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R \ iv 3 0 3 4 N \ R N Re DEN Fe ww m 5 N Ss N 0% Y 2 1 N N 00 u“ Allee, oed dees 880 f Ki: \ ren ae ae RR eee N N | Mi N W 1 ZW \ } - | 3 0 CC e 3 eee BE N uw UL, SEN ON) are Ve N nv 2 . 7 EINS \ 1 v un og N N U IE e N > 4; LAN 7 7 7 7 m allume e I N Hl SER al; IN S N TT Ü N D SSS SSS 7 Fr = — — F — — — 5 LT > IN de Del hen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal, 75 redigirt von Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, zweitem Vorſitzenden des Vereins, Dr. Rey, Dr. Frenzel, Profeſſor Dr. O. Taſchenberg. Sechzehnter Band. Jahrgang 1891 mit drei Buntbildern, zwei Schwarztafelu und acht kleineren Holzſchnitten. Merſeburg, Gera, Leipzig und Halle a. S. Im Selbſtverlage des Vereins. Inhalt. 1. 55 a An die geehrten Bereinsmitglider . . ..... X ² er a 1 Vorſtandsſitzung SIT, un 8 Tagesordnung für die nächſte Gelernt eb mur in Weißig „ wiede 89 Vereins angelegenheiten .. ˙ͤ CCC T EN ETF 121 Generalverſammlung am 21. März 1891 in Re ar EHE, 22790 753 Der zweite internationale ornithologiſche . in Budapeſt ee nene, enn EDEN 209 .ibeelegen heiten M . 395 ieee... 3. 90. 185. 265. 361 2. Zum Vogelſchutz. 128. 156. 186. aeg ee ee 167. 259. 260. 262. 266. 292. 329. 339. 356. 362. 449. 450 3. Größzere ornithologiſche Abhandlungen. Baer, William, Ueber das Brüten von Mergus merganser, Linn. bei Neuſalz in Schleſien 320 — Ein Ausflug an den Niſtort der re (Clangula Boie a Linn.) in der preußiſchen Oberlauſitz .. nn Bardenwerper, H., e ngen an Trappen (Otis ae 1.) a de az Blaſius, Rudolf, Die Steppenweihe (Circus pallidus, Sykes) in Deut 4. re Buxbaum, L., Der Zug der Vögel im Herbite 1890. rar ee — Eine räthſelhafte Erſcheinung beobachtet an einem Storchenpaar Fri. eee der Vögel 1890% éòUͥ’yi·ii : ũ ꝶͤ1UWi 139 rr !)! 3321 — Ein Eldorado für Singvögel A: et 856 — Die Rabenkrähe und Abſonderlichkeiten in den N e e 318 — Ornithologiſche Beobachtungen An a 97 9% 483 Clodius, G., Einiges über Muscicapa e ermuerügenfängen) a RR Pre. E95 — Ueber den Neſtbau der Schwanzmeiſe . ea ene Flöricke, Curt, Ein zweiter Ausflug in die Bosfniberung ae et ien — Nochmals Gallinula porzana, Linn er rar n — Widerſtreitende ſoziale Inſtinkte im Vogelgemüth S 482 Frenzel, A., Ueber den Sonnenvogel (Leiothrix luteus . . . 405 Graf v. Mirbach⸗-Geldern-Egmont, Alphons, Ornithologiſcher abroad von Noggen⸗ burg mit einigen Notizen aus anderen ſüdbayeriſchen Orten.. I a 409438 Goering, A., Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. S8. 375 Günther, Ernſt, fa ?d?d‚, . 68 r Hartert, Ernſt, Von der XVI. Jahresverſammlung der e en Drnithte 2 giſchen Geſellſchaft zu Frankfurt am Main ME > — Noch etwas vom geſprenkelten e „ — Allerlei vom Wanderfalken ‚· q 999 9— ͤͤ—J . Heck, L., Die Ornis-Ausſtellung in Berlin im W 1890 · J Hennicke, Karl, Die Rohrbacher Teiche und ihre Avifauna . 169 el — Bericht über den Ausflug des Vereins von Freunden der Dmitfotagie und des Vogel- # ſchutzes zu Leipzig an die Rohrbacher Teiche. - —— 00 4 v. Homeyer, Alexander, Einige ſehr abweichende wart ö 7 — Schneeammer (Plectrophanes nivalis) . . ee — Auf dem Velenczer⸗ und Platten⸗ See -) ꝑ . re Hu — Wo lebt und brütet der Waldkauz (Strix 5 Allie) 22 er Kaiſer, Alfred, Zehn Jagdtage im Sinaigebirge . . ‚·ꝗ— I Kleinſchmidt, Otto, Ein Wort an wiſſenſchaftliche Sammler ö·ꝗ J D Knauthe, Karl, Zur Schädlichkeit der Krähen . De Koepert, Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! . 90. 128. 156. 186. 217. 241. 269. 297 Koller, O., Einige ornithologiſche Beobachtungen .. W Kretſchmer, E., Ornithologiſche Nachrichten aus der N Poſen 5 „ Leverkühn, Paul, Projektirte Vernichtung der Brutvögel der Shetlands-Inſeln . . 59 — Litterariſches über das . III. 3 ei Revue, . n Mittheilungen über die 1888:er Invaſion . 9 ; er ae — Kant als Vogelfreund .. a — Ueber eine intereſſante Schwarzſpecht⸗ Höhle ‚·ꝗ G97 ˙ 1 — Dreſſirte Kakadus .. JJ LER a Liebe, K. Th., Baſtard von Schnee: und Auerhahn j‚j q JJ — Der Grünfink als domeſtizirter Vogel .. ‚·j — Ferneres über die Gilbdroſſel (Turdus Grayi, En ö. — Der Wüſtengimpel (Bucanetes ä Licht. 7“ We zur Linde, Fiſchräuber · Lindner, Fr., Ornithologiſches und 1 von der abifchen wit 2 . v. Löwis, O., Einige Mittheilungen aus Livland. .. g 2 Michel, J., Zur Naturgeſchichte der Fliegenfänger .. . — Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger (Museicapa u Hecht RE Moesmang, J., Die Zwergohreule (Ephialtes Scops K. a. Bl., Scops Aldrovandi, Flem., Scops carniolica, Bp.) in Gefangenſch aft EE Müller, A. u. K., Thatſachen aus der Vogelwelt Parrot, Karl, Ornithologiſches aus dem britiſchen Mujeum . .. . En Perzina, E., Aus dem Gefangenleben des Ranbwürgers (Lanius excubiten) . — Vogelhandel und -liebhaberei in Wien .. er Rey, E., Das Abändern der Eier innerhalb eines Geleges if Ausnahme, nicht ge „ Schacht, H., Ein Eisvogel am Futterplatze .. 3 g a . — Der Sumpfſchilfſänger (Sylvia palustris) im Lipperland TE — Der Zaunkönig als Hausvogel .. ö — MIURREREE EEE Schäff, Ernſt, Die Vogelwelt des Berliner Bootogihen Gartens N SUR Eee Schlag, F., Meine Dompfaffſtube 1891. 3 380 Schlegel, Rich., Ueber Abnahme einiger oe in meinen Beobadtungsgeieten „2113389 Staats von Wacquant-⸗Geozelles, Baden und Trinken. 0 284. 314 — Vom Schönheitsſinn des Staares .. nn 2, (EEE — Sonderbares Benehmen angeſchoſſener Vögel ee DD DT VE Stoy, S., Beobachtungen am Niſtkaſten . 132 U.⸗E., Etwas über die Originalzeichnungen zu dem Kupferwerke 5 Wel der Vögel in 1 Deutſchland und beiläufig auch einiger fremden, mit ihren natürlichen Farben“ von 0 Johann Leonhard Friſch . — V — Seite v. Wangelin, G. Jakobi, Ein Oſtermorgen am Gotthardtsteiche .. . 364 Walter, A., Noch etwas über das m und Treiben des eentelen Bohefuhns (Gallinula Hotzana) aM gr Bor = — Die drei letzten Tage 1 Sen Ne 176 — Wie viel Zeit gebraucht der Storch zum Bau feines dees, um es sone tg zu fallen daß es zur Brut benutzt werden kann. : 386 Weßner, P., F Bericht über 1889 und 1890 C77 4. Kleinere ornithologiſche Abhandlungen. Bertog, Mutterliebe einer Trappe. . nn n 208 Bünger, Herm, Zutraulichkeit der Amſel ek 1 1 ie eee eee. Ba 325 Erler, Widerſtandsfähigkeit der Schwalben .. 388 Fiſcher, Emil, Die Bemühungen des Unterfränkiſchen Thie deren in dnn auf dem Gebiete des Vogelſchutzes .. 260 — Preisgericht für die II. Ausſtellung des Vereins für aher und Ratufeeunde z dae 447 — Vogelſchutz .. a 207 Flöricke, Curt, Zur Aae ee des Zeus ON. ER EN eme 23 — Zum Schönheitsſinn der Staare . nn 9 IE DH RE 262 — Gänſejagd in der Bartfchniederung . . ai ER BE — Uebertragung anſteckender Krankheiten ſeitens e e Vögel e een 487 eimus bei Schwalben 446 RWitorte bon Meiſ een 4389 Frenzel, K., Alter ſremdländiſcher Stubenvögel .. enn . enn Graf v. Geldern, Alph., Der e als dense eee ene e — Bienenfreſſer in Baiern e eee ene UI 368 — Vogelarmuth der oberitaliſchen Ebene ene. e 292 e “Bienenfreſſ n 119 Groſchupp, „ „% ¶ͤ˙P0̈0õ ̃ . ARENA A90 Grunack, A., Der Bartgeier in 1 Kärpathen ar Be NINA SS Hagerup, A. G., Steppenhuhn-Invaſion in Dänemark 1888 N n een 1 ur Drnithologie Central⸗Aſieae ss 488 Hörbye, J., Eine Haubenmeiſe in einem 3 CCC — Der Staar bei Hapa rang T • J eentinger ., . =. . Gen ad wire ned Hülsmann, H., Zwergtrappe .. 9 260 Hundt, Richard, Brutaufenthalt der See ae in 5 gef Songof ömmern . 53 Köpert, Beobachtungen des Steppenhuhns . 2% 0 37 — Merkwürdiger Niſtplatz einer Ringeltaube T Koller, Otto, Wildtauben . . . VVV Knauthe, K., Der Geruchſinn der Wögel J EN . e N22 — Hausſperlinge e ee, e 2 en tea es 5 a ale my IE AU TE een ea 355 — Eine Elſter rüttelt 8 FC — Weitere Beiſpiele von der Frechheit des ebabes e ee — Mehlſchwalbe (Hirundo urbia) . . . 235 P ERS REEREN | ee / [ een ee ar „182 ee ent 83 — Die Rohrdommel . / % ES — Zur e der ; Beifpertinge JC ae ee 28 eier .. EEE ns es amn..a 268 — Hausfperling . . 292 — Blaukehlchen in der Umgebung von Schlaupitz 325 ee N et Tue 7 ? 9 Eh * B Knauthe, K., Nebelkrähe und Muſchel reſp. Schnecke. — Albinos der Dohle 5 Krezſchmar, C. R., Mergus 1 als Wintergaſt Liebe, K. Th., r junger Auerhahn 5 F — Zu „Zur Naturgeſchichte des Wendehalſes“ von Ad. Mer : — Frühe Zurückkunft der Segler DER — Zu „Der Wendehals (Jynx torquilla) als Neſtverwüſter“ von . Sg 1 — Verſpätung in der ganzen Entwickelung der Natur Mer? — Einmauerung von Sperlingen durch Hausſchwalben . — „Die Verbreitung des Zeimer (T. pilaris) in A Lindner, Fr., Selten ſchöner Melanismus 5 — Winterliche Erſcheinungen aus der l bei Bei. — Botaurus stellaris im Winter 5 — Späte Brut und ſpäter Abzug . — Noch eine ſpäte Brut Meyer, Ad., Zur Naturgeſchichte des Wendehalſes 5 e Müller, Rudolf, Ein auf ganz trockenem Flußufer niſtender Droffel rope e — Abweichender Niſtplatz der großen Rohrdommel Botaurus stellari ss. 388 Moesmang, Jul., Ein rührendes Beiſpiel treuer Thierfreundſchaft .. 1 — 86 Ochs, H., Ueber das Verhalten des Buſſards gefangenen oder kranken Ei begebe 150 — Abnahme des rothköpfigen Würgers .. 5 5 ; 202 Pfannenſchmid, E., Ein junger . Seeadler erlegt gꝗ—... . RE N., Katzenſperre ‚•ũꝗ 774 Radde, G., Brütendes Uhu— Weibchen in Br Volidve ö Schacht, 95 Merkwürdige Todesart eines EINE ae NR er a — Dublette auf Trappen . 1 En RI SE ee — Waldkauz im Innern des Ausſichtsthurms I SUR TR 1 ee — Der Wendehals (Jynx torquilla) als Neſtverwüſter r er — Einführung des Girlitz (Fr. serinus) in Lippe .. ee Schlag, Ankunft der Vögel in Südweft- Thüringen im Frühjahr 1891 G Schlegel, Rich., Einige Seltenheiten aus der . . ne Me Schmid, F., Dic Zwergtrappe .. f 5 ö De Schaeck. F., Heuſchrecken— Vertilger l NIE Se Staats von Waquant-Geozelles, Bachſtelzen ‚•jꝗ J En — Scharſſichtigkeit der Silbermöve (Lar. argentat). . . ,„ . m. rn RE — Schmerzgeſchrei des Habichts und Sperbee s — Schlafplatz der Rabenkrähe, Nebel⸗ und Saatfräbe . e. E23 — Tod durch Blitzſchlagg. .. ·ꝗJ7+7J77.ĩ . Wißmann, H., Die Salzliebe der Sänfinge , E — Albinismus bei Schwalben .. ee N RT 5. Verſchiedenes. Liebe, K. Th. Zu Guſtav Thienemanns Gedächtnn ß nn me 3 Leverkühn, Paul, W. Ludwig jun. . . „„ „„ 5 Koßmann, Ernſt, Zu Wilhelm Ludwigs Gedächtniß 3 57 Leverkühn, Paul, Ein Brief, den neuen General-Index betreffend, Re an 1 Re⸗ daktion. 2 Hartert, Ernſt, Dr. Kutter + . Leverkühn, Paul, Ueber den ornithologiſchen Verein in u München 5 — Auguſt von Pelzeln T. ; 3 W. S., Nachruf an Herrn von Waquant⸗ Geozelles „ UN 6. Litterariſches. Liebe, K. Th., über „Fremde Eier im Neſt.“ Von P. Leverkühn h — über „Syſtematiſche Ueberſicht der Vögel Bayerns.“ Von Andreas hannes Jäckel Lindner, Fr., über „Archiv für Naturgeſchichte.“ .. . Leverkühn, Paul, über „Der Oettel'ſche Kalender 75 Geſlügelfreunde. 24 — über „Les fauvettes d’Enrope. Von F de Schgek Leverkühn, Paul, über „V. Jahresbericht (1889) der ele e Bevbachtungsſtationen im Königreich Sachſen. Nebſt einem Anhange: Die ſonſtige ee ame Beo⸗ bachtungen. Von Meyer und Helm.. 5 A — über „Die Vogelwarte Helgoland.“ Von 3 Bitte * Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverfühn JJ. ee 359. 391. 415. Floericke, Curt, über „Ueber die Mikroben der akuten und 1 eon bei Vögeln.“ Von B. Danilewsky. PR | Mi: — über „Malariaparaſiten in den Vögeln.“ a B. Graſſt 1 5 . Felleti ? — über „Zur Frage über die Immunität gegen Milzbrand.“ Von J. Saptſchenkon. Berichtigungen. S. 88. 328. 491. 8. Anzeigen. 688. 120. 152. 184. 208. 240. 296. 328. 392. 416. 448. 491. 9. Notizen für die Vereinsmitglieder. S. 24. 87. 120. 152. 184. 295. 447. „. n f 9 22 7, 2 De ect ai) e 1 e III & SSS N S . ä peutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von . danten d. Ver. Meldeamts⸗ Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, e Kopie in geit ere und erhalten dafür die Monats⸗ zweitem Vorſitzenden des Vereins, ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ : IR e Dr. Frenzel, Dr. Ney, der finden koſtenfreie Aufnahme Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geſtattet. XVI. Jahrgang. Januar 1891. Ur. 1. Inhalt: An die geehrten Vereinsmitglieder. Neu beigetretene Mitglieder. I. — Zu Guſtav Thienemann's Gedächtniß von K. Th. Liebe. W. Ludwig jun. F von Paul Leverkühn. — A. Goering: Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. I. (Mit 1 Schwarzdrucktafel nnd 1 Holzſchnitt.) Adolf und Karl Müller: Thatſachen aus der Vogelwelt. Zur Linde: Fiſch— räuber. Alexander von Homeyer: Schneeammer (Plectrophanes nivalis). — Kleinere Mittheilungen: Der Geruchſinn der Vögel. Bachſtelzen. Selten ſchöner Melanismus. Zur Naturgeſchichte des Tauchers. Eine e in einem Niſtkäſtchen. — Notizen für die Vereins- mitglieder. — Anzeigen. An die geehrten Vereinsmitglieder. Vorüber iſt das Feſt der Sonnenwende und ein neues Jahr ſteht auf der Schwelle, über welche das alte Abſchied nehmend dahin zieht zu den Paläſten, welche die Erinnerung den abgeſchiedenen Zeiten aufbaut. Die Erinnerung verſchönt und verklärt ja ſo Vieles! f 2 An die geehrten Vereinsmitglieder. Die Klage „Einſt war es beſſer“ wurzelt daher tief in der innerſten Menſchen⸗ natur und wird nie ganz verhallen. Allerdings ſucht gerade die Gegenwart mit ihrem ſkeptiſch-kritiſchen Geiſt auf jo vielen Gebieten an der Vorſtellung von „der guten alten Zeit“ zu rütteln und ſie thut es vielfach mit beſtem Erfolg, und wir wünſchen uns Glück dazu. Achten wir aber in dieſer Beziehung auf das, was unſerm Verein am nächſten ſteht, da müſſen wir ſagen: noch vor einem halben ö Jahrhundert war die Kenntniß unſerer Vogelwelt beim Volk im Allgemeinen eine viel mehr verbreitete, — eine viel gründlichere; und es gab damals auch weit mehr Vögel als jetzt, oder, wenn wir es ſchärfer bezeichnen wollen, es war damals zwar nicht bei allen, aber doch bei der Mehrzahl der Vogelſpecies der Beſtand der brü⸗ tenden ſowohl wie der durchziehenden ein ſtärkerer wie gegenwärtig. Das iſt kein Ausfluß des menſchlichen Triebes, das Alte zu verherrlichen, ſondern eine durch Daten und Zahlen belegbare Thatſache, und darum iſt die Aufgabe unſeres Vereins eine berechtigte, ſein Streben und Arbeiten ein nothwendiges. Und daraus wieder ergiebt ſich die Befriedigung, mit welcher wir auf die Wirkſamkeit des Vereins zurück⸗ ſchauen. Die Zahl der Mitglieder hat ſich gemehrt, obſchon der bei ſo vielen Theil— nehmern naturgemäße jährliche Abgang ja ein bedeutender ſein muß, und aus allen Gauen, „ſoweit die deutſche Zunge klingt“, ſind neue Genoſſen zugetreten. Wir erſehen zugleich daraus, daß die Art und Weiſe, wie unſere ornithologiſche Monatsſchrift die Veröffentlichung wiſſenſchaftlicher Originalforſchung mit populärer Form und Be— lehrung in länger Bekanntem verbindet, die richtige und angemeſſene iſt. Wir tragen die genauere Kenntniß der Vogelwelt in immer weitere Kreiſe hinaus und erwerben damit immer größere Theilnahme für dieſe unſere hochentwickelten Mitgeſchöpfe. Solche Theilnahme aber, die ſich auf möglichſt genaue Kenntniß der Thiere ſelbſt gründet, iſt die beſte Gewähr für einen wirkſamen Schutz der Vogelwelt. Was aber nun die Einzelfragen betrifft, in welche ſich das große Kapitel des Vogelſchutzes gegenwärtig auflöſt, ſo müſſen wir zu unſerer Freude berichten, daß nach einer ſehr großen Anzahl von Korreſpondenzen und nach Artikeln in verſchiedenen guten Zeitungen zu ſchließen, die beſonnene, objektiv urtheilende Richtung unſeres Vereins immer mehr Boden gewinnt gegenüber den extremen Richtungen, welche in Materialismus verſunken den Vogelſchutz überhaupt mehr oder weniger verurtheilen, oder auch auf der entgegengeſetzten Seite ohne Kenntniß der naturgemäßen Verhält⸗ niſſe, vor Allem ohne Kenntniß der Vögel und ihrer Bedürfniſſe, um Schutz zu üben, ſchließlich undurchführbare Principien hinſtellen und vernünftige Gründe durch Fanatismus erſetzen. — So wollen wir denn getroſt und voll Vertrauen in das neue Jahr hinüber treten und nach wie vor für unſere edlen Ziele wirken, wo ſich irgend Gelegenheit bietet. Des walte Gott! | Der Vorſtand. . Neu beigetretene Mitglieder. I. — Zu Guſtav Thienemann's Gedächtniß. 3 Neu beigetretene Mitglieder. E 1. Behörden und Vereine: Vogelſchutz-Verein in Schopfheim. 2. Damen: keine. 3. Herren: Karl Berndt, eand. med. in Marburg (Heſſen); Emil Bohl, Kauf— mann in Eiſenach; Auguſt Dittmann, Gaſtwirth in Arnoldsdorf bei Ziegen— hals; Richard Freeſe, Polizei-Diätar in Berlin; C. G. Friderich, Aquarell- maler in Stuttgart; Max Graemer, Hauptzoll-Amts-Aſſiſtent in Hamburg; Dr. Ernſt Hartert in Frankfurt a. M.; F. Hartwich, stud. med. in Marburg; C. Langheinz, Zahnarzt in Darmſtadt; Lehn, Paſtor in Ellidshöj Prieſte— gaard; Linneweber, Lehrer in Aſemiſſen bei Orlinghaufen; The Reverend H. A. Macpherſon in Carlisle (England); E. de Maes in Marburg; Julius Michel, Lehrer in Bodenbach in Böhmen; Dr. Auguſt Müller, Director des Nat. Inſtit. Linnaea in Berlin; Marinus van Oordt, stud. med. in Mar⸗ burg; C. Palliſch, Ingenieur in Erlach, Niederöſterreich; F. Plincke, cand. rer. nat. in Marburg; von Rabenau, Oberſtlieut. a. D. in Rietſchen (Ober⸗ lauſitz)) G. Reiß, Vogelhändler in Berlin; Ludwig Schmidt, cand. rer. nat. in Marburg; Schweißguth, Apotheker in Darmſtadt; von Treſchow, Arthur, Major a. D. in Weſtend bei Charlottenburg; A. Werner, Immobilien Agent in Darmſtadt; Dr. Wiepken als Director des Großherzogl. Muſeums in Oldenburg. Zu Guſtav Thienemann's Gedächtniß. Von K. Th. Liebe. Guſtav Thienemann, den unſere Monatsſchrift im verfloſſenen Sommer als unſeren Senior feierte und dem ſie dann voll Leides im Herbſt das Lebewohl in die kühle Gruft nachrief, entſtammt einem alten Gelehrtengeſchlecht, welches dem Studium der Natur gar manchen begeiſterten Jünger zugeführt hat. Der Groß— vater unſeres lieben „alten Herrn“ war Paſtor in Groß-Aga bei Gera; ſein Vater Johann Auguſt war in Gleina an der Unſtrut Paſtor loci. Hier wurde letzterem (6./ 9. 1781) der älteſte Sohn Wilhelm geboren, der längere Zeit in Droyßig und in Sprotta bei Eilenburg Pfarrer war, ſich an dem großen Eier-Werk ſeines Bruders betheiligte, die beiten Kupfer zu des älteren Brehm ornithologiſchen Werken zeichnete, „Ridingers Leben und Wirken“ herausgab und (9.12. 1863) zu Kötſchen— broda ſtarb. Deſſen Sohn war Wilhelm Thienemann, unſer vor nun ſchon ſechs Jahren heimgegangener hochverdienter Vorſitzender (24.4. 1820 — 5/11. 1884). Der zweite Sohn Joh. Aug. Thienemanns, Frech. Aug. Ludwig ward Arzt und erwarb ſich als Ornitholog einen berühmten Namen. Geboren wahrſcheinlich zu Wernigerode (25. 12. 1793) ſtarb er auf den Trachenbergen bei Dresden (24./6. 1858). 4 Zu Guſtav Thienemann's Gedächtniß. War auch ſein naturkundliches Wiſſen ein außerordentlich umfaſſendes, ſo war er doch auf dem Gebiete der Ornithologie vorzugsweiſe produktiv, zumal nachdem er ſeine große ärztliche Praxis in Leipzig wegen Ueberanſtrengung hatte aufgeben müſſen. Von großer Bedeutung waren die Reſultate feiner Reiſe nach Island 1820 — 1821. Er war Mitarbeiter bei verſchiedenen Fachſchriften, namentlich bei der Herausgabe der Rhea. Sein Hauptwerk aber iſt: Syſtem. Darſtellung der Fortpflanzung der Vögel Europas mit Abbildung der Eier, auf 28 Tafeln, 1825 — 1838, in 5 Ab⸗ theilungen. — Unſer Senior Guſtav, der dritte und jüngſte der drei Brüder, wurde geboren am 9. Juli 1800 in Gleina a. d. Unſtrut. Nachdem beide Eltern frühzeitig geſtorben, nahm ſich ſein älteſter Bruder ſeiner Erziehung liebevoll an, und auch auf Schulpforta, welche Anſtalt ſchon ſeine beiden Brüder beſucht hatten, fand er in dem damaligen Rektor Ilgen einen väterlichen Freund. 1818 bezog er die Univerſitäten Leipzig und dann Halle, um Theologie zu ſtudieren. Da er dabei die Naturwiſſenſchaften nicht außer Acht ließ und fleißig derlei Kollegia hörte, ward ihm das beſondere Glück zu Theil, zu dem Zoologen Nitzſch in nähere Beziehung zu treten und auf längere Zeit deſſen Famulus zu werden. Nach gut beſtandenem Staatsexamen trat er nach der ganz zweckmäßigen Gepflogenheit damaliger Zeit auf 5 Jahre die Stelle eines Hauslehrers beim Baron von Pöllnitz auf Oberlödla bei Altenburg an, und verlebte ſo glücklich und zufrieden, in ſtetem Umgang mit der freien Natur, ſeine Wanderjahre. Dann ward er Pfarrer, zuerſt in Kröſſuln bei Weißenfels, welche Stelle damals 230 Thaler trug — „wenig“, wie er ſelbſt bemerkt, „aber genug um gut auszukommen, da damals ja ſehr wohlfeile Zeit war“, und dann in Oberneſſa. Körperliches Leiden nöthigte ihn 1863 um ſeine Emeritirung einzukommen, und von nun an verbrachte er die letzten Jahre ſeines Lebens in Kötzſchenbroda. Dort, „am majeſtätiſchen Elbſtrom, zwiſchen Rebhügeln und lieblichen Fruchtgefilden“, ruhen nun alle drei Brüder ganz nahe bei einander auf prächtig gelegenen Friedhöfen. | Guſtav Thienemann hat ſich als Naturforſcher nicht in größeren Werken ver— ewigt, aber ſeine Thätigkeit war darum nicht weniger erſprießlich, da er es meiſter— haft verſtand, in kleinen, für das weitere gebildete Publikum beſtimmten Artikeln, ſowie im brieflichen und perſönlichen Verkehr mit Fachgenoſſen erweckend und be— lebend, anregend und ermuthigend zu wirken. Gelegenheit genug boten ihm dabei die Deutſche Ornithologiſche Geſellſchaft, die Naturforſchende Geſellſchaft des Oſter— landes, der Deutſche Verein zum Schutze der Vogelwelt, deren eifriges und begeiſtertes Mitglied er ſo lange Jahre hindurch war, und ſeine intimen Freundesbeziehungen zu Chr. Ludw. Brehm, Nitzſch, den beiden Naumann und Anderen. Ein guter Zeichner und vorzüglicher Präparator, verſtand er es ausgezeichnet, Vögel natur— getreu auszuſtopfen. Seine eigentliche wiſſenſchaftliche Provinz waren die Sumpf- 4 W. Ludwig jnn. F > und Waſſervögel, die er mit beſonderer Liebe ſtudirte und präparirte. Gleichwohl ſchenkte er in rührender Anhänglichkeit ſeine ſchöne große Sammlung von Sumpf— und Waſſervögeln ſeiner alma mater, der Fürſtenſchule Schul-Pforta. Er war eben eine edle, ideal angelegte Natur voll des feinſten Empfindens für jegliches Gute, was das Herz des Menſchen bewegt, wunderbar geiſtesfriſch noch beim Etntritt ins 91. Lebeusjahr, drei Monde ſpäter nicht mehr unter den Lebenden. W. Ludwig Jun. +. Von Paul Leverkühn. Am 10. November 1890 erhielt ich eine zwei Briefen, die unbeantwortet geblieben waren, nachgeſandte Poſtkarte aus Karlsruhe mit dem lakoniſchen Vermerk der Poſtbehörde zurück: „Adreſſat geſtorben“ und erfuhr auf dieſe unbarmherzige Weiſe vom Ableben eines treuergebenen lieben Freundes, eines begeiſterten Anhängers der Ornithologie, welcher leider an ſchwerem Siechthum ſchon lange dahin welkte, ſodaß ich ſeinem baldigen Ende mit ſchmerzlichem Bedauern ſeit geraumer Zeit ent— gegengeblickt hatte. Ich kann nicht einmul den Todes- und Geburtstag des guten Wilhelm Ludwig mittheilen: eine Aufrage bei ſeiner Mutter, die vielleicht gar nicht mehr in Karlsruhe lebt, blieb ohne Antwort . . .. So muß ich mich darauf be— ſchränken, dem Leſer aus den Briefen, die ich von dem Verſtorbenen beſitze, Einiges über ihn mitzutheilen. „Mein Vater gehört zu jenen Gegnern des Vogelhaltens“, ſchrieb er im Januar 1889, „bei denen Intereſſeloſigkeit am Gegenſtand durch hübſch aufgetragene Entrüſtung über Freiheitsentziehung geſchminkt wird . . . . . . Ich erhielt nie den geringſten Antrieb zur Ornithologie] von Haufe aus .. . .. Meine Leiden führten mich zur Natur zurück; zu den Vögeln war's Zufall, Lectüre von Kant's „Ueber die Macht des Gemüth's“ ꝛc., worin er u. A. von einem Alten ſpricht, der ſeine Tage nur noch damit zu größter Befriedigung hinbrachte, daß er ſeine Vögel fütterte und pflegte . . . . An's Zimmer gebunden durch Krankheit, aus dieſem Grunde aus meiner Berufsthätigkeit geworfen, war ich froh, auf dieſe Weiſe Abwechslung in mein täg— liches Thun zu bringen. Ich hielt Rothkehlchen und andere Einheimische, dann japaniſche Mövchen, dann Wellenſittiche, dann Zeiſige, Grasmücken, Kreuzſchnäbel ze.“ In ſeiner übergroßen Beſcheidenheit erwähnte er ſeine fleißigen literariſchen Arbeiten faſt nie, von denen das Verzeichniß ſeiner Schriften (ſiehe unten) ein beredtes Zeug— niß ablegt. Er war ſehr wohl bewandert im Alt- und Mittelhochdeutſch, hatte ſehr viel geleſen, beſaß ein ſtarkes Gedächtniß und war, beſonders was ſeine eigenen Publikationen betraf, von einer allzugroßen Aengſtlichkeit, ſo daß er, in Sorge, nicht genau genug oder nicht genügend Werthvolles zu ſchreiben, oft ſeine Manuſcripte 2 6 Paul Leverkühn, im Pulte behielt oder vernichtete. Seine Aufſätze, die, ſoviel ich weiß, nur in der Monatsſchrift primo loco erſchienen, wurden mehrfach ab- und nachgedruckt, ſo der „Vogelſchutz im Mittelalter“, welcher ohne Autorangabe in Schmiedeberg's Neue Deutſche Jagd⸗Zeitung überging. Ludwig war ein herzensguter offener Charakter, wofür folgende Stelle eines Briefes wohl Zeugniß ablegt „. . . . .. wenn ich auch zum alten Eiſen gehöre, ſo kann ich mich doch am Glanze Anderer erfreuen und bin Einer, der Fremder Ver⸗ dienſt zu empfinden weiß und am fremden Genuß ſich wie am eigenen zu erfreuen. Was hätte ich auch ſonſt vom Leben?“ Er war ſchwer tuberculös und litt bis 1888 auch an Helminthiſias. Als ich in Freiburg i. B., wo er ſich im Sommer bei Verwandten „zum Luftſchnappen“ aufhielt, mehrere Wochen mit ihm zuſammen war, wollte er durchaus nicht zu mir kommen. (Ich wohnte etwas vor der Stadt in einem Hauſe, aus dem ich mit einem Blick Vogeſen, Schwarzwald und den Kaiſerſtuhl überſehen konnte von der dritten Etage aus!) Der Grund war: daß er ſeinen Lungen das Treppenſteigen nicht zumuthen mochte. Ich fand einen ein— fachen Ausweg und trug ihn treppauf und treppab zu meinem luftigen Horſt. Auf mein dringendes Anrathen unterwarf er ſich in der Bäumler'ſchen Klinik damals einer Radikalkur, die ihn in Kürze von einer wohlausgewachſenen Taenia solium befreite. — Ich ſchließe dieſe dürftigen Notizen über ſein Leben mit einigen Stellen ſeiner Briefe, von welchen ich glaube, daß ſie allgemeineres Intereſſe haben, oder anregend wirken könnten. 1) Vogelſchutz. „Der Teufel hole das Badische Vogelſchutzgeſetz, in Folge deſſen in ganz Karlsruhe kein Vogel zu haben iſt, außer wenn man ſich mit höchſt zweifelhaften Individuen einläßt, die einem bringen was ſie gerade fangen, aber nie fangen was man gerade will.“ 2) Name des Eisvgels. „In der mir von Ihnen geſandten intereſſanten Abhandlung über den Zug (Dr. A. W. Malm, Die Erſcheinungen des Wanderns oder Ziehens in der Thierwelt im Allgemeinen und der Vögel im Beſonderen. Aus dem Schwediſchen. In: Troſchel's Archiv f. Naturg. XLVI, 1.) finde ich eine An⸗ merkung, wonach der Verfaſſer Eisvogel gleichſam als korrumpirt aus „Eiſenvogel“ betrachtet, welch letzteres aus dem Altdeutſchen komme . . . . Bei den alten Deutſchen war das Eiſen nie roſtig und isenvar dürfte die Farbe des blanken Eiſes bezeichnen, es ſollte mich wundern, wenn es einen isenvogel gäbe, nach der rothen Farbe der Vorderſeite des Vogels], wie Malm es annimmt.“ 3) Vogelbeziehungen in Nibelungenlied und Kudrun. Ich hatte Ludwig gebeten, ſelbe auszuſuchen und zu bearbeiten, was er auch im Jahre 1888 anfing; das Manuſcript habe ich leider nie zu ſehen bekommen. Lev.] „Die Be⸗ W. Ludwig jun. + 7 handlung beider Dichtwerke empfiehlt ſich, ja drängt ſich auf, weil die Gedichte vieles Verwandtes haben; ſprachlich bezüglich der Zeit der Entſtehung. In Betreff der beiden zu Grunde liegenden Sagen giebt die Edda Aufſchluß und muß alſo auch herangezogen werden, z. B. der Traum Krimhild's vom Falken, den zwei Adler tödten, findet ſich im Lied wie in der Sage ꝛc.“ eilßame Keſſe lern derſelbe ſtammt aus der Ihnen aus der Monatsſchrift“) bekannten Straßburger Vogler-Ordnung; ich war bis jetzt nicht im Stande eine Erklärung für ihn zu finden. Möglich, daß er im Dialekt noch lebt (bei Straßburg i. E., wohin dieſer Brief adreſſirt war). Es erinnert an Keſſel, welcher Name vielleicht auf das Keſſelartige des Neſtes deuten könnte. 5) Schwalben als diebiſche Vögel. „Der von Ihnen angeregten Schwalbenfrage ““) will ich näher auf den Leib rücken. Es ſcheint, daß die Schwalbe doch urſprünglich heilig war und erſt ſpäter durch die Pfaffen verdrängt wurde (vgl. Lindner's Mittheilung, Monatsſchrift 1888. XIII. S. 102), wobei ihre ſchwarze Farbe erleichternd beigetragen haben mag.“ | Verzeichniß der Arbeiten Ludwig's. 1) Ueber den Vogelfang im Mittelalter. — [Ornith.] Monatsſchrift des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. Jahrgang 1885. Band X. S. 246 — 254. 2) Nachahmung der Wachtelrufe von einer Singdroſſel. Ebenda 1886. XI. S. 248. 3) Vom Wannenweber. Ebenda 1887. XII. S. 128-130. 4) Zwergtrappe in Baden. Eb. 1887. XII. S. 232. 5) Jean Paul über Vogelfang. Eb. 1887. XII. S. 253— 254. 6) Vogelſchutz im Mittelalter. Eb. 1887. XII. S. 258263. 7) Vogelſchutz im Mittelalter. Eb. 1888. XIII. S. 140 — 142. 8) Zur Wachtelfrage. Eb. 1888. XIII. S. 386-387. 9) Niſten der Gebirgsſtelze. Eb. 1888. XIII. S. 427. 10) Zwei ornithologiſche Beobachtungen G. Chr. Lichtenberg's. Eb. 1889. XIV. | S. 108. 11) Noch eine ornithologiſche Beobachtung Lichtenberg’. Eb. 1889. XIV. S. 351— 52. 12) Ein deutſcher Dichter [B. Auerbach] als Beobachter der einheimiſchen Vogelwelt. Eb. 1889. XIV. S. 489 — 492. 13) Zahlreiche Beiträge zu: Leverkühn, Ueber eine alte pommerſche Vogelfauna. In: v. Tſchuſi zu Schmidhoffen, Ornith. Jahrbuch 1890. I. S. 145 — 153. Auch abgedruckt in Röhl, Zeitſchrift für Ornithologie 1890. XIV. S. 134 ff. ) Vergl. Ornithol. Monatsſchrift Jahrg. 1885, X. S. 253. ) Leverkühn, Zur Geſchichte des Vogelſchutzes. Luther als Vogelſchützer. — Monatsſchrift 1887. XII. Nr. 2. S. 49, Anm. 2* 8 A. Goering, Druckfehler zu Ludwig's Schriften, von ihm ſelbſt brieflich korrigirt: Monatsſchrift 1888. S. 386 Zeile 8 v. u. „1869“ ſtatt 1870. 1887. S. 32. Anm. * iſt 1885. 253 nachzutragen. München, December 1890. Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. Von Prof. A. Goering. N (Mit einer Schwarzdrucktafel und einem Holzſchnitt.) | Im Nachſtehenden beabſichtige ich keineswegs eine erſchöpfende Beſchreibung der ſogenannten Hoccohühner (Cra) zu bieten, da ich ſie als bekannt genug vorausſetzen kann. Wohl aber möchte ich den Leſern unſerer Monatsſchrift einige Epiſoden aus dem Leben dieſer intereſſanten Vogelgruppe durch Wort und Bild vorführen. Dem den Wald durchſtreifenden Jäger entziehen ſich mancherlei Vorgänge im Thier⸗ leben, weil er, und das thun auch viele Sammler, zu ſchnell vorwärts eilt, um einen möglichſt großen Bereich abzuſuchen; er ſtört die Thiere zwar auf, ſchießt ſie im günſtigen Falle und es genügt ihm, ſo viele Arten wie möglich in kurzer Zeit zu erhalten, ohne daran zu denken, daß auch die befiederten Waldbewohner ein ereigniß— reiches Leben führen, welches Krieg und Friede, Trauer- und Luſtſpiel bringt, verhältniß⸗ mäßig ähnlich wie das des Menſchen. Für den Maler hat es nun ſelbſtverſtändlich ein beſonderes Intereſſe, die Thiere in ihren Gruppirungen und Bewegungen zu belauſchen und dazu bietet ſich ihm oft ganz unerwartet Gelegenheit, wenn er ein gün⸗ ſtiges Plätzchen im Walde gefunden hat, auf welchem er reichen Stoff für die Mappe ſammeln kann. Wenn er ſich in eine Formen- und Farbenmannigfaltigkeit der Pflanzenwelt zu vertiefen vermag, wie ſie nur im tropiſchen Walde ſich findet, ſo darf er auch erwarten ein dem entzückenden Pflanzenbilde entſprechendes Thierleben zu finden. Aber gar wenig von Letzterem iſt beim Eintritt in den geheimnißvoll ſtillen Wald zu bemerken: jedes Geräuſch, welches der auch noch ſo behutſame Wanderer verurſacht, verſcheucht die Thiere, und ſchnell ſind ſie dem Auge des Jägers entſchwunden. Gerade da, im tropiſchen Tiefland-Urwald, wo die Dicht⸗ heit des Pflanzenwuchſes und die Formen- und Farbenpracht der Thierwelt am reichſten vertreten iſt, entzieht ſich letztere faſt ganz unſern Blicken, und während der heißen Tagesſtunden wirkt die Ruhe des Waldes ganz unheimlich auf den Menſchen. Ich habe in dieſer Schrift ſchon früher auf die Flußläufe und Waldeslagunen hin⸗ gewieſen, daß dieſe es ſind, welche vom Sammler beſonders aufgeſucht werden müſſen. Um die Hoccos in ihrem Thun und Treiben zu belauſchen, iſt es beſonders nöthig vorſichtig zu ſein und länger ruhig in einem Verſtecke zu bleiben, denn > Vogelwelt X & WITTIG d. I: FISCHER Z. V. Deutschen vi — — — — 2 un — 8 — — O —.— Fi Ornith. Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. 9 ſie ſind im allgemeinen ſehr ſcheu, weil ihnen wegen ihres ſchmackhaften Fleiſches ſehr nachgeſtellt wird. Es giebt auch in der That kein beſſeres Fleiſch aus der Vogelwelt im Urwald, welches, nur mit Salz eingerieben und am Spieße gebraten, ausgezeichnet ſchmeckt. Aber auch auf den feinen Tafeln in den Städten, wohin zu— weilen dieſe faſt truthahngroßen hühnerartigen Vögel gebracht werden, bilden ſie eine höchſt willkommene Speiſe. Als eigentliche Waldvögel habe ich ſie auch immer nur im dichten Wald ge— troffen und ſie nie auf dem Boden geſehen. Während meines längern Aufenthaltes bei den Chaymas⸗Indianern in den Wäldern von Caripe haben wir oft ganze Ge— ſellſchaften aufgeſcheucht, aber wegen der Dichtheit des Waldes verſchwanden ſie ſchnell unſern Blicken, ſo daß es nur ſelten gelang erfolgreich zu ſchießen. Ganz anders aber war es, wenn ich an einer Stelle malte und ſo ruhig die den Wald durch— ſuchenden Thiere beobachten konnte, welche durch irgend welche Umſtände in meine Nähe geführt wurden, ohne daß ſie ahnen konnten, welche Gefahr für ſie in dem Verſtecke verborgen war. Vertieft in meine Arbeit, welche in aller Ruhe vor ſich ging, wobei ich gerade nur glänzende Kolibris, welche vor den Blüthen ſummten, belauſchte oder abwechſelnd prachtvolle Schmetterlinge fing, kam plötzlich von irgend woher ein größerer Vogel, 10 A. Goering, Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. Pfefferfreſſer, Cassieus und andere herbeigeflogen. Auch Säugethiere verſchiedener Arten ſchlichen vorüber und Manches wurde der Sammlung durch einen ſichern Schuß einverleibt. Aber alle dieſe Erſcheinungen lärmten nicht und im Walde herrſchte verhältnißmäßig Ruhe bis ein weittönendes Geräuſch und laute Hui-Hui-Rufe ver⸗ nehmbar wurden. Ein kräftiges Flügelſchlagen verkündete das Herannahen großer Vögel und geſchickt zwiſchen dem Gezweig hindurchfliegend, gruppirte ſich bald eine Geſellſchaft Hoccos über mir, hart neben einander Platz nehmend. Kaum athmend, war nun mein Blick auf die intereſſanten Ankömmlinge gerichtet, welche, ſich ganz ſicher glaubend, ſich zur Sieſta zu vereinigen ſchienen. Manche ſolche Epiſode habe ich feſtgehalten und in mein Skizzenbuch gebracht, von denen ich die eine den Leſern vorführe (ſiehe die Vignette), wie die eine Art, Pauxi galeata, eine Gefahr nicht ahnend, die heiße Tageszeit auf ſicherm Platze geſellſchaftlich zu verbringen ſucht. Doch endlich wird auch dieſes friedliche Bild durch einen Schuß zerſtört und einen fallenden Kameraden zurücklaſſend, fliehen die furchtbar erſchreckten Vögel mit dem— ſelben Geräuſch wie ſie gekommen waren. Bei unſerm Zuge durch die furchtbaren Waldwildniſſe ſüdöſtlich von Caripe zur Aufſuchung neuer Guacharohöhlen überraſchte uns mehrmals die Nacht, bevor wir einen Punkt fanden, wo wir unſer Lager aufſchlagen konnten, und mit großer Mühe und Anſtrengung gelang es uns, nicht weit von einem kleinen Bergſtrome unſere Hängematten aufzuſpannen. Es iſt eine ſchwierige und nicht ungefährliche Aufgabe in voller Dunkelheit und im Regen ſich vorwärts zu arbeiten. Schweigſam zieht die kleine Geſellſchaft einher, nach allen Richtungen taſtend. Endlich ruft der kundige alte Indio, der Führer: „aqui estamos, hier find wir“, aber ganz leiſe und mit großer Mühe gelingt es uns, uns für die lange Nacht einzurichten. Eine unheimliche Ruhe herrſcht; auch die in der Dämmerung aus den Höhlen fliegenden Guacharos haben ihr gellendes Geſchrei eingeſtellt und ſind mit Nahrungſuchen be— ſchäftigt. Furchtbar ermüdet, unterbleibt heute die ſonſt übliche lange Unterhaltung durch Erzählen von Schauer- und Jagdgeſchichten aus dem uns umgebenden Thier— reich im Walde, die uns manchmal die lange Nacht am Feuer verkürzten. Wenn man nun auch ſchon an ſolche Nachtquartiere gewöhnt iſt, ſo ſchläft man doch immer mit einem gewiſſen Bewußtſein der Gefahr, und es entgeht uns kein Geräuſch, welches ein unliebſames Vorkommniß andeuten könnte. Inzwiſchen, bald nach Mitternacht, iſt es heller geworden, die ſchwarzen Wolken, welche ſich über den ungeheuren Wald ſpannten, haben ſich zum Theil verzogen, und der Mond lugt freundlich durch den dunklen Wirrwarr des Geäſtes der Lianen und der Palmenwedel. Mit froher Hoffnung erſehnen wir den Morgen, um bei gutem Wetter aufzu⸗ brechen. Was mag der morgende Tag bringen, welcher zum Beſuche der prachtvollen Höhlen benutzt werden ſoll. Meine Gedanken fliegen zuweilen aus der Abgeſchieden⸗ Adolf und Karl Müller, Thatſachen aus der Vogelwelt. 11 heit der Urwaldnacht in die liebe Heimath, aber bald werden ſie wieder abgelenkt auf die uns umgebende Natur. Mancherlei nächtliche Thierſtimmen und ſtürzende Aeſte unterbrechen die un— heimliche Stille, aber wir gewöhnen uns leicht daran, weil ſie keinen ungewöhnlichen Vorgang bilden. Da wird es plötzlich in einer von Lianen durchflochtenen und von ſchmarotzenden Pflanzen bedeckten Krone eines Baumrieſen in unſerer Nähe lebendig, ein furchtbares Flügelſchlagen und das bekannte Geſchrei des Hoccos ertönt. „Son euchi-euchis que matan los Pauxis“, es ſind Wickelbären, welche die Pauxis tödten, rufen meine Indios. Und wirklich, ich erkenne gegen das Mondlicht blickend, die ſchleichen- den Verräther, welche ſo unbarmherzig die Nachtruhe der harmloſen Vögel geſtört haben (ſiehe Vollbild). Die der Gefahr entrinnenden Hoccos fallen irgend wo anders ein und wer weiß wie ſie dort empfangen werden. Die Wickelbären ſchleichen weiter und am nächſten Morgen finden meine Begleiter die Ueberreſte eines blut— entleerten Crax Daubentoni am Boden liegend. Im nächſten Artikel ſoll, durch einige Abbildungen erläutert, weiter auf das Leben und die Verbreitung der Hoccos eingegangen werden. Thatſachen aus der Vogelwelt. Von den Brüdern Adolf und Karl Müller. Es iſt eine längſt beſtätigte und anerkannte Thatſache, daß jeder Zugvogel mehr oder weniger an ſeinen alten Heimathsort (Stand) zurückkehrt. Wir ſagen „mehr oder weniger“, denn exacte Beobachtungen haben ergeben, daß viele Vogel— arten die Grenzen ihres Vorkommens nicht unbedeutend verſchieben. Unſere Kultur— verhältniſſe haben eine Menge Veränderungen des Charakters der landſchaftlichen Territoren zur Folge, welche das empfindliche, wähleriſche Weſen ſo vieler Arten hier beeinträchtigen, dort befriedigen. Wo ſich die weſentlichen Bedingungen für die Exiſtenz und namentlich auch das Niſten finden, da wird die betreffende Art ſich einſtellen und ihre Heimſtätte gründen und behaupten; mit dem Verſchwinden der Annehmlichkeiten und der Zweckmäßigkeit der Lokalverhältniſſe wird auch ein Weg— ziehen der befiederten Weſen ſich kundgeben, die an dieſe Vorbedingungen die Wahl ihres Standortes knüpften. Welcher Vogelkundige hätte dieſe Erfahrungen nicht vielfältig und alljährlich gemacht — um nur ein ſprechendes Beiſpiel anzuführen — an der Nachtigall, die ein Lichten des Unterholzes in Park- und Garten-Anlagen zum Auswandern bewegt. Und ſo verurſacht — ganz abgeſehen von Nachſtellungen ſeitens der Menſchheit und Thierwelt — ſelbſtverſtändlich ein Entwäſſern und Ent— ſumpfen von Landſtrichen, die ſtändig ſich wiederholenden bedeutenden Veränderungen 12 Adolf und Karl Müller, im Walde, hier durch Lichtung und Abtrieb des Oberſtandes, die Läuterungen und Durchforſtungen in Hochwaldungen, dort die Räumungen von Niederwaldſchlägen, hier wieder das Ausroden von Waldorten und umgekehrt die Aufforſtung kahler Striche eine weſentliche Veränderung in der landſchaftlichen lokalen Charakteriſtik. Was Wunder, wenn die an beſtimmten Oertlichkeiten jo ſehr hängenden und viel⸗ fältig gebundenen Vogelarten dem Heim in unveränderlichen zuſagenden Verhältniſſen ebenſo gern treubleiben, als ſie variable Lokalitäten verlaſſen oder denſelben aus⸗ weichen. | Wie die Nachtigall hervorgehobenermaßen ein dichtes Unterholz liebt, jo z. B. bevorzugt der Kuckuk erfahrungsmäßig Waldorte mit vielem Oberholz, wie Hochwald mit eingewachſenen alten Eichen, beſonders Mittelwaldungen mit reichlich übergehal— tenem Oberbaum, an ſchilfbewachſenen Teichen, See'n und Flüſſen belegene Auen- wälder mit Oberſtändern, ſowie Triften, die ja beſtändig mit alten Bäumen horſt⸗ weiſe und einzeln verſehen zu ſein pflegen. Ein bevorzugtes Kuckuks-Heim ſind deshalb auch verwahrloſte Privatwaldungen mit dem Miſchmaſch von jungem und altem Holz und eingeſtreuten Lichtungen. Welchem einigermaßen aufmerkſamen Beobachter ſollte es je entgangen ſein, daß der Kuckuk gerade ſo wie ſeine befiederten Mitweſen um ihn her, die Eigenſchaft theilt, ebenſo ſehr an ſeine beliebten unver— ändert gebliebenen Standorte alljährlich zurückzukehren, als dieſelben zu verlaſſen, ſobald ſie weſentlichen Umwandlungen und Störungen ausgeſetzt werden? Hier könnte füglich und verdientermaßen gradezu ganz kurz von einer längſt allbekannten Thatſache geſprochen werden, daß der Vogel im Allgemeinen an ſeine alten Stand— orte zurückkehre. Wir haben ſchon vor Decennien bei verſchiedenen Gelegenheiten, beſonders auch in den Abhandlungen über die Fortpflanzungsgeſchichte des Kuckuks zur Sprache gebracht die auffallende Veränderlichkeit in den Gelegen eines und des— ſelben Neſtes unſerer Kleinvögel, und wir ſtehen wahrlich nicht allein in der Be— ſtimmung und Betonung dieſer jedem Kundigen wohlbekannten Thatſache. Wir laſſen die Erfahrungen, die wir in unſeren Tage- und Notizbüchern bei unſeren Beobachtungen an Neſtgelegen im Gange der Jahre aufnotirt haben, hier folgen. Dabei iſt zu betonen, daß bei dieſen Aufzeichnungen nur die in hohem Grade ab— ſonderlichen Fälle unter unzähligen ähnlichen, nur nicht gerade ſo entſchieden auf— fallenden in Betracht gezogen wurden. Juſektenfreſſer. Schwanzmeiſe (Acredula caudata). Den 25. April 1865 in meinem Garten bei Gladenbach, im ehemal. Heſſiſchen Hinterlande ein Gelege mit 9 Eiern entdeckt. 5 davon hatten die normale Färbung und Zeichnung, 4 im Grunde auffallend hell mit ſehr ſpärlicher Zeichnung. Thatſachen aus der Vogelwelt. 13 1866 Ende April bei Mornshauſen an der Salzböde unweit Gladenbach und Anfangs Mai bei Dernbach, Revier Gladenbach, zwei Neſter dieſer Art gefunden. Im erſteren Falle waren unter dem Gelege von 8 Stück 6 Exemplare ganz weiß, 2 nur wenig gezeichnet; der zweite Fund zeigte ein Gelege von 6 ganz rein weißen Exemplaren. (A. M.) Zaunkönig (Troglodytes parvulus). In einem Erlenwäldchen auf einem Fichtenbäumchen fand ich ein Zaunkönig— neſt, worin unter trüblichweißlich grundirten 2 rein weiß grundirte Eier lagen. 3 Stück des Geleges waren am ſtumpfen Ende mit einem ungleich breiten röthlich— braunen Kränzchen verſehen, die andern nicht. (K. M.) Kleiner Weidenlaubvogel (Phyllopneuste rufa). Am 21. April 1866. Bei 6 Eiern waren 4 dunkler und reichlicher gezeichnet auf trüberem Grunde, 2 auffallend kleinere hellweiß grundirt und ſehr ſpärlich gezeichnet. | (A. M.) K. M. gewahrte häufiges Variiren der Zeichnung der Eier in einem und dem— ſelben Neſte. | Teichſchilfſänger (Acrocephalus arundinacea). Die im Verhältniß zum kleinen Vogel derben Eier variiren ſehr in der Fär— bung. Die am gewöhnlichſten vorkommende Färbung fanden wir auf entſchieden grünlich-grauem Grunde mit ölfarbenen und dazwiſchen dunkelbraunen Tupfen. Aber man findet oft in einem und demſelben Neſte helle und dunklere, reichlich und ſpärlich gezeichnete Eier. In unſerer Heimath (Staden an der Nidda bei Friedberg) kamen uns 2 Neſter zu Geſicht mit ganz auffällig verſchiedener Färbung und Größe der Eier. In dem einen Neſte waren 3 Eier faſt ganz weiß grundirt mit nur wenig verwaſchenen dunklen Punkten. 5 In einem andern befand ſich unter gewöhnlich gefärbten eins auf ganz dunkel olivenfarbenem Grunde ſchwarzbraun am ſtumpfen Ende getüpfelt und ſonſt ölfarben überwäſſert. Dies Ei war mit einem helleren größer als die andern im Neſt. (A. und K. M.) Rohrdroſſel (Acrocephalus turdoides). Unter den Eiern der Rohrdroſſel iſt das Bläuliche neben dem leicht grünlichen Grunde unter den Eiern eines Neſtes manchmal vertreten. (K. M.) Gartenſänger (Hypolais salicaria). Am 1. Juni 1887 finde ich das Neſt im Hausgarten (Krofdorf) im Gebüſch mit 3 Eiern. 2 davon roſenröthlich grundirt und wie gewöhnlich in Zeichnung; das dritte auffallend abſtechend von den andern: auf grauem (ſchmutzig grauem) .) Adolf und Karl Müller, Grund dunkler und viel reichlicher getupft wie die andern mit etwas verwaſchenen Schnörkeln. | (A. M.) Vielfältige Beobachtungen von K. M. ſtimmen mit vorerwähntem Falle und conſtatiren die Grundfarbe der Eier übergehend von Roſa ſo ſehr in den grauen Ton, daß kaum noch etwas Röthliches zu erkennen war. Gartengrasmücke (Sylvia hortensis). Gemeinſchaftlich gewahrten A. und K. M. ſehr häufig unter den Gelegen ver- ſchiedene Grundfärbung und Zeichnung, auch abweichende Geſtaltung und Größe. Dorngrasmücke (Sylvia einerea). Mehrmals waren Eier in Gelegen mit gelbem Grunde, ſowie mit blauweißem in's Grünliche ſchimmerndem grauem. Noch mehr Verſchiedenheit zeigte ſich in Punkten und Flecken. Niemals ſah ich ein Neſt, in welchem dieſe Unterſchiede, namentlich in der Zeichnung der einzelnen Eier, ſo auffallend verſchieden waren. (K. M.) Jedes Jahr überzeuge ich mich in meinem und den benachbarten Gärten der Ruine Gleiberg (Krofdorf) nicht allein von der außerordentlichen Veränderlichkeit bei einem und demſelben Gelege in Grundton und Zeichnung dieſer Species, ſondern auch in der Größe und Form, welch letzterer zwiſchen abgeſtumpft und ſchlank wechſelt. (A. M.) Rothkehlchen (Dandalus rubecula). Am 25. Mai 1867 fand ich (A. M.) ein Neſt mit 6 Eiern. Darunter lag ein merkwürdig von den übrigen verſchiedenes Ei: 4 waren normal gefärbt und gezeichnet, 1 hatte einen ſehr markirten dunkleren dichten Kranz um das ſtumpfe Ende, gegenüber den 4 andern; das kleinere ſechſte war hell mit bläulichem Anhauche im Grundton, zeigte überhaupt entſchieden wenig Zeichnung und hatte nach der Spitze zu zwei dunklere (zimmetrothe) Punkte. Schwarzamſel (Merula vulgaris). Am 18. März 1867 fand ich ein Neſt in einem Reiſerhaufen im Rüchenbacher Gemeindewald, Oberförſterei Gladenbach (Heſſ. Hinterl.) mit 6 Eiern. Da dieſelben ſo außerordentlich in Form, Zeichnung und Größe von einander abwichen, nahm ich ſie ſammt dem Neſte mit nach Haufe. 4 davon waren dunkel in der Färbung, trübgraugrün im Grundton, über und über mit röthlichbraunen (zimmetfarbenen) Tupfen beſäet. 1 davon war ſtumpf, die andern 2 länglich oval. Dieſe waren entſchieden heller. Der Grund ſchmutzig weiß mit viel weniger kleinen Tupfen (Hell- zimmetroth) verſehen. Das ſechſte zeigte auf gleich gefärbtem Grunde größere hell— zimmetrothe Punkte, die am ſtumpfen Ende größer und dichter ſtanden, während ſie am übrigen Theile ſpärlicher auftraten. Ich ſandte 2 auffallend verſchiedene davon mit 2 entſchieden in Färbung und Größe abweichenden Kräheneiern aus einem 5 si i — Thatſachen aus der Vogelwelt. 15 Gelege, ſowie ein abnorm gefärbtes Hausſperlingsei an Freund Profeſſor Dr. Noll in Frankfurt a. M. (A. M.) Im Sommer 1889 bewies mir im Feldgarten meines Schwiegerſohnes das Gelege einer Schwarzamſel ganz eklatant die Verſchiedenheit der Grundfärbung der Eier. (K. M.) Rothrückiger Würger (Lanius collurio). Am 21. Mai 1880 entdeckte ich (A. M.) an den vielfach vorkommenden Rain⸗ hecken der Teraſſen um die Krofdorf benachbarte Ruine Vetzberg ein Neſt, das mich durch die Verſchiedenartigkeit ſeines Geleges intereſſirte. Nicht allein, daß die Grund— färbung und Ueberzeichnung ſehr wechſelte, ſondern auch die Form und Größe der Eier. Eins war auffallend kleiner als alle andern, aber verhältnißmäßig ſtumpf— bauchiger und mit mehr grauen Punkten auf grauröthlichem Grunde überzeichnet. Beim Anblick dieſes Eies — ſowie bei dem im nachfolgenden Falle gefundenen Neſte des Goldammers — kam mir der Ausſpruch Rowley's in ſeinen „Thatſachen in der Haushaltung des Kuckuks“ (III. Heft von Cabanis Journal für Ornithologie von 1866) lebhaft in's Gedächtniß, wo dieſer vorzügliche Beobachter des Kuckuks die Verwechslung abnorm gefärbter und monſtröſer Neſteier mit dem des Kuckuks betont, und ich ließ deshalb die 5 Eier fein in situ, bis am 7. Juni fünf junge Würger mit ſchon geſtoßenen Kielen ſich des Daſeins erfreuten. K. M. hat in den ſog. Erlen ganz nahe bei Alsfeld in Dornbüſchen Neſter des rothrückigen Würgers gefunden, welche auffallend verſchieden gefärbte Eier enthielten. Das eine war grünlich, das andere blaßgelb grundirt; das eine merklich kleinere, blaßgelb grundirte hatte unter ſeinen ſpärlichen rothbraunen Flecken einen intenſiv rothen. Ueberhaupt hat K. M. ſeit 40 Jahren dieſem Vogel eine ganz beſondere Aufmerkſamkeit zugewandt und die Beobachtung ähn— licher Verſchiedenartigkeiten wie die erwähnten an Würgereiern eines und des— ſelben Neſtes, ſo häufig gemacht, daß er einen Zweifel dieſen Thatſachen gegen— über nicht für möglich hält. Körner⸗ und Sameunfreſſer. Feldlerche (Alauda arvensis.) Den 15. März 1889 entdeckte ich (A. M.) unweit der Gießen-Krofdorfer Chauſſee ein Neſt in der Saat mit 5 auffallenden auf grau-grünem Grund wenig betupften Eiern. Ein zweites Gelege mit 6 Eiern, am ſelben Tage aufgefunden, bot 4 nor— mal auf trübweißem Tone braun gefleckte Eier; 2 waren aber röthlich-gelb-weiß grundirt und hin und wieder mit dunklen Punkten ſowie von grauen durchſchoſſen (U]eberzeichnung). Der Communalförſter Lucas zu Krofdorf zeigte mir Tags darauf in den an den Krofdorfer Wald grenzenden Wieſen ein Neſt mit fünf Eiern. Die 16 Adolf und Karl Müller, meisten waren auf faſt rein weißem Grunde mit nur wenigen Flecken von brauner und grauer Farbe gezeichnet, 1 darunter ſehr hell, hauptſächlich am r Ende, ſonſt nur ganz ſpärlich gepunktet. Auch in den Haubenlerchen-Neſtern (G. eristata) in der Nähe von Gießen habe ich (A. M.) die Jahre her, dieſelbe Erſcheinung abweichender Färbung in mehreren Fällen wahrgenommen. Obgleich alle Gelege dieſer Species noch als Lercheneier kenntlich waren, ſo erſchienen ſie doch manchmal merklich heller und dunkler gezeichnet. Bald herrſchte die graue, bald die bräunlich-rothgelbe Zeichnung (durch Flecken und Punkte) vor; aber die Größe und Form variirte mehr wie bei den Eiern der Feldlerche. Goldammer (Emberiza eitrinella). Am 6. Mai 1867 in dem Diſtrikte Rüchenbacher Hecken des gleichnamigen Gemeindewaldes in meinem damaligen Dienſtbezirke Gladenbach fand ich (A. M.) zwei Neſter der Art. Das eine Gelege war ſehr verſchieden von dem andern. Mehrere Eier waren mit einem röthlich angehauchten Grunde verſehen, und waren darunter einige derbere rundlich, während die andern (2 davon) ſchmutzig weiß grundirt und länglich geſtaltet erſchienen und auch dunklere Ueberzeichnung auf— wieſen. | An demſelben Tage, als ich das Neſt des rothrückigen Würgers aufgefunden hatte, begegnete mir einer der Holzhauermeiſter meines Reviers und theilte mir mit, er habe zwei Kuckukseier in dem Neſte eines Goldammers an einem Raine in der Feldmark nahe dem Walde entdeckt. Zur Stelle geführt, fand ich das Gelege aller— dings in Geſtaltung, Größe und Färbung der Eier untereinander merkwürdig. Aehnlich wie in dem Neſte des rothrückigen Würgers befanden ſich 2 größere unter dem Gelege, die einen ſchmutzig-weißen Grund mit dunkeln Kritzeln und einigen verſchwommenen Punkten aufwieſen, während die andern röthlich-gelb grundirt und einige davon kleiner und bauchiger geſtaltet waren. Es waren ausweislich der Zeitigung ſämmtlich Goldammereier. Stieglitz (Carduelis elegans). Am 25. Mai dieſes Jahres ließ ich (A. M.) durch meinen Sohn in der Nähe meiner Wohnung ein Stieglitzneſt von einem ſchlanken Kirſchbaum herunternehmen, nach welchem einige Knaben mit Steinen geworfen hatten. In dem Neſte befand ſich ein Ei, das, mit Ausnahme eines ſchwarzbraunen Punktes und eines winzigen rothen Schnörkels nach der Spitze zu, einfach weiß war. Alle übrigen zeigten nor⸗ mal violette, graue und dunkelſchwarzbraune ſowie purpurne, am ſtumpfen Ende hin und wieder kranzförmig reichlich aufgetragene Kritzel und Punkte, und hatten 3 ent⸗ ſchieden einen bläulich-grünlichen Grundton, das vierte neigte ſchon mehr in der Grund- färbung dem weißen hellen zu. Durch die unvorſichtige Abnahme des auf ſchwankem Thatſachen aus der Vogelwelt. 17 Außenaſte ſtehenden Neſtes zerbrach mit einem andern das weiße Ei in zwei Hälften; es iſt aber bis heute noch deſſen Schale in ihrer Färbung deutlich ſichtbar. In vielen Fällen — ich (A. M.) weiß mich noch lebhaft deren ſogar aus meinen Jugendjahren zu erinnern — gewahrte ich in einem Neſte weiße, wenigſtens entſchieden heller von den nebenliegenden in der Grundfarbe und Zeichnung, auch manchmal ſichtlich in Größe und Form abſtechenden Eiern, die einen grünlichen oder bläulich-grünlichen Anflug hatten. Endlich ſoll auch noch erwähnt werden der Hausſperling (Passer domestieus). Kaum iſt wohl ein Gelege dieſes mit den menſchlichen Verhältniſſen ſo ſehr ver— wachſenen vielſeitigen Geſellen vorhanden, das nicht ſichtliche Verſchiedenheiten in den Exemplaren aufwieſe. Da ändert der dunkle ſchmutzig gefärbte Grundton mit breiten Flecken, Fladen und Striefen von Grau, Grauſchwarz und Gelblichbraun, Olivenfarbe in etlichen Schattirungen ab bis zum hellweißen Grunde mit ſpärlich breiter und feinerer Zeichnung, ſo daß ein Aufzeichnen der notoriſchen Nüancen zu weit führen würde. Auch iſt die Geſtalt und Größe ebenſo abwechſelnd. Dias beinahe ebenſo variable Gelege des Baumpiepers (Anthus arboreus) mag als bekannt hier übergangen werden. Ueberhaupt aber können wir Brüder kraft unſerer über fünfzigjährigen Er— fahrungen im Allgemeinen unzähliche Fälle uns vergegenwärtigen, nach welchen der Totaleindruck der iſt, daß die Veränderlichkeit in Färbung, Zeichnung, Größe und Form bei den meiſten, wenn nicht allen Arten unſerer heimiſchen Kleinvögel als eine vielverbreitete, ja faſt als eine mehr und minder hervortretend regelmäßige ſich erweiſt; denn die Natur bindet ſich an keine Schablone und wie das Leibniz'ſche Wort ſich bewahrheitet, daß keine 2 gleichen Blätter in der vegetabiliſchen Natur zu finden ſeien; ſo wechſelt das freie Spiel der Natur in dem ungleich variableren höher organiſirten Weſen viel entſchiedener. Abgeſehen von ſachlichen Gründen, aus logiſchen allein ſchon, kommen wir nach den obigen Aufzählungen von Thatſachen auf denjenigen Vogel zurück, bei deſſen Einzelweſen die Eier einer notoriſch ganz außerordentlichen Variabilität unter— worfen ſind. Es wäre geradezu eine enorme Ausnahme in den Reihen der befiederten Weſen, wenn dem Kuckuke auch hier wieder eine excluſive Eigenſchaft von der Natur zugewieſen wäre, daß nämlich je ein weibliches Individuum ſtets ganz gleichgefärbte, gleichgezeichnete und gleichgroße Eier lege. An dieſe ſchon ein halbes Menſchenalter von Einzelnen herrührende Behauptung ſchließt ſich die — wenn wir nicht irren von Tiedemann aufgeſtellte — Anſicht, daß der Kuckuk bei ſeinem Eiablegen ſtets die Neſter der Art aufſuche oder bevorzuge, in welchen er als Pflegeſohn groß— gezogen worden, alſo mit anderen Worten, daß der von Bachſtelzen aufgezogene Kuckuk regelmäßig in Bachſtelzenneſter ſeine Eier bringe u. ſ. w. Dieſe letztere Be— 18 Adolf und Karl Müller, Thatſachen aus der Vogelwelt. hauptung iſt an und für ſich in ausgeſprochenſter Form eine bloße Theorie und ſie bleibt, wie wir ſchon vor Decennien mit jo manchen anderen Ornithologen es that⸗ | ſächlich ausgeſprochen haben — grundſätzlich ganz unberückſichtigt. Wenn aber dieſe und ähnliche Behauptungen von Zeit zu Zeit erneut auftauchen, jo können andere auf Erfahrungen geſtützte Anſichten logiſch und de jure et facto nicht minder Platz greifen.“) A Der ſehr exakte Rowley erwähnt in ſeinen angeführten „Thatſachen“ ꝛc.: „Ich habe zwei Typen (einen grauen und röthlichen) von Kuckukseiern gefunden, von denen ich beinahe abſolut ſicher bin, daß ſie von demſelben Vogel herſtammen.“ War es in früheren Jahren unſerer unausgeſetzten Beſchäftigung mit dem Thun und Treiben des Kuckuks ein Zufall, daß wir in verhältnißmäßig von dieſem Vogel ſpärlich beſuchten Landſtrichen beobachteten — in jüngſter Zeit ſuchen wir grundſätzlich für dieſe Ausforſchung bloß ſolche Oertlichkeiten aus, in welcher die Art nur ſporadiſch auftritt. Hierdurch kann jeder von uns Brüdern Waldorte oder ſonſtige Strecken bezeichnen, wo notoriſch höchſtens ein Kuckukspaar vorzukommen pflegt. Nur an ſolchen Orten kann man ſicher ſein, daß man innerhalb ſolcher Bezirke — in denen der männliche Kuckuk keinen Nebenbuhler ohne auffällig tumul⸗ tuariſche Kampfesſcene duldet — entdeckte Kuckukseier von einem und demſelben weiblichen Individuum vor Augen hat. Nun aber beobachteten wir Brüder, jeder für ſich, in ſolchen Localitäten Fälle, in welchen der weibliche Kuckuk in einem und demſelben Diſtrikte verſchieden gefärbte und gezeichnete Eier legte, neben der That— ſache, daß die Eier desſelben an ſolchen Oertlichkeiten in den verſchiedenſten Neſtern von Kleinvögeln ſich finden. — Ferner wollen wir nicht unterlaſſen einen andern Fall wenigſtens anzudeuten. Der Waldarbeiter, welcher dem einen von uns (Adolf) den 24. Mai 1868 die Nachricht von der Entdeckung zweier junger Kuckuke in einem Neſt des Rothkehlchens (ef. Februarheft von 1887, 2. Lieferung, Nr. 3 der Ornith. Monatsſchr.) brachte, «hat, darüber befragt, jüngſt beſtätigt, daß die beiden Eier, aus welchen kurz darauf die beiden jungen Kuckuke entſtanden, in ihrem Ausſehen verſchieden von einander geweſen ſeien. Doch hier kann ſich das Feld der Vermuthungen öffnen, z. B. daß zwei weibliche Kuckuke hier je 1 Ei ab- legten u. ſ. w., weshalb wir von der Neigung, eine beſtimmte Behauptung hierauf zu ſtützen, wohlweißlich abſtehen. Ueber die Urſachen, die Einwirkungen der Abweichungen in den Vogelgelegen, namentlich hinſichtlich der abändernden Färbung, iſt man ebenſo ſehr noch in ) Zum Verſtändniß für das eine oder andere Mitglied unſeres Vereins, welches ſich mit Oologie eingehend zu beſchäftigen nicht Gelegenheit hatte, ſei hier bemerkt, daß eine Anzahl nam⸗ hafter Ornithologen, resp. Oologen auf Grund ihrer Erfahrungen und Schlußfolgerungen den Satz aufgeſtellt: „Ein Kuckukweibchen legt immer gleich gefärbte und geſtaltete Eier“ oder auch: „Ein Kuckuk⸗ weibchen legt alle ihre Lebensjahre hindurch gleich gefärbte Eier.“ Die Redaktion. ar i | Zur Linde: Fiſchräuber. 19 Zweifeln, als getheilter Meinung. Man hat ſich bei ſehr großen Abweichungen in der Färbung — wie ſie beim rothrückigen Würger vorkommen — theils dahin aus— geſprochen, daß ſie in dem Alter des betr. weiblichen Vogels begründet ſeien. Naumann mit A. hat die Behauptung aufgeſtellt, daß junge Weibchen blaß— gelbliche, weniger graue und olivenbraun nur am dicken Ende kranzartig gefleckte und gepunktete Eier, etwas ältere Weibchen [der Grad des Alters, 3. ꝛc. Jahres, kann ſchwerlich ſo ohne Weiteres vom Aeußeren des Vogels abgeleitet werden] ſollen Eier legen, die auf blaßockergelbem bis blaßmorgenrothfarbenem Grunde violettgraue und dunkelrothbraune Flecken und Striche zeigten. Wir pflichten auf die Thatſache hin, daß auch nach unſeren Erfahrungen beſonders ſtark ausgeprägte Verſchiedenheiten in Färbung und Geſtalt zwiſchen erſten und zweiten Gelegen eines Sommers vor— kommen, der Anſicht Liebe's bei: daß Witterungs- und damit im Gefolge Nahrungs- einflüſſe hierauf einwirken. Auch bei dem ſo vielfältigen Einflüſſen hingegebenen und unterworfenen Allesfreſſer, Hausſperling, findet die letztere Annahme ſtarke Be— gründung. Der Kuckuk weiſt ebenſo eine oft ſehr variable Nahrung auf. Nament— lich bei ſeiner Ankunft und Fortpflanzungszeit im Frühjahre verzehrt er nach unſerer und vieler Anderen Beobachtungen und Ermittelungen außer oft verſchiedenſter Inſektennahrung eine Menge vegetabiliſcher Stoffe (ef. Oktober- und November-Heft S. 439 und 503 x. dieſer Blätter von 1889, von Joh. Andr. Link). Seine Er⸗ nährung an Kerbthieren wendet ſich — wie die des rothrückigen Würgers je nach der Zeit mehr auf Käfer oder mehr auf Heuhüpfer ꝛc. gerichtet — zeitweilig aus⸗ ſchließlich einer oder der andern gerade bekanntlich ſporadiſch auftretenden Raupen⸗ oder Käfer⸗Art zu. Was iſt natürlicher, als daß die Ernährung — wie überhaupt ganz beſonders in ſo abwechſelnder Verſchiedenheit — auch auf die Entſtehung und Bildung eines ſo weſentlichen Produktes des Organismus, wie das Ei, eine entſchiedene Wirkung hervorbringt? Und ſollte nicht auch das Eigenthümliche des Individuums hier platz— greifend wirken? Es hieße ja ſonſt dieſem in ſo vielen abändernden Erſcheinungen der Körperbildungen wie Geſtalt, Befiederung ꝛc. dem lebendigen Weſen eine ſchab— lonenmäßige Schranke zuſchreiben, welcher wir ſelbſt im Pflanzenreiche nicht ſo ſtabil obwaltend begegnen. — Aber wir verlaſſen gern das Gebiet der Vermuthungen und Annahmen kraft unſeres Themas, „Thatſachen“ zu geben. Fiſchräuber beobachtet von zur Linde. Herr Karl Knauthe berichtet in Nr. 15 des vor. Jahrgangs der Ornithol. Monatsſchrift, daß er den Eichelheher und die Elſter beim Fiſchfange beobachtet 20 Zur Linde: Fiſchräuber. habe. Auch ich habe dieſe beiden Vogelarten und einige andere, denen ich früher Ge— ſchick und Neigung zum Fiſchraube nicht zutraute, mit Eifer und Erfolg fiſchen ſehen. In einem der zahlreichen in hieſiger Oberförſterei belegenen Seen, welcher mir verpachtet iſt, ſind in ſtrengen Wintern die Fiſche der Gefahr des Erſtickens ausgeſetzt, weil bei verhältnißmäßig geringer Tiefe und moorigem Untergrunde der Sauerſtoff der im Waſſer euthaltenen atmoſphäriſchen Luft bald verbraucht it und die ſich entwickelnden giftigen Gaſe nicht entweichen können. Um nun dieſem Uebel⸗ ſtande nach Möglichkeit zu begegnen, hatte ich vor einigen Jahren Luftlöcher — hier „Lumen“ genannt — in die Eisdecke hauen laſſen. In denſelben erſchienen alsbald zahlreiche Fiſche von allen Größen, welche meiſtens ſchon ſehr ermattet waren und ohne Schwierigkeit mit der Hand oder mit einem kleinen Netze gefangen werden konnten. Aber ſehr bald auch fanden ſich einige Mäuſebuſſarde, Elſtern, Heher und Nebelkrähen ein — die Rabenkrähe fehlt hier —, welche nun eifrigſt zu fiſchen begannen. Nachts erſchien dann — neben Wieſel und Iltis — der Wald— kauz, um ſich ebenfalls mittelſt Fiſchfanges ehrlich durchzuſchlagen. Ich ließ die hungrigen Vögel nicht ſtören, da mich ihre Noth dauerte und ich zudem allmälig einſah, daß die Fiſche, da das ſehnlich erhoffte Thauwetter nicht eintrat, doch nicht zu retten waren. Als dann endlich im April die Eisdecke geſchmolzen war, bedeckten den See viele Centner todter Fiſche. Jetzt waren es Schaaren von Nebelkrähen und die inzwiſchen zurückgekehrten rothen und ſchwarzen Milane, welche durch mehrere Wochen von Fiſchleichen lebten. Man könnte nun der Anſicht ſein, daß dieſe Vogelarten „mehr der Noth ge— horchend als dem eigenen Triebe“ zu Fiſchern geworden ſeien. Daß dem indeſſen nicht ſo ſei, davon habe ich mich im folgenden Sommer überzeugt. Um meinen Hausbedarf an lebenden Fiſchen aufzubewahren, habe ich im Walde in der Nähe eines Sees, einen nur etwa 1 ar großen Hälter anlegen laſſen, welcher zum Schutze gegen Fiſchottern mit einem Zaune umgeben iſt. Derſelbe war ſtark mit Fiſchen, namentlich auch mit großen Flußbarſchen, beſetzt. Bald bemerkte ich aber, daß die größten Barſche geraubt und in der Nähe auf einem Stucken verzehrt wurden. Wer war der Dieb? Die Kormorane, welche hier damals recht häufig vorkamen, konnten nicht in Frage kommen, da ſie nur auf großen Gewäſſern fiſchen und den Raub ſofort verſchlingen. Ebenſo wenig konnte ich Fiſchreiher oder Enten für die Miſſethäter halten. So theilte ſich denn zunächſt mein Verdacht zwiſchen Nebel- krähe, Milan und Buſſard. Indeſſen gelang es der ausgeſtellten Wache nicht, den Räuber in flagranti zu beobachten. Da ſomit die Dieberei nach Eintritt der Dunkel⸗ heit ausgeführt wurde, ſo ließ ich nunmehr den Hälter auch Nachts bewachen, und da ſtellte ſich alsdann bald heraus, daß die Diebe — Waldkäuze waren. Trotz aller Vorliebe für dieſe ebenſo gemüthlichen wie nützlichen Geſellen konnte ich mir A. von Homeyer: Schneeammer. 21 dieſe Dieberei doch nicht gefallen laſſen: es wurde „ihm zur gerechten Strafe und Anderen zum warnenden Exempel“ ein Waldkauz vom Zaune des Hälters herab— geſchoſſen und in der Nähe aufgehängt. Nachher wurden keine Fiſche mehr geſtohlen. — Die Milane fiſchen hier in der waſſerreichen Uckermark regelmäßig und zwar in derſelben Weiſe wie der Fiſchadler, nur daß ſie mit weniger Eleganz und aus geringerer Höhe, wie erſterer, auf ihre Beute, die auch ſie mit den Fängen greifen, herabſtoßen. — i Bei dieſer Gelegenheit ſei mir geftattet, ein gutes Wort für unſeren Eisvogel einzulegen. Nach meinen neueren Beobachtungen halte ich denſelben nicht mehr für ſo unbedingt ſchädlich. Wiederholt habe ich nämlich bemerkt, daß er auch in ſolchen Tümpeln ſeiner Nahrung nachgeht, in denen keine Fiſche vorkommen. Indem er aber Waſſerinſecten, Froſchlarven u. ſ. w. wegfängt, vertilgt er zugleich gefährliche Feinde der Fiſchbrut. Die Herren Fiſchzüchter ſollten dieſem prächtigen Vogel alſo mindeſtens „Milderungsgründe“ bewilligen. Granzow, December 1890. Schneeammer (Plectrophanes nivalis). Von Major Alexander von Homeyer. Mit Bezug auf die Mittheilung des Herrn A. Jacobi (ſ. Monatsſchrift 1890 S. 516) erlaube ich mir auf eine Notiz von mir aufmerkſam zu machen, die ich vor 30 Jahren im Journal f. Ornithologie (1860 S. 370) gab, wonach ich in Neu- Vorpommern (Bartelshagen bei Stralſund) bereits am 27. September 1860 eine Schneeammer (altes &) antraf und erlegte. Mir war dieſe Ausnahme um fo intereſſanter, als ich am ſelbigen Tage auch einen verſpäteten Sommervogel (Pratin- cola rubetra, den braunkehligen Wieſenſchmätzer) ſchoß, der für gewöhnlich uns bereits Ende Auguſt oder doch anfangs September zu verlaſſen pflegt. Gewöhnlich zeigen ſich in Neu⸗Vorpommern die erſten Schneeammern Ende Oktober, während die Hauptzüge — je nach der Witterung — im November erſcheinen; 1886 ſah ich die erſten ſogar erſt im December. Direkt an der Küſte halten ſich dieſe Ammern nicht lange auf, gehen vielmehr bald gern 3—5 Meilen landeinwärts, um nament— lich auf Haferſtoppelfeldern während des Winters ihr Hauptquartier aufzuſchlagen. Sehr ſelten und nur bei äußerſtem Nahrungsmangel gehen die Schneeammern an Pferdedünger. Ich habe dies nur 1 mal (1. Januar 1887) geſehen. Es war bei Ober⸗Mützkow (Stralſund) auf einem ſtark befahrenen Feldwege; es lag ſeit Wochen hoher Schnee, während Sturm und Schneetreiben bei ſtarker Kälte mehrere Tage angehalten hatten. Greifswald, den 22. December 1890. 22 Kleinere Mittheilungen. Kleinere Mittheilungen. Ich ſtellte jüngſt wieder Verſuche an, um zu konſtatiren wie weit der Geruch⸗ 8 ſinn der Vögel entwickelt ſein dürfte. Kürzlich wurden hier Futterrüben eingeräumt, welche am Beginne des Herbſtes auf dem betr. Flecke Acker in kleineren Haufen zuſammengeſchüttet und dann mit Stroh und Erdreich dicht überkleidet worden waren. Natürlich wurden in jeder von dieſen Miethen zahlreiche Mäuſe angetroffen, todt⸗ geſchlagen und liegen gelaſſen. Sofort kamen diverſe Saat-, Nebel- und Raben⸗ krähen, auch Elſtern, angeflogen und fielen über die leckere Beute her, wobei es ohne Zank und Streit nicht abging. — Einige Tage vorher hatte ich uun einige Stücke Pferdefleiſch mitbringen laſſen und ſie an einem warmen Orte aufbewahrt; dieſelben rochen daher jetzt ziemlich ſtark. Auf dieſe „Luder“ ſtreute ich nun, nachdem ich fie auf ſolche Plätze, wo vorher Haufen geſtanden, gelegt, theils 1 bis 1½ em hoch Boden, theils 6mm Schnee, endlich auch eine ſehr dünne Schicht Laub und warf obenhin eine Maus. Letztere wurde ſtetig ſofort genommen, aber das Fleiſch nie beachtet. Mein Hund „Box“, der wahrlich keine feine Naſe beſitzt, witterte es ſchon auf beträchtliche Entfernung und ſcharrte es auch ſofort heraus. Von zwei neben einander auf dem Erdboden liegenden todten Mäuſen wurde die eine durch 3 Blätter von einer nahen Steineiche überdeckt (les wehte an dieſem Tage kein Wind), und von den Krähen ebenfalls nicht bemerkt. — Auf dem Straßenfutterplatze bei unſerem Kompoſthaufen wurden unmittelbar neben einigen Kolben von ſogen. türkiſchem Weizen, den bekanntlich alle Krähen gern freſſen, ebenfalls ſtark riechende Fleiſch— ſtücke und dito Geſcheide von Hafen mit einer 3 —5 mm ſtarken Schicht Häckſel überdeckt. Die Krähen witterten auch dieſe „Luder“ nicht, ſelbſt als alle Mais— körner längſt verzehrt waren. Unſere Haushühner ſcharrten ſie ſchließlich heraus, ſie mochten aber wohl nur Körner im Häckſel vermuthet haben. Schlaupitz in Schleſien. Karl Knauthe. Herr Hofrath Profeſſor Dr. Liebe nennt (Ornith. Monatsſchr. 1888, S. 134) unſere Bachſtelzen „die mit dem Waſſer und ſeinen Gefahren innig vertrauten Vögel“. — Wie ſehr dieſe Bezeichnung paßt, beobachtete ich häufig bei niedrigem Waſſerſtande in Hameln auf dem oberhalb der Kettenbrücke durch die Weſer gebauten großen Wehr. Das Waſſer ſtürzt dort zeitweilig in einer kaum zwei Centimeter haltenden Stärke über die mächtigen Cement-Quadern, und ſieht man auf letzteren dann ſtets weiße Bachſtelzen und Gebirgsſtelzen, welche mit oft großer Anſtrengung und oft unter Zuhilfenahme der Flügel ſich im reißenden Waſſer ſtehend erhalten oder hin- und herbewegen, um die mit dem letzteren herab⸗ kommende, anſcheinend ſehr reichliche, „flüchtige“ Nahrung meiſterhaft aufzufangen. Naht ein Wuſt ſchwimmender Pflanzen, ſo wird ihm entgegengeeilt und darauf Kleinere Mittheilungen. 23 gefußt oder wohl gar gekämpft. — In Hanau ſah ich, Ende April dieſes Jahres, wie eine weiße Bachſtelze ſich im bekannten wippenden Fluge dicht über dem Main Humhertrieb, von den Wellen fortwährend Nahrung aufnehmend. Nach ungefähr einer halben Minute kehrte fie dann zum Ufer zurück um bald wieder in gleicher Weiſe nach Beute auszufliegen. Auf Eisſchollen, welche infolge des ewigen Geſchiebes oft mit einem mehrere Zoll hohem Kranze von Eisſplittern, Pflanzentheilchen ꝛc. umgeben ſind, beobachtete ich mehrfach das im oben citirten Artikel beſchriebene Getreibe der Bachſtelzen. Staats v. Wacquant-Geozelles. Selten ſchöner Melanismus, Am 22. Juli 1890 ſah ich am Bohlwerk in Tilſit unter einer Schaar normal gefärbter Spatzen einen ganz ſchwarzen. Das ſaubere Gefieder war, bis auf die nußbraunen Schwanzſpitzen, oben und unten gleichmäßig rußſchwarz mit einem Ton ins Braune gefärbt. Sogar die dunklen Augen hoben ſich von dem ſie umgebenden Gefieder heller ab, und das Hellſte am ganzen Vogel, einem ſonſt normal großen und gut fliegenden und keineswegs durch Schmutz oder Kohlenſtaub jo dunkel gefärbten Sperling (p), war der Schnabel. Dieſe dunkle Schöne aus der ſchelmenhaften Spatzenzunft ſah übrigens recht nett aus. Viel häufiger als Melanismus habe ich beim Hausſperling Albinismus gefunden, oft in bunteſter Form. Liebhaber von ſolchen Abnormitäten mache ich darauf aufmerkſam, daß der hieſige Vogelhändler Schulze (Paſſage) eine erſt in der Gefangenſchaft ſchwarz gewordene Mandelkrähe (Coracias garrula) billig zu verkaufen hat. Königsberg i. Pr. Fr. Lindner. Zur Naturgeſchichte des Tauchers. Beim Durchblättern alter Jahrgänge unſerer Monatsſchrift finde ich in der prächtigen Schilderung unſerer Taucher durch Hofrath Liebe (Jahrg. 1884, S. 57—70) die Frage aufgeworfen, auf welche Weiſe die alten Taucher ihre Dunenjungen drohenden Gefahren zu entziehen verſuchen. „Ein mit ſcharfen Augen ausgeſtatteter Freund von mir,“ heißt es dort auf S. 62, „behauptete, die Alte nähme ihre Jungen unter die Flügel und tauche ſo mit ihm hinweg nach einem ſicheren Verſteck. Vielleicht hat er Recht; ich ſelbſt habe der- gleichen nicht zu erkennen vermocht.“ Ich kann nunmehr den poſitiven Beweis für die Richtigkeit obiger Beobachtung beibringen. Als ich nämlich am 28. Mai ds. 38. behufs ornithologiſcher Studien einen der zum Fürſtenthum Trachenberg gehörigen großen Teiche befuhr, erblickte ich eines der dort jo häufigen „Goldohren“ (Podieipes nigricollis) vor mir in einer Entfernung von etwa 70 Schritt und konnte dabei natürlich nicht erkennen, ob ſich Dunenjunge auf dem Rücken des Vogels befanden oder nicht. Ehe ich noch zu Schuß kommen konnte, tauchte der Vogel blitzſchnell unter und ruderte eine beträchtliche Strecke unter dem Waſſer fort. Ich folgte ihm in meinem Boote ſo ſchnell als möglich und gab, ſowie der Kopf des Athem ſchöpfen— den Tauchers ſichtbar wurde, meinen Schuß ab, der ihn auf der Stelle tödtete. Als 24 Notizen für die Vereinsmitglieder. — Anzeigen. ich nun aber meine Beute aufhob, erblickte ich zu meiner größten Ueberraſchung . etwa 3 Tage alte Dunenjunge unter den Flügeln der getödteten Mutter. Die beiden unter dem rechten Flügel ſich befindlichen waren durch die daſelbſt eingedrungenen a Schrote zerſchmettert worden, während das Junge unter dem linken Flügel ſich wohl und munter befand. | Kurt Flöride [Aus einem Briefe an K. Th. Liebe. Ich hatte heuer im Frühjahr die Freude, daß eine Haubenmeiſe (Parus cristatus) ſich in einem Niſtkäſtchen in meinem Garten einbürgerte; die Freude aber war nur kurz. Ein Rothſchwänzchen (phoenicurus) hatte ſein Neſt in der Nähe und wollte nie das Pärchen in Frieden laſſen, jagte die armen Vögelchen von Baum zu Baum, und am Ende mußte Parus ſeine Heimath verlaſſen. Im Herbſt, als die Niſtkäſtchen von den Bäumen herab⸗ genommen wurden, um den Winter hindurch unter Dach aufbewahrt zu werden, ſah ich, daß Parus ſchon ein Ei gelegt hatte, als das Pärchen vertrieben wurde; das Ei hatte ein ſehr kleines Loch an der Seite, wie durch einen ſanften Schnabel⸗ hieb beigebracht. — Hat man denn keine anderen Mittel als die Flinte, um ſolch zänkiſche Vögelchen in Ruhe zu halten? | Chriſtiania. a Hörbye. Uotizen für die Vereinsmitglieder. Auf dem zweiten internationalen Ornithologiſchen Congreß werden neben den allgemeinen Verſammlungen noch regelmäßige Sitzungen von fünf Sektionen ſtattfinden — eine außerordentlich zweckmäßig geſtaltete Einrichtung. Von dem Ungariſchen Comitee für dieſen zweiten Congreß iſt das Referat in der Sektion für Anatomie u. ſ. w. Herrn Prof. Dr. Max Fürbringer und das Referat in der Sektion für Vogelſchutz u. ſ. w. den Herren Hofrath Dr. Liebe und Forſtmeiſter Jakobi von Wangelin gemeinſchaftlich übertragen worden. Unſer Mitglied, Herr P. Leverkühn, iſt auf dem 8. Gun der American Ornithologist's Union, abgehalten im November 1890 zu Waſhington, zum korre— ſpondirenden Mitglied dieſer Geſellſchaft ernannt worden. Die Redaction. Anzeigen. Denjenigen unter unſern Vereinsmitgliedern, welche frühere Jahrgänge unſerer Monatsſchrift zur Ergänzung ihrer neueren Jahrgänge zu erwerben wünſchen, geben wir die Nachricht, daß die Jahrgänge 1878 und 1879 zu je drei Mark, die Jahr⸗ gänge 1882 bis einſchl. 1889 zu je fünf Mark nebſt den eleganten Einband⸗ decken von unſerem Rendanten, Herrn Rohmer in Zeitz, bezogen werden können. Eine An Einbanddecke koſtet 80 Pfg. Der Vorſtand. 2 Kalanderlerchen, tadellos im Gefieder, gut eingewöhnt, gebe ab à , 12,00. Auch tau ſche ich gegen andere Vögel. E. Perzina, Wien, IX ee 1. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. A Druck von Ehrhardt Karras in Halle a, S. 5 « - 6 2 * M Ornrithologiſche Im | 1 p | HIER I 8 in |N 7 N S. Ss — 5 27 77 N 770 9 Ay, 4 N u N 0 SSS S H H KKRRRUAAAMRIIÜOUG SSSR za — ̃ — — x Naar: Zuge — D D eaten Vereins zum Schutze der Vogelwelt. begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Zahlungen werden an den Ren- danten d. Ver. Herrn Meldeamts— Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, und erhalten dafür die Monats⸗ : i 8 Vereins chrift unentgeltlich u. poſtfrei. e ee SS 2 5 — 5 Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geſtattet. XVI. Jahrgang. Februar 1891 (erſte Lieferung). Ur. 2. Inhalt: Vereinsangelegenheiten: Vorſtandsſitzung. Einladung zur Generalverſamm— lung. — K. Th. Liebe: Zum Vogelſchutz. Erſtes Stück. E. Perzing: Aus dem Gefangenleben des Raubwürgers (Lanius exeubitor). — G. Clodius: Ueber den Neſtbau der Schwanzmeiſe Curt Flöricke: Nochmals Gallinula porzana. Dr. L. Heck: Die Ornis-Ausſtellung in Berlin. Dezember 1890. I. O. Koller: Einige ornithologiſche Beobachtungen: B. Die Holztaube (Col. oenas). Staats von Wacquant⸗Geozelles: Sonderbares Benehmen angeſchoſſener Vögel. — Kleinere Mittheilungen: Die Zwergtrappe. Brutaufenthalt der Zwergtrappe in der Feld— mark Gangloffſömmern. Hausſperling und der lachende Hans. Der Staar bei Haparanda. Stieg— litze in Auſtralien. Scharfſichtigkeit der Silbermöve. — Litterariſches. — Anzeigen. Vereinsangelegenheiten. Vorſtandsſitzung. Am 25. Januar kam der Vorſtand zu einer Berathung in Gera zuſammen. Zuerſt wurde auf Grund der Jahresrechnung von 1890 die unveränderte 2 3 26 Vereinsangelegenheiten. Finanzlage des Vereins beſprochen und erörtert, wo zweckmäßig Erſparniſſe erzielt werden könnten. Es ward ſodann der Beſchluß gefaßt, der Eimlddeg vieler Mitglieder in Leipzig zu folgen und dort die Generalverſammlung abzuhalten. Als Stätten für weitere Verſammlungen wurden Deſſau und Jena in's Auge gefaßt. | Es ward über die Eingabe dreier Volksſchullehrer berathen, welche beantragen, daß bei der außerordentlichen Entwickelung unſerer Ornithologiſchen Monatsſchrift der Paſſus in unſeren Statuten, wonach Volksſchullehrer nur 3 Mark Jahresbeitrag bezahlen, in Wegfall kommen möge. Der Vorſtand erkennt allerdings die Richtigkeit der Motive an, da gegenwärtig die Herſtellung des Jahrganges für jedes einzelne Mitglied über 5 Mark koſtet, glaubt aber für jetzt auf jene Anträge noch nicht ein⸗ gehen zu dürfen, zumal da gar viele von den Herren Lehrern aus eigenem Antrieb 5 Mark Beitrag bezahlen, und alle irgendwie graduirten Lehrer an den Volksſchulen eo ipso 5 Mark bezahlen. Sodann wurde der Entwurf zu der neuen Vogeltafel berathen, welchen Herr Prof. Göring mitgebracht hatte, und mit letzterem der Vertrag bezüglich der Herſtellung des Bildes abgeſchloſſen. Schließlich ward noch das in Buda-Peſt für den internationalen Ornithologen— kongreß abzugebende Referat beſprochen. Der Vorſtaund. Die nächſte Generalverſammlung findet Sonnabend den 21. März in Leipzig jtatt, Abends 7⅛ Uhr in „Wingners Geſellſchaftshaus“, Schulſtraße. Die zeitiger eintreffenden Mitglieder verſammeln ſich vorher in der Weinſtube von Moritz Nabich, Thomaskirchhof 16. Tagesordnung. Vorlage der Rechnung für 1890 durch den Vorſitzenden. Wahl des zweiten Schriftführers, da der bisherige erſte Schriftführer, Herr Oberzollinſpektor Thiele, infolge ſeiner Verſetzung ausgeſchieden iſt. Vortrag des Herrn Dr. Stimmel über Züchtung des Auſtraliſchen Rothflügel— ſittichs (P. erythropterus). Vortrag des Herrn Prof. Dr. Marſhall über die Weber der Färbung von Flügel und Schwanz bei den Vögeln. Am 22. März früh Beſuch des Zoologiſchen Muſeums, Nachmittag Beſuch d des Zoologiſchen Gartens, bei ſchlechtem Wetter Beſichtigung der Eierſammlung von Herrn Dr. Rey. Der Vorſtand. K. Th. Liebe: Zum Vogelſchutz. Erſtes Stück. 27 Zum Vogelſchutz. Erſtes Stück. Von K. Th. Liebe. Die Mittheilung in unſerer Ornithologiſchen Monatsſchrift 1890, S. 360 über meine Begegnung mit einem Wanderfalken hat verſchiedene Mitglieder veranlaßt, mich zu fragen, ob nicht die Schädlichkeit des Wanderfalken am Ende doch zu hoch angeſchlagen werde, und ob es nicht eigentlich ſchade ſei, daß derſelbe vogelfrei und ungeſchützt ſei. Dieſe Fragen ſchienen mir darauf hinzuweiſen, daß es Zeit ſei, ge= wiſſe den Vogelſchutz betreffende Fragen zu beſprechen, über die ich ſchon längſt eine Reihe ſkizzenhafter Bemerkungen im Pulte liegen hatte. Knüpfen wir nicht gleich an den vorliegenden Fall an; verſetzen wir uns lieber hinunter in das Bereich der ſchneebedeckten Alpen mit ihren dunkeln Wäldern und ſaftig grünen Matten. Wie oft Einem da auch das Herz aufgeht bei dem Anblick der wunderbaren Landſchaftsbilder, gekrönt werden dieſe Einblicke in Gottes er⸗ habene Natur erſt, wenn Einem das Glück beſchieden wird, einen Adler zu beobachten, der pfeilſchnell vom Felsgrat herunterſchießt in die Tiefe des Thales und drüben ſpielend leicht wieder emporſchwebt und ſich ſo mühelos hinaufſchraubt in den blauen Aether. Da dankt auch der in der Vogelwelt Fremde ſeinem Schöpfer, daß er ſo herrliches geſehen. Man beklagt, daß dieſer ſo erhebende Anblick eine große Selten- heit geworden und denkt an die alten Zeiten zurück, aus denen noch die Sagen und Lieder herüberklingen, die den Adler als bei uns häufigeren Vogel kennen. War es denn nothwendig, daß der Vernichtungskrieg gegen ihn geführt werden mußte, ſo daß er jetzt im Bereich der Alpen in kurzer Friſt ausſterben wird, wie er in un— ſerem deutſchen Vaterland als Brutvogel längſt ausgerottet iſt? Schädlich ſind allerdings die Thiere, wenn auch verhältnißmäßig nicht in dem Grade wie andere mordluſtige Räuber, denn ſie ſuchen nicht blos andern Tags die Reſte von ihren früheren Mahlzeiten auf, ſondern ſie gehen auch an gefallene Thiere und nähren ſich von deren nicht mehr friſchem Fleiſch. Immerhin aber räumen ſie bei ihrer Größe und Kraft auf der Wildbahn und auf den Viehweiden tüchtig auf: Lämmer und Zicklein, Reh⸗ und ſogar Hirſchkälber find neben größerem Geflügel und kleinern Säugern ihre Beute. Der Hirte und der Jäger haben alſo allerdings ein Recht zum Kampf gegen den „König der Lüfte“. Aber die Jagdleidenſchaft und der gute Preis, den Liebhaber für die verſchiedenen Klauen und die „Flaumen“ (Unterſchwanzdeckfedern) zahlen, treten noch hinzu, um den königlichen Vögeln das Daſein unmöglich zu machen. Dem Naturfreund thut es weh, wenn er ſeine Ver— nichtung mit anſieht, und andere wiederum freuen ſich derſelben. Es iſt der alte Krieg zwiſchen Natur und Kultur: der Menſch dringt in die nach allen Richtungen, 3* 28 K. Th. Liebe, im Kleinſten wie im Größten, harmoniſche und ſchöne Natur mit ſeinen anſpruchs⸗ vollen Kulturzuſtänden ein und ſtört deren Gleichgewicht zu ſeinem Nutzen, — er ſtört es, meiſt allerdings, weil er das im Kampf um ſein Daſein thun muß, oft genug aber auch ohne dieſe dringende Noth, mehr aus Murhwillen. „Die Welt iſt vollkommen überall, wo der Menſch nicht hinkommt mit ſeiner Qual“. Verſetzen wir uns einmal zurück in Zeiten, wo unſer Vaterland noch menſchenarm war und der Eingriff des Menſchen die Harmonie der Natur nicht ſtörte. Wie verhält ſich da der Adler innerhalb des fo ſchön geordneten Wirth- ſchaftsweſens unſerer Mutter Natur. Gefühlvolle Seelen dürften, ſo ſehr ſie die Haltung und das majeſtätiſche Flugbild des Adlers bewundern, doch in ihm den „Verderber“, den „Zerfleiſchenden“ ſehen, und indem ſie die Begriffe Harmonie und Frieden gleich ſetzen, argen Zweifeln unterliegen. Treten wir daher der Sache näher. Zuerſt iſt die Vermehrung des gewaltigen Räubers eine geringe. Er wird jedenfalls ziemlich ſpät im Leben fortpflanzungsfähig: wenn auch direkte ſichere Beobachtungen darüber meines Wiſſens noch nicht angeſtellt worden ſind, ſo dürfen wir es doch nach Analogien ſchließen, zumal da die Eier ziemlich fünf Wochen bebrütet werden und die Jungen, welche ſehr zeitig im Mai ausſchlüpfen, bis Ende Juli, alſo un— gefähr ein Vierteljahr brauchen, um ausfliegen zu können. Während dieſer langen Zeit ſind nun Eier und Junge Gefahren ausgeſetzt, weniger von Seiten anderer Räuber, obſchon auch dieſe nicht fehlen, als vielmehr von Seiten der Witterung: gegen anhaltend naſſes kaltes Wetter und gegen Blitzſchläge iſt die allerdings tapfer aushaltende Elternliebe der alten Adler machtlos. Nehmen wir nun dazu, daß zwar das Gelege aus 2 bis 3 Eiern beſteht, daß aber regelmäßig nur 1 oder 2 Junge auskommen, ſo müſſen wir konſtatiren, daß die Vermehrung der Thiere eine ſehr mäßige iſt, — eine ſo mäßige, daß das ſicher hohe Lebensalter als eine nothwendige Kompenſation angeſehen werden muß. — Berückſichtigen wir nun die Lebensweiſe des Adlers. Da kann man allerdings nicht in Abrede ſtellen, daß die gewaltigen Thiere viel konſumiren, und zwar namentlich von der Zeit ab, wo die Jungen etwa halbwüchſig ſind, denn dann ſchleppen die Alten ſoviel Beute zu, „daß der Horſt einer Schlachtbank gleicht“ (Girtanner) oder einer „Luderſtätte“ (A. Brehm). Gleichwol aber darf man nicht vergeſſen, daß die Adler, wie ſchon erwähnt, durchaus nicht heikel ſind und ganz gern an Aas gehen. Wie oft kommt es vor, daß in be— ſonders ſchneereichen und andauernden Wintern eine Menge Wild eingeht; wie oft werden die Wildbeſtände von Krankheiten heimgeſucht, welche epidemiſch auftretend ganze Beſtände hinwegraffen! Sind da doch nicht einmal die ſchlauen, ſich überall durchſchlagenden Füchſe ausgeſchloſſen, welche öfter über ganze Reviere hinweg der Räude unterliegen. Da übernehmen bei uns die Adler die Rolle, welche in ſüdlichen Gegenden den ächten Geiern zukommt: ſie reinigen den Boden von den der Ver⸗ Zum Vogelſchutz. Erſtes Stück. 29 weſung verfallenen Leibern der verendeten Thiere. — Dazu möchte ich noch auf einen andern Umſtand hinweiſen. Aufmerkſam gemacht auf Ch. L. Brehms und Girtanners Berichte, habe ich an gefangenen Adlern die Geſchmacksliebhabereien experimentirend geprüft und allerdings gefunden, daß ſie das Fleiſch des Wildes und überhaupt der wilden Thiere dem der zahmen ſtets vorziehen. Von den letzteren bevorzugt der Adler Roßfleiſch noch am meiſten, und ſagt ihm Kalbfleiſch am wenigſten zu. Wildkaninchen ſind ihm entſchieden lieber als Stallkaninchen, obſchon er dieſe nicht verſchmäht. Er ſchlägt ſie, aber ohne große Erregung zu zeigen, — ich möchte ſagen mit einer Art Gleichgiltigkeit und auch bei Hunger zeigt er ſich nicht erheblich beweglicher. Ganz anders aber erregt er ſich, wenn er eine Katze ſchlagen kann: mit einer unbeſchreiblichen Gier und Wuth ſchlägt er den einen Fang um den Kopf und den andern immer wiederholt in die Bruſt, bis das Thier nach wenig Minuten todt iſt. Den ſo lange andauernden Todeskampf der Katze, wie ihn Vater Brehm beſchreibt, konnte ich nicht gewahren. Vielleicht war ſein Exem— plar noch zu jung und der Sache ungewohnt, vielleicht auch überhaupt zu ſchwach. Es iſt keineswegs allein der Kampfesmuth, der den Adler den wehrhaften Katzen gegenüber ſo erregt, ſondern es iſt vielmehr hauptſächlich die Ausſicht auf das feine Gericht. Katzen⸗ und Hundefleiſch, namentlich aber Fuchsfleiſch gehen dem Adler über alle andern Leckerbiſſen. Von Haarthieren nimmt er demnächſt am liebſten größere Nager, Haſen und Kaninchen, wie ja auch ſein Vetter, der Kaiſeradler die Zieſel jeder andern Beute weit vorzieht. Der Schluß iſt daher gewiß gerechtfertigt, daß der Adler in unſerem Mitteleuropa zur Zeit, wo die Kultur ihre Herrichaft noch nicht angetreten hatte, Füchſe und Wildkatzen vorzugsweiſe gejagt habe und nebenher die größern Nager. Laufen jetzt, wo allenthalben Menſchen die mehr oder weniger der Kultur unterworfenen Forſteien unſicher machen, die Wildkatzen und Füchſe bei trockenem ſchönen Wetter gern auch einmal bei Tag durch ihr Revier, jo werden ſie dies in jungfräulichen, vom Menſchenverkehr verſchonten Waldungen erſt recht thun, und ſo dem königlichen Vogel gute Jagdgelegenheiten bieten. Auch ſonſtige Berichte guter Beobachter der Neuzeit ſprechen für eine beſondere Vorliebe der Adler für das Wildpret der Katzen und Füchſe. — Nun ſind aber die Füchſe und Wildkatzen ſehr fruchtbar: die Würfe beſtehen durchſchnittlich aus 7 reſp. 5 bis 6 Stück. Bei der außerordentlichen Klugheit dieſer Thiere, die ihnen durch alle ſchwierigen Lebenslagen durchhilft, würde dieſe ſtarke Vermehrung für das Gleich- gewicht der Natur verhängnißvoll werden, wenn nicht fortwährend Remeduren ein— treten, und dazu gehört im Naturzuſtand offenbar die Dezimirung durch die Adler. Ebenſo würden die großen Nager bei ihrer ſprichwörtlich gewordenen ſtarken Ver— mehrung bald ſtörend in die Pflanzenbeſtände eingreifen, wenn das Raubzeug nicht wäre. 30 E. Perzina, Doch genug der Plauderei! ich wollte nur dem Adler ſeine berechtigte Stellung in dem Kosmos, in dem Schmuckgarten der von der Kultur unberührten Natur zu wahren verſuchen. Mit der Kultur verträgt er ſich doch zu ſchlecht, und dem Almen- beſitzer iſt es nicht zu verargen, wenn er den Adler haßt, nachdem dieſer ihm Lämmer und Ziegen geraubt. Wenn aber ein Grundbeſitzer, der über meilenweite Waldungen gebietet, in ſeinem Revier einem Adlerpaar abſolute Schonung angedeihen läßt und jeglichen Schaden, den es etwa bei Andern anrichtet, wie Wildſchaden gern und voll erſetzt, um ſich der herrlichen Vögel zu erfreuen, — wollen wir das tadeln? Die Wanderfalken ſind allerdings auch ſchädlich aber noch lange keine Adler, und ihr Schaden iſt jenem gegenüber recht gering anzuſchlagen. Ihr entzückendes Flugbild, ihr ganzes Thun und Treiben belebt die Natur wunderbar und giebt ihr vor unſeren Augen ein Theil ihrer Urſprünglichkeit wieder. Wäre es nicht ſchade, wenn ſie von der Erde hinweg vertilgt würden? Aus dem Gefangenleben des Naubwürgers (Lanius excubitor). Von E. Perzina, Wien. Die beginnende Morgendämmerung des Spätherbittages ſendet ihre erſten Lichtſtrahlen in die Vogelſtube, den Raum mit jenem Zwielicht erfüllend, welches die gefiederte Bewohnerſchaft desſelben aus ihrer Nachtruhe zu erwecken pflegt. Zuerſt erwachen die unruhigſten des ruheloſen Völkchens, die Kleinſten der Kleinen, die Goldhähnchen; eng und innig aneinander geſchmiegt haben ſie auf dem höchſten Zweige des Käfigs die Nacht verbracht, jetzt rücken ſie auseinander, wenden das zier— liche Köpfchen mit der leuchtenden Federkrone nach allen Seiten, die ſchönen großen Augen ſuchen das Halbdunkel zu durchdringen, dann drängen ſie ſich wieder zuſammen, neſteln ſich gegenſeitig im Gefieder und ſagen einander den Morgengruß mit jenen zwitſchernden Tönen, welche ſie nur vor dem Einſchlafen und vor dem „Aufſtehen“ hören laſſen, welche der Vogelliebhaber ihr „Trommeln“ nennt. Dieſer Morgengruß muß auch ihren Käfiggenoſſen, dem reizenden Schneemeiſenpärchen gelten, welches mitten unter ihnen ſitzt wie zwei kleine Schneeballen, oder eigentlich nur wie ein einziger, — die beiden Körperchen haben ſich ja ſo eng aneinander geſchmiegt, daß ſie in einer weißen Federkugel aufzugehen ſcheinen, — denn die lieblichen Lang— ſchwänze antworten mit munterem Rufe, mit jenem ſilberhellen Glöckchentone, welcher klingt, wie das Lachen einer Elfe klingen mag, und ſagen den Gruß weiter an die Tannen- und Haubenmeiſen, die mit luſtigem Feilen ihre Verwandte wecken, jene prächtige Meiſe, die ihren Namen dem herrlichen Blau verdankt, welches ſie ſchmückt, und als eine der ſchönſten ihrer Familie erſcheinen läßt. Das muntere Lärmen der Gold⸗ hähnchen und Meiſen läßt auch den Kleiber nicht mehr ruhen, er ſteckt den Kopf Aus dem Gefangenleben des Raubwürgers. 31 aus dem Rindenkäſtchen, in welchem er genächtigt, ſeine liſtigen Augen blinzeln einen Moment wie ſchlaftrunken umher, dann ſpringt er „mit beiden Beinen zugleich“ aus ſeinem Bette, behend läuft er die Borkenwand empor, und nun pocht ſein Schnabel an die Rinde, als wollte er mit jähem Trommelwirbel all die traum— ſeligen Schläfer wecken, ihnen ſagen, daß wieder Tag iſt, ein Tag zum Springen und Singen, zum Luſtigſein, zum fröhlichen Lebensgenuß, der nichts weiß von den Sorgen des Freilebens, denn die hat ja der Vogelpfleger ſeinen Lieblingen abge— nommen. Und ſie erwachen alle, alle, und bald tönt das kleine Zimmer von munterem Gezwitſcher, dem Geräuſche, welches die kleinen Füße beim Springen von einem Zweige zum andern, beim Klettern am Gitter hervorbringen, und allmählich quillt auch melodienreicher Sang dazwiſchen. Das Rothkehlchen beginnt mit ſeinen träumeriſchen Weiſen, in leiſem, einſchmeichelndem Flötentone, accompagnirt von dem ſüßen Lullen der Haidelerche, dieſen Tönen, welche in ihrem Wohlklang, ihrer unendlichen Weichheit, das Herz jedes Zuhörers gewinnen und ergreifen müſſen. Jubelnd fällt die Feldlerche ein; ſchüchtern, ihrer Kunſt noch ungewiß, probt die Kalanderlerche ihre Stimme, von welcher erſt vor wenigen Tagen der Bann des Schweigens gewichen iſt. Es plaudern breit und behaglich die Dorngrasmücke, der Plattmönch. Es ſtrengt die Zaungrasmücke, trotz der neun Jahre, welche ſie nun ſchon im Käfig alt geworden, alle ihre Kräfte an, um es mit ihrem heiteren Geklapper dem noch älteren Stieglitz gleich zu thun, welcher wieder ſeinerſeits auch nicht hinter einer Singdroſſel zurückbleiben will, die, ebenfalls ſchon ein Veteran unter den Käfigbewohnern, mit lauter Stimme ihre klangvollen Strophen hinausſchmettert, jubelnd, jauchzend, als wenn es nicht November wäre, ſondern als ob es Mai ſei, der Mai, der Frühling, den ſie im Herzen trägt. Immer mehr Theilnehmer findet das Morgen⸗-Conzert, der liebliche Geſang der Heckenbraunelle miſchet ſich mit dem herzerquickenden, fat übermüthig hinausgeſungenem Liedchen des Goldhähn— chens, dem tiefen Flöten der Amſel, dem Knarren des Blaukehlchens, dem klagenden Rufe des Waldrothſchweifes. Es ſchweigen nur mehr jene, deren Schnabel noch ein Papagenoſchloß zu hemmen ſcheint, über welche der mächtige Drang ihr Wohlbehagen, ihre Gefühle hinaus zu jubeln in fröhlichem Geſange, noch nicht gekommen iſt, deren Stimme noch ſchläft, noch wartet, bis ſie aus dieſem Banne erweckt wird durch die mächtigſte aller Empfindungen, durch die Liebe. So ſchweigen der Sproſſer, die Nachtigall, die Finken und der Gartenſänger; ſonſt ſingt alles, „Alles?“ Nein noch einer hat bis jetzt geſchwiegen, doch bald wird auch er ſich hören laſſen. Die ſingenden Vögel ſind in ihrem Vortrag immer eifriger geworden, die ſchüchternen Anfänger werden kecker, die Zaungrasmücke hat ihre Kehle aufge— blaſen, daß man glaubt ſie müſſe ſpringen, die Droſſel balzt förmlich: ihr „Davit, Davit“, kann nicht mehr lauter werden; — da tönt plötzlich ein Schrei in das Stimmen— 32 E. Perzina. gewirr, ein langezogener Schrei, der all die Sänger im Nu verſtummen macht. Mit ſchallendem Warnungsrufe flüchten ſich die Droſſel, die Amſel auf den Boden ihrer Käfige, ängſtlich erregt tönt das „Schrecken“ der Grasmückenarten; die ſonſt ſo zahmen Schneemeiſen toben wie unſinnig umher, ihre kurzſchwänzigeren Verwandten und deren Intimus, der Kleiber, ſind dem Beiſpiele des Zaunkönigs gefolgt und haben ſich ſchleunigſt in ihre Rindenkäſtchen und anderweitigen Verſtecke geflüchtet, der Wendehals hat ſich platt auf einem Aſte niedergedrückt, das Entſetzen ſcheint ihn verſteinert zu haben, nur der Kopf dreht und windet ſich mit rollenden Augen, die Zunge ſchnellt zeitweiſe hervor wie die einer Schlange, er hat alle ſeine Ver— theidigungsmittel gegen den noch unſichtbaren Feind in Bewegung geſetzt. Seine Vertheidigungsmittel! Armer Schlucker! Die würden dir gegen den, deſſen Ruf dir ſolchen Schrecken einflößte, wenig nützen, denn das war ja der Ruf des furchtbarſten Feindes der Kleinvögel, des Sperbers, der würde dich trotz deines Ziſchens vom Aſte nehmen. Eine Viertelſtunde iſt vergangen, noch macht ſich der Schreck, welchen jener Ruf verbreitet, fühlbar, noch ſpringen die Grasmücken mit geſträubten Kopffedern unruhig hin und her, noch ſchimpfen die erregten Meiſen in allen Tonarten, als ob ſie das Ereigniß gehörig discutiren wollten, noch verſchwindet der Zaun— könig beim geringſten, ihm verdächtig erſcheinenden Geräuſche in feinem Schlupf- winkel. Die weniger ängſtlichen Gemüther haben ſich allerdings ſchon beruhigt: Rothkehlchen ſingt ſchon eine ganze Weile, der Fitislaubſänger trillert, der Stieglitz ſchmettert wie zuvor, — da ertönt er wieder, jener Ruf, all den Gefiederten noch von ihrem Freileben aus als Vorbote der Gefahr bekannt, und ſeine Wirkung iſt diesmal womöglich noch ſtärker, denn gleich darauf ertönt aus jener ſelben Ecke das Zetergeſchrei einer Kohlmeiſe, welche von dem Räuber geſchlagen worden ſein mag, antwortet der erregt rufenden Amſel der Schrecklaut einer anderen! Die Meiſen ſind wie toll vor Angſt, die Amſel flattert entſetzt umher, trotzdem gleich auf jene Laute das friedliche Kugeln des Pirols, der Ruf des Kuckuks erſcholl und jetzt trauliches Rauchſchwalbengeſchwätz erklingt. Es iſt der jüngere meiner beiden Raubwürger, der mit ſeinen Imitationen ſolche Panik hervorgerufen, denn da er erſt ſeit wenigen Tagen ſeinen Trotz, den er während der zwei Monate, die er ſich nun in Gefangenſchaft befindet, zur Schau getragen, abgelegt hat und ſingt, und zwar noch wenig, und bei der geringſten Störung abbrechend, ſind die übrigen Vögel noch nicht an ſeine blinden Schreckſchüſſe gewöhnt, wie das bei dem zweiten Excubitor in meinem Beſitze der Fall iſt, der ſeine Copien des Rohrweihgeſchreies, des Baumfalkenrufes, jetzt ſo oft bringen mag, als er will, ohne daß deswegen mehr einer der Vögel auf dieſe einſt ebenfalls gefürchteten Stimmen reagirt. Unbekümmert um den Schreck, den er hervorgebracht, ſingt der Würger weiter; Aus dem Gefangenleben des Raubwürgers. 33 dem klangvollen Kugeln der Goldamſel, der täuſchenden Imitation des Kuckukrufes, dem Plaudern der Schwalbe folgt das rauhe Schackern der Elſter, ein unartikulirtes Geſchwätz, welches ſich anhört als ob ſein Urheber ein ſingender Eichelheher wäre, dann wieder feiner, ſchwirrender Girlitzſang, das „Schrecken“ des Rehbocks, das „miau“ der Katze. Auch der biedere Haushahn hat in ihm einen Konkurrenten gefunden, welcher ſich wohl nicht mit ihm an Stärke der Stimme meſſen kann, es ihm aber ſonſt völlig gleich thut, und warum Freund Excubitor das Locken der Gluckhenne gar ſo täuſchend nachahmen gelernt, — ei, das mag er wohl wiſſen, — wer weiß, zu was es gut war! Auch jenen Ammergeſang, welcher dem Geräuſch eines Webſtuhles ſo ähnlich iſt, daß er ſeinem Eigner den Namen Strumpfwirker eingetragen hat, das heitere Liedchen der Klappergrasmücke, der Feldlerche, verwebt er in ſeinem Geſange, und zuweilen klingen daraus neben dem melancholiſchen Flöten der Merle ſogar die ſeelenvollen Laute der Sängerkönigin, der Nachtigall, in all ihrem Schmelz, in all ihrer bezaubernden Klangfülle, hervor. Es iſt ein ausgezeichneter Sänger, dieſer Raubwürger, und wenn er in Bezug auf Mannigfaltigkeit und Vielſeitigkeit ſeines Vortrages auch nicht an ſeine begabteren Verwandten, den ſchwarzſtirnigen (L. minor) und den rothrückigen Würger (L. collurio) heranreicht, ſo übertrifft er dieſe faſt doch noch in Bezug auf deutliche Wiedergabe der Nachahmungen, nament- lich jener, welche Anſprüche an die Kehle ſtellen; wie herrlich, wie täuſchend, giebt er den Ruf der aufliegenden Schwarzamſel wieder, wie fein nüancirt das Glucken der Bruthenne, und wie getreu die Nachahmung des Sperberſchreies war, das bezeugte wohl deutlich das Gebahren der Vögel! Uebrigens findet ſich nur ſelten ein ſolcher Künſtler unter den großen Würgern: meiſtens iſt ihr Repertoir ziemlich beſchränkt, namentlich auf lautere, rauhere Rufe; ſo copirt mein zweiter Raubwürger nur das Geſchrei der Rohrweihe, den Ruf des Kiebitz, Rebhuhnes und Stockerpels, das Schnattern junger Gänſe, das Schlagen der Wachtel, den Schrei des Lerchen— falken (Faleo subbuteo), ſowie die von allen Spottvögeln fast ſtets gebrachten Stimmen des Pirols, der Schwalbe und der Lerche. An das Weihen- und Falken⸗ geſchrei, welches einſt, als dieſer Würger noch Neuling war, in meinem kleinen Vogelreich daſſelbe Entſetzen hervorzurufen vermochte, wie jetzt die Sperberimitation des andern, kehrt ſich, wie bereits erwähnt, kein einziger Vogel mehr; nachdem ſie ſich acht oder vierzehn Tage davor gefürchtet, wurde es ihnen vollſtändig gleichgültig; ſie haben ſeine Gefahrloſigkeit erkannt. Zwei andere Copien hingegen, welche ich noch nicht angeführt habe, ſind es, womit es ihm noch zeitweiſe gelingt, die Auf— merkſamkeit ſeiner befiederten Stubengenoſſen zu erregen, — zwei Copien, ſo kurz ſie auch ſind, doch wahre Kabinetsſtücke ſeines Nachahmungstalentes; die erſte iſt der Schreckruf — das „pracken“, wie es der Wiener Vogelliebhaber nennt — der Gras- 4 34 a E. Perzina. mückenarten, wie ſie ihn hören laſſen, wenn ſie eines Raubvogels, einer Katze, überhaupt eines auffälligen Gegenſtandes, von welchem ſie eine Gefahr befürchten, anſichtig werden, gleichſam zankend, eintönig und doch verſchieden modulirt: da hört man die Stimme der Zaun- und Gartengrasmücke neben dem Raſſeln der Sperbergrasmücke, und der Plattmönch hat auch nicht das letzte Wort: und bald ſcheinen ſie alle durcheinander zu rufen, wie dies jeder, der einmal mit dem Kauz gefangen, gewiß gehört hat, dann hebt ſich wieder die Stimme der einen oder anderen Art ſcharf pointirt hervor, und meine ſämmtlichen Grasmücken erkennen dieſe Imitation als vollſtändig gelungen an, indem ſie ſich ſtets durch dieſelbe täuſchen laſſen und immer in gleicher Weiſe in dieſen Theil des Conzert-Programms des loſen Spötters einfallen. Die zweite iſt ein einziger Laut, der leiſe Lockruf des Edelfinkenweibchens, ſo weich gerufen, ſo natürlich, wie dies der Finkenliebhaber nur nach langer Uebung lernt; und meine Finken beantworten dieſen Ruf jedesmal; die ſchlagenden Vögel dieſer Art vermag der Würger damit in die höchſte Erregung zu verſetzen. Und wie fleißig läßt der Raubwürger ſeine Stimme erſchallen! Er ſingt mit Ausnahme der Mauſerzeit faſt das ganze Jahr, an ſchönen Wintertagen ebenſo eifrig und laut, wie im Frühling. Freilich ſingt er erſt dann fleißig, wenn er ſich an die Gefangenſchaft gewöhnt hat, zahm und vertraut geworden iſt, denn im Anfange iſt er ein gar wilder und ungeſtümer Geſell, welcher lange trotzig ſchweigt. Der friſchgefangene Raubwürger tobt wie unſinnig im Käfig umher, ſich ſelbſt, wenn die Flügel gefeſſelt ſind, meiſt ganz abſtoßend; nähert ſich ihm jemand, ſo wird dieſes Toben zur förmlichen Raſerei, bis der Vogel erſchöpft zu Boden ſinkt und nun mit geöffnetem Schnabel und zornig blitzenden Augen den Beſchauer anſtarrt. Oft verſchmäht der Raubwürger, namentlich ein älteres Exemplar, hartnäckig jede Nahrung, ſodaß man ihn durch Stopfen erhalten muß; jüngere Vögel gehen leichter ans Futter, namentlich wenn ſolches in Mehlwürmern, Engerlingen, Käfern oder dergleichen beſteht. Nimmt der Würger einmal dieſe Stoffe an, dann gewöhnt er ſich auch raſch an rohes Fleiſch, und ſobald er dieſes durch einige Zeit gut auf- genommen hat, alſo eingefüttert iſt, dann iſt er überhaupt gar nicht heikel, dann verſchlingt der ſtolze Räuber, wenn nichts Beſſeres zu haben iſt, ſogar geriebene Möhre, gekochte Erdäpfel, Semmel und andere vegetabiliſche Produkte. Will man ihn auf die Dauer erhalten, ſo muß man ihn freilich immer mit rohem Fleiſche verſehen, denn ohne dies wird er kraftlos und matt, ſingt nicht und geht nach einiger Zeit unfehlbar ein. Ebenſo wenig wie beim ausſchließlichen Genuſſe von Vegetabilien könnte er aber bei Fütterung mit rohem Fleiſche allein beſtehen, da ihm dieſes, als für ſeinen Magen in allen Theilen verdaulich, keinen Stoff zur Gewöllbildung liefern kann, und Gewöll auszuwerfen iſt für ſeine Geſundheit, ſein Aus dem Gefangenleben des Raubwürgers. 35 Wohlbefinden, unumgänglich nothwendig. Der eine meiner Raubwürger hatte, als ich ihn erhielt, ſchon über drei Jahre in Gefangenſchaft gelebt und ſich während dieſer Zeit bei rohem Fleiſche untermiſcht mit Weichfutter immer kreuzfidel befunden; da, etwa zwei Monate bevor der Vogel in meinen Beſitz kam, hatte ſein Herr alle übrigen Inſectenfreſſer abgeſchafft und da es ihm nicht dafür ſtand, wegen des Würgers allein Weichfutter anzumachen, ſo wurde dieſer von da an ausſchließlich mit rohem Rindsherz ernährt. Die erſte Zeit ſchien dies dem Würger ganz gut zu bekommen, aber bald, nach etwa einem Monate, fing er an unruhig zu werden, hörte faſt ganz auf zu freſſen, verſchlang dafür aber, was er früher nie gethan hatte, große Mengen des Sandes, welcher den Boden ſeines Käfigs bedeckte, und fing ſchließlich auch an ſich Federn auszuziehen und dieſe zu freſſen. Als ich den Vogel auf Bitte ſeines damaligen Eigenthümers, welcher das kränkelnde Thier nicht behalten wollte, übernahm, war er faſt zum Scelette abgemagert; dabei machte er oft krampfhafte Halsbewegungen, als ob er etwas hinabſchlingen wollte. Ich ſetzte ihm rohes Herz und Weichfutter vor und war nicht wenig erſtaunt, zu ſehen, wie dieſer Fleiſchfreſſer ſich mit größter Gier auf das Rübengemiſch ſtürzte und von dieſem verſchlang, ſoviel nur da war; einige Zeit lebte er nun ganz von ſolchem Weichfutter und Mehlwürmern, verſchmähte das Fleiſch ganz und ſpie ſehr viel Gewölle aus. Dies währte etwa zwei Wochen, dann nahm er auch wieder Fleiſch an, wurde geſund und munter und erfreut mich heute noch durch ſeinen Geſang, ſein munteres, kluges Weſen, ſeine große Zahmheit und Anhänglichkeit an mich. Sobald ich nur in's Zimmer trete, ſchallt mir begrüßend ſein Ruf entgegen. Mit Bücklingen und Schwanzwippen empfängt er mich, wenn ich mich ſeinem Käfig nähere; greife ich nach der Mehlwurmſchachtel, dann bettelt er wie ein junger Vogel, lüſtern blicken die glänzenden Augen dem Leckerbiſſen entgegen, unter behaglichen Tönen wird er raſch verſchlungen. Und wie genau kennt er es, wenn ich einmal für ihn und ſeinen Artgenoſſen eine Eidechſe oder Maus mitgebracht habe! Dann iſt ſein Betteln, wenn ich ihm das Opfer zeige, von ganz anderer Art, als ſein Betteln um die Käferlarve, dann iſt es Mordluſt, welche aus ſeinen Augen funkelt. Gebe ich die Thiere in ſeinen Käfig, ſo ſtürzt er ſich ſofort auf dieſe herab; im Nu hat er ſeine Beute geſchlagen und fliegt nun, dieſe im Schnabel tragend, ſchwerfällig auf eine der Sitzſtangen empor. Hier wird ſie von den Füßen feſtgehalten und ihr mit einigen raſchen Schnabelhieben der Garaus gemacht. Dann trägt er ſie im Schnabel eine Weile im Käfig herum und verſucht ſie zwiſchen das Käfiggitter zu zwängen; iſt ihm dies nach manchem vergeb— lichen Verſuche gelungen, dann ſetzt er ſich ſtolz davor, als wollte er ſein Eigenthum bewachen. Nähere ich mich ihm in dieſem Augenblicke, dann wird der ſonſt über mein Kommen ſo Erfreute förmlich wüthend; wage ich gar nach dem aufgeſpießten 4 * 36 E. Perzina, Aus dem Gefangenleben des Raubwürgers. Leckerbiſſen zu greifen, ſo führt er energiſche Schnabelhiebe gegen meine Hand, dabei fortwährend zankend. Entferne ich mich dann nicht allſogleich, ſo reißt er ſeine Beute aus dem Gitter heraus und trägt ſie an einen anderen Ort. Bis er ſie verzehrt, das dauert lange; es war nicht der Hunger, der ihn zum Morden trieb, es war allein die Luſt am Tödten. Geht es endlich an's Speiſen, dann ſieht man ihm es förmlich an, wie gut es ihm ſchmeckt: bis auf die Haut wird z. B. eine Maus ausgeſchält; der höchſte Leckerbiſſen ſcheint für ihn das Gehirn zu ſein, denn ob ſein Opfer nun Maus oder Vogel iſt, immer wird zuerſt der Schädel zertrümmert. Ein Vorkommniß von höchſtem Intereſſe für den Würger iſt es, wenn einmal irgend ein Vogel ſeinem Käfig entſchlüpft iſt, und im Zimmer umherfliegt; dann verfolgt er mit der geſpannteſten Aufmerkſamkeit jede Bewegung des Flüchtlings. Nähert ſich dieſer ſeinem Käfig, dann verhält ſich der Räuber ſtatuenhaft ſtill und uur das Spiel der Augen ſpricht von jener fieberhaften Erregung, welche ihn in der That beherrſcht. Wehe dem Vogel, der ſich auf den Käfig des Excubitor ſetzt! denn in demſelben Augenblicke, wo er auf dem Gitter fußt, hat ihn gewiß auch ſchon der Würger mit blitzſchnellem Stoße beim Beine gefaßt und ſucht das zappelnde ſchreiende Opfer zu ſich durch die Drähte zu ziehen. Die Größe ſeines Gegners fällt dabei für ihn ſehr wenig in's Gewicht: er greift die Amſel, den wehrhaften Staar, ja ſelbſt die große Wachholderdroſſel ebenſo an, wie den Zaunkönig oder die Meiſe, und daß er ſelbſt ſeine eigene Art nicht verſchont, daß mußte ich vor Kurzem erfahren. Der jüngere meiner Raubwürger war etwa vier Wochen in meinem Beſitze, als ich noch ein friſchgefangenes Weibchen erhielt, und da gerade Käfignoth war, ſo ſteckte ich es zu dem bedeutend jüngeren und ſchwächeren Männchen, denkend, es würde ſich ſchon jeder ſeiner Haut zu wehren wiſſen. Zwei Tage ging auch alles, kleinere Streitereien abgerechnet, ganz gut; am dritten Tage aber fand ich den männlichen Vogel an mehreren Stellen verwundet und blutend, mit total derangirtem Federnkleid, aber ſehr vergnügter Miene auf dem Cadaver ſeiner Käfiggenoſſin ſitzend, eben damit beſchäftigt, den Braten durch Rupfen zum Mahle herzurichten! Eine Gewohnheit jedes Raubwürgers iſt es nämlich, den getödteten Vogel durch Rupfen wenigſtens oberflächlich von den Federn zu befreien und an dieſer Gewohnheit ändert ſelbſt der ärgſte Hunger nichts. Gegen Kälte iſt der Raubwürger unempfindlich. Große Wärme ſcheint ihn eher zu geniren, denn an ſchwülen Hochſommertagen iſt er äußerſt träge und hält den Schnabel fortwährend offen. Es iſt daher rathſam, ihm zu dieſer Zeit einen kühlen Aufenthaltsort anzuweiſen, umſomehr als da ja auch ſein Federwechſel ſtatt⸗ findet, meiſt Mitte Juli beginnend, bis längſtens Ende Auguſt beendet, und die ſchönen Farben ſeines Gefieders eben nur dann in ihrer vollen Friſche wiederkehren, wenn der Vogel nicht zu ſehr ſchwüler und trockener Temperatur ausgeſetzt G. Clodius, Ueber den Neftbau der Schwanzmeiſe. 37 iſt. Während der Mauſer muß der Würger vor Zugluft ſtreng bewahrt werden; auch empfiehlt es ſich, ihm während derſelben neben dem gewöhnlichen Futter mit rohem Fleiſche öfters friſche Ameiſenpuppen, Heuſchrecken, junge Mäuſe u. dgl. zu reichen. Jung aufgezogene Raubwürger werden ſehr zahm und machen durch ihre, bei einem Vogel dieſer Größe wirklich ſeltene Anhänglichkeit an ihren Pfleger viel Freude; geſanglich leiſten ſie jedoch ſelten viel. Ich habe ſchon aufgezogene Raubwürger gehört, welche von früheſter Jugend unter vielen der beſten Singvögel gehalten worden waren, und nicht ein einziger leiſtete das, was man von einem mittelmäßig ſingenden Wildfang ihrer Art verlangen kann; immer waren es nur einzelne Töne, welche ſie erlernt hatten und nun in einem komiſchen Kauderwälſch zum Vortrag brachten, oder ſie hatten ſich die leichteſten und ſchlechteſten Lieder angeeignet. Beſonders oft hörte ich von ſolchen Vögeln das täuſchend nachgeahmte Jappen der gewöhnlichen Kanarien, dieſes allerdings in ſeiner vollen „Schönheit“, manchmal auch den Zeiſig oder den Stieglitz. Intereſſant iſt es, daß aufgefütterte Raubwürger manchmal vollſtändig ihre Natur verläugnen, indem jede Mordgier in ihnen erloſchen zu ſein ſcheint; ich kenne einen ſolchen Würger im Beſitze eines Wiener Liebhabers, der ſeinen Käfig ſeit Jahr und Tag mit einem ebenfalls aufge— fütterten Dorndreher theilt und mit dieſem im beſten Einvernehmen lebt. Das ſollte man einmal mit einem Wildfang verſuchen! Ueber den Neſtbau der Schwanzmeiſe. Von G. Clodius. Da ich auch in dieſem Frühlinge Gelegenheit hatte, die Schwanzmeiſe beim Bau ihres außerordentlich kunſtvollen Neſtes zu beobachten, und da ich hierbei mehrere Abweichungen von dem conſtatiren konnte, was man darüber in naturwiſſenſchaftlichen Werken findet, ſogar auch noch in der neueſten Auflage der deutſchen Vögel von Friderich, einem ſo vorzüglichen Werke, welches man doch als Frucht der bis heute gemachten Beobachtungen anſehen darf, ſo will ich mittheilen, was ich beobachtete. Was zuerſt den Standort des Neſtes betrifft, ſo ſoll es nach Friderich „ges wöhnlich von Mannshöhe bis 5 m hoch“ ſtehen; dabei muß man aber das „gewöhn— lich“ ſehr beachten, denn ich fand ſchon am 31. März 1890 ein völlig fertiges Neſt kaum 1½ m hoch im Gipfel einer kleinen Fichte ſtehend, innerhalb einer Fichten— ſchonung; Form, Bauart und Material war ganz dieſelbe wie bei andern Neſtern dieſer Art. Gewiß ein ſeltenerer Fall eines ſo niedrigen Standortes. Dagegen iſt es durchaus nicht ſelten, daß dieſe Neſter viel höher angebracht ſind; ſo verhielt es ſich auch mit dem, deſſen Bau ich teilweiſe genau beobachtete. Am 14. April zeigte ſich 38 G. Clodius, das Schwanzmeiſenpärchen in unſerm Garten, und am 15. bemerkte ich, daß es den Grund zu ſeinem Neſte legte und zwar wieder in einer ſtarken Fichte am Bache, in welcher ſchon zweimal ein Neſt dieſer Meiſe ſtand, das beide Male zerſtört ward, ebenſo wie es auch dem erging, deſſen Bau hier beſchrieben iſt. Errichtet ward das Neſt in den feinen lang herabhängenden Zweigen eines ſtarken Aſtes, etwa 40 Fuß vom Boden und 9 Fuß vom Stamm entfernt, alſo in einer Höhe, die mehr als doppelt ſoviel beträgt, als Friderich angiebt. Eines jener früheren Neſter ſtand faſt in gleicher Höhe. Bemerkenswerth iſt das diesjährige nun noch dadurch, daß es ebenſo wie eins der früheren durchaus nicht mit feinem Boden auf einen Aſt aufgeſtützt war, ſondern nahezu frei in den feinen Zweigen herabhing, — nahezu, denn ſeine Haupt⸗ ſtütze hatte es durch einen alten großen weitaufgeſprungenen Fichtenzapfen erhalten, der mit ſeinem oberen Ende feſt in die Neſtwand verflochten war; von unten aus konnte ich mir gar nicht erklären, was dieſer ſchwarze Klumpen am Neſt bedeute; erſt als ich hinaufgeklettert, ſah ich das merkwürdige Neſt; außer an dieſem ver⸗ witterten Zapfen hing das Neſt nur noch an fünf dünnen trockenen Reiſerchen, die nur oben auf demſelben befeſtigt waren, ſodaß es faſt ganz frei ſchwebte. Der Aſt, in welchem das Bauwerk hing, erſtreckte ſich vom Stamme aus nach SO, ebenſo auch diejenigen, in denen die früher in derſelben Fichte gebauten Neſter errichtet waren. Genau über dem oberen Ende des alten Fichtenzapfens war das Schlupfloch, nach SO ſtehend, und dieſes habe ich bei allen bis jetzt gefundenen Schwanzmeiſenneſtern beobachtet; ſie ſcheinen immer ſo gerichtet zu ſein; aber ob ſie auch ſtets an der Südoſtſeite der Bäume erbaut werden, weiß ich nicht. In der erſten Zeit baute das Pärchen mit ganz außerordentlichem Eifer und zwar während des ganzen Tages ununterbrochen fort, wenigſtens ſah ich ſie zu jeder Tageszeit bei ihrem Werke beſchäftigt; ſie müſſen während des Suchens nach Materialien auch zugleich ihren Hunger geſtillt haben, zu welchem Zwecke ſie ſonſt allerdings den ganzen Tag über in Bewegung find; eine längere Pauſe war iin ihrer Thätigkeit nicht zu bemerken. Alle paar Minuten waren ſie da; von den nächſten Bäumen holten ſie ganze Schnäbel voll Flechten, die ſie mit großem Eifer und nicht ohne Anſtrengung herabriſſen, was ſehr drollig ausſah; alle Ritzen und Zweige und Ge— büſche wurden nach Geſpinnſten durchſucht und überall Federn zuſammengeſammelt, die ihnen unſer Hühnerhof in reichlicher Menge und jeglicher Güte und Stärke dar- bot; in unmittelbarer Nähe der Hundehütte ſah ich ſie ganze Schnäbel voll weicher Hundehaare aufſammeln; ſogar von den Wänden des Hauſes ſuchten ſie Gewebe herab. Dabei muß ich bemerken, daß daß Haus mit großen Linden umſtanden und der Hof überall mit dichtem Gebüſch verſehen iſt. Man kann aus jo einem Neſte eine ganze Sammlung verſchiedener Vogelfedern zuſammenſtellen; jenes oben erwähnte Neſt, welches leider auch bald zerriſſen war, enthielt zahlreiche rothe Federchen, un⸗ 8 Ueber den Neſtbau der Schwanzmeiſe. 39 zweifelhaft die Bauchfedern eines Buntſpechtes, den die kleinen Baumeiſter irgendwo verendet gefunden hatten; ich ſtreuete ſie unter Gebüſch im Garten dicht bei der großen Fichte aus und hatte die Genugthuung, daß ſie ſofort aufgeſammelt und von Neuem verwandt wurden. Hinten im Garten war ein Rebhuhn zerriſſen, die Meiſen machten ſich viel mit den Federn zu ſchaffen und als ich das Neſt ſchließlich unter- ſuchte, fand ich beide Arten, Specht⸗ wie Rebhuhnfedern beim Bau verwandt; von letzteren ſtak eine ſteife Flügelfeder ſenkrecht in einer Seitenwand. Im Walde hier habe ich auch mehrmals ſehr ſchöne Federn vom wilden Faſan verarbeitet gefunden, beſonders oben am Deckel des Neſtes, wo größere und doch biegſame Federn nötig ſind. Das Hauptcontingent bei dem in Rede ſtehenden hatte natürlich der Hühner— hof geliefert, ſie waren verhältnismäßig leicht beſchafft, wie es dem Pärchen aber möglich iſt, im Walde ſo große Mengen Federn zu finden, verſtehe ich kaum, denn man muß über die Menge erſtaunen, welche ein Neſt enthält. Selten entfernte ſich unſer Pärchen über Hof und Garten hinaus, da es alles Nothwendige hier genügend vorfand. Als aber vor einigen Jahren ein Paar auf unſerm Kirchhof baute, der von uns durch freies Feld getrennt, etwa 200 Schritt entfernt iſt, kam es auch zu uns und ſuchte Hühnerfedern; hatten beide genug ge— ſammelt, ſo flogen ſie bis zum äußerſten Baum des Hofes, hüpften unruhig hin und her und flogen ſchließlich in ziemlicher Höhe geraden Flugs auf den Kirchhof zu. Warum ſie zu uns kamen, da ihnen dieſer Flug über freies Feld augenſcheinlich höchſt unbehaglich war, weiß ich nicht, denn das Dorf liegt in nächſter Nähe des Kirchhofs, bot alſo bequem Federn dar. Während der ganzen Zeit des Bauens ſieht man nun beide Gatten ſtets nahe beiſammen; gemeinſam durchſuchen ſie alle Räume nach Geſpinnſten, Federn, Moos, gemeinſam kommen ſie in die Nähe ihres Niſt— baumes geflogen und nur einige wenige Male ſah ich nur eine einzelne Meiſe, während die andere noch weiter entfernt war. Aus dieſem treuen Zuſammenhalten erklärt es ſich auch wohl, daß in einigen Fällen nur ein Gatte mit Material herangeflogen kam, und der andre ihn, ohne ſolches mitzubringen, begleitete; der erſtere hatte wohl früher als der andere genügende Mengen gefunden, hatte zum Aufbruch durch ener— giſches Locken gemahnt und der andere flog mit leerem Schnabel zur Geſellſchaft mit. Während ſie ſo alles gemeinſam ausführen — eins, und zwar die Hauptſache, thun ſie niemals gemeinſam, nämlich das Bauen ſelbſt. So oft beide mit Moos u. ſ. w. herbeikamen, flogen ſie auf die Aeſte einer in unmittelbarer Nähe befindlichen Linde, auch wohl auf die benachbarten Aeſte der Fichte ſelbſt, verweilten hier einen Augen⸗ blick und dann flog einer, aber immer nur einer, und trotz ſtundenlangen Beobachtens habe ich hiervon keine Ausnahme bemerkt, an oder in das Neſt und befeſtigte hier ſein Päckchen; ſobald er heraus ſchlüpfte, flog der andere herzu, und beide, denn der erſtere wartete wieder ſo lange, flogen von dannen. Kamen ſie etwas zögernd ans 40 G. Clodius, Neſt, ſo flogen ſie ziemlich hurtig und im raſchen Bogen direkt aus demſelben weg gleich auf einen entfernten Zweig. Auch alle übrigen Vögel zeigen daſſelbe Benehmen, wahrſcheinlich um das Neſt dem Beobachter möglichſt zu verbergen. Uebrigens ſind die Schwanzmeiſen ſo zahm und vertraulich wie wohl kaum ein anderer Vogel am Neſt; mag man ſich auch direct unter das Neſt ſtellen, und mit einem langen Fern⸗ rohr bewaffnet dasſelbe beobachten, ſo beirrt ſie das nicht im geringſten. Im Walde, wo ſie weniger an Menſchen gewöhnt ſind, mögen ſie vielleicht etwas vorſichtiger ſein, — ich weiß es nicht. Ueberall habe ich nun bisher geleſen, das Weibchen der Schwanzmeiſe baue allein, während das Männchen nur Handlanger ſei oder währenddes Material herbei⸗ ſchleppe. Aber ich glaube, es iſt dies nicht richtig, wenigſtens nach vorliegender Be⸗ obachtung nicht immer gültig, denn bei anderen Neſtern konnte ich noch nicht ſo genau beobachten, da ſehr viel Zeit dazu gehört. Da beide Gatten niemals gemein⸗ ſam ans Neſt fliegen, ſondern jeder einzeln für ſich ſeine Päckchen hinein oder hinan trägt, ſo meine ich, dürften auch beide ſelbſtthätig bauen; möglicherweiſe könnte ja allerdings, wenn das Weibchen alleiniger Baumeiſter wäre, das Männchen ſein Material nur im Neſt niederlegen und das Weibchen dieſes erſt das nächſte Mal mitverbauen; aber dann wäre es doch ſonderbar, daß das Männchen nicht einfach, wenn das Weibchen im Neſt ſitzt, dieſem ſeine Federn u. ſ. w. hineinreicht, um ſie gleich verbauen zu laſſen; das wäre doch echter Handlangerdienſt, aber das hat bei dem beobachteten Pärchen nie ſtattgefunden. Allerdings verweilten beide Thierchen oft verſchieden lange im Neſt, das eine manchmal 2—3 Minuten, während das andere ſchon nach kürzerer Friſt herausflog; aber ob letzteres jedesmal das Weibchen geweſen, konnte ich nicht conſtatiren, da das Neſt jo ſehr hoch ſtand, und die Thiere, zu un— ruhig, ſelten ſtill ſitzen; einmal nur habe ich ſicher geſehen, daß dasjenige, welches etwa zwei Minuten darin geweilt hatte, das Weibchen war. Um aber nur fein Material darin niederzulegen, dazu verweilte der andere Vogel, wenn es das Männ⸗ chen ſtets war, doch wieder zu lange im Neſt, es müßte ihm ſonſt ſchon immer ſo gut drin gefallen haben, daß es eine Zeit lang gemütlich drin geſeſſen, was aber bei Vögeln, die ſonſt keine Höhlenbrüter und Höhlenſchläfer, kaum der Fall ſein dürfte. In den erſten Tagen, hauptſächlich bei der Grundlegung, baute vornehmlich nur eins der beiden Gatten, während das andere Thierchen öfters und zuerſt ſehr oft ohne Material herbeikam und gar nicht ans Neſt flog. Daß dies das Männchen geweſen, dürfte wahrſcheinlich ſein; ich habe leider damals noch nicht ſo genau auf dieſen Umſtand geachtet. Aber damit verrichtete es natürlich auch keinen Handlanger⸗ dienſt, es war hauptſächlich Begleiter. Daß die erſte Grundlegung vom Weibchen voll⸗ führt wird, finde ich ſehr erklärlich; ebenſo aber glaube ich auch, daß das Männchen, wenn es nachher eifrig mit ſeinen Federn einſchlüpfte und ebenſo viel herbeitrug als Ueber den Neſtbau der Schwanzmeiſe. 41 der andere Gatte, dann auch ſelbſt gebaut hat. Sicher feſtzuſtellen dürfte dies wohl kaum ſein, da es ſich ja ſtets den Blicken entziehen wird, was im Innern des Neſtes gethan wird. Soweit meine Beobachtungen nämlich reichen, wird das Schwanzmeiſen— neſt von innen herausgebaut. In den erſten Tagen konnte ich hiervon etwas be— obachten. Die eine Meiſe (Weibchen?) ſaß in der Mitte der feinen Zweige, den Kopf nach unten, Schwanz in die Höhe; ſo wickelte ſie ſorgfältig Wolle und Ge— ſpinnſt und Flechten um einen Zweig, genau wie man einen Faden herumwickelt! zuerſt legte ſie es auf das Aeſtchen, faßte es von unten her mit dem Schnabel, zog es zu ſich heran und legte es dann wieder mit dem Schnabel von ſich weg ſchiebend feſt herum. Es war dies, wie ich nachher ſah, ein horizontallaufendes Zweiglein, welches in die Seitenwand eingewoben war. Auf dieſelbe Weiſe, immer von innen heraus, wurden die Wände fertig und ehe dieſelben undurchſichtig, wurde ſchon an der Decke gearbeitet. Leider war die Thätigkeit ſelbſt ſchwer zu beobachten, da faſt ſtetiger Wind die Zweige hin und her wogen ließ, ſodaß auch das Fernrohr kein genaues Bild brachte; nur einige Male ſah ich bei Windſtille das eben Beſchriebene ganz genau. Bald wurden die Wände undurchdringlich und nun war nichts mehr zu ſehen. Niemals aber arbeitete einer der Gatten außen am Neſt, ſtets ſchlüpften ſie in das Innere; das Aeußere war gleich zuerſt und zwar von dem im Inneren ſitzenden Thiere hergeſtellt. Darum ſchleppten ſie zuerſt auch ſoviel Flechten und Lebermoos herbei. Weil dies in der Nähe zu haben war, vielleicht auch, weil ihr Eifer noch ungebrochen, während nachher Geſpinnſte in nächſter Nähe weggeſucht und Federn herbeizuholen waren, ſo arbeiteten ſie zuerſt ſehr oft am Neſt; wie ſchon oben geſagt, ließen ſie ſich alle paar Minuten blicken, ſpäter aber kamen ſie ſeltener; es verging manchmal eine Viertelſtunde, ehe ſie wieder da waren; vielleicht holten ſie jetzt auch die ver— ſäumte Nahrung etwas nach. Mit größter Beſorgnis ſah ich täglich nach, ob das Neſtchen noch unverſehrt ſei, denn vier Neſter habe ich bis dahin im Garten entdeckt, und ſtets noch ſind ſie zerſtört worden und zwar wie ich jetzt feſt überzeugt bin, allein durch die nichtswürdigen Holzhäher, denn alle dieſe Neſter, auch die im Walde, zeigen ſtets dieſelbe Zerſtörungsart, indem aus der Hinterwand ein Stück herausgeriſſen iſt, was nur ein größerer Vogel vermag. Dieſe abſcheulichen Holzhäher ſind leider eine große Plage unſeres Gartens, da ſie aus dem nahen Holze unaufhörlich Streiftouren zu uns machen und bei Gefahr ſchleunigſt fliehen. Am 23. April waren die Meiſen verſchwunden, am 22. herrſchte ſtarker Regen, da waren die Spitzbuben wohl im Garten geweſen; ich erkletterte den Baum und richtig, wieder das charakteriſtiſche Loch in der Rückwand. So verſteckt das Neſt von unten her zu ſitzen ſchien, ſo ſichtbar war es übrigens vom Baum aus; der dicke Klumpen in dem feinen Gezweig war ſehr auffällig. Der alte Fichtenzapfen mußte es den Thierchen angethan haben, denn für ein Holzhäherauge v 42 Curt Flöricke, war das Neſt leicht aufzufinden. Acht Tage hatten die Meiſen gebaut und das Neſt war nahezu fertig. Von einer Benutzung zerſtörter Neſter ſeitens der Meiſen zum neuen Neſte, wie ich ſchon geleſen habe, konnte ich bisher nichts beobachten; ſtets war das Pärchen von den Trümmern ſeiner alten Behauſung völlig verſchwunden und ließ ſich in deſſen Nähe nicht wiederſehn. So ſah ich in den letzten Apriltagen in einem etwa 500 Schritt entfernten frei im Felde liegenden Garten, der an eine Tannenſchonung ſtößt, ein Pärchen Schwanzmeiſen; vorher hatte ich hier keins beobachtet, vermute daher, daß es das aus unſerm Garten iſt. Wieviel Neſter dieſer niedlichen Thierchen mögen jährlich durch allerlei Gelichter vernichtet werden! Trotz— dem ſind ſie hier nicht ſelten und ich habe ſpäter mehrere Alte mit ihrer kleinen flüggen Schaar herumſtreichen ſehen. | Aber Tod allen Spitzbuben und Mördern in Holzhähergewand! Noch kürzlich ſchoß ich einen; der Kropf war mit Maikäfern gefüllt, da ſchlug mir das Gewiſſen! Aber der Magen beruhigte mich wieder, denn darin fand ich Eiſchalen, ſcheinbar vom Hänfling (Cannabina linota), von mindeſtens 3 Eiern. Uebrigens kann ich einem Neſterliebhaber ein ſehr ſchönes Schwanzmeiſenneſt verehren, eben das im Eingang dieſes Aufſatzes erwähnte. Camin in Mecklenburg, Juli 1890. Nochmals Gallinula porzana Linn. Von Curt Flöricke. Motto: „Die Wiſſenſchaft ſoll weder Neigungen noch Abneigungen beſitzen, Wahrheit ſei ihr einziges Ziel.“ W. R. Grove. Herr Ewald Ziemer hat meine anſpruchsloſe Arbeit über das geſprenkelte Sumpfhuhn (Ornith. Monatsſchrift 1890, S. 177—187) in drei ausführlichen Auf- ſätzen („Ornithologiſche Beobachtungen. 9. Gallinula porzana“ S. 324 — 331, „Etwas vom Sandkiebitz“ S. 386 —389 und „Am Sumpfhuhnneſte“ S. 451 —456 des vorjährigen Jahrgangs unſerer Monatsſchrift) direkt oder indirekt einer ſehr eingehenden Kritik unterzogen. Es ſcheint wohl ſelbſtverſtändlich, daß ich die frühere Arbeit des Herrn Ziemer über dieſen Gegenſtand (Cab. Journ. 1884, S. 184 bis 188) nicht kannte, ſonſt würde ich dieſelbe natürlich nicht ignorirt und damit wohl die Diskuſſion vermieden haben. Die ſo umfangreiche und zerſtreute ornithologiſche Litteratur iſt ja leider für einen jungen und wenig bemittelten Anfänger oft nur ſehr ſchwer zugänglich, was Herr Ziemer in jenem Aufſatz übrigens ſelbſt ausführt, und gerade dieſer Jahrgang des Journ. f. O. war mir bisher unerreichbar geweſen. Ohne hier einen ironiſchen Ton anzuſchlagen, möchte ich nur kurz einige Nochmals Gallinula porzana. 43 fachliche Bemerkungen zu den beiden von Herrn Ziemer am ausführlichſten erörterten Punkten machen, indem ich mir eine ausführliche Entgegnung für ſpäter vorbehalte, nachdem ich meine Erfahrungen über die ſtrittigen Punkte durch eigene Beobachtungen und durch ſolche anderer Kundiger vervollſtändigt habe. Alſo zunächſt Einiges über „das vertrackte Tricktrack“. Ich bin mir recht wohl bewußt, daß man bei Beobachtungen, die am Abend bei unzulänglicher Be— leuchtung im Schilf und Röhricht zwiſchen Laut gebenden Lurchen, Inſekten und Vögeln gemacht werden müſſen, nicht vorſichtig und nicht mißtrauiſch genug gegen ſich ſelbſt ſein kann, und ich würde deshalb auch gar nicht gewagt haben, meine Erfahrungen über das Balzen des Sumpfhuhnes zu veröffentlichen, wenn ich daſſelbe nicht auch bei einem in der Gefangenſchaft gehaltenen Männchen ſehr genau beob— achtet hätte. Daſſelbe ließ im Frühjahr des Abends und in mondhellen Nächten den erwähnten Laut ſehr häufig und eifrig hören und nahm dabei ganz die ſchon von mir beſchriebenen Stellungen an, was mir und meinen zahlreichen Commilitonen damals viel Vergnügen machte. Dieſes Exemplar wurde ſpäter außerordentlich zahm und bekundete eine große Anhänglichkeit an mich. Wenn ich des Abends ſpät nach Hauſe kam, begrüßte es mich öfters mit demſelben „Trick, track“, um ſeiner Freude Ausdruck zu geben, und bisweilen hörte ich dieſen Laut ſchon unten beim Oeffnen der Hausthür, ſo laut ertönte er. War der Vogel beſonders erregt, ſo ließ er ſein „Tricktrack“ eine ganze Weile lang in immer raſcherer Aufeinanderfolge erſchallen, ähnlich wie das Schwarzplättchen ſein bekanntes „Tack, tack“. Als ich dann ſpäter am Drachenbrunner See bei Breslau dieſe Töne zum erſten Mal in freier Natur hörte, war ich jofort überzeugt, daß dieſelben nur von G. porzana herrühren könnten, und bald darauf beſtätigte mir denn auch eine beſonders glückliche Beob— achtung an demſelben Teiche die Richtigkeit dieſer Annahme und ließ mich zugleich auch die geſchilderten Flugſpiele ſehen. Herr Ziemer hat ſeine Bemühungen, den Vogel beim Balzen zu beobachten, meiner unmaßgeblichen Anſicht nach, zu ſpät begonnen, denn wenn die Sumpfhühner bei ſchönem Wetter vielleicht auch noch im Juni ihre Paarungsſpiele ausführen, ſo werden ſie es doch ſchwerlich bei kaltem und regneriſchem Wetter thun. Ohne Zweifel gehört beſonderes Glück dazu, um einen ſo verſteckt lebenden und halb nächtlichen Vogel in ſeinem Liebeswerben zu beobachten, aber ich bin trotzdem überzeugt, daß früher oder ſpäter vorurtheilsfreie und unparteiiſche Beobachter die Richtigkeit meiner Wahrnehmungen werden beſtätigen können. Nebenbei will ich noch bemerken, daß auch G. pusilla denſelben oder doch einen ganz ähnlichen Laut hervorbringen kann, wie mir gleichfalls ein gefangenes Männchen zeigte. Ganz beſonders aber hat das, was ich über die Wanderungen des Vogels geſagt habe, Widerſpruch gefunden. Es ſcheint aber, als ob Herr Ziemer mich 44 Curt Flöricke, nicht recht verſtanden hat. Er führt aus meinem Artikel ſelbſt die Stelle an, wo ich die Anſicht ausſpreche, daß die Sumpfhühner einen wenn auch nur „räumlich verhältnißmäßig geringen“ Theil ihrer Reiſe laufend zurücklegen, und doch gehen ſeine ganzen folgenden Ausführungen und Berechnungen von der Annahme aus, als ob ich behauptet hätte, daß die Vögel den ganzen Weg nach ihren Winterquartieren zu Fuß zurücklegten! Daß ich daran nicht im ent⸗ fernteſten gedacht habe, davon kann ſich jeder überzeugen, der die betreffende Stelle in meiner Arbeit nochmals durchleſen will. Nachher giebt Herr Ziemer ſelbſt zu, daß es immerhin möglich wäre, „daß ſolche Sumpfhühner, welche auf ihrer Reiſe gerade in einem größeren Sumpfe oder auch Sumpfgebiete Raſtſtation gemacht haben, nun den ſpäteren Nachmittag dazu benutzen, zu Fuß bis an den ſüdlichen Rand zu wandern, um dann in der Abenddämmerung die Luftreiſe anzutreten.“ Mehr habe ich nicht behauptet. Nur daß meiner Meinung nach dazu gar kein Sumpf oder Sumpfgebiet, ſondern lediglich gedecktes und coupirtes Terrain nöthig iſt, um die Porzellanhühnchen zu veranlaſſen, tagsüber gemächlich ein Stückchen ſüdweſt⸗ lich (nicht ſüdlich) zu wandern und erſt am Abend ſich in die Lüfte zu ſchwingen. Fliegende Sumpfhühner dürften am Tage doch erſt wenig beobachtet worden ſein, und die übrigen Fulicarien, ſowie vollends Aegialites minor, die Herr Ziemer zum Beweiſe anführt, dürfen aus verſchiedenen Gründen in dieſer Hinſicht mit G. porzana nicht auf eine Stufe geſtellt werden. Die hochwichtige und entſchieden für meine Anſicht ſprechende Beobachtung des älteren Brehm übergeht Herr Ziemer ganz, und obſchon er uns belehrt, daß die Sumpfhühner beſſer zu fliegen verſtehen, als man gewöhnlich annimmt, ſo möchte ich doch aus anatomiſchen wie biologiſchen Gründen ſehr bezweifeln, ob ſie wirklich ebenſo gute und ausdauernde Flieger wie Läufer ſind. Der Umſtand, daß man ſchon verletzte Sumpfhühner unter dem Telegraphendraht gefunden hat, beweiſt — immer meine wirkliche und nicht die von Herrn Ziemer angenommene Auffaſſung der Sachlage feſtgehalten — nichts, und Einwände, wie: daß die Sumpfhühner ſchwerlich „Berge und Wälder, reißende Ströme, große Städte, hohe Gebirge und andere Hinderniſſe mit gleicher Leichtigkeit überwinden würden wie die Craſchnitzer Teiche“, fallen danach in ſich ſelbſt zuſammen. Den ganzen Sommer hindurch ſieht man von den Sumpfhühnern, falls man ſich nicht ſpeciell auf ihre Beobachtung verlegt, ſo gut wie nichts, während man ſie zur Zugzeit ziemlich häufig antrifft und zwar oft genug laufend, ſelbſt auf ziemlich offenem Terrain. Woher, ſo frage ich, kommen dieſe Sumpfhühner, und was thun ſie? Um nur ein Beiſpiel anzuführen, traf ich gelegentlich einer Pürſchfahrt mit Graf Recke im September v. J. eine G. porzana, welche auf dem breiten, ganz freien und nach Südweſten gerichteten Waldwege ein ganzes Stück hurtig vor unſerem in ſcharfem Trabe gehenden Wagen her und, ſchließlich überholt, unter demſelben durch lief! Nochmals Gallinula porzana. 45 Erſt als wir den Hund vorſchickten, um es womöglich lebendig zu fangen, flüchtete es ſeitwärts, indem es über einen ſchmalen Waſſergraben flog, um ſich in dem Schilfe eines nahen Teiches zu verſtecken, und war abſolut nicht zum Auffliegen zu bringen. Dieſes Sumpfhuhn befand ſich denn doch wohl ohne Zweifel auf der Wanderſchaft und zog dabei ſichtlich den zum Laufen viel bequemeren freien Weg dem ſchützenden Unterholz oder dem Röhricht des Teiches vor. Selbſt wenn man annimmt, das Thier ſei etwas flugunfähig geweſen durch eine frühere Verletzung, ſo geht doch aus ſolchem Benehmen hervor, wie hoch entwickelt ihre Lauffähigkeit iſt. Ein anderes Sumpfhuhn, welches ich am 2. Oktober vor. Is. gemeinſchaftlich mit Herrn F. Lindner bei Zeitz ſchon in der Abenddämmerung beobachtete, war gleichfalls trotz aller Mühe nicht zum Auffliegen zu bringen. Es iſt bekannt, daß zur Zugzeit oft Sumpfhühner vom Hunde lebend gegriffen werden. Warum laſſen fie ſich denn jo gutwillig fangen, wenn fie ſich durch ihren Flug mit Leichtigkeit in Sicherheit bringen können? Höchſt wahrſcheinlich, weil es Exemplare ſind, welche durch längeren Flug übermüdet ſind und deshalb das Auffliegen ſo lange nur irgend möglich vermeiden, wobei es dann oft zu ſpät wird. Ich muß alſo, kurz geſagt, meine Anficht betreffs der Wanderungen der G. porzana trotz aller gegen- theiligen Ausführungen des Herrn Ziemer im vollſten Umfange aufrecht erhalten. Herr Ziemer benutzt auch ſeinen Artikel über den Sandkiebitz dazu, um indirekt meine Anſicht über den Zug der Rohrhühner zu bekämpfen. Sehr ausführ⸗ lich weiſt Herr Ziemer auf Grund mühſamer theoretiſcher Berechnungen, die ſich auf die bekannte Beobachtung des Herrn Walter ſtützen, nach, daß ſelbſt ein jo aus⸗ gezeichneter Läufer wie Aegialites minor nicht ſeine ganze Reiſe zu Fuß zurücklegen könne, ſondern nothwendig ſein Flugvermögen zu Hilfe nehmen müſſe. Das iſt doch wohl ſehr ſelbſtverſtändlich, und es iſt wohl noch keinem Menſchen bei— gekommen, zu behaupten, daß ein ſo hervorragender Flieger wie der Flußregenpfeifer mühſam zu Fuß ſüdweſtwärts wandere. Von Aegialites aber auf G. porzana ſchließen zu wollen, erſcheint unthunlich, da zwiſchen dem Flugvermögen beider denn doch ein himmelweiter Unterſchied beſteht, jedenfalls ein viel größerer, als zwiſchen ihrem Laufvermögen. Außerdem überwintern die meiſten unſerer deutſchen Fluß— regenpfeifer nach A. E. Brehm ſchon an den franzöſiſchen und ſpaniſchen Küſten des Golfes von Biscaya. Die in Betracht kommende Entfernung würde alſo nicht, wie Herr Ziemer angiebt, 3000 ſondern etwa 14001500 km betragen, die auf Grund der Ziemer'ſchen Berechnung ſelbſt unſer Regenpfeifer bei ſeiner lang aus— gedehnten Zugzeit, wenn er wollte — d. h. wenn es ſeine Natur verlangte — recht gut zu Fuß zurücklegen könnte. 46 L. Heck, Die Ornis⸗Ausſtellung in Berlin December 1890. Ein Bericht von Dr. L. Heck. J. Ich freue mich um ſo mehr über dieſe Ausſtellung berichten zu dürfen, als ich die Ueberzeugung habe, daß ſie in allen vogelfreundlichen Kreiſen der Beachtung würdig iſt. Wenn ich die Sache recht beurtheile, wird der Kenner und Liebhaber eine Vogelausſtellung auf 3 Hauptpunkte hin anſehen: 1. auf neue und ſeltene Ein⸗ führungen fremdländiſcher Stubenvögel; 2. auf neue und intereſſante Züchtungen fremdländiſcher und einheimiſcher Stubenvögel; 3. auf gelungene Eingewöhnungen ſolcher einheimiſcher Vögel, die ihrer ganzen Natur nach nur ausnahmsweiſe längere Zeit in Gefangenſchaft zu erhalten ſind. Nach allen drei Geſichtspunkten bot die Ausſtellung ſehr Erfreuliches, und wenn ich hier zuerſt auf die Einführungen eingehe, ſo möge man das meiner Stellung zu Gute halten, kraft deren ich gewöhnlich die gute Gelegenheit benutze, um auf den hieſigen Vogelausſtellungen möglichſt viel Neues und Seltenes für den zoologiſchen Garten einzuheimſen. So hatte ich auch diesmal, um die verſchiedenen Vogelgruppen in der ſyſtematiſchen Ordnung auf einander folgen zu laſſen, gleich bei den Papageien eine ſchöne Ausbeute, da die Beſchickung ſowohl an großen Sprech- als kleineren Zuchtpapageien ſehr reichlich zu nennen war; unter den ſprechenden Amazonen und Graupapageien mußten, nach den lang von den Käfigen herunter⸗ hängenden Sprachverzeichniſſen zu urtheilen, vorzügliche Vögel ſein. — Unter den zahlreich vertretenen Kakadus befanden ſich mehrere Exemplare des Philippinen— oder Rothſteißkakadus (Plisso'ophus philippinarum Gm.), jener kleinen, niedlichen Art, die unter ihren nächſten, in der Größe und der kurzen Haube übereinſtimmenden Verwandten (der bekannteſte iſt der Goffins-Kakadu) durch die hochrothen Ueber⸗ ſchwanzdecken ausgezeichnet iſt. Bis zu Anfang vorigen Jahres mit Recht als große Seltenheit gerühmt, iſt dieſer Kakadu ſeitdem wiederholt in mehreren Dutzend Köpfen eingeführt worden, jo daß er jetzt für 50 — 60 Mark bei unſeren guten Händlern überall zu haben iſt, und er bildet ſo ein Beiſpiel für das räthſelhafte, in dem räthſelvollen Thierhandel aber oft wiederkehrende Verhältniß, daß daſſelbe Thier auf dem Markt bald ſelten und bald gemein iſt. Die Philippinenkakadus der Ausſtellung waren alle ſehr ſcheu und begannen alle, ſobald man ſie ins Auge faßte, ein ganz eigenthümliches, langſames Wackeln von einer Seite zur andern, anſcheinend eine in- jtinetive Bewegung, um den herannahenden Feind abzuſchrecken, die mir bei anderen Papageien bis dahin noch niemals ſo auffallend entgegengetreten war. Trotzdem und wenn der Philippinenkakadu auch im Allgemeinen für wenig ſprachbegabt gilt, glaube ich doch, einen Verſuch mit dem ſchmucken, kleinen Burſchen empfehlen zu Die Ornis⸗Ausſtellung in Berlin December 1890. J. 47 jollen: er wird erwieſenermaßen raſch ſehr zahm und beſitzt meist die nothwendige Cardinaltugend des Salonpapageis, daß er nicht ſchreit, ſondern im Gegentheil ein ſehr ſtilles und ſanftes Weſen an den Tag legt. — Eine zweite Seltenheit aus der Gruppe der Kakadus war ein Orangehaubenkakadu, Goldwangenkakadu (P. eitrino- eristatus Fras.), den Frl. Chr. Hagenbeck mitgebracht hatte. Bis auf die dunklen, ſchön orangefarbigen Abzeichen das getreue Abbild der allbekannten, kleinen „Salon— kakadus“ und auch in allen Eigenſchaften dieſem gleich, dürfte der Orangehauben— kakadu (unter dieſem Namen bezeichnet man ihn meiner Anſicht nach am kürzeſten und unzweideutigſten) nur für ſolche Liebhaber beſonderen Reiz beſitzen, die gerne Etwas haben, was nicht Jeder hat. — Von Plattſchweifſittichen war ein Exemplar des großen, herrlich ſmaragdgrünen, orangebäuchigen Maskenſittichs (Platycereus personatus Gray.) in doppelter Hinſicht bemerkenswerth, einmal als ſeltenes Pracht- ſtück, dann aber auch wegen ſeines unzweifelhaften Sprachtalentes, von dem ich bei dieſer Art ſelbſt in „Ruß, Sprechende Papageien“ nur ein Beiſpiel erwähnt finde. Unſer Maskenſittich ſpricht ganz deutlich ſein „Biſt du da?“ und „Komm mal her!“, kann jedoch von dieſen Fähigkeiten jetzt leider wenig Gebrauch mehr machen, ſeit er hinter Glas unſerer Sammlung ſeltener Sittiche eingereiht iſt. — Auch die durch die grundverſchiedene Färbung der beiden Geſchlechter innerhalb der Papageien ganz einzig daſtehende Gattung der Edelpapageien war gut vertreten durch ſchöne grüne und rothe Stücke. Ich kaufte ein Paar der großen Art (Eelectus roratus Müll., grandis Gm.; das rothe Weibchen mit gelber Schwanzſpitze), das ſehr gut ausſah und einträchtig beiſammenſaß; meine frohe, durch Ruß genährte Hoffnung auf einen baldigen Zuchterfolg iſt aber ſchon wieder ſehr herabgeſtimmt worden durch einen inzwiſchen entſponnenen Briefwechſel mit dem einzigen glücklichen Züchter von Edel— papageien, Herrn Ingenieur Hieronymus in Blankenburg am Harz, der mit be— wundernswerther Umſicht und Ausdauer weitausſchauende Pläne auf dieſem Spezial⸗ gebiet verfolgt. Ich hoffe, auf die Edelpapageien und ihre Züchtung in dieſen Blättern noch einmal ausführlich zurückkommen zu dürfen, und will heute nur noch als hierher gehörig erwähnen, daß ich auf der Ausſtellung von dem Hamburger Fockelmann ein Weibchen E. cardinalis, Bodd., gewiſſermaßen die bedeutend kleinere Ausgabe des gewöhnlichen blaubindigen E. pectoralis Müll., Linnaei Wagl., kaufte, das erſte Exem⸗ plar dieſer ſeltenen Edelpapageienform, das ich lebend ſah. — Unter der Schaar der Graupapageien war auch ein Timneh, Kupferſchwanz-Jako (Psittacus earyeinurus Rehw., timneh Finsch), der dunkelſchwänzige Vertreter unſeres allbekannten Meifter- ſprechers im nördlicheren Weſtafrika, am Senegal und Gambia, der vielleicht nur deßhalb ſo viel ſeltener zu uns kommt, weil er von Eingeborenen und Seeleuten als weniger gangbare Waare angeſehen wird. Finſch, der ältere Monograph der Papa— geien vor Reichenow, möchte den Timneh noch nicht als gute Art gelten laſſen, 48 L. Heck, ſondern ihn auf Grund der von Aſchgrau bis Kupferroth wechſelnden Schwanz⸗ färbung der von ihm unterſuchten Bälge für Jugendkleider des gewöhnlichen Grau⸗ papageis erklären. Allein wir beſitzen hier im Garten ſchon Jahre lang einen Timneh, der bis jetzt nicht die geringſten Anſtalten macht, ſich in einen rothſchwänzigen Jako zu verwandeln, und die verſchiedene Schwanzfärbung der in den verſchiedenen Muſeen aufgeſtellten Stücke, die Finſch mit Recht ſtutzig machte, dürfte ſich ja wohl auch am allernatürlichſten durch verſchiedene Alterskleider des Timneh ſelber erklären. — Auch das Roſenköpfchen, der roſenköpfige Unzertrennliche war vorhanden (Aga- pornis roseicollis Vieill.), ausgeſtellt vom Hoflieferanten Voß-Cöln, dem jüngſten unſerer guten Händler, der aber den älteren Hamburgern an Kenntniſſen, Streben und Leiſtungen gewiß nicht nachſteht. Wenn auch nicht gerade eine Seltenheit erſten Ranges und ſchon mehrfach gezüchtet, iſt der roſenköpfige Zwergpapagei doch durch ſein wunderhübſches Aeußeres und fein eigenthümliches Brutgeſchäft, insbeſondere die von Brehm zuerſt geſchilderte, ganz einzig daſtehende Art und Weiſe, wie er die Niſtſtoffe, zwiſchen die Federn des Unterrückens geſteckt, einträgt, mit Recht berühmt geworden und gehört gewiß zu den empfehlenswertheſten Stubenvögeln für alle die— jenigen Liebhaber, die in der Lage ſind, den niedlichen Raufbold allein zu halten. Ich wollte deßhalb nicht unterlaſſen, hier darauf aufmerkſam zu machen, daß gegen— wärtig wieder einige Pärchen auf dem Markt und für 50—60 Mark zu haben ſind. — Unter den Keilſchwanzſittichen erregte ein leuchtend gelber Sonnenſittich (Conurus solstitialis L.) vom Amazonenſtrom, der nächſte Verwandte des bekannteren Jendayas, die allgemeine Aufmerkſamkeit, und ein Felſenſittich (C. patagonus Vieill.) feſſelte die Kundigen, die ihn als merkwürdigen Höhlenbrüter von den ſteilen Felsabhängen der patagoniſchen Einöden kennen. Beide Vögel waren nicht blos höchſt ſeltene Werthſtücke, ſondern auch tadelloſe Prachtexemplare, die der Pflege ihrer Beſitzer, Chr. Hagenbeck bezw. G. Voß, alle Ehre machten, eine wahre Augenweide für jeden Papageienfreund; ich ließ mir ſie daher nicht entgehen. — Von den hübſchen und liebenswürdigen, im Allgemeinen aber recht wenig eingeführten Stumpfſchwanz⸗ papageien des tropischen Südamerikas war ein Blaukopf, Schwarzohrpapagei (Pionias menstruus L.) bemerkenswerth. — Unter der Maſſe der Amazonen fielen die im Catalog und den Offerten ſogenannten Rothmaskenamazonen auf, eine Art, die, bis vor Kurzem noch ſelbſt in den Muſeen eine Seltenheit, jetzt überall lebend zu haben iſt und ſo ein weiteres, noch viel auffallenderes Beiſpiel abgibt für die oben beim Philippinenkakadu berührten unbegreiflichen Wechſelfälle des Thierhandels. Wenn überhaupt wird dieſe Amazone in Händler- und Liebhaberkreiſen als Chrysotis oder Androglossa brasiliensis L. bezeichnet; ich habe aber noch bei keiner einzigen eine wirklich rothe Schwanzſpitze geſehen, die nach unſerem neueſten Papageienmono⸗ graphen Reichenow dieſe Art auszeichnen ſoll. Nach den vorhandenen Beſchrei⸗ Die Ornis-Ausſtellung in Berlin December 1890. J. 49 bungen möchte ich fie. daher lieber als A. erythrura Kuhl. anſprechen, wenn ihr nicht zur vollſtändigen Erfüllung der Charakteriſtik dieſer Art wieder jedes Gelb am Kopfe fehlte, der, bei den jetzt eingeführten Stücken wenigſtens, immer nur die Farben Blaßblau und ⸗-roth in etwas wechſelnder Ausdehnung und Vertheilung zeigt. Ob wir es hier nicht mit verſchiedenen Alterszuſtänden eines und deſſelben Thieres zu thun haben, die als verſchiedene Spezies aufgeſtellt worden ſind, eine Gefahr, die ja gerade für die Syſtematiker und Muſeumszoologen beſonders nahe liegt, da ſie ge— wöhnlich nur den Balg vor ſich haben? Nun, bei dem augenblicklichen lebhaften Import wird ſich dieſe Frage ja recht bald endgiltig löſen; ich bin aber überhaupt der Ueber— zeugung, daß in den verſchiedenſten theoretiſchen und praktiſchen Fragen betr. die großen Papageien, die Unterſchätzung ihrer außerordentlichen Langlebigkeit und der damit zuſammenhängenden langen Entwicklungsdauer bis zur vollſtändigen Aus— färbung und Zuchtfähigkeit eine verwirrende und hindernde Rolle geſpielt hat, und ich gedenke, auf dieſes intereſſante, für die Papageienliebhaberei hochwichtige Capitel bei Gelegenheit der Edelpapageienzucht ausführlich zurückzukommen. — Auch ein ausländiſcher Specht war vorhanden, und zwar ein ebenſo hübſches als ſeltenes Mitglied der Gattung Melanerpes, der Rothkopfſpecht (M. erythrocephalus L.) aus dem ſüdlichen Nordamerika, von dem bekannten hieſigen Händler Reiß auf die Aus— ſtellung gebracht — wohl ſchon in der ſtillen Hoffnung, daß er ſeinen Weg in den zoologiſchen Garten finden würde, was thatſächlich auch geſchah. — Selbſt die ab— ſonderlichen Nashornvögel fehlten nicht, ſondern waren durch mehrere Exemplare des kleinen afrikaniſchen Rothſchnabeltokos, Glatthornvogels vertreten (Rhynchaceros erythrorhynchus Tem.), der — ein drittes Beiſpiel für das ſchon zweimal über die Zufälligkeiten des Thierhandels geſagte — in den letzten Wochen plötzlich wieder auf allen Händlerliſten auftauchte, nachdem man gar nichts mehr von ihm gehört und geſehen hatte ſeit den Zeiten, da jede der großen oſtafrikaniſchen Thierkarawanen Dutzende von „böhmiſchen Muſikanten“ (ſein Händlername!) mitbrachte. — Von Raben⸗ und Staarvögeln im weiteſten Sinne hatten die verſchiedenen Händler mit— gebracht, was ſie gerade hatten; es war eine reichliche Menge vom kaum mehr als finkengroßen Braunkopfſtärling (Agelaeus frontalis Vieill.) bis zum krähenſtarken Flötenvogel (Strepera tibicen Lath.), und wenn auch gerade keine beſondere Seltenheit darunter war, ſo kann ich doch nicht unterlaſſen, auf dieſe Vögel, die viel eingeführt werden und ſtets zu mäßigen Preiſen zu haben ſind, hier ganz beſonders hinzuweiſen, weil ich der Anſicht bin, daß den ausländischen Raben- und Staar— vögeln die Liebhaberei noch nicht entfernt in dem Maaße ſich zugewendet hat, wie ſie es verdienen. Denn, wenn ich nach den Erfahrungen urtheilen darf, die man im zoologiſchen Garten unter der Maſſe der Pfleglinge an dem einzelnen ſammeln kann, ſo möchte ich eine gewiſſe Zuverſicht ausſprechen, daß viele Raben, Staare 50 O. Koller, Einige ornithol. Beobachtungen: B. Die Hohltaube. und Stärlinge vermöge ihrer Klugheit, Liebenswürdigkeit und Dauerhaftigkeit be⸗ | fähigt wären, bis zu einem gewiſſen Grade Sing-, Sprech- und Zuchtvögel zugleich zu ſein, dem Pfleger die Vorzüge vereinigt zu bieten, die einzeln ihm den Sänger, den Papagei und den kleinen Exoten ſo lieb und werth machen. Wen feſſelte nicht, abgeſehen von den klangvollen Clarinettentönen, das drollige Gebahren des Flöten⸗ vogels, die tollen Einfälle, mit denen er ſich die Langeweile zu vertreiben ſucht! Wen erfreute nicht das aufmerkſame, kecke Weſen der Blauraben (2 Arten waren da: Cyanocorax eyanopogon Wied. und der geradezu herrliche C. ehrysops Vieill., pileatus Tem. mit dem ſtiefmütterchenfarbenen Sammtgefieder), die, immer auf dem Poſten, jede bekannte Perſon freundlich-kokett begrüßen! Die Atzeln oder Beos (Eulabes) machen im Sprechen den beſten Papageien den Preis ſtreitig, und die Hauben- und Mainaſtaare (Sturnus eristatellus L., javanicus Cab., fuseus Wagl.) werden geradezu rührend zahm und niſten leicht in der Vogelſtube. — Die prächtig ſchwarzrothen oder ſchwarzgelben Stirnvögel oder Kaſſiken (Cassieus haemorrhous, der Rothrückenkaſſike, war in 2 Paaren da) ſind Meiſter im Bau kunſtvoller Beutel⸗ neſter, und die Trupiale (Ieterus) endlich als Sänger gar nicht zu verachten. So dürfte es, zum Theil wenigſtens, nur an der fehlenden Anregung liegen, wenn Blauraben, Beos, Trupiale und Genoſſen noch nicht die ihnen nach ihren Eigen— ſchaften gebührende Rolle in unſeren Vogelſtuben ſpielen, und mit Erlaubniß unſeres verehrten Redacteurs möchte ich daher bald einmal recht ausführlich auf den Gegen— ſtand zurückkommen. Einige ornithologiſche Beobachtungen. Von O. Koller. B. Die Hohltaube (Col. oenas). Am ſelben Tage kam ich auch zu einer kleinen Ruine (Lobenſtein). Daſelbſt niſteten Dohlen in ca. 50 Paaren und, es wundert mich noch, etliche Paare Hohltauben mitten unter dieſem regen Volke. Wohnungsnoth lehrte dieſe Taube in alten Gerüſtlöchern der unbewohnten Steingebäude niſten. Uebrigens ſoll es auch vorkommen, daß Hohltauben in Steinbrüchen niſten, was mir durchaus glaub- würdige Leute erzählten. Ebenſo nimmt dieſe Taube bei Wohnungsnoth auch künſt⸗ liche Niſtkäſten an. Selbſtverfertigte und an geeigneten Stellen ſelbſt angebrachte Niſtkäſten haben mir Beweiſe geliefert. In der Nähe hohler Buchen waren beäſtelte Tannen auserkoren, und die Kobel oberhalb der Mitte des Baumes mittels ſtarker Eiſenbänder und großer, ſogenannter Schloßnägel befeſtigt. Als Material zum Kaſten dienten mir theils dicke Bretter, theils doppelt über einander gelegte Tannen⸗ oder Fichtenrinde um 2 runde Bretter genagelt. Die Weite iſt ſo groß, daß 2 Tauben v. Wacquant⸗Geozelles, Sonderbares Benehmen angeſchoſſener Vögel. 51 bequem im Kaſten ſitzen können. Die Höhe 4—5 dm. Das Flugloch oval mit gut 1 dm Höhe, ohne Sitzſtange. Dieſe bildete allemal ein paſſend gewachſener Aſt. Daß vorerſt die Dohlen dieſer Einladung zum Niſten Folge leiſteten, über— raſchte mich nicht, daß aber in 2 Käſten Columba oenas einzog, ſchien mir zu viel zu ſein. So war es im Vorjahr; heuer iſt hingegen nur ein Kaſten beſetzt. Die übrigen werden vielleicht Waldkäuze annectirt haben. Die Tauben würden infolge ihrer Furchtſamkeit die Niſtgelegenheit abſolut außer Acht gelaſſen haben, wenn ihnen nicht die keckeren Dohlen den Weg gezeigt hätten. Die Tauben ſind es ſchon ge— wohnt, nach Ausflug der jungen Dohlen die leer gewordenen Wohnungen ſofort zu beziehen. Bei den Niſtkäſten wird nun daſſelbe der Fall geweſen ſein. Es würde demnach keine große Schwierigkeit ſein, der allzugroßen Verminderung dieſer Taube vorzubeugen. Tauben, deren Wiege ein Kaſten war, werden mit Vor— liebe wieder einen ſolchen beziehen. Zur Anbringung der Käſten müſſen aber abſolut paſſende Stellen gewählt werden; aufs „Geradewohl“ ſich zu verlaſſen, kann nicht zum Ziele führen. Die zu berückſichtigenden Punkte wären nach meiner Anſicht: 1) Sollen es Plätze fein, wo ſchon Tauben niſten, oder belebte Ausflugplätze, 2) Soll vom Flugloch des Kaſtens aus unbedingt freie Ausſicht auf die Wipfel der höchſten Bäume und auf die ſogenannten „Hahnbäume“ ſein, damit wohnungſuchende Vögel die Einladung leichter gewahren. 3) Von unten ſoll man den Kaſten nicht leicht bemerken, denn gewiſſen Leuten würde bei eventueller Benutzung durch Tauben das Ausnehmen der Jungen gewiß willkommen ſein. 4) Dohlen oder andere Höhlenbrüter (ſelbſt Staare können ſie benutzen) laſſe man ungeſtört brüten, damit die Tauben von dieſen angeleitet werden. 5) Kann es nicht verfehlen, wenn man den Boden des Kaſtens mit etwas Moder oder noch beſſer mit Haustaubenmiſt belegt. Verſuche man es nur, es kann ja gelingen. Gelingt es nicht, iſt auch nichts verloren. Wenn ich Erfolge aber erzielte, werden ſie gewiß anderswo nicht ausbleiben. Ottnang, Ober-Oeſterreich. Sonderbares Benehmen angeſchoſſener Vögel. Von Staats von Wacquant-Geozelles. Im Herbſt des Jahres 1887 ſchoß ich einen Eichelheher flügellahm, und zwar war die Verwundung derart, daß der Vogel nicht plötzlich, ſondern langſam, in Schraubenlinien zur Erde herabkam. Ich ergriff einen Stock, um den vor mir flüchtenden Vogel zu erſchlagen, erſtaunte aber nicht wenig, als das Thier plötzlich auf eine knorrige Eichenwurzel kletterte und dort dreimal jenen, dem Eichelheher .._ 52 v. Wacquant-Geozelles: Sonderbares Benehmen angeſchoſſener Vögel. | eigenthümlichen Buſſardſchrei ausſtieß. Ich blieb wohl eine Minute lang drei Schritte weit vor dem Vogel ſtehen und ging dann um ihn herum. Der Vogel behielt mich ſcharf im Auge, drehte ſich dann, als ich mich ihm im Rücken befand, zu mir um und wiederholte dabei nochmals jenes laute „Miauen“. — Welcher Gedankengang veranlaßte wohl dieſen Vogel zu einem ſolch' ſonderbaren Benehmen? Mich erinnerte daſſelbe lebhaft an jenen Cooper'ſchen Indianer, welcher Angeſichts des ſicheren Todes noch muthig ſeinen Peiniger, ſingend, verhöhnte. Mit großem Intereſſe las ich im folgenden Jahre in unſerer Monatsſchrift“) daß auch Herr Otto Koller ein ganz ähnliches Benehmen des Hehers erfuhr: „ein angeſchoſſener Heher lachte laut auf, als er ergriffen wurde, genau ſo, wie er vor dem betreffenden Schuſſe oben in der Baumkrone gelacht hatte.“ — Aber ein noch weit ſonderbareres Gebahren ſollte ich im Laufe deſſelben Jahres bei einem anderen verwundeten Eichel— heher beobachten. Ein junger Freund, Mr. John Berners, ein Sohn Albions, ſchoß auf den betreffenden, ſchwer beladen aus einer Eichengruppe flüchtenden Vogel. Der letztere, nur von einem Schrotkorn im Handgelenk getroffen, flüchtete über eine Wald⸗ blöße, drehte aber alsbald wieder um und kam, unſicheren Fluges und unterwegs allen Ballaſt, d. h. fünf bis ſechs Eicheln, abgebend, dicht neben uns zur Erde. Wir liefen von verſchiedenen Seiten auf den Vogel zu und ich war eben im Begriff, meinen Hund zu löſen, als ſich uns ein Anblick bot, welcher mich ſofort veranlaßte, den Hund am Riemen zu behalten. Der durch uns geängſtigte und in die Enge getriebene Heher nämlich faßte und verſchluckte ſchnell hintereinander vier von dem maſſenweiſe am Boden liegenden Eicheln, gab dieſe dann wieder von ſich und wieder— holte dann daſſelbe Mannöver ſofort von Neuem. Bei dieſem ganzen Beginnen richtetete der zwei Schritt vor uns hüpfende Vogel ſein Augenmerk mehr auf die umherliegenden Eicheln als auf uns. Nur ſein lautes „Rätſch-rätſch-rätſch“ oder — wenn ſein Kropf mit Eicheln angefüllt war — ſein dumpfes „Krah krah“ bewies, daß ihm die Situation höchſt ungemüthlich. Welcher Seelenvorgang ver— anlaßte hier in dieſem Falle wohl das Thun des Vogels? Wollte er auch hier ſeinen Mörder verhöhnen? Sich noch ſelbſt in Todesgefahr als den vielgeprieſenen Eichen-Pflanzer zeigen? — Ein ähnliches Gebahren ſahen wir bei unſeren kämpfenden Haushähnen: auch dieſe picken im heftigen, gefährlichen Streite auf dem Boden und verſchlucken, wie ich unterſucht habe, oft eine Menge kleiner Steinchen; gleich— ſam um den Gegner zu verhöhnen. — Ein thatſächliches Verhöhnen des gefähr- lichen Gegners iſt ja in der Vogelwelt durchaus bekannt — und oft genug geſchieht es am unrechten Platze. Mehr und auch wohl beſſer kann man dieſes räthſelhafte Benehmen übrigens auf die große Angſt zurückführen, welche das betreffende Indi— ) Ornithologiſche Monatsſchrift 1888, S. 294. 2] e)r) Kleinere Mittheilungen. viduum dasjenige weiter zu betreiben veranlaßt, was es zuletzt betrieben, oder was ihm zur Gewohnheit geworden: — ich habe am 4. Auguſt dieſes Jahres geſehen, wie eine am Erdboden nach Reiſig ſuchende und bei dieſer Be— ſchäftigung leider und zu meinem Aerger angeſchoſſene Ringeltaube, C. palumbus L. — nach einigen vergeblichen Flug-Verſuchen zu Fuß weiter flüchtete, plötzlich einen 22 em langen trockenen Eichenzweig aufgriff und dieſen eine beträchtliche Strecke weit im Schnabel vor mir hertrug. Kleinere Mittheilungen. Die Zwergtrappe iſt von mir am 28. Auguſt 1890 in der Nähe von Alper- ſtedt beobachtet worden. Als ich nachmittags in einem völlig ebenen Flurtheile in einem nur noch geringe Deckung gewährenden Kartoffelſtück nach Hühnern ſuchte, ging etwa 40 Schritte vor mir und 20 Schritte vor meinem Hunde eine Zwerg— trappe auf und verſchwand in der Höhe von 10 bis höchſtens 15 Metern über dem Boden nach Nordweſten hinſtreichend aus dem Geſichtskreis. — Auch anderweit ſollen in der thüringiſchen Ebene die Zwergtrappen wiederholt beobachtet worden ſein. Abgeſehen von einem Auftreten bei Gangloffſömmern, von dem mir aber jede nähere Mittheilung fehlt, iſt mir berichtet worden, daß kurz nach der von mir oben mitgetheilten Beobachtung ein Trupp von 7 Zwergtrappen am Oſthange des flachen, zwiſchen Kranichborn und Heringshauſen gelegenen „hinteren Hügels“ geſehen worden iſt, und zwar auf einer Kleeſtoppel mit ſo wenig Deckung, daß die Trappen auf weithin ſichtbar waren. 5 Großrudeſtedt, den 14. December 1890. Dr. F. Schmid. (Aus einem Briefe an Herrn Moritz Krieger.) Brutaufenthalt der Zwerg⸗ trappe in der Feldmark Gangloffſüömmern. Nachdem mein Vater, ohne den Vogel zu kennen, die erſte Zwergtrappe geſchoſſen, welche er dem Herrn Paſtor Thienemann übergab, und durch denſelben erfahren hatte, daß es beſagter Vogel war, haben wir uns für denſelben intereſſirt und immer ein beſonderes Augenmerk auf ihn gehabt. Seit ſeinem erſten Erſcheinen iſt die Zwergtrappe faſt regelmäßig in unſerer Flur anſäſſig geweſen und hat hier gebrütet. Der Feldſchlag, genannt der breite Berg, war ſtets ihr Lieblings-Aufenthalt. In genanntem Feldſchlage be— ſitzen wir ſelber Länderei, wo es mir oft vergönnt war, bei der Feldarbeit die Vögel in Völkern von fünf bis neun Stück in Augenſchein zu nehmen. Hatte man ſie auch vorher nicht bemerkt, ſo wurde durch ihren pfeifenden Ton beim Auffliegen die Auf— merkſamkeit auf ſie gelenkt. Da ich den Vogel gern ſah, iſt es mir jedoch auch öfters paſſirt, daß ich ähnliche Töne, wie ſie die Zwergtrappe von ſich giebt, zu ver— nehmen glaubte; als ich dann mich nach ihr umſah, war ich getäuſcht. Die Be— 54 Kͤleinere Mittheilungen. obachtung, daß die Zwergtrappe auch im verfloſſenen Sommer in hieſiger Flur ge⸗ ſehen worden iſt, wird wohl auch auf einer Täuſchung beruhen. Ich habe mich in Ihrem Auftrage bei vielen hieſigen Landwirthen erkundigt, aber keiner von allen hat die Zwergtrappe geſehen. Mehrere bezeugten mir, daß ſie, da ſie den Vogel in dieſem Sommer nicht bemerkt haben, ganz beſonders darauf geachtet hätten. Ich habe keinen der Vögel auf feinem Lieblingsplatze angetroffen, auch keine Feder ge⸗ funden, welche man ſonſt oft auf den Raſtplätzen vorfand. Bei Ausübung der Jagd iſt mir auch keiner dieſer Vögel begegnet. Gangloffſömmern, den 25. December 1890. Richard. Hundt. Hausſperlinge und der lachende Hans. Zur Farm von Mr. Fleming Esq., Sydney⸗ſtreet, North-Willoughoy, New-South-Wales, gehörte ein kleiner, von hohen Bäumen dicht beſtandener „buſh“. Hier hatten verſchiedene Spatzenfamilien,“) genau ebenſo wie ſie dies in Europa ſtellenweiſe zu thun pflegen, auf den Aeſten von Caſuarinen u. ſ. w. unförmige Neſtklumpen aus Grashalmen, Maisblättern, Baumbaſt u. ſ. w. höchſt liederlich aufgeführt und darin im Oktober 1888 eine Menge von Jungen erbrütet (conf. meine Notizen im „Ornithologiſchen Jahrbuch“, Novem- ber 1890). Anfang November wurde ich durch ein erbärmliches Zetermordiogeſchrei der ganzen Sippe in aller Frühe geweckt; ſchnell eilte ich, halb angekleidet, hinaus in den „buſh“ und ſah einen großen Jägerlieſt (Paraleyon gigas) mit einem nackten jungen Spatz im gewaltigen Schnabel abſtreichen. Der Räuber ließ ſich auf einem Baume in der Nähe nieder und verſpeiſte dort ſeine Beute gemüthlich. (Nach meinen Wahrnehmungen — ſie wurden durch Erkundigungen bei den Anſiedlern vollauf beſtätigt — war der Rieſenfiſcher in der North-ſhore von Sydney eine recht ſeltne Erſcheinung; nur ganz rar ließ ſich dort der „Chor der wilden Geiſter“ hören. Dagegen hörte ich ſein „gurgelndes Gelächter“ häufig in der Nähe der Blue moun— tains und auch gar nicht ſelten am Hafen von Sydney.) Am nächſten Sonntag rief mich einer unſerer Nachbarn, Mr. While, heraus und zeigte mir einen „lachenden Hans“, der eben in unverſchämter Weiſe das Neſt eines Honigfreſſers (Philedon Novae Hollandiae) plünderte. Der becherförmige, aus zarten Gräſern gewebte Bau hing in der ſchwachen Aſtgabel eines Eucalyptus. Derſelbe Herr erzählte mir bei dieſer Gelegenheit, daß Paraleyon gigas im voraufgegangenen Sommer vor den Augen ſeiner Schweſter ein Junges vom Fantail (Museicapa flabellifera) geraubt hätte. Ueber einen anderen auſtraliſchen Neſträuber aus der Klaſſe der Vögel berichte ich demnächſt. | Schlaupitz, den 10. November 1890. Karl Knauthe. ) Unſer gewöhnlicher Hausſperling, in Neuholland bekanntlich erſt neuerdings eingeführt — nun zum Schrecken der Anſiedler. D. Red. Kleinere Mittheilungen. 55 [Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.] Etwas Neues iſt's, daß der Staar jetzt anfängt ſelbſt bei Haparanda zu niſten, unterm 66. Breitegrad, bei dem ſo kalten und unheimlichen bottniſchen Meere. An der norwegiſchen milden Weſtküſte dagegen iſt der Staar natürlicher Weiſe immer einheimiſch beim 66. Breitegrad. Als conſtatirt wurde, daß der unbekannte Vogel in der Aspe*) ein Staar war, wurden mehrere Staarkäſten aus neuen Brettern gemacht und an Bäumen befeſtigt; die Vögel kehrten jedes Frühjahr wieder, wollten aber die neuen Käſten gar nicht annehmen. Erſt nach einigen Jahren wurden die künſtlichen Neſter mit Staaren beſetzt, wahrſcheinlich weil die Neſter oder die Bretter, wovon ſie gemacht waren, in der Luft und im Regen ihre friſche gelbe Farbe verloren hatten. Alle Käſten wurden nun beſetzt und viele Junge ausgebracht. Die Zeitung fügt hinzu, daß die Staare heuer am Ende Juli fortreiſten, daß man auf ihre Wiederkunft vertraue, und daß nächſtes Jahr viele neue Käſten die Vögel erwarten ſollen. Profeſſor Collet hat mir geſagt, daß es an mehreren Stellen conſtatirt iſt, daß der Staar im Jahre 1890 zweimal gebrütet hat. Chriſtiania. Hörbye. Im October 1888 ſah ich in unſerem Garten zu North-Willoughoy auf einem Pflaumenbaume ein Pärchen Stieglitze (Carduelis elegans). Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, ob dieſe Vögel in Auſtralien ſchon brüten. Schlaupitz. Karl Knauthe. Scharfſichtigkeit der Silbermöve (Lar. argentat.). Vor Jahren erhielten wir vom Herrn Gädtke-Helgoland einige gewaltige Dorſche. — Die Gräten der— ſelben wurden auf einen ſchneefreien Raſenplatz geworfen und zogen einen hier ſehr ſeltenen Irrling, eine Silbermöve herbei. Leider wurde der Vogel, welcher die Fiſch— reſte ſchon auf das engſte umflatterte, vor mehreren an das Fenſter tretenden, erſtaunten Zuſchauern ſcheu und zog, eine halbe Stunde lang kreiſend, weiter. — Sturm⸗ oder nebelverſchlagene Möven ſcheinen im Binnenlande oft völlig verwirrt zu werden; ich ſah einſt fünf ſolche im Spätherbſt einen ganzen Nachmittag über unſerem Felde kreiſen. Staats von Wacquant-Geozelles. Litterariſches. Fremde Eier im Neſt. Ein Beitrag zur Biologie der Vögel. Nebſt einer biblio— graphiſchen Notiz über Lottinger. Mit drei Tabellen. — Berlin, R. Friedländer und Sohn. Von P. Leverkühn. Herr P. Leverkühn hat einen recht glücklichen Griff gethan, als er die „fremden Eier im Neſt“ zum Gegenſtand einer tiefer eingehenden und zuſammfaſſenden Arbeit machte, denn gerade die Erſcheinungen, welche unter jenem Titel zuſammengefaßt ſind, ) Dies Wort war nicht recht leſerlich. Die Red. 56 Litterariſches. — Anzeigen. finden wir in der Litteratur, auch da, wo ſie ſorgfältiger Beobachtung unterlagen, doch meiſt nur nebenher erwähnt und daher ſo gründlich aus einander geſtreut, daß eine dahin bezügliche Orientirung in den jetzt vorliegenden ornithologiſchen Schriftwerken außerordentlich erſchwert iſt. Herr Leverkühn iſt an dieſe ſchwierige Aufgabe mit Luſt und Liebe herangetreten und hat die Arbeit mit ſchaffensfreudiger Energie bewältigt: wir haben lange keine Studie geleſen, welche einen ſo befriedigenden Eindruck gemacht hat wie dieſe. Im erſten Theile der Arbeit werden die Fälle abgehandelt, in welchen Individuen einer Art ihre Eier zu denjenigen eines anderen Individuums derſelben Art legen, wie das namentlich bei den geſellſchaftlich brütenden Lummen, Enten ꝛc. vorkommt. Sodann werden die Eingriffe des Menſchen beſprochen, welcher die Eier eines Vogels mit dem eines zweiten vertauſcht oder zu demſelben hinzu legt. Hieran reihen ſich Referate über beſondere Verſuchsreihen, welche verſchiedene Beobachter in mehr ſyſte⸗ matiſcher Weiſe gemacht haben, und zwar geſchieht dies in ſo großer Vollſtändigkeit, daß von den in deutſcher, franzöſiſcher und engliſcher Sprache publizirten Berichten über derartige Experimente nicht leicht ein wichtiger überſehen ſein kann. Daß dabei Namen wie Lottinger, von Preen, Vian, Gebrüder Müller, Kloß, Link, Walter ꝛc. ihre ge— bührende umfaſſende Berückſichtigung gefunden haben, iſt ſelbſtverſtändlich. In einem weiteren Theile werden die verſchiedenen Fälle discutirt, in welchen Vögel irgendwelcher Art ihre Eier in die Neſter anderer Arten legten. Auch dem ſogenannten Verlegen, d. h. dem Ablegen von Eiern ohne Neſt auf den Erdboden oder auf ſonſtige unpaſſende Stellen iſt in einem beſonderen Kapitel Rechnung getragen. Zuletzt werden noch die Motive gründlich beſprochen, welche die Vögel veranlaſſen, einerſeits die fremden Eier zu adoptiren oder ſie andererſeits auch, was ja auch viel vorkommt, nicht anzunehmen und beharrlich auszuſtoßen. Am Ende der Arbeit ſind Tabellen zuſammengeſtellt, welche den Ueberblick über die gewaltige Maſſe von Erſcheinungen weſentlich erleichtern. Die Sprache iſt, wie das bei ſo großem Ueberfluß an Stoff nur angemeſſen iſt, knapp und durchſichtig. Gleichwohl aber finden ſich einige Excurſe, die man aber recht dankbar mit in den Kauf nimmt, wie z. B. den über die Wallniſter (Megapodidae), wo zugleich die Litteratur vollſtändig angegeben iſt, und dann über die Brutwärme und die künſtlichen Brutanſtalten. Wir können das Werkchen, welches des Thierpſychologiſchen jo viel enthält, nur warm empfehlen. Gera, den 25. Januar 1891. K. Th. Liebe. Anzeigen. Tüchtiger Skeleteur für dauernde Stellung geſucht. „Linn aea“ Berlin NW. „Luiſenplatz 6 i Naturhiſtoriſches Inſtitut. Todesfalles halber ſteht eine Sammlung ausgeſtopfter, gut präparirter und gut erhaltener Vögel zum Verkauf. Es ſind faſt lediglich mitteleuropäiſche, zum Theil ſeltene Vögel (Baßgans, Trappen & und 2, Kornweihe, Auerhahn g und 2, Goldadler, Lämmergeier, Wiedehopf ꝛc.) in 5 Glaskäſten und einem großen Glasſchrank, — im Ganzen 168 Stück, worunter ſehr wenig Dubletten. Reflektanten wollen ſich an Fräulein Marie Schieck in Gera⸗Reuß Schillerſtraße 19 wenden. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. ii il 1 Ins | il ir u mene S er — nn N IIIIIEIIIIIIIIIITISSSIIIIAIIIIEISTÄINITTIT NIE | en Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Zahlungen werden an den Ren⸗ danten d. Ver. Herrn Meldeamts—⸗ Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Sahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe i in Gera, und erhalten dafür die Monat$- Griſt unentgeltlich u. poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, es : Dr. Frenzel, Dr. Ney, der finden Eoftenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. nee e e ee XVI. Jahrgang. Februar 1891 (zweite Lieferung). Ur. 3. Inhalt: Ernſt Koßmann: Zu Wilhelm Ludwig's Gedächtnis. Paul Leverkühn: Projektirte Vernichtung der Brutvögel der Shetlands-Inſeln. Dr. E. Rey: Das Abändern der Eier innerhalb eines Gele ges iſt Ausnahme, nicht Regel. Ernſt Günther: Zur Lebensweiſe des Buſſard. IJ. A. Walter: Noch etwas über das Leben und Treiben des geſprenkelten Sumpf: huhns (Gallinula porzana). Staats von Wacquant-⸗Geozelles: Vom Schönheitsſinn des Staares. P. Weßner: Phänologiſcher Bericht über 18890 und 1890. L. Buxbaum: Der Zug der Vögel im Herbſt 1890. — Kleinere Mittheilungen: Winterliche Erſcheinungen aus der Vogelwelt bei Zeitz. Schmerzgeſchrei des Habichts oder Sperbers. Ein ſtarrer Fliegenfänger. Ein rührendes Beiſpiel treuer Thierfreundſchaft. Eine Elſter rüttelt. — Notizen für die Vereinsmitglieder. — Litterariſches. — Anzeigen. Zu Wilhelm Ludwig's Geb ächtniß. Von Ernſt Koßmann. Im Anſchluß an die warmen Worte Herrn P. Leverkühn's (Ornith. Monatsſchr. 1891 Nr. 1) möge mir geſtattet ſein über das Leben W. Ludwig's einiges nachzu— 5 ag 58 | Ernſt Koßmann, Zu Wilhelm Ludwig's Gedächtniß. tragen. Ich erwidere damit, über das Grab hinaus, dem lieben Jugendfreunde ſeinen | | freundlichen Gruß vom vorigen Jahre (Monatsſchr. 1889 Nr. 17). | Wilhelm Ludwig, geb. 14. Dez. 1860 zu Karlsruhe, war als einziger Sohn dazu beſtimmt das Geſchäft des Vaters (Zimmermalerei) zu übernehmen, und mußte 1 daher nach erlangtem Einjährigenzeugniß (1877) das Realgymnaſium ſeiner Vater⸗ ſtadt verlaffen, um feinen zukünftigen Beruf von Grund auf zu lernen. Zu dieſem Zwecke beſuchte er (1878/79) die Kunſtgewerbeſchule zu München und war dann in Wiesbaden, Homburg und zu Hauſe praktiſch thätig. Eine heftige Erkältung, deren Urſache vielleicht eine edle That war ler rettete an einem kalten Oktobertage 1880 eine jugendliche Selbſtmörderin aus den Fluthen des Rheins) verſchlimmerte ſich zur Rippenfellentzündung und legte den Grund zu dem Lungenleiden, dem er nach zehn freudloſen Jahren unfreiwilliger Thatenloſigkeit jetzt (17. Sept. 1890) erlegen iſt. Im Umgang mit einigen Schulkameraden bildeten ſich zwei Neigungen aus, für Natur und Literatur; eine Naturalienſammlung wurde früh angelegt, doch war ſeine Liebe zu Muſcheln und Steinen mehr anempfunden als urſprünglich. Zur Ornithologie hat ihn jedenfalls ſpontane Liebe zur lebenden Vogelwelt, nicht praktiſche Einſchränkung eines allgemeinen naturwiſſenſchaftlichen Dranges geführt. Stuben? vögel mußten öfters dem Kranken den geliebten Haardtwald erſetzen, und wie ſie ſein Denken und Fühlen immer mehr beſchäftigten, beeinflußten, ja beſtimmten ſie auch immer entſchiedener die maſſenhafte Lektüre. Hieraus erklärt ſich die Art ſeiner Arbeiten. Die erſte Miszelle „Alter Brauch“ (neben dem Wannenwäher) erſchien in der Allgem. Deutſchen Geflügelzeitung (1884 Nr. 46); in den Blättern für Geflügel⸗ zucht (8. Okt. 1885) theilte er „Zur Kenntniß des Huhns im Mittelalter“ Stellen aus Konrad von Megenberg's Buch der Natur mit. (Dieſe beiden Aufſätze würden in Leverkühn's Verzeichniß nachzutragen fein). Mit ſeiner wertvollſten Arbeit „Ueber den Vogelfang im Mittelalter“ trat er unter die Mitarbeiter der Monats⸗ ſchrift (1885 Nr. 11). Eine größere Arbeit über die Vogelwelt in praehiſtoriſcher Zeit, zu welcher Hofrath Liebe ihn ermunterte, ſcheiterte an ſeinem ſich ſtets ſteigernden Mißtrauen in die eigene Kraft; wie er denn überhaupt mit wahrhaft cyniſcher Verachtung auf ſich ſelbſt, ſein „pfuſchendes“ Arbeiten und ſein „verpfuſch⸗ tes“ Leben herunter ſah. In frühem zehrenden Zwieſpalt zwiſchen vorgeſchriebenem Lebensweg und unbeſtimmtem inneren Drang, mit 19 Jahren in der Lebenskraft geknickt, wurde ihm fein Leben zu einem Scheinbild, das er grimmig ſcherzend ver⸗ achtete und doch leidenſchaftlich umklammert hielt. Mit nicht zu unterdrückender Auf⸗ regung ſah er als Kranker auf den fröhlich geſchäftigen Tiſch des Lebens, als Auto⸗ didakt auf die wohleingerichtete Werkſtatt der Wiſſenſchaft hin — das verlorene und unerreichte idealiſirte ſich ihm zu Geſtalten, die ihn höhnten und ängſtigten; ſo litt er oft doppelt. Die unbegrenzte Hochachtung, die er vor wahrer Wiſſenſchaftlichkeit Leverkühn, Projektirte Vernichtung der Brutvögel der Shetlands-Inſeln. 59 hatte, die bekannte Angſt vor der eigenen Feder, durch angeborene Schüchternheit noch verſtärkt, ließen ihn einen ſtrengen Maaßſtab an ſich und ſein Thun legen und daher weniger zu Tage fördern, als ſein reiches Wiſſen und warmes, ja überſprudelndes Fühlen von ihm zu erwarten berechtigten. Seine Freunde aber betrauern in ihm eine weiche, offene Seele, einen empfänglichen, ſtrebſamen, fleißigen Geiſt in leiden- ſchaftlich ungeſtümer Hülle und ein Herz treu wie Gold. Tiel in Holland, Februar 1891. Projektirte Vernichtung der Brutvögel der ShetlandsInſeln. Von Paul Leverkühn. Folgender Aufruf wurde vor einer Woche an die meiſten Ornithologen und Sammler Englands von der „Naturaliſt's Publiſhing Company“ in Birmingham verſandt und gleichzeitig ebendort in der „Naturaliſt's Gazette“ Vol. III, Nr. 26 veröffentlicht: „Eine vologiſche Expedition zum Lande des Rieſenalks. Die unternehmende Naturaliſt's Publiſhing Company in Birmingham beab- ſichtigt, dieſen Frühling einen erfahrenen Oologen zu engagiren, welcher ſeine ganze Zeit dem Eierſammeln auf den Shetlands-Inſeln widmen ſoll. Dieſe Inſeln ſind als einer der beſten Brutplätze für die Eier der Seevögel des vereinigten Königreichs bekannt. Es giebt daſelbſt außerdem manche andere ſeltene Arten, welche faſt alle im übrigen Lande unbekannt ſind. Man kennt die folgenden Arten als Brutvögel dieſes oologiſchen Paradieſes:“) 1. Seeadler (Hal. albieilla). 16. Staar (Sturn. vulgaris). 2. Wanderfalk (Fale. peregrinus). 17. Kolkrabe (Corv. corax). 3. Merlin (F. aesalon). | 18. Nebelkrähe (Corv. cornix). 4. Thurmfalk (F. tinnunculus). 19. Zaunkönig (Tr. parvulus). 5. Sperber (Astur nisus). 20. Kuckuk (Cue. canorus). 6. Wieſenweihe (Cire. eyaneus). 21. Felſentaube (Col. livia). 7. Sumpfohreule (Otus brachyotus). 22. Goldregenpfeifer (Char. pluvialis). 8. Steinſchmätzer (Sax. oenanthe). 23. Halsbandregenpfeifer (Char. hiaticula). 9. Wieſenpieper (Anth. pratensis). 24. Kiebitz (Van. eristatus). 10. Felſenpieper (Anth. rupestris). 25. Steinwälzer (Strep. interpres). 11. Feldlerche (Alaud. arvensis). 26. Auſternfiſcher (Haem. ostralegus). 12. Schneeammer (Plect. nivalis). 27. Lachmöve (Lar. ridibundus). 13. Grauammer (Emb. miliaria). 28. Dreizehen⸗Möve (Rissa tridactyla). 14. Hausſperling (Pass. domesticus). 