Kotyledonen, Hochblätter und Niederblätter außer Betracht, obwohl wir sehen werden, daß ZNvischen diesen und den Laubblättern keine scharfe Grenze zu ziehen ist, und ebenso die früher behandelten Priniärblätter und führen hier nur einige wenige Beispiele an, die zeigen sollen, inwie- weit das Auftreten verschiedener Laubblattformen an einer und derselben Pflanze biologisch verständlich ist. a) Landpflanzen. 1) Campanula rotundifolia und andere Campanulaceen. Von der ge- nannten Art wurde früher (p. 208) angeführt, daß sie zweierlei, durch Über- gangsformen miteinander verbundene Blattformen besitzt: im basalen Teil der Pflanze finden sich gestielte, mit rundlich-nierenförmiger Spreite ver- sehene Blätter, die Rundblätter, weiter oben die mit viel längerer, schmaler Blattspreite versehenen ungestielten (oder kurz gestielten) Langblätter. Der Mangel des Stieles ist insofern leicht verständlich, als diese Blätter an einer gestreckten Sproßachse stehen, die sie über die benachbarten Teile hinaus- hebt. Die Verschmälerung der Blattspreite macht sie in ihrer mehr expo- nierten Lage gegen mechanische Schädigungen widerstandsfähiger. Es wurde a. a. 0. gezeigt, daß die Rundblätter auf geringere Lichtintensität „gestimmt" sind als die Langblätter, und dies macht auch verständlich, warum solche Campanula-Arten, die an sonst schattigen Standorten wachsen (im Gebüsch, an Waldrändern etc.) im oberen Sproßteil keine Langblätter haben, sondern solche, die sich von den unteren nur durch Stiellosigkeit und geringere Größe unterscheiden. So Camp, latifolia, C. Trachelium u. a. An solchen Standorten sind die Blätter ja auch gegen AVind und Regen mehr ge- schützt als die an freieren Standorten wachsenden. Andererseits finden wir die an sonnigen Felsen wachsenden Edrajanthus-Arten (z. B. E. Pumilio) nur (auch im basalen Teil der Pflanze ) mit Blättern versehen, welche der Langblattform von C. rotundifolia entsprechen. 2) Scabiosa Columbaria und Verwandte. Eine ähnliche Beziehung scheint mir bei manchen Dipsaceen zu herrschen. Scab. Columbaria zeigt eine auf- fallende Verschiedenheit der unteren und der oberen Blätter (Fig. 356). Die unteren sind gestielt und mit eiufacher, am Rande gekerbter Blattspreite ver- sehen. Nach oben hin verschwindet der Stiel, das Blatt wird zunächst an seiner Basis, dann auch nach oben hin fiederschnittig, und bei den oberen Blättern entwickeln sich auch an den einzelnen Fiedern Auszweigungen. Die Pflanze wächst an sonnigen Standorten, die basalen Blätter werden als „Kampfblätter" gegen die Umgebung (die sie durch Lichtentziehung unterdrücken, etwa die dem Boden angedrückten Blätter von Plantago media) zweckmäßiger sein als geteilte, die ihrerseits gegen Wind und E.egen i) durch die Zerteilung besser geschützt sind. Aber abgesehen von diesen teleologischen Erwägungen scheint es, daß die ungeteilten Blätter auf ge- ringere Lichtintensität „gestimmt" sind (wie die Rundblätter von C. rotundi- foKa) als die geteilten. Wenigstens finde ich, daß die Pflanze an schattigeren ^) Vgl. Stahl, :i. a. O. Einzeldarstollung der V('gctationsoi-o;ane. 545 Fig. 56. Scabiosa Columbaria. Blätter aus verschiedenen Regionen der Sproßaehse. ^/j nat. Größe. Standorten mehr nngeteilte Blätter hervorbringt als an sonnigen, und bei Ivnautia silvatica, die an schattigeren Standorten wächst, sind an meinem Wohnort alle Blätter ungeteilt. Von Knautia arvensis, deren obere Blätter fiederspaltig sind, giebt es eine „Varietät" integrifolia, deren Blätter nicht fiederspaltig sind — ich möchte vermuten, daß es sicli um eine an schat- tigeren Plätzen vorkommende Standortsform handelt. Freilich sind für diese Fragen erst Ivulturversuche erforderlich. Daß aber bei Pflanzen, die zuerst ungeteilte , später mehr oder minder geteilte Blätter hervorbringen, die Ausbildung der letzteren durch äußere Verhältnisse verhindert werden kann, scheint auch aus dem Ver- halten mancher arktischer Pflanzen hervorzugehen, von denen Paxsch i) angiebt „einige Pflanzen, welche in der gemäßigten Zone meist tief geteilte oder einge- schnittene Blätter besitzen, wie Saxifraga caespitosa Jj. und Taraxacum, bringen im hohen Norden meistens ganz einfache Blattformen hervor". Nur geht aus solchen Angaben nicht hervor, inwieweit es sich um eine direkte Einwirkung äußerer Faktoren handelt. Daß bei Taraxacum die Gliederung des Blattes eine reichere wird bei gut ernährten Exemplaren, kann man übrigens durch Vergleich der Hungerformen unserer Moorwiesen (T. palustre DC) mit üppig ernährten Exemplaren leicht feststellen, und ebenso ist bekannt, daß bei Symphori- carpus racemosus an üppigen Schossen (Wassertrieben) gegliederte Blätter auftreten, während sie sonst ungegliedert sind, ein direkter Zusammen- hang der Gliederung des Blattes mit den äußeren Lebensverhältnissen ist nicht ersichtlich. b) Wasser- und Sumpfpflanzen. Eine Verschiedenheit in der Blatt- bildung finden wir hier namentlich bei solchen Pflanzen, bei denen die Vegetationsorgane teils unter, teils über dem Wasserspiegel sich befinden. Wir sehen hier ab von den Unterschieden im anatomischen Bau und betrachten lediglich die Verschiedenheit der Form 2). Es sind namentlich zwei Gruppen von Erscheinungen, die hier zu nennen sind. Bei monokotylen Wasser- und Sumpfpflanzen finden wir die untergetauchten Blätter wesentlich einfacher gestaltet als die über den Wasserspiegel tretenden. Erstere haben vielfach die „Bandform", letztere eine Gliederung in Spreite, Stiel und Scheide. Daß die letztere Gestalt für Blätter, die über den Wasserspiegel emporge- hoben werden oder auf ihm schwimmen sollen, die geeignetere ist, bedarf keiner Begründung, ebenso ist klar, daß die im Wasser untergetaucht lebenden Blätter der Gliederung in Stiel und Spreite nicht bedürfen. Im übrigen sei auf das p. 142 Gesagte und (auch betrefi^s der Gestaltung der Schwimmblätter) auf die Ausführungen in S. II verwiesen. ^) Paxsch, Klima und Pflanzenlebeu Ostgrönlands, zweite deutsche Nor(l])olarfaliit, Botanik, p. 18. Vgl. übiigens auch das p. 223 über Xanismus Gesagte. ^) Ausfübrlieli erörtert in S. II. Goebel, Organographie der Pflanzen. ^^ Q^Q Specielle Orgaiiographie. Eine zweite Art von Heteropliyllie findet sich (in ähnlicher Weise wie bei der oben erwähnten Gattung Salvinia) bei einer Anzahl Dikotylen, welche über den Wasserspiegel tretende und untei'getaucht bleibende Blätter besitzen. Erstere finden wir dann entweder ganzrandig (Schwimmblätter von Cabomba) oder doch mit einer nur am Rande gegliederten, sonst aber in der gewöhnlichen Weise entwickelten Blattfiäche (Ranunculus aquatilis, Bidens Beckii, Limnophila heterophylla, bei beiden zuletztgenannten Pflanzen sind keine Schwimm blätter vorhanden). Die untergetauchten Blätter da- gegen sind in zahlreiche Zipfel zerteilt, so daß sie mit verhältnismäßig sehr großer Oberfläche das Wasser, aus welchem sie Stofife aufzunehmen haben, berühren. Der biologische Nutzen der Blattverschiedenheit ist also klar. Dagegen liegt, wie früher (p. 224) hervorgehoben wurde,' nur in sehr wenigen Fällen ein direkt nachweisbarer Einfluß des Wasserlebens auf die Blattform vor. Einen solchen hatte ich zu finden erwartet bei der oben (p. 528) erwähnten Sumpfpflanze Limnophila heterophylla; schon deshalb, weil man hier leicht alle Übergänge von den zerschlitzten, scheinbar wirtel- ständigen Wasserblättern zu den ungeteilten Blättern, die an dem über den Wasserspiegel tretenden Sproßteil stehen, beobachten kann. Die Be- obachtungen, welche ich seither an lebenden Pflanzen ^j zu machen Gelegenheit hatte, zeigen indes, daß eine direkte Beeinflussung der Blattgestalt nicht vorliegt. Die Keimpflanzen bringen zerteilte Blätter hervor, mögen sie im Wasser oder auf dem Lande keimen, wenn sie auch im W^asser gestreckter sind und einen anderen anatomischen Bau aufweisen und Stecklinge, welche von dem oberen Teil der Pflanze (dem nur mit ungegliederten Blättern ver- sehenen) gemacht wurden, gaben, als L a n d p f 1 a n z e n kultiviert, nicht nur Seitensprosse mit zerteilten Blättern, sondern wuchsen teilweise auch an der Spitze in dieser Gestalt w^eiter. Ähnlich liegen die Verhältnisse bei Cabomba, wo die Wasserblätter zerteilt sind, die einfachen schildförmigen Schwimm- blätter aber nur zur Blütezeit erscheinen ; so nahe die Annahme liegt, daß die Gestalt der Wasserblätter durch eine direkte Anpassung entstand, so wenig läßt sich doch verkennen, daß dies jetzt nicht mehr nachweisbar ist. Bei einer dem Wasserleben wenig angepaßten Ranunculus-Art, R. mul- tifidus vermochte ich dagegen früher (S. II, p. 313) nachzuweisen, daß beim Wachsen im Wasser eine reichere Auszweigung der Blattspreite eintritt (Fig. 128 und p. 225) und es ist sehr wahrscheinlich, daß eine ähnliche direkte Beeinflussung auch bei anderen derartigen Blättern ursprüiiglich stattfand, wenn sie auch jetzt nicht mehr nachweisbar ist. c) Den umgekehrten Fall: daß die Gliederung der Laubblätter im Verlaufe der Entwicklung eine einfachere wird als am Anfang, treffen wir namentlich bei Pflanzen mit xerophilen Anpassungen. Es kann hier indes auf das bei Besprechung der Jugendstadien Gesagte verwiesen werden (I, p. 143 ff.). Was das Morphologische anbelangt, so sei nur wegen der Analogie mit manchen Xiederblättern erwähnt, daß z. B. bei Veronica lycopodioides (Fig. 106) die schupi)enförmigen Blätter der Hauptsache nach dem Blatt g r u n d der höher gegliederten l)ei der Keimung und später gelegentlich als Rückschlag auftretenden Blätter entsprechen. Die Lamina ist nur durch eine kurze Spitze noch ange- deutet. Hierher gehören auch die d) P h Y 1 1 0 d i e n b i 1 d enden Pflanzen. Hier findet ein Funktions- wechsel zwischen den Teilen einer Blattanlage statt; er beschränkt sich ^) Ich ))raclite sie aus Ceylon mit, die Pfhnize wächst lehr leicht und üp2)ig in Kultur. Einzcldnrstellmig der Vpi,M^tati(insf)rganc. 547 darauf, daß der Blattstiel (in manchen Fällen auch die Pdattspindel oder Blattrhachis) als Assiniilationsorgan ausgebildet ist, während die Blatt- spreite mehr oder minder reduziert ist. Man hat den Begriff' Phyllodium vielfach in unbestimmter und irriger Weise angewendet und mit diesem Namen auch lUätter bezeichnet, die von denen verwandter Formen dadurch abweichen, daß sie einfach, ungegliedert sind. So die Blätter der mono- kotvlenähnlichen Eryngien, die von Ranunculus Lingua, R. Flammula, die bandförmigen Primärblätter von Sagittaria und die einiger Lathyrus-Arten (vgl. p. 141). Zum Begritf eines Phyllodium s gehört nach dem, was wir oben über die Entwicklungsgeschichte der Blätter kennen gelernt haben, daß eine v e r k ü m m e r n d e S p r e i t e n a n 1 a g e nachweisbar ist, wenn- gleich die Verkümmei-ung auf sehr frühem Stadium erfolgen kann. Jene irrig für Phyllodien gehaltenen Bildungen aber haben einen Blattstiel überhaupt nicht an- gelegt ; wir müssen die beiden Fälle, wie früher betont, aus- einanderhalten , da sie that- sächlich verschieden sind. Die ^'erkümmerung der Blattspreite kann auf verschie- denem Alter derselben er- folgen, und damit ist auch gesagt, daß es Übergänge zwischen Phyllodien und Laub- blättern giebt. Es sei zunächst eine Pflanze angeführt, deren Blattstiele (unter Verringerung der Größe der Blattspreite) als Assimila- tionsorgane dienen, aber ohne in ihrer äußeren Gestaltung daduich eine auffallende Ver- änderung zu erleiden. Piultus australis kommt in vei'schie- denen Formen vor, die nament- lich auch durch die verschieden starke Entwicklung der Blatt- fiächen ausgezeichnet sind ; die in Fig. o58 abgebildete hat verzweigte Blätter mit ganz kleinen S])reiten, die langen Stiele der Teilblättchen dienen als Assimilationsorgane. Die Keimpflanze dagegen (Fig. 357) l)ringt Blätter mit wohlent- wickelten Blattspreiten hervor. Man wird bei dieser Brombeer-Art noch kaum von Phyllodien sprechen wollen, weil die Blattstiele nicht die für die meisten Blätter charakteristische abgeflachte Gestalt haben. Indes ist eine solche Grenze kaum zu ziehen, da es i'a auch cylindrische Blätter giebt. Ähnlich wie'Rubus australis verhält sich übrigens die Legumiuose Viminaria denudata: auch hier sind die Phyllodien cylindrisch, auch 3G* Fig. 357. Keimpflnnzo von Eilbus australis var. cissoides (nach A. Mann). Die Blätter haben wohl- entwickelte Blattspreiten. 548 Specielle Organos:raphie. wenn sclieinbar keine Blattspreite mehr vorhanden war, konnte ich sie doch bei entwicklungsgeschichtlicher Untersuchung leicht nachweisen. An Keimpflanzen ist sie ohnedies regelmäßig vorhanden. (\\ Eine schwankende Ausbildung der Blatt- '-^^ spreite zeigt — wenigstens bei den in (Tewächs- häuseru kultivierten Pflanzen — eine andere Dikotyle, Oxalis ruscifoHa (Fig. 359). Fig. 359. Oxalis ruscifolia. Zwei Blätter in nat. Gr. Das rechts hat eine wohleutwickelte, Fig. 358. Rubus australis var. cissoides (nach A. Manx). dreiteilige Blattspreite, bei dem Stück eines älteren Blattes. Die Spreiten der Blättcheu links sind die drei Teilblättchen sind reduziert, die Stiele dei'selben dienen als Assimilations- derselben frühzeitig verkümmert Organe (und zum Klettern). und abgefallen. Die Blätter sind ausgezeichnet durch einen spreitenähnlich ver- breiterten Blattstiel (Fig. 359), die Blattspreite, aus drei zarten Teil- blättchen bestehend, ist bei manchen Blättern vollständig entwickelt, fällt dann al)er später ab, bei anderen gelangt sie nicht zur Entfaltung, wir haben dann von vornherein ein typisches Phyllodium mit ver- kümmerter Spreite vor uns. Der Vorgang würde genau derselbe sein, wenn er noch früher sich abspielte ^), zu einer Zeit, wo die Anlagen der drei Teilblättchen der Lamina eben als kleine Rudimente sichtbar sind, oder in dem Stadium, wo die Blattspreite noch ganz ungegliedert ist. Wir werden unten bei Besprechung der Blattranken sehen, auf welche Schwierigkeiten der Begriff einer „Umbildung" immer noch bei manchen Autoren stößt, solche Fälle, wie der eben erörterte, sind deshalb hervor- zuheben. Ähnlich verhält sich übrigens Parkinsonia aculeata insofern, als die Blattspindel hier verbreitert ist und die an ihr sitzenden Fieder- blättchen später abfallen. Ehe auf weitere Beispiele eingegangen wird, sei hervorgehoben, daß es sich bei der Phyllodienbildung wohl überall um eine Anpassung gegen ^) Lehrreich ist auch das Verhalten australischer Cassia- Arten. Cassia eremoijhila hat einen in vertikaler Eichtung verbreiterten Blattstiel, der aber noch Fiederblättchen trägt; diese sind bei C. fthyllodina gewöhnlich unentwickelt. Einzcl(liirst(^lliing der Vegetationsorgane. 549 starken Transpirationsverlust handelt. Es ist anzunehmen, daß in der- artigen Fällen das Gewebe der Blattspreite nicht imstande war, sich ent- sprechend den Anfordej'ungen der Umgebung zu ändern, während der Blattstiel der ja auch im ^'erlaufe der Entwicklung später entsteht, sich plastischer verhielt. Daß auch hier die äußeren Umstände nur als Reize wirken können, die eine nach den Eigenschaften der einzelnen Pflanzenart verschiedene Reaktion auslösen, braucht nach dem p. 186 angeführten kaum mehr betont zu werden. Acacia- Arten. Das bekannteste, in den Lehrbüchern stets an- geführte Beispiel für Phyllodienl)ildung liefern eine Anzahl australischer Acacia-Arten. Meist wird angegeben, daß bei den Acaciaphyllodien die Lamina vollständig fehle i). Daß dies irrig ist, die Lamina vielmehr der Anlage nach stets nachweisbar ist, habe ich früher gezeigt-), und zu demselben Resultate kam bei Untersuchung einer größeren Anzahl von Arten auch A. Mann ^). Verhältnismäßig groß ist die Lamina (l Fig. 360j z. B. bei Acacia calamifolia, und die ganze Entwicklungsgeschichte des Phyllodiums stimmt durchaus mit der normalen Blattentwicklung über- ein, nur daß die Lamina bald stehen bleibt und verkümmert, der Blatt- stiel sich zum Phyllodium entwickelt. Zu demselben Resultate führt übrigens auch das Studium der Keimungsge- schichte (Fig. 102, p. 144). Bei einigen Acacia- Arten nimmt, wie die Übergangsforraen zeigen, auch die Rhachis Anteil an der Phyllodienbildung. so bei A. lloribunda, melanoxylon, uncinata. Fig. 3<)0. PhyllodieneutMickhiug von Acacia calamifolia (nach A. ;Mann), vei-gr. l die verkümmernde Laminaranlage, ^9 der zum Phyllodium sich entMickelude Blattgrund. Neben jedem Blatte ist eine der beiden Stipulae sichtbar. Fig. 361. Acacia alata. Spitze eines durch die Phyllodien geflügelten Sjirosses. Neben jedem Phyllodium eines der beiden Nebenblätter sichtbar, L die verkümmerte Blatt- spreite des Phyllodiums. Die Gestalt der Phyllodien ist in dieser Gattung sehr verschieden ^). Als „typisch'' dürfen wir wohl die Formen betrachten, bei denen das ^) HiLDEBEAXP, Flora, 1S7.5, p. 372; Fk.vnk, Lelirlmeh der Botanik II, p. 200 u. a. *) Vgl. Entwicklungsgeschichte, p. 241. ^) A. Mann, AVas vorsteht man in der Botanik unter Metamorphose? Dissertation, München 1894. *) Vgl. die Abbildungen Eeixke's (Unters, über die As>imilationsorgane der Leguminosen III, Jahrli. für bist. Bot.. Bd. 30, p. 105 ff.). !\!^Q Specielle Organographie. Phyllodium iu vertikaler Richtung entAvickelt ist und ledei-ige Textur besitzt. Es giebt aber auch Formen, deren Phyllodien nadeiförmig sind (A. juniperina, verticillata) oder stielrund (A. teretifolia , juncifolia, scirpifolia etc.). AVelche Beziehungen zwischen der Gestaltung der Phyllodien und dem Standorte im einzelnen obwalten, ist unbekannt. man müßte dazu das Gesamtverhalten der Pflanze in Betracht ziehen; denn es ist klar, daß z. B. an ein und demselben Standorte eine Pflanze, die ein tiefgehendes, ausgebreitetes Wurzelsystem besitzt, ihre Blatt- bildung weniger der Transpirationsverminderung anzupassen braucht als eine, bei der die Wurzelbildung weniger entwickelt ist ^). Daß aber die bei australischen Pflanzen so viel vorkommende, auch in der Phyllodien- bildung zum Ausdruck gelangende Profilstellung der Blätter im allge- meinen als eine Einrichtung zur Transpirationsverminderung zu betrachten ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Diese ist bei den verschiedenen Acacia-Arten mit Phyllodien verschieden stark entwickelt, manche haben ihre Phyllodien zu verhältnismäßig dünnen Gewebeplatten von beträcht- Hcher Größe ausgebildet (die in ihrer Gestalt auffallend an die mancher Eucalyptusblätter erinnern); diese werden natürlich mehr transpirieren als die Formen mit kleinen Phyllodien von Nadelgestalt. Erwähnenswert ist unter diesen Ac. verticillata (Fig. 371), weil hier eine Arbeitsteilung unter den Blättern eintritt. Kur wenige Phyllodien haben Achselsprosse und nur diese sind gewöhnlich -) mit Nebenblättern versehen, sie eilen auch in der Entwicklung den anderen voraus, was Anlaß zu der unrichtigen Hypothese gab, es liege hier ein ähnlicher Fall vor wie bei den Stellaten. d. h. es seien die der Achselsprosse und der Nebenblätter entbehrenden Phyllodien keine selbständigen Blätter, sondern die Nebenblätter der anderen. Dem ist aber unzweifelhaft nicht so, wenngleich die begünstigten Blätter den anderen auch in ihrer Ent- wicklung vorauseilen. Bei einigen Acacia-Arten findet ein Schwanken zwischen Phyllodien- und Laubblattbildung, auch naclidem sie das Keimlingsstadium längst hinter sich haben, statt. So bei Ac. heterophylla, A. melanoxylon u. a. Es ist möglich, daß hier vielleicht ein ähnlicher Fall vorliegt, wie er oben für Hakea trifurcata geschildert wurde und wäe er auch sonst vor- kommt: daß nämlich die einzelnen periodisch sich entwickelnden Sprosse den Wechsel der Blattgestalt wiederholen, wie wir ihn bei Keimpflanzen finden, also am Anfang der Vegetationsperiode, wo Wasser reichlicher zur Verfügung steht, die Jugendblattform bilden und später zur Phyllodien- bildung übergehen. Bei den in den botanischen Gärten gezogenen Exem- plaren ist eine solche Periodicität allerdings nicht nachweisbar, diese aber befinden sich unter keineswegs natürlichen Verhältnissen. Daß jetzt die Phyllodienbildung von äußeren Verhältnissen nicht mehr direkt beein- flußt wird, davon kann man sich leicht überzeugen, die von mir unter- suchten Acaciakeimpflanzen gingen zur Phyllodienbildung über, auch wenn ^) Die Beziehungen des Wuizclsystems zu den oberirdiselieu Teilen, speciell zur Blatt- bildung, sind überhaupt zu wenig berücksichtigt worden. Sie sind bei Keimpflanzen offenbar andere als S2)äterhiu, und auch die Thatsache, daß in gutem Boden manche Pflanzen ihre Zweige nicht verdornen lassen, dürfte wesentlich mit der Entwicklung des Wurzelsystems zusammenhängen ; aiif gutem Boden wird diese eine größere sein als auf schlechtem und dem- entsprechend auch die Wasserzufuhr. *j Gelegentlich haben auch die anderen Nebenblätter. Eiiizoltlar^telliuig- der Yesctationsort'ane. 551 Dagegen sie in einem sehr feucht gehaltenen Räume kultiviert wurden, gelang es, Avie früher erwähnt (p. 140), bei jungen Ptianzen von Ac verticillata. die längst zur Phvllodienbildung übergegangen, aber durch längeren Aufenthalt in einem sehr trockenen" Raum „geschwächt" worden waren, bei Kultur in feuchtem Räume wieder Phyllodien her- vorzurufen. Diese Thatsache, sowie die von Ac. heterophylla u. a. an- geführte wird verständlicher, wenn wir uns des oben angeführten ent- wicklungsgeschichtlichen Nachweises erinnern, wonach die Spreitenanlage bei den Phyllodien stets vorhanden ist, wenngleich sie bei den meisten ihre Entwicklungsfähigkeit nur noch an der Keimpflanze bewahrt hat. § (i. Nebenblätter, Ligulaxbildung, Stipellen. U r s p r u n g und F u n k t i o n der N e b e n b 1 ä 1 1 e r. 1) Einleitung. Der Ausdruck „Nebenblätter" (stipulae) wurde von den älteren Autoren teilweise in einem wenig scharf begrenzten Sinne gebraucht. Man verstand darunter auch beliebige kleine Blätter und Blatt- teile, wie z. B. Hoch- blätter und Vorblätter, auch die „Intravaginal- schuppeu" am Blattgrund (resp. in der Blattachsel) manchen Wasserpflan- zen ^). Dem gegenüber ist hervorzuheben , daß als Stipulae nur An- hängsel der Blattbasis bezeichnet werden kön- nen, welche rechts und links aus dem Blattgrund entspringen, ganz ebenso wie ßlatttiedern , Blatt- zähne etc. aus dem oberen Teile der Blattanlage. Später eintretende Wachstumserscheinungen verdecken in manchen Fällen das ursprüngliche Verhalten. Im einfachsten Falle streckt sich der Blattgrund noch nach An- legung der Stipulae und hebt die Stipulae empor (Stipulae adnatae"). Vielfach treten tiefergreifende Änderungen ein, die sich aber, wie gezeigt werdeu soll, durch Vergleich mit verwandten Fig. 362 A. Sproßstück von Cobaea scandeus (uat. Gr.), schief vou der Seite gesehen. Das unterste Fiederpaar des (nicht ganz gezeichneten) links stehenden BLittes hat zwei lappenföx-mige Auswüchse, die ein Dach über der Achsel- kuospe bilden. 1) Yd. z. B. Caspary in Jahrb. für wissensch. Botanik I, p. 394. Die Intravaginal- seluippen sind, wie ich andeutete und SCHILLING (Flora, 1894, p. 280 ff.) M-eiter ausführte, schleimabsondernde, dem Knospenschutz dienende Organe. 552 Specielle Organographie. Formen und durch die Entwicklungsgeschichte noch feststellen lassen, wie z. B. bei der „Axillarstipel"' von Ficus u. a. Diese Erkenntnis führte nun vielfach dazu, auch andere Auswüchse des Blattgrundes von der Bildung freier Nebenblätter abzuleiten. Man hielt diese, weil sie bei einer Anzahl von Pflanzen vorkommen und bestimmte Abänderungen erleiden, für den „Typus", auf welchen man selbst Gebilde wie die Ligula der Gräser durch Annahme von „Verwachsungen" u. s. w. zurück- zuführen versuchte. Diese bis in die neueste Zeit nachwirkende Annahme der formalen Morphologie halte ich, wie im folgenden dargelegt werden soll, für eine unberechtigte Verallgemeinerung. Auswüchse des Blatt- grundes, ja selbst der Blattfläche (bei der Bildung der Ligula der Sela- ginellen und Isoeten, welche Schleim absondert, sowie Stipellen oder Umgestaltungen des unteren Teiles der Blattspreite) sind in verschiedenen Familien „zum Zwecke" des Knospenschutzes aufgetreten ; daß dies besonders häufig rechts und links von der Blattbasis geschieht, ist leicht verständlich . da hier die Achselknospe am meisten freiliegt. Zunächst seien einige Bei- spiele angeführt, für welche man zweifelhaft war, ob es sich um „Stipulae" oder um die untersten Blattfiedern handle. Bei Cobaea scandens sind die untersten Fiederblätt- clien des Laubblattes von der anderen abw'eichend gestaltet (Fig. 362 A, B). Während die letzteren wie gewöhnlich (vgl. p. 106) in der Weise asym- metrisch sind, daß ihre untere Hälfte die größere ist, ist bei dem untersten Fiederpaar die (der Sproßachse abge- kehrte) obere Hälfte die brei- tere, sie ist an der Basis mit einer ohrförmigen Ausbuch- tung versehen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, daß die Achselknospe unter (bezw. hinter) dem durch die „Ohren" der hintersten Fiederblätter gebildeten Dach stehen und so gegen Regen und Sonne geschützt sind. Die Stellung ist hier also eine andere als sonst, wenn Nebenblätter eine Knospe schützen, da die ersteren der Knospe ihre Oberseite, die unteren Blatt- fiedern von Cobaea aber ihre Unterseite zukehren. Immerhin aber können wir nach den oben angeführten Beobachtungen verstehen, was die abweichende Gestaltung der Fiederblätter hier teleologisch zu bedeuten hat. Möglich, daß noch anderes in Betracht kommt, indes wird man z. B. dem Umstand, daß Regentropfen in dem seichten von den unteren Blatt- fiedern gebildeten Becken stehen bleiben, wohl kaum eine besondere Be- Fig. 362 B. Blatt von Cobaea scandous, von der Ober- seite. Von der terminalen Ranke ist nnr ein kurzes Stück gezeichnet. Die beiden untersten Blattfiedern sind nach oben hin mit einem Auswuchs versehen. Eiiizeldiirstelluug der Vegctationsorganc. ood deiitung beilegen (allenfalls könnte man daran denken, daß durch die Stellung dieser Blattfiedern auch „ungebetene Gäste" von den Blüten abgehalten werden). Jedenfalls zeigt uns also dieser Fall, wie Blattfiedern zu nebenblattähnlichen Schutzorganen umgestaltet werden können, und in ähnlicher Weise kann man sich auch anderwärts (aber nicht überall!) die Entstehung der Nebenl)lätter vorstellen. Ein auffallendes Beispiel für die Verwendung der untei-en Fieder- blätter als Stipulae zeigt eine im Buitenzorger Garten kultivierte (üii- landina aus Ceram (Fig. 363). Das Blatt ist doppelt gefiedert, die untersten Fiederblätter sind zu sehr eigentüm- lich gestalteten, oifenbar als Nebenblätter dienen- den Gebilden entwickelt. Möglicherweise derselbe Vorgang findet sich bei einigen Papilionaceen. Die Blätter z. B. von Lotus corniculatus, Te- tragonololjus siliquosus sind dreizählig und mit zwei bleibenden Neben- blättern versehen. Unterhalb derselben aber findet sich auf jeder Seite ein kleines Zähnchen, das von manchen für das eigentliche Nebenblatt gehalten wird. Ist dies richtig (was nur durch eine vergleichende Untersuchung fest- zustellen sein wird), so hätten sich die untersten Fiederblätter hier an Stelle der verkümmerten Nebenblätter ganz nebenblattartig entwickelt. Ist es so in manchen Fällen nicht möglich, die Stipulae scharf von den Fiederblättern zu trennen, so sehen wir andererseits bei manchen Pflanzen Auswüchse an der Basis der Blattspreite, die man als „Öhrchen" bezeichnet Stipula vou Guilaiidiua sp. (Ccram). 1 Ä. Fig. 3G4. Adcnostylcs albifrons, Ausbildung der Blattscheide. / eiu unteres, II und III weiter oben an der Sproßachse stehende Blätter. 554 Specielle Organotrraphie. hat, zu nebenblattartigen Bildungen heranwachsen. Ein Beispiel genüge. Die Blätter am unteren Teile der Stengel von Adenostyles albifrons besitzen einen scheidenförmigen Blattgrnnd (Fig. 364 7). Dieser zeigt bei den weiter oben stehenden Blättern zwei lappenförmige Erweiterungen, die sich bei 111 zu ganz stipulaähnlichen Gebilden gestaltet haben. Der einzige Grund, sie nicht als Stipulae zu bezeichnen, könnte eben nur darin liegen, daß die unteren Blätter nicht damit versehen sind; dafür können wir aber leicht einen biologischen Grund angeben. Die unteren lilätter haben nur die Stammknospe, die obe- ren die massigeren In- Üorescenzanlagen zu schützen. Dem ent- spricht die flügeiförmige Erweiterung des Blatt- gruudes, die zur Bildung der ..Nebenblätter'' ge- führt hat. Ganz ebenso sind sie bei den meisten anderen nebenblattfüh- renden Pflanzen ent- standen, nur pflegen sie dann bei allen Blättern aufzutreten. In manchen Fällen war die Entstehung der- selben wohl eine andere. Lue BOCK ^) hat darauf hingewiesen, daß in der Gattung Viburnum nur Vib. Opulus Neben- blätter besitze und dies damit in Zusammenhang gebracht, daß diese „Nebenblätter" in den Zwischenräumen zwischen den Blattbasen so gestellt sind, daß sie die Stammknospe schützen. Indes ist namentlich hervorzuheben, daß hier die Nebenblätter an ihrer Spitze fast stets Drüsen tragen, und ferner, daß sie an der Basis eines Blattes oft zu zweien auftreten -) (Fig. 365). Nun findet man unterhalb der Lamina eine Anzahl schüsseiförmiger Drüsen (die bei uns auch von Ameisen besucht werden, das Sekret dürfte aber namentlich auch beim Fig. 365. Yiburnmii C)i)iilii^. S2)roß-:tüek , 2 mal vergr. An der Basis der beiden Blätter zwei Paare von ..Neben- blättern". ^) LUBBOCK, On biuls and stipnles, London 1«99. *j Ganz ähnlich verhält sich Iuipatieu.s glaudnlosa. Die unteren Blattzähne des Blattes sind zii Drüsen iimgebildet, solche gestielte Drüsen finden sich auch an dem Sanme, welcher die Basis der opponierten Blätter verbindet, in Zwei- oder Mehrzahl. Man kann auch sie als Stipnlae betrachten. Viburnum Oiralus entsprechende Bildungen zeigt (an kräftigen Trieben) auch Sambueus nigra. Hier finden sich zwischen den beiden gegenständigen gefiederten Blättern je zwei bis drei annähernd cylindrische oder mehr abgeflachte, au ihrer Sj^itze eine Drüse tragende ,, Nebenblätter". Ganz ebensolche finden sich oft in Einzahl au der Basis jedes der beiden Blätter der zwei untersten Fiederpaare, oft sind sie auch blättchenähnlich ausgebildet und wohl als Seitenfiedern zweiten Grades zu betrachten, die aber oft nicht zur Entwicklung kommen. Bei vielen Pflanzen ist die Fähigkeit einer höheren Blatlgliederting „latent" vorhanden. Auch die unteren Fiederblätter der Kartoffel zeigen z. B. öfter die An- deutung der Bildung von Fiederblättchen zweiter Ordnung, und bei besonders kräftigen Exemi>laren können diese auch ganz entwickelt sein. Einzoldarstelliiiiü' clor Vccctationsorgnnc. 555 K n 0 s p e 11 s c h u t z beteiligt sein, worauf Lubbock zu wenig Rücksicht nimmt), und es giebt Übergänge zwischen diesen sitzenden Drüsen und den Stipulae. Letztere sind also nichts anderes als gestielte Blattdrüsen, man kann sie ihrer Stellung wegen ,,Stipulae'' nennen, da diese, wie ich oben nachzuweisen versucht habe, keine ihrer Entstehung nach einheit- liche Gebilde sind. Es ist deshalb berechtigt bei der Frage, welche der an der Blattbasis betindlichen Teile man als Nebenblätter bezeichnen solle, auch ihre Funktion in Betracht zu ziehen. Daß diese zunächst der Knospenschutz ist, wurde oben schon her- vorgehoben. Er erfolgt in zweifacher Weise: Die einen Nebenblätter schützen die Blattspi-eite des Blattes, an dem sie entspringen (mit dem darüber liegenden Spi'oßteil), z. B. Cunonia capensis, Castanea vesca, Amicia Zygomeris u. a., andere die des nächst höheren Blattes (Cin- chona-Arten, Magnolia, Ficus, Liriodendron u. a.). ^'ielfach ist dies ihre einzige Aufgabe: bei Bäumen mit streng periodi- scher Entwicklung, wie z. B. bei der Eiche und der Buche fallen die Nebenblätter nach der Entfaltung der Winterknospen ab, sie sind „hinfällig" (stipulae caducae der beschreibenden Botanik). Wir sehen bei den Knospen dieser PHanzen. daß an den äußeren Blättern die Blattspreite frühzeitig verkümmert, also nur die Nebenblätter in Funktion treten, während nach innen hin die Laubblattanlagen ihre normale Größe gewinnen. Die ^ erkümmerung der Blattspreite an den Blättern, deren Nebenblätter während der Ruhezeit als Schutzorgane dienen, erfolgt aber, wie andere Ptianzen zeigen, in sehr ungleichem Grade, bald früher, bald später. Bei Liriodendron tulipifera wird am Ende der Vegetationsperiode das Blatt mit Spreite, Stiel und den beiden Nebenblättern noch vollständig angelegt, aber nur die letzteren bleiben (als ,,Knospenschuppen'') stehen, das Blatt selbst verkümmert und fällt ab, und auch an dem nächsten Blatte (das sich im Frühjahr zuerst entfalten sollte) entwickeln sich nur die Nebenblätter weiter. Hier verkümmert also die Blattanlage erst auf einem späten Entwicklungsstadium, aber der Vorgang ist doch im Grunde derselbe wie bei den oben besprochenen Pflanzen (Fagus, Quercus). Die Anregung dazu wird ohne Zweifel durch die Sproßachse übermittelt, deren Liternodien zwischen den Knospenschuppen ja auch äußerst kurz bleiben. In anderen Fällen nehmen die Nebenblätter an der Assimilations- arbeit der Laubblätter teil und leben so lange als diese („stip. per- sistentes"). Was die Zahl der Nebenblätter anbelangt, so findet sich (abgesehen von Verwachsungen und Spaltungen) gewöhnlich je eine Stipula auf jeder Seite des Blattgrundes, bei Viburnum Opulus (siehe oben und Fig. 365) sind es nicht selten je zwei, ebenso bei Sambucus Ebulus, bei welcher Pflanze die Zahl und Ausbildung der Nebenblätter überhaupt eine schwankende ist, bald sind es zwei wohlausgebildete, fiederblattähnliche Gebilde, bald vier, und namentlich an den oberen Blättern und den ersten schmächtiger Seitensprosse sind die Neben- blätter viel schmäler und auf gestielte Drüsen reduziert, wie sie p. 554 Anm. 2 für S. nigra erwähnt wurden. Daß die Stipulae basale Auswüchse der Blattanlage sind, spricht sich auch in dem Verlauf der Gefäßbündel aus, den ich aber als ein für den Begrift' „Stipula" ausschlaggebendes Moment nicht betrachten möchte. Wie schon in de Bary's vergl. Anatomie hervorgehoben wurde, sind die in die Nebenblätter eintretenden Bündel meist Abzweigungen PfQQ Sjiecielle Organograiihie. der Blattbündel. In den von Colomb ^) untersuchten Fällen fand dies überall statt. Indes würde ich ein Organ, das sonst die Charaktere eines Nebenblattes hat, auch so benennen, wenn es selbständige Gefäß- bündel erhielte, und Colomb's Ableitung der Stipulae von den Ligular- bildungeu halte ich für ganz verfehlt, was im folgenden noch weiter be- gründet werden soll. 2) E n t w^ i c k 1 u n g der Nebenblätter. Aus dem oben Angeführten geht schon hervor, daß die Nebenblätter Aussprossungen des Blattgrundes sind. Ihre zeitliche Entstehung ist keine fest bestimmte, im allgemeinen dürfte die von Massart -) hervorgehobene Beziehung zutreffen, daß die Nebenblätter um so früher ent- stehen, je früher sie als Schutzorgane in Thätigkeit treten. Bei Hydrocotyle z. B., wo sie das Blatt, an dem sie entspringen, einschließen, bilden sie sich sehr früh vor dem Auftreten irgend einer Gliederung der Blattanlage 3). Meist haben die Nebenblätter aber nur die jüngeren Blätter der Knospe zu schützen, dann entstehen sie vor^) oder nach dem Auftreten der Gliederung des „Oberblattes", wenn ihre. Funktion eine unbedeutende ist, oder sie zur Verkümmerung neigen, entstehen sie verhältnismäßig spät. Eine solche Verkümmerung der Stipulae tritt sehr häufig ein, es lassen sich die Nebenblätter dann noch als kleine Zähnchen nachweisen oder sie schlagen ganz fehl. Dieses Fehlschlagen ist teleologisch dann leicht verständlich, wenn der Knospenschutz auf andere Weise erzielt wird. Es w^urde ein derartiger Fall schon früher besprochen (p. 141): die Blätter von Lathyrus Clymenum haben äußerst reduzierte, zuweilen gar nicht mehr nachweisbare Nebenblätter : die Verbreiterung der ganzen Blattanlage hat die Nebenblätter als Schutzorgane überflüssig gemacht. Ähnlich m anderen Fällen: bei Tropaeolum majus treten die Neben- blätter nur noch bei den beiden ersten Blättern als kleine Spitzchen auf: der verbreiterte Blattstiel selbst schützt hier die Achselknospen Lehrreich sind auch die von Lubbock näher untersuchten Verhältnisse bei Helianthemum. Eine Anzahl von Arten, z. B. H. vulgare, tomen- tosum u. a. haben Stipulae, andere, z. B. H. oelandicum, lasianthum u. a. nicht. Erstere besitzen einen schmalen, letztere einen scheidenförmig erweiterten Blattstiel, dort dienen die Stipulae, hier der Blattgrund dem Knospenschutz, bei H. guttatum haben die Blätter im unteren Teil des Sprosses keine Stipulae, nahe der Blütenregiou treten solche auf (ge- legentlich ist eine davon mehr oder minder verkümmert). Nach dem oben für Adenostyles Angeführten ist auch dies biologisch leicht ver- ständlich. Es würde zu weit führen, hier eine Liste über die Verbreitung der Stipulae in den verschiedenen Familien zu geben ; übrigens zeigen schon ^) Eechert'hes siir les stijmlcs. Annales des seienc nat. Ser. VII, 6 (18S7). *) Die A))bildimgen z. B. von Hydrocotyle sind in der betr. Abhandlung freilieh zu wenig klar, um ganz beweisend zu sein. ^1 Bei Cunonia capensis sollen sie nach MASSART sogar vor der Spreitcnanlage auftreten. Mir scheint dieser Fall, welcher eine Ausnahme von einem sonst ganz allgem(>incm Yerlialten bedingen würde, weiterer Untersuchung bedürftig. *) LiTBBOCK meint (Ön Inids and stijmles, p. 203) die Entstehiiugszeit der Stipulae tinter- scheide sie von den Fiederl)liittcheu z. B. darin, daß sie l)ei einem gefiederten Blatt mit hasipefaler Entwicklung nicht zuletzt, sondern unter Umständen zuerst auftreten. Dabei ist der o))en hervorgehobene biologische Gesichtspunkt übersehen, daß dies früliere Auftreten mit dem früher in Thätigkeit treten zusammenhängt. Eiiizelilarslclluiifr der Vc"ft;itinns(>rüane. oo< die wenigen angeführten Beispiele, daß das Auftreten dieser Organe selbst innerlialb der (Tattinigen ja auch im Entwickhingsgang einer Pflanze ein schwankendes sein kann. Erwälmt sei nur, daß bei Pteridoplivten StipuU^e nur bei den Marattiaceen 0 vorkommen, deren dickfleischige Nebenbhitt- gebikle ja ungemein charakteristisch sind. Was man bei den Ophioglosseen früher dafür gehalten hat, gehört nicht hierher. Bei Monokotylen (deren Ligularbildungen unten zu besprechen sein werden) sind typische Stipulae nicht bekannt, was mit dem bei dieser Gruppe so verbreiteten Vor- handensein stark entwickelter Blattspreiten zusammenhängen mag. Wenn man die in den Blattachseln von Tamus europaeus stehenden Gebilde, ferner die Ranken von Smilax als Stipulae bezeichnet hat, so ist dies sicher nicht berechtigt (betr. der letzteren vergl. p. 432). 3) Gestaltungsverhältnisse der Nebenblätter und Um- bildungen derselben. Die Nebenblätter stehen nicht in so mannigfachen Beziehungen zur Außenwelt wie die Blätter, und demgemäß sind auch ihre Gestaltungs- verhältnisse einfacher als bei jenen. Gi'öße und Form der Nebenblätter hängen ofl'enbar auf das engste mit ihrer Aufgabe als Knospenschutz zu dienen zusammen. Wo sie, wie bei Vicia Cracca (Fig. 78), nur die Zwischenräume zwischen den Blattfledern in der Knospe auszufüllen haben, sind sie naturgemäß kleiner, als da, wo sie die ganze Knospe decken (vergl. Fig. 77 und 72 von Bauhinia). Gestalt und Größe der Nebenblätter ändern sich auch vielfach im Verlauf der Einzelent- wicklung, in welchem ja auch die Größe der zu schützenden Knospe steigt, Blütenstandsknospeu neh- men z. B. mehr Raum ein als vegetative. Die Primärblätter von Viola tricolor z. B. haben noch keine Stipulae, dann kommen solche mit einfachen, weiter oben solche mit größeren, in Zipfel ge- teilten Nebenblättern. Die Zipfel der Stipulae tragen schleimab- sondernde Drüsen und dienen so offenbar auch in dieser Beziehung dem Knospenschutz. Ob das bei allen gefransten Stipelu der Fall ist, bedarf näherer Untersuchung. Nicht selten sind die beiden Nebenblätter eines Blattes von einander verschieden. Bei den dorsiventralen Sprossen vieler Papilionaceen sind, wie früher dargelegt wurde (p. 105), die auf der Lichtseite stehenden Nebenblätter größer als die auf der Schatten- seite stehenden, bei Ervum monanthos ist die kleinere Stii)ula einfach, die größere am Rande in Zipfel geteilt, vielleicht steht dies damit im Zu- Fig. 366. Links Ende eines Sprosses von Lathynis beterophyllus , rechts Sproßstüek von Lathyrus latifolius (nat. Gr.). Man sieht die nach nnteu gerichteten einseitigen Stipnhifortsätze, welche an dem jungen Sproß von L. heterophyllus noch horizontal eingebogen sind. '•y Es handelt sich dabei eigentlich um „Axillnrstipchr diese bei der Gattung Todea vor. In ähnlicher AVeise kommen 558 S]ieeielle Organographie. sammenhang, daß die Achselsprosse der Papilionaceen nach der Licht- seite hin verschoben sind (vergl. p. 105, 109) und hier eines ausgiebigen Schutzes bedürfen. Auf die Symmetrieverhältnisse der Stipehi soll, weil sie früher erörtert wurden (p. lös), hier nicht zurückgekommen werden. Wohl aber ver- dient ihre eigentümliche Ausbildung bei manchen Papilionaceen hier noch eine kurze Erwähnung. Es handelt sich dabei um die Anhängsel, die sich an der Basis mancher Stipulae finden und diese „pfeilförmig" oder halb- l)feilförmig machen. Die Verhältnisse liegen nicht so einfach, wie es z, B. nach Lub- bock's Darstellung scheinen könnte (a. a. 0., p. 175 ff.), denn die Bedeutung der Stipu- larzipfel ist offenbar nicht in allen Fällen dieselbe. Bei Aeschynomene indica sind die Stipulae am Grunde einseitig nach außen verlängert, und zwar umhüllt diese Verlängerung die Außenseite der jungen Internodien, während die Stipula selbst die Knospe deckt ; die Be- deutung des Anhanges ist hier also klar. La- thyrus pratensis hat meist zwei Stipular- zipfel, von denen einer nicht selten verküm- mert oder nur durch einen kleinen Zahn an- gedeutet ist, der grö- ßere Zipfel ist der nach außen stehende. In der Knospenanlage decken diese Stipular- zipfel hier wie bei einigen anderen La- thyrus-Arten nur einen so kleinen Teil der Internodienobertläche, daß sie als [Schutzorgane für diese (im Gegensatz zu Aeschynomene) wohl kaum in Betracht kommen können, eher könnte man sie da, wo sie annähernd horizontal der Stengeloberfläche anliegen (Fig. 365 links), daran denken, daß sie dazu dienen könnten, die Stipulae in der richtigen Lage zu halten. Indes vergrößern sie sich nach dem Austritt aus der Knospenlage noch bedeutend, was dafür spricht, daß sie im entfalteten Fig. 3ß7. Dipterocarpus alatiis, 8pi-oßzi2)fel einer jungen Pflanze. Die Nebenblätter des oben stehenden Laiibblattes sind auf der dem Blattstiel zugekehrten Seite verwaehsen, sie bilden ur- sprünglich eine die Stanindcnosite umhilUende Tüte. Einzclil;irst('llnn]io von Ciucliona suc- eiruljra, sie ist diireli die muschclförmigen intrapetiolaren Nebenblätter eingeschlossen von den zugehörigen Blättern ist nnr der Stiel gezeichnet. Fig. 370. Galium MoUugo. Qiterschnitt durch eine Si^roßachse H, in der Achsel des Blattes ß eine Axillarknosi^e, welche den ersten „Blatt- wirtel" angelegt hat. V der Vegetationspunkt der Axillarknospe öj, b^ die ersten Blätter mit den Nebenblättern S^, S^. Ä Achselsprosse dieser Blätter. Auf der der Hauptachse zugewandten Seite sind die Nebenblätter gewöhnlich schwächer entwickelt. Viel Aufmerksamkeit hat die Blattbildung der als „Stellaten" zu- sammengefaßten Untergruppe der Labiaten auf sich gezogen. Scheinbar sind die Blätter in 4 — 8-gliedrige Wirtel gestellt. Daß diese aber nicht alle gleichwertig sind, ergiebt sich aus der Thatsache, daß in jedem Blatt- wirtel höchstens zwei (einander gegenüberstehende) Blätter einen Achsel- sproß haben. Diese werdan seit Decaxdolle i) als die eigentlichen Blätter betrachtet, die anderen als blattähnlich gewordene Nebenblätter, die dann entweder (wenn mehr als sechs Blätter vorhanden sind) eine „Spaltung" oder eine „Verschmelzung" (wenn es weniger als sechs sind) erfahren haben. Für diese Deutung spricht auch die Entwicklungsgeschichte. ^) Organographie vegetale, p. 349. Die Litteratur ist angeführt in der Abhandlung von M. Feaxke, Beiträge zur Morpholoschluß), sie ist ver- stärkt durch die im Querschnitt getroffenen aufrechten „Sicheln" (schraffiei-t) und deren gleichfalls cpier getroffenen Haare. Diese, wie es scheint, zuerst durch Schlechtendahl gegebene Deutung der Funktion der Ligula schien mir nicht sehr einleuchtend. '■) Betreffs des Verlaufes derselben vergl. Colömu a. a. O. Eiiizi'l(l;irstolliui<<' der Vewotationsortfane. 567 Zunächst läßt sich bei Oryza. welche eine wohlentwickelte Lignla besitzt, leicht nachweisen, daß die Lignla nicht znr \'erhindernn,u des Wasser- eindringens bestimmt sein kann. Denn auf die Blatttläche gelangte "Wassertropfen rollen nicht zur Ligula hinab, sondern fallen von dem unbenetzl^aren, mit der Spitze herabgebogenen Blatte auf den Boden. Vielmehr dient die Ligula dem Knospenschutze. Die Endknospe ist von den Blattscheiden umhüllt und wird bei ihrem weiteren Wachstum allmählich aus denselben herausgeschoben. Entfernt man die entfalteten Blätter, so gelangt man zu einem, dessen Ligula den Abschluß der Knospe nach oben bildet. Sie ist, wie Fig. 375 1 zeigt, zu einem spitz kegelförmigen Gebilde zusammengerollt (das später durchwachsen wird). Verstärkt ist diese, die Knospe abschließende Kappe noch dadurch, daß am Grunde der Blattspreite sich zwei sichelförmige Auswüchse finden, die am entfalteten Blatte annähernd horizontal abstehen, in der Knospe aber nach oben gerichtet sind, wobei, wie auch der Querschnitt Fig. 375 zeigt, eine der „Sicheln" nach außen, eine nach innen zu liegen kommt. Die langen steifen Haare, mit denen die Außenseite der Sicheln besetzt ist, sind in der Knospe gleichfalls nach ölten gerichtet und tragen zur Verstäi'kung des durch die zusam- mengerollte Ligula gebildeten Knos- penabschlusses bei. Noch einfacher, d. h. ohne Entfernung älterer Teile, ist die Bedeutung der Ligula zu sehen bei dem obersten, die Inflo- rescenz umschließenden Blatte von Dactylis glomerata und bei manchen Zingiberaceen, z. B. Hedychium Gardnerianum. Alpinia nutans. Auch hier verlängert sich die Scheide als „Ligula" über den Ansatz an die Spreite hinaus. Diese Ligula dient beim obersten Laul)blatt als Ab- Fic. 377. Ali)inia imtnns. Stück eine;; Blattes in nat. Gr. Die Blattseheido eudiut oben in einer zur Tute zusammengerollten Lignla. «elehe den Kno.siienabschlnß bildet. Fig. 378. Alopeeurus jiratensis. (Querschnitt durcli ein Blatt. 1 oberhalb der Ansatzstello st'iner (sebraft'icrtcn) Ligula L, eingeschlossen ist ein zweites Blatt [2) (solnvach vorgr.). Schluß der Knospe nach oben, bleibt aber, nachdem sie von der Knospe durchwachsen ist, in ganz ähnlicher Weise wie bei den Grasblättern an der Basis der Lainina stehen. Sie enthält zahlreiche Leitbündel. — Kehren 568 Specieile Orgaiiographie. wir noch einmal zn den Gräsern zurück, so kann auch in den Ahrchen, wo durch Ligularbikiung die (der Laniina entsprechende) Granne vielfach scheinbar rückenständig wird, von einem Schutz gegen Wassereindringen nicht die Rede sein: es wird durch den an der Basis der Granne er- folgenden Auswuchs ein dichteres Aufeinanderliegen der das Ahrchen bedeckenden Spelzen vermittelt, ebenso wie in anderen Fällen sich der Scheidenteil der Spelze rechts und links zu je einem Auswuchs ver- längert (z. B. liei Bromus). welchen die als Stipula bezeichnen mögen, die an solchen Wortübertragungen Vergnügen linden. Übrigens kommt die Ligula der Gräser nicht immer wie bei Oryza als Organ des terminalen Knospenabschlusses in Betracht, sie dient auch sonst als temporäres Schutzorgan. Fig. 377 zeigt einen Querschnitt durch eine Knospe von Alopecurus pratensis. Die Ligula befindet sich da, wo die Blattscheide in die Blattspreite übergeht. Hier ist, da die Blattspreite später flach sich ausbreitet, die Blattscheide aber einen Hohl- cylinder bildet, eine offene Stelle. Die Ligula greift, wie die Ab- bildung zeigt, mit ihren freien Rändern nach vorn über, sie deckt die offene Stelle und umgreift das nächstjüngere Blatt (2) an seiner Basis. Es schiebt sich durch interkalares Wachstum aus der Ligula allmählich heraus, seine Gewebe haben Zeit, sich den Anforderungen der Außen- Avelt entsprechend allmählich zu verändern. Mit anderen Worten, ich betrachte hier die Ligula als ein Organ, welches einen gewissen Abschluß der Knospe auch während des Durchtritts des jeweils jüngsten Blattes ermöglicht. Bei Hordeum, Lolium u. a. wird der durch die Ligula be- wirkte Verschluß noch durch einen sichelförmigen Auswuchs an lieiden Seiten der Basis der Spreite verstärkt. Nach der hier gegebenen Darstellung tritt die Ligula der Gräser erst ziemlich spät in Funktion, sei es, daß sie als „Knospenkappe" oder sonst beim Knospeuschutz mitwirkt. Dem entspricht auch die Zeit ihrer Entstehung, sie bildet sich erst (an der Grenze von Blattscheide und Blattspreite) als ein Auswuchs der Blattoberseite, wenn die Scheide schon deutlich als solche gesondert ist, während Axillarstipelu, die früher in Funktion treten, an der Blattbasis nahe der Insertion angelegt werden. Es wäre aber ganz verkehrt, wenn man, wie dies früher geschah ^), die Ligula der Gräser aus einer mit ihrer Außenseite mit der Blattscheide verwachsenen Axillarstipel ableiten wollte, keine Verwachsung liegt vor, sondern eine mit der späteren Liansprnchnahme zusammenhängende spätere Anlegung, die im übrigen mit der der Axillarstipel von Caltha u, a. übereinstimmt. Der verhältnismäßig nur kurze Zeit dauernden Funktion der Ligula entspricht auch ihr meist zarter Bau, auf welchen hier nicht weiter einzugehen ist. Ob sie neben der soeben erörterten Bedeutung für die Knospe auch nach der Entfaltung noch eine Funktion hat, bleibe dahingestellt, hier genügt es darauf hingewiesen zu haben, daß die bisherige Vermutung über die Funktion der Ligula für Oryza sicher unrichtig, für andere Gräser zum mindesten nicht erschöpfend ist, ganz abgesehen davon, daß es „schädlicher" sein dürfte, wenn die Wassertropfen auf der Spreitenbasis liegen bleiben, als wenn sie in die Scheide eindringen, was ja bei den meisten Gräsern ohnedies nur in sehr beschränktem Maße geschehen könnte. Die Gräser sind nicht die einzigen Pflanzen, deren Blätter Ligular- M Vfi-';-!. z. B. A. DE St. Hilaike, Lf(;oiis de botaiiique, p. 193 und iilinliflie Äuße- rungen ispütorer Schriftsteller. Einzeltlarstelluug der Yesetiitiousorgane. 569 bildiingen zeigen. Das Blatt von Chaniaerops^) und Rhai)is ist im Jugendzustand bedeckt von einer Hülle, die aus mehreren Zellenlagen besteht. Die Hülle (l Fig. 378) geht hervor aus einer Schuppe, die sich auf der Grenze zwischen Blattstiel und Blattfläche bildet und über die Vorderseite des Blattes hinaufwächst, und aus zwei (resp. einer in der Mitte ausgel)ucliteten) aus der Hinterseite der Blattanlage sich ent- wickelnden Schui)pen; am fertigen Blatte erscheinen diese Gebilde als ein gebräunter Saum, im Jugendzustand alter stellen sie einen sehr wirksamen Knospenschutz dar. Sie entwickeln sich demgemäß ziemlich früh , die Ligula dient zunächst der Blattfläche, die sie bedeckt, als Schutz, später wird sie nach vorn gebogen und bildet mit der jetzt schon entwickelten Blattscheide einen fast geschlossenen Cylinder , in wel- chem sich das nächstjüngere Blatt befindet. Diese Ligularbildungen sind also zweifels- ohne N e u b i 1 d - u n g e n auf der Blattfläche, die dem Knospenschutze dienen. Zugleich ist klar, daß man in einem Falle , wo wie bei Chamaerops diese Auswüchse sich auf der Vorder- und der Rückseite bilden, sie nicht mit den seitlichen Stipulae anderer Pflanzen in Verbindung bringen kann. Ebensowenig Grund dazu liegt auch bei den Gräsern vor. Die Ligularbildungen der genannten Palmen leiten uns ohne weiteres über zu den „Stipellen" einiger Dikotylen. Auch unter dem Wort Stipelleu hat die formale Morphologie Gebilde verschiedener Herkunft zusammengefaßt, wie ich schon früher hervor- hob-^). Einerseits verkümmerte Fiederblättchen, andererseits selbständig ent- standene Wucherungen, die. wie wir jetzt hinzufügen können, gleichfalls dem Knospenschutze dienen. Das bekannteste Beispiel für letztere bieten eine Anzahl (nicht alle!) Thalictrum-Arten. Bei Thalictrum ist das Blatt aus dreizählig verzweigten Teilblättchen zusammengesetzt: die Stipellen ent- Fig. 379. „Ligula" Chamaeioijs liumilis (nach Deixega). Bei C imd D die sichtbar, bei F die Treuiiuug in einzelne Abschnitte durch Verschleimuu q-. ^j GOEBEL. Yergl. Entwickluugsgescliichtc ]>. 221, Deinega, Flora. 85. Bd., i>. 488 ff. Da.selbst auch weitere Litterntur. -) .Vergleichende Entwicklungsgeschiclite, p. 273. 570 Specielle Organograjihie. stehen paarweise, je eines anf der Rücken- nnd eines auf der Bauchseite des Blattes, da, wo die Seitenblättchen erster Ordnung von der Rhachis abgehen (Fig. 380). Da die Teilblättchen einander annähernd gegenüberstehen, stehen dann vier Stipellen an den Verzweigungsstellen, sie verwachsen nicht selten miteinander. Diese Stipellen decken die Blattteile in der Knospen- lage nach außen, wie der in Fig. 381 abgebildete Schnitt zeigt; darin, nicht in ihrer Fähigkeit Regentropfen festzuhalten beruht ihre Bedeutung. Was sollten die paar Regen- tropfen, welche von den Sti- pellen festgehalten und auf- genommen werden , dem großen Thalictrumblatt auch nützen? Die „Stipellen", die sich bei Phaseolus-, Robinia-, Desmodium-Arten und an- deren Leguminosen an der Basis der Teilblättchen finden, sind dagegen offenbar rudi- mentäre Fiederblättchen, sie treten meist in Gestalt kleiner Fig. 380. Thalietruin iiquilcgifolium, Stik-k fincs Laubblattes, etwas verkleinert, bei ^, ell>eii noch ein iinciitfaltct l)lei)K'iKles Laul)blatt. *) Hocker, Flora iiidica, p. 73. ^) Beobachtungen über die ersten Entwicklungsphasen einiger Cynipidengallen. Xatuurk. Vcrh. der Koniukl. Akad., XXH, p. 17. *) Ein Beitrag zur Kenntnis der Hochblätter. Auch Ll-BBOCK (On buds on stipules) hat die Blattrudimente nicht gefunden ; er giebt z. B. bei der Eiche (p. 138) von den Stipeln au: „There are soraetimes more thau forty, or twcuty pairs, before those eontaining the first leaf.' Bei den Torhergeheuden Paaren sind die Laiuinaranlagen eben frühzeitig vor- kümmert. 576 Specielle Organographie. Untersuchung (Fig. 383 7 B) als eine verkümmerte Blattlamina, die der Knospenschuppe aufsitzt. Vergleicht man die in der Fig. 383 7 abgebildete Knospenschuppe mit einer jungen Laubblattanlage zur Zeit vor der Stiel- bildung, so springt die Übereinstimmung der beiden Gebilde in die Augen. Die Knospenschuppe stellt den Blattgrund dar, der hier nur beträchtlich stärker entwickelt ist als am Laubblatt, die Blattspreite verkümmert, sie hat schon zwei Seitenglieder angelegt, deren Entwicklung am Laubblatt in basipetaler Folge vor sich geht; würde die Laubblattanlage sich zu einem Laubblatt weiter entwickeln, so ginge die Anlegung der Seitenglieder der Blattlamina noch weiter und zwischen Spreite und Blattgrund würde durch Verlängerung der oberen Partie des letzteren der Blattstiel eingeschoben. Der Übergang von den Schuppenblättern zu den auf dieselben folgenden Laubblättern ist übrigens ein plötzlicher : auf das letzte große Schuppen- blatt folgt direkt das erste Laubblatt. Prunus Padus besitzt Blätter, die, wie dies in dem Verwandtschafts- kreise der Rosaceen allgemein der Fall ist, mit Nebenblättern versehen sind. Diese sind hier aber nicht, wie irriger- weise behauptet wurde, an den Knospen zu Knospenschuppen aus- gebildet , sondern die Knospenschuppen gehen auch hier aus dem Blattgrunde hervor. Interessant ist hier der allmähliche Übergang von den äußeren kleinen Knospenschuppen (den Seitenknospen) zu den inneren, größeren. Die Mittellinie der Schuppen ist durch- zogen von einem Strange gestreckter Zellen, der aber weder Gefäße noch Tracheiden enthält. Solche finden sich erst in den weiter oben stehenden Schuppen (z. B. Fig. 383 3) zuerst sehr klein und in ge- ringer Anzahl , später mehr entwickelt. Und zwar sind es jetzt drei Stränge, ein medianer und zwei seitliche (Fig. 383 2), welche die Schuppe durchziehen. Dieselbe endet wie die von Acer in ein Spitzchen \L). welches die verkümmerte Laminaranlage darstellt. Bei Schuppen, wie die in Fig. 383 2 abgebildete, findet man rechts und links von dieser verkümmerten Spreitenanlage eine Einkerbung fs. Fig. 383 2\ die erste Andeutung der Stipulae. Diese finden sich bei den untersten Knospenschuppen noch nicht: die letzteren sind hervorgegangen aus der Umbildung von Laubblattanlagen, deren Blattgrund noch keine Neben- blätter angelegt hatte. Die weiter oben stehenden Blattanlagen dagegen Fig. 383. 1 — 6 Priinu!< Padus. 1 uud 2 Knospenschlippen, 2 schwach vergrößert. L verkümineriKle Anlage der Blattsi^reite. st Anlagen der Stipulae, die auf dem erweiterten, zur Schuppe entwickelten Blattgrunde sitzen. 3 Eine der obersten Schuppen einer sich entfaltenden Knospe, die drei Gefäßbündel, welche den Blattgiimd durchziehen, haben sich verzweigt, st Stipulae. 4 junges Laubblatt. 5, 6 Mittelstufen zwischen Laubblättern und Knospenschiijjpen (betr. der Entstehung dersel))en s. den Text). 7 Knosjienschujjpe von Acer Pseudoi^latamis. L die verküiuraernde Spreitenanlage bei A in nat. Gn'iße. Einzeldarstellung der Yegetatioiisorgane. 577 erleiden die Umbildung erst auf einem späteren Stadium, wo die Stipulae schon angelegt und mehr oder weniger weit entwickelt sind. Die Fig. 383 3 stellt eine Knospenschuppe dar, bei welcher dies der Fall ist. Der Blatt- gruud, welcher die Knospenschuppe bildet, ist hier sehr entwickelt, von den drei ihn durchziehenden Gelaß bündeln gehen Äste in den erweiterten Blattgrund ab. Diese Aste finden sich in dem sehr wenig entwickelten Blattgrunde des Laubblattes nicht, eine Thatsache, die insofern von prin- cipiellem Interesse ist, als sie uns zeigt, daß das Auftreten von Crefäß- bündeln in morphologischen Fragen immer ein sekundäres Moment ist. Wo ein Organ sich etwas umfangreicher entwickelt, da treten auch die entsprechenden Gefäßbündel in dasselbe ein, es wäre aber verfehlt, von der Gefäßbündelverteilung aus, wie dies vielfach geschehen ist, Rückschlüsse auf die Natur des betreffenden Organs machen zu wollen. In der Fig. 383 4 ist zum Vergleich mit . den Knospenschuppen ein junges Laubblatt abge- bildet, dessen Stiel noch kurz ist. Auch hier treten vom Stamm in den Blattgrund drei Gefäßbündel ein, von denen jedes der beiden seitlichen einen Ast in die betreffende Stipula abgiebt, durch den Querstrich ist die betreffende Stelle in der Knospenschuppe angedeutet. Bei solchen Holzgewächsen, welche Endknospen besitzen, ist der Über- gang von den Laubblättern zu den Niederblättern (den Knospenschuppen) gewöhnlich kein unvermittelter. Bei der Roßkastanie z. B. ist die Lamina des letzten, der beschuppten Knospe vorausgehenden Blattes oft auf ein Teil blättchen und die Rudimente von zwei anderen reduziert, ähnlich bei Juglans regia i), den Acer- Arten etc. Auch bei Prunus Padus sind bei den ersten Knospen schuppen die Laminaranlagen größei^, der Blattgrund kleiner als bei den folgenden. Ich erwähne hier diesen Umstand, weil er in gleicher Weise auch bei solchen Pflanzen vorkommt, die keine Knospenschuppen bilden, z. B. Lycopodium-Arten, Juniperus, Araucaria. Auch hier sind die gegen das Ende der Vegetationsperiode hin gebildeten Blätter kleiner und stimmen also insofern mit den Mittelformen zwischen Laubblättern und Knospenschuppen an den erwähnten Bäumen überein. Wir können uns vor- stellen, daß ursprünglich alle Gewächse keine Knospenschuppen besaßen, sondern nur verkümmerte oder kümmerliche Laubblätter bei abnehmender A^egetationskraft hervorbrachten, und daß durch sehr einfache Wachstums- vorgänge aus diesen Verkümmerungsformen dann die Knospenschuppen entstanden. Thatsächlich haben wir einen derartigen Fall ja oben für Theophrasta pinnata kennen gelernt. Daß die Knospenschuppen aus Laubblattanlagen hervorgegangen sind, läßt sich nicht nur auf vergleichend-entwicklungsgeschichtlichem Wege, wie das oben geschehen ist, nachweisen, sondern auch experimentell. Man kann nämlich die sonst im gewöhnlichen Verlaufe der Entwicklung zu Knospen- schuppen werdenden Laubblattanlagen veranlassen, wirklich zu Laubblättern zu werden. Es geschieht dies, wenn man die für das nächste Jahr nach ihrer Bildung zum Austreiben bestimmten Knospen nötigt, schon in dem- selben Jahre auszutreiben und zwar zu einer Zeit, wo die Knospenschuppen noch in der Anlegung begriffen sind. Dies wird erreicht, indem man einen jungen Sproß entweder entgipfelt oder entlaubt. In beiden Fällen (betreffs der Einzelheiten vgl. a. a. Ö.) werden dadurch die Seitenknospen zum Aus- treiben veranlaßt und entwickeln nun keine Schuppenblätter, sondern Laub- blätter mit vollständig entwickelter, wohlausgebildeter Blattspreite, Blatt- stiel und einem Blattgrunde, der ebenfalls vollständig mit dem der gewöhn- ^) Ygl. das Nähere bei Goebel, Bot. Zeitung 1880, p. 775. Goebel, Organographie der Pflanzen. '^^ R-TQ Specielle Organographie. liehen Laubblätter übereinstimmt. Es fehlt aber auch nicht an Mittel- stufen zwischen Laub- und Niederblättern. Solche Mittelstufen sind in der Eig. 383 5 imd 6 dargestellt. Die der Fig. 6 zeichnet sich dadurch aus, daß sie einen erweiterten Blattgrund mit klein gebliebenen Nebenblättern [st), keinen Blattstiel und eine zwar nicht sehr große, aber doch ganz normal ausgebildete Blattspreite trägt. Fig. 5 dagegen nähert sich, wie ohne weitere Beschreibung erhellt, schon viel mehr einem normalen Laubblatt, von dem sie sich nur durch die stärkere Entwicklung des Blattgrundes unter- scheidet. Diese beiden Blattbildungen wären bei ungestörter Vegetation zu kleinen Knospenschuppen, wie die in Fig. 383 1 abgebildete, oben beschriebene, geworden. Sie sind veranlaßt worden, sich zu Laubblättern zu entwickeln, zu einer Zeit, wo die Laubblattanlage schon begonnen hatte, sich zur Knospenschuppe durch Erweiterung des Blattgrundes auszubilden, ein Ver- hältnis, das, wenn einmal vorhanden, nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sondern durch die verstärkte Stoffzufuhr, welche das Austreiben der Knospe veranlaßt, zunächst noch gesteigert wird. So ist es bei dem in Fig. 6 abgebildeten Blatte, wo der Blattgrund ganz übereinstimmt mit der Knospenschuppe Fig. 5, obwohl letztere eine der obersten Knospen- schuppen einer normal austreibenden Knospe, letztere aber das unterste Blatt einer künstlich zum Austreiben veranlaßten Knospe ist. Die Ge- staltungsursachen dürfen wir wohl in beiden Fällen als dieselben betrachten. Die ersten Knospenschuppen werden schon sehr früh angelegt, zu einer Zeit (Anfang Aprilj, wo die Beservestoffe der Hauptsache nach wohl als Material für die Wachstumsvorgänge, welche beim Austreiben der im vorigen Jahre schon vollständig angelegten Knospen stattfinden, aufge- braucht sind. Die später entstandenen Knospenschuppen und die von ihnen umhüllten Laubblätter werden zu einer Zeit angelegt, wo die ent- falteten Laubblätter des betreffenden Sprosses schon in Assimilations- thätigkeit gewesen sind. Selbstverständlich ist dieser Umstand nur ein Moment, der bei Untersuchung der hier stattfindenden Gestaltungsverhält- nisse zu berücksichtigen ist, nicht aber eine Erklärung für dieselben. Was hier für Prunus Padus geschildert wurde, gilt auch für andere untersuchte Pflanzen, z. B. Aesculus, Acer, auch für die, deren Knospenschuppen aus Stipulis verkümmerter Laubblätter gebildet werden, wie Quercus, Fagus u. a. Auch bei Monokotylen finden wir vielfach Niederblätter und Übergangs- stufen von den Laubblättern zu diesen. Wir sehen an diesen Übergangs- stufen die Lamina reduziert, den Blattgrund (resp. die Scheide) entwickelt (sehr stark z. B. bei den Hauptsprossen der Bambusen, welche einem Riesen Spargel ähnlich über die Erde treten und zunächst nur Niederblätter hervorbringen). In manchen Fällen fehlt die Spreite vollständig, das Nieder- blatt hat sich, ehe überhaupt eine Differenzierung von Spreite und Scheide eintrat, scheidenähnlich entwickelt. Darauf wird bei Besprechung der Hoch- blätter zurückzukommen sein, denn diese entstehen, wie gezeigt werden soll, ganz ebenso wie die Niederblätter, beide unterscheiden sich voneinander äußerlich nur durch den Ort des Vorkommens. b) Hochblätter. Die Bezeichnung als Hochblätter rülirt, wie erwähnt, zuerst von K. ScHiMPER her. Ursprünglich ^) unterschied er außer den Laub- blättern die untere und die obere Scheidenformation (bei welcher die Blattspreite verschwunden sei); später-) nannte er die letztere „Hoch- ') Beschreibung des Sympliytum Zeyheri, ]">. 44. ^) Vgl. das Citat bei Wydlek, Bot." Zeitung, 1844, p. 626. EinzcltlMi-stclUnig der Voiretationsortianc. 579 Itlättei''. Der Ausdruck bürgerte sich namentlich durch A. Braun ein, welcher folgende Schilderung der Hochblätter giebt^): „Zu der Formation der Hochblätter gehören die Hüllblätter und gemeinsamen Kelche der Blütenstände, die Brakteen und Brakteolen (= Vorblätter), Sjielzen und Spreublätter, welche die Blüten begleiten. Sie sind den Niederblättern ähnlich, indem die Stiel- und Spreitenbildung. sowie die grüne Farbe mehr oder weniger, meist vollständig verschwinden. Sie unterscheiden sich von den Niederblättern hauptsächlich durch Schmalheit der Basis, zarteren Bau, schnelle Bildung und schnelles Ableben." Diese Darlegung paßt nicht auf eine große Anzahl hiei-her gehöriger Bildungen. Sie läßt außerdem, ebenso wie dies, durch die auf Begritfskonstruktionen, nicht auf den thatsächlichen Entwicklungsvorgäugen fußende Richtung der idealistischen Morphologie liedingt war, bei den Niederblättern geschah, die Bezielumgen der Hochldätter zu den Laulililättern ganz außer Be- tracht. Ich habe nachgewiesen-), tlaß die Hochl)lätter ebenso wie die Niederl)lätter aus Laubblattanlagen hervorgehen, und daß sie auf ver- schiedene Weise zustande kommen können, wofür unten Beispiele angeführt werden sollen. Die Einwendungen, die E. Schmidt '^j — der im ül)rigen auf meinen früheren Untersuchungen und Darstellungen fußt — gegen einzelne Punkte meiner Auffassung erhoben hat, sind nur formaler Natur, sie sollen im folgenden kurz berührt werden. Man kann sich fragen, ob es zweckmäßig ist, die ScHiMPER^sche Bezeichnung noch beizubehalten. Denn es handelt sich um Blätter, die nur das gemeinsam haben, daß sie in der Blütenregion vorkommen, ihrer Leistung "nach aber haben sie recht verschiedene Bedeutung. Vielfach dienen sie noch als Assimilationsorgane, meist sind sie Schutzorgane für die Blütenknospen oder LiHorescenzen, nicht selten auch Schauapparate oder beides zugleich, zuweilen treten sie in den Dienst der Samen- resp. Fruchtverbreitung (Tilia), vielfach sind sie auch stark rückgel)iklet oder ganz verkümmert. Immerhin erscheint es zweckmäßig, für die in der Blütenregion vorkommenden, den Blüten selbst nicht angehörenden Blatt- gebilde einen Sammelnamen zu haben, wenn er auch nur das eine Moment — das des Vorkommens — hervorhebt. Auch ist es wahr- scheinlich, daß zwischen der Blütenbildung und der von der typischen Laul»l)lattform abweichenden Gestaltung der Hochblätter vielfach ein kor- relativer Zusammenhang besteht, wie daraus geschlossen werden kann, daß öfters — freilich nicht immer — wenn Inflorescenzen vegetativ weiter wachsen, wieder die gewöhnliche Laubl)lattform auftritt. Die Gestaltung der Hoch])lätter würde somit durch den Ort ihres Vorkommens kausal bedingt und der Name auch aus diesem Grunde ein bezeichnender sein. — Die kausalen Beziehunoen sind uns hier wie in den meisten anderen Fällen freilich vorläufig noch ganz dunkel. Dagegen können wir andere Fragen beantworten. Nämlich 1 ) wie entstehen die Hochl)lätter. gilt auch für sie das Gesetz, daß der Entwicklungsgang aller Blätter einer Pflanze ursprünglich derselbe ist (aber auf verschiedenen Entwicklungsstufen Ab- ') Betrachtungen ül)cr die Erscheinung der Verjüngung in der Natur, p. 6/. *) Bot. Zeitung 1880. Vgl. Entwicklungsgesch., p. 250. "} Ein Beitrag zur Kenntnis der Hochblätter, Wissensch. Beilage zum Prograuun der Friedrichs-Werder'schen Oljerrealschule zu Berlin, Ostern 1889. Schmidt geht von der An- nahme aus, daß ich die Differenzierung des Primordiidldattes in Blattgrund und Oberblatt für eine allgemeine Erscheinung erklärt habe. Dies ist irrtümlich. (Vgl. Entwicklungsgesch, p. 215.) Teil habe darauf hingewiesen, daß bei ungegliederten Blättern axich die Ent- wicklung eine vereinfachte ist. 38* 580 Specielle Organographie. lenkiingen erfahren kann)? 2) In welcher Beziehung stehen bei ihnen Gestalt und Funktion V Hier ist zunächst hervorzuheben , daß einerseits sanft abgestufte Übergänge zwischen Laubblättern und Hochblättern bei vielen PHanzen sich linden, also irgendwelche scliarfe Grenze zwischen Laul)l)lättern und Hochblättern vielfach auch da nicht zu ziehen ist, wo die eigentlichen Hochblätter von den Laubblättern sehr aljweichen, andererseits die Xer- schiedenheit zwischen Laubblättern und Hochblättern einen sehr ver- schieden großen Betrag erreicht, der fast auf Null sinken kann. Dies wird um so mehr der Fall sein, je weniger gegliedert die typischen Blätter selbst sind. Bei Epilobium parvifolium und Edrajanthus Pumilio (einer Campanulacee mit linealen Blättern) unterscheiden sich die Hoch- blätter von den Laubl)lättern sehr wenig, sie sind etwas kleiner als diese und die weiter oben stehenden, welche die Blüten in) Knospenzustande zu schützen haben, erhalten einen etwas l:)reiteren Blattgrund. Auch bei vielen Monokotylen, z. B. Cj^pripedium Calceolus, unterscheiden sich die Deckblätter der Blüten von den Laubblättern nur dadurch , daß sie k ürzer und schm äler sind. Indes kom- men auch schon bei einfachen Blatt- formen in der Hoch- blattregion tiefer- greifende Umbild- ungen vor. Als Bei- spiel diene Rhinan- thus major. An den Laubblättern dieser Pflanze ist eine Ver- schiedenheit zwi- schen Blattgrund und Spreite äußer- lich nicht wahr- nehmbar, trotzdem ist eine solche vorhanden und zwar im Leitbündel- verlauf. Es treten drei Leitbündel in das Blatt ein. Das mittlere ver- läuft als starker Mittelnerv, von dem aus Seitennerven in die Buchten zwischen den Blattzähnen abgehen (Fig. 384 T). Die l)eiden seitlichen Bündel gelangen nur in das untere Drittel des Laubblattes, biegen gegen eine Randbucht aus (a Fig. 384) und geben nach außen Zweige für die anderen Randbuchten ab. Bezeichnen wir den oberen (über a gelegenen) Teil des Blattes als Spreite (obwohl er von dem unteren nur durch das oben angegebene Merkmal verschieden ist), den unteren als Scheide, so sehen wir nach der Blütenregion hin die Spreite sich verkürzen, die Scheide breiter werden (Fig. 384 //, III), wodurch sie, wie kaum bemerkt zu werden braucht, zum Schutze der Blütenknospen besser befähigt wird. In Fig. 384 IV u. V nimmt die Spreite nur noch einen kleinen Teil (etwa Vs— Vg) t^er Gesamtlänge des Blattes ein; die Scheide, die zugleich als Schauapparat dient, erhält eine weiß- liche Färbung und die Spreite erscheint zuletzt nur noch als eine kleine, grün gefärbte Spitze. Fig. 384. Khinanthus inajoi Hoc'liblatt ( rj. a bezeichnet ininiei ffiuude Uheruang vom Laiiliblatt {I) zum lie obere Grenze des Blatt- Einzeldaistelliuii,' der Vogetntionsnrwane. 5,9;[ All Pflanzen mit gestielten und verzweigten (gegliederten) Blättein sehen wir bei der Hochblattbildung meist folgende Verschiedenheiten gegenüber den Laubblättern: a) Verringerung und schließlich Verschwinden des Blattstieles. Dies ist teleologisch leicht verständlich, denn erstens sind die Hochblätter schon dadurch, daß sie in der oberen Sproßregion stehen, meist über die anderen emporgehoben, zweitens kommt hier durch die sogleich zu erwähnende Verringerung der Blattfläche weder die mechanische Bedeutung des Blattstieles noch die für Erreichung einer günstigen Lichtlage so in Betracht wie beim typischen Laubblatt; drittens kann durch das Unterbleiben der Blattstielausbildung die Blattspreite leichter als Schutz für die Achselknospe mit benutzt werden. /i) Verminderung der Blatt fläche und im Zusammen- hang damit auch meist Vereinfachung ihrer Gliederung. Die Assimilationsarbeit kommt hier wenig oder gar nicht mehr in Be- tracht. y) Verbreiterung und oft Verlängerung des Blatt- grün des, dessen schützende Funktion hier in erhöhtem Maße in An- spruch genommen wird. Im übrigen finden wir, wie ich früher nachwies, bei den Hoch- blättern dieselben verschiedenen Vorgänge wie bei der Niederblattbildung. Nämlich 1) die Hochblätter bestehen aus Nebenblättern, deren zuge- hörige Blattspreite verkümmert ist. Solche finden sich z. B. an den Inflorescenzen von Humulus Lupulus. Die Blätter, in deren Achseln die weiblichen Blütenkätzchen stehen, zeigen von unten nach oben eine allmähliche Abnahme der Blattspreite, bis dieselbe im oberen Inflorescenz- teile so früh verkümmert, daß sie scheinbar gar nicht mehr vorhanden ist. Man kann sie aber künstlich (z. B. durch Entblätterung der Sprosse) zur Entfaltung bringen, und gelegentlich gelangt sie auch ohne äußere Eingriffe zur Weiterentwicklung, was deshalb leicht verständlich ist, da ihre Anlage^) zwischen den Nebenblättern stets nachzuweisen ist. — Ein entsprechender Fall ist mir sonst nur noch von den Inflorescenzen von Amicia Zygomeris bekannt, avo die eigentlichen Blütendeckblätter gleichfalls verkümmert, ihre Nebenblätter als Schutzorgaue entwickelt sind. 2) Die Hochblätter gehen hervor aus Umbildung der Blattspreite resp. (bei Blättern mit nicht ausgesprochener Differenz von Blattspreite und -Scheide) der ganzen Blattanlage. Dahin gehören die oben er- Avähnten Fälle, in denen die Hochblätter von den Laubblätteru nur wenig verschieden sind. Bei Caltha palustris z. B. ist bei den Hoch- blättern der Stiel zunächst kürzer als bei den Laubblättern, und fehlt bei höher stehenden Hochblättern ganz. Abgesehen davon, daß auch die Spreite kleiner ist, als die der Laubblätter, stimmen aber die Hochblätter mit diesen überein. Von einer solchen Vereinfachung aus finden sich alle Übergänge bis zu deutlicher Hochblattbildung. Bei Epilobium an- gustifolium z. B. stehen die untersten Blüten der Infloiescenz in der Achsel eines gewöhnlichen Laubblattes. Je höher man nach oben geht, desto kleiner werden die Deckblätter, ihre Breite sinkt auf etwa V2 i»»!? sie bestehen nur noch aus einem Mittelnerv und einem schmalen grünen Saume zu jeder Seite desselben. Bei der derselben Familie angehörigen Circaea intermedia haben alle Brakteen die Gestalt winziger Schüppchen. ') Wie auch spätere Autoren bestätigt haben. 582 Specielle Organographie. die kein Leitbündel mehr besitzen ein Übergang zn der nnten zu erwähnenden vollständigen Verkümmerung der Hoclil)lätter, es handelt sich bei der Entstehung der Hochblätter um eine H e m m u n g in der Entwicklung der Laubblatt- anlagen, die verschieden weit, bis zum vollständigen Verschwinden gehen kann, und mit einer Ver- einfachung der Blattgestalt beginnt. Bei einigen Pflanzen findet sich dabei eine Eigentümlichkeit, deren etwaige biologische Bedeutung mir bis jetzt zweifelhaft geblieben ist: die Hochblätter (wenigstens ein Teil derselben) sind verhältnismäßig mehr zerteilt als die Laubblätter, während gewöhnlich das Umge- kehrte statthat. So bei Ranun- culus acer, Saxifraga rotundifolia, Heuchera Menziesii u. a. Wir finden hier die bekannten Faktoren der Hochblattbildung: Verkür- zung, resp. Nichtausbildung des Blattstiels , Verkleinerung der Blattfiäche und dazu tiefere Teilung der Blattfläche. Die verui'sachen- den Momente für diese abweichende Gestaltung sind unbekannt, aber eine funktionelle sowie eine ent- wicklungsgeschichtliche Beziehung scheint mir vorhanden zu sein. Soweit ich die Verhältnisse kenne, kommen solche geteilte Hochblätter meist vor bei reichl)lütigen Inttore- scenzen , die auch im Knospen- stadium schon ziemlich gestreckte Gestalt haben. Die langen Zipfel der unteren Hochblätter liegen der Inflorescenz außen an, und bilden so eine Hülle um dieselbe, die ähnlich einer solchen ist, die aus zahlreichen schmalen , getrennten Hochblättern (etwa wie beim In- volucrum der Kompositen) gebildet ist. Die Bildung dieser Zipfel aber stimmt mit der Auflassung der Hochblätter als Hemmungs- l)ildungen der Laubblätter dann überein, wenn auch bei der Ent- wicklung der letzteren die Bildung der Zipfel der Entwicklung der Spreite vorauseilt. Solche Fälle haben wir früher kennen gelernt. Wenn das junge Blatt von Benincasa cerifera, welches in Fig. 329 I abgebildet ist, auf dieser Entwicklungsstufe stehen bliebe (unter Streckung der drei Fig. 385. Mulgediuin inacrophylluin, Überganjs vom Laubl)latt J zum Hochblatt 7F (verkleinert) EinzeldarstoUun^' der Vcffctationsorirane. 583 oberen Blattzii)fel) und NichtWeiterentwicklung der Spreite, so \vürden wir ein tief „geteiltes'' Hoclil)latt erhalten, das scheinbar von dem Laubblatt weit abweichen würde und doch nur ein Hennnungsprodukt derselben wäre. Ob dies für alle Fälle von Hochldättern zutrifft, welche tiefer geteilt sind als die Laubblätter derselben Pflanze, bedarf weiterer Untersuchung, bei Heuchera Menziesii stimmt die Blattentwicklung mit dem oben theoretisch abgeleiteten Satze überein; es werden bei den Hochldättern weniger Zipfel angelegt als bei den Laubblättern, diese erfahren aber eine entsprechende Vergrößerung, namentlich Verlängerung. 3) Die Hochblätter gehen zum überwiegenden Teile aus dem Blattgrün d hervor, die Gliederung der Blatt- anlage in Blattgrund und „Oberblatt" wird allmählich aufgegeben und schließlich die Blattanlage, ohne daß es zur Ausgliederung einer Blattspreite käme, scheideu- ähnlich ausgebildet. Es entspricht dies dem für die Niederblatt- l)ildung angeführten, und es liegt in der Natur der Sache, daß dieser Vorgang sich vor allem bei Pflanzen mit wohlentwickeltem Blattgrund linden wird, indes haben wir oben schon an Rhinanthus ein analoges Beispiel auch bei äußerlich sehr wenig differenzierten Blättern kennen gelernt. Es wird lehrreich für die Beantwortung der beiden oben auf- geworfenen Fragen sein, wenn noch einige andere Beispiele von höher gegliederten Blättern angeführt werden. Mulgedium macrophyllum (Fig. 3857) zeigt zunächst ein Laubblatt (verkleinert), dessen Spreite deutlich vom Blattstiel gesondert ist, letzterer ist in seinem oberen Teile „geflügelt". II ist ein der unteren Hoch- blattregion angehöriges Blatt, der Blattstiel ist kaum angedeutet, dagegen der Blattgrund bedeutend vergrößert, entsprechend seiner Aufgabe eine Inflorescenzknospe (die bedeutend dicker ist, als eine gewöhnliche Laub- kuospe) schützend zu umhüllen. In 111 ist die Grenze zwischen Blatt- spreite und Blattgrund noch durch eine tiefe Einschnürung kenntlich, ein Blattstiel hat sich nicht mehr ausgebildet, und in IV ist die Grenze zwischen Spreite und Blattgrund kaum mehr angedeutet, bei noch höher stehenden Blättern verschwindet sie ganz. Diese LTnibildung ist aus der Entwicklungsgeschichte des Blattes leicht verständlich, alle diese Blatt- formen stimmen in ihrer Anlage überein , die Hochblätter entstehen durch eine auf früherem oder späterem Stadium erfolgende Hemmung der Laubblattanlagen, mit Vergrößerung des Blattgrundes. Ganz ähnlich verhält sich auch Astrantia major (Fig. 38(3), wenn wir von der Region der gestielten Laubblätter nach oben gehen, sehen wir, wie zunächst den Blattstiel und die Blattfläche kleiner werden. Der Blattstiel verschwindet, die Lamina sitzt dem erweiterten Blattgrund unmittelbar auf (Fig. 386/). Der scheidige filattgrund erhält zunächst am Rande eine weißliche Färbung, die Gliederung der Lamina tritt mehr und mehr zurück (71, 777); die weiße Färbung des Blattgrundes wird nach oben hin auffallender, die Lamina kann man nur noch andeutungs- weise daran erkennen, daß das sonst ganz ungegliederte Hochblatt eine dunkler grüne Spitze hat (7F). Daß die das „Involucrum" bildenden Hochblätter (77) im Gegensatz zu den vorhergehenden eine schmale Basis haben, hängt offenbar mit der ringförmigen Anordnung der In- volukralldätter zusammen: hier wird die schützende Funktion von zahl- reichen kleinen, sonst von einzelnen, verhältnismäßig großen Blättern übernommen. 584 Specielle Orgauographie. Die eutwicklungsgeschiclitlichen Vorgänge, welche zur Bildung der Hochblätter führen, sind ebenso wie bei den Niederblättern aus der Entwicklung der Laubblätter ohne weiteres verständlich, brauchen hier also nicht im einzelnen auseinandergesetzt zu werden. Wir sehen, daß es sich um eine äußerlich vielfach auch durch die Übergangformen an- gedeutete Umbildung der Laubblattanlagen handelt, welche bald früher, bald später, zuweilen vor Auftreten jeglicher Differenzierung der Blatt- anlage eintreten kann, wir erhalten dann scheidenähnliche Gebilde ohne jede Andeutung einer Spreite. Daß es sich um mit den Blattscheiden über- einstimmende Gebilde handelt, das zeigt die ganze Beschaffenheit, nament- lich vielfach auch der Leitbündelverlauf und der Vergleich mit den Über- Fi.ff. 386. Hot'hl)l:itter von Astnuitin major, dio chlorophyllhaltii^Min Teile durch diiuklcre Tönune; ansjedeiitet. gangsformen. Der Leitbündelverlauf bei dikotylen Hochblättern erinnert vielfach an den monokotyler Blätter (vergl. Fig. 38(3/71). Daß der ganzen noch ungegliederten Blattanlage die Ausbildung aufgeprägt werden kann, die sonst nur einem Teile zukommt, kann uns kaum verwundern, namentlich dann nicht, wenn wir die SACHs'schen Anschauungen über „Stoff' und Form'' annehmen. Dann Spreite und Scheide auf bestimmten Auftreten bestimmter „Wuchsenzyme" kannten oraanbildenden Stoffe sonst beruht die Verschiedenheit von stofflichen Vorgängen, auf dem oder wie man die uns unbe- noch nennen maff. Nennen wir das für die Spreitenbildung notwendige x, das für die Scheide (den Blattgrund) y, so sehen wir in der Blattanlage beim Laubblatt x -h y auftreten, auch in vielen Hochblättern, in manchen aber nur y allein Dahin gehören, wir hier noch bemerkt sein mag, auch die Hochblätter mancher Monokotylen , wie auch hier schon die Übergänge andeuten. Bei Carludovica plicata sind die Blütenkolben von einer Anzahl Hoch- blätter uingelien. In einem untersuchten Falle hatte das äußerste der- sell)en noch eine deutliche Spreite, die zwar kleiner war, als die der Laubl)lätter, aber noch einen Stiel besaß, der gleichfalls kürzer war als der der Laubbiätter. Das folgende Blatt zeigte keinen Blattstiel mehr, Einzeldarstellims' der Veuct;itioiisor!,';mo. 585 aber noch ein Spreitenrudiment mit der für die (iattiing charakteristischen Faltung. Beim dritten war die Spreite noch mehr reduziert und schließlich fanden sich nur noch Scheiden ohne erkennbaren Spreitenteil. Eben- dahin gehören auch die Paleae und Glumae der Gräser, die Granne, die hier bei manchen sich findet, wird schon lange mit Recht als rudimentäre Spreite gedeutet. So viel über die erste der oben aufgeworfenen Fragen. Was die zweite anbelangt, so ist sie im wesentlichen auch schon beantwortet, denn es wurde ol)en an verschiedenen Stellen hervorgehoben, daß zwischen Gestalt und Funktion der Hochl)lätter meist leicht ersichtliche Beziehungen l)estehen, wie denn schon die Entwicklung des Blattgrundes, der auch sonst zum Knospenschutz zu dienen ptiegt, direkt auf die Hauptfunktion der Hochblätter hinweist. Die gilt auch für die Ver- kümmerung der Hochblätter^). Beschränken wir uns auf die Deckblätter, so kann man sagen, daß es sich wohl überall da, wo diese verkümmert sind handelt um Blüten, die anderweit hinreichend geschützt sind, sei es durch dichtgedrängte Stellung, sei es durch besondere Schutzvor- richtungen. Es braucht nur erinnert zu werden an das Verhalten der meisten Cruciferen, das vieler Umbellifereu und Compositen, in welchen die Deckblätter der Blüten verkümmern, weil die ganze Intlorescenz anderweitig im Knospenzustand geschützt ist, sei es durch besondere Hochblatthülle, die Scheidenteile von Laubblättern oder auf andere Weise. Eine eigentümliche Erscheinung weisen manche verkümmernde Hoch- blätter darin auf, daß sie sich teilen. Ich habe auf derartige Fälle früher hingewiesen. (Vergl. Entw.-Gech., p. 299.) Einige Beispiele seien angeführt. Die Grasähi'chen sind von zwei Hüllspelzen umhüllt. Bei Lolium sind diese, wie früher erwähnt (p. 49), auch bei den freistehenden Endähr- chen entwickelt, bei den Seitenährchen, welche mit einer Seite einer Aus- höhlung der Inflorescenzachse anliegen, fehlt die dieser zugekehrte, als Schutzorgan überflüssig gewordene untere Gluma. Man findet sie aber bei Lol. temulentum in zahlreichen Fällen (namentlich bei den unteren Blüten der Inflorescenz) noch entwickelt. Selten als ganzes Blatt, meist war sie ersetzt durch zwei kleine, durch einen breiten Zwischenraum voneinander getrennte Blättchen, die durch Übergäng;e (Spelzen mit tiefem Einschnitt) mit den ungeteilten verbunden sind. Ähnliches wurde für die Inflorescenzachsen von Typha -nachgewiesen und findet sich auch bei Compositen. So bei Xeranthemum macrophyllum -). Die Blätter der Hochblatthülle des Blutenstandes gehen hier (wie in anderen Fällen) ganz allmählich in die Deckblätter der Blüten über. Die äußeren Deck- blätter sind ungeteilt, die weiter nach innen stehenden zeigen Neigung, sich in zwei zu teilen, manche sind bis zur Hälfte, andere bis zum Grunde geteilt, so daß zwei anscheinend völlig selbständige Blättchen vor jeder" Bliite stehen. Auch diese können sich weiter teilen und statt eines Deckblattes findet sich dann eine Anzahl schmal linearer, bisweilen fast borstenähnlicher Blattzipfel. Wir haben hier aber, wie mir scheint, schon den Beginn einer Neu- bildung vor uns. An Stelle der verkümmernden Hochblätter treten ^) Vergl. die Ziisammenstclliiiig bei C. Tli. NAUllArs. Die VeiküninicrmvLT der Hoeli- blätter, Dissert. Göttingen, 1870. ^) Ygl. Wakmixg, Die Blüte der Ki)iii]K.siteii. Bonn 1^7rabsondernde) Drüsen. ^) Er ist außerordentlich oft beschriel)cn worden, ich verzichte aber, da es sich um eine weit verbreitete Pflanze handelt, auf die Anführung der Litteratur; es sei nur erwähnt, daß die Morphologie des Lathraeablattes wohl zuerst von Iemiscii (Morphologie der mouok. Knollen- und Zwiebelgewächse, p. 188) richtig erkannt wurde, und auf Stexzel's Abhand- luug (Über die Blätter des Schuj^penwurz, Bot. Zeit., 1871, p. 241) verwiesen. 5^3 Specielle Organograx)liie. tärer Ausbildung zeigen, es ist hier nur der Blattrand seitlich umge- schlagen, und nur in den dadurch geschaffenen geschützten Hohlräumen finden sich wasserabsondernde Drüsen. Wir können uns leicht denken, wie von einem solchen einfachen Anfang aus die sonderbare Lathraeablattform entstand. Und wenn dieser Gestaltung eine biologische Bedeutung zu- kommt, so muß sie bei Lathraea, die nur Schuppenblätter besitzt, höheren Ansprüchen genügen, als bei Tozzia, die später einen mit Laubblättern versehenen Sproß über die Erde sendet. Die Abbildungen werden zur Erläuterung genügen (vgl. Fig. 388, 389j. Was ist nun die Bedeutung dieser eigentümlichen Blattbildung V Ich habe diese Frage früher^) dahin beantwortet, daß es sich dabei w^esentlich handelt um den Schutz wasserabsondernder Drüsen, die sich in diesen unterirdischen Blattorganen in großer Menge finden und deren Thätigkeit teilweise die der Trans- piration ersetzt. Diese Drüsen sind durch die Gestalt der Blätter in ge- schützte Hohlräume gebracht; möglich, daß namentlich in jugendlichen Stadien diese Hohlräume auch der Durchlüftung dienen. 4) Die Kotyledonen -) erfordern hier eine besondere Besprechung, da sie in mehr als einer Hinsicht Eigentümlichkeiten aufweisen, die so- weit gehen, daß einige Autoren ihnen sogar die Blattnatur abgesprochen haben. Ausgezeichnet sind sie zunächst durch ihre Stellung: Bekannt- lich bezeichnete man als Kotyledonen das erste Blatt oder die ersten Blätter, welche am Embryo der Samenpfianzen auftreten, und zwar gehen sie nicht, wie die späteren Blätter (vgl. aber die Embryoentwicklung bei den Monokotylen!) aus einem Sproßvegetationspunkt, sondern direkt aus der noch ungegliederten Embryonalanlage hervor. Später hat Leitgeb die Bezeichnung „Kotyledonen" auch auf die (ein bis zwei) Blätter des Embryo der Pteridophyten übertragen, welche unabhängig vom Sproßvegetationspunkt entstehen, eine Benennung, die sich mit Ptecht eingebürgert hat. Die Kotyledonen der Pteridophyten bedürfen hier kaum einer besonderen Besprechung. Sie schließen sich nämlich so sehr den Primär blättern an (vgl. p. 130 und Fig. 93), daß sie lediglich als die ersten Glieder dieser zu betrachten sind; sie sind ausnahmslos Hem- mungen von Laub blättern und zeigen das um so deutlicher, als sie die den Kotyledonen der Samenpflanzen häufig zukommende Bedeutung von Saugorganen nicht haben, es ist diese Aufgabe vielmehr dem ,,Fuß" des Pteridophytenembryos übertragen, auch als Speicherorgane funktio- nieren sie nie. Sie tragen also die Übereinstimmung mit den übrigen Laubblättern deshalb deutlich zur Schau, weil sie nicht in den Dienst anderer Funktionen getreten sind. Nur bei den schwimmenden Salvinien und Azollen zeigt der Kotyledon eine von den ersten Laubblättern ver- schiedene Gestalt, bei Salvinia ist er schildförmig, bei Azolla kreisei- förmig (wobei auf der vertieften Oberseite eine Luftblase festgehalten wird), ich habe zu zeigen versucht^), daß diese Gestaltung der Kotyle- *) GOEBEL, Über die biologische Bedeutung der Blatthölilcu bei Tozzia uud Latliraea. Flora, 1897, p. 443. Zu Avesentlicli demselben Resultat kam auch Habeklandt in, eiuer fast gleichzeitig erschienenen Arbeit; Wasserabscheidving bei Lathraea war scheu Ton Dakwix beobachtet wordeu. -) Es wurde schon von A. DUPETIT THOrAES vor vielen Jahren vorgeschlagen, den sinnlosen Namen Kotyledon (= Napf, Schüsselchen) durch ,,ProtophyH" zu ersetzen, indes scheint außer Turpix (vgl. Ann. d. .Sc. nat. I, 23, p. 10) niemand sich diesem Vorschlag angeschlossen zu haben, und so muß der alte Name bleiben, zumal er durch seine Verwen- dung zur Bezeichuimg der „Monokotylen" und ..Dikotylen" eingebürgert ist. Übrigens hat man friiher die bei der Keimung laul>blattartig sich entwickelnden Kotyledonen als ,,faniilles seminales" bezeichnet. (So z. B. A. P. Decaxdolle.) ^) S. I uud II. Dort auch Abbildungen. Einzeldarstellung- der Vo<;etati(insiir<^ano. 589 (Ionen vorzüglich dazu geeignet ist. die normale schwimmende Lage der Keimprtänzchen auf dem Wasserspiegel ^zu sicheren. Der Embryo der Samenpflanzen befindet sich dem dei' Pteridophyten gegenüber in einer ganz anderen Lage. Er macht (wenn wir von den ,,lebendig gebärenden'' Pflanzen absehen) im Samen zunächst eine Unterbrechung in seiner Entwicklung durch und ist während derselben von starren Hüllen umgeben. Die Abweichung der Gestalt der Kotyledonen von der der Laubblätter ist hier meist eine viel größere. Es fragt sich, wie ist diese Abweichung morpho- logisch und biologisch zu erklären, lassen sich für dieselbe veranlassende Momente und Nützlichkeits- erwägungen anführen V In letzterer Hinsicht werden wir von vorn- herein nicht vergessen düifen, daß schon bei den Laubblättern vielfach die Beziehungen zwischen Ge- staltung und Lebensverhältnissen noch durchaus unklar sind und dementsprechend auch bei den Kotyledonen teleologische Betrachtungen nur mit Vorsicht anzuwenden sein werden. Indes ist für die letzteren leicht ersichtlich, daß außer den oben erwähnten Thatsachen (der Ein- schachtelung in dem Samen, ferner den Korrelations- verhältnissen, die gewiß auch hier in Betracht kom- men), bei ihnen vielfach andere Aufgaben als die der Laubblätter in Betracht kommen. Sie dienen : 1) Als Schutz für die Stammknospe (nicht nur während der Samenruhe, sondern vielfach auch während der Keimung [Fig. 390]). Dahin gehört auch die Ausbildung langer Ko- tyledonenscheiden bei manchen Pflanzen, in deren (jrund die Stammknospe sitzt, es soll darauf hier nicht näher eingegangen werden. Dagegen werden die vielfach merkwürdigen diesbezüglichen Verhält- nisse der monokotylen Embryonen unten zu schil- dern sein. 2) In manchen Fällen als Reservestoff'behälter. 3) Als Saugapparate zur Entleerung des Endo- sperms. In letzterer Hinsicht sei bemerkt, daß nur bei zwei Samenpflanzen, bei Gnetum und Welwitschia, ein von den Kotyledonen unabhängiges Saugorgan als Auswuchs des hypokotylen Gliedes sich flndet. In allen anderen Fällen stellen — wo über- haupt Gelegenheit zur Ausbildung von Saugorganen gegeben ist — die Kotyledonen diese dar, und zwar in den meisten Fällen innerhalb der Samen- schale. Doch kommt es auch vor, daß sie bei der Keimung, nachdem sie die Samenschale ver- lassen haben, einen Teil des Endosperms mit- nehmen und außerhalb des Samens ausnützen. (^m A Fig. 390. Leucc.tlendiuni argeuteum. Keimpflanze in nat. Gr. Ein Kotyle- don, C.2 ist entfernt, num sieht, wie die Stainm- knospe in einei' niseheu- fVirmigen Vertiefung der Kotyledonai'basis ge- schützt liegt. Wh „Wur- zelhals" (Grenze zwiseheu hv2K>lvotyleni (iliede und "Wurzel ). 590 Si>ecielle Organographie. So fand ich es vor Jahren in Java bei einer Sterculia (Fig. 391), deren Kotyledonen häufig durch ein Intern odium getrennt sind. 4) Namentlich bei einigen Monokotylen (z. B. Phoenix), deren Kotyledonen positiv pro- tropisch sind) tragen die Ko- tyledonen bei der Keimung dazu bei, den Keimling tiefer in die Erde zu versenken. O- E Co st 2. E Fig. 391. Sterculia sp. (Hort. bot. Bogor.) i Längs- schnitt, f Querschnitt durcli oincu Kotyledon Co. Das ihm außen anhängende Endospenn ist schraffiert. st Stiel des Kotvledon. A. Dikotylen. 1) Morphologie der K 0 1 y 1 e d 0 n e n. Die äußei'en Gestaltungsverhältnisse, die ja meist außerordentlich einfache sind, können hier als bekannt vorausgesetzt werden , einige interessantere Fälle werden unten zu besprechen sein. Hier interessiert vor allem die allgemeine Frage : ob wir die Kotyledonen als Gebilde sui generis oder nur als Entwicklungsform der Laubl)lätter zu betrachten haben ? Die letztere Frage ist zu bejahen und zwar aus folgenden Gründen : a) Die Analogie mit den Gefäßkryptogamen, deren Kotyledonen, wie oben erwähnt, mit den Primärblättern (von der Anlegung abgesehen) durchaus übereinstimmen, sowie die Thatsache, daß auch bei manchen Samenpflanzen die Kotyledonen mit den Laubblättern übereinstimmen, oder durch Übergangsformen mit ihnen verbunden sind. So ist der einzige Kotyledon von Cyclamen den Laubblättern gleich gestaltet (Fig. 392), ebenso verhalten sich Utricularia, Pinguicula, Viscuni, Spergula, auch die unten zu erwähnenden Monokotylen mit endosi)ermlosen Samen zeigen im wesentlichen das gleiche Verhalten. Bei manchen PÜanzeu (knollenbesitzende Corydalis - Arten , Carum Bulbocastanum , Bunium petraeum, Aconitum Anthora u. a.) sind die Kotyledonen im "-^ ersten Lebensjahr der Keimpflanze sogar die einzigen Assimila- tionsorgane, meist freilich sind sie rasch vergänglich, bei manchen Pflanzen sind sie schon nach wenigen Wochen ver- welkt (Claytonia perfoliata, Nolana atriplicifolia u. a.), es ist leicht verständlich, daß derartige kurzlebige Blätter einfacher gestaltet und gebaut sein werden als die „typischen" Laubblätter. Bei einigen einjährigen Pflanzen^) können sie sich übrigens auch bis zur Blütezeit erhalten (Adonis aestivalis, Fumaria officinalis, Veronica hederifolia, Melampyrum pratense, Urtica urens, Euphorbia helioscopia), aber sie sind durch ihre Stellung an der Basis der Pflanze für die Assimilation in sehr ungünstiger Lage und kommen dafür wohl kaum in Betracht. Fig. 392. Keimpflanze von Cvelanicu persicuni. Der Kotyledon dient mit seiner Spitze als Saugapparat, das hypokotyle Glied ist zu einem ■Km'illcheu ' angeschwollen. Vergr. Bei dem Kleinbleiben der Kotyledonen den Laubblättern gegenüber sind offenbar vielfach auch Korrelationen (vgl. p. 177 ff.) wirksam. Wir ^) Vergl. WiN'KLEK, Über die Keimblätter der deutselien Dikotylen. Verh. des botan. Ver. der Prov. Brandenburg, XYI, p. 16. Eiiizeldarstcllung der Vcgetationsorganc. 