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Adam Smith war in der National-Oekonomie, Thaer in der wiſſenſchaftlichen Landwirthſchaft mein Lehrer. Sie ſind die Begründer zweier Wiſſenſchaften, und manche ihrer Lehren werden für immer unantaſtbare Grund— lagen der Wiſſenſchaft bilden. Was uns in den Schriften oder den mündlichen Vor— trägen bedeutender Männer unzweifelhaft erſcheint, nehmen wir in uns auf, eignen es uns zu, und es hört damit auf, Gegenſtand des eignen Forſchens zu ſein. Aber die Wiſſenſchaft iſt nie eine vollendete, und oft dient ein Fortſchritt in derſelben dazu, uns neue früher 11155 geahnte Probleme zu zeigen. e Was nun in den Lehren beider großen Männer mir als unvollendet erſchien, mein Bedürfniß nach klarer Einſicht nicht befriedigte, und mich dadurch zur eignen Forſchung fortriß, mag, wenn auch nicht erſchöpfend, doch überſichtlich ſich in folgende Fragepunkte zuſammen drängen laſſen. 1) Wie muß ſich bei konſequenter Bewirthſchaftung mit der Aenderung der Kornpreiſe der Ackerbau ändern? 2) Durch welche Geſetze wird der Preis des Getreides und des Holzes regulirt? a 3) Hat das höhere Wirthſchaftsſyſtem, hat namentlich die Fruchtwechſelwirthſchaft einen abſoluten Vorzug vor der Koppel⸗ und Dreifelderwirthſchaft, oder iſt der Vorzug des einen Wirthſchaftsſyſtems vor dem andern durch die Höhe des Preiſes der landwirthſchaftlichen Erzeugniſſe bedingt? 4) Aus welcher Urſache entſpringt die Landrente, und durch welches Geſetz wird die Höhe derſelben beſtimmt? 5) Welches iſt die endliche Wirkung der auf den Land— bau gelegten Abgaben? 6) Welches iſt der natürliche Arbeitslohn, oder welches iſt der dem Arbeiter von der Natur beſtimmte Antheil an ſeinem Erzeugniß? 7) Durch welches Geſetz wird die Höhe des Zinsfußes beſtimmt, und welche Verbindung findet zwiſchen Zinsfuß und Arbeitslohn ſtatt? * 8) Wie wirkt die Größe des Geldſtocks auf den Zltrsfuß und auf den Preis der Waaren? 9) Welchen Einfluß üben bedeutende Verbeſſerungen im * Landbau und Erfindung neuer Maſchinen für die Fabriken bei ihrem erſten Auftreten aus, und welches iſt die endliche Wirkung derſelben? Schon in früher Jugend, als ich im Inſtitut des Herrn Staudinger zu Flottbeck den Landbau in der Nähe Ham⸗ burgs kennen lernte, faßte ich die erſte Idee des iſolirten Staats auf, und ſeitdem habe ich mich ſtets gedrungen gefühlt, die ſich mir darbietenden land- und ſtaatswirthſchaft⸗ lichen Probleme der Anſchauungsweiſe, welche dem iſolirten Staate zum Grunde liegt, zu unterwerfen, indem ſich mir 7 * 85 nur in der Befreiung des Gegenſtandes von allem Zufälligen und Unweſentlichen die Hoffnung zur Löſung des Problems zeigte. Beim Beginn meiner Laufbahn als praktiſcher Landwirth ſuchte ich mir dann durch eine genaue und in's Einzelne gehende Rechnungsführung die Data zur Berechnung der Koſten und des Reinertrags des Landbaues bei verſchiedenem Körnerertrage und verſchiedenen Getreidepreiſen zu verſchaffen. Nachdem dieſe Data aus einer fünfjährigen Rechnung zu— ſammengetragen und zu einer Ueberſicht vereinigt waren, wurden, auf dieſe Grundlage geſtützt, die Unterſuchungen begonnen, welche im erſten Theil mitgetheilt ſind. * Da es hier nun Zweck iſt, die bei dieſen Unterſuchungen angewandte Methode der Prüfung und Kritik zu unterwerfen, ſo erlaube ich mir den Gang der Unterſuchung und einige der dadurch gewonnenen Reſultate der Erinnerung des Leſers wieder vorzuführen. 2 II. Die im erſten Theile enthaltenen, auf die Verhältniſſe des Guts Tellow ſich ſtützenden Berechnungen ergeben § 5, 6, daß auf Boden von 8 Körnern Ertrag im Rocken nach Brache die Landrente der Koppelwirthſchaft verſchwindet oder gleich Null wird, wenn der Werth des Berliner Scheffels Rocken auf 0,49 Thaler Gold herabſinkt — und mit dem Ver— ſchwinden der Landrente hört auch der Anbau des Bodens auf. Durch eine Aenderung in der Form der Wirthſchaft laſſen ſich aber Erſparungen in den Wirthſchaftskoſten machen und der Boden kann dann, wenn der Werth des Rockens auch unter 0,9 Thlr. per Schfl. herabſinkt, noch angebauet werden, und ſelbſt noch einige Landrente geben. Durch die auf Koſtenerſparung gerichtete Aenderung in der Form der 6 Wirthſchaft entſpringt ein Wirthſchaftsſyſtem, was mit der reinen Dreifelderwirthſchaft übereinſtimmt. Es ergibt ſich hier alſo das Reſultat, daß beim Sinken des Getreidepreiſes es einen Punkt gibt, wo die Dreifelder— wirthſchaft vortheilhafter wird als die Koppelwirthſchaft. Aber auch die Landrente der Dreifelderwirthſchaft muß zuletzt verſchwinden, wenn die Kornpreiſe immer tiefer herab— gehen, und dies iſt nach §S 14a der Fall, wenn der Scheffel Rocken den Werth von 0,7 Thaler Gold erlangt — und hier muß dann der Anbau des Bodens zum Zweck des Kornverkaufs enden. Betrachten wir aber andererſeits die Wirkung ſteigender Kornpreiſe, jo treffen wir auf einen Punkt, wo der Boden zu koſtbar und zu einträglich wird, um noch ferner einen Theil deſſelben ungenutzt als Brache zu bearbeiten. Mit der Aufhebung der Brache geht die Koppelwirthſchaft zur Frucht— wechſelwirthſchaft über, und dieſe gewährt hier eine höhere Landrente als jene. Wenn man von dem Preiſe, den das Getreide in der Stadt hat, wohin daſſelbe geliefert wird, den Betrag der Transportkoſten abzieht, ſo ergibt ſich daraus der Werth, den das Getreide auf dem Gute ſelbſt hat. Mit der größeren Entfernung vom Marktplatz ſteigen die Transportkoſten, und der Werth des Korns auf dem Gute ſelbſt nimmt ab. Die zunehmende Entfernung vom Marktplatz wirkt alſo wie ein Sinken des Getreidepreiſes bei gleich bleibender Entfernung. Es läßt ſich alſo der Einfluß, den die Höhe des Getreidepreiſes auf den Landbau ausübt, auch räumlich dar— ſtellen, und aus dieſer Darſtellung im Raume iſt der iſolirte Staat hervorgegangen. >» 7 Durch dieſe Auffaſſung des Gegenſtandes wird mit der urſprünglichen Aufgabe zugleich die andere verbunden: Wie muß mit der größeren oder geringeren Entfernung von der Handelsſtadt ſich die Form der Wirthſchaft ändern, wenn der Boden den höchſten Reinertrag geben ſoll? Aus der Erfahrung laſſen ſich die Geſetze, die hier ob— walten, nicht unmittelbar entnehmen, denn in der Wirklichkeit treten uns überall Ungleichheit des Bodens, ungleicher Reich- thum deſſelben, Einwirkung ſchiffbarer Flüſſe ꝛc. entgegen, und in den Wirthſchaften, die wir in verſchiedenen Entfer⸗ nungen von den großen Handelsſtädten erblicken, ſpricht ſich — die Konſequenz der Bewirthſchaftung vorausgeſetzt — der Einfluß aller dieſer Potenzen vereint aus. Um die Wirkſamkeit der einen Potenz — der Entfernung vom Marktplatz — von dem Konflikt mit der Wirkſamkeit der andern Potenzen zu befreien; und dadurch zum Erkennen zu bringen, haben wir eine große Stadt ohne ſchiffbaren Fluß in einer Ebene von durchaus gleichartigem und gleich fruchtbarem Boden annehmen müſſen. Dieſe Geiſtesoperation iſt analog dem Verfahren, welches wir bei allen Verſuchen in der Phyſik wie in der Landwirth- ſchaft anwenden, wo wir nämlich nur die eine zu erforſchende Potenz quantitativ ſteigern, alle übrigen Momente aber un⸗ verändert laſſen. Unter dieſen Vorausſetzungen bilden ſich in der Ebene des iſolirten Staates, wie im erſten Theil nachgewieſen iſt, regelmäßige concentriſche Kreiſe um die Stadt, in welchen abſteigend freie Wirthſchaft, Forſtwirthſchaft, Fruchtwechſel⸗, Koppel⸗- und Dreifelder⸗Wirthſchaft betrieben wird. Bei unbegrenzt wachſender Entfernung von der Stadt muß nothwendig ein Punkt ſich finden, wo die Produktions⸗ 8 und Transportkoſten des Korns dem Preiſe, der in der Stadt dafür bezahlt wird, gleich kommen, und hier iſt der Punkt, wo die Landrente verſchwindet, und die Kultur des Bodens, inſofern dieſe auf Kornverkauf nach der Stadt baſirt iſt, endet. Hieraus geht denn das im S 24 ausgeſprochene, den Getreidepreis beſtimmende Geſetz hervor. Aus dem Vorzug, den die der Stadt näher gelegenen Güter vor den Gütern an der Grenze der kultivirten Ebene haben, entſpringt die Landrente, und die Größe dieſes Vor— zugs beſtimmt nach 8 25 den Betrag der Landrente. Jenſeits der Grenze, wo die Kultur des Bodens zum Zweck des Kornverkaufs nach der Stadt aufhört, bildet ſich der Kreis der Viehzucht, welche hier noch mit einigem Vor— theil betrieben werden kann, weil die Transportkoſten der Viehprodukte, wie Butter, Fettvieh, Wolle u. ſ. w., im Ver⸗ hältniß zum Werth derſelben ungleich geringer ſind, als die des Getreides. Jenſeits des Kreiſes der Viehzucht geht dann die Ebene in eine menſchenleere Wildniß über, durch welche der iſolirte Staat von der übrigen Welt geſchieden wird. Den Boden dieſer Wildniß ſelbſt nehmen wir aber von gleicher Beſchaffen— heit und gleicher natürlicher Fruchtbarkeit mit dem der übrigen Ebene an — und das Hinderniß der Verbreitung der Kultur nach dieſen Gegenden liegt demnach nicht in der Beſchaffen— heit des Bodens, ſondern allein in der großen Entfernung von dem Marktplatz für die ländlichen Erzeugniſſe. Die Ausdehnung des Kreiſes der Viehzucht findet alſo auch nur darin eine Schranke, daß der Preis der Vieh— produkte in der Stadt für den entfernteſten Producenten nur noch die Produktions- und Transportkoſten deckt. Mit der zunehmenden Entfernung von der Stadt mindern ſich — weil Landrente und Kornpreis abnehmen — die 9 Produktionskoſten der Vieherzeugniſſe, wogegen ſich die Trans— portkoſten derſelben mehren. Da nun, wie im $ 26 nach— gewieſen iſt, mit der zunehmenden Entfernung von der Stadt die Produktionskoſten ſtärker abnehmen als die Transportkoſten zunehmen, und da die Landrente des entlegenſten Guts im Kreiſe der Viehzucht = 0 iſt: jo folgt daraus (8 26 b) das wichtige Geſetz, daß in den der Stadt näheren Gegenden (mit Ausnahme des Kreiſes der freien Wirthſchaft) die Land— rente aus der Viehzucht negativ ſein muß. Die endliche Wirkung einer neu eingeführten Abgabe gibt ſich (Abſchnitt 3) darin kund, daß der äußere Rand der Ebene verlaſſen wird, die Bodenkultur ſich auf einen engern Kreis um die Stadt herum beſchränkt, und die Zahl der Bewohner des Staats ſich vermindert. Dies iſt in einem kurzen Ueberblick der Gang und das Ergebniß der Unterſuchungen des erſten Theils. Die Reſultate ſind dort nicht durch Räſonnements ge— funden, ſondern aus einer Formel über die Koſten und den Ertrag des Landbaues, zu welcher die Data aus der Wirk— lichkeit entnommen ſind, abgeleitet worden, indem der eine Faktor — der Kornpreis — einer ſucceſſiven Aenderung unterworfen wurde. Dieſe Methode kann, wenn die Erfahrungen genau und richtig aufgefaßt, und die darauf gebaueten Schlußfolgen konſequent ſind, mathematiſche Gewißheit auf ein Gebiet übertragen, worin beim bloßen Räſonnement ſich die wider— ſprechendſten Anſichten geltend machen. Je größer aber die Leiſtungen dieſer Methode ſein können, und je mehr die Ergebniſſe derſelben auf Gewißheit Anſpruch machen, um ſo ſchärfer muß auch die Prüfung und Kritik derſelben ſein. 10 III. Das Abſtrahiren von der Wirklichkeit, ohne welches wir zu keiner wiſſenſchaftlichen Kenntniß gelangen, bietet die zwiefache Gefahrſeite dar, daß wir 1) in Gedanken trennen, was eine gegenſeitige Wechſel— wirkung auf einander ausübt, und 2) unſern Schlüſſen Vorausſetzungen zum Grunde legen, deren wir uns nicht klar bewußt ſind, ſie deshalb nicht aus— zuſprechen vermögen, und dann für allgemein gültig halten, was doch nur unter dieſen Vorausſetzungen gültig iſt. — Die Geſchichte der National-Oekonomie liefert hierzu manche frappante Beiſpiele. Unter den im erſten Band theils ausgeſprochenen, theils ſtillſchweigend zum Grunde gelegten Vorausſetzungen bedürfen die beiden nachſtehenden einer beſondern Prüfung und Beleuchtung. 1) Der Boden in der Ebene des iſolirten Staats iſt nicht blos urſprünglich von gleicher Fruchtbarkeit, ſondern im Verfolg der Kultur bleibt auch (mit Ausnahme des erſten Kreiſes) der Reichthum des Bodens an Pflanzennahrung in allen Gegenden des iſolirten Staats ſich gleich, wie ver— ſchieden daſelbſt auch die Getreidepreiſe ſein mögen. 2) Die Sorgfalt in der Beſtellung des Ackers, in der Einerntung der Früchte, dem reinen Ausdruſch u. ſ. w. bleibt überall gleich, der Scheffel Rocken mag ½ oder 1% Thaler gelten. Nun haben wir die Konſequenz der Bewirth— ſchaftung als die höchſte und unabweisliche Forderung obenan ſtellen und dieſer alles unterordnen müſſen. Es drängt ſich alſo von ſelbſt die Frage auf „Sind jene beiden Vorausſetzungen mit der Konſequenz der Bewirth— ſchaftung verträglich?“ 11 Ich muß hierauf antworten: „Nein.“ Die Gründe für dieſe Antwort werden weiterhin näher entwickelt werden. Von dieſer Seite hätte der erſte Theil, der hierüber keine Rechtfertigung gibt, angegriffen werden können und müſſen — wenn dem Buch eine in den Geiſt deſſelben eingehende Kritik zu Theil geworden wäre. Stürzt aber nicht mit der Erkenntniß dieſes Mangels in der Grundlage das ganze Gebäude des iſolirten Staats zuſammen? Wir wollen, um dieſe Frage zu erörtern, einen analogen Fall anführen und in Betracht ziehen. Geſetzt, man könne fruchtbare Ackererde zu einem gegebenen Preiſe ankaufen und geliefert erhalten und es ſtände in unſerer Willkühr, die Ackerkrume bis zu jeder beliebigen Mächtigkeit zu erhöhen: ſo würden wir uns die Aufgabe ſtellen, zu ermitteln, bei welcher Mächtigkeit der Krume wir, nach Abzug der Zinſen vom Ankaufspreis der Erde, vom Boden den höchſten Reinertrag beziehen. Um hierüber auf's Klare zu kommen, würde man zuerſt Verſuche anſtellen, um zu erforſchen, wie und in welchem Verhältniß der Ertrag an Früchten mit der zunehmenden Mächtigkeit der Krume ſteigt. Bei einem ſolchen Verſuch würde man unſtreitig alle Ackerſtücke mit verſchiedener Krum— tiefe gleich ſtark beſüſen — weil man ſonſt zwei heterogene Gegenſtände mit einander vermiſchte, und über keinen von beiden durch den Verſuch eine reine Antwort erhielte. Den— noch aber iſt die Stärke der Einſaat hier ein mitwirkendes Moment; denn es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die 10zölltge Krume ein anderes Einſaatsquantum erfordert, als die Azöllige, wenn beide den höchſten Ertrag an Früchten geben ſollen. Man wird alſo einen zweiten Verſuch anſtellen, die Ackerſtücke mit verſchiedener Krumtiefe in mehrere Abthei— 12 lungen zerlegen und dieſe in verſchiedener Stärke beſäen, um zu ermitteln, welche Stärke der Einſaat für jede Krum— tiefe die angemeſſenſte iſt, und den höchſten Fruchtertrag liefert. Eben ſo wird man die Größe des Einfluſſes der andern noch mitwirkenden Potenzen, als die Aenderung der Qualität des Bodens bei veränderter Tiefe der Krume, die mit der tiefern Krume verbundenen größern Koſten des Pflügens u. ſ. w. einzeln und getrennt von allen andern zum Gegenſtand von Verſuchen und Beobachtungen machen müſſen, um jene Aufgabe vollſtändig zu löſen. Sollte nun das Verfahren, was wir in der phyſiſchen Welt für durchaus richtig erkennen, in der Gedankenwelt unſtatthaft ſein; ſollten wir nicht auch hier von zwei zu— ſammenwirkenden Potenzen erſt die Eine als allein wirkend betrachten, und dann die Andere auf gleiche Weiſe, als allein wirkſam der Betrachtung unterziehen dürfen? Gewiß läßt ſich durch Analogien die Richtigkeit dieſes Verfahrens bis zur Wahrſcheinlichkeit erheben; aber ſchwerlich dürfte es auf dieſem Wege gelingen, einen ſtrengen Beweis, der keine entgegengeſetzten Anſichten zuläßt, dafür zu liefern. Auf die abſolute Richtigkeit kommt hier aber alles an. Glücklicherweiſe finden wir den Beweis dafür in der Wiſſenſchaft, die nicht trügt — in der Mathematik. In der Differentialrechnung wird nämlich, wenn man von einer Funktion, die mehrere veränderliche Größen ent— hält, das Maximum des Werths ſucht, bei der Differentiation zuerſt nur die eine Größe als veränderlich, die andern aber als konſtant betrachtet, und nachdem man den für dieſe Größe — durch Gleichſtellung ihres Differentials mit Null — gefundenen Werth in die Funktion geſetzt hat, wird die zweite veränderliche Größe der Differentiation unterworfen, der ſich ergebende Werth derſelben ſubſtituirt, und ſo fort— 13 gefahren, bis alle veränderlichen Größen aus der Funktion verſchwunden ſind. Soll nun das erwieſen richtige Verfahren der Mathe— matiker auch für die Richtigkeit unſerer Methode Beweiskraft haben, ſo muß nachgewieſen werden, daß wir, wie ſie, ein Maximum zu finden ſtreben, und zum Gegenſtand unſerer Unterſuchung machen. In der Landwirthſchaft beſitzen wir durch vermehrte Sorgfalt in der Beſtellung des Ackers, der Einerntung der Früchte u. ſ. w., durch Ankauf von Dung, Gyps, Knochen— mehl, Guano ꝛc., durch Auffahren von Mergel und Moder, durch Zuführung einer dem Acker mangelnden Erdart u. ſ. f. eine Menge Mittel nicht bloß den momentanen, ſondern auch den dauernden Ertrag des Ackers zu ſteigern. Wenn aber dieſe Verbeſſerungen mit einem Koſten⸗ aufwand erkauft werden, der den Werth des dadurch erlangten Mehrertrags überſteigt, ſo führen ſie nicht bloß zum Ruin des Landwirths, der ſie unternimmt, ſondern vermindern auch das Nationalvermögen. Nicht der höchſte Rohertrag, ſondern der höchſte Rein— ertrag iſt und ſoll das Ziel des Landwirths ſein. Fragen wir nun, wo iſt die Grenze, bis zu welcher die Sorgfalt der Arbeit und die Bereicherung des Bodens getrieben werden darf, ſo lautet die Antwort: 1) Die Sorgfalt der Arbeit, z. B. beim Aufleſen der Kartoffeln, darf nicht weiter gehen, als bis die zuletzt darauf gewandte Arbeit noch durch das plus des Ertrags vergütet wird. 2) Die Bereicherung des Bodens muß konſequenterweiſe bis zu dem Punkt getrieben werden, aber auch da aufhören, wo die Zinſen der Koſten des Dungankaufs, oder ſtatt deſſen der Dungerzeugung mit dem dadurch erlangten Mehrertrag in's Gleichgewicht treten. 14 Immer wird der auf dieſe Weiſe erlangte Mehrertrag durch einen Aufwand von Kapital und Arbeit erkauft, und es muß einen Punkt geben, wo der Werth des Mehrertrags dem Mehraufwand gleich wird — und dies iſt zugleich der Punkt, bei welchem das Maximum des Reinertrags ſtattfindet. Das Verfahren, was wir bei unſern Unterſuchungen, wo die Ermittelung des höchſten Reinertrags das Ziel iſt, an— wenden, ſteht alſo mit der in der Mathematik bei der Er— mittelung des Maximums des Werths einer Funktion mit mehreren veränderlichen Größen als richtig erwieſenen Methode im Einklang, und ſo wie der Mathematiker von den in einer Funktion enthaltenen veränderlichen Größen zuerſt bloß die Eine als veränderlich, die Andere aber als konſtant betrachtet und behandelt, ſo dürfen auch wir von den verſchiedenen auf den Reinertrag einwirkenden und mit dem Kornpreiſe in Verbindung ſtehenden Potenzen erſt die Eine als allein wirkend, die Andere aber als gleichbleibend oder ruhend, anſehen und behandeln. Damit iſt denn auch die Zuläſſigkeit und Richtigkeit der im erſten Theil angewandten Methode nachgewieſen. Aber im erſten Theil iſt die Frage: „Welchen Einfluß übt die Höhe der Kornpreiſe auf den Landbau aus?“ erſt theilweiſe, erſt nach einigen Seiten hin unterſucht und ver— folgt. Die Einwirkung der Kornpreiſe erſtreckt ſich aber auf viele andere Gegenſtände, wovon wir hier nur die auf den Bodenreichthum und auf die Sorgfalt der Arbeit anführen wollen — und ſomit iſt der erſte Theil nur der Beginn der Arbeit zur vollſtändigen Löſung der Aufgabe. Zum beſſern Verſtändniß und zur richtigern Würdigung des erſten Theils laſſe ich ſchon hier eine vorläufige Betrach— tung über die Einwirkung des Kornpreiſes auf die beiden Potenzen: Bodenreichthum und Sorgfalt der Arbeit, folgen. 15 Weiterhin aber jollen dieſe Punkte Gegenſtand einer eigenen Unterſuchung werden. IV. A. Unter den Verhältniſſen des iſolirten Staats, wo, durch die Einwirkung des ausgedehnten, bloß Viehzucht trei— benden Kreiſes, die Preiſe der Viehprodukte ſehr niedrig ſind, kann, wie im erſten Theil nachgewieſen iſt, die Abſchaffung der Brache und die Einführung der Fruchtwechſelwirthſchaft erſt dann vortheilhaft werden, wenn der Boden einen Grad des Reichthums erlangt hat, bei welchem das Korn nach reiner Brache ſich lagert. Der iſolirte Staat iſt aber auf die Vor⸗ ausſetzung eines gleichen Bodenreichthums der ganzen Ebene baſirt, und zwar iſt eine Ertragsfähigkeit von 8 Körner (9, Berliner Scheffel vom preuß. Morgen) nach reiner Brache angenommen. Bei dieſem Ertrage findet aber keine Lagerung des Korns ſtatt. Bei konſequenter Schlußfolge hätte alſo in dem erſten Theils des iſolirten Staats die Fruchtwechſelwirthſchaft eigent— lich ausgeſchloſſen bleiben müſſen. Werfen wir nun in Beziehung auf die Verbindung zwiſchen Kornpreis und Bodenreichthum einen Blick auf die Wirklichkeit, ſo finden wir in der Regel in den Ländern mit dichter Bevölkerung und hohen Kornpreiſen einen höhern Bodenreichthum als in den dünnbevölkerten Ländern mit niedrigen Kornpreiſen. Die Frage iſt alſo praktiſch ſchon gelöſt und es iſt merkwürdig, daß das, was der geſunde Sinn der praktiſchen Landwirthe längſt ausübt, von der Wiſſenſchaft im ſyſtematiſchen Zuſammenhang noch nicht auf— gefaßt und dargeſtellt iſt. | Wenn wir nun ſtatt des mangelnden wiſſenſchaftlichen Beweiſes die Erfahrung, daß die Bodenbereicherung der 16 Erhöhung der Getreidepreiſe folgt, als auf Vernunftgründen beruhend, anſehen, und dieſen Satz auf den iſolirten Staat anwenden, ſo wird dadurch die Geſtaltung deſſelben weſentlich modificirt. Statt des gleichen Reichthums der ganzen Ebene ſehen wir dann von der Grenze an nach der Stadt zu den Bodenreichthum ſtetig wachſen, und es iſt möglich, ſelbſt wahr— ſcheinlich, daß in einer gewiſſen Entfernung von der Stadt es vortheilhaft wird, den Boden über den Punkt hinaus zu bereichern, wo das Lagern des Korns nach Brache anfängt. Damit würde denn die Fruchtwechſelwirthſchaft den Platz, der im erſten Theil zwar ahnend angedeutet iſt, aber als unver— einbarlich mit den angenommenen Verhältniſſen betrachtet wurde, wirklich einnehmen. Hier treffen wir alſo auf eine bedeutende Abweichung von dem Reſultat des erſten Theils, und es könnte den An⸗ ſchein gewinnen, als ſei die Methode, zur Zeit nur Eine Potenz in Betracht zu ziehen, hier irre führend geworden. Aber ohne die Annahme eines gleichen Bodenreichthums wäre die Unterſuchung, wie die Entfernung von der Stadt an ſich d. i. ohne Einwirkung anderer Potenzen wirkt, gar nicht zu führen geweſen, und wäre verwirrend ſtatt aufklärend geworden. Das Unzutreffende rührt nicht von der Methode, ſondern davon her, daß die Unterſuchung im erſten Theil noch nicht beendigt, und nur erſt Eine Seite der Aufgabe gelöſt iſt. Wie in einer Funktion, die mehrere veränderliche Größen enthält, durch Auffindung und Subſtituirung des Werths der einen Größe der Werth der Funktion ſelbſt noch unbeſtimmt bleibt, und dieſe Beſtimmtheit erſt dann erhält, wenn alle veränderlichen Größen entfernt ſind — ſo auch hier. Zur eigentlichen Löſung der Aufgabe gehört, daß, nach dem die erſte Unterſuchung über den Einfluß der Entfernung 17 an ſich beendigt iſt, eine zweite Unterſuchung über den Einfluß der Entfernung auf den angemeſſenſten Boden- reichthum begonnen und durchgeführt wird; aus der Ver— bindung beider Unterſuchungen geht dann ein vollſtändigeres — wenn auch noch nicht das letzte — Reſultat hervor. In der That ſind die Materialien zu dieſer Arbeit im erſten Theil ſchon größtentheils enthalten. Denn die For⸗ meln zur Berechnung des Reinertrags ſind nicht blos für einen gegebenen Kornertrag, ſondern für alle Stufen des Ertrags bis zu 10 Körnern hinauf und damit auch für den dieſen Erträgen entſprechenden Bodenreichthum gültig. Auch iſt für die Grenze, wo ſich Koppel- und Dreifelderwirthſchaft ſcheiden, eine Formel gefunden, die für alle Stufen des Er— trags gültig iſt. Nur für den Bodenreichthum, der einem höhern Ertrag, als dem von 10 Körnern entſpricht, ſind die Berechnungen und Formeln noch zu entwerfen. Wäre nun das Geſetz, nach welchem Kornpreis und Bodenreichthum mit einander verbunden ſind, gefunden, ſo könnte man aus den ſchon vorhandenen Materialien mit Leichtigkeit Bodenreichthum, Ertrag und Landrente für jede Entfernung von der Stadt angeben, das Bild des iſolirten Staats vervollſtändigen und dieſen dadurch der Wirklichkeit — worin uns die Geſammteinwirkung aller Potenzen ent— gegen tritt — näher führen. Das bloße aus der Beobachtung entnommene Wiſſen, daß in der Regel mit hohen Kornpreiſen auch hoher Boden— reichthum verbunden iſt, reicht aber zu einer ſolchen Arbeit nicht aus. Es muß vielmehr die Nothwendigkeit dieſer Erſcheinung nachgewieſen und das Geſetz für die Wechſelwirkung zwiſchen Kornpreis und Bodenreichthum gefunden ſein, ehe dieſer Theil unſerer Aufgabe mit derſelben Schärfe und Genauigkeit unterſucht und behandelt werden kann, wie der erſte. Thünen II. 2 — 18 B. Wenn auf einem Gute, wo bisher alle Arbeiten durch 20 Tagelöhnerfamilien beſchafft wurden, noch eine Familie eingeſetzt und das Zugvieh zugleich verhältnißmäßig vermehrt wird: ſo können Ernte und Saat theils in kürzerer, und damit in der angemeſſenen Zeit beſchafft, theils können die Arbeiten bei der Ernte und Saat ſorgfältiger gemacht werden; es kann ferner das Korn reiner ausgedroſchen, es können die Kartoffeln reiner aufgenommen werden u. ſ. f. Die Vermehrung der Arbeiterfamilien muß konſequenter Weiſe ſo lange fortgeſetzt werden, bis der durch den zuletzt angeſtellten Arbeiter erlangte Mehrertrag im Werth gleich dem Lohn iſt, den der Arbeiter erhält. Der Mehrertrag ſpricht ſich in Korn aus und bleibt für ein und daſſelbe Wirthſchaftsſyſtem immer gleich, welchen Preis auch das Korn haben mag. Der Geldlohn des Ar— beiters aber ſteigt und fällt, ſelbſt wenn der reelle Arbeits— lohn derſelbe bleibt, nicht im direkten Verhältniß mit dem Kornpreis, ſondern ein Theil deſſelben wird — wie im erſten Theil ausführlich erörtert iſt — von dem Kornpreis nicht afficirt, und muß deshalb in Geld ausgedrückt bleiben. Geſetzt nun, die Koſten einer Arbeiterfamilie betragen jähr- lich 60 Scheffel Rocken plus 30 Thlr.; der durch die zuletzt angeſtellte Familie erlangte Mehrertrag des Guts betrage 100 Scheffel Rocken: ſo bleibt dem Grundbeſitzer ein Gewinn von 40 Schfl. minus 30 Thlr. Bei dem Preiſe des Rockens von 1½ Th. pr. Schfl. beträgt dennoch der Gewinn 60 30-30 Th. 40 30 10 „ M 6 5 ; 1 „ 30.3 30 und bei dem Preiſe von ½ Thlr. pr. Scheffel verwandelt ſich der Gewinn in einen Verluſt von 10 Thlr. Es ergibt ſich hieraus, daß bei dem Kornpreiſe von 1 Thlr. noch mehr als 21 Arbeiter mit Vortheil angeſtellt 1 15 h " " " " u 19 werden können, während bei dem Preiſe von ½ Thlr. ſchon der zwanzigſte Arbeiter Verluſt bringt. Nun liegt es aber in der Natur des Landbaues — und dies iſt ein ſehr beachtungswerther Umſtand — daß das Mehrerzeugniß nicht im geraden Verhältniß mit der Zahl der mehr angeſtellten Arbeiter ſteigt, ſondern jeder ſpäter angeſtellte Arbeiter liefert ein geringeres Erzeugniß als der vorher— gehende — der 22ſte Arbeiter weniger als der 21ſte, der 23ſte weniger als der 22ſte u. ſ. w. Als Beiſpiel ſtelle ich folgende Scala auf: Es bringt hervor der 21ſte Arbeiter... 100 Schfl. „ „ - „322fte 22, 2 RU it len: —,; ri 3 nn, „ * 5 „ Aäſte S ie 8 ee EN Te P R 5 19 te lt 423 Dieſer Scala nach bringt beim Preiſe von 1 Thlr. pr. Scheffel: Der 22ſte Arbeiter. . .. 90 Schfl., koſtet 60 Sch. + 30 Thlr. liefert Ueberſchuß 30 Schfl. a 1¼ Thlr. 30 Thlr. 15 „ Der 23ſte Arbeiter. . .. 81 Schfl., koſtet 60 Sch. 30 „ liefert Ueberſchuhn MW W 214 1 30 = 1½ „ Der 24ſte Arbeiter. . . . 73 Schfl., nach Abzug des Lohns bleiben. .. . 13 Schfl. a 1½ Thlr. 30 = 10%½ Thlr. Bei dem Preiſe von 1½ Thlr. für den Scheffel bringt alſo die Anſtellung des 22ſten Arbeiters noch Gewinn, bei der Aufnahme des 23ſten Arbeiters kompenſiren ſich Nutzen und Koſten, während die Anſetzung eines 24ſten Arbeiters mit Verluſt verbunden iſt. Bei dem Preiſe von ½ Thlr. bringt der 20ſte Arbeiter 111 Schfl. hervor. Nach Abzug des Lohns bleiben hiervon 51 Schfl. minus 30 Thlr. Die 51 Scheffel haben einen 20 Werth von 25½ Thlr. Der 20ſte Arbeiter bringt alfo 4½ Thlr. Verluſt. Der 19te Arbeiter liefert ein Erzeugniß von 123 Schfl., wovon nach Abzug des Lohns 63 Schfl. a Ye Thlr. = 31½ 30 = 1%½ Thlr. übrig bleiben. Bei dem Preiſe von 1½ Thlr. pr. Scheffel iſt es alſo vortheilhaft, die Arbeiter von 20 bis zu 23 zu vermehren, während bei dem Preiſe von ½ Thlr. der 20ſte Arbeiter abgeſchafft werden muß, um den böchſten Reinertrag zu erlangen. Vergleichen wir nun zwei Güter des iſolirten Staats mit einander, wovon das Eine an der Grenze — wo der Scheffel Rocken circa ½ Thlr. Werth hat — das Andere in der Nähe der Stadt — mit einem Rockenpreiſe von 1¼ Thlr. — liegt, und nehmen an, daß beide nicht bloß gleichen Bodenreichthum haben, ſondern auch demſelben Wirthſchaftsſyſtem unterworfen ſind, ſo würde doch, bloß wegen der größern Sorgfalt der Arbeit, der Kornertrag des letztern Guts um den Betrag deſſen, was der 20ſte, 21ſte, 22ſte und 23ſte Arbeiter erzeugen, größer ſein, als der Ertrag des erſtern Guts — was nach der aufgejtellten Scala 382 Schfl. beträgt. ö Welche Aenderung bewirkt nun die Berückſichtigung dieſes Moments in der Geſtaltung des im erſten Theil dargeſtellten iſolirten Staats? Geſetzt, der Kornertrag des Bodens von gleichem Reich— thum betrage in der Nähe der Stadt 8½, an der Grenze des Staats dagegen nur 7% Körner. Da dieſe Differenz im Kornertrag ſich bei konſequenter Bewirthſchaftung ergibt, und der Landwirth an der Grenze es vorzieht, von einem Boden, der 8 Körner tragen kann, nur 7½ Körner zu gewinnen, ſo folgt daraus, daß die Produktionskoſten des Korns niedriger zu ſtehen kommen, 21 wenn nur 7½ Körner, als wenn 8 Körner — der Normal» ertrag der Ebene — durch vermehrten Arbeitsaufwand ge— wonnen werden. Nun wird durch die Größe der Produktions- koſten die Ausdehnung des Anbaues der Ebene bedingt, und es wird folglich auch bei Berückſichtigung dieſes Moments die Meilenzahl, bei welcher der Anbau der Ebene aufhört, etwas größer werden, als im erſten Theil berechnet iſt. Auch mag die Grenze zwiſchen Koppel- und Dreifelder-Wirthſchaft etwas, jedoch nicht erheblich, verrückt werden. Auf die Meilenzahl kommt es hier aber nicht an, da dieſe das Weſen der Unterſuchung nicht berührt, ſondern nur zur Verſinn— lichung der Idee dient. Die Einwirkung dieſes Moments iſt nur quantitativ, nicht qualitativ, und kann deshalb bei der Konſtruktion des iſolirten Staats außer Acht bleiben. In anderer Beziehung iſt dagegen — wie ſich weiter unten ergeben wird — die Beachtung dieſes Moments von großer Wichtigkeit. „ Hier mag ſich nun noch eine Erklärung anſchließen über ein Reſultat des iſolirten Staats, welches zur Zeit des erſten Erſcheinens des Buchs im Jahr 1826 mit dem in der Wirk⸗ lichkeit Beſtehenden anſcheinend einen grellen Widerſpruch bildete. Die Berechnungen im erſten Theil haben ergeben, daß, wenn die Kornpreiſe bis zu einem gewiſſen Punkt ſinken, der Uebergang aus der Koppel- zur Dreifelder-Wirthſchaft vortheilhaft wird, und die Landrente ſteigert. Nun waren in dem Zeitraum von 1820 bis 26 die Kornpreiſe im nördlichen Deutſchland faſt bis zu dem Punkt geſunken, wo nach dem iſolirten Staat die Dreifelder-Wirth⸗ ſchaft vortheilhafter wird, als die Koppelwirthſchaft. Aber die Landwirthe jener Zeit ſuchten und fanden ihre Rettung 22 in einer Wirthſchaft mit vermehrter Erzeugung von Vieh- produkten und nicht in dem Uebergang zur Dreifelder-Wirth— ſchaft, durch welche der Ertrag an Viehprodukten noch mehr beſchränkt worden wäre, als die Kornproduktion. Der Verfaſſer erkannte bei Abfaſſung des Buchs den ſchroffen Gegenſatz zwiſchen der Wirklichkeit und dem von ihm gefundenen Reſultat ſehr wohl; aber er konnte daſſelbe nicht ändern, weil es mit Nothwendigkeit aus dem ganzen Gang der Unterſuchung hervorging. Woher rührt aber dieſer Widerſpruch? 1) In dem iſolirten Staat iſt der beharrende Zuſtand Grundlage der Betrachtung. Die Wohlfeilheit des Getreides in Deutſchland, hervorgegangen aus einer Reihe äußerſt fruchtbarer Jahre und aus der gleichzeitig eingetretenen Korn— ſperre Englands, war ein unnatürlicher Zuſtand, der keine Dauer haben konnte. In dem Theil des iſolirten Staats, wo die Dreifelder- Wirthſchaft herrſcht, muß ſowohl der Getreidepreis, als der Preis der Viehprodukte dauernd niedrig ſein, weil die Kon— ſumenten keinen höhern Preis, als den zur Norm genommenen zahlen können. In Deutſchland waren die Konſumenten dagegen im Stande, den vor 1820 beſtehenden Durchſchnittspreis für das Getreide zu zahlen, und der niedrige Preis rührte nicht von dem Unvermögen der Konſumenten, ſondern von dem unmä— ßigen, den möglichen Verbrauch weit überſteigenden Angebot her. Dies bewirkte nun eine Aenderung in der Lebensweiſe des Volks. Von dem Einkommen, was ſonſt zum Ankauf des Getreides verwandt werden mußte, wurde ein beträcht— licher Theil erſpart, und das Erſparte größtentheils auf beſſere Bekleidung und vermehrten Genuß animaliſcher Speiſen ſtatt der vegetabiliſchen verwandt. Bedarf und Nachfrage nach 23 animaliſchen Erzeugniſſen, als Wolle, Fleiſch, Butter u. |. w., wurden dadurch gar ſehr vermehrt; Fleiſch und Butter be— hielten faſt denſelben Preis wie zu den Zeiten der hohen Kornpreiſe, und die Wolle, begünſtigt durch eine faſt zollfreie Einfuhr in England, erhielt ſich- auf einem unnatürlich hohen Preis. Niemals hat vielleicht ein ſolches Mißverhältniß in den Preiſen zwiſchen Korn und animaliſchen Erzeugniſſen ſtattgefunden wie damals. Während früher der Berliner Scheffel Rocken ungefähr den Werth von 9 Pfund Butter und von 6 Pfund Wolle hatte, galten zu der Zeit 3 bis 4 Pfund Butter ſo viel als ein Scheffel Rocken und der Preis eines Pfundes veredelter Wolle überſtieg häufig den des Scheffels Rocken und die hochfeine Wolle erreichte ſogar pr. Pfund den doppelten Werth des Scheffels Rocken. Zwiſchen den Produktionskoſten — die ſonſt den Preis reguliren — und den Marktpreiſen ſchien jedes Band zer— riſſen zu ſein. So abnorme Verhältniſſe konnten nicht dauernd ſein und ſind jetzt auch längſt untergegangen. Bei Erwägung dieſer Verhältniſſe wird es leicht begreif— lich, daß das Sinken des Kornpreiſes allein bei hohen Preiſen der Viehprodukte nicht zur Dreifelder-Wirthſchaft, ſondern zum erweiterten Anbau von Futtergewächſen führen mußte. 2) In dem iſolirten Staat iſt die kultivirte Ebene von einem blos Viehzucht treibenden Kreiſe umgeben, aus welchem die Viehprodukte zu einem ſo niedrigen Preis geliefert werden, daß die Rente aus der Viehzucht in den der Stadt nahe gelegenen Gegenden negativ wird. Von dem größten Theil Deutſchlands ſind dagegen die rohen, blos Viehzucht treibenden Länder entweder ſo weit entfernt, oder die Einfuhr der Vieh— produkte aus denſelben iſt durch Zölle ſo erſchwert, daß der Preis der animaliſchen Erzeugniſſe hoch genug iſt, um durch Viehzucht eine Rente vom Boden zu gewinnen. 