29. Sturmmöve (Lar. canus). 15. Gelbhänfling (Lin. flavirostris). 30. Silbermöve (Lar. argentatus). *) Im Original ſtehen die engliſchen Namen. 5* 60 Leverkühn, 31. Puffin (Puffinus anglorum). 48. Eiderente (Som. mollissima). 32. Fiſchreiher (Ard. einerea). 49. Schellente (Clang. glaucion). 33. Brachvogel (Num. arquatus). 50. Gänſeſäger (Merg. merganser). 34. Regenbrachvogel (Num. phaeopus). 51. Nordſeetaucher (Eud. septentrionalis). 35. Rothſchenkel (Tot. calidris). 52. Lumme (Uria troile). 36. Flußuferläufer (Actitis hypoleueus). 53. Brünnich's Lumme (Uria Brünnichi). 37. Dunkler Wafferläufer (Tot. glottis). 54. Gryll⸗Lumme (Uria grylle). 38. Waldſchnepfe (Scol. rusticola). 55. Larventaucher (Morm. fratereula). 39. Bekaſſine (Seol. gallinago). 56. Cormoran (Carbo eormoranus). 40. Isländ. Strandläufer (Tr. canutus). 57. Krähenſcharbe (Carbo graculus). 41. Alpenſtrandläufer (Tring. einelus). | 58. Meerſchwalbe (Stern. macrura). 42. Seeſtrandläufer (Tring. maritima). 59. Heringsmöve (Lar. fuseus). 3. Schmalſchnäbeliger Waſſertreter (Phal. 60. Mantelmöve (Lar. marinus). hyperboreus). 61. Gr. Raubmöve (Lestr. eatarractes). 44. Waſſerralle (Rallus aquaticus). 62. Kl. Raubmöve (Lestr. erepidata). 45. Wildente (Anas boschas). 63. Schmarotzer-Raubmöve (Lestr. para- 46. Krickente (Anas crecea). | sitiea). 47. Pfeifente (Anas penelope). 64. Eisſturmvogel (Proe. pelagiea). Wenn die Saiſon günſtig iſt, kann man auf eine Beute von wenigſtens 20000 Eiern, darunter viele ſchöne und ſeltene Varietäten, rechnen. Die Expedition wird ganz durch Subſcriptionen getragen werden. Zu dem Behufe ſoll eine beſtimmte Anzahl von Antheilſcheinen an Leſer dieſer Zeilen ausgegeben werden — von welchen viele zweifelsohne ſich ſehr gern dieſer großartigen und einzigen Gelegenheit bedienen werden, um ihre Sammlungen um dieſe ſchönen und intereſſanten Objekte zu be- reichern. Die Antheilſcheine werden in zwei Klaſſen ausgegeben werden: Nr. 1, Preis 20 sh.; Nr. 2, Preis 10 sh. Beſitzer von Antheilſcheinen erſter Klaſſe haben An— ſpruch darauf, alle Eier in Gelegen zu erhalten, ſolche zweiter Klaſſe nur in Einzel- Exemplaren. Halbe und Viertel-Antheilſcheine beider Klaſſen werden zu entſprechenden Preiſen verabfolgt. Alle Eier werden unter den Subſcribenten ſo unparteilich wie möglich vertheilt werden im Verhältniß zur Klaſſennummer und zur Höhe des Be— trages, mit welchem gezeichnet wurde. Deſideratenliſten, aus obigem Verzeichniß zu— ſammengeſtellt, werden bei jeder Beſtellung erbeten, um die ſpätere Vertheilung ſo viel als möglich zu erleichtern. Jeder Subſcribent hat außerdem eine Zulaſſungs⸗ gebühr von 6 Pence (50 I!) für Verpackung ꝛc. zu entrichten. Beſtellungen auf An⸗ theilſcheine nebſt Zahlung möge man an den Manager der Naturaliſt's Publiſhing Company in Birmingham adreſſiren. Da die Anzahl der Antheilſcheine eine be- ſchränkte ſein wird, iſt ſofortige Beſtellung, um Enttäuſchungen zu vermeiden, anzu⸗ empfehlen. Am 15. April wird die Liſte geſchloſſen. Wegen näherer Details beliebe man frankirt anzufragen.“ Projektirte Vernichtung der Brutvögel der Shetlands-Inſeln. n 61 Dies famoſe Unternehmen hat ſofort nach ſeiner Kundmachung einen wahren Entrüſtungsſchrei in England hervorgerufen. Am 16. Februar brachten The Times unter der Ueberſchrift „Wholesale destruction of wild bird's nest's“ (Totale Ver⸗ nichtung von Vogelneſtern) einen Brief des Präſidenten der Engliſchen Ornithologen— Union, Lord Lieford, vom 13. Februar, in welchem der Wortlaut der Aufforderung in extenso mitgetheilt und das ſchamloſe Projekt einem großen Publikum zur Be— und Verurtheilung vorgelegt wurde. Ein Mitglied des Hauſes der Gemeinen Mr. Wilſon Noble ſchloß ſich ſofort an und hob hervor, daß, wenn das Unternehmen in finanzieller Hinſicht reuſſirte, es jedenfalls nächſtes Jahr wiederholt werden würde, bis ſchließlich auf den Inſeln kein Vogel mehr exiſtirte, der den Proleten aus Bir- mingham entgangen ſei. „Der einzige Fleck auf den Britiſchen Inſeln, wo ſeltenere Arten bisher in Sicherheit brüteten, wird verödet daliegen, um einige Schilling in die Geldſäcke einer Geſchäftsgeſellſchaft und einige Eier in die Eierſchränke der Bir— minghamer Naturalienhändler zu liefern. Unter dieſen Umſtänden kann ich nicht glauben, daß irgend ein Naturfreund oder ſelbſt ein geborener Sammler ein ſo ſelbſt— ſüchtiges, unnatürliches und empörendes Unternehmen unterſtützen wird.“ So ſchließt Noble's Artikel,“) deſſen letzter Satz wohl allein nicht genügen dürfte, um kraft ſeiner Appellation an den Anſtand und die Rückſicht auf die unverletzte Natur das Unternehmen brach zu legen. Daher wird in einem eine ganze Times-Spalte füllenden Artikel (am 19. Februar) auf die große Lücke in der engliſchen Vogelſchutz-Geſetz— gebung nachdrücklich aufmerkſam gemacht, durch welche zwar die Vögel, nicht aber ihre Bruten Schutz genießen. Mit ſcharfen Worten geißelt der Verfaſſer die ſkandalöſe Spekulation und ſpricht der Birmingham-Geſellſchaft den Titel „Natura— liſten“ ab, da ebenſo gut jeder Mövenſchießer ein Weidmann genannt werden könnte. Die drei Parlamentsakten, welche ſeit 1872 in England zum Schutze der Vögel in Kraft getreten ſind, gehen mit Stillſchweigen über die Eier hinweg. In der durch die ausgezeichnete Rede von Auberon Herbert denkwürdigen Debatte 1872, kamen Eier nur inſofern zur Diskuſſion, als Mr. Henley dagegen proteſtirte, daß Knaben wegen Neſterausnehmens mit Geld oder Gefängniß beſtraft werden ſollten. (Man erinnere ſich an Windhorſt's ähnliche Einſprache, die er unter anderem damit motivirte, er habe als Junge auch Eier ausgenommen — eine Aeußerung, welche eine klaſſiſche Illuſtration im nächſtfolgenden Kladderadatſch provozirte!) Die 1876er Akte überging kleine Landvögel gänzlich und behandelte nur die Seevögel („Wildfowl“ — ein Sammelbegriff des englischen Sportsmannes für die mit den verſchiedenen Arten Punt's [Schießbote] gejagten Tauchenten, Säger, Taucher ) ꝛc.). Die Akte *) In derſelben Times-Nummer. **) Dem, der fich für dieſe Art Jagd intereſſirt, empfehlen wir die Lektüre des luxuriös aus— geſtatteten Werkes des Barones Sir Ralph Payne Gallwey, The fowler in Ireland. (London 1882.) 62 Leverkühn, Projektirte Vernichtung der Brutvögel der Shetlands-Inſeln. vom Jahre 1880 verſchärfte die Beſtimmungen und ſchloß ſeltenere Landvögel, ſpeziell während der Brutzeit, ein. Für das Tödten eines Pirols und einer Nachtigall lautet die Strafe auf 14 (= 20 ); für andere nicht namentlich aufgeführte Vögel während der Niſtzeit 5 s u. — Zum Schluß wird die Thätigkeit des „erfahrenen Oologen“, wie ſie im Herzen der Großſtädte entſtehen, ausgemalt: wie er, vorzüglich ausgerüſtet, 50 bis 60 Tage lang 500 Eier pro Tag zuſammenraubt, ſie dann höchſt wiſſen⸗ ſchaftlich präparirt und verpackt und mit Hülfe der Expreß-Poſt, dem letzten Aus⸗ läufer der Civiliſation nach dorthin, in die Hände der Subſkribenten befördert. Referent prophezeit ähnliche Expeditionen für engliſche Dorado's wie Flamborough, die Wieſen von Southend, die Gründe Norfolks, Kynance Cove, Berkſhire und Surrey — und ſchließt mit dem ſehr richtigen Wunſch, daß Autoritäten und Würdenträger wie Mr. Noble und Lord Lilford die ſchleunige Ausdehnung der Schutz beſtimmungen auf Vogeleier veranlaſſen möchten. Auch The Field, das ſich letzthin in der Columne „The Naturaliſt“ mehrfach mit dem Schutze ſeltener Britiſcher Vögel beſchäftigte, widmet in ſeiner letzten Nummer (1990, Vol. LXXVII vom 14. Februar S. 226) aus W. B. Tegetmeier's kundiger Feder der „Proposed destruction of the eggs and nests of British Birds“ einen energiſchen Artikel. Verfaſſer reißt dem Birminghamer Skribenten die Larve der Wiſſenſchaftlichkeit vom Geſicht, da er als Brutvögel der Shetlands-Inſeln Arten nennt, die dort nie nachgewieſen ſind (Strep. interpres, Clang. glaueion), ſelbſt ſolche, deren Ei man bis dato gar nicht kennt (Tringa eanutus*)). Er wünſcht den Neſträubern möglichſt ungaſtlichen Empfang. Eine wiederholte Ermahnung durch Lord Lilford in The Times,) der Sache volle Aufmerkſamkeit zuzuwenden, ferner durch den Präſidenten der Birmingham'ſchen Naturhiſtoriſchen und Mikroſkopiſchen Geſellſchaft, Mr. Charles Pumphrey, veranlaßte und veröffentlichte „Reſolution“ jener Geſellſchaft““) (Proteſt gegen das Unternehmen, Verabſcheuung jedes Zuſammen⸗ hangs damit, Erklärung des lebhafteſten Intereſſes für Erhaltung der Fauna und Flora des Landes) beweiſt das lebhafte Intereſſe, das fortgeſetzt der Inhibirung des Unternehmens geſchenkt wird. Ja, am 17. Februar wurde ſchon durch Mr. Alfred Peaſe, f) Abgeordneten für York, dem Houſe of Commons eine Bill vorgelegt, das Engliſche Vogelſchutz-Geſetz von 1880 zu erweitern. Die Bill iſt von Mr. Arthur Acland, Mr. Asquith, Col. Dawney, Sir Edward Grey, Marquis of Granby und Mr. Sydney Buxton unterzeichnet, wird gedruckt werden und am 9. März zur zweiten Leſung gelangen. In einer Vorverhandlung bemerkte der Lord Ad vocate, ) Das einzige beglaubigte Ei dieſer Art beſitzt Mr. Crowley; dasjenige in der Coll. Nehrkorn, aus der Bädecker' ſchen Sammlung ſtammend, iſt vielleicht nicht echt. Lev. **) 19. Februar 1891. *) Ebenda. Die Sitzung der Geſellſchaft fand am 17. Februar ſtatt. 7) The Field. Vol. LXXVII. Nr. 1991. 21. Februar 1891. S. 257: Wild Birds Protection. E. Rey, Das Abändern der Eier innerhalb eines Geleges u. ſ. w. 63 daß er durch Lilford's und Wilford Noble's, Abgeordneten für Hartings, Briefe in The Times die Sache ſchon erfahren habe. Die Bill habe noch nicht circulirt; übrigens wären die Shetlands⸗Inſeln noch nicht völlig der Gnade der Naturaliſt's Publiſhing Company verfallen (Heiterkeit); denn Oologen ſeien noch nicht von den allgemeinen Geſetzen gegen Uebertretungen ausgenommen, und die Eigenthümer der bedrohten Inſeln würden wahrſcheinlich ein Verbot anſtreben gegen geſetzwidrige Ein— griffe, deren beabſichtigte Ausführung man ihnen erſt öffentlich mitgetheilt hätte (große Heiterkeit). Col. Dawney fragte, ob Mr. Alfred Peaſe die Durchbringung der Bill erleichtert werden würde, woraufhin Mr. Smith erklärte, daß er perſönlich mit der Bill ſympathiſire und zweifelsohne das ganze Haus ſo allgemein dies Gefühl theile, daß keine Nothwendigkeit für Forderung beſonderer Erleichterungsmittel vorläge. — Es macht den Engländern alle Ehre, daß beim Auftauchen eines ſolchen mörde— riſchen Projektes ſofort in ihrer großen politiſchen Preſſe die Stimmen berufenſter Vertreter der Wiſſenſchaft und Abgeordneter laut werden, und daß mit bewunderungs⸗ werther Geſchwindigkeit im Parlament die Hebel in Bewegung geſetzt werden, um Abhülfe zu erſtreben. Wir wünſchen von ganzem Herzen, daß dies gelingen möge! — Späterhin werden wir das Reſultat bez. das Schickſal der Expedition mittheilen! München, den 20./27. Februar 1891. Das Abändern der Eier innerhalb eines Geleges iſt Ausnahme, nicht Negel. Von Dr. E. Rey. Wenn in der Januarnummer unſerer Monatsſchrift in den „Thatſachen aus der Vogelwelt“ auf Seite 12 von der „auffallenden Veränderlichkeit in den Gelegen ein und desſelben Neſtes unſerer Kleinvögel“ als von einer „jedem Kundigen wohlbekannten Thatſache“ geſprochen und dann noch hinzugeſetzt wird, daß die dafür angeführten Belege „unter unzähligen ähnlichen“ ausgewählt worden ſeien, ſo muß der Leſer, welcher nicht genügende Erfahrungen in oologischen Dingen ſich erwerben konnte, um ſich ein eigenes Urtheil zu bilden, zu der irrthümlichen Anſicht gelangen, daß die Uebereinſtimmung der Eier in den Gelegen in Bezug auf Form, Färbung und Zeichnung die Ausnahme von der Regel ſei. Die Sache liegt aber in Wirklichkeit gerade umgekehrt. Abgeſehen von den Sperlingen, bei denen faſt immer ein Ei jedes vollen Geleges zwar nicht in der Form aber doch in Färbung und Zeichnung von den übrigen abweicht, welches übrigens nach meinen Beobachtungen immer das zuletzt gelegte iſt, pflegen nach den überein— ſtimmenden Erfahrungen ſämmtlicher Oologen die einzelnen Stücke eines Geleges bei 64 E. Rey, allen Vögeln, deren Fortpflanzung wir kennen, mit ſehr ſeltenen Ausnahmen, in jeder Hinſicht ſehr übereinſtimmend gekennzeichnet zu ſein und gleichſam einen beſtimmten individuellen Charakter zu tragen, der ſich, wie aus mannichfachen zuverläſſigen Be⸗ obachtungen hervorgeht, auch innerhalb gewiſſer Variabilitäts-Grenzen auf die Nach⸗ kommen vererbt, ſo daß man hier von einem Familien-Charakter im engeren Sinne reden könnte. Daß durch pathologiſche Zuſtände im Bereiche des weiblichen Geſchlechts⸗ apparates, ſofern ſolche innerhalb der Legezeit auftreten, ausnahmsweiſe mehr oder minder erhebliche Abweichungen einzelner Eier des Geleges bedingt werden können, iſt ſelbſtredend. Und ebenſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß, wenn derartige krank hafte Zuſtände chroniſch werden, ihr degenerirender Einfluß alsdann bei allen Stücken der folgenden Gelege übereinſtimmend in mehr oder minder beſtimmter Weiſe ſich bemerkbar machen wird. | Unter dieſen, wie ſchon erwähnt, recht jeltenen Ausnahmen des abweichenden Charakters einzelner Stücke innerhalb eines Geleges kommen, nach meiner Erfahrung, Abweichungen in der Form, wenigſtens jo weit es Spur- oder Zwergeier und Rieſen⸗ oder Doppeleier betrifft, verhältnißmäßig am häufigſten vor. Ich beſitze in meiner Sammlung von 52 Arten freilebender Vögel Spureier und von 21 Arten Gelege mit Rieſenei. Ich muß aber hier bemerken, daß ich dieſe Stücke aus einem Material von mindeſtens fünfzig Tauſend Exemplaren, die mir im Laufe der Zeit durch die Hände gegangen ſind oder die ich bei Herrn Schlüter in Halle ſah, ausgewählt habe. Andere Abweichungen hinſichtlich der Form ſcheinen viel ſeltener zu ſein, wenig— ſtens habe ich nur ein Belegſtück hierfür: Ein Gelege, Lanius collurio, Leipzig, 24. Juni 1890, von drei Eiern (der Vogel hat nicht mehr gelegt), in welchem alle Eier, die hinſichtlich der Färbungs— und Zeichnungscharaktere gut übereinſtimmen, in der Form weſentlich von einander abweichen. Die Maße in Millimetern ſind folgende: a) 21,0 16,5 kurzoval, b) 23,3 15,5 elliptiſch, c) 26,0 16,5 kreiſelförmig. Von ſolchen Gelegen, in denen ein oder zwei Eier im Gelege in Bezug auf die Färbung oder Zeichnung abweichen, beſitze ich außer den Gelegen der Sperlinge, die ja, wie wir geſehen haben, von einem anderen Geſichtspunkte aus zu betrachten ſind, nur folgende: 1. Parus major 7 Stück. Anhalt, 1. Mai 1869. 5 Eier find normal gezeichnet, bei den beiden anderen iſt die rothe Fleckung zu einer gleichmäßigen blaß⸗ rothen Färbung aufgelöſt, die etwa die Hälfte der Oberfläche, in dem einen Falle das ſtumpfe Ende, im anderen Falle das ſpitze Ende bedeckt. In der Form ſind alle gleich. 1 5 . Das Abändern der Eier innerhalb eines Geleges iſt Ausnahme, nicht Regel. 65 2. Lanius eollurio 5 Stück. Anhalt, 26. Mai 1874. 5 Eier find normal ge— zeichnet, das fünfte rein weiß mit kaum angedeuteter Zeichnung. Die Form iſt bei allen gleich. 3. Sylvia hortensis 5 Stück. Halle a. S., 2. Juni 1869. 4 Eier normal, das fünfte, unbedeutend größere, von hellerer Grundfarbe als die übrigen. Zeichnungscharakter übereinſtimmend. 4. Sylvia einerea 6 Stück. Halle a. S., 22. Juni 1867. 5 Eier normal, von gleichmäßig grünlich gelber Grundfarbe und fein dunkler gewölkt, das ſechste, welches zugleich etwas ſchmäler iſt, hat bei derſelben Grundfarbe am ſtumpfen Ende einen deutlichen Kranz dunkler Flecke. 5. Sylvia eurruca 4 Stück. Leipzig, 3. Juni 1889. 3 Eier normal, bei dem vierten finden ſich nur am ſtumpfen Ende Flecke, die aber ſo dicht ſtehen, daß ſie deſſen Ende völlig bedecken. In der Form ſind alle gleich. 6. Anthus arboreus 5 Stück. Halle a. S. im Juni 1864. 4 Eier normal auf röthlichem Grunde dunkler marmorirt, das fünfte, welches übrigens nicht im Neſte, ſondern dicht am Rande desſelben lag, iſt auf graublauer Grund— farbe mit dunkelbraunen Brandflecken und einigen dunkeln Schnörkeln ge— zeichnet. i 7. Anthus arboreus 4 Stück. Anhalt, 4. Mai 1869. 1 Ei von der Färbung der vorigen 4; die übrigen 3 find als die auffälligſte Farbenänderung an⸗ zuſehen, die mir bis jetzt bei Vogeleiern vorgekommen iſt. Die drei Eier ſind von der Spitze bis zur Mitte einfarbig blaugrün, von da ab iſt die übrige Hälfte der Eier dunkel roſtbraun gefärbt und zwar ganz ſcharf gegen einander abſchneidend, ſodaß ſie den Eindruck machen als habe man ſie aus je einem halben blaugrünen und einem halben dunkelbraunen Ei zuſammen⸗ geſetzt. 8. Budytes flavus 4 Stück. Halle a. S., 13. Juli 1872. 1 Ei normal, die anderen drei auf graugrünem Grunde grob dunkler gefleckt (an Cal. palustris erinnernd). 9. Emberiza eitrinella 5 Stück. Halle a. S., 13. Mai 1878. 4 Eier gleich- mäßig ſchwach gezeichnet, das fünfte heller und ganz ohne Haarzüge. Form bei allen gleich, und außerdem haben alle fünf Eier eine mehr oder weniger ſtark ausgeprägte einfarbig hellbläuliche Spitze. Ich könnte hier noch einige Gelege von Lanius collurio, Cyanopiea Cooki, Krähenarten ꝛc. erwähnen, bei denen die kranzförmige Zeichnung bei je einem Ei ſich am ſpitzen Ende findet, ſtatt am ſtumpfen, doch iſt dieſe Abweichung nie ſo groß, daß der allgemeine Charakter der Eier dadurch beeinträchtigt würde. Als Beleg dafür, daß chroniſch gewordene Veränderungen der Fortpflanzungs— 8 66 E. Rey, organe das ganze Gelege reſp. alle ferneren Gelege des betreffenden Weibchens gleich⸗ mäßig beeinfluſſen, kann ich auf folgendes aus meiner Sammlung hinweiſen: 1. Mehrere Gelege von Rutieilla phoenieurus, R. tithys, Accentor modularis und Saxicola oenanthe, bei denen alle Eier einen Kranz rother Punkte oder Flecke am ſtumpfen Ende zeigen, der bei normalen Eiern fehlt. 2. Ein Gelege von 7 Stück Pieus viridis, Halle a. S. 4. Mai 1867, bei welchem alle Eier am ſtumpfen Ende eine tropfenförmige, etwa hanfkorngroße Efflo⸗ reſzenz der Schalenſubſtanz zeigen. 3. Ein Gelege Passer domestieus, erhalten 1883 von Herrn Pietſch jun., beſtehend aus 4 Eiern, die ſämmtlich Spureier von kaum ein Drittel normaler Größe ſind. 4. Ein Gelege Perdix einerea, erhalten aus Heſſen durch Herrn W. Schlüter. Auch hier ſind alle 7 Eier in Form und Färbung ganz übereinſtimmend, aber ſämmtlich nur von halber Größe. 5. Ein Gelege Perdix rubra von 10 Stück, gefunden am 21. Mai 1869 in Portugal, bei welchem alle Eier auf einer Seite einen etwa 2 Quadrat- Centimeter großen rein weißen Fleck haben. 6. Ein Gelege von Podiceps eristatus gefunden am 31. Mai 1868 am Sali See. Bei dieſem Gelege zeigen alle 5 Eier ſtatt der grünlich grauen oder gelbbraunen Färbung eine faſt ſchwarze. 7. Ein Gelege Museieapa grisola von 3 Stück, Anhalt, 2. Juli 1861. Die drei Eier zeigen erſtens übereinſtimmend eine abnorm dünne Schale und ferner hat bei ihnen eine ähnliche Trennung der Farbſtoffe ſtattgefunden wie bei dem unter 7. genannten Gelege von Anth. arboreus, nur daß der zuſammen⸗ gefloſſene einzige große rothbraune Fleck nur ein Viertel der Oberfläche ein- nimmt und ſeitlich vom Pole des ſtumpfen Endes bis zur Mitte ſich aus⸗ dehnt. Das Weibchen wurde todt auf den Eiern gefunden. Ich laſſe nun einige Beiſpiele folgen, wo ich mehrere Gelege von ein und demſelben Weibchen erhielt. | J. Im Jahre 1869 am 7. und 19. Juni, ſowie im Jahre 1870 am 9. Juni ent- nahm ich aus dem Neſte eines Hausrothſchwänzchens auf einem Balken am Eingange der Güter-Expedition der Halle-Caſſeler-Eiſenbahn 3 Gelege von je 5 Eiern, die alle unter ſich von völlig gleicher Form waren und alle, ohne Ausnahme, eine deutlich hellblaue ſtatt rein weiße Grundfarbe zeigten. 2. Am 14. Mai entnahm ich in Rattmannsdorf einem Elſterneſte ein Gelege von 8 Eiern. Das Weibchen kehrte noch am anderen Tage mehrmals zum leeren Neſte zurück und begann dann auf derſelben Rüſter ein neues Neſt zu bauen, zu welchem es zum Theil das Material des alten Neſtes verwendete und Das Abändern der Eier innerhalb eines Geleges iſt Ausnahme, nicht Regel. 67 den Bau ſo emſig betrieb, daß ich bereits am 19. Mai ein neues Gelege von 7 Eiern fortnehmen konnte. Die ſämmtlichen Eier dieſer beiden Gelege zeigen eine ganz eigenthümliche Abnormität. Die Eier haben an der Spitze Sprünge, die durch Neubildung theilweiſe verheilt ſind und den Eindruck machen, als habe ſie Jemand ungeſchickt geleimt. | 3. Am 30. Mai und am 5. Juni entnahm ich aus ein und demſelben Elſterneſte das erſte Mal 5 und das zweite Mal 4 Eier, welche ſich durch eine auf— fallend rauhe, ſandig anzufühlende Schale und eine ganz verſchwommene Zeichnung auf bräunlicher Grundfarbe auszeichnen, aber untereinander in jeder Hinſicht übereinſtimmen. Ich könnte noch eine Anzahl derartiger Beiſpiele anführen, doch ſind viele der— ſelben nicht ganz einwandfrei, weil dahin zielende Beobachtungen im Freien durch mannigfaltige Zufälligkeiten geſtört werden oder doch nicht mit der Sicherheit ange— ſtellt werden können, daß man ſie als unumſtößliche Beweiſe hinſtellen dürfte. Anders in der Gefangenſchaft; hier läßt ſich jeder Irrthum hinſichtlich der Identität der be— treffenden Weibchen ohne Schwierigkeit völlig ausſchließen. Es ſei mir daher geſtattet, noch einiger Beiſpiele von unanfechtbarer Beweiskraft Erwähnung zu thun, die bei gefangenen Vögeln angeſtellt wurden. Es iſt bekannt, daß die Thiere welche wir in der Gefangenſchaft halten, viel geneigter zu Differenzirungen aller Art ſind als frei— lebende, und wenn darum ſelbſt bei gefangenen Vögeln ſich die größte Ueberein— ſtimmung in Bezug auf die Eier eines jeden Weibchens herausſtellt, ſo werden die hier gemachten Beobachtungen einen ſichern Rückſchluß auf die frei lebenden Vögel geſtatten. In den Jahren 1866 bis 1870 nahm ich fünf verſchiedenen, getrennt ge— haltenen Weibchen von Canarienvögeln in jedem Jahre mehrere Gelege fort, und alle dieſe Eier zeigen, je nach dem Weibchen von welchem ſie herrühren, einen ſo ausge— ſprochenen individuellen Charakter, daß ich oft, und jedesmal mit Erfolg, verſucht habe, dieſe Eier nach ihren fünf Typen auch von Nichtoologen herausſuchen zu laſſen. Ferner erhielt ich von meinem verſtorbenen Freunde von Schlechtendal eine große Suite leider zwar durchweg durch Herauswerfen aus den Neſtern oder durch Schnabelhiebe zertrümmerter Eier, welche in den Jahren von 1877 bis 1880 bei ihm von vier verſchiedenen Weibchen des Textorwebers (Ploceus textor) gelegt worden waren. In dieſen vier Jahren hat Weibchen A 26 rein weiße Eier Weibchen B 11 weiße Eier mit feinen hellrothen Punkten Weibchen C 31 weiße Eier mit größeren rothen Flecken und Weibchen D 19 einfarbige lebhaft blaugrüne Eier gelegt. Wir ſehen alſo daß unter allen Umſtänden jedes Weibchen gleiche oder ſehr ähnliche Eier legt und daß innerhalb der Gelege eines jeden Weibchens eine noch 6 * 68 Ernſt Günther, größere Uebereinſtimmung, wenigſtens unter normalen Umſtänden, Regel und Geſetz iſt. Und wenn wir daher bei ſolchen Vögeln, bei welchen die Eier aller Individuen der Art, als Ganzes betrachtet, eine ungemein große Veränderlichkeit zeigen, wie dies namentlich bei unſerm Baumpieper, dem ſüdeuropäiſchen Ciſtenſänger, den Viehſtaaren, welche in der neuen Welt unſeren Kuckuk hinſichtlich des Brutparaſitismus vertreten, vielen Webervögeln und endlich unſerem Kuckuk der Fall iſt, wenn wir bei ſolchen Vögeln in jeder Hinſicht und bis in die kleinſten Details übereinſtimmende Eier finden, ſo können wir mit großer Sicherheit ſchließen, daß dieſe Eier von einem und demſelben Weibchen herrühren, und überall, wo wir weit von einander abweichende Eier finden, dürfen wir dieſe mit derſelben Sicherheit verſchiedenen Individuen zu⸗ ſchreiben. | Leipzig, den 11. Februar 1891. Zur Lebensweiſe des Buſſard. Von Ernſt Günther. I. Es iſt mir vergönnt geweſen, dem Studium der Ornithologie in verſchiedenen Gegenden Mitteldeutſchlands obzuliegen, ein Umſtand, der mich in den Stand ſetzte, Vergleiche anzuſtellen über die Verbreitung mancher Arten Vögel, über die Dichtig— keit ihres Beſtandes und über ihre Lebensbedingungen. Wenn ich nun meine Beobachtungen auch nicht ſchematiſch ausarbeitete, jo dürften doch meine Notizen dazu dienen, hie und da etwaige Lücken auszufüllen, da das engere Beobachtungsfeld geſtattete, bei den einzelnen Beobachtungen um ſo tiefer einzudringen. Meine jahrelange Thätigkeit in Heſſen-Naſſau als Landwirth bedingte den direkten Aufenthalt in der Natur; damit verband ſich der Vortheil, zeitweiſe die Jagd ausüben zu können. | Von Raubvögeln kann ich nur über bekanntere Arten Bericht erſtatten und unter dieſe gehört in erſter Linie der Buſſard (Buteo vulgaris). Die waldreiche Gegend unterhalb des Habichtswaldes, der ausgedehnte Reinhardswald und die vielen umliegenden Berghölzer beherbergen den Buſſard in Menge. Ende April oder Anfangs Mai waren immer die meiſten Horſte beſetzt. Im Jahre 1886 fand ich in der Umgebung des Dorfes Hombreſſen bei Hofgeismar auf einem Areal von 360 Morgen neun beſetzte Horſte vor; von dieſen enthielten ſechs nur Gelege von zwei Eiern, die übrigen drei je drei Eier. Die Eier waren meiſtens ohne lebhafte Fleckenzeichnung an Geſtalt ſehr rund, nur wenige waren länglich geformt, in Größe variirend. Die Buſſarde ſaßen erſt gegen Ende der Bebrütung feſter: ſelten klopfte ; | 2 Zur Lebensweiſe des Buſſard. I. 69 ich einen vom friſchen Gelege ab, ſchon von weiten erhob ſich der Vogel dann vom Horſt, bäumte öfters unweit auf, und begann mit ängſtlichem Rufen, ſobald ich zur Beſichtigung des Horſtes Anſtalten traf. Die Horſte waren meiſtens ſehr flach gebaut, das innere war ſelten belegt mit weicher Unterlage wie Raſenſtücke und weiches Wurzelwerk, zum Unterſchiede von den Horſten der Gabelweihe (JI. regalis), welche regelmäßig alte Lumpen, Papiere und Fellſtücke enthielten. Die Horſte der Buſſarde ſtanden im zuſammenhängenden Walde meiſt auf Buchen, an den Rändern und in Baumgruppen auf Eichen, wenn dieſe vorhanden waren. In Waldungen von geringer Ausdehnung konnte ich an acht Horſte zählen, fand aber immer nur die Hälfte beſetzt; fand ſich blos ein beſetzter Horſt vor, ſo konnte man doch einen anderen alten und verwahrloſten Horſt in der Nähe vermuthen. In der Umgebung des Hoſpitals für Nervenkranke Merxhauſen, zählte ich am 15. April 1889 in zuſammenhängendem Holz achtzehn Buſſardhorſte, von denen aber nur erſt einer beſetzt war; derſelbe enthielt drei Stück ſehr kleine, länglich geformte Eier mit kaum ſichtbarer verſchwommener Fleckenzeichnung. Ausgehobene Horſte wurden meinem Wiſſen nach in demſelben Jahre nicht wieder beſetzt, doch hielten ſich die Vögel meiſtens noch in der Nähe auf, behaupteten das Revier, kamen auch öfter zum Horſte, jo daß ich mir Hoffunng machte, fie würden zu einem zweiten Gelege ſchreiten; denn mit ängſtlichem Ruf umkreiſten ſie noch immer den leeren Horſt. Ein auf einer Eiche anſäſſiges Paar Buſſarde, deſſen Eier ausgenommen waren, entfernte ſich nicht aus dem Revier; öfter kamen ſie nach dem Horſte zurück, ließen ſich auch abklopfen, ſaßen dann aber wohl in den Aeſten, thaten wie vor ängſtliche Rufe beim Herannahen, und hoffte ich auf ein zweites Gelege. Die Sache hatte aber einen anderen Grund. Eines Tages ſah ich, wie ein Hühnerhabicht (A. palumbarius) verzweifelte Anſtrengungen machte, ſich des Horſtes zu bemächtigen, immer wurde er aber in die Flucht geſchlagen. Der Kampf dauerte 3— 4 Tage und hatte die Folge, daß immer ein Buſſard auf dem Horſtbaume anzutreffen war. Das öfter revidirte Neſt blieb aber leer. Spätbruten des Buſſard kommen auch vor. Hier folgendes Beiſpiel: Eine Viertelſtunde von dem Geſtüt Beberbeck entfernt, bemerkte ich, daß Mitte Mai ein bis dahin leerer Horſt von Buſſarden angenommen wurde. Beide Raubvögel trugen auffällig Raſenſtücke und Ausbeſſerungsmaterial herbei, welches ſie meiſtens unmittelbar unter dem Horſtbaum auflaſen. Trotz öfterer Störung, die ich meiſt dadurch verurſachte, daß ich Morgens um ſieben Uhr beide Buſſarde aus der Horſtnähe vertrieb, behaupteten die Vögel den Horſt. Als ich den Baum am 1. Juni erkletterte, fand ich noch kein Ei vor, dagegen am achten Juni; ich war deshalb ſchleunigſt fortgegangen, um das Buſſardei mit einem Hühnerei zu vertauſchen, erſt nach drei Tagen fand ich neben dem Hühnerei ein 70 Ernſt Günther, Zur Lebensweiſe des Buſſard. I. zweites Ei des Buſſards vor; auch dieſes tauſchte ich gegen ein Hühnerei aus. Jetzt begann der Buſſard zu brüten, denn er ſtrich beim Herannahen ab. Die Störung und auch wohl der Betrug veranlaßte ihn nun aber doch, den Horſt zu verlaſſen; ich nahm deshalb die Hühnereier herab und fand, daß ſie beide ſtark Blut gefangen hatten, alſo eine Bebrütung ſtattgefunden hatte. Die Eier dieſes Spätlings hatten eine merkwürdig längliche Form und zeigten eine mehr bleigraue aber deutliche Fleckenzeichnung, welche ſchraubenartig gewunden war. Dieſe einſeitige Windung, welche hier ſo deutlich hervortrat, unterſcheidet auch die Buſſardeier von denen der Gabelweihe, welchen ſie oft an Größe und Geſtalt gleich kommen, nur iſt deren Fleckenwindung entgegengeſetzt. Junge flügge Buſſarde, zwei bis drei in einem Horſt, unterſcheiden ſich unter einander oft durch vollſtändig verſchiedenes Ausſehen. In vielen von mir unterſuchten Horſten fand ich Ueberreſte alter und junger Haſen, Rebhühner ꝛc. vor, ſelbſt auf ſolchen, welche Eier enthielten. Sonſt diente ein alter in der Nähe befindlicher Horſt als Schlachtbank. Hiernach zu urtheilen, müßte unſer Buſſard ein arger Räuber ſein; meine ausdauernde Beobachtung ergab aber folgendes: Einige Individuen des Buſſard ſind unzweifelhaft richtige Räuber, die der Gabelweihe, ſowie dem Vetter Rauchfußbuſſard nicht nachſtehen an Schäd— lichkeit. Nachdem ich nun aber die Rabenkrähe auf Schritt und Tritt verfolgt habe, wurde mir klar, wie die Buſſarde zu dieſen vielen Haſen kommen, deren Reſte ich in den Horſten vorfand. Aus reinem Uebermuth, aus Mordſucht, nicht aus Hunger, greift die Rabenkrähe jedes kleine Häschen an, welches ihr quer kommt, und auch die alten Haſen werden nicht geſchont, ſobald von den Schwarzröcken mehrere Indivi— duen vorhanden ſind. In wenigen Augenblicken iſt ſo ein junges Häschen von dem harten Schnabel einer Rabenkrähe umgebracht; kaum daß der Sünder noch über Augen oder Gehirn herfällt, — gewöhnlich ſtreicht er ab, ſetzt ſich auf irgend eine etwas entfernte Erhöhung und thut, als wenn die Sache ihn nichts weiter anginge. Schon iſt ein zweites Häschen erſpäht, demſelben geht es genau wie dem erſten; endlich fliegt die Krähe fort, ohne weiter Notiz von den beiden Opfern zu nehmen. Bald ſtreicht ein Buſſard über das Feld, ſein gutes Auge entdeckt das eine oder andere offen da liegende Häschen, und er nimmt es mit. An einem Tage fand ich ſo, daß ſieben Haſen in verſchiedenen Altersſtadien von Krähen getödtet worden waren und nur ein halbwüchſiges Opfer war angeſchnitten worden. Sah ich ſpäter eine Krähe ſich mit etwas lebhaft beſchäftigen, ſo drang ich ſofort auf ſie ein und erhielt ab und zu weitere Beweiſe von der Mordluſt der Krähen. Der Buſſard ernährt ſich demnach oft vom Fallwild und kommt dann in falſchen Verdacht. Buſſarde lebend zu fangen iſt mir mit einem großen Schlagnetz gelungen, welches ich mit einer todten Taube vom Taubenſchlage oder mit einem gefundenen todten A. Walther, Noch etwas über das Leben u. Treiben des geſpr. Rohrhuhns. 71 Haſen beſteckte. Dabei hatte ich aber betreffendes Netz immer in der Nähe eines Spähſitzes des Buſſards aufgeſtellt, denn ſolche Punkte ſucht er wiederholt auf. Noch etwas über das Leben und Treiben des geſprenkelten Nohrhuhns (Gallinula porzana). Von U. Walter. Nachdem Herr Kurt Flöricke in Nr. 7 1890 und Herr Ewald Ziemer in Nr. 12 und 16 1890 dieſer Monatsſchrift eine jo genaue Beſchreibung und Charafter- ſchilderung des geſprenkelten Sumpf- oder Rohrhuhns geliefert haben, daß auch derjenige der geehrten Leſer, der nicht Gelegenheit hatte, dieſen ſehr verſteckt lebenden, niedlichen und eigenthümlichen Vogel im Freien zu beobachten und kennen zu lernen ſich ein richtiges Bild von ihm wird machen können, wäre es wohl nicht nöthig geweſen noch einige Bemerkungen den trefflichen Schilderungen jener beiden Herren hinzuzufügen, indeſſen ebenſo wie Herr Ziemer einige Berichtigungen einfügte, ſo möchte auch ich einiges zweifelhaft gebliebene aufzuklären verſuchen. Herr E. Ziemer jagt Seite 152 in Nr. 16: „Ob aber die Vögel die Halme der Pflanzen wirklich nach innen und abwärts biegen, um ſo eine deckende Kuppel über dem Neſte zu bilden, ſcheint mir doch zweifelhaft. Jedenfalls geſchieht dies ſicher nicht in dem Maße, wie Prof. Dr. Altum in ſeiner Forſtzoologie angiebt, daß die Kufe aus einiger Entfernung erſcheint, als wäre ſie mit der Senſe ſtumpf abgeſchnitten.“ | Obgleich nun Herr E. Ziemer ein äußerſt ſcharfer Beobachter iſt, kann ich ihm doch nicht Recht geben, denn nicht grade ſelten kommt es vor, daß das Sumpf— huhn ſich durch Herabziehen und Knicken der Pflanzenſtiele und Spitzen eine förm— liche Laube oder Haube über dem Neſte erbaut. Solche Schutzdächer fand ich aber nie bei den Neſtern, die auf Seggenkufen (Kaupen) ſtanden, ſondern nur bei den in Binſen (Seirpus) vorhandenen. Wo Binſencomplexe neben Seggenkufen oder Kaupen vorkommen, wählt das Sumpfhuhn nach meinen Beobachtungen ſtets die Binſen zur Anlage ſeines Neſtes und hat das ſeinen guten Grund. Der Vogel iſt nämlich bei Aufſtellung ſeines Neſtes nicht nur bemüht das Neſt gut zu verbergen, ſondern auch ebenſo ſehr darauf bedacht, daß ihm die nächſte Umgebung des Neſtes geſtattet, ſich gedeckt und unbemerkt vom Neſt zu ſchleichen. Da nun die Kaupen oder Seggenkufen ſelten ſo dicht nebeneinander ſtehen, daß der Vogel beim Hinausſchlüpfen aus dem Neſt ſogleich gedeckt iſt, ſo zieht er die Binſen, d. h. einen Binſencomplex den Kaupen vor und in dieſen Binſen fand ich das Neſt häufiger mit einer Haube verſehen vor als ohne ſolche. 72 A. Walther, Es war am 12. Juli des Jahres 1879 Vormittags, als mein Bruder mir ein Ei der Gallinula porzana überreichte, das er ſoeben auf den neben der Ober⸗ förſterei gelegenen überſchwemmten Wieſen gefunden hatte und welches neben einem etwas zerriſſenen Neſte mit 7 Eiern lag und ſicher bei der am vorhergehenden Tage ſtatt⸗ gehabten Entenjagd von den über das Neſt laufenden Hunden herausgeſtoßen war. Ich machte mich zunächſt auf, um das mir genau bezeichnete Neſt aufzusuchen, fand es bald, nahm die vom Vogel verlaſſenen friſchen Eier mit und ſuchte weiter nach ſolchen Neſtern, da ich an verſchiedenen Stellen der Wieſen ſchon an mehreren Abenden das bekannte „Uit“ vernommen hatte. Wo die Binſen einen abgeſchloſſenen dichten Buſch bildeten, — nach ſolchen ſuchte ich zuerſt — fand ich kein Neſt, als ich aber zuſammenhängende mit Binſen reichlich und dicht beſtandene Stellen durchſuchte, entdeckte ich ſogleich ein Neſt mit 10 friſchen Eiern, bald darauf eins mit 6 und dann noch eins mit 9 friſchen Eiern, ſodaß ich, als ich gegen Mittag zur Oberförſterei Reiersdorf zurückkehrte, 4 Neſter gefunden hatte. Bald nach dem Mittagsbrod brach ich wieder auf und hatte das Glück noch 2 Neſter zu finden, von denen das eine 2, das andere 6 friſche Eier enthielt (ſiehe auch V. Jahresbericht (1880) des Ausſchuſſes der Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands. Seite 93.“) Alle 6 Neſter ſtanden in Binſen; in den Kaupen, die zahlreich vorhanden waren und die ich in den folgenden Tagen genau durchſuchte, konnte ich kein einziges Neſt entdecken; wohl aber war mir dies am 16. Mai des- ſelben Jahres gelungen, an welchem Tage ich in der Nähe von Haſelberg in Kaupen der Seggenkufen 2 Neſter fand, in denen 1 Ei und 3 Eier lagen. Von den 6 bei Reiersdorf in Binſen gefundenen Neſtern trugen 4 die Haube. Sie war wie eine ſpitze Mütze geſtaltet und dadurch zuſtande gebracht, daß die Binſenſtengel rings um das Neſt über daſſelbe gezogen, dann abwärts gebogen, zum Theil auch geknickt und mit einander loſe verbunden waren, ſodaß man von oben herab nur ſpärlich einen Durchblick auf das Neſt gewinnen konnte. War ſo das Neſt gegen Raubvögel, beſonders gegen Rohrweihe und Krähen geſchützt, ſo hatte es doch für den Vogel den Nachtheil, daß es von einem Menſchen, der einen ſolchen Bau kennt, leichter aufgefunden werden konnte, als ein Neſt ohne ſolches Schutzdach oder Hütte. 5 Diefe Hütten oder Lauben, Hauben, Mützen — wie man fie nun nennen will — haben 2 deutlich ſichtbare Ausgänge auf ſich gegenüberſtehenden Seiten des 1 und dieſe dienen dem Vogel zum Ein- und Ausſchlüpfen. Bemerken möchte 05 In dem Jahresberichte iſt irrthümlicherweiſe mein damaliger Wohnort Charlottenburg als Fundort angegeben. Solche und ähnliche Irrthümer und Verwechſelungen kamen leider damals öfter vor. Walter. Noch etwas über das Leben u. Treiben des geſpr. Rohrhuhns. 73 ich aber noch, daß nicht jede Haube gleich gut verfertigt iſt, daß z. B. bei dem einen der von mir aufgefundenen Neſter das Schutzdach ſehr locker und durchſichtig war. Ich will hier gleich erwähnen, daß die Eier des geſprenkelten Sumpfhuhns von Herrn Kurt Flöricke nach einer unrichtigen fremden Angabe oder nach falſch beſtimmten Exemplaren, die ihm zur Verfügung ſtanden, beſchrieben ſind. Herr Flöricke jagt: „Das aus dünnen Grashalmen erbaute, und mit feinen Würzelchen ausgepolſterte Neſt, ſowie die 9 bis 12 länglich ovalen, auf ſchmutzig roſtgelbem Grunde mit vielen violettgrauen Pünktchen überſäten Eier ſind bekannt genug und kann ich mir eine genaue Beſchreibung derſelben wohl um ſo eher erſparen, als ich ſelbſt noch nicht ſo glücklich war, Neſt und Eier 1 alſo nicht aus eigener Erfahrung ſprechen kann. Die Form der Eier iſt von Herrn Flöricke richtig angegeben, ſie ſind länglich oval; aber die Färbung und Zeichnung iſt eine andere. Die Grundfarbe iſt ein recht helles ſtumpfes Ockergelb, auf dem ſich wohl einige graue Flecke befinden, die aber bei oberflächlicher Beſichtigung wenig bemerkbar werden. Um ſo auffallender treten die ſchwarzbraunen oder auch rothbraunen großen und kleinen Flecke und Klexe hervor, die ſich über den größten Theil des Eies verbreiten, von denen aber Herr Flöricke nichts erwähnt. Die Länge der Eier erreicht faſt die der Haus— taubeneier, jedoch ſind die Eier des Sumpfhuhns bei weitem ſchmaler alſo auch ihr Gewicht geringer als das der Haustaubeneier. Herr E. Ziemer fand meiſtentheils das Rohrhuhn nicht auf dem Neſte und doch die Eier erwärmt. Mir erging es ebenſo und doch war das Huhn bei meiner Ankunft ſicher auf dem Neſte geweſen und war nur in dem Augenblicke, als ich an's Neſt trat, geflüchtet, aber ſo geräuſchlos und vorſichtig, daß ich den Abſtieg nicht bemerkt hatte. Ich erfuhr dies bei dem Neſt mit 2 Eiern, das ich mehrmals, auch noch als es einen Zuwachs von noch 8 Eiern erhalten hatte, beſuchte. Als ich nämlich zweimal das Neſt vom Huhn verlaſſen, die Eier aber ſtark erwärmt gefunden hatte, ging ich, um zu ermitteln, ob das Huhn auf dem Neſte ſei oder nicht, folgendermaßen zu Werke: Ich ſchritt zuerſt langſam am trocknen Rande der Wieſe vor dem etwa 15 Schritt vom Rande entfernten Neſte vorüber, trat dann in's Waſſer und legte ſehr behutſam in dem mit Binſen beſtandenen Waſſer wieder denſelben Weg zurück, d. h. ſo, daß ich dem Neſte näher kam und auf etwa 6 Schritt Entfernung vom Neſte vorüberging. Dann machte ich zum dritten Male den Gang und kam auf 3 Schritt Entfernung am Neſte vorbei Nach wenigen Schritten kehrte ich wieder um und trat ſo leiſe wie möglich an's Neſt, das eine Haube trug. Ich ſah von oben herab durch die locker gebaute Haube nichts weiter als eine ſchwarze Maſſe. Während ich mir Mühe gab mehr zu entdecken, glitt das Rohr— huhn einem Schatten gleich geräuſchlos und ſo vorſichtig vom Neſte, daß ich im 74 A. Walter, Noch etwas über das Leben u. Treiben des geſpr. Rohrhuhns. Waſſer keine Bewegung, in den Binſen kaum ein ſchwaches Zittern erkennen konnte. Nun war es mir klar geworden, daß auch bei den anderen Neſtern, in denen die Eier warm waren, und denen ich mich nicht ſo vorſichtig wie hier genähert hatte, das Huhn erſt bei meinem Herantreten das Neſt verlaſſen hatte. Hinſichtlich des Fluges werden wohl beide Herren Recht haben: beim Auf⸗ ſteigen iſt der Flug ſchwerfällig, er iſt ein Flattern; auf weite Strecken ausgedehnt, wird er bald leichter und ſchneller, und unbedingt hat Herr Ziemer nach meiner 1 Meinung Recht, daß der Frühlings- und Herbſtzug niemals laufend, ſondern ſtets im Fluge ausgeführt wird, wiewohl das Rohrhuhn durchaus kein ſchlechter Läufer iſt, wie ich ſogleich an einem Beiſpiel zeigen werde. Zu derſelben Zeit als ich die Rohrhuhnneſter fand, ging ich an einem Nach⸗ mittage am Rande einer überſchwemmten Wieſe entlang in der Abſicht, auf die mir gegenüberliegende Seite der Wieſe zu gelangen. Ich konnte dies nur bewerkſtelligen, wenn ich bis an's Ende der langgeſtreckten Wieſe und um dies Ende herum ſchritt, da das Waſſer in der Mitte der Wieſe höher ſtand als meine Waſſerſtiefeln ver— tragen konnten. Das letzte Ende ſchien mir nur ſeichtes Waſſer zu haben und deshalb und auch um den Weg abzukürzen, ſchnitt ich die letzten 10 Fuß der Wieſe dadurch ab, daß ich durch das Waſſer watete. Kaum hatte ich aber einige Schritte gethan, da flüchtete im ſchnellen Laufen aus der kleinen abgeſchnittenen Wieſenecke ein geſprenkeltes Rohrhuhn auf das trockne Land und ſuchte hinter — nicht unter — einem hart am Wieſenrande ſtehenden Kiefernſtrauch, der mit ſeinen nach allen Seiten gleichmäßig ausgebreiteten, die Erde berührenden Zweigen 10 Fuß Durch— meſſer hatte, Schutz. Ich eilte nach und nun begann ein Wettlauf. Einmal und und noch drei Viertel mal wurde der Kreislauf um den Baum von uns Beiden gemacht, ohne daß einer dem anderen näher gekommen wäre. Aus Furcht wohl, daß dies dennoch geſchehen könnte, flatterte plötzlich das Rohrhuhn in die Höhe und ließ ſich, über niedriges Kieferngebüſch fortſtreichend, auf einem mit Schilf bewachſenen, nur 30 Schritt entfernten Sumpf niederfallen. Höchſt ſonderbar nahm ſich der Flug aus, denn wenn ſchon das Flattern an und für ſich ſeltſam erſcheint, ſo erſchien es hier noch viel ſeltſamer dadurch, daß ein ſtarker Wind wehte, der den Vogel ſo erfaßte, daß er ſich von der Seite fortbewegte, ſodaß nicht nur der Kopf, ſondern auch zugleich die rechte Seite vorwärts ſteuerten und die Flugrichtung angaben. | Gleich nach dem Wettlauf nahm ich vom Durchmeſſer des Kiefernbuſches das Maß. Es betrug genau 10 Fuß; folglich hatte der Vogel, da der Durchmeſſer den dritten Theil des Kreiſes bildet, einige 50 Fuß mit mir zurückgelegt. In grader Richtung würde ich ihn wohl eingeholt haben, aber immerhin hat er ſich hier als trefflicher Läufer gezeigt. Staats von Wacquant-Geozelles, Vom Schönheitsſinn des Staares. 75 Wie ſchon die beiden Beobachter vor mir berichtet haben, läßt ſich das Rohr— huhn in der Brutzeit nur ſelten ſehen, noch viel ſeltener zum Auffliegen bewegen und dann faſt immer nur, wie eben berichtet, aus Noth oder auch durch Erſchrecken, wie ich einmal auf Havelwieſen beobachten konnte. Ich watete dort durch hohes Gras und ſeichtes Waſſer, als plötzlich wenige Schritte vor mir eine Mittelente (Anas strepera) ſich vom Neſt, das 7 Eier ent— hielt, erhob, circa 10 Fuß ſenkrecht emporſchnellte, und dann in horizontaler Richtung abzog. Einen noch größeren Schreck als ich mußte ein Rohrhuhn bekommen haben, denn unmittelbar nach dem geräuſchvollen Aufſtehen der Ente flatterte es dicht neben dem Neſt 5—6 Fuß ſenkrecht auf, fiel aber im nächſten Augenblick wieder in's naſſe hohe Gras zurück. | Vom Schönheitsſinn des Staares. Von Staats von Wacquant-Geozelles. In der Nr. 10 der „Monatsſchr. 1889“, S. 279, berichtet Herr Rich. Schlegel aus dem Erzgebirge, bezugnehmend auf einen Artikel der Zeitſchrift des Thier— ſchutzvereins für Heſſen, wie auch bei ihm ein eheloſes Staar-Männchen ſein Neſt mit Blumen ſchmückte, um dadurch ein Weibchen heranzuziehen. — Auch ich habe ſeit Jahren dieſer Vorliebe des Staares, Blumen einzutragen, ganz beſondere Aufmerkſamkeit gewidmet und erlaube mir daher, meine diesbezüglichen Beobachtungen mitzutheilen. | Zunächſt iſt mir aufgefallen, daß die Verwendung von Blumen zum Nejtbau ſeitens der Staare hier im Parke einfach an der Tagesordnung iſt und von allen meinen Familienangehörigen als etwas Selbſtverſtändliches beobachtet wird, — dahingegen im Walde nur äußerſt ſelten vorkommt. Alljährlich pflege ich dreißig und mehr meiner mit Schiebern verſehenen Staar-Käſten zu unterſuchen: ein Drittel derſelben enthält Blumen; im Walde aber fand ich nur ein einziges Mal einige Hundsveilchen in einem Staarenneſte und ich habe wahrhaftig nicht wenige ſolcher in allen möglichen Hölzern der Umgegend vermittelſt einer winzigen, zu dieſen und ähnlichen Zwecken ſelbſtkonſtruirten, feuerſicheren „Senklaterne“ unterſucht! — Gelegen— heit macht auch hier den Staar zum Diebe, denn alle diejenigen Käſten, welche über Veilchen- und Schneeglöckchen-Plätzen hängen, ſind ſtets und meiſt beſonders reichlich mit dieſen Blumen verſehen. Auch hier bei uns machten ſich ehelos gebliebene oder -gewordene Staarmännchen mehrmals ganz beſonders als Blumenſammler bemerklich und trug einſt ein ſolcher ſog ar im Herbſte, beim „Abſchiedskonzert“ Niſtſtoffe ein; es iſt dies ja auch leicht erklärlich, — im übrigen aber huldigen nach meinen genauen Beobachtungen beweibte 76 Staats von Wacquant-Geozelles, Vom Schönheitsſinn des Staares. und unbeweibte Männchen ohne Unterſchied, ja, zuweilen auch Weibchen dieſer Paſſion. Meine hervorragend ſachkundige Schweſter ſowohl wie ich ſelbſt beobachteten mehrmals, daß ein Staarmännchen am Fuße des Niſtſtammes ein Schneeglöckchen abriß und daſſelbe ſehr artig ſeinem vor dem Kaſten ſitzenden Weibchen überreichte. — Es liegt hierin eine gewiſſe ritterliche Höflichkeit, — ich ſage „eine gewiſſe“, denn ebenſo wie die Blumen, übergiebt ihr der Gatte auch wohl eine Feder und einen Halm; das aber iſt eine von mir genau beobachtete Thatſache, daß der Staar mit Stroh und Federn faſt immer alsbald in den Kaſten ſchlüpft, um dieſe Materialien zu verbauen, dahingegen mit Blumen gerne „lange herum hantirt“, ſei es auf der Erde, im Gezweig oder auf und vor dem Kaſten. Auch habe ich den Vogel drei, viermal mit einer Blume in den Kaſten aus- und einſchlüpfen ſehen, ihn ſogar vor dem Kaſten mit einem Veilchen im Schnabel „ſchnattern“ und ſingen gehört. Bei ſolchen Gelegenheiten fallen manche Blumen zur Erde; im Frühjahr 1889 habe ich allein am Fuße der mit Staarkäſten behangenen Bäume 28 friſch abgeriſſene Blüthen der verſchiedenſten Art gefunden. — Ebenſo liegen zuweilen Blumen oben auf dem Kaſten, im „oberen Stockwerk“ oder im Flugloche. — Am ärgſten werden die Schneeglöckchen (Galanthus nivalis Linn.), Knotenblume (Leucojum vernum Linn.), und die verſchiedenen Farbenvarietäten des Veilchens (Viol. odorata Linn.) heimgeſucht, da erſtens etwa 40 Staarkäſten in nächſter Nähe dieſer Blumen hängen und die Vögel zweitens bedeutend mehr zerzauſen und abreißen als ſie fort- reſp. eintragen. Ich fand bisher eigentlich alle auffallenden, frühblühenden Blumen in den Neſtern; außer den genannten hauptſächlich das Lungenkraut, Pulmonaria offieinalis Linn., Primula elatior et officinalis Jaeq., Anemone nemorosa Linn., einzelne Glocken von Hyazinthen und vom Seidelbaſt (Daphne Mezereum Linn.), ein- zelne Köpfchen von Bellis perennis Linn. Blüthen und ganze Aehren von Orchis Morio Linn., Blumenblätter der gelben Narziſſe (Nare. Pseudonareissus Linn.), grüne Grashalme u. ſ. w. Meine Schweſter beobachtete, wie ein Staar ſo lange an einer niedergeknickten, an einem Hügel ſtehenden gelben Narziſſe zog und hackte, bis der Stengel am Erd— boden abriß. Der Vogel fiel auf den Rücken, nahm die große Blume dann in den Schnabel und trug ſie ſeinem, über ihm vor dem Neſte ſitzenden Weibchen zu, welches dieſe Liebesgabe mit Mühe in den Kaſten zog. Hier reizte den Vogel doch offenbar nur die ſchöne Farbe, denn daß der praktiſche und kluge Staar in der großen, ſteifen Blume nur ein Niſtmaterial geſehen, dieſes unpaſſendſte Material den maſſenweiſe umherliegenden Stroh⸗ halmen und Federn vorgezogen haben ſollte, iſt undenkbar! | Aber auch noch einen anderweiten Beweis vom Schönheitsſinn des Staares kann ich bringen. — Ich beſitze einen eiförmigen, glänzenden, glasartigen, hellblauen P. Weßner, Phänologiſcher Bericht über 1889 und 1890. 77 Stein, welcher die Größe eines Zaunkönigeies hat und anſcheinend vulkaniſchen Urſprungs iſt. — Mit dieſem Steine ſpielte im Frühjahr 1874 ein Staar auf einem Grasplatze, nahm ihn, als ich mich zu ſehr näherte, in den Schnabel und ließ ihn dann, fortfliegend, auf ein Miſtbeetfenſter fallen. Soviel über den hochausgeprägten Schönheitsſinn unſeres Staares. — Zum Schluß noch eine ſehr ſonderbare Beobachtung. Faſt ſämmtliche Staare des Parkes reißen ſeit Jahren mit größtem Eifer große Fetzen von den rieſigen Blättern des Heracleum giganteum ab, um ſelbe beim Neſtbau zu verwenden. Ueberall, wo hier dieſe Pflanze ſteht, wird ſie zu unſer Aller Verwunderung von ab- und zufliegenden Staaren zerfetzt, niemals der daneben ſtehende Rhabarber oder andere großblätterige Pflanzen. Was mag der Grund hierzu ſein? — Weil die Blätter ſchon von Natur lappig und zerſchliſſen ſind? — Genanntes Heracleum hat einen ſehr übelriechenden Saft, welcher mich, der ich beim Seciren und Präpariren genügend an unangenehme ekelhafte Gerüche gewöhnt bin, zum ſofortigen Erbrechen reizt. Phänologiſcher Bericht über 1889 und 1890. Von P. Weßner. Mein letzter Bericht hatte mit dem Jahre 1888 abgeſchloſſen; ich laſſe nun— mehr die Beobachtungen des letztvergangenen und des laufenden Jahres ſich an— ſchließen, und gebe dieſelben in chronologiſcher Reihenfolge, während zur beſſeren Ueber— ſicht eine nach Arten geordnete Tabelle der Frühjahrszüge am Schluſſe Platz finden ſoll. Am 2. Januar 1889 zog bei trübem Himmel und ſcharfem Nordoſt eine Schaar von Schneegänſen (Anser segetum) etwa 30—40 Stück, von Norden nach Süden über der Saale hin. Vom 13. Januar bis zum 28. Februar beſuchte ein Grünſpecht in Geſellſchaft eines Baumläufers faſt täglich unſer Haus und kletterte an den Wänden herum; nur bei warmer, ſonniger Witterung blieben beide aus. Zeiſige und Stieglitze zogen in zahlreichen Schaaren auf den Erlen der Saalaue herum. Am 1. Februar fand Herr Sellier einen von einem Raubwürger (Lanius exeu- bitor) aufgeſpießten Baumläufer; der Räuber fand bald darauf ſeine ver— diente Strafe. Am 2. Februar kamen bei ziemlichem Sturm die erſten Staare an; ein früheres Eintreffen einzelner Exemplare iſt nicht genügend verbürgt. Am 13. Februar ſah ich auf einem mit Schiefer gedeckten Gartenhäuschen drei Rebhühner ſitzen und ſich ſonnen; bei meiner Annäherung ſtrichen zwei nach den Wieſen, eins über das Gutsgebäude nach den Feldern ab. 78 P. Wehner, Nach ſtrenger Kälte am 13. und 14. Februar trat am 15. Thauwetter ein; ich beobachtete eine Schaar von ungefähr 25 Feldlerchen (Alauda arvensis) in nord⸗ſüdlicher Richtung auf dem Durchzuge. Am 20. wurde der erſte Amſelgeſang, am 22. der erſte Finkenſchlag vernommen. Gegen Ende des Monats trat nach ſtarkem Schneefall heftige Kälte ein; das Thermometer ſank am 4. März auf — 180 C. Am 27. bemerkte ich auf einer Birke an der Kaſernenſtraße ein Girlizweibchen, welches wahrſcheinlich überwintert hat, da der Girlitz erſt im April bei uns eintrifft. Am 26. wurden Feldlerchen bei Burgau geſehen; ein Exemplar erſchien am 5. März auf dem Futterplatz, welcher von Buchfinken, Grünlingen, Goldammern und vor allen Dingen von zahlreichen Bergfinken (Fr. montifringilla) beſucht wurde, die ſich in den Gärten der Vorſtadt herumtrieben. Am 4. März fanden, wie ich ſchon früher mittheilte, zwei Gymnaſiaſten einen im Eiſe eingefrorenen Zwergtaucher (Podiceps minor). Trotz der Kälte, die bis zum 6. März anhielt, ſangen Ammer, Amſel, Zeiſig, Fink und andere recht fleißig; die Finken ließen aber noch nicht den vollen Schlag hören. Am 6. wurden an der Weimariſchen Chauſſee Dompfaffen (Pyrrhula europaea) beobachtet. Am 9. März, an demſelben Tage, wie 1888, kamen bei Südweſt die weißen Bach⸗ ſtelzen und Staare an. Letztere begannen ſogleich zu ſingen; desgl. die Ge— birgsſtelzen (Mot. sulfurea), ſowie die Feld- und Haubenlerchen. 14. März brachte einen kleinen Nachwinter mit Schneegeſtöber und Kälte (bis — 70 0), der aber nur bis zum 18. anhielt; die angekommenen Zug⸗ vögel haben ſich, ſo gut es ging, durchgeſchlagen ohne beſondere Verluſte; einen vor Hunger und Kälte umgekommenen Baumläufer fand mein Bruder am 14. im Garten. Am 23. März traf bei Südwind die Waldſchnepfe (Seolopax rusticola) ein; am 25. wurde die erſte im ſtädtiſchen Forſte erlegt. Am 29. März ſah ich den ſchon oben erwähnten Girlitz wieder; diesmal an der Weim.-Geraer Bahnhofſtraße; an demſelben Tage kamen die Hausrotſchwänz⸗ chen bei Südwind an. Der 6. April brachte den Weidenlaubvogel, (Ph. rufa) und den Girlitz. Am 9. zeigten ſich hier bei Oſtwind 3 Schwalben (H. rustiea) über der Saale; ſchon am vorhergehenden Tage ſollen mehrere zwiſchen Dornburg und Cam— burg geſehen worden ſein; am 11. zog eine einzelne in neee Richtung dem Fluſſe nach. Ein Amſelpärchen hat im Fabrikhofe in einem Reiſighaufen unmittelbar neben Der — — Phänologiſcher Bericht über 1889 und 1890. 79 dem Platze, wo faſt täglich mehrere Kohlentransporte abgeladen werden, ſein Neſt gebaut; am 19. April brütete das Weibchen auf 2 Eiern, am 12. Mai flogen die Jungen aus, fielen aber bald einer Katze zum Opfer. Am 22. April kamen Plattmönch und Wendehals an. Am 23. wurde ein Elſterneſt mit 4 Eiern, a auf einer hohen Erle ſtand, ausgenommen. Am 25. wurde der erſte Kuckuksruf gehört und die erſte Mehlſchwalbe (H. urbiea) beobachtet. Am 30. April ſang die Gartengrasmücke (S. hortensis), am 1. Mai traf der Mauer⸗ ſegler (Cypselus apus) ein. Im Garten des Garniſonlazarethes baute am 2. Mai ein Finkenpärchen am nahezu vollendeten Neſte. Am 21. Mai kam der Wachtelkönig (Crex pratensis) an; er ſchien im vergangenen Jahre recht häufig zu ſein. Die Wachtel hörte ich am 27. zum erſten Male auf dem Landgrafenberge. Amſel, Staar und Buchfink fütterten um dieſe Zeit faſt allgemein ihre Jungen. Am 9. Juni machte ich einen kleinen Urlaubsausflug nach Zeitz; dortſelbſt zeigte mir Herr Anſtaltsdirektor Merzer eine junge Zaungrasmücke, welche aus dem Neſte gefallen war und nun im Käfig von einem Rothkehlchen gefüttert wurde. Nachdem ich auf der Rückreiſe Herrn Hofrat Liebe-Gera beſucht hatte, der mich mit liebenswürdiger Gaſtfreundſchaft aufnahm, fuhr ich nach der Papiermühle von Roda, einem idylliſch gelegenen Plätzchen im ſchönen Zeitzgrunde, wo ich ein Paar Tage verblieb, und die Zeit unter anderem auch zu ornithologiſchen Excurſionen verwandte. Ich beobachtete zahlreich die Gebirgsſtelze, deren erſte Brut ſich luſtig umhertrieb, während die Alten bereits Anſtalten trafen für eine zweite Brut; ferner bemerkte ich den Waſſerſtaar (Cinelus aquaticus), welcher in der verlaſſenen Untermühle brütet, und den Eisvogel (Alcedo ispida), der, wie mir der Müller berichtete, wegen ſeiner Schädlichkeit fleißig abgeſchoſſen wird und darum nur verein- zelt vorkommt. In der erwähnten Untermühle hatte außerdem auf dem Boden ein Steinkauzpärchen (A. noetua) ſein Quartier aufgeſchlagen und mehrere Junge gezeitigt. In dem benachbarten Kloſterlausnitzer Forſt halten ſich Auer- und Birkhühner (Tetrao urogallus und tetrix) auf, während es nach Roda zu viele Faſanen giebt. Während des Manövers hatte ich keine Gelegenheit zu Beobachtungen; nur einmal, als das Regiment bei Hildburghauſen in der Parade ſtand, flog eine Schaar Vögel in ſüdlicher Richtung über das Werrathal; der Stimme nach waren 80 | | P. Weßner, es Kiebitze geweſen, doch konnte ich mich nicht mit den Augen davon über⸗ zeugen, da ſoeben der Oberſt „Stillgeſtanden“ kommandirt hatte. Am 11. October ſah ich die letzten Rothkehlchen im Gebüſch an der Saale; um dieſelbe Zeit wurden hier Schneegänſe und Kranichflüge mit ſüdlicher Zug⸗ richtung beobachtet; auch ein einzelner Tannenheher (N. caryoeatactes) zeigte ſich bei dem Dorfe Coppanz. An der Saale wurde ein Wespenbuſſard (Pernis apivorus) geſchoſſen, während Herr v. Wurmb-Porſtendorf daſelbſt 4 junge Heringsmöven (Larus fuscus) erlegte, von denen eine in meinen Beſitz überging. Gelegentlich eines Ausfluges nach der Saline Louiſenhall bei Erfurt fiel mir das dort häufige Auftreten der Nebelkrähe (C. cornix) auf, die ſich in Jena nur während des Winters einzeln zeigt. Die Bohrthürme der Saline beherbergen mehrere Schleiereulen (Str. flammea). Am 30. November beobachtete ich bei kalter Witterung und Nordoſtwind mehrere Schaaren Schneegänſe nördlich, dann eine Schaar ſüdlich ziehend. Am 3. Dezember kam ich bei einem Patrouillengange an einen offenen Getreide- ſchuppen bei Drakendorf, wo ſich Faſanen, Rebhühner, Krähen, Sperlinge, Ammern, Finken u. ſ. w. in Menge herumtrieben. Am 8. December — wir hatten — 7% bei gelindem Schneefall; die Saale war zugefroren — ſah ich unterhalb des Saalwehres zwei kleine Taucher (Podieeps minor), welche ſich bis zum 6. März des folgenden Jahres dort aufhielten. Der Januar 1890 begann mild, ohne Schnee, mit ſonnig heiteren Tagen; vor der Stadt zeigten ſich einzelne Nebel- und Saatkrähen; in den Vorgärten herrſchte reges Leben; gegen Ende des Monats trat plötzlich Kälte (früh — 8 bis — 130 C) und Schnee ein; es wehte trockener, rauher Nord-, zuweilen Nordoſtwind, und des Morgens erfüllten dichte Nebel das Thal. Das luſtige Vogelleben in den Gärten war verſchwunden, einzeln und ſtill gingen die Vögel ihrer Nahrung nach; nur der Eisvogel flog mit ſchrilleni Pfeifen am Fluſſe auf und ab, und am Leutrabache ſang der Waſſerſtaar; ſonſt war es ruhig. Am 14. Februar wurde es wieder wärmer, der Himmel heiterte ſich auf, und gleichzeitig ließ ſich der erſte Staar ſehen und hören. Am 15. ſah ich an der kahlaiſchen Straße neben dem Bahnkörper einen Buſſard auf einem Baumſtumpf, unbekümmert um die Krähen, die ihn umſchwärmten, wie um die Spaziergänger, welche ihn neugierig betrachteten. Am 17. hörte ich den erſten Amſelgeſang; am 18. den erſten Goldammer und am 22. die erſte Feldlerche, welcher ſich am 24. der erſte Buchfink anſchloß. Phänologiſcher Bericht über 1889 und 1890. 81 Da trat am 26. abermals ein Umſchlag ein; bei Nordwind fiel reichlicher Schnee und die Kälte erreichte 13“ nnter Null; die Vögel beſuchten zahlreich die Futterplätze, wo ich unter anderen Gäſten auch einen Bergfinken bemerkte Doch dieſer Nachwinter dauerte nicht lange; bereits am 6. März trat Thau- wetter ein, und alsbald ertönte auch wieder fröhlicher Vogelgeſang. Am 13. März traf die Bachſtelze, am 17. das Hausrothſchwänzchen ein. Am 4. April ließ ſich der erſte Weidenlaubvogel hören, am 14. der Fitis und das Gartenrothſchwänzchen; zugleich bemerkte ich die erſten Girlitze. Ein fertiges Buchfinkenneſt fand ich an demſelben Tage auf einem Zwetſchenbaume in Wöllnitz; im Sumpf in der Oberau fand ich das dort alljährlich brütende Stockentenpaar wieder vor, während an der Haſenmühle mir die erſten Schwalben begegneten. Am 16. April traf der Plattmönch ein, am 17. wieder mehrere Rauchſchwalben. Der Wendehals kam am 20., die Mehlſchwalbe am 22.; die Gartengrasmücke ließ am 28. zum erſten Male ihren ſchönen Geſang vernehmen. Am Tage darauf erſchienen mit dem erſten Kuckuksruf die Mauerſegler. Bei einem Beſuch in Halle zu Anfang des Mai hatte ich Gelegenheit, den herr— lichen Nachtigallengeſang bei Giebichenſtein zu bewundern; auch viele Pirole hörte ich dort an der Saale. Am 25. Juli fand ich im Weidendickicht am Saalufer in einem Brennneſſelgebüſch, etwa ½ m über der Erde, ein Neſt des Teichrohrſängers (A. arundinaceus) mit drei Jungen und einem unbefruchteten Ei. Die Alten zeigten mir durch ihr ängſtliches Rufen die Nähe des Neſtes an; doch bedurfte es langen, emſigen Suchens, bis ich das ſehr geſchickt verborgene Neſt entdeckte, da ich es nicht ſo niedrig in den Brennneſſeln vermutet hatte. Tabelle des Frühjahrszuges. Datum, wann zuerſt bemerkt. Art. | 1889. 1890. 1. Sturnus vulgaris, Staar . . 2. Febr., 9. März 8. u. 25. Febr., 1. März ans pilaris, Z eimer — 14. Febr. 3. Alauda arvensis, Feldlerchhe .. 15. Febr. 22. Febr. 4. Motacilla alba, Bachſtelze 9. März 13. März 5. Dandalus rubecula, Rothkehlchen . — 10. März 6. Rutieilla tithys, Hausrothſchwanz . 29. März 17. März 7. Seolopax rusticola, Waldſchnepfe . 23. März 23. März 8. Phyllopneuste rufa, Weidenlaubvogel 6. April 4. April 9. Rutieilla phoenicura, Gartenrothſchwanz — 14. April 10. Phyllopneuste trochilus, Fitis — 14. April N 82 L. Buxbaum, Der Zug der Vögel im Herbſt 1890. 1889. 1890. 11. Serinus hortulanus, Girlitz .. 6. April 14. April 12. Hirundo rustiea, Rauchſchwalbe .. 9. April 1.—17. April 13. Sylvia atrieapilla, Plattmönch .. 21. April 16. April 14. Cueulus eanorus, Kuckuk. 25. April 29. April 15. Hirundo urbica, Mehlſchwalbe. 25. April 22. April 16. Jynx torquilla, Wendehals .. 30. April 28. April 17. Silvia hortensis, Gartengrasmücke . 30. April 28. April 18. Cypselus apus, Mauerſegler .. 1. Mai 29. April 19. Crex pratensis, Wachtelkönig .. 21. Mai — 20. Coturnix dactylisonans, Wachtel .. 27. Mai — Jena, im Auguſt 1890. Ornithologiſche Beobachtungen. Der Zug der vögel im Herbfte 1890. Von L. Buxbaum. Den diesmaligen Herbſtzug eröffneten die Staare, von denen ein großer Flug am 1. Auguſt aus dem Odenwalde hierher kam, Feld und Wieſen durchſtrich und im Röhricht am Mainufer ſein Nachtquartier nahm. Gewöhnlich halten ſie ſich in der hieſigen Gegend bis zum Spätherbſt auf, durchſuchen die Obſtanlagen und finden auch die erſten reifen Zwetſchen, die fie anhacken und in kurzer Zeit oft ganze Baum— ſtücke leeren; dann wenden ſie ſich in die Gärten und Weinberge, nach reifen Trauben ſuchend, wodurch ſie oft ganz bedeutenden Schaden anrichten, beſonders wenn die Schaar, wie in dieſem Jahre, nach Tauſenden zählt. Am 24. Auguſt gingen die Störche ab nach ihren Sammelplätzen, Wieſenflächen bei Erzhauſen und Biblis. Der erſte Zug Schwalben, Rauchſchwalben und Hausſchwalben, ſammelte ſich am 1. Sep⸗ tember und ging am 4. September ab. Vorher hatten ſie ſich auf die Telegraphen- drähte, die an meiner Wohnung vorbeigehen, dicht zuſammengedrängt niedergelaſſen, jo daß ſich die Drähte bogen und es ausſah wie eine rieſige Perlenſchnur von un- gefähr 300 m Länge. Der zweite Zug folgte am 22. September und ein dritter am 17. October. Die drei Züge waren ſehr ſtark. Am 4. October kam eine große An⸗ zahl Bachſtelzen auf der Wanderung hier an, hielt zwei Tage Raſt und zog dann weiter. Am 10. October vereinigten ſich mehrere Milane zum Wegzuge. Der erſte Zug Kraniche, 36 Stück zählend, ging am 8. October abends 6 Uhr nach 8. Der zweite Zug folgte am 11. October, nachmittags 4 Uhr, und zählte 80 Stück. Am 21. October folgte der dritte Zug, 40 Stück nach S. W. Am 25. October kamen zwei Züge, um 11 Uhr vormittags 124 Stück nach S. W. Am 26. October nach⸗ Kleinere Mittheilungen. 83 mittags 2 Uhr kamen 38 Stück, nach 8. Der letzte Zug zählte 50 Stück und kam am 6. December, nachmittags 2 Uhr, hier vorüber bei N. O. Wind nach S. W. ziehend. Am 28. October kamen die Waldſchnepfen auf ihrem Zuge hier an. Die Wildgänſe gingen am 27. November nach S., doch war der Zug derſelben in dieſem Jahre ſchwach. Am 2. December kam eine große Schaar Buchfinken auf dem Zuge hier an und ging nach drei Tagen weiter. Der Main iſt jetzt von Enten belebt, wie ich dies noch ſelten geſehen habe und werden von den Jägern viele erlegt. Das Treibeis hindert ſie gar nicht beim Schwimmen und Untertauchen, ſie treiben dies rüſtig weiter. Raunheim, 21. December 1890. Kleinere Mittheilungen. Winterliche Erſcheinungen aus der Vogelwelt bei Zeitz. „Was lange währt, wird gut“ ſagt das Sprüchwort. Ja, lange ließ er auf ſich warten, der ge— ſtrenge Herr; viele unſerer gefiederten Freunde wollten bei dem herrlichen, milden Herbſt an ſein Kommen gar nicht glauben und blieben diesmal lange „über die Polizeiſtunde“ bei uns. Aber aufgeſchoben iſt nicht aufgehoben; plötzlich war er da mit feiner ganzen Strenge und Härte, der diesjährige Winter, der den armen Zug- vögeln, die hier geblieben ſind, weil ſie entweder zu vertrauensſelig waren und lauter gute Tage hofften, oder ſo kühn, auch den härteſten Tagen zu trotzen, gar bittere Noth bereitet. Viele werden ihr Hierbleiben ſchon mit dem Tode gebüßt haben; denn ich vermiſſe ſchon ſeit einiger Zeit einige tägliche Gäſte unſeres Gartens, in welchem wir mehrere, von Meiſen, Finken, Grünlingen, Amſeln, Sperlingen regel— mäßig, von anderen hungrigen Durchzüglern unregelmäßig beſuchte Futterplätze an⸗ gelegt haben. Die Vermißten find: große gelbe Bachſtelze und Rothkehlchenz letzteres ſchnickerte noch kürzlich ganz munter im Gebüſch, erſtere kauerte jedoch ſchon vor Weihnachten recht trübſelig auf einem Steine am Ufer des ſeit langer Zeit zum erſten Male großentheils zugefrorenen Mühlgrabens. Hat Kälte oder Hunger ſie zu Grunde gerichtet, oder ſind ſie vielleicht dem im Garten oft urplötzlich auftauchenden frechen Räuber, dem Sperber, zum Opfer gefallen? Wer kann es wiſſen! Sorgen wir um ſo eifriger für die Ueberlebenden! Es iſt eine wahre Freude, dem munteren Treiben am Futterplatz zuzuſehen. Die geladenen Gäſte, vor allem die gewandten Meiſen, kennen ihren Wirth und laſſen ſich aus großer Nähe beim Schmauſe — es giebt immer mehrere Gänge: Hanf, Nüſſe, Fleiſchabfälle, Speckſtückchen, Sonnenblumen— kerne und manchmal noch Deſſert in Form von Mehlwürmern oder dergleichen mehr — und die ungeladenen Gäſte, vor allem die unverbeſſerlich frechen und zudringlichen Spatzen, kennen ihn auch, und mancher von ihnen verfiel ſchon dem ſtrafenden Blei, weil er ſich nicht mit dem, was ihm von rechtswegen vor der Scheune, vor den 84 Kleinere Mittheilungen. Ställen, am Hühnerfutterplatz, vor dem Taubenhaus, vor dem Getreideboden und auf dem Dünger zukam, zufriedengeben wollte, ſondern anderen das für fie allein be⸗ ſtimmte rauben wollte. Nein, Ordnung muß ſein, und der Vogelwirth muß ſtreng auf Durchführung des Grundſatzes achten: „Jedem das Seine!“ Goldammern und Haubenlerchen finden auf dem Hofe, über welchen oft Getreide transportirt wird, genügende Nahrung; doch helfen wir öfters noch nach, damit keiner Mangel leide. Auch hier nehmen ſich des für jene beſtimmten Futters nur zu leicht und gern die Spatzen an, die ſchäbigen Eindringlinge unter den Vögeln, nach dem Grundſatze: „Ich will Dein Beſtes.“ Ein wohl noch nicht dageweſenes „Tiſchleindeckdich“ ſteht dieſen Winter über den Amſeln zur Verfügung, und reichlich machen ſie davon Gebrauch. Zwar haben ſie nie hier Noth zu leiden; viele Sträuche im Garten tragen Beeren (Weißdorn, Schneebeeren, ja ſelbſt Spargelbeeren werden nicht verſchmäht), und am Futterplatze iſt ihnen alles recht, aber wie Gelegenheit Diebe macht, ſo macht ſie auch Feinſchmecker. An unſerer Wohnung ſteht neben anderen ein Weinſtock, deſſen ſtrotzend reich be— beerte Trauben leider nie ganz reif werden; wir ließen ſie im vergangenen ſchönen Herbſt immer noch hängen, ſtets hoffend, daß die Strahlen der herbſtlichen Sonne ſchließlich doch noch die erwünſchte Reife zeitigen würden. Es fehlte auch nicht mehr viel daran — da trat plötzlich Kälte und Froſt ein und die faſt reifen Beeren — ſie hängen zum größten Theil noch jetzt oben! — wurden in glasähnliche feſte Kugeln verwandelt. Die Blätter waren zum größten Theile ſchon abgefallen und weithin leuchteten nun von den faſt nackten Reben herab die röthlich ſchimmernden Trauben. Das konnte auch dem ſcharfen Vogelauge nicht entgehen. Zwar war früher niemals eine Amſel auf den Baum vor unſerer Thür gekommen, unter welchem täglich Hunderte von Menſchen weggehen; jetzt auf einmal waren ſie da, ſchienen die zahl— reichen und oft neugierig nach oben ſchauenden Paſſanten meiſt jugendlichen Alters gar nicht zu beachten und, „gereizt durch die ſchöne Geſtalt“, flogen ſie bald auch an die Hausmauer in den Weinſtock und ließen und laſſen es ſich, zwiſchen Fenſtern und aus nächſter Nähe beobachtet, trefflich ſchmecken. In vino veritas. Bequemer und beſſer kann man es ſich doch als Amſel kaum wünſchen! Die dichten Fichten im Garten, die tagsüber öfter von Goldhähnchen, ſeltener von Tannenmeiſen und jetzt auch manchmal von flüchtig hindurcheilenden Schwanzmeiſen beſucht werden und in denen der ſtets fidele, kecke Zaunkönig trotz aller Kälte ſein nettes Liedchen laut erſchallen läßt, bieten der ganzen gefiederten Geſellſchaft ziemlich ge- ſchütztes Nachtquartier. Die Meiſen freilich und der Kleiber, der auch beinahe täg- lich erſcheint, mögen öfter in den zahlreich angebrachten Niſtkäſten logiren. — Habe ich bisher von ganz gewöhnlichen Erſcheinungen geplaudert, die jedoch dem echten Vogelfreunde nie zu gewöhnlich werden, ſo muß ich ſchließlich auch noch einige ſeltenere erwähnen. Zwar gehört der kleine Steißfuß (Podieeps minor), der ſich, wie all- Kleinere Mittheilungen. 85 jährlich, jetzt in mehreren Exemplaren auf den eisfreien Stellen der Elſter tummelt, noch nicht dazu, aber er zeigt mir den richtigen Weg; denn in der Nähe des Waſſers hat der Ornithologe immer das meiſte zu hoffen, und an unſerer weißen Elſter mit ihren theils ſteilen und buſchig bewachſenen, theils flachen, mit Kies, Sand oder niedrigem Raſen bedeckten Ufern ſind ſchon ſo manche ornithologiſche Seltenheiten beobachtet worden. Der ſchon öfter von mir erwähnte Herr Fr. Wagner hier, ein eifriger Nimrod mit offenem Blick für alles, was ſich draußen regt, erlegte in dieſem Winter, wie ſchon früher einmal, einen Seetaucher, den er, da er einen noch nicht firm dreſſirten Hund mit ſich führte, trotz ſtundenlangen Nachgehens leider nicht aus der Elſter herausbekommen konnte. Nach feiner Beſchreibung muß es Colymbus grlacialis (alt) geweſen ſein; der früher erlegte, der ſich jetzt in meiner Sammlung befindet, iſt Col. arcticus im Jugendkleid. Vor einigen Wochen erlegte Herr Wagner ferner einen ſchönen großen Säger (Mergus merganser), der hier wohl noch nie nachgewieſen iſt, mehrere Rauchfußbuſſarde und einen Fiſchreiher. Nordiſche Gäſte, wie Zeiſige, Bergfinken, Seidenſchwänze ꝛc. fehlten bis jetzt in dieſem doch ſo ſtrengen Winter; wohl aber ſah Herr Wagner, wie er mir kürzlich mündlich mit— theilte, wie ſchon früher einige Male die ſonſt hier gänzlich fehlende Waſſeramſel (Cinelus aquaticus). Von überwinternden Zugvögeln wären noch zu nennen: Turd. musieus, Fulica atra, Gallinula chloropus. — Den vorſtehenden Zeilen habe ich jetzt — beim Leſen des Correcturbogens — noch einige hinzuzufügen; bald nachdem jene niedergeſchrieben und abgeſandt waren, trafen Mitte Januar die erwarteten Berg⸗ finken und Zeiſige, erſtere jedoch nur in ſehr geringer Anzahl, ein. Einige Tage ſpäter wurde bei dem Dorfe Weidau b. Zeitz eine für unſere Gegend höchſt ſeltene Jagdtrophäe in Geſtalt einer ſehr großen alten männlichen Großtrappe (Otis tarda) erbeutet. Von den hier mehrfach überwinternden Thurmfalken erhielt ich für meine Sammlung ein im Januar erlegtes, ſehr wohlbeleibtes altes Männchen, welches im Kropf und Magen nur Reſte von mehreren Mäuſen, nicht auch von Vögeln zeigte. Die erſten, vielleicht allzukühnen Frühlingsboten endlich ſah mein Vater hier am 7. Februar: zwei Staare! Leider machen die noch keinen Frühling. Zeitz, den 5. Januar 1891. Fr. Lindner. Von einem Schmerzgeſchrei des Habichts oder Sperbers wird, ſo viel mir bekannt, nirgends Erwähnung gethan, und mag ein ſolches auch nur ſelten ſtattfinden, denn ich vernahm es von beiden genannten und oft von mir erlegten Räubern nur je einmal. — Ein Astur palumbarius Bechst., dem ich mit einer Kugel das Becken zertrümmerte, ſchrie, ſich am Boden wälzend, fortwährend „Kirr- kirr-kirr, — kirrkirr-kirr!“ — Ein leichtverwundeter Sperber ſchrie, als ich ihn alte Exemplare. Staats von Wacquant-Geozelles. 86 Kleinere Mittheilungen. Ein ſtarrer Fliegenfänger. Zur Hypnoſefrage. — [Aus einem Briefe von Herrn Forſtmeiſter J. Hörbye an K. Th. Liebe.] In dem Fichten- und Kiefern⸗Wäldchen bei meiner Villa habe ich alle Jahre Brutkäſtchen für Vögel; im Sommer 1887 ließ ich diejenigen Käſten von den Bäumen herunternehmen, welche meiner Meinung nach gar nicht von Vögeln beſetzt waren. Aber was geſchieht! Bei dem Herunternehmen eines Käſtchens fand man nicht nur Eier, ſondern auch einen Fliegenfänger (Museieapa atrieap.) darin! Der Vogel war ganz kalt und jteif wie ein Stock und wurde auf den Gartenboden hingelegt, während die Eier vorſichtig herausgenommen wurden. Einige anweſende Damen, die den Vogel be⸗ trachteten, behaupteten an ihm zuckende Bewegungen geſehen zu haben; der Kaſten mit Vogel und Eiern wurde deshalb gleich wieder auf dem Baum feſtgebunden, genau auf derſelben Stelle wie vorher. Nach einer halben Stunde ſahen wir, daß Männchen und Weibchen emſig hinein- und herausflogen, und Alles ſchien wieder in beſter Ordnung zu ſein. Die Eier wurden bebrütet und die Jungen aufgezogen, ganz ſo, als ob nichts vorgefallen wäre. Wie bekannt haben mehrere jagdbare Vögel die Gewohnheit, ſich flügellahm oder krank zu ſtellen, um die Aufmerkſamkeit des Jägers von dem Neſt und den Jungen abzulenken. Nun glaubte ich, daß auch hier ein ähnlicher Fall vorliege und daß der Tod des Vogels nur ſcheinbar, ver— ſtellt oder erheuchelt wäre. Mein Freund, Prof. Döbner in Aſchaffenburg, dem ich dieſe Geſchichte mitgetheilt hatte, war jedoch mit meiner Annahme nicht ganz einverſtanden. Er ſchrieb mir nämlich wie folgt: „Sehr intereſſant war mir auch Ihre Mittheilung von Museicapa atricap.; es ſcheint mir aber die merkwürdige Erſcheinung nicht ein Willensakt des Thieres geweſen zu ſein, ſondern mehr ein Anfall von Hypnoſe in Folge des Schreckens, wofür auch die Erſtarrung und die Kälte zu ſprechen ſcheint.“ — Der hieſige Profeſſor Collett war auch geneigt, der Meinung des Profeſſor Döbner beizupflichten. Chriſtiania in Norwegen. J. Hörbye. Ein rührendes Beiſpiel treuer Thierfreundſchaft bieten eine Bachſtelze (die⸗ ſelbe, von welcher ich S. 516 v. Jahrg. über Farbenmetamorphoſe berichtet habe) und zwei den gleichen Flugbauer bewohnende Schwanzmeiſen, von denen die ältere ſich bereits länger als zwei Jahre in meiner Pflege befindet. Immer, auch wenn ihnen nachmittags freier Flug im Zimmer geſtattet iſt, ſind ſie bei einander, oder doch nicht weit voneinander. Rückt der Abend heran, ſo rüſten ſie ſich zum gemeinſchaftlichen Schlafen. Die Stelze ſitzt aufgerichtet zu höchſt im Gebauer auf der Schaukel; die Schwanzmeiſen nehmen die Plätze links und rechts von ihr ein, kriechen ihr förmlich unter den Bauch und ſchmiegen ſich ſo dicht an ſie, daß ſie, wenn ſie auch wollte, nicht auf zwei Beinen ſtehen könnte. Wie die Küchlein unter den Flügeln der Henne, ſo bergen ſich die Meiſen unter der Bachſtelze. Das Ganze ſieht aus wie Notizen für die Vereinsmitglieder. — Litterariſches. 87 ein einziger Federball, aus dem nach vorn gravitätiſch der Kopf der Stelze, nach hinten aber drei lange Schwänze ragen. — Neulich verwehrte ich am Abend, nach— dem die Meiſen ſchon im Bauer waren, der Stelze den Eintritt in denſelben. Es wurde dunkel; die Meiſen flogen — fortwährend ein halblautes jr jr jr hören laſſend — unruhig im Käfig herum, kletterten ſuchend am Gitter, an den im Bauer gebrachten Föhrenzweigen umher, kurz, konnten ſich durchaus nicht beruhigen. Es war ſchon faſt finſter, als ich die Stelze in den Käfig ſetzte. Sie ſchwang ſich auf ihren gewohnten Platz und in einigen Sekunden waren die Meiſen beruhigt an ihrer Seite. Dieſe Freundſchaft iſt um ſo bemerkenswerther, als Bachſtelzen, nach Brehm, „anderen Vögeln gegenüber wenig Zuneigung, ſogar entſchiedene Feindſeligkeit“ zeigen. München. Jul. Moesmang. Eine Elſter rüttelt. Am 19. December vor. Is. nachmittags hatte ich einen Feldſpatz (P. montanus), deſſen Färbung mir auffiel, dicht hinter unſerem Gehöft angeſchoſſen, der Vogel fiel in den Schnee, ging mir aber momentan verloren. Am Abend ſehe ich mit Verwunderung eine Elſter (Picea caud.) über der Stelle, wo das Thier etwa verendet liegen mußte, ſchweben und „rütteln“. Der lange Schwanz hing ausgebreitet faſt ſenkrecht nach unten, mit den Flügeln wurden in raſcheſter Folge Schläge ausgeführt, ein wirklich urkomiſcher Anblick! Die „Schalaſter“ ließ ſich ein wenig herab und wiederholte das nämliche Schauſpiel, dann ſchoß ſie pfeil— ſchnell nach der Beute, wurde aber durch mich rechtzeitig verjagt. N Schlaupitz. K. Knauthe. Notizen für die Vereinsmitglieder. Auch einen Beweis für den Nutzen, den die Ornith. Monatsſchrift im In⸗ und Auslande bringt, liefert die letzte Nummer von „Chasse et Péche“ (1891. J. Février. 9e année, Nr 11), welche eine ihrem Quart-Format angepaßte Ver— größerung des Mützel'ſchen Großtrappen⸗Buntbildes (Ornith. Monatsſchr. 1889. XIV. Zu S. 412) liefert. Litterariſches. Archiv für Naturgeſchichte, 56. Jahrg., I. Bd., Heft 3. Das 102 Seiten Text und 4 Tafeln Abbildungen enthaltende Heft bringt auch zwei ornithologiſch-intereſſante Arbeiten. Die erſte iſt vom Göttinger Helminthologen Dr. von Linſtow; er betitelt ſie: „Beitrag zur Kenntniß der Vogeltänien nebſt Bemerkungen über neue und bekannte Helminthen.“ Nach Aufzählung der bisher bekannten, in Vögeln ſchmarotzenden echten Tänien (T. microsoma Crepl., T. setigera Frölich = fasceata Rud., T. undulata Rud., T. depressa v. Sieb. und T. argentina Zschokke, ſowie der den Tänien naheſtehenden Idiogenes Otidis) giebt der Verfaſſer die auf Grund genaueſter microſkopiſcher Forſchung gefundene, höchſt intereſſante Ana- tomie eines von ihm im Jahre 1872 (in derſelben Zeitſchrift) zuerſt beſchriebenen 88 Litterariſches. — Anzeigen. Bandwurmes, der Taenia puncta, welche in der Raben- und Nebelkrähe mars Nach weiteren, den Ornithologen vielleicht weniger intereſſirenden helminthologiſchen Mittheilungen folgt dann die Beſchreibung einer neuen Art von Fadenwürmern, des Trichosoma spinulosum, welches im Blinddarm der Tafelente (Fuligula ferina) ge⸗ funden wurde. Es unterſcheidet ſich dieſe Species weſentlich von der ſchon früher er kannten, in zahlreichen Entenarten vorkommenden Trichosoma .brevieolle Rud. Weiteren Kreiſen des ornithologiſch intereſſirten Publikums bietet intereſſanten Stoff die Arbeit von Leo Zehntner-Bern: „Beiträge zur Entwickelung von Cypselus N melba. (Alpenſegler) nebſt biologiſchen und oſteologiſchen Details.“ Schon unſere Mauerſchwalbe oder Thurmſegler iſt der Typus unbändiger Freiheit und kühnen Un⸗ geſtüms. Das im engſten Sinne „Irdiſche“ läßt er weit unter ſich. In höherem Maße gilt dies von ſeinem größeren Verwandten, dem Alpenſegler. Zehntner giebt uns auf Grund ſeiner Beobachtungen genaue Auskunft über Ankunft, Neſtbau — dieſer erinnert zum Theil an den der Salanganen, denn das ganze Neſt wird mit einer durchſichtigen gummiartigen Speichelſchicht überzogen —, Brutgeſchäft, Nahrung und Abzug des bisher nur mangelhaft beobachteten Vogels. Das 2. Kapitel bringt das oſteologiſche Material, das 3. die Entwickelung der Leibesformen im Allgemeinen, das 4. und längſte Kapitel Entwickelung der Extremitäten im Beſonderen. In vergleichend anatomiſcher Hinſicht intereſſirt uns da vor allem, daß Zehntner bei Cyps. melba, wie andere (Parker, Morſe, Roſenberg u. a.) bei anderen Vögeln die Anlage des 4. Fingers (Metacarpale IV) auf einem frühen embryonalen Entwickelungsſtadium nachweiſt. Ich werde auf dieſen Punkt ſpäter ausführlicher zurückkommen, da ich die tranſitoriſche Exiſtenz dieſes Knochens bei anderen Vögeln gefunden habe, des ausreichenden Materials aber vorläufig noch entbehre. Dieſer Punkt iſt wichtig für den Stammbaum der Vögel. Nicht minder das von Zehntner für die hintere Extremität von Cyps. melba gefundene rudimentäre Metatarſale V, das jedoch nur am 5. und 6. Brüttage als einziges Knorpel— ſtück auftritt, welches ſehr bald der Atrophie anheimfällt. Für die Verwandtſchaft der Vögel mit den Reptilien ſind dieſe Funde ein weiterer Beweis und von Wichtigkeit. Der Arbeit Zehntners iſt entſchieden die Anerkennung der Gründlichkeit zu zollen. Fr. Lindner. Druckfehler-Berichtigung. Lieferung I, Seite 3, Zeile 4 v. u. muß es ſtatt 1820 heißen 1830. Auch bitten wir, die Nr. X auf der Tafel derſelben Lieferung in eine I umwandeln zu wollen. Anzeigen. Vreisausſchreiben. Der Vorſtand des Thierſchutzvereins in Gera hat zwei Preiſe im Betrage von 60 und 40 Mark für das Verlagsrecht der zwei beſten Arbeiten über die Frage: „Was iſt von Sa den Thierſchutzvereinen und den Behörden zum Schutze der Ketten- und Zughunde zu thun?“ ausgeſetzt. Je nach Umfang kommen entweder die zwei beſten oder nur die beſte der eingeſandten Arbeiten in einer möglichſt billigen Broſchüre zur Veröffentlichung und Verbreitung. Jede Arbeit iſt mit einem Motto zu verſehen, und die Adreſſe ſchließe der Herr Verfaſſer in ein Kouvert mit gleichem Motto ein. Einſendungen ſind bis zum 1. Juli d. J. an den Vorſitzenden Emil Fiſcher in Gera (Reuß) zu richten. Zu verkaufen: „Ceutſche Ornithologie“, Watnrgefchichte aller Vögel Deutſchlands in naturgetreuen Abbildungen und Beſchreibungen von Brockhauſen x. 21 Hefte, enthaltend zuſammen 128 illum. Kupfertafeln. Format 49:30 em., unge⸗ bunden. Angebote befördert Herr Rendant Rohmer in Zeit, Redaction: Hofrath Prof, Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. — „ Ornithologi NY N — G, ſche N: 0 * SAA % KA) \ 100 00 Zee R ä = S N J IIIISIANNENNNANESNINIISNINIEBBINNNNNININSSSNNSINIIINNNNS — — = = — 4 vv!!! Be eH 5 i —— IR N deutschen Vereins zum Schutze der Vogelwelt. begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von engen ee ee, - 1 2 , danten d. Ver. Meldeamts⸗ Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, a esche br erbeten und erhalten dafür die Monats⸗ Grift unentgeltlich u. poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ el a Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. ſoweit der Raum es geſtattet. XVI. Jahrgang. März 1891. Ar. 4. Inhalt: An die geehrten Vereinsmitglieder. Neu beigetretene Mitglieder. II. — Dr. Koe— pert: Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! I. G. Clodius: Einiges über Museicapa luetuosa. Curt Flöricke: Ein zweiter Ausflug in die Bartſchniederung. A. v. Homeyer: Wo lebt und brütet der Waldkauz (Strix [Syrnium] aluco L.)? L. Buxbaum: Eine räthſelhafte Erſcheinung beobachtet an einem Storchenpaar. Paul Leverkühn: Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß⸗) Revue, nebſt Original-Mittheilungen über die 1888-er Invaſion. — Kleinere Mittheilungen: Verflogener junger Auerhahn. Weitere Beiſpiele von der Frechheit des Sperbers. Botaurus stellaris im Winter. Der Storch als Bienenfreſſer. — Notizen für die Vereinsmitglieder. — Anzeigen. An die geehrten Vereinsmitglieder. Wir machen die in jüngerer Zeit eingetretenen Vereinsmitglieder darauf auf— merkſam, daß noch eine Anzahl von Exemplaren der großen Vogeltafel zu den be— kannten Bedingungen zur Verfügung ſtehen. Auch machen wir auf den Para— 1 90 } Dr. Koepert, graphen 4 unſerer Statuten aufmerkſam, nach welchem die Jahresbeiträge für das laufende Jahr in den beiden erſten Monaten, im Januar und Februar, einzuzahlen ſind. Der Vorſtand. Neu beigetretene Mitglieder. II. x 1. Behörden und Vereine: Der Ornithologiſche Verein für das nördliche Böhmen in Reichenberg i. B.; die Zoologiſche Station Bedr am Sinai bei El Tor (Aegypten). 2. Damen: Fräulein Louiſe Heine in Zeitz. Herren: H. Bardenwerper, Inſpektor in Groß-Weißandt bei Cöthen; Bode, Königl. Amtsrichter in Arolſen; Paul Ehrmann, Lehrer in Leipzig; C. Eiſen⸗ traut, Procuriſt in Wurzen; Graf Rainer von Geldern-Egmont in Bens⸗ heim (Heſſen); Max Glaſer, Aſſiſtent am Königl. Gymnaſium in Amberg in Baiern; Bruno Greim jun. in Langenſalza; Dr. W. Haacke, Director des Zool. Gartens in Frankfurt a. M.; Johannes Händel, cand. med. in Chemnitz; Paul Hieronymus, Ingenieur in Blankenburg a. H.; Richard Klinkhardt, Fabrikant in Wurzen; Koenemann, Hauptmann im Infanterie⸗ Regiment von Wittich in Arolſen; Franz Kretzſchmer, cand. med. in Dzialyn bei Gneſen in Poſen; J. Leſeur, Kaufmann in Hamburg; Graf Ernſt Moy, K. B. Kämmerer und Lieutenant a. s. der Armee in München; Heinrich Neid— hart, Apotheker in Fürth (Odenwald); Otto Overbeck in Detmold; Franz Ritter von Schaeck in Paris; Dr. Arthur Schönhuth, Forſtamtscandidat in Halle a. d. S.; Dr. med. Schütz, Privatdozent und Aſſiſtent an der pfychiatriſchen und Nervenklinik der Univerſität in Leipzig; Friedrich Adolf Simon, Königl. Förſter in Seeligſtadt bei Arnsdorf i. S.; J. Stapf, Apotheker in Ludwigsburg; G. Thienemann, Werkmeiſter in Magdeburg-Buckau; C. Werner, stud. med. in Marburg a. L. Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! Von Dr. Koepert. I. Unterm 20. September vor. Jahres ſandte der Vorſtand des Elſaß-Lothringiſchen Thierſchutz-Vereins, Herr Militair-Oberpfarrer Steinwerder, an den Vorſitzenden unſeres Vereins, Herrn Hofrath Prof. Dr. Liebe, mehrere Schriftſtücke, in denen der erſtgenannte Verein energiſch gegen eine vom Kaiſerlichen Miniſterium für Elſaß⸗ Lothringen erlaſſene geſetzliche Verordnung ankämpft, welche die Staare für eine be- ſtimmte Zeit des Jahres für jagdbar und vogelfrei erklärt. Herr Hofrath Liebe . TER WELEHE WER LEER = 8 Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! 91 überſandte mir dieſes und noch eine Menge anderweites Material mit der Yuf- forderung, doch die ganze Staar-Frage zu ſtudiren, und hat mir dann in dankens— werther Weiſe des weiteren ſeine Unterſtützung angedeihen laſſen. Außer ihm bin ich auch anderen Mitgliedern unſeres Vereins zu großem Danke verpflichtet, die mir ihre Beobachtungen über Nutzen und Schaden des Staares in ſelbſtloſer Weiſe zur Verfügung geſtellt haben. Ich werde nun zunächſt die Entwickelung und den derzeitigen Stand der fragl. Angelegenheit in Elſaß⸗Lothringen kurz an der Hand des obenerwähnten Schrift— ſtückes vorführen, ſodann den Rechtsſtandpunkt erörtern und endlich möglichſt objektiv unter ausgiebiger ſachlicher Begründung die Stellung eines beſonnenen, klardenkenden Vogelſchützers in dieſer wichtigen Vogelſchutzfrage zu kennzeichnen ſuchen. Der Thatbeſtand iſt kurz folgender: In der am 14. Febr. 1890 ſtattgefundenen Geſammtſitzung des Landesausſchuſſes für Elſaß⸗Lothringen beantragte anläßlich der erſten Leſung des Geſetzentwurfs zur Ausführung des Geſetzes vom 22. März 1888, betr. den Schutz von Vögeln, der Abgeordnete Zorn von Bulach, „den Staar für die Monate Auguſt und September mit Rückſicht auf die großen Verwüſtungen, die dieſe Vögel um jene Zeit in den dortigen Rheingegenden in Maisfeldern () und Weingärten anrichteten, für vogelfrei zu erklären.“ Das Geſetz wurde mit Zu— ſtimmung der Regierung an eine Commiſſion verwieſen. Unterm 3. März richtete infolgedeſſen der Elſaß⸗Lothringiſche Thierſchutz-Verein ein Geſuch an den Bundesrath des deutſchen Reichs mit der Bitte, „ſowohl im Intereſſe des Vogelſchutzes, als auch im Intereſſe der öffentlichen Moral, die durch den Maſſenfang der Staare beleidigt würde, den auf den Fang der Staare abzielenden Beſchlüſſen des Landesausſchuſſes die erforderliche Genehmigung zu verſagen.“ In der näheren Begründung des Ge— ſuches wurde beſonders auf den Nutzen hingewieſen, den der Staar durch Vertilgen von Ungeziefer ſtiftet. — Dem Kaiſerlichen Miniſterium für Elſaß-Lothringen wurde eine Abſchrift obigen Geſuches eingereicht mit der Bitte, die Beſtimmung der Ver— ordnung des Miniſteriums vom 20. Juni 1883, durch welche der Staar für einen nützlichen Vogel erklärt wird, aufrecht zu erhalten. Gelegentlich der zweiten Leſung des eingangs erwähnten Geſetzentwurfes am 15. April ſprach ſich der Regierungscommiſſar dahin aus, daß zwar das Reichsgeſetz vom 22. März 1888 die Mittel biete, den Schaden, den die Staare durch das ſchaarenweiſe Einfallen zur Zeit der Reife der Früchte hervorrufen können, zu ver— hindern, daß dann aber eine Verwerthung der Staare durch Verkauf ꝛc. ausgeſchloſſen ſei. Wolle man aber nicht nur eine Erlegung, ſondern auch eine Verwerthung der Staare, wenigſtens während einer gewiſſen Zeit, ſo böte ſich ſchon auf Grund der jagdpolizeilichen Beſtimmungen Gelegenheit, den Staar für eine beſchränkte Zeit des Jahres und für beſondere Gegenden des Landes, wo er hauptſächlich Schaden an— 7 * @ TER ku Wr, * n 4 RN W © 2... — 92 i Dr. Koepert, richte und in Maſſen aufträte, gewiſſermaßen jagdbar zu machen und ihn den Be⸗ 7 ſtimmungen über diejenigen Vögel zu unterſtellen, die nicht nur von Grundeigen⸗ thümern, ſondern auch von Jagdberechtigten erlegt und verwerthet werden könnten. Es würde ſonach genügen, wenn die Regierung den Staar auf Grund des S 2 des Jagdpolizeigeſetzes vom 7. Mai 1883 als ein ſchädliches Wild während einer gewiſſen Jahreszeit für vogelfrei erklärt. Es würden dann von einer noch zu beſtimmenden Behörde alljährlich die Zeitpunkte, die dem Anfang der Reife der Früchte und der Beendigung der Ernte entſprächen, für die einzelnen Gegenden rechtzeitig feſtzuſetzen ſein. Der Elſaß-Lothringiſche Thierſchutz-Verein wandte ſich hierauf unterm 30. April nochmals an den Bundesrath des deutſchen Reichs mit der Bitte, dem Geſetzentwurf die erforderliche Genehmigung zu verſagen. Es wurde beſonders betont, daß bei Be- rathung des fragl. Geſetzentwurfs kein wirklicher Sachverſtändiger gehört worden ſei. Da in der Begründung des Geſetzentwurfs ausgeführt war, daß nach franzöſiſchem Landesrecht alle Vögel jagdbar ſeien und demgemäß SS 1—7 des Reichsvogelſchutz⸗ geſetzes bisher in Elſaß-Lothringen gegenſtandslos ſeien, ſo wurde in dem Geſuch die Bitte ausgeſprochen, anſtatt den fragl. Geſetzentwurf einzuführen, das alte franzöſiſche Geſetz, wonach alle Vögel jagdbar fein ſollen, aufzuheben. Zugleich wurde DVer- wahrung gegen die beabſichtigte Jagdbarmachung der Lerche eingelegt.“) Dieſe Petition wurde an die Elſaß-Lothringiſche Landesregierung abgegeben; das fragl. Geſetz aber wurde trotzdem am 2. Juli 1890 publicirt. Daſſelbe lautet: Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutſcher Kaiſer, König von Preußen pp. verordnen im Namen des Reichs, für Elſaß-Lothringen, nach erfolgter Zu— ſtimmung des Bundes raths und des Landesausſchuſſes, was folgt: . Die Vogelarten, auf welche die Beſtimmungen des Geſetzes, betreffend den Schutz von Vögeln, vom 22. März 1888 (Reichsgeſetzbl. S. 111) zufolge des S 8, Abſatz 1, Buchſtabe b dieſes Geſetzes keine Anwendung finden, find die folgenden: 1. Auergeflügel, Birk- und Haſelwild, Rebhühner, Wachteln, Faſanen, alle Arten von Krammetsvögeln, Lerchen, Schnepfen, Trappen, Brachvögel, Wachtelkönige, Kraniche, wilde Schwäne, wilde Gänſe und wilde Enten, ſowie alles andere Fee und Waſſergeflügel mit Ausnahme der Störche und Eisvögel; 2. die in Gemäßheit des S 2 des Geſetzes, betreffend die Jagd— ) Nach dem Forſt- und Jagdkalender für 1891 (Berlin, Verlag von Springer) iſt die Lerche leider noch jagdbar in Preußen, mit Hohenzollern, Schaumburg-Lippe, Lübeck, Hamburg, Bayern, Großherzogthum Sachſen-Weimar, Herzogthum Meiningen, Koburg-Gotha u. a.; das ganze Jahr hindurch ausdrücklich geſchont nur im Königreich Sachſen, ſowie im Fürſtenthum Schwarzburg⸗ Rudolſtadt. Herr Dr. Ruß (Gefl. Welt, 1890, Nr. 48) iſt im Irrthum, wenn er behauptet, daß das Reichsvogelſchutzgeſetz den „Lerchenfang zum Verſpeiſen“ nicht mehr geſtatte. Der Staar in Elfaß - Loth ringen vogelfrei?! 93 polizei, vom 7. Mai 1883 (Geſetzbl. S. 57) als ſchädliches Wild bezeich— neten Vögel. 8 2. Das Miniſterium iſt befugt: 1. andere Vogelarten von der Anwendbarkeit des Geſetzes vom 22. März 1888 auf Grund des 88, Abſatz 1, Buchſtabe b*) dieſes Geſetzes auszuſchließen und für dieſelben Schonvorſchriften zu erlaſſen; 2. Beſtimmungen zu erlaſſen, welche zum Schutze der Vögel weitergehende Verbote enthalten, als das Geſetz, betreffend die Jagdpolizei, vom 7. Mai 1883, das Geſetz, betr. die Abänderung des Geſetzes über die Jagdpolizei, vom 8. Mai 1889 und das Geſetz vom 22. März 1888. (Es folgen die Strafbeſtimmungen.) Se. Der § 8 des Geſetzes, betreffend die Jagdpolizei, vom 7. Mai 1883 iſt auf- gehoben. Urkundlich ꝛc. ꝛc. Das Miniſterium verordnete nun auf Grund des 8 2 des Landesgeſetzes, betr. die Jagdpolizei vom 7. Mai 1883, unterm 16. Juli unter § 1 (Abſ. 2): „Schädliches Wild ſind ferner die Staare von Beginn der Reife der Früchte an bis zur Beendigung der Weinleſe innerhalb des durch die Ortspolizeibehörde be— ſtimmten und öffentlich bekannt gemachten Termins.“ Und unter § 5: | „Behufs Bertilgung der Staare, ſofern fie ſchaarenweiſe einfallen, kann der Kreis⸗Director, bezw. der Polizei⸗Director während der im zweiten Abſatz des § 1 bezeichneten Zeit einzelnen Eigenthümern, Beſitzern und Pächtern für ihre Perſon oder für ihre Beauftragten die Anwendung von Fangnetzen und Schußwaffen auf ihren Ländereien zum Zweck der Vertilgung erlauben.“ Am 31. Juli theilte das Miniſterium dem Elſaß-Lothringiſchen Thierſchutz— Verein mit, daß die Eingabe des letzteren an den Bundesrath durch die Verordnung vom 16. Juli 1890 und das Geſetz vom 2. Juli ihre Erledigung gefunden habe. Der Elſaß⸗Lothringiſche Thierſchutz-Verein berichtet ſodann des weiteren, daß von einem einzigen Fiſcher in den Schilffeldern am Rhein in der Nähe von Straß- burg während zweier Nächte 10000 Staare mit Netzen gefangen worden ſeien, eher mehr als weniger, kommt ſodann auf die Rechtsfrage zu ſprechen und gelangt zu dem Reſultate, daß hier eine „Uebertretung und Umgehung eines Reichs— geſetzes vorliegt.“ Die Begründung des Elſaß-Lothringiſchen Thierſchutz-Vereins, auf die wir noch zurückkommen, iſt nach meiner Anſicht durchaus nicht ſtichhaltig. ) 8 8 des Reichsvogelſchutzgeſetzes vom 22. März 1888 lautet: Die Beſtimmungen dieſes Geſetzes finden keine Anwendung auf die nach Maßgabe der Landes: geſetze jagdbaren Vögel. 94 Dr. Koepert, Der Staar in Elfaß- Lothringen vogelfrei Wenn es ſchon an ſich undenkbar iſt, daß eine Regierung, deren Räthe faſt tp juriſtiſch gebildet ſind, einen rechtswidrigen Geſetzentwurf einer Landesvertretung (in dieſem Falle dem Landesausſchuſſe von Elſaß⸗Lothringen) vorlegt, daß letztere den Geſetz⸗ 4 entwurf nach mehreren Leſungen annimmt und das Geſetz unter Zuſtimmung des Bundesraths die Beſtätigung Sr. Majeſtät des Kaiſers erhält, ſo läßt ſich auch an der Hand des geſetzlichen Materials erweiſen, daß die Verordnung des Kaiſerlichen Miniſteriums vom 16. Juli 1890 durchaus nicht mit dem Reichsvogelſchutzgeſetz vom 22. März 1888 in Widerſpruch ſteht und daß eben auf Grund des letzteren Geſetzes die betr. Verordnung erlaſſen wurde. Der Satz: „Reichsrecht bricht Landesrecht“ kommt hier gar nicht in Betracht. Die Begründung obiger Behauptung iſt ſehr ein⸗ fach und eigentlich ſchon vom Regierungs-Commiſſar gelegentlich der erſten Leſung des Geſetzes vom 2. Juli 1890 geliefert worden: Nach § Sb des Reichsvogelſchutzgeſetzes finden die Beſtimmungen dieſes Geſetzes keine Anwendung auf die nach Maßgabe der Landesgeſetze jagdbaren Vögel. Nun gehört es unzweifelhaft zur Befugniß der einzelnen Bundesſtaaten, Thiere für jagdbar zu erklären, da in den deutſchen Einzelſtaaten durchaus nicht dieſelben Thiere jagdbar ſind, überhaupt dieſe Materie nicht von Reichswegen, ſondern von Landeswegen geregelt wird. Der § 2, Abſ. 1 des Geſetzes vom 2. Juli 1890 giebt dem Kaiſerlichen Miniſterium für Elſaß-Lothringen die Befugniß, „andere Vogelarten von der Anwendbarkeit des Geſetzes vom 22. März 1888 auf Grund des 8 8, Abſ. 1, Buchſtabe b dieſes Geſetzes auszuſchließen und für dieſelben Schonvorſchriften zu er- laſſen.“ Im Jagdpolizeigeſetz für Elſaß-Lothringen vom 7. Mai 1883, in dem die als „ſchädliches Wild“ bezeichneten Vögel aufgeführt ſind, ſtand bis zum 16. Juli 1890 der Staar noch nicht; indem das Miniſterium auch den Staar in die Liſte der als ſchädliches Wild bezeichneten Vögel (wenigſtens für eine beſtimmte Zeit) aufnimmt, handelt es durchaus nach dem § 2, Abſ. 1 des Geſetzes vom 2. Juli 1890. Auch der Forderung nach Erlaß einer diesbezüglichen Schonvorſchrift wurde es inſofern gerecht, als es eben nur für eine alljährlich feſtzuſetzende Zeit die Erlegung und Ver— tilgung des Staares freigab. Iſt der Staar aber als ſchädliches Wild jagdbar, ſo kann er auch verwerthet werden. Auch die Art und Weiſe des Fanges wird dann nicht durch das Reichsvogelſchutzgeſetz beſtimmt, ſondern richtet ſich nach den Normen, die für „ſchädliches Wild“ gelten. Es iſt dann auch der Fang mit Netzen während der Nachtzeit erlaubt, da es ja dann gerade auf einen Maſſenfang ankommt. Ob nun aber der Erlaß der Miniſterialverordnung vom 16. Juli 1890 zweck— mäßig iſt und ob er in ethiſcher Beziehung zu billigen iſt, das iſt eine ganz andere Frage. Es galt hier nur nachzuweiſen, daß die Elſaß-Lothringiſche Landesregierung ſich in dieſem Falle keines Rechtsbruches ſchuldig gemacht hat. (Fortſ. in Lief. 5.) r " a G. Clodius, Einiges über Muscicapa luctuosa. 95 Einiges über Muscicapa luctuosa (Trauerfliegenfänger). Von G. Clodius. | Wie jehr ſich manche Vogelarten durch richtig aufgehängte Brutkäſten an unſere Gärten feſſeln und hier zu häufigerem Brüten bewegen laſſen, habe ich in dieſem Jahre ſo recht beim Trauerfliegenfänger geſehen. — Dieſer Vogel iſt in Mecklenburg nicht häufig, kommt aber an vielen Stellen einzeln brütend vor; in hieſiger Gegend findet man ihn in Buchenwäldern ſogar nicht ſelten; daß er aber früher in unſerem Garten geniſtet hat, iſt mir unbekannt. Erſt vor wenigen Jahren, als ich ange— fangen, Brutkäſten für Meiſen anzuſchlagen, fand ſich ein Paar im Garten ein. Darum war ich begierig, ob wohl dieſen Sommer wieder ein ſolches bei uns bliebe. Und ſiehe da! nicht ein, ſondern drei Paare kamen nach und nach an und nahmen Käſten in Beſitz. Das war mir überraſchend und erfreulich zugleich. Dabei möchte ich auf die bedeutend ſtarken Gelege aufmerkſam machen, die dieſer Fliegenfänger nicht ſelten hat. Während nämlich Friderich (in der neueſten Auflage ſeiner Vögel Deutſchlands) die Zahl 5— 6 angiebt, muß es ſicher 5 —7 heißen; ſogar 8 kommen vor, wie Schacht („Aus dem Vogelleben der Heimat“ S. 148) in einem Falle berichtet. Im Jahresbericht des Ausſchuſſes für Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands 1885 werden für Hamburg 5—7 als Gelege angegeben und ich fand in dieſem Jahre im Neſt des einen Paares ebenfalls 7 Stück. Friderich (im obigen Werk) ſagt ferner, Anfang Juni ſeien die vollen Gelege zu finden; das dürfte auch ſchon zu ſpät ſein; wenigſtens hatte ein Paar in dieſem Sommer ſchon am 14. Mai 5 Eier im Neſt. Zum Schluß noch ein rührendes Stück vom Fliegenfängerweibchen. Es iſt wohl die reizende Geſchichte bekannt, die Brehm (Thierleben) berichtet, daß Balda— mus zum Beweiſe für ſeine Anſicht gegen diejenige Schlegels und Bonapartes einen Brutkaſten mit einem lebenden Fliegenfängerweibchen vom Baume herab ins Zimmer hineingeholt und den Streit ſofort zu ſeinen Gunſten entſchieden hat. Aehnliches erlebte ich am 9. Juni vor. Jahres. Bei einem Brutkaſten, in welchem Museicapa luetuosa brütete, war ich zweifelhaft, ob derſelbe noch beſetzt ſei, oder ob ſeine Bewohner auf irgend eine Weiſe ums Leben gekommen ſeien, weil ich ſie nicht mehr regelmäßig beobachtet hatte. Der Kaſten hing etwa 2½ m hoch, ich klopfte mit einem Stock dagegen, nichts rührte ſich; klopfte ſtärker, kletterte dann empor, nahm ihn herunter, — alles ſtill! ich ſchüttelte ihn hin und her, um zu hören, ob Eiſchalen oder ein todter Vogel drin läge; nichts zu hören! Jetzt hob ich mit dem Meſſer den loſe aufgenagelten Deckel ab und — wer beſchreibt mein Erſtaunen — drin ſitzt das lebende Fliegenfängerweibchen auf mehreren ganz kleinen Jungen! Aerger— lich über mich ſelbſt dachte ich: „das Pärchen haſt du gründlich geſtört!“ Verſuchte 96 Kurt Flöricke, f a den Deckel wieder feſt draufzudrücken; aber es mißlang, ein Nagel bog ſich krumm! 9 gerade in dem Augenblick fiel mir obige Geſchichte von Baldamus ein; ich dachte, das kannſt du ja auch mal verſuchen! Nahm den Kaſten vorſichtig unter den Aim, ging ins Haus, zog die Nägel aus dem Deckel und befeſtigte denſelben durch zwei 1 Schrauben. Dann zurück in den Garten; der Kaſten wurde an ſeine alte Stelle gehängt, und bis dahin hatte ſich das treue Weibchen nicht von der Stelle gerührt! Nun ſtellte ich mich in der Nähe an, um zu ſehen, ob der Vogel ſich nun heraus⸗ flüchten und ängſtlich entfernen würde. Aber nichts von dem geſchah. Das Männ- chen flog bei meinem Wiederkommen lockend umher, ſchlüpfte bald, nachdem ich den Kaſten wieder angehängt, hinein und fütterte und ſetzte dies Geſchäft weiter fort; das Weibchen aber blieb trotz der Störung ruhig über den Kleinen ſitzen! Die ganze Brut flog nachher glücklich aus. Dieſe Begebenheit hat mir viel Freude gemacht. Ob ein ähnliches Benehmen wohl häufiger beobachtet wird? Zu beachten iſt hierbei: erſtens, daß nicht mehr Eier, ſondert ſchon kleine zarte Junge im Neſt lagen, denn ich habe mehrmals an den anderen Paaren beob— achtet, daß, ſo lange ſie Eier hatten, ſie äußerſt loſe darauf ſaßen. Sobald man ſich, wenn auch leiſe, dem Baume näherte, flogen ſie aus dem Kaſten heraus und hielten ſolchen Eingriffen, wie ſie berichtet ſind, durchaus nicht ſtand. Ob das bewundernswürdige Weibchen unter ſolchen Umſtänden auch geflohen ſein würde, habe ich nicht erproben können. Weiter muß man bedenken, daß Höhlenbrüter über— haupt viel ſchwerer vom Neſte gehen als frei brütende Vögel und vor allem aber, wenn fie ſchon kleine Junge wärmen. In dieſem Falle ſitzen ja auch die frei niſtenden ſehr feſt. Bei einem Höhlenbrüter, von dem ich es gerade nicht erwartet hatte, machte ich wenige Tage ſpäter eine ähnliche Erfahrung, wie bei dieſem Fliegen- ö fänger, nämlich beim Feldſperling. Ich hielt den Kaſten für unbewohnt, klopfte ſehr f ſtark dran, holte ihn, als ſich nichts regte, herab; hineinſehen konnte ich nicht, a ſchüttelte ihn daher ziemlich ſtark und jetzt erſt wurde es drin lebendig und ich 4 bemerkte Passer montanus drin, der ſich vorher viel bei dieſem Kaſten zu ſchaffen | gemacht hatte. Auch dieſer Vogel ließ ſich ruhig wieder an feinen Platz hängen und ich konnte trotz längeren Beobachtens nicht bemerken, daß er herausgeflogen wäre. Wahrſcheinlich enthielt das Neſt ebenfalls ſchon Junge. | Kamin in Mecklenburg, im Sommer 1890. Ein zweiter Ausflug in die Bartſchniederung. Bon Curt Flöricke. Vom 23.— 28. Auguſt 1890 weilte ich wieder in Neſigode. Freilich begrüßten mich diesmal nicht die ſüßen Lieder des Sumpfrohrſängers und der Nachtigall, ſondern Ein zweiter Ausflug in die Bartſchniederung. 97 nur die auf den Trachenberger Thürmen zahlreich niſtenden Dohlen ließen unermüdlich ihr wenig melodiſches Geſchrei hören. Es befanden ſich unter ihnen viele ganz junge Exemplare, die noch nicht lange das Neſt verlaſſen haben konnten. Ich hatte bei dieſer Excurſion inſofern ausgeſuchtes Pech, als es von der erſten bis zur letzten Stunde meiner Anweſenheit in Neſigode faſt ununterbrochen ſtark regnete, während vorher wie nachher das ſchönſte Wetter herrſchte. Der Wind kam aus Südweſt, war alſo dem Zuge auch nicht günſtig. Die erlegten Vögel ſandte ich an die Linnaea in Berlin. Die Teiche zeigten bei weitem nicht das bunt bewegte Ausſehen wie im Frühjahr, denn die damals ſo zahlreichen Möven, Seeſchwalben, Taucher, Kiebitze, Waſſerläufer und Schnepfenvögel hatten ſchon ſämmtlich ihre Brutplätze verlaſſen und waren noch nicht durch durchwandernde Schaaren aus nördlicheren Gegenden erſetzt worden. Nur Xema ridibundum, Podieipes rubrieollis und Sterna hirundo wurden noch in vereinzelten Exemplaren erlegt. Auch die Gänſe waren ſchon verſchwunden; nur am Abend des 24. ſah ich eine Kette von 9 Stück nach Südweſten ziehen. Enten waren freilich genug auf den Teichen, ſo daß wir unſerer Jagdluſt nach Herzensluſt fröhnen konnten; mit Ausnahme einer Tadorna cornuta im Jugendkleid wurden aber nur die dort brütenden und ſchon früher von mir aufgezählten Arten erlegt. Die Bläß⸗ hühner (Fulica atra) ſammelten ſich auch ſchon in immer größer werdenden Trupps zum Zuge. Erwähnenswerth dürfte ferner um dieſe Jahreszeit das Vorkommen des Gänſeſägers (Mergus merganser) ſein. Von den Landvögeln war erſt die Mandelkrähe (Coraeias garrula) abgezogen, während alle übrigen noch fröhlich ihr Weſen trieben, auch Kuckuk, Pirol, Wiedehopf, Rohrdroſſel, Spottvögelchen, Neuntödter und Nachtſchwalbe. Von ſelteneren Arten gelangten Hirundo riparia (Uferſchwalbe), Lanius minor (Grauwürger), Museicapa luetuosa (Trauerfliegenfänger), Calamoherpe phragmitis (Schilfrohrſänger) und Emberiza hortulana (Gartenammer) zur Beobachtung. Im Walde traf ich alle drei Taubenarten (C. palumbus, oenas, turtur) und neben dem ſtolzen Schwarzſpecht (Dryocopus martius) auch den Mittel- und Zwergſpecht (P. medius und minor). Ein prächtiges Männchen des ſeltenen Silberreihers (Ardea egretta) war kurz vor meiner Ankunft geſchoſſen worden. Botaurus stellaris und Ardetta minuta (große und kleine Rohrdommel) ließen ſich öfters ſehen, und die Kraniche trieben ſich in Schaaren von 10 — 25 Stück auf den freien, hochliegenden Brachfeldern und Wieſen herum. Mit der Jagd auf ſie waren wir diesmal weniger glücklich als im Frühjahr, indem das ungünſtige Terrain und die Wachſamkeit der klugen Vögel das Anſchleichen ſtets vereitelten, und ein angeſchoſſenes Stück leider verloren ging. Bekaſſinen waren an manchen Tagen ziemlich zahlreich, und auch eine einzelne Gallinago major wurde geſchoſſen. Von Strandvögeln ſah ich eine Tringa Temmineki an der Bartſch. 8 98 Kurt Flöricke, Ein zweiter Ausflug in die Bartſchniederung. Auch Störche waren auf dem Zuge; einmal ſahen wir, wie 3 Stück in der Abend⸗ 1 dämmerung bei ſtrömendem Regen auf einer dürren Eiche aufbäumten. Ein altes Männchen wurde heruntergeſchoſſen, und zwar plumpſte dasſelbe unter lautem Klappern praſſelnd durch das dürre Gezweig zur Erde. Mit beſonderem Eifer gaben wir uns der Jagd auf Fiſchreiher (Ardea einerea) hin, und lieferte dieſelbe auch auf dem abendlichen Anſtande gute Reſultate. Recht augenfällig trat dabei die Vorliebe der Reiher für gewiſſe Schlafbäume zu Tage. Auf einer uralten, beſonders günſtig poſtirten Eiche mußten allein 4 Stück ihr Leben laſſen und zwar auch mehrere an demſelben Abend, indem die bei ihrer Ankunft ſogleich mit Schüſſen begrüßten Vögel mehrmals wieder mit ſonderbarer Zähigkeit zu ihrem Lieblingsſitze zurückzukehren verſuchten. Einmal bäumten zwei Reiher unmittelbar über unſern Köpfen auf; (ich lag mit meinem Begleiter unter einem kleinen Fichtendickicht neben der erwähnten Eiche), und hatten ſich allerlei wichtige Dinge zu erzählen, was wir alles ſehr deutlich hören, aber nichts ſehen konnten. Des langen Wartens und Halsverdrehens müde ſchoß endlich der in meiner Geſellſchaft befindliche Forſtlehrling aufs geradewohl hinauf, worauf ein feiſtes altes Männchen über meinen Kopf hinweg herunterpurzelte und mich dabei mit ſeinem lieblich duftenden tropfinhalt reichlich bedachte. Dieſes Exemplar belehrte mich übrigens, daß ſelbſt dieſer ſchädliche Fiſchräuber ſich bisweilen nützlich zu machen verſteht: er hatte nämlich eine halbwüchſige Ratte im Kropf. Am nächſten Abend lag ich mit dem Forſtlehrling wieder in demſelben Verſteck, während es „Kannen goß“, was vom Himmel herunter wollte. Nachdem wir etwa eine Stunde ſchweigſam verbracht hatten, und die Ausſicht, heute noch zum Schuß zu kommen, mehr und mehr ſchwand, gaben wir die bisherige Vorſicht auf und erzählten uns unter lautem Scherzen und Lachen allerlei kleine Jagdabenteuer, bis die inzwiſchen völlig hereingebrochene Dunkel- heit zum Aufbruch mahnte. Als wir aber aus unſerem Verſteck heraustraten, flog von dem Wipfel der Eiche haſtig ein Reiher ab und verſchwand trotz eines ſchleunigſt nachgeſandten Schuſſes bald ſpurlos. Die Ueberraſchung mag wohl auf beiden Seiten keine geringe geweſen ſein; bei dem ſtrömenden Regen hatten weder wir die Ankunft und das Aufbäumen des Reihers, noch dieſer unſer lautes Sprechen und Lachen gehört. Raubvögel waren recht zahlreich vertreten, und auch ſie zeigten eine auffallende Vorliebe für die ſchon erwähnte Eiche. Innerhalb dieſer wenigen Tage wurden von derſelben 1 Buſſard, 1 Rohrweih (Cireus aeruginosus) und 1 Wanderfalk (Falco peregrinus) heruntergeſchoſſen. Der Forſtlehrling Spanky machte eine Doublette auf Haliaétus albieillas (Seeadler). Ein ſolches Jagdglück dürfte heutzutage nicht mehr oft in Deutſchland vorkommen. Spanky ging ohne Gewehr auf der Chauſſee von Neſigode nach Trachenberg, als er die beiden Seeadler niedrig über die Chauſſee | | | A. v. Homeyer: Wo lebt und brütet der Waldkauz? 99 hinweg nach einem benachbarten Teiche fliegen ſah. Er vermuthete ſofort, daß ſie auf einer dort ſtehenden dürren Eiche aufhaken würden, und lief raſch nach Hauſe, um ſeine Schrotflinte zu holen. Das Geplätſcher des Regens erleichterte das An— ſchleichen, und ſo wurde der eine Adler im Sitzen, der andere im Abfliegen herunter— geholt. Doch vermochte das Schrot den edlen Räubern nicht ſogleich den Garaus zu machen, ſondern der erſte richtete ſich auf und ſtellte ſich zur Abwehr, während der zweite in das verworrene Schilfdickicht des Teiches flüchtete und glücklich entkam. Die Bewältigung des erſten Adlers machte nicht geringe Mühe, und er mußte ſchließlich noch einen zweiten Schuß erhalten. Nach einigen Tagen wurde auch gelegentlich der Entenjagd der andere Adler im Teiche gefunden, leider ſchon halb verfault und vom Raubzeug zerriſſen. Auch der Schreiadler (Aquila naevia) wurde beobachtet, und an dem größten Teiche trieb ſich ein großer, faſt rein weißer Raubvogel herum, deſſen Species ich nicht zu beſtimmen wage, da er nicht erlegt werden konnte. Als ich am Abend des 28. Auguſt nach Trachenberg zurückwanderte, riefen mir ziehende Brachvögel den Scheidegruß aus dem ſchönen Schleſien zu. Wo lebt und brütet der Waldkauz (Strix |Syrnium| aluco L.)? Von Major Alexander von Homeyer. Am 1. December 1890 ſagt Herr Oberforſtmeiſter von Varendorf in einem Vortrage über die Eulen (j. Stettiner ornith. Zeitſchrift 1891 S. 29): „Der Waldkauz (Strix aluco) bewohnt nur den Wald und ſucht ſeine Nahrung auf den angrenzenden Feldern.“ Der Forſtmeiſter Wieſe ſchreibt in derſelben Zeitſchrift 1888 S. 17: „Der Waldkauz (Strix aluco) iſt nicht ausſchließlich an den Wald gebunden, ſondern er ſiedelt ſich zuweilen in Scheunen in der Nachbarſchaft des Waldes an. Gewöhnlich legt er in hohlen Bäumen ſeine Eier ab, nur einmal habe ich ſolche in einem Buſſardhorſte angetroffen, mehrere Male in Scheunen.“ Da ſich dieſe beiden Anſichten nicht decken, darf ich wohl aus meinem Be— obachtungsleben Bezügliches mittheilen. Wenn auch der Waldkauz, wie dies ſein Name beſagt, in der Regel ein Waldvogel iſt, ſo ſiedelt er doch ſehr oft in die Parks und die Gärten der dem Walde benachbarten Dörfer über, und brütet auch hier. Als ſolche mir bekannt gewordenen Plätze nenne ich hier, wie mir Herr C. Pogge mittheilt, Schweickwitz auf der Inſel Rügen. — Einmal aber vom Walde getrennt, ſcheut ſich der Waldkauz auch nicht, andere paſſende Orte aufzuſuchen, die vom Walde weiter abliegen. So brütet aluco in dem Parke von Baſſendorf bei Triebſees, der vom Walde faſt eine halbe Stunde entfernt liegt; ſo auch im Garten von Vorland S* 100 L. Buxbaum, Eine räthſelhafte Erſcheinung beob. an einem Storchenpaar. bei Grimmen regelmäßig in einem alten hohlen holländiſchen Traubapfelbaume, wo⸗ 1 von ich in meiner Sammlung ein Gelege von 4 Eiern habe. Der Wald (Kl. Bar neckower Revier) iſt von Vorland ca.; / Stunde entfernt. — Aluco legt in dieſen Fällen vor den Menſchen mehr oder minder ſeine Scheu ab, bleibt tags, auf dem Baume ruhend, ruhig ſitzen, wenn man darunter weggeht, und ſchreit abends ungenirt. So kommt er auch in zwei Paaren in Greifswald vor. Ich höre ihn das ganze Jahr in der Stadtpromenade zwiſchen der höheren Töchterſchule und dem Landgerichtshauſe, wie auf dem Lindenwall bei der Marienkirche. — Ein Brüten findet, wie Wieſe ſehr richtig ſagt, nicht nur in hohlen Bäumen und ſelten in alten offenen Horſten ſondern auch in Gebäuden ſtatt. So glaube ich, daß das Greifs⸗ walder Pärchen vom Lindenwall auf dem Marienkirchthurme horſtet. Daß aluco auf Kirchthürmen reſp. in Kirchen brütet, weiß ich aus eigener Anſchauung von Vor⸗ land her, und daß er in Scheunen brütet, berichtet mir Herr C. Pogge von Schweid- witz mit dem ausdrücklichen Zuſatze, daß dicht benachbart ein Obſtgarten mit alten hohlen Apfelbäumen ſich befindet, wie auch alte Eſchen und Weiden. Aus Allem erſehen wir, daß der Waldkauz ſehr verſchiedenartig lebt. Den alten Paſtor Zander in Barkow (Mecklenburg) hat ſeiner Zeit dieſe biologiſche Ver— ſchiedenheit veranlaßt, den im Walde lebenden und niſtenden Waldkauz, den er vor— herrſchend „grau in der Farbe“ wähnte, „stridulum“ zu nennen, und den in Dörfern niſtenden, den er vornehmlich „röthlich“ beobachtete, „aedium“. Ich glaube, daß mein alter väterlicher Freund hier zu weit ging, da graue wie röthliche Waldkäuze ſowohl im Walde wie in Dörfern vorkommen, und ſo wollen wir beim alten Species— Namen „aluco“ verbleiben. Greifswald, den 26. Februar 1891. Eine räthſelhafte Erſcheinung beobachtet an einem Storchenpaar. Von L. Buxbaum. Auf dem Schornſtein des Schulhauſes zu Biſchofsheim bei Mainz niſtet ein Storchenpaar, das im vor. Jahre drei Junge ausbrachte. Zwei davon fielen herunter oder wurden vielleicht auch von den Alten herunter geworfen, ſo daß nur noch ein Junges im Neſte verblieb. Am 30. Juni warf nun der alte Storch kurz nach einander acht Maulwürfe aus dem Neſte in den Hof und am 1. Juli wieder ſechs Stück. Einige Tage danach warf er wieder eine Anzahl herunter. Dies iſt mir nun eine räthſelhafte Erſcheinung, denn wenn der junge Storch noch ſo klein war, daß er einen Maulwurf nicht verſchlingen konnte, ſo hätten ja die Alten dieſe verzehren können und wenn ſie ſolche nicht mochten, dann brauchten ſie ſo viele Maulwürfe auch nicht zu fangen und in dem Neſte aufzuſpeichern. Mein College, Paul Leverkühn, Litterarifches über das Steppenhuhn, III. Revue. 101 der in dem Hauſe wohnt, meinte nun, die Störche hätten mit dieſen Maulwürfen das Neſt ausgepolſtert, um damit ihr Junges, das ſich nicht mehr an den Geſchwiſtern erwärmen konnte, warm zu halten. Auffallend iſt dieſe Erſcheinung jedenfalls, denn wie kam es, daß ſich ſo viele Maulwürfe zu gleicher Zeit im Neſte befanden und warum hat der Storch dieſelben nicht gleich herunter geworfen, als er ſie nicht verzehren konnte oder mochte? Hätte mein College vielleicht recht geurtheilt? Es wäre mir ſehr intereſſant, das Urtheil bewährter Ornithologen darüber zu hören. Uebrigens erſieht man daraus, was ein einziges Storchenpaar vertilgen kann, und wenn wir den Maulwurf als ein der Landwirthſchaft nützendes Thier gelten laſſen müſſen, ſo iſt derſelben dadurch geſchadet. Ebenſo merkwürdig iſt es doch, wie der Storch in ſo kurzer Zeit ſo viele Maulwürfe fangen konnte, zumal bei Biſchofsheim genug andere Nahrung für dieſen Langbein vorhanden iſt. Nachdem das Junge kräftiger geworden, kamen keine Maulwürfe mehr herunter. Entweder haben ſie dann keine mehr gefangen, oder haben ſie dieſelben verzehrt. Das Junge iſt glücklich flügge geworden und hat in Gemeinſchaft ſeiner Eltern die Reiſe nach Süden ange— treten. Eigenthümlich iſt es auch, daß ſich in jedem Dorfe der Umgegend nur ein Storch neſt befindet, obgleich es doch in jedem Jahre junge Störche giebt. Wo dieſe alle hinkommen iſt mir nicht klar. Im oberen Ried find oft 10 — 15 Storchneſter in einem Dorfe. Reichliche Nahrung zieht ſie dort an. Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß Revue, nebſt Original⸗Mittheilungen über die 1888 er Invaſion. Von Paul Leverkühn. I. Unſerem Litteratur⸗Verzeichniß über Syrr. paradoxus haben wir nur weniges nachzutragen; einige Citate ſandten uns freundlichſt die Herren Herman Schalow und Dr. Schäff in Berlin, ſowie einige Correcturen Herr Profeſſor Dr. Wilhelm Blaſius, wofür wir den genannten Herren zu beſonderem Danke verpflichtet ſind Zu den in der II. Revue“) aufgezählten Belegen kommen die folgenden, zum Theil aus inzwiſchen erſchienenen Werken, welchen wir die laufenden Nummern aus der vorigen Zuſammenſtellung in Klammern beifügen. Außer den früher angeführten 192 Autoren mit 425 Citaten enthält die vorliegende Zuſammenſtellung 77 Autoren mit 78 Citaten, im Ganzen alſo 506 Belege von 272 Autoren über die Wanderungen und die Naturgeſchichte des Steppenhuhns vor ſeiner Einwanderung im Jahre 1888. *) Monatsſchr. d. Deutſch. Ver. z. Schutze d. Vogelwelt: I. Revue: 1888, XIII, S. 377—381; II. Revue: 1889, XIV, S. 343351. 371376. 398406. 102 Ä Paul Leverkühn, Die Litteratur über den 1888/89 er Zug laſſen wir, wie in den ae Nein, RN weiter unten folgen: 206. Altum, Führer durch die zoologiſchen Sammlungen der Königl. Forſtakademie Eberswalde. (1887. Eberswalde, C. Müller.) S. 65. 207. Bechſtein, Nat.⸗Geſch. d. Hof- u. Stub.⸗Vög. V. Aufl. von Berge. 1870. S. 309. 208. Böckmann, Verh. Ver. f. naturw. Unterhaltung zu Hamburg. 1876 (1878). S. 265. 209. Bogdanow, Mod., Ueberſ. d. Arten von Chiwa und Kiſyl-Kum. (Ruſſiſch.) (Taſchkant 1882.) S. 85. 210. Bogdanow, Mod., Comp. avium imp. Rossici. Fasc. I. (Petersburg) 1884. S. 14. 211. Bonaparte, Compt. Rend. Tom. XLII. S. 876. ' 212. Bond, Fred. Zoologiſt. 1863. S. 8722. 213. Borggreve, B., Vogelfauna von Norddeutſchland. (Berlin) 1869. S. 146. 214. Brehm, A. E., Vom Nordpol bis zum Aequator. (Stuttgart, Berlin, Leipzig.) 1890. Taf. IV. S. 70. | 215. Büchner, Eug., Die Vögel des St. Petersburger Gouv. (Ruſſiſch.) (Petersburg 1884.) S. 537. 216. Chriſty, Miller, The Birds of Essex. (Essex Field Club Special Memoirs. Vol. II.) London und Chelmsford. 1890. S. 216. 217. | 217. Clarke, Wm. Eagle und Roebuck, Wm. Deniſon, A handbook of the verte- brate fauna of Yorkshire. (London) 1881. ©. 61. 218. Dalla-Torre, von, Fauna von Helgoland. 2. Suppl. zu Spengel's Zoolog. Jahrbüchern. Band IV. 1889. S. 38—39. 219. Deditius, Cab. Journ. f. Ornith. 1885. XXXIII. S. 207. 220. Drechsler, Allg. deutich. naturhiſt. Ztg. Neue Folge. 1856. II. S. 429. 5 221. Dreſſer, X List of Europ. Birds. (London) 1881. S. 30. 222. Droſte, von, Ber. XVIII. Deutſche Ornith. Geſ. 1870. S. 25. 26. | 223. Duckworth vgl. Macpherjon. 224. Evans, Notes ꝛc. Vgl. unten in der Litteratur über 1888/89. Nr. 21. 225. Eversmann, E., Add. ad. cel. Pall. Zoogr. (Kaſan 1841.) Fasc. 2. S. 15. 226. Fitch, The Essex Naturalist. The journal of the Essex Field Club. (Eſſex. ) Vol. II. S. 271. | 227. Fitzinger, Sitz.-Ber. d. math.⸗naturw. Klaſſe d. k. k. Akad. d. Wiſſ. i. Wien. 1862. XLVI. 1. Abth. S. 296. 228. Friderich, Nat.-Geſch. deutſch. Zimmer-, Haus- u. Jagd⸗Vögel. Stuttgart 1876. III. Aufl. S. 807—808. IV. 1891. (Noch nicht erſchienen.) 229. Gates, A. F., Zoologiſt. 34 ser. Vol. XII. S. 264. 239. Göbel, Cab. Journ. f. Ornith. 1873. XXI. S. 421. 231. Gould, Birds of Great Britain. Part. IV. pl. 11. 232. Hamonville, de, Catalogue des oiseaux d' Europe. Paris, London 1876. S. 42 — 43. f b 233. Hancock, Transactions of the Tyneside Naturalist's Field Club. 1863/64. VI. S. 100 — 103. N 8 234. Hartert, E., Mitth. d. ornith. ver. Wien (Schwalbe) 1887. XI. S. 175. 235. 236. 237. 238. 239. 240. 241. 242. 243. 244. 245. 246. 247. 248. 249. 250. 251. 252. 253. 254. 255. 256. 257. 258. 259. 260. Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß⸗) Revue. I. 103 Harting, A Handbook of Brit. Birds. (London) 1872. S. 128. 129. Homeyer, E. F. von, Ornis 1885. I. S. 76. Hope, Zoologiſt. 1863. S. 8724. Jardine, Naturg. Cab. d. Thierr. III. Ornith. II. Band. Federwildpret. Deutſch von Diezmann. (Peſt) 1836. S. 75— 77. Tab. XXIII. — The naturalist's Library. Ornithology. Vol. IV. (Gallinaceous Birds. Part. II.) 1841. S. 182. pl. XXIII. Jukovits, A., Verhandl. des Vereins für Naturkunde in Preßburg. 1864/65. VIII. S. 54. | Karelin, M., Bull. soc. imp. nat. de Moscou. 1840. S. 495. Kelſall, Proc. of the Hampshire Field Club. 1890. (Southampton.) (A briefly annotated list of the birds of Hampshire and the isle of Wight.) ©. 22. (Druckfehler: Zeile 4 von oben 1883 für 1888.) Koller, Naamlijst van in Nederland in der vrijen Natuurstaat wargenomen vogels. In Feestnummer van de Bijdragen tot de Dierkunde, van 1. Mei 1888. (Amſterdam.) S. 44. Kolombatovic, G., Cat. Vertebrat. Dalmaticorum. (Spalato) 1888. S. 12. Leydig, F., Ueber Verbreitung der Thiere im Rhöngebirge und Mainthal mit Hinblick auf Eifel und Rheinthal. (Verh. d. nat. Ver. Jahrg. XXXVIII. 4. Folge. VIII. Bd.) S. 153. Macpherſon, H. A., und Duckworth, The Birds of Cumberland, eritically studied, including some notes on the Birds of Westmoreland. London 1886. S. XIX und 121. Madaraſz, Jul. von, Syſt. Ausz. d. Vögel Ungarns. (Peſt) 1881. S. 24. Marchand, Arm., Faune mammalogique et ornithologique d' Eure-et-Loir. Chartres. 1870. (Statistique scientifique du département Eure-et-Loir, publié par la société archeologique d' Eure-et-Loir.) S. 31. Mathew, M. A., Zoologiſt. 1863. Marſchall, Aug. Graf und A. v. Pelzeln, Ornis Vindobonensis. (Wien) 1882. S. 98. Menzbier, Bull. soc. imp. nat. Moscou. 1883. LVIII. S. 8 und 135. Meyer, A. B., Wallace's Geogr. Verbr. der Thiere Band I, S. 269, Taf. III. Band II, S. 377. Meyer, A. B., Abbildungen von Vogel-Skeletten. 1889. Lief. 12. 13. Nordmann, Cab. Journ. f. Ornith. 1876. XXIV. S. 44. Ogle, John J., A handy guide to the birds of the Bootle museum. (Bottle) 1890. S. 25. Pallas, Reiſe durch das ruſſiſche Reich. 1773. II. App. S. 712. Palmén, J. A., Meddel. Soc. p. Fauna et Flora fennica. II. 1885. S. 216. Pelzeln vgl. Marſchall. Prezwalski, Cab. Journ. f. Ornith. 1872. XX. S. 137. 138. Radde, Bericht über Reiſen im Süden von Oſt-Sibirien. 1861. S. 373. Ratzeburg, Syſt. Verz. der in der k. höh. Forſtlehranſtalt zu Neuſtadt⸗Eberswalde aufgeſtellten Sammlung ausgeſtopfter Thiere. III. Ausg. 1860. S. 40. 104 Paul Leverkühn, 261. Reichenow, Syſtem. Verzeichniß der Vögel Deutſchlands und des enen IE Mitteleuropa. (Berlin) 1889. ©. 43. : 262. Roebuck vgl. Clarke. 263. Saunders, Yarrell British Birds. IV. Ed. Vol. III. S. 31—44. 264. Saunders, A list of British Birds. (London) 1887. S. 15. 265. Schier, Wl., Mitth. d. ornith. Vereins zu Wien. (Schwalbe.) 1887. XI. S. 143. 266. Schreiber, I. Jahresber. d. öſterr.- ung. Beob.- Stat. (Wien) 1882. S. 149. 267. Sclater, A List of Brit. Birds. (London) 1883. S. 140. 268. Smith, J. A., Proc. Roy. Phys. Society. III. 1864. S. 178. 269. Stevenson, Birds of Norfolk. I. S. 337. 376—404. 270. Sundſtröm, Ornis 1886. II. S. 295. 3 271. Taczanowski, L., Ornith. Forſchungen in Oſt-Sibirien. (Ruſſiſch.) (Moskau 1877.) S. 46. i 272. Talsky, Joſ., Mitth. d. ornith. Ver. i. Wien (Schwalbe). 1885. S. 24. 273. Terquem, Mem. de la soc. d' hist. nat. du dep. de la Moselle. (Metz) 1866. 274. Thienemann, W., XXI. Ber. d. Verf. d. Deutſch. Ornith. Gel. 1875. S. 20. 275. Thomé, W., Thier- und Pflanzen-Geographie (II. Bd. von Klein-Thomé, Die Erde und ihr organiſches Leben). Stuttgart 1883. S. 110. 114. 364. 276. Tſchuſi zu Schmidhoffen, von, Ornis 1886. II. S. 166. 277. Tſchuſi zu Schmidhoffen, von, I. Jahresbericht d. öſterr.-ungar. Beob.⸗Stat. 1882. S. 149. 278. Vian, Mon. Pouss. Ois. Eur. qui naissent vétus de Duvet. Pihl Bull. f Soc. Zool. France. XI. 1886. Sep.-Abdr. ©. 8. 279. Wallace vgl. Meyer. j 280. Weerth, Ant., Monatsſchrift 1889. XIV. S. 466 (de 1863). ‘ 281. Wiepken, C. F. und Greve, E., Syſtem. Verz. d. Wirbelthiere im Herzogthum f Oldenburg. (Oldenburg 1876.) S. 45. 282. Wink, Fr., Deutſchlands Vögel. 1889. S. 141. | 283. Wood, Neville, The ornithologist's text-hook. (London) 1836. S. 124. 129. | 142. 146. | 284. Wiedemann, A., Vögel des Reg.-Bez. Schwaben und Neuburg. 1890. ©. 159. (XXX. Jahresbericht des Naturwiſſenſchaftl. Vereins für Schwaben und Neuburg [früher „Naturhiſtoriſchen Vereins für Augsburg“). 1891.) 285. Zaroudnoi, N., Bull. Soc. imp. Nat. de Moscou. 1885. S. 62. Folgende Verbeſſerungen bitten wir in dem Litteratur-Verzeichniß der II. Revue einzutragen: 14. Bree, Zuſatz: Zoologiſt. I ser. S. 8684. IId ser. S. 3688. 34. Delanoue, Dict. class. d' hist. nat., Zuſatz: VIII. S. 172. 56. Gould, Zuſatz zu Part IV: pl. 11. 87. Leunis, Syn. d. drei Naturreiche (Hannover.) III. Aufl. 1883. I. Zool., Zuſatz: Band I. S. 442. 443. 156. Sclater, List. Vert. An., Zuſatz: Ed. 1879. S. 397. Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue. I. 105 177. Wickevoort-Crommelin, van, Zuſatz hinter 219: bis 227 und hinter III. ſtatt 237: S. 239— 241. Ferner zuzuſetzen: Ornith. Jahrb. 1890. I. S. 96. 202. Proc. Zool. Soc. London, Zuſatz: 1845. S. 75. 76. (Syrrhaptes [sic!] paradoxus vom Altai); die übrigen Stellen ſind zu ſtreichen. (Sie ſind ſchon bei den betr. Autoren Newton, Parker und Wortley angeführt.) 6 Ferner bei den Zeitſchriften, welche Notizen über den 1888 er Zug enthalten: bei c) Nature ſtatt 24. Mai: 17.— 24. Mai 77. „ p) Hugo's Jagdzeitung nachzutragen: 1888. S. 292. A. B. Meyer. Zu dem Verzeichniſſe über Exemplare aus dem Jahre 1863, welche wir ſelbſt geſehen haben, fügen wir folgende Notizen hinzu: ad 2. Hannover: 1. 2 Gleidingen. Das am Telegraphendraht verunglückte Exemplar, von Kindern gefangen, wurde Herrn Block in Pattenſen gebracht, welcher es zwei Tage am Leben erhielt und es nach deſſen Tode Sr. Excellenz dem Herrn Oberjägermeiſter O. v. Reden in Reden überſchickte. Letzterer überwies das Exemplar dem Hamburger Provinzial⸗Muſeum. 2. 2 Geſchenk des Forſtdirectors Burckhardt. Dieſes Exemplar trug ein faſt reifes Ei in ſich; es wurde von Herrn Förſter Schrader in Polle erlegt. — Dieſe näheren Notizen — über Hannover — fanden wir in einer Notiz (Pralle's?) in der Neuen Hannov. Zeitung Nr. 258. Sonnabend, den 6. Juni 1863. S. 892. Ueber weitere 1863 in der Provinz Hannover erlegte Steppenhühner bringt die angeführte Notiz der Neuen Hann. Ztg. folgendes: Bei Wolterdingen (Kr. Soltau) wurden am 24. Mai 1863 zehn Stück geſehen, deren eines, ein p, erlegt (Ztg. f. N. Nr. 4390). Etwa am 25. Mai ein Exemplar bei Lingen am Telegraphendraht ver— letzt und gefangen (Neue Hann. Ztg. Nr. 246). Bei Gleidingen am 25. Mai 2 am Telegraphendraht verletzt und lebend gefangen. Bei Polle ein 2 in den letzten Tagen des Mai erlegt, am 31. erhalten. (Offenbar beziehen ſich die beiden letzteren An— gaben auf die Exemplare im Hannoverſchen Muſeum. Lev.) ad 3. Göttingen: 1. In Spiritus ein Exemplar aus Borkum 1863 (Prof. Wicke). 2. & juv aus der Ruſſiſchen Songarei. 3. & Jütland (als „juv“ im Handkatalog bezeichnet). 4. 2 Jütland. October 1863. 5. 6. G ? Borkum (1863. Prof. Wicke). Amſterdam. Die Sammlung des Zoolog. Gartens „Natura Artis Magistra“ enthält ein Exemplar aus dem Jahre 1859. Ueber die von uns in der I. Revue (Nr. 4, S. 377378; Sep.-Abz. S. 1) be⸗ ſprochene Holtz' ſche Arbeit brachte die Monatsſchrift (XV, 1890, S. 117-118) eine weitere ſehr günſtige Beſprechung aus der Feder des Herrn Baurath Pietſch in Torgau; ferner die Natur (Ule und Müller) 1890, S. 179. „K. M.“ unterzeichnet. a u Ye ne a 22 a PP / / [(c A ar En 2 > . 9 3 * 3 106 | Paul Leverkühn, Wir reihen eine kurze Beſprechung der inzwiſchen erſchienenen Arbeiten über 2 den 1888/89 Zug an: 2 13. (Laufende Nummer; vgl. Revue II.) Enrico Hillyer Giglioli, Primo reso- 3’ conto dei resultali della inchiesta ornitologica in Italia. Parte Prima Avifauna Italica Elenco sistematico delle specie di uceelli stazionarie e di passagio in Italia con nuovi nomi volgari e colle notizie ui qui formite dai collaboratori nella inchiesta ornitologiea. — Ministerio di Agricoltura, Industria e Commercio. — Direzione generale dell’ Agrieoltura. — Ufficio ornitologieo. — Con una carta delle stazioni ornitologiehe in Italia. — Firenze. 1889. 8”. VII + 706 pp. — S. 512—514. Nach einleitenden Bemerkungen weiſt Verf. darauf hin, daß außer anderen das Bollettino del Naturalista verſchiedene Notizen über Italien gebracht habe; ſodann theilt er die aus Italien bekannt gewordenen Fälle mit, indem er die Provinzen Italiens einzeln beſpricht. 110 Exemplare in Italien erlegt. 41 Exemplare in Italien gefangen. Ueber Niſten in Italien iſt Verf. nichts bekannt geworden. N 14. Salvadori, Tom., Le ultime notizie intorno al Sirratte in Italia negli anni 1888 e 1889. (Ex: Bollettino dei Musei di Zoologia ed Anatomia comparata della R. Universitä di Torino. Vol. IV. N. 70. Pubblieato il 21. Ottobre 1889. 8. 5 pp.) Beſprochen im Ibis 1890, S. 259 und in der Schwalbe 1890, S. 70. Zu dieſer III. und letzten Zuſammenſtellung über das Auftreten in Italien giebt der Verfaſſer ergänzend die einzelnen Fälle chronologiſch, anfangend mit dem J. Mai 1888 und ſchließend mit dem März 1889. Er corrigirt einige Angaben ſeiner beiden früheren Arbeiten (vgl. unſere II. Revue Monatsſchr. 1889, S. 371, 372; Sep.⸗Abz. S. 9, 10) und eitirt folgende Schriften, in der ſich Steppenhuhnnotizen finden: Agostino Bonorni’s, Nuove contribuzioni alla Avifauna Tridentina (p. 43); Carazzi, Appendice ai materiali per una Avifauna del Golfo di Spezia e della Valle di Magra (p. 2); Giglioli, Avifauna Italica (p. 514). — Zum Schluß ſtellt er auch eine Tabelle der in Italien geſehenen, gefangenen und auf— bewahrten Exemplare nebſt den Daten zuſammen; danach wurden 143—147 Stück geſehen, 51 erbeutet und 27 conſervirt. 15. Dubois, Alph., Compte rendu des observations ornithologiques faites en Belgique pendant les années 1887 à 1889. (Ex: Ornis 1890. S. 40—41.) b Auf dieſe Mittheilung wieſen wir ſchon in der II. Revue (S. 371, 372; Sep.⸗Abz. S. 14) hin. Die erſten Hühner (30 Stück bei Braine-d' Alleud) wurden in Belgien am 11. Mai beobachtet. Im Winter 1888/89 ſah man ſie bei allen Geflügelhändlern Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß⸗) Revue. I. 107 zu 80 Centimes bis Fr. 1,20 per Stück. Aus der Nähe von Amſterdam hatte ein Händler zwei Eier erhalten, die A. Dubois mit eigenen Augen geſehen hat. 16. Blaſius, Rud., Die Syrrhaptes- Wanderung. (Titel ungenau.) Eine umfangreiche Arbeit über den Zug in 1888/89 wird laut brieflicher Mit— theilung (12. Jan. 1891) im Organ des Permanenten internationalen Ornithologiſchen Comités, in der von R. Blaſius und G. von Hayek redigirten Ornis erſcheinen. Prof. A. Newton ſtellte, wie er in dem weiter unten (Nr. 20) beſprochenen Aufſatze mittheilte, ſeine Notizen zu dieſer centraliſirten Arbeit dem Verf. zur Verfügung (?). Damit erledigt ſich unſere Notiz (II. Revue S. 399, Sep.⸗Abz. S. 14, Anm. ), nach welcher im Newton'ſchen Bericht die Büttikofer'ſchen Notizen publicirt werden würden. 17. Altum, B., Dr., Zur Verabſchiedung des Steppenhuhns. (Ex: Danckel⸗ mann, Zeitſchrift für Forſt⸗ und Jagdweſen. XXI. 1889. S. 747-753.) Von Anfang an erkannte Altum, daß ſich die Thiere nicht dauernd bei uns anſiedeln würden, weshalb er ſeiner Ueberzeugung, daß die Fortnahme einzelner Eier bez. Gelege ohne alle weiteren Folgen ſei, öffentlich Ausdruck verlieh. Um in den Beſitz von einheimiſchen Steppenhuhneiern bez. Dunenjungen für die Sammlung der k. Forſtakademie zu gelangen, wandte ſich Verf. an die kgl. Regierung in Schleswig, welche daraufhin zunächſt durch die 15 Oberförſter der Provinz jede nur in Er— fahrung zu bringende Auskunft über die Thiere zuſammenſtellen ließ. Die Reſultate dieſer Eingaben (Antworten auf einem Fragebogen mit 19 Rubriken) giebt Verf. im Reſumé. Eine Notiz über Bruten in Schleswig-Holſtein fehlte darunter! — Die Bemerkung, das einzige deutſche Steppenhuhnei aus 1888 ſei in unſerem Beſitze — wir konnten es Herrn Profeſſor Altum auf ſeiner Durchreiſe am 16. Auguſt 1889 in Frankfurt a. M. im Hotel zeigen —, iſt nach den Veröffentlichungen Rohweder's in der Ornithol. Monatsſchrift nicht mehr ganz zutreffend (vgl. Monatsſchr. 1889, S. 36 ff.). Den Schluß des Aufſatzes bilden Betrachtungen über die Gründe, wes— halb Syrrhaptes bei uns nicht zur Anſiedelung kommen konnte. (Der Aufſatz wurde in Röhl's Zeitſchr. f. Ornith. und Nitzſche's Ill. Jagd-Ztg. abgedruckt.) 18. Tſchuſi zu Schmidhoffen, von, Das Steppenhuhn (Syrrh. paradoxus Pall.) in Oeſterreich⸗ungarn. Eine ornithologiſche Studie. Mit einer Karte. Graz 1890. (Ex: Mittheilungen des naturwiſſenſchaftlichen Vereins für Steier— mark. 1890. Band XXVI. IV + 100 SS.) Auf dieſe ſehr eingehende und erſchöpfende Arbeit wieſen wir vorläufig ſchon in dieſen Blättern!) hin. Durch die Aufrufe vom „Permanenten internationalen ornithologiſchen Comité“ und vom „Comité für ornitholog. Beobachtungs-Stationen ) Ornith. Monatsſchrift 1890. XV. S. 316. 108 Paul Leverkühn, in Oeſterreich-Ungarn“, ferner durch Privataufforderungen in Jagdjournalen, Tage blättern u. ſ. f, endlich durch die vom k. und k. Ackerbau-Miniſterium veranlaßte Regiſtrirung von Beobachtungen ſeitens der Forſt- und Domänen-Directionen, der Forſttechniker der politiſchen Verwaltung und deren unterſtehenden forſtlichen Organen wurde Verf. in den Stand geſetzt, ein ſehr umfangreiches Material zur Verarbeitung zu erhalten. Da die früheren Wanderungen für die Monarchie noch nicht einheitlich bearbeitet waren, iſt auch über ſie ein detaillirter Bericht gegeben. „Ueber ſämmtliche Züge iſt ein dieſelben betreffendes Litteratur-Verzeichniß beigefügt. Das geſammte Beobachtungs-Material iſt alphabetiſch nach Ländern und innerhalb dieſer der leichteren Ueberſichtlichkeit wegen nach Bezirkshauptmannſchaften, Comitaten und Diſtricten ge⸗ ordnet. Angaben, die nicht mit voller Sicherheit auf das Steppenhuhn zu deuten waren, ſind in Klammern geſetzt und durch kleinen Druck erſichtlich gemacht. Zur raſcheren Orientirung der zeitlichen Ausdehnung des Zuges dient eine chronologiſch | geordnete Ueberſicht, während eine nach Ländern und Monaten zuſammengeſtellte Tabelle einen ungefähren Ueberblick über die geſehenen, gefangenen, erlegten und ver- unglückten Exemplare gewährt.“ (Aus dem Vorwort.) Die Schlußbemerkungen geben eine allgemeine Ueberſicht der bisherigen Züge, den 1888 er, deſſen Zugrichtung (im Oſten der Monarchie durch die Karpathenkette Trennung des Zuges in einen nörd— lichen und ſüdlichen Stamm veranlaßte), Zugdauer (Zugbeginn, Hauptzug, Zugende, Rückzug), Ueberwinterung, Zahl der a) beobachteten, b) erlegten und e) verunglückten Steppenhühner (in 1888: a) 5057, b) 118, e) 29; 1889: a) 94, b) 4, e) 1 Summa: a) 5152, b) 122, e) 30), Aufenthalt, Benehmen, Lauf und Flug, Fortpflanzung (einzelne Weibchen hatten Brutflecken und legereife Eier), Stimme, Nahrung, Feinde, Braten und Acclimatiſationsfähigkeit. Es folgen einige Nachträge und ein Verzeichniß der auf der Karte bezeichneten Orte. — Ein Studium dieſer ſehr dankenswerthen Lokalmonographie iſt für den Steppenhuhn-Specialiſten unerläßlich. 19. Macpherson, H. A., The visitation of Pallas’ Sand-Grouse to Scot- land in 1888 together with an account of its nesting, habits and migrations. Prepared chiefly from information collected by Professor Newton and J. A. Harvie-Brown, Esq. London, Porter 1889. Kl. 8°. Mit Karte von Schottland. VIII + 38 pp. 1sh. 2 d. Zunächſt beſpricht Verf. das Vorkommen in den 12 nach fauniſtiſchen Principien angenommenen Landestheilen Schottlands, dabei wieder die chronologiſche Reihenfolge beobachtend und unter beſtändigem Hinweis auf die derzeitigen Vorkommniſſe aus dem Jahre 1863. Dabei ergiebt ſich das beachtenswerthe Reſultat, daß, wo 1863 ein Steppenhuhn erſchien, 1888 ein Dutzend oder ein halbes Hundert geſehen wurde. Das früheſte Datum ſtammt auffallenderweiſe mitten aus dem Lande (Fyoie, Areal Dee) ca. 20 engl. Meilen von der Küſte entfernt. Wie uns Herr Rev. Macpherſon emen . Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue. I. 109 ſchrieb (27. Aug.), iſt dieſes Datum, der 14. Mai, mit beſonderer Sorgfalt authenti- ficirt worden; „der erſte Trupp muß gleich nach ſeiner Ankunft in das Binnenland gezogen fein“ (Macpherſon, in litt.. Macpherſon nimmt an, daß fie an der Küſte vielleicht 3 Tage ſpäter erſchienen fein würden. Darauf folgen intereſſante Kapitel über die Brut — nur ein Fall, in welchem Junge geſehen wurden, ſcheint nicht an— gezweifelt werden zu dürfen —, die Nahrung, das Betragen und den Herbſtaufenthalt. 20. Newton, A., On the Young of Pallas’ Sand-Grouse (Syrrh. para- doxus). (Ex: Ibis 1890. Nr. XX. S. 207—214. pl. VII.) Die wichtigſte Entdeckung über das vielgeliebte Steppenhuhn haben wir den Engländern zu verdanken. Wie ſie es waren, welche die erſte Ei-Abbildung der wiſſenſchaftlichen Welt vorlegen konnten nach der erſten Einwanderung, ſind ſie es auch geweſen, welche den erſten Pullus abbildeten. — Profeſſor Alfred Newton in Cam— bridge hatte die Güte, uns ſchon vor Publicirung in engliſchen Organen über ſeinen Triumph zu berichten. Prof. Newton legte Exemplar und Tafel am 12. Septbr. 1890 der Biologiſchen Section der Britiſh-Aſſociation in Neweaſtle-on⸗Tyne vor.“) — Eine vorläufige Notiz über das „Breeding of Pallas’ Sand-Grouse in Britain in 1889“ erſchien im Field vom 14. Septbr. (Nr. 1916, S. 408); ferner abgedruckt in „Supple- ment to tlie Neweastle Daily Chronicle“ (13. Septbr., S. 3) und in Harting's Zoologiſt (October⸗Kummer, S. 383). Verf. überläßt die Zuſammenſtellung der Ge- ſammtwanderung Prof. Rud. Blaſius und begnügt ſich damit, feinen Leſern die Creme der II. großen Invaſion vorzuſetzen: Darſtellung in Wort und Bild eines in England erbeuteten Dunenjungen, des erſten, welches überhaupt bekannt geworden iſt. Zus nächſt berichtet er zur Ergänzung von Macpherſon's Schrift von den im Jahre 1888 durch einen glaubwürdigen Jagdaufſeher beobachteten 2 Jungen; ſelbe wurden, etwa 3—4 Tage alt, zuerſt gefunden und wiederholt in Begleitung ihrer Eltern geſehen, ja ſogar ergriffen und dann wieder in Freiheit geſetzt. Späterhin ſah der Entdecker Alexander Scott meiſt die Alten ohne die Jungen, weshalb er glaubt, daß letztere umgekommen ſeien. Der Boden, auf dem fie gefunden wurden, war ſandig mit Gras⸗ büſcheln beſtanden, wie man ſie an der Küſte antrifft. — Sodann erzählt Prof. A. Newton die Geſchichte „ſeines“ Pullus. Er erhielt am 9. Auguſt 1889 eine Schachtel durch die Poſt mit der Aufſchrift „Lebender Vogel“. Nachdem er wie gewöhnlich bei derartigen Gelegenheiten die Fenſter geſchloſſen hatte, öffnete er den Behälter, in der Erwartung, einen weißen Sperling oder dergleichen vorzufinden. Allein der arme Gefangene war bereits todt: es war kein Spatz, ſondern ein junges Steppenhuhn. Es folgt eine genaue Beſchreibung des Vogels, begleitet von einer vortrefflichen Tafel, auf welcher der ganze Pullus und ſein Kopf apart, nach dem friſchen Exemplar auf- *) On Syrr. paradoxus a native of Britain. 110 Paul Leverkühn, N 5 genommen, dargeſtellt ſind. Der Eigner des Thieres hatte allerdings ſofortige Rück⸗ 1 ſendung verlangt, aber im Intereſſe der Wiſſenſchaft behielt es Newton ſo lange, um telegraphiſch ſich ſeines Malers Mr. Frohawk vergewiſſern zu können, welchem er alsdann nach telegraphiſcher Benachrichtigung des Beſitzers am ſelben Abend den Vogel zuſandte, ſodaß dieſer im Stande war, 48 Stunden nach dem Tode die Zeich⸗ nung zu vollenden. Darauf ward das junge Steppenhuhn ausgeſtopft und der Britiſchen Association for the Advancement of Science von Prof. Newton vor⸗ gelegt. Eigenthümer iſt Major Chadwick in Binsneß, welcher über die Erbeutung folgendes mittheilt: Ende Juli 1889 von Norwegen heimgekehrt, erfuhr er durch ſeinen Jagdaufſeher, daß ſich wieder Steppenhühner eingeſtellt hätten und daß kürzlich zwei getrennt von den übrigen nach einer Dünenparthie (sandhills) fliegend geſehen wären. Tags darauf jagte Major Chadwick ſelbſt die fraglichen Vögel auf, welche jedoch nur 59 Ellen weit flogen. . æ. . Zwei Tage ſpäter gelang es Ch. und ſeinem Jagdaufſeher, mit Hülfe eines Hundes ein Junges zu bekommen; ſie begnügten ſich mit einem, um die Vögel weiter nicht zu ſtören. Ch. vermuthet, daß noch 2 da geweſen ſind; wie er auch annimmt, daß daſſelbe Paar dort auch 1888 gebrütet hat. — Im Kropfe des Jungen fanden ſich Sämereien von 45 Arten Pflanzen, unter anderm von Lolium perenne, Aira eaespitosa, Cytisus scoparius, Poa annua, Polygonum persiearia. — Ganz beſondere Beachtung verdient der ſpäte Termin der Brut. Die genaue Beſchreibung des Exemplars geben wir nicht mehr in Ueber— ſetzung, da ſie, ſowie der geſammte bedeutungsvolle Aufſatz inzwiſchen von Dr. E. Schäff“*) im Journal für Ornithologie dem deutſchen Publikum vorgelegt wurde. — Einen ausführlichen Auszug der Newton'ſchen Arbeit brachte mit reproducirten (ſchwarzen) Bildern Tegetmeier im Field vom 19. April 1890 (Nr. 1947, S. 586) unter dem Titel: Breeding of Pallas' Sand-Grouse in Scotland. 21. Evans, William, Notes on Pallas' Sand-Grouse (Syrr. paradoxus) in Scotland during the receut great westward movement of the species. (Ex: Proceedings of the Royal Physical Society. Vol. X. Part. 1. 1889. Nr. XIV. Read 20 February 1889. S. 106—126.) Nach einer allgemeinen Einleitung, in welcher Verf. darauf aufmerkſam macht, daß nach Eagle Clarke's Meinung große Schneemaſſen die Vögel aus ihrer Heimath vertrieben haben, beſpricht er nach Gegenden — die ſchottiſche Oſtküſte aufwärts, die Weſtküſte abwärts — die 50 einzelnen Vorkommniſſe mit genauer Kritik der in politiſchen und ſportlichen Zeitungen darüber niedergelegten Mittheilungen. Sodann ſtellt er Betrachtungen über die Ankunftsdaten (das früheſte iſt der 15. Mai, S. 120), die Ausdehnung der Einwanderung und die weiteren Bewegungen der Steppenhühner ) April 1890. Band XXXVIII. S. 159165. | \ i 1 Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue. I. 111 im Lande, über ihre Zahl (S. 122) und Sterblichkeit, ihre Nahrung und ihr Wohl— befinden, Sitten und Lockſtimme an. 22. Bolam, George, Some notes on the occurrence of Pallas’ Sand- Grouse, Syrr. paradoxus (Pallas) in the district, during the recent visi- tation of the species to this country. (Ex: Berwiekshire Naturalist's Club Transactions. 1889.) Alnwick H. Blair. 8”. 10 SS. Nach dem obligaten Hinweis auf 1863 und einigen Bemerkungen zur all— gemeinen Naturgeſchichte des Vogels, macht Verf. auf den ſeltſamen Umſtand auf— merkſam, daß das erſte in England 1888 erbeutete Exemplar (bei Cragſide am 23. Mai) nur einige Meilen entfernt von jenem Platze gefunden ſei, unter dem Telegraphen— draht, woſelbſt 1863 der erſte Pionier geſichert wurde (bei Thropton bei Rothbury am 21. Mai). Dieſes 1888 er Exemplar wird im Newceaſtle-Muſeum aufbewahrt. Vielleicht iſt indeß der 6. Mai das früheſte Datum für die 1888 er Einwanderung in England: an genanntem Tage lief ein Segelſchiff auf Megſtone, einer der Farne Inſeln, auf den Grund; die Schiffer von Holz-Island eilten zu Hülfe und fanden einen Vogel auf der Inſel, der ein Steppenhuhn geweſen ſein ſoll; da die Bootsleute ſpäterhin oft Gelegenheit hatten, Steppenhühner zu beobachten und an ihrer erſten Diagnoſe feſthielten, ſo iſt die Sache wohl möglich. Auf der „Heiligen Inſel“ hielten ſich die Thiere nach kurzem Aufenthalt ſehr zu einander, ſo daß bei 10 Stück auf einen Schuß erlegt werden konnten und Doubletten keine Seltenheit waren. Die Mehrzahl wurde geſchoſſen und gegeſſen; die Flügel wanderten auf die Sonntags- Hüte der Fiſchermädchen; einige wenige Exemplare fanden ihren Weg in wiſſenſchaft— liche Stätten. Nach dem 9. Juli ward keins mehr geſehen. Intereſſant iſt die Be— merkung, daß Steppenhühner mit zahmen Tauben zuſammen äſend beobachtet wurden. Brüten wurde trotz ſorgfältigen Aufachtens nicht conſtatirt. Am 16. Auguſt traf Verf. ſelbſt bei Roß einen Trupp von 50—60 Stück, über deren Stimme, Benehmen und Mauſer er ſich eingehender verbreitet; dieſer Trupp, urſprünglich nach Berichten 150— 200 Stück ſtark, nahm nach und nach an Zahl ab und war am 17. October auf 5 zuſammengeſchmolzen, die ſpäterhin nicht wieder erblickt wurden. Bei Eaſington Demeſne traf Verf. auf der Hühnerjagd am 24. October endlich noch ein Exemplar an; ebendort wurden durch einen Rattenfänger um die Mitte November nochmals 10 oder 12 Exemplare zum Aufſtehen gebracht. Aus dem Jahre 1889 liegen nur 2 Beobachtungen vor: am 4. und 5. März und 12. und 13. Mai wurden je 2 Stück bei Roß und auf Holz⸗Island von Fiſchern geſehen, ſo daß G. Bolam mit Recht ſarkaſtiſch die Parlaments⸗Schon⸗Beſtimmung vom 1. Febr. 1889 mit dem Schließen des Stalles, nachdem das Pferd entlaufen ſei, vergleicht. — Es werden dann noch die einzelnen Fälle, die zur Beobachtung gelangten und durch die Tagespreſſe und private Mittheilung des Verf. kamen, genauer beſprochen und regiſtrirt. Den Schluß 112 Paul Leverkühn, der ſehr anziehend geſchriebenen Skizze bildet eine kurze Betrachtung über die Un⸗ 5 wahrſcheinlichkeit einer jemaligen Einbürgerung des Steppenhuhns. Es berührt eigen⸗ artig, daß der liebenswürdige Autor, ein großer Vogelfreund und Schützer offenbar, mit der Bitte vom Leſer Abſchied nimmt, ihm ein Exemplar jenes Vogels abzulaſſen, den zu ſchießen er mannigfaltige Gelegenheit hatte, die er aber nie benutzte, um ihn zum Bleiben zu bewegen!“) 23. Tegetmeier, W. B., The new game Bird. Pallas’ Sand-Grouse: its natural history. With a plea for its preservation. London, Horace Cox. 1888. 1 sh. — Der Innentitel lautet: Pallas“ Sand-Grouse - (Syrr. paradoxus), its history, habits, food and migrations; with hints as to its utility, and a plea for its preservation. With coloured plate and woodeuts. 8”. II + 24 SS. + Errata. So lautet der genaue Titel dieſer von uns ſchon zweimal (I. Revue S. 380, Sep.⸗Abz. S. 4; II. Revue S. 400, Sep.-Abz. S. 15) erwähnten Schrift, die leider ſchon lange vergriffen iſt; die beigegebene von Weſt, Newman u. Co. ausgeführte Chromolithographie iſt ganz vortrefflich. Die Arbeit ſelbſt, „in äußerſter Haft durch die Preſſe gejagt,“ beſpricht nach den Quellen (Przewalski, Radde, Swinhoe) die Aufenthaltsplätze, geographiſche Verbreitung und Sitten des Huhnes in der Heimath, ſeine Nahrung, Wanderungen, Stellung im Syſtem, giebt eine allgemeine Schilderung, begleitet von 4 Holzſchnitten, welche Tarſus und Fuß von oben und unten, das Ei und das Bruſtbein bildlich darſtellen, und endet mit der Aufforderung zum Schutze der Immigranten. 24. Winge, Herluf, Om Steppehonen (Syrr. paradoxus) i Danmark i 1888. (Ex: Videnskabelige Meddedelser fra den naturhistoriske Forening. Kjobenhavn 1889. 8. S. 57100.) Geſchloſſen: 28. Mai 1889. In dieſer ſehr eingehenden Arbeit, auf welche ſchon im erſten in däniſcher Sprache abgefaßten Jahresbericht über däniſche Vögel hingewieſen war,“) ſind die Mittheilungen von nicht weniger als 74 däniſchen Ornithologen verwerthet, unter denen manche ſehr bekannte Namen wie: Lütken-Kopenhagen, Barfod-Vordingborg, H. C. Müller-Färor, Hagerup u. a. glänzen. Das erſte dänische Steppenhuhn ließ ſich am 26. April ſehen — daſſelbe, über das wir zuerſt berichteten (II. Revue *) So ausführlich beſprochen, da die Zeitſchrift gewiß in ſehr wenigen Exemplaren (wenn überhaupt!) in Deutſchland zu finden ſein wird! — In derſelben finden ſich auch die folgenden ſehr intereſſanten Arbeiten deſſelben Verfaſſers: Ornithological notes. Vol. IX. 1880. S. 165 — 170. X. 1884. S. 384—396. Nesting of the Pied Flycatcher (Muse. atrieapilla) in Nor- thumberland. XI. 1886. S. 258—263. ) Herluf Winge, Fuglene ved de danske Fyr. 1888. 6te Aarsberetning om danske Fugle. Med et Kort. — (Videnskab. Medded. fra den naturhist. Forening 1890. ©. 104. NER, Abz. S. 51.) FF Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue. I. 113 S. 401, Sep.⸗Abz. S. 17). Nach einer allgemeinen Schilderung des Zuges und Auf— enthaltes beſpricht Verf. die Einzelfälle nach geographiſcher Eintheilung (Bornholm, Seeland, Moen, Falſter, Lolland, Langeland, Aero, Taaſinge, Fünen, Samſo, Anholt, Laeſo, Jütland, Färor. Auf den Färor wurden Trupps zum Ende Mai 1888 be— obachtet; die Notizen ſtammen aus Baago, Koltero und Oeſtero.]). Ein Nachtrag zu dieſer Arbeit findet ſich im 7. dänischen ornithologiſchen Jahresbericht,“) der ſich auf Notizen aus der Dansk Jagttidende, aus verſchiedenen Tagesblättern und auf briefliche Mittheilungen ſtützt. — Die von uns publicirte Angabe Cl. Weller's (II. Revue S. 401, Sep.⸗Abz. S. 16), es ſeien nur 3 Gelege in Dänemark gefunden, muß nach S. 63/64 des Winge'ſchen Berichtes dahin erweitert werden, daß mehr als ein Dutzend vom Mai bis 2. Juli gefunden find; die Eierzahl vartirte zwiſchen 2 zu 4; das regelmäßige waren 3. Hahn und Henne brüteten. Kleine Dunenjunge find mit Sicherheit an mehreren Stellen conſtatirt, jo ſüdöſtlich von Ring-Kjobing ꝛe. — Durch dieſe ausführliche Arbeit wird Herr Pirzel wohl bewogen ſein, von ſeiner Abſicht, über den Zug in Dänemark zu berichten, abzuſtehen (vgl. Anm. ), II. Revue S. 401, Sep.⸗Abz. S. 16). 25. Vian, Jules, Retour du Syrrhapte paradoxal en France. (Ex: Bull. Soc. Zool. France. 1888. XIII.) 26. Juni. S. 154—156. 26. Derſelbe, Sejour du France du Syrrhapte paradoxal. (Ib. 1889. XIV.) 23. April. S. 78 — 79. Der gelehrte vormalige Präſident der franzöſiſchen zoologiſchen Geſellſchaft macht in einigen einleitenden Bemerkungen darauf aufmerkſam, daß man das Huhn im Dunenkleid““) noch nicht kenne (mittlerweile entdeckt, vgl. oben bei Newton, Field! ), und daher noch nicht wiſſe, ob es in dieſem Alter durch die Alten geatzt würde oder gleich ſelbſt ſeine Nahrung zu ſich nähme, wie die übrigen Gallinaceen. — Das erſte Exemplar in Frankreich wurde am 14. Mai aus einer Schaar von 13 Stück erbeutet. — Herr Vian bemerkt, daß die Steppenhühner gewöhnlich zweimal in ihrer Heimath brüten und wahrſcheinlich nur zur zweiten Brut ausgewandert ſeien, in Ermangelung genügender Nahrung für ihre Nachkommen. — Zwiſchen dem 25. Januar und 23. April iſt dem Verf. nichts in Frankreich über beobachtete Steppenhühner zu Ohren gekommen; dagegen hält er das am 25. Januar erbeutete Weibchen für ein junges vom Jahre und führt dafür verſchiedene triftige Gründe an. — Ein auf- *) Idem, 7de Aarsberetning. (Ibid. 1890. S. 156. Sep.⸗Abz. S. 51.) *) Bekanntlich ſtudierte Vian ſpeciell die Dunenkleider, über welche er folgende Mono— graphieen veröffentlichte: Monographie des poussins des oiseaux d' Europe, qui naissent vetus de duvet. (Ptilopaedes Sund.) Gallinacées. Echassiers. Bull. soc. zool. France. 1886. S0 SS. Palmipedes. Ib. 1887. 84 SS. Rapaces. Avec un supplément à l’ordre des Echassiers. Mem. soc. zool. France. 1888. 64 SS. | 114 Paul Leverkühn, e f Be; fallendes Moment zeigten 4 innerhalb zweier Monate erlegte Exemplare: fie waren unterwärts total ſchwarz; um ſich von Paraſiten zu befreien, wie Vian annimmt, 1 hatten fie ſich auf Kohlenmeilerplätzen häufiger getummelt und waren daſelbſt jeher ſchmutzig geworden. (Die ſchwarze Farbe ließ ſich durch Waſchen leicht wieder ent⸗ fernen.) | 27. Kempen, van, Ch., Séjour des Syrrhaptes dans le nord de la France en 1888. Paris 1889. (Ex: Bulletin de la société zoologique de France pour année 1889. Tom. XIII, S. 145—146 et XIV, S. 18—21. 1888/89. 8%.) Beſprochen im Ibis 1890 S. 2, nebſt nachträglicher Notiz. Zu den 3 im Separatabzug vereinigten Notizen giebt der durch ſeine ornitho⸗ logischen Arbeiten“) wohl bekannte Autor eine Ueberſicht über die ihm bekannt ge- wordenen Fälle des Vorkommens in Nordfrankreich. Er erwähnt eine an der belgiſchen Grenze gemachte Doublette; die Muſeen in Dünkirchen und Lille erhielten Exemplare; die meiſten wurden in den Dünen erlegt, unter den zuletzt erbeuteten kamen mehrere mehr aus dem Innern des Landes vor. Von Anfang Mai bis zum 22. December erſtrecken ſich die Notizen. Das Neſt mit 15 Jungen, über das Verf. von einem Gensdarmerie-Brigadier Berck Bericht erhielt, und bei dem letzterer mehrere „Mütter“ beobachtet haben will, iſt jedenfalls nicht dem Steppenhuhn an⸗ gehörig geweſen, wie van Kempen unter der Vorausſetzung annimmt, daß mehrere Weibchen vielleicht zuſammengelegt hätten. Wir ſind ſo felſenfeſt von der Unrichtigkeit dieſer Hypotheſe überzeugt, daß wir daher den ſonſt in das Kapitel der „Fremden Eier im Neſt“ gehörenden Fall nicht in unſer ſoeben erſchienenes Buch“) auf— genommen haben. — Den Schluß der Bemerkungen bilden einige Notizen über den geringen Werth des Steppenhuhnwildprets. en © ˙ . A Tu an nn LE a ut Ya Ar a de ne 28. Bureau, L., Sur le séjour du Syrrhapte paradoxal (Syrr. paradoxus) dans !' Ouest de la France. (Ex: Bull. de la soc. zool. de France. XIII. 1888. S. 110-111. 29. Casano ve, J., de, Le Syrrhapte paradoxal en Champagne. (Ib. S. 86.) Bureau hatte ſchon in den Mem. de la soc. zool. de France (I. 1888. S. 245) für die Zeit vom 11. Mai bis 23. Juli 1888 über Einzelvorkommen in Oſtfrankreich berichtet; ſeine Notizen ſetzt er im Bulletin bis zum 20. Mai 1889 *) Wir führen davon an: Sur une série de mammiferes et d' oiseaux d' Europe presentant des anomalies ou des vari6tes de coloration. (Bull. de la soc. zool. de France. Tom. XIII. 1888.) — Sur quelques oiseaux rares du Nord de la France. (Ibid. XIV. 1889. S. 104—107.) — Oiseaux hybrides de ma collection. (Mémoires de la soc. zool. de France. III. 1890. S. 102—112.) | **) Leverkühn, P., Fremde Eier im Neſt. Ein Beitrag zur Biologie der Vögel. 1891. Berlin, R. Friedländer u. Sohn. | Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß) Revue. I. 115 fort. — Caſanove beſpricht 3 Fälle vom Vorkommen des Steppenhuhns in der Champagne. Ueber den 1888/89 er Zug brachten die folgenden periodiſchen Zeitſchriften in— zwiſchen längere und kürzere Notizen: a)*) The Ibis. 1889. Heft 4. (Vgl. oben Nr. 20 Newton.) 1890. Heft 2. S. 250. Beſprochen: v. Kempen's Aufſatz S. 259; Salvadori's ultime notizie S. 465 — 466 (Blaauw und Sclater). . b) Proc. Zool. Soe. London 1889. Theil 1 und 2. 1888: Irby, Reid S. 615; S. 291 ſteht falſch 28. June für 26. June und eran für craw; Kernmode ©. 234; Macpherſon S. 265. e) Nature. Stuart 17. März 1888. d) The Zoologist. 34 ser. Vol. XII. 1888. S. 388. 1888: Irby, Reid S. 261; Cordeaux S. 419—423. 3d ser. Vol. XIII. 1889: Williams S. 34; Cordeaux S. 34; Howard S. 51— 60 (Notes on the occurrence of Pallas“ Sand-Grouse in Lincolnshire) S. 266; Macpherſon S. 72; Nelſon S. 72, 146; Jeffery S. 72; Bazeley S. 72— 73; Dad S. 75— 76; Hewett S. 108; Corniſh S. 108; Prentis S. 108— 109; Alliſon S. 184; Sargent S. 184; Reichenow S. 227; Bond ©. 227; Salmon S. 227— 228; Struck S. 266; Whitaker S. 351; Newton S. 383; Hender- ſon S. 383. 34 ser. Vol. XIV. 1890: Blagg S. 101 —102; Newton, Evans, Macpherſon (Litt.) S. 180 — 181. e) The Scottish Naturalist. 1888. Juli: Sim; October: Drummond, Hay, Simpſon S. 340. | f) The Naturalist. London 1890. Cordeaux ©. 5, 195 — 197; Lofthouſe ©. 98. June: Clarke S. 170; July: Bailay S. 198; Aug.: Knubley S. 222; Sept.: Bad- houſe S. 278. 1888: Dec.: Harriſon, Cole S. 354. g) Bull. Soc. Zool. France. Vgl. oben van Kempen, Bureau, Caſanove. k) Bull. de la soc. nationale d'Acclimatation. Magaud d'Aubusson. 1889. XXXVI. S. 222. J) Sitz.⸗Ber. d. Gef. naturf. Fr. in Berlin. 1888. S. 104. (Schäff.) m) Cab. Journ. f. Ornith. 1889. Werthoff S. 217. XXXVII. Nr. 2. Con⸗ wentz S. 190. n) Schwalbe. 1888: Talsky, Sof, S. 170— 171. 1889. 1—3: Harz, C. O., S. 100 — 103; Laminet S. 138; Eder, Rob., S. 145 — 148. XII. anon. S. 87. Salvadori (beſprochen) S. 166. 1890: Nr. 70. v. Kadich S. 167; v. Tſchuſi S. 208 — 214, 289 — 290. 0) Noll, Zool. Gart. 1889: Reimers S. 317. 1890: Eiffe S. 25 (aus Schubyl!). p) (Wiener) Hugo's Jagd-Ztg. 1888. XXXI. Großbauer S. 630; derſelbe in „Neue Freie Preſſe“ October 1888; v. Tſchuſi S. 306, 656; J. v. E. S. 450; A. B. Meyer S. 292— 294, 520—525, 558 — 563; Red. S. 669; anon. S. 345 346, 378-—379. 1890: Röhl S. 186— 188. *) Wir behalten der Ueberſichtlichkeit wegen dieſelben laufenden Buchſtaben wie in der II. Revue bei. Lev. 116 Paul Leverkühn, 9 > 8 d) Weidmann. 1888. XIX. S. 321, 327, 343, 351, 422. Dombrowski S. 133—134, 295, 303, 311. XX. S. 31, 55, 65, 73, 97, 121, 188, 196, 379. Schimitſchek S. 97. Aeſung S. 31, 196. Unter Rebhühnern S. 153. In der Heimath S. 181. 1889: Allendörfer S. 63. XXII. 1890. („von Si) S. 82 (über Exemplar von Helgoland aus 1888). r) Gef. Welt. 1888. S. 283, 295. Schütz S. 197; v. Tſchuſi S. 215; anon. S. 375. 1889. XVIII. Alberdingk S. 432. s) Nitzſche, Ill. Jagd-Ztg. Nr. 50. A. K. v. Schulenburg S. 600. 1890: aus Schuby!! S. 168; Altum ex Danckelmann S. 207 — 209 (Nr. 18). t) Neudammer, D. Jäger-Ztg. XIII. Bieler S. 172; Seifarth S. 788; Kehn S. 976. Nachricht vom 8. Septbr. 1889. 1888: Nobbe Nr. 15. X. S. 274. Hoepfner S. 808 —809; Red. S. 812; Gießel S. 828. 1889/90: Brauner ©. 661. XVI. 1890. S. 275 („. c.)). b u) Röhl, Zeitſchr. f. Ornith. 1889. XIII. Nr. 8. S. 117. 1890. XIV. A. B. Meyer S. 100. | ) MWMonatsſchrift d. Deutſch. Ver. z. Schutze d. Vogelw. Nr. 12 (Auguſt). Litt. II. Leverkühn S. 343—351, 371-376, 398406; Liebe S. 352; Schneider, Lindner S. 434; Weerth S. 466; Hülsmann S. 559. 1890: Schacht S. 55. y) Termeszettudomayi Közlöny. 1889. XXI. Hollö S. 84; J. Buza S. 125. Farkas, Koloſy S. 179. al) Vasärnapi Ujsag (Sonntags-Ztg.). XXV. 1888. S. 707—708 mit 5 Abb A pusztai talpas tyuk (ein breitfüßiges Steppenhuhn). b!) Svezanj Proc. Sakupio. Der Titel dieſer in der II. Revue (S. 376, Sep.: Abz. S. 14) citirten Arbeit lautet auf deutſch: Bände (Proc.?), geſammelt aus dem Glasnik (Bote) des kroatiſchen naturwiſſenſchaftlichen Vereins. Bruſina, ornitho— f logiſche Skizzen über die kroatiſche Fauna. i i The Field. Vol. LXXIII. 5. Januar 1889. Nr. 1880. J. H. Gurney, jun., Williams S. 27. 1888: Clifton: 12. January, Nr. 1881, S. 51; J. H. Gurney, jun.: 19. January, Nr. 1882, S. 93. 94; Adamſon: 26. January, Nr. 1883, S. 126; Boyes, Clark, Kennedy: 9. February, Nr. 1885, S. 190; J. B. C.: 23. Febr., 4 Nr. 1887, S. 260; Nelſon: 2. March, Nr. 1888, S. 308; C. W. D., Nelſon: 9. March, Nr. 1889, S. 332; Boyes: 26. May, S. 763; Carter, Harting, Hornby, Hudſon, Newbigging, Macpherſon: 2. June, S. 797; W. Barchard, Fortune, Loft, Cordeaux, Moore, Brander, Stuart: 9. June, S. 839. 840; Barchard, Croßman, Fortune, Brigham, Macpherſon, Lang, Snowie, Lofthenßz Mackenzie, Griffith, Irby, Reid: 16. June, S. 854; Boyes, Haigh: 23. June, S. 901; Loft: 30. June, S. 935; Stormy Petrel, Dixon: 7. July, S. 5; Barchard, Brander: 14. July, S. 53; M. P. Gainsborough: 21. July, S. 86; Bidwell: 4. Auguſt, S. 190; Mac⸗ pherſon: 11. Auguſt, S. 228; Chapman, Brander: 1. September, S. 316; Camp⸗ bell: 22. September; Brander: 6. October; C. M. Adamſon: 20. October, S. 555: Harriſon: 27. October, S. 625; Boyes: 10. November, S. 680; Maepherſon: 24. November, S. 759; Boyes: 8. December, S. 842; Wallace: 15. December; Clarke; 22. December, S. 912. 1889: Gurney, Reid: Nr. 1892, S. 455; Hanks: Nr⸗ 1893, S. 497; Gainsborough: Nr. 1894, S. 506; Macpherſon: Nr. 1896, S. 590; | 1 a 1 1 1 C — Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue. I. 117 derſelbe Nr. 1899, S. 687; T. S.: Nr. 1905, S. 926; Whitaker: Nr. 1907, S. 45; derſelbe: 20. July, Nr. 1908; Hatton: 27. July, Nr. 1909, S. 124; A. Newton, Junges in England erbrütet: Nr. 1916 (14. Sept. 1889), S. 408; Weed: Nr. 1921, S. 545. 1890: Macpherſon S. 367; Tegetmeier, mit reproducirtem Bild des Pullus aus A. Newton's Arbeit (vgl. oben S. 109): Nr. 1947, S. 586. di) Gödde, Neue Jagd-Ztg. I. 1888. S. 104, 116, 128, 140 m. Abb., 154, 165, 176, 188, 189, 199. II. 1889. S. 25. el) Mitth. d. Jagd- u. Vogelſchutz⸗Ver. in Außig a. E. 1888. Nr. 8. Haupt- vogel. S. 7—8. f!) Veſmir (Univerfum), Vzäeny v. Cechäch ptäk (Selten in Böhmen vorkommende Vögel). XVII. 1888. S. 179. Stepokur Kirgizsky (Kirgiſiſches Steppenhuhn). S. 181— 182. g2) Slovenski Na rod (Sloveniſches Volk) vom 2. Juni 1888 (anon). h.) Narodne novine (Volkszeitung). Agram vom 8. u. 15. Mai 1888. Medic, M., Ruskajasad2a (Steppenhuhn in Slavonten). il) Casopis pro lesniky (Beitjehrift für Jäger). Josk. 1888. S. 2. kt) Wszechswiat (Kosmos). Warſchau 1888. VII. Nr. 18, 26, 42, 43 part). Taezanowsky, Wladysl. Pustynnik (Syrr. par.) (Steppenhuhn). 1!) Lowiec (Weidmann). 1888. Nr. 8. Haäj (Hain). mi) Lowena (Diana). 1888. S. 77. (Dziesduszycki.) n!) Gazeta Narodowa (Volkszeitung). 1888. Nr. 186. Dziesduszycki, Wlad., Graf O. Wedröwkach ptaköw a wsz6zegölnosei pustynika (Ueber die Wanderung der Vögel und vorzüglich des Steppenhuhns). Vorleſung in der Verſammlung der polniſchen Aerzte und Naturforſcher in Lemberg. r od) Weidmannsheil. Ed. Leon u. Keller. VIII. 1888. v. Tſchuſi, Avis S. 126, 174; Blaſius, Avis S. 141; v. Cſato S. 130— 131; Erblehner, Stuchly S. 135; v. Remiszewski, Kappus S. 157; Otter S. 167— 168; Waldläufer, Anon. aus Beneſchan S. 168; Otter S. 182; v. Tſchuſi S. 218—222 (mit Vollſſchwarzbild! Mützel's); Adamek S. 242, 252, 302; Schweitzer S. 290. IX. 1889. Maſtny, Hauska S. 14; „Steppenhund“ S. 96; von Tſchuſi: Vorläufiges, den Zug des Steppenhuhns durch Oeſterreich-Ungarn in 1888/89 betr. S. 133-135. pi) Mitth. d. n.⸗öſterr. Jagdſchutz-Vereins. 1888. Schicho S. 250; Hammerl S. 255; Adamek S. 340, 420; anon S. 420. d!) Poderſamer Jäger-Ztg. IV. 1888. Tilp S. 85; Kriſche S. 85, 86; anon S. 75, 76, 85, 93, 182, 190; Wiegl S. 134; v. Tſchuſi S. 174; Sterbik, Adamek S. 182. ri) Neue Monatshefte des Daheim. 1888/89. II. Knackfuß, Jagdbilder aus alter Zeit. S. 744 ff. 81) Karpathenpoſt, Greiſiger, Mich.: Syrr. par. in Ober-Ungarn. IX. 1888. Nr. 18. ti) Linzer Volksbl. XX. 1888. Nr. 120. S. 2. 25. Mai. ul) Linzer Tagespreſſe. XXIV. 1888. Nr. 119. S. 4. 24. Mai (v. Tſchuſi). Nr. 111. S. 4 (anon). Vi) Weltblatt vom 23. Auguſt 1888. w!) Brünner Morgenpoft vom 8. November 1888. 118 Paul Leverkühn, Litterariſ ches über das Steppenhuhn, III. Revue. I. m x!) Grazer Tagespreſſe. XXXIII. Nr. 199. Abendblatt vom 20. Juli ©. 3. Y.) Semliner Wochenblatt vom 13. Mai 1888 (anon). 20 Oeſter Forſtztg. VI. 1888. S. 128, 134, 141, 182, 299, 311. v. Tſchuſt S. 116. VII. 1889. H. v. Kadich S. 55 (mit Abb.). a?) Politik. Nr. 132 vom 12. Mai (anon). bz) Troppauer Ztg. 1888. Nr. 107. S. 4. 0) Potonié, Naturwiſſ. Wochenſchrift. IV. 1889. Kolbe S. 22; Dr. H. S. 24, 70; v. Tſchuſi, Schäff S. 231. d) Van der Snikt, Chasse et Pöche. VII. 1888/89. S. 18, 42, 54, 85, 93, 153, 195, 254, 355, 514. Referat aus deutſchen Journalen (nur über Nr. 26 ff.). e2) Danckelmann, Zeitſchrift für das Forſt- und Jagdweſen. 1888. XX. S. 438, 624 (vgl. oben Altum). 12) Jahresberichte der ornith. Beob.-Stat. im Kgr. Sachſen, bearbeitet von A. B. Meyer und F. Helm. III. 1887. S. 19 (2), 117 ff. IV. 1888. S. 116 ff. 92) Dresdener Journal vom 2. Mai 1888 (Meyer). h2) Monatl. Mittheilungen a. d. Geſammtgebiet d. Naturwiſſenſchaft. 1888 S. 80 (Huth). s 12) Nordböhmiſche Vogel- und Geflügel-Zeitung (Reichenberg). 1889. II. Nr. 10. Michel S. 120; O. A. Nr. 7, S. 79. 1890. III. Nr. 18. Oelſner S. 170. k2) Ornith. Jahrbuch (v. Tihufi). I. 1890. Flöricke S. 7; v. Tſchuſi S. 20; v. Chernel S. 59; Wodäk ©. 63; van Wickevoort-TCrommeln S. 90. 12) Oettels Kalender für Geflügelfreunde. 1889. S. 49. m?) Scient. Proceed. Roy., Dublin. Society. Vol. VI. Part. 5. S. 278 — 282. Scharff, R. F., On the oecurrence of Pallas's Sand-Grouse in Ireland. nz) Middlesex Naturalist. Juli 1888. Chaſe S. 186—187. 02) Science Gossip. Juli 1888. Clarke ©. 164. p?) Ornis. (Ed. R. Blaſius.) 1890. Dubois S. 326 (vgl. oben Nr. 15); Radde S. 435. d) Bollettino del Naturalista. VIII. Nr. 11. Stefanoni S. 156. 10. October 1888. N. 12. Mettica, Dal Nero S. 164. IX. Nr. 3. Dal Nero S. 38. 12) Newcastle Weekly Chroniele. 25. Juli 1888. Duncan, Kerr 16. Juli 1888. 82) Dundee Advertiser. 14. Juni. tz) Inverness Courier. 4. Juli. Dixon. u?) Elgin Courant. 8. Juni. v2) Land and Water. 4. Auguſt, 1. September. Corrie. W) Orkney Herald. 23. Mai. Small. x?) Haddingtonshire Courier. 8. Juni. y2) Haddingtonshire Advertiser. 15. Juni. 22) East Aberdeenshire Observer. 8. Juni 1889. Stuart. as) Scotsman 1888. Stuart, W. Reid 4. Juni; Mackenzie, Stuart 5. Juni; J. J. F. Dixon 14. Juli. b?) Northern Chronicle. 6. Juni 1888. (Schluß folgt.) 2 4 U r u 4 . E 5 5 2 2 Kleinere Mittheilungen. 119 Kleinere Mittheilungen. Nach der Kaſſeler Allgemeinen Zeitung verflog ſich in dieſem Januar ein junger Auerhahn in die Stadt Kaſſel, wo er unter einem Wagen gefangen ge— nommen und von einem Gaſtwirth dann in Gefangenſchaft gehalten wurde. Hier liegt wohl ein Fall geſtörter Seelenthätigkeit vor, zumal die Balzzeit nicht mehr fern iſt. Man erinnere ſich des Auerhahns, der von einer Holzfrau, die er attakirte, mit dem Holzkorb gefangen wurde und dann noch längere Zeit den Zoologiſchen Garten in Dresden zierte. 8 K. Th. Liebe. Weitere Beiſpiele von der Frechheit des Sperbers. In Röhls „Zeit⸗ ſchrift für Ornithologie und praktiſche Geflügelzucht“, Stettin, XIV., Nr. 10, S. 155 u. 156 theilte ich ſchon einen Fall von ganz beſonderer Frechheit des Sperbers mit; derſelbe verfolgte einen Spatz bis in die Scheuer und ſchlug ihn direkt über der im vollen Gange befindlichen Breitdreſchmaſchine. Im Januar d. Is., an einem bitter kalten Tage, worfelten einige Weiber auf einer von unſeren Tennen mit einer raſſelnden und polternden Reinigungsmaſchine älterer Konſtruktion Hafer, während andere in großen Körben die Spreu wegſchafften. Da kommt plötzlich ein Weidenſperling (P. montanus L.) hereingeſchoſſen, dicht hinter ihm her ein Sperber. Der Räuber haſcht auch hier, unbekümmert um das Geräuſch der Maſchine, ſowie das Geſchrei der Weiber, den Vogel und ſucht das Weite. — Zwei Tage ſpäter verfolgte ein Astur nisus einen P. domestieus in einer dichten Weißdornhecke, gerieth mit dem Kopfe in eine Aſtgabel und erwürgte. Es war ein Männchen. — Am vorigen Sonn— tag kam während des Nachmittagsgottesdienſtes in der Kirche zu Schlegel bei Neu— rode i. Schl., als die Orgel mächtig ertönte, ein Sperber hinter einem Spatz her durchs Fenſter ins Gotteshaus. | Schlaupitz, Dom., 15. Febr. 91. Karl Knauthe. Botaurus stellaris im Winter. Daß die große Rohrdommel zuweilen recht lange bei uns aushält, ja ſogar den Winter bei uns erwartet, dafür ſind mir zwei Fälle bekannt geworden. Im October 1889 wurde ein Exemplar derſelben einem mir bekannten Herrn in Königsberg i. Pr. zugeſandt und ein zweites wurde in der erſten Hälfte des December 1890 in der Nähe von Zeitz lebendig gefangen; letzteres war ein altes Männchen. Die Rohrdommel kommt hier nur als ſeltener Durchzugs— vogel vor. Zeitz, den 5. Januar 1891. Fr. Lindner. Der Storch als Bieneufreſſer. Ein mir bekannter Jagdherr hieſigen Ortes beobachtete einſt in der Nähe eines Bauernhofes, wie ein Storch, der auf einem Zaunpfahle ſaß, fortwährend ruckartige Bewegungen mit dem Kopfe machte. Der Bauer, welcher betrübten Blickes in der Nähe ſtand, erzählte, wie der böſe Storch ihm alle Bienen wegfange, wenn ſie nach dem blühenden Kleefelde flögen, da er gerade dort ſeinen Sitz nehme, wo die Bienen ihren „Wechſel“ nach und von dem er A 7 120 Notizen für die Vereinsmitglieder. — Anzeigen. Felde hätten. Zugleich bat er, den Storch zu erlegen. Dem Wunſche wurde willahrt 1 und in ſeinem Kropfe fand ſich ein fauſtgroßer Ballen von mehreren hundert Bienen, teilweiſe noch lebend. Der „heilige“ Storch iſt eben mitunter doch ſehr „unheilig". Bensheim i. Heſſen, Febr. 1891. 1 Rainer Graf v. Geldern. loten für die Vereinsmitglieder. n er Die berühmte Vogelſammlung des Regierungsſecretairs Gätke in Helgo⸗ land iſt nebſt feinen Käfer, Schmetterlings-, Algen- und Phanerogamen⸗Sammlungen ſeitens des Deutſchen Reiches erworben worden. Dieſer Erwerb und der Verbleib der werthvollen Sammlungen auf Helgoland iſt, nach dem „Helgol. Wochenblatt“, in erſter Linie dem Ornithologen Henry Seebohm in London zu verdanken. Er hatte die Vogelſammlung für eine große Summe bereits erſtanden und ſie dem Britiſchen Muſeum angeboten. Von der Verwaltung des Muſeums war das reiche Geſchenk mit Freuden angenommen und für eine würdige Aufſtellung der Sammlung allein die Summe von 10 000 Mk. bewilligt. Verkauf und Ueberſührung der Sammlung nach England war ſchon im vorigen Frühjahr, als von dem deutſch-engliſchen Vertrage noch nicht ver- lautete, vorbereitet. Durch die Einverleibung Helgolands in das Deutſche Reich und die in Ausſicht genommene Errichtung einer zoologiſchen Station auf der Inſel hat ſich dagegen die ganze Sachlage geändert. Dem kaiſerlichen Commiſſar, Regierungs- rath Dr. Kelch, iſt es nunmehr gelungen, Herrn Seebohm zu beſtimmen, im Intereſſe der Wiſſenſchaft ſeine Anſprüche auf die Sammlung zu Gunſten des Deutſchen Reiches aufzugeben. In der Sammlung ſind Arten aus allen Ländern, von Alaska oſtwärts bis Kamtſchatka vertreten; als ein beſonderes Juwel derſelben gilt ein Exemplar der „Roß'es Möve“ (Larus Rossii), um deren Erwerb ſich allein ſchon das Britiſche Muſeum vor Jahren bemüht hatte. Die Ueberführung der Sammlung aus dem Hauſe des Herrn Gätke in das Regierungsgebäude der Inſel findet bereits ſtatt. (Münch. N. N. ꝛc.) Anzeigen. Raubthier fallen. Nach langen Verſuchen iſt es mir gelungen, Fallen herzuſtellen, welche größere Vorzüge beſitzen, als die bis jetzt verwendeten. So z. B. war der Mechanismus, der das Zuklappen der Falle veranlaßt, ſo angebracht, daß ſchon ein zufälliges Anſtoßen von Außen an den heraus⸗ ragenden Stift die Falle ſchließen konnte, noch ehe das Thier darin war. Zweitens kann man bei meinen Fallen das darin befindliche Thier von Außen ſehen, während das bei andern Fallen nicht der Fall war, und bleibt das Thier zunächſt unverletzt. Drittens iſt die Falle aus gutem Kiefernholz und die Eiſenarmatur vor den Einflüſſen der . geſchützt, ſowie das Holz gefirnißt. Auf Wunſch ſende ich Zeugniſſe, welche mir verſchiedene Behörden über die Brauchbarkeit meiner Fallen ausgeſtellt haben. Der früher angegebene niedrige Preis mußte wegen einigen Verbeſſerungen an der Falle, wie Firniſſen des Holzes und dergl. mehr, auf nachſtehenden geſetzt werden. Falle No. 1: Mk. 7,50 Falle No. 2: Mk. 10 mit 1 Schutz von Kiefernholz gebaut (haupt⸗ mit 2 Schutzen von hartem Holz, um das Zer⸗ ſächlich für Katzen) und iſt vor Nachahmung nagen des Holzes zu erſchweren und iſt die geſetzlich geſchützt. Stelleinrichtung fungirend gebaut; für Katzen, Marder, Iltis, Wieſel, Ratten ꝛc. Die Falle iſt niedriger als die mit Hebelconſtruction und iſt deshalb leichter in Heckenlöcher zu ſchieben. Delitzſch (Prov. Sachſen). N. Wolf, Mechaniker. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. | 7 A Du a A NE San 0 | N ira t Bl ih | Au m Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt SDR a Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, e eee und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins, chrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ i En 2 Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden Eoftenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. herr der Samt’ es gefakte XVI. Jahrgang. April 1891 (erſte Lieferung). Ur. 5. Inhalt: Vereinsangelegenheiten. — Paul Leverkühn: Ein Brief, den neuen General-Index betreffend, gerichtet an die Redaction. — Dr. Kutter +, von Ernſt Hartert. — K. Th. Liebe: Zum Vogelſchutz. Zweites Stück. Dr. Koepert: Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! II. S. Stoy: Beobachtungen am Niſtkaſten. A. v. Homeyer: Einige ſehr abweichende Niſtplätze. Dr. L. Heck: Die Ornis-Ausſtellung in Berlin im December 1890. L. Buxbaum: Die Ueber: winterung der Vögel 1890/91. Apellöf: Baſtard von Schnee- und Auerhuhn. Paul Lever— kühn: Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue, nebſt Original-Mittheilungen über die 1888⸗er Invaſion. — Kleinere Mittheilungen: Katzenſperre. Zur Naturgeſchichte des Wendehalſes. Merkwürdige Todesart eines Fiſchreihers. Ueber das Verhalten des Buſſards gefangenen oder kranken Vögeln gegenüber. Mehlſchwalbe. — Notizen für die Vereins— mitglieder. — Litterariſches. — Anzeigen. Vereinsangelegenheiten. Der Profeſſor an der Forſtakademie zu Eberswalde, Dr. Altum, iſt in Anbe— tracht ſeiner großen Verdienſte um den Vogelſchutz, insbeſondere um die Klärung 9 122 Vereinsangelegenheiten. der wahren Motive für denſelben, ſowie in Anbetracht der anerkennenden Urtheile, = welche er bezüglich unſeres Vereins und für ſeine Leiſtungen und Beſtrebungen 9 kundgegeben hat, zum außerordentlichen und TR Mitgliede N Vereins ernannt worden. Ein Brief, den neuen Geueral⸗Index betreffend, gerichtet an die Redaction. Von Paul Leverkühn. „Wer A ſagt, muß auch B jagen.“ Dieſem Satze folgend hielt ich es für eine Art Pflicht, nachdem ich den Freunden der „Ornithologiſchen Monatsſchrift“ einen General-Index über die erſten XII Bände“) vorgelegt habe, ſolange ich mit dem von uns allen lieb gewonnenen Journal in Fühlung ſtehe, auch eine Fortſetzung zu liefern. Da es nun nicht unmöglich iſt, daß ich vom kommenden Jahre ab nicht mehr in Europa ſein werde, begann ich im Januar 1891, einen bis auf geringe Abweichungen vollſtändig in der Anlage mit dem erſten harmonirenden Regiſterband herzuſtellen. Da die Seitenzahl der Bände von Jahr zu Jahr wuchs, fo erwies ſich die Aufgabe für die jetzt vollſtändigen drei neuen Jahrgänge 1888, 1889 und 1890 als faſt doppelt jo zeitraubend wie diejenige für die Bände 1876 —1887. Was die Abweichungen betrifft, ſo ſind die Berichte über die Monatsverſammlungen ſowohl nach den darin auftretenden Rednern als dem Inhalte der Mittheilungen entſprechend mit in das allgemeine Autoren- und Sachregiſter verwebt. Im letzteren find einige Rubriken⸗ überſchriften erweitert. Auf die durch mich veranlaßte Nummerirung der Tafeln, ſowie deren am Schluſſe des Bandes vorgemerkte Fixirung ihrer Einſchaltungsſtellen wurde Rückſicht genommen. Zweck dieſer Zeilen iſt, denjenigen Mitgliedern, welche etwa zu litterariſchen Arbeiten Citate nachgewieſen zu haben wünſchen, den neuen Index im Manuſcripte | zur Verfügung zu stellen, zu welchem Ende Anfragen entweder an Herrn Hofrath Profeſſor Dr. Liebe in Gera oder an mich (Adr. München, poſtlagernd) zu richten | wären. Der bisher vorliegende Theil, die Hälfte des ganzen, diesmal auf VI Bände beabjichtigten Indexes erledigt in Summa 1628 Seiten und behandelt auf 409 Quart⸗ Blättern die ſämmtlichen (17) Nummern des XIII., (20) des XIV., (18) des XV. und die erſten 2 Nummern des XVI. Bandes. Er wird durch mich, ſolange ich im Inlande bin, auf dem Laufenden gehalten werden; ſollte mir ſeine Vollendung nicht beſchieden ſein, ſo hoffe ich, daß einer der Freunde, welche wie beim erſten ſo auch bei dem neuen mir treu geholfen haben, in meinem Sinne das Büchen zu Ende führt. München, den 10. März 1891. u ) Index der erſten zwölf Jahrgänge 1876—1887, | enthaltend | ein vollſtändiges Autoren, Sach- und Arten-Regiſter, nebſt einem Verzeichniſſe der Abbildungen. Halle a. S., Merſeburg, Selbſtverlag des Vereins.] In Commiſſion bei E. Karras, Halle a. S. (1888). Svo. VI 120 S. Ernſt Hartert, Dr. Kutter +. 123 Dr. Kutter +. In der Nacht vom 7. auf den 8. März ſtarb zu Kaſſel der berühmte Oolog Oberſtabsarzt Dr. Kutter. Ohne Krankheit iſt er im kräftigen Mannesalter von erſt 56 Jahren einer Herzlähmung erlegen. In einem vor der Senckenbergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft gehaltenen Vortrage“) habe ich mich nicht geſcheut, die Worte auszuſprechen: „Meines Wiſſens lebt jetzt Niemand, der ſo wiſſenſchaftlich und mit einer ſolchen Fülle von Einzel— kenntniſſen die Oologie und deren Werth umfaßt und verſteht, wie Dr. Kutter.