591 sehen, daß die Kotyledonen bei den Pfianzon am größten werden (Strepto- carpus etc.), bei welchen der zwischen den Kotyledonen sonst vorhandene Hanptsproß unterdrückt wird, und auch sonst fiel mir auf, daß, wo die Kotyleclonen besonders laubblattailig sich ausbilden, sie der Entwicklung der Stanimknospe vorauseilen: auch läßt sich — wenigstens in manchen Fällen — durch Entfernung der letzteren eine VergröiSerung der Kotyle- donen dem gewöhnlichen Verhalten gegenüber erzielen : die einfachere Gestaltung der epigäischen Kotyledonen ist so (auch in biologischer Be- ziehung) leicht verständlich. Von epigäischen zu hypogäischen Koty- ledonen aber giebt es Übergänge, und schon die Thatsache, daß von den Arten einer Gattung die einen epigäische, die anderen hyi)0gäische Koty- ledonen haben können, z. B. Rhamnus frangula und Rh. cathartica, Mev- curialis perennis und M. annua, zeigt uns, daß die hypogäischen Kotyle- ledonen die Funktion als Assimilationsorgane zu dienen erst später, in Verbindung mit der Ablagerung von Reservestoffen aufgegeben haben und deshalb nicht mehr an das Licht treten. Die Einfachheit der Gestaltung der Kotyledonen den Laubblättern gegenüber aber betrachten wir als eine Hemmungserscheinung, ebenso wie bei den Pteridophyten. Diese Hemmung ist meist eine dauernde, in manchen Fällen, wie an Beispielen zu zeigen sein wird, aber nur eine zeitweilige. Die letzteren Fälle sind besonders interessant, weil sie auch auf die ersteren Licht werfen und direkt den Übergang der Kotyledonen zu den Laubblättern vermitteln. b) Es lassen sich, wenn man eine größere Anzahl von Keimlingen vergleicht, alle Übergangsformen zwischen den Kotyledonen und den Laubblättern auffinden. Manche Kotyledonen erfahren bei der Keimung nur eine Vergrößerung (vergl. z. B. Ampelopsis, p. 125), andere eine Gestaltveränderun g, die in extremen Fällen, wie dem von Strepto- carpus polyanthus M (und anderen Arten) und Monophyllea dazu führt, daß der eine Kotyledon zu einem mächtigen, oft über )50 cm langen Laubblatte heranwächst, während er bei der Keimung nur eine Länge von etwa V2 ™wi besaß; es braucht kaum erwähnt zu werden, daß dies durch „interkalares'' Wachstum geschieht, es liegt hier ebenso wie bei den unten zu erwähnenden Oenothereen nur ein extremes Beispiel für den p. 505 erwähnten Satz vor. daß die Blattspitze bei den meisten Dikotylen frühzeitig in den Dauerzustand übergeht, während an der Basis noch Weiterentwicklung stattfindet, jene Spitze ist das, was zunächst als „Kotyledon" erscheint. Dies sonderbare Verhalten hängt hier damit zusammen, daß der Kotyledon das einzige Laubblatt darstellt, also eine viel längere Lebensdauer besitzt als sonst, w^o die Kotyledonen meist rasch vergänglich sind und durch die Laubblätter ersetzt werden. Aber auch wo diese später auftreten, fehlt es nicht an Beispielen von posteml)ryonaler Weiterentwicklung der Kotyledonen. Als besonders lehrreich seien hier namentlich die Onagrarieen angeführt. In dieser Familie 2) finden wir ein verschiedenes Verhalten der Kotyledonen: die einen Formen zeigen die gewöhnliche Ausbildung, klein bleibende ganzrandige, nur mit ganz schwacher Nervatur versehene ^) Vergl. z. B. HiELSCHER , Anatomie und Jiiologie der Gattung Str('i>r(ii-ar|ius in Coiix, Boitr. zur Biologie der Pfianzon, III, p. 1 ff. Betreffs des Verhaltens der Kotyledonen bei der Keinnint,' ist namentlieh aueh zu vergleichen: Kl.EBS, Beitr. zur ^Morplioloiiie und Biologie der Keimung (woselbst aueh zahlreiche Litteraturan gaben sich finden), Arbeiten a. d. bot. Institut in Tiil)ingen, lierausgeg. von Pfefker, 1. Bd. ■■*) Vergl. LUBBOCK, A contribution to our knowledge <>f seedlings, Vol. I, ]>. 503 ff. 592 Specielle Organographie. Keimblätter, bei anderen dagegen erfahren die Kotyledonen, ähnlich wie bei Streptocarpns, nach der Keimung eine interkalare Weiterentwicklung, es wird den Kotyledonen sozusagen ein Stück Laubblatt hinzugefügt, das dann an der Spitze den ursprünglichen Kotyledon trägt. Als Bei- spiele für den ersten Fall seien genannt: Epilobium angustifolium. Oenothera pumila. glauca, rosea: für den zweiten (der natürlich in verschiedenem Orade die Weiterentwicklung der Kotyledonen zeigen kann) Clarkia pulchella. Oenothera stricta, bistorta. macrantha u. a. Oenothera bistorta sei als Beispiel angeführt. Nach der Keimung sind die Kotyle- donen sitzend, sie haben nur wenige, lange Drüsenhaare, namentlich an ihrer Basis. G Tage nachher hat sich diese Basis stielähnlich gestreckt. Fig. 393 / zeigt einen Keimling, der 8 Tage alt ist, die eigentlichen „Kotyledonen" sind etwas in die Fläche gewachsen, sonst aber unver- ändert : der neu hinzugewachsene Teil unterhalb derselben wird , wie Fig. 393 II zeigt, später zu einer schmalen, mit einer deutlichen Mittelrippe :-3n3. Ociiotliora bistorta, Kpiinpflaiizeii Inacli LrBBOCK). c, , c tyledon ; / das später zugewachsene Stück. urs])ri'iiiL;lirhe Ko- und einem kurzen Blattstiel versehenen BlattHäche, die sich von den Primärblättern eigentlich nur durch den an ihrer Spitze sitzenden ur- sprünglichen „Kotyledon" unterscheidet. Oenothera zeigt also innerhalb einer Gattung teils dauernde, teils nur zeitweilige Hemmung der Kotyledonarentwicklung und läßt uns nicht darüber im Zweifel, wie wir uns die einfachere Ausbildung der Kotyledonen den Laubblättern gegen- über zu denken haben. 2) Veranlassende Momente für die Gestaltung der Kotyledonen. Es wurde oben schon dai-auf hingewiesen, daß hier zunächst die Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 593 Einscliachtelung der Kotyledonen in den Samen in Betracht kommt, außerdem ist es von vornherein wahrscheinlich, daß auch Korrelations- verhältnisse, wie so oft. auf die (iestaltung einwirken. Dem Wachstum des Embryos ist eine Schranke gesetzt durch das des Embryosackes, in den er eingeschlossen ist, die Entwicklungs- geschichte der Samen zeigt, daß letzteres das Primäre, das Embryonal- wachstum das Sekundäre ist, und es liegt deshalb zunächst die Frage nahe, inwieweit die Gestalt der Kotyledonen abhängig ist von den R a u m v e r h ä 1 1 n i s s e n innerhalb des Samens? Hierüber liegen verhältnismäßig sehr wenige Untersuchungen vor. Hofmeister hat zuerst (Handb. der physiologischen Botanik. I, p. ()2()) die Frage aufgeworfen, in welcher Beziehung die Lage des Embryos zu den Raumverhältnissen im Embryosack stehe. Von den fertigen Verhältnissen ausgehend . hat dann Lubbock (a. a. 0.. I, p. 8 ffV) die Gestalt der Kotvledonen zu den Raumverhältnissen in Beziehung gebracht, er ist dabei zu einleuchtenden Deutungen gekommen, die aber doch nur durch entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen auf eine sichere Basis gestellt werden könnten , auch ist z. B. bei den Caryophylleen der Unterschied von Endosperm und Perisperm übersehen: die Gestaltung des letzteren kann auf die des Embryos keinen Einfluß ausüben. Es soll unten aus Lubbock's Darstellung das Wichtigste hervorgehoben werden, hier sei nur bemerkt, daß schon die Betrachtung der fertigen Samen zeigt, daß die Raumverhältnisse nicht überall direkt formbestimmend einwirken, so bei den Embryonen, die mit der Samenschale gar nicht in Berührung stehen. Namentlich in endospermlosen Samen werden wir dagegen solche Beziehungen erwarten können. Auch wenn die Ent- wicklungsgeschichte zeigen sollte, daß die Raumverhältnisse nicht das direkt veranlassende Moment für die Kotyledonargestaltung abgeben, wird man eine Beziehung zwischen beiden trotzdem aufrecht erhalten dürfen, denn es kann sich dabei um ursprünglich miteinander kausal verknüpfte, jetzt aber seit langer Zeit erblich gewordene, und deshall) nicht mehr direkt veranlaßte Erscheinungen handeln ^). Entwicklungs- geschichtliche Untersuchungen mit dieser Fragestellung liegen nur von Hegelmaier vor-), sie zeigen z. B. bei den Geraniaceen, deren Kotyle- donen eingerollt sind (vergl. den Querschnitt Fig. 67), daß die Einrollung der (früh schon asymmetrisch werdenden) Keimblätter zu einer Zeit beginnt, wo der Embryo noch frei innerhalb des Embryosackes liegt, also keiner Druckwirkung ausgesetzt ist, auch die asymmetrische Aus- bildung der Kotyledonen kann nicht auf Druckwirkung zurückgeführt werden. Indem ich betrefts der Einzelheiten auf Hegelmaier's Aus- führungen verweise, führe ich aus Lubbock's Darstellung für die Diko- tylen das Wesentliche hier an. A. Dikotylen. Ij Schmale und breite Kotyledonen. In manchen Fällen entsprechen die schmalen Kotyledonen genau der Form des Embryosackes (z. ß. Platanus, Chenopodiaceen ■'), die breiten desgleichen (Ruellia, Phaseolus, Quercus u. s. w.). ') Vergl. das ]>. 18ü Angefühlte. ■•') Hegelmaier, LHjer Orientiening des Keimes im Angiospermensanicn. Bot. Zeit., 189.5, p. 143 ff. t'ber konvolutive Kotyledonen. Ber. der bot. Gesellscii., 17. Bd., 189ft, p. 121 ff. ") Wo Lubbock, wie oben erwjduit, das Perisperm nielit in Betraeht gezogen liat. Goebel, Organographie der Pflanzen. oJ 594 Specielle Organographie. Indes trifft dies nicht überall zu, und Lubbock bringt z. B. bei Galium saccharatum die Schmalheit der Kotyledonen damit in Zusammenhang, daß sie in dieser Form leichter aus der harten Testa herausgezogen werden können. 2) Ungleichheit der Kotyledonen, vergl. Samentwicklung. 3) Unsymmetrische Kotyledonen. Solche finden sich, wie früher erwähnt (p. 100), bei einer Anzahl Geraniaceen (Geranium pratense, cicutarium, Robertianum , Erodium- Arten) , Papilionaceen, Polj'gonaceen (Polygonum Fagopyrum, emarginatum u. a.). Bei den Geraniaceen führt Lubbock die Asymmetrie auf die Ineinander- faltung der Kotyledonen zurück: die kleinere Hälfte jedes Kotyledons ist die innere, Hegelmaibr's oben erwähnte Untersuchungen zeigen, daß die Beeinflussung keine direkte ist. Auch bei Polygonum Fagopyrum zeigte sich fa. a. 0., p. 134), daß die Asymmetrie der Kotyledonen schon früh eintritt, zu einer Zeit, wo die Ränder derselben noch weit von der Samen- schale entfernt sind, die geförderten Seitenhälften können entweder (in beiden Kotjdedonen gleichsinnig) die rechten oder die linken sein, sie werden stets zu involutiven (deckenden), die kleineren zu den revolutiven (gedeckten ). Wie es sich bei den Leguminosen ver- hält, bleibt näher zu untersuchen , jedenfalls entspricht die asym- metrische Gestalt der Kotyledonen hier der der Samen. 4) Gelappte und aus- gebuchtete Kotyledonen. Die Ausbuchtung der Kotyledonen an ihrem vorderen Ende entspricht in einigen Fällen iQuer- cus, Impatiens, Urtica) einer Verdickung der Sa- men-(resp. Frucht)schale; bei manchen Cruciferen (Raphanus, Sinapis) er- leichtert die terminale Ausbuchtung der Kotyle- donen ihre Einfaltung [betreffs Convolvulus u. a. Lubbock a. a. 0.], ebenso dürfte die Lappung der Kotyledonen von Tilia (Fig. 394) ihre Einbie- gung im Samen erleichtern, wie Lubbock ausführt ; aber meiner Meinung nach kommt hier namentlich auch in Betracht, daß durch die Lappenbildung die aufsaugende Wirkung der Kotyledonen als Haustorien erleichtert wird, sie haben das ziemlich harte Endosperm aufzulösen und die in diesem enthaltenen Stoffe in den Embryo überzuführen. Daß in der That die Zerteilung der Kotjdedonen mit ihrer Haustorialfunktion in Beziehung stehen l^g. j94. Tilia parvifoha. Embryo aus dorn Samen frei jjräpariert. 15 fach vergr. Eiiizeldai^tellung der Vcociatioiisorgiiiie. 595 kann, zeigt in deutlicher Weise M^-ristica fragrans^). Das Endosperm ist hier bekanntlich „runiiniert", d. h. durch Einstülpungen der Samenschale braun marmoriert. Die Kotyledonen des während der Samenruhe ziemlich kleinen Embryos vergrößern sich bei der Keimung bedeutend und zerteilen sich (den Einbuchtungen der Samenschale entsprechend), frei präparierte Kotyledonen erscheinen kraus gelappt, die einzelnen mit Spitzenwachstum versehenen Lappen waren in das Endosperm eingedrungen. Hier steht die erst bei der Keimung eintretende Lappung der Kotyledonen also in deut- lichster Beziehung zu ihrer Aufgabe als Saugorgane, und ähnliche Fälle werden von Monokotylen zu berichten sein. B. Monokotylen-). Die einfachsten Fälle der Kotyledonariiestaltiing treffen wir l)ei Embryonen endosperinloser Monokotylen. Wie oben (p. 498) erwähnt, gliedert sich das Blatt der Monokotylen gewöhnlich nur in Spreite und Scheide, und diese Gliederung treffen wir auch bei den Kotyledonen an. So bei Juncagineen. Butomeen. Alismaceen etc. Der Kotyledon ergrünt und weicht in (restalt und Bau nicht wesentlich von den ersten Laub- blättern ab, wenngleich die anatomische Gliederung meist eine einfachere ist'^); die Scheide liegt wie bei den gewöhnlichen Blättern in der Fort- setzung der Spreite. Diese Ausbildungsstufe des Kotyledon können wir als die erste und primitivste bezeichnen ^) ; wir unterscheiden am Kotyledon die Spreite und die Scheide, welche die wenig entwickelte Stamniknospe einschließt. Von dieser unterscheidet sich die zweite durch die Entwicklung der Scheide. Es haben sich nicht nur die Seit enteile der Spreite entwickelt, sondern es ist, ähnlich wie wir es bei manchen ..Axillarstipeln" und der Ligular- bildung gesehen haben, ein Auswuchs auf der Oberseite der Blattanlage hinzugekommen und auch an ihrer Basis hat sich die rings herumgreifende Scheide zu einem Auswuchs erhoben, so daß ein vom Kotyledo schief nach oben gerichteter Ringwall die Stammknospe umgiebt. Auf der nächsten Stufe sehen wir die Scheide noch mehr entwickelt und vom Kotyledon weiter abgerückt, der gewissermaßen wie ihr Anhängsel erscheint. Diese drei Stufen hängen einerseits mit der Größe zusammen, welche die Stamm- knospe vor oder während der Keimung ei'reicht. andererseits mit den Veränderungen, welche der Kotyledon durchmacht, indem er, seine Blatt- natur mehr und mehr einbüßend, schließlich ganz zum Saugorgan wird und so zwar nicht morphologisch, aber seiner Leistung nach das Saug- organ des Gnetum- und Welwitschia-Embyros ersetzt. Die stärkere Entwicklung, welche der Kotyledon als Saugorgan schon im Samen ei- reicht, wird zusammenhängen einerseits mit der Ausgiebigkeit der Endo- spermentwicklung, andererseits mit der relativen Geschwindigkeit, mit ') Vergl. TsCHIECH, Phy?;iolo,üisc'hf Stiulien über die S:micn, inshesoiidcn^ die Sniig- organe derselben. Anuales du jindin botanique de Buitenzdrg, Vol. IX, p. 143 ff. -) Vergl. z. B. Klebs, Beitr. zur Morphologie und Physiologie der Keiiuuim-. Untei-s. a. d. botan. InstitiU zu Tübiugeu. herausgeg. von Pfeffek, 1. Bd., ]>. .j3ii ff. DaseUjst weitere Litteratur. ■') Anatomisehe Details finden sich z. B. in der Abhandlung vou ScHLlCKTM : Morplio- logischer und anatomischer Vergleich der Kotyledonen und ersten Laubblätter der Keimpflanzen der Monokotvledoneu. Bibliotheca botanica, Heft 30. ■*) So auch aufgefaßt bei Klebs. a. a. O., TscHlKCH, a. a. O.. Celakovsky. Über die Homologien des (Irasembrvos. Bot. Zeitung. 1897. p. 141 ff. 39* 596 Speciclle Organograjihie. der die Keimungsvorgänge sich abzuspielen haben. Daß dabei die Koty- ledonarscheide auch außer der schützenden noch andere Funktionen über- nimmt, wird aus den unten mitzuteilenden Beispielen hervorgehen. ZAvischen den unterschiedenen Typen linden sich mancherlei Übergangs- stufen. Dieselben sind namentlich bedingt durch die verschieden starke Inanspruchnahme des Kotyledon als Saugorgan bei endospermhaltigen Samen. Wir betrachten zunächst Fälle, in denen der epigaeische Kotyledon ergrünt, also sich dem Vei'halten endospermloser Samen im wesentlichen anschließt, nur daß seine Spitze als Saugorgan funk- tioniert. Dies kann in verschiedenem (irade geschehen , zeitweilig oder dauernd. Bei Draeaena (Fig. 395) bleibt das Ende des Kotyledon als Saugorgan im Samen stecken, er- grünt dann aber, wenn es sich von der Samenschale befreit hat, /^ \\n freilich weniger intensiv als der übrige Kotyledon (von welchem es wohl auch anatomisch verschieden ist). Ähnlich verhalten sich andere Liliaceen ( Allium, Hyacinthus), ferner Fig. 395. Keimpflanzen von Draeaena iudivisa. Nat. Gr. Der obere Teil des Kotyledon, \velcher als Haiistorium dient und nach der Befreiung von der Samenschale nicht oder wenig ergrünt, ist in der aiten Keimpflanze rechts durch punktierte Umgrenzung kenntlich gemacht. Fig. 396. Keimpflanze einer uu1)ekannten ^Monokotyle. Nur der Kotyledon ist über den Boden getreten, er ist in zwei Teile diffe- renziert ; einen bleibenden, dickeren grünen unteren und einen fscheinbar) seitlich ent- springenden dünneren oberen. Agave u. a. Eigentümlich ist der in Fig. o9(3 abgebildete, leider eine unbestimmte Monokotyle betreffende Fall M. Hier wird nicht mehr der ganze Kotyledon zum Laubblatt, sein oberer Teil, dessen Spitze als ') Die Samen keimten in einem Topf, in welchem australische Samen ausgesät waren, die Keimlinge gingen alle bald zu Gi-unde, so daß nicht ermittelt werden konnte, wohin sie ijeliören. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. naq Saiigorgan funktioniert, bleibt dünn, fadenförmig und vertrocknet snäter wahrend der untere Teil zu einem (annähernd cjdindrischen) llu^ wird, dessen verhältnismäßig kurze Scheide die Stamraknospe einschließt. Auffallend ist, daß an der knie- förmigen Biegung der bleibende Teil des Kotyledon über den faden- förmigen , vergänglichen etwas hinaus gewachsen ist; dieses Stück bildet später die „Spitze^' des Ko- tyledon und der fadenförmige Teil erscheint infolgedessen seitlich an- gesetzt. Bei hypogäischen Kotyle- donen ist (abgesehen von der zum Haustorium anschwellenden Spitze) die ganze Kotyledonarspreite nicht selten zu einem solchen faden- förmigen Gebilde entwickelt; sie dient in diesem Falle hauptsäch- lich als Leitbahn für die von dem Haustorium aufgenommenen Stoffe, abgesehen davon, daß sie durch ihre starke Verlängerung auch für die Lagenveränderung der Keim- pflanze mitwirkt. Es ist dann also der Kotyledon in drei Teile ver- schiedener Gestalt und verschiedener Leistung differenziert: 1) das Hau- storium, 2) das Zwischenstück!) oder Mittelstück, 3) die Scheide. Diese Teile treten z. B. bei der in Fig. 397 IIl abgebildeten Keim- pflanze von Tradescantia virginica deutlich hervor, das Haustorium ist ??■?!% Tradescantia virginica, Keimung 6mal vergr. (I und // nach Gravis, ///Original Cot Kotj-ledon). ^S' Kotyledonarseheide, M Mittelstüek des Kotyledon, L erstes Laubblatt, W erste Wurzel, // Hypokotyl. Das Endoperm ist in // durch Punktierung angedeutet. in der Samenschale verborgen, M ist das Mittelstück, S die Kotyledonar- scheide. Diese ist aber während der Keimung bedeutend herange- ') Diesen Namen hat Klebs angewendet; ich sehe keinen Grund, ihn .Inrch den M.-iter von feCHLiCKUM vorgeschlagenen Ausdruck „Leiter" zu ersetzen. 598 Sj)ecielle Organographie. wachsen, sie hat sich über ihre Ansatzstelle an das Mittelstück hinaus verlängert und schützt die Stamniknospe während des Durchtritts durch den Boden — später wird sie gesprengt. Der \'organg der Scheiden- entwicklung wird ohne weiteres Idar, wenn wir jüngere Embryonen be- trachten. Im ruhenden Samen (Fig. 397 /) setzt sich die die Stamm- knospe umfassende Kotyledonarscheide (Fig. o97 /) noch deutlich an den Kotyledon an, in dem jungen, in Fig. 39() // abgebildeten Keimling ist sie ein wenig über ihre Ansatzstelle an den Kotyledon, dessen mittlerer Teil sich zum Mittelstück verlängert hat, hinausgewachsen, sie richtet sich — offenbar negativ geotropisch — nach oben und hat sich in Fig. 397 III bedeutend verlängert. In einigen Fällen entspricht die Gestalt des als Saugorgan dienenden Kotyledo deutlich den Raumverhältnissen im Samen. So bei Alpiuia nutans ^) wo er zweilappig ist (es ragen zwei Fortsätze in das sichel- förmige Endosperm hinein) und bei Areca Catechu, wo der Kotyledon, ähnlich wie bei Myristica, den „Falten'' des „ruminierten" Endosperms -) entsprechend bei der Keimung vielfach zerteilt wird; es bilden sich an zahlreichen Stellen am Kotyledon lappenförmige Auswüchse, die zwischen die Falten eindringen. Die Entwicklung der Scheide in der in der oben gegebenen Über- sicht angedeuteten Richtung läßt sich besonders bei den Cyperaceen in lehrreicher Weise verfolgen: bei den einen erfolgt sie, wie bei Tradescantia, erst W' ä h r e nd der K e i m u n g , bei den anderen schon innerhalb des S a m e n s am Embryo. Für den ersten Fall sei Carex an- geführt. Der Embryo liegt an der Basis des Endosperms. Er ist umgeben (Fig. 398) von der (hier mehrschichtigen) Kleberschicht des Endosperms und grenzt mit der flach gewölbten Spitze seines kreiselförmigen Kotyledon s an den stärke- führenden umfangreicheren Teil des Endosperms: die Gestalt des Kotyledon ist aus seiner Lage und seiner Funktion als Saugorgan (der obere Teil schwillt bei der Keimung noch an) leicht ver- ständlich. Die Stammknospe (an welcher hier außer dem Kotyledon noch zwei Blattanlagen sichtbar sind) ist einge- schlossen von der Kotyledonarscheide (s, s), deren enger Spalt fast ganz ge- schlossen ist. Diese Scheide entwickelt sich bei der Keimung beträchtlich, sie dient offenbar, wie bei den Gräsern, der Stammknospe als schützende Umhüllung während des Durchbrechens durch den Boden, später wird sie durch die sich weiter entwickelnden ersten Blätter an der Spitze gesprengt. Die Basis des Kotyledons (oberhall) der Fig. 398. Carex Grayana. Längsschnitt durch den basalen, den Embryo ent- haltenden Teil des Endosperms. Der Eml)ryo ist umgeben von der Kleber- sehicht des Endosperms, der stärkefüh- rende Teil des letzteren (nur ein kleines Stück davon ist Miedergegeben) ist durch Schraffierung angedeutet. Co Kotyledon, ö, ersteres Blatt, s Kotyledonarscheide, Wh Haube der etwas schief gerichteten ersten Wurzel. ') TscHiECH a. a. O. ^) Vgl. den Abschnitt über Samenentw-icklunt Einzelilarstellung der Vos;ctatioiisort;ane. 590 Scheide) entwickelt sich zu einem hier sehr kurzen „Zwischenstück". Eigentümlich und für die Deutung der Organbildung am Grasembryo wichtig ist nun namentlich die Thatsache, daß auch zwischen der An- heftungsstelle der Scheide und der des „Zwischenstückes" am Keimling ein Stück eingeschoben erscheint, so daß also Scheide und Kotyledon durch ein scheinbares Internodium voneinander getrennt sind. Dieses Stück ist aber weder das Hypokotyl noch ein Internodium, sondern ein stark ver- längerter Knoten, welcher 6—10 mm Länge erreichen kann, Cela- KOVSKY (a. a. 0. p. 145), hat es als „Mesokotyl" bezeichnet. Es ist ge- wiß ein ungewöhnlicher Vorgang, daß zwei Teile einer Blattanlage von- einander getrennt werden, so daß sie an verschiedenen Teilen der Sproßachse zu entspringen scheinen, allein der Vorgang läßt sich hier entwicklungsgeschichtlich verfolgen und ist l)iologisch insofern ver- ständlich, als er das Durchbrechen der Scheide (und damit der von ihr umschlos- senen Stammknospe) durch den Boden erleichtert. Auch die anatomischen Verhältnisse stimmen mit der oben gegebenen Anpassung überein, sie seien hier nur kurz wieder ge- geben (vgl. Fig. 399) 1). Das aus dem Ko- tyledon austretende Leitbündel setzt sich nicht direkt an den Getaßbündelcylinder des Mesokotyls an, sondern verläuft in der Rinde des Mesokotyls nach oben ; auf dem Quer- schnitt erscheint demzufolge der Gefäßteil dieses Leitbündels (in der schematischen Figur gewellt wiedergegeben) in verkehrter Lage, d. h. nach außen gekehrt. In die Kotyledonarscheide tritt in der Höhe ihres Ansatzes an das Mesokotyl ein Leitbündel ein mit normaler Orientierung; es biegt sich an der Scheidensj)itze um und steigt durch die Scheide und das Mesokotyl in den Kotyle- donarkörper hinab ; auf dem Querschnitt durch die Scheide (Fig. 399 17) ist scheinbar nur ein Leitbündel vorhanden, dessen Sieb- röhrenteile einander fast berühren, wähi'end die Gefäßteile einander gegenüberliegen. Dieser Leitbündelverlauf zeigt also, daß das in die Kotyledonarscheide eintretende Bündel eigentlich vom Kotyledo kommt und das Meso- kotyl gewissermaßen von der Kotyledonar- basis berindet ist. Von anderen Cyperaceen sei zunächst die Keimung bei Cyperus alternifolius geschildert. Fig. 400 I zeigt einen Längsschnitt durch den Fig. 399. Keimung von Carex, sche- matiseh. I Längsschnitt durch eine Keimpflanze; 3Ii Mittelstück des Ko- tyledons, 3Ie Mesokotyl, S Kotyle- donarscheide, L Laiibhlättcr. II Quer- schnitt durch das Leitbündel, die Ge- fäßteile durch gewellte, die Siebteile durch gerade Linien angedeutet. III Querschnitt durch die Kotyledonar- scheide, Leitbündel schwarz. 1) Vgl. VAN TiEGHEM, Morphologie de l'embryou et de la plantule chez Ics Graniinees et les Cyperacees. Ann. des scieuc. nat., 8. Ser. botan. T. 3, 1897, p. 259. 600 Specielle Orgnnograi)hie. Fig. 400. Cypenis alternit'olius. / Läugssclmitt diurli den Embiyo eines Samens. Co Kotyledon, S Kotjiedonar- scheide, L erstes Laubblatt, W Wiirzelaulage, welcher der Rest des Embryoträgers Et ansitzt. Punktiert ist die Zone, welche zum Mesokotyl auswächst (vergr.). //uud III jüngere und ältere Keimpflanze, beide 20mal vergr. Die Samenschale sitzt der Keimpflanze an und ist schraffiert, bei // ist die Kotyledonarscheide noch nicht durchbrochen, il/e Mesokotyl, L, zweites Laubblatt. Embryo im Samen. Die Wurzel ist nur schwach an- gedeutet, ihr sitzt noch ein Rest des Embryoträgers an (Et). Der massig entwickelte Kotyledon zeigt an seinem Ende die Zellen schon pa- pillenförmig vorgewölbt, seine Längsachse fällt nicht mehr wie bei Carex an- nähernd mit der der Wurzel zusammen, sondern macht mit dieser einen rechten Winkel. Dies ist wohl der starken Entwicklung der Kotyledonarscheide (S) zu- zuschreiben , welche die Stammknospe rings voll- ständig umhüllt und nur gegenüber der Spitze des ersten Laubblattes mit einer engen Spalte nach außen sich öffnet. Wie der junge Keimling Fig. 400 // zeigt, entwickelt sich auch bei der Keimung die Scheide zu- nächst mächtig und die Ver- längerung der in Fig. 400 / durch punktierte Linien an- gedeuteten Insertiouszone bildet das „Mesokotyl", welches dazu beiträgt, die Stammknospe über die Erde zu heben, wo dann schließ- lich die Kotyledonarscheide an der Spitze durchbrochen wird (Fig. 400 III ). Von den Cyperaceen, deren Kotyledonarsclieide schon in- nerhalb des Samens stark ent- wickelt ist, sei weiter Scirpus laciister als Beispiel ange- führt. Im allgemeinen kön- nen wir wohl sagen, daJ] die Kotyledonar scheide schon im Samen u m s o ni e li r entwickelt sein wird, je früher und mächtiger sie s i c h b e i der Keimung ent- wickelt. Bei Scirpus ist das in hohem Maße der Fall, sie eroTünt soa-ar an der Eiuzeldarstellung der Vegetatiousorgnne. 601 Spitze und bildet dort scheinbar eine zweite Spreite (die erste ist der hypogäische, zum Saugorgan umgebildete Kotyledon). Ihre starke Ent- wicklung im Samen hat zu Mißverständnissen Veranlassung gegeben. Der in Fig. 400 mit a bezeichnete Teil ist von den meisten Autoren als „Radicula" (+ hypokotyles Glied) aufgefaßt worden. Die Wurzel befindet sich aber hier, wie bei anderen ähnlich sich verhaltenden Cyperaceen, in seitliche Lage verschoben \\ was andeutungsweise auch schon bei dem in Fig. 398 abgebildeten Carex-Erabryo der Eall ist. Der breit-schildförmige Kotyledon Fig. 401 (nach Didrichsex). .-1 Embryo vou Scirpus lacuster ("/J, a, a^ Kotyledonar- scheide, i^j, F^ erste Blätter, r Wurzel, s Embryoträger. B Keimpflanze derselben Art, schwächer vergr. C Eml)ryo vou Cyperus decomi^ositus im Längsschnitt. liegt der Stammknospe bei Scirpus scheinbar gegenüber. Daß bei der Keimung zunächst letztere sowie die Kotyledonarscheide sich entwickelt, zeigt Fig. 401 i?, und damit steht, wie schon betont, auch die starke Ent- wicklung der Kotyledonarscheide schon vor der Keimung in Beziehung, haben wir doch auch bei Besprechung der Laubblattentwicklung (p. 526, 568) gesehen, daß im allgemeinen die Teile, welche im fertigen Zustand am meisten entwickelt sind, auch bei der Anlegung zuerst hervortreten. Solche Fälle leiten uns auch über zur Erörterung der viel bespro- chenen und viel umstrittenen Organbildung am Embryo der Gräser. Denn wie gezeigt Averden soll, treffen wir hier den zuletzt erwähnten Cyperaceen gegenüber nichts Neues. Sehen wir uns zunächst die thatsächlichen Verhältnisse an "^) : Fig. 402 stellt einen Längsschnitt durch den l)asalen Teil eines Weizenkorns dar. Der Embryo liegt an der Basis der Endosperms '^j. Er kehrt dem Endo- sperm einen breiten, schildförmigen Teil zu, der seit Gärtner als Scu- tellum bezeichnet wird; dieses dient als Saugorgan und l)]eibt bei der Keimung im Samen verborgen. Ihm gegenüber liegt eine kleine, gefäß- bündellose Schuppe, der Epiblast (/), und darauf folgt ein bis auf eine ^) DiDRiCHSEN, Om Cyi^eraceens Kim. Botauik Tidsskrift. Isn4 und 1897. ■-) Am eingehendsten sind diese geschildert bei E. Beuxs, Der Grasembryo. Flora, 76. Bd. (Ergänzungsband zu Jahrg. 1892), p. 1 ff. Daselbst auch die ältere Litteratur. ■') Vax Tieghem's Angabe (Morphologie de l'embryon etc., a. a. O., p. 200), daß der Embryo vollständig von der äußersten Endospcrmschicht (der Klebei-schicht) eingehüllt sei, finde ich für Triticum vulsrare z. B. niclit zutreffend. 602 Specielle Orgauographio. m^ r \— v^ enge Spalte geschlossenes, scheidenförmiges Blatt, welches bei der Keimung über den Boden tritt, aber nicht ergrünt, die „Coleoptile'' (oder „pileole"). Die endogen angelegte Hauptwurzel (r) , welche bei der Keimung das als „Coleorrhiza'' {ch) erscheinende peripherische Gewebe durchbricht, bedarf hier keiner weite- ren Besprechung; erwähnt sei nur, daß ein Hypokotyl [hp) bei den Grä- sern kaum zur Ausbildung kommt, da es fast ganz zur Anlegung der Wurzel aufiiebraucht wird. Die mor- phologischen Deutungen der Organe des Embryos lassen sich in folgende Gruppen bringen : 1) Der Kotyledou wird nicht als Blattorgan betrachtet. Sehen wir ab von der ganz unhaltbaren Naegeli- schen Bezeichnung der Kotyledonen als Thallomlappen , so haben Hof- JIEISTEK und andere das Scutellum als Auswuchs der Achse des Keimlings betrachtet. Die Entwicklungsgeschichte zeigt aber deutlich, daß das Scutellum terminal am Embryo entsteht, wde bei anderen Monokotylen der Koty- ledon (Fig. 405). 2) Das Scutellum ist der Kotyle- don, der ihm gegenüberliegende, aber nicht bei allen Gräsern vorhandene Epiblast ist ein verkümmertes, zweites Blatt, die ,,Scheide" (Coleoptile) das dritte. 3) Scutellum und ,,Coleoptile" bilden zusammen den Kotyledon, der Epiblast ist kein Blatt. Eür die unter 2) angeführte Auffassung sprechen namentlich folgende Gründe. a) Zwischen der Coleoptile und dem Scutellum ist bei manchen Gräsern ein stark entwickeltes „Internodium" vorhanden. b) In der Achsel der Coleoptile findet sich bei manchen Formen eine Achselknospe. c) Der basale Teil des Scutellums ist bei manchen Grasembryonen (Oryza, Fig. 404, F, Leersia u. a. Fig. 404, 1) entwickelt, wie der Scheiden- teil der Laubblätter mancher Monokotylen, es wäre deshalb auffallend, wenn in der Coleoptile noch eine zweite Scheidenbildung vorhanden w^äre ^). Die dritte Auffassung dagegen würde die Organbildung am Grasembryo in Übereinstimmung mit der der oben besprochenen Monokotylen bringen, sie hat aus vergleichenden Gründen also von vornherein große Wahrschein- lichkeit für sich. Fig. 402. Medianer Längsschnitt durchjden Basalteil eines Weizenkorns. Links unten der Embryo mit dem Sentellum sc, l' Ligula, vs Ciefäßbündel des Scutellums, ce sein Cyliuderepithel, c Scheidenteil des Kotyle- don, pv Stammvegetationskegel, hp Hypo- kotyl, / Epiblast, r Eadicula, cl Wnrzel- scheide, m Austrittsstelle der Eadicula, p Fruchtstiel, vp Gefäßbündel desselben, p Seitenwandung der Furche. Vergr. 14. (Lehrb.) M Diese Gründe waren auch für mich, zur Zeit der Entstehung der BKUNS'schen Arbeit, maßgebend. Der Tcrgleichende Standpvmkt scheint mir aber jetzt um so mehr bei'echtigt, als in Streptochaeta ein Gras nachgewiesen ist, dessen Blüten gestaltung sich an die der „typischen" Monokotylen ohne weitei'es anschließt. Vergl. GOEBEL, Ein Beitrag zur Mor- phologie der Gräser, Flora, 81. Bd., p. 17 und die dort angeführten Arbeiten Celakovskys. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 003 Zunächst seien die Verhältnisse bei der Keimptlanzc und ilire funk- tionelle Bedeutung ins Auge gefaßt. Fig. 403^ giebt die Abbildung einer Keimpflanze von Zea Mais von vorne gesehen. Sie hat eine Hauptwurzel .{H) und zwei (hier zufällig nach aufwärts gerichtete) Seitenwurzeln (N) entwickelt. Die Stanimknospe ist noch von der „Coleoptile" (S) umhüllt, die an ihrer Spitze von den sich entfaltenden Blättern gespalten wird, der Anfang dazu ist schon gemacht. Wir sehen auf dem Querschnitt (Fig. 403 ü), daß schon eine größere Anzahl von Blättern vorhanden sind, die dünner sind als die Coleo])tile, und sich von ihr — die nur zwei Leit- bündel erhält — auch durch die größere Anzahl von Blattnerven unterscheiden. Die „Coleoptile", die sich auch durch den Mangel an Chlorophyll') auffällig von den Laubblättern abhebt, besitzt zwar kein Sklerench,ym, aber ihr stark turgescierendes Gewebe befähigt sie in vortrefflicher Weise, die Stammknospe beim Durchbrechen durch den Boden schützend zu umhüllen , ihr gewisser- maßen den Weg zu bahnen , und den interkalar wachsenden Blättern und Sproßknoten zunächst den nötigen Halt zu geben. Diese Coleoptile sitzt auf dem Mc{ Fig. 403 A. Zea ^lais, Keimpflanze, ca. 1* ^m-A\. vergr. // Hanptwiirzel, G „Coleorrhiza", Sc Scntellum, i^ Frucht, J/e Mesokotyl, Ä' erster Knoten, *S' Koty- ledonarseheide (Coleoptile), N Neben- wurzeln. Fig. 403 B. Qnerj^cliuitt durch die Knospe einer Keimpflanze von Zea Mais. S Kotyledonarscheide. (auch äußerlich als kleine Anschwellung hervortretenden) Knoten K. unterhalb dessen ein Internodium {Me) sich befindet, das negativ geo- tropisch ist. Man sieht ferner das Scutellum {Sc) sich deutlich an der Oberfläche der Frucht {F) abheben, bei G ist die „Coleorrhiza". Die ana- tomischen Verhältnisse sprechen hier scheinbar dafür, daß Scutellum und ') Sie kann übrigens, wenn die Keimung bei Licht zutritt vor sich geht, bei manchen Gräsern auch, wenngleich nicht sehr stark, ergrünen. 604 Specielle Organographie. handen, Coleoptile selbständige Blätter sind. Das Scutelluni erhält an seiner Ansatzstelle an das „Internodium" (ein sich im Scutellnm verzweigendes) Leitbündel die Coleoptile deren zwei, die vom Knoten K abgehen. Das „Internodium'' 31e zeigt freilich einen anderen Bau als die späteren Inter- nodien, es hat nicht wie diese über den Querschnitt zerstreute Leit- bündel, sondern einen von der Endodermis umschlossenen Leitbündel- cylinder. Bei anderen Gräsern liegen dagegen auch in anatomischer Be- ziehung die Verhältnisse denen von Carex entsprechend. Li" Fig. 404 ii ist ein Längsschnitt durch den Embryo von Zizania aquatica abgebildet. Es ist hier schon im Samen eine Struktur vor- die offenbar sich direkt an die bei der Keimung von Carex geschilderten Verhältnisse an- schließt. Wir sehen zwischen Coleoptile und Scutellnm ein ,,Mesokotjl" entwicke^^. In diesem verlaufen zwei Gefäß- stränge {p, p) , von denen der eine den Leitbündel- cyliuder des Mesokotyls dar- stellt. Der andere stammt aus dem Scutellnm, läuft im Mesokotyl nach oben ^). giebt dort zwei Zweige ab, welche in die Coleoptile gehen, und setzt sich mit dem Meso- kotylbündel in Verbindung; el)enso ist es bei Oryza sativa, Phalaris canariensis und in anderen Fällen. Wo kein Mesokotyl vorhanden ist, sind die Verhältnisse des Leit- bündelverlaufes wesentlich dieselben , d. h. Scutellnm und Scheide stehen mitein- ander in direkter Verbindung, die Coleoptilbündel können als Zweige des in das Scu- tellnm eintretenden betrachtet werden. Wenn die Coleoptile sich stark streckt, erhalten wir die bei Zizania ange- führten Verhältnisse , das Mesokotyl ist wie bei Carex kein Internodium , sondern ein Knoten. Wo wie bei Zea die anatomischen Verhältnisse abweichen, fragt es sich, ob das nicht nur scheinbar der Fall ist. Aber auch wenn wirklich hier anatomische Gründe (auf die, weil sie hier von Bedeutung sind, ausnahmsweise eingegangen wurde) nicht geltend gemacht werden Ijromoidos , Aiißeuansicht CS seheideuförmioce Basis Fig. 404. I Berchtholdia des Embryos, sc Scutelluni (= Ligularbildung) dessolbon, k coleoptile 1,44/,). // Zizauia acjuatica, Längsschnitt des Embryos, c E^jiblast. III Embryo derselben Pflanze (nach SCHLiCKrM). IV Querschnitt, welcher das Scutellum das ^Mesokotyl {i, mit den Gefäßbündeln jy), den Epiblast (e) getroffen hat. FFast reifer Emln'vo von Orvza sativa in Flächeu- ansicht (22/J. (/," II, IV, V nach Bruns). ') Er kehrt dements])recli('nd seinen Gefäßteil nach außen, seinen Siebteil nach innen, was der normalen Orientierung (a))er nur scheinbar) widerspricht. Einzeldarstollung der Vcsjotationsorganc. (lOÖ könnte, so kann man doch hier eine andere Deutung als bei den ü])ri"en Gräsern nicht annehmen. Die Entwickhingsgeschichte kann bei den eigenartigen \'erhältnissen, wie sie bei Embryonen sich finden, zwar nicht in dem Mai5e von Be- deutung sein, wie sonst, immerhin widerspi'icht sie nicht der Auütassung, daß die Coleoptile ein der „Kotvledonarscheide" anderer Monokotylen entsprechender Auswuchs des Kotyledons, also des Scutellums, ist. In Fig. 405 ist ein halbreifer Embryo von Hordeum hexastichum dar- gestellt. Die Coleoptile entsteht an der Basis des Scutellums, greift aber rings herum und ist jetzt eine oben nur durch eine enge Mündung sich ötinende Kuppel, ähnlich der, die in Fig. 372 für Caltha palustris abgebildet ist. Ähnlich wie diese Axillarstipel dient sie als Knospenschutz, außer- dem aber, wie wir gesehen haben, bei der Keimung und ist demgemäß kräftiger entwickelt und ge- baut. Daß außerdem der Basalteil des Kotyledons noch vielfach scheidenförmig (Fig. 404; 7, V) aus- gebildet ist, dürfte eben damit zusammenhängen, daß die Coleoptile hier eine weitere Funktion mit übernommen hat. Axillarstipeln können, wie wir Fig. 405. oben (p. 5(>3) sahen, auch an der scheidenförmigen H»ii"eifei' Embryo von T»i . .1 . 1 1 -i-v 1, • 1 r-, ■■ . Hordeum liexastieluim. Blattbasis stehen. Den bei den (rrasern sonst ^^ Scuteiium, s Kotyie- vorhandeneu Ligularbildungen gegenüber wird die donarscheide. (Vergr.) Coleoptile früher angelegt und der Ort ihrer An- legung steht damit in Verbindung, daß der Kotyledon als Saugorgan im Samen bleibt. Ist die oben wiedergegebene Autiassung richtig, so kann auch der Epiblast kein rudimentäres Blatt sein; er ist zweifelsohne eine Schutz- einrichtung für den Embryo, ähnlich wie wir sie oben für die „Ligula'' der Palmblätter und Gräser kennen gelernt haben : ob wir ihn als Wuche- rung der scheidigen Kotyledonarbasis bezeichnen (wozu z. B. das in Fig. 404 V abgebildete Verhalten von Oryza stimmen würde) oder als eine selbständig entspringende Bildung auffassen wollen, scheint mir von keinem großen Belang, jedenfalls deckt er die von der Kotyledonenscheide nach außen offen gelassene Lücke. Es ist ein Vorteil der ol)en kurz dargelegten Deutung des Grasembryos, daß nunmehr eine einheitliche Auffassung der Organl)ildung am monokotylen Embryo erzielt ist. Rückblick. Bei den Kotyledonen ergiebt sich aus der vorstehenden Darstellung, daß wir die Beziehungen zwischen Form und Funktion im großen und ganzen übersehen können, dagegen sind wir über die Be- dingungen für die Gestaltung meist noch im unklaren. 5) In mannigfacher Weise können die Blätter als Kletter organe verwendet werden, bald mit, bald ohne Umänderung ihrer ursprünglichen Gestalt. In Europa treten von Blattkletterern fast nur die mit Blatt- ranken versehenen auf, anderwärts finden wir eine größere Mannig- faltigkeit. Von Interesse ist, zu sehen, wie manche Pflanzen Blattorgane zum Klettern verwenden, die ursprünglich zu ganz anderen „Zwecken" gebildet wurden. Drosera macrantha, welche ich in Westaustralien fand, besitzt einen dünnen Stamm, der eine Länge von fast 1 m erreichen kann. Er wird in den systematischen Werken als „windend" beschrieben, ist dies aber nicht. Vielmehr kleben sich die Blätter (die sehr lang- gestielt sind) mit ihren äußeren, zurückgebogenen (eigentlich für Insekten- 606 Specielle Orgauograpliie. fang eingerichteten) Tentakeln an Sträuchern fest, die Blattfläche liegt mit der Unterseite der Zweigoberfläche an, und die nach unten zurttck- gebogenen, ein klebriges Sekret absondernden Tentakeln leimen das Blatt' fest. Wir lassen die Pflanzen, bei denen die Blätter beim ,.Spreiz- klimmen" behilflich sind, außer acht ^) und beschäftigen uns hier nur mit denen, deren Blätter eine mehr oder minder tiefgreifende Umbildung erfahren und zwar entweder zu ,.Haken" oder zu Ranken. 1) Hakenblä tter. Es handelt sich dabei um hakenförmig ge- krümmte Blätter oder Blattteile, welche auch, nachdem sie eine Stütze gefaßt haben, keine weiteren Veränderungen mehr erfahren. a) Pte ridophy ten. Hier wäre zu nennen Lycopodium volubile, eine Art, die in Java bis hoch in die Baumkronen klettert. Die Haupt- sprosse sind radiär beblättert, und jedes der Blätter wächst an seiner Basis über die Auheftungsstelle hinaus (ist also eigentlich schildförmig). Der stumpfe, von der Sproßoberfläche abstehende basale Fortsatz dient als, freilich nicht sehr vollkommener, Kletterhaken , die Blattbildung stimmt im wesentlichen mit der von Asparagus plumosus (Fig. 343) überein. Die Auszweigungen höherer Ordnung klettern nicht, sie sind als dorsiventrale Flachsprosse ähnlich den auf p. 89 von Lycop. com- planatum beschriel)enen und abgebildeten entwickelt. b) Dikotylen. Durch Blätter mit hakenförmig gebogenen Enden klettert z. B. Stylidium scandens. ferner sind bei manchen Peireskia-Arten Fig. 40H. Sproßstück von Bignonia albo-lutea (nach A. Mann). Die zwei unteren Blätter sind dreiteilig, die zwei oberen zeigen statt des Endl)lättehens eine dreiteilige Ranke. einzelne Dornblätter als Kletterhaken entwickelt. Auf das Verhalten von Quisqualis wurde im allgemeinen Teile (p. 6) schon hingewiesen. An den Langtrieben gestalten sich die Stiele wohl entwickelter Blätter, ^) Es gehören dahin u. a. die des in Fig. 358 abgel)ildeten Rubus squarrosns. Einzeklarstelluiii; der Ves;<'tationsor!T'ano. 607 deren Blattspreite als solche funktioniert, zu Haken, die noch stehen bleiben, wenn die Blattspreite schon abgeworfen ist, ein lehrreiches Bei- spiel von zeitlichem Funktionswechsel. Andere Dikotylen zeigen einen Übergang von der Hakenl)ildung zur Rankenbildung, indem sie die Blattspreite zu einem gekrümmten Haken ausbilden, der zum Festhaften dient, den Blattstiel zur Ranke. Starke Kral- lenhaken haben manche Bignoniaceen, z. B. Bignonia unguis, weniger stark entwickelt sind diese z. B. bei Bignonia albo-lutea (Fig. 406, 407). wo die Ent- wicklungsgeschichte (ähnlich wie die unten von Cobaea anzuführende) zeigt, daß der Haken aus der Blattspreite hervorgegangen ist, die in rudimen- tärer Weise an jungen Ranken noch sichtbar ist (Fig. 407). c) ]\I 0 n 0 k 0 1 y 1 e n. Auf die durch den unteren Teil der schildförmigen Blätter von Asparagus plumosus ge- bildeten Kletterhaken wurde früher schon hingewiesen (p. 529). Größer sind die Kletterhaken mancher Palmen- blätter. Bei Chamaedorea desmoncoides sind die Fiedern des Blattes so zurück- gekrümmt, daß sie mit der Rhachis einen nach oben stumpfen Winkel bilden und so dem Blatte als Haken Fig. 407. Bignonia albo-lutea. Junge Ranke, schwach vergr. Am Ende jedes Eankenzweiges M'ird eine (rudimentär bleibende) Blattspreite angelest. (A. Mann.) Fig gani 408. Blatt vou Desmoncus sj). Über- ; der Blattfiedern in Haken, stark verkleinert. dienen können. Sie sind aber noch Assimilationsorgane, während an den Blättern von Desmoncus (Fig. 408). einer anderen Kletterpalme, die oberen Blatttiedern zu Haken umgestaltet sind, die nur noch als Kletterorgane dienen ; ihren Ursprung aus Blatttiederu kann man schon aus den Über- 608 Spedellc Organograpliic gangsbilduiigen zwischen Haken und Blattliedern erkennen. Auch hier also die so oft wiederkehrende Umbildnngsreihe, die mit vollständigem Funktionswechsel und frühzeitiger Umbildung schließt. Nicht mit den oben angeführten Kletterorganen zu verwechseln sind diejenigen der Calamus-Arten, der bekannten Rotangpalmen. Die eine Länge von 10 m und mehr erreichenden Kletterorgane sind mit krallen- ähnlichen, stark verkieselten Haken besetzt, die nicht aus einer Umbil- dung von Blattfiedern entstehen, sondern hochentwickelte Stachelbildungeu (wie bei der Brombeere etc.) darstellen. Die langen Träger dieser Krallen sind entweder umgebildete Inflorescenzen oder entspringen der ver- längerten Rhachis des Blattes. 2) Ranken. Nur in verhältnismäßig seltenen Fällen vereinigen die Blätter zugleich die Funktion als Assimilationsorgane und als Ranken, ohne Gestaltveränderung, d. h. es sind Teile des Blattes (der Blattstiel bei Tropaeolum-Arten, Maurandia, Solanum jasminoides u. a., die Blatt- spindel bei Clematis-Arten) für Kontakt reizbar und infolge dessen im- stande, sich um eine Stütze zu wickeln. Gewöhnlich finden wir, daß auch hier eine Arbeitsteilung eintritt und ein Teil der Blätter oder (bei zusammengesetzten Blättern) der Teilblättchen nur als Ranken ausge- bildet ist, während die ursprüngliche Funktion schließlich ganz und gar zurücktritt. Es fehlt nicht an Beispielen, wo wir diesen Vorgang in der Entwicklung der Ein zel})flanze sich abspielen sehen. Als besonders interessant mag hier der Fall von Corydahs claviculata, den Darwin ^) näher beschrieben hat, angeführt sein, weil diese Pflanze im Verlaufe ihrer Entwicklung eine allmähliche Umbildung der Blatt- in Ranken- organe zeigt. Im Jugendstadium trägt die Pflanze gewöhnliche Blätter, deren sämtliche Teilblättchen also auch wirklich als Blättchen ausgebildet sind (das Blatt ist doppelt gehedert). Bei den auf diese Blätter weiter nach oben folgenden ist die obere Partie des Blattes resp. der Blatt- spindel dünner und länger als der untere Teil. Die Fiedern der Teil- blättchen, welche an diesem ranken- artig verlängerten Teile sitzen, sind Fig. 4(19. Junges Blatt von Cobaea scandens. Der mit R bezeiclmete obere Teil gestaltet sich zur Eauke (nach A. Mann), a, b, e Ficderl)lättchen , x Anlage dos untersten Rankenzweiges. (Vergr. ) Fig. 410. Junge Ranke (oberer Rlattteil) von Cobaea scandens (nach A. Mann). Die Ver- zweigungen der Ranke Merdcn ganz wie Blatt- fiedern augelegt, die (hier noch kaum sicht- baren) Stiele der Teilblättchen strecken sieh später zu Rankenarmen. (Schwächer vergr. Fig- 409. Fig. 410. als Fio-. 409.) an Größe sehr reduziert, oft fast bis zur Unkenntlichkeit verkümmert, wobei übrigens alle Zwischenstufen bis zu den normalen Blättchen sich linden. Nicht selten ist auch an allen endständigen Teilblättchen des Blattes jede Spur von Fiederblättchen verschwunden, und die ersteren erscheinen dann als vollkommene Ranken. Dasselbe können wir bei M Kletterpflanzen (Deutsche Überseztung, p. 94). Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 609 Adlulimia cirrhosa wahrnehmen. Auch hier ist das Blatt nur in seinem oberen Teil als Ranke ausgebildet, unten ist es für Berührung nicht reiz- bar. In dem Rankenteil des Blattes aber sind die Spreiten der Teil- blättchen zwar an Größe sehr reduziert, aber noch deutlich wahrnehm- bar, die Stiele der Teilblättchen sind es, die als Kletterorgane dienen. Was hier nur makroskopisch wahrnehmbar ist, zeigt sicli in anderen Fällen nur noch bei ^''erfolgung der Entwicklungsgeschichte, wie dies zuerst für Cobaea scandens nachgewiesen wurde ^). Die prachtvolle Ranke dieser Pflanze geht aus dem Endteil des ge- fiederten Blattes hervor, die Rankenarme sind an ihren Enden mit kleinen umgebogenen Krallen versehen, mittels deren die Cobaeasprosse auch an Baumrinden. Felsen u. s. w. eine Strecke weit emporklettern können. Die Entwicklungsgeschichte (vgl. Fig. 409) zeigt nun, daß diese Krallen die sehr klein bleibenden, verkümmernden (bezw. umgebildeten) Fig. 411. Benincasa cerifera, 1 — 5 Vorblätter (vergr.), 5 fstarli gestrecktes Vorblatt) bildet einen Übergang zu einer Ranke. In 6 ist ein Teil des Tragblattes (T. B.) mit dargestellt, die Ranke zweiarmig. (Nacb A. Maxn.) Blattspreiten von Teilblättern sind, die Ranken also die Blattstiele dar- stellen, die Entwicklung der Rankenarme stimmt ganz mit der der Blätt- chen in den ersten Stadien überein, nur daß eben bei der Rankenbildung im oberen Blatteil eine reichere Verzweigung eintritt und die Spreiten- anlagen der Teilblättchen frühzeitig stehen bleiben. Ähnlich ist es bei Bignonia- (Fig. 40G, 407) und Eccremocarpus-Arten. Nicht in allen Fällen gehen aber die Ranken aus Blattstielen fresp. den Stielen von Teilblättchen) hervor, sie können sich auch aus der früh- zeitigen Streckung der ganzen Blatt- resp. Teilblattanlage bilden, wobei es also zur Anlegung einer Spreite nicht mehr oder doch nur andeutungsweise kommt. So ist es, so weit meine Erfahrungen reichen, bei Leguminosen ^) GOEBEL, ^'ergl. Entwieklungsgescbiclite, p. 431, A. Manx, a. a. O. Goebel, Organogpraphie der Pflanzen. 4U 610 Specicllc Organographie. Fig. 412. Pisum sativum, künstliche „Vergrünung" der Eanken (nach A. Mann). Bei G auch die Nebeublätler gezeichnet. und Cucurbitaceen und Tropaeolum tricolorum (p. 42), bei ersteren ist es, wie in anderen Fällen, das Ende des Blattes, das sich zur Ranke um- bildet (vgl. p. 140). Übrigens lassen sich bei Pisum die Rankenanlagen durch Entfernung aller BLätter und Teilblätter der Pflanzen teilweise auch künstlich „verlauben" (wie mit A. Mann aus- geführte Versuche zeig- ten), d. h. zur Ausbildung als Blättchen nötigen, was ganz dem oben (p. 577) angeführten Verhalten der Niederblätter entspricht. Eine besondere Be- sprechung erfordert die Rankenbildung der Cu- curbitaceen, die seit langer Zeit eine „crux interpre- tum" gewesen ist. Auf die umfangreiche Litteratur hier einzugehen, würde kaum von Interesse sein, zumal jetzt die Frage meiner Ansicht der Hauptsache nach als entschieden zu betrachten ist ^). Es giebt bei den Cucui^bitaceen einfache und ver- zweigte Ranken. Die einfachen Ranken sind die umgebildeten Vor- blätter von Axillarsprossen. Dies wurde aus dem Grunde lange nicht erkannt, weil gewöhnlich neben einem Achselsproß nur eine Ranke auftritt, und die Vorblätter der Dikotylen doch normal in Zweizahl, rechts und links vom Achselsproß sich vorfinden. Allein auch bei Cucurbitaceen finden wir die Zweizahl der Vorblätter an Keimpflanzen nicht gerade selten, so namentlich bei Benincasa, wo sie auch späterhin noch sichtbar sind, während sie bei anderen Cucurbitaceen nur an Keimpflanzen aufzutreten pflegen (so bei Coccinia indica, wo sie sich ziemlich lange erhalten, man findet hier wie bei Momordica balsamina Übergänge der Vorblätter zu den Ranken). Übrigens verhalten sich die Keimpflanzen einer und derselben Art ungleich, die einen haben Vorblätter, bei den anderen fehlen sie. Verfolgt man die Entwicklung der Keimpflanzen von Benincasa, so sieht man an den ersten Axillarknospen ein oder zwei, später regelmäßig zwei Vorblätter, von denen eines zur (zunächst rudimentären) Ranke umgebildet ist, gelegentlich unter- bleibt auch diese Umbildung. An diesen Ranken zeigt die Verfolgung der Entwicklungsgeschichte in den Jugendstadien nicht selten deutlich die Anlage einer Blattspreite (was, wie ich schon früher hervor- hob, auch bei anderen Cucurbitaceen öfters beobachtet werden kann), die aber durch die Streckung bei der Rankenbildung an der fertigen Ranke nicht mehr zu erkennen ist. Das andere Vorblatt 2) war selten laubblattartig (Eig. 411, ij, meist langegliedert (wobei aber die Entwicklungsgeschichte noch Spuren der Cliederung aufweist), kahnförmig (Eig. 411, 4), tief grün, gelegentlich bringt es einen Axillarsproß hervor. Später treten verzweigte Ranken auf, sie dürften auf ähnliche Weise entstehen wie die unten von ^) Trotzdem als irrig erwiesene Deutungen auch jetzt noch wiederholt werden, so z. B, die Meinung, die Ranken seien Stipulac von Lttbbock a. a. O., p. 214. ^) Auch bei den Keimpflanzen von Cj'clanthera finde ich nicht selten zwei Vorblätter. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. (511 Cucurbita erwähnten i). Zunäclist sei Cucumis sativa kurz geschildert. Wir sehen hier in der Blattachsel eine Blüte, neben derselben einen vegetativen Sproß und neben diesem eine Ranke. Wie die Entwicklungsgeschichte zeigt, ist der eigentliche Achselsproß des Laubblattes die Blüte, an der nur ein, zur Ranke umgewandeltes Vorblatt steht. Diese Stellung hängt damit zu- sammen, daß überhaupt am Blatte die „anodische" Seite gefördert ist, d. h. die, welche dem Vegetationspunkt zugekehrt ist, wenn man sich die Fig. 413. Pilogyne suavis, Sproßstück, neben jedem Blatte steht eine entwickelte (und eine verkümmerte Ranke. Blätter durch eine Schraubenlinie verbunden denkt 2). Bei Pilogyne suavis finden wir auch auf der kathodischen Seite der Blattachsel eine Ranke, die aber viel kleiner ist, als die auf der anodischen Seite stehende (Fig. 413), offenbar genügt zum Klettern je eine axillar stehende Ranke, die Pflanze hebt sich an der Stütze empor, wie ein Turner, der, frei ^) Gelegentlich ist ein Eankenarm laiibblattartig ausgebildet, oder es findet sich eine Blüte an der Ranke. Hier hat sich der sonst zur Bildung des zweiten Eankenannes (vergl. Fig. 329, ///) ganz aufgebrauchte. Vegetationspunkt des Achselsprosses der ersten Ranke dann zur Blüte entwickelt. ") Dabei ist vorausgesetzt, daß die Blätter nicht genau quer, sondern 'mit dem „ano- dischen" Rande etwas höher inseriert sind, auch die Axillarknospe steht nicht genau vor der Blattmitte. 40* ßi4) Specielle Organographie. schwebend an einer Leiter emporkletternd, abwechselnd den rechten und den linken Arm gebraucht (wie ja auch bei den Sproßranken von Ampelopsis die Rankenarme abwechselnd rechts und links gestellt sind). Es ist auch bei anderen Cucurbitaceen anzunehmen, daß die Ranken umgebildete Blätter sind, und zwar die einfachen Ranken die Vorblätter der Achselsprosse (wobei normal nur ein Vorblatt entwickelt, das andere fehlgeschlagen istj, die „verzweigten Ranken" aber Sprosse, die zu Ranken vimgebildete Blätter tragen. Die Gründe für diese Auffassung sind 1) ent- wicklungsgeschichtliche : a) wir sehen, daß die Ranke zu dem Achselsproß gehört, neben welchem sie steht; b) wir können bei den Keimpflanzen das Auftreten von Vorblättern mehrfach noch verfolgen, und bei Benincasa ist auch später außer der Ranke noch ein Vorblatt vorhanden ; c) die Ent- wicklungsgeschichte der Einzelranke zeigt in vielen Fällen deutlich die direkte Umbildung einer Laubblattanlage in eine Ranke : es wird die Blattspreite noch angelegt, aber nur in rudimentärem Zustand, sie ent- wickelt sich nicht wie sonst in die Breite und die ganze Ranke wächst bedeutend in die Länge (wobei manche auch ein embryonales Spitzen- wachstum zeigen, das viel länger andauert als das der Laubblätter. Diese Auffassung der Cucurbitaceenranken steht nicht ganz im Einklang mit den neuerdings von 0. Müller i) auf Grund anatomischer Untersuchung geäußerten Ansichten. Danach sollen bei einigen Cucurbitaceen, welche sowohl einfache als verzweigte Ranken tragen (z. B. Cyclanthera pedata, explodens, Tladiantha, sowie bei Bryonia, Coccinia, Momordica, welche nur einfache Ranken haben), bei den letzteren die Basis (der nicht reizbare Teilj eine Sproßachse, der obere Teil der Ranke eine „Blattspindel" sein (der Autor sagt nicht, was er sich darunter vorstellt, die neuere anatomische Schule hält es ja nicht für erforderlich, klare morphologische Vorstellungen zu haben), während bei Cucumis auch der untere Teil der Ranke die Struktur einer Blattspindel hat. Dazu ist zu bemerken: 1) Anatomische Verhältnisse allein können bei Entscheidung morphologischer Eragen niemals ausschlaggebend sein. Es giebt Sprosse , welche wie z. B. die Phyllocladien von Asparagus medeoloides ganz die Struktur von Blättern, Blätter, welche ganz die Struktur von Sproßachsen haben. 2) Bei manchen der oben genannten Pflanzen, z. B. bei Momordica balsamina, finden sich unzweifelhafte Übergänge zwischen Vorblättern und Ranken. 3) Es ist zwar denkbar, daß bei der Rankenbildung „terminale Blätter" entstehen, d. h. der Vegetationspunkt eines Sprosses zur Bildung einer Ranke ganz aufgebraucht wird , und thatsächlich scheint ein solches Verhalten bei Bildung der verzweigten Ranken von Benincasa cerifera vorzukommen. Aber als sichergestellt könnte dieser Vorgang nur auf Grund sorgfältiger entwicklungsgeschichtlicher und vergleichender Untersuchungen betrachtet werden, was freilich weniger leicht ist, als die landläufige Querschnitts- Anatomie. — Eine experimentelle „Vergrünung" der Ranken der Cucur- bitaceen ist bis jetzt noch nicht gelungen. Spiralig verzweigte „Ranken" finden wir bei Cucurbita. Hier haben wir es zu thun mit einem Axillarsproß der einfachen Ranke (die an ihrem Achselsproß hinaufgewachsen ist), dieser Achselsproß bringt eine Anzahl weiterer zu Ranken ausgebildeter Blätter hervor. ') O. MÜLLER. Viitcrsucluiugeu über die Eanken der Ciunirbitaeeeii, Cohx's Beitr. zur Biologie, 4. Bd., p. 97. — Die Litteratiir ist in dieser Al)handhiug lückeiihaft und teilweise unriehtig angeführt, so z. B. wenn behauptet wird, ElCHLEE habe die Cueurbitaceenrauken als umgebildete Nebenblätter betrachtet. Einzeldarstolhina: der Vcgetationsorgane. 613 Die „Eanken" des Gartenküi-bisses besteben also ans einem Stiele und einer Anzahl vom Gipfel desselben ausstrahlender Arme. Letztere stehen am Stiele spiralig, nicht selten tritt diese Spiralstellung durck Streckung der Internodien des Stieles hervor, und man findet dann einzelne Ranken an der Basis des Stieles. Bei den Keimflanzen unterbleibt anfangs die Streckung des Rankenträgers, es leuchtet ein, daß diese vorteilhaft ist, um die Ranken möglichst weit emporzuheben und das Fassen einer Stütze zu erleichtern. Jeder Rankenarm ist ein umgewandeltes Blatt, der Ranken- träger aber die Sproßachse, Avelche die Ranken trägt. An von mir be- obachteten Rankenträgern, wie ich die zusammengesetzte Ranke nennen will, hatte jeder Rankenarm eine Axillarknospe, die sich auch nicht selten zur Blüte entwickelte, und in einzelnen Fällen waren die Rankenträger zu Sprossen geworden, an welchen die Ranken nach oben hin in Blätter übergingen, oft in der Art, daß nur die eine Hälfte der Blattlamina aus- gebildet war, während die andere fehlte und der Mittelteil des Blattes sich über die Blattfläche hinaus in Form einer kleinen Ranke verlängerte. Ge- wöhnlich aber bleibt der Vegetationspunkt der Sproßachse, an der die Ranken inseriert sind, nach Anlegung derselben stehen und dieselben strahlen dann scheinbar von einem Punkte aus. Daß der Rankenträger samt Ranke nicht als einzelnes Blatt aufgefaßt werden kann, ist klar. Spiralig stehende Sprossungen an einem Blatte kennen wir nicht, und außerdem läßt sich damit aiich der Aufbau der fertigen Ranke in Fällen wie der oben be- schriebene, absolut nicht in Einklang bringen. Die teratologischen Erscheinungen (die bei den Ranken der Cucur- bitaceen, namentlich dei" kultivierten, nicht selten sind, sind übrigens mit Vorsicht zu benützen, so erwähnt Darwin einen von Holland beobachteten Fall, in dem scheinbar einer der kurzen Stacheln der Frucht zu einer Ranke ausgewachsen war. In Wirklichkeit handelte es sich hier aber offenbar darum, daß eine Ranke mit einer Frucht ver- wachsen war. Unklar sind die Verhältnisse bei den Zanonieen ; ich führe von den früher (1885) in Java gemachten Notizen nur an, daß hier gabelig ver- zweigte Ranken sich finden, deren beide Arme zu langen Haftscheiben werden (Fig. 414, 7), während der untere Teil sich später schraubenförmig einkrümmt. An der Keimpflanze sind die Primärblätter zu kleinen Schüppchen verkümmert. In der Achsel der beiden untersten finden sich (wenigstens zunächst) ruhende Knospen mit zwei Vorblättern. Weiter oben findet sich in der Blattachsel eine zwei- armige „Ranke", deren Arme auch ohne Berührungsreiz zu Haftscheiben Fig. 414. Zanonia macrocarpa. 7 Stück eines Sprosses (verkl.) mit axillaren Rauken (Stiitzblättcr abgefallen). II Sproßstück einer Keimpflanze, in der Achsel des Blattes eine Ranke und eine Knospe. Q\^ Specielle Organographie. anschwellen (Fig. 414), und neben der Ranke eine Achselknospe. Zwischen beiden Rankenarmen war kein Vegetationspunkt sichtbar. Die Beispiele, die oben für Rankenbildung gegeben wurden, waren den Dikotylen entnommen. Bei Monokotylen ist Rankenbildung selten. Die von Srailax Avurde früher schon kui'z besprochen. Bei Gloriosa und Littonia dient die verschmälerte Blattspitze der einfachen Blätter als Ranke ^). Sie wird schon früh angelegt, man könnte sie als eine um- gebildete ,, Vorläuferspitze'' bezeichnen, denn für die Vermutung, an die man auch denken könnte, daß die Blattspreite hier eigentlich zur Ranke umgebildet, der Blattgrund (der aber ganz allmählich in jene übergehen würde) ähnlich wie etwa bei Nepenthes spreitenartig ausgewachsen sei, lassen sich weder aus der Keimungsgeschichte noch sonst, soweit ich sehen kann, irgendwie triftige Gründe anführen. Die Art und Weise, wie die Umbildung von Blättern oder Blatt- teilen zu Ranken stattgefunden hat, läßt sich nach dem obigen deutlich wahrnehmen. Zu ermitteln wäre, welche Faktoren bei den Ranken, die eine starke Umbildung der Blätter darstellen, in Betracht kommen. Daß die Blattfläche um so mehr reduziert ist, je länger gestreckt die Ranke ist, ist ohne weiteres klar, ebenso der Vorteil, welcher sich für das Auffinden einer Stütze aus der langgestreckten Gestalt der Ranken er- giebt — ein weiteres Ausgreifen und eine längere reizbare Strecke. Bei den Ranken,- die aus dem Stiel verkümmernder Blättchen hervorgehen, könnte man die Verkümmerung der Spreiten auf Korrelation zurück- zuführen suchen, aber diese Vermutung wird dadurch wenig wahr- scheinlich, daß, wie wir sahen, auch die ganze Blattanlage zur Ranke sich strecken kann. Vielleicht kommt als eines der verursachenden Momente für die Rankenbildung in Betracht, daß, wenn wir ausgehen von für Reibungsreize empfindlichen aber nicht umgebildeten Blättern, eben durch die Verwendung derselben zu Kletterorganen Störungen in der sonstigen Thätigkeit (Assimilation etc.) eintraten, welche eine Reduktion der Spreitenbildung und in Verbindung damit eine Verlängerung des zur Ranke sich gestaltenden Blattteiles zur Folge hatten. G) Blatt dornen. Die Verdornung der Blätter kann auf ver- schiedene Weise und in verschiedenem Maße erfolgen. Ein Beispiel^), in welchem die Verdornung verhältnismäßig spät erfolgt, wurde für die Blätter einiger Papilionaceen schon früher (p. 6) angeführt. Arten von Astragalus, z. B. A. horridus, A. tragacantha u. a., und Carragana, die an trockenen Standorten leben, besitzen gefiederte Blätter. Die Fiederblätt- chen (die, ihrem isolateralen Bau entsprechend, an den natürlichen Stand- orten gewöhnlich offenbar Profilstellung einnehmen) fallen ab, die Blatt- spindel bleibt stehen und verdornt, bei einer anderen Leguminose, Cicer subaphyllum, laufen die Blattspindeln in eine hakenförmige Dornspitze aus, und auch die P'iederblättchen sind zu Dornen umgebildet^). Auf andere Weise kommen verzweigte Dornen aus Umbildung einfacher, ungeteilter Laubblätter zustande. So bei Berberis, wo an den Langtrieben die ') Das Blatt gleicht so dem iu Fig. 99 // abgebildeten Primärblatt von Lathyrus Clymenum. *) Es M'urde darauf schon in der Abhandlung: Beitr. zur Morph, und Physiologie des Blattes (Bot. Zeitung, 1880) hingewiesen. *) Vergl. die Abbildung bei Reinke, Jahrb. f. wiss. Bot., 30. Bd., Heft 4. Einzeldarstellung der Vegetationsorganc. ßl5 Blätter zu Dornen umgebildet sind. Die bekannten Übergangsstufen zeigen, daß die Blattspreite allmählich am Rande immer tiefer eingeschnitten \vird (während sie an Breite abnimmt), indem einzelne der Randzähnc (die aber in geringerer Zahl als am Laubblatt auftreten) sich bedeutend ent- wickeln. Dabei wird dann statt des Assimilationsparenchyms vorwiegend Sklerenchym entwickelt. Auf je früherem Entwicklungsstadium die Verdornung vor sich geht, desto mehr ist also das assimilierende Blattgewebe reduziert und desto mehr überwiegt das Sklerenchym. In großem Maße ist diese N'erdornung von Blättern eingetreten bei vielen Kakteen , deren Dornen ^) sehr verschiedener „morphologischer AVert" zugeteilt worden ist. Die Dornen sitzen hier gewöhnlich in Büscheln auf sehr kurz bleibenden Sproßachsen, also auf Kurztrieben. Die in S. I von mir vertretene Auffassung, daß die Dornen umge- wandelte Blätter seien, ist durch die Untersuchungen von Ganong^) durchaus bestätigt worden. Wir beschränken uns hier auf einige An- gaben über die Dornenbildung der Opuntien. Eigentümlich ist schon die Anordnung der Dornen z. B. bei 0. arborescens, wo sie alle auf der Außen seite des sie erzeugenden A'egetationspunktes, also dorsiventral entstehen. Daß die Dornen umgewandelte Blätter sind, ergiebt sich schon daraus, daß man alle Übergänge zwischen Dornen und Blättern antreffen und selbst künstlich hervorrufen kann. Wenn ein Achselvegetationspunkt von Opuntia aufhört, Dornen zu erzeugen und anfängt Blätter zu bilden, so ist der Übergang nicht plötzlich, sondern allmählich. Nach dem letzten Dorn kommt ein (xebilde, welches an der Basis blattähnlich ist, darauf ein noch blattähnlicheres. Beim nächsten tritt schon die Spur eines Gefäßbündels und einer Achselknospe auf, dann folgt ein Gebilde, welches nur an der Spitze dornähulich ist und eine gut entwickelte Achselknospe hat und schließlich folgt ein typisches Blatt (Ganong, a. a. 0.). Diese Entwicklung kann man auch künstlich hervorrufen, wenn man den Vege- tationspunkt des dornenerzeugenden Kurztriebes durch Abschneiden des Hauptsprosses zum Austreiben veranlaßt. Daß an den noch unaus- gebildeten Dornen die Basis Blattcharakter annimmt, ist aus der basi- petalen Blattentwicklung leicht verständlich, hier ist das Gewebe noch embryonal, während es am Scheitel schon verdornt ist. Was die Funktion der Dornen betrift't, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sie Schutzorgane gegen Tiere darstellen. Damit ist nicht gesagt, daß die A'erdornung durch Naturzüchtung hervorgerufen w^urde, sie mag durch die Trockenheit des Standortes induziert sein. Tiere und Menschen meiden sorgfältigst ein Opuntia-Gebüsch , denn namentlich die kleinen stachelähnlichen Dornen , die mit Widerhaken besetzt sind und sehr leicht abbrechen (das Gewebe der Basis ist mit Ausnahme der zerbrech- lichen Epidermis desorganisiert), sind außerordentlich unangenehm. Blattdornen sind auch die Dornbildungen, die man bei mehreren Aurantieen-Gattungen, z. B. Citrus tindet. Man hat sie früher ihrer Stellung Avegen für Zweigdornen gehalten, man findet nämlich mehr oder ^) Starke, stechende Gebilde, die aus der Umwandlung von Sprossen oder Blättern hervorgegangen sind, bezeichnen wir als Dornen, nicht als Stacheln, letztere sind „Emer- genzen" (vei'gl. p. 15). ^) W. F. Gaxong, Beiträge zur Kenntnis der Morphologie und Biologie der Kakteen, Flora, 79. Bd. (Ergänzungsband zum Jahrg. 1894), p. 49 ff., wo auch die ältere Litteratur iingeführt ist. ß[ß Si^ecielle Organograijhie. minder genau in den Achseln der Laubblätter bald einen, bald zwei Dornen, und neben oder zwischen ihnen eine bald ruhende, bald aus- wachsende Knospe. In Wirklichkeit ist aber letztere die eigentliche Achselknospe, deren erstes Blatt (oder deren zwei erste Blätter) ver- dornt sind ^). 7) Nektarien. In Blüten finden sich eine Anzahl von Beispielen, daß Blumenblätter oder Staubblätter zu Nektarieu unigel)ildet werden (z. B. bei Ranunculaceen, vergl. den Abschnitt über Blütenl)ildung). In der vegetativen Region ist die Umbildung von Nebenblättern zu Nek- tarien oben (p. 571) erwähnt worden ; daß ganze Blattanlagen dieselbe Umbildung erfahren, ist bis jetzt nur für eine Anzahl von Kakteen be- kannt. So bei einer Anzahl Opuntien (vergl. Ganong, a. a. 0., p. 56) wo alle Übergänge von Dornen zu Nektarien vorkommen, die sich von den Dornen, abgesehen von der Nektarabsonderung, auch durch ihre Dicke und den Besitz eines Gefäßbündels unterscheiden, ähnlich ist es bei einigen Mamillarien, Man würde die kreiseiförmigen , Honig ab- sondernden Gebilde, die in den Achseln der Mamillen von Mamillaria macrothele und anderen Arten stehen, gewiß nicht für umgewandelte Blätter halten, wenn nicht die vergleichend entwicklungsgeschichtliche Untersuchung ergeben würde, daß sie das in der That sind, B, ^^ e r z w e i g u n g und A r b e i t s t e i 1 u n g der S p r o s s e. § 1, Verzweigung, Die Sprosse gehen hervor aus Knospen^ in denen die Internodien noch kurz sind, die Blätter dicht gedrängt stehen. Hier findet unter dem Schutze der älteren Teile die Anlage der neuen Organe am Vegetationspunkt statt, einerseits die der Blätter, andererseits die der Seitensprosse. Nur bei einigen Pflanzen unterbleibt die Bildung von Seitensprossen am Stammscheitel ganz. So unter den Pteridophyten bei Ceratopteris, wo sie durch reichliche Bildung blattbürtiger Knospen ersetzt ist, bei Ophioglossum (das, wie wir sahen, sich durch wurzelbürtige Knospen vermehrt), bei Isoetes (wo ausnahmsweise blatt- bürtige Knospen auftreten können, Fig. 415, vergl. Goebel, Über Sproß- bildung auf Isoetes-Blättern. Bot. Zeit., 1S79) und den Marattiaceen mit knollenförmigem Stamm. Bei manchen Formen, welche für gewöhnlich unverzweigt sind, ist die Fähigkeit zur Verzweigung übrigens „latent'^ vorhanden, wahrscheinlich indem Seitensproßanlagen vorhanden sind, die für gewöhnlich unentwickelt bleiben. So bei Baumfarnen. Dicksonia antarctica sah ich in Australien mehrfach mit mehreren „Köpfen", deren Entwicklung offenbar durch Beschädigung der Hauptachse veranlaßt war, auch bei den Palmen, die — von Inflorescenzen abgesehen — sonst keine Seitensprosse bilden, tritt zuweilen, wenngleich selten vegetative Ver- zweigung ein, ganz ausgeschlossen ist diese wohl bei Welwitschia mirabilis. Die Art der Verzweigung ist bei Pteridophyten und Samenpflanzen durch die räumlichen Beziehungen zu den Blättern verschieden. Bei den Samen- pflanzen ist die „axilläre Verzweigung", d. h. der Ursprung eines Seiten- sprosses aus der Achsel eines Tragblattes, die (freilich keineswegs aus- nahmlose) Regel. Bei den Pteridophyten besteht eine solche Beziehung ebensowenig wie bei den Moosen. Bei den Lycopodinen z. B. finden ") Vergl. ITrban, Über die morphol. Bcdeiitmig der Stacheln bei den Aurantieen. Ber. der D. Bot. Gesellsch., I, p. 313. Einzcldarstclhing der Vegetutionsorgane. Gl 7 sich alle ÜbergäDge von einer gabeligen Teihing des Sproßscheitels bis zur Bihlung von Seitensprossen, die zwar ualie dem Scheitel angelegt werden, aber kleiner sind als die Sproßspitze der Hauptachse, Die Zweiganlagen stehen aber nicht in der Achsel einer Blattanlage, da sie diese an Größe bedeutend übertreften, stehen sie über einer ganzen Anzahl derselben, wie z. B. die Untersuchung von Lycopod. clavatum zeigt. Ebensowenig entspringen die Seiten si)rosse der Equiseten in den Blattachseln, sie alternieren vielmehr mit den Zähnen der Blattscheiden, Auf die \'erzweigungsverhältnisse der Farne sei hier nicht näher eingegangen. Bei den Sanienptianzen sind es namentlich dorsiventrale Sprosse,iw^elche eine abweichende Stellung der Seiten- knospen zeigen (vergl, p, 77), Die formale Morphologie war be- strebt, die ^'erzweigung der Sanien- ptianzen auf ein bestimmtes Schema zurückzuführen ; Pringsheim faßte z. B, die Verzweigung (auf Grund unzureichender Beobachtungen) als eine Teilung des Sproßvegetationspunktes auf, Hofmeister ^) glaubte, daß die Seiten sprosse stets höher am Vege- tationspunkt ständen als die jüngsten Blätter, Naegeli -) unterschied zwi- schen „akrogener'' und „phyllogener'' (axillärer) Verzweigung, und schrieb letztere den Equiseten und den Phanero- gamen zu. In Wirklichkeit trifft keines dieser Schemata zu, die Verzweigung ist allerdings meist eine axillare, das Verhältnis zwischen Blatt und Achsel- sproß ist aber nicht überall daselbe. Fassen wir zunächst das zeit- liche Auftreten ins Auge, so gilt hier, soweit ich sehen kann, im allgemeinen der oben bei der Blattentwicklung aus- geführte Satz : daß diejenigen Or- gane, w^ eiche sich früher ent- falten sollen, auch früher an- gelegt werden. So entsteht in der vegetativen Region das Blatt ge- wöhnlich viel früher als seine Achselknospe 3). In den Winterknospen von Svringa z, B. werden die Achselknospeu der (im vorigen Jahre angelegten Blätter) erst in der sich entfaltenden Knospe angelegt, man findet oberhalb des Blattes, in dessen Achsel die erste Anlage einer Knospe sicht- Fig. 415. Isoetes lat-ustiis, Läiig!>•.•■ '-^^ Fig. -ilG. Längssehuitte diirch die Sproßspitzen von A Vitis vuliiina, (,,odoratissima"), B Y. cinerea, R Ranke, b Blätter (nach A. Manx). sondern daß sie entweder gleich anfangs die blattgegenständige Stellung des fertigen Zustandes hat (Nägeli und Schwendenfr, auch Warming für Ampelopsis) oder aber aus dem Achsenscheitel selbst durch ungleiche Teilung derselben hervorgeht, wobei der andere Teil der Rebe fortbildet (Prillieux, Warming für Vitis vulpina). Es kommt der Pflanze auf eine rasche Fortsetzung des vegetativen Gerüstes an, die sich schon durch das Verhalten des Vegetationspunktes ausspricht. Ob man von einem Sympodium oder einem Monopodium sprechen will, kommt auf den Sinn an, den man mit diesen Worten verbinden will-). Kehren wir zur gewöhnlichen axillären ^'erzweigung zurück, so läßt sich die Achselknospe, wie erwähnt, als Produkt der Sproßachse in manchen Fällen betrachten, das dann später auf die Blattbasis verschoben erscheint, Koch ist geneigt, dies für die allgemeine Regel zu halten. Aber dies scheint mir eine nicht hinreichend begründete Verallgemeine- ') Da diese Anschaiuing fast in allen Lehrbiiehern anseinander gesetzt Mird, liegt kein Grund voi-, hier näher darauf einzugehen. ^) S])eeiell davon, ob man die ])liylogenetisehen (..vergleichenden") Gesichtspunkte oder die entwicklungsgeschichtlieh zu heobaciitenden Verhältnisse in den Vordergrund stellt. Die Annahme, daß ein ursprünglich sympodial angelegtes Verzweigungsystem nujnopodial werden kann, liegt in mehr als einem Falle nahe. Abgesehen von den Anipelideen beim Farn))latte (p. 513), bei den Infiorescenzen von Boragineen, Hyoscyamus u. a. Die biologiselie Bedeutung dieser Erscheinung wurde oben und bei den Farnblättern hervorgehoben. Eiuzeldarstollung di^r Veffetationsortrane. 621 i'iiiig-. Es ist nicht einzusehen, -weshalb Sproßanlagen nicht auch auf der Blatt basis entstehen sollten, sehen wir sie doch bei vielen Farnen und bei Isoetes (Fig. 415), ferner bei Bryophyllum calycinum u.a. selbst auf der BlattÜäche auftreten und zwar hier noch aus dem noch embryo- nalen Blattgewebe, während Adventivsproßbildung auf älteren abge- trennten Blättern, wie früher erwähnt, eine ungemein häufige Erschei- nung ist. Und eine scharfe Grenze zwischen Blattbasis und Sproßachse besteht ohnedies nicht. Jedenfalls findet in vielen P'ällen zwischen Stützblatt und Achselsproß ein inniger Zusammenhang statt, der sich namentlich darin ausspricht, daß der Achselsproß an seinem Tragblatt „hinaufwächsf. d. h. daß die gemeinsame Basis beider sich streckt. So ist es z. B. bei vielen Kakteen ^), namentlich den Mamillarien. Hier finden wir an der Sproßachse fleischige Auswüchse, die auf ihrem Scheitel ein Dornenbüschel tragen, in ihrer Achsel vielfach Blüten. Man hat diese Gebilde früher für Blätter ge- halten, wie a. a. 0. von mir nachgewiesen wurde, bestehen die „Mamille" aus drei Teilen: 1) dem unteren stark herangewachsenen Teil des Blattes, den man als „Blattkissen" bezeichnen kann ; 2) dem Achselsproß , welcher mit dem oberen Teile des Blattkissens seiner ganzen Länge nach vereinigt ist. Der Vegetationspunkt des Achselsprosses teilt sich dabei vielfach in zwei, später durch Dauergewebe getrennte Teile: einen oberen, der nur verdornte Blätt- chen hervorbringt und einen unteren, der zur Blüte oder einem vegetativen Achselsproß wird. Bei manchen Mamil- larien sitzen die Blüten auch auf den Spitzen der „Mamillen", und dann er- halten wir ganz ähnliche Verhältnisse, wie wir sie bei anderen Pflanzen bei den blattbürtigen Blüten resp. Blütenständen antrefl'en. Wir sehen dabei ab von den nur fälschlich als blattbürtig beschriebenen, wie sie sich z.B. bei Limnanthemum-Arten finden-), ebenso von den Phyllokladien, Ijei denen es sich um blattähnlich ausgebildete Zweige handelt, deren Blütenproduktion nichts Auffallendes hat. Auf den Blättern einiger Dikotylen finden sich Blütenstände •^), so bei Helwiugia japonica, Dulongia acuminata Hk. (Phyllonoina), Chailletia- ') Vergl. GOEBEL, S. I. GaXOXO, Beitr. zur Kenntnis der Morphologie und Biologie der Kakteen, Flora, 79. Bd. (Ergänzungsband zum Jahrg. 1894), p. 49 ff. *) Vergl. GOEBEL, Morpholog.-biolog. Studien. Ann. du jardin hotanic^ue de Buitenzorg, Vol. IX. ^) Vergl. C. Decandolle, Recherches sur les inflorescences epiphylles. Mem. de la soeiete de iihysique et d'hist. nat. de Gen&ve, Vol. suppl. 1890, No. 6. — Die in dieser Abhandlung mitgeteilten Untersuchungen betreffs der Entwicklungsgeschichte reichen zur Entscheidung der Frage, wo die erste Anlegung stattfindet, nicht aus; den aiuitoniischen Verhältnissen, auf welche der Verf. sich hauptsächlich stützt, kann ich für die Entselieidung morjjhologischer Fragen hier wie sonst nur eine sekundäre Bedeutung zuschreiben, es giebt sehr viele Umänderungen der Gestaltung, die anatomisch sich nicht aussprechen. — Die lehrreichen Verhältnisse bei Kakteen hat DecaxdüLLE übrigens nicht berücksichtigt. Fig. 417. Längsschnitt (schematisiert) durch den Vegetationspunkt einer Mamil- laria mit gefurcliten Mamillen. iXacli Ganong.) V.P. Sproß Vegetationspunkt, rechts junge ..Mamille", bestehend aus dem Blatt B, auf das sein Achselsproß V ..hinaufgerüekt" erscheint. Der Vege- tationsjmnkt teilt sich, wie die Mamille links zeigt, in einen oberen ( T'«) und einen unteren {V'), beide sind durch Dauer- gewebe (F) getrennt. 622 Specielle Organographie. Arten, Stephanodinm peruvianiim, siniiata, B. prolifera u. a. In den lim eine „Verschiebung" der lind nm eine „Verwachsung" ähnlicher Weise vor sich geht, und 47 für den Blütenstand Polycardia phyllanthoides, meisten dieser Fälle dürfte in der Blattachsel angelegten mit dem Blatte handeln, die wie ich es soeben für Kakteen und p. 46 von Spathiphyllum platyspatha seschildert Begonia es sich Knospe in ganz habe (vergl. Fig. 23 und 24). So z. B. bei Helwingia ruscifolia, wo die Inflorescenz in der Blattachsel angelegt wird. In anderen Fällen aber dürfte die Achselknospe schon von vornherein mehr auf der Blatttläche des Tragblattes, nahe der Blattbasis angelegt werden. So bei Dulongia, von der Fig. 418 eine Abbildung giebt. Die Inflorescenz entspringt hier auf der Oberseite des Blattes, unterhalb von dessen vom übrigen Blatte verschieden gestalteter „Vorläuferspitze". Es liegt kein Grund vor, das Blatt etwa für einen blattähnlichen Zweig zu halten, es hat an seiner Basis Nebenblätter und trägt in den (freilich sehr wenig zahlreichen) von mir untersuchten Fällen eine Achselknospe (ähnlich wie die Mamillen der Mamillarien), ferner zeigt es ganz die gewöhnliche Blatt- entstehung. Daß die Anlage der In- florescenz zunächst nahe der Blattbasis auftritt, entspricht dem interkalaren Wachstum des Blattes, die von C. De- CANDOLLE untersuclite anatomische Beschaffenheit „steriler" Blätter wich von der fertiler nicht wesentlich ab ; es dürfte dies damit zusammenhängen, daß für die Versorgung der klein- blütigen Inflorescenzen, aus denen (so- weit mir die Untersuchung von Herbar- exemplaren ein Urteil gestattet) nur eine oder zwei Früchte hervorgehen, das Leitbündelsystem der Blattmittel- rippe ausreicht. Ob die eigentümliche Erscheinung epiphyller Inflorescenzen mit den Lebensverhältnissen in Be- ziehung steht, oder nur das darstellt, was man mit dem schönen Namen „Konstruktionsvariation" bezeichnet, ist unbekannt. Weil in den erwähnten Fällen das Deckblatt derjenige Teil war, der äußerlich mehr hervortritt, spricht man von „Anwachsung" des Achsel- sprosses. Ganz derselbe Vorgang (nur mit Überwiegen der Sproß- ausbildung) ist die recht häufige „Anwachsung der Deckblätter" an ihren Achselsproß. Indes soll hier nicht näher darauf eingegangen werden; die biologische Bedeutung dieser Erscheinung ist so gut wie nicht unter- sucht. Daß eine solche vorhanden ist, bezweifle ich nach gelegentlichen Fig. 418. Dulongia acuminata H. B. K. / Blatt mit Inflorescenz (2 mal vergr.). // Junges Blatt (stärkei- vergr.) von der Seite. Jf die Anlage der Inflorescenz, 8t das eine der beiden, mit gestielten rand- ständigen Drüsen (von denen einige abge- brochen sind) versehenen, Nebenblätter. Einzeldarstellunsf der Vcicetationsorfrane. 623 Untersuchungen an Solaneen nicht. Es sei hier auf das Verhalten von Atropa hingewiesen. Die (sympodial gebauten) blütentragenden Sprosse sind hier, wie früher (p. 98) erwähnt, dorsiventral gebaut und damit steht natürlich auch Stellung und Ausbildung der Blätter in Zusammenhang. Aller bei der eigentümlichen „Verschiebung", welche die Blätter durch „Hinaufwachsen des Deckblattes an seinem Achselsproß" erfahren, handelt es sieh meiner Ansicht nach um eine Schutzeinrichtung für die Blütenknospen. V Betrachten wir z. B. den Querschnitt durch eine Inflorescenzknospe von Atropa (Fig. 419). Jede Blütenknospe ist hier durch zwei nach der Außenseite der Gesamtinflorescenz hin gekehrte Blätter geschützt, viel mehr, als dies bei dem Schnitte, der die tieferen Teile der älteren Blätter, wo die Lamina nur als schmaler Saum erscheint, getroffen hat, Fig. 419. Atropa Belladonnae, Querschnitt durch eine Inflorescenzknospe. I, II, HI, IV Blüten, Tl — Tif die zugehörigen an den Blüten ,, hinaufgewachsenen" Tragblätter, zu Blüte / gehören als Vorjjlätter: Vi und Tll, zu II Vll und Till n. s. w. hervortritt. Eines dieser Blätter ist das am Blütenstiel hinaufgewachsene Tragblatt (T), das andere eines der beiden Vorblätter der Blüte (F). Dadurch, daß das Tragblatt mit dem Vorblatt annähernd auf dieselbe Höhe zu stehen kommt, ist eben der Abschluß nach außen möglich, der natürlich nicht nur der einzelnen Blüte, sondern auch den weiter nach innen liegenden Teilen zu gute kommt ^). Ich glaube somit, daß es möglich ist, ein Verhältnis, das bisher nur der rein formalen Betrachtung unterworfen wairde, auch biologisch einiger- maßen zu verstehen. Übrigens tritt z. B. bei der mit 111 bezeichneten ') Ganz ähnlich verhalten sieh auch andere Solaneen. Auch bei Datura dient das „Anwachsen" des Tragblattes dem Knospenabschluß nach außen. Die Blätter haben hier wie bei Atropa eine große „Vorläuferspitze", ß24 Specielle Organographie. Blütenknospe hervor, daß das erste Kelchblatt an der Stelle entsteht, die am wenigsten von anderen Teilen geschützt ist — ein Verhalten, dessen Zweckmäßigkeit von selbst einleuchtet, wir werden auf analoge Fälle bei Besprechung der Blütenentwicklung hinzuweisen haben. Von den angelegten Seitenknospen entwickeln sich wohl nur selten alle weiter, sie verkümmern (wo es sich um Blütenknospen handelt) entweder sofort oder (bei den vegetativen Knospen) bleiben noch lange entwicklungsfähig und können unter besonderen Umständen, namentlich nach Verlust der anderen Sprosse, in Thätigkeit treten (vgl. p. 50, 178). Die Verzweigung erleichtert auch die Arbeitsteilung unter den einzelnen Sprossen, deren wichtigste Ausbildungsformen kurz besprochen werden sollen. § 2. V e r s c h i e d e n e Aus h i 1 d u n g der Sprosse, Arbeits- t e il u n g. Als typische Sprosse betrachten wir die Assimilationssprosse oder Laubsprosse; ebenso wie wir als typisches Blatt das Laubl)latt betrachteten, aus dessen Umbildung die anderen Blattformen hervorgehen, läßt sich auch die Funktionsänderung von Laubsprossen nachweisen und damit verl)unden eine (iestaltveränderung derselben. Auch hier kann, wie in allen derartigen Fällen, die Umbildung früher oder später vor sich gehen. Ein „Dorn" von Prunus si)inosa bringt zunächst eine Anzahl (nach ol)en hin an Größe abnehmender) Laubblätter hervor und verdornt dann, er ist zunächst Laubsproß, dann wird er Dorn und es ist leicht, ihn zur Weiterentwicklung als Laubsproß zu zwingen, wenn man den Sproß, an dem er entspringt, früh genug oberhalb der Einfügung des eigentlich zur Verdornung bestimmten Zweiges abschneidet. Die Ausläufer von Circaea Intetiana und alpina, welche im Boden entstehen, sind von An- fang an Ausläufer, sie haben nur kleine Schuppenblätter. Wir können aber, wie Fig. 425 zeigt, durch bestimmte, unten zu erwähnende Ein- griffe eine Pflanze, die schon eine Anzahl von Blattpaaren geV)ildet hat, zwingen, an ihrer Spitze — wo sich normal ein Blütenstand bilden würde — zu einem . dem Boden sich zuwendenden Ausläufer auszu- Avachsen. Auch so tiefgreifend veränderte Sproßformen, wie die Blüten sie darstellen , können auf primitiven Stufen (weibliche Blüten von Cycas) als Laubsprosse weiter wachsen ; bei anderen Pflanzen geschieht dies nur ausnahmsweise bei pathologischen Störungen. Die Pflanze nimmt die Organe, die sie zuerst notwendig hat — und das sind die Assimilationsorgane — und paßt sie anderen Funktionen an. Wir be- sprechen die hauptsächlichsten Sproßformen kurz ihrer Funktion ent- sprechend. Diese richtet sich nach der Lebensweise der Pflanze, dies Wort im allgemeinsten Sinne genommen. Namentlich zwei Faktoren kommen in Betracht: Die Beziehung der Fortpttanzungsorgane zu den vegetativen und die Beeinflussung der letzteren durch die äußeren Lebensbedingungen. Bei den Samenpflanzen ist die Arbeitsteilung unter den Sprossen eine um so weniger ausgeprägte, je rascher zur Samen- bildung geschritten wird, während eine Pflanze, die in mehreren (durch Ruhezeiten unterbrochenen) Vegetationsperioden allmählich erstarkt, bis sie zur Blütenbildung schreitet, zu verschiedenen Funktionen ausgebildete Sproßformen auszubilden pflegt. Bei einjährigen Samenpflanzen findet also eine Arbeitsteilung zwischen d^n vegetativen Sprosse nicht statt, die Sprosse sind alle zum Leben am Lichte bestimmt, und gehen schließlich alle zur Blütenbildung über; die Sproßanlagen in der unteren Region der Pflanze aber bleiben oft unent- Einzeldarstellung der Vegetatiousorgane. ß25 wickelt oder treten doch nur bei besonders üppiger Ernährung oder bei Beschä, es bildet sich der bekannte „Wasserstern", dessen ältere Blätter durch die stielartige Streckung ihrer Basis über die jungen her- vorragen. Ganz ähnlich verhalten sich einige Cyperusarten mit nach Vs (vSpiralig" stehen- Fig. 420. Caiiitdche venia. Blatt- den) Blättern. Die Figg. 421 und 422 zeigen rosctte von oben (3 fach vcigr.). die Drehung der Blattzeilen. Sehr bekannt ist diese auch von Pandanus und einigen Aloe- Arten mit zweizeiliger Blattstellung. Es ist klar, daß dieselbe Wir- kung eintreten wird, wenn die Blätter von vornherein spiralig. aber mit „höheren" Divergenzen gestellt sind, wie bei vielen Sempervivum- und Sedum-Arten, den schwimmenden Blattrosetten von Trapa, Pistia u. a. Es ist keine Ausnahme, daß auch einige Pflanzen mit dekussierter Blattstellung basale Blattrosetten haben. So Gentiana acaulis, verna. Arnica montana u. a. Denn die Beobachtung z. B. von G. acaulis zeigt, daß die Zahl der Blattpaare, welche an der Basis stehen, eine sehr geringe ist, ich fand hier gewöhnlich nur vier assimilierende ^), die Rosette bildende Blätter, (die vergilbten älteren noch etwa erhaltenen kommen nicht in Betracht), so daß von einer Deckung der einzelnen P)lätter hier keine Rede sein kann; die Gentiana-Arten, die eine größere Anzahl von Blattpaaren bilden (z. B. G. lutea, asclepiadea u.a.), entwickeln gestreckte Internodien. Übrigens finden sich Sprosse mit gestauchten Internodien bei Pflanzen aus den verschiedensten Verwaudtschaftskreisen und Lebens- verhältnissen, so daß sich allgemeinere Erwägungen daran nicht anknüpfen lassen. Eine der häufigsten Arbeitsteilungen der Assimilationssprosse ist die in Kurz- und Lang triebe. Diese Benennung ist insofern nicht ganz zutreffend, als das Charakteristische beider Sproßformen weniger in der Länge, die sie erreichen, als in ihrer Bedeutung für den Aufbau der Holzpflanzen, um die es sich fast ausschließlich handelt, beruht. Die Kurztriebe nehmen an dem Aufbau des bleibenden Gerüstes keinen An- teil, sie sterben nach verhältnismäßig kurzer Zeit ab, ihre Sproßachse bringt es nicht zur vegetativen Verzweigung und zur eigentlichen Holz- bildung. Dagegen sind die Kurztriebe vielfach die Sprosse, welche 1) Zunächst versucht die Pflanze danu meist durch Verlängerung der schon gestreckten Internodien die Blattrosette an den Wasserspiegel zu bringen ; wenn dies nicht ausreicht, treten auch die normal kurz bleibenden Internodien in die Streckung ein. 2) Es sei dahingestellt, ob nicht schon am Yegetationspunkt gleich l>ci Anlegung Ab- \\eichung von der Kreuzstellung eintritt. 3) Waren es sechs, so waren die obersten sehr klein, daß sie nur den chlorophyllarmen unteren Teil des darunter stehenden Blattpaares deckten. Ebenso fand ich es bei G. verna. Einzoldarstelhniir der Vegetationsorgane. 621 Blüten hervorbringen, was ganz mit der p. 1.92 erwähnten Thatsaclie übereinstimmt, daß „Wachstumshemmnng die Blütenbiklung be"-üusti"t'\ l"ig. 421. Cyperus altemifolius, Querschnitt durch eine (außen von Niederblättern umhüllte) Knospe. TMe dreizeilige Auorduuug der Laubblätter tritt deutlich hervor, ist aber bei den unteren schon etwas verschoben. Irgend welche scharfen Grenzen zwischen Lang- und Kurztrieben lassen sich indes nicht ziehen. Bei manchen Pflanzen (z. B. Larix europaea) können die Kurztriebe spontan in Langtriebe auswachsen (unter un- günstigen Bedingungen unterbleibt die Lang- triebbildung oft jahre- lang), bei anderen läßt sich dasselbe Resultat durch Entfernung der Langtriebe erzielen, selbst in Fällen, wo die Kurztriebe so scharf von den Langtrieben gesondert sind, wie bei den Pinusarten. Hier bringen im späteren Lebensalter (betreifs der Fig. 422. 7 Sproß (dessen Blätter abgeschnitten sind) von Jugendstadien vgl. oben, i //,, nat. Gr.). // Blatt mit Achselkiiospe. /// Quer- p. 133) die Lanutriebe schnitt der letzteren, das Vorblatt (ß) ist zum Scliwellkörper nur Knospenschuppen ausgebildet (vergr.). 41* 028 Specielle Organographic. (Niederblätter) hervor, die Assimilationsblätter sind beschränkt auf die Kurztriebe, an denen sie zu zweien (z. B. Pinus silvestris) oder mehr (z. B. fünf bei P. Strobus) auftreten. Auch hier kann man die Kurztriebe veranlassen, zu Langtrieben auszuwachsen, sie sind also von den Lang- trieben nur quantitativ, nicht qualitativ verschieden. Sogar bei den merkwürdigen Kurztrieben von Sciadopitys kommt ge- legentlich eine ,. Durchwachsung" vor i;. Diese Kurztriebe werden gewöhn- lich als „Doppelnadeln" bezeichnet. Thatsächlich sieht man auch namentlich an jungen, eben austreibenden Sprossen die Zusammensetzung aus zw^ei mit- einander „verwachsenen" Nadeln, zwischen denen eine Längsfurche sehr deutlich verläuft. Sie stehen in den Achseln kleiner Schuppen am Stamme, nehmen also dieselbe Stellung ein, Avie die Kurztriebe von Pinus. Auf die Thatsache gestützt, daß die Nadeln von zwei vollkommen voneinander ge- trennten Clefäßbündeln durchzogen sind, welche von dem für die Coniferen- blätter eigentümlichen „Transfusionsgewebe" umschlossen sind, sprach Mohl die Ansicht aus, es seien diese Nadeln aus der Verwachsung der beiden ersten Blätter eines im übrigen verkümmernden Achselsprosses der Schuppe ent- standen. Die von Stbasbueuer mitgeteilte Entwicklungsgeschichte dieser Gebilde ist sehr eigentümlich, bedarf aber, wie ich glaube, noch erneuter Prüfung. Es entsteht in der Achsel der Schuppen eine Achselknospenanlage, welche früh schon einen deutlichen medianen Einschnitt am Scheitel zeigt, der auch an der fertigen „Doppelnadel" noch erkennbar ist. Nach Stras- bukger's Darstellung ist dieses ganze Gebilde als Anlage der Doppelnadel zu betrachten : es wächst, nachdem das Scheitelwachstum frühe aufgehört hat, wie andere Nadeln an seiner Basis. Es ginge also der Scheitel des Achselsprosses hier in der Bildung der Nadeln auf, die letzteren aber wachsen nicht gesondert, sondern durch interkalares Wachstum ihrer ge- meinsamen Basis. Kein Zweifel, daß das Gebilde einer Kurztriebanlage von Pinus entspricht, an der nur zwei Blattanlagen angelegt werden. Allein die Deutung der Doppelnadel als aus zwei verwachsenen „Blättern'' ge- bildet, erscheint mir 2) keineswegs zweifellos, obwohl Strasburger auch bei Pinus sylvestris und P. Pumilio Doppelnadeln gefunden hat. Wir kennen deren Zustandekommen nicht, sie können recht gut durch wirkliche Ver- wachsung zweier Nadeln, wobei aber der Vegetationspunkt des Kurztriebes an der Basis zurückbleibt, die Nadeln mit einer zu-, gewendeten Seitenkante verschmelzen, entstanden sein. Bei Sciadopitys geht aber der Hauptteil der Nadel aus dem unterhalb des Vegetationspunktes der Achselknospe befindlichen Teile der letzteren selbst hervor. Dies ist ein in der vegetativen Region sonst ohne Beispiel dastehender Fall, und nach der gewöhnlichen Terminologie haben wir also die Doppelnadel von Sciadopitys vielmehr als einen blattähnlichen Zweig, ein Phyllocladium auf- zufassen, das an seiner Anlage die Spitzen zweier Nadeln als kleine Spitzen trägt, trotz der anatomischen Thatsachen, welche insofern nicht sehr schwier ins Gewicht fallen, als wir Phyllocladien, die in ihrem Baue mit den Blättern übereinstimmen, auch sonst kennen. An der Bezeichnung liegt aber im Grunde nicht viel, denn Thatsache bleibt in beiden Fällen, daß ') Vgl. die Abbildung von Carriere in Gardener's Chronicle, 1. März 1884. ■) Wie ieh schon in der Vergl. Entwicklungsgeschichte, aus der dieser Passus entnommen ist, hervorgehoben habe. Nach Bower (Gard. Chronicle, x5. März 1884, p. 34(5) hat schon PiCKSON die Dopjielnadeln als Phyllocladien betrachtet. Betr. der Anatomie vgl. auch Bertraxd, Anatomie comparee des tiges et des feuilles chez les Gnetacees et des Coniferes, Ann. d. sc. nat. 5. Ser.. Bot. f. XX p. EinzeldMi-stcllung der Veg..tationsor7 verschiedene Weise geschehen. Es findet eine Hemmung in der Blatt- eutwicklnng statt, die entweder eine zeitweilige oder eine dauernde sein kann. Die „Sucher"" entstehen erst, wenn die Ptianze hinreichend er- starkt ist und sich unter günstigen Lebensbedingungen befindet. a) Zeitweilige Hemmung. Hier kommen in Betracht die oben er- wähnten Pflanzen, deren Blätter „Vorläuferspitzen'' bilden (p. 505), in anderen Fällen sind die Nebenblätter ausgebildet, während die Blatt- anlage selbst noch unentwickelt ist (z. B. Büttneria pilosa, Papilionaceen u. a.). Von besonderem Interesse ist, daß vielfach eine Weiterentwicklung der Blätter nur stattfindet, wenn die „Sucher'' eine Stütze erreicht haben (z. B. Banisteria aurea, Beaumontia grandiflora), was so weit gehen kann, daß die stützenlos gebliebenen Sucher die jungen Blätter abwerfen (Combretum, viele Apocyneen, Derris elliptica u. a.), ja, es stirbt schließlich der ganze Sproß ab. Es liegt hier eine eigenartige Reizerscheinung vor, deren Nutzen für die Pflanze einleuchtet — sie spart die Baustoffe für die Entwicklung der Blätter und Sprosse auf für diejenigen Sprosse, die sie am besten verwenden — deren Zustandekommen im einzelnen aber noch nicht aufgeklärt ist; um „Kontaktreize" handelt es sich dabei nicht. Es sei daran erinnert, daß schon Sachs ^) darauf hingewiesen hat, daß bei europäischen Schlingpflanzen „kräftige Sprosse, wenn sie über die Stütze hinauswachsen oder überhaupt keine finden, erkrankten und ver- kümmerten; es ist leicht wahrzunehmen, daß ein längere Zeit ohne Stütze gewachsener Sproß nach wenigen Tagen gewissermaßen neu auf- lebt und viel kräftiger fortwächst, wenn man ihm Gelegenheit giebt, eine Stütze zu umwinden". Diese Pteizbarkeit — die Abhängigkeit des Gedeihens von der Ausübung der Funktion, hier der Erreichung einer Stütze — ist also bei den Suchern nur in besonders hohem Maße aus- gebildet. Die ihre Blätter abwerfenden Sucher bilden in gewissem Sinne auch einen Übergang zu denjenigen, welche b) dauernde Hemmung der Blattentwicklung zeigen. Hier ist eine Arbeitsteilung eingetreten, die einen Sprosse, welche als Sucher (und später zur Befestigung) dienen, haben nur Niederblätter, die Laubblätter sind auf nicht kletternde Kurztriebe beschränkt (z. B. Gnetum funiculare, Melodorum bancanum, Myxoporum nervosum u. a.). Dasselbe tritt auch bei Rankenpflanzen auf, bei denen dann die Ranken auf den Kurztrieben stehen. Die Arbeitsteilung zwischen Lang- und Kurztrieben kann aber eine verschiedene scharfe sein 2), bei manchen Malpighiaceen (Hiptage obtusifolia u. a.) tragen z. B. die Langtriebe an ihrer Basis noch Laub- blätter, weiter oben Niederblätter, die beblätterten Kurztriebe aber können zu Langtrieben auswachsen, und die letzteren, wenn sie keine Stütze erreicht haben, an der Spitze wieder zur Laubblattbildung übergehen, sie erfahren also eine Hemmung, die weniger stark ist als die für die Sucher anderer Pflanzen oben erwähnte^). Bei anderen Pflanzen ist dagegen jede Knospe schon durch ihre Stellung unabänderlich zum Lang- oder Kurztrieb bestimmt, es findet also (auch bei Entfernung der Langtriebe) keine Umbildung der Kurz- triebe statt (Beispiele dafür bei Massart a. a. 0.). ') Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., ]>. ill. -) Vergl. J. ^ilAssAKT, Sur la niorphologic dn boiirgcon. Ann. du janlin Itotanitiuc de Buitenzorg, Vol. XIII, No. 1. ") Vergl. auch Kaciborski, a. a. O. p. 3(j. 638 Specit'lle Organographie. 2) Umbildung der Sprosse zu Kletterorganen i>. Kaum von einer Umbildung kann man weder bei den „Spreizklimmern", welche durch spreizende Zweige sich an anderen Pflanzen festhalten, sprechen. Die Sproßbildung der Schlingpflanzen wurde oben besprochen , hier kommen deshalb vor allem die Sproß ranken in Betracht. Wie wir bei den Blattranken sahen, daß bei manchen Pflanzen in ihrer Gestaltung unveränderte, nur für Kontaktreize empfindliche Blätter als Ranken funktionieren, so finden wir auch bei manchen „Zweigkletterern'\ welche P'r. Müller zuerst näher kennen gelehrt hat, gewöhnliche Zweige als Kletterorgane thätig. Als Beispiel sei Securidaca Sellowiana (Fig. 42(3), eine brasilianische Poly- galee, erwähnt. Diese be- sitzt nicht reizbare, mit gestreckten Internodien versehene Langtriebe und an diesen beblätterte Seitenzweige, die ebenso wie die Zweige höherer Ordnung für Reibung reizljar sind (vergl. Fig. 42()). Bei anderen Pflan- zen finden wir an den als Ranken dienenden Spros- sen eine Reduktion der Blätter aufti'eten, die bei Salacia z. B. bei den verschiedenen Arten in verschiedenen Abstuf- ungen erfolgt, das Ende der Rückbildung sind Zweigranken, welche ihre Blätter auf frühen Ent- wicklungsstadien verküm- mern lassen und so im z. B. auch l)ei Acacia Fig. 426. Securidaca Sellowiana Klotzsch. Sproß mit rankoii- deu Seitenzweigen. 