24 Nichts führt aber fo entſchieden zur Fruchtwechjel- Wirthſchaft, als ein hoher Preis der Viehprodukte, und das Preisverhältniß zwiſchen dieſen und dem Korn iſt eins der wichtigſten Momente bei der Entſcheidung der Frage, wo die Fruchtwechſel-Wirthſchaft anfängt vortheilhafter zu werden als die Koppelwirthſchaft. In dem erſten Theil des iſolirten Staats konnten die deutſchen Verhältniſſe nicht berückſichtigt, noch weniger zum Grunde gelegt werden, weil dadurch das Streben nach Er— forſchung allgemeiner Geſetze in ein Suchen nach Vorſchriften, die für ein Land, eine Provinz gültig, für alle anderen Länder aber unbrauchbar und unanwendlich ſind, umgewandelt wäre. In dieſem Theil wird aber der iſolirte Staat auch unter der Abänderung, daß derſelbe mit einer Sandwüſte, ſtatt der kulturfähigen Wildniß umgeben iſt, Gegenſtand der Unterſuchung werden — und die Reſultate, die ſich daraus ergeben, werden den deutſchen Verhältniſſen analoger ſein, als die des erſten Theils. Von dem richtigen Gefühle geleitet, daß der Satz: „Niedrige Kornpreiſe führen zur Dreifelder-Wirthſchaft“ für die deutſchen Verhältniſſe nicht zutreffend ſei, hat man die Richtigkeit deſſelben in Zweifel gezogen; aber indem man überſah, daß das Unzutreffende von der Verſchiedenheit der Verhältniſſe herrührt, hat man den Satz da angegriffen, wo er nicht anzugreifen iſt, und Gründe dagegen angeführt, die unhaltbar ſind. V. Ausdehnung der Forderung der Konſequenz auf alle Ver hältniſſe des iſolirten Staats. Das Verfahren bei der Konſtruktion des iſolirten Staats iſt, daß wir ein gegebenes Gut aus der Wirklichkeit zum 25 Grunde legen, dieſes Gut im Gedanken ſucceſſive nach ver- ſchiedenen Entfernungen von der Stadt — dem Marktplatz — verlegen, und nun die Frage: „Wie wird ſich die Wirth— ſchaft dieſes Guts mit der zunehmenden Entfernung von der Stadt ändern müſſen“ zu löſen verſuchen. Hiebei mußten wir die Konſequenz der Bewirthſchaftung als eine unerläßliche Forderung aufſtellen. Auf dieſe Weiſe ſind aber auch alle Verhältniſſe dieſes Guts aus der Wirklichkeit auf den iſolirten Staat übertragen. Das in der Wirklichkeit auf dieſem Punkt der Erde beſtehende Verhältniß zwiſchen Arbeitslohn und Zinsfuß; dieſe mecklenburgiſchen Landſtraßen; dieſe Größe der Güter und jo vieles andere liegt alſo der Konſtruktion des iſolirten Staats zum Grunde. Die Forderung der Konſequenz wollen wir jetzt aber auf alle Verhältniſſe des iſolirten Staats ausdehnen. Damit werden wir nun zu den Fragen ge— drängt: Iſt dieſer Arbeitslohn und ſein Verhältniß zum Zinsfuß der naturgemäße; iſt es konſequent, Landſtraßen von dieſer Beſchaffenheit zu halten; gewähren Güter von dieſer Größe die höchſte Landrente ꝛc.? In der That wäre es ein wunderbarer Zufall, wenn in der Wirklichkeit, wo Alles noch im Werden, jede Aenderung nur eine Uebergangsſtufe zu einer höhern iſt — wenn hier irgendwo das Vernunftmäßige in ſeiner letzten Höhe ſchon zur Erſcheinung gekommen wäre. Wäre dies Wunder aber wirklich geſchehen, ſo müßte doch nachgewieſen werden, daß und warum das Beſtehende das Vernunftgemäße iſt. Unſere Aufgabe fordert alſo zur Vollendung ihrer Löſung, daß wir alles der Wirklichkeit Entnommene der Prüfung und Kritik unterwerfen, das Geſetzmäßige aufzuſuchen ſtreben, und dies — inſofern es gefunden wird — ſtatt des Beſtehenden 26 in den iſolirten Staat übertragen. Damit wird dem Blick die Ausſicht auf eine unabſehbare Reihe von Unterſuchungen geöffnet, wovon folgende — in Verbindung mit den ſchon früher angedeuteten — als die hervorragendſten ſich dem Auge zuerſt darſtellen. 1) Welches iſt der von der Natur dem Arbeiter beſtimmte Lohn, und durch welches Geſetz wird die Höhe des Zinsfußes beſtimmt? Das Kapital iſt angeſammeltes Arbeitsprodukt, alſo vollbrachte Arbeit, entſpringt mit der fortlaufenden Arbeit aus einer Wurzel — der menſchlichen Thätigkeit —; Kapital und Arbeit ſind alſo weſentlich Eins, nur in der Zeitfolge verſchieden, wie Vergangenheit und Gegenwart. Zwiſchen beiden muß irgend ein Verhältniß ſtattfinden; welches iſt dies? Da dieſe Frage die Stellung der verſchiedenen Stände gegen einander, und ſomit das Glück und die Wohlfahrt der zahlreichen Klaſſe der Arbeiter, wie die Verpflichtung der begüterten Stände gegen die Proletarier berührt: ſo greift die Unterſuchung über dieſen Gegenſtand weit über die urſprüngliche Aufgabe, den iſolirten Staat zu konſtruiren, hinaus. Der iſolirte Staat tritt bei dieſer den Menſchen ſelbſt betreffenden Frage in den Hintergrund, und die Unter— ſuchung iſt hauptſächlich nur deshalb an denſelben geknüpft, weil die Aufgabe, wenn ſie überhaupt zu löſen iſt, mir nur unter der Form der Anſchauung, die dem iſolirten Staat zum Grunde liegt, lösbar ſcheint. 2) In welcher Verbindung ſteht die Landrente mit dem Arbeitslohn und Zinsfuß? 3) Durch welches Geſetz wird die Landrente beſtimmt, wenn ſtatt der einen großen Stadt lauter kleine Städte von gleicher Größe und in gleicher Entfernung von einander in der Ebene des iſolirten Staats zerſtreut liegen, und in welcher 27 Verbindung ſteht hier der Grad der Sorgfalt der Arbeit mit den Kornpreiſen? 4) Welchen Einfluß übt die Größe des Geldſtocks auf die Höhe des Zinsfußes aus? 5) Den Berechnungen über die Größe der Transport— koſten, welche der Wirklichkeit entnommen ſind, liegen die ſehr ſchlechten Wege, wie ſie im Anfang dieſes Jahrhunderts in Mecklenburg beſtanden, zum Grunde. Sicherlich iſt es aber nicht vernünftig, ſo ſchlechte Wege zu halten — wie ſie denn auch in Mecklenburg durch Anlegung zahlreicher Chauſſeen ſchon ſehr vermindert ſind — und wenn wir uns den iſolirten Staat anfangs mit ſo ſchlechten Wegen verſehen denken, ja ſeine Geſtaltung und Ausdehnung darnach beſtimmt haben: ſo drängen ſich bei der Forderung, daß in dem iſolirten Staat überall Konſequenz herrſchen ſoll, die Fragen auf: a. Wo, und in welcher Ausdehnung können im iſolirten Staat Chauſſeen und Eiſenbahnen mit Nutzen angelegt werden? b. Welche Aenderung geht mit der Anlegung derſelben in der Ausdehnung der kultivirten Ebene, der Bodenkultur und dem Nationalreichthum vor? 6) Aus der Art, wie der iſolirte Staat konſtruirt iſt, ergibt ſich ſchon, daß für die ganze Ebene Gleichheit des Klima's angenommen iſt, und dem Zweck der Unterſuchung gemäß im erſten Theil angenommen werden mußte. Auch bietet der iſolirte Staat des erſten Theils wegen ſeiner geringen Ausdehnung keinen Stoff zu Betrachtungen über die Einwirkung des Klima's auf den Landban dar. Denken wir uns aber dieſen von einer unbegrenzten Wildniß umgebenen Staat mit einem Eiſenbahnnetz bis zu der entlegenſten Gegend, aus welcher mit Hülfe der Eiſen— bahnen noch Korn nach der Stadt geliefert werden kann, durchſchnitten: ſo erlangt der Staat eine ſolche Ausdehnung, 28 daß durch die bloße Verſchiedenheit des Klima's der Landbau im Süden des Staats einen ganz andern Charakter gewinnt als im Norden. Wird nun die Einwirkung des Klima's auf den Land— bau zum Gegenſtand der Betrachtung gemacht, ſo drängen ſich eine Menge Fragen zur Prüfung und Beantwortung auf, wovon wir hier als Beiſpiel nur einige aufführen wollen. a. Wie ändern ſich mit dem Klima die nothwendigen Subſiſtenzmittel des Arbeiters, der Arbeitslohn, die Arbeits— fähigkeit der Menſchen und die Koſten der Arbeit? b. Wie ändert ſich die Länge der Weidezeit des Viehes mit dem Breitengrad, und welchen Einfluß hat dies auf die Erzeugungskoſten der Viehprodukte? c. Welche Gewächſe ſind dadurch, daß ſie die einträg— lichſten ſind, der Hauptgegenſtand der Kultur unter den verſchiedenen Himmelsſtrichen? d. Welchen Einfluß hat das Klima auf das Quantum Humus, was durch eine Ernte von gegebener Größe, z B. 10 Schfl. von 100 OR. dem Boden entzogen wird, und wie ändert ſich dies Quantum mit dem Breitengrad auf gleichem Boden, bei gleicher Lage? 7) Um den iſolirten Staat konſtruiren zu können, mußte nothwendig der Preis des Getreides als bekannt angenommen und in einer beſtimmten Zahl ausgedrückt werden. Dieſer Preis kann aber weder willkührlich noch zufällig ſein. Nach— dem nun der iſolirte Staat ſeine Geſtaltung gewonnen, und wir uns die Aufgabe geſtellt haben, die gemachten Voraus— ſetzungen aufzuheben und dafür das Geſetzmäßige zu ſub— ſtituiren, müſſen wir die Frage aufwerfen: Warum kann die Stadt keinen höhern als den an— genommenen Preis von 1½ Thlr. pr. Scheffel Rocken 29 zahlen, und welches ſind die Urſachen und Bedingungen, daß gerade dieſer und kein anderer Preis gezahlt werden kann? Da bei einer Steigerung des Kornpreiſes der Anbau der Ebene ſich immer weiter ausdehnt, ſo kann nicht in dem Mangel an Lebensmitteln die Schranke für den Wachs— thum der Stadt liegen; ſondern dieſe Schranke muß in den Verhältniſſen der Stadt ſelbſt, in der Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, mehr Fabrikate als bisher für ein beſtimmtes Quantum Lebensmittel hinzugeben, geſucht werden. 8) Die Vorausſetzung, daß der iſolirte Staat nur die eine große Stadt enthalte, dient zur Vereinfachung der Unterſuchung, iſt aber mit der Konſequenz nicht verträglich und muß hier wieder aufgehoben werden. In der Wirklichkeit iſt die Entſtehung der Städte oft vom Zufall abhängig geweſen. Neben der Hütte des erſten Anſiedlers ſchlug ein zweiter ſeine Hütte auf, weil die gegen— ſeitige Dienſtleiſtung Beiden nützlich war. Aus gleichem Grunde ſchloß ſich dieſen ein dritter, vierter u. ſ. w. an, bis zuletzt eine Stadt entſtand. Gar manche der aus dieſer oder einer ähnlichen Ver— anlaſſung entſtandenen Städte würde man, wenn fie nur transportabel wären, gerne nach einer andern Stelle verſetzen. In dem iſolirten Staat dagegen, wo überall Konſequenz herrſchen ſoll, muß auch in Beziehung auf die Größe und Vertheilung der Städte Geſetzmäßigkeit obwalten. Als oberſtes Princip dürfte hier der Satz aufzuſtellen ſein: Die Städte müſſen in Bezug auf Größe und Entfer— nung von einander ſo über das Land verbreitet ſein, daß daraus das größte National-Einkommen hervorgeht. Dieſem Princip aber wird entſprochen, wenn die Gewerbe und Fabriken da ihren Sitz haben, wo ſie am wohlfeilſten 30 fabriciren und ihre Erzeugniſſe zu den niedrigſten Preiſen an die Konſumenten gelangen laſſen können. Dies führt denn neben manchen anderen Fragen auch zu nachſtehenden: a. Welche Gründe beſtimmen zur Anhäufung der Menſchen in großen Städten und welche Fabriken haben naturgemäß ihren Sitz in der Hauptſtadt? b. In welchem Verhältniß ſteht die Größe und Ent— fernung der Landſtädte unter einander mit der dichtern oder dünnern Bevölkerung des Landes? c. Welche Rückwirkung hat die größere oder geringere Entfernung von den Landſtädten auf den Landbau und auf die Bildung des Landvolks? 9) Durch welches Geſetz wird der Preis der Viehprodukte beſtimmt, wenn der iſolirte Staat ſtatt der Kreiſes der Vieh— zucht mit einer Sandwüſte umgeben iſt? 10) Der iſolirte Staat iſt auf die Vorausſetzung ges gründet, daß der Boden deſſelben nicht bloß von gleicher phyſiſcher Beſchaffenheit jet, ſondern — mit alleiniger Aus— nahme des Kreiſes der freien Wirthſchaft — auch überall gleichen Reichthum an Pflanzennahrung enthalte. Der Reichthum des Bodens aber iſt eine veränderliche, von der Macht des Menſchen abhängige Potenz, und ſo drängt ſich die Frage auf, ob der urſprünglich gleich frucht— bare Boden bei konſequenter Bewirthſchaftung auch in allen Gegenden des iſolirten Staats von gleicher Fruchtbarkeit bleiben werde. Der höhere Reichthum des Bodens iſt nicht umſonſt zu erlangen, ſondern muß durch Auslagen oder durch eine ſchonende, mit zeitweiſer Verminderung des Reinertrags ver— bundene Wirthſchaft erkauft werden. Einerſeits iſt nun die Größe des zu bringenden Opfers, und andererſeits iſt der 31 Nutzen, den die Bereicherung des Bodens gewährt, von der Höhe des Getreidepreiſes und des Preiſes der Viehprodukte abhängig, und folglich iſt der Betrag beider — des Opfers und des Nutzens — in den verſchiedenen Gegenden des iſolirten Staats gar ſehr verſchieden. Es ſcheint demnach der angemeſſene Reichthum des Bodens auch in einer gewiſſen Verbindung und Beziehung mit dem Preiſe der ländlichen Erzeugniſſe ſtehen zu müſſen. Die aus dieſer Anſicht ſich ergebende Aufgabe iſt nun dieſe: Bis zu welchem Punkt muß die Bereicherung des Bodens in den verſchiedenen Gegenden des iſolirten Staats getrieben werden, wenn der Forderung der Konſequenz Genüge geleiſtet werden ſoll? 11) Da die Konſtruktion des iſolirten Staats aus der Löſung der Aufgabe: „Wie wird ſich die Wirthſchaft des Guts Tellow ändern, wenn daſſelbe nach den verſchiedenen Gegenden des Staats verlegt wird“ hervorgegangen iſt; ſo liegt hierin ſchon die Bedingung, daß alle Güter dieſes Staats die Größe des Guts Tellow haben. Nach dem hier gewählten Standpunkt müſſen wir es aber zur Frage ſtellen, ob das Gut Tellow die Größe hat, bei welcher der Reinertrag des Bodens der höchſte iſt, und wir werden dadurch zu den drei Aufgaben geführt: a. Wie kann unter gegebenen, ganz beſtimmten Verhält— niſſen ermittelt werden, welche Größe die Güter haben müſſen, damit der Boden die höchſte Rente gibt? b. Hat die größere oder geringere Entfernung vom Marktplatz einen Einfluß auf die zweckmäßigſte Größe der Güter? c. Welchen Einfluß hat das Steigen des Bodenreich— thums auf die zweckmäßigſte Größe der Güter? 32 12) In dem erſten Theil iſt nachgewieſen, wie mit der größern Entfernung des Ackers vom Hofe die Koſten des Landbaues wachſen und die Rente des Bodens abnimmt. Dort mußte, um die Unterſuchung nicht zu verwirren, vorausgeſetzt werden, daß der Acker vom Hofe bis zur Grenze gleichen Reichthum enthalte und einem und demſelben Wirth— ſchaftsſyſtem unterworfen ſei. Jetzt, wo wir die gemachten Vorausſetzungen eine nach der andern wieder aufheben, indem wir ſie ſelbſt zum Gegen— ſtand der Unterſuchung machen, drängen ſich die Fragen auf: a. Iſt es zweckmäßig, den Acker vom Hofe an bis zur Gutsgrenze in gleichen Reichthum zu verſetzen, und wenn dieſe Frage verneint wird, welche Abſtufung muß dann ſtatt— finden? b. Wie muß auf großen Gütern das Wirthſchaftsſyſtem auf dem Acker in verſchiedenen Entfernungen vom Hofe ſich ändern, damit das Ganze den höchſten Reinertrag gewährt? 13) Die Aufgabe, vom Boden den höchſten Reinertrag zu gewinnen, ſchließt für die Güter des iſolirten Staats, die nur zum eigenen Verbrauch Holz erzeugen, die Aufgabe in ſich: „Wie iſt das Holz mit den geringſten Produktionskoſten zu erzielen?“ Dies führt zu nachſtehenden Fragen: a. Wie ſind die Produktionskoſten des Holzes für einen gegebenen Fall zu berechnen? b. Wie ändern ſich mit der zunehmenden Entfernung von der Stadt bei gleichem Betrieb die Produktionskoſten des Bau- und Brennholzes? c. Welche Aenderung muß im Forſtbetrieb, namentlich in der Umtriebszeit und in der Durchforſtungsmethode in den verſchiedenen Gegenden des iſolirten Staats mit der Aenderung des Holzwerths vorgehen, wenn das Holz mit den mindeſten Koſten erzeugt werden ſoll? 33 14) Aus der Art, wie der iſolirte Staat konſtruirt iſt, geht hervor, daß für die landwirthſchaftlichen Gebäude in allen Gegenden des Staats eine und dieſelbe Bauart an⸗ genommen iſt. Sit dies aber mit der Konſequenz verträglich? Die zum Betrieb der Landwirthſchaft nothwendigen Gebäude verurſachen einen vierfachen jährlichen Koſten⸗ aufwand, nämlich: 1) die Zinſen von dem auf die Errichtung derſelben verwandten Kapital, 2) die jährlichen Unterhaltungs- oder Reparaturkoſten, 3) die Abnutzung oder jährliche Werthsverminderung, 4) die Aſſekuranzprämie gegen Feuersgefahr. Die sub 2 und 3 aufgeführten Koſten vermindern ſich immer mehr, je ſolider die Gebäude aufgeführt werden; gleich⸗ zeitig ſteigen dann aber die Koſten Nr. 1 und Nr. 4 Es muß alſo einen Grad der Solidität der Bauart geben, bei welchem die Summe dieſer Koſten ein Minimum iſt. Die Konſequenz in der Bewirthſchaftung eines Guts fordert das Maximum der Landrente. Dieſes Maximum kann aber nur erlangt werden, wenn die Baukoſten, bei vollſtändiger Erreichung des Zwecks der Gebäude, den mög⸗ lichſt geringſten Theil vom Gutsertrage hinwegnehmen. Die Erforſchung der Bauart, bei welcher die auf den jährlichen Ertrag zu repartirenden Baukoſten das Minimum betragen, bildet alſo einen Theil der zu löſenden Aufgabe. Dies führt nun zu den Fragen: a. Auf welche Weiſe ſind die auf ein einzelnes Jahr fallenden Baukoſten zu ermitteln, und wie ſind dieſe auf die a Kulturzweige zu repartiren? b. Da die Produktionskoſten des Bauholzes mit der zunehmenden Entfernung von der Stadt ſchon deshalb, weil die Landrente — ein Beſtandtheil des Holzpreiſes — To ſehr Thünen II. 3 34 abnimmt, immer geringer werden, und ſomit auch das Preis— verhältniß zwiſchen den verſchiedenen Baumaterialien, als Eichenholz, Kiefernholz, Mauerſteinen, Dachziegeln, Dachſtroh u. ſ. w., ſich mit der Entfernung ſtets ändert: ſo kann auch nicht eine und dieſelbe Bauart für den ganzen iſolirten Staat die vortheilhafteſte ſein. Es frägt ſich nun, wie mit der zunehmenden Entfernung von der Stadt die Bauarten — z. B. mit Wänden von Mauerſteinen, Lehm, Fachwerk, Bohlen u. ſ. w. — ſich ändern müſſen, um die auf jedes Jahr im Durchſchnitt fallenden Baukoſten auf das Minimum herabzubringen? 15) In dem erſten Theil iſt zwar ſchon von der Wirkung der Abgaben die Rede geweſen: aber dort wurden Arbeits— lohn, Zinsfuß, Sorgfalt der Beſtellung und Reichthum des Bodens als konſtante Größen betrachtet. Bei der Erweiterung unſerer Unterſuchung, wo alle dieſe Potenzen als veränderlich betrachtet werden, entſteht nun die Aufgabe: Wie wirken die Abgaben auf die genannten Potenzen? 16) In allen bisherigen Unterſuchungen haben wir ſtets nur den Durchſchnittsertrag des Bodens vor Augen gehabt, oder was daſſelbe iſt, Jahre von mittlerer Frucht— barkeit angenommen. Die in der Wirklichkeit ſtattfindende Ungleichheit der Jahresfruchtbarkeit bringt aber in den Wirthſchaftsbetrieb vielfache Störungen; und führt öfters Mangel und Noth für die Konſumenten herbei. Dies führt zu Betrachtungen über die Fragen: a. Welche Aenderungen in dem regelmäßigen Wirth- ſchaftsbetrieb müſſen in Jahren von abnormer Fruchtbarkeit vorgenommen werden; und äußert ſich die Wirkung ſolcher Jahre in allen Gegenden des iſolirten Staats auf gleiche Weiſe? 35 b. Bei reichen, wie bei ſchlechten Ernten hören die Pro— duktionskoſten auf, Regulator des Kornpreiſes zu ſein. Nach welchen Geſetzen richtet ſich nun in ſolchen Jahren der Kornpreis? Eine befriedigende Beantwortung der letzten Frage würde einen Anhaltspunkt für die Spekulationen der Kornhändler geben. 17) In der Wirklichkeit iſt alles Erſcheinende, nur Uebergangsſtufe zu einem unerreichten noch fernen Ziel. Igm iſolirten Staat haben wir dagegen ſtets den end- lichen Erfolg, alſo das erreichte Ziel, vor Augen gehabt. Mit dem erreichten Ziel tritt Ruhe und damit der beharrende Zuſtand ein — und hier erblicken wir Geſetzmäßigkeit, während in der Uebergangsperiode Manches uns als ein unentwirr— bares Chaos erſcheint. Der beharrende Zuſtand kann aber aus folgenden Gründen in der Wirklichkeit nicht ſtattfinden. 1) Schon der einzelne Menſch bleibt in den verſchiedenen Stadien ſeines Lebens nicht derſelbe, noch weniger aber bleiben die nach einander folgenden Generationen ſich gleich. Das Menſchengeſchlecht ſelbſt iſt noch im Ringen nach einem fernen, nicht klar erkannten, kaum erſt geahnten Ziel begriffen. 2) Was auch von der lebenden Generation ſchon als Zweck und Ziel erkannt iſt, erfordert doch zu ſeiner Verwirk— lichung eine Zeitdauer, die die Lebenszeit des Menſchen oft weit überſteigt. — 3) In die Natur ſind Eigenſchaften und Kräfte gelegt, deren Entdeckung und richtige Benutzung eine der höchſten Aufgaben des menſchlichen Geiſtes zu ſein ſcheint, indem dadurch die menſchliche Arbeit lohnender und fruchtbringender gemacht, und ſomit das Wohl der Menſchheit im hohen Grade gefördert wird. Aber die Natur enthüllt dem Menſchen ihre Geheimniſſe nur allmählich, und da jede große Entdeckung eine Aenderung oder gar Umwandlung in dem Leben der 36 bürgerlichen Geſellſchaft hervorbringt, fo iſt auch das Streben und das Ziel derſelben in gewerblicher Beziehung ſelbſt dem Wandel unterworfen. Aber trotz dieſer Wandelbarkeit liegt in dem Einzelnen, was wir der Betrachtung unterziehen, der Keim zu einer beſtimmten — nicht zufälligen, nicht willkühr⸗ lichen Entwickelung, und wie wir wiſſen, welcher Baum aus der in die Erde gelegten Eichel einſt hervorgehen wird, ſo können wir auch hier die aus der Entwickelung des Keims entſproſſende Frucht — den endlichen Erfolg — unter der Vorausſetzung, daß keine ſtörenden Einwirkungen ſtattfinden, im Voraus erkennen und im Geiſte anſchauen. Hierin aber liegt die Berechtigung bei unſern Unterſuchungen, den beharrenden Zuſtand in's Auge zu faſſen und zum Grunde zu legen. Die durch dieſe Methode erlangte Erkenntniß kann aber weſentlich dazu beitragen, über die verwirrenden Erſchei— nungen während der Entwickelung und des Uebergangs Licht zu verbreiten. Wenden wir dies auf den iſolirten Staat an, ſo finden wir uns aufgefordert, die Wirkungen, welche die Erfindung neuer Maſchinen, neuer Kommunikationsmittel u. ſ. w. bei ihrem erſten Auftreten auf den Wohlſtand der bürgerlichen Geſellſchaft ausüben, mit den Folgen, die ſich ſpäter daraus entwickeln, zu vergleichen — ſomit alſo das geheimnißvolle Werden — zum Gegenſtand der Betrachtung zu machen. Ueberblicken wir nun die Vielſeitigkeit und Mannig⸗ faltigkeit der aufgeſtellten Fragen, und erwägen wir, daß mit der Forderung der Konſequenz an die aus der Wirk— lichkeit in den iſolirten Staat übertragenen Verhältniſſe, neben den angeführten Punkten noch faſt alle übrigen Ver⸗ hältniſſe der bürgerlichen Geſellſchaft zur Unterſuchung ge— zogen werden müſſen, daß damit ſtatt des Beſtehenden das Vernunftmäßige erforſcht, und ſomit das Ziel ſelbſt aufgeſtellt 37 werden ſoll: fo ergibt ſich von ſelbſt, daß die Löſung der Aufgabe nicht das Werk des Einzelnen, nicht einmal das Werk einer Generation ſein kann. Es iſt vielmehr die Arbeit der Geſchichte ſelbſt, die das, was von der geſammten Menſchheit in mehreren Geſchlechtern vollbracht wird, ſammelt — und ſo kann es erſt einem ſpäteren Forſcher, der die Materialien vorfindet, gelingen, Grund und Zweck der ſtatt— gefundenen Bewegung in ſich zum Bewußtſein zu bringen und aus den Bruchſtücken ein ſyſtematiſches Ganze zu bilden. Dieſe Erkenntniß könnte wohl den Einzelnen entmuthigen, Hand an's Werk zu legen. Hier aber zeigt ſich die unendliche Wichtigkeit des oben gegebenen Beweiſes, daß das, durch die Methode, nur eine Potenz als wirkend, die anderen als ruhend oder konſtant zu betrachten, erlangte Reſultat nicht ein unwahres, ſondern nur ein unvollſtändiges, und darum letzteres nur ſo lange iſt, bis alle anderen mitwirkenden Potenzen einer ähnlichen Unter⸗ ſuchung unterworfen ſind — daß alſo jede Forſchung über einen noch ſo kleinen Punkt der Aufgabe ein Bauſtück zur Aufführung des großen Gebäudes werden kann. Bei den Leſern, die in dieſe Anſicht eingehen, und die ganze Größe der Aufgabe erfaßt haben, glaube ich kaum der Entſchuldigung zu bedürfen, wenn hier überhaupt nur Bruch⸗ ſtücke geliefert werden, wenn die Ausführung der einzelnen Kapitel höchſt ungleich wird, indem der Verfaſſer bei ſolchen Punkten, die längere Zeit Gegenſtand der Betrachtung für ihn geweſen ſind, verweilt und in's Detail geht, andere Punkte dagegen blos andeutet, und wenn endlich in einigen Kapiteln ſtatt des Verſuchs zur Löſung der Aufgabe nur neue Fragen und Probleme aufgeſtellt werden, indem der Verfaſſer ſich ſchon befriedigt fühlt, wenn er Andere dadurch zur Forſchung anregen kann. Erſter Abſchnitt. Der iſolirte Staat mit einer kulturfähigen Wildniß umgeben in Bezug auf Arbeitslohn und Zinsfuß. — 8 1. Unklarheit des Begriffs vom natürlichen Arbeitslohn. (Geſchrieben im Jahr 1842). Alle nationalökonomiſchen Studien führten mich immer auf die Frage zurück: Iſt der geringe Lohn, den die gewöhn⸗ lichen Handarbeiter faſt überall erhalten, ein naturgemäßer, oder iſt dieſer durch Uſurpation, der ſich die Arbeiter nicht wieder entziehen können, entſtanden? Da der niedrige Arbeitslohn ſeinen Urſprung darin hat, daß die Kapitaliſten und Grundbeſitzer von dem Erzeugniß, was die Arbeiter hervorbringen, ſich einen ſo großen Theil zueignen: ſo führt jene Frage ſogleich zu der andern Frage: Welches iſt das Geſetz, wonach die Vertheilung des Arbeitserzeugniſſes zwiſchen Arbeiter, Kapitaliſten und Grundbeſitzer naturgemäß geſchehen ſoll? 39 Die Erforſchung dieſes Geſetzes bietet nicht blos ein nationalökonomiſches Intereſſe dar, ſondern hat auch eine ſehr ernſte, moraliſche Beziehung. Man kann von dem redlichiten Willen, feine Pflicht zu erfüllen, beſeelt ſein, und doch Andern großes Unrecht thun — wenn man nicht weiß und nicht erkennt, was Pflicht iſt. In dem Begriff von dem, was Pflicht gegen die Arbeiter iſt, was dem Arbeiter als Lohn zukommt, welche Forderungen des Arbeiters man als ungerecht zurückweiſen darf — in allen dieſen herrſcht die freieſte Willkühr, und jeder kann ſich dies beantworten, wie es ihm bequem iſt; denn ſelbſt die Wiſſenſchaft gibt hierüber keine andere Aufklärung als dieſe: „Die Höhe des Arbeitslohns wird durch die Konkurrenz der Arbeiter, durch das Verhältniß zwiſchen Begehr nach Arbeit und Angebot derſelben, beſtimmt,“ in welcher durch eine Begriffsverwechſelung das Faktiſche für eine Erklärung — das, was geſchieht, für den Grund der Erſcheinung genommen wird. Ja, es hat die Anſicht, als käme dem Arbeiter nichts zu, als was er zu ſeinem Lebensunterhalt nothwendig bedarf, als ſei die Summe der zur Erhaltung des Lebens und der Arbeitsfähigkeit nothwendigen Subſiſtenzmittel auch der natür⸗ liche Arbeitslohn, ſich der Gemüther dermaßen bemächtigt, daß das Gewiſſen ruhig ſchläft, ſo lange der Arbeiter nicht wirkliche Noth leidet. Sobald denn dieſe Noth ſichtlich ſtattfindet, tritt auch das ſchöne religiöſe Gefühl, die chriſtliche Pflicht, den Leidenden zu unterſtützen, helfend und rettend auf; aber — die Quelle der Noth wird dadurch nicht verſtopft. Am verderblichſten aber wirkt die Unklarheit der Anſicht über den natürlichen Arbeitslohn bei der Auflegung von Abgaben. 40 Die Ständeverſammlungen der konſtitutionellen Staaten ſtreben mit aller Kraft dahin, ſich gegen Fürſtenwillkühr zu ſichern und zu verwahren. Aber die Mitglieder der ſtän— diſchen Verſammlungen gehören ſämmtlich den gebildeten und wohlhabenden Klaſſen der Geſellſchaft an, während die zahl: reichſte Klaſſe, die der gemeinen Arbeiter, überall nicht ver- treten iſt — und ſo kann es geſchehen, daß dieſelbe Ver⸗ ſammlung, die ſo kräftig gegen Fürſtenwillkühr auftritt, gegen das Volk ſelbſt Willkühr ausübt, und durch Bewilligung von Abgaben, durch Geſetzesvorſchläge u. ſ. w. zum Unter⸗ drücker der Arbeiter wird. Es bedarf hiezu nicht des böſen Willens, nicht einmal der Triebfeder des Eigennutzes, es bedarf nur der Anſicht, daß dem Arbeiter nichts weiter zu⸗ kommt, als was zu ſeinem nothwendigen Unterhalt erforder⸗ lich iſt — um ein ſolches Reſultat herbeizuführen. Wenn aber einſt das erwachende Volk die Frage aufſtellt und praktiſch zu löſen verſucht: „Welches iſt der naturgemäße Antheil des Arbeiters an ſeinem Erzeugniß?“ ſo kann ein Kampf entſtehen, der Verheerung und Barbarei über Europa bringt. Ein großes Uebel iſt es, daß dieſe Frage ſelbſt in der Wiſſenſchaft noch nicht gelöſt iſt, daß keine Partei weiß, was Recht iſt, und daß der aus den unlautern Motiven des eigenen Intereſſes hervorgehende Kampf in der Erkenntniß der Pflicht und Wahrheit kein Gegengewicht findet. Denn wenn von einigen nationalökonomiſchen Schrift: ſtellern — mit denen die große Mehrzahl der Gewerbs— unternehmer aus Inſtinkt übereinſtimmt — das zum noth- wendigen Lebensunterhalt erforderliche Quantum Subſiſtenz⸗ mittel für den natürlichen Arbeitslohn erklärt wird, wenn von andern Schriftſtellern die Beſtimmung des Arbeitslohns der regel- und geſetzloſen Konkurrenz anheim geſtellt wird: 41 fo iſt dadurch nur das, was in der Wirklichkeit geſchieht, ausgeſprochen. Wenn dagegen die Arbeiter behaupten, daß das, was in der Wirklichkeit geſchieht, ein Unrecht ſei: ſo hat jenes ver— meintliche Geſetz ſeinen ganzen Halt verloren, und ſtatt der Berufung auf die Erfahrung muß ein auf Vernunftgründen beruhendes Geſetz nachgewieſen werden. Schon jetzt zeigen ſich in Frankreich — dieſem Heerd der ſich über Europa verbreitenden Erſchütterungen — in den Anſichten und Lehren der Kommuniſten die erſten Spuren des beginnenden, für jetzt noch unblutigen Kampfs. Dieſer Gegenſtand bietet aber noch eine andere tief ernſte Seite dar. Wir finden in der Weltgeſchichte, daß irgend eine große Idee das Menſchengeſchlecht Jahrhunderte hindurch beſchäftigte und durchdrang, ja daß die Weltgeſchichte ſelbſt in ſolchen Perioden nur die Entwickelung und allmähliche Verwirklichung der Idee darſtellt. Aber eine ſolche Realiſation der Idee iſt ſtets mit un— geheuren Kämpfen, mit der Verheerung oder dem Unter— gange ganzer Reiche verbunden geweſen. So haben die Religionskriege faſt ein Jahrtauſend hin⸗ durch die Erde erſchüttert und unſägliches Elend über Millionen Menſchen gebracht. Jetzt wird ſeit dem Beginn der franzöſiſchen Revolution die Welt durch die Idee der konſtitutionellen Freiheit bewegt. Schon das erſte Auftauchen dieſer Idee hat einen 23jährigen Kampf, der ſich ſucceſſive über ganz Europa verbreitete, zur Folge gehabt. Zwar iſt gegenwärtig eine momentane Ruhe eingetreten, aber dies iſt vielleicht nur die Ruhe vor dem Sturm, denn die Gährung hat noch nicht aufgehört, die Idee iſt von ihrer 42 Realiſation noch weit entfernt — und es iſt nicht abzuſehen, welche Stürme der Zukunft noch bevorſtehen. Aber jenſeits dieſer Kämpfe lauſcht ſchon ein anderer, der in dem Ringen nach konſtitutioneller Freiheit ſchon als Keim enthalten iſt, und der leicht verderblicher und ver— heerender werden kann, als irgend einer der frühern. Es iſt ein betrübendes Ergebniß der Geſchichte, daß in der Regel der Irrthum nicht durch die Wahrheit, die Un⸗ gerechtigkeit nicht durch die Vernunft und das Recht, ſondern durch eine andere Ungerechtigkeit bekämpft wird, und daß erſt nach unzähligen Schwingungen nach beiden Seiten hin das Wahre und Rechte zur Verwirklichung gelangt. Adam Smith ſagt: Wenn man einen krummen Stab gerade machen will, bringt man ihn nicht in die grade Rich⸗ tung, ſondern biegt ihn nach der andern Seite hinüber. So auch begnügen ſich die Kommuniſten nicht damit, für die Arbeiter einen naturgemäßen Lohn zu verlangen, ſondern gehen ſogleich zu chimäriſchen Hoffnungen, zu ver⸗ nunftwidrigen Forderungen über. Aber die Uebertreibung iſt anziehend und reißt die Menge zur Begeiſterung hin, während das Gemäßigte aber Wahre die Menge kalt läßt. Es iſt deshalb ſehr zu fürchten, daß die Anſichten der Kommuniſten ſich verbreiten und in dem Gemüth des Volks Wurzel ſchlagen, zumal wenn dieſe Anſichten von gewandten und beredten, aber ungründlichen Schriftſtellern verkündigt und veröffentlicht werden. Sollten in fernerer Zukunft die Kommuniſten unglück⸗ licherweiſe in Frankreich jemals zur Herrſchaft gelangen, und ihre Heere, gleichzeitig bewaffnet mit dem Schwert und mit Proklamationen, die unſern Soldaten Theilung des Eigen⸗ thums und Gleichheit des Vermögens verheißen, unſere 43 Grenze überſchreiten — welcher Widerſtand iſt dann zu erwarten, und wo iſt dann die Grenze der Umwälzungen und Verheerungen — —? Sicherlich aber liegt es nicht in dem Plan des Welt⸗ geiſtes oder der Vorſehung, daß jeder Fortſchritt in der Ausbildung des Menſchengeſchlechts erſt nach unzähligen Rückſchritten zur That werden und durch Ströme von Blut und den Jammer mehrerer Generationen erkauft werden ſoll. In der Erkenntniß der Wahrheit und des Rechten, in der Bezähmung des Egoismus, vermöge welcher der Bevorzugte freiwillig herausgibt, was er unrechtmäßig beſitzt, liegt das Mittel, das Menſchengeſchlecht ſeiner Ausbildung und höhern Beſtimmung friedlich und heiter entgegenzuführen. Wo aber Irrthum und Egoismus die Herrſchaft führen, da tritt, wie die Weltgeſchichte zeigt, die Nemeſis furchtbar rächend auf. Die hohe und hehre Aufgabe der Wiſſenſchaft aber iſt es, nicht durch die Erfahrung, durch den Verlauf der Geſchichte, ſondern durch die Vernunft ſelbſt die Wahrs heit und das Ziel, wonach wir ſtreben ſollen, zu erforſchen und zur Erkenntniß zu bringen. — —— 8 2. Heber das Loos der Arbeiter. Ein Traum ernſten Inhalts. Niedergeſchrieben im Jahr 1826. Es iſt ein großes Uebel, daß in allen Staaten, ſelbſt in denen mit repräſentativen Verfaſſungen, die zahlreichſte Klaſſe der Staatsbürger, nämlich die der gemeinen Handarbeiter, gar nicht vertreten iſt. Unverhältnißmäßig hoch iſt die Belohnung jedes Induftrie- Unternehmers (3. B. des Fabrikanten, des Pächters und 44 ſelbſt des bloßen Adminiſtrators) im Vergleich mit dem Lohn des Handarbeiters. Warum wird dies Mißverhältniß aber nicht ausgeglichen durch den Uebertritt der geſchickteſten Handarbeiter zu der Klaſſe der Unternehmer, da doch hier eine freie Konkurrenz ſtattfindet? Weil es den Arbeitern an den Schulkenntniſſen fehlt, ohne welche man bei aller ſonſtigen Tüchtigkeit nicht Unter⸗ nehmer, nicht Adminiſtrator ſein kann. Warum aber mangelt es den Arbeitern an dieſen Schul⸗ kenntniſſen? Weil ihr Lohn ſo geringe iſt, daß ſie für ihre Kinder nicht den Aufwand machen können, den die Erlernung dieſer Kenntniſſe erfordert. Warum aber iſt der Lohn ſo geringe? Weil gerade in dieſer Klaſſe durch frühe Ehen die Ver— mehrung ſo ſtark iſt, daß das Angebot von Arbeitern faſt immer ſtärker iſt, als die Nachfrage nach denſelben — wo⸗ durch der Lohn ſo tief herabſinkt, daß dadurch gerade nur die allernothwendigſten Lebensbedürfniſſe beſtritten werden können. Ja es iſt leider wahr, daß eine noch großere Ver— mehrung bloß durch den Hinblick auf das Elend, was unter einem Theil dieſer Klaſſe herrſcht, zurückgehalten wird. So ſind alſo die Arbeiter an der geringen Belohnung, die ſie für ihre Arbeiten erhalten, ſelbſt ſchuld. Wie iſt aber dieſem abzuhelfen? Nicht anders als durch eine Aenderung des Volks— Charakters. Männer aus den mittlern und höhern Ständen, wenn ſie gleich ein Kapital von einigen Tauſend Thalern, oder ein Einkommen von mehreren Hundert Thalern beſitzen, heirathen in der Regel doch nicht eher, als bis ihr Einkommen hin— 45 reicht, eine Familie genügend zu ernähren, und den Kindern eine gute Erziehung zu geben. Gewöhnlich findet dies nicht vor dem 30. Jahr ſtatt. Sie würden viel früher heirathen können, wenn ſie ſo leben und ihre Kinder ſo erziehen wollten, wie die Tagelöhner: aber ſie opfern das Glück, was die Ehe gewähren kann (nicht immer gewährt), für eine Zeit lang auf, weil in ihren Augen ein, ärmliches Leben und eine ſchlechte Erziehung ihrer Kinder ſo große Uebel ſind, daß ſie durch das Glück der Ehe nicht kompenſirt werden. Der Arbeiter dagegen heirathet, wenn er nur eine Wohnung bekommen kann, ſobald er das 20. Jahr über- ſchritten hat, und nichts als die Kraft ſeiner Arme mitbringt, um eine Familie zu unterhalten. Für ihn hat alſo die Ehe mehr Reiz, als alles Elend, was ſeiner im Hinter— grunde wartet, als die Ausſicht, ſeine Kinder ohne genügenden Unterricht aufwachſen zu laſſen, Abſchreckendes für ihn haben könnte. Ihm genugt es, feine Kinder bloß phyſiſch auf— zuziehen — die geiſtige Ausbildung derſelben iſt für ihn kein Bedürfniß. Welche Folgen würde es aber haben, wenn der Volks— Charakter ſich dahin änderte, daß die Arbeiter, wie die mittlern Stände, ein vor Mangel bewahrtes Leben, eine geiſtige Ausbildung ihrer Kinder zum Bedürfniß rechneten, und ſich der Ehe ſo lange enthielten, bis ſie für die Befrie— digung dieſer Bedürfniſſe geſichert wären? Vermindertes Angebot von Arbeitern und erhöhter Arbeitslohn würde die erſte unmittelbare Folge davon ſein. Wie ſoll aber der Tagelöhner dahin gelangen, eine geiſtige Ausbildung ſeiner Kinder zu den Nothwendigkeiten des Lebens zu rechnen, wenn er ſelbſt nicht den Trieb zur geiſtigen Entwickelung in ſich fühlt? Denn ſo lange ihm dieſer Trieb fehlt, wird er den erſparten Thaler zur 46 Befriedigung finnlicher Genüſſe, und nicht zum beſſern Unterricht ſeiner Kinder verwenden. Wollen wir, daß die Arbeiter, um ihren Kindern eine beſſere Erziehung zu geben, künftig das Opfer bringen ſollen, ſich der Ehe länger zu enthalten: ſo muß in der jetzigen jüngern Generation das Bedürfniß nach geiſtiger Entwickelung geweckt werden. Dies kann aber nur durch beſſeren Schul- unterricht erreicht werden — und da die jetzigen Arbeiter weder das Vermögen, noch den Willen haben, die Koſten des beſſern Unterrichts zu bezahlen: ſo müſſen die Unterrichts— Anſtalten auf Koſten des Staats errichtet und unterhalten werden. Iſt dies vollbracht, iſt der Lohn erhöht und haben die Arbeiter die Schulbildung erlangt, die der Gewerbsunter— nehmer beſitzen muß: ſo iſt die Schranke gefallen, die bisher zwiſchen beiden Ständen ſtattfand. Das Monopol der letztern hört auf, und indem die Söhne der Arbeiter, die an mindere Bedürfniſſe gewöhnt ſind, mit ihnen in Kon— kurrenz treten, wird der Gewerbsprofit vermindert. Der minder fähige Theil der Gewerbsunternehmer, mit Einſchluß der Adminiſtratoren, Commis u. ſ. w. wird dadurch ge— zwungen, zur Klaſſe der Handarbeiter überzugehen; der fähigere Theil derſelben wird eine Beſchäftigung verlaſſen, die ſo wenig Belohnung mehr darbietet, ſich den Studien widmen, und ſich um Staatsämter bemühen — und ſo wird auch in dieſem Fache eine große Konkurrenz eintreten, welches eine Verminderung der Beſoldungen der Staatsdiener und eine Erſparung an den Koſten der Staatsverwaltung zur Folge hat. In einem ſolchen Zuſtand der Geſellſchaft werden nur wenige, ſehr reiche Leute ohne Arbeit leben können; die Hand— arbeit wird ſehr hoch bezahlt werden, und zwiſchen der 47 Belohnung des Handarbeiters, des Induſtrieunternehmers und des Staatsdieners wird ein weit geringerer Unterſchied als jetzt ſtattfinden. Während jetzt ein Theil der Menſchen unter der Schwere der körperlichen Anſtrengung faſt erliegt und ſeines Lebens kaum froh werden kann, der andere Theil aber ſich der Arbeit ſchämt, den Gebrauch ſeiner Körperkräfte verlernt und dafür durch Mangel an Geſundheit und Frohſinn büßt — werden dann vielleicht die mehrſten Stände ihre Zeit zwiſchen geiſtiger Beſchäftigung und mäßiger körperlicher Arbeit theilen, und der Menſch ſo wieder zu dem naturgemäßen Zuſtand und zu ſeiner Beſtimmung — der Uebung und Aus⸗ bildung aller ſeiner Kräfte und Anlagen — zurückgeführt werden. Wenn auch in einem ſolchen Zuſtand der Geſellſchaft nicht alle Leidenſchaften der Menſchen zum Schweigen gebracht werden, ſo müſſen doch die Verletzungen des Eigenthums, und die Verbrechen, die aus der Noth und der bittern Armuth entſpringen, ſeltener werden, ja faſt ganz aufhören. Erwägt man nun, daß mit der größern Verbreitung der geiſtigen Ausbildung auch die Zahl derer wächſt, welche befähigt ſind, Entdeckungen und Erfindungen im Maſchinen⸗ weſen und Landbau zu machen, daß jede ſolche Erfindung die Arbeit des Menſchen wirkſamer macht und durch ein größeres Produkt lohnt, daß alſo mit der ſteigenden geiſtigen Kultur der Menſch mehr und mehr der mühevollen körper⸗ lichen Anſtrengung überhoben wird: ſo möchte man ſchließen daß das menſchliche Geſchlecht nach Jahrtauſenden zu einem paradieſiſchen Zuſtand gelangen könne, wo der Menſch ſein Leben nicht im Müſſiggang, ſondern in einer mäßigen, Geiſt und Körper übenden, Geſundheit und Frohſinn ſtärkenden, Thätigkeit hinbrächte. 