“ Dieſe Worte ſind wohlüberlegt, und dieſe Ueberzeugung wird von allen getheilt, welche den jo plötzlich Dahingeſchiedenen in Bezug auf ſeine bologiſchen Kenntniſſe näher kennen lernten. Zum Zwecke umfaſſender Studien war Kutter von Jugend auf bemüht, eine Eierſammlung von den Vögeln aller Länder zuſammenzubringen, und ſeine Samm— lung gehört zu den werthvollſten aller Eierſammlungen. Kutter's Veröffentlichungen ſind nicht zahlreich, aber faſt jede einzelne wiegt Dutzende und Hunderte der ſo zahlreich in die Welt geſetzten ephemeriſchen Arbeiten auf. Schon Kutter's Doktordiſſertation enthielt die Theſe: „Oologia ad systemato- logiam ornithologieam necessaria*. Zu Kutter's wichtigſten bologiſchen Ar— beiten ſind zu zählen: „Betrachtungen über Syſtematik und Oologie vom Standpunkte der Selectionstheorie“ im Journal für Ornithologie 1877 und 1878; „Bemerkungen über einige bologiſche Streitfragen“ ebenda 1880; ein in dem Kaſſeler Verein für Naturkunde gehaltener Vortrag 1889, „Ueber die wiſſenſchaftliche Bedeutung der Oologie“; die klaſſiſchen vologischen Beſchreibungen und Auseinanderſetzungen (J. f. O. 1885, S. 338) in „Beitrag zur Fortpflanzungsgeſchichte der Vögel Borneo's“ ), in Hartert's „Ornithologiſche Ergebniſſe einer Reiſe in den Niger-Benus⸗-Gebieten“ (J. f. O. 1886, S. 570) und Hartert's „Zur Ornitho— logie der indiſch-malaiiſchen Gegenden“ 1889, S. 345. In den trefflichen und gründlichen Arbeiten über die „Vögel der Philippinen“ im Journal für Ornithologie 1882 und 1883 hat der Gelehrte bewieſen, daß er nicht ein einſeitig gebildeter Eierkenner allein, ſondern ein tüchtiger Ornitholog in jeder Hinſicht ge— weſen iſt. Die Beſchreibungen der Federkleider u. ſ. w. ſind hervorragend, fern von unnöthiger Breite, gediegen, klar und genügend. Wer, wie ich, die Freude hatte, mit ihm in Wald und Feld zu ſtreifen, der weiß auch, ein wie trefflicher Kenner und geübter Beobachter er war. Stimme und ) Siehe Jahresbericht 1890 S. 40 (37). ) Siehe Ornith. Monatsſchr. 1890 116. 5 9 * 124 K. Th. Liebe, 7 Flug der Vögel waren ihm vertraut, und in feinen jüngeren Jahren war er ein eifriger und guter Jäger. Seine Beobachtungen an Ortygometra parva und N über die Fortpflanzungsgeſchichte des Eisvogels haben ſeine Beobachtungsgabe auch in weiteren Kreiſen bekannt gemacht. Seinem engeren Vaterlande, dem ſchönen wild- und waldreichen Schleſien, be⸗ wahrte der Verſtorbene immer eine beſondere Liebe, und gern erzählte er von Jagden und Erlebniſſen in jenen wildreichen Strichen. Kutter war ein Ritter in des Wortes edler Bedeutung an Geſinnungen und in ſeinem Handeln, wie auch äußerlich an Geſtalt und Weſen. Seinen Freunden ein wahrer, treuer Freund und ſtets bereit, mit Rath und That zu helfen, wo er es vermochte. Für die deutſche Ornithologie und ſeine Freunde iſt Kutter's Tod kaum zu verſchmerzen, in unſerem Gedächtniß und in unſerem Herzen wird er immer leben. Frankfurt a. Main, im März 1891. Ernſt Hartert. Zum Vogelſchutz. Zweites Stück. Von K. Th. Liebe. Die Wanderfalken nähren ſich lediglich von Geflügel, können aber, wie ſchon Naumann als ſicher beobachtet angiebt, auf laufende oder am Boden ſitzende Vögel nicht ſtoßen, ſondern nur auf fliegende. Daher ſind ſie den Haushühnern nicht gefährlich. Ueberhaupt machen ſie einen großen Unterſchied zwiſchen wildem und zahmem Geflügel und ziehen jenes ganz entſchieden vor. Demgemäß ſchadet der edle Räuber dem Hausgeflügel nur wenig, mehr aber dem Feldwild. Horſtete nun inner— halb eines jeden Jagdreviers ein Paar Wanderfalken, dann wäre der nachdrückliche Abſchuß der Thiere ſehr gerechtfertigt. Auch wenn auf die Quadratmeile ein Paar käme, wäre die Sache noch ſehr diskutabel. Wenn aber, wie z B. in Oſtthüringen, auf 50 Quadratmeilen ein Paar horſtet, und auch das nur bisweilen und keines— wegs alle Jahre, dann kann man dem „Waidgenoſſen“ Wanderfalk ſeine Beute gönnen und ihm um ſeiner prächtigen Erſcheinung willen Quartier geben. Und wie ſteht es nun mit den übrigen Raubvögeln und mit den Eulen? Nehmen wir das Verzeichniß der Vögel Deutſchlands von Reichenow, da es umfaſſender iſt als das von E. von Homeyer. Wir finden darin für Deutſchland und das dies— ſeitige Oeſterreich 13 Arten Eulen aufgeführt; davon ſind drei Arten nur Winter⸗ gäſte und fünf Arten brüten bei uns recht ſelten: der Rauchfußkauz (S. Tengmalmi), die Zwergohreule (S. scops), die Habichtseule (S. uralense) brüten nur ganz ver⸗ einzelt bei uns und der Uhu iſt immer noch ſeltener als der Wanderfalke. Da ver⸗ bleiben nur noch fünf Arten, die zu berückſichtigen, und für dieſe ſind ſchon gar viele Zum Vogelſchutz. Zweites Stück. 125 unſerer tüchtigſten Vogelkenner eingetreten, wie u. A. Herr von Rieſenthal im Jahrgang 1879 unſerer Ornith. Monatsſchrift. Sie ſind überwiegend nützlich und das hat ihnen ſogar vielorts geſetzlichen Schutz verſchafft, keineswegs aber überall. Mit den eigentlichen Raubvögeln verhält es ſich nicht viel anders. Das Reichenow'ſche Verzeichniß führt 35 Arten an. Davon kommen 12 nur als Gäſte bei uns vor, und darunter die Mehrzahl als ſehr ſeltene Gäſte, wie z. B. die drei ächten Geierarten, der Steppenadler, der Zwergadler ꝛc. 9 Arten brüten nur ganz ſelten bei uns und auf ganz beſchränkten Lokalitäten, wie namentlich in dem nach der weiten ungariſchen Tiefebene zu geöffneten kleinen March-Donau-Geſenke, in welchem Wien liegt. Die 14 noch übrigen Arten ſind zum größten Theil ſchon recht ſelten geworden, — ſo ſelten, daß von einem erheblichen Schaden nicht mehr die Rede ſein kann. Nur der Sperber und der Habicht ſind in Deutſchland noch ſo häufig und dabei ſchädlich, daß ihr Abſchuß nothwendig iſt, zumal da gerade bei ihnen unſere Kultur auf ihren Beſtand ſo günſtig einwirkt, daß derſelbe ſich ohne konſequenten Abſchuß in den günſtigeren Gegenden ſehr ſchnell hebt. Näheres darüber zu bringen, wird ſich ſpäter Gelegenheit bieten. — Außerdem können durch ſtärkeren Beſtand bei räuberiſcher Lebensweiſe als vorwiegend ſchädlich in Betracht kommen: die Gabel— weihe (F. milvus oder Milvus regalis) in den wärmeren Theilen Deutſchlands und die Rohrweihe (F. rufus oder Circus aeruginosus) in den reichlich mit Seeen und Sümpfen ausgeſtatteten Gegenden. Buſſarde und Thurmfälkchen, die ja auch noch häufiger vorkommen, ſind, wie aus der Summe aller guten Betrachtungen hervorgeht, mindeſtens ebenſo nützlich wie ſchädlich, und ſchon deshalb vielorts auf dem Wege der Verordnung wie privatim dem Schutze empfohlen. Bezüglich einzelner Arten, wie namentlich des Buſſards, der Waldkäuze und anderer, iſt viel über den Grad geſtritten worden, in welchem ſie nützlich oder ſchäd— lich ſeien. Wenn nun auch gegenwärtig dieſe Debatten ſo ziemlich als geſchloſſen gelten dürften, und verſchiedene Arten als vorwiegend nützlich geſchützt ſein ſollen, ſo ſchließt das doch nicht aus, daß alle Eulen und Raubvögel jetzt der Vernichtung mehr preisgegeben ſind, als je. — Selbſtverſtändlich ſind wir durchaus nicht dagegen, wenn einmal ein ſeltener Raubvogel, der als Irrling unſer Gebiet berührt, oder eine ſeltene Varietät der wiſſenſchaftlichen Unterſuchung und Konſervirung zum Opfer fällt, oder wenn zu gleichem Zwecke einem Horſt ein Ei oder ein Junges entnommen wird, — ſo wenig als wir dagegen ſind, wenn von den als wirklich und in größe— rem Maße ſchädlich erkannten Arten der zu ſtarke Beſtand durch gründliches Ab— ſchießen reduzirt wird. Dagegen kann kein vernünftig denkender Menſch etwas haben. Aber in Wirklichkeit liegt es ganz anders: die Eulen und Raubvögel gelten gegebenen Falles bei der Menge doch alle zuſammen mehr oder minder als vogelfrei; bei unſern Jagdverhältniſſen werden ſie eben geſchoſſen, wo ſich Gelegenheit bietet. Wenige * Re; 126 K. Th. Liebe, Jagdberechtigte nur giebt es, welche in dieſer Beziehung ihr Recht mit wahrem Ver⸗ ſtändniß und vollkommen legal handhaben. Verhältnißmäßig ſehr gering iſt die Zahl derer, die wohl gern die „nützlichen“ Arten ſchonen möchten, aber nicht im Stande ſind, ſie rechtzeitig als ſolche zu unterſcheiden und ihren Schießeifer zu zügeln; die weitaus überwiegende Mehrzahl ſchießt eben alles, „was Eule oder Stößer iſt“, und rühmt ſich der That als eines gerechten Gerichts an Uebelthätern. Ich habe gar manchen ſonſt ganz einſichtsvollen und tüchtigen Forſtbeamten kennen gelernt, welcher den Buſſard, weil er ihn beim Wegnehmen z. B. eines kranken Rebhuhnes betroffen hatte, trotz aller Einreden für ein ſchädliches, auszurottendes Unthier erklärte. Ja einmal ward dieſes Verdikt daraufhin ausgeſprochen, weil ein Buſſard junge eben ausgeflogene Meiſen aufgenommen, die von einem heftigen Regen mit Schloßen über— raſcht, kalt und ſtarr am Boden gelegen hatten. Es verhält ſich da mit den Eulen und Raubvögeln wie mit den Kreuzottern und Kröten: nicht bloß ungebildete, ſondern durch ganz gute Schulen gegangene Leute ſchlagen alles todt, was entfernt wie eine Schlange ausſieht, mögen das auch Ringelnattern oder ſogar Blindſchleichen ſein, und meinen ein gutes Werk zu thun, und die Dorfbuben ſteinigen trotz der Lehren in der Schule heute noch die Kröten, weil ſie dieſelben für giftige Ungeheuer halten. Ganz in ähnlicher Weiſe werden die Eulen und Raubvögel vertilgt, bei denen über— dies die Unterſcheidung der mehr nützlichen und mehr ſchädlichen Arten bei weitem ſchwieriger iſt. Alte, tief eingewurzelte Vorurtheile und Meinungen laſſen ſich eben nur ſchwer bekämpfen und nur allmählich durch richtige Anſchauungen und beſſeres Wiſſen er— ſetzen. Sehr erſchwert wird die Sache in unſerem Falle noch dadurch, daß bei der Unter— ſuchung der Frage, welche Stellung wir den verſchiedenen Arten der Raubvögel gegenüber einzunehmen haben, faſt ausſchließlich das Nützlichkeitsprinzip die erſte Rolle ſpielt. Es iſt ja richtig, daß wir die unter Umſtänden ſehr erhebliche Schädlich— keit eines Sperbers, eines Habichts und dergl. ſehr zu berückſichtigen und unſere Ent— ſcheidung darnach zu treffen haben, und haben wir das von vornherein feſtgeſtellt. Die Schädlichkeit halten wir alſo für ein ſehr wichtiges Motiv, aber wir gehen doch von einem ganz anderen Prinzip aus. Die Natur, wie ſie Gott erſchaffen, iſt uns ein heiliges Wunder, ein ſchönes und harmoniſches Ganzes. Der Menſch mit feiner Kultur greift nun allerdings ſtörend und ändernd in den Geſammtorganismus der Natur ein, indem er um die Erhaltung ſeiner ſelbſt und ſeiner Kultur ringt, — im Kampf ums Daſein. Aber er gehört ſelbſt mit zur Natur und ſeine Eingriffe in die außer ihm be⸗ findliche Welt ſind nur bis zu einem gewiſſen Grad möglich und wirkſam, — bis zu einer Linie, jenſeits deren die Natur wieder Siegerin bleibt und ſein Wohlſein oder ſogar ſeine Exiſtenz „rächend“ vernichtet. Bei aller Kultur bleibt daher in uns Zum Vogelſchutz. Zweites Stück. 127 das Gefühl lebendig, daß wir von der Natur abhängig und immerhin ſelbſt ein Beſtandtheil der Natur ſind. Wir nennen die Natur unſere Mutter und zollen ihr unſere Verehrung und Liebe. Daraus leitet ſich für uns die Pflicht ab, daß wir die uns umgebende Natur in ihrer Integrität, in möglichſt vollkommener Unberührtheit erhalten, ſo weit dies bei dem beſtändigen Kampf um unſer Daſein, um unſere Kultur möglich iſt. Wir ſollen nicht muthwillig zerſtörend und vernichtend in die Natur eingreifen: wir haben nicht nur kein Recht dazu, ſondern wir verletzen auch eine Pflicht, die Pflicht der Erhaltung der Natur in ihrer Unverſehrtheit. Die Natur iſt in ihrer Geſammterſcheinung der Inbegriff des Schönen, wie das die alten Griechen mit dem Wort „Kosmos“ jo trefflich bezeichneten. Wir dürfen das Schöne nicht muthwillig verſtümmeln. Wer es thut, vergreift ſich an dem, was uns der Schöpfer aufgebaut hat zu unſerer Er— hebung und Erziehung, zu unſerer Erquickung und zu unſerer Erbauung. | Wenn aber die Natur unſer aller Mutter iſt, wenn fie uns erquickt und erbaut, dann vergeht ſich der Einzelne, der an ihr frevelt, zugleich auch an ſeinem Neben— menſchen, den er dadurch in ſeinen heiligen Rechten beeinträchtigt. Daher kann jeder Einzelne ebenſo wie jedes Gemeinweſen von Menſchen erwarten, daß ein anderer Menſch oder daß eine andere größere Geſellſchaft nicht durch muthwillige ſtörende Eingriffe in die Natur jene Rechte ſchädige. Ebenſo wie wir die Pflicht gegen unſere Mitmenſchen haben, überall, wo es uns möglich iſt, die Natur in ihrer zweckmäßigen Ordnung und Schönheit unverletzt zu erhalten, haben wir auch das Recht, unbe— rechtigte Eingriffe in die Natur bei andern zu hindern. Wir haben (in unſerem ſpeziellen Fall) das Recht und die Pflicht, bei uns ſelbſt wie bei unſerem Nachbar, die verſchiedenen Vögel, die zu der harmoniſchen Einwirkung der Natur durch ihr Leben und Weben ſo unendlich viel beitragen, vor dem Untergang zu bewahren, wenn letztere nicht geradezu um der Kultur willen weichen müſſen. Auch nach einer andern Seite hin dürfen wir nicht vergeſſen, daß wir mit unſerer Kultur nicht nur der Natur gegenüberſtehen, ſondern daß wir uns innerhalb der— ſelben bewegen und ein Theil derſelben ſind. Daher ſind die Thiere wie die Pflanzen unſere Mitgeſchöpfe, und haben wir dieſelben als ſolche zu reſpektiren. Wir haben in Folge deſſen ſittliche Verpflichtungen gegen die Thiere (in gewiſſer Weiſe ſogar gegen die Pflanzen), und daraus folgt, daß jeder Menſch ein Thierſchützer ſein muß. Nützlich ſowohl wie ſchädlich iſt von Haus aus kein Thier; ein jedes hat im großen Haushalt der Natur ſeinen Platz angewieſen erhalten, auf dem es ſich ſeines Daſeins freut und zur Erhaltung des großen, ſchönen Ganzen das Seine beiträgt. Nützlich oder ſchädlich werden die Thiere erſt, indem ſie mit dem Menſchen und ſeiner Kultur in liebſame oder unliebſame Berührung treten. Im Haushalte der Natur lebt ein Individuum für das andere, wie z. B. die Blume für das Inſekt 128 Dr. Koepert, und das Inſekt für die Blume; da wirken auch die Räuber und Zerſtörer durch he ihre Thätigkeit nur zum Beſten des Ganzen, indem fie in ihrer Weiſe die Harmonie 4 des Ganzen erhalten und bewahren. Tritt nun als ſtörende Macht der Kulturmenſch in die Natur hinein, dann wenden ſich auch die zerſtörenden Kräfte der Natur gegen ihn, und es gilt für ihn, um ſein Daſein zu kämpfen. Die Kultur aber iſt bald eine tief ſtehende, bald eine höhere, und ſie entwickelt ſich in unendlich vielen Zweigen nach den verſchiedenſten Seiten hin. Daher treten die verſchiedenen hier in Betracht kommenden Thiere nur örtlich bald da bald dort ſchädigend auf, und ſind ſie zum größeren Theil nicht bloß ſchädlich, ſondern auch nützlich. Sie können ſogar an dem einen Punkte und zu einer gewiſſen Zeit überwiegend ſchädlich, an einem andern Punkte und zu anderer Zeit überwiegend nützlich ſein. Schon aus dieſem Grunde kann das Utilitäts- oder Nützlichkeitsprinzip für ſich allein einem vernünftig denkenden Thierſchutz nicht zur Grundlage dienen. Es iſt nur ein nebenſtehendes, ein mitwirkendes Motiv. Von unſerem Grundſatz aus können wir nun unſer Urtheil dahin abgeben, daß den Raubvögeln im Allgemeinen Schutz zu gewähren ſei: ſie gehören als ein integrirender Beſtandtheil zu unſerem freien Naturleben, — fie find ein noth— wendiges Korrektiv gegen die zu ſtarke Zunahme gewiſſer Spezies (Häher, Krähen, Feldmäuſe, Waldmäuſe ꝛc.), — ſie gewähren uns unbeſchreiblich ſchöne Bilder bei unſerm Einblick in das Naturleben, — ſie ſind größeren Theils viel zu ſelten, als daß ſie weſentlich ſchaden könnten. Diejenigen Arten aber, welche wirklich ſchädlich werden und namentlich die, welche begünſtigt durch die Kultur, ſich zum Nachtheil des Gleich— gewichtes zu ſtark vermehren, mögen da, wo ihr Beſtand zu ſtark iſt, von berufenen Schützen, welche die Thiere mit Sicherheit unterſcheiden können, gehörig dezimirt werden. Schutz aber namentlich den ganz ſeltenen, dazu oft wenig ſchädlichen Arten, welche bei uns noch ganz auszuſterben drohen. Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! Von Dr. Koepert. Ir Wie ich in I. zu zeigen verſucht habe, iſt rechtlich, vom rein juriſtiſchen Stand- punkte aus, gegen die Maßregel der Elſaß-Lothringiſchen Regierung nichts einzu— wenden. Indeß giebt die Sache in dieſer Beziehung doch zu Bedenken Anlaß, denen der Elſaß-Lothringiſche Thierſchutzverein in ſeinem Rundſchreiben auch Ausdruck ge⸗ geben hat. Es iſt der leidige $ 8 b, auf den ſich die Elſaß-Lothringiſche Regierung ſtützt, laut welchem die nach Maßgabe der Landesgeſetze jagdbaren Vögel von den Beſtimmungen des Reichsvogelſchutzgeſetzes unberührt bleiben ſollen. Der Reichstag r Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! II. 129 iſt bei Erlaß dieſes Paragraphen von der gewiß auch berechtigten Anſicht geleitet worden, nicht in die Zuſtändigkeit der Einzelſtaaten bez. des Jagdrechtes eingreifen zu wollen und ſomit „berechtigte Eigenthümlichkeiten“ zu ſchonen. Er hat bei Ab— faſſung des § 8b jedenfalls nur die Vögel im Auge gehabt, die bis zum Erlaß des Reichsvogelſchutzgeſetzes für jagdbar galten und nicht daran gedacht, daß eine Landes- regierung einen beliebigen Vogel, für deſſen Jagdbarmachung nicht einmal alter Brauch ſpricht, für jagdbar erklären kann. Oder ſollte man etwa an die Eventualität des Eindringens aſiatiſcher Steppenhühner im Jahre 1859 und 1863 gedacht haben oder anderer Vögel, die ſich als Federwild eignen und deswegen den Paragraphen 8b fo dehnbar und allgemein gehalten haben? An das Jagdbarmachen der Staare hat man aber jedenfalls nicht gedacht, denn ſonſt würde ja § 5 Abſatz 2 des Reichsvogelſchutz— geſetzes überflüſſig geweſen ſein, welcher bei ſolchen Vögeln, die einen Schaden in Weinbergen, Gärten, beſtellten Feldern, Baumpflanzungen, Saatkämpen und Scho- nungen anrichten, das Tödten innerhalb der betreffenden Oertlichkeit durch die von der Landesregierung bezeichnete Behörde erlaubt, nicht jedoch eine Verwerthung der getödteten Vögel durch Verkauf. Die in Beziehung auf die Jagdbarkeit einzelner Vögel in den verſchiedenen Bundesſtaaten herrſchende Verſchiedenheit iſt der beſte Beweis für die Zuſtändigkeit der Einzelſtaaten hinſichtlich der Jagdgeſetzgebung. Ein Blick in den Jagdkalender iſt in dieſer Hinſicht ſehr lehrreich; es treten uns da eine Fülle von Unklarheiten entgegen, die uns zeigen, daß bei Abfaſſung der bezügl. Jagdgeſetze kundige Ornitho- logen meiſt nicht zu Rathe gezogen worden ſind. Beiſpielsweiſe ſtehen bei Reuß älterer Linie als das ganze Jahr hindurch zu ſchonen in bunter Reihe: Meiſen, Spechte, Singvögel, Finken, Schwalben; dagegen das ganze Jahr hindurch für jagdbar erklärt ſind die Raubthiere und die „Strichvögel“. Ich behalte mir vor, an anderer Stelle ausführlicher auf die Beziehungen zwiſchen dem F und den Jagdgeſetzen der Einzelſtaaten zurückzukommen. Es wäre alſo, da der § 8b des Reichsvogelſchutzgeſetzes die ſonſtigen Be— ſtimmungen dieſes Geſetzes illuſoriſch machen kann, geboten, in einem Zuſatz— paragraphen die jagdbaren einheimiſchen Vögel namentlich aufzuzählen, wobei ja auf die diesbezüglichen Bedürfniſſe der Einzelſtaaten Rückſicht genommen werden könnte. Jedenfalls möchte aber in dieſer Liſte die Lerche fehlen; ebenſo ſollte der Krammetsvogelfang in Dohnen und Schlingen verboten werden. (Siehe Ornithol. Monatsſchrift, 13. Jahrg., Nr. 1.) Für ſolche Fälle nun, in denen ein ſonſt nützlicher Vogel in Unmaſſe auftritt und erheblichen Schaden an Früchten u. ſ. w. anrichtet, genügt die Anwendung des § 5, Abſchnitt 2, vollſtändig. Er lautet: „Wenn Vögel in Weinbergen, Gärten, beſtellten Feldern, Baumpflanzungen, 10 N c a N wa 1 1 8 7 BR A * Br x 9 * 185 5 - n g IE en 1 130 Dr. Koepert, Saatkämpen und Schonungen Schaden anrichten, können die von der Landesregierung 5 bezeichneten Behörden den Eigenthümern und Nutzungsberechtigten der Grundſtücke und deren Beauftragten oder öffentlichen Schutzbeamten (Forſt- und Feldhütern, Flurſchützen u. ſ. w.), ſoweit dies zur Abwendung dieſes Schadens nothwendig iſt, das Tödten ſolcher Vögel innerhalb der betroffenen Oertlichkeiten auch während der in § 3, Abſ. 1, bezeichneten Friſt (1. März bis 15. Sept.] geſtatten. Das Feilbieten und der Verkauf der auf Grund ſolcher Erlaubniß erlegten Vögel ſind unzuläſſig.“ Weshalb es nöthig war, den Staar in Elſaß-Lothringen für jagdbar zu er⸗ klären“) und ihn nicht lieber nach dem obenangeführten § 5 Abſ. 2 zu behandeln, iſt nicht recht begreiflich. Auch iſt der Elſaß-Lothringiſchen Regierung der Vorwurf nicht zu erſparen, daß ſie nicht vor Verfügung dieſer Maßregel erſt im Lande an⸗ geſeſſene, mit den örtlichen Verhältniſſen vertraute Sachverſtändige befragt hat, ſondern daß ſie auf unter Umſtänden unbewieſene Klagen hin ſofort ihre Bereitwilligkeit erklärt hat, den Wünſchen der Antragſteller entgegenzukommen, ja, daß ſie eigentlich noch über dieſelben hinausgegangen iſt, indem ſie den Maſſenfang der Staare und deren Verwerthung durch Verkauf geſetzlich erlaubte. | Ich möchte es gerade als einen Vorzug des Reichsvogelſchutzgeſetzes anſehen, daß dasſelbe nicht alle Landestheile hinſichtlich des Vogelſchutzes „über einen Kamm ſcheert“, ſondern den einzelnen Landestheilen und Staaten unter gewiſſen Voraus⸗ ſetzungen das Recht giebt, ſolche Vögel, die ſich für das betr. Land als ſchädlich herausſtellen, zu tödten; ebenſo halte ich aber die Beſtimmung für zweckmäßig, daß die auf Grund einer ſolchen Erlaubniß erlegten Vögel nicht feilgeboten werden dürfen. Es ſoll eben der § 5 Abſ. 2 mehr einen defenſiven Charakter haben und nicht dazu dienen, mit den getödteten Vögeln einen ſchwunghaften Handel zu treiben und das Tödten ſonach zum Selbſtzweck zu machen. Ehe ich auf die ſachliche Berechtigung der Verordnung der Elſaß-Lothringiſchen Regierung, den Staar betreffend, eingehe, erlaube ich mir noch einen Vorſchlag zu machen, wie in ähnlichen Fällen am beſten zu verfahren wäre. — Würde ſich ein Vogel infolge übermäßiger Vermehrung oder Aenderung ſeiner Lebensweiſe oder anderer Gründe als ſchädlich für eine Gegend herausſtellen und ſomit die Vorausſetzungen für die Anwendung des $ 5 Abſ. 2 des Reichsvogelſchutzgeſetzes erfüllen, jo hätte, falls ) Man könnte hier den Einwurf machen, daß eine Jagdbarmachung des Staares den Vor⸗ theil hätte, daß die Vertilgung desſelben beſſer überwacht und nach jagdrechtlichen Normen ge- regelt werden könnte, ſodaß auf dieſe Weiſe die Abwehr gegen die Staare nicht zum Vertilgungs⸗ krieg würde; es handelt ſich aber, wie jetzt die Sache liegt, nicht um die Abwehr, ſondern um die Nutzbarmachung der Staare, d. h. um die Verkäuflichkeit der erlegten Thiere. Als jagdbarer, nach §ö der Verordnung vom 16. Juli 1890 der Elſ.-Lothr. Regierung ſogar mit Fangnetzen und Schuß⸗ waffen zu erlegender Vogel werden ihrer naturgemäß viel mehr vernichtet, als wenn auf die Staare das Reichsvogelſchutzgeſetz § 5 Abſ. 2. in Anwendung käme. Außerdem dürfen ja auch Eigenthümer und Pächter auf ihren Grundſtücken Staare vertilgen nach Maßgabe der eben angeführten Verordnung. 2 Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! II. 131 beim Kreis- oder Landtage oder einer zuſtändigen Behörde ſeitens der Intereſſenten ein dahinzielender Antrag geſtellt würde, die betr. Verwaltungsbehörde eine Kommiſſion von Sachverſtändigen ad hoc zu ernennen, die allerdings auch ſtändig ſein könnte.“ Die Mitglieder dieſer Kommiſſion müßten die Sache ſowohl vom theoretiſch-wiſſen— ſchaftlichen, als auch vom praktiſchen Standpunkt aus beurtheilen können. Die Thätig- keit der Kommiſſion hätte darin zu beſtehen, daß einerſeits ſyſtematiſch und methodiſch angeſtellte Verſuche und Unterſuchungen über die Lebensbedingungen und Ernährung des betr. Vogels für die in Frage kommende Gegend zu machen wären — hierher gehören vor allem Unterſuchungen über Magen- und Kropfinhalt zu verſchiedenen Jahreszeiten —, andererſeits wären mit Hülfe landwirthſchaftlicher und pomologiſcher Vereine, ſowie der Forſtverwaltungen bezügliche Beobachtungen zuverläſſiger Be— obachter zu ſammeln. Auf dieſe Weiſe könnte am zweckmäßigſten Nutzen oder Schaden des in Frage kommenden Vogels für einen beſtimmten Gau feſtgeſtellt werden. Ein Vorbild derartiger Unterſuchungen liefert die Arbeit Dr. Schleh's, Ueber Nutzen und Schaden der Feldtauben (ſ. Ornithol. Monatsſchr. 1890, Nr. 5). — Erſt wenn auf obengedachte Weiſe ein erheblicher Schaden der betr. Vogelart feſtgeſtellt und unter Beifügung des Beweismaterials bewieſen iſt, iſt der Vogel auf Grund des § 5 Abſ. 2 des Reichs vogelſchutzgeſetzes für vogelfrei zu erklären. Eine fernere Aufgabe der Kommiſſion wäre es auch, der Behörde mit Rath beizuſtehen, auf welche Weiſe ſich die Verminderung der ſchädlichen Vogelart am zweckmäßigſten bewerk— ſtelligen ließe; oft könnte man indirekt das Ueberhandnehmen einer Vogelart be— kämpfen durch Entziehung der Niſtgelegenheit. Manche Arten laſſen ſich auch leicht verſcheuchen, ſodaß ein Tödten nicht einmal nöthig wäre. Auf alle dieſe Momente hätte dieſe Kommiſſion ihr Augenmerk zu richten. Bei der Beurtheilung des Nutzens oder Schadens einer Vogelart für einen be— ſtimmten Bezirk kommt es insbeſondere auf die hervorragendſten Lebensintereſſen des Bezirks an, d. h. ob in demſelben vorwiegend Landwirthſchaft (Feld- und Wieſen— wirthſchaft), Obſt⸗, Wein⸗ oder Gartenbau getrieben wird. So wird man z. B. in einem vorwiegend Landwirthſchaft treibenden Bezirk ſolche Vögel, die ſchädliche Inſekten“) vertilgen, nicht auf die Proſkriptionsliſte ſetzen, wenn dieſelben vereinzelt die Weinſtöcke am Haus oder die Kirſchbäume plündern. Auch wird man ſchädliche Vögel, die aber in zu geringer Anzahl vorkommen, um erheblich ſchaden zu können, wenn auch nicht gerade hegen, ſo doch auch nicht ausrotten, da ſie eben in Folge ) Nach Niederſchrift dieſes Artikels fand ich, daß auch Dr. Ruß in feinem Gutachten zum Vogelſchutzgeſetz (Monatsſchrift 1877) einen ähnlichen Vorſchlag macht, durch eine Sachverſtändigen— Kommiſſion über Nutzen und Schaden eines Vogels in beſtimmten Gegenden entſcheiden zu laſſen, freilich ohne über die Zuſammenſetzung ꝛc. der betr. Kommiſſion weitere Vorſchläge zu machen. Ich glaube das der Vollſtändigkeit halber erwähnen zu müſſen. % Siehe den ſpäter folgenden Bericht A. v. Homeyer's. . % en u a een, a eee EM h N 132 | S. Stoy, Beobachtungen am Niſtkaſten. ihrer geringen Anzahl nicht im Stande ſind, das Gleichgewicht im Haushalte der Natur zu zerſtören, zumal wenn dieſe Vögel wie z. B. Blaurake und Bienenfreſſer ein ſchönes Gefieder haben und in hervorragender Weiſe zur Verſchönerung der Land⸗ ſchaft beitragen. Gerade das äſthetiſche Moment wird in der Vogelſchutzfrage immer noch zu wenig betont. Es iſt ein Verdienſt Altum's und Liebe's, dies hervor— gehoben zu haben. | Beobachtungen am Niſtkaſten. Von S. Stoy. Seit Jahren wurden Amſeln, Finken, Meiſen u. ſ. w. den Winter über in unſerm Garten gefüttert. Dieſer liegt zwiſchen zwei Häuſern an einer verkehrsreichen Straße und iſt im Hintergrund von einer Baumſchule begrenzt. So zahlreich der Futterplatz auch beſucht wurde, die im Garten reichlich gebotene Gelegenheit zum Niſten wurde lange Jahre hindurch vollſtändig überſehen, trotzdem die Niſtkäſten genau nach An— gabe des Herrn Hofrath Liebe gefertigt und angebracht waren. Die Finken zogen vor, in einem jenſeits der Straße liegenden Garten zu brüten; die andern Gäſte ver- ſchwanden, ſobald ſie unſerer Gaſtfreundſchaft nicht mehr bedurften. Mitten im Hofe, zwiſchen Vorder- und Hinterhaus, in welch' letzterem Schloſſerei betrieben wird, ſteht ein ſtattlicher Apfelbaum; ein daſelbſt angebrachter knorriger Holzklotz, der mitten auseinandergeſchnitten, ausgehöhlt und wieder zuſammengefügt war, wurde ſchließlich von einem Meiſenpaar zum Uebernachten für tauglich befunden, während der dicht dabei befindliche Niſtkaſten gar nicht beachtet wurde. Endlich im Frühjahr 1889 bezog ein Kohlmeiſenpaar einen Niſtkaſten für Staare, welcher an den die Verbindung zwiſchen Vorder- und Hinterhaus bildenden Torfſchuppen angebracht war. Jedenfalls wurden die Thierchen durch das Hämmern und Klopfen der Schloſſer im Hofe ge— ſtört; ſie verließen das fertige Neſt mit drei Eiern. Durch die Bevorzugung des mit weiterem Flugloch verſehenen Kaſtens aufmerkſam gemacht, wurde das Flugloch des Meiſenkaſtens im Apfelbaum auf 35 mm in der Breite und 32 mm in der Höhe erweitert, und ſiehe da, bald darauf gründete ſich ein Meiſenpaar daſelbſt ein Heim. Unbeirrt um die Blicke der beſorgten Hausbewohner und um den Lärm der Schloſſerei bauten und brüteten die Meiſen; ſechs oder ſieben Junge wurden beobachtet, die ſich fröhlich entwickelten und ſchließlich unter Leitung der Alten ausflogen. Ein ſchwäch⸗ liches Thierchen, das aus dem Neſte gefallen war, wurde des Nachts in Watte ver⸗ packt in der Küche verpflegt, um früh mit Sonnenaufgang den ängſtlich beſorgten Eltern in's Neſt zurückgetragen zu werden. Trotz aller Sorgfalt gelang es nicht, 3 die kleine Meiſe am Leben zu erhalten. 2 Im vergangenen Sommer hatten ſich die Meiſen einen Niſtkaſten in einem A. v. Homeyer, Einige fehr abweichende Niſtplätze. 133 Aprikoſenbaume im etwas erhöht gelegenen Theile des Gartens zum Brüten ausge— wählt; das Flugloch war ebenfalls auf 35 und 32 mm erweitert. Als die Jungen ungefähr zehn Tage alt ſein mochten, wurden die eifrig fütternden Alten vermißt; als ſie nach mehreren Stunden nicht kamen und angenommen werden mußte, daß ſie, trotz der aufgeſtellten Falle, einer heimtückiſchen Katze zum Opfer gefallen ſeien, wurde der ganze Kaſten ins Zimmer geholt. Zehn junge Meiſen ſaßen im Neſte, eine elfte wurde todt unter dem Aprikoſenbaume gefunden. Trotz aller Bemühungen wollte es nicht gelingen, den Thierchen Nahrung einzuflößen, erſt als ſie ein im Zimmer frei herumfliegendes Finkenweibchen bemerkten, fingen die größten an, die Schnäbel aufzuſperren. Allmählich begriffen alle, wie ſie ſich zu benehmen hätten, und ſie wurden mit Eigelee, Fliegen, Ameiſenpuppen, zerkleinerten Mehlwürmern und Biskuit aufgezogen. Kleine Raupen, die ſie auch ſehr gerne nahmen, konnten ihnen nur ſehr ſpärlich gereicht werden, da die eifrigen Alten den Garten vollſtändig von dieſem Ungeziefer, das uns in früheren Jahren ſo viel Schaden gebracht, ge— ſäubert hatten. Des Nachts logirten unſere zehn Meiſen in einem Federtopfe in der Kochmaſchine, während ſie bei Tage eine große Kiſte, über die ein Drahtgitter ge— deckt wurde, bewohnten. An dieſem Drahtgitter verunglückte eins der muntern Thier— chen bei ſeinen kühnen Kletterverſuchen; die andern neun entwickelten ſich kräftig, ſogar das anfangs ſehr ſchwächliche Neſthöckchen erholte ſich zuſehends, wenn es auch kleiner blieb als ſeine Gefährten. Nach zehn Tagen, als ſie fähig waren ſich ſelbſt fortzuhelfen, wurden fünf derſelben der Freiheit zurückgegeben, die übrigen vier eine Woche ſpäter. Wochenlang bekamen ſie täglich mehrmals auf einem Brett unter ihrem Kaſten im Aprikoſenbaum reichlich Futter ausgetheilt; als ſie allmählich weg— blieben, mußten wir annehmen, daß ſie in der angrenzenden Baumſchule reichlichere Nahrung fanden als im Garten. Jetzt im Winter ſtellen ſich zahlreiche Meiſen regelmäßig früh und Mittag auf den Futterplätzen ein, ſo daß wir hoffen, ſie im Frühjahr wieder zum Niſten im Garten begrüßen zu können. Einige ſehr abweichende Niſtplätze. Von Major Alexander von Homeyer. 1. Parus eaudatus. Herr G. Clodius theilt in dieſer Zeitichrift 1891 S. 37 mit, daß er das Neſt der Schwanzmeiſe nur 1½ m hoch im Gipfel einer kleinen Fichte fand, und ſagt: „gewiß ein ſeltener Fall eines ſo niedrigen Niſtens.“ Nun, ich kann einen Fall (April 1852, Kl. Barneckower Revier, Neu-Vorpommern) mittheilen, der noch viel merkwürdiger iſt. Da ſaß das Neſt in einem kleinen Wachholderſtrauch, der unweit eines Weges zwiſchen lichten Haſelſtauden ſtand, ca. 1 Fuß vom Boden. Der Strauch „ 134 A. v. Homeyer, Eier ſehr abweichende Nitpläge . TR | ſelbſt war kaum 2 Fuß hoch. Ich fand das Neſtchen dadurch zufällig, daß di Vögel = Baumaterial trugen. | 2. Oriolus galbula. In Sybillenort bei Breslau in dem herrlichen Park des Herzogs von Bran ſchweig fand ich 1871 das Neſt vom Pirol im Gabelaſt eines Haſelſtrauches. Das⸗ ſelbe war ca. 5 Fuß vom Boden angelegt, doch bog das ſchwere Neſt die kaum klein⸗ fingerdicke Gerte ſo abwärts, daß es faktiſch nur 3½ Fuß über dem Boden ſchwebte. Es enthielt 3 Eier, die ſich noch in meiner Sammlung befinden. Ueberall war hier beſſere Niſtgelegenheit. 3. Silvia luseinia. Ebenda (Sybillenort) fand ich in einem Lebensbaum das Neſt ae Nachti⸗ gall ca. 6, vielleicht 7 Fuß hoch. Der Gärtner verſicherte, daß derſelbe Vogel das Neſt 20 Schritt davon entfernt auf dem Boden zwiſchen Buxbaum gehabt hätte, das aber durch eine Katze zerſtört worden wäre. — Dies iſt um ſo intereſſanter, als die Nachtigall, durch Erfahrung klug geworden, einer ähnlichen Gefahr durch Hoch— bau entgehen wollte. Freilich berückſichtigte ſie dabei nicht die Natur der Katze. Daß aber Vögel wirklich ſo viel geiſtige Ueberlegung haben, dafür bürgt der fol— gende Fall.“ 4. Silvia hypolais. Ich fand (1846 im Kadetten-Corps-Garten zu Potsdam) das Neſt des Garten⸗ ſpötters ſehr niedrig in einem Johannisbeerſtrauch. Es ſaß nur 3 Fuß vom Boden. Da die Eier abweichend gezeichnet waren „mit Strichen“, anſtatt mit Flecken, nahm ich das Gelege aus. Nach einigen Wochen fand ich ein Gartenſpötterneſt hoch in einer Birke, wohl 20 Fuß vom Boden. Das Eierausnehmen war uns Kadetten ſehr ſtreng verboten, aber was thut nicht die jugendliche Leidenſchaft? Darf ich hier ſagen, daß, als ich auf der Birke ſaß, mein Hauptmann mit ſeiner Frau und Tochter in einer Entfernung von kaum 30 Schritten vorbeikam, ohne mich zu ſehen. — Zu meiner größten Ueberraſchung waren auch dieſe Eier geſtrichelt, und zeigten mir ſelbige beim Vergleich mit dem erſten Gelege, daß ſie unzweifelhaft vom ſelben Vogelpaar waren. Dieſes hatte alſo auch wie die Nachtigall gehandelt, war aus einem Extrem ins andere gerathen. 5. Silvia hortensis. Daß eine Gartengrasmücke bei Glogau i. Schl. faſt auf der Erde, nur ½ Fuß hoch im Graſe, gebrütet hat, habe ich ſ. Z. im Journal für Ornithologie publicirt. Greifswald, den 26. Februar 1891. ) Wie ich ſchon vor längerer Zeit berichtet, niſten in den Gärten einiger Städte (z. B. von Gera) in Oſtthüringen die Goldammern bis 2¼ Meter hoch in Spalieren, Cypreſſen, Taxus ze. (Journ. f. Ornith. 1878, Januar), und erklärte ich mir dies abweichende Verhalten der Goldköpfe ebenfalls durch ihr Beſtreben, die Brut vor Hunden zu ſichern. Nach Herrn Major von Homeyers u Beobachtung zu ſchließen, mag aber auch hier die Sorge wegen der Katze eine Rolle ſpielen. . K. Th. Liebe. L. Heck, Die Ornis-Ausſtellung in Berlin im December 1890. II. 135 Die Ornis⸗Ausſtellung in Berlin im December 1890. Von Dr. L. Heck. II. Um bei der praktiſchen Eintheilung des Vogelwirths zu bleiben, möchte ich hier gleich die übrigen ausländiſchen „Wurmvögel“ folgen laſſen, und zwar zunächſt die ſangesbegabten unter ihnen, die droſſelartigen im weiteſten Sinne, die allerdings viele Liebhaber neben unſeren einheimiſchen Sangesmeiſtern kaum als Geſellen gelten laſſen wollen, wenn ſie ſie nicht gar als ſtümperhafte Lehrbuben ganz von jedem Wett⸗ bewerb um die Meiſterſchaft ausſchließen möchten. Angeregt durch den allen Sänger— liebhabern bekannten Wiener Kenner und Händler Mathias Rauſch hat ſich ja darüber zu Ende des vorigen Jahres in der „Gefiederten Welt“ ein recht lebhafter Zeitungskrieg entſponnen, der ſehr intereſſant zu verfolgen war, und aus dem ich perſönlich mir die Lehre gezogen habe, daß, wie unter den menſchlichen, ſo auch unter den gefiederten Sängern die herrliche Gottesgabe gar ungleich vertheilt iſt, und man daher nie nach Einem oder einigen Wenigen urtheilen darf. Ich möchte aber noch weiter gehen und fragen: Sind nicht die Ausländer beim Wettſtreit in Europa ſchon von vornherein im Nachtheil, einmal, weil die beſten unter ihnen notoriſch gar nicht zu uns kommen — ſie finden alle ſchon in der Heimath ihre Liebhaber, und zwar zu Preiſen, die hier niemals gezahlt werden —, und dann, weil das kleine Häuflein, das hierher kommt und im Käfig aushält, unſerer geſammten heimiſchen Sängerſchaar gegenüberſteht, deren beſte Talente ebenfalls in der Heimath bleiben aus denſelben Gründen wie die guten Ausländer? Alle ſolche beſonderen Ueberlegungen können natürlich die allgemeine Thatſache nicht aufheben, daß der Vogelgeſang in unſerer gemäßigten Zone ſeine höchſte Vollkommenheit erreicht; ſie ſollen nur dazu dienen, die fremdländiſchen Sänger vor ungerechter Unterſchätzung zu bewahren. Wer ſich für die letzteren intereſſirt, dem fehlte es nicht an Gelegenheit, auf der Ornis-Aus- ſtellung dieſes Intereſſe durch Ankäufe zu bethätigen. Voß hatte die bekannte Spott— droſſel (Mimus polyglottus L.) und die graue Katzendroſſel mit der ſchwarzen Kopf— platte und dem rothen Bürzel (Crateropus earolinensis L.) gebracht. Beide find als die beſten Spötter unter den nordamerikaniſchen Vögeln bekannt und vielge— rühmt und werden dementſprechend gemeinhin als nächſte Verwandte angeſehen, während die neueſte Ornithologie die Katzendroſſel nach der Flügelbildung in die Gattung der Droßlinge mit der chineſiſchen Heherdroſſel (Crateropus eanorus L., rothbraun mit weißem Augenſtrich) zuſammenſtellt, die ebenfalls zu haben war und zwar bei Fockelmann. Derſelbe aufmerkſame Händler hatte als „unbekannte Droſſel aus Uruguay“ noch einen zweiten unſcheinbaren und ſchlecht befiederten Droſſelvogel ausgeſtellt, den ich kaufte, um zu ſehen, was daraus werden würde. Mittlerweile 1 * 136 ö L, Heck, hat er ſich gut ausgefiedert, ein ganz ſchmuckes, oben grünbraunes, unten hellgraues 4 bis weißes Kleid mit geſtrichelter Kehlzeichnung angelegt, und ich konnte ihn im 4 Muſeum als Turdus crotopezus III. beſtimmen. Seit der Schwanz wieder ge⸗ wachſen iſt, mache ich aber nun täglich die auffällige Beobachtung, daß der Vogel eine von dem gewöhnlichen Gebahren der Gattung Turdus durchaus abweichende Eigenthümlichkeit beſitzt: er wippt nämlich bei jedem Sprunge und jeder Bewegung mehrmals ſehr raſch mit dem Schwanze ganz in der Weiſe, wie es von unſerem Rothſchwänzchen allbekannt iſt, wie ich es aber von echten Droſſeln, deren ich doch eine ganze Anzahl pflege, noch nie geſehen habe. Ich kann hinzufügen, daß die in Färbung und Zeichnung ſo nahe ſtehende und auch in der Heimath benachbarte Falk⸗ landsdroſſel niemals ſich ähnlich trägt und bewegt, und ich erwähne dieſe merkwürdige Beſonderheit für den Fall, daß ſie nicht bekannt ſein ſollte; ſie könnte doch unter Umſtänden vielleicht ſelbſt für die Syſtematik einige Bedeutung gewinnen, zumal wenn ſie etwa mehreren ſüdamerikaniſchen Droſſelarten gemeinſam wäre. — Auch der cochinchineſiſche Droſſelheherling, die weißohrige Heherdroſſel (Garrulax chinensis Scop.) war vorhanden, und zwar aus der Privatſammlung des namhaften Lieb— habers und erfolgreichen Züchters Oberlieutenants Mehrle-Königgrätz, der ſich auf unſeren Ausſtellungen hier ſchon mehrere Preiſe geholt hat. Er ſcheint eine ganze Reihe fremdländiſcher Wurmvögel und Sänger zu halten ler hatte außer dem ge— nannten Heherling ausgeſtellt: Spottdroſſel, Jamaikatrupial, Hüttenſänger, Grau— kopfmaina und zwei Arten Bülbüls) und könnte ſich wohl zu Nutz und Frommen dieſes Zweiges der Liebhaberei über ſeine Erfahrungen in unſerer Fachpreſſe einmal vernehmen laſſen. Insbeſondere auch über die Bülbüls; denn hier giebt es noch Züchterlorbeeren zu verdienen: meines Wiſſens iſt noch keine einzige Art gezüchtet, obwohl ihrer mehrere, der rothohrige (Pyenonotus jocosus L.), der weißohrige (P. leucotis Gould.), der Tonki-Bülbül oder rothbürzlige (P. haemorrhous Gm.) und ſeit neueſter Zeit auch der weißköpfige chineſiſche (P. chinensis Gm.) öfters am Markt ſind und auch auf der Ornis-Ausſtellung bei unſeren bekannten Händlern zu haben waren. Alſo immer wieder einen Verſuch gewagt; ſchließlich muß es doch gelingen! Und ſelbſt wenn es nicht gelingt, kann ich mir keine unterhaltenderen Stubenvögel denken, als die Bülbüls. Dieſes kluge, aufmerkſame Weſen, dieſes kokette Haubenſpiel und Schwanzwippen! Der große Linné hat nicht umſonſt der längſtbekannten rothohrigen Art den Namen jocosus, der Scherzhafte, gegeben. — Ein gewiſſer Mangel an Muth, ſich an etwas Beſonderes heranzuwagen, zumal wenn es auch einige Mark mehr koſtet, als die landläufige Stubenvogelwaare, übertriebene Vor⸗ ſtellungen von der Schwierigkeit der Haltung ſind wohl auch der Grund, warum man eine andere eigenartig ſchöne Weichfreſſergruppe, die wundervollen Honigſauger oder Zuckervögel, Pitpits, nur ausnahmsweiſe einmal bei unſeren Liebhabern findet. Die Ornis⸗Ausſtellung in Berlin im December 1890. II. 137 Sie werden gar nicht ſo ganz ſelten eingeführt; aber gewöhnlich bleiben die Händler damit ſitzen, und ſo iſt es, glaube ich, auch unſerem Reiß mit dem Stück ergangen, was er auf der Ornis-Ausſtellung hatte. Und doch iſt die Erhaltung auf längere Zeit durchaus kein Ding der Unmöglichkeit. Wir halten im Garten 3 Stück, 1 der größeren Daenis atrieapilla Vieill. und 2 kleine D. cyana L, ſchon über Jahr und Tag im kleinen Käfig; hier haben die beiden letzteren gerade jetzt wieder ihr prachtvolles Hochzeitskleid angelegt. Dieſe Umfärbung aus einem unſcheinbaren, grünlichen Federkleid in ein herrlich blaues und erzgrünes Prachtgewand geht übrigens, davon haben wir uns durch genaue Beobachtung überzeugt, auf bis jetzt vollſtändig unaufgeklärte Weiſe ohne irgendwelchen Federwechſel in knapp 3 Wochen vor ſich. Dagegen ſcheint in derſelben Zeit die Zunge gehäutet zu werden; ſie hängt wenigſtens während der Umfärbung ſtets lang zum Schnabel heraus. Hier ſind alſo auch noch wiſſenſchaftlich werthvolle Beobachtungen und Unterſuchungen zu machen. Aber ganz abgeſehen davon: wenn ich mir dieſe „falſchen Colibris“, ſo möchte ich ſie nennen, dieſe lebendigen Türkiſen in einem Wintergarten oder einer gut heizbaren, blumenbeſtandenen Glasveranda frei fliegend denke, ein Paar Honigſauger auf einer Azalee oder Kamelie, das müßte eine Augenweide ſein, die die Mühe ſorgfältiger Weichfutterbereitung reichlich lohnte! — Neben dem ſehr gewöhnlichen, deshalb aber nicht weniger zarten und lieblichen Hüttenſänger, der ſich durch ſeine leichte Zücht— barkeit noch ganz beſonders empfiehlt, hatte der rührige Voß als hervorragende Selten— heit aus der Gruppe der Sänger im weiteſten Sinne, ein Begriff, der allerdings in der heutigen Syſtematik nur noch eine ſehr beſchränkte Bedeutung hat, den Kentucky— ſänger (Geothlypis formosa Ridgw.) aus den Südſtaaten der Union zum erſten Male lebend eingeführt. Ziemlich unſcheinbar gefärbt, oben grünbraun, unten gelb, mit weißem Augenring und Zügelſtrich — es iſt jedenfalls ein Weibchen — führt der Vogel in ſeiner allgemeinen Erſcheinung zwar unverkennbar den Typus der Nachtigall oder Grasmücke und noch mehr des Rohrſängers oder Schwirls vor Augen: bei genauerer Betrachtung zeichnet er ſich aber vor unſeren heimiſchen Sängern, in meinen Augen wenigſtens, durch etwas eigenthümlich Grobes, Eckiges in Form und Bewegung nicht gerade zu ſeinem Vortheile aus, insbeſondere gereicht ihm die außerordentlich breite, weit klaffende Mundſpalte, die in dem ganz flachen Kopfe doppelt auffällig wirkt, durchaus nicht zur Zierde. Nehrling ſpricht ja in ſeinem gemüthvollen, poetiſchen Vogelwerke mit großer Begeiſterung von den nord— amerikaniſchen Waldſängern, zu deren Untergruppe der Erdwaldſänger der Kentucky— ſänger gehört; er meint, der Vogelfreund könne nicht müde werden, ſie zu ſtudiren. Aber allerdings wüßten nur die wenigſten Menſchen etwas von ihnen, und das mag wohl der Grund ſein, warum die Thiere ſo wenig eingeführt werden. Der in Rede ſtehende auf der Ornis-Ausſtellung war der erſte aus der ganzen Gruppe, den ich N en 9 A * i 27 l 8 De 3 2 £ BI I e 7 138 L. Heck, Die Ornis-Ausſtellung in Berlin im December 1890. * 1 überhaupt lebend ſah, und doch muß es nach den Beſchreibungen unter den in den ganzen Südſtaaten häufigen Waldſängern ſehr ſchöne und liebenswürdige Arten geben, die durchaus befähigt erſcheinen, als Stubenvögel Bedeutung zu gewinnen. Wieder | eine jener Unbegreiflichkeiten im Thierhandel, die aber hoffentlich durch die Unter- nehmungsluſt unſerer Händler und die Opferfreudigkeit unſerer Liebhaber bald be⸗ ſeitigt wird! Giebt es doch überall in den Vereinigten Staaten deutſche Landsleute genug, die ſich gewiß gern als Bezugsquelle ausnutzen ließen, beſonders, wenn dabei noch ein Geſchäft zu machen iſt! Durch Nehrlings neues prächtiges Werk iſt jetzt gerade das Intereſſe an den nordamerikaniſchen Vögeln neu angeregt. Sollte es nicht möglich ſein, die Vogeleinfuhr von daher ähnlich in Schwung zu bringen, wie von anderen überſeeiſchen Ländern? — Als letzte Gruppe ausländiſcher „Wurmvögel“ bleiben nun noch die Tangaren übrig; fie mögen uns zu den Körnerfreſſern itber- leiten. Werden ſie doch von der zünftigen Syſtematik mit den eben berührten Wald— ſängern einerſeits und den kernbeißerartigen Ruderfinken andererſeits in eine Familie zuſammengeſtellt, weil ſie nur 9 Handſchwingen haben, die erſte Schwinge fehlt! Für die Praxis des Vogelwirths ſind es Weichfutter-, insbeſondere Fruchtfreſſer, und ſie werden als ſolche ſelbſt von den weniger aufmerkſamen Händlern reſpektirt. Bei uns im Garten erhalten ſie zwar alle auch Körner (Hanf und Spitz), aber mehr zum Zeitvertreib, möchte ich ſagen, als zur weſentlichen Nahrung. Außer der um— ſtändlicheren Fütterung ſprechen gegen die Tangaren ihre vollſtändige Geſangloſigkeit und ihre Unverträglichkeit. Dagegen erfreuen ſie durch ihre anſprechenden, theilweiſe ſogar prachtvollen Farben und ihr lebhaftes Weſen das Auge des Pflegers, und für ehrgeizige Liebhaber dürften ſie ſchließlich dadurch beſonderen Reiz haben, daß ſie, von einem einzigen Falle abgeſehen, noch nicht gezüchtet ſind. Wer alſo Raum und Zeit für ihre Unterkunft und Pflege hat, möge immerhin einen Verſuch nicht ſcheuen! Die Tangaren werden in einer ganzen Reihe von Arten recht häufig eingeführt; auch paarweiſe ſind ſie in neuerer Zeit nicht ſelten und zu billigen Preiſen zu haben, ob— wohl die Weibchen bei den Importen ſtets in der Minderzahl zu ſein pflegen, jeden- falls weil ſie wegen ihrer unſcheinbareren Färbung in der Heimath für weniger werthvoll gehalten und daher weniger gefangen und gekauft werden. Auf der Ornis— Ausſtellung waren aus den verſchiedenen Gattungen vertreten: von den kleinen Organiſten (Euphonia) keine Art, von den Schillertangaren die prachtvolle, in erz= glänzendem Gefieder prangende Siebenfarbentangare (Calliste paradisea Sws.), aus der einfacher gefärbten Gattung Thraupis die meerblaue Tangare (T. eoelestis Sws.), von den ſog. Sammttangaren die ſaftig blutrothe Purpurtangare (Rhamphocelus brasiliensis L.) mit dem in der That eigenthümlich ſammtigen Gefieder und von den meiſt ſchwarzen Sängertangaren die Schwarztangare (Tachyphonus melan- deucus Sparrm.) mit dem weißen Schulterfleck und die Krontangare (T. coronatus L. Buxbaum, Die Ueberwinterung der Vögel 1890/91. 139 Vieill.) mit dem feuerrothen Scheitel: Alles aber leider nur einzelne Männchen. Die Weibchen werden übrigens, deß bin ich ſicher, immer zahlreicher und regelmäßiger mit auf den Markt kommen, je häufiger und lebhafter Nachfrage nach ihnen iſt. Wir beſitzen im Garten bereits 3 Arten in richtigen Paaren, und es ſind auch ſchon Anzeichen vorhanden, die zu der Hoffnung berechtigen, daß ich früher oder ſpäter von einem Zuchterfolge werde berichten können. Ich gedenke nun die fremdländiſchen Körnerfreſſer und dann die einheimiſchen Vögel folgen zu laſſen. Beide Abſchnitte werden wohl nicht ſehr viel Raum in An- ſpruch nehmen; denn von kleinen Exoten wird leider ſchon längere Zeit recht wenig Außergewöhnliches eingeführt, und auf dem Gebiete der heimiſchen Vogelwelt marſchirt ja unſer Verein mit dem verehrten Leiter unſerer Monatsſchrift in erſter Reihe, ſo daß ich meinen freundlichen Leſern hier nicht viel Neues und Unerhörtes zu berichten haben werde. Ich werde mich daher möglichſt kurz zu faſſen ſuchen, um dann wieder eingehender bei dem letzten und intereſſanteſten Theile, dem Bericht über die ausgeſtellten Züchtungsreſultate, verweilen zu können. Die Ueberwinterung der Vögel 1890/91. Von L. Buxbaum. Der Winter von 1890/91 war auch für die Vögel ein recht langer und ſtrenger. Vom 26. Nov. 1890 bis 12. Febr. 1891 ſtand das Thermometer mit Ausnahme von ſieben Tagen unter Null und ſteigerte ſich die Kälte bis — 14 Grad R. Das waren zehn harte Wochen und manches zarte Vogelleben konnte dieſer Not nicht widerſtehen, es wurde gebrochen. In viel größerer Zahl kamen deshalb die weiter nördlich niſtenden Vögel hierher, um bei uns ihr Leben zu friſten; doch viele gingen in den Tod, denn der Herr der Schöpfung, der Menſch, benutzte die Gelegenheit, dieſer Wanderer womöglich habhaft zu werden. So wurden viele Wildenten, Wildgänſe, Säger und Schwäne erlegt. — Die Wildgänſe waren ſehr zahlreich erſchienen, und jeden Tag kamen neue Züge an, die weiter nach Süden gingen. Hier hatten ſie wenig Aeſung, denn die junge Winterſaat war faſt ganz vergangen, weil es längere Zeit ſchneebloß war und ſtark gefroren hatte. Abends fanden ſich aber ſtets viele Gänſe am Main ein, um da ein Bad zu nehmen; morgens gingen ſie wieder auseinander. — Wildenten waren in ſolcher Maſſe da, wie ich dies bis jetzt noch niemals geſehen habe. Dies brachte auch die Jäger auf die Beine, und viele Enten wanderten als willkommene Beute in die Küche. Da alles Gewäſſer im Walde und auf dem Felde feſt gefroren war, ſo kamen ſie in große Not und ſuchten im Main offene Stellen auf, um dort nach Muſcheln zu ſuchen. Es waren diesmal auch mir ganz un bekannte Arten vertreten. — Auch einige hübſche Säger waren an den Main 140 | L. Buxbaum, 5 } R a Br: > gekommen und wurden ſolche auch geſchoſſen. — Der Singſchwan hatte ſich eben- falls zahlreich eingefunden und brachte die Jäger geradezu in eine fieberhafte Auf— regung. Bei einer Familie Singſchwäne kann man ſogar den Weg verfolgen, den ſie eingehalten haben. Am 7. Jan. wurden Singſchwäne bei Nidda am Südfuße des Vogelsberges beobachtet und wurde auch ein Stück erlegt, welches 1,30 m lang und 2m breit war. Am 9. Januar kamen fünf Schwäne bei Raunheim an, von denen zwei Stück geſchoſſen wurden. Der eine war 1,25 m lang, 2 m breit und wog 9 ke, der andere war 1,20 m lang, 1,95 m breit und wog 8,5 kg. Es waren prächtige Vögel; Schnabel am Grunde gelb, Rand und Spitze desſelben ſchwarz, Füße ſchwarz, Gefieder weiß, die drei anderen Schwäne zogen weiter nach Süden und wurden am 10. Januar bei Lampertheim, unweit Mannheim, geſehen und ein Exemplar ge= ſchoſſen. Dieſer war 1,50 m lang, 2,20 m breit und wog 10 kg. Somit haben dieſe Schwäne denſelben Weg verfolgt, den auch die Kraniche einſchlagen, von der Wetterau an den Main und dann den Oberrhein hinauf. Eine andere Geſellſchaft Singſchwäne wurde am 16. Januar bei Seligenſtadt a. M. gejehen und ein Exemplar davon bei Stockſtadt a. M., ein zweites am 21. Januar bei Seligenſtadt geſchoſſen. Es wäre intereſſant, wenn man durch anderwärts gemachte Beobachtungen den ganzen Weg dieſer Schwäne verfolgen könnte. In ihrer nordiſchen Heimat muß es ihnen in dieſem Winter recht ſchlecht ergangen ſein, weil ſie ſo zahlreich auf die Wander— ſchaft gingen. — Auch die Möven kamen durch das Eis in ſolche Not, daß ſie vor Hunger ganz zahm wurden und ſich auf den Schiffen im Mainzer Hafen und von den Beſuchern der Eisbahnen füttern ließen. Ganz beſonders zahlreich hatten ſich die Silbermöven eingefunden und gingen dieſe, nachdem der Main am 1. Febr. eisfrei geworden, ihrer gewohnten Nahrung nach. — Eine Familie Lappentaucher, die hier groß geworden, ergötzte mich durch ihre Schwimm- und Taucherkünſte, und war ich auch über ihre Flugfähigkeit erſtaunt, denn ſie flogen mit Leichtigkeit über den Main hinüber. Erſt als der Main zugegangen war, zogen ſie fort. — Recht ſeltene Gäſte in hieſiger Gegend waren auch ein Trupp Großtrappen, Otis tarda, von 13 Stück, die im Felde bei Weilbach, Raunheim gegenüber, eingefallen waren und einige Tage daſelbſt raſteten. Sie weideten auf Kohl- und Weizenäckern, ließen aber die Jäger nicht herankommen. Ein einzelner Hahn dieſer Prachtvögel kam auch in die Nähe von Rüſſelsheim, hielt ſich einige Tage dort auf und wurde am 5. Febr. von dem Fabrikanten Herrn C. Engelhardt durch einen Schrotſchuß geflügelt und gefangen. Derſelbe iſt 120 m lang und hat eine Flugweite von 220 m. Es fand ſich nun, daß der Trappe krank war. Die Röhre des rechten Laufes war, jedenfalls durch einen früheren Schuß, in der Mitte gebrochen, aber wieder geheilt, hatte aber eine Verdickung wie eine Nuß, und die drei Zehen waren zuſammengekrümmt, ſo daß er auf dem Rücken der Zehen ſtehen mußte. Da er dieſen rechten Fuß noch nicht „ „ Die Ueberwinterung der Vögel 1890/91. 141 völlig gebrauchen kann, ſo hinkt das Thier ſehr arg. Jedenfalls war dies auch der Grund, warum der Hahn zurückblieb. Das Gefieder iſt prachtvoll und der Rücken erinnert an das Fell des Jaguars. Leider hat dieſer Trappe bis jetzt, am 9. Februar, noch keine Nahrung angenommen. | Auch die Rebhühner hatten böſe Zeit, weshalb die hieſige Jagdgeſellſchaft ſie füttern ließ. Zu dem Zweck wurde von Reiſern ein Kegel aufgeſtellt, in deſſen Mitte Gerſte geſtreut wurde. Durch dieſe Reiſer waren ſie vor den Raubvögeln geſchützt, denn in dieſer Zeit werden ſie am häufigſten von dem Hünerhabicht ge— ſchlagen. Unſere Futterplätze wurden fleißig beſucht von Buchfinken, Gold— ammern, Bergfinken und Haubenlerchen. Von den Buchfinken war eine große Schar hier zurückgeblieben, die in der Gemarkung umherſtrichen und ſich auch durch die anhaltende Kälte nicht vertreiben ließen. Einige Weibchen ſind mir todt überbracht worden, ebenſo ſind einige Bergfinken, Fringilla montifringilla, durch den Froſt geſtorben. Da die Futterplätze ſtets gut verſorgt waren, ſo hat es an Nahrung nicht gefehlt. Goldammern waren zahlreich da, Haubenlerchen waren ſel— tener. Die Schönen Bergfinken kommen nicht in jedem Winter hierher und find des— halb um ſo intereſſanter. — Ganz beſonders zahlreich waren diesmal die Meiſen am Platze, die wir durch die Scheiben der Sonnenblume herbeilockten. Damit bringe ich ſie ſchon im Herbſte in meinen Garten und habe ich da noch den Vorteil, daß ſie mir bei dieſer Gelegenheit die Obſtbäume nach Ungeziefer abſuchen. An die für die Meiſen ausgelegten Speckſtücke gingen häufig auch einige Buchfinken und ſchien ihnen dieſe Speiſe ganz gut zu ſchmecken. Sogar die Rabenkrähen kamen bis vor die Fenſter meines Schulzimmers und holten ſich ihren Antheil. Dohlen und Elſtern waren gar nicht da und ſind überhaupt ſehr ſelten. — Auf dem hieſigen Friedhofe ſtehen viele Cypreſſen, die voller Früchte hängen. Dieſe kleinen Zapfen enthalten Samenkerne, die von den Buchfinken und Meiſen ſehr gerne gefreſſen werden und ſah ich dieſe Bäume oft ganz voll von dieſen Vögeln beſetzt. Die Schüppchen dieſer Zapfen ſtehen jetzt auseinander und die Samenkerne ſind fort. So finden auch die Samen dieſer Bäume eine gute Verwendung. — Das muntere Volk der Goldhähnchen kümmerte ſich wenig um die ſtrenge Kälte und ging luſtig von Baum zu Baum, unter heiterem Gezwitſcher; ſie brauchen auch keinen Mangel zu leiden, denn die Rinde der Kiefern beherbergt ihre Leckerbiſſen in Hülle und Fülle. — Einen Fiſchreiher habe ich den Winter über öfter am Main geſehen und muß es demſelben während des Eisgangs recht ſchlecht ergangen ſein, denn er konnte da nicht fiſchen. In der letzten Zeit habe ich ihn nicht mehr geſehen. — Von Naub- vögeln ſah ich öfter einen Buſſard und hier und da einen Sperber, und hatten die Kleinvögel nicht viel durch ſie zu leiden. Am 31. Jan. ſtieg das Thermometer über Null und man hoffte, daß gelinderes 142 Appellöf, Baftard von Schnee- und Auerhuhn. Wetter kommen werde, allein vom 5. Febr. an ſteht es wieder unter Null und es 3 ſcheint, daß der Winter noch einmal Einkehr bei uns halten wolle. Hoffen wir einen Umſchlag zum Beſſeren. Raunheim a. M., 12. Febr. 1891. Baſtard von Schnee- und Auerhuhn. Herr Forſtmeiſter Hörbye hatte die Freundlichkeit, mir einen Bericht von A. Appellöf über einen Baſtard zwiſchen Schnee- und Auerhahn zu überſenden, welcher n „Naturen“, Illuſtreret maandsſkrift for populär naturvidenſkab, 1891, Seite 22 (Organ des Muſeums Bergen) veröffentlicht iſt. Da der Fall von Intereſſe iſt, laſſe ich hier die Ueberſetzung eines Theils von dem Bericht des Herrn Appellöf folgen. Dr. Th. Liebe. Der merkwürdigſte unter den Baſtarden des Bergener Muſeums iſt das Auer⸗ Schneehuhn (Tetrao lagopus-urogallus) oder der Baſtard zwiſchen Schneehahn und Auerhenne, beſonders weil die Eltern an Größe ſo verſchieden ſind. Bis jetzt kennt man nur das eine Exemplar dieſer Baſtarde; dasſelbe ward letzten Winter in der Schlinge in Norland gefangen und an das Muſeum in Bergen eingeſandt, in deſſen Jahresbericht es vom Conſervator James Grieg beſchrieben iſt. Die Größe des Baſtards iſt ungefähr dieſelbe wie die einer Schneehenne. Die Farbe iſt überwiegend weiß mit braun gemiſcht, ſchwarz und grau, alſo an beide Eltern erinnernd. Die Bruſt iſt metallglänzend grün wie die des Auerhahns. Der | Schnabel iſt faſt gleich dem des Schneehahns, aber kräftiger. Beim Schneehahn find die Zehen ganz mit Federn bekleidet, beim Auerhahn ſind ſie nackt; die des Baſtards ſind nur teilweiſe befiedert. Auch im Skelett zeigt ſich der Baſtard als ein Zwiſchen⸗ ding. Der Baſtard iſt männlich. Ein Baſtard, der im Winterkleide etwas an das Schneehuhn-Auerhuhn erinnert, iſt das Schnee-Birkhuhn. Derſelbe läßt ſich aber leicht unterſcheiden von jenem dadurch, daß er kleiner iſt, und an ſeinem eingeſchnittenen Schwanze, der an den Birkhahn erinnert. Der Schwanz des Schneehuhn-Auerhahns iſt nämlich quer ab- geſchnitten oder unbedeutend abgerundet. Außerdem iſt die Bruſt des Schnee-Birk⸗ huhns ſchwarz. Es könnte die Frage ſein, von welcher unſerer beiden Schneehuhnarten 1 Baſtard ſtammt. Doch iſt es, wie man annehmen muß, das Thalſchneehuhn, welches Vater oder Mutter geweſen, da dieſes ſich mit dem Auerhuhn an denſelben Stellen aufhält, was bei dem Bergſchneehuhn nicht der Fall iſt. Außerdem kann man auch annehmen, daß der Baſtard durch Paarung der Auerhenne und des Schneehahns l Paul Leverkühn, Litterariſches über das Steppenhuhn, III. Revue. 143 erzeugt iſt, da es wenig glaubhaft zu ſein ſcheint, daß eine Schneehenne einen Nach— kommen hervorbringen kann, der ſie ſo bedeutend an Größe übertrifft. Der Baſtard des Auerhuhns und Birkhuhns (Rakkelhane) wird für einen Nachkommen von Birkhahn und Auerhenne angeſehen, wie das Schnee-Birkhuhn von Schneehahn und Birkhenne abſtammt. In beiden Fällen iſt alſo der Vater der kleinere Vogel der ſich paarenden Arten geweſen. Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß⸗) Revue, nebſt Original⸗Mittheilungen über die 1888 er Invaſion. Von Paul Leverkühn. II. Nachtrag zu Abſchnitt I der III. (Schluß- Revue S. 101—118. Aus zum Theil inzwiſchen erſchienenen Werken. Zuſätze zum Litteratur-Verzeichniß bis 1863 einſchließlich: Zwiſchen Nr. 235 und Nr. 236 (fd. Nr. 286): Heine und Reichenow, Nomenclator musei Heineani ornithologici. Berlin 1882—1890. S. 289. Zwiſchen Nr. 240 und Nr. 241 (lfd. Nr. 287): Keller, Ornis Carinthiae. Klagenfurt 1890. S. 13—14, 195— 196. (Bericht über das naturh. Landesmuſeum in Kärnten. Klagenfurt.) Zu Nr. 261: Reichenow vgl. Heine. Weitere Ausbeute über den 1863 er Zug in England wird man mit Hülfe des trefflichen Catalogue of local lists of British Birds (reprinted with numerous additions from The Zoologist, III? ser., vol. XIV, 1890, S. 247—267) gewiß noch finden! Zuſätze zum Referat über Berichte 13—29: Zu 20. Die Frage Dr. Schäffs (Cab. J. f. O. 1890, S. 159 ff.), woher der Ausdruck „the feed of the Queen of the yellow sands“ Newton's (Ibis 1890, S. 210) ſtammte, können wir nach A. Newton's brieflicher Mittheilung dahin be— antworten, daß es ein Citat aus einem der Gedichte Andrew Lang's in deſſen griechiſcher „Anthologia“ iſt. Zu 22. Bolam. Der erſte Satz muß heißen: . . . macht Verf. auf den ſelt— ſamen Umſtand aufmerkſam, daß unter den erſten in England 1888 erbeuteten Exemplaren ein Männchen gefunden ſei (bei Cragſide am 23. Mai), nur einige Meilen entfernt von jenem Platze, unter dem Telegraphendraht, woſelbſt 1863 die 3 erſten Pioniere geſichert wurden (bei Thropton bei Rothburg am 21. Mai). 144 Paul Leverkühn, 30. Albarda, Herm., Ornithologie van Nederland. Waarnemingen in 1888 en 1889. (Ex: Tijdschrift der Nederlandsche Dierkundige Ver- eeniging. 1890. V. 2. III. Afl. 1. S. 19— 24.) | In dieſem Jahresberichte giebt der bekannte Verf. alles über den Zug in Hol- land bekannt gewordene. Als Ergänzung dazu bemerken wir, daß laut Büttikofer (brieflich den 17. Januar 1891) im Jahre 1890 nichts mehr über Steppenhühner verlautete. 31. Collett, R., On the immigration of Syrrhaptes paradoxus into Norway in 1888. (Ex: ?) [Referat nach Bericht III über die März⸗Sitzung der Allg. Deutſch. Ornith. Geſ. zu Berlin. Cab. J. f. O. April. S. A. S. 3.] Die erſten Steppenhühner kamen nach Norwegen am 12. Mai. Sie hielten ſich längere Zeit jedoch nur in zwei Diſtrikten auf, in Liſterland und Jäderen, im ſüd⸗ weſtlichen Theile des Landes. Der nördlichſte Punkt, welchen ſie erreichten, iſt Aalen, nördlich von Röros, unter 62% 24“ n. Br. Das letzte Stück wurde am 3. Januar 1889 beobachtet. Zuſätze zum Litteratur-Verzeichniß über den 1888/89 er Zug: ad m) Cab. J. f. O. 1891. Heft 1. S. 20 (Bericht über Holtz's Arbeit), S. 29 (Bericht über Tſchuſi's Arbeit), S. 36 (Schäff), S. 41 (Bericht über unſere Arbeit II). | „ q) Weidmann. 1891. XXV. S. 197 (Wurm). b?2) Glasnika hrvatskoga naravoslovnoga druätva. (Berichte der Kro— atiſchen naturhiſt. Geſellſchaft.) V. 1890. Brusina Spiridion, Motriocem ptiéjega svijeta. Naputak i popis domaéih ptica. (An die Beobachter der Vogelwelt. Inſtruction und Katalog der einheimiſchen Vögel.) Sep.-Abdr. S. 80—81. „ k) Tſchuſi zu Schmidhoffen, von, Ornith. Jahrbuch. 1891. II. S. 31 (L. v. Keneſſey). neu: cd) Dammer, O., Humboldt. (Stuttgart.) 1889. S. 433 (Lampert). „ ds) Holtz, Geſchäfts-Bericht des Baltiſchen Central-Vereins für Thierzucht und Schutz vom 1. April 1888 bis 31. März 1889. Greifswald 1889. S. 16 (Dollberg). „ ez) Bericht der naturf. Gef. in Bamberg. XV. 1890. S. 37—38 (Linh. 75 Verbeſſerungen: S. 105, Z. 3 v. o.: Tyrrhaptes ſtatt Syrrhaptes. „ „ „15 „„ Hannoverſchen ſtatt Hamburger. Originalmitttzeilungen über den 188 8889er Zug. Aus Deutſchland. Provinz Hannover. Osnabrück (Zeiske). Am 16. Juni wurden auf heißem, ſandigem Terrain bei Melle 3 Exemplare beobachtet. Am 17. Juni iſt nur noch 1 Exemplar an dieſer - F Aa ui ee ee ee ee Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue. II. 145 Stelle zu bemerken geweſen. (Mittheilung für den Ausſchuß für Beobachtungs— Stationen der Vögel Deutſchlands.) Göttingen. Laut gef. brieflicher Mittheilung des Herrn Amtsrichter Baring in Elze wurde ein Steppenhuhn mit noch einem andern am 23. Mai 1888 bei der Diemarder Warte, etwa eine Stunde ſüdlich von Göttingen erlegt. „Es hat ſich dort ein Trupp von etwa 80 Stück vom 15. Februar bis 23. Mai 1888 aufgehalten. Dieſelben ſind offenbar durch dieſe Mordthat verſcheucht, für welche der Jagdherr, mein Verwandter, den Schützen tüchtig geſcholten hat.“ Nordſtemmen. Laut freundlicher Mittheilung unſeres Freundes Karl Roſe, Second.⸗Lieut. im 10. Jäger-Bataillon zu Preuß. Minden, conſtatirte der Hofbeſitzer Ohlmer, „ein vollſtändig glaubwürdiger Mann“, daß im Jahre 1888 auf ſeinem Grundſtück ein Paar Steppenhühner niſtete; das Gelege habe aus 3 Eiern beſtanden, ſei aber durch Raubzeug wahrſcheinlich zerſtört. Provinz Heſſen-Naſſau. | Kaſſel. Auf der Allgemeinen Ausstellung für Jagd, Fiſcherei und Sport waren 2 Exemplare ( und 2) von F. Beckmann jun. ausgeſtellt, welche aus der Umgebung der Stadt ſtammten. (Ausſtellungs-Catalog, Nr. 281, S. 19.) Provinz Pommern. Barnow (Kr. Rummelsburg). 2 Stück wurden gegen einen Telegraphendraht fliegend beobachtet; das eine erholte ſich gleich wieder, das andere war todt. (Zeitungs- notiz, beglaubigt.) Provinz Schleswig-Holflein. Folgende dankenswerthe Notizen erhielten wir von Herrn Paulſen in Flens— burg (sub dato 2. October 1889): Für ſeine Sammlung erhielt genannter Herr ein „prächtiges“ Ei, welches am 6. Juni 1888 in den Dünen auf Amrum gefunden worden iſt. (Dieſe Mittheilung dürfte ſich auf die beſonders dünenreiche nördliche Hälfte der intereſſanten Inſel beziehen — daſelbſt wohnt auch der Sammler Paulſen's. Lev.) Ferner wurde an der Weſtſpitze von Eiderſtedt ein Steppenhuhn-Ei (laut Paulſen) gefunden, welches fein Freund H. für 5 & ankaufte und jetzt in feiner Sammlung aufbewahrt. In den erſten drei Julitagen 1888 wurde bei Glücksburg auf einem Kleefelde ein Männchen geſchoſſen; daſſelbe verbrachte bis zum 17. October 1888 ſeine Ge— fangenſchaft in der armſeligſten Hütte, und zwar in einem ſchmutzigen, engen Kaſten, der ſonſt für Kaninchen beſtimmt war. An letztgenanntem Datum kam der Vogel in den Beſitz eines Gaſtwirths in Flensburg, welcher ihn im Mai 1889 nach Mittel— deutſchland verkaufte. In kalter Stube hielt das Huhn den Winter aus; es fraß faſt ausſchließlich Gerſte. Eine größere Anſammlung von Steppenhühnern fand in den „Frösleer Sand— 2 e 146 ’ Paul Leverkühn, bemerkt; am 8. October daſelbſt die letzten 3 geſehen; ſeitdem ſpurlos verge (NB. ob 1888 oder 1889?) Provinz Weſtpreußen. Laut einer Zeitungsnotiz haben ſich an vielen Stellen auch 1889 Steppen⸗ hühner gezeigt. Hamburg. In Hamburg, woſelbſt durch eine Eee (vom 28. Juli 1888) das Steppenhuhn unter den Schutz des Geſetzes geſtellt wurde, iſt längere Zeit im zoo— logiſchen Garten ein auf Helgoland durch Herrn P. C. Reimers beim Dünen- und Strand-Pavillon gefangenes Paar gehalten. Herzogthum Anhalt. Zerbſt. Anfang Mai wurden 6 und am 4. Auguſt 3 Steppen hühner nördlich von dem Hubertusberge auf den Brachländereien zwiſchen Möllensdorf und Wörpen ſeitens eines Gewährsmannes der „Saale-Zeitung“ beobachtet. Herzogthum Brannſchweig. Aſſe (v. Seidlitz). Die in den umgebenden Feldmarken im Frühjahr und An- fang Sommer beobachteten Steppenhühner ſind wieder verſchwunden. — Calvörde (Ühde). Erſchien im letzten Frühjahr hier in Zügen von 30 — 60 Stück; verſchwand nach 2—3 Wochen. Im Herbſt find auf der Feldmark Elſebeck mit einem Volke Rephühnern vereinigt 5 Stück beobachtet, von denen 2 Stück geſchoſſen wurden; eins davon iſt ausgeſtopft im Beſitz des Schützen. Die übrigen 6 Stück find noch“) hier. (Dem Ausſchuß für Beobachtungs-Stationen der Vögel Deutſchlands mitgetheilt.) Seeſen (Beling). „Von einem bäuerlichen Jagdpächter im benachbarten Münche- hof wurden gegen Ende des Juli an der Grenze zwiſchen Münchehofer und Kirch— berger Feldmark aus einem etwa 40 Stück zählenden Schwarm 3 Stück durch einen Flintenſchuß erlegt. Weiteres iſt über das Vorkommen des Steppenhuhns in hieſiger Gegend mir nicht bekannt geworden.“ Seeſen (Neubauer). In der Nähe des von hier 1 Stunde entfernten Dorfes Kirchberg wurden Mitte Juli durch den Oeconomen Haars in Münchehof in der Feldmark von einem vor ihm aufgegangenen Volke von etwa 40 Stück auf einen Schuß 3 Stück erlegt. Später find dort Steppenhühner nicht mehr bemerkt. (Dem Ausſchuß für Beobachtungs-Stationen der Vögel Deutſchlands mice ei Königreich Bayern. Augsburg (Wiedemann). Am 7. Mai erſchien bei Mering unweit Augsburg ein Flug von ca. 40 Fauſthühnern, von welchen ein altes ? mit ziemlich entwickelten *) Der Bericht iſt unterzeichnet: „den 12. December 1888.“ Gr, + an 1 7 * dünen“, nicht weit von Flensburg, ſtatt. Erſt Mitte Juli wurden hier die Vögel CR Litterariſches über das Steppenhuhn, III. (Schluß-) Revue. II. 147 Eiern von Erbſengröße geſchoſſen und in Augsburg präparirt wurde. Im Kropfe dieſes Vogels befanden ſich Unkrautſämereien und einige Gerſtenkörner mit Keim— würzelchen. Den 12. Mai Vormittags 9½ Uhr flog eine Schaar von 35—40 Stück in weſtlicher Richtung über die Stadt Augsburg hin. Raſch und nahe an einander gedrängt dahin ziehend, wurden ſie im erſten Augenblick für Tauben gehalten, aber ſogleich an den zwei verlängerten Schwanzfedern mit Sicherheit als Steppenhühner erkannt. Am nächſten Tage ſtrich ein Flug von 11 Exemplaren in weſtlicher Richtung über Haunſtetten hin. Gutsbeſitzer Deuringer ſah gegen Mitte Mai dieſer Vögel auf ſeiner Jagd bei Bannacker. Alle anderen Nachrichten über beobachtete Paar— hühner haben ſich nicht bewahrheitet. (Dem Ausſchuß für Beobachtungs-Stationen der Vögel Deutſchlands mitgetheilt. Mit beſonderer Erlaubniß des Verf. hier ab— gedruckt.) München (Parrot). „In der näheren Umgebung von München wurde meines Wiſſens unſer Vogel nicht beobachtet; ebenſowenig erhielt einer der Ausſtopfer ein Exemplar zur Präparation zugeſandt. Laut Zeitungsberichten wurden Steppenhühner in Bayern beobachtet: bei Bamberg b. Hallſtadt Ende Mai 16—18 Stück, bei Unter- reichenbach b. Würzburg Anfang Juli 18 Stück, bei Stadt-Lauringen Anfang Mai, dann bei Oberſembach, in Oberfranken im Haßgebirge Anfang Mai, bei Königsbrunn, Schwabmünchen, Buchlein, mehrmals bei Haunſtetten, Neufahrn, Mering, Augsburg, Mühldorf. Bei Rotthalmünſter wurde am 14. Septbr. ein Flug von ca. 20 hühner⸗ artigen Vögeln beobachtet, welche man als Steppenhühner anſprach. Herr Profeſſor Dr. Hartig beobachtete um Pfingſten bei Grafrath an der Amper einen Flug von ca. 30 Vögeln, welche, wie er mir ſelbſt verſicherte, nichts anderes als Steppenhühner ſein konnten.“ (Dem Ausſchuß für Beobachtungs-Stationen der Vögel Deutſchlands mitgetheilt. Mit beſonderer Erlaubniß des Verf. hier abgedruckt.) Dem naturhiſtoriſchen Muſeum der Kgl. Academie der Wiſſenſchaften wurde außer verſchiedenen Pſeudo⸗Steppenhühnern (wie z. B. einem Ziegenmelker ſeitens eines höheren Forſtbeamten) nur 1 Exemplar (8) eingeſandt; aus dem Bayeriſchen Wald, Forſtamt St. Oswald; als Datum iſt leider nur „1888“ vermerkt. Aus Schweden. Der Academie der Wiſſenſchaft in Stockholm machte Herr Profeſſor Smitt die Mittheilung, daß das Steppenhuhn in Schonen und Weſtgothland aufgetreten ſei. Zur Ergänzung der Mittheilungen Altum's,“) Nobbe's “) und anderer über die Nahrung ſei aus einem Artikel der „Deutſchen landwirthſchaftlichen Preſſe“ ) Oben angeführt Nr. 17 und Meyer und Helm, ſächſ. Jahresber. IV, 88, S. 117. ) Deutſche Jägerzeitung 1888, Nr. 15. 148 Paul Leverkühn, Litterarifches über das Steppenhuhn, III. Revue II. g (September 1888) mitgetheilt, daß durch den Magdeburger Botaniſchen Verein die > Kröpfe der bei Schönebeck und Neuhaldensleben erbeuteten Stücke ſorgfältig unter⸗ ſucht wurden und aus dem darin vorgefundenen Geſäme eine „Cultur“ angelegt wurde. Die aufgelaufenen Pflanzen, ausſchließlich Gräſer, waren: Hafer, Hirſe, | Fennichgras (Panicum filiforme), Borſtengräſer (Setaria viridis und Set. glauca). Ueber einen ſpäten Aufenthalt der Steppenhühner in Deutſchland im Jahre 1890 tauchten zwei Nachrichten auf, welche ganz ſicher auf Verwechſelungen beruhen. In der „Nordböhmiſchen Vogel- und Geflügelzeitung“ (1890, Band III, Nr. 18, 4 S. 170) berichtete Herr F. Oelſner aus Amſterdam, daß laut Berliner Tageblatt vom 1. September 1890 der Lehrer Fratſcher in Coppanz bei Jena „vor kurzem“ welche geſehen habe. Nach der (Neudammer) Deutſchen Jäger-Zeitung (1890, XVI, S. 275) vom 20. November 1890 vollends wollte bei Meetſchow (Kr. Demmin) am 10. November ein C. C. unterzeichneter Jäger in G. „vor 4 Wochen“ 15 Stück ge= ſehen haben. — Da von keiner beglaubigten Seite ſo ſpätes Verweilen bezeugt iſt, dürfen wir dieſe Nachrichten als e bezeichnen. Wenn die vorſtehende Zusammenstellung doch noch wieder manche Lücke auf- weiſen wird trotz mancherlei aufgewendeter Mühe, ſo bitten wir dies, abgeſehen von allgemein menſchlicher Unvollkommenheit ꝛc, auch damit entſchuldigen zu wollen, daß das Arbeiten auf der Königl. Hof- und Staatsbibliothek in München ganz erheblich durch Aeußerlichkeiten erſchwert iſt, wie ſie uns, dem durch die großartige und un— gemein zuvorkommende Verwaltung der Kaiſerl. Landes- und Univerſitätsbibliothek in Straßburg i. E. vielleicht Verwöhnten, beſonders läſtig und lähmend waren, und auf welche leider das bittere Wort Bellamy's im „Rückblick aus dem Jahre 2000 auf 1887“) voll und ganz paßt: „Ich kann die herrliche Freiheit nicht genug rühmen, die in den öffentlichen Bibliotheken des zwanzigſten Jahrhunderts vorherrſcht, im Gegenſatze zu der unerträglichen Verwaltung dieſer Inſtitute im neunzehnten, in welchem die Bücher eiferſüchtig dem Volke entzogen wurden und nur durch Aufwand vieler Zeit und unter Umſtändlichkeiten zu erlangen waren, die geradezu darauf be— rechnet ſchienen, jegliche Neigung für Litteratur zu unterdrücken.“ Wir ſchließen unſere III. und letzte Revue mit dem Ausdruck des Bedauerns, daß die Hoffnungen ſo vieler Ornithologen und Laien bezüglich der Einbürgerung ſich nicht verwirklicht haben und daß die ſchöne Prophezeiung des Kladderadatſch (vom 15. Juli 1888, Nr. 33, erſtes Beiblatt) „Ungefähr fünf Aa ſpäter“ nicht eintreffen wird! München, den 15. März 1891. *) Ueberſetzt von G. v. Gizycki, 301 tauſendſte Ausgabe. (Univ. Bibl. Recl. Nr. 2661 — 2662, Kap. 15, S. 128—129, Anm.) . 4 Kleinere Mittheilungen. 149 Kleinere Mittheilungen. Nach der Frkf. a. O. Ztg. hat der Magiſtrat von Eberswalde für die Sommer— monate eine Katzenſperre dekretirt. Er hat ſich von der Behörde die Erlaubniß ertheilen laſſen, durch ſeine Beamten alle auf den Friedhöfen und in den öffentlichen Anlagen umherſchweifenden Katzen durch Fallen und Schußwaffen unſchädlich machen zu dürfen. D. R. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Vielleicht iſt es für Sie von Intereſſe, nachfolgende Beobachtung von mir zur Naturgeſchichte des Wendehalſes (Jynx torquilla) zu erfahren. Im Mai v. J. hatte ſich in einem der zahlreichen Niſtkaſten meines Gartens ein Blaumeiſenpaar eingerichtet; eines Tages bemerkte ich, daß ſich ein Wendehals auffallend viel an dem betr. Baume und Kaſten zu thun machte. Zuweilen kletterte er an dem Kaſten herum und ſah in das Loch hinein, dann kamen die beiden Blaumeiſen mit giftigem Zetern heran und es gab einen förmlichen Kampf, wobei einmal die ganze Geſellſchaft raufend zur Erde fiel. Da der Wendehals all— gemein als friedlicher und harmloſer Geſelle bekannt und überall ein gern geſehener Gaſt iſt, ſo nahm ich die Sache nicht beſonders ernſt, glaubte auch nach dem Ge— ſehenen, daß die tapferen kleinen Meiſen ſchlimmſten Falles ſich allein des Stören— friedes erwehren würden, indeß ich ſollte mich doch ſehr getäuſcht haben. Nach einigen Stunden nämlich wurde mir der betr. Wendehals von meinen Leuten gebracht, er war in dem Kaſten geweſen und beim Herausſchlüpfen gefangen und ich konnte mich nun überzeugen, welche Zerſtörung er angerichtet hatte: drei von den kleinen Jungen lagen unter dem Baume todt und an einem noch im Neſte befindlichen konnte man deutlich die Spuren ſeiner Schnabelhiebe erkennen, er würde gewiß, wenn ich nicht dazwiſchen getreten wäre, die ganze Brut vernichtet haben. Die Meiſen, die an— fangs gar nicht mehr zu ſehen waren, kamen zuerſt ſehr ſcheu und vorſichtig wieder. heran, begriffen aber die Situation und brachten den Reſt ihrer Brut noch groß. So viel ich weiß, ſind ähnliche Beobachtungen über den Wendehals noch nicht be— kannt und ohne damit den Stab über ſeine ganze Familie brechen zu wollen, ſcheint mir dieſe Thatſache doch geeignet, gelegentlich die Aufmerkſamkeit der Vogelfreunde auf ſeine ſtörende Gegenwart zu lenken. Osnabrück. Dr. Ad. Meyer. Zu der vorſtehenden, ſehr beachtenswerthen Beobachtung geſtatte ich mir hinzu— zufügen, daß der Wendehals jedenfalls ein Weibchen in Legenoth war. Durch irgend einen Zufall war die gewählte Niſthöhle dem Thiere plötzlich unzugänglich geworden: vielleicht hatten Haſelmäuſe, vielleicht Spechte davon Beſitz ergriffen, vielleicht auch hatte Menſchenhand den Niſtbaum gefällt. Die Kultur hat ja die hohlen Bäume zu ſchon recht ſeltenen Erſcheinungen gemacht und macht ſie in ihrem Fortſchreiten ae el Ne u St ya ne ar = 8 * 77 r ee ee 2 a * a Be Be * — — f 8 ) * * sale 150 Kleinere Mittheilungen. * immer ſeltener. In der Noth werden dann auch die friedfertigſten Vögel zu 85 9 Kämpen, die ihr Leben daran ſetzen, um ihrer Nachkommenſchaft ein Heim zu er⸗ kämpfen. Wir dürfen ihnen, wie Dr. Mayer auch ganz richtig andeutet, darum aber nicht zürnen, müſſen ihnen vielmehr Niſtgelegenheiten bieten. Wendehälſe nehmen Staarkübel ganz gern an. K. Th. Liebe. g Merkwürdige Todesart eines Fiſchreihers. In der Nacht vom 23. zum 24. Jan. d. J. fand am Kirchthurme der reformirten Kirche in Detmold ein Fiſch— reiher auf eine ebenſo merkwürdige wie erbärmliche Weiſe ſeinen Tod. Derſelbe war nämlich bei ſeinem nächtlichen Fluge über die Stadt mit einem Flügel in einen oberhalb des Thurmknopfes zur Verzierung angebrachten eiſernen Haken gerathen, aus dem er ſich nicht wieder zu befreien vermochte. Er hatte freilich, wie ſich bei ſeiner Abnahme vom Thurmkreuze zeigte, die verzweifeltſten Anſtrengungen gemacht und ſich alle Flügelknochen zerſchlagen und zerbrochen. Der Vogel, ein etwa zwei— jähriges hübſches Exemplar, ziert heute wohlpräparirt das Muſeum in Detmold. Detmold. H. Schacht. In Nr. 3 unſerer Monatsſchrift bringt Herr E. Günther eine Beobachtung „über die Lebensweiſe des Vuſſards“. Nachſtehend geſtatte ich mir, einige Beiſpiele über ſein Verhalten gefangenen oder kranken Vögeln gegenüber zu geben. Bekanntlich iſt der Buſſard alten geſunden Vögeln gegenüber ungefährlich und dies wiſſen letztere auch ſehr gut; ſie laſſen ſich bei ſeiner Ankunft meiſtens nicht in ihrem Geſange ſtören oder ihren Angſtruf ertönen. Anders verhält es ſich jedoch kranken oder gefangenen Vögeln gegenüber. Auf dem Kratzenberge am Tannenwäldchen, nahe der Stadt, hatte ein auf den Eiſenbahnwerkſtätten zu Kaſſel beſchäftigter Handwerker ein Stellgarn aufgeſtellt und außerdem zum Fangen der Vögel beſtimmtes Futter, zwei kleine viereckige Vogelbauer aus Draht mit je einem Stieglitz und Hänfling unter daſſelbe geſtellt. Während der Vogelfänger etwas abſeits promenirt, ſtößt ein Buſſard aus der Luft auf einen der Lockvögel. Hierbei hatte er einen der Fänge durch den Draht gebracht, den er, da er den Vogel trotzdem nicht erreichen konnte, zurückziehen wollte, was ihm nicht gelang. Er ſtrich erſchreckt mit dem ganzen Vogel- bauer ab, noch ehe der Vogelfänger die Leine zum Zuziehen des Netzes ergreifen konnte. Noch ein ähnlichex Fall trug ſich bei einem andern zu, nur mit dem Unter⸗ ſchiede, daß der Buſſard, nachdem er den Vogelbauer ein Stück getragen, denſelben wieder fallen ließ, und ſo der Vogelfänger wieder in den Beſitz deſſelben gelangte. Den ihn verfolgenden Rabenkrähen gegenüber verhält er ſich meiſt nur abwehrend; daß er jedoch zwiſchen einer geſunden und einer kranken einen Unterſchied zu machen verſteht, davon hier ein Beiſpiel. Ein Jäger ſchoß auf einer Krähenhütte in der Karlsaue eine Rabenkrähe, welche, obſchon ſtark verletzt, dennoch ſchwerfälligen Fluges 1 den Lindenbäumen der angrenzenden Frankfurter Landſtraße zuſteuerte. Ein Buſſard 7 BR Kleinere Mittheilungen. | 151 hatte ſchon aus der Ferne bemerkt, daß derſelbe nicht wohl zu ſein ſchien, flog ihr nach, holte ſie ein und trug ſie auf und davon. — Auch der Sperber weiß die Vor— theile bei ſeiner Jagd herauszufinden. So ſah ich vor einigen Jahren bei großem Schneefall einen Schwarm Hänflinge über die Felder ſtreichen, unter welchen ſich einer mit einer Leimruthe am Schwanze befand, als plötzlich ein Sperber zwiſchen denſelben ſtößt, indem er den Hänfling mit der Leimruthe aufs Korn nahm. Dieſer beſaß jedoch noch jo viel Fluggewandtheit, daß er dem Räuber entkam. Ein anderes Mal holte ein Sperber einem Vogelfänger, welcher auf dem dort vorhandenen Salat— ſamen Leimruthen ausgeſteckt hatte, einen Stieglitz vor deſſen eigenen Augen weg, als er kaum an der Leimruthe hing. Wehlheiden b. Kaſſel, den 19. März 1891. H. Ochs. Eine recht eigenthümliche Beobachtung machte ich an der Mehlſchwalbe (Hirundo urbica) im September vor. Jahres. In einer von unſeren Scheuern befanden ſich drei Mehlſchwalbengeniſte, in welchen die Bruten ſehr gut ausgebracht wurden. In der Zeit vom 2. bis 4. Sept. — wir hatten in dieſen Tagen einen ſehr anhaltenden Landregen, und nicht für eine Minute klärte ſich das Wetter auf — hatten ſich die einzelnen Familien in ihren Geniſten verſammelt, und hier hatten die Thiere ih eng zuſammengedrückt. So waren fie auch, wohl nur in Folge von Nahrungs- mangel, am dritten Tage verſchieden; denn die Temperatur ſank in der Zeit nicht unter 4 140 C., und alle diejenigen Vögel, welche ich unterſuchte, 9 an der Zahl, hatten völlig leeren Kropf und Magen. (Am Morgen des 4. Sept. fand ich an der Südſeite unſeres Kornbodens einen ganz ſchwachen Cypselus apus vor, welcher ſich krampfhaft am Drahtgitterfenſter feſtklammerte, ich nahm ihn behutſam herab und brachte ihn auf mein Zimmer, unterwegs krepirte er jedoch bereits; ſein Kropf und Magen waren ebenfalls leer.) Am 5. Sept. abends kamen nun vier Mehlſchwalben nach Sonnenuntergang zu den Neſtern geflogen, krochen hinein, kamen aber ſofort wieder laut ſchreiend heraus (damals lagen die Leichen noch darin) und flogen gegen die durchlöcherten „Ventilationsziegel“ an. In deren Oeffnungen verſuchten ſie ſich einzuzwängen, was ihnen auch nach großen Anſtrengungen gelang; nach einigen Minuten erſchienen ſie jedoch wieder mit dem Schwanze zuerſt, flogen ein Weilchen wie im Taumel herum les war indeſſen ziemlich dunkel geworden) und gegen die Scheunenwand und die Thore an. Eine ſtürzte betäubt zur Erde, erholte ſich jedoch bald wieder. Schließlich klebte ſich die eine an die Kalkwand feſt. So blieben ſie einige Sekunden hängen bis die letzte ſich anheften wollte, da ließ die erſte los und die ganze Sippe fiel abwärts. Hierauf ſtrichen die Thiere laut ſchreiend nach einem unſerer Teiche mit dichtem Schilfwuchs ab. Dieſes Ge— bahren von Hirundo urbiea erinnerte mich recht lebhaft an das Treiben des neu— holländiſchen Oeypterus albovittatus Gould. Von dieſem Schwalbenwürger ſah 152 Notizen für die Vereinsmitglieder. — Litterariſches. — Anzeigen. mein Nachbar, der Farmer Charles Bonnetts zu High-Street in New South Wales, n 3 wiederholentlich ganze Schwärme nach Art der Bienen an den abgeſtorbenen Aeſten eines Eucalyptus oder von Kaſuarinen aufgehangen. (Conf. auch „Illuſtrirte Natur⸗ geſchichte des Thierreiches“ Leipzig 1848] 2, Vögel, S. 65, Fig. 1338.) er Dom. Ä A Karl Knauthe. notizen für die Vereinsmitglieder. Am 15. März 1891 ſtarb im Alter von 52 Jahren zu Amſterdam Hendrikus Koller, Conſervator am Kgl. Zoologiſchen Inſtitut „Natura Artis Magistra“. Der Verſtorbene, ein Mann von großer perſönlicher Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, war ein trefflicher Kenner der Vögel Hollands, wofür die gelegentlich des 50 jährigen Beſtehens der Zool. Genootschap Nat. Art. Mag. am 1. Mai 1888 publicirte Arbeit „Naamlijst van in Nederland in den vrijen natuurstaat waargenomen vogels“ (Folio, 80 Seiten), obwohl ſie unter Hochdruck hatte hergeſtellt werden müſſen, ein Zeugniß ablegt. Menura. Litterariſches. Zur Litteratur über Geflügel- und Singvogel⸗-Zucht. Der Oettel'ſche Kalender für Geflügelfreunde (X. Jahrgang. 1891. Wilh. Köhler, Minden. Preis 1 Mark), in ſeiner Einrichtung ſeinen Vorgängern gleich, die wir ſchon mehrfach“) beſprochen, bringt dieſes Jahr wieder eine von einem Bilde begleitete Biographie eines Ornithologen (A. E. Brehm), ferner Aufſätze von Ad. Müller, Bruno Dürigen, Th. Oppermann, L. Ehlers u. a., ſowie eine Ueberſicht der kritiſchen Tage des Jahres 1891 von Prof. Falb. Im Verzeichniß der philornithiſchen Vereine fehlt wiederum der Deutſche Verein zum Schutze der Vogelwelt. — Die Expedition der Allgemeinen deutſchen Geflügel Zeitung (C Wahl, Leipzig) hat eine „Univerſal— Bibliothek für Thierfreunde“ ins Leben gerufen (welche übrigens mit der bekannten Reclam'ſchen die gleichmäßige Preisnormirung von 20 Pfg. für das Heft nicht gemein hat), von der die erſten Hefte erſchienen ſind: 1. Frahm, Kurze Charakteriſtik einiger Hühnerraſſen (50 Pfg.); 2. und 8. Bröſe, Die Tümmler- und Hochflug-Tauben-Raſſen (mit Abbildungen, à 60 Pfg.); 3. Kloß, Der Wellenſittich (60 Pfg.); 4. Frahm, Das Brutgeſchäft (40 Pfg.); 5. Bröſe, Die Geſtalt- und Farben-Kanarien (mit Abbildungen, 1 Mark); 9. Röhl, Der Kanarienvogel in Haus und Familie. — Nr. 4 behandelt das Brutgeſchäft der Hühner. Auf Nr. 3 und 9 machen wir beſonders aufmerkſam. München, Ende Februar 1891. en *) Monatsſchrift 1887, S. 28. 1890, S 566 Anzeigen. Californiſche Schopfwachteln, prachtvoll im Gefieder, pro Paar 18 Mk. A. Underborg, Hamburg, Schulterblatt 156. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. N 4 — Vereins zum Schutze der Vogelwelt. begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Redigirt von Zahlungen werden an den Ren⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen 5 a Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, danten d. Ver. Herrn Meldeam Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ und erhalten dafür die Monats⸗ ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, urn a Dr. Frenzel, Dr. Rey, der ſinden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗ Inſp. Thiele. weit der Raum es geſtattet, XVI. Jahrgang. April 1891 (zweite Lieferung). Ur. 6. Inhalt: Bericht über die Generalverſammlung am 21. März 1891 in Leipzig. — Dr. Koe— pert: Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! III. Karl Knauthe: Zur Schädlichkeit der Krähen. Carl R. Hennicke: Die Rohrbacher Teiche und ihre Avifauna. Ad. Walter: Die drei letzten Tage eines Sperbers. Ernſt Hartert: Noch etwas vom geſprenkelten Rohrhuhn. — Kleinere Mittheilungen: Der gemeine braune Tölpel. Dublette auf Trappen. Steinadler. — Notizen für die Vereinsmitglieder. — Anzeigen. Generalverſammlung am 21. März 1891 in Leipzig. Die in dem feſtlich und künſtleriſch geſchmückten Saale von Wiegners Geſell— ſchaftshaus (Schulſtraße) von einheimiſchen und auswärtigen Mitgliedern und Freunden des Vereins zahlreich beſuchte Verſammlung wurde um 8 Uhr von dem erſten Vorſitzenden unſeres Vereins, Herrn Forſtmeiſter von Wangelin, eröffnet. Derſelbe weiſt zunächſt in Kürze auf die Zwecke des Vereins hin, welche beſonders 11 154 Bericht über die Generalverſammlung am 21. März in Leipzig. in der von Jahr zu Jahr umfangreicher und in vervollkommneter Form erſcheinenden Monatsſchrift — es liegen eine Anzahl Jahrgänge im Originalbande zur Einſicht aus — ihren Ausdruck finde. Der geſchäftliche Theil der Generalverſammlung bezieht ſich in erſter Linie auf die Rechnungslegung. Nachdem ſich der Herr Vorſitzende bereits ſelbſt von der Richtigkeit derſelben überzeugt, werden die Herren B. Rückert und H. Hülsmann zu Reviſoren ernannt und beſtätigen dieſelbe nach Durchſicht der Belege. Der Be⸗ ſtand der Vereinskaſſe beläuft ſich auf 2628 Mk. Ferner iſt die Wahl eines zweiten Schriftführers zu erledigen, nachdem Herr Oberzollinſpektor Thiele infolge ſeiner Verſetzung nach Schleſien außer Stand geſetzt iſt, den Sitzungen regelmäßig beizu⸗ wohnen, und das von ihm durch eine lange Reihe von Jahren mit größter Gewiſſen⸗ haftigkeit und Freudigkeit verwaltete Amt eines erſten Schriftführers weiter zu führen. Der Herr Vorſitzende widmet dem genannten Herrn die wärmſten Worte der An⸗ erkennung für ſeine in mehrfacher Richtung hervorragenden Verdienſte um den Verein und ſpricht die Ueberzeugung aus, daß er demſelben auch fernerhin ſeine Sympathieen bewahren werde. Alsdann wird der bisherige zweite Schriftführer, Herr Profeſſor Dr. O. Taſchenberg in Halle, durch Acclamation zum erſten Schrift— führer gewählt, während an ſeine Stelle Herr Fabrikant H. Hülsmann in Alten- bach b. Wurzen eintritt. Beide ſprechen für das ihnen bewieſene Vertrauen der Ver— ſammlung ihren Dank aus. Nunmehr ergreift Herr Dr. Stimmel das Wort zu 1 Vortrage über Züchtung des auſtraliſchen Rothflügelſittichs (Psittacus erythropterus), von welchem mehrere lebende Exemplare als Zeugen des glücklichen Erfolges ausgeſtellt ſind. Daran ſchloß ſich ein nach ganz anderer Richtung hin intereſſanter Vortrag des Herrn Profeſſor Dr. Marſhall über die Uebereinſtimmung der Färbung von Flügel und Schwanz bei den Vögeln. Derſelbe wurde durch eine Reihe ausgehängter und auf der Wandtafel mit geſchickter Hand wiederholter Zeichnungen, ſowie durch eine Anzahl von Vogelbälgen, die Herr Dr. Rey freundlichſt zur Ver⸗ fügung geſtellt hatte, erläutert und berührte eine Menge von Fragen, welche nicht allein für den Ornithologen, ſondern auch für den Zoologen überhaupt von Wichtig⸗ keit ſind. Beide Vorträge, welche von der Verſammlung mit lebhafteſtem Beifall aufgenommen wurden, werden in der Monatsſchrift zum Abdruck kommen und find deshalb hier nur mit wenigen Worten angedeutet. Durch Herrn von Wangelin gelangen 100 Exemplare einer von Herrn Hofrath Liebe verfaßten Schrift über die Anfertigung und Anbringung von Niſt⸗ käſten zur Vertheilung, welche der ornithologiſche Verein in Leipzig zu dieſem Zwecke angekauft hatte. Derſelbe ſpricht ferner nicht nur den beiden Vortragenden, ſondern auch dem Vorſtande des Leipziger ornithologiſchen Vereins, Herrn Dr. Rey und Bericht über die Generalverfammlung am 21. März in Leipzig. 155 Herrn Profeſſor Goering, den beiten Dank für die ſchöne Ausstattung des Verſamm— lungsſaales aus. Durch die altbewährte und gerade im Intereſſe unſeres Vereins ſchon ſo oft erprobte Künſtlerhand des letzteren war an der dem Eintretenden entgegen— ſtehenden Wand eine prächtige ſüdamerikaniſche Sumpflandſchaft hingezaubert, in deren Vordergrunde mehrere Flamingos ihre philoſophiſchen Stelzbewegungen ausführten. Zum Schluß macht Herr Profeſſor Marſhall noch auf den von Herrn Dr. Rey ausgeſtellten Abguß des rieſigen Eies von Acpyornis maximus aufmerkſam, eines Vogels, deſſen Reſte auf Madagaskar aufgefunden worden ſind. Der wiſſenſchaftlichen Thätigkeit folgte ein gemeinſames Mahl. Sonntag früh verſammelte ſich eine Anzahl von Theilnehmern an unſerer Ver— ſammlung in der Wohnung des Herrn Dr. Rey, um deſſen Eierſammlung zu be— ſichtigen. Herr Dr. Rey, welcher als Oologe erſten Ranges bekannt iſt, beſitzt eine der bedeutendſten Sammlungen, und war es von hohem Intereſſe, an der Hand eines ſo reichen Materiales von ſeinen vieljährigen Beobachtungen und Unterſuchungen Kenntniß zu erhalten. Nach zweiſtündiger Arbeit zeigte ſich aber, daß erſt der kleinſte Theil der Samm— lung durchgenommen war und da die programmgemäß ausgeworfene Zeit leider nicht mehr erlaubte, die Schätze, welche noch viele andere Käſten enthielten, ebenfalls kennen zu lernen, ſo mußte davon abgeſehen werden, um noch den Juwel der Sammlung, die Kuckukseier, zu beſichtigen. Wir ſahen die gewiß bedeutende Zahl von über zwei Hundert zum größten Theil von ihm ſelbſt und ſeinem Sohne gefundener Gelege mit Kuckuksei. Herr Dr. Rey machte dabei zunächſt auf die große Mannigfaltigkeit in der Färbung und Zeichnung der Kuckukseier aufmerkſam, eine Mannigfaltigkeit, die es zur Unmöglichkeit macht, eine umfaſſende Beſchreibung dieſer Eier zu geben, obgleich der geübte Blick des Kenners kaum getäuſcht werden wird. Als charakteriſtiſches Er— kennungszeichen werden neben der eigenthümlichen Form des ſpitzen Endes beſonders die Stärke und Feſtigkeit der Schale und das damit zuſammenhängende hohe Gewicht der Kuckukseier, welches etwa 1 ½ Mal größer tft, als das Gewicht anderer Eier von gleicher Größe, hervorgehoben. Beſonders intereſſant war für die Anweſenden die Vorlegung einer großen Anzahl ſolcher Kuckukseier, die von je einem und demſelben Weibchen herrühren und von denen die Sammlung Suiten von 7—8 Stück aus einem Jahre (alſo Kuckuks— gelege) aufweiſt. Bei dieſen Eiern war die Uebereinſtimmung in Bezug auf die Größen⸗ und Gewichtsverhältniſſe wie auf Färbung und Zeichnung eine geradezu überraſchende, man möchte ſagen ſchablonenhafte. Ferner zeigte Herr Dr. Rey an der Hand der Aufzeichnungen, welche ihm von den beſten Kennern unſeres Kuckuks, wie Hintz, Krüger-Velthuſen, dem leider ver— | 11* 156 Dr. Koepert, ſtorbenen Kutter, Ochs, Ramberg, Sachſe, Walter u. a. zugegangen ſind und welche im Ganzen über 1000 Gelege von 104 verſchiedenen Arten von Neſtvögeln mit Kuckuksei umfaſſen und die er in diagrammatiſchen Tafeln zuſammengeſtellt hat, daß erſtens die Legezeit der Kuckuke in verſchiedenen Gegenden eine verſchiedene iſt und daß zweitens dieſe Legezeit in den einzelnen Beobachtungsgebieten zweimal kulminirt, | genau jo wie die Legezeiten aller von ihm hierauf unterſuchten Vögel, welche zwei Bruten machen, ebenfalls zweimal kulminiren, im Gegenſatz zu ſolchen Vögeln, welche nur eine Brut im Jahre machen. Es ergiebt ſich ferner aus dem genannten Be⸗ obachtungsmaterial, daß die alte Anſicht, der Kuckuk lege alle 6—8 Tage nur ein Ei, nicht mehr haltbar ſei, ſondern daß vielmehr aus Rey's und Anderer Beobachtung mit großer Wahrſcheinlichkeit hervorgehe, daß der Kuckuk alle zwei Tage ein Ei lege. Auf das Schlagendſte wurde dieſe Anſicht unterſtützt durch Vorlegung eines Eier— ſtockes von einem während der Legezeit erlegten Kuckukweibchen. 5 Erwähnt wird noch, daß die verſchiedenen Kuckuksweibchen in ihren Gewohn— heiten beim Fortpflanzungsgeſchäft weſentlich von einander abweichen, weshalb man ſich wohl hüten müſſe, aus den Beobachtungen, die in einer Gegend angeſtellt wurden, allgemeine Schlüſſe zu ziehen, und daß nöthige Klarheit in dieſer Sache nur zu er— reichen ſei, wenn die Beobachtungen aus möglichſt vielen Gegenden berückſichtigt werden könnten; ſo weit es ſich natürlich um zuverläſſige Beobachter und nicht um phantaſiereiche Erfinder handelt. Die ſehr vorgeſchrittene Zeit mahnte zwar zum Aufbruch, doch ſollte derſelbe nicht erfolgen, ohne daß Frau Dr. Rey die Beſucher in liebenswürdiger Weiſe be- wirthete. Von Herrn Dr. Rey ging man nach dem Zoologiſchen Muſeum, wo unter der freundlichen Führung des Herrn Dr. Schmidtlein ein Rundgang zunächſt durch die ornithologiſche Abtheilung gemacht wurde, um bei der vorgerückten Zeit wenig- ſtens einige Glanzpunkte genauer in Augenſchein nehmen zu können. | Um 2 Uhr vereinigte ein Feſteſſen die Theilnehmer im Dorado, und daß es ihnen hier gefallen hat, beweiſt, daß ein hübſcher Kreis noch an der Tafel zu treffen war, als bereits die Nacht anfing ihre Herrſchaft auszubreiten. 2 N F * * > si Di ee ee ee ee ee Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! Von Dr. Koepert. III. | 1 Nachdem ich nun die rechtliche, formale Seite der Staarfrage in den beiden = vorhergegangenen Artikeln, wie ich denke, zur Genüge erörtert habe, wende ich mich jetzt der ſachlichen Erörterung der Staarfrage zu. Um in dieſer Beziehung zu be⸗ E Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! III. 157 ſtimmten Reſultaten zu gelangen, werde ich an der Hand der mir zugänglichen Zeitſchriftenlitteratur“) und bewährter Autoren, ſowie der mir zur Verfügung ſtehenden Beobachtungen verſuchen, ſowohl die Biologie des Staares im Allgemeinen, als auch ſeine Lebensweiſe in einzelnen Gauen Deutſchlands zu ſchildern. Ich möchte aber den geſchätzten Leſer um Nachſicht bitten, wenn das Bild hie und da etwas lückenhaft ausfallen wird, denn es iſt mir nicht gelungen, aus allen Gegenden Deutſchlands Berichte ſowie Spezialavifaunen beſtimmter Gebiete zu erlangen. Trotzdem glaube ich, werden wenigſtens die wichtigſten Landſchaftstypen mit ihrer beſonderen Bodenkultur in den mir zugegangenen Berichten vertreten ſein, ſo daß es geſtattet ſein wird, aus dem Verhalten des Staares in einer Gegend mit be— ſtimmten Kulturverhältniſſen einen Schluß zu ziehen auf ſein Verhalten in einer Gegend mit ähnlicher Bodenkultur. Es wird ſich, um dies gleich von vornherein zu bemerken, ergeben, daß die Lebensweiſe des Staares in den verſchiedenen Gegenden zwar im Allgemeinen dieſelbe iſt, daß fie aber entſprechend den verſchiedenen Exiſtenz— bedingungen entſprechende Abänderung erleiden kann. Bevor ich die in ihren bezüglichen Gebieten gemachten Beobachtungen meiner Gewährsmänner anführe, ſei es geſtattet, die Schilderung der Lebensweiſe des Staares einiger bewährter Autoren anzuführen, die um ſo werthvoller ſind, als ihre Verfaſſer ſelbſt gute Beobachter waren. Den Reigen möge der alte Bechſtein eröffnen, der in ſeiner „Naturgeſchichte der Stubenvögel“ (Gotha, 1795) ſich folgendermaßen über Aufenthalt, Nahrung ze. des Staares ausſpricht: „Sie bewohnen die ganze alte Welt; Waldungen ſind ihr Aufenthalt, doch lieben ſie die hohen Kettengebirge nicht, ſondern diejenigen gebirgigen und ebenen Holzungen, die mit Wieſen und Aeckern umgeben ſind. Am liebſten ſind ſie in Laubwäldern und in einzeln liegenden Feldhölzern. Im Oktober ziehen ſie in großen Schaaren nach Süden und kommen zu Anfang des März wieder. Auf ihren Reiſen lagern ſie ſich des Nachts ins Rohr und Schilf, und wenn man alsdann vor einem ſolchen Orte vorbei geht, ſo treiben ſie einen unbeſchreiblichen Lärm. ... Im Freien frißt er Raupen, Schnecken, Heuſchrecken, Maulwurfsgrillen, Regenwürmer, Erdmaden, Inſekten, die das Vieh plagen, dem er es auf der Weide ablieſt, Weintrauben, Kirſchen, allerhand Beeren, ſelbſt allerhand Getreide, Buch— weizen, Hirſe, Hanf ꝛc. . . . Die Staare niſten in den hohlen Stämmen und Aeſten der Bäume, ſogar in hölzernen Käſten und in thönernen Gefäßen, die man ihnen ) Journal für Ornithologie, herausgegeben von Prof. Dr. Jean Cabanis [Abkürzung: J. f. O.] — Jahresberichte der ornithologiſchen Beobachtungsſtationen im Kgr. Sachſen, bearbeitet von Dr. A. B. Meyer und Dr. F. Helm [B. S.]. — Ornithologiſche Monatsſchrift des deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt [O. M.]. — Ornis, herausgegeben von Prof. Dr. Blaſius und Prof. Dr. Hayek [O.]. > eee eng rn SER * D a eee EN } ENT N 4 8 158 | Dr. Koepert, mit einem langen Loche (2) an die Bäume hängt, unter den Dächern und in deen Taubenſchlägen, in Häuſern, die im Walde liegen. . .. Sie legen des Jahres ge⸗ wöhnlich zweimal Eier, an der Zahl ſieben, welche aſchgraugrün ſind.. Man fängt ſie vorzüglich im Herbſt im Schilf in eigens dazu gemachten Netzen, die die Jäger in den Gegenden, wo Staarenfänge im Schilfe ſind, beſitzen.“ Chriſtian Ludwig Brehm läßt ſich in ſeinen „Beiträgen zur Vögelkunde“ (Neuſtadt a. d. Orla, Verlag von J. K. G. Wagner, 1820, 3 Bände), nachdem er über Aufenthalt und Betragen des Staares geſprochen, über Nahrung, Fang und Jagd, ſowie Nutzen und Schaden folgendermaßen aus: „Der bunte Staar frißt allerhand Inſekten, Schnecken und Beeren; ich habe in ſeinem Magen verſchiedene glatte und haarige Raupen, beſonders aber mehrere Käferarten gefunden, z. B. mehrere Aaskäfer, als Silpha obscura, mehrere Blumenkäfer, mehrere Laufkäferarten, als Carabus vulgaris Linn., den gemeinen Laufkäfer, Carabus coerulescens L., den bläulichen Laufkäfer, Engerlinge, Erdmaſt u. dgl. Die Käfer lieſt er von der Erde auf, und die Raupe nimmt er von den Bäumen weg und wird dadurch ſehr nützlich, weil er viele den Obſtbäumen ſchädliche vertilgt. Doch frißt er auch Kirſchen und wie mir verſichert worden iſt, Weinbeeren. Er ſoll in den Weinbergen Ungarns ſo viel Schaden thun, daß die dortigen Winzer denjenigen gern mit Speiſe und Trank ver— ſorgen, welcher ihnen von den großen Schwärmen dieſer Vögel einige wegſchießt und dadurch die übrigen verſcheucht.“ Nach Brehm sen. brüten die Staare zweimal, bei der zweiten Brut legt das Weibchen aber nur vier Eier. Bezüglich des Fanges und der Jagd bemerkt Brehm sen. folgendes: „Da, wo fie brüten, ſind ſie ſehr zutraulich und wenig ſcheu; überhaupt kann man einzelne faſt immer geradezu ſchußgerecht angehen. In ganzen Zügen ſind ſie jedoch ziemlich ſchüchtern, und müſſen mit Vorſicht hinterſchlichen werden. Am leichteſten und in großer Anzahl bekommt man ſie, wenn man ſie Abends in der Dämmerung aus dem Schilfe jagt und im Fluge unter ſie ſchießt, wenn ſie über das Trockene wegſtreichen. . . . Nutzen und Schaden ergiebt ſich aus ihrer Nahrung; doch überwiegt erſterer den letzteren weit und wird auch dadurch vermehrt, daß das Fleiſch der Jungen eßbar iſt, obgleich das der Alten einen widrigen, krähenartigen Geruch und einen ſchlechten Geſchmack hat.“ Nach Naumann“) „freſſen die Staare nach den Jahreszeiten zwar ziemlich verſchiedenes Futter, doch bleiben Inſekten ſtets ihre liebſte Speiſe. — Wenn ſie im Frühjahr bei uns ankommen, müſſen ſie ſich meiſt mit Regenwürmern behelfen, finden dann nur wenig Inſektenlarven, kleine Schnecken und anderes Gewürm. Im herausgegeben von deſſen Sohne Johann Friedrich Naumann (Leipzig, Ernſt Fleiſcher, 1822, 13 Bände). ) Johann Andreas Naumanns Naturgeſchichte der Vögel Deutſchlands, aufs Neue RTW Der Staar in Elfaß - Lothringen vogelfrei?! III. 159 Sommer, wo fie die Auswahl haben, gehören Heuſchrecken nebſt ihren Larven zu ihrem Lieblingsfutter; ſie ſuchen ſie ſehr emſig in den Wieſen auf, fangen aber auch manches fliegende Inſekt, leſen Käferlarven und Regenwürmer auf den Aeckern, oft hinter dem Pfluge her, auf, gehen nach den Aeſern um der Maden willen, welche in denſelben wohnen, und ſuchen vor allem die Viehhütungen und Triften. Haben ſie ſich erſt in große Geſellſchaften vereinigt, nämlich im Juli, dann trifft man ſie anfänglich auf den abgemähten Wieſen, nachher aber bei den Viehheerden, vorzüglich bei den Schafheerden, an, wo ſie die Bremen und Stechfliegen wegfangen und die Schafzecken und allerlei plagendes Ungeziefer von den Thieren ablefen. .. Wegen der Inſektenlarven und Raupen gehen ſie auch in die Erbſenäcker, in die Kohlſtücke u. dergl. Gegen den Herbſt freſſen ſie viel kleine Schnecken, mit und ohne Schalen, Kirſchen und allerlei Beeren, beſonders gern Maulbeeren, und ſpäterhin auch wohl Ebereſchbeeren; aber nur die Noth zwingt ſie zuweilen, auch allerlei kleine Sämereien oder gar Getreidekörner zu verzehren.“) Dies iſt ein eben ſo ſeltener Fall, als der, wenn ſie des Fleiſches wegen aufs Aas gehen, ob ſie gleich in der Gefangenſchaft gern Fleiſch freſſen. — Auch ſagt man, daß ſie ſehr gern Weinbeeren fräßen.“ ... Bezüglich des Brütens iſt Naumann der Meinung, daß „alte Vögel viel früher niſten, als die jüngeren vom vorigen Jahre, denn erſtere haben ſchon im Mai, letztere erſt einen halben oder ganzen Monat ſpäter flügge Junge; aber jene niſten auch meiſtens zweimal, dieſe nur einmal im Jahre.“ Ueber den Nutzen bemerkt er: „Man ißt das Fleiſch, allein das der Alten iſt zähe und hat einen unangenehmen bitteren Beigeſchmack, ſoll auch ſchwer zu verdauen ſein und iſt daher ein ſchlechtes Eſſen. Beſſer iſt das der Jungen, ſo lange ſie noch das graue Gewand tragen, am beſten, wenn fie eben flügge find oder noch im Neſte ſitzen. Man be— handelt deswegen in manchen Gegenden, z. B. im Voigtlande, die Staare wie die Tauben, hängt ihnen hölzerne Käſtchen oder thönerne Gefäße an die nahen Bäume und an die Häuſer, worinnen ſie niſten und nimmt ihnen die Jungen aus. So ſollen ſie ſich bequemen, zuweilen dreimal () zu brüten; aber die letzte Brut läßt man ausfliegen, ſonſt würden im folgenden Jahre keine wieder kommen. . . . Der unmittelbare Nutzen, welchen uns die Staare gewähren, iſt demnach eben nicht von großer Wichtigkeit, er wird wenigſtens von dem mittelbaren weit überwogen, denn ſie nützen uns auf die wohlthätigſte Weiſe durch Vertilgung einer großen Menge ) Ich habe nur eine dem III. Jahresber. der ornithol. Beobachtungsſtationen im Kar. Sachſen (1887) entnommene diesbezügliche Beobachtung von Schlegel in Scheibenberg zu verzeichnen, nach welcher bei einem Mitte März infolge Schnee, Sturm und Kälte geſtorbenen Exemplare im Magen Weizenkörner gefunden wurden. Ein von mir Mitte März d. J. erlegtes Weibchen hatte außer kleinen Waſſerſchnecken, Hülſenwürmern (Larven von Phrygaena), ſowie Käferreſten auch ein Weizenkorn im Magen. Von allen Beobachtern wird eine Schädigung des Getreides durch Staare entſchieden in Abrede geſtellt. 160 Dr. Koepert, nachtheiliger Inſekten, vorzüglich der Heuſchrecken, Raupen, Käferlarven u. a. m, durch Wegfangen der das Vieh plagenden Inſekten und gehören allein in dieſer Hinſicht ſchon unſtreitig unter die nützlichſten Vögel. In einigen Gegenden dürfen ſie deswegen weder geſchoſſen noch gefangen werden, und das mit Recht. — Sie beleben übrigens noch die Gegend, in welcher ſie wohnen, durch ihren Geſang. Man klagt ſehr über ihren Appetit nach reifen Weintrauben und daß ſie dadurch in Weinbergen viel Schaden anrichten ſollen; allein ich kann dies aus Erfahrung nicht beſtätigen. Daß ſie, wie wohl zuweilen geſchieht, heerdenweiſe auf die Kirſch⸗ bäume fallen und durch Aufzehren einer Menge reifer Kirſchen, die ihnen ſehr zu behagen ſcheinen, Unheil anrichten, habe ich ſelbſt erfahren. . . . Sie laſſen ſich auch leichter wie die Pirole und andere geflügelte Kirſchendiebe von dieſen Bäumen verſcheuchen. . . .“ Lenz, hat in ſeiner gemeinnützigen Naturgeſchichte (Zweiter Band: N die Vögel, 5. Aufl. bearbeitet von O. Burbach, Gotha 1875) fo recht draſtiſch den Nutzen des Staares für die Landwirthſchaft dargeſtellt und gewiſſermaßen zahlen— | mäßig ausgedrückt. Er ſchreibt: „Iſt die Brut ausgekrochen, ſo bringen die Alten in der Regel Vormittags alle drei Minuten Futter zum Neſt, Nachmittags alle fünf Minuten; macht jeden Vormittag in ſieben Stunden 140 fette Schnecken (oder | Statt deren ein Aequivalent an Heuſchrecken, Raupen u. dergl.), Nachmittags 84. | Auf die zwei Alten rechne ich per Stunde wenigſtens zuſammen zehn Schnecken, | | | | macht in 14 Stunden 140; in Summa werden alſo von der Familie täglich 364 fette Schnecken verzehrt. Iſt dann die Brut ausgeflogen, ſo konſumirt ſie noch mehr; es kommt nun noch die zweite Brut hinzu, und iſt auch dieſe ausgeflogen, ſo beſteht jede Familie aus zwölf Stück, und frißt dann jedes Mitglied per Stunde fünf Schnecken, ſo vertilgt die Staarenfamilie täglich 840 Schnecken.“ Es iſt kein Grund vorhanden, an der Wahrſcheinlichkeit dieſer ſtatiſtiſchen Angaben zu zweifeln. „Die Hauptnahrung des Staares, ſo ſchreibt Lenz weiter a. a. O, beſteht in Kerb— thieren und Würmern. Außerordentlich nützlich macht er ſich auf den Aeckern durch Vertilgung der Erdſchnecken. . . . Ich kenne in hieſiger Nähe Felder und Wieſen, welche früherhin, wo man hier nur wenig Staare ſah, in naſſen Jahren wie mit Erdſchnecken dicht überſäet waren. Als es nun gelungen war, im Jahre 1857 und 1858 die Staare ſo zu vermehren, daß ſie ungeheure Schwärme bildeten, ſo ging ich bei eintretender Abendkühle an die ſchneckenreichen Stellen, ſah da die ſchleimigen Verwüſter millionenweis umherkriechen, zog mich dann zurück, wartete ab, bis eine Staarenwolke einfiel, und fand nach deren Abzug den ganzen Boden ſchneckenfrei. Ich habe auch weiterhin ſolche Felder beobachtet und gefunden, daß diejenigen, auf welche die Heere der Staare einzufallen pflegten, eine dicht und freudig emporwachſende Saat gaben, während die Saat auf anderen, wo die Staare nicht hinkamen, gar Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! III. 161 erbärmlich verkümmerten. . .. Regenwürmer, Heuſchrecken, Köcherfliegen find ihm gleichfalls ſehr willkommen, ebenſo Engerlinge und Raupen, welche die Wurzeln der Saat beſchädigen. . .. Den Kohl reinigt er in Gärten und Feldern von Raupen; ferner ſchnappt er Stechfliegen und Bremſen aus der Luft. . . . Auf Bäumen ſucht er nur in dem Falle nach Kerbthieren, wenn dieſe in Unmaſſe vorhanden ſind. Es iſt ſchon öfter vorgekommen, daß die Staare die vom Eichenwickler (Tortrix viridana) verwüſteten Eichenwälder, die von der Kieferneule (Noctua piniperda) befallenen Kiefernwälder raſch gereinigt haben. Er iſt auch im Stande, die Nadel- wälder von den gefährlichen trockenen Rüſſelkäfern zu befreien.“ Lenz erwähnt dann einen Fall, in dem ein Revier im ſächſiſchen Erzgebirge während der Jahre 1852 bis 1857 von Rüſſelkäfern (Curculio pini und ater) erheblich geſchädigt und nach Anſetzung von Staaren von dieſer Plage befreit worden iſt.“) Hinſichtlich des vom Staar angerichteten Schadens äußert ſich Lenz folgender— maßen: „Den weichen Kirſchſorten und den Weinbeeren gehen die Staare auch nach, ſind aber durch Klappern und andere Scheuchmittel leicht zu vertreiben. Harte, große Knorpelkirſchen ſind vor ihnen und anderen Vögeln ziemlich ſicher. Die Staare freſſen auch, wenn es gerade an anderer Nahrung fehlt, halbreife Weizen- körner, Vogelbeeren, im Süden allerhand andere Beeren.“ Ob der Staar ein— oder zweimal brütet, geht aus der bezüglichen Stelle nicht unzweifelhaft hervor.“) Lenz ſchreibt: „Die erſten Bruten fliegen zwiſchen dem 20. Mai und 20. Juni aus, die zweiten zwiſchen dem 20. Juni und 20. Juli. Der Unterſchied in der Zeit kommt daher, daß die alten Paare eher niſten als die jungen.“ Dieſe Aeußerung würde nur für ein einmaliges Brüten derſelben Paare ſprechen. Unſer Autor fährt ) Ich möchte hier gleich eine ähnliche Beobachtung einſchalten, die mir von Herrn Maler Krüger in Roſſitten (Kuriſche Nehrung) zugegangen iſt. Derſelbe ſchreibt mir: „Die Staare haben in den Kiefernſchonungen des hieſigen Schutzbezirks Preil, welche von den Larven der Kiefernblattweſpen (Tenthredo pini, pratensis und beſonders erythrocephala) verheert wurden, ein Gebiet von 8—10 Hektaren vollſtändig gereinigt, nachdem ſich andere gegen dieſe Waldzerſtörer angewandte Mittel als unzureichend erwieſen hatten. Herr Dünenwärter Richter ſchreibt am 2. 8. 87 in einem Berichte an die hieſige Dünen⸗Inſpektion, nachdem viele Klagen über das maſſen— hafte Auftreten der vorgen. Inſekten vorhergegangen: „Ungefähr ſeit 14 Tagen hat ſich ein Flug Staare von einigen hundert Stück hier eingefunden, auf dem Zuge begriffen (?), die noch hier ſind und die Blattweſpenraupen vertilgen; es iſt eine wahre Freude zuzuſehen, wie emſig dieſelben von Morgensanbruch bis ſpät in die Nacht hinein ihr Weſen in den Kiefernſchonungen treiben.“ Und am 8.8.87 Folgendes: „Mit dem Fraße der Blattweſpe iſt es für dieſes Jahr zu Ende; die Staare haben die Kiefernſchonungen gut abgeſucht.“ — Zimmer in Moritzburg im Kar. Sachſen berichtet im III. Jahresber. der ſächſ. Beobachtungsſtationen (1887): . . . hat ſich ſehr verdient gemacht durch Vertilgung des Eichenwicklers (Tortrix viridana) und Eichenſpanners (Cheimatobia brumata). *) Knauer (Zeitſchrift „Die Schwalbe“, XIII. Jahrg. Nr. 11) giebt an, daß Lenz ein zweimaliges Brüten beobachtet habe. Aus dem Wortlaut geht dies nicht mit Beſtimmtheit hervor (ſ. o.). 12 162 Dr. Koepert, aber dann fort: . . . „Wollen ſie nach der erſten Brut denſelben Niſtkaſten nochmals benutzen, ſo reinigen ſie ihn zuvor und tragen neue Niſtſtoffe ein.“ Dies ließe ſich auf zwei Bruten derſelben Paare deuten. Auch Lenz beſtätigt, daß das Fleiſch erwachſener Staare ſehr zähe und unangenehm ſchmeckend ſei, ſo daß ſogar die Italiener und Provencalen den Staarenbraten verſchmähen, daß dagegen junge, faſt flügge Staare nicht übel ſchmecken, weshalb auch in manchen Gegenden die Jungen der erſten Brut zum Verbrauch aus den Niſtkäſten herausgenommen würden. Ein recht anſchauliches Lebensbild unſeres Staares entwirft Alfred Brehm in ſeinem Thierleben (Vögel, Bd. 2, 2. Aufl. 1882); ſeine Schilderung iſt deshalb ſo werthvoll, weil ſie Licht und Schatten gleichmäßig vertheilt, und insbeſondere dem Staar in äſthetiſcher Beziehung gerechte Würdigung angedeihen läßt. Sie möge deshalb hier auszugsweiſe Platz finden. . . . „Es giebt vielleicht keinen Vogel, welcher munterer, heiterer, fröhlicher wäre als der Staar. Wenn er bei uns ankommt, iſt das Wetter noch recht trübe: Schneeflocken wirbeln vom Himmel herunter, die Nahrung iſt knapp und die Heimath nimmt ihn unfreundlich auf. Demungeachtet ſingt er ſchon vom erſten Tage an heiter und vergnügt ſein Lied in die Welt hinein und ſetzt ſich dazu, wie gewohnt, auf die höchſten Punkte, wo das Wetter ihm von allen Seiten beikommen kann. Er betrachtet die Verhältniſſe mit der Ruhe und der Heiterkeit eines Weltweiſen und läßt ſich nun und nimmermehr um ſeine ewig gute Laune bringen. Wer ihn kennt, muß ihn lieb gewinnen, und wer ihn nicht kennt, ſollte alles thun, ihn an ſich zu feſſeln. Er wird dem Menſchen zu einem lieben Freunde, welcher jede ihm gewidmete Sorgfalt tauſendfach vergilt. . .. Der Geſang iſt nicht viel werth, mehr ein Geſchwätz, als ein Lied, enthält auch einzelne unangenehme, ſchnarrende Töne, wird aber mit ſo viel Luſt und Fröhlichkeit vorgetragen, daß man ihn doch recht gern hört. Bedeutendes Nachahmungsvermögen trägt weſentlich dazu bei, die Ergötzlichkeit des Geſanges zu vermehren. ... Der Staar richtet zwar in Weinbergen erheblichen, in Kirſchpflanzungen und Gemüſe⸗ gärten dann und wann nicht unmerklichen Schaden an, nutzt aber im übrigen ſo außerordentlich, daß man ihn als beſten Freund des Landwirths bezeichnen darf.“ Brehm führt dann als Beweis die obenerwähnte Nutzen⸗ Berechnung von Lenz an und fährt dann fort: „Der Weinbergsbeſitzer iſt gewiß berechtigt, die zwiſchen ſeine Rebſtöcke einfallenden Staare rückſichts- und erbarmungs⸗ los zu vertreiben, der Gärtner, welcher ſeltene Zier- und gewinnbringende Nutz⸗ pflanzen durch fie gefährdet ſieht, nicht minder, fie zu verſcheuchen: der Landwirth aber thut ſehr wohl daran, wenn er den Staar hegt und pflegt und ihm entſprechende Wohnungen ſchafft, denn keinen anderen nutzbringenden Vogel kann er ſo leicht anſiedeln und in beliebiger Menge vermehren, wie ihn, welcher glücklicherweiſe mehr | und mehr erkannt und geliebt wird. . .. Vor den Nachſtellungen der Menden 7 “ ; Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! III. 163 ſichert ihn glücklicherweiſe ſeine Liebenswürdigkeit und mehr noch ſein wenig ange— nehmes, kaum genießbares Fleiſch.“ | Herr Profeſſor Dr. Altum in Eberswalde, nicht allein wegen jeiner Leiſtungen auf dem Gebiete wiſſenſchaftlicher und praktiſcher Zoologie, ſondern auch als vorzüg— licher Beobachter bekannt, an welchen ich mich mit der Bitte gewandt hatte, mir ſeine Anſicht über Nutzen und Schaden der Staare mitzutheilen, entſprach dieſer Bitte auf das Bereitwilligſte und ſchrieb mir nach Vorausſchickung der Bemerkung, daß ein abſchließendes Urtheil in dieſer Frage nicht möglich ſei, folgendes: „Der Staar nährt ſich von uns ſchädlichen, indifferenten und nützlichen Gegen— ſtänden. Er bleibt vereinzelt ſtets indifferent, erhält jedoch ſein hohes wirthſchaft— liches Gewicht durch ſein Einfallen in engen ſtarken Schaaren. Zwiſchen beiden fteht die Bedeutung der zahlreichen, in enger Gemeinſchaft brütenden Paare. Die letzteren bleiben in der Nähe der Brutplätze, die geſchloſſenen Schaaren ſchweifen weit umher und zwar zumeiſt auf freien Flächen, die flüggen Jungen entfernen ſich anfänglich auch nicht ſehr weit und halten ſich gern in Hecken, Gebüſch, höherem Geſtrüpp, zu⸗ mal in und bei Wieſen u. ähnl., doch auch in Baumkronen auf. Die einzelnen, in Gärten am Boden umherſuchenden Staare ſchaden häufig dadurch, daß ſie manchen Pflanzen den keimenden Mitteltrieb, das „Herz“, ausbrechen. Ihr Nutzen daſelbſt iſt nicht zu entdecken. Verzehren von Regenwürmern iſt mehr ſchädlich als nützlich. Die Arbeit der letzteren lockert den Boden zum Eindringen von Sauerſtoff, atmo⸗ ſphäriſchem Waſſer u. ſ. w. Unter manchen Verhältniſſen ſind die Regenwürmer die wichtigſten Faktoren der Bodenverbeſſerung. — Wo man von den Staaren Nutzen erzielen will, ſind zahlreiche Niſtkäſtchen z. B. unter der ganzen Dachkante eines Landhauſes, als Abtheilungen eines balkenförmigen Kaſtens oder ähnl. anzufertigen. Diejenige Hausſeite iſt zu wählen, von der aus die Vögel ſich am nützlichſten zu machen verſprechen. Es liegt daſelbſt etwa eine faſt alljährlich bald von Tortrix viridana, bald vom Maikäfer entblätterte Eichenallee, — oder es breiten ſich daſelbſt Winterſaatfelder aus, auf denen im Frühjahr die Nacktſchnecken (Limax agrestis) erheblichen Schaden anrichten, — oder es ſtoßen Gärten u. ſ. w. daran. Wenn da 50, 60, 80 Paare brüten (die Zahl der Staare ſteigt bei günſtiger Anlage raſch), ſo bleibt der Pflanzenwuchs im Bereich ihres Anfluges während der Brut- und Fütterungszeit ſo ziemlich von den Feinden verſchont. Dagegen iſt Aufhängen von einzelnen Käſten mehr Spielerei als wirthſchaftliches Schutzmittel. Im Walde werden die Staarkäſten ſehr bald von Eichhörnchen entdeckt und als ſolche (als Staarkäſten) zerſtört. — Fallen die oft aus vielen Hunderten von Individuen beſtehenden Schaaren auf die Kirſchbäume oder ſpäter in die Weinberge, dann giebt es wohl kaum ſchärfere Vernichter der Ernte als dieſe Staare. Eine beſondere forſtliche Bedeutung kommt dem Staare nicht zu, obſchon er 12* a a a „1. * 164 8 Dr. Koepert, wohl einmal ſchädliche Rüſſel- oder Borkenkäfer verzehrt. Ich habe ihn deshalb in 3 meiner Forſtzoologie (II. Vögel, 2. Aufl, Berlin 1880, Verlag von Julius Springer) von dieſer Seite nur ſehr kurz behandelt (S. 334— 339). Sein eigentliches Wirkungs⸗ feld bilden die offenen Flächen, die in der Regel für unſere Intereſſen keine be⸗ merkenswerthen Nahrungsgegenſtände beherbergen. Ich halte den äſthetiſch hoch be⸗ deutſamen Staar in ſeinem Wirken zumeiſt für indifferent, in mancher Hinſicht für nützlich und weniger, weil nur unter beſonderen, im Allgemeinen nicht häufigen Ver⸗ hältniſſen, für ſchädlich. Eine beſtimmte Entſcheidung läßt ſich hier nicht geben; lokal, ſowie zeitweiſe kann er dies und kann er das ſein. Der Weinbauer, dem er die äußerſt koſtbare Ernte im Spätherbſt ſtark decimirte, wird unmöglich in der Ver— himmelung des jo unbeſchreiblich nützlichen Vogels, wie er ſolches in den Vogelſchutz— Schriften ſchon oft geleſen hat, ausreichenden Troſt finden.“ Während ſich die Schilderungen der obenerwähnten Autoren mehr auf die Lebens— weiſe des Staares im allgemeinen bezogen, dürfte es nun von Intereſſe ſein, das Verhalten des Staares in einzelnen Gauen einer Prüfung zu unterziehen. Als Typus einer vorwiegend Acker bau und Viehzucht treibenden Provinz kann unftreitig Pommern gelten, da von der Geſammtfläche dieſer Provinz 55 Proz. auf Ackerland und Gärten, 19 Proz. auf Wieſen und Weiden, 20 Proz. auf Waldungen fallen. Obſtbau iſt nur von geringer, Weinbau von gar keiner Bedeutung. Herr Major von Homeyer in Greifswald hatte nun die große Freundlichkeit, mir einen ausführlichen Artikel über den Nutzen des Staares in der Feldwirthſchaft anzuvertrauen, indem er ſeine hauptſächlich in Pommern gemachten Beobachtungen über den Staar zuſammenfaßt. Herr von Homeyers Studie iſt deshalb ſo werthvoll, weil ſie ausführliche und genaue Angaben über die vom Staar verzehrten Inſekten, nützliche und ſchädliche, bringt. Er ſchreibt unter Voranſetzung des Motto: „Weinbau, Garten, Wald und Jagd ſind der Feldwirthſchaft Unterthan“ folgendes: Ich kenne kein Thier, das nur nützlich iſt, gelegentlich macht ein Jedes auch Schaden. Wir Menſchen ſehen gewöhnlich nur den Schaden, überſehen gern den Nutzen. Beſonders gilt dies vom Landmanne. So kommt es, daß man ſelbſt dem Beſten zu Leibe gehen will, dem Staar. Daß der Staar auf ſeinen Herbſtwanderungen, nalen in Oeſterreich und Ungarn, in den Weinbergen großen Schaden macht, iſt allgemein bekannt; daß der Staar in Deutſchland die Kirſchbäume plündert, namentlich die mit ſüßen Kirſchen, iſt ebenfalls Thatſache, wenn dies für einzelne Orte auch nicht zugeſtanden wurde; daß der Staar zur Brutzeit ſeinen Jungen allerlei Grünes (zarte Pflanzen aus Garten und Flur) zuträgt und hierdurch Schaden macht, ſoll nicht beſtritten werden. Doch der Saat dürfte er zur Brutzeit nicht zuſprechen, da dieſelbe (auch das Sommer⸗ getreide) hochgeſchoſſen ift und keine beſonders ſaftigen Blätter hat. Reißt er im Der Staar in Elfa - Lothringen vogelfrei?! III. 165 erſten Frühling junges Getreide aus, jo thut er es, um zu den an deſſen Wurzeln ſitzenden und freſſenden Inſektenlarven zu gelangen. Gern will ich zugeben, daß zu vorſtehenden Fehlern noch andere Unarten hinzukommen, aber — was iſt das Alles gegen den Nutzen des Staares, den er dem Menſchen durch maſſenhaftes Vertilgen ſchädlicher Inſekten und namentlich deren Larven auf Wieſe, Flur und Feld ſchafft? Nur ſelten nimmt der Staar die Raupen, welche tags offen an der Pflanze ſitzen, ſeine Jagdgründe liegen tiefer, d. h. tief am Boden unter Blättern, am Boden zwiſchen Gras, ſelbſt im Boden unter der Ackerkrume, zwiſchen den Graswurzeln und tief verborgen im Sand. In erſter Linie gilt die Jagd den ſchädlichen Eulenraupen, welche nachts auf Raub ausgehen und tags ſchlafend ruhen, entweder auf dem Boden unter aufliegenden trockenen oder welkenden Blättern, oder tiefer in die Bodenkrume gehen, oder zwiſchen den Wurzeln ſitzen. Die Arbeit des Staares iſt um ſo be— deutungsvoller, als die meiſten dieſer Raupen für unſere Getreide- und Oelfrucht— felder durchaus ſchädlich ſind, und oft in ſo koloſſalen Maſſen auftreten, daß ſie die Ernte in Frage ſtellen. Erinnern muß ich hier an die lange Entwickelungszeit (Fraß⸗ zeit) der Raupen mit ihren vier Häutungen, die vom Spätſommer bis tief in den Frühling dauert. Dazwiſchen liegt der Winter, den die Raupe in kleinen Erdhöhlen ſchlafend und erſtarrt zubringt, wohl aber ſofort aufthaut und an den Fraß geht, wenn Thauwetter und Sonnenſchein eintritt. Dann werden Getreideblätter abgebiſſen und in die Höhlungen gezerrt reſp. der Eingang derſelben damit verſtopft. — Der Staar iſt Winters zwar kaum hier in einzelnen Exemplaren,“) aber ich führe es an, um das Leben der ſ. g. Ackerraupen zur Kenntniß zu bringen. Ganz beſonders mache ich noch auf diejenigen Raupen aufmerkſam, die Wurzelfreſſer find. Manche der— ſelben nagen auch am ſaftigen Halme da, wo dieſer den Boden verläßt. Der Wurzel⸗ fraß kennzeichnet ſich, daß ganze Flächen der Wieſe und der Saat nicht grün ſind, ſondern vergilbt ausſehen und verkümmert erſcheinen. Beim Fraß des Halmes dicht über der Erde welkt die ganze Pflanze und fällt beim erſten Luftzuge um, was namentlich beim Raps vorkommt. Hier überall — namentlich aber auf Wieſen und jungen Saatfeldern — greift der Staar hülfreich ein, und wenn er auch Mithelfer hat in Droſſeln, Krähen, Möven, Steinſchmätzern, Lerchen, Rebhühnern ꝛc., beſonders aber in Regenpfeifern (Charadrius auratus) und der großen Brachſchnepfe (Numenius arquatus), deren Verdienſte nicht hoch genug zu veranſchlagen ſind (ich meine als Raupen- und Larven— vertilger), jo tft und bleibt der Staar doch immer der Matador. Es dürfte von Intereſſe ſein, die ſchädlichſten Raupenarten, die namentlich durch ihr maſſenhaftes Auftreten ſo verheerend wirken, namhaft zu machen: ) Betrifft Pommern. so. er N EN 8 N 2 * ET, 3 . e * * 166 Dr. Koepert, Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! III. 1. Für das Getreidefeld: Agrotis segetum, exclamationis, pronuba, rubi, ypsilon (suffusa), trian- gulum, e. nigrum, nigrieans, elavis und viele andere Species, doch wegen nicht ſo ſtarker Häufigkeit weniger von Belang. Zu dieſen ſ. g. Ackereulen (Agrotis) geſellen ſich noch — und das oft auch in großen Maſſen — die ſehr gefräßigen Graswurzel⸗ freſſer Hadena Polyodon, Didyma und Strigilis. 2. Für die Oelfrucht: k Wieder Agrotis segetum, exclamationis und pronuba, wie Mamestra brassieae. 3. Für die Wiefe: | / Thätig mehr oder minder alle vorjtehenden Agroten und Hadenen, dann aber in Sonderheit Agrotis vestigialis und als Maſſenverderber Charaeas graminis. Zu dieſen Wieſenſchädlingen geſellen ſich aus der Abtheilung der Spinner (Bombyees) noch Hepialus, den ich z. B. 1878 als ſehr ſchädlich (en masse) auf den Alpwieſen des Engadin beobachtete, ferner das ganze Corps der Graszünsler, beſonders die ſo häufigen Crambiden, die freilich nur klein ſind, dafür aber ſtets in Maſſe auftreten und echte Wurzelfreſſer ſind. Ich könnte noch viele andere Schädlinge nennen, z. B. einzelne Arten der Leucanien (pallens), und noch Agroten und Hadenen artlich auf— zählen, aber ſie kommen weniger in Betracht. Das Ausſehen aller dieſer Raupen iſt glatt oder fo gut wie glatt; rauhe, bes haarte Raupen nimmt der Staar meines Wiſſens nicht, er überläßt dieſe dem Kuckuk. Den glatten Erdraupen iſt aber der Staar der größte Feind, ihr größter Vertilger, und daraus reſultirt der Nutzen des Staares, feine Bedeutung für die Landwirth— ſchaft. Die oben genannten Vögel ſtehen ihm helfend zur Seite, namentlich auf Wieſen, und hier beſonders zur Frühlingszeit, wenn ſelbige leicht unter Waſſer ſtehen. Die Näſſe der Wieſen treibt namentlich die Wurzelfreſſer ans Tageslicht, und da iſt es Staar, Kiebitz und Droſſel, welche aufräumen. Irrthümlich iſt, daß es hier nur die Regenwürmer ſein ſollen, welche die Vögel auf dem Platz erſcheinen laſſen, es ſind vornehmlich die Raupen der Agroten, Hadenen, Crambiden und vor Allem von Charaeas graminis. Als Lepidopterologe habe ich mich nur auf die Raupennahrung bezogen, bezweifle jedoch nicht, daß der Staar außer Acker- und Wieſenſchnecken — nach der Manier ſeiner ſüdoſteuropäiſchen, aſiatiſchen und afrikaniſchen Vettern — auch mit Vorliebe den Larven der heuſchreckenartigen Thiere (Orthopteren) nachſpürt, und ſo namentlich auch auf unſern Wieſen der gelegentlich maſſenhaft auftretenden und vielen Schaden (Wurzelfraß) verurſachenden Maulwurfsgrille (Gryllus gryllotalpa) Abbruch thut, — doch ich will mich nicht auf ein Feld begeben, wo ich nicht vollkommen Be⸗ ſcheid weiß, wohl aber möchte ich ſagen, daß nicht jeder Ornithologe betreffs Karl Knauthe, Zur Schädlichkeit der Krähen.“ 167 unſeres Staar-Themas maßgebend iſt, eben weil er nicht Entomolog iſt. Die meiſten Ornithologen nennen jeden Vogel nützlich, der Inſekten und deren Larven frißt; ſie nennen den Vogel indifferent, der dies nicht thut, und nennen den Vogel ſchädlich, der Körner, Beeren und Früchte verzehrt, die dem menſchlichen Bedarfe an- gehören. — Es kommt aber darauf an, einen Vogel für nützlich zu erklären, wenn er in Maſſe ſolche Inſekten und Larven vertilgt, die mit und in ihren Maſſen die Nahrungsmittel der Menſchen ſchädigen. Indifferent bleibt ein inſektenfreſſender Vogel, wenn er ſolche Inſekten verzehrt, die für den Menſchen gar keine Bedeutung haben. Schädlich kann ſogar ein inſektenfreſſender Vogel fein, wenn er nützliche In⸗ ſekten, z. B. Bienen, wegſchnappt, oder Raupfliegen (nicht Raubfliegen), d. h. ſolche Fliegen, die ihre Eier in ſchädliche Raupen ablegen, und dieſe dann ſpäter — durch Entwickelung der Larve im Raupenkörper — zum Abſterben bringen. Habe ich nicht Recht, wenn ich ſage, daß der Ornithologe zur Beurtheilung der Staarfrage auch Entomologe ſein muß? Ich erkannte dies 1866, und ſeit dieſer Zeit beſchäftige ich mich neben Ornithologie mit Entomologie, ſpeciell mit Lepidopterologie. Ich halte den Staar für Wieſe und Feld für einen ſehr nützlichen Vogel und kann es nicht in Betracht kommen, wenn er gelegentlich in Weinberg und Garten an die Frucht geht. Möge man in Garten und Weinberg den ungebetenen Gaſt mit Pulver und Blei verjagen, aber auf Feld und Flur laſſe man ihn zum Nutzen der Menſchheit ferner ſegensreich walten. Zur Schädlichkeit der Krähen. Von Karl Knauthe. Im Herbſte des Vorjahres — wir waren zur Zeit gerade damit beſchäftigt, Grummet von den Wieſen einzubringen — ſauſte plötzlich, laut ſchreiend, ein Grün- ſpecht über unſere Köpfe hinweg, dem nahen großen, aber ſchon längſt verdorrten Vogelkirſchbaume zu, dicht hinter ihm her zwei Nebelkrähen. Sie ſtießen, als jener behend am Stamme emporkletterte, die eine von links, die andere von rechts auf den armen Grünrock herab (vergl. hierzu auch die recht anſchauliche Schilderung von Ad. Walter in XIV, Nr. 18, S. 517 beim Eichhorn). Der Specht war aber viel weniger geſchickt im Ausweichen als der flinke Nager in der eben angezogenen Er— zählung, gar oftmals ſchrie er laut auf, ein Zeichen dafür, daß ein wuchtiger Schnabel— hieb geſeſſen, häufig flogen auch Federn herum. Da plötzlich, als eben wieder eine Krähe dicht bei ihm vorbeiſchoß, fiel der bunte Geſell mit ausgebreiteten Schwingen plump in die Brombeerhecke am Fuße des Baumes herunter. Trotz meines in Nicaragua arg lädirten Beines eilte ich raſch hinzu; aber ehe ich dort anlangte, flog der Grünſpecht auf und davon. — Ein anderes Mal rettete ſich der gleichfalls von 8 Karl Knauthe, Zur Schädlichkeit der Krähen. „Schildkrohen“ hart verfolgte Grünſpecht noch rechtzeitig in eine alte hohle Weide. Seine „Peiniger“ ſetzten ſich jedoch auf ihre Aeſte und belagerten jenen über eine Viertelſtunde und wurden erſt durch mich verjagt. — Endlich trieb unlängſt vor unſern Fenſtern ein Trupp frecher Hausſpatzen (Passer domesticus) einen Grünſpecht von Baum zu Baum, bis er ſchließlich den Garten verließ. Am 25. November 1890 ſehe ich bei einer Fahrt nach der Kreisſtadt 3 Schild⸗ (C. cornix) und eine Schwarzkrähe (C. corone) auf der Landſtraße vor mir recht tüchtig auf einen noch zappelnden größeren Vogel einhacken. Der Kutſcher bringt ein altes Rebhuhn (8) mit zertrümmerter Hirnſchale. Nirgends iſt ein Raubvogel zu bemerken, man ſieht auch am gerupften Thiere keine Spur davon, daß daſſelbe von einem ſolchen geſchlagen worden. Der Hahn war, ſo viel ich ermitteln konnte, vorher ganz geſund, ſein Kropf ſtrotzte von junger Saat. — Bald darauf begann es derb zu ſchneien, dann trat harter Froſt häufig genug zugleich mit Nebel ein. Die Erde bedeckte ſich in Folge davon mit einer harten, undurchdringlichen Eiskruſte, und die Thiere (Rehe, Haſen, Faſanen und Rebhühner, litten bittere Noth. Es wurde zwar von den Jagdbeſitzern und -pächtern Futter geſtreut, aber leider öfters nicht in genügender Menge, ab und zu ſogar ſchlechtes, verdorbenes Zeug, von deſſen Genuſſe die Thiere noch obendrein erkrankten. Wie häufig las man da in den Tagesblättern, daß an den Straßen dem Hungertode nahe Rehe, Haſen u. ſ. w. von Paſſanten ein⸗ gefangen und mit nach Hauſe genommen worden ſeien; wie oft habe ich ſelbſt ver— endetes Wild aufgefunden oder ganz matte, furchtbar abgemagerte Thiere mit heim— gebracht in gute Pflege und Koſt! Das war eine Zeit reichlicher Ernte für all die gefiederten Räuber und Schmarotzer in Flur und Feld! Ich habe geſehen, wie Krähen (C. eornix) matte alte Faſanenhähne überfielen und abſchlachteten, wie fie und Elſtern ſich mitten aus einer Kette Rebhühnern ein Stück nach dem andern herausholten, ohne daß dieſe ſonſt jo „kampfesfrohen“ Vögel, die beſonders im Herbſt“) ſofort gegen einen ſolchen Feind Front machen, irgendwelche Gegenwehr gewagt hätten. Was Wunder alſo, daß ſelbſt kleine Völkchen Rebhühner nach meinen eigenen Wahrnehmungen und den Berichten durchaus glaubwürdiger Leute binnen weniger Stunden durch Nebel- und Rabenkrähen aufgerieben und vernichtet wurden. C. frugilegus lernte ich ebenfalls als Wilddieb heuer kennen.“) — Nicht viel beſſer erging es natürlich auch den Feldhaſen. Gar viele zu Skeletten abgemagerte Haſen verbluteten unter den wuchtigen Schnabelhieben der Rabenvögel, und ſelbſt ſchwache Rehe wurden von ihnen angefallen und bis in die Dörfer hinein verfolgt, wofür ) Nach der trefflichen Schilderung von Staats von Waquant-Geozelles „Die Schädlichkeit der Rabenkrähe“ (XV, Nr. 2, S. 39). *) Mitunter habe ich ſogar i (Garrulus glandarius) friſch getödtete Rebhühner freſſen ſehen. | D. Verf. Carl Hennicke, Die Rohrbacher Teiche und ihre Avifauna. 169 folgende, dem „Hausfreund für Stadt und Land“ (Neurode, 14. Februar) entlehnte Notiz ein Beleg ſein mag: „Peilau (Kr. Reichenbach a. E.). Von Krähen hart ver— folgt wurde hier mitten im Dorfe ein einjähriges Reh, welches im Heimann'ſchen Gaſthofe Zuflucht fand.“ Das Thier blutete damals, wie mir Herr Heimann mit— theilte, an verſchiedenen Stellen ſtark. (Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, daß Hühnerhabichte, Sperber ꝛc. noch weit mehr als Krähen ſowie Elſtern im Wildſtande aufgeräumt haben.) Auf den von mir eingerichteten und ſtetig reichlich „gedeckten“ Straßenfutter— tiſchen fanden ſich natürlich auch heuer häufig genug vagabundirende Krähen und Elſtern ein und leider habe ich wieder ähnliche traurige Erfahrungen machen müſſen, wie die in XV, Nr. 17, S. 475 von mir publicirten es waren. — An den „Wuhnen“, ſo beliebt der Schleſier die ins Eis der Teiche gehackten Luftlöcher zu benamen, ſaßen ſehr gemein einige Raubvögel und warteten, bis ein ſchlaftrunkener Fiſch nach oben kam; er wurde ſofort ihre Beute. Ferner mag wohl jeder Landwirth in hieſiger Gegend, deſſen Scheuern die letzte reichliche Ernte nicht zu faſſen vermochten, und der daher gezwungen war, einen Theil derſelben im Felde zu laſſen, mit Wuth die anliegenden Gelände betrachten. Dort liegen Tauſende entkörnter Aehren und man glaubt manchmal auf den erſten Anblick, daß die Grundſtücke ſchwach gedüngt wurden, ſo viele Strohhalme finden ſich dort verſtreut; auch ein Werk der Krähen und ihrer Genoſſen. Endlich muß ich auch noch berichten, daß im verfloſſenen Herbſte, wo unſere Felder durch Mäuſe überfluthet wurden, nur einzelne Krähen (vornehmlich frugilegus) fleißig der Jagd auf die gefräßigen Nager oblagen, während die Mehr— zahl es vorzog, die Getreidemiethen zu plündern. Schlaupitz (Domaine), den 22. Februar 1891. Die Rohrbacher Teiche und ihre Avifauna. Von Carl R. Hennicke. | Fährt man mit der Eiſenbahn von Leipzig aus über Lauſigk-Geithain nach Chemnitz, ſo fallen demjenigen, der die Tour nicht gerade ſchlafend oder bei Nacht zurücklegt, zwiſchen den Stationen Belgershain und Otterwiſch einige große, zum Theil mit Schilf und Rohr bewachſene, zum Theil einen freien Waſſerſpiegel bietende Teiche in die Augen, deren Spiegel ein bunt bewegtes Leben zeigen. Viele Arten Enten, Bläßhühner, Taucher und zu gewiſſen Zeiten auch Möven und Seeſchwalben tummeln ſich auf und an den Teichen und erregen das Intereſſe jedes Natur— freundes. So fühlte auch ich mich veranlaßt, den Teichen und ihrer Vogelwelt meine Aufmerkſamkeit zuzuwenden, ſoweit ich es vermochte, da die Teiche ſelbſt, 170 Carl R. Hennicke, ſowie die ſie umgebenden Schilfdickichte im Intereſſe der Entenjagd vor Juli nicht 1 betreten werden dürfen. f g Die Teiche gehören zu dem dem Fürſten von Schönburg-Waldenburg ge⸗ hörenden Rittergute Belgershain. Ihrer ſind vier, die ſich in langer Reihe unmittelbar an einander anſchließen, nur getrennt durch ſchmale Landengen: der dicht an den Ort Rohrbach und die von Rohrbach nach Belgershain führende Straße angrenzende „Mühlteich“, der „Mittelteich“, der „Großteich“ und der ſchon innerhalb eines Laubbeſtandes liegende „Neuteich“. Dicht an dieſen ſchließt ſich das ebenfalls dem Fürſten von Schönburg gehörende Forſtrevier „Fuchslöcher“ an, das theils mit niedrigem Laub- und Nadelholz, theils mit gemiſchtem Hochwald beſtanden iſt. Auf den Seiten ſind die Teiche von Feldern und Wieſen eingefaßt. Die Ufer ſind ganz flach. Die Bahnlinie läuft zwiſchen Mittel- und Großteich durch. Zuſammen repräſentiren die Teiche eine Fläche von gegen 200 preußiſchen Morgen (— ca. 100 ſächſiſchen Adern). Alljährlich im Spätherbſt wird das Waſſer aus den Teichen abgelaſſen und werden dieſelben gefiſcht. Dann wird das an und in ihnen ſtehende Rohr und Schilf verkauft und von den Käufern zu verſchiedenen Zeiten geſchnitten, um als Streu verwandt zu werden. Natürlich bedingt beides eine beträchtliche Störung für die befiederte Bewohnerſchaft der Teiche. Doch iſt letztere trotzdem eine recht mannichfaltige. Nachſtehend gebe ich eine Aufzählung der auf und an den Teichen beobachteten Vögel. Ich berückſichtige dabei natürlich nur diejenigen, deren Vorkommen mehr oder weniger durch das Waſſer bedingt iſt. Die meiſten ſind in einem oder mehreren Exemplaren erlegt worden. Da das Betreten der Teiche während der Brutzeit, wie ſchon oben geſagt, ſehr erſchwert iſt, finden ſich jedenfalls in den Angaben über die Brutvögel Lücken vor, doch hoffe ich, dieſelben im Laufe der Jahre noch ausfüllen zu können. 1. Pandion haliaetus, Linn. Der Fiſchadler kommt alljährlich in einem oder mehreren Exemplaren an die Teiche, um ſich an den Fiſchen deſſelben gütlich zu thun. In dieſem Jahre war er in einem Individuum vertreten, das zuerſt im Auguſt bemerkt worden iſt. Allabendlich, nach Ausſage des an den Teichen ftatio- nirten Bahnwärters, gegen fünf Uhr kommt der „Karpfenheber“ aus dem Walde, um ſich ſeinen Tribut in Geſtalt eines mehrpfündigen Karpfens zu entnehmen. Dabei iſt er aber ſo vorſichtig, daß er ſich bis jetzt allen Nachſtellungen zu entziehen gewußt hat. In früheren Jahren ſoll ein oder das andere Exemplar geſchoſſen worden ſein. Als Brutvogel iſt er nicht beobachtet worden. 2. Alcedo ispida, Linn. Der Eisvogel iſt nicht häufig an den Teichen nm zutreffen. Ich habe ihn ein einziges Mal im November 1889 bemerkt, als die Teiche gefiſcht wurden. Da ſah ich ihn öfter in zwei Exemplaren nach kleinen, 1 Die Rohrbacher Teiche und ihre Avifauna. 171 ſpannenlangen Fiſchchen ſtoßen und dieſelben verzehren. Daß er Brutvogel iſt, glaube ich kaum. Die flachen Ufer ſind wenig zur Anlage ſeiner Niſtröhren geeig— net. Ich habe auch von keiner Seite etwas darauf bezügliches erfahren können. 3. Aecrocephalus palustris, Bechst. 4. A. arundinacea, Nm. 5. A. turdoides, Meyer. Alle drei Arten kommen in großer Individuenzahl in den Rohrdickichten der Teiche vor und machen im Frühjahr im Verein mit den Rohrammern einen ohrbetäubenden Lärm. Welche von ihnen Brutvögel ſind, vermag ich mit abſoluter Sicherheit nicht anzugeben, da das Aufſuchen der Neſter und Eier unmöglich gemacht war. Doch vermuthe ich aus ihrem Verbleiben während des ganzen Sommers, daß ſie es alle drei ſind. 6. Motacilla sulphurea Bechst. Die Gebirgsſtelze habe ich ein einziges Mal im Juni 1889 in der Nähe der Teiche bemerkt. Jedesfalls war es nur ein Durchzugsvogel. | 7. Motaeilla alba, Linn. und 8. Budytes flavus, Linn. Die weiße Bachſtelze und die gelbe Schafſtelze gehören beide zu den gewöhnlichen Bewohnern der Umgegend und ſind Brutvögel. 9. Schoenicola schoenielus, Linn. Die Rohrammer brütet recht zahlreich in den Rohrdickichten. Sie macht ſich unter den kleinen Vögeln dem Beſucher am erſten bemerkbar. Es bedarf nicht langer Zeit, bis man den kleinen Geſellen, bes ſonders zur Niſtzeit, geſchäftig vorbeieilen, ſich an Schilfſtengel anklammern oder die etwa noch daſtehenden vorjährigen Schilf- und Rohrhaufen durchſuchen ſieht. 10. Vanellus eristatus, Linn. Der Kiebitz iſt alljährlich zahlreich vertreten. 1889 brütete er in wenigſtens 50 Paaren auf den um die Teiche herumliegenden Feldern und Wieſen, während er in dieſem Jahre bei weitem nicht ſo häufig war. Leider wird ſeinen Eiern auch hier zu ſehr von Unberufenen nachgeſtellt. Im Früh— jahr ſah man ſtets in der Nähe der Teiche mehrere Exemplare mit dem eigenthüm— lichen, Haken ſchlagenden Fluge durch die Luft ziehen und dabei den Menſchen oft ſo nahe kommen, daß ſie faſt mit Händen zu greifen waren. Als die Teiche im vorigen Jahre gefiſcht wurden, ſah man ſie oft dutzendweiſe an der nach dem Ablaſſen des Waſſers noch mitten im Teiche zurückgebliebenen Waſſerrinne ſtehen und im Verein mit Hunderten von Krähen ihre Nahrung ſuchen. Die letzten ſah im im Jahre 1889 am 10. Oktober. 11. Aegialites minor. Vom Flußregenpfeifer ſah ich am 26. März 1890 einen Schwarm von ziemlicher Anzahl beim Umgehen der Teiche aus dem damals noch ziemlich niedrigen Rohr aufſtehen, doch habe ich ſeitdem keinen wieder geſehen oder gehört. Zu den Brutvögeln gehören ſie nicht. 172 Carl R. Hennicke, 12. Cieonia alba Bechst. Einen Storch jah ich im September 1889 über = die Teiche ziehen und ſich an ihnen niederlaffen, doch ift in der ganzen Umgegend f kein Storchneſt zu finden. Zu derſelben Zeit zeigte ſich auch in Leipzig in der Südvorſtadt ein Storch, der ſo ermattet ſchien, daß die Schulkinder, anfänglich, wie es ſchien, mit Ausſicht auf Erfolg, Jagd auf ihn machten, bis er endlich doch in den Lüften verſchwand. Früher ſind die Störche in der Gegend viel zahlreicher geweſen. So hat vor 17—18 Jahren ein Storchenpaar in Rohrbach, allerdings ohne Erfolg, geniſtet, ferner auf einer Pappel bei Grethen, in Kämlitz, Muckern, auf dem Belgershainer Schloß u. ſ. w. Das Männchen des letzteren Paares iſt vor ca. 30 Jahren erlegt worden und ſeitdem haben die Störche Belgershain gemieden. Ferner erzählte mir der Müllermeiſter Schott in Köhra bei Belgershain, daß er im Frühjahr vor ca. 10 Jahren eine Schaar von mindeſtens 100 Stück Störchen auf dem Felde an ſeiner Windmühle beobachtet habe, wie ſie daſſelbe abſuchten. 13. Ardea einerea, Linn. Fiſchreiher kann man öfter 3— 4 Stück am Teiche ſtehen und ihr Handwerk ausüben ſehen. Allerdings muß man meiſt ein gutes Glas dazu haben, da ſie den Beobachter nicht nahe kommen laſſen. Nach den Ausſagen des Forſtperſonals ſollen ſie früher auch in der Nähe der Teiche gebrütet haben. 1889 wurde einer der Sippſchaft trotz der bekannten und auch hier oft bewieſenen Schlau— heit erlegt. Der Betreffende war von dem Forſtgehülfen nur geflügelt worden und konnte ſich deſſen Händen daher noch entziehen. Kurz darauf wurde er jedoch von einem Einwohner des Dorfes Rohrbach gefangen, der ihn mit nach Hauſe nahm. Hier ſchien es dem Fiſchräuber auch ganz gut zu behagen, denn er ſtolzirte ganz ungenirt in der Stube herum, ließ ſich die ihm dargebotene Nahrung (Kartoffeln ꝛc. !) gut ſchmecken, ja, er ließ ſich ſogar von den Kindern an eine Schnur binden und auf der Straße umherführen. Nach drei Tagen wurde er dann an die Forſtver— waltung abgeliefert und hier wurde ihm der Garaus gemacht. 14. Botaurus stellaris, Linn. Die Rohrdommel habe ich 1889 ein einziges Mal fliegend bemerkt. Früher ſoll fie an den Teichen in 2—3 Paaren gebrütet haben, und auch dieſes Jahr ſollen welche bemerkt worden ſein, doch es iſt mir bis jetzt noch nicht gelungen, dieſe Beobachtung zu beſtätigen. 15. Rallus aquatieus, Linn. Die Waſſerralle habe ich nur auf dem ſog. Großteich bemerkt, aber auch da nur in wenigen Exemplaren. Ein Neſt oder gar Eier habe ich nicht zu finden vermocht. st 16. Crex pratensis, Bechst. Den Wachtelkönig kann man oft gegen Abend und am frühen Morgen ſein unharmoniſches Concert veranſtalten hören. In dieſem Jahre wurden auf der Hühnerjagd mehrere geſchoſſeu und einer vom Hund lebend gefangen. Dieſer kam in meinen Beſitz und war ſchon am zweiten Tage ſo zahm, daß er ſein Futter aus der Hand entgegennahm. Leider konnte ich ihn nur ca. 8 Die Rohrbacher Teiche und ihre Avifauna. 173 Tage erhalten. Eines Morgens lag er todt im Bauer. Jedenfalls hatte er beim Fangen einen Schaden davongetragen. 18. Gallinula chloropus, Linn. Das grünfüßige Teichhuhn iſt kein allzu häufiger Bewohner der Teiche. Dagegen hat es auf einem in der Mitte von Belgershain gelegenen kleinen Teiche, der zur Hälfte mit Schilf beſtanden iſt, glück— lich gebrütet und ſeine Jungen aufgebracht. Vielleicht iſt an ſeiner verhältnißmäßigen Seltenheit Schuld die übermäßig große Anzahl von 18. Fulica atra, Linn. Das „Bläßchen“, wie es in der Umgegend allgemein genannt wird, iſt nächſt den Entenarten der am meiſten in die Augen — und Ohren — fallende und am zahlreichſten vertretene Bewohner der Teiche. Es brütet da in ungeheurer Anzahl. Als wir am 27. April dieſes Jahres das Südufer des Groß— teiches abſuchten, fanden wir nicht weniger als 11 Neſter dieſes Vogels mit 42 Eiern. Davon war nur ein einziges Gelege vollzählig und angebrütet, die anderen, jedesmal 2—4, noch ganz friſch. Die Neſter, in denen noch keine Eier lagen, wurden nicht bei der Zählung berückſichtigt. In welcher Anzahl ſie brüten, kann man auch daraus erſehen, daß ſie jetzt, im Herbſt, trotzdem die Leute die Eier eifrigſt abgeſucht haben, zu vielen Hunderten die Teiche bedecken, ein Umſtand, der den Forſtleuten gar nicht lieb iſt, da ſie durch ihr zänkiſches, unverträgliches Weſen die Enten ver— treiben. Auch die Belgershainer Dorfteiche bevölkern ſie und brüten auf ihnen. Abweichend von der Art der Enten ſteigt das Bläßhuhn bei plötzlichen Störungen (Schuß, Steinwurf) höchſt ſelten in die Lüfte empor. Eben ſo wenig taucht es. Meiſtens ſucht es ſich durch ſchnelles Schwimmen oder höchſtens niedrig und ſchwerfällig über den Waſſerſpiegel dahinſtreichend, wobei es dieſen mit den Rudern tritt, dem ſchützenden Schilfe näher zu bringen und ſich in dieſem zu ver— bergen. Steigt es allerdings einmal in die Luft empor, dann fliegt es gewandter und bedeutend ſchneller als die Enten. | 19. Seolopax rustieola, Linn., die Waldſchnepfe, 20. Gallinago scolopacina, Bp., die Bekaſſine, 21. G. major, Bp., die Mittelſchnepfe und 22. G. gallinula, die Moorſchnepfe, werden ab und zu auf dem Zuge erlegt. Als Brutvogel habe ich keine von ihnen beobachtet. | 23. Anser einereus, Meyer. Ein Flug auf dem Zuge begriffener Graugänſe ſtrich am 25. Sept. 1889 dicht über das Dorf Rohrbach hin nach den Teichen zu Auch dieſes Jahr, am 31. Auguſt, ſtrich ein Schwarm über mich weg, und dieſer ſoll auf dem Großteich eingefallen ſein. Ferner zogen am 30. October ds. Is. drei ſehr ſtarke Züge Gänſe, jeder von mehreren hundert Stück, über Belgershain und die Teiche nach S. W. zu, nicht ſehr hoch, die nach der Anſicht des Herrn Hofrath Liebe auch Graugänſe geweſen ſind. Am 31. October hatten wir den erſten Schnee. 174 | Carl R. Hennicke, 24. Cygnus musieus, Bechst. Auch der Singſchwan iſt ſchon mehrere Mal N auf den Teichen eingefallen. Ein Exemplar wurde von dem Rohrbacher Gaſtwirth gefangen und eine Zeit lang im Stall gehalten. Auch 25. Cygnus olor, der Höckerſchwan, iſt öfter auf den Teichen gefangen worden. Jedenfalls waren es anderwärts entflohene Exemplare. 26. Tadorna cornuta, Gm. Die Brandente wird alljährlich in mehreren Exemplaren erlegt. Auch dieſes Jahr kam ſie mehrfach zur Beobachtung. Brüten thut ſie nicht hier. — Dagegen brüten, wenn auch nicht in großer Anzahl, 27. Anas boschas, Linn., 29. A. ereeea, Linn. und 28. A. querquedula, Linn, 30. A. penelope, Linn. auf reſp. an den Teichen. Sie halten ſich zu Zeiten in außerordentlichen Mengen in dem Rohr und Schilfe auf, beſonders A. boschas. Bei einem in der Nähe fallenden Schuß gehen ſie oft zu Hunderten auf, um in der Luft ſtundenlang zu kreiſen und dann entweder, wenn ihnen alles ſicher ſcheint, wieder einzufallen, oder auch nach einem anderen, in der Nähe (bei Pomßen) liegenden großen Teich zu fliegen. Noch im November 1889, als die Teiche ſchon begannen ſich mit Eis zu | bedecken, konnte ich eines Sonntags ungefähr 30 Stück bemerken, denen der Aufent— halt noch ſehr zu behagen ſchien. In dieſem Sommer beobachtete ich auch in 10 bis | 12 Exemplaren die in anderen Gegenden nicht gerade häufige | | 31. Fuligula nyroca, Güldenst., die Moorente. Ich konnte ſie nur einige Wochen lang beobachten, da ſie eines Tages wieder ſpurlos verſchwunden waren. Ich hatte dieſelben mehrere Tage beobachtet, ohne ſie beſtimmen zu können, da ich kein erlegtes Exemplar erhielt. Die Beſtimmung verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Rey. Nicht minder bemerkenswerth iſt das Vorkommen von 32. Podiceps rubrieollis, Linn. Der Rothhalstaucher iſt als Brutvogel in ſo großer Anzahl vertreten, daß er die anderen Taucherarten vollſtändig in den Schatten ſtellt. Im Frühjahr waren auf jedem der drei größeren Teiche 6 —8 Stück zu ſehen, die ſich jetzt um das 3 — 4 fache vermehrt haben. Außer ihm kommen alljährlich und als Brutvogel noch vor | 33. Podiceps eristatus, Linn, der Haubentaucher und | 34. Podiceps minor, Gm., der Zwergtaucher. Die drei find bei ihrem wunder⸗ lichen Thun und Treiben ſehr intereffante und anziehende Bewohner der Teiche, beſonders in der Paarungszeit. Der Teichfiſcher erzählte mir, daß er oft beim Fiſchen die kleinen Steißfüße habe mit den Händen ergreifen können. In einem Exemplar beobachtet und in einem erlegt wurde im Auguſt 35. Podiceps nigrieollis, Sundew., der Ohrenſteißfuß. Sonſt habe ich ihn x | nicht wieder bemerkt. Ebenſo wurde im Anfang der 70er Jahre ein verflogener. & a Die Rohrbacher Teiche und ihre Avifauna. 175 36. Colymbus septentrionalis Linn. (Nordſeetaucher) erlegt, der noch jetzt ausgeſtopft das Zimmer des Förſters ziert. Als ich am 14. Sept. 1890 im Boote verſteckt im Schilfe des Teiches auf dem Anſtand lag, bemerkte ich einen großen ſchwarzen Vogel, etwas größer als eine Ente, mit langgeſtrecktem Schnabel, der erſt flatternd, dann gleitend über das Waſſer dahinſtrich, jedoch nicht in Schußnähe kam. Ich glaubte ihn als Carbo cormoranus M. & W. (Kormoran) anſprechen zu müſſen. Doch habe ich ſpäter nichts wieder davon geſehen, kann alſo die Sicherheit meiner Diagnoſe nicht behaupten. 37. Xema ridibundum. Als ich am 22. April 1889 an die Teiche kam, ſah ich ſchon von Ferne ſechs weiße Möven über denſelben ſchweben, nach der Waſſer— fläche herabſtoßen, wieder in gewandtem Fluge in die Höhe ſteigen, und ſo ihr reizendes Spiel treiben. Es mußten Lachmöven ſein — eine Diagnoſe, die einige Tage ſpäter ein von dem Forſtgehülfen erlegtes Exemplar beſtätigte. Als letzterer nach 2— 3 Tagen wieder an die Teiche kam, hatten ſie ſich auf mehr als 30 Stück vermehrt. Sie blieben bis Ende Juli, wo ſie eben ſo plötzlich, als ſie gekommen, auch verſchwanden. Wahrſcheinlich hatten ſie gebrütet, mit Scherheit konnte ich es voriges Jahr nicht in Erfahrung bringen. Dagegen haben ſie dieſes Jahr in großer Anzahl gebrütet. Die erſten 7 Stück ſah ich dieſes Jahr am 22. März. Am 20. April hatten ſie ſich auf Hunderte vermehrt, die im Verein mit Sterna fluviatilis die Luft mit ihrem Gekrächz erfüllten und die Felder zwiſchen Belgers— hain, Rohrbach, Pomßen und Otterwiſch bedeckten. Am 17. Mai hatte ihre Zahl bedeutend abgenommen und im Auguſt war keine einzige mehr zu ſehen. In früheren Jahren ſollen ſie ſehr zahlreich gebrütet haben. 38. Larus canus, Linn. Die Sturmmöve wurde in zwei Exemplaren am 13. April 1890 beobachtet, ſpäter nicht wieder. Brutvogel iſt ſie natürlich nicht. 39. Sterna fluviatilis, Naum. Die Flußſeeſchwalbe war im vorigen Jahre nur in einzelnen Exemplaren vertreten. Als der Teich gefiſcht wurde, trieben ſich zwei Exemplare immer in der Nähe des Fiſchers umher, um ſich vor deſſen Augen ein Fiſchchen aus dem Gewäſſer zu holen und zu verſchlingen. Sie waren die einzigen gefiederten Bewohner des Teiches, die nach unſerem Erſcheinen mit dem Gewehr ſich noch in unſerer Nähe blicken ließen, während ſich alle anderen ſofort ins Rohr zurückgezogen hatten. Ja, nicht einmal ein Schuß, der der einen einige Federn aus dem Flügel riß, konnte ſie verſcheuchen, ſo daß ſchließlich ein Exemplar unſere Beute wurde. Einige Tage ſpäter ſah ich noch ein Exemplar am Rande des Teiches auf einem Steine ſitzen, das aber ſofort aufflog, wenn man in ſeine Nähe kam, um ſich an einem anderen Orte wieder niederzulaſſen. Es war dies am 17. October 1889. Später habe ich keines wieder geſehen. In dieſem Jahre ſah ich die erſte am 28. März. Am 20. April waren eben ſo viele Sternae 176 Ad. Walter, wie Lachmöven vorhanden, die ſich aber bis Ende September wieder bis auf 20 bis 30 Exemplare verringert haben. Sie haben hier gebrütet. Wann ſie fort⸗ N gezogen ſind, vermag ich nicht anzugeben. 40. Hydrochelidon nigra, Bria. Die ſchwarze Seeſchwalbe habe ich im Jahre 1889 nur in 5—6 Exemplaren geſehen, von denen eins der Forſtgehülfe in meinem Beiſein ſchoß. Die letzten Exemplare ſah ich ebenfalls am 17. October. Dieſes Jahr ſah ich die erſten am 13. April. Gebrütet haben ſie wohl nicht. Ob ſie früher die Teiche beſucht reſp. bewohnt haben, konnte ich nicht erfahren. Einigermaßen verwundert bin ich, daß ich einige Arten, die ſonſt an ſo gün— ſtigen Oertlichkeiten vorkommen, nicht beobachten konnte. So fehlt z. B. Machetes pugnax, Linn. der doch nach Dr. Ney* am Mansfelder See vorkommt, ebenſo die am Torgauer „Großen Teiche“ vorkommende Rohrweihe“ ). Ferner habe ich nicht gefunden die von Lindner in der Umgegend von Zeitz beobachteten Charadrius pluvialis, Aegialites hiaticula, Grus einereus, Ciconia nigra, Gallinula porzana, Totanus calidris, glottis, ochropus, Actitis hypoleueus, Tringa alpina, minuta, Temminki”**). Auch der ſonſt an ähnlichen Oertlichkeiten vorkommende Oedienemus crepitans iſt mir nicht zu Geſicht gekommen. Sollte ſich im Laufe der Zeiten noch etwas Bemerkenswerthes vorfinden, ſo werde ich es in einem Nachtrage mit— theilen. Die drei letzten Tage eines Sperbers. Von Ad. Walter. Es war an einem Juni-Tage, als ich auf der Berlin-Hamburger Eiſenbahn die Station Glöwen am frühen Morgen erreichte. Die Rohrſänger hatten um dieſe Zeit in ihren Neſtern volle Gelege, in manchem befanden ſich ſchon kleine junge Vögel. Da der Kuckuk in dieſer Gegend zum Ablegen ſeines Eies ſtets die Rohr— ſängerneſter erwählt und es mir darum zu thun war, den Kuckuk in ſeinem Fortpflan⸗ zungsgeſchäfte zu beobachten, ſo beabſichtige ich ſolche Neſter aufzuſuchen, um darin entweder ein Kuckuksei oder einen jungen Kuckuk ausfindig zu machen. Noch hatte ich aber nicht mein Forſchungsgebiet erreicht, denn bis zur Elbe, an deren Ufer die Rohrſänger niſten, war noch ein Weg von 1 ½ Stunden zurückzulegen. Gegen Mit- tag gelangte ich zum Dorfe Quitzöbel, das nur / Stunde von der Elbe entfernt iſt. Als ich das Dorf zur größern Hälfte durchſchritten hatte und mich der Kirche - gegenüber befand, erblickte ich vor mir in der Luft eine blaue junge Taube, auf die ein vom herrſchaftlichen Gehöft ſo eben herüberkommender Sperber einen Angriff ) Ornith. Monatsſchrift 1884, 167. 3 *) Ornith. Monatsſchrift 1889, 115. **) Ornith. Monatsſchrift 1887, 416 ff. Die drei letzten Tage eines Sperbers. 177 machte. Die wohl ſchon ſeit längerer Zeit dem Neſt entflogene Taube wich dem erſten ſcharfen Stoß des auf ſie ſchräg herabſtürzenden Sperbers in gewandter Schwenkung aus, aber nun begann ein Wettflug, indem der Sperber in horizontaler Richtung der Taube nacheilte, ihr auch bald ganz nahe war, jedoch im Augenblicke, als er ſie zu ſchlagen dachte, durch ein Schwenken der Taube nach unten und ſeit— wärts wieder weiter von ihr abkam. Indeß der freche Räuber, auf den nicht einmal das Hochwerfen eines Stockes einen Eindruck machte, hatte nur zu gut das noch nicht völlig ausgebildete Flugvermögen der jungen Taube erkannt; ohne Unterbrechen ſetzte er die Verfolgung fort, bei der drei bis viermal die Kirche umflogen wurde. Da ermattete endlich die Taube und durch einen von der Seite ausgeführten Schlag kam ſie in die Gewalt des Sperbers, der ſie mühſam unter heftigem und tiefem Flügel— ſchlage über das nächſte Dach fort in den angrenzenden herrſchaftlichen Park ſchleppte. Mir pochte das Herz vor Erregung, und unwillkürlich wollte ich dem frechen Patron nacheilen, aber als gänzlich Unbekannter im Orte mochte ich doch nicht über das Gehöft fort in den Park eindringen. Meine Erregung hielt mich aber nicht ab den offenen Park vom Felde aus zu betreten, zu dem ich vom Ende des Dorfes aus einen bequemen Fußweg um den Park herum erſpähete. Wenn ich nun auch keinen eigentlichen Zweck verfolgte, — denn was konnte mir das Auffinden der doch ſicher ſchon getödteten Taube nützen? — ſo hatte ich doch den Gang nicht zu bereuen, denn ich ſah in den prächtigen Baumgruppen man⸗ chen lieben Vogel; viel lieblicher Vogelſang drang an mein Ohr und — was mich beſonders in dieſem Augenblicke intereſſirte — ich erblickte wenige Schritte vom Parkrande entfernt auf hohem Pfahl eine Raubvogelfalle in Geſtalt eines großen hölzernen, oben offenen Käfigs, auf deſſen Boden eine weiße lebende, aber ange— feſſelte Taube ſaß. — Alſo war die ſoeben erbeutete Taube nicht die erſte, die Raub— vögeln zum Opfer fiel. Hier mußte ſchon viel geraubt worden ſein, — das bewies die Falle — vielleicht nicht nur vom Sperber, ſondern wohl auch vom Hühnerha— bicht. Von dem Sperber und der erbeuteten Taube ſah ich aber nichts und ich ſetzte meinen Weg zur nahen Elbe fort, wo ich am Nachmittage die verſchiedenſten Rohr— ſänger beobachtete. Hier erfuhr ich auch von Fiſchern, daß nicht nur der „Stoßer“ (Sperber), ſondern auch der Habicht (Hühnerhabicht) die Tauben arg verfolge, und daß erſterer dieſelben in Gärten oder hinter Gebüſch, der letztere auf freiem Felde verzehre; eine Beobachtung, die mit der meinigen nicht für alle, aber doch für meh— rere Fälle übereinſtimmt. | Am anderen Tage verließ ich das Dorf Quitzöbel ſchon früh und ſetzte meinen Weg auf dem hohen Deich des rechten Elbufers in der Richtung auf die Stadt Wit— tenberge fort. Nach einer halben Stunde erreichte ich einen kleinen Laubwald, der hart am Deich beginnend und eine Strecke neben demſelben fortlaufend, ſich zugleich 178 Ad. Walter, etwas weiter über das von der Elbe entferntere Ackerland ausbreitet. Der melodiſche . Geſang einer Nachtigall veranlaßte mich vom Deich hinab in's buſchreiche Wid- chen zu ſteigen. Doch ſchon nach wenigen Schritten wurde ich von der Nachtigall abgelenkt durch das gellende kurz und ſchnell hintereinander ausgeſtoßene Geſchrei eines Sperbers, der in horizontaler Richtung nicht weit von mir durch die Baum⸗ kronen ſchoß. Hier alſo mußte der Räuber von geſtern ſeinen Horſt haben, denn dies Geſchrei hatte ich ſchon öfter vernommen und immer da, wo er ſeinen Horſt aufgeſchlagen hatte. Ich drang weiter vor und kam an einen dichtbelaubten Haſel⸗ ſtrauch, in welchem ich eine mich ſcharf anglotzende Ohreule erblickte. Zugleich hatte ich aber auch auf einer etwas weiter zurückliegenden Kiefer ein Neſt erſpäht, das ebenſo gut der Ohreule wie dem Sperber angehören konnte. Zuerſt ſchritt ich nun zur Ohreule. Als ich mich ihr auf 10 Schritt Entfernung genähert hatte, flog ſie — nicht etwa davon — ſondern ſie wandte ſich gegen mich, gerade ſo wie es meine zahme in der Gefangenschaft gehaltene Ohreule machte, wenn ein Fremder ins Zim- mer trat und ſie ſich außerhalb des Käfigs befand. Sie kam mir ſo nahe, daß ich das Wehen des Flügelſchlages deutlich verſpürte und ſchwenkte dann nach oben ab. Unwillkürlich ſchob ich meine in der Hand haltende Gerte zur Abwehr vor, die die Eule aber nicht traf, ſicher aber getroffen hätte, wenn ich auf den Angriff vorbereitet, mit der Gerte von oben herab geſchlagen hätte. Auch die Eule mußte hier ihren Horſt haben, das erſah ich aus dem Angriff.“) War nun das von mir entdeckte Neſt auf der Kiefer ein Sperber- oder ein Ohreulenhorſt? Aus meiner Ungewißheit riß mich der wieder mit grellem Geſchrei herbeiſtreichende Sperber, der zwiſchen mir und dem Horſtbaume in der Höhe des Neſtes vorbeiſchoß. Obgleich ſich das Neſt in der mittelhohen Kiefer in mäßiger Höhe befand, die Kiefer auch leicht zu erſteigen war, ſo hatte ich doch nicht Luſt den Baum zu erklet— tern, weil er von unten an kurze morſche, abgeſtorbene Zweige trug, die meinen Klei— dern ſehr verhängnißvoll werden konnten; aber das nochmalige Erſcheinen des Sper— bers regte mich ſo an, daß ich das Wagſtück unternahm. Es gelang auch beſſer, als ich vermuthete. Oben angelangt am Horſte, blickte ich auf zwei junge Sperber in weißem Dauengefieder von der Größe eines Gänſeeies, auch eine Feldmaus und einen halben Hausſperling. Wenn nun auch keine Ueberreſte einer Taube im Neſte ſichtbar waren, jo be- zweifle ich doch nicht, daß das mehrmals hier vorüberfliegende Weibchen derſelbe a war, der am Tage zuvor die Taube ſchlug, denn jener Vogel war, wie dieſer * Im vorangegangenen Sommer nahm der Lehrer Lemke aus Wilsnack, als er mit ſeiner Schulklaſſe dies Wäldchen durchſchritt, einen Horſt der Gabelweihe (Milvus regalis) mit mehreren Eiern aus. Der Vogel hatte bereits mehrere junge Enten im Dorfe erbeutet. Die drei letzten Tage eines Sperbers. 179 am Horſte, ſicher ein Weibchen, was mir zum Theil ſeine Größe, zum Theil ſeine Beute bewies. Das kleinere und ſchwächlichere Männchen dürfte nicht im Stande ſein eine Taube fortzutragen. Dieſer Anſicht ſind bekanntlich viele Ornithologen. | Was mir ſchon früher aufgefallen war, trat hier auf's neue zutage, näm— lich die geringe Anzahl von Neſtjungen. Schon zweimal hatte ich einen Sperber— horſt entdeckt mit nur je einem jungen Sperber und doch legt das Sperberweibchen 5, 6, auch 7 Eier. Wenn ich auch ſchon 5 junge Sperber im Horſte fand, ſo bleibt es doch auffallend, daß ich ebenſo oft nur 1, höchſtens 2 im Horſt antraf. Den Grund für die geringe Anzahl habe ich nie entdecken können. Menſchen hatten in keinem dieſer Fälle den Horſtbaum erſtiegen, das zeigten die vielen morſchen Zweige am Baumſtamm. Am Morgen des dritten Tages meiner Exkurſion befand ich mich noch in der Nähe des Sperberhorſtes, denn das Dorf Abbendorf, wo ich übernachtete, liegt nicht fern von dem am vorhergehenden Tage beſuchten Laubwäldchen. Ich ſetzte meinen Weg wieder in der bisherigen Richtung eine gute Strecke fort und betrat dann das buſch— reiche Ufer der Elbe. Hier fand ich nicht nur Rohrſänger verſchiedener Art, ſondern auch das ſchöne Blaukehlchen, das weißſternige ſowohl wie auch das blaukehlige ohne Stern; ja noch mehr: ich beobachtete, wie das Wolfſche Blaukehlchen — ſo wird das ſternloſe mit rein blauer Bruſt genannt — beſorgt um ſeine Nachkommenſchaft von einem Weidenſtrauch zum andern flog, ſich aber nicht vertreiben ließ und immer wieder dahin zurückkehrte, wo ſich das Neſt mit den Jungen befinden mußte. Hier wäre Herr E. Ziemer, der, wie Herr E. F. von Homeyer, in Pommern zwar viele Blaukehlchen brütend, aber nie das Wolfſche fand, und es „nur aus den Muſeen kennt“, freudig überraſcht worden. — Doch ich habe vielleicht ſpäter einmal Gelegenheit über das Wolfſche Blaukehlchen zu berichten. — Während ich nun im Gebüſch verborgen das Blaukehlchen weiter beobachtete, dann dem Geſang des Sumpf- und Teichrohrſängers lauſchte, welche in den nächſten Sträuchern ihre ſo verſchiedenen Weiſen erſchallen ließen, ertönte plötzlich ein lauter greller Schrei des Teichrohrſängers, dann trat lautloſe Stille ein; in demſelben Augenblicke aber ſtrich in Manneshöhe ein Sperber an mir vorüber, den ich, da ich ſogleich ins Freie trat, noch etwa 100 Schritt ſeinen niedrigen Flug längs dem Weidengebüſch fortſetzen ſah. Dann erhob er ſich, ohne Beute gemacht zu haben, kreiſte ein Paar mal in hoher Luft und entfernte ſich darauf. Es währte eine geraume Zeit, bevor die in's Dickicht geflüchteten Sänger wie— der ſichtbar wurden und allmählich wieder zu ſingen begannen. Ich aber brach nun auf, denn die Mittagszeit war herangekommen und der Magen verlangte auch fein Recht. Das vor mir liegende Dorf war bald erreicht; doch bevor ich es betrat, ſetzte ich mich, um ein wenig auszuruhen, auf einen Stein, der Kirche gegenüber, die etwas 180 Ernft Hartert, abſeits vom Dorfe ſich befindet. Ich zog meine Uhr — ſie zeigte die zwölfte Stunde — und wollte ſie mit der Dorfuhr vergleichen, ſuchte aber das Zifferblatt ver⸗ gebens, entdeckte jedoch dafür dort oben eine Kohlmeiſe, die emſig an den Schaltern der Thurmluken herumkletterte, nach Inſekten und deren Eiern ſpähte und dann und wann auf Augenblicke im Innern des Thurmes verſchwand. Soeben war fie wie— der in das Innere geſchlüpft, da erſchallte der erſte dumpfe Glockenſchlag der zwölf⸗ ten Stunde und im nächſten Augenblick fuhr das erſchreckte Vögelchen aus der Deff- nung neben der Glocke in's Freie. Doch — es kam nicht weit — der in demſelben Augenblick vorüberſtürzende Sperber packte es ſofort und trug es in ſeinen Fängen in den nächſten Dorfgarten. Kaum hatte er hier die erſten Obſtbäume erreicht, da krachte ein Schuß und der Sperber ſtürzte ſenkrecht herab in den Garten. Flugs war auch ich da, und vor mir und vor dem ſchon lange auf den Sperber fahndenden Schützen lag mit ausgebreiteten Flügeln auf einer Kartoffelſtaude der frechſte aller Vogelräuber. Es war ein Weibchen. | | In kürzerer Zeit, als Worte es melden können, hatte ſich das Drama ab- geſpielt, denn als der Schuß und mit ihm der Vogel fiel, hallten noch die Glocken— ſchläge der zwölften Stunde in langſamem Tempo fort, und die beiden letzten dum— pfen Glockenklänge konnten ſchon als das Grabgeläute für den verendeten Sperber gelten. Noch etwas vom geſprenkelten Nohrhuhn. Von Ernſt Hartert. Nachdem in der „Monatsſchrift“ ſo viel von Flöricke, Ziemer und Walter über unſer Vögelchen geſchrieben iſt, werden die Leſer durch ein nochmaliges Berühren des Gegenſtandes vielleicht nicht beſonders erbaut ſein, indeſſen iſt das Erlebniß, welches ich mittheilen möchte, ein immerhin bemerkenswerthes und ſelten vorkommendes, wes⸗ halb ich mich nicht ſcheue, es zu erzählen. Zunächſt ſei noch bemerkt, daß ich in Flöricke's Artikel nicht ausgeſprochen finde, daß die Sumpfhühner ihre Wanderungen vorzugsweiſe laufend und ſchwimmend zurücklegen, ſondern daß er nur ein gelegentliches Vorkommen des Wanderns zu Lande und zu Waſſer durch die von ihm mitgetheilte Beobachtung wahrſcheinlich zu machen ſucht. Auch ich ſtimme indeſſen mit Ziemer und Walter darin ganz überein, daß alle Vögel ſich der Flügel auf ihren Wanderungen bedienen. Es iſt mir nicht ſehr wahrſcheinlich, aber ich will es doch nicht für unmöglich halten, daß einige ſehr lauf⸗ tüchtige Arten ausnahmsweise kleine Strecken ihres Wanderweges laufend zurück⸗ legen, worüber ich ſpäter noch Näheres mitzutheilen gedenke. Ganz unwahrſcheinlich aber iſt mir, daß Gallinula- und Ortygometra-Arten ſogar ſchwimmend ihren Weg 8 Noch etwas vom geſprenkelten Rohrhuhn. 181 machen ſollen. Ich glaube durchaus nicht, daß das von Flöricke geſehene Rohrhuhn, welches einen Teich überſchwamm, ſich auf dem Zuge befand. Es war am 4. September 1887 auf der Fahrt nach Port Said. Der Wind war leicht Nordweſt und ohne alle ſeitliche Bewegung durchfurchte der Kiel des Hamburger Dampfers Niobe die blauen Fluthen des Mittelmeeres, etwa mitten zwiſchen Malta und Kreta. Trotz der ziemlich frühen Jahreszeit fand ſchon Vogelzug genug ſtatt, und die Vögel ſchienen gerade von Nord nach Süd, mit günſtigem Viertelwinde das Mittelmeer zu überfliegen. Schon am frühen Morgen erzählte der Kapitän, daß ſoeben eine Schaar Tauben (Turtur??) in der Takelage geruht habe. Bald nachher ſah ich einen Flug von Purpurreihern in Büchſenſchußweite am Bug vorüberziehen und im Verlaufe des Tages beſuchten uns am Bord eine Anzahl Saxicola oenanthe, die zahlreich zogen, etliche Budytes flavus und Wiede- hopfe. Am intereſſanteſten aber war mir eine Ortygometra porzana. Ein Knall und gleich darauf ein Raſcheln auf dem über das Achterdeck geſpannten Sonnen— ſegel belehrte mich, daß irgend ein Vogel auf dasſelbe niedergefallen ſei. Vorſichtig ſtieg ich auf die Railing und blickte über das Segeltuch, auf dem ich eine porzana am Rande ſitzen ſah. Da ſie ermüdet oder durch den Aufſchlag verletzt ſchien, ver— ſuchte ich ſie zu greifen, was mir aber nicht gelang, da ſie erſchreckt wieder davon— ſtrich. Sie ſtrich niedrig über das Waſſer hin und ich erwartete nicht anders, als daß ſie ſich auf dasſelbe niederlaſſen werde. Aber nichts davon — ſie kehrte nach einem kurzen Fluge an Bord zurück. Noch vier oder fünf Mal wurde ſie durch nahende Menſchen aufgeſcheucht, aber jedesmal kehrte ſie an Bord des dampfenden, mit Menſchen gefüllten Schiffes, auf dem die Maſchine ſtampfte und klapperte und die Steuerkette ächzte, zurück, anſtatt auf dem einladenden, faſt unbewegten Meere zu ruhen. Ihre Beine waren ſichtlich nicht ermüdet, denn ſie lief munter an Bord umher und flüchtete laufend vor den nahenden Menſchen, ſo lange es ging. Schließ— lich erlegte ich ſie mit einer Flobertpiſtole, weniger als erwünſchtes Objekt für die Sammlung — in Oſtpreußen ſowohl als am Niederrhein, nahe der holländiſchen Grenze, hatte ich genug erlegt — als um einem Reiſegefährten das Abbalgen bei— zubringen. Wenn dieſe Vögel gewohnt wären, das Waſſer auf dem Zuge zu benutzen, ſo wäre der Vogel gewiß aufs Meer geflogen, wo ihm ein freier und bequemer Weg offen lag, anſtatt ſich ſtets wieder auf den ihm ſo wenig zuſagenden Dampfer zu begeben. Wo man Gelegenheit hat, dem Vogel weit mit den Augen zu folgen, kann man auch bemerken, daß ſein Flug dann weit beſſer und raſcher iſt, als es ſcheint, wenn man ihn aus dem Sumpfe emporflattern ſieht. Obwohl ein vortrefflicher Läufer, iſt er doch ein nicht beſonders raſcher Schwimmer, und das Schwim— men würde ihn daher auf der Reiſe aufhalten. 182 Kleinere Mittheilungen. Zu dem Namen bemerke ich, daß unſer Vogel keine echte Gallinula iſt. Die Gattungen Gallinula und Ortygometra (Porzana) müſſen meines Erachtens getrennt gehalten werden, ſo ſehr ich auch für die Ausmerzung unnützer Genera bin. Manchmal hat man ſogar Gallinula und Ortygometra (z. B. Reichenow, Vögel der zoologiſchen Gärten) in verſchiedene Unterfamilien geſtellt! Damit bin ich nun freilich nicht einverſtanden und kann einer Trennung der Rallidae in Rallinae und Galli- nulinae nicht zuſtimmen, aber die in die Augen fallenden generiſchen Unterſchiede ſollten nicht unbeachtet gelaſſen werden. Geſtützt wird meine, übrigens wohl von allen Syſtematikern getheilte, Anſicht auch durch den Charakter der Eier. Die Eier von Gallinula laſſen ſich in keiner Weiſe mit denen von Ortygometra verwechſeln, während die von porzana, parva und pygmaea ſehr gut zu einander ſtimmen, obwohl die von porzana nicht mit jenen beiden, einander ſehr ähnlichen, verwechſelt werden können. Sie ſind oft genug beſchrieben und abgebildet, ſo daß ich darüber keine Worte weiter zu verlieren brauche. Frankfurt a. M. 21. März 1891. Kleinere Mittheilungen. Schwimmende Vogelberge konnte ich recht häufig im Stillen oder Großen Ocean beobachten, als ich an Bord der deutſchen Klipperbark „Hannover“ von San Diego, Californien, ab, bloß wenige engliſche Meilen von der mittelamerikaniſchen Küſte entfernt nach Corinto in Nicaragua ſegelte. Die See war damals ſpiegelglatt; vom ewig blauen Himmel herab lächelte uns Phöbus Apollo gar freundlich zu, meiſtens regte ſich gar kein Lüftchen, alle Segel ſchlugen back und unſer Schiff lag tagelang unbeweglich auf einer Stelle. Am Backbord thürmte ſich deutlich ſichtbar die Küſte von Mexiko, Guatemala und San Salvador, mächtige Gebirge mit verſchiedenen thätigen Vulkanen, auf; rechts erſtreckte ſich, ſoweit das Auge reichte, der gewaltige Oceanos. An ſeiner Oberfläche lagen anſcheinend ſchlafend gewaltige Schildkröten (Chelonia midas und imbrieosa) von 7 bis 8 Fuß Länge; hoch ragten ihre mächtgen Knochenpanzer aus der blaugrünen Fluth hervor. Oben auf dieſen ſaßen dicht an einander gereiht verſchiedene Seevögel (20 — 25 Stück), beſonders der dort jo gemeine braune Tölpel (Sula fusca), der „Döskopp“ unſerer Matroſen. Einige ſchliefen, andere neſtelten ſich im Gefieder oder zogen die Federn durch den Schnabel, wieder andere fochten Fehden aus u. ſ. w. Jeden Abend waren der Außenklüverbaum ſowie ſämmtliche Raaen unſerer kleinen Bark dicht beſetzt mit den braunröckigen, einfältigen Geſellen und binnen wenigen Minuten war das Deck unter denſelben mit einer ziemlich dicken Lage Koth bedeckt; wahrlich, wer Gelegenheit hatte, dieſe Thiere ein- gehend zu beobachten, der wird ſich darüber nicht mehr wundern können, wie die Kleinere Mittheilungen. 183 Guano-Inſeln in der Südſee entſtehen konnten. Selbſtverſtändlich waren unſere Matroſen eifrig darauf bedacht, dieſe unſauberen, ungebetenen Gäſte und Paſſagiere quam celerrime von Bord zu entfernen, denn ſie mußten ja an jedem Morgen beim Waſchen des Deckes den Schmutz oft mit vieler Mühe abſcheuern; ſie bewaff— neten ſich alſo mit wuchtigen Knütteln oder zugeſpitzten Plankenſtücken und ſtiegen in den Wanten nach der Royal-Raa, dem Hauptſitzplatz der „ Dösköppe uf. Die Vögel dachten nun gar nicht daran vor dem großen Raubthier Menſch zu fliehen, auch dann nicht, als ſchon einige ihrer Genoſſen von Jan Maat durch wuchtige Streiche getödtet worden waren, ſie begnügten ſich damit nach Jenen zu hacken oder ſie anzuziſchen; viele wurden lebendig gefangen, ſie ließen ſich ruhig greifen und wurden erſt an Deck getödtet. Unſer Capitän, ein guter Piſtolenſchütze, ſchoß mit ſeinem Revolver mehrere Male Tölpel vom Beſanmaſte herunter; die anderen dachten gar nicht daran, auf den Knall hin wegzufliegen, ſondern blieben ruhig ſitzen. Wir hielten einige Stücke von Sula fusea drei Tage lang an Bord, warfen ihnen Geſcheide von geſchlachteten Hühnern, Salzſpeck und fliegende Fiſche vor, welche bei ſtürmiſchem Wetter gegen die Kajüte angeflogen waren; ſie nahmen dieſe Nahrung ſofort an, während nach meinen Erfahrungen und den Wahrnehmungen meines Onkels Adolph Roeßler, früher Handelsſchiffscapitän und Lieutenant zur See, Diomedea exulans und Procellaria capensis unter gleichen Um— ſtänden nichts freſſen mögen. (Vgl. dagegen den Artikel „Einiges über zoolo— giſche Gärten“ von Dr. A. Seitz im „Zoologiſchen Garten“ XXXI, Nr. 4, S. 123.) Schlaupitz. Karl Knauthe. Dublette auf Trappen. Im Januar d. J. wurden überall in unſerm Lipper⸗ lande Trappen (O. tarda) bemerkt und auch viele erlegt. Dem Herrn v. Kapf in Lemgo gelang es aber zwei Meiſterſchüſſe auf einen Trupp abzufeuern, und zwar einen Kugel- und einen Schrotſchuß, und mit jedem einen ſtarken Hahn zur Strecke zu bringen. Der harte anhaltende Winter hatte den ſonſt ſo ſcheuen und vorſichtigen Thieren ſchon übel mitgeſpielt, doch zeigten dieſelben noch immer ein Gewicht von 17 Pfund pro Stück. Vor zwei Jahren gelang es hier ſogar einem Oekonomen, eine Trappe, die täglich ſeinen Kohlgarten beſuchte, mittelſt eines Tellereiſens lebendig einzufangen. Detmold. H. Schacht. Steinadler. In der „Schleſiſchen Zeitung“, Breslau, finde ich die Notiz, daß im Februar d. J. von dem Förſter K. Scholz zu Blumenrode b. Neumarkt ein Steinadler erlegt wurde. Derſelbe hat 2,12 m Flügelſpannung und ein Gewicht von 8 Pfund. Schlaupitz. | K. Knauthe. 184 Notizen für die Vereinsmitglieder. — Anzeigen. Notizen für die Vereinsmitglieder. Rev. H. T. Free, geb. 1821, geſt. Dec. 1890. Langjähriger Contes N des 4 Zoologiſt, Beſitzer einer Vogelſammlung (in welcher die amerikaniſche Sturnella magna im März 1860 bei Thrandeſton in England a und Mitarbeiter an Bi | Birds of Norfolk. Menura. John Hancock, geb. 1806, geſt. 11. Oct. 1890. in NN von Bewiek's British Birds, II. Aufl., eifriger Ornithologe, bereiſte 1833 Norwegen mit Hewitſon, verſchiedene Theile Großbritanniens (erlegte Phyllosc. supereiliosus), arbeitete u. a. über die isländiſchen Falken, unterſchied zuerſt Cyg. Bewicki (und nicht Yarrell!), war ein ausgezeichneter Präparator (Theile ſeiner Sammlung ſind im Britiſchen und im Newcaſtle-Muſeum), beſchickte die Welt-Ausftellungen 1851 und 1862 mit glänzendm Erfolge und legte 1874 im „Catalogue of the Birds of Northumberland and Durham“ ſeine Beobachtungen geſammelt nieder. eee Nekrolog im Ibis, Januar 1891, S. 153 ff.) Menura. 