7. Bei anderen Pflanzen ist dies bekanntlich andei-s, so (abgesehen von den oben erwähnten) bei manchen kriechenden Meeresstrandpflanzen (z. B. Ipomoea pes caprae) ii. a. Es ■wäre näher zu untersuchen, wie hier der plagiotrope Wuchs zustande kam, er kann von verschiedenen Ausgangspunkten und in Beziehung zu verschiedenen äußeren Eeizen zustande gekommen sein. Wir sahen z. B. früher, daß die rindenbewohnenden plagiotropen Lebermoose gar nicht geotropisch sind, und daß der plagiotrope Wuchs namentlich für die Wasserversorgung in Betracht kommt (j). 145). Bei Ciebirgs- und Polarpflanzen spielen Temperaturverhältnisse jedenfalls eine Rolle. Im obigen kam es mir auf ein specielles Beispiel von Pflanzen mit radiären Blütensprossen und plagiotropen Ausläufern an, aber es soll damit keineswegs ein allgemein für alle plagiotropen Sprosse giltiges Schema aufgestellt werden. Goebel, Organographie der Pflanzen. ^- 642 Specielle Organographie. Pflanzen wächst, welche die Triebe beschatten. Die vegetativen Sprosse sind hier plagiotrop, selbstverständlich kommt auch die kürzere Vegeation - 1 » 1 ) 2eit m Betracht, wel- che der Ausbildung eines holzigen Sproß- gerüstes weniger günstig ist und Em- pfindlichkeit gegen Kälte. Auch La- vendel , Rosmarin u. a. an sonnigen, trockenen Stand- orten wachsende For- men haben keine aus- gesprochen plagio- tropen Sprosse. Wohl aber finden wir (im allgemeinen) solche um so mehr ent- wickelt, je mehr die Pflanze an feuchte- ren und schattigeren Standorten wächst, also auf Wiesen, in Hecken. Hier würde die Ausbildung vege- tativer orthotroper Sprosse, die höher an das Licht empor- gehoben werden, einen beträchtlichen Materialaufwand er- fordern. Die Aus- nützung des gemin- derten Lichtes kann einfacher durch pla- giotrope Sprosse er- folgen, denen der feuchte Boden zu- gleich Gelegenheit zur Bewurzelung bietet. So findet dann , ähnlich wie dies von anderen Pflanzen hervorge- hoben wurde, eine Umbildung der (bei einjährigen Labiaten allein vorhandenen) orthotropen Sprosse in plagiotrope statt, die an einigen Beispielen erläutert werden soll. 1) Ajuga reptansi) (Fig. 429). Der Keimsproß ist orthotrop, er bildet im ersten Jahre eine Rosette dekussierter Laubblätter und treibt ^) Vgl. auch IRMISCH, Beitr. zur vergl. Morph, der Pflanzen II, Labiaten, Halle 185G (p. 29). Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. (343 meist im zweiten Jahre die terminale Intlorescenz. Die »Seitenknospen werden zu plagiotropen Ausläufern (mit gestreckten Internodien), sie bewurzeln sich später und bilden an ihrer Spitze eine neue Blattrosette (mit gestauchten Internodien), die bei im Sonnenlicht wachsenden Pflanzen schon im ersten Jahre zur Blütenbildung übergehen kann, gewöhnlich aber erst im zweiten dazu gelangt. Orthotrope Sprosse , die nur wenig Blüten hervorbringen (solche entstehen gelegentlich als Seitensprosse) können nach der Blütezeit zu plagiotropen Ausläufern werden i), die letzteren sind wohl auch aus orthotropen blühenden Sprossen durch Anpassung hervorgegangen. 2) Glechoma hederacea. Hier haben wir einen Fall, der wegen des Vergleichs mit dem früher besprochenen von Hedera Helix u. a. von Interesse ist (p. 136). Wir sahen dort, daß die Jugendform sich dem plagio- tropen Wüchse angepaßt hat, und die Bildung orthotroper Sprosse erst später eintritt, daß dies Verhalten aber offenbar ein abgeleitetes ist. Bei Gl. hederacea sind Jugendform und Folgeform zwar der Gestaltung nach nicht sehr verschieden, zeigen aber einen verschiedenen Wuchs. Die Achse des Keimsprosses wird sofort plagiotrop und bewurzelt sich aus den Stengelgliedern, sie erreicht eine Länge von 30 cm und darüber. Im nächsten Jahre bildet sie unter günstigen Bedingungen (von den Ver- zweigungen sehen wir hier ab) einen orthotropen blühenden Sproß, an dessen Basis später plagiotrope Seitenzweige entstehen. Aber auch der orthotrope Blüten sproß kann ^) an seiner SjDitze wieder in einen plagiotropen Sproß übergehen (wie auch Irmiscii und andere beobachtet haben), es geschieht dies namentlich bei Pflanzen, die an Standorten mit tieferem Schatten wachsen. Sie bringen auch weniger Blüten hervor, während die bei starker Beleuchtung erwachsenen orthotropen Sprosse mehr Blüten produzieren und meist nicht vegetativ (plagiotrop) weiter wachsen. Bei Glechoma ist die Neigung, plagiotrope Sprosse zu bilden, also schon viel tiefer gewurzelt, nicht nur ist die Keimachse plagiotrop, auch die orthotropen Sprosse gehen verhältnismäßig leicht in plagiotrope über, es dürfte dies mit den Stand- ortsverhältnissen zusammenhängen, Glechoma wächst an mehr schattigen Standorten. Die Gattung Stachys sei hier angeführt, weil sie den Übergang von plagiotropen Lichtsprossen in Erdsi^rosse zeigt. St. silvatica hat plagiotrope Sprosse, die bald auf, bald in dem Boden wachsen. Im ersten Fall haben sie durchweg Laubblätter und gelangen oft noch im Oktober zur Blüte, im zweiten haben sie Schuppenblätter ^), treten aber im Herbst gewöhnlich mit der laubblätterigen Spitze über den Boden (Irmisch, a. a. 0. p. 15), im direkten Sonnenlicht sollen diese plagiotropen Sprosse nach Maige orthotrop werden, während (wie zu erwarten) in schwachem Lichte die blütentragenden Seitensprosse der orthotropen Inflorescenz die Blütenbildung einstellen und plagiotrop w^erden, eine Umwandlung, die bei der Hauptachse nie gelang. Stachys palustris dagegen hat Ausläufer, die in den Boden eindringen, also geophil sind.j ') Für die terminale Inflorescenz ist dies bis jetzt nicht beobachtet. M0(iUlN-TANi)0\, der als Autor dafür angeführt wird, giebt (Teratologie vegctale, j». 205) nur eine Verlaul)ung der Brakteen an, was noch nicht mit plagiotro])cm AVuchs verbunden zu sein braucht. ^) Wie schon A. DE St. Hilaike beschrieb (Lccons de Imtanique, p. 104 u. 100); er glaubte aber, daß die Sprosse ,,cntraines par leur jioids" sich zur Erde senken. ^) Die ..Ausläufer" anderer Pflanzen zeigen auch am Lichte Xiedeiblattbildung. So bei der Erdbeere, Saxifraga sarmentosa u. a. Es dürfte die Hemmung der Blattentwicklung hier wie bei den Sprossen mancher Kletterpflanzen in Beziehung zu der rasclien und aus- giebigen Streckung der Sproßachsen stehen. Experimentelle Untersuchungen darüber liegen nicht vor. i2* ß^J. Specielle Organograpbie. Aus dem Gesagten geht uocli nicht hervor, welche Faktoren den plagiotropen Wuchs bedingen. Eine ausführlichere Erörterung dieser Erage gehört in die Experimentalphj'siologie, hier sei nur folgendes bemerkt : Fkaxk u. A. betrachteten früher die plagiotropen Sprosse der oben er- wähnten Art als negativ geotropisch und negativ heliotropisch, weil viele (nicht alle derselben) im Dunkeln sich aufrichten. Diese Aufrichtung be- trachte ich als eine Anpassung, welche die plagiotropen Sprosse vor dem Überwuchertwerdeu durch andere Pflanzen, Bedeckung mit Laub u. s. w. schützt; bei Glechoma fand übrigens Oltmaxxs i), daß die Sprosse nur im Frühling bei Verdunkelung orthotrop werden, später im Sommer wachsen auch im Finstern die Ausläufer unter erheblicher Verlängerung horizontal weiter. Negativer Heliotropismus ist bei der Richtung dieser plagiotropen Sprosse nicht im Spiel, sondern eine „Umstimmung" des Geotropismus durch die Einwirkung des Lichtes ^j. Die Lichtwirkung ist hier offenbar eine ziemlich verwickelte, wir haben meiner Ansicht nach zweierlei zu unter- scheiden: Die Beeinflussung der Richtung der Sprosse und die ihres Reif epr oze sses. Fassen wir zunächst den letzteren ins Auge. Es han- delt sich darum, daß die Sprosse verschiedene Entwicklungsstadien durch- laufen, auf denen sie der Einwirkung richtender Kräfte gegenüber ver- schieden reagiei'en. Die äußeren Betriebskräfte, welche für diese Entwick- lung notwendig sind, sind aber zum Teil dieselben, die richtend wii^ken ; das Endstadium schließt mit Blütenbildung ab, der Sproß hat damit seine „Reife" erreicht. Jeder Sj)roß von Glechoma beginnt als plagiotroper Laub- sproß und reift dann zum orthotropen Sproß heran. Dies geschieht unter der Einwirkung des Lichtes, dieser Reifeprozeß geht im allgemeinen um so rascher vor sich, je höher (natürlich innerhalb gewisser Grenzen) die Lichtintensität ist. Das orthotropwerden ist also indirekt eine Folge der Lichtwirkung, welche eine Änderung der inneren Eigenschaften des Sprosses bedingt. Diese hat dann zur Folge, daß die Sprosse, was ihre Richtung beti-itit, auf die Einwirkung des Lichtes in verschiedenen Entwicklungs- stadien verschieden reagieren. Im ersten (unreifen) veranlaßt das Licht eine L^mstimmung des positiven zu Transversalgeotropismus (dies Wort im allgemeinsten Sinne gebraucht), je stärker c. p. das Licht, desto ausge- sprochener der plagiotrope Wuchs. Die Lichtwirkung kann sich im Sommer allmählich summieren, der Sproß kann, wie wir bei Glechoma sahen, so ..induciert" werden, daß er auch bei Verdunkelung nicht mehr orthotrop wird. Wenn wir diese Gesichtspunkte auseinanderhalten, so ist das Ver- halten der plagiotropen Sprosse, wie mir scheint, dem Verständnis näher gerückt. Der Reifeprozeß braucht den Abschluß des Sproßwachstums noch nicht herbeizuführen. Wir sahen früher, daß man bei Campanula rotiuidi- folia ihn unterbrechen und die Jugendform wieder eintreten lassen kann. So ist es auch bei manchen der oben beschriebenen Labiaten und bezeich- nen wir die Eigenschaften des plagiotropen Glechomasprosses mit x, so wird er orthotrop, wenn sich unter dem Einfluß des Lichtes y gebildet hat. Der Sproß x-|-y ist orthotrop, y aber ist nicht immer in größeren Mengen vorhanden, wenn nur wenig davon da und x nicht verbraucht ist, wächst der Sproß als x, d. h. plagiotrop weiter, der plagiotrope Wuchs aber ei- möglicht ihm, wie Avir hervorhoben, auch an Standorten mit weniger inten- V) Oltmaxxs, Über positiven und negativen Heliotropismus. Flora, 1897, p. 23. ^) Vgl. Czapek, Über Piiehtungsursacben der Seitenwurzeln und einiger anderer dorsi- ventraler Pflanzenteile. Sitz.-Ber. der K. K. Ak. der Wisseuseh. in Wien. matb. naturw. Kl., 104. Bd., Xovbr. 1895. Einzeldarstc'llunü: der Ve^etationsorirane. (345 siveni Lichte die bessere Ausnützung des letzteren und zugleich vegetative Verbreitung. B. Als geophile Sprosse können wir mit AreschougM solche be- zeichnen, die ihre Erneuerungsknospen unter der Erdobertiäche anlegen. Sie kommen namentlich in Gebieten mit periodisch (sei es durch Kälte oder Trockenheit) unterbrochener Vegetation vor und sind durch mancher- lei Übergangsformen mit den „photophilen" 2) PHanzen verbunden. Es sind zu unterscheiden dauernd und periodisch geophile Sprosse. Zu ersteren gehören z. B. die Rhizome von Paris, die monopodial im Boden unbegrenzt weiter wachsen und Seitensprosse an das Licht emporsenden, unter letzteren verstehen wir solche, die in den verschiedenen Perioden ihrer Existenz zunächst geophil undi dann photophil sind oder umgekehrt. So ist es z. B. bei sympodial wachsenden Rhizomen, wie dem als Beispiel oft be- handelten von Polygonatum. (Fig. 430.) Hier sind die Sprosse geophil, sie bleiben im Boden und bringen nur Niederblätter hervor, im nächsten Jahre werden sie photophil, treten über die Erde und bilden assimilierende Laubblätter, sowie Blüten aus. Die Mittel, welche die Pflanze Fig. 430. Ehizom von Polygonatum miiltifloriim, a Knospe für den uär-hstjälu-igen oberirdischen Trieb, b Nar})e des diesjährigen, c und d Narben des vor- jährigen lind Torvorjährigen Triebes, w Wurzeln. Auf Y4 verkleinert. (Lehrb.) Fig. 431. Circaea intermedia. Ge- triebene Pflanzen, deren Sproßscheitel geophil wird. anwendet, um ihre Sprosse in die Erde oder über dieselbe zu bringen, werden offenbar zunächst durch die wechselnde geotropische Reizbarkeit geboten. Diese aber ist ihrerseits höchst wahrscheinlich durch Stoff- wechselvorgänge bedingt. Ein von mir früher schon erwähntes-') Bei- ') Areschofg. Beiträge zur Biologie der geophilcn Pflanzen (Sonderabdr. aus Acta reg. 80c. Phys. Lund, T. VI), Lund 1896. "^) Diese Benennung scheint mir passender als die von AreschOTtg gewählte „aerophil". Denn diese paßt auf die Sprosse der Wasserpflanzen z. B. nicht, und wesentlich ist, daß die einen Sprosse zeitweilig oder immer dem Leben im Dunkeln, die anderen dem im Licht an- gepaßt sind, auch für die geophilen Sprosse wäre der Name ..skotophile" (Dunkellieit liebende) wohl eigentlich vorzuziehen, zumal, wie oben (p. 199) hervorgehoben wurde, Dunkel- heit auf die Bildung der („geophilcn-') Kartoffelknollen (und ebenso offenbar auch mancher Ausläufer etc.) begünstigend einwirkt. ^j Flora, 82. Bd., 1896, p. 11. (Die als ,.al])ina" erwähnte Circaea war ('. intermedia.) 646 Specielle Organographic. spiel bietet Circaea intermedia. Die Lichtsprosse dieser PÜanze sind negativ geotropisch und schließen mit einer Intlorescenz ab. Am unter- irdischen Teil der Ptianze entwickeln sich Ausläufer, die später an der Spitze anschwellen und im nächsten Jahre sich zu photophilen ortho- tropen Sprossen gestalten. Wenn man nun diese Überwinterungssprosse im Winter zur Weiterentwicklung anregt (durch Kultur in höher tem- perierten Räumen), so treten sehr eigentümliche Erscheinungen ein. Die Spitze des Sprosses, die eigentlich zur Intlorescenz werden sollte, gestaltet sich zu einem wieder in den Boden eindringenden Ausläufer. Dies kann geschehen , nachdem der Sproß schon eine Höhe von mehreren Centimetern er- reicht und eine Anzahl wohl entwickelter Blätter gebildet hat (Fig. 431 II), aber es kann auch das Hervortreten über den Boden ganz unterbleiben und der Sproß, statt zu einem photophilen Laub- und Blütensproß zu wer- den, sogleich als Ausläufer weiter wachsen (Fig. 431 I). Es hängt dies im allge- meinen von dem Zeitpunkt ab, in welchem das „An- treiben" der Ptianze er- folgt, je später es ge- schieht, desto länger dauert es,bisdieAusläuferbildung eintritt, man glaubt, voll- ständig normale Ptianzen vor sich zu haben, die sich zur Blütenbildung an- schicken w'erden, bis sich zeigt, daß sie ihre Spitzen nach unten biegen und sich zur Ausläuferbildung (die sich durch die Pdch- tungsänderung kund giebt, sowie durch länger ge- strecktelnternodien U.S.W.) anschicken. So lange die Ausläufer noch oberirdisch sind, bringen sie auch noch Laubblätter hervor, die nur kleiner sind, als die übrigen, wenn sie in den Boden eingedrungen sind, erfolgt Niederblattbildung (vgl. p. 220), auch in den Achseln der Laubblätter bilden sich Ausläufer, die sonst nur an den Keimpflanzen auftreten. Diese Thatsachen lassen, wie mir scheint, zunächst kaum eine andere Auffassung zu, als die: im ruhenden (geophilen) Sproß spielen sich Stoffwechselvorgänge ab, die ihn veranlassen, beim Austreiben negativ geotropisch zu werden. Diese Vorgänge erfordern u. a. niedere Temperatur. Fig. 432. Polygoiiatiiin multiflonim (.-1 und B nach ElMBACH, C (Buchstaben irrtümlich weggeblieben) nach Irmisch. A Künstlich höher als die „normale Tiefen- anlage eingepflanztes Ehizom: Die Fortsetzungssprosse des Ehizoms sind nach unten gewachsen. B Zu tief einge- pflanztes Rhizom ; die Fortsetzung des Rhizoms ist nach oben gewachsen. C Keimpflanze (vergr.) , rechts der Samen, in welchem das zum Ilaustorium angeschwollene Ende des Kotyledon steckt. IT Hauptwurzel, e Neben- wurzel (an der Sproßachse entstanden) a, b, c Nieder- blätter der Keimpflanze. Einzeldarstellung der Vfwetationsorganc. ß47 Erhöht man dieselbe vorzeitig, d. h. ehe die — uns nicht näher be- kannten — stoftiiehen Veränderungen fertig sind, so kann der Ausläufer zwar zunächst photophil werden, aber der noch nicht verarbeitete Rest geo])hiler Substanz (wenn dieser Ausdruck der Kürze wegen gestattet ist) nötigt ihn. nach einiger Zeit wieder der Erde zuzuwachsen. Es tritt so eine Unikehrung der l)ei PÜanzen mit geophilen Sprossen sonst geltenden Anordnung ein, daß die geophilen Sprosse an der Basis der photophilen entstehen, eine Anordnung, deren Zweckmäßigkeit ja ohne weiteres einleuchtet. (Vgl. auch p. 184 und 199.) Die Umwandlung sonst photophiler olierirdischer Sproßanlagen in geophile kann übrigens, wie für einige Fälle nachgewiesen ist. auch durch frühzeitige Entfernung der geoi)hilen Sproßanlagen veranlaßt werden ^). wie andererseits eine Ent- fernung des photophilen Hauptsprosses -) hier (wie in zahlreichen anderen Fällen) die geophil angelegten Sprosse veranlaßt, schon im Jahre ihrer Anlegung zu photophilen Laubsprossen auszuwachsen. Eine Wechselbeziehung zwischen den geophilen und photophilen Sprossen resp. Sproßteilen ist es oifenbar auch, welche die Regu- lierung der Tiefe, in welcher die geophilen Sprosse wachsen, be- dingt -). Manche Ptianzen haben allerdings keine bestimmte Tiefenlage, weil ihre geophilen Teile kein Bewegungsvermögen besitzen, so z. B. die Knollen von Corydalis cava. Den meisten aber ist es möglich, eine höhere oder tiefere Lage im Erdboden einzunehmen, sei es durch Thätig- keit von Zugwurzeln oder durch Änderung der geotropischen Empfind- lichkeit. Verfolgen wir z. B. die Entwicklung des oben erwähnten Poly- gonatum multiflorum. Der aus der Keimpflanze hervorgegangene Sproß (mit kurzer fleischiger Sproßachse) ist zunächst aufrecht (Fig. 432. links), er hat die x\ufgabe, das — meist erst im zweiten Jahre erscheinende — Laubblatt (welches auf die Niederblätter folgt) an das Licht zu bringen. Dadurch wird die weitere Entwicklung (vermöge seiner Assimilations- arbeit) ermöglicht. Später dringt der (zunächst monopodial wachsende) Sproß in den Boden ein^) und wächst in diesem (transversal-geotropisch) horizontal weiter, ist er erstarkt, so wendet er sich nach oben, bildet Laubblätter ^) und wird photophil, während ein geophiler Seitensproß das Rhizom fortsetzt, ändert man dessen Tiefenlage nach oben (Fig. 432 A). so wächst der Fortsetzungssproß nach unten (Fig. 433). umgekehrt nach oben. Ganz ähnliche Verhältnisse ergeben sich, wie die Untersuchungen von A. Braun, Irmisch, Warming u. A. zeigen, für andere Knollen und Rhizomptlanzen, auf eine eingehende Schilderung der dabei stattfindenden ') Außerordentlich leicht ist dies liei Wasserkulturen von Circaea nachzuweisen. ^) Botau. Zeitung 1880. — Es sei hier bemerkt, daß bei Circaea eine Verfinsterung des orthotrr.pen Hauptsprosses genügt, um die dem Gipfel nächsten, sonst plagiotropen Sprosse orthotrop zu machen. ^} Vgl. Royer, Flore de la Cote d'or, p. XX ; Rimbach, Das Tiefenwachstum der Rhizome (Fünfstück, Beitr. zur wisseusch. Botanik III, p. 178). Die von P. E. Müller angenommene Bedeutung der Regeuwürmer, welche durch „Übererdung'- die Versenkung der Rhizome in den Boden bedingen sollen, kommt meiner Ansicht nach nur insofern in Be- tracht, als dadurch vielfach den Pflanzen rascher als durch ihre eigene Thätigkeit eine be- stimmte Bodentiefe geboten wird. "•) Es wäre zu untersuchen, ob der Keimsproß nicht zunächst durch Verkürzung einer Zugwurzel in den Boden gelangt. °) Es ist charakteristisch, daß die direkt am Rhizom entspringenden Laubljlättcr hier (wie bei Paris) gestielt, die an dem Lichtsproß befindlichen stiellos sind, ein weiteres Bei- spiel für ein Verhalten, auf das oben (p. 281) hingewiesen wurde. 048 Specielle Organograpbie. Veiiiältnisse muß hier verzichtet werden, es genügt, auf die merk- würdige Thatsache hinzuweisen, daß die Tiefenlage geophiler Sprosse ge- regelt wird in der Weise, daß während der Erstarkungsperiode durch ab- wärts gerichtetes Wachstum eine bestimmte ,,Nornialtiefe'' aufgesucht wird, deren Beibehaltung bei Lagenveränderung (durch Höher- oder Tiefer- pflanzen) angestrebt wird, dabei sei auf das oben z. B. für Arum ange- führte Verhalten der Zugwurzeln hingewiesen. Die Regulierung der Tiefenlage erfolgt offenbar durch Beeinflussung der Stoft'wechselvorgänge, wie wir dies oben für Circaea als wahrscheinlich angenommen haben. Alle geophilen Sprosse müssen — soweit sie nicht Saprophyten und Parasiten sind — assimilierende Teile an das Licht senden, seien es ein- zelne Blätter oder beblätterte Sprosse. Zwischen diesen und den geo- philen Sprossen (resp. Sproßteilen) besteht offenbar ein genau geregeltes Korrelationsverhältnis, das wir freihch nicht durchschauen. Wir nennen die Gleichgewichtslage zwischen beiden, die, welche in der Normaltiefe vorliegt. Wird die Lage vertieft, so muß — wie auch Rimbach hervor- hebt — für die Bildung der photophilen Teile mehr Material aufge- w'endet werden, als sonst — diese Gleichgewichtsstörung spricht sich in einer Änderung der geotropischen Empfindlichkeit nach oben aus und umgekehrt. Man könnte das Bild weiter ausspinneu, indem man als Träger der positiven und negativen geotropischen Empfindlichkeit sich einzelne distinkte Teile denkt, die durch Stoft'wechselthätigkeit sich ver- mehren oder vermindern, und so sich bald das Gleichgewicht halten, bald nach der einen oder anderen Seite hin den Ausschlag geben. Aber damit kommt man eben auch nicht weiter als zu einem unvollkommenen Bild einer weiterer Untersuchung bedürftigen Erscheinung. Die unter der Erde angelegten photophilen Sprosse zeigen ver- schiedene Anpassungen, die ihnen den Durchtritt durch den Boden er- leichtern ^) : es sind im wesentlichen dieselben, die sich auch bei Keim- pflanzen vielfach finden. So z. B. konvexe Biegung der Achse (nach oben) oder der Blattstiele, was das Durchdringen durch den Boden und das Herausziehen der Blätter erleichtert, oder bei aufrechtem Sproß Schutz durch ein Niederblatt (wie bei der „Koleoptile'' der Gräser, vgl. p. (503) u. a. Wo Blätter in aufrechter Stellung die Erde durchbohren, finden wir den bei der Bewegung vorausgehenden Teil für den Durchtritt durch die Erde besonders eingerichtet: so die Blattspitze bei manchen Mono- kotylen. Diese ist z. B. bei Gagea arvensis konisch und am Ende etwas hornig ausgebildet (während das übrige Blatt flach ist) — ein näheres Eingehen auf diese Erscheinungen verbietet der Raum. *) Vgl. Aresckoug a. a. O. Eiiizcldarstelluüg der Vegetationsorganc. 649 C. Der Sproß im Dienste der Fortpflanzung. Schon bei Besprechung der Arbeitsteihmg der Sprosse war kurz hinzu- weisen darauf, daß manche Sprosse ihre charakteristische Äusbiklung der Aufgabe verdanken, die sie bei der Erhaltung oder Verbreitung der pHanze zu erfüllen haben. Es sei erinnert an die kurzen Angaben z. B. über Aus- läufer und geophile Sprosse. Eline eingehende Darstellung dessen, was man die Lehre von der „Sproßfolge'' ^) nennt, ist hier schon aus räum- lichen Gründen nicht möglich. Auch die verschiedenen Ein- richtungen, welche wir als die Bildung von „Brutknospen" bezeichnen , müssen über- gangen werden, zumal es sich dabei um verhältnismäßig ein- fache Fragen handelt. Nur zwei Beispiele seien für den Zusammenhang zwi- schen Gestalt und Funktion hier augeführt, eines aus dem Gebiete der Pteridophyten, das andere aus dem der Samen- pflanzen. a) Lycopodium Selago und einige andere Arten dieser Gat- tung, z. B. L. lucidulum und L. reflexum , bilden kurze , ab- fallende Sprosse , Brutknos- pen, über welche sich eine ziemliche Litteratur angesam- melt hat 2). Es lösen sich kleine, beblätterte , schon mit einer Wurzelanlage versehene Spröß- chen ab , aber nicht (wie dies sonst der Fall zu sein pflegt) (sie stehen nur auf der jeweiligen Außenseite), schwach vergr. II Teil eines Querschnitts durch einen Sproßgipfel, die Blätter der Brutknosije schraffiert. III Querschnitt durch eine Brutknospe, die Speicherblätter punktiert. IV Längsschnitt, Ä Abbruchstelle , W Wurzelanlage. (Die Bedeutung des Buchstabens A ist in II und IV verschieden.) Fig. 433. Lycopodium Selago. I Oberansieht der Spitze zweier Gabelsprosse. Br Brutknospen an ihrer UrspruDgsstelle aus dem Hauptsproß, es bleibt viel- mehr der unterste Teil des Seitensprosses mit einigen Blät- tern stehen. Die Abbruchsteile (Fig. 433 IV bei Ä) ist vor- gebildet, die Sproßachse ist hier dünner, so daß sie leicht abbricht. Es fragt sich zunächst, was die stehen bleibenden Blätter zu bedeuten haben. Die formale Morphologie hat sich damit begnügt , anzu- nehmen, das vordere derselben (in Fig. 433 II mit A bezeichnet) sei 1) Es sei hingewiesen auf die treffliche Behandlung, welche diese Verhältnisse (was europäische Pflanzen anbelangt) erfahren haben in dem Werke von Raunkiaer, De danske blomsterplanters naturhistorie, 1. Bd. (Monokotylen) Kopenhagen 1895—1899, wo auch die Litteratur aiisführlich berücksichtigt ist. 2) Vgl. die Anführung derselben bei Hegelmaier , Zur Morphologie der Gattuug Lycopodium, Bot. Zeit., 1872, p. 840. Das im Texte Angeführte nach eigenen Unter- suchungen. (Zur Geschichte sei noch bemerkt, daß schon Dillenius (Historia musconim, p. 436, tab. 56) die Bnitknospen gut beschrieben hat, ebenso Hedwig (Theoria genera- tionis, p. 112), der sie aber für männliche Blüten hielt. Goebel, Organographie der Pflanzen. 4o QqQ Specielle Org;inograpbie. das „Deckblatt", welches an seinem Achselsproß „hinaufgewachsen" sei, eine Konstruktion, die um so weniger einleuchtet, als 1) die Lycopodinen eine axilläre Verzweigung überhaupt nicht besitzen, 2) dieses Blatt höher an der Achse des Seitensprosses inseriert ist, als die beiden seitlichen Blätter. Für uns kommt zunächst in Betracht, daß die untersten Blätter der Brutknospe deren Knospenschuppen darstellen. Wir sehen deutlich, daß das auf der Außenseite stehende Blatt am stärksten entwickelt ist, es krümmt sich nach innen konkav und bildet mit den anderen Blättern einen schützenden Abschluß der Knospe nach außen, die anderen Knospenschuppen wirken entsprechend mit. Durch die Streckung der Sproßachse unterhalb der Knospenschuppen wird die Brutknospe über die Laubblätter heraus- gehoben und kann so verbreitet werden. Und zwar wirken bei dieser Ver- breitung die Knospenschuppen offenbar mit. Denn es erscheint wahr- scheinlich, daß eine Wegschi eu der ung der Brutknospen hier vorkommt, bedingt durch den Druck, welchen die beiden ersten Blätter der Brutknospe auf die anliegenden Blätter ausüben; letztere werden dadurch eine gewisse Spannung erhalten i) und die Brutknospe bei der Ablösung eine Strecke weit fortschleudern können. Es besitzen nämlich die ersten Blätter der Brutknospen eine eigenartige Gestalt. Zunächst sind sie mit Reservestotfen angefüllt und erleichtern so die rasche Weiterentwicklung bei der Keimung. Dann führen die beiden ersten seitlichen Blätter der Brutknospe eine Drehung aus, so daß sie ihre flache Seite nach oben kehren (Fig. 433 ///) [während ursprünglich die Blattfläche vertikal gerichtet ist], ähnlich wie dies früher für Lyc. alpinum geschildert wurde (p. 90j. Zugleich werden diese Blätter, wie der Verlauf ihres (wenig entwickelten) Mittelnerven erkennen läßt, asymmetrisch. Es hängt dies offenbar zusammen mit der fast horizontalen Stellung der Brutknospen, welche sehr abweicht von dem aufrechten Wüchse, welchen alle sonstigen Sprosse von Lycop. Selago haben. Die Drehung der Blätter befähigt sie zu besserer Ausnützung des Lichtes 2)^ offenbar ist ein Teil der in den Brutknospen angehäuften Assimilate durch eigene Thätigkeit erzeugt. Es ist von Interesse, zu sehen, wie hier unter bestimmten Bedingungen eine Gestaltung auftritt, die bei einer anderen Art derselben Gattung an den plagiotropen Sprossen allgemein sich lindet. Übrigens mögen die großen flachen Blätter für die Brutknospen auch noch als eine Art Fallschirm dienen und so deren Verbreitung befördern. Jedenfalls stellen die Brut- knospen ausgiebige und in mehr als einer Beziehung trefflich ausgerüstete Vermehrungsorgane dar. Wir sahen, daß ihnen eigentümlich ist 1) die Bildung der Sproßachse (basaler Teil zum Hinausheben, Abbruchsteile weiter oben), 2) die Blattbildung: Knospenschuppen, welche stehen bleiben und als Spannfedern und Gleitbahn beim Abschleudern dienen ; Speicherblätter, Drehung der beiden ersten Blätter. Was die Entstehung der Brutknospen anbelangt, so bilden sie sich nach Hegelmaier an der Stelle, wo sonst ein Blatt sich bilden würde. Eine morphologische Erörterung dieses Verhaltens kann hier unterbleiben, angeführt sei nur, daß leicht verständlich erscheint, daß die schmächtigen Brutknospen von Anfang an einen kleineren Raum des Sproßscheitels in Anspruch nehmen, als die kräftigen Gabelsprosse. Schließlich sei noch eines anderen Umstandes gedacht; die Brutknospen ^) Dafür spricht auch, daß die beiden rechts und links von der Brutknospe stehenden Knospenschuppen sich nach Ablösung der erstereu konkav einkrümmen. Uebrigens hat Herr F. Lloyd nach mündlicher Mitteilung die Abschleuderung beobachtet. *) Vgl. auch das oben betreffs der Druckwirkung Bemerkte. Eiuzeldarstellung der Vegetationsorgane. ß51 kommen nicht ringsum verteilt an den Sprossen vor, sondern stehen einseitig (vgl. auch Fig. 433 7). Soweit ich sehen kann, ist die Seite, auf der die Brutknospen stehen, auf den ganzen Stock bezogen, stets die Au ße nseite (vgl. Fig. 433 /). Bei zwei Gabelsprossen also, die Brutknospen tragen, stehen solche nicht (oder doch nur ausnahmsweise ^) auf den einander zugekehrten Seiten der Sprosse. Es liegt hier, wie mir scheint, einer der zahlreichen Fälle von Förderung der Außenseite vor; auf ähnliche Fälle wurde im allgemeinen Teile hingewiesen. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß die Bildung der Brutknospen offenbar unter anderen Bedingungen erfolgt, als die der Sporangien. Wir finden die ersteren hauptsächlich im oberen '^) Teile der Jahrestriebe, die Blätter haben hier keine oder verkümmerte Sporangien in den Achseln, später bilden sich dann die sporangientragenden Blätter. Welches die Bedingungen für das Auftreten der beiderlei Organe sind, ist experimentell näher zu untersuchen. Anpassungen, wie sie soeben kurz geschildert wurden, ließen sich von zahlreichen Samenpflanzen anführen. Die Lycopodium-Brutknospen unterscheiden sich der Hauptsache nach nicht sehr von den „Brutzwiebeln" mancher Allium- und Liliumarten u. s. w. ; indes sei nur eines Beispieles noch Erwähnung gethan. b) ßemusatia vivipara. Diese Arcidee trägt, wie lange bekannt ist, ihren Speciesnamen mit Unrecht. Es liegt keine „Viviparie" vor, d. h. Weiter- entwicklung der Samen ohne Ruhepeiiode, sondern Brutknospenbildung. Charakteristisch ist für diese, daß die Brutknospen entstehen an Nieder- blattsprossen ^), die sich orthotrop von den weithin kriechenden Aus- läufern erheben. Die Brutknospen sind kleine, knöllchenförmige Sprosse, die sich leicht ablösen. Ihre äußeren Blätter (gleichfalls Niederblätter) haben hakenförmig eingekrümmte Blattspitzen , so daß die Brutknospen leicht durch Tiere verschleppt werden können. Mit diesen werden sie durch ihre Stellung an orthotropen Sprossen leichter in Berührung kommen, als wenn sie etwa an der Bodenoberfläche entspringen würden. Es scheint, daß die Vermehrung der Pflanze durch Brutknospen hier die durch Samen, "wenigstens unter bestimmten Umständen, weit überwiegt^). Die Beziehungen der Gestaltung der Brutknospen zu ihrer Funktion als Verbreitungsorgane treten in den besprochenen Fällen ohne weiteres hervor, die Bedingungen für ihre Bildung dagegen sind unbekannt. Ein weiteres Eingehen auf diese Sprosse kann also unterbleiben. Dagegen erfordert eine ausführlichere Darstellung die Bildung der Blüte. Als „Blüte" bezeichnen wir einen mit Sporophyllen ^) (d. h. sporangien- tragenden Blättern) besetzten Sproß. Dieser besteht demgemäß, wie alle *) Eine solche Ausnahme fand ich bei einem Sproß, dessen Zwilling (d. h. der zugehörige zweite Gabelsproß) frühzeitig verkümmert war. Er trug die Brutknospen radiär. '-) So nach der gewöhnlichen Auffassung. Mir scheint dieser Teil vielmehr der untere zu sein. 3) Diese sind, beiläufig bemerkt, anatomisch ausgezeichnet durch einen frühzeitig ent- wickelten Korkniantel. *) WiGHT, Icones, III, 900 giebt an, die samentragende Form sei an Stellen, wo Brut- knospenbildung reichlich vorhanden war „exceedingly rare" ; wahrscheinlich erfolgt sie unter anderen Bedingungen, als die Blüteubildung. Bei Gewächshauspflanzen tritt die Brutknospen- bildung regelmäßig ein. 5) Die Bezeichnung hat sich seit 1882 (vgl. Grundzüge der Systematik, p. 212) allge- mein eingebürgert; der Ausdruck war ursprünglich von Schleiden vorgeschlagen, ohne seiner Zeit Anklang zu finden. Es soll im folgenden für die Mikro- resp. Makrosporangien der Sporophylle heterosporer Pflanzen die a1)gekürzte Bezeichnung Mikro- und Makrosporophylle angewandt werden. • 43* ß52 ' Specielle Organograi^hie. Sprosse, aus zwei Teilen: einer Sproßachse, hier der Blütenachse, und aus Blattgebilden, von denen als wesentliche zu bezeichnen sind die Sporophylle (zuweilen nur in Einzahl vorhanden), als unwesentliche (weil sie auch fehlen können) die Blätter, welche die Blüten hülle bilden. Die Blüten sind bei einer Anzahl von Pteridophyten und allen Samen- pflanzen, mit Ausnahme der weiblichen Blüten von Cycas i), Sprosse be- grenzten Wachstums. Damit hängt der Umstand zusammen, daß bei vielen die Blütenachse nur sehr wenig in die Erscheinung tritt. Nament- lich bei den Angiospermen wird sie oft zur Bildung von einem oder mehreren Sporophyllen ganz aufgebraucht, eine Thatsache, deren Ver- nachlässigung zu mancherlei falschen Auffassungen geführt hat. Aus der obigen Definition, welche sich auf die durch Hofmeister begründeten Resultate der vergleichend-entwicklungsgeschichtlichen Unter- suchungen stützt, ergiebt sich zugleich, daß die alte LiNNE"sche Bezeich- nung der „Kryptogamen" als blütenloser Pflanzen unhaltbar geworden ist. Denn auch bei den Pteridophyten müssen wir -) von Blüten dann sprechen . wenn der Teil des Sprosses , welcher die Sporophylle trägt, von dem vegetativen sich unterscheidet. Dies ist der Fall, wenn die Sporophylle nicht mit den Laubblättern gemischt auftreten, sondern auf bestimmte Regionen der Sproßachse beschränkt sind. Wie bei allen Einteilungen und Definitionen ist es dem subjektiven Ermessen über- lassen , wie weit man die Grenze ziehen will. Es wird aber kaum ein Bedürfnis vorliegen, z. B. bei dem Farn Onoclea Struthiopteris, welcher die Sporophylle im regelmäßigen Wechsel mit Laubblättern trägt, den sporophylltragenden Sproßteil als eine Blüte zu bezeichnen. Wenn wir dies bei den weiblichen Blüten der Gattung Cycas thun, wo die Verhält- nisse ganz ähnlich liegen , so geschieht es nur , weil bei den anderen Cycadeen die Blüten sich scharf gegen die vegetativen Sprosse abgrenzen, also aus vergleichenden Gründen. Im übrigen finden wir bei den rudi- mentären (im Sinne von Sachs) Blüten der Pteridophyten alle Abstufungen von der gewöhnlichen Gestaltung vegetativer Sprosse (da auch die Sporo- phylle häufig hier mit den Laubblättern übereinstimmen) bis zu Blüten, die, wie z. B. die der Equiseten, auch äußerlich große und deshalb schon längst^) hervorgehobene Ähnlichkeit mit den (männlichen) Blüten mancher Gymnospermen haben. Von den Blüten der Pteridophyten wird man auch auszugehen haben, wenn man versucht, sich für das Zustandekommen der Blüten der Samen- pflanzen ein Bild zu konstruieren, eine Konstruktion, die aus naheliegenden Gründen nur mit Wahrscheinlichkeiten rechnen kann. Immerhin sei hier auf einige allgemeinere, dabei in Betracht kommende Gesichtspunkte hin- gewiesen. 1) Die Anordnung der Sporophylle an der Blütenachse weicht schon bei manchen Pteridophyten von der Anordnung der Laubblätter an der Sproßachse ab. Da laeide off'enbar ursprünglich übereinstimmten, so liegen zwei Möglichkeiten vor: die Anordnung der Sporophylle kann das ursprüngliche (das der Laubblätter also ein abgeleitetes) Verhalten sein oder umgekehrt; gewöhnlich ist man wohl geneigt, die zweite Mög- lichkeit in den Vordergrund zu stellen; es möge demgegenüber auf das unten über die Blüten von Selaginella Anzuführende verwiesen sein. 1) und des später zu besehreibenden Dacrydium (?) Colensoi, vgl. Fig. 471. -) Wie schon in der „Vergleichenden Entwicklungsgeschichte" (1883), p. 272 hervor- gehoben wurde. *) Vgl. z. B. MOHL, Vermischte Schriften, p. 96. Einzcldarstelluug der Vegetationsoi'gane. 653 2) Von den heterosporen Pteridophyten kommen für den Vergleich mit den höheren PÜanzen namentUch die Lycopodinen nnd Isoeteen in Betraclit, weil hier viel mehr als bei den heterosjtoren Farnen von Blüten gesprochen werden kann. Diese zeigen zunächst, a) daß die Mikrosporo- l)liylle und Makrosporophylle in den Blüten in verhältnismäßig großer („unbestimmter'') Zahl auftreten; b) schon hier aber sind — aus leicht ersichtlichen Gründen — die Mikrosporophylle (z. B. bei Selaginella) weniger zahlreich als die Makrosporophylle; c) eine Trennung zwischen männlichen und weiblichen Blüten hat sich bei den jetzt noch lebenden Pteridophyten nicht vollzogen, wir treffen nur bei Selaginellen gelegent- liche Ansätze dafür; Zwitterblüten (wenigstens im morphologischen Sinne) sind also der primitivere Typus. Aber wenn z. B. versucht worden ist, die eingeschlechtigen Blüten der Gymnospermen durch Verkümmerung aus Zwitterblüten abzuleiten, weil Welwitschia in den männlichen Blüten die Rudimente weiblicher Organe zeigt und umgekehrt, so scheint mir dies eine sehr wenig begründete Spekulation, denn erstens stellen die Gymnospermen sicher keine einheit- liche Gruppe dar, und zweitens kann schon bei ihren pteridophytenähn- lichen Vorfahren die Trennung der Blüten in männliche und weib- liche stattgefunden haben. Man kann also nicht von einer Form auf alle anderen schließen. Übrigens kommen zwitterige Gymnospermen bluten auch jetzt als ,.Variation" gelegentlicli vor. Ich fand solche zu Hunderten an einem Exemplare i) von Pinus (wahrschein- lich P. maritima). Die gegen die Zweigspitze zu stehenden männ- lichen Blüten waren an ihrer Spitze in weibliche übergegangen (vgl. Fig. 434), an der Uebergangsstelle fan- den sich nicht selten Staubblätter, in deren Achsel eine rudimentäre Samenschuppe stand {x Fig. 434). Eine derartige Blüte würde für phy- logenetische Spekulationen als Typus einer sehr einfach gebauten zwitterigen Phanerogamenblüte dienen können, aus der sich durch „Redaktion", Verwachsung und Umbildung einzelner Teile so ziemlich alles ableiten läßt. Hier sei nur kurz darauf hinge- wiesen , daß die Trennung der Blüten in männliche und weibliche auch in einigen Fällen eine verschiedene Anordnung derselben an der Pflanze zur Folge gehabt hat : bei Pinus stehen die männlichen Blüten an Stelle der Kurztriebe, die weiblichen an Stelle der Langtriebe. Der Grund ist biologisch leicht verständlich. Die Kurztriebe sind, wie wir früher sahen, Hemmungsbildungen (mit den Langtrieben verglichen), sie werden schlechter Fig. 434. Längsschnitt durch eine androgyne Blüte von Pinus maritima, x Mikrosporo- phyll mit rudimentärer Samenschuppe in der Achsel. Vergr. 1) Bei Majori. In der Litteratur sind analoge Fälle öfters beschrieben worden. ßQ_j. Specielle Organographie. ernährt, als die an der begünstigten Sproßspitze stehenden Langtriebe. Daß die weiblichen Blüten diese Stellung teilen, ist für ihre mit der Samen- bildung verknüpfte lange andauernde Weiterentwicklung von Bedeutung, während die männlichen Blüten bald abfallen. Analoge Verhältnisse finden sich auch bei Juglans, Fagus, Quercus, Corylus u. a. ; wir finden hier meiner Ansicht nach die verschiedene Stellung der männlichen und weiblichen Blüten im Sproßsystem dadurch verständlich , daß die weiblichen Blüten in der Sproß region auftreten, welche auch sonst die geförderte, d. h. besser ernährte ist. Bei krautigen Pflanzen scheint eine solche Verschiedenheit nicht hervorzutreten , es fehlt hier ja auch die polare Differenzierung der Jahrestriebe. Es ist also auch ver- ständlich, warum die oben kurz beschriebene Zwitterbildung bei Pinus in den oberen männlichen Blüten eintrat, und ebenso, daß bei Pteridophyten zu einem verschiedenen Ursprungsort von männlichen und weiblichen Blüten kein Grund vorhanden wäre. Zunächst mag indes die Blüten- und Sporopliyllbildung der Pterido- phyten geschildert werden und nur noch hervorgehoben sein , daß die Übereinstimmung im Habitus der männlichen Blüten der Gymnospermen mit den Blüten der Selaginellen und Equiseten wesentlich auch darauf beruht, daß es sich hier wie dort um Sporenverbreitung durch den Wind handelt, während uns die Gestaltung der Sporophylle selbst namentlich bei Betrachtung des Knospenzustandes der Blüten verständlich werden wird. Zur Terminologie sei noch folgendes bemerkt. Die Stellen der Sporophylle, an denen die Sporangien entspringen, sind — namentlich wenn die letzteren in Mehrzahl auftreten — häufig abweichend von dem übrigen Sporophyll ausgebildet. Wir bezeichnen diese Stellen dann als Piacent en, sie haben die Aufgabe, eine ausgiebigere Ernährung der Sporangien zu ermöglichen ^) ; daher ist verständlich , daß einzelstehende Sporangien keinen Placenten aufsitzen. So z. B. bei den Farnen Cerato- pteris, den Schizaeaceeu , Osmundaceen etc. Der Ausdruck „Recepta- culum", der bei den Farnen vielfach für die Ursprungsstätte der Spor- angien gebraucht wird, ist meiner Ansicht nach entbehrlich. Die Be- zeichnung „Placenta", die von den Samenpflanzen (und zwar von einer fälschen Vergleichung der Samenanlagen mit dem tierischen Ei) her- stammt, ist so eingebürgert, daß sie sich kaum wird verdrängen lassen. Wir gebrauchen sie nach der obigen Definition zunächst im biologischen, d. h. funktionellen Sinne und erreichen dadurch immerhin eine Ver- einfachung der Nomenklatur. § 1. Sporophylle und Blüten der Pteridophyten. A. Allgemeines über Sporophylle. Wir haben oben vorausgesetzt, daß die ungeschlechtlichen Fort- pflanzungsorgane der Archegoniaten und Samenpflanzen hervorgebracht w'erden von den als ,.Sporopliyllen'' bezeichneten Blattorgauen. Inwiefern die Mikro- und Makrosporangien der Samenpflanzen ihren Ursprung stets aus einem Mikro- resp. Makrosporophyll nehmen, wird bei Besprechung der Blütenbildung zu erörtern sein. Bei den Pterido- phyten ist der Ursprung der Sporangien aus Blattorganen fast überall ') Nameutlich auch dadurch, daß in ihnen die Stoffe zunächst aufgespeichert werden, welche dann bei der Sporangienentwicklung Verwendung finden. Eiuzcldar.stellung der Ycgetationsorffane. 655 ohne weiteres ersichtlich, sie stehen bei den Farnen meist auf der Unter- seite oder dem Rande, bei den Lycopodinen auf der Oberseite der Sporophylle, bei Equisetum ringsum gleichmäßig verteilt. Nur bei Selaginella entspringen die Sporangien unmittelbar oberhalb der Sporophyllanlage aus dem Sproßvegetationspunkt, und so ist es auch bei S. spinulosa, bei der einige Autoren blattbürtigen Ursprung der Sporangien an- gegeben hatten ^). Mau kann hypothe- tisch den blattbürtigen Ursprung der Sporangien hier dadurch retten, daß man entweder eine „Verschiebung" konstruiert, oder im Zusammenhang mit der verhält- nismäßig frühen Anlage der Sporangien an- nimmt, die Zellschichten, aus denen letztere entstehen (5, 6, 7, 8 Fig. 435), würden eigentlich in die Blattbildung mit hinein- bezogen worden sein, wenn nicht die Spor- angienbildung eingetreten wäre, eine An- schauung, die so lange eine bloße Vermu- tung bleiben wird, bis es gelingt, nachzu- weisen, daß die Anlagen der sterilen Blät- ter von Selaginella thatsächlich sich all- mählich nach oben hin ausdehnen. Die ganze Frage hat an Interesse verloren, seit- dem man gelernt hat, daß der Entsteh- ungsort eines Organs für seine „morpho- logische" Bedeutung nicht maßgebend ist. Fig. 435. Selaginella spinulosa (nach Glück). Längsschnitt durch ein junges Sporophyll mit Sporangienaulage (S). 460 mal vergr. Die Aufgabe der Sporophylle ist es, nicht nur die Sporangien her- vorzubringen, sondern auch sie in ihrer Jugend zu schützen und bei Er- reichung der Reife die Sporenaussaat (resp. bei Samenpflanzen die Be- stäubung und Befruchtung) zu begünstigen. Daß mit diesen Aufgaben aucli die Gestalt der Sporophylle in Be- ziehung steht, ließ sich in vielen Fällen leicht nachw^eisen, und es steht damit oifenbar auch die Thatsache im Zusammenhang, daß die Gestaltung der Sporophylle von derjenigen der Laubblätter oft ^veit abweicht. Die organographische Betrachtung der Sporophylle sieht also zwei Aufgaben vor sicli : einmal eine rein morphologische, die P'rage : in welcher ge- netischen Beziehung stehen die Sporophylle zu den Laubblättern V, und dann eine biologische : in welcher Beziehung steht die Gestalt zur Funk- tion? Wir könnten die dritte Frage hinzufügen: welches sind die wirken- den Ursachen für die Gestaltung namentlich da, wo die Sporophylle von den Laubblättern weit abweichen? Aber zur Beantwortung dieser letzten Frage fehlt es uns bis jetzt durchaus an den nötigen Grund- lagen ; die Beantwortung der beiden ersten aber ist möglich, wenngleich auch hier noch nicht überall die wünschenswerte Einsicht erzielt ist. Kaum zu Differenzen Veranlassung giebt die biologische Seite, von der man freilich meist nur die zum Schutze der Sporangien dienenden Ein- richtungen berücksichtigt hat ; dazu kommen, wie oben erwähnt, die zur ^) GOEBEL, Beitr. zur Entwickiungsgesch. der Sporangien, Bot. Zeitung 1880, p. 697. Glück, Die Sporophyllmetamorphose, Flora, 80. Bd., p. 357. aKQ Si>ecielle Organographie. Sporenverbreitung in Beziehung stehenden Gestaltungsverhältnisse. Be- schränken wir uns zunächst auf die Pteridophyten, so bieten z. B. die Sporophylle auffallende Verschiedenheiten dar, je nachdem die Sporen- verbreitung durch das Wasser oder die Luft erfolgt. Ersteres ist der Fall bei den, äußerlich den Früchten mancher Samenpflanzen ähnlichen Sporophyllen der Marsiliaceen. Diese verdanken ihre Gestalt dem Um- stand, daß sie dem Überstehen einer Ruheperiode i) angepaßt sind, sie haben die Sporangien in das Innere des „Sporokarps" versenkt und das Gewebe des letzteren so eingerichtet, daß die durch Quellung bestimmter Gewebe bewirkte Öffnung des Sporokarps nur bei Gegenwart von Wasser- mengen eintritt, welche auch für die Keimung der Sporen hinreichend sind. Die Sporophylle, welche ihre Sporen dem Winde anvertrauen, sehen wir dagegen durch ihre Stellung schon diesen Vorgang er- leichtern : wir finden sie z. B. bei Aneimia, Onoclea Struthiopteris, Hel- minthostachys (Fig. 442) u. a. steil aufgerichtet und so über die vege- tativen Teile emporgehoben, ein Vorgang, der sich auch bei den Sporo- phyllständen (Blüten) von Lycopodinen u. a. wiederholt. Auch die bei manchen Sporophyllen eintretende Verringerung des assimilierenden Blattgewebes (den Laubblättern gegenüber), welche bis zuni Verschwinden gehen kann, wird die Sporenausstreuung erleichtern. Übrigens werden wir auch hier die bei den Archegonien (p. 423) hervorgehobene Be- ziehung wieder (mutatis mutandis) zu finden erwarten dürfen, daß die Gestaltung der Sporophylle um so weniger besondere Einrichtungen zur Sporenaussaat aufzuweisen braucht, je mehr Sporen gebildet werden, resp. je leichter diese in günstige Keimungsbedingungen gelangen. Während über diese Beziehungen keine prinzipiell verschiedenen Mei- nungen bestehen, ist es anders bezüglich der Deutung der morpho- logischen Frage, der nach dem Verhältnisse der Sporophylle zu den Laubblättern. Die engen Beziehungen beider sind einleuchtend. Wir sehen in vielen Fällen beide in ihrer Gestaltung ganz übereinstimmen (z. B. Aspidium filix mas und viele andere leptosporangiate Farne), in anderen allmähhche Übergänge von gewöhnlichen Laubblättern, die zugleich Sporophylle sind, bis zu solchen, die nur Sporophylle sind, Abstufungen, welche ebenso bei Hochblättern, Ptanken, Knospeuschuppen, Speicherblättern wiederkehren. Schon diese Analogie legte den Schluß nahe, daß die Sporophylle auch nichts anderes seien, als mehr oder minder umgebildete Laubblätter, wir sahen ferner, daß entwich lun g s- ge schichtlich die Sporophylle oft eine lange Strecke mit den Laub- blättern übereinstimmen, und wir können außerdem experimentell die Sporophyllanlagen veranlassen, sich als Laubblätter zu entwickeln, wenn wir die Sporangienbildung stören, resp. unterdrücken. Dies geschah in den früher (p. 185) kurz erwähnten Fällen von Onoclea Struthiopteris ^) und Selaginella. Die Sporophylle des genannten Farns sind von den Laub- blättern im fertigen Zustand sehr verschieden, sie sind viel kleiner, steil anfgerichtet, ihre Gewebedifferenzierung und ihre äußere Gliederung sind zeitiger als beim Laubblatt stehen geblieben. Die Pflanze ist für Ver- suche besonders günstig, weil, wie oben bemerkt, die Sporophylle im regelmäßigen Wechsel mit Laubblättern hervorgebracht werden. Jedes Jahr entsteht am Anfang der Vegetationsperiode eine Anzahl von Laub- ^) Meist ist (Ininit der Schutz gegen Alistrocknung verbunden. ^) GOEBEL, Über künstliche Vergrüuuug der Farnsporophyllen, Ber. der D. bot. Ge- sellsch., 5. Bd., 1887. Die Versuche wurden später mit demselben Resultate von Atkinson wiederholt (auch bei Onocl. sensibilis). Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 657 blättern, am Ende derselben (sobald die Pflanzen hinreichend erstarkt sind) eine Anzahl Sporophylle, Entfernt man nun an Pflanzen, deren Sporophvlle noch nicht fertig sind, alle Lanbblätter, so kann man die Sporophylle künstlich zur „Vergrünung" bringen, d. h. in diesem Falle, die Laubblattanlagen in ihrer Entwicklung zum Sporoph3dl stören und zur Weiterentwicklung als Laub- blatt veranlassen : es treten da- bei die verschiedensten Zwischen- stufen zwischen Sporophyll und Laubblatt auf, eine solche ist in Fig. 436 abgebildet (vgl. die Figurenerklärung). Teleologisch könnte man sagen , die Pflanze giebt ihre Fortpflanzungsorgane preis, um ihren vegetativen Be- stand zu sichern. Ein zweiter Fall, in welchem eine Korrela- tion zwischen der Sporangienbil- dung und davon der Laubblatt- form abweichenden Gestaltung der Sporophylle experimentell nachgewiesen ist, ist der von Selaginella ^). Die Sporangien stehen hier in ährenähnlichen Sporangienständen. Schneidet man diese ab und benutzt sie als Stecklinge, so wachsen sie vegetativ weiter, was daran leicht zu erkennen ist, daß die Sporangienstände der meisten Selaginellen isophyll, die vege- tativen Stadien anisophyll sind (vgl. den Abschnitt über die Sela- ginellablüten). Die Sporangien im oberen Teile dieser als Steck- linge benutzten Sporangienstände verkümmern, die Blätter gewinnen an den neu gel)ildeten Sproßteilen die gewöhnliche Laubblattform. Was hier unter den vom Experimentator künstlich herbeigeführten Bedingungen geschieht, erfolgt in der Natur sehr häufig spontan. Wir sehen, daß einerseits an den Sporophyllen eine teilweise „Vergrünung'', d. h. vegetative Ausbildung eintreten kann, und daß andererseits Laub- blattteile, die normal keine Sporangien tragen, gelegentlich solche hervor- bringen können und dann ganz die Gestalt der Sporophylle annehmen. Als Beispiel mag Botrychium Lunaria angeführt werden. Hier entspringt das Sporophyll auf der Oberseite des sterilen Blattes. Es ist reich ver- zweigt, die Sporangien stehen am Rande, etwas der Oberseite genähert, am Ende eines Blattnerven. Wir finden bei Vergleichung einer größeren Anzahl von Exemplaren, daß die große Verschiedenheit von sterilem und Fig. 436. 1 und 2 Botrychium Lunaria. Fiedern des normal sterilen Blattteiles , welche Spor- angien (Sp) tragen. 3 — 5 Onoclea Striithio- pteris , 3 Mittelbildung zwischen Laubblatt und Sporophyll experimentell erzeugt, 4 und 5 Fiedern , die in verschiedenem Grade steril geworden sind. Verkl. ^) Vgl. GOEBEL, Bot. Zeit. Daselbst auch weitere Litteratur. 1880, p. 821 f.; Behrens in Fh.ra, 84. Bd. 163. ß58 Specielle Organographie. fertilem Blattteil nicht konstant ist, obwohl sie in der großen Mehrzahl scharf hervortritt. Aber es finden sich Variationen nach verschiedenen Richtungen hin: der normal fertile Blattteil (das Sporophyll) kann ganz oder teilweise steril ausgebildet sein oder der sterile Blattteil ganz oder teilweise fertil. In beiden Fällen finden wir Mittelformen, wie die in Fig. 436, 1 u. 2 abgebildeten: wir sehen an ihnen deutlich, daß, je mehr Sporangien auftreten, desto mehr eine Aveitergehende Teilung des Blattes in einzelne Abschnitte eintritt und desto mehr die Blattzipfel sich strecken und verschmäleru. Die Sporangien sind dabei normal, man kann von einer mit Funktionsstörung verbundenen Mißbildung, wie sie bei der Vergrünung von Samenanlagen auftritt, nicht sprechen. Diese Thatsachen beweisen unzweifelhaft, daß zwischen der Bildung der Sporangien und der abweichenden Gestaltung der Sporophylle eine kausale Beziehung besteht, die wir als Korrelation bezeichnen. Und wenn wir diese dahin weiter auslegen , daß wir sagen , die Sporophylle entständen aus einer mehr oder minder frühzeitigen Umbildung von Laubblattanlagen , so ist dies auch begründet darin , daß bei allen be- kannten Pteridophyten und Samenpflanzen im Verlaufe der Entwicklung zunächst Laubblätter, dann Sporophylle auftreten. Es ist damit keines- wegs gesagt, daß dieser Vorgang auch phylogenetisch so aufzufassen sei^). Die Gründe, welche dafür geltend gemacht worden sind, daß die Sporophylle eigentlich das phylogenetisch Primäre darstellen , können aber erst mit der Besprechung der Sporangien zusammen Erwähnung finden. Die oben erwähnte Auffassung, daß die Sporophylle umgebildete Laubblätter seien, setzt nun voraus, daß sie mit Laubblättern resp. Laub- blattteilen ihrer Stellung und ihrem Ursprung nach übereinstimmen. Dies trifft in der Mehrzahl der Fälle, aber nicht überall zu. Das erstere Verhalten, als das bekannteste und verbreitetste, bedarf hier keiner Er- läuterung, wohl aber das zweite, welches für die theoretische Auffassung der Sporophylle von besonderer Bedeutung ist. Während bei den Lycopodinen, Equisetinen, den Marattiaceen, Poly- podiaceen, Gleicheniaceen, den meisten Schizaeaceen, den Osmundaceen u. a. die Sporophylle in Stellung und Ursprung von den Laubblättern nicht verschieden sind, ist dies bei Schizaea, den Marsiliaceen und Ophioglosseen der Fall : die Sporophylle (resp. die fertilen Blattteile) lassen sich auf eine Umbildung steriler Blattteile nicht zurückführen, sie stellen dem sterilen Blatte gegenüber Neubildungen dar, die an den sterilen Blättern gar nicht vorhanden sind. Es seien dafür einige Beispiele angeführt. 1) Leptosporangiate Farne. Schizaeaceen. Hier liegen die Verhältnisse insofern am einfachsten, 1) Manche Autoren halten die beiden Auffassungen, um die es sich bei solchen Fragen handelt, nicht gehörig auseinander. Die oben vertretene geht aus von den Verhältnissen, wie wir sie jetzt finden. Sie überläßt die phylogenetische Frage der Spekulation, ohne diese etwa als unberechtigt zu betrachten. Solange wir aber von den Dingen , die uns umgeben, noch so wenig wissen, wird es wohl ersprießlicher sein, erst ihren Lebensbedingungen mehr nachzugehen, ehe man die Schatten der Vergangenheit heraufbeschwört. Es steht gewiß der Annahme nichts im Wege, daß ursprünglich alle Blätter Sporophylle gewesen seien, und die Sporangienbildung in ein um so späteres Lebensalter verlegt wurde, je größere Dimensionen der Sporophyt erreichte. Wir haben ja früher gesehen, daß schon bei Keimpflanzen die Gestaltung durch „Anpassung" verändert sein kann. Wie aber bei einer ijlagiotropen Epheu- keimpflauze die orthotropen Sprosse (obwohl sie phylogenetisch höchst wahrscheinlicli die älteren sind) aus den plagiotropen hervorgehen, so gehen auch heutzutage eben die Sporo- phylle aus den Laubblättern hervor. EinzeUl;ir.stclluug der Vegetationsorgane. 659 als die Sporophylle zwar als Neubildungen, aber in derselben Stellung wie sonst sterile Blattteile auftreten. Es sei zunächst Schizaea erwähnt. Ich untersuchte Schizaea rupestris, die ich in Australien sammelte. Das sterile Blatt ist hier langgestreckt, lineal von einem einzigen Nerven durchzogen. Es wächst mit einer zweischneidigen Scheitelzelle. Irgend- welche Auszweigungen werden nicht angelegt. Das fertile Blatt (Fig. 437) trägt an seinem Ende eine Anzahl von Fiedern, welche je zwei Reihen von Sporangien^) hervorbringen, der Endteil des Blattes wird gleich- falls fertil. Die Entwicklungsgeschichte zeigte (Fig. 438) , daß diese fertilen Blattteile als Ausspros- sungen des Randes unterhalb des fortwachsendeu Scheitels auftreten (Fig. 438 S^ , S, , S, , S,). Es bildet sich sehr bald in denselben eine zweischneidige Scheitelzelle, die Sporophyllfieder wächst ähnlich wie das ganze Blatt. Das sterile Blatt erhält man, wenn man sich in Fig. 437 den fertilen oberen Teil weg- denkt. Wenn hier also die fertilen Teile als Neu- bildungen erscheinen, so liegt hier doch nur ein besonders auffälliges Beispiel dafür vor, daß das Auf- Fig. 437. Schi- zaea rupestris. Sporophvll in nat. Größe. s- .438. Schizaea rupestris. SporophvUspitze in Flächeuansicht. S^ — S^ Anlagen der fertilen Fiedern. treten der Sporangien eine reichere Gliederung bedingt, als sie am sterilen Blatte vorhanden ist. Dafür sei von Polypodiaceen ein Beispiel an- geführt. Fig. 439 zeigt bei / und // zwei Blattfiedern erster Ordnung von Asplenium dimorphum. Die sterile ist von der fertilen auffallend verschie- den : die Fiedern zweiter Ordnung sind bei der ersteren breit, am Rande nur gekerbt, bei der letzteren fiederschuittig geteilt, mit schmalen Teilfiedern 1) Die Sporangien stehen hier an den Sporophyll fiedern randständig. Dasselbe werden wir nuten für die Sporangien der Marsiliacecn nachweisen können, obwohl die Ver- hältnisse hier scheinbar ganz anders liegen. In beiden Fällen ist beachtenswert, daß fertile Fiedern iind Sporangien, was ihren Ursprungsort betrifft, übereinstimmen ; beachtenswert ist diese Thatsache namentlich für die Hypothese, welche die vegetative Blattbildung aus steril gewordenen Sporangien ableitet. 660 Specielle Organographie. dritter Ordnung i). Der von Schizaea beschriebene Fall bietet demgegen- über nichts wesentlich anderes. Ganz ähnlich verhalten sich auch von den anderen Schizaeaceen Aneimia und Lygodium. Bei Mohria ist zwischen Sporophyllen und Laubblättern kein wesentlicher Unterschied vorhanden. Daß die auffallende Gestalt und Richtung der Sporophylle von Aneimia die Sjjorenaussaat erleichtert, wurde oben hervorgehoben. Bei den Mar- siliaceen finden wir Verhältnisse , wel- che mit denen der Schizaeaceen im wesentlichen über- einstimmen. Daß die eigentümlich ge- stalteten „Si)oro- karpien "Auswüchse der sterilen Blätter darstellen , ist bei den Marsilia-Arten leicht wahrnehm- bar , bei Pilularia wurde dem hier stets nur in Ein- zahl auftretenden Sporokarp früher teilweise eine andere Entstehung zugeschrieben ; daß aber auch hier, wie ich schon früher angegeben hatte 2), das Sporokarp aus einem Laubblatt entspringt, wurde durch eingehende spätere Untersuchungen (Campbell, Glück. Johnson) bestätigt. Besonders eigentümlich sind die Verhält- nisse bei den Marsilia-Arten, deren Blätter eine größere Zahl von Sporokarpien tragen. Dies ist der Fall bei Marsilia polycarpa^). Die Sporokarpien ent- stehen an dem zum Stiele werdenden Teile der Blattanlage in akropetaler Reihenfolge (Fig. 440). Die ersten werden angelegt, noch ehe an der Blattanlage die vegetativen Fiedern angelegt werden. Da hier also eine größere Zahl von Sporokarpien auftritt, so ist diese Art besonders ge- eignet, die Stellung derselben genauer zu untersuchen. Es zeigte sich, daß die fertilen Abschnitte dem Rande des sterilen Blattes entspringen. Sie entstehen aber nur an Einem Rande, in einer Reihe übereinander, wobei übrigens die Reihenanordnung (wahrscheinlich durch räumliche Verhältnisse bedingt) nicht immer strenge gewahrt wird. Die Fig. 440 111 zeigt deutlich, daß die Sporokarpien dieselbe räumliche Stellung an der Fig. 439. Asplenium dimorphum. I Sterile!, II fertile Blatt fieder, III Uebergangsform, alle etwas verkleinert. ^) Allerdings liegt dieser Fall Schizaea gegenüber insofern etwas anders, als bei Asple- nium auch am sterilen Blatte die Spitze jedes Nerven eigentlich einem Blattvegetationspuukte entspricht (vgl. p. 510 f.), der sich bei den fertilen Blättern weiter entwickelt, während bei den einnervigen sterilen Blättern von Schizaea pusilla das Blatt auch ,, potentiell" ganz einfach ist. Immerhin ist das doch nur ein gradueller Unterschied. Es giebt übrigens auch Schizaea- arten mit (gabelig) verzweigten sterilen Blättern. -) GOEBEL, Beitr. zur vergl. Entwicklungsgeschichte der Sporangien , III. Über die „Frucht" von Pilularia, Bot. Ztg., 1882, No. 45^ 3) Das untersuchte Material sammelte ich vor Jahren in Südamerika. Was den Species- namen betrifft, so betrachte ich M. polycarpa als eine ,, Sammelart", zumal A. Braun später selbst wieder zweifelhaft geworden ist, ob seinen M. subaugulata von polycarpa wirklich zu trennen ist. Einzeldarstellung der A'egetationsorganc. 661 Blattanlage einnehmen, wie die sterilen Fiedern. Es tritt hier besonders dentlich hervor, daß das unterste Fiederpaar (in der Seitenansicht ist natürlich nur eine Fieder sichtbar) als randbürtige Aussprossung angelegt wird, ganz wie es früher für Adiantum Edgeworthi geschildert wurde ^) (p. 513 Fig. 332). Verschieden ist die Zellenordnung : die Sporophylle wachsen lange mit einer zweischneidigen Scheitelzelle (wie die Si)itze des sterilen Blattes), die sterilen Fiedern zeigen von Anfang an Rand- zellenwachstuin mit am Scheitel divergierenden Antiklinen. Indes möchte ich auf diese Verschiedenheit kein großes Gewicht legen. Wir haben früher gesehen (p. 512), daß die Zellenanordnung am Blattscheitel der Farne zusammenhängt mit der Gestaltung, welche erreicht werden soll; wir werden uns deshalb nicht wundern, wenn die Sporokarpien, die sich Fig. 440. Marsilia polycarpa. I Unterer Teil eines Sporophylls von der Seite (etwas vergr.), mit 8 Sporokarpien. II Junges Sporophyll von oben (vergr.). III Noch jüngeres Sporo- phyll von der Seite. F Anlage eines Fiederblättcheus ; Sp junge Sporokarpien. ZU ^langgestreckten Körpern entwickeln, eine andere Zellenanorduung zeigen, als die flachen Fiederblättcheu. Fertile, mit zweischneidiger Scheitelzelle wachsende Blattfiedern haben wir außerdem auch bei Schizaea rupestris kennen gelernt, die gleichfalls durch langgestreckte Gestalt und mangelnde Flächenentwicklung ausgezeichnet sind. Von der Verzweigung der Sporophylle von Schizaea abweichend ist aber die der fertilen Marsilia- blätter insofern, als sie eine einseitige ist. Das Marsiliablatt steht an dem dorsiventralen Rhizom schief, der vordere Blattrand steht tiefer als der hintere. Der erstere ist es, aus dem die Sporokarpien entspringen, das Verhalten ist übrigens, da der Blattstiel auf seiner Oberseite rinnig vertieft ist, auch im fertigen Zustand noch nachweisbar 2). Diese ein- seitige Stellung der fertilen Blattteile ist auffallend, dürfte indes mit dem dorsiventralen Charakter des ganzen Sprosses zusammenhängen. Auch die Seitenknospen stehen am vorderen Rande der Blätter, sie finden hier übrigens (ebenso wie die Sporokarpien) in dem Räume zwischen Sproßachse und Blattanlage auch zunächst eine besonders geschützte Stellung. Übrigens findet sich einseitige Fiederbildung auch sonst unter den Farnen, z. B. bei den Blättern von Pteris semipinnata. Man könnte die einseitige Entwicklung der fertilen Blattteile auch mit den früher beschriebenen Fällen (p. 105) „einseitiger"' Fiederung^^) z. B. von 1) Die zwei letzten Fiedern entspringen, wenn der Scheitel der Blattanlage sieh schon verbreitert hat, er gabelt sich bei schwächeren Blattanlagen. 2) Vgl. A. BraüX, Neue Untersuchungen über die Gattungen Mai-silia und Pilularia. Monatsber. der Berliner Akademie vom August 1870, p. 694. 3) Vgl. auch die p. 75 aufgeführten Thatsachen, auch in Fig. 35G IV sind die Fieder- QQ2 8pecielle Orgauographie. Antliyllis tetraphylla und anderen Leguminosen vergleichen, allein wir sahen dort, daß es sich um eine dem dorsiventralen Bau der ganzen Pflanze in Beziehung stehende vegetative A n p a s s u n gs erscheinung handelt. Eine solche kann — wenn man von phylogenetischen Spekulationen absieht — bei den Marsiliaceen wohl kaum angenommen werden. Immerhin aber ist es auffallend, daß eine ähnliche Erscheinung bei den gleichfalls dorsiventralen Marsiliaceen wiederkehrt. Für uns ist aber zu- nächst der Nachweis von Bedeutung, daß die fertilen Blattteile, auch wo sie dem sterilen Blatte gegenüber Neubildungen darstellen ^), d o ch i n S t el - lung und Ursprung mit den Blattfiedern übereinstimmen. Nur bei den 0 phiogl o sseen ist dies — wenigstens in der großen Mehrzahl der Fälle — andei-s. Hier entspringt das Sporophyll nicht am Rande, sondern auf der Oberseite aus dem sterilen Blattteil. Bei Ophiogl. palmatum kommt auch randständige Stellung vor, meist aber entspringen die Sporophylle auch hier aus der Oberseite des sterilen Blattes, dem Bande mehr oder minder genähert 2). Die Entwicklungs- geschichte ist hier leider unbekannt, es wäre möglich, wenn auch nicht gerade sehr wahrscheinlich, daß die Sporophylle hier randständig angelegt und auf die Oberseite verschoben werden. Wie dem auch sei, wir können für die abweichende Stellung der Sporophylle auch bei den Ophioglosseen einige „Gründe" oder vielmehr Beziehungen angeben. Sie werden sehr früh angelegt und ihrer späteren Ausbildung entsprechend verhältnis- mäßig sehr derb. Das junge Blatt ist in Hüllen fest eingeschachtelt, es wird eine solche Anlage des Sporophylls weniger Raum einnehmen, als wenn rechts und links eines entstände. Außerdem wird durch seine mediane Stellung das Sporophyll vom sterilen Blatte umhüllt und ge- schützt (Fig. 441 II), was bei der langsamen Entwicklung, welche diese Blätter durchmachen, besonders ins Gewicht fallen muß. Auf die phylo- genetischen Deutungen, welche man an die Ophioglosseen wegen der abweichenden Sporophyllstellung angeknüpft hat, kommen wir unten zurück. Hier sei nur noch darauf hingewiesen, daß die normale Verzweigung der Laubblätter in einer Ebene mit der Herstellung einer dem Lichte dargebotenen A s s i m i 1 a t i 0 n s f 1 ä c h e in Beziehung steht, und daß daher in biologischer Beziehung die abweichende Stellung eines nicht der Assi- milation dienenden Blattabschnittes nicht auffallen kann. Thatsächlich sehen wir dieselbe Erscheinung häutig bei den Blattgebilden der Blüten höherer Pflanzen ^), so bei der Bildung der „Nebenkronen" bei Narcissus, Sileneen u. a., bei der Vermehrung der Blumenblätter durch Spaltung in gefüllten Blüten: alles Erscheinungen, welche darin mit der Sporo- phyllstellung der Ophioglosseen übereinstimmen, daß es sich um nicht blätter teilweise einseitig gefiedert, es handelt sicli also um eine nicht gerade seltene Er- scheinung. 1) Bei manchen Marsiliaarten sitzen mehrere Sporokarpien auf einem Stiel (so auch öfters bei M. quadrifolia). Meist liegt wohl eine Verzweigung der Sporokarpien vor, welche Johnson auch eutwicklungsgesehichtlich bei einer Art beobachtet hat. Nicht ausgeschlossen ist, daß in anderen Fällen ein Emporheben auf gemeinsamer Basis stattfindet. (Vgl. Johnson, On the development of the leaf and sporocarp in Marsilia quadrifolia, Annais of botany, XII, p. 98 ff. — On the leaf and sporocarp of Marsilia, Botan. Gazette XXVI, 1898.) -) BOAVER, Studies in the morphology of spore-producing members (Phil. Trans. Eov. Society 1896). r- 0 . •■') Besonders sei hier auch auf die Stellung der Samenanlagen hingewiesen. Dieselbe ist z. B. bei den Ranucunlaceen ursprünglich eine randständige am Makrosporophyll. Wo dasselbe einen basalen Kessel hat, finden wir hier eine Samenanlage in M e d i a n Stellung ent- springen, und diese bleibt bei Eanunculus u. a. vielfach allein übrig, ihre Stellung zum Fruchtblatt ist ähnlich wie die des Ophioglosseensporophylls zum sterilen Blattteil. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 663 (oder doch nur in ganz untergeordneter Weise) assimilierende Blatt teile handelt. Die Übereinstimmung der Sporophylle der Ophio- glosseen mit Blattabschnitten spricht sich übrigens auch in ihrem deutlich ausgeprägten dorsiventralen Charakter aus, es sei namentlich auf die Darstellung des Sporophylls von Helminthostachys verwiesen. Für die von der Jetztwelt ausgehende Betrachtung liegt also keine Nötigung vor, in den Sporophyllen etwas anderes zu sehen als Laub- blätter, die früher oder später (zuweilen auch gar nicht) eine Umbildung erfahren haben. Im übrigen sind die Gestaltungsverhältnisse der Sporo- phylle und der Blüten der Pteridophyten so mannigfaltig und für die Betrachtung der Blüten der höheren Pflanzen so wichtig, daß es sich empfehlen wird, aus den größeren Gruppen eine Anzahl von Beispielen hervorzuheben; die Schutzeinrichtungen für die Sporangien sollen in einem besonderen Abschnitt besprochen werden. B. E i n z e 1 b e t r a c h t u n ff. 1) Farne. a) Eusporangiaten. Bei den Marattiaceen sind die Sporophylle ge- wöhnliche Laubblätter. — Bei den Ophioglosseen entspringen, wie oben erwähnt, die fertilen Blattteile, die von den sterilen sehr verschieden sind, an diesen; sie haben kein eigentliches Assimilationsgewebe, sind Fig. 441 Helminthostachys ceylanica. I Jüngeres Blatt von der Seite. Die sterilen Blatt- fiedern bedecken das Sporophyll, dessen Spitze jetzt noch hervorragt, si:)äter aber auch be- deckt wird, i/ Querschnitt durch ein Blatt, Bs Blattstiel, Sp Sporophyll, es ist umgeben von den Fiederblättchen des sterilen Blattteiles. III Quei-schnitt eines Sporophylls, S Spor- angiophore. IV Querschnitt eines jüngeren Laubblattes, L Laminaranlage, o oben, u unten, M Anlage des Mittelnerven. steil aufgerichtet und gestielt. Bei Ophioglossum ist dies Verhalten, wie es scheint, ein strengt) festgehaltenes, bei Botrychium findet ^) Denn nur sehr selten ist eine vegetative Ausbildung bei den Sporophyllen von Ophio- glossum Mahrzunehmen. Sehen wir ab von den für unsere Betrachtung gleichgiltigen Ver- zweigungen an der Spitze mancher Sporophylle, so ist mir nur eine Angabe Pkesl's bekannt („vidi specimeu Ophioglossi vulgati, cujus spica margineni foliaceum utrinque duas lineas 664 Specielle Organographie. man die oben (p. 657) erwähnten Mittelformen. Da die Gestaltung der SporophvUe von Opliioglossum und Botrychium in jedem Lehrbuch besprochen wird, braucht hier nicht näher darauf eingegangen zu werden, erinnert sei nur daran, daß die Sporangien in beiden Gat- tungen randständig sind. Besonders eigenartige und merkwürdige Gestaltungsverhältnisse finden sich am Sporophyll der dritten Ophioglosseengattung, bei Hel- min th ostachys ^). Hier weichen die Sporophylle am meisten unter allen Pteridophyten von der Gestaltung der Laubblätter ab, zugleich bietet die Ausbildung des Sporophylls auch interessante Vergleichspunkte mit Vor- gängen, die bei der Staubblattbildung mancher Dikotylen vielfach angenommen werden. Wie bei den übrigen Ophio- glosseen entspringt das Sporophyll als Auswuchs auf der Oberseite des Laubblattes, welches hier annähernd „band- förmig'' mehrfach zerteilt ist. Die Lappen des sterilen Blattteiles sind im Jugendzustand über das Sporophyll hergebogen (Fig. 441 J), so ist das letztere nach der einen Seite durch den sterilen, nach unten eingebogenen Blatt- teil, auf der anderen durch den mächtigen Blattstiel geschützt (Fig. 441 17), das ganze Blatt ist ursprüng- lich von einer Gewebewucherung der Sproßachse kappen- förmig bedeckt. Das fertige Sporophyll ist, offenbar negativ geotro- pisch, aufgerichtet (Fig. 442). Es ist scheinbar radiär organisiert, indem seine Oberfläche dicht bedeckt er- scheint von den Trägern der Sporangien, die mit Bower als „Sporangiophore" bezeichnet seien. Diese Sporan- giophore können einfach oder verzweigt sein, sie tragen selten ein, meist mehrere Sporangien, öfters in zwei Stockwerken übereinander und dann in radiärer Ver- teilung (Fig. 443). Der untere Teil des Sporaugiophors ist meist stielartig verschmälert, der obere Teil ver- breitert, (so daß das ganze Sporangiophor einem Equi- setumsporophyll gleicht) und in Läppchen ausgewachsen. Dieser obere verbreiterte Teil bildet über die jungen Sporangien ein Dach und ist also als ein Sclmtzapparat für sie zu betrachten. Untersucht man junge Sporophylle (Fig. 444), so zeigt sich, daß die radiäre Verteilung derselben nur eine scheinbare ist. In Wirklichkeit ist das Sporophyll bi- lateral, resp. dorsiventral gebaut, es bleibt oben und unten ein Streifen frei, den man auch im fertigen Zu- Fig. 442 Hei- stände bei manchen Sporophyllen noch deutlich er- mmthostachys , , ^^ • r • i i • i i o. . • c ceyianica. Sporo- kennen kann. Diese irei bleibenden Streiten phyii. Vergr. entsprechen dem I\I i 1 1 e 1 n e r v e n des sterilen latum evidentissime venosum habuit", (Supplemeutum tentamiuis Pteridographiae iu Abhand- lungen der Königl. Böhmischen Gesellsch. der Wissensch. in Prag, 5. Folge, 4. Bd. 1847). 1) Vgl. Prantl, Helminthostachys ceyianica, in Ber. d. D. bot. Gesellsch., 1. Bd., 1883, p. 155 ; Bower, Studies in the morphology of spore producing members, II. Ophioglossaceae (Philos. Transaetions of the Royal Society, 1896). Die im Texte gctjehene Darstellung bemht auf Untersuchungen, die ich an in Ceylon und Java gesammeltem Materiale 1886 ausgeführt und neuerdings nachgeprüft habe. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 665 Blatt teile s. Untersuchen wir nämlich die Entwicklung des letzteren, so sehen wir , daß , ähnlich wie dies früher für die Blätter einiger leptosporangiaten Formen erwähnt wurde (p. 516, vgl. die Abbildung 335), die Blattspreite verhältnismäßig spät Es eilt die Entwicklung des Fig. massigen Mittel- Fig. 443. von Pteris serrulata angelegt wird (Fig. 441 L) nerven (31) der der Spreite voraus, diese sproßt aus einer embryonal bleibenden Zone rechts und links aus dem zum Mittelnerven wer- denden Gewebe hervor ^) (Fig. 441 IV L). Beim Sporo- phyll kommt es nicht zur Anlegung einer Blattspreite. Diese wird gewissermaßen von vornherein zerteilt in eine III Sp), welche die Sporaugiophore orangien die Fremdbefruchtung begünstigt. Übrigens fand Heinkichek bei Salvinia natans einmal ein Sporokarp, das unter vorwiegenden Mikrosporangien auch fünf Makrosporangien enthielt. (Heinkichek, Die näheren Vorgänge bei der Sporenbildung der Salvinia natans, Sitzungs-Ber. der Wiener .ikad., Bd. 85, 1882.) Einzeldarstellung der Vegetationsorgane.. 669 (einem Blattzipfel entsprecheuden) Placenta besteht, um welche ringsum Mikrosporangien verteilt sind, während die Spitze von einem Makro- sporangium eingenommen wird. In den Mikrosoris verkümmert dies frühzeitig M, in den Makrosoris dagegen ist nur das Makrosporangium entwickelt, es linden sich aber in späteren Entwicklungsstadien (vgl. Fig. 448) Anlagen von Mikrosporangien, welche verkümmern. Da das Indusium als Ringwall erscheint, so gewinnt das ganze Gebilde, wie mehrfach hervorgehoben worden ist, eine äußere Ähnlichkeit mit der Samenanlage einer Samenpflanze. Wir sehen also eintreten: Reduktion der Zahl der Makrosporangien den Mikrosi)orangien gegenüber und wahrscheinlich auch eine Trennung der ursprünglich zwitterig ausgebil- deten Sori in männliche und weib- liche. Über die Sporophylle von A z o 1 1 a konnte ich mir aus den Angaben von Strasburger-) und Camp- bell^) kein deutliches Bild machen, und untersuchte deshalb die Verhält- nisse bei Azolla filiculoides, welche vor etwa 12 Jahren im Marburger Garten reichlich fruchtete. Erinnern wir uns zunächst der Blattgestaltung dieser Gattung (vgl. p. 541, Fig. 355). Jedes Blatt teilt sich schon sehr früh in einen Unterlappen und einen Oberlappen {0, Z7 Fig. 355 11), deren Stellung aus der angeführten Ab- bildung hervorgeht. Es fragt sich nun, wie diese Blattteile sich an den fertilen Blättern verhalten. Bekannt ist, daß die von den In- dusien umschlossenen Sori hier zu zweien (gelegentlich fand ich drei an der Unterseite des Stämmchens) stehen, sie sind außerdem von einer einschichtigen , kapuzenähnlichen Hülle bedeckt. Strasburger stellte fest, daß die Sori umgebildete Blattlappen darstellen, und faßte die , .Hülle" als Blattunterlappen auf, während Campbell zu dem Resultat kam ,,. . . that the wdiole of the ventral lobe goes to form the sori and that the involucre is derived from the wdiole of the dorsal lobe". Meine Unter- suchungen stimmen mit diesem Satze nur teilweise überein, insofern als sie zeigten, daß keiner der beiden Autoren ganz Recht hat. Mit Camp- bell stimme ich darin überein, daß die Sori hervorgehen aus einer Teilung des Blattunterlappens, die sehr frühzeitig eintritt. Allein der Oberlappen wird keineswegs zur Bildung des Involucrums aufge- Fig. 448. Azolla filiculoides. Längsschnitt durch einen Makrosorus. Id Indusium, Jla Makrosporangium, P Placenta. Vergr. Ober- halb des Makrosporangiums sind Anabaena- Zellfädeu sichtbar; unterhalb des Makrospo- rangiums Anlagen von Mikrosj)oraugieu, wel- che verkümmern. 1) Vgl. StrasbüRGEK, Histologische Beiträge, Heft 2, Jena 1889, p. 8. Campbell (a. a. O.) fand dagegen in den ^likrosoris keine Anlage eines Makrosporangiums; meinen Erfahrungen bei Azolla filiculoides nach kommt beides vor. -) Strasburger, Über Azolla, Jena 1873, p. 52. 3) On the development of Azolla filiculoides Lam., Annais of botany. Vol. VII, 1893. 670 Specielle Orgauographie. braucht. Er ist wie sonst vorhanden, erhält auch einen Gefäßbündel- ast und eine von Anabaena bewohnte Grube. Es bildet sich an seiner Basis ein flügelartiger, einschichtiger Auswuchs, welcher die Sori teilweise bedeckt, dies ist der Ursprung des ,,Involucrums" {F Fig. 449 u. 450), und es erklärt sich hiermit auch ohne weiteres, daß dasselbe kein Leitbündel erhält; der zur Bildung der Sori auf- gebrauchte Blattunterlappen erhält wie sonst sein Leitbündel ; daß Strasburger das Involucrum dem Blattunterlappen zuschrieb, ist wohl darin begründet, daß es von dem Oberlajjpen durch eine ziemlich tiefe Einkerbung getrennt ist. Wir sehen also folgende Umgestaltung des fertilen Blattes dem sterilen gegegenüber : 1) Der sonst ungeteilt bleibende Unterlappen teilt sich in zwei (seltener drei — bei A. nilotica sind nach Strasburger vier vor- handen — ) Lappen, aus deren Spitze bei den Makrosoris das einzige Fig. 449. AzoUa filiculoides (sämtliche Abbildungen stark vergr.). / Sporopbyll freiprä- imriert, von der Fläche gesehen. 0 Oberlappen, i^ Anlage des Flügels desselben, Äj, »S', An- lagen von Makrosporangien, Jd^, Jd^ die zugehörigen Indusien. // Querschnitt durch zwei Blätter, links ein steriles, Ol dessen Oberlappen, u^ dessen Unterlappen. Rechts ein fertiles Blatt bei hoher und bei tieferer Einstellung (letztere punktiert), 0 Oberlappen , F dessen Flügel , er bedeckt die zwei Makrosori. /// Freipräparierter , ganz zur Bildung zweier Makrosori verwendeter Unterlappen von der Fläche, die Indusien erscheinen als Ringwälle. Makrosporangium hervorgeht^). Unterhalb desselben erhebt sich als Bingwall das Indusium, welches — auf der Außenseite gefördert — integumentartig das Makrosporangium umwächst (vgl. den Abschnitt über Sporangienentwicklung). 2) Aus dem dem Unterlappen angrenzenden Teile des Randes des Opperlappens sproßt eine zunächst flügeiförmige Wucherung hervor {F, Fig. 449, 450), welche man als ein Indusium bezeichnen würde, wenn nicht jeder der beiden Sori schon ein Indusium hätte. Von allen sonstigen Sporophyllen weichen in ihrer Gestaltung am meisten ab die „Sporokarpien" der Marsiliaceen. Finden wir doch hier die Sporangien scheinbar im Innern eines geschlossenen, von einer meist harten Schale umgebenen Gewebekörpers, der bei der Reife in sehr merkwürdiger Weise durch die Quellung verschleimter Gewebe in 1) Die Teilung des Blattunterlappens ist besonders deutlich sichtbar in Fig. 449 III. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 671 seinein Innern gesprengt wird — eine Einrichtung, welche, wie oben angedeutet, einmal die Überstehung von Trockenperioden erinöghcht — thatsächlich macht hier das „Sporokarp" eine Ruheperiode durch und sodann die Sporenkeimung nur dann eintreten läßt, wenn Wassermengen vorhanden sind, die auch für die weitere Entwicklung hinreichen. Es wurde nun oben gezeigt, daß die Sporokarpien stets blattbürtigen Ursi)runges sind und wie die Fiederblättchen von Marsilia ihren Ursprung aus den Flanken des Laubblattes nehmen. Die Entwicklungsge- schichte hat auch den sonstigen Aufbau dieser merkwürdigen Körper aufgeklärt. Zu- nächst sei erwähnt, daß die Sporokarpien stets dorsiventral sind, auch wo dies, wie bei Pilularia, äußerlich nicht hervortritt. Die „Frucht" enthält hier (bei P. globulifera) vier Fächer, in denen Ma- kro- und Mikrosporan- gien liegen, bei Marsilia sind die Fächer zahlreicher, auch hier in zwei Reihen angeordnet. Gegenüber der durch die Betrachtung des fertigen Zustandes ge- gebenen Annahme, daß die Sporangien hier wirklich im Innern ge- schlossener Hohlräume entständen, und Russow's auf schönen, aber unvollständigen entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen beru- hender Angabe, daß der „Soruskanal'' durch eine Spaltung des Ge- webes entstehe, habe ich hervorgehoben i) , daß die Sori hier ebenso Fig. 450. Sporophyll von Azolla filieuloides, flach ausge- breitet. Links zwei Makrosori, rechts der Oberlappeu, F flügeiförmiger Auswuchs desselben, vinten die Schleimhöhle sichtbar. Fig 451. Schematischer Querschnitt durch Marsilia - Sporokarpien verschiedenen Alters. I Jung (0 Ober-, u Unterseite), R ßandzellen, D Segmentwand. II Älter, .1 ,,Indusium"- Aulage, *S Sorusanlage, y seitliche Erhebung des Sporophylls. III Noch älter, Sori schraffiert. wie bei allen andern leptosporangiaten Farnen aus Oberflächen - Zellen der Sporophyllanlage entstehen und in das Gewebe erst nach'- träglich versenkt werden. Diese Angabe ist durch die Untersuchungen von BüsGEN, Meunier, Campbell und Johnson bestätigt und dahin er- gänzt werden, daß die Placenta aus dem Blatt ran de hervorgeht. Die Vorgänge, welche dabei stattlinden, erinnern in mehr als einer Hinsicht an die unten für andere Farne, z. B. die Cyatheacee Balantium antarcti- cum zu schildernden, nur daß die Sori hier nicht wie dort auf die Blattunter- seite, sondern (wie gleichfalls schon a. a. 0. hervorgehoben wu]-de) auf 1) Beitr. zur vergl. Entwicklungsgeschichte der Sporangien, III. Pilularia, Botau. Zeitung, 1882, No. 45. Über die „Frucht" von g72 Speeielle Orgnnographie. die Oberseite verschoben werden, wo die Grubeubildung eintritt. Die schematischen Querschnittsfiguren Fig. 451 I—III werden dies er- läutern. Das jüngste Stadium Fig. 451 I erinnert an den Blattcjuer- schnitt, der von einem jungen Farnblatt in Fig. 335 II gegeben wurde ^). Wir sahen dort die Lamina aus Randzellen L entspringen. Bei dem Marsi- liaceensporokarp sind ganz entsprechende Randzellen R (die hier noch etwas mehr nach der Oberseite verschoben erscheinen) vorhanden. An einigen Stellen des Randes — den späteren Fruchtfächern entsprechend — findet ein gesteigertes Wachstum statt, begleitet von charakteristischen Teilungen der Randzellen. In Fig. 451 II sind die Randzellen, aus denen je ein Sorus hervor- geht, mit S bezeichnet; sie sind schon in eine seichte Grube versenkt und durch das Wachstum der mit y bezeichneten Stelle der Blatt Unter- seite nach oben gerückt. Zugleich beginnt schon die Grubenvertiefung. Die mit y und die mit JJ bezeichneten Teile wachsen empor und ver- senken den Blattrand immer mehr in eine tiefe Grube, die mit einem engen, später durch Verwachsung geschlossenen Kanal nach außen mündet. Vergleichen wir den Vorgang mit dem von Dicksonia unten zu schildernden, so sehen wir, wenn wir nur die eine Hälfte der Figur in 454 II in Betracht ziehen, ganz analoge"^) Vorgänge, die mit p be- zeichnete Gewebepartie (die aber mit dem übrigen Sporokarpgewebe vereinigt bleibt) entspricht dem äußeren (Jo Fig. 454 7), die mit J bezeichnete dem inneren Indusium (Ju Fig. 454 I). Thatsächlich faßt man das mit J bezeichnete Gewebe auch bei den Marsiliaceen gewöhnlich als Indusium auf, namentlich deshalb, weil bei der Entleerung der Sori von Marsilia jeder der- selben mit einer sackförmigen Hülle umgeben ist Fig. 452, 27. Indes werden diese ,,Indusien" nicht als gesonderte Gewebe angelegt, sondern erheben sich als eine, allen Soris gemeinsame Gewebemasse, in welcher man früh schon die Trennungslinien, nach welchen sie später auseinanderweichen, erkennen kann. Man müßte, wenn man sie als Einzelindusien betrachten will, eine „kongenitale Verwachsung" derselben annehmen. Dafür ver- mag ich jetzt so wenig wie früher einen zwingenden Grund zu erkennen. Es fragt sich nun noch, wie wir die Sporokarpien im ganzen auffassen sollen. Hier muß ich zunächst erwähnen, daß ich nirgends die mir von Johnson zugeschriebene Auffassung ausgesprochen habe ,,that it represents a simple leaflet or pinna with its edges folded in to meet at the ventral side of the capsule" ^). Ich habe vielmehr meine Ansicht dahin angegeben, daß die Sori der Oberseite des Sporophylls eingesenkt seien. Diese Oberseite ist hier aber äußerst schmal, im wesentlichen nur durch das „Indusium" repräsentiert. Ich habe die Grenze in Fig. 451 III angedeutet durch die Klammer (0). Alles andere — vom Rande abgesehen — ist stark entwickelte Unterseite, eine Einfaltung findet nicht statt. John- son's Annahme, das Sporokarp sei homolog mit dem „petiole only of the sterile brauch of a leaf" halte ich für den Thatsachen nicht entsprechend. Was ist der „petiole" eines Farnblattes ? Der Teil der Blattanlage, an welchem die Ausbildung der Lamina ganz oder größtenteils unterbleibt und statt dessen die Ausbildung der mechanischen Gewebe in den Vordergrund tritt. Nicht damit, mit diesem differenzierten Teile eines Blattes ist ^) Die Oberseite ist hier, der Lage in der Knospe entsprechend, nach unten gekehrt. in Fig. III derselben Figur nach oben. *) NB. nicht homologe! *) Diese Auffassiuig findet sich bei A. BRArN, nicht aber bei mir. Eiuzelclaistelhing der Vegetationsorgane. 673 der Sporokarp homolog, sondern mit einer Blattaulage, an der (wie der von Pteris Fig. 535 11 abgebildeten) die Differenzierung der Lamina noch nicht eingetreten ist. Das ist ein Unterschied ! Auch zeigen die von BüsGEN beobachteten Abnormitäten, daß in seltenen Fällen Fiederblättchen einer Marsilia sich zu sporokarp- ähnlichen Gebilden entwickeln können, und A. Braun fand bei einer Marsilia statt des Sporokarps ein Blättchen mit schmaler Spreite. Nach wie vor betrachte ich also das Sporokarp als einem Blattabschnitt homolog, ganz ähnlich wie bei Schizaea. Die Frage könnte nur sein, ob man die zur Sorusbildung verwandten Randpartien als Andeutungen einer weiteren (aber mit dem Blatt verschmolzen bleibenden) Fiederung betrachten will. Dazu sehe ich derzeit keinen schwerwiegenden Grund. Ich möchte hier, um die Verhältnisse noch weiter zu er- läutern, auf ein sehr lehrreiches, in Fig. 452 abgebildetes Präparat von Marsilia polycarpa hinweisen. Es stellt die Zeichnung / die Oberflächenansicht eines freipräparierten ganzen Sporokarps ^ig. 452. I Marsilia polycarpa. Sehr junges Sporokarp dar, welches äußerst von der Oberseite, stark vergr. x, x^ Miitterzellen der Sori, klein und noch gerade <^ie, aus Randzellen hervoi'gehend hier, schon etwas nach der ist Es ist ein keulen- Oberseite verschoben erscheinen. St Stiel. II Marsilia Brow- r.. . TT- •■ ji iiii; Schnitt durch ein älteres Sporokarp, der Fläche parallel tormiger Korper, des- geführt. Acht Sori sind getroffen. III Marsilia polycai-pa. sen unterer Teil {Si) Optischer Längsschnitt eines Sporokarps (dem in Fig. / abge- sich später zum Stiele bildeten entsprechend), die großen Zellen sind die Sorus-Mutter- entwickelt. Die jetzt ''^^^'''^■ noch vorhandene zwei- schneidige Scheitelzelle ist an der Spitze in der Oberansicht nicht deutlich erkennbar. Die Anlagen der Sori (cc, x^) treten deutlich hervor, man sieht ohne weiteres, daß es Oberflächenzellen sind, und zwar (wie Querschnitte zeigen) Randzellen, die sich durch ihre Größe deutlich abheben, sie sind meist durch eine Querwand in zwei Zellen geteilt, diese Zellen sind es, die in der oben angegebenen Weise später in Gruben versenkt werden ; Fig. 452 /// giebt eine Seitenansicht des Randes, es sind um diese Zeit auf der Oberseite des Sporokarps schon zwei seichte Längsgruben auf- getreten, welche durch eine mittlere Erhebung voneinander getrennt werden. Auf weitere Einzelheiten braucht hier nicht eingegangen zu werden. Es genügt, daß wir feststellen konnten, daß die merkwürdigen Gestaltungs- verhältnisse der Marsiliaceensporokarpien sich auf die Si)orophyllbildung der anderen leptosporangiaten Farne zurückführen lassen, und nur einen in Beziehung zu den Lebensverhältnissen eigenartig ausgebildeten Fall derselben darstellen. Eine besondere Erwähnung verdienen noch die 674 Specielle Organographie. Marsiliaceen, welche ihre Sporokarpien m der Erde verbergen. In West- australien sammelte ich die in Fig. 453 abgebildete Pilularia Novae Hollandiae. Hier biegen sich die Stiele der Sporokarpien schon außer- ordentlich früh nach unten. Die Sporokarpien selbst sind mit der Mündung der Gruben schief nach oben gerichtet. Kein Zweifel, daß es sich hier, ähnlich wie der Knollenbildung bei Leber- moosen (p. 291 f.), namentlich um einen Schutz gegen rasche und starke Aus- trocknung handelt. Ganz ähnlich ver- hält sich offenbar die, mir nicht aus eigener Anschauung bekannte, Marsilia subterranea, bei Samenpflanzen giebt es ja eine ganze Anzahl , welche ihre her- anreifenden Früchte im Boden verbergen, die angeführten Beispiele zeigen also aufs neue, wie analoge Anpassungen in den verschiedensten Verwandtschafts- kreisen wiederkehren. c) Schutzeinrichtungen für die Sporangien und Stellung der- selben am Sporophyll. Auf diese Verhältnisse kann hier nur kurz eingegangen werden, da sie in den systematischen Werken ausführlich er- örtert zu werden pflegen. Doch sind schon wegen des Vergleichs mit den Samenpflanzen einige allgemeinere Be- ziehungen zu erörtern. «) Stellung der Sporangien am Sporophyll. Fassen wir hier die Verhältnisse bei allen Pteridophyten ins Auge so zeigen sich so ziemlich alle Möglichkeiten realisiert. Wir finden die Sporangien auf der Sporophylloberseite bei den Lycopodinen, auf der Unterseite bei den meisten leptosporangiaten Farnen und den Marattiaceen. auf den Blattkanten bei den Schizaeaceen (wo eine Verschiebung nach unten stattfindet), den Marsiliaceen (bei denen eine Ver- schiebung nach oben stattfindet), und den Ophioglosseen (wo sie im fertigen Zustand des Blattes gleichfalls nach oben hin verschoben erscheinen), rings- um gleichmäßig verteilt bei Osmunda i) (bei der verwandten Todea stehen sie auf der Unterseite), an den Sporophyllen der Equisetinen, Salvinia und den Placenten („Pteceptakeln") der Hymenophylleen. Es besteht also eine große Mannigfaltigkeit, welche wir auch bei den Sporophyllen der Samen- pflanzen wieder antreffen. Allgemeinere Beziehungen in dieser Mannig- faltigkeit aufzufinden, wird nicht leicht sein ohne Zuhilfenahme mehr oder minder kühner Hypothesen. Am meisten Aussicht werden diese innerhalb engerer Verwandtschaftsgruppen, z. B. der der Farne haben. Hier können wir, wie mir scheint, den Satz aufstellen, daß die Sporangien im Fig. diae. der 453. Pilularia Novae Hollan- Vorderer Teil einer Pflanze von Seite. Auf der dorsiventralen Sproßaclise zwei Reihen von Blättern iSi, -Sj,, S.^ Sporokarpien, W Wurzeln, Wa abgerissene Wurzel. (Neben jedem Blatt entspringen zwei Wurzeln.) Vergr. 1) Wie bildungen. ich Vergl. Entwicklungsgeseh. p. 387 nachgewiesen habe, daselbst auch Ab- Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. ß75 allgemeinen desto mehr die Stellung- a u f d e r B 1 a 1 1 ii n t e r - Seite „anstreben", jemehrdieSporangien tragenden Teile der S p 0 r 0 p h y 1 1 e 1 a u b b l a 1 1 a r t i g ausgebildet sind. Beispiele dafür sollen unten gegeben werden. Hier sei nur hervorgehoben, daß die Stellung auf der Unterseite in mehrfacher Beziehung von Vorteil sein wird. Einmal wird dadurch die Assimilationsfähigkeit der Lichtseite nicht be- einträchtigt, sodann sind die Sporangien , welche ihre Sporen bei den Landformen nur infolge von Austrocknung ausstreuen, vor Benetzung ge- schützt, und auch für die Sporenv erb reit ung ist diese Stellung günstiger, denn wenn die Sporangien auf der Blattoberseite ständen, müßten viele Sporen auf das Blatt fallen. Nur als seltene Ausnahme sehen wir deshalb bei Sporophylllaub blättern die Sporangien auf der Ober- seite (Beispiele: Aspidium anomalum in Ceylon, welches nur eine Form von Aspid, aculeatum sein dürfte, von der mir fraglich erscheint, ob sie aus Sporen sich konstant reproduziert, um so mehr, als auch bei anderen Farnen , welche normal die Sporangien auf der Unterseite tragen , ge- legentlich die Stellung auf der Oberseite beobachtet wurde. So bei Polypodium lepidotum, P. proliferum und Asplenium Trichomanes ^). Für die angeführte Beziehung seien einige Beispiele angeführt. Sehr auffällig ist der Unterschied von Osmunda und Todea. Bei ersterer sind die Sporophylle von den Laubblättern scharf unterschieden, bei letzterer nicht; die verschiedene Stellung der Sporangien wurde schon oben er- wähnt; wenn bei Osmunda nur wenige Sporangien auf den Blättchen sich finden, stehen sie wie bei Todea auf der Blattunterseite. Wir sehen hier also an ein und derselben Pflanze die oben hervorgehobene Beziehung. Ebenso findet sich die randständige Stellung meist da, wo die fertilen Blattteile nicht oder unbedeutend assimilieren (Ophiogiosseeu, Botrychium, Aneimia, Sektion Euaneimia). Man hat versucht ^j, diese Stellung als die primäre zu betrachten, die Stellung auf der Unterseite als eine Verschiebung. Eine solche Verschiebung läßt sich in manchen Fällen eutwicklungsgeschichtlich beobachten. So unter den Schizaeaceen bei Schizaea, Lygodium, Mohria und mehreren Aneimiaarten. In allen diesen Fällen werden die Sporangien randständig angelegt und durch die Entwicklung des „Indusiums" auf die Unterseite verschoben. Es sei dies an einem einfachen Beispiel dargestellt. Dicksonia antarctica besitzt, wie der in Fig. 454 III abgebildete Schnitt zeigt, Sporangienhaufen, welche scheinbar auf der Blattunterseite entspringen, sie sind von einer zweiklappigen Hülle umschlossen. Der obere, übergreifende Teil derselben {Jo) hat die Struktur der Blattfläche (von seinem trichoma- tösen Rande abgesehen), der untere {Ju) ist dagegen aus nicht chlorophyll- haltigen Zellen aufgebaut, er dient zunächst wohl mit als Wasserspeicher. Dieser Teil ist es auch hauptsächlich, der später eine Bewegung ausführt 3), welche den Sorus bloßlegt und so die Sporenausstreuung gestattet. Die Entwicklungsgeschichte zeigt, daß das Grewebepolster (die Placenta), welchem ^) Vgl. Kunze, Über abnorme Frachtbildung auf der Oberseite der Wedel von Farnen aus den Polypodiaceen, Bot. Zeitung, 1848, p. 687. Es würde also z. B. bei Asp. anonialuin durch Sporenaussaat zu vermitteln sein, ob die Nachkommen nicht wenigstens zum Teil die Sporangien auf der Blattunterseite tragen. Betreffs Acrostichum peltatum vgl. p. 667. -) Vgl. z. B. PeanTL, Untersuchungen zur Morphologie der Gefäßkryptogamen, 2. Heft. 3) Wie diese stattfindet, ist ebenso wie Bewegung der Indusienklappen niiincher Hymeno- phyllumarten näher zu untersuchen, doch ist nicht zu bezweifeln, daß Austrocknung die Bewegung verursacht. 676 Specielle Orgauographie. die Sporangien aufsitzen, aus dem Blattrande hervorgeht, der aber früh- zeitig auf die Blattunterseite verschoben wird. Dieser Vorgang ist in Fig. 454 I schon eingetreten, man erkennt aber deutlich die den Blattrand einnehmenden keilförmigen Zellen R. Das untere Indusium Ju ist als eine Wucherung der Blattunterseite schon angelegt, auch die Stelle, an der das obere entspringen wird, ist deutlich sichtbar (Jo). Ju ist also eine Wuche- rung der Blattunterseite, Jo eine der Blattoberseite. Die ersten Sporangien Ju Jo 1 ^l^ M Fig. 454. Dicksonia antarctica. / Längsschnitt dnrcli ein Blättclien , das sicli zur Anlage eines Sorus anschickt. R Randzelle , Jo Anlage des oberen , Ja des unteren Indusiums. // Dasselbe älter, es sind schon Sporangienanlagen (Sp) vorlianden. III Längsschnitt dui-ch einen fast reifen Sorus, P Placenta. gehen aus den Randzellen des verbreiterten Blattrandes selbst hervor, ihnen folgen andere in unregelmäßiger Reihenfolge. Im wesentlichen ähnliche Vorgänge finden sich bei Davallia und in anderen Fällen. Denken wir uns nun den Vorgang dahin abgekürzt, daß das obere Indusium schon von vornherein, nicht erst nachträglich sich in die Verlängerung des Blatt- randes stellt, so heißt das mit anderen Worten, daß die Sporangien auf der Blattunterseite auftreten i). Sie entstehen hier oft noch recht nahe dem Blattrande, so z. B. in dem in Fig. 455 von Allosurus abgebildeten Falle, wo die jüngsten (äuße- ren, es entstehen auch nach innen hin neue) Sporangien nur durch eine Zelle vom Blattrande getrennt sind. Ob diese „Verschiebung" einem phylogenetischen Vorgange entspricht, entzieht sich un- "T' serer Kenntnis. Fig. 455. Allosurus crispus. Spitze einer Sporophyll- fieder von der Unterseite (stark vergr.). /:?) An Ordnung der Spor- angien. Schon aus dem oben 1) Man könnte auch folgende Reihe konstruieren: 1) Einzelne randständige Sporangien (Schizaeaceen, Ophioglosseen). 2) Es kommen zu diesen M^eitere auf der Blattoberseite und -Unterseite hinzu. 