48 So wäre alſo das Paradies das Ziel, was das menſch— liche Geſchlecht erſt nach langem Ringen und Streben erreichen kann, während die Tradition ſchon die erſten Menſchen in ein Paradies verſetzt. Das Vorſtehende wurde aufgefaßt und niedergeſchrieben im Herbſt 1826, als ich beim Studium der national ökonomiſchen Werke von Say und Ricardo mich durch das, was darin vom Arbeitslohn geſagt iſt, unbefriedigt fühlte. Ich nannte daſſelbe „einen Traum“, weil es den damals in der Wiſſenſchaft und dem praktiſchen Leben vorherrſchenden Anſichten ſo ſehr entgegenſtand, daß es weit mehr einem Luftgebilde, als der Wirklichkeit anzugehören ſchien. Unſtreitig iſt es auch ein Phantaſiebild, aber deſſenungeachtet hat es auf meine Lebensanfichten und meine Handlungen den ent⸗ ſcheidenſten Einfluß ausgeübt. Denn es ward dadurch die mit der Muttermilch eingeſogene Anſicht der Beſitzenden, als ſei der Arbeiter von der Natur ſelbſt zum Laſtträger beſtimmt, als käme ihm für ſeine Anſtrengung nur die Friſtung ſeines Daſeins zu — für immer erſchüttert. Das Leben eines großen Theils der Landwirthe, Gewerbs— unternehmer und ſelbſt der Brodherren in den Städten wird dadurch verbittert, daß ſie im ſteten Kampf mit ihren Arbeitern und Dienſtboten zubringen — indem fie das Ringen und Streben der Letztern nach einem beſſern Looſe, als eine un⸗ gerechte Anmaßung betrachten, die ſie auf jede Weiſe und aus allen Kräften bekämpfen müſſen. Niemals aber iſt der Menſch entſchiedener und beharr— licher im Unrechthandeln, als wenn er durch einen Ver— ſtandesirrthum das Unrechte für das Rechte anſieht, und es dann für Pflicht hält, daſſelbe mit allen Kräften aufrecht zu halten und durchzuführen. 49 Das Gewiſſen mahnt dann nicht ab, denn nicht der Wille begeht das Unrecht, ſondern der Mangel an Einſicht. Die Nemeſis aber kümmert ſich um dieſen Unter— ſchied nicht — und ein Leben voll Bitterkeit, Kampf und Feindſeligkeit iſt die Frucht der Unwiſſenheit und des Irrthums. Irrthum und Unwiſſenheit ſind überall verderblich, aber wohl bei keinem andern Gegenſtand in ſo hohem Grade, als bei dieſem; denn hier wird dadurch die Ruhe und das Glück von Millionen Menſchen zerſtört. Noch drängt ſich mir hier eine andere Betrachtung auf. Als ich die in dem Traum dargeſtellte Anſicht auffaßte, ſtand dieſe der öffentlichen Meinung ſo ſchroff entgegen, daß ich fürchten mußte, durch eine Bekanntmachung dieſes Traums für einen Phantaſten oder gar für einen Revolutionär ge— halten zu werden, ohne daß ich glauben durfte, daß derſelbe irgend Anklang finden und Nutzen ſtiften würde. Ich theilte deshalb den Traum nur einzelnen Freunden mit und beſchloß, denſelben nur in Verbindung mit wiſſenſchaftlichen Unter— ſuchungen zur Oeffentlichkeit zu bringen. Seitdem iſt noch kein volles Vierteljahrhundert verfloſſen — und wie verändert hat ſich in dieſem kurzen Zeitraum die öffentliche Meinung und die Nationalanſchauung über dieſen Gegenſtand. Wie milde, ſelbſt matt erſcheint jetzt das in dem Traum Verlangte, nachdem zur Förderung des Wohls der ärmſten und zahlreichſten Volksklaſſe die Socialiſten die Aufhebung des Erbrechts, die Kommuniſten die Theilung des Eigen— thums, die Egalitaires gar die Zerſtörung der Städte und die Ermordung der Reichen verlangt haben! Thünen II. 4 50 Kann aber im Publikum in der Auffaſſung eines Gegenſtandes ein folder Umſchwung in ſo kurzer Zeit erfolgen — wer vermag uns denn zu ſagen, welche Anſichten nach dem abermaligen Verlauf eines Vierteljahrhunderts vorherrſchend ſein, wie weit ſie in den unterſten Volksklaſſen verbreitet ſein werden und welche Folgen daraus entſpringen mögen. Wie wohlthuend aber auch die in dem Traum enthaltene Auffaſſung von der Zukunft des Menſchengeſchlechts dem Gefühl ſein mag, indem ſie uns mit dem Schickſal verſöhnt und in der fortrollenden Geſchichte uns eine der Menſchheit wohlwollende Vorſehung erblicken läßt — immer iſt dieſer Traum nur eine Utopie, ſo lange die Möglichkeit der Ver— wirklichung desſelben nicht nachgewieſen iſt. Zur Verwirklichung aber gelangt nur, was aus der Organiſation der Menſchheit ſich mit Nothwendigkeit ent wickelt. Was helfen nun die frommen Wünſche von höherem Lohn und größerer Ausbildung der Arbeiter, wenn nicht nad) gewieſen wird, daß Beides mit den in die menſchliche Natur gelegten Eigenſchaften und Kräften verträglich iſt? Sehen wir nicht, daß Fabriken ſtille ſtehen, wenn der Arbeitslohn ſteigt; wird nicht bei einem höhern Lohn der Anbau ganzer Strecken minder fruchtbaren Bodens aufhören, und dieſer wüſt liegen bleiben — und wird dann das Loos der Arbeiter nicht noch trüber werden, als es jetzt iſt? Nur das tiefere Eindringen in die Wiſſenſchaft, welche uns die aus der menſchlichen Natur entſpringenden Geſetze klar macht, kann über dieſe Fragen Aufſchluß geben — und ſo müſſen wir, wenn wir über dieſen das Loos der Menſch— heit ſo nahe berührenden Gegenſtand Licht haben wollen, 51 uns der wiſſenſchaftlichen Forſchung hingeben, wie anmuthlos, dürr und dornig auch der Weg ſein mag, der dahin führt. Wir wenden uns nun zuerſt zu Adam Smith, dem Vater der Nationalökonomie, um zu ſehen, wie weit durch ihn die uns vorliegende Aufgabe gelöſt iſt. 8 3. Adam Smith's Anſichten über Arbeitslohn, Zinsfuß, Tandrente und Preis. Wir haben zuvörderſt die Frage zu beantworten, ob Adam Smith's Lehren zur Löſung der Aufgabe, die wir uns geſtellt haben, genügend ſind oder nicht. Zugleich wird dadurch unſere Aufgabe ſelbſt klarer und beſtimmter hervortreten. Da ſich Adam Smith's Anſichten viel leichter auf— faſſen und überſehen laſſen, wenn man aus ſeinem Buch die Zwiſchenſätze und zufällig eingemiſchten Reflexionen aus— ſcheidet: jo habe ich zur Bequemlichkeit der Leſer aus dem erſten Band von Smith's Werk über den Nationalreichthum“) die wichtigſten und entſcheidendſten Sätze über die oben an⸗ gegebenen Gegenſtände theils wörtlich, theils abgekürzt, in Nachſtehendem zuſammengeſtellt. Arbeitslohn. Im erſten Band ſagt Adam Smith: S. 120. „Von dem Vertrage zwiſchen dem Arbeiter und dem Eigenthümer eines Kapitals, der jenen in Arbeit ſetzt, hängt es ab, wie viel der Tagelohn betragen ſoll.“ *) Unterſuchung über die Natur und die Urſachen des National- reichthums von Adam Smith. Aus dem Engliſchen der vierten Aus- gabe neu überſetzt von Garve. Breslau 1794. 52 S. 127. „Nicht die Größe, zu welcher der National- reichthum gelangt iſt, ſondern ſein fortwährendes Wachſen iſt es, welches das Steigen des Arbeitslohns veranlaßt.“ S. 129 und 130. „Wie anſehnlich an ſich auch die Fonds, aus welchen der Arbeitslohn bezahlt wird, die Ein— künfte und das Kapital ſämmtlicher Einwohner ſein mögen; ſo wird, wenn beide mehre Jahre hindurch unverändert geblieben ſind, und der Stillſtand fortdauert, die Anzahl der Hände ſchneller als die der Beſchäftigung wachſen, und in kurzem wird durch den Eigennutz der Meiſter und die Kon— kurrenz der Arbeitſuchenden der Arbeitslohn jo weit herunter— gebracht werden, daß er gerade nur die unentbehrlichſten Bedürfniſſe der Natur zu befriedigen hinlänglich ſein wird.“ S. 144. „So wenig aber die Erzeugung der Kinder durch die Armuth verhindert wird, ſo ſehr wird das Auf— ziehen derſelben dadurch erſchwert. Man hat mich oft ver— ſichert, daß in Hochſchottland von den zwanzig Kindern, die eine Mutter zur Welt bringt, oft nur zwei am Leben bleiben.“ S. 145. „Jede Thiergattung vermehrt ſich natürlicher— weiſe im Verhältniß der Unterhaltsmittel, die ſie hat; und keine Gattung kann ſich über dieſes Verhältniß vermehren. Aber in einer ordentlichen bürgerlichen Geſellſchaft können es nur die untern Klaſſen des Volks ſein, bei welchen der Mangel des Unterhalts der Vermehrung der Menſchen Grenzen ſetzt, und er kann dieſe Grenze nur dadurch ſetzen, daß er einen großen Theil der Kinder, welche ihre frucht— baren Ehen erzeugen, wieder ums Leben bringt.“ S. 146. „Die Nachfrage nach Menſchen (Arbeitern) iſt wie die Nachfrage nach jeder andern Waare dasjenige, was ihre Hervorbringung regulirt. Wäre der Lohn zu einer Zeit übermäßig groß, ſo würde der dadurch hervorgerufene Ueberfluß an Händen (Arbeitern) 53 bald eine Konkurrenz veranlaſſen, wodurch der Lohn auf ſeinen mittlern Standpunkt zurückſinken würde.“ S. 148. „Es verdient ohne Zweifel bemerkt zu werden, daß der Zuſtand des arbeitenden Armen oder der zahlreichſten Volksklaſſen, in der Zeit, wo die bürgerliche Geſellſchaft ſich dem Punkt ihres höchſten Flors nähert, glücklicher und er— wünſchter zu ſein ſcheint, als in der, wo ſie dieſen Punkt erreicht hat. Steht die Geſellſchaft in ihrem Wohlſtande ſtill, ſo lebt der gemeine Arbeiter kümmerlich; geht ſie zurück, ſo lebt er elend.“ S. 156. „Die Nachfrage nach Arbeit beſtimmt, nach— dem ſie entweder zunehmend, abnehmend oder ſtillſtehend iſt, und alſo entweder eine wachſende, abnehmende oder unver— änderlich bleibende Volksmenge fordert, die Quantität von Nothwendigkeiten und Bequemlichkeiten des Lebens mit der die Arbeit belohnt werden ſoll.“ Die Konkurrenz, oder das Verhältniß des Angebots zum Begehr von Arbeit beſtimmt alſo nach Adam Smith die Höhe des Arbeitslohns; die Größe der Nachfrage nach Arbeitern aber iſt davon abhängig, ob der Nationalreichthum ſteigend, ſtillſtehend oder abnehmend iſt. Wir haben uns nun aber die Aufgabe geſtellt, die Höhe des Arbeitslohns für den beharrenden Zuſtand der bürger— lichen Geſellſchaft zu erforſchen. In einem ſolchen Zuſtand ſind Nachfrage und Angebot im Gleichgewicht; beide heben ſich gewiſſermaßen auf, oder erſcheinen als ruhend — und es geht ſchon hieraus hervor, daß in einem ſolchen Zuſtande ein anderer Beſtimmungsgrund für die Höhe des Arbeits— lohns vorhanden ſein muß. 54 Der beharrende Zuſtand aber iſt der Zuſtand des Still— ſtandes, in welchem nach Adam Smith der Arbeiter küm— merlich lebt, und der Lohn ſo weit herabgedrückt wird, daß der Arbeiter dadurch nur für ſich die unentbehrlichſten Bedürfniſſe befriedigen kann, jo daß der Mangel einen großen Theil der erzeugten Kinder wieder ums Leben bringt. Sterben aber — aus Mangel an den nothwendigen Lebensbedürfniſſen, iſt ein gräßliches Loos, und es wäre ent— ſetzlich, wenn in den kommenden Jahrhunderten die zahl— reichſte Volksklaſſe einem ſolchen Schickſal entgegen gehen ſollte. Denn es läßt ſich nicht verkennen, daß in dem Maß, als alle Erdtheile bevölkerter werden, der fruchtbare Boden in Beſitz genommen iſt, und die Entdeckungen neuer, der Produktion und Fabrikation dienender Naturkräfte ſeltener werden, wir uns dem Zuſtand des Stillſtandes mehr und mehr nähern. Im Ganzen ſchimmert aber bei Adam Smith, ſo wie bei den mehrſten ſeiner Nachfolger die Anſicht durch, daß die Summe der nothwendigen Lebensbedürfniſſe des Arbeiters der natürliche Arbeitslohn ſei. Ricardo aber hat den Muth, geradezu auszuſprechen: „Der natürliche Preis der Arbeit iſt der, welcher die Arbeiter in den Stand ſetzt, zu ſubſiſtiren und ihr Geſchlecht fort— zupflanzen.“ Zinsfuß. Adam Smith wirft die Zinſen des in einem Gewerbe angelegten Kapitals mit dem Gewerbsprofit des Unternehmers unter der Benennung „Kapitalgewinn“ zuſammen. Dies iſt für die Klarheit feiner Anſichten über den Zinsfuß ſehr nach— theilig. Da aber nach Adam Smith (S. 161) die Ge- winnſte ſich aus der Höhe der Geldzinſen beurtheilen laſſen, 55 beide alſo gewiſſermaßen proportional ſind, ſo läßt ſich auch aus dem, was er über die Größe der Gewinnſte ſagt, rück⸗ wärts auf die Höhe des Zinsfußes ſchließen. Adam Smith's Unterſuchung über den Kapitalgewinn enthält zwar ſchätzbare Notizen über die Größe deſſelben in verſchiedenen Ländern und zu verſchiedenen Zeiten, aber nur Weniges und Unzulängliches über die Geſetze, wodurch die Höhe der Gewinnſte und der Zinſen beſtimmt wird. Die wichtigſten Sätze in dieſer Beziehung dürften folgende ſein: S. 160. „Die Zunahme der Kapitalien erhöht, wie wir geſehen haben, den Arbeitslohn; — aber den Gewinnſt von dieſen Kapitalien macht ſie geringer. Wenn die Kapi⸗ talien vieler Kaufleute in demſelben Handelszweig angelegt werden, ſo muß nothwendig die daraus entſtehende Konkurrenz den Erfolg haben, ihre Gewinnſte kleiner zu machen, und wenn dieſe Zunahme der Kapitalien ſich über alle Zweige der Gewerbe und des Handels eines Landes erſtreckt, io muß auch der Gewinn aller Kapitaliſten ſich vermindern.“ S. 172. „In einem Lande, welches zu dem vollen Reichthum gekommen iſt, den es, vermöge der Fruchtbarkeit ſeines Bodens, ſeines Klimas und ſeiner Lage gegen andere Länder erwerben kann — in einem Lande, das in ſeinem Wohlſtand ſtill ſteht — werden wahrſcheinlich Arbeitslohn und Kapitalgewinn gleich niedrig ſein. Wenn es nach dem Verhältniß der Fläche, von welcher ſeine Einwohner ihren Unterhalt ziehen, und der Fonds, durch die ſie beſchäftigt werden, durchaus bevölkert iſt: ſo muß die Konkurrenz unter den arbeitſuchenden Menſchen ſo groß ſein, daß ihr Lohn nicht höher ausfallen kann, als nur gerade nothwendig iſt, die bisherige Anzahl von Arbeitern zu erhalten. Und wenn dieſes Land mit Fonds zu allen Geſchäften, die es zu machen Gelegenheit hat, verſehen iſt, ſo wird auch in jedem 56 Gewerbszweige ſchon jo viel Kapital angelegt ſein, als die Natur und mögliche Ausdehnung dieſes Zweigs zuläßt. In jedem alſo wird durch die Konkurrenz der Kapitaliſten der Gewinnſt derſelben auf den möglich kleinſten herunter⸗ geſunken ſein.“ S. 177. „Das höchſte Maß, zu welchem die ordent- lichen Gewinnſte der Kapitaliſten ſteigen können, iſt, wenn ſie ſo groß ſind, daß ſie in den Preiſen der Waaren, den Theil, welcher dem Grundeigenthümer zukommt, verſchlingen, und für den Arbeiter nur einen ſo kleinen Theil übrig laſſen, als nothwendig iſt, wenn der Arbeiter leben ſoll. Der Arbeiter muß an allen Orten auf die eine oder andere Art unterhalten werden, oder das von ihm hervorzubringende Werk kann nicht zu Stande kommen. Aber der Beſitzer von Grund und Boden braucht nicht allenthalben ſeine Rente zu bekommen.“ S. 176. „Die übliche kleinſte Geldzinſe muß etwas mehr betragen als nöthig iſt, um den Verluſt, welchem man beim Geldausleihen von Zeit zu Zeit unvermeidlich ausgeſetzt iſt, zu erſetzen. Wäre dies nicht, ſo wäre bei dieſem Geſchäft gar kein Vortheil, und Freundſchaft oder Mild— thätigkeit wären die einzigen Gründe, die jemanden bewegen könnten, Geld zu verleihen.“ — Adam Smith begnügt ſich alſo, die Grenzen, bis zu welchen Gewinnſt und Geldzinſen ſteigen und fallen können, zu bezeichnen, und darzuthun, daß innerhalb dieſer Grenzen die Höhe Beider von der Menge der vorhandenen Kapitalien und der dadurch entſtehenden größern oder geringern Kon— urrenz abhängig iſt. Damit iſt aber nur die Erſcheinung — das, was vor unſern Augen vorgeht — beſchrieben. Arbeitslohn und 97 Zinsfuß erſcheinen hier noch als zwei von einander völlig unabhängige, durch die Konkurrenz geregelte Potenzen — und von einem Geſetz, das den Zuſammenhang zwiſchen beiden nachweiſt, iſt überall nicht die Rede. Die Landrente. Ueber den Urſprung und die Begründung der Landrente ſagt Adam Smith: S. 89. „Sobald als in einem Lande Grund und Boden Privateigenthum geworden iſt, wandelt auch die Gutsbeſitzer die den Menſchen ſo natürliche Neigung an, zu ernten, wo ſie nicht geſäet haben, und ſelbſt für die freiwilligen Erzeug— niſſe des ihnen zugehörigen Feldes eine Rente zu fordern. Das Holz im Walde, das Gras auf dem Felde, welches ſo lange Grund und Boden Allen gemein war, dem, welcher es haben wollte, nur die Mühe es einzuſammeln koſtete, wird nun von dem Grundherrn mit einer Abgabe, oder einem Kaufpreiſe beladen. Es muß dieſem Grundherrn nämlich die Erlaubniß, das eine oder das andere ſammeln zu dürfen, abgekauft — es muß ihm für dieſe Erlaubniß ein Theil von dem, was man auf ſeinem Boden geſammelt, oder erbauet hat, überlaſſen werden. Dieſer Theil, oder welches auf eines hinausläuft, der Geldpreis dieſes Theils iſt das, was man den Grundpreis oder die Landrente nennt — und macht von dem Verkaufspreiſe der Waaren den dritten weſentlichen Beſtandtheil aus.“ S. 271. „Wenn der Grundherr ſeinen Vertrag mit dem Pächter ſchließt, ſo iſt er gewiß bemüht, ihm an den Erzeugniſſen ſeines Bodens keinen größern Antheil zu laſſen, als ſchlechterdings nöthig iſt, um dem Pächter theils die Fonds, woraus er die Anſchaffung des Samens beſtreitet, die Arbeiter bezahlt, und Vieh und Ackergeräth ankauft und IS. unterhält, theils von dieſen Fonds den Gewinn zu ſichern, den in dieſer Gegend Pächter gewöhnlicher Weiſe von ihren Kapitalien erhalten. Keinen kleinern Theil kann auch augen= ſcheinlich der Pächter annehmen, ohne ſich der Gefahr aus— zuſetzen, zu Grunde zu gehen, und mehr als dies iſt der Grundherr ſelten geneigt ihm zu laſſen. Was nun von dem Produkt eines Landguts, oder (welches einerlei iſt) von dem Preiſe dieſes Produkts, nach Abzug jenes Theils noch übrig bleibt, das eignet ſich der Grundherr unter dem Namen der Rente zu.“ S. 274. „Nur diejenigen Erzeugniſſe eines Landes können zu Markte gebracht werden, deren gewöhnlicher Preis zureicht, die auf ihre Fertigung gewandten Gelder, nebſt dem üblichen Gewinne, der von einem ſolchen Kapital gezogen zu werden pflegt, heraus zu bringen. Beträgt jener Preis mehr, ſo fällt der Ueberſchuß an den Grundherrn als Rente.“ S. 174. „Hoher Arbeitslohn und große Gewinnſte ſind die Urſachen theurer Waarenpreiſe; hohe Renten ſind die Wirkungen derſelben.“ Die beiden Einwürfe: 1) daß die Neigung des Eigenthümers von Grund und Boden zur Beziehung einer Rente von demſelben noch nicht hinreicht, dieſe Rente von Andern wirklich zu verlangen; und 2) daß Adam Smith die Einkünfte, die ein Gut bei der Verpachtung gibt, „Landrente“ nennt, daß alſo (wie im erſten Theil, dritte Auflage, 8 5 a. ausführ⸗ lich gezeigt iſt) in Adam Smith's Landrente der Ertrag des Grund und Bodens an ſich mit den Zinſen des in den Gutsgebäuden ac. ſteckenden Kapitals ver— mengt ſind, 59 laſſen wir hier unberückſichtigt, weil ſie nicht zum Gegen— ſtand unſerer gegenwärtigen Betrachtung gehören. Dagegen muß ſich hier unſere ganze Aufmerkſamkeit darauf richten, daß nach Adam Smith die Höhe der Land— rente und überhaupt das Vorhandenſein derſelben ganz und gar von dem Preiſe der ländlichen Erzeugniſſe abhängig iſt. Preis. Was Adam Smith, S. 101 und 102, über den Marft- preis ſagt, läßt ſich in nachſtehende Sätze zuſammenfaſſen: 1) Der Preis, für welchen eine Waare gewöhnlicher Weiſe 2 3 — — wirklich verkauft wird, heißt der Marktpreis. Der Marktpreis jeder Waare, jedes Erzeugniſſes wird beſtimmt durch das Verhältniß zwiſchen Angebot und Nachfrage, zwiſchen der zum Verkauf zu Markt ge— brachten und der von den Käufern begehrten Quantität. Iſt die Quantität der zu Markt gebrachten Waare geringer, als die, wonach ein wirkſamer Begehr vor— handen, jo entſchließen ſich mehrere Käufer, ehe fie die Waare ganz entbehren, einen höhern als den gewöhn— lichen Preis dafür zu zahlen, und durch die Konkurrenz zwiſchen den Käufern ſteigt dann der Marktpreis über den gewöhnlichen Preis. Ueberſteigt dagegen die Quantität der zu Markt gebrachten Waare die Größe des wirkſamen Begehrs, ſo kann nicht die ganze Quantität zu dem bisher üblichen Preiſe abgeſetzt werden, ſondern es müuſſen diejenigen, die ſich bisher des Gebrauchs dieſer Waare enthielten oder fie nur im beſchränktem Maße gebrauch- ten, durch eine Erniedrigung des Preiſes zum Ankauf derſelben bewogen werden — und ſo ſinkt der Markt⸗ preis dieſer Waare unter den gewöhnlichen Preis herab. — — — 60 Dieſe Erklärung iſt aus dem Leben genommen, tft That⸗ ſache“). Aber was iſt, müſſen wir nun fragen, damit für die Wiſſenſchaft gewonnen? Die Konkurrenz, das Verhältniß zwiſchen Angebot und Nachfrage, iſt ſo wenig ſtetig, iſt ſo wechſelnd und veränder— lich wie die Witterung. Wie kann nun eine ſo unbeſtimmte, ſo veränderliche Potenz zur Grundlage für ein Lehrgebäude dienen? Dies hat Adam Smith unſtreitig auch gefühlt und er ſucht deshalb in nachſtehenden Sätzen ein die Konkurrenz beherrſchendes Geſetz darzuſtellen. S. 98 und 99. „In jedem Lande, oder in jeder Gegend eines Landes gibt es ſowohl für den Arbeitslohn als für den Gewinnſt einen gewiſſen Maßſtab, der beſtimmt, was gewöhnlicher Weiſe und im Durchſchnitt der Arbeiter für ſeinen Fleiß zu erhalten und der Kapitaliſt mit ſeinem Gelde zu gewinnen erwarten kann.“ „Eben ſo gibt es in jedem Lande, in jeder Gegend eine gewiſſe Taxe für die Landrente.“ „Dasjenige Maß des Arbeitslohns, der Kapitalgewinnſte und der Landrente, das an einem gewiſſen Orte, zu einer gewiſſen Zeit das gewöhnliche iſt, kann an dieſem Orte, zu dieſer Zeit, für das natürliche angeſehen werden.“ S. 90. „In jeder bürgerlichen Geſellſchaft iſt der Marktpreis jeder Waare entweder aus den drei Beſtandtheilen — Arbeitslohn, Kapitalgewinn und Landrente — zuſammen— geſetzt, oder enthält wenigſtens einen oder den andern der— ſelben.“ S. 98. „Iſt der Verkaufspreis einer Waare weder größer noch kleiner als nöthig iſt, um die Rente von dem *) „Dies heißt das Leben abſchreiben, aber Vernunft iſt nicht darin“, ſagte ein Freund, dem ich dieſe Sätze mittheilte. 61 Stücke Landes, den Lohn für die Arbeit, und den Gewinnſt von dem Kapitale, welche ſämmtlich angewandt worden ſind, die Waaren zu erzeugen, zu verfertigen und zu Markt zu bringen — nach den an jedem Orte, zu jeder Zeit gewöhn⸗ zu bezahlen: ſo wird dieſe Waare für den Preis verkauft, welchen man ihren natürlichen nennen kann.“ S. 105. „Der natürliche Preis iſt' alſo gleichſam der Mittelpunkt, gegen welchen die wandelbaren Marktpreiſe aller Waaren beſtändig gravitiren. Zufälle verſchiedener Art können dieſe letztern eine Zeit lang von jenem Mittelpunkt entfernt halten — ſie über ihn erheben, oder unter ihn erniedrigen. Sie mögen aber durch noch jo große Hinder— niſſe abgehalten werden, ſich in dieſem Ruhepunkt feſtzuſetzen: ſo äußern ſie doch ein beſtändiges Streben, ſich demſelben zu nähern.“ — — Noch erinnere ich mich aus meiner Jugend ſehr lebhaft, 1 5 Freude ich empfand, als ich dieſe Sätze Adam Smith's zum erſten Mal las. Licht und Klarheit ver— breitete ſich dadurch für mich über einen ſonſt verworrenen Gegenſtand, und ich ſah nun die regelloſe Konkurrenz einem beſtimmten Geſetz untergeordnet. Die Produktionskoſten waren nun zum Regulator des natürlichen Preiſes — gegen welchen die Marktpreiſe ſtets gravitiren — erhoben, und dadurch der Konkurrenz ihre Schranken angewieſen. Dieſe Freude dauerte aber nicht lange, ſondern wurde beim tiefern Eindringen in den Gegenſtand gar bald getrübt. Der natürliche Waarenpreis wird durch den natürlichen Arbeitslohn, den natürlichen Kapitalgewinn und die natür⸗ liche Landrente, welche in der Hervorbringung dieſer Waare enthalten ſind, beſtimmt. 62 Frägt man nun aber, wodurch wird der natürliche Arbeitslohn beſtimmt, ſo lautet die Antwort: Durch die Kon— kurrenz. Frägt man nach dem Beſtimmungsgrund des natür— lichen Kapitalgewinnſtes, ſo iſt dieſer abermals die Konkurrenz. Die Entfernung der Konkurrenz aus den Beſtimmungsgründen für den natürlichen Preis iſt alſo nur ſcheinbar, tft eine Illuſion — —. Verbindung zwiſchen Preis und Landrente. Reicht der Verkaufspreis einer Waare gerade hin, das bei der Hervorbringung derſelben angewandte Maß von Arbeitslohn, Kapitalgewinn und Landrente — nach den gewöhnlichen Taxen — zu vergüten, ſo iſt dies der natür— liche Preis der Waare. Was von dem Verkaufspreiſe der ländlichen Erzeugniſſe nach Abzug des Arbeitslohns, des Kapitalgewinns und der ſonſt auf die Hervorbringung derſelben verwandten Koſten übrig bleibt — das bildet nach A. Smith die Landrente. Fragen wir nun: „welches iſt der natürliche Preis des Getreides?“ ſo erhalten wir, dieſen Beſtimmungen nach, folgende Antwort: Der natürliche Preis des Getreides iſt der, durch welchen das gewöhnliche Maß von Arbeitslohn, Kapitalgewinn und Landrente, was in den Produktionskoſten des Getreides enthalten iſt, genau gedeckt wird. Fragen wir nun ferner: „welches iſt die natürliche Landrente?“ ſo lautet die Antwort: Was von dem Verkaufspreiſe der Produkte, alſo auch des Getreides, nach Abzug des Arbeitslohns, der Aus— lagen und des Kapitalgewinns des Pächters übrig bleibt — das bildet die Landrente. 63 Alſo wird bei der Beſt im mung des natürlichen Preiſes des Getreides die Landrente als eine bekannte Größe betrachtet; bei der Beſtimmung der Landrente wird dagegen der natürliche Preis des Getreides als bekannt angenommen. Dies iſt ein Cirkelſchluß, der beim oberflächlichen Leſen wohl einſchläfern und beruhigen kann, durch den aber Nichts gefunden, Nichts aufgeklärt wird. Wenn y = a = b X und Xx = y- (a 2 b) iſt, ſo iſt die zweite Gleichung nicht eine neue, ſondern nur eine Umſetzung der erſten, und die unbekannten Größen y und x bleiben beide unbeſtimmt. Unglücklicherweiſe treffen dieſer Cirkelſchluß und jene Illuſion, in Betreff der Entfernung der Konkurrenz aus den Beſtimmungsgründen des natürlichen Preiſes gerade ein Fundamentſtück des ganzen Lehrgebäudes. Wenn hiernach nun die Landrente vom Preiſe der länd— lichen Erzeugniſſe abhängt, der Preis aber abhängig iſt vom Arbeitslohn und Kapitalgewinn, und die Größe dieſer beiden Potenzen durch die Konkurrenz beſtimmt wird: ſo iſt auch die Landrente von der Konkurrenz abhängig. Die Konkurrenz iſt alſo nach A. Smith der letzte Regu⸗ lator für Arbeitslohn, Kapitalgewinn, Preis und Landrente. — — — Nach dieſer Ueberſicht der Smith' ſchen Lehren müſſen wir uns die Frage vorlegen: was iſt dadurch für die Löſung unſerer Aufgabe gewonnen? Die Aufgabe aber, die wir uns zunächſt geſtellt haben, iſt folgende: 64 Welches iſt der naturgemäße Antheil des Arbeiters an dem durch ihn hervorgebrachten Erzeugniß; oder welches iſt der dem Arbeiter von der Natur beſtimmte Lohn? Nach A. Smith iſt der Arbeiter auf das, was ihm die Konkurrenz zukommen läßt, das iſt auf das Beſtehende angewieſen. In der That ſagt A. Smith (S. 99) ſelbſt: „dasjenige Maß des Arbeitslohns, das an einem gewiſſen Orte, zu einer gewiſſen Zeit das gewöhnliche iſt, kann an dieſem Orte, zu dieſer Zeit für das natürliche angeſehen werden.“ Das Beſtehende aber iſt im Laufe der Zeit dem ſteten Wechſel unterworfen, und man muß fragen: Welches Beſtehende iſt denn das Rechte, das Naturgemäße? Hierauf können A. Smith's Lehren keine Antwort er— theilen; ja wir finden bei genauerer Betrachtung, daß dies für A. Smith überall nicht Gegenſtand der Unterſuchung geweſen iſt. A. Smith begnügte ſich damit, die Thatſachen und Erſcheinungen, die ſich ihm darboten, zuſammenzuſtellen, und zu einer Ueberſicht zu vereinigen — und dies war zu ſeiner Zeit und bei dem damaligen Stand der Wiſſenſchaft ein ſehr verdienſtliches Werk. Den Grund der Erſcheinungen zu erforſchen, lag in dem vorliegenden Fall noch nicht in ſeiner Aufgabe. In unſerer Zeit aber, wo die Arbeiter mehr und mehr zum Bewußtſein über ihre Lage und ihre Rechte gelangen, und künftig mit unwiderſtehlicher Macht an der Geſtaltung des Staats und der Geſellſchaft Theil nehmen werden — jetzt wird die Frage über die naturgemäße Vertheilung des Einkommens zu einer Lebensfrage für das Fortbeſtehen der Staaten und der bürgerlichen Geſellſchaft. | — — 65 Wenn ich hier und im Verfolg dieſer Schrift mich vor— zugsweiſe auf Adam Smith's Werke beziehe, obgleich durch Ricardo, Say, Rau, Hermann, Nebenius u. A. A. Smith's Lehren mehrfach erweitert, berichtigt und ſyſte— matiſcher dargeſtellt ſind, ſo geſchieht dies aus den beiden Gründen: 1) weil meine Unterſuchungen in dem Smith' ſchen Werk ihre Wurzeln haben, und zu einer Zeit begonnen ſind, wo die Werke der genannten Gelehrten noch nicht erſchienen, oder mir wenigſtens noch nicht zu Geſicht gekommen waren; 2) weil A. Smith's Werk in den mehrſten weſent— lichen Punkten noch immer die Grundlage der National— ökonomie bildet. Indem nun meine Unterſuchungen ſich unmittelbar an die A. Smith's anſchließen, und da beginnen, wo mir dieſe mangelhaft erſcheinen, liegt es in der Natur der Sache, daß ich häufig beurtheilend und berichtigend gegen A. Smith auftreten muß Da andererſeits das Viele, worin ich mit A. Smith einverſtanden bin, unerwähnt bleibt: ſo kann dies leicht den Anſchein von Nichtanerkennen oder gar Ueberheben gewinnen. Dies liegt aber ſehr ferne von mir, und es kann nicht leicht Jemand eine größere Verehrung für dieſen Genius haben, als der Verfaſſer dieſer Schrift. Gerade darin, daß ich die Berichtigung und Erweiterung der Smith'ſchen Lehren für eine Förderung der Wiſſenſchaft halte und zum Gegenſtand meiner Unterſuchungen mache, liegt ein Beweis der hohen Achtung, die ich für A. Smith hege. Hätte Euklid ſeine Elemente ungeſchrieben gelaſſen, weil er ſeinen 11. Grundſatz nicht beweiſen konnte, ſo würde Thünen II. 5 66 die Nachwelt viel verloren und die Geometrie ſich viel ſpäter ausgebildet haben. Hätte A. Smith, gewahrend, daß ſeine Lehren über Arbeitslohn, Zinsfuß und Landrente eigentlich nur Darſtellung des Beſtehenden, nicht Auffaſſung eines dieſe Potenzen beſtimmenden Geſetzes ſei, ſich in die Tiefen dieſer Unter— ſuchung verſenkt, ſo würde er ſein unſterbliches Werk wahr— ſcheinlich nicht vollendet haben. | Durch das große Herſchel ſche Teleskop wurden die dem bloßen Auge ſichtbaren Nebelflecke am Firmament in Sterngruppen, d. i. in Weltſyſteme aufgelöſt, aber es zeigten ſich nun andere bisher nicht geſehene Nebelflecke. Durch das in unſern Tagen conſtruirte Rieſenteleskop find die Herſchel— ſchen Nebelflecke wieder in Sterngruppen aufgelöſt, aber zugleich auch wieder Nebelflecke enthüllt, die für Herſchel noch unſichtbar waren. Wie viele Weltſyſteme mögen nun noch jenſeits der Grenze liegen, bis zu welcher das Rieſenteleskop das Auge führt! Unendlich aber wie das Weltall iſt auch die Wiſſenſchaft. Wie dort die Verſtärkung der Sehkraft zur Entdeckung neuer Weltſyſteme, aber auch zu neuen Geheimniſſen führt: jo ent- hüllen ſich auch mit den Entdeckungen in der Wiſſenſchaft dem geiſtigen Auge neue bisher nicht geahnte Probleme. Nachdem A. Smith über ſo viele Gegenſtände des bürgerlichen Lebens Licht verbreitet und ſeinen Nachfolgern die Zeit und Mühe des eigenen Forſchens hierüber erſpart hat, ſind dieſe, wenn auch minder begabt, verpflichtet, die Lücken, die er im Wiſſen gelaſſen, auszufüllen, und — neue Probleme in den Geſichtskreis zu bringen. 