1 Soviel wir bis jetzt aus Correſpondenzen erfahren, werden folgende Mitglieder unſeres Vereins auf dem III. Internationalen Ornithologiſchen Congreſſe anweſend fein: Berlepſch, H. Freiherr von, als Mitglied der Commiſſion für Regelung der ornithos⸗ logiſchen Nomenclatur; | Blaſius, R. Profeſſor Dr., als Präſident des Permanenten Internationalen Ornitjoe logiſchen Comiteés; | Chernel von Chernelhäza, Stefan, als Generalſecretair des Ungariſchen Comité's;— Fürbringer, M. Profeſſor Dr., als Referent für die Sekt. für Anatomie; von Hayek, Guſtav Regierungsrath Dr., als Secretair des Permanenten Inter— nationalen Ornithologiſchen Comités; | Leverkühn, P., als Delegirter vom Hannoverſchen Vogelſchutzverein und von der Redaktion des „Ornithologiſt and Oologiſt“ in Boſton (Mars.); Liebe, K. Th. Profeſſor Dr. Hofrath, als II. Vorſitzender des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt und als Referent für die Sektion Ornithologia oeconomica; Köpert, Otto Gymnaſiallehrer Dr.; Ruß, K. Dr., als Delegirter vom Verein „Ornis“ in Berlin ꝛc. | Schäff, Ernſt Dr., Aſſiſtent am Zoologiſchen Inſtitut der Landwirthſchaftlichen Hoch- — ſchule zu Berlin; ö Tſchuſi zu Schmidhoffen, Ritter von, als Präſident des Comités für ornithos⸗ logiſche Beobachtungsſtationen in Oeſterreich. 4 von Wangelin, Forſtmeiſter, als I. Vorſ. d. D. V. z. Sch. d. Vogelw. und als Refe rent für die Sektion Ornithologia oeconomica. Anzeigen. Denjenigen unter unſern Vereinsmitgliedern, welche frühere Jahrgänge unſerer Monatsſchrift zur Ergänzung ihrer neueren Jahrgänge zu erwerben wünſchen, geben wir die Nachricht, daß die Jahrgänge 1878 und 1879 zu je drei Mark, die Jahr⸗ gänge 1882 bis einſchl. 1889 zu je fünf Mark nebſt den eleganten Einband⸗ decken von unſerem Rendanten, Herrn Rohmer in Zeitz, bezogen werden können. Eine einzelne Einbanddecke koſtet 80 Pfg. Der Vorſtand. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie Beſtellungen auf letztere beide find an Herrn Rendant We in Zeitz zu richten. | | Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. dd anitulkbaed 8 Ee 4 N . Fl i ä D — U SS Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Jahn gen enen ee Sahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, ee eee 3 Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats⸗ ; ! £ 5 entgeltlich u. poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ EEE TR 50 Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. eit des un Eat gerteitet. XVI. Jahrgang. Mai. 1891. | Ir. 7. Inhalt: Neu beigetretene Mitglieder. III. — Dr. Koepert: Der Staar in Elſaß-Loth— ringen vogelfrei?! IV. Julius Michel: Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger (Museicapa parva Bechst.). (Mit Buntbild.) Ernſt Hartert: Allerlei vom Wanderfalken. Paul Lever— kühn: Kant als Vogelfreund. — Kleinere Mittheilungen: Vogelſchutz. Waldkauz. Mutter— liebe einer Trappe. Ankunft der Segler. — Anzeigen. Neu beigetretene Mitglieder. I. 1. Behörden und Vereine: „Ornis“, Verein für Zier- und Singvögel-Lieb— haberei und Vogelſchutz in Leipzig; Ornithologiſcher Verein des Be— zirkes Horgen in Hirzel (Schweiz). 2. Damen: keine. 3. Herren: Wilhelm Altenkirch in Hanau; Karl Bruhne, stud. agr. in Halle a. S., 13 186 . | Dr. Koepert, A. F. Eimbeck in New- Haven, Amerika; Otto Kleinſchmidt, stud. theol. in = Leipzig; Rechtsanwalt Kollibay in Neiffe; Ernſt von Korn, Rittergutsbeſitzer und Lieutenant der Reſ. in Breslau; Dr. med. Lohmann in Leipzig-Reudnis ; Bernhard Maurer in Dresden; Karl Mogen, Vorſitzender des Vereins für Geflügelzucht und Vogelſchutz in Leobſchütz; Dr. med. Pfeiffer, Aſſiſtent an der Ohren- und Kehlkopfpoliklinik der Univerſität Leipzig; Karl Pirl, Forſtſecretär in Schelitz, Oberſchl.; H. von Pöllnitz in Leipzig; Sappelt, eand. med. in Ziegenhals, Oberſchl., Friedrich Steckner in Dresden; a Wohl, Kauf⸗ 3 mann in 3 Erzgeb“). Der Staar in Elſaß⸗ Seer vogelfrei ?! Von Dr. Koepert. . Aehnlich wie in Pommern liegen die Bodenkulturverhältniſſe in Schleswig⸗ Holſtein. Feld- und Weidewirthſchaft herrſchen vor, da von der Geſammtfläche 58 Proz. auf Ackerland und Gärten, 28,5 Proz. auf Wieſen und Weiden kommen. Ueber die Lebensweiſe des Staares in der letztgenannten Provinz hat J. Rohweder in Huſum eine intereſſante Skizze in der Zeitſchrift „Deutſche Jugend“ (heraus⸗ gegeben von Julius Lohmeyer, Verlag von Alphons Dürr in Leipzig)“) veröffentlicht, über die Fortpflanzungsgeſchichte des Staares im Journal für Ornithologie 1876, S. 375 berichtet und nachgewieſen, daß der Staar in Schleswig-Holſtein nur einmal brüte. Herr Prof. Rohweder antwortete mir, insbeſondere auf meine Frage nach einem etwaigen Schaden des Staares an Obſt, Getreide ꝛc., folgendes: „Für unſere Gegend, wo in der Marſch und auf der ebenſo kahlen Geeſt ziemlich gleichmäßig Acker- und Weidewirthſchaft getrieben wird, iſt der Staar (neben dem Kiebitz) unbedingt der nützlichſte Vogel. Als ich vor 24 Jahren nach Huſum kam, gab es hier und in der weiteren Umgebung ſehr wenig Staare. Eine wahre Landplage war bis dahin, namentlich für die Marſchweiden, der „Graswurm“ (Larve von Tipula pratensis). Ganze Strecken der werthvollen Marſchwieſen ſahen oft wie gemäht aus. Da veranlaßte ich durch Wort und Schrift unſere Bevölkerung, Staarkäſtchen auszuhängen, die ich aus Thon von einem hieſigen Töpfer in großen Mengen und zu einem billigen Preiſe herſtellen ließ. In demſelben Grade, wie ſich von da an die Staare hier vermehrten, nahm die Verwüſtung der Viehweiden ab, und ſeit vielen Jahren, wo ungezählte Schaaren von Spreen unſere Gegend bevölkern, kennt der Viehgräſer keinen Graswurm mehr, und auch der früher ſo oft beklagte Kornfraß hat ſo gut wie aufgehört. *) 18. Band, 3. Heft. 1881. r r Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! IV. 187 „Ob der Staar die Kornfelder plündert?“ Nein! Er fügt den Getreidefeldern nicht den mindeſten Schaden zu. „Kirſchen?“ Ja, leider! — nicht weil der materielle Schaden in Wirklichkeit nennenswerth wäre, denn Kirſchbäume giebt es hier nicht viele — ſondern weil der kurzſichtige Philiſter nicht viel mehr vom Spree weiß, als daß derſelbe alljährlich ihm ein paar Pfund Kirſchen ſtiehlt und — einige Pfund Johannisbeeren dazu (letzteres iſt von größerer Bedeutung als der Kirſchen— diebſtahl), und er ihm daher als vermeintlich ſchädlichem Vogel bei Gelegenheit eins aufbrennt. Auch die Plünderung der Hollunderſträucher („Fliederbeeren“) wird dem Spree zu hoch angerechnet, obgleich es mehr als ärgerlich iſt, wenn die hier reichlich wachſenden Beeren, mit denen ärmere Leute einen einträglichen Handel treiben, von den oft zu Hunderten in eine Fliederhecke einfallenden Staaren ſämmtlich verzehrt werden. Wirklich beträchtlich aber und nach großen Geldſummen genau zu berechnen it der Schaden, den unſere Vögel im Nachſommer und Herbſt in den großen Rohr- feldern der Marſch anrichten. Ein Rohrfeld repräſentirt einen größeren Werth als ein ebenſo großes Weizenfeld. Und ein Rohrfeld, das ſich die Staare zur Nachtruhe erkoren, wird vollſtändig vernichtet. Gut iſt es, daß die Vögel ſich nur einige beſtimmte Schlafplätze wählen, zu denen ſie ſich aus ſtundenweiter Ent— fernung zuſammenfinden. Wer nun das Unglück hat, daß gerade ſein Röhricht gewählt wird, der leidet einen Schaden von Hunderten von Mark, während der Beſitzer des Nachbarfeldes frei ausgeht. Ziehen wir aus dieſem Soll und Haben die Bilanz, ſo bleibt nach meiner genaueſten Abrechnung für unſern Staar immer noch ein bedeutendes Guthaben. Erwähnen möchte ich noch, daß unſer gleichmäßiges und im Vergleich zu anderen Gegenden mildes Klima“) einer großen Zahl von Staaren geſtattet, auch den Winter über hier zu bleiben. Das Gros zieht allerdings immer in wahrer Zugvogelweiſe (nicht nach Art der Strichvögel) nach dem Süden. Auch in dieſem (1890/91) verhältnißmäßig ſtrengen Winter, der uns indeß doch auch nur ein Minimum von 15 C. brachte, find recht viele Staare hier geblieben.“ Ich laſſe hier gleich einen mir durch Herrn Hofrath Liebe zur Verfügung geſtellten Bericht unſeres Mitgliedes Herrn Ingenieur Wieſe in Schönkirchen bei Kiel folgen, der das Verhalten des Staares im ſüdlichen Holſtein ſchildert und deswegen bemerkenswerth iſt, weil er uns eine gewiſſe Aenderung der Lebensweiſe des Staares für dieſe Gegend (Umgegend von Kiel) erkennen läßt. Herr Wieſe macht über das Verhalten in dortiger Gegend folgende Mittheilungen: „Seit circa 15 Jahren haben ich und andere, die meinem Beiſpiele folgten, durch Aushängen von Niſtkäſten dazu beigetragen, daß ſich der Staar, der vorher *) Jährl. Durchſchnittswärme beträgt in Kiel 8,1“ C., Altona 9,1“ C., Huſum 8,21“ C. 18 ! Dr. Koepert, hier nur einzeln vorkam, da ihm kaum weitere Niſtplätze, als ein paar im Dorfe vorhandene hohle Bäume zur Verfügung ſtanden, hier eingebürgert und außer⸗ ordentlich vermehrt hat. Wir kannten ihn früher nur von ſeiner guten Seite. Seine Nützlichkeit zeigte ſich dem Landmanne ſo recht augenſcheinlich, wenn er, dem Pfluge folgend, in Menge Engerlinge ſammelte und ſeinen Jungen zutrug. Dazu kam ſeine Annehmlichkeit als Gartenvogel, ſein drolliger Geſang im Frühling und gemüthliches Geſchwätz im Herbſt und ſonſt allerlei in ſeinem Betragen, was für ihn einnahm, wobei erwähnt ſein mag, daß auch hier 1878 der mit äſthetiſchem Gefühl begabte Junggeſelle nicht fehlte, der ſeinen Niſtkaſten unermüdet mit grünen Blättern, Federn und Kirſchblüthen ausſchmückte, während die familiengeſegneten Kollegen ſich mit Nahrungsſorgen für die Kinder abzuplagen hatten. Schaden thaten uns die Staare damals gar keinen; denn bevor Beeren und Kirſchen genießbar wurden, verließen ſie mit den in der erſten Hälfte des Juni ausgeflogenen Jungen die Gärten, um ſich den Sommer über auf Wieſen, Weiden und Feldern umherzutreiben und erſt gegen den Herbſt, Ende Auguſt oder Anfang September, kehrten ſie als gern geſehene Morgen- und Abendgäſte zurück. 5 Das iſt nun in den letzten 4 bis 5 Jahren durchaus anders geworden. Die Staare erſcheinen in großen Flügen jetzt ſchon Anfang Juli wieder, zur Zeit, wo die Johannisbeeren reifen, und fallen über dieſe her; ſodann kommen die Kirſchen daran und zuletzt die Hollunderbeeren (Sambueus nigra), deren Saft man hier zur Bereitung von Fruchtſuppen benutzt, weshalb der Strauch in den Gärten gezogen und die Frucht werthgeſchätzt wird. Hiervon iſt es zuletzt kaum möglich, den Bedarf für eine Mahlzeit zu retten und der vorwurfsvolle Blick der nachbarlichen Hausfrau geht mir faſt bis in's Gewiſſen. Was iſt nun zu thun? Welche Mittel giebt es, ſich des ſchädlichen Treibens der Staare in den Gärten zu erwehren? Etwas gönnt man ihnen ſchon, aber den gänzlichen Raub der genannten Früchte wollen wir uns nicht gefallen laſſen. Auf- geſtellte Scheuchen nützen faſt gar nichts, ja Schießen (zu dem man ſich nur ſchwer entſchließt, da man trotz allem Angeführten den Staarmatzen nicht eigentlich böfe werden kann) bewegt die immer dreiſter werdenden Schwärme nur zu kurzem Auf⸗ fluge, um alsbald wieder in die Bäume einzufallen. Nach meiner Anſicht hat der Staar zu ſehr überhand genommen durch den Vorſchub, der ihm im Brutgeſchäft durch Darbietung einer zu großen Zahl von Niſtkäſten in den letzten 10 bis 15 Jahren geleiſtet iſt. Es kann eben alles über⸗ trieben werden und es wird nichts anderes übrig bleiben, als ihn durch Wegnahme einer entſprechenden Anzahl Niſtkäſten in die gehörigen Schranken zurückzuverweiſen, 1 wenn wir in Zukunft uns den eigenen Genuß unſerer Kirſchen, Sohne und Fliederbeeren ſichern en, a Der Staar in Elfaß - Lothringen vogelfrei?! IV. 189 Ueber das Verhalten des Staares auf den oſtfrieſiſchen Inſeln liegt mir ein Bericht unſeres Vereinsmitgliedes Herrn Leege vor, der es ſich zur Aufgabe gemacht hat, Fauna und Flora der oſtfrieſiſchen Inſeln zu durchforſchen. Er hat ſeine Beobachtungen über den Staar auf der langgeſtreckten Inſel Juiſt gemacht; die Boden⸗ und Kulturverhältniſſe der anderen oſtfrieſiſchen Inſeln ſind denen der letztgenannten Inſel ganz ähnlich.“) Auf Juiſt iſt Ackerland wenig vorhanden; überall Flugſand, der nach dem Watt zu mit einer Schlickſchicht überzogen iſt und hier ſalzige Weiden bildet. Herr Leege ſchreibt: „Der Staar überwintert regelmäßig auf Juiſt und jedenfalls auch auf den Nachbarinſeln (leider befinden ſich auf den übrigen oſtfrieſ. Inſeln keine Beobachter). Während acht Winter habe ich ihn täglich in wenigen Exemplaren angetroffen; ſelbſt in dieſem, der ſich ja durch beſondere Strenge auszeichnete, ſah ich jeden Tag fünf Stück bei einer Kälte von 12 R. Er nächtigt unter dem Dach der Kirche und in einigen Häuſern. Den Tag über ſucht er mit Sperlingen und Lerchen auf vom Schnee entblößten Stellen bei den Häuſern und auf den Gemüſefeldern nach allem irgendwie Genießbaren, auch kommt er auf die Futterplätze. Der Zug vollzieht ſich in der Richtung der oſtfrieſiſchen Inſeln und zwar im Frühjahr von W nad) O, im Herbſt umgekehrt, ausnahmsweiſe SW nach NO bez. NO nach SW in einer Höhe von meiſt 20 Meter, Nachts wohl höher, bei jeder Windrichtung. Auf dem Zuge gehen große Mengen, angelockt und geblendet durch die Leuchtfeuer auf den Inſeln Borkum und Norderney, zu Grunde. Beiſpielsweiſe wurden an einem einzigen Morgen, den 25. März 1889, nach Schätzung gegen 500 Stück mit zerſchelltem Schädel oder zerſchlagenen Gliedmaßen unter oder in der Nähe des Borkumer Leuchtthurmes gefunden, welche von der Jugend geſammelt und zu Hauſe verſpeiſt wurden. — Hohle Bäume ſind auf der Inſel nicht vorhanden, überhaupt exiſtiren hier nur im Schutze der Gebäude zwei kleine Bäume; bei den heftigen Stürmen wird alles, was emporſtrebt, auf unſerer mehr als die übrigen Inſeln ſchutzlos daliegenden Erdſcholle getödtet. Der Staar niſtet deshalb unter dem Dache der Kirche und unter denjenigen anderer Gebäude und zwar recht häufig; auf Anregung meinerſeits hat die Schuljugend Niſtkäſtchen angebracht, die gerne benutzt werden. Auf Langeroog find aufgeſtellte Maſtbäume bez. Flaggenſtangen zuweilen dicht mit ſolchen Käſten behangen und beherbergen letztere zahlreiche Familien. — Der Staar brütet hier zweimal; erſte Brut in der erſten Hälfte des Mai oder zweiten Hälfte April, je nach Witterung, und zweite Brut in der zweiten Hälfte des Juni. — Der Staar iſt auf den Inſeln nur in hohem Grade nützlich; in keiner Weiſe thut er Schaden. Seine Nahrung beſteht wohl ausſchließlich aus Inſekten und niederen Thieren, nur einige Male habe ich ihn im Winter, wenn alles mit ) In dem Buche: „Ueber die Vogelwelt der Nordſeeinſel Borkum“ hat von Droſte-Hülshoff eine intereſſante Lokalavifauna von Borkum geſchaffen. (Münſter, 1869.) 14 190 | Dr. Koepert, Schnee bedeckt war (Schneefälle ſind übrigens ſelten), die bitterſüßen Beeren des Sanddorns von den Sträuchern ableſen ſehen, die ihm aber offenbar nicht zuſagten. Oftmals habe ich unter den Niſtkäſten geſtanden und die Alten beim Futterzutragen beobachtet. Namentlich war ich erſtaunt, wenn ſie die dicke Raupe des Labkraut⸗ ſchwärmers (Deilephila Galii), die hier am häufigſten vorkommende Sphingide, zutrugen. In mancher Stunde, wo ich beobachtete, wurde auffälligerweiſe nur dieſe Raupe zugetragen. Aber auch ſolche von Pieris Brassicae und Rapae, die der Plusia gamma und verſchiedene von Agrotiden, die in großer Menge auftreten, wurden verzehrt. — Sobald im Spätſommer die großen Maſſen erſcheinen, werden die moorigen Oberdünen, welche ein reiches Inſektenleben beherbergen, ſowie die ſalzigen Außenweiden und Gemüſefelder ſyſtematiſch abgeſucht und es dürfte da wenig ihren Späherblicken entgehen. Sobald die Jungen ausgeflogen ſind, laſſen ſie ſichs auf den Gemüſefeldern wohl ſchmecken. Die Nahrung beſteht alsdann wohl nur aus Raupen. Die wälſche Bohne (Vieia faba), welche viel angebaut wird und viel Ungeziefer beherbergt, iſt belebt von Tauſenden von Staaren und die Kartoffel-, Cichorien- und Erbſenfelder wimmeln ebenfalls von ihnen. Gern hält ſich in Geſellſchaft der Staare der Rothſchenkel (Totanus ealidris) auf und zwar bildet ſich ſchnell eine beiderſeitige Anhänglichkeit, ſo daß ſowohl die aufgeſcheuchten Rothſchenkel den davonfliegenden Staaren folgen, wie auch dieſe jenen. Im Geſange ſucht der Staar auch gern die Laute des Rothſchenkels nachzuahmen.“) — Selbſt an der Grenze des Watts und auf den bei Ebbe trocken gelegten Stellen deſſelben habe ich ſie Nahrung aufleſen ſehen.“ Während die Beobachtungen der bisher angeführten Gewährsmändet für ihre bez. Beobachtungsgebiete, in denen Feldwirthſchaft vorherrſchte, im großen Ganzen zu Gunſten des Staares ſprachen, bin ich durch Herrn Hofrath Liebe in die Lage verſetzt, den Inhalt zweier an ihn von unſerem thätigen Mitgliede, Herrn Pfannen⸗ ſchmidt in Emden, gerichteten Briefe wenigſtens auszugsweiſe dem geehrten Leſer vorzuführen, in denen dem Staar arg zugeſetzt wird. Da auch ſolche Urtheile von Werth ſind, inſofern ſie uns das Finden des Mittelweges erleichtern, ſo möge es geſtattet ſein, die Anſicht des gen. Beobachters über die Lebensweiſe des Staares in Oſtfriesland zu hören. Herr Pfannenſchmidt ſchreibt u. a.: „Die koloſſale Vermehrung des Staares durch Niſtkäſten und allgemeinen Schutz läßt ſich nicht mehr beſtreiten. Der Staar iſt zum Allesfreſſer geworden und verzehrt Getreide mit demſelben Appetit, wie einen kleinen Fiſch, Garneele oder *) In ähnlicher Weiſe untermiſchen z. B. die Staare der Weſtküſte Schleswig⸗Holſteins ihren Geſang mit dem Flöten der Regenpfeifer, dem Jodeln der Strandläufer, dem Schrei der Gänſe, Möven und Seeſchwalben. ER: Das friſch gemähte Getreide in Stiegen ift ihm fo willkommen, wie g 4 Der Staar in Elfaß- Lothringen vogelfrei?! IV. 191 den Spatzen. Jüngſt beobachtete ich, wie mehrere Staare eine Feldmaus am Deich mit ihren harten Schnäbeln ſehr erfolgreich behandelten. Die Klagen der Gärtner, Gartenbeſitzer, Gemüſebauern werden immer lauter über den angerichteten Schaden durch die Staare. Die oſtfrieſiſchen Ortſchaften und Städte ſind zu vollkommenen Staarneſtern geworden. Die Verunreinigung des Trinkwaſſers — Brunnen giebt es doch nur wenige — wird jährlich ärger; der Oſtfrieſe kann doch einmal ohne ſein Regenwaſſer keinen Thee trinken. Regnet es täglich, iſt das Waſſer genießbar, regnet es nicht, dann ſind die meiſten Ciſternen ſchon im Juni voll faulen ſtinkenden Waſſers. Wegen der Waſſerkalamität wurde das Militär nach Osnabrück verlegt und machten die Telegraphenbeamten wiederholt Geſuche um Verlegung der Station. In den Städten und Ortſchaften fordert die Diphtheritis jährlich ihre Opfer. Wollte nur ein Arzt ſich der Sache gründlich annehmen, wäre der Beweis gar nicht ſo ſchwer, daß die Staare weſentlich zur Verunreinigung des Waſſers beitragen.“) Daß ferner der Wind auch mithilft, die löslichen Theile der Staarexkremente auf den Dächern weiter zu führen, liegt auf der Hand. — In nur wenigen Gegenden giebt es ſo viele Vogelbeeren, wie in Oſtfriesland und im Oldenburgiſchen. Von Leer nach Loge führt eine Chauſſee, an welcher mehrere tauſend große Ebereſchenbäume ſtehen; früher wurden die Beeren verpachtet und als Futter für Schafe und Pferde benutzt, jetzt holen ſie die Staare. Wie und in welcher Weiſe die Staare in den Gärten aufräumen, darüber muß man die Klagen der Leute hören. Bei der erſtaun— lichen Beweglichkeit und Klugheit dieſer Vögel nutzt kein Mittel, nicht einmal das Gewehr. Sit im Binnenlande der Staar mit der Plünderung der Weinberge und Gärten fertig, dann kommen die Schwärme an die Küſten, um Nachleſe zu halten. Die Nahrung auf den Wieſen und Feldern iſt ſchon knapp, wer Augen hat und ſehen will, der findet in dem Staar den vollendeten Allesfreſſer. Seine Gefräßigkeit treibt ihn weiter, im November werden die Schwärme lichter, es bleiben nur die heimiſchen Vögel, deren Kopfzahl immer noch bedeutend genug iſt. — In den Rohr- wäldern hat er gehörig gewirthſchaftet und den Pächtern ebenfalls Schaden zuge— fügt.“ — In einem zweiten Briefe fügt Herr Pfannenſchmidt noch folgendes hinzu: „Durch ſeine Freßgier und Zerſtörungluſt übertrifft er die Corviden. Beginne ich mit ſeiner Niſtluſt und Klugheit, andere Vögel an die Luft zu ſetzen. In ganz ) Um dieſe Verhältniſſe zu verſtehen, muß man wiſſen, daß in den quellenloſen Marſchen und auf vielen Inſeln das Regenwaſſer vom Dach in eine in den Keller eingemauerte Ciſterne und von da in die Küche geleitet wird. Herr Dr. med. von Harbou in Stollhamm (Oldenburg), der die oſtfrieſ. Verhältniſſe auch kennt, iſt bez. der Verunreinigung des Trinkwaſſers durch Staare anderer Anſicht, als Herr Pfannenſchmidt. Er ſchreibt dies vielmehr dem Ruß der Schorn— ſteine und den mit Vorliebe auf den Dächern ſitzenden Dohlen und Krähen zu. Gute Filtrir— vorrichtungen würden dem Uebelſtande wohl abhelfen. Ebenſo glaubt er das Ruiniren der Dächer durch Herauszupfen des Strohes eher den Ratten und Sperlingen, als den Staaren zuſchreiben müſſen (Briefl. Mittheil. von H. Hofrath Liebe). 14 * 192 Dr. Koepert, Der Staar in Elfaß Lothringen vogelfrei?! IV. ſich ein ohne weitere Erlaubniß. Auf dem Lande ruinirt er den Leuten die Dächer, er holt das Stroh unter den Ziegeln hervor; 50—100 Paare, oft noch weit mehr, niſten auf den einzeln liegenden Gehöften; er wirft die Tauben aus ihren Löchern, verfolgt die Meiſen, ja ſelbſt den kleinen Kauz. Die Verunreinigung des Trink⸗ waſſers im April bis Juli veranlaßt der Staar; andere Vögel haben daran nicht Schuld. — Der Staar ſchädigt in hohem Maße die Frühjahrsbeſtellung in den Gärten, alle Pflanzen holt er heraus, Erbſen mit Keim frißt er mit Behagen, ebenſo auch andere Getreidekörner. Kirſchen in den Gärten giebt es nicht mehr, die Obſt⸗ ernte ſchädigt er durch das Abreißen der jungen Früchte, ſpäter verzehrt er die Johannisbeeren; auch die Erdbeeren werden nicht geſchont. Die Raupen an Stachel⸗ und Johannisbeeren hingegen frißt der Staar nicht. Im Winter frißt er alles.... Diejenigen, welche bereits Geſchmack an Körnernahrung gefunden haben, beſuchen die Getreideböden. . . . In den nicht unbedeutenden Wallanlagen der Stadt Emden hängt kein Staarkaſten mehr; deſſenungeachtet brüten Tauſende in allen Löchern der Bäume und weit mehr in der Stadt. Keine Meiſe, kein Kleiber iſt mehr zu ſehen!“ Ebenfalls der norddeutſchen Tiefebene angehörig iſt das Beobachtungsgebiet Dr. Rudows, nämlich Perleberg nebſt Umgegend in der Priegnitz (Prov. Branden— burg). Perleberg liegt 30,8 Meter über der Oſtſee an der Stepnitz, die 11 Kilom. entfernt in die Elbe fließt. Die Stepnitz theilt ſich in zwei Arme, ſo daß Perleberg auf einer Inſel gebaut iſt, rings umgeben von kleinen Gärten. Im Oſten grenzen daran ca. 150 Morgen Wieſen, eine lange Reihe alter Eichen und Gärten, in Süden in / Kilom. Entfernung Wald, der ſich in der Größe von 15000 Morgen rings herum zieht. Beſtand Kiefern, dazwiſchen Fichten, Eichen, Buchen, Erlen, Birken. Unmittelbar an der Stadt eine ſchöne Anlage von Birken, Kiefern, Fichten und Ziergehölz ca. 3¼ Kilom. lang und ca. 300 Meter breit. Nach Weiten mehrere Tauſend Morgen Rieſelwieſen, nach Norden Felder, dann Wald näher oder ferner. 5 Kilom. entfernt ein Höhenzug, 30 Meter hoch, Weinberge genannt; 11 Kilom. entfernt die Runen-Berge 50 Meter hoch, ſonſt nur nach Oſten 6 Kilom. entfernt die ſchwarzen und weißen Berge 40—50 Meter hoch, mit Kiefern beſtanden, ca. 3 Kilom. langer Höhenzug, — alle gute Wetterſcheiden. Vor 12 Jahren war der Staar wenig vertreten, ſeitdem aber in jedem Garten, jedem Hofe Niſtkäſten ange⸗ bracht ſind, haben ſich dieſe Vögel ſo eingebürgert, daß man im Sommer Schaaren von Hunderten wahrnimmt. In den Gärten werden alle Obſtſorten angebaut, Süß⸗ kirſchen nur vereinzelt, Wein an den Häuſern und an Geländern aber viel; außer Gerſte alle Getreidearten. In Gärten von Bekannten und im Hausgärtchen, wo Staare ſehr gehegt werden, ſind ſie nicht einmal an das Obſt gegangen, trotzdem es Ag Oſtfriesland und weiter der Küſte entlang iſt der Staar Hausbeſitzer, d. h. er miethet ; 2 un Jul. Michel, Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger. 193 nicht verwehrt wurde. Ich habe ſie nur auf dem Inſektenfange geſehen. Aber der Staar iſt ein Leckermaul; bei maſſenhaft vorkommenden Inſekten, wie Phyllopertha, Cheimatobia, fiel es ihm niemals ein, dieſe Schädlinge zu vertilgen. Monacha-, neustria-, dispar-Raupen wurden höchſtens ganz jung einzeln genommen, ſpäter verſchmäht, dagegen fraß er eine Anlage ſtacheliger Vanessa-Raupen, die wir an Neſſeln großziehen wollten, alle weg, als ſie jung waren, — erwachſen behagten ſie ihm nicht. Ich ſah die Staare meiſt auf den Wieſen ihr Futter ſuchen, beſtehend in den Raupen der Graseule; Birkenſpanner wurden auch nicht verſchmäht, ſodann Larven aus lockerer Erde herausgegraben. Ganz vereinzelt zerrten Staare friſch aufgegangene Erbſen und friſch gepflanzte Levkoien und Kohlpflänzchen aus der Erde, ließen ſie liegen, ohne daran zu freſſen, nur an die Teppichpflanzen aus der Familie der Chenopodiaceen, mit rothen und gelben Blättern machten ſie ſich und zerpickten die Blätter in unliebſamer Weiſe mehrere Jahre hintereinander. Meine Erfahrungen ſind zuſammengefaßt folgende: Bemerkbaren Schaden richtet der Staar hier in der Umgegend niemals an, weder an Obſt noch an Getreide, kleine Ungezogenheiten abgerechnet. Sein Nutzen beſteht in Wegfangen von einzeln vorkommenden Inſekten, meist im Larvenzuſtande, eingerechnet der Schafzecken (Hippobosca ovina), die er maſſenhaft von den Wollträgern abſucht. Dagegen iſt ſein Nutzen trotz ſeiner großen Menge bei epidemiſch auftretenden ſchädlichen Inſekten gleich Null; er läßt einfach den reich gedeckten Tiſch unbeachtet und ſucht ſich Leckerbiſſen nach ſeinem Geſchmack. Ihm dargebotenes Futter nimmt er nur im Winter, aber erſt nach längerer Ange— wöhnung, ſonſt bleibt er mißtrauiſch. (Seit mehreren Jahren iſt er im Winter nur bei ganz ſtrenger Kälte nicht bemerkt worden.) Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger (Muscicapa parva Bechst.). Von Julius Michel. (Mit Buntbild.) Ein Jahr iſt verfloſſen, ſeit ich die mir liebgewordenen Wälder des Iſergebirges mit meinem nunmehrigen Domicile, dem prächtigen Elbthale bei Tetſchen-Bodenbach vertauſcht habe. Daß dieſer Tauſch auch in Bezug auf meine Lieblings-Neigung, die Ornithologie, kein übler genannt werden kann, ſah ich ſchon bald nach meiner Ankunft, und manche für mich neue, intereſſante Beobachtung konnte ich während dieſer Zeit verzeichnen. Am liebſten jedoch von allen bleibt mir die Bekanntſchaft mit dem kleinſten unſerer Fliegenſchnäpper, dem niedlichen Zwergfliegenfänger. Auf Wunſch des ſehr geehrten Herrn Schriftleiters dieſes Blattes will ich meine diesbezüglichen Beobachtungen in einem kleinen Artikel zuſammenfaſſen. 194 Jul. Michel, Zuvor ſei mir noch geſtattet, einige Worte über die Verbreitung dieſes Vogels | in meinem Heimathslande Böhmen zu ſagen.“) Bis zum Jahre 1889 war ein einziger ſicherer Fall über das Vorkommen des Zwergfliegenfängers bekannt, den wir dem Herrn von Tſchuſi zu Schmidhoffen verdanken, welcher im Juni 1870 ein Exemplar im Böhmerwalde antraf. Als ich mit dem genannten Herrn in ſchriftlichen Verkehr trat, wurde ich auf Museieapa parva aufmerkſam und zog bei verläßlichen Vogelkennern meiner damaligen Um⸗ gegend Erkundigungen ein. In kurzer Zeit gelang es dem Herrn von Tſchuſi und dem Schreiber dieſer Zeilen, noch einige verbürgte Fälle über das Vorkommen des in Rede ſtehenden Fliegenſchnäppers zu conſtatiren. So wurde der Vogel ſeit dem Jahre 1872 einmal im Iſergebirge erlegt und in der Umgebung von Böhm. Leipa, ſowie bei Falkenau (in der Nähe von Warnsdorf) mehrere Male erbeutet. Meine Bemühungen, den Zwergfliegenfänger während meines letztjährigen Aufenthaltes in Neuſtadtl im Iſergebirge ſelbſt aufzufinden, blieben erfolglos. Doch hatte ich die Genugthuung zu hören, daß im Herbſt des nächſten Jahres (1890) ein Exemplar in einer früher von mir als muthmaßlich geeigneter Ort bezeichneten Gegend des genannten Gebirges aufgefunden wurde.“) | Dafür war es mir aber im Sommer des vorigen Jahres in meinem jetzigen Wohnorte vergönnt, unſeren Vogel recht oft am Brutplatze zu beobachten und eine ganz anſehnliche Suite von Belegſtücken für meine Sammlung, darunter auch Neſt und Gelege, zu erwerben. Faſt gleichzeitig wurde laut Nachricht meines Freundes Kralert der Zwergfliegenfänger als Brutvogel bei Blottendorf (Haida) aufgefunden. Außerdem wurde auch, wie Herr von Tſchuſi mir mittheilte, noch ein Exemplar bei Franzensbad erlegt. Demnach kommt alſo der kleine Fliegenfänger in Nord-Böhmen ſowohl als Durchzügler, wie auch als Brutvogel, wenn auch nicht häufig, ſo doch öfters vor. Nach dieſer Vorbemerkung will ich nun aus meinen Beobachtungen das Wichtigſte als kleinen Beitrag zur Lebensweiſe dieſes intereſſanten Fliegenfängers vorführen. Am 19. Mai v. J. pilgerte ich am linken Ufer der Elbe auf der Höhe des Gebirges gegen das 00 gelegene Niedergrund, um den mir befreundeten Förſter Voreith aufzuſuchen und dabei ornithologiſche Beobachtungen zu pflegen. Es war ein wunderſchöner Frühlingstag und das Herz ging einem ordentlich auf, wenn man dem von allen Seiten erſchallenden munteren Geſange der Vögel * Näheres darüber in der „Nordböhmiſchen Vogel- und Geflügelzeitung“, II. Jahrg. S. 36 3 und III. Jahrg. S. 106 „Der Zwergfliegenfänger“ und „Der Zwergfliegenfänger als Brutvogel“ von N Michel, ſowie III. Jahrg. S. 107 „Der Zwergfliegenfänger als Dusteuänl Nordböhmens“ von F. Kralert. 0 „Notizen über Muscicapa parva von R. Eder“, ornithol. Jahrbuch, I. Jahrg. ©: 216. — Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger. 195 lauſchte. Als ich den kleinen, ganz im Walde liegenden Ort Kalmswieſe durch— wanderte, bemerkte ich mehrere Schaaren von Kreuzſchnäbeln („Krimſe“), welche ſich auf den blüthenbedeckten Obſtbäumen tummelten und den Knoſpen derſelben augen— ſcheinlich eine mehr als platoniſche Theilnahme zu Theil werden ließen. Auf dem Dache eines Häuschens ſang ein „Siſtral“ (der hier ziemlich verbreitete Trauer- fliegenfänger [Muscicapa luctuosa]) ſein Liedchen. Droſſeln und Amſeln fangen allenthalben und die „Müllermeiſe“ (Poecile palustris) flog mit Futter zu ihrem in dem Aſtloche eines Nußbaumes befindlichen Neſte. Auch 2 Pärchen des Trauer- fliegenfängers atzten bereits ihre flüggen Jungen. Ueberall gab es zu ſehen und zu hören. | So gelangte ich endlich gegen 7 Uhr früh in die Nähe der ſogenannten „Tſchirtenſchlucht“, eines kleinen Querthales, in welchem die Tſchirte der Elbe zueilt. Rechter Hand befand ſich ein mit hohen Buchen untermiſchter alter Nadelholzbeſtand, deſſen Boden, gänzlich frei von Unterholz, nur mit altem Laub bedeckt war. Die dichten Kronen wölbten ſich zu einem goldiggrünen Dache, das nur hier und da kleine Lücken frei ließ, durch welche der blaue Himmel freundlich herablugte und zitternde Sonnenſtrahlen vereinzelt ihren Weg zum Boden fanden. Da ſchallten aus dem Stimmengewirr fremde Laute heraus und bewogen mich, näher zu treten. Das Durcheinander klärte ſich bald, und deutlich vernahm ich einen fremden Geſang. Bald hatte der Blick den kleinen Sänger erfaßt, welcher in den unteren Aeſten der Buchen und Fichten ſich tummelte. Sein Benehmen im Verein mit dem eigenthüm— lichen Sange weckten frohe Hoffnungen in mir, und ſchnell führte ich mein gutes Glas ans Auge. Ein freudiger Schreck durchzuckte mich, als ich die rothkehlchenartig gefärbte Kehle und Bruſt des Vogels deutlich erkannte. Ich hatte den erſten Zwerg— fliegenfänger vor mir! Dieſer längſt erſehnte Moment, wo ich, vor freudiger Er— regung zitternd, mit einem Gefühle herzlicher Befriedigung den Vogel förmlich mit den Blicken verſchlang, bleibt mir unvergeßlich! Wohl über eine halbe Stunde blieb ich an dem beſagten Orte und ließ den Gegenſtand meiner Freude nicht mehr aus den Augen. Das muntere Vöglein bewegte ſich meiſt in einer Höhe von S—10 Metern und durchſtreifte unermüdlich das kleine Gebiet, fing fliegend Inſekten oder nahm ſie auch nach Laubvogelart von den Zweigen. Nur ab und zu blieb es etwas länger auf einem Flecke ſitzen, wobei es meiſtens ſeinen Geſang erſchallen ließ. Ich notirte denſelben wie folgt: „zi zi zi zi, hezzi, hezzi, heizi, heizi, tii tii tü fü tü.“ Der letzte Theil erinnert ungemein an die Schlußſtrophe des Baumpiepers. Beim Singen ſaß der Vogel theils aufrecht, theils wagerecht. Einmal ſtürzte er ſich faſt ſenkrecht bis knapp auf den Boden herab, ließ ſich aber auf demſelben nicht nieder, ſondern ſchwang ſich ſofort wieder in die frühere Höhe empor. Als das Weibchen auf einige Augenblicke ſichtbar wurde, trieb es das Männchen ſpielend durchs Gezweige. 196 Jul. Michel, In gehobener Stimmung verließ ich endlich den Ort und wanderte mit hoff⸗ u nunggeſchwelltem Herzen weiter gegen Niedergrund. Da ſich dort an beiden Seiten der Elbe, beſonders aber am rechten Ufer größere Beſtände vorfinden, in denen die Buche überwiegt, ſo war ich der feſten Ueberzeugung, daß dieſe Begegnung mit dem Zwergfliegenfänger nicht die einzige des Tages ſein würde. Braunellen, Schwarzplättchen, Rothkehlchen, Zaunkönige und Laubvögel erfüllten mit ihrem Geſange den Wald, konnten mir aber kein größeres Intereſſe mehr ab- gewinnen. Endlich ging es ziemlich ſteil in einem kleinen Thale abwärts. Begleitet von dem munteren Rauſchen eines Bächleins zog ich in den maleriſch gelegenen Ort ein und befand mich bald in der gemüthlichen Behauſung des eingangs erwähnten Förſters. Doch nicht lange litt es mich in den Mauern und nach kurzer Raſt ging es wieder hinaus in die Frühlingsluſt athmende Natur. In Niedergrund treten die ſteil abfallenden Sandſtein-Wände ziemlich nahe zuſammen und laſſen an beiden Seiten der Elbe nur ſchmale, durch die Eroſions— wirkung gebildete, am linken Ufer mehr mit dichtem Strauchwerke, am rechten da— gegen meiſt mit hohem Walde bedeckte Hänge frei, welche ſich mehr oder minder ſteil gegen die Wände hinziehen. Die erſteren ſind der Wohnplatz unzähliger Grasmücken, Schwarzplättchen, Garten- und Zaungrasmücken. Gegen Mittag ſetzten wir über den Strom und zogen auf die Suche nach weiteren Zwergfliegenfängern. Bald waren wir an einem Platze angelangt, der allen Anforderungen unſeres Vogels zu entſprechen ſchien, und mit geſpannter Aufmerkſamkeit lauſchte ich auf die Beſtätigung meiner Anſicht. Schon nach wenigen Minuten vernahm ich einzelne ab— geriſſene Töne, welche nur dem kleinen Fliegenfänger angehören konnten. Bald ſahen wir ein Pärchen, das ſich diesmal bedeutend niedriger, ja ſelbſt auf den 1—2 Meter hohen Fichtlein, die im Vereine mit Geſträuch einen ſchütteren 1 bildeten, umherjagte. Der Geſang war unvollſtändig, das letzte „tü tü 1“ blieb in der Regel weg. a Der Wunſch, ein Exemplar für meine Sammlung zu erlangen, überwog alles andere und ſo griff ich zum Gewehre meines Freundes. Da ich auf den Schuß den Vogel weder fallen noch abfliegen ſah, und auch die erſte Nachſuche vergeblich war, ſo glaubte ich ſchon, auf die Erfüllung meines Wunſches Verzicht leiſten zu müſſen, als plötzlich der nur geflügelte Fliegenſchnäpper ſich auf dem nur mit altem Laube bedeckten Boden, auf dem er dank ſeines bräunlichen Rückens unbemerkt geblieben war, durch Weiterflattern bemerkbar machte. Es war ein prächtiges altes Männchen. Die ganze Oberſeite war braungrau, der Kopf um einen Ton dunkler, die Schwanzdeckfedern ziemlich ſchwarzbraun. Zügel, Ohrgegend, Wange und Halsſeiten bläulichgrau, Kinn, Kehle und Oberbruſt ſchön vrange- Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger. 197 gelb wie beim Rothkehlchen. Die Unterſeite war ſchmutzigweiß mit roſt— gelblichem Anfluge an den Seiten. Die 4 äußeren Schwanzfedern waren an jeder Seite vom Grunde an bis über die Mitte reinweiß; nur die beiden äußerſten zeigten an der ſchmalen Außenkante Braungrau. Die 4 mittleren Steuerfedern waren ſchwarzbraun, die Hand- und Arm— ſchwingen braungrau mit ſchwachem, mehr ockergelblichem Saume Der Oberſchnabel war dunkelbraun, die Füße ſchwärzlich. Da unterdeſſen der Mittag herangekommen war, ſo zogen wir wieder nach Niedergrund zurück. In den Nachmittagsſtunden verdüſterte ſich der Himmel und ſchien mir jede Ausſicht auf Weiterfortſetzung der Suche benehmen zu wollen. Erſt gegen den Abend heiterte ſich das Wetter einigermaßen auf, weshalb ich mit meinem Freunde am linken Ufer der Elbe Nachſchau hielt. Schon waren wir ziemlich lange umher— gewandert und wollten bereits den Heimweg antreten, als unſere Beharrlichkeit doch belohnt wurde. In einem jüngeren Buchenbeſtande trafen wir ein vereinzeltes Exem⸗ plar, das in den oberſten, noch von der ſcheinenden Sonne beſtrahlten Baumwipfeln nach Inſekten jagte. Obgleich der Vogel keineswegs hoch war, ſo bedurfte es doch längerer Anſtrengungen, ehe ich denſelben mein nennen konnte, da er ſich nur von Zeit zu Zeit ſehen ließ und ſehr ſchweigſam war. Nur ab und zu ließ er ſein fliegenfängermäßiges „tſt“ und dann allemal aus einer anderen Gegend erſchallen. In dem Beſtreben, mich ſo ſchnell als möglich hin zu verfügen und dabei die Baumkronen nicht aus dem Auge zu laſſen, machte ich öfters unliebſame Bekanntſchaft mit dem unebenen, ſteinreichen Boden. Endlich kam ich zum Schuſſe und hielt gleich darauf einen weißkehligen Zwergfliegenfänger in der Hand. Wie ich mich beim Präpariren überzeugte, war es ein jüngeres Mäunchen. Der Rücken eines ſolchen iſt etwas heller als beim alten Männchen und zeigt einen Stich ins Ockergelbe. Die Schwanzfedern ſind mehr bräun— lich als ſchwarz. Zügel, Wangen, Ohrgegend und Halsſeiten ſind wie der Rücken, die Kehle und Kropfgegend weiß mit ſchwachgelblichem An— fluge. Unterſeite und Flügel ſtimmen mit der Färbung des zuerſt be— ſchriebenen Männchens überein. Mittlerweile war die Dämmerung hereingebrochen und, zufrieden mit den Er— folgen des Tages, kehrte ich nach Bodenbach zurück. Daß dieſe beiden Exemplare mit beſonderer Andacht präparirt wurden, bedarf wohl keiner Verſicherung. Am 25. Mai beſuchte ich die herrlichen Buchenwälder bei dem / Stunde ſtrom— abwärts von Bodenbach gelegenen Obergrund. Die oft ſehr ſteile Berglehne trägt außer großen und kleinen Buchen nur vereinzelt eingeſtreute Kiefern und entbehrt faſt ganz des Unterwuchſes. 198 Jul. Michel, Ich hatte noch nicht den Wald erreicht, als ſchon der helle Geſang von Musei- capa parva an mein Ohr ſchlug. Raſch ging es die Lehne hinan und in wenig Augenblicken ſah ich den Sänger, ein weißkehliges Männchen, das einen ungefähr 1½ Meter vom Boden entfernten Aſtſtummel einer Buche als Lieblingsplatz aus⸗ erkoren hatte, zu dem es nach kleinen Rundflügen immer wieder zurückkehrte. Hier konnte ich den Vogel aus nächſter Nähe mit aller Muße beobachten. Ganz wie der gemeine Fliegenfänger ſaß er mit leicht geſträubtem Gefieder bequem da, haſchte vor⸗ überfliegende Inſekten im Fluge und unternahm ab und zu kleine Ausflüge in die benachbarten Baumkronen, dazwiſchen ſein Liedchen ſingend. Vor dem Geſange ließ er öfters ein leiſes „tſt“ vernehmen. Abweichend von dem zuerſt beobachteten kleinen Fliegenſchnäpper ſang dieſer: „tit tit tit tit tüo“) tüo tüo, tiit tüt tüt tüt.“ Das letzte flötende „tüt“ mit ſeinen im Tone ſinkenden Wiederholungen blieb auch öfters weg. Dafür vernahm ich manchmal einen unter das erſte „tit“ eingeſtreuten tieferen Ton. Dieſes Exemplar, ſowie noch mehrere andere, welche ich ſpäter beobachtete und zeichnete, nahmen beim Singen jene charakteriſtiſche Stellung ein, welche ich auf der beigegebenen Farbentafel ſkizzirt habe. Von Scheu war keine Spur vorhanden, denn der Vogel kümmerte ſich gar nicht um mich. | Ungefähr 100 Schritte davon entfernt, bemerkte ich einen zweiten, ebenfalls weißkehligen Fliegenfänger, welcher mich mit ſichtbarer Aufregung umflog, ſich wieder auf nahe Zweige niederließ und dabei mit den Flügeln zuckte und mit dem Schwanze wippte, “) aber dabei keinen Laut hören ließ. Ich ſtellte mich nun etwas weiter da— von an und ließ den Vogel zur Ruhe kommen. Nach kurzer Zeit ſah ich ihn mit Niſtmaterial im Schnabel zu einer ſtarken Buche fliegen und in dem ausgefaulten Stummel eines Aſtes verſchwinden. gz Am nächſten Morgen war ich zeitig wieder zur Stelle. Diesmal bemerkte ich Männchen und Weibchen (beide weißkehlig), wie ſie in vollem Eifer Niſtſtoffe am Boden aufſuchten und zu Neſte trugen. Da der beſagte Aſtſtummel, welcher ſich in einer beiläufigen Höhe von 6—7 Metern über der Erde befand, unten ein Loch hatte, ſo hingen die Bauſtoffe zum Theil heraus. Das eine Vögelchen, der größeren Bauthätigkeit nach zu ſchließen, wohl das Weibchen, hielt dann von Zeit zu Zeit flatternd unter dem Loche, zupfte die heraushängenden Fäden u. dgl. weg und trug ſie wieder hinein. Merkwürdigerweiſe habe ich von dieſem Pärchen während der ganzen Zeit außer dem öfters ausgeſtoßenen „tſt“ keinen einzigen anderen Laut ver⸗ nommen, obwohl ich öfters über ¼ Stunde in der Nähe lauſchte. An demſelben Tage fand ich noch 4 weitere Pärchen in nächſter Nähe, ſo daß alſo auf einem ungefähr 500 Meter langen und höchſtens 100 Meter breiten Com ) Das „o“ klang ganz kurz. 9 Dieſes Zucken und Wippen hatte ich bei den früheren Exemplaren faſt gar nicht bemerkt. Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger. 199 plexe mindeſtens 6 Paare zur Brut ſchritten. Unter dieſen 4 Pärchen war ein ein- ziges rothkehliges Männchen vertreten. Dieſe Zwergfliegenfänger tummelten ſich viel auf der Erde, ſowie in unmittelbarer Nähe derſelben umher und flogen ſelbſt auf die Obſtbäume des unmittelbar an den Wald ſtoßenden Gartens. Eine Viertelſtunde weiter traf ich endlich noch ein vereinzeltes altes Männchen an, deſſen Kehle und Bruſt im Sonnenſcheine förmlich roth leuchtete, ſo daß ich für den erſten Moment einen anderen Vogel vor mir zu haben glaubte. Es war ein wunderlieber Vogel, ſo zutraulich, wie ich keinen anderen gefunden. Minutenlang blieb er auf dem ca. 2 Meter hohen Aſtzinken einer alten Fichte ſitzen und ließ mich ruhig bis auf 6—7 Schritte herankommen und zeichnen. Eifrig ließ es ſeinen Ge— ſang erſchallen und nahm dabei die bereits früher erwähnte Stellung ein. Hier ſtanden auf dem ſteilen Bergeshange faſt ausſchließlich Fichten und Tannen, und nur einige Buchen waren eingeſtreut. Ein naher, 5—6 Meter hoher Eichenhain wurde auch aufgeſucht. Dieſes Exemplar ließ öfters den Ruf „tiüt, tiüt“ erſchallen. Als ich am 27. Mai mit meinem Freunde, dem Förſter Krötſchmann, dieſen Ort wieder aufſuchte, war das trauliche Kerlchen verſchwunden. Wahrſcheinlich war es ein alter Junggeſell, der, nach einer beſſeren Hälfte ſuchend, die Gegend bloß durchſtreifte. Dafür fanden wir aber in den hohen Buchen der etwas weiter entfernten „Kalleite“ noch 3 weitere Pärchen unſeres Fliegenfängers, darunter wieder 2 roth— kehlige Männchen. Das eine von dieſen ſang vollſtändig, das andere ließ die Mittel- ſtrophe meistens weg, jo daß ſich an das anfängliche „tit“ gleich das „Schluß⸗tüt“ reihte. Da hier die Buchen eine bedeutende Höhe hatten und Unterholz gänzlich fehlte, ſo blieben die Vögel meiſt oben. In der Folge traf ich den Zwergfliegenfänger noch an zwei anderen Orten an und erlegte auch ein Weibchen.) Dieſes ähnelt ganz dem bereits beſprochenen weißkehligen Männchen, nur iſt das Weiß der Kehle nicht ſo rein, ſondern etwas mehr gelblich. Das früher erwähnte Pärchen baute rüſtig weiter an ſeinem Neſte. Das Weibchen blieb oft bis 15 Minuten in demſelben und vollendete den inneren Aus— bau. Unterdeſſen ſaß das Männchen mäuschenſtill in nächſter Nähe. Anfang Juni *) Herr Perzina ſpricht in ſeinem ſchönen Artikel über den Zwergfliegenfänger (Mit— theilungen des ornithologiſchen Vereins in Wien, XIV. Jahrg. S. 208) die Anſicht aus, daß die alten Weibchen das Kleid des Männchens tragen. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach bedarf dieſe noch der Beſtätigung. Im Käfig kann man, wenn die Vögel nicht wirklich zur Brut ſchreiten, doch nicht mit aller Sicherheit die Geſchlechter beſtimmen. Die einzige Sicherheit bietet nur die anatomiſche Unterſuchung. Bei den von mir beobachteten Brutpaaren fand ich, wenn nicht beide Vögel weißkehlig waren, immer nur ein Exemplar rothkehlig, das, wie die erlegten 5 Stück be— wieſen, immer das Männchen war. 200 Jul. Michel, brütete bereits das Weibchen, als ich noch ein zweites Neſt entdeckte. Dieſes war in einer Höhe von ungefähr 3 Metern auf einigen Waſſerreiſern einer Buche gebaut und lehnte dicht am Stamme, ſo daß es nur halbrund erſchien. Da daſſelbe jeden⸗ falls leichter zu erlangen war, ſo beſchloß ich, es in meine Sammlung einzureihen. Leider habe ich als Junge die ſchöne Kunſt des Kletterns nicht geübt und ſo „höckere“ ich denn wohl nicht ſo gut als ein Bär, aber dafür bedeutend ungeſchickter und minder elegant als ein ſolcher. Daß ich unter ſothanen Umſtänden die ganze Geſchichte bedenklich erwog, iſt leicht erklärlich. Doch wagte ich am 2. Juni früh⸗ zeitig den Verſuch und kam auch ziemlich gut hinauf. Allein mit dem Obenbleiben haperte es und ſo packte ich denn, alle meine wohlerwogenen Pläne über Haufen werfend, in aller Eile Neſt und Gelege, nahm Retourbillet und rutſchte ab. Die Fuhre ging nicht gerade glatt und die am Fuße des Baumes befindlichen Felſen ſchienen mir eine unwillkommene Verlängerung der Fahrt zu verheißen. Daß ich nicht mehr ans Ausblaſen dachte, war ganz natürlich. Glücklicherweiſe fielen mir bloß 2 Eier aus dem Neſte und mit etwas ſchlotterigen Knieen betrachtete ich nach der Rutſchpartie liebäugelnd die noch reſtlichen 3 Eier. Das Neſt beſaß einen äußeren Durchmeſſer von 11 und einen inneren von 5 em. Die Tiefe betrug 3 em. Der untere und äußere Theil beſtand aus feinen Würzelchen von Farnkräutern, alten Blattrippen und Knoſpen— hüllen von Buchen, alles reichlich mit Spinnweben untermiſcht. Gegen die Mitte zu war mehr Moos verarbeitet, dem alte Hälmchen beigemiſcht waren. Innen befanden ſich nur wenige Pferdehaare. Durch die dazu verwendeten Spinnweben erſchien das Neſt von außen mehr grau. Das Gelege beſtand, wie bereits erwähnt wurde, aus 5 Eiern, welche genau die in Brehm und Friderich angeführten Maße von 16 und 12 mm be— ſaßen. Der Grund iſt ein Weiß mit ſchwach blaugrünlichem Schimmer. Viele kleine, matt braunröthliche, verwaſchene Punkte ſind darauf gleich— mäßig vertheilt, ſo daß die Geſammtfarbe in einiger Entfernung eine röthliche iſt. Der Geſang unſerer Fliegenfänger war anfangs Juni bereits zu Ende, nach— dem er alſo nur 2 Wochen angedauert hatte. Nur ab und zu wurden noch einige abgeriſſene Töne geſungen. f Da das erſte Neſt ſich gerade in nächſter Nähe eines von den Sommerfriſchlern viel begangenen Promenadenweges befand, ſo konnte ich, ohne die Leute aufmerkſam zu machen, mich immer nur kurze Zeit bei demſelben aufhalten. Ueberdies fiel an⸗ haltend ſchlechtes Wetter ein. Es regnete faſt alle Tage, ſo daß ich nahezu 14 Tage nicht aus dem Hauſe konnte. Am 15. Juni brütete das Weibchen noch, das Männchen ließ ſich innerhalb 20 Minuten, welche ich dort zubrachte, nicht ſehen. Am 21. Juni 1 c . 0 3 Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger. 201 waren die Jungen bereits ausgeſchlüpft. Das Weibchen ſaß feſt auf dem Neſte, das Männchen brachte Futter, gab dieſes ſeiner Ehehälfte, welche es erſt den Jungen ver— abreichte. Dann flogen beide auf kurze Zeit ab. Das Ausfliegen der jungen Vögel konnte ich leider nicht beobachten. Als ich am 6. Juli den Brutplatz in Niedergrund wieder aufſuchte, traf ich eine ganze Familie des Zwergfliegenfängers an. Die Jungen waren bereits ſo groß wie die Alten und hielten ſich zumeiſt in den niederen Sträuchern, welche am Saume des Waldes ſtanden, auf. Ihr „zirr“ ſchallte von allen Seiten. Endlich ſchoß ich ein junges Exemplar herunter. Als ich daſſelbe in die Hand nahm, glaubte ich mich ſchon getäuſcht zu haben, da es auffallend einem jungen Rothkehlchen ähnelte. Das Neſtkleid iſt folgendes: Kopf, Nacken, Schultern und Rücken ſind ockergelb mit ſchwarzen Rändern, desgleichen die Oberbruſt, ſo daß alſo eine Schuppenzeichnung entſteht. Die oberen Schwanzdecken ſind ſchwärzlich mit ockergelbem Rande. Die Kehle iſt weißlich mit feinen, dunklen Spitzen, der Bauch iſt weiß, die Seiten mehr gelblich. Die Schwanzfedern ſind ſchwärzlich, zeigen bereits das charakteriſtiſche Weiß und ſind etwas zugeſpitzt. Die Flügelfedern ſind dunkelbraun mit hellen Rändern. Schnabel und Füße ſind gelblichbraun. Ein alter Fliegenfänger, den ich durch einen Streifſchuß leicht verwundet, ließ bei ſeiner Verfolgung fortwährend ein lautes „zrr“ erſchallen. Den Abzug der Vögel konnte ich leider nicht genau conſtatiren, da ich Ende Juli bereits meine Ferienreiſe antrat. Mitte Auguſt waren aber hier keine Zwerg— fliegenfänger mehr anzutreffen. Dafür hatte ich Gelegenheit, während meines Aufenthaltes (vom 3.— 6. Auguſt) bei Herrn von Tſchuſi in Hallein meine Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger fortzuſetzen. Während dieſer Zeit befanden ſich dieſelben an dem beſagten Orte bereits am Durchzuge. Die erlegten Exemplare, welche ich zu ſehen Gelegenheit hatte, waren durchgehends junge, noch nicht völlig vermauſerte Vögel. Da dieſes erſte Herbſtkleid ſehr bezeichnend iſt, ſo will ich daſſelbe nach den in meiner Sammlung befindlichen Stücken beſchreiben. Beim völlig vermauſerten Vogel iſt die Schuppen— zeichnung des Kopfes und der Oberſeite verſchwunden und hat einem einfachen Graubraun Platz gemacht. Kehle und Oberbruſt ſind ſchön lehmgelb mit feinen, ſchwärzlichen Spitzen. Wangen und Ohrgegend ſind mehr bräunlich. Der Bauch iſt weiß, die Seiten ſind ockergelb. Die Armſchwingen weiſen noch die bräunlichen Ränder auf, die großen Ober— flügeldeckfedern bilden durch ihre bräunlichen Spitzen und Ränder eine deutliche Binde. Die Schwanzfedern, welche vom Neſtkleide geblieben ſind, zeigen noch die zugeſpitzte Form. 202 Jul. Michel, Beobachtungen über den Zwergfliegenfänger. Die noch nicht ganz ausgefiederten Jungen, welche Herr von Tſchuſi erbeutete, f zeigten am Kopfe, dem Nacken und der Oberbruſt noch einzelne Dunenfedern des Neſtkleides mit der bereits beſchriebenen Zeichnung, welche beim Präpariren ſehr leicht 4 ausfielen. 3 Der Vollſtändigkeit halber ſei hier auch noch das Herbſtkleid des alten Männchens beſchrieben. In meinem Beſitze befindet ſich nur ein defectes Exemplar, welches ich der Freundlichkeit des Herrn Biering— Warme ne verdanke. Daſſelbe ſtammt aus der Gegend von Falkenau. | Doch hatte ich zum Vergleiche auch ein gut erhaltenes Stück hier, das mir Herr Dr. von Lorenz-Wien gütigſt zur Verfügung ſtellte. In dieſem Kleide hat der Kopf, Nacken und die Oberſeite eine etwas intenſiv braunere Färbung als im Frühjahre. Das die Kehle einfaſſende Graublau hat einen bräunlichen Anflug. Die rothgelben Federn der Oberbruſt beſitzen weiße Spitzen. | Faſſe ich meine Beobachtungen kurz zuſammen, ſo kann ich folgendes über den Zwergfliegenfänger ſagen: Nur das mindeſtens 3-jährige Männchen zeigt die ſchön rothgelbe Färbung der Kehle und Bruſt; jüngere Männchen, welche aber auch zur Brut ſchreiten, haben ſo wie das Weibchen eine weiße Kehle; das Dunenkleid ähnelt dem des Rothkehlchens, iſt aber etwas heller und zeigt im Schwanze bereits die weißen Flecken der alten Vögel. Der Zwergfliegenfänger iſt ein ſehr zutraulicher Vogel, ; welcher, wie der Waldlaubſänger (in deſſen Geſellſchaft ich ihn faſt immer traf), an Buchen gebunden iſt, ſich aber auch mit einzelnen, in Nadelholzbeſtänden ein⸗ g geſprengten Bäumen dieſer Art begnügt. Er ſiedelt ſich nicht bloß in einſamen 4 Wäldern, ſondern auch in unmittelbarer Nähe belebter Orte an, wenn paſſende 8 Dertlichfeiten vorhanden find. Je nach feinem Aufenthaltsorte bewegt ſich der Vogel entweder mehr in bedeutender Höhe (wie dies bei unterholzfreien alten Buchenbeſtänden der Fall iſt), oder er tummelt ſich auch bei jüngeren dichten Be⸗ ſtänden viel in den niederen Sträuchern und Bäumen umher. Der kleine Fliegen- fänger erbeutet Inſekten im Fluge, ſucht aber auch die Bäume nach ihnen ab. Sein Geſang iſt kurz und kräftig, dauert aber nur kurze Zeit an, nämlich 2—3 Wochen. Während der Brut iſt der Vogel bereits ſtill. Im Ganzen iſt “7 Zwergfliegenfänger ein unruhiger Vogel, der aber auch, beſonders beim Singen, oft minutenlang auf einem Flecke ſitzt. Bei Aufregung zuckt er mit den Flügeln und wirft den Schwanz empor, in Ruhe ſeltener. Die Ankunft erfolgt Mitte Mai, h der Abzug Anfang Auguft. | 4 Das wäre alfo das Wichtigſte über meine bisherigen Beobachtungen. 40 Wiederum iſt der Mai erſchienen und in kürzeſter Zeit werde ich meinen Rebe 1 Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. z. S. d. Vogelwelt II. Chromolith. Gustav Leutzsch, Gera-Reuss Der Zwergfliegenfänger (Muscicapa parva, Bechst) Altes Männchen, altes Weibchen u. junger Vogel im Nestkleide Bez Ernſt Hartert, Allerlei vom Wanderfalken. 203 ling wieder begrüßen. Hoffentlich bin ich heuer in der Lage, noch Weiteres zur Ver— vollſtändigung meiner Mittheilungen den geehrten Leſern der Monatsſchrift vorlegen zu können. Bodenbach a. E, am 2. Mai 1891. Allerlei vom Wanderfalken. Von Ernſt Hartert. Vor zehn Jahren war es, als ich zuerſt von der Höhe des Camſtigaller Berges am friſchen Haff herab einen Wanderfalken unter die Strandvögel am Ufer ſtoßen und mit einem Kiebitz in den Fängen an den ſteil abſtürzenden Uferwänden ver— ſchwinden ſah. Ich kann ſagen, daß wenig Vögel beim erſten Anblick ein ſolches Intereſſe, eine ſolche Bewunderung, in mir wachgerufen haben, als der edle Falk, der im Stoß ſo kraftvoll und gewandt iſt, daß er nur von ſeinen Verwandten darin erreicht wird. Hierin übertreffen die edlen Falken ſelbſt die Adler. Mein Intereſſe an dem Vogel blieb immer wach vom erſten Anblick an, und mancher Tag ward in den folgenden Jahren vorzugsweiſe ihm gewidmet, manche Stunde unter ſeinen Hor— ſten angeſeſſen, mancher Blick ihm in die Ferne nachgeſandt. Und als ich ſpäter meine kühnen Wünſche aus der Knabenzeit erfüllt ſah, als ich in tropiſchen, von Europäern nie zuvor betretenen Landſtrichen Innerafrika's ſo manche feſſelnde Vogelgeſtalt kennen lernte, da war es doch einer der ſchönſten Anblicke, als ich in hoher Luft um die zerklüfteten, in grandioſer Einſamkeit aus der Ebene des nördlichen Hauſſalandes ſich erhebenden Granitfelſen von Kotor— koſchi eine Wanderfalkenart, vermuthlich Falco barbarus, ihre Flugſpiele aus- führen ſah. Auch ſpäter dann im ſchönen Indien, am vogelreichen Sambar— Salz⸗See in der Radſchputana⸗Ebene, war es. ein Verwandter unſeres Falken, der Falco jugger, der neben den Flamingos und anderen Erſcheinungen von wunder— barer Pracht, mich unvergeßlich feſſelte. Wir ruhten um Fuße eines rieſigen Salz— haufens; hinter uns lag der Ort Sambar mit grünen Baumgruppen, dem alten Fort und einigen Tempelbauten, vor uns die helle flache Waſſerfläche, in deren Mitte ſich die geängſteten Flamingos zurückgezogen hatten; quäkend und leiſe pfeifend ſtrichen Entenſchaaren darüber hin, die plötzlich ſich ins Waſſer ſtürzen und wirr durch— einanderfahren — und im ſelben Augenblicke fährt es auch ſchon herab — ſcheinbar mit Leichtigkeit flliegt ein Juggerfalk, eine Beute, eine Krikente wie es ſchien, in den Fängen haltend, wieder davon, ſtreicht den kahlen, wild zerklüfteten Felſen von Mata Pahar zu und läßt ſich auf der Kuppel eines kleinen, der Sakumbri Devi, der Schutz— göttin der Tſchuhan⸗Radſchputen, geweihten Tempels zu leckerem Mahle nieder. 204 Ernſt Hartert, In Deutſchland war es vorzugsweiſe Oſtpreußen, wo ich den Wanderfalken beobachtete. In allen ausgedehnten Kiefernforſten Oſtpreußens, ebenſo wie in Weſt⸗ preußen, der Mark und Oberſchleſien iſt er noch weniger ſelten, als man vielfach glaubt, ſeltener iſt er in Hannover, Schleswig und Holſtein, Heſſen, Bayern, Sachſen, Baden und anderen Gegenden. In vielen Gegenden iſt er nicht mehr Brutvogel, auch in ſolchen nicht, in denen weite Waldungen ſich ausdehnen, weil er von den Jägern ſeiner unleugbaren großen Schädlichkeit für Flugwild wegen, und von allen Eierſammlern ſeiner ſchönen und begehrten Eier wegen ſehr zu leiden hat. In unſeren nordöſtlichen Provinzen begegnet man dem Wanderfalken im Winter ſelten oder niemals. Aus Oſtpreußen wenigſtens iſt mir das Vorkommen im Winter nicht bekannt. Dort zieht er ſpät im Oktober fort und erſcheint ſchon im März wieder. Im Weſten und Süden Deutſchlands bemerkt man ihn im Winter ziemlich häufig. Man kann nicht ſagen, daß er nur im Nothfalle auf Bäumen brüte (Brehm, Thierleben, Vögel 1 S. 548, 1885). Ueberall freilich, wo es Felſen giebt, benutzt er dieſe zum Horſten, ſo ſelbſt unweit Caſſel an ziemlich leicht zu erreichendem Orte, wo ihm hohe Waldbäume wohl einen reichlich ſo ſichern Standort für ſeinen Horſt gewähren würden. Aber in der norddeutſchen Ebene, in Oſt- und Weſtpreußen, Pommern, der Mark und Oberſchleſien, wo es keine Felſen giebt, ſteht ſein Horſt auf hohen Waldbäumen. Faſt allein die Kiefer ſcheint es zu ſein, in einigen Gegenden bekanntlich Fichte genannt, nicht aber die eigentliche Fichte oder Rothtanne, welche er benutzt. Unter allen den von mir geſehenen oder aus eigener Anſchauung mir geſchilderten Horſten ſtand kein einziger auf anderen Bäumen, doch ſoll er auch ſchon auf Buchen gefunden fein. Da er in den meiſten Fällen alte Neſter anderer Vögel in Beſchlag nimmt, ſo wird die ausſchließliche Bevorzugung einer Baumart wohl nicht Regel ſein, ſondern nur deshalb meiſtens ſtattfinden, weil die Kiefern in jenen Forſten am zahlreichſten ſtehen und ihres hohen Wuchſes halber viele Vortheile bieten. Nicht immer die höchſten Bäume ſind ſeine Horſtbäume, aber er liebt es, Raum zum Abſtreichen zu haben, und niſtet daher in lichteren Forſtorten, ungern im dicht geſchloſſenen Forſte. Selbſt in dem rauhen Oſtpreußen werden die erſten Eier zuweilen ſchon im März gelegt. Ich habe ſelbſt ſchon im März ein und zwei Eier im Horſte gefunden, doch ſind die Gelege gewöhnlich erſt Anfang bis Mitte April fertig. Die in der zweiten Hälfte des April ausgenommenen Eier pflegen ſchon ſtark bebrütet zu ſein. In Heſſen ſind die Gelege am 2. April fertig, ſelten ſpäter. Wenn angegeben worden iſt, daß man noch im Mai, zuweilen ſogar noch im Juni, volle Gelege finde, ſo kann ſich das nur auf zweite Bruten nach Zerſtörung der erſten beziehen, doch findet man auch dieſe meines Wiſſens immer ſchon im Mai. Nicht in allen Fällen ſcheint nach Wegnahme des erſten Geleges das Legen eines zweiten ſtattzufinden. Die Zahl des = Fre N Er Allerlei vom Wanderfalken. 205 erſten Geleges iſt meiſtentheils 3, ziemlich oft aber auch 4 Eier, wie ich es ſelbſt dreimal gefunden habe. In allen mir bekannten Büchern iſt angegeben, daß das Weibchen allein brüte, und während dieſer Zeit vom Männchen mit Futter verſorgt werde. Ich war daher nicht wenig erſtaunt, im Jahre 1882 ſchon an dem erſten Horſte, welchen ich beſuchte, ſowohl das Männchen als auch das Weibchen vom Horſte abſtreichen zu ſehen. Nicht nur nach Erlegung der Weibchen, ſondern auch ohne vorhergegangene Störung, habe ich wiederholt das feſt brütende Männchen beim Abſtreichen von den Eiern erlegt, bald darauf das Weibchen, ebenſo umgekehrt. Auch nach dem Wegſchießen des Weib— chens habe ich in allen Fällen nachher das Männchen auf dem Horſte gefunden. Bei Raubvögeln, bei denen die Männchen ſonſt nicht am Brutgeſchäfte theilnehmen, pflegt dies nicht ſtattzufinden, ſondern die Eier verkommen. Manchmal fallen ſie den Krähen zum Opfer, oft auch zertrümmert ſie das Männchen ſelbſt, man glaubt aus Wuth über die vermeintliche Pflichtverletzung des Weibchens, wie ich zu meinem großen Leidweſen am Schreiadler ſelbſt erfahren habe. Das von mir beobachtete Brüten beider Geſchlechter habe ich ſchon in „Feinde der Jagd“ S. 21 (Berlin bei Baenſch 1885) und in „Verſuch einer Ornis Preußens“ in den Mittheilungen des ornithologiſchen Vereins in Wien 1887 bekannt gemacht. Nach meinen bisherigen Beobachtungen muß ich glauben, daß das immer der Fall iſt. Ueber die Nahrung des Wanderfalken finden ſich bei Rieſenthal, Brehm und anderen trefflichen Beobachtern ſo genaue Angaben, ebenſo in meinen „Feinden der Jagd“, daß ich darüber hinweggehen kann. Als bekannt darf ich auch vorausſetzen, daß der Falk ſeine Beute den ihn beläſtigenden Milanen und Buſſarden zuwirft. Als Grund dafür möchte ich doch anſehen, daß dieſe Vögel ihn wirklich beläſtigen. Bei plötzlichem Erſchrecken und wenn er eilig fliehen will, läßt er ſeine Beute fallen. In Nordindien ſah ich einen Wanderfalken in großer Höhe mit einem Gegenſtande in den Fängen über mich hinſtreichen, und obgleich ich nur feinſten Schrot geladen hatte, ſchoß ich nach ihm, um ihn zu erſchrecken. Obwohl er für das beſte Gewehr und den gröbſten Hagel zu hoch geweſen wäre, ließ er doch ſofort ſeinen Raub fahren, der ſauſend aus der großen Höhe in Geſtalt eines prachtvollen und unverletzten, nur durch einige Krallenſtiche erdolchten Stelzenläufers (Himantopus himantopus (L.) herabfiel. Unter einem Horſte in Oſtpreußen fand ich einmal neben vielen Reſten von Eichelhehern, Kiebitzen, Tauben und Krähen auch ſolche eines Haushuhnes. Es iſt mir nicht erklärlich, woher er dies bekommen hat, da er doch nach Anſicht der meiſten oder aller Beobachter nur fliegende Vögel raubt. Auch ich habe ihn nur auf fliegende Vögel ſtoßen ſehen. Frankfurt a. M. im März 1891. 206 Paul Leverkühn, Kant als Vogelfreund. Kant als Vogelfreund. Von Paul Leverkühn. Kant's „Ueber die Macht des Gemüthes“ führte den verſtorbenen W. Ludwig der Ornithologie zu, wie wir unlängſt in ſeinem Nachrufe“) mittheilten. Daß Kant ein großer Verehrer der Geſchöpfe und ſpeziell der Vögel war, dürfte nicht vielen bekannt ſein. Ohne jetzt die Belege dafür aus ſeinen Schriften mitzutheilen, legen wir einige hübſche Notizen über ihn aus E. A. Ch. Waſianski's Biographie ““) den Leſern der Ornithologiſchen Monatsſchrift vor. Schon“ ) früher machte der Frühling auf ihn keinen ſonderlichen Eindruck, er ſehnte ſich nicht wie ein anderer am Ende des Winters nach dem baldigen Eintritt dieſer erheiternden Jahreszeit. Wenn die Sonne höher ſtieg und wärmer ſchien, wenn die Bäume ausſchlugen und blühten, und ich ihn dann darauf aufmerkſam machte, ſo ſagte er kalt und gleichgültig: „Das iſt ja alle Jahre ſo, und gerade ebenſo.“ Nur ein Ereigniß machte ihm aber auch dafür deſto mehr Freude, ſo daß er die Rückkehr desſelben nicht ſehnlich genug erwarten konnte. Schon die Erinnerung im angehenden Frühlinge, daß er bald eintreten würde, erheiterte ihn lange voraus; der nähere Eintritt machte ihn täglich aufmerkſamer und ſpannte ſeine Erwartung aufs Höchſte; der wirkliche aber machte ihm große Freude. Und dieſe einzige Freude, die ihm noch die Natur bei dem ſonſt ſo großen Reichthum ihrer Reize gewährte, war — die Wiederkunft einer Grasmücke, die vor ſeinem Fenſter und in ſeinem Garten ſang. Auch im freudenleeren Alter blieb ihm dieſe einzige Freude noch übrig. Blieb ſeine Freundin zu lange aus, ſo ſagte er: „Auf den Appenninen muß noch eine große Kälte ſein“; und er wünſchte dieſer ſeiner Freundin, die entweder in eigener Perſon, oder in ihren Abkömmlingen ihn wieder beſuchen ſollte, mit vieler Zärtlichkeit eine gute Witterung zu ihrer weiten Reiſe. Er war überhaupt ein Freund ſeiner Nachbarn aus dem Reiche der Vögel. Den unter ſeinem Dache niſtenden Sper— lingen hätte er gerne etwas zugewandt, beſonders wenn ſie ſich an die Fenſter ſeiner ruhigen Studirſtube anklammerten, welches ſehr oft wegen der darin herrſchenden Stille geſchah. Er wollte aus dem melancholiſchen, eintönigen und oft wiederholten Gezwitſcher derſelben auf die beharrliche Sprödigkeit der weiblichen Sperlinge ſchließen, nannte dieſe melancholiſchen Stümper von Sängern: Abgeſchlagene und Kümmerer, wie bei den Hirſchen, und bedauerte dieſe einſamen Geſchöpfe. Als Züge ſeiner Gutmüthigkeit auch ſelbſt gegen Thiere, die man zu vertilgen ſucht, glaubte ich dieſen Umſtand nicht übergehen zu können, weil auch kleine lichte Striche zum leb— *) W. Ludwig jun. P. Von Paul Leverkühn. Ornith. Monatsſchr. 1891, XVI. S. 5. ) Immanuel Kant in feinen letzten Lebensjahren. Ein Beitrag zur Kenntniß ſeines Charakters und häuslichen Lebens aus dem täglichen Umgange mit ihm. Königsberg 1804, +++) A. a. O. S. 126— 129. Kleinere Mittheilungen. 207 haften Kolorit des Gemäldes das Ihrige beitragen, und wie viele ſolcher kleiner Striche und Punkte ſind nicht im Charaktergemälde Kant's anzutreffen, die das Ganze erheben! Es“) war die Rede vom bewunderungswürdigen Inſtinkt der Thiere, und der Fall folgender. Kant hatte in einem kühlen Sommer, in dem es wenig Inſekten gab, eine Menge Schwalben neſter am großen Mehlmagazin am Lizent wahrge— nommen, und einige Jungen auf dem Boden zerſchmettert gefunden. Erſtaunt über dieſen Fall wiederholte er mit höchſter Achtſamkeit ſeine Unterſuchung, und machte eine Entdeckung, wobei er Anfangs feinen Augen nicht trauen wollte, daß die Schwalben ſelbſt ihre Jungen aus den Neſtern würfen. Voll Verwunderung über dieſen verſtandähnlichen Naturtrieb, der die Schwalben lehrte, beim Mangel hin— länglicher Nahrung für alle Jungen einige aufzuopfern, um die übrigen erhalten zu können, ſagte dann Kant: „Da ſtand mein Verſtand ſtille, da war nichts dabei zu thun, als hinzufallen und anzubeten“; dies ſagte er aber auf eine unbeſchreibliche und noch viel weniger nachzuahmende Art. Die hohe Andacht, die auf ſeinem ehr— würdigen Geſicht glühte, der Ton der Stimme, das Falten ſeiner Hände, der Enthuſiasmus, der dieſe Worte begleitete, alles war einzig. Eine *) gleiche Art von ernſter Lieblichkeit ſtrahlte aus ſeinem Geſicht, als er mit innigem Entzücken erzählte: wie er einſt eine Schwalbe in ſeinen Händen gehabt, ihr ins Auge geſehen habe, und wie ihm dabei ſo geweſen wäre, als hätte er in den Himmel geſehen. München, Anfang Februar 1891. Kleinere Mittheilungen. | Vogelſchutz. Auf eine Eingabe vom 3. Mai dieſes Jahres hat der Vorſitzende Emil Fiſcher der Sektion für Thierſchutz der Geſellſchaft von Freunden der Naturwiſſenſchaften in Gera die Mittheilung erhalten, daß das Reichs-Eiſenbahn— Amt in Berlin von den überreichten Vogelſchutzſchriften des Hofraths Profeſſor Dr. K. Th. Liebe mit Intereſſe Kenntniß genommen und die Eiſenbahnverwaltungen Deutſchlands (ausſchließlich Bayerns) auf dieſelben aufmerkſam gemacht hat. Gera. E. Fiſcher. Waldkauz (St. aluco). Am 26. Febr. d. J. fing mein Bruder im Innern des Ausſichtsthurms bei Lemgo einen Waldkauz und ſetzte denſelben in ſeine Voliere, die zufällig leer ſtand. Am andern Morgen hatte der Vogel ſchon in der *) A. a. O. S. 192. 193. ) A. a. O. S. 193. 208 Kleinere Mittheilungen. — Anzeigen. Gefangenſchaft ein Ei gelegt, ein Zeichen, daß er im Thurme irgendwo ein verſtecktes Plätzchen zur Anlage feines Horſtes gefunden hatte. Natürlich wurde der Vogel ſofort wieder in Freiheit geſetzt. Nach einigen Tagen, als mein Bruder wieder den Thurm beſuchte, der ſich etwa vier Kilometer von der Stadt inmitten des Waldes erhebt, fand er bei genauer Nachſuche den Kauz in einem verſteckten Winkel zwiſchen dort liegenden Hobelſpähnen ruhig auf zwei Eiern brütend vor und ließ ihn natürlich unbehelligt. | Detmold. | | H. Schacht. Mutterliebe einer Trappe. Es war anfangs Juli, als ich im offenen Wagen in der Feldmark Cörbelitz an einem Haferſtück entlang einen Feldweg fuhr. Plötzlich ſtand dicht neben mir eine Trappenhenne auf, flog an den Pferden vorüber, über⸗ ſchlug ſich in der Luft, ſtürzte auf ca. 60 Schritt auf ein Brachfeld und lag mit aus⸗ gebreiteten Flügeln, geſtreckten Ständern und zurückgelegtem Kopfe, anſcheinend ver⸗ endet, da. Mein Hühnerhund, der neben mir ſaß, ſprang hinaus, konnte aber trotz Schnelligkeit den ſofort aufſtehenden Vogel nicht mehr erreichen. Die Trappe flog eine Berglehne hinan und verſchwand jenſeits. Als ich nach einer Weile umkehrte, kam die Trappe wieder über den Berg, lief im ſchnellen Tempo hinter dem Wagen her und bog dann in das Haferſtück ein, wo ſie ihre Jungen verlaſſen hatte. Die ganze Procedur war alſo ſimulirt, um die Gefahr abzulenken. Das Ganze klingt ſeltſam, iſt aber wörtlich wahr. Magdeburg. | | Bertog. Die Segler find dieſes Jahr auffallend früh aus dem Süden zurückgekommen: in Halle am 21. April nach O. Taſchenberg, in Zeitz 5 Exemplare den 21. nach F. Lindner, bei Alsfeld in Heſſen vom 22. auf den 23. nach K. Müller, in Gera vom 24. auf den 25. nach den hieſigen Gewährsleuten. Gera, den 26. April 1891. K. Th. Liebe. Anzeigen. Für Freunde der Botanik, Ein Herbarium von ſchönen exotiſchen Farnkräutern, worunter ſich verſchiedene große Exemplare nebſt Baumfarne mit befinden, iſt zu verkaufen. Auskunft ertheilt Hermann Coſtenoble. Verlagsbuchhandlung. Jena. Alle Geldſendungen, als Mitgliedsbeiträge, Gelder für Diplome und Einbanddecken, ſowie Beſtelluugen auf letztere beide ſind an Herrn Rendant Rohmer in Zeitz zu richten. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. eu BEE EEE EEE 9 N S ISIN D N ASASSASTANIIIIIISEIINITTIIIETIANITUÄTNIISKOSIITSV — deutſ chen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von V Nei 1 7 N danten d. Ver. Herrn Meldeamts— wee Baar 1 Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats: zweitem Vorſitzenden des Vereins i e ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. N Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Sn. 15 b Dr. Frenzel, Dr. Ney, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. e ee XVI. Jahrgang. Juni 1891 (erſte Lieferung). Nr. 8. Inhalt: Der zweite internationale ornithologiſche Congreß in Budapeſt, Referat von J. v. Wangelin. Dr. Koepert: Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! V. Dr. Carl R. Hennicke: Bericht über den Ausflug des Vereins von Freunden der Ornithologie und des Vogel— ſchutzes zu Leipzig an die Rohrbacher Teiche. Dr. Ernſt Schäff: Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. V. (Schluß.) — Kleinere Mittheilungen: Ankunft der Vögel in Südweſt⸗Thüringen im Frühjahr 1891. Heuſchrecken-Vertilger. Rohrdommel. Beobachtungen des Steppenhuhnes. Der Wendehals als Neſtverwüſter. Der Wanderfalke als Feinſchmecker. Schlafplatz der Rabenkrähe, Nebel- und Saatkrähe. — Litterariſches. — Anzeigen. Der zweite internationale ornithologiſche Congreß in Budapeſt. Für den zweiten internationalen Ornithologen-Congreß zu Budapeſt, welcher am 17. Mai d. J. beginnen ſollte, war dem Hofrath Dr. Liebe von dem Ungariſchen Comité das Referat der VII. Section für Ornithologia oeconomica „über den 15 210 i J. von Wangelin: Vogelſchutz“ angetragen worden. Derſelbe nahm dieſes ehrenvolle Anerbieten zwar dankend an, bat aber das Comité, daß das Referat von ihm und dem Unterzeichneten gemeinſchaftlich erſtattet werden möchte, da ſeine in dem letzten Winter ſchwankende Geſundheit ſein perſönliches Erſcheinen auf dem Congreſſe und damit die Möglichkeit des mündlichen Vortrages und der Vertretung der geſtellten Anträge bei den Ver⸗ handlungen ſelbſt von vornherein zweifelhaft erſcheinen ließ. Dieſem Anſuchen wurde in der bereitwilligſten Weiſe entſprochen, der Unterzeichnete erhielt eine Einladung ſeitens des Ungar. Comités zur Theilnahme an dem Congreſſe als Referent und wurde nunmehr das Referat von Dr. Liebe mit dem Unterzeichneten gemeinſchaftlich erſtattet, rechtzeitig an das Ungar. Comité abgeſandt, woſelbſt es beim Beginne des Congreſſes als Druckſache an ſämmtliche Theilnehmer am Congreſſe zur Vertheilung gelangte. Leider war Dr. Liebe durch Krankheit verhindert, die weite Reiſe nach Ungarn anzutreten. Es reiſte daher der Unterzeichnete zur Vertretung unſeres Vereins, ſowie als Referent über den Vogelſchutz nach Budapeſt ab, woſelbſt er am Sonnabend, den 16. en Nachmittags eintraf. Am Sonntag, den 17. Mai, trat der Congreß in dem Prunkſaale des National⸗ muſeums zuſammen. Die bald darauf ausgegebene Liſte der Anweſenden wies 141 Theilnehmer auf. Vertreten waren faſt alle Länder Europas. Der Congreß wurde 10 Uhr Vorm. von dem Ungar. Ackerbauminiſter Grafen Andreas Bethlen in fran⸗ zöſiſcher Sprache eröffnet. Nach Worten der Begrüßung ſprach er die Hoffnung aus, daß in Ungarn aus den Berathungen des Congreſſes auch praktiſche Reſultate auf dem Gebiete des Schutzes der nützlichen Vögel durch das eventuelle Zuſtandekommen einer internationalen Vereinbarung gewonnen werden möchten. Es folgte die Begrüßung des Congreſſes durch den Vice-Bürgermeiſter Ger- löczy namens der Stadt Budapeſt, worauf zur Conſtituirung der Verſammlung ge⸗ ſchritten wurde. Zum Präſidenten wurde Dr. Fatio aus Genf und zum Vice— Präſidenten der ungar. Reichstagsabgeordnete Otto Hermann gewählt. Nach Con- ſtituirung des Büreaus und der Wahl von 50 Ehrenmitgliedern, welche aus der Zahl der bedeutendſten, am Erſcheinen verhinderten Ornithologen entnommen wurden, erſtattete Otto Hermann den orientirenden Bericht des Ungar. Comités über die Vor— arbeiten des Congreſſes. An Druckſachen liegen vor: 1. ein Referat über den internationalen Schutz der für die Bodenkultur nützlichen Vögel vom Sectionsrath Mä day; 2. ein Referat über den Vogelſchutz von Dr. Liebe und von Wangelin; 3. Vorſchläge betreffs wirkſameren Vogelſchutzes vom Delegirten-Comité des orni⸗ thologiſchen Vereins zu Wien; 16. Der zweite internationale ornithol. Congreß in Budapeſt. 211 ein Referat über den Stand der Kenntniß des Vogelzuges von Profeſſor Dr. Palmén-⸗Helſingfors (Finnland); ein Bericht über die erſten Ankunftszeiten der Zugvögel in Ungarn (Frühjahrs— zug) von Otto Hermann; ein Entwurf von Regeln für die zoologiſche Nomenklatur von Dr. Reichenow— Berlin; Vorſchläge betr. die Feſtſtellung einer allgemein einzuführenden internationalen Claſſification und Nomenklatur der Vögel von Dr. L. v. Lorenz-Wien; ein Referat über die Anatomie der Vögel von Prof. Dr. Max Fürbringer-Jena; eine Abhandlung in engliſcher Sprache über die foſſilen Vögel von Alfred Newton-Cambridge; als Feſtſchrift: Ein Lebensbild von J. S. v. Petényi, dem Begründer der wiſſenſchaftlichen Ornithologie in Ungarn, nebſt einer Monographie des Roth— fußfalken (Cerchneis vespertina L.) aus dem Nachlaſſe deſſelben von Otto Hermann; ein Werk über die Claſſification der Vögel in engliſcher Sprache von Dr. Sharpe-London; g eine Brochüre über die geographiſche Verbreitung der Vögel (engliſch) von P. L. Sclater-London; Aves Hungariae. Syſtematiſche Aufzählung der ungariſchen Vögel mit kurzen biologiſchen Notizen und Fundorten von Johannes Frivaldszky, dirigirendem Cuſtos des Ung. National⸗Muſeums (lateiniſch); Erläuterungen zu der Ausſtellung der ungariſchen Vogelfauna von Dr. Jul. von Madaräsz; Hein Katalog der Vogelſammlung des Bosniſch-Herzegowiniſchen Landes-Muſeums zu Serajewo; ein Katalog über die ungariſche Eier- und Neſterſammlung. Endlich wurde jedem Theilnehmer noch ein ſehr überſichtlicher Plan der Stadt Budapeſt behändigt. Ueber die eingelaufenen voraufgeführten Schriftſtücke referirte Generalſeeretair Dr. Horvath und theilte ferner mit, daß außer Ungarn folgende fremde Staaten offiziell Delegirte entſandt hätten: Deutſchland und zwar: Königreich Sachſen, Württemberg, Herzogthum Sachſen-Coburg-Gotha, Schwarzburg-Sondershauſen; Oeſterreich: das Unterrichts⸗ und Ackerbau-Miniſterium, der Landeskulturrath von Böhmen; ferner Bulgarien, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Schweiz, Perſien, Republik Liberia (Afrika), und daß außerdem ca. 60 in- und ausländiſche wiſſenſchaftliche Geſellſchaften und Inſtitute vertreten ſeien. 15 * 212 J. von Wangelin, Darauf hielt Major Alexander von Homeyer aus Greifswald den Feſtvortrag „über das Leben der Vögel in Central-Weſtafrika“, in welchem er die Erlebniſſe ſeiner Reiſe nach und durch Angola im Jahre 1871 in der anſchaulichſten Weiſe ſchilderte. Die hochintereſſante Rede wurde mit allgemeinem lebhaften Beifall aufgenommen. Nachmittags 3 Uhr wurde die ornithologiſche Ausftellung im Nationalmufeum feierlich eröffnet; es herrſchte hier ein ſolcher Andrang Schauluſtiger, daß eine ein- gehende Beſichtigung der intereſſanten Sammlungen nicht möglich war. Referent hatte aber glücklicherweiſe Gelegenheit genommen, die Ausſtellung tags zuvor genau : zu befichtigen und dabei die Ehre, mit Herren Alex. v. Homeyer und Kammerherrn von König⸗Warthauſen perſönlich bekannt zu werden. Die vologiſche Sammlung des 1 letztgenannten Herrn umfaßt ca. 30,000 Exemplare. Gegen 5 Uhr verſammelten ſich die Mitglieder des Congreſſes wiederum im Prunkſaale des Muſeums, wo Otto Hermann einen Vortrag über die Beobachtungen des Vogelzuges in Ungarn hielt. Am folgenden Tage Vormittags 9 Uhr traten die verſchiedenen Sectionen zur Berathung zuſammen. Urſprünglich waren 7 Sectionen vorgeſehen, welche jedoch mit Rückſicht auf den Umſtand, daß den Mitgliedern des Congreſſes Gelegenheit ge- | boten werden ſollte, ſich an den Verhandlungen über mehrere Materien zu betheiligen, auf 4 reducirt wurden. Es behandelten deshalb die I. Section: Systematica und Anatomie, . 0 , Biologie und Oologie, I Avigeographie und Migratio, Ting, Ornithologia oeconomiea (Vogelſchutz). Die Berathungen der IV. Section, welchen der Unterzeichnete als Referent anzu— wohnen hatte, wurden von Feldmarſchall-Lieutenant Béla Ghyezy mit einer ſchwung— vollen Rede eingeleitet. Zum Präſidenten der Section wurde Major A. v. Homeyer, der Unterzeichnete zum Vicepräſidenten, Prof. Dr. Szalkay zum Schriftführer erwählt. Hierauf erhielt der Unterzeichnete das Wort, um im Anſchluß an das gedruckt vor⸗ liegende Liebe-Wangelin'ſche Referat ſeine Anträge zu begründen, daß ſich der II. internationale Ornithologen-Congreß zu den Principien, welche auf dem I. Congreſſe allgemeine Anerkennung gefunden hätten, abermals offiziell offen bekennen möchte, da dieſelben ſich noch keineswegs in allen Ländern der öffentlichen Anerkennung der geſetzgebenden Faktoren erfreuten. Das gedruckte Referat giebt einleitend eine Ueber— ſicht über die in den meiſten civiliſirten Ländern zur Zeit beſtehenden geſetzlichen Be⸗ ſtimmungen, erwähnt die Beſchlüſſe des I. Congreſſes und des öſterreichiſch-italieniſchen Abkommens über den Schutz der nützlichen Vögel, betont, daß das Utilitätsprineip a für den Vogelſchutz nicht allein maßgebend fein dürfe, ſtellt ſich vielmehr auf + den philoſophiſch-ethiſchen Standpunkt, welcher in geiſtreicher, herzerquickender Weiſe u * i 1 Der zweite internationale ornithol. Congreß in Budapeft. 213 von Hofrath Dr. Liebe in dem Aufſatze über Vogelſchutz (2. Stück, Ornith. Monats- ſchrift 1891, Nr. 5, S. 124 ff.) zum Ausdruck gelangt iſt. Das von Herrn Sectionsrath Mäͤäday im Auftrage des Miniſteriums für Ackerbau gelieferte, ebenfalls im Druck vorliegende Referat bewegt ſich im Weſent— lichen auf derſelben Baſis, wie das Liebe-Wangelin'ſche. Es giebt eine hiſtoriſche Schilderung der den Vogelſchutz betreffenden bislang gepflogenen Verhandlungen, er— wähnt gleichfalls den noch immer, trotz der Convention von 1875 in Italien be— triebenen Maſſenfang der kleinen Vögel, führt die Beſtimmungen der genannten Convention auf und entwickelt die Gründe für den folgenden Antrag: der II. orni- thologiſche Congreß ſtellt an den Königl. ungariſchen Miniſter für Ackerbau die Bitte, daß er — im Einvernehmen mit dem K. K. öſterreichiſchen Ackerbauminiſter und im Wege des K. u. K. öſterreichiſch-ungariſchen gemeinſamen Miniſteriums des Aeußern — die nothwendigen Schritte einleiten möge, um im Intereſſe des Schutzes der für die Bodenkultur nützlichen Vögel — mit allen jenen Staaten, welche in dieſer Beziehung in Betracht kommen — ein internationales Uebereinkommen zu Stande zu bringen. Als Grundlage der bezüglichen bereits begonnenen Verhandlungen acceptirt der II. internationale ornithologiſche Kongreß jene Principien, welche in der zwiſchen Italien einerſeits und zwiſchen Oeſterreich-Ungarn andererſeits zu Stande gekommenen 5. November 29. November Punkte der italieniſch⸗öſterreichiſch-ungariſchen Vereinbarung find in beiden vorge— nannten Referaten aufgeführt und wird hier auf das Liebe-Wangelin'ſche Referat, welches demnächſt in unſerer Monatsſchrift im Druck erſcheinen wird, Bezug ge— nommen. Der dritte Vorſchlag war derjenige des Wiener Ornithologiſchen Vereins, wonach a) das Fangen und Tödten der kleinen Vögel zu Speiſezwecken zu jeder Zeit ver— boten, b) das Sammeln von Kiebitzeiern, wenn nicht ſchon gänzlich, ſo doch auf die Dauer von drei Jahren verboten werden ſollte. Auch dieſe Vorſchläge lagen ge— druckt vor. Endlich brachte Dr. Ruß-Berlin einen ſchriftlichen Antrag ein, wonach: 1. die Brutzeit als Schonzeit für alle Vögel feſtgeſetzt, 2. der Maſſenfang kleiner nützlicher Vögel für Nahrungs- und Putzzwecke verboten, 3. der Verkauf geſchoſſener oder ſonſtwie erlegter Vögel nicht geſtattet werden möge. Nach lebhafter Discuſſion, an welcher ſich der Sectionsrath Mäday, von Wangelin, Zeller⸗-Wien, Andor Löcherer, Fiſcher-Augsburg, Dr. Ruß⸗-Berlin, Baron König⸗Warthauſen (Württemberg), Tatiky⸗Neutitſchein, Forſtmeiſter Freih. von Berg— Straßburg, von Wolffersdorf-Sondershauſen, Dr. Fatio-Genf u. a. m. betheiligten, erklärte ſich Mäday bereit, ſeinem Antrage noch folgenden Zuſatz hinzuzufügen: Declaration vom 1875 Ausdruck gegeben wurde. Die weſentlichſten 214 J. von Wangelin, Der Congreß verleiht weiterhin dem Wunſche Ausdruck, daß das maſſenhafte Einfangen der Vögel und insbeſondere der nützlichen und jagdbaren Vögel auch in Zukunft verboten und daß dieſes Verbot mit dem Verbote des Verkaufs ſolcher ein⸗ gefangener Vögel ergänzt werde. f Es wurde demnächſt der Liebe-Wangelin'ſche, ſowie der Zeller'ſche Antrag zurückgezogen, da ſich dieſelben faſt genau mit dem Maͤday'ſchen deckten, und erlangte der letztere bei der nun folgenden Abſtimmung eine Mehrheit von 19 Stimmen gegen 9 Stimmen, welche dem Antrage des Dr. Ruß zufielen; demnächſt wurde der Be⸗ ſchluß der IV. Section in der Plenarverſammlung des Kongreſſes einhellig angenommen. B Den Verhandlungen der übrigen 3 Sectionen wohnte der Unterzeichnete nicht bei. Während der Zeit, wo dieſe ihre Beratungen zu Ende führten, machte er mit einigen, trotz der Kürze der Bekanntſchaft ihm wahrhaft lieb und werth gewordenen Freunden einen Ausflug nach dem weſtlich von Ofen gelegenen 446 m hohen Schwaben⸗ berge, von wo man eine umfaſſende, großartige Ausſicht über Budapeſt, die Donau die geſammte Umgebung und die im 8.0. gelegene unabſehbare Ebene hat. Bis zum Gipfel des Berges führt eine Zahnradbahn. Die Fahrt bietet eine reiche Fülle von herrlichen Ausſichtspunkten. Während verſchiedene Theilnehmer an dem Ausfluge Käfer und Conchylien ſammelten, verzeichnete Referent die Bäume und Sträucher des Waldes und ſammelte Notizen über die Vogelwelt in demſelben. Es wurden gefunden: Die Zerreiche (Q. cerris), 2 Eſchenarten (Frax. Ornus u. excelsior), alle 3 Ahornarten (Acer Pseudoplatanus, platanoides u. campestre), Ulme (Ulmus effusa u. campestris), Roth- und Weißbuche, Elsbeere (Crataegus torminalis), Mehl⸗ beere (Sor. Aria), Vogelkirſche (Prun. avium), Haſel, Pimpernuß (Staphylea pinnata), Schneeball, Liguſter, Hartriegel, Weißdorn und Pfaffenhütchen. An Vögeln wurden geſehen und notirt: Hirundo rustica, Fringilla coelebs, Lanius collurio u. minor, Columba palumbus, oenas u. turtur, Luseinia minor, Sylvia eurruea, rufa, sibilatrix, hortensis u. phoenicurus, Turdus musieus, Museieapa atrieapilla, Loxia coccothraustes, Cuculus canorus, Alauda eristata u. Emberiza eitrinella = 19 Species. Ueber die Thätigkeit der übrigen Sectionen ſei dem Berichte der „Poſt“ auszugsweiſe folgendes entlehnt: | I. Section: „Es war dem Congreß von Herrn Dr. Reichenow-Berlin ein Ent wurf vorgelegt, welcher vorher von den Herren Frhr. v. Berlepſch-Hann. Münden, Prof. Dr. W. Blaſius-Braunſchweig, Hofrath Dr. A. B. Meyer-Dresden, Geh. Rath Prof. Dr. Möbius Berlin und Dr. A. Reichenow-Berlin ausgearbeitet und bereits auf der kurz vor dem Budapeſter Congreß tagenden Jahresverſammlung der Allgem. deutſchen Ornithologiſchen Geſellſchaft in Frankfurt a. M. angenommen worden war. Unter dem Vorſitz des Herrn Hofrath Prof. Dr. Claus-Wien wurde dieſer Entwurf 7 nach etwa achtſtündiger Berathung mit unweſentlichen formalen Aenderungen an— genommen und dem Vorſitzenden aufgegeben, ſich mit der Deutſchen Zoologiſchen Geſellſchaft und dem Comité des im Jahre 1892 in Moskau ſtattfindenden Allgemeinen Zoologen-Congreſſes in Verbindung zu ſetzen, damit der erwähnte, allgemein gehaltene Entwurf von den genannten Vereinigungen begutachtet und als für das Geſammt— gebiet der Zoologie maßgebend anerkannt werde.“ Die II. Section tagte unter dem Vorſitze des Herrn Prof. Dr. Blaſius-Braun— ſchweig. „Herr Dr. E. Ouſtalet aus Paris verlas ein eingehendes Referat über Biologie, an welches ſich eine lebhafte Debatte über die Dunenkleider der Vögel und ihre Be— ziehungen zu den Alterskleidern, über Farbenabänderungen (Melanismus, Albinismus, Erythrismus) u. ſ. w. anknüpfte. Beſchloſſen wurde, den Congreß zu bitten, in den einzelnen Staaten eine Liſte der nützlichen, indifferenten und ſchädlichen Vögel an— fertigen zu laſſen, ſowie an die einzelnen Staaten das Anſuchen zu ſtellen, Karten der Niſtkolonien der geſellſchaftlich brütenten Vogelarten anfertigen zu laſſen.“ III. Section: „Die dritte vereinigte Section für Avigeographie und Migration faßte keine Beſchlüſſe, erging ſich jedoch in lebhaften Diskuſionen über mehrere ein— gelieferte ſchriftliche Referate der Herren Palmen, Giglioli und Buttikofer, ſowie über einen Vortrag des Vorſitzenden, Herrn Profeſſor Dr. Palacky-Prag. Der Letztere erörterte Urſachen und Gründe des Vogelzuges, bei welchem er kleinere zufällige, durch Nahrungsmangel und lokale klimatiſche Umſtände bedingte Wanderungen (Roſenſtaar, Steppenhuhn 2c.) von den großen, beſtändigen unterſchied, welche letzteren nur innerhalb der gemäßigten Zonen ſtattfinden. Nach der Anſicht des Vortragenden iſt die patagoniſche Fluth für die ſüdliche gemäßigte Zone, die Eiszeit oder die Eiszeiten für die nördliche gemäßigte Zone die Urſache zu den Wanderungen der Vögel. Bezüglich der Einzelheiten des Zuges und der Zugſtraßen iſt noch manches nicht genügend aufgeklärt.“ Montag abends 6 Uhr hielt Profeſſor Collet aus Chriſtiania im Sitzungs— ſaale der Akademie der Wiſſenſchaften einen Vortrag „über das Leben der Vögel im arctiſchen Norwegen“, welcher allſeitig bei den zahlreich erſchienenen Zuhörern, darunter vielen Damen, das lebhafteſte Intereſſe erweckte. Dienstag (19.). Vormittags hatte Referent Muße zur Beſichtigung der Städte Peſt⸗Ofen. Nachmittags fand eine Plenarſitzung ſtatt, in welcher die Beſchlüſſe der Sektionen vorgelegt und das Programm für die Schlußſitzung feſtgeſtellt wurde. Gegen Abend erfolgte ein gemeinſchaftlicher Ausflug auf die in der Donau belegene Margaretheninſel, welche mittelſt eines der zahlreichen, die Donau befahrenden Dam— pfers erreicht wurde. Die Inſel, Eigenthum des Erzherzogs Joſef, iſt mit einem Koſten— aufwande von mehreren Millionen Gulden in einen reizenden Park verwandelt, deren Gebüſche von zahlreichen Nachtigallen und anderen gefiederten Sängern erfüllt waren. Der zweite internationale ornithol. Congreß in Budapeſt. 215 Der zweite internationale ornithol. Congreß in Budapeſt. Die feierliche Schlußſitzung fand am Mittwoch den 20 Mai ſtatt. Am Abend vereinigten ſich die Congreßmitglieder zu einem von der ungariſchen Regierung gegebenen Banquet. Am Donnerstag begannen die Ausflüge. Es waren geplant: Ausflüge an den Plattenſee, an den Neuſiedlerſee und nach dem Draueck. Referent ſchloß ſich der Excurſion an den Neuſiedlerſee an, welche Dr. v. Madaraäſz leitete. Von Budapeſt führte uns die Bahn über Raab nach Czorna, woſelbſt übernachtet wurde. Andern Tags erfolgte der Aufbruch früh 7 Uhr zu Wagen bis an den ſog. Hanſäg, einem ungeheuren Bruchdiſtricte zwiſchen dem Neuſiedlerſee und der kleinen Donau, wo Brutcolonieen von Ardea purpurea und nyeticorox beſucht wurden. Es wurden gegen 100 Eier der genannten Vögel mitgenommen, auch mehrere Vögel erlegt, um für die Muſeen präparirt zu werden. Referent hat mit Hülfe einiger Freunde die ſämmtlichen am Excurſionstage beobachteten Vogelarten notirt und mögen dieſelben zum Beweiſe der hochintereſſanten Vogelfauna hier aufgezählt werden: Oriolus galbula, Piea rustiea, Vanellus eristatus, Alauda arvensis u. eristata, Fringilla cannabina, montana u. domestica, Lanius collu- rio, Hirundo urbica u. rustica, Anas boschas, acuta, nyroca, querquedula u. ferina, Anser einereus, Sterna nigra, Fulica atra, Ardea einerea, purpurea, nyeticorax, alba u. stellaris, Platalea leucorodia, Acrocephalus turdoides u. arundinaceus, Locustella naevia u. fluviatilis, Crex pratensis, Cieonia alba (nebſt 4 Dunenjungen), Totanus glareola, Cuculus eanorus, Astur palumbarius (2 Horite, einer mit 2 Dunenjungen, der zweite mit 3 bebrüteten Eiern), Circus eyaneus u. aeru- ginosus. Endlich ein Horſt von Aquila elanga (oder naevia) mit 2 Eiern; das brütende Weibchen entkam leider und konnte die Species daher nicht abſolut genau beſtimmt werden. } Die Excurſion endete in Kapumwar, einer Beſitzung des Fürſten Efterhäzy, welche Baron v. Berg ſeit einer langen Reihe von Jahren in Pacht hat. Die ſämmt⸗ lichen Theilnehmer fanden in dem großen Schloſſe die herzlichſte Aufnahme und wahr- haft wohlthuende Gaſtfreundſchaft. Am Sonnabend erfolgte / 7 Uhr morgens der Aufbruch nach dem Neuſiedler— ſee. Auf der Fahrt zu demſelben wurde das Schloß Eſterhäzy, das Stammſchloß der Fürſten Eſterhäzy, beſucht und eingehend beſichtigt. Demnächſt wurde der ſehr flache Neuſiedlerſee auf kleinen, flachgehenden Kähnen befahren. Die ornithologiſche Aus— beute ſtand indeſſen der des vorherigen Tages erheblich nach. Es wurden beobachtet ein Exemplar von Aquila naevia, mehrere Exemplare von Cireus aeruginosus er- legt und deren Horſte mit Eiern gefunden, Botaurus stellaris zahlreich gehört, ſehr zahlreich war vorhanden Acrocephalus turdoides, relativ häufig Sylvia eyanecula und Sterna nigra, dagegen war von Enten und Reihern wenig zu ſehen. AR Be * 8 N * Dr. Koepert, Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! V. 217 Nach Beendigung der Kahnfahrt wurde den Theilnehmern der Excurſion am Seeufer, in einem mit Laubwerk und Fahnen geſchmückten Schuppen, auf Koſten des Grundherrn, Fürſten Eſterhäzy, ein Mittagsmahl gereicht, welches vermöge der vorzüglichen Speiſen und Weine, ſowie der prompten Bedienung auch den Anfor- derungen des verwöhnteſten Städters voll genügt haben würde und den Aufenthalt an dem ſandigen Seeufer vollſtändig vergeſſen machte. Während der Tafel concertirte eine vorzügliche Ziegeunercapelle. Unmittelbar nach dem Eſſen brach eine große Anzahl der Theilnehmer, darunter der Referent, nach dem Bahnhofe Zinkendorf auf, von wo dieſelben Abends gegen 10 Uhr in Wien anlangten. Das liebenswürdige Entgegenkommen und die überaus gaſtliche Aufnahme der auswärtigen Congreß⸗Mitglieder, ſowohl in Budapeſt ſelbſt, als auch während der im höchſten Grade intereſſanten Excurſionen, wird ſämmtlichen Theilnehmern un- vergeßlich ſein und eine dauernde Erinnerung an das ſchöne Ungarland bleiben. Merſeburg, den 30. Mai 1891. J. von Wangelin. Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! Von Dr. Koepert. V. In der Provinz Weſtfalen wiegt neben dem Bergbau und der Induſtrie Land— wirthſchaft und Viehzucht vor; Obſt- und Weinbau find von geringer Bedeutung. Demgemäß hat man hier auch die Nützlichkeit des Staares ſeit Langem erkannt und durch Anbringen von Niſtkäſten für die Vermehrung des Staares Sorge getragen. So giebt es, wie Prof. Landois in „Weſtfalens Thierleben in Wort und Bild“ *) ſchreibt, „unter den Außengebäuden der Stadt Münſter, wo vor dem Jahre 1826 der Staar als Brutvogel unbekannt war, kaum ein Haus, das nicht an einer nach Oſten zu freien Seiten- oder Giebelwand ſein Niſtkäſtchen für dieſe Vögel beſäße — abgeſehen von unſerer Promenade, wo faſt jeder gelegene Baum mit ſolchen Käſten verſehen iſt.. .. Auch in Paderborn war bis zum Jahre 1861 der Staar in ganz vereinzelten Paaren vertreten; in jenem Jahre ließ Dr. Tenckhoff einige Niſtkäſten aufhängen, denen dann viele folgten, und jetzt iſt der Staar dort faſt ſo gemein, als der Spatz.“ Prof. Landois bemerkt a. a. O., daß die Staare jährlich nur eine Brut machen, daß aber in manchen Fällen nachgewieſen ſei, daß nach der erſten ) Weſtfalens Thierleben. Die Vögel in Wort und Bild. Herausgegeben von der zoolog. Sektion für Weſtfalen und Lippe unter Leitung ihres Vorſitzenden Prof. Dr. H. Landois. Pader— born und Münſter. Druck und Verlag von Ferdinand Schöningh. 1886. Vergl. auch: Dr. Fr. Weſthoff, zur Avifauna des Münſterlandes. J. f. O. Bd. 37, S. 218. 16 218 Dr. Koepert, geſtörten Brut noch eine zweite ſtattfindet, wozu aber daſſelbe Neſt nicht wieder benutzt wird. Nach Dr. Schleh's brieflichen Mittheilungen brütet der Staar in Weſtfalen (Herford) in günſtigen Jahrgängen zweimal. Schleh hat dies 1887 an drei unter ſeinem Dache niſtenden Paaren konſtatiren können. Wenn er auch die Identität der Individuen nicht nachweiſen konnte, ſo iſt doch kaum anzunehmen, daß alle drei Paare ſich durch eine jüngere Staaren-Generation erſetzten. Nach Schleh's 1 Beobachtung iſt der Staar in Weſtfalen kein Zugvogel, ſondern entſchieden ein Strichvogel; in elf Beobachtungsjahren iſt kein Winter vergangen, daß ſich nicht kleinere Flüge von Staaren, zumal an milden Tagen, gezeigt hätten, eine Wahr⸗ £ 23 nehmung, die auch Landois und Altum beſtätigen („Weſtfalens Thierleben“). — 1 Einen Fall von mittelbarer Schädlichkeit theilt mir Schleh mit: „Ihre Gewohnheit, nach dem Brutgeſchäft ſich in große Flüge zuſammenzuſchlagen und beſtimmte Schlaf- plätze aufzuſuchen, kann ſelbſt jüngeren Fichtenbeſtänden zum Schaden gereichen. Ein Gehölz, welches ich im vorigen Jahre beſuchte, war von den Exkrementen dieſer Vögel erbärmlich zugerichtet.“ Eine intereſſante Beobachtung Schleh's will ich hier noch anfügen, die uns zeigt, daß wildernde Katzen dem auf Feldern herumſpazierenden Staare arg nachſtellen. Auf angehauenen Kleeſtücken ſucht der Staar gern in der friſchen Kleeſtoppel ſeine Nahrung; die Katze lauert, in dem noch ſtehenden Klee verſteckt, auf ihre Beute und erhaſcht ſie ſicher. Bei dieſer Jagd überraſchte und ſchoß Schleh eine Katze, die nicht weniger als drei Staare um ſich herum liegen hatte, ſo daß nicht der Hunger, ſondern Vergnügen an dieſem Sport das Thier zu dieſer Mordluſt getrieben haben mußte. | Durch das Entgegenkommen des Herrn Staats von Wacquant-Geozelles in Sophienhof bei Grupenhagen iſt es mir möglich, einen ausführlichen Bericht über die Lebensweiſe des Staares in der Umgebung des mittleren Weſerlaufes zu bringen. Wenn auch das Beobachtungsgebiet des gen. Herrn politiſch größtentheils zur Provinz Hannover gehört, ſo ſchließt es ſich doch an die Oſtgrenze der Provinz Weſtfalen an, ſo daß es an dieſe letztere Provinz anſchließend behandelt werden möge. Herr von Wacquant hat feinem Bericht ein Croquis ſeines Beobachtungs- gebietes hinzugefügt, das aber leider aus pekuniären Rückſichten hier nicht beigefügt werden kann. Unſer thätiges Mitglied ſchreibt folgendes: „Der Umkreis des hier in Frage ſtehenden Beobachtungsgebietes iſt ungefähr 10 geogr. Meilen lang. Begrenzt wird das Gebiet: von SO nach NO durch die Weſer, im N und S durch bewaldete Bergzüge und im W zum Theil durch die Grenze des Fürſtenthums Lippe-Detmold. Das Gebiet umfaßt, vom vogelkundlichen 4 Standpunkte aus überblickt, ein vielgeftaltiges Terrain. Da daſſelbe eigentlich nur — Berge und Thäler aufweiſt (und die einzige Ebene nur das Weſerthal iſt), ſo ſind * | viele Bäche darin vorhanden. Sümpfe giebt es nicht mehr und faſt alle die vielen Wieſen ſind ſo gut drainirt, daß z. B. die Bekaſſine nur noch ein ſeltener Stand— vogel iſt. „Berg“ iſt hier ſtets gleichbedeutend mit „Wald“. Vorwiegend wird die Roth-(Fichte) Tanne kultivirt und verdrängt dieſer Baum die geſchloſſenen Laubwaldungen mehr und mehr. Eichen und Buchen werden immer mehr „eingeſprengt“ kultivirt. Aeltere Eichenbeſtände ſind nur noch wenige vor— handen; gemiſchte Beſtände mehr, und künftig werden letztere vorwiegen. Die höchſten Boven-Erhebungen find „der Klüth“ und „der Schieholzberg“, erſterer an der Oſt⸗, letzterer an der Süd-Grenze des Gebietes. Faſt der ganze „Hauben“ beſteht aus Fichten und ebenſo der „Riepen“. Viele Ortſchaften liegen im Gebiete und weitaus der größte Theil des Bodens iſt fruchtbar und gut kultivirt; am beſten das ſich von Weſten nach Oſten ziehende Thal, welches von dem Bache „Humme“ durchzogen wird. Im Uebrigen finden wir auch Haidekomplexe, ſteinige, unfruchtbare Halden, kleinere Feldbüſche u. ſ. w. Die Bäche, welche faſt ſtets durch Wieſen fließen, ſind meiſtens an den Ufern mit vielem Buſchwerk, ſtellenweiſe aber auch mit hohen, einzelnen Bäumen beſtanden. Die zu Ackerbau verwendeten Kom— plexe fallen in einigen Thälern „geebnet“, in anderen „wellenförmig“ und in wieder anderen „hügelig“ nach der Thalſohle hin. Hecken ſind nicht ſelten. Induſtrielle Etabliſſements nur bei Hameln. Wie das Gebiet ſehr waldreich und reich an Bächen und kleinen Waſſerläufen iſt, ſo iſt auch die Fauna eine reiche. Sehr viel Rehe ſtehen überall und die hier beſtehende Schwarzwild-Kalamität iſt auf die oft ungeheuer großen, ſich meiſt „lappig“ oder „handförmig“ in gut bebaute Feldmarken erſtreckenden, zuſammen— hängenden, dichten Fichtenbeſtände zurückzuführen. Da bietet ſich „Sommer-Nahrung“ genug und die ſich faſt überall findenden „Eichen- und Buchen-Ueberſtänder“, ferner „eingeſprengte, langgeſtreckte oder auch abgerundete Laubholzbeſtände und mit Erlen x. bewachſene, ſumpfige Stellen“ ſorgen für Winter-Nahrung. Mehr und mehr bedrängt werden die hier ſtändig vorkommenden Sumpfvögel und vor allem die auf alte Eichenbeſtände ꝛc. angewieſenen größeren Höhlenbrüter, vor allem die Hohltaube und der Staar und Wiedehopf. Der Staar iſt faſt ganz auf die Wohnungen der Menſchen und auf Niſtkäſten angewieſen. (Vgl. Orn. Monatsſchr. 1889, S. 206.) Das Gebiet wird noch nicht von einer Eiſenbahn durchzogen und nur drei Telegraphen⸗, bez. Telephon⸗Leitungen ſind neben den ſtark befahrenen, ſehr guten, in den Thälern laufenden Chauſſeen hergeführt. Die nicht durch Fabriken vergifteten Bäche ſind reich an pflanzlichem und thieriſchem Leben. Forellen ſind häufig; außerdem 9 Arten Fiſche, Krebſe ꝛc. Durch letztere iſt wiederum eine beſondere Fauna bedingt. Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! V. 219 16 * 220 Dr. Koepert, Die Ortſchaften in den Thälern ſind „geſchloſſen oder zuſammenhängend“, a den Bergen ſind ſie lang geſtreckt und beſtehen dann häufig aus weit von einander getrennten Gehöften. Ueberall wird Obſtbau betrieben, und findet man auch einzelne Chauſſeen mit Kirſchen bepflanzt, wie auch Kirſchen-Plantagen. Ueberall Beerenobſt. Die Nahrung des Staares beſteht hier bei uns vorwiegend aus den der Landwirthſchaft ſchädlichen Kerbthieren, bez. (mehr noch) deren Larven, Raupen, ferner Würmern und Schnecken u. dgl. Hier in Sophienhof habe ich alljährlich 125 beſetzte Staarenkäſten. Von dieſen habe ich eine Anzahl ſo nahe an Fenſtern angebracht, daß ich, hinter den Vorhängen verſteckt, mit Leichtigkeit genau die alten Staare beim Füttern ihrer Jungen beobachten kann und ſeit vielen Jahren beobachtet habe. Da beſonders darauf Gewicht gelegt zu werden ſcheint, ienden die Nahrung des Staares in nützlichen Inſekten beſteht, ſo ſeien meine diesbezüglichen Er⸗ fahrungen zuerſt erwähnt. Jeder inſektenfreſſende Vogel macht Jagd auf nützliche und ſchädliche Inſekten; er hat feinen Poſten im Naturhaushalte angewieſen be⸗ kommen und füllt ihn „zur Zufriedenheit der Natur“ aus: auch die nützlichen Geſchöpfe haben ihre und müſſen ihre Feinde haben. Bei der großen Anzahl von Staaren, welche ich hier bei mir angeſiedelt habe, waren mir diesbezügliche Beobachtungen leicht. — Friſch gemähte Raſenplätze werden im Park immer ſtark von Nahrung ſuchenden Staaren frequentirt, welche die auf der Erde liegenden Inſekten aufleſen. Die Anzahl der beim Mähen und Zuſammen⸗ harken des Graſes bloßgelegten Thiere (zuſammengerollte Raupen ꝛc.) iſt oft groß und während es mir ſelbſt ſtets die größte Mühe macht, nur einige wenige der- artige Kreaturen auf einem ſolchen friſch abgeernteten Platze zu finden, ſo kommen und gehen die Staare dahingegen fortwährend mit überraſchendem Erfolge. Wie groß die Zahl der niederen Lebeweſen überhaupt oft auf geringem Raume iſt, kann man beiſpielsweiſe auch daraus erſehen, wenn man einmal eine noch bewachſene Grasfläche mit einem „Schöpfnetze“ oder ſogen. „Kätſcher“ ſcharf ab— ſtreicht: was erbeutet man da nicht alles für Gethier! Und Freund Staar verſteht die Sache noch weit beſſer! Auf einen kleinen gemähten Platz, welcher fortwährend von Staaren beſucht wurde, legte ich flügellofe Hummeln und Bienen; die Vögel bekümmerten ſich nicht um dieſelben. Der Staar kommt fortwährend auf ſeinen Jagdzügen mit Bienen zuſammen, er befehdet dieſelben aber nie, er reſpektirt ſie. Gerade ſo, wie unſer Staar im Gegenſatze zum Hausſperling ꝛc. die verſchiedenen Bienen reſpektirt, ebenſo ſind ihm manche andere Inſekten und Larven aus ver⸗ ſchiedenen anderen Gründen nicht genehm. | Ich muß hier in dieſer Hinſicht nützliche und ſchädliche Inſekten zuſammenfaſſen: * Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! V. 221 Ich beobachtete auf einem freien Platze, daß der gemeine Maiwurm (Meloé proscarabaeus), den wir feines ſehr wunderbaren Entwickelungsganges wegen wohl zu den ſchädlichen Käfern rechnen müſſen, vom Staare nicht beachtet wurde. Ebenſo wie dieſer „ölſchwitzende“ Kerf ihm und anderen Vögeln nicht mundet, eben— ſowenig findet der Staar, wie mich Verſuche an Gefangenen lehrten, Geſchmack an Pappelblattkäfern (Lina populi) und Erlenblattkäfern (Agelastica alni). Letztgenannter arger Verwüſter dürfte wohl überhaupt keinen beſonderen Feind in der Vogelwelt haben ſeines „Saftes“ wegen. Ueberhaupt ſucht der Staar ſeine Nahrung mehr vom Erdboden, als von Bäumen. Während er aber in der Brut— zeit ſehr fleißig die Maikäfer von den Bäumen ablieſt und ſie ſelbſt in der Luft fängt, ſo habe ich beobachtet, daß er den Erlenblattkäfer unberückſichtigt ließ und ſeinen ausgeflogenen Jungen Maikäfer zutrug, trotzdem ſeine Jungen in eben einer mit oftgenanntem Käfer (A. alni) überſäeten Erle ſaßen. Andere Kerfe hinwieder, die ihrerſeits ebenfalls mit der oder durch die Fähig— keit, „übelriechende, ätzende (zufällig etwa in das Auge gerathen, furchtbar ſchmerzende) Flüſſigkeiten auszuſpritzen“, gewappnet ſind, werden vom Staar befehdet. Ich habe geſehen, daß er den Garten-Laufkäfer (Carabus hortensis) und Carabus auratus, den Gold-Laufkäfer, an ſeine Jungen verfütterte, wie ich auch in den „Kübeln“ oder Staarenkäſten die Reſte fand von Carabus glabratus, ferner vom braunen Sandkäfer (Cieindela hybrida), von einem Aaskäfer (Silpha atrata) und von einem Raubkäfer (Staphylinus). Dieſe ſechs Käfer gehören unbedingt zu den ſehr nützlichen. Betreffs der Silpha und des Staphylinus muß ich übrigens noch bemerken, daß ich durch deren aufgefundene Reſte noch abſolut keinen Beweis dafür habe, daß ſie auch wirklich „gefreſſen“ ſind; beide leben von Aas und können die Niſtkäſten alſo auch aus dieſem Grunde aufgeſucht haben. Einſt hatte ich in einer Wieſe eine todte Raben-Krähe liegen, welche ſehr ſtark mit Todtengräbern (Necrophorus vespillo und Neerophorus humator), ferner mit Silpha atrata und Hister fimetarius beſetzt war. Mehrere Staare ſpazierten daneben herum, ohne an ihm Beute zu machen. Sie ſchienen es gar nicht zu wiſſen, daß bei einem ſolchen Kadaver viele Kerfe zu finden ſeien. Ganz genau wiſſen das die Bachſtelze, das Rothkehlchen, der Fliegenſchnäpper ꝛc. Furcht etwa vor dem Kadaver bekundeten ſie nicht, wohingegen zu einer anderen Zeit ein todtes Hermelin umzetert wurde. Ich komme nochmals darauf zurück, daß es völlig naturgemäß iſt, daß unſere Kerbthierfreſſer keinen Unterſchied machen zwiſchen nützlichen und ſchädlichen Inſekten, die Vögel regeln das „Gleichgewicht in der Natur“, und könnte hier allerdings eine Störung dieſes Gleichgewichtes eintreten, wenn der Menſch ganz beſonders eingreift, beiſpielsweiſe alſo, wenn jeder die „Staaren-Zucht“ fo im Großen triebe, wie ih 222 Dr. Koepert, Aber auch dieſes letztere würde hier in unſerer Gegend nur nützlich ſein; ich habe E feinen durch Staare verurſachten überwiegenden Schaden konſtatiren können, auch nicht im Geringſten beobachtet, daß „mein“ gewaltiger Staarenſchwarm die übrige Vogelwelt im Parke irgendwie beeinflußt oder beeinträchtigt. Als nützliche Thiere, die vom Staar genommen werden, muß ich auch noch die Erdſpinnen nennen. | Und nun die ſchädlichen Inſekten. Lenz ſtellt an bezüglicher Stelle in „Brehm's Thierleben“ eine Berechnung auf von dem Nahrungsquantum, welches täglich von ſo und ſo vielen Staaren verbraucht wird. Dieſe erwähnte Berechnung baſirt auf genauen Beobachtungen, wie wir ſie von unſerem Lenz nicht anders erwarten können. Wollte auch ich hier eine derartige Mittheilung machen von der täglich durch meine Staare verbrauchten Nahrung, die Summe würde eine ungeheuere ſein! Von kleineren Inſekten und Larven bringen die Staare faſt immer mehrere. Sie bearbeiten die Beute immer erſt etwas mit dem Schnabel, ſo daß ſie ſchlaff und widerſtandslos wird und ſuchen ſich dann auf dieſe Weiſe häufig eine ganze Ladung zuſammen. Iſt irgendwo ein ganz beſonders ergiebiges Nahrungsfeld entdeckt, ſo wird es auch ſogleich von einer Menge futterſuchender Eltern auf das emſigſte ausgebeutet. Bet Einſt (Juli) an einem feucht-windigen Tage trugen mehrere Staarenpärchen, deren Käſten am Hauſe hängen, fortwährend ganze Ballen der Schnake (Tip. olerae. [2]), jener großen Mücke, heim. Auffallend früh im Jahre flogen die Schnaken. Oft mochte ein Staar deren ein ganzes Dutzend und mehr im Schnabel tragen und die langen Beine der Inſekten ſtanden wie „Spürhaare“ nach allen Seiten aus dem Schnabel hervor. So ging es während des ganzen Tages. Am Abend legte ſich der Wind; es war warm und ich ſetzte mich mit einer Lampe draußen in die Veranda. Hunderte und aber Hunderte der genannten großen Mücke tanzten alsbald an der Lampe und vertrieben mich nach kurzer Zeit. Ich habe ſo etwas nie wieder geſehen. — Vor unſerem Hauſe befindet ſich eine große Wieſe; dieſelbe muß mit dieſen Schnaken völlig überſät geweſen ſein. Ein andermal brachte ein Staarenpaar fortwährend in ſchneller Folge ganze Schnäbel voll Schmeiß— Fliegen, und zwar hauptſächlich Musca caesarea oder die Goldfliege. Die ergiebige Nahrungsquelle konnte nicht weit ſein und ich entdeckte ſie auch nach kurzer Beobachtung. In einer Ecke der ſoeben erwähnten Wieſe hatte ich vor einiger Zeit (aus beſtimmten Gründen) Kadaver verweſen laſſen; die ungeheueren Maſſen der darin aufgewachſenen Maden von M. caesarea und M. vomitoria hatten ſich in üblicher Weiſe an Ort und Stelle verpuppt und kamen nun naturgemäß auch in Menge (gleichzeitig) als fertige Inſekten aus der Erde hervor. Wiederum war es ein etwas windiger Tag und die Staare holten die an manchen Grashalmen zu Der Staar in Elſaß⸗-Lothringen vogelfrei?! V. 223 fünf und ſieben ſitzenden, noch matten, weichen, „leer-leibigen“ Schmeißfliegen ſehr eifrig. Die obengenannte Schnake iſt unſchädlich; die Schmeißfliegen müſſen wir zu den nützlichen Inſekten im „Natur-Haushalte“, zu den ſchädlichen im „Haus— halte des Menſchen“ rechnen. Meinen Beobachtungen nach iſt der mit dem grünen Teppich belegte Tiſch des Staars an feucht⸗windigen Tagen ſtets reichlich mit all den verſchiedenen, ſonſt ziemlich vor ihm geſicherten „fliegenden Inſekten“ gedeckt. Ich ſah, daß er zu ſolcher Zeit viel dergleichen eintrug: z. B. die Rinderbremſe (Tabanus bovinus) und die „blinde Fliege“ (Haemotopota pluvialis), ſowie auch Volucella-Arten und Eristalis- Arten; auch Skorpionfliegen (Panorpa communis) und Raubfliegen (Asilidae). Letztere vier Inſekten-Arten ſind (im Sinne des Menſchen gemeint) unſchädlich oder auch theils nützlich; ſie müſſen aber dennoch auch ihrerſeits wieder „in ihren Schranken gehalten werden“, denn was würde ſich ergeben, wenn beiſpielsweiſe die Raubfliegen ſich ſchrankenlos vermehrten, ohne von verſchiedenen Vögeln 2c. befehdet zu werden. | All dieſe flugbegabten Inſekten, d. h. diejenigen, welche ſich ſofort ihrer Flügel zur Flucht bedienen, ohne erſt ihre Tracheen vollpumpen zu müſſen, oder ſich ſonſt— wie eine Zeit lang „beſinnen“ zu müſſen, möchte ich gewiſſermaßen als „Zufallsbeute“ anſehen, gegenüber der übrigen Nahrung des Staares. f Reſte der flinken Cieindela hybrida, wie oben erwähnt, fand ich uur ein einziges Mal im Staarkaſten; doch habe ich ſehr häufig geſehen, daß genannter Vogel eine einmal ins Auge gefaßte, flüchtige Beute mit großem Jagdeifer oder Ehrgeiz verfolgte: ſpringend, rennend, abſatzweiſe fliegend (z. B. bei Gras— hüpfern (Stenobothrus) und weit nach ihnen fliegend (bei Maikäfern). Auch Schmetterlingen folgt er oft eine kurze Strecke; ich ſah, wie ein Moma Orion vom Staar getödtet und verſpeiſt wurde. Die Hauptnahrung ſucht ſich der Staar auf dem Erdboden; aus Spalten und Ritzen, aus den vorjährigen, plattliegenden Grasbüſcheln, unter Laub ꝛc. [Ganz beſonders durchſucht er die am Ufer der Bäche und Flüſſe liegenden, angeſchwemmten Materialien; ich habe dies letztere zu allen Jahreszeiten und in den verſchiedenſten Gegenden geſehen (Weſer, Rhein, Elbe, Main, Haſe, Innerſte ꝛc.) und zwar vorzugs— weiſe im Winter. Der Staar iſt mit der ärgſte Feind des Maikäfers bez. deſſen Larven! Sit ein „Maikäferjahr“, jo werden ungeheuere Maſſen dieſes Käfers hier von meinen (2c.) Staaren vertilgt und im Jahre zuvor ungeheuere Maſſen von den dann äußerſt gefräßigen, faſt erwachſenen Engerlingen. Mit ſpielender Leichtigkeit entdeckt das ſcharfe Auge des Vogels die den faſt reifen Enger— ling verrathende Stelle im Graſe und mit großer Geſchicklichkeit wird die Larve hervorgeholt. Bin doch ſelbſt ich im Stande, die Engerlinge unter der Grasnarbe 224 Dr. Koepert, (und an letzterer) nachzuweiſen: um wie viel beſſer alſo der Staar! Die Engerlinge, welche den Jungen zugetragen werden, ſind zum größten Theile faſt erwachſen. Wird irgendwo gepflügt, ſo ſind Maſſen von Staaren hinter und vor dem Pfluge; wird dann geeggt, ſo ſind ſie wiederum da und nun werden u. a. auch unzählige der noch kleinen, jugendlichen Engerlinge vertilgt, deren oft zehn Stück kaum ſo viel Nahrung abgeben, wie ein großer! Im zeitigen Frühjahr hält „mein Staarenflug“ zuſammen; die Staare der nächſten Umgebung geſellen ſich dazu und nun fällt der gewaltige Schwarm gemeinſchaftlich ein, hinter Pflug und Egge, kein nur einigermaßen bloßgelegtes Thier bleibt verſchont! Ungleich impoſanter iſt dieſes Schauſpiel natürlich im Herbſte, wo die Jungen noch dazu kommen. Im Herbſte oder vielmehr ſtets ſäubern dieſe Schaaren die Schafe von den Zecken (Melophagus ovinus) und ebenſo leſen ſie die Läuſe von den Schweinen und Rindern. Zwiſchen Staar und Säugethier beſteht daſſelbe freundſchaftliche Verhältniß, wie zwiſchen den größeren Säugethieren und den Maden⸗ hackern (Buphagae) in Afrika: die Schafe halten beiſpielsweiſe ſtill, wenn ihnen durch Staare das Geſicht von Zecken geſäubert wird. Der Staar ſelbſt leidet oft viel an einer Lausfliege (Lipoptena cervi), beſonders die Jungen. Neben Engerlingen ſind Regenwürmer, Schnecken und Raupen als Hauptnahrung des Staares zu nennen, wie derſelbe auch eine große Fertigkeit im Auffinden von unterirdiſch lebenden Schmetterlingspuppen beſitzt. Ein ein— ziges Mal fand ich den Vorderkörper einer Maulwurfsgrille (Gryllotalpa vulgaris) unter einem Staarenneſte. Regenwürmer dürfen wir zu den nützlichen Thieren rechnen, ſo lange ſie ſich nicht im Uebermaß vermehren. Dieſes „Uebermaß“ dürfte am allerbeſten unſer Staar verhindern, wie auch die immer mehr zunehmende „Maikäfer⸗Kalamität“ am beſten durch „allgemeinere Staaren-Zucht“ hier zu Lande zu bekämpfen ſein dürfte. | Eine Aenderung in der Lebensweiſe von Sturnus vulgaris habe ich nur inſofern zu verzeichnen, als er hier bei uns immer mehr und mehr zum Menſchen ſich hinzieht bez. „aus Niſtſorge hinziehen muß.“ Uebrigens habe ich mehrfach Beweiſe dafür, „wie ſehr ein Vogel die Niſtart, welche er als praktiſch kennt, oder in der er ſelbſt groß wurde, nach Möglichkeit wieder wählt oder beibehält.“ So niſten in meinem Beobachtungsreviere an manchen Stellen einzelne Staare in Niſt⸗ käſten (und zwar in ſolchen, welche an im Walde belegenen Häuſern angebracht ſind), trotzdem im nächſten Umkreiſe mehrere durchaus brauchbare Spechthöhlen ſich befinden. Zwei andere Staar-Pärchen dahingegen ſchienen allen Niſtkäſten auf das ärgſte zu mißtrauen und als alles Suchen nach einer paſſenden, „natürlichen“ Höhlung nichts fruchtete, da die Eingänge zu denſelben ſtets viel zu eng waren, ſo verſuchten ſie, das Eingangsloch einer ſolchen zu vergrößern. In dem einen Falle N N } $ 4 1 1 * f Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! V. 225 (im Walde) gelang dies nicht; im anderen Falle (hier in Sophienhof) gelang es: Die Staare hatten ein in einem alten Birnbaume befindliches Loch gewählt, welches am Eingange mit alter riſſiger Rinde bewachſen war. Die morſchen Rinden-Wülſte wurden unter großer Mühe von beiden Staaren losgehackt. Bei dieſer Arbeit riefen beide fortwährend ihr ärgerliches „Scheck⸗ſcheck“. Ein drittes Staarenpärchen endlich bearbeitete lange Zeit das Eingangsloch eines für Meiſen aufgehängten Niſtkaſtens. Der letztere beſtand aus einem, von Natur hohlen Buchenſtamm⸗Abſchnitte und hatte auch ein natürliches enges Ein— gangsloch. Um und in dieſem Eingangsloche wurde die ziemlich feſt ſitzende Rinde von den Staaren mit vieler Mühe entfernt, ohne daß letztere dadurch indeſſen ihre Abſicht erreichten. Aus dieſen Beobachtungen geht hervor, „daß Staare ſich unter Umſtänden den Eingang zu einer Niſthöhlung etwas erweitern. Neben vielen naturgemäßen Niſtkäſten habe ich auch einige ſehr bunt tapezirte Käſten aufgehängt. Sie wurden bezogen und geht meine Anſicht dahin, daß Sturnus vulgaris wohl leicht ſich zu einer geänderten Niſtweiſe aus Noth bequemen wird. (Vgl. „Orn. Monatsſchr.“ 1890, S. 110.) In größeren Städten rupfen die Staare ziemlich viele grüne Blätter von den Gartengewächſen ab und können ſich, wie ich in der „Orn. Monatsſchr.“ 1890, S. 347 berichtet habe, dadurch ſtellenweiſe recht unliebſam machen. Abhilfe iſt meiſt leicht: man giebt ihnen Niſtſtoffe. Eine eigenthümliche Beobachtung in dieſer Hinſicht habe ich aus unſerer Gegend zu verzeichnen. Bekannt iſt die Gewohnheit des Staares: verſchiedene Blumen und Blüthen zum Neſtbau zu verwenden. Es wird vielfach behauptet, daß nur unbeweibte Staare dieſem Sport huldigten. Dem iſt aber nicht ſo: hier im Parke verwenden faſt ſämmtliche Staar-Männchen Blumen zum Neſte. Leichtbegreiflicherweiſe treiben dies die unbeweibten, aufgeregten Männchen am meiſten. Die Beobachtungen, welche ich in dieſer Sache gemacht habe, ſind nun folgende: Im Walde werden nur ſelten einzelne Blumen beim Neſtbau verwandt, z. B. Anemone nemorosa Linn.; hier bei mir ſcheint aber Gelegenheit Diebe zu machen, denn ich finde ſtets mehr oder weniger die verſchiedenſten Blumen und Blüthen in faſt allen Neſtern: Galanthus nivalis Linn., Leucojum vernum Linn., Cypripedium cealeeolus Linn, Orchis Morio Linn. Blüthen vom Seidelbaſt, Daphne Mezereum Linn., viele Veilchen ꝛc. Es iſt lediglich die Farbe, welche den Staar zu obigem veranlaßt; denn ich ſah, wie ein beſonders botaniſch geſinntes Staarmännchen eine gelbe Narziſſe (Narcissus Pseudonareissus Linn.) abriß und (ſammt Stengel) in's Neſt trug; als „Niſtmaterial“ doch das denkbar unpaſſendſte! Oft ſtreute ich bunte Papierſtreifen; ſie wurden ſehr gern genommen und zwar lieber, als ſchwarze Streifen. 226 Dr. Koepert, Sehr ſonderbarerweiſe verwenden faſt alle Staare des Parkes ſeit vielen Jahren mit Vorliebe große, grüne Blattfetzen von Heraeleum giganteum zum Neſtbau. Sie ziehen dieſe Blätter, welche einen ekelerregenden Geruch haben, offenbar allen anderen grünen Blättern vor und zerraufen die genannten Pflanzen alljährlich in einer, ſelbſt den Arbeitsleuten längſt aufgefallenen Weiſe! Daß oftgenannter Vogel hier im Parke (auch ſonſt in der Gegend) einige Male im Herbſte Neſter baute, habe ich in der „Orn. Monatsſchr.“ 1890, S. 482, berichtet. Einzelne Halme tragen ſie hier zu Lande häufig an ſchönen Herbſttagen zu Neſte. Daß Staare die Eier oder Jungen aus erdſtändigen Neſtern rauben, habe ich. trotz diesbez. vieler Experimente nie beobachtet. Es ſoll dies indeſſen vorgekommen ſein, wie mich eine kundige junge Dame, an deren Ausſage ich nicht im geringſten zweifle, verſichert hat. Sollte dieſe räuberiſche Untugend anderswo öfter beobachtet ſein, ſo möchte ich dieſelbe darauf zurückführen, daß man den Staaren ſo häufig rohes Pferdefleiſch als „Winterfütterung“ giebt. Eine auffallende Aenderung in der Lebensweiſe des Staares beobachtete ich im April 1890 in Köln. Dort hatten etwa 200 Staare ſich zum „Schlafplatze“ eine mit uraltem Epheu bewachſene Hauswand in der Brandenburger Straße erwählt. Allabendlich kamen ſie dort von allen Seiten zuſammen, muſizirten eine Zeit lang auf Telegraphendrähten und gingen dann unter dem üblichen Gezeter im Epheu zur Ruhe. Hier bei mir bilden faſt immer Feldgehölze (und zwar Fichten) die Schlafplätze. Im zeitigen Frühjahre, alſo vor der erſten Brut, muſiziren hier in der Gegend die Staare gegen Abend auf beſtimmten Bäumen (in Wald und Dorf) eine geraume Zeit und fliegen dann irgend einem „Schlafplatze“ zu. Dieſe „Frühjahrs“ -Schlaf⸗ plätze, an welchen die Staarflüge von allen Seiten zuſammenkommen, ſind jahrelang an denſelben Plätzen. Tritt dann aber einmal plötzlich wieder ſtarker Froſt und Schneefall ein, jo begeben fie ſich Abends in ihre Käſten (gewöhnlich paarweiſe). Brehm ſpricht bei Sturn. vulg. einfach von der zweiten Brut und ebenſo Lenz. Ich habe ſeit Jahren beobachtet, daß nur etwa 30 Proz. zu einer zweiten Brut ſchreitet; oft etwas mehr, häufig aber auch ganz bedeutend weniger. Einſt ſogar keiner. Der Staar überwintert hier nicht; nur wenige verbleiben hier dann und wann. An der Weſer ſieht man in günſtigen Wintern auch wohl einmal einen kleinen „Flug“. In Köln überwinterten im Jahre 1889/90 ſicher an 600 Stück. In Göttingen ſah ich im vergangenen Dezember 143 Staare (10.— 18. Dez. 1890; viel Schnee und — 13° R.). | In Köln machte das damals allabendlich gegebene Monſtre-Konzert bei vogel- kundigen Einwohnern ſowohl, als auch bei faſt allen Paſſanten großes Aufjehen. Aus dieſem Umſtande und aus den auf die Sache bezüglichen Zeitungsartikeln ſchließe ENTE EEE eee Der Staar in Elfaß: Lothringen vogelfrei?! V. 227 ich, daß in Köln eine derartige Maſſen-Ueberwinterung ein Ausnahmefall iſt. Die betreffenden Staare trennten ſich ſpäter (Anfang April) in zwei Kolonnen, von denen die eine (wie erwähnt) jeden Abend in dem Epheu eines Hauſes der Brandenburger Straße nächtigte. Ich habe dort das Treiben bis zur Brutzeit beobachtet; ganze Aeſte des Epheus brachen unter der lebendigen Laſt. In Göttingen ſcheint meinen Erkundigungen nach eine Ueberwinterung des Staares nicht ſelten zu ſein. Während ich nun aber in Göttingen das Treiben von 143 Staaren acht Tage lang zu bitter— böſer Winterszeit beobachtete, ſo ſah ich acht Tage ſpäter in Hannover keinen einzigen. Die „Herbſt-Vereinigungen“ des Staares treiben hier ihr Weſen im Gebiete der Weſer. Wo ſie zu dieſer Zeit ihre „Monſtre-Schlafplätze“ haben, iſt mir unbe— kannt; ich habe gewaltige Flüge allherbſtlich von allen Seiten über das Süntel— Gebirge fliegen ſehen, ob dieſe aber bis zum Steinhuder Meer fliegen, weiß ich nicht. Einen „allgemeinen Frühjahrs-Schlafplatz“ beobachtete ich hier in nächſter Nähe (kl. Feldgehölz) ſeit nunmehr 20 Jahren. Vor etwa 20 Jahren wurde dieſer Schlafplatz von einer ganz ungeheueren Menge von Staaren beſucht. Als ich dieſelben einſt durch einen Schuß aufſcheuchte, erhoben ſie ſich unter donnerähnlichem Getöſe und man hielt die aufſteigende reſp. einfallende ſchwarze Wolke in dem etwa / Stunde entfernten Aerzen für den Rauch eines brennenden Gehöftes. Heute logiren dort nur noch Bruchtheile jener Schaaren. Die Hauptmaſſe verſchwand nach und nach mit den alten Eichen-Beſtänden. Vor 15 Jahren brüteten hier im „Hauben“, welcher am genaueſten von allen Wäldern mir bekannt iſt, an 150 Staar-Pärchen; heute nur noch deren 20. So iſt die „Abnahme“ derſelben! Eine „Abnahme der Staare“ muß ich aus meinem ganzen Be— obachtungs-Gebiete verzeichnen. (Mangel an alten Bäumen.) In manchen Gemeindewaldungen geht mit der Abnahme der Staare eine Zunahme der Dohlen Hand in Hand. Dies hat folgenden Grund: „In jedem Frühjahre, wenn die jungen Staare faſt flügge ſind, begeben ſich aus manchen Dörfern junge Burſchen in die Waldungen, um die Staarbrut mit Beilen „auszuhauen“. Dies iſt (ſüdlich von hier und bei. in den Fürſtl. Lippe'ſchen Eichenwaldungen) jo modern, daß ich einſt eine Anzahl junger Leute ſich folgendermaßen äußern hörte: „Willt wi morgen in de Kerke — oder willt wi Spreihen-Neſter ſäuken?“ — („Wollen wir morgen in die Kirche — oder wollen wir Staaren-Neſter ſuchen?“). Die „ausgehauenen“ Staaren⸗Höhlungen werden dann im folgenden Jahre dankbarſt von den Dohlen bezogen.“ Daß dieſes wiederum anderweite Nachtheile für die Vogelwelt mit ſich bringt, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Ich habe Leute überraſcht, welche einen ganzen Korb voll junger Staare und Spechte ꝛc. erbeutet hatten. Inzwiſchen habe ich dieſen Unfug aber faſt ausgerottet. 228 Dr. Koepert, Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! V. Von unſerem Obſte wird dahier nur die frühreife Kirſche gezehntet. Die Reife dieſer rothen Kirſchen fällt mit der zweiten Brut des Staares zuſammen und rauben dann die alten Staare ziemlich viele dieſer Früchte. Einige Kirſchen⸗ Plantagen in meinem Beobachtungsbezirk haben mir aber bewieſen, daß die Staare nicht allgemein dieſe Fruchtgärten aufſuchen und ferner, daß ſie nicht von weit her danach fliegen. Gelegenheit aber, nahe Gelegenheit macht ihn zum argen Diebe! Hier bei mir befinden ſich acht Kirſchenbäume in der nächſten Nähe des mit einer Menge Staarenkäſten behängten, uralten Eichenbeſtandes. Die wenigen hier zur zweiten Brut ſchreitenden Staare brandſchatzen dieſelben hauptſächlich kurz vor dem Ausfliegen der zweiten Brut. Sie fliegen dann eifrig ab und zu und ſcheinen ſehr froh zu ſein, die zum „Herauslocken“ ihrer flüggen Jungen nothwendige, leckere Nahrung in nächſter Nähe zu haben. Sie, die Alten, brauchen nämlich bis zu den Kirſchenbäumen nur wenige Meter weit zu fliegen. Sind die Jungen glücklich aus⸗ geflogen, ſo verſchwinden die Staar-Familien alsbald aus der Gegend, ohne ſich jemals durch die noch reichlich vorhandenen frühreifen rothen, oder durch die jetzt erſt reifen und reifenden ſchwarzbraunen Leder⸗Kirſchen noch an Ort und Stelle halten zu laſſen. Kommt es indeſſen einmal vor, daß die Jungen der erſten Brut, welche (wie Brehm ſich in ſeinem „Thierleben“ ſehr treffend ausdrückt) „bis zum Flüggewerden der zweiten Brut in größeren Vereinigungen ziellos im Lande umherſchweifen“, auf Kirſchenbäumen einfallen, ſo iſt im Umſehen auch die letzte Frucht verſchluckt oder abgeriſſen und zu Boden geworfen. Dieſes letztere beobachtete ich indeſſen nur ein⸗ mal; faſt immer ſtreifen die genannten Vereinigungen auf Feldern und Wieſen und hauptſächlich in den Fluß-Niederungen umher. Die Reife und Ernte der ſpätreifen Lederkirſche geht hier immer ohne irgend welche beſondere Beeinträchtigung ſeitens der Staare vor ſich. Hier bei uns ſtreifen die Jungen der erſten Brut in Gemeinſchaft und unter Führung der nicht zu einer zweiten Brut ſchreitenden Alten umher. Sind auch die Jungen der zweiten Brut in die ofterwähnten „Vereinigungen“ aufgenommen, ſo hört das ziel- und planloſe Umherſtrolchen auf und macht mehr und mehr einem geregelten Leben Platz. (Schlafplätze. ) Der Staar badet nicht viel: Geſang, nützliches Tagewerk und Elternſorgen ſcheinen ihm keine Zeit dazu zu laſſen. In Bächen ꝛc. ſah ich ihn nie baden und er hat keinen beſtimmten Badeplatz. — Einmal ſah ich mehrere Staare im naſſen, ſonnenbeſchienenen Graſe ein Bad nehmen. Die größeren Vereinigungen aber baden oft gemeinſam; ich ſah einſt etwa 60 Staare in einer ſeicht unter Waſſer ſtehenden Mergelgrube gemeinſchaftlich ein Bad nehmen und an anderen Tagen und Stellen habe ich zuweilen Hunderte von ihnen auf überſchwemmten Wieſen, Fußwegen 2. im ſeichten Waſſer pantſchen ſehen. („Zufalls-Bäder“.) Ausflug d. Ver. von Freunden d. Ornithol. ꝛc. zu Leipzig an die Rohrbacher Teiche. 229 Daß Wein- oder irgend welche Beeren vom Staar gefreſſen werden, habe ich nie geſehen oder in Erfahrung bringen können. Dem Getreide thut er hier keinen Schaden; ich habe viele Staare hinter der Egge geſchoſſen, alle hatten Inſekten im Magen. Dort, wo Staare überwintern, ſoll man warnen, ihnen irgend welches Getreide oder Rohfleiſch zu bieten. Der Nutzen überwiegt den Schaden bedeutend.“ Bericht über den Ausflug des Vereins von Freunden der Ornithologie und des Vogelſchutzes zu Leipzig an die Rohrbacher Teiche. Am 7. Mai dieſes Jahres unternahm ein Theil der Mitglieder des Vereins von Freunden der Ornithologie und des Vogelſchutzes zu Leipzig unter Führung des 1. Vorſitzenden, Herrn Dr. Rey, einen Ausflug an die vom Schreiber dieſes ſchon früher geſchilderten Rohrbacher Teiche.) Der Ausflug war vom Wetter inſofern begünſtigt, als es nicht, wie ſonſt am Himmelfahrtstage, witterte. Der Himmel war jedoch bedeckt und es herrſchte daher keine ſo große Hitze. Die Theilnehmer an der Excurſion trafen um ½10 Uhr morgens mit dem Zug in Belgershain ein und traten von hier aus ihre Wanderung nach den ca. / Stunde entfernten Teichen an. Unterwegs beſichtigten ſie in dem Gehöft des Herrn Gänſehals einen eigenthümlichen Niſtkaſten. Derſelbe beſteht aus dem Deckel einer Drillmaſchine, iſt ca. 75 em. hoch und 50 em. breit. Er enthält drei Abtheilungen und ift ohne Rückwand an dem Hausgiebel angebracht. Durch 3 ca. 5 em. im Geviert große Löcher ſteht er mit der Außenwelt in Verbindung. Dieſer Kaſten iſt in allen 3 Etagen von Vögeln bezogen worden, und zwar in der oberſten von einem Staar— pärchen, in der mittleren von Sperlingen, in der unteren von Hausrothſchwänzchen. Während des Marſches wurden folgende Vögel geſehen und gehört: Sperling, Staar, Pirol, Kuckuk, rothrückiger Würger, Raubwürger, Goldammer, Grauammer, Rohr— ammer, Steinſchmätzer, gelbe und weiße Bachſtelze, Haubenlerche, Feldlerche, Haus— rothſchwänzchen, Wendehals, Hausſchwalbe, Rauchſchwalbe, Baumpieper, Grünſpecht. Bei der Ankunft an den Teichen fiel zunächſt eine Fulica atra in die Augen, der ih) bald noch mehr zugeſellten, ebenſo wie eine Anas boschas. Bald wurde auch das erſte Neſt gefunden, ein Rohrammerneſt mit 5 frischen Eiern.“) Es ſtand in einem Erdloch unter einem Strauch, ca. 5 em. tief. Da der erſte (Mühl-) und der ) Ornithol. Monatsſchrift. 1891. S. 169. *) Ein zweites mit 2 Eiern wurde ſpäter noch gefunden. 230 Carl R. Hennicke, zweite (Mittel-) Teich zu ſehr in der Nähe des Dorfes Rohrbach liegen, um eine gründliche Durchforſchung zuzulaſſen, wurden ſie nur kurz und gewiſſermaßen aus der Ferne mit dem Glaſe beobachtet. Es zeigten ſich aber trotzdem ganz intereſſante Dinge. In der Luft waren 7 Störche ſichtbar, die dort, bisweilen im Verein mit einigen Möven und Seeſchwalben, kreiſten. Dicht über dem Waſſerſpiegel hin ſegelte eine große Anzahl Hirundo riparia und Cypselus apus, während auf demſelben eine Menge Fuliea atra, Podieipes rubrieollis und mehrere Enten ſichtbar waren. Die letzteren gehörten den beiden Arten boschas und ferina an. ö 1 1 * * — Bei den Fulicae konnte mehrfach der Liebestanz beobachtet werden, ebenſo bei den 7 Tauchern. | Viel intereſſanter noch wurde das Bild, als man an den großen dritten Teich kam. Hier war die Zahl der fliegenden und ſchwimmenden Vögel eine viel größere. In der Luft tummelten ſich gegen 40 Möven und Seeſchwalben, während ebenſo viele auf den Feldern ihrer Nahrung nachgingen und andere ſich auf dem Waſſer und im Schilf der hinteren Ecke des Teiches als leuchtende weiße Punkte abhoben. Dicht vor den Theil⸗ nehmern am Ausfluge vorbei flog ein kleiner Vogel, der jedenfalls Totanus ealidris*) war, jedoch nicht ſicher beſtimmt werden konnte. Da ſich inzwiſchen Herr Forſt⸗ candidat Delling, zu deſſen Schutzbezirk die Teiche gehören, eingefunden hatte, dadurch alſo einem etwaigen üblen Verdacht bezüglich des Stehlens von Enteneiern vorgebeugt war, begab ſich Herr Müller“) ins Waſſer, um eine ſyſtematiſche Durchforſchung der Teichufer nach Neſtern und Gelegen vorzunehmen, während die übrigen ſich das Leben und Treiben vom Trockenen aus betrachteten. Es wurden dabei außer den ſchon früher genannten Arten (Storch, Anas boschas, ferina, Xema ridibundum, Sterna fluviatilis, Fulica atra, Podicipes rubrieollis) noch an und auf den Teichen beobachtet: Podieipes eristatus in zwei Exemplaren, Vanellus eristatus, Columba oenas, Palumbus torquatus, Falco tinnunculus, Buteo vulgaris, Astur nisus, Garrulus glandarius, Corvus corone und Corvus cornix. Auch eine Ente ging in 2 Exemplaren auf, die entweder querquedula oder erecca war. Eine genaue Diagnoſe war unmöglich. Inzwiſchen war Herr Müller auch nicht müßig geweſen. Er entdeckte eine ungeheuer große Anzahl Neſter von Fuliea atra mit Gelegen von 2— 10 Stück. Sodann fand er mehrere Neſter von Podieipes rubricollis mit Eiern (3 Stück). Leider hatte jedenfalls vorher ſchon ein Menſch die Neſter ge— plündert, wie es auch die Krähen gethan hatten. Dies konnte Herr Müller am beſten ſehen an der öſtlichen Ecke des Teiches, wo er auf zwei große, ungefähr je 10 — 12 Meter ins Geviert haltende Colonien von Larus ridibundus traf, welche ungefähr 50 — 60 zerbrechen und nur 10 — 12 ganze Eier enthielten. Wenn ſich *) Nr. 41 des Verzeichniſſes auf Seite 169 der Ornith. Monatsſchr. 1891. **) cf. Ornith. Monatsſchr. 1890. 49. Ausflug d. Ver. von Freunden d. Ornithol. ꝛc. zu Leipzig an die Rohrbacher Teiche. 231 eine Krähe auf dem Teiche in der Nähe der Mövencolonien zeigte, wurde ſie ſofort von den Möven angefallen und eine Strecke weit verfolgt. Die Colonien waren auf vorjähriges, abgeſchnittenes, ſchwimmendes Schilf und Rohr gebaut, ſo daß ſie voll— ſtändig von ihrem Platze verſchoben werden könnten. Auch von Anas boschas fand Herr Müller ein Neſt mit 9 und von ferina eins mit 4 Eiern.“) Während ſeiner Anweſenheit im Schilf hörten er und die ihm zunächſt Befindlichen plötzlich das Gebrüll der Rohrdommel und, gleichſam zur Beſtätigung ihrer Diagnoſe, fanden ſie den, allerdings ſchon zum guten Theil ſkeletirten, Cadaver eines ſolchen Vogels. Im angrenzenden Walde wurde dann auch ein Krähenneſt ausgenommen, in dem ſich neben 3 Jungen ein leeres Ei vorfand. Es war von dem Ei anfänglich nur die Schale ohne irgend welchen eingetrockneten Inhalt zu bemerken. Bei der Unterſuchung zeigte ſich jedoch, daß die Eiweißſubſtanz fein vertheilt an der Schale ſaß und an derſelben einen dünnen, durchſichtigen Mantel bildete. Von Calamoherpe arun— dinacea und turdoides, die ihren Geſang am Teiche ſchon ertönen ließen, wurden Neſter nicht gefunden; das Rohr war auch noch ziemlich niedrig. Nach dem Heimmarſch, der gegen 2 Uhr angetreten wurde, und auf dem noch der Fitislaubſänger, die Blaumeiſe, die Klappergrasmücke und der Faſan beobachtet reſp. gehört, ſowie eine Anzahl Rehwild geſehen wurde, theilte ſich die Expedition in zwei Theile, von denen der eine nach eingenommenem Mittagsmahl das Forſtrevier Oberbirken beſuchte und hier noch Plattmönch, Trauerfliegenfänger und Rothkehlchen hörte, um um 6 Uhr nach Leipzig mit der Bahn zurückzukehren. Unter dieſen war Herr Dr Rey. Die andere Abtheilung dagegen kehrte nochmals an die Teiche zurück. Herr Müller fand in dem vierten kleinſten Teich noch ein Neſt der Fulig. ferina mit 3 Eiern und, — das Beſte kommt zuletzt —, ein Neſt der Rohrdommel mit 3 Eiern. Es ſtand nicht über dem Waſſerſpiegel erhöht auf altem Rohr und Schilf wie gewöhnlich, ſondern faſt in gleicher Höhe mit dem Waſſer— | ſpiegel in jungem, grünendem Rohr und Segger. Ein Ei wurde der Sicherheit halber mitgenommen und Herrn Dr. Rey vorgelegt, der es beſtimmte. Die Eier waren voll— ſtändig unbebrütet. Von Fulica atra wurde ein Neſt gefunden, in dem neben einer Anzahl bebrüteten Eiern 3 vollſtändig unbebrütete, bedeutend kleinere und auch in der Färbung abweichende ſich vorfanden. Auf dem Heimwege wurden noch ein Buſſard, ein Thurmfalke und eine Taube am Neſt beobachtet. Da es bei der Rückkehr nach Belgershain erſt ½8 Uhr war, wurde noch ein kurzer Gang durch das Revier Ober— birken unternommen. Es wurden hier mehrere bewohnte Krähen-, Häher- und Buſſardhorſte beobachtet, ſowie eine große Anzahl Rehwild und einige Haſen geſehen. ½10 Uhr wurde dann fröhlich die Rückreiſe nach Leipzig angetreten. ) Später noch eins mit 3 Eiern. Nr. 42 des Verzeichniſſes 1891. S. 169. 232 Ernſt Schäff, Bei dieſer Gelegenheit ſei noch bemerkt, daß vor einigen Tagen an den Teichen 1 eine Weihe geſchoſſen worden iſt. Ich konnte dieſelbe nicht ſehen, alſo auch nicht beſtimmen. Ferner erzählte mir Herr Forſtcandidat Delling, daß er vor einigen Tagen mehrere Vögel an den Teichen geſehen habe, die nach ſeiner Beſchreibung Kormorane geweſen ſein müſſen. Es wäre dann ev. meine Vermuthung auf S. 175 Jahrg. 1891 d. Ornith. Monatsſchr. beſtätigt. Leipzig, den 13. Mai 1891. Dr. med. Carl R. Hennicke. Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. Von Dr. Ernſt Schäff. VI. (Schluß.) > Um die Ueberſicht über die wundervolle Vogelſammlung des Berliner Zoologiſchen Gartens einigermaßen vollſtändig zu geben, muß ich zum Schluß noch eine höchſt intereſſante und reichhaltige Ordnung in den Kreis meiner anſpruchsloſen Betrachtungen ziehen, nämlich die der Papageien. „Einigermaßen“ vollſtändig nenne ich die Ueber⸗ ſicht, welche ich zu geben verſuchte, und zwar mit vollem Recht. Denn eine wirklich vollſtändige Aufzählung und Beſprechung der hier vorhandenen Arten iſt unmöglich, weil fortwährend neue Erwerbungen die Fülle des Gebotenen ſteigern, dem regel⸗ mäßigen und aufmerkſamen Beſucher des Gartens ſtets neue Anregung und neuen Genuß ſpendend, dem Hiſtoriographen des Inſtitutes eine Danaiden-Arbeit auferlegend. Möge denn die folgende Ueberſicht der Papageien das in großen Zügen gezeichnete Bild der artenreichen Avifauna des Berliner Zoologiſchen Gartens zum Abſchluß bringen und ſo einen ungefähren Begriff geben von dem ornithologiſchen Reichthum, den wir hier aufgeſpeichert finden. Um den geduldigen Leſer nicht allzu ſehr zu ermüden, werde ich etwas ſummariſcher verfahren als bisher, und nur auf die ganz beſonders merkwürdigen Formen hindeuten. Von Kakadus ſind nicht weniger als 14 Arten vorhanden — eine wirklich großartige Zuſammenſtellung, wie ſie von lebenden Exemplaren wohl kaum irgendwo geboten wird. Von echten Kakadus erblicken wir den Nacdtaugen- (Plissolophus gymnopis Sel.), Goffins- (Pl. Goffini Finseh), Rothſteiß⸗ (Pl. philippinarum Gm.), Roſen⸗ (Pl. roseicapillus Vieill.), Weißhauben- (Pl. albus S. Müll.), Brillen (Pl. ophthalmicus Sel.), Rothhauben- oder Moluffen- (Pl. moluccensis Gm.), Inka-⸗ (Pl. Leadbeateri Vig.), Goldwangen- (Pl. eitrino-eristatus Fras.), Gelbwangen⸗ (Pl. eristatus L.), Gelbhauben- (Pl. galeritus Lath.) und Tritonkakadu (Pl. triton Tem.). Von dieſen dürften wohl der Goffins-, der Weißhauben-, der Brillen- und * der Philippinen- oder Rothſteißkakadu als Seltenheiten oder wenigſtens als ſeltenere Arten zu nennen ſein. Von anderen Arten finden wir noch den häufig anzutreffenden Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. VI. 233 Naſenkakadu (Liemetis nasicus Tem.) und den prächtigen Bartkakadu (Calyptorhyn- chus Banksi Lath.). Ein Ararakakadu (Mieroglossus aterrimus Gm.) ee nach langem Dienſtalter vor kurzem das Zeitliche. Daß von den Plattſchweifſittichen im weiteren Sinne Wellen- und Nymphenſittiche (Melopsittacus undulatus Shaw und Callipsittacus Novae Hollandiae Gm.) nicht fehlen, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Von einigem Intereſſe dürfte aber die Mittheilung ſein, daß dieſe Arten neben einigen ſpäter zu erwähnenden ſtets in offener Voliere ſich aufhalten und darin auch dieſen ſtrengen Winter glücklich durchgemacht haben. Die Gattung Cyanorhamphus iſt durch den Spring- oder Gelbſcheitelſittich (C. auriceps Kuhl) vertreten; vor kurzem war noch eine zweite Art vorhanden, der ſeltene Hornſittich (C. cornutus Gm.), deſſen Männchen zwei aufrecht ſtehende, ſchmale Federn auf dem Kopf trägt. Eigentliche Plattſchweifſittiche finden wir wiederum in bedeutender Zahl. Es ſind augenblicklich zu ſehen: Bielfarben- (Platycereus multicolor Tem.), Blaßkopf- (Pl. pallidiceps Cuv.), Roſella- oder Buntſittich (Pl. eximius Shaw), Pennant (Pl. elegans Gm.), Gelbnacken- (Pl. Barnardi Vig. et Horsf.) und Ringſittich⸗ (Pl. zonarius Shaw), Scharlachflügel- (Pl. erythropterus Gm.) und Königsſittich (Pl. scapulatus Bechst.), Masfen- (Pl. personatus Gray), Barraband- (Pl. Barrabandi Sws.) und Bergſittich (Pl. melanurus Lear). Nofellaz, Scharlachflügel⸗ und Pennantſittich bewohnen Schon ſeit Jahren Sommer und Winter eine der Außenvolieren des großen Vogelhauſes in beſter Geſundheit, die ſich deutlich in den prachtvollen Farbentönen des Gefieders ausprägt. Die nur ſchwierig zu haltenden Loris haben einige hervorragende Vertreter im hieſigen Garten, nämlich von Keil— ſchwanzloris Schuppen= (Triehoglossus chlorolepidotus Kuhh, Gebirgs- (Tr. Novae Hollandiae Gm.) und Blauwangenlori (Tr. haematodes L.); von Breitſchwanzloris den Blaubinden⸗(Domicella rieiniata Bechst.), Gelbmantel- (D. garrula L.) und Schwarzkappenlori (D. atricapilla Wagl.). Von dieſen hat, wie Dr. Heck in dieſen Blättern ſchilderte, der . mit Erfolg gebrütet (neuerdings zu wiederholten Malen). 5 Arten der Gattung Palaeornis (Edelſittich findet der Beſucher in prachtvollen Exemplaren. Es find dies der Pflaumenkopf (P. eyanocephalus L.), der Tauben— (P. peristerodes Finsch), der Bart- (P. fasciatus Muell.), der Rothwangen- (P. erythrogenys Blyth) und Hodgſons-Sittich (P. Hodgsoni Finsch). Von den wenigen und wenig in ihrer Lebensweiſe gekannten Arten der Gattung Tanygnathus beherbergt der Garten zur Zeit drei, den Weißſchnabel- (T. albirostris Wall.) und den Schwarz— ſchulter⸗Papagei (T. megalorhynchus Bodd.), ſowie Müllers Edelpapagei (J. Muelleri Tem.). Eine ſchöne Kollektion von eigentlichen Edelpapageien will ich nur erwähnen, um Herrn Dr. Heck nicht vorzugreifen, welcher uns demnächſt durch eingehendere Mittheilungen über dieſe ſo beſonders intereſſante Gruppe erfreuen wird. Agapornis — 234 Ernſt Schäff, Die Vogelwelt des Berliner Zoologiſchen Gartens. VI. roseicollis Vieill. (der Roſenpapagei) und A. cana Gm. (das Grauköpfchen) erregen T durch ihre Kleinheit und ihr hübſches Aeußeres beſonders das Entzücken der Damen- welt, während ein großer und ein kleiner Vaſapapagei (Coracopsis obscura Bechst. und nigra L.) durch das für Papageien ungewöhnliche ſchwarze Colorit die meiſten Beſchauer in Erſtaunen verſetzen. Verhältnißmäßig wenigen wird der Unterſchied zwiſchen dem gewöhnlichen Graupapagei (Psittacus erithacus L.) und dem Timneh⸗ papagei (Ps. carycinurus Rehw.) von ſelbſt bemerkbar, da häufig die braunrothe Schwanzfärbung der letzteren Art überſehen wird. Die für den Durchſchnittsbeſucher am meiſten in die Augen fallenden Papageien ſind ohne Zweifel die Aras, beſonders die größeren, in allen Gärten vorhandenen Arten, wie Arakanga (Sittace coceinea Rchw.), Grünflügelara (S. ehloroptera Gray), Ararauna (S. coerulea Gm.) und Soldatenara (S. militaris L.). Außer dieſen beſitzt der Berliner Garten noch eine große Reihe ſeltenerer Arten, nämlich den großen Hyazinthara (S. hyazinthina Lath.) in zwei herrlichen Exemplaren, welche leider über wirklich erſchütternde Stimmmittel verfügen, ferner den kleinen Hyazinthara (S. Leari Bonap.), den meerblauen Ara (S. glauea Vieill.), den kleinen Blauara (S. Spixi Wagl.), den Caninde (S. Azarae Rehw.), welcher abgeſehen von der blauen Schenkelbefiederung dem Ararauna ſehr ähnlich iſt; ſodann von den kleinen Arten der braunſtirnigen Zwergara (S. severa L.), den Rothſtirnzwergara (S. IIligeri Tem.), Hahn's Zwergara (S. Hahni Sou.). Auch die eigentlichen Keilſchwanzſittiche ſind im hieſigen Garten reich an Arten. Es find von der Gattung Conurus zu nennen; der Felſenſittich (C. patagonus Vieill.), welcher den äußerſten Süden von Südamerika bewohnt, der Guiana- (C. leuco- phthalmus Muell.) der Cuba- (C. euops Wagl.), der Blauſtirnſittich (C. haemorrhous Spix); ferner zwei durch viel Gelb im Gefieder auffallende Arten, der Sonnen— (C. solstitialis L.) und der Jendayaſittich (C. pyrocephalus Hahn); endlich der Braunwangen- (C. aeruginosus L.), der St. Thomas- (C. pertinax L.) und der Goldſtirnſittich (C. aureus Gm.). Von den nahe verwandten Pyrrhura-Arten finden wir den Smaragd- (P. smaragdina Gm.), den Braunohr- (P. vittata Shaw) und den Weißohrſittich (P. leucotis Leht.), an welche ſich der durch ſeinen langen Schnabel bemerkenswerthe Langſchnabelſittich (Henicognathus leptorhynchus King) anſchließt. Schenken wir den Schmalſchnabelſittichen noch unſere Aufmerkſamkeit, ſo haben wir Gelegenheit, den Blumenauſittich (Brotogerys viridissima Tem.) zu ſehen und neben dieſen den durch ſeinen eigenartigen Neſtbau von allen anderen Papageien verſchiedenen Mönchsſittich (Bolborhynchus monachus Bodd.), ſowie ſeinen Vetter, den Katha— rinaſittich (B. lineolatus Cass.). Mehrere Exemplare dieſer letzten Art bewohnen ſchon ſeit Jahren eine an das kleine Vogelhaus angebaute, vorn und ſeitlich offene Voliere. ; 1 iu Kleinere Mittheilungen. 235 Die letzte Familie, die der Stumpfſchwanz-Papageien, weist zunächſt den Scharlach— kopf (Eueinetus pileatus Scop.) auf, ſodann eine wahrhaft bewunderungswürdige Sammlung von Amazonen, welche in ihrer Reichhaltigkeit wohl einzig daſteht. Wir müſſen uns auch hier auf eine Aufzählung der Arten beſchränken, da eine Beſprechung der vielen ſelteneren Spezies zu weit führen würde. In langer Käfigreihe ſehen wir hier nebeneinander aufgeſtellt, ſo daß ſie bequem verglichen werden können, die folgenden Arten: Die Guatemala-(Androglossa Guatemalae Hartl.), die Gelbnacken— (A. auripalliata Less.), die Bodinus- oder Rothſtirn- (A. Bodini Finsch), die Rothſchwanz⸗ (A. erythrura Kuhl), die Taubenhals- (A. vinacea Wied), die Diadem— (A. diademata Spix), die Grünwangen- (A. viridigenalis Cass.), die Goldmasken⸗ (A. Dufresnii Sws.), die Gelbwangen- (A. autumnalis L.), die Blaukronen- (A. ventralis Muell.), die Cuba⸗ (A. leucocephala L.), die Rothbug⸗ (A. aestiva Lath.), die eigentliche (A. amazoniea Lath.), die Gelbſcheitel- (A. ochrocephala Gm.), die Panama⸗ (A. panamensis Cab.), den gewöhnlichen und den großen Gelbkopf (A. ochroptera Gm. und Levaillanti Gray), die Pracht- und die Zwerg-Amazone (A. Pretrii Tem. u. apophoenicea), ſowie endlich die neueſte, erſt jüngſt zu Tage geför— derte Art, Heck's Amazone (A. Hecki Rehw.), welche Reichenow nach dem verdienſt— vollen Leiter des Gartens, Dr. Heck, dem die Wiſſenſchaft ſo manches werthvolle Ma— terial dankt, benannt hat. Eine Beſchreibung der neuen Art, welche mit der Diadem— Amazone verwandt iſt, erfolgt an einem andern Ort, ich bin nicht befugt, hier weiteres mitzutheilen. Mit dem Mohrenkopf (Poeocephalus senegalus L.) und Meyer's Langflügelpapagei (P. Meyeri Rüpp.) ſchließt unſere Ueberſicht. Der Leſer, welcher bis hierher ausgehalten hat, wird einen, wenn auch nur ſchwachen Begriff von dem überwältigenden Reichthum der Papageien- wie der Vogelſammlung des Berliner Zoologiſchen Gartens bekommen haben und wird die Gefühle der Bewunderung theilen, welche jeden erfüllen, der das Glück genießt, dieſe Schätze mit eigenen Augen betrachten und ſtudiren zu können. Kleinere Mittheilungen. Ankunft der Vögel in Südweſt⸗Thüringen im Frühjahr 1891. Der traurigen April-Witterung wegen konnte ich nicht jo genau beobachten, als ich gerne gewollt und gewünſcht hätte! Verfloſſener Winter war einer der längſten, ſchneereichſten und kälteſten unſerer Gegend. — Die erſten Schwalben (Rauchſchw.) will man hier am 15. April geſehen haben. Ich ſelbſt ſah ſolche erſt vereinzelt am 22. April. Haus⸗Rothſchwänzchen waren ſchon Anfangs April da und litten durch Kälte und Froſt häufig Hunger! Weiße Bachſtelzen (Ackermännchen), ſah ich Ende März, gelbe B. ſchon früher. Staare und Lerchen zeigten ſich vereinzelt Mitte März. 236 Kleinere Mittheilungen. Rothkehlchen bemerkte ich dieſes Jahr (früher ſchon gegen 25. März) erſt im erſten Drittel des April, aber ſo zahlreich wie noch nie. Es kamen zwei ſchneereiche Nächte und an den auf dieſe folgenden Morgen zählte ich in meines Hauswirths Garten, mit todtem Zaun umfriedigt, auf deſſen Miſtſtätte 6 Stück dergleichen, Nahrung ſuchend. Wie viele mögen nun in lebenden Zäunen hier geſehen worden fein? Alle meine dies⸗ bezüglichen Erkundigungen beſtätigten meine Annahme vollſtändig. Wie manche mögen aber auch leider gefangen und durch ſchlechtes Futter und gewiſſenloſe Pflege hingerichtet worden ſein. Gendarmerie und Ortspolizei iſt ſtreng hinter Vogelfängern her, aber überall kann fie doch nicht ſein. — Die Menge der Noth- kehlchen in unſeren Gärten erkläre ich mir dieſes Jahr daher, daß in unſeren Hinter- und Vorbergen bei deren Ankunft noch faſt allerwärts meterhoher Schnee lag. — Das Fitis⸗Laubvögelchen hörte ich zum erſten Male am 26. April. Das kleine Zaungrasmücklein (Müllerchen) trillerte (lullerte) ſeinen kurzen Geſang in der Nähe meines Fenſters am 28. April. Am nämlichen Tage hörte ich die ſchwarzköpfige Grasmücke. Am 30. April bemerkte ich die Ankunft des erſten Gartenrothſchwänzchens und am 6. Mai vernahm ich zum erſten Male den Geſang der Haidelerche. Die erſten wirklich warmen Frühlingstage traten am 30. April und 1. Mai ein, troß- dem der 30. April noch ſehr windig ins Land zog. Auffällig iſt mir's geweſen, daß die zarteren Sänger: Müllerchen, ſchwarzköpfige Grasmücke, Fitislaubvögelchen und Gartenrothſchwänzchen ꝛc. theils ſchon vor theils mit dem 30. April ſich an— meldeten. Früher gewahrte ich die genannten Arten erſt im erſten Drittel des Monats Mai. Steinbach a. d. T. W. Schlag. Heuſchrecken⸗Vertilger. Eine Thatſache, welche bei dem Studium der Bio- logie der Vogelwelt ſich aufdrängt, iſt die Rolle, welche gewiſſe Inſekten in deren Nahrung ſpielen. Man hat in dieſem Jahre von Neuem über das Auftreten der Heuſchrecken (Aeridium peregrinum) in Algerien und beſonders im äußerſten Süden Afrikas berichtet. Die Mittel, die man bis jetzt zur Bekämpfung dieſer wandernden Banden angewendet, waren nicht hinreichend; der Menſch ſcheint vor dieſer zerſtörenden Plage zurückzuweichen. Ich weiß wohl, daß man ſich ſchon mit der Thierwelt, die zur Vertilgung dieſer Wander-Inſekten beitragen könnte, beſchäftigt hat. Hat man jedoch daran gedacht, daß einige unſerer Vögel, in großer Anzahl verwendet, ſich unter gewiſſen Bedingungen beſonders nützlich erweiſen könnten? Wir haben z. B. unter den Heuſchrecken-Vertilgern den Rothfußfalken (Erythropus vespertinus), einen ſehr geſchickten Jäger. Der Röthelfalke (Cerehneis cenchris), den man Heuſchrecken— Schwärmen folgen ſah, findet in denſelben ſeine Haupt-Nahrung. Dieſe beiden Falkenarten ſind ſehr vorwiegend nützlich, denn ſie attaquiren nur in ſehr ſeltenen Fällen kleine Vögel. Eine andere Beihülfe gewährte noch der Roſenſtaar (Pastor roseus), der ſich von Inſekten und ganz beſonders von Heuſchrecken nährt. Diele drei Arten finden ſich hauptſächlich im Süden und Oſten unſeres Continentes, be— wohnen jedoch dazu noch den größten Theil jener Regionen, welche von der Wander— Heuſchrecke heimgeſucht werden. Es wäre zu wünſchen, daß man in dieſer Richtung einen Verſuch machte. Es würde in der That wenig Mühe verurſachen, dieſe Vögel ſtreng zu ſchützen, ihnen Plätze, die ſie zur Vermehrung vorziehen, zu reſerviren, ihnen Schutzwinkel zu liefern, in welchen ſie ſich innerhalb jener Regionen heimiſch fühlen und ſich zahlreich vervielfältigen könnten. Die Boden- und die klimatiſchen Ber- hältniſſe ſagen ihnen gewiß zu. Man könnte ſelbſt dieſe Vogelarten aus anderen Ländern einführen. Mit einem Worte, man müßte ſie in die Nähe von den Kulturen bringen. Die alten Egypter geben uns ein Beiſpiel, welches uns zum Nachdenken einladet. In einer ſeiner letzten Vorleſungen im Muſeum in Paris theilte uns Herr Prof. Milne⸗Edwards mit, daß er vor Kurzem aus Egypten Sperber-Mumien er— halten habe. Dieſer eminente Gelehrte unterſuchte dieſe Mumien. Er ſchnürte die— ſelben auf und ſecirte ſie. Der Magen dieſer Vögel war vollſtändig mit Heuſchrecken (Acridium) gefüllt. Wir haben hierin den Schlüſſel für das Geheimniß, weshalb die Egypter dieſe Raubvögel aufbewahrten. Denn wenn ſie dieſen Vogel ebenſo wie die Katzen und die Krokodile verehrten, ſo geſchah dies, weil ſie die großen Dienſte erkannten, welche dieſe Thiere ihnen leiſteten. Das Andenken einer der großen egyptiſchen Plagen, der Verheerungeu der Wander-Heuſchrecken, war nicht erloſchen. Paris, im April 1891. F. de Schaed. Im Anſchluß an die Mittheilung von Fr. Lindner über die Rohrdommel (Botaurus) im Winter, (XVI. 4. S. 119) erlaube ich mir zu berichten, daß am 2. Dezember 1890 in einem Gehöft mitten in der Stadt Zobten a. Berge, Mittel— ſchleſien, eine große Rohrdommel aufgefangen wurde. Schlaupitz, 28. April 1891. Karl Knauthe. (Aus einem Brief an K. Th. Liebe.) Außer den beiden im Journal f. Ornith. Bd. 37 erwähnten Beobachtungen des Steppenhuhnes (Syrrh. parad.) im Her⸗ zogthum Altenburg (am 28. April 1888 in Poris b. Ronneburg ein Volk von 25 Stück von F. Vogel, im Mai 1888 bei Ehrenberg b. Altenburg ein Paar von R. Pezold beobachtet) kann ich Ihnen noch einen Fall melden, der mir durch Herrn Gutsbeſitzer Etzold in Gimmel b. Schmölln bekannt wurde. Gen. Beobachter ſchreibt mir: Ich ſah in der zweiten Hälfte des April 1888 zu verſchiedenen Malen in der Nähe meines Wohnortes Steppenhühner. An eine Kette von 7 Stück bin ich mehrere Male ziemlich nahe gekommen. Ich konnte ganz deutlich die Befiederung der Ständer wahrnehmen, während des Aufſteigens ebenfalls die langen Spitzen der Flügel. Eine andere Kette von 13 Stück iſt mir bloß einmal zu Geſicht ge— kommen. Anſcheinend verließen die Hühner mein Revier in ſüdöſtlicher Richtung. Altenburg. Dr. Koepert. Kleinere Mittheilungen. 237 238 Kleinere Mittheilungen. | Der Wendehals (Jynx torquilla) als Neſtverwüſter. — Die von Herrn Dr. Meyer-Osnabrück im Aprilhefte d. Z. mitgetheilte Thatſache, welche uns den Wendehals als Neſtverwüſter vorführt, iſt durchaus nicht neu, wie der Herr Ver⸗ faſſer zu glauben ſcheint, ſondern von mir bereits im Jahre 1873 im „Zool. Garten“ veröffentlicht. Auch die von Herrn Profeſſor Dr. Liebe hinzugefügte Be⸗ merkung, daß der Wendehals jedenfalls ein Weibchen in Legenoth war, möchte ich nicht ſo ohne weiteres unterſchreiben, denn nach meinen Beobachtungen iſt der Wen⸗ dehals ein ebenſo großer Störenfried wie ſeine Gemahlin. Es iſt eben ſeine Weiſe, in einer Brutkolonie erſt einen jeden Kaſten, jede Bruthöhle, die ihm zugänglich iſt, einer genaueren Beſichtigung zu unterziehen, und da er auch kein Freund von Neſtmaterial iſt, alle ſich vorfindenden Stoffe und ſogar Eier ohne ſonderliche Um— ſtände einfach zur Thür hinaus zu befördern. Nun giebt es freilich ein ſehr ein⸗ faches Mittel, um ihm das Handwerk zu legen, welches ſich bei meinen Brutkaſten immer trefflich bewährt hat. Ich habe nämlich alle Meiſenkaſten, weil deren Be⸗ wohner gerade am meiſten unter dem Augenverdreher zu leiden haben, mit einem ſo kleinen Eingangsloche verſehen, daß kein Wendehals mehr hineinkommen kann. So haben alle Meiſen und auch der Trauerfliegenfänger vor ihm Ruhe. Nur den Waldrothſchwanz (Rut. phoenieura), welchen er auch in dieſem Frühjahr wieder in meiner Nachbarſchaft und feinem Daheim vertrieb, habe ich bislang ver- geblich zu ſchützen verſucht. H. Schacht. Vorſtehende Beobachtungen aus der Gegend von Detmold und Osnabrück ſind auch inſofern von beſonderer Wichtigkeit, als ſie beweiſen, wie ſehr das ganze Thun und Treiben der einzelnen Vogelſpecies in verſchiedenen Strichen variirt. Für dieſe Umgewöhnungen reſp. Anpaſſungen geben nicht bloß die Hausſperlinge, Goldammern, Hänflinge, Eulen ꝛc., und beſonders die Staare (vergl. die Arbeiten von Herrn Dr. Köpert) gute Beiſpiele, ſondern auch die bis jetzt weniger daraufhin beobachteten Wendehalſe. Während ſie nach den Beobachtungen der beiden genannten Herren nördlich vom Teutoburger Walde Neſtſtörer find, find fie in Oſtthüringen die fried- fertigſten Niſter, wie ich und alle kompetenten Beobachter hierzulande bezeugen können. Obſchon bei uns die Höhlenbrüter im Walde meiſt in arger Noth ſind, ſo giebt es in den Thalauen, die der Wendehals bei uns ausſchließlich bewohnt, doch alte Weidenköpfe genug. Dreimal fand ich in demſelben Weidenkopf reſp. Waſſer⸗ pappelſtummel das Buſchröthel, einmal den Feldſperling, und einmal eine Bachſtelze höchſt einträchtig neben dem Wendehals brütend. Von Feindſeligkeit irgend welcher Art, oder auch nur von Neckereien habe ich nichts beobachten können. Gera, den 28. Mai. K. Th. Liebe. Der Wanderfalke als Feinſchmecker. Im Januar dieſes Jahres wurde in der Nähe Münchens ein Wanderfalke erlegt und einem hieſigen Präparator geſandt. 2 Kleinere Mittheilungen. 239 Nicht wenig erſtaunt war dieſer, im Kropfe des Falken eine ganz gut erhaltene, deutlich zu erkennende halbe „Knackwurſt“ zu finden. Wie der Wanderfalke, der doch „nur Vögel frißt“ und dieſe „nur fliegend“ ſchlägt, während ihm „das Aufnehmen einer Beute unter anderen Umſtänden mindeſtens beinahe unüberwindliche Schwierig— keiten verurſacht“, zu dieſer Delikateſſe gekommen, iſt zum wenigſten räthſelhaft. Auch die Annahme iſt unmöglich, daß ein von ihm geſchlagener Vogel eben dieſe famoſe Wurſt verſchlungen und ſo dem Falken „eingeſchmuggelt“ hätte, denn es fanden ſich nur Federn eines Rebhuhnes im Kropfe vor, und zwar in bedeutender Zahl. Für ein Rebhuhn iſt aber eine ſolch' „fleiſchliche“ Koſt viel zu „indigeſt“. München. Alphons Graf v. Geldern. Schlafplatz der Rabenkrähe, Nebel⸗ und Saatkrähe. Im ſtrengen Winter 1875 wählten die ſich in der Umgegend von Celle aufhaltenden Raben- und viele Saat⸗ und Nebelkrähen zum Schlafplatz das Dach des in genannter Stadt auf einer Anhöhe liegenden Schloſſes, ſowie die Kronen der höchſten, im dortigen „Franzöſiſchen Garten“ ſtehenden Laubbäume. Sie ſchienen den erſteren Platz durch ihre Winter— genoſſen, die damals ziemlich zahlreich unter ihnen befindlichen Dohlen, kennen gelernt zu haben. — Ihr ganzes ſonſtiges Benehmen war dabei völlig um— geändert; denn nicht kamen ſie erſt in der Dunkelheit herbei, nicht kreiſten ſie erſt lange ängſtlich, nicht jandten ſie „Späher“ voraus, — ſondern ſchon am Spätnach— mittage kamen ſie von allen Seiten truppweiſe herbei und ſetzten ſich ohne weiteres auf das Schloß, unbekümmert um die ſich am Fuße deſſelben tummelnden Schlitt— ſchuhläufer und Spaziergänger. Das ganze Dach war bei Eintritt der Dunkelheit beſetzt und veranſtalteten die dichtgedrängt ſitzenden Thiere — beſonders wohl die Saat— krähen und Dohlen — ſtets bis ſpät in die Nacht hinein ein völlig unbeſchreibliches Gegrakel. Oft kamen ſehr ſpäte Nachzügler, und da dieſe dann nur ſchwer ein Unterkommen finden konnten, ſo wurde aus dem vorher offenbar nur zur Unter— haltung angeſtimmten, grakelnden Geſchwätz alsbald ein mehr oder weniger allgemeines Gekrächz und Geſchrei. — Die höchſten Stellen des Daches wurden ſtets vorgezogen und am meiſten umſtritten. — Alle drei Krähen-Arten fand ich mehrfach am Schloſſe; theils waren ſie dem Hunger, theils dem Gift, theils dem „Blei“ erlegen. Die im „Franzöſiſchen Garten“ nächtigenden Schaaren kamen erſt bedeuteud ſpäter herbei und zogen auch, wenn ſie daſelbſt noch Menſchen gewahrten, längere Zeit hin und her. — War indeſſen die Dunkelheit eingetreten, ſo ließen ſie ſich nicht ſtören, wenn ich ruhig auf den hartgefrorenen Kieswegen unter ihnen herging. Auch ging ich einmal quer über das Eis des dort befindlichen Teiches, ohne daß die am Rande deſſelben ſitzenden Krähen dadurch aufgeſcheucht wurden. Wenn ſich irgend Gelegenheit dazu bietet, ſo ſuchen ſich die Raben- und Saatkrähen im Winter in der Nähe der ſie anziehenden Städte ihren Schlafplatz und übernachteten ſie unweit Osnabrück, 240 Kleinere Mittheilungen. — Anzeigen. wie folgt: — 1878 in den Kronen der höchſten Eichen und Buchen, oben auf einem Berge und allem Froſte und Winde preisgegeben; erſt bei Eintritt von Thau, reſp. Regenwetter verzogen ſie in eine Fichtendickung. — 79 übernachteten ſie in hohen Buchen am Rande eines in der Ebene belegenen Waldes; — 80 und 81 in ein⸗ unddemſelben jüngern Fichtenbeſtande; 82 auf hohen Eichen, dicht am Felde. — Ich habe einmal in früheſter Morgenſtunde mehrere Rabenkrähen geſeheu, welche mit Glatteis überzogen waren und kaum von einer Fichtenſpitze zur andern flattern konnten. Staats von Warneunte Geczellen Litterariſches. Danilewsky, B. Ueber die Mikroben der akuten und chroniſchen Malariaiufection bei vögeln. (Annales de Institute Pasteur. 1890. No. 12.) | Danilewsky, der bereits eine Reihe intereſſanter Unterſuchungen über die Blut⸗ paraſiten verſchiedener Wirbelthiere veröffentlicht hat, hat nunmehr auch bei Vögeln Malariafieber conſtatirt und als Erreger deſſelben zwei Blutparaſiten aufgefunden, von denen die eine amöboid geſtaltete Form die chroniſche Art des Fiebers veranlaßt. Dem an chroniſcher Malaria erkrankten Vogel iſt äußerlich kaum etwas anzumerken, und nicht einmal eine Temperaturerhöhung konnte wahrgenommen werden, während bei einem an akuter Malaria leidenden Vogel die Temperatur um 1,0 — 1,5 C. fteigt, das Ge⸗ wicht abnimmt, der Appetit nachläßt und die Befiederung verdirbt. Der Patient wird ſchläfrig und theilnahmlos in demſelben Maße, wie die Vermehrung der Paraſiten vor lich geht, und bisweilen treten ſogar Krämpfe auf. Nach 4 — 6 Tagen verſchwinden meiſt die Mikroben aus dem Blute, und es tritt ſpontane Heilung ein, oder aber der Vogel ſtirbt, wenn die Vermehrung der Paraſiten ihren Höhepunkt erreicht hat. Im ganzen ergiebt ſich aus der Form und dem Verhalten der Paraſiten ſowie aus dem ganzen Verlauf der Krankheit eine überraſchend große Aehnlichkeit des menſchlichen Sumpffiebers mit dem der Vögel. Die Frage, ob die halbmondförmigen und die kugeligen Formen nur Stadien ein und deſſelben Organismus oder aber verſchiedene Species repräſentiren, läßt Verf. noch offen. Curt Floericke (Marburg). Fehlerberichtigung. In Nummer 7 ds. Jahrg. Seite 195 Zeile 5 von unten muß es heißen „Daldlaubvogels“ ſtatt Baumpiepers. Anzeigen. Verkaufe eine 3 Jahre in meinem Beſitze geweſene amerikanilche Spottörolfel. Dieſelbe iſt zahm, tadellos befiedert und ein vorzüglicher Sänger. Preis 30 % Gersdorf, Bez. Zwickau. | Rich. Schlegel, Lehrer. Zu verkaufen: Sclater, Monograph of the Jacamars and Puffbirds, mit 55 colorirten Tafeln. London 1882, gebunden ſtatt 147 Mk. für 50 Mk. bei 2 Jacobi, Leipzig, Rudolſſtraße Bi Neat e e Prof. Dr. K. Sh. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. E * D 8 8 eee 0 105 "m 0 6 IHN nn Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von A ; 75 2 „ danten d. Ver. Meld t3= Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, a ee a und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anfeiden der Wereinsntalt ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. nzeigen der Vereinsmitglie⸗ IN f Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. kxññjä . geraetet, XVI. Jahrgang. Juni 1891 (zweite Lieferung). Nr. 9. Inhalt: Dr. Koepert: Der Staar in Elſaß⸗ Lothringen vogelfrei?! VI. Paul Lever⸗ kühn: Ueber eine intereſſante Schwarzſpechthöhle. (Mit Tafel III.) W. Baer: Ein Ausflug an den Niſtort der Birkente (Clangula Boie glaucion Linn.) in der preußiſchen Oberlauſitz. Fr. Ber Ornithologiſches und Anderes von der Preußischen Wüſte. I In und bei Grenz. H. Schacht: Ein Eisvogel am Futterplatze. — Kleinere Mittheilungen: Einführung des Girlitz in Lippe. Die Bemühungen des Unterfränkiſchen Thierſchutzvereins in Würzburg auf dem Gebiete des Vogelſchutzes. Zwergtrappe. Merkwürdiger Niſtplatz einer Ringeltaube. Zur Woh— nungswahl der Feldſperlinge. Zum Schönheitsſinn der Staare. Abnahme des rothköpfigen Wür— gers. Tod durch Blitzſchlag. Elſter. Brütendes Uhuweibchen in der Volière. Bienenfreſſer in Baiern. — Litterariſches. — Anzeigen. Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! Von Dr. Koepert. VI. Ebenfalls dem Weſergebiet gehört das Beobachtungsgebiet des Herrn Adolf Walter (Kaſſel mit Umgebung) an, der daſſelbe folgendermaßen ſkizzirt: 17 242 | | Dr. Koepert, Kaſſel liegt im 510 19° n. B. und 270 11° 6. L. Durch die Mitte des Be⸗ 3 obachtungsgebietes fließt die Fulda, die von SW nach NO ſtrömend den ſüdöſtlichen kleineren Theil der Stadt von dem größeren nordweſtlichen trennt. Auf der ſüd⸗ öſtlichen Seite der Stadt reſp. der Fulda breiten ſich ausgedehnte Wieſen aus, die in Ackerland übergehen, welches wieder in größerer Entfernung von der Stadt von waldigen Bergen begrenzt wird. Die Berge erreichen die Höhe von 600 Meter. Ein großer Theil des Beobachtungsgebietes iſt eben, namentlich ſüdöſtlich von Kaſſel. Dieſe Ebene im Südoſten der Stadt dehnt ſich über / Meile aus, dann aber nimmt die Gegend den Charakter einer Gebirgslandſchaft an. Dieſe letztere iſt ſehr wald⸗ reich und beſteht meiſtentheils aus Laubholz. Die nächſte Umgebung von Kaſſel iſt wenig bewaldet, beſteht mehr aus Wieſen und Feldern und nur ein kleines Gehölz weſtlich der Stadt, das „Tannenwäldchen“ und dann die ſchöne Karlsaue, J Stunde lang ſich hinziehend, bilden den Wald. Die Karlsaue fängt bei der Stadt unmittelbar an und iſt ein Park mit prächtigen hohen, meiſt alten Bäumen, der von der kleinen Fulda, einer Abzweigung der eigentlichen Fulda, und einigen Teichen bewäſſert wird. Ein ziemlich großer Teich, der Fackelteich, befindet ſich außerdem in der Ebene zwiſchen den Wieſen im Südoſten der Stadt. Viele Gärten mit Obſtbäumen bieten den Staaren ebenſo wie die Karlsaue viele Niſtplätze, häufiger jedoch noch werden Oeffnungen in den Dächern und in den Wänden der Häuſer von den Staaren zum Niſtplatz gewählt, wie denn in dem Hauſe, in dem ich wohne, ſich in und unter dem Dache 4—6 Paare ihre Neſter bauen. Die Anzahl der hier niſtenden Staare iſt eine ziemlich große, ſo daß man ſagen kann: der Staar iſt hier ein gemeiner Vogel, doch habe ich Gegenden in der Mark Brandenburg beſucht, die mindeſtens die doppelte Anzahl von Staaren zur Brutzeit aufweiſen, z. B. bei Neuſtadt a. Doſſe. Ueber das Brüten der Staare da⸗ ſelbſt habe ich in dem „Ornitholog. Zentralblatt“, Jahrgang 1880, S. 17 ausführlich berichtet und gezeigt, daß der Staar nur einmal im Jahr brütet. Daſſelbe hat Gymnaſiallehrer Rohweder durch ſeinen Artikel im Journal für Ornithologie von Cabanis, Oktoberheft 1876, für die Provinz Schleswig bewieſen. Auch hier in Kaſſel brütet der Staar nur einmal, was ich deutlich an den Neſtern an unſerem Hauſe und im Garten beobachten konnte. Die Staare, die ſpäter brüten, in den mit Staaren überfüllten Gegenden, ſind ſolche, die nicht früher Niſtgelegenheit finden konnten, als in dem Augenblicke, wo die erſte Brut das Neſt verlaſſen hatte, das nun von ihnen benutzt wurde. Einige hundert Staare überwintern hier jedes Jahr und dieſe müſſen augen— blicklich (d. h. im Januar) bei Froſt und Schnee viel leiden. Was nun die Nahrung dieſes Vogels betrifft, ſo wird ſich dieſelbe nach der Oertlichkeit richten, alſo in dieſer Hinſicht eine recht verſchiedene und doch im Allge— Der Staar in Elfaß- Lothringen vogelfrei?! VI. 243 meinen die gleiche ſein. Eine Veränderung der Ernährungsweiſe wird bei genauer Beobachtung ſtets oder wenigſtens oft ſtattfinden, und doch im Ganzen immer die gleiche ſein und bleiben. Um dieſen Widerſpruch zu verſtehen und richtig zu deuten, muß ich auf das Weſen des Vogels eingehen. * Wenn Brehm ſagt: Die Papageien ſind in der Vogelwelt das, was die Affen bei den Vierfüßlern, ſo gehören in zweiter Reihe auch die Staare zu den Affen, weil bei ihnen der Nachahmungstrieb eine große Rolle ſpielt. Wenn einer etwas Unſinniges unternimmt, machts der andere nach, ſelbſt dann, wenn der Nachahmende keinen Geſchmack an den Thaten des erſten Unternehmers finden ſollte; — Beiſpiele werden dies zeigen — und durch dieſen Nachahmungstrieb können die Vögel nützlich, aber auch ſchädlich werden. Seit 8½ Jahren wohne ich hier in denſelben Räumen; die Staare bauen ebenſo lange (oder wohl viel länger) regelmäßig am Hauſe. Rechts und links von meinem Giebelfenſter befinden ſich neben der Abflußröhre (Goſſe) unter dem Dach die alljährlich neu erſtehenden Neſter. Beim Bauen ſind die Staare nicht wähleriſch; ſie ſind dabei ſehr geſchäftig und ſuchen, wenn möglich, in der nächſten Umgebung die Bauſtoffe. So rupfen ſie faſt jedes Jahr in dem nächſtgelegenen Theile des Gartens trockenes und grünes Gras haſtig ab und tragen es ins Neſt. Vor zwei Jahren nun kam der links von meinem Giebelfenſter bauende Staar auf den Einfall, von dem nächſten mächtigen Birnbaum im Garten, der in voller Blüthe ſtand, die weißen Blüthen abzureißen und ins Neſt zu tragen und fuhr dann den ganzen Tag mit dieſer Beſchäftigung fort. Am Nachmittage machte es ebenſo das rechts vom Fenſter bauende Staarenpaar und durch das gemeinſchaftliche Abreißen der Blüthen wurde doch mindeſtens ein Verluſt von mehreren hundert Birnen verurſacht. Glück— licherweiſe vergriffen ſich die Vögel nur an den Blüthen der oberſten Krone des Baumes. Weder früher noch ſpäter haben dieſe Staare die Blüthen geſchädigt. | Ein anderes Beiſpiel: | Im Garten und auf der Grenze von Garten und Hof ſtehen mehrere jehr alte Hollunderbäume von großer Ausdehnung. Im Spätſommer und Herbſt dienen die ſchwarzen Beeren ſehr vielen Vögeln, beſonders den Rothſchwänzchen, den Roth— kehlchen, den Grasmücken, Laubſängern, Heckenbraunellen ꝛc. zur Nahrung und im Winter noch werden die übriggebliebenen Beeren von den Amſeln gern genommen. In manchen Jahren wurde auch aus einem Theil der Beeren das ſogenannte = „Fliedermus“ gekocht, aber immer blieb noch den kleinen Vögeln ein guter Theil übrig. Als dieſes Jahr die ſchwarze Frucht gereift war, erblickte ich eines Morgens zwei Staare in dem einen der Bäume, was in früheren Jahren nie vorkam. Eine Viertelſtunde ſpäter waren einige 20 in den Bäumen und am Nachmittage hatten alle drei Bänme ein ſchwarzes Anſehen, nicht nur von den ſchwarzen Beeren, ſondern * 244 Dr. Koepert, auch von der Unmaſſe von Staaren, die den Baum bedeckten und die Beeren fraßen. Ab und zu wurde der Schwarm durch Beſucher des Gartens aufgeſcheucht, aber die Vögel flogen nicht weit, namentlich wurde dann von ihnen der ganze Giebeldachrand oberhalb meines Kopfes, wenn ich zum Fenſter hinausſah, beſetzt, aber lange ruhten ſie nicht, zu 30, 40, öfter zu hundert Stück ſchwärmten ſie wieder in die Hollunder⸗ bäume hinein. Man hätte leicht 10 mit einem Schuß niederſtrecken können. In Zeit von 4 Tagen waren die Bäume wieder grün geworden, d. h. Staare und Beeren waren verſchwunden und die armen kleinen Vögel, die noch recht lange von den Beeren zu ſchmauſen dachten, hatten das Nachſehen. Seit acht Jahren iſt dies das erſte Mal, daß die Staare, die doch faſt das ganze Jahr ſich in den Obſtbäumen herumtreiben, ihre Nahrung in den Hollunder⸗ bäumen ſuchten und ich glaube nicht, daß die Beeren ihnen beſonders gut ſchmeckten, aber einer hatte das Naſchen angefangen, die andern haben es nachgemacht. Iſt nun auch ſcheinbar in dieſem Falle durch die Staare dem Menſchen kein weſentlicher Schaden zugefügt, ſo haben doch die kleineren Vögel Einbuße erlitten (die Staare hatten ja Ueberfluß an anderen Nahrungsmitteln in dieſer Zeit) und, was noch weit ſchlimmer iſt, die Staare hätten beinahe meine Frau um ihren guten Ruf gebracht. — Sie wundern ſich — und doch iſt es ſo, denn während der vier Tage, an denen die Hollunderbäume geplündert wurden, war ſtets Klage im Hauſe, daß meine Frau, wenn wir Heidelbeerſuppe äßen, den Reſt zum Giebelfenſter hinaus⸗ ſchütten ließe und ſo die ſteinerne Außentreppe am Hauſe verunreinige, bis ich denn dazwiſchentrat und erklärte, daß nicht meine Frau, ſondern die Staare die Uebel⸗ thäter ſeien, denn die muthmaßlichen Heidelbeeren ſeien die Exkremente der oberhalb der Treppe am Giebeldach ſitzenden Staare, die durch das viele Freſſen der Hollunder⸗ beeren blauſchwarz gefärbt ſeien. Vor vier Jahren fiel es auch den Staaren ein, ſich an unſeren reifen Butter- birnen gütlich zu thun. Da half kein Werfen in den Baum, denn die verſcheuchten Vögel wurden ſogleich wieder durch neue Schwärme von Staaren erſetzt. Verließ man den Garten, ſo konnte man in den Zweigen die ſchmauſenden Staare, unter dem Baum am Boden die auf Birnen hackenden Amſeln beobachten. In keinem anderen der acht Jahre haben die Staare ſich an den Birnen zu ſchaffen gemacht. Kirſchen aber erntet Niemand in unſerem und dem Nachbargarten; in keinem Jahre, denn kaum ſind ſie reif, ſo ziehen die Staare heran und plündern. Die Amſeln find dann wieder unter dem Baume die Helfershelfer. Bei der Kirjchen- plünderung hilft nicht einmal ein Schuß aus einem Gewehr, weil jeder Staar, nachdem er in der Regel einige Kirſchen abgeriſſen und herabgeworfen hat, mit der erbeuteten Kirſche im Schnabel davon fliegt und ſie in der nahen Wieſe am Boden verzehrt und ſobald dies geſchehen iſt, zurückkehrt und das Handwerk fortſetzt. So 1 3 NV ei * = Der Staar in Elfaß Lothringen vogelfrei?! VI. 245 ſieht man ein fortwährendes Ankommen und Abziehen der Vögel und Schuß auf Schuß müßte erfolgen, wenn die Vögel auf kurze Zeit verſcheucht werden ſollten. In Pommern in meines Bruders großen Garten ſind Staarenkäſten in den Obſtbäumen befeſtigt; ein breiter Hauptweg quer durch den Garten iſt mit Kirſch— bäumen bepflanzt, aber noch nie hatte mein Bruder über Kirſchenräuberei durch die dort brütenden oder fremden Staare zu klagen.“) | Eine Veränderung der Lebensweiſe kann meines Erachtens an vielen Orten eintreten, aber ich glaube nicht, daß ſie für immer eintritt, wie ich dies hier geſehen und eben beſchrieben habe. Ich kann freilich nur von meinen Beobachtungsgebieten ſichere Auskunft geben, bin aber der Meinung, daß im Allgemeinen meine Anſicht die richtige iſt. Stelle ich nun Nutzen und Schaden zuſammen, ſo muß ich zuerſt ſagen, daß in meinem Garten die Staare nur Schaden anrichten. Sie könnten ſehr nützlich werden, wenn ſie auf den Boden herabkämen; das thun ſie aber nicht, nicht einmal im Winter. Am Boden des großen Gartens nehmen die kleinen Schnecken ſo über— hand, daß ich oft Mißernten habe, z. B. an Bohnen. Die Staare würden paſſende und reichliche Nahrung finden, ſie gehen aber ſtets in die angrenzenden Wieſen der Nahrung nach und ſtiften dort Nutzen. Ihr Nutzen iſt ja bekannt, doch will ich über alles, was mir an Nutzen und Schaden bekannt iſt, berichten. Nutzen ſtiften ſie 1. durch Vertilgen einer Menge Maikäfer, und auf dem Ackerlande durch Verzehren der Engerlinge und anderer Käferlarven; ſie folgen deshalb gern dem Landmanne beim Pflügen; 2. auf den Wieſen: beſonders durch Verzehren einer Unmaſſe von Schnecken und Regenwürmern, von allen Arten von Inſekten, namentlich auch von Grillen und Heuſchrecken; 3. auf den Schafen, Rindern und Schweinen ſitzend durch Ableſe en des Unge⸗ ziefers, wodurch ſie beſonders den Schafen nützlich werden. 4. In baumloſen großen Gärten und Kohlfeldern vertilgen ſie außerdem noch die Raupen, beſonders die des Kohlweißlings. So weit meine Beobachtungen! | E. F. v. Homeyer führt noch als Nutzen der Staare an in feinem Werke ) Hierzu theilt mir Herr Hofrath Liebe ein intereſſantes Analogon mit: So ſchälen die Hirſche im reußiſchen Oberland innerhalb des Wildparkes Weidmannsheil eigentlich von Jahr zu Jahr ärgerlicher. Freilebend ſchälten ſie ſonſt nicht merklich, nur auf der Molbitzleite zwiſchen Saalburg und Schleiz erheblicher. Im Gomlaer Wildpark, der ganz abgeſchloſſen iſt, ſchälen ſie jetzt noch faſt gar nicht. Jenſeits der Elſter in den mit dem Werdauer großen Wald zuſammen— hängenden freien Revieren, die nur hier und da an den Feldrändern eingezäunt ſind, meiſt gar nicht oder nicht merklich. 18 246 Dr. Koepert, „Deutſchlands Säugethiere und Vögel, ihr Nutzen und Schaden“ S. 57: „Zur Herbſtzeit wird der Staar durch Vertilgung der Raupen der Saateule, welche er hinter dem Pfluge aufſucht, außerordentlich nützlich. Da, wo in Rübſenfeldern zerſchnittene Möhren in die Furchen gelegt werden, welche dieſe Raupe ſehr anlocken, durchſuchen die Staare alsbald dieſe Häufchen früh an jedem Morgen, um die Raupen zu verzehren.“ N Schaden verurſachen die Staare beſonders in den Weinbergen und Kirſch— plantagen. Weiterer Schaden kann durch fie in Obſtgärten angerichtet und mit- unter nicht unbedeutend werden durch Laune des Vogels und Zufall, wie ich oben angegeben habe, alſo wie hier durch Anfreſſen reſp. Abwerfen der Birnen, durch Verzehren von Hollunderbeeren, durch Abreißen nützlicher Pflanzen und Blüthen behufs Neſtbauens. In Getreidefeldern richtet der Staar wohl keinen Schaden an; überhaupt überwiegt der Nutzen den Schaden bei weitem; letzterer iſt im Nordoſten Deutſchlands entſchieden geringer, als in Südweſt-Deutſchland.“ Dem Weſergebiete gehört auch das Fürſtenthum Lippe-Detmold an, deſſen ſüdweſtlicher Theil vom Teutoburger Walde durchzogen wird. H. Schacht, der treffliche Schilderer der Vögel des Teutoburger Waldes, theilt mir in Bezug auf den Nutzen und Schaden des Staares im „Lipperlande“ folgendes mit: „Der Staar iſt bei uns zahlreich vertreten und wird überall als ein lieber Hausfreund freundlich aufgenommen. Nur hin und wieder einmal vernimmt man über ihn Klagen, weil er ſich einmal einige Kirſchen gut ſchmecken läßt. Doch fallen dieſe kleinen Weber- griffe durchaus nicht ins Gewicht, denn es ſind immer nur einzelne alte Staare, welche die ſüßen Früchte zum Aufziehen der Jungen nebenbei benutzen. Daß ganze Flüge auf den Kirſchbäumen einfallen, habe ich hier nie beobachtet. Sowie die Jungen herangewachſen ſind, werden ſie von den Alten zuerſt den feuchten Wieſen zugeführt, ſpäter gehts auf die Aecker und Felder. Im Herbſt plündern ſie gern Vogelbeer- und Hollunder-Bäume; daß ſie ſich an Getreide vergreifen ſollten, iſt hier niemals behauptet und auch nicht beobachtet. Daß die Staare hier bereits ſtändige Wintervögel geworden ſind, habe ich im verfloſſenen Jahre in der „Natur“ mitgetheilt.“ Die Bodenkulturverhältniſſe im Flußgebiet des Rhein ſind inſofern von denen der norddeutſchen Tiefebene verſchieden, als in manchen günſtig gelegenen Gauen des Rheingebietes der Weinbau eine große Bedeutung gewinnt. So iſt z. B. in der Rheinprovinz Garten- und Obſtbau im Tieflande von großer Wichtigkeit, der Wein— bau in den Thälern des Berglandes. In Elſaß-Lothringen ſind von der kultivirten Geſammtfläche des Landes 47,75% Acker- und Gartenländereien, 12,27% Wieſe, 2,25% Weinberge ( 30 625 ha), 30% Wald. Zwar bildet die Landwirthſchaft die erſte und vornehmſte Nahrungsquelle der Bewohner — es wird beſonders Kartoffel- und Weizenbau getrieben — aber auch die Weinproduktion iſt nicht uner— Der Staar in Elfak- Lothringen vogelfrei?! VI. 247 heblich. Kein Land im deutſchen Reiche umſchließt ſo große Weinländereien, wie Elſaß⸗Lothringen. Durchſchnittlich werden in beſſeren Jahren jährlich 1050 000 hl Wein gewonnen, von denen durchſchnittlich im Jahre 80 000 h! ausgeführt werden. Auch in Heſſen-Darmſtadt iſt der Weinbau ein weſentlicher Faktor des Volkswohl— ſtandes; es werden jährlich durchſchnittlich 275782 hl Wein produzirt. Im Groß— herzogthum Baden iſt eine Fläche von 20000 ha dem Weinbau gewidmet; die jährliche Produktion beträgt 600 000 h! im Werthe von 17 Mill. Mark.