3) Die Bildung der randstäudigen Sporangien unterbleibt, der Rand wächst vegetativ weiter, die Sporangien der Oberseite werden meist unterdrückt (Polypodiaceen etc.). Einzeldarstellung der Yegetationsorgane. (377 Gesagten ist ersichtlich, dai^ die Sijorangieu auf den Sporoi)hyllen entweder einzeln oder in Gruppen auftreten. Wenn diese Gruppen einem (jewebe- polster entspringen, in welches meist die Fortsetzung eines Nerven resp. eine mit demselben in Verbindung stehende Tracheidengruppe eintritt, hat man sie als „Sorus" bezeichnet. Indes ist eine scharfe Abgrenzung der Sori vielfach nicht möglich und zweckmäßiger erscheint eine neuerdings von BowER ^) gegebene Einteilung. 1) Sinii)lices: Sporangien einzeln oder, wenn in Gruppen stehend, alle zu gleicher Zeit angelegt (Marsiliaceen, Osmuudaceen, Schizaeaceen, Gleicheniaceen, Matoniaceen). 2) Gradatae: Sporangien auf einer mehr oder minder verlängerten Placeuta (Receptaculuin) in basipetaler Richtung entstehend (Loxsomaceen, Hymeuophyllaceen, Cyatheaceen, Dicksonieen, Dennstedtineen). 3) Mixtae : Sporangien verschiedenen Alters gemischt — alle übrigen leptosporangiaten Farne. Bezüglich der näheren Begründung dieser Ein- teilung muß auf das Original verwiesen werden. y) Hier sind noch die Schutzeinrichtungen für die Sporangien zu erörtern. Diese sind sehr mannigfaltig. Sie sind gegeben: 1) Durch die Gesamtgestaltung der Sporophylle. Bei vielen Farnen sind die Sporangien durch die Knospenlage des Sporophylls geschützt (vgl. z. B. Ophioglosseen, p. 604), oder die Sporophyllränder biegen sich über die Sporangien her, ähnlich wie die Fruchtblattränder der Angiospermen über die Samenanlagen (Makrosporangien) ; be- sonders groß ist diese Ähnlichkeit bei vielen Acrostichaceen. Die Sporophylle von Elaphoglossum spathulatum (Fig. 4.50 ii) sind in der Jugend hülsenähnlich, sie sind nämlich nach unten eingeschlagen (der in Fig. 456 abgebildete Querschnitt zeigt, daß die Sporangien hier auf der ganzen Fläche mit Ausnahme der Ränder und der Mittel- nerven stehen). Ähnlich ist es bei Hymeno- lepis spicata, nur daß hier ein größerer Teil der Blattfläche frei von Sporangien ist (Fig. 456 /). Übrigens ist klar, daß es auch darauf ankommen wird, in welchem Altersstadium der Sporangien die Sporo- phylle sich entfalten. Sind die Sporangien zu dieser Zeit schon fertig oder mit derben Fig. 456. Querschnitte durch un- entfaltete Sporophylle, / von Hy- menolepis spicata, // von Elapho- glossum (Acrostichum) spathulatum. Im Reifestadium reitet sieh das Sjjoroijhyll flach aus. Wandungen versehen , so brauchen sie weniger Schutzeinrichtungen, als wenn junge Sporangien noch am entfalteten Blatte vorhanden sind. Damit mag es zusammenhängen, daß namentlich bei den zwei letzten Gruppen Bower's Schutzeinrichtungen in besonders reichem Maße sich finden. Solche sind 2) Haarbildungen auf den Sporangien: z. B. Gymnogramme villosa G. ToTTA, Polypodium crenatum u. a. (vgl. Glück a. a. 0.) oder zwischen den Sporangien (besonders wirksamen Schutz gewähren schildförmige Haare). 1) Studies in the morphology of spore producing members, IV. — Auf die dem Bau der Sporangien entnommenen Charaktere kann hier noch nicht eingegangen werden. 678 Specielle Organographie. 3) Indusien, die als Wucherungen des Blattrandes, der Blattunter- seite oder der Placenta entstehen können ^). Sie werden in den syste- matischen Werken ausführlich besprochen, deshalb ist es nicht erforderlich, hier näher darauf einzugehen. Die Bedeutung der Indusien hat Köl- REUTER^) schon vor langer Zeit experimentell festgestellt. Er fand bei verschiedenen Farnen, daß die Sporangien vertrockneten, wenn jungen Soris die Indusien abgenommen wurden. Bei jungen Soris von Scolopendrium vulgare fand er Tropfenausscheidung, die seiner Ansicht nach vom Indusium ausgeht — ein Beweis dafür, daß die Indusien in der Jugend besonders wasserreich sind. Später vertrocknen sie und ge- statten so die Verstreuung der Sporen '■'). 4) Versenkung der Sori in Gruben. Diese kann mit der Indusien- bildung kombiniert auftreten, z. B. Scolopendrium. Ein einfacheres Bei- spiel bietet Polypodium obliquatum (Fig. 457). Hier stehen die Sori in Vertiefungen des Blattge- webes , welche von einer wulstförmigen Wucherung (E) umgeben sind. Die Sporangien gelangen der Altersfolge entsprechend durch die starke Verlänge- rung ihres Stieles an die Mündung der Grube und streuen ihre Sporen aus. Die jüngeren Sporangien sind durch die älteren ge- schützt, bei anderen Farnen, z. B. Polypodium jubae- forme, saccatum u. a., sind auch noch Haare zwischen ihnen vorhanden, welche ur- sprünglich die Mündung der Grube abschließen. Von diesem Verhalten nicht we- sentlich verschieden ist die Versenkung der Sporangien bei den Marsiliaceen, nur daß hier die Aus- münduug der Sorusgruben si)äter geschlossen wird. d) Bedingungen für das Auftreten der Sporophylle. Die Sporophylle treten nicht sofort bei der Keimung, sondern erst bei Erreichung eines bestimmten Altersstadiums auf, bei einjährigen Farnen, wie Anogramnie leptophylla, natürlich früher als bei langlebigen, sich langsam entwickelnden. Es kann keinem Zweifel unterliegen , daß die Bildung der Sporangien und der Sporophylle abhängig ist von be- stimmten äußeren Faktoren (Lichtintensität, Ernährungsverhältnissen etc.) und inneren Beziehungen (Korrelationen). Letzteres wird ja schon durch Fig. 457. Längsschnitt durch einen Sortis von Poly- podium obliquatum, vergr. und etwas schematisiert. Sp Sporangien, J^ Erhebung des Sporophylls. ^) Vgl. BuRCK, Ovar de ontwikkelings geschiedenis en den aard van het indusium der varens, Haarlem 1874; Glück a. a. O. -) KöLREUTER, Das entdeckte Geheimnis der Kryptogamie, Karlsruhe 1777. 3) Bei Besprechung der Sporangien wird auf besonders eigentümliche Indusieubildungen, wie die von Lygodium, noch kurz einzugehen sein. Es verdiente eine nähere Untersuchung, inwiefern bei manchen Farnen die Indusien bei der Reife andere als die oben angeführten Schrumpfungsbewegimgen ausführen. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 679 die p. 65(3 erwähnte Möglichkeit der experimentellen Umbildung von Sporophyllanlagen in Lanbblätter erwiesen, und es ist von vornherein klar, daß die Pflanze nur dann zur Sporangienbildung schreiten wird, wenn sie das nötige Baumaterial zur Verfügung hat. ÄuJSer diesen Be- dingungen, die wir kurz als die Erreichung einer gewissen „Reife'' bezeichnen können, scheinen in einzelnen Fällen noch besondere Keiz- wirkungen in Betracht zu kommen. Im einzelnen ist aber die Abhängigkeit der Sporophyllbildung von äußeren Faktoren noch sehr wenig erforscht. Einen merkwürdigen Fall hat Raciborski ^) nachgewiesen bei einer dem Acrostichuin Blumeanum nahestehenden Farnart. Diese bildete, auf dem Boden wachsend, sehr üppige Blätter, aber keine Sporoi)hylle aus, die letzteren traten aber auf, wenn der Pflanze die Möglichkeit geboten war, an einer vertikalen Stütze emporzuklettern. Welche Veränderung der Lebensbedingungen hier die Sporophyllbildung „ausgelöst'' hat, ist nicht näher bekannt. Ich möchte aber vermuten, daß es sich in erster Linie um eine Wachstumshemmung des Rhizoms nach vorausgegangener guter Ernährung handelt. Der Fall wäre dann analog dem , den ich früher für Marsilia (quadri- folia) u. a. hervorhob. Wenn diese im Wasser wachsen (so z. B. be- obachtet bei Marsilia polycarpa in Südamerika), machen sie lange, sehr üpi)ige Triebe, bringen aber keine Sporophylle hervor, während solche auf dem Lande in Menge auftreten "^j. Bei Kultur auf dauernd trockenem Boden treten aber bei M. quadrifolia Sporophylle überhaupt nicht auf^), die Pflanze ist dann offenbar geschwächt und unterernährt, man muß also bei jeder Art die Lebensbedingungen, denen sie angepal^t ist, sorgfältig in Betracht ziehen, da diese auch für das Auftreten der Sporophylle in Betracht kommen. Wir können aber bei den fruktifiziereuden Sprossen beobachten, daß die Internodien der Sproßachsen kürzer und gedrungener sind als bei den üi)pigen Wassertrieben, und es dürfte experimentell möglich sein, auch bei diesen durch Wachstumshemmung die Sporophyll- bildung hervorzurufen. 2) Equisetum, Die Sporophylle sind hier gestielte Schilder, welche die Sporangien auf der Unterseite der schildförmigen Fläche ringsum gleichmäßig verteilt tragen. Die Abweichung gegenüber den sterilen Blättern ist grol5, diese sind bekanntlich in einer Scheide, die in einzelne Zähne ausgeht, verwachsen. Die Sporophylle sind frei und schildförmig. Die große Verschiedenheit der beiden Bildungen weist darauf hin, daß sie frühzeitig eintritt. Die Frage ist auch hier : aj Welche biologische Bedeutung hat die Gestalt der Sporophylle? b) In welcher Beziehung stehen sie zu den vegetativen Blättern? a) Bekanntlich stehen die Sporophylle in der Blüte (dem ähreu- förmigen Sporangienstand) dicht gedrängt, die schildförmigen Sporophylle liegen mit den Rändern einander ursprünglich dicht an und sind sogar miteinander verzahnt, wodurch die auf der Unterseite der Schikler stehenden jungen Sporangien vortrefflich geschützt sind und der Mangel eines Indusiums und sonstiger Schutzapparate leicht verständlich wird. Die Internodien zwischen den Sporophyllwirteln sind zunächst noch sehr 1) Eaciborski, Beeinflussung der Sporophyllbildung bei dem Acrostichum Blumeano affine, Flora, 87. Bd., Jahrg. 1900, p. 25 ff. ■-) Übrigens kommt je nach den Anpussungsverbältnisseu der betreffenden Arten feuchterer oder trockener Boden in Betracht. 3) Vgl. A. Braun, Nachträgliche Mitteilungen über die Gattungen Marsilia und Pilu- laria, Monatsber, der Berl. Akad., 1872, p. G50. gQQ Specielle Orgauograpbie. kurz, erst später strecken sie sich, ebenso die Sporophyllstiele ; jetzt sind die Sporangien zur Aussaat reif^), sie öffnen sich durch Austrock- nung und zerstreuen die Sporen. Eine ganz ähnliche Gestalt der Sporo- phyile treffen wir übrigens in den männlichen Blüten mancher Coniferen (z. B. Taxus). Wir sehen also bei Equisetuni. daß die Gestalt des Sporo- phylls, die Schildform und der Besitz eines Stieles mit dem Schutz der Sporangien und mit der Sporenaussaat zusammenhängt. b) Die vegetativen Blätter der Equiseten kommen — was ihre Leistungen betrifft - wesentlich nur als Schutzapparate für die Stamm- knospe (auch für die noch wachsenden Internodien) in Betracht. Es ist wahrscheinlich, daß sie reduziert sind, indes ist darüber bei dem Mangel verwandter lebender Formen nichts Sicheres auszusagen. Die Blatt- anlagen entstehen als ein über dem Vegetationspunkt hervorgewölbter Zellhügel. Bei den Laubblättern wird aber nur der obere Teil desselben zur Blattbildung verwendet (was eben mit der wenig massigen Entwick- lung des Blattes zusammenhängt), während der untere Teil der Blatt- anlage zur „Berindung" des Sproßinternodiums dient. Bei den Sporo- phyllen dagegen werden alle Zellen der Blattanlage zur Blattbildung herangezogen , entsitrechend der massigeren Entwicklung der Sporo- phylle ^). Im Grun(le bestellt der Unterschied der Entwicklung — von den Volumverhältnissen abgesehen — eben darin, daß sehr früh (noch vor dem Auftreten des auch hier durch Interkalarwachstum entstehenden Sporophyllstiels) die Wachstumsverteilung eintritt, die zur Bildung eines schildförmigen, und zwar eines „hypopeltaten" Blattes führt (vgl. p. 5o2), wobei aber eine Reduktion der BlattÜäche (die den oberen Teil des Schildblattes bildet) eintritt, das Randwachstum, das sonst zur Bildung einer dünnen Blattlamelle führt, wird hier unterdrückt. Es steht damit ganz im Einklang, daß man gelegentlich Mittelformen zwischen Sporo- phyllen und Laubblättern trifft (vgl. Glück a. a. 0.), bei denen eine Spreite mehr entwickelt ist ; diese entspricht dann stets dem oberen Teil des Sporophylls, der untere ist dem sterilen Blatte gegenüber ebenso eine Neubildung, wie z. B. an den Staubblättern mancher Cupressineen oder den in Fig. 343 abgebildeten Niederblättern von Asparagus comorensis. Die Thatsache, daß die ersten Entwicklungsstadien von Laubblatt und Sporophyll übereinstimmen und daß die Blattanlage beim Laubblatt nur teilweise, beim Sporophyll ganz auswächst, kann man meines Erachtens nicht zu dem Schlüsse verwenden, daß die Gestaltung des Sporophylls der Equiseten das phylogenetisch ursprünglichere Verhalten darstelle^), vielmehr steht, wie oben gezeigt wurde, die Entwicklung hier wie überall im Einklang mit dem fertigen Zustand : ein dünnes Organ beansprucht weniger Zellenmaterial als ein dickes ; höchstens könnte man in der Ent- wicklung der Laubblattanlagen einen Grund dafür sehen, daß sie früher massiger entwickelt waren als jetzt; wir sehen aber, daß wir auch jetzt ungezwungen das Sporophyll aus den Laubblätteru ableiten können. Assimilationsorgane von der Gestalt der Equisetensporophylle würden dagegen ganz wunderbare Bildungen sein. 1) Diese wird bei einigen Arten dadurch erleichtert, daß die Sporophyllstiele sich (offen- bar negativ geotropisch) nach oben biegen. So bei E(piisetum Telmateja (vgl. die SACHS'sche Abbildung Fig. 321 in Goebel, Grundzüge der Systematik). Es wird die Fläche des Sporo- phylls schief oder fast horizontal gestellt und so verhindert, daß die Sporenmassen in größerer Menge zwischen den Sporoiihyllen liegen bleiben. Es ist gewiß kein ZufaU, daß das gerade bei der Art auffällig ist, welche die größten Sporophylle besitzt. 2) Vgl. die in Bot. Ztg. 1880 gegebene Darstellung, die später von Glück (a. a. O.) bestätigt wurde. 3) Ob dafür andere Gründe sprechen, kann hier unberührt bleiben. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. ßg] An der Basis der Eiiuisetuinblüten findet sich ein Blattwirtel ^), welcher sowohl von den vegetativen Blättern als von den Sporopliyllen verschieden ist, der „Annulus", der übrigens gelegentlich in die Sporo- phvllbildung hineingezogen wird. Die Frage, ob diesem Gebilde eine fnnktionelle Bedeutung zukomme, scheint, soweit ich sehen kann, nicht aufgeworfen worden zu sein. Es besitzt aber eine solche unzweifelhaft und zwar im Knospenzustand der Blüte. Die Sporangien sind, wie oben erwähnt, sämtlich dadurch geschützt, daß sie unter den schildförmigen Ausbreitungen der Sporophylle verborgen sind. Die unteren Sporangien der untersten Sporophyllreihe würden dagegen frei liegen. Sie schützt der ,, Annulus", welcher so ausgebildet ist, als ob man mit einer pla- stischen Masse die unterste Sporophyllreihe abgeschlossen hätte, er paßt genau in die Vorsprünge der Sporophylle und läßt sich also durch seine Funktion der der Blütenhülle resp. des Kelches der höheren Pflanzen vergleichen. Dadurch wird also die Hemmung, welche dieser Blattwirtel den vegetativen gegenüber erfährt, zwar nicht kausal, aber teleologisch verständlich. Die obersten Sporophylle der Blüte aber erfahren einen analogen Schutz dadurch, daß die an der Blütenspitze stehenden Sporo- phylle unvollständig ausgebildet werden, sie bleiben mit der Blüten- achse teilweise verschmolzen ^). Ihre Gestaltung ist aber eine andere als die des ,, Ringes" und bietet keinen Anhalt für die naheliegende Annahme, daß der Ring aus steril gewordenen Sporopliyllen hervor- gegangen sei, vielmehr stellt der Ring deutlich eine Hemmungsbildung der vegetativen Blätter dar. Die Blüten der Equiseten sind Sprosse begrenzten Wachstums. Dies spricht sich auch in der Zellenanordnung aus: die Scheitelzelle des Blütensprosses wird ersetzt durch eine Zellgruppe; wir sehen also, daß die Blütenbildung nicht nur die Gestaltung der Blätter, sondern auch die der Sproßachse verändert. Es spricht sich dies auch darin aus, daß die die Blütenknospen umhüllenden Blattscheiden dem größeren Umfang der ersteren entsprechend größer sind, als die der vegetativen Sprosse. Bei manchen Equisetumarten bewirkt das Auftreten der Sporophylle eine Veränderung in der Ausgestaltung des ganzen Sprosses, dessen Ende zur Blüte wird, bei anderen nicht. A. Braun hat die Equisetum- arten dementsprechend eingeteilt in E(iuiseta homophyadica — sterile und fertile Sprosse stimmen überein (z. B. Equ. palustre, limosum, hiemale) und Equ. heterophyadica — sterile und fertile Sprosse sind verschieden. Die letzteren sind dadurch ausgezeichnet, daß sie keine Äste besitzen und nicht assimilieren, es fehlt das Chlorophyll, die Chromatophoren bringen einen rötlichen Farbstoff statt des Chlorophylls hervor; es darf wohl angenommen werden, daß dadurch eine stärkere Erwärmung der fertilen Sprosse bedingt wird. Bei Eciuisetum arvense und E. Telmateja verharren die fertilen Sprosse auf diesem Entwicklungszustand, sie gehen nach der Sporenaussaat zu Grunde (Equiseta heterophyadica ametabola), bei Equ. pratense und silvaticum aber (die als E(iu. hetero- phyadica metabola bezeichnet werden) bildet auch der fertile Sproß später Astquirle und ergrünt, wenngleich in verschiedener Weise 3). Bei Equ. ^) Bei Equis. arvense nicht selten zwei. -) Bei Equisetum arvense sind die obersten, unvollständig entwickelten Sporophylle nicht selten zu einem scheinbar terminalen schildfönnigen Sporophyll „verwachsen". ^) Vergl. GOEBEL, Über die Fruchtsprosse der Equiseten, Ber. der Deutschen botan. Gesellsch., IV (1S86), p. 184 ff. Goebel, Organographie der Pflanzen. 45 (3g2 Specielle Organographie. silvaticuin bleibt das durch besonders lange Blattscheiden geschützte Gewebe der Internodien der fertilen Sprosse zunächst embryonal und entwickelt sich später wie das der sterilen Sprosse, bei Equ. pratense ist dies nur mit dem unteren Teil der Internodien der Fall, der obere ist in einen Dauerzustand übergegangen und verändert sich nicht weiter. Die fertilen Sprosse erscheinen also gegenüber den sterilen als Hem- mungsbild un gen ^), die auf einer einfacheren Stufe der Gestaltung und des anatomischen Baues stehen blieben. Bei den Equ. hetero- phyadica ametabola ist diese Hemmung eine dauernde, bei den anderen eine vorübergehende. Das Ex])eriment zeigt aber, daß man auch die Fruchtsprosse der „ametabolen'' Arten zu einer, wenigstens teilweisen, vegetativen Entwicklung veranlassen kann (vgl. a. a. 0.). Wenn man sie in Wasser untertaucht, so entwickelt eine größere Anzahl derselben (während andere zu Grunde gehen) aus den untersten (bis 0) Internodien Seitensprosse, und es tritt auch Ergrünen der Internodien ein ■^). Auch diese Sprosse erscheinen uns somit als Hemmungsbildungen, und es er- scheint wahrscheinlich, daß die Hemmung in Beziehung steht zu äußeren Bedingungen einerseits, zu inneren andererseits. In ersterer Beziehung ist hervorzuheben, daß die ametabolen Schaft- halme solche sind, welche ihre fertilen Sprosse im ersten Frühling entwickeln. Der Boden, namentlich an den von den Equiseten bevor- zugten feuchten Standorten, ist zu dieser Zeit noch kalt, die Wasser- zufuhr dementsprechend erschwert. Die Temperaturerhöhung reicht wohl aus zur Streckung der schon im Herbste fast fertig gestellten fertilen Sprosse, die vegetative Entwicklung setzt erst später ein, und die vege- tativen Sprosse entziehen wahrscheinlich den fertilen auch Materialien (Wasser u. s. w.), welche diese zur vegetativen Entwicklung benutzen könnten. Die homophyadischen Equiseten entwickeln ihre fertilen Sprosse später, zu einer Zeit, wo die Bedingungen für die Wasseraufnahme günstiger sind. Die metabolen Equiseten stehen in der Mitte, sie wachsen zudem, soweit meine Erfahrungen reichen, auch auf weniger kaltem und nassem Boden. Somit erscheinen uns auch hier, wie bei den Farnen, die fertilen Sprosse als Umwandlungsprodukte der sterilen, und ferner läßt sich auf Grund experimenteller Erfahrung die Verschiedenheit im Verhalten der fertilen Sprosse zu den Lebensverhältnissen in Beziehung setzen ^), weitere experimentelle Untersuchungen werden diese Beziehungen noch ein- gehender zu prüfen haben. Die merkwürdigen fossilen Formen der Equisetaceen müssen hier unbesprochen bleiben, ebenso auch bei anderen Pflanzen. So bedeutend auch die Resultate der phytopaläontologischen Forschung in den letzten ^) Man vergleiche, was über zeitweilige und dauernde Hemmung bei den Kotyledonen aui>geführt wurde (p. 591 ff.). *) Dieselbe Erscheinung findet sich auch in der Natur auf Wiesen, welche im ersten Frühjahr unter Wasser stehen. Man vei-gl. im übrigen die Schilderung der verschiedenen Ausbildungsformen der fertilen Equisetumsprosse bei Ltjerssen, Die Farnpflanzen oder Ge- fäßbündelkryptogamen, Leipzig 1889. ä) Dabei ist nicht zu vergessen, daß bei den ametabolen Equiseten die Beeinflussung durch die Lebensbedingungen offenbar schon auf die ganze Organisation umändernd ein- gewirkt hat; auch wenn die Bedingungen für Wasseraufnahme aus dem Boden günstige sind, braucht bei ihnen eine vegetative EntMÜeklung noch nicht zu erfolgen, Aveil sie zu einer aus- giebigeren Aufnahme von Wasser (und Nährstoffen) nicht mehr so wie die sterilen Sprosse eingerichtet sind. Und im oberen Teile der fertilen Sprosse ließ sieh eine vegetative Weiter- entwicklung überhaupt nicht mehr erzielen. Einzckhustelluiiff der Ve»etatioiisorL'iine. 683 Jahrzehnten waren, so liegt es doch in der Natur der Sache, daß einer- seits die morphologische Deutung der Blütenbildung der ausgestorbenen Formen vielfach noch unsicher, andererseits die Auftindung von Be- ziehungen zwischen Gestaltung und inneren und äußeren Bedingungen deizeit unmöglich ist. Es würde hier also nur die rein deskriptive Schilderung wiederholt werden können, die der Leser besser, als der Verf. sie geben könnte, in den paläophytologischen Lehrbüchern findet 0- o) Lycopodinen. Während bei den Equiseten Sporophylle und Lanbblätter stets verschieden sind (mit Ausnahme von teratologischen Erscheinungen) , finden wir bei den Lycopodien wie bei den Farnen die beiden Fälle, daß die Laubblätter von den Sporophyllen nicht verschieden sind, und den, daß eine solche Verschieden- heit eintritt. Ersteres ist der Fall z. B. bei Lycopodium Selago -')• Als Bei- spiel für das Verhalten anderer Arten sei L. annotinum angeführt. Die Sporo- phylle dienen hier nicht mehr als As- similationsorgane, sie haben statt der grünen eine gelbliche Farbe. Ihre Blattbasis ist erweitert, und sie sind dadurch imstande, das große auf dieser sitzende Sporangium besser zu um- hüllen ; der Kand des Blattes ist llügel- förmig ausgewachsen. Die häutigen Bänder biegen sich, wenn die Sporen reif sind (ebenso wie der obere Teil des Sporophylls) später zurück, und erleichtern so die Sporenausstreuung ^). Außerdem läuft von jedem Blatte ein Blattkissen ^) (/>' Fig. 458) nach unten, das dem Querschnitt einer Rasier- messerschneide gleicht, und die Zwischenräume zwischen den Sporangien ausfüllt. Diese sind, wie der Querschnitt Fig. 458 zeigt, vortrefflich geschützt, die Abweichungen in der Gestaltung des Sporophylls den Laub- blättern gegenüber teleologisch also leicht verständlich^). Mit "den Equisetinen stimmen übrigens die Lycopodinen darin über- ein, daß die Sporangien angelegt werden, solange die Sporophylle noch verhältnismäßig klein sind (vgl. Fig. 435). Indes möchte ich darin zu- nächst keine phylogenetisch bedeutsame Erscheinung sehen, sondern nur die Folge davon, daß die Blattbildung in diesen beiden Verwandtschafts- kreisen der der Farne gegenüber überhaupt zurücktritt, sehr kleinblätterige Fig. 458 (nach Glück). Querschnitt durch eine Blüte von Lycopodium anno- tinum, etwa 14mal vergr. Die Sporophylle stehen in viei-zähligen Wirtein. Jedem Sporophyl] sind scheinbar zwei Sjiorangien angeheftet; in Wirklichkeit ist nur eines vorhanden, das wegen seiner stark ge- krümmten Gestalt auf dem Querschnitt zweimal getroffen ist. B die keilförmige Basis der Si^orophylle des nächst höheren Wirteis. 1) Vgl. z. B. POTONIE, Lehrbuch der Pflanzeupaläontologie ; ZEILLER, Elements de paleo-botani(iue ; D. H. Scott, Studies in fossil botany, London 1900, das letzgenannte Buch ist für den Botaniker zur Orientierung durch kurze und klare Darstellung besonders geeignet. ■-) Ganz ähnlich verhalten sich auch die Isoetesarten, auf welche hier dementsprechend weiter nicht eingegangen zu. werden braucht. 3) Ohne Zweifel ist diese Bewegung der Sporophylle durch Austrocknung bedingt. An Waldrändern beginnt sie zuerst auf der nach außen gekehrten Seite der Blüten. *) Bei manchen Lycopodien, z. B. L. cernuum, ist das Sporophyll ähnlich, wie es unten für Selaginclla Preissiaua zu beschreiben sein wird, hypopeltat. ä) Betreffs der Schleimbildung bei L. inuudatum vgl. die von Glick a. a. O. gegebenen Abbildungen. 45* 684 Specielle Organogmpliie. Farne würden Avohl dieselbe Erscheinung an ihren Sporophyllen zeigen, wie Equisetinen und Lycopodinen. Eine besondere Besprechung erfordern die Psilotaceen, Psilotum und Tmesipteris, weil hier die Sporophylle stärker von den sterilen Blättern abweichen, als bei den anderen Lycopodinen. Sie sind zweiteilig, das ganze Gebilde ist früher (auch von mir) als ein kleiner Zweig betrachtet worden, der zwei Blätter und ein (mehrfächeriges) Sporangium trägt, indes ist diese Anschauung, namentlich nach den Untersuchungen von Solms-Laubach i) und Fig. 459. Tmesipteris truucatn. I ein einfaclies Sporophyll mit einem Siiorangium. // Sproßstück, au welcliem ein steriles und ein fertiles Blatt sitzen. Bei ersterem tritt die Vertikalstellung der Spreite deutlich hervor, beide Figuren vei-gr. BowER nicht mehr aufrecht zu erhalten. Es stimmt vielmehr mit der erst- genannten Ansicht auch die Thatsache überein, daß ich bei Tmesipteris mehrfach auch an einfachen, ungeteilten Laubblättern ein Sporangium fand (Fig. 459 I), das in diesem Ealle einfach war, während es sonst in zwei, seltener drei Fächer abgeteilt ist; es war hier keine Spur eines etwa ver- kümmerten zweiten Sporophylllappens zu sehen. Die Querschnitte zeigen, daß in dem unteren einfachen Teile des Sporophylls ein einfaches Leitbündel verläuft, von dem aus eine Abzweigung gegen das Sporangium hin verläuft, man sieht Tracheiden sich bis in die Scheidewand des Sporangiums erstrecken. Fig. 460 zeigt das Ende eines Sprosses von Psilotum complanatum (Ps. flaccidum). Hier sind die Sprosse abgeflacht, mit kleinen, zweizeilig stehenden Blättern versehen. Ein Leitbündel tritt in die Blätter nicht ein, wohl aber zweigt sich ein Leitbündelast von der Sproßachse her gegen das Sporangium hin ab, ein Fall, der zeigt, daß man aus der Leitbündel- verteilung nicht immer auf die morphologische Zugehörigkeit eines Organes schließen darf: das Sporangium ist blattbürtig, wird aber von der Sproß- achse aus mit einem Leitbündelstrange versorgt, übrigens verkümmern die Sporangien nicht selten, und man findet dann scheinbar sterile, zweispaltige Blätter, zu denen ein Leitbündelstrang verläuft 2). 1) H. Graf zu SolMS-Laubach, Der Aufbau des Stockes von Psilotum triquetrum und dessen Entwicklung aus der Brutknospe, Ann. du Jardin bot. de Buitenzorg, Vol. IV, p. 139 ff. (1884). -) Derartige Fälle haben wohl die Angabe von SolmS veranlaßt, daß den Blättern ^Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 685 Daß die Zweiteilung der Sporophylle bei den Psilotaceen ein „mor- phologischer" Charakter ist, spricht sich schon darin aus, daß sie bei Pflanzen sich findet, die im Habitus so sehr ab- weichen , wie Tmesipteris und Psilotum. Aber andererseits wird nicht zu übersehen sein , daß die Zweiteilung zugleich „zweckmäßig" ist. Bei Psilotum tritt deutlich hervor, daß das junge Spor- angium in seiner Jugend durch die beiden Sj^itzen des Blattes rechts und links schützend umhüllt wird (Fig. 460), während die ungeteilte Blattbasis den Abschluß nach außen bildet. Weniger auf- fallend ist dieselbe Erscheinung bei Tmesipteris i). Den alten Sporangien von Psilotum dient die Sporophyllgabel, in der sie sitzen , außerdem auch mechanisch als Stütze. Auf den vielfach vorge- nommenen Vergleich der Sporangiengruppe der Psilotaceen mit einem Ophioglosseensporophyll wird bei Besprechung der Sporangien zurückzukommen sein. Für den Vergleich mit den Blüten der Samen- pflanzen ganz besonders wichtig sind, wie schon erwähnt, die Blüten von Selaginella. Wenden wir uns zunächst zu den isophyllen Selaginellen. Lehrreich ist Selag. Preissiana (in Westaustralien gesammelt). Die Blätter stehen hier in gekreuzten Paaren. Fig. 461 giebt die Basis eines Sporangienstandes wieder. Das unterste, ein Mikrosporan- gium tragende Blatt ist den sterilen nach gleichge- staltet, die folgenden da- gegen zeigen, daß das Blatt nach unten hin über die Anheftungsstelle herausge- wachsen ist. Daß dieser Auswuchs eine Schutzvor- richtung ist für die Spor- angien, ist ohne weiteres klar, es handelt sich dabei nicht um den Schutz des dem betreffenden Sporophyll angehörigen Sporangiums, sondern der tiefer stehen- den; ganz Analoges sahen wir ja auch, wie bei Be- sprechung der Equisetum- Sporophylle erwähnt wurde, Fig. 46 1. Selaginella Preissiana , unteres Stück einer in der vegetativen Region Biütc. Vergr. Fig. 460. Psilotnm compla- natum, Sproßende vergr., die Sporangien in den Ach- seln zweigeteilter Sporo- phylle. ein wohl ausgebildetes Leitbündel zukomme. Thatsächlich waren die untersuchten Blätter stets ohne die Spur eines Bündels. 1) Deren Blätter man aus denen von Psilotum sieh dadurch entstanden denken kann, daß eine basale Partie stark auswächst und die kleine — dem Psilotumblatte entsprechende — Spitze mit empornimmt. ggß Si)ecielle Organographie. auftreten ; ebenso verhalten sich die Staubblätter mancher Coniferen und Aniiiospernien. Wir sehen zugleich, daß die durch das Auftreten der Sporangien gegebenen, zu einer von der vegetativen Blattform ab- weichenden Ausgestaltung der Sporophylle führenden formativen Reize offenbar nicht auf das einzelne Sporophyll (denn sonst müßte doch auch das unterste Sporophyll die Gestalt der anderen haben), sondern auf den Vegetationspuukt des Sporangienstandes einwirken, der sie dann auf die Sporophyllanlagen überträgt \). Bei den anisophyllen Selaginellen werden betreffs der Blütenbildung zwei Gruppen unterschieden : Tetragonostachyae und Platystachyae. Erstere sind dadurch ausgezeichnet, daß sich bei ihnen die Anisophyllie der vegetativen Sprosse auf die Blütenbildung nicht fortsetzt: die Sporo- phylle sind im Gegensatz zu den vegetativen Blättern alle annähernd von gleicher Größe, und die Blattpaare kreuzen sich nicht, wie am vege- tativen Sproß, schief, sondern (untersucht bei Sei. erythropus) annähernd rechtwinklig. Wenn wir bedenken , daß die vegetativen S])rosse der anisophyllen Selaginellen ihre Blattgestaltung, wie früher nachzuweisen versucht wurde (p. 91 f.), offenbar der Anpassung an bestimmte äußere Faktoren verdanken, so werden wir annehmen dürfen, daß die Gestaltung und Stellung der Sporophylle hier ein Verharren auf phylogenetisch primitiverer Stufe darstellt 2). Wie dem auch sei, jedenfalls ist biologisch (resp. teleologisch) leicht verständlich, daß in den Blüten, wo alle Blätter dieselbe Funktion — wesentlich die, die Sporangien zu schützen — haben, auch die Gestaltung aller Blätter dieselbe ist: außerdem sind die Blüten hier vielfach (nicht bei allen Arten) orthotrop im Gegensatz zu den plagiotropen vegetativen Sprossen. Es kommen aber auch dorsiventrale Blüten ^) bei Selagiuella vor, was schon des Vergleichs mit den dorsiveutraleu Blüten höherer Pflanzen wegen von Interesse ist. Und zwar giebt es zweierlei Formen derselben. Die eine setzt die Anisophyllie der vegetativen Sprosse fort, d. h. die auf der Oberseite der Blüte stehenden Sporophylle sind kleiner als die auf der Unterseite (resp. den Flanken befindlichen); so ist es, soweit bis jetzt bekannt, nur bei zwei offenbar sehr wenig verbreiteten Arten, Sei. paUidissima und Sei. ciliaris Spr. Viel zahlreicher sind die Arten , deren Blüten ich als invers-dorsi- ventrale bezeichnet habe"^). Hier erscheint die Dorsiventralität — dem vegetativen Sproß gegenüber — umgekehrt, die Sporophylle sind auf beiden Seiten der Blüte auch von ungleicher Größe, aber die größereu stehen auf der Oberseite, sie bilden die Fortsetzung der kleineren Blätter der vegetativen Sprosse. ^) Mit anderen Worten: die Umbildung des vegetativen Sprosses zur Blüte geht allmählicli vor sich und spricht sich erst deutlich aus, wenn der — uns nicht näher bekannte — formative Reiz eine bestimmte Intensität erreicht hat. Damit dürfte auch die Erscheinung im Zusammenhang stehen (die unten noch zu erwähnen sein wird), daß die untersten Sporangien in den Blüten mancher Selaginellen und Lycopodien nicht zu vollständiger Ent- wicklung gelangen. -) Es sei noch hervoi'gehoben , daß einzelne isophylle Selaginellen, wie S. Preissiana, auch an den vegetativen Sprossen rechtwinklig gekreuzte Blattjjaare zeigen , und daß bei der isophyllen Selag. rupestris die Blüten gleichfalls dekussierte Sporophylle zeigen; die Laub- blätter haben sjHralige Stellung. '■') Vgl. GOEBEL, Sporangien, Sporenverbreitung und Blütenbildung bei Selaginella, Flora, 88. Bd., 1901, p. 208 ff. Daselbst ist auch die ältere Litteratur angeführt. *) Der früher angewandte Ausdiiick ,,resupinate" Blüten erweckt eine irrige Vorstellung, da es sich nicht um eine Drehung der Blütenachse handelt. Einzeldarstellung der Vegetiitionsorgane. 687 Als Beispiel sei angeführt Sei. clirysocaulos (Fig. 402). Die größeren, auf der Oberseite stehenden Sporophylle bihlen ein schützendes Dach über die ganze Blüte und dies, soNvie die durch die Blattgestalt ermög- lichte größere Assimilationsthätigkeit dieser Blätter, ist, teleologisch ge- sprochen, offenbar die „raison d'etre" dafür, daß die Sporophylle der Oberseite sich anders verhalten, als die Laubblätter der Oberseite. Außerdem aber haben sie einen ilügelförmigen Anhang, das ganze Sporo- phyll erinnert an das Blatt von Fissidens (Fig. 4G2 111, Fig. 463 F), und zwar zeigt sich, daß auch die Entwicklung des Blattes eine ähnliche ist wie dort, d. h. daß der Flügel als Wucherung der Rückeuseite ent- steht; er besonders ist es, welcher ein schützendes Dach für die Spor- angien mit der Unterseite bildet. (Betreffs der anatomischen Differenzen im Bau der Ober- und Unterseite der Blüten vgl. a. a. 0.) Fig. 462. Selaginella chiysocaiüos. I Blüte von oben , II von unten, schwach vergr. S vegetative Seitenblätter (den kleineren Sjjoiophyllen entsj^iechend) , O Oberblatt (den größeren Sporophylleu entsiorechend). III Größeres Sporoi^hyll, stärker vergr. Die invers - dorsiventralen Blüten erscheinen sonach zweckmäßiger ausgestattet als die nicht inversen, was mit die Seltenheit des Vor- kommens der letzteren erklären mag; zugleich liefern sie einen merk- würdigen Beweis dafür, daß bei der Blütenbildnng eine Umänderung des ganzen Sprosses vor sich geht. Denn wenn die Blüte vegetativ Aveiter- wächst (was ich bei Sei. Belangeri, bei in Java wild wachsenden Pflanzen, beobachtete, bei Sei. suberosa künstlich herbeiführte), so nimmt der vegetative Sproß seine ursprüngliche Dorsiventralität wieder an, die ,,Umkehrung" derselben war nur durch die Blütenbildung veran- laßt; experimentell ist eine solche Umkehrung bei sterilen Selaginella- sprossen bis jetzt nicht gelungen, sie würde wohl möglich sein, wenn Specielle Organograjihie. Fig. 463. Selagiuella suberosa, Querschnitt durch eine Blüte, nahe dem Vegetationspunkte. F Fliigel. wir imstande wären, die Sprosse so „umzustimmen", wie es bei der Bildung der invers-dorsiventralen Blüten durch innere Vorgänge ge- schieht. Was die Verteilung der beiden Sporangienformen in den Blüten der Selaginellen anbelangt, so ist sie ursprünglich offenbar überall eine zwitterige; die Zahl der Makrosporangien schwankt bei den verschiedenen Arten. Bei manchen ist nur eines oder einige an der Basis der Blüten vorhanden, bei anderen linden sie sich mit den Mikrosporangien ge- mischt (S. rupestris, chrysocaulos) , und nur bei wenigen Arten kommen — soweit bis jetzt bekannt ist — gelegentlich rein männliche (Sei. Mar- tensii) oder weibliche Blüten vor (z. B. Sei. pectinata), aber auch hier nicht ausschließlich. — Übrigens wird eine Befruchtung der Makrosporen durch die Älikro- sporen derselben Blüte auch bei den Zwitterblüten der Selaginellen nur selten eintreten. Denn die Makro- sporangien eilen 1) in ihrer Entwick- lung den Mikro- sporangien voraus, die Makrosporen sind meist weggeschleudert , wenn die Mikrospor- angien noch nicht geöffnet sind ; 2) findet nach meinen Beobachtungen das Wegschleudern der Makrosporen auf eine weitere Entfernung als die der Mikrosporen statt; 3) zeigte sich bei den wenigen daraufhin untersuchten Arten, daß bei gleichzeitiger Aussaat von Mikro- und Makrosporen keine Embryobildung eintritt, weil die Mikrosporen ihre Spermatozoen entleeren, ehe die Archegonien der Makroprothallien fertig sind. Also auch darin erinnern die Selaginellablüten an die vieler höheren Pflanzen, daß sie nur morphologisch, nicht aber physiologisch als Zwitterbildungen zu betrachten sind. Suchen wir die Selaginellablüten in eine Reihe einzuordnen, so er- scheinen uns als die primitivsten die i'adiären, die bei vielen Arten auch da noch auftreten , wo die vegetativen Sprosse durch Anpassung dorsi- ventral geworden sind. Bei einer Anzahl Arten hat die dorsiventrale Ausbildung auch auf die Blüten sich erstreckt. Der Versuch, hier die gewöhnliche vegetative Dorsiventralität fortzusetzen, ist als wenig zweck- mäßig bald aufgegeben worden und hat sich nur bei zwei Arten erhalten, die große Mehrzahl hat invers-dorsiventrale Blüten gebildet. Betrachten wir schließlich noch die Blüten der Lycopodinen in ihrem Verhältnis zu dem vegetativen Sproßsystem, so zeigt sich im allgemeinen, daß die Blüten hauptsächlich dann Sprosse begrenzten Wachstums sind, wenn die Sporophylle von den Laubblättern bedeutend abweichen, während die Sporophylle da , wo keine begrenzten Sporangienstände vorkommen, mit denselben übereinstimmen (z. B. L. Selago und Ver- wandte). Indes ist dieser Satz kein allgemein zutreffender. Ferner seien einige allgemeinere biologische Beziehungen hervorgehoben. Eiiizeldarstolhiii!;- der Vogctatioiisorgane. (5,99 1) Wo die vegetativen Sprosse dorsiventral sind, sehen wir die Blüten (abgesehen von den „phxtystachyen" Sehiginellen) radiär ausge- bildet (z. B. Lvcoitodiuni complanatum und andere ähnliche Arten) ; es ist wahrscheinlich, wie bei den Selaginellen kurz ausgeführt wurde, daß die Blüten hier die ursprüngliche Anordnung und Gestaltung der Blätter beibehalten haben, während die Gestaltung der vegetativen Sprosse auf nachträglicher Anpassung beruht (vgl. p. 88 f.). 2) Mit der radiären Ausbildung der Blüten ist orthotrope Stellung noch nicht notwendig verbunden. Diese tritt vielmehr nur da hervor, wo die vegetativen Sprosse mehr dem Boden angeschmiegt wachsen und es also für die Sporenausstreuung erforderlich ist, die Blüten über das Substrat emporzuheben. In diesen P'ällen (Lycop. inundatum, clavatum, caroliuianum. Sei. denticulata, helvetica u. a.) sehen wir dann unter den Blüten ein Stück der Sproßachse mehr oder minder stark ver- längert gleichfalls orthotrop und nicht selten mit reduzierten Blättern besetzt. Es sei als Podium bezeichnet. Demgemäß fehlt das Podium überall da, wo a) die Blüten an genügend langen radiären (seien es aufrechte oder hängende) Sproßachsen stehen (Beispiel Lyc. Selago, annotiuum, wo die Sporangien am Ende orthotroper, aufrechter, L. Phlegmaria, linifolium, wo sie an hängenden Sproßachsen stehen); b) w^o die plagiotragen Sproßachsen an und für sich schon über das Substrat emporsteigen. (Mau vergleiche z. B. Selaginella Martensii mit radiären, abei' nicht orthotropen und nicht mit einem Podium ver- sehenen Blüten mit Sei. denticulata [Fig. 303 .4], helvetica u. a., bei denen die Blüten orthotrop und mit einem Podium versehen sind.) Man wird — wie überall bei derartigen Regeln — zwar auch Beispiele finden können, die mit dem allgemeinen Satze nicht stimmen, weil bei ihnen andere Beziehungen eine abweichende Ausbildung bedingen, aber im großen und ganzen sind die hervorgehobenen Verhältnisse doch, soweit ich sehen kann, zutreffend. Bei Selaginella wurde darauf hingewiesen, daß die Sporophylle in Gestalt und Anordnung vielfach noch Verhältnisse aufweisen, die denen der Laubblättei- — welche durch „Anpassung" verändert sind — gegen- über als primitivere erscheinen. Es steht nichts der Annahme gegen- über, daß die Blätter der Pteridophyten ursprünglich alle Sporophvlle gewesen seien, die aber zugleich assimilierten i), daß dann eine Arbeits- teilung eintrat, indem die einen steril wurden, die anderen Sporophylle blieben und nun vielfach in ihrer Aus!)ildung von der der Laubblätter mehr oder minder abwichen. Dafür könnte man auch anführen, daß man dort, wo Laubblätter und Sporophylle abwechselnd gebildet werden, wie z. B. bei Lycopodium Selago und anderen Arten und Isoetes, viel- fach an der Grenze zwischen beiden Sporophylle mit abortierten Spor- angien antrifft-). Indes wissen wir. daß ein solches Verkümmern der Sporangien auch sonst eintritt, wenn die Sporangienbildung beginnt, aber nicht sogleich kräftig genug einsetzt. So bei Ouoclea Struthiopteris, deren Sporophylle oben (p. 656) erwähnt wurden. Die Keimi)tlanze bringt zunächst nur Laubblätter hervor, dann Übergangsbildungen zwischen Laubblättern und Sporophyllen , von denen die Sporangien häufig zum großen Teil und auf verschiedenen Entwicklungsstadien ver- ^) Man könnte sie mit Potoxie als .,Tropho-Sporophylle" bezeichnen. '^) Vgl. auch Bower, a. a. O. Auch an den Enden der Blüten von Selaginella u. a. findet man verkümmerte Sporangien. ßOQ Specielle Organographie. kümmert sind. Später, wenn die Plianze erstarkt ist, findet ein solches Schwanken normal nicht mehr statt, es läßt sich aber, wie wir sahen, künstlich hervorrufen, wenn die Sporophylle zur Vergrünung veranlaßt werden. Auch sonst stehen ja \^egetations- und Fortpfianzungs- organe in einem gewissen Gegensatz, d. h. ihre Bildung ist von ver- schiedenen äußeren und inneren Bedingungen abhängig. Jedenfalls werden wir die Verkümmerung der Sporangien am oberen Ende der Blüten mancher Lycopodinen (und ebenso auch bei Equisetum) auf andere Ursachen zurückzuführen haben, als die an der Basis. Denn im ersteren Falle handelt es sich um ein allmähliches Ausklingen der Blütenent- wicklung überhaupt, nicht nur die Sporangien-, auch die Sporo])hyllent- wicklung wird gehemmt, im letzteren um einen Uebergang des vegetativen Sprosses in eine Blüte. § 2. Blütenbildung der Gymnospermen. A. Cycadeen. Hier zeigen nicht nur die Blüten noch besonders ein- fache Gestaltungsverhältnisse, auch die Gestaltung der Sporophylle läßt noch besonders deutlich erkennen, einerseits in welchem Verhältnis sie zu den Laubblättern stehen, andererseits wie Gestalt und Funktion zu- sammenhängen. Was zunächst die Gesamtgestaltung der Blüten anbelangt, so haben sie die Gestalt von oft riesige Dimensionen erreichenden Kolben, mit Ausnahme der weiblichen Blüten von Cycas, wo es, wie oben erwähnt, zur Bildung scharf abgegrenzter Blüten gar nicht kommt, sondern die Fruchtblätter an derselben Sproßachse auftreten, die nachher wieder Laub- und Niederblätter bildet, dem Verhalten des früher erwähnten Farnkrautes Onoclea Struthiopteris vergleichbar. Damit steht, w'ie ge- zeigt werden soll, auch die Sporophyllgestaltung im innigsten Zu- sammenhang. Bei den Za])fenblüten ist bemerkenswert, daß die obersten und untersten Sporophylle vielfach steril sind. Sie sind aber nicht nutzlos, sondern dienen im Knospenstadium der Blüte zum Aljschluß nach oben und nach unten, letzteres in ganz ähnlicher Weise, wie dies für die Equisetumblüten oben hervorgehoben wurde. Daß gerade die mittleren Teile eines Organes begrenzten Wachstums am besten ernährt werden, ist übrigens eine verbreitete Erscheinung — auch bei den Blättern mancher Cycadeen sind die untersten Fiedern verkümmert, die mittleren am meisten gefördert. Alle Übergänge von sterilen zu fertilen Sporo- phyllen fand ich z. B. an den männlichen Blüten von Ceratozamia. Es sei zunächst die Gestaltung der Sporophylle kurz geschildert, um daran die Erörterung einiger allgemeiner Fragen anzuknüpfen. I. Makrosporophylle. Hier ergiebt sich eine ziemlich lücken- lose Reihe. Am Anfang derselben stehen diejenigen, welche in ihrer Ge- stalt den gefiederten Laubblättern noch am nächsten stehen, am Ende die, welche am weitesten von den letzteren abweichen. Die Stellung der Makrosporangien (Samenanlagen) ist überall randständig. Die Frucht- blätter von Cycas revoluta sind zwar kleiner als die Laubblätter, zeigen aber an ihrem Ende noch ziemlich lange Fiederrudimente und gleichen auch sonst, namentlich dadurch, daß sie sehr tiach und langgestreckt sind, den Laubblättern. Schon bei C. circinalis sind die Fiedern nur als Zähne noch angedeutet. Ob die Samenanlagen, die hier noch in größerer als der sonst herrschenden Zweizahl auftreten, je an Stelle eines Fieder- Einzeldarstelliinji' der Vegetatiousorgaue. 691 Ijlättchens stehen, wird sich nur durch Verfolgung der (bisher unbekannten) Entwickhingsgeschichte ermitteln lassen. Den Wall, der die Samen- anlagen an ihrer Basis aulkn umgiebt, betrachte ich aber aus unten an- zuführenden Gründen nicht als ein „rudimentäres Fiederblättchen" (wie dies teilweise geschehen ist), sondern als eine nachträglich entstandene Wucherung, Schon innerhalb der Gattung Cycas wird übrigens bei C. Normanbyana die Zahl der Makrosporangien auf zwei reduziert. So interessant nun die von den übrigen Cj'cadeeu abweichende laubblattähnliche Ge- staltung der Cycassporophylle ist . so wenig werden wir bei rein äußerlichen Erwägungen stehen bleiben dürfen, vielmehr ist die Frage zu erörtern , ob sich für diese Abweichung anderweitige Beziehungen anführen lassen. Dies ist nun , wie mir scheint, in der That der Fall, und zwar sind es folgende. 1) Die Sporophylle stehen nicht wie bei den Zapfenblüten an einer verhältnismäßig (d, h. im Vergleich mit der vegetativen) dünnen Sproßachse, sondern an der dicken vegetativen Achse. Sie bilden einen viel mas- sigeren Schopf, durch ihre bedeutendere Fig. 4G4. Makrosporophyii, Längenentwicklung sind sie imstande , die Fruehtbiait von Cvcas revoiuta, o 1 -1 T 11 iT->i veikl. nach Sachs (Lehrb., wo Samenanlagen in der Jugend durch Deckung ^,,;^ eichler als Quelle ange- zu schützen — es ist damit auch klar, warum gebeu ist). im oberen Teil der Sporophylle keine Samen- anlagen stehen, dieser obere Teil bildet den Abschluß der m ä c h - tigeu Blüten knospe nach oben. 2) Die Samen erreichen bei der Gattung Cycas die bedeutendste Größe. Sie in der Weise zu schützen, wie es bei andern Cycadeen durch die Gestaltveränderung des schuppenförmigen Sprorophylls geschieht, würde bei der Art, wie die Makrosporophylle angeordnet sind, kaum möglich sein. Bei den andern Cycadeen erfahren die Makrosporophylle nämlich im Laufe der Entwicklung eine, wie gezeigt werden soll, der Vergrößerung der Samenanlagen entsprechende Gestaltveränderung. An Cycas schließt sich auch in der äußeren Gestalt der Blüten Dioon am nächsten an: die Fruchtblätter sind noch ilach, und zeigen noch (Fig. 465 L) eine Spreitenanlage, sowie an der Basis je eine (zu- weilen wohl auch zwei) rudimentär gebliebene Fiedern. Bei den übrigen Gattungen ist die Spreite der Makrosporophylle sehr reduziert. Bei Ceratozamia sind aber noch zw^ei Fiederrudimente vorhanden ^). Als solche betrachte ich die beiden „Hörner'' der Sporo- phylle. Diese sind ursprünglich weich und liegen bei der jungen Blüte der Außenfläche der Sporophylle au, später stehen sie ab und gestalten sich zu harten, stechenden Gebilden, w^elche wohl als mechanischer Schutz der Blüte in Betracht kommen. Die Sporophylle selbst sind ursprüngUch flach (Fig. 466 I) und zeigen kaum die"^ Andeutung eines Stieles. Später, wenn die Makro- sporangien größer werden, treten Veränderungen ein, welche gestatten, daß die Sporophylle trotzdem ein schützendes Dach bilden. Zunächst ') Gelegentlich treten auch mehr als zwei auf. 692 Specielle Organographie. erhalten sie einen Stiel (Fig. 465 II), anßerdem tritt auf der Oberseite und Unterseite eine Verdickung auf {E Fig. 466 II), welche die Gestalt der Sporophylle der Schildform nähert, wir sehen also einen Vorgang, der bei Equisetum u. a. vor der Bildung der Sporangien stattfindet, hier in einem viel späteren Zeitpunkt eintreten. Fig. 466 III zeigt, wie die schildförmige Ausbreitung der Sporophylle einen Panzer nach außen bildet, die Dornen scheinen auf die Außenfläche des Schildes gerückt und sind wohl auch deshalb - meines Wissens — bisher nicht als rudimentäre Fiedern betrachtet werden. Ob resp. wie die Gestaltung der Sporophylle zur Bestäubung in Beziehung steht, ist nicht bekannt ; die Frage, wann normal die Bestäubung stattfindet, ist nur im Vaterlaude Fig. 465. Dioon edule, Makio- sporopliyll (verkl.). L Lamina, EB' lediizierte Fieder, A An- schwoll uug des SiDoi'oijhylls unterhalb der Samenanlagen, die Mikrojiyle der letzteren ist in der Figur nach unten gekehrt. Fig. 466. Ceratozaiuia robusta. 1 Junges, noch flaches Sjjoro- phyll , rechts und links von dem noch sehr kurzen Stiele je ein MakrosiDorangium (Samenanlage). // Älteres Siiorophyll, das schon schildförmig wird durch die oben und unten auf- tretende Wucherung E, A Anschwellung unter der Samen- anlage. /// .Außenansicht dreier Sporophylle. der Pflanzen sicher zu lösen, bis jetzt ist über die Bestäubungsverhält- nisse nichts bekannt. Beobachtungen von Kraus ^) deuten darauf hin, daß die Cycadeen wenigstens nicht alle — wie gewöhnlich angenommen wird — windblütig sind. Die übrigen Arten haben Makrosporophylle, welche sich von denen von Ceratozamia wesentlich nur dadurch unterscheiden, daß auch die letzten Spuren rudimentärer Pledern wegfallen. Bei Stangeria paradoxa fand LanG'^) die Makrosporangien auf der Unterseite des Sporophylls, was insofern von Interesse ist, als hier ofl'enbar im Verlauf der Entwicklung eine Verschiebung eingetreten ist (ähnlich wie bei Schizaea und anderen Farnen), die bei den Mikrosporangien nicht mehr direkt wahrnehmbar ist. II. Mikro sporophylle. Diese sind einförmiger gestaltet, als die Makrosporophylle, überall stellen sie breite (bei Zamia z. B. sich der Schildform nähernde) Schuppen dar, die bei Ceratozamia noch rudimen- täre Fiedern aufweisen (wie bei den Makrosporophvllen). Die Mikro- ) G. Krai:s, Annales du Jardiu botanique de Buiteuz -) Annais of botany, Vol. XIV, p. 282. Vol. XIII, p. Eiiizeklarstelliiug der YcEretatiousomane. 693 sporaiigien stehen auf der Unterseite, bei manchen deutlich in Sori angeordnet (Fig.4()7). Die Verschiedenheit in der Gestaltung von Mikro- und Makrosporophyllen tritt also namentlich auch hervor in der Zahl und Stel- lung der Sporangien, es ist klar, daß auf der Unterseite der Mikrosporophylle mehr Spor- angien Raum finden, als auf den Rändern. Man könnte also — auf Grund der Anschauung, daß Makro- und Mikrosporophylle ursprünglich gleich gestaltet gewesen sein müßten — als Aus- gangspunkt konstruieren S])orophylle mit rand- ständigen Sporangien. Bei den Makrospor- angien Reduktion derselben auf meist zwei, bei den Mikrosporangien Vermehrung der Zahl und „Hinabrücken" auf die Unterseite. Ob z. B. die (mir nicht aus eigener Anschauung bekannte) Staubblattbildung von Zamia Skinneri, deren ,, Pollensäcke" fast ganz nach den Rändern geschoben ^) sind, als Stütze für diese Vermutung betrachtet werden kann, bleibe dahingestellt. Übrigens wiederholt sich dieselbe Verschiedenheit in anderen Ver- wandtschaftskreisen. Fig. 467. Cvcas eireinalis, Staub- Vjlatt von unten nach RiCHAKD (Lehrb., wo irrig J^iCHLER als Quelle angegeben ist). B) Ginkgoaceen und Coniferen. 1) Männliche Blüten. Hier liegen die Verhältnisse sehr einfach und klar. Es wurde oben schon erwähnt, daß die männlichen Blüten den Sporangienstäuden mancher Pteridophyten habituell sehr gleichen ; wie diese bestehen sie aus Sporophyllen und Blütenachse ; die Schuppen, welche die männlichen Blüten im Knospenzustand umhüllen, sind wohl als Knospeuschuppen (analog denen der vegetativen Knospen), nicht als steril gewordene Sporophylle aufzufassen. Die Gestalt der Staubblätter steht im engsten Zusammenhang mit dem Schutz der Mikrosporangien in der Knospe, auch hier treffen wir zwei Hauptgestaltungsverhältnisse der Sporophjile, ähnlich wie bei den Makrosporophyllen der Cycadeen : solche mit einer mehr oder minder entwickelten tlachen schuppenförmigen Spreite und schildförmige — beide durch mancherlei Übergänge miteinander verbunden. Wo die Staubblätter schuppenförmig sind, sehen wir den oberen Teil in der Knospe über den sporangientragenden unteren Teil der höhereu Sporo- phylle gelagert. Die gleichfalls noch schuppenförmigen Mikrosporophylle vieler Cupressineen u. a. zeigen auf ihrer Unterseite einen Auswuchs, welchen ich früher als einem Indusium analog bezeichnet habe, weil er zum Schutz der Mikrosporangien dient. Dadurch sind diese Staubblätter schildförmig (hypopeltat) geworden. Geschieht dies in einem noch früheren Zustand, so wiVd das Blatt von vornherein schildförmig. So ist es bei 1) A. BRArN, Die Frage nach der Gymnospermic und die Cycadeen, Monatsber. der Berl. Akademie, 1875, p. 375; p. 351 wird angegeben, daß an den Staubblättern häufig nur zwei Mikrosporangien vorhanden seien, dem Rande der Staubblätter so genähert, daß sie fast genau dieselbe Stellung haben, wie die Makrosporangien an den Makrosporophyllen. 694 S])ccielle Organograjihic. Taxus, dessen MikrosporophjUe den Sporophyllen von Equisetum sehr gleichen , auch darin , daß sie die Sporangien in radiärer Verteilung tragen. Die Bedeutung der Mikrosporophyllgestaltung für den Schutz der Sporangien tritt auch da hervor, wo das Sporophyll im fertigen Zustand sehr reduziert erscheint wie bei Ginkgo (Fig. 470 a, h\ und Phyllocladus. Fig. 468 zeigt, daß die Lamina (L) der Sporophylle auch hier im Knospenzustand einen Abschluß nach außen bildet, sie enthält mehrere Sekretbehälter (H), auch ist das Sporophyllgewebe in seinem oberen Teile reich an Calcium oxalat, offenbar dient es also auch zur Ablagerung von Stoffwechselnebeupro- dukten, welche bei der Sporangienbildung ent- stehen. Daß die Mikrosporangien von Ginkgo später (bei der Entfaltung) weniger Schutz be- dürfen, mag damit zusammenhängen, daß sie mit einer aus verhältnismäßig zahlreichen Zellschichten- gruppen aufgebauten Wandung versehen sind. Wir werden übrigens sehen, daß auch bei den weib- lichen Ginkgoblüten die Sporophylle sehr re- duziert sind. Die Stellung der Pollensäcke an den Mikrosi)orophyllen ist nicht überall die- selbe. Bei Ginkgo, Phyllocladus und den Abieti- nien sind normal zwei Sporangien vorhanden. Fig. 468. Teil eines Längs- schnittes durch eine männ- liche Blüte von Ginkgo bi- loba. Drei Staul)blätter sind getroffen; das sporogeue Zell- gewebe ist schraffiert. L Lamina , I£ Harzräume ; durch Punktierung sind die <)xalatdruscn auaredeutet. die man als randständig l)ezeichnen kann. Schon bei Ginkgo ist die Zahl zuweilen eine größere, die überzähligen stehen dann auf der Unter- seite, und so ist es auch normal bei den Araucarien, Cupressineen u. a., auf die radiäre Verteilung bei Taxus wurde schon oben hingewiesen. Übrigens ist die Ausbildung der Sporo- phylle für manche Coniferen eine wechselnde innerhalb ein und der- selben Blüte. Dafür sei als Beispiel Juniperus communis angeführt, dessen Blütenstaubblätter höchst interessante — bisher, wie es scheint, ganz übersehene 1) — Variationen aufweisen. Die „typische" Form der- selben ist bekannt genug; das Staubblatt ist mit einer schuppenförmigen Spreite versehen, es trägt auf seiner Unterseite 3—4 Pollensäcke, die Spreite des Mikrosporophylls hat die oben angegebene Funktion. Im oberen Teil der Blüte sehen wir nun zwei Erscheinungen eintreten: 1) es wird die Sporophyllspreite reduziert; 2) es verringert sich die Zahl der Pollensäcke. Erstere Erscheinung ist biologisch leicht ver- ständlich: im oberen Teil der Blütenknospe ist das zu schützende Areal viel kleiner, als weiter unten, es wird hier der Schutz außerdem von den Spreiten der tiefer stehenden Staubblattanlagen mitübernommen. •) Celakovsky z. B. hebt ausdrücklich hervor, daß alle Staubblätter der Coniferen über den Pollenfächern noch einen vegetativen Endteil — besitzen, der den Staubblättern, der Gnetaceen abgeht (Nachtrag zu meiner Schrift über die Gymnospermen, Engler's Bot. Jalirb., 24. Bd., 2. Heft, 1897. Ebenso erklärt derselbe Autor in seiner Schrift, „Die Gymno- spermen" p. 115 zwischen den Antheren der Coniferen und Gnetaceen bestehe eine bedeu- tende morphologische Verschiedenheit „denn die Antheren der Coniferen tragen ihre Pollen- säckchen nicht terminal, sondern sublateral, und es ist immer ein vegetativer terminaler Teil über ihnen entwickelt, die Crista oder das Schildchen welche zwar auch stark ver- kümmern kann, wie bei Ginkgo und noch mehr bei Torreya, ohne daß damit die Pollensäckchen jemals terminal M'ürden". Ich glaube oben "nachgewiesen zu haben, daß das letztere bei Juni])erus oft eintritt. Einzel darstellmig der Vcgetationsorgane. 695 Die Ursache der Ersclieinung ist, daß die Vorgänge, welche schließlich zur Einstellung des Wachstums der ganzen Blüte fuhren, nicht auf ein- mal, sondern allmählich eintreten, es handelt sich um eine Entwicklungs- hemmung. Fig. 4()1» / zeigt eine der Entfaltung ganz nahe (mit fertigen Pollensäcken versehene) Blüte von oben. Die Sporophylle stehen in dreigliedrigen Wirtein. Der zweite von oben (sto) zeigt Sporophylle mit je nur zwei Pollensäcken, die deutlich seitlich am Staubblatt stehen, also denen von- Abies, Pinus u. s. w. gleichen, die Lamina l ist sehr reduziert. In dem Maße wie sie breiter wird, tritt ein drittes oder viertes Si)orangium hinzu. Wir sehen also den oben für die Cycadeen- Staubblätter hypothetisch angenommenen Vorgang hier innerhalb ein und derselben Blüte auftreten. Es ergiebt sich ferner, daß zwischen der Staubblattgestaltung der Cupressineen und Abietineen viel weniger Verschiedenheit besteht, als man zunächst annehmen würde. Die beiden Sporangien eines solchen Staubblattes findet man (offenbar im Zu- sammenhang mit der Reduktion der Spreite) zuweilen miteinander ver- einigt. Weiter nach oben nun finden sich statt der Sporo- phylle a m Ende der B l ü t e n a c h s e einzelne Sporangien (st^ Fig. 461)). Kein Zweifel, daß sie aus einer Reduktion des Sporo- phylls hervorgegangen sind (wie schon die Uebergangsformen zeigen), aber diese Reduktion ist oft eine so gründliche, daß im wesentlichen sL Fig. 469. JuDiperiis communis. / Oberansicht der Spitze einer männlichen Blüte. Der oberste Staubblattwirtel (st^) ersetzt durch drei Sporangien. Der zweite Staubblattwirtel (st^) zeigt an den Staubblättern je zwei Pollensäcke und die Andeutung einer Lamina (l), vom dritten Staubblattwirtel sind nur die Sjjitzen der Lamina zweier Staubblätter (st^) gezeichnet. Sie haben je drei (nicht sichtbare) Pollensäcke. II Längsschnitt, /// Querschnitt durch eine ähnliche männliche Blüte. nur ein Sporangium übrig bleibt. Die Entwicklungsgeschichte würde ohne Zweifel zeigen, daß das Sporophyll hier nicht ganz geschwunden ist, ihm gehört offenbar an der untere, stielartige Teil des Sporangiums. welchen man ohne Kenntnis der Uebergangsformen Avohl nur als Spor- angienstiel betrachten würde. Ein solcher findet sich aber an den auf der Unterseite der Staubblätter sitzenden Mikrosporangien nicht. Der Nachweis der hier ohne alles Hypothesenwerk zu verfolgenden That- sache, daß ein Sporophyll im wesentlichen auf ein Sporangium reduziert sein kann, scheint mir von erheblichem Interesse. Denn dadurch ge- winnt auch für die unten zu besprechenden Makrosporophylle die An- nahme einer weitgehenden Reduktion eine aus der Beobachtung, nicht aus der bloßen Vergleichung geschöpfte Grundlage, die freilich nur zu ßQß Specielle Organograpliie. einem Analogieschluß reicht. Diejenigen, welche die Sporophylle aus einem teihveisen Sterihverden der Sporangien hervorgehen lassen (davon später), werden Juniperus — wenn sie die Schritt nicht von unten nach oben, sondern umgekehrt lesen, als Beispiel für das Zustandekommen des von ihnen angenommenen Vorganges benutzen können. Darauf wird bei Besprechung der Sporangienbildung noch kurz einzugehen sein, indes ist schon hier darauf hinzuweisen, daß man bei allen solchen Vergleichen auf schwankenden Grund gerät. Dies zeigt z. B. die That- sache, daß bei Juniperus zwei der letzten Sporangien gelegentlich mit einander sich vereinigen. In Fig. 469 III ist ein Querschnitt durch die Spitze einer männlichen Blüte abgebildet, der nur zwei Sporangien von ungleicher Größe am Ende einer Blüte zeigte. Am Grunde des größeren fand sich aber, wie die Verfolgung der Schnittserien ergab, eine rudimentäre, ganz kurz bleibende Scheidewand, welche zeigt, daß hier eigentlich zwei miteinander verschmolzene Sporangien vorliegen (die Scheidewand ist durch Punktierung angedeutet). Man kann also mit einiger Phantasie die drei Sporangien aus Spaltung eines einzigen und schließlich die ganze Blüte aus einem Sporaugium durch „fortschreitende Sterilisieruug'', „Amplihkation" etc. ableiten. Hier wie in anderen Fällen dürfte also die nächstliegende Aufgabe nicht die phylogenetische Ver- wertung der geschilderten Erscheinung, sondern die Feststellung der Bedingungen, unter denen sie auftritt, sein. IL Weibliche Blüten^). Eine eingehende Schilderung der Ge- staltungsverhältnisse der weildichen Blüten ist mehr Aufgabe der Syste- matik. Für die organographische Betrachtung genügt die Hervorhebung einiger Thatsachen. Die weiblichen Blüten sind in diesen Gruppen viel mannigfacher gestaltet, als die männlichen, so sehr, daß die Frage, was man hier als Fruchtblatt, was als Blüte oder Infloresceuz zu betrachten habe, viel- fach strittig war. Wir gehen aus von den zapfenartigen Blüten, wie sie bei vielen Coniferen sich finden und nennen, der Habitusähnlichkeit mit den weiblichen Cycadeenblüten halber, die an der Zapfenachse sitzenden Blätter Sporophylle (Fruchtblätter). Die Samenanlagen stehen in ihrer Achsel, zuweilen, wie bei den Abietineen, auf einer besonderen Schuppe der Samen- (oder Frucht-)Schuppe. Zunächst sei hervorgehoben, daß wir die Fruchtblätter zur Blütezeit im allgemeinen um so weniger entwickelt finden, je weniger sie als Schutz für den heranreifenden Samen in Betracht kommen, so vor allem bei Ginkgo. Die weiblichen Blüten (c Fig. 470) stellen hier kleine axilläre Sprosse dar, an denen normal zwei Samenanlagen sich befinden (Fig. 470 }i zeigt deren eine größere Zahl, wobei die Samenanlagen gestielt erscheinen). Die Spoi'ophylle sind hier meist gar nicht als gesonderte Bildungen wahrnehm- bar, es ist höchst wahrscheinlich eine ganz ähnliche Reduktion eingetreten, wie wir sie soeben bei den männlichen Blüten von Juniperus kennen gelernt haben, d. h. die Sporoph3dle sind auf einzelne Sporangien, hier Makro- sporangien reduziert; nur wenn diese, wie in Fig. 470 h, gestielt erscheinen, würde der Stiel (ebenso wie bei den Juniperus-Mikrosporangien) den *) Ueber dieselben ist zu vergleichen namentlich : Steasburger, Die Coniferen nnd die Gnetaceen, Jena 1873; Derselbe, Die Angiospermen und die Gymnospermen; Cela- KOVSKY, Die Gymnospermen (Abb. der K. böhm. Gesellsch. der Wissensch., 7. Folge, 4. Bd.); Derselbe, Nachtrag etc. (Engler's Jahrb., 24. Bd.). In diesen Schriften ist die weitere Littcratur angeführt. Eiuzeldarstelluns; der Vegctationsortrane. 691 unteren Teil eines Frnclitblattes darstellen, an welchem das Makrospor- angium terminal ist. Auch bei den männlichen Ginkgoblüten ist ja, wie wir sahen, das Sporophyll sehr reduziert, in abnormen Fällen können, wie Fuji beobachtet hat, Makrosporangien auch an Laubblättern auftreten. Die Samen werden hier besonders groß (vgl. Fig. 470 d) und haben, ähnlich wie die der Cycadeen, eine fleischige Außen-, eine harte Innenschicht ihrer Samenschale ; die kragenartige Anschwellung an der Basis der Makrospor- angien mag der bei Cycadeen (hier aber einseitig) an der Makrosporangien- basis entstehenden Wucherung des Sporophylls zu vergleichen sein. Fig. -±70. Ginkgo biloba. In der Mitte Kurztrieb mit männlicher Blüte, a, h Staubblätter, c weibliehe Blüte, d dieselbe mit Samen, e Steinkern eines Samens, f Querschnitt, g Längs- schnitt durch den Samen, h Blüte mit zahlreichen Samenanlagen (nach Kichard, Lelirb.). Auch bei Taxineen kommt ein solches von den Fruchtblättern un- beschütztes Reifen der Samenanlagen vor, auch hier bezeichnenderweise bei solchen Formen, welche Samen besitzen, die wie die von Ginkgo durch ihre steinfruchtähnliche Ausbildung auf die Verbreitung durch Tiere (speciell VögeD berechnet sind. Bei Cephalotaxus und Torreya stehen die Samenanlagen zu zweien in der Achsel eines Blattes (Sporophylls), vgl. Fig. 471 7, und bei Cephalotaxus sind diese Sporophylle zu kleinen Zapfen vereinigt, von deren Samenanlagen sich aber meist nur eine sich weiter entwickelt. [In Fig. 471 F ist ein Querschnitt durch eine Zapfen- schuppe mit den zugehörigen beiden Samenanlagen {S) im Querschnitt abgebildet.] Zwischen den Samenanlagen steht eine Hache Erhebung, die teils als Vegetationspunkt des Achselsprosses, der die Samenanlagen trägt, gedeutet wird (wobei die Samenanlagen ähnlich wie bei Ginkgo aufgefaßt werden als auf Samenanlagen reduzierte Fruchtblätter), teils als drittes „steriles" Fruchtblatt. Bei Phyllocladus (Fig. 471 VI) stehen die Samenanlagen einzeln in der Achsel eines Fruchtblattes, sie sind mit einem Arillus versehen und — wenigstens bei der untersuchten Art — durch die über ihnen stehenden sterilen Fruchtblätter bei der Reife geschützt, nach der herrschenden An- Goebel, Organographie der Pflanzen. 40 698 Si)ecielle Organographie. nähme der formalen Morphologie würde die Samenanlage hier das einzige Fruchtblatt eines — sonst weiter nicht wahrnehmbaren — Achselsprosses der Fruchtblätter darstellen. . -^ In den genannten Fällen bestehen die „Blüten" (nach der angeführten Auffassung eigentlich Blütenstande) stets aus einer größeren Anzahl von Fruchtblättern, die eine oder mehrere Samenanlagen in ihren Achseln bergen. Eine Reduktion in der Zahl der Samen- anlagen findet sich auch bei Podocarpeen. Wir haben hier einerseits Blüten, in denen mehrere Sporophylle je eine Samenanlage tra- gen [die anatrop und mit zwei Integumenten versehen ist (Fig. 472 IT)] , andererseits sol- che, bei denen nur ein Sporophyll fertil, oder sogar nur ein einziges vorhanden ist. Fig. 472 / — I/J zeigt einige Blüten von Podocarpus ensifolius , die ich in Westaustralien sam- melte Die Blüten be- ginnen mit zwei steri- len Vorblättern , die häufig noch laubblatt- artig ausgebildet sind, während die Sporo- phylle ihre Basis fleischig verdicken. In Fig. 472 // sind zwei Sporophylle fertil, d. h. tragen Samenanlagen, in Fig. 472 /// nur Eines, ebenso, trotz der großen Zahl von Blät- tern, welche den Zapfen zusammensetzen, in Fig. 472 /. Bei dem in Neuseeland gesammelten Dacrydium Colensoii) (Fig. 471 / — ///) sind die Blüten nicht mehr scharf abgegrenzt, es stehen an einem Aste, der sich späterhin vegetativ verlängern kann ^), ein oder zwei Makro- Fig. 471. I — III Dacrydium Colensoi (?) vergr. I Blüte mit einer Samenanlage im Längsschnitt, II Blüte mit 2 Samen- anlagen, /// Samenanlage quer. IV Längsschnitt durch eine Zapfenschuppe von Sequoia sempervirens (in der Schuppe unten ein Harzkanal, oben ein Leitbündel). T' Querschniitt durch einen Teil einer weiblichen Blüte von Cephalotaxus Fortunei, VI Längsschnitt einer jungen Fracht von Phyllocladus alpiuus. Ar Axillus. ^) So wurde die Pflanze von Herrn Dr. Pilger in Berlin freundlichst bestimmt. Ich würde sie zu Podocarpus gestellt haben. ^) Man sieht dann an dem Zweige eine Narbe die Stelle bezeichnen , wo der Samen ansaß. Einzeldarstellung der Vcgelationsorgane. 699 sporangien tragende Blätter (Fig. 471 /, //); wir können uns diese Blüte aus einer der des Podoc. ensifolius ähnlichen dadurch entstanden denken, daß oben wieder an der „Blüten"-Achse vegetative Blätter gebildet werden und im Zusammenhang damit die Blütenachse nicht ein begrenztes Wachstum zeigt, sondern als vegetativer Sproß weiterwächst. Pig. 472. Podocarpiis ensifolius. / — III Weibliche Blütenzapfen verschiedener Ausbildung. IV Lcängsschnitt durch die Spitze einer Zapfenschuppe und eine Samenanlage {Ar Arillus). V Querschnitt durcli die Anheftungsstelle der Samenanlage, Gefäßteil der Leitbündel schraffiert, Siebröhrenteil punktiert. In der Gattung Taxus (Fig. 473) selbst wird die weibliche Blüte ge- bildet aus einem einzigen Makrosporangium (Samenknospe), das den Ab- schluß eines kleinen Sprosses bildet, welcher unterhalb der Samenknospe mit einer Anzahl Schüppchen besetzt ist. Es ist das eine Blütenform, welche von den Sporangienständen der Gefäßkryptogamen viel mehr abweicht, als die oben erwähnten Formen. Was die weiblichen Blüten der übrigen Coniferen anbelangt, so sei darüber nur folgendes bemerkt. Einfache Ausbildung derselben treffen wir bei den Araucarien : die Samenknospen sind in Ein- oder Mehrzahl auf der Oberseite der Sporo- phylle inseriert, welche an einer Spindel stehen und mit derselben die weib- lichen Blütenzapfen zusammensetzen. Eine weibliche Blüte vonDammara z.B. konstruiert man den Stellungsverhältnissen nach richtig, wenn man sich die Sporangien einer Lycopodium - Sporangiumähre durch Samenanlagen ersetzt ■denkt. Eine Komplikation tritt bei anderen Formen insofern ein, als auf dem Sporophyll oberhalb der Samenanlagen ein Auswuchs entsteht, der bald nur als häutiger Saum (wie bei Cunninghamia), bald als massive, aber von dem Sporophjdl (der „Samenschuppe") nicht abgegliederte Wucherung, wie bei den Cupressineen, bald als schuppenförmige Bildung auftritt, wie z. B. bei Cryptomeria japonica , wo die Schuppe oben in einzelne blattspitzenartige Zähne ausgeht , die ich auch bei Sequoia sempervirens ^) und Cupressus Lawsoniana noch angedeutet finde, während bei den meisten Cupressineen ■der Auswuchs ungegliedert ist. Die Samenanlagen stehen hier auf einer kleinen Wucherung in der Achsel der Zapfenschuppe ; letztere bildet sich 1) Wo aber die Zähne nicht über die Samenanlagen fallen. 46=^ 700 Specielle Organographie. nach der Befruchtung ähnlich um, wie wir es oben für die Makrosporo- phylle von Ceratozomia etc. gesehen haben. Die eigentümlichste Bildung zeigen die Abietineen; hier stehen die Samenanlagen auf einer die Zapfenschuppen verdeckenden und überragenden Bildung, der Samen- schuppe. Die Zapfen werden also gebil- det von einer Spin- del , an welcher rings Schuppen sit- zen, die Deckschup- pen, in deren Achsel erst die Samenschup- pen entspringen, welche auf ihrer Oberseite je zwei Samen tragen. Über das Verhältnis bei- der klärt die Ent- wicklungsgeschichte auf. Sie mag an der Tanne kurz ge- schildert werden i). Die Knospe, aus der ein weiblicher Blü- tenzapfen hervor- geht, unterscheidet sich anfangs nur wenig von' einer Laubknospe. Sie steht in der Achsel ■eines Laubblattes (einer „Nadel") auf der Oberseite eines Zweiges und ist, wie die Knospen , die sich im nächsten Frühjahr zu neuen Trieben entfalten, mit Knospenschuppen bedeckt Wie die Laubknospe erzeugt der von denKnospenschuppeu umschlossene dicke Vegetationskegel eine Anzahl von Blattanlagen. Diese Blattanlagen, deren Jugendstadien ganz mit denen der Laubblätter („Nadeln") übereinstimmen, bilden sich aber nicht zu Laub- blättern , sondern zu den oben erwähnten Deckschuppen aus , die ziemlich klein bleiben. Nach einiger Zeit (Anfang Oktober) findet man auf der Basis jeder Schuppe eine halbkugelige Anschwellung. Dies ist die Anlage der Samenschuppe , auf welcher später die Samenanlagen entspringen. Würde die Samenschi\ppe auf diesem Zustande verharren, so würde sie als eine Placentarbildung erscheinen , ähnlich den Placentarhöckern mancher Farnkräuter oder denjenigen, auf welchen die Mikrosporangien der Cycadeen entspringen. Statt dessen aber bildet sie sich hier, wenn die Weiter- Fig. 473. Taxus baccata. Ä Zweig mit weiblichen Blüten. C Längsschnitt eines Sprosses, dessen Spitze bei v liegt (zur Seite gedrängt), oben eine weibliche Blüte, a Arillusanlage, n Nucellus, e Makrospore, i Integumeut, m Mikropyle. 48 mal vergrößert. (Nach Strasburger, Lehrb.) 1) Man vergleiche die freilich nicht ganz zutreffende Schilderung bei Schacht, Beiträge zur Anat. und Pbysiol. der Gew., p. 182 ff. ; ferner Strasburger, Die Coniferen etc. Einzeldarstellung der Ycgetationsorgane. 701 entwicklung im Mai des nächsten Jahres beginnt, zu der schuppen- förmigen Bildung aus, welche viel größer wird, als die Deckschuppe, und die letztere ganz verdeckt. Auf der Basis der Samenschuppe entspringen die Samenanlagen, welche anfangs aufrecht stehen, später so umgelegt werden, daß ihre Mikropyle nach unten, gegen die Zapfenspindel hin ge- richtet ist. Die eigentümliche Ausbildung steht hier in Beziehung zur Bestäubung 1) , die aber bei den verschiedenen Arten schon deshalb eine verschiedene ist, weil die Samenschuppen zur Bestäubungszeit nicht überall das gleiche Verhältnis zur Deckschuppe zeigen. Überall aber sehen wir bei den Zapfenblüten die Schuppen zur Bestäubungszeit auseinanderweichen, während sie später einander wieder dicht anliegen. Das Auseinanderrücken findet durch eine Streckung der Internodien der Blütenachse statt, der Verschluß durch das starke Heranwachsen der Samen- schuppen. Die Bestäubung sei bei Piuus Pumilio ge- schildert. Hier sind, wie bei den anderen Pinus- Arten, die Samenschuppen nm diese Zeit schon viel größer als die Deckschup- pen , sie sind lebhaft rot gefärbt und besitzen auf ihrer Mitte eine kielför- niige Erhebung ; sie leiten die Pollenkörner an ihren Bestimmungsort, die letz- teren gleiten nämlich an den aufgerichteten Samen- schuppen zu beiden Seiten ihres mittleren Kieles hin- ab und gelangen so an die Mikropyle der Samen- anlagen. Indes ist dies nicht der einzige Weg für •die Pollenköi-ner. Pig. 474 giebt einen Teil des Tangentialschnittes durch einen weiblichen Zapfen zur Blütezeit. Die Pollenkörner gleiten auf den Teilen der Samenschuppe rechts und links vom Kiel (Fig. 474 a, b), ferner ist die Deckschuppe mit ihren Rändern zurückgebogen und bildet so die Rinnen c, d, 6, /", sie alle führen schließlich zu den in zwei lange Lappen ausge- zogenen Mikropylen der Samenanlagen {M) , während bei Abies excelsa, Larix etc., wo die Samenschuppen zur Bestäubungszeit noch kleiner sind als die Deckschuppen, die letzteren die Leitungswege für die Pollenkörner bilden, und die Samenschuppen nur eine sekundäre Rolle dabei spielen, indem sie auf dem letzten Teil des Weges die Pollenkörner veranlassen, zu den Samenknospen hinabzugleiten. Nach der Befruchtung aber vergrößern sich die Samenschuppen sehr bedeutend und schließen die Samen dicht ein: erfüllen also jetzt denselben Zweck, den die erst nach der Befruchtung auftretende Wucherung der Cupressineendeckschuppe hat. In den beiden Fig. 474. Stück eines Tangentialschnittes durch einen ^veiblichen Zapfen von Pinus Pumilio zur Zeit der Be- stäubung. D Deckschuppe, *S^ Samenschuppe, M Mikropyle, a, b, c, d Kanäle, durch welche die Pollenkörner zu den Mikropylen herabgleiteu können. 1) Vgl. V.vuCHER, Histoire physiologique des plantes d'Europe, IV; Stkasiu-rger, Die Coniferen, p. 268 ff. '^Q2 Specielle Organographie. Funktionen , einerseits die Samenknospen zu schützen und andererseits die Leitung der Pollenschläucke zu den ersteren zu sichern, stimmen die Samen- schuppen mit den Fruchtknoten der Angiospermen überein. Daß bei der Bestäubung auch die wohl bei allen Coniferen sich findende Ausscheidung eines Tropfens an der Mikropyle der Makrosporangien eine wichtige Rolle spielt, ist längst bekannt (vgl. z. B. Vaucher a. a. 0.). Hier sei nur noch auf die Stellung der Blüten hingewiesen. Wir sehen die weiblichen Blüten bei der großen Mehrzahl der Coniferen so orientiert, daß die Bestäubung von oben erfolgt. Wo sie nicht schon aufrecht stehen, krümmen sie sich (was namentlich bei Larix auffällig ist) sofort negativ geotropisch nach oben; es scheint mir bezeichnend, daß dies namentlich bei den Zapfenblüten auffallend hervortritt, welche Samenanlagen besitzen, deren Mikropyle (durch nachträgliche Verschiebung) nach unten gekehrt ist, wie bei den Abietineen, Podocarpus etc. Im übrigen zeigt die biologische Betrachtung der weiblichen Blüten uns zunächst, wie wir sahen, wenig Allgemeines. Es handelt sich um die Bestäubung der Samenanlagen und den Schutz der heranreifenden Samen. Dieses Problem kann auf verschiedene Weise gelöst werden; wir sahen, daß in manchen Fällen auf die Mithilfe der Fruchtblätter da- bei ganz verzichtet wird (Ginkgo, Taxus) und daß diese dann äußerst reduziert erscheinen, daß ferner der Auswuchs der Fruchtblätter um so früher auftritt, je früher er in Funktion tritt. Wo er nur als Schutz der Samen dient (z. B. Cupressineen), bildet er sich spät, wo er bei der Leitung der Pollenkörner mitwirkt (Abietineen), früh. — Die Lage der Makrosporangien innerhalb der Blüten dürfte zusammenhängen mit der Größe derselben res]), der, welche die Samen erreichen. Soweit ich sehen kann , behalten in Blüten mit zahlreicheren Samenanlagen diese die auf- rechte Lage bei nur dann, wenn sie verhältnismäßig geringe Größe er- reichen und in wenig umfangreichen Zapfen stehen. Wo die Samen größer werden und in längeren Zapfen angeordnet sind, können sie besser untergebracht werden, wenn ihre Längsachse mit der der Zapfenschuppen zusammenfällt. Das sehen wir schon bei den Cycadeen ; man vergleiche die Lage der Makrosporangien bei Ceratozamia (Fig. 466) mit der von Cycas. Bei den Coniferen sehen wir dementsprechend bei den Abietineen die Samenanlagen umgelegt; welche Bedeutung die anatrope Gestaltung der Samenanlagen bei den Podocarpeen hat, mag dahingestellt bleiben. Die Gestaltungsverhältnisse der weiblichen Blüten der Ginkgoaceen und der Coniferen, welche im Vorstehenden nur kurz dargelegt werden konnten, haben nun sehr verschiedene morphologische „Deutungen" erfahren. Sie hier anzuführen, ist um so entbehrlicher, als eine historische Darstellung dieser Versuche neuerdings von Worsdell i) gegeben worden ist. Nur auf einen Punkt sei hier eingegangen. Was bei den Abietineen, Podocarpeen, Cupressineen als weibliche „Blüte" bezeichnet wurde, wird — wie oben. zum Teil augedeutet wurde — von anderen als Inflorescenz aufgefaßt.' Diese Deutung ist mit großem Scharfsinn namentlich von Celakovsky ver- fochten worden. Sie geht aus hauptsächlich von zwei Grvindlagen. Diese sind einmal die weiblichen Blüten von Ginkgo und dann die „Anamorphosen", die namentlich bei Abietineen mehrfach beobachtet worden sind. Es sind ') "W. C. WOESDELL, The structure of the female ,flower' in Coniferae. An historical study. Annais of botany, Vol. XIV. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 703 dies dem normalen Verhalten gegenüber Mißbildungen, bei denen an Stelle der Fruclitschuppe ein Sproß auftritt, und zwar zeigen sich verschiedene Mittelbilduiigen zwischen normalen Fruchtschuppen und vegetativen Sprossen, welche darin begründet sind, daß die vegetative Umbildung in einem früheren oder späteren Stadium eintritt; man kann z. B. Sprosse treffen, welche mit zwei Blättern beginnen, welche auf ihrer Unterseite rudimentäre Samen- anlagen tragen. Daraus wird geschlossen, daß die Fruchtschuppe einem Achsel sproß entspricht, von welchem zwei Blätter ausgebildet sind, die sich um 90 ° drehen , mit ihren Rändern verwachsen und auf ihrer Unterseite, welche der Zapfenachse zugekehrt ist, je eine Samenanlage tragen. Bei Pinus würde ein drittes rudimentäres Blatt hinzukommen, welches als „Kiel" ausgebildet ist. Zur Erläuterung sei auf Fig. 475 hingewiesen, welche eine mißbildete Samenschuppe aus einem der androgynen Zapfen, die oben (p. 653) erwähnt wurden, darstellt; neben normalen Samenschuppen treten hier ver- bildete nicht selten auf. In dem abgebil- deten Falle sehen wir statt der Frucht- schuppe drei blattähnliche, an ihrer Basis zusammenhängende Gebilde , die auf ihrer Unterseite je eine, an der mißbildeten Mikro- pyle mi erkennbare, gleichfalls abnorme Sa- menanlage tragen: a und h entsprechen den beiden ersten Blättern des Achselsprosses der Deckschuppe , haben sich aber nicht voll- ständig gedreht, sie tragen die Samenanlage nochdeutlich erkennbar auf ihrer Außenseite ; ob c eine Neubildung ist oder dem Kiel ent- spricht (der auch durch d angedeutet sein könnte) , ist für uns nicht von Wichtigkeit. Daß es sich um eine Störung der Entwick- lung handelt, zeigt die Verkümmerung der Samenanlagen. Betrachten wir das Vor- kommen aber „rein morphologisch", so würde das ganze Gebilde einem Achselsproß der Deckschuppe entsprechen, der gewöhnlich auf zwei Blätter reduziert ist ; bei Araucaria, Podocarpus etc. würde nur ein einziges vorhanden sein, bei Cryptomeria etc. mehrere seitlich miteinander verschmolzene Blätter u. s. w. Diese Blätter wären die Sporophylle, die Deckschuppen also nur die Deckblätter der Blüten. Ähnliche Erscheinungen, wie die oben kurz erwähnten, treten auch bei den Vergrünungen auf. Daß es sich bei dieser Vergrünung um eine vegetative Umbildung der Samenschuppe handelt, ist wohl zweifellos. Nicht aber, daß wir die hier- bei beobachteten Erscheinungen nun auch in den „normalen" Entwicklungs- gang hineintragen müssen. Die Pflanze verwendet hier zur Ausbildung der Samenanlagen und zum Schutz derselben einen axillären Auswuchs der Deckschuppe, welcher sich bei vegetativer Entwicklung als Sproß ausbilden kann. Diese Umbildung wird , wie ich früher hervorhob i) , durch äußere Einflüsse wenigstens in manchen Fällen hervorgerufen. Man findet ver- grünte Zapfen an beschnittenen Fichtenhecken , an Bäumen , die , an der oberen Baumgrenze stehend, ihre Gipfel leicht verlieren etc. — natürlich Fig. 475. Pinus maritima. Ver- bildete Samenschui^pe, vgl. Text. (Die Verweisungsstriche mi sind irrtümlich bei der AV^iedergabe der Figur zu lang ausgefallen, die nach iinten gekehrte Öffnung stellt die Mikropyle dar.) Die Deck- schuppe liegt (teilweise durch Punk- tierung angedeutet) unter der miß- bildeten Samenschuppe. *) Vgl. Entwicklungsgeschichte, p. 123. HQA Specielle Organographie. können auch andere Faktoren einwirken. Sehen wir ab von den Ursachen, welche die Vergrünungen und sonstigen Störungen bewirken, so ist hier zusammenfassend folgendes hervorzuheben. Es ist nachgewiesen, daß die Anlage der Öamenschuppe der Abietineen, wenn ihre Entwicklung frühzeitig genug o-estört wird, sich zu einem Achselsproß ausbilden kann, dessen erste Blätter auf ihrer Unterseite verkümmerte Samenanlagen tragen. Es läßt sich ferner eine Reihe konstruieren, die von der Samenschuppe der Abietineen führt zu dem dorsalen Auswuchs der Zapfenschuppen der Cupressineen. Aber deshalb braucht die Fruchtschuppenanlage niemals ein Sproß mit aus- gegliederten Blättern gewesen zu sein, Sie kann ihre Umbildung (zur Eruchtschuppe) erfahren haben, ehe je eine solche Gliederung eintrat, und auch in phylogenetischer Beziehung sehe ich keine Nötigung zu der Annahme, daß die Eruchtschuppe einer kleinen, stark reduzierten Blüte entspreche. Es fehlt an Übergangsformen, welche ein derartiges Verhalten uns demonstrieren würden. Die Analogie mit Ginkgo kann um so weniger ins Gewicht fallen, als ein einheitlicher Ursprung der Coniferen (und Ginkgoaceen) äußerst unwahrscheinlich ist. Wir können, wenn wir Hypo- thesen aufstellen wollen, auch anders konstruieren. Wenn wir ausgehen von einem Fruchtblatte, das etwa wie das von Ceratozamia, zwei seitliche Samenanlagen trägt, so können diese, wenn sie etwas auf die Oberseite rücken, eine axilläre Stellung zum Fruchtblatte einnehmen: steigt ihre Zahl, so erhalten wir die Verhältnisse bei manchen Cupressineen, sinkt sie , die bei Podocarpus. Zum Schutze der Samen bildet sich bald das Fruchtblatt schildförmig aus (Cupressineen), bald eine mehr oder minder selbständige axilläre Wucherung desselben, die ihre extremste Ausbildung bei den Abietineen erfahren hat. Die Vergrünungen etc. zeigen mir nur, daß die Anlage der Samenschuppe die (gewöhnlich latent bleibende) Fähig- keit hat, sich zu einem Achselsproß zu entwickeln, nicht aber, daß sie jemals einer war, also einen Funktionswechsel erfuhr. Sehen wir doch auch, daß z. B. bei Pteris quadriaurita das Mycel eines Pilzes die Fähig- keit des Blattes (die sonst stets latent bleibt), Sprosse zu erzeugen, weckt, die hier mit Blättern versehen sind , während man die durch Taphriua cornu cervi auf Aspidium cristatum ^) hervorgebrachten Pilzgallen gewisser- maßen als einen rudimentär gebliebenen Versuch der Sproß bildung be- zeichnen kann. Aus der Entfaltung einer latenten Anlage braucht man also nicht auf eine „Reduktion" zu schließen. Diese Vorstellung, die ja selbstverständlich auch nur einer der verschiedenen Versuche ist, die Thatsachen in Beziehung zu einander zu bringen, scheint mir jedenfalls den Vorzug größerer Einfachheit zu haben. So wenig ich die Berechtigung der anderen, von Ginkgo ausgehenden Konstruktion leugnen will, so sehr ist doch hervorzuheben, daß sie eine rein formale ist, und daß sie uns bis jetzt nicht einmal in teleologischer Beziehung verständlich gemacht hat, warum die weibliche Coniferenblüte , bei der wenigstens die Bestäubungs- verhältnisse doch ziemlich gleich bleibende sind, so weitgreifende Umbildungen erfahren haben soll. C. Gnetaceen. Die dritte Gruppe (resp. wenn man die Ginkgoaceen besonders zählt, die vierte) der Gymnospermen bedarf einer eingehenden Schilderung hier nicht. Hervorgeiiotien sei nur, daß wir die Blüten hier von einem Perigon umgeben finden, wofür ja Andeutungen auch bei anderen Gymnospermen- blüten vorhanden sind, und daß wir bei Welwitschia zum erstenmale einer Zwitterblüte begegnen, die allerdings eingeschlechtig wird durch 1) Vgl. GlESEXHAGEN, Flora, 78. Bd., p. 130 ff. Eiuzcldarstollun, p^ deren Blätter sich mit breiter Basis der Blütenachse ansetzen. Mit diesen vier Blättern alterniert ein vierzähliger Staubblattkreis i) (dessen Glieder mit 1 bezeichnet sind). Betrachtet man nun die Gestalt der Blüten- knospe, so sieht man, daß sie nicht kreisförmigen, sondern quer-ovalen Quer- schnitt hat, die schmäleren Seiten sind den Vorblättern (a, h) zugekehrt. Demgemäß ist also auf den Breitseiten -) für die mit schmaler Basis dem Blütenboden eingefügten Staubblätter mehr Raum vorhanden, und thatsächlich treten hier zwei, auf den Schmalseiten nur ein Staubblatt auf. Auf den vierzähligen Blattkreis folgt also ein sechszähliger (2), und ihm reihen sich zwei weitere sechszählige an, bis endlich der Rest des Blütenbodens von den zwei Fruchtblättern aufgebraucht wird. Bei der in Fig. 478 // abgebildeten Blüte ist der letzte Blattwirtel nicht mehr voll- ständig. Bei anderen Papaveraceen sind die Verhältnisse ähnlich ^j ; bei 1) Es ist ein nicht seltener Fall, daß die Änderung der Z:dihMiverli;iltnisse in cyklisclieu Blüten nicht sofort, sondern allmählich eintritt. So sehen wir aucli beim ei-sten Staub- blattwirtel noch die Vierzahl. ■-) Damit hängt hier wohl auch die transversale Stellung der Fnichtblätter zusammen, während sonst, wenn zwei Fruchtblätter vorhanden sind, dieselben gewöhnlich median stehen. ^) Ich habe schon in Vergl. Entwicklungsgesch., p. 300. darauf hingewiesen, daß auch bei den Cruciferen, wo gewöhnlich die zwei Paare längerer Staubblätter als aus Verdoiiplung je zweier Anlagen entstanden betrachtet werden, die Analogie mit den Papaveraceen für die 10 Specielle Organographie. Bocconia finde ich die cyklische Anordnung der Staubblätter ziemlich ver- wischt. Die angeführten Beispiele zeigen, daß zwischen der Zahl der Staub- blätter und den Eaumverhältnissen in der Blütenanlage eine Beziehung besteht, welche uns verständlich erscheinen läßt, weshalb hier Änderungen in der Zahl der einzelnen Wirtel vorkommen. Die alte Morphologie hat sich in derartigen Fällen viel einfacher geholfen, nämlich durch ein Wort „dedoublement". Da selbst in den neuesten Lehrbüchern i) dieser Begriff noch zur „Erklärung" verwendet wird, so möchte ich das vor 20 Jahren darüber Gesagte wiederholen. Fig. 478. Querschnitte durch Blütenknospen von Eschscholzia californica. Bei I die zwei Fruchtblätter weggeschnitten. Es sind sichtbar das Deckblatt d, die beiden Vorblätter a u. b, punktiert die vier Blumenblätter, sodann ein vierzähliger und vier sechszähligeStaubblattwirtel, Bei // u. III sind die Autheren durch die nach innen konvexe Krümmung des Konnektivs fast alle scheu stark extrors ge^vorden. Bei II 32, bei /// 29 Staubblätter. Der Urheber der Dedoublementstheorie ist Moquin-Tandon, oder viel- mehr, wie derselbe in seinem „Essai sur les dedoublements ou multiplication des vegetaux", Paris u. Montpellier 1826, hervorhebt, Dunal. Später wurde Selbständigkeit jedes Staubblattes spreche. Thatsächlich liegen die Raumverhältnisse hier ganz ähnlich, vor deu Breitseiten des Fruchtknotens ist mehr Platz als vor den Schmalseiten. *) In dem SxRASBURGER-NOLL-ScHENCK-ScHiMPER'schen Lehrbuch, 4. Aufl., wird gesagt, daß bei den llhoeadiuen (zu denen die Paijaveraceen gehören) das Androeceum infolge „Spaltung seiner Glieder" häufig aus mehr als zwei Wirtein bestehe (p. 4<)9), und daß auch bei den Rosaceen (p. 501) , .phylogenetisch" eine Spaltung der Quirle und Einzelglieder des Androeceums stattgefunden habe. Beide Angaben entsprechen nicht etwa Thatsachen, sondern Hypothesen, die längst als unhaltbar erwiesen sind. Auch die a. a. O. Fig. 572, 4 und 573, wiedergegebenen Diagramme sind unrichtig. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 71 ] derselbe Begriif als Chorise bezeichnet, ein Name, der ebenfalls von Dunal herrührt, welcher auch der Autor des Ausdruckes Carpell ist (vgl. über diese Terminologie: Moquin-Tandon, Elements de teratologie vegetale, Paris 1841, p. 335 ff.). Die deutschen Autoren unterscheiden zwischen „Spaltung" (im engeren Sinne) und eigentlichem Dedoublement oder Chorise : wenn die aus einem gemeinsamen Primordium hervorgegangenen Teile als Hälften eines Ganzen erscheinen, so spricht man von Spaltung, hat jedes derselben die Beschaffenheit eines ganzen Blattorganes , von Dedoublement oder Chorise i). — Die ursprüngliche Definition Moquin-Tandox's lautete ( a. a. 0. p. 8): „ainsi lorsqu'ä la place d'une etamine , qui existe ordinairement dans une Symmetrie organique ^), on trouve plusieurs etamines, celles-ci sont plusieurs par dedoublement ou par multiplication." Haben wir nun ein Recht zu einer solchen Annahme? — Sie beruht zunächst rein auf einer Vergleichung. Man kann ebenso gut sagen, wenn eine Frau Zwillinge gebiert, so ist das ein Dedoublement, weil man dann an Stelle eines Kindes zwei vorfindet. Es fragt sich aber, wenn der Ausdruck einen greifbaren Sinn haben soll : sind die Zwillinge entstanden durch Spaltung einer Embryonalanlage oder durch Befruchtung und Weiterentwicklung zweier unabhängig voneinander entstandener Eier? Es ist klar, daß nur die Ent^vicklungsgeschichte und der Vergleich mit verwandten Formen darüber Auskunft geben kann, welches der wirkliche Vorgang ist. Unter Dedouble- ment versteht Moqüin-Tandon auch die Fälle, in denen man später von verzweigten Staubblättern sprach, z. B. Hypericum; übrigens zählt er zu den Fällen, in welchen Dedoublement stattfinde, auch die Ranunculaceen, Anonaceen, überhaupt alle Pflanzen mit vielen Staubblättern. Dasjenige Dedoublement, welches dem heutzutage mit diesem Worte verbundenen Sinne entspricht, ist das „dedoublement complet mais simple", die durch Dedoublement entstandenen Organe stehen dabei entweder auf einer Linie nebeneinander oder stehen in mehreren Phalangen um das Gynaeceum wie bei Hypericum. Ersteres ist z. B. der Fall bei Alisma Plantago: „six etamines opposees deux ä deux k chacun des trois petales et produites par le dedou- blement de trois etamines chacun ä deux". Untersuchen wir nun aber diesen Fall genauer, so zeigt die Entwicklungsgeschichte ^) keineswegs, daß zwei Staubblattanlagen aus Spaltung einer ursprünglich einfachen hervorgegangen sind, sondern im Gegenteil, daß die beiden angeblichen Spaltstücke voll- ständig voneinander getrennt, und zwar durch eine Ecke des Blütenbodens voneinander gesondert, entstehen. Ja, sagt man, dann ist das Dedoublement eben „kongenital". Mit anderen Worten, wir beruhigen uns über die That- sache, daß an Stelle einer Organanlage zwei vollständig unabhängige ent- stehen, damit, daß wir diese Thatsache mit zwei Worten umschreiben, die auch nichts weiter besagen, als daß von einer Spaltung resp. Verzweigung von Anfang an nichts zu sehen ist, aber von manchen für eine „Erklärung" angesehen werden. Wer konsequenter ist, erklärt, daß das „kongenitale Dedoublement" denn doch ein wirkliches sein könne, da unsere Unter- suchungsmethoden, was ja gewiß richtig ist, unvollkommen seien, und die Spaltung sehr früh stattfinde. In vielen Fällen ist aber, wie sich aus der ganzen Konfiguration der betreffenden Blüten, auch z. B. der von Alisma, sowie der oben angeführten Rosifloren und Papaveraceen, ergiebt, dieser 1) Vgl. z. B. Eichler, Blütendiagramme, I., p. 5. -) Darunter versteht er mit de Candolle das, was man jetzt mit den Ausdrücken „Bauplan, Typus" etc. bezeichnet. 3) Vgl. BrCHENAU, Über die Blütenentwickluug von Alisma und Butomus. Flora, 1857, p. 241. — Goebel, Beiträge etc. Bot. Zeitung 1882, 712 Specielle Organographie. Einwand ganz unstichhaltig, und zudem ist die allgemeine Anschauung, aus der er geflossen ist, keine solche, die uns veranlassen könnte, sie um allen Preis festzuhalten. Es ließ sich für eine Anzahl von Fällen zeigen, daß der Ersatz eines Staubblattes durch zwei oder mehr durchaus nicht auf Spaltung beruht, sondern zusammenhängt mit Wachstumsverhältnissen des Blütenbodens und Schwankungen in der Größe der Organanlagen. Eine „Erklärung" ist auch hiermit nicht geliefert, sondern nur eine der Bedingungen oder begleitenden Umstände klargelegt i), unter denen die betreffende Er- scheinung auftritt; eine Erklärung besitzen wir über die Ursachen derartiger Wachstumsverhältnisse überhaupt nicht, auch die Thatsache, daß gewöhnlich Alternation stattfindet, ist nur eine Erfahrungsthatsache, für welche wir keine kausale, sondern höchstens teleologische Beziehungen anführen können. Daß eine Spaltung und Verzweigung von Staubblattanlagen vorkommt, soll nicht geleugnet werden ; haben wir ja doch bei den Sporophyllen der Farne gesehen, daß auch sie sich oft reicher verzweigen , als die Laubblätter. Aber zweifellos ist, daß die vergleichende Mor- phologie mit diesem Begriff vielfach Mißbrauch getrieben hat. In neuerer Zeit beginnt aber selbst im Lager der- selben sich eine Reaktion geltend zu machen, die sich den von mir früher ver- tretenen (von den „Morphologen" natürlich ignorierten) Anschauungen nähert, eine Reaktion, die zu dem unten zu erörtern- den Begriff des „negativen Dedoublements" geführt hat. Zunächst sei indes die Frage nach dem Vorkommen von Verzweigung resp. Spaltung von Staubblättern und Fruchtblättern allgemeiner erörtert. Es sei ausgegangen von einem spe- ciellen Falle. In den Blüten von Hyperi- cum aegyptiacum sind die Staubblätter in Bündel angeordnet, wie dies in Fig. 479 abgebildet ist. Eine Anzahl von voll- ständigen Staubblättern entspringen hier einem flachen gemeinsamen Träger und zwar auf der Außenseite und am Rande. Dieses Gebilde hat man aus folgenden Gründen für ein verzweigtes Blatt er- klärt: 1) Die Entwicklungsgeschichte zeigt, daß jedes Bündel aus einem besonders abgegrenzten Teil der Blütenachse ent- steht, auf welchem die Staubblattanlagen sich bilden. 2) Dies geschieht in absteigender Reihenfolge, eine Anordnung, welche in der „ver- gleichenden" Morphologie zwar für die Teile eines Blattes, nicht aber Fig. 479. Stauliblattphalange von Hypericum aegyptiacum L. (== H, heterostylum Parl). 20 facli vergrößert, 1) Wenn wir in einer Blüte sehen, daß Organanlagen da in größerer Zahl auftreten, wo am Blütenvegetationspunkt mehr Platz ist, so ist damit keineswegs gesagt, daß die Raum- verhältnisse für die Zahlenverhältnisse bedingend sind, gerade so gut kann man annehmen, daß dort mehr Platz geschaffen wird, wo der Blütenvegetationspunkt zur Bildung von Organ- anlagen am meisten disponiert ist. Um irgend welche „mechanische" Erklärung handelt es sich also bei derartigen Beziehungen nicht. Einzeldarstellung der Yegetiitionsorgane. 