67 S 4. Arbeitslohn. Wenn man auf die ungleiche Vertheilung der Glücks— güter blickt, und erwägt, wie geringe die mühſamen körper⸗ lichen Arbeiten des Tagelöhners, die doch zugleich die unent— behrlichſten ſind, bezahlt werden: ſo drängen ſich wohl Jedem, der die Geiſtesfreiheit erlangt hat, die mit der Muttermilch eingeſogenen Eindrücke und Vorurtheile einer Prüfung zu unterwerfen, und nach dem Grund derſelben zu forſchen, die Fragen auf: 1) Warum bezieht der Gutsbeſitzer ohne Mühe und Arbeit eine Rente von ſeinem Boden; warum kann der Arbeits⸗ lohn nicht ſo hoch ſteigen, daß die bisherige Landrente unter die Arbeiter getheilt wird, die anſcheinend einen viel gerechtern Anſpruch darauf haben? 2) Iſt die geringe Belohnung der Handarbeit in der Natur der Gewerbe und des Landbaues begründet, und ſomit dem Willen der Vorſehung entſprechend, oder iſt der jetzige Zuſtand durch Gewalt und Unterdrückung, der ſich die arbeitende Klaſſe nicht wieder entziehen kann, herbeigeführt worden? Unter den verſchiedenen Betrachtungsweiſen, durch welche wir Aufklärung über dieſen Gegenſtand zu erlangen hoffen dürfen, ſcheint die Unterſuchung über die Frage: „welche Folgen hat eine Erhöhung des Arbeitslohns?“ am erſten und nächſten zum Ziele führen zu müſſen. In der Wirklichkeit find aber die Verhältniſſe des gewerb— lichen Lebens jo in einander greifend und jo complieirt, daß der Blick in dieſelben ſich verwirrt, ehe die letzten Folgen einer Erhöhung des Arbeitslohns erkannt ſind. Bei der Beantwortung der obigen Frage, wenden wir uns deshalb 68 zuerſt dem iſolirten Staat zu, wo alle Verhältniſſe möglichſt einfach vor uns liegen. An der Grenze der kultivirten Ebene des iſolirten Staats, wo der Boden keine Rente gibt, und der Guts— ertrag auf die Zinſen des in den Gebäuden ꝛc. ſteckenden Kapitals beſchränkt iſt, muß durch eine Erhöhung des Arbeitslohns die Landrente negativ werden, d. i. unter Null herabſinken. Wenn aber der Anbau des Bodens für den Beſitzer deſſelben dauernd mit Verluſt verbunden iſt, ſo wird derſelbe keine neuen Gebäude mehr errichten, ſondern das Gut ver— laſſen, ſobald die alten Gebäude den Einſturz drohen. Der Boden bleibt dann wüſt liegen, und der Anbau des Bodens zieht ſich bis auf die Entfernung von der Stadt zurück, wo die bisherige Landrente den Betrag des erhöhten Arbeitslohns zu decken vermag. e Die Arbeiter aus dem jetzt verlaſſenen Kreiſe müſſen in den der Stadt nähern Gegenden, wo auf Koſten der Landrente ein höherer Lohn gezahlt werden kann, Arbeit und Unterhalt ſuchen. Aber auf den Gütern in dieſen Gegenden ſind ſchon ſo viele Menſchen beſchäftigt, daß das Arbeits— produkt des zuletzt angeſtellten Arbeiters nur gerade noch den Lohn deckt, den er erhält. Sollen noch mehr Arbeiter an— geſtellt werden, ſo müſſen Kulturmethoden angewandt werden, die weniger einträglich ſind, und ſich bei dem bisherigen Arbeitslohn nicht bezahlt machen. Es können alſo auch die hinzukommenden Arbeiter nur dann Beſchäftigung finden, wenn ſie für einen noch niedrigern Lohn als den bisherigen arbeiten wollen. Die Noth wird ſie zur Annahme des geringern Lohns zwingen, und durch die Konkurrenz wird dann auch der Lohn der dort ſchon länger anſäſſigen Arbeiter herabgedrückt. 69 Der Verſuch den Arbeitslohn zu erhöhen, bewirkt alſo das Gegentheil, und die Lage der Arbeiter wird dadurch nur noch ſchlechter. Wir gelangen hiemit alſo zu dem Reſultat, daß der niedrige Arbeitslohn in dem Weſen der Gewerbe begründet, und daß eine Erhöhung deſſelben e it. Zu dieſem Reſultat kann man aber auch auf vielen andern Wegen und durch andere Schlußfolgen gelangen, und ſo wird es erklärlich, wie die Anſicht, daß dem Arbeiter nichts zukomme, als was zu ſeiner Lebensfriſtung nothwendig iſt, ſich ſo weit hat verbreiten, und ſelbſt bei den Gelehrten ſo tiefe Wurzeln hat ſchlagen können. Blanqui (in ſeiner 5 der politiſchen Oekonomie, überſetzt von Buß, 2. Band, S. 162) ſagt von Say: „Er folgte dem 1 der Zeitgenoſſen, welche den Lohn als genügend anſahen, nicht weil er leben ließ, ſondern weil er am Sterben hinderte.“ Wenn wir aber im Denken nicht ermüden, und uns mit der gewonnenen Anſicht nicht beruhigen, ſondern die Schlußfolgen, durch welche wir jenes Reſultat erlangt haben, bis auf den Grund verfolgen: ſo ergibt ſich, daß wir zu dieſem Reſultat nur dadurch gelangt ſind, daß wir die Höhe des Zinsfußes — welche der Konſtruktion des iſolirten Staats zum Grunde liegt — als unantaſtbar, als unab— änderlich betrachtet haben. Wenn aber der Zinsfuß erniedrigt wird, der Kapitaliſt von ſeinem Kapitale geringere Einkünfte bezieht: ſo kann auch ſelbſt an der Grenze der kultivirten Ebene der Arbeits- lohn erhöhet werden, ohne daß der Anbau des Bodens auf— hört, und ohne daß auch nur Ein Arbeiter nr und brodlos wird. 70 Damit haben nun jene Schlußfolgen ihre Baſis und ihren ganzen Halt verloren. Die Frage über die Verbeſſerung des Zuſtandes der Arbeiter reducirt ſich alſo in der einfachſten Form auf die: Kann nicht der Zinsfuß erniedrigt werden, um dem Arbeiter einen größern Antheil an ſeinem Arbeits— erzeugniß zukommen zu laſſen, und dadurch ſeinen Lohn zu erhöhen? Die Höhe des Zinsfußes kann aber auch nicht willführ- lich, nicht blos zufällig ſein, ſondern es muß auch hierin Geſetzmäßigkeit walten. Wir werden hierdurch unmittelbar darauf geführt, daß die Beſtimmung des naturgemäßen Arbeitslohns abhängig iſt von der Kenntniß der Geſetze, wodurch die Höhe des Zinsfußes, und das Verhältniß deſſelben zum Arbeitslohn beſtimmt wird. Damit betreten wir nun die Schwelle einer bout und verwickelten Unterſuchung. Da ein ſchon im Jahre 1826 niedergeſchriebenes Frag— ment, den Zinsfuß betreffend, das aufgeſtellte Problem und die zu löſenden Fragen näher entwickelt, ſo theile ich dies Fragment hier zunächſt mit. 8 8 85 Heber die Höhe des Zinsfußes, in dialogiſcher Form. A. Kannſt Du mir ſagen, warum der Zinsfuß jetzt an dieſem Orte 5 pCt., warum er nicht 2, oder auch 10 pCt. iſt? B. Der Zinsfuß wird ebenſo, wie der Preis jeder Waare durch das Verhältniß des Angebots zur Nachfrage beſtimmt. Iſt nun der Zinsfuß 5 pCt., To beweiſt dies, daß bei dieſem 71 Zinsſatz Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht ſind. Stiege durch zufällige Einwirkungen der Zinsfuß auf 10 pCt., ſo würde das Angebot zunehmen, die Nachfrage abnehmen, und dies würde ein Sinken des Zinsſatzes zur Folge haben. Der umgekehrte Fall träte ein, wenn der Zinsfuß momentan bis zu 2 pCt. heruntergegangen wäre. A. Dieſe Antwort entſpricht dem, was wir in den nationalökonomiſchen Schriften über dieſen Gegenſtand finden; aber ſie befriedigt mich nicht: denn ſie gibt nur die Erſcheinung, nicht den Grund der Erſcheinung an. Daß Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht ſind, wenn der Zinsfuß conſtant, z. B. 5 pCt. geworden iſt, verſteht ſich von ſelbſt; ich will aber wiſſen, warum Angebot und Nach— frage gerade bei 5, und nicht bei 2, oder 10 pCt. im Gleich— gewicht ſind. B. Dies hängt von der Größe des vorhandenen National— kapitals ab. Je reicher eine Nation iſt, deſto niedriger iſt der Zinsfuß, und umgekehrt, je ärmer, deſto höher iſt der— ſelbe. Deshalb ſinkt der Zinsfuß beim zunehmenden Reich— thum, bleibt conſtant beim ſtillſtehenden, und ſteigt beim ab— nehmenden Nationalreichthum. A. Dies ſind aus der Erfahrung entnommene Sätze, die als ſolche ihren Werth haben; aber ſie geben wiederum nur die Erſcheinung, nicht den Grund der Erſcheinung an. Denn warum iſt der Zinsfuß niedriger bei reichen, höher bei armen Nationen? B. Nichts iſt leichter zu beantworten. Denn ſo wie Ueberfluß an Waaren niedrige Preiſe erzeugt, ſo erzeugt auch Ueberfluß an Kapital einen niedrigen Zinsfuß. A. Auf dieſe Weiſe drehen wir uns aber ſtets im Kreiſe herum. Ich muß nun, um dieſe Cirkelſchlüſſe zu 72 durchſchneiden, die Frage an Dich richten: aus welchem Grunde entſteht denn Ueberfluß an Waaren und Kapital? B. Sparſamkeit, Fleiß und Geſchicklichkeit erzeugen Ueber— fluß an Waaren und ſomit auch an Kapital. A. Gut, dieſe Eigenſchaften des Menſchen muß ich als Quellen des Nationalreichthums gelten laſſen; aber werden zwei Nationen, die dieſe Eigenſchaften in gleich hohem Grade beſitzen, immer auf gleicher Stufe des Reichthums ſtehen, und einen Zinsfuß von gleicher Höhe haben? B. Nein, das nicht. Die Anwendung gleicher Kräfte auf guten und auf ſchlechten Boden, in einem rauhen und in einem milden Himmelsſtrich, unter einer despotiſchen, die Unterthanen mit Abgaben bedrückenden Regierung, und unter einer Regierung, die Freiheit und Geſetzlichkeit walten läßt — muß ein ſehr verſchiedenes Reſultat liefern. Die geiſtigen Eigenſchaften des Menſchen, und die Beſchaffenheit des Ob— jects, worauf dieſelben angewandt werden, wirken gemein- ſchaftlich auf die Größe des Erzeugniſſes. A. Geſetzt nun England und Nordamerika hätten Bewohner von gleichem Nationalcharakter, und Boden, Klima und Verfaſſung wären in beiden Ländern gleich — folgt hieraus, daß der relative Nationalreichthum, d. i. der auf einen Kopf fallende Theil des Geſammt-Reichthums, und der Zinsfuß in beiden Ländern gleich hoch ſein müſſen? B. Nein; denn England iſt ein ſchon ſeit Jahrhunderten hochkultivirtes Land, während Nordamerika erſt kurze Zeit von civiliſirten Völkern bewohnt wird, daſſelbe noch große Strecken fruchtbaren aber unbebauten Bodens beſitzt, die eine weite und nützliche Anwendung des Kapitals geſtatten — und deshalb muß hier der Zinsfuß höher ſein als in England. A. Alſo nicht die geiſtigen Kräfte des Menſchen und das Object, worauf ſie angewandt werden, entſcheiden allein 13 über die Größe des relativen Nationalreichthums und des Zinsfußes, ſondern wenn in zwei Ländern beide Faktoren gleich ſind, tritt die Zeitdauer, während welcher beide Länder bewohnt ſind, als dritter den Zinsfuß regulirender Faktor ein. Betrachten wir nun genauer, welcher Unterſchied zwiſchen einem ſchon längere und einem erſt kürzere Zeit bewohnten Lande — bei Gleichheit des Klimas, des Bodens und der Bewohner — ſtattfindet: ſo zeigt ſich, daß im Erſtern nicht blos der fruchtbare, ſondern auch der ſandige Boden und die wenig lohnenden Hügel bebauet ſind, während in Letzterem nur erſt die fruchtbaren Thäler der Kultur unterworfen ſind — wo dieſelbe menſchliche Arbeit mit einem weit größern Erzeugniß gelohnt wird, als auf dem ſandigen und hüge— ligen Boden. Aus dieſer Beobachtung der in der Wirklichkeit ſtatt— findenden Verhältniſſe können wir nun folgern: 1) daß der Zinsfuß ſteigt, wenn die Arbeit lohnender wird, d. i. ein größeres Produkt liefert; 2) daß es einen großen Unterſchied in der Höhe des Zinsſatzes hervorbringt, ob daſſelbe Nationalkapital auf 1 oder 2 Quadratmeilen vertheilt iſt, daß alſo nicht das abſo— lute, ſondern nur das relative Nationalkapital, d. i. das mit der Größe des angebauten Landes und mit der Bevölkerung verglichene Nationalvermögen einen weſentlichen Einfluß auf die Höhe des Zinsfußes ausübt. Aber mit allen dieſen Erörterungen ſind wir nun dahin gekommen, die Umſtände anzugeben, unter welchen der Zins— fuß höher oder niedriger iſt. Kannſt Du aber wohl für irgend ein Land, das Du in allen ſeinen Verhältniſſen genau kennſt, beſtimmen, ohne die Erfahrung zu Hülfe zu nehmen, wie hoch der Zinsfuß, in Zahlen ausgeſprochen, hier ſein muß? 74 B. Die Höhe des Zinsfußes wird bedingt durch die Größe der Nutzung, die ein im Landbau und in den Gewerben angelegtes Kapital gewährt. Ein auf die Urbarmachung eines reichen Bodens verwandtes Kapital kann ſich mit 10 pCt., oder noch höher verzinſen. Iſt aber der reiche Boden erſt ſämmtlich in Beſitz genommen, und wendet ſich die Urbar— machung dem Boden von minderer Güte zu, ſo ſinkt nach und nach die Nutzung des verwandten Kapitals auf 5, 4 oder gar 3 pCt. zurück. Die Höhe des Zinsfußes, in Zahlen ausgeſprochen, hängt alſo davon ab, welche Güte der noch nicht in Kultur genommene Boden hat, und bis zu welchem Grade die auf dem bereits kultivirten Boden gemachten Verbeſſerungen gediehen ſind. A. Dieſe dem ſcharfſinnigen Ricardo entnommene Erklärung iſt für die gewöhnlichen Verhältniſſe zutreffend und praktiſch brauchbar; aber ſie genügt nicht zur Begründung eines allgemeinen Geſetzes. Man verſetze ſich nur im Gedanken nach einer unermeß— lichen bisher nicht angebaueten Ebene, die durchaus auf jeder Stelle gleich fruchtbar und noch keines Menſchen Eigenthum iſt, und frage dann: „wie wird ſich hier das Verhältniß zwiſchen Zinsfuß und Arbeitslohn geſtalten, und welche Höhe wird der Zinsfuß erlangen, wenn dieſe Ebene urbar gemacht wird?“ Jene Erklärung, die ſich auf den Vorzug des einen Bodens vor dem andern gründet, wird hier, wo gar kein Vorzug ſtattfindet, völlig unbrauchbar, und zeigt eben dadurch, wie wenig ſie den Forderungen, die man an ein allgemeines Geſetz machen muß, Genüge leiſtet. Außer dieſer Unzulänglichkeit trägt jene Erklärung noch einen andern Mangel in ſich. 75 Wir müſſen nämlich bei ihrer Anwendung ſtets die Er- fahrung zur Hülfe nehmen, und unſer Wiſſen daraus jchöpfen. Wir wollen aber nicht wiſſen, was geſchehen iſt, ſondern wir wollen die Gründe kennen, aus welchen das Geſchehene her— vorgegangen iſt. B. Ich verſtehe nicht ganz, was Du damit ſagen willſt? A. Ein Beiſpiel wird dies deutlich machen. Man ſagt, der Preis jedes Produkts, jeder Waare wird beſtimmt durch das Verhältniß des Angebots zur Nachfrage. Wer ſich nun durch dieſe Erklärung befriedigt fühlt, kann den Preis der Werthgegenſtände nie anders als aus der Erfahrung entnehmen; er vermag nicht den Preis irgend eines Produkts oder Fabrikats wiſſenſchaftlich zu beſtimmen; er hat die Preisbeſtimmung blinden Gewalten übergeben, und braucht ſich nun nicht abzuquälen über die Gründe, warum der Preis gerade dieſer und kein anderer iſt. Wer aber tiefer eindringt, wird erkennen, daß das Verhältniß zwiſchen Angebot und Nachfrage nur die äußere Erſcheinung einer tiefer liegenden Urſache iſt. Wenn ein Markt mit Waaren überfüllt wird, ſo iſt dies nicht ein bloßer Zufall, ſondern ein Zeichen, daß die früher hier bezahlten Preiſe ſo hoch waren, daß eine größere Hervorbringung dieſer Waaren vortheilhaft wurde. Der frühere zu hohe Preis iſt alſo Urſache des Ueberfluſſes, der nun Preiſe erzeugt, die zu niedrig ſind. Auf dieſe Weiſe bleiben die Marktpreiſe im ſteten Schwanken; aber der Produktionspreis iſt — wie A. Smith ſich treffend ausdrückt — der Mittelpunkt, gegen welchen die Marktpreiſe ſtets gravitiren. Stimmen aber Marft- preis und Produktionspreis einmal überein, ſo iſt weiter keine Urſache, weder zu einer zu großen, noch zu geringen Hervorbringung, und Angebot und Nachfrage ſtehen dann im Gleichgewicht. Der Produktionspreis iſt alſo der Regulator 76 des Marktpreiſes, und dieſer muß trotz der unzähligen Ab— weichungen im Durchſchnitt eines großen Zeitraums doch wieder mit dem Erſtern zuſammenfallen. Meine Frage iſt nun die: gibt es für den Preis eines Kapitals, d. i. für die Höhe des Zinsfußes, einen ſolchen Regulator, wie ihn der Preis der Waaren in den Produktionskoſten findet, und welches iſt der Maßſtab für die Produktionskoſten des Kapitals? B. Dies vermag ich nicht zu beantworten, und wie es mir ſcheint, iſt alles, was bisher in der Nationalökonomie geleiſtet iſt, nicht genügend, um hierauf eine befriedigende Antwort zu ertheilen. A. Die Sache iſt aber von großer Wichtigkeit. So lange wir hierüber nicht aufs Klare ſind, vermögen wir nicht einmal den Produktionspreis der Waaren wiſſenſchaftlich darzuſtellen: denn zu den Elementen, die den Waarenpreis beſtimmen, gehören auch die Zinſen des angewandten Kapitals, kennen wir dieſe aber nur aus der Erfahrung, d. i. aus der Erſcheinung, ſo miſchen wir in dasjenige, was wir erklären und wiſſenſchaftlich begründen wollen, die äußere Erſcheinung ſelbſt als Grund ein, und drehen uns ſo in einem Cirkelſchluß herum, der zu keinem Reſultat führt. B. Es frägt ſich aber, ob eine ſolche Beſtimmung des Zinsfußes, wie Du ſie wünſcheſt, möglich iſt, und ob eine Ver— bindung zwiſchen Zinsfuß und Arbeitslohn wirklich ſtattfindet. A. Ueberall, wohin wir blicken, ſehen wir Zinsfuß und Arbeitslohn in beſtimmten Zahlen ausgeſprochen. Der Zins— fuß, der ſich ſo gebildet hat, iſt aber nicht das Werk des Zufalls oder des blinden Waltens, ſondern iſt entſprungen aus dem Zuſammenwirken von Menſchen, die ſämmtlich von einem verſtändigen Eigennutz geleitet, gemeinſchaftlich — wie 77 die Bienen am Bau der Zelle — an einem großen Werk arbeiten. Da hier der Eigennutz durch den Verſtand geleitet wird, ſo muß auch das, was der Eigennutz hervorgebracht hat, wiederum durch den Verſtand begriffen werden können. Es handelt ſich alſo nicht darum, neue Geſetze zu entdecken, ſondern es ſoll nur das, was ſchon geſchehen iſt, begriffen und dadurch klar werden, wie es geſchehen iſt. Es ſoll das, was der Verſtand unzähliger Menſchen — wovon jeder an dem großen Bau mitarbeitet, aber nur die Stelle überſieht, wo er ſelbſt arbeitet — hervorgebracht hat, durch den Verſtand des Einzelnen aufgefaßt werden und in dieſem ſich zur Ueberſicht und Klarheit geſtalten. — 8 6. Beſtimmungen und Dorausſetzungen. 1. Werthmeſſer. tan iſt gewohnt, den Ertrag eines Gutes, jo wie die mit dem Landbau verbundenen Koſten in Geld anzugeben und auszuſprechen, obgleich ein Theil der Ausgaben, z. B. das Saatkorn, das Pferdefutter u. m. a. niemals in den Handel gekommen und nicht gegen Geld umgeſetzt iſt. Nun dient aber ein großer Theil des für Korn und andere Produkte eingenommenen Geldes nur dazu, um andere Bedürfniſſe, z. B. Baumaterialien, Schmiede-, Sattlerarbeit u. ſ. w. dafür einzukaufen. Eigentlich werden alſo dieſe Bedürfniſſe für Korn eingetauſcht, und in der That hat der Landwirth nichts anderes, als ſeine Erzeugniſſe, wofür er die Waaren, deren er bedarf, eintauſchen kann Das Geld dient hier blos als Mittel zum Tauſch. 78 Die Summe des für Korn in einem Jahre eingenommenen Geldes, verglichen mit der Summe des verkauften Korns, ergibt den Preis eines Scheffels Rocken, wenn alles Korn auf Rocken reducirt it. Die für irgend ein Bedürfniß, z. B. Schmiedearbeit ausgegebene Geldſumme, dividirt durch den Preis des Scheffels Rocken, ergibt die Zahl der Scheffel Rocken, die man zur Erlangung dieſes Bedürfniſſes hat hingeben müſſen. Auf dieſe Weiſe ließe ſich die Rechnung über Einnahme und Ausgabe eines Gutes ganz in Scheffel Rocken führen. Eine ſolche Rechnung würde, beiläufig geſagt, ein helleres Licht über manche Punkte verbreiten: es würde ſich mit einem Blick überſehen laſſen, wie bei fallenden Getreidepreiſen und gleichbleibenden Abgaben an den Staat, dieſe einen weit größern Theil vom Ertrage des Guts hin— wegnehmen, alſo in der That erhöht ſind; ferner wie das Sinken des Getreidepreiſes bei gleichbleibendem Geldlohn der Arbeiter den reellen Lohn erhöht, und dem Arbeiter einen weit größern Antheil am Gutsertrage verſchafft u. ſ. w. Für unſere Unterſuchung nehmen wir nun den Rocken als Werthmeſſer und einen Berliner Scheffel dieſer Kornart als Einheit an. 2. Lohn der Arbeit. Der freie Arbeiter beſitzt in der Regel als Eigenthum einiges Vieh — eine Kuh, Schweine und Federvieh — das nöthige Hausgeräth und einen Theil der Werkzeuge — Spaten, Beile ꝛc. — womit er arbeitet. Der Lohn, den er erhält, iſt alſo nicht blos Belohnung ſeiner Arbeit, ſondern iſt zugleich Vergütung fur den Gebrauch des Kapitals, was er beſitzt, und umfaßt alſo den Lohn für die Arbeit an ſich und die Zinſen des Kapitals. Hier iſt unſer Beſtreben aber darauf gerichtet, den Lohn für die Arbeit an ſich zu ermitteln, und was ich in der Folge 79 Arbeitslohn nenne, iſt derjenige Theil des Lohns, welcher nach Abzug der Zinſen jenes Kapitals noch übrig bleibt. Um über die Größe der Einnahme eines Arbeiters zu urtheilen, iſt der Lohn, den dieſer für eine Tagearbeit erhält, kein richtiger Maßſtab, denn 1) iſt der Tagelohn gewöhnlich nach der Verſchiedenheit der Jahreszeiten und der Arbeiten verſchieden — höher im Sommer, als im Winter, höher bei den Ernte-, als bei den Beſtellungsarbeiten; 2) hat es auf den Erwerb des Arbeiters einen großen Einfluß, ob derſelbe während des ganzen Jahres Arbeit und Verdienſt hat, oder nur in einem Theil des Jahres Beſchäftigung findet; 3) bekommt der Arbeiter neben dem Geldlohn, der ihm als Tagelohn gereicht wird, häufig noch Emolumente, wie Wohnung, Garten, Kuhweide, Brennmaterial ıc. entweder unentgeldlich, oder doch zu einem niedrigen Preiſe; und 4) hat es auf den Erwerb eines Tagelöhners einen großen Einfluß, ob und in welchem Grade deſſen Frau und unerwachſene Kinder Arbeit und Verdienſt finden. Um nun einen beſtimmtern Maßſtab für den Arbeitslohn zu erhalten, faſſe ich das, was der Arbeiter mit ſeiner Frau und ſeinen unerwachſenen Kindern bis zum Alter von 14 Jahren für die Arbeit während eines ganzen Jahrs an Geld und Emolumenten erhält, zuſammen, ziehe hiervon die Zinſen des im Hausgeräth, in den Werkzeugen ꝛc. ſteckenden Kapitals ab, und nenne das Uebrigbleibende „den Lohn für die Jahresarbeit einer Arbeiterfamilie“. Zur Abkürzung ſetze ich dafür aber im Verfolg dieſer Schrift: „Lohn für 1 J. A. eines Mannes.“ 80 Den Betrag des jo ermittelten Lohns, dem Werth nach auf Berliner Scheffel Rocken reducirt und in Scheffeln Rocken ausgedrückt, bezeichne ich mit „A“. 3. Arbeitsprodukt. Wenn man von dem rohen Ertrage eines Guts alles in Abzug bringt, was zur Erhaltung der Gebäude und des Inventars in demſelben Beſtand und demſelben Werth gehört, was zur Saat und zum Viehfutter erforderlich iſt, ſo wie die Adminiſtrationskoſten und den Gewerbsprofit des Unter- nehmers, und überhaupt alles abrechnet, was zur Erhaltung der Wirthſchaft nothwendig iſt, und weder dem Eigen— thümer des Guts bei einer Verpachtung, noch den Arbeitern zu Nutzen kommt: jo nenne ich den Ueberſchuß, der ſich dann ergibt und der unter dem Gutsherrn und den Arbeitern vertheilt werden ſoll, das Arbeitsprodukt; und dieſes dividirt durch die Zahl der mit der Hervor— bringung deſſelben beſchäftigt geweſenen Arbeiter, ergibt die Größe des Arbeitsprodukts eines Mannes, welches ich mit „p“ bezeichne. Bei Gewerbsunternehmungen wird das reine Arbeitsprodukt, welches übrig bleibt, nachdem der Unter— nehmer Adminiſtrationskoſten und Gewerbsprofit bezogen hat, zwiſchen dem Beſitzer des in dem Gewerbe ſteckenden Kapitals und den Arbeitern getheilt. 4. Die Arbeiter Wenn man auf einem Gut oder einem Gütercomplex die verrichtete Arbeit und das geſammte Arbeitsprodukt durch die Zahl der Arbeiter theilt, ſo ergibt ſich, was ein Arbeiter im Durchſchnitt geleiſtet und hervorgebracht hat, und nach dieſem Durchſchnitt entwirft man ſeine Anſchläge und Berechnungen. Bei einem ſolchen Calcül gehört die große Verſchiedenheit zwiſchen den Individuen in Bezug auf 81 Fähigkeiten und Leiſtungen nicht zum Gegenſtand der Betrach— tung. Die Leiſtungen der Geſammtheit werden durch das Durchſchnittsreſultat repräſentirt, und erhalten darin ihr Maß. In dieſem Sinne iſt es nun auch erlaubt, von der Ungleichheit zwiſchen den Arbeitern zu abſtrahiren, und alle Arbeiter derſelben Klaſſe in Bezug auf Kraft, Geſchicklichkeit, Fleiß, Pflichttreue u. ſ. w. als völlig gleich anzunehmen. Dieſe Annahme liegt nun unſeren nächſten Unter— ſuchungen zum Grunde. 5. Subſiſtenzmittel. Das was eine Arbeiterfamilie zu ihrem Unterhalte nothwendig bedarf, hängt gar ſehr von der Zahl der Kinder, die ſie erzielt, ab, und läßt, wenn hierüber nichts beſtimmt wird, ſelbſt keine Beſtimmung zu. Da es unſer Zweck iſt, die Geſetze, welche den Arbeits— lohn und Zinsfuß reguliren, für den beharrenden Zuſtand der bürgerlichen Geſellſchaft zu erforſchen, ſo müſſen wir auch die Zahl der Arbeiter als gleichbleibend anſehen, und annehmen, daß die arbeitenden Familien im Ganzen ſo viele Kinder erzielen, als zum Erſatz der durch Alter und Tod abgehenden Arbeiter erforderlich ſind. Die Arbeitskraft erſcheint dadurch als eine ſich nicht abnutzende, unver— änderliche Größe. Die Summe der Subſiſtenzmittel, welche eine Arbeiter— familie — unter dieſer Beſchränkung — zur Erhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit nothwendig bedarf, ſetze ich für jede Familie im Werth gleich a Scheffel Rocken jährlich. Dieſe mit „a“ bezeichneten Unterhaltsmittel betrachten wir als eine durch die Erfahrung gegebene bekannte Größe. Was wir hier als zum Unterhalt nothwendig betrachten, darf nicht verwechſelt werden mit dem, was nach Blanqui's Thünen II. 6 82 Ausdruck hinreicht, um am Sterben zu hindern: denn es ſoll durch dieſe Unterhaltsmittel dem Arbeiter nicht blos das Leben, ſondern auch die Arbeitsfähigkeit erhalten werden. Andererſeits bleiben alle Genußmittel, die hierzu nicht abſolut erforderlich ſind, von dem, was wir mit „a“ bezeichnen, ausgeſchloſſen. Wenn man von dem Arbeitslohn = A das, was der Arbeiter nothwendig verbrauchen muß, alſo a, abzieht, ſo ergibt ſich für den Arbeiter ein Ueberſchuß von A — a, wofür wir y ſetzen. Es iſt dann A a . 6. Kapital. Unter „Kapital“ verſtehe ich das unter Mitwirkung der Naturkräfte durch die menſchliche Arbeit hervorgebrachte Erzeugniß, welches zur Erhöhung der Wirkſamkeit menſch⸗ licher Arbeit dienlich iſt, und angewandt wird, vom Grund und Boden aber — wenn auch, wie bei Bäumen und Gebäuden, mit Verletzung der Form — trennbar iſt. 7. Zinsfuß oder Zinsſatz. In den für ein ausgeliehenes Kapital eingenommenen Zinſen ſind in der Regel zwei Beſtandtheile enthalten; nämlich 1) die Vergütung, welche der Borger für die zeitweiſe Nutzung des Kapitals, unter der Bedingung, daſſelbe im gleichen Werth wieder abzuliefern, zahlt; 2) die Aſſekuranzprämie für den möglichen und in einer längern Periode beim Ausleihen öfters vorkommenden Verluſt des Kapitals ſelbſt. Was ich in dieſer Schrift „Zinsfuß“ nenne, umfaßt nur den erſten dieſer beiden Beſtandtheile. Der Zinsfuß in dieſem Sinne kann in der Wirklichkeit nur an den Zinſen, welche für die, gegen erſte Hypothek 83 ausgeliehenen, und für unverlierbar gehaltenen Kapitalien gezahlt werden, ſich zeigen und zur Kenntniß kommen. Den auf dieſe Weiſe beſtimmten Zinsfuß bezeichne ich mit „2“. 8. Landrente. Der Begriff von Landrente iſt im 1. Theil, 3. Auflage, § 5 a. ausführlich erörtert. Um indeſſen meinen Leſern das Nachſchlagen zu erſparen, bemerke ich hier in der Kürze: daß ich unter Landrente nicht, wie Adam Smith, Say u. A., die Gutseinkünfte, ſondern die Rente verſtehe, welche von den Gutseinkünften nach Abzug der Zinſen vom Werth der Gebäude, der Waldungen, der Einzäunungen und überhaupt aller vom Boden trenn baren Werthgegenſtände übrig bleibt. — § 7. Unternehmergewinn, Snduſtriebelohnung, Gewerbsproſit *). a. Unternehmergewinn. Wenn man von dem Gewinn, den der Unternehmer eines Gewerbes bezieht, in Abzug bringt: 1) die Zinſen des angewandten Kapitals, 2) die Aſſecuranzprämie für Schiffbruch, Feuersgefahr, Hagelſchlag u. ſ. w., 3) die Beſoldung eines Kommis, Adminiſtrators u. ſ. w., der die Geſchäftsführung, Anordnung des Ganzen und die Aufſicht übernimmt, *) Das Gründlichſte und Werthvollſte, was ich über dieſen Gegen— ſtand irgendwo getroffen, iſt enthaltend in Hermann's „Staats— wirthſchaftliche Unterſuchungen“, p. 145 265. München 1832. 84 jo bleibt in der Regel für den Unternehmer noch ein Ueber— ſchuß — und dies iſt der Unternehmergewinn. Worin iſt nun dieſer begründet, und was iſt die Urſache, daß dieſer nicht durch die Konkurrenz der Unternehmer ſelbſt vernichtet wird — da doch die Anwendung des Kapitals durch die in Rechnung gebrachten Zinſen, die Gefahr beim Geſchäft durch die in Abzug gebrachten Aſſekuranzbeiträge, und die Arbeit und Mühe der Geſchäftsführung durch die Beſoldung des Adminiſtrators vergütet und aufgewogen wird? Beantwortung dieſer Frage. Es gibt keine Aſſecuranzgeſellſchaft gegen alle und jede Gefahr, die mit der Uebernahme eines Gewerbes verbunden iſt; ein Theil der Gefahr muß immer von dem Unternehmer ſelbſt getragen werden. Durch das bloße Sinken der Preiſe der Produkte, Fabrikate und Handelswaaren kann der Pächter eines Guts, der Fabrikant wie der Kaufmann, ſein ganzes Vermögen verlieren — und gegen dieſe Gefahr gibt es keine Aſſecuranzgeſellſchaft. Nun kann man dagegen erwidern: Wer beim Beginn ſeines Unternehmens ſeinen Anſchlag auf die bisherigen Mittelpreiſe der Produkte oder Waaren gründet, kann zwar durch das Sinken des Preiſes unter den bisherigen Mittelpreis verlieren; aber eben ſo oft, vielleicht öfterer, wird er durch das Steigen des Preiſes gewinnen — die Gefahr wird durch die Ausſicht auf den Gewinn kom— penſirt, folglich bedarf es dafür keiner Entſchädigung. Nach dieſem Prinzip kann eine Verſicherungsgeſellſchaft verfahren, aber nicht der Einzelne. Denn gerade in der Verſchiedenheit, die zwiſchen einer Societät, bei welcher jeder Aktieninhaber nur einen Theil ſeines Vermögens aufs Spiel ſetzt, und dem Unternehmer, der ſein ganzes Ver— mögen dem Verluſt ausſetzt, liegt der Grund, warum ein Unternehmergewinn ſtattfinden muß. 85 Wer ein Vermögen von 10,000 Thlr. beſitzt, kann füglich einen Thaler auf eine Karte ſetzen, ohne daß ſein Glück gefährdet wird; das Vergnügen beim Gewinn compenſirt das Mißbehagen beim Verluſt. Setzt er aber ſeine 10,000 Thlr. ſämmtlich auf eine Karte, ſo kann die Verdoppelung ſeines Vermögens im günſtigen Fall ſeinem Glück nimmer— mehr ſo viel zuſetzen, als ihm im ungünſtigen Fall durch den Verluſt ſeines ganzen Vermögens an Genuß und Lebens— glück entzogen wird. Wer das Vermögen beſitzt, die Koſten zu beſtreiten, welche die Erlangung der Kenntniſſe und der Ausbildung für den Staatsdienſt erfordert, hat die Wahl, entweder ſich dem Staatsdienſt zu widmen, oder — bei gleicher Befähigung für beide Berufsarten — Gewerbsunternehmer zu werden. Wählt er Erſteres, fo iſt nach feiner Anſtellung ſeine Sub- ſiſtenz für das ganze Leben geſichert; wählt er Letzteres, ſo kann eine ungünſtige Konjunktur ihn gar bald ſeines Ver— mögens berauben, und ſein Lebensloos iſt dann, Lohnarbeiter zu werden. Was könnte nun bei ſo ungleichen Ausſichten in die Zukunft ihn bewegen, Unternehmer zu werden — wenn nicht die Wahrſcheinlichkeit des Gewinns viel größer wäre, als die des Verluſtes. In dem Maß, als der Verluſt eines Theils, oder des ganzen Vermögens empfindlicher iſt, dem Glück und der Zufriedenheit mehr raubt, als eine gleiche Vergrößerung des Vermögens dem Lebensglück hinzufügen kann — in dem Maß muß auch bei Gewerbsunternehmungen die Wahr⸗ ſcheinlichkeit des Gewinns größer ſein, als die des Verluſtes. Adam Smith, und mit ihm die mehrſten engliſchen Schriftſteller werfen die Zinſen des verwandten Kapitals mit dem Unternehmergewinn unter der Benennung „Gewinn“ zuſammen. 86 Bei dieſer Vermengung zweier aus ſo verſchiedenen Quellen entſpringenden Potenzen wird die Erkenntniß des Zuſammenhanges zwiſchen Arbeitslohn und Zinsſatz faſt unmöglich. Say hat, ſo viel ich weiß, dieſen Mangel des Smith' ſchen Syſtems zuerſt aufgedeckt. b. Induſtriebelohnung. Für die Anordnung und Leitung der Geſchäfte bei einem Gewerbe, ſo wie für die Beaufſichtigung der dabei angeſtellten Arbeiter ſcheint, dem erſten Anblick nach, dem Unternehmer nur eine Vergütung zuzukommen, welche gleich iſt dem Gehalt, den er einem Adminiſtrator, Buchhalter oder Aufſeher, der ihm dieſe Mühe und Beſorgung abnimmt, zu geben braucht. Aber die Leiſtungen des für eigene Rechnung arbeitenden Unternehmers und des beſoldeten Stellvertreters ſind, wenn auch beide gleiche Fähigkeiten und Kenntniſſe beſitzen, dennoch ſehr verſchieden. In ſolchen Zeiten, wo durch die Wechſelfälle der Kon— junktur das Geſchäft große Verluſte bringt, und das Ver— mögen, wie die Ehre des Unternehmers auf dem Spiele ſtehen, iſt der Geiſt deſſelben von dem einen Gedanken, wie er das Unglück von ſich abwenden kann, erfüllt — und der Schlaf flieht ihn auf ſeinem Lager. Anders verhält es ſich in einem ſolchen Fall mit dem beſoldeten Stellvertreter. Wenn dieſer am Tage redlich gear— beitet hat, und am Abend ermüdet zu Hauſe kommt, ſchläft er mit dem Bewußtſein erfüllter Pflicht ruhig ein. Aber die ſchlafloſen Nächte des Unternehmers ſind nicht unproduktiv. Hier faßt er Pläne und kommt auf Gedanken zur Abwendung ſeines Mißgeſchicks, die dem beſoldeten Admini— ſtrator, wie ernſtlich derſelbe auch ſeine Pflicht zu erfüllen 87 ftreben mag, doch verborgen bleiben — weil fie erſt aus der höchſten Anſpannung aller auf einen Punkt gerichteten Geiſteskräfte hervorgehen. Die Noth iſt die Mutter der Erfindungen, und ſo wird auch der Unternehmer durch ſeine Bedrängniß zum Erfinder und Entdecker in ſeiner Sphäre. Wie der Erfinder einer neuen nützlichen Maſchine mit Recht den Ueberſchuß bezieht, den die Anwendung derſelben im Vergleich mit der ältern Maſchine gewährt, und dieſen Ueberſchuß als Belohnung ſeiner Erfindung genießt — eben ſo muß das, was der Unternehmer durch ſeine größere Geiſtesanſtrengung mehr hervorbringt als der beſoldete Adminiſtrator, demſelben als Belohnung ſeiner Induſtrie zufallen. Der für eigene Rechnung und auf eigene Gefahr arbei— tende Unternehmer beſitzt, bei übrigens gleichen Eigenſchaften, eine größere Leiſtungsfähigkeit als der beſoldete Stellvertreter — wie groß auch deſſen Pflichttreue ſein mag — und dies iſt der Grund, warum dem Unternehmer, außer den Admini— ſtrationskoſten noch eine Vergütung, die wir „Induſtrie⸗ belohnung“ nennen, zukommt. Ein ähnliches Verhältniß zeigt ſich ſelbſt bei der gemeinen Handarbeit. Die Kraft des Arbeiters, der Erde im Verdung aufladet, wird geſtärkt und geſtählt durch das Gefühl, daß jeder Spatenſtich ihm zu Gut kömmt, und ſeinen Verdienſt erhöht, während der pflichttreue Lohnarbeiter, der die Mühſeligkeit und Anſtrengung bei der Arbeit ſtets durch den moraliſchen Zwang, den er ſich ſelbſt auflegt, bekämpfen muß, weit eher ermattet, und bei gleicher Kraft und Tüchtigkeit ein geringeres Tagewerk zu Stande bringt als der Verdung— arbeiter. 