“) Dieſe angeführten Beiſpiele mögen genügen, um zu zeigen, daß im Südweſten Deutſchlands neben der Landwirthſchaft auch der Weinbau von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit iſt. Wir wollen nun an der Hand einiger Berichte prüfen, wie ſich der Staar bei dieſen Exiſtenzbedingungen hinſichtlich ſeines Nutzens und Schadens verhält. Es haben mir aus dem Flußgebiet des Rheines folgende Herren ihre Be— obachtungen zugänglich gemacht: Direktor Gräßner in Marburg a. d. Lahn, Prof. Dr. Glaſer in Wetzlar a. d. Lahn, Lehrer Buxbaum in Rauenheim am Main, Apo— theker Link in Burgpreppach in Unterfranken, ſowie Lehrer Kieffer in Bitſch im Elſaß. Leider entſtammen dieſe Berichte nicht Gegenden mit intenſivem Weinbau. Gräßners Bericht lautet folgendermaßen: „Die Lahn liegt bei Marburg 187 Meter über dem Meeresſpiegel; ſie wird auf beiden Seiten von Wieſen eingeſchloſſen. Dieſelben begrenzen wieder ausgedehnte Gärten mit allerlei Gemüſe, Obſt (auch Kirſchen) und Gras bis zu den Berglehnen. Die Berge ſind mit Laub- und Nadelhölzern beſtanden und erheben ſich auf 100—120 Meter. Ein Theil der Hochebene iſt in Ackerfeld umgewandelt und trägt alle bekannten Getreidearten. Die Chauſſeen, welche dieſe Bergländereien durchſchneiden, ſind zum größten Theil mit wilden Kirſchbäumen bepflanzt. Wald und Wieſen bedecken mehr als 50 %% der Bodenfläche. Auf den hochgelegenen Feldern wird in einem kleinen Bezirk der Kehricht und das Gemüll aus der Anatomie, ſämmtlichen Kliniken und Bürgershäuſern abgeladen. Aus dieſem Grunde iſt es nicht zu ver— wundern, daß namentlich im Winter, in Geſellſchaft von Dohlen und Krähen, ſich hier Tauſende von Staaren aufhalten und nähren. Nur wenn bei hohem Schnee dieſe Abfuhr nicht möglich iſt und hier die Nahrung fehlt, kommen die Staare zu den zahlreichen Futterplätzen auf den Balkonen der zahlreichen Gartenwohnungen. (Ich habe z. B. voriges Jahr bei fußhohem Schnee nur etwa 20 Staare auf einige Tage als Gäſte gehabt, trotzdem ich Flüge von 200—300 Stück beobachtete.) — Weinberge giebt es hier nicht mehr; ſie ſind ſeit 30 Jahren alle eingegangen. Das Klima iſt im ganzen mild, namentlich liegt der Schnee hier niemals ſehr hoch. — In einem Thalgrunde unterhalb des Feldes mit dem erwähnten Kehricht, liegt die Abdeckerei, *) Dieſe Notizen ſind dem Meyer'ſchen Konverſationslexikon (4. Aufl., 1888) entnommen. 187 ET EIN A „ ro 8 5 MS 248 Dr. Koepert, Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! VI. in welcher ſämmtliches krepirtes Vieh aus dem Kreiſe ausgeſchlachtet wird. Auch hier habe ich im Winter unter den Schwärmen von Vögeln Staare vielfach bemerkt. Die Staare, welche in meinen Niſtkäſten brüteten, fütterten ihre Jungen mit nackten, grauen Gartenſchnecken und allerlei Gewürm, was auf dem Boden lebt, namentlich mit der Raupe der Saateneule, die hier zahlreich auftritt. Unmittelbar vor ihrem Niſtplatz ſtehen acht Süß- und Sauerkirſchbäume; ehe deren Früchte reiften, waren die jungen Staare ausgeflogen, hatten ſich mit anderen auf den Wieſen zuſammen⸗ geſchlagen und find erſt auf 8—14 Tage im Spätſommer zu ihrer Geburtsſtätte zurückgekehrt. Sie haben mir nicht eine einzige Kirſche geraubt. Ueberhaupt ſteht hier der Staar in dem Geruche, daß er in keiner Weiſe etwas ſchadet. Außer den Spatzen ſind hier die gefürchtetſten Vögel die Amſeln, welche zu Tauſenden die Gärten Sommer und Winter beleben, allerlei kleinere nützliche Vögel verdrängen und abſolut keine Beere (ſelbſt nicht einmal die Erdbeeren) reifen laſſen, wenn man ihnen nicht wehrt. Sie plündern auch die Kirſchbäume und verſchlingen deren Früchte ſchon im halbreifen Zuftande.*) — In der Pfalz, wo ich früher wohnte, wurden die Staare nicht geduldet und waren im Herbſt dort ſehr unliebſame Gäſte, auch in den Kirſchplantagen in Thüringen. Mit Sicherheit kann ich ausſprechen, daß der Staar den Heimchen und Maulwurfsgrillen ſehr eifrig und mit Erfolg nachſtellt.“ 8 Ä Ueber eine intereſſante Schwarzſpecht⸗Höhle. Von Paul Leverkühn. (Mit Tafel III.) Am 16. April 1890 fand ich auf einer ornithologiſchen Excurſion in das Jagd— gebiet der Offiziere des 3. Feldartillerie-Regiments „Königin Mutter“ unweit Schwab⸗ haufen, an der Bahnlinie München-Landsberg, einen vom Schwarzſpecht (Pieus martius L.) dergeſtalt bearbeiteten Stamm, daß ich ſeine Beſchreibung und Abbildung der Mühe werth halte. Als ich den Baum zuerſt erblickte und rings umher den Boden von den zum Theil handbreiten und fußlangen Spähnen geradezu weißgelb bedeckt wahrnahm, glaubte ich, daß die Verwüſtung von Menſchenhand herrührte; aber die glaubhafte Verſicherung des Jagdaufſehers Volk, welcher den Schwarzſpecht bei der Arbeit geſehen hatte, ſowie eine genaue Prüfung der Spähne und des Stammes ergab, daß ein Menſch nichts dabei zu thun gehabt hatte. In einer Höhe von 70 em) oberhalb des Bodens fand ſich zunächſt ein kleines, einige Centimeter *) Daher iſt die Verordnung im Herzogthume S.-Koburg-Gotha erklärlich, nach welcher neuerdings die Amſeln unter die ſchädlichen Vögel gerechnet werden. *) Auf der Tafel iſt des Platzes wegen der unterſte Theil des Stammes fortgelaſſen. Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. z. S. d. Vogelwelt III. d Fischer & WITTIG IN LEIPZIG. Arbeit des Schwarzspechtes. * Paul Leverkühn, Ueber eine intereſſante Schwarzſpechthöhle. 249 tiefes Loch, aus dem der Vogel nur kleinere Stücke Holz gemeißelt hatte. Neunzig Centimeter über dieſem Loch begann eine achtzig Centimeter lange, am unteren Ende 10 em, am oberen 12½ em breite, tief in den Stamm gehende Höhlung, — eine fabelhafte Leiſtung des Spechtes! Aus der Zeichnung, welche mein Freund A. Ger— hardi am 4. Mai 1890 an Ort und Stelle liebenswürdiger Weiſe aufnahm, erſieht man, daß die Höhle aus einem längeren unteren und einem kürzeren oberen Stücke beſteht, welche durch eine nur von der Rinde entblößten Brücke verbunden werden. Die helleren Partien am Rande der Löcher bezeichnen das Deficit in der Rinde, die dunkleren dasjenige im Stamme. Der obere Theil liegt mehr nach links herüber und hat eine breitere Ausdehnung nach außen, auf welcher nur die Rinde entfernt worden iſt. Die Tiefe der Höhlung in den beiden Abtheilungen war ziemlich die gleiche und erreichte in der Mitte die erſtaunliche Stärke von fünf Centimetern. Der Grund beider Abtheilungen war von zahlreichen, verſchieden tiefgehenden ſchnabel— erzeugten „Wunden“ gefüllt, in denen theilweiſe ausgeſchnittene Spähne noch ſteckten und hingen, und aus welchen der Harzſaft in perlenden Tropfen blinkte. Soweit zwei Laien und der Forſtaufſeher dies zu beurtheilen vermochten, war der Baum durchaus geſund; eine ſchöne Laubkrone bildete ſein Dach. Die dicken Aeſte begannen bald über dem oberen Loche; ein kleinerer iſt auf der Zeichnung angedeutet. — Die Spähne, deren ich mir eine Handvoll mitnahm, ſind an Gewicht und Größe zum Theil ſo rieſig, daß man es nicht für möglich halten ſollte, daß der, wenn auch ſehr feſte, Spechtſchnabel ſie heraus zu hauen vermochte. Außer den größeren deckten zahlloſe kleinere und kleinſte den Boden, ſodaß man dieſe Werkſtatt des Vogels ſchon an der Farbe auf weithin zu erkennen im Stande war. Leider ließ ſich nicht mehr feſt— ſtellen, wie lange Zeit zu dieſer Arbeit erforderlich war: daß ſie von einem Indivi— duum oder höchſtens einem Paare herrührte, iſt ziemlich gewiß, zumal der Schwarz— ſpecht in den ausgedehnten Nadelholzungen jener Gegend eine durchaus nicht häufige Erſcheinung iſt, wie er überhaupt in Bayern zu den Seltenheiten rechnet. (Ich be— obachtete ihn am 6. Mai 1890 zuſammen mit Freund Piſchinger in nächſter Nähe der Station Dachau.) | Trotz ſorgfältigen Suchens fanden wir an den angeſchlagenen Stellen des Stammes, einer ſchön gewachſenen mächtigen Fichte, welcher in Manneshöhe knapp von zwei Menſchen umſpannt werden konnte, nicht die Spur von dem, wonach der Specht doch zweifelsohne hämmernd geſucht hatte. Bekanntlich iſt ſeit Profeſſor Dr. Altum's“) Arbeiten über den forſtlichen Werth der Spechte die Meinung der Ornithologen, ſoweit ſie ſich auch mit Entomo— ) Unſere Spechte und ihre forſtliche Bedeutung. Mit 35 Originalfiguren in Holzſchnitt. Berlin 1878. S. 12. 32. 61. Ferner in Forſtzoologie, Bd. II. Vögel. Berlin 1873. S. 69— 71. 79-110. 5 250 Paul Leverkühn, Ueber eine intereſſante Schwarzſpechthöhle. logie befaſſen, über den Nutzen dieſer Vögel eine weſentlich andere geworden, als ſie dies ſeit alter Zeit bisher war. Trotz ſcharfer Angriffe, namentlich durch E. F. von Homeyer, hielt Altum fein Gutachten, daß „die Spechte wenig nutzen, mehr ſchaden als nutzen, und daß ihre meiste Arbeit als wirthſchaftlich gleichgiltig er— ſcheint,““ ) aufrecht, geſtützt auf ein reiches Material von „Spechtbäumen“ und auf Grund von entomologiſch wie ornithologiſch gleichmäßig hervorragendem Wiſſen und zahlreichen Beobachtungen. Ohne auf dieſe Angelegenheit hier näher einzugehen, welche wegen der verſchwindend kleinen Individuenanzahl des Schwarzſpechtes in Deutſchland für dies Land keine Schlußfolgerungen als da ſind: „Verfolgung der Spechte“ zuläßt — von dem durch Altum energiſch betonten „äſthetiſchen“ Werth der Spechte zu geſchweigen, müſſen wir doch annehmen, daß der beſchriebene Fall zu jenen Ausnahmen gehört, über welche Altum in feinem jüngſten Beitrag“) über die Spechte bemerkt: „. . . die . . . Arbeit nach Inſektennahrung iſt . .. einzeln ſogar ruinös. Letzteres freilich gilt auch nur für vereinzelte Ausnahmefälle.“ — Das in Altum's Forſtzoologie “) dargeſtellte „untere Stammſtück einer alten Fichte, von Pieus martius angeſchlagen“ iſt unſerem Baume am ähnlichſten. Jener Stamm in- deß, im ſächſiſchen Erzgebirge von Prof. Altum angetroffen, war von Ameiſen ſtark bewohnt und wie das Holzmehl zeigte, im Innern ſtark benagt. „Hier hatte der Specht (ich vermuthe P. martius) nach den Inſekten den Baum ſo ſtark angeſchlagen, wie mir Aehnliches noch nie vorgekommen. Siebzehn kleinere und größere Löcher bedeckten an der einen Seite den unteren Theil des Stammes bis zu einer Höhe von 4 Metern. Der Durchmeſſer war 1 Meter. Der Baum war freilich hohl, das reich— liche weiße Holzmehl aber bewies, daß die Ameiſen in gefunden Theilen arbeiteten. . .. Es wimmelte von Ameiſen. . . .) Es möge ausdrücklich betont werden, daß unſer Baum weder hohl noch von Ameiſen beſucht war. 177 München, Anfang März 1891. Ein Ausflug an den Niſtort der „Birkente“ (Clangula Boie glaucion Linn.) in der preußiſchen Oberlauſitz. Von W. Baer. Auf dem Wege zur Eiſenbahn, die mich zu einer kleinen Excurſion entführen ſollte, auf welcher ich Gelegenheit hatte, meine erſten Schnatterenten (Anas strepera) *) Die Spechte und ihr Werth in forſtlicher Beziehung. Frankfurt a. M. 1879. ++) Zum Vogelſchutz. 5. Inſektenvertilgung durch einzelne Vogelarten. 4. Die Spechte. In: Mitth. d. ornith. Ber. in Wien (Schwalbe) 1890. XIV. Nr. 21. S. 291294. **) S. 87. Bd. II. Aufl. 1 und Unſere Spechte S. 31. ). A. a. D. 88 11) Wie mir der Jagdaufſeher Völk am 24. Juni ſchreibt, iſt der Stamm inzwiſchen gefällt. Lev. W. Baer, Ein Ausflug an den Niftort der Birfente. 21 zu beobachten, richtete ich neulich an einen jungen mir begegnenden Förſter die flüchtige Frage: Was für Enten brüten bei Ihnen? Stock-, Krick, Brand- und Birkente. [Mit der Brandente bezeichnet er allerhöchſt wahrſcheinlich, doch eigenthümlicher Weiſe, die Schnatterente (A. strepera).] Ja was iſt die „Birkente“? Sie ſieht ſchwarz und weiß aus, taucht viel, iſt nichts für die Jagd und brütet in hohlen Eichen! Sobald Sie dies Jahr ein Neſt gefunden haben, ſchreiben Sie mir eine Poſtkarte. Ich wußte ſofort, daß es ſich um die Schellente (Clangula Boie glaueion Linn.) handelte. Dies brauchte mich auch nicht zu ſehr zu verwundern, da bereits voriges Jahr ein ornithologiſcher Freund von mir hier, Herr Kramer, durch die zweifelloſe Beobachtung eines ? mit 3 Dunenjungen am 27. Mai auf der ſchwarzen Lache bei Creba das Brüten der Schellente in der Oberlauſitz bewieſen hatte. Ich brauchte auch nicht lange auf die Poſtkarte zu warten, in welcher mir Herr Arthur Stephan, Hilfs— jäger in Forſthaus Haidehaus bei Daubitz in der preußiſchen Oberlauſitz, anzeigte, daß er das erſte Gelege der Birkente ausfindig gemacht habe, und der Zug trug mich dem dem Ziele des Ausflugs nahen Hähnichen zu. | Nachdem ich Schon unterwegs mit viel Vergnügen einem Pärchen Cerchneis tinnuneulus zugeſehen hatte, begrüßten mich in Hähnichen zwei Cieonia alba, eine dem Oberlauſitzer Ornithologen immer liebe Erſcheinung, weil ſie nur einige Striche ſeines ſchönen Ländchens bewohnt, und man ſie darum nicht allzuoft zu ſehen bekommt. Auf dem mit Obſtbäumen beſtandenen Wege, der mich zum Forſthaus Haidehaus führte, ſetzte mich die Häufigkeit von Emberiza hortulana (Gartenammer) in Er— ſtaunen. Ich würde zwar des Guten zu viel thun, wollte ich behaupten, daß auf jedem zehnten Chauſſeebaume eine ſingende hortulana ſaß, doch war ſie ſo häufig, wie ich ſonſt nur Ember. miliaria und eitrinella angetroffen habe. Was zunächſt den Naturfreund und Ornithologen auf dem dem Herrn von Diesbach in Spree gehörigen Reviere, welches ich nunmehr betrat und welches das Kleinod, den Niſtort der Birkente birgt, anmuthet, iſt, daß hier die Jagd äußerſt waidgerecht betrieben wird und kein unnöthiger Schuß fällt. Ich kann es nicht unterlaſſen, es zur Ehre der Herrſchaft und des Perſonals hervorzuheben, daß die herrlichen Eichen hier niemals Zeugen ſind eines Schuſſes auf einen Taucher, eine Taube, eine Rohrdommel, oder gar einen Storch oder Kranich. Freund Stephan bezeichnete es als eine Gemeinheit, daß auf dem Nachbar-Reviere dem einen der drei hier brütenden Kranichpaare das Weibchen vor ca. 4 Jahren weggeſchoſſen wurde. Nur das ſchwarze Waſſerhuhn (Fuliea atra) verfolgt derſelbe, was, obgleich der Vogel ein ſehr anziehender Gegen— ſtand der Beobachtung iſt, kein Ornithologe bedauern wird, da er alle Teiche der Oberlauſitz in ungeheurer Menge bewohnt. Auch finden dieſe Waſſerhühner einen ſehr waidgerechten Tod, indem ſie mein Freund Stephan mit ſtaunenswerther Ge— ſchicklichkeit nur mit der Büchſenkugel auf große Entfernungen erlegt. 252 a W. Baer, Bevor ich zur Hauptſache, dem Neſt der Birkente, übergehe, will ich kurz die Lage und Ornis ihres Niſtortes ſchildern und dann auf dieſer Grundlage hin den Schluß bilden laſſen. Der das Forſthaus Haidehaus umgebende Teichecomplex hat über 160 Hektar Waſſerfläche, wovon 50 auf den größten, leider dies Jahr abge— laſſenen Teich kommen. Die Teiche ſind nur ſtellenweiſe mit Rohr beſtanden, da⸗ gegen umſomehr mit einer Anzahl von Seggenkufen, wodurch große Teiche im Sommer mehr einer grünen Wieſe gleichen. Ganz ebenſo find übrigens die Crebaer Teiche beſchaffen, wo ebenfalls der Kranich brütet und die oben erwähnte Schellente be— obachtet wurde. Die Teichdämme ſind noch mit zahlreichen, prachtvollen alten Eichen beſtanden, unter denen ſich viele hohle befinden, die keinen Nutzwerth mehr repräſen— tiren. Der umgebende Wald iſt aus Fichte und Kiefer gemiſcht, darunter auch ein— geſprengte Eichen und Birken. : Der Tag meines Ausflugs, der 7. Mai, war für Beobachtungen nicht günstig wegen des heftigen Windes, bei dem ſich die Waſſervögel meiſt in Deckung aufhalten. Wir bekamen darum auch keine „Brandente“ zu Geſicht, deren Artzugehörigkeit ich gern feſtgeſtellt hätte. Ich will zuerſt das Wenige, was ich beobachtete, anführen und dann die Angaben meines Gewährsmannes Stephan hinzufügen. Der rothhalſige Steißfuß (Podiceps rubrieollis), welcher alle Teiche der Um— gegend zahlreich bewohnt, übertraf hier entſchieden Fuliea atra in ihrem durch die Büchſenkugel reducirten Beſtande an Häufigkeit. Auch Pod. eristatus brütet nach meinem Gewährsmanne, doch bekam ich ihn nicht zu ſehen. Sterna fluviatilis und Xema ridibundum zeigten ſich ſparſam; von letzterer wurden nach Obigem voriges Jahr 40 Schock Eier von den auf dem Waſſer ſchwimmenden Anſammlungen der abgebrochenen Rohrſtengel abgeleſen. Von Anas boschas beobachteten wir ein auf einer kleinen Inſel nahe dem Teichufer am Boden befindliches Neſt, von Anas erecca eines mitten in der allerdings mit feuchten Stellen durchzogenen Haide am Boden, 400 m vom nächſten Teiche entfernt, in welchem 6 Eier lagen. Von ſonſtigen die Ornis charakteriſirenden Arten beobachtete ich: zahlreiche Budytes flavus, Vanellus eristatus in größerer Anzahl, mehrere Male Upupa epops, ein Pärchen Totanus calidris, welcher ſonſt an manchen Teichen der Umgegend in gleicher Häufigkeit wie der Kiebitz brütet, Calamoherpe phragmitis, Cueulus canorus, Columba palumbus, Turtur auritus, Garrulus glandarias, Picea eaudata, Cerehneis tinnuneulus, Musei- cnpa luetuosa. | Nach meinem Gewährsmanne brütete der Kranich, hier wunderbarer Weiſe „Großziemer“ genannt, bis vor ca. 4 Jahren in 3 Paaren, ſeitdem in 2, außerdem iſt das &, dem, wie oben erwähnt, das Y weggeſchoſſen wurde, alle Jahre wieder— gekommen. Beide Paare haben jedes Jahr je 2 Junge großgezogen, während dem auf dem weißen Luch bei Creba brütenden Kranichpaare, ſo oft ich mich erkundigte, 2 15 * N Ein Ausflug an den Niftort der Birkente in der preuß. Oberlauſitz. 253 die Nebelkrähen die Eier geſtohlen hatten. Nur einmal zogen ſie ein Junges groß. Nach übereinſtimmenden Ausſagen verſchiedener Leute geht hier der Kranich ſtunden— weit vom Waſſer entfernt in die Haide, d. h. in den Kiefernhochwald und die jungen Beſtände, um nach ihrer Meinung hier Nattern und Eidechſen zu fangen. Ein bei Tränke in der Muskauer Haide horſtendes Paar von Ciconia nigra beſucht die Teiche öfters. Von der großen Rohrdommel (Botaurus stellaris) brütet ein Paar. Der Fiſchreiher (Ardea einerea) erſcheint nach der Brutzeit zahlreich. Der Fiſch— adler, hier „Karpfenheber“ (Pandion haliaötus),. zur Zugzeit eine regelmäßige Er— ſcheinung, wird zur Brutzeit nur dann und wann einmal geſehen. Die Blaurake (Cor. garrula) brütet noch häufiger als der Wiedehopf. Auch der Schwarzſpecht (Dryoe. martius) ſcheint hier zu brüten, welcher erfreulicher Weiſe in dem mir be— kannten Theile der Oberlauſitz wohl in der größten für ihn möglichen Häufigkeit vorkommt, ſo daß man gleichzeitig 2 Männchen trommeln hören kann. Bei Forſthaus Haidehaus angekommen, war natürlich mein erſter Wunſch, das bereits entdeckte Gelege der Birkente zu beſuchen. Es war zu meinem nicht geringen Erſtaunen dazu eine Leiter nothwendig. Wir gingen auf den Eichdamm an der — Weſtſeite des abgelaſſenen großen Teiches, in dem dies Jahr Hafer gebaut wird. Bevor wir an unſer Ziel gelangten, zeigte mir Herr Stephan in den hohlen Eichen fünf voriges Jahr bewohnt geweſene Neſter. Das erſte und höchſte befand ſich in einem geräumigen Aſtloch 12—15 m hoch. Ich fragte: „Haben Sie einmal geſehen, wie die Ente ihre Jungen von da herunterbringt?“ „Ja, ſie fliegt mit einem Jungen nach dem andern im Schnabel herunter, und der Waldwärter in Spree, dem die Sache immer viel Spaß gemacht hat, hat auch geſehen, wie ſie ſie wieder im Schnabel hinaufgetragen hat.“ — Die Nothwendigkeit von letzterem kann ich mir allerdings nicht ganz erklären. Das nächſte Neſt befand ſich in einem Aſtloche, 4½½ m hoch, das dritte 6 m, das vierte in einem Stammloche 3½ m, das fünfte in einem gänzlich ausgefaulten, ſeitlich offenen, horizontalen Alte Z m hoch. Mit dem ſechſten waren wir an unſer Ziel gelangt. Es befand ſich 3 m über dem Boden in einem 90 em tief horizontal in den Eichſtamm hineingehenden Loche, der an dieſer Stelle gerade weit ausgebaucht war. Mit der Hand konnte man nicht bis zu den Eiern langen, weshalb deren Zählung unterbleiben mußte. Ein mit Hilfe eines Löffels heraus— genommenes Ei war ein unzweifelhaftes Ei von Clangula glaucion. Da ich ſah, daß der Vogel in einiger Anzahl hier brüte, trug ich kein Bedenken, dies eine Ei, was ich anfangs nicht wollte, als Beweisſtück der Wiſſenſchaft zu opfern. Es dürfte das erſte von einem Ornithologen in Schleſien gefundene Ei dieſer Art ſein. Da mir Herr Stephan mittheilte, daß die Birkente, bevor ſie brüte, ſolange ſie nur lege, am Tage nicht das Neſt beſuche, und der nächſte bewäſſerte Teich, auf dem ſie ſich 254 W. Baer, Ein Ausflug an den Niſtort der Birkente. befinden konnte, einen Kilometer entfernt war, durften wir auch hoffen, daß unſer Eingriff nicht zur Kenntniß des alten Vogels gelangen würde. Es war nun mein Wunſch, die Birkente auch ſelbſt zu ſehen. Sie hatte ſich in den letzten Tagen beſonders auf dem Schamsteich aufgehalten. Dort angelangt, beſichtigte ich zuerſt noch 2 Niſthöhlen in ausgefaulten Aſtlöchern alter Eichen, 3 bez. 4m hoch, von denen die eine 1890, die andere 1889 bewohnt geweſen war. Darauf bekamen wir endlich zweimal eine Birkente zu Geſicht, in welcher ich, ob— wohl die Entfernung groß war, mit Hilfe meines 12 fach vergrößernden Fernrohres die mir von der Zugzeit her fo wohl bekannte Erſcheinung von Clangula glaueion erkannte. Doch ſollte der erhabenſte Moment des Tages erſt kommen. Gedeckt durch Buſchwerk, gelangten wir an eine lauſchige, von Wald umgebene Bucht eines Teiches, und vor uns ſchwamm frei auf der Waſſerfläche in kaum über Schrotſchußweite das prächtige Schellentenmännchen in ſeinem leuchtend weißen und dunkelgrünſchimmernden ſammtſchwarzen Kleide, bei welchem mir immer die großen weißen Flecke zu beiden Seiten der Schnabelwurzel beſonderes Vergnügen machen. Begünſtigt durch die hier herrſchende Windſtille und die Reſonanz des umgebenden Hochwaldes, erſchallte nun beim Aufſtehen der Ente das „Schellen“ in überraſchender Stärke. Obgleich der Vogel nach Beſchreibung eines großen Bogens nochmals laut „ſchellend“ über unſere Köpfe weg flog, konnte ich doch, ſolange ich das Schellen in meinen Ohren hörte, keinen paſſenden Vergleich für das ſeltſame Geräuſch finden. Der deutliche Metallklang konnte demſelben auf keinen Fall abgeſprochen werden. Doch mit demſelben Rechte, mit welchem ich das Fluggeräuſch der Reiherente (Fuli- gula eristata) als ein „fuchtelndes“ und das der Spatula elypeata (Löffelente) als ein „machtvoll ſchnurrendes“ bezeichnen möchte, möchte ich nicht das der Schellente ein „ſchellendes“ nennen. Dies mag vielleicht mehr der Fall ſein, wenn viele gleich— zeitig aufſtehen. Das Geräuſch iſt jo ſeltſam, daß ſich kaum ein ganz paſſender Ver— gleich finden läßt. Andererſeits hatte daſſelbe eine nicht zu leugnende Aehnlichkeit folge) des Zwergtauchers (Podieeps minor). Gleich darauf flog von einem 7—8 m hoch im Stamme einer prächtigen Eiche befindlichen Loche das Schellentenweibchen ab, mehrmals „karr karr“ rufend. Leider bemerkte ich es erſt, als es einige Hand— breiten von dem Niſtloch entfernt war; denn ich hätte gern den Abflug geſehen, zu— mal dieſes Niſtloch ſo klein war, daß nur gerade eine Schellente hinein konnte, und man es faſt für das eines Schwarzſpechtes hätte halten können. Mit dieſer letzten und abſchließenden Beobachtung war der endgiltige Beweis erbracht, daß die „Birkente“ Clangula Boie glaueion Linn. iſt und hier brütet. Zur Zeit der Entenjagd wird die „Birkente“ faſt gar nicht bemerkt. So lange Herr Stephan in Haidehaus iſt, wurde daher nie eine erlegt. Ihr Fleiſch iſt wohl Fr. Lindner, Ornithologiſches und Anderes von der Preuß. Wüſte. 255 auch ungenießbar. Von dieſer Seite her iſt alſo eine Abnahme ihres Beſtandes nicht zu befürchten. Auch wird ihr die Niſtgelegenheit in ihren Lieblingsbäumen, den hohlen Eichen, hoffentlich noch recht lange belaſſen werden, da dieſe wenig materiellen Werth mehr beſitzen. Immerhin dürfte ihr größter Feind doch das größte Raubthier, der Menſch, ſein. Denn bei den nichtsnutzigen Buben der nächſten Dörfer gilt das Clangulaei als eine beſondere Delikateſſe. Herr Stephan theilte mir mit, daß voriges Jahr zwei Neſter ausgenommen ſeien, wovon ſich in dem einen 20 Eier befanden. Hier mußten alſo mehrere Weibchen zuſammengelegt haben. Dagegen ſah derſelbe ein Weibchen nie mehr als 7 Junge führen. Außerdem wird die Birkente im Baum— marder einen argen Feind haben, welchem natürlich ebenfalls die hohlen Eichen ge— fallen. Die Zahl der brütenden Paare kann in den letzten Jahren auf mindeſtens ein Dutzend geſchätzt werden. Dies Jahr wird wohl das Fehlen von Waſſer in dem großen Teich, den nur einige Gräben durchziehen, ihre Zahl etwas beeinträchtigen, da an dieſem der be— ſonders bevorzugte Eichdamm liegt. Schließlich kann ich nicht unterlaſſen, dem jungen Hilfsjäger, Herrn Arthur Stephan, an dieſer Stelle meinen öffentlichen Dank für ſeine freundliche Ermög— lichung dieſer Excurſion auszuſprechen, und möchte ihm, dem treuen Wächter der ſeinem Schutze unterſtellten Vogelwelt und insbeſondere des Kleinodes, „des Niſtortes der Birkente in der Oberlauſitz“, durch dieſe Arbeit gern eine öffentliche Anerkennung zu Theil werden laſſen. Niesky (Oberlauſitz), den 8. Mai 1891. Ornithologiſches und Anderes von der Preußiſchen Wüſte. Von Fr. Lindner, Zeitz. J. In und bei Grenz. Gewiß läßt Sie, verehrte Leſer und Leſerinnen der Monatsſchrift, meine Ueber— ſchrift an das ferne Afrika, an die Sahara mit ihren Schrecken und Ueberraſchungen meiſt unangenehmer Natur denken; denn bei dem Begriffe „Wüſte“ wird man ja unwillkürlich an den ſchwarzen Erdtheil erinnert, in welchem nun auch das deutſche Reich ſeine ausgedehnten Kolonieen hat. Aber nicht in jene weite Ferne, wo Elefanten, Löwen und Giraffen hauſen, wo ferner außer den Rieſen der Vierfüßler auch der Rieſen— vogel der Gegegenwart, der Strauß, heimiſch iſt, will ich Sie führen, ſondern nach einem entlegenen Stück Erde des deutſchen Vaterlandes, nach einem Theile der preußiſchen Monarchie, welches in vollfommenem Maße alle charakteriſtiſchen Merkmale der echten Wüſte trägt, von wenigen Reiſenden beſucht wird und ſelbſt für die Bewohner 256 Fr. Lindner, der Provinz, zu welcher es gehört, zum größten Theil eine terra incognita ift, über welche viel gefabelt wird: es iſt die in geologiſcher, ethnologiſcher und zoologiſcher Be- ziehung ſo hoch intereſſante Kuriſche Nehrung, jene ſchmale, über 13 Meilen lange, an der breiteften Stelle 2 ¼ an der ſchmalſten aber nur ½ Kilometer breite Landzunge, die ſich vom Seebad Cranz am Nordſtrande des Samlandes zwiſchen Oſtſee und Kuriſchem Haff bis Memel hin erſtreckt in einem ſanften Bogen, der in nordöſtlicher Richtung anhebt und in nördlicher endigt. Die meiſten Karten geben dieſen Bogen zu ſchwach, das heißt den Verlauf der Nehrung zu gerade an. Da in unſrer Monatsſchrift das Ornithologiſche vor allem Uebrigen den Vorrang hat, will ich letzteren Umſtand nur dann ſtreifen, wenn es von allgemeinem Intereſſe oder zum Verſtändniß meines Beobachtungsgebietes unbedingt nöthig iſt. Betreffs der allgemeinen (geologiſchen, ethnologiſchen u. ſ. w.) Verhältniſſe ſowie chroniſtiſcher Angaben verweiſe ich auf die treffliche Monographie des Prof. Bezzenberger: „die Kuriſche Nehrung und ihre Bewohner“ (1890 in der Kirchhof chen Sammlung geographiſcher Vorträge). Und nun zu meinen eigenen Erlebniſſen und Beobachtungen auf der Kuriſchen Nehrung. Schon ſeit vielen Jahren, namentlich ſeitdem ich mich für den Vogelzug intenſiver intereſſirte und von Homeyers „Wanderungen der Vögel“ und Palméns „Zugſtraßen der Vögel“ geleſen hatte, war es mein lebhafter Wunſch, die Kuriſche Nehrung näher kennen zu lernen, da ich ſie nach ihrer geographiſchen Lage und nach ihrer eigenthümlichen Form für Zugſtraße im eminenteſten Sinne des Wortes hielt. Und meine Vermuthung iſt vollauf beſtätigt worden. Im Februar 1888 reiſte ich von Zeitz über Berlin und Stettin nach Stolp i. P. und beſuchte hier Herrn Baron E. F. von Homeyer, welcher mir ſeine herrliche ornithologiſche Sammlung zeigte und meine auf Oſtpreußen geſetzten ornithologiſchen Hoffnungen noch weſentlich ſteigerte. In Königsberg angekommen, beabſichtigte ich zunächſt an geeigneter Stelle den Frühjahrszug der Vögel zu beobachten. Ich nehme die Karte zur Hand und meine Wahl trifft das am Haff gelegene, 8 Kilometer vom Seebad Cranz gelegene Forſthaus Grenz. Bis zum 4. April, an welchem ich von Königs— berg abreiſte, waren ſchon Kiebitze, Storch“) und Bachſtelze (am 15. März), Lerchen (23. März), Waldſchnepfe (27. März) und Kraniche (30. März) angekommen. Es ſchien alſo die höchſte Zeit zu ſein, nach der Beobachtungsſtation aufzubrechen, obwohl ja noch eine Menge Wintergäſte: Seidenſchwänze, die ſich ſelbſt mitten in der Stadt ganz und gar nicht ſcheu zeigten, Leinfinken, Bergfinken, Säger, Lummen und eine Unmaſſe nordiſcher Enten, vor allem die Schell- und Eisenten, nicht an die Rückkehr nach dem Norden denken wollten. Am 4. April fuhr ich alſo uach Cranz, wo ich das erſte Rothkehlchen ſingen hörte. Noch war es ziemlich rauh; weithin waren ) Die etwas fragliche Notiz über den Storch entſtammt einer Zeitungsnachricht. F. L. Ornithologiſches u. Anderes von der preuß. Wüſte. I. In und bei Grenz. 257 die niedrig gelegenen Haffwieſen überſchwemmt, große Schneewehen im Walde und namentlich am Meeresgeſtade, und das noch mit Eis bedeckte Haff erinnerten nur noch zu deutlich an den ſtrengen Winter. Und dem Aprilwetter iſt doch auch wenig zu trauen. Aber ſo arg täuſcht wohl ſelten der April mit ſeinen Launen und Mucken, wie mich derjenige des Jahres 1888 in meiner Hoffnung, einen intereſſanten und reichlichen Frühlingszug der Vögel zu beobachten; denn gleich nach meiner Ankunft im Forſthauſe Grenz fing es wieder an zu ſchneien, ſo dicht, daß ich kaum den nahen Waldrand erkennen konnte. Von Tag zu Tag wurde es ſchlimmer und am 9. April war bereits eine ſo große Maſſe Schnee gefallen, daß die Zweige der Fichten, die doch gewiß viel aushalten, vielfach unter der Schneelaſt abbrachen. Unter dieſen ungünſtigen Verhältniſſen hielt ich mich nur 13 Tage in Grenz auf. Gleichwohl bot ſchon dieſer erſte und ungünſtige Aufenthalt auf der Nehrung, die ich dann noch in demſelben Jahre, ſowie in den Jahren 89 und 90 öfters und zu faſt allen Jahreszeiten beſuchte, — mein längſter zuſammenhängender Aufenthalt an einem Orte der Nehrung belief ſich auf 7 Wochen — ſo manches Intereſſante. Noch am Tage meiner Ankunft ſah ich den ſchönen Fiſchadler (Pandion haliaëtus) eifrig Niſtmaterial herbeitragen. Der eine Horſt befand ſich ganz in der Nähe der Förſterei im höchſten Wipfel einer ſehr hohen Eiche und war auf einem ſenkrecht über die Baumkrone herausragenden und dann nach mehreren Richtungen ſtrahlen— artig Nebenzweige ausſendenden ſtarken Aſte ſo angelegt, daß es von weitem ſchien, als ſchwebe der Horſt frei in der Luft; als ich nach einigen Wochen die Eiche erkletterte, um die Eier aus dem Horſte zu heben, konnte ich, trotzdem ich alles aufbot, um meinen Zweck zu erreichen, doch nur bis an die untere Seite bezw. den Rand des Neſtes gelangen. Leider wurde kurz darauf von einem Forſtbeamten der eine der beiden Fiſchadler geſchoſſen, als vielleicht die Jungen eben den Eiern entſchlüpft waren. Bei Grenz hielten ſich 3 Paar Fiſchadler auf. Einen zweiten Horſt, der im Gipfel einer alten hohen Kiefer angelegt war, beſtieg ich ebenfalls vergeblich; denn da vor 14 Tagen auf meine Veranlaſſung ein Hilfsjäger den Baum erklettert hatte und dabei vom Adler bemerkt worden war, noch ehe die Eier abge— legt waren, ſo war der Horſt vorſichtiger Weiſe verlaſſen worden: ich fand ihn leer. Nur eine vom littauiſchen Ufer des Haffs herübergeſchleppte und zur Auspolſterung des Horſtinneren benutzte „Fuſe“ (Pfändſtrohwiſch) deutete ironiſch an, „daß das Beſuchen dieſes Lokales verboten“ und im vorliegenden Falle erfolglos ſei. Ein dritter großer Horſt, der ſeit Jahren ſchon unbenutzt war, hat nach Ausſagen des Förſters dem jetzt als Brutvogel auf der Nehrung wohl nicht mehr vorkommenden Seeadler (Haliaötus albieilla) angehört. Am 5. April ſchoß der Hilfsjäger den erſten Thurmfalken, welcher als Brut- vogel bei Grenz ziemlich häufig vorkommt. Ein Gimpel, welcher im Förſtereigarten 258 F. Lindner, Ornithologiſches u. Anderes von der preuß. Wüſte. I. ſich am Fliederſamen gütlich that, ließ ſich nicht weniger als dreimal fangen — zweimal war er aus dem Käfig entwiſcht — und hat ſich nachher mit Schießpulver, welches er vielleicht für Mohnſamen hielt, ſelbſt vergiftet; ſelbſt von einem „dummen Gimpel“ ſollte man doch ein klein wenig mehr Intelligenz erwarten! Am 6. April ſah ich unter anderen ankommenden Vögeln auch ein Exemplar des in Oſtpreußen äußerſt ſeltenen Hausrothſchwänzchens; außer dieſem Exemplar habe ich nur noch ein einziges in Königsberg und ein drittes im weſtpreußiſchen Seebade Zoppot angetroffen. Am 8. April kamen der Steinſchmätzer (Saxicola oenanthe) und das Blaukehlchen (Cyanecula suecia) an; da noch hoher Schnee alles bedeckte, werden ſehr viele unſerer gefiederten Freunde elendiglich Hungers geſtorben ſein. Ich befreite einige Stellen der Haffwieſen vom Schnee, ſtreute Futter hin und hatte die Freude, viele hungrige Gäſte dort zu ſpeiſen. Am 8. April zog ein Schwarm Kraniche über Grenz, am 9. erlegte ich am Seeſtrande auf einen Schuß mehrere der herrlichen Eisenten (Harelda glacialis), welche zu vielen Tauſenden das offene Meer bedeckten; außer ihnen hielten ſich dort noch viele Schellenten (Clangula glaueion), in Oſtpreußen „Backenten“ (von den weißen Wangen) genannt, Eistaucher (Colymbus arcticus u. septentrionalis), Säger (Mergus serrator, merganser und albellus), Schwäne, Wildenten, und Lummen (Uria troile), auch ſchon zurückgekehrte Hauben- taucher („Krontaucher“) auf dem Meere auf. Am 10. kamen die Bekaſſine (Gallinago scolopaeina) und der Weidenlaubvogel (Phyllopneuste rufa) an. Am 12. zogen große Züge von Ringel- und Turteltauben (Columba palumbus u. turtur) über Grenz; bald folgten auch Hohltauben (C. oenas); ebenſo erſchienen am gleichen Tage Fiſchreiher und Kraniche; am 13. April zogen mehrere Schwärme Wildgänſe nach Norden; nach einem ſchwarzen Milan (Milvus ater), der in den Wäldern bei Cranz und Grenz recht häufig brütet, gab ich einen Fehlſchuß ab. In nächſter Nähe ſah ich ein Paar des ſchönen kleinen Sägers (Mergus albellus), ſo wie unter den vielen Möven außer L. canus, fuseus, argentatus und warinus eine auffallend kleine, vielleicht L. miuutus, die ich ſpäter am littauiſchen Haffufer ſowie auf der Nehrung häufiger antraf und auch erlegt habe. Am 19. April ſah ich endlich nach 12-tägigem vergeblichen Suchen 3 Stück Elchwild, welches in den jungen Kieferbeſtänden viel Unheil anrichtet; im Elchfleiſch konnte ich jedoch keine Delikateſſe finden. Am 20. kehrte ich von Grenz zurück nach Cranz. War ich auch von den bisher gemachten Beobachtungen keineswegs befriedigt, ſo hatte ich in Cranz di große Freude, das erſte Exemplar des damals einwandernden Steppenhuhnes lebend zu erhalten. Ich verweiſe auf meine Arbeit über die Steppenhuhneinwanderung im 88-er Jahrgange unſerer Monatsſchrift. Nach den bisher in Grenz gemachten Beobachtungen konnte ich natürlich keine Ahnung davon haben, welch reiches Vogelleben die Nehrung birgt; vom Wüſten— H. Schacht, Ein Eisvogel am Futterplatze. 259 charakter der Nehrung iſt auch bei Grenz noch nichts zu merken, denn von Cranz reicht der Wald über Grenz hinaus bis hinter das eigentliche Nehrungsdorf Sarkau; erſt eine Stunde hinter Sarkau treten dem Wanderer, nachdem er den immer ſpärlicher werdenden Wald durchwandert hat, die weißgelben Dünenberge entgegen, die ſich aus der Sandwüſte, welche ſich meilenweit zwiſchen Haff und See hinzieht, erheben. Erſt wo die wüſten, theilweiſe allen Lebens, auch des pflanzlichen, entbehrenden Strecken von einer bewaldeten Gegend, einer Oaſe, abgelöſt werden, finden wir auch ein reiches, ja ein überaus reiches Vogelleben vor. Davon in den folgenden Stücken. Zeitz, im April 1891. Ein Eisvogel am Futterplatze. Von H. Schacht. Unſer Vereinsmitglied, Herr Primaner Wißmann, wohnt in unmittelbarer Nähe des Burggrabens in Detmold und ſein Futterplatz iſt nur durch eine Mauer von dem Waſſer getrennt. Im Laufe des Winters erſchien nun mehrmals auf dem Futterplatze ein Eisvogel und verzehrte ausgelegte Fleiſchſtückchen, verſuchte ſogar Fleiſch von den Knochen zu löſen, was ihm auch anſcheinend gelang. Sobald der Burggraben mit einer Eisdecke überzogen war, verſchwand der Eisvogel, kehrte erſt zurück, als das Waſſer wieder frei war und ſtattete nun auch dem Futterplatze pflicht— ſchuldig ſeinen Beſuch ab, ſich wieder am Fleiſche labend. Man ſieht hieraus, daß nicht Fiſche allein die ausſchließliche Nahrung unſers Eisvogels im Winter ſind, daß ſie auch mit anderen Stoffen fürlieb nehmen. Leider wird dem Prachtvogel unſerer Gewäſſer in der Neuzeit überall nachgeſtellt, denn er ſoll es hauptſächlich verſchulden, daß unſere Bäche fiſchärmer denn je ſind. In früheren Jahren, wo der Eis— vogel an allen Bächen anzutreffen war, wimmelten die Gewäſſer von Fiſchen; heute, wo die Eisvögel faſt vertilgt ſind, giebt es auch keine Fiſche mehr. Detmold, im April 1891. Kleinere Mittheilungen. Einführung des Girlitz (Fr. serinus) in Lippe. Da der Girlitz ſich be— kanntlich immer mehr nach Norden hin in Deutſchland anſiedelt und ſchon in Gegenden angelangt iſt, die mit der unſern, was Klima, Bodenbeſchaffenheit, Pflanzenwuchs ꝛc. anbetrifft, gleichmäßig ſind, ſo hat auf meine Veranlaſſung der Thierſchutzverein in Detmold eine Anzahl Girlitz-Pärchen aus Schleſien kommen laſſen und bereits zehn Pärchen in den herrlichen Umgebungen der Stadt Detmold in Freiheit geſetzt, ſodaß 260 | Kleinere Mittheilungen. man heute ſchon (23. Mai) an verſchiedenen Punkten dem wunderlichen Geſange des lebhaften Vogels lauſchen kann. Ob die Einbürgerung hier gelingt, ob die Vögel zur Brut ſchreiten und die erbrüteten Jungen wieder das ſchöne Lipperland auf- ſuchen werden, ſteht noch dahin. Jedenfalls werde ich nicht verfehlen ſpäter über den Verlauf und die Reſultate des Verſuchs zu berichten. Möchten doch auch noch andere Vereine Norddeutſchlands in gleicher Weiſe vorgehen. Da die Vögel zu ſpott⸗ billigen Preiſen zu haben ſind, kommt der Koſtenpunkt durchaus nicht in Betracht. H. Schacht. Die Bemühungen des Unterfränkiſchen Thierſchutzvereins in Würzburg auf dem Gebiete des Vogelſchutzes haben nach dem 12. Jahresberichte für 1890 guten Erfolg gehabt. Es heißt darin: „Die Futterkäſten in den ſtädtiſchen Anlagen wurden wieder vermehrt, und auf Anſuchen hat der Stadtmagiſtrat genehmigt, daß in den Anlagen ſtädtiſche Taglöhner unter Leitung des Stadtgärtners die Fütte— rung beſorgen dürfen, ſo daß wir nur das Futter zu ſtellen haben. Auch auf das Land wurden, wie alljährlich, eine Menge von Niſtkäſten theils unentgeltlich, theils gegen Erſatz der Baarauslagen abgegeben. Eine Broſchüre, Dr. Liebe's Bogel- fütterung, wurde in 1000 Exemplaren in Unterfranken von uns verbreitet. Nach den eingelaufenen Berichten iſt unſere diesbezügliche Thätigkeit von den beiten Er⸗ folgen gekrönt. Ueberall mehren ſich die nützlichen gefiederten Sänger in Feld und Wald.“ Möge ein ſolches Vorgehen auch in weiteren Kreiſen Nacheiferung finden! Gera. Emil Fiſcher. Am 23., 24. und 25. Mai machte ich vereint mit Herrn Dr. Rey einige Forſchungsgänge; nachdem wir brütend 8. nisoria, einerea, eurruca und hortensis angetroffen, einige (ca. 15) ſchon vorher von mir vermerkte Collurio-Gelege inſpicirt und in vier von ihnen je ein Ei von anſcheinend ein und demſelben Kukuks weibchen vorgefunden hatten, beſtiegen wir meinen Wagen und hatten zwiſchen hohem Korn um die Ecke eines wenig befahrenen Feldweges biegend plötzlich in einem noch niedrigen Kleeſtück auf ca. 100 Schritt ein Pärchen der ſeltenen und von mir noch nie geſehenen Zwergtrappe vor uns. Nachdem wir natürlich ſchleunigſt gehalten und durch das Glas das Pärchen mit großem Genuß gebührend bewundert hatten, verſuchten wir näher heranzukommen, wobei die ſcheuen Vögel — ziemlich hoch aufſteigend — natür⸗ lich abſtrichen, um ca. 1500 Meter weiter wieder einzufallen. Seitdem iſt es mir noch nicht gelungen, die Vögel wieder zu Geſicht zu bekommen; hoffentlich brüten ſie hier und zeitigen gut. Mit den benachbarten Jagdpächtern habe ich mich behufs Schonung in Verbindung geſetzt. Altenbach b. Wurzen. H. Hülsmann. Merkwürdiger Niſtplatz einer e une Vor etwa zehn Jahren niſtete ein Pärchen Ringeltauben (Palumbus torquatus) im Gezweig eines Lorbeerbaumes, Kleinere Mittheilungen. 261 der feinen Platz auf dem Balkon der am hieſigen Kornmarkt belegenen Stadtapotheke hatte. Da die Tauben als Neſtmaterial Ranken vom wilden Wein benutzten, und dadurch denſelben ſchädigten, wurde ihnen verkürztes Beſenreiſig hingelegt und dank— bar angenommen. Sie brachten trotz des gerade dort, beſonders an Markttagen, lebhaften Verkehrs glücklich ihre Jungen aus. Aus Reinlichkeitsgründen wurde ihnen Jahrs darauf dieſe Niſtgelegenheit entzogen. Altenburg. Dr. Kö pert. Zur Wohnungswahl der Feldſperlinge. Zur Zeit der letzten Kartoffel— ernte übernachtete bei der nahen „Hetemühle“ ein männlicher Passer montanus ſtändig in einem Neſte von Fringilla coelebs; ſobald es jedoch anfing, grimmig kalt zu werden, demolirte unſer Freund zugleich mit ſeiner „Gemahlin“ dieſes Bett und polſterte mit deſſen Material ein Loch im Apfelbaume aus, welches den Sommer über Parus caeruleus bewohnt hatte. Ein anderes Pärchen der in Rede ſtehenden niedlichen Vagabunden, ſie werden hier „Weidaspatzker“ vom Bauern genannt, uſur— pirte eine verlaſſene Staarenbehauſung; dieſelbe erſchien ihm aber nicht warm genug zu ſein, deshalb wurden fleißig Federn, Pferdehaare u. ſ. w. von einem Pirolneſte in die Höhlung geſchafft. Wieder andere Feldſperlinge richteten ſich in einem ſchon ſeit langer Zeit auf der hohen Fichte unſeres Gartens leer daſtehenden Kugelneſte des „Vetters“ domesticus häuslich ein. Endlich logirten diverſe Stücke von mon- tanus, ebenſo wie recht viele Hausſpatzen, in den Lehmhütten von Hirundo urbica; fleißigere Thiere fütterten dieſe recht hübſch und verhältnißmäßig ſorgfältig aus, verſchiedene Faulpelze aber thaten nichts für die eigene Bequemlichkeit, ſie froren lieber. — Nicht unerwähnt möchte ich es auch bei dieſer Gelegenheit laſſen, daß im Spätherbſt 1890 ein P. domesticus im Garten eines hieſigen Bauerngutsbeſitzers ein reguläres Kugelneſt als Winterherberge in der Gabel eines alten Birnbaumes auf— baute. Vor einigen Wochen begann das Weibchen dieſe Hütte von Koth und Unrath gründlich zu ſäubern und innen mit neuen Federn ꝛc. auszupolſtern; gegenwärtig befindet ſich ein völliges Gelege drin. — An recht rauhen ſtürmiſchen Abenden kamen im verfloſſenen Zeitabſchnitte nicht wenige Feldſperlinge in unſeren Schafftall und nächtigten in den Balkenwinkeln. Ich ſelbſt habe früher ähnliche Wahr— nehmungen nicht gemacht und auch alle Schäfer, die ich deswegen fragte, kannten bloß den domestieus als Gaſt. Andere Weidenſperlinge ſchliefen regelmäßig in den Scheuern (das thaten auch Goldammern und Finken), weitere im Strohdach der Hundehütten, der Umhüllung der Pumpen oder gar neben gemeinen Vettern und Baſen in dem unſere Arbeitsglocke einſchließenden winzigen Holzhäuschen. Natürlich kam anfangs, ſobald geläutet wurde, die ganze Sippe wie toll herausgeſtürzt; bald aber ließen ſie ſich durch den Lärm gar nicht mehr ſtören. Recht viele Stücke von P. montanus hauſten auch in einem großen mitten in unſerem Hofe liegenden 262 Kleinere Mittheilungen. Reiſighaufen; der ſtarke Schneefall überdeckte dieſen aber gar bald vollſtändig und nur zwei Oeffnungen von der Größe eines Mauſeloches blieben übrig; durch dieſe konnte man nun an jedem Abende die kleinen Geſellen in den Haufen ſchlüpfen ſehen, dort unter der Schneedecke ſchliefen ſie gur warm. Mehrere Mal mußte alte, verdorbene Gemengſpreu auf den Compoſt geſchüttet werden, ganze Haufen wurden davon aufgethürmt, als die Sonne unterging logirten in dem neu entſtandenen Bett verſchiedene Feldſperlinge, einmal auch Haubenlerchen. Schlaupitz, den 28. April 1891. K. Knauthe.“ Zum Schönheitsfinn der Staare. Angeregt durch den intereſſanten Artikel des Herrn Staats von Wacquant-Geozelles über den Schönheitsſinn der Staare (Ornithol. Monatsſchrift 1891, S. 75—77) habe ich in dieſem Jahre dem Eintragen von Blüthen und anderen Pflanzentheilen ſeitens der Staare in ihre Niſtkäſten be⸗ ſondere Aufmerkſamkeit zugewendet. Als Beobachtungsgebiet erwählte ich mir beſonders den botanischen Garten in Marburg, wo ja den zahlreich vorhandenen Staaren ein- heimiſche wie ausländiſche Pflanzen zu Gebote ſtehen. Ich fand dabei, daß keine Pflanze von den Staaren fo ſehr bevorzugt wurde als Pyrethrum earneum. Dieſe Pflanze zeichnet ſich ja nun durch ihre hübſch roſarothen Blüthenblätter vortheil- haft aus, ſie dient aber auch bekanntlich zur Herſtellung des perſiſchen Inſektenpulvers. Ferner habe auch ich ſehr häufig geſehen, daß die Staare Blätterfetzen von Heraeleum giganteum eintragen, das einen ekelhaften, übelriechenden Saft beſitzt. Wenn wir nach einer Erklärung für dieſen zuerſt recht ſonderbar und unbegreiflich ſcheinenden Umſtand ſuchen, ſo könnte man beinahe auf den Gedanken kommen, daß die Staare auf dieſe Weiſe läſtige Schmarotzer im Innern ihrer Niſtkäſten in Schranken halten wollen. Ich bin vorläufig noch weit entfernt, dieſe Anſicht für die richtige zu halten, und möchte auch beſonders betonen, daß dergleichen biologiſche Eigenthümlichkeiten der Vögel nach meinen Erfahrungen oft einen rein lokalen Charakter tragen; aber vielleicht werden zukünftige Beobachter der Staare dadurch veranlaßt, dieſem Punkte beſondere Aufmerkſamkeit zu ſchenken. Curt Floericke. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Noch vor etwa 20 Jahren war der rothköpfige Würger (Lanius senator) eine ſehr gewöhnliche Erſcheinung, er fehlte keinem größern Obſtgarten, ebenſowenig den Landſtraßen und den Vorhölzern unſerer Wälder. Mit beſonderer Vorliebe ſetzte er ſich auf die Spitzen der Birnbäume oder auf die an den Landſtraßen oder in den Gärten aufgeſteckten Bohnenſtangen. Von jener Zeit hat er immer mehr abgenommen, ohne daß man einen Grund hier⸗ für zu finden weiß; während er in den letzten Jahren hin und wieder noch ver— einzelt auftrat, habe ich jetzt bei meinen ausgedehnten Fußwanderungen keinen ein— zigen Vogel dieſer Art entdecken können, obwohl ich ihm meine beſondere Aufmerk— ſamkeit zuwandte. Iſt von dem einen oder andern Leſer unſerer Monatsſchrift zu 52 2 — pi * 2. N, = Kleinere Mittheilungen. 263 erfahren, ob auch an anderen Orten eine Abnahme dieſer Art zu verzeichnen ift, oder ob ſogar hier und da vielleicht eine Vermehrung ſtattgefunden hat. Wehlheiden, Kaſſel. H. Ochs. Tod durch Blitzſchlag. Ein Freund, Dr. Keller-Köln, ſchreibt mir: „Am 19. Juni 1888 ſah ich in Baden-Baden, wie ein Storch vom Blitz aus dem Neſte geſchlagen wurde. Die Jungen blieben unverſehrt.“ Staats von Wacquant-Geozelles. Bei uns hat heuer eine Elſter (Picea piea L.) auf den ſogen. Seewieſen, wo hohe Bäume genug ſtehen, ihr Neſt in eine ganz niedrige Schlehdornhecke gebaut; man kann bequem in daſſelbe hineinſehen (conf. Ernſt Hartert in „Zoologiſcher Garten“ XXXI, 9, p. 282). Außerdem fehlt dieſem Elſterneſte die charakteriſtiſche Haube (A. Pflanz in „Ornithologiſches Jahrbuch“ II, 1, p. 36). Pica piea L. baut dort neuerdings überhaupt nur noch in Schleh- oder Weißdornhecken, während ſie früher Erlen vorzog, wie ich glaube, deshalb, weil in erſteren ihre Kinderwiege vor dem Raubthier Homo sapiens am beſten geſchützt iſt. (Die jungen „Schalaſtern“ ſind nämlich vom gemeinen Mann eifrig begehrte Leckerbiſſen, ebenſo wie junge Krähen und Eichelheher.) Schlaupitz, den 9. Juni 1891. Karl Knauthe. (Aus einem Brief an K. Th. Liebe.) Es wird Sie und manchen Anderen wohl intereſſiren zu erfahren, daß in meiner Abweſenheit ein Uhu-Weibchen in der Volidre gebrütet hat. Der junge Vogel iſt gegenwärtig halb ausgewachſen und befindet ſich vortrefflich. Die Bedingungen während der Brut waren die denkbar ungünſtigſten. Es lebten vier Uhu in etwa 1½ ẽCubikfaden Raum. Der Boden beſtand aus Ziegeln und feſtgeſtampften Mergelſand. In dieſen hatte das Weibchen eine flache Vertiefung gekratzt und ſich ohne irgend welche Unter- oder Umlage zum Brüten angeſchickt. Daten fehlen leider, ich war ja abweſend. Tiflis, 29. Mai / 10. Juni. G. Radde. Bienenfreſſer in Baiern. Am 16. und 17. Mai ds. Is. erlegte ein Jagd⸗ pächter in Bimings, Station Aitrang, Schwaben, je einen Merops apiaster. Die beiden Vögel befinden ſich hier bei einem Präparator und ſind tadellos ausgeſtopft. Auf meine Anfrage bei dem Erleger erhielt ich eine detaillirte Antwort über Be— obachtung und Erlegung der Vögel, deren Veröffentlichung ich mir für meinen orni— thologiſchen Jahresbericht im Herbſte vorbehalte. Den einen der Vögel erwarb ich für meine Vogelſammlung. München, Juni 1891. Alph. Graf v. Geldern. 264 Litterariſches. — Anzeigen. Litterariſches. Graſſi, B. und Feletti, R. Malariaparaſiten in den Vögeln, (Centralbl. f. Bakteriologie u. Paraſitenkunde. IX. Bd. No. 12 p. 403409, No. 13 p. ER. 433, No. 14, p. 461—467.) Graſſi und Feletti, welche die von Danislewsky im Blute Kühren Vogel⸗ arten aufgefundenen Malariaparaſiten einer näheren Unterſuchung unterzogen haben, unterſcheiden mit Beſtimmtheit die amöboide, kugelige Haemamoeba praecox und die mondſichelförmige Lavernaria Danilewskyi als verſchiedene Species. Zur Be⸗ gründung dieſer Anſicht führen Verf. u. a. an, daß ſie beide Formen ganz allein bei gewiſſen Vögeln fanden, (fo in einer Athene noctua nur Hämamöben), und daß fie bei Sperlingen eine Vermehrung der Mondſicheln beobachteten, ohne daß dabei irgend welche Zwiſchenſtadien wahrgenommen werden konnten. Unterſuchungen von Sperlings⸗ embryonen zeigten, daß die Anſteckung nicht erblich iſt, ſondern kurz vor dem Flügge⸗ werden der Jungen äußerlich erfolgt. Die Mondſicheln pflegen ſich an den Seiten⸗ theilen, die Hämamöben an den Polen der rothen Blutkörperchen zu entwickeln. Vögel aus malariafreien Gegenden waren nie inficirt. Von der Annahme ausgehend, daß die Malariaparaſiten zu den Rhizopoden gehören, unterwarf G. alles aus geeigneten Oertlichkeiten der Malariagegenden entnommene Material einer genauen Unterſuchung nach den in denſelben am conſtanteſten vorkommenden Amöben und gelangte dadurch zu der Hypotheſe, daß Amoeba guttata die frei lebende Form der Haemamoeba und A. (Daetylosphaerium) radiosa diejenige der Lavernaria ſei, daß man es hier alſo mit einem ausgeprägten Dimorphismus zu thun habe. Bei Tauben, deren Käfig man über berüchtigten Malariaherden aufgehangen hatte, wurden ſchon nach ſehr kurzer Zeit encyſtirte Amöben in der Naſenhöhle nachgewieſen. Man hat ſich den vorhandenen Kreislauf etwa derart zu denken, daß urſprünglich frei lebende Amöben ſich eneyſtiren, in die Luft erheben und durch die Naſenhöhle in das Innere eines Vogels eindringen, um ſich dann im Blute deſſelben den neuen Verhältniſſen entſprechend zu modificiren. Curt Floericke (Marburg.) Anzeigen. Suche gut gehaltene lebende Exemplare zu kaufen von: Mäuſebuſſard (Buteo vulgaris), Schlangenadler (Circaetus gallicus), Schreiadler (Aquila naevia). Marburg in Heſſen. Kurt Flöricke, Cand. rer. nat. Gebe aus meiner Vogelſammlung in gut eingewöhnten, geſunden Exemplaren, zum Theil gut ſingend und zahm, ab: Zwergfliegenfänger & u. 2, in verſchiedenen Kleidern; Halsbandfliegenfänger 8; Fitis-, Wald- und Weidenlaubſänger, & u. g; Schafſtelzen, verſchiedene Grasmücken, Gartenſänger, Nachtigallen, Sproſſer, Wald⸗ und Hausrothſchwänzchen, Pirole und Eisvögel. Wien IX, rn: 1. E. Perzina. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. 1 7 Ornithologifchei Y abi e ER nn | nn an — Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Zahlungen wenden an den es Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, „auen d, . RR: Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats⸗ : : i N ö len eee u poſtfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ N ä Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. ſowett der Raum es geſtattet. XVI. Jahrgang. Juli 1891. Ur. 10. Inhalt: Neu beigetretene Mitglieder. IV. — Zum Vogelſchutz. — Dr. Koepert: Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! VII. Ernſt Hartert: Von der XVI. Jahresverſamm— lung der Allgemeinen Deutſchen Ornithologiſchen Geſellſchaft zu Frankfurt a. Main. A. von Homeyer: Auf dem Velenczer- und Platten-See. J. Staats von Wacquant-Geozelles: Baden und Trinken. I. Dr. U.⸗E.: Etwas über die Originalzeichnungen zu dem Kupferwerke „Vorſtellung der Vögel in Deutſchland und beyläufig auch einiger fremden, mit ihren natürlichen Farben“, von Johann Leonhard Friſch. — Kleinere Mittheilungen: Steppenhuhn-Invaſion in Dänemark. Vogelarmuth der oberitaliſchen Ebene. Hausſperling. Gänſejagd in der Bartſch— niederung. — Litterariſches. — Notizen für die Vereinsmitglieder. — Anzeigen. Neu beigetretene Mitglieder. IV. 1. Behörden und Vereine: keine. 1. Damen: keine. 3. Herren: Otto Barnid, cand. med. in Leipzig; Freiherr von Beuſt in Altenburg; 19 N ee, A En " NE. En i 9 266 N Zum Vogelſchutz. A. Boſſe, Director in Weißenfels; Burkhardt, stud. theol. in Marburg; Dall- wig, stud. med. in Marburg; Chr. Deichler in Ober-Ingelheim; Rudolf Diederichs, stud. rer. nat. in Marburg; C. Eimbeck, Landwirth in New⸗Haven, Nordamerika; W. Eimbeck, Profeſſor in Survey, Nordamerika; K. Eiſenberg, stud. theol. in Marburg; Hodes, stud. rer. nat. in Marburg; Hütteroth, stud. theol. in Marburg; Edmund von Huszthy, Secretair Se. Durchlaucht des Fürſten Paul Eſterhäzy in Oedenburg, Ungarn; Wilhelm Klingehöffer, stud. med. in Marburg; Dr. Lende, Profeſſor in Budapeſt; A. Lüdert, Conſul in Hamburg; Maurer, stud. theol. in Marburg; Walther Micke, stud. jur. in Berlin; Karl Padberg, Poſthalter in Olsberg in Weſtfalen; Willy Sames Gymnaſiaſt in Gießen; L. Schmidt, Rechtsanwalt in St. Louis, Nordamerika; Schmidt, stud. theol. in Marburg; Scholle, stud. jur. in Marburg; Wilhelm Schröder in Amſterdam; Specht, stud. theol. in Marburg; Ernſt Freiherr von Wangenheim auf Röcknitz bei Wurzen i. S. Zum Vogelſchutz. Mit Freude und großer Genugthuung bringen wir nachſte henden Aufruf zur Veröffentlichung, und wünſchen wir von Herzen dem wackern Unternehmen beſten Erfolg. Oft genug haben wir gegen die Mode gekämpft, welche die Damenhüte mit ausgeſtopften Vögeln ziert, obgleich wir uns von vornherein ſagten, es ſei das ver- geblich, denn noch nie haben — öffentlich oder privatim — ausgeſprochener Spott und vernünftig begründete, ernſte Mahnungen einer thörichten Mode bei Umzug durch die Frauenwelt der Kulturſtaaten Halt gebieten können. Oft haben wir, in privater Korreſpondenz von edeler denkenden Frauen zur Abhilfe aufgefordert, die Ausſichtsloſigkeit einer Mahnung von unſerer Seite aus betont, und zuletzt erklärt, wir fänden nur in einer feſten Vereinigung ein wirkſames Mittel, die von den Frauen und Mädchen ſelbſt ausgehen müſſe. Auch hofften wir im Stillen, die Mode würde, wetterwendiſch wie fie iſt, ſich auch einmal ändern und die Vogelbälge und =flügel geſchmacklos finden. Von letzterem iſt aber jetzt eher das Gegentheil zu konſtatiren. Um ſo größer war unſere Freude, daß endlich ſich ganz in der Stille ein ſolcher Bund gegen die verwerfliche Mode gebildet hat. Wir laſſen ſeinen Aufruf hier folgen. Der Vorſtand. „Der deutſche Bund zur Bekämpfung der Modefrevel“ hat ſich gebildet; die Unterzeichneten fordern zu zahlreichem Beitritt auf. — Es iſt längſt ein Bedürfnis geweſen, dem die Preſſe unermüdlich, zahlreiche Einzelbeſtrebungen hin und wieder Ausdruck gegeben haben, zu erſtreben, daß die Welt der Vögel nicht mehr in ſo unerhörter Weiſe der weiblichen Eitelkeit geopfert werde. Die ſchärfſte Zum Vogelſchutz. 267 öffentliche Kritik iſt geübt, und die Blätter aller Richtungen find redlich bemüht ge- weſen, durch Bekanntmachung von Thatſachen der Gedankenloſigkeit der Frauen zu Hülfe zu kommen und ſie zu veranlaſſen, einer Tracht zu entſagen, welche die Ge— ſetze der Ethik ſowohl wie der Aeſthetik gröblich beleidigt. Bis jetzt waren ernſthafte Ermahnungen, die Mode nicht zur Verwüſterin der Natur werden zu laſſen, Empörung über die von der Mode geforderte Grauſamkeit, Spott über die Geſchmackloſigkeit, mit welcher die Damen ſich durch die Mode zu lebendigen Leichenfeldern machen laſſen, vergeblich. Der neu gegründete Bund hat ſich zur Aufgabe geſtellt, vereinte Kraft auf dieſem Gebiete wirken zu laſſen. Es iſt nicht möglich, alle Thatſachen aufzuzählen, welche ſeine Berechtigung, ja Nothwendigkeit begründen. Es ſei nur geſtattet, einzelne Zahlen reden zu laſſen. England und Frankreich führten in einem Jahre 1,600,000 Vogelbälge ein. Davon 250,000 Colibri, bisher. In letzter „Saiſon“ ſind allein nach Frankreich eine Million Colibri eingeführt. Dieſe letzteren werden, um den Glanz ihres Ge— fieders nicht einzubüßen, lebendig entbalgt. — Ein Londoner Modewaarenhändler erhielt bei einer einzigen Sendung die Leichen von 32,000 Colibri, 80,000 Wafjer- vögel und 800,000 Paar Fittige. — In Italien werden hunderttauſende unſerer Singvögel, wenn ſie auf der Heimreiſe dort Raſt machen, vernichtet. Im Herbſt des Jahres 1890 wurden in einem Monat 473,792 Wandervögel auf den Markt von Breſcia gebracht, die keineswegs alle ſofort in die Küche wanderten, vielmehr gutenteils zu Frauenſchmuck verarbeitet wurden. — In Marocco kaufte vor Zeugen— augen ein Hamburger Kaufmann (trotz beſtehender Geſetze) 10,000 kleine Papageien— leichen. Derſelbe Zeuge ſah ein arabiſches Mädchen 600 Vögel in einer Stunde um— bringen, ſah außerdem hunderte aus ihrem Netz entkommen, mit geknickten Flügeln, als Krüppel. — Es genügt nicht, daß alle dieſe getöteten Vögel Opfer der Mode werden. Die Verwundeten, Entkommenen verkommen elend zu Tauſenden, die Brut der Toten verhungert millionenweiſe. Das alles ſind Thatſachen, alles Opfer, welche der „gottähnliche Menſch“ der Götzin Mode darbringt. — Es iſt wohl ſelbſtverſtändlich, daß alle Lande der Klage voll ſind über die Entvölkerung der Wälder, über das Ausſterben ganzer Vogelarten, daß die ganze denkende Menſchheit mit Entſetzen auf die unerhörte ee ſieht, welche ſich die Mode des 19. Jahrhunderts nennt. Wir hoffen, die Thatſachen ſprechen für die Berechtigung unſeres Bundes. Wir bitten wohl nicht vergeblich um den Anſchluß aller wahrhaft Gebildeten an unſere Beſtrebungen. Um allen ausnahmslos den Beitritt zu ermöglichen, iſt der Jahresbeitrag auf nur 50 Pf. feſtgeſetzt, eine Beſtimmung, welche jedoch dem guten Willen Vermögender, 19 * 268 Zum Vogelſchutz. die materiellen Agitationsmittel des Bundes zu heben, keine Schranken ſetzt. — Männliche Mitglieder werden unter gleichen Bedingungen mit der Bezeichnung „Freunde“ aufgenommen, da anzunehmen iſt, daß ihnen die Ziele des Bundes nur ſympathiſch ſein können. 7 Als Organ des Bundes wird vom 15. Juli d. J. an eine Vierteljahresſchrift „Der Flügel“ erſcheinen zum Preiſe von 1,10 Mk. jährlich. Anmeldungen nebſt Beiträgen, Beſtellungen auf den „Flügel“, ſowie ſämt⸗ liche ſonſtige Zuſchriften und Sendungen ſind vorläufig nur an die eier von: A. Engel, Schwerin i. M. zu ſenden. Herr Eugen D' Albert, Lichterfelde. — Frau Meta Beringer, Berlin. — Gräfin Clot. Baudiſſin, Schwerin. — Frl. Wally von Brauneck, Berlin. — Frau Gräfin Victorine Butler-Hainhauſen, München. — Frau Dahn-Haußmann, Königl. Hof-Schaufpielerin, München. — Frau Gräfin Egloffſtein, Schloß Rohrbach, Schleſien. — Frl. A. Engel, Schwe- rin i. M. — Frau Gräfin Fabrice, Berlin. — Frau von Funk, Berlin. — Frau Ober⸗Ingen. Friſchen, Berlin. — Dr. phil. Paul Förſter, Berlin. — Freiin Ch. von Günderrode, Frankfurt a. M. — Frau Dr. Helbing, München. — Herr Hermann Heiberg, Schriftſteller, Berlin. — Herr Hugo Höppner, Maler, München. — Herr Dr. jur. Hübbe⸗Schleiden, München. — Frau General-Lieutenant von Karzewski, Berlin. — Frau von Lucho— witz, Berlin. — Frl. Marie Meyer, königliche Hofſchauſpielerin, Berlin. — Baronin von Maltzahn, Berlin. — Frau Sanitätsrat Müller, Wiesbaden. — Miß Moore, New-York. — Frau Baronin Molitor, Reichenhall. — Frau Moritz Neuſtätter, Berlin. — Frau Hofrat von Noot, Reichenhall. — Frau Vilma Parlaghy-Krüger, Malerin, Berlin. — Frau Eliſe Polko, Wiesbaden. — Frau Major Protzen, geb. von Brauneck, Breslau. — Frau Gräfin Reichenbach, Dresden. — Frau Oberſt-Lieutenaut Richter, Berlin. — Frl. Antonie Rieth, Bonn. — Frau Major von Schlaberndorf, Deſſau. — Frau Profeſſor Schuch, Berlin. — Frau von Sanden, Berlin. — Frau Regierungsrat von Studnitz, Berlin. — Frau wirkl. Staatsrat von Schilling, Excell., Riga. — Frau Bürgermeiſter Säbiſch, Berlin. — Herr Dr. Ern ſt von Schwarz, Gotha. — Frau Oberamtsrichter Weber, Reichenhall. — Frau von Wentzky, Merſeburg. — Frau Wirkl. Geh. Kriegsrat Wiſchhuſen, Berlin. — Frau Baronin Hilma von Weber, Dresden. — Hans Freiherr von Wolzogen, Bayreut. „Der Maſſenmord der Vögel“, von A. Engel, im Verlag von Breitkreuz in Berlin, iſt eine kürzlich erſchienene Broſchüre, welche mit lebhaften Farben ſchildert, wie die Vögel gefangen, qualvoll getödtet und ausgeſtopft werden, um als Aus⸗ ſchmückung von Damenhüten zu dienen. Für die Gediegenheit des kleinen Werkes iſt der beſte Beweis, daß dadurch ein deutſcher Bund ins Leben gerufen worden iſt, der ſich die Aufgabe ſtellt, dies frevelhafte Morden und dieſe unſelige Mode zu be- kämpfen. Anmeldungen, um Mitglied dieſes Bundes zu werden, nimmt Fräulein A. Engel in Schwerin in Mecklenburg an. Dresden. G. M. R. Dr. Koepert, Der Staar in Elfaß Lothringen vogelfrei?! VII. 269 Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! Von Dr. Koepert. VII. Herr Profeſſor Dr. Glaſer, deſſen Beobachtungsgebiet die Umgebung Wetzlars, ſowie die angrenzenden Theile von Oberheſſen und der Provinz Heſſen-Naſſau um— faßt, theilt im Nachſtehenden feine auf 26 jähriger Beobachtung beruhenden Wahr— nehmungen über die Lebensweiſe des Staares in ſeinem Gebiet mit, die nicht allein auf der Beobachtung des Staares im Freien beruhen, ſondern auch auf Unter— ſuchungen des Magen- und Kropfinhaltes friſch geſchoſſener Staare, ſowie auf Fütterungsverſuchen, die er an Alten und Jungen in der Gefangenschaft angeſtellt hat. „Die nähere Umgebung von Wetzlar iſt, wie die angrenzenden Theile von Oberheſſen und der Provinz Heſſen-Naſſau auf Acker-, Wiejen- und Gartenbau angewieſen, Weinbau auf weite Strecken auch lahnabwärts gleich Null, nur daß ſich ungefähr 4 Kilometer unterhalb Wetzlar auf dem rechten Lahnufer bei dem ehemaligen Kloſter Altenberg noch ein dem Fürſten v. Solms-Braunfels gehöriger Weinberg in Bewirthſchaftung befindet, in dem in guten Jahren ein Rothwein gewonnen wird ähnlich dem lahnabwärts bekannten Runkeler und Emſer Rothwein. In dieſen Altenberger Weinberg fallen im Herbſt bei beginnender Traubenreife die Staare zu Zeiten in großen Wolken ein und vertilgen im Nu gar nicht unerhebliche Mengen reifer oder bald reifer Weinbeeren. Die Förſter und Flurhüter können dann auch mit Scheuchen, Schießen u. ſ. w. nur wenig ausrichten, weil die Wolke meiſt ganz plötzlich erſcheint, einfällt und ſich ſofort eifrigſt an die Arbeit macht, um ſich als— bald wieder zu erheben und dicht geſchaart thalauf- oder -ab zu wirbeln, ſobald Schüſſe knallen oder auch nur die verdächtigen Geſtalten von ferne in Sicht kommen. Ganz ähnlich verfahren die Staare etwa von Ende Juni an bei den an einzelnen Orten der Umgegend in größerer oder geringerer Zahl gezogenen Kirſchbäumen. Einzelne Gemeinden haben Kirſchenpflanzungen, „Kirſchwäldchen“, die in günſtigen Jahren ſpäteſtens Anfang Juli reife Frühkirſchen liefern. Um dieſe Zeit iſt die erſte Brut der Staare bereits gut beflogen und benutzt beſonders die früheſten Morgenſtunden, um in großen Geſellſchaften die Kirſchbäume zu plündern. Auch hier helfen Scheuchen, Klappern u. ſ. w. nichts; am erſten machen nach meiner Beobachtung Schüſſe, namentlich ſolche, nach denen einzelne getroffene Vögel flügel— lahm und ſchreiend auf dem Boden herumhüpfen, auf die Bande Eindruck und beſtimmen dieſelbe zu ſchleuniger Flucht, wobei es ſich nicht ſelten ereignet, daß einzelne Alte noch jämmerlich klagend um die angekratzt zurückbleibenden Jungen herumflattern, als ob ſie dieſelben mitlocken wollten. Ich habe von Staaren, die bei ſolcher Gelegenheit von den Kirſchbäumen herabgeſchoſſen waren, Dutzende unter⸗ 270 Dr. Koepert, ſucht und in deren Kröpfen außer anderem Futter Fetzen von Kirſchenfleiſch, nicht ſelten auch ganze Kirſchen mit Stein und Stiel verſchlungen vorgefunden, woraus wohl ebenſo gut auf Hunger wie auf Eile geſchloſſen werden darf. Neben dieſem Maſſeplündern verüben einzelne Alte, namentlich Weibchen, das Kirſchenſtehlen in aller Stille; ſie haben ohne Zweifel irgendwo noch nicht ausgeflogene oder noch nicht hinreichend flugfähige Brut zu verſorgen und verfahren bei ihren Beſuchen regelmäßig mit großer Vorſicht und „Schläue.“ Daß nun durch dieſen Staarenfraß der Kirſchenertrag beeinträchtigt wird, iſt ſicher, muß aber meines Erachtens mit in den Kauf genommen werden, wie etwa der Weſpenfraß oder ſo mancher andere Verluſt. Daß auch an Getreide die Staare Schaden anrichten, iſt meiner Beobachtung bis jetzt entgangen. Ich kann mir wohl denken, daß ſie Korn, Weizen, Gerſte und Hafer in der kurzen Zeit anfallen, wo die Körner noch weich und milchig ſind. Krähen, Dohlen, Sperlinge ſchaden ja gerade dann dem Getreide ſtellenweiſe auch bei uns ganz erheblich; von Staaren dagegen habe ich dieſe Schandthaten noch nicht feſtſtellen können, erinnere mich auch nicht, je von Landleuten, die denn doch über alles einen möglichen und auch einigen unmöglichen Schaden anrichtende Gethier klagen, dergleichen Klagen gehört zu haben. Wohl aber koſten die Staare mitunter in Geſellſchaft mit den Dohlen die jungen ſüßen Felderbſen, wobei ſie die in den Schoten recht oft mit enthaltenen Larven von Bruchus pisi allerdings b mit freſſen. Ueber dieſen Schaden haben gelegentlich einzelne Feldeigenthümer auch in meiner Jagd geklagt und mich genöthigt, ſelbſt dazwiſchen zu ſchießen oder den Flurhütern das Schießen zum Schutz der Erbſenfelder zu geſtatten. Das Ergebniß war, daß die hier beſchoſſene Wolke von Dohlen und Staaren, wenn ſie Unglück gehabt, mit Hinterlaſſung einiger Todten und Verwundeten ſich eilend verzog, um 3—4 Kilometer weiter einen neuen Einfall zu verſuchen und binnen kurzem gewitzigt genug war, einer jeden Annäherung verdächtiger Geſtalten ſo zeitig auszuweichen, daß mit Schrotſchüſſen nichts mehr auszurichten war. Wenn ich nun den zeitweiſe ſelbſt erheblichen Schaden des Staares in Weinbau treibenden Gegenden nie beſtreiten, auch gerne zugeben will, daß manches Pfund Kirſchen von den Eigenthümern nicht in Nickel und Silberlinge umgeſetzt werden kann, ſondern in der Verdauung der Staare ſein Daſein beſchließt, ſo überwiegt doch in meinen Augen der Nutzen des Vogels in der hieſigen Gegend den von ihm angerichteten Schaden ganz unbedingt und ganz erheblich. Der Schaden an den Kirſchen darf beiläufig den Staaren allein gar nicht auf Rechnung geſetzt werden: Sperlinge, Pirole, Kernbeißer, Amſeln, Droſſeln, Krähen, Eichelhäher helfen dabei vielmehr redlich mit. Der Staar iſt überhaupt in ſeiner Verköſtigung auch bei uns, wie anderwärts, ſehr vielſeitig, und das iſt meiner Anſicht nach der entſcheidende r 5 2 > Der Staar in Elfaß Lothringen vogelfrei?! VII. 271 Umſtand, weshalb die Frage über Schaden oder Nutzen deſſelben ſtets offen bleiben wird. Selbſt in den Zeiten, wo er in großen Schwärmen reife Kirſchen und Wein— beeren vertilgt, treibt er ſich daneben auf Wieſen und Weideplätzen, auf Feldern hinter dem Pflug und auf dem Grabland umher und macht ſich durch Wegleſen von Ungeziefer der verſchiedenſten Art unſerer vielbeklagten Landwirthſchaft unſäglich nützlich. Bereits im Februar bei uns in kleineren Geſellſchaften anweſend, hat er in den Monaten Februar, März, April, Mai und etwa ?/; Juni ſchlechthin keine Gelegenheit, Schaden zu ſtiften. Dann kommt von dem letzten Drittel Juni bis Mitte Auguſt die Zeit, in der er den Kirſchen ſchadet und ab und zu auch einen geringfügigen Schaden an Erbſenfeldern anrichten mag. Von da ab iſt er bei uns, abgeſehen von vereinzelter Gelegenheit, Weinbeeren zu naſchen, wieder ganz auf Feld und Wieſen angewieſen, bis der Schnee und ſtarker Froſt ihn etwa für die zwei Monate Dezember und Januar ſüdwärts treibt. Er hat ſonach mindeſtens ſechs Monate, in denen er uns überhaupt nicht ſchaden kann, ſondern lauter Nutzen bringen muß, wenn er leben will; innerhalb der übrigen Monate, wo er Gelegenheit hat, Schaden anzurichten, beſchränkt er ſich doch nie auf Kirſchen- und Traubenkoſt allein, als ob er eine „Kur“ durchmachte, ſondern ſucht und vertilgt daneben nach wie vor gleich eifrig Larven, Raupen, Würmer, Heuſchrecken, Grillen, Käfer, Falter, Schnecken in ganz unberechenbaren Maſſen. Daß er auch im Wald durch Wegfreſſen von Maikäfern und mancherlei Raupen, namentlich der Tortrix viridana ſich fortwährend nützlich macht, mag nur beiläufig erwähnt werden. Leider iſt die ſteigende Neigung der Forſtleute, durch Abforſten des altſtämmigen Hochwaldes und Nachzucht von Eichenſchälwald erhöhte Einnahmen zu erzielen, der Vermehrung der Staare nach— theilig. Den durch dieſe Waldwirthſchaft entſtehenden Wohnungsmangel vermag das Anbringen von Niſtkäſtchen doch nur theilweiſe abzuſtellen. Unter den ſchädlichen Raupen, welche nach meinen Wahrnehmungen von den Staaren aus dem Gras der Wieſen und Feldraine, wie von den Saat-, Klee- und Gemüſefeldern beſonders gern gefreſſen werden, kann ich die von Agrotis segetum, Chareas graminis, Apamea basilinea, Plusia gamma, Hadena popularis und Polyodon, Mamestra pisi, brassicae und oleracea beſonders namhaft machen. Von Geradflüglern, die ſie aus den Raſen mit unermüdlichem Eifer in allen Größen und Altersſtufen wegholen, nenne ich Aeridium migratorium, stridulum, eaerulescens, subulatum, grossum, Locusta viridissima und verrucivora, Acheta eampestris, Gryllotalpa vulgaris und eine Anzahl kleinerer, ſehr verbreiteter „Sprengeln“, darunter ſind Gryllus lineatus, viridulus, rufus die häufigſten. Daß die Staare natürlich Regenwürmer, ebenſo Engerlinge von Melol. vul- garis und Amphimallon solstitialis außerordentlich gern und in Unmaſſen auch bei uns vertilgen, dürfte für Sie wohl kaum eine Neuigkeit ſein. Vollauf beſtätigt 272 Dr. Koepert, haben meine vieljährigen Beobachtungen die Angabe Gloger's, daß ſich der Staar ganz beſonders durch das Ableſen der kleinen grauen Limax agrestis verdient macht. Nach all dem iſt mir kein Zweifel, daß wir hier zu Lande die Staare nach Möglichkeit ſchonen und ſchützen müſſen, auch wenn Kirſchen ziehende Bauern ge- legentlich über deren Schädlichkeit jammern und ihnen geſtattet werden muß, ihrem Unmuth durch Niederknallen von einigen Dutzend ſolcher Kirſchenliebhaber einiger- maßen Luft zu machen. Eine planmäßige Bekämpfung der Staare durch Vertilgung der jungen Brut, ſelbſt wenn eine ſolche möglich wäre, würde ich mit Rückſicht auf die Landwirthſchaft im weiteſten Sinne des Wortes tief beklagen, ganz abge- ſehen von den mancherlei anderen Eigenſchaften, die uns den liſtigen, luſtigen Staarmatz empfehlen.“ Apotheker Link in Burgpreppach in Unterfranken beſchreibt ſein Beobachtungs⸗ gebiet wie folgt: „Mein Beobachtungsgebiet, die Haßberge in Unterfranken, bilden ein Hügelland, welches auf ſeinen Rücken und an den Abhängen reichlich mit Nadel⸗ und Laubholz bewaldet iſt, ſo daß der Wald an 1995 Tagewerke einnimmt. Nur der Süden der Abhänge iſt vielfach mit Obſtpflanzungen und an einzelnen Stellen ſogar mit wenigen Weinbergen bedeckt. An dem Fuße der Haßberge breiten ſich zwei fruchtbare Gaue aus, in denen hier und da kleine oder größere Feldhölzer inſelartig zerſtreut liegen, während im Oſten und Südoſten zwei fruchtbare Wiejen- gründe ſich bis zum Main hinziehen. Auch mehrere mit Schilf und Buſchwerk bewachſene Teiche befinden ſich im Beobachtungsgebiete. — Was nun das Vorkommen von Sturnus vulgaris bei uns betrifft, ſo kann man daſſelbe kein zahlreiches nennen; erſt in neuerer Zeit nimmt derſelbe bei uns zuſehends zu, da die Leute anfangen, Staarkäſten aufzuhängen. In Burgpreppach ſelbſt aber hält es etwas ſchwer, die Staare durch Aufhängen ſolcher Käſten reichlicher anzuziehen, wahrſcheinlich deshalb, weil in den nahen Waldungen ſich Gelegenheit bietet, Baumhöhlen zu benutzen, was wohl leider auch für die Dauer nicht beſtehen wird, weil die alten Eichen mehr und mehr verſchwinden. Der Staar iſt bei dem Landvolke unſerer Gegend gern geſehen und gehegt, weil er den Getreidefeldern eben keinen nennenswerthen Schaden bringt, auf der anderen Seite aber ſie von den ſchädlichen Inſekten und Gewürm befreit. Ganz beſonders nützlich aber zeigt er ſich bei uns für die Wieſen durch fleißiges Ableſen der reichlichen und ſehr ſchädlichen Schnecken. Kirſchen und Wein werden im engeren Gebiete, erſtere nur an einzelnen Orten, letzterer gar nicht gebaut. Deshalb iſt der Schaden, den der Staar anrichtet, im engeren Beobachtungsgebiet nicht der Rede werth, ſein Nutzen aber ein großer, ſo daß er ſelbſt von den Bauern eingeſehen und anerkannt wird. Anders geſtalten ſich freilich die Verhältniſſe an den Orten des Gebietes, an denen der Weinbau betrieben wird, ſo z. B. bei Haß⸗ furt u. ſ. w. Hier iſt der Weinbauer nicht beſonders gut auf unſeren Staar zu en; Der Staar in Elfaß: Lothringen vogelfrei?! VII. 273 ſprechen und kann man es ihm auch nicht übel nehmen, wenn man mit eigenen Augen die rückſichtsloſen Verheerungen geſehen, welche ein ſtarker Flug Staare in einem Weinberg mit reifen Trauben anrichtet. Auch die Kirſchenernte beeinträchtigen die Staare an einzelnen Orten des Gebietes, z. B. bei Altenſtein, Naſſach und Un— finden nicht unbeträchtlich, obwohl der Staar im engeren Gebiete noch nicht zahlreich brütet. Trotzdem ſtiftet der Staar in unſerem Beobachtungsgebiet bedeutend mehr Nutzen als Schaden.“ Die Lebensweiſe des Staares am unteren Main, an deſſen Ufern, beſonders am rechten, ein bedeutender Weinbau getrieben wird, hat unſer beſonders auch durch ſeine Beobachtungen über den Vogelzug bekanntes Mitglied, Herr Buxbaum in Raunheim in folgendem geſchildert: „Vor 15 und 20 Jahren, als es im hieſigen Wald noch viele hohle Eichen und Buchen gab, war der Staar in großer Zahl vorhanden; durch die Fällung dieſer Bäume iſt er jetzt ſeltener geworden. Im Odenwald iſt er aber ſehr zahlreich vertreten, in Niſtkäſten an Häuſern und Scheunen. Anfangs Auguſt kommen nun die Staare in großen Schaaren, viele Tauſende, in die hieſige Gegend, die in dem hohen Schilfrohre am Main nächtigen. Ende Oktober, oft auch erſt im November, je nachdem die Witterung, ziehen ſie fort; in gelinden Wintern haben ſie hier ſchon überwintert. Am Tage treiben ſie ſich nun auf dem Felde und den Wieſen umher, beſuchen gern friſch gepflügte Aecker, laufen auch zuweilen hinter dem Pfluge her nach Würmern, Engerlingen, Schnecken und Kerfen ſuchend. Oft fallen ſie auch auf einen Acker mit Weißkraut oder Weißrüben ein, der von den Raupen des Kohl— weißlings ſtark beſetzt iſt, um dieſe abzuleſen. Das Getreide iſt um dieſe Zeit ſchon geerntet und beſuchen ſie nur Stoppelfelder, wobei ſie keinen Schaden verurſachen. Auch die Kirſchen ſind um dieſe Zeit ſchon abgeerntet; allein aus meinen Beobachtungen auf dem Odenwald weiß ich, daß ſie mit großer Vorliebe die Kirſchbäume beſuchen und dadurch beträchtlichen Schaden verurſachen. Hier überfallen ſie hauptſächlich auch die Zwetſchenbäume, wodurch ſie oft großen Schaden anrichten, denn beim Anhacken der Zwetſchen fallen viele ab, ſo daß die Bäume bald geleert ſind. Auch die Aepfel ſind nicht ſicher vor ihren Schnäbeln und findet man häufig angehackte Aepfel. Den größten Schaden richten ſie aber in den Weinbergen und Gärten an den Trauben an. In dem hieſigen Pfarrgarten, der 100 Schritte vom Mainufer entfernt liegt, haben ſie im letzten Herbſte binnen drei Tagen die ganze Traubenernte von ca. 5 Zentnern vollſtändig aufgezehrt. Auch in anderen Gärten haben ſie die Trauben aufgefreſſen. Hauptſächlich ziehen ſie aber auf die rechte Mainſeite in die ausge— dehnten Weinberge. Um dieſe Zeit werden dort die Feldſchützen vermehrt, die dann beſtändig in den Weinbergen herumgehen und mit Piſtolen ſchießen, um die Staare zu verſcheuchen. Daſſelbe geſchieht auch in der Provinz Rheinheſſen, woſelbſt viel Ä 20 274 Dr. Koepert, Der Staar in Elfaß - Lothringen vogelfrei?! VII. Wein gebaut wird, und in der Bergſtraße. Die Staare wiſſen auch ganz genau die Zeit, wann ſie hier erſcheinen müſſen, um von dieſen Früchten koſten zu können. Auf den Wieſen bringen ſie durch das Aufleſen von Ungeziefer nur Nutzen, denn wenn Tauſend dieſer Vögel auf einmal einfallen, da giebt es entweder bedeutenden Nutzen oder bedeutenden Schaden. Ich habe ſchon beobachtet, daß ſie in wenigen Minuten einen Acker von den Raupen befreit hatten; ebenſo ſchnell haben ſie aber auch einige Zwetſchenbäume geleert. Im Wald halte ich den Staar für überwiegend nützlich, denn die Beeren, die er dort verzehrt, zählen nicht mit. Die Staare, die in ſo großen Flügen hierher kommen, gehen überhaupt nicht in den Wald. Am Waſſer können ſie auch keinen Schaden anrichten”), denn was fie da verzehren, it Ungeziefer, und auf Wieſen und Stoppelfeld können ſie auch nur Nutzen bringen. Hier ſchaden ſie nur am Obſt, d. h. Zwetſchen, Trauben und Aepfeln. Von Seiten der Forſtbehörde hat man vor einigen Jahren Anſtalten gemacht, die Staare wieder herbei zu ziehen durch Aushängen von Niſtkäſten im Walde, und der Mangel an Inſektenfreſſern hat ſich ſehr fühlbar gemacht, als die große Kiefernraupe hier auftrat. Man hat da doch die Erfahrung machen müſſen, daß im Haushalte der Natur kein Glied fehlen darf. Wenn die Forſtbehörde nicht für Höhlungen ſorgt, ſowie für rechtes Gebüſch, und den Wald durchlichten läßt, dann kommen ſolche Kalamitäten, die Tauſende koſten. Ich möchte den Staar geſchützt wiſſen und wo er im Uebermaß auftritt, mag man ihn verringern oder verſcheuchen. Für ſeine geleiſteten Dienſte hat er ja auch das Recht, eine Bezahlung zu verlangen.“ Aus linksrheiniſchen Gegenden ſtand mir nur ein kurzer Bericht zur Verfügung und zwar von Herrn Lehrer Kieffer in Bitſch im Elſaß. Derſelbe ſchreibt über den Staar: „Hier um Bitſch, d. h. auf dem Vogeſias, wo Anhöhen mit lichten Waldungen abwechſeln mit torfigen Wieſen, iſt der Staar ein häufiger Brutvogel, ſeltener Standvogel. Die erſten habe ich in dieſem Jahre am 31. Januar geſehen. Er brütet beſonders in Baumhöhlen, welche vom Grünſpecht und großen Buntſpecht verfertigt wurden. Ich fand gewöhnlich 6 Eier, ſeltener 5 oder 7. Ich halte es für wahrſcheinlich, daß er nach der Brütezeit z. Th. auf die Wanderung geht, denn im Sommer ſehe ich nie große Schaaren deſſelben. Dagegen in Gohnkirchen bei Bolchen in Lothringen, 20 Stunden von hier, in ſehr fruchtbarer Gegend mit Weizen- und Haferbau, auf den Anhöhen mit Dbft-, beſonders Kirſchplantagen und Weinbau, habe ich nur ſelten Brüteſtellen der Staare geſehen und ich ſehe auch dort nie Brutkäſtchen; dennoch iſt der Staar dort im Sommer und Winter viel häufiger als hier. Zur Zeit der Reife der Kirſchen iſt er maſſenhaft zu ſehen und die Leute wünſchen ihn dann ins Pfefferland. Die „Maikirſchen“ und „Spätkirſchen“ werden ) Abgeſehen von der Schädigung des Schilfrohres. K. - XVI. Sahresverfammlung d. Allg. Deutſchen Orn. Geſellſchaft zu Frankf. a. M. 275 größtentheils von dieſen Vögeln gefreſſen. Im Herbſt beſuchen ſie die Weinberge, von wo man fie oft verſcheucht. Großen Schaden richten ſie jedoch dort nicht an (?). Gewöhnlicher ſieht man ſie alsdann in Geſellſchaft auf Wieſen, Inſekten ſuchend. Falls der Winter nicht zu ſtreng wird, überwintern ſie.“ Von der XVI. Jahresverſammlung der Allgemeinen Deutſchen Ornithologiſchen Geſellſchaft zu Frankfurt a. Main. Am 12. Mai 1891 Vormittags 10 Uhr wurde in dem feſtlich geſchmückten Säulenſaal der Vogelſammlung im Muſeum der Senckenbergiſchen naturforſchenden Geſellſchaft die Verſammlung durch eine begrüßende Anſprache des zeitigen erſten Direk— tors der Senckenbergiſchen Geſellſchaft, Profeſſor Noll, eröffnet. Außer Mitgliedern der ornithologiſchen Geſellſchaft und Frankfurter Zoologen befanden ſich in der Ver- ſammlung Dr. Sharpe vom britiſchen Muſeum, der einer perſönlichen Einladung Harterts gefolgt war, der Erforſcher der Fauna von Liberia, Büttikofer aus Leyden und Dr. Plate aus Marburg. Bei der ſtatutenmäßigen Wahl wurde Profeſſor Wilh. Blaſius zum Vorſitzenden, Frhr. von Berlepſch zum Stell— vertreter, Ernſt Hartert zum Schriftführer, Paul Matſchie zum Stellvertreter gewählt. Das erſte wiſſenſchaftliche Thema der Tagesordnung war die Berathung über den gedruckt vorliegenden „Entwurf von Regeln für die zoologiſche Nomenclatur“, der von der auf der XV. Jahresverſammlung zu Berlin dazu gewählten Commiſſion dem Wortlaute nach fertiggeſtellt worden war. Es ſei zum allgemeinen Verſtändniß hier bemerkt, daß die entworfenen Regeln ſich im Allgemeinen dem „American Code“ der Nordamerikaner anſchließen. Strenge Befolgung des Geſetzes der Priorität, ohne Rückſicht auf die Bedeutung der Namen, Bezeichnung der Subſpecies, als der ſchwierig definirbaren geo— graphiſchen Formen, durch einen dritten Namen, alſo ternär, wie z. B. Cerehneis tinnunculus rupicolaeformis, Annahme gleichlautender Genus- und Species-Namen, wo die Geſetze der Priorität dies erheiſchen, alſo z. B. Buteo buteo (L.), Milvus milvus (L.) u. a. m., find die wichtigſten allgemeinen Geſichtspunkte des Entwurfes. Es ſei hier nochmals darauf aufmerkſam gemacht, wie beſonders für den Liebhaber, der nicht im Beſitze einer reichen Bibliothek iſt, die Befolgung dieſer Regeln von Wichtigkeit iſt, da durch ſie allein die Möglichkeit eröffnet wird, aus dem verwirrenden und den Anfänger beinahe erdrückenden Chaos der Synonyme im Laufe der Zeit herauszukommen. Die Berathungen nahmen den ganzen Vormittag und einen Theil des Nach— e nach der nothwendigen Mittagspauſe in Anſpruch, und das Endreſultat der 20* 276 E. Hartert, XVI. Jahresverſ. d. Allg. Deutſchen Orn. Gef. zu Frankf. a. M. lebhaften und intereſſanten Berathungen und Debatten, an denen ſich außer dem Re⸗ ferenten, Berlepſch und Reichenow namentlich lebhaft Sharpe, Plate, Bütti- kofer, Blaſius, Major Dr. von Heyden aus Frankfurt, Noll, Hartert betheiligten, war, daß die vorliegenden Regeln mit einigen unweſentlichen Aenderungen angenommen wurden, um dem Congreß in Budapeſt vorgelegt zu werden. Frhr. von Berlepſch ſtellt den Antrag, eine Commiſſion zu erwählen zur Aufſtellung eines kritiſchen Ver⸗ zeichniſſes der deutſchen Vögel nach den angenommenen Regeln. Die Commiſſion wird gewählt, beſtehend aus den Ornithologen Berlepſch, Blaſius, b Matſchie, Reichenow. Hierauf folgte ein Gang durch die Sammlungen des Senckenbergiſchen Museums unter Führung und Erläuterungen des Director Noll, ein Rundgang durch die Vogelſammlung mit eingehenden Beſprechungen hervorragend ſeltener und wenig bekannter Arten durch E. Hartert. Die vorgerückte Zeit nöthigte leider, den Rund⸗ gang und die Auseinanderſetzungen auf das Wichtigſte zu beſchränken, ſodaß manches Beachtenswerthe, namentlich in der Vogelſammlung, übergangen werden mußte. Der Abend ſah die Ornithologen bei vorzüglichem „Münchner Hofbräu“ im Reſtaurant gleichen Namens bis zu ſpäter Stunde vereinigt. Am folgenden Tage, Mittwoch den 13. Mai 1891, fand die Verſammlung im zoologiſchen Garten ſtatt. Unter Führung des Directors Dr. Haacke wurde der Garten beſichtigt, wo an manchem Käfig längerer Aufenthalt ſtattfand und intereſſante Mittheilungen des Directors das Geſehene erläuterten. Namentlich bei den in ſelten reicher Auswahl vorhandenen kleinen Säugethieren, dem munteren Chimpanſen, den Tanzmäuſen mit ihren Verbaſtardirungen und beſonders der ſonſt nie in größeren Gärten in ähnlicher Artenzahl vertretenen Sammlung lebender einheimiſcher Vögel verweilte man lange. Dr. Sharpe war beſonders noch entzückt über den im Garten in Freiheit beobachteten Girlitz, deſſen Geſang er in England nicht beobachten konnte, weil der Vogel dort nicht heimiſch iſt. Um 1 Uhr wurde auf der luftigen Teraſſe ein durch treffliche Deutſche Weine gewürztes Mahl eingenommen, hierauf nach einem Gang zum Senckenbergiſchen Muſeum dort die Schlußſitzung abgehalten. Zunächſt ergriff der Vorſitzende das Wort um mit warmen Worten des dahin- geſchiedenen Präſidenten der Geſellſchaft, Dr. Kutters, zu gedenken, Reichen ow widmete einige Worte dem verſtorbenen Mitglied Frhr. von Maltzahn und hielt dann einen Vortrag über alle an Vögeln, worüber noch einige Minuten debattirt wurde. Dann ſpricht Sharpe über Sturnus vulgaris, die weſtliche grünköpfge und Sturnus menzbieri, die öſtliche Form, letzerer mit violetpurpurner Kehle und Kopf. Im Winter haben wir aber in Weſteuropa Schwärme einer Form, bei der nur die Ohr- A. v. Homeyer, Auf dem Velenczer- und Platten-See. I. 277 decken und Wangen rein grün bleiben, eine Form, die Hartert auch in Oſtpreußen am Brutplatze fand. In der ſich anſchließenden Diskuſſion bemerkt Referent, wie ſchwierig es ſei, Staare aus manchen Gegenden zu erhalten, weil aus Furcht vor dem Vogelſchutzgeſetze Niemand gern an die Erlegung geſchützter Vögel gehe und eine Erlaubniß von der Regierung doch nur der Forſcher ſelbſt bekomme, der doch nicht überall ſelbſt ſammeln könne. H. v. Berlepſch bemerkt, daß die Ent— deckung der zwei Staarenformen von Neuem zeige, wie viel noch an europäiſcher Ornithologie zu thun ſei, ſowie, daß ein all zuweit getriebener Vogelſchutz das Studium der Ornithologie ſchädigen könne, eine Anſicht, der ſich auch Haacke anſchließt. Hartert beſpricht ein Ei von Irena puella aus Burma, L. Kuhlmann aus Frankfurt zeigt Gelege von Ortygometra parva und O. bailloni vor, die beide un— weit Darmſtadt gefunden ſind. Ferner legt er vor einige Gelege von Authus campestris mit Kuckuks⸗Eiern, woran wieder längere Diskuſſionen ſich anſchließen. W. Blaſius hält einen Vortrag über die Vögel von Mindoro,*) welche ihm von Dr. Platen zugegangen ſind, worunter ſich auch neue Formen, wie z. B. eine neue Taube, Phlegoenas platenae, W. Blas. befinden und einige Arten von Timor. Damit ſchließt die Verſammlung wegen vorgerückter Zeit, obwohl noch Stoff zu weiteren Mittheilungen vorhanden geweſen wäre. Der ſpäte Abend ſah die Ornithologen wieder beim edlen Gerſtenſaft vereint, diesmal als Gäſte des „Vereins für naturwiſſenſchaftliche Unterhaltung“, oder, wie er im Volksmunde heißt, der „Käwwernſchachtel“; mit Vergnügen aber dürfen alle Theilnehmer der Verſammlung auf die Arbeiten derſelben ebenſowohl, wie auf das heitere Zuſammenſein in Frankfurt zurückblicken. Ernſt Hartert. Auf dem Velenczer⸗ und Platten⸗See Von Major Alexander v. Homeyer, Mitglied des permanenten ornithologiſchen internationalen Comités. I. Nach dem 2. internationalen ornithologiſchen Kongreß fanden vier größere Ex— curſionen ſtatt. Die erſte brach ſchon Nachts (20. —21. Mai) von Budapeſt auf, um im Drau⸗Eck mit dem Mönchsgeier (Vultur einereus s. monachus) zuſammen— zukommen; die zweite unter Führung von Herrn Otto Herman an den Velenczer— und Platten⸗See; die dritte an den Neuſiedler-See, um die Strandreuter (Himan- topus autumnalis) zu ſehen; und die vierte in die ungariſche Steppe zu den Groß— trappen (Otis tarda). Sharpe, der große Ornithologe Englands, wollte das Frei— ) Eine Inſel der Philippinen-Gruppe. 278 A. v. Homeyer, leben dieſer Vögel ſtudiren. Ich ſchloß mich der zweiten Expedition an, um die großen Reihercolonien kennen zu lernen, und wenn möglich auch den intereſſanten ſchwarzköpfigen Rohrſänger (Calamoherpe melanopogon) und den wenig gekannten nachtigallartigen Schwirrſänger (Locustella luseinioides) zu hören und zu ſehen. Am 20. Abends beim Banket, das die Stadt Budapeſt den ſcheidenden Or— nithologen zu Ehren gab, war Herr Dr. Otto Finſch mein Tiſchnachbar. Er fragte, ob ich eine der Excurſionen mitmachen würde. Ich gehe, ſagte ich, an den Platten⸗ See, und Sie? Ich ſchließe mich keiner an, ich liebe Maſſen-Excurſionen nicht. In Finſchs Meinung liegt gewiß viel Wahrheit, aber dennoch habe ich meinen Ent⸗ ſchluß nicht zu bereuen gehabt, ich habe durch vortheilhaftes Arrangement Vieles zu ſehen bekommen, was man als einzelner Beobachter nicht leicht zu ſehen bekommt. So waren z. B. auf dem Platten-See auf Befehl des Herrn Grafen Feſtetich durch die Rohrdickichte zu den Reiherhorſten hin Wege für die Kähne gemacht worden, ſo daß man bis an die Horſte gelangen konnte. Am Morgen des 21. ſah es auf dem Central-Bahnhofe von Budapest „bunt“ aus: die Ornithologen erſchienen größtentheils in ihren Jagdeoſtümen. Da ſahen wir Otto Herman nebſt Frau Gemahlin, Chernel v. Chernelhaza mit Frau Gemahlin, Profeſſor Dr. Wilhelm Blaſius (Braunſchweig), Ritter Victor v. Tſchuſi (Hallein), Dr. Lorenz v. Liburnau (Wien), Othmar Reiſer (Serajewo), Edmund Huſzthy (Oedenburg), Profeſſor Talsky (Mähren), Baron d'Hammonville (Frankreich), Michel (Bodenbach), Ober⸗ förſter Földes (Nagy-Palanka) und Andere. Um Abwechſelung unter all den Federhüten zu ſchaffen, ſetzte ich den rothen Fez auf, worauf Herr O. Herman für die Dauer der Excurſion mich zum „Paſcha“ ernannte, jedoch ohne Roßſchweife. — So ein „Fez“ hat bei einer Maſſenjagd auch ſein Gutes; erſtens wird man nicht ſo leicht angeſchoſſen, und zweitens, da man weit kenntlich iſt, wiſſen einen die Freunde gut zu finden, wenn fie einem mit einem geſchoſſenen Vogel oder mit einem hübſchen Gelege eine Freude machen wollen. 1. Der Velenczer⸗-See. Nach kurzer Eiſenbahnfahrt im Salonwagen I. Claſſe durch prachtvolles Ge— lände voller Abwechſelung — o, du geſegnetes Ungarn! — gelangten wir nach Dinnyes am Velenczer-See, dem Beſitz der Familie von Meszleny. Auch hier hatten wir ein buntes Bild. Wir wurden nicht nur von dem gaſtfreundlichen Herrn, ſon— dern auch von einigen zwanzig Kahnfahrern in ländlicher Nationaltracht empfangen, welch letztere das Gepäck in Empfang nahmen, daſſelbe in die Kähne brachten und dann unſerer harrten. — Nach freundlicher Begrüßung ging es dann auch gleich an den See, wo wir durch eine Herde fliegender ſchwarzer Seeſchwalben (Hydrochelidon nigra) Auf dem Velenczer- und Platten See. I. 279 mit lautem Geſchrei den anderen Vögeln aviſirt wurden. — Einige der Herren wollten unter ihnen auch die weißflügelige ſchwarze Seeſchwalbe (H. leucoptera) be- merken, was ich nicht bezweifeln will, da dieſelbe hier im Frühling von Chernel v. Chernelhaza erlegt worden iſt, aber ich bemerke, daß die Flügelfärbung von H. nigra auch mehr oder minder licht iſt, weshalb bei Sonnenſchein und wechſelndem Licht leicht Irrthümer entſtehen können. Herr Chernel v. Chernelhaza übernahm die Local-Führung. Bald waren die Kähne beſtiegen, immer ein Ornithologe und ein Fiſcher, ſelbſt die Eheleute wurden getrennt. Die kleinen Kähne mit flachem Boden waren vorn ſpitz, hinten abge— ſtumpft. Der Ornithologe ſaß in der Mitte, der Fiſcher ſtand hinten im weißen Gewande. Zuerſt galt es einer großen Brütcolonie der Lach-Möve (Larus ridi- bundus). Es war ein impoſanter Anblick, in breiter Front die ca. 30 Kähne ſtarke Flottille auf die Colonie zuſteuern zu ſehen. Hunderte von Möven erhoben ſich und kreiſten ſchreiend über dem Brutplatze. Es war eine lichte Rohrpartie mit mehr oder minder ſchwimmenden Seggen- und alten vorjährigen Rohrkufen. Auf dieſen Kufen, die gelegentlich von friſchem Rohr durchwachſen waren und feſtgehalten wurden, ſaßen die Neſter. Nun fielen auch ſchon die erſten Schüſſe, und immer mehr Möven und Seeſchwalben erhoben ſich, auch Tafelenten (Fuligula ferina) ſtrichen den See entlang. Jetzt: „viel Geknatter und wenig Erfolg.“ Die Herren ſchoſſen auf zu große Entfernung, auch wollen die Möven von hinten, nicht von vorn geſchoſſen ſein. In den Neſtern waren meiſt drei ſtark bebrütete Eier oder ganz kleine Junge. Ich erlaubte mir die Herren Oologen darauf aufmerkſam zu machen, daß ſtark bebrütete Eier, wenn man ſie ins Waſſer legt, ſchwimmen während friſche (unbebrütete) Eier untergehen. Vom Kahn aus kann man dieſe Probe ja leicht machen, und dann ſchwimmende Eier unbeſchadet ihrer ferneren Ent— wickelung ſofort wieder in die Neſter legen. Andererſeits hat es gar keinen Zweck, ſolche brütige Eier mitzunehmen, da das Präpariren ſehr viel Zeit verlangt, welche man bei ſolchen Reiſe-Excurſionen nicht hat. — Ich bekam durch die Waſſerprobe zwei ſehr ſchöne friſche Gelege, das eine mit einem varianten hellgrünen Ei ohne Flecken. — An der einen Seite der Colonie hatte der Ohrenſteißfuß (Podiceps auritus) ſeinen Brutplatz aufgeſchlagen. Die Eier, je vier in einem Neſt, waren mit Schilfhalmen zugedeckt, wie dies alle Steißfüße zu thun pflegen, und befanden ſich die Eier der verſchiedenen Neſter in ſehr verſchiedenem Brutſtadium; es gab noch friſche Eier und doch griff ich für die Muſterſammlung des Herrn v. Tſchuſi ein allerliebſt geſtreiftes Dunenjunge. Später erfuhr ich, daß man die ſchwimmend tauchende Mutter geſchoſſen habe, und daß ſich von ihr die kleinen Jungen nach dem Schuſſe geflüchtet hätten. Bekanntlich beißen ſich die Jungen am Gefieder der Mutter feſt und tauchen bei Gefahr mit ihr. — Der rothhalſige Steißfuß (Po- 280 A. v. Homeyer, dieeps rubrieollis) hatte feine Neſter auf der andern Seite der Möven-Colonie etablirt und enthielten dieſelben 3—4 wenig bebrütete Eier. Einige Steißfußneſter ſowohl von auritus wie von rubricollis ſaßen auch zerſtreut zwiſchen den Möven⸗ neſtern, ſo auch das Neſt vom kleinen Steißfuß (Podiceps minor), wovon man mir ein friſches Ei brachte. Das Gelege hatte vier gehabt. Vielfach zwiſchen den Mö⸗ venneſtern ſtanden auch die Neſter der ſchwarzen Waſſerhühner (Fuliea atra) auf den Rohrkufen, durch Größe und Höhe ausgezeichnet. Die Gelege aus ſechs bis neun Stücken waren wenig bebrütet. — Durch das viele Schießen waren viele Tafel- enten (F. ferina) aufgeſtanden. Dieſelben flogen eilfertigſt einzeln oder paarweiſe über den See. Im Fluge ſieht dieſe Tauchente nicht ſo plump aus, als wenn ſie ſchwimmt. Bald fand man auch ein Neſt mit 9 licht olivfarbigen Eiern. Daſſelbe ſaß am Rande einer lichten Rohrpartie auf einer alten Rohrkufe, / Fuß über dem Waſſer, war ſolide aus vorjährigen Blättern von Typha angustifolia gebaut und warm mit Dunen (des Weibchens) gefüttert. Ein Ei lag oben frei auf dem breiten Neſtrand, das ich für meine Sammlung zum Andenken mitnahm. Hier ſchloß ſich mir Herr Edmund Huszthy (Oedenburg) an, was mir ſehr lieb war, umſomehr, als er den Dolmetſcher mit dem Kahnführer machen konnte. Wir ſteuerten ſeitwärts ab, um den ſchießenden Herren möglichſt fern zu ſein. Nach einer Viertelſtunde waren wir denn auch allein, mitten zwiſchen Rohrpartien und Karrakit-Sängern (Calamoherpe turdoides) und kleinen Rohrſängern (C. arundi- nacea), zwiſchen Purpurreihern (Ardea purpurea), Moor-Enten (Fuligula ferina) und Schnatterenten (Anas strepera). — Da fladerte ein Geſang auf, den ich nicht kannte. Ein Rohrſängergeſang war es, aber er hatte auch Aehnlichkeit mit dem des Blaukehlchens (Cyanecula). Da ich alle Rohrſängergeſänge kenne, jo war ich raſch orientirt, es konnte nur Calamoherpe melanopogon fein, und — er war es auch. Das Vögelchen kletterte dicht bei uns aus dem Rohr hervor und wurde deutlich ſichtbar. Graf v. d. Mühle hat vor vielen Jahren in ſeinen „Vögeln Griechenlands“ uns mit dieſem intereſſanten Rohrſänger bekannt gemacht. Ich weiß nicht, wer in Ungarn das Thierchen aufgefunden hat. Herr Chernel v. Chernelhaza hat es aber als Brutvogel des Velenczer-Sees conſtatirt. Dieſer Rohrſänger ſtellt ſich nach ihm im Frühling viel eher ein, als alle ſeine Gattungsverwandten, die Ende April oder Anfangs Mai kommen. Ob er aber wirklich ſchon mit den erſten Märztagen kommt, wie Herr v. Meszleny will, dürfte vielleicht doch auf einer Verwechslung, vielleicht mit dem Rohrammer (Emberiza schoenielus) oder dem Wieſenpieper (Anthus pra- tensis) beruhen. So nahe in Geſtalt und Färbung Cal. melanopogon mit C. phragmitis iſt, ſo fern ſtehen ſich beide in biologiſcher Beziehung. Melanopogon lebt nicht auf F 1 Auf dem Velenczer- und Platten: See. I. 281 buſchigen Wieſen, ſondern „über dem Waſſer im Rohr“, wie turdoides. Der Ge— ſang hat nichts von dem rät, terr, terr, terr des phragmitis, ſondern tft friſch und tonreich, ſogar an das Blaukehlchen erinnernd. „ü ririri“ iſt eine charakteriſtiſche Strophe, die tief beginnt und höher anfteigt. — Wir hörten ca. 8 Melanopogon- Sänger ſingen, aber nach den Neſtern ſuchten wir vergebens. Wir hatten aber das Glück, den Nachtigall-Schwirrer zweimal zu hören, ſodaß wir ſehr befriedigt die Rückfahrt antraten, wobei wir noch eine Spießente (Anas aeuta), eine kleine Ente (wohl erecca), 2 Löffelenten (Anas elypeata), einige Rothſchenkel (Totanus ealidris) und mehrere Haubenſteißfüße (Podieeps eristatus) an uns vorüberfliegen ſahen. Zuerſt trafen wir mit Profeſſor Wilhelm Blaſius zuſammen. Derſelbe fragte mich: „Haben Sie Locustella luseinioides gehört? Ich glaube fie gehört zu haben!“ — „Das iſt gern möglich,“ antwortete ich, „ich habe zwei Stück gehört und gewiß acht Calamoherpe melanopogon.“ Dann ſagte mir ein anderer Herr: „Wie merk— würdig! eben durchfuhr ich noch einmal die Ridibundus-Colonie, und da lag eine eben verendete Möve auf dem Neſtrand bei drei kleinen Jungen.“ — „Das iſt gar nicht merkwürdig,“ antwortete ich, „das iſt eine Mutter, auf die man geſchoſſen, die getroffen das Weite geſucht, aber den Tod fühlend, zu den Kindern zurückkehrte und dort geendet hat.“ Nun waren wir Alle beiſammen. Geknallt war viel, geſchoſſen wenig. 1 Fuligula ferina, 1 Ardea einerea, einige ſchwarze Seeſchwalben, einige Lachmöven, 1 Podieeps auritus, das war die Beute, doch noch eine Ueberraſchung: Herr Chernel v. Chernelhaza hatte Cal. melanopogon geſchoſſen und verehrte mir dieſelbe. Herr Michel war ſo freundlich, Abends ſelbige zu präpariren. Von den anderen Herren war melanopogon auf dem See nicht beobachtet worden. Es iſt mir wahrſcheinlich, daß die Herren den Melanopogon-Geſang gehört, aber ihn zwiſchen anderen Rohrſängerarten nicht herauserkannt und unterſchieden haben. — Rohrſänger-Geſänge wollen ſehr ſtudirt ſein. Doch nun gings zum Mittageſſen im neuerbauten Schloß der Familie Mesz— leny. Im Garten ſang eine Sperbergrasmücke (Silvia nisoria); in der Voliere be— fand ſich eine Brachſchnepfe (Numenius arquata) mit ausnehmend langem Schnabel. Das treffliche Diner mundete, feuriger Wein ſtärkte zu neuen Thaten. Manch Trinkſpruch erhöhte die Stimmung. Ein Viertelſtündchen verbrachte die Geſellſchaft bei Kaffee und Cigarren auf dem Balkon. Wir durften uns nicht länger aufhalten. Die Wagen ſtanden bereits vor der Thür: es galt dem weſtlichen Theil des Ve— lenczer-See einen Beſuch abzuſtatten und die Colonie der Löffel-Reiher (Platalea leueorodia) zu ſehen. — Auf der faſt einſtündigen Fahrt durch Frucht- und Wieſenland hörte ich einen Brachpieper (Corydalla campestris), einen Schilfſänger (Calamoherpe phragmitis) und ſahen wir 4 Störche (Ciconia alba). Ich freute mich zu hören, daß man hier 282 A. v. Homeyer, in Ungarn die Störche ſchont und nicht erbarmungslos niederſchießt, wie neuerdings in meinem geliebten Pommerlande im Intereſſe der Jagd. Mit der Ausrottung der Störche geht ein gut Stück Idylle unſerer Kinderzeit verloren. Bald ſaßen wir wieder in den kleinen Kähnen. Herr Benedict von Meszleny übernahm die Führung. Herr Chernel v. Chernelhazy bat, „nicht zu ſchießen, da dies die Löffelreiher alarmiren würde. Ein Schuß — ſagte er — treibt die ſcheuen Vögel von den Horſten, ſie erheben ſich und gehen höher und höher in die Luft, man hat das Nachſehen. Dieſerhalb muß der erſte Schuß einem Löffelreiher gelten.“ — Der See iſt hier nicht offen, iſt ganz dicht mit Rohr und Typha bewachſen, durch welches die Fiſcher alljährlich Steige mähen im Intereſſe ihres Broderwerbs. Um die ins Waſſer gelegten Fangnetze (Bungen, Reußen ꝛc.) wiederzufinden, knicken die Fiſcher Rohr um und binden daſſelbe bündel- oder büſchelförmig zuſammen. Der umgeknickte obere Theil dieſer Wahr- oder Merkzeichen wird natürlich welk und braun. Man trifft ſolcher Zeichen ſehr viel, denn auch die vorjährigen ſind noch ſichtbar. Herr Chernel von Chernelhaza hatte mich ſchon am Morgen bei unſerer erſten Kahnfahrt darauf aufmerkſam gemacht, daß viele Rohrſänger, namentlich aber die Cal. melanopogon, ſeh rgern in dieſen welken Bündeln brüten. Morgens hatte ich denn auch darin das Neſt von Cal. turdoides mit vier friſchen Eiern gefunden. Die Jagdcaravane hatte hier ein ganz anderes Ausſehen. Alles muß dieſelbe Fahrſtraße halten, ein Boot folgt dem andern und ich — habe das Glück, im zweiten Boot dicht hinter unſerm Führer zu ſein. Das Rohr iſt zu beiden Seiten ſehr hoch, läßt aber hier und da freie Plätze mit Typha angustifolia. Dieſes Rohr⸗ kolbenſchilf wuchert auch gelegentlich im Fiſcherſteig. Ich durchſpähe das Rohr, muſtere jeden zuſammengebundenen Rohrbüſchel, ſchaue mir faſt die Augen aus dem Kopf, ohne ein Neſt zu finden. Doch da endlich im welken Rohrbündel ein Neſt. Daſſelbe ſteht drei Fuß über dem Waſſer, iſt nicht nach Rohrſänger-Bauart an die ſtehenden Halme gekettet, ſondern liegt auf dem Rohrknoten, überdacht von umge⸗ bogenem Rohr, ſo daß es ſich leicht abnehmen läßt. Das Neſt iſt nur aus Blättern von Typha angustifolia gebaut, auch innerlich, alſo ohne Fütterung, und ſo loſe gefügt, wie beiſpielsweiſe die Laubneſter der Nachtigal (S. luseinia) und des Sproſſers (philomela). Es enthält 3 Eier, den Lercheneiern (namentlich A. arborea) nicht unähnlich in Färbung und Zeichnung, auch wieder ähnlich den Eiern vom Fluß— ſchwirrſänger (Locustella fluviatilis), nur etwas kleiner und dunkler. Mit einem Wort: ich alter Ornithologe kenne die Eier nicht. Da kommt Othmar Reiſer mit ſeinem Kahn nach vorn und, kaum meinen Fund ſehend, ruft er begeiſtert: „Ich gratuliere! Ohne allen Zweifel Locustella luseinioides!“ Meine Freude war groß; meine Eierſammlung enthält faſt alle europäiſche Arten, aber dieſe Species fehlte bis zur Stunde. Gleich darauf finde ich wieder ein Neſt im Rohrbündel, 3 ½ Fuß Auf dem Velenczer- und Platten-See. I. 283 hoch, echt rohrſängerartig gebaut und auch an drei Rohrſtengeln befeſtigt. Es liegt 1 Ei darin, das dem der Cal. phragmitis und dem der gelben Bachſtelze (Bud. flavus) ähnlich, aber geſtrichelt (gewäſſert) iſt. Es iſt das Ei von Cal. melanopogon. Die nähere Unterſuchung des Neſtes zeigt, daß die Jungen bereits ausgeflogen ſind und daß das Ei faul iſt. — Nicht weit davon finde ich dicht über dem Waſſer (1 ½ F.) ein drittes Neſt mit 4 kleinen muntern Jungen, durchaus rohrſängertig gebaut, aber weich gefüttert, das von Herrn v. Meszleny und von Herrn Chernel v. Chernel— haza für das Neſt der Bartmeiſe (Parus biarmicus) erklärt wurde. Daſſelbe ſtand zwiſchen reſp. auf dichten vorjährigen Rohrſtumpen. Da fällt ein Schuß. Einer der Herren hat ſich doch nicht halten können — die Löffelreiher, ca. 40 Stück, gehen auf. Nun eilen die Kähne 300 Schritt vor— wärts zur Colonie — auf einen Purpurreiher wird geſchoſſen — da gehen wieder 30—40 Löffelreiher auf, es ſind dies nach Herrn v. Meszleny die Weibchen, während die zuerſt aufgegangenen die Männchen waren. Die Weibchen fliegen vom Rohr gedeckt derartig von uns ab, daß wir ſie erſt ſehen, als ſie in beträchtlicher Höhe zu uns zurückkehren und die Rohrſchneuſe überfliegen, wobei etliche den Kopf ſeitwärts legen, um gut zu den Kähnen herabſehen zu können. Bekanntlich ſtrecken die Löffelreiher beim Flug den Hals lang vor, wie dies die Störche thun, während alle echten Reiher den Hals anziehen. — Mit der Jagd war es aus, und zu den im Rohr ſitzenden Horſten konnte man nicht gelangen, alſo — Kehrt. Auf der Rückfahrt zerſtreute ſich die Geſellſchaft, die vielen Fiſcherſteige er— möglichten dies. Ueberall hörte ich Calamoherpe melanopogon ſingen, auch Locustella luseinioides; maſſenhaft ſang C. turdoides, ſparſam C. arundinacea. Hier und da fielen Schüſſe. — Bald waren wir alle an der Landungsſtelle ver- ſammelt. Nun hatten alle Herren unſere intereſſanten Rohrſänger gehört. Herr Victor v. Tſchuſi verehrte mir ein Neſt mit 4 Eiern von Cal. melanopogon, die leider — der intenſive Glanz ſagte es mir ſchon — zum Ausſchlüpfen reife Junge hatten. Dr. Lorenz v. Liburnau hatte 2 Bartmeiſen (alt und jung) geſchoſſen; das war alles, einen grauen Reiher, einen Steißfuß rechne ich nicht dazu. Ardea minuta war öfter geſehen worden. Bevor wir den Velenczer-See verlaſſen, ſei mir noch ein Rückblick auf die Biologie von Cal. melanopogon geſtattet zur Vervoll— ſtändigung meiner ſchon vorher gegebenen Mittheilungen. Das Neſt ſteht genau ſo, wie beim Droſſelſänger (Cal. turdoides) und gleicht ſehr den Rohrneſtern der Cal. arundinacea; das Ei iſt dem der Cal. phragmitis ähnlich, doch etwas größer und geſtrichelter. Der Vogel lebt wie C. turdoides, doch müſſen die Rohrbeſtände weniger dicht ſein; hier fliegt der Vogel (ähnlich wie C. arundinacea) viel hin und her, klettert zum Singen den Halm aufwärts und ſingt von oben herab. Der Geſang hat keine Aehnlichkeit mit dem Geſang von Cal. phragmitis. 284 Staats v. Wacquant-Geozelles, Herr Othmar Reiſer nimmt Abſchied von uns, er eilt zum benachbarten Bahnhof, um Budapeſt zu erreichen. — Nachdem wir in einer nahen Schänke ein Glas Bier getrunken, gehen auch wir zum Bahnhof. Da kommt uns ſchon der Budapeſter Zug entgegen. Reiſer ſchwenkt den Hut mit Aquila -imperialis-Feder und ruft mir zu: „Auf Wiederſehen in Serajewo!“ — Bald kam auch unſer Zug. Unſer Salonwagen wurde angehängt. Wir ſagten dem liebenswürdigen Herrn von Meszleny unſern aufrichtigſten Dank, und fort gings gen Stuhlweißenburg, wo wir um 7 Uhr ankamen und bis 12½ Uhr Nachts verblieben. Raſch reſtaurirten wir uns dort, während Herr und Frau Otto Herman im Salonwagen verblieben und der Ruhe pflegten, dann wurde eine Präparirſtube etabliert, wo Herr Michel durch Geſchicklichkeit, Schnelligkeit der Arbeit und Ausdauer dominirte. Das Prä⸗ pariren der geſchoſſenen Vögel iſt oft ſehr ſchwierig, da die Herren von den Stra— pazen des Tages müde und abgeſpannt, oft ſogar übermüdet find, und doch muß die Arbeit geſchehen, denn andern Tags iſt manche Beute, namentlich die Dunen⸗ jungen, verdorben. Noch ſchlimmer iſt es, — wie hier — wenn den andern Tag weiter gejagt werden ſoll. Demnach ſollte der Forſcher in ſeinem Jagdeifer nicht alles herunterknallen, damit er nicht nöthig hat, Abends das Meiſte davon wegzu— werfen. Zweckloſes Tödten iſt nicht erlaubt, namentlich nicht zur Brutzeit. Endlich gings weiter. Wir waren doch recht müde und abgeſpannt, und ſo legten ſich die Meiſten der Länge nach auf den Boden des Salonwagens, während Herr Otto Hermann und Frau Gemahlin einen andern Wagen auffuchten. Baden und Trinken. Von Staats von Wacquant-Geozelles. J. Es iſt mir immer eine liebe Beobachtung geweſen, die Beobachtung badender oder trinkender Vögel, und manches liebe Mal auf meinen Wanderungen habe ich in heißer Sommerszeit den eigenen Durſt beherrſcht und bezwungen, wenn ich — vorſichtig an die mir in Buſch und Dickicht, an Fels und Weg bekannten Quellen heranſchleichend — dort ſchon befiederte Gäſte antraf. — — Nun: „Ein erhitzter Menſch darf ja ſo wie ſo nicht trinken, wenn er nicht in ununterbrochener Weiterbewegung bleiben will oder kann“ — und ſomit mußte ich oft ſehr lange in der Nähe des kryſtallnen Quells warten und ruhen, ehe ich ſeinem ver— führeriſch-einladenden Blinken und Plätſchern Folge leiſten konnte. — Doch auch länger noch als es Vorſicht und Vernunft erheiſchte, weit länger noch, mußte ich oft den eigenen Leib kaſteien, mußte ich auch den ſteten und oft Monate hindurch einzigen Begleiter, den treuen Hund, vom Labetrunk zurückhalten, ſo bittend mich C ⁰ N ft ²⁰ͥ⁰ dm ͤ—᷑rr ĩ Baden und Trinken. I. 285 auch ſein ſeelenvolles Auge anſah, — mußte es, denn wie hätte ich ſo manches liebe Bild vor mir ſtören, ſo manche intereſſante Beobachtung mir entgehen laſſen können! „Es iſt ja aber doch nur immer dasſelbe Bild“ — ſo ſagte mir einſt bei einer ſolch' letzteren Gelegenheit ein mich auf längerer, heißer Forſchungstour be— gleitender, ungeduldig durſtender Studioſus. — — Immer dasſelbe? — Wir wollen einmal prüfen, ob dem wirklich ſo iſt, wenn man „Augen hat: zu ſehen“ — und, Bruder Studio, Du wirſt jenen Ausſpruch nicht wieder thun, wenn Du dieſen kleinen Aufſatz lieſt; — verzeihe mir dabei nur gütigſt die Ueberſchrift: — Du hätteſt gewiß das Verbum „Trinken“ weit vor das Baden geſetzt?! — Das bunteſte oder vielmehr abwechslungsreichſte Bild haben wir zu gewiſſen Zeiten an den beſtimmten und ſtets allen bade- und trinkbedürftigen Vögeln eines gewiſſen, oft recht großen Umkreiſes bekannten Plätzen. — In meinem haupt- ſächlichen Beobachtungsreviere, einem bewaldeten Berge, dem „Hauben“, befinden ſich mehrere klare Quellen, welche nur höchſt ſelten verſiegen, niemals aber ſo kräftig ſind, einen Bachlauf zu bilden: ſie verlieren ſich ſtets alsbald in kleineren Moräſten. — Eine von dieſen Quellen verſiegt nie, und in nächſter Nähe dieſer habe ich mir eine Beobachtungshütte gebaut. — Was kommt an dieſem Platze nicht alles zuſammen, zumal dann, wenn all' die anderen Waſſer-Adern wirklich einmal verſiegt ſind! — Wie leicht erklärlich, iſt dieſe Quelle, welche ich zu einem kleinen, mit Steinen und Aeſten um⸗ und belegten Baſſin geformt habe, gleichzeitig Trink- und Bade— Platz. So lange ich ſie beobachtet habe — und das iſt ſeit meiner früheſten Jugend der Fall — hat ſich die Umgebung derſelben ſehr verändert. — Vor vielen Jahren lag ſie „frei“ an ihrem Berg-Hange: alles ringsumher war, bis auf einige Eichen, abgeforſtet. Die im nahen Steinbruche wohnenden Bachſtelzen — in dieſem Jahre M. sulphurea, in jenem Jahre M. alba — beſuchten das Wäſſerchen fleißig und die eines Trunkes ſo ſehr bedürftigen Wildtauben nicht minder. In großen Flügen hielten ſich letztere während des zeitigen Frühjahrs und im Herbſte ſtets in den er— wähnten Eichen auf. Doch die Natur und Kultur veränderten die Sache bald und ſchnell: Wo kommen all' die Farren und „Unkräuter“ ſo plötzlich her? — Und die Haide, der rothe Fingerhut und die Tollkirſche — beide tödtlich-giftig, beide jo ſegen⸗ bringend heilkräftig? „Das Alte ſtürzt, es ändert ſich die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen!“ — Der Baumpieper ſtellte ſich zahlreich ein und in dem Grade, wie die neugepflanzten Fichten heranwuchſen — und gleichzeitig mit ihnen die Wachholderſträuche, Sahl-Weiden, Birken und die vom „Waldkultivator Heher“ verſchleppten Eicheln und Buchnüſſe — in dem Grade mehrte ſich daſelbſt auch die Vogelwelt. Zuerſt ſiedelte ſich neben dem Baumpieper der ſo ſehr genügſame Gold— ammer an; dann kam die Nachtſchwalbe; bald darauf Hänfling, Zaunkönig und 286 Staats v. Wacquant-⸗Geozelles, Heckenbraunelle. — Immer lauter wurde das Vogelleben in jener Gegend, — immer bunter das „Leben am Quell“. — Die Fichten „ſchloſſen ſich“ und nach wiederum einigen Jahren brüteten rings um das Wäſſerchen ſchon Sing- und Schwarzdroſſel und alsbald auch Goldhähnchen, die reizende Turteltaube und der Eichelheher, welch' letzterer ſich ſchon ſeit Jahren für berechtigt gehalten hatte: in dem auch von ihm ſo fleißig mitbepflanzten Reviere auf das Eifrigſte und Ausgiebigſte die Kleinvogeljagd auszuüben! — Der Beobachter mußte nun aber auch ſchon wieder eine Abnahme der bisherigen umwohnenden Brutvögel wahrnehmen: Grasmücken und Heckenbraunellen, Goldammern, Hänflinge und Dompfaffen, — ſie fühlten ſich nicht mehr wohl in der nun faſt undurchdringlichen Dickung, denn ſo wogend-grün dieſelbe auch aus der „Vogelperſpektive“ ausſah, — jo öde und ab- geſtorben war alles am Boden und von dort aus bis zur doppelten Manneshöhe. Somit bot ſich ihnen weniger und weniger Niſt- und Nahrungsgelegenheit und zogen fie ſich alſo mehr und mehr zurück: nur an der Waldlifiere, unten am Felde, wo alles Wachsthum „zurückgeblieben“, iſt noch das frühere Bild und ebenſo — — am Quell. Jetzt wurden Durchforſtungen vorgenommen. Lichter und lichter wurde der Beſtand; — die Waldſchnepfe lagert ſich ſeit langem nicht mehr ſo gern am Quell; — oben in einer der Eichen hat vor einigen Jahren eine Rabenkrähe gehorſtet und wurde deren Horſt im Jahre darauf von einem Buſſard zu einer nothwendig ge— wordenen zweiten Brut annektirt und gewaltig vergrößert; das Spechtloch, nicht weit davon, wurde von einem Staar für praktiſch befunden — und ſomit hat faſt alles in der Nähe des Quells gewohnt, faſt alles, was den „Hauben“ an Brutvögeln bevölkert! Einer der am meiſten auffallenden Beſucher der Quelle iſt die Ringeltaube. Dieſer Vogel fliegt am Spätnachmittage oft ſehr weit zur Tränke und ſo eiferſüchtig derſelbe auch während der Paarungszeit iſt, — am Trinkplatze kommen oft mehrere Paare friedlich zuſammen, trinken und raſten auch wohl ſogar einige Zeit, ohne Zank. — Zu wirklichen Thätlichkeiten kommt es unter dieſen Tauben ja überhaupt nur ſehr ſelten; ich habe letzteres wenigſtens nur zweimal beobachtet. Einmal allerdings ſtürzten dabei die beiden Kämpfenden vom Aſte bis faſt zum Erdboden und verloren an einigen dürren, ſpröden Fichtenäſten ſehr viele ihrer bekanntlich ſo ungemein „loſe ſitzenden“ Federn. — Eine für dieſe Taube angelegte „Salzlecke“ wird auf das Eifrigſte beſucht. Während unſere domeſtizirten Tauben oft ſehr eifrig baden, nimmt die Ringel— taube meinen Beobachtungen nach nur ab und zu einmal ein „Gelegenheitsbad“, nicht aber im Waſſer, ſondern im Regen. — Häufig ſitzt ſie bei ſolcher Gelegenheit auf den Spitzen der Bäume, häufig aber auch auf dem Erdboden. — Einſt lag ich Baden und Trinken. I. | 287 im Herbſt, während eines etwa eine halbe Stunde währenden, warmen Regens, an der Waldliſiére unter einigen Fichtenzweigen. Plötzlich kam aus dem Walde ein großer Flug Ringeltauben und ſetzte ſich etwa 40 Schritt vor mir auf einen Sturz— acker, um ein Regenbad zu nehmen. — Die Tauben, es waren 38 Stück, fußten auf den Spitzen der Schollen und breiteten mit erſichtlichem Wohlbehagen die Flügel aus, wobei ſie ſich oft, — gerade wie unſere Haustauben — ganz auf die eine Seite legten, um vor allem die Unterſeite der Flügel beſprengen zu laſſen. So währte das intereſſante Bild, bis der feine Sprühregen aufhörte und die Tauben nun fleißig ihr Gefieder ſchüttelten und in demſelben herumneſtelten. — Erſt nach einer halben Stunde ſpazirten ſie weiter und ſuchten auf einem „ felde nach Nahrung. Auch viele andere Vögel freuen ſich zuweilen über ſolch' ein Regenbad, ſo 3. B. unſer Staar, welcher nur gelegentlich badet. Ein Fiſchreiher (A. c.), welchen ich beobachtete, breitete ebenfalls ſeine mächtigen Flügel im Regen aus und ebenſo ein Wiedehopf, den ich gelegentlich einer Eiſen— bahnfahrt in der Nähe von Goldſtein am Rhein auf einem Aſte ſitzen ſah. Die ſich im Gezweig oder auf dem Erdboden bewegenden Kleinvögel ſind natur— gemäß viel allgemeinere, eifrigere und regelmäßigere Bader als die „Flieger“: Droſſeln, Rothkehlchen, Meiſen und Finken baden oft und tüchtig, — die Haus- und Mehl— ſchwalben baden und trinken fliegend, der „gewaltige Flieger Mauerſegler“ aber badet nie in dieſer Weiſe, ſondern begnügt ſich mit Luft- und Regenbädern. Wir finden unter Vögeln ein und derſelben Art ſtets eifrige und weniger eifrige Liebhaber eines Bades: ich habe Schwarzdroſſeln hier im Park beobachtet, welche überaus regelmäßig — ſelbſt im Winter und während regneriſcher Zeit badeten, wohingegen andere wieder nur während der Zeit des Neſtbaues von mir beim Baden betroffen wurden; die ſchmutzige Arbeit, welche mit ihrem Neſtbau verknüpft iſt, wird dieſe letzteren Droſſeln wohl veranlaßt haben, einige Bäder zu nehmen. Auch Naben- krähen und Elſtern, deren Neſtbau ja ebenfalls Erdarbeiten erheiſcht, ſah ich zu bezüglicher Zeit tüchtig und oft baden. — Anders iſt es bei dem Eisvogelweibchen: ſo ſchmutzig und zerſtoßen dasſelbe auch gelegentlich der Neſtröhren-Zimmerei ge— worden ſein mag, — niemals badet es ſich, ſondern läßt ſich Nachmittags, gelegent— lich ſeiner Stoß-Tauchjagd, wieder einigermaßen reinſpülen, vernachläſſigt ſich in dieſer Hinſicht aber oft ſo ſehr, daß ich einſt ein völlig beſchmutztes Weibchen auf ſeinen Eiern brütend antraf. — (Vergl. Ornith. Monatsſchr. 1883, Nr. 5. — Ornith. Skizzen, VI: Der Eisvogel, von Hofrath Prof. Dr. Liebe). Von meinem Verſteck aus beobachtete ich am Quell manch' friedliches Bild und ebenſo manchen Kampf, ja, ſelbſt Mordthaten. — Ein niedlicher Anblick iſt es immer, wenn gleichzeitig mehrere Sänger ein erfriſchendes Bad nehmen, wie n 288 Staats v. Wacquant-Geozelles, Baden und Trinken. ä dies beſonders nach beendeter Brutzeit und vor und während der Zugzeit der Fall iſt. Entweder baden ſie da familienweiſe oder in größeren oder kleineren Genoſſen⸗ ſchaften: man kann es auch am Quell wahrnehmen, ob Eiferſucht und Elternſorge in der Vogelwelt herrſchen, oder ob ein freieres, ſorgloſeres Leben und Treiben be- gonnen hat. Wie wir Menſchen uns vor einem „freien“ Bade erſt von der Temperatur des Waſſers zu überzeugen pflegen und zuerſt Stirn und Bruſt benetzen, ſo thut dies auch ſcheinbar oft der Vogel; von einem Stein oder von einer Wurzel aus nimmt er faſt immer erſt einige herzhafte Schlucke zu ſich und wenn dann auch mancher oft recht plump in das naſſe Element hineinſpringt, wie z. B. der Heher, ſo hüpfen dahingegen die meiſten recht behutſam hinein und „fahren“ — wie ich es nennen möchte — erſt längere Zeit recht hochbeinig darin umher, ehe ſie anfangen zu plantſchen. — Während der aufgeregten Fortpflanzungszeit genügt manchmal dem ewig eilig haſtenden Sänger ſchon ein paarmaliges Plantſchen: der Trunk und die wenigen an ſeinem Gefieder haftenden Waſſerperlen haben ihn erfriſcht und er haſtet nach kurzem Schütteln und Putzen weiter, oft ohne überhaupt in das Waſſer ſelbſt hineingehüpft zu ſein; manche andere — und beſonders die Weibchen — verſagen ſich zu genannter Zeit das Bad überhaupt ganz. | Später wird das dann nachgeholt und oft „jo tüchtig losgelegt“, daß eine ſehr lange Zeit zum Trocknen und Ordnen des völlig durchnäßten Gefieders nöthig iſt, einzelne Vögel ſogar flugunfähig ſind, wie ich an Buchfinken beobachtete. Kohlmeiſe, Rothkehlchen ꝛc. baden gern en famille und unſer Buchfink ſpäter ſogar in Geſellſchaft ſeines Verwandten und getreuen Genoſſen, des Bergfinken. Ein überaus niedliches Bild gewährten mir ſtets die Kreuzſchnäbel gelegentlich ihrer Pervaſion 1888. — Sie beſuchten die Quelle nur, um zu trinken, und ſcheinen ſich mit Regenbädern zu begnügen; im feinen Regen wenigſtens habe ich ſie mehr— mals baden ſehen: — „Fichtennadel-Bäder“ im wahrſten Sinne des Wortes. Freilich, die oft ſehr beharzten Bruſtfedern kann weder dieſes noch ein anderes Bad reinigen! — Unſer Brehm, welcher dieſe Thiere in ſeiner treffenden Weiſe die „Heimatloſen“ oder „das Zigeunervolk unter den Vögeln“ nennt, charakteriſirt ſie hieraufhin noch weiter mit den Worten: „Wann und wie ſie aber auch erſcheinen mögen, überall find fie heimisch!" — Ja, — fie waren auch in meinem Reviere heimiſch, — ſo ſehr und ſo ſchnell heimiſch, daß ich häufig im höchſten Grade erſtaunen mußte! . Dr. U.⸗E.: Etwas üb. d. Originalzeichnungen zu J. L. Friſch's Kupferwerke. 289 Etwas über die Originalzeichnungen zu dem Kupferwerke „Vorſtellung der Vögel in Deutſchland und beyläufig auch einiger fremden, mit ihren natürlichen Farben“ von Johann Leonhard Friſch. Von Dr. U.⸗ E. Gelehrte Kenner, ſowie Freunde der gefiederten Thierwelt dürfte die Mittheilung intereſſiren, daß ſich zu Dresden und zwar im Privatbeſitz, noch ungefähr 150 Blatt jener bisher verloren geglaubten Aquarellen vorfinden, welche für die Abbildungen obigen weiland jo berühmten Werkes als Vorlagen gedient haben. Sein Heraus- geber, der am 19. März 1666 zu Sulzbach bei Nürnberg geborene Rektor des Ber— liner Gymnaſiums zum „Grauen Kloſter“, gleich hervorragend als Natur- wie als Sprachforſcher, fühlte ſich infolge des früher von ihm im Eichsfelde und am Harz mehrjährig betriebenen Landbaues zur Vogel- und Inſektenkunde hingezogen. Nament— lich reizten Studien erſterer Art die Wißbegier des vielſeitigen Friſch, deſſen theoretiſche Anſchauungen geſund wie kaum die eines andern damaligen Schulmannes im praktiſchen Leben wurzelten und dadurch auch für das öffentliche Wohl erſprießliche Früchte trugen, ſo beiſpielsweiſe die wichtige Erfindung des „Berliner Blau“ und die nicht minder ſchätzbare Verbeſſerung des Seidenbaues oder „Seidenwerkes“, wie Friſchens eigener Ausdruck lautet, durch Anlegung von Maulbeerplantagen. Doch hier handelt es ſich lediglich um des Genannten Bedeutung als Ornitholog, eine Bedeutung, welche die bei Friſch vorkömmliche erſtaunliche Menge von eigenen Beobachtungen weſentlich ſteigert. Freilich wurden ihm letztere durch den Glücksumſtand gar ſehr erleichtert, daß er eine reiche Sammlung lebender Vögel befaß.*) Ohne Fehlgriff läßt ſich obiges Werk ſeinem Hauptinhalte nach als deren bildliche Vorführung bezeichnen. Daß die— ſelbe techniſch glänzend gelang, iſt zum Theil das Verdienſt eines der Söhne des Herausgebers, des 1707 zu Berlin geborenen Ferdinand Helfreich, der — nomen et omen habet! —. „hilfreich“ ſowohl das Ausſtopfen der Vögel, als auch das Zeichnen, Radiren und Illuminiren der meiſten Kupfertafeln beſorgte. Zoolog und Künſtler zugleich, taugte beſagter Amanuenſis vortrefflich dazu, das ſich immer um— fangreicher geſtaltende Unternehmen fortzuführen, als deſſen Begründer, nach nur erſt geleiſteter Beſchreibung der vierten Ordnung, am 21. März 1743 im 78 ſten Lebens— jahre zu Berlin verſtarb. Hat es der Hinweggeſchiedene hauptſächlich ſeinem für die lateiniſche Phraſeologie werthvollen „Deutſch-lateiniſchen Wörterbuch“ zu verdanken, daß man ihn 1731 zum Director der hiſtoriſch-philologiſchen Klaſſe der Berliner Akademie der Wiſſenſchaften ernannte, in welche er bereits 1706 auf ſeines mächtigen ) Eine ähnlich werthvolle Sammlung vornehmlich ausländiſcher lebender Vögel beſitzt gegen: wärtig Privata Eliſe Peyer in Dresden, Gartenſtraße 9. 290 Dr. U.⸗E., Etwas üb. d. Originalzeichnungen zu J. L. Friſch's Kupferwerke. Gönners Leibniz“) Betrieb Aufnahme fand, ſo iſt hingegen die ihm 1725 wider⸗ fahrene außerordentliche Ehre, den Mitgliedern der kaiſerlichen Leopoldiniſchen Aca- demia naturae curiosorum und zwar unter dem Namen Vegetius eingereiht zu werden, lediglich der Veröffentlichung des weitberufenen Vogelwerkes zuzuſchreiben. Leider ſollte daſſelbe auch Ferdinand Helfreich, welcher 1758 ſeinem Vater in den Tod folgte, nicht zum Abſchluß bringen. Das blieb erſt Johann Leonhard's jüngſtem Sohne Juſtus Leopold, geboren am 29. October 1714 zu Berlin, geſtorben 1787 als Paſtor zu Grüneberg in Schleſien, vorbehalten und zwar unter Beihilfe des Danziger Naturforſchers Freiherrn Friedrich Auguſt Zorn von Plobsheim, ge— boren am 14. October 1711, geſtorben am 6. Februar 1789, welcher letztere ſich am Textlichen betheiligte, während der Maler Johann Chriſtoph Friſch, geboren zu Berlin 1737, geſtorben daſelbſt 1815, ein Sohn Ferdinand Helfreich's, das Bild⸗ liche ausführte. Endlich 1763 erſchien, nach dreißigjährigen Mühen — longorum operum finis darf man mit Horaz jagen — im Nicolai'ſchen Verlage zu Berlin das zwei Foliobände ſtarke, mit 254 großen Kupfertafeln, ſowie 307 kleineren Ab⸗ bildungen verſehene und 80 Reichsthaler koſtende Werk, das alles bis dahin in Deutſchland auf dem Gebiete der Vogelkunde Geleiſtete in Schatten ſtellte, und dem nur erſt durch Johann Friedrich Naumann's um die Erfahrungen der Neuzeit bereicherte „Naturgeſchichte der Vögel Deutſchlands“ der Rang abgelaufen worden iſt. — Was nun die obenerwähnten Handzeichnungen anbetrifft, welche, künſtleriſch und wiſſenſchaftlich gleich werthvoll, ſich auf farbigem Papier in Folio ausgeführt zeigen, jo gelangten dieſelben durch einen günſtigen Zufall in die Hände des verſtorbenen Dr. Friedrich Auguſt Ludwig Thienemann. Niemand, der ſich beſſer zu ſolcher Aufbewahrung geeignet hätte, als genannter mit Johann Leonhard Friſch geiſtig blutsverwandte rühmlich bekannte Gelehrte! Denn die nämliche Klarheit, womit Erſterer in ſeinem umfaſſenden Werke unſere heimiſchen „Segler der Lüfte“ vom biologiſchen Standpunkte aus beleuchtet, breitet Letzterer über dieſelben in ſeiner nicht minder großangelegten „Fortpflanzungsgeſchichte der geſammten Vögel“ vom genetiſchen aus, und der gleiche Eifer, den Jener im Sammeln von derartigen lebenden Geſchöpfen offenbarte, beſeelte Dieſen beim Aufſuchen ihrer Neſter und Eier! Nach Thienemann's am 24. Juni 1858 zu Trachenbergen bei Dresden erfolgtem Ableben erbte gedachte Kunſtblätter deſſen Tochter Adolphine Ludovica, nicht nur eine warme Förderin aller auf Thierſchutz hinzielenden Beſtrebungen, ſondern auch ſelber eine vorzügliche Vogelſchilderin, wie das die Titelbilder zu ihres Vaters ornitho- logiſcher Zeitſchrift „Rhea“, abgeſehen von vielen ähnlichen Darſtellungen, ſchon allein bekunden. Schließlich noch die Bemerkung, daß beſagte in Dresden (Johannſtadt, ) Beiläufig erwähnt, Friſchens Schüler in der ruſſiſchen Sprache. Kleinere Mittheilungen. 291 Tolkewitzerſtraße 386, J) wohnhafte derzeitige Beſitzerin des hier beregten Hand— zeichnungen-Nachlaſſes denſelben der Beſichtigung Sachverſtändiger gern erſchließt und auch gewillt iſt, ſich ſeiner auf dem Wege des Verkaufes zu begeben, welche günſtige Gelegenheit zu einer ſchönen Erwerbung wir Sammlern angelegentlich empfehlen wollen. Kleinere Mittheilungen. Noch ein nachträgliches Wort über die Steppenhuhn⸗Invaſion in Däuemark 1888 (aus einem Brief an Dr. K. Th. Liebe). Die vorzügliche Abhandlung von Winge: „Om Steppenhönen i Danmark 1888“ iſt ſo erſchöpfend, daß nur noch wenig bezüglich des Materials zu jagen iſt.“) Die Mittheilungen an das zoologiſche Muſeum zu Kopenhagen, die die Grundlage der Abhandlung bildet, wäre ſicherlich viel ausführlicher geweſen, beſonders betreffend Jagd und Fang der Vögel, wenn nicht — um die Vögel zur Einbürgerung zu bringen — die Veranlaſſung des Muſeums und andere amtliche Bekanntmachungen in den Zeitungen erſchienen wären, welche Jagd und Fang unterſagten. Ich ſelbſt erfuhr das auch, als ich Beobachtungen für das Muſeum ſammelte. Auf meine ſchriftliche Anfrage an einen Schullehrer: „Wurden viele geſchoſſen“? erhielt ich die Antwort: „Zufolge Bekanntmachung von der Obrigkeit in R. durch die R.⸗Zeitung wurde das Steppenhuhn geſchützt.“ Wenn ſehr viele Fälle von geſchoſſenen oder gefangenen Steppenhühnern nicht bekannt ge— worden ſind, gilt dieſes gewiß noch mehr von den Fällen, wo Eier genommen wurden. Außer dem in Winge's Abhandlung genannten Ei, welches das Muſeum erhielt, habe ich noch ein einzeln gefundenes Ei geſehen, welches jetzt einer ſchwediſchen Sammlung einverleibt iſt. Von 4 Gelegen, je zu 3 Eier, die wie das letztgenannte Ei unweit Viborg in Jütland gefunden ſind, habe ich drei Gelege in Privat— ſammlungen in Jütland geſehen lich ſelbſt beſitze jetzt eins von den Gelegen); das vierte Gelege befindet ſich in einer Kopenhagener Sammlung. Noch 2 Gelege je zu 3 Eier habe ich in jütländiſchen Sammlungen geſehen; eins davon wurde bei Fruerhöj unweit Lemvij in Jütland am 15. Juni 1888 gefunden. Die 2 letzten Gelege ſind nicht in Winges Abhandlung erwähnt; alle Eier waren einander ziemlich gleich in Form und Größe; nur in der Stärke der Grundfarbe variirten ſie ein wenig. Für ) Es ſei mir erlaubt, an ein nicht viel bekanntes Büchlein: „Viborg Oenegus Fugle“ von J. D. Chriſtianſen (bei A. Jacobſen in Viborg, 1890) hinzuweiſen, das vieles intereſſante über Syrrhaptes enthält. Der Verfaſſer iſt ein eifriger und tüchtiger Beobachter und iſt meines Wiſſens der einzigſte däniſche Ornithologe, der das Steppenhuhn zu wiederholten Malen beim Brüten be— obachtete. — Sehr intereſſant iſt auch ſein Bericht von der Invaſion im Jahre 1889 von der ſonſt nur ſporadiſch in Dänemark brütenden Loxia curvirostra; Chriſtianſen fand in dieſem Jahre nicht weniger als 98 (acht und neunzig!) Neſter von dieſem Vogel. Eier vom December 1888 bis Mai 1889. 292 Kleinere Mitt heilungen. 8 das Jahr 1890 finden ſich dem Anſchein nach zuverläſſige Beobachtungen von Steppenhühnern aus Seeland und Jjtland verzeichnet. — Am 15. Mai 1891 las ich in einer Zeitung, daß ein Volk Steppenhühner im nördlichen Jütland (unweit Hjörring) geſehen worden; ſpäter habe ich nichts von ihnen erfahren. g A. G. Hagerup. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Vor allem fiel mir die große Vogel⸗ armuth der oberitaliſchen Ebene auf, denn große Strecken weit war auch nicht ein Vogel zu erblicken, ſelten zeigte ſich ein Neſt in den bis zur Unkenntlichkeit verſtümmelten Bäumen — ein einförmiges, todtes Bild. — In Verona ließen ſich einige Nachtigallen hören. In Venedig ſah ich außer Kiebitzen in den Lagunen und Larus ridibundus in den Häfen keine Vögel außer — am Markt. Dort fanden ſich: Anas penelope und Dafila acuta, Gall. porzana und Scol. rusticola in be- deutender Zahl. Auch die armen Lerchen waren zahlreich vertreten. — Reicher be- völkert war der Gardaſee. Enten in Maſſe (A. penelope, A. eristata ete.), Möven in Menge: Lar. ridibundus zog neben dem Dampfer her und ſtürzte ſich voll Gier auf in das Waſſer geworfene Stückchen Brot, die ſie ſchwimmend verzehrte. Auch zwei große Möven ſaßen auf einer einſamen Klippe inmitten des Sees (Lar. marinus [2], jo viel ich aus der Entfernung mit dem Glaſe unterſcheiden konnte). Ein ſchwarzer Milan zog längere Zeit hinter dem Dampfer in geringer Ent⸗ fernung nach und ſtieß von Zeit zu Zeit auf das durch das Schiff aufgeregte Waſſer herab, vielleicht nach Fiſchen. Die jo nahe Beobachtung eines bei uns fo ſeltenen Raubvogels machte mir viel Freude. A. Graf v. Geldern. Es trieb ſich im verfloſſenen Winter ein kleines Völkchen von Hausſperlingen (P. domestieus) beſtändig in einem etwa 1 pr. Morgen großen Erlengeſtrüpp mit einigen eingeſprengten größeren Fichten und Birken herum, das von dem nächſten bewohnten Orte über eine Viertelſtunde entfernt iſt, nächtigte auch immer daſelbſt (vgl. „Ornith. Jahrb.“ II. 1 f.). In dieſem Busch befand ſich ein täglich ziemlich reichlich „gedeckter“ Futterplatz für die in den Vorbergen des Zobten verwildert vor kommenden Edelfaſanen, und die dort liegende gute Nahrung mag wohl unſeren Rüpel am genannten Orte feſtgehalten haben. Vor 14 Tagen ſah ich zu meiner größten Ueberraſchung, daß ein Pärchen Hausſpatzen in einem Baumloche, ein anderes frei auf dem Aſte einer Fichte ſeine Kinderwiege aufbaute, in dieſem Gehölz, fern von jeder menſchlichen Behauſung. Herr Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe ſchrieb mir dazu gütigſt Folgendes: „Die freien Neſter bauen die Hausſpatzen nach meiner Erfahrung immer in unmittelbarſter Nähe der Wohnungen z. B. in die Obſtbäume der Hausgärten. Weitab von den Wohnungen habe ich dergleichen Neſter nie geſehen.“ — Etwas Intereſſe dürfte vielleicht auch noch nachſtehende kurze Notiz erwecken: Vor einigen Wochen begann ein Paar „Spatzker“ (domestieus) in einem Mauer⸗ loche unſeres alten Wohnhauſes vor meinen Fenſtern ſeine Hütte zu errichten. Das Männchen iſt nun ganz abnorm gefärbt, geſcheckt, und fällt unter hundert Genoſſen deshalb ſofort auf. Kürzlich ſtand ich unter unſerem Wagenſchuppen, in deſſen unterſten Balkenwinkeln maſſenhaft Sperlinge, momentan vorwiegend Männchen, zu übernachten pflegen. Da ſah ich, wie mein abſonderlicher Freund mit einem langen Roggenhalme angeflogen kam und ihn unter einem Sparren anbrachte. Natürlich gab ich nun gründlich Obacht und conſtatirte, daß das Männchen, während das Weibchen ruhig und fleißig auf den Eiern brütete, ſich auf eigene Fauſt ein liederliches Schlafneſt baute. (Pendant zur Mittheilung von Dr. Walter in der Ornis Transcaspiea ?) Schlaupitz, 25. April 1891. Karl Knauthe. Gänſejagd in der Bartſchniederung. Auf der diesjährigen von dem Fürſten von Hatzfeldt⸗Trachenberg veranſtalteten Gänſejagd in dem wiederholt von mir be— ſuchten und geſchilderten Neſigode wurden nach dem in der Schleſiſchen Zeitung abgedruckten officiellen Jagdbericht auf einem ca. 800 Morgen großen Teiche durch 10 Schützen in kaum fünfſtündiger Jagd nicht weniger als 941 Wildgänſe zur Strecke gebracht; ein Reſultat, wie es ähnlich wohl nur an wenigen Orten Deutſchlands erreicht werden dürfte. Schon hieraus dürfte wohl hervorgehen, eine wie beſuchte Zufluchtsſtätte für unſer durch die fortſchreitende Cultur mehr und mehr verdrängtes Sumpf- und Waſſergeflügel die Bartſchniederung bildet, und dürfte die obige Zahl allein auch den officiellen Zweiflern wohl hinreichend beweiſen, daß ich den Vogelreichthum derſelben keineswegs in zu glühenden Farben geſchildert habe. Curt Floericke. Kleinere Mittheilungen. 293 Litterariſches. Schaeck, F. de. Les fauvettes d' Europe. — Paris 1890. 8° 133 S. Sep. aus: Mem. soc. zool. France. T. III. S. 404 — 536. Verf. ſcheint mit dieſer Arbeit zwei Zwecke im Auge zu haben: 1. Demjenigen, welchem der Catalogue of the Birds in the British Museum nicht zur Verfügung ſteht, einen in der Anlage dieſem ähnlichen, einen Auszug für nur europäiſche Vögel bildenden Führer zu geben, und 2. dem mit jenem Hülfsmittel arbeitenden eine auf die Biologie u. a. ausgedehnte und um des Verf. und ſeiner Bekannten Erfahrungen bereicherte monographiſche Darſtellung einer Gruppe europäiſcher Vögel zu bieten. Zu dem Behufe hat der durch andere Arbeiten, z. B. Note zur les migrations des oiseaux à travers les montagnes. (Bull. soc. zool. France. XV. p. 18— 19), Note sur la distribution verticale des Poecile palustris Tem. et borealis Selys. (ib. p. 179—180) und andere, bekannte Autor nach allg. Einleitung über die geogr. Ver— breitung und die Zug⸗-Richtung und Höhe, nach dem Britiſchen Catalog den Schlüſſel zu den Gattungen, und bei jeder Art die ſynonyme Litteratur und Diagnoſen über— nommen, ferner die dort nur mit ein paar Worten abgemachte Verbreitung weiter ausgeführt und aus der Biologie jeder Species das Wiſſenswertheſte mitgetheilt. Die Aufgabe iſt mit Geſchick gelöſt, wenn auch die Belege für die geogr. Verbreitung, ſowie N NER ES ES N 294 Litterariſches. überhaupt die angezogenen Stellen anderer Schriftſteller etwas ad libitum ausgewählt find; auch iſt die Litteratur aus dem Brit. Cat. bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Gad. de Kerville) nicht bis auf die neueſte Zeit weiter fortgeführt. Es iſt ſchade, daß Verf. nicht bis zur Vollendung der ausgezeichneten Monographie der Sylvien, in Pleske's Ornithographia Rossiea. Lief. 4 (vgl. unſere Beſprechungen in dieſ. Monats⸗ ſchrift XV. 118-119, 483 484) wartete. i Meyer und Helm, V. Jahresbericht (1889) der ornithologiſchen Beobachtungs- ſtationen im Königreich Lachſen. Nebſt einem Anhange: Die ſonſtige Landes- fauna betreffende Beobachtungen. Dresden 1890. (Berlin, R. Friedländer.) 40. IV. + 80 S. g Gegen die früheren Berichte iſt die Anzahl der Mitarbeiter ſtark gefallen: 47 an 45 Stationen, während 1888 noch 122 Beobachter ſich betheiligten; das iſt wahr⸗ ſcheinlich kein großer Verluſt, da der vorliegende Bericht Notizen über faſt die gleiche Anzahl Arten enthält und vieles Intereſſante bringt. Auch werden einige frühere Angaben corrigirt und ausgemerzt. Im Anhang werden Mittheilungen über Säuge— thiere, Reptilien und Amphibien aus dem Jahre 1889 und Daten über den Lachs (und Wels⸗) Fang aus 1886—89 gegeben, außerdem wird ein Aufſatz von Dr. Thallwitz über Dresdener Entomoſtraka abgedruckt. — Die Einrichtung des Berichtes iſt die gleiche wie in den Vorjahren; wir verweiſen auf unſere früheren Beſprechungen. Ornith. Monatsſchr. XII. 375— 376. XIII. 456—460. Aus dem ornith. Haupttheil heben wir folgende Einzelheiten hervor: Hir. rustica. Vier Jahre nach einander zeitigte ein Paar einbeinige Schwalben. (S. 18.) Cuc. canorus. Mehrfach ward Albinismus conſtatirt; ein Kuckuk ward auf einem nackten, ziemlich erſtarrten Rothkehlchen in einem Neſt der letzteren Art liegend gefunden, wie er ſich bemühte, den jungen Stiefbruder zu entfernen. (S. 21.) Corv. frugilegus. Sehr ſtarke Züge (2900 Stück) hielten ſich in der Höhe und mieden einen 359 m hohen Berg. (S. 28.) Rut. tithys. Sonderbarer Niſtplatz im Doucheraum einer Schwimmanſtalt. (S. 43.) Fr. montifringilla. Ein ſicherer Fall des Brütens, wohl der erſte in Deutſchland, mitgetheilt. (S. 51.) St. einerea. Notizen über Wanderhühner und häufiges Vorkommen von Schnabel— Difformitäten bei dieſer Art und beim Faſan. (S. 56, 58.) Oed. crepitans. Sehr intereſſante biologiſche Notizen vom Brutplatz. (S. 59.) Ueber wildernde Katzen finden ſich leſenswerthe Angaben von Dr. Böcker. (S. 68 — 69.) Sehr werthvoll iſt die große Zahl angeführter wendiſcher Sprichworte und Volksſprüche mit Bezug auf die Vogelwelt. München, 19. Juni 1891. Paul Leverkühn. Sawtſchenko, J. Zur Frage über die Immunikät gegen Milzbrand. (Centralbl. f. Bakteriologie u. Paraſitenk. IX. Bd. No. 14, p. 476480, No. 15, p. 493496, No. 16, p. 532—539.) Nachdem ſchon Metſchnikoff gezeigt hat, daß die Tauben gegen Milzbrand in hohem Grade immun ſind, hat ſich Sawtſchenko näher mit dieſer Frage beſchäftigt. Auch er ſpricht der Taube eine hohe Widerſtandsfähigkeit gegen die Milzbrandbacillen zu, betont aber, daß es völlige Immunität gegen Milzbrand kaum giebt, da die Bacillen durch allmählige Gewöhnung dahin gebracht werden können, ſich auch in einem für fie neuen Medium zu entwickeln und dann gegen ſonſt immune Thiere tödt⸗ lich zu wirken. Als entſcheidenden Faktor bei der Geneſung des Vogels betrachtet Verf. in Uebereinſtimmung mit Metſchnikoff und im Gegenſatz zu Czaplewski und Lewin die Phagoeytoſe. Curt Floericke (Marburg.) Notizen für die Vereinsmitglieder. 295 Notizen für die Vereinsmitglieder. Todes-Anzeigen. Im April oder Mai iſt unſer Mitglied, Herr O. Wolſchke in Annaberg i. S., ge— ſtorben, der durch die Beſchreibung eines neuen Exemplars vom Baſtard der Schellente und des kleinen Sägers, des ſog. Mergus anatarius (Kjörb.), den Ornithologen bekannte Sammler. (Vgl. Annaberg-Buchholzer Ver. f. Naturk. VII. Bericht 1886. 1. Heft. Mit Tafel.) Die Platte für die Tafel des Vogels wurde unſerer Monatsſchrift zur Ver— fügung geſtellt und zur Illuſtration des Aufſatzes von R. Blaſius (Ornith. Monatsſchrift 1887, Nr. 14. Tab.) vervielfältigt. W. ſoll eine hübſche Sammlung einheimiſcher Vögel beſeſſen haben. | Im Mai verſtarb John Harriſon, ein eifriger Ornithologe, welcher ſelbſt wenig veröffentlichte, ſondern ſein Wiſſen anderen zur Verfügung ſtellte. Der Leſer des ſchönen Werkes Clarke's und Roebuck's, A Handbook to the vertebrate fauna of Yorkshire (London 1881), wird ſeinem Namen als dem eines geſchätzten Contribuenten oft be— gegnen. H. machte ornithologiſche Reiſen nach Skandinavien, Holland, der unteren Donau und Nord-Amerika; er erlegte das erſte „engliſche“ Exemplar des Röthelfalken (F. cenchris) [im York Muſeumj; er beſaß eine werthvolle Eier- und Vogelſammlung, war dabei ein großer Vogelfreund und -Schützer, welcher auf ſeinen Beſitzungen die natürlichen Bedingungen für das Brüten beließ; er bekleidete längere Zeit den Ver— trauenspoſten eines Präſidenten des York Naturaliſt's Field Club. (Nach dem Naturaliſt vom Juni 1891, Nr. 191, S. 185 — 186.) Im April verſchied in Newbiggin Nicholas Wearmouth, ebenfalls ein Porkſhire— Ornithologe, Beſitzer einer ſchönen Sammlung ſelbſt ausgeſtopfter Vögel des In- und Auslandes, ſowie deren Eier. Ein ausſührlicher Nekrolog befindet ſich im Naturaliſt, 1891, S. 148. Ende April nahm der durch ſeine feſſelnd geſchriebenen Aufſätze und erfolgreichen Excurſionen bekannte John C. Cahoon aus Taunton, Maſſ., ein ſchreckliches Ende. Bei Curslet in Neufundland beſtieg er allein einen hohen Felſen, befeſtigte ſich an einem Seil und ließ ſich hinab, um ein Rabenneſt auszunehmen; mit großer Schwierigkeit gelang es ihm, die vier Eier zu erbeuten, die er den unten auf dem Meer im Boot auf ihn wartenden Schiffern zeigte. Als er aufwärts am Strick kletterte, konnte er an einer überhängenden Stelle nicht weiter kommen; trotz des ſo minutenlangen Kämpfens, während deſſen ihn ſeine Kräfte verließen, gewann er die Stelle nicht und verſuchte nunmehr, ſich wieder zum Neſt zu ſchwingen. Dies mißglückte, und er ſtürzte 70 Fuß hoch von den Klippen in die brandende See! — C. war einer der kühnſten amerikaniſchen Sammler, ein vorzüglicher Schütze und trefflicher Präparator, wofür ſeine Reiſen zum Cape Cod, zur Golfküſte Florida's, zu den Inſeln Muskegat und Monomoy, endlich ſeine große Expedition nach Mexico und Arizona im Auftrage des bekannten amerikaniſchen Ornithologen William Brewſter von Cambridge, Maſſ., beredtes Zeugniß ablegen, die gar manche Nova brachten; ihm zu Ehren ward Aimophila Cahooni und Troglodytes Cahooni benannt. Dankbare Nachrufe von Brewſter, Webſter und zahlreichen anderen finden ſich im Ornithologist and Oologist, Bd. XII., Nr. 5, S. 73— 75 (mit Portrait und den Auszügen aus Tagesblättern, Boſton Herald, Evening Herald, St. John's), Nr. 6, S. 93 — 95. | Am 10. April verſtarb im Alter von 77 Jahren, laut der Zeitſchrift für Biologie Ed. H. Hocke, I. 1, der Cuſtos der zool. Abth. des Muſeums zu Stockholm, Conſervator Friedr. Wilh. Meves. Von ſeinen zahlreichen Arbeiten nennen wir: Till norra Sveriges Ornithologi (Ex.: Ofversigt af Kongl. Vetenskaps-Akademiens Förhandlingar, 1858, S. 85— 100). Bidrag till Jemtlands Ornithologi (Ex. ib. 1860, Nr. 14, S. 187224). Bidrag till Sveriges Ornithologi. Berättelse om en resa till Oland och Skäne. Ex. ib. 1868, Nr. 3, S. 251— 293. Ornithologiska iakttagelser, till större 296 Anzeigen. delen samlade under en resa i Nordvestra Ryssland, sommaren 1869. Tab. XIV., XV. | Ex. ib. Stockholm, 1871, Nr. 6, S. 731—788, von E. F. v. Homeyer, mit Zufäßen 15 Jahre ſpäter deutſch herausgegeben (Ornis 1886, ohne die Tafeln). Größe und Farbe der Augen aller europäiſchen Vögel. Halle, Schlüter 1886. Seine perſönliche Liebenswürdigkeit ſchilderte uns R. Blaſius in ſeinen: „Naturhiſtoriſchen Studien und Reiſeſkizzen aus Schweden und Norwegen“ (Mitth. ornith. Ver. Wien. „Schwalbe“. 1884, Nr. 7—10), welcher in ſeiner Begleitung intereſſante Excurſionen, z. B. zur Schwanenkolonie bei Stockholm unternahm. | Wenige Wochen nach dem Ableben ſeines Freundes Koller“) folgte ihm fein College Klaas Nannes Swierſtra im Alter von 50 Jahren am 18. April 1891. Er war lange Jahre hindurch als Conſervator am Zoologiſchen Garten „Natura Artis Magistra“ der Kögl. Zool. Geſellſchaft zu Amſterdam thätig. In der Feſtſchrift zum 50jährigen Beſtehen der letzteren (vom 1. Mai 1888) veröffentlichte er eine dankens⸗ werthe Liſte der im Zool. Garten gehaltenen Thiere (Systematische naamlijst van gewervelde dieren voor de diergaarde Natura Artis Magistra levend ingekomen van 1. Mai 1838 tot 30. April 1888, 104 Seiten Folio). Außerdem erfreute er die Leſer holländiſcher Zeitungen bisweilen durch gemüthvolle und kenntnißreiche Schilderungen aus dem Thierleben. (Lit Amsterdams Diergaarde. In: Nieuwe Amsterdamsche Courant. Allgemeen Handelsblad, 1885, Nr. 17454, vom 19. Juli; 1886, Nr. 17858, vom 29. Auguſt ꝛc.) S. war ein liebens würdiger, ſtiller, freundlicher Mann und ſehr guter Kenner und Pfleger der Thiere. Bald nachdem ich ihn in Amſterdam kennen gelernt hatte, planten wir eine ornith. Tour nach den holländiſchen Inſeln für ſpäter — und ahnten nicht, daß in ſo kurzer Zeit der Tod dem Zool. Garten ſeinen Director (Weſtermann) und ſeine beiden Conſervatoren entreißen würde. Leverkühn. ) Vgl. Ornithol. Monatsſchrift 1891, S. 152. Anzeigen. Verkäuflich: I. Eine ca. 12,000 Exemplare enthaltende, die größten Seltenheiten aufweiſende, abſolut tadellofe Schmetterlingsſammlung. („Schmetterl. der alten Welt.“) Geſchnitzter Eichenſchrank, 2,86 m hoch, 1,95 m breit. — Käſten, 73 Stck, hermetiſch ſchließend, Lindenholz; in beſter Berliner Werkſtatt angefertigt. II. Eine Holz: Sammlung. — Mehrere hundert Baumarten umfaſſend; jede Holzart im „Längsſchnitt“; — zugeſchnitten in „Buchform“ (7><10 em), mit „Bücherrücken“ verſehen und richtig (lateiniſch und deutſch) beſtimmt. — Originelle Seltenheit. — | III. Eine große Anzahl junger, von äußerſt ſcharfen Eltern ſtammende Teckel. Sophienhof b. Grupenhagen. Staats von Wacquant⸗Geozelles. (Kreis Hameln.) Hieſige Vögel, ausgeſtopft, in ſolider, naturgetreuer Ausführung, desgl. Vogel⸗ bälge als auch friſch erlegte Vögel in gutem Gefieder kaufen wir fortwährend und erbitten Angebot. Berlin, N.-W., Luiſenplatz 6. Linnaea. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. Eu, WW N 755, n 5 ä 0 Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen 8 Redigirt von o i br 2 R danten d. Ver. Meld ts⸗ Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, A PER KEN wmemweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitalt ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. nzeigen der Vereinsmitglie⸗ m b Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. Soweit der Raum eg geitaktek. XVI. Jahrgang. Auguſt 1891 (erſte Lieferung). Mr. II. Inhalt: Dr. Koepert: Der Staar in Elſaß⸗-Lothringen vogelfrei?! VIII. (Schluß.) A. von Homeyer: Auf dem Velenczer- und Platten-See. II. Staats von Wacquant⸗ Geozelles: Baden und Trinken. II. William Baer: Ueber das Brüten von Mergus Er anser Linn. bei Neuſalz in Schlefien. L. Buxbaum: Der Vogelzug im Frühjahr 1891. Kleinere Mittheilungen: Die Verbreitung des Zeimer in Deutſchland. Mergus merganser als Wintergaſt. Blaukehlchen in der Umgebung von Schlaupitz. Zutraulichkeit der Amſel. — Litterariſches. — Anzeigen. Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! Von Dr. Koepert. VIII. (Schluß.) Dem Flußgebiet des mittleren Elblaufes gehört das mitteldeutſche Oſtthüringen“) 0) Unter Oſtthüringen verſteht man den Theil von Thüringen, welcher ungefähr durch den Längengrad von Weimar abgeſchnitten wird und nördlich bis Weimar, Naumburg, Zeitz, Borna, und öſtlich etwa bis Frohburg, Crimmitſchau und Plauen reicht. 21 298 Dr. Koepert, an, welches in ſeiner Totalität das Beobachtungsgebiet unſeres verehrten Vorſitzenden Herrn Hofrath Liebe iſt, während ich mich der Beobachtung der Vogelwelt im nordöſtlichen Theile Oſtthüringens d. h. der nördlichen Hälfte des Oſtkreiſes des Herzogthums Sachſen-Altenburg ſeit etwa 10 Jahren unterzogen habe. Herr Hof⸗ rath Liebe ſchreibt in ſeiner Abhandlung „Die Brutvögel Oſtthüringens und ihr Beſtand“ (J. f. O. 1878) Folgendes über den Staar: „Die Staare haben ſich während des letzten halben Jahrhunderts ebenfalls außerordentlich vermehrt. Ihre Zahl hat ſich im Gebiet während dieſer Zeit mindeſtens vervierfacht, obgleich hier ſchon zu Anfang dieſes Jahrhunderts faſt allenthalben Brutkäſten für ſie aufgerichtet wurden. Feindſelig treten ihnen gegenüber nur die Segler auf, welche öfter aus Wohnungsmangel ihre erſte Brut vernichten, ſodann Raubvögel und endlich der Menſch. Alte Sperber und Habichte nehmen nur bei ſtarkem Hunger Staare an „ Die Urſache haben wir weniger in der Klugheit und Gewandtheit der Staare zu ſuchen, ſondern vielmehr darin, daß den feinſchmeckenden Habichten und Sperbern das Wildpret der Staare wenig behagt. Verſuche mit gefangenen Thieren ſprechen für dieſe Anſicht; auch ſoll das Fleiſch der Staare weichlich ſchmecken und einen nicht angenehmen Beigeſchmack haben. — Was aber auch die Raubvögel bei uns wegnehmen — es iſt eine verſchwindend kleine Zahl; die ſtärkſte Decimirung erfahren die Staare auf der Wanderſchaft, und vorzüglich mit durch den Menſchen, der ihnen in den Weingärten mit dem Gewehr und in den Schilfwieſen am mittleren Rhein und an den ſüdeuropäiſchen Flüſſen mit Nachtnetzen nachſtellt. Dieſer Maſſen⸗ fang für die Küche und die Nachſtellungen durch das Raubzeug während der winterlichen Abweſenheit ſtellen das Gleichgewicht einigermaßen wieder her; ſonſt würde die Vermehrung eine ſo ſtarke ſein, daß es den Thieren an Nahrung fehlen müßte und daß ſie andere Vögel in ihrer Exiſtenz beeinträchtigen würden, denn kein Vogel erfreut ſich der Volksgunſt ſo ſehr wie der Staar, und keiner wird ſo gehegt und gepflegt wie er, den der Oſtthüringer an einen Baum vor dem Fenſter zu feſſeln ſtrebt, und der jetzt faſt allenthalben eine ganze Anzahl Brutſtätten zur. Auswahl hat.“ Mein engeres Beobachtungsgebiet, die nördliche Hälfte des Herzogthums S. Altenburg, iſt ein Stück Land von hoher Fruchtbarkeit, gut bewäſſert und von vorzüglicher Bodenbeſchaffenheit, von ſanften Hügelwellen durchzogen. Die Haupt- beſchäftigung der Bewohner bildet der Ackerbau. Der Viehſtand iſt ebenfalls be— deutend. Wieſen ziehen ſich an den Ufern der von Süden nach Norden das Gebiet durchfließenden Pleiße und einiger ihr zuſtrebender kleiner Bäche hin; ihr Areal iſt im Vergleich zu dem der Felder gering. Von Norden nach Oſten hin dehnen ſich einige durch Lichtungen von einander getrennte Forſten aus, die an der Grenze nach Sachſen liegen: der Luckaer Forſt, der Kammerforſt, die Pahna und die Leina. Unſere Forſt⸗ 5 user } 1 Der Staar in Elſaß⸗-Lothringen vogelfrei?! VIII. 299 verwaltung iſt beſtrebt, den Beſtand an für den Wald nützlichen Vögeln zu erhalten und zu vermehren. Es bleiben infolgedeſſen hie und da alte Eichen, Espen, Erlen unter jungen Beſtänden ſtehen als Niſtbäume für Höhlenbrüter. So kommt es, daß in dieſen Forſten, z. B. im Kammerforſt, ein reiches Vogelleben herrſcht. Es iſt aber auch bei dem jetzt hier herrſchenden intenſiven Feldwirthſchaftsbetrieb, der womöglich jedes Feldhölzchen, jede Rainhecke zu beſeitigen ſtrebt, im Intereſſe der Erhaltung der Vogelwelt ein ſolches Verfahren der Forſtbehörde dankbarſt zu begrüßen. Früher fanden ſich an den Ufern der Bäche kleine ſchattige Haine, ſowie Erlenbäume, beides zweckmäßige Zufluchts⸗ und Niſtſtätten für Vögel, — doppelt erwünſcht, da Waſſer dabei. Jetzt ſind dieſe Bachwäldchen ſowie Erlen größtentheils verſchwunden, da die Landwirthe glauben, daß dieſe die angrenzenden Wieſen und Felder ſchädigen. Auch einige ornithologiſch intereſſante Teiche befinden ſich im Gebiet: ſo im Norden bei Haſelbach und im Oſten bei Wilchwitz. In dem Schilfrohr dieſer Teiche nächtigen im Herbſt Tauſende von Staaren. Auch unſer Staar macht ſich dieſe obenerwähnten Niſtbäume der Forſten zu Nutze; er niſtet in großer Anzahl in den hohlen Eichen und Erlen und benutzt mit Vorliebe Spechtlöcher. Auch ſonſt iſt durch Brutkäſten, die man in den Gärten und an Hausgiebeln der Stadt und der Dörfer faſt überall angebracht findet, hinreichend für Niſtgelegenheit geſorgt. Nach Beobachtung Liebe's, dem ich mich anſchließe, brütet der Staar in Oſtthüringen und auch ſpeziell in meinem Gebiet zweimal. Standvogel iſt er bis jetzt hier nicht geworden. Es ſind zwar hie und da einige bis zum Dezember hier geblieben und dann eingegangen oder doch noch fortgezogen, andere wieder ſind ſchon zeitig im Januar wiederge— kommen und haben ſich mit Hilfe der Futterplätze durchgeholfen, aber eine wirkliche Ueberwinterung hat nicht ſtattgefunden. Der Staar iſt bei nns in Wieſe und Feld, ſowie im Wald durchaus nützlich. Eine Schädigung des Getreides iſt hier nie be— obachtet worden. Wie in III ſchon bemerkt, hatte zwar ein von mir im März d. J. erlegter Staar neben Larven von Phrygaena 1 Weizenkorn im Magen; dies wird er aber nur durch Nahrungsmangel getrieben aufgenommen haben, da zu dieſer Zeit Feld und Wieſe ſehr wenig Nahrung bot und höchſtens die im Waſſer lebenden Inſektenlarven in Betracht kamen. Die Staare trieben ſich in dieſer Zeit in Ge— ſellſchaft von Nebel- und Saatkrähen auf den Feldern herum, um ſich im ausge— breiteten Dünger Nahrung zu ſuchen. Daher mögen auch ev. Getreidekörner ſtammen. Im Mai d. J. konnte man ſich aber hier ſo recht von der Nützlichkeit des Staares überzeugen, da neben dem ſonſt ſo verachteten Sperling ſich vorwiegend der Staar an der Vertilgung der dieſes Jahr ſo häufigen Maikäfer betheiligte. Zwei von mir im Walde Mitte Mai erlegte Staare hatten in ihrem Magen eine große Menge Mai— käferreſte, ferner Rüſſelkäfer (Hypera punctata) ſowie Larven derſelben und Cistela varia. In ihrer Thätigkeit als Maikäfervertilger konnte man die | 21* EAN “ 300 Dr. Koepert, Staare auch in den Anlagen der Stadt Altenburg häufig beobachten; in allen Stadtgärten lagen fie dem Vernichtungswerk mit Eifer ob. Wie ich bemerkt habe, verzehren ſie meiſt nur den ſaftigen Hinterleib des Maikäfers. Daß ſie auch ſonſt Feld, Wieſe und Wald von ſchädlichen Käfern und Schnecken frei⸗ halten, iſt an anderer Stelle wiederholt ſchon betont worden.“) Leider kann ich aber auch einige Untugenden unſeres Staares nicht verſchweigen. In den Gärtnereien, deren Altenburg ſehr zahlreiche und ſehr leiſtungsfähige beſitzt, macht er ſich hie und da unnütz durch Herauszupfen von Blüthen, und auf den Kirſchbäumen, die bei uns an faſt allen Chauſſeen angepflanzt ſind, ſich auch in den Obſtgärten häufig finden, richtet er neben Sperling und Pirol erheblichen Schaden an, der ihm indeſſen von unſerer wohlhabenden Landbevölkerung nicht weiter angerechnet wird, wenn auch die Kirſchpächter unter den maſſenhaft einfallenden Staaren ſehr zu leiden haben. Im Allgemeinen werden ihm dieſe kleinen Ungezogenheiten verziehen, da er ja dem Ackerbau, der Hauptquelle des Wohlſtandes unſerer Bevölkerung, günſtig iſt. Auf einen Umſtand möchte ich hier noch aufmerkſam machen. Altenburg und Umgegend hat ſchon feit langen Jahren keine Nachtigallen beherbergt“), wohl aber ſind in den Gärten und Anlagen eine Unmenge von Amſeln und Staaren vorhan⸗ den. Es wäre immerhin möglich, daß die Abweſenheit der Nachtigall auch mit durch die Anweſenheit der genannten Vögel verurſacht iſt, da dieſe mit der Nachti⸗ gall das Weidegebiet und das Futter gemein haben. Eine ähnliche Erſcheinung theilt in der ornithologiſchen Monatsſchrift von 1882 Herr v. Borries mit, die man in Weißenfels gemacht hat. Dort ſind aus einem kleinen Hölzchen die Nachtigallen durch die in den angebrachten Käſten zahlreich niſtenden Staare verdrängt worden und haben ſich nach Entfernung der letzteren wieder eingeſtellt. — Da bei uns Weinbau von Belang nicht getrieben wird, richtet der Staar in dieſer Beziehung keinen Schaden an. Die wenigen Weinſpaliere ſind meiſt durch Netze ꝛc. vor Schäd⸗ * Hiefige Forſtbeamte beſtätigten den Nutzen des Staares im Walde auf Grund langjähriger Beobachtungen. Die herzogliche Forſtbehörde beabſichtigt infolge deſſen in einigen Forſten z. B. im Kammerforſt, die Niſtgelegenheit durch Anbringen von Niſtkäſten künftig noch zu vermehren, insbeſondere, da die Staare ſich an anderen Orten als werthvolle Bundesgenoſſen gegen die Nonne erwieſen haben, wie aus folgender, den „ſüddeutſchen Blättern für Geflügelzucht“ (1891 Nr. 6. S. 48) entnommenen Notiz hervorgeht: „In Niederbayern wurde von Herrn Oberforſtrath Huber be— obachtet, daß Tauſende von Staaren einen lichten Mittelwald beſetzten und in demſelben wochenlang mit einem Fleiße der Vertilgung der Nonne oblagen, der mehr half, als alle menſchlichen Eingriffe bezweckten. Auf Stunden weit war auf dem Felde kein Staar mehr zu ſehen, alle hatten ſich hier zuſammengefunden . . .. Wären die Staare dazu zu bewegen, den Vernichtungskrieg auch in den geſchloſſenen Hochwäldern zu führen, dann würde die Nonnengefahr durch dieſe Vögel allein weſentlich gemindert werden .. ..“ *) Soeben, d. h. Anfang Juni, erfahre ich, daß ſich ſeit dieſem Jahre eine Nachtigall am Kammerforſt bei Haſelbach hören läßt; ob ein Brutpaar vorhanden, oder nur eine durch Zufall hierher verſchlagene, kann ich nicht feſtſtellen. Der Staar in Elfaß- Lothringen vogelfrei?! VIII. 301 lingen geſichert; auch treiben ſich die Staare zur Zeit der Traubenreife auf den Wieſen herum und nächtigen im Schilf. Aus dem Südoſten Deutſchlands, aus Schleſien, ſandte mir Herr Knauthe ſeine Beobachtungen und Erfahrungen über das Verhalten des Staares in ſeinem Beobachtungsgebiete, welches in erſter Linie den Gau ſeiner Heimath, alſo das Land zwiſchen dem Zobten“) und der Eule, ſodann aber auch die ſchleſiſche Ebene, ſoweit man ſie von der alten Aſenburg aus überblicken kann, d. h. im N. bis Breslau, im O. bis Brieg und im W. bis Striegau oder Jauer — umfaßt. In der Nähe von Schlaupitz giebt es noch recht viele Gehölze, vorherrſchend Nadelwald, mit kernfaulen alten Bäumen, auch in der eben erwähnten Ebene ſind noch genug „Büſche“, alte Weiden, ſowie in den Gärten der Bauern viele hohle Obſtbäume vorhanden, vor- zügliche Niſtplätze für unſere gefiederten Freunde. „Faſt überall,“ ſo fährt unſer gen. Beobachter fort, „ſah ich ſowohl in den ſtädtiſchen Anlagen von Reichenbach, Schweidnitz, Zobten, Strehlen u. ſ. w., als auch in herrſchaftlichen Parkanlagen z. B. in Költſchen, Creiſau, ſowie auch in den Bauerngärten Staarkäſten richtig aufge- hängt und frequentirt. Weinbau wird hier gar nicht getrieben, dagegen iſt Kern— obſt, vorzüglich an den Landſtraßen, maſſenhaft angepflanzt, in Költſchen am Berge ſogar, auf einer großen Bergkuppe von ca. 60 Morgen Fläche. Der Getreidebau ſteht, vornehmlich im Flachlande, in hoher Blüthe und nimmt alles Terrain ein. Bloß an den Ufern der Neben- ſowie Zuflüſſe der Oder ſind kleine Wieſen vor— handen, dagegen wechſelt im Hochlande, alſo zwiſchen Eule und Zobten, Ackerland gar oft mit Wieſen ab und dieſe letzteren ſind mit Buſchwerk überſäet. Schaden ſtiften die Staare nach meinen Wahrnehmungen bloß in den Kirſchalleen; hier werden ſie mitunter zur Plage für die armen Obſtpächter, denen die Großgrund— beſitzer gar nicht einmal das Abfeuern von Schreckſchüſſen geſtatten. Als praktiſch haben ſich in Obſt⸗, Luzerne- oder Kleegärten oder auf Wieſen verpflanzte Vogel— kirſchbäume bewährt, nach welchen ſich die aus den Obſtplantagen oft verjagten Staare hinziehen. — Von einer Schädlichkeit des Staares auf Getreidefeldern weiß hier, in Mittelſchleſien, Niemand etwas. Gar mancher alte, wohlerfahrene Inſpektor lachte mir, als ich eine diesbezügliche Frage ſtellte, ins Geſicht. Ich ſelbſt habe wohl ab und zu einmal Staare auf friſch gemähtem Weizen und anderem Getreide in Ge— ſellſchaft von Saatkrähen ſitzen ſehen, ſchlage aber ſeine Schädlichkeit gleich null an. Der Staar iſt nach meinen Erfahrungen ein durchaus nützlicher Vogel und verdient geſchont zu werden; jo wie ich denkt ſicher jeder ſchleſiſche Landwirth.“ ) Vgl. Knauthe, Vögel des Zobten. J. f. O. 1888. 302 Dr. Koepert, Aus allen dieſen vorſtehenden Berichten ergiebt ſich nun kurz Folgendes: | Der Staar iſt in Deutſchland ein allgemein häufiger Brutvogel, der ſich jo- wohl in der Ebene, als auch im Gebirge findet; in letzterem geht er jedoch nicht höher, als der Menſch mit ſeinen Wohnhäuſern, wie Hellerer in München beob⸗ achtet hat.!) Je günſtiger für ihn die Lebensbedingungen, deſto häufiger kommt er vor. Ueberall wo er ſein Auskommen und Niſtgelegenheit findet, ſiedelt er ſich an. Er legt ſein Neſt in hohlen Bäumen an; er benutzt Spechthöhlen, deren Ein⸗ gang er ſich nach Bedarf zurichtet; beſonders bevorzugt er Eichen. Künſtliche Niſt⸗ käſten ſind ihm, wenn richtig angefertigt und aufgehängt, ebenfalls willkommen. In Luckenwalde hat er, wie Stoeckenius?) berichtet, die Brutkäſten jedoch nicht ange⸗ nommen, ſondern die alten Eichen der umgebenden Wälder als Brutſtellen benutzt. Daß die Niſtkäſten eine Vermehrung im Gefolge gehabt haben, beſtätigen alle Be⸗ obachter; es iſt ſelten, daß dieſelben konſequent verſchmäht werden. Dies tritt höchſtens dann ein, wenn die Staare hinreichend natürliche Niſtſtätten finden, was bei dem modernen Forſtbetrieb wohl nicht überall der Fall iſt. So ſchreibt Hermann Schalow zur Ornis der Provinz Brandenburgs): „Der Staar iſt im ganzen Gebiet ſehr ge— mein und wird durch Anbringen von Niſtkäſten von Jahr zu Jahr häufiger.“ — Deubler in Aſchaffenburg ſchreibt!): „Ueber Gebühr durch Niſtkäſten gehegt, ver⸗ mehrt er ſich fo ſtark, daß er vielen Schaden anrichtet ...“ — Ebenſo berichtet Oberneder in Kehlheim?) von einer infolge Anbringens von Niſtkäſten erfolgten Vermehrung der Staare. Endlich äußert ſich ähnlich Rohweder in Huſum s): „Was Schutz und Hegung vermögen, zeigt in eklatanteſter Weiſe der Staar, der 3. B. vor fünf Jahren in Huſum und Umgegend keineswegs häufig war, jetzt aber ſeit dem Aushängen zahlreicher Brutkäſten zu einer enormen Häufigkeit gelangt iſt.“ Daß ſich der Staar beim Niſten den ſchwierigſten Verhältniſſen anzupaſſen verſteht, hat der obengenannte Berichterſtatter in ſeiner Arbeit: „Zur Fortpflanzungsgeſchichte des Staares“ genügend gezeigt.7)) So niſtete ein Paar 60 m hoch in den Ventil⸗ löchern der Gallerien des Leuchtthurmes der Nordſeeinſel Amrum; auf einem Hof zu Tönning ſogar zu ebener Erde. Auf den Marſchhöfen bewohnt der Staar die Korn- und Strohhaufen. Sogar im Ventilationsrohr eines Abtritts, ſowie in einem Pumpenrohr verſuchte er fein Neſt anzulegen. — In dem von Lütken herausge⸗ gebenen Jahresbericht über die ornithol. Beobachtungsſtation in Dänemark iſt eine Beobachtung enthaltens), nach welcher in Herſchendsgavn ein Staarneſt in der Höhe von 10 Fuß über der Erde, aus Kartoffelranken, Graswurzeln, Tang und Federn Bd. 34. 1886. S. 207. ) J. f. O. Bd. 34. 1886. I) 3) J. f. O. Bd. 24. 1876. S. 121. 5) J. f. O. Bd. 34. 1886. S. 207. 5) J. f. O. Bd. 34. 1886. S. 207. 6) Orn. Mon. 1876. S. 69. 2) J. f. O. Bd. 24. 1876. S. 375 ff. 8) Ornis, Bd. 1. 1885. 1. Heft. Der Staar in Elfaß Lothringen vogelfrei?! VIII. 303 verfertigt, im Gezweig gefunden wurde; jedenfalls war Mangel an Niſtgelegenheit die Urſache der Abweichung von der ſonſtigen Niſtweiſe. Einer Eigenthümlichkeit beim Neſtbau, durch welche er den Gärtnern zuweilen recht unangenehm wird, möchte ich hier nochmals gedenken. Dieſe beſteht darin, daß er es liebt, ſein Neſt mit auf— fallend gefärbten Blüthen auszuſchmücken; beſonders bevorzugt er Primeln, Schnee— glöckchen, Krokus, ebenſo verwendet er zu gleichem Zweck auch grüne Blätter. Hier- über berichtet H. Schacht (Unſere Spötter V, Orn. Mon. 1883) Folgendes: „Nun geht es bald an die Fertigſtellung des Neſtes. Strohhalme, Graswurzeln, trockene Gräſer werden als Unterlage benutzt, nebenbei wird das Innere mit blühen— den Schlüſſelblumen, Schneeglöckchen, Krokus und allerlei Grünzeug ausgeſchmückt. Auf den Blumenbeeten, die um dieſe Zeit mit Floras erſten Frühlingskindern prangen, richtet der Staar oft arge Verwüſtungen an, zum großen Verdruß der blumen— liebenden Hausfrau und er läßt ſich nur dadurch von dieſer Unart abbringen, daß man ihm die verſchiedenſten Baumaterialien zur gefälligen Verwendung ausſtreut.“ Dem 3. Jahresbericht der ornithologiſchen Beobachtungsſtationen des Kgr. Sachſen (1887, bearb. v. Dr. A. B. Meyer und Dr. F. Helm) entnehme ich mehrere diesbe— zügliche Beobachtungen: Böhme in Markersdorf fand ein Neſt gebaut aus grünen Grashalmen, Primeln ꝛc, ferner Linz in Pöhla beobachtete, daß einzelne Staare zum Neſtbau Blätter von Obſtbäumen und Lärchennadeln verwendeten; ein Weibchen wurde dadurch ſchädlich, daß es eine große Zahl eben aufgegangener Bohnenpflanzen abbiß, einen kleinen Theil davon in den Kaſten trug, den großen jedoch liegen ließ. Schuſter in Klix mußte die Erfahrung machen!), daß die Staare im Frühjahr die Blüthenknoſpen der Zwergobſtbäume und die Herzblätter der jungen Gurkenpflanzen zerſtörten, während Israel in Burkersdorf beobachtete ?), daß unbeweibte Männchen von ſchadhaften Staarkäſten Beſitz nahmen, grüne Blätter, Blüthenknoſpen, keimende Gurkenkerne, die ſie aus Gartenbeeten ausbohrten, ſowie Eichelbecher zu Neſte trugen und die Käſten damit oft bis oben anfüllten. Die Reihe ähnlicher Beobachtungen ließe ſich noch vermehren, doch mögen die angeführten genügen. Um einem Schaden der Staare in dieſer Hinſicht zu ſteuern, mag man ihnen genügendes Niſtmaterial bieten; ſie werden dann von demſelben Gebrauch machen und die Blüthen und Blätter nicht benöthigen. — Ueber die Frage, ob der Staar jährlich ein- oder zwei— mal brütet, ſind die Meinungen getheilt; auch in dieſer Beziehung ſcheint ſich der Staar den Verhältniſſen anzupaſſen: bei günſtigen Lebensbedingungen, d. h. bei reichlicher Nahrung und Niſtgelegenheit brütet er zweimal, in ungünſtigen Jahren und weniger reichlicher Nahrung, ſowie bei mangelnder Niſtgelegenheit oder bei Störungen wird er nur eine Brut machens). Knauer hat an oben angeführter 1) IV. Jahresbericht (1888) der ornith. Beobachtungsſtationen im Kgr. Sachſen. 2) Ebenda 3) ef. Die „Schwalbe“ (red. v. Knauer) XIII. Jahrg. Nr. 11. 304 Dr. Koepert, Stelle eine Ueberſicht der in dieſer Hinſicht herrſchenden Meinungen gegeben, der wir nun noch die Anſicht Rohweder's anfügen wollen, der in Schleswig-Holſtein ein einmaliges Brüten konſtatirt hat, ſowie eine Beobachtung von Nernſt!), nach welcher in der Umgebung von Weſel am Niederrhein im Jahre 1886 die Staare nur eine Brut machten, im Jahre 1887 aber, einem ſtarken Maikäferjahre, mit langer Flugzeit der Maikäfer beobachtete Nernſt zwei Bruten. Nach J. Stengel (Be- merkungen über die in der Umgebung v. Zehrendorf bei Zoſſen beobachteten Vogel⸗ arten, Orn. Mon. 1878) niſtet der Staar in dortiger Gegend nur einmal und führt ſeine Jungen jo lange herum, bis fie ſelbſtändig werden. Der Staar iſt im Allge- meinen ein Zugvogel, in manchen Gegenden iſt er Strichvogel, inſofern er nur bei ſehr großer Kälte abzieht, um bei den nächſten wärmeren Tagen wieder einzutreffen; an manchen Orten iſt er ſogar Standvogel geworden und überwintert, an einigen Orten allerdings nur in milden Wintern. So ſchreibt H. Schacht?): „Seit einer Reihe von Jahren hat ſich die Zahl unſerer winterlichen Standvögel um ein Mit⸗ glied vermehrt . . . Die bei uns hibernirenden Staare find keine Kinder des Nordens. Hier (d. h. im Lippe'ſchen) iſt ihre Heimath .. . Sie kennen jeden Waſſertümpel, jeden Graben, jede moorige Wieſe, jeden Sumpf im meilenweiten Umkreiſe, wo ſie auch fortwährend ihr Futter finden.“ An der See, wo ja die Winter immerhin milder ſind als mehr landeinwärts, überwintern, wie die diesbezüglichen Berichte (ſ. Stück III und IV) zeigen, die Staare ebenfalls. Grunacks) hat ſogar den Staar auf den Farör als Standvogel konſtatirt. Auch an Orten, wo ſie ſonſt nie regelmäßig überwintern, kommt es vor, daß einzelne oder kleinere Flüge ſich mitten im Winter einstellen. J. Deeg in Regnitz-Loſau“) beobachtete Weihnachten 1886 dort⸗ ſelbſt in der Nähe eines Dorfes einen Schwarm Staare von ungefähr 30 Stück, die ſich an Vogelbeeren ſatt fraßen; früher waren dort keine Staare im Winter be- obachtet worden. Lebings) in Sangerhauſen beobachtete in der kälteſten Januarwoche (1887) mehrere Tage lang einen Schwarm Staare. In einem Nachbarorte hatte ſogar gegen alle Gewohnheit ein Pärchen überwintert. In Rodewiſché) wurden Weihnacht 1887 acht Stück beobachtet, die im Januar und Februar trotz 160 Kälte nicht fort⸗ gingen; ebenſo nahm Bachmann in Plauen?) etwa am 12. December 1885 ſieben 1) J. f. O. Bd. 35. 1887. Ernſt Hartert, Ueber die Vögel der Gegend von Weſel am Niederrhein. 2) Orn. Mon. 1888. S. 398. Vogelleben im Winter. 3) Ornis, V. Jahrg. 1889. S. 216. 4) Orn. Mon. 1887. S. 88. 5) Orn. Mon. 1887. S. 176. 6 IV. Jahresbericht der orn. Beob.-Stat. im Kgr. Sachſen. 1888. 7) II. Jahresbericht der orn. Beob.-Stat. im Kgr. Sachſen. 1886. Der Staar in Elſaß-Lothringen vogelfrei?! VIII. 305 bis 8 Stück wahr, die aber nach mehreren Tagen wieder verſchwanden. In Saar- brücken blieben 1876 einige Flüge den ganzen Winter hindurch !). Nach Schneider (Vögel des Oberelſaß, Ornis, III. Jahrg. 1887) bleiben in milden Wintern einzelne im Oberelſaß. Förſter in Mannheim?) hat im Röhricht des Altneckars im De— cember 1883 etwa 100 Stück, in kleineren Schaaren zu 10—20 Stück, übernachtend angetroffen. Es wäre intereſſant, dieſer Frage der Ueberwinterung des Staares fürder Aufmerkſamkeit zu ſchenken; vielleicht haben wir hier den Fall vor uns, daß der Staar allmälig aus einem regulären Zugvogel zum Strichvogel oder gar zum Standvogel wird. Wenn nun auch der Staar in den meiſten Weh ae Berichten — etwa mit Ausnahme der Berichte von Wieſe und Pfannenſchmidt — für Feld, Wieſe und Wald als vorwiegend nützlich geprieſen wird, weil er als ſtarker Freſſer ſehr viele Schnecken, ſchädliche Inſeken und deren Larven, ſowie Würmer verzehrt, ſo fehlt es doch nicht an Stimmen, die der ſtets zunehmenden Vermehrung des Staares Einhalt gethan wiſſen möchten, theils weil er in den Weinbergen und Obſtplantagen, an Beeren und im Schilfrohr nicht hinwegzuleugnenden Schaden anrichtet, theils weil er andere nützliche Höhlenbrüter durch Entziehung der Nahrung und Niſt— gelegenheit vertreibt, ja ihm auch von verſchiedenen Seiten der Vorwurf des Jungenraubes gemacht wird. Hören wir einige der anklagenden Stimmen. So ſchreibt Baurath Pietſchs) in „Beobachtungen über den Frühjahrszug der Vögel in der Umgegend von Torgau für das Jahr 1885“: „Seine Vermehrung iſt ſo ſtark, daß ſie anfängt bedenklich zu werden, denn das Rohr im „großen Teich“ und die Kirſchen haben viel von ihm zu leiden.“ Amtmann Nehrkorn (Riddagshauſen) beziffert den Schaden, den die Staare bei ihrem Nächtigen im Rohr durch Nieder— brechen deſſelben angerichtet haben, auf 600 Mark (J. f. O. Bd. 26. 1878). Aehnlich äußert ſich Pfannenſchmidt-Emden⸗) in „Ornithol. Mittheil. aus Oſtfriesland“, auf deſſen Bericht in Stück IV. wir verweiſen. In einer Plauderei über den Staar ſagt A. v. Homeyer: „. . . aus dem Garten hat mein Bruder die Niſtkäſten übrigens entfernen laſſen, da die Staare ihm zu ſehr die ſüßen Kirſchen plünderten. Dies iſt eine Untugend, die die Staare nicht überall haben.“ Deubler in Aſchaffen— burg s) beklagt ebenfalls, daß der Staar vielen Schaden an Früchten und Trauben anrichte. Jäckel in Windsheim (Bayern)) berichtet: „Im heurigen guten Weinjahr thaten die Staare in den Weinbergen Windheims großen Schaden, ſodaß noch be— — D Bd 20 1878. S. 400. .O. Bd. 34. 1886. S. 206. . Mon. 1882. S. 210. . Mon. 1883. S. 125. D. Bd. 34.1886. S. 207. . O. Bd. 34. 1886. S. 208. do * SS NE 2 &2 O DER CR r a = Un m I 1 * SM u * * 306 Dr. Koepert, ſondere Schutzleute aufgeboten werden mußten. Dieſelben Klagen in Unterfranken, wo die Staare nicht Staarkaſten bekommen, ſondern als gefährliche Traubendiebe ferngehalten werden. Kieffer in Bitſch macht Mittheilung, daß um Bolchen (Elſaß⸗ Lothringen) der Staar als ſchädlicher Vogel wegen ſeiner Kirſchvertilgung gilt. W. Müller ſchreibt in feiner „Vogelfauna des Großherzogthums Heſſen“ !): „So be— liebt der Staar in Oberheſſen, ſo verhaßt iſt er in Rheinheſſen. Es iſt auch nicht zu verwundern, denn die Schwärme von Tauſenden thun in den Weinbergen großen Schaden.“ Schwab in Radolfzell am Bodenſee?) iſt ebenfalls von der Wirkſamkeit der Staare in den Rebbergen wenig erbaut. Wilhelm v. Reichenau äußert ſich in ſeinen „Bemerkungen über das Vorkommen der Vögel von Mainz und Umgegend“) folgendermaßen: „Im Herbſte in Flügen von mehreren Hunderten bis Tauſenden die Weinberge brandſchatzend.“ Schulze in Meusdorf in Sachſen!) bezeichnet den Staar als „argen Kirſchen- und Pflaumendieb“. Im Herbſt nährt ſich der Staar auch von den Beeren der Ebereſche (Sorbus aucuparia) und des Flieders (Sambueus nigra). Hierdurch ſchädigt er allerdings die Intereſſen ärmerer Leute, die die Beeren des letzteren zum Verkaufe ſammeln, da ſie in der Färberei und zur Bereitung des Fliedermus und der Fruchtſuppen gebraucht werden, während die Beeren beider gen. Sträucher auch als Nahrung für Droſſeln ſowie andere nützliche Vögel von Wich⸗ tigkeit ſind, welche ſomit durch den Staar ihrer Herbſt- und Winternahrung beraubt werden. Aus Sachſen liegen eine ganze Reihe diesbezüglicher Beobachtungen?) vor; ſo von Englert in Unterſachſenberg, Friedrich in Breitenbrunn, Lohſe in Leipzig, Seyfert in Wildeck, Wolf in Pirna u. A. Auch Rohweder in Huſum, Wieſe in Schönkirchen bei Kiel und Pfannenſchmidt in Emden haben auf dieſe Ange- legenheit in ihren Berichten hingewieſen. Auch im außerdeutſchen Mitteleuropa wiederholen ſich die erwähnten Klagen. E. A. Göldi berichtet in ſeinem „Verzeich⸗ niß der im Kanton Schaffhauſen vorkommenden Vögel“: „ . .. Im Herbſt aber führt der Staar ein Schlaraffenleben, fällt ſchaarenweiſe in Obſtgärten und Reb⸗ berge ein und macht den Nutzen zunichte, den er den Sommer über durch Inſekten⸗ vertilgung geleiſtet hat.“ Schiavuzzi in Monfalcone (Litorale) !) äußert ſich folgen⸗ dermaßen: „Lebt hier in großen Maſſen während des ganzen Jahres und verurſacht ſehr bedeutenden Schaden zur Herbſtzeit an den Trauben.“ Aehnlich Gauners- dorfer in Mödling (Niederöſterreich) a. a. O.: bis in den Oktober hinein e er in 1 Schaaren in den Weingärten.“ & 8. 5 0 „Bd. 35. 1887. J. f D. 30.34: 1886. S. 20% 3) Ornis, IV. Jahrg. 1888. ) IV. Jahresbericht der orn. Beob.-Station im Kgr. Sachſen, 1888. 5) III. und IV. Jahresbericht der orn. Beob.⸗Station im Kgr. Sachſen, 1887, 1888. 6) Ornis, Bd. I. 1885, II. Jahresbericht aus Oeſterreich-Ungarn (1883). 0 ) 2 Der Staar in Elſaß⸗Lothringen vogelfrei?! VIII 307 Die Frage, ob der Staar in Folge ſeiner ſtarken Vermehrung andere Höhlenbrüter durch Entziehung der Niſtgelegenheit ſchädigt, hat C. Wüſtnei in Nr. 5 des Ornithologiſchen Centralblattes (1876) aufgeworfen und die Be— fürchtung ausgeſprochen, daß namentlich Vögel mittlerer Größe, wie Spechte, Wiedehopfe, kleine Eulen u. ſ. w., welche der Forſtwirthſchaft und in anderer Weiſe auch der Landwirthſchaft von großem Nutzen ſind, unter der Maſſenvermehrung der Staare zu leiden haben. Gleichzeitig weiſt er darauf hin, daß die Thätigkeit der Staare hauptſächlich den Feldern und Wieſen zu Gute kommt, dem Wald alſo die nutzbringende Thätigkeit der anderen Höhlenbrüter durch die Vermehrung der Staare mehr und mehr entzogen wird. Er macht daher den Vorſchlag, um die anderen Höhlenbewohner in ihrem Recht zu ſchützen, entweder eine größere Anzahl alter Bäume im Walde zu belaſſen, oder der unbeſchränkten Vermehrung der Staare einigen Einhalt zu thun. Eine diesbezügliche Wahrnehmung machte Ochs in Wehl— heiden (Heſſen⸗Naſſau) !), der vom Staar ſagt, daß er durch ſeine Zudringlichkeit manche nützliche Vögel z. B. den Buntſpecht, Kleiber vertreibt, denen er das Neſt wegnimmt. Ueber die Vertreibung der Nachtigallen durch Staare habe ich oben ſchon geſprochen. Der ſchlimmſte Vorwurf, der dem Staar gemacht wird, iſt der des Jungenraubes. Wenn wir es hier auch nicht mit einer angeerbten Gewohnheit und charakteriſirenden Eigenthümlichkeit, ſondern mit Ausnahmefällen zu thun haben, die ſich durch die in der höheren Blutwärme und in dem raſcheren Stoffwechſel be— gründete geſteigerte Erregbarkeit der Vögel ?), ſowie durch einen momentanen Nahrungsmangel erklären laſſen, ſo ſind doch dieſe Ausnahmefälle in ziemlicher An— zahl conſtatirt, ſo daß ſie wohl geeignet ſind, unſern Freund Staar an manchen Orten um ſeinen guten Ruf zu bringen. So ſchreibt K. Freſenius in ſeinen „Ornithol. Miscellen“ 3): „Der ſeit ca. 20 Jahren eingeführte Staar findet wohl auf der Hochebene im Harz nicht genug Nahrung, um ſeine Jungen groß zu füttern, denn ich habe mehrere Male beobachtet, wie er nackte junge Lerchen aus den Neſtern holte und zu ſeinem Niſtkaſten brachte.