7]^3 für die Anlegung von Blättern an einem Sproß erlaubt wird. Demgegenüber habe ich früher i) hervorgehoben, daß die Vergleichung der verschiedenen Bluten- formen und ihrer Entwicklung eine andere Auffassung nahelege, nämlich die Ableitung von einer Blüte, welche zahlreiche Staubblätter gleichmäßig an der Blütenachse verteilt in absteigender Reihenfolge bildet (vgl. p. 35). Solche Formen finden sich unter den Hypericaceen ; bei Brathys prolifica (Pavrk, a. a. 0., Taf. 1, Fig. 19 — 25) ist der Vorgang der, daß die Blütenachse ebenfalls fünf über den Petalis stehende, durch Vertiefungen voneinander getrennte Primordien bildet, allein die Staubblätter treten auf jenen Er- höhungen der Blütenachse zwar vorzugsweise, d. h. zuerst, aber nicht aus- schließlich auf, sondern auch in den Thälern der Blütenachse findet Staub- blattbildung statt. Und Ähnliches gilt z. B. für die Loasaceen. Demgemäß können wir jene „Primordien" auch anders, d. h. nicht als Staubblatt- anlagen betrachten, die dann auf ihrem Rücken Auszweigungen, die zu Teilstaubblättern werden, produzieren, sondern bezeichnen sie nur als Stellen der ßlütenachse, an denen die Staubblattbildung bei manchen Hypericaceen lokalisiert ist, und zwar bei Formen, die wir solchen wie Brathys gegen- über als verarmte bezeichnen können, da bei Brathys die ganze Blüten- achse noch mit Staubblättern bedeckt ist. Bei den Hypericumarten, bei welchen fünf solcher „Primordien" vorhanden sind, zeigt sich diese Ent- stehungsweise bei der fertigen Blüte meist nur darin, daß die Staubblätter in fünf Gruppen zusammenstehen , bei Hyp. aegyptiacum wachsen die Primordien zu langen Trägern aus. Wie man sieht, unterscheiden sich die beiden Auffassungen durch ihren Ausgangspunkt; die alte geht von einem fünfzähligen, die andere ^) von einem vielzähligen Androeceum aus, das sich in einzelnen Gruppen sondert, eine Sonderung, die schon frühzeitig durch eine Parzellierung der Blütenachse sich ausspricht und mit einer Ver- kümmerung der zwischen den „Primordien" liegenden Staubblattanlagen ver- bunden ist. Mir scheint, daß die letztgenannte Auffassung uns ein besseres Bild der Thatsachen ^) giebt, und ich sehe, wie schon a. a. 0. bemerkt, kein Bedenken, sie auch auf Loasaceen, Myrtaceen u. a. auszudehnen. Selbst- verständlich kann nur die sorgfältige Vergleichung innerhalb eines Ver- wandtschaftskreises in jedem Falle zeigen, welche Auffassung die näher liegende ist. Was das „Dedoublement" anbelangt , so ist z. B. wohl möglich, daß in manchen Fällen eine vollständige Spaltung der Staubblattanlagen eintritt, denn für eine unvollständige giebt es sicher konstatierte Beispiele. In den Blüten von Adoxa z. B. sind (in den fünfzähligen Seitenblüten) scheinbar zehn Staubblätter vorhanden, welche paarweise mit den Kronen- blättern alternieren, allein nur einfächerige (im reifen Zustand) Antheren besitzen. Die Entwicklungsgeschichte zeigt, daß hier in der That eine Spaltung ursprünglich einfacher Staubblattanlagen vorliegt (Paybe, Taf. 86), 1) Beiträge zur Morphologie uud Physiologie des Blattes, Botan. Zeitung 1882, p. 574 ff.; Vgl. Entwicklungsgeschichte, p. 302. '-) Ihr haben sich neuerdings mehrere Autoren angeschlossen, übrigens ohne Erwähnung der oben citierten Ausführungen von 1882 und 1883. 3) Schumann (Beitr. zur vergl. Blütenmorphologie, Jahrb. für wissonsch. Bot., XYIII, p. 151) meint, notwendig sei meine Deutung nicht. Dem stimme ich zu. Es handelt sich bei jeder Deutung oder Theorie nur darum, welche davon nach dem jeweiligen Stand \iiiserer Kenntnisse uns das befriedigendste Bild der Erscheinungen giebt. — Was die Ursache der Parzellierung des Blütenbodens anbelangt, so ist mir wahrscheinlicli, daß die Dreizahl der Primordien mancher Hypericumarten mit der Dreizahl der Fruchtblätter in Beziehung steht. Es braucht diese Beziehung keine bloß räumliche zu sein, es können auch ernährungsphysiologische Differenzen in Betracht kommen. Goebel, Organographie der Pflanzen. 4< 714 Specielle Organographie. jede Hälfte entwickelt sich gewissermaßen zu einem halben, nur eine Theca besitzenden Staubblatt. Und Ähnliches wissen wir noch von einer Anzahl anderer Fälle, z. B. den Malvaceen, wo jedes einzelne Staubblatt sich eben- falls in zwei, einfächerige Antheren bildende Hälften spaltet, anderer Beispiele nicht zu gedenken. p- Daran ließen sich anknüpfen die Fälle, in welchen insofern eine wirk- liche Verdoppelung, nicht eine Spaltung stattfindet, als die beiden Hälften zu vollständigen, wie gewöhnlich zweifächerigen Antheren werden. Beispiele dafür bieten Payek's Angaben ^) für Phytolacca und Rumex. Alternierend mit den Perigonblättern treten bei Phytolacca zunächst einfache Höcker auf, die sich dann in zwei Teile spalten, deren jeder zu einem vollständigen Staubblatt sich entwickelt, und dieser Vorgang -wiederholt sich bei Phytolacca icosandra sogar noch einmal bei einem zweiten Staubblattwirtel. Bei Rumex, wo sich das Androeceuui aus sechs äußeren und drei inneren Staubblättern zusammensetzt, sind die äußeren aus Spaltung je einer ursprünglich ein- heitlichen Anlage hervorgegangen. Es bleibe dabei ganz dahingestellt, ob man diesen Vorgang im phylogenetischen Sinne anders auffassen könnte. Besonders deutliche Beispiele für Vermehrung von Blütenorganen durch Spaltung resp. Verzweigung liefern uns die gefüllten Blüten 2). Spalten resp. Fig. 480. Liuks Knospe einer gefüllten Blüte von Dianthus Caiyophyllus. pet die Blumen- blätter. Die 10 Staubblattanlagen furchen sieh und erzeugen so eine viel größere Anzahl meist petaloid sich entwickelnder Organe. Rechts Querschnitt durch die Knospe einer ge- füllten Blüte von Nerium Oleander: zwischen Kelch und Androeceum befinden sich statt eines fünfblättrigen Corollenkreises deren vier. verzweigen können sich hier sowohl die Blumenblatt- als die Staubblatt- anlagen. Ersteres ist der Fall bei einigen Oenothereen (Fuchsia, Clarkia pulchella, letzteres bei Petunia, Primula sinensis, sowie sämtlichen unter- suchten Caryophjlleen, auch bei Cruciferen). Es ist bekannt, welche große Menge von Blumenblättern bei „gut" gefüllten Gartennelken sich finden (bei einer nicht sehr stark gefüllten Blüte zählte ich 48), diese alle sind mit Ausnahme der fünf normal vorhandenen Petala aus Spaltung der zehn Staubblattanlagen hervorgegangen. Diese Spaltung erfolgt nach verschiedenen Richtungen hin und je nach der Stärke der Füllung in stärkerem oder schwächerem Grade. Bei schwach gefüllten Blüten von Dianthus barbatus z. B. findet kein Dedoublement statt: die äußeren Staubblätter wandeln sich in Petala um, die anderen zeigen Mittelstufen zwischen Staub- und Blumenblatt. Bei stärker gefüllten Blüten dagegen tritt die erwähnte Spaltung ein (Fig. 480). 1) Vgl. auch Schümann, a. a. O. p. 336. -) Vgl. GOEBEL, Beiträge zur Kenntnis gefüllter Blüten. Pkingsh. Jahrb., XYII, p. 207 ff. PZiiizeldiirstellung der Vegetationsorgane. 'J\^ Es ist nicht einzusehen, weshalb ein solcher Vorgang nicht auch bei der „normalen" Entwicklung von Blüten vorkommen sollte, warum also die Zahl der Staubblätter in den Blüten nicht steigen sollte, während wir gewöhnlich nur eine Reduktion derselben anzunehmen geneigt sind. Wir sind stets allzusehr bereit, die in der Natur vorkommenden Gestaltungs- vorgänge auf „einheitliche" Schemata zu reduzieren, weil diese uns die Orientierung in der Mannigfaltigkeit erleichtern, und vergessen, daß der Natur, wenn wir uns so ausdrücken dürfen, viele Wege zur Erreichung eines „Zieles" zu Gebote stehen, von denen sie den in dem betreffenden Falle gangbarsten wählt. Dafür bieten gerade die gefüllten Blüten ein lehrreiches Beispiel. Wir sehen, daß hier die Überzahl der Blumenblätter auf sehr verschiedene Weise zustande kommen kann: durch Umwandlung der in der normalen Blüte anderen Zwecken dienstbaren Organe (besonders häufig der Staubblätter, seltener auch der Fruchtblätter) in Blumenblätter, durch Spaltung resp. Verzweigung dieser Organanlagen (wie in den oben erwähnten Fällen) und petaloide Ausbildung der so neu gewonnenen Anlagen, oder durch Bildung von Organanlagen, die in der normalen Blüte gar nicht vorhanden waren, z. B. durch Entstehung neuer Wirtel in cyklischen Blüten i). Diese Thatsachen zeigen uns zugleich, daß die innere Beschaffenheit des Blütenvegetationspunktes maßgebend ist für die Organbildung. Wenn der Vegetationspunkt dazu „induziert" ist, mehr Blumenblätter als sonst hervor- zubringen, so bietet er für diese auch die nötigen Entwicklungsbedingungen. Er ist es also, in welchem die Veränderungen zunächst vor sich gehen. Solche Erwägungen werden uns von vornherein skeptisch gegen grob mechanische Vorstellungen machen, wie sie in der Morphologie zu „Er- klärungen" mehrfach herangezogen worden sind. Auch bei Fruchtblättern kann die Zahl durch Verzweigung steigen. So bei einer Anzahl Malvaceen. Bei Kitaibelia vitifolia fand Bayer 2) fünf Fruchtblattanlagen, aus denen durch Verzweigung (und „falsche" Scheide- wandbildung) zahlreiche einsamige Fruchtknotenfächer hervorgehen , bei Malva u. a. treten die zahlreichen Fruchtblätter von Anfang an getrennt auf. Jedenfalls ist bei den Fruchtblättern dieser Vorgang ein ganz ver- einzelter, er steht hier mit der Entwicklung von einsamigen Teilfrüchten an Stelle von Kapseln im Zusammenhang. Viel häufiger ist, wie unten noch zu erwähnen sein wird, die Verringerung der Fruchtblattzahl. Die Zahlenverhältnisse in der Blüte sind in weitaus den meisten Fällen durch „innere" Ursachen bestimmt, und bei den Variationen derselben läßt sich eine Einwirkung äußerer Faktoren meist nicht nachweisen. Doch wurde oben schon für einige Rosaceen angeführt, daß die Zahl der Staub- blätter offenbar von Ernährungsverhältnissen abhängig ist, und Ahnliches scheint auch sonst vorzukommen. So sind die ersten Blüten einiger Caryo- phylleen sechszählig, die folgenden fünfzählig, die Endblüten der Cymen von Ruta graveolens fünfzählig, die anderen vierzählig; auch bei Lythrum Salicaria kommt Ähnliches vor. Ein ferneres Beispiel bieten die Frucht- blätter von Nigella damascena. „Normal" d, h. bei kräftig ernährten Blüten 1) Beispiele a. a. O. Vgl. auch Fig. 480 //. Besonders hervorzuheben ist auch die Thatsache, daß Blumenblattanlagen, die in der ,, normalen" Blüte verkümmern, in gefüllton Blüten sich ausbilden. Dies wurde a. a. O. für Dolphinium nachgewiesen, es ist dieser Fall ein Beispiel dafür, daß ..latente" Anlagen durch bestimmte Reize zur Entfaltung gebracht werden können. Nicht immer aber sind latente Anlagen Reste solcher, die früher entwickelt waren, dies zeigt eben das Verhalten anderer gefüllter Blüten. 2) a. a. O. T. 8. Ich habe mich von der Richtigkeit der Abbildungen durch Unter- suchung von Kitaibelia vitifolia überzeugt. 47* "T-^g Specielle Organographie. sind es deren fünf. Bei später gebildeten Blüten fand ich teils vier, teils drei, letztere Zahl ist die normale bei der verwandten Gattung Aconitum. Es ist von Interesse, auf solche Fälle aufmerksam zu machen, weil sie uns zu der Vermutung berechtigen, daß, was bei der einen Pflanze direkt durch äußere Bedingungen veranlaßt wird, bei einer verwandten (eigentlich nach demselben „Typus" gebauten) durch die innere Ökonomie von vornherein bestimmt wird ; derartige Fälle werden vielleicht die Handhabe bieten, um in die Kenntnis der Faktoren, welche die Zahlenverhältnisse in den Blüten bedingen, weiter durch experimentelle Forschung einzudringen. b) Änderung der Zahlen Verhältnisse durch Ver- schmelzung. In den oben erwähnten Fällen handelte es sich um ein Auftreten höherer Zahlen in den Blütenwirteln , als man sie nach den zunächst auf- tretenden erwartet haben würde. Demgegenüber stehen die Fälle, wo eine Verringerung eintritt. Es handelt sich dabei nicht um das Fehl- schlagen einzelner Blattorgane der Blüte, sondern um eine Veränderung der Zahlenverhältnisse durch Verschmelzung, die in verschiedenen Stadien auftreten kann : von der gesonderten Anlegung zweier Blattgebilde an bis zum Auftreten eines einzigen, an Stelle von zweien, eine Erscheinung, für die wir auch bei den Vegetationsorganen Beispiele kennen gelernt haben (vgl. betreffs der Nebenblätter p. 560). In den Blüten zeigt sich diese Erscheinung bei Kelch, Blumenkrone und Anderoeceum. Am bekann- testen und am leichtesten nachweisbar ist sie bei der Blumenkrone. Die der Labiaten ist aus fünf der Anlage nach deutlich gesonderten Blattorganen gebildet , von denen zwei die Oberlippe , drei die Unterlippe liefern. Die beiden ersteren wachsen frühe schon vereint , als ob sie ein einziges Blatt wären i), und im fertigen Zustande zeigt dementsprechend die Oberlippe nur eine seichte Ausrandung (z. B. Lamium), oder es ist selbst dieser kaum wahrnehmbar (z. B. Betonica officinalis). Es ist mög- lich, daß hier die Oberlippe schon von Anfang als ein Blatt erscheint, wenigstens ist es so bei Veronica, wo im fertigen Zustande (abgesehen von dem bei manchen Arten vorhandenen fünften Kelchblatt) nur die be- deutendere Größe des einen Blumenblattes darauf hindeutet, daß es eigent- lich als Ersatz für zwei zu betrachten ist. Ebenso wird z. B. die Ober- lippe des Kelches von Utricularia niemals dreiteilig angelegt ^). Die Unter- lippe entsteht aus zwei getrennten Primordien, während bei der nahe ver- wandten Gattung Polypompholyx der Kelch mit fünf Primordien angelegt wird 3) j für die Funktion der betreffenden Organe ist es offenbar ganz gleichgütig, ob die ursprüngliche Gliederung verwischt wird oder nicht. Ganz Ahnliches kommt im Androeceum vor. Bei den Cucurbitaceen finden Avir in den männlichen Blüten bei vielen scheinbar drei Staubblätter, zwei vollständige (d. h. mit je vier Pollensäcken versehene) und ein halbes. Die vergleichende Betrachtung zeigt, daß wir von einem aus fünf (halben) Staubblättern bestehenden Androeceum auszugehen haben, wie es z. B. bei Fevillea sich findet (Fig. 481 Ä). Bei Thladiantha (Fig. 481 B) sind vier ^) Ich habe in der „Vergl. Entwieklungsgesch." darauf hingewiesen, daß diese Ver- einigung damit im Zusammenhang steht, daß das fünfte Staubbhitt (welclies vor die Ober- lippe fallen würde) spurlos verschwunden ist, und die übrigen vier Staubblätter sich in einen vierzähligen Quirl mit annähernd gleichen Abständen anordnen. Dies dürfte auf die Ausbildung der Krone, d. h. auf die Verschmelzung der beiden oberen Blätter zurückge- M'irkt haben. '^) Nach BrCHENAü, Morphol. Studien an deutschen Lentibularieen. Bot. Zeit., 1865, p. 94. ä) Vgl. F. X. Lang, Flora, 88. Bd. (1901), p. 167. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 717 einander paarweise genähert, bei Sicydium sind die Filamente dieser Paare miteinander auf größere oder kleinere Entfernung „verwachsen", bei Bryonia sind nur die Antheren noch frei, bei der Mehrzahl der Cucurbitaceen sind auch diese verschmolzen, und bei formen wie Sechium (Fig. 481 F) er- greift die Verwachsung alle fünf Staubblätter, die Antheren sind aber von- einander getrennt. Bei Cyclanthera finden wir in der Mitte der Blüte ein Gebilde, das mit zwei ringsum verlaufenden Pollensäcken versehen ist, und das ontogenetisch keine Spur mehr davon zeigt, daß es an Stelle von fünf miteinander verschmolzenen Staubblättern getreten ist. Das angeführte Beispiel ist aus verschiedenen Gründen von Interesse, denn mit der Aufstellung der erwähnten Reihe gehen die Probleme erst an. Diejenigen, welche behaupten, daß alle „morphologischen" Merkmale Fig. 481. Androeceen von Cucurbitaceen. A Fevillea trilobata, 5 freie Staubblätter mit je zwei (sieh selbständig öffnenden) Mikrosporangien. B Thladiantha dubia, halbierte männliche Blüte, von den 5 Staubblättern sind je zwei einander paarweise genähert, eines bleibt einzeln. € Sicydium gracile, ein Staubblattpaar sichtbar, die Filamente hängen unten zusammen. D Biyonia dioica, Filamente der Paare ganz verschmolzen. E Querschnitt durch die Blumen- krone und die Antheren. F Sechium edule, die 5 Staubblätter verwachsen. G und H „Syn- andrium" von Cyclanthera jjedata in Außenansicht und Längsschnitt. (Nach E. G. O. Müller und Flora brasil. aus Pax, Morphologie.) Anpassungsmerkmale seien, finden in der Cucurbitaceenblüte ein „hie Rhodus, hie salta" ! Für die , welche (wie der Verf.) diese Auffassung nicht teilen, erhebt sich die Frage, ob für die sonderbare „Verwachsung" ein sonstiges veranlassendes Moment gegeben ist. Vergleichend - entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen nach dieser Richtung sind mir nicht bekannt, es scheint mir aber sehr wahrscheinlich, daß die (durch „Verwachsung") erreichte Dreizahl der Staubblätter in Be- ziehung steht zur Dreizahl der Fruchtblätter, deren Rudimente (die bei Cucurbita z. B. ziemliche Größe in der fertigen Blüte erreichen) sind auch bei den männlichen Blüten vorhanden. Einen analogen Vorgang wie bei den Cucurbitaceen findet man übrigens bei Hypecoumi). Es ist kaum nötig, zu bemerken, daß dieser „Verwachsungs"-Prozeß in verschiedener 1) Vgl. Payek a. a. O.; Eichler, Über den Blütenbau der Fiunariaceen. n-iQ Specielle Organographie. Weise vor sich gehen kann (entsprechend dem früher [p. 45] gegebenen allgemeinen Schema). Es können also z. B. S,taubblattanlagen nahe zu- sammenrücken, so sehr, daß sie sich als einheitliche Anlage darstellen (vgl. Ficr. 22 ///) und in späteren Stadien dann getrennt auswachsen. Celakovsky hat einen derartgen Vorgang neuerdings mit dem — meiner Ansicht nach nicht eben glücklichen — Ausdruck „negatives Dedoublement" bezeichnet. c) Unterbleiben der Streckung der Blütenachse bei ver- hältnismäßig kleiner Oberfläche derselben. Hiermit dürfte zusammenhängen, daß so häufig auch bei Pflanzen mit zerstreuter Blattanordnung an vegetativen Sprossen die Blüten wirtelige Stellung ihrer Blattorgane zeigen. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß es zwar bei Laubblättern vorteilhaft sein kann i), wenn sie in allmählicher Reihenfolge (ihrer „spiraligen" Anwendung entsprechend) sich entfalten, daß aber die einzelnen Blätter, welche z. B. die Blumenkrone bilden, gleich- zeitig in Punktion treten, und so auch eine gleichzeitige Entstehung der- selben verständlich erscheint. Nicht immer ist dabei die „Alternanz" der Wirtel innegehalten. Vom teleologischen Standpunkte aus ist dies leicht ver- ständlich. Die Alternanz der Laubblätter sichert diesen eine zweckmäßige Verteilung ohne gegenseitige Deckung (vgl. p. 625), bei den nicht assimi- lierenden Blattgebilden der Blüte kann das nicht in Betracht kommen. Es ist dabei zunächst ohne Belang, ob die opponierte Stellung (z. B. zwischen Blumenblättern und Staubblättern bei Primulaceen) phylogenetisch durch Verkümmerung eines vorausgegangenen Blattkreises zustande gekommen oder eine ursprüngliche ist, es war hier nur hervorzuheben, daß die Ver- hältnisse anders liegen als beim vegetativen Sproß. Wenn die vergleichende Morphologie z. B. bei den Primulaceen wohl mit Recht die Annahme macht, daß die Stellung der Staubblätter gegenüber den Blumenblättern durch die Verkümmerung eines alternipetalen Staubblattkreises zu „er- klären" sei, so ist damit eben nur die historische Seite der Sache in das Auge gefaßt. An und für sich braucht nach dem Obigen eine solche Gegenüberstellung keine Erklärung, wenn die räumlichen A^erhältnisse am Blütenvegetationspunkt dafür geeignet sind, ist sie — vom Zweckmäßig- keitsstandpunkte aus — genau ebenso berechtigt, wie die Alternation der Quirle. Schumann hat (a. a. 0. p. 479) darauf hingewiesen, daß eine solche Superposition von Staubblättern zu den Blättern der Blütenhülle namentlich dann stattfinde, wenn die letzteren sehr klein sind 2), und in ihrer Ent- wicklung hinter der der Staubblätter zunächst zurückbleiben , eine Er- scheinung, die früher teilweise zu der Ansicht geführt hat, die Blumen- blätter von Primula z. B. entständen als dorsale Auswüchse der Staub- blätter, eine Ansicht, die heute wohl kaum mehr Vertreter hat. d) Begrenztes Wachstum der Blütenachse. Hiermit stehen zwei Eigentümlichkeiten im Zusammenhang ^) : einmal die Thatsache, daß in der Blüte terminale Blätter nicht selten sind, sodann die, daß die Reihenfolge des Auftretens der Blütenorgane nicht selten von der „akropetalen" beim vegetativen Sprosse abweicht. ^) Die Entfaltung eines ganzen Blattwirtels stellt — wenn wir von gleich großen Blättern ausgehen — höhere Ansprüche an die Leistungen des Wui'zelsystems als die eines einzelnen Blattes, auch sahen wir früher, daß die Sproßachsen hier um eine gegenseitige Beschattung des Blattes zu vermeiden, sich strecken müssen (vgl. p. 626). ^) Bei Urticaceen u. a. kommen andere Verhältnisse in Betracht, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann. 3) Vgl. p. 35. Einzeldarstellung der Vegetationsorganc. 719 a) „Terminale Blätter" entstehen dann, wenn der Vegetationspunkt (die embryonale Eegion des Sprosses) zur Blattbildung ganz aufgebraucht wird, es ist leicht verständlich, daß dies bei einem Sprosse begrenzten Wachstums besonders leicht eintreten wird. Es können sich mehrere Blätter in den Vegetationspunkt gewissermaßen teilen, oder er kann zur Bildung eines einzigen aufgebraucht werden, der Vorgang ist in beiden Fällen im wesentlichen der gleiche. Ersteres ist sehr häutig der Fall bei der Bildung des Gynoeceum, und, wie ich früher hervorhob ^j, ist diese That- sache für die „Deutung" des Fruchtknotens besonders wichtig. Ein Bei- spiel giebt Fig. 482 für Acer. Die Fruchtblätter bilden den Abschluß der Fig. 482. Acer Pseudoplatanus. Zwei Blüten knospen (7 mit 2, II mit 3 Karpellen, in Oberansicht vergr.). Mit 1 sind die zuerst entstehenden, mit 2 die eingeschalteten Staub- blätter bezeichnet. Blütenknospe. Wir sehen, wie sowohl beim Vorhandensein von zwei als von drei Fruchtblättern das ganze Areal des Blütenvegetations- punktes für diese aufgebraucht wird, und was hier für zwei oder drei Blätter gilt, gilt in anderen Fällen für eines. In diesem engeren Sinne terminal an der Blütenachse sind also einzelne an derselben auf- tretende Staubblätter oder Fruchtblätter, z. B. erstere bei Callitriche, Casuarina, Najas, letztere bei Typha u. a. ß) Die allgemeine Regel für die Entstehungsfolge seitlicher Organe ist, daß sie in progressiver Reihenfolge 2) entstehen, d. h. die jüngsten stehen der embryonalen Region am nächsten, mag diese nun am Scheitel oder anderswo liegen. Es wurde nun schon früher (p. 35 und 525) darauf hingewiesen, daß bei Organen begrenzten Wachstums häufig der Scheitel in der Entwicklung vorauseilt, während tiefere Zonen noch Neu- bildungen hervorbringen. Dies tritt auch bei Blüten häufig in die Erschei- nung % namentlich die Staubblätter entstehen nicht selten in „absteigender" 1) Zur Entwicklungsgeschichte des unterständigen Fruchtknotens. Bot. Zeit., 1887. 2) Diese Bezeichnung, welche umfassender ist, als die der „akropetalen" und „basi- petalen" Entstehung, wurde vorgeschlagen in der Abhandlung „Ueber die Verzweigung dorsi- ventraler Sprosse" (Arb. a. d. botan. Institut in Würzburg, herausgeg. von S.\CHS, 2. Bd.) und von DE Baky z. B. auch für die Pilze angewandt. s) Ohne daß sieh dafür zunächst teleologische Beziehungen angeben ließen, wie solche für die Blattentwicklung hervorgehoben werden konnten. 720 Specielle Organographie. Reihenfolge (z. B. Cistineen [Fig. 492], Malvaceen u. a.j, dasselbe ist der Fall bei den auf der Außenseite des „Kelches" von Agrimonia entstehenden hakenartigen Gebilden und vielfach bei Samenanlagen. Mit welchen bio- logischen Verhältnissen diese Anordnung in Beziehung steht, ist überall so gut wie unbekannt. e) Eine Abweichung in der Eutstehuogsfolge der Blütenteile findet sich auch bei manchen dorsiventralen Blüten, und zwar bei denjenigen, bei welchen sich die Dorsiventralität schon in der, von der gewöhnlichen radiären abweichenden Gestalt des Vegetationspunktes ausspricht, eine Er- scheinung, die auch bei manchen Inflorescenzen wiederkehrt i). Es ist hier eine Seite des Blütenvegetationspunktes die geförderte, ent- weder die der Hauptachse zu- oder die ihr abgekehrte. Ersteres ist z. B. der Fall bei Reseda. Während bei Blüten mit allseitig gegen die Spitze hin fortschreitender Organanlage der Vegetationspunkt auch schon vor der Anlage der Blatt - gebilde nach allen Seiten hin gleichgeformt, d. h. radiär ist, hat er bei Reseda und in anderen Fällen sj^mmetrische Gestalt '^), er ist auf der der Inflorescenzachse zugewendeten Seite höher als auf der ihr abgewendeten. Diesem Bau entspricht auch die Entwicklungsfolge der Kelch- und Krouen- blätter ^j. Die ersten Kelchblätter treten auf der der Inflorescenzachse zu- gewendeten Seite auf, ihnen folgen nach vorne hin fortschreitend die weiteren Kelchblattanlagen und ebenso ist es mit den Kronen- und Staub- blättern (und zwar tritt das erste Staubblatt schon auf, noch ehe die sämt- lichen Kronenblätter gebildet sind), auf die Anordnung der letzteren wird unten noch zurückzukommen sein. Eine ähnliche ungleichseitige Entwicklungsfolge finden wir bei den Papilionaceenblüten *), nur daß hier umgekehrt die Entwicklung von vorn nach hinten, gegen die Inflorescenzachse hin fortschreitet. Es liegt hier aber, wie es scheint, nur eine ungleichseitige EntM'icklung vor, wobei aber die tiefer stehenden Blattkreise doch immer früher entstehen als die höher stehenden, indes dürften von letzterem Verhalten w^ohl auch hier schon Ausnahmen sich finden ; jedenfalls kennen wir derartige Vorkommnisse, von dem oben erwähnten bei Reseda abgesehen, noch bei anderen Pflanzen, wie den Lentibularieen ^). Wir finden auch hier schon vor dem Auftreten der Blattgebilde eine Förderung der einen Seite des Blütenvegetations- punktes auftreten, und auf dieser Seite treten auch Kelchblätter, Kronen- blätter und Staubblätter von Pinguicula vulgaris zuerst auf, während auf der anderen Seite die Kelchblattanlagen noch nicht sichtbar sind. Auch bei Utricularia entsteht der obere Teil der Blumenkrone erst nach der Anlegung der (in Zweizahl auf der geförderten Seite gebildeten) Staub- blätter. Daß die oben kurz geschilderte Entwicklungsfolge der Blattorgane dorsiventraler Blüten eine von der bei radiären Blüten stattfindenden ab- zuleitende ist, ist aus mehr als einem Grunde wahrscheinlich (vgl. p. 111 ff.). Dagegen ist die Art, wie die Abweichung zustande kam, nicht ohne weiteres ^) Vgl. GOEBEL, Über die Verzweigung doi-siveutraler Sprosse. Arb. a. d. bot. Institut in Würzl)urg, herausgeg. v. Sachs, 2. Bd. "0 Auch bei den doi-si ventralen Inflorescenzen spricht sich, wie früher hervorgehoben wurde, die Dorsiventralität schon in der Gestalt des Vegeta t i o nspuuktes aus, eine Thatsaehe, die bei allen Erklärungsversuchen von größter SVichtigkeit ist 3) Vgl. Payer, a. a. O. p. 193, Taf. 39; Goebel, Botan. Zeit., 1882, p. 388 ff. TTi *J ^'^^' ^-^"^'''^^> *»■ =^- O. p. 517; Hofmeister, .\llg. MorphoL, p. 464; Frank, Über Entwicklung einiger Blüten, in Pringsheim's Jahrbüchern, 10. Bd, p. 205 ff. ^) Bvche.nav, Morphol. Studien an deutschen Lentibularieen. Bot. Zeit., 1865. Eiuzeldarstellung der Vcgetationsorganc. 721 klar. Wie aus Payer's Untersuchungen hervorgeht, finden sich nämlich Anläufe zu ungleichseitiger Entwicklung auch bei radiären Biüten i). Die Cruciferen z. B. haben zwei diniere Ivelchquirle, einen medianen und einen transversalen. Bei manchen (Cochleariaj erscheint der radiären Ausbildung der Blüte entsprechend zuer.st der mediane (die beiden Blätter gleichzeitig), dann der transversale. Bei Cheiranthus dagegen entsteht zunächst das vordere (äußere) Blatt des ersten Wirteis, dann die beiden transversalen Kelchblätter, zuletzt das hintere Blatt des ersten Wirteis. Solche Ab- weichungen mögen im Zusammenhang stehen mit dem (teleologisch ge- sprochen !) größeren Schutzbedürfnis der Blütenknospe auf der Außenseite, eine genauere Prüfung würde vielleicht ergeben, warum in dieser Bezielmng Cheiranthus von Cochlearia abweicht — es kommen nicht nur Standorts- verhältnisse, sondern das ganze Verhalten der Inflorescenz zur übrigen Pflanze in Betracht. Es ist möglich, daß derartige Beziehungen den Anlaß zur Ausbildung dorsiventraler Blüten, wie diejenigen der Resedaceen und Papilionaceen es sind, gegeben haben. Die andere Möglichkeit ist, wie früher erwähnt, daß diese von vornherein dorsiventralen Blüten sich ableiten von solchen, welche erst nach der Entfaltung dorsiventral wurden (p. 111 ff.). Ob nun auch die beiden Arten dorsiventraler Blüten auf verschiedene Weise zustande gekommen sind oder nicht, jedenfalls ist zu betonen, daß die dorsiventrale Ausbildung der Blüten auf verschiedenen Entwicklungsstadien ein- setzen kann. Bei Hyoscyamus z. B. werden Kelch, Blumenkrone und An- droeceum wie bei einer radiären Blüte angelegt -), erst dann tritt eine Dehnung des Blütenbodens (welche die zur Medianebene des Tragblattes der Blüte schiefe Anlegung der Fruchtblätter vorbereitet) und die sonstige Änderung der Blütenausbildung ein. ScHWENDENER 3) hatte vermutet, daß die Schiefstellung der Erucht- blätter in den Solaneenblüten zurückzuführen sei auf Druckverhältnisse. Der Blütensproß III in Eig. 419 z. B. stehe zur Zeit der Anlegung der Eruchtknoten unter dem Drucke der mit i?/// und T/jj bezeichneten Blätter, weil diese in gleicher Höhe inseriert sind; diese verhalten sich wie ein Blatt, und die Symmetrieebene des Druckes erfahre demgemäß eine Drehung im Sinne der Annäherung an die Mediane dieses einen Blattes (wie ja auch sonst die Symmetrieebene des Fruchtknotens mit der des Deckblattes zusammenzufallen pflege). Die Verfolgung der Entwicklungsgeschichte zeigte mir bei Atropa nichts, was die ScHWENDENER'sche Hypothese stützen könnte. Die Stellung der Fruchtblätter steht hier allerdings in engster Beziehung zur Gesamtsymmetrie des Blütenstandes, aber wird sicher nicht durch Druckwirkung bedingt. Diese müßte sich zunächst auf den Kelch geltend machen. Er wird aber wie bei radiären Blüten angelegt •^). Das erste Kelchblatt (bei der Blüte I/I Fig. 419 nach oben gekehrt) fällt nach außen, tritt also in der weitesten Lücke auf, dort, wo das Schutzbedürfnis 1 ) Letzteres gilt z. B. für die Entwickluug des Kelches von Symphoriearpus. Nach Payer's Figuren ist (entgegen den Angalien im Text) die Eeihcnfolge die, ilaß zuerst das dem Tragblatt gegenüberstehende Kelchblatt, dann von hier aus fortschreitend die seitlichen entstehen (Taf. 128, Fig. 3, 4, 5); ähnlich ist es nach BrcilEXAU bei dem Hüllkelch von Lagascoa. Ferner erscheinen nacli Payer und Hofmeister bei Begonia-Arten, z. B. Be- goni£i xanthina HoOK. (vgl. die Fig. 87 in HOFMEISTER, AUg. ]\Iorpliologie), die Staubblatt- anlagen viel früher auf einer Seite der Blütenachse als auf der anderen. Hier ist aber auch der Blütenvegetationspunkt nicht allseitig gleichmäßig geformt. '-) Schumann, Blütenanschluß, p. 317. 3) Mechan. Theorie der Blattstellungen, p. 124 ff. ■*) Vgl. auch Schümann, Blütenanschluß, p. 31ö. "722 Specielle Organograpbie. der Blütenknospe am größten ist; die Faktoren, welche das Auftreten an dieser Stelle bedingen i), kennen wir nicht, wir sehen nur ein, daß es zweck- mäßig ist, daß hier der Schutz der Blütenknospe an der exponiertesten Stelle beginnt. Eine Ebene gelegt durch die Mitte dieses ersten Kelch- blattes und das Centrum der Blütenknospe, bezeichnet die Medianebene der Fruchtblätter; die sämtlichen Medianebenen der Blüten eines Blütenstandes fallen, wenn man sich ihn aufrecht denkt, in dieselbe Richtung. Die Blüten sind eigentlich alle dorsiventral, nur ist die Dorsiventralität nicht bei allen (abgesehen von der schiefen Stellung des Fruchtknotens) deutlich wahr- nehmbar. Wir sehen also auch in dem Aufbau der Blüten hier bei dem sympodialen Blütenstand die A ußen s e i t e von der Innenseite verschieden organisiert 2). Im allgemeinen wird man sagen können, daß bei den dorsiventral an- gelegten Blüten die von der radiären abweichende Entstehungsfolge und Anordnung der Blattorgane zusammenhängt mit einer früher oder später eintretenden Gestaltveränderung des Vegetationspunktes, wobei unbekannt ist, warum eine Förderung der Außenseite oder der Innenseite eintritt. Zwar wird man, gemäß dem für die vegetativen Organe früher Mit- geteilten (p. 503, 556), geneigt sein, anzunehmen, daß diejenigen Blattgebilde der Blüte, welche die bedeutendste Größe erreichen, auch in ihrem zeit- lichen Auftreten gefördert erscheinen, und es trifft dies bei den Papilionaceen z. B. betreffs des Kelches wohl zu ; ebenso bei den Resedaceen betreffs der Blumenkrone und des „Diskus'', aber der Kelch der Resedaceen ist auf der Außenseite im fertigen Zustand stärker entwickelt, als auf der Innenseite. Es kommt also zweierlei in Betracht: einmal die Thatsache, daß die geförderten Organe auch früher angelegt werden, andererseits die, daß nach der Anlegung noch eine ungleich starke Ausbildung selbst der Blätter eines Wirteis eintreten kann. Übrigens ist die „einseitige" Anlegung von Blattorganen an Vege- tationspunkten nicht auf die Blütenregion beschränkt, sie kommt auch bei vegetativen Sprossen vor ^), bei welchen aber viel weniger darauf geachtet wurde. Endlich braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß mit dem be- grenzten Wachstum der Blütenachse auch die weitere Erscheinung zu- sammenhängt, daß die Entscheidung darüber, was zur Achse und was zu den Blüten gehört, hier vielfach viel schwieriger ist, als bei vegetativen Sprossen, eine Frage, auf welche unten zurückzukommen sein wird. Hier sei nur kurz auf ein Hilfsmittel hingewiesen, das man zur Entscheidung der oben angeführten und auch anderer Fragen der Blütenmorphologie viel- fach angewendet hat. Die sog. „anatomische Methode" ist mit dem An- spruch aufgetreten ^). besser als alle anderen sagen zu können, was eine Achse, was ein Blatt sei. Erstere sollen ganz allgemein ein radiär, letztere 1) Ganz Analoges gilt für zahlreiche ähnliehe Fälle, in denen eine mechanische Be- einflussung angenommen wurde. — Es geht zugleich aus Fig. 419 hervor, daß das erste Kelch- blatt nicht über die Mitte zwischen all! und Tm fällt, sondern mehr noch T m hin, über die Mitte zwischen diesem Blatte und der Blüte I. *) Darin stimmen also die dorsiventraleu Blüten der Solaneen mit denen anderer Pflanzen überein, nur daß bei letzteren die Außenseite meist durch das Deckblatt gegeben ist. •'') Vgl. z. B. die erste Anlegung der Dornen an den Seitensijrossen bei Opuntia, Ganong, Flora, 79. Bd. (Ergänz. - Bd. z. Jahrg. 1894), p. 52, Es liegt der Vergleich dieser dorsiventral angelegten vegetativen Sprosse mit den dorsi ventralen Blüten besonders nahe, da auch bei den ersteren kaum zu bezweifeln ist, daß sie von einem ursprünglich radiären Sprosse sich ableiten. *) Vgl. Van Tieghem, Recherches sur la structure du pistil (Ann. d. sc. nat., V. Ser.. Botanique, T. IX, 1860). Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 723 ein dorsiventral orientiertes Leitbündelsystem haben ; daß dies Verhalten ebensowenig wie alle anderen Merkmale ein konstantes ist, ist längst nach- gewiesen. Dorsiveiitrale Sproßachsen zeigen die Üorsiventralität häufig auch in der Leitbündelanordnung ausgeprägt, so z. B. die Inflorescenzeu von Urtica dioica i), besonders auffallend die Phyllocladien einiger Asparagineen, welche die anatomische Methode dann auch konsequenterweise, aber in Widerspruch mit offen zu Tage liegenden Thatsachen für Blätter erklärt hat ! Es ist nichts als die alte idealistische Morphologie im anatomischen Gewände, wenn man glaubte, die Leitbündelverteilung, welche im radjären, vegetativen Sprossen und den assimilierenden Blättern vorhanden sei, müßte sich ebenso auch in den Blüte finden. Wo die Achse ihr Wachs- tum und ihre Weiterentwicklung einstellt, wird sich dies ebenso auch im fertigen anatomischen Bau ausprägen, wie die Leitbündelbildung in rudimen- tär bleibenden Blättern stufenweise zurücktritt und endlich ganz aufhört. In solchen Fällen versagt die „anatomische Methode". Sie hat den Vorzug der leichtesten Handhabung, und es ist selbstverständlich, daß auch ihre Resultate mit in Betracht gezogen werden müssen. Aber diese können, was die Deutung der Blüten betrifft, niemals allein ausschlaggebend sein, und sie stehen an Bedeutung wesentlich zurück gegenüber den durch die vergleichende Entwicklungsgeschichte gewonnenen. Wenn Bayer und andere „Genetiker" bei entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen betreffs der Placentenbildung zu unhaltbaren Resultaten gekommen sind, so lag dies, wie ich nachgewiesen zu haben -) glaube und von einem meiner Schüler weiter ausgeführt worden ist, nicht an der mangelhaften Methode, sondern daran, daß sie einen wichtigen Punkt nicht beachteten, nämlich die Frage, „welches Areal des Blütenbodens (d. h. des Vegetationspunktes) die Fruchtblätter gleich bei ihrem Auftreten einnehmen". Darüber gaben Payer's Unter- suchungen vielfach nicht Aufschluß, und demgemäß wurde die Beteiligung von Blatt und Achse auch nicht richtig aufgefaßt. Bei genauerer Be- trachtung führt auch die Entwicklungsgeschichte, wie bei Besprechung der Fruchtknotenentwicklung gezeigt werden soll, zu Resultaten, die mit denen, die auf anderem Wege gewonnen wurden, übereinstimmen. 2) „Verwachsungen'' sind bei Blüten ungemein häutig, und zwar sowohl von Blütenteilen unter sich, als mit der Blütenachse. Auch die oben schon behandelten Fälle der „Verschmelzung" könnten hierher gerechnet werden, indes sollen hier nur die Fälle berücksichtigt werden, in denen bei cyklischen Blüten alle Glieder miteinander oder mit anderen Gliedern verwachsen. Nur selten handelt es sich dabei um eine wirk- liche Verwachsung oder Verklebung (letzteres z. B, bei den Antheren der Compositen). Gewöhnlich ist die Verwachsung eine „kongenitale". Der Vorgang, der hierbei stattfindet, ist früher schon (p. 45) allgemein erörtert worden, es sei deshalb hier nur kurz angeführt, daß die „Ver- wachsung'' in verschiedenen Abstufungen auftreten kann. Als das ur- sprüngliche Verhalten werden wir das Nichtverwachsensein betrachten, bei welchem also die einzelnen einander benachbarten Blattanlagen sich frei entwickeln. Eine Verwachsung tritt ein, wenn sie auf gemeinsamer, 1) Vgl. GOEBEL, L'ber die Verzweigung dorsiventraler Sprosse. Arb. des bot. Inst, in Würzburg, herausgeg. von Sachs, 2. Bd., p. 430. ^) Zur Entwicklungsgeschichte des unterständigen Fruchtknotens. Botan. Zeitung, 1886. Vgl. Schäfer, Beitr. zur Entwicklungsgeschichte des Fruchtknotens und der Placenta. Flora 73. Bd., 1890, p. 62 ff. -794 Specielle Organographic. meist ringförmiger Basis emporgehoben werden. Dies letzte Stadium ist, wenn, wie z. B. bei der Blumenkrone von Cucurbita, die einzelnen An- lagen' gar nicht mehr gesondert auftreten (vgl. p. 45). Man hat sich namentlich bei „Verwachsungen" mehrerer Blattwirtel in cyklischen Blüten oft darüber gestritten, inwieweit dabei die Blatt- organe allein oder auch die Blütenachse beteiligt seien. Es mag deshalb hier daran erinnert werden, daß, wie oben hervorgehoben, in den Blüten die Abgliederung von Blatt und Achse überhaupt zurücktritt und es deshalb unberechtigt wäre, mit dem von den Vegetationsorganen ab- strahierten Schema an die Deutung der Blüten in der Weise heranzutreten, daß man sich denkt, Achse und Blatt müßten hier scharf gesondert sein, und man könne genau ermitteln, was dem einen, was dem anderen zugehört. Beispiele dafür werden unten, namentlich bei Besprechung der J'ruchtknotenbildung, anzuführen sein. Hier sei nur so bemerkt, daß man von einer Beteiligung der Achse bei Verwachsung verschiedener Blattkreise mit einander um so eher wird reden können, je früher diese erfolgt. 3) V e r k ü m m e r u n g e n. Schon im allgemeinen Teile wurde erwähnt, daß Blüten auf ein einziges zur Blütenachse terminales Sporophyll reduziert sein können (p. 44), und in jedem größeren Verwandtschaftskomplex sehen wir die Zahlenverhältnisse durch Verkümmerungen geändert, nament- lich was die Staubblätter anbelangt, bei denen es an Übergängen von vollständiger Ausbildung zur Verkümmerung nicht fehlt. Die Reihen, welche man bei den Angiospermen betreifs der Blütenbildung aufgestellt hat, sind ausschließlich Reduktionsreihen ^) ; auf den subjektiven Grund dieser Erscheinung wurde früher (p. 43) hingewiesen. Hier im Einzelnen Beispiele für die mehr oder minder wahrscheinlichen Reduktionen an- zuführen, würde — da es sich nicht um ein Lehrbuch der Blütenmorphologie handelt — nur dann berechtigt sein, wenn wir für die Reduktion biologische Beziehungen angeben könnten. Bisher hat man sich aber fast ausschließlich auf die rein formale Seite beschränkt. Sehen wir ab von der kausalen, die uns zunächst ganz unzugänglich ist, so bleibt die „biologische", d. h. die Frage nach den Beziehungen der Ver- kümmerung zur Funktion der Blüte. Aber auch diese Frage ist ohne Zweifel sehr verwickelt. Es handelt sich nicht nur um die Zahl der Staubblätter, sondern um die der Mikrosporen, und das Verhältnis der Zahl der letzteren zu der der zu befruchtenden Samenanlagen, sowie um die Art und Weise, wie die Bestäubung erfolgt. Es wurde früher bei den Pteridophyten nachzuweisen versucht, daß die Zahl der Archegonien um so kleiner wird, je mehr die Befruchtung derselben gesichert erscheint. Eine ähnliche Beziehung wird sich auch in den Blüten der Samenpflanzen gewiß vielfach nachweisen lassen; schon bei den windblütigen Monokotylen sehen wir, daß die Zahl der Staubblätter reduziert wird namentlich bei denen, die (durch Reduktion) nur eine Samenanlage in dem Fruchtknoten haben (z. B. die meisten Gräser und Cyperaceen). Man kann gegen diese Beziehung nicht einwenden, daß z. B. auch bei den Irideen, welche zahlreiche Samenanlagen im Fruchtknoten haben, ein Staubblattkreis ver- kümmert sei, denn hier liegen ganz andere Verhältnisse vor: die ganze Blüte ist specialisiert, bestimmten Insektenbesuchern vorzüglich angepaßt, die Bestäubung also gesichert, die Ausbildung des inneren Staubblatt- ^) Vgl. namentlich Celakovsky, Das Reduktiousgesetz in den Blüten, das Dedoublement und die, Obdiplostemeuic. Sitz.-Ber. der Königl. böni. Gesellsch. der Wissensch., Jahrg. 1894. Einzekiaistellung der Vegetationsorgane. 79X kreises im Ziisani m enhaii s' mit dor ganzen Plastik der Blüte iiberliussig geworden. Dasselbe gilt für Orchideen u. a.: wenihie. Stärkung, welche die Blutenhülle vielfach durch „Außenkelche". Hoch- blatthalter u. dgl. erhält, mag hier unerörtert bleiben. Es seien viel- mehr auch hier nur einige allgemeine Fragen kurz erörtert. a) Morphologische Bedeutung der Blütenhüllen. Die Frage nach der Herkunft der Teile der Blütenhülle hat die Bo- taniker schon frühe beschäftigt. Wenn wir von den nicht mit einer be- sonderen Blütenhülle versehenen Blüten der Pteridophyten und vieler Gymno- spermen ausgehen, so sind offenbar für die Entstehung der Blütenhülle zwei Möglichkeiten vorhanden: entweder dieselbe entstand aus der Blüte be- nachbarten Hochblättern, oder sie bildete sich — entweder ganz oder teil- ^reise — durch Umbildung der Sporophylle. Dies letztere hat A. P. De Can- DOLLE namentlich für die Blumenkrone angenommen i), und viele spätere Autoren 2j sind ihm — meist ohne ihn zu erwähnen — gefolgt. Auch mir scheint diese Auffassung für eine Anzahl von Fällen begründet, ebenso die, daß der äußere Teil der Blütenhülle, der Kelch, aus Hochblättern hervorgegangen ist. Dabei kommt es, wie schon Decandolle betont hat, vorzugsweise auf die Stellung beider Gebilde an, nicht etwa auf die Färbung, der „Kelch" kann, wie bekannt, petaloi'd ausgebildet sein. Man wird auch hier nie außer acht lassen dürfen, daß, wie so oft im Pflanzenreich, dasselbe Re- sultat auf verschiedenem Wege zustande gekommen sein kann. Es genüge deshalb, hier als Beispiel einige Fälle aus einer Familie anzuführen, die wegen der lehrreichen Verhältnisse, die sie bietet, mehrfach zur Erläuterung der oben aufgeworfenen Fragen benutzt worden ist, die der Ranunculaceen ^j. Als Ausgangspunkt können wir hier eine Blüte betrachten, welche eine einfache petaloide Blütenhülle, zahlreiche Staub- blätter und Fruchtblätter besitzt. Eine solche Blüte kommt z. B. den Anemoneen zu. Schon bei diesen Formen sehen wir, daß die Zahl der Blätter, welche den „Schauapparat" bilden, keine konstante ist, indem viel- fach die äußersten Staubblätter sich zu petaloi'den Blättern umwandeln (vgl. die Angaben über Anemone Hepatica auf p. 152). Die einfache petaloide Blütenhülle der Anemoneen betrachten wir also als zustande gekommen aus Umbildung von Staubblättern. Aber innerhalb derselben Gruppe sehen wir, daß aus den Staubblättern auch andere Organe sich bilden können. So sind die äußersten Staubblätter zu Nektarien umgebildet bei Pulsa- tilla vulgaris (Anemone Pulsatilla). Es sind hier zwischen normal aus- gebildeten Staubblättern und den an der Basis des Androeceums befindlichen Nektarien (welche in ihrer Gestalt noch den Staubblättern gleichen) alle Übergangsstufen vorhanden (wie a. a. 0. angegeben wurde). Man findet*) normale d. h. mit vier Pollensäcken versehene Staubblätter, deren Filament ^) Thfeorie elementaire de la botanique. Vgl. auch Considerations sur les fleurs doiibles, Mem. de la Soc. d'Arcueil, T. III, 1817: „Les petales, comme je Tai dejh etabli dans ma Theorie Elementaire, ne sont autre chose que des etamines exterieiu-es, qui dans I'etat naturel et ordinaire des choses sont transformees en lames ou en cornets." -) In neuerer Zeit in extremer Weise besonders Celakovsky, vgl. dessen Abhandlung über den phylogenetischen Entwicklungsgang der Blüte und über den Urspiiing der Blumen- krone, I und II, Prag 1896 und 1900. Celakovsky leitet alle Perigonblätter aus um- gebildeten 8poroi)hyllen ab (wie auch die Laubblätter). Wie Pflanzen mit nicht assimilieren- den Sporophyllen existenzfähig gewesen sein sollen, ist schwer vorstellbar. •') Die folgenden Ausführungen stimmen in allen wesentlichen Punkten übereiu mit den 1886 von mir gegebenen (Beitr. zur Kenntnis gefüllter Blüten, Jahrb. für wissensch. Botanik, 17. Bd.). Später haben auch andere Autoren ähnliche Ansichten ausgesprochen. *) Vgl. auch Familler, Biogenet. Untersuchungen über verkümmerte oder umge- bildete Sexualorgane. Flora, 82. Bd., p. 149. Einzeldarstelluug der Vegetationsorgane. 727 verkürzt ist, sodann solche mit nur drei oder zwei Pollensäcken und end- lich als Endstufe solche, bei denen die Pollensäcke ganz unterdrückt sind. Wenn wir uns denken, daß diese nektarführenden Staminodien auf ihrer Oberseite eine Vertiefung erhalten, so gelangen wir zu Formen, wie sie Trollius, Helleborus u. a. aufweisen, und schließlich zu den nektarführen- den Blumenblätter von Ranunculus. Schon bei den Anemoneen läuft aber bei einigen Formen neben diesem Vorgang ein anderer her. Wir sehen bei den Pulsatillen, Anemone nemorosa u. a. die Blütenknospe umhüllt von drei Laubblättern, welche bei anderen Formen unter Reduktion ihrer Gliederung übergehen in Hochblätter (vgl. die in Vergl. Entwicklungsgesch., p. 288, Fig. 61 gegebenen Abbildungen von Anemone stellata), bei An. Hepatica ist das Internodium zwischen diesen ganz kelchähnlich aus- gebildeten Blättern und der Blüte nicht — wie bei den anderen erwähnten Anemoneen — gestreckt, es ist, wie a. a. 0. p. 288 angegeben wurde, hier das „Involucrum" wirklich zu einem Kelche geworden. Dieser Kelch kann sich seinerseits nun auch petaloid ausbilden, zeigt aber schon durch viel- fache interessante Übergänge seine Verwandtschaft mit Hochblättern. So bei Trollius europaeus. Die Blüte ist hier umgeben von einer Anzahl gelb gefärbter Blätter, die meist ganz ungegliedert sind und sich dadurch von den ihnen voraus- gehenden Hochblättern unterscheiden. Bei Betrachtung einer größeren Anzahl von Blüten findet man indes Übergangs- formen zwischen beiden, welche zeigen, daß die äußere Blütenhülle nur aus eigen- artig ausgebildeten Hochblättern besteht, die ganz ähnlich zustande kommen, wie etwa die früher geschilderten Hochblätter von Astrantia (p. 584). Diese Übergangs- formen 1) zeigen an ihrer Spitze noch An- deutungen der Gliederung der Laubblätter (Fig. 483), teilweise auch noch grüne Fär- Fig- 483. Trollius europaeus. Drei bung, während der größere Teil des Blattes Blätter, welche den Übergang von den . °' , . TTT- T • 1 Hochblättern zur äußeren Blutenhülle gelb geworden ist. Wir werden sie also darstellen. Sie sind gelb, nüt Aus- ais Hochblätter betrachten , die, zu einem uahme der punktierten Stellen, welche Bestandteil der Blüte geworden, dieser als chloroiihyllhaltig sind. Schauapparat wie als Knospenschutz dienen. Auf sie folgen die aus umgebildeten Staubblättern bestehenden, der Blumen- krone z. B. von Ranunculus entsprechenden Nektarien, dann die Staubblätter und die Fruchtblätter. Eine ursprünglich nur mit Sporophyllen besetzte Blütenachse kann also eine reichere Ausstattung erhalten: 1) indem die der Blüte benachbarten Hochblätter, in den Dienst der- selben tretend, sich als „Kelch" ausbilden (so auch bei Anemone Hepatica), der zugleich Schauapparat sein kann ; 2) indem die äußersten Staubblätter sich entweder nur zum Schau- apparat ausbilden (manche Clematideen, z. B. Atragene alpina) oder zu Nektarien (Pulsatilla) oder zu Gebilden, welche zugleich als Schauapparat •) Solche finden sich z. B. auch bei den Endblüten von Gentiana asclepiadea. Es läßt sich hier verfolgen, wie die zwei obersten Laubblätter sozusagen in die Bildung des Kelches hineingezogen werden ; nicht selten ist eines derselben mit der Kelchröhre nur teilweise ver- einigt und zeigt dann einen erweiterten, scheidenförniigen Basalteil, während die Spitze dei- Kelchröhre einer Laubblattsprcite entsjjricht. Es finden sieh eben, wenn man eine größere Anzahl von Pflanzen vergleicht, alle Ubergangsstufen von solchen Blüten, die scharf gegen den vegetativen Sproß abgesetzt sind, bis zu solchen, die allmählich in denselben übergehen. '7<^ü Speciclle Organographie. und als Nektarien dienen (Ranunculus, auch Trollius, wo aber die ver- hältnismäßig kleineu Nektarien trotz ihrer Orangefärbung als Schauapparat kaum in Betracht kommen werden). Daß bei vielen anderen Familien (be- sonders deutlich bei Nymphaeaceen, Mesembryanthemum, Zingiberaceen) die De CANDOLLE'sche Anschauung gleichfalls ungezwungen sich den morpho- logischen Thatsachen anschmiegt, scheint mir unbestreitbar, sehen wir ja- doch in manchen Blüten sehr deuthch, daß die Staubblätter als Schau- apparat dienen mit oder ohne Punktionsverlust, und auch die Erfahrungen an gefüllten Blüten weisen darauf hin, daß die Staubblätter besonders leicht der petaloiden Umbildung unterliegen. Daß diese auch Laubblätter be- treffen kann, geht nicht nur aus dem über Trollius oben Gesagten, sondern auch z. B. aus dem über Nidularium früher (p. 7) Angeführten hervor. Man wird sich übrigens hüten müssen, die von der der vegetativen Teile abweichende Färbung des „Schauapparates" der Blüten lediglich als zur Bestäubung in Beziehung stehend zu betrachten. Es zeigen auch bei manchen Couiferen (z. B. der Fichte) männliche und weibliche Blüten — obwohl hier die Bestäubung durch den Wind erfolgt — eine lebhafte rote Färbung, und auch bei Moosen sahen wir bei den Sexualorganen vielfach dieselbe Erscheinung. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß die bei Her- vorbringung der Fortpflanzungsorgane vielfach auftretende charakteristische Färbung in Verbindung steht mit bestimmten Stoffwechselvorgängen, ohne daß es aber bis jetzt möglich wäre, dieselben zu überblicken. Denn wenn auch z. B. angegeben wird i) , daß die Atmungsthätigkeit der Blumen eine größere ist, als die grüner Blattorgane, die Transpiration dagegen eine geringere, so wissen wir doch nicht, wie dieses Verhalten in die Ge- samtökonomie der Blüte eingreift und womit es (vom rein physiologischen Standpunkt aus) zusammenhängt, daß bei vielen Blüten, z. B. denen der Urticaceen, korollinische Organe ganz fehlen. Darauf, daß die Größe der Blumenkroue (und in manchen Fällen auch die Intensität der Färbung) ^') abhängt von äußerer Faktoren , nament- lich von der Lichtintensität, wurde früher schon hingewiesen (p. 209 ff.), es wurde dort auch hervorgehoben, daß dies nur ein Einzelfall der That- sache ist, daß die verschiedenen Entwicklungsstadien der Pflanze an ver- schiedene äußere Bedingungen gebunden sind, und daß auch andere Fak- toren als das Licht auf die Blütenbildung von Einfluß sind, was auch durch neue Untersuchungen von Klebs ^) Bestätigung gefunden hat. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß die früher beschriebenen unwesentlich dorsiventralen Blüten, wie wir sie an der Außenseite mancher Blütenstände finden, d. h. solche mit einseitig (nach außen) geförderter Blumenkrone ihre Gestalt vielleicht der Thatsache verdanken, daß die äußeren Teile der Blumenkrone auch die intensiver beleuchteten seit einer langen Reihe von Generationen waren, es handelt sich dabei höchst wahrscheinlich um eine erblich gewordene Einwirkung. Jedenfalls aber ist von Interesse, daß wir ^) CUETEL, Reeherches physiologiques sur la fleur. Ann. des sciences nat., 8 Ser., T. G. '') Die Abhängigkeit dei" Intensität der Färbung von der des Lichtes ist nicht bei allen Pflanzen gleich ausgeprägt. Schon Askenasy (Bot. Zeit., 1876) hat übrigens gezeigt, daß die Blüten von Antirrhinum majus und Digitalis purpurea, welche sich an ihrer Blätter beraubten Sprossen entwickelt hatten, weiß blieben, daß also Ernährungsstörungen auf die Farbenbildung einwii-ken. ^) G. Klebs (Einige Ergebnisse der Fortpflanzungsphysiologie, Ber. der D. bot. Gesell- schaft, 1901, p. 211) fand unter anderem, daß die Größe der Blumenkrone von Myosotis ])alustris nicht nur durch schwaches Licht, sondern etwa durch zu feuchte Luft oder durch zu starke Nährlösung verändert wird. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 729 ganz cähnliche Erscheinungen experimentell hervorrufen können i). In Fig. 484 ist eine Inflorescenz von Helianthus annuus abgebildet, an welcher die Rand bluten infolge ungleich starker Beleuchtung ungleich entwickelt sind; denken wir uns statt des in Fig. 484 // abgebildeten Blütenkopfes eine einzelne Eandblüte etwa von Scabiosa, so erhalten wir im Grunde eine ganz ähnliche Gestaltung. Ob die hier angenommene Analogie eine wirkliche oder nur eine scheinbare ist, kann nur durch experimentelle Untersuchung von Pflanzen, welche in dieser Hinsicht „plastische" Blüten besitzen, nachgewiesen werden. Fig. 484. Helianthus annuus nach N. J. C. Müller. Blütenköpfe bei einseitiger schwacher Beleuchtung gezogen (verkleinert), an der schwächer beleuchteten Seite sind die Randblüten bedeutend -kleiner als an der stärker beleuchteten. b) Die zahllosen Gestaltungsverschiedenheiten der Blüten- hülle hier zu besprechen, würde nur im Zusammenhang mit der Funktion derselben berechtigt sein. Wohl aber darf kurz auf einen Punkt von allgemeinerer Bedeutung hingewiesen werden, darauf, daß bedeutende Formverschiedenheiten im fertigen Zustand zustande kommen durch ver- hältnismäßig geringfügige Verschiedenheiten in der Wachstumsverteilung. Es ist dies übrigens ein allgemein geltender Grundsatz, ich habe ihn früher am Beispiel der Grasinflorescenzen 2) zu erläutern gesucht, Sachs hat dann in seinen „Vorlesungen" in lehrreicher Weise dasselbe Verhalten an der Entwicklung der Laubblätter erläutert. Was die Blumenkrone anbelangt, so sei ausgegangen von der Anlage einer radiären aus fünf Blattanlagen „verwachsenen" Korolle, wie sie vielen Dikotylenblüten zukommt. Schon die „Verwachsung" hängt ja, wie wir sahen, von einer Wachstumsverschiebung ab. Würde jede der fünf Blattanlagen in ihrem freien Teil wachsen, so entstände eine choripetale Blumenkrone, es wachsen aber die freien Teile nur unbedeutend, stark dagegen die Inser- tionszone der fünf Blattanlagen (deren zusammenhängende basale Partieen,) und so entsteht die Röhre mit fünf Auszackungen, von der wir ausgingen. Diese entwickelt sich zu einer radiären Blumenkrone etwa bei einer Cam- panula oder der Röhrenblüte einer Composite weiter, wenn das Wachstum der Hauptsache nach auf den becher- resp. röhrenförmigen Basalteil be- 1) Vgl. auch die kurze Angabe von N. J. C. MÜLLER, Handbuch der Botanik, 1. Bd., p. 269. Ccrtel's oben angeführte Untersuchungen haben in dieser Beziehung nichts wesent- lich Neues ergeben. Es sei hier auch erinnert an die p. 301 Anm. 4 angeführten Fälle einseitiger Ausbildung bei Leber- und Laubmoosen. Auch bei den Vorblättern einiger Diko- tylen traf ich neuerdings analoge Ausbildungsverhältnisse. -) Zur Entwicklungsgeschichte einiger Inflorescenzen. .Tahrb. für wissenschaftl. Botanik, 14. Bd. Goebel, Organographie der Pflanzen. 48 "JQQ Specielle Organograiihie. schränkt ist (sei es daß dieser gleichmäßig wächst oder eine — wohl meist basale — Zone länger embryonalen Charakter behält). Wenn aber eine unterhalb der Auszackungen gelegene Zone stark wächst, so treten je nach dem Verlauf dieser Wachstumszone andere Gestaltungsverhältnisse ein. Denken wir uns die wachsende Zone unterhalb 1 und 2 Eig. 485 in der punktierten Linie. Diese trifft links von 1 und rechts von 2 auf die Buchten, welche die beiden Korollenzipfel trennen, verläuft aber zwischen 1 und 2 unterhalb der trennenden Bucht. Wenn eine ^-^ ebensolche Wachstumszone unterhalb des Zipfels 5, 4, f^^^^!!^^3\ 5 liegt, muß eine zweilippige Korolle entstehen, wenn die \n^^y^j\) Zipfel 1 und 2 frühzeitig im Wachstum ganz znrück- ] bleiben, die Gestalt, welche die Randblüten der Tubuli- 1 floren unter den Compositen zeigen, wenn die Wachs- \ . tumszone nur an einer Stelle auf die trennende Bucht \ / trifft , erhalten wir die „einseitig aufgeschlitzten" i), später dann flach ausgebreiteten Blumenkronen der Li- Fig. 485. Schema „ulifloren. für die Gestaltver- " änderuug einei- sym- . petalen Blumenkrone 2) A 11 cl r 0 G C GU 111. Die GGStalt der Mlkl'OSpOrO- bei verschiedener phylle Ist bei den Aiigiospermeii eine viel einförmi- Wachsuimsverteiiung. ggre , als bei den Gymnospermen; während bei den letzteren, wie wir sahen, die Zahl der Mikrosporangien (Pollensäcke) eine ziemlich variable ist (zuweilen selbst innerhalb ein und derselben Blüte, vgl. Juniperus), ist bei den Angiospermen die Vierzahl bei weitem die vorherrschende. Was die Stellung der Pollensäcke anbelangt, so verlaufen sie in der Mehrzahl der Fälle in der Längslinie des Staubblattes so, daß sie den vier Kanten des Staubblattes entsprechen. Bekanntlich können durch das Wachstum des „Konnektivs" die Pollensäcke nach der Innen- seite (intrors) oder Außenseite der Blüte hin (extrors) verschoben werden. Änderungen, die mit der Art und Weise, wie die Pollenübertragung er- folgt in engster Beziehung stehen. Übrigens giebt es auch Fälle , wo an der Anthere zwei Pollensäcke oben, zwei unten stehen (Laurineen), es ist meines Wissens nicht bekannt, ob dabei eine, im Verlauf der Entwicklung eintretende Verschiebung vorliegt. Wo Abweichungen von der Vierzahl der Mikrosporangien vorkommen, lassen sie sich auf den Typus zurückführen durch Annahme a) von Teilung der Anthere, b) Verkümmerung resp. Nichtausbildung von Pollensäcken, c) „Zusammenfließen'' und d) Teilung derselben durch Platten sterilen Gewebes. Einige Beispiele seien angeführt. a) Dieser Fall braucht kaum eine Erörterung, er findet sich bei Betula, Althaea und anderen Malvaceen, Salvia (unter Sterilisation und Umbildung der einen Antherenhälfte). b) Auf eine Verkümmerung zurückzuführen ist wohl die Zweizahl der Pollensäcke bei den Asclepiadeen 2)^ bei denen nur die vorderen Sporangien ^) Daß dies ein unzutreffendes Bikl ist, braucht nach dem Obigen kaum bemerkt zu werden. ^) Vgl. Engler, Beitr. zur Kenntnis der Antherenbildung der Metaspermen. Jahrb. für wissensch. Bot., X. — Betreffs der Cucurbitaceen sei auf das oben Gesagte verwiesen und nur erwähnt, daß der bei manchen Cucurbitaceen sehr auffällig gewundene Verlauf der rolleusäckc eine reichlichere Pollenproduktion trotz der Halbierung der Antheren ermöglicht, domgemäß wird diese Erscheinung bei den Formen am auffallendsten sein, wo der Bedarf an Pollen (wegen der großen Zalil der Samenanlagen etc.) am größten ist. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 731 entwickelt zu sein pHegen ; es steht die Verkümmerung der hinteren Pollen- fächer hier olfenbar mit der eigentümlichen Ausbildung der Staubblätter überhaupt im Zusammenhang, ebenso bei den Marantaceen, wo eine Hälfte des Staubblattes petaloid entwickelt ist. c) Das „Zusammenfließen" von Sporangien haben wir auch bei den Gymnospermen, für Juniperus kennen gelernt ; daß dieser Vorgang auch bei Angiospermen sich findet, ist um so weniger auffallend, als hier die Spor- angien viel weniger selbständig hervortreten, als bei jenen. Es kann das „Zusammenfließen" zustande kommen entweder durch nachträgliche Ver- drängung von sterilem Gewebe oder dadurch, daß an Stellen, wo sonst steriles Gewebe auftritt, fertiles sich bildet. Welcher Vorgang z. B. bei den Orchideen, welche, wie Stanhopea, Gongora, Trichopilia, diese Er- scheimmg zeigen, stattfindet, ist meines Wissens nicht bekannt. Doch scheint mir sehr wahrscheinlich, daß auch der zweite vorkommt, nur die Entwick- lungsgeschichte könnte darüber Auf- schluß geben. Da wir aber bei Cyclan- thera z. B. in der Mitte der Blüte einen Körper sich erheben sehen, der zwei ringförmige , rings herumlaufende Pollenfächer enthält, so ist es sehr wahr- scheinlich, daß dieses Gebilde zustande kam aus Vereinfachung eines Androe- ceums, das aus fünf Staubblättern mit je zwei horizontal gestellten Fächern, zwischen denen aber steriles Gewebe nicht mehr ausgebildet wurde i), bestand. d) Jedenfalls häufiger ist eine Tei- lung der Mikrosporangien durch Plat- ten sterilen Gewebes, ein Vorgang, auf welchen bei Besprechung der Sporangien- bildung zurückzukommen sein wird. Er findet sich (neben „normaler" Antheren- bildung) in verschiedenen Familien , z. B. sind unter den Onagrariaceen bei Clarkia vier bis fünf, bei Gaura biennis sechs Teilfächer vorhanden , während Epilobium , Oenothera u. a. einfache Fächer haben. Das Vorkommen der Fächerung in verschiedenen Verwandt- schaftskreisen scheint mir darauf hinzu- deuten, daß hier ein abgeleitetes, nicht ein ursprüngliches Verhalten vorliegt, dessen biologische Bedeutung, wie ich früher schon hervorhob, offenbar der der „Trabeculae" in den Isoetessporangien entspricht (vgl. den Abschnitt über Sporangienentwicklung), d. h. es wird durch die Bildung dieser sterilen Gewebeplatten die Ernährung der sporogenen Zellkomplexe erleichtert. Wir werden demgemäß diese Ausbildung namentlich in langen und breiten, massigen Antheren finden; als Beispiel sei die Antherenbildung von Rhizo- phora angeführt (Fig. 486). Fig. 486. Längsschnitt durch eine Blüte vonRhizoijhora mucronata. In derAuthere zahlreiche kugelige Mikrosporangien (p). Unterhalb des Fruchtknotens ein schwam- miges Gewebe (*S'), welches später von dem heranwachsenden Samen verdrängt wird. 1) Ob man diese Anthere als eine „appendikuläre" (aus verwachsenen Blättern ent- standene) oder eine axile betrachten will, scheint mir ein bloßer Wortstreit zu sein; die Frage ist nur, wie sie abzuleiten ist, denn daß bei ihrer Anlegung keine Sonderung in Achse und Blatt mehr hervortritt, ist klar. 48* 7Q9 Specielle Organograi:)hie. Daß die Staul)blätter mancher Blüten eine Umbildimg (verbunden mit Funktionswechsel) erfahren, geht schon aus den oben für die Ran- nunculaceen angeführten Beispielen hervor, denen sich zahlreiche andere anreihen ließen. In manchen Fällen ist übrigens die Funktion der um- gebildeten resp. in ihrer Entwicklung gestörten Staubblätter nicht be- kannt (z. B. Boronia, Cassia), und jedenfalls läßt sich zwischen umge- bildeten und in ihrer normalen Entwicklung gestörten Staubblättern i) keine scharfe Grenze ziehen. 3) Gynaeceum. Charakteristisch für die Angiospermen ist bekanntlich, daß die Makro- sporangien eingeschlossen sind in ein Gehäuse, den Fruchtknoten. Die Art und Weise, wie dieser zustande kommt, hat vielfach zu Streitfragen Veranlassung gegeben. Die Meinungsverschiedenheiten sind verursacht teils durch die unten zu erwähnenden Eigentümlichkeiten in der Ent- wicklung dieses Organes, die man sich nicht immer klar zum Bewußtsein brachte, teils aber sind sie auch lediglich Wortstreitigkeiten. Es handelte sich dabei wesentlich um die Frage, inwieweit bei dem Aufbau des Gynaeceum s die Fruchtblätter (Makrosporophylle) und wie weit die Blütenachse beteiligt sei, namentlich aber darum, wie die Pla- centen aufzufassen seien. Die vergleichende Morphologie suchte, aus- gehend von dem Verhalten der Cycadeen (wo der blattbürtige Ursprung der Samenanlagen deutlich ist) und anderen Fällen, namentlich auch von Vergrünungen, die Placenten und damit die Samenaulagen überall als Produkte der Fruchtblätter nachzuweisen -), sie war dabei aber zur An- nahme von Verwachsungen und Verschmelzungen genötigt, die zunächst nur auf dem Papier bestanden. Die Entwicklungsgeschichte aber schien zu ganz anderen Resultaten zu führen. Payer z. B. glaubte die Placenten allgemein als Achsenorgane auffassen zu sollen ^) , und nicht minder bestanden Verschiedenheiten in den Ansichten über das Zustande- kommen des unterständigen Fruchtknotens u. a. Es wurde nun oben nachzuweisen versucht, daß die Blüten aller- dings von vegetativen Sprossen abzuleiten sind, aber im Zusammenhange mit ihrer ganzen Ausbildung doch eine Anzahl von Abweichungen gegen- über dem Verhalten rein vegetativer Sprosse zeigen. Es wäre also un- berechtigt, das Schema der Gliederung der letzteren ohne weiteres in alle Gestaltuugsverhältnisse der Blüten hineinzukonstruieren und es — wenigstens der „Idee" nach — auch als diesen zu Grunde liegend zu betrachten. Jede Deutung muß vor allem enge den wahrnehmbaren Thatsachen sich anschmiegen. Was wir hier — wie in anderen Fällen — thun können, ist, uns durch Vergleichung der beobachteten Erscheinungen ein Bild zu machen, wie sie zustande gekommen sind, oder vielm ehr, richtiger gesagt, die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen in Reihen an- zuordnen. Aber wir werden wenig gewonnen haben, wenn wir in die Endglieder einer Reihe deren Anfangsstadien noch hineinkonstruieren, sondern besser thun, wenn wir zugeben, daß die Natur gerade auf ihr ^) Vgl. darüber Familler a. a. O. -) Vgl. uameutlich Celakovsky, Vergl. Darstellung der Placenten in den Frucht- knoten der Phauerogamen. Al>liaudl. der K. böhm. Gesellschaft der Wissensch., VI. Folge, 8. Bd., 1876. ' ^ 3) a. a. O. p. 728. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. Jtjß Ziel lossteuert und dabei Abkürzungen wählt, deren Zustandekommen wir durch den Vergleich einigermaßen verfolgen können. Es sei hier nochmals an die oben besprocheneu instruktiven Fälle bei Gymnospermen, namentlich die Mikrosporangien von Juniperus erinnert, die, ursprünglich deutlich blattbürtig, schließlich am Ende der Blüte unter Reduktion des Sporophylls für die unmittelbare Beobachtung achsenbürtig werden. Wir haben zwar noch einen Rest des Sporophylls als vorhanden angenommen, aber es wäre wenig geändert, wenn auch er verschwände, und das Spor- angium direkt aus der Blütenachse entsi)ringen würde. Was uns in diesem Falle interessiert, ist nicht die Thatsache, daß das Sporangium in dem gewöhnlichen Falle an einem Sporophyll, in dem zuletzt angenom- menen an der Blütenachse entspringt, sondern die Verfolgung des Weges, auf welchem der letztere Vorgang zustande gekommen ist. Früher hat man blattbürtige und achsenbürtige Organe als solche verschiedenen „mor- phologischen Wertes'' betrachtet und deshalb Organen, die sicli durch ihre sonstigen Eigenschaften als offenbar gleichartig erwiesen, auch denselben Entstellungsort zu retten gesucht. Für uns ist der letztere, wie mehr- fach ausgeführt wurde, ein mehr oder minder nebensächlicher. Wie alles andere kann auch er sich ändern ; was wir ermitteln können, ist die Art und Weise, wie die Änderung vor sich gegangen ist, und (was die viel schwierigere, aber auch viel reizvollere Aufgabe ist) die Bedingungen, unter denen sie sich vollzogen hat. Bei Juni- perus lag, wie wir sahen, eine Abkürzung in der Entwicklung vor. Solche Abküi-zungen finden sich, und zwar in sehr weitgehendem Maße auch bei dem Aufbau des Angiospermen -Gynaeceums. Wenn wir hierbei mit Recht auszugehen suchen von Fällen, wo die vom vege- tativen Sproß und den Blüten der Gymnospermen her bekannten Er- scheinungen noch wahrnehmbar sind, die Fruchtblätter also von der Achse sich scharf abgliedern und die Samenanlagen, sei es an ihren (mit- einander verwachsenden) Rändern, sei es auf der Fläche, hervorbringen, so finden wir doch am Ende der Reihe andere Fälle, bei denen die Abgliederung nicht nur der Fruchtblätter aus der Blütenachse, sondern auch der Samenanlagen von den Fruchtblättern ganz und gar unter- bleibt. Ein solcher Fall wird bei Besprechung der Samenanlagen für Balanophora zu erwähnen sein. Sollen wir auch in ihn unser Schema hineingeheimnissen? Richtet sich die Natur nach unseren Abstraktionen, oder ist es nicht vielmehr der richtige Weg, ihren zahllosen Wandlungen unsere Begriffe anzupassen? Die Abkürzungen, welche wir bei der Bildung der Fruchtknoten wahrnehmen können, sind namentlich folgende : a) Die Abgliederung von Achse und Blatt wird, in verschiedenen Abstufungen eine weniger scharfe, bedingt namentlich auch dadurch, daß das Areal des Blütenvegetationspunktes durch die Fruchtblätter oft ganz aufgebraucht wird. b) „Verwachsene'^ Teile treten von Anfang an miteinander in Zu- sammenhang auf, statt nachträghch zu verschmelzen. c) Dies gilt nicht nur für den Zusammenhang mehrerer Frucht- blätter unter sich, sondern auch für jedes einzelne Fruchtblatt selbst. Das Gehäuse, welches dieses zu bilden hat, kommt verhältnismäßig selten durch die Vereinigung ursprünglich freier Ränder zustande. Viel häufiger ist, daß das Fruchtblatt einem schildförmigen Blatte ähnlich sich entwickelt, nur unter Wegfall des Stieles, d. h. es tritt auf der Oberseite des Fruchtblattes eine Einsenkung auf (etwa wie bei der 734 Specielle Organographic. Bildung eines Schlauchblattes einer Sarracenia u. a.), die sich vertieft. Der eine, der Spitze des Fruchtblattes entsprechende Teil (« Fig. 487) wäclist dabei meist stärker, er bildet den Griffel (wo ein solcher vor- handen ist) und die Narbe. Der andere kann als die „Sohle" des Frucht- blattes bezeichnet werden. Er setzt sich in die Fruchtblattränder nach oben fort und ist dadurch entstanden, daß die Fruchtblattränder hier sich nicht voneinander gesondert haben. Hier findet namentlich, wo die Zahl der Samenanlagen eine reduzierte ist, mit Vorliebe die Bildung derselben statt, eine Erscheinung, die damit zusammenhängen dürfte, daß in diesem basalen Kessel der geschützteste Platz ist. Wenn hier nur eine Samenanlage sich befindet, pflegt sie Medianstellung einzu- nehmen, während weiter oben die Fruchtblattränder die Urspruugsstellen sind (vgl. Ophioglossum, p. 662). 1 Fig. 487. Schema für die Fruehtblattentwickluug mancher Angiospermen (mit Sohlenbildung). 1 — 5 im Längsschnitt, 6 u. 7 im Querschnitt. Das Gynaeceum bildet ursprünglich das Schlußgebilde der Blüte, diese Stellung wird bei perigynen und namentlich bei epigynen Blüten mehr oder minder frühzeitig verändert; Entwicklungsgeschichte und Ver- gleich zeigen uns, wie dieser Vorgang zustande kommt, und daß keinerlei wesentliche Differenz im Aufbau des Gynaeceums hypogyner und epigyner Blüten besteht. Auch Übergangsformen zwischen den- selben sind bekannt. Trotzdem wird es instruktiver sein, sie in der Darstellung gesondert zu behandeln. Zur Terminologie sei noch folgendes bemerkt: Die auf die Zahl der Fruchtblätter bezüglichen Ausdrücke monomer, dimer, polymer erklären sich ohne weiteres. Was das gegenseitige Verhalten der Fruchtblätter anbe- langt, so unterscheidet man jetzt meist nur apokarpe Gynäceen (bei welchen die einzelnen Fruchtblätter nicht miteinander verwachsen sind) und syn- karpe, bei denen zwei oder mehr Fruchtblätter sich zur Bildung eines Fruchtknotens vereinigen. Es scheint mir aber zweckmäßig, auch den Ausdruck „parakarp" beizubehalten. Darunter sind Fruchtknoten zu ver- stehen, deren Fruchtblätter nur mit den Rändern verwachsen (ihre gegen- seitige Lage entspricht der „klappigen" Knospenlage), während bei syn- karpen Gynäceen die Verwachsung auch (bildlich gesprochen) auf der Fläche, und zwar der Außenfläche der Fruchtblätter erfolgt. Parakarp sind z. B. die unten zu besprechenden Gynäceen von Dionaea und Primula. Die Samenanlagen können an den Fruchtblättern an verschiedenen Stellen entspringen, meist an den (oft mächtig angeschwollenen) Frucht- Eiiizeldaistelluug der Vegetationsorgaue. 735 blatträndern, aber auch auf deren Oberseite (Butomus, Cabomba u. a.) und auf der Unterseite. Da letzterer Fall, trotz seines nicht gerade seltenen Vorkommens auch neuerdings ausdrücklich von Celakovsky in Abrede gestellt wird, so sei hier besonders darauf hingewiesen. Ich habe schon früher i) gezeigt, daß er sich findet in synkarpen Frucht- knoten, deren Ränder stark nach einwärts geschlagen, aber nur auf einer verhältnismäßig kleinen Strecke verwachsen sind. So z, B. b. Erythraea, deren Fruchtknoten aus zwei, verhältnismäßig spät miteinander verwachsenden Fruchtblättern ge- bildet ist. Die eingeschlagenen Ränder tragen, wie Fig. 488 II und 111 zeigt, die Samenanlagen auf der Unterseite und am Rande der Fruchtblätter , es geht zugleich aus der Abbildung hervor, daß die Einkrümmung der P'rucht- blattränder im Verlauf der Ent- wicklung zunimmt , und ganz Analoges findet sich in anderen Fällen. Betreffs der Frage, welche Stellung der Samenanlage, rand- ständige oder flächenständige, als die primitivere zu bezeichnen sei, kann auf das bei den Sporo- phjllen der Farne und der Gymno- spermen kurz Angeführte hingewiesen werden, es sind das Fragen, die derzeit eine irgend sichere Lösung nicht erwarten lassen. Fig. 488. / Querschnitt durch eine Blütenknospe von Erythraea pulcliella. In der Mitte die beiden Fruchtblätter, welche sich mit den Rändern be- rühren , Samenanlagen noch nicht vorhanden. II und /// Querschnitte durch ältere Frucht- knoten, die Fruchtblattränder haben sich stärker nach innen eingekrümmt und Samenanlagen auf ihrer Unter seite erzeugt. (Yergr.) A. Oberständiges Gynaeeeum. L A p 0 k a r p e F r u c h t k n o t e n b i 1 d u n g. Den einfachsten Fall bietet die Bildung eines Fruchtknotens aus einem einzigen Fruchtblatt (Makrosporophyll = Karpell), das ursprünglich off"en, später mit den Rändern verwächst und die Samenanlagen an den verwachsenen Rändern trägt. So ist es z. B. bei den Papilionaceen. Das einzige Fruchtblatt entsteht hier, noch bevor sämtliche Staub- blätter angelegt sind, in Form eines die eine Seite der Blütenachse umfassenden Hufeisens, allmählich aber umfaßt die Karpellanlage den ganzen Achsenscheitel (wie z. B. die Anlage eines Grasblattes). Das Wachstum ist aber immer auf der Seite das geförderte, wo ursprünglich schon die höchste Erhebung war. Auf einem späteren Stadium "-) finden wir das Karpell in einer Form, welche Payer treffend mit der eines auf einer Seite aufgeschlitzten Sackes vergleicht : die Spalte wird gebildet von den einander genäherten, aber noch nicht verwachsenen Rändern. Die Samenanlagen sprossen aus diesen Blatträndern hervor, bilden also 1) Yergl. Entwieklungsgesch. (1883), p. 432. Später ist, wie ich aus einem Referate im Bot. Centralblatt, 50. B^d. entnehme, p. 375 CHA^^-EA^D für Asclepiadeen und Apocyueen zu demselben Resultate gekommen. Vgl. übrigens auch A. BRAUN, Über die Gymuospermie der Cycadeen (Monatsber. der Berliner Akademie), p. 352. 2) Als Untersuchungsmaterial wurde Vicia Faba benutzt. yßß , Specielle Organographie. im FiTichtknoten zwei, der Mittellinie des Fniclitblattes gegenüberliegende Reihen, und indem die Ränder später vollständig miteinander verwachsen, entsteht das bei den Papilionaceen als Schote bezeichnete Fruchtgehäuse, welches ursprünglich einfächerig ist und nur bei wenigen Arten durch leistenförmige Wucherungen der Karpell-Innenseite in Längs- (Astragalus) oder Querfächer (Cassia fistula) geteilt wird, eine Erscheinung, welche auch in anderen Fruchtknoten nicht selten ist. Zahlreiche monomere Fruchtknoten finden sich bei vielen Rosaceen und Ranunculaceen. Bei den ersteren, von denen die Unterabteilung der Dryadeen hier etwas näher ins Auge gefaßt w-erden soll, sind die Blüten perigynisch, d. h. Kelch-, Kronen- und Staubblätter stehen auf einer becherförmigen Blütenachsenzone. welche den oberen kuppei- förmig gewölbten Teil der Blütenachse umgiebt, der die Karpelle trägt. Die Karpelle entstehen auf der letzteren in Vielzahl, und zwar treten die ersten derselben z. B. bei den Rubus-Arten auf, ehe die Staub- blätter auf der becherförmigen Blütenachsenzone alle angelegt sind. Ein einzelnes Karpell von Geum \), Rosa etc., hat anfangs die Form eines halbkugeligen Höckers, der bei weiterem Wachstum sich abflacht, ganz wie eine gewöhnliche Blattanlage. Die Oberfläche wird konkav, die Ränder nähern sich, und zugleich findet eine bedeutende Verlängerung statt, die Ränder schließen sich dann wie im vorigen Fall zusammen (Payer, Fig. 15, Taf, 100). Gleichzeitig aber erhebt sich auch die basale Partie des Blattes, die Sohle (vgl. das oben p. 734 Bemerkte). Dabei läßt sich hier wie in anderen Fällen eine Reduktion in der Zahl der Samenanlagen deutlich bemerken : die Spiraeaceen haben noch zahlreiche randbürtige, bei Rosa sind es deren zwei, die unmittelbar oberhalb des unteren, sackförmigen Teiles entspringen, bei Geum verkümmert von den zwei Samenanlagen regelmäßig eine schon frühe, häufig unterbleibt auch ihre Bildung ganz und gar, und die eine übrig bleibende nimmt dann nahezu Meclianstellung ein ; sie steht wie unmittelbar oberhalb des für ihre Weiterentwicklung l)estimmten unteren sackförmigen Teiles des Fruchtknotens. Ein ganz ähnlicher Vorgang: Reduktion der Samen- anlagen auf eine einzige und Medianstellung derselben, läßt sich bei den Ranunculaceen beobachten. Die Fruchtblätter von Ranuuculus, Myosurus u. a. stehen in „spiraliger" Anordnung auf dem konischen Blütenvege- tationspunkt. Sie produzieren hier nur je eine Samenknospe. Das Karpell wird wie bei Rosa auf seiner Oberfläche konkav (vgl. Fig. 487 IT), dann wird es kapuzenförmig, und die ursprünglich freien Ränder nähern sich, um später zu verwachsen. Dicht unterhalb der Stelle, wo die Verwach- sung beginnt, entspringt die Samenanlage, bei Ranuuculus scheinbar (im Längsschnitt) aus der Achsel des Karpells, in Wirklichkeit aber, wie dies namentlich Anemone zeigt, auf dessen Fläche und zwar eben aus der „Sohle" des Karpells, genau unterhalb der Mitte des von den beiden zusammengewölbten Karpellrändern begrenzten Spaltes. Ist die Samen- anlage von der Karpellsohle nicht deutlich abgegrenzt, so erscheint sie im Längsschnitt als die direkte Verlängerung derselben, und es sieht so aus, als wäre die Samenanlage achselständig. So ist sie früher teilweise auch aufgefaßt worden. Andere Ranunculaceen, wie Clematis calycina (Payer, a. a. 0., Taf. 58, Fig. 18 und 19), besitzen außer dieser medianen Samenknospe noch je zwei weitere an jedem Karpellrand: ein Uebergang 1) Vgl. ausser Payee, Taf. 100 ff., auch Warmixg, De l'ovule, Aun. d. scienc, uat., 6. ser. Bot., T. 5, p. 181 ff. Einzeldarstellung der Vegetationsorgane. 737 zu dem Verhalten von Helleboriis, welcher, wie die Papilionaceen und Spiraeaceen, zahlreiche randbürtige Samenanlagen in jedem Frucht- blatt aufweist. Die kapuzenförmige Aushöhlung oder Sohlenbildung des Fruchtblattes beruht genau auf demselben Vorgang wie die Bildung der gespornten Petala von Delphinium (vgl. Payer, Organog., Taf. 55, Fig. 20—27), auch dort konkave Aushöhlung der Oberseite, verbunden mit dem Auftreten eines Querwulstes an der Basis des Petalums, genau so wie bei der Bildung der Schläuche von Utricularia oder der zu Nektarien umgebildeten Petala von Helleborus. Fig. 489. (Nach Payek.) 1 — 3 Ailanthus glandnlosa, Fruebtknoteuentwieklung, bei s Sohle der Fruchtblätter, sk Samenknospe. 4 und 5 Coriaria myitifolia: die Samenanlagen {sk) ent- sjiringen wie bei Ailanthus vor der Mitte der Fruchtblätter, eine „Sohle" ist hier aber nicht wahrzunehmen. Mit mehr Recht, als bei den Ranunculaceen, kann man bei einigen anderen apokarpen Gynäceen von Samenknospen sprechen, welche scheinbar^) in der Achsel des Karpells aus der Blütenachse entspringen. Die Fig. 489 giebt dafür zwei sehr instruktive Beispiele. Bei beiden, bei Ailanthus wie bei Coriaria, werden unterhalb des breiten, abgeflachten Vegetationspunktes fünf Karpelle angelegt. Die Karpelle von Ailanthus nun zeigen eine ganz ähnliche Kapuzeubildung wie die von Ranun- culus, wie dies namentlich in Fig. 489 2, an dem hinteren Karpell zu sehen ist. Bei s ist die Karpellsohle , oberhalb derselben ein breiter, viereckiger Spalt, der später durch Verwachsung der Ränder geschlossen wird (Fig. 489 :i)\ daß (ähnlich wie bei den Papilionaceen- karpellen) der Spalt sich nicht bis zur Karpellspitze fortsetzt, beruht nicht darauf, daß hier ein der Sohlenbilduug analoger Prozeß eintritt, sondern auf starkem Flächenwachstum unterhalb der Karpellspitze. Das Karpell sitzt hier aber der Blütenachse mit breiterer Basis auf, als bei Ranunculus, infolge davon sieht es auf einem Längsschnitte so aus, als 1) Daß die Ansicht PaYER's aber auch hier unhaltbar ist, wurde sclion in der „Vergl. Entwicklungsgeschichte" (1883) betont. "738 Speclelle Oiganographie. ob die Karpellsohle (s. Fig. 489 5) eine Sprossung der Blütenachse selbst sei. Der Vorgang ist aber, wie auch die genauere Verfolgung der Ent- wicklungsgeschichte zeigt 1), ein ganz ähnlicher wie bei Ranunculus, nur daß eben die Trennung zwischen Karpell und Blütenvegetationspunkt eine weniger scharfe ist. Bei Coriaria dagegen sehen wir diesen Vorgang noch weiter fortgeschritten. Die Karpelfsohle ist hier auf dem Längs- schnitte von deniBlütenvegetationspunkte nicht abgegliedert. Aber eine genauere entwicklungsgeschichtliche Untersuchung ^j würde auch hier wohl zeigen, daß sie ebenso wie bei Ailanthus als Teil des Karpells entsteht, aber mit dem Blütenvegetationspunkte zusammen emporwächst, so daß eine Abtrennung beider nicht hervortritt; wir können uns die (ledighch „ideale") Grenze etwa so verlaufend denken, Avie sie in Fig. 489 bei dem Karpell links durch Strichelung angedeutet ist. Der Ursprung der Samenanlage ist hier also kein wesenthch anderer, als in den oben erörterten Fällen. Und dieselbe Ableitung gilt in den Fällen, wo nur ein Fruchtblatt vorhanden ist und dieses bei seiner Entstehung die Sub- stanz des Blütenvegetationspunktes aufbraucht, wie z. B. bei den Gräsern, wo man die Samenanlage auch als aus dem Blütenvegetationspunkte ent- springend betrachtet hat. Ein solcher ist aber hier nicht mehr vor- handen, er ist in die Bildung des Karpells aufgegangen und auch die Thatsache, daß die Samenanlage später auf die Seitenwand des Frucht- knotens verschoben wird , spricht dafür , daß sie dem Fruchtblatte an- gehört. In verschiedenen Familien finden sich neben Formen mit apokarpen Gynäceen solche mit synkarpen, oder mit Übergängen zwischen beiden. Es lassen sich zunächst zwei Kategorien synkarper Gynaeceum-Eutwick- lung unterscheiden : solche, die mit und solche, die ohne Beteiligung der Blütenachsenspitze zustande kommen. Daß beide Kategorien auch hier nicht scharf trennbar sind, zeigt sich schon in der Thatsache, daß in ein und demselben Fruchtknoten die untere Partie nach dem zweiten , die obere nach dem ersten Modus zustande kommen kann. Im folgenden handelt es sich bei der großen Mannigfaltigkeit der hier stattfindenden Vorgänge nur um Hervorhebung einiger Beispiele. IL S y n k a r p e F r u c h t k n 0 1 e n b i 1 d u n g. a) Ohne Beteiligung der Blütenachse. Je nach dem Areal des B 1 ü t e n b 0 d e n s , welches die Fruchtblätter beanspruchen, ist auch die Piacent ation eine verschiedene. Teilen die Fruchtblätter bei ihrer Entstehung den Blütenboden unter sich auf, so entsteht ein zwei- bis mehrfächeriger Fruchtknoten, welcher die Placenten an den Scheidewänden (septal) trägt; lassen sie eine mittlere Zone des Blütenbodens frei (welche im Wachstum zurückbleibt), so entsteht ein einfächeriger Fruchtknoten mit parietaler Placentation. Der erstere Fall soll zunächst besprochen werden, weil der letztere sich dem nächstzu- besprechenden (mit Beteiligung der Achse) besser anschließt. a) Mit septaler Placentation. Wir können hierbei ausgehen von Fällen wie sie für Acer oben be- sprochen und abgebildet wurden. Die Fruchtblätter brauchen den Blüten- vegetationspunkt ganz auf, auf der Oberseite jedes derselben entstellt ^) Vgl. ScHAEFER, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Fruchtknotens und der Placenten. Flora, 73. Bd., 1900, p. 69 ff. ^) Payer's Figuren reichen hierbei nicht aus. Eiuzddarstollung der Veget:itionsor"ane. 739 die früher besprochene Vertiefung. Es entsteht dadurch ein von Anfang an zweifächeriger Fruchtknoten, dessen Scheidewand (hidurch sich bildet, daß die beiden Fruchtblätter in ihrem Basalteile sich nicht sondern, viel- mehr hier gemeinschaftlich emporwachsen. Diesem Verhalten schließt sich — mutatis mutandis — an das anderer Pflanzen, wie der Boragineen und Labiaten. In jedem Fach entstehen hier nur zwei Sameiumlagen. Ganz derselbe Vorgang würde es sein, wenn statt dieser in jedem Fach eine, mehrere Samenanlagen tragende Placentawucherung sich l)ilden würde. So ist es z. B. im Fruchtknoten der Solaneen und Scrophularineen (vgl. Fig. 490 A, welche zwar einen Querschnitt durch einen unter- ständigen Fruchtknoten darstellt, aber dieselbe Placentation zeigt), bei welchen ich früher noch eine Beteiligung der Achse annahm, veranlaßt pl Fig. 490. Fruchtknotenquerschnitte nach Le Maitokt und Decaisne (Lehrb.). A Lobelia. B Diapensia. C Rhododendrun. D Passiflora, pl Placenten, sa Samenanlagen. durch die unvollständigen und deshalb unrichtig gedeuteten Angaben von Bayer u. a. Wie schon die auch von mir hervorgehobene That- sache, daß der Fruchtknoten in seinem oberen Teile einfächerig (mit zwei parietalen Placenten) ist, vermuten läßt, und Schaefer auf meine Veranlassung auch entwickelungsgeschichtlich nachgewiesen hat, ist der Vorgang vielmehr ganz derselbe, wie bei Acer: die Karpelle brauchen den Blütenbodeu ganz auf und bilden durch den oben angeführten Vor- gang gewissermaßen eine Dopi)elsohle (die Scheidewand); der Rand des Fruchtknotenbechers zeigt an den den Fruchtblattspitzen entsprechenden Rändern ein gesteigertes Wachstum, und auch die Seitenteile erheben sich etwas an der „Verwachsungsstelle", dort die parietalen Teile der Placenten bildend. Im übrigen ist die Frage, wieweit die Blütenachse in die Fruchtknotenbildung mit hineingezogen wird, eigentlich von recht untergeordneter Bedeutung i). Doch seien als Beispiel für septale Placen- tation mit Beteiligung der Blütenachse noch angeführt die Oxalideen und Caryophylleen. Bei Oxalis stricta (Fig. 491) entstehen die fünf Frucht- blätter in einem Wirtel um die breite, abgeflachte Spitze der Blütenachse, sie brauchen diese also nicht vollständig auf. Jedes Fruchtblatt zeigt auch hier die oben beschriebene Sohlen bildung, aber die Blütenachse, von der die Sohlen sich nicht trennen, wächst mit diesen empor. Es entsteht so ein fünffächeriger Fruchtknoten, bei welchem die oberen freien Teile der Fruchtblätter die Griffel bilden. Ein Quei-schnitt durch den unteren Teil, den eigentHchen Fruchtknoten, zeigt also eine mittlere 1) Selbst verwandte Formen können sich hierbei, wie es scheint, verschieden verhalten, so die unten anzuführenden Caryophylleen. 740 Specielle Organographie. Fig. 491. Querschnitte durch den Fruchtknoten von Oxalis stricta. A junger Fruchtknoten vor Anlage der Samenknospen. B älterer Fruchtknoten, in dessen Fächern je zwei Reihen Samenknospen sich befinden. C Querschnitt durch den oberen Teil eines Frucht- knotens etwas älter als A, die Ränder der Fruchtblätter setzen sich dem Blüten vegetationspixnkt (Ax) an, mit welchem sie weiter unten ganz vereinigt bleiben. Partie, an welche die Ränder der Karpelle sich ansetzen, sie bleiben aber mit dieser mittleren Partie vereinigt, und an den Stellen der Mittelsäule, wo die Karpellränder sich ansetzen, verlaufen in jedem Fache zwei Längs- leisten : die Placenten. Ohne Zweifel entsprechen diese letzteren je einem Randteile eines Fruchtblattes, das sich nur eben von dem Gewebe des Blütenvegetationspunktes ^) nicht getrennt hat. Ganz ähnlich ist der A'or- gang bei Impatiens und in anderen Fällen, auch bei Caiyophylleen, wie Lychnis , Malachi- um , Silene u. a., denen zuweilen immer noch eine ,,freie'' Centralpla- centa zugeschrieben wird, weil die Scheidewände hier frühzeitig aufgelöst werden. Es ist nicht richtig, wenn Van TiEGHEM a. a. 0. p. 181 sagt: „On voit dont corabien est grande l'erreur de l'organogeniste qui ne voit dans cette colonne centrale complexe quun axe simple qui produirait les ovules ä sa surface", vielmehr zeigt auch die Entwicklungsgeschichte-) bei genauer Betrachtung, daß die Placenten „entsprechen" den mit der Achse verschmolzenen Fruchtblatträndern, dabei treten in dieser großen Familie Übergangsstufen auf, von dem Verhalten, bei welchem der Blüten- vegetation spunkt für die Fruchtblattbildung ganz verbraucht wird, bis zu dem, wo die Blütenachse als verhältnismäßig breites Stück übrig bleibt, das auch anatomisch (durch besondere Gefäßbündel) hervortritt. Es ist ja ohne weiteres verständlich, daß eine lange, massige Säule in der Mitte des Fruchtknotens, welche Material für die Entwicklung der Samen auf- speichert, auch anatomisch besonders ausgerüstet sein muß. Zugleich sehen wir, daß der Frage, ob die Blütenachse an der Fruchtknotenbil- dung beteiligt ist, keinerlei hervorragende Bedeutung zukommt. ß) Parietale Placentation. Hier bleibt der Blütenvegetationspunkt am Grunde des Fruchtknoten- bechers, die Placenten erreichen ihn nicht (Fig. 490 D) und erscheinen deshalb als Hervorragungen der Fruchtknotenwand. Ein Beispiel mag genügen. Die Fruchtblätter von Cistus populifolius (Fig. 492) werden angelegt in Form von Querwülsten, die einander zwar ziemlich genähert sind, aber anfangs doch nicht unter sich zusammenhängen. In Fig. 492 / sehen wir den Fruchtknoten schon in Becherform mit fünf ausspringenden Kanten, deren Spitzen der Mitte der Frucht- 1) Anatomisch tritt das Achsengewebe bei Oxalis stricta nicht hervor, die in der „Central- säule" des Fruchtknotens verlaufenden Bündel gehören den Fruchtblatträndern (im oben angegebenen Sinne) an. -) Vgl. Entwickelungsgesch., p. 372, Miss G. Listek, On the origin of the placentas in te tribe Alsinae of the order Caryophylleae, Linn. Soc. Journ. Botanv, Vol. XX, 1883. p. 422 ff., ScHAEFER a. a. O. Einzeldarstellung der Vescetationsorgane. 741 blattanlagen entsprechen, welche schon auf gemeinschaftlicher ringför- miger Basis emporgehoben worden sind. An derjenigen Stelle des offenen Fruchtknotenbechers, welcher der Trennungslinie zwischen je zwei Karpell- anlagen entspricht, sehen wir je einen auf der Innenwand des Frucht- knotenbechers verlaufenden dicken Längswulst auftreten : die Placenten. Die freien, die Ecken des Fruchtknotenbechers oben abschließenden Karpellränder wachsen nun in manchen Fällen, z. B. Reseda, Hypericum- Arten, zu eben so vielen Griffeln aus, indem sich die Ränder aiieinander- legen und so die Griftelröhre bilden. Wir haben dann also eine P'rucht- knotenhöhlung, auf welche mehrere distinkte Griffel zuführen. Bei Cistus ist dies nicht der Fall, hier wird die Griff'elröhre gebildet durch starke Verlängerung des oberen Teiles des Fruchtknotenbechers. Daß derselbe seinen Anfang genommen hat mit der Bildung von fünf distinkten Frucht- blättern, läßt sich äußerlich nur noch an dem Vorhandensein von fünf Narben erkennen (Fig. 492). Die Placenten dringen als Leisten bis in die Mitte des Fruchtknotens hin vor und tragen jederseits zwei Reihen von Samenanlagen, der Fruchtknoten wird dadurch unvollkommen fünf- fächerig. Fig. 492. Cistus populifolius (nach Payer). 1 Blüte seitlieh von oben ; der Fruchtknoten- becher mit fünf Placentawülsten ist angelegt, unterhalb derselben zahlreiche Staiibblättei-. 2 Halbierter Fruchtknotenbecher mit Placentawülsten vor Auftreten der Samenanlagen. S Äl- terer Fruchtknoten von außen, der obere Teil desselben wird später zum Griffel. Ein solcher einfächerig angelegter Fruchtknoten kann übrigens mehr- fächerig werden durch verschiedene Vorgänge : bei den meisten Cruciferen durch Bildung einer ,,falschen Scheidewand", welche durch Verschmelzung zweier Wucherungen entsteht, die von den Placenten ausgehen ; bei den Geraniaceen tragen die Placenten nur im unteren Teil des Fruchknotens Samenanlagen, im oberen verwachsen die Placenten miteinander zu einer den Griff'elkanal einschließenden Säule, von der sich später die P'ruchtknoten- wand in Form von fünf Klappen ablöst, ein Vorgang der zu der Ver- breitung der Samen in engster Beziehung steht. III Parakarpe Gj^näceen. Ausgegangen sei von Dionaea. Fig. 493 zeigt einen Querschnitt durch den unteren Teil des Fruchtknotens dieser Droseracee. Es sind fünf Fruchtblätter miteinander „verwachsen", und zwar in der oben an- geführten Weise, so daß nur die Ränder sich berühren. Wir finden im Innern des Fruchtknotens eine ringförmige Anschwellung, welche in von innen nach außen fortschreitender Reihenfolge Samenanlagen erzeugt. Wie der Längsschnitt Fig. 493 II zeigt, gehört diese Anschwellung 742 Specielle Organographie. offenbar den Fruchtblättern an, sie stellt die nicht von einander gesonderten Basaltteile der Fruchtblätter dar. Es ist auch nicht mehr möglich, die Samenanlagen zusammenzusuchen, die jedem einzelnen Fruchtblatte angehören. Die Vertiefung in der Mitte stellt den nicht zur Fruchtknotenbildung verwendeten Rest der ßlütenmasse (Ä) dar. Wir können diesen Fall leicht vom gewöhnlichen ableiten: es findet keine Einkrümmung der Fruchtblätter statt, sondern es bildet sich ein para- karper Fruchtblattring, bei jedem der miteinander vereinigten Frucht- blätter erhebt sich die Basis und trägt die Samenanlagen. Von diesem Verhalten läßt sich leicht das ableiten, welches wir bei Primulaceen, Lentibularieen u. a. finden, die „freie Centralplacenta". Hier unterbleibt die bei Dionaea noch deut- liche Abgliederung des Placentarteiles der Fruchtblätter, der ganze nicht zur Bildung der Frucht- knotenwand ver- wendete Teil des Blütenvegetations- punktes erhebt sich in der Mitte des Fruchtknotens. Was ist nun diese „ Centralplacenta" '? Die „orthodoxe" Morphologie be- trachtet die Central- placenta als gebil- herauflaufenden Basaltteilen („Sohlen") und thut sich auf diese Deutung sehr Genetikern", welche die Placenta für die allein erklärt haben. Die anatomische Schule dagegen betrachtet die Placenta als nur aus den Karpellsohlen gebildet, weil sie durchzogen ist von einem System von Leitbündeln, die ihren Gefäßteil nach außen kehren und mit dem Leitbündelsystem der Frucht- blätter in Verbindung stehen. Diese Thatsache ist aber keine allgemeine, wo die Placenta schmächtig ist, ist auch ihre Leitbündelversorgung ver- einfacht, es findet sich bei Primula farinosa ein einfacher konzentrischer Strang in der Mitte der Placenta, ebenso bei Androsace villosa^) u. a. Das zeigt uns, (laß aie anatomische Struktur sich nach der Ausbildung der Placenta richtet, nicht umgekehrt, oder mit anderen Worten, die Leitbündelverhältnisse richten sich nach den Ansprüchen für die physio- logische Leistung, nicht nach deren morphologischem Verhalten, sie be- dürfen der Erklärung durch die ganze Konfiguration, können aber nicht eine solche geben. — Der hier vertretene Standpunkt läßt sich folgender- maßen ausdrücken: Li der centralen freien Placenta lassen sich weder „appendikuläre" noch „axile" Teile unterscheiden. Sie ist eben eine Placenta, die wahrscheinlich zustande gekommen ist durch einen Vorgang, ähnlich dem oben im Anschluß an Dionaea angenommenen, die aber Fig. 493. Dionaea museipiüa. A Blütenvegetatiouspunkt , >S' dnreh .den Fruchtknoten eines / Querschnitt einer jungen Blüte, Samenanlagen. II Längsschnitt ähnlichen Entwickliingsstadiums. den an ihr det aus einer von der Fruchtblätter viel zu gut, gegenüber den Fortsetzung der Blütenachse gebildeten Achse ^) ViDAL, Recherches sur le sommet de Taxe dans la fleur des Gamopfetales, Gre- noble 1900. Einzeldarstellung dei- Vegetationsorgane. 