88 Dieſe Betrachtung mag zugleich auch dazu beitragen, das Urtheil über die Arbeiter zu mildern, wenn wir finden, daß ſie im Tagelohn ſo ſehr viel weniger zu Stande bringen, als ſie ſonſt im Verdung geleiſtet haben — indem wir dies nicht blos der Trägheit und Pflichtvergeſſenheit beimeſſen dürfen (wozu man nur zu ſehr geneigt iſt), ſondern dies auch zum Theil der verſchiedenen, nicht von der Willkühr der Arbeiter abhängenden Leiſtungsfähigkeit zuſchreiben müſſen. c. Gewerbsprofit. Was der Unternehmer mehr bezieht, als die Zinſen des verwandten Kapitals, und die Adminiſtrationskoſten, nämlich den Unternehmergewinn und die Induſtriebelohnung, faſſe ich zur Vereinfachung des Ausdrucks unter der Benennung „Gewerbsprofit“ zuſammen. Das Kapital kann nur dann eine Nutzung gewähren, und iſt im engern Sinn nur dann Kapital, wenn es produktiv angelegt wird; und von der Größe dieſer Nutzung hängt die Höhe des Zinsfußes beim Ausleihen der Kapitale ab. Die produktive Anlegung ſetzt einen Gewerbsbetrieb, und dieſer einen Unternehmer voraus. Das Gewerbe liefert dem Unternehmer nach Erſtattung aller damit verbundenen Auslagen und Koſten einen reinen Ertrag. Dieſer Reinertrag enthält die beiden Beſtandtheile: Gewerbsprofit und Kapitalnutzung. Nach Abzug des Gewerbs— profits von dem Reinertrag ergibt ſich die Größe der den Zinsfuß beſtimmenden Kapitalnutzung. Nach der auf dieſe Weiſe bewirkten Ausſcheidung und Ermittelung der Nutzung des in einem Gewerbe angelegten Kapitals wird es erlaubt ſein, in den folgenden Unterſuchungen von dem Unternehmer ſelbſt zu abſtrahiren, und dieſen gleichſam als den durch den Gewerbsprofit gelohnten Geſchäftsführer 89 des Kapitaliſten zu betrachten; wobei aber der Unternehmer durch ſein eigenes Intereſſe getrieben wird, die höchſte Kapitalnutzung zu erſtreben. (In dem Arbeitsprodukt, wie dies $ 6 Nr. 3 definirt worden, iſt der Gewerbsprofit nicht mehr enthalten, ſondern bereits ausgeſchieden, und es kommen deshalb bei der Frage von der Vertheilung des Arbeitsprodukts nur Arbeiter, Kapitaliſten und Landbeſitzer in Betracht.) — — —⅛ § 8. Bildung des Kapitals durch Arbeit. Die erſten Menſchen, welche die Erde betraten, hätten umkommen müſſen, wenn nicht die vorſorgende Natur eine Fülle von wildwachſenden Gewächſen hervorgebracht hätte, deren Früchte dem Menſchen zum Lebensunterhalt dienen. Wenn wir den Urſprung des Kapitals, und den Zuſtand der Geſellſchaft, in welchem der mit keinem Kapital verſehene Menſch, blos durch ſeine Arbeit ſubſiſtiren und ſelbſt einiges Kapital ſchaffen kann, uns vergegenwärtigen wollen, ſo müſſen wir uns in Gedanken nach den Tropenländern verſetzen: wo die Früchte des Piſang, der Kokospalme, und des Brodbaums“) in Verbindung mit Bataten, Mais und andern Sübdfrüchten *) Ueber den mannigfaltigen Nutzen, den die Gewächſe den Menſchen gewähren, theile ich hier einige — aus Suckow's „Oekonomiſche Botanik“ entnommene — Notizen mit. 1) Der gemeine Piſang (Musa paradisiaca L.) erreicht eine Höhe von 10 bis über 20 Fuß, hat einen baumartigen Stamm, welcher aber nicht holzig, ſondern grün von häutiger, markiger Subſtanz iſt. Seine Blätter erreichen eine Länge von 6 bis 12 Fuß, und find an 2 Fuß und darüber breit. Die Früchte haben ein mildes, ſaftiges Fleiſch und werden in Oſt⸗ und Weſtindien zur Speiſe, theils roh, theils in vielfachen Zu- 90 zur Ernährung der Menſchen ausreichen; wo eine fährlich zu erneuernde Hütte von Baumſtämmen, mit den Blättern bereitungen gebraucht und dienen ſtatt des Brodes. Die Früchte liefern auch durch Abkochung ein Getränk, und durch Gährung einen Wein. Aus dem Stamm kann eine Art Flachs bereitet werden, und die Blätter dienen zu Tafeltüchern und zur Deckung der Häuſer. Nach v. Humboldt nährt in Mexiko ein mit Piſang bepflanzter Morgen des beſten Bodens 25 Menſchen, und verurſacht wenig Arbeit. (Rau, Volkswirthſchaftslehre, 2. Auflage, S. 86.) 2) Die Kokospalme (Cocos nucifera L.). Die äußere Schale der Kokosnuß dient wegen ihres faſerigen Weſens zu Stricken und Lunten. Die Kokosmilch in den ausgewachſenen Früchten iſt ein beſonderes Erfriſchungsmittel, und eine Kokosnuß liefert wohl für 2 Perſonen hinläng⸗ lichen Saft zur Löſchung des Durſtes. Von ältern Früchten, in denen der innere Kern ſich ſchon verdickt hat, dient ſolcher theils zum Speiſen, theils zur Bereitung einer Milch, welche ſich rahmt und ein Oel liefert. Die harten Schalen des Kerns ſind vor der Reife weich und eßbar. Von den reif gewordenen Nüſſen werden die Schalen zu mancherlei Behältniſſen gebraucht. Aus den weiblichen Blüthen der Kokospalme wird der Palmwein bereitet. Mit einem Zuſatz von Reis, Syrop und Waſſer verſehen, liefert dieſer Wein den Arak. Unvermiſcht geht dieſer Wein in der Wärme in Palmeſſig über. Der obere, weiche und markige Theil des Schaftes gibt das ſogenannte Palmhirn, welches verſpeiſt wird. Das ſchwammige, faſerige Mark des Schaftes wird als Dünger gebraucht. Die Blätter der Kokos bäume dienen zur Deckung der Dächer, zu Matten, Stricken, Flechtwerk, Sonnenſchirmen und zu Papier. 3) Der Brodfruchtbaum (Artocarpus ineisa L.). Aus dem fleiſchigen Mark der Frucht des Brodbaums wird, nachdem daſſelbe in Gruben gebracht und dort in ſaure Gährung übergegangen iſt, Brod gebacken. Dieſes ſaure Brod iſt die vorzüglichſte Speiſe der Taheitier, und dient ihnen auch zum Proviant auf ihren Reiſen. Häufiger iſt aber noch der Genuß der friſchen Brodfrucht, die man vor ihrer völligen Reife abnimmt, abſchält, in Blätter wickelt und auf heißen Steinen backt. Aus dem Splint der 2. bis 3jährigen Stämme werden Zeuge und mufelinartige Tücher verfertigt. Die Blätter des Brodbaums dienen zum Einwickeln beim Backen der Frucht und auch als Teppiche zur Belegung des Bodens beim Speiſen. Die abgefallenen männlichen Kolben dienen als Zunder. Der nach gemachten Einſchnitten aus dem Stamme hervordringende Saft, liefert mit Kokosmilch eingekocht, einen Vogelleim und mit Sagomehl, Zucker und Eiweiß wird er zu einem ſehr feſten Kitt. 91 des Piſang gedeckt, hinreichenden Schutz gewährt; und wo die Piſangblätter zur Bekleidung genügen. „Seit der früheſten Kindheit menſchlicher Kultur findet man in allen Continenten unter den Wendekreiſen, ſo weit Tradition und Geſchichte reichen, Piſangkultur,“ jagt v. Hum— boldt in ſeinen „Anſichten der Natur“. Die drei genannten Baumarten bringt dort die Natur ſelbſt, ohne Zuthun des Menſchen hervor. Dagegen werden Bataten und Mais des Anbaues, alſo der menſchlichen Arbeit bedürfen. Auf dem humusreichen lockern Boden werden hierzu das Ausreißen der die Erde bedeckenden Pflanzen, und das Aufritzen des Bodens mit einem Stabe ſchon genügen, und alſo keine Geräthſchaften, in welchen Kapital enthalten iſt, angewandt werden brauchen. Die allmäliche Entwickelung eines in die Tropenländer verſetzten Volks können wir uns unter zwei verſchiedenen Geſichtspunkten denken. a) Wir betrachten dies Volk nicht blos als arm an Kapital, ſondern auch als arm an Kenntniſſen und unbekannt mit den Erfindungen und Entdeckungen, wodurch in unſern Tagen die Fabrikation und Produktion ſo ſehr gefördert iſt. Die Kapitalbildung kann dann nur ſehr langſam vor ſich gehen, iſt abhängig nicht blos von der Arbeit, ſondern auch von dem Fortſchritt der Intelligenz, und ſomit das Werk zweier verſchiedener Potenzen. Die Entwickelung, die hier ſtattfindet, gehört der Kulturgeſchichte an, und liefert für den Zweck unſerer Unterſuchung keine Reſultate. b) Wir denken uns ein mit allen Fähigkeiten, Kennt⸗ niſſen und Geſchicklichkeiten der civiliſirten europäiſchen Nationen ausgerüſtetes Volk nach einem Tropenlande verſetzt, welches aber kein Kapital, alſo auch keine Werkzeuge beſitzt, 92 und fragen, wie fich hier bei gleichbleibender Intelligenz des Volks die Kapitalbildung geſtaltet. Hier können zwei verſchiedene Fälle ſtattfinden: I) Dieſes Volk ſteht im Verkehr mit andern Nationen, und kann ſeine eingeſammelten und erſparten Vorräthe an Früchten gegen andere Gegenſtände, namentlich gegen Werk— zeuge und Maſchinen vertauſchen. Auf dieſe Weiſe würde aber das Erzeugniß der Arbeit an ſich, gegen andere Erzeugniſſe, worin Arbeitslohn, Zinſen und Landrente enthalten find, vertauſcht, und wir erhielten dann über das, was wir zu erforſchen ſuchen, keinen Aufſchluß. 2) Dieſes Volk ſteht mit andern Nationen in keinem Handelsverkehr, iſt von der übrigen Welt getrennt, und die Kapitalbildung geht von innen heraus ohne einen äußern Einfluß vor ſich. Dieſen letztern Fall legen wir unſerer nächſten Unter— ſuchung zum Grunde und nehmen ferner an: 1) daß in dem Schoos der Gebirge dieſes Landes alle Metalle vorhanden ſind, welche die europäiſche Induſtrie zu ihren Erzeugniſſen und Fabrikaten gebraucht; 2) daß dieſer Volksſtamm zahlreich genug iſt, um die Theilung der Arbeiten, wie ſie in Europa ſtattfindet, ein— führen zu können, ſobald nur das dazu erforderliche Kapital vorhanden iſt; 3) daß das von dieſem Volk bewohnte Land überall von gleicher Fruchtbarkeit und zugleich ſo ausgedehnt iſt, daß jeder Bewohner Land umſonſt in Beſitz nehmen kann. Unter dieſem Volk, welches kein Kapital beſitzt, und wo der Grund und Boden keinen Tauſchwerth hat, findet auch kein Verhältniß von Herrn und Dienern ſtatt; jeder ohne Unterſchied iſt Arbeiter und muß durch Arbeit ſich ſeinen Unterhalt erwerben. 93 Hier haben wir alſo die einfachſten Zuſtände vor Augen, und wenn wir dieſe der Betrachtung unterwerfen, dürfen wir am erſten hoffen, Aufſchluß über die Verbindung zwiſchen Arbeitslohn und Zinſen zu erhalten. Indem wir nun aber den Schauplatz unſerer Betrachtungen in Gedanken nach den Tropenländern verlegen, wo unſere Getreidearten nicht gedeihen und nicht die vorzüglichſte Nahrung der Menſchen ausmachen, fällt es ſogleich in die Augen, daß der Rocken hier nicht Werthmeſſer und nicht Maßſtab für die Subſiſtenzmittel, die die Menſchen bedürfen, ſein kann. Hier müſſen wir die Subſiſtenzmittel ſelbſt, die der Arbeiter während eines Jahrs gebraucht, als die Einheit und als Maßſtab für die Größe des Erzeugniſſes annehmen. Dieſe Subſiſtenzmittel bezeichne ich nun mit „S“ und den hundertſten Theil derſelben mit „e“, fo daß „S“ 100 iſt. Geſetzt nun, der Arbeiter kann, wenn er fleißig und ſparſam iſt, durch ſeiner Hände Arbeit 10 pCt. mehr als er zu ſeinem nothwendigen Unterhalt bedarf, alſo 1,1 S oder 110 e im Jahr hervorbringen: jo erübrigt er nach Abzug deſſen, was er zu ſeinem Lebensunterhalt verwenden muß, 110 + 100e 10 c. Er kann alſo im Verlauf von 10 Jahren einen Vorrath ſammeln *), wovon er während eines Jahrs leben kann, ohne zu arbeiten; oder er kann auch ein ganzes Jahr hindurch ſeine Arbeit auf die Verfertigung nützlicher Geräthſchaften, alſo auf die Schaffung eines Kapitals wenden. Folgen wir ihm jetzt bei der kapitalſchaffenden Arbeit. *) Aber wird dieſer Vorrath nicht verderben? Nun, ſo mag er in jedem Jahr ein Zehntel deſſelben der Verfertigung von Geräthſchaften widmen, und er kommt dann auch in 10 Jahren damit zu Stande. Die Unterſuchung iſt aber leichter zu führen und zu überſehen, wenn wir von der Schwierigkeit der Aufbewahrung des Vorraths abſtrahiren. 94 Mit einem zerſchlagenen Feuerſtein bearbeitet er das Holz zu Bogen und Pfeil; eine Fiſchgräthe dient dem Pfeil zur Spitze. Aus dem Stamm des Piſangs, oder der faſerigen Schale der Kokosnuß werden Stricke und Bindfaden gemacht, und erſtere zur Sehne des Bogens, letztere zur Verfertigung von Fiſchernetzen verwandt. Im folgenden Jahre wendet er ſich dann wieder der Erzeugung von Lebensmitteln zu; aber er iſt jetzt mit Bogen, Pfeilen und Netzen verſehen, ſeine Arbeit wird mit Hülfe dieſes Geräths, viel lohnender, ſein Arbeitsprodukt viel größer. Geſetzt, ſein Arbeitserzeugniß — nach Abzug deſſen, was er auf die Erhaltung des Geräths im gleich guten Zuſtande verwenden muß — ſteige dadurch von 110 c auf 150 c, fo kann er in einem Jahre 50 c erübrigen, und er braucht jetzt nur 2 Jahre der Erzeugung von Lebensmitteln zu widmen, um wiederum ein ganzes Jahr auf die Verfertigung von Bogen und Netzen zu verwenden. Er ſelbſt kann hiervon zwar keine Anwendung machen, da die im frühern Jahre verfertigten Geräthe für ſein Bedürfniß genügen; aber er kann daſſelbe an einen Arbeiter verleihen, der bisher ohne Kapital arbeitete. Dieſer zweite Arbeiter brachte bisher hervor 110 c; leiht derſelbe nun das Kapital, woran der kapitalerzeugende Arbeiter die Arbeit eines Jahrs gewandt hat, ſo iſt ſein Erzeugniß, wenn er das geliehene Geräth im gleichen Werth erhält und wieder abliefert Pant ee. ee eee 150 c. Das Mehrerzeugniß vermittelſt des Kapitals beträgt alſo 40 c. *) Wie kann aber der verliehene Gegenſtand in gleicher Beſchaffen— heit und gleichem Werth erhalten und wieder abgeliefert werden? Dies geht freilich bei einzelnen Gegenſtänden nicht an, wohl aber bei der Geſammtheit der in einer Nation verliehenen Gegenſtände. Wenn jemand z. B. 100 Gebäude von hundertjähriger Dauer vermiethet unter der Bedingung, daß der Miether jährlich ein neues Gebäude errichtet; ſo 95 Dieſer Arbeiter kann alſo für das geliehene Kapital eine Rente zahlen von 40 e, welche der kapitalerzeugende Arbeiter für ſeine einjährige Arbeit dauernd bezieht. Hier treffen wir auf den Urſprung und Grund der Zinſen und auf ihr Verhältniß zum Kapital. Wie ſich der Lohn der Arbeit verhält, zu der Größe der Rente, die dieſelbe Arbeit ſchafft, wenn ſie auf Kapitalerzeugung gerichtet wird: ſo verhalten ſich Kapital und Zinſen. In dem vorliegenden Fall iſt der Lohn für 1 J. A. — 110e; die Rente, die das aus der Arbeit eines Jahrs hervorgegangene Kapital bringt, beträgt 40 c. Das Verhältniß iſt alſo wie 110 c: 40 ce = 100: 36, und der Zinsſatz iſt 36,4 pCt. Aber — kann man einwenden — die Rente von 40 e iſt nicht das Ergebniß von einer Jahresarbeit; denn der Arbeiter hat 10 Jahre gebraucht, um die Subſiſtenzmittel, die er bei der Kapitalſchaffung verzehrte, hervorzubringen. Die Rente iſt alſo das Ergebniß von 10 + 1 = 11 Jahren, welches für 1 J. A. nur % e = 3,64 & Rente gibt. Hierauf iſt zu erwidern: Der Arbeiter ohne Kapital erhält für ſeine Jahresarbeit in ſeinem Erzeugniß eine Belohnung von 110 e. Hiervon muß er aber zu ſeinem Unterhalt 100 e verwenden, und für ſeine Anſtrengung ſelbſt wird er nur mit 10 e gelohnt. Wir müſſen alſo in dem Lohn der Arbeiter zwei Beſtand⸗ theile unterſcheiden, nämlich: 2 behalten die 100 Gebäude, trotz der jährlichen Abnutzung doch gleichen Werth. Bei dieſer Unterſuchung müſſen wir nothwendig unſern Blick auf das Ganze richten, und wenn hier nur zwei Perſonen als handelnd dargeſtellt ſind, ſo iſt dies blos ein Bild, wodurch die Bewegung, die gleichzeitig in der ganzen Nation vor ſich geht, auſchaulich gemacht werden ſoll. 96 1) was der Arbeiter zu feinem Unterhalt verwenden muß, um arbeitsfähig zu bleiben; und 2) was er für ſeine Anſtrengung ſelbſt erhält *). Nach den obigen Annahmen in Zahlen erhält der Arbeiter für ſeine Anſtrengung während eines Jahrs — welche ich künftig mit „1 J. Anſtreng.“ bezeichnen werde — wenn dieſe auf Erzeugung verzehrbarer Artikel gerichtet wird, 10 e; und wenn fie der Kapitalerzeugung zugewandt wird, 3,64 Rente. Das Verhältniß zwiſchen beiden iſt alfo wie 10: 3,6: das iſt wie 100: 36,4. Wir erhalten alſo für das Verhältniß zwiſchen Kapital und Zinſen daſſelbe Reſultat, wir mögen die Jahresarbeit oder die Jahresanſtrengung zum Maßſtab nehmen. Wird nun, wenn der Zeitpunkt eingetreten iſt, wo jeder Arbeiter des ganzen Volks mit einem Kapital von 1. J. A. verſehen iſt, die Kapitalerzeugung noch fortgeſetzt werden oder aufhören? Stellen wir dem Arbeiter, der Bogen, Pfeile und Netze beſitzt, einen andern gegenüber, der auch nur ſpärlich mit Kapital verſehen iſt, aber doch Spaten, Beil und Nägel im Beſitz hat, der die Erde umgräbt, anſtatt daß jener ſie mit einem Stab aufwühlt, der das Holz mit einem Beil, ſtatt *) Die Unterſcheidung zwiſchen Lohn für die Arbeit und Lohn für die Anſtrengung iſt auch zur richtigen Würdigung der Verhältniſſe im praktiſchen Leben nicht ohne Bedeutung, wie folgendes Beiſpiel zeigen mag. Geſetzt, einem Tagelöhner, deſſen jährlicher Verdienſt 100 Thlr. beträgt, ſtirbt ſeine Kuh von 20 Thlr. Werth. Vergleicht man nun ſeinen Verluſt mit ſeinem Jahreslohn, ſo erſcheint derſelbe nicht erheblich, denn er kann ihn ja durch die Arbeit von / Jahr erſetzen. Erwägt man aber, daß er von ſeinem Lohn 90 Thlr. auf ſeinen Unterhalt verwendet und verwenden muß, um arbeitsfähig zu bleiben, daß ſeine Anſtrengung während eines Jahrs nur mit 10 Thlr. gelohnt wird, daß ihm alſo in ſeiner Kuh die Frucht der Anſtrengung von 2 Jahren geſtorben iſt: ſo erſcheint ſein Verluſt ſehr beklagenswerth, und fordert das Mitgefühl zur Unterſtützung auf. 97 mit dem zerichlagenen Feuerſtein bearbeitet: jo finden wir bet gleicher Geſchicklichkeit, gleichem Fleiß, gleicher Anſtrengung und Körperkraft Beider doch einen ſehr verſchiedenen Erfolg der Arbeit. Der zweite mit Spaten und Beil verſehene Arbeiter wird am Ende des Jahrs ein weit größeres Produkt ſeiner Arbeit aufzuweiſen haben, als der erſte. Spaten und Beile ſind aber ſelbſt Erzeugniſſe der menſchlichen Arbeit, und in dem hohen Nutzen, den dieſe Werkzeuge gewähren, liegt der Antrieb zu ihrer Hervor— bringung, und ſomit zur fernern Kapitalerzeugung. Bei der Verfertigung von Bogen, Pfeilen u. ſ. w. bedurfte der einzelne Arbeiter nicht der Hülfe Anderer. Bei der Gewinnung und Verarbeitung des Eiſens muß aber ſchon eine Theilung der Arbeit ſtattfinden, und wir müſſen hier die kapitalerzeugenden Arbeiter als eine Geſellſchaft anſehen, die ſich zu einem gemeinſchaftlichen Zweck verbunden hat, und die den Geſammtertrag ihrer Arbeit unter ſich vertheilt. Nehmen wir nun an, daß das ganze Volk nach und nach mit dem genannten Eiſengeräth verſehen ſei, und daß das, was jeder Arbeiter davon gebraucht und anwendet, das Produkt der Jahresarbeit eines mit der Kapitalerzeugung beſchäftigten Mannes ſei: ſo arbeitet jetzt Jeder mit einem Kapital von 2 J. A. Bei dieſem Kapitalbeſtand ſind die Werkzeuge, die die menſchliche Arbeit wirkſamer machen, aber noch ſehr unvoll— ſtändig. Die Kapitalerzeugung wird alſo fortgeſetzt, und ſo die Nation ſucceſſive mit einem Kapital von 3, 4, 5 und mehren J. A. für jeden Arbeiter verſehen werden; und das Arbeitsprodukt eines Mannes wird mit dem ſteigenden Kapital mehr und mehr wachſen. Hier drängt ſich nun die Frage auf: Thünen II. 7 98 Wird die Vergrößerung des Arbeitsprodukts mit der Vergrößerung des Kapitals gleichen Schritt halten, alſo im direkten Verhältniß damit ſtehen, wird z. B. die Anwendung des Kapitals von 3 J. A. die dreifache Rente des Kapitals von 1 J. A. alſo 3 * 40 e= 120 c bringen? Wir wiſſen, daß nicht jedes in Geräthſchaften, Maſchinen, Gebäuden u. ſ. w. angelegte Kapital die Arbeit in gleichem Maße fördert und wirkſamer macht. Die Anlegung und der Gebrauch einer Mühle vermehrt das Arbeitsprodukt eines Menſchen, der ſich mit dem Zerreiben des Getreides beſchäftigt, mindeſtens um das zwanzigfache; oder ein Mann kann mit einer Mühle mehr Getreide und zugleich beſſer mahlen, als 20 Mann, die daſſelbe mit der Hand zwiſchen Steinen zerreiben. Ein Mann, der über einen mit zwei Pferden beſpannten Pflug gebietet, pflügt mehr Land um, als 30 Mann mit dem Spaten umgraben können. In der Anlegung und Verfertigung von Mühlen und Pflügen findet alſo die kapitalerzeugende Arbeit eine nützliche, ſich hoch belohnende Verwendung. Sind dieſe aber einmal für den Bedarf in genügender Menge hergeſtellt, ſo wird die Verfertigung mehrerer Pflüge und Mühlen, nicht blos keine ſo hohe Rente, wie die zuerſt hergeſtellten, ſondern überhaupt gar keine Rente mehr abwerfen. Wie nützlich auch ein Inſtrument oder eine Maſchine ſein mag, immer gibt es eine Grenze, wo die Vervielfältigung derſelben aufhört, nützlich zu fein und eine Rente abzu— werfen. Iſt dieſe Grenze einmal erreicht, ſo muß die kapital⸗ erzeugende Arbeit ſich auf die Hervorbringung anderer Werth— gegenſtände richten, wenn dieſe auch minder nützlich ſind, und eine geringere Rente tragen, als die früher hervorgebrachten. 99 Der kapitalerzeugende Arbeiter wird alſo, ſein eigenes Intereſſe berückſichtigend und verfolgend, ſeine Arbeit zuerſt auf die Verfertigung ſolcher Werkzeuge und Maſchinen richten, die ſeine Kraft am mehrſten beflügeln, ſeiner Arbeit den höchſten Erfolg verſchaffen; dann aber, wenn dieſe in genü— gender Menge vorhanden ſind, ſeine Arbeit der Produktion von Geräthſchaften und Maſchinen zuwenden, die auch ſehr nützlich, aber doch minder wirkſam ſind und die Arbeit minder fördern, als die zuerſt hervorgebrachten — wofür er alſo auch beim Ausleihen mit einer geringern Rente vorlieb nehmen muß. Hier offenbart ſich der Grund der für unſere fernere Unterſuchung ſo wichtigen Erſcheinung: daß jedes in einer Unternehmung oder einem Gewerbe neu angelegte, hinzukommende Kapital geringere Renten trägt, als das früher angelegte. Dieſe Erſcheinung zeigt ſich auch überall im praktiſchen Leben, wo nicht die Jahresarbeit, ſondern das Geld Maßſtab des Kapitals iſt. Sehr klar läßt ſich dies bei Meliorationen auf einem Landgut wahrnehmen, wo die erſten zu Verbeſſerungen, z. B. zum Mergeln verwandten Tauſend Thaler 15 PCt. bringen können, während die zweiten Tauſend Thaler vielleicht nur 10 PCt., dieſe dritten nur noch 5 pCt. tragen; und wo man bei weiter fortgeführten Kapitalanlagen, z. B. bei Vertiefung der Ackerkrume über einen gewiſſen Punkt hinaus nur 3, 2 oder gar nur 1 PCt. Zinſen erhält. Ein „Detailhändler, oder auch ein Fabrikant“, der ſeine Waaren in der Nähe ſeines Wohnorts abſetzt, und ein Kapital von 10,000 Thlr. in ſeinem Geſchäft zu 5 pCt. benutzt, kann ein hinzukommendes Kapital von 1000 Thlr. nur dann an⸗ wenden, wenn ſein Abſatz ſich vergrößert, wenn er die Waaren in einem weitern Kreiſe um ſeinen Wohnſitz herum abſetzt. 100 Dies kann er aber bei ſonſt gleichbleibenden Umſtänden nur dadurch erreichen, daß er den Preis ſeiner Waaren herabſetzt — was aber eine Verminderung der Nutzung des zuletzt angelegten Kapitals zur Folge hat. 89. Bildung des Arbeitslohns und des Zinsfußes. Gibt man das Kapital in Jahresarbeiten an, ſo wird der Aufwand an menſchlichen Kräften, der die Hervorbringung des Kapitals erfordert hat, zum Maßſtab genommen. Drückt man das Kapital in Geld aus, welches ſelbſt ein Erzeugniß der menſchlichen Arbeit und des Kapitals iſt, ſo werden die aus der Arbeit hervorgegangenen Gegenſtände Maßſtab des Kapitals. Welchen von beiden Maßſtäben man nun auch anwendet, ſo vermehrt, wie wir oben geſehen haben, das neu hinzukommende Kapital das Arbeitsprodukt des Menſchen im geringern Grade als das zuvor angelegte Kapital. Es frägt ſich nun, durch welche Reihe dieſe abnehmende Wirkſamkeit des Kapitals dargeſtellt werden kann. Später, wenn die Forderungen, die an eine ſolche Reihe gemacht werden müſſen, vollſtändiger vorliegen, wird die Erforſchung des Verhältniſſes zwiſchen Kapital und Arbeits— produkt Gegenſtand einer beſondern Unterſuchung werden. Hier hat ſich nun erſt das Bedürfniß herausgeſtellt, eine Reihe aufzufinden, deren Glieder fortſchreitend kleiner werden, und dieſer Forderung entſpricht die geometriſche Reihe, deren Grundzahl ein Bruch iſt, wie 10, (/ 10), (9/10), (/10) 4... Um unſere ferneren Unterſuchungen an beſtimmte Zahlen knüpfen und dadurch weiter entwickeln zu können, nehme ich 101 vorläufig an, daß das Arbeitsprodukt eines Mannes durch Anwendung des Iften Kapitals von 1 J. A. um 40 e „ 2ten „ um 0 X 40 e 2 36e „ Zten j „ % K 360 = 324K und ſo ferner erhöht werde. Die Fortführung dieſer Rechnung ergibt folgende Skala: Ganzes Arheitsprodukt. Die Arbeit eines Mannes ohne Kapital liefert 110 e Das Iſte Kapital von 1 J. A. gibt Zuwachs 40 e 150 e eee Het X Ares 186, e % Sig n re l 36 82% 218, N r 83° an ho 329 % 27, % „N. Ay a | 273% € CE | 297,6 € en 1 SEI Mi | € c „ a ER a ot CCC e enn ee 385 6 e 12,6 0 397, e „ 13e. %, & 12, = 11% 408, 0 e Veran X la — 1De 61 Algı ©. Einfluß der Vermehrung des Kapitals auf den Lohn der Arbeit. In der Nation, die wir hier vor Augen haben, finden ſich noch keine Kapitaliſten, die Andere für ſich arbeiten laſſen, ſondern Jeder arbeitet für ſich ſelbſt. Die Arbeiter theilen ſich aber in zwei Klaſſen, nämlich 1) in ſolche, die ſich mit der Kapitalerzeugung beſchäftigen, und 2) in ſolche, die mit einem geliehenen Kapital auf eigene Rechnung arbeiten. 102 Die der zweiten Klaſſe angehörigen werde ich „Arbeiter“ ohne weitern Beiſatz nennen. Was dieſe nach Abzug der Zinſen des angeliehenen Kapitals vom Arbeitsprodukt übrig behalten, iſt der Lohn ihrer Arbeit. Steht die Geſellſchaft auf der Stufe des Wohlſtandes, daß Jeder mit einem Kapital von 1 J. A. verſehen iſt, ſo erhalten die Ausleiher für das Kapital von 1 J. A. 40 c Rente. Wird die Kapitalerzeugung dann noch fortgeſetzt und es dahin gebracht, daß auf jeden Arbeiter 2 J. A. Kapital fallen, io können die Ausleiher für das zweite Kapital nicht 40 ce, ſondern nur 36 c erhalten, weil der Arbeiter daſſelbe nicht höher als zu 36 ce nutzen kann, und es ganz verſchmähen würde, wenn mehr dafür verlangt wird. Werden die Arbeiter nun aber für das erſte Kapital von 1 J. A. noch fortwährend 40 c, oder wie für das zweite Kapital nur 36 c Rente zahlen? Wenn irgend ein kapitalerzeugender Arbeiter, der mit der Schaffung des zweiten Kapitals fertig geworden iſt, daſſelbe einem Arbeiter zu 36 e Rente anbietet, jo wird dieſer, der feinem Gläubiger bisher 40 e für das Kapital von 1 J. A. zahlte, das theuere Kapital kündigen, und das wohlfeilere dafür annehmen. Der kapitalerzeugende Arbeiter, dem ſein ausgeliehenes Kapital gekündigt iſt, hat indeſſen auch das zweite Kapital zu Stande gebracht, und hat jetzt zwei Kapi⸗ tale zu verleihen. Dieſe Kapitale können aber gar keine Anwendung finden, wenn er ſich nicht entſchließt, mit 36 c Rente pro J. A. Kapital vorlieb zu nehmen. Da dieſe Kapitale ihm dann aber ganz nutzlos ſind, ſo wird er ſich bequemen müſſen, ſowohl das erſte als das zweite Kapital für 36 c Rente zu verleihen. - f — ee ee 103 Man kann zwar einwenden, daß das, aus der erſten J. A. hervorgegangene Kapital in Geräthſchaften anderer Art beſteht, als das durch die zweite J. A. hervorgebrachte Geräth, daß Eins nicht das Andere erſetzen, und folglich auch nicht maßgebend für daſſelbe werden könne. Darauf kommt es hier aber auch nicht an, ſondern es iſt durch die Kapitalvermehrung die Vergütung für die auf Kapitalerzeugung gerichtete Arbeit in dem Verhältniß von 40: 36 geſunken, und die kapitalerzeugende Arbeit wird ferner mit 36 c Rente bezahlt, fie mag auf die Verfertigung von Bogen und Netzen oder auf die von Beilen und Spaten gerichtet ſein; denn wenn der eine Arbeitszweig eine höhere Belohnung fände als der andere, ſo würden ſich demſelben ſo viele Arbeiter zuwenden, daß das Gleichgewicht hergeſtellt würde. So wie der Preis einer Waare nicht für die verſchiedenen Käufer verſchieden ſein, nicht nach dem individuellen Werth, den ſie für die einzelnen Käufer hat, beſtimmt werden kann, ſondern für Alle gleich geſtellt werden muß: ſo kann auch der Preis des Kapitals, d. i. die dafür zu zahlende Rente, nicht nach dem Nutzen, den das Kapital im Ganzen dem Anleiher gewährt, feſtgeſetzt werden. Oder, für Waaren von gleichem Werth, für Kapitale, deren Hervorbringung ein gleiches Quantum Arbeit erfordert, können nicht zu gleicher Zeit zwei verſchiedene Preiſe ſtattfinden. Die Rente, die das Kapital im Ganzen beim Ausleihen gewährt, wird beſtimmt durch die Nutzung des zuletzt angelegten Kapitaltheilchens. Dies iſt einer der wichtigſten Sätze in der Lehre von den Zinſen. Nach der obigen Scala erwirbt der Arbeiter, der mit einem geliehenen Kapital von 2 J. A. arbeitet 104 durch feine bloße Arbeit. 1100 „ Anwendung des 1ſten Kapitals . 40 e „ 11 N n ID Sein Arbeitsprodukt iſt alſo . 186 e Davon muß er an den Kapitaliſten abgeben für zwei Kapitale 3 366% e r e Er behält alſo . 114 e anſtatt daß er bei der Anwendung eines Kapitals von 1 J. A. nur 110 e für ſich behält. Wendet der Arbeiter ein geliehenes Kapital von 3 J. A. an, ſo iſt ſein Erwerb durch die Arbeit ſelbſt. . 110 c „ di te Manual. „en, ASt 3 r Ir 1 Zte n I 32,4 C Im Ganzen . 218, c Davon zahlt er an den Kapitaliſten die Rente von drei Kapitalien a 324 - „Mac Dem Arbeiter verbleiben . 121 C Die Verminderung der Rente beim Anwachſen des Kapitals kommt alſo dem Arbeiter zu Gut und erhöht den Lohn ſeiner Arbeit. Während man in Europa den gedrückten Zuſtand der arbeitenden Klaſſe ſo häufig der zunehmenden Anwen— dung von Maſchinen zuſchreibt, wird in dem geſellſchaft— lichen Zuſtand, den wir hier vor Augen haben, die Lage der Arbeiter immer blühender und glänzender, je aus— gedehnter beim Anwachſen des Kapitals die Anwendung von Maſchinen wird. ea 105 In der That Scheint es widernatürlich und wideriprechend, daß durch die weiſe Benutzung der Naturkräfte, und der die Arbeit ſo ſehr fördernden Maſchinen, das Loos der zahl— reichſten Klaſſe der Geſellſchaft um ſo drückender werden ſollte, je mehr gleichzeitig ihre Arbeit dadurch wirkſamer und lohnender wird. | Die weitere Unterſuchung muß uns auf den Grund dieſes Widerſpruchs führen. — — — § 10. Einfluß des Anwachſens des Kapitals auf den Zinsfuß. Der Zinsfuß ergibt ſich, wie oben ſchon gezeigt iſt, aus dem Verhältniß, wie eine gleiche Quantität Arbeit z. B. 1 J. A. im Lohn und in Renten ſich bezahlt macht. Lohn und Rente ſtehen hier in demſelben Verhältniß wie verwandtes Kapital zu den daraus hervorgehenden Zinſen. Wird mit einem Kapital von 1 J. A. gearbeitet, ſo bezahlt ſich die Arbeit während eines Jahrs im Lohn mit 110 c, in der Rente mit 40 c; das Verhältniß iſt wie 110: 40, und der Zinsſuß = en — 36, PCt. Bei der Anwendung von 2 J. A. Kapital beträgt der Lohn 114 c, die Rente 36 c und der Zinsfuß 1 3156 PCt. Für 3 J. A. Kapital iſt der Lohn 121,2 c, die Rente 32,4 c und der Zinsfuß = * = 26, pCt. 121,2 Für 4 J. A. iſt der Lohn 130,8 c, die Rente 29,2 c, und der Zinsfuß ei = 223 PCt. 130% 106 Vergleichung zwiſchen Arbeitslohn, Rente und Zins fuß beim Wachſen des Kapitals. Arbeitslohn Rente | Zinsfuß Für 1 J. A. Kapital. 110 40 c 36, PCt. ID NER TEE RT IE Bu ol Fu e „ Nite Sn Be 32, % B26, „ „ 130 ee Beim Wachſen des Kapitals ſinkt der Zinsfuß in einem viel ſtärkern Verhältniß als die Rente, weil gleichzeitig der Arbeitslohn ſteigt und die Rente dividirt durch den Arbeits— lohn den Zinsfuß ergibt. Hier iſt die Arbeit, durch welche das Kapital hervor— gebracht iſt, Maßſtab des Kapitals. In der Wirklichkeit wird in der Regel das Kapital in Geld ausgedrückt und angegeben, und es iſt ungewöhnlich, die Größe eines Kapitals nach der Zahl der Jahresarbeiten eines Tagelöhners, über die man vermittelſt dieſes Kapitals zu gebieten hat, oder die man dafür erkaufen kann, zu ermeſſen — obgleich dies über den Werth eines Kapitals in verſchiedenen Ländern und zu verſchiedenen Zeiten ein weit helleres Licht verbreitet, als die Angabe in Geld. Bei der Beſtimmung des Zinsfußes . es übrigens keinen Unterſchied, wenn das Kapital ſtatt in J. A. in Geld ausgedrückt wird. Es ſei z. B. o 1 Thaler, jo iſt der Lohn für 1 J. A. — 110 Thlr., das Kapital von 1 J. A. auch = 110 Thlr. und die Rente, die dieſes Kapital gibt = 40 Thlr. Die Rente, durch das Kapital dividirt, gibt den Zinsfuß; dieſer 40 iſt alſo uns = 36, pCt. 107 In gleicher Weiſe ergibt ſich, wenn mit 2 J. A. Kapital gearbeitet wird, der Zinsfuß zu 31, pCt., wie dies auch bei dem angewandten Verfahren nicht anders ſein kann. § 11. Einfluß des Anwachſens des Kapitals auf die Grüße der Rente, die die kapitalerzeugende Arbeit gewährt. Wenn der kapitalerzeugende Arbeiter, wie wir geſehen haben, für jedes neugeſchaffene, über den bisherigen Bedarf hinausreichende Kapital eine immer geringere Rente erhält, und wenn derſelbe durch dies neugeſchaffene Kapital zugleich den Werth ſeiner ältern Kapitale, durch das Sinken der Einnahmen von denſelben, vermindert, ſo entſteht die Frage: was kann ihn denn bewegen, mit der Hervorbringung von Kapital fortzufahren? Wir müſſen uns hier erinnern, daß das Kapital ein Produkt der Arbeit iſt, und daß daſſelbe nur gebildet wird aus dem, was der Arbeiter mehr hervorbringt, als er wieder verzehrt. Je geringer der Ueberſchuß des Arbeiters iſt, deſto mehr Jahre muß er arbeiten, oder — wenn wir uns die Arbeiter in einer geſellſchaftlichen Verbindung denken — deſto größer muß die Zahl der Arbeiter ſein, um einen Vorrath zu ſchaffen, der hinreicht, einen Mann, welcher im engern Sinn Kapital ſchafft, d. h. Geräthſchaften verfertigt, Häuſer bauet u. ſ. w., ein Jahr hindurch mit Lebensmitteln zu unterhalten. Die Erwerbung eines Hauſes, deſſen Erbauung die Jahresarbeit von 10 M. erfordert, koſtet 20 Jahres-Anſtren⸗ gungen, wenn der Arbeiter in einem Jahr ſo viel erwirbt, 108 als er in zwei Jahren zu ſeinem Unterhalt bedarf. Beträgt z. B. der Arbeitslohn 200 c, der Unterhalt des Arbeiters 100 e und der jährliche Ueberſchuß deſſelben auch 100 c, ſo koſtet die Erbauung des Hauſes 10 x 200 ce = 2000 c, und um 2000 c zu erübrigen, müſſen 115 20 Mann vereint ein Jahr hindurch arbeiten. Die Erwerbung des Hauſes koſtet alſo die Jahres-Anſtrengung von 20 Mann. Beträgt dagegen der Lohn nur 110 c, der Ueberſchuß 10 c, jo koſtet die Errichtung des Gebäudes 10 x 110 c= 1100 c, und das Haus kann dann nur durch die Sahres- 11000 100 Die Produktionskoſten des Kapitals können alſo angegeben und gemeſſen werden durch die Zahl der Jahres-Anſtrengungen, die zur Erlan— gung deſſelben erforderlich ſind. — 110 Mann erworben werden. Anſtrengung von Die Erzeugung des Kapitals wird immer koſtbarer, je geringer der Ueberſchuß des Arbeiters iſt, oder je geringer der Arbeitslohn bei gleichbleibender Konſumtion iſt. Hoher Arbeitslohn vermehrt die Produktionskoſten der Waaren, vermindert aber die Produktionskoſten des Kapitals. Der Zweck des kapitalerzeugenden Arbeiters iſt, für ſeine Jahresarbeit die möglichſt höchſte Rente zu erlangen. Nun fällt einerſeits mit dem vermehrten Kapital der Zinsſatz, alſo die Einnahme aus dem Kapital; andererſeits aber ſteigt mit dem Kapital der Arbeitslohn, und durch den erhöhten Lohn vermindern ſich die Koſten der Kapitalerzeugung. Bei der Kapitalſchaffung ſind alſo zwei ſich gegenſeitig beſchränkende Momente wirkſam — und es läßt ſich ſchon hieraus mit Wahrſcheinlichkeit ſchließen, daß es in der Ver— 109 größerung des Kapitals einen Punkt gibt, bei welchem die kapitalerzeugende Arbeit das Maximum der Rente gibt. Einige Beiſpiele in Zahlen werden dies dem Auge näher führen. Das Kapital betrage 2 J. A., ſo iſt das Arbeitsprodukt de Arbeit n cht 110 e eee, 7,0 Dr 8 Ne este e ee ee, e Summa 1856 e Hiervon muß der Arbeiter für das geliehene Fail von 2 J. A. abgeben a 358 72 e Es bleiben dem Arbeiter. . . 