“ Noack in Löbau!) (Sachſen) beobachtete, wie ein Staarenpaar junge, wenige Tage alte Grasmücken aus dem Neſte holte und ſie ſeinen Jungen zutrug. Deubler in Aſchaffenburg') klagt ebenfalls, daß durch ihn die Neſter der Erd- und Buſchniſter leiden und daß 1884 drei Beweiſe des Jungen⸗ raubes gegen ihn erbracht worden ſeien. Jonas in Römerſtadt (Mähren) be— handelt dieſen Punkt ausführlicher. Er führt Folgendes aus): „ . .. Bis zum f. D. Bd. 34. 1886 S. 212. 2) S. Liebe, Die Uebelthäter in der Vogelwelt. Orn. Mon. 1885. S. 12 fl. 3) Orn. Mon. 1886. S. 90. ) IV. Jahresbericht der orn. Beob.-Station im Kgr. Sachſen 1888. 5) J. f. O. Bd. 34 1886. S. 207. 6) Ornis, III. Jahrg. 1887. 3. orn. Jahresbericht aus Oeſterreich-Ungarn. 225 308 Dr. Koepert, heurigen Jahre wurden dieſem Brutvogel Niftfäftchen auf den nächſten Bäumen, nicht nur in Gärten, ſondern auch vom Straßenausſchuſſe auf den Straßenbäumen errichtet und geduldet; doch die zahlreichen Beobachtungen über dieſen ſtets als nütz⸗ lich geprieſenen Vogel haben gar gewaltig getäuſcht. Nicht nur, daß er faſt ſämmt⸗ liche Kirſchbäume ihrer Früchte beraubte, er zerſtörte auch zahlreiche Neſter beliebter Singvögel .. . . Leider fand ich durch zwei Thatſachen obige Klagen gerechtfertigt. Am 25. Juni 1883 hörte ich im Realſchulparke in einer Gruppe von Spierſtauden ein Geſchrei von Vögeln. Ich ging raſch zum bezeichneten Orte, in der Meinung, eine Katze oder ein Wieſel dort zu finden, welches den Vögeln nachſtellt. Da ſah ich zwei Staare, wovon der eine ein hülfloſes, noch nacktes, blindes Vögelchen be- arbeitete, deſſen Kopf bereits vom Rumpf halb abgeriſſen war, während der zweite Staar mit dem Männchen einer grauen Grasmücke kämpfte und das Weibchen ſchreiend und lärmend die noch im Neſte übrig gebliebenen Jungen zu beſchützen trachtete. Zahlreiche glaubwürdige Klagen von Realſchülern beſtätigen die Gefähr⸗ lichkeit der Staare. So habe ich am 12. Juli d. J. einen Staar angetroffen, welcher einen jungen Finken aus dem Neſte geholt hatte. Nach dieſen traurigen Erfahrungen wurden ſämmtliche Niſtkäſten von den Bäumen weggenommen.“ Indem ich obige Fälle anführe, will ich damit nicht beweiſen, daß der Staar überhaupt raubgierig iſt, ſondern nur, daß einzelne Individuen aus irgendwelchen Gründen ſich an an⸗ deren Vögeln vergreifen. Derartige Fälle werden leider allzuoft verallgemeinert und der ganzen Art zur Laſt gelegt. So glaube ich denn, wie es in den Intentionen unſeres Vereins liegt, Nutzen und Schaden des Staares in objektiver Weiſe beſprochen zu haben und komme zu dem Reſultat, daß der erſtere den letzteren bei weitem überwiegt, insbeſondere in Gegenden mit vorwiegendem Ackerbau und Wieſenwirthſchaft. Im Wald iſt der Staar nützlich; in Gegenden mit Wein- und Obſtbau hingegen iſt er ſchädlich. Wie ich früher ſchon ausführte, müſſen die vorwiegenden Lebensintereſſen der Bewohner den Ausschlag für das Verhalten gegen die Staare geben. Die Intereſſen der All⸗ gemeinheit müſſen den Sonderintereſſen vorgehen. Wird in vorwiegend Ackerbau treibenden Gegenden nebenbei Wein- und Obſtbau betrieben, ſo muß es den Inter⸗ eſſenten überlaſſen bleiben, ſich der Staare zu erwehren“). Gebe man dieſen Inter⸗ eſſenten, auch dem Schilfbeſitzer, ruhig das Recht, einige durch Pulver und Blei zu tödten, aber erhalte das Gros zum Segen von Feld und Wieſe, bis es ſich heraus— ſtellen ſollte, daß ſie im Uebermaß ſchaden. In Gegenden mit bedeutendem Wein⸗ ) In dieſer Beziehung hat unlängſt der Landrath des Oſtkreiſes des Herzogthums Altenburg Herr Dr. Stöhr eine praktiſche Verordnung erlaſſen, laut welcher den darum nachſuchenden Kirſch— pächtern geſtattet ſein ſoll, den Staar mit Schußwaffen von den Kirſchbäumen fernzuhalten. Die Gensdarmen ſind jedoch angewieſen, jede Ueberſchreitung dieſer Erlaubniß zur Anzeige zu bringen. Der Staar in Elfaß Lothringen vogelfrei?! VIII. 309 bau hingegen mag man den Staar dadurch vermindern, daß man ihm die Brut- gelegenheit möglichſt benimmt, d. h. nur Brutkäſten mit engem Loch für die vier Meiſenarten und die Segler und ſolche mit oben halboffener Wand für den Buſch— röthel, die drei Fliegenſchnäpper, die Hohltaube ꝛc. und ganz niedrige für Rothkehl— chen anbringt, wobei dann allerdings neben den Staaren auch Kleiber und Wende— hals benachtheiligt ſind. Auch könnte das Tödten durch Schuß geſtattet ſein. Da— durch würden erſtens die Staare noch am erſten abgeſchreckt, zweitens würden ver— hältnißmäßig wenig zu Grunde gehen und drittens würden ſie nicht ſo lange in Todesangſt ſchweben, als die unter dem Netz gefangenen. Möge man auch in Elſaß— Lothringen in den Gegenden mit Weinbau auf dieſe Weiſe die Staare bekämpfen, nicht aber durch einen nichts nutzenden Maſſenfang mit nachfolgender Verwerthung der Gefangenen. Der Fang mit dem großen Netz im Schilf, wie er am Rhein be- trieben wird, iſt verwerflich, weil außer den Staaren auch eine Menge Schwalben mit zu Grunde gehen und weil das Schilf bei dieſer Art des Fanges mehr beſchä— digt wird als durch die Staare, ganz abgeſehen von der oben angedeuteten mora= liſchen Seite der Sache. Es hieße Waſſer durch ein Sieb ſchütten, wollte man die ſich immer erneuernden Schaaren ziehender und herumſchweifender Staare vernichten. Für eine Verminderung der Staare ſorgen ſchon genügend die Italiener und die Araber in Tunis, die die Vögel in Netzen fangen und körbeweiſe auf den Markt bringen“). Ich möchte überhaupt nicht einer Verwendung des Staares und anderer Kleinvögel als Nahrungsmittel das Wort reden. Mag der Weinbergsbeſitzer oder Obſtzüchter immerhin die erlegten Staare als Nahrungsmittel verwenden; ich möchte aber doch davor warnen, dem Volke wieder Geſchmack an Staaren beizubringen, da ſich dieſer Geſchmack auch leicht auf andere nützliche Kleinvögel (wie in Italien) übertragen könnte. Ich betrachte es gerade als eine Errungenſchaft, daß wir uns jetzt dieſer Leckereien (mit Ausnahme der Krammetsvögel, die wir aber auch nicht mehr gefangen wiſſen wollen) entwöhnt haben. Gerade der Gebrauch eines doch immerhin kleinen Vogels als Nahrungsmittel bedingt einen Maſſenfang, da ja ſehr viele zur Herſtellung eines Gerichtes gehören. Es kann die Sittlichkeit einer Be— völkerung, insbeſondere der Jugend, nicht heben, wenn ſie Zeuge oder wohl gar Mitthäter des Vogelmaſſenfanges wird. Gerade in unſerer Zeit, die an ſich ſchon ſo ſehr dem öden Materialismus und Amerikanismus huldigt und den Kampf ums Daſein oft in ſehr rückſichtsloſer Weiſe kämpft, ſollte man alles vermeiden, was im Stande iſt, die ſittlichen Gefühle des Volkes zu verletzen oder zu verkümmern. Uebri— gens ſei beiläufig erwähnt, daß der Staar keineswegs einen guten Geſchmack hat, vielmehr iſt ſein Fleiſch zähe und wenig wohlſchmeckend. | ) König, Avifauna von Tunis. J. f. O. Bd. 36. 310 A. v. Homeyer, Ich möchte alſo dem elſaß-lothringiſchen Thierſchutzverein, der ſich des Staares mit anerkennenswerthem Eiſer angenommen hat, anheimgeben, vorläufig das Er⸗ reichbare zu erſtreben und dahin zu wirken, daß der Staar in Elſaß-Loth⸗ ringen in den weinbauenden Diſtrikten nicht nach der Miniſterial— Verordnung vom 16. Juli 1890, ſondern nach dem Reichsvogelſchutz— geſetz S5 Abi. 2 behandelt werde, oder wenigſtens, wenn dies nicht angängig, daß § 5 der angeführten Miniſterial-Verordnung dahin ab— geändert werde, daß die Worte „von Fangnetzen“ geſtrichen würden, ſomit nur die Anwendung von Schußwaffen erlaubt wäre. Auf dem Velenczer⸗ und Platten⸗See Von Major Alexander v. Homeyer, Mitglied des permanenten ornithologiſchen internationalen Comités. II. 2. Der Platten⸗See. Um 3 Uhr mußten wir umſteigen, und nun ging die Fahrt an den herrlichen Ufern des Platten-Sees entlang, während jenſeits des Sees Dolomit- und Baſalt⸗ Felsberge die Umgürtung machten. Alles lag in der erſten Morgendämmerung. Wie ſchön muß dieſe Partie ſein, wenn die Morgenröte erſcheint und bei Sonnen⸗ aufgang der See und die Ufer vom erſten Lichtglanz übergoſſen werden! — Wenn wir nur nicht ſo marode geweſen wären. Ein Theil der Herren ſchaute aus und ein Theil ſchlief; ein ausſchauender Herr ſchlief im Stehen wieder ein und verlor die Balance. Um 3,4 Uhr hielt der Zug. Wir waren in Keszthely. Auf dem Bahnhofe waren viele Herren zu unſerer Bewillkommnung. Als Vertreter des Herrn Grafen Feſtetich, des Beſitzers unſeres heutigen Jagd-Terrains, war Herr Generaldirektor Alexander Papp erſchienen, wie auch der Herr Forſtmeiſter Barna; als Vertreter der Stadt begrüßte uns freudig in ſchwungvoller Anſprache der erſte Geiſtliche Herr Abt Dunſt. Auch der Direktor der landwirthſchaftlichen Hochſchule Herr Direktor Deininger, der Oberſtuhlrichter des Bezirks Herr Takach und Herr Profeſſor Dr. A. Lovaſſy waren anweſend. Herr Prof. Dr. Wilhelm Blaſius dankte in ſchönen Worten für den Empfang. — Die Wagen wurden beſtiegen — immer ein Vertreter und ein Congreßmitglied — und nun fuhren wir durch die mit Landes— farben-Fahnen reichlich beflaggte Stadt hinaus zum Bade Héviz, wo Quartier angewieſen wurde. Einige Herren badeten ſofort im warmen Schlamm-See, dann wurde gefrühſtückt. Auf dem Velenczer- und Platten: See. II. 311 Nun gings paarweiſe (wie wir gekommen) nach dem kleinen Platten-See, der Nordweſtecke des großen Plattenſees. Mein ſpecieller Reiſebegleiter war der liebens⸗ würdige Herr Direktor Deininger. Unterwegs ſahen wir auf der Weide die Stamm— herde (Rindvieh) des Herrn Grafen. Mich intereſſierte noch das maſſenhafte Vor- kommen des lilablühenden Wollkrautes (Verbascum panonieum). Das war ein großartiger Jagdzug auf Reiher, den auch die Herren der Stadt mit Gewehren mitmachten, die günſtige Gelegenheit benutzend, denn nicht alle Tage gab Herr Graf Feſtetich die Jagd auf dem See frei. Das Haupt⸗Arrangement der Jagd — Herr Forſtmeiſter Barna leitete die— ſelbe — war ähnlich wic auf dem Velenczer-See, kleine Kähne, immer ein Forſcher und ein Bootsmann, doch auch größere Kähne zu zwei und drei Forſchern waren vertreten. So glitten die Fahrzeuge den langen Kanal hinunter, der ſeitwärts von jo hohen Rohrpartien begrenzt war, daß ich faktiſch an die Hochbeſtände des Arundo Donax der Lagunen des Mittelmeers erinnert wurde. Zweimal wurde der Geſang des Blaukehlchens (Sylvia cyanecula) gehört, 2—3 Mal der der Cal. melanopogon und Locustella luseinioides, während einige Graureiher und ein großer Silberreiher (Ardea egretta) vorüberzogen. — Auf dem Waſſerſpiegel des Platten-Sees angekommen, miſchten ſich die Kähne untereinander und ſteuerten nach der Nordweſtecke zu den Horſten der großen Silber— reiher, der Löffelreiher und der Nachtreiher (Nyeticorax griseus). Ich ſtieg in einen kleinen Kahn zu Herrn Michel über. Nun gings durch mehr oder minder dichte Rohrpartien zu einer ziemlich offenen Stelle, die mit Typha und anderen niederen Waſſerpflanzen bewachſen war. Umwachſen war dieſe Partie in weitem Bogen von ſehr hohem Rohr und hierin war — jenſeits der offenen Stelle — die Reiher— Colonie. Dieſe hohe Rohrwand wurde von Schützen beſetzt; alle 50—100 Schritt machte ein Kahn halt und verbarg ſich im Rohrdickicht. Hier lauerten wir einige Zeit, und hatten wir Gelegenheit, die uns intereſſierenden Rohrſänger zu hören und zu ſehen. — C. melanopogon flog viel hin und her, L. luseinioides ſchwirrte, ohne das Dickicht zu verlaſſen. Nun fielen vorn bei der Kolonie die erſten Schüſſe. Sofort wurden viele Löffelreiher und einige Silberreiher ſichtbar. Platalea geht immer zuerſt und à tempo auf, formirt einen großen lockern Flug und ſteigt mehr und mehr; Egretta geht einzeln auf und bleibt auch einzeln in der Luft, die Brutſtätte hin und her überfliegend. Nach einer halben Stunde bekamen wir Ordre, nach vorn zu kommen. Dort ſahen wir den Horſt eines großen Silberreihers ca. 20 Schritt tief im hohen Rohr, doch konnten wir dicht heranfahren, da ein Weg gemäht worden war. Der Horſt ſtand 8 Fuß über dem Waſſer und ruhte auf umgeknickten Rohrſtengeln. 3—4 kleine 312 A. v. Homeyer, Junge guckten über den Neſtrand und ſchmatzten, ähnlich wie die Schwarzköpfe (Silvia atricapilla). Weiter hinein ſtanden die Horſte vom Löffel- und Nachtreiher. Doch konnte ich nicht ausſteigen, da ich Schuhe trug. Da kam uns von dort Herr Chernel v. Chernelhaza entgegen und überreichte mir ein prachtvolles, ſtark braun⸗ geflecktes Gelege (4) vom Löffelreiher und eins (4) vom Nachtreiher. Beide waren wenig bebrütet. Ardea egretta beginnt alſo ca. 3 Wochen früher mit dem Brut⸗ geſchäft. Er wählt ſomit den Brutplatz aus, während die Löffel- und Nachtreiher ſich anſchließen. Ich bemerke hierbei, daß der Schopfreiher (Ardea comata), der ſpäter aufgeſucht wurde, mit dem Löffelreiher gleichzeitig brütet. — Dr. Lorenz von Liburnau wollte ſich noch auf den Anſtand ſtellen, um den alten Silberreiher von den Jungen zu ſchießen, doch nahm er Abſtand davon, als die Reiher von dannen zogen. Um Silberreiher zu ſchießen, muß man übrigens ſehr verdeckt ſtehen. Die Kähne gingen nun zur großen Seeblänke wieder zurück, um / —n davon nach der Nacht- und Schopfreiher-Colonie zu fahren. Herr Michel und ich trennten uns von der Hauptcaravane, um ſeitwärts Rohr⸗ ſängerſtudien zu machen. Dies war gewiß gut gemeint, aber der Erfolg war dürftig. Wir ſahen eine Bartmeiſe, die ſchnalzend ins Rohr flog. Den Rohrſängern konnten wir in dem Dickicht, wohin der Kahn nicht folgen konnte, nichts anhaben. Somit wollten wir zu den Andern. Unſere Fahrt ging quer über den See; der Wind wehte ſehr ſtark von vorn, wir kamen in die Grundneſſeln und unſer Bootsmann war müde. — Vorn knallte es jetzt, Reiher wurden ſichtbar, Enten und Steißfüße (Pod. eristatus) eilten an uns vorüber, aber vorwärts kamen wir kaum. Aus lauter Verzweiflung eröffnete Herr Michel den ſchwarzen Seeſchwalben, welche uns höhnend umgaukelten, den Krieg. Endlich kam uns einer der Herren Oberförſter zu Hülfe; ich ſtieg in ſeinen Kahn, und ſo ſteuerte Herr Michel mit ſeinem ſehr erleichterten Kahn zur Comata-Kolonie, während ich zur großen Inſel ruderte. Hierher kam auch bald die große Jagdgeſellſchaft. Es war 12 Uhr und bald ſaßen wir zur Mittagstafel im aufgeſchlagenen Zelt. Viele Trinkſprüche wurden ausgebracht. Die Jagdtrophäen hingen an der Innenwand des Zeltes; ich Jah zwei Ardea (Bubuleus) comata, wovon den einen Herr Otto Herman für die v. Tſchuſi'ſche Sammlung geſchoſſen, 1 Ardea einerea und 1 Podiceps auritus. Das war Alles. Tant de bruit pour le omelette. — Einer der Herren hatte aber die Horſte arg geplündert, Er hatte den Jagdhut und das Schnupftuch voll Eier von Ardea nyetieorax und comata. Er ſagte mir, er wolle ſeinen Freunden mitbringen. Nach dem echt ungariſchen Diner durchſtreiften Herr Otto Herman und von Tſchuſi die Wieſen und erlegten einige gelbe Bachſtelzen (Budytes flavus) und be⸗ obachteten den Schilfſänger (Cal. phragmitis). Um 3 Uhr wurde aufgebrochen. Die Rückfahrt ging wieder durch den Kanal. Auf dem Valenczer⸗ und Platten-See. II. 313 Ich warf noch einen Blick über den Waſſerſpiegel; drei große Silberreiher fiſchten vor ihren Brutcolonien auf ſeichter Stelle. Der Kanal war ziemlich belebt. Ueberall fiſchten Graureiher an ihm. Cal. melanopogon ſang mehrfach, ganz beſonders häufig (8—10 Mal) aber Locustella luseinioides. Ueber dieſen letzten Sänger habe ich vor Jahren in der Wiener ornithologiſchen Zeitſchrift berichtet. Heute kann ich das dort geſagte beſtätigen und noch hinzufügen daß der Geſang nur mit dem Geſang der Locustella naevia Aehnlichkeit hat durch ſeine Einſilbigkeit, er iſt aber viel tiefer, klingt errrr oder örrrr, iſt verhält— nißmäßig kurz und leiſe, entbehrt durchaus die ſchrillende Friſche von L. naevia. Mit Loeustella fluviatilis hat er keine Aehnlichkeit, da deſſen Schwirren zweiſilbig iſt. Das Stillleben am Kanal ſollte nun doch noch ernſtlich geſtört werden. Mancher Fiſchreiher ſtand auf, um von dem Herren im vorderſten Kahn zuſammen— geſchoſſen zu werden — um dann im Rohr zu verfaulen. Die Jagdluſt war immer noch nicht befriedigt. Ich liebe dieſes zweckloſe Tödten nicht, und zur Brutzeit der Vögel ſchmerzt es doppelt. — Zum Abſchiedsgruß zog noch ein großer Silberreiher vorüber. Endlich waren wir am Ende des Kanals, die Wagen wurden beſtiegen, und gegen Abend kamen wir in Héviz an, wo Herr Graf Feſtetich ein Souper comme il faut (dieſes Mal international) uns zu Ehren gab mit „eigenen Weinen“. Wir haben dem Herrn Grafen viel zu danken. Es liegt nahe, daß warm und dankbar auf ſein Wohl und das ſeiner Familie getoaſtet wurde. Um unſerm Dank noch beſonders Ausdruck zu geben, folgten wir gern der Idee des Herrn Profeſſor Dr. Talsky (Mähren), und jo wurde ein Dankſchreiben aufgeſetzt und von allen Con— greß⸗Mitgliedern unterſchrieben und Herrn Generaldirector Papp behufs Ueber— reichung übergeben. — Um 9 Uhr verließen Herr Profeſſor W. Blaſius und Herr Huszthy die Tafel, um mit dem Nachtzuge gen Wien zu fahren; da wurde die Tafel aufgehoben. Der andere Tag war in Bad Héviz der Erholung und dem Präpariren ge— widmet. Wir waren zu einem kleinen Häuflein zuſammengeſchmolzen. Da war noch Otto Herman mit Frau Gemahlin, v. Tſchuſi, Dr. Lorenz, Baron d'Hammonville und meine Wenigkeit. Der dritte Tag brachte die Trennung. Herman ging nach Budapeſt zurück, die anderen Herren nach Dinnyes, um noch einmal dem Velenczer-See einen Beſuch abzuſtatten, und ich? Leider war ich wieder fußkrank geworden, mein altes afrika— niſches Venenleiden war wieder aufgewacht und hatte mir am Feſſelgelenk des rechten Fußes eine bohnengroße Wunde gebracht. So blieb ich allein zurück, um im warmen Moorſee von Bad Heviz Heilung zu finden. Héviz, den 2. Juni 1891. 314 Staats v. Wacquant⸗Geozelles, Baden und Trinken. Von Staats von Wacquant-Geozelles. II. Die von mir oft genannte Quelle liegt ſehr verſteckt, und wenn auch ein kleiner Platz um ſie herum frei iſt, ſo wird ſie doch von überhängenden Aeſten der nächſten hohen Fichten völlig verdeckt und beſchirmt, ſodaß ſie aus der Vogelſchau nicht zu entdecken iſt. Wie es kommt, daß alle meine befiederten bade- und trinkluſtigen Schutz⸗ befohlenen ſie kennen und aufſuchen, haben wir geſehen: — ſie kannten und ſahen das Brünnchen, als es frei lag, und wußten es zu finden, als es immer mehr und mehr vom Fichtengrün umragt und verdeckt wurde; — einer zeigte ſie dem andern. — Wie es aber möglich iſt, daß auch die aus weiter Ferne kommenden „Zigeunervögel“ und andere, dort völlig fremde, die Stelle immer ſo ſchnell zu finden wiſſen, das ſcheint im erſten Augenblick faſt unerklärlich — und nur der wird leicht eine Erklärung finden, der ſich über alle einigermaßen ſchwierigen Fragen „inſtinktiv“ hinwegſetzt. — Inſtinkt — — es thut mir leid, daß ich dieſe min deſtens auf drei Beinen lahmgehende Roſinante ſammt ihren Reitern, die häufig gar nicht ſo dumm ausſehen können, als ſie wirklich ſind, im Stalle laſſen und ihnen auch bei dieſer Gelegenheit wieder Dornen und Diſteln auf den Weg ſtreuen muß, welch' letzteres Gewächs ja aber dennoch immerhin ſehr am Platze ſein mag, als eine bekanntlich ganz angenehme Speiſe für gewiſſe graue — — Theoretiker! Die thatſächliche Erklärung jener auffallenden Findigkeit der Kreuzſchnäbel mußte jedem aufmerkſamen Beobachter leicht an Ort und Stelle, eben an jener Quelle, werden. — Iſt es nicht ſelbſtverſtändlich, daß ein ſo fein organiſiertes, fein⸗ fühliges Geſchöpf, wie der Vogel, die Anweſenheit von Waſſer ſofort bemerkt, wenn er ſich in der Nähe einer verdeckten, ſumpfigen Stelle befindet, die der Umgebung einen ſo hohen Feuchtigkeitsgehalt mittheilt, daß ſelbſt der in dieſer Beziehung doch nur „ſtumpfſinnig“ zu nennende Menſch dies leicht wahrzunehmen vermag? — — Wie ich erwähnte, verliert ſich der ſchwache Waſſerlauf ſchon nach wenigen Metern vollſtändig unter Moos- und Nadeldecke; — wie oft ſuchten die Kreuz⸗ ſchnäbel nun damals weit unterhalb des von mir geformten Baſſins — der Feuchtigkeit folgend — vergeblich nach Waſſer und kletterten dann, fortwährend lockend, von Zweig zu Zweig in horizontaler Richtung auf mich reſp. auf das vor mir befindliche Baſſin zu! Da brauchte ich mich dann durchaus nicht zu verſtecken, wie dies zur Beobach⸗ tung anderer Vögel mehr oder weniger notwendig iſt: wenn ich nur ziemlich regungs⸗ los an einem Fichtenſtamme lehnte, ſo näherten ſich dieſe zutraulichen, unerfahrenen Baden und Trinken. II. 915 Vögel ohne die geringſte Scheu und tranken unmittelbar vor meinen Füßen, und manche ließen ſich ſelbſt dann nicht ſtören, wenn ich mich bewegte. — Kannten die Thiere aber einmal die Quelle, ſo irrten ſie ſich nie mehr betreffs deren Lage und kamen ſtets in den, dem Waſſer zunächſtſtehenden Fichten — auch zuweilen aus hoher Luft herab. — Soviel über die Fichtenpapageien. Weniger friedlich iſt das Leben am Quell während der Brutzeit. — Vor allen andern benimmt ſich der Heher anſpruchsvoll und das dem Waſſer nächſt— wohnende Paar aller Vögel betrachtet den Badeplatz als ſein alleiniges Eigenthum. Der Heher badet ſehr gern und kann man dieſem ſchlimmen Geſellen auch nachſagen, daß er ein notoriſcher Trinker iſt, der ſehr weite Streifereien nach Waſſer ausführt. Die boshafte, zänkiſche Schwarzdroſſel iſt ebenfalls ein häufiger und allen anderen Sängern aufſäſſiger Beſucher des Badeplatzes. Alle Beobachtungen über die verſchiedenen Streitereien zuſammengefaßt, ergeben als Reſultat, daß ſich auch am Bade- und Trink-Platze während der Brutzeit und auch ſonſt im allgemeinen „Individuen derſelben Art“ heftiger befehden, als „Individuen verſchiedener Art“. Und nun kommen wir zu den Mordthaten. Badende Vögel, denen nicht alles rings umher ganz geheuer ſcheint, ſichern oft lange Zeit und flüchten ſich meiſt immer ſchleunigſt, wenn ſie die Warnungszeichen anderer vernehmen und der Badeplatz nicht ſehr verſteckt liegt: fie wiſſen ſehr wohl, wie unbehülflich fie im naſſen Kleide find! . In nächſter Nähe einer Quelle ſcheuchte ich einſt den großen Raubwürger auf und fand, aufgeſpießt auf einen am Boden liegenden trockenen Dornzweig, einen völlig durchnäßten Buchfinken. Ebenſo wie der Sperber ſich im Winter alsbald als allerungebetenſter Gaſt auf unſern „Futterplätzen“ einſtellt, ebenſo lauert er auch oft am Badeplatze und weiß ihn wohl zu würdigen. Hier im Park befindet ſich der Badeplatz meiner Vögel oben am ſeichten „Ein— fluß“ des Teiches. Da der Untergrund dort ſehr erdig iſt, ſo habe ich die von badenden Vögeln ſtets benutzte Stelle mit Sand beſchüttet und wurde dieſes Ver— fahren auch von den befiederten Gäſten ſehr gelobt. Daſelbſt nun habe ich dreimal ein und denſelben Sperber Beute machen ſehen; — die dritte Schandthat büßte er mit dem Tode. Außer den obengenannten und bislang beſprochenen beſtimmten Bade— und Trinkplätzen, welche beſonders häufig in heißer, dürrer Zeit beſucht werden, finden unſere Vögel nun ſelbſtverſtändlich gelegentlich auch an andern Stellen — oft mehr, oft weniger — Plätze, wo ſie das Bedürfniß des Trinkens und Badens befriedigen können. Ein nicht zu ſtarker warmer Regen genügt vielen — wie wir geſehen — ſchon 316 Staats v. Wacquant-Geozelles, völlig — und zum Trunk laden ja faſt allmorgentlich die funkelnden, „fich verflüch⸗ tenden Edelſteine“, die Thautropfen ein, welche an vielen Stellen auch über Tags noch zu finden ſind. — | Als einſt das Abflußrohr einer Dachrinne dahier verftopft war, und zwar durch ein oben in das „Knie“ eingebautes Staarenneſt, floß die Rinne natürlich beim erſten ſtarken Regenſchauer über. Dort, wo ſelbe ſich etwas geſenkt hatte, kam am meiſten Waſſer über ihren Rand herab und ſowie das Regenſchauer vorüber war, ſetzten ſich mehrere unſerer Haustauben in den Waſſerfall, um ein gehöriges Douche-Bad zu nehmen. — — In der Stadt Hameln badete ſich dahingegen eine Taube in einer Goſſe, welche wahrlich momentan nicht gerade ſehr zur Badewanne geeignet war, da ihr Inhalt aus einem Conglomerat von ſchmutzigem Schneewaſſer, Petroleum und Ochſenblut beſtand. — Nun, die Taube mochte wohl denken, daß mancher in noch ſchmutzigeren Dingen betroffen worden iſt und — ſich doch rein- gewaſchen hat, und über die Beſchaffenheit der dortigen Straßen will ich hiermit nichts geſagt haben! Ein Weidenlaubſänger ſtieg hier im Park unter luſtigem „Zipp⸗zapp — zipp⸗ zapp“ im Gezweig einer Ulme herab und trank am Fuße derſelben aus jenem Waſſer⸗ behälter, welchen die am Stengel der Weberkarde (Dipsacus Fullonum, Mill.) trichter⸗ förmig zuſammengewachſenen Blätter bilden; — dann „ſang er ſich wieder am Karden⸗ ſtengel hinauf“ und überließ die genannten grünen Pokale den nach wie vor emſig ab⸗ und zufliegenden, waſſerholenden Bienen. Ein Schwirrer (Phyl. sibilatr.) trank dicht vor mir das auf einem großen Klettenblatte kugelnde, flüſſige Silber; — in demſelben Augenblicke erſpähte mich das ebenfalls herbeikommende Männchen, — der Lockton „Tui“ wurde zum Warnungston modulirt und ſofort war die Scene vor mir verändert: oben im grünen Buchengelaube wurde „weitergeſchwirrt“. Ein Vogel, welcher niemals badet und niemals eine Quelle oder einen Bach behufs Trinkens aufzuſuchen ſcheint, iſt der Kuckuk. — Zum Baden läßt ihm die Befriedigung des nimmerſatten Magens keine Zeit und in der aufgenommenen Speiſe, beſonders in Raupen, iſt ein dieſem Vogel genügender Waſſergehalt vor⸗ handen. Ich habe in den Jahren 1889 und 90 die um den Flecken Lohmar, im Aggerthal, (Sieg-Kreis) liegenden Forſten beſucht, welche damals in einer wahr- haft entſetzlichen Weiſe vom Eichenwickler (Tortrix viridana) verheert wurden, welch' letzterem Inſekt „zu Liebe“ wiederum ein wahres Heer von Kuckuken daſelbſt ver— blieben war; niemals habe ich einen dieſer Vögel trinken oder baden ſehen. Daß der Kuckuk aber ab und zu einen Thau- oder Regentropfen zu ſich nimmt, werde ich nie abſtreiten, denn da auch dieſer ſcharfſichtige Geſelle zuweilen ſo in Baden und Trinken. II. 317 Nahrungsſorgen gerät, daß er ſich — wie ich zweimal nachgewieſen — den Magen bei Aufnahme winziger Kerbthiere, welche er gelegentlich in großer Anzahl im Mooſe, im modernden Graſe, Laube oder Holze beiſammen findet, gleichzeitig mit allerlei vegetabiliſchen Subſtanzen und „Gefaſer“ förmlich vollpfropft, — ſo wird auch in ihm ohne Frage wohl einmal das Bedürfniß nach Waſſer wach werden und es iſt undenkbar, daß ein Thier, welches fortwährend mit Thau- und Regentropfen in Be- rührung kommt, dieſe nicht zu würdigen wiſſen ſollte. Der Pirol führt eine dem Kuckuk ſehr ähnliche Lebensweiſe, und die ſen habe ich beim Trinken von Regentropfen beobachtet. — Ein wundervolles Paar dieſer Vögel ſetzte ſich — und zwar ebenfalls im Aggerthale — dicht über mich und das durch mein wiederholtes Locken eiferſüchtig gemachte Männchen trank, auf einem langgeſtreckten, rankenartigen Zweige des Schneeballs (Viburnum Opulus, Linn.), in horizontaler Richtung „weiter rückend“, eine ganze Menge der an der Unterſeite des Zweiges hängenden Regentropfen. | Unſer Staar, der als Weltweiſer alles „jo nimmt, wie es ift und nicht, wie es ſein könnte“, leiſtet ſich zuweilen im ſonnbeſchienenen, bethauten Graſe ein tüchtiges Bad. Dasſelbe thut Rabenkrähe und Miſteldroſſel (T. viseivor.), und Herr Heinr. Schacht, „Die Vogelwelt d. Teutob. Waldes“ S. 149, beobachtete auch das Roth— kehlchen bei gleichem Beginnen. Den Staar, welcher, wie ſchon erwähnt, nur gelegentlich badet, ſah ich dreimal im Frühjahre ein „Grasbad“ nehmen; auch ihm „ſchenkte des Geſanges Gabe, der Lieder frohen Mund Apoll“, und alle freie Zeit, welche ihm die Familienſorge beläßt, wird zu Geſangsvorträgen benutzt. — Singend fliegt er, ſingend ſitzt er auf hohem Baume, ſingend ſitzt und läuft er auf dem Erdboden, ſingend kämpft er blutig mit ſeinem Rivalen in der Niſthöhle, ſingend verhöhnt er und die weiße Bachſtelze den gefährlichen Sperber, — ſingend badet er. Wie die Miſteldroſſel ſehr eifrig en famille, ſo badet der Staar gelegentlich ſeiner ſommerlichen und herbſtlichen Streifereien gern en masse und ſah ich u. a. einſt im Herbſt, wie ein ganzer Flug dieſer nun „wandernden Speck-Muſikanten“ auf dem, auf weite Strecke hin unter Waſſer ſtehenden, neben einer Chauſſee her— laufenden ſogen. Sommerwege ein lange währendes, gründliches Bad nahm und dieſes — das Nützliche mit dem Angenehmen verbindend — mit einem Monſtre— Konzerte begleitete. Ein Sonnenbad nehmen — wie man dies in den verſchiedenen zoologiſchen Gärten ſehen kann — die Geier und Adler, doch breiten ſie auch wiederum zuweilen deshalb die Flügel aus, weil ihnen die Sonne gar zu ſehr auf den Pelz brennt. — Mit wahrem Wohlbehagen gab ſich einſt ein nicht weit von mir ſitzendes Roth— kehlchen den auf einen unbewohnten Ameiſenhaufen fallenden, warmen Strahlen der 318 Staats v. Wacquant-Geozelles, früheſten Morgenſonne hin — und in ganz gleicher Weiſe badete ein im Beſitz eines meiner Freunde befindliches Rothkehlchen allabendlich im Scheine der — — Petroleumlampe. Sowie die letztere angezündet worden war, kam das zutrauliche Thierchen von den, an der Wand hängenden Rehgehörnen herunter, ſetzte ſich auf den Tiſch und geberdete ſich im warmen, hellen Lampenlichte, wie wenn es ein wirkliches Waſſerbad nähme. — Ein Sonnenbad im duftenden Nadelgewirr nehmen auch die Goldhähnchen; unter niedlichem Gezwitſcher nehmen ſie dabei allerlei „Balz⸗ Stellungen“ an. Unſer Hausſperling iſt im Allgemeinen von einer ſehr ausgeſprochenen Rein⸗ lichkeitsliebe beſeelt; in den Städten aber ſcheinen manche von ihnen ſich nie zu baden. Wahre Schornſteinfeger beobachtete ich viele Wochen hindurch in der Nähe einer Fabrik zu Köln und wahre Müller bewohnen die ſowohl durch ihre enorme Größe als auch durch die in ihr vorgekommenene entſetzliche „Mehlſtaub⸗ Exploſion“ wohlbekannte Weſer-Mühle zu Hameln. Deſto eifriger baden an beiden genannten Stellen die betreffenden Vögel im Staube und zwar wählten die in Köln beobachteten ſtets einen mit Steinkohlenaſche beſtreuten 1 wodurch die Sache natürlich nicht eben beſſer werden konnte! Die eifrigſten Anhänger des Staubbades, die Hühner, wiſſen es ſehr wohl zu würdigen, wenn man die von ihnen ausgeſcharrten Staubmulden ab und zu mit Inſektenpulver beſtreut. — Faſan und Rebhuhn baden ſich ſehr gern im Mulm ver⸗ fallener Burgen der Waldameiſe. Aber auch die nächtlich lebenden Vögel baden und trinken vielfach und manche Beſitzer von ſolchen ſollten dies mehr beherzigen als es geſchieht. Begeben wir uns einmal wieder zu der von mir oftgenannten Quelle zurück, ſo muß ich berichten, daß ich ſeit zehn Jahren als einen ihrer treueſten Anhänger den Waldkauz (Syrn. alue. L.) kenne. Wie nicht anders zu erwarten, badet dieſer Finſterling erſt nach beendeter Jagd, alſo während und nach der Morgen— dämmerung und habe ich ihn zu genannter Zeit einmal recht tüchtig plätſchern hören, ſo tüchtig, daß ich im erſten Moment an ſuhlende Wildſchweine dachte, da ich bei der noch herrſchenden Dunkelheit nicht auf den Gedanken kam, daß ein Vogel dort bade. Einmal ſah ich — einem wüſten ee ddemcbrdin leiſe nachgehend — einen völlig durchnäßten Waldkauz im Gezweig und ein anderer endlich ſchüttelte ſich in früher Morgendämmerung nicht weit von mir das naſſe Gefieder trocken, als ich unter „ſeinem“ mit zwei Jungen belebten (Krähen-)Horſte auf Beobachtungspoſten ſtand. — (Das Gepluſter eines badenaſſen Vogels iſt ja unverkennbar.) — Oft, ſehr oft, finde ich Federn des Waldkauzes und der Wald-Ohreule an beſtimmten Badeplätzen und letztere hatte die Sache einmal ſo gründlich betrieben, daß ich außer Baden und Trinken. II. 319 fünf Federn auch noch die Larve eines Feuerſalamanders auf dem Ufer des völlig getrübten Baſſins fand. — Jedes Eulenpaar beanſprucht natürlich einen Badeplatz für ſich allein. Meine gefangengehaltene Waldohreule badete ſelbſt an kalten Wintertagen zu— weilen und während des Sommers oft lange Zeit hindurch jeden Morgen wäh— rend der Dämmerung. Was das Trinken anbelangt, ſo ſteht es damit bei den Eulen ebenſo wie beim Kuckuk: — ihre Nahrung führt ihnen auch gleichzeitig die ihrem Körper nöthige Feuchtigkeit zu. Bei regelmäßiger, ſaftiger Fleiſchnahrung bekümmerten ſich meine Eulen nicht um das Waſſer, auch wenn ich es ihnen verſuchsweiſe einmal längere Zeit entzogen hatte. Gab ich ihnen dahingegen mehrere Tage lang eine Nahrung, welche wenig Fleiſch, aber viele Federn, Knochen und Sehnen enthielt, welche alſo viel „Gewöll“ abgab, ſo habe ich, wenn ich dann friſches Waſſer in die Käfige ſetzte, die Eulen zuweilen wahrhaft gierig trinken ſehen. — Ich ſah dies bei einer Sumpfohreule und ebenſo bei Waldohreule und Steinkauz. — Man gebe den Eulen alſo ſtets friſches Waſſer! Zwei Steinkäuze nehmen hier bei mir häufig ein Sandbad. Lange Zeit war ich in Zweifel, ob die Nachtſchwalbe ein Staubbad nehme. — Ich darf in nächſter Zeit mehr über dieſen intereſſanten Vogel berichten und mag hier die einfache Mittheilung genügen, daß er thatſächlich im Sande oder im Staube badet. — Kehren wir zum Tage zurück, und zwar zu einem Wintertage. — Das „Leben am Quell“ iſt nicht mehr ſo bunt, nicht aber, weil der Winter alles in ſeinem Eis⸗ und Schnee-Bann gefangen hält, ſondern weil jo viele der Sänger fort— gezogen ſind. — Ueberall Schnee, — und iſt es daher auch nicht zu verwundern, daß der Vogel denſelben längſt als durſtlöſchend erkannt hat. — Finken und Ammern und vor allen die Rabenvögel nehmen geradezu des Durſtes wegen Schnee zu ſich und anderen genügt häufig das geringe Quantum desſelben, welches ſie gelegentlich der Nahrungsſuche mit verſchlucken. Andere aber kommen dafür am Abend oder auch Morgens und Abends, aus weiter Ferne zum Waſſer und eine ganz beſondere An— hänglichkeit an unſeren Quell bekundet die bei uns verbliebene oder vom Norden her zu uns geflüchtete Braunelle (Acc. modul.) Sehr übel daran find Taucher, Schwimmer und Watvögel! Selbſt im kalten Winter baden an paſſenden Tagen die Rabenkrähen, Schwarz— droſſeln und Buchfinken. Die erſteren baden ſich nach ſchmutziger Fleiſcherarbeit — und ebenſo Saat- und Nebel-Krähe — auch oft im weichen Schnee, indem fie darin „hudern“, wie unſere Hausgänſe, oder indem fie ſich darin, wie unſere Hunde, hin- und herſchieben, lange Furchen einwühlend. 320 Baer, Ueber das Brüten von Mergus merganser L. bei Neuſalz i. Schl. Stets aber wird von allen Vögeln eine von fürſorglicher Hand offengehaltee Quelle oder ein auf den Futterplatz geſtelltes Waſſerbecken vorgezogen, denn allen geht nichts über klares Waſſer! | | Dir geht es ja ebenfalls fo, Bruder Studio, und nun ſage mir nicht wieder, daß „badende und trinkende Vögel immer dasſelbe Bild gewähren!“ Ueber das Brüten von Mergus merganser Linn. bei Neuſalz in Schleſien. Von William Baer. Bei einem Beſuche zu Pfingſten d. J. in Neuſalz an der Oder, Kreis Freyſtadt, der hauptſächlich Beobachtungen an der Vogelwelt gewidmet ſein ſollte, war es mein erſter Wunſch, über das Brüten des großen Sägers etwas zu erfahren, worüber ältere Veröffentlichungen vorliegen. Herr Schuler in Neuſalz theilte mir mit, daß er öfters alte und junge Gänſeſäger erlegt und vor längeren Jahren ein Neſt in einem ausgefaulten Loch im Stamm einer Eiche ca. 3 m hoch an der Lippenſchen Lache im Oderwald gewußt habe. Von dem Königl. Förſter Herrn Hoffmann— Oderbrücke bei Neuſalz erfuhr ich, daß der „große Taucher“ oder „Sägetaucher“, wie er ihn nennt, auf ſeinem Revier (Neuſalz) alljährlich in 6—8 Paaren und ebenſo häufig in den Königl. Revieren Tſchiefer und Aufhalt brütet, während er oderaufwärts, in Carolath, wo ich mich ebenfalls erkundigte, bereits zu fehlen ſcheint. Seine Neſter, von denen derſelbe faſt alle Jahre einige gefunden hat, ſtehen meiſt hoch, oft ca. 15 m in Aſtzwieſeln und durch Ausfaulung entſtandenen Höhlungen ſtarker, gewöhnlich glattſtämmiger, ſchwer zu erſteigender Eichen. Dies Jahr war leider noch kein Neſt gefunden worden. Den alten Vogel mit Dunenjungen hat Herr Hoffmann auch oft geſehen und er zählte der letzteren meiſt 10—14 Stück. Auf meinem erſten Gange am Morgen des 17. Mai in den Oderwald, der mit ſeiner Unzahl alter Eichen und ſeinen vielen Lachen und alten Oderarmen auch für ein Brutgebiet von werganser wie geſchaffen ſchien, hatte ich auch bald einen Säger vor mir. Er ließ mich ſo nahe heran, daß ich über ſeine Art nicht im Zweifel zu bleiben brauchte und in ihm deutlich Mergus merganser & erkannte, bei dem das Morgenrothgelb ſchon vollſtändig in Weiß verſchoſſen war. Der Auf- enthalt des Vogels auf einem weit ins Land hineinragenden Oderarm in nächſter Nähe uralter Eichen, die eine Fülle von geeigneten Plätzen zum Niſten boten, ſein unruhiges Hin- und Herſchwimmen bei meiner Annäherung, anſtatt zu tauchen, und endliches Abſtreichen machten mir die Nähe des Neſtes höchſt wahrſcheinlich. Während einer Dampferfahrt am Nachmittag deſſelben Tages beobachtete ich noch ein Männchen und ein Pärchen ſehr ſchön auf der Oder. L. Buxbaum, Der Vogelzug im Frühjahr 1891. 321 Herr Förſter Hoffmann hatte mir angeboten, mir ein Exemplar zu erlegen, doch wollte ich auf keinen Fall jetzt, in der Brutzeit, Veranlaſſung zum Abſchuß eines alten Vogels werden und bat mir nur für ſpäterhin ein Dunenjunges aus. Leider wurde aber doch am 19. Mai ein Weibchen erlegt, als es auf einer von Eichen umſtandenen Lache im Oderwald jedenfalls in der Nähe ſeines Neſtes um— herſchwamm, während das Männchen ängſtlich darüber umherkreiſte. Nunmehr hätte ich daſſelbe wohl gern erlangt, doch war es bereits in den Beſitz eines Sammlers übergegangen und hatte für mich neben der Befriedigung, daß es wenigſtens noch ausgeſtopft wurde, nur den traurigen Vortheil, an einem Schuß-Exemplar die Species merganser noch zum Ueberfluß beſtätigen zu können. Dem Vogel ſoll zwar wegen ſeiner Schädlichkeit für die Fiſcherei nachgeſtellt werden, doch ſteht kein Schußgeld auf ihm, und darum wird ſeine Verfolgung nur ſehr läſſig betrieben. Am erſten werden noch im Herbſt und Winter, wenn die Zahl der nordiſchen die der hier brütenden vermehrt, einige Männchen wegen des ſchönen Pelzwerkes abgeſchoſſen. Eine Verminderung ſeines Beſtandes braucht bei ſeiner ſtarken Vermehrung und außerordentlichen Klugheit nicht befürchtet zu werden, und an paſſenden Plätzen zur Anlage ſeines Neſtes wird es ihm bei den zahlloſen alten Eichen, ſoweit wir denken können, nie fehlen. Niesky O.⸗L., den 29. Mai 1891. Der Vogelzug im Frühjahre 1891. Von L. Buxbaum. Am 12. Febr. d. J. habe ich einen Bericht über die Ueberwinterung der Vögel eingeſandt, in der Erwartung, daß das Wetter bald beſſer werden möchte. Das war aber eine Hoffnung, die ſich leider nicht erfüllte, denn es folgte noch ein recht langer und ſtrenger Nachwinter. Zeigte doch das Thermometer noch am 3. April — 1 R. und auf Pfingſten, am 17. Mai, waren die Höhen des Taunus mit Schnee bedeckt. Freilich war die Erde den größten Theil des Winters hindurch ſchneebloß, was zwar für die Vögel von einigem Vortheil war, dem Pflanzenreich dagegen zum größten Nachtheil gereichte; denn da die Erde ohne Schneedecke die im vorigen Sommer auf— genommene Wärme in größerer Menge ausſtrahlte, ſo fehlte es im Frühjahre an der nöthigen Erdwärme und die Vegetation ging nur ſehr langſam vorwärts. Der lange Nachwinter hat auch in der Vogelwelt ein anderes Bild geſchaffen, als wie man es um dieſe Zeit gewöhnlich zu ſehen gewohnt iſt. Die Strichvögel blieben länger da und verſchiedene fremde Arten kamen zu uns. Die Wildgans (Anser einereus) zog noch am 7. März in großen Schaaren hin und her. Am 15. Februar waren wieder zwei Stück Großtrappen (Otis tarda) im hieſigen Felde niedergegangen 322 L. Buxbaum, Der Vogelzug im Frühjahr 1891. und blieben zwei Tage in der Nähe. Obgleich ſich die Jäger viele Mühe gaben, ſo war es ihnen doch nicht möglich, einen Trappen zu erlegen. Die Feldlerche (Alauda arvensis) kam am 20. Febr. hier an und ſang am folgenden Tage ſchon ganz luſtig bei 4 5% R. nachmittags. Am 20. Febr. ſtellte ſich auch der rothe Milan (Milvus regalis) ein und am 20. Juni wurden drei flügge Jungen dieſes Gabelweihes aus ſeinem Neſte genommen. Die weiße Bachſtelze (Motaeilla alba) ſtellte ſich am 22. Februar ein, an welchem Tage auch der weiße Storch (Ciconia alba) ſeinen feierlichen Einzug hielt, denn die liebe Jugend begrüßte ihn mit lautem, freudigen Zuruf und Geſang. Diesmal hat er genau den Tag eingehalten, an dem er hier erſcheinen ſoll, den Peterstag. Der Hausrothſchwanz (Rutieilla tithys) kam am 3. März und die Schafſtelze (Motacilla flava) ſah ich am 6. März. Der Zug der Kraniche (Grus einerea) begann am 7. März und erſtreckte ſich bis zum 16. April. Während dieſer Zeit beobachtete ich 18 Züge mit 733 Stück, die ſich folgendermaßen vertheilten: Zug: | Wind: Temperat. Züge. Tag. Stunden. Stückzahl. rich⸗ rich⸗ (morgens Bemerkung. tung. tung. 6 Uhr. N 1. 7. März 2 U. nachmitt. 36 N. S.⸗W. 7 5 R. zieml. niedr. JFC 28, 35 N.⸗O. S.⸗W. 7 5% R. „ 4 4. 12. „ 10 Uhr vorm 18 N. S.⸗W. 7 20 R. „ b 5½%% 20. „ 4 Uhr nachm 27 N. N.⸗W. — 10 R. hoch. 6 21. „ 4½ U. nachm. 38 N.⸗O. NW. — 20 R. „ . 6 U. nachm. 38 S. N.⸗O. — 50 R. niedr. zurück n. S. 8353 9 U. vorm. 19 N.⸗O. S.⸗W. 7 5% R. 2 Std. geraſtet. 9.—12. 1. April 9, 11, 2, 4 U. 326 N. S.⸗W. — 30 R. niedrig. tit. 1ER 2:0, 10, 3 U. ba N S.⸗O. J 3% R. zieml. hoch. 15. N 16% 6. „ 11,2 U. 46, 14 N. S.⸗W. J 50 R. nicht hoch. Cf!!! ͤ all no 1 N. S.⸗W. . 20 R. „ „ 8 2 28 N. S.⸗W. T. 30 R. „ 2 Am 1. und 4. April war der Zug am ſtärkſten und nur einmal, am 24. März, gingen ſie wieder zurück nach S. wegen eingetretener Kälte. Am 16. März wurden in Griesheim bei Darmſtadt zwei Kraniche geſchoſſen. Die erſte Waldſchnepfe (Scolopax rustieola) wurde am 13. März erlegt und die Ringeltaube (Columba Palumbus) traf am 14. März hier ein. Am 26. März wurde auf dem Main ein Bläßhuhn (Fulica atra) geſchoſſen, welches mit ſeinem weißen Schnabel und der weißen Stirnplatte ſehr ſchön ausſah. Am 3. April ſah ich die erſte Sing droſſel (Turdus musieus). Die Meiſterſängerin Nachtigall (Sylvia luseinia) erſchien am 5. April, an welchem Tage auch die Rauchſchwalbe (Hirundo rustiea) hier ankam. Die ſchwarzköpfige Grasmücke (Curruea atrieapilla) hielt am 8. April f ; Kleinere Mittheilungen. 323 ihren Einzug und am 10. April kam auch die Gartengrasmücke (Sylvia hor- tensis), welche in meinem Garten in einem Jasminſtrauch niſtet und eben brütet. Am 17. April ließ ſich der Kuckuk (Cuculus europaeus sive canorus) zum erſten Male hören, er kommt aber in dieſem Jahre nicht ſo häufig vor als in den zwei Vor— jahren; was wohl ſeinen Grund in dem Verſchwinden der großen Kiefernraupe hat, die jetzt ſoweit glücklich vertilgt iſt. Am 6. April wurden im Walde zwei Schwarz— ſpechte (Dryoeopus martius) geſchoſſen. Da dies ſehr ſeltene Bewohner unſeres Waldes ſind, ſo habe ich den Tod dieſes Paares bedauert. Wie mir ein junger Förſter mittheilte, ſollen die Schwarzſpechte im Elſaß ziemlich häufig vorkommen. Am 17. März kamen in Wolfskehlen bei Darmſtadt zwei Störche in einen ſo heftigen Streit, daß der eine als flügellahm herunterfiel und nun im Hofe gehalten wurde. Am 24. Mai iſt die erſte Brut meiner Rauchſchwalben im Stalle ausgegangen und am 12. Juni ausgeflogen. Am 13. Juni flog auch ein Neſt voll junger Rothſchwänze aus, allein es war wohl noch zu früh und ſie konnten nur ſehr mangelhaft fliegen, weshalb ſie oft zu Boden fielen und einige von den Katzen erhaſcht wurden. Da ich die Katzen ſtets verſcheuche, ſo werden ſie mir von den alten Schwalben und Rothſchwänzen auch ſofort angemeldet, die im Nothfalle, ängſtlich rufend, vor meinem Fenſter hin und her fliegen. Wenn man den Vögelchen einige Male zu Hilfe kommt, ſo kennen ſie ſehr bald ihren Beſchützer und ſind froh, wenn man in ihre Nähe kommt, ſobald Gefahr droht. Droſſeln und Amſeln hört man jetzt wieder öfter, als in den letzten Jahren, ſie ſcheinen ſich wieder beigezogen zu haben; in den letzten Tagen habe ich auch einige Staare beobachtet, die in die Nähe des Dorfes kamen und jedenfalls in der Umgegend niſten. Raunheim, den 1. Juli 1891. Kleinere Mittheilungen. Die Verbreitung des Zeimer (T. pilaris) in Deutſchland. Als die Zeimer in Oſtthüringen einwanderten (vergl. meinen Bericht in den „Brutvögeln Oſtthüringens“ im Journal für Ornithologie 1878 S. 5, ſowie in unſerer Orn. Mon. 1886 S. 4), bildeten ſie anfänglich richtige Brutkolonien, beſtehend aus 5—12 und mehr Pärchen. Mit der Zeit löſten oder vielmehr lockerten ſich dieſe Verbände, indem die einzelnen Paare einer Kolonie nicht mehr ſo nahe beiſammen ihre Neſter bauten, wenn auch anfänglich immer noch in ſo großer Nähe bei einander, daß ſie ſich etwa locken hören konnten. Später aber verlor ſich auch das vielfach und niſteten neben einzelnen nicht ſehr zahlreichen Kolonien viele einzeln wohnende Paare. Faſt in allen nach den Feldern zu ſich öffnenden größeren Waldthälern 324 Kleinere Mittheilungen. Oſtthüringens fanden ſich brütende Zeimer, und ebenſo in faſt allen Feldgehölzen und größeren Parkanlagen. So noch vor 10 Jahren, wo man ſagen konnte: in Oſtthüringen ſei der Zeimer unter allen Droſſelarten am häufigſten zu finden. Seit jener Zeit hat aber die Zahl der hier brütenden Zeimer wieder recht erheblich abge⸗ nommen, obgleich ſie immer noch häufig genug ſind. So oft aber begegnet man ihnen jetzt im Ganzen nicht mehr wie den Zippen oder Amſeln. Welche Urſache dieſer Erſcheinung zu Grunde liegt, iſt ſchwer zu ergründen. Daß ihre Verfolger zahlreicher geworden ſind, kann man ſicher nicht ſagen; vielmehr iſt zu konſtatiren, daß ſie von Seiten der Menſchen, der Landleute und Jäger zumal, mehr und mehr gehegt werden als abſolut nützliche Thiere. Eher haben vielleicht die übeln Nach⸗ winter und rauhen Frühjahre der letzten Jahre Schaden gethan, wogegen freilich die ſpäte Brutzeit und die harte Natur dieſer Vögel ſpricht, ſowie der Umſtand, daß fie gern eine zweite ſtarke Brut bringen. Nun ſchreibt mir Herr Krezſchmar— Dresden Folgendes: „Bei meinen mehrmaligen Beſuchen in Görlitz in dieſem Früh⸗ jahr fiel mir das gänzliche Fehlen von Turdus pilaris, ſchon ſeit langen Jahren häufiger Brutvogel im dortigen Stadtpark, deshalb jetzt auf. Auch mein vogel⸗ kundiger Freund Hertwig dort bekundete mir dieſe Thatſache.“ Bei dieſem Be⸗ richt erinnerte ich mich an eine Aeußerung, die einſt E. v. Homeyer gegen mich that, daß er nämlich glaube, der Zeimer trete bald da, bald dort auf längere Zeit als Brutvogel auf und verſchwinde dann wieder, und glaube er nicht an eine gegen⸗ wärtig ſtattfindende große Ausdehnung ſeines Wohnbezirkes. Vielleicht ſind auch noch in anderen Gauen Deutſchlands oder Oeſterreichs ähnliche Beobachtungen ge- macht worden, und es ſind Berichte darüber ſehr willkommen. K. Th. Liebe. Mergus merganser L. als Wintergaſt. Nach Eintritt der ſtrengen Kälte zu Anfang des letzten Winters zogen intereſſante Gäſte aus dem Norden in das mittlere Elbegebiet ein. Es waren dies größere Trupps von Gänſeſägern (M. mer- ganser L.), welche Vögel — ſchon im nördlichen Deutſchland auf größeren Land⸗ ſeen vereinzelt brütend — in harten Wintern auf ihren Wanderzügen regelmäßig dem offenen Waſſer Beſuche abſtatten. Ihr Erſcheinen inmitten des Stromgebietes der Stadt an der belebten Auguſtusbrücke, während längerer Dauer und in großer Zahl, erſcheint immerhin beachtenswerth. Die Vögel hielten den bei ſtarkem Gefälle ſelten ganz zufrierenden Trakt des Stromes zwiſchen Auguſtus- und Marienbrücke in der Zeit vom 10. bis mit 24. Januar, alſo 15 Tage, beſetzt. Zuerſt ſah ich am 11. Januar 6—8 Stück, wohl nur Vorboten des nahenden Gros; denn in den nächſtfolgenden hartkalten Tagen war ihre Anzahl auf 40 gewachſen. Der größte Theil beſtand aus Weibchen bez. jungen Männchen; ſo ſind von 16 Stück am 18. Januar nahe der Auguſtusbrücke beobachteten nur 3 ausgefärbte alte Männchen in dem bekannten wundervollen Prachtkleide von mir notirt. Die Säger lagen hier, Kleinere Mittheilungen. 325 zum Gaudium des zahlreich zuſehenden Publikums, welches im Allgemeinen nur von „wilden Enten, aber was für welchen“ ſchwatzte, eifrig dem Fiſchfange ob, zumeiſt mit Erfolg. Bei dieſer Gelegenheit zeigt ſich ihr Naturell inſofern ſtreitſüchtig, als jedes mit einem glücklichen Fange emportauchende Individuum ſofort von den in der Nähe befindlichen Genoſſen umſtürmt wird und öfter ſeiner Beute zu Gunſten eines andern verluſtig geht. Von unvergleichlichem Reiz erſchienen mir die Tauch— künſte dieſes prächtigen Waſſerbewohners. Schließlich ſei noch der Bemerkung Raum gegeben, daß das Vorkommen von M. merganser L. auf ſächſiſchem Gebiete in jüngſter Zeit wieder mehrmals konſtatirt wurde: regelmäßig beſucht er in ſtrengen Wintern die Elbe in ihrem Laufe am Elbſandſteingebirge“); ein anderer Bericht meldet die Erlegung eines Weibchens auf einem Teiche in der Nähe Zwickaus ). Dresden, im Juni 1891. C. R. Krezſchmar. Zu meiner größten Freude halten ſich ſeit dem 6. April in der Umgebung von Schlaupitz zahlreiche Blaukehlchen (C. leucocyana u. Wolfii) auf; im Vor— jahre fehlten ſie gänzlich. Sie kommen bis in die Gärten der Bauern ꝛc. Am letzten Sonntage beobachtete ich am „Schwarzen Graben“ bei Schlaupitz, in einem kleinen Gebüſch, ein Pärchen Weißſternblaukehlchen ſogar bei der Anlage eines Neſtes. Schlaupitz, 28. April 1891. Karl Knauthe. Zutraulichkeit der Amſel (Merula vulgaris). Als ich am 28. Mai er. mit unſerm Vereinsmitgliede Herrn Rörig den Gensdarmenmarkt paſſirte, fiel dieſem eine Zeitungsnotiz ein, wonach eine Amſel (Merula vulgaris) in einem Lorbeerbaume der am franzöſiſchen Dom gelegenen Blumen- und Pflanzen- handlung von Kelm niſten ſollte. Der Fleck (Gärtchen iſt ſchon zu anmaßend) liegt hart an der Jägerſtraße, und wer den Gensdarmenmarkt mit feinem Schau⸗ ſpielhauſe kennt, wird auch wiſſen, welch reges Leben hier herrſcht. Auf unſere Anfrage beſtätigte uns Herr K. die Richtigkeit der Notiz und bezeichnete uns den— jenigen von etwa einem Dutzend Lorbeerbäumen, welcher wohlverborgen die Amſel— wiege tragen ſollte. Im ſelben Moment ſchon erſchien das alte Männchen und bald gewahrte man das Füttern der hungrigen Jungen. Herr K. erzählte noch, die Alten nähmen faſt keine Notiz von den Käufern oder feinen unter den Bäumen ſpie⸗ lenden Kindern. Als wenige Tage zuvor (22. Mai) ein ſchweres Gewitter herauf— zog, wurden die Lorbeerbäume unter Dach gebracht. Um aber die Vögel nicht zu ſtören, ließ K. den einen ſtehen und hielt bei dem rieſigen Sturme den Stamm feſt, während das Weibchen ruhig auf dem Neſte verblieb. Heute nun hörte ich mit Ver— gnügen, daß nicht nur die mir bekannte, ſondern noch eine zweite Brut glücklich ) efr. dieſe Monatsſchr. 1889. S. 314. ** cfr. dieſe Monatsſchr. 1889. S. 552. 326 Litterariſches. ausgeflogen iſt. Der großen Fürſorge des Herrn Kelm gebührt jedenfalls Aner⸗ kennung. Als wir an jenem Abende am Schauſpielhauſe vorbeigingen, ließ ſich eben der Amſelhahn auf dem Broncelöwen nieder und erfreute uns noch durch ſein Lied. Den Logenſchließern aber, welche auf der Freitreppe verſammelt waren, ſah man es an, daß er ihnen ein lieber Bekannter war. Der Grund für dieſe große Zutraulich⸗ keit der Amſel iſt nach meiner Anſicht in der geradezu rieſigen Vermehrung zu ſuchen, wodurch trotz der auf allen Plätzen geſchaffenen prächtigen dichten Gebüſch⸗ Anlagen an Niſtgelegenheiten kein Ueberfluß iſt. Berlin, 10: Juli 1891. Herm. Bünger. Litterariſches. Gütte, Heinrich, Die Vogelwarte Helgoland. Herausgegeben von Prof. Dr. R. Blaſius. Braunſchweig, 1891. Gr. 80. XII. 609 S. Mit dem Bildniß des Verf. in Lichtdruck. Preis 14 , elegant gebunden 16 4%. Nicht weniger als drei Mal ermahnte mich Prof. Liebe, die Recenſion dieſes, einen Abſchnitt in der Geſchichte der Ornithologie Europa's bezeichnenden Werkes nicht über zwei Druckſeiten gehen zu laſſen, wohl wiſſend, daß die Gefahr groß ſei, ſich in einer nur ſkizzenhaften Andeutung der Schönheiten und des überreichen Inhalts deſſelben bogenweiſe zu verlieren. Von A bis Z iſt das Buch in einem überaus feſſelnden, anmuthigen, ja poetiſchen Stil geſchrieben, welcher im Leſer die Sehnſucht, jenes vogel⸗ beglückte Eiland ſelbſt zu ſtudiren, auf das Lebhafteſte anregen muß. Es iſt ein be⸗ ſonders günſtiges Zuſammentreffen, daß der Autor, einer der eminenteſten Vogel- beobachter, die je lebten, gleichzeitig Künſtler, Maler iſt, wodurch ſeine Auffaſſung der Natur von der idealen Seite, die in der Behandlung des Stoffes durchgehends zur Geltung gelangt, auf das Kräftigſte unterſtützt wird. — Wir geben, ſoweit es der knappe Raum geſtattet, weiter unten einige Proben ſeiner herrlichen Darſtellungsart und gehen auf den allgemeinen Theil etwas näher ein. Nach dem Vorwort des Herausgebers und Autors folgt die in 9 Abſchnitte getheilte große Abhandlung „Der Zug der Vögel“ (153 Seiten), welche des neuen und überraſchenden eine erſtaunliche Fülle enthält. „Der Zug im Allgemeinen auf Helgoland“ wird nach Monaten geſchildert; die Palmén'ſche Theorie, die Vögel folgten „dem ärmlichen Lauf eines Fluſſes“ (S. 41) als unhaltbar bewieſen, unumſtößlich bewieſen; wir erſehen (Richtung des Wander- flugs, S. 27), daß Krähen und andere Arten die Fähigkeit beſitzen, ſich beliebig einer ſeitwärts gerichteten Flugbewegung und willkürlicher Beſchleunigung derſelben zu be⸗ dienen, um ſtärkeren ihnen event. von hinten ins Gefieder wehenden Winden zu entgehen; damit wird die Frage: „ziehen die Vögel mit oder gegen den Wind?“, die ſo viele unnütze theoretiſche Auseinanderſetzungen vom grünen Tiſch aus erlebte, erledigt, denn Gätke giebt förmlich das Recept, die Beobachtung zu beſtätigen. Den Verkündigern der Zugſtraßen längs der Küſten erklärt Gätke, daß ſie ſich in einer immenſen Zugfront befanden, wenn ſie glaubten, die exacteſte Beſtätigung ihrer Beobachtungen zu erfahren (S. 34). Im Capitel „Höhe des Wanderflugs“, vielleicht dem intereſſanteſten des ganzen Buches, wird gezeigt (S. 53, vgl. auch 597), wie unerklärt und unerklärlich das Tauchen, d. h. das ſpontane tiefere Verſenken des Vogelkörpers unter Waſſer iſt, an der Hand der einfachſten phyſikaliſchen Geſetze, — im Anſchluß daran, wie räthſelhaft das Aufſteigen in Höhen iſt, in welchen kein Menſch mehr zu athmen im Stande iſt. Die eigenartige Beeinfluſſung des Wetters, ſpeciell des Dunkels der Nacht auf die Höhe Litterariſches. 327 des Zuges (S 59) lehrt uns erkennen, wie außerordentlich wenig poſitiven Nutzen für die Wiſſenſchaft die meiſten ſog. Zugbeobachtungen haben, wenn ſie nicht unter genaueſter Rückſichtnahme auf die meteorologiſchen Verhältniſſe angeſtellt werden. Welche Auf- regung im Publikum Gätke's erſtauliche Mittheilungen über die „Schnelligkeit des Wanderflugs“ hervorriefen (S. 72) beweiſt der Umſtand, daß eine Aeußerung R. Blaſius' darüber aus einem Vortrage in den Briefkaſten des — Kladderadatſch ſeinen Weg fand! Die Zahlen der Fluggeſchwindigkeit der Vögel erreichen geradezu ſchwindelnde Höhen; während die ſchnellſten Eiſenbahn-Züge in Europa ſelten die Ge— ſchwindigkeit von 70 km per Stunde überſchreiten und nur Privatextrazüge mit Trans⸗ miſſions⸗Locomotiven und etwa der zwiſchen New-Pork und Benton einige Zeit verkehrende „Zeitungszug“ auf 92— 100 km kamen,) legen Blaukelchen, Krähen und vollends der virginiſche Regenpfeifer 353, 203 und 396 km die Stunde, der letztere alſo faſt eine geogr. Meile in der Minute zurück! Zur Ermöglichung derſelben nimmt G. (S. 74) andere Factoren als mitwirkend an, als die mechaniſchen Bewegungswerkzeuge, mit denen die Vögel ausgeſtattet ſind. Im Kapitel „Meteorol. Beeinfluſſungen des Zuges“ kommt G. auf den ſog. Rückzug zu ſprechen (S. 85), welchen er auf normale Temperatur- wechſel zurückführt. Der Nebel (S. 87) iſt von beſtimmenden Einfluß auf die ziehenden Vögel, ebenſo auf die ziehenden Schmetterlinge (S. 90); ferner Gewitter und Wetter- leuchten (S. 91), welches auch für die Züge der Libellen (S. 91) von großer Be— deutung wird. Das Kapitel „Zug nach Alter und Geſchlecht“ wirft einen ganzen Haufen traditionell übernommener nnd „von Geſchlecht zu Geſchlecht wie eine ew'ge Krankheit ſich fortſchleppender“ Irrthümer über den Haufen (S. 112, 113). Das muß man leſen! Es wäre ein Frevel, ſich mit einem Referat zu begnügen! In den „Ausnahmsweiſen Erſcheinungen“ verlangt der Autor vom Leſer, daß er es verſteht, viel zwiſchen den Zeilen zu leſen (S. 118), während im übrigen das ganze Buch auch von dem nicht ſpeciell ornithologiſch vorgebildeten Leſer mit größtem Nutzen geleſen werden kann! — Die vielfältigen „Erklärungen“, „was die Vögel während ihrer Züge leite“, geißelt G. ſämmtlich als hinfällig (S. 141); ſeine Beweiſe entlehnt er zum Theil anderen Thierklaſſen (Hund, Schmetterlinge). Er begnügt ſich beſcheiden damit zu ſagen, „ignoramus“. ohne ein „non possumus“ oder gar „ignorabimus“ zu befürworten (S. 146). Im Schlußkapitel „Was veranlaßt den Aufbruch zum Zuge?, tritt G. der auch auf deutſchen Hochſchulen vom Katheder herab verkündeten platten Auffaſſung entgegen, daß Kälte und Nahrungsmangel die unmittelbaren Urſachen ſeien (S. 149). Den II. Abſchnitt im allg. Theil bildet eine ſehr werthvolle Abhandlung über den „Farbenwechſel der Vögel durch Umfärbung ohne Mauſer“, auf den wir aus Platzmangel hier nur hinweiſen. Dann folgt der ſpec. Theil über die auf Helgoland innerhalb mehr als 50 Jahren beobachteten 396 Vogelarten; bei einzelnen finden ſich Sätze allg. Inhalts, jo bei Pernis, C. corone, cornix, Lan. major, Musc. parva, T. merula, Reg. flavicapillus, Otis tetrax, Genus charadrius, Char. morinellus, Sc. rusticula, An. nigra, Lar. argentatus. Daß der zu ängſtliche Vogelſchützler noch wenig Anlaß zu Befürchtungen über das Abnehmen der Vögel hat, ergiebt fih aus den Zahlenreihen, welche bei der Feldlerche (S. 367) und Waldſchnepfe (S. 497) z. B. ans geführt werden; gegen voreingenommenen Thierſchutz ohne wiſſenſchaftliche Prüfung der Verhältniſſe polemiſirt mit Recht der Verf. beim Bergfinken (S. 402) und Hausſpatz (S. 416). Letztere Art iſt für Helgoland merkwürdigerweiſe Zugvogel (S. 417). Das ſonſt nur bei Geiern und anderen großen Raubvögeln conſtatirte Witterungsvermögen auf bedeutende Entfernungen iſt am — Kreuzſchnabel (S. 424) in unheimlich-unerklär⸗ licher Weiſe beobachtet.“) ) v. Schweiger⸗-Lerchenfeld, Das eiſerne Jahrhundert. Wien, Peſt, Leipzig, 1885. S. 47, 223. ) Bei Larus Rossi (S. 58) wird bemerkt, daß das Ei noch nicht bekannt ſei; das einzige ſichere Ei der Art beſitzt Herr Clemens Weller in Kopenhagen; wir ſahen es in ſeiner Sammlung. 328 Litterariſches. — Anzeigen. Nur in ſeltenen Fällen giebt G. ganze Auszüge aus ſeinen ornith. Tagebüchern (S. 303); hätte er ſie alle verbotenus mitgetheilt, wie würde man es mit Jubel und Dank begrüßt haben! G. hält an der alten, einfachen Linne-Naumann'ſchen Nomenclatur feſt, neben welcher er einige klaſſiſche Werke citirt und die inſularen Trivialnamen anführt. Auf das angenehmſte berührt die liebevolle Pietät gegen den „Altmeiſter“ Naumann, die das ganze Buch durchweht. Eine gleiche Achtung werden wir und unſere Descendenten vor dem greiſen Vogelwärter Helgolands ſtets wahren! Die oftmals mit geſundem Humor (Storch, Kibitz, Lumme) gewürzte Darſtellung zeigt Perlen poetiſcher Auffaſſung, von denen wir am Schluß dieſes denkbar kurzen Referats einige Proben geben: „Wie klein und wunderbar mag ihr (der Feldlerche) dieſe Inſel erſcheinen, wenn ſie während ihres Geſanges, unter zitternden Flügelſchlägen ſich bis zu tauſend und mehr Fuß über dieſelbe erhebt, und ein wie befremdend Bild muß ihr die unbegrenzt wogende Meerfluth darbieten im Vergleich mit den wogenden Korn⸗ feldern, über welche in anderen Jahren ihre Strophen dahin klangen.“ (S. 365.) „Federleicht, das Waſſer kaum berührend, bald hier-, bald dorthin ſich wendend, läßt der Waſſertreter ſich von der heranrollenden Woge bis ganz dicht an das Land tragen, von dem klaren Kamm derſelben ſich ſtets erſt dann erhebend, wenn dieſer als Brandung zuſammen bricht; dies geſchieht aber immer ſo im äußerſten letzten Moment, daß jedesmal die Befürchtung ſich regt, das Vögelchen würde mit dem Waſſer herunter ſtürzen und im rollenden Schaume begraben werden; es ſchwimmt aber ſchon wieder emſig auf der nächſtkommenden Welle herum. Stundenlang habe ich oft an der äußerſten Spitze des Dünenſtrandes geſeſſen, verſunken in den Anblick der Vertrautheit eines ſo zarten Ge⸗ ſchöpfes mit dem in jeder Bewegung ſo gewaltige Kraft entwickelnden Elemente.“ (S. 328.) „Stunden ſo vertraulichen Verkehrs inmitten hunderter der verſchiedenartigſten dieſer lieblichen Geſchöpfe (Pieper) zählen zu den genußreichſten der ganzen Vogelforſchung.“ (S. 361.) „Unſer winziger Freund (ein junger Laubvogel) ſchwebt in ungekannter Höhe im dunkelnden Blau, anſcheinend hülf- und rathlos; dennoch aber breitet er ohne Zaudern und mit völliger Sicherheit ſeine zarten Fittiche dem fernen Ziel entgegen. Nach wenigen Stunden umgiebt ihn vollſtändige Nacht, aber unbeirrt geht ſein Flug dahin durch den ſtillen pfadloſen Raum; tauſende, vielleicht viele tauſend Fuß tief liegt die Welt unter ihm, unerkennbar, und vermöchte er auch in dunklen Umriſſen die Form von Land und Meer zu unterſcheiden, was hülfe es ihm, alles iſt fremd, er hat es nie geſehen und nichts könnte erdenklicher Weiſe als Richtzeichen ihm dienen.“ N München, Ende Juni 1891. Paul Leverkühn. Berichtigung. In meinem Artikel: „Ueber eine intereſſante Schwarzſpecht⸗Höhle“ (Nr. 9) iſt der allerdings nicht naturwiſſenſchaftliche Ausdruck „Laubkrone“ (S. 249) für einen Nadelbaum beanſtandet. Ich bitte ihn in „Giebeltheil“ zu ändern. — Das Datum „6. Mai 1890“ und der Ort „Dachau“ auf derſelben Seite iſt in „Juni 1890 Kirchſeeon“ zu verbeſſern. Paul Leverkühn. Anzeigen. Die Liſte der im Zoologiſchen Garten zu Dresden verkäuflichen Thiere als Hirſche, Hunde, Hühner, Tauben, Enten re. iſt gratis zu beziehen. Die Direction. A Kaliforniſche Schopfwachteln, prachtvoll im Gefieder, pro Paar 18 Mark, empfiehlt A. Underborg in Ham burg, Schulterblatt 156. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. < f ff DAH N 8 * N LS AN I = 9 "ii "Nee U h N 1 I 2 2 2 ni | 10 S * Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von CC 8 5 N . £ : 8 Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, ee e ee ee 5 Aſſiſtent Rohmer in Zeitz erbeten. und erhalten dafür die Monats⸗ ; : ; a 4 BETT ſchrift unentgeltlich u. poftfrei. zweitem Vorſitzenden des Vereins, Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ e \ Dr. Frenzel, Dr. Rey, der finden koſtenfreie Aufnahme, Das Tr beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. owe der Saum 62 gestatten XVI. Jahrgang. Auguſt 1891 (zweite Lieferung). Ur. 12. Inhalt: K. Th. Liebe: Zum Vogelſchutz. III. O. v. Löwis: Einige Mittheilungen aus Livland. H. Schacht: Der Zaunkönig als Hausvogel. Rich. Schlegel: Ueber Abnahme einiger Vogelarten in meinen Beobachtungsgebieten. Carl Parrot: Ornithologiſches aus dem britiſchen Muſeum. J. Moesmang; Die Zwergohreule (Ephialtes Scops K. a. Bl., Scops Aldrovandi Flem., Scops carniolica Bp.) in Gefangenſchaft. L. Buxbaum: Ein Eldorado für Singvögel. — Kleinere Mittheilungen: Einmauerung von Sperlingen durch Hausſchwalben. Der Bartgeier in den Karpathen. Ein Droſſelrohrſänger auf ganz trockenem Flußufer. — Bücher-Vorlagen aus der Biblothek Leverkühn. I. A. In deutſcher Sprache. — Anzeigen. Zum Vogelſchutz. Von K. Th. Liebe. III. Oft genug hört man Stimmen, welche ſich gegen den Fang oder Abſchuß eines Vogels zum Behuf wiſſenſchaftlicher Unterſuchungen und Beweisführungen ausſprechen. 23 330 K. Th. Liebe, Gegen das Gefühl, welches ſolchen Ausſprachen zu Grunde liegt, wollen wir nicht ſchroff auftreten, denn es hat ſeine Berechtigung als ein Gefühl des Mitleids und der Barmherzigkeit. Aber Gefühle ſollen immer unter der Herrſchaft des überlegen— den Verſtandes ſtehen. Die Zerlegung eines menſchlichen Leichnams mittelſt des Meſſers widerſtrebt auch dem Gefühl; und doch iſt die anatomiſche Zergliederung für die Wiſſenſchaft an ſich wie für die einſtige gedeihliche Berufsthätigkeit der jungen Heilkundigen eine abſolute Nothwendigkeit. Wir müſſen uns daher gegen jegliche Hinderung rein wiſſenſchaftlicher Beſtrebungen auf dem Gebiet der Ornithologie ausſprechen, und dürfen dabei jenen Gefühlsregungen, welche generaliſirend den Fang eines Vogels abſolut, alſo auch für wiſſenſchaftliche Zwecke verbieten wollen, durchaus keine ausſchlaggebende Stimme geſtatten. Uebrigens aber, — es ſei das zur Beruhigung allzu ängſtlicher Gemüther ge⸗ ſagt, — wie viel giebt es denn wirkliche Ornithologen von Fach? Es ſind deren herzlich wenige. Man verwechſele nur den Begriff „Freunde der Vogelwelt“, deren es recht ſehr viele geben möge und nie genug geben kann, und auch ſogar den Be— griff „Freunde ornithologiſcher Forſchung“ nicht mit dem Begriff „Ornithologen vom Fach“. Der letzteren giebt es in der That gar wenige, und dieſen Wenigen darf das Recht gründlicher wiſſenſchaftlicher Unterſuchung nicht verkümmert werden. Auf der andern Seite aber iſt nicht zu verkennen, daß in unzähligen Fällen ganz unverantwortliche Schädigungen der Vogelwelt mit der Ausrede „zu wiſſen— ſchaftlichen Zwecken“ entſchuldigt werden, wo doch nur ungezügelte Schießwuth und die Sucht, für den Augenblick etwas „Rares“ zu beſitzen, dem Thun und Treiben zu Grunde liegt. Am widerwärtigſten äußert ſich ſolcher Jagdeifer allerdings dann, wenn der glückliche Jäger die Beute triumphirend mit ausgebreiteten Flügeln an ſein Scheunenthor nagelt und ſich auf ſolche Weiſe vor aller Welt brüſtet. So findet man namentlich Raubvögel, Eulen, Reiher und andere Stelzvögel angenagelt, — alſo Vögel, die überdies noch als „jagdſchädlich“ ohne Unterſchied der Art der Verfolgung ausgeſetzt ſind. Namentlich fällt darunter die eigentlich doch nur nützliche Sumpfohreule und der plumpe, leicht zu erlegende Mäuſebuſſard zum Opfer. Indeß darf man doch nicht überſehen, daß dergleichen Scheunenthorkollektionen in der neueren Zeit weit weniger anzutreffen ſind und immer ſeltener werden. Die Urſache hierfür liegt aber nicht in einer vernünftigeren Handhabung der Gewehre und Fangapparate, ſondern vielmehr darin, daß es auf der einen Seite jetzt mehr Leute giebt, welche die Kunſt des Ausſtopfens verſtehen, und daß auf der anderen Seite weit mehr kleine Samm— lungen ausgeſtopfter Vögel angelegt werden wie früher. Gar mancher glückliche Schütze läßt ſein rara avis, ſtatt ſie anzunageln oder nach kurzer Friſt als ver— gängliche Herrlichkeit auf den Düngerhaufen zu werfen, fein ausſtopfen und ſtellt 1 Be Zum Vogelſ chutz. 331 ſie auf Schränken oder auch an den Wänden als Schmuck und Trophäe auf. Nach längerer oder kürzerer Friſt haben dann Fliegen und Staub, bei unzureichender Vergif— tung auch wohl die Motten und Pelzkäfer die Präparate auch in die Rumpelkammer oder als Scheuche auf die Pflanzenbeete gebracht. Wenige nur bergen ſolche Präparate unter Glas und Rahmen oder in Glasſchränken, und ſolche ſammeln dann wohl auch weiter und gewinnen wirklich wiſſenſchaftliches Intereſſe an der Sache. Das ſind eben aber doch nur Ausnahmen. Eine andere Art kleiner Sammlungen, welche in neuerer Zeit vielorts angelegt werden, und in welche der glückliche Schütze gern ſeine Beute abliefert, ſind die Schulſammlungen. Der Unterricht ſoll anſchaulich fein — das iſt ein Grund⸗ ſatz, den die Neuzeit mit vollſtem Recht als eine kategoriſche, nicht zu umgehende Forderung hingeſtellt hat. Zur Veranſchaulichung aber dienen in dieſem ſpeziellen Fall ausgeſtopfte Vögel. Bloße konſervirte Bälge, wie ſie der wiſſenſchaftliche For— ſcher ſich für ſeine Zwecke herſtellt und ſammelt, können hier nicht dienen, — es müſſen ausgeſtopfte Thiere ſein in lebenswahrer Stellung. Derartige Schulſamm— lungen werden gar viele angelegt und die Zahl der Vögel, welche in denſelben ihre Mumienkammer finden oder finden ſollen, iſt eine weit größere, als die meiſten nur ahnen. — Wir ſind weit davon entfernt, eine zweckmäßig angelegte kleine Sammlung ausgeſtopfter Vögel als Unterrichtsmittel perhorreſciren zu wollen, aber wir können nicht umhin, auf eine Anzahl Mißbräuche aufmerkſam zu machen, welche ſich mit dieſen Sammlungen zu verbinden pflegen. Zuerſt behalten diejenigen Leute, welche einen Vogel, der nicht gut anders zu verwenden iſt, erbeutet haben, dieſen gewöhnlich eine Zeitlang bei ſich, theils um ihn dem oder jenem Bekannten zu zeigen und ſich des Jagdſtückes recht lange zu er— freuen, theils aus Bequemlichkeit und Sorgloſigkeit. Darüber wird es zu ſpät und kann bald kein Präparator der Welt das unglückliche Jagdobjekt mehr konſerviren, weil es zu ſehr zerhudelt und ſchon der Zerſetzung verfallen iſt; es muß eben ſchließlich weggeworfen werden. — Sodann aber ſind ſolche Präparatoren, welche wirklich gut und lebenswahr ausſtopfen, recht ſelten — weit ſeltener als man im Publikum meiſt annimmt. Welche Monſtra von Vögeln ſieht man in derartigen Sammlungen! Zu abſcheulicher Länge ausgereckte und verdünnte Hälſe, ſtruppige und bucklige Rücken ſchwindſüchtig verſchwindende Bäuche, verſchwundene Schenkel, unnatürlich aufge— ſchürzte Läufe, verkrümmte Beine, total falſchfarbige Augen, falſch angelegte Flügel, unrichtige Standgerüſte ſind ganz gewöhnliche Vorkommniſſe: und an ſolchen Objekten ſoll die Jugend ſich richtige Anſchauungen bilden! Dann ſind gute Abbildungen tauſendmal beſſer und — weit billiger zu erwerben. Ein gut ausgeſtopfter Vogel iſt freilich ein Kunſtwerk, welches als Anſchauungsmittel der Abbildung vorzuziehen iſt. Wir haben in Schulſammlungen wenn auch nicht fo ideal-vollkommene Präpa— 23 * 332 ö O. v. Löwis, rate, ſo aber doch recht gute geſehen, welche Zeugniß von der Tüchtigkeit ihres Meiſters ablegten. In der Mehrzahl aber waren auch derartige Exemplare unſcheinbar ge— worden. Ein hermetiſch ſchließender Schrank iſt nicht leicht herzuſtellen und immer ein koſtſpieliger Gegenſtand; Staub und Ruß aber dringen überall ein, wo der Schluß nur im geringsten undicht iſt; daher ſehen die Präparate in vielen Samm- lungen in kurzer Friſt unſcheinbar aus. Nehmen wir zuletzt noch hinzu, daß ein gut ausgeſtopfter Vogel mit größter Behutſamkeit und Vorſicht getragen und ge— handhabt ſein will und daß unberufene Hände ihn nicht berühren dürfen, wenn er nicht in Bälde unordentlich und zerſtrobelt ausſehen ſoll, dann wird unſre Meinung noch mehr modifizirt, denn oft ſind die gegebenen Verhältniſſe derartig, daß an ſolche Vorſicht gar nicht gedacht werden kann, und unberufene Hände nicht fernzu- halten ſind. | | | Nehmen wir nun zu dem Allen noch den Ausſpruch, den wir von tüchtigen und bewährten Lehrern wiederholt gehört, daß nämlich für den Unterricht einige wenige aber gut ausgeſtopfte Exemplare von Vögeln, und zwar von den gewöhn— lichſten, den Kindern ſchon äußerlich bekannten Arten, nicht bloß hinreichend, ſondern gerade recht wären, daß eine größere Anzahl vorgeführter derartiger Präparate eher ſchädlich wie nützlich wirke, daß ſolche Präparate nur auf den unterſten Lehrſtufen am Platze und auf den höheren Stufen durch Abbildungen zu erſetzen ſeien, — dann kommen wir zu dem Reſultat, daß auch die Schulſammlungen das vom Muth⸗ willen oder bloßen Schießeifer veranlaßte Wegſchießen ganz oder relativ unſchädlicher Vögel nicht rechtfertigen können. Einige Mittheilungen aus Livland. Von O. v. Löwis. 1. Der ſtarke Sperber. Als wir am Sonnabend den 16. (28.) März d. J. um Mittagszeit in dem parterre gelegenen Speiſezimmer in Meiershof zu Tiſche ſaßen, ſah ich zwei größere Vögel unmittelbar die drei zum Küchenhof zeigenden Fenſter in merkwürdigem Haſchen und Flattern ſtreifen und ſchließlich als ein Klumpen zu Boden ſtürzen. Sofort zum betr. Fenſter eilend, erblickte ich vor demſelben kaum 3 Fuß von mir entfernt einen Sperber mit wildblickenden Augen auf einem bereits vollſtändig regungslos verendeten Markwart (Eichelhäher) eingekrallt hocken. Der geringen Größe und hellen Färbung nach ſchien es mir ein Männchen zu ſein, welches binnen 2 — 3 Secunden nur durch ſeine kräftigen Fußgriffe den Häher mauſetodt geſtreckt hatte. Ein fo raſches Ver- enden eines gleich großen Vogels unter Raubvogelkrallen erinnere ich mich nicht früher zu beobachten Gelegenheit gehabt zu haben. Der ſiegende Mörder ſchien mir Einige Mittheilungen aus Livland. 333 ſogar kleiner und namentlich ſchmächtiger als der unglückliche Beſiegte zu ſein. — Trotzdem ſchwang ſich der energiſche Sperber, nachdem wir uns durch das Fenſter etwa 5 Secunden lang angeſtarrt und wir offenbar unſere Augen nicht als ſolche eines Freundes erkannt hatten, mit ſeiner ſchweren und großen Beute empor und überflog in leichtem Bogen einen Hausflügel und dann geradeaus ſteuernd das ziemlich hohe Dach des Pferdeſtalles mit ausgeſtreckten Beinen, an denen der Häher tief herabhing! Als ich mit dem Gewehr dem Fliehenden nacheilte, hatte er wahrſcheinlich ſchon den ſchützenden Waldpark erreicht, da ich ihn trotz eifriger Nachſuche weder im Garten noch ſonſt wo in der eingeſchlagenen Richtung aufzufinden vermochte. — Demnach war der ſtarke Sperber in Dachhöhe über die Obſtbäume hinweg circa 300 Schritte weit mit ſeiner Beute fortgeſtrichen! Wahrlich eine herkuliſche Leiſtung, wenn man bedenkt, daß der Häher mit ſeinem Körpergewicht dem mageren Leibe des en nicht nachſtehen 8 2. Vogelzug-Motizen. Am 23. Februar (7. März d. J. bemerkte ich die erſten offenbar ſchon nord— wärts zurückziehenden Schneeammern, etwa 15 bis 20 Stück, während eines heftigen S.⸗W.⸗Windes mit theilweiſen Schneeſtürmen und Schneefall. Die erſten Feldlerchen rückten früh Morgens 6 Uhr bei uns am 28. Februar (12. März) ein, um bereits um 10 Uhr Vormittags an drei verſchiedenen Feldflächen ihren längſt erſehnten Sing-Sang erſchallen zu laſſen, welcher ſo wunderbar das oft winterlich ſchlummernde Gefühl des Nordländers zu neuen Hoffnungen zu beleben und zu erwärmen verſteht! Weitere Lerchen folgten nur ſpärlich, bis ſehr ſchlimmer Witterung halber nicht nur der Zuzug unterblieb, ſondern ſogar ein deutlicher Rückzug erfolgte; Maſſendurchzug fand nicht ſtatt. Am 16. (28.) März trafen die erſten Hänflinge in's ſchneeige Land ein — ohne Geſang, nur verzagt lockend. | In der Wenden'ſchen Umgegend erſchienen die erſten Waldſchnepfen ſehr ſpät zwiſchen dem 2. (14.) und 5. (17.) April; 8 Tage ſpäter gab es bereits ziemlich viele und auch einige ſpärliche Beute. In Riga ſoll die erſte Schnepfe am 13. (J.) April von einem Delikateſſen⸗Jäger mit 3 Rubeln . worden ſein; ſpäter koſtete das Paar 2 Rbl. und 1 Rbl.! Am 6. (18.) April machte ſich ſpät Abends im Dunkeln ein ziehender Fiſchreiher als erſter durch ſein lautes, ſchauerlich tönendes Krächzen weithin ſehr bemerkbar. Am 11. (23.) April hörte ich früh Morgens den Baumpieper, ſpäter nach Sonnen— aufgang den Weidenzeiſig (Laubvogel) ſingen, am Abend deſſelben Tages ſogar mehrere Am 17. (29.) April kreiſten die erſten Rauchſchwalben und am 23. April (5. Mai) auch Fenſterſchwalben umher. Am 20. April (2. Mai) erſchallte endlich der Ruf des Kuckuks; gewöhnlich trifft der Kuckuk bei uns einige Tage vor der Rauchſchwalbe oder gleichzeitig ein. 334 O. v. Löwis, Am 26. April (8. Mai) ſchlugen bei Wenden 4 Sproſſer; man will ſogar 3 Tage früher um Mitternacht einen Sproſſer (bei uns ſchlechtweg Nachtigall genannt) im Aathal gehört haben — möglich wäre es ſchon! Am 4. (16.) Mai ſchnarrte der erſte Wachtelkönig im ſprießenden Korn, am 15. (27.) war erſtmalig der gemüthliche Dactylus der bei uns ziemlich ſeltenen Schlagwachtel, und am 16. (28.) Mai der helle, ſchöne Ruf des ſpät anreiſenden Blutfinken hörbar. Unter ſehr jäh wechſelndem Wetter haben die Gäſte heuer viel zu leiden; hoffentlich wird das Brutgeſchäſt günſtig verlaufen. 1 3. Horftende Uhus. Im März d. J. hatte ich unter Meiershof im Aathal wiederholt den Balzruf des Uhu vernommen, fand aber ſpäter, einer Reiſe nach Südweſt-Deutſchland halber, keine Zeit, dieſer nicht unwichtigen Thatſache meine Aufmerkſamkeit zu widmen. — Am 19. April (1. Mai) ſaß ich kurz vor Sonnenuntergang in meinem Parkwalde unweit der Aa auf einer Ruhebank; das geladene Doppelgewehr auf den Knien haltend, lauſchte ich dem herrlichen Geſang der Vögel und war von wehmüthigen Abſchiedsgedanken erfüllt, denn nach 5 Tagen mußte die Uebergabe meines ungewöhnlich ſchönen Land⸗ gutes an einen Käufer deſſelben ſtattfinden. — Da ward ich jäh aus meinen Träumereien geriſſen, denn unverſehens flog nahe vor mir ein Uhu vorüber, den zwei Schüſſe alſobald zu Boden ſtreckten. Es war ein nicht ſehr altes Männchen mit rein weißem Kehlfleck und ſehr dunkler Rückenzeichnung, welches die Flugrichtung zu dem etwa 200 Schritt entfernten Sandfelſen, einem beliebten Horſtplatze, ein⸗ gehalten hatte. Am andern Tage begann die Horſtſuche mit zwei gehörig mit Seilen und Rollſteinen ꝛc. ausgerüſteten Knaben, denen ſich ein ortskundiger Mann noch zugeſellte. Letzterer entdeckte nach längerer, vergeblicher Ausſchau das auf dem Horſt ſehr feſt ſitzende Weibchen. Des Frühjahr-Hochwaſſers wegen konnte ich zu dem Sand— felſen nicht näher als circa 40 Schritte hinzugehen. Trotz dieſer Entfernung konnte ich deutlich die obere Hälfte des Kopfes mit den dunklen Ohrfedern wahrnehmen. Auf einem unbedeutenden Vorſprunge war der Horſt in einer leichten Sandmulde gänzlich kunſtlos aus ſehr wenig Material hergerichtet. — Ich zielte genau auf den Kopf und gab Feuer mit Haſenſchroten; ein mehrmaliges Schlagen mit den großen Flügeln wie in Todeszuckungen; die darnach eintretende Ruhe ließ mich glauben, der Uhu ſei verendet. Nun befahl ich einem der kletternden Leute, ſich am Seil haltend hinabzulaſſen und den Uhu zu ergreifen. Als die Hand aber zufaſſen wollte, entwich mit kräftigem Flügel— ſchlag der Todtgeglaubte, flog an mir auf etwa 30 Schritt vorüber und erlag erſt einem zweiten Schuß in jähem Tode. Ein ſehr großer, völlig nackter Brütefleck zeigte von lang dauerndem Brutgeſchäft; ſonſtige Merkmale brachten mich zu der Anſicht, daß dieſes Weibchen kein ſehr alter Vogel, vielleicht nur einjährig ſei. Bei Beſichtigung Einige Mittheilungen aus Livland. 335 des Kopfes conſtatirte ich, daß vom erſten Schuß nur ein einziges Schrot getroffen hatte, und neben dem Schnabel einſchlagend, den Gaumen verwundend, unterhalb des Gehirns nicht tödtlich eingedrungen war. Das Flügelſchlagen hatte alſo nur eine Erſchütterung, vielleicht eine momentane Betäubung zur Urſache. — Welche Mutterliebe und welchen Muth bewog den Uhu, trotz Verwundung auf den Jungen ſitzen zu bleiben, jedenfalls eine ſo treue Pflichterfüllung, eine den Tod verachtende Fürſorge, wie eine ſolche weder in der Thier- noch Menſchenwelt oft zu finden ſein dürfte! — Dem Horſt wurden nur zwei, in der Größe ſehr ungleiche, flaumreiche Junge enthoben, denen aber ſchon gelbe Federn reichlich entwuchſen. Sie gewöhnten ſich ſehr raſch ein, waren heißhungrig und fraßen aus der Hand mit Gier viel Fleiſch, wobei Neid und Gezänk an der Tagesordnung waren. Ihr lautes, anhaltendes Gezwitſcher erinnerte an gewiſſe Töne jüngerer Haushühner. — Sehr intereſſant wurde die Fütterung, wenn ich ihnen noch warmes Geſcheide eines Eichhörnchens derart reichte, daß Beide von zwei Seiten her das Schlingen begannen; bald ſtießen die Schnäbel aneinander, worauf ein ſehr lächerliches Kampfesgebahren begann! Unter Ziſchen und Fauchen aus gefülltem Schlunde in halberſtickter Weiſe regnete es Verſuche zu Schnabelhieben, unter Gekicher ſtrampelten die großen, ſchwerfälligen Füße zu vergeblich begonnenem Angriffe — kurz, der Zorn wich nicht früher, bis ich mit einem Scheerenſchnitt dem komiſchen Treiben ein beruhigendes Ende bereitete. Als mich bald darnach eine ſchwere Krankheit darnieder warf, wurden die Jungeulen aus der inzwiſchen bezogenen, engen ſtädtiſchen Wohnung entfernt und einem Lieb— haber verſchenkt, deſſen Wirthſchafterin in gedankenloſer Dummheit den ſtets hungrigen Raubvögeln Salzfleiſch zu freſſen gab, was ſie ſofort einem elenden Tode verfallen ließ. — Mir blieb Nichts von den vier Uhu's, als das ſchöne Bewußtſein, noch in letzter Stunde den Meiershof'ſchen Haſen, Haſelhühnern und anderen geflügelten Waldbewohnern Ruhe und Sicherheit vor dieſen ungeheuer verderblichen Nachbarn geſchafft zu haben, indem ich die beiden Altvögel dem Ornithologen Ernſt von Midden— dorff als Eilgut für deſſen Bälgeſammlung nach Hellenorm zugeſchickt hatte. 4. Verlaſſener Adler-Horſt. Als ich im April d. J. der Auerhahnbalz halber zwei Tage in Schloß Luhde bei Walk anweſend war und mich bei den erfahrenen Forſtbedienſteten nach Raubvogel— Horſten erkundigt hatte, wurde unter Anderem gemeldet, daß ein Steinadlerhorſt beſetzt ſei, während zwei andere circa 20 Werſt abliegende heuer leer ſtünden. Am 11. (23.) April Nachmittags fuhren der Neffe des greiſen Erbherrn Baron W. und ich zu dem vom Hofe mindeſtens 12 Werſt entfernten Adlerhorſt, wobei wir die letzte Werſt wegen allzu ſchlechten Waldweges zu Fuß zurückzulegen hatten. Als wir uns mit allergrößter Vorſicht, wohlbewaffnet dem aus einiger Entfernung durch ſeine 336 O. v. Löwis, enorme Größe ſichtbaren Horſte näherten, ſtrich ein Adler von einer eirca 60 Schritte noch hinter dem Horſt ſtehenden Kiefer flüchtend ab. — Der Horſt erſchien unbeſetzt, denn trotz ſtarken Anklopfens und wiederholten Knüppelwerfens nach dem etwa 16 bis 17 Meter hoch ſtehenden Reiſig-Aufbau ſtrich kein Brutvogel ab. — Ich glaubte anfänglich, daß vielleicht unmittelbar vor dem Ausſchlüpfen der Jungen das Weibchen allzu feſt ſäße, dem war aber nicht alſo. — Nachdem der wildſchonende, alles Raubzeug haſſende Erbherr am folgenden Tage ſämmtliche Adlerhorſt-Bäume in ſeinem 21/3 deutſche Quadratmeilen großen Forſte hatte fällen laſſen, ergab der angeblich bewohnte Horſt, daß er bereits vor einiger Zeit aus unbekannten Gründen verlaſſen geweſen war, denn er enthielt ein einziges ſtark angebrütetes, nicht nur gänzlich erkaltetes, ſondern auch dem Zerſetzungsprozeß bereits theilweiſe verfallenes Ei, welches leider beim Sturz derart zerſchellte, daß es ſich für eine Sammlung als gänzlich unbrauchbar erwies. — Ohne jede directe Störung war das Brutei ſeinem Schickſal überlaſſen worden; dennoch hatte es für die Adler eine gewiſſe Anziehungskraft behalten, da fie ſtets in der Nähe hockend angetroffen wurden, jo noch in der Nacht vom 11. auf den 12. April alten Styls, als der junge Baron W. nochmals um 1 Uhr beim Mondlicht anzuſchleichen verſuchte. Ein Adler bäumte kaum 30 Schritte vom Horſt, ſtrich aber zeitig flüchtend vor dem Nahenden fort. Welcher Feind wäre im Stande geweſen, einen ſo wehrhaften Brutvogel zum Verlaſſen des bereits vorgeſchritten bebrüteten Eies zu bewegen? Ich kann mir dieſe Thatſache nicht erklären! Warum? Der betr. Forſtwart verſicherte wiederholt: von Menſchen läge keinerlei Störung vor. 5. Sproſſer-Räuber. So zahlreich wie heuer ſollen ſeit Menſchengedenken die Sproſſer unmittelbar bei, in und um Wenden nicht erſchienen geweſen fein; angeblich waren 12 —15, bei uns ſchlechtweg „Nachtigallen“ genannte Sproſſer in der nächſten Umgebung und 2 ſogar in Gärten der Stadt fleißig ſchlagend gehört worden. Einige derſelben konnte auch ich, bei halbgeöffnetem Fenſter von meinem Krankenbette aus, ihre herrlich großen Stimmen zur hehren Freude der Menſchen erſchallen laſſen hören. — Nach etwa 10- bis 12tägigem flotten Schlagen nahm plötzlich die Zahl der lieben Sänger in ſehr mißfälliger Weiſe ab, was anfänglich theils der ſchlechten Witterung, theils den zahlreich vagabundirenden Katzen unſerer Kreisſtadt Wenden zur Laſt gelegt wurde, bis eine andere, ſehr unerwartete Löſung allgemein bekannt wurde. Ein noch zufällig am ſpäten Abend auf dem mit ſchönen Bäumen und Zierſträuchern reich beſetzten deutſchen Friedhof luſtwandelnder Polizei-Beamter fand eine lange Schnur mit Vogelleim-Lappen dicht beſetzt längs der umgebenden Hecke verſteckt und anſcheinend von kundiger Hand ausgehängt. — Er confiscirte einſtweilen dieſes Singvögeln Einige Mittheilungen aus Livland. 337 offenbar verderbliche Object und berieth ſich mit ſeinem Vorgeſetzten über die zur Ermittelung des frechen Vogelſtellers einzuſchlagenden Wege und Schritte. — Es wurde zunächſt eine gründliche Inſpection aller Gaſthäuſer vorgenommen und eine Viſitation aller Gaſtzimmer, da man mit einigem Recht Einwohnern des vögelliebenden Städtchens ſolche Schandthaten namentlich in der Brutzeit nicht zutraute. Im beſten Gaſthof Wenden's fand dann die rührige Polizei in einem von zwei aus Riga an— gereiſten „Herren“ beſetzten Zimmer nicht weniger als 10 bereits in Käfige geſperrte und mit Futter verſehene Nachtigallen, wie auch diverſes Fangmaterial. — In Riga bezahlen ruſſiſche Kaufleute, welche große Liebhaber ſingender Stubenvögel zu ſein pflegen, genügend eingewöhnte Sproſſer-Nachtigallen je nach dem Geſangs-Fleiß und der Singart 15 — 25 Rubel per Stück, Geld genug, um zu Fangunternehmungen zu reizen und einen Ausflug geſchickter Vogelfänger nach Wenden zu veranlaſſen; bei derartigen Preiſen kann der Vogelräuber ſorglos im beſten Hötel tagelang gut leben. — Die wohlwollende Polizei befreite darauf ſofort die armen Vögel, welche aus Dank— barkeit alſobald ihre alten Stände einnahmen und allmählich wieder ihren ſchönen Schlag erſchallen ließen. — Die beiden Räuber aber wurden ohne Verzug vor den Friedensrichter geführt, der ſie in ſehr anerkennenswerther und nachahmungswürdiger Weiſe zu je 2 Monaten Gefängnißhaft oder zu einer Zahlung von in Summa 70 Rubeln Pön verurtheilte. — Natürlich wählten die ſchlimmen Vogelfänger die letztere Strafe und verſchwanden ſodann unverzüglich, hoffentlich auf Nimmerwieder— ſehen. — Dieſes ſalomoniſch weiſe Urtheil verdient in weiten Kreiſen bekannt zu werden und bei vielen Richtern in ähnlichen Fällen Nachahmung zu finden! — Erfreulicher Weiſe beginnt auch neuerdings gegen die Katzen, welche wiederholt unter den Augen des Publikums Staare und andere kleinere Sänger auf den Raſenplätzen abfingen, eine ſehr feindſelige Stimmung hierorts überhand zu nehmen, hoffentlich ohne nachzulaſſen bis zum Verderben und Verſchwinden dieſer allerſchlimmſten Vogelfeinde. | 6. Schwarzplättchens Tod. i Nachdem wir von Mitte Mai alten Styls beginnend faſt eine Woche hindurch das ſchönſte warme Sommerwetter mit Gewitter genießen durften und das treib— hausartige Emporſchießen der Gräſer und Blätter, die zauberhaft ſchnelle Entwickelung der reichen Blüthen bewundern konnten, trat am 22. Mai (3. Juni) ſehr rauhes Wetter ein, welches ſchließlich am 24. Mai (5. Juni) von 4 Uhr Morgens beginnend in ein ſiebenſtündiges, durchaus winterliches Schneegeſtöber ausartete, uns harte Nachtfröſte und viel Feuer in die Oefen brachte! Um 7 Uhr früh lag der Schnee 3 Zoll hoch; alle herrlich grünenden und blühenden Bäume beugten ſich unter der fremdartigen Laſt des feuchtkalten Schnees. Ein heftiger Sturmwind trieb große, ſchwere Flocken in Wirbeltanz durch die kühle Luft derart, daß der Ausblick aus 24 338 H. Schacht, Der Zaunkönig als Hausvogel. den Fenſtern kaum 60 Schritt weit reichte. — Ich gedachte mit aufrichtiger Theil⸗ nahme unſerer Singvögel aus dem Süden und deren theilweiſe gewiß ſchon be— gonnenen wichtigen Brutgeſchäfte! 5 Nachdem ſich der Schneeſturm um 11 Uhr Vormittags ausgetobt hatte, wurde mir ein todtes Schwarzplättchen (Sylvia atricapilla) zugebracht, welches vom Sturm an die Glasſcheiben der geſchloſſenen Veranda willenlos und „ſchneeblind“ geſchleudert einen jähen Tod gefunden hatte. — Es war ein beſonders ſchön und rein aus⸗ gefärbtes, muthmaßlich älteres Männchen, deſſen herrlichen Geſang mit vollem Schlußruf die Erzieherin meiner Tochter im benachbarten Garten einige Tage vorher gehört und mir gemeldet hatte. Unter blühenden Pflanzen des Vorgärtchens fand die Beſtattung des zierlichen Vogelleichnams ſtatt. In Livland hauſen die Mönchsgrasmücken, als echte Wald- und Feldgehölz⸗ Bewohner nur ſelten in Gärten und ſehr ſelten in beſchränkten Baumgruppen eines Städtchens. Dieſer ausnahmsweiſe Wohnungswechſel reſp. Verſuch, Stadtbürger zu werden, war dem lieben, glasunkundigen Sänger gar ſchlecht bekommen! Nach eingehenden Erkundigungen hat dieſer abnorme, böſe Schneeſturm noch manchem Vögelchen Schaden und Tod gebracht. — Mehre faſt vollendete Grasmücken⸗ Neſter fand ich darnach derart ſchief gerückt, daß dieſelben verlaſſen worden waren. Die allzu lockere Bauart der Grasmücken kann derartigem Unwetter nicht in jedem Falle Stand halten; die heurigen, bezüglichen Brutgeſchäfte haben gewiß hierdurch weſentliche Verſpätungen erfahren. Der Zaunkönig als Hausvogel. Von H. Schacht. Daß der Zaunkönig ſich das Neſt der Rauchſchwalbe zur Schlafſtätte aus⸗ erkoren, hat ſchon Brehm in ſeinem Thierleben mitgetheilt; daß 5 Stück Zaunkönige einſt in kalter Winterzeit im Neſte einer Hausſchwalbe nächtigten, habe ich ſchon vor Jahren berichtet; daß aber der Zaunkönig ſich das Neſt einer Rauchſchwalbe zur Brutſtätte eingerichtet und darin ſeine Jungen heckt, dürfte als etwas Neues gelten. Dieſer Fall iſt neuerdings eingetreten und zu meiner Kenntniß gelangt durch gütige Vermittelung des Herrn Lehrers Rob. Schnüll in Elbrinxen, einem Dörfchen in Lippe. Mein Gewährsmann ſchreibt mir darüber unterm 26. Mai Folgendes: „Auf der Scheunendiele meiner Wohnung findet ſich jedes Jahr ein Paar Rauchſchwalben ein. Dieſes Jahr kamen dieſelben wieder mit Geſang angezogen, doch zu meinem größten Bedauern zogen fie bald wieder ab und find nur noch einige Male ein- und ausgeflogen, jetzt ſind ſie ganz verſchwunden. Da ſonſt alles in alter Ordnung geblieben war, ſah ich das Neſt genauer an und finde hier den Grund, der die R. Schlegel, Ueber Abnahme einiger Vogelarten. — 339 Schwalben vertrieben hat. Ein anderer Vogel hat ſichs darin bequem gemacht, und zwar ein Zaunkönig. Die weite Oeffnung, welche die Rauchſchwalbe oben am Neſte läßt, hat der kleine Baukünſtler zu beiden Seiten mit Moos verſtopft; in der Mitte der Oeffnung hat er einen Eingang freigelaſſen in der Größe, wie es bei allen Neſtern des Zaunkönigs zu ſehen iſt und heute iſt das Weibchen bereits am Brüten. Um nun zu erfahren, auf welchem Wege der Zaunkönig ins Innere des Hauſes ge— lange, ob die Thür oder ein Fenſter offen ſtehe oder ſonſt ein Eingang oder Schlupf— loch vorhanden ſei, bat ich Herrn Schnüll um weitere Aufklärung, worauf am 7. Juni die Nachricht einlief, daß der obere Flügel der Scheunenthür Tag und Nacht offen ſei, daß aber der Zaunkönig immer nur ein kleines, zu ebener Erde befindliches Hühnerloch zum Ein- und Ausfliegen benutze. Gleichzeitig machte mir aber auch Herr Schnüll die intereſſante Mittheilung, daß ſich nicht allein in ſeinem Hauſe ein Zaunkönigneſt im Schwalbenneſte befinde, ſondern daß auch noch zwei Hausbeſitzer ſeines Dorfes das Vergnügen hätten, den kleinen Gaſt auf ihrer Dreſchtenne als Brutvogel beherbergen zu können. Da ſich annehmen läßt, daß die im Haufe aus⸗ gebrüteten und aufgewachſenen Zaunkönige ſpäter bei Gründung eines eigenen Haus— ſtandes wieder im Inneren der Gebäude ſich ein Niſtplätzchen erküren werden, ſo dürfte nach Verlauf von Jahren der Zaunkönig in jenem Dorfe zum wahren Haus- vogel geworden ſein. Daß aber mit dem Einzuge des Zaunkönigs die Rauch— ſchwalben das Haus verlaſſen könnten, läßt ſich nicht gut annehmen, man darf nur nicht verſäumen, ihnen anderweit Gelegenheit zur Anlage eines neuen Neſtes zu bieten. Rauchſchwalbengezwitſcher und Zaunköniggeſang auf dem Hausflur! Kann der Naturfreund ſich Schöneres wünſchen? Ueber Abnahme einiger Vogelarten in meinen Beobachtungs⸗ gebieten. Von Rich. Schlegel. Zu den räthſelhaften Erſcheinungen im Leben der Vögel gehört auch das Sel— tenerwerden mancher Arten innerhalb eines beſtimmten Gebietes, in dem die Exiſtenz— bedingungen für die betreffenden Arten ſtets dieſelben geblieben ſind. In erſter Linie iſt es der Wendehals (Jynx torquilla Linn.), deſſen Abnahme mir ganz be— ſonders auffallend erſcheint. Vor vielleicht 5 Jahren war derſelbe in meiner Heimath Wildenfels eine ziemlich häufige Erſcheinung. Im Obſtgarten bei unſerer Wohnung brüteten zum ganz beſonderen Verdruſſe der Blaumeiſen alljährlich 2 Paare in den kernfaulen Obſtbäumen. Auch in der näheren und ferneren Umgebung des Gartens konnte man allenthalben den charakteriſtiſchen Ruf des Vogels vernehmen. Als Schüler habe ich es mir öfters während der Pfingſtferien zum Vergnügen gemacht, 24* 340 « R. Schlegel, den in die Niſthöhle geſchlüpften Wendehals mit dem Schmetterlingsnetze zu fangen, ohne daß deswegen das occupirte Aſtloch vom freigelaſſenen Vogel verſchmäht worden wäre. Seit 1889 ſchon vermiſſe ich in meinem Tagebuche unter den beobachteten Vögeln von Wildenfels den Wendehals. Ein diesjähriger, vom 10.— 12. Mai dauern⸗ der Aufenthalt, bei dem ich mir u. a. auch die Auffindung des Wendehalſes zur Aufgabe ſtellte, war in diesbezüglicher Hinſicht völlig reſultatlos. Weder von meinem Vater, noch von anderen Vogelkennern und Liebhabern, die ich auf das Fehlen des Vogels aufmerkſam machte, iſt mir bis heute etwas vom „Perlhans“ gemeldet worden. Im Frühjahr 1888 bemerkte ich in meinem jetzigen Wirkungskreiſe einen auf dem Zuge begriffenen Wendehals an einem Waldrande. Am nördlichen Ende des Dorfes brütete noch im vorigen Jahre ein Paar in einem Obſtgarten. In dieſem Jahre iſt es mir auch hier nicht vergönnt geweſen, ein einziges Exemplar des Vogels be- obachten zu können. Bezüglich der Spechtmeiſe (Sitta caesia Meyer) habe ich dieſelben Beobach⸗ tungen gemacht, wie ſie Herr Hofrath Liebe in „Cabanis Journal“ 1878 S. 23 niedergelegt hat. Recht gern und lebhaft erinnere ich mich aus meinen Knabenjahren, wie der Vater aus dem Stellbauer anſtatt eines Zeiſigs eine Spechtmeiſe nahm, die ich dann in nicht geringer Freude in einen geräumigen Käfig ſetzte und mich an ihrem lauten Hämmern erfreute, bis mir der Vater, wohl aus Beſorgniß um ſeine Mehlwürmerzucht, einzureden verſuchte, daß ſich das Thier bald den Kopf beſchädigen werde, worauf ihm dann die Freiheit geſchenkt wurde. Wie oft habe ich mich als Knabe an dem flinken Auf- und Abwärtsklettern der „Blauſpechte“ erfreut, die in ziemlicher Anzahl unſern Obſtgarten belebten. Heute muß ich zu meinem Leidweſen konſtatiren, daß es mir ſchon ſeit mehreren Jahren nicht vergönnt geweſen iſt, einen Kleiber beobachten zu können. Ein mir befreundeter Förſter in der Nähe meiner Heimath überſandte mir vergangenen Winter ein Exemplar mit der lakoniſchen Be⸗ merkung: „ſeltener Vogel“. In hieſiger Gegend, in der ich nun ziemlich 4 Jahre weile, iſt mir noch nie ein Stück zu Geſicht gekommen. Präparator Wilde in Hohenſtein verſicherte mir, daß die Spechtmeiſe „äußerſt ſelten“ geworden ſei. g Unſere anmuthige Gebirgsſtelze (Motaeilla sulphurea, Bechst.) konnte ich an den Bächen meines Wohnortes im vergangenen Jahre ziemlich häufig beobachten. Meine Schulknaben, die ſich infolge meiner Anregungen lebhaft für den Vogel inter- eſſirt hatten und mir ſogar über das Balzſpiel desſelben aus eigener Beobachtung referiren konnten, brachten mir zu verſchiedenen Malen Berichte über Neſter mit Eiern oder Jungen. Ich ſelbſt traf ſie bei jeder Exkurſion in mehrfacher Kopfzahl und konnte ſie in der Nähe meiner Wohnung beim Brutgeſchäft beobachten. In den Wintern 88—89 und 89—90 überwinterten mehrere Stücke hier, und habe ich mehreremale, einmal ſogar im Schulgarten, den angenehmen Geſang vernommen. Ueber Abnahme einiger Vogelarten in meinen Beobachtungsgebieten. 341 Vergangenen Winter nun habe ich hier und in der Umgebung kein einziges Exem— plar auffinden können; ſelbſt alle Nachfragen bei Schulknaben blieben reſultatlos. Am 11. März endlich ließ zu meiner freudigen Ueberraſchung ein Männchen das erſte Mal ſeinen Lobgeſang von einem Baume herab fleißig erſchallen; ich konnte mich aber, da wenig Deckung vorhanden war, nicht weit genug nähern, um aus der Färbung der Kehle das Alter beſtimmen zu können. Später erkannte ich es durch das Glas als einjähriges Männchen, da die ſchwarzen Kehlfedern mit einigen weißen untermiſcht waren. Nach eingetretenem ziemlich ſtarken Schneefall verſchwand das Männchen. Ich vermuthe, daß es aus Nahrungsmangel eingegangen iſt, da mir am 28. März ein Weibchen überbracht wurde, das dermaßen abgemagert und ermattet war, daß es beim Stopfen mit Würmern in der Hand ſtarb. Am 10. April hörte ich von meiner Wohnung aus ein zweites Männchen oft eine Viertelſtunde lang eifrig ſingen. Bei der vorgerückten Jahreszeit, in welcher ich voriges Jahr ſchon das erſte vollzählige Gelege fand, ſchien ſich die Liebe gewaltig zu regen, weswegen es weit weniger vorſichtig war, als ich es ſonſt bei Gebirgsſtelzen gewohnt bin. Ganz ohne Deckung konnte ich mich bis unter den Baum pirſchen, von welchem der Vogel ſeine Strophe herabſang. Ich erkannte ihn als rein ausgefärbtes altes Männchen mit ganz ſchwarzer Kehle, deren hellere Federränder man nur in der Nähe bemerkt. Nach achttägigem vergeblichen Liebeswerben verließ das Thierchen die Gegend. Als ich darauf den Hermsdorfer Bach, eine die Jahre vorher als Eldorado für Gebirgsſtelzen kennen gelernte Oertlichkeit abſuchte, fand ich nur ein einzelnes Männchen, das nach der Ausſage eines Verwalters alljährlich in der Mauer der Spinnfabrik niſte. Am Bache meines Wohnortes, an deſſen Ufern 1890 wenigſtens 8 Paare brüteten, fand ich kein einziges Stück. Dasſelbe war auch bei dem von Hohenſtein kommenden Goldbache der Fall, in deſſen Ufergemäuer ich im Vorjahre zwei Neſter fand. Vom 15.— 26. Juni ließ wieder ein zugewandertes Männchen in räthſelhaft, als es gekommen war. Leider iſt es mir nun nicht vergönnt, eingehen— dere Studien über den jährigen Beſtand anſtellen zu können, da ich mit 1. Oktober einem Rufe nach Leipzig zu folgen gedenke. — Ueber unſern Girlitz (Serinus hortulanus Koch) konnte ich im „2. Jahres— berichte (1886) der ornithologiſchen Beobachtungsſtationen im Königreich Sachſen“ berichten: „Bei Wildenfels, Ober- und Niederſcheibe häufiger Brutvogel.“ Während der Jahre 1882—86 war betreffs dieſer Species in Wildenfels und den umliegenden Ortſchaften ſtets eine merkliche Zunahme wahrzunehmen. In unſerm Obſtgarten zeigten ſich im Frühling ſtets wenigſtens zwei Männchen, und habe ich damals einige Stück für meine Sammlung erhalten. Auch in Schneeberg konnte ich als Schüler ſeinerzeit beobachten, wie ſich 4—5 Girlitze alltäglich Vormittags auf dem 342 R. Schlegel, Ueber Abnahme einiger Vogelarten. Turnplatze umhertrieben. Ferner bemerkte ich zu meiner Freude bei der erſten An⸗ ſtellung in Scheibenberg, wie hin und wieder ein Girlitz vom tiefer gelegenen Orte Oberſcheibe aus ſeine Streifereien bis nach erſtgenanntem Orte ausdehnte. Von Scheibenberg aus lauten ſeit 2—3 Jahren die Nachrichten, daß das Vögelchen ſchon als ſeltener zu verzeichnen ſei, während ich ſchon ſeit einigen Jahren in Wildenfels kein Stück mehr angetroffen habe. Aus Schönau bei Wildenfels erhielt ich die Nachricht, daß daſelbſt, wenn auch vereinzelt, der Girlitz noch niſte. In Gersdorf hörte ich 1889 und 1890 während des ganzen Sommers ein Männchen ſingen, während mir heuer am 27. April nur ein Stück auf dem Durchzuge begegnet iſt. Die letzte Spezies, deren Abnahme als eine ganz auffällige bezeichnet werden muß, iſt die Wachtel (Coturnix dactylisonans M.). Aus meinen Kinderjahren iſt mir noch erinnerlich, wie es damals die meiſten Wachtel liebhaber unter den Land- leuten gab. Man erhielt die Vögel von Fängern, die bezüglich des Wachtelfangens eine gewiſſe Berühmtheit erlangt hatten. Im Jahre 1888 habe ich die Wachtel in Wildenfels das letzte Mal gehört. Sie ſoll ſich in der Umgebung alljährlich, wenn auch in ganz vereinzelten Stücken, wieder einfinden, wird aber gar bald, auch von ſtundenweit entfernt wohnenden Fängern ausgeſpürt und für den Käfig gefangen. Meines Wiſſens iſt von dortigen Jägern während der Jahre, in denen die Wachtel noch häufiger auftrat, nie ein Exemplar erlegt worden. In hieſiger Gegend habe ich die Wachtel nie bemerken können. Präparator Wilde in Hohenſtein beſitzt jedoch ein Stück, das vor Jahren einmal auf der Hühnerſuche erbeutet wurde. Für die rapide Abnahme trifft den Fänger wohl nur der letzte Vorwurf, da ſonſt verſchiedene Sänger die alljährlich wieder in gleicher Häufigkeit auftreten, längſt aus dem Gebiete ver⸗ ſchwunden ſein müßten. Zu meiner Freude kann ich jedoch but nach ſo mancher unerfreulichen Be⸗ obachtung die Thatſache konſtatiren, daß manche andere Spezies wieder in erfreu- licher Zunahme begriffen iſt. Namentlich iſt es der Gartenſpötter (Hypolais sali- caria Bp.), der alljährlich in bemerkenswerth ſtärkerer Kopfzahl auftritt. Ich be⸗ haupte nicht zu viel, wenn ich jedes geeignete Dorfgärtchen als Brutgebiet je eines Spötterpaares bezeichne. Auch kleineres oder größeres Buſchholz in der näheren und ferneren Umgebung beherbergt den Spötter regelmäßig. Das erſte Mal beobachtete ich heuer, wie ſich zwei Männchen um ein in der Nähe meiner Wohnung liegendes Gebiet eifrig befehdeten. In einer Entfernung von ca. 150 Schritten hatte ich in dieſem Jahre 3 brütende Paare ausgemacht. Eins von ihnen baute in einen dichten Weißdornzaun. Ueber das Niſten des Spötters in dornentragenden Gebüſchen ſind mir bis jetzt aus eigener Beobachtung zwei Fälle bekannt geworden, über die ich ausführlicher kürzlich an Herrn v. Tſchuſi zu Schmidhoffen berichtet habe. Das erſte Mal iſt es mir in dieſem Jahre auch vergönnt geweſen, den ſchwarz— 9 N * 3 N 3 Carl Parrot, Ornithologiſches aus dem britiſchen Mufeum. 343 rückigen Fliegenfänger (Museieapa luetuosa Linn.) in der Freiheit beobachten zu können. Für Scheibenberg iſt derſelbe ſeitens meines Freundes A. Markert als regelmäßiger Frühjahrs⸗Durchzugsvogel konſtatirt worden. Entſprechende Belegſtücke befinden ſich in meiner Sammlung. Ein auf dem Zuge begriffenes Männchen be— obachtete ich hier am 25. April. Ich gebe mich der angenehmen Hoffnung hin, daß mit dieſem Jahre Musc. luctuosa in Wildenfels als Brutvogel aufgetreten iſt, da ich vom 10.— 12. Mai ein Paar in unſerm Obſtgarten beobachten konnte. Ornithologiſches aus dem britiſchen Muſeum. Von Carl Parrot. Selten wohl iſt es den Veranſtaltern zoologiſcher Sammlungen gelungen, dem Publikum in dem Grade anregend und belehrend gegenüberzutreten, wie dies im Britiſchen Muſeum in London geſchehen iſt. Wenn wir hier nur die Ornithologie ins Auge faſſen, jo ſind es neben der ja weltbekannten, in ihrer Reichhaltigkeit ein- zig daſtehenden, Sammlung ausgeſtopfter Vögel in Sonderheit zwei Abtheilungen, welche den Laien wie den angehenden Forſcher in gleicher Weiſe einführen in die Elementarbegriffe der Ornithologie, ihm Einblick gewähren in die Reſultate orni— thologiſcher Forſchung und ihm an der Hand trefflich ausgewählter Objekte die Richt— ſchnur weiſen für den einzuſchlagenden Weg eines erfolgreichen Studiums: die Dar— ſtellung der Leibesbeſchaffenheit des Vogels und die ſeiner Lebensäußerungen. Was nun den erſteren Punkt betrifft, ſo iſt es leicht erſichtlich, wie wichtig es iſt, einer— ſeits auch weiteren Kreiſen durch eine zweckmäßig geordnete Ausſtellung anatomiſcher und morphologiſcher Präparate Verſtändniß und Intereſſe für dieſe Dinge zu er— wecken, ihnen quasi ſpielend Begriffe beizubringen, die ſie ſchwerlich aus Büchern ſich würden angeeignet haben, andererſeits den Fachſtudirenden durch Darbietung ſolcher Lehrmittel zu unterſtützen und ihm das Eindringen in dieſe Verhältniſſe zu erleichtern. „Introductory or elementary morphological Collection“ wird dieſe Sammlung genannt. Sie iſt, wie es im Führer“) heißt, „dazu beſtimmt, die wichtigſten Verhältniſſe der Struktur der Haupttypen des Thier- und Pflanzenreiches darzu⸗ ſtellen und die Fachausdrücke zu lehren, die gekannt ſein ſollten, bevor man mit einem erfolgreichen Studium des ſyſtematiſchen Theiles der Sammlungen beginnen kann.“ Die Kaſten mit den Präparaten find in den Niſchen der impoſanten Central— halle des Muſeums aufgeſtellt. Bevor ich jedoch auf eine kurze Beſprechung dieſer Abtheilung eingehe, ſei es mir geſtattet, einige Worte über das Aeußere des natur— hiſtoriſchen Muſeums vorauszuſchicken. | *) General-Guide to the British Museum (Natural History) verfaßt vom Director W. H. Flower. 344 Carl Parrot, Wie bekannt, wurden die naturwiſſenſchaftlichen Sammlungen des British Museum in neueſter Zeit in ein eigens auf dem Platze der International Exhibition (in nächſter Nachbarſchaft des South-Kensington und India-Museum's) erbautes großartiges Gebäude transportirt. Es iſt vielleicht manchem der werthen Leſer aus dem Beſuche der letzten Münchener Jahresausſtellung das vorzügliche mit der J. Medaille ausgezeichnete Aquarell von Waterhouſe erinnerlich, welchem dieſer Bau als Architekturſtück zum Vorwurf gedient hat. In frühromaniſchem Stil ge⸗ halten, mit einer terracotta-geſchmückten Facade verſehen, wird derſelbe an den Seiten von zwei ſtarken Eckthürmen flankirt; das Mittelſtück trägt ganz den Charakter eines Kirchenportals. Schon im Jahre 1863 wurde der Bau, nach nehewinte vieler Schwierig⸗ keiten bewilligt, aber erſt 1873 konnte damit begonnen werden; die Vollendung dauerte bis zum Juni 1880. Obgleich ſofort mit der Transferirung der Sammlungen be⸗ gonnen wurde, konnte dieſelbe doch erſt im Mai 1886 mit der Eröffnung der Gallerie der British Zoologie als abgeſchloſſen betrachtet werden. — Das Gebäude iſt 100 Fuß von der Straße zurückgeſetzt und ſteht auch nach den Seiten hin ganz frei; der Platz, der nach drei Seiten von ſchönen Straßen begrenzt iſt, trägt einfache gärtneriſche Anlagen; an das Hauptportal lehnen ſich breite Rampen, zwiſchen denen eine ſchöne Steintreppe emporführt. Die Länge der Hauptfront beträgt 675 Fuß; die Herſtellung des Ganzen koſtete 352 000 K. Wenden wir uns ſofort zur ornithologiſchen Abtheilung der morphologiſchen Sammlung (in der Klaſſe der Mammalia intereſſirt beſonders die Darſtellung der Zahnbildung, des verſchiedenartigen Integuments ꝛc.), jo fällt uns zuerſt ein mit ausgebreiteten Flügeln ausgeſtopfter Albatroß auf, welcher die äußerlichen Unter⸗ ſcheidungsmerkmale der Vögel vor anderen Thieren zeigen ſoll. Durch aufgeſtellte Skelette mit theilweiſer Separirung und Benennung der einzelnen Knochen (w. Adler, Strauß, Pinguin, Pelikan, Haushuhn ꝛc.) werden wir in die Oſteologie eingeführt. Durchſchnitte demonſtriren die Pneumatieität der Knochen, dieſe für die leichtere Fort— bewegung der Körpermaſſe ſo wichtige Herabſetzung des ſpecifiſchen Gewichtes des Kuochengerüftes, die bekanntlich bei denjenigen Vögeln am höchſten ausgebildet iſt, welche mit einem raſchen und ausdauernden Flugvermögen eine bedeutende Größe verbinden (Albatroß, Nashornvogel, Pelikan). Mit der Fortbewegung des Vogels, alſo dem Flug in erſter Linie, ſteht die Bildung und Entwicklung der Bruſtbeinknochen in engſter Beziehung. Vertreter der für die Syſtematik wichtigen Hauptgruppen, Cari- natae und Ratitae, ſehen wir hier überſichtlich in ihren verſchiedenen Abſtufungen aufgeſtellt. Eine ganze Reihe Präparate iſt der Darſtellung des Vogelſchädels mit beſonderer Berückſichtigung der Baſalflächen gewidmet. Ein Vertikaldurchſchnitt durch die gefrorene Leiche eines Huhnes, die Darſtellung des Circulationsapparates, Durch— Ornithologiſches aus dem britifchen Mufeum. 345 ſchnitte durch den Vogelkopf, einige Präparate von Vogelaugen führen uns in andere anatomiſche Verhältniſſe ein. Des Weiteren werden wir in den Bau des Flügels und mit der Anordnung der Federbedeckung eingeweiht. Von Intereſſe iſt auch das Capitel von den Krallen, Sporen und Daumenkrallen (am Daumengliede des Flügels, Ala calcarata, wie bei Parra jacana L., Chauna chavaria III., Palamedea eornuta L.), dann die Hornbedeckung des Fußes, Podotheca, von der wir 4 Formen unterſcheiden (seutellated, retieulated, granulated, cancellated), dann von der Zahl und Anordnung der Zehen und ihren verſchiedenen Modifikationen. Hieran ſchließt ſich die Betrachtung des Schnabels und im Anſchluß daran eine Beſprechung der Bezahnung (in den beigegebenen erklärenden Notizen). Soviel bis jetzt bekannt, exiſtirten nur in der meſozoiſchen Epoche Vögel, welche wahre Zähne beſaßen, mit Dentin und Email bedeckten Kronen. Dieſe waren entweder in einer continuirlichen Grube wie bei Hesperornis und Lestornis, oder in getrennten Höhlen eingelaſſen wie bei Ichthyornis. Dieſer intereſſanten Abtheilung folgt die Demonſtration der Vogelfeder in ihrem Auftreten als Conturfedern (Pennae propriae), Dunenfedern (Plumulae), Semiplumae und Fadenfedern (Filoplumae) mit dünnem borſtenartigen Schaft und rudimentärer oder ganz fehlender Fahne. Auch die Anordnung der Federn ſelbſt, Pterylosis, iſt durch Präparate dargeſtellt. An zwei Amſelleichen ſehen wir, daß die Conturfedern in regelrechten Gruppen ſtehen; zwiſchen dieſen „Fluren“ finden ſich federloſe oder nur mit Flaumfedern bedeckte Raine. Auch die Vorführung von Beiſpielen abweichender Federbildung iſt nicht vergeſſen, wie die Pfauenfeder, die Hornendigung der Flügelfederſchäfte zweiter Ordnung bei Ampelis cedrorum Gray., Hornverbreiterung des Federſchaftes bei Gallus Sonnerati Temm., Umbildung der Kopffedern zu gekräuſelten Hornplatten bei Pteroglossus Beauhar- naisii Wagl. zc. x. Ein Capitel über Zahl und Anſatz der . bei ver⸗ ſchiedenen Vogelarten ſchließt die Lehrſammlung. Doch müßte man die geſtellte Aufgabe nicht als vollſtändig gelöſt betrachten, würden nicht auch die Verhältniſſe der Färbung des Vogelkleides eine Berückſichtigung finden. In dieſem Sinne wurden hier die intereſſanten Vorkommniſſe individueller Färbungsanomalien und die Beispiele der artlichen Variabilität einer Vorführung unterſtellt. Zunächſt finden wir eine hübſche Zuſammenſtellung von Albinismen; wir notirten uns von reinen Albinos: Accentor modul. L., Corv. monedula L., Linota cannabina Bp., 3 Pass. domestic. L., Turd. merula L., Phasian. colchicus L., Hir. rustiea L., Sturn. vulgar. L. (Lepus eunieulus, Seiurus vulgaris, Talpa euro- paea, Macropus Bennetti, Helix aspersa), von Semialbinos: Perd. einer. L., Pass. domest. L., Col. palumbus L., Turd. merul. L., Phas. eolehieus L., Corv. corax L. (Unterbruſt, Bauch, Vorderpartie des Kopfes und Schwingen weiß), Emb. miliaria L., Pyrrhula europaea Vieill. (ſehr ſchöne Varietät: ganz weiß bis auf die roſenrothe 346 Carl Parrot, Unterſeite, 1887 geſchoſſen). In einem nebenſtehenden Kaſten ſoll der Melanismus illuſtrirt werden: Alauda arvensis L., Pyrrhul. europ. Vieill. (in der Gefangenſchaft acquirirt), ganz dunkle Varietät von Anas boschas und Gallinago seolopaeina Bp. (von den Engländern als Sabine's Snipe bezeichnet). (Von Säugethieren: Seiurus prevosti, Lepus eunieulus, Fel. pardus x.) Ein dritter Glaskaſten enthält eine Geſellſchaft Haustauben von der verſchiedenſten Farbe und Geſtalt, alle durch ſorg⸗ fältige Auswahl von der wilden Felſentaube (Columb. livia) hergeleitet, zur Illuſtra⸗ tion der Variabilität der Arten unter dem Einfluß der Domeſtikation. — In einem vierten Kaſten endlich ſehen wir Vertreter von Corvus corone und C. cornix mit mannigfachen Uebergangsformen aufgeſtellt, welche Seebohm im Mai 1877 im Thale des Jeneſay geſammelt. Eine Anzahl Diſtelfinken daneben zeigt uns in voll⸗ ſtändiger Abſtufung verſchiedene Uebergänge zwiſchen der typiſchen Carduelis elegans Steph. und C. caniceps Vig., welche von den Forſchern als getrennte Species auf- gefaßt werden. In einer beiſtehenden Notiz wird die Frage aufgeworfen, ob es ſich hier um die Annahme einer Artenkreuzung oder um Fälle von Dimorphismus handle („— Vorkommen der einzelnen Species unter zwei verſchiedenen Kleidern [outward garbs]“). Als zweites Fortbildungsmittel für den jungen Ornithologen haben wir die Darſtellung des Vogels in ſeinen Lebensäußerungen erwähnt; ich meine die prächtige Collection von Neſtgruppen großbritanniſcher Vögel, denn die Verrichtung des Fort- pflanzungsgeſchäftes iſt neben der zur Erhaltung des Stoffwechſels dienenden Nahrungs⸗ aufnahme die wichtigſte Aeußerung thieriſchen Lebens. Man iſt ſchon ſeit längerer Zeit in Muſeen beſtrebt geweſen, die ausgeſtopften Vögel, vor allem wenigſtens die im Lande einheimiſchen, in ihren natürlichen Umgebungen und in ihren wichtigſten Verrichtungen den Beſuchern vor Augen zu führen. Wenn ich mich recht erinnere, war es ein Deutſcher, der Conſervator der Zoologiſchen Sammlungen des British Museum, welcher in London zuerſt den Anſtoß zu einer derartigen Vorführung ge⸗ nannter Verhältniſſe gab. England beſitzt noch eine zweite, womöglich noch voll— ſtändigere derartige Sammlung großbritanniſcher Vögel; es iſt die herrliche Collection des verſtorbenen Mr. Booth in Brighton, welche am 3. November vergangenen Jahres dortſelbſt in einem eigenen Gebäude dem Publikum zugängig gemacht wurde; wie der betreffende Referent in „The Field“ Nr. 1976 vom 8. Nov. 1890 ſchreibt (S. 698), ſoll die Neſterſammlung des British Museum eine theilweiſe Nachahmung erwähnter Collection ſein. Doch nun zur Sache ſelbſt. Die Neſtgruppen ſind meiſtens Geſchenke wohlhabender Gönner, deren ja das Muſeum eine große Anzahl in allen Theilen des britiſchen Reiches beſitzt. Die ge— räumigen Glaskaſten, welche die Gruppen bergen, ſtehen auf einzelnen Tiſchchen. Ueberall finden wir auf einem beigegebenen Schild neben der Namensangabe die Ornithologiſches aus dem britifchen Muſeum. 347 Heimat und die wichtigſten biologiſchen Verhältniſſe der betreffenden Art ver— zeichnet. Ich habe mir viele für mich wichtige Angaben notirt (leicht erkennt man an der prägnanten Kürze und Genauigkeit die ſachkundige und ſorgfältige Abfaſſung) und werde hier einzelne allgemeineres Intereſſe beanſpruchende Angaben reproduciren. Beginnen wir mit der Neſterſammlung der Kleinvögel, welche aus Mangel an Platz im Vorplatz des erſten Stockwerks untergebracht iſt, in der denkbar günſtigſten Be— leuchtung, jo finden wir im erſten Kaſten ein Neſt von Anthus obscurus Bl. und Keys. mit den den beiden Alten an der Seite eines Erdwalles, welcher mit Gras und blühenden Gras-Nelken (Armeria maritima) überzogen iſt: ein überaus lieb— liches Bild. „A. obse. iſt Standvogel und wird entlang der Küſtenlinie der britiſchen Inſeln allgemein gefunden.“ Ganz ähnlich eine Neſtgruppe von Sax. oenanthe L.; daneben ſtehen die Käſten mit Neſtern vom Eichelheher, der Elſter, dem Staar, (bei letzterem der Stamm aufgeſchnitten, um die darin ſitzenden Jungen zu zeigen). Drei Neſter von Acroceph. arundinacea Mm. verdienen beſondere Bewunderung wegen der Natürlichkeit des ſie umgebenden Pflanzengewirres von Rohr, hohen Riedgräſern ꝛc.; die pflanzliche Staffage ſchien mir theilweiſe aus in natürlicher Friſche conſervirten, theilweiſe aus täuſchend nachgemachten Pflanzen zu beſtehen. Es iſt doch ein köſt— liches Bild, ſo ein Rohrſängerneſt, verborgen in querliegenden Hopfenranken und Schilfblättern! Es folgen ein Neſt von Aer. phragmitis Nm. in einem gewöhn— lichen Dornbuſch, von Philomela luseinia Selb. zwiſchen dichtem Pflanzengeſtrüppe, von Caprimulgus europaeus L. auf bloßer Erde, von Lanius collurio L. in einem Dornbuſch, zwei Neſter von Sylvia undata Gray (Sylv. provineialis Temm.) mit Eiern bez. Jungen in gelb blühenden Ginſterſträuchern. „S. undata hat eine ſehr lokale Verbreitung im Süden von England, in den mittleren und nördlichern Theilen des Landes iſt ſie ſelten und fehlt ganz in Schottland und Irland. Sie wandert nicht und hat in ſtrengen Wintern viel zu leiden; wie in dem von 1880/81, wo die Art an manchen Plätzen faſt ganz ausgerottet wurde.“ Daneben ſtehen die Neſter von Turdus musieus L. auf einem trefflich aufgeſtellten Birnbaumaſt (die Singdroſſel iſt ſelbſt in London in Gärten und Parks ein ſehr gewöhnlicher Vogel, ähnlich wie die Schwarzamſel bei uns; ich beobachtete fie beſonders zahlreich im St. James— Park); dann ein Neſt von Turdus viscivorus L. in einem Pflaumenbaum, von Merula vulgaris Leach. in einem Strauche blühender wilder Roſen, von Ember. schoenielus L. in einem Grasbuſch, von Anth. pratensis L. in einer Erdvertiefung, von Accentor modularis L. mit einem Ei und einem jungen Kuckuk in einem Strauch,) von Linota cannabina Bp. in einem Ginſterbuſch, von Linota rufescens *) Die Braunelle iſt gemein in England; ich beobachtete fie auf einem Spaziergang bei Eſſendon am 29. Sept. in einem Hausgärtchen in vier Exemplaren. (D. Verf.) 348 Carl Parrot, Schl. und Bp.), in einer Aſtgabel von Pyrus commun. „Dieſer Vogel brütet in England in den nördlichen Ländern, in Schottland iſt er Standvogel, überall, wo ſich Wälder und Dickichte von Niederholz finden.“ Bei Pyrrhula europaea Vieil., deren Neſt auf Buxus sempervirens ſteht, leſen wir, daß „die Art allgemein ver⸗ breitet ſei in waldigen Diſtrikten durch ganz England und wahrſcheinlich Irland, wo ſie jedoch ſeltener iſt; ebenſo in Weſtſchottland.“ Daran reihen ſich Neſter von Coecothraustes vulgaris Pall. auf Schlehdorn und Sambucus niger, von Passer domesticus L.“) an einer epheuumrankten Wand — wie fie in England jo häufig die gemüthlichen einfachen Häuschen ziert — von Fringilla chloris L. auf ab⸗ geſtorbenem Taxus, von Emberiza miliaria L. auf Wachholder, Carduel. elegans Steph. auf dem Horizontalaſte einer Eiche (Quercus robur), ein anderes auf Quereus ilex, von Ember. citrin. L. in einem todten Ginſterbuſch, von Chrysomitris spinus L. auf Pinus silvestris, von Loxia curvirostra L. zwiſchen den Nadelbüſcheln der Kiefer, von Fringilla flavirostris L. in einem Buſch. „Die Neſter ſtehen auch un⸗ mittelbar auf der Erde. Die Art iſt Standvogel in Großbritannien, brütet auf wilden Moorgründen, iſt beſonders gemein auf den Küſteninſeln von Schottland.“ Es folgen die Neſter von Sitta europaea L., „gemein im ſüdlichen und mittleren Eng⸗ land, ſeltener in den nördlichen Theilen und ſehr ſelten in Schottland“, — von Sylvia einerea Lath., atricapilla L., Certhia familiaris L., Cinelus aquatieus L. (ziemlich gemeiner Brutvogel), Anthus arboreus Bechst., Erithacus rubeeula Cuv., letzteres Neſt zwiſchen blühenden Schlüſſelblumen, Waldanemonen und üppigen Brom⸗ beerranken. Das Rothkehlchen hat ſich in England ſehr an den Menſchen ange⸗ ſchloſſen; es fehlt keiner Anlage, keinem Park, keinem Hausgarten; ich traf es ſehr häufig auf dem Lande bei Eſſendon und Hatfield (Hertfordſhire), wo mir Ende September von allen Seiten, ſelbſt von einer Dachfirſte herab, ſein ſchönes Lied entgegenſchallte, als wäre es Frühling; dann im Richmond-Park, in den Kew⸗Gardens, im Park von Greenwich, in London im Regents-Park und beſonders zahlreich in den Zoological Gardens; ja ſelbſt inmitten der Stadt, in einem winzigen Vorgärt⸗ chen vor einem Hauſe in der Adelaide-Road (N. W.) bemerkte ich den liebenswürdigen Vogel. Ein intereſſantes Beiſpiel vom Zuſammenbrüten „zweier repräſentativen For— men“ bietet eine Neſtgruppe von Motacilla lugubris Pall.“ ), aus Norfolk ſtammend, in dem das zugehörige Männchen der Motaeilla alba L. angehörte. Ein Neſt von ) In der Specialſammlung der Fauna britannica bemerkte ich eine ſehr hübſche Zuſammen⸗ ſtellung der verſchiedenſten Kleider dieſes Vogels (3 Junge aus Leiceſterſhire). (D. Verf.) ) Mehrfach ſah ich in London auf Bäumen freiſtehende Sperlingsneſter, was auch hier zu Lande häufig zu finden iſt. (D. Verf.) ) In Großbritannien tritt bekanntlich neben Mot. alba, an den meiſten Orten fie vertretend, eine Abart, Motaeilla lugubris Pall. auf; ich hatte Gelegenheit, letztere im Richmond-Park zu ber obachten. (D. Verf.) Ornithologiſches aus dem britiſchen Mufeum. 349 Turd. torquatus Boie aus Porkſhire ſteht direkt auf der Erde, unter einem Wach— holderbuſch („in mountain distriets nest on the ground under the shelter of stone or bush“), was unter gewiſſen Verhältniſſen in England die Regel zu fein ſcheint. Ein Neſt von Motaeilla Rayi Bp., der theilweiſen Vertreterin unſerer Schaf— ſtelze auf den britiſchen Inſeln, nimmt ſich prächtig aus unter blühender Caltha palustris. — Es folgen die Neſtgruppen von Phylloscopus trochilus Blyth. und sibilatrix Blyth., von Troglodytes parvulus L. (in Epheu), Pratincol. rubetra B., Pr. rubieola L. (von Norfolk), zwei von Regul. eristatus Koch (eine geuauere Ab— handlung über das ſeltene Vorkommen von Regulus ignieapillns C. L. Br. in Groß— britannien findet der werthe Leſer in „The Zoologist* May 1889), von Musci— capa luetuosa L., „local und ſpärlich verbreitet in Nordengland und Südſchottland“, von Museicapa grisola L., Neſt aufſitzend auf einem von Epheu umrankten Aſt— winkel“), ferner von Par. major L. und coeruleus L. Von Parus caudatus iſt ein Neſt vorhanden mit 10 Jungen, welches nur 25 em über dem Boden in einem blühenden Ginſterbuſch ſteht; ein zweites mit Eiern, befindet ſich auf Berberis Darwini. Wir kommen nun zur Neſterſammlung größerer Vögel, welche in den Gängen der Bird⸗Gallery aufgeſtellt iſt und welche durch die Seltenheit verſchiedener Species die vorige noch an Intereſſantheit übertrifft. Da tritt uns zuerſt ein Neſt von Colymbus aretieus L. entgegen mit zwei Eiern, die alten Vögel natürlich im herr— lichſten Hochzeitsſchmucke prangend; dann ein im Waſſer (durch Glas nachgeahmt) ſchwimmendes Neſt von Podiceps minor Gmel., ) von verſchiedenen Waſſerpflanzen umrahmt; ähnlich das von Pod. eristatus L., ganz prächtig dargeſtellt; es folgen Neſtgruppen von Anas. erecca L., A. elypeata L., Fulig. eristata Steph., Ful. ferina Steph., Anas strepera L., v. Merton July 5: „brütet in einigen Localitäten in Norfolk“, von A. penelope L., Oidemia nigra L., „brütend in den ſumpfigen Gegenden von Caithneß“, von Mergus serrator L., „Standvogel in Nord- und Weſtſchottland, wo er an vielen Localitäten nahe der Küſte oder auf den Scheren der größeren Seen brütet“, — eine Gruppe ſchöner und natürlicher wie die andere, die Neſter im dichten Walde von Waſſerpflanzen verborgen, das Weibchen auf den Eiern ſitzend oder beide Gatten in der Nähe herumlaufend, ſchwimmend oder fliegend dargeſtellt! Daneben wird uns ein Einblick in die Bruthöhle eines Puffinus anglo- rum Kuhl. gewährt, in welcher das Weibchen auf dem Ei brütet; man hat ein vier- 0) Ich fand einmal in Würzburg ein Neſt von M. gris. auf dem unterſten Zweige einer Roth— tanne, nahe dem äußerſten Ende, 2 m über der Erde. (D. Verf.) *) Ich beobachtete den Zwergtaucher auf der Reife vom Waggonfeſter aus auf kleinen Waſſertümpeln dicht an der Bahnlinie, ſo auf der Fahrt von London nach Harwich, in Belgien bei Bruges und auf der Strecke München-Ingolſtadt, desgl. 1885 ſchon bei Reichertshofen. (D. Verf.) 350 Carl Parrot, eckiges Loch in das Erdreich geſchnitten, um das Innere des „Baues“ ſehen zu laſſen; das Männchen hält vor der Eingangsöffnung Wache. „Der Vogel brütet auf ein⸗ ſamen Inſeln entlang der ganzen Küſte von Großbritannien und Irland mit Aus⸗ nahme des öſtlichen England und Schottland, wo bis jetzt noch kein Brutplatz ge⸗ funden worden iſt“; daneben das Neſt von Fratereula aretica Leach.*) mit Ei und Jungem. — Dazwiſchen ſtehen Horſte von verſchiedenen Raubbögeln, als C. tinnunculus L., Otus vulgaris Flemm., Hypotriorchis aesalon Tunst**) „brütet in allen bergigen Diſtricten und Moorgegenden von Großbritannien und Irland“, Aceipiter nisus L., Cireus eyaneus L. „beſchränkt auf die einſamen Moore von Schottland und Irland, nur ſelten in England angetroffen“ ze. e. Wie eine dem Horſt von Ardea einerea L. beigegebene Notiz meldet, find gegenwärtig auf den britiſchen Inſeln mehr als 200 Reiherkolonieen (Heronries) bekannt. — Neſt⸗ gruppen von Larus ridibundus L., L. canus L., L. fuscus“ ) reihen ſich an; im hübſchen Contraſt zu dieſen ein Neſt von L. argentatus Brünn. auf einem ſchroffen Felſen; Larus marinus L. hat ſeine Eier wieder ins Gras auf die Erde gelegt. — Zwei Neſter von Stercorarius parasitieus Temm. mit Jungen bezw. Eiern, auf Moorgrund unter Wachholderbüſchen ſtehend, ſtammen aus dem Norden von Schott- land. Ferner ſind hervorzuheben die trefflichen Darſtellungen von Niſtgeſellſchaften der Sterna hirundo L., Eier und Junge zerſtreut auf Kies und Geröllboden, die Alten brütend oder umherfliegend; die reizende Gruppe von Sterna minuta L., zwiſchen Kieſelſteinen die hübſchen Eier in täuſchender Aehnlichkeit verſteckt, da und dort auch ein eben ausgeſchlüpftes oder ſchon erwachſenes Junges, ein wirklich feſſelnder Anblick! Im nebenſtehenden Kaſten „tummeln ſich“ eine Menge Sterna macrura Nm.; Eier und Junge befinden ſich hier in kleinen Vertiefungen im lockeren Gras⸗ boden. Wie ſich denken läßt, find auch die Neſter der Grallae und Scolopaces nicht vergeſſen; wir heben hervor das Neſt von Totan. calidris L. in hohem Gras, von Tot. glottis Beehst. an der Seite eines Steins in Moos gebettet, von Numenius arquatus Cuv. zwiſchen Wachholder und Rennthierflechte, von Actitis bypoleueos L. auf Moosgrund, Vanellus eristatus L. in niedrigem Gras, von Charadr. pluvialis L. in paſſender Moorvegetation, „brütet auf den Mooren des nördlichen England und Schottland und an einigen weſtlichen Localitäten“, — von Char. hiatieula L. mit niedlichen Jungen auf ſteinigem Grund, von Char. cantianus Latu., welcher „in mäßiger Zahl auf den Scheeren von Suſſex und Kent brütet und auf die Südküſten *) Unter den Vögeln der Fauna britannica notirte ich mir ein Neſtjunges von den Seilly— Islands. (D. Verf.) a **) In der britiſchen Localſammlung bemerkte ich Neſtjunge von Orkney und aus Derby— ſhire. (D. Verf.) *) Eine Beſchreibung eines inländiſchen Brutplatzes von Lar. fuscus wird im „Zoologiſt“ 1889 S. 131 gegeben. (D. Verf.) von England beſchränkt zu ſein ſcheint“, ferner von Scolopax rusticola L., Gallinago scolopaeina Bp. (beſonders häufig in Irland), Tringa alpina L. und Tr. eanuta L. (mit 3 Jungen, July 1876, from 82° 23° N. lat. Late arctic expedition). Sehr intereſſant war mir ein Neſt von Phalaropus hyperboreus L., welches ſehr tief und in einem Grasbüſchel verborgen war; dieſer Vogel „brütet regelmäßig in einigen Bezirken von Schottland und auf verſchiedenen weſtlichen und nördlichen Inſeln“. Bei der hübſchen Gruppe von Haematopus ostralegus L. notirte ich mir: „Gemeiner Standvogel an all unſern Küſten, wo er aber über der Hochwaſſermarke brütet. In Schottland wird er auf dem Kies der Flußbetten in beträchtlicher Entfernung vom Meere brütend angetroffen.“ Sehr anziehend war auch eine Familie des Oedienemus erepitans L. dargeſtellt (Weibchen plattgedrückt mit vorgſtrecktem Kopf auf dem Sand liegend). Der Vollſtändigkeit halber will ich nur erwähnen die Neſter von: Gallin. chloropus L., Fuliea atra L., Oriolus galbula L., Pieus viridis L., P. major L., Jynx torquilla L. (Sommervogel in England, ſeltener in Schottland, in Irland fehlend), und von Columba palumbus L. Die Ringeltaube brütet in London mitten in der Stadt; nach The Zoologist (Vol. XIII, 1889, S. 27) haben 1888 ca. 10 Paare in den Gartenanlagen des Weſt— ends gebrütet; das erſte Paar, welches vor 6 Jahren zur Stadt kam, niſtete in Buckingham⸗Palace⸗Gardens! Ich hatte die Freude, im Hyde-Park ein ſehr zutrau— liches Exemplar zu beobachten; auf dem Lande iſt der Vogel ſehr häufig, ich ſah ihn im Richmond⸗Park, bei Eſſendon (Hertfordihire), wo mein Bruder auch zweimal Columba oenas erlegte, 7 Exemplare zuſammen, dann auf der Fahrt nach Harwich mehrere (wie auch in Belgien auf den Feldern bei Bruges). Ein Neſt von Col. turtur L. trug den Vermerk: Sommervogel in England und Irland, wo er gegen— wärtig an vielen Plätzen gefunden wird, an denen er früher ſelten war oder ganz fehlte, ... in Schottland hat man die Turteltaube nicht brütend getroffen“. Ueberaus natürlich find die Neſtgruppen von Lagopus seotieus Leach., L. mutus Leach. (Bewohner des ſchottiſchen Berglandes), Tetrao urogallus L., T. tetrix I. Pha- sianus eolehieus L. — Beſonders zu erwähnen iſt endlich die Darſtellung einer Niſtkolonie von Cotyle riparia Boi,“ ) indem ein großes Stück Erdreich mit ver— ſchiedenen Neſtröhren zur Aufſtellung gelangt iſt; bei Aleedo ispida L. ſehen wir die Eingangsröhre und die Brutkammer auf dem Durchſchnitt eröffnet. Den Glanz— punkt der ganzen Sammlung aber bildet eine ſehr natürlich dargeſtellte Brutkolonie von Sula bassana Bris., Uria troile L. und Rissa tridactyla L.; der einige Meter Ornithologiſches aus dem britiſchen Muſeum. 351 ) Ein weibliches Birkhuhn aus Schottland mit ziemlich unvollkommener Hahnenfederigkeit („assuming the male plumage“) bemerkte ich in der britiſchen Localſammlung. (D. Verf.) *) In Harwich (Parkſtone Quai) bemerkte ich am Bahnhof in einer Sandgrube die Niſt— löcher der Uferſchwalbe. (D. Verf.) 352 J. Moesmang, lange Felſen iſt ganz mit Neſtern, alten und jungen Vögeln (Dunenjunge von Sula) bedeckt, eine wirklich maleriſche Gruppe”) So find wir denn am Schluſſe unſerer Beſprechung angelangt; erwähnen möchte ich nur noch, daß ſich der britiſchen Nefter- ſammlung eine nicht minder intereſſante und werthvolle Kollektion ausländiſcher Vogel⸗ neſter anreiht; dieſe haben unter den ausgeſtopften Exemplaren der zugehörigen Arten zerſtreut in den prächtigen Mahagoniſchränken der eigentlichen Bird-Gallery ihren Platz gefunden; ich erinnere nur an die kunſtvollen Erzeugniſſe ausländiſcher Beutel⸗ niſter, Weberfinken, Schneidervögel, Trupiale, Töpfervögel und vieler anderer; wenn auch nicht zu den Neſtern gehörend, ſo doch der Kunſt des Neſtbaues ſehr nahe ſtehend, ſind die Produkte der auſtraliſchen Kragen- und Laubenvögel, deren lauben⸗ artige Gewölbe wir auch hier in mehrfacher Form (von Chlamydera nuchalis Gould,, Chl. maculata Gld., Chl. eerviniventris Gld., Ptilonorhynchus holoserieeus Kuhͤl.) aufgestellt finden. — Nichts weniger als ſchön präfentirte ſich das einfache Neſt des u (Guacharo), Steatornis earipensis Humb., denn es glich, wie Göring m „Thierleben“ (Brehm) ſchreibt, in ſeiner Form mehr oder weniger einem trockenen ee, von dunkelbrauner Farbe; es beſteht aus der lockeren Erde von dem Grunde der Höhle und aus den Samenexkrementen ihrer gefiederten Bewohner. — Auch von unſern europäiſchen Vögeln bemerkte ich noch manches intereſſante Neſt (ſo von Perisoreus infaustus, dem im hohen Norden und Nordoſten von Europa heimiſchen Unglücksheher), doch kann es hier nicht meine Aufgabe ſein, näher darauf einzugehen. Vielleicht bietet ſich ein andermal die Gelegenheit, über weitere Wahrnehmungen auf meiner engliſchen Reiſe (Oct. 1889) zu berichten. München, im Januar 1891. Anmerk. Soeben werde ich durch die Vorlage der auf dem ornithol. a zur Vertheilung gelangten Abhandlungen auf einen mir gänzlich unbekannt gebliebenen Aufſatz von Bowdler Sharpe aufmerkſam gemacht, welcher das gleiche Thema wie vorliegende Arbeit behandelt (Ornithology at Soutli Kewington) und welcher ſchon im Dezember 1887 in „The English illustrated Magazine“ Nr. 51 erſchien. C. Parrot, 6. VII. 91. Die Zwergohreule (Ephialtes Scops K. a. Bl., Scops Aldrovandi Flem., Scops carniolica Bp.) in Gefangenſchaft. Von J. Moesmang. Am 7. Auguſt 1890 erhielt ich vom Thierhändler Noack in Berlin ein Paar Zwergohreulen. Da die von mir an den intereſſanten, erſt ſüdlich der Alpen ein— *) Beſchreibung und Abbildung hiervon findet man in den „London News“ vom 6. Oectb. 1888 sub. „Bird-life of the Bass Rock“. (D. Verf.) Die Zwergohreule in Gefangenschaft. 355 heimischen, bei uns nur ſporadiſch vorkommenden Thieren ſeit einem Jahre gemachten Beobachtungen nicht ohne Intereſſe ſein dürften, ſo möge es mir geſtattet ſein, die— ſelben in der Monatsſchrift niederzulegen. Die Geſchlechter ſind kaum unterſchieden: derſelbe graue, auf Rücken und Flü⸗ geln in ein helles Braun übergehende Grundton des Gefieders, dieſelben zahlreichen roſtbraunen und weißlichen verſchwommenen Wellenlinien auf der Oberſeite, die gleichen länglichen ſchwarzen Flecken an Bruſt und Bauch. Männchen wie Weibchen haben am Kopfe höchſt zierliche Federbüſchel, denſelben blaugrauen, ſtark gekrümmten Schnabel, lange mit ſehr kurzen, glatt anliegenden Federchen dicht bedeckte Beine und nackte blaugraue Zehen. Auch in Bezug auf Größe und Stimme iſt durchaus kein Unterſchied wahrnehmbar. Das einzige Unterſcheidungsmerkmal, das aber nur bei längerer Beobachtung in die Augen fällt, iſt der etwas dickere, rundlichere Kopf des Männchens. Das Pärchen bewohnt einen 60 em langen, 50 em breiten und 60 em hohen Drahtkäfig, in welchem ein mit der Oeffnung gegen die Rückwand des Zimmers gerichtetes, eine Baum- oder Felſenhöhle vertretendes Holzkäſtchen und vier ſehr dicke Sitzſtangen angebracht ſind. Falls das Schließen der Fenſter hoher Tempera— tur wegen nicht unleidlich wird, iſt den Käuzchen am Abend auch freier Flug im Zimmer geſtattet, natürlich nur, wenn meine kleineren befiederten Stubengenoſſen wieder ihre Bauer aufgeſucht haben. Es ſind gar abſonderliche Geſchöpfe, die noch eines jeden Beſuchers höchſtes Intereſſe erregt haben. Nur ein paar Wochen lang nach ihrer Ankunft zeigten ſie ſich ſcheu und ungeberdig und zogen ſich, wenn man ſich ihnen näherte, fauchend, mit dem Schnabel klappend und das Gefieder ſträubend zurück. Bald wurden ſie außerordentlich zahm. Sie nehmen jetzt Futter aus der Hand, laſſen ſich geduldig am Kopfe krauen, ſtreicheln, ergreifen und auf der Hand im Zimmer herumtragen und kommen mir auf den Schoß, auf Kopf und Schulter geflogen. Beſonderes Intereſſe legt das Männchen für meinen Schnurrbart an den Tag, an dem es, ſobald ich mich ſeinem Schnabel nähere, eifrig herumbeißt, knuſpert, zieht, zerrt und glättet. Ein fremder, plötzlich in die Nähe der Eulen gebrachter auffallender Gegenſtand, z. B. ein buntes Tuch, erregt ihre höchſte Aufmerkſamkeit. Zuerſt ſtarren ſie mit weit aufgeriſſenen Augen, die prachtvolle zitronengelbe Iris mit der großen, licht— empfindlichen Pupille in ihrer ganzen Schönheit zeigend, einige Sekunden auf den Gegenſtand hin, dann wenden ſie den Kopf in unbeſchreiblicher Komik bald langſam, bald geſchwind, aufwärts, abwärts, rechts und links, beugen ſich mit dem ganzen Körper vor, fahren plötzlich zurück, heben und ſenken die Ohrbüſchel, ſträuben die Federn, ziſchen, fauchen und klappen. Sehr häufig, beſonders in den Morgenſtunden, laſſen ſie eigenthümliche, klagende Töne hören, die man mit einem ſehr hohen, in 394 J. Moesmang, der Fiſtelſtimme geſungenen „hü, hü“ transſkribiren könnte. Mit demſelben Rufe locken ſie ſich auch einander, wenn ſie ſich außerhalb des Käfigs an verſchiedenen Orten des Zimmers befinden. Uebrigens ſind fie keine beſonderen Freunde über- flüſſiger Bewegung. Lange ſitzen ſie oft unbeweglich wie verſteinert an demſelben Platze. Ihr Lieblingsaufenthalt ſind zwei Bücherregale an der dunklen Rückwand des Zimmers. Dort wiſſen fie ſich auf, neben und hinter den Büchern fo zu ver- ſtecken, daß ein ungeübtes Auge ſie kaum von ihrer Umgebung zu unterſcheiden ver- möchte. Ich ſelbſt habe oft, namentlich in der Dämmerung, nicht geringe Mühe, ſie hier zu finden. | Ihre Nahrung beſteht hauptſächlich aus feingeſchnittenem, mit ſehr weichen von Hühner- oder Taubenfedern abgeſtreiften Federchen und Ossa-Sepiae-Mehl ver⸗ miſchtem Rinderherz. Mehlwürmer größten Kalibers, Mai- und Junikäfer, Enger⸗ linge, Raupen, Puppen und Falter der Nonne ſind ihnen ein beſonderer Leckerbiſſen. Vom Büchergeſtelle, von irgend einem erhöhten Punkte aus erſpähen ſie den auf den Boden geworfenen Mehlwurm, fixiren ihn lange unter unendlich komiſchen Ktopf- bewegungen und ſtürzen plötzlich auf die Beute herab, ſie mit unfehlbarer Sicherheit mit den Fängen ergreifend. Kleinere Objekte verzehren ſie durch ſofortiges Ver— ſchlucken, größere aber, z. B. lange, dünne Fleiſchſtreifen, halten ſie in einem der Fänge, führen ſie bedachtſam zum Schnabel und beißen, oder beſſer reißen Stück für Stück davon herunter. Unverdauliche Stoffe, wie die künſtlich dem Futter bei- gemiſchten Federchen, die Bälge der Mehlwürmer, auch Sand, den ſie gelegentlich mitverſchlucken, geben ſie von Zeit zu Zeit, aber nicht beſonders häufig, als länglich runde, ſehr kompakte Gewölle wieder von ſich. Mehrmals legte ich ihnen todte Mäuſe vor. Sie ergriffen dieſelben zwar und hackten einige Zeit daran herum, ließen ſie aber bald liegen, was mich ſehr wunderte, da doch Brehm ſagt, Mäuſe ſeien das Lieblingsgericht der Zwergohreule. Wahrſcheinlich haben ihnen die be- quemer zu genießenden anderweitigen Nahrungsmittel den Appetit nach Mäuſefleiſch benommen. Meinen übrigen Vögeln bringen fie großes, aber wie mir ſcheint, feines- wegs feindliches Intereſſe entgegen. Wenn ſich z. B. die kecke Blaumeiſe ſchreiend und zeternd am Gitter des Eulenkäfigs anklammert und neugierig hineinguckt, ſo ſtellen die Käuzchen ihre Ohrbüſchel kerzengerade in die Höhe, machen große Augen, beginnen mit ihren wunderlichen Kopfbewegungen, geben ſich aber nicht die geringſte Mühe, ſich auf den frechen kleinen Burſchen zu ſtürzen. Ich glaube faſt, daß ich ſie, da ſie gut genährt ſind, mit den kleinen Vögeln gemeinſam herauslaſſen könnte, und daß ſie, wenn ſie auch wollten, ihrer Langſamkeit wegen niemals einen fliegenden Vogel, am allerwenigſten eine Meiſe erhaſchen könnten, wage es aber natürlich nicht, das immerhin gefährliche Experiment auszuführen. Das Weibchen des intereſſanten Paares kam mit einer epitheloidalen Wucherung Die Zwergohreule in Gefangenſchaft. 355 am oberen Augenlide an. Herr Dr. Leverkühn hatte die Güte, dieſelbe durch eine kunſtgerechte Operation zu entfernen. Sehr merkwürdig iſt noch folgender Vorfall: Am 7. Dezember v. J., während ich am Tiſche ſchrieb, ſpielte das Männchen mit einem weißen, ſchmalen, aber ziem— lich langen Leinenbande. Als ich einmal von der Arbeit aufblicke, ſehe ich zu meinem größten Schrecken gerade das letzte Reſtchen des ſchon faſt ganz hinabgewürgten Bandes im Schnabel des Vogels verſchwinden. Es ihm noch herauszureißen, war unmöglich. Ich fürchtete für das Leben des Thieres. Sollte ſich dieſes lange Band wirklich zu einem Gewölle zuſammenballen und als ſolches ausgeſtoßen werden? Oder ſollte es etwa gar, unverdaut oder verdaut, den Weg durch den Körper nehmen? Das letztere ſchien mir ganz unmöglich. Es verging ein Tag nach dem andern, eine Woche folgte der andern, ohne daß das Käuzchen anſcheinend die geringſte Beſchwerde verſpürte. In der ſechſten Woche nach dem Ereigniß bemerkte ich aber mehrere Tage lang eine gewiſſe Unruhe an ihm. Es würgte oft und heftig, als ob es etwas aus Kropf oder Schlund entfernen wollte, zitterte dabei mit den Schwingen und ſprang ängſtlich am Boden herum. Am 23. Januar Abends gegen 7 Uhr, alſo nach faſt ſieben Wochen ſpie es nach längerem heftigen Würgen einen großen zuſammen— geballten, von klebrigem Schleim überzogenen Klumpen aus, in welchem ich zu meiner großen Freude das verſchluckte Band erkannte. Ich maß es nun; ſeine Länge betrug genau 45 em. Auch enthielt es in der Mitte einen dicken Knoten. Die ehemals weiße Farbe hatte ſich während des langen Aufenthalts im Kropfe oder Vormagen der Eule in ein ſchmutziges Braun verwandelt. Am 11. April legte das Weibchen zu meiner großen Freude und Ueberraſchung ein ziemlich großes, grauweißes, faſt kugelrundes Ei. Eine primitive Vorrichtung, beſtehend in einer kurzen, niedrigen, durch Pappendeckel nach oben und ſeitwärts ge— ſchützten, am Boden mit Sägeſpähnen bedeckten Zigarrenſchachtel genügte ihm voll— ſtändig als Neſt. Am Dienstag den 14. April morgens lag das zweite Ei im Neſt, und von da an ſaß das treue Thierchen ununterbrochen drei Wochen lang auf dem Gelege. Nur zur Befriedigung unumgänglicher Bedürfniſſe geſtattete es ſich, das Neſt ein paarmal des Tages zu verlaſſen. Mit wunderbarer Sorgfalt wurde es vom Gemahl gefüttert. Jeder dieſem verabreichte Mehlwurm wanderte in den Schnabel des Weibchens; ſo lange brachte er ihm ein Stück Rinderherz nach dem andern, bis es keines mehr annahm. Dann erſt vergönnte er ſich Stillung des eigenen Hungers. Nachdem 14, 16, 18 Tage ſeit Beginn der Brütung verfloſſen waren, ſchwand mir die Hoffnung auf einen glücklichen Erfolg derſelben. Am 21. Tage endlich, den 5. Mai, nahm ich der übertreuen, nutzlos geplagten Mutter die Eier. Ihre auf— opfernde Thätigkeit wäre eines beſſeren Erfolges würdig geweſen. Die Eier waren 350 L. Buxbaum, Ein Eldorado für Singvögel. unbefruchtet. Noch lange ſaß das arme Weibchen am Rande des Bi und be⸗ trachtete ſuchend den Boden deſſelben. München, im Juli. Ein Eldorado für Singvögel. Von L. Buxbaum. Am 15. Juli habe ich Herrn Hofrath Profeſſor Dr. Liebe in Wiesbaden, wo⸗ ſelbſt er zur Kur eingetroffen war, einen Beſuch abgeſtattet. Nachmittags machten wir einen Ausflug nach dem 3/, Stunden öſtlich von Wiesbaden gelegenen Dörfchen Sonnenberg. Dieſer, jedem Kurfremden bekannte, vielbeſuchte Ort mit ſeiner maleriſchen alten Burg liegt in einem engen, ſanft anſteigenden, geſchützten Thälchen, deſſen Wände theils mit Obſtbäumen, theils mit Laub- und Nadelbäumen oder Gebüſch bedeckt ſind. Ein klarer Bach windet ſich murmelnd über die Felſen am Waldrande entlang und ein ſchattiger Fußpfad führt an der Südſeite durch Bäume und Sträucher bis über die Burg Sonnenberg hinaus. Oeſtlich von der Burg befinden ſich einige bedeutende Steinbrüche im Taunusſchiefer und-Quarzit, von denen etliche ganz außer Betrieb geſetzt ſind. An verſchiedenen Stellen in der Nähe der Burg finden ſich faſt ſenk— rechte Felswände, die mit Dornen und anderem Geſträuch ſo dicht überwachſen ſind, daß weder ein Menſch noch ein Raubvogel hindurchdringen kann, zumal die Hecken oft von Clematis oder Bryonia förmlich überſponnen ſind. Hier könnte höchſtens noch ein Iltis oder ein Wieſel nachſpüren und auch dieſen würde es ſchwer fallen, eine Beute zu machen. Hier iſt nun der rechte Ort für die Niederlaſſung der Sing- vögel, denn hier findet jede Art, was ſie ſich nur wünſchen kann: Obſtbäume, auch ſolche mit Höhlungen, Laub- und Nadelbäume, ſowie dichtes Gebüſch im Walde unzugängliches Steingeröll, altes Gemäuer mit vielen Schlupfwinkeln, klares, fließendes Waſſer, weitreichendes Feld und Wieſen mit Obſtbäumen dicht beſtanden, | ſtehen zu Gebot. Die Singvögel haben die günſtige Lage dieſer Gegend auch erkannt, denn ſie ſind ſehr zahlreich vorhanden. Herr Hofrath Dr. Liebe hat auf der Burg Sonnenberg und in ihrer allernächſten Umgebung nicht weniger als 22 verſchiedene Species von dort brütenden Singvögeln gezählt. Im Burghofe, in dem eine gut— beſuchte Gartenwirthſchaft betrieben wird, ſahen wir im Sande ſo viele Fußtapfen von kleinen Vögeln, als ſei kurz vor unſerer Ankunft eine Vogelverſammlung dort abgehalten worden. Unſern friſchen Trunk würzte der Mönch (Sylvia atrieapilla) mit einem ſo kräftig vorgetragenen Liede aus unmittelbarer Nähe, als wären wir noch im Mai. Aus vielen Baumwipfeln und Büſchen ertönte uns der Geſang alter, und das Piepen junger, bereits abgeſchlagener Vögel entgegen. Hier iſt ein recht geeigneter Platz, um genaue Beobachtungen über das Leben und Treiben der Sing— Kleinere Mittheilungen. 357 vögel anſtellen zu können, denn da regt und bewegt ſich's auf jedem Baum, in jedem Buſch; auf der Wieſe und am Waſſer, überall bemerkt man geſchäftiges Leben und Spiel. Hier iſt der Ort, wo dem Vogelfreund das Herz höher ſchlägt, denn er iſt mit einemmal in eine Welt verſetzt, wie er ſie ſich nicht beſſer und ſchöner wünſchen kann. Immer und immer wieder wird es ihn hinziehen nach dieſem Vogel— heim, dem idylliſchen Thale von Sonnenberg, um dem ſchmetternden Geſang der beſten Sänger und Sängerinnen zu lauſchen und ſich ſatt zu ſehen an dem ge— ſchäftigen Treiben ſeiner Lieblinge. Hier iſt ein Eldorado für Singvögel, wie es wohl ſchöner nicht vorkommt. Das Thal von Sonnenberg kann ich in dieſer Be— ziehung nur mit dem botaniſchen Garten in Gießen vergleichen, woſelbſt ſich durch die langjährigen Bemühungen des Herrn Profeſſor Hoffmann die Singvögel jetzt maſſenhaft angeſiedelt haben. Hier iſt auch vor allen Dingen dafür geſorgt, daß jede Art den verlangten Niſtplatz finden kann und daß die Vögel nicht durch Katzen, Raubvögel und böſe Buben geſtört werden. Kleinere Mittheilungen. Unſer Mitglied, Herr Diaconus Schillbach theilt uns eine Notiz der Butt— ſtädter Zeitung mit, daß in Buttelſtedt i. Th. dieſes Jahr wieder eine Einmanerung von Sperlingen durch Hausſchwalben ſtattgefunden habe. Der Vorgang ſpielte ſich nach dem Bericht anfänglich ab, wie gewöhnlich erzählt wird: Die Sperlinge hatten im Winter und Frühjahr von dem Schwalbenneſt Beſitz ergriffen; bei der Ankunft der Schwalben gab es einen tagelang währenden Kampf, wenn man das ſo nennen will, zwiſchen den Schwalben und den Eindringlingen, der mit dem Abzug der Schwalben endigte. Dann aber, nach Verlauf einiger Tage erſt, kehrten die Schwalben in Begleitung von 8 oder 10 anderen Schwalben zurück und verſuchten die Spatzen durch Schreien und Zufliegen zu verſcheuchen — natürlich umſonſt. Darauf waren im Nu, wie auf Befehl, alle Schwalben verſchwunden und kehrten in kurzer Zeit jede mit einem Lehmklümpchen im Schnabel zurück und bauten im Nu das Neſt zu. Schon Naumann erklärt dieſe „Rache der Schwalben“, das Zu— mauern, für ein einfältiges Märchen. Immer taucht es wieder auf. Daß die ho— meriſchen Kämpfe mit viel Geſchrei und Schimpfreden, aber ohne großen Federverluſt zwiſchen den Schwalben und den eingedrungenen Spatzen ſtattfinden, iſt zweifellos und alljährlich zu beobachten. Ein vollſtändiges Zumauern aber iſt undenkbar und wohl auch noch nie mit voller Sicherheit von zuverläſſiger Seite beobachtet. Denk— bar aber iſt es, daß die Schwalben, namentlich wenn ſie in Noth ſind und entweder keine Zeit übrig oder keine andere paſſende Niſtſtelle zur Hand haben, in ihrer Zwangslage dem Naturtrieb folgen, an den Eingang zu dem von den Spatzen be— 358 Kleinere Mittheilungen. ſetzten Neſt Klümpchen eingeſpeichelten Lehmes anfügen, um den Eingang enger und paſſender zu machen, daß dann die Klümpchen ſchnell trocknen und dann die Sper- linge den Eingang zu eng und unbequem finden, ſo daß ſie das Neſt nun den Schwalben überlaſſen. — Vielleicht liegen ſichere Beobachtungen vor, welche dieſe Vermuthung beſtätigen. K. Th. Liebe. Der Bartgeier in den Karpathen. Am 5. Juli d. J. beim Beſteigen des Kuhhorns (Ineu), des höchſten Punktes der Rodnaer Alpen nahe der rumäniſchen Grenze, zwecks entomologiſcher und botaniſcher Ausbeute, beobachteten wir auf der Höhe des eben paſſirten Vorgebirges Coroncel, als wir unſeren vier Führern und drei Pferden vor dem Aufſtieg auf den letzten ſchroff anſteigenden Höhenkegel behufs Einnahme des Frühmahles und Aufſtellung des Zeltes eine Ruhepauſe gönnten, die Anſammlung von 4, ſpäter 6 Exemplaren des Bartgeiers (Gypaetos barbatus L.), von denen ein Exemplar ſo dicht über unſeren Häuptern abſtrich, daß dasſelbe un⸗ ſchwer zu erlegen geweſen wäre. Später bei Erſteigung des Czibles (Lapoſcher Alpen) gewahrten wir ebenfalls 2 Exemplare des Bartgeiers. Bei dem Ausſterben dieſes ſeltenen Vogels in Europa dürften die Rodnaer und Lapoſcher Alpen als Theile der Nord-Karpathen ſonach noch bevorzugte Stellen für das Vorhandenſein desſelben bieten, die umſomehr gewahrt bleiben dürften, als der zu dieſen Höhenzügen auf ſchmalen Saumpfaden führende Zugang meiſt noch durch vorhandene Urwälder führt, und eine Bereiſung derſelben ſeiner vielen Schwierigkeiten wegen in höchſt ſeltenen Fällen erfolgt. A. Grunack. Eine beſondere Erfahrung machte ich mit Calamoherpe turdoides. Der Droſſelrohrſänger niſtet nach den Autoren und beſonders auch nach Naumann nur im Rohr, welches im Waſſer ſteht; ich fand ihn an den Rohrbacher Teichen unweit Leipzig auf ganz trockenem Flußufer niſtend, obgleich er nicht weit davon Ge⸗ legenheit hatte, über dem Waſſer zu niſten. Da ich die Rohrſänger, namentlich den Droſſelrohrſänger genau kenne, iſt ein Irrthum wohl ausgeſchloſſen. Es liegt nun die Frage ſehr nahe, warum wohl einzelne Vögel von ihrer Niſtgewohnheit ſo ab— weichen. Man erklärt dergleichen wohl, indem man annimmt, daß ſie ſich den Ver— hältniſſen anpaſſen; das wird aber bei meinen angeführten Beobachtungen hinfällig, weil doch die Vögel die Gelegenheit hatten, nach Belieben auch in der gewöhnlichen Weiſe zu niſten. Ich führe daher die Erſcheinung auf ihre Geburt zurück; die Eltern oder Voreltern waren durch die Verhältniſſe gezwungen, gegen ihre ſonſtige Gewohnheit zu niſten, und dieſes übertrug ſich dann auch auf die Jungen, welche von ihren Jugendanſchauungen ausgehend es machten, wie es die Eltern auch ge— macht. Sollte dieſe meine Folgerung richtig ſein? | Leipzig. Rudolf Müller. Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. 359 Bücher-Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. A. In deutſcher Sprache. Neuere Werte x . ch, W., Ueber Favus und Favusbehandlung. Freiburg /B. 1891. o. J. D. 35 S. Die eigenthümliche Hautaffection kommt auch bei Hühnern, ſelten bei Enten vor (Glasgow clinical record. Glasgow med. journ. 1872), und verläuft bei erſteren meiſt lebensgefährlich. (Gerlach, Mag. f. Thierheilf. von Gurlt & Hertwig, 1859, 236. Müller, Georg, Hauterkrankungen bei Vögeln, Monatsh. VII. 15, VI. 23. Schütz, Pilz des Hühnergrindes, Mitth. aus dem Kaiſerl. Geſundheitsamt, II. 1884.) Genauere Schilderung des Krankheitsbildes S. 19 (9). 2. Eder, R., Die Bedeutung des Stieglitzes auf alten Madonnenbildern. Nordböhm. Vogel- und Gefl. „Ztg. IV. 1891, S. 61. Aus Conrad von Megenberg's Buch der Natur (1349 —50 bez. 1230—44) beantwortet E. die in der Ornith. Monatsſchrift angeregte Frage nach dem Urſprunge der Vorliebe der Maler für den Vogel (XV, 1890. 91. 278 — 281.). (Druckfehler: verſtehen, für: verſtehe ich, und: zu ſtreichen „jene“ im 2. Abſatz.] 3. Katalog der 5. allgem. Geflügel und Vogel⸗Ausſtellung des Verbandes der ornith. Vereine Pommerns. so. 32 S. Außer dem Verzeichniß des Geflügels und der Ziervögel (darunter viele ſprechende Papageien) enthält der Katalog folgende beachtenswerthe Nummern: 617. Fichtengimpel (Pinicola enucleator) „In Pommern gefangen“. 671. Zwei Rebhuhnköpfe mit abnormer Schnabelbildung. | 4. Steen, J., Die Vögel Schleswig - Holfteins, 50 . und Schaden. Schleswig, Kl. 8° (1891), 140 S. Mit ſchwarzem Titelbild. 1.4 5 Bei den meiſten Arten wird „Name, Farbe, Größe, Voten Aufenthalt, Brütezeit, Ort des Neſtes, Stand», Strich, Zugvogel u. ſ. w., Schnabelbildung, Nahrung, Nutzen und Schaden“ in tabellariſcher Form beſprochen; ſeltenere Arten werden ſummariſcher behandelt. Das Buch lehnt ſich an Rohweder's klaſſiſche Arbeit an, enthält nicht viel Neues und manches Bedenkliche, iſt aber zur Verbreitung in der 0 da Rohweder's Buch vergriffen, zu empfehlen. 5. Mittheilungen des Naturwiſſenſchaftlichen Vereins für Steiermark. Jahrgang 1890, Heft 27. Graz 1891. 8%. CXXXVII + 438 S. Im Bericht über die Section für Zoologie giebt Prof. Dr. A. Mojſvar Edler von Mojſiſovics Mittheilungen über das Vorkommen folgender Arten in Steiermark: Circ. pallidus, Past. roseus, Neoph. perenopterus, Otis tarda, Aix sponsa, Lest. parasitica, Ardea purpurea, Cyg. musicus; ferner einige Farbenvarietäten. (LXXXV u. f.) Aeltere Werke. 6. Tobias, Rob, Ornith. Bemerkungen. Nebſt einer Tabelle über den Frühlingszug einiger Vögel i in der Oberlauſitz. Abh. naturf. Gef. Görlitz II. 1838, S. 35—47. 7. Derſ., Beiträge zur Naturgeſchichte einiger Vögel. — Eine neue Droſſelart: Turd. illuminus v. Löb. — Zur Naturgeſchichte des Kuckuks. Eb. IV. 1844 S. 27-36. 8. Derſ., Ornith. Beobachtungen im Jahre 1842, angeſtellt zu Görlitz. Eb. 1—4. 9. Derſ., Ornith. Notizen. — Krit. Bemerkungen zu Dr. A. Lindermeyer's Aufſatz: Die Vögel Griechenlands. (Mit Tafel: Eier von Pastor roseus, Glar. torquata, Dunenjunges von letzterer Art.) Eb. 55—60. 10. Ders. Excurſionen auf dem rechten Donau⸗Ufer im Jahre 1840. — Ornith. Ausflüge im Banater Grenzlande. — Ornith. Excurſion nach der Tafelfichte, hohen Iſar- und Rieſenkamme. — Ornith. Bemerkungen. Eb. IV. 1847. 2552. 11. Derſ. Beiträge zur Naturgeſchichte einiger Vögel. Eb. V. 1848. 47--57. 12. Ders., Recenſion über die Naumannia. I. Eb. VI. 1851. 139—142. 13. Derſ., Ankunft der Vögel im Jahre 1849. Eb. V. 1850. 59. ER Bi 360 Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. 14. Der), Ornith. Beobachtungen im Jahre 1840, — do. im Jahre 1841. Eb. III. 1842. S. 31—36. ro 15. Derſ., Der Sumpf Obeda bei Kubindva im ſirmiſchen Militair-Grenzlande. Eb. 1843. S. 53—58. ö Die Arbeiten Rob. Tobias' ſind reich an biologiſchem Materiale, ſowohl was die Fauna ſeines Heimathlandes Schleſien betrifft, über das Floericke demnächſt eine größere Monographie vorlegen wird, als was diejenige der von ihm bereiſten Donau⸗ länder angeht, auf welch letztere ich in meinem Bericht über meine im Anſchluß an den Peſter Congreß ausgeführten Reiſen nach Südungarn, Slavonien u. ſ. w. im Compte rendu des Congreſſes zurückkommen werde. Sie bilden eine Ergänzung zu Krezſchmar's Arbeiten (z. B. Lauſitziſche Vögel, eb. II. 1838, 2, 19— 34; vgl. eine Lifte von Kes Schriften in Cab. J. f. O. 1891, S. 180, von Floericke). Auch die unter 16—17 auf- geführten Arbeiten Louis Tobias bieten manches Intereſſante. f 16. Tobias, Louis, Einige Bemerkungen an meinem Charivari. — Abnorme Bildung am Schnabel einer Saatkrähe. Eb. V. 1848. 5761. Mit Tafel. | Im Anſchluß an dieſe letztere Mittheilung geftatte ich mir, die geehrten Mit- glieder unſeres neuen Vereins, ſowie jeden Leſer dieſer Zeilen zu bitten, mir Material über Schnabeldifformitäten in natura oder effigie, ſowie Litteratur-Notizen gütigſt zukommen zu laſſen, da ich mit einer größeren Arbeit über dieſe Anomalieen beſchäftigt bin, welche ſich z. T. auf dem mir anvertrauten Stölker'ſchen Nachlaſſe aufbaut. 17. Derſ., Die Rückkehr der Vögel im Frühjahre 1867. Eb. XIII. 1868. 9192. 18. Kölbing, Brief aus Gnadenthal am Cap der guten Hoffnung. Eb. IV. 1sa7 219 19. Fiebig, Von fremden Vögeln. Eb. V. 1848. 168169. 65 20. Ach en Einige Beiträge zur Naturgeſchichte des Jahres 1843. Sb. 1844. 5—8. 21. v. Bönigk, Bruchſtücke aus einem ornith. Tagebuche, geführt im Groß⸗ herzogthum Poſen im Frühjahre 1848. Eb. v. 1850. 7388. 22. Derſ., Bemerkungen über den Frühlingszug der Vögel im Jahre 1850 nebſt einer tabellariſchen Ueberſicht. Eb. VI. 1851. 2125. 23. Wacke, Phas. eolehieus mit difformem Schnabel. Eb. VI. 1853. 121. 24. Homeyer, A. v., Ueber die Oertlichkeit des Sommeraufenthaltes des Heuſchreckenſängers (S. locustella). Eb. XIII. 1868. 86—91. | Die wichtigſte dieſer, von mir durch glücklichen Zufall erlangten, ſämmtlichen ornith. Abhandlungen aus den Görlitzer Abhandlungen iſt die letzte, welche das Ehren— mitglied der Geſellſchaft, A. v. Homeyer, in ihr veröffentlichte. A. v. H. beobachtete S. locustella in Neuvorpommern, bei Frankfurt a/ M., in Raſtatt i/ B., bei Gr.⸗Glogau, Poſen, Münſterberg und in der Grafſchaft Glatz. — Die ornith. Mittheilungen Kölbing's ſind etwas vorſündfluthlich; er freut ſich über die Colibri-Arten Certhia chalybea und famosa in Afrika! (S. 16— 18.) Bönigk's Arbeiten ſchildern ornith. ſehr in- tereſſante, jetzt aber wohl viel vogelärmere Gegenden! — 25. Miller, Max, Das Jagdweſen der alten Griechen und Römer, für Freunde des klaſſiſchen Alterthums und den gebildeten Waidmann nach den Mit⸗ theilungen der alten Schriftſteller dargeſtellt. München 1885. Kl. 8°. 104 S. Ein ſehr hübſch geſchriebenes, fleißiges und empfehlenswerthes Buch, deſſen Schlußcapitel „Jagd auf Federwild“ uns außer den allgemeineren über Jagdſchrift⸗ ſteller, Bedeutung und Werthſchätzung der Jagd bei den Alten beſonders intereſſirt. Es ergänzt Oken's Buch, vor dem es ſich auch durch die poetiſche Schreibweiſe auszeichnet. Ich ſuche gut aufgezogene rothrückige Würger (Lanius col lurio) von dieſem Jahr, desgleichen Gerſtammern, Rohrammern, Gartenammern, Zaun- und Zippammern. Gera-Reuß. K. Th. Liebe. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. vr ß Is Ornithologi 0 H. fe . ® . 3 N N E S 1 Es N p S URN S N | ALL \ INN 215 n Sl 0 i NAIPAAIIAIAAIIIIIISEINIIAÄIIIIISNNNANNENÄSN TEENS Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt von Fe en ee ee eee 2 5 danten d. Ver. Herrn Meldeamts— Jahres⸗Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, und erhalten dafür die Monats⸗ item Vorſitzenden des Vereins ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. 9555 a Dr. Rey 4 2 . . Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. 5 Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. Vorſteher Rohmer in Zeitz er⸗ beten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ der finden koſtenfreie Aufnahme, ſoweit der Raum es geſtattet. XVI. Jahrgang. September 1891. Ur. 13. Inhalt: Neu beigetretene Mitglieder. V. — Ernſt Hartert: Zu dem „Aufruf des deut— ſchen Bundes zur Bekämpfung der Modefrevel“. G. Jacobi von Wangelin: Ein Oſtermorgen am Gotthardtsteich. K. Th. Liebe: Der Grünfink als domeſtizirter Vogel. H. Bardenwerper: Beobachtungen am Trappen. J. Michel: Zur Naturgeſchichte der Fliegenfänger. A. Goering: Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. II. (Mit 3 Textbildern.) L. Buxbaum: Die Rabenkrähe und Abſonderlichkeiten in deren Lebensweiſe. H. Schacht: Der Sumpfſchilfſänger (Sylvia palustris) im Lipperlande. F. Schlag: Meine Dompfaffſtube 1891. E. Kretſchmer: Ornithologiſche Nachrichten aus der Provinz Poſen. Ad. Walter: Wie viel Zeit gebraucht der Storch zum Bau ſeines Neſtes, um es ſoweit fertig zu ſtellen, daß es zur Brut benutzt werden kann. — Kleinere Mittheilungen: Verſpätung in der ganzen Entwicklung der Natur. Wider— ſtandsfähigkeit der Schwalben. Ein abweichender Niſtplatz der großen Rohrdommel. Alter fremd— ländiſcher Stubenvogel. Nebelkrähe und Muſchel reſp. Schnecke. Albinismus bei Schwalben. — Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. B. In engliſcher Sprache. — Anzeigen. Neu beigetretene Mitglieder. V. 1. Behörden und Vereine: keine. — 2. Damen: keine. 3. Herren: Karl Bertram in Neu-Untermhaus bei Gera; Wilhelm Eckel, 25 362 Ernſt Hartert, Gräflich von Geldern'ſcher Förſter in Roggenburg (Bayern); Karl Ertelt, Gaſthofsbeſitzer in Ziegenhals; Paul Gottſchalk, Apotheker in Camburg; Joſ. Klute, Forſtwart in Herten in Weſtf.; Freiherr Dr. Richard König, Königl. Württemberg. Kammerherr in Warthauſen; Amtsrichter Krauſe in Camburg; Heinrich Lotz, stud. rer. nat. in Marburg; Emil Marſch, cand. med. in Holbach bei Walkenried; Ernſt v. Middendorf, Rittergutsbeſitzer in Hellenorm bei Dorpat, (Livland, Rußland); Moroff, Gymnaſialprofeſſor in Hof, Bayern; W. Scheele, stud. med. in Marburg; Guſtav Voß, Hoflieferant in Köln a. Rh. Zu dem „Aufruf des deutſchen Bundes zur Bekämpfung der Modefrevel“. Von Dr. Ernſt Hartert. Wie es wohl ſelbſtverſtändlich erſcheint, iſt der Vogelkundige und ein ſolcher, der es werden möchte, ein wahrer und oft der wärmſte Freund der herrlichen Geſchöpfe, deren Erforſchung er ſich zur Aufgabe gemacht hat. Jeder Fachornithologe wird daher ebenſo wie auch überhaupt ein jeder, welcher an der Vogelkunde Freude hat, und zu ihren Jüngern zählen will, auch den in der Ueberſchrift dieſer Zeilen genannten Aufruf mit höchſtem Intereſſe durchgeleſen haben. Gewiß muß es dieſe Leſer gefreut haben, daß endlich in den Reihen der Frauenwelt ſelbſt ein Aufbäumen gegen die von Paris diktirten, der Vogelwelt ſo gefährlichen Modegeſetze ſtattfinden ſoll, denn der nüchtern denkende Naturforſcher iſt ja ſicherlich ein Freund der Vögel und ein Feind des Unſchönen. Iſt doch der größte Theil der Männerwelt!) ein Feind aller extremen und entſtellenden Modegeſetze. So ſehr wir uns aber über den Aufruf gefreut haben, ſo iſt uns dabei ein Punkt aufgefallen, auf den aufmerkſam zu machen wir für unſre Pflicht halten. Jener gegen die Mode, ausgeſtopfte Vögel als Hutzier ꝛc. zu tragen, gerichtete Bund hat ſelbſtverſtändlich ſeine Feinde, und erſt kürzlich laſen wir einen ordinären und widerlich hämiſchen Artikel über ihn in einer der größten Berliner Zeitungen. Solchen Feinden darf man keine noch ſo unbedeutend kleine Blöße bieten, auf welche ſie ſofort ihre ſonſt und in der Hauptſache völlig ungerechtfertigten Angriffe richten können. So dürfte es den ſicherlich gut gemeinten Beſtrebungen ſehr ſchädlich ſein, wenn ſchon gleich in dem Aufruf des „Bundes ꝛc.“ Behauptungen aufgeſtellt werden, welche den Thatſachen nicht zu entſprechen ſcheinen, ſei es nun, daß ſie auf Mißverſtändniſſen beruhen, oder daß es unbewußte tendenziöſe Uebertreibungen ſind. Wenn angegeben wird, daß in letzter Saiſon nach Frankreich allein eine Million Colibri eingeführt wurden, ſo vermag ich freilich dieſer Angabe, die ja jedenfalls auf ſichern Quellen *) Nulla regula ete. S. Gigerln! Pe: Zu dem „Aufruf des deutſchen Bundes zur Bekämpfung der Modefre vel“. 363 beruht, nicht Zweifel entgegenzubringen, nur möchte ich wiſſen, was das Schickſal dieſer gewaltigen Lager geworden ſein wird. Wenn aber weiterhin angeführt wird, daß dieſe Maſſen von Colibri, „um den Glanz ihres Gefieders nicht einzubüßen, lebendig entbalgt werden“, ſo kann ich nicht umhin, dies zu bezweifeln. Zunächſt weiß ich aus Berichten von Bogota in Colombia, woher weitaus die meiſten der nach Europa geſandten Colibri kommen, daß in Colombia die Colibri mit dem Blasrohr geſchoſſen werden, ferner daß ſie in Venezuela und Braſilien mit feinem Schroot erlegt werden, ſo daß ſie nicht lebend in die Hand des Vogelſtellers fallen. Ferner halte ich das Lebend-Abbalgen faktiſch für unausführbar. Jeder der einmal Vögel gefangen oder geſchoſſen hat — und ich habe auf Jagden in 3 Erdtheilen, theils aus Jagdpaſſion, theils zur Stillung meines Hungers, zumeiſt aber zu wiſſenſchaftlichen Zwecken manchen Vogel erlegt —, wird wiſſen, daß er bemüht iſt, ſeine Beute ſo bald und ſo raſch als möglich zu tödten, da die Thiere ſich ſonſt durch Flattern und Wälzen, ſowie durch Beſchmutzen mit Koth und Blut ihr Gefieder verunreinigen. Eingeborenen Jägern, die oft die grauſame Manier haben, Vögel halb lebend zu bringen, mußte ich dies oft auf das energiſchſte verbieten. Die Colibri ſind außerordentlich zarte Vögel; — wie lange glaubt man denn, daß ein ſolcher bei der Prozedur des Abbalgens lebendig bleiben ſoll? Durch den Tod findet übrigens nur bei ſehr wenigen Vögeln eine geringe Veränderung des Farbenkleides ſtatt. Weit eher bemerkt man ein Verblaſſen beim Trocknen der Bälge, doch iſt auch dieſes ſo unbedeutend, daß es auf den Werth des Balges zu Modezwecken wohl keinen Einfluß hat. Beſonders die Colibri halten ihre Farben prachtvoll und vertragen ſelbſt eine ſorgloſe Behandlung der Bälge beſſer, als viele andere Vögel. Was die zehntauſend in Marocco gekauften kleinen Papageienleichen betrifft, ſo wäre es in ornithologiſcher Hinſicht ſehr intereſſant, zu erfahren, welcher Art dieſe in einem an Papageien ſo armen Lande angehören, reſp. auf welchem Wege ſie nach Marocco gelangten. Noch bemerke ich, daß von den meiſten Colibri vorzugsweiſe Männchen, und dieſe ehe die Brutzeit beginnt, ſolange das Gefieder noch ganz friſch und unabgerieben iſt, geſchoſſen werden, und daß die Vögel der alten Welt in Maſſen nur auf dem Zuge gefangen werden können. Das iſt eine Thatſache, welche leicht der in jenem Aufruf vorkommenden Angabe, daß infolge der Jagd für die Modemagazine „zu Millionen Vogelbruten verhungern“, von feindlicher Seite entgegengehalten werden könnte. Wir ſelbſt aber halten uns an die Hauptſache, und wünſchen dem Bund von edelfühlenden Frauen und Mädchen ein glückliches fröhliches Gedeihen und die beſten Erfolge aus ganzem vollen Herzen. | British Museum (Natural History), Cromwell Road, London SW. 25 * 364 G. Jacobi von Wangelin, Ein Oſtermorgen am Gotthardtsteiche. Von G. Jacobi von Wangelin. Der April, der unbeſtändige, wetterlaunige Geſell, nähert ſich ſeinem Ende. Heute läßt er es uns aber nicht entgelten, daß er ſeine Herrſchaft innerhalb weniger Tage an den ſchöneren Mai, den Wonnemond, abtreten ſoll; er will uns zeigen, daß auch er über wirklich ſchöne, ſonnige Frühlingstage verfügt. Heute blaut der Himmel, die warmen Sonnenſtrahlen wirken belebend ein auf alle Kreaturen und befördern ſichtlich das Wachsthum der Pflanzenwelt. Ich höre ſchon von meinem Fenſter aus den Geſang des Hausrothſchwänzchens (R. tithys). Beim Hinausblicken ſehe ich es auf dem Dachfirſt der gegenüberliegenden Scheune ſitzen, hochaufgerichtet läßt es ſein wenig ſonores Lied erſchallen; ich ſehe Dohlen (C. monedula) Niſtreiſig brechen von den benachbarten Alleebäumen, um ihre Neſter auf den altehrwürdigen Thürmen unſeres berühmten Domes, deſſen Grundſtein vor faſt neun Jahrhunderten (am 15. Mai 1015) gelegt wurde, oder der uns benachbarten neuerbauten katholiſchen Kirche zu errichten. Die Zierſträucher der Anlagen laſſen erkennen, daß das Leben in der Natur zu neuem Schaffen erwacht iſt, die Loniceren haben ſchon junges Grün hervorgetrieben, die dickgeſchwollenen Knoſpen der Syringe (ſpaniſcher Flieder) ſind am Aufbrechen. Wenn der aufmerkſame Naturfreund innerhalb der Stadt derartige Zeichen wahrnimmt, ſo weiß er, daß draußen in der freien Natur viel, ſehr viel, zu ſehen fein wird; Altbekanntes und doch ewig Neues, wie es der Wechſel der Jahres⸗ zeiten mit ſich bringt. Dienſt haben wir heute nicht, es iſt Oſterſonntag, wandern wir zum Gotthardtsteiche hinaus. Weit iſt der Weg zu ihm nicht. Der Teich be⸗ ginnt unmittelbar an der Stadt, der öſtliche, kleinere Theil desſelben, welcher durch den Eiſenbahndamm von dem Hauptcomplexe desſelben abgeſchnitten iſt, hat im Winter der ſchlittſchuhlaufenden Jugend als beliebter Tummelplatz gedient. Heute ziehen auf der blanken Waſſerfläche mehrere Schwäne (C. olor) ihre Bahnen. Sie wagen nicht, den größeren jenſeits des Bahndammes belegenen nach Südweſten mehr als einen Kilometer ſich hinziehenden Theil des Teiches durch die hohe Wölbung der Eiſenbahnbrücke zu beſuchen, denn ihr gegenüber hat ein Schwanen⸗ paar zwiſchen den Stoppeln des über Winter abgemähten mächtigen Teichrohres ſein Neſt aufgeſchlagen. Das Weibchen brütet bereits, der Schwan ſelbſt hält ſich in der Nähe des Neſtes auf, und bringt noch einzelne Rohrhalme zu der von ihm für nöthig erachteten Vervollkommnung der Wiege ſeiner Kinder heran, welche von dem Weibchen ihm abgenommen und zur Verſtärkung des Neſtrandes verwendet werden. Wehe dem fremden Schwane, welcher ſich beikommen ließe, in die Nähe des Neſtes zu kommen: mit weitzurückgelegtem Halſe, geſträubtem Gefieder und ziſchend wird der Nebenbuhler verfolgt werden. Beim Beginn des erſten Frühjahrs haben heftige Kämpfe Ein Oſtermorgen am Gotthardtsteich. 365 unter den Männchen ſolange ſtattgefunden, bis der alte Schwan unbedingt als Herr des Teiches von den anderen jüngeren anerkannt wurde. Haben wir doch bei früheren Spaziergängen am Teiche völlig abgemattete, ſchwächere Männchen gefunden, welche ſich an das Ufer geflüchtet hatten und nicht wagten auf das Waſſer zurückzukehren, ſolange der Sieger in der Nähe war. Weiter bemerken wir zahlreich das Waſſerhuhn, auch Bleßhuhn genannt (F. atra). Auf unſerm Teiche iſt es wohl der häufigſte und bekannteſte Vogel, welcher hier ſeine Scheu vor dem Menſchen vollſtändig abgelegt hat und bis dicht an das kahle Ufer herankommt. Wir haben hier Gelegenheit, dasſelbe genau zu be— trachten. Der ſtattliche, haushahngroße, ſchwarz und ſchieferfarbig gefärbte Vogel mit weißer Flügelbinde iſt ausgezeichnet durch eine hornartige weiße Stirnplatte über dem weißem Schnabel. Obwohl man ihn ſelten fliegen ſieht, zieht er doch im Winter nach dem Süden, kehrt aber frühzeitig zu uns zurück. Im Fluge ſtreckt er ſeine mit ſehr langen Zehen verſehenen Füße weit nach hinten. Schwimmhäute hat er nicht, die Zehen ſind aber mit breiten, an den Zehengliedern zu Lappen aus— geſchnittenen Schwimmſäumen umgeben. Ruhig ſchwimmend bewegt er ſich ruck— weiſe, nickend mit Kopf und Hals vorwärts. Das Waſſerhuhn gilt vielen von uns in der hieſigen Stadt für den Verkünder des nahenden Frühjahrs. Schon im März, ſobald Wind und Sonne die Eisdecke weggenagt haben, ſehen wir plötzlich unſeren Teich damit bevölkert. Bald beginnt die Zeit der Paarung, die Männchen kämpfen unter einander ihre ungefährlichen Kämpfe um den Beſitz des Weibchens, welches alsbald zum Neſtbau ſchreitet. Das Neſt wird gebaut aus trockenen Rohrſtengeln entweder ſchwimmend in den Rohrſtoppeln oder zwiſchen den trockenen Büſchen der Rohrkolbe (Ty pha), welche bei uns nicht bis auf den letzten Halm über Winter ab- gemäht wird, wie dies bezüglich des allerdings werthvolleren Rohres der Fall iſt. Wir ſehen heute bereits verſchiedene Weibchen auf ihren Neſtern brüten. Ein Neſt ſteht ſo nahe am Ufer, daß unnütze Buben ſich dasſelbe als Ziel für ihre Stein— würfe auswählen, aber erſt, nachdem verſchiedene Steine in unmittelbarer Nähe platſchend in das Waſſer gefallen ſind, verläßt der Vogel auf kurze Zeit ſeine Eier. Wir gönnen uns heute nicht die Zeit, mit einem der Kähne, welche gegen geringes Entgelt zur Spazierfahrt leihweiſe zu haben ſind, an eins der Neſter heran zu rudern, wir würden ſonſt 5 vielleicht ſogar 10—15 blaßgelb bräunliche, faſt hühnerei— große Eier finden, welche mit meiſt ſehr feinen ſcharfen dunkelbraunen oder ſchwarzen Punkten oder Fleckchen beſpritzt ſind. Wir ſehen dem lebhaften Treiben der Waſſerhühner noch eine Weile zu und bemerken, daß die Vögel meiſt tauchend ihre Nahrung aufſuchen; aber während der Taucher (Podiceps) mit Blitzesſchnelle mit aalartiger leichter Bewegung im Waſſer verſchwindet, taucht das Waſſerhuhn mit einem eine gewiſſe Anſtrengung verrathenden 366 G. Jacobi von Wangelin, komiſch-plumpen Kopfſprunge; als längſte Zeitdauer des Unterwaſſerſeins beobachten wir mit der Uhr in der Hand 10 — 13 Secunden und bemerken, daß der Vogel faſt genau auf derſelben Stelle wieder auftaucht, wo er unſern Blicken entſchwand. Wie anders der Taucher. Einen, vielleicht den ſchönſten Repräſentanten dieſer Gattung finden wir ohne Mühe. Unter den ſich gegen die hellglänzende Teichfläche ſchwarz abhebenden Waſſerhühnern ſehen wir plötzlich einen an der Unterſeite weißglänzenden, ſchlanken, ſtattlichen Vogel erſcheinen. Es iſt der Haubentaucher (Pod. eristatus). Vielleicht 40 —50 Schritte von der Stelle ſeines Auftauchens verſchwand er in dem naſſen Elemente, um unter Waſſer ſchwimmend plötzlich da zu erſcheinen, wo niemand ihn vermuthete. Ausgezeichnet ſind beide Geſchlechter dieſes intereſſanten und ſchönen Vogels durch einen langfedrigen Halskragen, aber der Schmuck des Weibchens iſt unbedeutender, die Halskrauſe iſt kleiner, der Federbuſch kürzer als beim Männchen Wir ſehen das Neſt des Tauchers vom Ufer aus. Es beſteht aus zuſammengetragenen Waſſerpflanzen, welche von den Vögeln tauchend aus dem Grunde heraufgeholt werden; es bildet einen zuſammengehäuften Klumpen. Wollte man das geſammte zu dem Neſte zuſammengeſchleppte Material, welchem auch ſperrige Rohrhalme ein⸗ gebaut ſind, um das Neſt bei Wind am Treiben zu verhindern, ausheben, ſo würde man einen kleinen Fiſcherkahn zur Hälfte füllen. Im weiteren Verlaufe unſeres Ganges finden wir noch ein zweites Paar Haubentaucher angeſiedelt, auch hören wir die Stimme des kleinen Steißfußes (P. minor), ohne ihn aber für heute beobachten zu können. Verſchiedene früher unternommene Ausflüge haben uns aber belehrt, daß dieſer kleinſte Taucher hier ſeltener iſt als der Haubentaucher, von welchem in manchen Jahren ſchon drei brütende Paare hier beobachtet worden ſind. Wir haben uns an der offenen, von Rohrſtoppeln eingefaßten Waſſerfläche ziemlich lange bei der Beobachtung dieſer drei Vogelarten aufgehalten, verlaſſen das Teichufer für kurze Zeit, um auf einem durch das Feld führenden kleinen Umwege den zu dem Teiche gehörigen Bruch zu erreichen. Der Roggen iſt noch nicht ganz ſo hoch, um eine Krähe zu verdecken; wir können aber auch nicht Unbilliges verlangen: Deckung in normalen Jahren ſoll die Krähe im Roggen erſt am 1. Mai finden und heute ſchreiben wir erſt den 26. April, der Roggen hat alſo noch 4 Tage Zeit. Wenn das Wetter ſo bleibt, wie es ſich heute anläßt, kann und wird er dieſer An— forderung ſicherlich noch genügen. Unſer treuer Begleiter auf allen Wegen im Freien, „Hector“, der Griffon, beginnt bei gutem Winde plötzlich aufzufallen, er zieht an, ſteht feſt wie aus Erz gegoſſen, — er hat Wild vor ſich. Wir gehen näher heran und ſchnurrend fährt ein Paar Rebhühner (Perdix ein.) aus dem ſchützenden Grün, um nicht weit davon wieder einzufallen. Den Hahn erkennen wir deutlich an dem hellbraunen Bruſtflecke, Schild von den Jägern genannt. Wir können nur wünſchen, daß die Henne ihr Neſt in dem Roggenfelde und nicht in dem benachbarten Kleefelde an- Ein Oſtermorgen am Gotthardtsteich. 