743 jetzt eine der Blüte eigentümliche Neubildung darstellt. Oder kann vielleicht die orthodoxe Morphologie angeben, wo die Achse anfängt und die Karpellsohlen aufhören? Mag sie also die Melodie, daß es bei aller Entwicklung eigentlich nichts Neues gebe, sondern nur eine „kongenitale'' Vereinigung des Alten , noch so oft singen — es ist damit eine Einsicht in den Vorgang selbst nicht gewonnen. Daß in abnormen Fällen die Placenta sich in einen Sproß verlängern kann, beruht nach unserer Anschauung darauf, daß auch die Umbildung einer Laubsproß- anlage zu einer Blüte ein allmählich sich vollziehender Vorgang ist, bei dessen Störung dann der Scheitel der Blütenachse als Sproß weiter- wachsen kann. Eigentümlich ist, daß bei manchen Primulaceen (besonders bei Soldanella) ein Fortsatz der Placenta sich in den Griffel hinein- erstreckt — wahrscheinlich ist er beteiligt bei der Leitung resp. Er- nährung der Pollenschläuche. Biologische Beziehungen, welche das Auf- treten einer freien Centralplacenta verständlich machen könnten, sind bis jetzt nicht bekannt. Daß die freie Centralplacenta wie sonst Stoffe ent- hält, die bei der Samenentwicklung verwendet werden, braucht kaum bemerkt zu werden, denn das ist bei anderen Placenten auch der Fall. B. Unterständiger Fruchtknoten. Es wiederholen sich hier alle Gestaltungsverhältnisse, welche wir am oberständigen Fruchtknoten kennen gelernt haben, also namentlich die ver- schiedenen Arten der Placentation und außerdem das Verhalten, daß der Blütenvegetationspunkt entweder von den Fruchtblättern ganz aufgebraucht wird oder ein Stück desselben übrig bleibt. Auf Grund zu wenig genauer entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen gelangte man früher zu der An- schauung, daß der eigentliche Fruchtknoten bei den epigynen Blüten von der becherförmig gestalteten Blütenachse gebildet sei, die Fruchtblätter aber nur die Griffel und Narben bildeten. Mit Recht hat die vergleichende Morpho- logie dieser Auffassung (welche auch jetzt noch in manchen Büchern sich findet) widersprochen. Denn auch die Entwicklungsgeschichte ^) zeigt bei genauerer Betrachtung, daß die Fruchtblätter beim Aufbau der Frucht- knotenhöhlung beteiligt sind, und daß die Samenanlagen keinen anderen Ursprung haben als beim oberständigen Fruchtknoten. Gemeinsam ist allen unterständigen Fruchtknoten, daß der Blütenvegetationspunkt mehr oder minder frühzeitig sich konkav vertieft, die Blattgebilde der Blüte sprossen teils aus dem Rande, teils aus der Innenböschung dieser Ver- tiefung hervor. Ob man den Randteil des Bechers der Blütenachse oder einer „kongenitalen Verwachsung" der verschiedenen Blattkreise der Blüte zuschreiben will, ist ziemlich gleichgiltig , weil die Blütenachse eben mit der Hervorbringung der Blattgebilde der Blüte, wie oben be- tont, ihre Existenz aufgiebt 2). Je früher die Blütenachse die Becherform annimmt, desto mehr werden wir im allgemeinen deren Zustandekommen der Blütenachse zuschreiben, je später, desto mehr wird sich das Ver- halten dem ursprünglicheren nähern, wie es uns die hypogynen Blüten darstellen. Wenn wir in manchen Fällen, z. B. bei manchen Cacteen, sehen, daß die Außenfläche des unterständigen Fruchtknotens imstande ist, Blätter und Seitensprosse hervorzubringen, so kann über die Achsen- natur der ersteren kein Zweifel sein, die Blütenachse ist hier spät in die Bildung des Fruchtknotens mithineingezogen worden, in anderen Fällen geschieht dies dagegen sehr früh, dann tritt die Achse, wie erwähnt, 1) GOEBEL, Zur Entwicklungsgeschichte des unterständigen Fruchtknotens, Botan. Zeitung, 1886, p. 729; Schaefer a. a. O. ^) Was dann natürlich auch im anatomischen Bau sich ausprägt. 744 Specielle Organographie. gegenüber den Blattgel)ilden der Blüte ganz zurück. Zwei Beispiele seien hier kurz angeführt. a) Blütenvegetationspunkt nicht aufgebraucht. Besonders instruktiv ist das Verhalten mancher Rosifloren, bei denen Übergänge von peri- gynen zu hypogynen Blüten sich finden. Zu diesen Uebergängen ge- hören auch die Blüten einiger Pomaceen. Fig. 494 1 — 6 stellt die Fruchtknotenentwick- lung von Pirus Malus dar. Die Blütenachse ist in Fig. 494 1 schon becherförmig ausgehöhlt, die fünf Fruchtblätter treten als Höcker auf der seichten inneren Bö- schung auf; sie nehmen den ganzen inneren Rand der Böschung ein, auf dem Grunde ist aber (auch noch in spä- teren Stadien) die flache Wölbung des Blüten- vegetationspunktes {v) sichtbar, von hier aus würde sich eine gewöhn- liche perigyne Blüte, bei welcher die Fruchtblätter allein den Fruchtknoten bilden, entwickeln, wenn die in Fig. 492. 4 (bei eine m Fruchtblatte rechts) schraffierte Zone ein starkes interkalares Wachstum aufweisen würde, entsprechend der früher ausführlich be- sprochenen Wachstums- verteiluug bei den Blät- tern der meisten angio- sperinen Pflanzen. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr sehen wir, daß die Fruchtknotenhöhlung aufgebaut wird durch das Wachstum der in Fig. 494 4 links schraffierten Zone ^). Diese aber umfaßt 1) die Blütenachse, 2) die sie innen ganz be- deckende Basis der Fruchtblätter. Die durch Wachstum dieser Zone ent- stehende Fruchtknotenhöhlung ist also innen ausgekleidet von den Fruclit- ^Sd Fig. 494. 1 — 6 Pirus Malus. 1 junge Blüte im Längs- schnitt, V Ende der Blütenachse, / Fruchtblatt. 2 — 5 ältere Stadien, betr. Fig. 4 vgl. den Text. 6 Querschnitt durch den Fruchtknoten. 7 Längsschnitt durch eine junge Blüte von Eryngium maritimuni, st Staubblätter, cp Karpelle. 8 und 9 Angelica silvestris. S Längsschnitt, in jedem Fache befinden sich zwei Samenanlagen, von welchen die eine aufwärts gerichtete (sÄ-^ in dem Fache rechts) ver- kümmert, d Discus. 9 Querschnitt eines jungen Frucht- knotens, die Samenanlagen sind wandständig und entspringen an den Stellen, welche den „verwachsenen" Eändem ent- sprechen. Sie werden später emporgehoben. ') Es ist dies ein weiteres Beispiel für die oben erwähnte Thatsache, daß verhältnis- mäßig geringe Verschiebungen der Wachstumszonen einen großen „Ausschlag" geben. Eiuzeldaistelluug der Vegetationsorgane. 745 blättern, und wir können uns nicht wundern, daß die Placentation ganz die- selbe ist, wie bei oberständigen Fruchtknoten. Es handelt sich also um ein gemeinsames Wachstum von Blütenboden und Fruchtblättern, wie a. a. 0. p. 732 hervorgehoben, ist dies auch bei vegetativen Sprossen eine weit verbreitete Erscheinung, so bei der „Berindung" der Sproßachsen von Chara und bei der Bildung der „Blattkissen" vieler Coniferen. Ganz ebenso ist es in anderen genauer untersuchten Fällen, wir sehen also, daß die Anschauung, wonach die Fruchtblätter nur die Griffel bilden sollen, nicht haltbar ist. b) Als Beispiel für einen Fall, in welchem die Substanz des Blüten- vegetationspunktes ganz aufgebraucht wird, seien die Umbelliferen an- geführt (Fig. 41)4 7 — 9). Es wiederholen sich hier ganz die oben für Acer geschilderten Vorgänge, nur kombiniert mit der Thatsache, daß die Fruchtblätter nicht frei, sondern an ihrer Außenfläche mit dem Blütenvege- tationspunkt vereinigt sind. Es sind also auch hier die beiden Frucht- blatt.,sohlen" , an denen die Samenanlagen entstehen, mit- einander vereinigt, sie bilden eine Scheidewand. In jedem Fach sind zwei Samenanlagen, von denen aber eine — die nach aufwärts gerichtete — regelmäßig verküm- mert, während die andere sich weiter entwickelt. Die Samen- anlagen waren ursprünglich am (xrunde des Fruchtknotens ange- legt, sind dann aber durch die AVachstumsverteilung in der jun- gen Fruchtknotenhöhle nach oben verschoben werden. Dieser Vor- gang findet sich auch sonst. So z. B. bei den Valerianeen. Diese haben drei Fruchtblätter, es wird auch ein dreifächeriger Frucht- knoten angelegt, aber nur in einem Fach eine Samenanlage, dies Fach wird auch viel größer als die beiden anderen. Die beiden übrigen Fruchtblätter be- teiligen sich nur an der Bil- dung des Griffels und der ben. In Fig. 495 J ist junge Blüte von Valeriana gleichung von 1 und III Fig. 495. Valeriana Phu. Längsschnitte durch Blüten verschiedener Entwicklung. / Blüte, bei der die Samenanlage s noch sehr jung ist, g Griffelanlage, c Kelch (rudimentär), x Zone, in welcher Staubblatt und Corolle gemeinsam wachsen. II u. /// Altere Stadien, die Samen- anlage, welche erst grundständig war, wird nach oben verschoben. Nar- eine Phu im Längsschnitt zeigt zunächst, wie dargestellt. Die Ver- die Staubblätter mit der Blumenkronenröhre „verwachsen" durch Weiterentwicklung der mit X bezeichneten Zone. Die Samenanlage s ist als Höcker am Grunde des Fruchtknotens sichtbar, die Blütenachse ist von den Fruchtblättern hier ganz aufgebraucht. In II erscheint die Samenanlage etwas auf die rechte Seite verschoben durch einseitige Verbreiterung der Basis der Fruchtknotenhöhle. Nun wächst die unter der Samenanlage liegende Zone der Fruchtknoteuhöhle, welche in Fig. 495 II punktiert und mit y bezeichnet ist, besonders stark hervor. Die Samenanlage hiuß dadurch innerhalb des Fruchtknotens emporgehoben werden , sie hängt später Goebel, Organographie der Pflanzen. 49 74(3 .SiJecielle Organogniphie. von oben in die Fruchtknotenhöhle herab. Auch hier kennen wir die etwaige biologische Bedeutung dieser Verschiebung noch nicht. Aber es ist immerhin ein Fortschritt, daß die verschiedenen Formen der Fruchtknotenbihlung sich zurückführen lassen auf die verschiedene Wachstumsverteilung in der Blütenanlage, denn es ist damit der Punkt bezeichnet, wo die weitere Forschung wird einzusetzen haben. Im Vorstehenden ist in kurzen Zügen der Aufbau des Angiospermen- Gynaeceums geschildert. Es scheint nicht erforderlich, auf Einzelheiten, wie die Ausbildung von Griifel und Narben hier einzugehen, zumal auch dies in ersprießlicher Weise nur mit Berücksichtigung der Bestäubungs- verhältnisse geschehen könnte. Auch eine Schilderung der Verände- rungen, welche infolge der Befruchtung in den Blüten stattfinden und zur Fruchtbildung führen, muß hier unterbleiben. Eine bloß deskriptive Aufzählung der Fruchtformen würde den Zwecken dieses Buches nicht entsi)rechen. Die Beziehungen der Gestaltung der reifen Frucht (und Samen) zu ihrer Vej'breitung aber sind in den letzten Jahrzehnten so oft zu- sammenfassend dargestellt worden, daß zu einer neuen Schilderung kein Bedürfnis vorliegt. Ein weiteres Problem , die Biologie der reifenden Frucht, d. h. die Beziehungen zwischen der Gestalt der Frucht und den Lebensverhältnissen (im weitesten Sinne) ist bisher kaum in Angriff genommen worden. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daß bei Trocken- früchten vielfach Einrichtungen bestehen, welche eine ausgiebige Transpiration und damit rascheres Reifen ermöglichen. Die bedeutende Oberflächenentwicklung, welche viele dieser Früchte zeigen, steht in schroffem Gegensatz gegen die verhältnismäßig geringe, sich mehr oder minder der Kugelform annähernde bei den meisten fleischigen Früchten. Manche Einrichtungen, die man bis jetzt nur als Flugapparate an den reifen Früchten betrachtet hat, werden meiner Ansicht nach zunächst als Transpirationsapparate der reifenden Frucht betrachtet werden müssen, die nachher in den Dienst der Verbreitung ti-eten können, aber nicht treten müssen. Denn es giebt auch geflügelte Früchte, welche auf- springen, nicht abfallen (z. B. Sophora tetraptera). Auch die lebhafte Rot- und Braunfärbung mancher reifenden Leguminosenhülsen mag die Wasserdampfabgabe derselben befördern, ebenso die exponierte Lage derartiger Früchte, von denen manche auch dadurch, daß sie herabhängen, leichter austrocknen werden. Untersuchungen darüber können aber nur mit eingehender Berücksichtigung der anatomischen Verhältnisse und auf experimentellem Wege ausgeführt werden. Umgebildete Blüten. Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß ein so eigenartig ausgebildetes und gegenüber dem vegetativen Sproß so tiefgreifend umgebildetes Organ wie die Blüte seinerseits wieder Um- bildungen unterliegen kann. Als umgebildete Blüten werden wir alle die- jenigen betrachten, welche der Funktion, ein oder mehrere normal ent- wickelte Sporophylle hervorzubringen, entfremdet sind. Hierher können wir also die Blüten rechnen, welche nur noch als „Schauapparate" in Betracht kommen, aber an der geschlechtlichen Fortpflanzung keinen direkten Anteil mehr nehmen. Solche linden sich bei Compositen, Viburnum Opulus, Hydrangea- Arten, Muscari botryoides, einigen Orchideen u. a., auch die oben kurz erwähnten gefüllten Blüten ließen sich wenigstens teilweise hierher zählen. Es ist, Vie p. 181 angeführt, wahrscheinlich, daß hierbei Korrelations- erscheinungen mit in Betracht kommen, die Umbildung trifft meist die Die Fi)rt]iflanzungsr)rgane. 74Y Blumenkroue, bei Muscari botryoides und ßlius Cotinus aber den ßlüten- stiel ^). Eigenartiger noch sind die folgenden Fälle. Bei Sesamum indicum finden sich in der Blütenregion unterhalb der normalen Blüten solche, die zu Drüsenorganen umgebildet sind. Es lassen sich meist noch die Anlagen von Kelch-, Blumenblättern und Staubblättern nachweisen. Erstere bleiben klein nnd unscheinbar, die Blumenblätter verdicken sich und werden zum Sekretionsorgane, das als dicker, gelbge- färbter, kreisförmiger Wulst sichtbar ist 2), auch die Staubblätter werden zu dicken, keulenförmigen Sekretionsorganen. Die Anlage des Gynaeceums unterbleibt meist ganz oder bleibt nach den ersten Entwicklungsstadien stehen. Bei Trifolium subterraneum ^) dringt der Blütenstand in den Boden ein. Gegen Losreißen wird er geschützt dadurch, daß die oberen Blüten- anlagen der Inflorescenz sich zu Oi'ganeu umbilden, welche den Blüten- stand im Boden verankern. An den untersten der umgebildeten Blüten sind noch alle Kelchzipfel vorhanden, während die übrigen Blütenteile ver- kümmert sind. Je weiter nach oben die Blüten stehen , desto weniger werden auch die Kelchzipfel ausgebildet, die obersten Blüten stellen nur kurze, dicke, kegelförmige, etwas gekrümmte Körper, ohne Spur von Blättern dar. Während aber die normalen Blüten fast keinen Stiel besitzen, er- reicht dieser bei den umgebildeten eine Länge von 2 — 4 mm. Es geht aus dem Gesagten hervor, daß wir hier einen sehr lehrreichen Fall allmählicher Umbildung vor uns haben ; es findet statt Hemmung der Blütenanlage (auf verschiedenen EntAvicklungsstadien) und dann Umbildung nach einer anderen Richtung hin. Experimentell sind die Bedingungen der Neubildung hier näher zu untersuchen. III. Die Fortpflanzungsorgane. Die bisherige Schilderung der ungeschlechtlichen Generation der Pteridophyten und Samenpflanzen bezog sich nur auf die Vegetations- oi'gane, die, wie wir zuletzt sahen, als Träger der Fortpflanzungsorgane eigenartige Umbildungen erfahren können, eine Erscheinung, die uns auch bei der Geschlechtsgeneration der Bryophyten entgegentrat. Die Fortpflanzungsorgane der ungeschlechtlichen Generation sind die Spor- angien. Während bei den P>ryophyten die ganze „ungeschlechtliche Gene- ration" (der Sporophyt) der Sporenbildung dient, und seiner Leistung nach demgemäß auch als Ein Sporangium bezeichnet werden könnte, sehen wir bei den übrigen Archegoniaten und den ihnen eng sich an- schließenden Samenpflanzen die Sporenbildung nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der ganzen Pflanze beanspruchen. Die Sporen entstehen in besonderen Gebilden, den Sporangien ; der Besitz mehr oder minder um- fangreicher Vegetationsorgane, welche die Sporenbildung oft eine Reihe von Jahren hintereinander wiederholen können, erlaubt meist die Bildung einer großen Zahl von Sporen, die bei einem Baumfarn z. B. viele Millionen beträgt. Daß auch die „Pollensäcke" und „Samenanlagen" der Samen- pflanzen (resp. der Nucellus derselben) nichts anderes als Sporangien sind, ist eine nunmehr allgemein anerkannte Thatsache. 1) Vgl. betr. des Entwickluiigsstadiiims, iu welchem die ümhildiing erfolgt, Familler a. a. O. ^) Familler a. a. O. ^) Warjiixg, Botau. Ctmtnilblatt, 1-i. Bd., p. 157. 49* Y48 Spcciellc Organographic. Im folgenden soll die Ausbildung der Sporangien , speciell der Zu- sanimenliang zwischen Bau und Funktion, vergleichend kurz behandelt werden. s< 1. Die Sporangien der Pteridophyten. E i n 1 e i t u n g. Die Aufgabe der Sporangien ist einerseits die, die Sporen hervor- zubringen, andererseits die, sie auszusäen i). In beiden Beziehungen wirken natürlich andere Organe der Pflanze mit, indem sie den Spor- angien die nötigen Baumaterialien liefern und sie in eine Lage bringen, welche die Sporenaussaat erleichtert. Darauf ist bei Besjjrechung der Sporophylle schon hingewiesen worden, hier haben wir den beiden ge- nannten Funktionen entsprechend zu betrachten einerseits den Entwick- lungsgang der Sporangien, andererseits ihren Bau im fertigen Zustande. Mit letzterem sei der Anfang gemacht. Wie bei den Antheridieu und Archegonien (p. 3^8), lassen sich bei den Sporangien „eingesenkte" und freie unterscheiden. Erstere sind im (lewebe des Sporophylls eingeschlossen , letztere ragen über dasselbe hervor und sind dann meist mit einem kürzeren oder längeren Stiel versehen , welcher in der Jugend die Nahrungszufuhr besorgt und dem fertigen Sporangium die für die Sporenaussaat günstige Lage giebt; als Übergänge zwischen eingesenkten und freien Sporangien lassen sich die ungestielten , mit breiter Basis dem Sporophyll aufsitzenden Sporangien der Equiseten betrachten. Eingesenkt sind die Sporangien bei Ophio- glossum, sowie die Mikrosporangien der meisten Samenpflanzen. Bei den Coniferen kommen beide Typen vor und ebenso Formen, die sich als Übergänge betrachten lassen (eingesenkt bei Abietineen, frei bei Cupres- sineen, equisetumähnlich bei Araucaria u. a.). Es ist klar, daß die Einsenkung der Sporangien ihre Ernährung, die freie Stellung und das Vorhandensein eines Stieles die Sporenaussaat begünstigt. Macht man einen Querschnitt durch ein junges Sporophyll von Ophioglossum peduncu- losum, so findet man das Sporophyllgewebe, welchem die Sporangien ein- gesenkt sind , vollgepfropft mit ' Stärke (wahrscheinlich auch anderen Reservestoifen), welche von den heranreifenden Sporangien aufgebraucht wird. Sporangien, welche ihre Sporen fortschleudern, sind, soweit meine Erfahrungen reichen, niemals eingesenkt. Die Übergangsformen zwischen eingesenkten und zwischen gestielten Sporangien, wie wir sie unten für Botrychium zu erwähnen haben werden, nehmen insofern ein besonderes Interesse in Anspruch, als sie uns ge- statten, in die Herkunft des Stieles einigen Einblick zu gewinnen. Wir können ihn entweder dem Sporangium selbst oder dem Sporo- phyll zuschreiben, eine Frage, die an sich ziemlich belanglos erscheint, aber für die Beurteilung des Zusammenhanges der Sporangienformen unter sich, namentlich auch für die Deutung der Makrosporangien der Samenpflanzen von Bedeutung ist. Es soll unten versucht werden, dar- zulegen, daß nicht bei allen Sporangien die Herkunft des Stieles dieselbe ist, daß namentlich die leptosporangiaten Farne sich in der Stielbildung ihrer Sporangien unterscheiden von den eusporangiaten und den übrigen Pteridophyten. ^) Das letztere unterbloiht bei ileu MakiTOporangieii der MarsüiaceeD, Salviuiaceen und denjenigen der Samenpflanzen, ebenso bei den Mikrosporangien der Salviniaceen und Mar- >i)liaeecn. Die Fditpflanzuugsorguiie. 749 Symmetrieverhältnisse der Sporangien. Die Sporogonien der Bryo- phyten sind in ihrer weit überwiegenden Mehrzahl radiäre Gebilde. Wo eine dorsiventrale Ausbildung derselben vorkommt, wie z. B. bei Diphy- scium und anderen Laubmoosen , läßt sie sich , wie wir sahen , auf eine früher oder später eintretende Änderung der radiären Ausbildung zurück- führen, welche mit der Sporenverbreitung in Beziehung steht und durch äußere Faktoren (speciell einseitige Beleuchtung) veranlaßt wird (vgl. p. 303). Die Sporangien der Pteridophyten sind niemals radiär, abge- sehen allenfalls von denen der Salviniaceen und Marsiliaceen , die wir aber als reduzierte Gebilde betrachten. Die meisten Sporangien sind dorsiventral (so die der Equiseten, Polypodiaceen, Schizaeaceen, Osmunda- ceen, die von Lycop. inundatum), andere — wenigstens annähernd — bilateral, so die der meisten Ophioglosseen und Lycopodinen. Es wird im folgenden zu untersuchen sein , inwieweit die Symmetrieverhältnisse der Sporangien zur Sporenverbreitung in Beziehung stehen ; es wird sich zeigen , daß solche Beziehungen sich in einer Anzahl von Fällen sehr deutlich nachweisen lassen, auch da, wo die Gestalt der Sporangien eine asymmetrische wird, wie bei den Hymenophylleeu. Speciell ist die Ötfnungsrichtung der Sporangien abhängig von ihrer Gestalt und Lage, Verhältnisse, auf welche um so mehr eingegangen werden muß, als sie bisher viel zu wenig Berücksichtigung erfahren haben. Daß die äußere Gestalt der Sporangien mit dem Ort ihres Auftretens in Beziehung steht, läßt sich in einigen Fällen deutlich erkennen. Wenn ein frei am Sporophyll entstehendes Botrychiumsporangium sich der Kngelform nähert, ein Lycopodiumsporangium parallel der Fläche des Blattes, in dessen Achsel e^ steht, die größte Ausdehnung besitzt, so braucht die Beziehung von Gestalt und Lage kaum hervorgehoben zu werden, auch die sackförmigen Equisetumsporangien sind so gestaltet, daß sie gerade unter den Raum, der durch das schildförmige Sporophyll gebildet wird, passen. Analoges wird für Hymenophyllen zu berichten sein. In anderen Fällen aber sind derartige einfache Beziehungen nicht wahrnehmbar. Die Einrichtungen zur Sporenverbreitung bestehen vor allem in einem charakteristischen Bau der Sporangienwand, ähnlich wie wir dies für die Wand der Antheridien der Bryophyten und Pteridophyten nach- weisen konnten. Nur handelt es sich bei den Sporen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle um eine Verbreitung durch Luftströmungen, nicht, Avie bei den Spermatozoen durch Wasser. In den verhältnismäßig wenig zahlreichen Fällen, wo die Sporen in das Wasser entleert werden (Mar- siliaceen, Salviniaceen, Jsoeteen) ist, soweit wir wissen, die Sporangien- wand dabei nicht aktiv beteiligt, sie hat einen (wahrscheinlich durch Piückbildung) sehr vereinfachten Bau und verwittert schließlich, Er- scheinungen, die erinnern an die bei wasserbewohnenden Bryophyten, welche, wie Riella, ihre Sporogonien unter Wasser reifen lassen. Bei den anderen (Luft-) Sporangien finden wir dagegen im Wandbau Ein- richtungen zum Öffnen und vielfach auch solche zur Ausstreuung der Sporen. In allen Sporangien, welche ihre Sporen der Luft anvertrauen, tindet sich (trotz gegenteiliger Angaben selbst in der neuesten Litteratur) durch den Bau der Sporangienwand vorgezeichnet, eine Öffnungsstelle, die wir als Stomium bezeichnen können. Die Zellen der Sporangien- wand bedingen durch ihren charakteristischen Bau die Entleerung der Sporenmasse, sei es, daß diese nur freigelegt, resp. langsam heraus- gepreßt wird, sei es, daß eine Abschleuderung der Sporen stattfindet. ^50 Speeiclle Organogniphie. Andere, d. h. also nicht durch den Bau der Sporangienwand bedingte Verbreitungseinrichtungen finden sich nur bei Equisetum und bei Poly- podiuni inibricatum in Gestalt der Organe, die man mißbräuchlich als „Elateren" bezeichnet hat, obwohl sie nach Bau und Funktion von den Schleuderzellen der Lebermoossporangien durchaus verschieden sind. Was zunächst Equisetum betrifft, so sind hier bekanntlich die Sporen versehen mit zwei durch Spaltung des Epispors entstandenen häutigen Bändern, die sich bei Austrocknung ausstrecken, bei Befeuchtung um die Sporen herumwickeln. Man hat sie für Verbreitungsmittel der Sporen ge- halten, da die entleerten Sporen, wenn sie abwechselnd mit feuchter und trockener Luft in Berührung kommen, Ortsbewegungen ausführen. Da aber die Sporen dabei sowohl einander sich nähern als entfernen können, ist damit eine Ausstreuung derselben nicht verbunden. Es fragt sich deshalb vor allem, wie die Elateren sich beim Öffnen der Sporangien verhalten. Darüber hat de Bary eine gelegentliche Mitteilung gemacht ^), die hier an- geführt sei. „Läßt man einen dehiscierenden Sporangienstand ganz ruhig in trockener Luft stehen, so werden die Sporen aus ihren Behältern langsam hervorgepreßt, infolge der durch Austrocknen fortschreitenden Schrumpfung der Sporangienwände. Die Elateren der jedesmal ausgetretenen strecken sich ; da sie hierbei aber nie ganz gerade werden und wohl auch unter Mithilfe der Rauhigkeiten ihrer Außenfläche, haken sie sich locker an andere an. Nach längerer Zeit kommen auf diese Art große, locker-wollige Flocken zustande, welche leicht in kleinere Flocken zerstäuben". . . Diese Flocken bestehen aber fast immer aus mehreren, zuweilen aus vielen Sporen, die so zusammen ausgesät werden, eine Einrichtung, deren Nutzen aus der früher angeführten (p. 407) Thatsache erhellt, daß die Prothallien der Equiseten normal diöcisch sind. Die „Elateren" verhindern also eine Ver- einzelung der Sporen. Indes möchte ich de Bary's Beobachtung noch hinzufügen, daß dies meiner Ansicht nach doch nicht die einzige Funktion der Elateren ist, sondern, daß sie als Flugapparate in Betracht kommen. Eben dadurch, daß die Sporen in lockeren Flocken sich verbreiten, bieten sie dem Winde eine größere Oberfläche dar. Wenn die Sporenflocke auf feuchten Grund gelangt, wird sie durch Aufrollung der Elateren kleiner und (durch Wasseraufnahme) schwerer, teilweise werden w'ohl die Elateren auch eine vorläufige Befestigung an Rauhigkeiten des Substrates bewirken, während von einem trockenen Platze die Flocke weiter weggeweht werden kann. Übrigens sind die Sporen auf langes Herumfliegen in der Luft nicht eingerichtet^ da sie ihre Keimfähigkeit rasch einbüßen. Der zweite hier anzuführende Fall ist der von Polypodium imbricatum 2). In den Sporangien dieses epiphytischen Farn finden sich außer den Sporen feine, hygroskopische Fasern, die schwach verkorkt sind, sie entstehen aus dem Plasma der eingewanderten Tapetenzellen (s. u.). Die Funktion der „Elateren" ist hier nicht bekannt, Karsten nimmt an, daß sie nach dem Aufspringen der Sporangien zur Auflockerung der Sporenmasse beitragen, w^as kaum anzunehmen sein dürfte, da bei den mit einem Annulus ver- sehenen Polypodiaceensporangien die Sporen nicht Mae bei Equisetum lang- sam herausgepreßt, sondern auf einmal herausgeworfen werden. Besser begründet scheint mir Kaksten's weitere Vermutung, „daß sie durch ihre ') Botan. Zeitung 1881, j). 782. -') Karsten, Die Elateren von Polypodium inibricatum, Flora 79. Bd. (Erffäuzunss))and /. Jidir-. 1894), p. 86. Die Foi'tj)fl;mzuugsorgane. 751 niclit unbeträclitliche Länge bei feuchteiu Wetter die Festiieftung der relativ großeii Sporen auf den Baumstämmen befördern können", wie dies Beccari für die Haarkroiien der Asclepiadeensamen angegeben hat ; jedenfalls haben diese Gebilde auf den Namen „Elateren" im Grunde ebensowenig Anspruch, wie die der Equiseten. Ob sie bei Farnen weiter verbreitet sind, muß fernere Untersuchung lehren. Kellren wir zurück zu der Rolle, welche die Sporangienwaud bei der Sporenausbreitung spielt, so ist hier noch hervorzuheben, daß sie dazu durch einen besonderen Bau ihrer Zellen, speciell durch eigenartige Verdickungen der Zellmembran befähigt wird. Im einzelnen besteht eine große Mannigfaltigkeit, hier sei ein — meines Wissens bisher nicht be- sonders beachtetes — Verhalten hervorgehoben. Wo bei Pteridophyten und Gj'mnospermen besonders verdickte (,,aktive") Wandzellen dem Öffhungs- (resp. Zerstreuungs-)Mechanismus dienen, gehören sie stets der äußersten Z e 1 1 s c h i c h t der Sporangienwaud an, die in vielen Fällen die einzige bei dem reifen Sporangium noch vorhandene ist. Bei den Angiospermen ist dies nie der Fall, auch wo scheinbar die aktiven Zellen (wie sie genannt sein mögen) der äußersten Schicht angehören, ist dies eben nur scheinbar der Fall. Das ist eine Verschiedenheit, welcher wir eine große funktionelle Bedeutung nicht wohl zuschreiben können, die aber vom vergleichend-morphologischen Standpunkte aus von großem Interesse ist. Denn mit Recht hat man seit lange den Bau der Sporangienwaud als ein w^ichtiges systematisches Merkmal betrachtet. Wir kommen auf die genetischen Beziehungen der Sporangien unten noch zurück und suchen zunächst durch Einzeldarstellung die andere Frage zu beantworten, in welcher Beziehung Gestalt und Funktion der Sporangien bei den einzelnen Gruppen zu einander stehen. In den drei Gruppen der Pteridophyten, welche jetzt noch lebende Vertreter haben ^), hat sich, von isosi)oren Formen ausgehend, die Arbeitsteilung in Mikrosporangien und Makrosporangien vollzogen, eines der merkwürdigsten Beispiele von „Parallelbildungen" im Pflanzenreich, das auf „Anpassung" zurückzuführen, bis jetzt nicht gelungen ist. Wir haben bei Besprechung der Sporenkeimung früher gesehen (p. 402), daß bei den heterosporen Formen die Sporen schon von der Mutterpflanze aus zu einer bestimmten, begrenzten und von äußeren Einwirkungen verhältnismäßig wenig abhängigen Entwickluug ,,induziert" sind, bei Equisetum ist insofern biologisch eine Annäherung an dieses Verhalten wahrnehmbar, als die Induktion zum Teile schon durch die Art der Sporeuaussaat erfolgt, die Sporen sind zwar alle potentiell gleich, aber durch die Aussaat von mehreren zusammen ergiebt sich schon von selbst, daß die Ernährungsbediugungen nicht für alle gleich sind, die schlechter ernährten ergeben männliche Prothallien. Bei der Besprechung der Sporangienentwicklung wird sich zeigen, daß die Trennung von Mikro- und Makrosporangien auf verschiedenen Stufen der Entwicklung bei den Filicineu und Lycopodinen eintritt, die extremste Stellung nehmen auch hier die Samenpflanzen ein. Wir besprechen die fertigen Sporangien kurz in derselben Reihenfolge, wie die Ausbildung der Geschlechts- generation, auch aus dem Grunde, weil bei den Lycopodinen und Equi- setinen (mit Ausnahme von Selaginella) sich weniger scharf speciali- ') Die hetorosporou Equisetiiicn sind nbcr ansgestorheu. "759 Specielle Organogruphie. sierte Einrichtungen finden, als bei den Farnen, speciell den Lepto- sporangiaten. § 2. Die fertigen Sporangien der Pteridophyten. Indem wir Isoetes aus dem oben erwähnten Grunde übergehen, wenden wir uns zunächst zu den a) Lycopodinen. Es sind hier zweierlei Formen von Sporangien vorhanden: Lycopodium (und das von ihm generisch eigentlich nicht zu trennende Phylloglossum) sowie Selaginella besitzen einzeln auf den Sporophyllen sitzende Sporangien, bei den Psilotaceen (vgl. Fig. 459 u. 460) linden sich auf den Sporophyllen zwei (Tmesipteris) oder drei bis vier Sporangien. Die Frage mag hier unerörtert bleiben, ob mau diese „Sporangien" als aus „verwachsenen" Einzelsporangien oder aus der Teilung eines einzelnen Sporangiums ^) durch aus sterilem Gewebe be- stehenden Platten zustande gekommen betrachten kann. Jedenfalls sind sie insofern selbständig, als jedes sich durch einen besonderen Längs- riß öffnet; es wurde auch für Tmesipteris angeführt, daß die Bildung eines der beiden Sporangien ganz unterbleiben kann. Auch die Einzel- sporangien von Lycopodium und Selaginella öffnen sich mit einem Längs- riß, der aber nicht bis zum Stiele reicht. Die Öffnungsstelle ist stets vorgebildet. Die Öffnung selbst wird bewirkt durch den Bau der Zellen der äußersten Zellschicht der Sporangienwand. Sie sind auf den Seiten- wänden (gleichmäßig bei Psilotaceen und Selaginella, ungleichmäßig bei Lycopodium und Phylloglossum) verdickt und zeigen hier die „Lignin"- reaktion mit Phloroglucinsalzsäure ^), während die Außenwand, auch wenn sie verdickt ist, von der Cuticula abgesehen, Cellulosereaktion zeigt. Dies dürften die gemeinsamen Charaktere im Bau der Sporangienwand bei den Lycopodinen sein. Im einzelnen sei noch folgendes bemerkt ^). Die Psilotaceen haben außer der äußeren Schicht der Sporangienwand noch mehrere innere, welche während der Entwicklung Material für die Ausbildung der verhältnismäßig zahlreichen und großen Sporen führen, und selbst- verständlich auch zum ausgiebigen Schutz der heranreifenden Sporan- gien dienen. Nach Leclerc du Sablon^) würde Tmesipteris eine Aus- nahmestellung einnehmen, indem hier auch die Außenwand der äußeren Zellen verholzt, und damit die gewöhnliche Ursache der Desiscenz ver- schwunden sei, dagegen seien die subepidermalen Zellen verholzt. Ich finde folgendes: „Verholzt" ist die Mittellamelle der Seitenwände, außer- dem tritt die Reaktion da stärker ein, wo die Zellen zusammenstoßen. Die inneren Wandschichten zeigen sie in ausgedehnterem Maße nur unter der Öffnungsstelle (analog dem unten für Lycopodium clavatum zu schil- dernden Verhalten). In der Außenwand färbt sich öfters eine subcuti- culare Schicht rötlich, aber eine vollständige „Verholzung" der Außen- wand fand ich nie, kann also auch nicht finden, daß bei Tmesipteris ein wesenthch anderer Bau vorliegt als bei bei den anderen Lycopodinen. 1) Bei Lycop. clavatum beobachtete ich gelegentliche Teilung der Sporangien, die sieh entweder nur üis zum Stiel oder auch auf diesen erstreckte. ^) Bei Psilotum liegt auf der „verholzten" Schicht noch eine mit Cellulosereaktion. 3) Im folgenden handelt es sich weder um den Mechanismus der Sporangienöffuung, sondern nur um die Frage, wie weit den verschiedenen Sporangienformen einer Gruppe ein gemeinsamer ,, Typus" zu Grunde liegt. •*) Ann. des scienc. nat. 7. S§r., Bot., T. 2, p. 6. Die Fortpflaiizuiii;sorg;uie. 753 L y c 0 p 0 (l i u m. liier, wie bei Selaginella besteht die Sporangienwand (von den Tapetenzellen sehen wir ab) bei der Reife meist nur aus zwei Zell- schichten 1). Eine Außenschicht der Wandzellen zeigt z. B. bei Lycopodium clavatuni, daß die Mehrzahl derselben einen gewellten Umriß besitzen und an den Biegungsstellen der Zellwand mit Verdickungsleisten besetzt sind (Fig. 4i»()/); sie erinnern sehr an die Beschaflienheit derselben Zellschicht in der Mikrosporangienwand mancher Coniferen, z. B. einiger Cupressineen. Im unteren Teil des Sporangiums sind die Zellen langgestreckt, die Ver- dickungsleisten treten zu „Halbringen" vielfach zusammen und leiten so über zu dem Verhalten der Wandzellen, z. B. bei Lyc. inundatum, ayo die Halbringverdickung besonders deutlich entwickelt ist. Die Zellen, welche die Trennungslinie begrenzen dagegen , nähern sich mehr der Rechteckgestalt. Wenn ein neuerer Autor behauptet, man finde bei den „Lycopodiales positively no contrivance for dehiscence, and no vestige of an annulus or stomium" -), so ist dies ein Irrtum. Ein Stomium ist vielmehr deutlich nach- weisbar, nicht nur dadurch, daß die in der C)ffnungslinie liegenden Zellen anders gestaltet (und meist nied- riger) sind als die an- deren, sondern auch durch ihr sonstiges Verhalten. Dies sei von L. clavatuni kurz geschildert. Giebt man zu einem Flächen schnitt, wie den in Fig. 496 1 abge- bildeten '% Phloroglucinsalz- säure, so hebt sich die Ötf- nungsstelle als ein schon mit bloßem Auge leicht sichtbares rotes Band ab. In den gewöhnlichen Wand- zellen sind hier (anders z. B. bei L. Selago) nämlich nur die Seitenwände, speciell die verdickten Stellen „verholzt", am Stomium (d. h. den annähernd rechteckigen Zellen, viel- fach auch den ihnen seitlich angrenzenden) auch die Innenwände (auf welche hier auch die \'erdickungen übergreifen). Zweifellos ist das für den Öflnungsmechanismus von Bedeutung. Ein „Ring" ist allerdings nicht besonders ausgebildet, fast alle Zellen der Sporangienwand bedingen durch ihren Bau, daß diese beim Austrocknen die zur Öffnung führenden Bewegungen macht. Ein Ausschleudern der Sporen ist bei den isosporen Lycopodinen bis jetzt nicht beobachtet, auch ich konnte bei L. annotinum nur wahr- nehmen, daß in dem durch die Austrocknung der Sporangienwand weit Fig. 496. Lycojjodivim clavatiiru. / Stück einer Flächen- ansicht der Sporangienwand, St Stomium. // Stücii eines Längsschnittes, die Stomiumzellen st sind beim Schneiden voneinandergetrennt worden ; die Verdickungs- leisten der Wandzellen sind punktiert. 1) Bei manchen, z. B. L. inundatum, ist im unteren Teil des Sporangiums die Zahl eine größere. '-) Smith 1. c. — Der Irrtum rührt wohl hauptsächlicli daher, daß nur Längsschnitte untersucht wurden. ä) Er stammt von einem Sf)orangium, das noch nicht ganz reif war, aber die S2:)oren schon entwickelt liatte. 754 Specielle Organographie. geöffneten Sporangiuni die Sporen als lockere Masse liegen, die etwas hervortritt und dann namentlich durch den Wind verbreitet wird; er- leichtert wird dies durch die Zurückrollung des Randes und der Spitze der Sporophylle. Merkwürdige Erscheinungen finden sich bei Selaginella^). nament- lich läßt sich hier nachweisen, daß eine Verschiedenheit im Bau der Mikro- und Makrosporangien eingetreten ist, die für die Fortpflanzungs- physiologie von Bedeutung ist. Indem ich betreffs der Einzelheiten auf die unten angeführte Abhandlung ver- weise, sei nur folgendes bemerkt. So- Avohl die Makrosporen als die Mikro- sporen werden, wie schon früher be- merkt, bei der Öffnung der Spor angien weiter angien welche Fig. 497. Selaginella eiytliropus. I Ma- krosporangien. // Milirosporangiuni in Spitenanisicht, (j Gelenlvstolle, r seitliche ' Rißstollc. Fig. 498 /. Selaginella erythropiis. Anßenansicht eines Stückes der Sporangienwaud, G Geleukstelle, die stärker Arerdickten Zellen der Sporangienwand sind die „Atresieii". (Yergr.) Fig. 498 II. Selaginella cbrysocaulos. Querschnitt durch die Gelenkstelle. Die innere Wandscliicht nicht mit gezeichnet. fortgeschleudert , erstere viel als letztere. Beiderlei Spor- öffnen sich, wie Fig. 497 zeigt, ein Makro- und ein Mikro- sporangium bei derselben schwachen Vergrößerung in der Ansicht von der Schmalseite wiedergiebt, in zwei Klap- pen, die nicht bis zum Grunde reichen und noch zwei seitliche Rißstellen zeigen (r Fig. 497 1). In dem schüsseiförmigen unteren Teile des Makrosporangiums tritt nun besonders deutlich hervor ein vom Stiele beider- seits ausgehender Streifen von Zellen, der sich von den übrigen unterscheidet. Es ist dies das „Gelenk", ge- bildet aus niederen, dünn- wandigen Zellen (Fig. 497j, die sich von den übrigen Wandzellen bedeutend unterscheiden. Bei der Öffnung des Makrosporangiums l)iegen sich die beiden Klappen mit solcher Kraft auseinander, daß das Sporophyll herab- gebogeu wird, dann werden die vier Sporen plötzlich fortgeschleudert. Eine Ober- ansicht des Sporangiums zeigt, daß dabei das ganze Sporangiuni eine Gestalt- veränderung erfährt. Da- bei spielt der untere Teil *) GOEBEL, Sporangien, Sporen Verbreitung und Blütenbildung bei Selaginella, Flora, 88. Bd. (1901), p. 207 ff. Auf die verhältnismäßig weitgehende Anpassung im Bau der Selaginellasporen, sowie für die Sporenverbreitung sei um so mehr hingewiesen, als eine solche ausdrücklich in Abrede gestellt wurde. (Vgl. z. B. Smith in liotanical Gazette, Vol. 29, p. :J31. 1900.) Die Forti>flauzungsorginio. 755 des Si)orangiüms eine wichtige Rolle. Er wird beim Austrocknen schmäler und länger, die konvexen Außenwände suchen sich gerade zu strecken und einander zu nähern (Fig. 499 rechts), und diese Bewegung wird ermöglicht durch die dünne Gelenkstelle, die dabei nach außen gestüli)t wird. Da dieser Vorgang plötzlich erfolgt, so werden dabei die Makrosporen fortgeschleudert. Im Mikrosporangium ist die Gelenk- bildung nur andeutungsweise vorhanden, die Vergleichung beider Spor- angienformen zeigt besonders deutlich, wie Bau und Funktion in Be- ziehung stehen und wie dieser Bau dem von Lycopodium gegenüber bei den Makrosporangien von Selaginella weiter sich ausgebildet hat, denn in den Grundzügen des Baues stimmen die Sporangien von Lycopodium und die Mikrosi)orangien von Selaginella überein, die Makrosporangien zeigen eine weitergehende Specialisierung, die als „zweckmäßig"' ohne weiteres sich darstellt. Fig. 499. Selaginella en^thropus. Entleertes Makrosiioningiiim, links befruchtet, rechts nach dem Austrocknen, Ä'Ä' die zwei Klap^jen, G Gelenk. Mit Rücksicht auf die bei den Farnsporangien stattfindenden mannig- faltigen und nicht immer zweifellos deutbaren Verhältnisse sei schließlich hier die Frage erörtert, ob sich zwischen der Art und Weise, wie sich das Sporangium bei den Lycopodinen öffnet und der Gestalt der Spor- angien eine Beziehung feststellen läßt. Dies ist in der That der Fall. Die Lycopodiaceensporangien sind entweder dorsiventral oder bilateral gebaut, die Öffnung erfolgt so, daß die Sporenmasse am leichtesten und vollständigsten entleert werden kann. Wir können ein Lycopodium- sporangium seiner Gestalt nach (wenn wir uns den Stiel wegdenken) mit einem Geldtäschchen vergleichen ; wie bei einem solchen erfolgt die Öffnung längs der Breitseite, nicht rechtwinklig dazu ; bei den Psilota- ceen gilt, mutatis mutandis, dasselbe. Zugleich ist klar, daß dann, wenn 756 Specielle Organographie. die Sporangien annähernd anfrecht stehen, die Öffnnng am besten auf der Scheitellinie des Sporangiums erfolgen wird, weil dies für die Sporenverbreitung die beste Gewähr bieten wird. Wo wir von diesem Vei-halteu Ausnahmen finden, fordern diese ohne weiteres zu einer „Er- klärung" auf. An sich sind zwei Fälle denkbar. Entweder die Ab- weichung erfolgt aus inneren Gründen, d. h. ohne für uns wahrnehm- bare Beziehungen zu den übrigen Gestaltuugs- und Lebensverhältnissen, oder es sind solche vorhanden. Solche Ausnahmen linden sich z. B. bei Lyc. inundatum und L. cernuum ^). Untersucht wurde erstere Art. Es läßt sich, wie mir scheint, nachweisen, daß die abweichende Lage der Auf- rißstelle in Beziehung steht zur Lage und Gestalt des Sporangiums — ein Resultat, das mir wegen der bei den Farnsporangien zu erörternden Ver- hältnisse von besonderem Interesse war. Die Sporangien sind bei L. inundatum ausgesprochen dorsiventral gebaut. Ihre (der Blütenachse zugekehrte) Oberseite ist größer als die (dem Sporo- phyll anliegende) Unterseite. Die Oberseite ist zudem nicht flach, sondern hat in der Mitte eine Hervorragung und ist von da nach beiden Seiten abge- flacht. Dies, wie offenbar auch die Lage, rührt her von dem Druck , welchem das Spor- angium von selten der beiden unmittelbar über ihm stehen- den Sporophylle ausgesetzt ist. Dadurch kommt das Spor- angium auch in eine der Hori- zontale genäherte Stellung, und die Oberseite ist dicht bedeckt von zwei indusienartigen Taschen, denn jedes Sporophyll hat auf seiner Unterseite eine Verlängerung, die rechts und links eine grubenförmige Ver- tiefung zeigt, in welche eine Sporangiumhälfte hineinpaßt und der ent- sprechend die Oberfläche des Sporangiums modelliert worden ist. Die Aufrißstelle liegt nun nicht auf der Scheitelkante 2) des Sporangiums, sondern auf seiner Unterseite, und dies entspricht auch gerade der Gestalt und Lage des Sporangiums, denn auch die letztere weicht von der annähernd aufrechten der anderen Lycopodiumsporangien ab, sie ist eine schräg liegende; wenn das Sporophyll nach außen sich zurück- krümmt, wird die Unterseite freigelegt, und hier ötfnet sich das Sporangium, etwa in der Mitte der freien Seite, so daß aus der Längs- öffnung der übrigen Lycopodinen hier eine Queröffnung geworden ist!^ Fig. 500. Lycopodiiini inundatum. Längsschnitt ilurch ein Sporangium. Die Offnungsstelle (durch einen Strich in der Sporangieuwand angedeutet) liegt nicht auf dem Scheitel, sondern auf der Unterseite (vergr.) ^ 0 Schon bemerkt hei Kaulfuss, Wesen der Farnkräuter (1827), p. 19. Ich finde das Sporangium aber weder kugelig, wie Kaulfuss, noch queroval, wie LÜBSSEN (Farnpflanzen, p. 800), sondern so, wie im Text angegeben. -) d. h. der dem Stiel gegenüberliegenden. Wir sehen dabei ganz ab yon der Frage, ob die Scheitelkante nicht auch hier ursprünglich mit der Aufrißstelle eigentlich zusammen- fällt und letztere auf die Unterseite verschoben wird, weil diese für das hier zu erörternde Verhalten nicht von Bedeutung ist. Die Fortpflanziingsorgane. 757 Die Oberseite des Sp oraii giuins ist zu dieser Zeit noch von den Taschen der beiden über ihm stehenden Sporoph}'! le bedeckt, denn die Sporangienentleerung geht alhnäh- lich, von unten nach oben fortschreitend, vor sich. Wir sehen also, wo- mit es zusammenhängt, daß das Sporangium sich nicht durch einen Längsriß, sondern durch einen Querriß öffnet. In Wirklichkeit ist der letztere nichts als ein nach unten verschobener Längsriß. Diese „Ver- schiebung" wäre als eine wirkliche, nicht nur als eine bildliche anzu- sehen , wenn wir das Verhalten der großen Mehrzahl der Lycopodinen I einschließlich Selaginella) als das ursprüngliche betrachten^). Auf die- selben Fragen wird, wie erwähnt, bei den Farnen einzugehen sein, während aber l)ei den Lycopodinen (soweit bekannt) nur bei zwei Arten die Art der Sporangienöifnung eine abweichende ist, ist bei den Farnen eine viel größere Mannigfaltigkeit in dieser Beziehung vorhanden. b) Equisetinen Die Art der Sporenaussaat ist oben (p. 750) erwähnt worden , hier erübrigt nur eine kurze Schilderung des Spor- angienbaues. Gewöhnlich wird die Sporangienwand als bei der Reife einschichtig angegeben; dies ist indes nicht richtig, ich finde sie — wenigstens -bei Equis. Telmateja (und weniger auffallend auch bei Equis. arvense) , die ich daraufhin untersuchte — an den Ecken mehrschichtig, auf größere Strecken hin sind allerdings die Zellschichten mit Ausnahme der äußersten verschwunden. Diese letztere zeigt sehr charakteristische Verdickungen in Gestalt „verholzter" Spiralen (die gelegentlich auch doppelt sind) oder Ringe. Eine besonders vorgebildete Öffnungsstelle ist auf dem Querschnitt nicht zu erkennen. Indes ist es durch die An- ordnung-) der Zellen bedingt, daß die Sporangien sich stets auf der Innenseite durch einen Längsriß öffnen (später klaffen sie meist weit auf). Hier sind nämlich die Zellen annähernd rechtwinklig auf die Öffnungs- linie mit ihrer Längsachse gestellt, auch kürzer als die anderen. Da beim Austrocknen die Zellen in der Längsrichtung sich verkürzen •^), so muß hier ein Riß entstehen. Das Auftreten der Spalte auf der Innen- seite ermöglicht, wie ich hervorheben möchte, die freie Bewegung der Wand nach außen (auf analoge Verhältnisse wird bei den Farnen hinzu- weisen sein), außerdem führt die Sporangienwand (besonders deutlich z. B. bei E. palustre) auch eine nach oben konkave Krümmung aus, so daß die weit klaffende Öffnung noch mehr nach unten gekehrt ist. c) Eusporangiate Farne. Ophioglosseen. Obwohl die Sporangien von Ophiogiossum und Botrychium äußerlich ziemlich verschieden aussehen (die von Ophio- ^) Ob dafür Gründe vorliegen, bleibe bier unerörteit. Die Geschlechtsgeneration von Lyc. inundatum und L. cernuum ist eher als eine primitive, denn als eine abgeleitete zu be- zeichnen, vgl. p. 404. *) Vgl. Leclerc du Sablon , Dissemination des spores etc. Ann. des scienc. nat., 7. Ser., Bot., T. 2. (Die Beschreibung der SelagincUasporangien in dieser Abhandlung ist unrichtig.) *) Auf den eigentlichen Mechanismus des Aufspringens kann hier wie bei den anderen Sporangien nicht eingegangen werden, zximal die Ansichten darüber kaiim als definitiv ge- klärt betrachtet werden können. Daß die Anordnung der Verdickungen bei Equisetum, seien es nun Spiralen oder Ringe , namentlich eine Verkürzung in der Längsliuie gestattet, und daß damit auch die langgestreckte Gestalt der Wandzelleu zusammenhängt, ist klar. Geraeinsam scheint den ,, aktiven" Zellen aller Pteridophytensporangien zu sein, daß die Ver- dickungen so angeordnet sind, daß beim Austrocknen eine stärkere Deformation in tangentialer als in radialer Richtung eintritt. 758 Sijecielle Orgauographie. /= glossuiii in das Sporophyllgewebe versenkt, die von Botrychium frei über dasselbe hervorragend), sind sie doch nach Bau und Entwicklung wesent- lich übereinstimmend. Auch bei Botrychium verläuft die äußerste Zell- schicht der Spoi-angienwand direkt in die Epidermis des Sporophylls, die Sporangien ragen bei ihrer Entstehung nur wenig über die Ober- fläche des Sporophylls hervor; die unterhalb des sporogenen Gewebes gelegenen Zellen (die eigentlich dem Sporophyll angehören) schieben das Sporangium (dessen Wandschicht auch einen bedeutenden Zuwachs er- fährt) über das Sporophyll hervor i) (Fig. 501), zu jedem Sporangium verläuft ein Leitbündelast, und wir können sagen, daß die Sporangien von Botrychium je einer Auszweigung des - <' >^ Sporophylls eingesenkt sind. Die Überein- stimmung mit Ophio- glossum ergiebt sich auch aus der Art des Öftnens durch einen Längsspalt in der Spor- angienwand, der an einer ganz bestimmt dazu angelegten Stelle erfolgt: es finden sich hier bei Ophioglossum sowohl wie bei Botry- chium zwei Reihen kleiner Zellen , zwi- schen denen die Trenn- ung erfolgt -). Eine Ausschleuderung der Sporen ist bei Ophio- glossum schon durch die Lage der Spor- angien wohl ausge- schlossen ; ob sie bei Botrychium und Hel- minthostachys statt- findet, ist nicht be- kannt, indes erscheint es mir wenig w^ahr- Fig. äOl. Botrydiiiim Liuiaria. Längsschnitt (Inrch ein Spomngiuin von Botrycliiuni Lnnaria (nach einer Milirophoto- graphio), der sporogcue Zollkoniplox umgeben von Tapeten- zellen, die Wand niolirschichtig. scheinlich , daß ein solcher Vorgang hier eintreten sollte. Bei Helminthostachys öffnen sich die Sporangien nach außen, und zwar nähert sich ihre Gestalt der dorsiventralen insofern, als die Spalte auf der der Spitze des Spor- angiophors abgekehrten Seite tiefer nach unten geht, als auf der oberen ; das Sporangium nähert sich — wenngleich in unbedeutendem Maße — ^) Dem entspricht auch die Thatsaehe, daß sich an der Sporangienbasis Spaltöffnungen befinden, selbst in dem Teile der „Wand", welcher über dem sporenführeuden Inuenraume liegt. Es ist für die Auffassung des „Funiculus" der Samenanlagen nicht gleichgiltig, ob der untere Teil des Sporangiums bei Botrychium zum Sporangium oder zum Sporophyll gehört. ■-) Die Spalte liegt quer zur Längsachse des Sporophylls, bei Helminthostachvs in der Langsachse des Sporangiophors , die ihrerseits annähernd rechtwinklig zur Sporophylllängs- aehse stehen. i i .' 0 Die Fortpflanzungsorgsine. lÖl) (1er hängenden Lage der Equisetumsporaugien. Daß diese nicht weiter ausgeprägt ist, hängt mit der lockeren Stellung der Sporangiophores gegenüber der dichtgedrängten der Equisetumsporophylle zusammen. Marattiaceeu. In dieser Gruppe ragen die Sporangien stets über die SporophylloberHäche hervor, sie sind bei Angiopteris und Arch- angiopteris als freie Einzelsporangien , die in einen Sorus vereinigt sind, ausgebildet; bei den anderen Formen finden wir „Synangien", d. h. Gebilde mit einzelnen, sporenbildenden Fächern, die man entweder als aus „Verwachsung'' einzelner Sporangien gebildet betrachtet, wenn man Formen wie Angiopteris für primi- tive hält, oder umgekehrt gewissermaßen als e i n Sporangium , das durch Steril- werden einzelner Teile in mehrere sporo- gene Zellkomplexe gefächert ist. Wir kommen bei l^esprechung der Sporangien- entwicklung auf diese Frage zurück und besprechen hier nur kurz die Bezieh- ungen der Synangien- resp. Sporangien- gestaltung zur Funktion der Sporen- ausstreuung. Die Synangien von Danaea und Kaulfussia sind nach dem Prinzip der Porenkapsel gebaut, d. h. die ein- zelnen Fächer offnen sich mit einem Porus, die Sporen wei'den offenbar allmählich herausgeschüttelt, und nach der ganzen Ausbildung 1) der Synangien ist auch eine andere Einrichtung kaum möglich. Anders bei Marattia. Hier sehen wir die Fächer des Synaugiums nicht an- nähernd kreisförmig angeordnet (wie bei Kaulfussia) oder allseitig zusammen- hängen, wie bei Danaea, sondern in zwei durch eine Spalte voneinander getrennte Reihen (Fig. 502). Dadurch ist die Möglichkeit gegeben, dal? das ganze Synangium bei der Reife in zwei Hälften auseinanderklappt'-), während jedes ein- zelne Fach sich nach innen zu öffnet (die Öffnungsstelle ist auch hier vor- gebildet). Bei Angiopteris endlich fin- den wir einzelne Sporangien noch in ähnlicher Anordnung wie die frühere des Synangiums , d. h. also in zwei Reihen (Fig. 503) , nicht selten steht aber auch am Ende des Sorus vor den zwei Reihen ein Spor- angium, wodurch ein Übergang zu der Anordnung bei Kaulfussia etc. gemacht wird. Jedes Sporangium öffnet sich für sich, und die Sporen werden hier — nach Beobachtungen an Angiopteris evecta — sogar schon ausgeschleudert, wenngleich nicht sehr energisch. Die entleerten Spor- angien sind weit aufgeklaff't. Der Mechanismus des Aufklappens scheint mir noch weiterer Aufklärung bedürftig^); ohne Zweifel spielt der Ant- ^) Man vergl. betreffs derselben die systematischen Werke und Bower a. a. O. -) Die Fächer reichen aber tiefer hinab als die Spalte. ^) Vgl. BowEE a. a. O. Fig. 502. Marattia fraxinea, ..Syn- angium", oben geschlossen,- schief von oben gesehen, in der Mitte geöffnet von oben, unten im Querschnitt. Vergr. Nach HOOKEK (aus Christ, Farnkr.). '60 Specielle Organographie. agonisnius zwischen den Zellen, deren Innen- nnd Seitenwände verdickt (nnd ,,verholzt") sind, und den unverdickt gebliebenen dabei eine Rolle. Erstere finden sich namentlich am Scheitel nnd an den beiden Flauken des hier (wie bei allen Marattiaceen) ausgesprochen dorsiventral gebauten Sporangiums. Ob aber nur das Schwinden der unverdickten Zellen die Öffnung bewirkt, bleibe dahingestellt. Jeden- falls entspricht ein Sporangium von Angiopteris einem „Fach" des S3'nangiums von Marattia, Kaulfussia u. a. Ob man aber Angiopteris an das Ende oder an den Anfang der Reihe setzen will, bleibt derzeit dem subjektiven Ermessen überlassen; doch zeigt Angiopteris den am meisten specialisierten Bau der Sporangienwand und nähert sich dadurch dem Verhalten der leptosporangiaten Farne, namentlich dem der Osmundaceen, die auch sonst den eusporan- giaten Farnen am nächsten stehen. Wenn wir die Beziehungen der Öffnungs- richtung der Sporangien zu ihrer Lage in das Auge fassen, so sehen wir, daß die Öffuungs- stelle bei allen Marattiaceen auf der dem S p 0 r 0 p h y 1 1 a b g e w a n d t e n Seite der Spor- angien liegt. Diese stehen ja auf der Unter- seite der Sporoi)hylle , und mit diesem „Be- streben" der Sporangien , die Öffnungsstelle von dem Sporophyll wegzulegen, steht offenbar auch die ausgeprägt dorsiventrale Gestalt der Sporangien in Beziehung, die stark abweicht von der der Botrychiumsporangien. d) L e p to sp or a n giate F a r n e ^) (mit Ausschluß der Salviniaceen und Marsiliaceeu). Die Sporangienstruktur dieser (Trupi)e ist dadurch cha- rakterisiert, daß die verdickten Zellen, welche die Öffnung und Zerstreuung der Sporen bewirken, auf einen Teil der Sporangienwand lokalisiert sind. Sie werden als „Annulus" bezeichnet, auch wo sie nicht in Gestalt eines Ringes angeordnet sind, und führen Ijeim Austrocknen Bewegungen aus, welche ein energisches Fortschleudern der Sporen zur Folge haben. Die Anordnung der Annuluszellen bedingt nicht nur die Art und Weise des Aufspringens der Sporangien, sondern sie ist bekanntlich auch in syste- matischer Beziehung von Bedeutung. Es kann deshalb betreffs der Einzelheiten auf die systematischen Lehrbücher und die eingehenden neueren Darlegungen Bower's verwiesen werden. Hier sei nur an einigen Beispielen die Frage erörtert, ob die Ausbildung und Lage des Annulus lediglich eine aus „inneren'' Gründen erfolgende ist, oder ob sich Be- ziehungen zwischen Gestalt und Funktion nachweisen lassen. Letzteres ist der Fall. Es läßt sich — wenigstens für die untersuchten Fälle — zeigen, daß die Anordnung des Annulus „zweckmäßig" ist, d. h. in Be- ziehung steht zur Gestalt und Lage des Sporangiums. Der Annulus ist so angeordnet, daß er freien Spielraum hat, der Riß, in welchen sich daß Sporangium öffnet, so daß er stets nach der Seite hin sieht, avo die Sporenverbreitung un- Fig. 503. Angiopteris evecta. Oben Stück einer Blattfieder mit Soris (einer entfernt) nach Kunze ; unten Sporangien (vergr.)^ nach Hookee (aus Chkist, Farnkräuter). 1) Vgl. auch BowER, Studies in the morphology of spore-producin? members. IV. The leptospoi-angiate ferns. Die Fortpflanzunssorgiine. 761 Sporangieu, selbst voneiDander sind. gehindert vor sich gehen kann, also, allgemein gesagt, nach außen, wobei „außen" je nach der Lage der Sporangieu verschieden orientiert sein kann. Es sind hauptsächlich drei Arten für die Öffnung zu unterscheiden : 1) durch einen quer zur Längsachse des Sporangiums verlaufenden Riß, Annulus vertikal — hierher die große Mehrzahl der leptosporangiaten Farne (Polypodiaceen) ; 2) Öffnungsriß schief zur Längsachse, Ring schief — Hymenophylleen, Cyatheaceen und Verwandte ; 3) Längsriß, Annulus quer oder schief-einseitig — Gleicheniaceen, Schizaeaceen, Osmundaceen. Loxsoma. Ad 1) Hier ist vor allem zu beachten, daß die wenn sie in dichten Gruppen stehen, unabhängig Sie sind meist langgestielt i) (Fig. 504 I) und reifen nicht zu gleicher Zeit (vgl. das auffallende Beispiel von Polyp, obli- quatum in Fig. 457). Der vertikal verlaufende Ring hat also freien Spielraum. Er streckt sich zunächst gerade, biegt sich dann nach außen konkav um (oft so weit, daß die beiden Enden des Ringes sich berühren), schnellt zurück und schleudert die Sporen fort, häutig reißt dabei auch das Sporangium selbst an seiner Basis ab (so bei Platycerium grande u. a.). Daß auch eine bestimmte Aufrißstelle, das „Stomi- um", vorhanden ist, ist bekannt; sehr häufig finden wir hier flache Zellen mit verdickten Wänden , die ich als Saumzellen {S) 2) Fig. 504 II) bezeichnen möchte. Sie haben die Aufgabe . zu bewirken, daß der Riß an einer be- stimmten Stelle und in bestimmter Richtung sich bildet; wenn die Einrißstelle einmal gegeben ist, reißen dann auch die hinter dem Saume gelegenen dünnwandigen Wandzellen durch. Durch Befeuchten und Wiederaustrocknen kann dei- Schnellvorgang öfters wiederholt werden. Ad 2) Als Beispiel diene zunächst Trichomanes. Die Sporangieu stehen hier radiär verteilt um eine langgestreckte Placenta, an der sie Fig. 504 ä). I Platycerium grande, aufgesprungenes Sporangium, J Saumzellen. II Oberer Teil eines Spor- angiums von Aneimia fraxinifolia, R Ring, *S Saumzellen, St Stomium. ///Querschnitt eines noch nicht ganz reifen Sporangiums von Osmunda i'egalis. IV Mohria caffrorum, Sporangium von oben. Sämtlich vergr. 1) Nicht der Fall ist dies z. B. bei Ceratopteris. ''j In Fig. 504 / versehentlich mit J bezeichnet. 3) Herrn Prof. Giesenhagen, welcher die Freundlichkeit hatte, die Figuren 504, 508, 510 nach eigenen Untersuchungen für mich zu zeichnen, sei auch hier bestens gedankt. Goebel, Organographie der Pflanzen. 50 762 Specielle Organograpliic. Fig. 505. Trichoma- ues tenei'um. Sorus in Außenausicht. Unten das beelier- förniige zweila^ipige Indusinm , aus ihm ragt die Placenta her- vor, welche in radi- ärer Verteilung die Sporangieu trägt. Der Ring der Spor- angien ist sichtbar. Schwach vergr. in „basipetaler" Reihenfolge entstehen. Die Spoiangien besitzen nur einen ganz kurzen Stiel (Fig 506), ihre Längsachse steht schief zu der Placenta, und sie bedecken einander dachziegelig. Ein Blick auf Fig. 505 zeigt, daß der Ring so liegt, daß er auch bei dieser Lage freien Spielraum hat, d. h. er ver- läuft schief zur Längsachse des Sporangiums, die Riß- stelle befindet sich nahe der Sporangiumbasis. Der Ring löst sich hier ab. nimmt den größeren Teil der Sporangiumwand mitsamt den Sporen mit sich, indem er sich nach der der Abrißstelle gegenüberliegenden Seite biegt (wobei die Sporaugienwand auch rechts und links vom Aunulus abreißt), dann schnellt er zu- rück, das ganze Sporangium reißt ab, und die Sporen werden fortgeschleudert. So nach Beobachtungen an Trichomanes tenerum. Es ist nicht richtig, wenn At- KiNSON ^) meint, „that the spores in the Hymeno- phyllaceae are not very eifectively dispersed". Im (Gegenteil, es ist eines der anziehendsten Schauspiele bei den Farnen, wenn die an der langen Placenta sitzenden Sporangien (welche Feuchtigkeit auch zu- nächst noch zwischen sich festhalten), eines nach dem anderen, in kurzen Intervallen losschießen, bis schließ- Fig. 506. Trichomanes teneriun. I Sporangium von der Seite (vergr.). // Stück eines Längsschnitts durch die Placenta mit zwei Sporangien, oben und unten der Annulus sichtbar. lieh die vorher mit Sporangien besetzte Placenta ganz leer ist (nur einzelne Sporangien bleiben gelegentlich daran sitzen)^ Wenn also auch die Sporen von Hymenophylleen öfters innerhalb der Sporangien keimen, so 1) The biology of ferns, p. 72. Die Lage des Annulus der Hymenoi^hylleen ist dort gleichfalls unrichtig angegeben. Sie ist nicht horizontal (a. a. O. p. 62), sondern schief. Richtige Darstellungen bei Bowee u. a. — Der Ring greift auf der einen Seite (Fig. 506 I rechts unten) über die Anhaftungsstelle des Sporangiums herüber, auf der anderen — der Offnungsstelle — nicht. Daher die oben beschriebene Bewegung. Die Fortpflanzungsorgane. 763 ist dies doch keineswegs das normale Verhalten, es tritt ein, wenn bei längeren Regenperioden keine Gelegenheit zum Austrocknen gegeben ist ^), sobald aber eine kurze Trockenzeit eintritt, schießen die zahlreichen reifen Sporangien in um so größerer Menge ihre Sporen los. Dieselben Beziehungen der Lage des Annulus zu der der Sporangien kann man auch erkennen, wenn man einen Sorus der Cyatheacee Alsophila (untersucht an A. Leichardtiana) von oben betrachtet. Bei der, bis jetzt zu den Poh'podiaceen gestellten, Gattung Plagiogyria, welche gleich- falls einen schiefen Ring hat, ist zwar eine solche Deckung der Sporan- gien, wie bei den Hymenophylleen, Alsophila u. a., nicht vorhanden, aber das Sporangium ist von vornherein einseitig (dorsiventral) entwickelt und kurz gestielt, auch stehen die Sporangien ziemlich dicht. Ad 3) Hier seien zunächst die Osmundaceen genannt. Bei Osmunda stehen die Sporangien allseitig an den Sporophyllen und zwar ziemlich locker. Die Oberansicht einer Sporangiengruppe (Fig. 507 I) zeigt, daß die Aufrißstelle hier überall auf der dem Sporophyll abgekehrten Seite der Sporangien steht-), also bei den auf der Unterseite stehenden nach unten, bei den am Rande stehenden^) nach außen u. s. w., der Ring zeigt dagegen keine bestimmte Orientierung. Er wird gebildet von einer Platte von Zellen , welche auf der einen Seite des dorsiventralen Sporangiums liegen. Meiner Ansicht nach liegt aber der Ring un- mittelbar unter dem Scheitel des Sporangiums . dieser ('/ in Fig. 507 II) ist durch die einseitige Entwicklung des Sporangiums verschoben und liegt also dem Stiele nicht gegenüber . sondern seitlich. Wir werden eine ähnliche „Verschiebung" bei Lygodium kennen lernen. Daß die Öffnungs- stelle durch niedrige Zellen vorgebildet ist, zeigt ein rechtwinkelig zum Stiel geführter Schnitt (Fig. 504 III). Die Annulusplatte sucht beim Austrocknen nach außen konkav zu werden, was erleichtert wird durch die Gestalt der Zellen und ihre entweder schief gestellten oder in der Mitte etwas verdünnten Querwände, eine Anordnung, welche eine An- näherung der verdickten Längswände aneinander gestattet^). Beim Zu- Fig. 507. / Oberansicht von Sporangien bei Osmunda regalis, XBlattnerv. Der „Ring" ist als schwarzer Fleck angedeutet. // Eines der dorsiventralen Sporangien in Seitenansicht. /// Soi'us von Gleicheuia circinata, Ober- ausicht, die Aufsprunglinie durch punktierte Linien au- gedeutet. ^) Daß die Sporangien, vermöge ihrer dichten Stellung an der exponierten Placenta Wasser zwischen sich festhalten, ist für die Sporen, die eine längei'e Austrocknung nicht er- tragen, von Vorteil. Außerdem wird dadurch bedingt, daß die Sporangien von oben her abtrocknen und ihre Sporen allmählich, nicht auf einmal losschleudern ; bei den feuchten Standorten, welche die Hymenophylleen bewohnen, ist es wichtig, daß jede Trockenperiode zur ausgiebigen Sporenverbreitung benutzt wird. Damit hängt offenbar die Anordnung der •Sporangien zusammen. ■-) Dies gilt auch für die Mikrosporangien der Cycadeen u. a. *) In der Figiir ist keines derselben gezeichnet. ■*) In den Zeichnungen von LÜKSSEN (Die Farnpflanzen, Fig. 35 und 36) sind die Quer- wände fast alle wirklich quer gestellt. Ich habe solche Fälle nicht gesehen, nur einzelne Wände standen an den untersuchten Sporangien quer ; bemerkenswert und mit den ijublizierten Zeichnungen in Widerspruch ist auch die Thatsache, daß bei Osmunda in der Nähe des Kinges sich rechts und links vor der Aufspringspalte ein kurzer Querriß bildet (einigermaßen 50* 764 Specielle Organographie. rückschlageu der Sporangiumklappen werden die Sporen fortge- schleudert. Daß auch bei den Gleicheniaceen die Lage der Sporangien mit der des Annulus zusammenhängt, zeigt P'ig. 508 III, aus der auch erhellt^ daß die Aufsprunglinie ebenso wie bei den Osmundaceen auf der dem Sporophyll abgewandten Seite liegt. Der „Ring'' hat hier wirklich die Gestalt eines (nicht vollständigen) Ringes, der in etwas schiefer Richtung annähernd quer zur Längsachse des Sporangiums unterhalb von dessen Scheitel liegt, wir sehen hier besonders deutlich, daß die Lage des Ringes nur ,,Mittel zum Zweck" ist, d. h. es kommt auf die Lage der Aufspring- linie an ; der Ring an sich würde freieren Spielraum haben, wenn seine Aufrißstelle dem Sporophyll zugekehrt liegen würde. Es ist aber klar, daß eine solche Lage die Sporenverbreitung sehr beeinträchtigen müßte. Fig. 508. / Querschnitt durch die Aufrißstelle (a) des Sporan- giums von Aneimia rotundifolia. II Ringzellen von Osmunda regalis im Querschnitt. ///Ring- zellen von Todea liarbara in Flächenansicht, sämtlich vergr. Fig. 509. Aneimia tomentosa. Obere Spitze eines Sporo- phyllfiederchens, unten Sjjorangium (von der Aufriß- seite). Stärker vergr. Nach Peantl (aus Chkist, Farn- kräuter). Fig. 510. Lygodium microijhyllum, Stück eines fertileu Blattziijfels von unten. Vier Sporangien sichtbar, bei den beiden untersten das Indusium weggeschnitten gezeichnet , die bei- den obersten schimmern durch das durchsichtig gedachte Indusiiim durch. Analoge Fälle finden wir bei den Schizaeaceen (Fig. 504 7, JI und IV^ 508 I), die zum Schlüsse noch kurz erwähnt sein mögen. Hier ist all- gemein der Ring quer unterhalb der Sporangienspitze angeordnet, und das Sporangmm öffnet sich mit einem Längsriß, der nach außen sieht. .,Außen" kann aber hier, wie oben erwähnt, eine verschiedene Bedeutung haben, es seien deshalb die einzelnen Gattungen hier kurz besprochen. Bei Mohr ia sitzen die Sporangien mit ihrem kurzen Stiele der bporophyllunterseite annähernd rechtwinklig auf. Sie sind dement- sprechend auch weniger ausgeprägt dorsiventral gebaut, als bei den anderen Arten, die Aufspringstelle fand ich stets nach dem Blattrande hin gerichtet. Bei Schizaea und Aneimia stehen die Sporangien schief zum Sporophyll, die Rißstelle sieht auch hier nach außen (Fig. 509), ähnlich wie bei Selaginella), was die Auswärtsbewegung der Klappen erleichtert. Die Quer- nsse smd durch den Bau der Sporangienwand vorgezeichnet, scheinen aber, wie erwähnt übersehen worden zu sein. * Die Fortpflanzungsorgane. 765 dementsprechend sind sie nach der Außenseite hin ausgebaucht, das Spor- angium ist also auch in seiner äußeren Gestalt ausgesprochen dorsi- ventral. Die Rißstelle ist, wie Fig. 508 I zeigt, hier besonders deutlich ausgebildet. Die interessantesten Verhältnisse finden sich bei Lygodium. Hier sind die Sporangien einzeln in Taschen eingeschlossen (Fig. 510), so daß der Ring schief nach der Unterseite gerichtet ist (die Längsachse des Sporangiums liegt aber nicht, wie es in der PRANTL'schen Figur und auch in den anderen mir zugänglichen Abbildungen dargestellt ist, in der Ebene des Sporophylls, sie macht mit dem kurzen Stiele einen Winkel von 90^). Steht diese merkwürdige Gestaltveränderung der Sporangien (verglichen mit den anderen Gattungen) mit der Sporenaus- saat in Beziehung? Merkwürdigerweise ist diese Frage in den Be- schreibungen von Lygodium nirgends erörtert, selbst die Art des Auf- springens wird öfters nicht richtig angegeben ^). In Wirklichkeit aber ist diese Gestalt die, welche unter den gegebenen Bedingungen die Sporenaussaat am besten sichert. Gegeben ist die Stellung des Ringes (also longitudinale Dehiscenz), gegeben ferner die Indusiumtasche, in welcher das Sporangium liegt. Diese Tasche besteht aus zwei Teilen 2) , dem eigentlichen auf der Blattunterseite entspringenden Indu- sium und einem Teile der Blattfläche , in welchen das Indusium übergeht. Der freie Rand der Indusiumtasche liegt also schief nach unten gerichtet, und gerade so liegt auch die Aufsprungstelle der Sporangien (Fig. 510). Der Ring öffnet sich bei der Reife weit, dabei drückt er die untere Hälfte der In- dusiumtasche nach außen. Es wird dies da- Fig. sii. Lygociium japouicum, durch ermöglicht, daß der Ring an der Stelle Sporangieu nach Peaxtl. Vergr! liegt, wo das Indusium frei über die Blatt- (^"s Christ, Famkräuter.) fläche hervorragt, also eine Bewegung unge- hemmt ausführen kann (.FFig. 510 oben). Wir sehen also, daß die Gestalt des Sporangiums auf das innigste zusammenhängt mit seiner Lage. Würde der Ring oben (statt unten) in der Indusiumtasche liegen, so würde der Austritt der Sporen wesentlich erschwert sein, denn eine Drehung resp. Bewegung des Indusiums ist hier, wo es mit der Blattfläche zusammen- hängt, kaum möglich. Die starke Verlängerung der Außenseite des Sporangiums (Fig. 511), welche zu einer Drehung desselben um 90 "^ führt, bringt also den Annulus nach unserer Auffassung in die für seine Funktion zweckmäßigste Lage: zugleich ist hervorzuheben, daß das eigen- artige Wachstum des Sporangiums nur eine Steigerung des Verhaltens ist, das schon bei Aneimia angeführt wurde, auch hier ist die Außenseite 1) So bei LÜRSSEX, Handb. d. systemat. Botanik, p. 570, Fig. 146 A, wonach die Spor- angien mit einem der unteren Indusienh älf te zugekehrten Längsriß aufspringen würden. '-) Prantl hat die ganze Indusientasche als einheitliches Indusium aufgefaßt, weil sie als Halbringwall unterhalb des randständig angelegten Sporangiums entsteht. Meiner An- sicht nach liegt aber nichts anderes vor, als bei Schizaea und einer Anzahl Aneimia-Arten, ^. h. die randständig angelegten Sporangien werden durch einen Auswuchs der Blattober- seite auf die Unterseite verschoben. Gleichzeitig mit diesem Auswuchs bildet sich aber das Indusium der Unterseite. Die PRAXTL'sche (wohl von dem "Wunsche, eine Analogie mit der Integumeutbildung der Samenanlagen zu finden, beeinflußte) Auffassung müßte eine kom- plizierte Verwachsung der Indusien annehmen, M-ährend die oben erwähnte sich den Verhält- nissen, wie mir seheint, ungezwungen anschließt. 766 Fig. 512. Lygodiimi japonicum, Habi- tusbild (verkl.) aus CHRIST, Farn- kräuter. Die Blätter entspringen aus einem horizontal kriechenden ßhizom. Es ist nur ein Stück eines Blattes ge- zeichnet. An der Rhaehis sitzt eine (verzweigte) Fieder erster Ordnung. Sie hat zwei Fiedern zweiter Ordnung, da- zwischen die unentwickelt bleibende Spitze. Nur die linke Fieder zweiter Ordnung ist gezeichnet, von der rechten nur das (herabgebogene) Stück ihres Rhaehis. Rechts-unten ein fertiles Fiederblättchen. Es ist viel mehr zer- teilt, als die sterilen Fiedern derselben Ordnung, und zeigt die dicht gedrängten Indusieutascheu. Speciellc Organographie. der Sporangien stärker entwickelt, als die Innenseite ; die „Disposition" zu dorsiventraler Entwicklung der Sporangien ist in der ganzen Gruppe vorhanden, bei Lygodium extrem gesteigert. — Daß gerade bei dieser Gattung die Sporangien einen so ausgiebigen Schutz (durch Ver- senkung in die Indusiumtasche) erfahren, dürfte mit der kletternden Lebensweise dieser Farne zusammenhängen. Die Blätter klettern weit in die Sträucher etc. hinauf^). Die fertilen Blattfiedern (Fig. 512) bilden sich nur im obersten Teile. Kletterblätter sind also verhältnismäßig sehr exponiert, dem entspricht der aus- giebige Schutz der Sporangien. Die verschiedene im Vorstehenden geschilderte Lage des Einges der Farn- sporangien kann auch Anlaß geben zu phylo- genetischen Spekulationen. Hat bei den ein- zelnen Gruppen eine „Verschiebung" des Ringes stattgefunden oder nicht? Mir schei- nen zu einer Beantwortung dieser Frage der- zeit keine entscheidenden Tliatsachen vor- zuliegen. Solche hätten wir, wenn wir nach- weisen könnten, daß wir auszugehen haben von einer bestimmten, schon differen- zierten Form, durch deren Umbildung dann andere entstehen. Eine solche Um- bildung findet sich in manchen Fällen, wo ein Funktionswechsel stattgefunden hat. Aber viel häufiger dürfte sein, daß die in dem Aufbau des Protoplasmas be- gründeten „Entwicklungsmöglichkeiten" unter dem Einfluß äußerer oder innerer formativer Reize sich von Anfang an nach verschiedenen Richtungen hin ent- falten. Nehmen wir also ein „Ursporan- gium" an, so braucht man ihm nicht eine bestimmte Lage des Ringes zuzuschrei- ^) Es geschieht dies auf doppelte Weise: ein- mal dadurch, daß die Blattspindel Stützen umschlingt, außerdem aber ist Lygodium zugleich „Spreizklim- mer". Bei Lygodium japonicum z. B. (Fig. 512) bleibt die Spitze der Blattfiedern erster Ordnung- meist unentwickelt , während die beiden unteren Fiedern zweiter Ordnung wohl entwickelt sind und , weit abstehend, zum Spreizklimmen dienen. Der eingerollt bleibende Vegetationspunkt der Fie- dern erster Ordnung kann aber sein Wachstum wieder aufnehmen. Der Fall liegt ähnlich wie bei den Gleicheniaceen (vgl. p. 514). Die Fortpfl;inzungsorgane. 767 ben, sondern nur die Eähigkeit, die Wandzellen (im Zusammenhang mit der Lage des Sporangiums) in größerer oder kleinerer Zahl zu ver- dicken und so zum Ölfnungsapparat zu gestalten. Ob man dabei aus- gehen will von Sporangien mit noch ganz fehlender Wandverdickung, wie sie bei Ceratopteris z. B. sich zuweilen finden , oder von einer Sporangienform wie die von Lycopodium , bei welchem die Mehrzahl der Wandzellen aktiv sind, scheint ohne großen Belang ; was hier hervor- gehoben werden sollte, ist, daß z. B. ein Hymenophyllumsporangium nie- mals eine andere Lage des Ringes besessen zu haben braucht, als wir sie jetzt finden: eine Verschiebung derselben anzunehmen, würden wir nur dann berechtigt sein, wenn wir Grund zu der weiteren Annahme hätten, daß die Lage und Gestalt der Sporangien früher eine andere war. Eine Verschiebung der Aufrißstelle der Sporangien läßt sich, wie wir sahen, bei Lycopodium inundatum als wahrscheinlich betrachten. Lygodium aber bot uns ein Beispiel, das zeigte, wie innerhalb einer Verwandtschafts- gruppe, nachdem die Lage des Ringes einmal fixiert ist, die Gesamt - g estalt des Sporangiums sich der Aufgabe der Sporenverbreitung anpaßt, wir konnten nachweisen, daß die von den verwandten Formen abweichende Ausbildung des Sporangiums bedingt ist durch seine taschenförmige Um- hüllung einerseits , die einmal gegebene Lage des Ringes andererseits. Lygodium erscheint uns also nicht als eine primitive, sondern als eine stark veränderte Schizaeaceenform. Es sei schließlich noch auf eine andere Seite der Frage nach der Be- deutung der Lage des Annulus bei den Farnen hingewiesen. Ich habe früher^) kurz hervorgehoben, daß die Lage des Ringes am Farnsporangium nicht als Anpassungscharakter betrachtet werden können. Dieser Ansicht bin ich. obwohl sie mit dem oben vorgetragenen scheinbar in Widerspruch steht, auch jetzt noch. Es war ersichtlich, daß die Anordnung des Ringes in engster Beziehung steht zur Gesamtgestalt des Sporangiums einerseits, zu seiner Lage andererseits, und daß sie unter den gegebenen Verhältnissen eine zweckmäßige ist. Aber die Zweckmäßigkeit allein kann uns nicht er- klären, warum die Aufgabe, die Sporangien zu öffnen und die Sporen zu verbreiten, in so verschiedener Weise gelöst ist. Ein Osmunda-Spor- angium würde auch mit einem Gleicheniaceen- oder Schizaeaceenring gut funktionieren. Es kommt offenbar hier wie überall die „innere Konstitution" der Pflanze einerseits, die Zweckmäßigkeit andererseits in Betracht. Was wir einstweilen bei einer Anzahl von Sporangien nachweisen können, ist die Beziehung der Lage und der Gestalt derselben zur Öffnungsweise, bei allen anderen Fragen haben wie es mit Hypothesen zu thun. Der Bau der Sporangienwand ist ein bei den verschiedenen Pterido- phytenformen offenbar sehr konstanter. Doch giebt es auch Arten, welche darin variieren ; das auffallendste Beispiel ist Ceratopteris, bei welcher sich alle Abstufungen von einem „vollständigen vertikalen" Ringe bis zum Fehlen desselben 2) finden. Bei einem von mir in Britisch Guiana ge- sammelten Exemplare ^) z. B. besteht der Ring meist aus fünf bis sechs 1) Über Stiulium und Auffassung der Anpassungserscbeinungen bei Pflanzen, München 1898, p. 23. -) Vgl. HOOKEK, Species filicum, II, p. 236. 3) Diese von Hookek und Greville (Ic. Fil., Taf. 97) als „Parkeria pteridioides" be- zeichnete Form ist doch wohl verschieden von der in unseren Gewächshäusern kultivierten. Wenigstens war ich nie imstande, aus der letzteren die eigentümlichen schwimmenden Formen mit mächtig angeschwollenen Blattstielen zu erziehen, wie ich sie in Britisch Guiana antraf. Die Frage ist experimentell näher zu prüfen; aus anderen Tropenländern sind meines AVissens ähnliche Formen nicht beschrieben , es ist also in Südamerika vielleicht eine be- sondere „physiologische Rasse" dieses Farukrauts zur Entwicklung gelaugt. »^ßg Specielle Oiganographie. Zellen, in der übrigen Sporangienwand ist er nicht zur Anlegung gelangt. Ein derartiger rudimentärer Annulus ist für die Verbreitung der Sporen kaum von Bedeutung. Zwar sind uns die Ursachen dieser Variation un- bekannt, aber es ist, wie mir scheint, biologisch verständlich, daß der Annulus verschwinden kann bei einem Farn , der , auf dem '\^"asser schwimmend, seine Sporen nicht weit auszustreuen braucht, da sie durch Wasserströmungen leicht verbreitet werden können : außerdem ist Cerato- pteris durch seine reichliche ungeschlechtliche Vermehrung von der Sporen- verbreitung viel weniger abhängig, als die meisten anderen Farne. Die genannte Erscheinung bedarf aber um so mehr der näheren Untersuchung, als bei den Ceratopteris-Sporangien auch sonst die Beziehungen der Ring- lagerung zur Sporangiengestalt ziemlich dunkel sind. Auch in seiner Struktur weicht der Ring von dem der Potypodiaceen ab, er besteht aus sehr zahlreichen, niederen und breiten Zellen. Bei der Öffnung der Sporangien werden nur wenig Sf)oren fortgeschleudert, die meisten bleiben (wenn man eine Sporophjdlfieder in umgekehrter Lage beobachtet) im Sporangium liegen , eine Thatsache , die wieder darauf hinweist , daß die Sporenver- breitung hier in etwas anderer Weise erfolgt , als bei den gewöhnlichen Landfarnen. § 3. Entwicklung der Sporangien. Auch hier können nur kurz die Hauptzüge hervorgehoben werden. Die Entwicklungsgeschichte hat gezeigt, daß alle Sporangien eine der Hauptsache nach übereinstimmende Entwicklung durchlaufen , vor allem ist charakteristisch, daß sämtliche Sporen, wie bei den Bryophyten, her- vorgehen aus Sporenmutterzellen, die (unter „Reduktion der Chromo- somenzahl") sich teilen in vier Tochterzellen; dies gilt auch für die Mikrosporangien der Samenpflanzen (deren Entwicklung deshalb hier mit besprochen werden kann). In den Makrosporangien derselben treten eigenartige Verhältnisse auf, die eine besondere Besprechung erfordern. Ein Sporangium mittlerer Entwicklung besteht aus einer von einer (je nach den Einzelfällen verschiedenen) Zahl von Zellschicliten zusammenge- setzten Wand 1), einem inneren Gewebe, dessen Zellen dicht mit Protoplasma erfüllt sind und sich später zu Sporenmutterzellen gestalten — es soll als sporogener Zellkomplex bezeichnet werden — und einer oder mehreren Zellschichten von charakteristischem Aussehen, welche den sporogenen Zellkomplex umhüllen. Diese Hüllzellen zwischen sporogenem Zellkomplex und Sporangienwand werden als T ap et enz eilen , ihre Gesamtheit wohl auch als Tapete bezeichnet. Wir sehen in den Mikro- sporangien von Symphytum (Fig. 5L^) und Knautia (Fig. 514), sowie dem in Fig. 515 abgebildeten Sporangium von Selaginella eine, in dem Sporangienlängsschnitt von Botrychium (Fig. 501) mehrere Schichten von Tapetenzellen. Ihre Bedeutung ist eine ernährungsphysiologische. Sie liefern den Sporenmutterzellen Bildungsstoffe, namentlich auch später für die Aus- bildung der äußeren Sporenhüllen. Bei den Farnen und in den Mikrospor- angien werden die Wände der Tapetenzellen aufgelöst, ihr Plasma mit den (oft durch direkte Kernteilung vermehrten) Kernen wandert zwischen die iso- lierten Sporenmutterzellen oder ihre Tochterzellen ein und wird von diesen 1) Ist die Sporangienwand mehrschichtig, so bezeichnen wir im folgenden die unter der äußersten Schicht derselben liegenden Zellen als Schichtzellen (aligekürzt für Wand- schiehtzellen). Die Fortpflanzuugsorgane. 769 aufgebraucht. Bei Selaginella [und Isoetes ^)] dagegen bleiben sie bis zur Sporenreife erhalten, sie sondern hier offenbar gelöste, von den Sporen- niutterzellen verwendete Stoffe ab und haben hier wie anderwärts auch die Aufgabe, die von der Sporangienwand zugeführten Baumaterialien in verwendbare Form überzuführen. Es scheint, daß wir zweierlei Arten von „Tapeten" unterscheiden können (die wahrscheinlich durch Ül)er- gänge miteinander verbunden sind). Die Farne, Equisetinen und die Mikro- sporangien der Samenpflanzen haben typisch eine P 1 a s m o d i a 1 1 a p e t e , d. h die Tapetenzellen zeigen die oben erwähnte Auflösung ihrer Wände und Einwanderung des In- halts zwischen die Sporen- mutterzellen oder ihre Tochterzellen. Die Spor- angien der Lycopodiaceen und noch ausgesprochener die der Selaginellen (und Isoeten) haben eine Se- kretionstapete, eine Plasmaeinwanderung zwi- schen die Sporenmutter- zellen findet nie statt. Ab- gesehen von Isoetes, stimmt diese Gruppierung (nach dem Verhalten der Spor- angien) überein mit der p. 387 angegebenen. Es mag also besonders betont sein , daß der Be- griff „Tapetenzellen" kein morphologischer ist (als solcher wird er auch von neueren Autoren, z. B. KÖRNICKE, für die Samen- anlagen der Angiospermen noch angewendet), sondern ein funktioneller, wie ich schon in Vergl. Entwicklungsgeschichte, p. 384 hervorhob; demgemäß ist auch ihr Ursprung kein einheitlicher. Wo der sporogene Zellkomplex einen größeren Umfang erreicht, sehen wir häufig Einrichtungen, welche eine ausgiebigere Nahrungszufuhr ermöglichen. Diese bestehen (wie früher ^) hervorgehoben) einerseits in einer Oberflächenvergrößerung des sporogenen Zellkomplexes , anderer- seits darin, daß einzelne — in extremen Fällen sehr zahlreiche — Zellen oder Zellkomplexe derselben steril werden und zur Nährstoffzufuhr für die fertilen dienen. Ersteres ist z. B. der Fall in den Sporangien von Lycopodium clavatum, annotinum u. a. und den Mikrosporangien vieler Angiospermen (Fig. 515 pl). Wir sehen hier den sporogenen Zellkomplex gekrümmt und dadurch mit zahlreicheren sterilen Zellen, namentlich an seiner Basis, im Zusammenhang. ') Vgl. FiTTiXG, Bau und Entwicklungsgeschichte der Makrosporen von Isoetes und Selaginella etc. Bot. Zeitung, 1900, p. 107 ff. ^) Auf die Beziehungen zwischen der Gestaltung des sjjorogenen Zellkomplexes und seiner Ernährung Murde vom Verf. unter anderem in der Abhandlung .,0n the simplest form of moss" (Annais of botany, VI (1892), ]). 358) hingewiesen. Fig. 513. Querschnitt durch ein Mikrosiiorangium von Symi^hytum officinale. In der Mitte der sporogene Zell- komplex, in dessen Zellen die großen Zellkerne ange- deutet sind, er ist umgeben von einer Schicht Tapeteu- zellen (<), die punktiert sind. Die Wand besteht aus drei Schichten: der Epidermis e, der zum Endosporiura werdenden Mittelschicht u und der schon stark zu- sammengedrückten Innenschicht s. 770 Specielle Organograi>liie. Letzteres findet sich in auffallendster Weise bei den großen breiten Sporangien von Isoetes, die durchsetzt sind von den „Trabeculae", sterilen Gewebszügen, deren Auftreten durch die Größe der Sporangien verständlich wird; sie werden (wie a. a. 0. hervorgehoben wurde) der Xährstoffzufulir zu den sporogenen Zellen dienen, außerdem erleichtern sie vermöge ihrer Intercellularräume auch den Gasaustausch. Ganz ähn- liche Einrichtungen hat Bower für Lepidodendron nachgewiesen. Unregel- mäßig angeordnete sterile Zellen fand derselbe Autor auch im sporogenen Gewebe von Equisetum , Tmesipteris und Psilotum , ebenso bei Ophio- glossum^), wo RosTOwzEW schon Analoges angegeben hatte. Diese Fälle erinnern an die früher von Lebermoosen angeführten. Ganz ähn- liche Fälle finden wir in den Mikrosporangien mancher Samenpflanzen (vgl. p. 731). Die einiger Onagrariaceen sind durch Gewebeplatten ab- geteilt, bei Viscum, Rhizophora u. a. (vgl. Fig. 486) sind die fertilen Zellen in den Antheren auf einzelne Gruppen beschränkt. Der Ursprung des sporogenen Zellkomplexes hat in den letzten Jahren zu einer Reihe von Untersuchungen Veranlassung gegeben^ namentlich der Frage, ob er sich seiner Abstammung nach zurückführen läßt auf eine Zelle, Zellreihe oder Zellschicht, die schon in sehr jungen Stadien der Sijorangienentwicklung durch ihren reichen Protoplasma- gehalt hervortritt und durch Teilungen die sporogenen Zellen liefert ; diese „Urmutterzellen" wurden als Archespor bezeichnet-). Strasburgek ^) hat neuerdings hervorgehoben, der Schwerpunkt der Entwickkmgsvorgänge, die sich in den Sporangien abspielen, könne nicht in das Archespor verlegt werden, vielmehr hebe die neue Generation mit den Sporenmutterzellen an, wie die bei der Teilung derselben stattfindende Reduktion der Chromosomenzahl, auch die Loslösung dieser Zellen aus dem Gewebeverband zeige. Gewiß darf der Schwerpunkt der Entwicklung nicht in ein einzelnes Stadium verlegt werden, denn im Grunde kann man bei Entwicklungsvorgängen von einem „Schwerpunkt" überhaupt nicht sprechen. Es handelt sich um eine Reihe bestimmt aufeinander folgender Vorgänge, welche in dem vorliegenden Falle zur Sporenbildung führen. Daß uns bei dieser die Veränderungen bei der Kernteilung am auffallendsten erscheinen, liegt, wenigstens zum Teil, gewiß nur an der Unvollkommenheit unserer Untersuchungsmethoden. Sicher treten doch auch im Protoplasma Ver- änderungen ein, und zwar nicht plötzliche, sondern allmählich vorbereitete. Und diese sprechen sich meiner Auffassung nach auch in der Entwicklung des sporogenen Gewebes aus dem Archespor aus. Daß das letztere eine von dem übrigen Gewebe verschiedene Beschaffenheit hat, wird bei Be- sprechung der Aposporie zu erläutern sein. Übrigens war das Ziel der entwicklungsgeschichtlichen Untersuchungen über die Sporangien der „Nach- weis der Homologie der Entwicklung in der ganzen Reihe der Sporangien" 4),^ ein Nachweis, der, wie a. a. 0. hervorgehoben, auch besteben bliebe, wenn die Differenzierung des Archespors nicht überall so frühzeitig erfolgt, wie in einigen Fällen. ^) Bei Ophioglossum pednneulosimi uud Equisetum arvense waren in den von mir untersuchten Fällen nur eingewanderte Tapetenzellen, keine „sterilisierten" sporogenen Zellen nachweisbar. '•') GOEBEL, Beitr. zur vergl. Entwicklungsgeschichte der Sporangien. Bot. Zeitung, 1880 u. 1881 ; Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane, p. 382 ff. =*) Strasbukgee, Über periodische Reduktion der Chromosomenzahl im Entwicklungs- gang der Organismen. Biol. Centralbl., 1894, 14. Bd. '') Vgl. Entwicklungsgesch., pag. 384, Anm. 2. Die Fort|5flaiizungsorgane. 771 a) Mikr osp or an gieu der Angiospermen. Wie Warming i) nachgewiesen hat, geht das Archespor sowohl als die das sporogene Gewebe später nach außen hin umgebenden Wandschichten hervor aus einer unter der Epidermis liegenden Zellreihe oder Zellschicht. Es teilt sich nämlich in jeder der vier 8taubblattkanten eine unter der Epidermis liegende (hypo- dermale) Zellreihe oder Zellschicht durch perikline Wände (Fig. 515 2). Von den dadurch entstandenen Zellen stellen die nach innen hin gelegenen das Archespor, die äußeren die Schichtzelleu vor, die sich nun noch weiter durch perikline Wände spalten. Die innersten der aus ihnen hervorge- gangenen Zellen gestalten sich später zu Tapetenzellen (Eig. 513 u. 514 t, t), während die anderen Tapetenzellen von den dem Archespor nach innen an- Fig. 514. Kuautia arvensis. Antherenquerschiiitte. 1 jüngeres, 2 älteres Stadium, iu welch letzterem die uur in Einzahl auf dem Querschnitt vorhandene Pollenmutterzelle p sich bereits in vier Tochterzellen geteilt hat. t Tapetenzellen, u und z Schichtzelleu, von denen s: zu- sammengedrückt wird, u die Faserschicht der Wand (das Endotherium) bildet. In 3 sind die Tapetenzellen mehrkeruig. grenzenden Zellen geliefert werden. Es ergeben sich die geschilderten Vor- gänge, welche in allen Einzelheiten denen in den Sporangien der Gefäß- kryptogamen entsprechen, schon aus der Vergleichung der Figuren, Bei Hyoscyamus ist, wie Fig. 515 2 zeigt, das Archespor auf dem Querschnitt eine Zellreihe. Das sporogene Gewebe, welches aus demselben hervorgeht, ist nicht sehr umfangreich, es besteht nur aus zwei Zelllagen und ist bogenförmig gekrümmt, so daß das Gewebe des Staubblattes in den Pollensack hineinragt. Diese Gewebepartien sind von Chatin als „Pla- centoiden" bezeichnet worden, sie haben aber mit einer wirklichen Placenta nichts gemeinsam. Viel umfangreicher ist das sporogene Gewebe entwickelt bei Symphytum (Fig. 513), es geht auch hier aus einer Zellschicht (die im Querschnitt aus nur wenigen Zellen besteht) hervor (vgl. Warming's Figuren von Symphytum Orientale, a. a. 0. Taf. 3, Fig. 1 — 8). Dagegen finden sich auch Fälle, in welchen die Archesporzellen direkt zu Pollenmutterzellen werden. So bei Knautia arvensis (Fig. 514). Das Archespor ist hier eine Zellreihe , die Zellen derselben verdoppeln sich in einigen Pollensäcken ^) Warmixg, Über pollenbildende Phyllome und Kaulome, Botan. Abhandl., herausgeg. v. Hanstein, IL Bd. 1873. 772 Specielle Organographie. durch eine Längswand (selten zwei), so in Fig. oU 1 unten, und die beiden dadurch entstandenen Zeüreihen werden nun zu Pollenmutterzellen, m anderen Fällen aber (Fig. 514 2) unterbleibt diese Teilung, und die Archesporzellen werden direkt zu Pollenmutterzellen. Es ist in Fig. 514 1 die äußere Umhüllung des Pollensackes gebildet von vier Zell schichten : den Tapetenzellen (t), zwei Lagen von Schicht- zellen (u und z) und der Epidermis. Daß äußere Tapetenzellen und Schicht^- zellen aus Spaltung einer Zellenlage hervorgegangen sind, ist noch deutlich erkennbar. Die untere Schichtzellenlage (u) wird von den Tapetenzellen, die sich, wie Fig. 514 2 zeigt, sehr vergrößern, später zusammengedrückt (ursprünglich diente sie wohl mit zur Stoffzuleitiing zum sporogenen Zell- Fig. 515. Hyoscyamus albus. 1 Anthereriquerschiiitt, gf Gefäßbüudel des Kounektivs co, in "den Mikrosporautfien das sporogene Zellgewebe eingezeichnet, ^jZ steriles Gewebe unter- lialb des sporogenen Zellkomplexes. S Schematischer Querschnitt einer jüngeren Anthere, a Archespor. komplex), die äußere bildet sich hier, wie bei vielen anderen Pollensäcken, zur fibrösen Zellschicht (dem Endothecium) um. Die Zellwände derselben sind auf ihrer Innenseite mit Verdickungsfasern besetzt. Sie sind die „aktiven" Zellen. Beim Austrocknen entsteht eine Spannung, welche die Antherenwand an ihrer schwächsten Stelle, und diese pflegt der Trennungs- wand zwischen den beiden Pollenstöcken einer Antherenhälfte gegenüber- zuliegen , aufreißt. Die erwähnte , aus mehreren Zelleiilagen bestehende Trennungswand ist vorher schon entweder ganz oder nur in ihrem unteren Teile zerstört. Die Tapetenzellen werden auch hier, etwa um die Zeit, wo die jungen Pollenkörner sich isolieren , aufgelöst. Vorher findet vielfach eine Ver- mehrung der Zellkerne in ihnen statt (Fig. 514), welche in den von Stras- 15URG1ER untersuchten Fällen durch Fragmentation erfolgt. Das Protoplasma der Tapetenzellen wird von den heranwachsenden Pollenkörnern (Mikro- sporen) aufgebraucht. Bei einigen der von Warming untersuchten Pflanzen (Zannichellia, Gladiolus, Ornithogalum, Funkia ovata, Eschscholtzia californica, Tropaeolum) blieben Zweifel über die erste Differenzierung des Archespors. Möglich ist es auch , daß zuweilen mehr als eine Zellschicht sich zum Archespor ge- staltet, wenigstens giebt für Tropaeolum Warming ein solches Verhalten an; ich gestehe aber, daß nach seinen Figuren mir die Zurückführung dieses Falles auf das gewöhnliche Schema keineswegs ausgeschlossen er- Die Fortpflanzungsorgane. 773 scheint, namentlich wenn man annimmt, daß im Archespor sehr unregel- mäßig gestellte Teilungswände auftreten. b) Sporangien derPteridophj^ten. Ähnliche Dilferenzen betreffs der scharfen Abgliederung des Archespors finden sich auch bei den Pterido- phytensporangien. Zunächst geht aus der Abbildung eines Sporangiums mittlerer Entwicklung von Selaginella in Fig. 516 rechts deutlich hervor, daß es mit dem entsprechenden Entwicklungsstadium eines Angiospermen- mikrosporangiums durchaus übereinstimmt. Die Figur zeigt oben links einen Längsschnitt durch ein junges Sporangium. a ist dabei nach meiner früheren Auffassung eine Archesporzelle (in Wirklichkeit liegen der flachen Gestalt des Sporangiums ent- sprechend mehrere Archespor- zellen nebeneinander, wie Tan- gentialschnitte zeigen) , t die erste Tapetenzelle, welche vom Archespor abgegeben ist; die Sporangienwand wird später durch Spaltung zweischichtig. Nach BowER findet die Ab- trennung der Wand vom Arche- spor nicht so frühzeitig statt, wie ich es angenommen hatte, die Zelle t würde aus einer Teilung der Außenzelle her- vorgehen und sich mit an der Bildung des sporogenen Zell- komplexes beteiligen. Ich habe diese Frage nicht aufs neue untersucht und verweise des- halb auf die sehr eingehenden Abhandlungen Bower's i), wel- che meine alten — vor der Zeit der Mikrotomtechnik ausgeführten — Unter- suchungen vielfach ergänzt und teilweise berichtigt haben. Nach Bower ist in manchen Fällen die Abgrenzung des Archespors weniger scharf, als ich es an- genommen hatte ; er glaubt, daß z. B. bei Equisetum arvense und Isoetes sporogene Zellen atich von denen geliefert werden können, die ich als An- lage der Sporangienwand betrachtet hatte. Daß die Wand sich von den sporogenen Zellen verhältnismäßig spät differenziert, hatte ich schon für Ophioglossum angegeben, und nach Bower's Untersuchungen kommt dies auch anderwärts vor. Eine Schwankung in der Ausbildung der sporogenen Zellen findet sich auch bei den Moosen ; selbst bei den Laubmoosen mit scharf differenziertem Archespor können Columella-Zellen gelegentlich fertil werden. Es scheint mir die Frage, ob sich das Archespor etwas früher oder später differenziert, eben deshalb von keiner prinzipiellen Be- deutung , weil offenbar beide Fälle vorkommen. Absolut starre Regeln giebt es bei den Organismen nirgends. Soweit ich sehen kann, ist be- züglich der ersten Anlegung der Sporangien der einfachste Ausdruck der Thatsachen der, daß man sagt : Der wesentliche Inhalt der Sporangien (sporogener Zellkomplex -j~ Sporangienwand) läßt sich zurückführen auf eine oberflächlich gelegene Zelle, Zellreihe oder Zellfläche. Diese teilt sich Fig. 516. A und B Sehtgiueila spinulosa, Längs- schnitte diirch ein sehr junges und ein älteres Sporangium. C (nach Jönsson) Längsschnitt durch den Nucellus (das junge Makrosi^orangium von Cuphea Zinisjianii). Archespor schattiert. 1) Studies in the morphology of spore-producing members (Phil. Transactions of the Royal Society). I. Equisetineae and Lycopodiaceae (Vol. 185, 1894). IL Ophioglossa^eae, 1896. IIL Marattiaceae, 1897. IV. The leptosporangiate fems, Vol 192. yy^ Speciolle Orgauogiaphie. durch perikline Wände. Damit kann die Anlage von Wand und sporogenem Komplex geschieden sein, es kann aber die äußere Zelle (resp. Zellschicht) auch zur Vermehrung des sporogenen Komplexes beitragen, die Wand also erst später sich abscheiden. Man könnte also jene oberflächliche Zelle resp. Zell- scliicht als Archespor bezeichnen, das früher oder später sterile Zellen ab- gliedert, während bei den Sporangien der Angiospermen das Archespor eine unter der schon differenzierten Epidermis liegende Zellschicht ist, womit dann die oben hervorgehobenen Differenzen im Wandbau der Pteridophyten und Gj^mnospermen einerseits, der Angiospermen andererseits zusammenhängen würden ^). Jedenfalls ist bei allen Sporangien in den Gm n dz ü gen der Ent- wicklnngsgang derselbe. Die Differenzen im einzelnen zu verfolgen, ist mehr Sache der Systematik. Es sei deshalb nur erwähnt der Unterschied zwischen „Eusporangien" und „Leptospqrangien''. Erstere gehen aus meh- reren, letztere aus einer Zelle hervor (Übergänge bei den Osmundaceen), erstere haben eine wenigstens der Anlage nach mehrschichtige, letztere eine einschichtige Wand, wahrscheinlich kann man auch als Unterschied hinzufügen, daß der Stiel der ersteren eigentlich eine Erhebung des Sporophyllgewebes darstellt (vgl. oben p. (358 Botrychium), der der letzteren aus dem Archespor hervorgeht, so daß, wenn wir die Sporangiummutter- zelle der Leptosporangiaten (nicht, wie dies bis jetzt üblich ist, die tetraedrische Inneuzelle, aus der die Sporenmutterzellen hervorgehen) als Archespor bezeichnen, das letztere hier schon dadurch als die am meisten abgeleitete Bildung erscheinen würde, daß es erst nach Bildung einer Anzahl steriler Zellen zur Ausbildung der fertilen schreitet. Lepto- sporangien kommen nur bei den leptosporangiaten Farnen vor. alle übrigen Pteridophyten sowie die Samenpflanzen haben Eusporangieu. Daß auch diese Unterschiede keine absoluten sein werden, ist von vornherein zu erwarten, es wurden früher schon (Vergl. Entwicklungsgesch.) die Os- mundaceeusporangien als ein wahrscheinliches Bindeglied zwischen beiden Sporangienformen betrachtet. Indem ich betreffs aller Einzelheiten der Sporangienentwicklung auf Bower's eingehende Darstellung verweise, möchte ich hier nur eine- Frage, die nach dem Zustandekommen der Trennung von Mikro- und Makrosporangien, besprechen. Wenn wir die Entwicklung der Makrosporangien der heterosporen Pteridophyten vergleichen mit der der Mikrosporangien, so sehen wir zwei Thatsachen von allgemeinem Interesse: 1) Die Entwicklung der beiderlei Sporangienformen geht längere Zeit gleichartig vor sich, und zwar entspricht die Entwicklung der Mikro- sporangien der der Sporangien mit nur einerlei Sporen, während in den Makrosporangien eine Verkümmerung von Sporen der Sporenmutterzellen stattfindet. Die Makrosporangien zeigen in ihrer Entwicklung also deut- lich, daß sie abzuleiten sind von solchen, die eine größere Anzahl von Sporen zur Ausbildung brachten, als dies jetzt der Fall ist. Thatsächlich sind auch bei fossilen Formen eine größere Anzahl von Makrosporen l)ekannt ~). M Ich halte es nicht für begründet, wenn Smith (1. c. p. 255) sagt: „The origin of the sporogenous tissue from a hypodermal layer separated from the begiuning from the epidermis is a spermatophyte character". Denn die Mikrosporangien der Gymnospermen ver- halten sich offenbar wie die Sporangien der Pteridophyten (vgl. die Angaben luid Abbil- dungen in Bot. Zeit., 1881). '■*) Bei Calamostachys Casheana, einer fossilen Equisetine, sind zahlreiche Sporen in den Makrosporangien vorhanden, wenngleich weniger als in den Mikrosporangien (Scott, Lectures Die Fortpflanzungsorgaiie. 