114 e Beſitzt der kapitalerzeugende Arbeiter ſelbſt das Kapital, womit er arbeitet, ſo muß er doch die Zinſen davon in An— rechnung bringen, weil er durch Ausleihen daſſelbe ſo hoch hätte nutzen können. Von obigen 114 ce verwendet der kapitalerzeugende Arbeiter zu ſeinem Unterhalt 100 c, und er behält für ſeine Jahres⸗Anſtrengung einen Ueberſchuß von 14 c. Um ein Kapital zu ſammeln, welches gleich dem Lohn für Ni . F 1 A oa 2 1 J. A. iſt, gebraucht er alſo — — 8,1: Jahre. Es bringen alſo 8,14 M., die gemeinſchaftlich an der Kapitalerzeugung arbeiten, ein Kapital von 1 J. A. hervor. Dies Kapital gibt, wenn es ausgeliehen wird, eine Rente von 36 Cc. Diele unter 8, M. vertheilt, macht für jeden 4 c Rente. Für 3 J. A. Kapital iſt das Arbeitsprodukt 110 + 40 + 36 + 32, = 218 e Davon gehen an Zinſen ab für 3 Kapitale a 32 972 Dem Arbeiter verbleiben. 1212 0 Der Ueberſchuß des Arbeiters beträgt . 21,2 C 110 Um ein Kapital zu ſammeln, was gleich dem Lohn für ; . 121, 1 J. A. iſt, wird die Jahres-Anſtrengung von 21 — = 5% M. erfordert. Die Rente für das Kapital von 1J. A. beträgt 32, c. Ein Arbeiter erhält alſo für ſeine Jahres-Anſtrengung 32, C 9,72 —= 5,66 C Rente. Für 4 J. A. Kapital iſt das Arbeitsprodukt 110 +40 36 32, 29 247,6 0 Hiervon ab die Zinſen von 4 Kapitalien & 29, c 8116, e Es bleiben für den Arbeite 130,8 e und der Ueberſchuß des Arbeiters beträgt. 30,8 e Zum Anſammeln eines Kapitals von 1 J. A., welches 29,2 c Rente trägt, gehört die Jahres-Anſtrengung von 5 — 4, M. Ein Mann erwirbt alſo durch ſeine 8 C Jahres⸗Anſtrengung eine Rente von a — 25 Die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters, welche bei der Anwendung von 2 J. A. Kapital nur 4,2 ce beträgt, ſteigt alſo mit 3 J. A. Kapital auf 5,66 e und mit 4 Kapitalien von 1 J. A. auf 6,87 c. Wir erſehen hieraus, daß die kapitalerzeugenden Arbeiter bei vermehrtem Kapital und ſinkendem Zinsſatz doch durch ihre Arbeit eine größere Rente erwerben, als bei geringem Kapital und hohem Zinsſatz, daß ſie alſo durch ihr eigenes Intereſſe angetrieben werden, das Kapital zu vermehren, obgleich dadurch das Produkt ihrer Arbeit, d. i. das Kapital, durch das Sinken des Zinsſatzes, einen geringern Preis erhält. Wollte man hiergegen einwenden, daß zwar die kapital⸗ erzeugenden Arbeiter durch die Vermehrung des Kapitals ſich eine größere Rente verſchaffen, daß aber deren Intereſſe P 111 erfordere, das größere Kapital nur bei ihrer eigenen Arbeit anzuwenden, den übrigen Arbeitern aber nichts davon zukom— men zu laſſen, damit der Zinsſatz die frühere Höhe behielte: ſo muß man dagegen erwägen, daß die kapitalerzeugenden Arbeiter kein Monopol beſitzen, und daß die andern Arbeiter ſich ſogleich der Kapitalerzeugung zuwenden würden, wenn die darauf gewandte Arbeit höher gelohnt wird, als die ſonſtige Arbeit. Dies Uebertreten der Arbeiter der 2. Klaſſe in die der 1. Klaſſe würde ſo lange fortdauern, bis das Gleichgewicht wieder hergeſtellt iſt, d. i. bis beide Gattungen von Arbeit gleich hoch gelohnt werden. Hier kommt nun die Frage zur Sprache, welchen ge— meinſchaftlichen Maßſtab gibt es für die Belohnung beider Gattungen von Arbeit, da die für die eine Gattung in einer dauernden Rente, die für die andere aber im Erzeugniß ſelbſt ſich ausſpricht. Hierauf iſt zu entgegnen: wenn der Arbeiter ſeinen Ueberſchuß gegen Zinſen ausleiht, ſo verwandelt ſich der Lohn für ſeine Jahres-Anſtrengung in einen dauernden Zinſenbezug, der mit der Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters verglichen, und nach demſelben Maßſtab — z. B. in Thalern, oder in Scheffel Rocken — gemeſſen werden kann. Geſetzt nun, die beiden Klaſſen von Arbeitern wenden ein verſchiedenes Kapital an, die der 1. Klaſſe z. B. 3 J. A., während die der 2. Klaſſe nur mit einem Kapital von 2 J. A. arbeiten. Die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters beträgt dann, wie oben gezeigt iſt, 5,6 e. Bei der Anlegung von 2 J. A. Kapital iſt der Lohn 114 c, der Ueberſchuß 14e und der Zinsfuß 5 —= 31,6 pCt. Der Arbeiter bezieht alſo für feinen 112 31,6 100 der 1. Klaſſe 5,66 e Rente erhält. Wenden dagegen die Arbeiter gleichfalls ein Kapital von 3 J. A. an, jo iſt der Lohn = 121½ e, der Ueberſchuß Ueberſchuß 140% X — 4,42 C, während der Arbeiter 21 e, der Zinsfuß = rn — 26, PCt., und die Zinſen 2 Se —.— 26,7 3 für den Ueberſchuß betragen dann 21½ X 100 5,66 C, alſo gerade ſo viel, als die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters beträgt. Bei gleicher Kapitalanlage findet demnach das Gleichgewicht in der Belohnung beider Gattungen von Arbeiten ſtatt, und es iſt dann kein Grund zum Uebertreten der Arbeiter von einer Klaſſe in die andere vorhanden. Die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters beträgt, wenn gearbeitet wird, mit einem Kapital Rente Differenz 777770000 | 4,42 € | „ a DEE P VT | 6,87 el 1,2ı c | | Dieſe Rente nimmt alfo zu mit dem Wachſen des Kapitals, aber dieſe Zunahme ſelbſt oder die Differenz der Rente für zwei auf einander folgende Kapitale nimmt ab, wenn die Kapitale wachſen. Dieſe Wahrnehmung beſtärkt die ſchon oben geäußerte Vermuthung, daß dieſe Rente nicht fortwährend mit dem Kapital wächſt, ſondern bei einem gewiſſen Punkt ihr Maximum erreicht. Um hierüber auf's Klare zu kommen, iſt die begonnene Rechnung weiter fort— geführt, und das Reſultat in nachſtehender Tabelle zuſammen— getragen. 113 r op, | og eee | NE | S0 g | | eg 66 66 |. Han | "oe 86 g eg = | | Won | | erg | Sch | "see 88 Aa ae ir = „%% "ar | „69 6b „8e N 82 „ | ee | Wer een | Moor eee ee 89 F 7551 s e, er, een eee ig | s ee „%% | sog | By | re | mE % we we | 292 | wre | Hz | Bus | Harz | 86 ! e HEHE Ezın Be 987 | S2 o rg nen | vor | "se |. vor | or | vor | vor %'S1 De EBF ee 2 L Ei a ne Thünen II. 114 Folgerung. Die Rente, die der kapitalerzeugende Arbeiter für ſeine Jahresarbeit erhält, ſteigt mit dem wachſen— den Kapital trotz des gleichzeitig abnehmenden Zinsſatzes, erreicht aber bei der Kapitalanlage von 8 J. A. den höchſten Punkt, und ſinkt von da an immer tiefer herab. Das eigene Intereſſe der Arbeiter treibt ſie an, das Kapital ſo weit zu vermehren, bis die Arbeit mit der höchſten Rente belohnt wird — hier ſo weit, daß auf jeden Arbeiter 8 J. A. an Kapital fallen. Bei dem Maximum der Rente, womit hier die Arbeit belohnt werden kann, beträgt der Arbeitslohn 184, e, der Zinsfuß 10, pCt. 8 12. Einfluß der Fruchtbarkeit des Bodens und des Klimas auf die Höhe des Arbeitslehns und des Zinsfußes. Wenn in Folge der mindern Fruchtbarkeit des Bodens der mit gleichem Kapital verſehene Arbeiter ein um ¼ ge— ringeres Arbeitsprodukt hervorbringt, als in Tabelle A, ſo ſinken auch Zinſenbetrag und Arbeitslohn um ½, wie ſich ſogleich ergibt, wenn man dieſelbe Rechnung, wonach die Tabelle A entworfen iſt, auf den Fall anwendet, wo das Arbeitsprodukt eines Mannes ohne Kapital / x 110 = 82,5 und der Zuwachs durch das 1. Kapital / x 40 = 30 ausmacht. Alsdann aber erreicht der Arbeitslohn bei der Anwendung von 1, 2, 3 und ſelbſt von 4 J. A. Kapital noch nicht den Betrag der nothwendigen Subſiſtenzmittel des Arbeiters. Vielweniger noch kann unter dieſen Verhältniſſen durch die Arbeit ſelbſt Kapital geſchaffen werden. Erſt dann, wenn das relative Kapital bis 5 J. A. geſtiegen iſt, gewährt die 115 Arbeit bei einem Lohn von 3% x 142, 106, einen Ueberſchuß von 65s welcher zur Kapitalbildung verwandt werden kann. Es muß alſo das Kapital dem Menſchen vorangehen, wenn dieſer überhaupt nur ſubſiſtiren ſoll. Dieſer Zuſtand iſt aber der durch ganz Europa herrſchende; denn ſelbſt in unſern mildeſten Himmelsſtrichen, im Süden von Italien und Griechenland, müßte ein Volk ohne alles Kapital, d. i. ohne Kleidung, Wohnung, Geräthſchaften u. ſ. w. elend umkommen. Aber das Kapital iſt nicht (wie die Welt nach Feuer— bach) aus und durch ſich ſelbſt, aus innerer Nothwendigkeit, entſtanden, ſondern iſt — das Erzeugniß menſchlicher Arbeit. Alſo das Kapital iſt die Bedingung der Subſiſtenz der Menſchen, iſt aber nicht von Uranfang da geweſen, ſondern entſtanden aus der Arbeit von Menſchen, die noch kein Ka— pital beſaßen. Hier treffen wir auf einen Cirkelſchluß, auf einen un— löslich ſcheinenden Widerſpruch. Irre ich nicht, ſo ſpiegelt ſich in der Wiſſenſchaft, da wo von Arbeitslohn und Zinsfuß die Rede iſt, dieſer Wider— ſpruch auch überall ab und vielleicht liegt in der Nichtlöſung deſſelben der Grund, warum das, was über dieſen Gegenſtand geſagt worden, ſo ungenügend iſt. In der That habe ich mich ſeit mehr als 20 Jahren bemüht, ein Geſetz für die Verbindung zwiſchen Kapital und Arbeitsprodukt aufzufinden, durch welches jener Widerſpruch gelöſt wird — aber ſtets vergebens. Zwar iſt es nicht ſchwer, für die höhern Grade des relativen Kapitals eine das Verhältniß zwiſchen dieſem und dem Arbeitsprodukt darſtellende Skala zu entwerfen, die der Wirklichkeit annähernd entſpricht; wird aber die ſich auf dieſe 116 Weiſe bildende Reihe bis zu den niedern Graden des Kapi⸗ tals, oder gar bis Null, d. i. bis zum Urſprung deſſelben fortgeführt, ſo zeigt ſich abermals derſelbe Widerſpruch. Das Arbeitsprodukt p tft eine Funktion von g, wenn die Größe des angewandten Kapitals bezeichnet; aber keine der von mir faſt in allen algebraiſchen Formen aufgeſtellten Gleichungen erhellt das Dunkel was hier herrſcht. Erſt ſpät, zu ſpät wegen der verlorenen Zeit und Mühe, iſt mir der Grund der Unlöslichkeit der Aufgabe, den ich in nachſtehenden Betrachtungen gefunden, klar geworden. Nur da, wo die Natur freiwillig, d. i. ohne Zuthun des Menſchen, Piſang und Kokospalmen erzeugt, wo die Wärme des Klimas weder Kleidung noch Wohnung zu den abſoluten Bedürfniſſen des Menſchen macht, nur da kann die Wiege der Menſchheit geſtanden haben, und nur da kann aus der Arbeit an ſich Kapital erwachſen. Nachdem in dieſem paradiſiſchen Lande Kapitale geſam⸗ melt ſind, gleichzeitig aber auch die Volksmenge ſich ſo vermehrt hat, daß der Raum beengt wird, indem aller fruchtbare Boden das Eigenthum Einzelner geworden iſt, können einzelne Stämme ſich abtrennen, auswandern, und mit Hülfe des erworbenen Kapitals — Vieh, Nahrungsmittel, Geräthſchaften ꝛc. — auch in ſolchen Ländern, wo der Menſch ohne Kapital nicht leben kann, ihren reichlichen Unterhalt finden, mehr verdienen, als wenn ſie ſich in ihrem Vater⸗ lande für Lohn verdungen hätten. Nachdem an dieſem neuen Wohnplatz abermals neue Kapitale geſammelt ſind, nachdem die Volksmenge ſich wieder ſo vermehrt hat, daß der Raum wieder beengt wird, können Auswanderer, die mit einem hinreichenden Kapital verſehen ſind, ſich nach unwirthbaren Gegenden, wo ſelbſt die ſo wenig bedürfenden Wilden nicht leben können, die alſo an 1 ſich unbewohnbar ſind, begeben, und dort doch einen völlig genügenden Unterhalt finden. Ja, wir können weiter ſchließen, daß Länder, die wir jetzt noch wegen ihres unfruchtbaren Bodens, oder wegen ihres ungünſtigen Klimas für unbewohnbar halten, einſt, wenn die Kapitale durch ihre weitere Vermehrung noch wohl- feiler geworden, in Kultur genommen, und Menſchen ernähren werden. Je wohlfeiler das Kapital wird, d. i. für je geringere Zinſen daſſelbe zu haben iſt, deſto mehr erweitert ſich die Bewohnbarkeit der Erde. Auch Europa gehört zu den Ländern, die nur durch Einwanderung von Menſchen, die mit Kapital verſehen waren, bevölkert werden konnten. Die Unlöslichkeit der obigen Aufgabe erklärt ſich nun dadurch, daß das uranfängliche Kapital nicht in Europa geſchaffen it, ſondern aus Ländern ſtammt, wo andere Geſetze der Kapitalbildung herrſchen als hier. Das urſprüngliche Kapital in Europa tft ein eingewan- dertes, und folgt nicht den Geſetzen, die wir von unſerm Standpunkt aus überblicken. Mit dieſer Erkenntaiß hört aber zugleich der Widerſpruch auf, indem wir es nur aufgeben, für die Entſtehung der uranfänglichen Kapitale und die der höhern Grade ein und daſſelbe, beide umſchließende Geſetz aufſuchen zu wollen. Sollte nicht auch, dieſem Fall analog, in andern und noch höhern Beziehungen manche Aufgabe uns deshalb un— löslich erſcheinen, weil wir durch ein einheitliches Geſetz erklären und begreifen wollen, was ganz verſchiedenen Ur— ſprungs iſt, — was nur zum Theil unſerm Schauplatz an— gehört, zum Theil aber nicht blos einem andern Welttheil, ſondern ſelbſt einer andern Welt entſproſſen ſein mag? — 118 Anwendung. Es mag erlaubt fein, wenn auch mit theilweiſer Wieder⸗ holung des bereits Geſagten, hieran noch folgende, ſich mir bei dieſem Gegenſtand aufdrängende Betrachtung zu knüpfen. 2 Nur in ſolchen Gegenden der Erde, die wie Südindien, Mittelafrika, Peru in der Region des Piſang und der Kofos- palme liegen, konnte das Menſchengeſchlecht ſeinen Urſprung nehmen. Hier in dieſen von der Natur ſo reich begabten Ländern lebten die Menſchen jo lange m Ueberfluß, als ſich für die wachſende Bevölkerung noch immer herrenloſes Land fand. Nachdem aber alles fruchtbare Land in Beſitz genommen, und zum Eigenthum Einzelner geworden, mußte bei weiter ſtei— gender Bevölkerung ein Theil des Volks ſich verdingen und für Lohn arbeiten. Dieſer Lohn ſinkt dann allmählich bis zu einem Punkt, wo es vortheilhafter wird, nach andern minder fruchtbaren, und von der Natur minder begünſtigten Ländern, die aber noch herrenloſes Land enthalten, auszuwandern, und dort mit Hülfe des erworbenen und mitgebrachten Kapitals den Boden zu bebauen. Dieſer Gang der Entwickelung iſt in allen geiſtigen Anlagen des Menſchen, in dem von der Natur dem Menſchen als Inſtinkt mitgegebenen Streben nach Förderung ſeines Wohlſeins, und endlich auch in der Beſchaffenheit der phyſiſchen Welt ſo feſt begründet, und iſt ſo naturgemäß, daß wir die durch Auswanderung bewirkte, allmähliche Verbreitung des Menſchengeſchlechts über die ganze Erde als dem Weltplan entſprechend betrachten dürfen. Blicken wir dagegen auf diejenigen Staaten, aus denen die Auswanderung erfolgt, ſo iſt dieſe für ſie keineswegs erfreulich. Der Staat verliert dadurch die produktive Kraft 119 der Auswanderer; er verliert das Kapital, was auf deren Erziehung verwandt iſt; er verliert das Kapital, was dieſelben mitnehmen. Wird eine ſolche Auswanderung regelmäßig und dauernd, ſo kann es geſchehen, daß dieſer Staat, trotz aller ſeiner nützlichen Anſtalten und Einrichtungen, nur für einen andern Staat arbeitet, ſelbſt aber weder an Macht noch Reichthum zunimmt. Dies wird um ſo empfindlicher, wenn die Auswanderung die Richtung nach einem Staat nimmt, der mit dem eigenen einſt in feindliche Berührung gerathen kann. Dieſer arbeitet dann ſelbſt dahin, einſt im Kampf mit dem andern Staat unterliegen zu müſſen. Hemmen aber läßt ſich dies nicht; denn der Menſch auf dem jetzigen Standpunkt der Bildung läßt ſich das Recht der Freizügigkeit nicht mehr nehmen — und vermöchte eine Regierung dies auch, ſo wäre Uebervölkerung, Noth und Empörung doch die endliche Folge davon. Auch der mächtigſte und unbeſchränkteſte Monarch der Erde iſt ohnmächtig, wenn er ſich der Erfüllung des Welt- plans entgegenſtemmt. So bleiben alſo die Staaten dem Weltgeiſt gegenüber im Zuſtande des Zwangs, und unverſöhnt mit dem über ſie waltenden Geſchick. Iſt denn — ſo müſſen wir fragen — dieſer Widerſpruch naturgemäß, und demnach unverſöhnlich? Auch die Individuen ſind einem Zwange, den die Geſetze des Staats auflegen, unterworfen. Aber dieſen iſt die Macht gegeben, ſich des Zwangs zu entheben und zur Freiheit zu gelangen, wenn ſie dem egoiſtiſchen, auf das eigene Intereſſe gerichteten Streben entſagen, das Wohl des Staats zum Ziel ihrer Handlungen machen und durch tieferes Erkennen ihrer 7 - 120 höhern Beſtimmung ſich ſelbſt freiwillig die Schranken ſtecken, die der Staat durch ſeine auf das Wohl des Ganzen gerichteten Geſetze als Zwang auflegt. Gibt es nun für die Staaten und ihre Lenker keine ſolche Verſöhnung mit dem Geſchick, keine ſolche Erhebung zur Freiheit wie den Individuen geſtattet iſt, müſſen ſie fort und fort im Zuſtande des Zwanges und des Entgegenſtrebens gegen den Weltplan verharren? Schwerlich kann dieſe Verſöhnung anders ſtattfinden, als wenn die Staaten es aufgeben, ſich ſelbſt als den Mittel- punkt der Erde, die andern Nationen aber als Werkzeuge zu ihrem Nutzen zu betrachten. Die Verſöhnung kann und wird ſtattfinden, wenn die Staaten das Wohl der Menſchheit zum Ziel ihres Strebens machen, wenn ſie zur Menſchheit ſich verhalten, wie jene zur Freiheit gelangten Individuen ſich zum Staat verhalten. Zum Wandeln auf dieſer Bahn gehört gewiß feſter Muth und anfangs auch die Darbringung von Opfern. Aber wie die Individuen, die ihrer Beſtimmung gemäß handeln, auch ungeſucht dafür belohnt werden, ſo würde auch für die Staaten der Lohn nicht ausbleiben. Die Regierung, die das Vertrauen gewonnen, daß ſie auf dieſer Bahn beharrlich fortſchreiten werde, würde ſich die andern Völker geiſtes⸗ unterthan machen, und dadurch an Einfluß und Macht mehr gewinnen, als durch Vermehrung der Volksmenge und des Reichthums oder durch Gebietsvergrößerung gewonnen werden kann. England hat ſchon Spuren einer ſolchen Richtung gezeigt — in der Sklavenemancipation, in Canning's Beſtrebungen, in dem Frieden mit China, und neuerdings auch in ſeiner Handelspolitik. Vermöchte England es allen Egoismus gegen das Ausland abzuſtreifen, und die momentan betretene Bahn 121 für immer zu wandeln, jo könnte fein materielles, noch mehr aber ſein geiſtiges Uebergewicht eine noch nicht geahnte Höhe erreichen. Nach dieſer Unterbrechung kehren wir zu unſerer Unter- ſuchung zurück und geben in nachſtehender Tabelle eine Neber- ſicht der Reſultate für ein Verhältniß, wo das Arbeitsprodukt 3% deſſen beträgt, was wir in der Tabelle A (§ 11) zur Grundlage genommen haben. 122 Tabelle B. Mon de e se | in, | d Met ede in 5 J. A. 205, 98, 106 e ne | 185: | 19 6 oe 1 6 F. A. 2232 | 106% | 1164 | 16. a m Zum a 73a) 39. 12 127% | 2% 1 216% 27. ä 8 J. A. 2536 115,2 | 1384 38% 104 145 985 . 9 J. A. 2666 117% 149, 49, ee 49 r 10 J. A. 2783 117% 161% | 61% 115 = ER Ne 10.8.0: 2835 1463 167 67 Ges | Ui, = ee e 11 FJ. A. 2885 115,5 173% 73, 10% 55 . 12 J. A. 298, 114 1843 84, 9 95 al „ 123 Vergleichung der Reſultate in den Tabellen A und B. Die höchſte Belohnung der Arbeit in Renten findet ſtatt, in A bei der Kapitalanlage von 8 J. A., in B bei 10, J. A. Kapital. Bei dieſem Höhepunkt in der Belohnung der Arbeit iſt der Arbeitslohn in A 184, c, in B 167 c, und der Zinsfuß iſt in A 10, pCt., in B 6,65 PCt. Die Verminderung der Fruchtbarkeit des Bodens bewirkt alſo: 1) daß, um jenen Höhepunkt zu erreichen, eine größere Kapitalanlage erforderlich iſt; 2) daß ſowohl der Arbeitslohn als der Zinsfuß ſinken; letzterer aber in weit größerm Verhältniß als erſterer. Zu bemerken iſt noch, daß die Verminderung des zwiſchen Arbeiter und Kapitaliſten zu theilenden Arbeitsprodukts nicht allein durch verminderte Fruchtbarkeit des Bodens veranlaßt wird, ſondern eben ſo wohl Folge einer auf das Erzeugniß gelegten, und der Größe deſſelben proportionalen Abgabe ſein kann. — EV Von 8 13. Reduktion der Wirkſamkeit des Kapitals auf Arbeit. Wir verlaſſen jetzt mit unſern Betrachtungen die Tropen⸗ welt, und wenden uns den europäiſchen Zuſtänden zu, wo der Menſch ohne Mitwirkung des Kapitals nichts hervorzubringen vermag, und ohne Beihülfe des Kapitals nicht einmal ſub— ſiſtiren kann. Hier iſt jedes Erzeugniß das gemeinſchaftliche Werk von Arbeit und Kapital, und es entſteht nun die Frage, ob der 124 Antheil, den jede dieſer Potenzen an dem gemeinſamen Produkt hat, ſich erkennen und ausſcheiden laſſe. Zur Löſung dieſer Frage ſtellen wir nachſtehende Be- trachtungen an. Wenn das Kapital in Scheffel Rocken, oder in Thaler oder irgend einem andern Werthmaß angegeben iſt, und der Arbeitslohn a y in eben dem Werthmaß ausgedrückt, als bekannt angenommen wird: ſo ergibt ſich, wenn man mit a + y üin Q Dividirt, wie groß das Kapital in Jahresarbeiten einer Arbeiterfamilie ausgedrückt iſt, oder über wie viele J. A. einer Familie der Kapitaliſt mit dem Kapital Q zu gebieten hat. Dieſe Arbeiterzahl ſei = ng, fo iſt = ng, und 2 = nq (a5). Uebergibt nun der Kapitaliſt dies Kapital einem Unter⸗ nehmer, welcher daſſelbe in einem Gewerbe, oder in einer Gegend, wo keine Landrente ſtattfindet, im Landbau anlegt, und ſtellt dieſer Unternehmer n Arbeiter an, jo arbeitet jeder derſelben mit einem Kapital von — — q J. A. Kapital. Wenn man nun von dem Rohertrage des Gewerbes oder des Landbaues in der Gegend, wo keine Landrente exiſtirt, alle Auslagen des Unternehmers, mit alleinigem Ausſchluß des Arbeitslohns und der an den Kapitaliſten zu zahlenden Zinſen, abzieht, und von dem ſich dann ergebenden Ueberſchuß noch den Gewerbsprofit des Unternehmers (nach § 7) in Abzug bringt, jo bleibt der Theil des Ertrags übrig, den wir (8 6, Nr. 3) das Arbeitsprodukt genannt, und für den Arbeiter, der mit einem Kapital von q J. A. arbeitet, mit „p“ bezeichnet haben. 125 Es iſt gleichgültig, in welchem Werthmaß p angegeben wird, ob in Rocken oder Geld u. ſ. w., nur muß das Werth— maß daſſelbe ſein, worin Q und a+y angegeben find. Dieſes Arbeitsprodukt p it das gemeinſchaftliche Erzeug— niß von Arbeit und Kapital, und kommt, da jede andere Gewerbsausgabe bereits abgezogen iſt, einzig und allein zwiſchen dem Kapitaliſten und dem Arbeiter zur Theilung. Auf welche Weiſe findet nun dieſe Theilung ſtatt? Die n Arbeiter, welche in dem Gewerbe angeſtellt ſind, bringen ein Produkt von np hervor. Hiervon erhalten die n Arbeiter an Lohn n a+y) Nach Abzug dieſes Lohns verbleibt dem Kapitaliſten eine Rente von n (p — la ). Das verwandte Kapital beträgt ng (a-+y). Die Rente dividirt durch das angewandte Kapital ergibt den Zinsſatz, den wir mit z be zeichnen. „ De 2 iſt alſo = Fe ae, Dieſer Ausdruck für den Zinsſatz ift (bei dem Begriff, den wir mit den Symbolen p, q und a + y verbinden) von allgemeiner, abſoluter Gültigkeit. Eben ſo entſchieden gültig müſſen aber auch die Folgerungen ſein, die ſich aus dieſer Gleichung mathematiſch ableiten laſſen. PAN d (a + Y) folgt qz (a Y) = p (a und (1 + qz) (a y) = p, P 1 + 92 Alſo der Arbeitslohn iſt gleich dem Arbeitsprodukt, dividirt durch Eins plus dem mit dem Zinsſatz multiplizirten, in Jahres⸗Arbeiten ausgedrückten Kapital. Aus 2 = alſo a 2 126 Die Rente, die der Kapitaliſt bezieht, ergibt ſich, wenn man von dem Arbeitsprodukt den Arbeitslohn abzieht; dieſe beträgt alſo ee eee e eee 197 42 1 + 92 1 q Das Verhältniß, in welchem die Belohnung der Arbeit zu der des Kapitals ſteht, iſt alſo wie F 1+gz 1-+gz Setzt man den Lohn des Arbeiters = A, ſo iſt die Rente des Kapitaliſten = Aq. Die Reute von q J. A. Kapital ift alſo gleich dem Lohn von qz Arbeitern, und die Rente von 1 J. A. Kapital iſt gleich dem Lohn von 2 Arbeitern. P Da nun, wie weiter unten nachgewieſen werden wird, bei der Erzeugung eines und deſſelben Produkts p ein Theil des Kapitals durch vermehrte Arbeit, und wiederum ein Theil der Arbeit durch hinzukommendes Kapital erſetzt werden kann: ſo erſcheint das Kapital als Mitarbeiter, welches mit dem Lohnarbeiter in Konkurrenz tritt. Nun ſteht es aber in der Macht des Unternehmers, der mit dem Kapital Q eine Arbeiter— zahl = n arbeiten läßt, dem relativen Kapital q, womit ein Mann arbeitet, durch Vergrößerung oder Verringerung von n jede beliebige Größe zu ertheilen. Der Unternehmer, ſein Intereſſe kennend und verfolgend, wird das relative Kapital q gerade jo weit erhöhen, bis die Koſten der Arbeit des Kapitals, und der des Menſchen im direkten Verhältniß mit der Wirkſamkeit Beider bei der Produktion ſtehen. Die Wirkſamkeit des Kapitals muß das Maß für die Belohnung deſſelben ſein: denn wäre die Arbeit des Kapitals wohlfeiler, als die der Menſchen, ſo würde der Unternehmer 127 Arbeiter abſchaffen, im entgegengeſetzten Fall aber die Arbeiter vermehren. Es muß demnach die Wirkſamkeit des Kapitals zu der der menſchlichen Arbeit eben ſo wie die Belohnung derſelben in dem Verhältniß von 2 zu 1 ſtehen — und die Belohnung des Kapitals durch die dafür zu zahlenden Zinſen iſt alſo weder zufällig noch ungerecht. Wir gelangen hierdurch zu der für unſere Unterſuchung hochwichtigen Erkenntniß, daß, wenn Kapital und menſchliche Arbeit durch ein und daſſelbe Maß, nämlich die Jahresarbeit eines Mannes, gemeſſen werden, der Zinsſatz z der Faktor tft, durch welchen das Verhältniß der Wirkſamkeit des Kapi— tals zu der der menſchlichen Arbeit ausge— drückt wird. Dadurch Find wir nun in den Stand geſetzt, die Mit: wirkung des Kapitals bei der Produktion eines Tauſchguts “ auf Arbeit zu reduciren. Durch dieſe Reduktion iſt es dann möglich, die Produk— tionskoſten eines Erzeugniſſes, inſofern keine Landrente darin enthalten iſt, ganz in Arbeit auszudrücken, und die Arbeit wird dadurch wahrhaft zum Werthmeſſer für die Tauſchgüter. *) Die Landwirthe verſtehen unter dem Wort „Gut“ ſtets ein Landgut. Die Nationalökonomen dagegen nennen alles, was den Menſchen ein Bedürfniß befriedigen kann, ein Gut, und wenn dies Gut neben dem Gebrauchswerth noch einen Tauſchwerth hat, ein wirth- ſchaftliches Gut. In einem Buch, welches ſowohl für Landwirthe als Nationalökonomen geſchrieben wird, iſt es für den Verfaſſer ſehr unbequem, daß ein und daſſelbe Wort in zwei Wiſſenſchaften verſchiedene Bedeutungen hat. Um den Mißverſtändniſſen, die hieraus entſpringen können, vorzu— beugen, bemerke ich, daß ich unter dem Wort „Gut“ ſtets ein Landgut verſtehe; die wirthſchaftlichen Güter der Nationalökonomen aber nenne ich mit dem Herrn Profeſſor Hermann in feinem gründlichen und fcharf- ſinnigen Werk „Staatswirthſchaftliche Unterſuchungen“. München 1832. (S. 1, 4 und 70.) Tauſchgüter oder auch Werthgegenſtände. 128 Wir können nun aber auch umgekehrt ein in Erzeugniſſen z. B. Rocken angegebenes Kapital auf J. A. reduciren, indem wir dies Kapital mit dem Lohn für eine Jahresarbeit, welcher Lohn hier dem Werth der Arbeit gleich iſt, nämlich mit 1 = 7: dividiren. So ift z. B. das Kapital Q = : Ber TED P J. A., wenn nämlich p das in Rocken aus— geſprochene Arbeitsprodukt eines mit dem Landbau beſchäftigten Arbeiters iſt. Iſt das Kapital Q in Silber angegeben, ſo muß, um daſſelbe in J. A. auszudrücken, Q ebenfalls mit j 1 5 dividirt werden; wo dann aber p das in Silber beſtehende Arbeits— produkt eines in einer Silbermine angeſtellten Arbeiters bedeutet. Iſt das Kapital in J. A. angegeben, ſo zeigt dies das Quantum der in der Vergangenheit vollbrachten, in einem Gegenſtand fixirten Arbeit an — und wenn dies Kapital bei der Produktion neuer Tauſchgüter angewandt wird, jo gibt 2, wie oben gezeigt iſt, das Verhältniß der Wirkſamkeit zwiſchen der in der Vergangenheit vollbrachten fixirten Arbeit und der gegenwärtigen Arbeit an. Jene iſt in ihrem Produkt — dem Kapital — vollendet, dieſe iſt ſtetig fortſchreitend. — ä —ꝑ Schon Adam Smith hat die Arbeit als den eigentlichen urſprünglichen Maßſtab für den Werth der Tauſchgüter be⸗ zeichnet. Aber Adam Smith beſchränkt doch ſogleich die Anwendung dieſes Maßſtabes auf den erſten rohen Zuſtand der menſchlichen Geſellſchaft, wo noch wenig oder gar kein Kapital vorhanden war, und der Boden noch keine Rente trug. 129 Ricardo — und nach ihm Mac Culloch — betrachtet dagegen die Arbeit als den einzigen immer gültigen Maßſtab für den Werth der Tauſchgüter. Nach Ricardo iſt in dem Preiſe der Tauſchgüter weder Kapitalnutzung noch Landrente enthalten, ſondern blos Arbeit. Er betrachtet nämlich das in Gebäuden, Maſchinen ıc. enthaltene Kapital ſelbſt als Erzeugniß der Arbeit, und es müßte hiernach, da keine Kapitalnutzung in Anſchlag gebracht wird, nur berechnet werden, wie viel von dieſer Arbeit nach Verhältniß der Dauer dieſes fixen Kapitals in das Produkt übergeht, um das Arbeitsquantum zu beſtimmen, was mit Einſchluß der gegenwärtig verrichteten Arbeit in dem Produkt enthalten iſt. Dieſer ſonſt ſo ſcharfſinnige Schriftſteller überſieht dabei aber 1) daß zur Erzeugung des fixen Kapitals nicht blos Arbeit, ſondern auch ſchon Kapitalnutzung verwandt iſt; 2) daß bei der Benutzung von Maſchinen nicht blos ihre Abnutzung, ſondern auch die Zinſen ihres Ankaufpreiſes vergütet werden müſſen. Ueberhaupt iſt bei Ricardo das Kapitel vom Werth ungemein ſchwer verſtändlich. Bei genauerer Analyſe findet ſich aber, daß der Grund davon darin liegt, daß Ricardo ſich ſelbſt nicht treu bleibt; denn während er S. 21 ſeines Werks“) bei der Preisbeſtimmung der Tauſchgüter der Kapi⸗ talszinſen gar nicht erwähnt, und die Arbeit allein als Werthmeſſer anerkennt, bringt er S. 28, wo ſeine Principien zur Anwendung kommen, für den Gebrauch der Maſchinen eine Annuität in Rechnung, in welcher nicht blos die Erſtattung *) Grundſätze der politiſchen Oekonomie von Ricardo, mit An⸗ merkungen von Say, überſetzt von Schmidt. Weimar, 1821. Thünen II. 9 130 der Abnutzung, ſondern auch die Zinſen des Anſchaffungs⸗ kapitals enthalten ſind — und ſomit gibt er, ohne eine Erklärung und ihm ſelbſt anſcheinend unbewußt, es wieder auf, die Arbeit als den einzigen Werthmeſſer anzuerkennen. Sehr merkwürdig aber iſt, daß Ricardo auf der letzten Seite des Kapitels vom Werth ſelbſt eingeſteht, daß das Geſagte nur für den erſten rohen Zuſtand der Geſellſchaft völlig richtig ſei, und ſomit das, was er als allgemeine Ges ſetze aufgeſtellt hat, ſelbſt wieder aufhebt. Von einem Maßſtab, wonach Kapitalnutzung auf Arbeit zu reduciren ſei, kann hiernach bei Ricardo nicht die Rede ſein. Dies iſt aber überhaupt auch nicht möglich, ſo lange man Gewerbsprofit mit Kapitalszinſen zuſammen wirft, und in dem Arbeitslohn nicht den Lohn für die Arbeit an ſich, von den Zinſen trennt, die der Arbeiter für ſein in Kleidung, Hausgeräth, Wohnung ꝛc. enthaltenes Vermögen empfängt. — Zur Erläuterung der vorſtehenden Sätze mag es dienlich ſein, ein Beiſpiel in Zahlen hinzuzufügen. Zu dieſem Zweck nehmen wir einſtweilen, und da dies mit unſerer frühern Vorausſetzung nicht übereinſtimmt, nur für den vorliegenden Fall an, daß die Silberminen in dem iſolirten Staat zerſtreut liegen, und daß das mindeſt ergiebige Silberbergwerk, deſſen Ausbeutung zur Befriedigung des Be— dürfniſſes noch nothwendig iſt, an der Grenze der kultivirten Ebene gelegen iſt. Denken wir uns nun, daß Silberminen von gleicher Ergiebigkeit mit der Letztern ſich noch tiefer in die Wildniß hinein erſtrecken, daß dieſe Minen aber nicht bearbeitet werden: ſo kann dieſe Nichtbenutzung keinen andern Grund haben, als den, daß der Werth des aus denſelben zu gewinnenden Silbers die Ausbeutungskoſten nicht mehr deckt. - E > 131 Die Ausdehnung des Bergbaues findet alſo eben fo, wie die des Getreidebaues dort eine Schranke, wo der Werth des Erzeugniſſes mit den Produktionskoſten deſſelben in's Gleich— gewicht tritt. Aus dieſem Grunde kann das zuletzt bearbeitete Bergwerk, eben ſo wenig als das zuletzt angebauete Getreideland eine Rente abwerfen. Da nun in dieſer Gegend, vorausgeſetzt, daß kein Staats— monopol hindernd in den Weg tritt, Kapital und Arbeit ſich eben ſo wohl dem Bergbau als dem Landbau zuwenden können: ſo müſſen auch in beiden Anwendungen Kapital und Arbeit gleich hohe Nutzungen geben. Nach der Formel a7 = —— „ spricht ſich der Arbeits⸗ lohn in einem Antheil am Erzeugniß aus. In dem einen Fall beſteht aber das Erzeugniß in Silber, im anderen Fall in Getreide. Soll nun das dem Arbeiter zufallende Quantum Silber eine Entſchädigung für das Quantum Getreide ſein, was er beim Landbau ſich hätte erwerben können: ſo müſſen beide Quanta gleichen Tauſchwerth haben. Hier iſt alſo die Bildungsſtätte für den Tauſchwerth zwiſchen Silber und Getreide. Nun ſei das Arbeitsprodukt eines Mannes beim Berg— bau = 7 ½ Pfd. Silber, beim Landbau = 240 Schfl. Rocken, ſo iſt der Antheil des Arbeiters, der deſſen Lohn bildet, im 240 1+9z erſten Fall . Pfd. Silber, im zweiten Fall 1 + 42 Scheffel Rocken. Der Zinsfuß 2, welcher bei beiden Anwendungen des Kapitals gleich hoch ſein muß, betrage "zo oder 5 PCt. Das Kapital q, womit ein Mann arbeitet, iſt aber, da die verſchiedenen Gewerbe ſehr verſchiedene Kapitalanlagen 182 erfordern, von ungleicher Größe. Geſetzt, es ſei q beim Landbau = 12, beim Bergbau = 20; jo iſt der Lohn der Ts . 888 1 20 % la Pfd. Silber, 240 240 1+ 2X Yo 156 Arbeit beim Bergbau beim Landbau = — 150 Scheffel Rocken “). Hier find alſo 3 Pfd. Silber ein Aequivalent für 150 Scheffel Rocken, d. h. mit 3 Pfd. Silber kann der Arbeiter durch Austauſch eben ſo viele Bedürfniſſe befriedigen, als mit 150 Schfl. Rocken. Mithin haben 3% Pfd. Silber gleichen Tauſchwerth mit 150 Schfl. Rocken. Den in Geld oder edlen Metallen ausgedrückten Tauſchwerth eines Erzeugniſſes pflegt man den Preis deſſelben zu nennen. Demnach iſt der Preis eines Scheffels Rocken = 5 — 0,0» Pfd. Silber. Dieſes an der Grenze der kultivirten Ebene ſich bildende Werthverhältniß zwiſchen Silber und Getreide iſt die Grund— lage für die Preisbeſtimmung des Getreides durch den ganzen iſolirten Staat. Aber es tritt zu dieſer Grundlage ein an— deres Moment hinzu, durch deſſen Mitwirkung der Preis des Getreides in den verſchiedenen Gegenden des iſolirten Staats ein ganz anderer wird, als an der Grenze. Dies Moment iſt begründet in der verſchiedenen Beweglichkeit des Silbers und des Getreides. Die Koſten der Verſetzung der edlen Metalle auf 30 Meilen ſind im Verhältniß zu ihrem Werth ſo geringe, daß wir ſie gleich Null ſetzen dürfen. *) Es darf nicht überſehen werden, daß wir, nach unferer Voraus— ſetzung im $ 6, hier Arbeiter von gleicher Kenntniß, Geſchicklichkeit und Tüchtigkeit vor Augen haben, die gleich befähigt für den Bergbau, wie für den Landbau find. 133 Dagegen find die Transportkoſten des Getreide auf 30 Meilen im Verhältniß zum Werth höchſt bedeutend. Im erſten Theil § 4 ſind die Sätze entwickelt, wonach dieſe Transportkoſten zu berechnen find, und die Anwen⸗ dung derſelben auf den vorliegenden Fall gibt folgende Reſultate. Für eine Ladung von 2400 Pfd. = — — 28, Berl. Scheffel Rocken betragen, nach § 4 auf einer Strecke von 41 X Schfl. Rocken + 26 X Thlr. 80 —x Nach § 23 endet der Anbau des Bodens bei einer Ent⸗ fernung von 31,5 Meilen von der Stadt. Setzt man nun 315 für x in obige Formel, fo betragen die Frachtkoſten für eine Ladung von 28,86 Schfl. Rocken e SE — e 25,4 Schfl. + 16,88 Thlr. Hiernach betragen für 150 Schfl. Rocken auf 31, Meilen die Frachtkoſten 131, Schfl. Rocken + 78, Thlr. Der Geſammtaufwand beträgt alſo 150 + 131% Schfl. = 281. Schfl. Rocken und 78,6 Thlr. Die Produktion des Rockens am Ort der Erzeugung koſtet a Schfl. Yo Pfd. Silber x Meilen die Transportkoſten dies macht für 281 Sch fi. 7,05 Pfd. Silber 78,8 Thlr. haben einen Silberwerth von 3,93 „ > zufammen . . . . 