367 legen möchte, damit dasſelbe nicht bei der oft ſchon Anfangs Juni beginnenden Klee— ernte ausgemäht werde. Weiterhin ſehen wir aus dem Roggen den Kopf und Hals der ſchwarzen Krähe (C. corone) auftauchen. Wir betrachten dieſen Vogel mit gemiſchten Gefühlen. Iſt er nützlich? — iſt er ſchädlich? Nützlich erweiſt ſich die Krähe dem ackerbauenden Landwirthe ſicher, denn ſie iſt eine hervorragende Vertilgerin der Feldmäuſe, und einer Menge von Nacktſchnecken; aber der Jäger haßt ſie nicht ohne Grund. Wir find heute friedlich geſtimmt und wollen zu ihren Gunſten an- nehmen, daß ſie es nicht auf Zerſtörung des Neſtes der Lerche, (A. arvensis) deſſen Männchen die Frühlingsluft mit ſeinem herrlichen Geſang erfüllt, abgeſehen hat, auch hoffen, daß ſie nicht etwa einen noch unbehilflichen Junghaſen aufſpüren möge, denn denſelben würde ſie unbedenklich als einen willkommenen Feſtbraten nehmen. Während dieſer Betrachtungen ſind wir wieder an den Bruch herangekommen, welcher von dem Geißelbache durchfloſſen wird. Am Rande desſelben ſtehen Weiden, Erlen, Schwarzpappeln, einige Exemplare der Silberpappel — ſämmtlich noch unbelaubt. Die Erle hat aber ihre Blüthenkätzchen längſt hervorgetrieben, ſie ſind im Abblühen begriffen, die Weiden blühen, umſummt von einer Menge fleißiger Bienen, auch die Zitterpappel blüht und das Rohr ragt in hellgraugrünen Spitzen etwa fingerlang aus dem Waſſer hervor, in welchem die aus der Wintererſtarrung erwachten Fröſche leiſe zu quarren beginnen. Da der Untergrund ein ungemein fruchtbarer iſt, ſo erreicht hier das Rohr im Laufe der Vegetationsperiode eine Länge bis zu 5 m, ein völlig undurchdringliches Dickicht bildend, welches zahlreichen, heute noch fehlenden Rohr— ſängern einen geſchützten Aufenthaltsort darbietet. In dem Erlen⸗ und Rohrgeſtrüpp huſcht das zierliche Rothkehlchen (Lusciola rubeeula) hin und her, aber unſere Aufmerkſamkeit wird ſchnell abgelenkt durch weithinſchallende wohlklingende Töne, welche tüt-tüt lauten. Wir blicken auf und bemerken eine Schaar Rothſchenkel, (Totanus calidris) welche erſt in dieſen Tagen eingetroffen ſind, da ſie noch in Schaaren zuſammenhalten. Bald werden auch ſie ſich zu Paaren ſondern und zum Brüten ſchreiten. Das Neſt macht keine Umſtände; als ſolches dient eine nur mit wenigen Strohhalmen ausgelegte Vertiefung, in welcher wir vier birnenförmige Eier finden, welche denen des Kiebitzes faſt an Größe gleichkommen. Wir gehen weiter, da umſchwärmen uns ängſtlich ſchreiend und „Hector angreifend“ in taumelndem Fluge mehrere Kiebitze (Van. eristatus), von denen im Bruche und auf den angrenzenden Wieſen wohl gegen 15 Paare brüten können. Wir ſehen dem gewandten Fluge eine Zeit lang zu und bemerken dann, daß auch einige Rothſchenkel ſich ähnlich gebaren; während aber die Kiebitze nur fliegend uns und ihren vermeintlich größeren Feind, den Hund, irrezuleiten ſuchen, ſetzen ſich die Rothſchenkel auch auf die Spitzen der Sträucher und nicht zu hohen Erlen, und laſſen von da ihr ängſtliches Geſchrei ertönen. Weiter fallen uns die bekannten meckernden Töne der balzenden Bekaſſine (Scol. gallinago) in die 368 G. Jacobi von Wangelin, Ohren. Nach einigem Suchen ſehen wir den Vogel in ſchwindelnder Höhe ſeinen Balz⸗ flug ausüben; bei dem ſchrägen Abſturze wird der von uns vernommene Ton durch die Schwingungen der Schwungfederſpitzen oder Steuerfedern des Schwanzes erzeugt, nicht aber durch die Kehle hervorgebracht. Das Weibchen brütet zweifellos ſchon auf ihren 4 olivgrüngelblichen, dunkelfleckigen Eiern zwiſchen Gras oder an einem Segge⸗ buſch, vielleicht in der Nähe des nur ſparſam vorhandenen Weidegeſtrüpps. Wir hören nur wenige, vielleicht zwei balzende Männchen, entſinnen uns auch nicht in früheren Jahren eine größere Anzahl dieſes Vogels im Frühling beobachtet zu haben, während derſelbe im Herbſt hier häufiger zuſammen mit der kleinſten Schnepfen⸗ art (S. gallinula) anzutreffen iſt. Wir ſind mittlerweile an dem Dorfe Scherben angelangt, welches dicht am Bruche an einer ſanften Anhöhe liegt. Auf den ſchwimmenden Rohrhalmen einer Waſſer⸗ lache balanciren zierlich weiße und gelbe Bachſtelzen, Mot. alba u. flava, nach Inſekten jagend. In dem dunkelen Bruchwaſſer ſpiegelt ſich namentlich der leuchtende Bauch der gelben Bachſtelze wieder; die zierlichen Thierchen wippen mit den langen Schwänzen, ſcheuen ſich auch nicht in das Waſſer zu treten; ſind dabei aber darauf bedacht, ihr Gefieder nicht zu benetzen. Eine Rauchſchwalbe (Hir. rust.) ſitzt auf einem dürren Rohrſtengel und putzt und ordnet ſich ihr vielleicht von langer Reiſe in Unordnung gerathenes Gefieder. Die Schwalbe bemerken wir zu unſerm Leidweſen in geringer Anzahl. In früheren Jahren ſahen wir dieſen Frühlingsboten ſchon am 8. April, ſicher aber am 12.— 14. April in größerer Menge. In das Dorf eintretend — wir müſſen es auf unſerm Rundgange um den Teich durchqueren — bemerken wir den gem. Spatz (Passer domestieus), in der Dorfſtraße hüpft ein Amſelmännchen (T. merula), ſchwarz mit gelben Schnabel, in den Kopfweiden tummelt ſich zahlreich der Feldſperling (P. montanus). Er findet in den ausgefaulten Köpfen der Weiden bequeme Niſtgelegenheit; ebenſo auch der Wendehals (Jynx torquilla), deſſen mono⸗ tones bekanntes Schreien wir vernehmen, falls er nicht vorzieht, ſich in einer Höhlung eines Obſtbaumaſtes ſein Heim zu errichten. Dieſer Vogel iſt im Ganzen wenig häufig; ſeine charakteriſtiſchen Töne, Geſang können wir ſie beim beſten Willen kaum nennen, würden ihn uns leicht verrathen. Weiter bemerken wir in dem Gehölze am Dorfe den buntgefärbten Stieglitz (Fr. carduelis), welcher ſeinen angenehmen zwitſchernden Geſang ertönen läßt, hören auf das eintönige, auf die Dauer ermüdende Lied des Grünfinken (Fr. ehloris), hier Schwunſch genannt. Da ſitzt er denn auch auf dem Zweige einer Erle. Wir er— kennen ihn wieder, den grünen gedrungenen Geſellen mit dickem Kopfe und Schnabel, wir haben über Winter gegen 20 Stück auf unſerm Futterplatze am Fenſter mit Hanf und Rübſen bewirthet und dabei bemerkt, daß er ein wenig verträglicher Vogel iſt. Gleichwohl hat uns ſein Treiben auf dem Futterbrette, wenn er neidiſch einzelne Ein Oſtermorgen am Gotthardtsteich. 369 beſcheidene Finkenweibchen und die als Wintergäſte bei uns eintreffenden prächtig gefärbten Bergfinken vertrieb, doch viele Freude bereitet. Auch der Edelfink (Fr. eoelebs) ſchmettert im Obſtgarten ſeine herrliche Strophe. Wir treten nunmehr aus dem Gehölz heraus und kommen an einer Kiesgrube vorbei. Auf einem Steinhaufen in der Grube ſehen wir einen munteren Vogel ſitzen mit kurzem wippendem Schwanze, weißer Schwanzwurzel, oben hellaſchgrau, unten gelblich gefärbt. Es iſt das Männchen des gem. Steinſchmätzers (Saxicola oenanthe). Er liebt dürren Boden und ſteinige Gegenden. Sein Weibchen bemerken wir gleichfalls in der Nähe, es gleicht ihm nicht, es hat einen roſtbraun gefärbten Oberleib, braune Binde unter den Augen, und iſt am Unterkörper roſtgelb gefärbt. Zweifellos wird es in der Kiesgrube in einem der vorhandenen Löcher oder in dem Steinhaufen ſein Neſt erbauen, um dasſelbe mit 5 —7 zartſchaligen bläulich-grauen (vielleicht auch fein roth punktirten) Eiern zu belegen. Wir kommen nunmehr auf die Landſtraße. Ein Thurmfalke (F. tinnunculus) rüttelt über dem Saatfelde nach Beute, der Grauammer (E. miliaria) ſingt ſein monotones Lied auf dem höchſten Gipfel des Straßenbaumes; wir ſehen und hören den ſchön gelb gefärbten Goldammer (E. eitrinella), einen allgemein bekannten häufigen Vogel, beobachten noch ein Pärchen der Haubenlerche (A. eristata), die typiſchen Vögel der Landſtraße, welches zutraulich dicht vor unſeren Füßen herumläuft, und kommen endlich wieder kurz vor der Stadt an den Teich heran. Es ſtehen Enten auf, große und kleine. Die großen ſind Stockenten (A. boschas), der Erpel iſt kenntlich an dem ſmaragdgrünen Kopfe mit weißem Halsringe und den charakteriſtiſchen gedrehten Bürzelfedern; die graue, anſpruchslos gefärbte Ente fliegt voran, der Erpel dicht hinterdrein. Die kleineren Enten find Knäckenten (A. querquedula) von kaum Ningel- taubengröße. Das Männchen iſt in ſeinem jetzt getragenen Prachtkleide ein ſchöner Vogel: Kopf, Hals trüb⸗chokolatbraun, vom Auge bis zum Hinterhalſe mit kreideweißen Strichen geziert, das Weibchen iſt grau in grau gefärbt. Beide Entenarten ziehen in ver— ſchiedenen Paaren mehrmals um den Teich herum, um an geſchützter Stelle wieder einzufallen. Sie gehören zu den ſogenannten Schwimmenten. Auch eine Tauch- entenart ſahen wir noch auf dem Waſſerſpiegel ſchwimmen, es iſt die Moorente (A. nyroca), kenntlich am rein weißen Spiegel, mit roſtbraunem Kopf und Hals. Wir haben nunmehr unſern faſt dreiſtündigen Rundgang um den Teich be- endigt und kehren unter einer Allee alter Roßkaſtanien nach Hauſe zurück. Hier hören wir noch das fröhliche „fink⸗fink“ der Kohlmeiſe (Parus major) und den trillernden Ton der Spechtmeiſe (Sitta europaea). Beide Vögel haben ihre Brut- ſtätten in den Höhlungen der alten Kaſtanien. Fröhlich klettert die an blauem Rücken und röthlicher Bruſt kenntliche Spechtmeiſe (auch Blauſpecht genannt) die Stämme auf und ab, — ob mit dem Kopfe nach unten oder nach oben, iſt ihr völlig 26 eee N ER 370 K. Th. Liebe, einerlei —, die Rindenritzen nach Inſekten abſuchend. Der harte Winter, welcher zeitweiſe die Baumrinde mit Schnee und Eis ausfüllte, trieb auch ſie als Gaſt an unſeren Futterplatz; — gar manches, ſchnell erhaſchte Talg- oder Nußſtückchen, manches Hanfkorn trug ſie auf die benachbarten Bäume, um die für dieſe Jahreszeit leckere Beute dort in Ruhe zu verzehren. | Aus kurzen Notizen über einen am 26. April 1889 von mir unternommenen Spaziergang ſind auf Anregung meines verehrten Freundes Dr. Liebe dieſe anſpruchs⸗ loſen Zeilen entſtanden. Der Gotthardtsteich gewährt mir und mit mir noch anderen Naturfreunden meiner heimathlichen Stadt ein dankbares, aber ſicherlich von Vielen noch nicht genügend gewürdigtes Beobachtungsfeld. Vielleicht bietet ſich ein anderes Mal Gelegenheit, über einen Rundgang um den Teich in einer weiter vorgerückten Jahreszeit zu plaudern. Ich bemerke ſchließlich nur noch, daß ich die ſämmtlichen voraufgeführten 31 Vogelarten am genannten Tage wirklich beobachtet habe. Merſeburg im September 1891. Der Grünfink als domeſtizirter Vogel. Von F. Th. Liebe. Schon vor langer Zeit habe ich Gelegenheit genommen, über die Züchtungs— verſuche mit einheimiſchen Vögeln kurz zu berichten, und ſchließlich den Grünfink als vorzugweiſe zu derlei Verſuchen geeignet auf Grund eigener Erfahrungen empfohlen. (Vergl. unſere Orn. Mon. 1876, S. 124.) Seit jener Zeit habe ich Jahre hindurch einen Stamm Zeiſige gehalten, in welchem alljährlich neue Bruten glücklich auf- kamen, und habe bis jetzt unausgeſetzt Grünfinken gehalten, — freilich, ohne etwa ganz beſondere Aufmerkſamkeit darauf zu verwenden, da es in der ganzen Zeit immer Wichtigeres zu beobachten gab. So bin ich leider nicht im Stande, über die Verwandtſchaftsgrade Rechenſchaft zu geben, welche zwiſchen Männchen und Weib— chen irgend eines Paares Zeiſige oder Grünfinken in meinen Vogelſtübchen und Flug— bauern beſtand. Am Ende der warmen Zeit, nach beendeter Mauſer, wurden ſämmt— liche Zeiſige und werden noch ſämmtliche Grünfinken herausgefangen, für den Winter in einen großen, 1½ Meter langen Käfig ins Quartier gebracht. Ich hatte ziem— lich viele Vögel; — wie viele es ſind, das weiß ich nicht, da ja das Zählen ein Frevel ſein ſoll, — aber ziemlich viele ſind es, und da wird der Platz manchmal knapp. Uebrigens iſt es den Thieren ſo lieber, denn ſie ſind gern in großer Ge— ſellſchaft von Ihresgleichen und vertragen ſich ſehr gut. Wenn aber im Frühjahr die Sonne wärmend die Mauern durchdringt und die bisherige Einigkeit durch Dar Grünfink als domeſtizirter Vogel. 371 Raufereien zwiſchen einzelnen Männchen geſtört wird, dann laſſe ich einzelne Pär— chen herausfangen für die Sommerquartiere, wie ſie gerade paſſend erſcheinen, und die übrigen werden verſchenkt oder freigelaſſen. Wenn auch hie und da durch ein wildgefangenes Männchen verſucht wurde, anderes Blut in den Stamm zu bringen, ſo kommt doch ſicher Inzucht immer vor. Gleichwohl aber gedeiht der Stamm vortrefflich. | Voriges Frühjahr hatte ich nur noch zwei Pärchen eingeworfen. Das eine brachte es nur zu unbefruchteten Gelegen, das andere aber brachte im erſten Gelege 8 Eier, — offenbar zu viel. Trotzdem kamen 7 Junge aus, von denen aber zwei unterdrückt wurden und ſtarben, während die übrigen 5 gut gediehen, ausflogen und ſchon am fünften Tage nach dem Ausfliegen Verſuche machten, Grünes zu freſſen. Abgeſehen davon, daß ich ſie täglich einmal mittels einer Blumenſpritze voll regnen ließ, ward auf die Thierchen weiter keine Sorgfalt verwendet. — Die Alte richtete ſich alsbald aber ein zweites Neſt ſelbſt her; während ſie das erſtemal ein mit feinem Heu ausgenähtes Niſtkörbchen benutzt hatte. Jetzt legte ſie vier Eier und brachte ſie alle vier aus und zog die Jungen glücklich groß, — ſelbſtverſtändlich von dem Männchen auf das beſte dabei unterſtützt. Sodann bezog ſie wieder das Niſt— körbchen von der erſten Brut und legte 3 Eier, welchen wiederum 3 Junge ent— ſchlüpften. Von dieſen ſind heute, am 6. September, zwei ausgeflogen und ſitzt eins noch auf dem Neſtrand. Jetzt fliegen in dem Kämmerchen um dieſes Neſthöckchen 13 Grünfinken, alle Glieder derſelben Familie, herum und lehren es, wie man ſich ſeines Daſeins freut. Gar mancher möchte ſich in ſeiner Zimmereinſamkeit das Vergnügen gewähren, eine Vogelfamilie in ihrem heimlichſten Thun und Treiben zu belauſchen; die Ka— narien, auf welche er natürlich ſein Augenmerk zuerſt richtet, ſind ihm nicht ſym— pathiſch, ſei es, weil die Weibchen einen für ihn unleidlichen Lockton haben oder die Männchen zu ſchrill ſingen, ſei es auch nur, weil er Ausländer überhaupt nicht mag. Da kann man die Züchtung von Grünfinken nur empfehlen. Sie ſind außerordent— lich hart und erheiſchen während der Brutzeit kein anderes Futter wie außer der— ſelben; ſie haben eine tief gelegte Stimme, welche man nicht ſo leicht zum Ueberdruß hört; bezüglich der jo ärgerlichen abnormen Vorgänge beim Brutgeſchäft ſind ſie ſehr ſicher, — weit ſicherer wie die Kanarienvögel. Dazu kommt, daß dieſe Vögel bei uns gar nicht ſelten ſind, vielmehr ſo häufig, daß ein ſtärkerer Beſtand den Gärt— nern ſehr unliebſam werden würde und daß man mithin mit ruhigem Gewiſſen einmal einen jungen Vogel aus dem Neſt nehmen und für die eigene Vogelſtube aufziehen kann, was ſich ohne große Mühe und ohne Gefahr für den kleinen Vogel leicht bewerkſtelligt. Empfehlenswerth macht die Thiere ferner ihre Verträglichkeit, denn ich habe nie welche gehabt, die ſich gegen andere Vögel zänkiſch oder gar biſſig 26 * 372 | H. Bardenwerper, aufgeführt hätten. Und ſchließlich muß ich noch die Ueberzeugung ausſprechen, daß bei fortgeſetzter Weiterzüchtung die Tonbegabung dieſer Vögel ſich mehr und mehr ſteigert und zuletzt mehr oder minder gute richtige Schläger erzielt werden können. Sicher wenigſtens iſt, daß jung aufgezogene Männchen ſich fremde Vogellaute ganz leicht aneignen. Sollte aus der Zahl unſerer Mitglieder ſich Jemand, der vielleicht im Beſitz aufgezogener oder auch wildgefangener und ganz zahm gewordener Grün— finken iſt, einſchlagende Verſuche machen wollen, ſo ſtelle ich ihm heuer bei mir ge— borene Vögel gern zur Verfügung. Beobachtungen am Trappen (Otis tarda L.), Von H. Bardenwerper. Durch das Leſen des Artikels des Herrn Forſtmeiſter von Wangelin im Jahrgang 1889 über den Großtrappen fühle ich mich veranlaßt, einige Beobachtungen mitzutheilen, die ich in einer früheren Stellung im Kreiſe Oſchersleben über dieſen intereſſanten Vogel zu machen Gelegenheit hatte. | Im Juni des Jahres 1887 wurde mir ein altes Trappenmännchen, prachtvoll im Gefieder aber bis zum Skelet abgemagert, todt überbracht. Dasſelbe war von einem Feldarbeiter noch lebend aber ganz abgemattet auf einer Wieſe ergriffen worden, bis zu meiner Rückkehr aber inzwiſchen verendet. Um feſtzuſtellen wodurch der Tod des Vogels veranlaßt war, unterſuchte ich denſelben äußerlich genau, konnte aber keinerlei Verletzung konſtatiren; nur war in dem geöffneten Schnabel von der Zunge nichts zu ſehen. Auch weiterhin beim Präpariren des Vogels war an demſelben eine Verletzung oder ein ſonſtiger krankhafter Zuſtand nicht zu bemerken, bis ich an das Abziehen des Halſes und Kopfes kam, wo ich dann die merkwürdige Entdeckung machte, daß die Zunge nach unten und hinten gebogen in dem Kehlſacke ſo feſt ſaß, daß ich dieſelbe nur durch Vergrößern der Oeffnung desſelben aus ihrer Lage befreien konnte. Durch dieſen Umſtand war mir auch die Entkräftung und der ſchließliche Untergang des Vogels erklärt, da es ihm jedenfalls ſeit dem Be⸗ ſtehen obenbezeichneten Zuſtandes unmöglich geweſen war, irgend welche Nahrung zu ſich zu nehmen. Wie war nun aber die Zunge in den Kehlſack gerathen? Dieſes kann doch nur durch einen Gewaltakt geſchehen ſein, und habe ich nur die eine Erklärung finden können, daß die Zunge bei einem Kampfe in der Balzzeit von dem Gegner erfaßt und in obenbezeichnete Lage gezwängt wurde. Sollte Einer der geehrten Beobachtungen am Trappen. 319 Leſer eine andere Erklärung haben, jo wäre es mir ſehr intereſſant, dieſelbe zu hören.“) Das von Altum beobachtete Vorkommen einfarbig blauer Eier kann ich be— ſtätigen, da ich im Frühjahr 1886 beim Weizeneggen ein leider von einem Eggen— zinken zertrümmertes derartiges Ei fand. Betreffs des Ausbrütenlaſſens der Eier durch Puter und der Aufzucht junger Trappen möchte ich mir im Folgenden erlauben, meine leider nur geringen Erfolge mitzutheilen. Ich habe im Jahre 1886 14 Trappeneier untergelegt, davon ſind aber nur 3 gut ausgekommen. Ich verfuhr dabei zuerſt derartig, daß ich je zwei Trappen— eier mit 7— 8 Putereiern dem Puter unterlegte, erhielt jedoch nur ein negatives Reſultat; dann legte ich nur 2 Trappeneier allein unter und gebrauchte zugleich die Vorſicht, die Puterhenne Tags über mehrere Male vom Neſte zu jagen, um ſo das bei wildlebenden Vögeln gewiß zum Zweck der Nahrungsaufnahme häufiger vor— kommende Verlaſſen des Neſtes und damit verbundene gelinde Abkühlen der Eier zu erreichen. Der Erfolg war der, daß wie ſchon oben bemerkt, 3 junge Trappen glücklich ausſchlüpften. Von dieſen Dreien kamen mir jedoch noch Zwei dadurch ums Leben, daß dieſelben, ſobald ſie aus dem Ei geſchlüpft waren, die Stiefmutter verließen und hilflos im Stalle umherpiepten, wo ich ſie dann erſt ſtundenlang nachher derartig erkältet auffand, daß ſie trotz der größten Mühe nicht mehr zu retten waren. Das dritte Küchlein endlich fand ich gerade, wie es ausgeſchlüpft war, und gelang es mir auch dasſelbe zu erziehen. Allerdings mußte ich dasſelbe faſt 14 Tage lang ſtopfen, ehe es Nahrung aufnahm. Ich reichte ihm zuerſt nur rohes Fleiſch, Mehlwürmer, Ameiſeneier, eingeweichte Semmel und ſetzte nach dem achten Tage nach und nach immer mehr Grünes, meiſt die jungen Blätter vom Löwenzahn zu. Die junge Trappe gedieh bei dieſem Futter ſehr gut und wurde auch ſehr zahm, ſo daß ſie mir, ſobald ſie mich kommen ſah, entgegen kam und mir mitgebrachte Leckerbiſſen, als Käfer, Engerlinge oder auch nur einige friſche Löwen— zahnblätter aus der Hand nahm. Als ſie dann größer wurde, mußte ich ſie, da mir kein anderer Platz zur Verfügung ſtand, im Hühnerhofe frei laufen laſſen, wo ſie den Hühnern zuerſt durch ihren gemeſſenen Gang und ihr ruhiges Auftreten ziemlichen Reſpect einzuflößen ſchien. Leider ging fie mir ſchon im Spätherbit desſelben Jahres an einer bei faſt ſämmtlichen Bewohnern des Hühnerhofes auf— tretenden Halskrankheit zu Grunde. Großweißandt bei Cöthen. *) Wahrſcheinlicher dünkt uns zu ſein, daß der hitzige Hahn beim Einſchlucken der Luft und dem Füllen des Kehlſackes die Zunge in jene Lage brachte, — vielleicht auch infolge einer mangel— haften Entwickelung der betreffenden anatomiſchen Struktur. K. Th. Liebe. \ 374 J. Michel, Zur Naturgeſchichte der Fliegenfänger. Zur Naturgeſchichte der Fliegenfänger. Von J. Michel. Als ich am 15. Mai d. J., dem Tage vor meiner Abreiſe nach Budapeſt, den Zwergfliegenfängern in Obergrund meinen Abſchiedsbeſuch machte, fiel mir unter den ebenfalls da weilenden Trauerfliegenfängern (Museieapa luetuosa) ein ſchön ſchwarzes Männchen auf, deſſen ausgebreitetes Weiß an den Halsſeiten mich an den Halsband— fliegenfänger (Museieapa albicollis) erinnerte. Da die Schulzeit heranriückte, fo mußte ich nach Hauſe eilen, ohne mich ordentlich überzeugen zu können. Nach meiner Rückkehr aus Ungarn (Ende Mai) ſuchte ich aber ſofort den Ort wieder auf, und fand, daß der in Rede ſtehende Vogel ſammt ſeinem Weibchen einen Staarkaſten bei der Wohnung meines Freundes, des Förſters Krötſchmann, bezogen hatte. Da die Höhe der Brutſtätte eine geringe war und der Baum überdies gegen 2 Meter tiefer als die vorbeiführende Straße ſteht, ſo hatte ich den Vogel jetzt oft bis auf 5—6 Meter Luftlinie vor mir, konnte ihn alſo ganz gut mit freiem Auge ſehen, benutzte aber zum Ueberfluſſe noch meinen guten Feldſtecher. Da fand ich nun, daß das Weiß an den Wangen bei Seitenanſicht vollſtändig bis an den Nacken reichte, weshalb ſich mir die Gewißheit aufdrängte, daß ich es hier mit einem Hals⸗ bandfliegenfänger zu thun habe. Meine Freude darüber war unbeſchreiblich groß, denn auf einem ſo kleinen Raume von kaum 1 ha alle vier Fliegenfängerarten beiſammen beobachten zu können, dürfte wenigen Ornithologen gegönnt ſein. Natürlich ließ ich meinen Fliegenfänger nicht mehr aus den Augen. Anfang Juni fand ich in dem Kaſten das nur aus Halmen gebaute Neſt mit 6 ſpangrün gefärbten Eiern, von denen ich zwei heraus— nahm. Der überflüſſige Raum zwiſchen Neſt und Kaſtenwand war mit altem Laub ausgefüllt. Am 17. Juni früh unterſuchte ich den Kaſten abermals und traf 4 nahezu flugreife Junge, die ich behufs Aufzucht heraushob. Da der Halsbandfliegenfänger in meiner Sammlung noch fehlt und ich gern Muſtertypen haben wollte, ſo beſchloß ich, eins der Alten der Wiſſenſchaft zu Liebe zu opfern und ſchoß das Männchen mit dem kleinkalibrigen Flobert meines Freundes Krötſchmann. | | Beim Präpariren des Männchens fand ich jedoch zu meinem nicht geringen Erſtaunen, daß es nach Friderich nur ein Muse. luctuosa ſei, da die zweite Schwinge etwas kürzer als die fünfte war. | Daß es kein normales Männchen von Muse. luetuosa war, ſteht feſt, denn einerſeits kenne ich den Trauerfliegenfänger in allen Kleidern ſchon eine Reihe von Jahren und habe ſpeziell die letzten zwei Sommer ſehr oft Gelegenheit gehabt, A. Goering, Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. IL 375 denſelben zu beobachten, andererſeits habe ich das fragliche Exemplar ſo vielmals ganz genau geſehen, daß ſich mir ſein Bild feſt eingeprägt hat und jede Täuſchung ausgeſchloſſen erſcheint. Wie ich bereits erwähnte, reichte das Weiß bei ſeitlicher Anſicht bis an den Nacken, nur wurde das Band nach hinten zu etwas ſchmäler. Auch glaube ich ein— mal geſehen zu haben, daß dasſelbe im Nacken durch einen kleinen dunkeln Fleck unterbrochen ſei. Auch mein Freund, welcher den Vogel öfters beim Fliegenfangen in ſeinem Schuppen beobachtete, gab an, daß er im Nacken eine Spur von Schwarz bemerkt habe. Was war es nun? Könnte es vielleicht ein Baſtard von M. luetuosa und albieollis fein, oder war es bloß eine abnorme Abänderung von M. luetuosa ? Zwei Eier wieſen folgende Maße auf: 17 & 12 und 18 x 13 mm. Die Jungen zeigten ebenſo wie das Männchen die zweite Schwungfeder etwas kürzer als die fünfte. Bodenbach, am 8. September 1891. Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. Von Prof. A. Goering. II. (Mit 3 Textbildern.) Als kurze Fortſetzung meiner Skizze über die Hoccos (Orn. Mon. 1891, S. 8) möchte ich noch einige der auffallendſten Arten im Bilde vorführen, welche ſich in faſt allen zoologiſchen Gärten eingefunden haben. Man kann ſagen, daß ſehr viele Arten, vielleicht die meiſten, ſchon längſt in Gefangenſchaft gehalten wurden, und in dieſer Richtung hat wohl der zoologiſche Garten in London das Hervorragendſte ge— leiſtet, denn ſchon 1875 hat Dr. Sclater eine Zuſammenſtellung einer ganzen Reihe mit ſchönen Abbildungen gebracht, welche zur Zeit oder früher im Londoner Garten lebten (Transactions of the zool. Society of London, Vol. IX, part. IV). Wohl faſt alle Hoccos werden leicht zahm, und auch in ihrer Heimath hält man ſie gern in den Gehöften, wo ſie gemeinſchaftlich mit dem andern Hausgeflügel frei herumlaufen und einen wirklichen Schmuck unter den befiederten Hausbewohnern bilden. Am häufigſten ſah ich Pauxi galeata, Pauxi de piedra (Stein-Pauxi), wie ihn die Venezolaner wegen des hornartigen Auswuchſes auf dem Oberſchnabel nennen. Das Gefieder des ſtattlichen Vogels iſt glänzend ſchwarzgrün, Unterleib und Unterſchwanzdeckfedern weiß, Schnabel und Beine roth und der Hornhöcker blau— violett. N 1 4 vr 376 A. Goering, Die zweite Vignette zeigt uns eine Art, welche, ſo weit bis jetzt bekannt, wohl nur in Braſilien vorkommt, nämlich Mitua tuberosa, welche ein dunkelblauſchwarzes Gefieder hat, mit Ausnahme des Unterleibes, welcher roſtroth gefärbt iſt. Schnabel und Beine ſind roth; erſterer hochgewölbt mit buckelförmiger, ſtumpfkantiger Firſte. Die dritte Vignette zeigt uns Crax carunculata, einen ebenfalls faſt truthahn⸗ großen Vogel aus den Urwäldern von Braſilien. Die Hornverdickung am Schnabel Pauxi galeata. (Pauxi de piedra.) iſt hellroth gefärbt und die Beine hellſchieferblau. Der Unterleib des Männchens iſt weiß, beim Weibchen hingegen roſtgelb. Das ganze Gefieder iſt, wie bei den meiſten Arten, ſchwarz in grau und blau ſpielend. Die Hoccos haben in ihrem Körperbau und in ihrer äußeren Erſcheinung viel Aehnlichkeit mit den Großfußhühnern (Megapodidae) der öſtlichen Halbkugel, ſind aber in ihrer Lebensweiſe ganz verſchieden, und könnte man ſie in dieſer Beziehung mehr als die Vertreter unſeres Auer- und Birkwildes in Südamerika bis nach Texas Bilder aus dem Leben der Hoccos in Südamerika. II. 377 Crax carunculata. 378 L. Buchsbaum, Die Rabenkrähe u. ihre Abſonderlichkeiten. hinauf betrachten. Sie niſten im dichten Walde, meiſt in mittlerer Höhe, bauen große Neſter aus Reißig und legen 3—4 weiße, rauhkörnige Eier. Die Hoccos ſind über das ganze heiße Süd- und Mittelamerika verbreitet und ihr Vorkommen richtet ſich, ähnlich wie bei anderen Vogelarten, nach der Pflanzenwelt. Da, wo in den dichten Wäldern des heißen Tieflandes der Pflanzenartenreich⸗ thum aller Beſchreibung ſpottet, finden wir auch die größte Mannigfaltigkeit in der Thierwelt, alſo natürlich auch die meiſten Hoccoarten. Schon außerhalb der Tropen, aber noch nahe den Tropenkreiſen, finden wir nur noch wenige vertreten. Aehnlich wie die Verbreitung in horizontaler Richtung, iſt ſie in ſenkrechter, denn je höher wir (auch unter dem Aequator) emporſteigen, deſto weniger Arten treten uns ent⸗ gegen, bis wir endlich hoch oben am Ausgange der oberen Waldregion, da, wo ſich die öden Päramos mit den krüppelhaften Bäumen der oberen Waldgrenze die Hand reichen, nur noch auf eine verwandte Art ſtoßen, auf Stegnolaema montagnii, welche ich ſelbſt auf einer Höhe von 9000 Fuß über dem Meere geſchoſſen habe. Obgleich, wie ſchon angedeutet, die meiſten Hoccos häufig ſind, ſo iſt ihre Jagd doch ſehr ſchwierig, denn alle ſind ſcheue Vögel, und bei der Dichtheit der Wälder erfordert es große Geduld und Ausdauer, erfolgreich zu ſchießen, was indeß nie aus⸗ bleibt, wenn man, gerade wie bei uns, nach und nach Erfahrung gemacht und die richtige Jagdart des betreffenden Thieres gefunden hat. Die Nabenkrähe und Abſonderlichkeiten in deren Lebensweiſe. Von L. Buxbaum. Die naturgemäße Lebensweiſe der Rabenkrähe iſt allbekannt, allein dieſer ver— ſchmitzte Vogel geräth mitunter auf ſo abſonderliche Nebenwege, daß man oft nicht begreifen kann, wie er dazu kommt. Daß die Rabenkrähen Mäuſe fangen und anderes Ungeziefer vertilgen, findet man gewiß natürlich; daß ſie aber auch Singvögeln nach— ſtellen, das wird ihnen als Unart angeſchrieben. Da dies aber nicht alle Krähen thun, ſondern nur einzelne Paare, die dann aber wieder ganz vorzugsweiſe auf Vogelraub ausgehen, ſo muß dazu doch jedenfalls eine beſondere Veranlaſſung vorliegen. Oft mag der Zufall eine Krähe an den Ort geführt haben, wo ein junger Vogel aus dem Neſte gefallen war, und den ſie hier gefunden und verzehrt hat. Da dies ihrem Gaumen behagte, ſah ſie ſich dann darnach weiter um, und bald war der richtige Vogelräuber fertig. Vielleicht iſt auch das Neſt einer Lerche mit nackten Jungen die erſte Veranlaſſung geweſen, daß die Krähe beſonders den Vogelneſtern nachgeht. Welchen Schaden nur ein einziges Paar dieſer Raubritter unter den Singvögeln anrichten kann, davon habe ich mich genau überzeugt. Da aber auf dieſen Wegen H. Schacht, Der Sumpfſchilfſänger (Sylvia palustris) im Lipperlande. 99 die Rabenkrähen doch immer noch nur auf Fleiſchnahrung ausgehen, ſo erſcheint uns das doch noch nicht unnatürlich. Anders verhält ſich die Sache aber nach folgender Thatſache: Im Monat Juni d. J. haben hunderte von Rabenkrähen die jungen Kar— toffeln auf dem Felde ausgehackt und gefreſſen. Ein Bauer fragte mich deshalb, ob das nicht eine neue Art Raben ſei, denn das ſei ihm noch nicht vorgekommen. Im vorigen Sommer haben ſie aber dasſelbe auch ſchon in Walldorf, 2 Stunden von hier, ausgeführt. Da die Rabenkrähe hier in ſo ungeheurer Zahl vorhanden iſt, ſo iſt der Schaden, den ſie dadurch anrichtet, ſehr bedeutend. Dieſes Gebahren kann doch wohl eine unnatürliche Lebensweiſe genannt werden. Es iſt aber wieder ein Beweis, wie dieſer Vogel Abſonderlichkeiten ſich angewöhnt, und wie die andern gleich mitthun, wenn einer von ihnen ſolches Thun ausführt. Der Nachahmungs— trieb ſcheint bei den Rabenkrähen ſehr ſtark zu ſein, einerlei, ob damit ein gewohn— tes oder nur ungewohntes Thun ausgeführt wird, und dadurch gerade werden dieſe Vögel oft ſehr ſchädlich, denn ſie betreiben ihre Sache außerdem mit großer Beharr— lichkeit. Verſcheuchungsmittel helfen gewöhnlich nicht viel, nur die Flinte des Jägers erzeugt bei ihnen Furcht und gehen ſie derſelben aus dem Wege. Bedeutenden Schaden richten ſie auch noch in Maisfeldern an, woſelbſt ſie die jungen Pflänzchen ausziehen und die daran hängenden milchigen Samenkerne verzehren; auch den jungen Maiskolben ſind ſie nicht weniger gefährlich und ſie hacken ſolche oft vollſtändig aus. Ebenſo treiben ſie ihr Unweſen auf Weizenäckern und Kürbispflanzungen. Zwetſchen und Nüſſe werden manchmal von ihnen ſtark heimgeſucht und leeren ſie die Bäume mitunter vollſtändig. So haben wir es hier mit einem Allesfreſſer zu thun, der nichts verſchmäht und ſich allen Verhältniſſen leicht anpaßt. Man ſollte deshalb darauf achten, daß die Rabenkrähen nicht in Ueberzahl auftreten, nicht blos weil ſie dann uns allzugroßen materiellen Schaden zufügen, ſondern auch weil ſie die übrige Vogelwelt durch Vernichtung der Jungen, und namentlich der Eier gar zu arg beeinträchtigen. Der Sumpfſchilfſänger (Sylvia palustris) im Lipperland. Von H. Schacht. Kein Vogel hat ſich in den letzten Jahrzehnten mehr in unſerm ſchönen Lipper— lande ausgebreitet, als der Sumpfſchilfſänger. In einigen Bezirken unſeres Landes, die vor 25 Jahren nur ein Pärchen beherbergten, vernimmt man heute den Geſang von 15—20 Exemplaren, ja es giebt Reviere von der Größe eines Hektars, wo ich im Juni d. J. 4 Männchen gleichzeitig muſiziren hörte. In einer nicht weit von meiner Wohnung liegenden Mergelgrube von mäßiger Größe und mit dichtem Gebüſch umſäumt, fangen gleichzeitig zwei Männchen. Von meinem Haufe aus ver- nahm ich oft den Geſang von 4 verſchiedenen Vögeln. | 1222 e 93 . 380 F. Schlag, Gewöhnlich ſchlägt der Vogel ſeinen Wohnſitz in der Nähe des Waſſers auf, wo dichtes Erlen- und Weidengebüſch die Ufer umſäumt, er findet ſich aber auch bei uns in Bohnen- und Streufutterbreiten, ja ſelbſt mitten in Roggen- und Weizenfeldern, weit entfernt von Waſſer Sumpf und Gebüſch.k“) Wenn der Sumpfſchilfſänger auch ſonſt eine verſteckte Lebensweiſe führt, ſo macht ſich das Männchen doch von Mitte Mai, wo der Vogel bei uns einzieht, bis Mitte Juli, wo er ſein Brutgeſchäft be⸗ endet hat, leicht bemerklich, da er nicht nur bei Tage, ſondern auch im Dunkel der ſtillen Frühlingsnacht fleißig ſeinen Geſang erſchallen läßt. Wie ſchon Naumann bemerkt, kann der Vogel in einigen Gegenden die Nachtigall erſetzen, ſchöner und genußreicher iſt es aber für den Naturfreund, wenn er den Geſängen beider Vögel zugleich lauſchen kann, was in einigen bevorzugten Gebieten unſeres Landes noch häufiger der Fall iſt. Der Geſang des Sumpfſchilfſängers kann ſich zwar mit dem Geſang der Nachtigall durchaus nicht meſſen, denn es fehlt ihm der feierliche Ernſt und die imponirende Würde, zudem beſteht er meiſt nur aus entlehnten Strophen, Tönen und Lauten, die im bunten Durcheinander im ſchnellſten Tempo dahinjagen. Wir zählen ja den Vogel zu den Spöttern, aber zu den angenehmſten und fleißigſten. Während des Singens ſitzt das Männchen gern hoch im Gebüſch, aber immer etwas verſteckt; auch in Roggenfeldern ſieht man es nie frei ſitzen, weil ſich die Halme unter der Laſt des Vogels herabſenken und ihn ſo unſerm Auge entziehen. Das äußerſt künſtlich geflochtene Neſt ſteht auch hier nie über dem Waſſer, ſondern ſtets über dem feſten Boden und unterſcheidet ſich hierdurch vom Neſte des Teichrohrſängers oder Rohrſperlings (S. arundinacea), wie er ſehr fälſchlich genannt wird. Ein Neſt, welches ich in dieſem Sommer fand und das ich, nachdem es die Jungen verlaſſen hatten, dem Detmolder Muſeum übergab, ſtand 100 Schritte von einem Bache und 1 m vom Boden entfernt in den Zweigen eines jungen Vogelkirſchbaumes tief im Gebüſch verſteckt. Das andere hing an einem glatten etwa fingerdicken Haſelnußſtocke und war eigentlich nur an einer Seite befeſtigt. Ob die wenigen Nachſtellungen, die der Vogel von Seiten des Menſchen er— leidet, einen weſentlichen Grund für die auffallend raſche und große Verbreitung bilden, läßt ſich wohl noch nicht genau beſtimmen. Meine Dompfaffſtube 1891“). Von F. Schlag. „Mögen meine Hoffnungen und Erwartungen nicht zu Schanden werden!“ ſo lautete der Schluß meines J. Abſchnittes. — Der zweite enthält leider mehr ) Vgl. unſre Orn. Mon. 1890, S. 323, 427 und 481. D. Red. *) Siehe unſere Orn. Monatsſchrift 1888, ©. 387. Meine Dompfaffſtube 1891. 381 getäuſchte als erfüllte Hoffnungen. — Doch iſt's nun einmal nicht zu ändern! Der Vogelzüchter und Liebhaber muß ſtets un- und theils auch verſchuldetes Malheur würdevoll ertragen können, und dabei immer wieder aufs neue hoffen; muthlos darf er nicht werden. Mein altes Dompfaff-Paar fing anfangs Juni d. J. an zu bauen, und legte am 7. Juni das erſte Ei, deren dann noch fünf nachfolgten. Meine Freude war groß, das Weibchen auf ſechs Eiern brüten zu ſehen; auch ſah ich ſchon im Geiſte ſechs Pfäfflein, Männlein und Weiblein, in meinem Beſitze. — Aber, es wurde anders! am 4. Brütetage bemerkte ich, daß das Weibchen beim Neſtverlaſſen etwas Ei— ähnliches an den Bauchfedern hängen hatte. Ich ſah nach dem Neſt und fand ſtatt ſechs nur noch drei Eier in demſelben, zwei ganze und ein zerbrochenes; zwei zer— brochene lagen auf dem Fußboden und das dritte klebte zerbrochen an den Bauch— federn des Weibchens. — Geſchehene Dinge ſind einmal nicht zu ändern! Ich nahm die zwei unbeſchädigten Eier heraus, wuſch dieſe behutſam ab und legte ſie zu vier Eiern eines brütenden Kanarienweibchens, welches ein Bekannter von mir hatte. Ein junges Dompfäfflein kam nach 10 Tagen zu meiner großen Freude mit zum Vor— ſchein und gedieh prächtig. Das andere Ei wurde nicht erbrütet, weil es vielleicht unbefruchtet war. Nach 12 Tagen nahm ich das liebe Thierchen in Selbſtaufzucht. — Es flüggte ſichtlich, war ſicher ein Männchen, und machte mir viele Freude! Kurze Zeit vorm Alleinfreſſen aber erkrankte es plötzlich, ſchleuderte das Futter weg und ging leider nach einigen Tagen ein. — Jetzt ſtand ich wieder am Anfang, doch ver— trauensvoll auf eine zweite Brut hoffend! — Am 27. Juni legte dann auch das Weibchen des alten Paares zum zweiten Mal das erſte Ei, dem noch vier Stück nachfolgten, und fing am erſten Juli an, eifrig auf fünf Eiern zu brüten. Wieder große Freude! Herrliches Brutrefultat! fünf Junge kamen zum Vorſchein. Zwölf Tage ließ ich dieſe den Alten, dann nahm ich ſie in Selbſtaufzucht, die anfänglich herrlich glückte, obgleich ich ein Totes im Neſt vorfand. Die vier Lebenden waren wohlgenährt, munter und freßluſtig, ſo daß ich glaubte, ich hätte nun ſchon das große Loos ge— wonnen! Allein, „abermalige Täuſchung“! ſtand auf meiner Gewinnliſte verzeichnet! die vier Thierchen gingen trotz beſter Wartung und Pflege eines nach dem andern ein, bis das Hoffnungsthermometer auf Null geſunken war. — Mancher freundliche Leſer wird denken: Warum läßt denn der Menſch die Thierchen nicht von den Alten groß— ziehen. — Antwort: Weil Dompfaff-Vögel, die nicht von Menſchenhand aufgepäppelt werden, ſcheu ſind und bleiben, ſobald ſie das Neſt verlaſſen haben, und nichts lernen, auch wenn ſie von noch ſo gelehrigen Eltern abſtammen! Die nach dem Ausfluge wild gefangenen, noch ganz grauen, noch unvermauſerten jungen Dompfaffen lernen nie— mals, weil ſie zu ſcheu und unaufmerkſam ſind. Jetzt war ich zum zweiten Mal am Anfang und hoffte auf die dritte Brut. Dieſe begann zu meiner Freude am 4. Auguſt mit dem erſten Ei, dem noch drei e Bi 382 F. Schlag, Meine Dompfaffftube 1891. regelmäßig gelegte folgten. Vom 8. Auguſt an brütete das Weibchen ungeſtört und eifrig. — Somit hatte ich von meinem alten Weibchen bis zum 8. Auguſt 15 Eier erzielt; in der That ein prächtiges Zeugniß ſür dieſes Thierchen. | Mein zweites junges Paar paarte ſich anfangs Juni in erwünſchter Weiſe. Das Weibchen baute wochenlang, aber nie ein fertiges Neſt; ließ vielmehr die Bauſtoffe entweder fallen, oder trug fie bald da- bald dorthin, um fie abermals fallen zu laſſen. Ich gab dem Weibchen die Schuld, nahm es deshalb heraus und geſellte dem Hähnchen ein ander Weibchen zu, was im Laufe der Zeit es nicht um ein Haar anders und beſſer machte. Heute gebe ich lediglich dem Männchen die Schuld an der Erfolgloſigkeit meiner Bemühungen. Nunmehr, erziele ich mit dieſem Pärchen nichts mehr, das iſt meine feſte Ueberzeugung! Und trotzdem iſt's ein wahres Glück, daß ichs nicht veräußerte; denn es kam ſchließlich noch eine Kalamität über mich, die aufregender bei mir wirkte, als der ſtärkſte Hollunderblüthenthee. — Ich f bin heute in meiner Brutkammer und revidire Futter- und Trinkgefäße, vergeſſe augenblicklich aber hinter mir die Thüre durch Nachtklammer von Innen zu verſchließen. Meine junge Katze ſchleicht ungeſehen und ungeahnt herein und erwiſcht das Dom— pfaffmännchen im Nu! Ich greife zu Boden und entreiße es ihr, aber — todt war es! Was halfen mir jetzt die exemplariſchen Hiebe, die ich der Katze verabfolgte — Ich ſelbſt hätte mich ohrfeigen mögen und müſſen, indem ich als ſchuldiger Theil es wohl verdient gehabt hätte! Wieder das alte Lied: „Alter ſchützt vor Thorheit nicht!“ Was nun thun? Innerhalb 5 Minuten hatte ich das andere Hähnchen eingefangen, brachte es zum erſchreckten plötzlich vereinſamten alten Weibchen, damit es den ſchnellen Verluſt nicht ſo ſehr merken ſollte, und wartete der Dinge, die da kommen ſollten! Das erſchrockene Weibchen ſchien ſehr aufgeregt und verbrachte wenigſtens eine Stunde außer dem Neſt. Allein, bei eintretender Dämmerung ſahe ich's wieder beruhigt in ſeinem dritten Neſte weiter brüten. — So hoffte ich, trotz aller Fehlſchläge, doch noch auf ein einigermaßen günſtiges Endreſultat! Dieſer letzt— beſchriebene mörderiſche Eingriff paſſirte am 10. Auguſt d. J. Am zweiten Tage nach demſelben ſchien das Weibchen zwar etwas ſtutzig über den neuen Gemahl, ließ ſich jedoch in ſeinem Bruteifer nicht weſentlich ſtören, zu— mal er ihm nicht das geringſte zu Leide that. Den 22. Auguſt d. J. erzielte ich zum drittenmale drei Junge; ein Ei blieb unerbrütet. Die paar erſten Tage, ſo lange das Weibchen meiſtens auf dem Neſte zubrachte, machten ſich die Thierchen gut, trotzdem ich nicht feſtſtellen konnte, ob das neue Männchen ſich am Aetzen der Kleinen betheiligte, welch letzteres ich bezweifle. Ich mußte auf 6 Tage verreiſen, gab deshalb meiner alten Aufwärterin umfaſſendſte Anweiſung betreffs Fütterung und Behandlung ꝛc während meiner Abweſenheit; allein, als ich am 27. Auguft zurückkehrte, war wohl das Futterbrett in Ordnung und Futter noch reichlich da, doch FF E. Kretſchmer, Ornithologiſche Nachrichten aus der Provinz Poſen. 383 lagen die drei Kleinen todt im Neſte. Wahrſcheinlich hat das Männchen (weil nicht gepaart) ſich nicht am Füttern beteiligt und die Hülfloſen ſind durch häufiges Verlaſſen des Neſtes von Seiten der Mutter zu kalt geworden, erſt erſtarrt und infolgedeſſen dann eingegangen. So habe ich mich denn ins Unvermeidliche auch diesmal, wie ſchon ſo oft, fügen müſſen und auch willig gefügt! Nebenbei bemerkt war meine diesjährige Kanarienzüchtung ebenfalls von erbärm— lichem Erfolg, ſodaß ich nicht ein einziges Junge aufbrachte. Meiſt Windeier, wenig lebende Junge, erzielte ich, die am dritten oder vierten Tage leider allemal eingingen. Dies war Anfangs-, Fortgangs- und Endreſultat derſelben! Mit Safranfink und Kanarien-Weibchen erzielte ich zwei Gelege, aus denen ein einziges Junge hervorging, welches merkwürdigerweiſe vom Ausſchlupf aus dem Ei an ſtets auf dem Rücken lag, doch erwünſcht gefüttert wurde, und dennoch am vierten Tage einging. Schließlich warne ich noch dringend in Vogelſtuben vor Bindfadengeflechte! Ich benutzte ſolche aus Sparſamkeitsrückſichten, thue es aber nie wieder! Die faſt unvermeidlichen Mäuſe ſtellen ſich doch jedes Jahr als Schmarotzer ein. Sie durch— beißen, ehe fie ſich in den Fallen fangen, vielfach einzelne Maſchen des Netzgeflechtes. Man hat infolgedeſſen nichts zu thun als aufzupaſſen und öfter Jagd auf durch— gebrochene Vögel zu machen; und regt dieſe und ſich ſelbſt unnöthig auf. Jetzt ſchon habe ich die nöthigen Drathgeflechte zu Scheidewänden für kommendes Jahr beſchafft und bereit ſtehen, und werde dieſe im Laufe dieſes Herbſtes noch anheften. Es iſt nur gut, daß mit Herbſt und Winter die Hoffnung nicht ſchwindet, ſonſt bliebe bei verunglückter Vogelzüchtung einem nichts weiter übrig als — die traurige Rückerinnerung. So hoffe ich, bei Leben und Geſundheit wieder auf nächſtes Jahr und, wills Gott, auf beſſere Reſultate; und ſchließe zugleich mit Ev. Matth. 10, 29. — ! Ornithologiſche Nachrichten aus der Provinz Poſen. Von E. Kretſchmer. Als Beitrag zur Avifauna der Provinz Poſen erlaube ich mir, nachſtehende Notizen über das Vorkommen einiger ſeltenerer Vögel in hieſiger Gegend zu ver— öffentlichen. Die Beobachtungen ſind meiſtens in den letzten Jahren, und zwar auf einem engeren Gebiet im Oſten der Provinz, unweit der ruſſiſchen Grenze, auf der Herrſchaft Dzialyn geſammelt worden. — Einen Theil der Mittheilungen verdanke ich außerdem Herrn Rektor Grotnau in Gneſen, dem ich hiermit für ſein freund— liches Entgegenkommen meinen beſten Dank ausſpreche. — = beſchränke mich auf Anführung folgender Arten: 384 E. Kretſchmer, 1. Aquila fulva, Steinadler. Anfang Dezember vorigen Jahres wurde in Wiekewo bei Withewo unweit der ruſſiſchen Grenze ein ſchönes Exemplar dieſes ſeltenen Vogels erlegt und mir in liebenswürdiger Weiſe von Herrn Nitterguts- beſitzer Frietſche zur Verfügung geſtellt. Es war ein junges, noch nicht ausgefärbtes Weibchen, welches an Nahrungsmangel gelitten haben mußte, da es ſtark abgemagert war. — Der Magen erwies ſich bei der Unterſuchung faſt leer. — Ungefähr zu gleicher Zeit wurde auch in der Kgl. Förſterei zu Klausthal ein Steinadler erlegt. 2. Pandion haliaetus. Der Fiſchadler findet ſich an den größeren fiſchreichen Seen nicht gerade ſelten. Im Jahre 1887 wurde ein Exemplar in Jankewo bei Gneſen im Eiſen gefangen. 3. Pernis apivorus, der Wespenbuſſard, iſt ſehr ſelten. Im Herbſt des Jahres 1888 wurde ein ſchönes Männchen in Braizizeno erlegt und Herrn Rektor Grotnau überbracht. | 4. Faleo aesalon, Merlinfalk. Im September 1887 erhielt Herr Rektor Grotnau ein Exemplar, welches in der Nähe von Gneſen erlegt worden war. 5. Corvus corax, der Kolkrabe, zeigt ſich nur vereinzelt im Herbſt und Winter. Ob er als Brutvogel in unſerer Provinz auftritt, iſt mir nicht bekannt geworden. 6. Nueifraga earyoeataetes. Der Tannenhäher erſchien im Jahre 1885 in großer Anzahl in hieſiger Gegend und wurde vielfach erlegt. — Die Vögel waren in den erſten Tagen ſo wenig ſcheu, daß ſie durch einen Flintenſchuß nicht im ge— ringſten erſchreckt wurden. Auch in den Jahren 1887 und 1888 beobachtete ich einige Exemplare im Parke zu Dzialyn. 7. Coracias garrula. Die Blaurake wurde im Frühjahr und Herbſt öfters beobachtet. Nach Herrn Rektor Grotnau brütet alljährlich ein Pärchen in der Nähe der Oberförſterei Althof bei Withowo in einer hohlen Eiche. 8. Upupa epops. Der Wiedehopf findet ſich als Brutvogel, jedoch nir— gends häufig. 9. Alcedo ispida. Der Eisvogel iſt an den fiſchreichen Seen unſerer Provinz kein ſeltener Gaſt. Brütet nach Herrn G. beſonders zahlreich an der Czylinna bei Poſen. Hu | 10. Ampelis garrula. Der Seidenſchwanz erſcheint in ſtrengen Wintern oft in großer Menge. 11. Museicapa parva. Der kl. Fliegenſ chnäpper wurde von mir nur einmal am 1. September 1890 im Dzialyner Park in größerer Anzahl beobachtet. Es ge— lang mir nach vieler Mühe, ein junges Männchen zu erlegen. 12. Fringilla linaria u. flavirostris. Die Leinzeiſige und Berghänflinge erſcheinen regelmäßig in ſtrengen Wintern. Auch im Januar d. J. wurden einzelne Exemplare ſowie größere Schwärme von mir beobachtet. Ornithologiſche Nachrichten aus der Provinz Poſen. 385 13. Numenius areuatus. Der große Brachvogel findet ſich hier ziemlich | ſelten; nur an einem See, der einen Theil der ruſſiſchen Grenze bildet, in größerer Menge beobachtet und einige Exemplare erlegt. 14. Otis tarda. Der große Trappe hält ſich regelmäßig in hieſiger Gegend im Winter in größeren und kleineren Trupps auf. In dieſem Winter zeigte ſich auf unſerer Feldmark nur ein einzelnes Exemplar, ein altes Männchen. — Als Brutvogel wurde der Trappe mehrfach konſtatirt. So erhielt ich im Jahre 1889 von einem Nachbargut ein Gelege von 2 Eiern, welches in einem Roggenfelde dicht an einem vielbetretenen Fußpfade gefunden worden war. Außerdem wurden junge Vögel im Sommer öfters von meinem Vater beobachtet. 15. Ardea einerea. Der Fiſchreiher findet ſich an den größeren Seen überall häufig und niſtet in großer Menge bei Lubochnia in Kolonien. 16. Botaurus stellaris. Die große Rohrdommel iſt trotz des günſtigen, an Seen und Sümpfen reichen Terrains nicht ſehr häufig. Sie wurde mehrfach in hieſiger Gegend auch im Winter erlegt. | 17. Ardetta minuta. Die kleine Rohrdommel iſt häufiger wie vorige und findet ſich beſonders zahlreich auf den zur Herrſchaft Dzialyn gehörigen ſchilfreichen Wieſen. Im Jahre 1887 erhielt ich ein Gelege, welches in einem Rohrtümpel in nächſter Nähe der Stadt Gneſen gefunden worden war. Das Weibchen war mehr— fach vorher durch Spaziergänger vom Neſte aufgeſcheucht worden, ohne dasſelbe dauernd zu verlaſſen. 18. Mergus merganser und M. serrator, der große und kleine Säger. Beide Arten ſind ziemlich häufig und wurden mehrfach erlegt. | Ebenſo wurden 19. Sterna fluviatilis, 20. St. minuta und 21. St. nigra, die Fluß⸗, Zwerg- und Trauer-Seeſchwalbe, mehrfach beobachtet und erlegt. 22. Colymbus minor. Der Zwergſteißfuß iſt auf den Gneſener See'n ziem— lich häufig. 23. Colymbus rufieollis. Der rothhalſige Taucher erſchien im Jahre 1886 in größerer Menge auf dem Leſonek-See bei Gneſen. 24. Eudytes aretieus. Ein Exemplar des Polartauchers wurde im No— vember 1887 in Karzewo bei Witkowo erlegt. Ein anderer im Oktober 1890 auf dem Güterbahnhof zu Gneſen vom Bahnbedienſteten Columly gefangen und Herrn Grotnau überbracht. 25. Eudytes glacialis. Ein todtes Exemplar des Eistauchers wurde Anfang Dezember v. J. bei Deutſchhof gefunden. Herrſchaft Dzialyn i. Poſen, im März 1891. 386 Ad. Walter, Wie viel Zeit gebraucht der Storch zum Bau feines Neftes? Wie viel Zeit gebraucht der Storch zum Ban jeines Neſtes, um es ſoweit fertig zu ſtellen, daß es zur Brut benutzt werden kann! Von Ad. Walter. Es iſt bekannt, daß der Storch ſein altes Neſt alljährlich wieder aufſucht, es ausbeſſert und vervollſtändigt, reſp. vergrößert, ſodaß es nach Jahren eine beträchtliche Höhe und Breite erreicht. Aber im erſten Jahre der Anlage eines ſolchen großen Baues iſt der Umfang des Neſtes nur gering und ein großer Theil des Frühjahrs und Sommers geht hin bei Ausführung des Baues, ſodaß das Storchenweibchen nicht mehr zur Brut ſchreiten kann. Erſt im folgendem Jahre wird nach Ver— vollſtändigung des Neſtes zur Brut geſchritten. Dieſe Beobachtung konnte ich oft⸗ mals machen, namentlich in Charlottenburg, wo in den 50-er Jahren nicht nur auf die Schornſteine der Häuſer, ſondern auch auf den alten Linden der Berliner Straße mehrere Neſter hatten und dieſe zu Anfang der 60-er Jahre noch um mehrere neue vermehrten, welche letztere, wie geſagt, im erſten Jahre nicht zur Brut benutzt wurden. Daß aber auch Ausnahmefälle vorkommen, beweiſt ein Storchenpaar, das früher viele Jahre lang auf einer faſt trockenen uralten Eiche neben dem einſam gelegenen Fiſcherhaus auf Krügerswerder an dem Zuſammenfluß der Elbe und Havel ſein Neſt hatte, bis dieſe gefällt wurde, und die Störche nun gezwungen waren, entweder die Gegend zu verlaſſen oder das Fiſcherhaus ſelbſt zur Wohnſtätte zu wählen. Sie thaten das letztere. Hier ſtand jedoch das Neſt nur wenige Jahre, — im Jahre 1885 ſah ich es noch auf der alten Eiche — wie der geehrte Leſer aus der brief— lichen Mittheilung des Fiſchermeiſters A. Wilke in Krügerswerder, die ich hier wörtlich wiedergebe, erſehen kann. Her A. Wilke, ein ſehr zuverläſſiger und für ſeinen Stand recht gebildeter Mann, auch guter Beobachter in ornithologicis, ſchreibt mir am 23. März 1890 Folgendes! „Seit der Zeit, wo die alte Eiche mit dem Storchneſt gefällt wurde, baut der Storch auf unſerm Haufe. Im vorigen Jahre mußten wir jedoch das Neſt herunter— ſtoßen; bei dem Hochwaſſer zu Ende des Winters waren Ratten in das Rohrdach gekommen und hatten ſich im Storchneſt ca. 2 Metzen (Berliner frühere Metzen) Mais und Gerſte zuſammengetragen. Die Störche bauten im Frühjahr von neuem Sie hatten in 5 Tagen das Neſt ſo weit fertig, daß am 6. die Störchin das erſte Ei legen konnte. Wir haben uns über den ſchnellen Bau der Vögel ſehr gewundert.“ Zu fo ſchnellem Ablegen des Eies konnte wohl nur Legenoth — das zum Legen reife Ei — die Veranlaſſung gegeben haben. Kleinere Mittheilungen. 387 Kleinere Mittheilungen. „Verſpätung in der ganzen Entwickelung der Natur“, das iſt das beſondere Merkzeichen, welches in den phändlogiſchen Tabellen Mitteldeutſchlands das Jahr 1891 erhalten wird. Die Vegetation hatte ſich ſchon im Frühjahr durch ganz Mitteldeutſchland verſpätet. Auf kalte und regneriſche Tage folgten nur einige wenige ſehr heiße, und darnach wieder eine kühle, oft geradezu kalte Witterung. Der Sommer, der doch ſonſt immer den Ausgleich bringt, war nicht minder kühl als das Frühjahr, indem unausgeſetzt ſchwache Niederſchläge die Luft abfriſchten, ohne den Boden zu durchdringen, ſo daß lange Zeit jenes Wetter herrſchte, welches nach bekannter Scherzrede der oſtthüringiſche Landmann „trockene Näſſe“ nennt. So verſchob ſich die Getreideernte um 3 bis 4 Wochen hinaus. Sogar im warmen Rheingau blühten die edle Kaſtanie und die Katalpa um vier Wochen ſpäter als ſonſt. — In der Vogelwelt ließen ſich in dieſem Jahre dementſprechend ebenfalls viele Verſpätungen bemerken. Bei uns in Oſtthüringen haben jetzt in der erſten Septemberwoche noch eine ganze Anzahl von Schwalbenpärchen Junge im Neſt. — In der nächſten Umgebung Geras wurden mir in eben dieſen Tagen mehrere Neſter mit noch unflüggen Goldammern gezeigt. Uebrigens ſtehen dieſe Neſter, wie ich ſchon früher bemerkt habe (Journ. für Ornith. 1878, S. 39), alle einen bis zwei Meter hoch in Zäunen, Spalieren und Gebüſchen, — eine Anpaſſung an die ſtädtiſchen Gartenanlagen, welche Kinder und Hunde weit mehr durchſtöbern als die Feldgehölze und Raingebüſche draußen. — In Koſtheim am unteren Main hörte ich noch am 21. Juli einen Pirol anhaltend ſich in den kräftigſten Balzrufen ergehen. — Auch die Rebhühner ſchritten weit ſpäter zur Brut als andre Jahre. Sie wurden übrigens durch die Witterung, wohl hauptſächlich durch die unaufhörlich wiederkehrenden Strichregen, im Brutgeſchäft ſo anhaltend geſtört, daß nur wenige Bruten aufgekommen ſind, eine große Anzahl gelte Thiere umherſtreichen, und man in Oſtthüringen ſeit langen Zeiten kein ſo ſchlechtes Hühnerjahr erlebt hat. — Die Segler kamen dies Jahr ungewöhnlich zeitig zurück, wie ich ſchon in unſerer Orn. Mon. S. 208 mitgetheilt habe. Gleichwohl erfolgten die Bruten ebenfalls ſpät, und fanden ſich in den betreffenden Kübeln am 20. Mai noch keine Eier. — Wie reimt ſich nun dazu der außerordentlich frühzeitige Abzug der Schwalben und überhaupt aller zeitiger ziehenden Kleinvögel? Die erſten Schwärme der Schwalben find längſt über die Berge und ſchon ſeit Mitte Auguſt find von den Jungen der erſten Brut gar keine mehr hier. Sonſt flogen in der erſten Septemberhälfte noch zahlreiche Junge umher, — heuer ſieht man nur noch alte Schwalben munter zwitſchernd und noch fleißig ſingend, welche noch das Neſt voll Junge haben; Junge finde ich nicht darunter. — Wie vereint ſich doch dieſer zeitige Wegzug damit, daß 388 ; Kleinere Mittheilungen. die Schwalben während der Zeit der erſten Brut durch die auffallend kühle Witterung lange recht zu kämpfen hatten, um ſich und ihre Jungen durchzubringen. Wochen— lang mußten die armen Thiere die Fliegen von den Mauern mühſelig ableſen und waren durch die übermäßige Anſtrengung genöthigt, oft auf den Fenſterſtöcken in Pauſen auszuruhen. Alle Inſektenarten erſchienen heuer ſpäter: die Locuſta⸗Arten und überhaupt alle Schrecken und Grillen erſchienen 4 bis 5 Wochen ſpäter, die Bremſen mindeſtens zwei Wochen, die Maikäfer drei Wochen ſpäter u. ſ. f. und trotzdem wandern die Fliegenfänger, Sylvien ꝛc. ſo zeitig. — Die Natur giebt uns eben immer von neuem Räthſel, weil ſie ewig jung bleibt. K. Th. Liebe. (Aus einem Brief an K. Th. Liebe.) Zur Widerſtandsfähigkeit der Schwalben. Vielleicht iſt die folgende Mittheilung nicht ohne allgemeines Intereſſe. Am 9. d. M. früh bemerkte ich in dem eiſernen Ofen meiner Stube ein leiſes Raſcheln, das ich zunächſt auf eine Maus bezog. Als beim Oeffnen der Ofenthür und Durchſtöbern des Ofeninhaltes das Raſcheln verſchwand, ohne daß ich ein lebendes Weſen wahr⸗ nehmen konnte, beruhigte ich mich. Am folgenden Tag erneuerte ſich das Raſcheln, diesmal in der „Kanone“, hörte aber bald wieder auf. Da ich durch die Praxis ſehr in Anſpruch genommen war, ſpürte ich der Urſache nicht weiter nach. Heute Morgen war das Raſcheln lauter, vorwiegend im Anſatzrohr; ein leiſes Piepen ließ ſich hören. Nach Entfernung der Kapſel am Knie des Rohres kam ein liebliches, allerdings völlig rauchgeſchwärztes Schwälbchen (Hir. urbic.) zum Vorſchein, das trotz des mindeſtens zweitägigen Faſtens keinen beſonders matten Eindruck machte, ſondern freigelaſſen ſich ſofort mit fröhlichſtem Gezwitſcher in die Lüfte ſchwang und ſich unter die Genoſſinnen miſchte, als ſei nichts paſſirt. Das Thierchen war zweifellos durch die Eſſe hinab in den Ofen gelangt und hätte dort leicht den Hungertod finden können. Eben waren dieſe Zeilen niedergeſchrieben, als ich am Ofen der Nebenſtube, der mit dem obigen denſelben Schornſtein hat, im Vorübergehen es wieder raſcheln hörte; nach Oeffnen der Ofenthür konnte ich auch hier eine junge Schwalbe befreien und dem luftigen Reich zurückgeben. Da die Schwalben ſeit 1— 2 Wochen, um ſich zum Abzug zu ſammeln, in Unzahl die benachbarte Ober- pfarrkirche umfliegen, hatten ſich einige jedenfalls auch auf der Eſſe meines hohen Hauſes niedergelaſſen und waren dort zu Falle gekommen. Oder ſollte der Schornſtein in den bereits recht friſchen Nächten ihnen ein willkommenes Nachtquartier geboten haben? | Wernigerode, den 11. September 1891. Dr. Erler. Ein abweichender Niſtplatz der großen Rohrdommel (Botaurus stellaris), Keine Regel ohne Ausnahme. — Es iſt wohl allgemein bekannt, daß die große Rohrdommel zu ihrem Niſtplatz alten, ſehr dichten Rohrbruch wählt, d. h. Rohr, welches nicht geſchnitten wird und von Jahr zu Jahr niederfault. Wie ſchon von Kleinere Mittheilungen. 389 Herrn Dr. Hennicke in der Monatsſchrift berichtet wurde, unternahm am 7. Mai d. J. der Leipziger Verein von Freunden der Ornithologie einen Ausflug nach Belgers— hayn reſp. nach den Rohrbacher Teichen. Die Leitung hatte wie immer der Vor— ſitzende des Vereins, Herr Dr. Rey, übernommen; ich war auch dabei und unter— ſuchte ſelbſtverſtändlich Schilf und Rohr. Einer der größeren Teiche, welchen ich abſuchte, enthält altes Rohr und Binſen in Menge; obgleich ich in dieſem Teiche das Gurgeln der Rohrdommel hörte, konnte ich trotz eifrigen und gewiſſenhaften Suchens das Neſt derſelben nicht auffinden. Ziemlich müde unterſuchte ich noch einen kleinen Teich, derſelbe hat 9—10mal weniger Flächeninhalt, iſt zur Hälfte von Wald umgeben, hat weder Rohr noch Binſen, durchweg nur dichtſtehende Seggenkufen ungefähr / Meter hoch. Nach halbſtündigem Suchen gewahre ich auf kurze Entfernung eine einzelnſtehende Kufe, deren Halme zum Theil abgeriſſen auf dem Waſſer ſchwammen; als ich näher trete, ſehe ich ein halbwegs ſolid ge— bautes Neſt. Das Material waren grüne, halbverfaulte Halmen der Seggenkufen; das Neſt enthielt 3 lehmgelbe, ſehr übelriechende Eier (ähnlich wie verfaulter Tabak), in Größe und Form denen der Stockente ſehr ähnlich. Da ich das Ei der Rohr— dommel noch nicht kannte, war ich nicht wenig erſtaunt, als Herr Dr. Rey feſt— ſtellte, daß es ein Ei von der Rohrdommel war. Leipzig. Rudolf Müller. Alter fremdländiſcher Stubenvögel. Herr Paſtor Clemens Jäger, früher in Mohorn, jetzt in Neu-Serkowitz bei Dresden wohnhaft, beſaß ein Pärchen Blumenau— Sittiche, (Brotogerys tirica), von dem das Weibchen 14 Jahr, das Männchen 16 Jahr lang im Käfig — der nebenbei geſagt, noch dazu ein runder war — lebte! Bei ſeinem Umzug nach Neu-Serkowitz gab Jäger das Männchen ab; es wurde mir angeboten, allein ich lehnte die Annahme ab, da ich mit dem einzelnen Vogel auch nichts anfangen könnte. Hätte ich jedoch damals Kenntniß von dem hohen Alter des Vogels gehabt, ſo hätte ich gerne denſelben länger gepflegt, um zu ſehen, auf welches Alter derſelbe zu bringen ſei. So bekam eine Frau in Mohorn den Papagei, bei welcher derſelbe ſehr bald einging. Gefüttert wurden die Blumenaue- Sittiche mit Maiskörnern, die ſo weich gekocht waren, daß ſie mit dem Fingernagel Eindrücke annahmen. 8 Freiberg, 20. Sept. 1891. Dr. A. Frenzel. Nebelkrähe und Muſchel reſp. Schnecke. In der mir zugänglichen Litteratur finde ich überall die Angabe verzeichnet, daß unſere Krähen, vornehmlich Corvus corone und cornix L., „große, feſte Muſcheln in die Luft tragen und fie aus der Höhe herabſtürzen laſſen, damit ſie auf hartem Boden aufſchlagen und zerſchellen. (eonf. nur C. G. Friderich „Naturgeſchichte der deutſchen Vögel“, Stuttgart 1890, Heft 12 S. 449; C. Loos, „Ornithologiſch. Jahrbuch“ J. Nr. 6. und Jul. Michel 390 Kleinere Mittheilungen. loe. cit. II. No. 1). Genau dasſelbe habe ich im verfloſſenen Jahre wahrgenommen In jüngſter Zeit konnte ich dagegen öfters ſehen, wie in einem bei Schlaupitz vor⸗ beifließenden Mühlbache immer dann, wann ſehr wenig Waſſer in ihm ſtrömte, Nebelkrähen eifrig ſuchend herumwateten, plötzlich mit einer Bürde auflogen, ein Stück weit ganz niedrig über das Gelände hinſtrichen, ſich niederließen und ſchließlich recht derb auf den betreffenden Gegenſtand los hackten. Ich verſcheuchte fie wiederholt durch Schüſſe und fand dann auf ihrem Platze regelmäßig eine volle große Maler- ſeltner Flußmuſchel (Unio pietorum L. und Anodonta complanata Zieg.) mit einem friſch gehackten Loche auf einer Schale vor. (Der Magen einzelner, im Moment des Wegfliegens vom Graben geſchoſſener Krähen enthielt übrigens auch die kleine Schnecke Aneylastrum fluviatile Muell. theils ganz, theils in Frag⸗ menten). Auf unſeren „Seewieſen“, — der Mergel liegt dort maſſenhaft zu Tage, — finden ſich vorwiegend am Saume der kleinen eingeſprengten Büſche, recht viele Gehäuſe größerer Landſchnecken Helicogena pomatia L., Tachea nemoralis L., austriaca Muehlf. u. a. vor mit je einem reſpektablen Loche mitten auf dem letzten Umgange. Auch dieſe „Bohrungen“ vollführte Corvus eornix und machten mit ihr Piea pica L., ſowie Garrulus glandarius L. im zeitigen Frühlinge, als die Mündung der Gehäuſe noch mit dem bekannten Kalkdeckel verſchloſſen war. Hier haben die Krähen heuer merkwürdiger Weiſe die friſch gelegten Maiskörner faſt ganz unbeachtet gelaſſen und dafür lieber den Gemengſchlag tüchtig geplündert. Gegen⸗ wärtig holen ſie aber das Verſäumte gründlich nach, reißen die großen Pflanzen faſt alle heraus und verzehren ſie mit „Strunk und Stiel“, wie der Schleſier ſagt; Aehnliches hat mein Vater und habe ich früher nie wahr- genommen. Schlaupitz, 6. Juni 1891. Karl Knauthe. (Aus einem Brief an K. Th. Liebe). Einiges Intereſſe hätten für Sie vielleicht noch folgende von mir beobachtete Fälle von Albinismus bei Schwalben. Im Herbſte 1890 hielt ſich längere Tage auf dem ſogenannten Burggraben, welcher das fürſtliche Reſidenzſchloß in Detmold an drei Seiten umgiebt und welcher immer mit Waſſer gefüllt iſt, eine Uferſchwalbe (Hir. riparia) auf, deren Schwanzfedern voll— ſtändig weiß waren. Im Monat Juli d. J. wurden zu Salzuflen an der bekannten Hoffmannſchen Stärkefabrik 2 weiße Schwalben (Hirundo urbiea) erbrütet, von denen ich eine durch Vermittelung unſeres Mitgliedes Herrn A. Schröder-Schötmar erhielt und die ich dann dem Landesmuſeum zu Detmold überwieſen habe. Die Federn waren rein weiß, Schnabel und Beine hellgelb. Dann beobachtete ich in Salzuflen noch ein Exemplar (Hir. urbica), welches eine weiße Kopfplatte hatte. Detmold. H. Wißmann. BR Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. 391 Bücher-Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. 1. B. In engliſcher Sprache. Neuere Werke. 26. Waterhouſe, F. H., Index generum avium. A list of the genera and subgenera of birds. London. 8°. 1889. VI + 240 S. Preis 12 sh. 6 d. Dieſes von Sclater bevorwortete, ſehr ſorgfältig ausgearbeitete Nachſchlagewerk des Bibliothekars der Zoologiſchen Geſellſchaft in London enthält bei jedem Genus das Citat ſeiner erſten Aufſtellung; im Anhang werden Abkürzungen der citirten Werke und ältere Litteratur vom Charakter dieſes Werkes, die nur ſehr wenig umfaßt, gegeben. Einem wahren Bedürfniß hat Verf. abgeholfen; jeder arbeitende Ornithologe wird und muß es ſich anſchaffen. f 27. Collet, On the immigration of Syr. paradoxus, Pall. into Norway in 1888. Vgl. weiter unten im II. Bericht über den Münchener Ornith. Verein unter Steppenhuhn. 28. Stevenſon, Great erested grebe. Podieipes eristatus, L. (The Birds of Norfolk. 233—245.) Thomas Southwell, von deſſen nicht ornithologiſchen Arbeiten wir unten“) einige anführen, hat das große Werk Stevenſon's vollendet. Die vorliegende Probe iſt ſo anziehend geſchrieben, enthält ſo viel des Wiſſenswerthen, das ſie zur Anſchaffung des ganzen Werkes verlockt! Es iſt faſt nur biologiſches Material, — ſehr eingehend das Brutgeſchäft — behandelt; von einem colonienweiſen Brüten des Haubentauchers f) wiſſen St. und S. nichts. 29. Gurney, J. H., On the occasional appearance in England of the erested tit. Zoologist 1890. June. 4 S. Nachdem die Haubenmeiſe eine für England ſeltene Art iſt, — in Schottland iſt ſie zahlreicher — verlohnte es ſich, die ſicheren Fälle ihres Vorkommens zuſammen— zuſtellen. Aebtef Werke 30. Derſ., Notes on the two spotted eagles inhabiting the european continent. Naturalist 1886. 45 — 47. Enthält genaue Maße und Vergleiche zwiſchen Aq. clanga Pall. und pomarina Brehm (= naevia Briss). 31. Der). und Southwell, Fauna and flora of Norfolk. Part XI. Birds. Section I. Trans. Norf. and Norw. Nat. Soc. IV. 1886. 260-286. Section II. Eb. 1887. 397—432. Nach Rückſichtnahme auf die vorhandene Litteratur bis 1519 zurück und einer allg. Charakteriſtik des Gebietes geben die Verf. eine ſehr ſorgfältige Liſte von 288 bisher in Norfolk beobachteten Vögeln. Der erſte Theil bildet die Ergänzung zu Band J. (1866) und II. (1870) des großen Werkes Stevenſon's; der III. Band (1891) des letzteren jene zum zweiten Theile dieſes kurzen Aufſatzes. 32. Stevenſon, Scoulton Gullery. Eb. 1871/72. 8 S. *) Fauna of Norfolk. Part I. Mammalia and Reptilia (Trans. Norfolk and Norwich Nat. Soc. I. 1870/71. 71 nnd f. 12 S.). — Mammalia of Norfolk. Additions to Part I. (Eb. III. 1884. 657676 B.) — On the beaked on bottlenoise Whale (Hyperoodon rostratus). Seals and the seal fishery. (Eb. III. 1882. 476—481, 482—503.) — Notes on the white-beaked dolphin. (Lagenorhynchus albirostris.) Eb. IV. 1885. 120—124. +) Vgl. Ornith. Monatsſchrift XII. 1887. 106—107. 392 Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. 33. Derſ., On the plumage of the waxwing, Amp. garrulus, L. From the examination and comparision of a large series of speeimens killed in Norfolk, in the winter of 1866—67. Eb. III. 326—344. In erſterem Eſſay giebt St_eine ſehr hübſche Schilderung von einer der größten engliſchen Mövencolonien, im zweiten, das durch zwei ſaubere Abbildungen geſchmückt iſt, an der Hand von 144 Stück Seidenſchwänzen, überraſchende Mittheilungen über die farbigen Enden der Schwanzfedern und das Roth im Flügel; mit einer Liſte der Exemplare nebſt Daten ꝛc. endigt die Arbeit. 34. Clarke, Eagle Wm., and Roebuck, Deniſon Wm. A handbook of the vertebrate fauna of Yorkshire, being a catalogne ete. London 1881. 8. XII + 149 S. Der Lubbock gewidmet e handliche Band giebt nach Einleitung und einem allgem. Kapitel über das Land einen Vergleich der Faunen dieſes Gebietes mit denen anderer Theile Englands (Vögel XXXIII - XI.), alsdann Auszüge aus alten Quellen ſehr origineller Art (1466 — 1609) und endlich Liſten der Säugethiere (Roebuck), Vögel (Clarke), Reptilien und Amphibien (Roebuck) und Fiſche (beide Autoren). Der ornith. Theil (S. 15—89 und App. S. 136— 137) iſt der ſtärkſte, reich an intereſſanten Daten, wie man das nicht anders von Clarke erwarten darf. Den Beſchluß des Buches bildet ein Litteratur⸗Nachweis, Subſcribenten-Liſte und Index. 35. d' Hamonville, Instructions for preparing 1875 eggs. 8 b. 2 S. 1875. (Instruction pour préparer les oeufs d’oiseaux. 1 S. 1868.) Baron d'Hamonville giebt für Sammler die uli W Eier richtig, d. h. mit einem Loche, zu präpariren, zu behandeln und zu verpacken. Anzeigen. Denjenigen unter unſern Vereinsmitgliedern, welche frühere Jahrgänge unſerer Monatsſchrift zur Ergänzung ihrer neueren Jahrgänge zu erwerben wünſchen, geben wir die Nachricht, daß die Jahrgänge 1878 und 1879 zu je drei Mark, die Jahr⸗ gänge 1852 bis einſchl. 1889 zu je fünf Mark nebſt den eleganten Einband⸗ decken von unſerem Rendanten, Herrn Rohmer in Zeitz, bezogen werden können. Eine einzelne Einbanddecke koſtet 80 Pfg. Der Vorſtand. Abzugeben. Umſtändehalber großes auf Rollen laufendes Vogelbauer für Raub⸗ und Rabenvögel geeignet, in 3 Abtheilungen, die zu einer vereint werden können, jede mit doppeltem eigenem Eingange, aus feſtem Holze mit Drahtſtäben, Höhe vom Boden 100 em, Länge 123, Breite 53, Tiefe 32, für 30 % zu verkaufen. Emballage und Fracht nicht mitgerechnet. München poſtlagernd. | Paul Leverkühn. Verkauf. Einige Kilo von mir ſelbſt getrockneter rother Hollunder⸗ beeren (Traubenhollunder) als Winterfutter — Zugabe für kleinere Inſektenfreſſer, — verkauft F. Schlag, Steinbach-Hallenberg bei Schmalkalden. Die Liſte der im Zoologiſchen Garten zu Dresden verkäuflichen Thiere als Hirſche, Hunde, Hühner, Tauben, Enten ꝛe. iſt gratis zu beziehen. Die Direction. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. Ornithologiſche — > Aude 0 1 rl 10 Al 2 1 ——— r D Deutſchen 8 2 au EN N Im |: Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Vereinsmitglieder zahlen einen Jahres-Beitrag von fünf Mark und erhalten dafür die Monats⸗ ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Redigirt von Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, zweitem Vorſitzenden des Vereins, Dr. Frenzel, Dr. Rey, Ob.⸗Zoll⸗Inſp. Thiele. XVI. Jahrgang. Schlechtendal. Zahlungen werden an den Ren- danten d. Ver. Herrn Meldeamts⸗ Vorſteher Rohmer in Zeitz er⸗ beten. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ der finden koſtenfreie Aufnahme ſoweit der Raum es geſtattet. Oktober 1891. Ur. 14. Inhalt: Vereins angelegenheiten. Verein in München. — Paul Leverkühn: Auguſt von Pelzeln T. K. Th. Liebe: gimpel (Bucanetes githagineus Licht.). (Leiothrix luteus). (Mit Buntbild). P aul Leverkü hn: Ueber den ornithologiſchen Der Wüſten⸗ A. Frenzel: Ueber den Sonnenvogel Alphons Graf von Mirbach-Geldern-Egmont: Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg mit einigen Notizen aus anderen ſüdbayeriſchen Orten. I. — Kleinere Mittheilungen: Einige Seltenheiten aus der Umgebung Zwickaus. der Hänflinge. kühn. I. C. In Die Salzliebe Späte Brut und ſpäter Abzug. — Bücher-Vorlagen aus der Bibliothek Lever— franzöſiſcher, D. in ſchwediſcher Sprache. — Anzeigen. Vereinsangelegenheiten. Sonntag den 25. Oktober fand ſich der Vorſtand unſeres Vereins vollzählig in Gera zu einer Berathung ein. Hauptgegenſtand derſelben war die Herausgabe der zweiten großen Vogeltafel. Herr Prof. Göring hatte letztere in Zeichnung und Malerei ſoweit der Vollendung entgegengeführt, daß man über die überaus 27 394 Vereinsangelegenheiten. gelungene Darſtellung der Gruppen und über die zweckmäßige Eintheilung des Raumes ſich ein Urtheil bilden und einige kleine Abänderungen beſprechen konnte. Es ward der Kontrakt mit dem Künſtler aufgeſetzt und unterzeichnet und wurden bezüglich der Ausführung des Druckes die Direktiven beſtimmt. Auch bezüglich der nächſten Hauptverſammlung fand eingehendere Beſprechung ſtatt, ſowie bezüglich der Aufnahme verſchiedener Artikel in die Monatsſchrift. Gera, den 26. Oktober 1891. Der Vorſtand. Ueber den Ornithologiſchen Verein in München. Von Paul Leverkühn. „Für beſtimmt abgegrenzte Gebiete (Bezirk, Kreis, Stadt) können zur wirk⸗ ſameren örtlichen Förderung der Vereinszwecke, auf Antrag der daſelbſt wohnhaften Vereinsmitglieder und mit Zuſtimmung des Vorſtandes, beſondere örtliche Ab⸗ theilungen des Vereins .. . gebildet werden“ — fo lautet der § 8 der Satzungen des D. V. z. Sch. d. V.), auf Grund deren ſich in München im Mai 1891 ein Verein gebildet hat von Mitgliedern desſelben und des „Ornithologiſchen Leſe-Cirkels“ “ ). Die in den monatlichen Sitzungen zur Vorlage gelangenden mehr oder weniger ſelbſtändigen Abhandlungen werden als ſolche mit der Notiz „aus dem Ornith. Verein München“ in der Monatsſchrift niedergelegt werden, wie dies bereits mit dem Aufſatze des Herrn J. Moesmang, „Die Zwergohreule in Gefangenſchaft““ *) geſchah. Durch ein Verſehen ward hierbei, ebenſo wie bei den „Büchervorlagen aus der Bibliothek Leverkühn“ f), ein erklärender Zuſatz fortgelaſſen. (Der aufmerkſame Leſer wird aus den Worten „die geehrten Mitglieder unſeres neuen Vereins“ Zeile 17 v. o. bei Nr. 16 ſchon errathen haben, daß die Vorlagen nicht als ſolche, ſondern innerhalb des Rahmens eines Berichtes über den Verein für den Druck in der Monatsſchrift beſtimmt waren!) Notizen über die Avifauna Baierns, den Vogelmarkt, Stubenvogelhaltung und Vogelſchutz werden in geſammelter Form von Zeit zu Zeit mitgetheilt werden. München, Anfang Oktober 1891. Auguſt von Pelzeln +. Von Paul Leverkühn. Am 2. September 1891 verſtarb in Döbling bei Wien nach langem Leiden der langjährige Cuſtos des k. k. Naturhiſtoriſchen Hof-Muſeums in Wien, Ritter des ) Ornith. Monatsſchrift XV. 1890. S. 5. % Vgl. Parrot-Liebe, Leverkühn's Ornithologiſcher Leſecirkel. Monatsſchrift XV. 1890. S. 389—393. *) Monatsſchrift XVI. 1891. S. 352-356. +) Eb. XVI. 1891. S. 359-—369. Auguſt von Pelzeln f. 395 Franz Joſef Ordens, Vicepräſident und Ehrenmitglied des ornithologiſchen Vereins in Wien, Ehrenmitglied der British Ornithologists’ Union, auswärtiges Ehrenmit— glied des Nuttal Ornithologieal Club in Cambridge U. S. und der American Orni- thologists’ Union in New-Pork, wirkliches Mitglied der Société Imperiale des Naturalistes de Moscou, außerordentliches und correſpondirendes Mitglied des Deutſchen Vereines zum Schutze der Vogelwelt, correſpondirendes Mitglied der zoo— logiſchen Geſellſchaft zu London, Mitglied der allgemeinen deutſchen ornithologiſchen Geſellſchaft in Berlin, Mitglied der k. k. zoologiſch-botaniſchen Geſellſchaft in Wien, Auguſt Edler von Pelzeln, im Alter von 67 Jahren. Pelzeln war ein ſehr arbeitsliebender, thätiger Ornithologe, wofür ſeine zahlreichen litterariſchen Arbeiten Zeugniß ablegen; wir geben unten eine genauere Liſte davon. Namentlich war er hervorragend auf dem ſüdamerikaniſchen Faunengebiete, auf welches er in erſter Linie durch die Reiſen und Sammlungen Natterer's geleitet wurde. Natterer brachte etwa 12,300 Bälge von 1200 Arten von ſeinen 18 Jahre umfaſſenden Forſchungsexpeditionen in Braſilien mit, alle vortrefflich präparirt und mit ſorg— fältigen Etiketten verſehen. Er ſelbſt publicirte nichts über ſeine Beobachtungen und Entdeckungen, eine Aufgabe, welche zum großen Theile A. v. Pelzeln mit meiſter⸗ hafter Gründlichkeit erfüllte. Leider war vieles der Reiſetagebücher Natterer's 1848 ein Raub der Flammen geworden, ſodaß die „Reſultate von Joh. Natterer's Reiſen in den Jahren 1817 bis 1835“ außer dem Itinerar nur die ſyſtematiſche Aufzählung der Arten, ſowie einen Aufſatz „Betrachtungen über die ornithologiſche Fauna Braſiliens“ umfaſſen konnten (Litt. Verz. Nr. 1). Kleinere Arbeiten, welche meiſt die Beſchreibungen neuer Arten enthielten, waren vorangegangen (Litt. Verz. Nr. 2— 12). Eine Reihe von Vogelſendungen aus Ecuador, welche Prieſter der Geſellſchaft Jeſu zuſammengebracht hatten, gab Pelzeln Gelegenheit zu werthvollen fauniſtiſchen und ſyſtematiſchen Notizen, welche er, wie die meiſten ſeiner Arbeiten, in den „Verhand— lungen der k. k. Zool. Bot. Geſellſchaft in Wien“ niederlegte (Litt. Verz. Nr. 13—17). Der Anlaß zu mehreren Beiträgen zur Kenntniß der Vogelfauna im malayiſchen Archipel — Aru⸗Inſeln, Molukken, Borneo, Java — und weiter in Oſtaſien, China, Japan, Formoſa, Ceylon ſind den Sammlungen Hoedt's, Platen's, Grabowsky's, Breitenſtein's, Stoliczka's, v. Ranſonnet's, v. Drache's, Swinhoe's, Hütherott's zu danken (Litt. Verz. Nr. 18—30). Auch mit der auſtraliſchen und centralafrikaniſchen Fauna war Pelzeln ſehr vertraut, wie ſeine Behandlung der v. Haaſt'ſchen und Reiſchek'ſchen Ausbeute von Neuſeeland, der Bauer'ſchen von der Inſel Norfolk und der Emin Bey'ſchen und Ida Pfeiffer'ſchen aus dem dunklen Erdtheile zur Genüge bekunden (Litt. Verz. Nr. 31—38). Meiſt handelte es ſich um Einläufe für die Wiener Samm- lung, welche im Mittelpunkte ſeines Intereſſes ſtand. Er berichtete des öfteren über wichtigere Aquiſitionen derſelben (Litt. Verz. Nr. 39) und behandelte auf Grund des 396 Paul Leverkühn, darin vorhandenen Materials auch die engere Fauna ſeiner Heimath (Litt. Verz. Nr. 40—44). Ihr widmete er ſpecielles Intereſſe und vermehrte die Kenntniß des Landes durch mancherlei ſchätzenswerthe Notiz (Wachholderdroſſel in Mähren Stand⸗ vogel, Roſenſtaar, Großtrappe im Marchfelde, Eistaucher in Eisgrub, Alpenmauer⸗ läufer in Wien) (Litt. Verz. Nr. 46—54). Für beſtimmte europäiſche Formen äußerte er beſonderes Intereſſe, ſo für den zweifelhaften unveränderlichen Schwan (Litt. Verz. Nr. 55), für die difficilen Stein- und Goldadler u. a. (Litt. Verz. Nr. 56). Die europä⸗ iſche Ornis bereicherte er um die prachtvolle Krüper'ſche Spechtmeiſe (Litt. Verz. Nr. 57). In den Sitzungen der Zool. Bot. Geſellſchaft beſprach er Neu-Erſcheinungen der ornithologiſchen Litteratur (Litt. Verz. Nr. 58), wie er denn auch die „Berichte über die Leiſtungen in der Naturgeſchichte der Vögel“ (im Arch. f. Naturgeſchichte) von 1872 —81 lieferte, und bethätigte regen Antheil an den Beſtrebungen des Vogelſchutzes (Litt. Verz. Nr. 59). Größere zuſammenfaſſende Werke ſchuf der Verſtorbene leider nur wenig; ein geiſtvolles Eſſay über die „Darſtellung der Beziehungen zwiſchen der afrikaniſchen und indo-malayiſchen Vogel-Fauna“, die „Ueberſicht der Geier und Falken in der k. Ornith. Sammlung“, die in den letzten Jahren in Verbindung mit Dr. L. v. Lorenz herausgegebenen „Typen der Ornith. Sammlung in Wien“ (Litt. Verz. Nr. 60—62) und die „Geſchichte der Säugethier- und Vogel-Sammlung des k. k. naturhiſtoriſchen Muſeums“ (Litt. Verz. Nr. 73) wären hierher außer dem zuerſt beſprochenen Natterer'ſchen Werke zu rechnen; an Madarasz's „Monographie der Pipriden“ arbeitete er mit (Litt. Verz. Nr. 81). Ein entſchiedener Gegner der Darwin'ſchen Lehre, trat er öffent⸗ lich nur in einem kleineren Aufſatze gegen ihre Lehren, hauptſächlich vom Standpunkte des Vogelkundigen auf (Litt. Verz. Nr. 63). Die Bearbeitung des ornithologiſchen Theiles der Novarra-Reiſe, welche einen zweiten werthvollen Beitrag zum Studium des Albinismus enthält, feſſelte ſeine Muße für längere Zeit (Litt. Verz. Nr. 45, 53, 64). Von nicht ornithologiſchen Arbeiten ſind mir eine kleinere ſelbſtſtändige über einen geweihloſen Hirſch und umfangreichere über ſüdamerikaniſche, malayiſche und nordeuropäiſche Säugethiere (Litt. Verz. Nr. 17, 20, 21, 23, 29, 30, 39, 69 — 72) be⸗ kannt geworden. Viele kleinere Artikel in der Schwalbe (Litt. Verz. Nr. 74—80), der Ornith. Monatsſchrift (Litt. Verz. Nr. 65—67) u. a. O. find hier nicht einzeln namhaft ge⸗ macht. In ſehr erſprießlicher Weiſe leitete er die Redaktion der erſteren, des officiellen Organs des Wiener Ornith. Vereins, dem er als Ehren-Präſident angehörte. | Im brieflichen Verkehr äußerte A. v. Pelzeln ſtets eine große Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit. Perſönlich ſeine Bekanntſchaft zu machen, war mir leider nicht vergönnt. Ich ſchließe dieſen Nachruf mit den wichtigſten Daten aus ſeinem Leben: Auguſt von Pelzeln, Sohn des Appellationsrathes Joſef von Pelzeln und der Auguſt von Pelzeln +. 397 Tochter der Schriftſtellerin Caroline Pichler, wurde am 10. Mai 1825 zu Prag ge— boren. Bald darauf, nachdem ſein Vater nach Wien verſetzt ward, ſtarb dieſer und ließ die Wittwe mit 3 Kindern zurück. In dem Hauſe ihrer Großmutter ward ihnen liebevolle Aufnahme und eine ſorgfältige Erziehung zu Theil. Schon in früheſter Jugend war die Vorliebe zur Naturwiſſenſchaft in Auguſt von Pelzeln erwacht, und nach vollendeten Univerſitätsſtudien war es ſein ſehnlichſter Wunſch, am kaiſerlichen Hofnaturaliencabinet eine Anſtellung zu erlangen. Zu jener Zeit waren aber alle Stellen beſetzt und keine Ausſicht vorhanden, daß ſein Wunſch realiſirt werden könnte. Er entſchloß ſich daher, Jus zu ſtudieren und trat nach abſolvirter politiſcher Prüfung in den Staatsdienſt und zwar beim Kreisamte in Wien ein. | Im Jahre 1851 war aber der Moment einer Stellenerledigung gekommen; Auguſt von Pelzeln verließ den Staatsdienſt und kam als Praktikant an das Hof— naturaliencabinet, zu welchm er im Laufe der Zeit in immer engere Beziehungen trat. Nach Heckels Tode, im Jahre 1857, wurde er zum Cuſtosadjuncten, einige Jahre ſpäter zum Cuſtos ernannt und damit wurden ihm allmählich die Sammlungen für das Studium der Ornithologie (1859) und Mammalogie (1869) anvertraut. Er trat in Correſpondenz mit den hervorragendſten Gelehrten dieſer beiden Zweige der Wiſſenſchaft und lebte mit enthuſiaſtiſchem Eifer ſeinem Berufe. Im Jahre 1883 begann ſeine Sehkraft abzunehmen; das Uebel ſteigerte ſich; kurz nachdem er noch bei Ueberſiedelung in das neue k. k. naturhiſtoriſche Hofmuſeum und in demſelben thätig war, ſah er ſich zu ſeinem Schmerze genöthigt, um ſeine Verſetzung in den Ruheſtand einzukommen, da ihm die Augen den Dienſt verſagten. Bei dieſer Gelegenheit wurde er mit dem Ritterkreuz des Franz-Joſef-Ordens ausgezeichnet. | Aber auch nachdem von Pelzeln ſich vom Muſeum zurückgezogen hatte, wirkte er, ſoviel es ihm möglich war, in ſeinem Lieblingsfache; er folgte der Aufforderung des Wiener ornithologiſchen Vereins und übernahm in Gemeinſchaft mit Herrn Ingenieur Palliſch die Redaktion der ornithologiſchen Zeitſchrift „Die Schwalbe“, an der er ſchon in früheren Jahren theilgenommen. In letzterer Zeit hatte ſich ein Fußübel zu ſeiner Augenkrankheit geſellt und jein Leben ſehr getrübt. Das erſtere war die Folge eines ſchon lange in ihm ſchlummernden Rückenmarkleidens, das plötzlich zum Ausbruch kam, eine Lähmung herbeiführte und ihn am 2. September d. J. dahinraffte. Auguſt von Pelzeln war unvermählt geblieben; im Verein mit ſeinen zwei Schweſtern, welchen er eine liebevolle Stütze war, brachte er ſein Leben, nur von einem Freundeskreis umgeben, in Zurückgezogenheit zu. 28 398 Paul Le verkühn, Ornithologiſche Schriften A. v. Pelzeln's. Zur Ornithologie Braſiliens. Reſultate von Johann Natterer's Reiſen in den Jahren 1817 bis 1835. Wien, Pichler. 8 . 1871. (VI 4) 462 + LIX + 18 SS. Mit Karte. I. Abth. 1868; II. 1869; III. 1870; IV. 1871. Ueber neue und weniger bekannte Arten von Raubvbögeln in der Kaiſerlichen Ornithologiſchen Sammlung. (Sitz.-Ber. d. math. naturw. Kl. d. Kaiſ. Akad. d. Will. Bd. 44. 1861. Nr. 1. S. 7—16.). | Ueber neue Arten der Gattungen Synallaxis, Anabates und Xenops in der Rail. Ornith. Sammlung, nebſt Auszügen aus Johann Natterer's nachgelaſſenen Notizen über die von ihm in Braſilien geſammelten Arten der Subfamilien: Furnarinae und Synallaxinae. (Ebenda. Bd. 34. 1859. S. 99—134.) Ueber vier von Natterer in Braſilien geſammelte, noch unbeſchriebene Vogelarten. (Verh. d. zool. bot. Geſ. 1863. S. 1125—1130.) [Im folgenden „Verh.“ ab⸗ gekürzt.] Neue und wenig gekannte Arten der Kaiſerlichen ornithologiſchen Sammlung. (Sib.-Ber. d. math. naturw. Kl. d. Kaiſ. Akad. d. Wiſſ. Bd. 20. Heft 1. 1856. S. 153166. Tab. I. II.) Ueber neue und wenig gekannte Arten der Kaiſerlichen ornithologiſchen Sammlung, nebſt Auszügen aus Joh. Natterer's handſchriftlichem Katalog über die von ihm in Braſilien geſammelten Species der Familien der Trogonidae und Alcedinidae. (Eb. Bd. 20. Heft 2. 1856. S. 492519.) . 8. Neue und weniger gekannte Arten von Vögeln aus der Sammlung des k. k. zoologiſchen Hof-Cabinets. (Eb. Bd. 30. 1857. XXIV. S. 366. Bd. 31. 1858. S. 319-331.) | Zur Kenntniß des Morphnus guianensis. (Journ. f. Ornith. 1860. VIII. S. 337 340.) | Ueber die Färbung des Morphnus guianensis (Daud.) und M. harpyia (L.). (Journ. f. Ornith. 1863. XI. S. 121— 132.) Notiz über Linné's Original-Exemplar der Platalea pygmaea. (Journ. f. Ornith. 1860. VIII. S. 460—461.) 0 Ueber zwei neue Caprimulgiden aus Braſilien. (Verh. 1865. S. 985— 988 Auch abgedruckt in Cab. Journ. f. Ornith. 1866. S. 46 — 49.) Ueber eine Sendung von Vögeln aus Ecuador. (Verh. 1874. S. 171—174.) Ueber eine weitere Sendung von Vögeln aus Ecuador. (Verh. 1876. S. 765— 772.) Weitere Sendungen von Vögeln aus Ecuador. (Verh. 1878. S. 15 — 20.) Ueber eine fünfte Sendung von Vögeln aus Ecuador. (Verh. 1879. S. 525 - 526.) Ueber eine Sendung von Säugethieren und Vögeln aus Ecuador. (Verh. 1882. S. 443 — 448.) | Ueber eine Sendung von Vögeln von den Aru-Inſeln und den Molukken. (Verh. 1872. S. 425 — 430.) Ueber eine Sendung von Vögeln von Borneo. (Verh. 1882. S. 265 — 270.) Ueber eine von Herrn Dr. Breitenſtein gemachte Sammlung von Säugethieren und Vögeln von Borneo. (Verh. 1879. S. 527—532.) 0 ET u Nr ne 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. Auguſt von Pelzeln +. 399 Ueber Dr. Breitenſtein's zweite Sendung von Säugethieren und Vögeln von Borneo. (Verh. Sitz.⸗Ber. 1880. S. 26—28.) Ueber Baſtardhähne aus Java. (Schwalbe. III. 1879. S. 87-88.) Ueber die durch Herrn Baron E. v. Ranſonnet von der oſtaſiatiſchen Expedition eingeſendeten Säugethiere und Vögel. (Verh. 1871. S. 99— 102.) Ueber eine von Herrn Dr. Richard Ritter von Draſche dem k. k. Zool. Hofcabinet zum Geſchenk gemachte Sendung von Vogelbälgen. (Verh. 1876. S. 717 —720.) Mit Tafel XIII (Gymnophaps poecilorrhoa). Einige Worte über eine von Herrn Robert Swinhoe eingeſendete Sammlung von Vögeln aus China und Formoſa. (Verh. Sib.-Ber. 1864. S. 10—12.) On the species of birds collected by Stoliczka in Thibet and the Himalaya. (Ibis. 1868. IV. S. 302— 321.) Ueber die von Dr. Stoliczka im Himalaya und in Tibet geſammelten Vögel. (Journ. f. Ornith. 1868. XVI. S. 21—37.) Ueber eine an das k. k. naturhiſtoriſche Hof-Muſeum gelangte Sendung von Vogel— bälgen aus Japan. (Schwalbe. X. 1886. S. 267-269.) Zuſammen mit Dr. v. Lorenz. Ueber eine Sendung von Säugethieren und Vögeln aus Ceylon. (Verh. 1885. S. 525 — 528.) (Zuſammen mit Franz Fr. Kohl.) Ueber die von der öſterreichiſchen Miſſion nach Oſtaſien und Amerika (1869 — 1870) eingeſendeten Säugethiere und Vögel. (Verh. 1873. S. 153— 164.) Ueber eine von Herrn Julius Haaſt erhaltene Sendung von Vogelbälgen aus Neu⸗Seeland. (Verh. 1867. S. 315-318.) Wiederauffindung der Notornis in Neu-Seeland. (Schwalbe. III. 1879. S. 56—57.) Herrn A. Reiſchek's Sammlung. (Schwalbe. XIV. 1890. S. 243 — 244.) Zur Ornithologie der Inſel Norfolk. (Sitz.⸗Ber. d. k. Akad. d. Wiſſ. Math. naturw. Klaſſe. Bd. 41. Nr. 15. 1860. S. 319 —342.) Mit Tafel (Neſtor⸗Köpfe). Ueber eine Sendung von Vögeln aus Central-Afrika. (Verh. 1881. S. 141—156.) Ueber Dr. Emin Bey's zweite Sendung von Vögeln aus Central-Afrika. (Verh. 1881. S. 605—618.) Ueber Dr. Emin Bey's dritte Sendung von Vögeln aus Central-Afrika. (Verh. 1882. S. 499—512.) Einige Worte über die von Frau Ida Pfeiffer eingeſendeten Vögel aus Mada— gascar. (Naumannia. 1858. VIII. S. 496— 498.) Ueber die wichtigeren Aquiſitionen des k. k. zool. Cabinets in den Abtheilungen der Säugethiere und Vögel während des Jahres 1873. (Verh. 1874. S. 167-170.) Ein Beitrag zur ornithologiſchen Fauna der öſterreichiſch-ungariſchen Monarchie. (Verh. 1871. S. 689 — 730.) Zweiter Beitrag zur ornithologiſchen Fauna der öſterreichiſch-ungariſchen Monarchie. (Verh. 1874. S. 559—568.) s Dritter Beitrag zur ornithologiſchen Fauna der öſterreichiſch-ungariſchen Monarchie. (Verh. 1876. S. 153-162.) — Verzeichniß der von Herrn Julius Finger dem kaiſ. Muſeum als Geſchenk übergebenen Sammlung einheimiſcher Vögel. Mit An— gabe der Localitäten und Beobachtungen nach Mittheilungen des Herrn J. Finger. 28 * 400 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 6 62. 63. 64. Paul Leverkühn, Vierter Beitrag zur ornithologiſchen Fauna der öſterreichiſch— ungariſchen Monarchie. (Verh. 1876. S. 163166.) | Ornis Vindobonensis. Die Vogelwelt Wien's und feiner Umgebungen, mit einem Anhang: Die Vögel des Neufiedler See's. 8. Wien 1882. XX-+192 SS. Mit Karte. (Zuſammen mit A. F. Marſchall.) Ueber Farbenabänderungen bei Vögeln. (Verh. 1865. S. 911—946.) Einbürgerung der Wachholderdroſſel in Mähren. Vögel von Novaja- Semlja. Hodek's Photographieen europäiſcher Raubvögel. (Verh. Sitz.⸗Ber. 1874. S. 30 - 32.) Wachholderdroſſel in Mähren. (Verh. Sitz.⸗Ber. 1875. S. 25— 26.) Pastor roseus in Mähren. (Verh. Sitz.⸗Ber. 1875. S. 22.) Otis tarda im Marchfelde. (Verh. Sitz. Ber. 1875. ©. 4.) Ueber das Vorkommen zweier Colymbus. (Verh. Sitz.-Ber. 1857? S. 85.) Ueber die ornithologiſche Ausbeute von Zelebor's Reiſen in das Banat, die Militairgrenze und die Dobrudſcha. (Journ. f. Ornith. 1864. XII. S. 69 — 74.) Fünfzehn Tage auf der Donau. Auszüge aus dieſem Werke Sr. k. k. Hoheit des Kronprinzen mitgetheilt. (Schwalbe. III. 1879. S. 1—5, 9—13, 25— 29, 40-43.) Notiz über ein Albino der Waldohreule (Ot. vulgaris). (Schwalbe. X. 1886. S. 287.) Notiz über einen in Wien ag pie Alpenmauerläufer. (Schwalbe. X. 1886. S. 323— 324.) Notiz über Cygnus immutabilis Yarell. (Verh. 1862. S. 785 — 786.) Ueber Gold- und Steinadler. (Verh. 1857. S. 3—8.) Mit Tafel J. Ueber zwei von Dr. Krüper zu Smyrna geſammelte Vogelarten. (Sitz.⸗Ber. d. Kaiſ. Akad. d. Wiſſ. Bd. 48. 1863. S. 1—3. Auch abgedruckt in Cab. Journ. f. Ornith. 1866. S. 49 — 50.) Beſprechung von Droſte-Hülshoff, Vogelwelt Borkums. (Verh. Sitz.⸗Ber. 1869. S. 58.) Ueber Niſtkäſten. (Verh. Sitz.⸗Ber. 1875. S. 8.) Afrika⸗Indien. Darſtellung der Beziehungen zwiſchen der afrikaniſchen und indo⸗ malayiſchen Vogel-⸗Fauna, nebſt allgemeineren Betrachtungen über die geographiſche Verbreitung der Säugethiere. (Verh. 1875. S. 33—62.) Ueberſicht der Geier und Falken der kaiſ. ornith. Sammlung. (Verh. I. 1862. S. 123—192. II. 1863. S. 585 — 636.) | Typen der ornith. Sammlung des k. k. naturhiſt. Hof-Muſeums (zuſammen mit Dr. L. v. Lorenz). (Annalen des k. k. naturhiſt. Hof-Muſeums I, Bd. I. 1886. S. 249 — 270. II, Bd. II. 1887. S. 191— 216. III, Bd. II. 1887. S. 339 — 352. IV. (Schluß), Bd. III. 1887. S. 37—62.) Bemerkungen gegen Darwin's Theorie vom Urſprung der Species. Wien, Pichler. 80. 1861. 17 SS. Reiſe der öſterreichiſchen Fregatte 1 um die Erde in den Jahren 1857, 1858, 1859. Zool. Theil. Bd. J. Vögel. Wien (1865) Imp. 40. IV 176 SS. VI Tafeln. Darin: S. 14—25: Ueber Farbenabänderungen bei den Falconiden. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. "29: 80. Auguſt von Pelzeln +. 401 Ueber die zweite Ausſtellung des Ornithologiſchen Vereins zu Wien. (Monats— ſchrift des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt 1883. S. 153 — 157.) Ueber die Ausſtellung des Ornithologiſchen Vereins in Wien im April 1884. (Monatsſchrift 1884. S. 127— 131.) Die ornithologiſche Ausſtellung zu Wien im Jahre 1886. (Monatsſchrift 1886. S. 141—144.) IV. Allg. Ausſtellung des Ornith. Vereins in Wien vom 20— 28. März 1886. (Schwalbe. X. 1886. S. 121— 123.) Ueber einen geweihloſen Hirſch. (Verh. 1880. S. 611-614.) Braſiliſche Säugethiere. Reſultate von Johann Natterer's Reiſen in den Jahren 18171835. 8”. Wien 1883. Beiträge zur Ornithologie Südafrikas. Mit beſonderer Berückſichtigung der von Dr. Holub auf ſeinen ſüdafrikaniſchen Reiſen geſammelten und im Pavillon des Amateurs zu Wien ausgeſtellten Arten. Royal 8 o. Wien 1882. (Zuſammen mit Emil Holub.) Ueber die malayiſche Säugethier-Fauna. (Herausg. v. d. k. k. zool. bot. Gef. in Wien. 40. Wien 1876.) Vögel und Säugethiere von Jan Mayen. Geſammelt von Dr. F. Fiſcher. Bearb. v. Dr. F. F. u. A. v. P. Mit Taf. IX. Aus: Die internationale Polarforſchung 1882/83. Die öſterr. Polarſtation Jan Mayen. III. Bd. Wien 1886. 4%. 24 SS. Geſchichte der Säugethier- und Vogel⸗Sammlung des k. k. naturhiſtoriſchen Hof— muſeums. (Annal. des k. k. naturhiſt. Hofmuſ. Bd. V. Heft 4. 1890. S. 505 — 539.) Ausgeſtorbene Vogelarten in der kaiſ. Sammlung zu Wien. (Schwalbe. I. 1877. S. 3—5.) Vogel von Jan Mayen. (Schwalbe. X. 1886. S. 193—197, 205 — 212, 217-219. Taf. I.) Zuſammen mit Dr. F. Fiſcher. Ueber J. A. Allen's Abhandlungen betreffend die Typen des Prinzen von Neu— wied. (Schwalbe. XIV. 1890. S. 37—38.) Einige Anmerkungen über Thiergeographie. (Schwalbe. XIV. 1890. S. 49 — 50) Neue Reife des Dr. G. Radde. (Schwalbe. XIV. 1890. S. 77 — 78.) A. F. Graf Marſchall f. (Schwalbe. XI. 1887. S. 165.) Zur Erinnerung an heimgegangene Ornithologen: I. Chriſtoph Freiherr Fellner v. Feldegg. (Schwalbe. XII. 1889. S. 120-122.) II. Graf Auguſt Marſchall. Mit Bild. (Eb. S. 200 — 202.) III. Eugen Ferdinand v. Homeyer. (Eb. S. 304—307.) IV. Johann Jacob v. Tſchudi. (Eb. S. 541 — 542.) V. Johann Natterer. (Eb. S. 582 — 585.) VI. Johann Zelebor. Mit Bildniß. (Eb. S. 604 605.) VII. Joſé Auguſto de Souſa. (Eb. S. 605 — 606.) VIII. Graf Caſimir Wodzicki. (Eb. XIV. 1890. S. 3.) 81. Monographie der Pipridae oder Manakin-Vögel von Dr. J. v. Madarasz. Unter Mitwirkung von A. v. P. und Dr. L. v. Lorenz. 1. Lief. Budapeſt 1887. 4°. 14 SS. 5 Taf. Hannover und München, im September 1891. 402 K. Th. Liebe, Der Wüſtengimpel (Bucanetes githagineus Licht). Bon K. Th. Liebe. (Mit: Buntbild). Ende 1890 erhielt ich von Herrn Thierhändler Reiß in Berlin zu dem billigen Preis von 20 Mark ein Pärchen Wüſtengimpel, deren Beſitz ſchon ſeit Jahren mein Streben geweſen war. Die prächtigen, wirklich liebevollen Schilderungen, welche Bolle von dieſen Thierchen veröffentlichte, hatten mich zu ſehr angeſprochen, als daß ich nicht möglichſt viel Hebel anſetzte, um in ihren Beſitz zu gelangen. Lange aber wollte das nicht gelingen. Es iſt dies nun einmal eine der Unvollkommen⸗ heiten auf dieſer „beiten aller Welten“: — auf dem Vogelmarkt kann man viele ſchöne Ausländer bekommen, aber nur gerade das nicht, was man ſehnlichſt wünſcht. Sind das nun Vögel, die überhaupt ſchon in ihrer Heimath ſehr ſelten ſind, oder welche ſich nur ſehr ſchwer fangen oder aufziehen laſſen, oder ſind es ſolche, welche überhaupt ſich ſchwer in der Gefangenſchaft. eingewöhnen und ſich dann nur bei größter Aufmerkſamkeit geſund erhalten laſſen dann kommen die dortigen Fänger nicht leicht auf Die, Vermuthung, daß ſie ſolche Bögl mit einiger Leichtigkeit an den Käufer bringen; dann darf man ſich nicht wundern, wenn die betreffenden Spezies auf dem Markt selten, wenn ſie theuer find... Vielfach aber finden wir aüch ſolche Vögel recht ſelten auf dem Markt angeboten, bei welchen obige Bedingungen gar nicht obwalten, — das heißt alſo Vögel, welche in ihrer Heimakh häufig ſind, ſich leicht fangen und eingewöhnen laſſen und überhaupt „hart“ ſind. Es liegt dies daran, daß: in den betreffenden Strichen. Niemand an dergleichen Fang denkt, — daß zufällig oder aus N die bedeutenderen Sammler und Händler dort. ihre Thätigkeit nicht entfalten, — daß ſchließlich dieſe Vögel nicht „Mode“ ſind Solche Vögel ſind nun auch die Wüſtengimpel, deren farbiges Bild wir heute unſern Mitgliedern vorführen. Sie ſind von den dürren Gebirgshängen Perſiens und den. Geröllwüſten des unteren Induslandes an durch Arabien und Oberegypten hindurch über die Wüſten Nordafrikas hinweg bis auf die kanariſchen Inſeln hin verbreitet, und überall häufig, wo das Terrain ihnen zuſagt, das heißt wo Steine | und Geröll den Boden bedecken und auf dem dürren, von der Sonne durchglühten Land nur. Wüſtenpflanzen von ſpärlichem Wuchs zwiſchen den Steinen und in den 5 Felsritzen ihr kärgliches Leben friſten. Dieſe ärmliche Vegetakion gewährt den Thieren, was ſie brauchen, — ölige, theilweis recht ſcharfgewürzige Sämereien, hier und ers auch mehr mehlhaltige Körner.“ Inſekten freſſen ſie wohl nur ausnahms⸗ weiſe, 8 dhenigſtens thun ſie in der Gefangenſchaft nicht dergleichen. Ob ſie in der Heimath, vielleicht während der erſten Tage nur die Jungen, mit Inſekten füttern, darüber liegen keine Beobachtungen vor. Waſſer brauchen ſie, wie alle Körnerfreſſer, und daher wählen ſie ſolche Wüſtenſtriche zu ihrem Heim, von wo aus ſie täglich 1891. Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. z. S. d. Vogelwelt III. 11 SR Chromolith. Gustav Leutzsch, Gera-Reuss. Wüstengimpel Bucanetes githagineus (Licht) Der Wüſtengimpel. f 403 mindeſtens zweimal mittels nicht zu langen Fluges das belebende Naß erreichen können. Daher ſind die Grenzlandſchaften zwiſchen dem Kulturland und der waſſer— loſen Wüſte von ihnen bevorzugt, und hier brüten ſie zahlreich, obſchon ihr Neſt außerordentlich ſchwierig zu finden ſein muß, und ſtreifen außerhalb der Brutzeit in kleinen Flügen umher, ohne weitere Reiſen zu unternehmen. Es ſind aber doch verſchiedene Male Irrlinge nach Südeuropa gekommen; ſie nahmen aber hier nicht bleibend Quartier. Malta, wo ſie heimiſch ſind, gehört ſeiner Natur nach eigentlich ſchon zu Nordafrika. — Trotz ihres großen Wohnbezirkes, trotz ihrer Häufigkeit und ihres Aufenthaltes unweit der Oaſen und Siedelungen kommen ſie ſelten lebend nach Europa; — man fängt ſie eben nicht. Der Wüſtengimpel findet ſich ſchnell in die Gefangenſchaft und wird ein an— genehmer zuthulicher Geſellſchafter, zumal wenn man mehrere beiſammen hat. Er iſt viel lebendiger und beweglicher als ſein nordiſcher rothbrüſtiger Verwandter, und ſeine muſikaliſchen Studien (von Lied kann man nicht recht ſprechen) machen einen weit angenehmeren Eindruck als die knarrenden und ächzenden Leiertöne unſeres europäiſchen Gimpels. Der oft wiederholte Lockton klingt wie ein kurzer Trompeten⸗ ſtoß aus einer kleinen Kindertrompete; aber merkwürdig — dieſer Ton hat eine Klangfarbe, welche ihn durchaus nicht unangenehm macht. Bolle ſchreibt von dem Vogel: „Von Stein zu Stein tanzt das muntre Vögelchen oder es gleitet in meiſt niedrigem Flug dahin. Selten vermag der Blick, es weit in die Landſchaft hinaus zu verfolgen; denn das röthlichgraue Gefieder der Alten verſchmilzt ſo unmerkbar mit der gleichartigen Färbung der Steine und mehr noch der blattloſen Euphorbien— ſtämme wie das Iſabell der Jungen mit dem fahlen Gelb von Sand, Tuffſtein und Kalk. Gar bald würden wir ſeine Spur verlieren, wenn nicht die Stimme, welche eine der größten Merkwürdigkeiten des Vogels iſt, unſer Wegweiſer, ihn aufzuſuchen, würde. Horch! Ein Ton, wie der einer kleinen Trompete ſchwingt durch die Luft: gedehnt, zitternd, und wenn unſer Ohr ein feines iſt und wir gut gehört haben, werden wir dieſem ſeltſamen Klange vorhergehend oder unmittelbar nach ihm ein paar leiſe ſilberhelle Noten vernommen haben, welche glockenrein durch die ſtille Wüſte hinklingen. Oder es ſind ſonderbar tiefe, dem Gequake des kanariſchen Laub— froſches nicht unähnliche, nur weniger rauhe Silben, welche haſtig wiederholt, hinter einander ausgeſtoßen und mit faſt gleichen, aber ſchwächern Lauten, bauchredneriſch, als kämen ſie aus weiter Ferne, beantwortet werden. Nichts iſt wohl mißlicher, als Vogeltöne durch Buchſtaben wiedergeben zu wollen: beim „Moro“ dürfte es vorzugs⸗ weiſe ſchwierig ſein. Die abenteuerlichen Klänge paſſen in ihrer Seltſamkeit ſo voll- kommen zu der gleichfalls ungewöhnlichen Umgebung, daß man ihnen ſtets freudig lauſcht.“ Ich habe dieſer trefflichen Schilderung nichts hinzuzufügen, als daß die Stimmmittel nicht immer ſo poetiſch geſchildert werden. 404 | K. Th. Liebe, Der Wüſtengimpel. Die Haltung der Vögel macht, wie ſchon bemerkt, durchaus keine Schwierig⸗ keiten. Ein wenig Hanf und Hirſe, Glanz und Mohnſaat, ein jedes in beſonderem Näpfchen, genügt den Thieren vollſtändig, wenn ſie zur Abwechſelung dazwiſchen mit etwas Grün verſorgt werden. Daß ſie dabei Abwechſelung lieben, Aehren von Wegebreit, Riſpen von halbreifem Hafer, Zweige von Melde ꝛc. mit freudigen Trompetentönen begrüßen, iſt ſelbſtverſtändlich. Inſektennahrung verſchmähen ſie, wie es ſcheint beharrlich. — Bei mir bewohnen ſie einen langen Bauer mit drei großen Schubfächern. Den einen der letztern, welcher ſtets rein blieb, hatte mein Famulus ſeit Wochen nicht herausgenommen, und hatte ſich daſelbſt in der ein- geſtreuten Lohe eine Kolonie Mehlwürmer mit Puppen und Käfern etablirt, welche von ſolchen Larven abſtammten, die den Thieren von unkundigen Freunden ſpendirt worden waren. Die Vögel hatten die Käfer in keiner Weiſe behelligt. Wenn ſie getrocknete Ameiſenpuppen aufnehmen, ſo kauen ſie dieſelben, offenbar mehr im Spiel als um den Appetit zu ſtillen. Friſche Ameiſenpuppen nehmen meine Wüſtengimpel nicht. So verträglich das Pärchen war, ſo habe ich doch keine ernſten Anſtalten zum Brüten gewahren können. Das Weibchen hielt ſich allerdings im Frühjahr immer ein wenig zurück und war nicht ſo ſchmuck und ſchlank wie das Männchen, als ob ihm unſer Klima doch noch zu ungewohnt wäre. Ich glaube aber, die Thiere waren überhaupt noch zu jung. Gar viele von unſern Singvögeln brüten, wenn ſie erſt ein Jahr alt ſind, ſpäter im Jahre wie die älteren Paare, — oft 4 und 6 Wochen ſpäter, und gar manche brüten im erſten Jahre überhaupt nicht. So mag denn auch hier das jugendliche Alter die Urſache geweſen ſein. Bolle, welcher zehn lebende „Wüſtentrompeter“ mit nach Europa brachte, erzählt von einem Pärchen derſelben, daß es mit Strohhälmchen in einem hoch⸗ hängenden Harzer Bäuerchen ein Neſt gebaut, daſſelbe mit Federchen ausgepolſtert und mit 4 Eiern beſetzt habe. Das iſt ein guter Fingerzeig; dem geduldigen und aufmerkſamen Vogelwirth wird demnach die Züchtung wohl gelingen. Ueberhaupt glaube ich, daß die Thiere ſich in der bei kühlem Wetter geheizten Stube in einem großen Flugbauer recht gut halten und daſelbſt alt werden, denn ſie ſind von Haus aus an trockene Luft gewöhnt. Vielen Vögeln, die einem feuchten Waldklima ent⸗ ſtammen oder im Schilf und Gebüſch der Uferlandſchaft ihren Wohnſitz haben, wird die Stubenluft durch ihre Trockenheit verderblich; beim Wüſtengimpel liegen in dieſer Beziehung die Verhältniſſe günſtig. Freilich — kalter Zug darf ſie dabei nicht treffen und muß von Scheuer- und Schrupfeſten abgeſehen werden. Kalter Zug und ſolche Feſtivitäten ſchaden übrigens allen Vögeln, und ſollen auch die Menſchen gegen ſolche üblen Einflüſſe nicht alle gefeit ſein. Die Färbung, die in der Gefangenſchaft allerdings ein wenig verblaßt, iſt wunderbar ſchön, elegant, möchte ich faſt ſagen. Die Vereinigung von Karmin- und A. Frenzel, Ueber den Sonnenvogel. 405 Roſenroth mit Aſchblau iſt eine ſo zarte, die Miſchung der Farbe eine ſo ſchöne, daß man die Thiere nur gern anſchaut und ſich recht gut denken kann, welchen Ein— druck ſie in der Beleuchtung ihrer heimathlichen Wüſten machen, wo ja die Sonne an den Felſen den ſtumpfeſten Farben noch lebhaftes Feuer einhaucht. Und dort zeigen fie ſich in Menge. Brehm ſchreibt: „Von Siut an belebt der Wüſten⸗ gimpel ſtromaufwärts die felſigen Ufer des Nils, und zwar an manchen Stellen in erſtaunlicher Menge. Da, wo die Wüſte an das Stromthal herantritt, darf man ſicher ſein ihm zu begegnen. In Nord- und Mittelnubien fällt er wie unſere Finken in Flügen von 50 bis 60 Stück auf den abgeernteten Feldern ein und ſtreicht auf ihnen und zwiſchen dem Gebirge umher. Je wilder und zerklüfteter die Felſen ſind, um ſo ſicherer iſt er zu finden.“ Ueber den Sonnenvogel (Leiothrix luteus). Von A. Frenzel. Von erotischen Weichfreſſern kommen nicht allzu viele Arten auf unſern Vogel— markt. Es ſind hauptſächlich nur der Sonnenvogel, der Hüttenſänger und die ameri— kaniſche Spottdroſſel, welche häufig eingeführt werden. Alle übrigen kerbthier— freſſenden Exoten, wie die Droſſeln, Bülbüls, Tangaren, ſind ſchon bei weitem ſeltener. Bei den größeren Händlern giebt es jedoch aus der artenreichen Familie der Staarvögel wohl immer Vertreter auf Lager. Indeſſen kommen unter den Staarvögeln, nach der Beobachtung unſeres Schlechtendal, auch eigentliche Körner— freſſer vor, welche weder Mehlwürmer noch Roſinen annehmen; hierher gehören die Maisdiebe, Hordenvögel, Kuhſtaare, Reisſtaare und Lerchenſtaare. Dieſe in Amerika heimiſchen Vögel werden als Stärlinge bezeichnet. Eine ſcharfe Trennung zwiſchen Weich- und Körnerfreſſern iſt überhaupt nicht zu ziehen: es giebt Körnerfreſſer, welche ohne Zugabe von Weichfutter auf die Dauer nicht zu erhalten ſind und umgekehrt freſſen manche Weichfreſſer auch Körner. Zu den letzteren gehört unſer Sonnenvogel. Mit reinem Weichfutter ohne Zu— gabe von Körnern, als: Maisgries, Kanarienſamen, Hirſe, Mohn, iſt der Sonnen— vogel nicht zu erhalten. Ich kenne Fälle, daß die Sonnenvögel bei Darreichung von bloßem Weichfutter nur etwa ein Jahr in der Gefangenſchaft aushielten und andererſeits einen ſehr bemerkenswerthen Fall, bei welchem ein Sonnenvogel bei der täglichen Koſt von Maisgries und Mehlwürmern ein ſehr hohes Alter erreichte. Der Sonnenvogel iſt prächtig befiedert: oberſeits olivengrün, Bruſt orange, Flügel ſchwärzlichgrün mit lebhaft orangerothen Außenſäumen, Schnabel korallenroth, der ſchwarzbraune Schwanz iſt ausgeſchnitten. Bei dem Weibchen iſt das Orangeroth 406 A. Frenzel, der Bruſt bedeutend heller. Die Farben ſind keineswegs auffallend, doch iſt die Färbung der Sonnenvögel außerordentlich anſprechend und harmoniſch, entzückend ſchön. Mit begeiſterten Worten ſchildert die verſtorbene talentvolle Schriftſtellerin Aglaia von Enderes die Farbenpracht des Sonnenvogels. Sie findet in ihr das Vorbild zu jenen chineſiſchen und japaneſiſchen Seidengeſpinnſten, welche von unver- gleichlicher Schönheit, in unerreichter Farbenpracht uns eine Welt voll leuchtender Herrlichkeit erſchließen. „Blitzender Goldſchimmer liegt auf den grünen leuchtenden Schwingen der fliegenden Vögel, es glüht und funkelt mit metalliſchem Glanze aus dem Kelche der weit erſchloſſenen Blumen hervor, es dämmert wie geheimnißvolles bleiches Licht über den großen weiten Blüthen, die ſich unter den hohen Stämmen des Schilfgraſes bergen. Jedoch Gold und Silber verleiht ihnen dieſe ſchimmernde Pracht nicht, die Farbe iſt es, die Farbe in ihrer ganzen allbeſiegenden Schönheit, in ihrer wunderſamen wechſelvollen Pracht. Und wenn nun die Soune niederleuchtet auf das Gefieder des Sonnenvogels und den Glanz weckt, der wie Goldgefunkel über dem Grün des weichen Kleides liegt, dann erwacht in uns die Erinnerung an jene beſchwingten Geſtalten, die wir wie hinhuſchend auf den blauſeidenen Geweben Chinas und vornehmlich Japans geſehen; es iſt dieſelbe edle Farbenſchönheit, die wir dort angeſtaunt, derſelbe Schmelz, die Weichheit, die Harmonie, der Glanz, die unſeren Augen wohlgethan, dieſelbe namenloſe Farbe, für die uns die eigentliche Bezeichnung fehlt.“ Der Sonnenvogel iſt um eine Wenigkeit größer als unſer Rothkehlchen, Männchen und Weibchen ſind gleich groß. Entſprechend dem ſchönen Gefieder der Sonnenvögel iſt auch ihr Betragen. Außerordentlich lebhaft, flink und gewandt, zierlich und an- muthig, friedlich und harmlos bewegen ſie ſich ſowohl im Käfig als freifliegend in der Vogelſtube. Sie fliegen ſo gewandt, daß ſie ſich im Fluge überſchlagen können. Wenn ſich ein Pärchen im Liebesſpiele verfolgt, ſo fliegen ſie in ſo raſender Eile in der Vogelſtube hin und wieder, daß man befürchtet, die Vögel möchten ſich in den Zweigen Schaden thun. Bösartig zeigten ſich die Sonnenvögel nicht, in meiner kleinen Vogelſtube jedoch immerhin als Störenfriede. Nachdem ſich wohl die kleinen Prachtfinken an das raſche Fliegen der Sonnenvögel gewöhnt hatten, ſind die letz— teren bei ihrer großen Schnelligkeit und Behendigkeit doch überall, ſie fliegen an die Prachtfinkenneſter und zerzupfen ſie aus Muthwillen; ſie ſetzten ſich neben kranke Vögel unmittelbar hin und ſchwirrten ſie an. Deshalb iſt es gerathener, ein Paar Sonnenvögel in einem Käfig zu halten, aber groß und geräumig muß dieſer Käfig fein, zu groß kann ein Käfig für Sonnen⸗ vögel überhaupt nicht werden. Hier zeigt ſich nun ein einzelner Vogel, oder auch ein Pärchen, in ſeiner vollen Liebenswürdigkeit, ſeinem heitern Weſen, und ſeiner Lebensluſt. Das Männchen ſingt ſein droſſelartiges Lied, oder läßt ſeine lauten, RE, 2 pP ; Ueber den Sonnenvogel. 407 fröhlichen Rufe erſchallen, die man weithin hört. Beiden Geſchlechtern iſt ein War- nungsruf eigen, bei welchem ſie ein ſchwirrendes Geſchrei erheben, ſich aufgeregt hin und her drehen und den Schnabel weit aufſperren. Hat man ein Pärchen zuſammen in einem Käfig, ſo kommt es häufig vor, und zwar nicht nur bei den Sonnenvögeln, daß das Männchen nicht ſingt. Will man nun den Geſang hören, ſo trennt man das Pärchen, hängt die Käfige ſo, daß ſich die Vögel nicht ſehen, dann wird auf das Locken des Weibchens das Männchen ſehr bald ſein Lied ertönen laſſen. Die Sonnenvögel ſind ſchlechte Niſter in der Gefangenſchaft. Zum Neſtbau ſchreiten ſie ſehr ſchnell, allein gewöhnlich bleibt es nur dabei; es werden leichte, lüderliche Neſter gebaut, und zwar wohl mehr zum Zeitvertreib. Die Vögel ſind Offenbrüter und ſchon wiederholt habe ich in unſerer Monatsſchrift betont, daß Offenbrüter weit ſchwieriger in der Gefangenſchaft zum erfolgreichen Niſten kommen als Höhlenbrüter. So niſtet der als Höhlenbrüter bekannte Hüttenſänger überaus leicht: von drei Pärchen Hüttenſängern, welche ich im Laufe der Zeit hielt, hat jedes Paar mit Erfolg geniſtet. Die Sonnenvögel habe ich aber nicht gezüchtet. Indeſſen hat man hier und da glückliche Bruten erzielt; zuerſt und wiederholt züchtete Herr Dr. Ruß⸗Berlin den Sonnenvogel, und zwar bereits im Jahre 1873. Ein Gelege beſteht aus 2— 4 Eiern; die bläulich-weißen Eier find braunroth getüpfelt; die Ge— ſchlechter brüten abwechſelnd und zeitigen die Eier in 12 Tagen. Das Neſt ſtellen die Vögel aus Agavefaſern her und formen damit eine zierliche Mulde, ſie nehmen aber auch Grasrispen, Papierſtreifen, Baſt und Wollfäden zu ihrem Neſtbau. In meiner Vogelſtube hat das Männchen nur lüderliche Neſter aus Sackleinwandfäden gebaut, die von den Prachtfinken bald wieder zerzupft wurden. Wer jetzt Sonnen- vögel züchtet, kann es freilich nur zu ſeinem Vergnügen thun, verlohnen kann ſich die Züchtung durchaus nicht. Dieſes Frühjahr wurden die Sonnenvögel zu Tauſen— den eingeführt, ſodaß der Preis für ein Pärchen auf 7,50 Mark herabſank. Der Händler Schlegel-Hamburg, bot 500 Paar aus, auch Guſtav Reis-Berlin einige hundert Paar. Hoflieferant Guſtav Voß-Köln a. Rh. machte ſich beſondes verdient, indem er eine Anweiſung über Fütterung, Behandlung und Zucht der Vögel bei dem Kaufe beilegte. Das iſt eine gewiß empfehlenswerthe Maßregel, wenn man bedenkt, daß unſere ſchönen Vögel oft von Leuten gekauft werden, die auch keinen Schimmer von Vogelpflege beſitzen. Die erſten Sonnenvögel wurden vor etwa 20 Jahren von Karl Hagenbeck eingeführt zum Preiſe von 40 Thalern für das Paar. In der „Gefiederten Welt“ werden ſie zuerſt 1873 zum Preiſe von 30 Thaler das Paar ausgeboten. Obwohl die Sonnenvögel keineswegs weichlich ſind, wird doch ein großer Prozentſatz in der Gefangenſchaft bald zu Grunde gehen. Ueber das Alter, welches dergleichen exotiſche Vögel in der Gefangenſchaft erreichen, findet man in den 408 A. Frenzel, Ueber den Sonnenvogel. einſchlägigen Büchern und Zeitſchriften keine Angaben. Daß aber der Sonnen⸗ vogel bei verſtändiger Pflege ein hohes Alter erreicht, kann ich durch einen guten Fall verbürgen. Unſer hochverehrtes Mitglied, Herr Oberbergrath und Reichstagsabgeordneter Merbach beſitzt einen männlichen Sonnenvogel, welcher im Jahre 1880 angekauft wurde, und mithin bis jetzt 11 Jahre ſich in Pflege befindet. Dieſer Sonnenvogel iſt auch heute noch ein überaus prächtiger Vogel, deſſen laute Jubelrufe man weithin hört. Des Lebens ungemiſchte Freude wurde aber auch unſerm Sonnenvogel nicht zu theil. Trotz der ſtaunenswerthen Beweglichkeit und Sicherheit, mit welcher der Vogel auch im kleinen Käfig ſich tummelt, die Sitzſtäbe nur flüchtig berührt, an die Käfigwand und wieder zurück wie ein Gummiball ſpringt, ſich wohl auch in der Luft dabei überſchlägt, ſo konnte es ihm doch vor vier Jahren einmal paſſiren, daß er ein Bein brach. Das Bein wurde geſchient; nach drei bis vier Wochen war der Schaden geheilt und die alte Fröhlichkeit trat wieder in ihr Recht. Mit dem Haushund lebt der Vogel auf dem beſten Fuße. Ali legt ſeinen zottigen Kopf auf die Käfigdecke, das ſtört unſern Sonnenvogel nicht. Aber einmal verſah es Ali und warf den Käfig mitſammt dem Sonnenvogel von dem hohen Fenſterbrett herunter. Auch darauf gab es nur ein kurzes Unwohlſein. Von Bedeutung iſt aber namentlich die einfache Fütterungsweiſe des Herrn Oberbergrath Merbach. Der Sonnenvogel hat von jeher nichts anderes bekommen als Maisgries, welcher mit etwas geriebener Möhre (Mohrrübe) ange⸗ feuchtet wird; dazu täglich 6—8 Mehlwürmer und zum Naſchen etwa ein Stückchen Obſt. Dieſe Fütterungsmethode verdient allgemein bekannt zu werden; vielleicht wird dadurch ſo manchem Sonnenvogel ein längeres Leben vergönnt. Da die Sonnen⸗ vögel fleißig baden, oft des Tages zwei Mal, ſo iſt für friſches Bachwaſſer immer Sorge zu tragen. Die Mauſer fällt in den Spätſommer, dieſelbe geht ſo allmählich vor ſich, daß man von einem Federwechſel nichts merkt, jederzeit iſt deshalb ein Sonnenvogel glatt und ſchmuck im Gefieder; das Männchen ſtellt auch während der Mauſer den Geſang nicht ein. Nur bei ihrer Einführung und Ankunft von der Reiſe ſind die Sonnenvögel mitunter entfedert und beſchmutzt, wird aber den Vögeln dann gute Pflege, ſauberer Käfig, tägliche Badegelegenheit zu theil, ſo erhalten ſie bald ihr Prachtkleid, das ſie dann nie mehr verlieren. Die Sonnenvögel können im ungeheizten Raum über⸗ wintert werden, ja man hat ſogar beobachtet, daß die Vögel im kalten Zimmer be- ſonders ſchönes Gefieder und hochrothe Schnäbel zeigten. Das darf uns nicht Wunder nehmen, denn die Sonnenvögel, deren Heimath das Himalaya = Gebirge ift, bewohnen daſelbſt einen Höhengürtel von 1500 — 2500 m. Leiothrix luteus be- wohnt ferner noch die Berge von Nordoſt-Bengalen und des ganzen Süd-China. Graf v. Geldern-Egmont, Orn. Jahresbericht von Roggenburg. I. 409 Der Vogel wurde im Jahre 1782 von Scopoli als „Meiſe von Nanking“ und im Jahre 1786 von demſelben Autor als Sylvia lutea beſchrieben. Im Syſtem nimmt der Sonnenvogel eine Ausnahmeſtellung ein: es giebt nur eine Art Leiothrix, eben unſere Leiothrix luteus. Die verwandten Arten, die man früher wohl zu Leiothrix ſtellte, hat man abgetrennt und beſonders benannt. Dergleichen Vögel gehören jetzt den Gattungen Minla, Aleippe, Siva und Mesia an. Brehm gab dieſen Vögeln den Namen Hügel- oder Droſſelmeiſen. Damit iſt aber Brehm, dieſer ausgezeichnete Forſcher, der ſonſt ſtets den Nagel auf den Kopf traf, nicht angekommen, weil dieſe Vögel weder Droſſeln noch Meiſen ſind. So wurden für unſere Leiothrix die Händlernamen „Sonnenvogel“ und „chineſiſche Nachtigall“ oder „Peking⸗Nachtigall“ gebräuchlich. Brehms Namen hätte aber wenigſtens vor Verwechſelungen geſchützt. Unter dem Namen Sonnenvögel verſteht man nicht nur unſere Leiothrix, ſondern man bezeichnet auch die Nectariniidae mit dieſem Namen. Von den Nectariniidae kennt man aber über 120, auf 11 Gattungen vertheilte Arten, die in Afrika und Oſtindien heimiſch ſind. Als nun der Afrikareiſende Otto E. Ehlers Ende 1888 den Kilima-Noſcharo beſtieg und in einer Höhe von über 5000 m viele Sonnenvögel beobachtete, wurde er bald auf ſeinen „bedeutſamen Irrthum“ aufmerkſam gemacht. Der Irrthum aber lag vielmehr auf Seiten des Herrn Dr. Ruß. Den Nectariniden kann man die Bezeichnung „Sonnenvögel“ nicht wieder nehmen, wohl iſt aber den Leiotriches, von welchen man 17 Gattungen mit 58 Arten unterſcheidet, ein deutſcher Name zu geben für den Fall, daß dieſe Vögel einmal eingeführt werden. Vielleicht wäre es geeignet, dieſe Vögel „Hügel— ſänger“ zu nennen. Nach Dr. Ruß, Handbuch, iſt von allen dieſen Vögeln nur einmal von Jamrach in London der blauflügelige Hügelſänger (Siva eyanuroptera) einge— führt worden. Unſer Sonnenvogel müßte hiernach Sonnen-Hügelſänger genannt werden. Kein Vogel eignet ſich ſo vorzüglich zum Stubenvogel als unſer Sonnenvogel. Sein herrliches Gefieder, ſein ſchöner Geſang, ſeine Lebensluſt, Beweglichkeit und Liebenswürdigkeit, ſeine Anſpruchsloſigkeit und leichte Abwartung, ſowie der niedrige Einkaufspreis ſind alles Eigenſchaften, die uns den Sonnenvogel vor allen anderen begehrenswerth erſcheinen laſſen. Ornithologiſcher Jahresbericht von Noggenburg mit einigen Notizen aus anderen ſüdbayeriſchen Orten. Auguſt 1890 — September 1891. Von Alphons Graf v. Mirbach-Geldern-Egmont.“ I. Wenn auch der Titel der folgenden Zuſammenſtellung den Inhalt ſchon ge— nügend kennzeichnet, jo halte ich doch einige einleitende Worte nicht für überflüſſig. 410 Graf v. Mirbach-Geldern-Egmont, Zunächſt ſei bemerkt, daß dieſer Bericht eine Fortſetzung bildet zu meinem „Verſuch einer Lokalavifauna Roggenburgs und ſeiner nächſten Umgebung“ (Monatsſchrift, Jahrg. 1890, S. 414 ff.), und ich aus dieſem Grunde von einer abermaligen Dar⸗ ſtellung der Lage und Bodenbeſchaffenheit Roggenburgs abſehe. Auch dieſes Mal iſt Roggenburg und Umgebung Hauptbeobachtungsplatz geblieben, und nur einige kurze Notizen von Haimhauſen (unweit München) und Schloß Thurnſtein (Nieder⸗ bayern, nahe der öſterreichiſchen Grenze) ſollen gelegentlich berückſichtigt werden. Der Ueberſichtlichkeit wegen erwähne ich dabei, der Richtung von Weſten nach Oſten folgend, nach den Beobachtungen von Roggenburg erſt die jeweiligen von Haim— hauſen und ſchließlich von Thurnſtein. Wo kein Ort genannt, ſtammen die Notizen aus der Gegend von Roggenburg. — Dies diene als Vorbemerkung! Trotz aller Mühe meinerſeits und der eifrigen Mitwirkung einiger Vogelfreunde kann der nachfolgende Jahresbericht keinen Anſpruch auf Vollſtändigkeit erheben; doch iſt er mit dem Gefühle ſtrengſter Gewiſſenhaftigkeit zuſammengeſtellt: „Non multa, sed multum!“ — — A. Anführung der für die Avifauna Roggenburgs und ſeiner Umgebung neu conſtatirten Arten.“) J. Aus früheren Jahren. 1. Cygnus musicus (2). In einer Chronik des alten Roggenburger Kloſters fand ich nachfolgende Stelle, welche das Vorkommen des wilden Schwanes für die hieſige Gegend beweiſt, zugleich aber auch als äußerſt ſelten hinſtellt: „Bei der Ein⸗ ſegnung des Abtes Schwaninger nahm man zwiſchen Breitenthal und Stattenhauſen 3 ſonſt nie geſehene Schwanen auf der Günz ſchwimmend wahr, was man als ein ſehr gutes Vorbedeutungszeichen betrachtete.“ Dieſe Bemerkung ſtammt aus dem 18. Jahrhundert und ich habe auch in neuerer Zeit keine diesbezüglichen Beobachtungen in Erfahrung bringen können. 2. Syrrhaptes paradoxus (Steppenhuhn). Einen weiteren Fall vom Bor- kommen des Steppenhuhnes in Bayern bin ich im Stande aus der hieſigen Gegend mitzutheilen: Am 9. Juni 1889 ging unſer Förſter Wilhelm Eckel, ein eifriger Vogelbeobachter und Mitglied unſeres Vereins, bei Seifritsberg, nicht weit von hier, Vormittags auf einem mit Gras überwachſenen Waldwege ein Steppenhuhn auf, welches ihn bis auf 20 Schritte hatte herankommen laſſen. Es fiel auf 100 Schritte Entfernung in einen ungefähr 2 m hohen Mittelwald ein, wo es am Nachmittage mit dem Hunde wieder gefunden und von dieſem geſtanden wurde. Da es jedoch ganz verdeckt zwiſchen den Büſchen hinausſtrich, war ein Schuß unmöglich. *) Nomenclatur und Reihenfolge nach dem „Verzeichniß der Vögel Deutſchlands“ von Eug. Ferd. v. Homeyer. Wien 1885. Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg. I. 411 II. Aus dem letzten Jahre. 1. Merops apiaster (Bienenfreſſer). Wie ich in einer „kleinen Mittheilung“ ſchon erwähnt, wurden im Mai dieſes Jahres in Bimings b. Aitrang (Schwaben), ſüdlich von hier, 2 Bienenfreſſer erlegt. Ich ſah die ſchönen Vögel bei einem Prä— parator in München, und wandte mich ſofort an den Ueberſender, um Näheres zu erfahren. Der Erleger, ein Oekonom und Jagdpächter, theilte mir darauf nach— ſtehende Einzelheiten mit, die ich im Wortlaute mit freilich bedeutend verbeſſerter Orthographie folgen laſſe: „Bimings, auf einer Anhöhe liegend, iſt im Beſitz von etwa 600 Obſtbäumen aller Gattungen und vielen Dornhecken und Geſträuch, hat auch einen Bienenſtand von ungefähr 20 Stöcken. Die Vögel ſah ich zum erſten Male am 2. Mai auf einer Dornhecke, als ich und mein Sohn bei der Landwirth— ſchaft beſchäftigt waren. Ich ſah damals ganz genau, wie ſie den ſchönen Flug der Schwalben hatten und prachtvoll in der Sonne glänzten, hatte aber keine Zeit, mir die Vögel zu erlegen. Vom 2. bis zum 16. Mai ſagte mein Sohn öfters, er habe dieſelben ſchon wieder geſehen, in meinem Garten oder in dem des Nachbars, und ich ſolle ſie doch ſchießen. Da ich glaubte, mein Sohn kenne ſie nicht mehr, achtete ich gar nicht auf dieſe Ausſage und hatte die Vögel bald vergeſſen. Am 16. Mai Abends 5 Uhr ſah ich aus meiner Wohnung wieder beide Vögel, wie ſie auf einem Dorngeſträuch ſaßen, etwa 40 m von meinem Hauſe entfernt. Da ich auch Jäger bin, ſchoß ich einen, leider mit etwas grobem Korn. Das zweite Exemplar erlegte ich am 17. Mai auf derſelben Stelle. Dieſe Bienenfreſſer, wie Sie dieſelben nennen waren ſehr heimiſch; meiner Anſicht nach würden ſie bei uns geniſtet haben, wenn ich auch nichts davon ſah.“ — Höchſt wahrſcheinlich hätten dieſe intereſſanten Vögel, die ſich ja ganze vierzehn Tage am gleichen Orte ſchon aufgehalten hatten, wirklich gebrütet, und nur die Unkenntniß entſchuldigt den Schützen. — Einen der Vögel erwarb ich für meine Sammlung um einen ſehr hohen Preis. Aber was opfert man nicht für eine ſolche Rarität! 2. Picus medius (mittlerer Buntſpecht). Dieſen in Südbayern ſo ſeltenen Specht beobachtete ich zum erſten Male am 9. September des vorigen Jahres, als er in einem Mittelwalde (bei Nordholz) an einer Eiche hämmerte. Ich konnte ihn längere Zeit aus nächſter Nähe betrachten, ehe er ſich aus dem Staube machte: 3. Jynx torquilla (Wendehals). Ein Paar brütete hier dieſen Frühling in einer hohlen Akazie. Von einem Finkenweibchen verfolgt, deſſen Niſtbaum der Wende— hals ſich genaht, warf er ſich unter den bekannten Bewegungen auf den Boden. Morgens hüpfte er meiſtens dem Rande der Kieswege im Parke entlang. | 4. Cyanecula Wolfi (Blaukehlchen). Am 4. September dieſes Jahres be- obachtete ich bei einer Expedition in das Obenhauſer Ried zum erſten Male in hieſiger Gegend mehrere Blaukehlchen, welche ſich hauptſächlich auf zum Trocknen 412 Graf v. Mirbach-Geldern⸗Egmont, aufgeſchichteten Torfſtücken herumtrieben. Ein altes Männchen für die Sammlung erlegt. 5. Turtur auritus (Turteltaube). Am 27. April erſtmals balzend gehört. 6. Gallinago gallinula (kleine Sumpfſchnepfe). September 1890 im Oben⸗ hauſer Ried ein Exemplar erlegt. | 7. Podiceps rubrieollis (rothhalſiger Steißfuß). Am 30. Auguſt von Förfter Eckel am Roggenburger See vom Schiff aus erlegt, und für die Sammlung prä⸗ parirt. | B. Die ſchon früher beobachteten Arten in ihrem Auftreten während des eben verfloſſenen Jahres 1890/91. a J. Brutvögel. 1. Milvus regalis (rother Milan). Roggenburg: Zum erſten Male 1891 am 9. März beobachtet. Weniger zahl⸗ reich als letztes Jahr, obgleich kein Horſt zerſtört und kein ſolcher Vogel erlegt wurde. Ein Paar horſtete im Staatswalde, wo ſich z. Z. immer 3 dieſer Vögel aufhalten. Thurnſtein: Am 17. Auguſt 2 Stück über das Schloß ſtreichend. Ebenſo am 19. Auguſt im Walde. Der rothe Milan ſcheint in Niederbayern ſeltener zu ſein als in Schwaben, und ich konnte ſein Brüten dort nicht conſtatiren. 2. Cerchneis tinnuneulus (Thurmfalke). Roggenburg: Dieſes Jahr nicht beobachtet. Haimhauſen: Mehrere Paare brütend im Park. Horſt mit einem beinahe flüggen Jungen am 7. Juni gefunden; ein Junges lag todt am Fuße des Baumes. Schloß Köfering b. Regensburg: Ein altes Männchen am 1. Januar 1891 bei ſtarkem Schneefall und Froſt im Walde. 3. Falco subbuteo (Baumfalke). | Roggenburg: In mehreren Paaren brütend, nachdem im Vorjahre feiner hier gehorſtet hatte. Ein altes Männchen am 4. Auguſt von mir in einem Föhren⸗ beſtande ſtreichend erlegt. Ein Stück hielt ſich längere Zeit am See auf und ſtieß in der Dämmerung auf im Schilf ſich ſammelnde Uferſchwalben, auch einmal am 25. Juli dreimal vergeblich auf eine Bachſtelze, dicht über dem Waſſerſpiegel. Thurnſtein: Kein ſeltener Brutvogel. 4. Astur palumbarius (Hühnerhabicht). Roggenburg: Sehr vereinzelt und in Roggenburg ſelbſt kein Stück erlegt. Ein Paar horſtete wahrſcheinlich im Staatswalde und wurde zur Brutzeit öfters ge— ſehen. Ein Exemplar öfters am See beobachtet oder den Thalhängen entlang ſtreichend. ) Ueber die im Folgenden nicht genannten Vögel find keine oder doch keine genaueren Be— obachtungen gemacht worden. * * P 7 Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg. I. 413 Ein Habicht, welchen ich aufbaumen ſah, wippte mehrmals mit dem Stoße, nach Art des Würgers. Bei Obenhauſen mehrere erlegt. Thurnſtein: „Scharfer Geier“. Oefters beobachtet und erlegt, und alljährlich horſtend. 5. Aeceipiter nisus (Sperber). Roggenburg: Horſt mit 5 Eiern am 24. Mai ausgenommen, nachdem ich vorher am 17. Mai das alte Weibchen geſchoſſen hatte. Daſſelbe hatte den Kropf ganz mit Fleiſch und kleinen Federchen gefüllt. Im Juli wurden noch 5 Sperber erlegt. Heißt in der Gegend „Spatzenſtecher“. Thurnſtein: „Taubenſtößer“. Wiederholt geſchoſſen und ziemlich häufiger Brutvogel. 6. Pernis apivorus (Weſpenbuſſard). Roggenburg: Häufiger als letztes Jahr, wo ich am 25. Auguſt einen alten Vogel beim Uhu ſchoß. Horſtete 1891 auf einer Fichte dicht am See. Unter der— ſelben lagen eine Menge von Weſpenwaben, im Horſte ſelbſt die Ueberreſte eines Eichhörnchens. 2 Junge wurden geſchoſſen. Am 6. Auguſt beobachtete ich einen Weſpenbuſſard, welcher in großer Höhe mit ſenkrecht erhobenen Flügeln längere Zeit und wiederholt rüttelte, nach Art der Flußſeeſchwalbe. Haimhauſen: Brütet auf den Eiern am 9. Mai 1891. Ein altes Männchen geſchoſſen den 6. Juli. 7. Buteo vulgaris (Mäuſebuſſard). Roggenburg: Brütet am 6. Mai. 5 Horſte gefunden und vom 13. bis zum 24. Mai ausgenommen. In einem Horſte fanden ſich nur 2 Junge, in allen übrigen 3 Junge. Beim Uhu mehrere Alte erlegt, aber trotzdem ziemlich häufig. 8. Syrnium aluco (Waldkauz). Am 28. September und am 9. December 1890 je ein Exemplar im Pfahleiſen gefangen. Brütete im Staatswalde in einer hohlen Eiche. 9. Otus vulgaris (Waldohreule). Roggenburg: Horſt mit 2 kleinen Jungen 4 m über dem Boden in einem hohlen Baume am 13. Mai. Weiterer Horſt mit 4 Jungen am 17. Mai gefunden. Haimhauſen: 3 flügge Junge am 10. Mai. 10. Cypselus apus (Mauerjegler). Roggenburg: Ankunft am 20. April. 11. Hirundo rustica (Rauchſchwalbe). Roggenburg: In den erſten ſehr naſſen und kalten Tagen des September 1890 fand ich viele todte Schwalben am Boden. Ankunft 1891: 7. April. 414 Kleinere Mittheilungen. 12. Hirundo urbiea (Stadtſchwalbe). Roggenburg: Ankunft etwas ſpäter als bei der Rauchſchwalbe. Genaueres Datum fehlt. | 13. Hirundo riparia (Uferſchwalbe). Roggenburg: Ankunft am 20. April. Zahlreicher Brutvogel. Haimhauſen: Ankunft 11. April (laut Zeitungsnachricht in München erſt am 19. April). Suchen zahlreich nach Reiſern und Halmen, am Boden ſitzend, den 7. Mai. Thurnſtein: Ankunft: 22. April. (Fortfegung folgt.) Kleinere Mittheilungen. Einige Seltenheiten aus der Umgebung Zwickaus. Während eines Ferien⸗ beſuches fand ich bei Herrn Präparator Riedel in Zwickau nachſtehend verzeichnete Vögel vor, deren Auftreten für die dortige Gegend nur ſelten iſt. Leider fehlten nähere Angaben über Fundort und Fundzeit. — Hypotriorchis aesalon, der nach dem III. Jahresberichte der ornithologiſchen Beobachtungsſtationen im Königreich Sachſen bei Breitenbach „vor mehreren Jahren“ gebrütet haben ſoll (2), war in zwei Jugend⸗ kleidern vertreten. — Falco peregrinus war in zwei Stücken eingeſchickt worden von denen nur noch eins vorhanden war. — Surnia nivalis wurde vor mehreren Jahren eingeſchickt. Es war ein prachtvoller ausgefärbter Vogel. — Geeinus ecanus iſt in der Umgebung viel ſeltener als ſein Vetter Geeinus viridis. — Piecoides tridactylus, über deſſen Vorkommen in Sachſen mir kein Fall bisher bekannt war, war in einem weiblichen Exemplar vorhanden, welches erſt „kürzlich“ eingeliefert worden war, und das mir für meine Collection ſächſiſcher Vögel in Ausſicht geſtellt wurde. — Tetrao bybr. medius wurde vergangenes Frühjahr zweimal aus dem Voigtlande eingeſchickt. — Tetrao bonasia. Die aus dem Voigtlande erhaltenen Stücke gehören ſämmtlich der Varietät Bonasia bonasia sylvestris (Chr. L. Bm.) an. — Oedienemus erepitans wurde in zwei Exemplaren aus dem Voigtlande eingeliefert. — Aegialites minor et Aetitis hypoleueus ſind Brutvögel an den Muldenufern bei Zwickau. — Gallinago gallinula war in zwei Stücken vorhanden, von denen eins, das durch Anfliegen an einen Telegraphendraht getödtet worden war, inmitten der Stadt gefunden wurde. — Podiceps rubricollis wurde zum erſten Male eingeſendet. Es war ein Prachtſtück im Hochzeitskleide. Rich. Schlegel. In Salzuflen konnte man beobachten, wie ſalzliebend die Hänflinge (Fr. cannabina) ſind. Beſonders des Morgens ſah ich ſie an den Gradierwerken ® Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. 415 ſitzen und ihren Durst mit dem Salzwaſſer löſchen, oft 10 — 15 Stück dicht neben einander. Wenn auch nicht ſo häufig wie der Hänfling erſchien auch der Stieglitz (Fr. earduelis). Detmold. H. Wißmann. Späte Brut und ſpäter Abzug. Mitte Auguſt fiel mir mehrere Tage nacheinander ein hoher ſchwer definirbarer Ton auf, wie man ihn bei jungen Vögeln (Grünlingen, auch Grasmücken) um die Zeit kurz vor und nach dem Flügge— werden vernimmt. Wer dieſe Töne, die am beſten wohl ein hohes ſchneidendes oder auch klirrendes Ziepen genannt werden mögen, aus eigner Beobachtung kennt, weiß auch, daß es ungemein ſchwer iſt, die Richtung und auch die Entfernung zu be— ſtimmen, aus der ſie in unſer lauſchendes Ohr gelangen. So kam es, daß ich erſt am 18. Auguſt das wohl verſteckte, in einem dichten Birnbaumzweige angelegte Neſt erſpähen konnte, aus welchem jenes fragliche Geräuſch kam. Nun blieb ich, eben— falls verſteckt, ſtehen, bis das ſchreiende Junge vom Alten gefüttert wurde. Es war ein junger Girlitz, und zwar der letzte und vielleicht einzige Sprößling dieſer ſo ſpäten Brut. Als ich nun den Baum erſtieg, verließ das Neſthäkchen das Neſt, in welchem noch ein unbefruchtetes, zerdrücktes Ei lag. — Auffallend ſpät haben uns die Thurmſegler, von deren abnorm frühen Eintreffen hier am 21. April d. J. ſchon berichtet iſt, verlaſſen. Das Gros zwar zog ſchon Anfang Auguſt weg; jedoch blieben kleine Flüge von etwa 5—12 Stück bis in das letzte Drittel des Monats und einen einzelnen, den allerletzten in dieſem Jahre, ſah ich gar noch am 3. Sep⸗ tember. Das iſt ein für Cypselus apus ganz unerhört ſpäter Termin. Sicherer mündlicher Mittheilung zufolge wurde 1889 in Königsberg ſogar noch am 9. Sept. ein Thurmſegler geſehen. Fr. Lindner. Bücher-Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. [Aus dem Ornithologiſchen Verein München.] C. In franzöſiſcher Sprache. 36. Derſ., Collections ornithologiques de Trochilides. Classification de Mulsant. 4°. 2 S. (1882.) Das Verzeichniß weiſt 424 Nummern Colibris auf, dürfte indeſſen mittlerweile um viele weitere zu bereichern ſein. d 37. Derſ., Liste des oiseaux recueillis par M. Emile Deschamps sur la cöte de Malabar. Bull. soc. 200l. France. XVI. 1891. 84-91. 53 Arten werden behandelt; das Niſtgeſchäft von Ploceus philippinus Gm. wird eingehend beſprochen. D. In ſchwediſcher Sprache. 38. Meves, Till norra Sveriges Ornithologi. Öfvers. af K. Vet.-Akad. Förh. 1858. 85—100. 39. Derſ., Bidrag till Jemtlands Ornithologi. Reseberättelse. Eb. 1860. 187 —224. : 416 Bücher: Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. 40. Derſ., Bidrag till Sveriges Ornithologi. Berättelse om en resa till Öland och Skäne. Cb. 1868. 251—293. Die erſte Arbeit berichtet über die Ergebniſſe einer Reife nach dem nördlichen Schweden und den ſüdlichen Lappmarken; es wurden 47 Vögel und 135 Eier geſammelt und dem Stockholmer Muſeum einverleibt; die zweite giebt Reiſebericht und Aufzählung der Arten Jemtlands; Niſten von Ap. garrulus, nach Alter und Jahreszeit ver⸗ ſchiedene Kleider beſchrieben, Paſſus über „Turd. illuminus“ (ogl. oben unſere Nr. 7. Tobias); Nagelmauſer von Tet. urogallus (mit Abb.); Schluß der Arbeit eine kleine ſyſtematiſche Ausführung; die dritte erzählt von einer Reiſe nach Oeland und Schonen; Niſten von Cor. enucleator, Tot. fuscus, glottis, Lim. Da Kritiſches über Anser minutus, albifions. 41. Sundſtröm, C. R., Bidrag till Käntedemen af Orebro Lans Ver- tebratenfauna. Akad. Afh. 999 1868. Kl. 8. 32 S. 42. Tiſelius, Bidrag till Kännedom om Östra Smälands Vertebratfauna. Akad. Afh. Stockholm 1868. Se SS 43. Sommerfelt, Chr., Fortegnelse over de i Ostfinnmarken iagttagne Fugle tilligemed enkelte Bemerkninger angaaende endel af disse. Öfr. K. Vet.- Akad. Förh. 1861. 67— 9%. Sundſtröm behandelt die Vögel (S. 2—3, 9—26) Oerebro's, welche 1863 ſchon von Dr. V. Högberg (Oerebrotraktens Foglar, Upſala) bearbeitet waren, eingehend; über Tet. tetrix und urogallus (Nahrung, Lockruf, Jagd) verbreitet er ſich. — Tiſelius charakteriſirt ſein Gebiet, nennt die typiſchen Pflanzen und widmet den Vögeln 18 Seiten (16—34); er äußert ſich über die Urſachen der Abnahme des Birkwilds. — Sommerfelt ſpricht über 140 Arten Oſtfinnmarkens, deren finniſche Namen und Vor⸗ kommen nach Jahreszeiten er in Tabellenform giebt. Er ſchließt mit einem Schlüſſel zum Beſtimmen der Dunenjungen hochnordiſcher Enten. Tehler : Berichtigung. Bitte zu berichtigen, daß der mir in der „Orn. Monatsſchr.“ in Nr. 13, S. 362 beigelegte Titel infolge eines Verſehens von Seiten der Redaction bei der Correctur vor meinen Namen ge⸗ rathen iſt. London, Oktober 1891. Ernſt Hartert. Durch Verwechſelung der Zeichen hat ſich in Lieferung 13 ein ſinnentſtellender Fehler einge⸗ ſchlichen: Seite 374 Z. 6 u. 8 v. u. muß es heißen „Weibchen“ ſtatt „Männchen“. Seite 386 Z. 11 v. o. wolle man leſen: wo in den 50-er Jahren die Störche nicht nur auf Schornſteinen der Häuſer u. ſ. w. An zeige n. Gebe ab: 2 Zwergfliegenfänger (M. parva), prachtvoll ausgefärbte, rothbrüſtige G, ſingend; 1 Sproſſer Ja; mehrere Wiener Schwarzplatteln, darunter 2 geſanglich beſonders hervorragend. In Tauſch nehme: Spottdroſſel und andere exotiſche Sänger. E. Perzina. Wien IX, Prechtelgaſſe J. Abzugeben eine Anzahl Doubletten meiner Bibliothek, Werke über inländiſche und ausländiſche Vögel. Ferner exotiſche Bälge, unter anderem Paradiesvögel. Genauere Liſten nach Anfrage. „München poſtlagernd. Paul Leverkühn. Redaetion: Hofrath Prof. Dr. K. Tb. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. W ® — I — > = Sur 5 25 0 a0 8 IN N N Da = MIR SEND Ali sc EIS ) \ ä — n x . Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. igi lungen den an den Ren⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen Redigirt Sy - a 1. ER 1 Melde und erhalten dafür die Monate zweitem Vorſitzenden des Vereins, beten. ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ De 5 Dr. Frenzel, Dr. Rey, a i Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗Zoll⸗J Thiel der finden koſtenfreie Aufnahme 80 „Inſp x hie e. - foweit der Raum es geſtattet. XVI. Jahrgang. November 1891. Ur. 15. Inhalt: Alfred Kaiſer: Zehn Jagdtage im Sinaigebirge. (Mit 1 Holzſchnitt.) Pau Leverkühn: Dreſſirte Kakadus. Alphons Graf von Mirbach-Geldern-Egmont: Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg mit einigen Notizen aus anderen ſüdbayeriſchen Orten. II. — Kleinere Mittheilungen: Albinismus bei Schwalben. Preisgericht für die II. Ausſtellung des Vereins für Thier⸗ und Naturfreunde zu Baſel. Ein junger Seeadler erlegt. — Notizen für die Vereins mitglieder. — Litterariſches. — Anzeigen. Zehn Jagdtage im Sinaigebirge. Von Alfred Kaiſer. Eben mußte die kurze Morgendämmerung der friſchen Tageshelle weichen, als ich von meiner Beobachtungsſtation im Wadi Bedr aufbrach, um auf einer mehr- tägigen Excurſion das umliegende Gebirge zu durchſtreifen. Der Zweck dieſer Excurſion lag hauptſächlich darin, Aufenthaltsorte von Klippdachſen (Hyrax) 29 418 Alfred Kaiſer, und ein günſtiges Revier für Steinbockjagd auszukundſchaften. Als treuer Freund unſerer Vogelwelt vernachläſſigte ich hierbei natürlich nicht, auch auf jedes Vögelein zu achten, das mir Zerſtreuung bringen konnte auf den ſtillen Wüſtenpfaden. Schon der im ſinaitiſchen Gebirge nirgends fehlende Trauerſteinſchmätzer (Saxicola leueura) konnte meine Aufmerkſamkeit auf ſich lenken, als er auf einer hervorragenden Fels⸗ platte ſitzend in ſanfter Weiſe ſein Morgenlied erklingen ließ. Der ſchöne Vogel mit ſeinem ſammetſchwarzen Gefieder und dem blendend weißen Schwanze bewohnt mit dem durch ſeine weiße Kopfplatte ſich auszeichnenden Saxicola xanthomelaena alle Felſenwüſten der Sinaihalbinſel vom Meeresſtrande weg bis hinauf zu den Höhen des griechiſchen Kloſters. Die Araber nennen ihn Umm-es-sued, Mutter der Schwärze, und verfolgen ihn abergläubiſcher Weiſe recht häufig. Wenn der zierliche Sänger nämlich über einem grünen Laſſafbuſche flattert und kreiſchend einem Skorpion oder einer Heuſchrecke den Kampf erklärt, ſo glaubt der mißtrauiſche Beduine, daß der kleine Vogel ſich ſo zänkiſch geberde, weil er dort einen Schatz verborgen wiſſe und nun einen Menſchen ſich dieſem nähern ſehe. Der einfältige Aberglaube findet darin noch Bekräftigung, daß dieſer Steinſchmätzer zur Unterlage ſeines Neſtchens allerlei kleine Gegenſtände zuſammenträgt, welche die Araber für Geld halten. — Kaum zweihundert Schritte von unſerm Hauſe entfernt kam ich bei einer Quelle vorbei, die unſern Waſſerbedarf liefert und verſchiedenem Wilde zur Tränke dient. Am häufigſten trifft man hier das kleine arabiſche Steinhuhn (Ammoperdix hayi), die Wüſtenlerche (Ammomanes deserti), den ſinaitiſchen Roſengimpel (Carpodacus sinaieus), den Feldeggsfalken (Falco tanypterus), den Berberfalken (Falco barbarus), den Schmutzgeier (Cathartes perenopterus), und den Bartgeier (Gypaétus barbatus). Mit Ausnahme der heißen Mittagsſtuuden, während welcher nur etwa Schmutzgeier ſich ſehen laſſen, kann man erwähnte Vögel faſt immer hier beobachten. Steinſchmätzer, Buſchſänger, Grasmücken und Würger ſind daſelbſt ebenfalls häufig, kommen wie alle anderen Inſektenfreſſer aber niemals zur Tränke. An Säugern ſind es Steinböcke, Hyänen, und zwei verſchiedene Fuchs⸗ arten, denen dieſes Waſſer die Exiſtenz in unſerer Umgebung ermöglicht. Als die nächſten Berggipfel in den Strahlen der Sonne erglänzten, hatte ich den Ausgang des Wadi Bedr erreicht. Hier findet ſich eine große Gummiakazie, die eben in voller Blüthe ſtehend ein herrliches Aroma verbreitete. Ihr Duft lockte natürlich eine Menge von Inſekten herbei. Erſt nachdem ich geraume Zeit unter dem Baume ge⸗ ſtanden und dem munteren Inſektenvolke zugeſchaut hatte, entdeckte ich im dornigen Zweigwerke vier Grasmücken, die jeden Verſuch, ſie näher zu beobachten, durch raſches Verſtecken mir vereitelten. Ohne ihre Artangehörigkeit beſtimmt haben zu können zog ich wieder weiter über eine mit Artemiſiabüſchen beſtandene Ebene, den Schutt- kegel des Wadi Bedr, und gelangte nach einer Stunde ins Thal Karkir. In der Zehn Jagdtage im Sinaigebirge. 419 Torrente dieſes Thales, bei 600 m Meereshöhe, traf ich die erſten friſchen Stein bockſpuren. Sie verliefen nach einem Nebenthale, el-Maön genannt, und wurden schließlich ſo häufig, daß ich annehmen konnte, in dem Thale finde ſich eine nicht verſiegte Quelle. Trotz des ungünſtigen Windes verfolgte ich die Fährten und ge— langte bald an die vermuthete Quelle. Eine Menge arabiſcher Steinhühner war hierher zur Tränke gekommen und war eben im Begriffe, im Schatten eines großen Felsblockes Sieſta zu halten, als mein Erſcheinen ſie wieder verſcheuchte. Dies aller— liebſte Steinhuhn verdiente es, auch in Europa eingeführt zu werden, zumal es in der Gefangenſchaft ſehr leicht fortkommt und ſelbſt mit Weizenkörnern, Mais und grünem Klee ſich begnügt. Der Vogel iſt etwas größer wie eine Wachtel; die Ober— ſeite iſt iſabellfarben, der Kopf ins violett ſpielend, die Unterſeite iſt röthlich, die Seitenzeichnung chocoladebraun, ſchwarz und weiß. Das Huhn iſt einfarbiger und mit dunklen Wellenlinien gezeichnet. Füße und Schnabel ſind bei beiden Geſchlechtern ockergelb. Das Leben des kleinen Steinhuhnes zu beobachten, fand ich genügende Gelegenheit. Am frühen Morgen ſteigen ſie von den Höhen herunter und verrathen ihre Ankunft meiſt durch das Herabſtoßen kleiner Steine. An jedem Büſchchen macht die leiſe quikende Geſellſchaft halt, ſucht unter den Zweigen nach Samen und das eine oder andere ſpringt wohl auch in die Höhe, um einiger Knoſpen habhaft zu werden. Von Zeit zu Zeit bleibt einer der Vögel ruhig ſtehen, ſträubt die Federn und muſtert ſein Gefieder, dann geht es wieder weiter bis unter die nächſte Akazie, wo fleißig geſcharrt und nach arabiſchem Gummi geſucht wird. Hat hier eine Karawane gelagert, ſo werden auch die zurückgelaſſenen Excremente und Küchen— abfälle nicht verabſcheut ſondern gierig verſchlungen. Gegen 8 Uhr begiebt ſich die Geſellſchaft zur Tränke und zwar meiſt gehend, ſelten fliegend. In deren Nähe an— gekommen, wird vorſichtige Rundſchau gehalten. Einzelne Hähne ſteigen auf die höchſten Punkte und warnen ſofort, wenn ſie eine drohende Gefahr bemerken. Fühlen die Vögel ſich ſicher, ſo fliegen ſie ſchnurrenden Fluges plötzlich in die Thal— ſohle hinunter. Hier werden noch einige Felsblöcke beſtiegen um nochmals von der Sicherheit ſich zu überzeugen. Jetzt vernimmt man den Lockruf eines Hahnes, erſt leiſe und undeutlich, dann immer kräftiger erſchallend. Die Lockſtimme des Stein— huhnes läßt ſich mit keiner andern verwechſeln, und wer den Ruf einmal gehört, erkennt ihn das nächſte Mal gewiß wieder. Er klingt wie „Que⸗-qui⸗que⸗qui — qui⸗ qué⸗que⸗qui — que⸗qui⸗ku⸗ku“, das unzählige Male wiederholt wird. Die wenigen Schritte bis zum Waſſer werden wieder gehend zurückgelegt. Hier angekommen ver— ſtummen die Vögel, trinken gierig und baden ſich nicht ſelten am Rande des Waſſer— tümpels. Dann zieht eins nach dem andern wieder ab um auf dem nächſten Fels— geſimſe oder im Schatten eines Steinblocks das Gefieder zu ordnen. Hie und da wird die Quelle zum zweiten oder dritten Male beſucht, dann aber entfernt ſich die 29* 420 Alfred Kaiſer, Geſellſchaft wieder, ſucht die Thalgehänge nach Nahrung ab und kommt im Hoch⸗ ſommer nach etwa einer Stunde, im Winter aber oft erſt am Abend wieder zur Tränke zurück. Die Nahrung der Steinhühner beſteht in Knoſpen und Geſäme aller Art, vorzüglich aber in den Früchten von Capparis und im Gummi der Syalakazien. In ihrem Betragen find fie ächte Hühner, fie leben geſell⸗ chaftlich und locken einander herbei, wenn ſie irgend einen guten Biſſen gefunden; ſchwächere Hähne werden von ſtärkeren oft mit großer Hartnäckigkeit verfolgt, und die Hennen ſpielen immer die Rolle des unſchuldigen Geſchlechtes, wenn ein Hahn ihnen ſeine Liebeserklärungen macht. Feinde haben dieſe Vögel verſchiedene: Der Beduine berückt ſie mit Fallſteinen, unter denen er ein Stück Gummi oder eine Dattel als Lockſpeiſe anbringt. Am Tage werden ſie von Falken, nachts von Füchſen, Luchſen und Pantern verfolgt. Ihr Fleiſch iſt ſehr ſchmackhaft und wird in Reis zubereitet oder zu Suppen verwendet. € Gedel E S 2 = N Vunn Schömer.= l il f IN AN NET N Jud. Klostg,) 8 — 5 — 2 53 2 2 8 „AV W Ermüdet durch das viele Gepäck, das ich mit mir ſchleppen mußte, beſchloß ich an erwähnter Quelle meinen Tagesmarſch und ſuchte mir ein Plätzchen aus, wo ich freien Schuß aufs Waſſer hatte und dabei möglichſt verſteckt war. Vergebens wartete ich indeß auf Steinböcke. Die Sonne verſchwand hinter den Bergen, das Brauſen der Seewinde verſtummte, und die öde Gegend tauchte mit feenhafter Stille in das Halbdunkel der ſternenhellen Nacht. Eine Felſenſchwalbe (Cotyle rupestris), die eben noch zwitſchernd den kleinen Waſſertümpel umſchwirrte, kehrte nicht mehr wieder und großohrige Fledermäuſe machten nun an ihrer Stelle Jagd auf das ſummende Mückenheer. Schon hatte ich mein Abendpfeifchen in Brand geſteckt, als Zehn Jagdtage im Sinaigebirge. 421 in der Nähe eine Eule ſich vernehmen ließ. Der Ruf tönte wie ein dumpfes „Rü- kukurü“, und als ich denſelben nachahmte, konnte ich den nächtlichen Vogel leicht herbeilocken. Bis dahin habe ich in der Umgebung des Wadi Bedr außer dem Steinkauze noch keine Eule entdecken können und da der Lockruf mit demjenigen des Kauzes nicht übereinſtimmte, dachte ich den kleinen afrikaniſchen Uhu (Bubo asealaphus) erlegen zu können, der in den arabiſchen Felſenwüſten nicht gerade zu den Selten— heiten gehört und daher wohl auch Pharaonenuhu genannt wird. Wie erſtaunt war ich aber, als ich ſtatt deſſen einen Rauchfußkauz (Nyetale Tengmalmi) er- beutete. — Beim Morgengrauen des folgenden Tages brach ich wieder auf und kletterte über Felswände und ſteile Porphyrgrate im Abrißgebiete der Torrente weiter. Nach zweiſtündigem Vordringen gelangte ich bei 800 m abſoluter Höhe an zwei Palmen, wo wieder ein kleiner Waſſertümpel ſich vorfand. Hier machte ſich ein deutlicher Wechſel der Vegetation bemerkbar; eine reiche Kräuterflora zierte den weichen Schuttmantel der Thalgehänge und es war auffällig oft zu erkennen, wie beſtimmte Pflanzen an gewiſſe Ganggeſteine gebunden ſind. Von einem Felſen her, — genau war die Richtung nicht zu beſtimmen, —vernahm ich den klagenden Warnruf eines Klippdachſes, und über einem zackigen Bergkamme ſah ich einen Lämmergeier nach der Tiefe ſchweben. Ich machte bei dieſer Quelle nur einen kurzen Halt und ſtieg dann in ziemlich gerader Richtung einige hundert Meter höher. Eine herrliche Ausſicht lohnte das mühevolle Klettern. Zu meinen Füßen lag eine rothe Berg- landſchaft, durchkreuzt von dunkeln Porphyradern und von ſchutterfüllten grauen Thalſohlen; hinter ihr die fahlgelbe Sandwüſte Kao mit rothen Hügelketten, die als Vorpoſten des Granitgebirges aus ihr emporragen; noch weiter hinten das tiefe Blau des rothen Meeres, mit ultramarinblauen weißgeſäumten Flecken, den Untiefen der Korallenriffe, und am Horizonte endlich eine lichtgraue Bergmauer, die afrikaniſche Küſte, überlagert von einer weißen Dunſtſchicht. Ein paar Wüſtenlerchen (Ammomanes deserti) und der kleine Buſchſänger (Drymaeca nana) waren die einzigen Vögel, denen ich hier begegnete. Die Wüſtenlerche bevorzugt auf der Sinaihalbinſel weniger die ſandigen Ebenen als das eigentliche Bergland, und ich habe ſie ſchon auf den über 2000 m hohen Erhebungen des Katharinenberges beobachten können. In der Ebene und auf dem ſandigen Plateau der Debbet-er-Ramlet wird fie durch ihre nächſte Verwandte die Sandlerche (Ammomanes einetura) und durch die lang⸗ ſchnäblige Wüſtenläuferlerche (Alaemon desertorum) vertreten, kommt in vereinzelten Paaren aber auch dort vor. Wie dieſe beiden letzteren jo trägt auch die Wüſten⸗ lerche, zum Unterſchiede von unſern europäiſchen Lerchenarten, ein einfarbig hell— braunes Gefieder, und kennzeichnet ſich dadurch als echten Wüſtenbewohner, der niemals in bebaute oder auch nur dichter bewachſene Gegenden ſich verfliegt. Ihr Nahrung beſteht in allerlei Samen, mitunter auch iu kleinen Kerbthieren. Sie kommt 422 Alfred Kaiſer, ſchon am frühen Morgen an die Tränke, und zwar immer paarweiſe oder in kleinen Geſellſchaften und unter beſtändigem Singen. Dieſes klinkt wie „brö, brü⸗brihe⸗ brihe“ und iſt recht ermunternd, wenn es aus weiter Entfernung ſtammend und allmälig näher kommend die Wüſtenſtille unterbricht. Noch häufiger als die Wüſten⸗ lerche iſt auf dem Sinai der Buſchſänger, welcher hier in zwei verſchiedenen Arten, Drymooca nana und Dr. inquieta, vorkommt. Dieſe überaus kleinen Vögelchen vertreten hier in der Wüſte ganz die Stelle unſeres Zaunkönigs. Sie finden ſich überall, wo Büſche und Sträucher in den Thalſohlen wachſen, und wenn wir im entlegenſten Wildbachbette wandern und kein Lebeweſen in unſerer Nähe vermuthen, ſo erſchallt plötzlich der laute Warnruf des Buſchſängers, ein oft wiederholtes „Zuk⸗ zuk“. Bald ſehen wir auch den kleinen Wächter einem dichten Buſche zufliegen oder erzürnt auf einem Felsblocke herumtrippeln und heftig mit dem verhältnißmäßig langen Schwanze ſchlagen. Dem Lärmer geſellen ſich in kürzeſter Zeit noch zwei und drei andere hinzu, und nun wird das ganze Thälchen alarmirt. Nicht lange, ſo legt ſich indes die Furcht des kleinen Vogels, und ſtatt des Warnrufes vernehmen wir bald den gemüthlichen Lockton, ein helles „Tui — Tui⸗tui⸗tui⸗Tuj.“ Das Neſt des Buſchſängers und ſelbſt die 4 — 5 Eierchen find ähnlich denjenigen des Zaunkönigs; das Neſt iſt kugelförmig mit kleinem Flugloche, in dichtem Buſchwerke angelegt, aus feinen Pflanzenfäden und filzigen Blättchen gebaut und mit kleinen Federn aus⸗ gepolſtert, die Eier weiß mit rothen Sprickeln. Nicht ſelten findet man zwei und drei Neſter im nämlichen Buſche angelegt, und ich nehme daher an, daß der Buſchſänger mit großer Hartnäckigkeit an ſeinem alten Brutplatze hängt. Die Jungen und wohl auch ſchon die Eier ſind häufig ein Raub der Schlangen, ſonſt aber hat Drymooca keine gefährliche Feinde. Den Weſtabhang des Gebirges in nördlicher Richtung verfolgend, trat ich Nachmittags wieder den Abſtieg an und lenkte meine Schritte gegen das Thal Mahaſch hinunter. Noch bevor ich letzteres erreichte entdeckte ich in einer tiefen Klauſe die dritte Quelle und ſah zugleich auch ein Rudel Steinböcke vor mir auf- gehen. Es waren ihrer 12 Stück und darunter befanden ſich zwei Capitalböcke mit prachvollen Gehörnen. Am Waſſer angelangt konnte ich auf dem ſandigen Grunde ſehr viele Fährten von Steinwild erkennen und wurde davon überzeugt, daß dieſe Thiere hier ihre Haupttränke haben. Ueber und unter hausgroßen Felsblöcken thal- abwärts ſcheuchte ich plötzlich einen Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) auf Es iſt dies der erſte europäiſche Zugvogel, den ich dieſen Herbſt beobachtet habe, und wenn man aus ſeinen frühen Erſcheinen (12. Auguſt) ſchließend für Europa den Wetterkalender machen wollte, ſo hieße es wohl: „September kalt, Oktober Schnee und Eis!“ Die Sonne war bereits untergegangen, als ich auf die Thalſohle des Sadi Mahaſch gelangte. Zahlloſe Panterſpuren, die zeriſſenen Cadaver eines Stein⸗ Zehn Jagdtage im Sinaigebirge. 423 bockes und eines Klippdachſes deuteten darauf hin, daß die Gegend nicht ganz „kauſcher“ war. Ich fachte ein kleines Feuer an und bereitete mein Abendmahl, ein Brot aus Weizenmehl; dann legte ich meine Waffen in Bereitſchaft, ſuchte einen flachen Stein, der bedeckt mit der Weidtaſche als Kopfkiſſen dienen mußte, und ſchlief dann bald ein. Beim Erwachen war es ſchon wieder Morgen. Nach dem Frühſtück ging es wieder thalaufwärts bis zu dem Paſſe, der ins Wadi Sefsaf hinüber führte. Letzten Sommer floß ſtellenweiſe ein Bächlein im Thale, dies Jahr aber iſt das Waſſer verſiegt, und der Pflanzenteppich zum größten Theile vertrocknet. Nur Feigen— ſträucher, Akazien und Capparis haben ihre grünen Blätter bewahrt und jener Strauch ſogar mit ſchmackhaften Früchten, einer fleiſchrothen Feige, ſich geziert. Hier entdeckte ich die friſchen Fährten eines Menſchen und erkannte ſie bald als diejenigen eines befreundeten Beduinen vom Stamme der Hanetat. Ich verfolgte ſie und traf nach drei Stunden mit dem Nomaden zuſammen. Auch er ſuchte nach Steinböcken, und wir beſchloſſen daher gemeinſchaftlich weiter zu jagen. Wir lenkten in ein Nebenthal des Wadi Mahaſch ein, ſahen hier mehrere Lämmergeier und erbeuteten einen Klippdachs. Letztere werden vom Bartgeier (Albu Dign oder „Säger“, wie die Araber ihn nennen) eifrig gejagt, und iſt dieſer Vogel außer dem Panther wohl der gefährlichſte Feind für ſie. Die Bartgeier jagen ſelten einzeln, faſt immer ſieht man ſie in Geſellſchaften von drei bis fünf Stück. Iſt Wild in der Gegend, ſo erſcheinen ſie mit ziemlicher Regelmäßigkeit alltäglich kurz vor Mittag und Abends zwiſchen 3 und 4 Uhr. Sie ſtreichen nicht ſehr hoch, den Thalgehängen entlang, und durch— ſtreifen ihr Jagdrevier ſtets aus der Höhe zur Tiefe. Oft verſchwinden ſie für eine halbe oder eine ganze Stunde und kehren dann plötzlich auf demſelben Wege, auf dem ſie vorher gekommen, wieder zurück. Wenn ſie auf der Suche nach Nahrung oft auch nur 50 m über dem Menſchen hinſchweben, jo kommen fie doch niemals zur Tränke, wenn ſie ſich beobachtet glauben. Letzten Winter habe ich auf einen Lämmergeier geſchoſſen, der mitten in einem Beduinenlager ſich niederließ und hier die Eingeweide einer Ziege zu verzehren begann, die kurz vorher geſchlachtet worden war. Daß der Bartgeier auch auf Aas ſich ſtürzt, davon konnte ich mich vor Kurzem überzeugen. Ich hatte bei der Quelle des Wadi Bedr auf einen Steinbock geſchoſſen, konnte das Thier aber trotz ſehr ſtarken Schweißes, den es zurückließ, nicht finden, mußte aber annehmen, daß es in der Nähe verendet ſei. Fünf Tage ſpäter ſaß ich wieder in meiner Jagdhütte einige hundert Meter von dem Orte entfernt, wo ich die Blutſpuren des Steinbockes verloren hatte. Der mehrmals wiederkehrende Schatten eines großen Raubvogels, der über dem Zweigwerke meiner Hütte ſchwebte, machte mich auf— merkſamer. Ich ſpähte nach der gegenüberliegenden Thalwand hinüber und ſah dort einen Lämmergeier ſich niederlaſſen. Der Vogel blieb lange Zeit auf einem Felszacken ſitzen, wurde dann aber immer unruhiger und flog endlich unter ſchweren Flügelſchlägen - — 424 Alfred Kaiſer, einige Meter tiefer. Hier hüpfte er einem großen Blocke zu und zog unter ihm einen hart vertrockneten Cadaver hervor. Die Mumie wurde im Schnabel unter lautem Gepolter zwiſchen den Steinen herumgeſchleppt, bis ein paſſendes Plätzchen ſich fand, wo die Mahlzeit begonnen werden konnte. Kräftige Schnabelhiebe be⸗ arbeiteten den trockenen Leichnam, und der Vogel fühlte ſich dabei ſo ſicher, daß er nur ſelten einen Augenblick um ſich ſchaute. Plötzlich erſchien ein ganz dunkelbrauner Lämmergeier und ſtürzte ſich unter lautem Miauen auf ſeinen Gefährten, der den Angriff aber ſo geſchickt zu pariren wußte, daß der dunkle Geſelle wieder ruhig ab⸗ ſtrich und nicht mehr zurückkehrte. Jetzt legte ich die Büchſe an und ſchoß. Die Kugel ſchlug einige Centimeter zu tief ein, und der Vogel ſchien nur durch ihre Splitter an der Bauchſeite verwundet worden zu ſein, mit einem tüchtigen Satze und kräftig mit den Flügeln ſchlagend, ſtürzte er ſich über eine Felsplatte hinweg und ſchwebte dann thalabwärts. Als ich beim Aaſe angekommen, erkannte ich gleich den Steinbock, den ich vor einigen Tagen geſchoſſen. Das Thier uußte auf dem Wege, den es auf der Flucht eingeſchlagen, ohne daß ich es ſehen konnte, wieder umgekehrt und dann 100 Meter tiefer verendet ſein. Außer dem eingetrockneten Kopfe war nur noch das Fell mit einigen Rippen vorhanden, alles Andere bereits verzehrt, ſelbſt die kräftigen Beinknochen und die Hufe. Die ausgeſpiehenen fauſtgroßen Gewöll⸗ ballen der Bartgeier findet man häufig unter Akazien. Diejenigen, die ich gefunden, beſtehen aus Haaren von Steinböcken und Klippdachſen untermengt von Zähnen dieſer Thiere, und in einem entdeckte ich ſogar die Krallen eines Panthers. Nachdem wir das Gebirge verlaſſen und die Wüſte Kao erreicht hatten, zogen wir am folgenden Morgen nach dem Thale Timän hin. Auf den am Wege ſtehenden Akazienbäumen waren viele Würger bemerkbar und zwar meiſt alte Individuen des Heſperidenwürgers (Lanius meridionalis), des Grauwürgers (Lanius minor), und des Neuntödters (Lanius collurio). Frühere Jahre haben immer junge Vögel den Winterzug eröffnet, heuer aber ſcheint auch dieſe Regel durch eine Ausnahme un⸗ gültig gemacht zu werden. Bemerkenswerth iſt die Regelmäßigkeit, mit welcher die Zugvögel alljährlich hier erſcheinen. 1891 erſchienen die erſten Neuntödter (junge Exemplare) am 12. Auguſt, dies Jahr (alte Männchen) am 14. Auguſt. Die Grau- würger kamen voriges Jahr am 16. Auguſt, die Heſperidenwürger am 17. Auguſt, heuer beide Arten am 14. Die erſten Ziegenmelker beobachtete ich anno 90 am 19. Auguſt, dies Jahr, wie ſchon bemerkt, am 12. dieſ. Monats. Im Wadi Timän angekommen bereiteten wir uns einen ſchmackhaften Gazellen⸗ braten, den mein arabiſcher Freund zu verſchaffen wußte. Abends holten wir uns noch etwas reife Datteln von den hier ſich vorfindenden Palmen und ſuchten am folgenden Morgen dann nach Klippdachſen. Von letzteren trafen wir eine große Colonie an, kamen aber doch nicht zu Schuß, da die Thierchen ſehr mißtrauiſch waren Zehn Jagdtage im Simaigebirge. 495 und jofort ſich in ihre Felsſpalten zurückzogen. Die Klippdachſe erinnern in ihrer äußeren Geſtalt wie auch in ihrem Benehmen ganz an unſere Murmelthiere, die Syſtematiker ſtellen ſie aber ſchon ſeit Cuviers Zeit zu einer ganz andern Ordnung, nämlich zu den Vielhufern oder, wie dies in neueſter Zeit in berechtigter Weiſe ge— ſchieht, zu der Ordnung der Platthufer. Sie beleben alle Gebirge der Sinaihalb— inſel mit Ausnahme der Küſtenzone, wo ſie wohl die genügende Nahrung nicht finden. Am häufigſten ſind ſie in den höheren Regionen des Centralgebirgſtockes, ſeltner im Bereiche der Kalk- und Sandſteingebirge. Die meiſten Anſiedlungen finden fi in der Nähe von Palmenhainen, denn die Datteln bilden ihre Lieblings- ſpeiſe. Mit beſonderer Vorliebe ſuchen ſie auch Akazienbäume und Feigenſträucher auf; ſie beſteigen dieſe und berauben ſie oft vollkommen ihrer grünen Blätter. Am eheſten begegnet man ihnen in den erſten Vormittags- und in den Abendſtunden, die heiße Mittagszeit hingegen wie auch die Nacht verbringen ſie in Felsſpalten und unter großen Steinblöcken. Sie wittern ausgezeichnet und ſtellen zu ihrer Sicherheit während des Weidens Wachen auf. Dieſe poſtiren ſich auf Thalgeſimſen und auf hohen Felsblöcken; iſt die geringſte Gefahr im Anzuge, ſo erſchallt plötzlich der weitvernehmbare langgezogene Warnruf „Birr-ru“, und die ganze Geſellſchaft ver— ſchwindet ſchleunigſt in ihren Verſtecken. Sind die von ihnen innegehaltenen Höhlen nicht in nächſter Nähe, ſo wird vorerſt kein ernſter Verſuch gemacht dieſe zu erreichen, ſondern jedes der Thierchen ſucht ſo gut als möglich unter einem Geröllblocke ſich zu bergen. In ſolchen Fällen kann man ihrer leicht habhaft werden, indem man ſich auf einem erhabenen Orte hinſetzt und das leiſe Pfeifen einer Maus nachahmt. Durch letzteres werden ſie aus ihrem Verſteck herausgelockt, der eine nach dem andern erſcheint auf einem Felsblocke, bleibt unbeweglich ſtehen und kehrt ſelbſt dann nicht um, wenn er den Jäger gewahr wird. Nur eine heftige Bewegung, das Spannen eines Hahnes ꝛc. kann die Thiere wieder verſcheuchen, und daher muß man ſchon ſchuß— fertig ſein, bevor man das Locken beginnt. — Abends ſetzten wir unſern Weg im Wadi Timän weiter fort, konnten aber nichts erbeuten. Wir ſahen noch mehrere Klippdachſe, ein kleines Rudel Steinwild, viele Steinhühner, auch einmal die große Art, das ächte Steinhuhn (Caceabis sinaitiea), und einen Flug Sandhühner (Pterocles alchata). Das ächte Steinhuhn bewohnt nur die höchſten Regionen des Sinai⸗ gebirges und iſt auch hier ſeltener als die kleine arabiſche Art. Die Beduinen nennen es Schennär und bringen es hie und da nach Suez und Kairo zum Verkaufe. Sie fangen es mit Fallſteinen, aber auch die Jagd mit der Büchſe iſt nicht ſehr ſchwierig. Die Sandhühner (Pterocles), arabiſch Gätta genannt, habe ich im Gebirge noch ſehr ſelten angetroffen; ſie bewohnen in Geſellſchaften von 5 — 20 Stück die Ebenen längs der Küſte, haben aber auch hier keine beſchränkten Wohnbezirke, ſondern ziehen gleich den Nomaden überall herum. Viele ſcheinen auch nur als Zugvögel nach a 30 426 Alfred Kaiſer, dem Sinai zu fommen, denn am meisten begegnet man ihnen zur Zeit des Frühlings und im Herbſte. Beim Abendfeuer ſahen wir einige Nachtſchwalben (Caprimulgus europaeus) über uns flattern, und in der Nacht vernahmen wir das Rufen einer Eule. Am folgenden Tage ſchoſſen wir eine Steinziege, in ornithologiſcher Hinſicht aber bot ſich nichts Bemerkenswerthes. Einen Theil des Fleiſches legten wir in Salzwaſſer und trockneten es während der Nacht an der Luft. Morgens zogen wir wieder thalabwärts und erlegten noch einen Klippdachs. Dieſe, wie das Steinwild, liefern ein ausgezeichnetes Fleiſch. Das erſtere ſchmeckt als Ragout das letztere in Eſſig eingelegt, eingeſalzen oder als Braten zubereitet, vorzüglich. Im Laufe des Vormittags ſah ich mehrere auf dem Herbſtzuge ſich findende Turteltauben und einen Wiedehopf. Die Turteltaube (Turtur senegalensis), welche alljährlich zweimal die Sinaihalbinſel durchzieht, iſt die in der Türkei und in Griechenland ſommernde Palmtaube, welche von unſerer Turtel durch geringere Größe und durch ein ſchwarzes Halsband ſich unterſcheidet. Einzeln, paarweiſe und in größeren Geſellſchaften belebt ſie im Frühjahre und Herbſte vornehmlich die mit Gummiakazien beſtandenen Ebenen, findet ſich aber auch häufig im Tamarisken— gebüſch, auf Akazien und in Dattelhainen mitten im Gebirge. Die Beduinen nennen ſie Temämeh, ihr richtiger arabiſcher Name iſt indes Gimrieh. Der Wiedehopf (Upupa epops) iſt ein Vogel, dem man von Mitte Auguſt bis im Mai auf dem Sinai überall und häufig begegnet. Er hält ſich mit Vorliebe auf großen Akazienbäumen auf, treibt ſich aber auch in der Nähe arabiſcher Zeltlager herum. Nach vierſtündigem Marſche erreichten wir Abends das Wadi Bedr, wo wir die Nacht bei meiner Familie verbrachten. Während meiner Abweſenheit hatte mein Vater einen Schlangenadler (Circaetus gallieus), einen Röthelfalken (Faleo cenchris) geſchoſſen und kam bei unſerer Ankunft eben mit einem diesjährigen Kuckuke zu Hauſe an, den er unter einer Akazie gefunden. Der Vogel war noch friſch und hatte an der Bruſt große Bißwunden. Als wir zu der Akazie, unter welcher er gelegen, zurückkehrten, ſahen wir auf dem Stamme des Baumes eine rothſcheckige Viper. Ein Schrotſchuß machte dem 76 Centimeter langen Giftwurme für immer ein Ende, und unſer Kuckuk war der letzte Vogel, der durch ihre Giftzähne das Leben einbüßte. Der Gauch (Cuculus eanorus) iſt die einzige Spezies der drei in Aegypten vorkommenden Kuckukarten, welcher man auch auf dem Sinai begegnet. Voriges Jahr habe ich ihn am Abend des 16. Auguſt zum erſten Male im Wadi Bedr beobachtet, und heuer ſtellte er ſich mit der Pünktlichkeit aller hier ankommenden Zugvögel am ſelben Orte nur einen Tag ſpäter ein. Zu Haufe hatte ich kein langes Bleiben; der Jagdeifer trieb uns ſchon beim Morgengrauen wieder hinauf auf die ſtillen Berge. Diesmal galt es den Revieren im Süden von unſerer Niederlaſſung. Ueber den 1500 m. hohen Paß Nukb⸗el⸗ Zehn Jagdtage im Sinaigebirge. 427 Rhännam gelangten wir nach 2 ½ ſtündigem Marſche ins Wadi⸗el⸗tihi. Hier finden ſich ſehr viele alte Gummiakazien, die gerade in der Blüthe ſtanden. Indem noch der am Morgen von der Höhe kommende Thalwind wehte, waren wir vom Jagd— glücke nicht begünſtigt. Wir ſahen zwei Rudel Steinwild vor uns fliehen und ſcheuchten unter den Akazien mehrere Gazellen auf, ſodaß wir es für beſſer hielten bis zum Mittag das Weitergehen einzuſtellen. Im ſpärlichen Schatten eines Seyal— baumes lagerten wir uns und tranken den ſchwarzen Kaffee, der hier auf Jagdtouren niemals fehlen ſollte. Beim Qualm der Tabakspfeife läßt er mich die Hitze des Tages vergeſſen, und Abends iſt er ein wachhaltendes Mittel, wenn man auf nächtliches Raubwild lauert. Auf dem Baume ſang ein weißbäuchiger Schmätzer, der Nonnenſteinſchmätzer (Saxicola leucomela), und über meinem Kopfe zappelte eine wohl durch einen Würger angeſpießte Eidechſe. Nachmittags zogen wir thal— abwärts und erreichten bei Sonnenuntergang die Quelle Hemer, wo ein Rudel von ſechs Steinböcken zur Tränke gekommen war. Die Thiere, unter denen ein ganz weißer Bock mit fahlgelben Hörnern ſich fand, hatten ſich auf einem Felſen poſtirt und mochten uns aus der Ferne ſchon bemerkt haben. Wir verſuchten ihnen den Wind abzuſchneiden, aber vergebens, das ſchöne Wild ergriff noch rechtzeitig die Flucht. Es war eine herrliche Mondnacht, und ich blieb daher auf dem Anſtande liegen, während mein Begleiter ſich von mir trennte, um bei Sonnenaufgang bei der nicht ſehr entfernten Quelle Mtäil zu fein. Gegen Morgen kam bei mir ein großer Fuchs zur Tränke, den ich leicht hätte ſchießen können, wenn ich nicht be— fürchtete, allfällig in der Nähe liegendes Steinwild zu erſchrecken. Zum Dank, daß ich ihn nicht mit einer Schrotladung bedachte, klefzte mich der Böſewicht aus der Ferne noch lange an, und kletterte dann in die Höhe, wohl um ein ſchlafendes Steinhuhn zu erwiſchen. Bei Tagesanbruch erſchienen die nämlichen Steinböcke, die wir am vorhergehenden Abende beobachtet hatten. Sie beſtiegen wieder den nämlichen Felſen und hielten von hier aus lange Rundſchau. Mit lauſchenden Ohren ſpähten ſie nach allen Himmelsrichtungen, und als ich ſah, wie einer nach dem andern ſchnüfelnd die Naſe in die Höhe ſtreckte, wußte ich, daß die vorſichtigen Thiere mich wieder witterten. Ein Zicklein ließ plötzlich einen lauten Warnruf vernehmen, und wenige Augenblicke ſpäter war das ganze Rudel wieder verſchwunden. Ich blieb in meinem Verſteck ruhig liegen, da ich glaubte die Thiere wären ſehr durſtig und würden vielleicht doch wieder zurückkehren. Als über den Bergen im Oſten die Sonne auftauchte, kamen etwa zwanzig Wüſtengimpel zur Tränke, und etwas ſpäter geſellten ſich dieſen ein Paar Karmingimpel und mehrere Wüſtenlerchen bei. Der Wüſtengimpel (Pyırhula githaginea), ein Vogel mit ſandfarbigem Gefieder, über— flogen von einem roſarothen Schimmer, iſt im Süden der Sinaihalbinſel nach meinen Beobachtungen ſonſt recht ſelten. Er bewohnt zwar alle Felſenwüſten, ſelbſt | 30 * 428 Alfred Kaiſer. die dürrſten Gegenden, iſt bei Wahl ſeines Aufenthaltsortes aber doch an die Exi⸗ ſtenz von Quellen gebunden, an die er täglich ſich zur Tränke begiebt. Hier erſcheint er meiſt in großen Geſellſchaften einen jeden Morgen und macht ſich ſchon durch ſein quakendes Geplauder kenntlich. Aus der Ferne könnte mit ihm der Karmin⸗ gimpel (Carpodacus sinaicus) verwechſelt werden, doch unterſcheidet er ſich von letzterem durch bedeutendere Größe und namentlich auch durch den verhältnißmäßig dicken Kopf. Beim Karmingimpel verdienen nur die Männchen dieſen Namen, die Weibchen hingegen weiſen das lebhafte Roth nicht auf, ſondern ſie ſind erdbraun mit dunkeln Sprickeln auf der Unterſeite. In meinem Beobachtungsgebiete ſind die Karmingimpel ziemlich häufig, doch treten ſie nur paarweiſe auf, niemals in großen Geſellſchaften, wie der Wüſtengimpel. Auch ſie erſcheinen jeden Morgen an der Quelle und ſtatten dieſer auch während der vorgerückteren Tagesſtunden noch Beſuch ab. Ihr Geſang, wenn man die Töne ſo nennen darf, iſt wohlklingender als das monotone Quäk-⸗Quäk der Wüſtengimpel. Gegen 10 Uhr Vormittags zog ich unverrichteter Dinge wieder ab und traf Abends mit meinem Jagdfreunde zuſammen. Dieſer hatte auch keine beſſeren Chancen als ich, und da der Wind nun tüchtig thalabwärts wehte, ſo ſuchten wir noch einmal das Thal el-tihi ab. Mit hungrigem Magen, denn wir hatten während der zwei Tage kaum ein Kilo Brot gegeſſen, ſtrichen wir durch alle Nebenthäler dem Hauptwadi entlang und ließen keinen Baum unſeren Blicken entgehen, ohne ihn ſcharf gemuſtert zu haben. Endlich entdeckten wir die ganz friſchen Fährten von Gazellen, und wußten auch ſchon ungefähr, wo die Thiere lagen. Die Sandalen wurden ausgezogen und wir ſchlichen wie Wildkatzen einem Thalgehänge entlang. Schon bevor wir den Akazienbaum erreichten, unter welchen wir die Gazellen ver— mutheten, entdeckten wir im Schatten einer Felſenniſche ein Rudel Steinwild. Im ſelben Augenblicke hatten auch die Thiere uns geſehen und ſetzten ſich ſchleunigſt in die Flucht. Mein Begleiter war im Nu den niedern Bergabhang hinauf geklettert, während ich tiefer in die Thalſohle hineinſprang und zum erſten Schuſſe kam. Die Kugel galt einem mittelgroßen Bocke, und ihr folgte noch ein Schrotſchuß, der aber ohne rechte Wirkung blieb. Obwohl ich den erſt angeſchoſſenen Bock getroffen wußte, legte dieſer in kräftigen Sätzen doch noch etwa 100 m Weges zurück, und ich glaubte ihn ſchon verloren, als aus der Höhe ein Schuß fiel und das Thier unter kläglichem Meckern an einen Felſen ſich lehnte und bald darnach zuſammenbrach. Meine Kugel hatte im linken Hinterſchenkel eingeſchlagen, paſſirte den Unterleib und war in der Schulter- gegend wieder hervorgedrungen; diejenige des Arabers hatte die Bruſt durchquert und dem Leben des Thieres endlich ein Ende gemacht. Bis wir den Bock in die Thalſohle hinunter geſchleppt hatten, war die Sonne bereits untergegangen, und an eine Verfolgung der Gazellenſpuren daher nicht mehr zu denken. Nun waren wir Zehn Jagdtage im Sinaigebirge. 429 nur noch für unſern regen Appetit beſorgt und ſuchten eine leckere Abendmahlzeit herzuſtellen. Einer von uns ſchleppte Steine und Brennholz her, der andere weidete das Thier aus und präparirte deſſen Haut. Es wurde ein kleiner Ofen conſtruirt, darin ein tüchtiges Feuer angefacht, und dann der ausgeweidete Magen entleert, gewaſchen, mit Herz, Muskelfleiſch, Nierenfett und etwas friſchgebackenem Brote ſo— wie mit einem Schoppen Waſſer und etwas Salz und Pfeffer angefüllt, mit der Speiſeröhre zugebunden und dann in den heißen Ofen gelegt. Den Mageninhalt verwendeten wir zum luftdichten Abſchluſſe des proviſoriſchen Ofens, und nach zwei Stunden konnten wir ein feinſchmeckendes Abendmahl genießen. Der Magenſack war durch die große Hitze zwar ganz vertrocknet uud daher ungenießbar, um ſo beſſer mundete uns aber deſſen Inhalt, das Fleiſch mit der famoſen Sauce. — Am Morgen kehrten wir wieder ins Wadi Bedr zurück und hatten auf dem Wege noch das Glück einen Klippdachs zu ſchießen. Mit unſerer Beute, und ich auch durch meine Beobachtungen, vollkommen befriedigt, beſchloſſen wir auf dieſe Weiſe unſern zehnten Jagdtag. Es mag mänche der Leſer intereſſiren, wie hier zu Lande ein Touriſt ſich aus— zurüſten hat, und ich will zum Schluſſe über dieſen Punkt noch einige Aufſchlüſſe geben. Leute, die an allen Comfort gewöhnt ſind und ohne dieſen ſich nicht wohl finden, ſollten die Wüſte niemals beſuchen, auch ſolche nicht, die hier beſonders Intereſſantes vermuthen und vielleicht ſogar auf Löwen- und Pantherjagden ſich ge— faßt machen. In der Wüſte findet nur ein beſcheidener Naturfreund ſeine geiſtige Erholung und mannigfache Zerſtreuung. Kommt man hierher, um nur Pflanzen oder nur Inſekten zu ſammeln, nur um Wild zu erlegen oder nur um das wilde Beduinenvolk zu ſtudiren, wird man ſich in ſeinen Erwartungen getäuſcht fühlen und nur unzufrieden in ſeine Heimath zurückkehren. Als Gepäck nehme man nur das Nothwendigſte mit, vertheile Alles bei Antritt der Reiſe ſchon in kleine, wo— möglich mit einfachen Schlöſſern verſehene, circa / Cubikmeter haltende ſtarke Kiſtchen. Für den Winter nehme man eine genügende Anzahl Wollhemden und namentlich auch große, ſchwere Wolldecken mit. Als Fußbekleidung ſind für die Ebenen niedere und leichte Stiefel, für das Gebirge tüchtige Bergſchuhe dienlich. Den Kopf ſchützt man ſich im Winter ſowohl als im Sommer durch ein weißes wollenes Tuch vor den Strahlen der Sonne. Korkhelme ſind unzweckmäßig und läſtig. Will man über den Unterkleidern nicht einen arabiſchen Mantel tragen, ſo iſt ein hellbrauner weiter Anzug recht praktiſch. Abgehärtete Perſonen gewöhnen ſich mit Leichtigkeit an die arabiſchen Kleider und an das Tragen von Sandalen und finden ſich dann bei der größten Bequemlichkeit in jedem Terrain zurecht. Bei Bergpartien, wo man in der Regel keine Reit⸗ und Laſtthiere mit ſich führen kann, bilden Reis, Linſen, arabiſches Brot und getrocknetes Fleiſch die bequemſten Lebensmittel. Tabak und Kaffee oder 430 Paul Leverkühn, dann Chocolade und Thee gehören zur ferneren Ausrüſtung des Wüſtentouriſten. Als Waffen, die man übrigens hier nie gegen Menſchen gebraucht, ſind eine Flinte (Kugel- und Schrotlauf) und ein ſtarkes Waidmeſſer zu empfehlen. Man ſei darauf bedacht, daß die Wintertemperatur auf höhern Bergen bis auf — 10% 0. herunter⸗ ſinken kann, daß es im Winter auch ſtarke Platzregen giebt. Im Sommer ſteigt in mittleren Höhen (400 — 600 m über dem Meer) die Temperatur ſelten auf über + 30% C. und ein kühler Nordwind temperirt von Vormittags 11 bis Abends 3 Uhr gewöhnlich die Hitze. Das Centralgebirge der Sinaihalbinſel beſteht aus kryſtalliniſchen Geſteinen, die Küſtenzone hingegen und das im Norden liegende Tihgebirge aus Kalk- und Sandſteinen. In den Monaten März, April und Mai ſind die meiſten Pflanzen in Blüthe, im September fliegt die größte Zahl von Inſekten und den ganzen Winter über treffen wir hier eine Anzahl zum Theil ſehr ſeltener Vögel. Steinbock⸗ jagd iſt am ergiebigſten in den Monaten Auguſt und September, Klippdachſe hin⸗ gegen findet man zu jeder Tageszeit in großer Menge.“) Station seientifique & Tor. Mont Sinai (Aegypten). Dreſſirte Kakadus. Von Paul Leverkühn. Unter den mancherlei barocken und überraſchenden Nummern, welche wir in den Variété-Theatern der Großſtädte zu bewundern Gelegenheit haben, finden ſich verhältnißmäßig ſelten ſolche, bei welchen Vögel als Mithelfer oder Anziehungspunkt dienen. Nachahmer von Vogelſtimmen, welche alſo nur an das Erinnerungsvermögen des bunt zuſammengeſetzen Publikums appelliren, ernten meiſt mit den gelungenſten Piecen weniger Beifall, als ſie verdienten, eben weil ihre Zuhörer die Originale zu wenig oder gar nicht kennen. Ich hörte einen Herrn, welcher den Geſang von Hänf⸗ ling, Schwarzdroſſel, Buchfink, Kohlmeiſe, Lerche und Nachtigall wirklich bewunderungs⸗ werth täuſchend imitirte; erſt als er den unleidlichen Kanarienhelden, eine junge Haus⸗ gans und ein geängſtetes Kücken nachahmte, fand er reichlichen Applaus. Von größerem Intereſſe für die abwechſelungsſüchtige Menge, von geringerem für den Phyſiologen und Ornithologen ſind jene Schauſtellungen mit zum Theil enthirnten Tauben, welche, zur willenloſen Maſchine degradirt, hülflos ſich auf den Lauf der knallenden Piſtole herablaſſen und in blöder „Anhänglichkeit“ den ſchönen Kopf ihrer geſchmückten Herrin (zu Pferde!) im Circus beſetzen. Die wiſſenſchaftlichen That⸗ ) In der voriges Jahr von Herrn Dr. Alfr. Kaiſer, dem Verfaſſer dieſes Artikels, ge— gründeten Station in Tor (mit Zweigſtation im Wadi Bedr) findet der Reiſende ſtets gute Auf— nahme, ausgezeichnete Führerſchaft und jegliche auf das Land bezügliche Auskunft. K. Th. Liebe. Dreſſirte Kakadus. 431 ſachen, welche der Artiſt geſchickt bei ihrer Production ausbeutet, ſind zur Genüge bekannt — dem Gelehrten; für das große Publikum behält die vorgetäuſchte Herr- ſchaft des Menſchen über die Creatur ihren Reiz. Ungleich anziehender und von bedeutendem Intereſſe für den Ornithologen ſind Vorſtellungen neueren Datums, welche mit Papageien und ſpeciell Kakadus ab und zu gegeben werden. Einmal fällt bei ihnen die grauſame Methode, welcher meiſt (angeblich nicht immer!) die Tauben der „Taubenköniginnen“ unterworfen werden, fort, und andererſeits iſt es entſchieden feſſelnder, Thiere in Natur als Copieen von Thieren zu ſehen. Die Leiſtungen der dreſſirten Kakadus, von welchen ich die Leſer der Monatsſchrift ein wenig unterhalten möchte, ſind bekannt genug; mancher Lieb— haber hat dieſen oder jenen Trick ſeinem Lieblinge beigebracht; vielleicht lohnt es ſich aber, das Enſemble, welches zu ſehen ich eingehend Gelegenheit hatte, darzuſtellen, um zu Nacheiferung der Thiere oder wenigſtens bei Gelegenheit zur Beſichtigung anzuſpornen. Es handelt ſich um Naſenkakadus (Liemetis nasica Temm.), Inkas (Plieto- lophus Leadbeateri Vig.), Roſakakadus (Pliet. roseicapillus Vieill.) und um die größeren und kleineren Gelbhaubenkakadus (Pliet. galeritus Lath. und sulphureus Gm.), welche ohne jede Qual, — Züchtigungen oder Futterentziehungen — nur durch ausdauernde Gewöhnung und tägliche Wiederholung bez. Erinnerung des gelernten Penſums ſeitens ihrer liebenswürdigen Herrin und Lehrerin, einer warmen Thier— freundin, ein ſehr reichhaltiges Programm beherrſchen lernten. Fräulein Irma Orbaſſany hat das „Geheimniß“ von einem Engländer abgeſehen, dieſen Con— currenten aus dem Felde geſchlagen und giebt zur Zeit in Europa wohl allein Vor— ſtellungen mit ihren Schützlingen; zwei andere Artiſten ſollen ähnliche Productionen veranſtalten. Wie ich ſchon brieflich von Fräulein O. erfahren hatte, thun ihre Kakadus alles, was ſie ausführen, auf Zeichen. Mit ſehr anzuerkennender Offenheit belehrte ſie mich, daß hier kein Fall von „Zählvermögen“ “ vorläge, wie ich aus Zeitungs— berichten annehmen zu dürfen geglaubt hatte. Es beruht alſo in dieſer Hinſicht die Methode auf dem gleichen Princip, wie bei den Pferden im Circus ... Sehen wir uns nunmehr eine Vorſtellung an — oder eine Probe —, denn letztere unter— ſcheidet ſich von erſterer nur durch mehrfache Wiederholung derſelben vielleicht nicht ſo gut gelungenen Nummer. Auf einem Ende eines etwa 1½ m hohen, mit Blech belegten Treſen ſitzen, auf einer etwa blumentiſchgroßen Rotunde, zumeiſt auf deren 20 em hohen Kante, welche mit einem ringsumlaufenden Stabe endet, die 20 Kakadus, deren Aeußeres ) Ich veröffentliche gerade einige „Beiträge zum Zählvermögen mancher Säugethiere und Vögel“ im Wiener „Naturhiſtoriker“ Dir. Dr. Knauers. IX. Bd. 1891, Lev. 432 Paul Le verkühn, nicht die beſonderen Fähigkeiten verräth. Sie ſind ſehr gut im Gefieder, verhalten ſich ſtill und bekunden höchſtens einige Theilnahme für die Reihenfolge der Sitze, wobei die Eckplätze namentlich bevorzugt erſcheinen. Große und kleinere Arten ſitzen beieinander, völlig frei; einige wenige Neulinge oder weniger zuthunliche Mitglieder hocken auf einer Meſſingſtange abſeits. Unter den Klängen des Orcheſters, welches übrigens von den Kakadus keine ſonderliche Beachtung findet (Beweis: die muſik⸗ loſen Proben !), beginnt die Vorführung. Von 4 an einer kleinen Stange aufgezogenen Fahnen (deutſche, franzöſiſche, amerikaniſche und italieniſche) zieht einer der Roſakakadus eine vom Publikum beſtimmte, dem Vogel durch Senken mit dem in der Hand des Fräuleins gehaltenen Stabes kenntlich gemachte Fahne in die Höhe, ſo zwar, daß er den Faden mit dem Schnabel ergreift und das ergriffene Ende alsdann mit der Kralle feſthält, um weiter höher mit dem Schnabel anzufaſſen. — Eine am entgegen⸗ geſetzten Ende der kleinen Bühne (dem Treſen) aufgelegte ſeidenüberzogene Tuchkugel in der Größe einer norddeutſchen Kegelkugel wird darauf von einem der kleinen Gelb⸗ haubenkakadus erklettert und zur andern Seite gerollt, wobei er rückwärts gehend den Ball in Bewegung hält. Dann wird er auf den Ball geſetzt, der Ball in die Höhe gehoben und ein wenig gedreht, wobei der Vogel die Flügel öffnet und die Holle ſträubt. — Auf ein beſonderes horizontales Drehen des Stabes hin beginnen nun⸗ mehr erſt einer, dann zwei, endlich drei große Gelbhaubenkakadus zu „walzen“, d. h. nach dem Takte tanzartige Drehbewegungen um ihre verticale Axe auszuführen. — Wenn einer der zur „Arbeit“ beſtimmten Papageis nicht will, oder vielleicht durch einen Biß eines unartigen Collegen in Zorn verſetzt wurde, ſo wird er durch einen andern vertreten, da Fräulein Orbaſſany wohlweislich für jeden Trick 2—3 Vögel abgerichtet hat. — Ein dreifaches Reck wird aufgeſtellt und hurtig wiederum erſt von einem Kakadu, einem Inka erſtiegen, der die ſchönſte „Sitzwelle nach vorn, (Sitzfelge) ausführt, ein zweiter turnt darauf in ihm entgegengeſetzter Richtung auf dem zweiten Reck und endlich ſind alle 3 Reckſtangen beſetzt. Auf ein Avis ſpringt der Kakadu rechts über denjenigen links (der linke ſpringt nach rechts) und fie wieder— holen die Uebung am „Barre fixe“. Ein großer und ein kleiner, die a tempo ein ſeitliches und das mittlere Reck innehaben, machen die Evolution ſo geſchickt, daß ſie trotz des ſehr beſchränkten Raumes ſich beim Umdrehen nicht berühren. Während dieſer den Kopf oben, hat jener ihn unten u. ſ. f. Mit elegantem Satz verlaſſen ſie das Gerüſt (Juno klettert vorn am Reck herauf, überſteigt das Hinderniß, klettert. hinten hinab, ein anderer macht die Welle frei auf einem Stabe), um alsdann den Wachtpoſten Platz zu machen. Auf ein inzwiſchen hingeſtelltes Schilderhäuschen eilt im Sturmſchritt ein großer Gelbhaubenkakadu zu, dreht ſich innerhalb deſſelben mit komiſcher Sorgfalt gegen eine etwaige Beſchädigung des tadelloſen Schwanzes darin um und erwartet, daß 2 andere a Dreſſirte Kakadus. 