775 2) Unter den jetzt lebenden heterosporen Formen findet insofern eine Abstufnng statt, als die Makrosporangieii von Salvinia und den Marsiliaceen noch sämtliche sporogene Zellen zur Tetradenbildnng ge- langen lassen ; von den sämtlichen Tetraden bildet nur eine einzige dann eine der vier Tochterzellen zur Makrospore aus : obwohl hier also nur eine Makrospore in jedem Makrosporangium vorhanden ist, ist die Hetero- sporie doch weniger weit fortgeschritten, als bei Selaginella, wo vier einer Tetrade entstammende Makrosporen sich finden. Hier ist die Ent- wicklung der Makrosporangien dadurch ausgezeichnet, daß gewöhnlich nur eine Zelle des sporogenen Zellkomplexes (bei S. erythropus fand ich nicht selten zwei) zur Tetradenbildung gelangt; Fig. 517 zeigt ein Makrosporangium, bei welchem die Zellen des sporogenen Zellkomplexes sich losgelöst haben ; eine ist größer und inhaltsreicher, als die andere, diese ist die Makrosporenmutterzelle, welche sich in vier Tochterzellen teilt. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen , daß die steril und ungeteilt gebliebenen ^) Sporen- mutterzellen mit zur Ernährung der be- günstigten verwendet werden, wenngleich Reste sich lange erhalten. Auch dürfen wir wohl annehmen, daß eigentlich jede sporogene Zelle imstande wäre, zur fer- tilen zu werden, und daß die Verhältnisse hier einigermaßen ähnlich liegen, wie bei den Bienen, deren weibliche Larven poten- tiell alle sich zu Königinnen entwickeln können, während in Wirklichkeit dies meist nur bei einer besonders gut gefütterten ge- schieht. Allerdings scheint bei Selaginella, soweit meine Beobachtungen reichen, die begünstigte Zelle eine der annähernd in der Mitte des Sporangiums gelegenen zu sein; selbst wenn sie keine Stoffe aus den steril bleibenden Sporenmutterzellen aufnehmen sollte '^) , würde sie übrigens in der Ernährung begünstigt sein, da ihr allein alle von den Tapetenzellen gelieferten Materialien zuströmen. Sie ist übrigens schon vor Auflösung des sporogenen Zellkomplexes kenntlich ^). Fig. 517. Längsschuitt durch ein junges Makrosporangium von Sela- ginella ervtliropus. Die Makrosi^oren- niutterzelleu sind vereinzelt, eine cen- tral gelegene größere ist die, welche sich teilen MÜrd. Immerhin sehen wir bei Selaginella die Differenzierung der Makro- sporenmutterzelle auf einem früheren Stadium der Entwicklung vor sich gehen, als bei Isoetes, bei welcher in den Makro- und Mikrosporangien eine on fossil botany, i?. 53). Auch bei Lepidostrobus Veltheiiuianus waren mehr als vier S])oreu in jedem Makrosporangiiun (8 — 16?, ibid. p. 173). '1) Wie z. B. schon Sachs richtig angegeben hat; die Angabe von D. Campbell (Mosses and ferns, p. 504), daß die Differenzierung der Makrosporenmutterzelle erst nach der Tetradenteilung sämtlicher Sporenmutterzellen eintrete, lieruht — wenigstens für die von mir untei-suchten Arten — auf einem Irrtum. '-) Daß in den Mikrosporangien von Sei. lielvetica und denticulata Si^orenmutterzellen zu Grunde gehen, wuixle früher hervorgehoben (Yergl. Eutwicklungsgesch., p. 389). Dies zeigt gleichfalls, daß die Verschiedenheit von Mikro- und Makrosporangien nur eine graduelle ist. •') Vgl. auch FlTTiNG a. a. O. Y'jg 8pecielle Organographie. weitere Annäherung an das Verhalten der Samenpflanzen erfolgt. Diese von mir früher schon vertretene Auffassung muß ich auch nach erneuten Untersuchungen an Isoetes Hystrix i) und I. lacustis festhalten. Der Widerspruch, welchen neuerdings Fitting 2) und Smith s) gegen meine Darstellung erhoben haben, bezieht sich auf nebensächliche Punkte, die Anordnung der Zellen, die Frage, wann die Trennung von Wand und Inhalt eintrete etc. In der „Vergl. Entwicklungsgeschichte" (welche Smith nicht berücksichtigt hat) habe ich angegeben, daß aus dem Archespor ein (aus annähernd rechtwinklig gegen die Sporangienoberfläche verlaufen- den Zellen zusammengesetzter) Zellkomplex hervorgehe, der zunächst aus gleichartigen Zellen bestehe. Einzelne Zellreihenkomplexe aber verlieren ihren reichen protoplasmatischen Inhalt und bleiben auch im Wachstum hinter den anderen zurück ; sie werden bald als Trabeculae kenntlich. Ich kann nicht finden, daß Smith's Darstellung davon in einem wesentlichen Punkte abweicht, er findet die Anordnung der Zellen weniger regelmäßig, ohne Zweifel variiert dieselbe, bei Isoetes Hystrix z. B. ver- laufen sie in (annähernden) Reihen, die schief nach der Basis des Spor- angiums hin gerichtet sind; auch habe ich nirgends die Sporangien als gekammerte bezeichnet oder als zusammengesetzte (was Smith als Kon- sequenz meiner Angaben bezeichnet), und die Trabeculae ausdrücklich als steril gewordenes sporogenes Gewebe betrachtet. Die Tapetenzellen werden wie bei Selaginella nicht aufgelöst. Betreffs der Makrosporangien hatte ich angegeben, daß auf einem mittleren Stadium einzelne große, im Sporangium liegende Mutterzellen vor- handen seien. Dies ist auch der Fall, unrichtig war, wie die Untersuchungen der genannten Autoren gezeigt haben, die Angabe, daß die Makrosporen- mutterzellen auf die umgebenden Zellen eine zerstörende Wirkung ausüben. Ich finde auch jetzt wieder Stadien, in denen die Makrosporenmutterzellen von der Oberfläche durch zwei, resp. drei Zellen getrennt sind, diese hatte ich als aus Teilung einer Archesporzelle, welche auch die Makrosporen- mutterzelle liefert, stammend betrachtet und kann nichts finden, was diese Auffassung als irrig erweisen würde. Indes halte ich diesen Punkt, wie erwähnt, für einen nebensächlichen ; für wichtiger halte ich die Thatsache daß in den Makrosporangien von Isoetes die Zellen, welche nicht zu Sporen, mutterzellen wurden, sich weiter teilen, aber nicht mehr, wie Sporen, mutterzellen dies thun, sondern viel mehr einen vegetativen Charakter an. nehmen, als die von Selaginella. In den Makrosporangien von I. Hystrix treten, wie ich in Übereinstimmung mit Smith finde, übrigens anfangs eine Anzahl durch ihre Größe auffallende Zellen hervor, die aber nicht alle zu Makrosporenmutterzellen werden, die steril bleibenden teilen sich offenbar weiter. Hierin, nicht in den Zeilanordnungsverhältnissen liegt, wie mir scheint, das Interesse, welches die Sporangienentwicklung von Isoetes dar- bietet. Es zeigt sich hierin eine weitere Annäherung an das Verhalten der Makrosporangien der Samenpflanzen, eine Annäherung, die sich auch darin ausspricht, daß Makro- und Mikrosporangien von Selaginella in einem früheren Stadium sich voneinander unterscheiden lassen, als die von Isoetes. ') von der ich Material durch die Güte des Grafen SoLMS erhielt. *) a. a. O. ) Smith, The strueture and developmeut of the sporophvlls and sporangia of Isoetes. Bot. Gazette, Vol. 29 (1900), p. 225 und 323. Ti\p Fortpll;iiizun<.''s(ir!.''an<'. 777 § 4. Phylogenetische Hypothesen zur Sporangienbildung. In dem Kapitel über Sporopliylle sind die Stellungs-, in dem vor- liegenden die Bau- und Entwicklungsverhältnisse der Sporangien besprochen werden. Hier seien noch kurz erwähnt die Hypothesen, welche dem Be- dürfnis entsprungen sind, einerseits die verschiedenen formen der Spor- angienbildung unter sich , andererseits die fortpflanzungsverhältnisse der Pteridophyten und Samenpflanzen mit denen der Bryophyten zu verknüpfen. Es muß dabei verzichtet werden auf die Darstellung der von verschiedenen Autoren mehr oder minder eingehend begründeten Anschauungen : es sei verwiesen namentlich auf die Darlegungen Bowek's, schon aus dem Grunde, weil sie durch eine Anzahl exakter entwicklungsgeschichtlicher Unter- suchungen gestützt sind. Hier handelt es sich nur um Hervorhebung einiger allgemeiner, diesen Versuchen zu Grunde liegender Gedanken. Das Prinzip, von welchem dabei meist ausgegangen wird, ist das von Xaegeli zuerst formulierte. Schon im Jahre 1853 hat dieser Forscher (in seiner Abhandlung „Systematische Übersicht der Erscheinungen im Pflanzenreich", Freiburg 1853, p. 35 ff.) folgende Sätze aufgestellt: „Ein erstes Gesetz lautet, daß eine höhere Art oder Gruppe die Erscheinungen der tieferen wiederholt, aber darüber hinaus zu einer neuen Erscheinung fort- schreitet. Dieses erste Gesetz findet seine Erklärung und seinen Ursprung aus einem zweiten, welches mir überhaupt für die Aufeinanderfolge der Gruppen im Pflanzenreiche von der höchsten Bedeutung zu sein scheint. Es heißt: die reproduktive Erscheinung einer Stufe wird auf einer höheren Stufe vegetativ." — Eingehender auseinandergesetzt hat Naegeli diese Anschauung 1884 in seiner „Mechanisch-physiologischen Theorie der Abstammungslehre" (speciell p. 472 ff.), wo er namentlich annahm, daß die ungeschlechtliche Generation der Pteridophyten entstanden sei durch Verzweigung eines dem der Moose ähnlichen Sporophyten, es bildete sich ein ährenförmiger Sporangienstand, bei dem das terminale Sporangium schwindet, die seitlichen sich „durch Anpassung" blattartig ausbilden. Daß dem NAEGELi'schen „Gesetz" — ganz abgesehen von der zuletzt erwähnten Hypothese — eine große Bedeutung zukommt, ist zweifellos. Im allgemeinen Teile dieses Buches wurde am Beispiele der Koloniebildung z. B. bei den Myxomyceten gezeigt, wie eine „höhere" Ausbildung des Vegetationskörpers zustande kommt durch Verlegung der Fortpflanzung in ein späteres Entwicklungsstadinm, was im wesentlichen dasselbe bedeutet Avie das NAEGELi'sche Gesetz. Wir sehen ferner, daß die Sporogonien der Bryophyten sich anordnen lassen in eine Reihe, welche beginnt mit Formen, die alle Zellen (bei Kiccia mit Ausnahme einer peripherischen Schicht) zur Sporenbildung verwenden, und endigt mit solchen, bei denen die Mehr- zahl der Sporogonienzellen steril geworden sind. Auch in den Sporangien der Pteridophyten tritt eine solche Sterilisierung auf [die Trabeculae bei Isoetes^, das Mehrfächerigwerden der Psilotum - Sporangien , auch die „Synangien" von Marattia etc. werden von Bow^er so aufgefaßt. Wir sahen ferner, daß bei den Sprossen ein Sterilwerden solcher, die ursprüng- lich Blüten resp. Inflorescenzen trugen, eine weitverbreitete Erscheinung ist. Die Frage ist nur, wie weit uns die vorliegenden Thatsachen gestatten, dies Prinzip auszudehnen. Sehen wir zunächst einen speciellen Fall an. Bei Besprechung der Sporophylle wurde auf die eigenartige Stellung der Sporophylle der Ophio- 1) So schon früher von mir aufgefaßt (Bot. Zeit., 1880, p. 565 ff.). Goebel, Organographie der Pflanzen. 51 778 Specielle Organographic. glosseen hingewiesen, die aus der Oberseite von Laubblättern entspringen. Das ganze Sporoplndl wird nun von manchen Autoren als einem tSporangium von Lycopodium gleichwertig betrachtet i). Diese Sporangien entspringen aus den Blattachseln; denken wir uns ein solches Sporangium bedeutend vergrößert, so wird eine größere Anzahl steriler Zellen zur Ernährung der Sporen notwendig sein. Wir können uns denken, daß ähnlich wie bei Anthoceros oder Sphagnum das Archespor kuppeiförmig (Fig. 518 II) die sterile innere Masse umgiebt, daß weiterhin wie bei den Laubmoosen auch der obere Teil des Archespors sterilisiert wird (Fig. 518 IIT). Auf dem Quer- schnitt Fig. 518 IV zeigt sich, daß das Archespor nicht mehr ringsherum geht, sondern nur noch an zwei Stellen, rechts und links sich findet. Wird es nun durch fernere Sterilisierung der Länge nach in einzelne Abschnitte zerlegt (Fig. 518 F), so können daraus die Sporangien von Ophioglossum hervorgehen, wenn sie sich hervorwölben, die von Botrychium (Fig. 518 Vll) ^). Werden auch diese Sporangien teilweise sterilisiert, so bildet sich ein seit- licher, an der Spitze steriler Sporangienträger, wie bei Helminthostachys (Fig. 518 VIll), eventuell durch vollständige Sterilisierung ein steriles Blättchen. Es wurde oben, bei Besprechung der Mikrosporangien von Juni- perus darauf hingewiesen, daß wir dort den Übergang eines Sporangiums in ein sporangientragendes Blatt „bei umgekehrter Lesung" beobachten können. Die Sporangien wären dann das Primäre, die „Verlaubung" der- selben das Sekundäre. Daß ein solcher Vorgang möglich ist, ist nicht in Fig. 518. Schema für die UmbilduDg eines Sporan- giums (etwa von Lyco- podium) in ein Sporo- phyll, entsprechend dem von Hehninthostaehys ( VIII). /Fentspricht einem Quei'schnitt durch ein Oi^liioglossum - Sporophyll mit umhüllendem sterilem Blattteil. Abrede zu stellen. Aber die thatsächlichen Anhaltspunkte dafür reichen meines Erachtens zu einer festen Begründung nicht aus. Nach dem jetzigen Stande unseres Wissens sind weittragende phylogenetische Konstruktionen, die sich auf Vorgänge beziehen, welche in den frühesten Erdperioden, deren Vegetation uns deutlich erkennbare Reste hinterlassen hat, z. B. der Steinkohlenzeit, schon längst vorüber waren, gewiß anregend, zumal sie teil- weise mit bewunderungswürdigem Scharfsinne begründet sind. Aber es giebt zahllose Probleme, die mehr Aussicht auf eine sichere Lösung bieten, als diese ; es kann in dieser Beziehung auf das bei Besprechung der Sporo- phylle Gesagte verwiesen werden. ) Es ist nie zu vergessen, daß das Herausgreifen eines einzelnen Organes ohne Be- rücksichtigung der anderen vielfach zu nicht haltbaren Schlüssen führen muß. Die Ophio- glosseen sind nach dem Bau und der Entwicklung ihrer Blätter, Sproßachsen, Wurzeln und Sporangien unzweifelhafte Farne, man wird sie also zunächst mit diesen, nicht mit den Lycopodinen zu vergleichen haben. *) Diese Figur entspricht etwa der Sporaugienähre von B. simplex. Bei den meisten üotryehieu ist der Sporangienstand verzweigt, man müßte dann jeden Ast aus einer Teilung resp. Verzweigung eines der randständigen Sporangien ableiten. Die Fortpflanzuiiu'sorgane. 779 § 5. Aposporie. Hier ist noch der merkwürdigen Erscheinung zu gedenken, welche in der Unterdrückung der Sporenbildung sich äußert und als „Aposporie'" bezeichnet wird. Sie bildet gewissermaßen das Gegenstück zu der früher (p. 430) kurz erwähnten Apogamie der Prothallien und tritt in zwei ver- schiedenen Formen auf. Bei der einen handelt es sich um einen Ersatz der Sporangien durch eine vegetative Fortpflanzung des Sporophyten, die Geschlechtsgeneration wird sozusagen ganz ausgeschaltet ; bei der anderen wird diese gebildet, aber nicht mehr von den Sporen, sondern von der ungeschlechtlichen Generation ohne Vermittlung der Sporen. a) Dieser Fall ist bis jetzt nur von Isoetes bekannt, auch hier nur von einem einzigen Standorte, dem Longemer-See in den Vogesen, es ist aber sehr wahrscheinlich, daß er auch anderwärts sich findet. Nach- dem ich ^) auf denselben hingewiesen hatte, hat ]\Ier -) ihn ausführlicher beschrieben. Uns interessiert die Erscheinung hier deshalb, weil wahr- scheinlich hier eine direkte Einwirkung äußerer Faktoren in Betracht kommt, wie ich schon a. a. 0. hervorhob (p. 4). Die Thatsachen sind kurz folgende. Man findet Isoetespflanzen, die weder Makro- noch Mikrosporangien tragen, sondern an deren Stelle junge Pflanzen auf den Blättern hervorbringen. Bei anderen findet man sowohl Sporangien als Sprosse. In Fig. 415 ist ein Fall abgebildet, in welchem ein Blatt unten ein rudimentäres Sporangium, oben einen Sproß trägt ^); es finden sich also Mittelstufen zwischen der vollständigen Unterdrückung der Spor- angien (mit Ersatz derselben durch Sproßbildung) und der normalen Ausbildung. Daß die erstere eintreten wird unter Bedingungen, welche für die Sporangienbildung ungünstige sind (sei es nun mangelhafte Be- leuchtung oder Bodenbeschaftenheit) , ist sehr wahrscheinlich, kann aber exakt nur nachgewiesen werden durch Kulturversuche, die bloße Be- obachtung der Standortsverhältnisse genügt nicht. Ich habe den Fall früher schon mit der Brutknospenbildung von Lycopodium Selago in Vergleich gebracht (s. betreifs derselben p. 649 ff.). Auch bei der letzteren ist charakteristisch, daß sie erfolgt in der Region des Sprosses, wo die Sporangienbildung unterdrückt ist. Die Bedingungen dafür sind bei dieser Pflanze zunächst durch die (wahrscheinlich auch erst durch äußere Faktoren induzierte) Periodicität gegeben, bei Isoetes wahrscheinlich direkt durch die Standortsverhältuisse. Darin liegt das allgemeine In- teresse, das sich daran knüpft, abgesehen von der morphologisch merk- würdigen Thatsache, daß hier reichliche Sproßbildung eintritt bei einer sonst gewöhnlich unverzweigt bleibenden Pflanze. b) Druery hat zuerst gefunden, daß bei einer Form von Athyrium filix femina („clarissima") eine Hemmung der Sporenbildung und Ent- wicklung von Prothallien aus den Sporangien ohne Vermittlung von Sporen eintrat. Eingehender untersucht wurde die Erscheinung von BowER-^), von welchem auch die Bezeichnung „Aposporie" stammt. Er fand, daß die Hemmung der Sporangienentwicklung auf verschiedenen 1) GOEBEL, Über Sproßbildung auf Isoetesblättern. Bot. Zeituag, 1879, p. 1 ff. '-) Mek, De l'influence exercee par le milieu sur la forme, la strueture et le mode de reproduction de l'Isoetes lacustris. Comptes i'endus de l'Academie des seiences, T. XCII. 1881. '^) Es sei dabei bemerkt, daß auch sonst bei normalen Pflanzen an Blättern mit ge- hemmter Sporangienbildung das Sporangium oft nur den oberen Teil des Blattgrundes einnimmt. *) On aposporv and allied iihenomena. Trausactions of the Linnean Socictv London, July 1889. 51* 780 Specielle Organogruphie. Stufen eintreten kann, und eine apospore Weiterentwicklung der Sporangieu (aus denen Prothallieu auswachsen) um so vollständiger eintritt, je früher diese Hemmung erfolgt; bei den Sporangieu, welche in ihrer „normalen" Entwicklung am weitesten fortgeschritten sind, erfolgt keine Weiter- entwicklung oder nur am Stiele, dabei ist von besonderem Interesse, daß das Archespor (im gewöhnlichen Sinne, d. h. die tetraedrische Zelle, aus der Tapetenzellen und sporogener Zellkomplex hervorgehen) an der vegetativen Weiterentwicklung keinen Anteil n i m m t ; wir dürfen dies mit als ein Anzeichen dafür ansehen , daß es von den übrigen Zellen der Sporangienanlage sich unterscheidet, ähnlich wie wir sahen, daß eine vegetative Weiter- entwicklung eintreten kann an den Wand- schichten des Antheridiums oder der Archegonien , nicht aber an den Sper- matozoidmutterzellen etc. (p. 401, 491). Die Prothallieu, welche aus diesen Spor- angieu hervorgehen, produzieren normale Sexualorgane. liei Polvstichum angulare var. pulcherrimum geht die Aposporie noch weiter. Wir finden hier Prothallieu entspringen aus den ,,gehemmten" Spor- angieu, von der Basis des Sorus, von der Oberfläche der Blattfiederu oder von der Blattspitze. Die Sporangienbildung ist dann also ganz ausgeschaltet. Ebenso ist es bei Scolopendrium vulgare var. crispum Drummondiae; beiLastraea pseu- domas var. cristata fand Druery^), daß schon an Keimpflanzen die Bhittspitzen in Prothallieu auswachsen , er beschreibt Keimpflanzen, bei welchen die Primär- blätter bestanden aus aufrechten, an Stielen (die wohl Blattstielen entsprachen) stehen- den Prothallieu. Die Ursachen dieser merk- würdigen Erscheinungen sind uns unbe- kannt, wir wissen nur, daß sie mit Kul- tureinflüssen nichts zu thun haben. Theore- tische Betrachtungen lassen sich in Menge daran knüpfen. Aber sie würden uns keine weitere Einsicht verschaffen. Man könnte die Pteridophyteu z. B. ableiten von einer Pflanze, die keinen „Genera- tionswechsel'' besaß, sondern etwa die Gestalt eines ProthalKums von Lvcopodium inundatum ; die Lappen trugen teils Geschlechtsorgane, teils Sporen, später trennte sich die Entwicklung in einen ganietophytischen und sporophytischen Abschnitt, die aber ursprünglich gleich gestaltet waren ; der Gametophyt erfuhr eine Rückbildung, der Sporophyt eine Pro- gression. Das ließe sich weiter ausspinnen, aber es ist eine Phantasie, die uns nicht weiterhilft. Wohl aber sehen wir, daß anscheinend auch ohne die ..Keduktion der Chromosomen" auf die Hälfte, wie sie bei der Teilung der Sporenmutterzellen emtritt, die Zellen der Sporophyten die Ge- ^) Notes lipon apospory in a form of Scolopendrium vulgare var. crispum, and a new aposporous Athyriuni, idso an additional phase of aposporous development in Lastraea pseudo- mas var. cristata. Linnean Society Journal, Botanv, Vol. XXX. Fig. 519. Athyrium filix femina f. clarissinia. Abnorme Sporangieu teils im optischen Durchschnitt (/, II), teils in Außenansicht (III, IV). Die Fortpflanzungsorgane. 781 schlechtsgeneration liefern können. Übrigens kann die Aposporie auch mit Apogamie kombiniert auftreten ^). Gerade die Übergänge , die von dem normalen Verhalten zur Aposporie führen, scheinen mir dafür zu sprechen, daß die letztere kein ursprüngliches, sondern ein abgeleitetes Verhalten darstellt, bei dem zwei Faktoren in Betracht kommen : Hem- mung der Sporangienbildung und Einleitung einer neuen (zur Prothallien- bildung führenden) vegetativen Entwicklung. Günstige Objekte für ex- perimentelle Untersuchung dürften die Hjanenophylleen darstellen mit ihrer „basipetalen" Sorusentwicklung. Daß gerade vielfach bei Farn- formen, deren Blattgestaltung vom normalen Typus abweicht, Aposporie gefunden worden ist, zeigt uns, daß die Ausbildung der Organe in einem für uns noch ganz geheimnisvollen Zusammenhang steht. Eine leichte Änderung in der ganzen Konstellation kann eine Störung an einer anderen Stelle bewirken; wir haben es eben mit einem System von Zu- sammenhängen zu thun, „wo ein Tritt tausend Fäden regt". Einen Ein- blick in diesen Zusammenhang werden wir nur auf experimentellem Wege gewinnen können. In dieser Beziehung ist eine Angabe von Atkinson 2) von Interesse, welcher bei Wiederholung meiner oben er- wähnten Vergrünungsversuche von Onoclea (vgl. p. 657) bei Onoclea sensibilis an künstlich ver grünten Sporophyllen Aposporie fand. Hier ist der Eingriff ein von außen kommender, wir kennen aber bis jetzt nur den äußeren Anstoß, der dabei erfolgt, nicht die Verkettung, die 1) eine Störung der Sporangienentwicklung (die auch bei 0. Struthio- pteris unter den angegebenen Verhältnissen eintritt), 2) die Prothallien- entwicklung bedingt. Das Eindringen in diese Zusammenhänge, nicht die Aufstellung phylogenetischer Traumbilder wird die Aufgabe der Zu- kunft sein. § (3. Mikrosporangien der Samenpflanzen. a ) ]\I i k r 0 s p 0 r a n g i e n der G y m n o s p e r m e n. Dem Bau der Sporangien der Pteridophyten schließen sich die Mikro- sporangien der Gymnospermen, wie schon oben erwähnt, dadurch enge an. daß auch bei ihnen die äußerste Schicht der Sporangieuwaud charakteristische, den Öffnungsmechanismus bedingende Verdickungen zeigt , wenigstens war dies bei allen von mir untersuchten Cycadeen, Coniferen und Gneta- ceen der Fall. Auch die Entwicklung^) der Mikrosporangien stimmt so sehr mit der Sporangienentwicklung der Pteridophyten überein, daß es nicht notwendig erscheint, auf sie näher einzugehen, auf die Zahl und Anordnnngsverhältnisse wurde schon bei Besprechung der Sporoi)hylle hingewiesen. Hier sei nur erwähnt, daß wir bei der Anordnung der Mikrosporangien, namentlich wenn deren wenig in einem Sorus sind (Fig. 467), deutlich wahrnehmen können, daß sie sich gleichmäßig in den 1) Vgl. das von Bower (On some normal and abnormal developments of tlie oophyte in Trichomanes) bei Trichomanes alatum beschriebene Verhalten (Annais of botanv, Vol. I, Febr. 1888). ^) Mir nur bekannt aus dem Referat in Bot. Jahresbericht, 24. Jahrg., 189G, p. 433. ^) Vgl. betreffs der Cycadeen: Warming, Bidrag til Cycadernes uaturhistorie, Afdiyk af Overs. over d. K. D. Vidensk. Selsk. Forhandl., 1879; Treue, Recherches sur les Cyca- dfees, Ann. du jard. bot. de Buitenzorg, Vol. II; Lang, Studie? in the development and morphology of Cycadean sporangia, Anuals of botany. Vol. XI, 1897 ; betreffs der Coniferen : Strasbürger, Die Coniferen und Gnetaceen ; GOEBEL, Beitr. zur vergl. Entwicklungsgeschichte •der Sporangien, Bot. Zeitung, 1881, jj. 701 ff. '7(^9 Specielle Organographie. Raum teilen — also z. B. wenn es drei sind, sie um 120" voneinander ab- stehen, daß sie ferner ausgeprägt dorsiventralen Bau zeigen und dement- sprechend mit einer (vom Staubblatt aus gerechnet) nach unten liegenden Längsspalte sich öffnen. Bei den Coniferen kommen teils Längs-, teils Querspalten vor (letz- teres z. B. bei Abies). Vermutlich steht die Verschiedenheit der Oft'nungs- weise auch hier mit der Gestalt und Lage der Sporangien in P.eziehung ; lang- gestreckte, annähernd wurstförmige Sporangien, wie die von Pinus, werden sich am besten längs öffnen, die von Abies sind mehr kugelig gestaltet. Bei einem mehr kugeligen Sporangium ist an sich die Offnungsrichtung gleichgiltig, doch ist sie auch bei den dieser Gestalt sich nähernden Sporan- gien durch die Stellung der Sporangien beeinflußt: bei Juniperus und anderen Cu]iressineen erfolgt die Öffnung auf der dem Sporophyll ab- gekehrten Seite des Sporangiums, eine Einrichtung, auf deren „Zweck- mäßigkeit" hinzuweisen nicht nötig ist, zumal schon bei den Pteridophyten auf den Zusammenhang zwischen Lage und Öftnungsweise der Sporangien hingewiesen wurde. b) Mikro sporangien der Angiospermen. Von denen der Gymnospermen unterscheiden sich die Mikrosporangien der Angiospermen dadurch, daß bei ihnen die „aktiven" Zellen, wo über- haupt solche vorhanden sind, stets hyp oder mal sind. Selbst wo im fertigen Zustand die aktiven Zellen scheinbar die äußerste Lage bilden (z. B. bei Casuarina), zeigt doch die Entwicklungsgeschichte, daß über ihnen eine Epidermis vorhanden war, deren Zellen aber bald sehr un- scheinbar werden und bei Untersuchung fertiger Antheren leicht über- sehen werden können. In manchen Fällen unterbleibt die Ausbildung aktiver Zellen ganz (z. B. bei dem' Parasiten Pilostyles Ulei, ferner bei den Ericaceen) oder teilweise (so bei manchen mit Klappen aufspringenden Mikrosporangien, wo die aktiven Zellen nur an den Klappen vorkommen wie bei Berberis u. a. ^). Es ist zwar durchaus nicht ausgeschlossen, daß auch die Epidermis der Mikrosporangien bei den Angiospermen eine charakteristische Aus- bildung erhält, allein niemals sehen wir, soweit meine Erfahrungen reichen, daß in ihr die eigentümliche Ausbildung der Zellwand, speciell die Verdickungen der letzteren auftreten, welche charakteristisch sind für die Zellen, die man eben wegen ihrer Lage unter der Epidermis mit Recht als „Endothecium" bezeichnet hat (dessen Bildung übrigens oft auf das Konnektiv übergreift). Fig. 520 giebt eine Erläuterung der bei Ericaceen sich findenden Verhältnisse (welche genauerer Untersuchung bedürfen). Die Epidermiszellen der Mikrosporangien sind hier groß und besitzen einen, wie es scheint, schleimigen Inhalt. An der Stelle, wo die Öffnung später eintritt, sind sie viel kleiner, wahrscheinlich erfolgt die meist schon in der Blütenknospe stattfindende Öffnung durch Schrumpfung dieser Zellen. Irgendwelche Wandverdickungen im Endo- thecium sind nicht vorhanden. Es ist also ein offenbar wichtiger syste- matischer Charakter der Angiospermen, daß ihr Mikrosporangium, wenn „aktive" Zellen vorhanden sind, diese als Endothecium aus- bilden, während die Pteridophyten und Gymnospermen alle ein Exothecium haben'-). Was die Lage der Öffnungsstelle bei 1) Vgl. darüber unter anderem das Werk Chatin's, De l'anthere. Paris, 1870. '^) Ob es von diesem Satz keine Ausnahmen giebt, muß durch weitere Untersuchungen festgestellt werden. Die Fortpllanzungsorgane. 783 den Angiospermen anbelangt, so kommen hier bekanntlich viele Variationen vor. Die Bedeutung derselben hängt speciell bei den durch Tiere be- stäubten Blüten mit der Bestäubungsbiologie enge zusammen und muß deshalb hier unerörtert bleiben. Auf die Ausbildung der Mikrosporen hier einzugehen, verbietet der Raum. Es sei also nur kurz hingewiesen auf die, in allen Lehrbüchern erörterte Verschiedenheit des Pollens bei w'indbltttigen und insektenblütigen Ptianzen, auf die merkwürdigen faden- förmigen Pollen von Zostera und Halophila, auf die Pollentetraden und Pollinarien, wie sie in verschiedenen Verwandtschafts- kreisen vorkommen. Von Interesse für die vergleichende Betrachtung ist, daß bei der Bildung der Pollinarien z. B. bei den Asclepiadeen die sonst regelmäßig eintretende Vierteilung der Pollenmutter- zellen nicht mehr vollzogen wird ^), Ana- loges wird bei der Makrosporenbildnng einiger Angiospermen zu erwähnen sein. Die Geschlechtsgeneration — der Gametophyt — ist bei den Samenpflanzen bekanntlich so wenig selbständig , daß es berechtigt erscheint, sie zusammen mit der ungeschlechtlichen zu be- sprechen. Es sei demgemäß die Schilderung der Mikrosporenkeimung hier angeschlossen. Die Entwicklung der Mikrosporen bei der Keimung ist namentlich durch die Untersuchungen von Strasburger, Belajeff, Ikeno, Hirase und Webber aufgeklärt worden, sie zeigt uns insofern eine Parallel- bildung mit der der Makrosporen, als wir in beiden Fällen sehen, wie die vegetative Entwicklung immer mehr verkürzt wird. Fig. 520. Erica carnea. Hälfte eines Antherenquerschnittes. Vergr. Ein „Endothecium" ist (obwohl die Pollen- tetraden schon ausgebildet sind) nicht vorhanden. Fig. 521. Schema für die Mikrosporenkeimung von Cycadeen (In. II} uudC»m- feren III — T'. g generative, Seh Schlauchzelle, st sterile Schwesterzelle des Antheri- diums. In allen Fällen sehen wir bei der Sporenkeimung mindestens zwei Zellen auftreten, von denen die eine bei der Befruchtung beteiligt ist, sie mag als die generative Zelle bezeichnet werden, die andere den Pollenschlauch zu bilden hat, sie heiße die Schlauchzelle. Bei den Cycadeen'-) zerfällt die Mikrospore durch wiederholte Zwei- teilung in drei Zellen, 1, 2, 3 Fig. 521 ; 2 teilt sich noch einmal der Länge nach (ohne daß es zur Ausbildung einer Wand käme), und die in Fig. 521 punktierte Zelle ist die generative, welche zwei große Spermatozoiden ') In einer während des Drucks erschienenen Abhandlung hat STRASBURGER gezeigt, daß auch bei den Asklepiadeeu die Vierteilung der Pollenmutterzellen eintritt. ■•*) Vgl. S. Ikexo, Untersuchungen über die Entwicklung der Geschlechtsorgane und der Vorgang der Befruchtung bei Cycas revoluta, Jahrb. für wissenseh. Botanik, 32. Bd., 18S)8, daselbst weitere Litteratur. "704 Specielle Orgauographie. bildet. Ganz ähnlich verhält sich Ginkgo i). Die große Zelle 3 ist die Schlauchzelle, es ist bei Cycadeen und Ginkgo bemerkenswert, daß sie einen seitlichen Auswuchs 'in das Nucellargewebe hinein bildet, den wir wohl als ein Haustorium betrachten dürfen-) (wie es auch bei den Makrosporen so häutig vorkommt), welches Material für die Bildung der beiden großen Spermatozoen herbeizuschaffen hat. Ich sehe keinen zwingenden Grund, die Schlauchzelle als das Analogon einer Antheri- dieuwand zu betrachten, sie scheint nur eine zu einem ganz bestimmten Zweck angepaßte Prothalliumzelle zu sein, und die generative Zelle ent- spricht einem eingesenkten wandlosen Antheridium (wie es bei Salvinia z. B. sich findet vgl. Fig. 261), dessen Schwesterzelle keine Rolle mehr spielt '^). Bei den" Coniferen seien nur zwei Fälle genannt. Fig. 521 Zli u. IV schematisiert das Verhalten der Mikrosporen bei den Abietineen. Es bilden sich hier zunächst drei Zellen . von denen 1 und 2 wieder zu Grunde gehen, die Zelle 3 teilt sich durch eine Wand, die nicht quer verläuft, sondern kuppeiförmig gewölbt ist, in eine innere Zelle und eine äußere, letztere ist die Schlauchzelle ; erstere teilt sich weiter in die generative und in eine vegetative, die als Stielzelle bezeichnet wurde, ein Name, der besser vermieden würde. Denn ein eingesenktes Antheridium kann doch keinen Stiel haben ; sie entspricht offenbar der bei den Cjxadeen seitlich liegenden Zelle ;?«. die man ebensowenig als Stielzelle bezeichnen kann. Die generative Zelle teilt sich dann später in die (hier nur passiv beweglichen) Befruchtungszellen. Bei den Cu- pressineen und Gnetaceen unterbleibt die Bildung der Zellen 1 und ^, wir finden also nur die generative Zelle, die mit st bezeichnete sterile Zelle und die Schlauchzelle, und ebenso ist es mit etwas weiterer Ver- einfachung bei den Angiospermen, bei denen eine feste Scheidewand zwischen generativer Zelle und Schlauchzelle und die Zelle st nicht mehr ausgebildet wird *). die erstere sich von der Mikrosporeuwand bald ablöst. § 7. Makrosporangien der Samenpflanzen. Einleitung. Daß wir bei den Samenpflanzen die Makrosporangien in den Samenanlagen zu suchen haben, ist eine seit Hofmeister's bahn- brechenden Untersuchungen unbestrittene Thatsache. Ein eingehender Vergleich der Makrosporangien der Samenpflanzen mit den Sporangien der Pteridophj^ten ist indes erst möglich, wenn die entwicklungsgeschichtlichen Verhältnisse besprochen werden, hier ist zu- nächst die gröbere Gestaltung der Samenanlagen zu besprechen. Bekanntlich unterscheidet man an ihnen meist einen Stiel (Funiculus), das oder die Integumente und den von den Integumenten umschlossenen Nucellus. Daß letzterer einem Makrosporangium entspricht, ist zweifel- los^), dagegen sind die Ansichten über die morphologische Bedeutung ■) HiRASE, Etudes sur la fecondation et l'cmbrvogeuie du Ginkgo Ijiloba. Journal of tho College of science, Tokyo, Vol. XII, 1898. -) Mit der Bildung dieses seitlichen Auswuchses der gekeimteu Mikrospore dürfte auch die seitliche Lage der generativen Zelle zusammenhängen. Bei den Coniferen, wo der Schlauch in der Längsachse der Mikrospore auswächst, liegt auch die generative Zelle median. ■') Sie wäre etwa zu vergleichen der iu Fig. 265 II mit 6 bezeichneten Zelle in den Mikrosporen von Marsilia, was natürlich keinerlei phylogenetische Vergleichung sein soll. ■*) Auch bei Ephcdra helvetica kommen diese nach Jaccakd nicht zur Ausbildung. ^) ICrwähnenswert ist auch, daß der Nucellus abnormerweise als Mikrosporaugium ausgebildet sein kann. Einen solchen Fall beobachtete ich bei Begonia (GOEBEL, BeitrT zur Kenntnis gefüllter Blüten, Jahrb. für wissensch. Botanik, IG. Bd.~ p. 246, Fig. 48 u. 49). Daselbst weitere Litteratur. Dio Fortpflanzungsorgane. 785 der Integumente geteilt. In funktioneller Bedeutung kommt zunächst folgendes in Betracht. Abgesehen davon, daß die Integumente schon der Samenanlage als schützende Hülle dienen, liefern sie später die Samenschale. Wo, wie bei den Sympetalen, die Samenanlage aus einem dünnen Nucellus und einem dicken Integument besteht, hat letzteres beim Heranwachsen des Embryosackes diesem als Nährmaterial zu dienen (vgl. Samenentwickeluug), die Mikropyle endlich hat bei allen „porogamen" Ptianzen offenbar eine Bedeutung als Leitung für die Pollenschläuche, bei der Keimung der Samen findet hier die Wasseraufnahme am raschesten statt. Bei einer Anzahl von Dikotylen kommt der Mikropyle die ersterwähnte Funktion nicht zu. Nennen wir die, welche das gewöhnliche Verhalten zeigen „porogame", so lassen sich die anderen als „aporogame" bezeichnen. Bei Cynomorium i) coccineum verwächst die Mikropyle sehr bald, es findet sich also kein offener Kanal mehr, und ebenso verhält sich die im System isoliert stehende Gattung Gunnera 2), sowie die Cannabineen 3) und Alche- milla arvensis^). Offenbar also ist dies Verhalten bei verschiedener Diko- tylen unabhängig aufgetreten. Bei Cynomorium dringen die Pollenschläuche an der Spitze der Samenanlage ein („acrogam" nach Pirotta und Longo). Gunnera reift die Samen höchst wahrscheinlich parthenogenetisch, Pollen- schläuche sind hier nicht nachgewiesen, bei Alchemilla dringen sie, zwischen den Zellen hindurchwachsend, von der Chalazaregion bis zum Eiapparat vor („basigam"), was auch bei Casuarina 5)^ den Corylaceen und Juglandeen (trotz des Vorhandenseins einer Mikropyle) sich findet. Es sind das offenbar Variationen, die für die systematische Gliederung des Pflanzenreiches nicht von Bedeutung sind, von denen aber zu erklären bleibt, warum sie gerade bei Pflanzen mit sehr einfach ausgestatteten Blüten besonders häufig auftreten (die Fagaceen haben „porogame" Befruchtung ; wie sich wohl Formen wie Sagina u. a. verhalten mögen?). Eine Mittelstellung nehmen die Samen- anlagen ein, bei denen die Pollenschläuche zum Teil durch das Gewebe der Samenanlagen hindurchwachsen. So bei Ulmaceen ^) und Cannabineen ; ' es ist wohl anzunehmen, daß bei allen diesen Pflanzen besondere, auf dem Bau der Zellen oder den Ernährungsbedingungen der Pollcnschläuche be- ruhende Gründe vorliegen, welche die letzteren dazu veranlassen, den be- zeichneten Weg zu nehmen. In morphologischer Beziehung sind für die Auffassung der Integumentbildung zunächst zwei Möglichkeiten vorhanden : wir können sie den Pteridophyten gegenüber als eine Neubildung betrachten, die dort kein Analogon findet, oder wir schließen sie den Indusienbildungen der letzteren an. Die Makrosporangien von Azolla (Fig. 448 — 450), welche von einem als Ringwall angelegten Indusiura umwachsen werden. ^) Pirotta e Loxgo, Osservazioni e rieerche sulle Cyuomoriacee. Annuario del E. Istituto hotanico di Roma, 1900, Anno IX, Fase. 2. *) SCHNEGG, Beiträge zur Kenntnis von Gunnera. (Erscheint in Flora, 1902.) ^) ZiNGEK, Beiträge zur Kenntnis der weiblichen Blüten und Inflorescenzen bei Canna- bineen. Flora, 8,3. Bd., Jahrg. 1898, p. 189 ff. *) Ml'KBECK, t'ber das Verhalten des Pollensehlauehes bei Alcliemilla arvensis (L.) Soor, und das Wesen der Chiüazogamie, Lund's Universitets Arskrift, 36. Bd., Afd. 2, No. 9, 1901. *) Hier wurde von Tredb die ,,Chalazogamie'' zuerst aufgefunden. Litteratur bei MuEBECK a. a. O. ®) Xawaschix, Über das Verhalten des Pollenschlauches bei der Ulme. Nachrichten der Kaiserl. Akad. der Wisseusch. in St. Petersburg. 1897. Der Pollenschlauch dringt hier aus dem Gewebe des Funieulus durch die Integumente zur Nucellarspitze vor. 786 Speeielle Organographie. würden dann als Analogon dienen können. Für die letztere Auffassung erscheint es dann als das Natürlichste, nur den Nucellus als Makro- sporangium zu betrachten, den Funiculus aber als einen Teil des Sporo- phvlls an welchem das Makrosporangiuni als terminale Neubildung ent- steht ' ähnlich wie ein Azolla-Makrosporangiuin an dem zur Placenta um-ebildeten Blattzipfelende. Diese, hauptsächlich von Warming be- -ründete Anschauung würde sich auch in Übereinstimmung befinden mit einer neuerdings von Scott i) beschriebenen merkwürdigen Bildung bei einer fossilen Lycopodiacee. Die Sporophylle von „Lepidocarpon" tragen auf ihrer Basis je ein Makrosporangiuni (in welchem von vier ang'elegten Sporen nur eine zur Entwicklung gelangt). Die Sporangien sind aber umwallt von einem dicken Integument , wel- ches von dem Sporo- phyll ausgeht (auch die Mikrospor- angien haben ein ähnliches Integu- ment). Es ist also ein immerhin nicht unberechtigter Ana- logieschluß , wenn man annimmt, daß auch bei den Sa- menpflanzen die In- tegumeutbildung vom Sporophyll ausging, womit dann auch die in abnor- men Fällen eintre- tenden Vergrün- ungserscheinungen übereinstimmen (vgl. p. 156 , 157 unten), es sei auch an die bei den Cycadeen unterhalb der Samenanlagen auf- tretende Wucherung erinnert (TT Fig. 522), welche sicher dem Fruchtblatt angehört und gewissermaßen als Ansatz zu einem zweiten Integument be- trachtet werden könnte, sowie an die oben dargelegte Auffassung, daß auch bei den eusporangiaten Pteridophyten der Stiel der Sporangien durch eine Wucherung des Sporophyllgewebes zustande kommt. Auf die Entwicklung der Integumente hier näher einzugehen, ist nicht erforderlich, da sich in den letzten 20 Jahren hierüber keine neuen Gesichtspunkte oder Thatsachen ergeben haben. Es sei also nur kurz folgendes erwähnt. 1) Die Integumente entstehen stets als seitliche Aussprossungen an der Samenanlage, unterhalb des Nucellus, welcher terminal angelegt wird, auch da, wo dies in späteren Stadien wegen der massigen Entwicklung des Integuments scheinbar nicht der Fall ist (wie bei vielen Sympetalen, Fig. 522. Ceratozamia robusta. / Flächensehnitt durch den ba- salen Teil eines Fruchtblattes, eine Samenanlage ist der Länge nach durchschnitten, W Anschwellung unterhalb des Integuments, welche bei dem jüngeren (stärker vergr.) Stadium // noch nicht vorhanden ist. ') Note on the occurrence of a seed-like fi'uctificatiou in eertaiu jialacozoic Lvcopods. Proceedings of the Royal Society, Vol. LXVII, 1900. Die Fortpflanziingsorgaue. YgY deren Samenanlagen ein massiges Integiiment und einen dünnen Nuoellus haben). 2) Bei geradläufigen [atropen i)] Samenanlagen entstehen die Integumente als Ringwall, bei anatropen und kampylotropen Samenanlagen ist die Ent- wicklung des Integuments (wenn nur eines vorhanden ist) . auf der dem Funiculus zugekehrten Seite meist gehemmt, resp. es bildet sich nur der zur Mikropyle verwendete Teil des Integuments aus. 3) Wo zwei Integumente entstehen, bildet sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle zuerst das innere, dann das äußere (Ausnahme z. B. bei Euphorbia), bei anatropen Samenanlagen zeigt dann das äußere Integument die eben erwähnte Hemmung (resp. Nichtentwicklung auf der Eunikularseite). 4) Bei kleinen Samenanlagen gehen die Integumente aus der äußersten Zellschicht hervor, bei massigerem Aufbau der Integumente beteiligen sich auch tiefere Zellenlagen. 5) Die Zahl der Integumente ist im allgemeinen innerhalb eines größeren Verwandtschaftskreises eine konstante [zwei bei den meisten Monokotylen und choripetalen Dikotylen 2)^ ferner bei Primnlaceen, Ericaceen, eines bei den meisten Sympetalen Dikotylen, den Capressineen, Abietineen u. a.]. Doch kommen schon innerhalb einzelner Familien Schwankungen vor, die sich wohl zum Teil bei genauerer Untersuchung als abgeleitete werden erkennen lassen. So hat z, B. Aconitum an seineu Samenanlagen zwei Integumente, das nahe verwandte Delphinium nur eines. Untersucht man aber Samenanlagen mittlerer Entwicklung ^), so sieht man deutlich an der Spitze des Integuments dasselbe doppelt, namentlich bei Betrachtung ganzer Samenanlagen tritt dies hervor. Man kann das Integument hier also als aus zweien „verwachsen" betrachten, die Erscheinung ist eine ähnliche, wie bei der Entstehung einer Sympetalen Korolle. Bei dem Verwandtschafts- kreis der Ranunculaceen könnte man auf Grund der oben angeführten That- sachen vermuten, daß die mit zwei Integumenten versehenen Samenanlagen einen primitiveren Typus vorstellen, von welchem die mit einem Integument versehenen abzuleiten sind. Ähnliches kommt auch in anderen Verwandt- schaftskreisen vor, so bei den Rosaceen. Spiraea ^) Lindleyana hat zwei getrennte Integumente, bei Sp. Fortunei u. a. hängen sie — mit Ausnahme der Mikropylarregion — zusammen, bei Sp. Aruncus, Ulmaria, Filipendula ist nur eins vorhanden. Auch bei Hippuris betrachtet Van Treghem das Integument als aus Verschmelzung von zweien entstanden, die z. B. bei Myriophyllum voneinander getrennt sind. Nackte, d. li. nicht mit einem Integument versehene Samenanlagen linden sich sowohl bei Monokotylen als bei Dikotylen. Es fragt sich, ob dies Verhalten ein auf Rückbildung beruhendes oder ein primitives ist, und mit welchen biologischen Verhältnissen es etwa in Beziehung steht. Es seien deshalb einige Beispiele hier angeführt. 1) Der Ausdniek ..orthotrop" sollte für Samenanlagen vermieden werden, da er jetzt bei Sprossen etc. in einem bestimmten Sinne angewandt wird, der auf die meisten atropen Samen- anlagen nicht paßt. -) Ein Integument haben z. B. die Umbellifloren nud viele Ranunciüaceen. ^) Benutzt wurde Delp. eashmirianum. Vgl. auch StkasbüRGER, Die Coniferen, p. 415. — Auf Schnitten tritt die Einkerbung des alliieren Integuments oft wenig oder gar nicht hervor, auch da, wo die körperliche Betrachtung die Anlegung eines äußeren Integuments zeigt , das wie gewöhnlich bei anati'open Samenanlagen nur auf der dem Funiculus ab- gewandten Seite sich bildet. ■*) Van Tieghem, Structure de quelques oviües. Journal de botanique, 1898, jj. 213. 788 Specielle Organographie. A. Monokotylen. Hier ist zimächst Crinum zu nennen. Daß die Samenanlagen dieser Amaryllidee, die weder ein Parasit noch ein Sapro- phyt ist, integumentlos sind, wurde früher von mir in Übereinstimmung mit den Angaben von Prillieux und A. Braun hervorgehoben i). Die Samen- anlagen erscheinen hier als wenig ausgegliederte, nicht mit einem Puniculus versehene Hervorwölbungen an der Placenta, sie enthalten nicht selten mehr als einen Embryosack. Diese rudimentäre Ausbildung mag damit im Zusammenhange stehen, daß, wie a. a. 0. näher dargelegt wurde, eine Samenschale hier überhaupt nicht angelegt wird 2). Die Samen sind auf sofortige Keimung eingerichtet und nur durch einige Lagen von Korkzellen geschützt, welche hier vom Endosperm gebildet werden; thatsächlich entwickelt sich das Endosperm hier der Hauptsache nach unabhängig vom Nacellus, es enthält auch Chlorophyll und nimmt gewissermaßen einen An- lauf zu einer vom Makrosporangium unabhängigen Entwicklung. Die übrigen Aiiiar3ilideen haben meist zwei Integumente, A. Bella- donna ein einziges. Obwohl wir eine vergleichende Entwicklungs- geschichte der Samen von dieser Familie nicht haben (welche notwendig wäre, um eine sichere Basis für phylogenetische Schlüsse zu haben), scheinen mir doch die bis jetzt vorliegenden Thatsachen mehr für die Annahme einer Rückbildung zu sprechen. B. Dikotylen. Hier finden wir integumentlose Samenanlagen nament- lich bei einigen Parasiten und Saprophyten, aber auch bei anderen Pflanzen. a) Gentianeen. Während die übrigen Gentianeen Samenanlagen mit einem Integument besitzen , werden die Samenanlagen der saprophytisch lebenden Voyria als nackt beschrieben 3). Sie finden sich hier im Frucht- knoten in ungemein großer Menge; sie sind langgestreckt, enthalten aber einen normal gebauten und normal (durch „Tetradenteilung") entstehen- den Embryosack. Ich hatte vor Jahren Gelegenheit , in Venezuela (beim Aufstieg auf die Cumbre de San Hilario) Voyria azurea zu sammeln, welche mit ihren blauen Blüten den schattigen Waldboden schmückte, zusammen mit einer An- zahl monokotyler Saprophyten. Nach Untersuchung eines freilich nur spär- lichen Materials scheint mir doch eine Andeutung eines Integuments und einer Mikropyle fals seichte, Fig. 523. Voyi-ia azurea. /u.77Läugsschnitte, igi^i^^ ^^^ übersehende Einsenkung) /// Querschnitt durcli Samenaulagen mittlerer , , . ,_,. _-^ ^^/ Eutwicklung (mit Makrosporen mutterzelle), vorhanden zu sem (Flg. 522 Ml). Mi rudimentäre Mikropyle. Schon JoHOW hat bemerkt , daß 1) S. I, p. 129 ff. Vergl. feruer die von A. Braun im Anhang zu seiner Abhandlung „über Polyembrj'ouie und Keimung von Coelebogyue" (Abh. der Berliner Akademie, 1859) angeführte Litteratur. 2) d. h. also die Anlegung eines Integuments kann unterbleiben, weil die ganze Ökonomie des Samens so eingerichtet ist, daß die Samenschale, die ihn sonst während der Ruheperiode schützt, entbehrlieh ist. ») JOHOW, Die chloroi)hyllfi-eien Humusbewohner Westiudiens. Jahrb. für wisseusch. Bot., XVI, p. 442 ff. Die ForlpfJanzungsorgane. 789 die Samenanlage (nach der Gestaltung des Embryosackes) eigentlich einer anatropen entspreche. Ich möchte den terminalen Auswuchs der Samenanlagen als dem Integument angehörig beti-achten , das hier im übrigen auf einem sehr frühen Entwicklungsstadium stehen geblieben ist. Der äußerst rudimentäre Nucellus erfährt hier nicht wie sonst bei den anatropen Samenanlagen eine Drehung, aber er entwickelt sich von vorn- herein so wie ein umgewendeter, um mit der vergleichenden Morphologie zu reden, liegt hier eine „kongenitale" Drehung vor. Ich bin auf diesen Fall kurz eingegangen, weil er mir besonders deutlich für die Annahme einer Reduktion zu sprechen scheint. Wodurch diese bedingt wird, wissen wir nicht, wahrscheinlich ist, daß sie teleologisch , wie früher (p. 458) her- vorgehoben, mit der großen Anzahl der Samenanlagen in Beziehung steht, kausal vielleicht mit der saprophytischon, bei anderen parasitischen Lebens- weise, wofür aber nicht spricht, daß integumentlose Samenpflanzen auch bei einer ganzen Anzahl „autotropher" Pflanzen vorkommen. Es ist also sehr wohl möglich, daß die Integumentlosigkeit der Samenanlagen mit dem Parasitismus resp. Saprophytismus nichts zu thun , sondern sich eben unter den Pflanzen mit derartigen Samenanlagen gerade eine Anzahl parasi- tischer Typen erhalten haben. b) Bei einigen, gewöhnlich zur Familie der Olacineen gerechneten Pflanzen haben Valeton und Van Tieghem i) gleichfalls integumentlose Samenanlagen nachgewiesen, so bei Olax, Liriosma, Schoepfla, während andere Angehörige dieser Familie (im alten Sinne) Samenanlagen mit einem oder zwei Integumenten haben. Eine parasitische resp. saprophytische Lebensweise der mit integumentlosen Samenahlagen versehenen Olacineen ist bis jetzt nicht nachgewiesen. Auf die eigentümlichen systematischen Ansichten Van Tieghem's braucht hier nach den oben für Amaryllideen und Gentianeen angeführten Thatsachen nicht näher eingegangen zu werden ; erwähnt sei , daß auch (nach brieflicher Mitteilung von F. E. Lloyd) die Samenanlagen der Rubiacee Houstonia (welche autotroph ist) ohne In- tegument sind. c) Santalaceen. Hier finden sich z. B. bei Thesium 2) auf einer freien Centralplacenta drei nackte Samenanlagen , deren jede einem der drei Fruchtblätter gegenübersteht. Eine kleine Ein Senkung an der Spitze dieser Samenanlagen kann man wohl, wie bei Voyria, als Rest einer Mikropyle betrachten, es würden dann die Santalaceen die Andeutung eines dicken Integuments besitzen. Daß der Embryosack an seinem basalen Ende ein Haustorium bildet, welches tief in die Placenta eindringt, ist eine Eigen- tümlichkeit, die gleichfalls bei den Sympetalen weit verbreitet ist, und daß der Embryosack an seiner Spitze (wo die Endospermbildung stattfindet) aus der Samenanlage hervorwächst, findet sich z. B. auch bei Crinum , es hängt dies wahrscheinlich mit der rudimentären Ausbildung der ganzen Samenanlage zusammen. Daß zwischen dieser rudimentären Ausbildung und der Zahl der Samenanlagen hier keine Beziehung besteht, ist klar, von den drei Samenanlagen bildet sich nur eine einzige aus , und die Umhüllung derselben wird von der Fruchtknotenwand gebildet, da eine Samenschale gar nicht vorhanden ist. Immerhin ist charakteristisch, daß solche rudimentäre Samenanlagen sich namentlich bei Parasiten finden, welche 1) Van Tieghem, Sin- Ics phanerogames a ovules saus rairelle, formant le groupe des Innucelles ou Santalinees, in Bull. Soc. bot. de France, T. XLIII, p. 543, Vergl. auch Ex(;ler, in Nachträge zum II. — IV. Teil der Nat. Pflanzenfam., p. 144, ■-) Vgl. Guignard, Observations sur les Sautalacees. Ann. des scienc. nat., Ser. VII, T. II, p. 181 ff. Daselbst weitere Litteratur. 790 Specielle Organograiihie. reichliches Endosperm und einen vollständigen Embryo bilden, wenigstens gilt dies auch für d) die Loranthaceen, auf die hier nur kurz hingewiesen sei i). Wir verdanken die Kenntnis derselben den Untersuchungen von Teeub 2j. Bei Loranthus sphaerocarpus erhebt sich ain Grunde der Eruchtknotenhöhle eine freie Centralplacenta, die einige sehr rudimentäre, integumentlobe Samen- knospen hervorbringt und später vollständig mit der Innenfläche des Frucht- knotens verwächst, so daß die Embryosäcke dann scheinbar einem, den Fruchtknoten erfüllenden Gewebe eingebettet sind. Viel weiter geht die Reduktion bei Viscum articuiatum und Loranthus pentandrus : es werden hier eine Centralplacenta und — wenn auch noch so rudimentäre — Samen- knospen an derselben gar nicht mehr ausgebildet. Viscum articuiatum ^) besitzt einen Fruchtknoten, gebildet aus zwei Fruchtblättern, welche so eng aneinander schließen, daß nur eine enge Spalte zwischen ihnen bleibt. Da, wo diese Spalte aufhört , also am Grunde des Fruchtknotens , gehen aus einigen i^lasmareichen Zellen, die nebeneinander liegen oder durch Parenchym- zellen getrennt sind, mehrere Embryosäcke hervor, von denen aber nur einer zur Weiterentwicklung gelangt. Vergleicht man dies (in ähnlicher Weise bei Loranthus pentandrus vorkommende) Verhalten mit dem von Lor. sphaerocarpus, so werden wir kaum zweifelhaft darüber sein können, daß es durch Reduktion aus jenem entstanden ist. Placenta und Samen- knospen sind dann aber nicht „kongenital" mit dem Fruchtknotengewebe verwachsen, sondern eben überhaupt nicht zur Ausbildung gekommen, wie die Pollenmutterzellen von Cyclanthera (vgl. p. 717) sich nicht in besonders ausgestalteten Pollensäcken , sondern in einer ringförmigen Anschwellung der Blütenachse differenzieren, so auch die Embryosackmutterzellen der genannten Loranthaceen nicht in Samenknospen , sondern im Blütengewebe unterhalb des Fruchtknotens. Es unterbleibt also die Ausgliederung der Makrosporangien hier vollständig, nur die Makrosporen kommen zur Ent- wicklung, zeigen aber, ebenso wie bei den Santalaceen, häufig eigenartige Wachstumserscheinungen, welche mit der Ernährung derselben in innigster Beziehung stehen, die eine andere sein wird, als die in besser ausgestatteten Samenanlagen. Auch andere, unten anzuführende Beispiele zeigen uns, daß der Embryosack wie ein Parasit lebt, der seine Nahrung dort entnimmt, wo er sie am besten erreichen kann. e) Am weitesten geht die Reduktion bei den Balanophoreen, deren Verhalten erst durch Theub *) aufgeklärt wurde. An den weiblichen Blüten ist hier weder eine Blütenhülle noch Fruchtblattbildung nachweisbar. Die ganze Blüte besteht aus einem Zellkörper, von dem eine hypodermale Zelle (Fig. 524) zum Archespor^) wird, während die äußere Zellschicht zu einem langen, sjiitzen Fortsatz auswächst, das ganze Gebilde erhält eine gewisse ') Die neueren Arbeiten Van Tieghem's sind angeführt 1x4 Exgler, a. a. O. (Nach- träge etc.). -) Treub, Observations sur les Loranthacees. Aunales du jardin liotanique de Buiteu- zorg, Vol. II, p. 54; Vol. III, p. 1 ff. — Die älteren Angaben Hofmeister's (Abh. der Königl. Sachs. Ges. der Wiss., 6. Bd.) werden dadurch ergänzt und berichtigt. •') Ganz ähnlich verhält sich auch Viscum album (JoST, Zur Kenntnis der Blüten- entwicklung der Mistel, Bot. Zeitung, 1888, p. 357 ff.). Die Embryosackmutterzelle teilt sich hier in zwei Tochterzellen, deren untere bald nach oben liin einen Auswuchs bildet; dies betrachte ich als eine frühzeitige Haustorienbildung. *) L'organe feinelle et l'apogamie du Balanophora elongata Bl., Ann. du jard. bot. de Buitenzorg, Vol. XV, p. 1—25. ■^) Das sich nur einmal, zuweilen, wie es scheint, auch gar nicht teilt, dann also direkt zur ^Makrospore wird. Die Fortpflanzungsorffane. 791 Habitusähnlichkeit mit einem Arcliegonium, es ist aber kein Halskanal vor- handen. Da andere Balanophoreen i) meist zwei Fruchtblätter mit einer Centralplacenta und zwei sehr wenig avisgegliederten, integumentlosen Samen- anlagen besitzen, so scheint es mir am natürlichsten, von derartigen Formen Balanophora dadurch abzuleiten, daß 1) die Bildung der Fruchtblätter unter- blieb, 2) die Zahl der Samenanlagen auf eine reduziert wurde, 3) diese direkt aus der Blütenanlage selbst gebildet wurde -), bei welcher man von einer „Achse" nicht mehr sprechen kann, da dieser Ausdruck nur dann einen Sinn hat , wenn darunter ein Gebilde zu verstehen ist, das wenigstens die Möglichkeit besitzt, An- hangsorgane hervorzubrin- gen. Der Fall liege einiger- maßen ähnlich wie bei den Vegetationsorganen man- cher Parasiten. Wir wis- sen durch SoLJis Unter- suchungen, daß z. B. bei Pilostylesarten (vgl. p. 434j der Vegetations- körjjer der Parasiten, welcher innerhalb der Nährpflanze wuchert , re- duziert sein kann auf ein- zelne, pilzhyphenähnliche Gewebestränge. Bei diesen hört die Möglichkeit der Anwendung der gewöhn- lichen morphologischen Schemata auf. Ebenso ist es meiner Ansicht nach bei den Blüten der Balanophora. Auch hier wissen wir nicht, in welcher Beziehung die Reduktion zur parasitischen Denn wenn eine solche Beziehung besteht, kann sie nämlich entweder eine direkte, d. h. durch die parasi- selbst bedingte, oder eine indirekte, d. h. die parasi- gestattet, Variationen der Struktur, die auch bei nicht parasitischen Pflanzen auftreten können, dort aber nicht existenzfähig sind, zu erhalten. Einen derartigen indirekten Zusammenhang mit der Lebens- weise habe ich oben (p. 447) für Utricularia und die Podostemaceen als wahrscheinlich nachzuweisen versucht. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, daß bei den Samenanlagen (und teilweise dem ganzen Gynaeceum der Angiospermen) bedeutende Reduktionen eintreten können. Kaum als Reduktion ist zu bezeichnen, daß die Zweizahl der Integumente auf die Einzahl beschränkt werden ') Vgl. z. B. LoTSY, Rhopalocnemis phalloidcs. Biütcnzorger Annaleii, V, Ser., Vol. II, p. 73 ff. LOTSY ist der Ansicht, daß die Helosideen, zu welchen Rh. gehört, besser von den Balanophoreen zu trennen seien ; wenn man auch dies thut, so wird an der nahen Ver- wandtschaft doch nicht zu zweifeln sein. *) Ein analoger Fall würde sich ergeben, wenn die männliche Juniperusblüte auf eines der oben beschriebenen Miljrosporangien reduzieii; würde. Fig. 524. Balanophora elongata (nach Treib). I Jimges weibliches Organ im Lcängsschnitt (230 X)- ^^ Älteres mit Archespor (punktiert) 300 X- m Fast erwachsenes mit entwickeltem Embryosack, 300 X- Lebensweise steht, eine doppelte sein, tische Lebensweise tische Lebensweise 792 Spoeiello Orgauographie. kann, wohl aber ist eine solche vorhanden, wenn die Integumentbildung ganz nnterbleibt, ohne daß es zunächst gelungen wäre, dafür Gründe anzugeben. Dagegen ist leicht verständlich, daß dort, wo das Integunient keine Rolle bei der Bildung der Samenschale spielt (was auch bei manchen Pflanzen der Fall ist, bei denen die Umhüllung der Samen durch das Perikarp gebildet wird unter Zerstörung der Samenschale, so bei Gunnera, den Gräsern u. a.), auch von vornherein die Bildung des Integumentes unterbleiben kann. Es ist anzunehmen , daß bei allen Organen bei einzelnen Formen die „Tendenz zum Schwinden" auftreten kann, die dann zu einer Verkümmerung führt, wenn diese ohne Schaden für die Gesamtökonomie der Pflanze eintreten kann. Es würde natürlich ganz unsinnig sein, etwa die Pflanzeuformen, die nackte Samenanlagen haben, in eine systematische Gruppe zusammenfassen zu wollen, viel- mehr zeigt sich deutlich, daß dieser Vorgang sich in verschiedenen Ver- wandtschaftskreisen vollzogen hat. Eine weitere Reduktionsstufe ist, daß sich die Samenanlagen und Placenten nicht mehr als gesondert hervortretende Organe im Gynaeceura nachweisen lassen (z. B. Viscum) , sondern die Makrosporangien dem Gewebe der Makrosporophylle (Fruchtblätter) eingesenkt sind. Schließlich unterbleibt (bei Balanophora) auch die Ausgliederung der letzteren selbst, die ganze Blüte ist scheinbar auf ein Makrosporangium reduziert. Es wurde früher (p. 733) darauf hingewiesen, daß dieses Beispiel besonders deutlich zeigt, daß wir tiefgreifende Ä n d e r u n g e n in der Orgaubildung nicht in Abrede stellen können, und daß unsere Aufgabe zunächst die ist, uns ein Bild davon zu machen, wie sie zustande gekommen sind, nicht aber die, den Anfang in das Endglied einer Reihe hineinzukonstruieren. Bau und Entwicklung des N u c e 1 1 u s. Die Makrosporangien der Samenpflanzen unterscheiden sich von denen der Pteridophyten bekanntlich dadurch, daß die Makrosporen inner- halb der Sporangien keimen, und daß das Makrosporangium (mit dem resp. den Integumenten) sich nach der Befruchtung zum Samen ent- wickelt. Anläufe zu diesem Verhalten finden sich auch bei manchen Pteridophyten. Bei Salvinia keimen die Makrosporen innerhalb der Makrosporangien (was hier mit dem Leben im Wasser zusammenhängen mag), bei vielen Selaginellen (eine Abweichung bildet nach Bruchmann S. spinulosa) legen die Makrosporen wenigstens die ersten Keimungs- stadien ^) innerhalb des Makrosporangiums zurück, um dann allerdings aus den Sporangien entleert zu werden, und erst später ihre Entwicklung vvieder aufzunehmen. Wirkliche Übergänge zur Samenbildung finden sich bei den lebenden Formen nicht ; solche würden auch nicht vorhanden sein, wenn es z. B, Selaginellen gäbe, bei denen die Makrosporen nicht aus den Sporangien entleert, sondern bis zur Keimung der Embryonen der ungeschlechtlichen Generation in den Makrosporangien eingeschlossen blieben. In teleologischer Beziehung könnte man es als einen Fortschritt betrachten, daß von der mütterlichen Pflanze sich nicht mehr die mit beträchtlichem Materialaufwand gebildeten Makrosporen ablösen, von denen es unsicher ist, ob sie günstige Keimungs- und Befruchtungs- bedingungen finden, sondern der meist mit (für seine erste Entwicklung hinreichenden) Reservestoffen ausgestattete, aus der befruchteten Eizelle 1) Die Prothallien geliingen dabei bis zur Archegonionbildung. Die Fortpflanzungsorgane. 793 hervorgegangene Keim. Thatsäclilich sehen wir, dalS die Pflanze mit dem Material sozusagen immer sparsamer wird, je höher wir in der Reihe der Samenpflanzen emporsteigen. Die C}xadeen bilden in ihren Makrosi)oren umfangreiche Prothallien ^) auch ohne Bestäubung aus. Die Coniferen dagegen lassen die Keimung der Makrosporen (innerhalb der Makrosporangien) nur eintreten infolge eines durch die Pollenschläuche ausgeübten Reizes, von welchem bei manchen Angiospermen sogar die Anlegung der Samenanlagen, in vielen andern wenigstens ihre Weiter- entwicklung abhängig ist. Einige Beispiele seien angeführt. In den weiblichen Blüten von Quercus und Fagus, auch Corylus, ist zur Zeit der Bestäubung keine Spur von Samenanlagen vorhanden. Es ist meines Wissens zwar nicht experimentell nachgewiesen, aber wenigstens sehr wahrscheinlich, daß der durch die Pollenschläuche ausgeübte Reiz den Anstoß zur Weiterent- wicklung giebt 2). Sicher ist dies bei den Orchideen, deren Samenanlagen zur Zeit der Bestäubung noch ganz rudimentär sind, und ähnlich ver- halten sich einige Dikotylen, z. B. Fraxinus, Forsythia, Syringa dubia, während andere Oleaceen^) (Syringa vulgaris, Fontanesia Fortunei, Li- gustruniarten) zur Zeit der Bestäubung vollständig entwickelte Samen- anlagen haben. Während bei den Coniferen die Entwicklung des Makroprothalliums zwar an die Bestäubung, nicht aber an die Befruchtung [die damit nicht notwendig verbunden zu sein braucht, denn wie schon Hofmeister ^) hervorhebt, kann z. B. bei den Orchideen die Weiterentwicklung der Samenanlagen auch durch fremden Pollen bewirkt werden, der keine Befruchtung verursachen kann] gebunden ist, sehen wir die Angiospermen noch einen Schritt weitergehen. Aus dem Keimschlauch der Mikrospore treten hier, wie die Untersuchungen von Nawaschin, Guignard u. a. ge- zeigt haben °), bei der Befruchtung in die Makrospore zwei Zellkerne über: einer regt das Ei zur Weiterentwicklung an, er führt die Befruchtung aus, der zweite regt die Entwicklung des Endosperms an. Ob man dabei von einer „doppelten Befruchtung" sprechen will, ist meines Erachtens un- wesentlich, ich habe in dem Vorgang, seit er bekannt wurde, stets nur ■eine Einrichtung sehen können, welche eine Weiterentwicklung des Endo- sperms nur für den Fall sichert, daß eine Embryobildung eintritt. Auch dies Verhalten aber ist kein ausnahmsloses. Es mehren sich in neuerer Zeit die Beispiele für parthenogenetische, also ohne Befruchtung erfolgende Embryobildung, hier erfolgt die Endospermbildung gleichfalls ohne den bei anderen Pflanzen in der oben angegebenen Weise erfolgenden 1) Inwiefern sich die einzelnen Gattungen hierin etwa verschieden verhalten, bleibt näher zir untersuchen, bei Cycas tritt in unseren Gewächshäusern jedenfalls an unbestäubten Samenanlagen Archegonienbildung im Prothallium ein. -) Bei Corylus unterbleibt die Weiterentwicklung des Fruchtknotens, wenn die männ- lichen Blütenkätzchen ihren Pollen vor der Entwicklung der Narben entleeren , was in manchen Frühjahren vorkommt und als experimenteller Beleg für die oben angeführte Be- ziehung betraclitet werden darf. ä) Vgl. betreffs derselben Billings, Beiträge zur Kenntnis der Sameneutwickluug, Flora, 88. Bd., p. 300 ff. ■*) Allgemeine Morphologie, p. 637. ^) Verf. hatte .schon 1883 (Vergl. Entwieklungsgesch., p. 429) hervorgehoben, daß jedenfalls die Folgen der Befruchtung auch auf den (sekundären) Embryosackkern sich erstrecken. „Dei-selbe steht in allen von mir untersuchten Fällen mit der Eizelle durch einen Plasmastrang in Verbindung, so daß also stoffliche Einwirkung von dieser resp. dem Pollen- sehlauch aus stattfinden kann". Diese , .stoffliche Einwirkung" besteht, wie die schönen Unter- suchungen der oben genannten Autoreu gezeigt haben, in einer Kern Verschmelzung. Vergl. ferner Strasbükger, Bot. Zeit. 1900, II, p. 293 ff. Goebel, Organogp-aphie der Pflanzen. 52 'J'Cj.j. Specielle Organograiihie. Anstoß, sei es, daß der Embiyo aus der imbefruchteten Eizelle hervor- geht, wie bei Antennaria alpina, den meisten untersuchten Alchemillaarten oder aus einer Endospermzelle, wie bei Balanophora. Wir haben in neuerer Zeit gelernt, bei der geschlechtlichen Fortpflanzung zwei ^^or- gänge zu unterscheiden: die Übertragung väterlicher und mütterlicher Eigenschaften auf den Keim und die Anregung desselben zur Weiter- entwicklung, Diese letztere kann auch durch andere Faktoren als durch die Vereinigung der weiblichen Zelle mit der männlichen erfolgen. Welche Entwicklungsreize bei den parthenogenetisch gebildeten Samen in Betracht kommen, wissen wir nicht. Aber es erscheint mir sehr wahrscheinlich, daß in manchen Fällen der Pollenschlauch es ist, welcher, ohne Befruchtung zu bewirken , die Weiterentwicklung (auch die Embryobildung) ver- anlaßt. Wo, wie bei Balanophora und Alchemilla (mit Ausnahme von Alch. arvensis), überhaupt keine Pollenschläuche gebildet werden, kann davon natürhcli keine Rede sein, wohl aber bei der Bihlung der Adventiv- embryonen aus dem Nucellus (Funkia, Citrus u, a.), und auch für Casuarina liegt, wie unten ausgeführt werden soll, eine analoge Ver- mutung nahe. Es ist nicht einzusehen, warum der Pollenschlauch nicht in manchen Fällen auch die Eizelle zur Weiterentwicklung anregen sollte, ohne daß er sie befruchtet. Der wichtigste Teil des Nucellus ist natürlich die Makrospore (der Embryosack), und es fragt sich zunächst, wie weit die Makrosporen in ihrer Entstehung noch mit denen der Pteridophyten übereinstimmen ^). Die letzteren entstehen überall aus Vierteilung von Mutterzellen, ebenso wie alle anderen Sporen. Auch die Makrosporen der Samen- anlagen gehen aus Mutterzellen hervor, deren Tochterzellen aber nicht alle zu Makrosporen (Embryosäcken) werden, obwohl sie, wie früher schon hervorgehoben wurde -), alle ..potentiell'' dazu imstande sind. Die Zahl der Zellen, in welche die Embryosackmutterzelle zerfällt, ist bei vielen Samenpflanzen gleichfalls vier, und in neuerer Zeit mehren sich die Stimmen dafür, daß dies Verhalten viel weiter verbreitet ist, als man früher annahm, avo die Zahl der Tochterzellen als eine variable angegeben wurde ^). Die Tetradenteilung als eine allgemeiner verbreitete anzu- nehmen lag um so näher, als das Studium der Kernteilungsverhältnisse,, wie zuerst Overton hervorhob, auf die Homologie von Embryosack- mutterzelle und Pollenmutterzelle hinwies, in beiden Fällen ist die Zahl der Chromosomen die Hälfte derjenigen der übrigen Zellen*). Es sind denn auch vier Tochterzellen gefunden w'orden bei Gymnospermen [Larix von JuEL, Pinus Laricio ")], bei einer Anzahl Monokotylen und Dikotylen. Daß indes eine Reduktion der Teilungen eintreten kann, zeigt schon die Thatsache, daß bei manchen Pflanzen die „Embryosackmutterzelle" direkt ohne Teilungen zum Embryosack wird, so bei Tulipa und anderen Liliaceen. Es ist nicht einzusehen, warum, wenn in diesen Fällen die Teilung über- *) Ich verzichte hier auf die Anführung der iüteren Litteratur, die in allen Lehrbüchern citiert ist. ") Vergl. Entwieklungsgesch., p. 408. *) Vgl. z. B. JtiEL, Beitr. zur Kenntnis der Tetradenteilung, Jahrb. f. wissensch. Bot., 35. Bd., 1900, p. 621 ff. ; Körnicke, Studien an Enibryosackmutterzellen, Sitzungsber. der Niederrhein. Gesellsch. f. Natm-- u. Heilkunde, 1901. Daselbst Aveitere Littei-atur. *) Vgl. auch Steasbukgee, Histolog. Beiträge, Heft 6, und die p. 770 angeführte Ab- handlung. ^) COüLTER and Chambeelain, Morphology of spermatophytes, I, p. 161. Die Fortpflanzungsorgane. 705 haupt unterbleibt, nicht auch eine Reduktion auf zwei oder drei Teihmgen vorkommen sollte. In der Anorduung.der Teilungswände w^eicht dieTetraden- bildung ab von der bei Sporenmutterzellen üblichen, indem die Tochterzellen meist in einer Längsreihe angeordnet sind, seltener liegen durch Längsteilung zwei nebeneinander. Indes kommt dies auch bei Polleutetraden nicht selten vor. Wie ich vor Jahren darzulegen versucht habe ^), ist bei den Pollen- tetraden die Lage der Teilungswände bedingt durch die Gestalt der Pollenmutterzellen. Es sei dies an einem Beispiel kurz erörtert. Fig. 525 1 — 5 zeigt Pollentetraden von Typha Shuttleworthii. Die häufigste An- ordnung ist die in Fig. 525 1 dargestellte, wobei sich die Pollenmutterzelle in vier in einer Ebene liegende Tochterzellen geteilt hat. In Fig. 525 2 sind die beiden Teilungsebenen ge- kreuzt, bei 3 haben sie eine schiefe Lage zu einander , die Anordnung nähert sich der tetraedrischen. Sel- tener sind Formen wie 4 und 5, die aber für den Vergleich mit den Em- bryosackmutterzellen von besonderem Interesse sind, es ist ^vohl anzu- nehmen , daß die langgestreckte Ge- stalt der Pollenmutterzelle (welche für die Anordnung der Tochterzellen be- stimmend AVar) zusammenhängt mit Fig- 525. Pollentetradeu von Typha den Raumverhältnissen innerhalb der Shnttieworthü. Vergr. Mikrosporangien. Auch bei den Em- bryosackmutterzellen ist vor allem zu beachten , daß sie sich nicht aus dem Verbände mit den übrigen loslösen , also auch nicht leicht die Kugelform gewinnen werden, die für die übliche Tetradenanordnung nach dem Obigen bestimmend ist. Ihrer in der Achse des Makrosporangiums gestreckten Gestalt entspricht vielmehr die Querteilung-). Daß von den vier Tochterzellen nur eine normal zur Makrospore sich weiter entwickelt, ist eine Erscheinung, die mit der Verringerung der Sporenzahl im Makro- sporangium in Beziehung steht, und deren extremster Ausdruck das Unterbleiben der Tetradenbildung überhaupt ist (in Fällen wie Tulipa). Übrigens findet sich Übereinstimmung in dieser Beziehung in den Makro- sporangien der Salviniaceen und Marsiliaceen und bei der Mikrosporen- bildung einiger Monokotylen ^). Die Makrosporen der Cycadeen und mancher Coniferen haben noch deutlich ein kutikularisiertes „Exospor", was als Anklang an das Verhalten freilebender Makrosporen von Interesse ist. Nach dieser allgemeinen Einleitung sei kurz der Bau und die Ent- wicklung der Makrosporangien bei Gymnospermen und Angiospermen besprochen. ^) Zur Embryologie der Archegoniaten, Arb. a. d. botan. Institut in Würzburg, heraus- gegeb. von Sachs, II, 3, 1880, p. 441. Die dort gemachte Annahme betreffs der Aufeinander- folge der Teilungswände war nicht richtig (es findet offenbar, wie später Wille hervorhob, auch hier eine wiederholte ZM^eiteilung der Mutterzelle statt). Dies ist indes von unter- geordneter Bedeutung gegenüber der allgemeinen, auch von si^äteren Autoreu angenommenen Beziehung zwischen der Gestalt der Mutterzelle und der Teiluugsrichtuug, auf die dort speciell für Neottia und Typha hingewiesen Avurde. '-) Daß bei einer Anordnung der Tetraden wie in Fig. 525 sehr leicht auf Schnitten nur drei Zellen sichtbar sein werden, ist ohne weiteres klar ; ein derartiger Fall wurde z. B. von JOHOW für Voyria abgebildet. ■^) Vgl. betreffs Carex JuEL a. a. O. und Wille's dort citierte Arbeit. 52* YQß Specielle Organographie. a) Gymnospermen. 1) Makrosporangien der Cycadeen. Obwohl wegen der Schwierig- keit der Materialbeschaffung die Makrosporangienentwicklung bei keiner Cycadee lückenlos bekannt ist, läßt sich doch erkennen, daß die Samen- anlagen hier einen primitiven, d. h. mit dem der Pteridophytenspor- angien verwandten Charakter tragen. Dieser spricht sich aus 1) in dem Vorhandensein eines ziemlich umfangreichen sporogenen Gewebes {Sp Fig. 526), von dem aber, soweit bekannt, nur eine Zelle sich zur Makro- sporenmutterzelle weiter entwickelt, 2) darin, daß der Funiculus hier deut- lich durch eine nachträgliche Streckung des Sporophyllgewebes zu- stande kommt, 3) der Nucellus erscheint hier, wie ich vor Jahren schon hervorgehoben habe, deutlich als aus einer Weiterentwicklung der Sporangien- wand entstanden. Auch die Entwicklung einer „Pollenkammer" im Nu- cellus darf wohl hier, wie bei Ginkgo, als ein primitiver Charakter betrachtet werden. Im einzelnen sei folgendes bemerkt. Unsere Kenntnisse beruhen auf den Untersuchungen von Warming i), Treub 2) und IjAng 3). Am meisten zurück gehen Treub's Untersuchungen an Ceratozamia longi- folia , die wir deshalb hier zum Ausgangspunkt wählen ; sie bestätigen und ergänzen Warjiing's Angaben. Je eine Samenanlage entspringt dem Rande des Sporophylls da, wo es in seine Insertionszone übergeht. Hier zeigt das Gewebe meristematische Beschaffenheit, es bilden sich zwei Aus- wüchse, die wir als die Anlagen zweier Samenanlagen betrachten. Ein Längsschnitt durch dieselben zeigt nun ein ganz ähnliches Bild, wie ein Querschnitt durch ein junges Ophioglossumsporangium : man findet unter der Epidermis eine Gruppe sporogener Zellen, hervorgegangen, wie wir wohl annehmen dürfen, aus der Teilung von einer oder einigen wenigen Archesporzellen, Das Auftreten derselben ist also die erste Differenzierung in der Samenknospenanlage : dieselbe unterscheidet sich zu dieser Zeit in nichts Wesentlichem von einer Ophioglossumsporangium-Anlage. Zwischen der Epidermis und dem sporogenen Zellkomplex liegt eine Zellschicht (oder mehrere), die später eine abweichende Ausbildung erfährt, indem sie nicht mit in die Bildung des sporogenen Zellkomplexes eintritt, es sollen die Zellen derselben als Schichtzellen bezeichnet werden. An älteren Sta- dien treten zwei Veränderungen ein: es bildet sich durch AVachstum und Spaltung der Schichtzellen eine den sporogenen Zellkomplex bedeckende Wucherung (Nu Fig. 526), und gleichzeitig erhebt sich um dieselbe ein Ringwall, die Anlage des Integuments. Die erwähnte Wucherung ist die Anlage des Nucellus, die nun ebenso wie das Integument heranwächst, auch die Zellenzahl des sporogenen Zellkomplexes nimmt zu, derselbe grenzt sich schärfer ab und ist umgeben von engen, in die Länge gestreckten Zellen, von denen es aber fraglich erscheint , ob sie als Tapetenzellen betrachtet werden dürfen. Etwa in der Mitte desselben findet man eine große Zelle , die „Embryosackmutterzelle" (Fig. 526 // , *S^) , sie teilt sich nach den bisherigen Angaben in gewöhnlich drei Zellen, es erscheint aber nach dem Obigen wahrscheinlich, daß auch hier Tetradenbildung vorliegt. Jedenfalls wächst eine der Tochterzellen zur Makrospore heran und ver- drängt die andere, sie füllt sich später mit Prothallium, das die Archegonien ^) Warming, Undersögelser og Betragtninger over Cycaderne (K. D. Vidensk. Selsk. Forh. Kjöbenliavn, 1877, mit franz. Resum§); id. Bidrag til Cyeadeernes Naturhistorie, ibid. 1879. *) Treub, Recherches sur les Cycadees. Ann. du jardin botanique de Buitenzorg, IV. ^) Lang, Studies in the development and morpliologv of Cycadean sporaugia. Annais of botany, Vol. XIV, 1901. Die Fortpflanziingsorgane. 797 erzeugt, bei Stangeria scheint die Bildung derselben von der Bestäubung abhängig zu sein. Die Dilferenzierung der Makrosporen vollzieht sich also hier wesentlich nach dem p. 423 für Isoetes angegebenen Verhalten, auch ist wohl anzunehmen, daß die Tapetenzellen aus dem sporogenen Zellkomplex hervorgehen. — An der Spitze des Nucellus entsteht die „Pollenkammer" durch Resorption im Nucellargewebe (vgl. Fig. 522 /). 2) Coniferen. Die Samenanlagen haben hier teils zwei Integamente, teils ein einziges, das bei der Reife bei einigen Formen einen Flügel ent- wickelt (z. B. Dammara), bei den Abietineen erscheint dieser mit der Samen- schuppe verschmolzen, geht aber offenbar auch hier ursprünglich vom In- tegument aus. Die sonstigen Verhältnisse stimmen im wesentlichen mit denen der Cycadeen überein, doch scheint, so weit die vorliegenden Unter- suchungen ein Urteil gestatten, die „Sterilisation" des sporogenen Komplexes hier teilweise weiter fortgeschritten zu sein ; noch ziemlich ent- wickelt ist er, wie es scheint, bei den Cu- pressineen, wo er sich, soweit bei Cupressus beobachtete jiinge Sta- dien ein Urteil ge- statten, seiner Entste- hung nach noch auf ein wenig zelliges hypo- dermales Archespor zurückführen läßt i) ; auch hier wird aber nur eine Makrosporen- mutterzelle ausgebildet. Im Xucellus ist hier das Material abgelagert, welches später von der Makrospore aufge- braucht wird. Bei Larix fand Stras- BUKGER eine „Embryosackmutterzelle" (und ebenso ist es wohl bei anderen Abietineen) bei Thuja und Taxus mehrere. Je früher eine ..Sterilisation" der sporogenen Zellen eintritt, desto weniger werden sie sich von den andern Zellen des Nucellus unterscheiden, so daß es oft dem subjektiven Ermessen anheimgestellt sein wird , was man als sporogenen Zellkomplex bezeichnen will; es liegt dies in der Natur der oben kurz geschilderten Entwicklungs- vorgänge. b)Gnetaceen. Der Raum erlaubt nicht, auf die, in ihrer Deutung viel- fach strittigen Verhältnisse der Samenanlagen, namentlich die Integument- Fig. 526. / Ceratozamia longifolia. Längsschnitt durch eine Samenanlage (nach Tkeüb). Schwach vergr. Int Integumeut, Mi Mikropyle, jS"u Nucellus, (S^ sporogenes Zellgewebe (schraf- fiert). II (Nach La>'G.J Stangeria paradoxa, Längsschnitt durch den Nucellus. S^J Sporenmutterzelle , umgeben von Isterilem, sporogenem Gewebe. ^) Dieses giebt aber auch zahlreiche Zellen zum Aufbau des Nucellus ab, zur Zeit der Bestäubung finde ich bei den untersuchten Cupressineen einen mehr oder minder entwickelten sporogenen Zellkoraplex der von einem vmi fangreichen Nucellargewebe überlagert ist, das später zur Ernährung der Makrosporen dient, ähnlich wie die Nährmaterialieu, die in der mehrschichtigen Wand des jungen Sporangiums von BotrA'chium abgelagert sind, auch haupt- sächlich der Ausbildung der Sporen zu gute kommen. Der sporogene Zellkomplex liegt bei Jimiperus (wo er nur aus wenig Zellen besteht) etwa da, wo das Integument ansetzt, bei Callitris tiefer. Die Makrosporennuitterzelle tritt bei Juniperus zu dieser Zeit oft schon deut- lich durch Größe und Inhaltsreichtum hervor. ■JCjß Specielle Organograi^hie. bildung^) näher einzugehen, eine kurze Darstellung aber würde nicht hin- reichen, um die Bezeichnungen der einzelnen Formen zu einander klar- zulegen. Die neuere Litteratur ist allerdings nicht vollständig zusammen- gestellt in dem Buche von Couller und Chamberlain, Morphology of spermatophytes, p. 119 If., worauf hier verwiesen sei. Dagegen ist die Bildung der weibliche Sexualorgane hier noch kurz zu besprechen. Die Cycadeen, Ginkgoaceen und Coniferen besitzen Archegonien, welche dem Prothallium tief eingesenkt sind, und eine Eizelle besitzen, welche bei den Cycadeen riesige Dimensionen erreicht. Mit der Größe der Eizelle steht jedenfalls im Zusammenhang, daß eine besondere Zellschicht um die Eizellen vorhanden ist, welche bei der Ernährung derselben eine wichtige Rolle spielt ^j. Der Hals des Archegoniums tritt (allenfalls mit Ausnahme von Cycas) nicht über die Prothalliumfiäche hervor, und da er sich nicht öffnet, wird auch keine Halskanalzelle gebildet. Im übrigen ist die Ausbildung des Halsteiles eine auffallend variable. Bei den Cycadeen, Ginkgo, Cephalotaxus Tortunei, Sequoia sempervirens und Tsuga canadensis sind nur zwei, bei den meisten Coniferen wohl sind vier Halszellen vorhanden (die sogenannte „Deckelrosette), welche sich durch perikline Wände in ein oder mehr Stockwerke teilen können, die je vier oder acht Zellen ent- halten (so bei Abies). Es ist unbekannt, ob diesem verschiedenen Verhalten des Halsteiles eine biologische Bedeutung zukommt. Bei den Gnetaceen finden sich eigentümliche und sehr merkwürdige Verhältnisse. Ephedra besitzt nach StrasburCtEk's Darstellung 3) ein typisches Coniferenarchegoniuin mit langem Halsteil (der sich von den umgebenden Prothalliumzellen wenig zu unterscheiden scheint). Bei Welwitschia '^) fand Stkasburgeh eine bedeutende Vereinfachung der Archegonbildung. Die am Scheitel des Prothalliums gelegenen Initialen (20 — 60) teilen sich nicht weiter, sondern bilden nur Auswüchse, welche in das Nucellargewebe hinein und den Pollenschläuchen entgegenwachsen, jedes Archegonium ist also auf eine (mit einer Membran umgebene) Zelle reduziert. Besonders interessant ist das von Karsten und Lotsy 5) näher unter- suchte Verhalten der Makrosporen von Gnetum. Bei Gn. Gnemon fallen im Embryosack zunächst die „freien" Kernteilungen auf, die auch bei den Coniferen die Bildung des Prothalliums einleiten. Aber nur im unteren Ende des Embryosackes kommt es zur Bildung eines Zellgewebes, im oberen bleiben die Zellkerne frei dem Protoplasma eingebettet (die wohl als freie Zellen zu betrachten sind, wenngleich eine bestimmt abgegrenzte Plasma- ') Es sei hier nur erwälmt, daß Ephedra ein Integument besitzt (die äußere integument- ähnliche Hülle ist offenbar aiis zwei Blättern verwachsen, ebenso bei "Welwitschia, dessen Integument oben narbenähnlich ausgebildet ist (Fig. 446), Gnetum hat scheinbar drei lu- tegumente, ich möchte mich aber Lotsy's Deutung anschließen, wonach hier auch nur eines vorhanden ist und die äußeren Hüllen eigentlich ein Pcrianth darstellen. Betreffs Ephedra vgl. auch Jaccaed, Kecherches cmbryologiques sur l'Ephedra helvetica (Züricher Disser- tation), Lausanne 1894. ■^) Vgl. darüber Arnoldi, Beitr. zur Morphologie der Gymnospermen, Flora, 87. Bd., 1900, p. 194 (daselbst weitere Litteratur). ^) Vgl. auch Jaccard a. a. O. ^) Die Verhältnisse bedürfen hier erneuter Untersuchung. Es wird sich fragen, ob die „Archegonien" wirklich alle befruchtungsfähig sind. ") Karsten, Untersuchungen über die Gattung Gnetum. Ann. du jard. bot. de Buitenzorg, T. XI, ferner in Cohn's Beitr. zur Biol. der PfL, 6 ; Lotsy, Contributions to th e life history of the Genus Gnetum, Ann. Buitenz. II, Ser. 1. Die Forti^flanzungsorgane. 799 partie um jeden einzelnen Kern nicht nachgewiesen werden konnte). Diese Zellen resp. Zellkerne sind Eizellen, die alle befruchtet werden können, obwohl nur ein Embryo sich weiter entwickelt. Wir haben hier also zwei Regionen in der gekeimten Makrospore (welche anfangs wenigstens durch eine leichte Einschnürung abgegrenzt sind): eine obere generative und eine untere vegetative. Die letztere hat offenbar die Aufgabe , bei dem auf Xosten des Nucellargewebes erfolgenden Wachstum der Makrospore die Fig. 527. (Xach LOT- TY.) Makrospore von Gnetum Gnemon, ca. 37mal vergr. , oben eine zur Seite ge- drängte weitere Ma- ki'ospore. Fig. 528. Oberer Teil einer Makrospore von Gnetum nach Karsten, ps Pollenschlaucbspitze. mk männlicher Kern, PK Schlauchkern, wk weibliche Kerne (Lehrb.). Baumaterialien herbeizuschaffen, und Ähnliches )wird auch für die Angio- spermen zu beachten sein. Bei den von Karsten untersuchten Gnetum- arten fand diese Bildung eines Zellgewebes in der „Antipoden" -Region der Makrospore nicht statt, der g a n z e Embryosack verhielt sich wie das obere Ende desjenigen von Gnetum Gnemon. Obwohl die Entwicklung von Welwitschia nur lückenhaft bekannt ist und die von Ephedra wohl einer Nachuntersuchung bedarf, läßt sich das Verhalten der Makrosporen der Oymnospermen doch deutlich in einer Reihe anordnen, deren Glieder folgende sind (wobei wir absehen von der Rolle, welche der Pollenschlauch als „Entwicklungsreiz" ausübt): a) Die Makrospore füllt sich vollständig mit Prothalliumgewebe, welches normale Archegonien hervorbringt, Cycadeen, Coniferen, Ephedra. b) Die Makrospore bildet ein Prothallium, dessen oberste Zellen nicht gQQ Specielle Organographie. melir fest zusammenschließen , sondern zu einzelligen Befruchtungszellen werden (Welwitschia). c) Dieser Vorgang findet noch früher statt (während das Auswachsen der reduzierten Archegonien unterbleibt), es sind aber noch deutlich zwei Regionen in der Makrospore unterscheidbar, in der generativen Region grenzen sich aber die Zellen nicht scharf ab (Gnetum Gnemon). 4) Die Bildung eines Zellgewebes vor der Befruchtung unterbleibt ganz und gar (die übrigen untersuchten Gnetumarten). Mit anderen Worten, wir sehen den schon bei den heterosporen Pteri- dophyten nachweisbaren Entwicklungsgang weiter fortgeführt, d. h. die vegetative Entwicklung der Prothallien wird immer mehr abgekürzt und im Zusammenhang damit die Befruchtung in ein immer früheres Stadium verlegt. — Auch hier ist es durchaus zweifelhaft, ob die oben konstruierte Reihe eine phylogenetische ist, denn auch bei den Gymnospermen ist ein polyphyletischer Ursprung wahrscheinlicher als ein monophyletischer. Aber gerade daraus ist zu schließen, daß die Entwicklung eine nicht zufällige,, sondern in bestimmt geregelter Weise fortschreitende war. c) Die Entwicklung des Makrosporangiums der Angiospermen weicht in keinem wesentlichen Punkte von der bei den Gymnospermen oben kurz geschilderten ab, so verschieden auch äußerlich die Samen- anlagen bei den verschiedenen Familien gebaut sind ^). Im allgemeinen läßt sich wohl sagen, daß der Bau der Samenanlagen mit der des fertigen Samens in Beziehung steht. Kleine, endospermlose Samen, wie die der Orchideen, oder solche, die nur mit kleinem Endosperm und kleinem Embryo versehen sind, wie die der Begoniaceen, Rafiiesiaceen u. a., pflegen aus Samenanlagen hervorzugehen, die sowohl die Integumente als den Nucellus wenig stark entwickelt zeigen. Samen , deren Aus- bildung größere Ansprüche macht, pflegen sich von vornherein durch stärkere Entwicklung des Integumentes oder des Nucellus vorzusehen; als specielle Anpassungen sind zu bezeichnen die Ausbildung eines Epithels in nicht wenigen Fällen und die Haustorienbildung am Embryo- sack, Verhältnisse, auf die unten zurückzukommen sein wird. Hier ist zunächst Entstehung und Ausbildung der Makrosporen kurz zu er- wähnen^). Das Archespor ist vielfach, auch bei Makrosporangien mit massiger gebautem Nucellus, einzellig (Fig. 516 Cuphea), offenbar deshalb, weil die anderen Zellen von vornherein „sterilisiert" sind. Indes fehlt ^) Leider aber wissen wir über die biologische Bedeutuug dieser Verschiedeulieit recht wenig. Womit hängt es zusammen, daß die Samenanlagen atrop, anatrop, ejiitrop, apotrop, hängend etc. sind? Kommt in Betracht namentlich der Verlauf des Pollenschlauches, der Weg, den er zurückzulegen hat, die Geschwindigkeit, mit der die Befruchtung erfolgen muß, die Materialien, die ihm zur Verfügung stehen, die Anordnung des ,, Leitgewebes", oder sind es nur ,, innere" Faktoren, welche die Gestaltung bestimmen? Darüber wissen wir nichts, aber es scheint mir nicht zweifelhaft, daß auch zwischen Gestalt und Funktion der Samen- anlagen wie in so vielen andern Fällen sich ganz bestimmte Beziehungen werden aufdecken lassen. Daß die Häufigkeit der anatropeu und kampylotropen Samenanlagen gegenüber den atropen damit zusammenhängt, daß bei den ersteren die Mikrophyle ceteris paribus dem Leitgewebe näher liegt, ist mir übrigens zweifellos. ^) Vgl. darüber Steasburger, Die Angiospermen und die Gymnospermen, 1879; Fischer, Zur Embryosackentwicklung einiger Angiospermen (Jenaische Zeitschr. für Natur- wissenschaft, 14. Bd., 1880) ; JÖNSSON, Om embryosäckens utveckling hos Angiosi^ermerua (Acta Univers. Lundensis, T. XVI) ; Guignand, Recherches sur le sac embryounaire des- phanerogames angiospermes (Ann. des scienc. nat., 6. Ser., Bot., T. XIII); Nawaschin's Arbeiten über Betula, Corylus u. a., Benson, Contributions to the embryology of Amentiferae (Linnean Society London, 1894). Die Forti^flanzungsorgane, 801 es nicht an Beispielen für mehrzellige Archesporen, so namentlich bei Rosaceen, bei Aesculus Hippocastanum. Paeonia arborescens. Zuweilen kommen auch mehrere Embryosäcke zur Entwicklung, dafür sei Alchemilla als Beispiel angeführt. In Fig. 529 ist die Entwicklung der Samenanlage von Alchemilla'dar- gestellt 1). Das Verhalten des Nucellus erinnert hier sehr an die Ent- wicklung der Mikrosporangien (vgl. p. 515), es ist das Archespor eine Zellplatte, von der Schichtzellen nach außen abgegeben werden, auch die Epidermis erfährt perikline Teilungen (Fig. 529 //). Eigentümlicherweise Fig. 529. Makrosporangienentwicklung (im Längsschnitt des Nucellus) von Alchemilla, nach iluEBECK. I — III Alch. alpina (in I. fünf Archesporzellen getroffen), IV Alch. pubeseens, sporogenes Gewebe mit sechs reifen Makrosporen und einigen Tapetenzellen. wird hier nicht wäe sonst eine centrale Zelle zur Embryosackmutterzelle, sondern die mehr seitlich gelegenen, die sich in drei bis vier (w^ohl meist vier) Tochterzellen teilen, von denen oft mehr als eine zum Embryosack 1) Mtjkbeck, Parthenogenetische Embiyobildung in der Gattimg Alchemilla. Lunds Universitets Arskrift, 36. Bd., Afdeln. 2, 1901. gQ2 Specielle Organograpliie. wird; die überzähligen, später verdrängten Embrj'osäcke helfen offenbar dem begünstigten bei der Aufzehrung des Nucellargewebes. Der Längs- schnitt {Fig. 529 ///) läßt sich ohne weiteres vergleichen mit einem Spor- angium, wie die in Fig. 501 und 513 abgebildeten, während bei anderen Angiospermen-Samenanlagen, in denen das sporogene Gewebe mehr zurück- tritt, die äußeren Verschiedenheiten gegenüber den Sporangien viel größer sind. Besonders eigentümlich ist der Bau des Makrosporangiums bei Casua- rina, dessen Kenntnis wir Treub verdanken ^). Es wird hier ein umfang- reiches sporogeues Gewebe entwickelt, und es tritt besonders deutlich hier hervor, daß das sterile Gewebe des Nucellus, wie ich vor Jahren darzuthun versucht habe, der Hauptsache nach der Wandung der Pteridophytensporangien entspricht (Fig. 530 /). Die Zellen des sporogenen Gewebes teilen sich auch alle, wie es scheint, in ähnlicher Weise, wie sonst die Sporenmutter- zellen anderer Angiospermen, doch ist die Zahl der Tochterzellen aus Treub's Angaben nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Die nicht zu Makrosporen werdenden Tochterzellen funktionieren hier offenbar längere Zeit als Nähr- zellen. Es werden viele Makrosporen angelegt, die meisten derselben aber bleiben steril, sie dienen nur dazu, der begünstigten Makrospore Nährmaterial mit herbeizuschaffen. Sie verlängern sich nämlich schlauchförmig und bilden Haustorien, welche in den Funiculus eindringen (Fig. 530 ///). Biologisch liegt der Fall ähnlich wie bei den Embryonen der Abietineen. Ich habe früher hervorgehoben, daß meiner Ansicht nach die Thatsache, daß hier mehrere Embryonen aus einer Eizelle entstehen, von denen aber nur einer zur Entwicklung gelangt, damit zusammenhänge, daß diese überzähligen Embryonen als Haustorien für den begünstigten funktionieren. Ahnlich ist es bei Casuarina mit den Makrosporen. Und mit der Bildung dieser als Haustorien funktionierenden Makrosporen hängt es meiner Ansicht nach auch zusammen, daß in der begünstigten Makrospore keine Antipoden an- gelegt werden, die hier nach der später anzuführenden Anschauung funktions- los sein würden, die Makrosporialhaustorien treten an ihre Stelle. Es finden sich im Scheitel der begünstigten Makrosporen zwei bis drei (seltener nur eine) Zelle, die aus einer Mutterzelle hervorzugehen scheinen und häufig mit Zellvvänden versehen sind, die vor der Befruchtung gebildet werden ; die Eizelle hat die dickste Membran. Außerdem ist noch ein Kern vor- handen, der sich später durch Teilung vermehrt und die Endospermbildung einleitet. Ob dies aber vor oder nach der Befruchtung geschieht, ja ob überhaupt eine Befruchtung eintritt, ist durchaus zweifelhaft. Manche An- zeichen scheinen mir darauf hinzudeuten, daß die Pollenschläuche (welche durch die Chalaza eindringen, Casuarina war das erste bekannte Beispiel von Chalazogamie) hier zwar die Weiterentwicklung der Makrosporen an- regen, nicht aber eine Befruchtung ausführen, daß also mit anderen Worten Casuarina eine parthenogenetische Samenentwicklung hat. Die Gründe für meine Vermutung sind folgende: 1) die Eizelle hat schon vor der „Be- fruchtung" eine ziemlich dicke Cellulosemembran ; diese könnte allerdings irgendwie erweicht resp. aufgelöst werden, aber 2) der Pollenschlauch er- reicht hier den Sexualapparat überhaupt nicht, sondern legt sich an einer von demselben entfernten Stelle des Embryosackes an; 3) das Fehlen einer Verschmelzung zweier Polkerne. Dies ist allerdings nur eine Vermutung, aber. ^) M. Treüb, Sur les Casuarinfees et lenr place dans le Systeme naturel. Ann. du jard. botanique de Buitenzorg, Vol. X, p. 145 ff. (Es soll dabei vorgreifend auch die Kei- mung der Maki'ospore besjjrochen werden, auf das normale Verhalten wird unten zurückzu- kommen sein.) Die Fortpflauzungsorgane. 803 wie mir scheint, keine unberechtigte. Die Untersuchung der „Befruchtung" ist hier mit großen technischen Schwierigkeiten verknüpft, deren Über- windung erst die definitive Entscheidung herbeiführen kann. Ich habe im Obigen Casuarina vom „biologischen", nicht vom phylo- genetischen Standpunkt aus betrachtet. Ich sehe in ihr eine Pflanze, die Fig. 530. (Nach Teeub.) I Makrosporangienlängsschnitt von Casuarina Rumphii, sporogencs Gewebe punktiert (lOOmal vergr.). 11 Teil eines Längsschnittes durch einen älteren XuceUus von C. tuberosa, drei Makrosporen im sporogenen Gewebe sichtbar. III Älteres Stadium bei C. glauea, eine Makrospore zum Haustorium ausgewaclisen , eine Tracheide im sporogenen Gewebe sichtbar. interessante Einrichtungen zur Ernährung der Makrospore zeigt, die bei anderen Angiospermen nicht in dieser Vollendung bekannt sind. Aber ich kann wenig „Primitives" in ihrem Verhalten sehen, abgesehen etwa von dem Vorhandensein eines umfangreichen, sporogenen Zellgewebes, welches 304 [Specielle Organographie. aber in verschiedenen anderen Verwandtschaftskreisen der Angiospermen sich in ähnlicher Weise findet. Speciell die Vorgänge im Innern der Makro- spore scheinen mir eher für eine Reduktion zu sprechen. Es scheint, daß sich hier der Kern teilt in zwei, den Endospermkern und den, der den Ei- apparat und die beiden ihn begleitenden Zellen liefert, alles andere ist zunächst unsicher i), und wir werden uns hüten müssen, von dem berech- tigten Wunsche her, ein ..missing link'' mit den Gymnospermen zu finden, ausgehend, eine Deutung der bis jetzt vorliegenden Thatsachen auszusprechen, die über das sicher Eestgestellte hinausgeht. Auch wird die Gesamtökonomie der Pflanze zu berücksichtigen sein, die vielleicht darüber Auskunft giebt, warum Eeservestoflfe hier zunächst teils im sporogenen Zellkomplex, teils im Euniculus abgelagert und dann später, wie es scheint, ziemlich rasch von den makrosporialen Haustorien aufgebraucht werden. Das oben kurz geschilderte Verhalten von Alchemilla zeigt übrigens im Nucellus be- deutende Anklänge an das von Casuarina. Die meisten Angiospermen haben ein sporogenes Gewebe, das viel weniger stark entwickelt ist, als bei den soeben besprochenen Pflanzen, und oft nur aus einer Zelle iDesteht. Das Endresultat: die Entstehung von (gewöhnlich nur) einer Makrospore, ist dasselbe. Die Vorgänge in der keimenden Makrospore selbst sind nicht überall ganz dieselben, aber sie gruppieren sich um ein Verhalten, das wir als das häufigste und typische betrachten können; es wurde zuerst von Strasburger aufgeklärt. Der junge Embryosack besitzt einen Zellkern (den primären Embryosackkern), dieser teilt sich bei weiterem Wachstum; die beiden so entstandenen Kerne wandern in die beiden Enden des Embryosacks und teilen sich dort wiederholt, so daß in jedem Ende des Embryosackes nun also vier Zellkerne liegen. Zwei derselben (die Polkerne) rücken gegen die Mitte des Embryosacks und verschmelzen dort früher oder später miteinander zum sekundären Embryosackkern, um die drei anderen findet Zellbildung statt, so daß nun also an jedem Ende drei nackte Zellen liegen, die am Mikropylekanal gelegenen stellen den Eiapparat, die am anderen Ende des Embryosackes die Gegenfüßlerzellen oder Antipoden dar. Dies Verhalten schließt sich am nächsten an das der Gnetaceen an. Wir sahen dort, daß die Befruchtung in ein Stadium verlegt wird, in welchem die Keimung der Makrospore noch nicht bis zur Bildung eines Zellgewebes fortgeschritten ist; die Zellen sind hier einander noch alle „potentiell" gleich, obwohl mehr oder minder ausge- sprochen eine polare Diff'erenzierung (wie sie ja schon durch die Lage zur Mikropyle gegeben ist) in einen oberen generativen und einem unteren vegetativen Teil der Makrospore hervortritt. Das letztere ist auch bei den Angiospermen der Fall 2). Den „ Antipoden '^ kommt, wenigstens in ^) Es ist also unbegründet, wenn Engler bei seinem Referat über Teeub's Unter- suchungen angiebt (Engleb-Peantl, Natürliche Pflanzenfamilien, Nachträge, p. 113), es ent- stehe vor der Befruchtung ein aus zwanzig und mehr Zellkernen bestehendes, rudimen- täres Prothallium. Teexjb hat diese Auffassung nur als mögliche, eventuell -wahrscheinliche hingestellt; da wir aber nicht wissen, ob und wann eine Befnichtung erfolgt, so ist darüber auch nichts Sicheres auszusagen. -) Ich betrachte also den ganzen Inhalt der Makrospore als ein wenig differenziertes Prothallium, mit einem generativen und einem vegetativen Teile, die Verschmelzung der beiden ,,Polkei-ne" als einen rein vegetativen Vorgang, der dazu in Beziehung steht, daß die Endospermbildung, von einem (hier durch Verschmelzung mit einem anderen verstärkten) Kerne ausgehend, erst durch den Befnichtungsakt ausgelöst werden soll. Ob man das Eudo- sperm der Angiospermen dem der Gymnospermen gegenüber als eine „Neubildung" oder es als eine infolge der Befruchtung erfolgende Weiterentwicklung des schon vor der Befnichtung Die Fortpflanzuugsorgane. 