10,95 Pfd. Silber. Die Lieferung von 150 Schfl. Rocken nach der Stadt koſtet alſo 10,05 Pfd. Silber, und da das Getreide aus der 315 Meilen entfernten Gegend zur Befriedigung des Bedürf⸗ niſſes der Stadt noch nothwendig iſt, ſo muß auch der 134 Preis des Getreides in der Stadt dieſem Koſtenaufwand entſprechen. Es haben demnach 150 Schfl. Rocken, die an der Grenze nur 3,5 Pfd. Silber werth waren, in der Stadt ſelbſt den Werth von 10,98 Pfd. Silber. Nimmt man nun das Silber zum Maßſtab, jo hat das Getreide in der Stadt faſt den dreifachen Werth des Getreides an der Grenze, und nimmt man das Getreide zum Werth— meſſer, ſo iſt das Silber in der Stadt faſt auf / des Werths, den es an der Grenze hatte, geſunken. Es iſt aber irrig, wenn man, wie Lotz thut, den Werth der edlen Metalle in verſchiedenen Ländern allein nach den Getreidepreiſen abmißt. In Moskau kann man mit 1 Pfd. Silber unſtreitig weit mehr Getreide ankaufen als in London; aber in London erhält man für daſſelbe Quantum Silber ein größeres Quantum an Kolonial-, Fabrik- und Manufaktur⸗ waaren als in Moskau. Eben ſo ſind auch im iſolirten Staat die Preiſe der mehrſten Fabrikwaaren in Silber an⸗ gegeben in der Stadt niedriger als an der Grenze. Die obige Berechnung der Frachtkoſten gründet ſich auf die ehemaligen ſehr ſchlechten mecklenburgiſchen Landſtraßen. Auf Chauſſeen, Eiſenbahnen und Kanälen kommen die Fracht⸗ koſten natürlich ſehr viel niedriger zu ſtehen. Auf das Mehr oder Weniger kommt es hier aber nicht an, ſondern nur auf das Prinzip, woraus das Werthverhältniß zwiſchen Silber und Getreide hervorgeht. So viel leuchtet aber von ſelbſt ein, daß in dem Maß, als die Kommunikationsmittel ſich vervollkommnen, auch die Differenzen, die in dem Werth⸗ verhältniß zwiſchen Silber und Getreide an verſchiedenen Orten ſtattfinden, ſich mindern. — — — 135 Ueber die Theorie des Preiſes find ganze Bücher ge— ſchrieben, ohne daß dadurch eine Einſtimmigkeit der Anſichten erreicht iſt ). Da in Vorſtehendem als Grundſatz angenommen iſt, daß die Produktionskoſten der Waaren Maßſtab für den Tauſchwerth der Erzeugniſſe ſind, ſo bedarf dieſer Gegenſtand hier noch einer weitern Erörterung. Adam Smith nennt den Preis, der den Produktions— koſten entſpricht, den natürlichen Preis derſelben. Say**) erklärt dagegen A. Smith's Unterſcheidung zwiſchen natürlichem Preis und Marktpreis für chimäriſch, und hält die Konkurrenz oder das Verhältniß zwiſchen Angebot und Nachfrage für den einzigen Regulator des Preiſes. Wenn wir auf einem Markt beobachten, wie ſich die Preiſe bilden, ſo ſehen wir allerdings, daß der Mangel oder Ueberfluß einer Waare, und das damit in Verbindung ſtehende Verhältniß von Angebot und Nachfrage hier entſcheidend iſt. Die Produktionskoſten der Waare kommen hier ſo wenig in Betracht, daß der Verkäufer ſich nur lächerlich macht, wenn er ſich darauf beruft. Aber die Konkurrenz iſt nur die äußere Erſcheinung einer tiefer liegenden Urſache, und man darf nicht, wie Say, ſich mit der Auffaſſung der Erſcheinung begnügen, ſondern muß den Grund zu erforſchen ſuchen. Was iſt die Urſache, daß zu einer gegebenen Zeit der Markt mit einer gewiſſen Waare überfüllt iſt? *) Sehr ſchätzbar iſt Hermann's Abhandlung „Vom Preiſe“ S. 66—136 des angeführten Werks. **) In der Note zu Ricardo's „Grundſätze der politiſchen Oekonomie“ S. 95 der Ueberſetzung. 136 Antwort. In der voraufgegangenen Zeit hat die Er: zeugung dieſer Waare einen ungewöhnlichen Vortheil gewährt, und in Folge deſſen die Produktion ſich erweitert. Was iſt die Urſache der mangelhaften Verſorgung des Markts mit einer Waare? Antwort. Die Produktion derſelben iſt in der vorher⸗ gehenden Zeit mit Verluſt verbunden geweſen, und in Folge dieſes Verluſtes die Produktion eingeſchränkt. Das Schwanken der Marktpreiſe iſt aber unvermeidlich, weil die einzelnen Producenten den künftigen Bedarf nicht überſehen können, und erſt durch den Marktpreis ſelbſt darüber belehrt werden, ob Mangel oder Ueberfluß von ihrer Waare vorhanden iſt. Das Geſagte gilt von Waaren, die zu jeder Zeit in beliebiger Menge hervorgebracht werden können. Anders verhält es ſich mit dem Getreide, wo der Mangel oder Ueber— fluß von der geringern oder größern Jahres-Fruchtbarkeit abhängt. Faßt man aber längere Perioden, in welchen die Einwirkung der Witterung auf die Vegetation faſt als eine conſtante Potenz erſcheint, ins Auge: ſo bewirkt auch hier das Uebergewicht der Durchſchnitts-Marktpreiſe über die Produktionskoſten eine größere Erzeugung und vermehrtes Angebot von Getreide; umgekehrt aber bewirkt das Sinken der Marktpreiſe unter die Erzeugungskoſten eine verminderte Hervorbringung von Getreide. Aus den angeführten Gründen muß alſo ein ſtetes Streben zur Ausgleichung der Marktpreiſe mit den Produktionskoſten, aus dem eigenen Intereſſe der Unternehmer hervorgehend, wirkſam ſein. Sehr ſchön und bezeichnend ſagt hierüber A. Smith: „Der natürliche Preis iſt gleichſam der Mittelpunkt, „gegen welchen die wandelbaren Marktpreiſe beſtändig egravitiren.“ 137 Im Durchſchnitt einer längern Periode werden deshalb die Marktpreiſe mit den durch die Koſten regulirten Pro— duktionspreiſen nahe zuſammenfallen. Zwiſchen dem Preiſe einer Waare und den Produktions— koſten derſelben findet das Gleichgewicht ſtatt, wenn das Gewerbe, wodurch dieſe Waare hervorgebracht wird, weder Verluſt noch ungewöhnlichen Gewinn bringt. Woran — ſo muß man nun fragen — iſt aber Gewinn und Verluſt zu ermeſſen? Ich antworte: Wenn durch den Preis der Waaren die Arbeit von gleicher Qualität in allen Gewerben gleich hoch gelohnt wird, ſo findet das Gleichgewicht ſtatt, und dieſe Durchſchnitts-Belohnung iſt der Maßſtab für die Pro— duktionskoſten wie für Gewinn und Verluſt. Daß in den mehrſten Waaren auch Kapitalnutzung und Landrente als Elemente des Preiſes enthalten ſind, ändert an dieſem Satz im Weſentlichen nichts; denn wenn man Land⸗ rente und Kapitalszinſen als Auslagen in Abzug bringt, ſo ergibt ſich, wie hoch der Producent für ſeine Arbeit gelohnt wird. Der Satz: „die Produktionskoſten beſtimmen den Durch— ſchnittspreis einer Waare“, iſt aber nur in der Beſchränkung wahr, daß der Gebrauchswerth oder die Nützlichkeit der Waare den Koſten ihrer Hervorbringung mindeſtens gleich geachtet wird. Wer ſeine Arbeit Spielereien zuwendet, z. B. eine Uhr in einer Nußſchale, oder einen Groß-Mogul von Gold u. dgl. verfertigt, darf auf eine Vergütung ſeiner Arbeit nicht rechnen, weil der Gebrauchswerth ſeiner Fabrikate weit unter den Fabrikationskoſten ſteht. Aber Kurioſitäten dieſer Art kommen nie dauernd auf den Markt, und nur ſolche Waaren, deren Gebrauchswerth die Produktionskoſten mindeſtens deckt, können Gegenſtände des regelmäßigen Handels werden. 138 Waaren und Geräthſchaften, deren Produktion mit gleich— bleibenden Koſten unbeſchränkt erweitert werden kann, wozu die mehrſten Fabrikate gehören, können nie dauernd über dem Produktionspreis ſtehen, wie weit auch ihr Gebrauchs— werth dieſen überſteigen mag. Ein auffallendes Beiſpiel hierzu liefert der Pflug. Wäre dies Inſtrument nicht vorhanden, und müßte der Boden mit dem Spaten bearbeitet werden: ſo würde Europa wohl kaum die Hälfte ſeiner jetzigen Bevölkerung ernähren können. Aber man bezahlt im Pfluge nicht den Nutzen, den er gewährt, ſondern nur die geringfügigen Verfertigungskoſten. Bei Erzeugniſſen dagegen, die nur mit vermehrten Koſten in größerer Menge hervorgebracht werden können, wie z. B. Getreide, ſteigt der Preis ſo hoch, bis Produktionskoſten und Gebrauchswerth im Gleichgewicht ſind. Hierin liegt, beiläufig geſagt, ein Grund, warum mit der wachſenden Bevölkerung der Tauſchwerth des Getreides gegen Fabrikate ſtetig ſteigen muß. Die Gold- und Silberminen gehören in dieſer Beziehung mit dem Getreide in eine Kategorie. Denn wenn nicht neue, reichhaltige Minen entdeckt werden, und der Bedarf an Gold und Silber nur aus den ſchon länger bebaueten Bergwerken erlangt werden kann, ſo iſt die Gewinnung dieſer edlen Metalle, da ſie aus immer größerer Tiefe genommen werden müſſen, auch mit ſtets wachſenden Koſten verknüpft. Der Bergbau muß dann, ebenſo wie der Bau des Getreides, ſeine Grenze finden, wenn die Gewinnungskoſten der edlen Metalle den durch die Zahlungsfähigkeit der Käufer bedingten Gebrauchs⸗ werth derſelben erreichen. In der als Thatſache angenommenen Vorausſetzung, daß das mindeſt ergiebige Silberbergwerk an der Grenze des tio- lirten Staats wirklich angebauet wird, liegt demnach ſchon der 139 Beweis, daß die Produktionskoſten des Silbers aus dieſem Bergwerk nicht deſſen Gebrauchswerth überſteigen — daß wir alſo auch berechtigt ſind, die Produktionskoſten des Silbers zum Maßſtab für den Tauſchwerth deſſelben anzunehmen. Höher als dieſe Produktionskoſten kann aber der Tauſchwerth des Silbers nicht ſein — denn ſonſt würden die weiterhin in der Wildniß liegenden Minen nicht unangebauet bleiben. Unſern Betrachtungen liegen alſo die möglichſt einfachen Verhältniſſe zum Grunde. Weder der Bergbau noch der Landbau geben hier eine Rente, und ſowohl beim Silber als beim Getreide ſind Produktionskoſten und Gebrauchswerth im Gleichgewicht. — — — Durch die vorſtehenden Betrachtungen haben wir über das Weſen des Zinsfußes und des Arbeitslohns einiges Licht erhalten, indem wir 1) zu der Erkenntniß gelangt ſind, daß 2 das Verhältniß der Wirkſamkeit des Kapitals zu der Wirkſamkeit der gegenwärtig vollbrachten Arbeit bezeichnet; und 2) für den Arbeitslohn den allgemein gültigen Ausdruck pP 1+09z Damit find wir aber doch erſt an die Pforten unſerer eigentlichen Unterſuchung gelangt. Denn in jenem Ausdruck it a F y von z abhängig, jo daß wir ſtets 2 als bekannt annehmen müſſen, wenn wir a + y beſtimmen wollen. Nun iſt aber auch p keine conſtante Größe, ſondern wächſt und fällt mit q, it alſo abhängig von g. Von dem Werth von p hängen aber wiederum die Werthe von y und z ab. Es find demnach p, y und 2 Funktionen von q. Die Aufgabe iſt alſo die: für ein gegebenes q die Werthe von p, y und 2 zu finden. A EN = gefunden haben. 140 Während man in den mehrſten Wiſſenſchaften die Unter- ſuchung mit einzelnen feſtſtehenden, und als gegeben betrach— teten Sätzen beginnt, haben wir es hier mit Potenzen zu thun, die in einer ſteten Wechſelbeziehung zu einander ſtehen und wovon keine Einzige als gegeben angenommen werden darf. Dadurch aber wird unſere Unterſuchung ſo ſchwierig und verwickelt — und es frägt ſich, ob ſo viele Gleichungen ge— funden werden können, als zur Beſtimmung der unbekannten Größen erforderlich ſind. — — —Zꝑ—f 8 14. In dem iſolirten Staat iſt an der Grenze deſſelben die Werkſtätte für die Bildung des Berhältniffes zwiſchen Arbeitslohn und Zinsfuß. T: Um zu erforſchen, wie Arbeitslohn und Zinsfuß einer aus dem andern hervorgehen, und um den Arbeitslohn unabhängig vom Zinsfuß darzuſtellen, müſſen wir den möglichſt einfachen Fall, wo das ganze Arbeitsprodukt zwiſchen dem Arbeiter und Kapitaliſten getheilt wird, und wo der dritte Faktor bei der Preisbeſtimmung, die Landrente, die Aufgabe nicht noch ver⸗ wickelter macht, unſern Betrachtungen zum Grunde legen. Dies nun iſt der Fall an der Grenze der kultivirten Ebene des iſolirten Staates, wo jenſeits des Kreiſes der Dreifelderwirthſchaft, Land von gleicher Fruchtbarkeit mit dem der kultivirten Ebene umſonſt zu haben iſt. Zwar gibt das Land im Kreiſe der Viehzucht, jenſeits der angebaueten Ebene, noch einige Rente; aber dieſe iſt ſo geringe, daß ſie als verſchwindend zu betrachten iſt — und da deren Berückſichtigung die Unterſuchung wohl verwickelter 141 machen, aber im Reſultat doch nichts ändern würde: To abſtrahiren wir ganz davon, und ſetzen die Landrente des Bodens jenſeits des Kreiſes der Dreifelderwirthſchaft gleich Null. An der Grenze der kultivirten Ebene iſt es in die Wahl des Arbeiters geſtellt, ob er ferner für Lohn arbeiten, oder mit Hülfe der angeſammelten Erſparniſſe ein Stück Land urbar machen, Gebäude ıc. errichten, und ſich ein Eigenthum erwerben will, auf welchem er künftig für eigene Rechnung arbeitet. Sollen die Arbeiter in dieſer Gegend von der Anlegung von Koloniſtenſtellen oder Gütchen abgehalten und bewogen werden, noch ferner bei ihrem bisherigen Herrn für Lohn zu arbeiten, ſo muß dieſer Lohn nebſt den Zinſen, die ſie durch Ausleihen für ein zur Anlegung der Koloniſtenſtelle erforder— liches Kapital beziehen, gleich ſein dem Arbeitsprodukt, was ſie auf der Koloniſtenſtelle, die von einer Arbeiterfamilie beſtellt werden kann, hervorbringen können. Iſt nun der Lonn . . . Sa 5„Schfl. Rocken, das Arbeitsprodukfndttet . — B 4 das zur Anlegung des Gütchens erforderliche Kapital.. .. = q J. A. welches in Scheffel Rocken aus⸗ r Bis ara (a + »Sdfl.ift, und endlich der Zinsfuß. . .. =z pCt., ſo muß, wenn hier ein Gleichgewicht ſtattfinden ſoll a Ty (a + y) z Sp ſein. 2 r Das gibt a + y= e und 5 P q A τ Hier find a, p und g beſtimmte, y und z aber unbe⸗ ſtimmte Größen. 142 Es kommt nun alles darauf an, eine Gleichung zwiſchen y und z aufzufinden, denn von der Löſung dieſer Aufgabe hängt die Beſtimmung des Verhältniſſes zwiſchen Arbeitslohn und Zinsfuß ab. Der Verſuch zur Löſung dieſer Aufgabe ſoll im nächſten Paragraph gemacht werden. Um dort aber den Zuſammenhang nicht zu oft und zu lange durch Erhebung von Zweifeln und Einwürfen gegen die Richtigkeit des Verfahrens unterbrechen zu müſſen, wollen wir die aus der Vergleichung mit der Wirklichkeit ſich er— hebenden Bedenken im Voraus anführen und zu beſeitigen ſuchen. II. Wir behaupten, daß der an der Grenze des iſolirten Staats ſich bildende Arbeitslohn und Zinsfuß normirend für den ganzen Staat iſt, und haben dieſe Behauptung hier zu rechtfertigen. A. Arbeitslohn. Nicht der Geldlohn, ſondern der reelle Lohn, d. i. die Summe der Lebensdedürfniſſe und Genußmittel, die der Arbeiter ſich für ſeinen Lohn verſchaffen kann, muß durch den ganzen iſolirten Staat gleich hoch ſein; denn wäre an einer Stelle dieſer reelle Arbeitslohn höher als an einer andern, ſo würde durch das Zuſtrömen der Arbeiter aus den Gegenden mit geringerm Lohn das Gleichgewicht ſich gar bald herſtellen. An der Grenze der kultivirten Ebene des iſolirten Staats, wo herrenloſes Land in ungemeſſener Menge zu haben iſt, beſtimmt weder die Willkühr der Kapitaliſten, noch die Kon— kurrenz der Arbeiter, noch die Größe der nothwendigen Sub— ſiſtenzmittel, die Höhe des Lohns; ſondern das Produkt der Arbeit ſelbſt iſt Maßſtab für den Lohn der Arbeit. Hier 143 _ muß alſo auch die Werkitatt für die Bildung des natürlichen Arbeitslohns ſein, welcher maßgebend für den ganzen iſolirten Staat wird. In der Wirklichkeit iſt dies freilich ganz anders; denn hier finden wir in der Höhe des Arbeitslohns enorme Ver— ſchiedenheiten, z. B. zwiſchen Polen und Nordamerika. Hier aber ſind die Verſchiedenheit der Sprache, der Sitten, der Geſetze, der Einwirkung des Klimas auf die Geſundheit ꝛc. und die Koſtſpieligkeit der Ueberſiedelung nach einem fernen Lande die Urſachen, warum die Verſchiedenheit im Lohn nicht ausgeglichen wird. Dieſe Hemmungen der Ausgleichung ſind dagegen im iſolirten Staat überall nicht vorhanden. B. Zinsfuß. Der an der Grenze des iſolirten Staates ſich bildende Zinsfuß muß für den ganzen Staat maßgebend werden, da das ſo leicht bewegliche Kapital ſich ſtets dahin wendet, wo es die höchſte Nutzung gewährt und der Zinsſatz ſich dadurch überall gleichſtellt. a In der Wirklichkeit ſind in verſchiedenen Ländern die Abweichungen im Zinsſatz faſt eben ſo bedeutend, als die im Arbeitslohn. Während in England und Holland der gewöhnliche Zinsſatz 3 bis 4 PCt. beträgt, iſt dieſer in Rußland und mehreren nordamerikaniſchen Staaten 6 bis 7 pCt. Daß dieſe Differenz ſich nicht durch das Ueberſtrömen der Kapita— lien von einem Lande nach dem andern ausgleicht, erklärt ſich leicht, wenn man erwägt, daß die Kapitaliſten nicht geneigt ſein können, ihr Geld nach Ländern zu verleihen, wo die Juſtizpflege mangelhaft und parteiiſch iſt, oder wo die Richter gar beſtechlich ſind — indem ſie dort weder für 144 die richtige Zinszahlung noch fur die Zurückzahlung des Kapitals Sicherheit erlangen können. Auffallend und einer nähern Unterſuchung werth iſt es dagegen, daß in den verſchiedenen Provinzen einer und der— ſelben Monarchie, wo daſſelbe Geſetzbuch gilt und die Suftiz- pflege ſtrenge und unparteiiſch iſt, dennoch ein ſo verſchiedener Zinsſatz ſtattfinden kann, wie dies im preußiſchen Staat der Fall iſt. Denn während in der Provinz Brandenburg und in Vorpommern der Zinsfuß auf 3½ bis 4 PCt. herab⸗ geſunken, iſt in der Provinz Oſtpreußen der Zinsſatz bei Anleihen an Privatperſonen auf 5 PCt. ſtehen geblieben. Hier möchte es ſchwer ſein, zu entſcheiden, ob der höhere Zinsſatz in Oſtpreußen Folge einer höhern Kapitalnutzung oder einer mindern Sicherheit für die Gläubiger ſei — wenn nicht der Kurs der Pfandbriefe hierüber Aufſchluß gäbe. Nach der „Allgemeinen preußiſchen Zeitung“ war am 13. Juli 1846 an der Berliner Börſe der Kurs der oſtpreußiſchen Pfandbriefe .. . ...... 965/ pCt. der pommerſchen N ER I6% „ der kur- und neumärkiſchen Pfandbriefe . 98 ¼ „ Die Pfandbriefe dieſer drei Provinzen tragen gleich viel, nämlich 3½ pCt. Zinſen. Für die Sicherheit der Pfandbriefe haften alle dem Kredit— verein beigetretenen Güter ſolidariſch, und nur auf einen Theil des Werths der Güter werden zur erſten Hypothek Pfandbriefe ertheilt. Die Sicherheit der Pfandbriefe iſt alſo weit größer als die der Privatanleihen. Da nun in dem Kurs und Werth der oſtpreußiſchen und kurmärkiſchen Pfandbriefe bei gleichem Zinsſatz nur ein ums erheblicher Unterſchied, nämlich der von 96% bis 98 ½ ſtatt— findet, während in dem Zinsſatz bei Privatanleihen ſich eine ſo bedeutende Abweichung zeigt, ſo müſſen wir ſchließen, daß 145 der hohe Zinsfuß in Oſtpreußen durch Unſicherheit der An= leihen auf dortige Güter hervorgerufen und erhalten wird. Ob dieſe größere Unſicherheit der Privatanleihen in Dit- preußen, verglichen mit andern Provinzen, von dem National- charakter der Bewohner, oder von den größern Schwankungen in den Güterpreiſen (weil die Einnahme dieſes Landes faſt ganz von den Konjunfturen im Getreidehandel abhängig iſt), oder von der größern Gefahr, Schauplatz des Krieges zu werden, herrührt, oder ob dieſe Urſachen gemeinſchaftlich wirk— ſam ſind, — dies muß ich Andern zur Beurtheilung und Beantwortung überlaſſen. Außer dieſen Urſachen kann aber auch noch die größere Entfernung von Berlin — dieſem Sitz der großen Kapitaliſten — zur Erhöhung des Zinsſatzes in Oſtpreußen beitragen. Denn da, wo der Grund und Boden keine völlige Sicherheit für eine Anleihe gewährt, und der Kredit mehr auf die Perſönlichkeit des Schuldners baſirt tft, wird der Kapitaliſt dieſen nicht gerne aus den Augen ver⸗ lieren, um, wenn Gefahr eintritt, ſein Kapital kündigen und einziehen zu können. In einem ſolchen Fall wird alſo der Kapitaliſt ſein Geld in der Nähe ſeines Wohnſitzes etwas wohlfeiler ausleihen als in weiter Ferne. Wie dem aber auch ſein mag, ſo iſt die Differenz in dem Zinſenbezug für Pfandbriefe und Privatanleihen ſtets als eine Aſſekuranzprämie für die Gefahr, die mit dem Verleihen des Kapitals auf letztere Weiſe verbunden iſt, zu betrachten. Da wir nun in dem iſolirten Staat unter „Zinsfuß“ nur den Zinſenbezug nach Abzug der Aſſekuranzprämie ver⸗ ſtehen, ſo kann auch aus der Thatſache, daß in einer und der— ſelben Monarchie in den verſchiedenen Provinzen für ausgelie— hene Kapitalien Zinſen von ſehr verſchiedenem Betrag gezahlt werden, kein Argument gegen die Gleichheit des Zinsfußes in allen Gegenden des iſolirten Staats entnommen werden. Thünen II. 10 146 III. Unſere Unterſuchungen beruhen auf der Vorausſetzung, daß der iſolirte Staat ſich im beharrenden Zuſtand befindet. Demnach muß aber auch ſeine Größe und Ausdehnung un— veränderlich ſein. Indem wir hier aber im Gedanken neue Güter im Kreiſe der Viehzucht anlegen, handeln wir dadurch anſcheinend gegen unſere eigene Vorausſetzung. Nun iſt aber das einzelne Gut gegen das Ganze nur als ein unendlich kleiner Punkt zu betrachten — und wenn wir trotz dieſes Zuwachſes das Ganze als noch im beharren— den Zuſtand befindlich anſehen: ſo iſt unſer Verfahren dem in der Analyſis des Unendlichen analog, und kann auch durch dieſe gerechtfertigt werden. Verwandelt ſich nämlich x in X dx, jo wird dieſe Größe im Werth noch immer — x, alſo dx = 0 gerechnet. Das Differential, dx, erhält aber ſeine Bedeutung, wenn es als Faktor mit einer andern endlichen Größe verbunden iſt. In der Parabel, deren Abſciſſe = x, Parameter = a und Ordinate = y, iſt 52 = ax und y= Yax. Wächſt hier x um dx, jo tft das Element der Fläche, oder der unendlich kleine Zuwachs, den die Fläche erhält, = dx Vax. In dieſem Element ſpiegelt ſich das Geſetz ab, nach welchem die Figur conſtruirt iſt — und aus dem Integral dieſes Elements S YsxYVax = sxy ergibt ſich der Flächen⸗ inhalt der Figur. Hier iſt dx wieder verſchwunden, und wir finden durch dieſe Rechnung nicht den Inhalt einer Parabel deren Abſeiſſe — x + dx, ſondern den der Parabel für die Abſciſſe = x. Aber auch ohne Zuhülfenahme der Differentialrechnung läßt ſich dies Verfahren vielleicht anſchaulich rechtfertigen. Man denke ſich, daß in Folge eines zu geringen Lohns nicht einzelne, ſondern ſehr viele Arbeiter ihre Ueberſchüſſe 147 auf die Anlegung neuer Güter verwenden, und die kultivirte Ebene weſentlich erweitern. Da aber die Zahl der Arbeiter, unſerer Vorausſetzung gemäß, conſtant iſt, wird auf den ſchon beſtehenden Gütern Mangel an Arbeitern eintreten, und um der fernern Auswanderung nach der Wildniß Ein⸗ halt zu thun, werden die Beſitzer den Lohn ſo weit erhöhen müſſen, daß die Auswanderung unvortheilhaft wird. Iſt dann aber ſchon eine bedeutende Erweiterung der kultivirten Ebene erfolgt, ſo wird mehr Korn als bisher nach der Stadt gebracht, und da die Zahl der Konſumenten ſich nicht ver— mehrt hat, muß der Preis des Korns in der Stadt, und damit auch in der ganzen kultivirten Landfläche ſinken. Damit ſinkt aber auch die Landrente der neu angelegten Güter unter Null herab. Der endliche Erfolg des Herabſinkens der Landrente unter Null aber iſt, daß die Anſiedelungen wieder verlaſſen werden, wenn die Gebäude verfallen ſind. Damit wird die kultivirte Ebene wieder auf ihren früheren Umfang beſchränkt, und der beharrende Zuſtand tritt wieder ein. N Sobald aber die Gutsbeſitzer verſuchen, den Lohn unter das Maß herabzudrücken, was die Arbeiter durch Arbeit auf eigene Rechnung in der Wildniß verdienen können, beginnt daſſelbe Spiel von Neuem. Da dies aber für die Gutsbeſitzer, wegen des daraus entſtehenden Mangels an Arbeitern mit großem Nachtheil verbunden iſt: ſo genügt die bloße Möglichkeit für die Arbeiter, ſich in der Wildniß anzu— ſiedeln, ohne daß dies That wird, die Gutsbeſitzer zur Bezahlung eines Lohns zu nöthigen, der mit dem, den der Arbeiter durch Anſiedelung und Arbeit auf eigene Rechnung erlangen kann, im Gleichgewicht iſt. Der beharrende Zuſtand kann demnach nur bei dem ſich auf dieſe Weiſe bildenden normalen Arbeitslohn ſtattfinden. 148 IV. Wir gründen unſere nachfolgende Unterſuchung über die Kapitalerzeugung durch Arbeit auf die Annahme, daß die Arbeiter ihren Ueberſchuß, oder den Theil des Lohns, welchen ſie nach Abzug der nothwendigen Subſiſtenzmittel übrig be— halten, zu dem angegebenen Zweck verwenden. Bei dem Blick auf die Wirklichkeit kann man dagegen einwenden, daß der Lohn der Arbeiter in dem größten Theil von Europa nicht mehr beträgt als was ſie zum Unterhalt ihrer Familien nothwendig bedürfen, daß ihr Ueberſchuß gleich Null ſei, und ſomit keine Kapitalerzeugung durch die Arbeiter ſtattfinden könne. N Dieſer Einwurf verliert aber aus nachſtehenden zwei verſchiedenen Gründen für die gegenwärtige Unterſuchung ſeine Bedeutung: 1) Bei der Konſtruktion des iſolirten Staates iſt ein Arbeitslohn zum Grunde gelegt, der dem Arbeiter aller— dings geſtattet Erſparniſſe zu machen. 2) In den letzten Decennien iſt die Volksmenge in faſt allen europäiſchen Ländern um ungefähr ein Prozent jährlich geſtiegen. In der arbeitenden Klaſſe iſt die Ver⸗ mehrung verhältnißmäßig mindeſtens eben ſo groß geweſen, als in der Klaſſe der Wohlhabenden. Der Lohn der Arbeiter, wie geringe er auch ſein mag, hat alſo doch ausgereicht, um mehr Kinder zu erziehen, als zur Erhaltung der Bevölkerung in gleicher Zahl nöthig war. Unſerer Unterſuchung liegt aber die Vorausſetzung des beharrenden Zuſtandes in der Volksmenge zum Grunde, und unter dieſer Bedingung würden die Arbeiter, ſelbſt bei ihrem jetzigen geringen Lohn, einen Ueberſchuß gehabt haben, der zur Kapitalerzeugung verwandt werden könnte. 149 V. Wir haben in J. geſehen, daß um die Anlegung neuer Koloniſtenſtellen und damit die Auswanderung der Arbeiter zu verhüten, a y q (a+y) 2 = p ſein muß. In Worten ausgedrückt lautet dies ſo: der Arbeitslohn nebſt den Zinſen des zur Anlegung einer Koloniſtenſtelle erforderlichen Kapitals muß gleich ſein dem Arbeitsprodukt des mit einem Kapital von q J. A. verſehenen Arbeiters. In dieſer Gleichung find, wie ſchon angeführt, a, p und q gegebene, y und z aber unbeſtimmte Größen, und der Gleichung kann bei ſehr verſchiedenen Werthen von y und z Genüge geleiſtet werden. Um ein Beiſpiel in Zahlen geben zu können, wollen wir q, das Kapital = 12 J. A., p, das Arbeitsprodukt = 3a, a, die Subſiſtenzmittel = 100 c ſetzen, wo c den hundertſten Theil der in Scheffel Rocken aus— gedrückten Bedürfnißmittel des Arbeiters bezeichnet. Die obige Gleichung erhält dann folgende Form: 100 c+y+ (1200 c +12 7) z = 300 e. Setzt man nun für y nach und nach andere Werthe, jo liefert dies folgende Reſultate: 1) Für y = 20e iſt 120 c + (1440 c) 2 = 300 e, und 2 = 12, pCt. 2) Für 7 = 60 iſt 160 e + 1920 cz = 300 c; . 2 = 7 pCt. 3) Für y = 100 iſt 200 e + 2400 cz = 300 c; 2 = 4,2961. 150 Durch die obige Gleichung tft alſo für das Verhältniß zwiſchen Arbeitslohn und Zinsfuß noch nichts entſchieden. Dies Verhältniß iſt aber für den Arbeiter keineswegs gleichgültig: denn das Streben des Lohnarbeiters muß dar- auf gerichtet ſein, für ſeinen Ueberſchuß y, wenn er denſelben auf Zinſen legt, die höchſte Rente zu beziehen. Dieſe Rente = yz iſt aber nach den verſchiedenen Werthen von y und z jehr verſchieden, und beträgt für 7 = 20 e und 2 = 12,5 PCt.. 20 0 X 10 2,50 6, = 60 c und 2 Aus pCt. he 10 —=ı 4,38 C, = 00e und 2 = 4½ pCt. . . . 100 x 5 100 = 4ů„20 G. Wir wenden uns jetzt der Kapitalerzeugung durch Arbeit zu, um die Frage zu löſen, in welchem Verhältniß y und 2 zu einander ſtehen müſſen, wenn der Arbeiter für ſeine An— ſtrengung das Maximum an Rente beziehen ſoll. —ů— 8 15. Die Rapitalerzeugung durch Arbeit. Wir denken uns, daß ſich eine Zahl von Arbeitern zu einer Geſellſchaft verbindet, um an der Grenze der kultivirten Ebene des iſolirten Staats ein neues Gut von der Größe wie die ältern Güter dieſes Staats anzulegen. Die zu dieſem Zweck verbundenen Arbeiter theilen ſich in zwei Abtheilungen — wovon die eine ſich mit der Urbar— machung des Feldes, der Errichtung der Gebäude, der Ver— fertigung von Geräthſchaften ꝛc. beſchäftigt; die andere aber einſtweilen bei der Arbeit für Lohn verbleibt, und durch ihren in Rocken ſich ausſprechenden Ueberſchuß die Subſiſtenz— 151 mittel liefert, welche die mit der Anlegung des Guts be— ſchäftigten Arbeiter konſumiren. Unter dieſen Verhältniſſen wird durch die Anlegung des Guts von dem bereits vorhandenen Nationalkapital Nichts konſumirt; die Summe dieſer Werthgegenſtände iſt nach der vollendeten Schaffung des Guts gerade noch eben ſo groß wie vor derſelben. Das neuangelegte Gut koſtet nur Arbeit, und nichts anderes als Arbeit. Die Rente, die das Gut trägt, fällt demnach einzig und allein den kapitalerzeugenden Arbeitern, die das Gut durch ihre Arbeit geſchaffen haben, anheim — und dieſe Rente iſt der Lohn ihrer Arbeit. Dieſe Geſellſchaft von kapitalerzeugenden Arbeitern bedarf nach vollendeter Anlegung des Guts einer Zahl von Lohn— arbeitern, die das neue Gut beſtellen und bewirthſchaften. Der Lohn dieſer Arbeiter kann aber nicht willkührlich und auch nicht nach dem in den ältern Gütern üblichen Lohn beſtimmt werden. Dieſer Lohn muß vielmehr ſo hoch ſein, daß der Ueberſchuß des Arbeiters auf Zinſen gelegt, alſo yz gleich der Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters wird: denn wäre dies nicht der Fall, ſo würden — da wir Arbeiter von gleicher Kraft, Kenntniß und Geſchicklichkeit vorausſetzen — die Lohnarbeiter augenblicklich zur Kapitalerzeugung übergehen. Wir haben hier alſo eine zwiefache Verkettung zwiſchen Arbeit und Kapital: einmal indem aus der Arbeit unmittel⸗ bar Kapital erwächſt, und zweitens indem die Fapitalerzeu- genden Arbeiter nunmehr die Stellung des Kapitaliſten gegen den Lohnarbeiter einnehmen. Hier unter den einfachſten Verhältniſſen, wo keine Land⸗ rente als dritte Potenz verwirrend einwirkt, — hier muß ſich die Verbindung zwiſchen Arbeitslohn und Zinsfuß 152 enthüllen laſſen, wenn die Aufgabe, die wir uns geſtellt haben, überhaupt lösbar ſein ſoll. Die Beſtimmung des Arbeitslohns iſt hier in die Hände der Arbeiter ſelbſt gelegt, und der aus der Beſtimmung der Arbeiter hervorgehende Lohn iſt, wie vorhin nachgewieſen, normirend für den ganzen iſolirten Staat. Die Willkühr der Arbeiter findet bei dieſer Feſtſtellung ihres Lohns keine andere Schranke als die des eigenen Intereſſes. Bei der Kapitalerzeugung kann aber der Arbeiter kein anderes Ziel haben, als das, für ſeine Arbeit die höchſt mög— liche Rente zu erlangen. Derjenige Arbeitslohn, welcher das Maximum der Rente bringt, muß alſo Ziel des Strebens ſein, und da dieſem Streben nichts hemmend entgegentritt, jo wird dieſer Arbeits— lohn auch der wirkliche werden. Damit werden wir zu der Frage geführt: bei welcher Höhe des Arbeitslohns erlangt der Arbeiter für ſeine An— ſtrengung das Maximum der Rente? Um dieſe Frage zu beantworten, nehmen wir folgende Sätze an: Die Beſtellung des neu gegründeten Guts erfordere die fortdauernde Arbeit von n Tagelöhnerfamilien. Die Anlegung des Guts habe die Jahresarbeit von ng M. (nq Arbeiterfamilien) erfordert. Zu der Schaffung eines neuen Guts gehört unſtreitig nicht blos Arbeit, ſondern auch Anwendung von Kapital. Nach § 13 können wir aber die Mitwirkung des Kapitals auf Arbeit reduciren, und ſomit die Anlagekoſten ganz in Arbeit angeben. Jeder von den das Feld beſtellenden Tagelöhnern arbeitet dann mit einem Kapital von q J. A. (q Jahresarbeiten einer Arbeiterfamilie). 153 Der mit einem Kapital von q J. A. verſehene Arbeiter bringe ein jährliches Erzeugniß von p (Scheffel Rocken) hervor. Das Geſammtprodukt der n Arbeiter iſt demnach = np. Die Subſiſtenzmittel, welche der Arbeiter zur Erhaltung ſeiner Arbeitsfähigkeit nothwendig bedarf, betragen a Scheffel Rocken oder deren Aequivalent. Die ng mit der Anlegung des Guts während eines Jahres beſchäftigt geweſenen Arbeiter haben konſumirt ang (Scheffel Rocken). Von der mit Erzeugung von Lebensmitteln beſchäftigten Abtheilung der Geſellſchaft behält jeder Arbeiter von ſeinem Lohn, nach Abzug ſeiner Konſumtion, einen Ueberſchuß von y Schfl. Rocken, oder deſſen Aequivalent. Zur Hervorbringung der bei der Anlegung des Guts verzehrten ang Schfl. ſind alſo — mit der Produktion der- ſelben beſchäftigten Arbeiter erforderlich. Die Zahl der Arbeiterfamilien, aus deren gemeinſchaft— lichen Arbeit das Gut hervorgegangen iſt, beträgt demnach ang (a TY nꝗq 7 a Er nn Die u Tagelöhner, welche das Feld beitellen, erhalten jeder a+ y (Schfl. Rocken) an Lohn. Die Geſammtausgabe an Lohn beträgt alſo n (a + 5). Zieht man dieſe Ausgabe von dem Geſammterzeugniß = np ab, jo verbleibt eine Gutsrente von ap — u (a+y). Dieſe dauernde Gutsrente iſt das Eigenthum von q — kapitalerzeugenden Arbeitern. Die Jahresarbeit eines mit der Kapitalerzeugung be— ſchäftigten Arbeiters wird alſo gelohnt mit einer Rente 1 F von n (p aa = q 4 + y 154 In dieſem für die Größe der Rente gefundenen Ausdruck iſt z nicht vorhanden, und y die einzige noch unbeſtimmte Größe. Bemerkung. Da in dieſer Formel für die Rente n verſchwunden iſt, ſo werden wir künftig auch nur den auf einen Arbeiter fallenden Gutstheil, und das Kapital, womit ein Mann arbeitet, in Betracht ziehen. Wir müſſen uns dann aber ſtets erinnern, daß hier nicht von einer Koloniſtenſtelle, die von einer Familie bewirthſchaftet werden kann, ſondern von einem in der Größe den andern Gütern des iſolirten Staats gleichen Gut die Rede iſt. Denn ſonſt würden wir ein ſtörendes und verwirrendes Moment, nämlich den Einfluß, welchen die verſchiedene Größe der Güter auf das Arbeitsprodukt und auf die Gutsrente ausübt, in unſere Unterſuchungen einmiſchen. Bei welchem Werth von y erlangt nun die obige Funktion für die Größe der Rente das Maximum? Wir wollen, um dies annähernd zu erforſchen, und um zugleich den Einfluß der verſchiedenen Werthe von y auf die Größe der Rente anſchaulich zu machen, zuerſt ein Beiſpiel in Zahlen geben. Es ſei a= 100 e; p= 300 Ce; J 12 FJ. A. Nun jet erſtens J = 20 e. Die mit der Anlegung des Guts beſchäftigten Arbeiter verzehren ag = 1200 c. Da jeder mit der Erzeugung von Lebensmitteln beſchäftigte Arbeiter einen Ueberſchuß von y S 20 e liefert, jo find zur Hervorbringung der bei der Anlegung des Guts verzehrten 1200 e 20 c Die Schaffung des Guts koſtet alſo die Jahresarbeit von 12 + 60 = 72 M. Lebensmittel — 60 andere Arbeiter erforderlich. 155 Von dem Arbeitsprodukt des das Feld beſtellenden o eee eee ee 300 c, geht deſſen Arbeitslohn ab miii tit 120 e. Die Rente dieſes Gutstheils beträgt alſo .. 180 c. Dieſe Rente unter 72 Mann vertheilt, gibt für einen kapital⸗ 180 e erzeugenden Arbeiter = 25 c Rente. 72 Zweitens ji x = 50 c. Zur Erzeugung der 1200 e bei der Anlegung des Guts verzehrten Lebensmittel ſind dann mL — 24 M. erforderlich. Die Schaffung des Guts koſtet dann nur 12 + 24 = 36 J. A. Die Rente von dem Gutstheil beträgt 300 — 150 = 150 c. Dieſe unter 36 M vertheilt, gibt für 150 e 3 In nachſtehender Tabelle find die Reſultate dieſer Be— rechnung für mehre Werthe von y zuſammen 9 jeden kapitalerzeugenden Arbeiter 38 — Ace Rente. > | S Zur Erzeugung der ns | | Ein kap. erz. ts | „28 ‚pergebrten 2 Sehenemitiel Br. erz. Gufsrente | Arbeiter Bau 23 | find erforderlich Arbeiter | beträgt erwirbt Rente S l»5,.