433 auf ihn zukommen, um ihn regelrecht „abzulöſen“. Der Wachtgefreite bleibt vor dem Häuschen, die Wache tritt ein, der bisher Wachehaltende kommt heraus und im ernſteſten Marſchirſchritt gehen beide von dannen. Sie heben die Füßchen hoch auf, — das Nebenzeichen, worauf ſie dabei achten, ſind ruckweiſe vorwärts und zurück ausgeführte Bewegungen mit 2 Stäben. Eine weitere militairiſche Nummer iſt das Abfeuern einer kleinen Kanone; ganz kunſtgerecht feldartilleriſtiſch wird das Geſchütz durch Abziehen der Zündſchnur — hier einer kleinen Kette — abgefeuert. Der Knall ſcheint den dabei thätigen Kakadu gar nicht zu erſchrecken; bei der Probe, ohne Knall, benahm er ſich genau wie bei der Vorſtellung. Zwiſchendurch mag bemerkt werden, daß die Vögel zwar an eine gewiſſe Reihen- folge gewöhnt ſind, daß es aber durchaus im Belieben ihrer Herrin ſteht, ein paar Nummern zu vertauſchen, ohne dadurch eine Störung zu gewärtigen; ebenſo verhält es ſich natürlich mit Wiederholungen. Letztere ſind aber offenbar den Thieren läſtig! Je häufiger repetirt wird, um ſo ſchneller arbeiten ſie — um fertig zu werden! Bei der folgenden Piece würde man ohne Schlüſſel des Zeichens eine große Portion Verſtand den Vögeln zuſchreiben: ſie ziehen von 6 Metallſchildern, welche je mit einem Buchſtaben beſchrieben ſind, ein vom Publikum beſtimmtes heraus — d. h. auf ein kleines Erheben des Stabes hin bleibt der Kakadu ſtehen, um munter vermöge einer unleugbaren Ideenaſſociation zwiſchen Metallſcheibe — Stab— zeichen — und Fortnehmen des Buchſtabens das letztere auszuführen. Daß unter Umſtänden verſchiedene Aſſociationen ſtatthaben, geht ganz deutlich daraus hervor, daß bei anderen Tricks auf das gleiche Zeichen die Thiere andere Handlungen aus— führen. Nachdem mehrere der verhältnißmäßig ſchweren Platten auf den Tiſch ge— worfen ſind, führt Juno, ein beſonders intelligenter großer Gelbhaubenkakadu, ein von ihm ſelbſt erfundenes Stück vor: er geht an den erſten Buchſtaben, ergreift ihn, zieht ihn aus der kleinen Vertiefung im Tiſch, behält ihn im Schnabel, faßt den zweiten, verfährt mit ihm ebenſo, dann den dritten bis ſechſten und ſchleppt im Gange die Laſt zu der Corona der Collegen! — Zum Schluß dieſer Nummer räumt Auguſt, ein großer Gelbhaubenkakadu, ab, d. h. er wirft eine Blechtafel nach der andern auf die Erde. — Nun folgt ein reſervirtes Kunſtſtück der Naſenkakadus: das Purzelbaum— ſchlagen' oder Koboltzſchießen, reſervirt: weil die Haubenkakadus dadurch ihren Kopf— putz beſchädigen würden! Gelehrt wird dies dem noch nicht eingewöhnten Vogel ein— fach dadurch, daß er mit der Hand ſanft ergriffen, und mit ihm die Bewegung aus— geführt wird, wobei der Papagei mit dem Schnabel einen Stab erfaßt. Nach und nach läßt man die Finger loſer, bis endlich das Thier auf eigenen Füßen (oder richtiger: auf dem Kopfe) ſteht. Hier mag eingeſchaltet werden, daß zu allen dieſen leben Kunſtſtücken 434 Paul Leverkühn, dreſſirte Kakadus. die einzelnen Papageien bei Namen gerufen werden. Sie hören ganz vorzüglich darauf und ſelten muß eine etwas energiſche Anrede oder ein Schlag mit dem Stabe auf den Tiſch (nie auf den Vogel!) den Unaufmerkſamen an ſeine Pflicht erinnern. Wenn auch individuelle Unterſchiede (nicht: artliche unter den ver⸗ ſchiedenen Species) in der Schnelle der Conception des Namens nicht zu verkennen ſind, ſo iſt doch im Ganzen bei allen ein vortrefflicher Appell zu bewundern! Alle Papageien ſind bei ihrer Arbeit in einer Art Erregung: meiſt laufen ſie an ihren Platz und ſträuben dabei regelmäßig ihre roſenfingerige Haube. — Auf den Ruf fliegen und ſpringen Peter, Lori und Beppo, alle drei kleine Gelbhaubenkakadus, heran, um eine Wippe nach Art der Kinderſchaukeln zu beſteigen. Peter balancirt in der Mitte und giebt bald dem einen der kleineren, bald dem andern durch fein Körper⸗ gewicht den Ueberſchlag. Er verläßt zu dem Zwecke ein in der Mitte angebrachtes Längsholz (ſenkrecht zur Richtung des langen Wippbrettes) und trippelt auf die ſchräge Fläche. Beim Aufſtoßen des Brettes auf den Boden heben die kleinen (aus Eitelkeit?), um ihr Coſtüm nicht zu verletzen, den Schwanz in die Höhe. Ebenfalls von mehreren wird der folgende Trick ausgeführt: ein kleiner eleganter vierräderiger Wagen wird von 3 kleinen Kakadus erklettert, zwei nehmen hinten unter einem Sonnenſchirme, einer als Kutſcher vorn auf dem Bocke Platz, während ein großer ein Querholz, an dem die Zugſtricke befeſtigt ſind, mit dem Schnabel ergreift und das kleine Gefährt über die Bühne zieht! — Derſelbe Vogel verſteht es auch, zu ſchieben: ſo bewegt er einen auf einem Rollſtuhle ſitzenden Papagei vorwärts. Endlich hat er auch die Kunſt des Bicycliſten erlernt: ein Velociped, deſſen Räder durch eine einfache Kurbel zwiſchen vorderem und Hinterrad in Bewegung geſetzt werden, fährt er ziemlich gewandt mit dem Schnabel. — Gewöhnlich bildet eine kleine Senſationsnummer „das Hausthor“ den Schluß der Vorſtellung: vor einem zierlichen rohrgeflochtenen Thore mit einer Schelle hält ein Kakadu und läutet; ein zweiter kommt von der entgegengeſetzten Seite und öffnet das Thor durch Ziehen an einem Faden; nun ſpaziert der ſpäte Ankömmling mit Grandezza hinein; eine Modification der Nummer beſteht darin, daß er um das Thor herumklettert. Nur auf beſonders dankbaren Applaus wird noch folgendes Stück producirt: drei verſchloſſene Blechkaſten ſtehen auf der Bühne, in jeden iſt ein Tuch hier von blauer, dort von weißer oder rother Farbe gelegt. Auf Commando (aus dem Publikum natürlich!) öffnet der Papagei einen beſtimmten Kaſten, entnimmt ihm das Tuch mit dem Schnabel und läuft damit davon. Der kluge Juno wiederum öffnet alle und ſchleppt alle Tücher auf einmal im Schnabel fort. Bei allen dieſen Kunſtſtücken gehen die Vögel erſt von ihrem Standquartiere aus über die ganze Länge des Treſen, um von der gegenüberliegenden aus ihre Ar- beit auszuüben. Ihr Standplatz iſt rechts von der Herrin, links vom Publikum; Graf v. Geldern, Ornithol. Jahresbericht von Roggenburg. II. 435 daran ſind ſie ſo gewöhnt, daß ein Nichtbefolgen dieſer ihrer Hausordnung Un— ordnung im Gefolge haben würde. Nach der Probe am Vormittag und der Vor— ſtellung am Abend bekommen die Thiere mehr zum Schein, als zur Stillung des Hungers, Futter, da ihre Futternäpfe fortgeſetzt gefüllt ſind. Da ſie aber zum Theil ſehr eiferſüchtig und gern geliebkoſt find, beſtärkt fie eine ſolche Belobung nach ge— thaner Arbeit in gewiſſenhafter Pflichterfüllung. Ihr Futter beſteht, wie üblich, aus Hanf mit etwas gekochtem Mais und einigen Sonnenblumenkörnern; gleichviel ob ihre Herrin unter Spaniens glühender Sonne oder beim Schneegeſtöber des rauhen Norddeutſchlands, Norwegens oder Rußlands, in Hollands Nebelluft oder unter Siciliens klarem Himmel ihre klugen Schützlinge vorführt. In der That lernten ſie und ihre Herrin ſchon ganz Europa kennen und genoſſen Ehren und Auszeichnungen auf Ausſtellungen und in Produktionen von den Großen der Erde. Das einzige, was die Harmonie der Familie Kakadus zu ſtören vermag, iſt die leidige Anweſen⸗ heit eines Hundes oder einer Katze; das bunte Getümmel bei einer Probe von Akro— baten und Muſikclowns läßt fie gänzlich kalt. — Sie machen ihre Reiſen in ge— wöhnlichen Papageibauern, in die ſie auf Commando willig gruppenweiſe marſchiren, Sommers durch eine Sackleinewand, Winters durch Pelzumhüllung geſchützt. Wenn dieſe Darſtellung etwas an homeriſcher Breite leiden ſollte, ſo bitte ich, dies damit entſchuldigen zu wollen, daß in den Beſchreibungen bei Brehm“) und Ruß!) eine ſolche Mannigfaltigkeit in Tricks, bei denſelben Exemplaren noch dazu, fehlt, und dieſer Aufſatz vielleicht als Ergänzung dazu aufgefaßt werden dürfte. — Fräulein Orbaſſany ſpreche ich für ihr freundliches Eingehen auf meine Wünſche, Gewährung von jedweder Auskunft und Zulaſſung zu den Proben auch hier meinen beſten Dank aus! Hannover, Mitte September 1891. Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg mit einigen Notizen aus anderen ſüdbayeriſchen Orten. Auguſt 1890 — September 1891. Von Alphons Graf v. Mirbach-Geldern-Egmont. II. 14. Cuculus eanorus (Kuckuk). Roggenburg: Ankunft 21. April. Kommt auf den Ruf am 21. Mai; nicht zahlreich. Haimhauſen: Ankunft 21. April (genau wie in Roggenburg). Am 6. Juni ) Gefangene Vögel. I. S. 189 ff. ) Fremdländiſche Stubenvögel. III. S. 642 ff. 436 Graf v. Mirbach-Geldern-Egmont, Abends kamen auf den nachgeahmten Ruf 3 Männchen, welche ſich lebhaft verfolgten und um die Wette ihren Ruf erſchallen ließen. Auch während des Fliegens riefen ſie fortgeſetzt. Zum letzten Male gehört am 8. Juli. Sehr zahlreich und am meiſten in Wäldern gehört, welche von der Nonne befallen waren, und früher nie von Kuckuken beſucht, oder wenigſtens zum ſtehenden Aufenthaltsort gewählt worden waren. — Thurnſtein: Ankunft am 24. April. | 15. Alcedo ispida (Eisvogel). Roggenburg: Siehe unter B. II. Haimhauſen: Ziemlich häufiger Brutvogel des Amperthales. 16. Oriolus galbula (Goldamſel). Roggenburg: Ankunft 28. April. Ein noch leeres, aber ſchon fertiges Neſt fand ich am 17. Mai in der Aſtgabel einer nur 2 m hohen Birke. Als Neſtmaterial, beſonders zur Ausfütterung, war feine Birkenrinde in Menge verwendet. Am 24. Mai ſah ich wieder nach und beobachtete das Weibchen, welches feſt im Neſte ſaß und auch bei meinem Nähertreten nicht abflog. Am 15. Juli war das Neſt mit Aus⸗ nahme weniger Ueberreſte verſchwunden; wann es zerſtört worden, weiß ich nicht, doch vermuthe ich, noch ſo lange Junge mit ihren Stimmen es verrathen konnten, da ja ein Waldpfad ganz nahe hefe Die Goldamſel war dieſes Jahr häufiger als im Vorjahre. | Haimhauſen: Ankunft gegen Ende April. Am 9. und 10. Mat beobachtete ich ungefähr 5 Paare in allernächſter Nähe des Schloſſes, und ihr flötender Geſang bei Sonnenaufgang hat mich an ſchönen Frühlingstagen wahrhaft entzückt. — Am 29. Juni ſtieß ein Männchen wiederholt im Fluge auf eine Elſter, und zwar in der Nähe des Niſtbaumes der Goldamſel. Thurnſtein: Ankunft am 4. Mai. 17. Sturnus vulgaris (Staar). f Roggenburg: Ankunft 21. Februar. Niſten 5.— 10. April in den zahlreich angebrachten Käſten. Vorher, bei kaltem Wetter, viele Eier auf dem Boden liegend gefunden. Junge Staare am 10. Mai. Ein Männchen ahmt am 20. Mai auf einer Pappel den Ruf der Goldamſel (& und 2) täuſchend nach. Im Herbſte Sammeln ſich jeden Abend wahrhaft enorme Maſſen dieſer Vögel im Schilfdickichte des Sees. Es iſt dabei intereſſant zu beobachten, wie die einzelnen Züge zur täglich genau ein— gehaltenen Stunde dieſen Schlafplatz aufſuchen. Begreifliches Erſtaunen erregte bei mir am 4. September das Erſcheinen eines weißen Staaren unter einem großen Schwarme normal gefärbter Vögel. Da ſolch eine Rarität für meine ſchon ganz anſehnliche Vogelſammlung gewiß begehrenswerth war, wurde die Erlegung deſſelben ſogleich verſucht, — aber es blieb am erſten Tage auch bei einem Verſuche, da der „Weiße“ nie in Schußnähe kam und im dichten Schilfe nicht ſichtbar war. Am Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg. II. 437 5. September, kurz vor Eintritt der Dämmerung, war auch der weiße Staar wieder mit ſeinen Genoſſen, aus der nämlichen Richtung ankommend, im Schilfe eingefallen — wieder außer Schußweite! Für den 6. nun wurde ein Feldzugsplan entworfen, gegründet auf die zweimalige Beobachtung der Stelle, wo der „Weiße“ und Genoſſen in das Schilf einzuſtreichen pflegten. Richtig — um ½7 Uhr, pünktlich wie die Tage vorher, kam unter den letzten Zuzüglern — das Gros war ſchon lange im Schilfe verſammelt — der weiße Staar. Durch leiſes Vorrücken der um das Schilf poſtirten Jagdgenoſſen, flatterten die aufgeſcheuchten Staaren nach mir zu, der ich weit eingedrungen war, und ſchließlich auch den weißen Vogel heranſtreichen, und endlich auf Schußweite einfallen ſah. Der Schuß traf und, was bei dem dichten Schilfe und dem ziemlich tiefen Waſſer nicht ſo leicht war — ich fand auch den todten Vogel auf dem Rücken ſchwimmend unter dem Pflanzengewirr. Seine Färbung iſt hell gelblichweiß, nur auf dem Rücken etwas grau ſchattirt. Eine Stunde ſpäter wurde er ſchon der Poſt übergeben, um meinem Präparator überſandt zu werden. Das iſt das Loos des Seltenen auf der Erde — wenigſtens bei dem Sammler! Oder ſollte dieſem ein vernünftiges Eingreifen in das Leben der Natur verwehrt ſein? Haimhauſen: Ankunft 22. Februar. Letzten Winter beobachtete ich dort noch am 2. November ein vereinzeltes Exemplar. Thurnſtein: Ankunft 27. Februar. Niſten 7. April. Junge vom 6.— 10. Mai. Nun noch etwas über die Staaren! In der Nähe von Schloß Thurnſtein ſammelten ſich in dieſem Frühling, wie ſchon letztes Jahr, allabendlich in einem Fichtendickicht Maſſen von Staaren. Ihre Unzahl läßt ſich daraus erſehen, daß alle jungen Triebe der Bäumchen abgedrückt wurden, und der penetrante Geruch des Guano, der fußtief unter dem Dickichte lag, ſich weithin unangenehm bemerkbar machte. Alle Verſuche durch Schüſſe oder andere Mittel, die Staare zu vertreiben und die Bäumchen vor Schaden zu bewahren, blieben erfolglos; die letzteren gewähren denn auch mit ihren geknickten Aeſten und Gipfeln einen traurigen Anblick. 18. Lycos monedula (Dohle). Roggenburg: Am 23. Mai in den Thürmen 6 Neſter gefunden, 5 mit 2—3 nackten Jungen, 1 Neſt mit 4 Eiern. Ende Mai ſammelten die Dohlen eifrig die in Maſſe fliegenden Maikäfer. Mehrere Alte wurden beim Uhu erlegt, ſie ſtoßen jedoch nicht, ſondern begnügen ſich damit, unter ununterbrochenem Geſchrei den Auf zu umfliegen. 19. Corvus corone (Rabenkrähe). Roggenburg: Niſtet am 5. April. Horſt auf einer Eiche mit 5 faſt flüggen Jungen von mir am 19. Mai ausgenommen. Horſt mit 3 Jungen im Park am 21. Mai zerſtört. Schon flügge Junge im Walde am 24. Mai geſchoſſen. Seit Februar wurden 40 Stück erlegt. — Thurnſtein: Niſtet am 12. April. 438 Graf v. Mirbach-Geldern⸗Egmont, 20. Pica eaudata (Elſter). Roggenburg: Fehlt wie bisher. Haimhauſen: Feſt brütend am 9. Mai. Nicht ſelten. Thurnſtein: Niſtet am 14. April. Sehr zahlreich. 21. Garrulus glaudarius (Nußhäher). Roggenburg: Ungeheuer zahlreich. Seit Februar beinahe 50 Stück erlegt. Hauptnahrung für den Uhu. Ebenſo häufig in Haimhauſen und Thurnſtein. 22. Geeinus viridis (Grünſpecht). Roggenburg: Auch dieſes Jahr nicht geſehen. Haimhauſen: Junge in einer hohlen Weide am 9. Mai. Nicht ſelten. Thurnſtein: Brütet den 28. April; ſehr häufig. 23. Geeinus eanus (Grauſpecht). Roggenburg: Ruft am 17. Mai. Auffallend ſelten in dieſem Jahre. 24. Dryocopus martius (Schwarzſpecht). Roggenburg: Ein Exemplar am 2. September 1890 aus nächſer Nähe be⸗ obachtet. Ebenſo am 5. März 1891. Ziemlich ſeltener Brutvogel. Thurnſtein: Oefters rufend gehört; ſo auch am 20. Auguſt. 25. Picus maior (großer Buntſpecht). Roggenburg: Brütet im Staatswalde. Junge dort am 20. Mai. Aus Wäldern, wo er ſonſt immer zahlreich zu ſehen und zu hören war, iſt er gänzlich verſchwunden und hat ſich nach dem großen Staatswalde gezogen, wahrſcheinlich der Nonne und anderer Inſekten wegen, welche dort in Menge auftraten. Ich beobachtete ihn im genannten Walde oft, wie er unter den zum Schutze gegen die Nonnenraupe (Sip. monacha) angebrachten Leimringen nach Inſekten ſuchte. (Der kleine Bunt⸗ ſpecht (Pieus minor) wurde gar nicht geſehen, wie denn alle Spechte dieſes Jahr in leider ſehr geringer Zahl auftreten.) 26. Sitta europaea (Spechtmeiſe). Roggenburg: Ebenſo ſpärlich vorhanden wie die Spechte. Im Staatswalde verhältnißmäßig am zahlreichſten beobachtet, wie ſie einen Baum nach dem andern unter den Leimringen nach Inſekten abſuchten und dabei rings um den Stamm hüpften. 27. Certhia familiaris (Baumläufer). Sehr vereinzelt. 28. Upupa epops (Wiedehopf). Roggenburg: Brütete hier noch nie. Siehe unter B. II. Haimhauſen: Ankunft Mitte April. Brütet hier in 2 Paaren, aber nicht in dem vorjährigen Niſtloche dicht am Schloſſe. Am meiſten ſah ich ihn in zwei großen Sandgruben. Thurnſtein: Ankunft 22. April. Ziemlich häufiger Brutvogel. Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg. II. 439 29. Lanius exeubitor (Raubwürger). Roggenburg: Am 29. Auguſt 1890 ſtieß ein Raubwürger im Obenhauſer Ried auf einen Emmerling, ohne ihn jedoch zu erhaſchen. Ein Paar brütete dieſes Jahr in einem kleinen Beſtand hoher Fichten. Nachdem ich am 19. Mai noch in der Dämmerung beide Alten geſchoſſen, unternahmen wir es am nächſten Tage, das Neſt zu ſuchen, auf deſſen Vorhandenſein wir aus dem ganzen Gebahren der alten Vögel geſchloſſen hatten. Nach vielen anſtrengenden und doch vergeblichen Baum— beſteigungen fand ſich endlich das Neſt im Gipfel einer über 20 m hohen Fichte. Die in demſelben befindlichen 6 noch unbefiederten Jungen waren ſchon todt, da ihnen während der regneriſchen Nacht der deckende Schutz der Eltern gefehlt. Das Neſt war ſehr loſe aus Stroh, Heu, ſehr vielen Samenfäden vom Löwenzahn (Leon- todon taraxum), und vorzugsweiſe von Federn aller Art und Größe gefertigt. 30. Lanius eollurio (rothrückiger Würger). Roggenburg: Am 2. Mai angekommen. Ein Neſt mit 3 Eiern fand ich am 18. Mai in einem Fliederbuſch des Parkes 2 m über dem Boden. Auch bei dieſem fanden ſich neben Moos und feinen Reiſern viele Samenfäden des Löwenzahns. Die beiden Alten wurden geſchoſſen und im Leibe des Weibchens 2 Eier gefunden. Im Ganzen wurden hier 7 Paare brütend beobachtet, mehr als letztes Jahr. Thurnſtein: Ankunft 6. Mai. 31. Muscicapa grisola (grauer Fliegenfänger). Roggenburg: Ziemlich zahlreich. Brütet am 16. Juli an der Nordſeite des Wohnhauſes in den rankenden Roſen. 32. Troglodytes parvulus (Zaunkönig). Brütet am Waldrande des Sees. Nicht zahlreich, 33. Aeredula caudata (Schwanzmeiſe).“) Thurnſtein: Am 19. März in größeren Flügen. 34. Hypolais saliearia (Gartenſpötter). Thurnſtein: Ankunft 1. Mai. 35. Acrocephalus arundinaceus (Teichrohrſänger). Roggenburg: Sehr zahlreich. 1 Neſt mit 3 Eiern und 1 Neſt mit 2 ſchon faſt flüggen Jungen im Schilf des Sees am 22. Juli gefunden.“) 36. Sylvia atricapilla (ſchwarzköpfige Grasmücke). Roggenburg: Neſt mit 2 faſt flüggen Jungen am 14. Juli im Park. Am 16. Juli war das Neſt zerſtört, wahrſcheinlich von einer Katze, da es ſehr tief in einem Buſche gebaut war. ) Ueber die anderen Meiſenarten ſind keine genaueren Daten notirt. ) Acroceph. turdoides in dieſem Jahre nicht beobachtet. 440 Graf v. Mirbach-Geldern-Egmont, 37. Merula vulgaris (Amſel). Roggenburg: Ungeheuer zahlreich. Viele Neſter gefunden. Nähere Daten fehlen. Haimhauſen: Erſter Geſang am 23. Februar. Balztanz beobachtet am 26. Februar. Brütend am 30. April; eine andere brütete am 11. Mai. Ein Neſt im Aſtloche eines dicken Kaſtanienbaumes am 6. Mai. Thurnſtein: Singt am 27. Februar. 38. Turdus viseivorus (Miſteldroſſel). Roggenburg: Zahlreich brütend in einem Föhrenbeſtande und daſelbſt um den Uhu lärmend am 20. Mai. Im September große Schaaren auf friſch gepflügten Ackerfeldern. 39. Turdus musicus (Singdroſſel). Roggenburg: Erſter Geſang am 2. März. Neſt mit 4 Jungen am 21. Mai. Haimhauſen: Singt am 7. März. 40. Rutieilla phoenicura (Gartenrothſchwänzchen). Nicht ſehr häufig. Kämpfte am 20. Mai mit einer Argynnis aglaia (Kaiſer⸗ mantelſchmetterling) in der Luft, ohne ſie zu überwältigen. 41. Dandalus rubeeula (Rothkehlchen). Thurnſtein: Angekommen am 23. März. 42. Saxicola oenanthe (grauer Steinſchmätzer). Am 19. Mai mehrere beobachtet. Alſo Brutvogel! 43. Motacilla alba (weiße Bachſtelze). Roggenburg: Ein Neſt mit 5 zart getupften Eiern am 21. Juli im Wein⸗ ſpaliere des Obenhauſer Schloſſes gefunden. 44. Alauda arvensis (Feldlerche). Roggenburg: Sammelten ſich zahlreich am 18. September 1890. Ankunft 1891 am 16. Februar. Am 25. Mai Neſt mit 4 Eiern. Haimhauſen: Ankunft 21. Februar. Thurnſtein: Ankunft 25. Februar. 45. Passer montanus (Feldſperling). Roggenburg: Nicht ſehr zahlreich. Haimhauſen: Brütet in einer hohlen Akazie neben dem Schloſſe. Thurnſtein: Im Auguſt ungeheure Schaaren auf dem geſchnittenen Getreide. 46. Passer domestieus (Hausſperling). | 2 Junge wurden gefangen und in einem Käfig an das Fenſter geſtellt, worauf die Alten ſogleich die Fütterung derſelben fortſetzten. 47. Fringilla coelebs (Buchfinke). Roggenburg: Erſter Finkenſchlag am 25. Februar. Sammelt noch am 23. Mai Niſtmaterial. Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg. II. 441 Haimhauſen: Erſter Schlag am 26. Februar. Faſt vollendetes Neſt am 4. Mai. Die Finken, vor allem das Weibchen, verjagen alle Vögel, die ſich auf dem Niſtbaume niederlaſſen. Thurnſtein: Finkenſchlag am 24. Februar unvollſtändig. 48. Coccothraustes vulgaris (Kirſchkernbeißer). Thurnſtein: Am 20. Auguſt erlegte ich einen Alten und einen Jungen, welche mehrere Tage hindurch auf demſelben Weichſelbaume ſich gütlich gethan hatten. 49. Ligurinus chloris (Grünling). Ein Paar brütete am 18. Mai im Park. 50. Carduelis elegans (Stieglitz). Roggenburg: Während des Winters zahlreich in den Gärten. Brütet am 21. Mai. Haim hauſen: Am 7. Juni mehrere auf Leontoden taraxum-Samenkörbchen. Thurnſtein: Am 15. März in größerer Zahl. 51. Columba palumbus (Ringeltaube). Rogggenburg: Ankunft 2. März. Brütet am 7. Mai. Junge am 30. Mai. Mehrere auf geſchnittenem Raps erlegt. Haim hauſen: Ankunft am 7. März. Kommen auf den Ruf am 6. Mai. Thurnſtein: Ankunft am 12. März. 52. Columba oenas (Hohltaube). Brütet im Staatswalde in hohlen Buchen am 23. Mai. 53. Tetrao bonasia (Haſelhuhn). Thurnſtein: Ziemlich häufiger Brutvogel. 54. Starna einerea (Rebhuhn). Roggenburg: Am 5. Juli waren die Jungen noch ziemlich klein. Ueber das Aufbäumen von Rebhühnern habe ich drei merkwürdige Fälle erfahren. In der hieſigen Gegend ging der Jäger auf einem Klee dicht an einem Hochholz noch vor der Schußzeit 2 alte Hühner auf, welche ſogleich auf einer hohen Fichte aufbaumten. Bei einem weiteren Falle ſtrichen die Hühner in einen Wald. Auf die Frage nach dem Verbleib der Hühner deutete ein im Walde beſchäftigter Bauer nach einem Baume mit dem Bemerken, es müſſe ein Huhn da oben ſitzen. Natürlich erntete der biedere Landmann nur Spott für die gegebene Auskunft; mög— licherweiſe mochte er doch richtig geſehen haben. Bei dem dritten Falle flog ein ſchwer angeſchoſſenes Huhn auf den ſtarken Aſt einer am Rande des nahe gelegenen Waldes befindlichen Fichte. Dort verendete es, und hatte ſich ſo feſt angeklammert, daß es durch einen zweiten Schuß heruntergeholt werden mußte. Vielleicht giebt die Erwähnung dieſer wenigen Fälle Anſtoß zu weiteren Nachforſchungen! 55. Coturnix dactylisonans (Wachtel). Roggenburg: Ziemlich zahlreich, wie ſich aus dem häufigen Schlage im Frühjahr erkennen ließ. Thurnſtein: Erſter Wachtelſchlag am 1. Mai. 442 Graf v. Mirbach-Geldern-Egmont, 56. Aegialites minor (Flußregenpfeifer). Haimhauſen: Im Mai und Juni ein Paar immer an derſelben Stelle der Amper beobachtet. Der eine Vogel ſaß meiſtens auf einem 3 Fuß aus dem e ragenden Pfahle und zeigte ſich wenig ſcheu. 57. Vanellus eristatus (Kiebitz). Roggenburg: Ankunft 13. März. Brütet im Obenhauſer Ried. Am 22. Mai ſtießen die Vögel, entgegen früherer Beobachtungen, nicht auf den Uhu. Am 9. Septbr. zahlreich auf dem Zuge. Thurnſtein: Mitte März angekommen. Brutvogel. 58. Ciconia alba (weißer Storch). Roggenburg: Brüten zahlreicher als ſonſt in hieſiger Gegend. Ich zählte 4 Neſter in benachbarten Orten. 59. Ardea einerea (grauer Reiher). Roggenburg: Siehe unter B. II. Haimhauſen: Brütet alljährlich in einem Forſte nahe der Amper. Am 8. December 1890 beobachtete ich einen Reiher, der auf einer Mooswieſe nach Mäuſen jagte.“) 60. Ardetta minuta (Zwergreiher, kleine Rohrdommel). Roggenburg: Brütete dieſes Frühjahr am See. Am 21. Juli fortgeſetzt „brüllend“. Am 2. Auguſt erlegte ich das alte Männchen. Es war zur Mittagszeit den ganzen See entlang geſtrichen und in einem dichten Rohrbeſtande eingefallen. Sofort ruderte ich dahin und ließ den Hund ſuchen. Es dauerte auch nicht lange, ſo beſtieg die Rohrdommel, vor dem Hunde flüchtend, einen dürren Weidenbuſch in⸗ mitten des Schilfes, von wo ich ſie herabſchoß. Sie ziert nun, tadellos präparirt, meine Sammlung. 61. Crex pratensis (Wieſenralle). Roggenburg: Im Mai allenthalben „ſchnarrend“. Im Herbſte zahlreich. Die erſten am Zuge den 8. September. Haimhauſen: Gelegentlich der Faſanenjagd am 12. October angetroffen. Thurnſtein: Ankunft am 5. Mai. 62. Gallinula chloropus (Teichhuhn). Roggenburg: Ankunft am 2. April in 2 Paaren. 3 Junge am 22. Juni. Wird immer geſchont. Haimhauſen: Ein Stück geſchoſſen am 8. December 1890. Am 10. Mai 1891 jagte ſich ein Paar unter lautem Plätſchern auf einem Teiche. *) In der nämlichen Gegend des Altmühlthales, wo ſchon am 4. Mai 1890 ein Rallenreiher (Ard. ralloides) erlegt worden war, ſchoß Baron Kurt Baſſus Mitte September 1890 ein weiteres Exemplar dieſes ſeltenen Vogels. Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg. II. 443 63. Fuliea atra (ſchwarzes Waſſerhuhn). Roggenburg: Die erſten Waſſerhühner kamen am 8. März. Neſt mit 8 Eiern im Schilfe am 8. Mai. Weiteres Neſt mit 5 Eiern am 19. Mai. Am 12. Mai 8 Junge. Ein Waſſerhuhn brütete am 20. Mai nur 30 Schritte vom Wagen in einem einzelnen Schilfbüſchel, ohne ſich bei Annäherung von Leuten zu entfernen. Noch am 22. Juli ein altes Weibchen mit ganz kleinen rothköpfigen Jungen. In dieſem Jahre wurden 34 Stück erlegt, ohne daß eine ſichtliche Abnahme der Vögel zu verzeichnen wäre. 64. Numenius arquatus (großer Brachvogel). Roggenburg: Brütete zahlreich im Obenhauſer Ried am 22. Mai 1891. 65. Seolopax rusticola (Waldſchnepfe). Roggenburg: Bei den Herbſtjagden immer viele geſehen, ſo auch am 30. Oct. 1890 gegen 20 Stück. Im Frühjahr ſehr unbedeutender „Strich“. 66. Gallinago seolopaeina (Bekaſſine). Roggenburg: Brüteten ziemlich zahlreich im Obenhauſer Ried, wo ſie uns am 22. Mai unter lautem „Meckern“ umflogen. Am 9. Sept. ſehr zahlreich am Zuge. Haimhauſen: Noch am 16. November in Trupps von 4—6 Stück am Ufer der Amper. Als gewiß eigenthümlichen Fall von Jagdglück möchte ich erwähnen, daß ein Verwandter bei Schloß St. Gilla (unweit Regensburg) im Frühling an einem Tage alle 4 bei uns vorkommenden Schnepfenarten, nämlich Waldſchnepfe, Doppelſchnepfe, Bekaſſine und Haarſchnepfe (dort „Bockerl“) erlegte. 67. Anas boschas (Stockente). Roggenburg: Am 11. April Neſt in einem Erlenſtock am Rande des Sees. Am 13. Juni 10 Junge beobachtet. Den ganzen Sommer und Herbſt hindurch ſah ich bis jetzt noch kein Männchen („Antvogel“). Auch im letzten Jahre fand ſich im Herbſte das erſte & erſt am 29. September am See ein, wo ich es erlegte. Seit dem 1. Juli (Beginn der Schußzeit) wurden 35 Stück erlegt. 68. Podiceps eristatus (Haubentaucher). Roggenburg: Ankunft der erſten (2 Paare) am 16. März. Nach und nach fanden ſich 6 Paare ein, alſo wieder eine Vermehrung gegenüber den 4 Paaren des Vorjahres. Am 16. Juni wurden die erſten Jungen, und noch am 20. Juli ein Weibchen mit ganz kleinen Jungen beobachtet. Schon am 21. Mai flogen die Hauben- taucher viel ohne augenſcheinliche Veranlaſſung. Jetzt im Herbſte ſtreichen ſie meiſtens beim Nahen des Schiffes, vor allem die ausgewachſenen Jungen. B. II. Zug- und Strichvögel. 1. Falco peregrinus (Wanderfalke). Roggenburg: Am 2. September 1890 fand ſich ein Wanderfalke am See ein 444 Graf v. Mirbach-Geldern-Egmont, und baumte auf einer hohen Weide auf. Ich verſuchte, mich im Schiffe anzupürſchen, doch ohne Erfolg, da der Falke mich nicht nahe kommen ließ und mein Schuß bei der großen Entfernung ſein Ziel verfehlte. 2. Brachyotus palustris (Sumpfohreule). Ein Exemplar am 21. September 1890 im Obenhauſer Ried erlegt und daſelbſt mehrere geſehen. 3. Alcedo ispida (Eisvogel). Im Winter ſtändiger Gaſt des Roggenburger Sees. 4. Upupa epops (Wiedehopf). Ein Exemplar an einer ſandigen Stelle des Waldrandes in Roggenburg am 28. Auguſt beobachtet. 5. Pyrrhula europaea (Gimpel). Haimhauſen: Am 30. April in größeren Flügen. 6. Tetrao urogallus (Auerhuhn). | Thurnſtein: Im Vorjahre wurden ein Hahn und eine Henne an verſchiedenen Stellen erlegt, letztere am 20. November bei einem Treibjagen. Außerdem war eine Henne wiederholt an demſelben Platze beobachtet worden. Dieſen Sommer nun wurde wieder ein Hahn auf einem Waldſchlage angetroffen und geflügelt, lief aber ſo ſchnell in ein Dickicht, daß jede Verfolgung (ohne Hund) unmöglich war. Seit⸗ dem iſt nichts weiter von Auergeflügel bemerkt worden, aber vielleicht darf man hoffen, daß dieſes ſeltene Wild ſich in der Thurnſteiner Gegend noch ſtändig anſiedelt. 7. Ardea einerea (grauer Reiher). Nur während des Winters beſuchte ein Reiher wirberholle den See. Den Sommer über und zur Brutzeit nicht beobachtet. 8. Botaurus stellaris (Rohrdommel). Roggenburg: Am 19. September 1890 erlegte mein Bruder im Obenhauſer Ried eine große Rohrdommel. Sie flog aus einem kleinen Schilfwalde auf, als ich nur 20 Schritte von ihr entfernt eine Bekaſſine ſchoß. Mit langſamem Flügelſchlag ſtrich ſie fort und fiel nach ungefähr 200 Schritten wieder im Schilf ein, wo ſie wieder aufgeſcheucht und dann herabgeſchoſſen wurde. Nur geflügelt, ſtellte ſie ſich mit weit geöffnetem Schnabel und aufgeblähtem Halſe zur Wehr, bis ich ſie von hinten am Halſe packte und tödtete.“) 9. Rallus aquatieus (Waſſerralle). Haimhauſen: Am 2. November erlegte ich auf den Sumpfwieſen nahe der Amper 2 Exemplare. Eine Waſſerralle traf ich noch am 8. December bei Eis und Schnee an einem offenen Gewäſſer. Sollte fie hier überwintern? (ſiehe B. I.) *) Eine Rohrdommel wurde am 13. Februar () bei München erlegt. Ornithologiſcher Jahresbericht von Roggenburg. II. 445 10. Gallinula porzana (getüpfeltes Sumpfhuhn). Im Herbſte zahlreich, namentlich im Obenhauſer Ried. Das erſte in dieſem Jahre ſah ich im Schilfe des Sees am 2. September. 11. Gallinago major (große Sumpfſchnepfe, Doppelſchnepfe). Am 9. September 4 Stück im Obenhauſer Ried angetroffen. Sie hielten ſich weniger im Schilfe, als an mit kurzem Graſe bewachſenen Sumpfſtellen auf. Sie zeigten ſich ſehr ſcheu und ließen mich nicht nahe kommen, doch glückte es mir, mit einem ſehr weiten Schuß einen der Vögel zu erlegen. 12. Tadorna cornuta (Brandente). Haimhauſen: Nahe von hier am 11. December ein prachtvolles Exemplar geſchoſſen. 13. Anas erecca (Krickente). Roggenburg: Am Zuge den 4. April 6 „Halbenten“ am See. In dieſem Herbſte ſah ich die erſte am 30. Auguſt. Im Ried am 9. September aus einer Ge— ſellſchaft von ca. 12 Stück 3 Enten erlegt. 14. Podiceps minor (Zwergſteißfuß). | Roggenburg: Brütete hier in dieſem Jahre nicht. Am 30. Auguſt wurde ein Exemplar zugleich mit dem Rothhalsſteißfuß (ſiehe unter A. II. 7) auf dem See mit einem Schuſſe erlegt. | Haimhauſen: „Duckante“. Am 8. December 6 Stück auf dem eisfreien Mühlbache. 15. Sterna fluviatilis (Flußſeeſchwalbe). Roggenburg: Die erſte am See den 15. April beobachtet. Ungefähr 6 Paare am 20. Mai. Sitzen meiſtens dicht neben einander auf ſchwimmenden Waſſerroſen— wurzeln. 2 Exemplare erlegt im Juli. 16. Hydrochelidon nigra (ſchwarze Seeſchwalbe). Roggenburg: 1890. 1 Exemplar, welches ſich ſchon 2 Tage allein am See aufgehalten hatte, am 18. September noch in der Dämmerung fliegend von mir er— legt. 4 Vögel am 28. September geſehen. Am nächſten Tage nur noch 2. Sitzen meiſtens paarweiſe auf Waſſerroſenblättern. — 1891. 1 Stück erlegt aus einer Schaar von 12 Sterna fluviatilis und 6 Hydrochelidon nigra am 20. Mai. Am 30. Auguſt und am 4. September je ein einzelnes Exemplar. Schlußbemerkung. Wie ſich aus den angeführten Daten ergiebt, treffen die Zugvögel mit auf— fallender Regelmäßigkeit in Roggenburg um mehrere Tage früher ein als in Thurn— ſtein, während Haimhauſen zwiſchen beiden Orten ziemlich die Mitte hält, oder ſich mehr an Roggenburger Ankunftszeiten anſchließt. Dieſe Erſcheinung noch deutlicher zu veranſchaulichen iſt der Zweck folgender Tabelle der bekannteſten Zugvögel. 446 Kleinere Mittheilungen. Ankunft in 5 Roggenburg. 2. Haimhauſen. 3. Thurnſtein. Rauchſchwalbe . 7. April 11. April 22. April Rudut aa 2. 0 1.01 el 21. April 24. April Goldamſel .. 28. April ebenſo 4. Mai Staahk 21 Febrgar | 22. Februar | 27. Februar Wiede hoff — Mitte April | 22. April rothrückiger Würger 2. Mai — 2 — 6. Mai Simaprojiel 0% 2. Mätz 7. März t Lerche. . | 16. Februar 21. Februar 25. Februar Wildeaube . .. 2. März . März 12. März Als Grund hierfür die Höhenlage der drei Orte anzuführen, geht nicht an, da ſonſt die Ankunftsdaten der Vögel in geradezu umgekehrtem Verhältniß zu ein⸗ ander ſtehen müßten, indem München am höchſten, Thurnſtein am tiefſten in abſoluter Höhe liegt. Es ſind alſo ganz andere Einflüſſe maßgebend, deren Beſtimmung aber ſich nicht ſo einfach bewerkſtelligen laſſen dürfte. Vielleicht mag die ungleiche Breite des zu überfliegenden Alpengürtels von Belang ſein, vielleicht auch nach Ueberwindung der Alpen die verſchiedene Richtung der Thäler, an und in denen die Beobachtungs⸗ orte liegen. Finden ja doch die Zugvögel, welche Roggenburg auf ihrer Wanderung am Fuße des Gebirges berühren, das eben zur Zeit des Zuges ornithologiſch fo intereſſante Bodenſeebecken, und von dieſem nach Norden auslaufende Thäler, welche eine raſche Fortſetzung der Reiſe begünſtigen. Haimhauſen bietet ähnliche Bedingungen, wie denn auch die Ankunftszeiten ziemlich mit denen von Roggenburg zuſammen⸗ fallen. Nur Thurnſtein, dem ſchon eine viel breitere Alpenausdehnung hindernd im Wege liegt, befindet ſich abſeits von einem größeren nach Norden ziehenden Thale, in einem Querthale, in welches ſich die Vögel langſamer verlieren, die eben dem Längsthale des Inn weiter folgen, und zum Theil in weit nördlicher gelegenen Gegenden früher ankommen als im Thurnſteiner Thale. Nach meiner Anſicht iſt es alſo der Unterſchied in den Thalrichtungen, ob Längsthal oder Querthal, welcher auf den Zug der Vögel und ihr Eintreffen von großem Einfluſſe iſt. Doch will ich damit nur einen perſönlichen Erklärungsverſuch geäußert haben, ohne jeden Anſpruch auf Anerkennung von anderer Seite, wie ich denn auch jede treffendere Erklärung der feſtſtehenden Thatſache mit Freude begrüßen würde. Schloß Roggenburg, den 11. September 1891. Kleinere Mittheilungen. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Ew. Hochwohlgeboren theile zum Kapitel „Albinismus bei Schwalben“ ganz ergebenſt mit, daß hier ſeit 4 Jahren weiße Notizen für die Vereinsmitglieder. 447 Schwalben erbrütet werden. Die erſten 2 erblickten 1888 im Kuhſtall des Deich— wärterhauſes das Licht, wurden vom Jagdinhaber geſchoſſen und leider nicht gut ausgeſtopft. 1889, wo obiger Kuhſtall leer ſtand, flogen auf dem ½ Stunde ent— fernten Gute Blumenthal I 4 Stück rein weiße Schwalben aus, welche ich ſelbſt fliegen ſah. 1890 ſollen auf Blumenthal II ebenfalls 4 Stück erbrütet ſein und in dieſem Sommer ſaßen ebenda im Kuhſtall 2 weiße und 2 ſchwarze in einem Neſte und flogen glücklich aus, geſchützt von ſämmtlichen Leuten des Gutes. Vom Zuge zurückgekehrt iſt keine weiße Schwalbe. Die Eltern ſind wohl ſtets dieſelben. Burg b. M. Dr. Karl Frick. Das Preisgericht für die II. Ausſtellung des Vereins für Thier⸗ und Naturfreunde zu Baſel hat der Sektion für Thierſchutz der Geſellſchaft von Freunden der Naturwiſſenſchaften zu Gera für die beiden Vogelſchutzſchriften des Herrn Hofrath Profeſſor Dr. Th. Liebe „Futterplätze für Vögel im Winter“ und „Winke betreffend das Aufhängen von Niſtkäſten“ ein Ehrendiplom zuerkannt. Emil Fiſcher. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Am 19. Oktbr. erlegte Herr Kriegsmann in Schoonort in der Nähe des elektriſchen Leuchtfeuers bei Kampen einen jungen, diesjährigen Seeadler, nachdem vor einigen Tagen auf Jüſt in derſelben Richtung ein gleiches Exemplar erlegt wurde. Emden, R. Pfannenſchmid. Notizen für die Vereinsmitglieder. Der Kgl. Forſtmeiſter, Herr Jacobi von Wangelin, erſter Vorſitzender des Deutſchen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, iſt zum „Königlichen Regierungs- und Forſtrath“ ernannt worden. Litterariſches. Syſtematiſche Ueberſicht der Vögel Bayerns mit Rückſicht auf das örtliche und quantitative Vorkommen der Vögel, ihre Lebensweiſe, ihren Zug und ihre Ab— änderungen von Andreas Johannes Jäckel, — herausgegeben von Prof. Dr. Rudolph Blaſius. München u. Leipzig in Kommiſſion bei R. Oldenburg. Dieſes ausgezeichnete Werk war im Manufkript vollendet und durch Nachträge ergänzt, als Jäckel, welcher zuletzt Pfarrer in Windsheim war, im Jahre 1885 ſtarb. Leider fand es, da es eben ein Buch war und kein Büchelchen, und deshalb trotz ſeines reichen Inhaltes und der knappen Sprache buchhändleriſche Bedenken erregte, nicht ſofort einen Verleger. Nach langen Bemühungen von Seiten der Freunde Jäckels und namhafteſter Ornithologen ward endlich durch die Antheilnahme des Königl. Bayeriſchen Miniſteriums und der Königl. Bayeriſchen Akademie der Wiſſenſchaften die Herausgabe geſichert. Profeſſor Rudolf Blaſius unterzog ſich der mühſeligen Arbeit, durch Ergänzungen und Nachträge der reichlichen ſeit 1885 auf Bayeriſchem Gebiete gemachten Beobachtungen das Werk ganz und gar dem gegenwärtigen Stand der Forſchungen 448 Litterariſches. — Anzeigen. anzupaſſen, jo daß nun eine muſtergiltige lokale Avifauna vorliegt. Außer dem im Jahresbericht XXX des naturwiſſenſchaftlichen Vereins für Schwaben und Neuburg 1890 erſchienem „Die Vögel des Regierungsbezirks Schwaben und Neuburg“ von Andr. Wiedemann ſtanden dem Herausgeber noch die Berichte faſt aller Bayeriſchen Beobachter zur Verfügung, welche letztere, durch ein Zirkularſchreiben aufgefordert, bereitwilligſt ihre Hand zur Vollendung des Jäckelſchen Werkes boten. Profeſſor Rudolph Blaſius hat ſich ein großes Verdienſt erworben durch die Herausgabe der Jäckelſchen „Vögel Bayerns“. Ein rezenſirendes Wort zu dieſer Anzeige ſeines Erſcheinens hinzuzufügen, halten wir für überflüſſig. Eine eigentliche Ornithologie Bayerns iſt es nicht, denn es fehlen die Beſchreibungen von Geſtalt, Bau ꝛc. der einzelnen Spezies. Dafür giebt es ja genug anderweitiger guter Werke. Wer aber über die geographiſche Verbreitung der einzelnen Spezies, über Zu- und Abnahme im Lauf der Zeiten, über ſtrittige Punkte in ihrer Lebensweiſe, über ihre Zugzeiten und „richtungen und über ihre Abartungen⸗ Studien machen will, dem iſt Jäckels Buch unentbehrlich. Gera, den 6. November 1891. K. Th. Liebe. Anzeigen. Wir erlauben uns zur gefälligen Kenntnißnahme mitzutheilen, daß der unter⸗ zeichnete Verein beſchloſſen hat, am 5., 6. und 7. März 1892 eine Allgemeine Geflügel⸗Ausſtellung verbunden mit Prämiirung und Verlooſung abzuhalten. Wittenberg (Bez. Halle). Der Verein für Hebung der Geflügelzucht, Vogelkunde und Vogelſchutz. J. A.: Wolff, Schriftführer. Gewöhnliche deutſche Vögel in Bälgen oder geſtopft kaufen wir oder tauſchen ſolche ein gegen europäiſche oder exotiſche Arten. Berlin, Luiſenplatz 6. „Linnaea“. Skelet⸗ Präparate aus dem ganzen Gebiete der Wirbelthiere, ſowie auch Menſchen⸗Skelete, Menſchenſchädel und Skelettheile des Menſchen kaufen wir fortwährend. Berlin, Luiſenplatz 6. „Linnaea“. Suche Aegialites-Arten (hiatieula oder minor), eingewöhnt Luzern, Dr. Robert Stocker, Suche zu kaufen: A.. E. Brehm, Gefangene Vögel. J. Theil. Chr. Ludw, Brehm, Sämtliche Schriften. Habe abzugeben: 1 ſchönes Pärchen Sperlingspapageien zu / 8,00; 1 jung aufgezogenen, zahmen Pirol zu „4 5; Cabanis, Journal für Ornithologie 1890. Geb. zu A 9; 300 Doubletten aus meiner Sammlung europäiſcher Vogelbälge. Marburg in Heſſen, Curt Floericke, cand. rer. nat. Jedem der verehrten Mitglieder, welches bereit iſt, mir als Material zu einer wiſſenſchaftlichen Arbeit Eichelhäher (Garrulus glandarius) oder auch nur die Köpfe von ſolchen zu ſenden und dabei Ort und Zeit der Erlegung anzugeben, bin ich dafür ſehr dankbar. Prämien zu zahlen bin ich allerdings nicht in der Lage. Marburg a. Lahn, Weidenhaufen 40. O. Kleinſchmidt, stud. theol. Redaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera. Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. = | irn Aae e si N EN 1 0 g Si SS TTT N SSS . . ——— NN 7 — ———— 7 —— —— », SEN — m m u _ Aigen Vereins zum Schutze der Vogelwelt, begründet unter Redaction von E. v. Schlechtendal. | Redigirt von Zahlungen werden an den Ren⸗ Vereinsmitglieder zahlen einen R k danten d. Ver. Herrn Meldeamts- Jahres-Beitrag von fünf Mark Hofrath Prof. Dr. Liebe in Gera, Vorſteher Rohmer in Zeitz er⸗ ſoweit der Raum es geſtattet. und erhalten dafür die Monats- zweitem Vorſitzenden des Vereins, beten. ſchrift unentgeltlich u. poſtfrei. Dr. Frenzel, Dr. Rey Anzeigen der Vereinsmitglie⸗ Das Eintrittsgeld beträgt 1 Mark. Ob.⸗3 oll⸗Inſp Thiele 4 der finden Eoftenfreie Aufnahme XVI. Jahrgang. December 1891. Ur. 16. Inhalt: Zum Vogelſchutz. — Nachruf an von Wacgant-Geozelles. — K. Th. Liebe: Ferneres über die Gilbdroſſel (Turdus Grayi Bp.). — E. Perzina: Vogelhandel und -liebhaberei in Wien. Dr. Rudolf Blaſius: Die Steppenweihe (Circus pallidus, Sykes) in Deutſchland. (Mit 1 Buntbild u. 3 Holzſchnitten.) — Curt Floericke: Widerſtreitende ſoziale Inſtinkte im Vogelgemüth. L. Buxbaum: Ornith. Beobachtungen. Otto Kleinſchmidt: Ein Wort an wiſſen— ſchaftliche Sammler. — Kleinere Mittheilungen: Uebertragung anſteckender Krankheiten ſeitens gefangen gehaltener Vögel auf den Menſchen. Zur Ornithologie Centralaſiens. Wildtauben. Albinos der Dohle. Noch eine ſpäte Brut. Eigenthümliche Niſtorte von Meiſen. Uhu. — Bücher-Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. E. In norwegiſcher, F. in ſerbiſcher Sprache. — Anzeigen. Zum Vogelſchutz. Unſer Mitglied, Herr Mechaniker Wolf in Delitzſch, hat eine beſondere Futter— platzvorrichtung erfunden, durch welche er glaubt die Verderbniß des Futters durch die Niederſchläge vermeiden oder den Thieren ein zugfreies Plätzchen für ihre Mahl— 31 450 Nachruf an Staats von Wacquant: Gevzelles. zeiten verſchaffen zu können. Im weſentlichen beſteht dieſelbe in einem größeren, nach einer Seite offenem Kaſten, welcher ſich um eine ſenkrechte Achſe bewegt und durch den Wind ſelbſt ſo gedreht wird, daß die offene Seite im Windſchatten liegt. Die ganze Vorrichtung koſtet nur 3½ Mark. Es iſt wünſchenswerth, daß Verſuche angeſtellt werden, ob dieſe Vorrichtung ſich bewährt, und ob die Vögel überhaupt eine ſolche Futtervorrichtung (im vollen Winter) nicht ſcheuen, ſondern benutzen, eventuell welche Arten von ihr Gebrauch machen. Der Vorſtand. Nachruf. Vor wenigen Monaten ſtarb auf ſeinem Gute Sophienhof bei Hameln der frühere öſterreichiſche Major Herr von Wacrgquant⸗- Geozelles In ihm iſt ein Vogelſchützer ſeltener Art geſchieden, dem die Orn. Monatſchift alle Urſache hat, ein Wort des Gedächtniſſes zu widmen. Der Verewigte war von Jugend auf ein liebevoller Beobachter der Vogelwelt und er wurde nicht bloß mit dem Vogelleben ſeines Heimatlandes Hannover und des übrigen Nordweſtdeutſchlands innig vertraut, ſondern lernte auch während der Jahre ſeines öſterreichiſchen Militärdienſtes die Vögel des damaligen Oeſterreichs, vor— nehmlich Ungarns und des Lombardosvenetianischen Königreichs auf's genaueſte kennen; aber auch die Vögel der von ihm bereiſten Länder, der Schweiz, Frank— reichs und Englands, waren ihm wohlbekannt. Gegen Ende der fünfziger Jahre zog er nach Hannover und kaufte das in der ſchönen Gegend von Hameln gelegene Gut Sophienhof. Gleich nach Uebernahme desſelben zu einer Zeit alſo, wo in Deutſchland von Vogelſchutz noch wenig die Rede war, begann er eine vogelſchützeriſche Thätigkeit, die großartig genannt werden muß. Seine erſte Sorge war, möglichſt viele Niſtgelegenheiten zu ſchaffen. Was er zu dieſem Zwecke that, iſt bewunderns— werth in ſeiner Vielſeitigkeit und Fülle. Da wurde eine Menge zweckmäßig ge— bauter Niſtkäſten aufgehängt, mitten im Felde eine große Anpflanzung von ge— eigneten Bäumen, Sträuchern und Schlingpflanzen angelegt, neben dem in der Nähe der Gutsgebäude gelegenen uralten Eichenbeſtande ein botaniſcher Park geſchaffen, der einzig in ſeiner Art ſein dürfte. An Böſchungen und Wegen wurden Gebüſche und Hecken geſchont, zu den alten neue angepflanzt und dieſe wie jene ſo beſchnitten, daß fie ſich mehr und mehr verdichteten. Auch ganz aparte Niederlaſſungs— bedingungen, wie Eisvogel und Uferſchwalbe ſie ſtellen, fanden liebevolle Erfüllung. Dieſen auf Vermehrung der Niſtſtätten gerichteten Bemühungen zur Seite gingen Maßnahmen zum Schutze der Vögel vor Bubenhänden und vor allerlei laufendem und fliegendem Raubzeuge; ferner Belehrungen von Jung und Alt in Wort und Schrift. Lange vor Anbruch des Winters wurde auf die Noth des Winters Be— K. Th. Liebe, Ferneres über die Gilbdroſſel. 451 dacht genommen und wurden große Mengen von Unkraut- und Heugeſäme, von Eber— eſchen⸗ und Wachholderbeeren geſammelt. — Solche umfaſſende, mit größter Einſicht und Ausdauer verfolgte Thätigkeit iſt nun mit einem ebenfalls großartigen Erfolge be— lohnt worden. Eine ſeltene Fülle von Vögeln, nach Arten wie nach Individuen— zahl, belebt das Sophienhofer Gebiet. Außer vielen Droſſeln, Finken, Ammern, Meiſen u. ſ. w. ſind Eisvogel, Uferſchwalbe, Kleiber, Wendehals ſtändige Brutvögel, ſtellt das Kuckuksweibchen ſich alljährlich zur heimlichen Eierablage ein. Ausſchließlich an Staaren dürften in Sophienhof unter der Hut jenes großen Vogelſchützers dreizehntauſend Stück ausgebrütet worden ſein. Am Morgen des 29. Mai war der Sarg, welcher die ſterbliche Hülle des edlen Mannes barg, zur Begräbnißfeier unter den uralten Eichen des Sophienhofer Parkes aufgebahrt. In der Umgebung des Katafalks ſtanden dreiundachtzig beſetzte Vogelneſter. Ringsumher ſangen die Vögel, und wie manchen, der an der Trauer— feier theilnahm, mag der Geſang der Vögel angemuthet haben, wie eine große, hundertſtimmige Klage um ihren geſchiedenen Freund. Möge das Beiſpiel des edlen Todten, eines Edelmannes im beſten Sinne des Wortes, in den weiten Kreiſen der Leſer unſerer Monatsſchrift verſtändnißvolle und warmherzige Nachfolge finden! Osnabrück. W. S. Ferneres über die Gilbdroſſel (Turdus Grayi Bp. ). Von K. Th. Liebe. Als ich in unſerer Orn. Monatsſchrift über die Einführung der Gilbdroſſel berichtete (1889, S. 147) und deren Haltung empfahl, falls wieder einmal deren eingeführt werden ſollten, konnte ich nur von einer verunglückten Brut im Frühherbſt 1889 erzählen und die Hoffnung ausſprechen, daß es ein andermal beſſer glücken möge. Als dann im Jahre 1890 dasſelbe Paar eine Brut glücklich ausgebrütet und ſo— weit aufgezogen hatte, daß die beiden Jungen nach dem Ausfliegen mit der Hand vollends aufgefüttert werden konnten, war ich ſo zufrieden mit dieſem Erfolg, daß ich gar nicht mehr erwarten mochte, und darüber in unſerer Orn. Monatsſchrift 1890, S. 285 Bericht erſtattete. — Seit dieſer Zeit haben ſich die Erfahrungen gemehrt und bin ich nun in der Lage behaupten zu können, daß ſich die Gilbdroſſeln unter den Kerbthierfreſſern und Beerenvögeln gerade ſo zur Domeſtizirung eignen wie die Kanarienvögel nnter den Körnerfreſſern. Zuerſt habe ich noch aus dem Jahre 1890 nachzutragen, welchen Verlauf die weiteren Brutergebniſſe nahmen, nachdem das alte Paar wieder zur zweiten Brut Anſtalt gemacht. Das Weibchen legte in das alte Neſt, nachdem es dasſelbe nur 31* 452 K. Th. Liebe, wenig ausgebeſſert, wie jedesmal drei Eier, und brütete muſterhaft feſt. Das Männchen brachte ihm Futter; desungeachtet verließ jenes aber bisweilen auf kurze Friſt die Eier, um ſich zu löſen, zu putzen und etwas Futter zu nehmen. Auch badete es bisweilen. Nachdem die Jungen ausgeſchlüpft und ſoweit gediehen waren unter der elterlichen Pflege, daß die Kiele anfingen durchzubrechen, bemerkte ich, daß das Weibchen ſich beim Baden ſtärker durchnäßte als ſonſt. Zugleich trat eine mehr— tägige kalte Witterungsperiode ein, jo daß im Brutraume nur noch 7 bis 8 R. und darunter abgeleſen wurden. Da wurden die Jungen, welche die Alte nicht mehr ſo anhaltend huderte, matt von der Kälte, ſperrten nicht mehr ordentlich und erkalteten. Schnell, aber ſchon etwas zu ſpät, nahm meine Frau die Jungen aus dem Neſt und erwärmte ſie künſtlich; bei dem einen Jungen glückte dies Verfahren, aber die andern blieben ſtarr und leblos. Das eine Junge ward mit der Hand aufgefüttert und gedieh trotz aller Erlebniſſe ganz gut. — Die Alten machten nun baldigſt zu einer dritten Brut Anſtalt, indem ſie hurtig ein neues Neſt neben dem alten bauten und mit drei Eiern belegten. Diesmal ſchlüpften nur zwei Junge aus. Als dieſelben die paſſende Größe erreicht, trennte ich ſie von den Alten und trennte dieſe ſelbſt da ich einerſeits 9 Eier auf ein Jahr für reichlich genug hielt, und anderſeits die Alten recht gekräftigt in die bevorſtehende Mauſerzeit eintreten laſſen wollte. Meine Abſicht, bei der mehr als zweifelhaften Ausſicht auf eine Einführung friſcher Gilb- droſſeln, möglichſt viel Junge von dieſer intereſſanten Spezies zu erhalten, war erreicht: ich hatte 5 Stück Junge erhalten. Sie wurden mit den Alten in großen Normalbauern, welche die Thiere zum Fliegen nöthigten, theils einzeln theils zu zweien überwintert. Die Temperatur in dem einen größeren Raum, wo die Bauer ſtanden, ſank öfter bis auf Null oder wenige Grad unter Null herab, ohne daß die Vögel davon irgend Schaden litten. Dann kam der Sommer 1891 heran. Belehrt durch frühere Erfahrung wartete ich möglichſt lange, ehe ich das alte Paar wieder zuſammenbrachte in ſein Sommerquartier, ein einfenſtriges Bodenkämmerchen: es ſollte erſt hinreichend warm darin werden. Erſt in der zweiten Hälfte des Mai erfolgte der Einwurf. Die jungen Gilbdroſſeln aus den Bruten von 1890 ließen nach den Beobachtungen an den Alten und meinen ſonſtigen Erfahrungen erſt nach Ablauf zweier Lebensjahre eine erfolgreiche Weiterzucht erwarten und kamen ſonach nicht in Betracht, zumal auch die Mehrzahl Männchen waren. Nur ein Junges hatte ich abgegeben, hatte alſo noch einen hinreichend großen Stamm. Mir galt es in dieſem Jahre daher, das alte Paar ſich möglichſt ſelbſt zu überlaſſen und möglichſt wenig einzugreifen, um weitere gute Beobachtungen zu machen. Am Niſtkörbchen erhöhte die Alte zunächſt den Rand und machte den Napf tiefer, indem ſie es unten mit nur wenig feinem Heu und Faſern auslegte. Am Ferneres über die Gilbdroſſel. 453 26. Mai lag das erſte Ei darin, am 27. das zweite und am 28. das dritte; vom 27. ab brütete die Alte feſt. Am 8. Juni, alſo nach 12 Tagen, kam ein Ei aus und am nächſten Tag die beiden andern. Leider aber trog mich die Vorausſetzung, daß ich alle rauhen Zeiten nun glücklich hinter mir habe: das Thermometer ſank an mehreren Tagen im Freien bis auf 2 und 3“ R. herab und in dem nicht heiz— baren Bodenraume ward es zu kalt. Am 13. Juni ſtarben die nur 4 bis 5 Tage alten Jungen. — Nach einiger Zeit baute ſich das Weibchen, wie immer ohne große Betheiligung des Männchens, welches nur ab und zu etwas Niſtſtoff umher trug, ein beſonderes Neſt dicht neben dem alten Niſtkörbchen auf einen ſchrägen Balken wo es durch ein vorgenageltes Tannenäſtchen gehalten wurde. Am 22. Juni ſah ich das erſte i und vom 24. ab brütete ſie auf drei Eiern, dem vollen Gelege. Da die Alten ſich ſelbſt überlaſſen waren, ging dieſe Brut zu Grunde, ehe ſie zum Ausfliegen herangereift war, und zwar einfach deshalb, weil das Männchen zu frühzeitig wieder bruthitzig wurde. Es iſt das kein Wunder. Das Männchen füttert ſehr gern und fütterte auch hier, wie jedesmal bei den früheren Bruten, fleißiger als das Weibchen. Wenn ſie dies im Freileben thun, ſo giebt die Herbei— ſchaffung des Futters für die Jungen, und theilweis auch für die Mutter, ſo viele ſchwere Arbeit, daß der Alte an die neue Brut nicht denkt, bevor die Jungen ſelbſt— ſtändiger geworden und im Stande ſind, einigermaßen für ſich ſelbſt zu ſorgen. Hier in dem Dachſtübchen hat der alte Herr die Sache viel zu bequem: er findet und holt die beſte Nahrung für die Jungen ohne Beſchwerden in unmittelbarer Nähe und reichlich. — Auch das läßt ſich übrigens abändern, und will ich das nächſte Jahr Verſuche machen, ob nicht bei ſpärlicherem, wenigſtens theilweis nicht ſo leckerem Futter, welches man unter dürrem Laub und Moos und in Erde verſteckt, beiden Alten mehr Arbeit verſchafft werden kann. Rechtſchaffene Arbeit iſt zum Leben, zur Erhaltung des Geſchlechtes nothwendig — nicht blos beim Genus humanum. Die Thiere ſchritten nun nach kürzeſter Friſt zur dritten Brut, und ſuchte das Weibchen wieder das alte Niſtkörbchen auf. Auch diesmal brütete es aus— gezeichnet und ſchlüpften zwei Junge aus. Eine Reiſe hielt mich um dieſe Zeit fern von der Heimath; meine Frau jedoch hielt gute Wacht und fing, ſobald ſie merkte, daß der alte Herr das Weibchen hitzig umwerbe, jenes heraus, ſteckte es in einen entſprechend großen Bauer und ſtellte dieſen in das Dachſtübchen, damit die Gatten nicht ganz getrennt ſeien, und die Alte die Morgenmuſiken des Männchens nicht entbehren ſollte. Das Weibchen fütterte nun allein die beiden Jungen vollends auf, und ſind letztere ſo prächtig gediehen, daß es eine Freude iſt, ſie in ihren eleganten raſchen und gewandten Flügen und Sprüngen zu beobachten. Nach dem Allen iſt es ſicher nicht zu viel behauptet, wenn man die Gilb— droſſeln für vollkommen zur Domeſtikation geeignet erklärt. Sie haben alle Eigen— 454 K. Th. Liebe, Ferneres über die Gilbdroſſel. ſchaften, welche hier als nothwendig erſcheinen: J. Es ſind Vögel von recht harter Konſtitution. Seit 1888, wo ich die beiden Stammeltern erwarb, und ſeit 1890 wo 5 Junge zuwuchſen, und ſeit dem Sommer 1891, wo noch zwei Junge ſich zugeſellten, iſt keins von dieſen Thieren auch nur eine Stunde lang krank geweſen, hat keines jemals das Futter verſagt oder übermäßig gefreſſen. II. Die Vögel ſind, obſchon fie der Tropenzone entſtammen, doch unſerem Klima gegenüber ganz hart. Aller- dings dürfen die Neſtjungen bis zum 10-ten oder 12⸗ten Lebenstage nicht längere Zeit einer Temperatur ausgeſetzt fein, welche unter 7—8 0 R. herunter geht, aber in dem ſpäteren Lebensalter ſind ſie gegen kühle Temperatur ſehr wenig empfindlich und baden ſich noch bei 2 oder 3°R. Das hängt wohl damit zuſammen, daß fie auch in ihrer Heimath den größeren Theil des Jahres auf den Cordilleren zubringen in einer Höhe über dem Meere, welche die Tropenglut beträchtlich abmindert. Uebrigens aber ſind im Juni, Juli und Auguſt mehrere Tage hindurch anhaltende Perioden, wo die Temperatur im Niſtraum unter 8“ ſinkt, gewiß nur ſeltene Aus⸗ nahmen. Iſt der Raum heizbar, dann haben auch dieſe Ausnahmen keinen Ein⸗ fluß. — III. Die Vögel ſind zwar nicht bunt, am allerwenigſten in ſo ſtrahlend bunte Farben gekleidet, wie mancher nach ihrer tropiſchen Heimath ſchließen könnte, aber ihre einfachen, etwas düſteren Farben ſind gefällig abgeſtuft, und — was viel mehr beſagen will — ihr Gewand ſitzt ihnen beſtändig wie „angegoſſen“. Sie halten ſich beſtändig ſchmuck, glatt und ſchlank. Ihre Federn beſitzen bei einer gewiſſen Härte hinreichende Elaſtizität und knicken und brechen nicht leicht, verſchieben ſich nicht aus ihren Lagen und nutzen ſich nicht leicht ab. Auch verbleichen ſie im Lauf des Jahres nicht ſo ſtark, daß die Totalfärbung einen weniger guten Eindruck machen könnte. Bei allen meinen Gilbdroſſeln ſieht das Gefieder, ſehen namentlich Schwung- und Steuerfedern bis zur Mauſer immer unverſehrt und friſch aus. — IV. Die Gilbdroſſeln ſind ſehr leicht zu erhalten. Das gewöhnlichſte Droſſelfutter genügt auf lange Zeit, wenn auch bisweilen eine Abwechſelung im Futter ihnen ſichtlich zuſagt. Doch darüber habe ich ſchon in jenen beiden zitirten früheren Artikeln berichtet. — V. Sie ſind ſehr fleißige Sänger. Ihre Stimme liegt dabei ſo tief, daß ihr Geſang nie läſtig wird. Während der Mauſer und im Winter ſingen ſie ſehr leiſe, ſtudirend, ohne kurze Pauſen einzuhalten, alſo anhaltend, in mehr koſend plaudernder Manier. Erſt im Frühjahr wird der Geſang lant, in einzelne Strophen zerlegt und mit den üblichen Droſſelpauſen zwiſchen den einzelnen Strophen vor⸗ getragen. Sie lernen ſehr leicht und nehmen ſchnell Theile von fremdem Geſang auf, vergeſſen aber auch verſchiedene von ihren gut eingeübten Strophen leicht wieder. Ihr Lockton wird ebenfalls auf die Dauer nicht widerwärtig, denn er beſteht in einem tiefen „ök ök“, welches verſchiedenartig modulirt und verſchieden oft und ſchnell hinter einander gerufen wird. E. Perzina, Vogelhandel und Liebhaberei in Wien. 455 Zum Schluß möchte ich noch dem Wunſch und der Hoffunng Ausdruck geben, daß Turdus Grayi doch bald einmal wieder und zwar in verſtärkter Zahl ein— geführt werden möge. In ihrer Heimath ſind die Vögel nicht ſo ſelten, und in verſchiedenen Gegenden Centralamerikas werden ſie, wie ich in Reiſeberichten las, wegen ihres Geſanges gefangen gehalten. Ihre Beſchaffung dürfte alſo keine zu großen Schwierigkeiten bereiten. Vogelhandel und Liebhaberei in Wien. Von E. Perzina. Der Lerchenfelder Vogelmarkt. Heutiger Stand des Handels. Finkenliebhaberei. Finkenſchläge. Anlernen der Finken. Ausſtellungen. Liebhaberei für andere Singvögel. „Schwarzplattel“ und „gelber Spotter“. Dreſſiren der Vögel. Vogelhetzen. Vor der Lerchenfelder Linie, den ſich längs der Kaiſerſtraße hinziehenden Linien— wall ein kurzes Stück begrenzend, liegt ein Platz, welcher trotz der anſtoßenden be— lebten Verkehrsſtraße, trotz der vorüberklingelnden Pferdebahn ein Bild der Verein— ſamung und Verlaſſenheit bietet. Dieſer Platz, welcher heute wegen ſeiner, nach je— weiliger Witterung wechſelnd, vorhandenen Staub- oder Kothmaſſen von den Vor— übergehenden zu betreten ängſtlich gemieden wird, war noch vor wenigen Jahren ein Ort, auf welchem ſich zeitweiſe Hunderte und Hunderte von Menſchen zu fröhlichem, harmloſem Geſchäftsverkehre verſammelten, um zu kaufen oder zu verkaufen, zu tauſchen oder auch nur zu ſchauen, alle aber einer der älteſten Liebhabereien des Menſchen— geſchlechtes huldigend, der Vogelliebhaberei; denn da war Vogelmarkt. Wenn man ſich Sonntag Nachmittags dem Markte näherte, hörte man ſchon von Weitem jenen gedämpften, murmelnden Lärm, welchen eine größere Menſchen— anſammlung hervorruft, ſah man ein Chaos von ſich drängenden Geſtalten, dann tönte dumpf das Gurren der Tauben entgegen, bis das gelle Schmettern der Kanarien— hähne, der Finken, dem Ohr verkündete, daß man an Ort und Stelle angekommen ſei. Mehr noch als das Ohr, hatte das Auge zu thun, um all' die jetzt auf daſſelbe einſtürmenden Eindrücke zu beachten, zu faſſen; denn ein bunteres Durcheinander, als da oft herrſchte, läßt ſich kaum denken, und mancher, der hier ſeinen erſten Beſuch abſtattete, wußte ſich im Anfange faſt nicht zu orientiren. Ueberall auf dem Platze, meiſt direkt über dem Erdboden, ſtanden die vier— eckigen, flachen Steigen der Fänger mit ihrem flatternden, zwitſchernden Inhalte, da— hinter der Beſitzer, oft eine Baſſermann'ſche Geſtalt, oft wieder die harmlos gut— müthigen Züge eines Gemüſegärtners aus der Umgebung Wien's tragend, welcher ſich für die Plünderung ſeiner Salatſamenſtauden durch die Girlitze, Hänflinge und Stieglitze ſchadlos zu halten ſuchte, indem er die in Sprenkeln und Kloben gefangenen gefiederten Diebe feilbot. Im ſpäten Frühjahr geſellte ſich ihnen auch manchmal / 456 E. Perzina, die „Krawatin“ zu, mit ihren jungen, beſtändig ſchreienden Staaren, denen, auf eventuellen Wunſch des Käufers, noch gratis und ohne weiters mit einem ſchmierigen Taſchenfeitel die Zunge „gelöſt“ wurde, und mit den farbenprächtigen Gehecken des Eichelhähers, der Blauracke und den drolligen Sprößlingen des Wiedehopfes. Auch noch manch' anderes Kind beſchwingter Eltern war um dieſe Zeit da, vor allen die Droſſeln und Amſeln, die Grasmücken, Bachſtelzen und Rothſchwänzchen, die Brut des Pirols, ebenſo wie das köpfereiche Geheck der Meiſen. Der junge Kuckuk ſaß neben ſeinen Neſtgeſchwiſtern, und um die noch mit Dunen bedeckten Haubenlerchen und Finken herrſchte ſtets beſonders ſtarke Nachfrage; beginnt doch in dieſem zarten Alter der Unterricht, das „Anlernen“ bei ihnen, und auch für die jungen „Puhu's“ und „Adler“, als welche die wolligen Waldohreulen, Waldkäuze und Buſſarde ſtets ausgeboten wurden, fand ſich ebenſo ein Käufer, wie für den geſichterſchneidenden Wendehals, das „Aderwindel“. | Was hier alles in dieſen Steigen zu finden war, iſt kaum aufzuzählen, was da oft zuſammengeſperrt wurde, kaum zu glauben. Ich erinnere mich noch heute leb— haft eines ſolchen Käfigs, in welchem neben Kanarien, Zeiſigen und anderen Finken⸗ vögeln, neben halbflüggen Schwarzplatteln und Steinſchmätzern junge Amſeln und Staare ſaßen, wo ein ebenfalls noch jugendlicher Pieus major am Gitter herum— raſſelte, und ein Wachtelkönig, der verzweiflungsvoll in dem engen Gebauer herum⸗ rannte, bald auf die in einer Ecke liegenden jungen Turteltauben trat, bald einen in einer anderen Ecke vor ſich hin brütenden Eisvogel aufſtörte. Jede Jahreszeit gab dem Markte ihr eigenes Gepräge. Im Frühling und Vor⸗ ſommer waren es die jungen Waldvögel, welche den Markt beherrſchten, im Sommer kamen die Kanarien an die Reihe, anfangs September erſchienen die friſchgefangenen Inſektenfreſſer, um im Spätherbſt und Winter den Schwärmen der Körnervögel Platz zu machen. Intereſſant und feſſelnd war das ſich bietende Bild für den Vogellieb⸗ haber immer; lernte man doch im Frühjahr faſt unſere ganze einheimiſche Ornis im Jugendkleide kennen, und was zeigte ſich nicht alles in jenen Steigen, welche im Herbſte das vor dem Kauze Erbeutete bargen! Neben den gewöhnlichen Erſcheinungen des Marktes, den Rothkehlchen, den Grasmücken und Rothſchwänzchen, den Meiſen in faſt allen ihren Arten, fanden ſich dann auch die verſchiedenſten Rohr- und Laub⸗ ſänger, Schmätzer, Stelzen und Pieper, das Blaukehlchen meiſt in ſeiner weißſternigen, ſeltener in der rothſternigen Form, Sproſſer und Nachtigall, Goldhähnchen und Zaun— könig, alle möglichen Spechte, vom reizenden P. minor angefangen, bis zum Dryo— copus martius, der mit wuchtigen Schlägen das Gitter ſeines Käfigs bearbeitete, alles was ſich um dieſe Zeit nur fangen ließ, es flatterte, hüpfte oder kletterte da umher. Im Spätherbſt und Winter ging der Vogelfreund auch nicht leer aus; dann Vogelhandel und Liebhaberei in Wien. 457 gab es Zeiſige, Hänflinge, Girlitze, faſt alle unſere heimiſchen Körnerfreſſer in Menge, und auch die Gäſte aus dem Norden, der Leinfink, der Bergfink, ſie fehlten ſelten, ja manches Jahr waren ſie ſo häufig, daß man das Stück für zwei Kreuzer erſtehen konnte! Einen herrlichen Anblick boten jene Steigen, in welchen es von bunten Stieglitzen wimmelte, wo die rothen und gelben Kreuzſchnäbel bedächtig am Gitter herumkletterten, oder gar jene, aus welchen das feurige Roth Dutzender von Gimpeln hervorleuchtete. Auch ſeltene Erſcheinungen ſtellten ſich ein; ſo war der Weiden— ammer manchmal in einem Exemplare vorhanden, ebenſo der Karmingimpel, etwas häufiger der Schneefink und der Schneeammer, und wenn ſich einmal der Seiden— ſchwanz einfand, dann war es immer in großer Geſellſchaft. Doch verlaſſen wir die Fänger mit ihren Käfigen und deren mannigfachen In— halt und wenden wir uns den übrigen Theilen des Marktes zu! Als Matadore deſſelben erſchienen einige Vogelhändler, welche in Wien ihre ſtändigen Geſchäfts— lokale beſaßen, nebenbei aber auch mit kleinen Verkaufsſtänden die Märkte beſchickten. Dieſe hatten ihre Buden längs der der Gürtelſtraße zugewendeten Seite aufgeſchlagen, hier hauptſächlich dem Verkaufe der Nahrung für die gefiederte Marktwaare obliegend. Auch der Käfigerzeuger, der Spängler mit ſeinen „Nürſcheln“ und „Badecabinen“, der Korbflechter mit ſeinen Kanarien- und Taubenneſtern boten in dieſem vornehmſten Viertel ihre Waaren aus. Auf dem der Weſtbahnlinie zunächſt liegenden Ende des Platzes hatte ſich die Taubenabtheilung etablirt. Da gurrte es in den Steigen und Käfigen, in den Körben und den mit Latten verſchlagenen Kiſten, in durchlöcherten Schachteln, kurz in allen Vorrichtungen, welche zum Taubentransport in irgend einer Weiſe geeignet erſchienen. Ebenſo verſchieden wie die Behältniſſe ſelbſt, waren auch deren Inſaſſen. Da waren die Rieſen des Taubengeſchlechtes die mächtigen Römer, die Malteſer und Florentiner, der ſich in Wien beſonderer Popularität erfreuende „Hendelſcheck“ ebenſo vertreten, wie die Gecken deſſelben, die einfärbigen und ge— mönchten Perrücken, die „zitterhalſigen“ Pfauentauben, die zierlich gezeichneten „Gimpeln“, die Schwalben mit den großen Federlatſchen an den Füßen; auch die ſtattlichen Kröpfer fehlten nicht und am allerwenigſten Wien's Specialtauben, die Purzeln (Tümmler)! Letztere ſtellten meiſt das Hauptcontigent des Taubenmarktes. Faſt ſtets, wenn auch nicht immer in aller Raceſchönheit, waren alle die vielen Varietäten, alle die vielen Farbenſchläge dieſer Flugtaube vorhanden. Da gab es geſtorchte und geganſelte, einfärbige und geſchwingte, „Schimmeln“, kurz- und lang— ſchnäbelige. Aus dem dumpfen Gurren all' dieſer Haustauben, ſich eigenthümlich von dem tiefen Baſſe der Römer und Trommler abhebend, tönte hell die kichernde Stimme der Lachtaube, in Wien allgemein Turteltaube genannt, hervor; hin und wieder ſah man auch Turteltauben, wie auch oft in einzelnen Köpfen Ringel- und Hohltauben (C. palumbus und C. oenas) als „Wildtauben“ bezeichnet. 458 E. Perzina, Längs des Liniengrabens ſtanden in langer Reihe kleine Handwägen. Ihr Inhalt entpuppte ſich beim Nähertreten als — Stallhaſen und Meerſchweinchen. Wenn dieſe auch, ſtreng genommen, eigentlich nicht recht in den Rahmen eines Vogel- marktes paßten, ſo waren ſie doch immer da, ſich vielleicht auf die Entſchuldigung ſtützend, nicht die einzigen Vierfüßler zu ſein, welche an dieſer Stelle ihren Herrn wechſelten; ſuchte ſich doch hier auch mancher Hundebeſitzer ſeines bellenden Eigen— thumes zu entledigen; Knaben trugen in großen Gläſern Albinos der Hausmaus herum, das Eichhorn machte ſeine Sprünge; Igel und Zieſel ſuchten ſich in dem finſterſten Winkel ihres Käfigs zu verbergen, und ſelbſt ein junger Meiſter Reinecke blickte manchmal mit ſeinen liſtigen, verſchlagen blinzelnden Lichtern durch das Gitter irgend eines Vogelkäfigs in das Getümmel. Außer all' dieſen Verkäufern, welche zur Ausbreitung ihrer Vorräthe, mochten dieſe nun in Stubenvögeln, Tauben, Käfigen oder — Kaninchen beſtehen, doch einen gewiſſen Platz brauchten, gab es noch eine Menge ambulanter Händler, wenn man ſie ſo bezeichnen will, denn neben dem kleinen Handwerker oder deſſen Frau, welche in einem Käfige auf dem Arme die ſelbſtge— züchteten Kanarien herumtrugen, dem Finkenliebhaber, welcher ſich auf dieſem Wege der „Mißſchalligen“ ſeiner Zöglinge auf möglichſt vortheilhafte Weiſe zu entledigen ſuchte, war es meiſt die liebe Jugend von ſechs Jahren aufwärts, die ſich da ſchachernd herumtrieb, die im Schlaghäuſel gefangene Kohlmeiſe oder ihren Schickſalsgenoſſen, den als „Klennermaſen“ oder „Blauſpecht“ bezeichneten Kleiber, den Sperling, Grün⸗ ling, die Ammer, welche unter dem über leckeren Körnern aufgerichteten Siebe ihre Freiheit eingebüßt hatten, nöthigenfalls den ganzen Nachmittag herumſchleppend, bis ſich endlich dafür ein Käufer fand. Auch die Verkäufer der unter dem lauten Rufe: „Hundertdreiß'g um a Sechſerl“ in hölzernen Schachteln ausgebotenen Mehlwürmer recrutirten ſich meiſt aus dieſer Altersklaſſe. Nennen wir nun als „Vogelmarkt— geſtalten“ noch das alte Weib mit ihrer Vogelmiere, dem „Hendeldarm“ und „Vogel- würſteln“ (Samenrispen des Breitwegerich), diverſe Kuchen- und Obſtverkäuferinnen, vergeſſen wir auch jenes gemüthlichen Wieners nicht, welcher den Verkäufer eines Hahnes, dem einige Federn an den Füßen zu dem Ehrentitel eines „Cocochineſen“ verholfen haben, mit der harmloſeſten Miene von der Welt frägt, was der Hahn ſinge und ob er auch Mehlwürmer bekommen müſſe; denken wir uns alle dieſe Geſtalten, ſich zwiſchen einer großen Menſchenmenge, zwiſchen den rings auf dem Boden ſtehenden Steigen, den Verkaufsſtänden durchdrängend, über dem Ganzen, wenn gerade trockenes Wetter iſt, eine Staubwolke, wenn es geregnet hat, hingegen alles bis an die Knöchel im Kothe watend, dazu den von ſoviel Stimmen gebildeten, durch das laute Ausrufen der ihre Waaren anpreiſenden Verkäufer noch geſteigerten Lärm, in den ſich das Zwitſchern und Singen der Vögel, das Gurren der Tauben miſcht, und wir haben ein Bild des Wiener Vogelmarktes, wie er einſt war. Vogelhandel und »Liebhaberei in Wien. 459 In den letzten Jahren vor ſeiner gänzlichen behördlichen Aufhebung ging es mit dem Wiener Vogelmarkte ſowohl qualitativ als quantitativ gewaltig bergab, wahrſcheinlich infolge ſtrengerer Handhabung der Vogelſchutzgeſetze. Zuerſt machte ſich der Niedergang des Marktes bei den Inſektenfreſſern bemerkbar. Der „Speciali— täten“-Liebhaber, der hier früher für ein Billiges oft ſeltene Vögel erſtanden, blickte nur mit Verachtung auf die wenigen Rothkehlchen, Braunellen und Meiſen, welche noch vorhanden zu ſein pflegten; auch die Neſtjungen waren faſt ganz verſchwunden, oder wurden doch aus Angſt vor dem confiscirenden Auge des Geſetzes nur ſehr vorſichtig feilgeboten. Selbſt die Körnerfreſſer erſchienen in immer geringerer Menge und beſchränkterer Artenanzahl, — warum, iſt ſchwer zu ſagen, und ſo herrſchte an den letzten Markttagen ſchon ziemliche Flauheit, welche das Intereſſe für den Markt er— kalten und ſeine Schließung leicht hinnehmen ließ. Wenn der Wiener Vogelmarkt von einſt zur Zeit ſeiner Blüthe für den Orni— thologen hochintereſſant war, wenn er auch dem Vogelliebhaber Gelegenheit gab, alles nur Gewünſchte zu erlangen, wenn er auch unſtreitig ſeinen Theil zur Hebung des Intereſſes für Vogelkunde beitrug, ſo iſt ſeine Schließung doch in keiner Weiſe zu bedauern, denn es unterliegt keinem Zweifel, daß durch das Beſtehen des Marktes die Vogelwelt der Umgebung Wiens ganz erheblich decimirt wurde; war ja doch alles, was erſchien, hier gefangen worden! Auch gegen die Principien des allgemeinen Thierſchutzes verſtieß die ſtattfindende Gebahrung in vieler Weiſe, denn ganz ab— geſehen davon, daß faſt alle Vögel, welche da ausgeboten wurden, Friſchfänge waren, welche ſich in den nur zu oft höchſt ungeeigneten Käfigen aus Angſt vor den vielen, ſie umdrängenden Menſchen wund ſtießen, gingen die Fänger mit jenen Vögeln, welche in Maſſe auf den Markt geworfen worden, und deren Preis daher nur ein ganz minimaler, nur wenige Kreutzer betragender war, in gerade zu barbariſcher Weiſe um: die Käfige, welche dieſen „Ramſch“ enthielten, waren immer in ärgſter Weiſe überfüllt, und auch das Wort „Vogel friß, oder ſtirb“ mag ſelten jo genaue Anwendung gefunden haben wie dort. Uebrigens hat die Aufhebung dieſes Marktes weit weniger auf die Verhältniſſe des Wiener Vogelhandels eingewirkt, als man glauben ſollte; ſie hat eher eine Wen— dung zum Beſſern in dieſem hervorgerufen, denn er befindet ſich nun ausſchließlich in den Händen ſtabiler Händler, welche nun, wo ſie der Concurrenz des ſeine Vögel um wenige Kreutzer verſchleudernden Fängers nicht mehr zu fürchten haben, viel von Ungarn, Böhmen ec. beziehen, wodurch einerſeits die in der Nähe Wiens heimiſche Vogelwelt geſchont, auch andererſeits manche Arten, welche hier ſonſt nicht erhältlich waren, auf den Markt gebracht werden. Auch finden die Vögel bei den meiſten Händlern ſorgſame und ſachgemäße Pflege, und wenn der Liebhaber gegenwärtig auch wohl nicht mehr ſo billig kauft, 460 E. Perzina, wie einſt Sonntag Nachmittags vor der Lerchenfelder Linie, ſo hat er dafür die Ge— wißheit, eingewöhnte Vögel zu erhalten, welche nicht infolge vorhergehender Martern den Todeskeim in ſich tragen. Wohl an keinem Orte der Welt iſt die Finkenliebhaberei ſo zu Hauſe wie in Wien; hier verſteht man es vollſtändig und findet es ganz begreiflich, daß zur Zeit, da die Finkenliebhaberei in Thüringen in vollſter Blüthe ſtand, wie uns die Ge— ſchichte erzählt, für einen gut ſchlagenden Finken als Tauſchobject eine Kuh geboten wurde, denn hier werden auch heute für Exemplare dieſer Vogelart, welche einen als ſelten und werthvoll anerkannten Schlag beſitzen, Preiſe verlangt und bewilligt, welche denen von einſt in nichts nachſtehen. Bekanntlich ſind die Schläge der in verſchiedenen Gegenden, unter verſchiedenen Verhältniſſen heimiſchen Edelfinken abweichend von ein— ander, und auch in dem gleichen Gebiete herrſcht meiſt große Verſchiedenheit im Schlage der einzelnen Vögel, bald iſt er länger, bald kürzer, manchem fehlen Silben, welche ein anderer beſitzt ꝛc. Dieſe verſchiedenen Schlagweiſen werden von dem Finkenkenner mit Namen bezeichnet, welche ſich meiſt, faſt immer, von dem Ausklang, dem „Schall“ des Schlages ableiten, indem dieſer in Worte der menſchlichen Sprache überſetzt wird, und jo unterſcheidet man Insquier-, Danzier-, Dulzier⸗, Zirol⸗, Muskat⸗ blüh⸗, Wildthier, Wildſau⸗ ꝛc. Schläge. Auch die dem „Schall“ vorangehenden Silben beſitzen ihre Namen, welche, mit dem Schall in Zuſammenhang gebracht, die Bezeichnung des Vogels ergeben; ſo wird z. B. der jetzt am meiſten geſchätzte Schlag „Geſter-Wildſau-Schlag“ genannt. Ebenſo verſchieden wie dieſe Schläge unterein— ander ſind, ebenſo verſchieden iſt der Werth, welcher denſelben beigelegt wird; dieſer Werth richtet ſich nach der Länge und Schönheit des Vorſchlages, der Reinheit des Schalles und nicht' zum wenigſten nach der jeweiligen Mode, denn eine ſolche herrſcht hier ganz entſchieden. Dieſe ſchönſten Schläger in ihrer höchſten Vollendung kommen im Freien nur ſehr vereinzelt vor, viel zu wenig, um der großen Nachfrage der Lieb— haber zu entſprechen. Dabei werden ſie immer ſeltener, da eben die beſten Schläger faſt ſtets beim „Frühjahrsſtich“ weggefangen werden, die jungen Finken dieſer Gegend dadurch ihren Lehrmeiſter verlieren, bei ihren Geſangsſtudien die minder ſchönen Schläge derjenigen alten Vögel, welche der Fänger als minderwerthig unbehelligt ließ, zum Vorbild nehmen, oder vielleicht gar einem „Mißſchalligen“ ſein verdorbenes Geſchrei ablauſchen, und ſich ſo der Werth der Finkenſchläge einer Gegend, in welcher viel, namentlich im Frühling gefangen wird, vermindert und verflacht. Dieſer Umſtand hat unſere Finkenliebhaber ſchon ſeit Langem veranlaßt, ſich ihre edlen Schläger ſelbſt durch „Anlernen“ heranzubilden. Dieſes „Anlernen“ be— ſteht darin, daß man den jungen Vogel, welcher am beſten ein vom Neſte aufgezogener, oder doch mindeſtens noch im Jugendkleide gefangener „Abgeflogener“ iſt, möglichſt oft in die Nähe eines hervorragenden Schlägers bringt, damit er dieſem ſeinen Vor— Vogelhandel und Liebhaberei in Wien. 461 trag ablauſche. Je öfter und unausgeſetzter dies nun geſchehen kann, um ſo eher und beſſer lernt der junge Vogel, vorausgeſetzt, daß er ſonſt dazu veranlagt iſt; es er— ſcheint alſo wünſchenswerth, den lernenden Finken womöglich Gelegenheit geben zu können, den Schlag, welchen ſie annehmen ſollen, auch während des Winters zu hören. Die naturgemäße Geſangszeit des Edelfinken währt aber im Käfig meiſt nur von Februar bis Auguſt; um während der übrigen Monate ſchlagende Vögel zu haben, iſt es daher nothwendig, dieſelben zu „treiben“, d. h. ſie durch anregendes Futter, durch Wärme, künſtliches Licht und andere äußere Einflüſſe entweder zur Verlängerung ihrer Schlagzeit oder zum früheren Beginn derſelben zu bringen. Dieſes Verfahren wird denn auch in Wien vielfach angewendet; man kann hier that— ſächlich zu jeder Jahreszeit Finken ſchlagen hören, und namentlich ſind es die Wirthe vieler in gewiſſen Bezirken gelegenen Gaſthäuſer, welche, um der Liebhaberei eines großen Theiles ihrer Gäſte entgegenzukommen, ſolche Finkenlehrmeiſter halten, bei deren Erwerbung keine Koſten ſcheuend; freilich finden ſie dabei auch ihren Vortheil, denn alle die Liebhaber ſtrömen dort zuſammen, wo ſie neben dem mehr oder minder edlen Rebenſaft auch die Lieder ihrer Lieblinge finden, und meiſt iſt an einem ſolchen Orte, wo bekannterweiſe gute Schläger vorhanden ſind, des Abends auch nicht ein Stuhl zu bekommen. Die hierzu eigens an den Wänden der Fenſterniſchen au— gebrachten, mit Nägeln zum Aufhängen der Käfige verſehenen Bretter und Leiſten ſind überdeckt von dieſen den Gäſten gehörigen, meiſt ſehr kleinen Behältern, welche, faſt ſtets mit einer weißen Leinwandkappe verhüllt, dem Vogel den freien Ausblick entziehen, ſo daß ſeine Aufmerkſamkeit nicht durch äußere Eindrücke abgelenkt, ſondern auf ſeine Geſangsſtudien concentrirt bleibe. Iſt der Winter vorüber, haben die jungen Finken bereits „gedichtet“ (leiſe ihren Schlag eingeübt), dann iſt die Zeit gekommen, wo ſie zeigen ſollen, was ſie können, und ſtolz trägt der Beſitzer, deſſen junge Vögel etwas „angenommen“ haben, dieſe zur Ausſtellung. Dieſe Ausſtellungen werden meiſtens von Wirthen arrangirt, welche die Bezeichnung „Vogelwirth“ in zweifacher Weiſe für ſich in Anſpruch nehmen können, und finden meiſt Sonntag Vormittags ſtatt. Als Preisrichter fungiren bewährte Fachkenner, als Preiſe dienen Geldſtücke vom Dukaten angefangen bis zum Zehnkreuzerſtück herunter, nach Art der Schützen— Beſte auf Sterne und Kreuze von buntem Blech, Stoff oder Papier aufgeklebt. Dieſe Preiſe ſtiftet der Wirth, ſich für ſelbe entweder durch ein geringes, nur wenige Kreuzer betragendes Eintrittsgeld, oder durch den erhöhten Beſuch und die in der Freude des Sieges von den Beſitzern der Preisgewinner meiſt über das gewöhnliche Niveau contrahirten Zeche zu decken. Der Beſuch einer ſolchen Ausſtellung bietet ein äußerſt wechſelvolles Bild, es rollt ein Stück echten Volkslebens auf; an den Wänden, den Fenſtern, wenn es das Wetter erlaubt, im Freien an den Stämmen der Bäume des Hausgartens, überall hängen die kleinen, verhüllten Finkenkäfige; um 462 E. Perzina, die Tiſche herum ſitzen dicht geſchaart die Eigner derſelben und lauſchen geſpannt auf die Stimme ihres Zöglings; dieſe iſt freilich oft kaum unterſcheidbar, denn der Lärm bei ſolchen Gelegenheiten überſteigt meiſt alle Grenzen. Schon das gleichzeitige Schlagen einer ſolch großen Anzahl von Finken, wie dies hier der Fall iſt, verliert durch ſeine Maſſenhaftigkeit den Anſpruch auf Schönheit, dazu kommt nun noch die meiſt nicht gerade parlamentariſche Unterhaltung der Ausſteller und übrigen Gäſte, die ſich faſt ſtets um das Wort „Fink“ dreht. Die Jury hat auch keine leichte Ar⸗ beit, all' das vorhandene Material auf ſeinen Werth zu prüfen, genau zu prüfen, denn gegen ein etwaiges oberflächliches Verfahren würden die Beſitzer energiſchſt proteſtiren, und ihre Arbeit erleichtert ſich erſt dann etwas, wenn, was nach einiger Zeit ſtets geſchieht, ein großer Theil der Vögel, von den ausdauernderen „gedrückt“, ſchweigt und nur die „kecken Vögel“ weiter ſchlagen. Dem Vogel, welcher nebſt ſchönem, fehlerloſen Schlage die größte Ausdauer zeigt, wird der I. Preis zugeſprochen, und dem vor Freude ſtrahlenden Beſitzer der Preis, welcher, wie bereits erwähnt auf einer „Decoration“ nach Art der Schützenbeſte oder Cotillionorden angebracht iſt, an die Bruſt geheftet. Die andern Prämien werden an die übrigen der würdigen Vögel, deren Leiſtung entſprechend, vertheilt. Dieſe Ausſtellungen beleben die Lieb- haberei ungemein, indem ſie das Intereſſe für die Sache ſtets rege erhalten und den Liebhabern Zuſammenkünfte bieten, welche Gelegenheit geben, auch zu kaufen, zu ver⸗ kaufen, zu vertauſchen, und nicht wenige Vögel wechſeln hierbei ihren Herrn. Nicht weniger ausgebildet iſt in Wien die Liebhaberei für andere Sänger. Nachtigall und Sproſſer und vor allem der „gelbe Spotter“ (Gartenſänger) und das „Blattel“ (Plattmönch) ſind hochgeſchätzt. Beſonders ſeit neuerer Zeit beginnt dieſer Zweig der Liebhaberei einen Aufſchwung zu nehmen, welcher jene ſür den Fink etwas in Schatten zu ſtellen ſcheint, und als ſicheres Zeichen für das rege Intereſſe, welches hierfür herrſcht, kann die Bildung eines Vereins „Freunde edler Sänger“ (Vereinslocal: Wien VII, Kaiſerſtraße 82) gelten. Genannter Verein, welcher unter ſeinen Mitgliedern die hervorragendſten Kenner der Vogelgeſangskunde vereinigt, hat ſich, ſeinem Namen entſprechend, zur Aufgabe geſtellt, die Liebhaberei für die beſt— ſingenden Vögel möglichſt zu verbreiten, und ſucht dies durch geſellige Zuſammen— künfte, durch Ausſtellungen ꝛc. zu bewirken. Die ſchwarzköpfige Grasmücke, in Wien nur als „Schwarzblattel“ oder kurz— weg „Blattel“ gekannt, iſt ja bekanntlich einer der beſten unſerer heimiſchen Sänger; in ihrem „kleinen“ Geſange (Vorgeſang) bringt ſie in herrlichſter und täuſchendſter Weiſe Copien der Stimmen anderer Sänger, verwebt mit den eigenen klangvollen Tönen, welche ſich in den „Ueberſchlägen“ zu ihrer höchſten Schönheit entwickeln. Dieſe Ueberſchläge bilden für die Liebhaberei für dieſe Vogelart gewiſſermaßen die Grundlage, indem der Kenner dieſe vielfach wechſelnden Ueberſchläge in verſchiedener Vogelhandel und Liebhaberei in Wien. 463 Weiſe ſchätzt. Auch dieſe werden mit gewiſſen Namen bezeichnet; ſo giebt es den „Haidio“, die beliebteſte Tour, welche in mehrere Unterklaſſen, den „langen“ und „kurzen“, den „hutſcheten“ (ſchaukelnden) und „krawatiſchen“ (kroatiſchen) eingetheilt wird; an dieſe reihen ſich der „Huitio“, der „Verkehrte“ und noch manche andere an. Von einem „Schwarzblattel“, das der Wiener Liebhaber als „Kapacität“ (Prima— Vogel) bezeichnet, verlangt er nebſt einem ſchönen „kleinen“ Geſange, welcher Imi— tationen anderer Vögel, am liebſten größerer, wie das „Büchſnen“ der Amſel (der Ruf, welchen ſie beim Auffliegen hören läßt) enthält, die Ueberſchläge „Haidio“, „Huitio“ und den „Verkehrten“. Solche gute Vögel ſind aber nur ſehr wenige zu finden, denn es iſt eine Thatſache, daß ſich der Geſang dieſer Vogelart in der Frei— heit gegen früher ſehr verſchlechtert hat, namentlich die werthvollſten Ueberſchläge, wie die „Haidio“, nahezu ausgeſtorben find. Von dieſer Thatſache, welche zweifels— ohne jedem, der nicht mit den Myſterien der Vogelgeſangskunde ſehr vertraut iſt, erſtaunlich und unwahrſcheinlich klingt, kann man ſich in Wien leicht überzeugen. Die „guten Blatteln“, welche wir beſitzen, ſind faſt ausnahmslos „abgelernte“; von den alt gefangenen Vögeln bringt dieſe geſchätzten Touren faſt kein einziger mehr, und doch müſſen ſie einmal auch im Freien exiſtirt haben, denn von wo hätten ſie denn ſonſt unſere „Stammvögel“ her? Ein Kunſtproduct ſind dieſe Touren nicht, dafür iſt der Beweis ſchon dadurch erbracht, daß ſie in allerdings ungemein ſeltenen Fällen auch heute noch im Freien zu hören ſind — unter Hunderten von Vögeln vielleicht von einem einzigen —; woran mag dieſe Verflachung des Geſanges alſo liegen? Alte Wiener Liebhaber, wie der in dieſen Kreiſen allgemein bekannte und geſchätzte Vater Langer, erzählen, daß zu „ihrer Zeit“ es „Haidio-Blatteln“ noch in Menge gegeben habe, und ſie ſchreiben die Verſchlechterung des Geſanges dem Umſtande zu, daß durch das ſtarke Ausroden des Unterholzes, wie dies jetzt allgemein geſchieht, die Vögel das Echo ihrer eigenen Lieder nicht mehr hörten und hierdurch geſanglich zurückgingen. Das „Schwarzblattel“ wird dem Liebhaber neben ſeiner Stimme auch durch die große Zahmheit werth, welche Vögel dieſer Art zeigen, und der Wiener Liebhaber forcirt dies beſonders, indem er ſein Blattel „dreſſirt“. Zweck dieſer Abrichtung iſt, den Vogel daran zu gewöhnen, während ſeiner Geſangszeit überall und unter allen Umſtänden zu ſingen, im grünen Wald bei blauem Himmel und lachender Sonne, in reiner friſcher Luft ebenſo wie in der überfüllten Gaſtſtube des Vorſtadtwirths— hauſes um Mitternacht bei Gasbeleuchtung, ungehindert durch die vielen fremden Geſichter, den betäubenden Lärm, den Rauch und Dunſt. Um den Vogel in dieſer Weiſe zu gewöhnen, nimmt ihn der Wiener Liebhaber, welcher die Sache ſportlich betreibt, nachdem er vorher zu Hauſe möglichſt zahm und vertraut geworden iſt, in einem kleinen Käfige, welcher ſich in der Taſche verbergen läßt, an alle möglichen 464 E. Perzina, Vogelhandel und Liebhaberei in Wien. Orte mit, bald ins Wirthshaus, bald in den Wald, alle Augenblicke hängt der Käfig wo anders, bis der Vogel, gegen dieſe Wai ee gleichgültig geworden, über— all ſingt. Es mag für Jemand, der dieſem Treiben ferne ſteht und zufällig in ein gut beſuchtes Vogelgaſthaus geräth, ein abſonderlicher Anblick ſein, wenn die Vögel, in ihren winzigen Käfigen oft mitten auf dem Tiſche zwiſchen den Biergläſern oder gar auf dem Rande eines ſolchen ſtehend, unbekümmert um all' den Lärm jauchzend ihre klangvollen Strophen hinausſchmettern. Die Vögel haben jede Scheu verloren, ſie wiſſen, daß ſie von all' den Menſchen nichts zu beſorgen haben; der echte Wiener Liebhaber hält aber auch auf ſeinen Vogel große Stücke; er betrachtet ihn nicht nur wie ein ſingendes Muſikinſtrument, ſondern betreut ihn mit aller Sorgfalt, und der Vogel ſcheint das zu verſtehen, denn oft findet man ſolche, welche zu ihrem Herrn in ein gewiſſes Freundſchaftsverhältniß getreten ſind, wie man das öfters bei ſehr zahmen Papageien, welche ſich an eine beſtimmte Perſon angeſchloſſen haben, ſehen kann; jeden Zuruf ihres menſchlichen Freundes beantworten ſie, tritt er zum Käfig heran, ſo giebt der kleine Befiederte durch Anſingen ſeiner Freude Ausdruck. Be⸗ ſonders oft trifft man dieſen höchſten Grad der Zahmheit bei dem Gartenſänger, dem „gelben Spotter“ des Wiener. Auch die Liebhaber der Schwarzblatteln und gelben Spotter haben ihre dieſen Lieblingen gewidmeten Special-Ausſtellungen. Bei der Prämiirung auf dieſen kommt es neben Güte des Geſanges beſonders darauf an, daß der Vogel ſchneidig und aus— dauernd iſt, ſich nicht von den andern ſingenden Vögeln „drücken“ läßt, ſondern mit dieſen den Wettſtreit aufnimmt, und erſt dann aufgiebt, bis er völlig erſchöpft iſt. Die Vögel hierzu — dies gilt faſt ausſchließlich für die Gartenſänger und ſchwarz⸗ köpfigen Grasmücken — zu gewöhnen, ſie „keck“ zu machen, iſt Sache der ſogenannten „Hetze“. Dieſe beſteht darin, daß der bereits „dreſſirte“ Vogel, welcher überall ſingt, an Orte mitgenommen wird, wo er auf einmal ſehr viele Vögel ſeiner Art hören kann. Zu dieſem Zwecke veranſtalten die Liebhaber unter ſich meiſt Sonntags früh in gewiſſen Gaſthäuſern Zuſammenkünfte, wo jeder ſeine Vögel mitnimmt. Erſcheint nun ein Vogel das erſte Mal bei ſolch einer „Hetze“, ſo ſchweigt er gewöhnlich, denn das laute Schlagen der bereits gewöhnten „Hetzvögel“ ängſtigt und verſchüchtert, „drückt“ ihn. Beim zweiten oder dritten Debut wird ein ſchneidiger Vogel bereits leiſe ſingen, und nachdem er erſt einige Male mitgenommen worden iſt, ſcharf ſchlagen. Von andern Vogelarten wird kaum eine „dreſſirt“; allenfalls noch die Garten- grasmücke, der „graue Spotter“; überhaupt erſtreckt ſich die allgemeinere Liebhaberei nur auf „Schwarzblattel“ und „Spotter“, die übrigen Weichfreſſer, von denen die ſelteneren beſonders als „Specialitäten“ bezeichnet werden, werden nur wenig gehalten, doch ſind ſie alle wohl bekannt, was am beſten daraus zu erſehen iſt, daß faſt jede Art Rudolf Blaſius, Die Steppenweihe in Deutſchland. 465 ihren mehr oder minder charakteriſirenden Vulgärnamen, oft ſogar deren mehrere be— ſitzt, ja daß ſelbſt die verſchiedenen Lautäußerungen ihre „techniſchen“ Namen haben! So wird z. B. der Ruf, welchen die Amſel beim Auffliegen hören läßt, als das „Büchſnen“, die andauernde Fortſetzung dieſes Rufes im Gezweige als das „Scheppern“, der Ruf „djuk, djuk“ als „dengeln“ bezeichnet. Die Steppenweihe (Circus pallidus, Sykes) in Deutſchland. Von Profeſſor Dr. Rudolf Blaſius. (Mit einem Buntbild.) Die Weihen bilden eine ganz charakteriſtiſche Gattung der Familie der falfen- ähnlichen Raubvögel. Sie ſind über den größten Theil der neuen und alten Welt verbreitet in einigen 20 Arten und zeichnen ſich aus durch lange Flügel, langen Schwanz und einen Kranz von ſchmalen nach dem Ende zu erweiterten, ſtumpf— gerundeten Federn an den Kopfſeiten, den ſogenannten „Schleier“. — In ihrer Lebensweiſe unterſcheiden ſie ſich dadurch von anderen Tag-Raubvögeln, daß ſie offene unbewaldete Gegenden, namentlich ſumpfiger Natur vorziehen, meiſtens niedrig über der Erde hinfliegen und ihr Neſt am Boden bauen. Die Eier ſind bläulich weiß, von breit elliptiſcher Form, zuweilen mit wenigen bräunlichen Flecken geziert, die Schaale gegen das Licht bläulichgrün durchſcheinend. Ihre Nahrung beſteht in kleinen Säugethieren, Vögeln (namentlich Jungen), Reptilien, Inſekten, Fiſchen und Vogeleiern, und können ſie der Jagd, namentlich an Teichen und Sümpfen, ſehr ſchädlich werden. In Deutſchland kommen 4 Arten vor: 1. die Rohrweihe (Cireus aeruginosus, Linn.), 2. die Kornweihe (Cireus eyaneus, Linn.), 3. die Wieſenweihe (Cireus eineraceus, Mont.), 4. die Steppenweihe (Cireus pallidus, Sykes), die uns Herr Kleinſchmidt im beifolgenden Bilde nach einem am 28. April 1891 bei Daubitz unweit Rietſchen in Schleſien von Herrn Hilfsförſter Stephan geſchoſſenen zweijährigen Männchen dargeſtellt hat. Das Exemplar ward durch unſer Mitglied, Herrn William Baer an Herrn Flöricke geſandt. In der Färbung zeichnen ſie ſich alle dadurch aus, daß die alten Männchen helleres, mehr oder weniger bläulich grauweißes und die Weibchen und die jüngeren Vögel dunkleres bräunliches Gefieder haben. Zunächſt laſſe ich aus meinem Manuſcripte der Fortſetzung des von meinem Vater unvollendet gelaſſenen Werkes, „Die Wirbelthiere Deutſchlands“ (II. Band ; 32 0 EN 8333 > 3 * a 466 Rudolf Blaſius, Die Vögel), die ausführlichen Meſſungen (in Centimetern) und Beſchreibungen der 4 deutſchen Weihenarten folgen. | 1. Circus aeruginosus (die Rohrweihe). | | | 5 3 25 25 S _ 5 = Daumen | Mittelzehe = Fundort > a 89% 2 und und = — = „ & und — a S = en = deſſen deren 8 Zeit S * e e — Nagel Nagel 5 | ad. P 56,8 | 26,5 7,85 2,56 1,27 9,26 2,3 +2,23 4,00 72,09 41,8 Wolga, Juni. 955,8 | 26,5 8,14 2,30 1,22 9,13 |2,12+2,3 4,08 2,18 43,2 Wolga, April. Der Schnabel iſt verhältnißmäßig ſtark und ziemlich geſtreckt, von der Wurzel an ziemlich ſtark abſchüſſig, am Kieferrande vorn unter den Naſenlöchern flachbogig ausgebuchtet, vor den Naſenlöchern ſtumpfbogig faſt zahnartig vorſpringend, der Haken allmählig nach vorn verſchmälert und ziemlich ſtark abwärts gebogen; ab⸗ gerundeter Unterkiefer ohne Einbucht; die Naſenlöcher länglich rund, längsliegend, mit dem faſt geradlinigen oberen Rande parallel der Firſte. Die Füße ſind ſehr hoch und mäßig ſtark mit äußerer Bindehaut; der Lauf hinten bis zu den Ferſen nackt, vorn ein Drittel der Höhe befiedert, die ziemlich kurzen Hoſen ragen bis un⸗ gefähr zur Laufmitte; die Vorderſeite des Laufes iſt mit 14 bis 16 großen, meiſt umfaſſenden, oben zuweilen ſchief getheilten Queertafeln beſetzt; auf der Rückſeite des Laufes 18 bis 20 weniger breite, meiſt ſchief begränzte große Tafeln; die Außen⸗ und Innenſeite des Laufes und die Wurzel der Zehen oben genetzt, auf der Mittel⸗ zehe 12 bis 16, auf der Außenzehe 6 bis 8, auf der Innenzehe und dem Daumen 4 oder 5 umfaſſende Queertafeln, die an den Zehengelenken zuweilen getheilt find. Auf den Zügeln ein Wirbel von Borſtenfedern, die über die Naſenlöcher und Firſte weit hinausragen. Kopf- und Halsfedern ziemlich ſchlank zugeſpitzt. Ein Schleier oder Kreis von etwas ſtumpfer zugeſpitzten ſtarren Federn hinter der Ohrgegend queer über die Halsſeiten, vorn unterbrochen; Nackenfedern ſtumpf zugeſpitzt; das übrige Gefieder abgerundet. Der Flügel iſt ziemlich ſchlank und ſpitz, die 3. und 4. Schwungfeder bildet die Flügelſpitze; die 2. bis 5. auf der Außenfahne bogig verengt, die 1. bis 4. auf der Innenfahne winklig eingeſchnitten; die 1. Mittel⸗ ſchwinge iſt faſt 3 em größer als die oberen Deckfedern; die innere Winfel- einſchnürung der 1. Schwungfeder liegt in der Regel zwiſchen der Spitze der oberen Deckfedern und der 1. Mittelſchwinge und ragt oft nur wenig über die oberen Deckfedern hinaus. Die Hinterſchwingen enden zwiſchen der Spitze der 7. und 8. Schwungfeder. Die Reihenfolge der Schwungfedern der Größe nach iſt folgende: 3. 4 5 22 5 — 6 1277 >iH > > lO DEN Der abgerundete Schwanz hat 12 ziemlich breite, am Ende abgerundete Schwanzfedern. Ornith. Monatsschrift d. Deutschen V. z.S.d. Vogelwelt IV. Chromolith. Gustav Reue en Gera- e Die Steppenweihe Lircus pal | idus (Sykes) = | | | | | | | | | 1 Die Steppenweihe in Deutſchland. 467 Die Färbung und Zeichnung iſt nach dem Alter und Geſchlecht verſchieden. Altes Männchen im friſchen Herbſtkleide: Die Federn des Kopfes und Hinterhalſes ſind roſtweißlich mit langen ſpitzen dunkelbraunen Schaftflecken. Die Rückſeite dunkelroſtbraun mit heller roſtfarbig abſchattirten Federrändern, die kleinen oberen Flügeldeckfedern hell röthlich roſtfarbig mit dunkler Schaftgegend, am Flügel— rand heller roſtgelblich, die mittleren oberen Flügeldeckfedern und die langen Schulter- federn dunkelbraun mit heller roſtfarbiger Kante, die langen oberen Flügeldeckfedern weißlich aſchgrau. Die oberen Schwanzdeckfedern weiß oder weißlich, vor der hellen Spitze und beſonders auf der Innenfahne aſchgrau getrübt und geſprenkelt. Auf der Unterſeite am Kinn weiß mit braunen Schaften, vom Kinn bis auf die Vorder— bruſt breite, langzugeſpitzte braune Schaftflecke, mit roſtweißlichen Federkanten, die auf der Vorderbruſt häufig vorherrſchen, auf der Hinterbruſt und dem Bauche weit dunklere rothbraune Federn mit ſchmalen roſtgelblichen Fecken an den Federkanten, ſonſt einfarbig rothbraun; Fußbefiederung und Hoſen faſt gleichmäßig rothbraun mit ſehr ſchmalen verwaſchen roſtbraunen Randſtrichen; untere Schwanzdeckfedern dunkel- braun mit roſtweißlich geſprenkelter Spitze und weißem Grunde. Die unteren Flügeldeckfedern weiß, die kleinen roſtgelblich mit braunen Schaftſtrichen. Die größten Schwungfedern braunſchwarz, auf der Innenfahne gegen die Mitte heller, grob geſprenkelt; auf der verdeckten erweiterten Innenfahne und Baſis weiß; die folgenden und die Mittelſchwingen aſchgrau, auf der Innenfahne nach der Baſis hin weiß; die langen Hinterſchwingen dunkelbraun, auf der Innenfahne und nach der Baſis heller grau, grob gewäſſert. Die Schwanzfedern einfarbig, oben hellroſtfarbig, aſchgrau mit heller Spitze, unten grauweißlich, auf der Innenfahne heller weißlich. Bei jüngeren Männchen im Mittelkleide iſt weniger Grau auf dem Oberflügel zu ſehen, die oberen Schwanzdeckfedern ſind vorherrſchend bräunlich ge— färbt, die unteren Flügeldeckfedern roſtweiß mit braunen Schaftſtrichen und Flecken. Die großen Schwungfedern von der Spitze an weiter hinauf dunkel gefärbt, mit weniger Weiß an der Baſis. Im Frühlinge iſt das Gefieder beider eben beſchriebenen Männchenkleider abgerieben, die Federn auf dem Kopfe und Halſe ſehr lang zugeſpitzt, auf dem Scheitel meiſt bis zu den dunklen Schaften in der Endhälfte abgenutzt. Der Vorder- kopf einfarbig weiß, mit faſt nadelförmig vorſtehenden dunklen Federſchaften; am Hinterkopfe ſind von den Federn etwas breitere ſchmallanzettliche dunkle Schaftflecke ſtehen geblieben. Die Oberſeite mattbraun mit ſchmalen abſchattirten Federrändern. Bruſt⸗, Bauch-, Weichen⸗ und untere Schwanzdeckfedern durch Abreiben der roſt— gelblichen Federränder einfarbig braunroth. Die alten Weibchen haben ein weit dunkleres Gefieder. Oberſeite faſt gleich— mäßig dunkelbraun mit etwas hellerem Kopfe und Hinterhalſe. Die oberen Schwanz— 32 * 468 Rudolf Blaſius, deckfedern rothbraun, nach der Seite und der Baſis heller roſtröthlich. Ohrgegend dunkelrothbraun. Die Unterſeite etwas heller braun als die Oberſeite, auf der Bruſt zuweilen vorherrſchend weiße Federkanten, die unteren Flügeldeckfedern hellroſtröthlich, zuweilen in's Weißliche mit dunkelrothbraunen Schaftflecken. Auf den großen oberen Deckfedern am Flügelrande und den Schwungfedern wenig aſchgrau; die großen Schwungfedern auf der erweiterten Innenfahne blaßroſtgelblich mit Braungrau ge⸗ ſprenkelt, an der Innenkante faſt grau, nach der Baſis roſtweißlich. Die Schwanz⸗ federn röthlichgrau, um den Schaft und auf der Innenfahne hellroſtröthlich und graubraun längs- und queergefleckt und geſprenkelt. In der Sammlung des Herzogl. Naturhiſtoriſchen Muſeums zu Braunſchweig befindet ſich ein altes Weibchen, ge⸗ ſchoſſen im April an der Wolga, mit hellroſtweißlichen Achſelfedern, die mit ſchmalen dunkelbraunen Schaftſtrichen und -Flecken verſehen ſind. Dieſes Exemplar ähnelt ſehr dem von Naumann Taf. 37 abgebildeten Weibchen. — In der aſchgrauen Färbung des Oberflügels, der Zeichnung der Schwanz⸗ federn und der Geſammtfärbung zeigen ſich vielfache Unterſchiede und Annäherungen an nicht ganz klar ausgefärbte Männchen. Jung: Das Gefieder iſt vorherrſchend dunkelſchwarzbraun; Stirn, Scheitel und Genick und jederſeits vom Unterkiefer an der Halsſeite hinab ein rundlicher am Kinn durchgehender Längsfleck von roſtgelber oder roſtröthlicher Färbung. Im Nacken und auf der Kropfgegend roſtgelbe ſeitliche Federkanten; auf der übrigen Oberſeite, den oberen Schwanzdeckfedern, der Bruſt, dem Bauche, den Weichen, den Hoſen und unteren Schwanzdeckfedern hellroſtröthliche, ziemlich ſcharf abgeſetzte Endkanten. Die unteren Flügeldeckfedern ſchwarzbraun, die kleinen mit roſtröthlichen Kanten, die großen einfarbig graubraun. Die Schwungfedern braunſchwarz, unten graubraun, die großen nach der Baſis hin auf der Innenfahne etwas heller, ſehr fein, grau⸗ roſtfarbig gewäſſert. Schwanzfedern einfarbig, oben mattbraunſchwarz, unten braun⸗ grau, nach der äußerſten Baſis hin etwas heller, mit roſtröthlicher Spitze. Das Dunenjunge zeigt auf dem Kopfe, am Nacken und am Kropfe weißliche, im Uebrigen, namentlich an den Seiten des Rumpfes hellroſtfarbige Dunen. Die Borſtenfedern auf den Zügeln ſehr deutlich, die Art an der oben angegebenen cha— rakteriſtiſchen Anzahl von Queertafeln an Lauf und Zehen zu unterſcheiden. Die Weibchen ſind etwas größer als die Männchen. Wachshaut und Füße blaßgelb. Schnabel grünbläulich mit ſchwarzer Spitze. Krallen ſchwarz, Iris gelb, in der Jugend braun. 2. Circus eyaneus (die Kornweihe). Der Schnabel iſt ſchwach und ziemlich kurz, von der Wurzel an ſtark ab— ſchüſſig, am Kieferrande unter den Naſenlöchern flachbogig ausgebuchtet, vor den i Die Steppenweihe in Deutfchland. 469 * — ae | | | N | = 2 S8 „ | | | Daumen | Mittelzehe 3 Fundort 5 — S OD 2 | und und = — = 2 — | & | | | SS und — 2 Bee 5 Be — deſſen dereu zZ Zeit S | le ea Nagrl Nagel 2 ad. & 49,0 23,00 6,45 1,0 — | 6,90 |1,55-+1,70 3,04. 1,52 33,3 Goslar, i | | | | 8. April 1857. Ad. | 47,5 23,00 5,90 | 148 | — 6,94 |1,60-+1,72|2,88-+1,4 | 33,4 Veckenſtedt, ; | | | | 1. Okt. 1851. ad. Q 53,5 25,00 6,80 1,80 | 0,82 | 7,84 2,20 2,02 3,12 1,83 38,3 Braunſchweig j | | | | | Naſenlöchern ſtumpfbogig vorſpringend mit ſcharfem allmählich verſchmälertem, ſchief abwärts verjüngtem Haken und vorn verſchmälert abgerundetem Unterkiefer ohne Einbucht; die Naſenlöcher länglich rund, längsliegend, mit dem faſt geradlinigen oberen Rande parallel der Firſte. Die Füße ſind ziemlich hoch und ſchlank, mit äußerer Bindehaut; die Läufe hinten nackt, vorn ein Drittel der Höhe befiedert, die ziemlich langen Hoſen reichen etwas über die Laufmitte hinab; die Vorderſeite des Laufes mit 15 bis 18 umfaſſenden, die Rückſeite mit 12 bis 14 großen Tafeln beſetzt; die Rückſeite in der oberen Hälfte und unten an den Zehen, und die Außen— und Innenſeite des Laufes und die Wurzel der Zehen oben genetzt; oben auf der Mittelzehe 14 bis 18, der Außenzehe 6 bis 8, der Innenzehe und dem Daumen 5 umfaſſenden, an den Gelenken zuweilen getheilten Queertafeln. Auf den Zügeln ein Wirbel von Borſtenfedern, die dicht über die Naſenlöcher und über die Firſte weit hinausragen. Die Federn auf dem Kopf und Halſe, und die des Vorderrückens ſtumpf zugeſpitzt; ein Schleier oder Kreis von länglich runden ſtarren Federn hinter der Ohrgegend queer über die Halsſeite bis auf das Kinn; die übrigen Federn gerundet. Der Flügel iſt ziemlich ſchlank und ſpitz, die 3. und 4. Schwungfeder bilden die Flügelſpitze, die 2. bis 5. auf der Außenfahne bogig vermengt, die 1. bis 4. auf der Innenfahne winklig eingeſchnitten; die 1. Mittelſchwinge iſt ungefähr 2,5 Centimeter größer als die oberen Deckfedern; die innere Winkeleinſchnürung der 1. Schwungfeder liegt an der Spitze der langen oberen Deckfedern; die Hinterſchwingen eudeu gegen die Spitze der langen oberen Deckfedern und gegen die Spitze der 8. Schwungfeder. Die Reihenfolge der Schwungfedern der Größe nach iſt folgende: 3 2 6 l= N H= 8. . 10 MSD. Der ſehr ſchwach abgerundete, faſt gerade une m 12 ziemlich ſchlanke, am Ende abgerundete Schwungfedern. — Die Färbung und Zeichnung iſt nach dem Alter und Geſchlecht verſchieden. Alt: Männchen. Die alten Männchen haben vorherrſchend blaugraue Ober— ſeite und Vorderhals und weiße Unterſeite. — Die Federn des Kopfes und der Ober— ſeite ſind hellblaugrau, vor der weißlichblau abſchattirten Endkante etwas dunkler, 470 Rudolf Blafius, ſchwärzlich grau, bei jüngeren Exemplaren braungrau getrübt. Die oberen Schwanz⸗ deckfedern rein weiß. Der Vorderhals vom Kinn bis auf die Kropfgegend licht— blaugrau, die übrige Unterſeite weiß, vorn an den Bruſtſeiten und Weichen mattgrau oder bei jüngeren Vögeln mattroſtröthlich und graugeſprenkelt, hinten auf der Bruſt bis zu den untern Schwanzdeckfedern und Hoſen rein weiß. Die unteren Flügel⸗ deckfedern rein weiß; die langen unteren Ellenbogenfedern mit ſehr ſchmalen, dicht⸗ ſtehenden mattgrauen Queerbinden, bei alten 4 bis 6, bei etwas jüngeren 12 über die ganze Feder vertheilt. — Die großen Schwungfedern in der Endhälfte braun⸗ ſchwarz, in der Wurzelhälfte auf der Innenfahne weiß, nach der Mitte zu etwas geſprenkelt; die Außenfahne und Spitze oben grau überflogen. Die Schwungfedern von der 7. an und die Mittelſchwingen auf der Außenfahne und an der Spitze aſchgrau, mit weißer Innenfahne; die großen Schwungfedern grau. Die mittleren Schwanzfedern und die äußeren auf der Außenfahne oben lichtbläulich aſchgrau, die Innenfahne der äußeren weiß; mit 7 oder 8 unterbrochenen mattgrauen Queerbinden. Die Männchen im Mittelkleide und die alten Weibchen ſind oben braungrau, auf dem Kopfe, Hinterhalſe und den oberen Flügeldeckfedern hellroſtgelblich oder roſtweißlich gefleckt durch die helleren Federränder. Der weißliche Augenſtreif geht in den hellen Nackenfleck und den weißgefleckten Schleier allmählig über. Die oberen Schwanzdeckfedern ſind weiß. Unterſeite iſt weiß, auf Kropf, Bruſt und Weichen mit breiten roſtbräunlichen Schaftflecken, auf der Hinterbruſt ſchmalere dunkelbräunliche, auf den Bauch —, unteren Schwanzdeckfedern und Hoſenfedern erloſchene braunröthliche Schaftſtriche. Die unteren Flügeldeckfedern braunröthlich längsgefleckt, die langen graubraun queergefleckt. Die Schwungfedern oben graubraun, unten weißlich mit dunkelbraunen Queerbinden. Die Schwanzfedern unten roſt⸗ weißlich, oben weißlichgrau mit 5 oder 6 dunkelbraunen Queerbinden, die auf der Außenfahne roſtröthlich werden. Die jungen Vögel unterſcheiden ſich von den alten Weibchen und einjährigen Männchen nur durch dunklere roſtbraune Oberſeite, mit roſtröthlichen ziemlich ſcharf abgeſetzten Flecken oder Federkanten auf dem Hinterhalſe und den oberen Flügel— deckfedern, hellroſtfarbige ziemlich ſcharf abgeſetzte Endkanten der langen Schulter- und oberen Deckfedern, durch roſtröthliche Unterſeite, vorn mit graubraunen breiten Schaftflecken, auf dem Bauche und den Hoſen mit braunröthlichen ſchmalen Schaft- ſtrichen, auf den unteren Schwanzdeckfedern röthlichbraune Schafte und ſtärker roſt— farbig überflogenen Unterflügel, und roſtröthlich und dunkelbraun gebänderten Schwanz. Das Du nenjunge zeigt auf der Oberſeite hellroſtfarbige, unten und am Nacken— flecke hellere weißliche graue Dunen. Die Borſtenfedern auf den Zügeln ſehr deutlich, die Art an der oben angegebenen charakteriſtiſchen Anzahl von Queer⸗ tafeln an Lauf und Zehen zu unterſcheiden. Die Steppenweihe iu Deutſchland. 471 Die Weibchen ſind größer als die Männchen. Wachshaut und Füße ſind gelb. Schnabel ſchwarz, an der Wurzel bläulich. Iris gelb, in der Jugend braun. 3. Circus eineraceus (die Wieſenweihe). o | * 3 1 = a = |? „ 2 8 Daumen Mittelzehe = und o 8 2 und und = eR = 58 & = und = a SSW SS 2 & — deſſen deren 85 55 h 8 8 Zeit D = D e& a Nagel Nagel 5 D ad. | 47,0 23,00 5,93 1,60 | 0,92 | 6,42 1411,39 2,95+1,30| 37,5 Hildesheim, | | | | 13. Juli 1875. Som 46,2 23,50 | 5,70 | 1,54 | 0,92 608 1,86+1,32 2,56+1,28 | 37,8 Hildesheim, 2ten | | 13. Juli 1875. | I Der Schnabel iſt ſchwach und ziemlich kurz, von der Wurzel an ſtark ab- ſchüſſig, am Kieferrande unter den Naſenlöchern flachbogig ausgebuchtet, vor den Naſenlöchern ſtumpfbogig vorſpringend, mit ſcharfem, allmälig verſchmälerten ſchief abwärts vorgeneigtem Haken und vorn abgerundetem verſchmälerten Unterkiefer, ohne Einbucht; die Naſenlöcher länglich rund, längs liegend, mit dem faſt gradlinigen oberen Rande parallel der Firſte. Die Füße ſind ziemlich hoch und ſehr ſchlank, mit äußerer Bindehaut; die Läufe hinten nackt, vorn kaum ein Viertel der Höhe befiedert, die ziemlich kurzen Hoſen ragen bis ungefähr zur Laufmitte; die Vorder— ſeite des Laufes mit 14 oder 15 umfaſſenden Tafeln, die Rückſeite mit 9 oder 10 großen Tafeln beſetzt und oben und unten genetzt: die Wurzeln der Zehen oben genetzt; auf der Mittelzehe 15 bis 17, der Außenzehe 8 bis 10, der Innenzehe und dem Daumen 6 oder 7 umfaſſende Queertafeln. Auf den Zügeln ein Wirbel von Borſtenfedern, die über die Naſenlöcher und Firſte hinaus vorragen. Die Federn auf dem Kopfe, Vorderhalſe und dem Vorderrücken ſtark zugeſpitzt: ein Schleier oder Kranz von länglich runden, ſtarren Federn hinter der Ohrgegend queer über die Halsſeiten, der am Kinn nicht durchgeht; das übrige Gefieder abgerundet. Der Flügel ſehr ſpitz, die 3. Feder bildet die Flügelſpitze; die 2. und 4. etwas kleiner und unter ſich faſt von gleicher Größe; die 2. bis 4. Schwungfeder auf der Außen— fahne bogig verengt, die 1. bis 3. auf der Innenfahne winklig eingeſchnitten; die 1. Mittelſchwinge iſt von der Länge der oberen Deckfedern, und die innere Winkel— einſchnürung der erſten Schwungfeder ragt 3 bis 4 Centimeter über die oberen Deckfedern und kleinſten Mittelſchwingen hinaus; die Hinterſchwingen enden zwiſchen der Spitze der 7. und 8. Schwungfeder. Die Reihenfolge der Schwungfedern der Größe nach iſt folgende: r He MD. — 472 Rudolf Blaſius, Der ſchwach gerundete Schwanz hat 12 ziemlich ſchlanke, am Ende abgerundete Schwanzfedern. | Die Färbung und Zeichnung iſt nach dem Alter und Geſchlecht verſchieden. Die alten Männchen haben eine vorherrſchend aſchgraue Oberſeite und Vorderhals, und braunroth gefleckte Unterſeite. Kopf und die ganze Oberſeite bis auf den Bürzel bläulich aſchgrau, die Ränder und Enden der Federn dunkler ſchwärzlich grau, auf dem Nacken faſt einfarbig ſchiefergrau, die oberen Flügel⸗ deckfedern heller lichtaſchgrau. Die oberen Schwanzdeckfedern lichtbläulichgrau mit breiter weißer, meiſt verdeckter Baſis, und weißlich abſchattirtem Ende. Unterſeite vom Kinn bis auf die Oberbruſt lichtblaugrau; Hinterbruft, Weichen, Bauch- und untere Schwanzdeckfedern und Hoſen weiß mit roſtrothen ſtellenweiſe erweiterten Schaftſtrichen, die nach dem Hinterkörper hin ſchmaler werden; die Füße weiß; die unteren Schwanzdeckfedern nach der Spitze weißbläulich. Die unteren Flügeldeck⸗ federn weiß, die mittleren mit einzelnen roſtrothen Schaftſtrichen, die großen braun⸗ grau queergebändert; die langen unteren Ellbogenfedern weiß mit 4 bis 5 breiten roſtrothen Queerbinden. Die großen Schwungfedern bis zur Wurzel hin braunſchwarz einfarbig, nach der äußerſten Baſis wenig heller, an der Spitze heller abſchattirt; von der 4. oder 5. an auf der Innenfahne längs dem Schafte etwas heller grau— braun, von der 8. an aſchgrau; die Mittelſchwingen licht weißgrau mit weißen End⸗ kanten, breiter weißer Innenkante und einer unverdeckten ſchwarzen Queerbinde nach der Baſis hin, die Hinterſchwingen braungrau. Der Schwanz oben lichtaſchgrau, unten gebändert; die Mittelfedern und Außenfahne der übrigen aſchgrau; auf der Innenfahne weiß, nach außen hin bis über den Schaft hinaus, die äußeren Federn mit 5 roſtröthlichen, nach der Spitze zu grauen, die übrigen bis auf die Mittelfedern mit 5 dunkelſchwarzbraunen Queerbinden durchzogen. Jüngere Männchen im Mittelkleide haben noch eine roſtbräunliche Oberſeite mit hellroſtröthlichen Federkanten auf dem Kopfe, Genick und den oberen Flügel⸗ deckfedern und eine roſtweißliche Unterſeite mit röthlichbraunen Schaftſtrichen, und gebänderte Schwungfedern. Das Gefieder der alten Weibchen iſt vorherrſchend roſtbraun, auf dem Scheitel, dem Hinterhals und den mittleren oberen Flügeldeckfedern mit breiten roſtröthlichen Seitenkanten, übrigens mit etwas trübroſtfarbig abſchattirten Enden. Die oberen Schwanzdeckfedern am Grunde weiß mit breiten aſchgrauen Enden vor der weißlichen Spitze und dunkelbraune Schaftſtriche. Unterſeite roſtgelb mit dunklen Schaftſtrichen, die am breiteſten und ſchärfſten und roſtbraun auf der Bruſt, am matteſten, verwiſchter und roſtröthlich nach hinten hin werden. Unterflügel roſtgelb, die kleinen unteren Flügeldeckfedern mit rothbraunen Schaftſtrichen, die mittleren mit breiten rothbraunen Queerflecken, die großen graubraun gebändert; Die Steppenweihe in Deutfchland. 475 die langen unteren Ellbogenfedern rothbraun gebändert. Die Schwungfedern aſchgrau, auf der Innenfahne in der Wurzelhälfte roſtgelb, mit dunklen ſchwarzbraunen Queerbinden am Ende. Die mittleren Schwanzfedern grau, die äußeren allmählig weiß mit 4 oder 5 dunkelbraunen, nach den äußeren zu allmählig roſtröthlichen Queerbinden. Das abgeriebene Gefieder im Frühjahr iſt heller, und oben mehr fahlbraun. Jung: Oberſeite dunkelroſtbraun, auf dem Scheitel und im Nacken mit roſt— röthlichen Federrändern, auf dem Flügel und langen Schulterfedern und im Nacken mit roſtröthlichen ſcharfen Endkanten. Stirn, Gegend unter dem Auge und ein Streif über dem Auge roſtweiß, der helle Augenſtreif erweitert ſich nach hinten in einen breiten roſtgelben Genickfleck und geht hinter der ſchwarzbraunen Ohrgegend in den hellroſtröthlichen Schleier über. Obere Schwanzdeckfedern weiß mit roſtröth— lichen Enden. Kinn roſtweiß, die übrige Unterſeite roſtroth, auf der Kropfgegend mit breiten dunkelbraunen, auf Bruſt und Weichen mit ſchmalen hellbraunen Schaft— ſtrichen; Bauch- und untere Schwanzdeckfedern mit rothbraunen Schaften. Unter— flügel voftrpth, die mittleren unteren Flügeldeckfedern mit breiten rothbraunen Schaft— flecken, die großen braunqueergebändert; die langen Ellbogenfedern roſtroth mit hell— roſtgelblichen Queerflecken; Schwungfedern braunſchwarz mit hellroſtfarbiger Spitze, roſtgelblicher erweiterter Innenfahne mit braungrauen Innenkanten und dunkelbraunen Queerbinden. Die mittleren Schwanzfedern auf grauem, die äußeren auf roſtrothem Grunde dunkelbraun gebändert. Der Schwanz auf der Unterſeite heller als oben. Die Weibchen ſind größer als die Männchen. Wachshaut und Füße gelb. Schnabel ſchwarz, an der Wurzel bläulich. Krallen ſchwarz. Iris gelb, in der Jugend braun. 4. Circus pallidus (die Steppenweihe). 5 | Entfernung Entfernung | o Q | . 4 * Danmen Mittek „ zwiſchen zwiſchen F 72 5 1 = oberen den Fundort 8 und und = | Dedfedern oberen und ze ME 2 deſſen deren und Ein⸗ Deckfedern 8 „„ ee 5 ſchnürung und Zeit S Nagel Nagel — | der erften der erſten & Schwinge Schwinge & 43,31 121,88 6,04 1,65 6,96 1,69 1,84 2,84 146 35,87 0 7,66 Spanien. d 43,99 22,11 | | 34,51 0 17 850 | Schweiz & 143,31 21,66 34,28 0 7,66 Sudeten. d 44,66 21,66 33,38 0 7,54 Kafferland. 2 49,41 23,01 7777 1,99 3,27 37,44 0 9,02 Schleften. 2 50,08 23,46 36,54 0 9,02 Käafferland. Der Schnabel ift ſchwach und ziemlich kurz, von der Wurzel an ftarf ab- ſchüſſig, am Kieferrande unter den Naſenlöchern flachbogig ausgebuchtet, vor den 474 Rudolf Blaſius, Naſenlöchern ſtumpfbogig vorſpringend, mit ſcharfem allmählig verſchmälertem, faſt ſenkrecht abgebogenem Haken und vorn verſchmälertem abgerundetem Unterkiefer ohne Einbucht; die Naſenlöcher länglichrund, längsliegend, mit dem faſt gradlienigen oberen Rande parallel der Firſte. Die Füße ſind ziemlich hoch und ſehr ſchlank, mit äußerer Bindehaut; die Läufe hinten nackt, vorn ungefähr ein Viertel der Höhe befiedert, die ziemlich kurzen Hoſen ragen bis ungefähr zur Laufmitte; die Vorder⸗ ſeite des Laufes mit 16 bis 18, die Rückſeite mit 10 bis 14 großen Tafeln beſetzt, in der oberen Hälfte und über den Zehen genetzt; die Außen- und Innenſeite des Laufes und die Baſis der Zehen genetzt; auf der Mittelzehe 13 bis 16, der Außenzehe 6 bis 8 und der Innenzehe und dem Daumen 4 oder 5 umfaſſende Queertafeln. Auf den Zügeln ein Wirbel von Borſtenfedern, die weit und dicht über Naſenloch und Firſte hervorragen. Die Federn am Kopfe, Halſe und auf dem Vorderrücken ſtumpf zugeſpitzt. Ein Schleier oder Kreis von länglichrunden ſtarren Federn hinter der Ohrgegend queer über die Halsſeite bis zum Kinn; die übrigen Federn ſind abgerundet. Der Flügel iſt ziemlich ſchlank und ſpitz, die 3. und 4. Schwungfeder bilden die Flügelſpitze; die 2. bis 4. Schwungfgder iſt auf der Außenfahne bogig eingeſchnürt, die 1. bis 3. auf der Innenfahne winklig einge⸗ ſchnitten; die 1. Mittelſchwinge hat die Länge der oberen Deckfedern, und die innere Winkeleinſchnürung der 1. großen Schwungfeder geht über die Spitze der oberen Deckfedern und 1. Mittelſchwinge nicht merklich hinaus; die Hinterſchwingen enden ungefähr gegen die Spitze der 7. Schwungfeder. Die Reihenfolge der Schwungfedern der Größe nach iſt folgende: | 3.4 2 5 > sa > He pr an u Zn Der ſehr ſchwach gerundete faſt gerade Schwanz hat 12 ziemlich ſchlanke, am Ende abgerundete Schwanzfedern. Die Färbung und Zeichnung iſt nach dem Alter und Geſchlecht verſchieden Die alten Männchen haben eine weißlich blaugraue Oberſeite und ganz weiße, nur am Vorderhalſe bläulichgrau getrübte Unterſeite. Die Federn der Ober— ſeite und des Scheitels ſind weißlich blaugrau, nach den Rändern etwas dunkler ſchwärzlich grau getrübt; bei nicht ganz ausgefärbten ſtehen im Genick noch einige roſtfarbige, weiß gerandete Federn. Die oberen Schwanzdeckfedern blaugrau und weiß gebändert, oder mit breitherzförmigen Queerflecken. Die Unterſeite rein weiß, nur die Kropfgegend blaßblaugrau getrübt, bei etwas jüngeren ſtärker grau getrübt. Die unteren Flügeldeckfedern rein weiß. Die langen unteren Ellbogenfedern rein weiß, bei etwas jüngeren mit 8 oder 9 erloſchenen grauen winkeligen ſchmalen Queerbinden. Die 1. große Schwungfeder faſt ganz weiß, nur auf der Außenfahne und am verſchmälerten Ende grau oder graubräunlich; die 3. bis 5., bei etwas jüngeren die 2. bis 5. Schwungfeder an der Spitze und auf der Innenfahne bis auf die Erweiterung ſchwarzbraun; die Die Steppenweihe in Deutſchland. 475 folgenden Schwungfedern bläulichaſchgrau, mit dunkler breiter weißer Junenfahne. Dadurch erhält der Unterflügel eine vorherrſchend weiße Färbung mit einem ſchmalen ſchwarzen, etwas ſchiefen Längsſtreif. Die mittleren Schwanzfedern licht aſchgrau, die äußeren ſämmtlich weiß, mit 7 oder 8 braungrauen, nach außen allmählig roſt— röthlich überflogenen Queerbinden. Die Männchen im Mittelkleide ſind auf der Dberfeite vorherrſchend braun, mit roſtröthlichen Federrändern auf den Kopfe und im Genick und heller fahlroſt— farbigen Federrändern auf dem Oberflügel. Die Unterſeite weiß, am Kopfe grau getrübt, auf der Vorderbruſt roſtröthlich entfernt gefleckt. Die Schwungfedern undeutlich queergebändert. Die alten Weibchen ſind in der Färbung den Weibchen der Wieſenweihen ähnlich, unterſcheiden ſich jedoch durch die Zeichnung der oberen Schwanzdeckfedern und durch die queerbindenartig erweiterten Schaftflecke der Bauch- und Hoſenfedern. Die Oberſeite iſt roſtbraun, auf dem Scheitel, dem Hinterhalſe und den mittleren oberen Flügeldeckfedern mit roſtröthlichen Federkanten gefleckt, übrigens etwas heller roſtfarbig abſchattirt. Die oberen Schwanzdeckfedern find weiß mit braunen Queer— binden. Die Unterſeite iſt roſtgelblichweiß mit dunklen roſtbraunen ſcharfen Schaft— flecken auf dem Vorderhalſe bis zur Kropfgegend, mit helleren braunröthlichen verwaſchenen Schaftſtrichen auf der Bruſt, die ſich an den Weichen zu breiten Queerflecken erweitern und mit lebhaft roſtrothen, etwas verwaſchenen und abwechſelnd queerbindenartig erweiterten Schaftflecken auf den Bauch- und Hoſenfedern. Die unteren Schwanzdeckfedern hellbraunröthlich, mit etwas lichteren Seiten und dunkleren Schaften. Die kleinen Deckfedern des Unterflügels roſtgelblich mit braunrothen Queerflecken, die mittleren mit braunrothen Queerflecken, die großen graubraun ge— bäudert, die langen unteren Ellbogenfedern rothbraun gebändert. Die Schwungfedern graubraun, mit grauer Außenfahne und weißer Innenfahne mit dunkelbraunen Queerbinden, und kurzer dunkelbrauner Spitze. Die mittleren Schwanzfedern grau, die äußeren allmählig weiß, mit 4 oder 5 dunkelbraunen nach den äußeren hin allmählich roſtröthlichen Querbinden. Die Jungen gleichen faſt ganz in der Färbung denen der Wieſenweihen, doch unterſcheiden ſie ſich durch geringere, oder ganz fehlenden Schaftflecke der Unterſeite. Die Oberſeite iſt dunkelroſtbraun, auf dem Scheitel und dem Nacken mit roſtrothen Feder— rändern; auf dem Rücken, den Flügeln und den langen Schulterfedern mit roſtröthlichen ſcharfen Endkanten. Die Stirn, die Gegend unter den Augen und ein Streif über dem Auge roſtweiß; der helle Augenſtreif erweitert ſich nach hinten in einen breiten roſtröthlichen Genickfleck und geht hinter der ſchwarzbraunen Ohrgegend in den hell— roſtröthlichen Schleier über. Obere Schwanzdeckfedern weiß mit roſtröthlich ange- flogener Spitze, und ſchmalen braunen Schaftſtrichen und braunen Schaften vor der 476 Rudolf Blaſius, Spitze. Das Kinn roſtweißlich; Die Unterſeite röthlichroſtgelb, ganz oder faſt ganz ungefleckt, höchſtens an den Kropfſeiten einige kurze, an den Weichen einige längere erloſchene graubräunliche Schaftflecke. Unterflügel röthlich roſtgelb, die mittleren Deckfedern erloſchen rothbräunlich gefleckt, die längeren graubraun breit gebändert. Die Schwungfedern von oben geſehen braunſchwarz, mit hellroſtfarbiger Spitze, roſtweißlich erweiterter Innenfahne und dunklen Queerbinden. Die mittleren Schwanz⸗ federn grau, die äußeren roſtröthlich, mit 5 oder 6 dunklen Queerbinden; unten heller. Das Dunenjunge zeigt auf der Oberſeite und auf dem Kropfe hellroſtfarbige, auf der Unterſeite und am Nackenflecke hellere weißlich graue Dunen. Die Borſten⸗ federn auf den Zügeln ſehr deutlich, die Art an der oben angegebenen characteriſtiſchen Anzahl von Queertafeln an Lauf und Zehen zu unterſcheiden. Die Weibchen ſind größer als die Männchen. Wachshaut und Füße gelb. Schnabel ſchwarz, an der Wurzel heller. Krallen ſchwarz. Iris gelb, in der Jugend braun. Die größte von allen deutſchen Weihen iſt hiernach die Rohrweihe, die ſich von den 3 übrigen noch durch den vollſtändig ungebänderten Schwanz auf den erſten Blick auszeichnet. Die Korn-, Wieſen- und Steppenweihe haben einen gebänderten Schwanz und zeigen, wie die obigen ausführlichen Beſchreibungen ergeben, namentlich in den Jugendkleidern manche Aehnlichkeiten. | Zur ficheren raſchen Beſtimmung der einzelnen Arten hat mein Vater J. H. Blaſius ſchon im Jahre 1857 in der Naumannia, Seite 307, auf die plaſtiſchen Unterſchiede aufmerſam gemacht, die ſich namentlich in den Einſchnürungen der Schwungfedern und in dem Verhältniſſe der Länge der Flügeldeckfedern zu dieſen Einſchnürungen finden. Nach einem 1873 im Ibis, Seite 232, von Howard Saunders erſchienenen Artikel über die vier europäiſchen Weihenarten hat mein Bruder W. Blaſius dieſe plaſtiſchen Unterſchiede in Cabanis Journal f. Ornithologie, 1877, Seite 75, noch näher präciſirt. Die von ihm angegebene Beftimmungstabelfe, in der ich die Rohrweihe fortlaſſe, da ſie durch den ungebänderten Schwanz leicht auszuſchließen iſt, iſt maßgebend und laſſe ich dieſelbe hier folgen: 1. Schwungfedern auf der Außenfahne bis zur 5., auf der Innen⸗ fahne bis zur 4. verengt. Die kleinſten Mittelſchwingen ragen um mehrere (meiſt 3) Centimeter weiter vor, als die erſten oberen Flügel— deckfedern. 3. und 4. Schwungfeder die längſten; 4. oft länger als die 3. Schwanz ragt weit (etwa 5 em) über die Spitzen der angelegten Flügel hinaus. Schleier an der Kehle durchgehend. Winkeleinſchnitt auf der Innen⸗ fahne der 1. Schwungfeder ragt meiſt einige mm über die erſten oberen Flügeldeckfedern hinaus. Circus cyaneus. Die Steppenweihe in Deutſchland. A Circus eyaneus (Kornweihe). Circus pallidus (Steppenweihe.) 2. Schwungfedern auf der Außenfahne bis zur 4., auf der Innen- fahne bis zur 3. verengt. Die kleinſten Mittelſchwingen ragen ungefähr gleich weit, höchſtens etwas über 1 em weiter vor als die erſten oberen Flügeldeckfedern. a) Schleier an der Kehle durchgehend. Winkeleinſchnitt auf der Innenfahne der 1. Schwungfeder ragt nicht oder höchſtens etwas über 1 em weiter vor, als die Spitzen der erſten oberen Flügeldeckfedern. Einſchnürung auf der Außenfahne der 2. Schwungfeder von den oberen Flügeldeckfedern verdeckt. Schwanz ragt weit (etwa 2½ —5 em) über die Spitzen der angelegten Flügel hinaus. 3. und 4. Schwungfeder die längſten; 3. höchſtens einige mm länger als die 4. Circus pallidus. Circus eineraceus (Wieſenweihe). b) Schleier an der Kehle unterbrochen. Winkeleinſchnitt auf der Innenfahne der 1. Schwungfeder ragt beträchtlich, etwa 2 bis 4 em weiter vor, als die Spitzen der erſten oberen Flügeldeckfedern. Ein- ſchnürung auf der Außenfahne der 2. Schwungfeder ragt deutlich ſichtbar über die oberen Flügeldeckfedern hinaus. Schwanz ragt wenig (höchſtens etwa 2 em) über die Spitzen der angelegten Flügel hinaus. 3. Schwung- feder ſehr deutlich die längſte, betächtlich länger als die 4. Cireus eineraceus. AS Rudolf Blaſius, Auf den von Kleinſchmidt gezeichneten Abbildungen ſind die plaſtiſchen Merkmale an den 5 erſten Schwungfedern und den Deckfedern ſchematiſch dargeſtellt. Korn- und Wieſenweihe ſind mit den Rohrweihen die häufigſten in Deutſchland vorkommenden Weihen, die an geeigneten Localitäten überall brüten. Die Steppen- oder blaſſe Weihe (Circus pallidus, Sykes) iſt bei uns ſelten, aber nicht ſo ſelten, als man längere Zeit geglaubt hat und es meiſtens in den Lehrbüchern angegeben iſt. Mein Vater ſchreibt darüber ſchon 1860 in Nau⸗ mann's Nachträgen, XIII. S. 33: „Die Steppen⸗Weihe ſcheint nicht allein ein regel⸗ mäßiger, ſondern ſogar ein nicht ſeltener Bewohner und Brutvogel Deutſchlands zu ſein. Ich habe in den letzten Jahren kaum irgend eine Privat- oder Vereinsſammlung geſehen, die nicht an Ort und Stelle erlangte Exemplare der Steppenweihe enthielte. Der Zahl nach ſcheint die Steppenweihe an den meiſten Orten mindeſtens ebenſo häufig, als die Wieſenweihe vorzukommen. Ich habe Steppenweihen unterſucht, die am Niederrhein, bei Wiesbaden, bei Mainz, in Weſtphalen, in Mecklenburg, bei Hannover und Braunſchweig, am Harz, in Sachſen und Thüringen geſchoſſen waren. Unter dieſen ſind beide Geſchlechter in allen Altersſtufen repräſentirt. Auch ſind dieſe Vögel nicht allein in der Zugzeit, ſondern zum Theil mitten im Sommer erlegt worden. Das alte Männchen iſt im Fluge ſchon aus der Ferne an ſeinem faſt ganz weißen Unterflügel von den beiden nahe verwandten Arten zu unter⸗ ſcheiden.“ Sie kommt ziemlich häufig in Süd- und Südoſt⸗Europa vor und findet ſich in Aſien bis nach China hin und in Afrika bis zum Cap der guten Hoffnung. In Süddeutſchland iſt ſie ſelten, Jäckel ſchreibt in den ſoeben erſchienenen Vögel Bayern's, Seite 52: „Die Steppenmeiſe fehlt wohl auch in Bayern nicht, ſcheint aber mit der Kornweihe und mit Kleidern der Wieſenweihe verwechſelt worden zu ſein. Mir iſt ſie nicht zuhanden gekommen, auch ſah ich ſie in keiner Sammlung als vaterländiſches Vorkommniß.“ In Norddeutſchland kommt ſie von Oſtpreußen bis zum Rhein hin öfter vor und iſt, namentlich in jungen Exemplaren, nach E. F. von Homeyer in Pommern ziemlich häufig erlegt zur Herbſtzugzeit, Auguſt und September. — Gätke erhielt nur einen jungen Herbſtvogel am 12. Auguſt 1868. — Im Herzogthum Braunſchweig iſt die Steppenweihe mehrfach vorgekommen. Bei Köchingen, einem Dorfe nördlich von Braunſchweig, wurden im Sommer aus- gewachſene Junge und ein altes Männchen erlegt und im Juni 1879 bei Heſſen am Fallſteine (einem kleinen Bergzuge nördlich vom Harze) ein Horſt mit vielleicht 1 Woche alten Jungen gefunden. Sämmtliche Exemplare finden fich im Herzog⸗ lichen Naturhiſtoriſchen Muſeum zu Braunſchweig. — In den Jahresberichten des Auſchuſſes für Beobachtungsſtationen der Vögel Deutſchlands iſt erwähnt, daß 1883 am 28. October eine Steppenweihe bei Hamburg erlegt wurde, ferner, daß in den So er Jahren ein Exemplar bei Mantitz im Königreich Sachſen geſchoſſen wurde. — Die Steppenweihe in Deutſchland. 479 In der Monatsſchrift des deutſchen Vereins zum Schutz der Vogelwelt, 1890, Seite 459 ſchreibt Lindner, daß ihm Herr Grabowski am 18. September mit— getheilt habe, daß in den letzten Tagen nicht weniger als 7 Stück Steppenweihen an das zoologiſche Muſeum in Königsberg eingeliefert und gleiche Nachrichten aus Breslau und Berlin eingetroffen ſeien. — Nach allen dieſen Beobachtungen, denen man aus der Litteratur gewiß noch manche andere zufügen könnte, ſcheint die Steppenweihe häufiger als bisher an— genommen, in Deutſchland vorzukommen und auch zu brüten. Ueber ihre Lebensweiſe giebt uns Jerdon in den Vögeln Indiens die beſte Auskunft. Er ſchreibt: „Sie bewohnen offene ſteinige Ebenen und beackertes Land und fliegen zuweilen durch Hecken. Sie beſuchen die Flächen am Boden ſcharrend und pickend, zuweilen jagen ſie an Hecken entlang oder am Rande eines dichten Gebüſches. Sie nähren ſich hauptſächlich von Reptilien und Inſekten, zuweilen von kleinen Mäuſen oder ſchwachen, kränklichen oder verendeten Vögeln. Ich habe nur einmal ein Exemplar auf einem Baume geſehen. Sie ſitzen meiſt auf einem Steine oder Erdhaufen oder auch auf der Fläche. Ihr ſcharfer Gehörsſinn iſt ihnen ſehr nützlich, um ſie, wenn ſie Nachts am Boden ſitzen, bei der Annäherung eines Thieres zu warnen; doch werden ſie zuweilen Nachts vom Schakal oder Fuchs überraſcht; denn ich habe öfters ihre Federn und Spuren heftigen Kampfes gefunden. Der Flug der Weihe iſt meiſt langſam, einige Flügelſchläge wechſeln mit einer ſegelnden Bewegung. Aber ſie ſind fähig zu ſchnellem Fluge von ziemlicher Dauer, wenn ſie hoffen, einen Vogel als Beute zu erreichen. Die plötzliche Art und Weiſe, in welcher ſie den Flug hemmen und ſich auf irgend einen Gegenſtand herunterſchnellen können, muß von Vielen beobachtet ſein. Ihre beharrliche, geräuſchloſe Art zu fliegen und das plötz— liche Herabſtoßen auf ihre Beute haben ihnen den Volksnamen „Katzen-Weihe“ ein— getragen.“ Ich ſelbſt hatte einmal Gelegenheit, die Steppenweihen im Freien zu beobachten, und zwar gelegentlich des Beſuches meines Freundes Radde in Tiflis im Herbſt 1885. Bei einer Excurſion in den kleinen Kaukaſus wohnten wir längere Zeit in dem gaſtfreien Haufe des Herrn Bolton, Direktors der Siemens'ſchen Kupfer- bergwerke in Kedabeg, nördlich vom Goktſchaiſee in einem hügeligen Hochlande von ca. 4— 5000 Fuß über dem Meere. Es war am 3. September, als wir Morgens 6 Uhr zur Wachteljagd ausfuhren. Die Tataren waren mitten in der Getreide— Ernte, die Hälfte war mit Handſicheln bereits geſchnitten, die andere Hälfte ſtand noch auf dem Halme. In dieſen Feldern hatten ſich Tauſende von Wachteln nieder- gelaſſen, auf dem Zuge nach dem Süden begriffen, und in ihrem Gefolge Hunderte von Raubvögeln, namentlich Königsadler (Aquila imperialis) und unſere Steppen— 480 Rudolf Blaſius, weihen. Während ſich die erſteren nun in reſpektvoller Entfernung hielten, nur für einen Büchſenſchuß zu erreichen, begleiteten uns die Steppenweihen in unmittelbarſter Nähe, häufig auf 10—20 Schritt an uns vorbei- oder vor uns hinfliegend. In unverſchämteſter Weiſe holten ſie die aus der Luft heruntergeſchoſſenen Wachteln Runs und unſeren Hunden vor der Naſe weg, jo daß wir es nicht laſſen konnten, einige zu erlegen, es waren lauter junge Exemplare. Offenbar waren ſie auch auf dem Zuge nach dem Süden und ſchloſſen ſich den großen Wachtelzügen an, um ſich täglich auch die bequemſte Nahrung verſchaffen zu können. Was die Brutweiſe der Steppenweihe anbetrifft, ſo legen ſie ihren Horſt an der Erde an, ganz ähnlich wie die Wieſenweihe, in einer kleinen Bodenvertiefung, die mit Grashalmen ſehr locker bedeckt wird. Die Eierzahl beträgt meiſtens 4 oder 5. Wie die der anderen Weihen ſind ſie bläulich weiß gefärbt und bisweilen mit ſehr ſpärlichen bräunlichen Flecken verziert. Nur in der Form und Größe laſſen ſie ſich von denen der übrigen Weihen unterſcheiden. Um denjenigen, die Horſte der Weihen mit Eiern finden, einen Anhaltspunkt zu geben, laſſe ich nebenſtehend aus meiner dem diesjährigen II. internationalen Ornitho⸗ logen-Congreſſe zu Peſt in der Sektion für Biologie und Oologie vorgelegten Arbeit über Form der Eier die nach photographiſchen Aufnahmen vorgenommenen Eier- meſſungen in Millimetern folgen, indem ich bemerke, daß ich unter Dopphöhe die Entfernung vom ſtumpfen Pole der Eier bis zu demjenigen Punkte verſtehe, wo der größte Queerdurchmeſſer den Längsdurchmeſſer ſchneidet, und auf meine näheren Mit⸗ theilungen über dieſe Eiermeßmethode in meinem mit Dr. O. Finſch zuſammen gearbeiteten Artikel über „Diego Garcia und ſeine Seeſchwalben“ in Ornis, 1887, Seite 361 und ff. verweiſe. Aus dieſen Zahlen, die namentlch in Betreff der Steppenweihe noch einer Vervollſtändigung durch Meſſungen anderer Eier bedürfen, geht hervor, daß Korn⸗ weihe und Wieſenweihe ſich durch verhältnißmäßig breiter elliptiſche und Rohrweihe und Steppenweihe ſich durch verhältnißmäßig ſchlanker elliptiſche Eier auszeichnen. Rohrweihe und Steppenweihe würden ſich leicht durch die Größe unterſcheiden laſſen, da die Eier der Steppenweihe viel kleiner als die der Rohrweihe ſind. In Korn, Färbung und Fleckung der Eier giebt es bei allen 4 Arten keine durchgreifenden Unterſchiede. Es ſcheint, daß die Steppenweihe, ähnlich wie es Gätke jetzt für eine Reihe von anderen Vögeln nachgewieſen hat, wie z. B. dem Richardspieper, dem Gold⸗ hähnchenlaubſänger, dem Bienenfreſſer u. ſ. w., außer von Norden nach Süden auch von Oſten nach Weſten wandert. Bei dieſen Wanderungen kamen vorausſichtlich Die Steppenweihe in Deutſchland. 481 Längs⸗ Queer⸗ Dopp⸗ eser e nee, messer. Böbe Längedurch, des Langs. meſſer. meſſer. es 7? durchmeſſers. Cireus aeruginosus 47,0 38,0 22,5 81 48 8 , de 984 | 005 79 46 % Ir Be 46 ! | 246 DO e u datt 44 hſchnerteich 83 379 223 785 44,5 Cireus eyaneus %%% lg] 43 UV e ae 47 , ee ee, 45 ne [ie 82 48 4292 343 280 47 e 70 46 durchſchnittlich 449 | 35,8 20,8 80 46 Cireus eineraceus %% % 28 78 49 4% 3 215 8% 48 JJV EEC ee 45 rr „„ 80 43 jj zer 246 ö durchſchnittlich 44,6. 355 | 204 80 46 Cireus pallidus 47,0 20 77 45 A . 4490 34,5 200 45 durchſchnittlich! 4443 34,8 19,8 n faſt alljährlich viele Exemplare nach Deutſchland, wurden aber gewiß in zahlreichen Fällen von den Jägern, die ſie erlegten, für Wieſenweihen gehalten. Einige Paare dürften auch wohl, ähnlich wie es hier bei Braunſchweig ſicher konſtatirt wurde, in Deutſchland gebrütet haben. 33 482 Curt Floericke, Widerftreitende Soziale Inſtinkte im Vogelgemüth. Es ſollte mich freuen, wenn dieſe Zeilen, die ich gerne auf Wunſch meines hochverehrten Freundes, Profeſſor Liebe, dem Buntbilde der Steppenweihe beigefügt habe, dazu beitragen würden, uns durch ſorgfältige Beobachtungen der Jäger und Vogelfreunde weitere Aufklärung über die Verbreitung der Steppenweihe in Deutſch⸗ land zu verſchaffen. Braunſchweig, den 11. December 1891. Widerſtreitende ſoziale Inſtinkte im Vogelgemüth. Von Curt Floericke. Zu den ſtärkſten „Inſtinkten“ (ich gebrauche dies Wort ſehr ungern), die wir beim Vogel vorfinden, müſſen wir die Mutterliebe und bei Zugvögeln den Wander⸗ trieb rechnen. Jeder Beobachter weiß, wie ſtark das Gefühl treuer und aufopfernder Elternliebe in dem warmherzigen Vogelgemüth iſt, wie es die ſcheinbar ſchwächlichſten Vögelchen zu den ungeheuerſten Anſtrengungen zu begeiſtern, wie es den Feigling zum muthvollen Kämpfer, den Harmloſen zum liſtigen Schlaumeier umzuwandeln vermag, wie es die Sänger des grünen Waldes ſelbſt das Loos der Gefangenſchaft vergeſſen läßt. Anderſeits ſteht aber auch feſt, daß zur Zugzeit den Wandervogel der Wandertrieb unwiderſtehlich überkommt, daß er immer ſtärker und ſtärker wird, ſchließlich den Vogel ganz beherrſcht und ihm ſeine Lage und Umgebung vergeſſen läßt, daß der Vogel nicht eher zur Ruhe kommt als bis er dieſem inneren Drange gefolgt iſt, oder aber die alles mildernde Zeit auch hier den Sieg errungen hat. Bisweilen nun gerathen dieſe beiden ſo ſtarken und ſo ausgeprägten Inſtinkte mit einander in Kampf und Widerſpruch. Das iſt beſonders dann der Fall, wenn durch einen naßkalten Sommer die Bruten von ohnehin ſpät ankommenden Vogelarten erheblich verſpätet wurden, ſo daß ſich ſchon wieder der herbſtliche Wandertrieb zu regen beginnt mit ſeiner Allgewalt, während noch die nackten Jungen in den Neſtern nach Futter ſchreien. Sollte man es glauben, daß bei unſeren ſonſt als jo gut⸗ herzig und anhänglich bekannten Vögeln in dieſem Widerſtreit verſchiedener In⸗ ſtinkte die Mutterliebe zuweilen unterliegen kann, daß in einzelnen Fällen die Bruten erbarmungslos verlaſſen und der Vernichtung preisgegeben werden? Und doch iſt dem ſo. Am 2. September unterſuchte ich bei Falkenberg in Oberſchleſien eine größere Anzahl Niſthöhlen einer Uferſchwalbencolonie und fand in denſelben vielfach theils zum Ausſchlüpfen reife, verdorbene Eier“), theils umgekommene Junge. Offen⸗ bar waren die Schwalben in dem naßkalten Sommer erſt abnorm ſpät zur Brut *) Durch dieſen Umſtand wird die Annahme ausgeſchloſſen, daß etwa eine Seuche die jungen Vögel getödtet habe. 5 L. Buxbaum, Ornithologiſche Beobachtungen. 483 gekommen, wozu auch vielleicht noch äußere Störungen hinzu gekommen ſein mochten, ſodaß ſie vor dem Ausfliegen eines Theils der Jungen vom Anbruch des Herbſtes und vom Erwachen des Wandertriebes überraſcht worden waren. Derartige Vor— kommniſſe ſind übrigens gerade bei den Schwalben ſchon öfters feſtgeſtellt worden. Zuerſt berichtete darüber der berühmte Jenner in den Philos. Transact. für 1824 und noch früher Leroy in den Lettres philos. für 1802, S. 217. Eine ausführ⸗ liche Schilderung einer ſolchen verlaſſenen Schwalbencolonie giebt Blackwall, Researches in Zoology. 1834. S. 108 u. 118. Weiter hierher gehörige Mit- theilungen geben Gould (Introduction to the birds of Great Britain, 1873, S. 5) und Adams aus Canada (Popular Science Review. 1873. Juli, S. 283) Vergl. endlich noch Darwin's intereſſante Ausführungen über die ſozialen Inſtinkte in „Abſtammung des Menſchen“, Capitel IV. Ornithologiſche Beobachtungen. Von L. Buxbaum. Der regneriſche Sommer war mitunter auch den Vögeln recht unbequem, denn wenn es mehrere Tage hinter einander regnet, dann giebt es für die Inſektenfreſſer oft ſchmale Küche und die Schwalben fliegen dann näher am Boden hin und nahe an die Gebäude heran, um da noch einige Mücken erſchnappen zu können. Am 24. Juli iſt hier die zweite Brut der Hausrothſchwänze ausgeflogen und am 31 Juli hat die zweite Brut meiner Rauchſchwalben das Neſt verlaſſen. Am 10. Auguſt haben dann die erſten Bruten der Schwalbeu ſich verſammelt, um gemeinſam Flug— übungen vorzunehmen und ſich für die nahe bevorſtehende große Reiſe zu befähigen. Am 31 Auguſt ging dann der erſte Zug Schwalben nach Süden, der diesmal außergewöhnlich ſtark war. Der zweite Zug ſammelte ſich am 20. September und verließ uns am 27. September. Die, welche noch zurückblieben, ſind dann nach und nach verſchwunden. Am 17. Oktober wurde die erſte Schnepfe geſchoſſen, und war der diesjährige Herbſtzug ſehr gering. Der erſte Zug Kraniche, 40 Stück zählend kam am 28. Oktober, morgens 8 Uhr hier vorüber und zog bei N. O.-Wind nach S. Der zweite Kranichzug kam am 29. Oktober morgens 9 Uhr hier vorbei und beſtand aus 36 Stück. Auch dieſer Zug ging bei N. O. nach S. Am 30. Oktober, morgens 7 Uhr erſchien der dritte Zug aus 22 Stück beſtehend und ging bei N. O. in der Richtung nach S. Wo auch Kranichzüge in dieſer Zeit beobachtet werden konnten, muß ſich gezeigt haben, daß ſie bei N. O. nach S. oder S. W gingen, denn der Nordoſtwind war diesmal nicht lokal für einen Theil von Deutſch— land, ſondern zeigte ſich noch weit über Deutſchland hinaus, brachte uns am 33* 484 L. Buxbaum, Ornithologiſche Beobachtungen. 30. Oktober das erſte Eis und vom 6. bis 9. November ſogar — 4 nnd — 6. Vom 7. bis 23. Oktober hatten wir anhaltend S. W.- Wind und vom 24. Oktober bis 10. November fortwährend N. O. Auffallend iſt es jedenfalls, daß 3 Tage nach dem Erſcheinen des erſten Kranichzuges das Thermometer am 30. Oktober — 1 R. anzeigte. Haben dieſe Vögel die kommende Kälte geahnt? Im vorigen Jahre kam der erſte Zug am 8. Oktober hier vorbei, alſo um 20 Tage früher als heuer. Am 17. Auguſt kam eine ſehr große Schaar Staare hierher, die ſich täglich noch vergrößerte, ſo daß dann oft ganze Wolken von Staaren durch die Luft ſchwebten, die dann im Schilfrohre am Main nächtigten. Am 19. Auguſt haben einige Rauchſchwalben einen jungen Staaren verfolgt, ſo daß er ſich unter Angſt⸗ geſchrei in meinen Garten flüchtete. Solche Streitſucht hatte ich bei den Schwalben gar nicht vermuthet. Am 23. September ſah ich, wie ein Sperber unter eine Anzahl Staare fuhr, aber von einigen in der Nähe weilenden Rabenkrähen ſofort angegriffen und in die Flucht geſchlagen wurde, wobei er in große Noth kam und ſchließlich froh ſein konnte, daß er mit dem Leben davon kam. Ebenſo haben am 24. September 26 Stück Rabenkrähen einen Fiſchreiher verfolgt auf eine halbe Stunde Wegs und haben ihm dabei von allen Seiten fo zugefeßt; daß er ganz erſchöpft Angſtſchreie ausſtieß. Am 22. Oktober habe ich den letzten rothen Milan geſehen, der eben- falls mit Rabenkrähen im Kampf war und ſchließlich nach die Flucht ergreifen mußte. Die Rabenkrähen haben ſich überhaupt ſo ſtark vermehrt, daß ſie ſich als Herrn der Luft betrachten und alles bekämpfen was ihnen in den Weg kommt; zudem hält die Sippſchaft ſo feſt zuſammen, daß auf den Ruf einer Krähe gar bald eine große Anzahl zuſammen kommt und dann den Schlachtruf erſchallen läßt. In ſo hellen Haufen ſchlagen ſie dann alles andere in die Flucht. Intereſſant waren in letzter Zeit förmliche Manöver, die die Rabenkrähen in der Luft ausführten. Eine große Schaar theilt ſich in zwei Theile, die dann mit großem Geſchrei und großer Wucht auf- und durcheinander fahren, dann geht es wieder auseinander, worauf dann der Anprall von neuem ausgeführt wird. Dieſes Spiel dauert manch⸗ mal über eine Stunde, worauf ſich dann das ganze Corps wieder in den dunkeln Kieferwald zurückzieht. — Das muntere Volk der Meiſen hat ſich ſchon wieder eingeſtellt und arbeitet luſtig an den großen Scheiben der Sonnenblumen, die für ſie bereit gehalten werden. Die wieder eingetretene gelindere Witterung ſcheint ihnen recht zu behagen. Hoffentlich läßt der ſtrenge Winter noch eine zeitlang auf ſich warten. Otto Kleinſchmidt, Ein Wort an wiſſenſchaftliche Sammler. 485 Ein Wort an wiſſenſchaftliche Sammler. Von Otto Kleinſchmidt, stud. theol. Auf Seite 239 des XVI. Jahrgangs unſrer Monatsſchrift findet ſich eine Notiz, wonach ein Präparator in München eine halbe „Knackwurſt“ im Kropf eines Wander- falken gefunden zu haben behauptet. Herr Alphons Graf von Geldern nennt die „Thatſache“ mit Recht „räthſelhaft“. Mir iſt in meiner kurzen Sammlerpraxis einmal etwas Aehnliches vorgekommen. Ich fand beim Präpariren eines Seeadlers eine „Kartoffel“ im Magen. Nun er- innerte ich mich freilich, einmal irgendwo geleſen zu haben, daß im Magen eines See⸗ (oder Stein-?) Adlers Kartoffeln gefunden worden ſeien; auch die zerſtoßenen Steuerfedern des Vogels deuteten auf einen häufigen Aufenthalt auf dem Erdboden hin. Trotzdem konnte ich mir einen Kartoffeln kröpfenden Adler nicht vorſtellen, und wenn die gar nicht ſehr kleine Kartoffel durch den Magen eines geſchlagenen Thieres in den des Adlers gekommen wäre, ſo würde ſie, wenn nicht ganz zerkaut, doch mit einigen deutlichen Spuren der langen Reiſe durch Zähne und Schlünde bedacht worden ſein. Letzteres war aber keineswegs der Fall. N Zweifelnd unterſuchte ich daher noch einmal den ekelhaft riechenden Knollen und fand, — daß es gar keine Kartoffel, ſondern ein Klumpen zuſammengeballten Fettes war, für das Auge auch auf dem Durchſchnitt von einer Kartoffel faſt nicht zu unterſcheiden. Sollte es nicht dem unbekannten Herrn Präparator aus München ähnlich er— gangen ſein, wie es mir zuerſt ging? Wenn ein Wanderfalke die Zeit hat, ſeine Beute ungeſtört erſt hübſch ordentlich zu rupfen, und deshalb nicht viel Federn mit— frißt, — und wenn dann der Feinſchmecker Stückchen für Stückchen von der zarten Vogelbruſt und dem reichlichen Fett mit dem ſcharfgezahnten Schnabel abreißt oder abſchneidet, — und wenn dann von dem feiſten Opfer nichts mehr übrig iſt, als das Skelet, die Eingeweide und die Federn, der Räuber aber ſich von der Erde wieder ins Reich der Luft mit raſchen Flügelſchlägen empohebt, — dann ſieht es in ſeinem Kropf ganz genau ſo aus, wie in einer „Knackwurſt“. Der vollgefreſſene, müde Falke wird am Abend, wenn er zur Nachtruhe zu— ſammengekauert auf dem dürren Baumwipfel ſteht, von einem Schützen unterſchlichen, | herabgeſchoſſen und feine Leiche am andern Tag zum Präparator in die Stadt ge- ſchickt. Wenn der ihn nach mehreren Tagen abzieht und den gefüllten Kropf entleert, dann ſieht der mit weißlichem Schleim, vielleicht auch mit der losgelöſten, halb ver— weſten inneren Schlundhaut überzogene Inhalt täuſchend aus wie eine „leibhaftige Knackwurſt“, ſo daß ein Menſch ohne Geruchsvermögen Appetit darnach bekommen könnte. So kommen die Wanderfalken ohne Metzger zu „Knackwurſt“. 486 Otto Kleinſchmidt, Ein Wort an wiſſenſchaftliche Sammler. Der Herr „Präparator aus München“ iſt vielleicht von der Richtigkeit des Geſagten noch nicht völlig überzeugt, aber um mich von der Richtigkeit ſeiner Be⸗ hauptung zu überzeugen, hätte er thun ſollen, was ich mit der „Adler-Kartoffel“ ge⸗ than habe. Er hätte die ſeltſame „Knackwurſt“ in ein dicht ſchließendes Glas legen und tüchtig Salz darüber ſtreuen ſollen. Dann würde er vielleicht doch Recht be- halten. Aber ich würde dann doch nicht glauben, daß ein Wanderfalke mit ſeiner Beute ſich gerade auf dem Erdhaufen niedergelaſſen habe, wo vorher ein Bauer früh⸗ ſtückte, daß er die von jenem aus Verſehen liegen gelaſſene halbe Knackwurſt, aller Wanderfalken⸗Etikette zum Hohn, auf einmal hinuntergeſchlungen habe, wie das die Proletarier: Buſſarde und Eulen mit ihren Mäuſen thun; ich nehme lieber an, daß es überall kleine Kinder giebt, die gern mit todten Vögeln ſpielen und dieſe mit allen möglichen Sachen füttern; ich weiß auch aus eigner Erfahrung, daß es überall große Kinder giebt, die gern den „gelehrten Leuten“ einmal einen ornithologiſchen Streich ſpielen. Doch genug von dieſer Wurſtgeſchichte. Ich möchte nur noch alle wiſſenſchaft⸗ lichen Sammler darauf aufmerkſam machen, wie wenig zur Conſtatirung des Magen⸗ inhalts ein flüchtiger Blick auf die ſüßlich übelriechende Maſſe genügt. Ein paar Vogelfedern werden da unter den üblichen Mäuſe- und Maulwurfshaaren in einem Buſſardmagen nie wahrgenommen. Wer behaupten will, er unterſuche die Mägen ſeiner Vögel, der muß den Inhalt von jedem Raubvogelmagen in eine Schüſſel mit reinem Waſſer ſchütten. Da ſieht man ſofort, was Haare, was Federn, was Eier⸗ ſchalen oder Knochenſplitter ſind. 8 Wer ſich dann noch weitere Mühe geben will, kann ſich eine Sammlung von Mageninhalten anlegen. Sehr empfehlenswerth wäre es z. B., von einer beſtimmten Species, über deren Ernährungsweiſe bez. Schädlichkeit oder Nützlichkeit man noch im Zweifel iſt, eine größere Anzahl von Mageninhalten zu präpariren. Bei Inſekten⸗ freſſern müßten dieſe wohl, wenn ſie nicht aus lauter hartleibigen Inſekten beſtehen, in Spiritus aufbewahrt werden. Bei den Raubvögeln wende ich meiſt die einfachere Trockenmethode an. Der Mageninhalt wird in eine Schüſſel voll reinen Waſſers geſchüttet und nach ſeinen Beſtandtheilen geſondert, die auf einem Drahtſieb aufge- fangen und getrocknet werden.“) Das Ganze wird dann in kleine Papierdüten!“) verpackt, wie es am beſten ein Präparat aus meiner Sammlung zeigt: Ein größeres Papiercouvert, auf dem ſich Name, Fundort, Datum (auch ſonſtige Bemerkungen, z. B. ob das Jahr ein Mäuſejahr war) verzeichnet finden (3. B. Syrnium alueo ꝛc.), ) Ob zweifelhafte Stoffe dem Thier- oder Pflanzenreiche e entſcheidet meiſt m der Geruch beim Verbrennen. ) Da der ſtarke Geruch die Motten ſehr anzieht, jo rathe ich, die Düten in eine Schachtel, und dieſe in eine zweite Schachtel zu ſtecken, in welch letztere man etwas Zacherlin ſtreut. Kleinere Mittheilungen. 487 enthält 2 kleinere. Von dieſen trägt das eine die Aufſchrift: „Kropf: Mäuſehaare“, das andere: „Magen“. In letzterem liegen wieder 4 kleinere Papierdüten. Auf der einen ſteht: „Kleiner Vogel“, auf der andern: „Carabiden“ (Laufkäfer), auf der folgenden: „Curculiones“ (Rüſſelkäfer) und auf der letzten: „Geotrupes“ (Miſtkäfer). Eine größere Anzahl von derartigen Präparaten von verſchiedenen Sammlern, zu verſchiedenen Zeiten, an verſchiedenen Orten hergeſtellt, liefern für die Beurtheilung der Ernährungsweiſe eines Vogels ein „handgreifliches“ Material, das manche lang— ſchweifigen Auseinanderſetzungen überflüſſig machen kann und überzeugender und un— anfechtbarer iſt als bloße Notizen, leider aber auch zeitraubender als dieſe. Bei dieſer Gelegenheit ſei es mir auch geſtattet, wiſſenſchaftliche Sammler, die ihre Ausbeute ſelbſt präpariren, noch auf einen weiteren Punkt aufmerkſam zu machen. Wenn man auf der Bruſt eines im Sommer erlegten Vogels einen kahlen Brutfleck findet, ſo kann man daraus mit annähernder Sicherheit ſchließen, daß das Thier in der betreffenden Gegend brütend vorkommt. In einzelnen Fällen kann ſogar die Frage nach dem Brutfleck eine ziemlich bedeutende Rolle ſpielen. Wenn nun aber der Vogel ſchon präparirt iſt, ſo iſt die Haut an der Bruſt meiſt durch das Zu— nähen ſo ſehr zuſammengezogen, daß Niemand mehr unterſcheiden kann, ob der Vogel einen Brutfleck hatte oder nicht. Der Aufſchnitt auf der Bruſt iſt nach meiner An— ſicht deshalb zu verwerfen. Für den beſten Aufſchnitt halte ich (wenigſtens für Raub— vögel) den meines Wiſſens noch ganz unbekannten vom Unterhals über die Schulter. An dieſer Stelle iſt die Haut zwiſchen zwei Federfluren ſehr breit nackt und liegt, um die Bewegungen des Halſes und das zeitweiſe Ausdehnen des Kropfes nicht zu hindern, in „Falten“. Es entſteht daher keine Verzerrung durch die zuſammenziehende Wirkung des Zunähens, und nur an einem unverzerrten Balg tritt die Zeichnung des Vogels deutlich hervor. Außerdem iſt die Naht an dieſer Stelle am leichteſten zu verbergen, weil hier die Federn des Oberrückens „über“ die der Schultern fallen. Es ſollte mich freuen, wenn die Zweckmäßigkeit der beſchriebenen Methode von einigen „wiſſenſchaftlichen Sammlern“ (denn nur an ſolche ſind dieſe Zeilen gerichtet) geprüft werden ſollte. Kleinere Mittheilungen. Schon vielfach iſt die Frage der Uebertragung anſteckender Kraukheiten ſeitens gefangen gehaltener Vögel auf den Menſchen erörtert worden. Potain“) liefert uns dazu einen ſehr intereſſanten Beitrag. In der Hirſe, mit welcher die franzöſiſchen Taubenzüchter ihre Tauben füttern, findet ſich häufig ein pa- *) Potain, Un cas de tuberculose aspergillaire (maladie des gaveurs de frigeon), In: L'union médicale. 1891 Nr. 38. 488 Kleinere Mittheilungen. thogener Aſpergillus-Pilz, der in Deutſchland glücklicherweiſe noch unbekannt zu ſein ſcheint. Bei der Mäſtung füllt ſich der Taubenzüchter mit der in Waſſer auf⸗ geweichten Hirſe den Mund, bringt den geöffneten Schnabel der Taube an denſelben und treibt ſo dem Thiere das Futter in den Schlund. Hierbei kann die Infektion ſowohl der Vögel wie des Menſchen zu ſtande kommen, oder aber der Aſper⸗ gillus wird von dem ſchon früher erkrankten Vogel auf ſeinen Futterherrn übertragen. Bei den Tauben beginnt die Krankheit gewöhnlich mit Knotenbildung in der Schnabelſchleimhaut, von wo aus ſie dann auf die inneren Organe übergreift. Ihr ganzer Verlauf ähnelt außerordentlich dem der Tuberkuloſe; man findet aber. in dem eiterig geballten Auswurf niemals Tuberkelbacillen, ſondern ſtets nur jenen Aſpergillus, den Chantemeſſe und Widal auch bereits in Reinkulturen gezüchtet und mit Erfolg zu ihren Experimenten verwandt haben. Leider iſt dieſe Krankheit für den Menſchen eine höchſt gefährliche; bisher iſt nur ein einziger Fall von Heilung bekannt. Alſo Vorſicht auch bei dem Füttern junger Neſtvögel mit dem Munde. Marburg. Curt Floericke. Zur Ornithologie Central = Wiens. Vor einigen Tagen erſchien ein wichtiges Werk von dem berühmten engliſchen Ornithologen Dr. R. B. Sharpe, das jedenfalls viel beitragen wird zur Kenntniß der Ornis des weſtlicheren Central-Aſiens. Die Arbeit bildet einen Theil des großen Werkes: Scientitie Results of the second Yarkand Mission; Based upon the collections and notes of the late Ferdinand Stoliezka. Ph. D. Der Theil „Aves“ von obengenanntem Autor iſt zu einem ſtattlichen Bande angewachſen. Wir erfahren aus den einleitenden Bemerkungen, daß die Vogelſammlungen jenes ſo früh geſtorbenen unternehmenden Forſchers, ſchon ein⸗ mal eine gebührende Bearbeitung gefunden hatten von der Feder des bekannten indiſchen Ornithologen A. O. Hume, daß aber die Manuffripte (nebſt vielen anderen namentlich über die Fortpflanzung indiſcher Vögel) von einem ungetreuen Diener geſtohlen und als Makulatur im Bazar von Simla verſchachert worden ſind. Die Schrift erwähnt 350 Arten, von denen manche ausführlich, namentlich im Bezug auf ihre Artſelbſtändigkeit reſp. Beziehungen zu verwandten Arten ſowie ihre geo— graphiſche Verbreitung beſprochen werden, von denen ſehr viele auch in Deutſchland vorkommen, ſo namentlich die Mehrzahl der Waſſerhühner, Rallen, Strandläufer, Regenpfeifer, Enten u. ſ. w., Vögel die ja in der Regel ausgedehntere Verbreitung haben, als Sänger u. dergl. Aber auch unter dieſen ſehen wir manchen unſerer heimiſchen Lieblinge: Raben, Krähen, Elſtern, Bergfinken, Karmingimpel, Sperlinge, Bachſtelzen, Pieper, Grasmücken, Blaukehlchen u. a. m. Das Werk iſt von 24 Farbentafeln begleitet, die meiſten von Keulemanns' meiſterhaft hergeſtellt. Beſonders intereſſant iſt der ſeltene Podoces biddulphi, ein heherähnlicher am Boden lebender Steppenvogel, Carpodaeus stoliezkae, Tribura major, die verſchiedenen Alters- N Kleinere Mittheilungen. 489 kleider des Falco sacer, unſerer kleinen Ohreulen und Käuze, der unſerem Bunt— ſpecht naheſtehende weißflüglige Specht, Pieus leucopterus, eine Beutelmeiſenart (Aegi- thalus eoronatus Levertz.) u. a. m. London, d. 23. November 1891. Ernſt Hartert. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Am vergangenen Donnerstag, den 26. November, konnte ich eine ſehr intereſſante Beobachtung machen. Ich gewahrte auf einem Felde zwei Tauben, die ich ſogleich als Wildtauben erkannte. Es gelang mir, mich auf 100 Schritte anzupürſchen; weiter fehlte mir jedoch jede Deckung, und jo kam es, daß ich keine dieſer ſo ſehr verſpäteten Columba oenas ſchießen konnte. St. Lambrechten (Ob. Oeſtr.), den 30. Nov. 1891. Otto Koller. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe.) Soeben habe ich am Strande des Zuiderſee 2 Albinos der Dohle (bei einer der Kopf weiß und der Körper ge— fleckt, bei der andern das ganze Kleid gefleckt) beobachtet. Harderwyk, den 28. November 1891. K. Knauthe. Noch eine ſpäte Brut. Meiner Mittheilung auf S. 415 dieſes Jahrgangs der Monatsſchrift habe ich heute noch eine ähnliche hinzuzufügen, die ein noch auf— fallenderes Factum betrifft, als die am citirten Orte berichtete ſpäte Girlitzbrut Vor einiger Zeit beſuchte ich Herrn Kreischirurg von Bredow in Predel bei Zeitz Dieſer Herr, ein eifriger Vogelliebhaber, zeigte mir als neueſte Acquiſition in ſeiner Vogelſtube einen jungen Garteuſänger (Hypolais salicaria), der am 21. Aug uſt von einem Briefträger als noch nicht ganz flügger Vogel am Neſte in einer Gartenhecke ergriffen, war und erſt nachdem er vierzehn Tage lang noch geſtopft worden war, ſelber freſſen lernte. Jetzt iſt er ganz gut „im Futter“, hat auch ſchon die erſten beſcheidenen Anfänge in der edlen Sangeskunſt gemacht. Für einen ſo außerordentlich zarten, ziemlich zuletzt ankommenden und zu den zuerſt Abziehenden gehörenden Zug— vogel, wie es Hypolais bekanntlich iſt, iſt eine derartige und ſpäte Brut gewiß etwas Außergewöhnliches. Dieſes ſpäte Neſthäkchen iſt übrigens nicht ein körperlicher Schwächling — was ſein Zurückbleiben ja erklärlicher machen würde, ſondern ein ganz normales kräftiges Exemplar. Zeitz, Ende November 1891. Fr. Lindner, cand. min. Zu den eigenthümlichen Niſtorten von Meiſen theile ich Folgendes mit: Auf dem Hofe der hieſigen Löwenapotheke ſteht ein eiſerner Brunnen, 6 Fuß hoch, der mit einem viereckigen hölzernen Kaſten, mit Spreu gefüllt, umgeben iſt. Ein abnehmbarer Deckel geſtattet das Hineinſehen. In dieſem Kaſten niſtet ſeit mehreren Jahren eine Kohlmeiſe. Der einzige Eingang iſt ein 3 em breiter und 15 em langer Einſchnitt, in welchem ſich der Schwengel des viel benutzten Brunnens bewegt. Im Jahre 1890 niſteten daſelbſt 2 Pärchen. Das eine mit 6, das andere mit 11 Eiern 490 Bücher⸗Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. zu gleicher Zeit. Sämmtliche Jungen flogen aus. Die Weibchen ſind ſo zahm, daß man den Deckel abnehmen kann und ſie nicht ſtört. 1891 hat nur ein Paar geniſtet Burg b. Magdeburg. Sanitätsrath Dr. Karl Frick. (Aus einem Briefe an K. Th. Liebe). Einen Uhn (Bubo ignarus &) ſchoß am 30. November 1891 gelegentlich einer Holzjagd auf Prießnitzer Revier bei Borna Herr Premier-Lieutenant Graf Schulenburg (Grimma) und bemerkte bei Ueber⸗ ſendung desſelben an mich, daß dies das zweite ſeit Jahresfriſt in hiefiger Gegend erlegte Exemplar ſei. Ich fand als Mageninhalt ausſchließlich Ueberreſte zahlreicher Feldmäuſe, an welchen in dieſem Herbſte bekanntlich kein Mangel herrſchte. Infolge der vorhandenen reichlichen Mäuſenahrung dürfte augenſcheinlich mancher Räuber der Gattungen Buteo, Circus, Strix ꝛc. von Uebergriffen in die Rechte des Waid⸗ manns abgehalten worden ſein während des letzten Herbſtes. Leipzig, den 8. December 1891. R. Groſchupp. Bücher-Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. J. | [Aus dem Ornithologiſchen Verein München.] E. In norwegiſcher Sprache. 44. Collett, R., En rugende Coloni af Larus eburneus paa Spitsbergen. Tromsö Museums Aarshefter. XIII. 1890. 187—196. Mit Karte. 45. Derſ, Om 6 for Norges Fauna nye Fugle fundne i 18871889. Christiania Videnskabs Selskabs Forhandl. 1890. Nr. 4. 19 S. 46. Derſ., Om et Par Fuglesamlinger fra Madagascar-Regionen, modtagne Da Aug, Lantz i 1867, og Missionslaege Borchgrevink i 1875. Eb. 1877. r. 6. 20 47. Derſ., Craniets og Oreaabningernes Bygning hos de nordeuropæiske 51 1 115 Familien Strigidae. Mit 3 Tafeln und 2 Holzſchnitten. Eb. 1887. Nr. 38 S P — 48. Carpodacus erythrinus (Pall) og Botaurus stellaris (Lin) nye for Norges fauna. Eb. 1882. Nr. 17. 3 S. 49. „„ Leonh., Fra des yderste Osten. V. Rejsebreve. Natuuren. 1885/86. 56 S Collet beſpricht in höchſt eingehender Weiſe eine Colonie der ſeltenen Elfenbein- Möve: Lokalität, Neſter und ihre Beſtandtheile (die Pflanzen beſtimmt), Eier, ihre Maaße, — hierbei führt er ein, wie uns ſcheint, neues Verfahren ein; er giebt nämlich von jedem Ei außer der Totallänge, der Queraxe in Millimetern, der Dophöhe, dem Ver— hältniß von Queraxe zur Längsaxe in Procenten, auch dasjenige der Dophöhe zur Längsaxe in Procenten an. Das gleiche wird bei Vergleichen mit Eiern von L. fuscus, canus und tridactylus durchgeführt; dann folgt Beſchreibung der Jungen. — Die ſechs für Norwegen neuen Vögel find: Turd. fuscatus Pall., Or. galbula L., Fale. islandus Fabr. ( candieans Gun), Otis tetrax L., Ans. hyperboreus Pall., Tad. casarca (L.). Collett handelt gleichzeitig das Vorkommen der dieſen verwandten Arten ab. — An der Hand von Hartlaub's klaſſiſchen „Vögeln Madagascars“ (Halle 1877) beſpricht Collett 59 madagaſſiſche Arten, welche Lantz und Borchgrevink ſammelten. — Die oſteologiſchen Verhältniſſe der Schädel und ſpeciell der Augenhöhle und der Bücher: Vorlagen aus der Bibliothek Leverkühn. I. 491 Inſertion der Lider bei den nördlichen zehn Eulenarten legt Collett in einer weiteren Arbeit dar mit Beziehung auf 37 vortreffliche Abbildungen. — Stejneger, der geniale Norwege, welcher jetzt im Dienſte der Smithonian Inſtitution zu Waſhington angeſtellt iſt, legt feinen Landsleuten eine Schilderung in feiner Mutlerſpruche über feine Reifen um das Berings⸗Meer dar. Außer zahlreichen botaniſchen und allgemein zoologiſchen Notizen finden ſich viele Bemerkungen über die Ornis; ein vorwiegend geographifcher Bericht über dieſe Reiſe findet ſich in den „Deutſchen Geographiſchen Blättern“ (Bremen) in deutſcher Sprache. F. In ſerbiſcher Sprache. 50. BPYCNHA, CHOME HMH. I. (BEOTPAIY 1888. Kl. Fol. 51 S.) In dieſem großartig angelegten Werke beginnt der bekannte Verfaſſer Profeſſor Dr. Spiridion Bruſina, Director des naturhiſtoriſchen Muſeums zu Agram, eine Avifauna der bosniſch⸗ſerbiſchen Länder. Das vorliegende Heft bildet die Einleitung, in welchem B. den Beweis liefert, das die croatiſchen Trivialnamen ſehr zahlreicher Vögel den Grundſtock der üblichen Benennungen nicht nur in jenen Ländern, ſondern z. Th. auch im Ungariſchen bilden; ferner werden ſyſtematiſche und nomenclatoriſche Fragen darin erörtert; den Schluß bildet eine (jüngſt von Oth. Reiſer bis auf die Gegenwart fortgeſetzte, vgl. nächſten Bericht) Bibliographie von 243 Nummern. — Da das Manuſcript zu dieſem Werke feſt in Belgrad liegt, wie uns der Autor mitteilte, wird das weitere Erſcheinen einſtweilen ſiſtirt. Sehr zu wünſchen wäre eine wenigſtens auszugsweiſe deutſche oder franzöſiſche Ueberſetzung! Druckfehler⸗ Berichtigung. Infolge des Umſtandes, daß der Redaction längere Zeit hindurch die Adreſſe des Herrn Autors unbekannt war, ſchlichen ſich in die Mittheilung: „Ornithologiſche Nachrichten aus der Provinz Poſen“ in Nr. 13 d. Jahrg. folgende Druckfehler ein: Man leſe Seite 383 Zeile 33, S. 384 Z. 12, 15 u. 24, S. 385 Z. 33 „Grotrian“ ſtatt Grotnau Seite 384 Zeile 2 „Wiekowo bei Witkowo“ ſtatt Wiekewo bei Withewo Seite 384 Zeile 12 „Braczizewo“ Tatt Braizizeno Seite 384 Zeile 25 „Witkowo“ ſtatt Withowo Seite 384 Zeile 29 „Cybinna“ ſtatt Czylinna Seite 385 Zeile 29 „Jelonek-See“ ſtatt Leſonek-See Seite 421 Zeile 27 „Drymoica“ ſtatt Drymaeca Seite 422 Zeile 6 „Drymoica“ ſtatt Drymooca + Anzeigen, J. O. Rohleder in Leipzig-Gohlis hat zum Verkauf: 300 Paar rothe Tigerfinken & P. / 2,50, 3 P. ./4 7,00; Malabarfaſänchen a P. 3,00; Wellenſittiche a P. , 10,00; Mövchen, gelb u. braun, à P. , 6,00, 3 P. , 16,50; Graue Papapeien, an Hanf, Mais u. abgekochtes Waſſer gewöhnt, prachtvolle Thiere, à % 30,00. Gewöhnliche deutſche Vögel in Bälgen oder geftopft kaufen wir oder tauſchen ſolche ein gegen europäiſche oder exotiſche Arten. Berlin, Luiſenplatz 6. „Linnaea“. Skelet⸗ Präparate aus dem ganzen Gebiete der Wirbelthiere, ſowie auch Menſchen⸗Skelete, Menſchenſchädel und Skelettheile des Menſchen kaufen wir fortwährend. Berlin, Luiſenplatz 6. „Linnaea“. Nedaction: Hofrath Prof. Dr. K. Th. Liebe in Gera, Druck von Ehrhardt Karras in Halle a. S. Accentor modularis 66. 319. 347. Aceipiter nisus 119. 176. 332. Acredula caudata 12. 37. 86. Acrocephalus arundinacea 13. 171. 281 358. — palustris 171. — turdoides 13. 171. 231. 358. Adler 335. Aegialites minor 171. 414. Aepyornis maximus 155. Agapornis roseicollis 48. Alauda arvensis 15. Alaemon desertorum 421. Alcedo 6. — ispida 21. 170. 259. 384. Ammomanes einctura 421. — deserti 418. 421. Ammoperdix hayi 418. 419. Amſel 325. Anas boschas 139. 174. 231. 252. 369. crecca 174. 252. nyroca 369. penelope 174. querquedula 174. 369. — Strepera 75. Androglossa brasiliensis 18. Anser 139. — einereus 173. Anthus arboreus 17. 65. — obscurus 347. Aquila 335. — fulva 183. 384. — naevia 99. Negiſter. (Jahrgang 1891.) Ardea cinerea 98. 141. 172. 253. 385. — comata 312. — egretta 97. 311. 312. Ardetta minuta 97 385. 442. Astur palumbarius 69. 177. Atzel 50. Auerhahn 119. Auerhuhn 444. Auer⸗Schneehuhn 142. Bachſtelze 22. 23. 86. 368. —, weiße 171. Bartgeier 358. 418. Baumfalke 412. Baumpieper 17. 65. Bekaſſine 367. Beos 50. Berberfalke 418. Bienenfreſſer 263. 411. 423. Birkente 250. Bläßchen 173. Bläßhuhn 97. Blaukehlchen 325. 411. Blaurake 384. Blumenauſittich 389. Bolborhynchus monachus 234. Botaurus 231. 237. — :stellaris 97. 119. 172. 385. Brachvogel, großer 385. 388. 444. Brandente 97. 174. Braunelle 319. 347. Brotogerys tiriea. Bubo ascalaphus 421. — ignavus 334. 490. 150. Bubo maximus 263. Bucanetes githagineus 402 427, f Budytes flavus 65. 171. 252. Buntſpecht, dreizehiger 414. —, großer 436. —, mittlerer 411. Buſchſänger 422. —, kleiner 421. 422. Buſſard 68. 150. Buteo vulgaris 68. 150. Caccabis sinaitica 425. Calamoherpe arundinacea — Acrocephalus arundina- ceus. — turdoides = Acrocephalus turdoides. Calamoherpe melanopogon 280. 283. Caprimulgus europaeus 422. | 426. | Carduelis elegans 16. 55. 368. 415. Carine noctua 421. | Carpodacus sinaicus 428. 4 Cathartes perenopterus 418. | Cerchneis cenchris 236. — tinnunculus 85. 237. Chloris hortensis 368. 370. | Ciconia 98. 100. 119. 263 386. — alba 172. Circaetus gallicus 426. Circus 465. Cireus aeruginosus 466. — eineraceus 471. — cyaneus 468. — pallidus 473. Clangula glaucion 250. Colaeus 488. Columba oenas 50. 488. — palumbus 53. 260. 286. 351. Colymbus ruficollis 385. — septentrionalis 175. Conurus patagonus 48. — solstitialis 48. Coracias garrula 23. 97. 384. Corvus 22. 167. 231. 389. — corax 384. cornix 20. 168. 239. one 9. 168. 239. 317. 367. 378. frugilegus 168. 239. Cotyle rupestris 420. Coturnix dactylisonans 342. Crax 8. — cearunculata 376. Crex pratensis 172. Cuculus 12. 17. 18. 19. — canorus 155. 316. 426. 435. Cyanecula Wolfi 411. Cygnus musicus 140. 174. — olor 174. 364. Cypselidae 208. Cypselus apus 151. Dacnis atricapilla 137. — cyana 137. Dandalus rubecula 14. 256. Dohle 488. Dompfaff 257. 380. Dorngrasmücke 14. 65. Droſſelrohrſänger 13. 171. 231. 358. Drymoica inquieta 422. — nana 421. 422. Dryocopus martius 248. Eelectus roratus Müll., grandis Gm. 47. Edelfink 460. Edelpapagei 47. Eichelheher 51. 168. Eistaucher 385. Eisvogel 6. 21. 170. 259. 384. Elſter 66. 87. 263. Regiſter. Emberiza eitrinella 16. 65. — hortulana 97. 261. — schoeniculus 229. Erithacus cyaneculus 325. — luseinia 11. 134. 462. — philomela 462. — rubeculus 317. Erythropus vespertinus 236. Eudytes glacialis 385. Eulabes 50. Eule 124. Falco barbarus 203. 418. — cenchris 426. jugger 203. 414. subbuteo 412. tanypterus 418. Faſan 318. Feldeggsfalke 418. Feldlerche 15. Feldſperling 96. 261. Felſenſchwalbe 420. Felſenſittich 48. Fettſchwalk 352. Fink 460. Fiſchadler 170. 253. 257. 384. Fiſchreiher 98. 141. 150. 172. 253. 385. Fliegenfänger, grauer 66. 374. Flußregenpfeifer 171. 414. Fluß⸗Seeſchwalbe 97. 175. 252. Flußuferläufer 414. Fringilla 368. 460. — carduelis 368. 415. — chloris 368. 370. Huliea atra 97. 173. 230. 251. 365. Fuligula eristata 254. — ferina 231. 280. — nyroca 174. Gabelweihe 69. Gänſeſäger 97. 320. 324. Galerita cristata 16. Gallinago 367. — gallinula 173. 368. 412. — major 97. 173. — scolopacina 173. Gallinula chloropus 173. — porzana 42. 71. 180. 387. 411. peregrinus 124. 203. 238. 493 Gallinula pusilla 43. Gallus ferrugineus 205. Gambettwaſſerläufer 252. Garrulus glandarius 51. — glandarius 168. Gartenammer 14. 65. 134. Gartenrothſchwänzchen 66. Gartenſänger 13. 462. 489. Gartenſpötter 134. Gauch 426. Gecinus viridis 66. Gebirgsſtelze 171. 340. Gelbhaubenkakadu 431. . Geothlypis formosa 137. Gilbdroſiel 451. Gimpel 257. Girlitz 259. 341. 415. Glatthornvogel 49. Goldammer 16. 65. 387. Goldamſel 134. 436. Goldhähnchen 30. 141. Goldohren-Taucher 23. Grasmücken 418. —, ſchwarzköpfige 462. Graugans 173. Graupapagei 47. Grauwürger 97. 424. Großtrappe 85. 140. 183. 372. 385. Grünfink 368. 370. Grünſpecht 66. Gruidae 252. Grus cinereus 97. Gypaettus 423. — barbatus 358. 418. 423. Habicht 177. Höckerſchwan 174. Hänfling 414. Haliaetus albicilla 98. 257. 447. Halsbandfliegenfänger 374. Hans, lachender 54. Haubenlerche 16. Haubenmeiſe 24. Haubenſtaar 50. Haubentaucher 66. 174. 252. 366. Haushuhn 205. Hausrothſchwänzchen 66. Hausſchwalbe 357. Hausſperling 17. 54. 66. 292 —, ſchwarzer 23. Heckenbraunelle 66. Hesperidenwürger 424. 494 Himantopus himantopus 205. Hirundo 7. 207. 357. 387. 388. 446. — riparia 390. — urbica 151. 390. Hocco 8. 375. Hohltaube 50. 488. Honigſauger 137. Hühnerhabicht 69. Hydrochelidon nigra 176. Hypolais philomela 462 489. — salicaria 13. 489. Hypotriorchis aesalon 414. Inka 431. Jägerliſt 54. Juggerfalk 203. Jynx torquilla 149. 238. 339. 368. 411. Kakadu 430. Karmingimpel 428. Kentuckyſänger 137. Kiebitz 171. 252. 367. Kleiber 30. Kohlmeiſe 64. 132. 369 489. Kolkrabe 384. Kornweihe 468. Krähe 22. 167. 231. 389. —, ſchwarze 367. Knäkente 174. 369. Kranich 97. 252. Kreuzſchnabel 195. 314. Krickente 174. 252. Kuckuk 12. 17. 18. 19. 155. 316. 435. Lachmöve 97. 175. 230. 252. Lämmergeier 423. Lanius 418. — collurio 15. 33. 64. 65. 424. — excubitor 30. 33. — meridionalis 424. — minor 33. 97. 424. — senator 262. Lappentaucher 140. Larus 140. — argentatus 55. — canus 175. — ridibundus 230. Leiothrix luteus 405. Licmetis nasica 431. Locustella luseinoides 282. Regiſter. Löffelente 254. Löffelreiher 311. Loxia 195. 314. Lusciola rubecula 367. Mainaſtaar 50. Mandelkrähe 23. 97. Maskenſittich, großer 47. Mauerſegler 151. Mehlſchwalbe 151. Melanerpes erythrocephalus 49. Mergus merganser 97. 320. 324. — serrator 349. Merops apiaster 263. 411. Merula vulgaris 14. 325. Milan, rother 20. 69. 412. —, ſchwarzer 20. Milvus ater 20. — regalis 20. 69. 412. Miſteldroſſel 317. Mittelente 75. 173. Mitua tuberosa 376. Möve 140. Mönchsſittich 234. Moorente 174. 369. Moorſchnepfe 43. Motacilla 86. 368. — eee ee 175 — sulphurea 171. 340. Müllermeiſe 195. Museicapa albicolis (collaris) 374. — atricapilla 86. — grisola 66. — luctuosa 95. 97. 195. 374. — parva 193. 384. Museicapidae 374. Nachtigall 11. 134. 462. Nachtigallrohrſänger 282. Nachtſchwalbe 426. Naſenkakadu 431. Nebelkrähe 20. 239. 389. Neuntödter 424. Nordſeetaucher 175. Nuecifraga caryocatactes 384. Numenius arcuatus 385. Nyctale Tengmalmi 421. Nyctea scandiaca 414. Ocypterus albovittatus, Gould 1 3 Oedienemus crepitans 414. Ohrenſteißfuß 174. 279. Orangehaubenkakadu 47. Oriolus galbula 134. 317. 387. 436. Otis 208. — tarda 85. 385. — tetrax 260. 140. 183. 372. Palumbus torquatus 260. Pandion haliaetus 170. 253. 257. 384. Paraleyon gigas 54. Parus candatus 133. — cristatus 24. i — maior 64. 132. 369. 489. Passer domesticus 17. 54. 66. 292. — domesticus, ater 23. — montanus 96. 261. Pastor roseus 236. Pauxi galeata 375. Perdix z. Th. ſ. Caccabis. — 3. Th. ſ. Starna. — einerea 66. 318. 366. 387. 441. — rubra 66. Pernis apivorus 384. 413. Pfeifente 174. Phänologiſches 77. 82. 235. 256. 258. 321. 333. 411 8d. 415. 483. Phasianus colchicus 218. Plilippinenkakadu 46. Phyllopneuste rufa 13. Pica caudata 66. 87. — pica 263. Picoides tridactylus 414. Picus z. Th. ſ. Geeinus. — maior 438. — martius 248. — medius 411. Pirol 134. 317. 387. 436. Pisorhina scops 352. Platalea leucorhodia 311. Plattmönch 462. Platycercus personatus 47. Pleetrophanes nivalis 21. Plietolophus galeritus 431. — Leadbeateri 431. Plictolophus roseicapillus 431. — sulphureus 431. — eitrinocristatus 47. — philippinarum 46. Ploceus textor 67. Podiceps 140. 365. — auritus 279. — erxistatus 66. 174. 252. 366. iner 84. 174. 252. 280. 366. — nigricollis 23. 174. — xrubricollis 97. 174. 230. 252. 279. 412. Poecile palustris 295. Psittacus carycinurus 47. — erythropterus 154. Pterocles alchata 425. . Pyrrhula europaea 257. 380. — githaginea 427. Rabenkrähe 70. 168. 239. 317. 367. 378. Rackelhuhn 414. Raubvägel 124. Raubwürger 30. 33. Rauchfußkauz 421. Rallus aquaticus 172. Rebhuhn 66. 318. 366. 387. 441. Regulus 30. 141. Reiherente 254. Rhyncbaceros chus 49. erythrorhyn- Ringeltaube 53. 260. 286. 351. Röthelfalke 236. 426. Rohrammer 171. 229. Rohrdommel 172. 231. 237. 444. —, große 97. 119. 385. 388. —, kleine 97. 385. Rohrdroſſel 13. 171. Rohrhuhn, geſprenkeltes 42. 71. 180. Rohrweihe 466. Roſenkakadu 431. Roſengimpel, ſinaitiſcher 418. Roſenköpfchen 48. Roſenſtaar 236. Rothhuhn 66. Rothflügelſittich, 154. Rothfußfalke 236. Rothhalstaucher 174. auſtraliſcher NRNothkehlchen 14. 256. 317. 367. Regiſter. Rothkopfſpecht 49. Rothmaskenamazone 48. Rothſchenkel 367. Rothſchwänzchen 24. Ruticilla phoenicurus 66. — tithys 24. 66. Saatkrähe 168. 239. Säger, großer 97. 320. 324. —, mittlerer 349. Sandhuhn 425. Sandlerche 421. Saxicola leucura 418. — oenanthe 66. 369. 418. Saxicola xanthomelaena 418. Schafſtelze, gelbe 65. 171. 252. Schellente 251. Schildkrähe 168. Schlangenadler 426. Schmutzgeier 418. Schneeammer 21. Schneeeule 414. Schoenicola schoeniclus 171. Schopfreier 312. Schreiadler 99. Schwalbe 7. 207. 387. 388. 446. Schwalbenwürger 151. Schwan 364. Schwanzmeiſe 12. 37. 86. 133. Schwarzamſel 14. Scharzkrähe 168. Schwarzplättchen 337. Schwarzſpecht 248. Scolopax rusticola 173. — gallinago 367. Seeadler 98. 257. 447. Seeſchwalbe, ſchwarze 176. Segler 208. Serinus hortulanus 259. 341. 415. Silbermöve 55. Silberreiher 97. 311. 312. Silvia hypolais 134. — Juseinia 134. Singſchwan 140. 174. Sitta caesia 30. 340. Samenvogel 405. Sonnenſittich 48. Spatula clypeata 254. Spechtmeiſe 340. Sperber 85. 119. 176. 332. Spötter, gelber 462. Sproſſer 462. [Staar 55. 495 75. 90. 128. 156. 186. 217. 241. 262. 269. 297. 317. 436, Stadtſchwalbe 390. Steatornis caripensis 352. Steinadler 27. 183. 384. Steinhuhn, ächtes 425. —, kleines arabiſches 418. 419. Steinkauz 421. Steinſchmätzer 418. —, arabiſcher 418. —, grauer 66. —, gemeiner 369. Steißfuß 84. —, kleiner 84. 174. 252. 280. 366. —, rothhalſiger 97. 230. 252. 279. 412. —, ſchwarzhalſiger 23. 174. Stelzenläufer 205. N Steppenhuhn 101. 107. 143. 237. 291. 410. Steppenweihe 473. Sterna fluviatilis 175. 252. — hirundo 97. Stieglitz 16. 55. 368. 415. Stockente 174. 231. 262. 369. Storch 98. 100. 119. 172. 263. 386. Strandpieper 347. Strigidae 124. Strix 421. — aluco 99. 207. — noctua 421. Sturnus eristatellus 50. — vulgaris 55. 75. 90. 128. 156. 186. 217. 241. 262. 269. 297. 317. 436. Sula fusca 182. Sumpfhuhn, aetüpfeltes 42. Sumpfrohrſänger 171. Sumpfſchilfſänger 379. Sumpfſchnepfe, große 97. —, kleine 368. 412. Surnia nivalis 414. Sylvia atricapilla 337. 462. — curruca 65. — ceinerea 14. 65. — hortensis 14. 65. 134. — palustris 379. Sylviinae 418. Syrrhaptes paradoxus 101. 107. 143. 237. 291. 410. 496 Syrnium aluco 20. 99. 207. 318. Tadorna cornuta 97. 174. Tafelente 231. 280. Tangaren 138. Tannenhäher 384. Taucher 365. —, rothhalſiger 385. Teichhuhn, grünfüßiges 172. Teichrohrſänger 231. Teichſchilfſänger 13. Tetrao hybr. medius 414. — lagopus-urogallus 142. — urogallus 119. 444. Textorweber 67. Thurmfalke 85. 257. Tölpel, gemeiner brauner 182. Totanus calidris 252. 367. — hypoleucus 414. Trappe 183, 208 372. —, große 385. Trauerfliegenfänger 86. 95. 97 195. 374. Trauerſteinſchmätzer 418. Triel 414. Tringa Temminki 97. Troglodytes parvulus 13. 338. Turdus Grayi 451. Regiſter. Turdus erotopez us 136. — pilaris- 323. — viseivorus 317. Turteltaube 412. 426. [Turtur auritus 412. — senegalensis 426. Uferſchwalbe 390. Uhu 263. 334. 490. —, kleiner afrikaniſcher 421. Upupa epops 252. 384. 426. Vanellus cristatus. 171. 252. 367. Wachtel 342. Wachtelkönig 172. Waldkauz 20. 99. 207. 318. Waldſchnepfe 173. Wanderfalk 124. 203. 238. 414. Waſſerhuhn 365. —, ſchwarzes 230. 251. Weidenlaubvogel, kleiner 13. Weihen 465. Wendehals 149. 238. 339. 368. 411. Weſpenbuſſard 384. 413. Wiedehopf 252. 384. 426. Wieſenweihe 471. Wildente 139. Wildgans 139. Würger 418. —, rothköpfiger 262. —, rothrückiger 15. 33. 64. 65. —, ſchwarzſtirniger 33. Wüſtengimpel 402. 427. Wüſtenläuferlerche, langſchnäb⸗ lige 421. Wüſtenlerche 418. Wüſtenlerchen 421. Xema ridibundum 97. 232% 175. Zausgrasmücke 65. Zaunkönig 13. 338. Zeimer 323. Ziegenmelker 422. Zwergohreule 352. Zwergfalke 414. Zwergfliegenfänger 193. 384. Zwergreiher 442. Zwergſtrandläufer, Temmink's IT, Zwergſumpfhuhn 43. Zwergtrappe 53. 260. Zwergtaucher 174. 254. Anal N 15 r A, mW SRH ANA) RAR nA) 2 n 22 Ar Aral Ann Auf A 5 a Bas 5 ) A a eee . Rh AN 4 88 Oe | | | 5 2 N eee AAN a | * AN [WIEN | | 2 | | 1 A MANN 2 2 . eat, 8 Ia AN 8 n 12 8 De . 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