805 mauclien Fällen, wie zuerst Westermaier^) hervorgehoben hat, sicher eine Bedeutung für die Ernährung der Makrosi)ore zu , die wir uns wohl ähnlich vorstellen können, wie die der unten anzuführenden Epithel- schicht, d. h. sie sondern wahrscheinlich Enzyme aus, welche die Auf- lösung des Nucellargewebes vermitteln, und sind bei der Überführung der Baumaterialien in den Embryosack beteiligt. Diese Rolle werden wir ihnen namentlich da zuschreiben dürfen, wo sie verhältnismäßig lange Zeit erhalten bleiben und be- deutende Größe erreichen, wie z. B. bei Asarum, manchen Helleboreen u. a. (Fig. 531), während sie in anderen Fällen ihre Funktion verloren haben und frühzeitig zu Grunde gehen. Der Eiapparat besteht aus der Eizelle und den zwei ..Synergiden". Ihre funk- tionelle Bedeutung ist unbe- kannt , die wahrscheinlichste Vermutung darüber die, daß sie (vielleicht durch Ausson- derung von löslichen Sub- stanzen) den Pollen schlauch bestimmen, auf die Eizelle zuzuwachsen. Gelegentlich können auch die Synergiden und sogar die Antipoden '^) zur Embryobildung gelangen, eine Thatsache, die uns um so weniger überraschen kann, als wir durch Treub's Unter- suchungen wissen, daß bei Balanophora der Embryo aus einer Endospermzelle entsteht, und daß in den Pflanzen, welche durch Polyembryonie ausgezeichnet sind (Citrus, Mangifera indica, Clusia alba, Opuntia Ficus indica, Funkia coerulea) die Adventivembryonen (wie Strasburger gezeigt hat) aus dem Nucellargewebe hervorgehen, ein Fall, welchen wir mit der oben er- wähnten Erscheinung der Aposporie bei einigen Pteridophyten ver- gleichen können. bei den Angiospermen vorhandenen Prothalliums bezeichnen will, scheint mir von keiner ■wesentlichen Bedeutung. Nach der im Texte über den Entwicklungsgang der Samenpflanzen auseinandergesetzten Anschauung halte ich aber die letztei-e Bezeichnungsweise für die richtigere. Oder mit anderen Worten, das Endosperm der Angiospermen ist dasselbe wie das der Gymnospermen, nur entwickelt es sich eben erst infolge des durch die Befruchtung gegebenen Anstobes, während dies Stadium der Makrosporenentwicklung bei den Coniferen schon durch die Bestäubung ausgelöst wird. 1) Zur Embryologie der Phanerogamen, insbesondere über die sog. Antipoden (Nova acta Acad. Leop.-Carol.' 1890, ferner Ber. der deutsch, bot. GeseUsch., 16. Bd., p. 215. '-) Man vgl. die Zusammenstellung und Litteraturangaben bei A. Eknst, Beitr. zur Kenntnis der Entwicklung des Embryosackes und des Embryo (Polyembryonie) bei Tulipa Gesneriana L., Flora, 88. Bd., 1901. Fig. 531. (Nach Dodel.) Aconitum Napellus. 1 Embryosack kurz vor der Bestäubung. 2 Embryo- sack mit riesigen Antipoden zur Zeit der freien Endo- spermkernbildung. 8 Antipoden von oben. 4. ein Synergiden und ein Eiembryo. gQg Specielle Organographic. Die Fälle hier aufzuzählen, in denen man andere, als die oben kurz geschilderte „normalen" Verhältnisse in der Makrospore beobachtet hat, würde kaum von Interesse sein. Denn so viel bis jetzt erkennbar ist, kommt ihnen keine Bedeutung zu, die etwa zu phylogenetischen Schlußfolgerungen berechtigen oder uns eine tiefere Einsicht in die bei der Keimung der Makrospore stattfindenden Vorgänge geben würde. So ist z. B. die Zahl der Kerne, die durch Teilung des Makrosporenkerns entstehen, 16 bei Peperomia i), es wird aber im reifen Embryosack ein dem normalen Ver- halten sich annäherndes dadurch hergestellt, daß eine größere Anzahl dieser Kerne (gewöhnlich acht) zum sekundären Embryosackkern verschmelzen. Ähnliche Schwankungen finden sich auch sonst. Die Zahl der Anti- poden ist eine größere als drei bei mehreren Monokotj'len (z. B. Zea Mais) und Dikotylen (z. B, Stackhousia, vgl. Billings a. a. 0.), bei Sparganium und Lysichiton ^) werden sie durch die Befruchtung zur Weiterentwicklung und Vermehrung angeregt, es finden sich bis zu 150, und sie erhalten sich noch lange. Biologisch dürfte dieser Vorgang kaum verschieden sein, von der bei anderen Pflanzen nach der Befruchtung eintretenden starken Ver- größerung der Antipoden, in beiden Fällen werden sie, wie oben erwähnt, eine ähnliche Funktion haben, wie sie sonst dem „Epithel" zukommt. Die Einrichtungen, welche beim heranreifenden Samen die Ernährung der Makrospore und des in ihr enthaltenen Endosperms (und Embr5^os) er- möglichen, sind recht verschieden, erst in neuerer Zeit hat man begonnen näher darauf zu achten. Auch hier seien nur wenige Beispiele angeführt. Der einfachste P'all ist der, daß die Makrospore sich vergrößert, und ohne Zuhilfenahme besonderer Strukturverhältnisse (von den Antipoden abgesehen) allmählich die umliegenden Zellen aufzehrt und verdrängt, so ist es namentlich bei vielen Monokotylen, aber auch nicht wenigen Dikotylen. In einer Anzahl von Fällen besitzt die Samenanlage eine durch ihren Plasmareichtum (offenbar auch durch ihre sonstige Inhalts- beschaffenheit) und ihr ganzes Verhalten ausgezeichnete Zellschicht, die wir als „Epithel" bezeichnen wollen^). Ihre Bedeutung kann l)is ^) Vgl. .TOHNSON, On the endosperm and embryo of Peperomia pellucida, Botan. Ga- zette, Vol. XXX (1900); D. Campbell, The embiyosac of Peperomia, Aunals of botanv, Vol. XV (1901). ^) D. Campbell, Notes on the structure of the cmbryosac in Spargauiiim and Lysi- chiton. Bot. Gaz., Vol. XXVII (1899), p. 153. ä) Vielfach auch als „Taiiete" bezeichnet, ein Ausdruck, den man iu rein funktionellem Sinn gewiß verwenden könnte. Ich habe früher (Vergl. Eutwieklungsgesch., p. 407) darauf hin- gewiesen und auch oben (p. 769) betont, daß die Bezeichnung „Tapete" eine funktionelle, nicht eine formal entwiekluugsgeschichtliche sei, und daß es deshalb unberechtigt erscheine, die von dem Archespor abgetrennten sterilen Zellen (die ich als Schichtzellen bezeichnete), ^veil sie der Wandung des Makrosporangiums hinzugefügt werden, als Tapetenzelleu zu nennen. Ferner wurde a. a. O. auf das Vorhandensein einer ,, Tapete" ixnd die epithelähn- liche Ausbildung derselben in den Samenanlagen hingewiesen, womit aiich die ei'nährungs- physiologische Bedeutung derselben angedeutet war. Diese Auffassung fand zunächst keine Berücksichtigung, ist aber durch spätere Untersuchungen bestätigt und näher begründet Avorden. M. GoldfüSS hat auch, meinen Alisdruck acceptierend, die tapetenähnliche Ver- dauungsschicht als „assise ei)itheliale" bezeichnet. Die Bezeichnung „Tapete" könnte hier insofern zu Mißverständnissen führen, als sie in einem anderen Sinne als sonst angewandt Averden müßte. Das Epithel der Samenanlagen ist morphologisch ein anderes, als die Tapete der Sijoraugien. Bei letzteren f;ült ihre Thätigkeit in die Zeit vor der vollständigen Ausbildung der Sporen, beim Epithel der Samenanlagen in die der Sporenkeimung, und da wir bei manchen Samenanlagen auch bei der Makrosporenentwicklung ähnlich wie bei den Makrosporangien von Isoetes von Tapetenzellen (in der Umgebung der Makrosporen) sjjrechen können, so käme man, wenn man aixch das Epithel ,, Tapete" nennt (wie dies auch in den Die Fortpflanzungsorgaue. 807 jetzt nur aus äußerlichen Betrachtungen erschlossen werden, die darauf hinweisen, daß sie die Aufgabe hat, gewissermaßen das zur Ernährung der wachsenden Makrospore dienende Gewebe einzuschmelzen und die Baustoffe in die Makrospore überzuführen, darauf deutet (außer der oben erwähnten Inhaltsbeschaffenheit) namentlich hier die lange Dauer dieser Schicht (bei Linum ist sie noch im reifen Samen vorhanden, bei anderen bleibt sie wenigstens länger als andere Schichten erhalten) und die That- sache, daß dort, wo der Embryosack Haustorien bildet , an den haustorienbildenden Teilen die Tai)ete fehlt. Wo sie vorhanden ist, ge- hört sie wohl meist dem inneren Integument an (bei Drosera z. B., wie es scheint, dem Nucelhis), resp. bildet die innerste Schicht des einzigen Integuments bei vielen Sympe- talen. Nachgewiesen ist eine Tapete sowohl bei Choripetalen, z. B. den Geraniaceen, als bei vielen Sympetalen, indes ist sie selbst innerhalb einer Familie (nach der üblichen Umgrenzung) nicht überall vorhanden , sie fehlt bei den Gentianaarteu, findet sich aber Fig. 532. Längsschnitt durch eine Samen- anlage von Menyanthes trifoliata (nach BlL- LINGS). Es ist ein dickes Integument vor- handen, in welchem ein Leitbündel bis nahe zu der nach unten gerichteten Mikropyle, Der Embryosack füllt den Nucellus aus, er ist umgeben von dem Epithel. Fig. 533. Längsschnitt durch die Maki-ospore von Myoporum serra- tum, sie ist von einem Ejjithel umgeben, mit Ausnahme der oberen , (Antipoden-) und der unteren (Eiapparat-) Region , mo später Haustorien gebildet werden. (Nach BiL- LINGS.) bei Menyanthes, welche gewöhnlich als zu den Gentianeen gehörig betrachtet wird (Fig. 532). Das Vorhandensein einer „Tapete" kann kombiniert auftreten mit dem von Haustorien. Diese finden sich in mannig- facher Gestalt. Sie durchwuchern in den meisten Fällen nur das Gewebe des Nucellus oder des Integuments, in extremen Fällen treten sie sogar außerhalb der Mikropyle auf; von dem übrigen Teile des Embryosackes unterscheiden sie sich gewöhnlich dadurch, daß sie nicht in den bleiben- Arbeiten meiner Schüler über Anpassungserscheinungen bei der Samenentwicklimg geschehen ist), vgl. Balicka Iwanowxa, Flora, 86. Bd.; Met;z, Ibid., 84. Bd., Laxg, 88. Bd., BlL- LINGS, 88. Bd.), zu einer dojapelten Nomenklatur, die wohl besser vermieden wird. 808 Specielle Organograiihie. den Autbaii des Samens miteinbezogen werden, wenigstens nicht oder nur vorübergehend mit Endosperm sich füllen. ^^^■ Es mag genügen, einige wenige Beispiele anzuführen. Bei einigen Pflanzen vergrößert sich die Makrospore bedeutend nach der Befruchtung, es wird aber nur ein Teil derselben mit Endosperm ge- füllt, der übrige dient als Haustorium und wird später abgetrennt. So z. B. bei Linum ^) ; bei Torenia wächst der apikale Teil des Embryosackes schon vor der Befruchtung als Haustorium aus der Mikropyle hervor. Torenia gehört zu den Sympetalen, und bei diesen ist die Haus- toriumbildung weit ver- breitet 2] ^ hier sollen nur einige besonders auffallende Erschei- nungen angeführt werden. Eig. 534 zeigt einen Längsschnitt durch einen jungen Samen von Byblis gi- gantea. Nur der mitt- lere Teil des „Embryo- sackes" ist hier mit Endosperm gefüllt , in welchem der junge Embryo liegt. Sowohl der gegen die (hier nach oben gerichtete) Mikropyle gekehrte, als der an die „Chalaza" grenzende Teil des Embryosackes sind zur Bildung von Haustorien verwendet. Diese sind zwar auch mit Zellge- webe gefüllt, stellen aber nur vorübergehend funktionierende Organe dar. Wir sehen, wie diese Haustorien eine mächtige Obeiflächenvergrößerung erfahren durch Auswüchse , die wie ein Pilzmycel im Gewebe des dicken Integumentes wachern ^) ; später werden der obere und untere Teil des Embryosackes durch tafelförmige Endospermzellen mit verkorkten Wänden von dem blei- benden Teile des Endosperms abgetrennt. Fig. 534. Byblis gigantea. Junger Samen im Längsschnitt. In der Mitte der Embryo (E) dem Endosperm (End.) einge- bettet. An beiden Enden Haustorien {H), welche pilzhyphen- 2 lartige Wucherungen zeigen. (Nach Laxg.) ^) Vgl. BiLLiNGS a. a. O. und die dort angeführten Arbeiten Hegelmaier's u. a. ^) Vgl. Balicka Iwanowna a. a. O., Billings a. a. 0. ^) Bei Pflanzen finden wir vielfach die Erscheinung des Autoparasitismus, d. h. die Erscheinung, daß ein Organ auf Kosten anderer (derselben Pflanze) lebt, bei der Samen- und Fruchtentwielilung tritt dies besonders auffallend hervor. Diesen Autoparasitismus als irgendwie wesentlich verschieden von dem Alloparasitismus (wobei ein fremder Organismus als Wirt benutzt Avird) betrachten zu wollen, scheint mir ganz irrtümlich. Die Fortpflauzungsorgaue. 809 Noch mächtiger entwickelt sind z. B. die Haustorien bei Globularia (Fig. 535), wo sie sogar aus der Mikropyle herauswachsen. Merkwürdig ist auch das Verhalten von Utricularia und Polypompholj^x. Hier finden wir die (auch sonst, wenngleich meist weniger ausgesprochen, wahrnehm- bare) Erscheinung, daß für die Haustorien schon vor ihrem Auftreten Nähr- stoöe abgelagert sind, die von ihnen dann später aufgesucht und verzehrt werden. Diese Ablagerungsstellen können wir als Nährgewebe bezeichnen. A— fo^^^VWi-v^:^ Es befindet sich bei den genannten Pflanzen an zwei Stellen, einer inneren (resp. oberen) in der Chalazaregion (Fig. 535 , 536) und einer äußeren. Fig. 535. Globularia cordifolia, Teil eines Längsschnittes durch einen jungen Samen. Aus der Miki-opyle ist ein Haustorium heraus- gewachsen , das sich in lange Schläuche verzweigt, die sich teils dem Funiculus (/), teils der Frucht- knotenwand (p) anlegen. (Nach BlLLINGS.) Fig. 536. Längsschnitt durch eine Samen- anlage von Lftricularia inflata (500-fach vergr.). Nach Merz. Dr Nährgewebe, ?i Nueellus, esm !Makrosporenmutterzelle. Letztere gehört bei Polypompholyx deutlich dem Funiculus an, bei Utricularia findet sie sich an der Stelle, wo der Funiculus in die Placenta übergeht, nach dem Verhalten von Polyp, wird man geneigt sein, auch hier das Nährgewebe dem Funiculus zuzurechnen. Die Makrospore treibt an beiden Enden ein Haustorium, das untere wächst aus der Mikropyle heraus und in das äußere Nährgewebe hinein, das obere verdrängt das obere Nähr- gewebe. Beide Haustorien ähnlich werden, wie dies bei Byblis erwähnt wurde, später von dem mittleren, Endosperm führenden Teile des Embryo- sackes abgegrenzt. Im Grunde liegen, wie auch aus der obigen Darstellung hervorgeht, bei den beiden letztgenannten Pflanzen nur besonders specialisierte Fälle für das allgemeine Verhalten vor, daß in der Samenanlage (oder auch außerhalb derselben) Stoffe aufgespeichert sind, welche von der sich weiter- entwickelnden Makrospore aufgezelirt werden. Ganz analoge Verhältnisse kehren bei der Entwicklung des Embryo wieder. Betreffs der Entwicklung der befruchteten Eizelle möchte ich auf Goebel, Organographie der Pflanzen. 53 810 Specielle Organographie. die in meiner „Vergl. Entwicklungsgeschichte'' gegebene und auf Areschoug's Darstellung ^) verweisen , denn etwas prinzipiell Neues ist naeines Wissens nicht dazu gekommen. Es sei deshalb nur auf die folgenden Punkte kurz hingewiesen. 1) Die befruchtete Eizelle gestaltet sich meist nicht in toto zum Embryo, sondern entwickelt den- selben aus dem oberen Teil der Embryoanlage (des „Vorkeims oder Proembryos"), während der untere sich zum Embryoträger gestaltet. 2) Die Punktion des letzteren ist, wie a. a. 0. hervorgehoben (p. 172), eine doppelte: einmal findet vorzugsweise hier die Aufnahme von Nährmaterial statt, und wir sehen im Zusammenhang damit oft eine bedeiTtende Oberflächenvergrößerung eintreten , bei manchen Pflanzen auch Haiistorienauswüchse auf- treten (Stellaten , Ribesiaceen , Orchideen). Die zweite Aufgabe der Embryoträger ist , den Em- bryo in die für seine Ernährung, namentlich auch während der Keimung, günstige Lage zu bringen. So ist es schon bei Lycopodiumarten und Selaginella, in besonders auffallender Weise auch bei den meisten Gymnospermen. Wo der Embryoträger als Haus- torium dient, treten bei manchen Pflanzen ganz ähn- liche Verhältnisse ein, wie wir sie oben für die Ma- krosporenhaustorien kennen gelernt haben. Nament- lich haben hierfür die Untersuchungen Tkeub's an Fig. 537. Utricularia stellai'is , Längsschnitt durch die Samenanlage. oDr oberes, uDr unteres Nährgewebe für den Embryosack. Letzterer hat den Xucellus ganz verdrängt und ist aus der Mikropyle heraus- gewachsen , U junger Embn-o. Nach Mekz. Fig. 538. Längsschnitt dui-ch eine jixnge Samenanlage von Polypompholyx multifida (nach Laxg). Der Nucellus (n) be- steht nur aus einer axilen Zell- reihe (deren unterste Zelle die Makrosporenmutterzelle ist). Die äußere Zellschicht ist schraffiert. Fig. 539. Polyijompholyx multifida. Ältere Samenanlage im Längsschnitt. Die Mikropyle (aus welcher die Makro- spore schon herausgewachsen ist) schief nach oben gekehrt. Ei Eiapparat, An AntipodeUj i^^ oberes, öiV unteres Nähr- gewebe, t Epithel. (Nach Laxg.) ^) Areschoug, Om de phanerogames embrvo nutrition. Bd. XXX, 1894. Luuds Universitets Ärsskrift, Die Fortpflauzungsorgaiic. 811 Orchideen (worüber a. a. 0. Näheres berichtet ist) eine Anzahl merkwürdiger Beispiele kennen gelehrt. Auch der von den Autoren mit unermüdlichem Eifer stets aufs neue geschilderte Fall von Tropaeolura gehört in dieselbe Kategorie. Wenn man sich bei diesen und ähnlichen Fällen zur „Er- klärung" mit der Bezeichnung beruhigen will, das „Bedürfnis wirke als Reiz", so ist damit nicht viel mehr gewonnen, als eine Umschreibung der Thatsache, daß diese Erscheinvmg eine uns zweckmäßig erscheinende ist. Die Vorgänge, welche zur Bildung der Samenschale und ihrer An- hangsgebilde führen, ebenso das Auftreten von „Arillus" und „Caruncula", müssen hier unberücksichtigt bleiben, sie hängen enge zusammen mit der Verbreitung der Samen — ein Gegenstand, der einer neuen Dar- stellung derzeit kaum bedarf. 53* Verzeichnis der Abbildungen"^). Acacia. Keimpflanze Fig. 102 p. 144. Acacia alata, Spitze eines durch die Phyllodien geflügelten Sprosses Fig. 3(31 p. 549. Acacia calamif o lia. Phyllodienent- wickluug (nach A. Mann) Fig. 360 p. 549. Acacia vertici Hat a , junge Pflanzen mit Kückschlag auf die „Phyllodien" Fig. 105 p. 150; Sproßende ("nach A. Mann) Fig. 371 p. 562. Acer platanoides, Blattmetamorphose Fig. 1 p. 4; Nervatur und Blattentwick- lung (nach Deinega) Fig. 340 p. 525. AcerPseudoplatanus, Fruchtknoten- entwicklung Fig. 482 p. 719 ; Knospen- schuppe Fig. 383, 7 p. 576. Achimenes Haageana, Entstehung eines blütentragenden Sprosses an einem abgeschnittenen Blatte Fig. 19 p. 41. Aconitum Napellus (nach Dodel), Em- bryosack Fig. 531 p. 805. Acrostichum peltatum, Fadenpro- thallium Fig. 279, 5 p. 416; Sporangium, in welchem an der Pflanze Sporen keimten, Fig. 277 p. 414. Acrostichum scandens, Stammquer- schnitt Fig. 48 / p. 78. Adenostyles albifrons, verschiedene Ausbildung der Blattscheide Fig. 364 p. 553. Adiantum Edgeworthii, Blattspitze Fig. 332 p. 513; Entstehung der blatt- spitzenbürtigen Knospen Fig. 302 p. 448; Habitusbildeines knospenbildenden Blattes Fig. 301 p. 448. Ailanthus glandulosa, Fruchtknoten- entwicklung (nach Paver) Fig. 489, 1—S p. 737. Ajuga reptans, Habitusbild Fig. 429 p. 642. Alchemilla, Nucellusentwicklung (nach Murbeck) Fig. 529 p. 801. Alchemilla nivalis, Sproßschenkel Fig. 341, 2 p. 527. Alliaria off icinalis, vergrünte Samen- anlage Fig. 107, 4 p. 157. Allosurus crispus, Sporangienstellung Fig. 455 p. 676; sterile und fertile Fie- dern und Übergangsformen (nach Glück) Fig. 447 p. 667; Umriß eines Teilblätt- chens Fig. 331 p. 512. Alopecurus pratensis, Querschnitt durch ein Blatt Fig. 378 p. 567. Alpinia nutans, Stück eines Blattes Fig. 377 p. 567. Alsophila australis, ungünstig er- nährte Prothalhen Fig. 278 p. 414. Alstroemeria psittacina, Torsion des Blattstieles Fig. 322 p. 496. A m p e 1 0 p s i s , Ranken mit Haftscheiben Fig. 130 p. 230. Anadendrum medium, Primärblätter Fig. 97 p. 137. Andreaea petrophila, Habitusbild einer fruktifizierenden Pflanze Jlg. 256 p. 379. Andreaea rupestris, Blattentwicklung Fig. 240 p. 353. Androsace sarmentosa, blühende Pflanze ; Sj^eicherblätter , Laubblätter, Ausläufer Fig. 428 p. 640. An^elica silvestris, Längs- und Quer- schnitt durch junge Fruchtknoten Fig. 494, 5 u. 9 p. 744. Angiopteris evecta, Sporangien und Sori (nach Hooker) Fig. 503 p. 760. Angiospermen, Schema für die Frucht- blattentwicklung Fig. 487 p. 734. Aneimia fraxinifolia, oberer Teil eines Si)orangiums Fig. 504 II p. 761. Aneimia r o t u n d i f o 1 i a , Querschnitt der Aufrißstelle Fig. 508 / p. 764. Aneimia t o m e n t o s a , Spitze eines Sporophyllfiederchens und Sporangium (nach Prantl, aus Christ, Farnkräuter) Fig. 509 p. 764. Aneura bogotensis, Habitusbild Fig. 150 p. 252. H. Ross. Dieses Verzeichnis sowie das Register wurden bearbeitet durch Herrn Dr. Verzeichnis der Abbilduusicii. 813 Aneura eudi viaef olia, Habitusbild Fig, 176 p. 279. Aneura eriocaulis, Habitusbild Fig. 151 •2f^-2 ■ Stück einer männlichen Pflanze Fig. 108 p. 305. A n e II r a f u c 0 i d e s , Basalteil einer Pflanze Fig. 153 p. 253; Querschnitt eines Haupt- sprosses und eines iSeitensprosses Fig. 152 p. 253. Aneura fuegiensis, Thallusquerschnitt Fig. 179 p. 281. Aneura hymenophvlloides, Habitus- bild Fig. 177 p. 280; Querschnitt durch Haupt- und Seitensprosse Fig. 178 p. 281. Aneura palniata, Sporogonent Wick- lung Fig. 219 p. 327. Aneura pinguis, Längsschnitt durch ein Sporogon Fig. 217 p. 325. Aneura s p. , weiblicher Ast von oben Fig. 199 p. 305. Anogramme chaerophylla, Pro- thallien Fig. 287 p. 426. Anogramme leptophylla, Habitus- bild zweier Prothallien P'ig. 288 p. 427. Antheridien entwicklung der Pterido- phyten, Schema Fig. 263 p. 392. Anthoceros argeutinus mit Knöll- chen Fig. 193 p. 294. Anthoceros dichotomus, Thallus- stück mit KnöUchen Fig. 192 p. 293. Anthoceros fimbriatus, Habitusbild eines Thallusstückes Fig. 180 p. 282; Scheitelregion Fig. 144 p. 249. Anthoceros laevis, Habitusbild einer fruktifizierenden Pflanze Fig. 211 p. 318. Anthoceros punctatus, Durchschnitt durch ein Sporogon Fig. 212 p. 318. Anthoceros, Sporenkeimvmg (nach Leit- geb) Fig. 119 p. 206; Fig. 2^24 p. 334. Anthyllis tetraphylla, Blattsymme- trie Fig. 71 III p. 105. Antithamnion Plumula, Verzwei- gung Fig. 43 p, 74. Aposeris foetida, etioliertes und nor- males Blatt Fig. 325 p. 499. Archegonienentwicklung bei Leber- moosen, Schema Fig. 137 p. 243. Archegonienentwicklung der Pierido- phyten', Schema Fig. 268 p. 397. Aristolochia elegans, Blätter mit Achselsprossen Fig. 381 / u. II p. 572 ; Querschnitt Fig. 381 III p. 572. Aroidee, Keimpflanze einer Fig. 95 p. 136. Asparagus plumosus, austreibender Sproß mit schildförmigen Niederblättern Fig. 343 p. 529. A s p 1 e n i u m d i v e r s i f o 1 i u m , sterile und fertile Blattfiedern Fig. 439 p. 660. Asplenium Nidus. Endzelle des Pro- thalliums Fig. 276. S u. 4 -p. 413. Asplenium Ruta Muraria, Primär- blätter Fig. 92, 3. 4 p. 130. Astragalu s adscendens, Stipularbil- dung Fig. 368 A p. 559, Astrantia major, Hochblätter Fig. 386 p. 584. Athyrium filix femina f. clarissima, abnorme Sporangien Fig. 519 p. 780. Atropa Belladonna, (Querschnitt durch eine Inflorescenzknospe Fig. 419 p. 623. A z o 1 1 a f i 1 i c u 1 o i d e s , fertiles Blatt von der Unterseite Fig. 450 p. 671; Habitus- bild eines Sprosses Fig. 355 p. 542; Längsschnitt durch einen Makrosoruf, Fig. 448 p. 669; Querschnitt durch eine Knospe Fig. 355 II p. 542 ; Sporophyll- bildung Fig. 449 p. 670. Balanophora elongata, weibliches Organ (nach Treub) Fig. 524 p. 791. Bambusa verticillata , Blattquer- schnitte Fig. 336 p. 519. Bau_hinia sp. , Sproßsj^itze Fig. 72 p. 10. ; Zweie: mit Uhrfederranken (nach H. Schenck) Fig. 427 p. 639. Begonia incarnata, Schema Fig. 70 p. 103. Begonia Rex, Schema Fig. 69 p. 103. Benincasa cerifera, junges Blatt, fer- tiges Blatt und verzweigte Eanke im Jugendstadium Fig. 329 p. 506; Vor- blätter, Übergang zu einer Ranke, Ran- ken (nach A. Mann) Fig. 411 p. 609. Berchtholdia bromoides, Embryo (nach Bruns) Fig. 404 I p. 604. Bertholletia excelsa, Längsschnitt durch den Embryo, apikaler Teil eines Embryo, Kotyledonen Fig. 308 p. 464. Biguonia albo-lutea, junge Ranke (nach A. Mann) Fig. 407 p. 607 : Sproß- stück (nach A.'Mann) Fig. 406 p. 606. Blasia pusilla, Habitusbild Fig. 168 jj. 264; Vegetationspunkt und Anfangs- organe (nach Leitgeb) Fig. 154 p. 255. Blattstellungsschemata Fig. 33 p. 62; Fig. 34 p. 62; Fig. 35 p. 66; Fig. 36 p. 67; Fig. 37 p. 67; Fig. 38 p. 67. Blvttia decipiens, Habitusbild Fig. 148 p. 251. Blvttia longi Spina, ThaUus Fig. 161 p. 263. Blyttia Lyelli, Wandzelle eines ent- leerten Antheridiums Fig. 135 p. 241. Blvttia sp. , Habitusbild einer weib- lichen Pflanze Fig. 220 p. 329; Längs- schnitt durch einen Archegonienstand Fig. 200 p. 306. Bostrychia Moriziana, Verzweigung und Wurzelbildung Fig. 14 p. 32. Botrychium Lunaria, Sporangien- längsschnitt Fig. 501 p. 758 ; Übergang zwischen sterilen Fiedern imd fertilen Fig. 436 1 n. 2 p. 657. Botrychium virginianura, Pro- thallium mit Embryolängsschnitt Fig. 304 p. 452. Bowiaea volubilis, Zweig; die Blüten- stiele sind Assimilationsorgane Fig. 425 p. 632. Brownea erecta, Sproßende mit Laub- 814 Verzeichnis der Aljbilcluns;en. blättern und Niederblättern Fig. 382 p. 574. Bryopteris filicina, Habitusbild Fig. 170 p. 270. Bryum giganteum , Habitusbild Fig. 241 p. 355. Bryum pseudotriquetrum, Proto- nemapolster Fig. 90 p. 127. B u X b a u nii a i n d u s i a t a , Protoneiua mit männlichen Pflanzen und Blattentwick- lung Fig. 235 p. 349; Querschnitt durch das Peristem Fig. 259 p. 383. Byblis gigantea, junger Same im Längsschnitt (nach Lang) Fig. 534 p. 808. Caltha palustris, Blatt Fig. 350 p. 536 ; Blatt mit Axillarstipel Fig. 372 p. 564. Callitriche verna, Blattrosette Fig. 420 p. 626. Calobryum Blumii, Habitusbild einer weiblichen Pflanze Fig. 167 p. 266. Calypogeia ericetorum, Habitusbild einer Pflanze mit fertilem Sproß Fig. 208 p. 314 ; Längsschnitt durch einen „Sack" Fig. 209 p. 315. C a m p a n u 1 a r o t u u d i f o 1 i a , Sproß mit Eückschlag auf die Primärblätter Fig. 121 p. 208. Carex, Keimung Fig. 399 p. 599. Carex Grayana, Längsschnitt durch den Embryo Fig. 398 p. 598. Casuarina, Nucellusentwicklung (nach Treub) Fig. 530 p. 803. Casuarina torulosa, Keimpflanze Fig. 84 p. 123. C a t h a r i n e a u n d u 1 a t a , Längsschnitt durch die Offnungskappe eines Antheri- diums Fig. 133 p. 239. Caulerpa prolifera, Habitus Fig. 47 p. 77. Centradenia inaequalifolia, Habi- tus Fig. 65 p. 96. Cephalotaxus Fortunei, Blüten- querschnitt Fig. 471 V p. 698. Cephalotus follicularis, Entwick- lung der Kannen blätter (nach Eichler) Fig 346 p. 532; Mittelbildung zwischen Schlauch- und gewöhnlichem Blatte Fig. 345 p. 531. Ceratozamia longifolia, Längs- schnitt durch die Samenanlage (nach Treub) Fig. 526 / p. 797. Ceratozamia robusta, Makrosporo- phyll Fig. 466 p. 692; normale Seiten- wurzeln und korallenförmig verzweigte Luftwurzeln Fig. 315 / p. 483; Samen- anlagen Fig, 522 p. 786. Chamaerops excelsa, Primärblätter Fig. 338, 3 u. 4 p. 523. Chamaerops humilis, Querschnitte durch junge Blätter; Ligula (nach Deinega) Fig. 379 p. 569. Chara fragilis, Habitus Fig. 10 p. 29. C h e 1 i d 0 n i u m m a j u s , Blattgestaitung Fig. 73 p. 107. Chon drioderma difforme, Keimung und Plasmodienbildung Fig. 2 p. 20. Cinchona succirubra, Endknospe Fig. 369 p. 560. Circaea intermedia, getriebene Pflan- zen , deren Sproßscheitel geophil wird Fig. 431 p. 645. Cistus jjopulifolius, Blütenentwick- lung (nach Payer) Fig. 492 p. 741. Cladonia coccifera, Habitusbild Fig, 31 p. 60. Cladonia vert icillata, Habitusbild Fig. 32 p. 60. Cladophora glom er ata, Verzweigung Fig. 9 p. 28. Cladostephus verticillatus, Ver- zweigung (nach Pringsheim) Fig. 13 p. 31. Cliftonaea pectinata, Verzweigung Fig. 16 p. 34; Fig. 40 p. 73. Cobaea scandens, Blatt Fig. 362 jB p. 552 ; junges Blatt (nach A. Mann) Fig. 409 p. 608; junge Ranke (nach A. Mann) Fig. 410 p. 608; Sproßstück Fig. 362 A p. 551. Colura, schematischer Längschnitt durch den Wasserschlauch Fig. 185 p. 287. Colura tortifolia, Habitusbild Fig. 184 p. 286. Commelyna coelestis, Diagramme eines Blüten Standes Fig. 82 p. 112. Composite, blattarme, aus Westaustra- Uen Fig. 423 p. 629. Coriaria myrtifolia, Fruehtknoten- entwicklung (nach Payer) Fig. 489 p. 737. Crantzia linearis, junges Blatt, Fig. 321 p. 494. Crocus longiflorus, Zugwurzelu Fig. 312 p. 473. Cryptocoryne ciliata, Längsschnitt durch einen Samen Fig. 306^ p. 460; Samenentwicklung Fig. "306 .4 p. 460. Cucurbitaceen, Staubblattbildung Fig. 481 p. 717. Cuphea Zimapani, Nucelluslängs- schnitt (nach Jönsson) Fig. 516 p. 773. Cyathodium cavernarum, Schuppen der Thallusunterseite Fig. 155 II u, III p. 256, Cyathophorum pennatum, Habitus Fig, 54 p. 86. Cycas circinalis, Mikrosporophyll (nach Eichard) Fig. 467 p. 693. C V c a s r e V o 1 u t a , Fruchtblatt verkleinert (nach Sachs) Fig. 464 p, 691. Cyclamen persicum, Keimpflanze Fig. 392 p. 590. Cyperus alteruifolius, Längsschnitt durch den Embryo und Keimpflanzen Fig. 400 p. 600"; Querschnitt durch eine Knospe Fig. 421 p. 627 ; Sproß von oben, Blatt mit Achselknospe , Quer- schnitt des letzteren Fig. 422 p. 627. Cyperus decompositus, Embryo Fig. 401 C p. 601. Verzeichnis der Abl)ilduiigcn. 815 Dacrydium Colensoi, weibliche Blüte Fig. 471 I-III p. (398. Dactylis glomerata, Vegetations- punkt mit ßlattanlagen (nach Demega) Fig. 31^6 p. 504. Dawsonia superba, Querschnitt durch den oberen Teil der Kapsel Fig. 260 p. 385. Dendroceros foliatus, Habitusbild Fig. 181 p. 282; Scheitel region Fig. 160 p.''262. Desmoncus sp. , Übergang der Blatt- fiedern in Haken Fig. 408 p. 607. Dianthus Caryophyllus, gefüllte Blüte Fig. 480 p. 714. D i a p e n s i a , Fruchtknotenquerschnitt Fig. 490 B p. 739. Dicksonia antarctica, iSorus und In- dusienentwicklung Fig. 454 p. 676. Dicnemon semicryptum. Sporen- keimung Fig. 233 I p. 346. Dionaea muscipula, Fruchtknoteu- entwicklung Fig. 493 p. 742. Diphyscium foliosum, Blattbildung Fig. 243 p. 357; Sporogonlängsschnitt Fig. 117 p. 203. Dipterocarpus alatus, Sproßgipfel einer jungen Pflanze Fig. 367 p. 558. Dioon edule, Makrosporophvll Fig. 465 p. 692. "^ ^ Doodya caudata, apogames Prothalli- uiu (nach Heim) Fig. 289 p. 430; Keim- pflanze mit Primärblättern Fig. 93 p. 131. Dracaena iudivisa, Keimpflanzen Fig. 395 p. 596. Dre panophvilum fulvum, Habitus- bild Fig. 244 VI p. 358. D rosophyllu m lusitanicum, Blatt- spitze eines noch eingerollten Blattes Fig. 330 p. 508. Drymoglossum subcordatum, Habi- tüsbild (nach Christ) Fig. 445 p. 666. Dulongia acuminata, Blatt mit In- florescenz und junges Blatt Fig. 418 p. 622. Eichhornia crassipes, Blattentwick- lung und Bündelverlauf (nach Deinega) Fig. 347 p. 534. Elaphogiossum spathulatum, Habi- tusbild (nach' Christ) Fig. 446 p. 666; Querschnitt durch ein unentfaltetes Sporophyll Fig. 456 II p. 677. Elatostemma sessile, Querschnitt durch eine Knospe Fig. 64 p. 95. Embryo der Pteridophyten , scheraatische Zeichnungen für die Orientierung der Organe an demselben Fig. 304 p. 452. Ephemeropsis tjibodensis, Habi- tusbild des Protonemas Fig. 230 p. 342 ; Zellwandrichtung Fig. 229, 6 p. 340. Ephemer um serratura, Protonema mit männlichen und weiblichen Pflanzen Fig. 87 p. 126 ; Protonema mit zwei männlichen Pflanzen Fig. 88 p. 126, Fig. 237 p. 351. Eqiiisetum pratense, Längsschnitt durch Anthoridien Fig. 261 p. 389; männliches Prothalliuni Fig. 262 p. 390 ; weibliches Prothalliuni Fig. 273 p. 408. Erica carnea, Antherenquerschnitt Fig. 520 p. 783. Eriopus remotifolius, Habitusbild, Brutknospenbildung, Setahaare Fig. 244 1 bis IV p. 358. Eryngi um ra ari timum, Längsschnitt durch eine junge Blüte Fig. 494, 7 p. 744. Erythraea pulchella, Fruchtknoten- entwicklung Fig. 488 p. 735. Eschscholzia californica, Staub- blattanordnung in den Blüten Fia-. 478 ^ p. 710. Eucamptodon Hampeanus, Sporen- keimung Fig. 233 //— V p. 342. E u p t i 1 o t a H a r V e y i , Verzweigung ( nach Cramer) Fig. 46 p". 76; Fig. 80 p" HO. Exormotheca Holstii," Thallusbau Fig. 197 p. 300. Farnprothallien verschiedenen Alters Flg. 276 p. 413. Fegatella supradecomposi ta, Thal- lus mit drei Brutknospen von unten Fig. 174 p. 274. Fossombronia tuberifera, Habitus- bild einer fruktifizierenden Pflanze Fig. 164 p. 264; Habitusbild einer Pflanze mit Knöllchen Fig. 190 p. 292; Spor- angien tragende Pflanze, Seitenansicht Fig. 191 p. 292. Fraxinus excelsior, Sproßspitze, Querschnitt durch eine Knospe, junges Blatt und Bündelverlauf (nach Deinega) Fig. 352 p. 537. Frullania Tamarisci, Wassersäcke Fig. 182 p. 284 (Lehrb.). Funaria hygrometrica, Brutzellen- bildung Fig. 234 p. 347 ; im Finstern er- zogenes Protonema Fig. 114 p. 200; junge Pflanze mit Protonemafäden Fig. 236 p. 350; Keimung Fig. 89 p. 127; Fig. 228 p. 339 ; Öffnungskappe des Antheridiums Fig. 133 p, 239; Sporogon- entwicklung (Querschnitte nach D. Campbell) Fig. 2.52 p. 375. Funkia, Blattentwicklung und Büudel- verlauf (nach Deinega) Fig. 348 p. 535. Craertnera sp. , Querschnitt durch die Knospe Fig. 373 p. 565. Galium MoUugo, Querschnitt durch eine Sproßachse Fig. 37() p. 560. Gefüllte Blüten von Dianthus Caryo- phyllus und Nerium Oleander Fig. 480 p. 714. Genista sagittalis, Sproß mit im Dunkeln entwickeltem Seitensproß Fig. 124 p. 214. 816 Verzeichnis der Abbildungeu. Genlisea violacea, Keimpflanzen, ältere Pflanzen, Stück einer Inflorescenz Fig. 298 p. 444. Geranium jiratense, Samenquerschnitt Fig. 67 p. 100. Gestaltveränderung einer Sympetalen Blumenkrone bei verschiedener Wachs- tumsverteilung, Schema Fig. 485 p. 730. Geum bulgaricum, Blatt Fig. 81 p. 110. Ginkgo biloba, Blattbildung Fig. 470 p. G97; Teil eines Längsschnittes durch eine männliche Blüte Fig. 468 p. 494. Gleichen ia dichotoma, Blattgabeln mit Knospen und Schutzfiedern Fig. 334 p. 515. Gleichenia circinata, Sorus von oben Fig. 507 III p. 763. Globularia cordifolia, Haustorien- bildung am Embryosack (nach Billings) Fig. 535 p. 809. Gnetum, oberer Teil einer Makrospore (nach Karsten) Fig. 528 p. 799. Gnetum Gnemon, Makrospore (nach Lotsy) Fig. 527 p. 799. Goldfussia glomerata, Schema der Anisophyllie Fig. 66 p. 97. Gonolobus sp. , Sproßende und junges Blatt Fig. 327 p. 505; verschieden alte Blätter Fig. 328 p. 505. Graminee, Stengel und Blattstück (Lehrb.) Fig. 374 p. 565. Grimaldia dichotoma, Sporen Fig. 221 p. 330. Guilandina sp., StipulaeFig 363 p. 553. Gymnanthe saccata, Habitusbild einer beuteltragenden Pflanze und Ausbildung des Beutels Fig. 210 p. 316. Gymnogramm e leptophylla, Habi- tusbilder zweier Prothallien Fig. 288 p. 427. Hakea trifurcata E. Br., imtere Blät- ter einfach und flach, obere verzweigt und cylindrisch Fig. 320 p. 493. Halopteris filicina, Habitus Fig. 11 p. 30; Spitze eines Langtriebes Fig. 44 p. 75; Verzweigung Fig. 12 p. 31. Hedera Helix, Blattformen Fig. 98 p. 139. Hedwigia ciliata, ßlattpapillen Fig. 242, i u. f p. 355. Hedysarum capita tum, Blattsymme- trie Fig. 71 i p. 105. Hedysarum obscurum, Knospenquer- schnitt Fig. 368 B p. 559. Helianthus annuus, Abhängigkeit der Größe der Eandblüten von der Licht- intensität Fig. 484 p. 729. Helicodiceros musclvorus, Blatt Fig. 337 p. 520. Helminthostachys ceylanica, Ha- bitusbild eines Spbrophylls Fig. 442 p. 664; junges Sporophyll Fig. 444 p. 665; Sporangiophore Fig. 443 p. 665; Sporo- phyllentwicklung Fig. 441 p. 663. Hemionitis palmata, vergrünte Arche- gonien Fig. 269 p. 400. Hemitelia Walkerae, Prothallien- entwicklung Fig. 274 p. 412. Hesperis matronalis, vergrünte Samenanlagen Fig. 107, i — g p. 157. Heteranthera reniformis, Keim- pflanze mit Rückschlag auf die Primär- blättcr Fig. 104 p. 149. Hordeum hexastichum, halbreifer Embryo Fig. 4(I5 p. 605. Hydrurus foetidus, Kolonieenbildung Fig. 6 p. 25. Hymenocarpus circinatus, Blatt- symmetrie Fig. 71 IV p. 105. Hymenolepis spicata, junges Pro- thallium Fig. 276, 1 p. 413 ; Querschnitt durch ein unentfaltetes Sporophyll Fig. 456 p. 677. Hymenophyllum axillare, oberes Stück eines Prothalliums Fig. 282 p. 419. H ymenophy llumprothallien, Brutknos- penbildun^ Fig. 286 p. 425. Hy menophytu m flabel latum . Ha- bitusbild Fig. 149 p. 251. Hymen ophytum Phyllanthus, Ha- bitusbild Fig. 143 p. 248. Hyoscyamus albus, Antherenquer- schnitle Fig. 515 p. 772. Hypericum aegyptiacum, Staub- blattphalange Fig. 476 p. 712. Hypnum spien dens, Entwicklung der Paraphyllien Fig. 249 I~IV p. 365; Habitus Fig. 27 p. 56; Paraphyllium Fig. 245 p. 365. Indigofera diphylla, Blattsymmetrie Fig. 71 // p. 105. ' Iris variegata, Blattentwicklung Fig. 339 p. 524. Isoetes lacustris, Längsschnitt durch ein Blatt und blattartiger Sproß Fig. 415 p. 617. Isoetes Malinverniana, gekeimte Mikrosporen Fig. 265 IV p. 394, Juncus lamprocarpus, durch Livia juncorum mißbildeter Sproß Fig. 109 p. 169. Jungermannia bicuspidata, Längs- schnitt durch ein Stämmchen mit Sporo- gon Fig. 215 p. 323; Stück eines bei schwacher Beleuchtung erwachsenen Sprosses Fig. 120 p. 207. Junijjerus communis, männliche Blü- ten Fig. 469 p. 695. Jussiaea salicifolia, Kronen- und Kelchblatt Fig. 351 p. 536. Knautia arvensis, Mikrosporangien- entwicklung Fig. 514 p. 771. Kongenitale Verwachsung, Schema Fig. 22 p. 45. Laguncularia racemosa, aus dem Verzeichnis der Ahliildiingeii. 817 Wasser hervortretende Atemwurzeln Fig. 314 p. 480. Lathraea squamaria, Längsschnitt durch die Spitze eines Sprosses und Flächenschnitt durch ein junges Blatt Fig. 387 p. 587. Lathyrus Aphaca, Keimpflanze Fig. 76 p. 109; Fig. 110 p. 180; Querschnitt durch die Sproßspitze Fig. 77 p. 109. Lathyrus Clymenum, Blattformen Fig. 99 p. 140. Lathyrus heterophy Ilus, Ende eines Sjjrosses Fig. 366 p. 557. Lathyrus latifolius, Sproßstück Fig. 366 p. 557. Lebermoos antheridien, Schema der Ent- wicklung etc. Fig. 135 p. 241. L e ] e u n i a , Sporen keimung Fig. 85 p. 125; Fig. 222 p. 332. Lejeunia Goebelii, Br utknospenbil- dung Fig. 175 II u. III p. 277. Lejeunia Metzgeriopsis, Habitus- bikl einer weiblichen Pflanze Fig. 86 p. 125 ; Fig. 223 p. 333. Lejeunia mirabilis, Brutknospe Fig. 175 / p. 277. Lemanea, Vorkeim mit junger Pflanze Fig. 91 p. 128. L e m b i d i u m d e n d r o i d e u m , Habitus- bild Fig. 169 p. 269. Lemna trisulca, frei präparierte GUeder Fig. 297 p. 443. Lepicolea cavifolia, Habitusbild Fig. 168 p. 268. Leucoden drum argen teum, Keim- pflanze Fig. 390 p. 589. Licmophora flabellata, Kolonieen- bilduug Fig. 5 p. 24. Limnophila heterophylla, Sproß- scheitel Fig. 341, ^ p. o27 ; Wasser- blätter, Luftblätter und Übergang zwi- schen beiden Fig. 342 p. 528. L 0 b e 1 i a , Fruchtknotenquerschnitt Fig. 490 A p. 739. Lophocolea heterophylla, Sporo- gonlängsschnitte Fig. 218 p. 326. Lycopodium alpinum, Knospenquer- schnitte Fig. 57 p. 90. LycoiJodium annotinum, Blüten- querschnitt (nach Glück) Fig. 458 p. 683. Lycojjodium clavatum, Bau der Sporangienwand Fig. 496 p. 753; Em- bryo Flg. 304 III p. 452. Lycopodium com^jlanatum , Beein- flussung der Sproßgestaltung durch das Licht Fig. 125 p. 217; Habitus der dorsiventralen Sprosse Fig. 55 p. 89; Knospenquerschnitt Fig. 56 jx 89; Längs- schnitt eines Prothalliums (nach Bruch- mann) Fig. 272 p. 405; Querschnitt der Sproßachsen Fig. 126 p. 218. Lycopodium i n u n d a t u m , Prothallien '(nach De Bary) Fig. 270 p. 404; Pro- thallium mit Archegonien Fig. 271 p. 495; Sporangienlängsschnitt Fig. 500 p. 756. Lycopodium Selago bei Knospen- bildung Fig. 433 p. 649. Lygodium japonicum, Habitusbild Fig. 512 p. 766; Sporangium (nach Prantl) Fig. 511 p. 765. Lygodium m icro phy 1 lum, Spor- angien Fig. 510 p. 764,* Macrozaraia Fraseri, Keimpflanze Fig. 315 II p. 483. Mami Ilaria, Längsschnitt durch den Vegetationspuukt (nach Ganong) Fig. 417 p. 621. Marathrum utile, Wurzel mit 2 Reihen von Adventivsprossen Fig. 293 p. 436. Marattia fraxinea, Sporangien (nach Hooker) Fig. 502 p. 759. Marchantia chenopoda, Thallus von der Unterseite Fig. 157 p. 258. Marchantia polymorpha, Antheri- dien und Spermatozoiden (nach Stras- burger) Fig. 131 p. 237 ; Archegonien (nach Strasburger) Fig. 136 p. 242; Atemöffnungen (nach Strasburger) Fig. 195 p. 298; Brutknospenbildung Fig. 112 p. 195 ; Brutknospenentwicklung Fig. 226 p. 335 ; männliche Inflorescenzen Fig. 204 p. 309; Thallus von der Unterseite Fig. 158 p. 258; weibliche Pflanzen, Sporangien und Keimung Fig. 205 p. 311. M a r s i 1 i a , gekeimte Makrospore mit Embryo Fig. 111 p. 189; gekeimte Mi- krosporen Fig. 265 1—III p. 394 ; Schema der Sporokarpentwicklungim Querschnitt Fig. 451 p. (371. Marsilia polycarpa, Sporokarpent- wicklung Fig. 452 / p. 673 ; Sporophyll- eutwicklung Fig. 44() p. 661. Menyanthes trifoliata, Samenanlage, Längsschnitt (nach Billin gs) Fig. 532 p. 807. Metzgeria f urcata, Scheitelregion des Thallus (nach Strasburger) Fig. 141 p. 247 ; Verzweieung (nach Strasburger) Fig. 145 p. 249. M i kr OS poren keimung, Schema Fig. 521 p. 783. Mimosa sensitiva, Blattgestaltung Fig. 74 p. 108. Mnium hornum, Querschnitt durch die Kapselwand Fig. 258 p. 381; Sporogon, Peristom Fig. 257 p. 380. JM n i u m u n d u 1 a t u m , Antheridien tra- gender Sproß Fig. 29 p. 57 ; Archegonien- entwicklung Fig. 138 p. 244; Querschnitt durch eine weibliche Blütenknospe Fig. 248 p. 371 ; vegetativer Sproß Fig. 28 p. 57. Moerckia, Zellreihe mit Schlei rapapille Fig. 155 / p. 256. Mohria caffrorum, Sporangium von oben Fig. 504 IV p. 761. M o n 0 c 1 e a , Antheridienentwicklung, Längsschnitt durch eine Pflanze mit jungem Archegonienstand Fig. 134 p. 240. 818 Yerzeichnis der Abbildunsren. Monokotyle Keimpflanze Fig. 396 p. 596. Monokotyle Pflanze , sclaematischer Längsschnitt durch eine Nebenwurzel- anlage Fig. 313 p. 476. Moos pro t^nema, schiefe Wände Fig. 229 p. 340. Mulgedium macrophyllum, Über- p-ang vom Laubblatt zum Hochblatt Fig. 385 p. 582. Mucor Mucedo, Entstehung und Kei- mung der Zygospore Fig. 129 p. 229. Myoporum serratum, Makrospore, Embryoseite, Längsschnitt (nach Billings) Fig. 533 p. 807. N a n 0 m i t r i u m t e u e r u m , Längsschnitt durch ein fast reifes Sporogon Fig. 253 p. 376; Sporogonienentwicklung Fig. 250 p. 374. Narcissus poeticus, Querschnitt durch die Zwiebel Fig. 323 p. 498. Neben Wurzel anläge einer monokotylen Pflanze, schematischer Längsschnitt Fig. 313 p. 476. Nephrolepis exaltata, Blattspitze Fig. 333 p. 514. Ner'ium Oleander, gefüllte Blüte Fig. 480 p. 714. Notothylas orbicularis , Längsschnitt durch den ThaUus mit Archegonien und durch ein junges Sporogonium Fig. 213 p. 320. Oenone leptophylla, Wurzelquer- schnitt Fig. 122 p.'2l2. Oenothera bistorta, Keimpflanzen (nach Lubbock) Fig. 393 p. 592. Onoclea Struthiopteris, vergrün tes Sporophyll Fig. 436, S — 5 p. 657. Opuntia leucotricha mit im Finstern entwickelten vSprossen Fig. 123 p. 213. Osmunda, Antheridien Fig. 264 p. 393. Osmunda regalis, Oberansicht einer Sporangiengruppe Fig. 507 I p. 763 ; Prothailien Fig. 20 p. 42; Querschnitt eines Sporangiums Fig. 504 III p. 761 ; Querschnitt von Eingzellen Fig. 508 // p. 764 ; Sporangium in Seitenansicht Fig. Fig. 507 II p. 763 ; zuerst schlecht er- nährtes Prothallium Fig. 280 p. 417. Oryza sativa, Blattsicheln im entfalte- ten Zustand Fig. 375 p. 566; Embryo (nach Bruns) Fig. 404 V p. 604; Ligüla im Knosj^enstadium Fig. 375 / p. 566; Querschnitt durch ein Blatt Fig. 376 p. 566. Oxalis sp., Zugwurzeln Fig. 312 p. 473. Oxalis ruscifolia, Blätter Fig. 359 p. 548. Oxalis stricta, Querschnitte durch den Fruchtknoten Fig. 491 p. 740. O X y m i t r a p y r a m i d a t a , Flächenschnitt durch den Vegetatiouspunkt des Thallus Fig. 155 p. 2o6. Passiflora, Fruchtknotenquerschnitt Fig. 490 D p. 739. Pediastrum granulatum, Kolonieen- bildung Fig. 3 p. 21. Pellia calvcina, geöffnetes Sporogon Fig. 216 p. 324; Thallus mit Brut- zweigen Fig. 173 p. 274. Pellionia Daveauana, Habitusbild Fig. 62 p. 94 ; Knospen querschnitt Fig. 63 p. 95. Phalaenopsis Esmeralda, Wurzel- querschnitte Fig. 316 7 p. 485. Phalaenopsis Lud d em anniana, Wurzelquerschnitte Fig. 316 II p. 485. Phalaenopsis Schi l leri ana, abge- flachte Wurzeln auf einer Baumrinde Fig. 317 p. 486; Querschnitte durch die Oberseite und Unterseite einer Wurzel Fig. 318 p. 486 ; Wurzelquerschnitt Fig. 316 77/— F p. 486. Phascum cuspidatum, Längsschnitt durch ein Stämmchen mit männlicher und weiblicher Blüte (nach Hofmeister) Fig. 132 p. 237. Philodendron melanochry sum, Stengel mit Nähr- und Haftwurzeln (nach Went , aus Schimper , Pflauzen- geographie) Fig. 319 p. 488. Phoenix canariensis, Primärblätter Fig. 338 7 u. 77 p. 523. Phormium tenax, Blattquerschnitte Fig. 324, 1—3 p. 498. P h y 1 1 a n t h u s m i m o s o i d e s , Habitus Flg. 53 p. 84. P h y 1 1 o c 1 a d u s a 1 p i n u s , Längsschnitt einer jungen Frucht Fig. 471 VI p. 698. Phyllocactus phyllanthoides, Keim- pflanze Fig. 103 p. 147. Physiotium con chaef oli u m , Quer- schnitt durch Stammknospen Fig. 187 p. 288. Physiotium giganteum, Habitusbild, Bau und Entwicklung der Wassersäcke Fig. 186 p. 287. Physiotium microcarpum, Blatt und Wassersack Fig. 188 p. 288. Pilogyne suavis, Sproßstück mit Blät- tern und Banken Fig. 413 p. 611. Pilostyles Ulei, Wirtspflanze mit Blüten derselben Fig. 292 p. 434. Pilularia Novae Hollandiae, Sporo- karpbildung Fig. 453 p. 674. P i n u s maritima, androgyue Blüte P"'ig. 434 p. 653 ; miß bildete Zaj3fenschuppe einer weiblichen Blüte Fig. 475 p. 703. P i n u s P u m i 1 i 0 , Tangentialschnitt einer weiblichen Blüte Fig. 474 p. 701. Pirus Malus, Pruchtknotenentwicklung Fig. 494 p. 744. P i s u m sativum, künstliche Yergrüuung der Ranken (nach A. Mann) Fig. 412 p. 610; Nebenblätter Fig. 75 p. 108. PI agiochasraa Aitonia, Habitusbild einer männlichen Pflanze Fig. 156 p. 257 ; männliche Pflanze mit 5 Antheridien- ständen Fig. 203 p. 309. Verzeichnis der Ahbilduncen. 819 Plagiochila asplen ioides , Habitus- bild Fig. 115 p. 201._ Plagiochila circinalis, trockener Sproß in eingerollter Spitze (nach Linden- berg) Fig. 189 p. 290. Platycerium grande, entleertes Spor- angiuni Fig. 504 I p. 761. P 1 0 c a m i u m c o c c i n e n m , Haftscheiben- bildung Fig. 15 p. 34; Fig. 45 p. 75. Podocarpus ensifolia, weibliche Blüte Fig. 472 p. 699. Polygon atuni m ultif lorum , Keim- pflanze (nach Irinisch) Fig. 432 .:• p. 646; Rhizom (Lehrb.) Fig. 430 p. 645; zu hoch und zu tief eingepflanzte ßhizome (nach Rimbach) Fig. 432 a u. b p. 646. Polvotus claviger, Habitusbild Fig. 183 p. 285. Polypodium obliquat um, Prothallium von unten Fig. 275 A p. 413 ; Scheitel eines bandförmigen Prothalliums mit Borstenhaaren Fig. 275 B p. 413 ; Sorus- längsschnitt Fig. 457 p. 678. Polypodium Schombur gkianum , Stammquerschnitt Fig. 48 11 p. 78. Polypodium vulgare, Blatt mit teil- weise reicherer Fiederung Fig. 353 p. 538. P o 1 y p o m ]) h o 1 y s m u 1 1 i f i d a , Längs- schnitt durch eine junge Samenanlage (nach Lang) Fig. 538 p. 810; Längs- schnitt durch eine Samenanlage (nach Lang) Fig. 539 p. 810. Polytrichum, Längsschnitt durch die Spitze eines fertilen Sjjrosses Fig. 249 p. 373 ; Spitze eines entleerten Antheri- diums Fig. 133 p. 239. Polytrichum commune, Habitusbild einer fruktifizierenden Pflanze Fig. 254 p. 378. Polyzonia jiingermann oides, Ver- zweigung Fig. 17 p. 34. Posidonia sp., Embryo Fig. 309 p. 465. Pothos celatocaulis, Habitus Fig. 96 p. 136. Preis sia commutata, Atemöffnung Fig. 196 p. 299; Querschnitt durch den Stiel eiuer „Inflorescenz" Fig. 171 p. 273; Sporenkeimung Fig. 118 p. 205; Fig. 225 p. 335. Prunus Pad.us , Knopenschuppen, Laub- blätter und Übergang zwischen denselben Fig. 383, 1—6 p. 576. Psiiotum complanatum, Sproßeude mit Sporaugien Fig. 460 p. 685. Pteridophyten, Schema für die An- theridienentwicklung Fig. 263 ^. 392. Pteris longifolia, Prothallium Fig. 279, 1-4 p. 416. Pteris quadri aurita , Blattfieder mit Hexenbesen Fig. 108 p. 167. Pteris serriilata, junges Blatt; Quer- schnitt eines Teilblättchens und eines älteren Blättchens Fig. 335 p. 517. Pterobryella longifrons, Blattbil- dung Flg. 242, s p. 355. Radula tjibodensis, Habitusbild Fig. 206 p. 312. E an u n c u 1 u s m u 1 1 i f i d u s , Wasserblatt und Landblatt (in der Figurenerklärung steht durch einen Druckfehler ,, Band- blatt") Fig. 128 p. 224. Rhinanthus major, Übergang vom Laubblatt zum Hochblatt Fig. 384 p. 580. E h i z o p h o r a m u c r o n a t a , Blütenlängs- schnitt Fig. 486 p. 731. Rhododendron, Fruchtknotenquer- schnitt Fig. 490 C p. 739. Riccia fluitans, Habitusbild Fie. 142 p. 248. Riccia natans, Habitusbild Fig. 172 p. 273; Querschnitt durch die Scheitel- region Fig. 159 p. 260. Riella ßattandieri, Habitusbild und Schema der Thallussymmetrie Fisj. 41 p. 73; Fig. 140 p. 246. Riella Clausouis, Habitusbild einer männlichen Pflanze Fig. 139 p. 246. Rochea f alcata, Knospenquerschnitt Fia'. 68 p. 101. Rosaceenblüten, Anordnung der Staub- blätter Fig. 477 p. 708. Rubus australis var. cissoides, Keimpflanze (nach A. Mann) Fig. 357 p. 547 ; Stück eines älteren Blattes Fig. 358 p. 548. Ruscus aculeatus, Sproß Fig. 101 p. 144. S a 1 v i n i a a u r i c u 1 a t a , Blätter Fig. 354 p. 541. Salvinia natans, Embryo, Längs- schnitt (nach Priugsheim , Lehrb.) Fig. 285 p. 423 ; gekeimte Makrospore und Prothallium mit Archegonien (nach Prin^sheim) Fig. 284 I p. 422 ; männ- liche" Prothallieu (Lehrb.) Fig. 267 p. 396. Scabiosa Columbaria, Blätter aus verschiedenen Regionen der Sproßachse Fig. 356 p. 545. Schistostega osmundacea, bei schwachem Lichte erzogene Pflanzen Fig. 116 p. 202; Blattstellung Fig. 26 p. 55 ; Habitusbild Fig. 25 p. 55 ; Habi- tusbild des Protoneraa's Fig. 231 p. 343 ; Verzweigung Fig. 238 p. 352. Schizaea ru pestris , Sporophyll Fig. 437 p. 659 ; dessen Entwicklune JFig. 438 p. 659. Scir podendron costatum, Ahrchen- bau Fig. 21 p. 44. Scirpu s lacus ter , Embryo und Keim- pflanze (nach Didrichsen) Fig. 401 Ä u. B p. 601. Scirpus submersus, Querschnitt durch eine Sproßachse Fig. 424 p. 630. Scolopendrium officinarum, Pri- märblätter Fig. 92 /, // p. 130. Securidaca Sellowiana, Sproß mit krankenden Seitenzweigen (nach H. Schenck) Fig. 426 p. 638. 820 Verzeichnis der Abbilduiiffeu. Selaginella, Embryo Fig. 304 p. 452. Selaginella cu spiel ata, Spermato- zoiden (Lehrb.) Fig. 206 p. 396; Umbil- dung eines Wurzelträgers in einen be- blätterten Sproß Fig. 296 p. 438. Selaginella chry socaulos , Blüten- bildung Fig. 462* p. 687; Gelenkstelle des Makrosporangiums Fig. 498 /Jp. 754. Selaginella denticulata, ganze Pflanze und Keimpflänzchen (nacn Bi- scboff, Lehrb.) Fig. 803 p. 450. Selaginella erythro pus, entleertes Makrosporangium Fig. 499 p. 755 ; Ge- lenkstelle des Makrosporangiums Fig. 498 / p. 754 ; Längsschnitt durch ein junges Makrosporangium Fig. 517 p. 775; Makro- und Mikrosporangium Fig. 497 p. 754. Selaginella haematodes, Knospen- querschuitt Fig. 63 p. 92; Sproßstück Fig. 60 p. 92. Selaginella („ho rtensis") , Keim- pflanze Fig. 295 p. 437. Selaginella Martensii, Sproßstück mit Wurzelträger Fig. 294 p. 437; weib- liches Prothallium (Lehrb.) Fig. 305 p. 453. Selaginella Preissiana, unterer Teil einer Blüte Fig. 461 p. 685. Selaginella sanguinolenta, aniso- l^hviler Sproß Fig. 59 p. 91; isophyller Sproß Fig. 58 p. 91. Selaginella spinulosa (nach Glück), Sporangienanlegung Fig. 435 p. 655; Sporangienlängsschnitt Fig. 516 p. 773. Selaginella stolonifera, Keimung der Mikrosjjoren, successive Stadien (nach Belajeff, Lehrb.) Fig. 266 a—e p. 396. Selaginella tuberosa, Querschnitt durch eine Blutenknospe Fig. 463 p. 688. S m i 1 a X - Art ( Sarsaparilla) , Sproßende, Blattranken Fig. 291 p. 432. Solidago canadensis, Querschnitt durch eine Achselknospe mit Traeblatt Fig. 39 p. 69. Spa thiphyllum platyspatha, Ent- wicklung der Inflorescenz Fig. 24 p. 47 ; Inflorescenz Fig. 23 p. 46. Sphaerocarpus terrestris, Habitus- bild einer weiblichen Pflanze Fig. 202 p. 308; Sporentetraden und Sporenlängs- schnitt Fig. 214 p. 321. Sphagnum acutifolium, Protonema Fig. 232 p. 345. Sphagnum cuspidatum, Protonema _ Fig. 232 p. 345. Sphagnum, Sporangien und Antheridien (nach Schimper) Fig. 251 p. 375. Splachnum, Kapsel und Apophyse Fig. ^ 255 p. 379. Stangeria paradox a, Längsschnitt durch den Nucellus (nach W. H. Lang) Fig. 526 11 p. 797. Stephaniella par aphyllin a, Habi- tusbild Fig. 194 p. 295. Sterculia sp., Längsschnitt und Quer- schnitt durch einen Kotyledon Fig. 391 p. 590. Sympetale Blumenkrone , Schema für die Gestaltveränderung derselben Fig. 485 p. 730. Symphogyne sp. , Habitusbild Fig. 147 p. 251. Symphogyne dioica, Habitusbild Fig. 162 p. 263; Längsschnitt durch einen Archegonienstand Fig. 201 p. 306. Symphogyne sinuata, Habitusbild Fig. 146 p. 250. Symphytum officinale, Querschnitt eines Mikrosporangiums Fig. 513 p. 769. Syrrhopodon revolutus, Blattbau Fig. 247 p. 367. Taxodium s empervi ren s , Blüten- längsschnitt Fig. 471 IV p. 698. Taxus baccata, weibliche Blüte (Lehrb.) Fig. 473 p. 700. Thalictrum aquilegifolium, Quer- schnitt durch eine Blattscheide V\g. 380 B (irrtümlich als Fig. 381 bezeich- net) p. 370; Stück eines Laubblattes mit Stipellen Fig. 380 A p. 370. Theophrasta pinnata Jacq. , Sproß- ende mit Laubblättern und Nieclerblättern Fig. 382 p. 574. Thuidium abietinum, Querschnitt durch eine Sproßspitze (nach Kienitz-Ger- loif) Fig. 239 p. 353; Sproßquerschnitt Fig. 113 p. 199. Thuidium t amarisci nu m , Para- phyllium Fig. 246 V p. 365. Thuya occidentalis, Schema der Verzweigung Fig. 42 p. 74. Tilia, Knospenquerschnitt Fig. 30 p. 58; Schema der Knospenstellung Fig. 49 p. 79. Tilia parvifolia, Embryo Fig. 394 p. 594 ; Querschnitt durch eine Sproßachse Fig. 52 p. 83. Tmesipteris truncata, Sporophylle Fig. 459 p. 684. Todea barbara, Ringzellen des Spor- angiums in Flächenansicht Fig. 508 III p. 764. T 0 z z i a a 1 p i n a , Querschnitt durch ein Schuppenblatt Fig. 389 A u. B p. 587 ; Schuppenblatt des Rhizoms Fig. 388 p. 587. Tradescantia virginica, Keimung (/ u. II nach Gravis) Fig. 397 p. 597. Treubia insignis, Habitusbild einer frukti fixierenden Pflanze Fig. 166 p. 266; Habitusbild einer jungen Pflanze Fig. 165 p. 265. Trichomanes, Brutknospenbildung am Prothallium Fig. 286 p. 425 ; Prothallium- bildung Fig. 283 I p. 419. Trichomanes Goebelianum, ganze Pflanze (nach Giesenhagen) Fig. 311 p. 467. Trichomanes tenerum, Längsschnitt der Placenta mit zwei Sporangien Fig. Verzeichnis der Al)bildnii<;('n. 821 506 // p. 762 ; Sorus in Außeuan- sicht Fig. 505 p. 762; Spoi'angium von der Seite Fig. 506 / p. 762. Tri t ic u m , Längsschnitt durch den Basal- teil der Frucht (Lehrb.) Fig. 402 p. 602. Trollius europaeus, Übergang der Hochblätter in Kelchblätter Fig. 483 p. 727. Typha Shuttleworthii, Pollen- tetraden Fig. 525 p. 795. Ulothrix zonata, Haftorgane Fig. 7 p. 26. ülva Lactuca, Keimpflanze mit Haft- organen Fig. 8 p. 26. Umbildung eines Sporangiums in ein iSporophyll, Schema Fig. 518 p. 778. U m b i 1 i c u s p e n d n 1 i u u s , Laub- und Hochblätter Fig. 344 p. 530.. Utricnlaria affinis, blühende Pflanze Fig. 300 // p. 446. Utricnlaria coerulea, Blatt mit einem Ausläufer und einem zweiten Blatt Fig. 300 1 p. 446. Utricularia Hookeri, blühende Pflanze, deren luUerirdische Teile frei präpariert sind Fig. 299 p. 445. Utricularia inflata, Längsschnitt durch eine Samenanlage (nach Merz) Fig. 536 p. 809. Utricularia steUaris, Längsschnitt durch eine Samenanlage (nach Merz) Fig. 537 p. 810. Vaccinium Myrtillus, Knospenquer- schnitte Fig. 5(3 p. 81; Fig. 51 p. 81. Valeriana Phu, Fruchtknotenentwick- lung Fig. 495 p. 745. Vallisneria alt er nifolia, Längsschnitt durch eiae junge Inflorescenz Fig. 18 p. 35. Veronica ly copodioides, Sproß mit Rückschlagsblättern Fig. 106 js. 150. Viburnum Opulus, Sproßstück Fig. 365 p. 554. Vicia Cracca, Querschnitt durch ein Blatt mit Achselknospe Fig. 79 p. 109; Querschnitt durch eine Sproßspitze Fig. 78 p. 109; Fig. 83 p. 118. Vicia Faba, Primärblattbildung Fig. 94 p. 135. Victoria regia, Keimpflanze Fig. 100 p. 143. Vitis cinerea, Längsschnitt durch die Sproßspitze (^nach A. Mann) Fig. 416 B ^p._620. Vitis Yulpina, Längsschnitt durch die Sproßspitze (nach A. Mann) Fig. 416 . 4 p. 620. Vittaria, Prothallienbildung Fig. 281 p. 418. Volvos aureus, Kolouieenbildung Fig. 4 p. 23. Voyria azurea, Samenanlagen Fig. 523 p. 788. Weddelina squaraulosa, Stück einer Wurzel Fig. 290 p. 432. Weizenkorn Längsschnitt durch den Basalteil der Frucht (Lehrb.) Fig. 402 p. 602. Welwitschia mirabilis, männliche Blüte Fig. 476 p. 705. Xanthochymus pictorius, Keim- pflanze, Embryo Fig. 307 p. 462. Xanthosoma, Querschnitt durch den Blattstiel ; Bündelverlauf (nach Deinega) Fig. 349 p. 535. Xerotes longifolia, Querschnitt Fig. 324, 4 u. 5 p. 498. Zanonia macrocarpa, Ranken; Sproß- stück, in der Blattachsel eine Ranke und eine Knospe Fig. 414 p. 613. Zea Mais, Keimpflanze J'ig. 403.4 p. 603; Querschnitt durch die Knospe einer Keimpflanze Fig. 403 B p. 603. Zizania aquatica, Embryo, Längs- und Querschnitt (nach Bruns und Schlickum) Fig. 404, 2—4 p. 604. Zoopsis argentea, junge Pflanze und Stück einer älteren Pflanze Fig. 227 p. 337. Zostera marina, Querschnitt durch die Frucht; Embryo Fig. 310 p. 465. Register. Abies, Oeffnuug der IMikrosporangien durch Qiierspalte 7S2. — canadensis, Anisophyllie 219. — excelsa, Deckschuppen, Leitungsweg für die Pollenkörner 701 ; Korrelation der Sprosse 184; Verzweigung 80; weibliche Blüten 700. — pectinata, Anisophyllie von der Lichtintensität beeinflußt 215; Blattan- ordnung und Verzweigung 80; Ersatz des Gipfels durch einen Seitensproß 184; Hexenbesen 165 ; Schwerkraftwirkung 198. ^ Abietineen, Anamorphose 702; weib- liche Blüte 700. Abkürzung der Entwickelung durch Xährstoffmangel bedingt 122. Abnorme Blütenbildung, Vererbbarkeit 161. — Geschlechtsorgane der Pteridophyten 400. A c a c i a , Keimung 124, 144 ; Phyllodien 549. — verticillata, Xebenblatter 562; Eückschlagsbildungen 149. Acanthorrhiza, Dornwiu-zeln 9, 488. Acer, Anisophyllie der Seitensprosse 93 ; Knospenschuppen 575. — platanoides, Anisophyllie 219; Nie- derblätter 4; Blattentwickelung 503. — striatum, Vererbung der Panachie- rung 159. A c h i m e n e s , asymmetrische Blätter 104 ; Blattstecklinge 39. Aconitum Xapellus, Embryosack 805. Acorus, Blattanordnung 77. Acrostichum, Bedingungen für die Sporophyllbildung 679. — peltatum, Sporophylle 668. — scandens, abgeflachte Sprosse 79. Adenostyles aTbifrons, Blattscheide 554. Adiantum Edgeworthii, Blattent- wicklung 513; knospenbildende Blätter 448. Adlumia cirrhosa, "Rankenorgane 609. Adoxa moschatellina, Niederblatt- bildung vom Lichte abhängig 220; Spal- tung der Staubblätter 713; Anlagen 36. Adventivembryonen 794, 805. Adventivsproßbildung an Prothallien 424. A dventi v sprosse, Ursprung 13; an Wurzeln 478. Aeschynomene indica, Nebenblätter 558. Aesculus Hippoc astanum , Aniso- phyllie der Seitensprosse 93; gefiederte Blätter 527 ; Knospenschuppen 577 ; Wurzeln ohne Wurzelhaube 470. Agrimonia Eupatoria, Einfluß der Ernährung auf die Staubblattanzahl 708. Ailanthus glandulosa, Fruchtknoten- entwicklung 737. Ajugareptans, plagiotrope Sprosse werden orthotrop 642. Akrogyue und anakrogyne Lebermoose 304. Alchemilla, Parthenogenesis 794 ; Samen- anlagen mit mehreren Embryosäcken 801. — arvensis , verwachsene Mikropyle 785. — nivalis, Blätter 527. Alismaceen, Primärblätter 142. Alisma Plantago, Entwicklungsge- schichte der Staubblätter 711. Alliaria officinalis, vergrünte Samen- anlagen 156. Allosurus crispus, Entwicklung der Sporangien 676. Alpinia nutans, Kotyledon zweilappig 598. Alsophila Leichar dt iana , Annulus der Sporangien 763. Alstroemeria, Umkehrung der Blatt- spreite 495. Arne ristische Prothallien der Equiseten 409. Amicia Zygomeris, Nebenblätter als Schutzorgane der Blüten 581. Ampelideen, Entstehung der Eanken 620. Register. 823 Ampelopsis, Entstehung der Rankeu- haftscheiben 230. Amphigastrien 267. A raphithecium 374 ff. Anabaeua in Luftwurzeln der Cycadeen 483. A n a d e n d r u m medium, Jugendform 137. Analoge Anpassungen 15. Anamorphose bei Abietineen 702. Andreaea, Protonema 344; Sporenaus- saat 379; Sporogonentwicklung 375; Zellanorduung der Blattanlagen 353. A n d r 0 e c e u m 730. Androsace s armen tosa, Speicher- blätter 58ü; Wandersprosse 641. Aneimia, Verschiedenheit der sterilen und fertileu Blattfiedern 660. — rotundifolia, knospenbildeude Blätter 448. Anemone, Blütenhülle 726. — Hepatica, Zahl der Perigonblätter 152. A n e u r a , Brutknospenbildung 274 ; Ent- wicklung^ 328; Keimung 331; Sexual- sprosse 305; Sporenverbreitung 325. — bogotensis, Verzweigung 252. — endiviaefolia, Einrichtungen zum Festhalten von Wasser 279. — eriocaulis, Thallusbildung 252. — fucoides, Haftorgane 253 ; Thallus- bau 253. — fuegienensis, Lamellen bildung 280. — hy menophylloides, Habitus 253; Wasserversorgung 280. Anisophyllie 85, 87; Beeinflussung durch die Lichtintensität 215 ; Um- kehrung derselben 220; Schiefblättrig- keit 79. Annulus der Laubmooskapsel 380. Anogramme, Knöllchenbildung an Pro'thallien 426. — leptophylla, Prothallien mit knöll- chenförmigem Archegouiophor 427. Anomoclada, Verzweigung 270. Anpassungserscheinungen bei den Prothallien 426. Antennaria alpiua, Parthenogenesis 794. Antheridien der Bryophyten 236; Ent- wicklung 240; Offnungskappe 238 ; Stel- lung 369 ; Vergleich mit denen der Pteri- dophyten 398; Vergleich mit Lycopodi- neen sporangien 778. — der Pteridophvten 387 ; Entwicklung 392. Anthoceros, Keimung 207, 334; KnoUen- bUdung 293 ; Schleimhöhlen 300 ; Sporo- gon 318 ; Vergleich mit denen der Pteri- dophyten 398. — arachnoideus, Wasserversorgung 281. — fimbriatus, scheinbare Blattbildung 261; Verzweigung 249 ; Wasserversorgung 281. Anthurium longifolium, ITmbildung von Wurzeln in Sprosse 436. Anthyllis tetraphylla, einseitig ge- fiedertes Blatt 105. A n t i t h a m n i 0 n c r u c i a t u m , Abhängig- keit der Zwei^an Ordnung vom Lichte 204. — p 1 u m u 1 a , Verzweigung 76. A p i o c y s t i s 24. Apogame Prothallien mit Sporangien 431. Apogamie 183 ; an Prothallien 401, 430. Apok,arpes Gynaeceum 735. Apophyse der Laubmooskapseln 377. Aporogame Pflanzen 785. Aposeris foetida, Blattgestalt 499. Ap 0 sporie 779. Ära bis, Chloranthieu durch Aphis ver- ursacht 168. Araucaria. Ersatz des Gipfels 184; weibliche Blüten 699. Archegonien der Bryophyten 241; Öff- nungsmechanisraus 239; Vergleich mit denen der Pteridophyten 398. • — der Gymnospermen 798. — „der Pteridophyten, Entwicklung 397; Offnungsmechanismus 397. Archigonienstände der Laubmoose 369. Archegouiophor, Prothallien von Ano- gramme leptophylla mit knöllchenförmi- gem 427 ; an Prothallien von von Tricho- manes 419; radiärer Bau derselben 403. Archespor 770. Archidium, Sporogon374; Stellung der Antheridien 3<0. Areca Catechu, Kotyledon zerteilt 598. Aristolochia Clematitis, Blattanord- nung 83. Aroideen, Blattentwicklung 520 ; Blatt- nervatur 535; kletternde jugendformen 136. Arum maculatum, Thätigkeit der Zugwurzeln 672. A s a r u m e vi r o p a e u m , Blattentwicklung 537. Asclepiadeen, Zweizahl der Pollen- säcke durch Verkümmerung 730. Asparagus, Phyllocladien 633. — pluraosus, Kletterhaken 607. A s p i d i u m an om al u m , Sporangien auf der Oberseite 675. — cristatum, Pilzgallen 704. A s p 1 e n iu m , knospenbildende Blätter 448. — dimorphum, Verschiedenheit der sterilen und fertilen Blattfiedern 659. — ob tusif olium , Blattbau 539. — septentrionale, Halsteil des Arche- goniums eingesenkt 401. Assimilationswurzeln von Epiphyten 484. Astragalus, Blattdornen 614; Dorn- bildungö ; Längsf ächerung der Frucht 736. Astrantia major, Hochblätter 583. Asymmetrie der Blätter 92, 100. Atem Öffnungen der Marchantieen 298. Atem wurzeln der Sumpfpflanzen 479. Athyrium filix femina f. clarissima, Aposporie 779. 824 Register. Atropa Belladonna, plagiot rope, ani- sophylle Sproßsysteme 98. Aulacomnium androgynum, Brut- knospen 361. — palustre, Brutblätter 360. Austrocknen bei Riccia und Marchan- tieen, Schutz gegen 290. Avicennia, Keimung der Samen 461. Azolla, Bedeutung des schildförmigen Primärblattes 142 ; Blattgestaltung 541 ; Kotyledon 588; Massulae in den Mikro- sporangien 428 ; Sporophylle 669 ; Wur- zeln auf der Unterseite des Stämmchens 469. — caroliniana, Makro prothallien mit sehr wenig Chlorophyll 422. Balanophora, Embryo aus einer Endo- spermzelle 794. Balanophoreen, Haustorien 433 ; Samen- anlage 790. Bambusa, Niederblätter 578. Barbula, Peristom 382. — aloides, Wasser festhaltende Blatt- auswüchse 364. BarringtoniaVriesei, Embryobildung 463. Basidiobolus rauarura, Beziehung zum Lichte 221 ; künstliche Mißbildungen 161. Batrachospermum, Vorkeim 128; seine Beziehungen zum Lichte 205. Battersia mirabilis, Vegetations- körper 129. Bauhin ia, Asymmetrie der Seitenblätt- chen 107. Bazzania filum, Habitus 295. B e b 1 ä 1 1 e r u n g , Zustandekommen der zweizeiligen aus einer anisophyll - vier- zeiligen 97. B e g 0 n i a , Blattform und Verzweigung 102 ; Ursprung der Adventivsprosse 13. Benin casa cerifera, Blattentwicklung 506 ; Ranken 7 ; Rankenbildung 610. Bertholletia excelsa, Embryo 463. Betula, Blattanordnung an den Seiten- sjjrossen 82. B i c i 1 i a t e Spermatozoiden der Pterido- phyten 387. B i g n o n i a , Kletter organe 607. Bilaterale Laubmoose 357. — Organe 54. Billbergia, Hochblattbildung 7. Blasia, Anhangsorgane 255 ; Blattbildung 262, 263; Brutknospen 275. Blätter, einseitige 105; Umwandlung in Sprosse 447. Blatt, Abschlußkörper 506; als Kletter- organ 605 ; als Knospenschutz 503 ; Nervatur 533 ; schildförmig 528 ; schlauch- förmig 531; Träufelspitze 538; Um- kehrung der Spreite 495, und Sproß 10 ; Vorläuferspitze 505; Wachsturasvertei- lung 504. Blat tanordnung 77, und Verzweigung 80. Blattauswüchse bei Pottia 364. Blattbildung der Lebermoose 261. Blattbürtige Blüte 621. Blattdornen 614. Blattform, Abhängigkeit vom Lichte 208, 209; Beeinflussung der 102. Blattgestaltung der Laubmoose 356. Blattin sertion, Verschiebung unter Einfluß des Lichtes 201. Blattla mellen bei Catharinea, Poly- trichium 364. Blat tranken 605. Blattspindel als Ranken 608. Blattstecklinge 39. Blattstellung 61, 203; an ortho- tropen und plagiotropen Sprossen 80. Blüten 651; blattbürtige 621; Einfluß der Ernährung auf die Zahlenverhält- nisse 715; Stellung der männhchen und weiblichen im Sproßsystem 654; sterile 746; Symmetrie 111 ff.; terminale Blätter in denselben 719; Verwachs- ungen 723 ; zu Drüsenorganen umge- bildete 747 ; zu Schauapparaten umge- bildete 746. Blütenachse, Anordnung der Sporo- phylle an der 652. Blütenbildung bei Laubmoosen 370; Beziehung zum Lichte 209. Blutenhülle, der Angiosperme 706; Entstehung 726; Gestaltungsverschieden- heiten 729. Blü tenmißbild ung 167. Blüten Schäfte Regen eration au abge- schnittenen 38. B 1 ü t e n s t ä n d e als Steckhnge 39, 657. Blüten stiele, umgebildete als Schau- apparat 747. Blumenkrone, Abhängigkeit der Fär- bung und Größe von äußeren Faktoren 728. Blyttia, Perichätium und Perianthium 306, 309 ; Unterdrückung einer Thallus- hälfte durch Lichtmangel 301. — d e c i p i e n s , Habitus 251; Kernteilung 236. — Ion gi Spina, Blattbildung 263. Borstenhaare bei Polypodium -Prothal- lien 412. B 0 s s i a e a , Keimung 146. Bostrychia Moriziana, Organbil- dung 33. B o t r y c h i u m , knöllchenförraige Pro- thallien 411; Knospenlage 517; Pilzinfek- tion der Prothallien 429. — Lunularia, Bau der Sporangienwand 758; vegetative Ausbildung des Sporo- phylls 657. Botrydium granulatum, Ruhezu- stände 225. Bowiaea volubilis, assimilierende Blü- tenstiele 632. Brathys prolifica, Staubblätter 713. Eegister. 825 Bromeliaceen, sproßbürtige Wurzeln 470. Brutknospen von Laubmoosen 3ü0; von Lebermoosen 273; von Lycopodium Selago 649 ; bei Moosprotonemen 347 ; an Prothallien 424 ; von Remusatia vivi- para 650. Bryopsis, Umkehrungsversiich 221. Brvopteris, Befestigung am Substrat 270. Brynra argenteum, Schutzeinrich- tungen 36S. — giganteum, Blattbildung 354. ßutomus, Biattanordnung 77. B n X b a u m i e e n , dorsi ventrale Ausbildung der Kapseln 203; männliche Pflanze 349; Peristom 383 ; Protonema 343. Bvblis gigantea, Samenentwicklung 808. C a b 0 m b a , Heterophyllie 546. C a 1 a m u s , Kletterorgane 608. Callisia denticulata, Blattstellung an Haupt- und Seitensprossen 82. Callitriche, terminales Staubblatt 719; Rosettenbildung 626. C a 1 1 u 8 b i 1 d u n g , un abhängig von der Schwerkraft 190. Calobryum, Gestaltungsverhältnisse 266 ; Isophyllie und gelegentliche Anisophyllie 88; Symmetrieverhältnisse 245. Caltha palustris, Axillarstipein 564; Blattentwicklung 536; Hochblätter 581. Calymperes, Blattbau 367. Calypogeia, Blattbildung an orthotropen Sprossen 267; Fruchtast in die Erde eindringend 314; Keimung 333. Campanula rotundifolia, Abhängig- keit der Blattform vom Lichte 208, 209; Blattformen 544. C a m p y 1 o p u s , Archegonienstände 369 ; Brutkuospenbildung 360. Capsella bursa pastoris, Blattform 223. Caragana, Dornbildung 6. Carapa moluccensis, Pneumatophoren 481. Cardamine pratensis, gefüllte Blüten 183. Carex Grayana, Embryo 598. Carludovica plicata, Hochblätter 584. Carmichaelia, Phyllocladien 634 ; Keimpflanzen 145. Cassia fistulosa, Querfächerung der Frucht 736. Castanea vesca, Blattstellung 82. Casuarina, aktive Zellen der Mikro- sporangien 782 ; Keimung 123 ; terminale Staubblätter 719. — Rumphii, Makrosporangien 802. Catharinea, Blattlamellen 364 ; Offnungsmechanismus der Archegonien 239. Caulerpa, Abhängigkeit der Neubil- dungen vom Lichte 204; Einfluß des Goebel, Organographie der Pflanzen. Lichtes 215; Energidenkolonie 18; Sym- metrieverhältnisse 77. C a u 1 o m und Phyllom 12. Cavicularia, Gestaltung des Thallus 263. Celosia cristata, Vererbung der Fasci- ation 158. Cenchrus, Sproßnatur der Inflorescenz- borsten 16. Centradenia, AnisophyUie 96; Um- kehrung der Anisophyllie 220. C e p h a 1 o t a X u s , Fruchtblätter und Samenanlagen 697. Cephalozia, Keimung 333. — f r o n d i f 0 r m i s, Vegetationskörper 268. Ceratopteris thalictroides, Bau der Sporangienwand 767. Ceratozamia, Makrosporophyjle mit zwei Fiederrudimenten 691; Übergang von sterilen zu fertilen Sporophyllen in den mänulichen Blüten 690. — longifolia, Samenanlage 796. Cetraria islandica. Wuchs 59. Chalazogamie 802. Chamaerops, Ligularbildungen 569. Chelidonium majus, Asymmetrie der Seitenblättchen 107. Chloranthien durch Aphis verursacht 168. Cinchona succirubra, Nebenblätter 560. Circaea, Abhängigkeit der Niederblatt- bildung vom Lichte 220. — intermedia, geophile Sprosse 646. Cistus populifolius, Entwicklung der Fruchtblätter 740. Citrus, Blattdornen 615. Cladodien 631; sukkulente 635. Cladonia, Entstehung des radiären Thallus durch vegetative Entwicklung der Podetien 60. Cladosporium, Abkürzung der Ent- wicklung durch Nährstoffmangel 122. Cladostephus verticillatus, Glie- derung des Vegetationskörpers 31. Clematis afoliata, Keimung 145. Cliftonaea pectinata. Kurztriebe 34. Climacium dendroides, Niederblätter 354; Sprosse begrenzten Wachstums 354. Cobaea scandens, Ranken 7; Ranken- krallen sind Blattspreiten 607 ; unterste Blattfiedern wie Nebenblätter 552. Codi um, Einfluß des Lichtes 215. Coleochaete, Sporangien 15. Coleoptile am Grasembryo 603. Coleorrhiza an Graskeimliugen 603. Colletia, Phyllocladien 634; Keimung 146; Rückschlag 150. Columella der Anthoceros-Sporogonien 318 ; der Laubmoossporangien 375. Co 1 u m n e a , Anisoj^hyllie 97. Co Iura, Wassersäcke 285. Compensation des Wachstums 178. Compositen, Entwicklungsgeschichte der Blüten 730; Stellungsverhältnisse der Pappuskörper 709. 54 S26 Register. Coniferen, Beschaffenheit der Frucht- blätter in i3eziehung zu ihrer Funktion 702 ; Bestäubungsverhältnisse 702 ; Deu- tung der Gestaltungsverhältnisse der weiblichen Blüten 702 ; Embryobildung 178; Färbung der weiblichen Blüte, ob- wohl Windblütler 728 ; Fehlen der Wur- zelhaare 471; fixierte Jugendformen 132; Keimung der Mikrosporen 784; Kurz- triebe 628 ; männliche Blüten 693 ; Samen- anlage 797 ; weil^liche Blüten 696 ; deren Vergrünung 703. C 0 n r i n u s , Abhängigkeit der Frucht- körpcrbildung vom Lichte 223; Eegene- ration 42. C o r d y 1 i n e , Einfluß der Schwerkraft 192. C o r i a r i a , Fruchtknotenentwicklung 737. Corydalis claviculata, Kankenbil- dung 7; Kankenorgane 608. — solida, Vererbung der Pelorienbildung 158. Corylus Avellana, Blattstellung an orthotropen und plagiotropen Sprossen 82. Crantzia linearis, Blattform 494. Crataegus Pyracantha, Dornbildung 227. Crepis biennis, Vererbung der Fasci- ationen 160. Cr i n u m , integumentlose Samenanlagen 788. Crocus longiflorus, Zugwurzeln 473. Cr u eiferen, ungleichseitige Entwicklung der Blütenteile 721. Cryptocoryne, Entwicklung des Em- bryo 461. Cucurbita, Entwicklung der Blumen- kronenanlage 724; künstliche Mißbil- dungen der Wurzeln 164, 186. Cucurbitaceen, Ranken 611; Ver- schmelzung der Staubblätter 716. Ciipressineen, dorsi ventrale Ausbil- dung der öeitenzweige, durch das Licht bestimmt 198; Jugendformen 133. Cuscuta, Haustorien 231,433; schuppen- förmige Blätter ohne Leitbündel 492. Cyatheaceen, Prothallien 411. C y a t h 0 d i u m , Anhangsorgane 254 ; Thal- lusbau 300. Cyathophorum, angebliche Einrich- tungen für Wasseraufnahme an Stämm- chen 368; Anisophyllie 87. Cycadeen, Blätter 518; Gestaltung der Sporophylle 690; Keimung der Mikro- sporen 783; Luftwurzeln 482; Makro- sporangien und Samenanlage 796 ; Makro- sporen 795. Cycas revoluta, Fruchtblätter 690. Cyclamen, Kotyledon 590. Cyclanthera, Verschmelzung der Staub- blätter 717 ; Zusammeniließen von Pollen- säcken 731. Cyperus alternif olius, Keimung 599; Vorblätter als Schwellkörper 573. Cystopteris bulbifera, Niederblätter der blattbürtigen Adventivsprosse 543. Dacrydium Colensoi, weibliche Blüten 698. Dactylis, Blattentwicklung 504 ; dorsi- ventrale Inflorescenzen 117. Daedalea quercina, Umkehrung 222. D a w s 0 n i a , Peristom 385. Dedoublement 710; negatives 711. Delesseria Leprieurii, Haftsprossen 33. Dematium pullulans. Hervorrufung abnormer Bildungen 161. Dendroceros, Blattbildung 262; Ein- richtungen zum Festhalten von Wasser 282. Dianthus barbatus, gefüllte Blüte 714. Di atomeen 24. Dicksonia antarctica, Sorusbildung 675. Dicneraon semicryptum, Sporen- keimung 345. D i c r a e a , Assimilations- und sproßbil- dende Wurzeln 482. Dicranaceen, Peristom 382. Dictyostelium, Kolonieenbildung 21. Dimere Blüten 165. Dionaea muscipula, parakarpes Gy- naeceum 741. D i 0 0 n e d u 1 e , Fruchtblätter 691. Dioscorea, Dorn wurzeln 448. Diphyscium, Beziehung der Dorsiven- tralität der Kapseln zum Lichte 203 ; Blattbildung 357 ; Protonema 343; Saug- organe des Sporogons 376; Schleimhaare 360; Sporen Verbreitung 384. Diplazium esculentum, Umbildung von Wurzeln in Sprosse 345. Dipterocarpus alatus, Nebenblätter 559. Doodya caudata, Apogamie 183, 431; eingesenkte Antheridien 391 ; Rückschlag auf die Primärblattform 131. Doppelblätter 164. Doppelte Befruchtung 793. Dornbildung 4, 226; aus Blättern 614: aus Nebenblättern 571 ; aus Sprossen 635; aus Wurzeln 9, 488. Dor si ven tral 54. Dorsiventrale Sprosse 7 1 ; Stämme 78. Dorsi ventralität 77; durch das Licht bestimmt 195. Dracaena indivisa, Kotyledon als Saugorgan 596. Drepanophyllum, Blattstellung 358. Drosera, Schildblätter 531; verzweigte Blätter 525. — macrantha, Drüsen als Kletter- organe 605. Droseraceen, Knospenlage der Blätter 508. Drüsenhaare bei Polypodium-Prothallien 412. _ ^ Dulongia acuminata, blattbürtige Blüte 622. Eesrister. 827 D u m o n t i a f i 1 i f o r m i s , Keimung 129. Dumoi'tiera, biologische Bedeutung der Gestaltung der Inflorescenzen 311 ; Rück- bildung der Luftkammerschicht 298; Schuppen bildung 259. Duvana, Gallenbildung 172. Einseitig gefiedertes Blatt 105. Ein sei ts wendige Inflorescenzen 118. Elaphoglossum spatulatnm, Sporo- phylle 677. Elateren von Anthoceros 319; von Equisetum 750 ; der Marchantieen etc. 322 ; von Polypodium imbricatum 750. Elateren träger von Aneura 325; von Pellia 324. Elatostemma, Anisophyllie 94. Embryo, orientierende Einwirkung der Schwerkraft 199 ; unvollständiger 454. Embryobildung, biologische Bedeutung derselben 457; parthenogenetische 793. Embryosack 794; Zellkern 804. Embryosackmutterzelle und Pollen- mutterzelle, Homologie 794. Emergenzen, Haftorgane der Podoste- meen 432. Empusa Muscae, Abhängigkeit der Keimungsweise von der Ernährung 122, Endothecium 374; der Pollensäcke 772, 782. Energide 18. Ent Wicklungsgeschichte der Anthe- ridien der Pteridophyten 392. Ephedra, Anlegung des Perigons aus dem Dermatogen 13. Ephemeropsis, Brutknospen 348; Ge- staltung des Protonemas 341 ; Stellung der Wände im Protonema 340. Ephemer um, ColumeUa 376; Habitus und Lebensweise 351 ; lange Dauer der Jugendform 126; Sporenaussaat 379. Epinas tie 72. Epiphragma bei Polytrichaceen-Kapseln 385. E p i p h V t e n , Wurzeln 484. Epithel 806. Equisetum, ameristische Prothallien 409; Annulus der Blüten 681; Öffnen der Antheridien 389; Elateren 750; Em- bryoentwicklung 450; fertile und sterile Sprosse 682; Gestalt der Sporophylle 680; Keimpflanze 324; Mittelformen zwischen Si^orophyll und Laubblättern 680 ; polare Differenzierung der Sporen vom Lichte abhängig 197 ; Prothallien 407 ; Seitenknospen mit einer Adventiv- wurzelanlage 477; Sporangienbau und Öffnungsweise 757 ; Sporenkeimung 409; Wirkung von Nahrungsmangel auf weibliche Prothallien 407. Erica carnea, Endothecium fehlt 782. Eriopus rem otif olius , Brutknospen 360, 361; Sproßgestaltung 357, 358; Wasseraufnahme durch die Seta 366. Ernährung, Einfluß auf die Zahlen- verhältnisse der Blüten 708, 715; Ein- wirkung derselben auf die Organbildung bei Utriculariaarten 447. Eryngium, Blattbau 494; Nervatur der Blätter 533. Erythraea pulchella, Fruchtblätter 735. Eschscholzia californica, Ent- wicklung der Blüten 709. Etagenwuchs an orthotropen und pla- giotropen Sprossen 56. Eucalyptus, Primärblätter 144. — globulus, Asymmetrie 101. Eucamptodon Hampeanum, Sporen- keimung 345. Euphorbia, Integumententwicklung 787. — alicornis, Beeinflussung der Sprosse durch die Schwerkraft 194. Euptilota Harveyi, Verzweigung 75, 76. Exormotheca, Thallusbau 299. Exotropie 478. Fadenranken 639. F a g u s s i 1 V a t i c a , Keimpflanzen 57. Farne, Blattbau 510; Blattgestaltung 539 ; Embryoentwicklung 449, 452 ; monströse Blattformen 538; Primärblätter 130; wurzellose 466. Farn pro thal li en , Abhängigkeit der Dorsiventralität vom Lichte 196; Sym- biose mit Pilzen 428. Fasciationen, Erzeugung 164 ; Vererb- barkeit 158, 160. Fegatella, Sporenkeimung 329. — conica, Bildung von Euheknospen 294. — supradeco mposita, Brutknospen 274. Fevillea trilobata, Verschmelzung der Staubblätter 716. Fissidens, ßlattbildung 359; Blattstel- lung 203; Peristom 382; Vergleich mit Irisblatt 524. — bryoides, Verzweigung 352. Flagellen 269. Flechten, Zusammenhang zwischen Wuchs und Struktur 59. Fontinalis, Befestigung am Substrat 355; Blattform 356; Peristom 382. Fossombronia, Blattbildung 264; Knollenbildung 292; Sporenaussaat 325. Fraxinus excelsior, Blattentwncklung 503, 537. Fruchtblätter, Vermehrimg der Zahl durch Verzweigung 715. Früchte, geflügelte 746. Fruchtknoten 732; Beeinflussung der Entwicklung 232; oberständiger 735; unterständiger 743. Frullania, Keimung 331; Sporen Ver- breitung 323; Wassersäcke 284. — dilatata, Abhängigkeit der Wasser- sackbildung vom Medium 225. — Tamarisci, Pseudoblattnerv 267. Fucaceen, Abhängigkeit der polaren 54* 828 Register. Differenzierung der Keimlinge von äußeren Faktoren 197. Fumariaceen, unvollständiger Embryo 455. F u n a r i a , Öffnungsmechanismus der Archegonien 239 ; Peristom 383. — hygrometrica, Brutknospenbildung 347 ; im Finstern erzogenes Protonema 200 ; Ruhezustände des JProtonemas 226. Funktionsänderung, durch das Licht bedingt 220 ; durch Lichtmangel 221. Funktionswechsel 6. Oagea, unvollständige Embryonen 456. Galeobdolon luteum, Pelorien 163. Galium Mollugo, Nebenblätter 560. Gallen 166, 168, 704. Gefüllte Blüten 166, 746; verschiedene Entstehungsweise 715. Genista sagittalis, Einfluß des Lichtes auf die Gestaltimg der Sproß- achsen 213. Genlisea, Wurzeln durch Schläuche er- setzt 444. Geocalycee Jungermannieen 314 ff. Geophile Sprosse 645. Geothallus tuberosus, KnoUenbil- dung 293. Geranium pratense, Asymmetrie der Kotyledonen 100. Geum, Blattform 111; Entwicklung der Blüte 707. — b u 1 g a r i c u m , Blätter 530. Ginkgo, Keimung der Mikrosporen 784; ]\IikrosporophylIe 694 ; unvollständige Embryonen 456; weibliche Blüten 696; Deutung derselben 702. Glas haare bei Racomitrium 369. Glechoma hederacea, plagiotrope und orthotrope Sprosse 643. Gl.eichenia, Bau des Sporangiums, Öffnungsweise 764; Schutzfiedern 515. Globularia cordifolia, Haustorien der jungen Samen 809. Gloriosa, Blattspitze als Ranke 614. Glumae 585; Bildung derselben 50. Gnetaceen, Bau der Blüten 704; Samen- anlage 797. Gnetu'm, Saugorgan als Auswuchs des hypokotylen Ghedes 589. — Gnemon, Samenlage 798 ; unvollstän- dige Embryonen 456. Goldfussia, Anisophyllie 97, 218. Gonium, Kolonieenbildung 22. Gonolobus, Blattentwicklung 505. Gottschea, Blattlamellen 283; mehr- schichtige ]31ätter 267. Gräser, Ligula 566; Organbildung am Embryo 601. Granne der Grasblüten, Spreite von Hochblättern 585. Grimaldia dichotoma, Austrocknungs- fähigkeit 290; Bau der Sporen 330. Guilandina, Nebenblätter 553. Gunnera, Axillarstipeln 564; Umhüllung der Samen 792 ; verwachsene Mikropvle 785. Guttulina, Sporenkolonieen 21. Gymnanthe saccata, Geocalycie 315 ff. Gymnogrammeen, seitliche Meristem- anlage bei den Prothallien 416. Gymnospermen, Archegonien 798 ; Mikrosporangien 781; Wandbau der Mikrosporangien 751; zwittrige Blüten 653. Gynaeceum 732. Haare 12 ff.; bei Laubmoosen 359; ein- zeUige, bei Polypodium-Prothallien 412. Haarspitzen bei Laubmoosblättern 368. Haarwurzeln wurzelloser Farne 467. Haftorgane an Weddelina squamulosa 432 ; von Pilzen 231 ; der Podostemeen 431. Haftscheiben von Ampelopsisranken, Entstehung 230. Hakea trifurcata, verschieden ge- staltete Blätter 493. Hakenblätter 606. Hakenkletterer 638. Halophila, fadenförmiger Pollen 783. Halopteris filicina, Verzweigung 30, 204. Haplolophium, Haftscheibenbildung 231. Haplomitrium, Symmetrieverhältnisse 245. Hapteren 468; der Podostemeen 432. Haustorien von Cuscuta 231; des Em- bryos 802 ; der Parasiten 433 ; von Pilo- styles 434; unbegrenztes Wachstum der- selben in der Nährpflanze 433. Hedera Helix, DorsiventraUtät beein- flußt durch das Licht 198; Jugendform 138. Hedwigia ciliata, äußere Wasser- leitung 363, 364. Hedysarum capitatum, ungleich- seitige Ausbildung der Blätter 105. Helianthus annuus, Lichtwirkung auf die Randblüten 729. Helicodicero s muscivorus, Blatt- entwicklung 520. Helminthostachys , Gestaltungsver- hältnisse des Sporophylls 664; Spor- angiophore 664. — ceylanica, abnormes Auftreten .der Blattfläche am Sporophyil 665; Öff- nungsweise der Sporangien 758. Hemionitis palmata, vergrünte Archegonien 400. Hemitelia capensis, Blattgestaltung 540. Heteranthera reniformis, Rück- schlag der Keimpflanzen auf die Primär- blattform 149. Heterophyllie 538. Hexenbesen 165. Hieracium umbellatum , Vergrünung des Pappus 170. Hochblätter 7, 578; bei Laubmoosen Register. 829 356; Umbildung derselben zur Blüten- hülle 726. Homoblastische und heteroblastische Entwicklung 123. H omologie 10. Hordeum hexastichum, Embryo 605. Hosackia subpinnata, einseitig ge- fiedertes Blatt 105. Humulus Lupulus, Hochblätter be- stehen aus Nebenblättern 581 ; Neben- blätter 559. Hyacinthus orientalis, Regeneration an abgeschnitteneu Blütenschäiten 38. H y d r u rus , Kolonieenbilduug 25. Hynienocar pus circinnatus, un- gleichseitig entwickelte Blätter 105. Hvmenolepis spicata, Sporophyll 677. Hymen ophylleen, Blattgestaltung 540; Keimung der [Sporen innerhalb der Sporangien 762; Knospenlage der Blätter 517. Hymeno phy 1 lum, Brutknospen an Prothallien 424 ; reich verzweigte, ein- schichtige Prothallien 418. H y m e n o p h y t u m , Sexualsprosse 306 ; Thalhisbildung 251, 252; Verzweigung 247 . Hyoscyamus, Archespor 771; Entwick- lung des Gynaeceums 721. Hypericum aegyptiacum, Ent- wicklungsgeschichte der Staubblätter 712. Hypnum splendens, Abllachung der Sproßachse 72, Beeinflussung durch das Licht 200; Etagenwuchs, plagiotrope Sprosse 56; Paraphyllien 365. Hyponastie 72. Hyp opterygium, AnisophyUie 87. Impatiens glandulosa, Blattdrüsen 554. Indigofera diphylla, einseitige Blätter 105. Indusium zum Schutze der Sporangien 678. Inf loresc enzbbrsten 16. Inflorescenzen der Marchan tieen 308; dorsi ventrale 116 ff. Insektivoren, Schlauchblätter 531. Integumente der Samenanlage, Entwick- lung 786 ; morphologische Bedeutung 785 ; an Sporangien 786. In ternodiendrehung bei plagiotropen Sprossen mit dekussierter Blattstellung 80; bei radiären Sprossen 626. Intravaginal schuppen 551. Intrapetiolarstipeln 560. Inversdorsiventrale Blüten von Se- laginella 686. Involucellum 317. Involucrum der Ranunculaceen-Blüten 727. Iriartea, Dorn wurzeln 488. Iris, Blatten t Wicklung 523 ; zweiter Staub- blattkreis 161. I s 0 e t e s , Antheridienentwicklung 395 ; Embryoentwicklung 450; Ligula 552; Mala-oprothallien 424 ; Sporangienent- wicklung 776; Trabeculae 770; Ver- wandtschaft und systematische Stellung 387. — lacustris, Aposporie 183, 779. Jugend Stadien 123 ; Rückschläge 124, 148. Juglans regia, Knospenbildung 179. June US, Blattbildung 494; Mißbildungen, verursacht dureh Livia juncorum 168. — bufonius, dimere Blüten 165. — glaucus, Embryo bis zur Keimung unvollständig 458. — supinus, Knollenbildung 226. Jungerm an nia bic us pidata, Aniphi- gastrien 267; Etiolierung. Einfluß des Lichtes auf die Blattin sertion 201. Jungermanniaceen, AnisophyUie 87. J u n i p e r u s communis, Ausbild ung der Sporophylle 694. J u s s i a e a , Atemwurzeln 224 ; Pneumato- phoren 481. — s a 1 i c i f o 1 i a , Blattgebilde der Blüte Kakteen. Achsennatur des unterständigen Fruchtknotens 743 ; Ausbildung des Vege- tation skörpers 146; Blattdornen 615; Keimung 146; Nektarien 616; Verbrei- terung der Sproßachsen unter Einwirkung des Üichtes 212. Keimling, Abhängigkeit der Gestalt des- selben vom Lichte 206. Keimpflanzen 124 ; Gestaltung der- selben 132, 133. Keimung 123; Abhängigkeit von der Er- nährung 122; der Sporen der Polypo- diaceen 416. Kelchblätter äußerer Blüten als Schau- apparat 113. Kennedya rubicunda, Primärblätter 134. Kitaibelia vitifolia, Vermehrung der Zahl der Fruchtblätter durch Verzwei- gung 715. Kletter pflanzen 636; Haftwurzeln 487. K 1 u g i a N 0 1 o n i a n a , Blütenstände als Stecklinge 39; Zustandekommen der zweizeiligen Beblätterung aus einer ani- sophyll-vierzeiligen 97. Knautia arvensis, Archespor 771; ßlattforraen 545; Füllung der Blüten durch Pilze verursacht 166; Umbildung der Staubblattanlagen zu Blumenblät- tern 8. K n o 1 1 e n b i 1 d u n g bei Lebermoossen 291 ; Beeinflussung durch das Licht 199; von Juncus supinus 226; an Prothallien 426. Knospenschuppen 575; Korrelations- verhältnisse 185. Ko Ion ieen 19 ff. Kompaßpflanzen 494. Kongenitale Verwachsung 45, 561; von Blütenteilen 723. 830 Eeffister. Konnekt i V 730. Korrelationen 170 ff., bei der Bil- dung der Sporophylle 658. Kotyledonen 588; Asymmetrie 100; als Hemmungsbildiingen 124. Kiirzt riebe 11; und Langtriebe 29 ff., 626. Labiaten, Oberlippe entstanden durch Verschmelzung zweier Blattanlagen 716. Lachenalia luteo la, Regeneration an abgeschnittenen Bliitenschäften 38. Lamellen der Laubmoosblätter 364. Lamium maculatum, Pelorien 163. Lang- und Kurztriebe 29, 626. Larix, Deckschuppen, Leitungsweg für die Polleukörner 701. Lastraea pseudomas var. cristata, Keimpflanzen mit Prothallien 780. L atente Anlagen 170. Laterale Anisophyllie 93. Lathraea squamaria, Schuppenblätter 587. Lathyrus Aphaca, Primärblätter 140; Svmmetrieverhältnisse der Nebenblätter 108, 110. — Xissolia, Blattbildung 141. — Ochrus, Primär blätter 140. — pratensis, Nebenblätter 558. L e j e u n i a , Brutknospenbildung 276 ; Keimung 331. — Metzgeriopsis, Brutknospen 122; Entwicklung 332 ; Jngendforni 126. Lemanea, Keimung 128. Lembidium dendroideum, Vege- tationskörper 269. Lemna, Blattbildung 12; flache Güeder sind Blätter 442 ; Wurzelhülle 470. Lentibularia ceen , Entstehungsfolge der Blütenteile 720, freie Centralplacenta 742; wurzellose Arten 467. Lentinus, Einfluß des Lichtes auf die Gestaltung der Fruchtkörper 222. Lepidocarpon, Sporangien mit Integu- ment 786. Lepidophvllum quadrangu lare , Blattbau 495. Leucobryaceen, Blattbau 366. Leucobryum, Zwergmännchen 370. Licmophora flabellata, Kolonieen25. Ligula 566. Lilium candidum, Samenbildung 183 ; Schuppenblätter der Zwiebel 586. Limnophila heterophylla, Blätter 528; Heterophyllie 546. Liparis latifolia, Beeinflussung der Fruchtknotenentwicklung 232. Liriodendron tulipifera, Blattstel- lung 81 ; Nebenblätter 555. Listera cordata, Umbildung von Wurzeln in Sprosse 436. Littonia, Blattspitze als Ranke 614. Loaseen, Staubblätter 713. Lolium temulentum, Bildung der Glumae 49, 50. Lomentaria impudica, Haftsprosse 33. Lonicera, Doppelblätter 164. Lophocolea bidentata, Brutknospen- bildung 276. Lor anthaceen , Samenanlagen i90. Luftwurzeln 212; der Cycadeen 482. L u n u 1 a r i a , Abhängigkeit der Dorsi- ventralität junger Pflanzen vom Lichte 195; Brutknospen 335; Diöcie 304; Öffnen der Kapsel 321. Luzula, ßlütenmißbildung 167. Lychnis vespertina, Zwitterblüten 166. Ly g 0 d i u m , sterile und fertile Blattf ledern 660; unbegrenztes Wachstum der Blätter 516. — i a p o n i c u m , Sporangienbau und Öf f- nungsweise 765; vergrünte Archegonien 400. — palmatum, dorsiventrale Stämme 78. — Prothallien 417. Lycopodinen, Blüten 689 ; Embryo- entwicklung 450, 453; Geschlechtsgene- ration 404; Si^orangienwand 752. Lycopodium, Ergrünung der Prothal- lien am Lichte 405; fadenförmige Pro- thallien 406; Öffnungsweise der Anthe- ridien 390; Pilzsymbiose der Keim- pflanzen 440; Pilzsymbiose der chloro- phylllosen Prothallien 428; Prothalhen- entwicklung 406; Prothalüen , Licht- wirkimg auf 406; Protokorm 440; ra- diärer Bau der Prothallien 403 ; Sperma- tozoiden 388; Phylogenetische Hypo- these betr. Umbildung eines Spor- angiums 778. — alpin um, Anisophyllie 90. — an notin um, Sporophylle 683. — complanatum, Anisophyllie 88; Anisophyllie durch das Licht bedingt 217. — inundatum, Regenerationsfähigkeit der Primärblätter 39. — Phlegmaria, Prothalüen mit zweier- lei Brutknospen 424. — Selago, Brutknospen 649; Haare zwi- schen den Sexualorganen 406. — volubile, Kletter haken 606. Madotheca, Keimung 331. Makroprothallien bei Isoetes 424. Makrosporangien der Angiospermen 732, 800; der Gymnospermen 696; der Samenpflanzen 784, 792. Makrospore der Angiospermen 804 ; Er- nährung im heranreifenden Samen 806; Keimung 804; der Samenpflanzen 794. Makrosporophylle der Angiospermen 732 ; der Farne 668 ; der Gymnospermen Malva, Fruchtblätter 715. Mamillen von Laubmoosblättern 363. Mangrove- Pflanzen, Entwicklung der Samen 459. Marantaceen, Hälfte des Staubblattes petaloid entwickelt 731. Marattiaceen, Antheridien 391; Blatt- Register. 881 bau 511; Prothallien 410; S2)orangien und Synangien 759; Sporophylle ü63; Stipularbildung 512, 557. Marcgravia, Jugendform 138. M a r c h a n t i a , biologische Bedeutung der Gestaltung der Tnflorescenzen 311 ; Brut- kuospen 335 ; Dorsiventralität durch das Licht bestimmt 195; Eegeneration 40; Schuppen der Thallusunterseite 528. llarchantieen, biologische Bedeutung des Thallusbaues 296; Keimung 334; Ehizoiden 272; Schuppenbildung 254; Schutz gegen Austrocknen 290. M a r s i 1 i a , Dorsiventralität 77 ; Einwirkung der Schwerkraft auf den Embryo 189; Keimung der Sporen bei Lichtabschluß 403; Lebensdauer des weiblichen Pro- thalliums 122; Sori der Oberseite des Sporophylls eingesenkt 672. jMarsiliaceen, Antheridienentwicklung 394; Makroprothallien 422; Makrospor- angienentwicklung 775; Sporokarp 656, 660. Marsilia polycarpa, Entwicklungsge- schichte der Sporophylle und Sporo- karpien 660, 673 ; im Wasser entwickeln sich keine Sporophylle 679. Massulae in den Mikrosporangien von Azolla 428. Mastigobrvum, Isophyllie der f lageilen 88. Melaleuca micromeris, Keimung und Eückschlagserscheinungen 145. Melocactus, Abschluß der Entwicklung 151. Metamorphosenlehre 3 ff. Metzgeria, Keimung 331. — australis. Sexualsprosse 307. ■ — conjugata, Brutknosi^enbildung 275. — furcata, Vegetationspunkt 247 ; Vor- keime aus Thalluszellen 278. — saccata, Wassersäcke 280. Mikrosporangien der Angiospermen 730; der Gymnospermen 781. Mikrosporen der Angiospermen, Ent- wicklung 783. Mikrosporophylle der Angiospermen 730; der Farne 668; der Gymnospermen 672. Mimosa sensitiva, Symmetrieverhält- nisse der Blätter 108. Mißbildungen 152 ff.; an Abietineen- zapfen 703; künstliche 161. M n i u m u n d u 1 a t u m , Niederblätter 354 orthotrope und plagiotrope Sprosse 56 schwach ausgeprägte Anisophyllie 86 Sprosse begrenzten Wachstums 354. Mörkia, Hüllen der Sexualorgane 307; SchJeimhaare 255. M 0 h r i a , ProthalUen mit seitlichem Meri- stem 417 ; zwischen Sporophyll und Laubblatt kein wesentlicher Unterschied 660. Monoclea, Antheridienentwicklung 240 ; Rhizoiden 272 ; Schleimhaare 254. Monotropa, unvollkommener Embryo 458; Wurzelsystem 441. Monstera, Jugendform 136. — deliciosa, Blattanordnung 77. Mucor, Beeinflussvmg der Mycelform durch äußere Umstände 230; Regene- ration des Sporangiumträgers 42. Mulgedium macrophy 1 lum , Über- gang vom Laubblatt zum Hochblatt 583. Mnsa, Blattspitze 506. Muscari botryoides, umgebildete Blütenstiele als Schauapparat 747. M u s s a e n d a , Kelchblätter äußerer Blüten als Schauapparat 113. Mykorrhizenbildung 483, 489. Myosotis alpestris, Vererbbarkeit ab- normer Blütenbildung 161. M y r i 0 p h y 1 1 u m , Wiuterknospen 586 ; infolge von Nahrungsentziehung 151. Myrmecodia, Dornwurzeln 9. Myrtaceen, Staubblätter 713. AI y X 0 m y c e t e n , Emergidenkolonieen 19 ; Ruhezustände 225. Nährzellen 321. Nahrungsmangel bedingt Abkürzung der Entwicklung von Cladosporium 122 ; Wirkung auf weibliche Equisetum-Pro- thaUien 407. Najas, terminale Staubblätter 719. Nanomitrium, Annulus 379; Sporogon 374, 376. Nebenblätter 517, 551; Entwicklung 556 ; Gefäßbündelverlauf 555 ; mit Nektarien 571 ; Symmetrieverhältnisse 108, 110; Umbildung 557; Umbildung in Becher 571; Umbildung zu Dornen 571. Neckera, Blattgestaltung 363. Nektarien 616; auf Nebenblättern 571; der Ranunculaceeu-Blüten 727. N e 1 u m b i u m , Zusammenhang zwischen Stellung und Symmetrie der Laubblätter 99. Neottia nidus avis, Umbildung von Wurzeln in Sprosse 436. Nestwurzeln 484. Neubildungen, Abhängigkeit vom Lichte 204. N idularium spien dens, Hochblätter 7. Nieder blätter 573; Abhängigkeit vom Lichte 220; Bildung derselben 4. Notothylas, Sporogonien 319. Nucellus 784; Bau und Entwicklung 792. Nuphar luteum Dorsiventralität des Rhizoms vom Lichte bestimmt 198. Nymphaeaccen, Primärblätter 143 Ochrea 564. O e d o c 1 a d i u m p ro t o n e m a , Funktions- änderung durch Lichtmangel 221. Ölkörper der Lebermoose 303. Oenone leptophvlla, Wurzelverbreite- rung 212. 832 Register. Oenothera bislorta, Wachstum der „ Kotyledonen 59"2, Öffnungskappe der Autheridien 238. ülacineen, integuraentlose Samenanlagen 789. Onagrariaceen , Teilung der Pollen- säcke durch s^teriles Gewebe 731. Onoclea sensibilis, Aposporie an künstlich vergrünten Sporophyllen 781. — Str uthiopteris, künstliche Ver- grünung der Sporophylle 8, 185, 656; Niederblätter 543. Ononis, Primärblätter 134. Ophioglos Seen, Knospenlage 517; Öffnungsweise der Antheridien 391 ; Pilz- symbiose der chloroijhylUosen Prothallien 428; Prothallien 410; Ursprung des Sporophylls auf der Oberseite des ste- rilen Blattteiles 662. O p h i o g 1 o s s u ra p e d u n c u 1 0 s u m , radi- ärer Bau der Prothallien 403 ; unter- irdische Prothallien 405. — vulgatum, Regeneration aus Wurzeln 39; Wurzelsprosse 436. O p u n t i a , Einfluß des Lichtes auf die Gestaltung der Sproßachsen 213; Ein- wirkung der Schwerkraft auf die Sproß- anordnung 189, 198. — brasiliensis, Einfluß der Schwer- kraft 193. Orchideen, Keimung epiphytischer Arten 440; rudimentäre Samenanlagen 793; unvollständiger Embryo 458; Ver- breiterung der Luftwurzeln 211; Zu- sammenlließen von PoDensäcken 731. Orga n entsteh u ng, progressive 28. Organographie im Gegensatz zur for- malen Morphologie 1. Orientierung der Sprosse u. s. w., Ein- wirkung der Schwerkraft 191. Orobanche, Haustorien 433; unvoll- ständiger Embryo 459. Orthotrichum, Peristom 382. Ortho trop 55. Oryza sativa, Ligula 566. O s m u n d a , Niederblätter 543 ; wiederholte Embrvobildung an älteren Prothallien 402. • Osmunda regalis, Einwirkung des Nahrungsmangels auf Prothallien 417; Regeneration der Prothallien 42 ; Spor- angien, Öffnungsweise 763. Ottoa, Blatt 494. Ouvirandra, Löcherbildung der Blätter 538. Oxalis stricta, Placentation 739. Oxymitra, Sporogonien 321. — pyramidata, Schutz des Vegetations- punktes 257. Palmen, Blattentwicklung 521 ; Kletter- haken 607. Panachierung, Vererbung 159. Panicum italicum, Borsten mit Ähr- chen 153. Papilionaceen, Blütenentwicklung 720; Fruchtblattentwicklung 735 ; Neben- blätter 553. Papillen von Laubmoosblättern 363. Parakarpes Gynaeceum 734, 741, Paraphyllien bei Laubmoosen 365 ; bei Lebermoosen 283. Paraphysen, bei Laubmoosen 370; ge- gliederte Haare zwischen den Sexual- organen bei Lvcopodium Selago 4