| 3: | s 2 m en (bla x D 5 | e a (a+y) | | | von | | | | 120 19 | 1200 Wr | De 12 aut > 72 „80e 2,50 C | 1200 ERTL 150% 12 Tale 24 36 150 4e c Bi | 180 6 12 30 15 27 120% 4% 1 | 1200 | 210e| 12 i 10, 225 De 3,91 C 9 | 1200 | 240c| 12 | ame: 8.52 | 20,2 60% 2552 0 1200 270 e | 12 | mi 7,06 19,06 | 300 157” | | 1200 | | 300e| 12 ——-=6 | 18 0 0 156 Mit dem Wachſen des Arbeitslohns und des damit verbundenen größern Ueberſchuſſes nimmt die Zahl der zur Schaffung des Guts erforderlichen Arbeiter ab, weil dann die bei der Anlegung des Guts verzehrten Lebensmittel durch eine geringere Zahl von Arbeitern erzeugt werden. Die Kapitalerzeugung ſelbſt wird alſo wohlfeiler. Mit der Steige— rung des Lohns nimmt aber gleichzeitig die Gutsrente ab, weil der das Feld beſtellende Tagelöhner dann einen größern Theil von ſeinem Arbeitserzeugniß erhält. Es zeigt ſich hier deshalb, daß die Rente des kapital⸗ erzeugenden Arbeiters zwar anfangs mit dem Lohn wächſt, bei weiterer Steigerung des Lohnes aber wieder fällt, und ſogar Null wird, wenn der Arbeitslohn das ganze Produkt hinweg nimmt. Die ungemeſſene Steigerung des Lohnes liegt alſo keineswegs im Intereſſe der kapitalerzeugenden Arbeiter. Aus dem anfänglichen Steigen der auf einen Mann fallenden Rente beim Wachſen des Arbeitslohns und dem nachherigen Fallen der Rente bei ferner wachſendem Lohn ergibt ſich, daß es eine Höhe des Arbeitslohns gibt, bei welcher die Rente das Maximum erreicht. Durch fortgeſetztes Probiren ließe ſich dieſer Punkt an⸗ nähernd, jedoch nur ſelten mit abſoluter Genauigkeit finden. Wenn aber auch Letzteres der Fall wäre, ſo würde man doch das hier waltende Geſetz nicht daraus erkennen, und man würde bei veränderten Zahlenverhältniſſen dieſelbe Rechnung immer auf's Neue vollführen müſſen. Die Differentialrechnung bietet aber das Mittel dar, nicht blos die Aufgabe mit mathematiſcher Genauigkeit zu löſen, ſondern auch für den hier geſuchten Arbeitslohn einen Ausdruck zu finden, der für alle und jede Zahlenverhältniſſe gültig iſt, und der ſomit das Geſetz ſelbſt offenbart. 157 Die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters tft P qa+y) Bei welchem Werth von y erreicht dieſe Funktion das Naximum ihres Werths? Um dieſen Werth von y zu finden, muß bekanntlich die Funktion in Bezug auf y differentiirt, und das Differential — O geſetzt werden. EVT 494 | ga+y =qla+ylp—-a—2y)dy— (py ay - N dy = 0 alſo: a+y) p—a—?2y)=py JJ py Ay 2p Spy a oh ap — a? — 2ay — 22 = —y° N 72 + 2Äay = ap — a? + 2 = 3 (a Y ap a V= V ap Dieſen, nicht aus dem Verhältniß zwiſchen Angebot und Nachfrage entſpringenden, nicht nach dem Bedürfniß des Arbeiters abgemeſſenen, ſondern aus der freien Selbſtbeſtimmung der Arbeiter hervorgehenden Lohn ap nenne ich den naturgemäßen, oder auch den natürlichen Arbeits— lohn. In Worten ausgedrückt ſagt dieſe Formel: der natur— gemäße Arbeitslohn wird gefunden, wenn man die noth- wendigen Bedürfniſſe des Arbeiters (in Korn oder Geld ausgeſprochen) mit dem Erzeugniß ſeiner Arbeit (durch das— ſelbe Maß gemeſſen) multiplizirt, und hieraus die Quadrat— wurzel zieht. 158 Da a: Vap = V ap: p jo iſt der naturgemäße Arbeitslohn die mittlere Proportional— zahl zwiſchen dem Bedürfniß des Arbeiters und ſeinem Arbeitsprodukt, d. i. der Lohn überſteigt das Bedürfniß in demſelben Maße wie das Erzeugniß den Lohn überſteigt. Beiſpiel in Zahlen: Es ſei a 100e, p 34 300e, 12, jo iſt / ap = V 30000e? = 173,0. Die Rente iſt dann 300 — 173, = 126,8. Zur Kapitalerzeugung gehören . e 28, M. Die Rente von 126,5 unter 28,36 M. vertheilt gibt für 1 M. 4,4664. Da für den Arbeitslohn 173,2 = ap die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters das Maximum erreichen ſoll, ſo muß ſowohl für den Lohn von 174 als von 172 dieſe Rente geringer ſein als die hier gefundene. Probe. 1. Es ſei der Lohn = 174 jo iſt die Rente 300 — 174 = 126; zur Kapitalerzeugung ſind erforderlich: 5 5 — 28,22 M.; dieſe erlangen eine Rente von 126. 120 28,22 2. Es jet der Lohn = 172. | Die Rente beträgt dann 300 — 172 = 128; die Schaffung des Guts foftet die Arbeit von 9 e 72 Auf einen Mann fällt eine Rente von — 4,4645 Auf 1 M. fällt eine Rente von 4,4646. 128 28,67 159 § 16. Bei welchem Zinsfuß erlangt der Lohnarbeiter für ſeinen Ueberſchuß den höchſten Betrag an Zinſen? Die Rente dividirt durch das Kapital, woraus dieſe entſprungen iſt, ergibt den Zinsſatz. Die Rente von dem Gutstheil, den wir hier vor Augen haben, beträgt p — (a+y) Schfl. Das in dieſem Gutstheil enthaltene Kapital beträgt q J. A., welche bei dem Lohn von a + y = q (a + N) Scheffel ſind. N — (a + y) Zinsfuß t demnach . Der Zinsfuß z iſt demne q (a + ) pole Aus day) folg q (a +E Y = p = A Y (1 + dz) (a + y) = p, p und at v= — wie auch ſchon § 13 gezeigt iſt. C 8 RE Der Ueberſchuß y it alſo Fee a. Beim Ausleihen gibt dieſer Ueberſchuß einen Zinſenbetrag EE von y2 = IX 92 az Bei welchem Werth von erreicht nun dieſe Funktion ihr Maximum? Das Differential dieſer Funktion gleich Null geſetzt, gibt (1 + qz) pdz — pgzda eh (1 + az)? alſo p + pgqz — pgz = a (l + q)? ee ee (1+ 920 = e e = kg ) d = = A db 160 folglich z = mm. ene Dieſen Werth von 2 in a 2 geſetzt, ; 1 r ai R ap u a a+ J/ap — a 7 Alſo bezieht der Lohnarbeiter für ſeinen Ueberſchuß die höchſten Zinſen, wenn der Arbeitslohn S ap tft, und ſein Intereſſe fällt demnach mit dem des kapitalerzeugenden Arbeiters zuſammen. Beiſpiel in Zahlen. Für p = 3a = 3000 und g b e oe b — (a 120 1 we 5 8 0 ne 12180 = 15 50e pet. Für den Ueberſchuß y -= 80 erfolgen dann an Zinſen 80 X 0,0555 = 4,4. 2. y=Vap— a 7375. 300 — 173, 126,5 2 iſt dann = 2 13; = 2078, — 6,1 pCt. y2 = 73, * 0,061 iſt dann = 4,465. 35 5 0 2 iſt dann = W u. 7,0 PCt. 12x 150 1920 J = 60 x 0,026 = 4,7. — — Das Verhältniß zwischen Arbeitslohn und Zinsfuß kommt uns aber noch unter andern Formen zur Anſchauung, und wir dürfen uns bei dem hier gefundenen Reſultat nicht beruhigen, daſſelbe nicht für erwieſene Wahrheit halten, ehe wir die Ueberzeugung gewonnen, daß die von andern 161 Standpunkten ausgehenden Betrachtungen kein Reſultat liefern, was dem hier gefundenen widerſtrebt. Wir müſſen deshalb, ehe wir weiter gehen, uns dieſer ernſten Unter ſuchung zuwenden. — 8 17. Das Kapital als Arbeit erſetzend. Geſetzt, es ſei auf einem Gute ein Torfmoor vorhanden, aus welchem in jedem Jahr das Waſſer geſchöpft werden muß, um Torf ſtechen zu können, und dies Waſſerſchöpfen erfordere die Jahresarbeit eines Mannes. Wird hier nun ein Kanal gezogen, durch welchen das Torfmoor entwäſſert wird: ſo erſetzt das auf die Anlegung des Kanals verwandte Kapital die jährlich wiederkehrende Arbeit eines Mannes. Hier wird alſo durch das Kapital geradezu Arbeit erſpart; das Kapital verrichtet jetzt die Arbeit, die ſonſt von einem Mann verrichtet wurde. Hatte die Grabung des Kanals z. B. 20 J. A. erfordert, jo verzinſet ſich das angelegte Kapital mit 5 PCt. Die Kapitalnutzung ſpricht ſich hier nicht in Scheffel Rocken oder Thaler Geld, ſondern in Jahresarbeiten aus. Der ſich hier ergebende Zinsſatz iſt unabhängig von der Höhe des Arbeitslohns, und unabhängig von der Fruchtbar⸗ keit des Bodens und der damit in Verbindung ſtehenden Größe des Arbeitsprodukts. Zeigen ſich hier nun Arbeitslohn und Arheitsprodukt als einflußlos auf den Zinsſatz, ſo muß dies zu der Frage führen, ob für die Bildung des Zinsfußes nicht noch ganz andere Beſtimmungsgründe vorhanden ſind, als die, welche wir bisher in Betracht gezogen haben. Thünen II. 11 162 Es gibt beim Landbau viele Meliorationen und Opera⸗ tionen, wobei durch eine Kapitalanlage an jährlich wieder⸗ kehrender Arbeit erſpart werden kann: ſo z. B. durch Errich— tung von Scheunen ſtatt der Kornfeimen, durch Wegräumung von Steinen, die das Ackern erſchweren, durch Anſchaffung von Dreſchmaſchinen ze. Aber dieſe Operationen bezahlen ſich nicht alle gleich hoch. Während es einige geben kann, wo die jährlich wiederkehrende Arbeit eines Mannes ſchon durch eine Kapitalanlage von 10 J. A. erſetzt wird, gibt es andere, wo dieſer Effect erſt aus der Kapitalverwendung von 20, 30 oder gar 50 J. A. hervorgeht. Es frägt ſich alſo, wo der Landwirth auf dieſer Stufen— leiter der Meliorationen inne halten, welche er, ſeinem Intereſſe folgend, unternehmen, welche er unterlaſſen muß. Die Antwort iſt: er wird mit Vortheil alle Meliorationen unternehmen, bei welchen der Effect, verglichen mit der Kapitalanlage, größer iſt, als der Zinsſatz, zu welchem er Kapital angeliehen erhalten kann. Iſt dieſer Zinsſatz z. B. 5 PCt., ſo wird er alle Meliorationen ausführen, bei welchen die jährliche Arbeit eines Mannes durch die Kapitalanlage von 15, 16, 17, 18, 19 J. A. erſetzt wird; aber er wird diejenigen unterlaſſen, bei welchen er zur Erreichung dieſes Effects 21, 22, 23 u. ſ. f. J. A. aufwenden muß. Dieſe Verwendung des Kapitals ſetzt alſo die Kenntniß des Zinsſatzes ſchon voraus — und es ergibt ſich, daß die Bildungsſtätte des Zinsfußes nicht hier, ſondern anderswo geſucht werden muß. Das Kapital hat einerſeits die Eigenſchaft Arbeit zu erſetzen, und andererſeits iſt das Kapital das Erzeugniß menſchlicher Arbeit. Wie iſt in dieſer Wechſelwirkung Einheit und Klarheit zu finden? 163 Um die Löſung dieſer Aufgabe zu verſuchen, bringen wir die Arbeitserſparung durch das Kapital in Verbindung mit der Kapitalerzeugung durch Arbeit. Geſetzt die Kapitalanlage von k J. A. erſetze die jähr⸗ lich wiederkehrende Arbeit eines Mannes. Das Gut, deſſen Beſtellung ſonſt n Arbeiter erforderte, wovon jeder mit einem Kapital von q J. A. arbeitet, kann nach der Vermehrung des Kapitals um k J. A. einen Tagelöhner entbehren, wodurch am Lohn a+ y Scheffel erſpart werden. Die geſammte Kapitalanlage iſt dann ng r k J. A. Das Geſammtprodukt, welches für n Arbeiter np Scheffel betrug, bleibt unverändert = np. Die Gutsrente beträgt dann np — (n — 1) (a-+y); dieſe mit dem Kapital = (ud +k) (a ) dividirt, 5 np— (- 1) (a+y) gibt den Zinsſatz z = e N Die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters iſt = yz. Früher war yz = ee ng (a + ) e q(a+y) Da hier die Frage iſt, wie groß k jein muß, wenn die Erſetzung der menſchlichen Arbeit, durch das Kapital weder Vortheil noch Nachtheil bringen ſoll, ſo müſſen wir beide Werthe von yz gleich ſetzen. Dies gibt lag y (p- In- IIIa rx 5 q(a+y) (ng + K) (a + N alſo npa — nq (a - Y) kp k (a + N =npg — ng (a Y) + q (a + ). Demnach iſt kp Kk (a + y) = ꝗ (Ca + q); q (a io k = Er p- (a r) 164 p—-(a+y) q(a-+y) und folglich k . Wir erhalten hier alje wieder, das ſchon in § 13 gefundene Reſultat, nämlich: Der Zins fuß z zeigt das Verhältniß an, in welchem die Leiſtung von 1 J. A. Kapital zu einer ſich wiederholenden Jahresarbeit ſteht. Während es bei der Anlage des Kanals den Anſchein hatte, als ſei es gleichgültig, ob der Arbeitslohn hoch oder niedrig, der Boden fruchtbar oder unfruchtbar iſt, indem dieſelbe Melioration immer dieſelben Procente trägt, ergibt RN L(a + N 1 es ſich jetzt aus der Gleichung K = Age are daß k ſowohl von p als von F abhängig iſt, und daß es von der Höhe des durch p, y und g beitimmten Zinsfußes abhängt, wie weit die auf Arbeitserſparung gerichtete Me— lioration mit Nutzen getrieben werden kann. Bei der Anlegung eines neuen Guts erheiſcht es das Intereſſe der kapitalerzeugenden Arbeiter, die Zahl der an— zuſtellenden Lohnarbeiter ſo weit zu vermehren, bis das durch den zuletzt angeſtellten Arbeiter hervorgebrachte Mehrerzeugniß durch den Lohn, den derſelbe erhält, abſorbirt wird. Ebenſo liegt es im Intereſſe der kapitalerzeugenden Arbeiter, die Kapitalanlage jo hoch zu ſteigern, bis aus der Kapitalver— mehrung keine erhöhte Rente für ſie mehr hervorgeht. Da aber ein Theil der Arbeiter durch Kapital, und umgekehrt ein Theil Kapital durch mehr angeſtellte Arbeiter erſetzt werden kann: ſo müſſen auf der Grenze, bis zu welcher Kapital und Arbeit mit Nutzen zu verwenden ſind, die Koſten der Arbeit durch die Menſchen im Gleichgewicht ſein mit den Koſten der Arbeit durch das Kapital — und dieſes Gleichgewicht findet ſtatt, wenn K = = ift. tun iſt aber z = 165 Für q = 12,p = 300 e, und y = 73, e haben wir im vorigen Paragraph 2 — 6,1 pCt. gefunden. Alsdann tft K = 1 1 — — 16,4. In dieſem Fall find alle Meliorationen, 2 0,061 bet welchen durch die Kapitalanlage von 12, 14, 15 bis 16,4 J. A. die Arbeit eines Mannes erſpart wird, vortheil— haft, und müſſen konſequenterweiſe ſchon bei der Anlegung des Guts vollführt werden. Die Koſten dieſer Meliorationen ſind alſo ſchon in dem Anlagekapital des Guts = nq J. A. enthalten. Dagegen würden Meliorationen, bei welchen die Arbeit eines Mannes erſt durch die Kapitalanlage von 17 15 .. J. A. erſetzt wird, die Rente der kapitalerzeugenden Arbeiter vermindern. Wir haben durch unſere Unterſuchungen das Reſultat erlangt, daß wenn das ſchon vorhandene Kapital ng um k J. A. vermehrt wird, dann daſſelbe Geſammtprodukt up, zu deſſen Hervorbringung früher n Arbeiter erforderlich waren, durch m — 1 Arbeiter erzeugt wird. Das Kapital von k J. A., verbunden mit dem durch den Austritt des einen Arbeiters frei gewordenen Kapital von q J. A. liefert demnach ein Erzeugniß von p Scheffeln, gleich dem Erzeugniß eines mit einem Kapital von q J. A. verſehenen Arbeiters. Aus 1 J. A. Kapital geht alſo ein Produkt von = url! Scheffel hervor. Hier erſcheint das Kapital ſelbſt als Arbeiter. Indeſſen iſt das Kapital an ſich ein todtes, und kann nur durch die Hand des Menſchen wirkſam werden; aber indem es die Wirkſamkeit des Menſchen erhöht, erſcheint es als Mitarbeiter. In dieſem Sinn iſt es zu nehmen, wenn hier und in der Folge von der Arbeit des Kapitals die Rede iſt. — — — 166 8 18. Die Nutzung des zuletzt angelegten Kapitaliheildens beſtimmt die Höhe des Zinsfußes. In unſern frühern Unterſuchungen über die Entſtehung des Kapitals findet ſich die Begründung dieſes Satzes. Auch iſt dort nachgewieſen, daß bei der Erhöhung der Kapital- anlage jedes ſpäter angelegte Kapital eine geringere Nutzung abwirft als das früher angelegte. Die Nutzung des zuletzt angelegten Kapitals ſpricht ſich in dem Zuwachs aus, den das Arbeitsprodukt des Mannes, der mit Hülfe dieſes Kapitals arbeitet, erhält. Die Steigerung des relativen Nationalkapitals erfolgt nicht ſprungweiſe, z. B. von 6 auf 7 J. A., ſondern iſt ein ſtetiges, alle Zwiſchenräume durchlaufendes Wachſen. Es folgt hieraus, daß wir das zuletzt entſtandene und angelegte Kapitaltheilchen, durch deſſen Nutzung der Zinsfuß beſtimmt werden ſoll, ſehr klein — genau genommen, unendlich klein — annehmen müſſen. Dieſem gemäß theilen wir das Kapital von 1 J. A. in n Theile — wo n jede, alſo auch eine ſehr große Zahl bedeuten kann — und betrachten den Zuwachs des Kapitals um . F. A. als dasjenige Kapitalthelchen, durch deſſen Verhältniß zum Zuwachs des Arbeitsprodukts eines Mannes der Zinsfuß regulirt wird. Bei der Anwendung eines Kapitals von q J. > jet das Arbeitsprodukktt ie p von q * 1 SEM Letzteres vom Erſtern abgezogen, gibt für = Sur: Kapital den Zuwachs zum Arbeitsprodukt = 2. 5 J. A. Kapital gibt eine Rente von A, und da ſich nach dieſer Rente die des ganzen Kapitals richtet, ſo iſt die | | 167 für 1. J. A. Kapital zu zahlende Rente = np. Setzen wir nun / = a, jo iſt die für das ganze Kapital von q J. A. zu zahlende Rente — 4g. Unter p verſtehen wir, wie in den Vorausſetzungen ausführlich erörtert iſt, den Theil des Geſammtprodukts, der nach Abzug aller mit dem Gewerbsbetrieb verbundenen Koſten, jo wie der Adminiſtrationskoſten und des Gewerbsprofits — übrig bleibt, und zwiſchen Kapitaliſten und Arbeiter zur Ver— theilung kommt. Der Arbeiter, welcher mit einem geliehenen Kapital von q J. A. operirt, bringt ein Erzeugniß hervor von p Davon hat er an Zinſen zu zahlen 49 feine Arbeit verbleibt. imm ns. p—aq. Wir erhalten dadurch für den Arbeitslohn den neuen Ausdruck A = p- 4. Bei dem Lohn von p — 44 hat das Kapital q den Werth von q (p— ag) Scheffel. Die Rente, die dies Kapital ab⸗ wirft, beträgt 4 Scheffel. Die Rente, dividirt durch das Kapital, ergibt den Zinsfuß. 49 Se 4 q q)) p—aq Hier haben wir zu unterſuchen, ob die beiden Methoden, wonach wir 1. den Arbeislohn S Vap, und 2.9, f = p—aq gefunden haben, mit einander im Einklang oder im Wider— ſpruch ſtehen. Bei der Unterſuchung über die Schaffung eines neuen Guts durch Arbeit betrachteten wir q und p (Kapital und Produkt) als gegebene Größen, und fragten nur, wie hoch der Arbeitslohn ſein müſſe, damit für dieſe Werthe von q und p der kapitalerzeugende Arbeiter das Maximum der Rente erlange — und indem wir dort von dem Verhältniß, Demnach iſt 2 = 168 worin q und p zu einander ſtehen mögen, abſtrahirten, und beide im Calcül als conſtante Größen behandelten, haben wir in [ap einen Ausdruck für den Arbeitslohn erhalten, der für jeden Werth von g und p gültig iſt, jo daß für den Arbeitslohn Yap immer die höchſte Rente erfolgt, welches Verhältniß auch zwiſchen q und p ſtattfinden, welchen Werth auch jeder dieſer Buchſtaben repräſentiren mag. Auch iſt q in dem Ausdruck für den Arbeitslohn S ap ganz verſchwunden. Dagegen erhält q in dem Ausdruck für den Zinsfuß — e ſeine Bedeutung wieder. aq Da aber mit dem Werth von q der Werth von p ſteigt und fällt, jo iſt auch der Arbeitslohn [Pap abhängig von der Größe von g. Wenn nun gleich die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters für jeden Werth von q das Maximum erreicht, wenn der Arbeitslohn den Werth von V ap erlangt, fo iſt doch dies Maximum ein Bedingtes, indem ſich mit der Aenderung von q auch der Betrag der Rente ändert. Nun können wir, auch ohne die Gleichung zwiſchen q und p zu kennen, willen, daß dieſer Rentenbetrag nicht mit q in's Ungemeſſene ſteigt. Denn ſonſt müßte es vortheil— hafter ſein, auf einem ſchon vorhandenen Gut das Kapital, womit ein Mann arbeitet, auf 100 ja 1000 J. A. zu ſteigern, als ein neues Gut anzulegen — was offenbar nicht der Fall iſt. Es muß alſo auch dann, wenn der Arbeitslohn ſtets — Fap bleibt, beim zunehmenden Werth von q einen Punkt geben, bis zu welchem die Rente des kapitalerzeugenden Arbeiters ſteigt, dann aber wieder fällt — und erſt bei dieſem Punkt findet das unbedingte Maximum der Rente ſtatt. . WE I CM 169 Bei der Anlegung eines neuen Guts iſt es in die Willkühr der kapitalerzeugenden Arbeiter geſtellt, welche Größe fie dem relativen Kapital q geben wollen. Hier können fie kein anderes Ziel haben, als die höchſte Belohnung ihrer Arbeit in einer Rente. Das Maximum der Rente wird alſo auch Beſtimmungsgrund für die Größe von g. Unſerer Unterſuchung über die Kapitalerzeugung Er Anlegung neuer Güter liegt die Annahme zum Grunde, daß die Arbeiter den praktiſchen Sinn haben, zu wiſſen, welche Größe von q ihnen am vortheilhafteſten iſt — und unter dieſer Vorausſetzung iſt q eine beſtimmte, unveränderliche Größe, und die Rente, die ſich dann für den Arbeitslohn von Vap ergibt, iſt das unbedingte Maximum. Theoretiſch iſt aber dieſe Aufgabe durch unſere bisherigen Unterſuchungen nicht gelöſt, und zur vollſtändigen Löſung derſelben gehört auch die Kenntniß der Gleichung zwiſchen q, p und a. In Ermangelung dieſer Kenntniß können wir indeſſen der Löſung näher kommen, wenn wir « als variabel, p und q aber als conſtant betrachten, und durch den Calcül erforſchen, in welchem Verhältniß a zu q und p ſtehen muß, wenn die Arbeitsrente die höchſte ſein ſoll. Der Arbeitslohn a T y ilt.......... — p—aq F o — p—aqg—a [74 fuß e e e e — Zinsfuß z 55 Die Arbeitsrente yz alſoo a ern 3 Bei welchem Werth von a erreicht nun die Arbeitsrente das Maximum? Die Funktion in Bezug auf 4 differentiirt 3 170 und das Differential gleich 0 geſetzt, ergibt ( - ad) p - 2% — a) da + (ap- — va) α = 0 alſo p*—apq 24? — ap + aaq —2apq +opq — 4. — aag p-—2opq + 4? — ap = 0 (p- 4)? ap P — yap Beim Maximum der Arbeitsrente iſt alſo gleichzeitig der Arbeitslohn = p— 49 und auch gleich /ap. Wie abweichend auch der Arbeitslohn p - 4ꝗ von dem — Pap bei den verſchiedenen Werthen von q ſein mag, jo fallen fie doch zuſammen, wenn q die Höhe erlangt, bei welchem die Arbeitsrente das Maximum erreicht. Beiſpiel in Zahlen auf Grundlage der Tabelle B. Für das ir 59195 Der Arbeitslohn Die Arbeitsrente, wenn Kapital en enter der der Lohn 9 B vap 0 vap 6 J. A. 223, 0 116, C 149, C 2,51 C 4,07 C , And 12T 154,7 3,43 4,27 8 J. A. 253,6 139,4 159,2 3,96 4,38 9 a 149,6 105 4,31 4,45 10 278 161 166, 4, 4 11 J A. 288, 173% 170% 4% | Am 12 J. A. 298,3 184,3 172,7 4,35 4741 Aus der Vergleichung der Reſultate, die die beiden Formeln p— 4 und „ap liefern, ergibt ſich: 1) daß bei den niedern Graden der Kapitalanlage ſowohl Arbeitslohn als Arbeitsrente nach der Letztern bedeutend höher ſind, als nach der Erſtern; 2) daß dieſe Differenz abnimmt, wenn die Kapital⸗ anlage ſteigt; 7 m —Üiit U ]U U ]⁰— w nme 171 3) daß in dieſem Beiſpiel die Arbeitsrente, nach beiden Formeln berechnet, gleich wird, bei einer Kapital— anlage, die zwiſchen 10 und 11 J. A. fällt; daß, wenn dieſe Gleichheit ſtattfindet, der Arbeits— lohn p—aq gleich / ap iſt; 5) daß, wenn das Kapital über dieſen Punkt hinaus wächſt, die Arbeitsrente ſowohl nach der einen als nach der andern Formel wieder abnimmt; 6) daß die Arbeitsrente bei dem Lohn p- ag, wenn dieſer größer oder kleiner iſt als “ap, ſtets kleiner iſt, als bei dem Lohn von Fap, und daß, wenn wir uns q als ſtetig wachſend denken, es nur einen Moment gibt, wo beide Formeln gleiche Arbeitsrente geben, nämlich dann wenn p—aq = Yap iſt. 4 — Wir haben jetzt zu unterſuchen, wie und wodurch die Ausgleichung zwiſchen den beiden Beſtimmungsgründen für den Arbeitslohn hervorgerufen und bewirkt wird, und dadurch uns den Weg zur Beſtimmung der Höhe des relativen, d. i. des auf einen Arbeiter im Durchſchnitt fallenden Kapitals zu bahnen. Um dies anſchaulicher zu machen, wollen wir zuvörderſt ein Beiſpiel in Zahlen geben. Da wir erſt ſpäter den Verſuch machen können, eine Scale zu entwerfen, die für unſere europäiſchen Zuſtände das Verhältniß zwiſchen Kapital und Arbeitsprodukt darſtellt, ſo müſſen wir unſere Beiſpiele wiederum der Tabelle B. entnehmen, obgleich die darin aufgeſtellte Scale erſt einzelnen Bedingungen Genüge leiſtet, und nicht alle Anforderungen, die an eine ſolche Scale gemacht werden müſſen, befriedigt. 172 Ein hier in Betracht kommender Mangel der Tabelle B. iſt, daß darin a nicht durch die Differenz im Arbeitsprodukt von zwei naheliegenden Kapitaltheilchen, ſondern von zwei um eine ganze Jahresarbeit auseinander liegender Kapitalen gefunden wird. Nach der Methode, die Rente aus der Nutzung des zuletzt angelegten Kapitals zu berechnen — welche wir die erſte Methode nennen wollen — iſt laut Tabelle B. für das Napa . . ET. SE DIRPSPEDDULE PLA EN Er: der Zuwachs a, den das Produkt durch das letzte Kapital erhalten hat... = 17,8 0 der Arbeitslohn p-. ie e g a der Zinsfuß eo = 15, 968. die Reute des Arbeiters ä Nach der zweiten Methode iſt für q = 6 und p = 223, c: der Arbeitslohn Vap ........... 129% 8 der Zinsfuß E e i die Rente des Arbeiters... — 4, or e. Hier ſind alſo, nach der zweiten Methode berechnet, Lohn und Rente des Arbeiters beträchtlich höher, der Zins— fuß aber viel niedriger, als nach der erſten Methode. Denken wir uns nun, daß das relative Nationalfapital ſo geringe iſt, daß auf einen Arbeiter nur 6 J. A. Kapital kommen, und nehmen wir ferner an, daß die kapitalerzeugen⸗ den Arbeiter bei der Gründung des Guts anfänglich eben- falls nur eine Kapitalanlage von 6 J. A. auf den von einem Arbeiter zu beſtellenden Gutstheil verwenden, ſo wird, da die Arbeiter durch die Kapitalſchaffung die Beſtimmung 173 des Lohns in ihrer Macht haben, und der Lohn [Cap für fie der vortheilhafteſte iſt, der Arbeitslohn von 116, %e auf 149, e ſteigen, und der Zinsfuß, zum großen Nachtheil für die ältern Güter, von 15,3 auf 8,23 PCt. herabſinken. Bei einer ſo geringen Kapitalanlage können aber nur Gebäude von geringer Haltbarkeit aufgeführt werden, ihre Reparatur und Wiederherſtellung nimmt einen großen Theil der Zeit des den Acker beſtellenden Arbeiters hinweg, und vermindert ſein Arbeitserzeugniß; es kann ferner für ein ſo geringes Kapital nur ſchlechtes Ackergeräth und Vieh von geringer Güte angeſchafft werden, wodurch die Arbeit an Produktivität gar ſehr verliert. Eine Erhöhung der Kapitalanlage von 6 auf 7 J. A. muß alſo das Arbeitserzeugniß des das Feld beſtellenden Lohnarbeiters weſentlich erhöhen. Nach der Tabelle beträgt der Zuwachs 4, den das Produkt dadurch erlangt, 16 c. Nun iſt es ganz und gar in die Willkühr der kapital— erzeugenden Arbeiter geſtellt, ob ſie nach Vollendung des 1. Guts ein 2. Gut anlegen, oder ob ſie auf dem erſten Gut das Kapital vermehren wollen. Ihr eigenes Intereſſe wird ſie hierin leiten, und ſo kommt es zur Frage, was am vortheilhafteſten für ſie iſt. | Die Schaffung eines Kapitals von 1 J. A. erfordert Sen jährliche Arbeiten eines Mannes, oder die Arbeit von = Mann auf ein Jahr. Dies Kapital von 1. J. A. bringt eine Rente von 4. Bei der Kapitalſchaffung wird alſo die Jahresarbeit eines Mannes gelohnt mit einer Rente von . In dem vorliegenden Fall iſt 4 = 16 e, a+y 5 16 x 49 d 9 Dies gibt I 9 8 [ 149,4 174 Bei der Schaffung eines neu hinzukommenden Kapitals erwirbt alſo der Arbeiter eine Rente von 5,4 e, während er durch Anlegung eines 2. Guts mit 6 J. A. Kapital auf jeden Lohnarbeiter nur 47 e Rente erwerben würde. Die Erhöhung des Kapitals auf dem ſchon beſtehenden Gut zeigt ſich alſo viel vortheilhafter als die Anlegung eines 2. Guts. Da wir das, was allgemein vortheilhaft iſt, auch als zur Verwirklichung gelangend betrachten müſſen, ſo wird die Erhöhung des Kapitals von 6 auf 7 J. A. auch eine dem vergrößerten Arbeitsprodukt entſprechende Erhöhung des Arbeitslohns zur Folge haben. Für d iſt p 2992 der Arbeitslohn Vap alſo V23920 ...... — 154% 6 JJ nad darf she: und. e pi a9 Die Rene den Arbeitee s 20... = Aare. Durch die Anlegung eines 2. Guts mit 7 J. A. Kapital auf jeden Lohnarbeiter erwirbt der kapitalerzeugende Arbeiter alſo eine Rente von 4,2 c. Hier kommt es aber wieder zur Frage, ob es für ihn nicht vortheilhafter iſt, ſeine Arbeit auf die Vermehrung des Kapitals auf dem ſchon beſtehenden Gut zu verwenden. ne enn 02 ar zaae Sun 253,6 € ü ²ð m VER 239,2 €; Der Zuwachs 4, den das Arbeitsprodukt durch die Erhöhung des Kapitals von 7 auf 8 J. A. erhält, beträgt demnach 14,1 c. Durch die Jahresarbeit von 25 Kap M. wird 25 Vap— a das Kapital von 1 J. A. hervorgebracht. Für yap = 154, c 175 it 7251 ik 51 die Reute „ 14 yes alſo durch die Arbeit von 2,83 M. erworben; dies beträgt für 1M. 9,09 C. Dieſelbe Arbeit, welche auf die Gründung eines 2. Guts verwendet, mit 4 e Rente gelohnt wird, macht ſich durch Vermehrung des Kapitals auf dem ſchon vorhandenen Gut mit 5, c Rente bezahlt. Die Verwendung der Arbeit zu letzterm Zweck zeigt ſich alſo abermals vortheilhaft. Aber dieſe mit Vortheil verbundene Steigerung des Kapitals kann nicht ins Unendliche gehen, ſondern muß eine Grenze haben. — Wo iſt dieſe Grenze, und wie iſt ſie zu beſtimmen? Bei der Gründung eines neuen Guts erwirbt der kapital⸗ 8 ur (a+y) >. Sekt man hier Yap für a + „, jo verwandelt ſich dieſe Formel in erzeugende Arbeiter eine Rente von FCC q V ap q V ap (p- 2 yap+a) yap ap 2a /ap Ta? qvap E aq (Vap - a)? Se Bei der Vermehrung des relativen, auf einen Arbeiter fallenden Kapitals erwirbt der kapitalerzeugende Arbeiter eine Neue en e ED, a + y yap 4 (vap—a) vap jo lange muß auch die Vermehrung des relativen Kapitals vortheilhafter ſein, als der Anbau bisher unkultivirter Felder. (Vap — a)" ee ad ap (Vap — a)? So lange nun größer iſt als —— a0 Wird dagegen größer als 176 wird die Anlegung neuer Güter gewinnbringender, als die Verwendung der Arbeit auf Erhöhung des relativen Kapitals. Die Arbeit nach beiden Richtungen wird aber gleich hoch e(Vap—a) _ Vap—a)? Vap W Aus dieſer Gleichſtellung folgt ad = Vap (Vap — a) = ap—aVap; alſo g = pP ap, und p—aq = V ap. Das hier beobachtete Verfahren kann das Bedenken erregen und den Einwurf hervorrufen, daß durch die Hervor— bringung eines neuen Kapitals, bei gleich bleibender Arbeiter- zahl, das relative Nationalkapital erhöht wird, und das hinzu= kommende Kapital eine geringere Rente als das früher angelegte bringt, daß alſo — wie auch aus den in Zahlen angeführten Beiſpielen erhellt — für das Kapital von q +1 J. A. der Zuwachs à kleiner iſt, als für das Kapital von q J. A. Dieſer Einwurf würde begründet ſein, wenn das relative Kapital auf einmal um 1 J. A. geſteigert würde. Aber dieſe Steigerung erfolgt in kaum merklichen Abſtufungen, und jeder Abſtufung folgt eine entſprechende Erhöhung des Arbeitslohns, die wiederum eine neue Kapitalſchaffung vor⸗ theilhaft macht. Denkt man ſich, daß das hinzukommende Kapital von 1 J. A. unter n Arbeiter vertheilt wird, ſo gelohnt, wenn ſteigt dadurch das relative Kapital von g auf 9 + 1 J. A. Da nun n jede Zahl, alſo auch jede beliebig große Zahl bedeuten kann, ſo kommt der Zuwachs, den das Arbeits— produkt durch die Steigerung des Kapitals von q auf q 1 J. A. erhält, dem Zuwachs durch das vorhergehende Kapitaltheilchen, d. i. = 5 ſo nahe als man will; oder — iſt die Grenze der Näherung. 177 Die Rente von dem unter n Arbeiter vertheilten Kapital von 1 J. A. nähert ſich alſo unendlich dem Werth von 4, und damit nähert ſich auch p — 4 unendlich dem Werth von Vap. Die Frage, wie die auf ſo verſchiedenen Wegen ge— fundenen, ganz verſchiedenen Ausdrücke für den Arbeitslohn mit einander in Einklang zu bringen, und wie die Höhe des relativen Kapitals zu beſtimmen ſei, findet nun durch dieſe Unterſuchung folgende Löſung. So lange p — 4 kleiner als ap, iſt die Erhöhung des relativen Kapitals vortheilhafter, als die Anlegung neuer Güter. Erſt dann, wenn Cap = p — ug, d. i. wenn q= ed Ser geworden, findet das unbedingte Maximum der Yrbeitsrente ſtatt. Ueberſteigt q dieſen Werth, jo ſinkt die Arbeitsrente. Es liegt alſo im Intereſſe der Arbeiter, q genau die Größe 7 zu geben, bei welcher deſſen Werth — Bien iſt, mithin it dieſer Werth von g Beſtimmungsgrund für die Höhe des relativen Kapitals. Gar ſehr muß ich fürchten, durch die algebraiſchen Rechnungen die Geduld mehrerer meiner Leſer ermüdet zu haben; denn mir iſt nicht unbekannt, wie läſtig und unbequem die Buchſtabenformeln Vielen, ſelbſt manchen Gelehrten ſind. Aber die Anwendung der Mathematik muß doch da erlaubt werden, wo die Wahrheit ohne ſie nicht gefunden werden kann. Hätte man in andern Fächern des Wiſſens gegen den mathematiſchen Calcül eine ſolche Abneigung gehabt, wie in der Landwirthſchaft und der Nationalökonomie, ſo wären wir Thünen II. 12 178 jetzt noch in völliger Unwiſſenheit über die Geſetze des Himmels; und die Schiffahrt, die durch Erweiterung der Himmelskunde jetzt alle Welttheile mit einander verbindet, würde ſich noch auf die bloße Küſtenfahrt beſchränken. un 8 19. Der Arbeitslohn iſt gleich dem Mehrerzeugniß, was durch den, in einem großen Gelrieb, zuletzt angeſtellten Arbeiter hervorgebracht wird. Denken wir uns einen Güterkomplex, auf welchem mehr als hundert Arbeiter angeſtellt ſind. Das Maß von Arbeit, was die Bewirthſchaftung dieſer Güter erfordert, iſt keineswegs eine beſtimmte Größe. Der Acker kann mehr oder minder ſorgfältig beſtellt, der Ausdruſch des Korns, das Aufleſen der Kartoffeln mehr oder minder rein beſchafft werden — und damit ändert ſich das erforderliche Quantum Arbeit. Wählen wir hier das Aufnehmen der Kartoffeln als Beiſpiel. Werden blos die nach dem Ausgraben oder Aushaken oben auf liegenden Kartoffeln geſammelt, ſo kann eine Perſon täglich mehr als 30 Berliner Scheffel aufleſen. Verlangt man aber, daß die Erde mit der Handhacke aufgekratzt wird, um noch mehrere mit Erde bedeckte Kartoffeln zu ſammeln, ſo ſinkt das Arbeitsprodukt einer Perſon ſogleich tief herab. Je mehr man aber auf das Reinaufleſen der Kartoffeln dringt, deſto kleiner wird das Arbeitsprodukt, und wenn man auch den letzten in einer Ackerfläche von 100 Quadratruthen enthaltenen Scheffel ernten will, ſo erfordert dieſer letzte Scheffel ſo viele Arbeit, daß der zu dieſem Zweck angeſtellte 179 Menſch ſich von ſeinem Arbeitsprodukt nicht einmal ſättigen, viel weniger ſeine andern Bedürfniſſe befriedigen kann. Geſetzt, das ganze auf einem Ackerſtück von 100 Quadrat⸗ ruthen gewachſene Quantum Kartoffeln betrage 100 Berliner Scheffel. Geſetzt ferner, es werden davon geerntet: Wenn zum Aufleſen angeſtellt Alsdann iſt der Mehrertrag durch werden: die zuletzt angeſtellte Perſon: 4 Perſonen . 80 Scheffel = 5 Ehe OB Rn ee EN, a ee 6 ’ 91 En nut; Ark ka iu . 94 a Die HE Dh 8 1 96 D 5 1 975 N 10 5 9852 nr eb 11 a 9858 „ 12 5 ls at Se, Bis zu welchem Grade der Reinheit muß nun der Landwirth beim konſequenten Verfahren das Aufnehmen der Kartoffeln betreiben laſſen? Unſtreitig bis zu dem Punkt, wo der Werth des mehr erlangten Ertrags durch die Koſten der darauf verwandten Arbeit compenſirt wird. Beträgt z. B. der Werth der zum Schaffutter verwandten Kartoffeln irgendwo 5 ßl. pr. Scheffel und iſt der Tagelohn 8 ßl. pr. Perſon: jo bringt die Anſtellung der 9. Perſon einen Mehrertrag von 1, Scheffeln a 5 fl. = 6, ßl., koſtet dagegen 8 ßl. und bringt einen Verluſt von 1, Bl. Dagegen wird durch die 8. angeſtellte Perſon mit einem Koſtenaufwand von 8 ßl. ein Mehrertrag von 2 Scheffeln a 5 fl. = 10 ßl., alſo ein Ueberſchuß von 2 Bl. gewonnen. Man wird demnach, um den höchſten Reinertrag zu erlangen, ca. 8,6 Tagearbeiten einer Perſon auf das Aufnehmen der Kartoffeln verwenden, und ſich mit einem Ertrag von ca. 96, Scheffeln begnügen müſſen. 180 Unter Verhältniſſen aber, wo der Tagelohn auf 15 Bl. ſteigt — wie dies bei einem ſehr ausgedehnten Kartoffelbau, wo Leute aus der Ferne zugezogen werden müſſen, leicht der Fall ſein kann — bezahlt der Mehrertrag durch die Anſtellung der 7. Perſon nur noch gerade den Tagelohn, und von den 100 Scheffeln, welche überhaupt gewachſen ſind, werden dann konſequenterweiſe nur 94 Scheffel geerntet. Können dagegen die Kartoffeln durch Verwendung zum Pferdefutter, zum Branntweinbrennen oder andern Fabrika— tionen zu 16 ßl. pr. Scheffel genutzt werden, ſo iſt bei einem Tagelohn von 8ßl. die Verwendung von 11 Tagearbeiten einer Perſon noch zweckmäßig und von den in der Erde befindlichen 100 Scheffel Kartoffeln werden dann 98s Scheffel geerntet. Bei einem Tagelohn von 15 ßl. und dem Werth der Kartoffeln von 16 ßl. pr. Scheffel bezahlt ſich dagegen die Anſtellung einer 11. Perſon nicht völlig mehr. Der Grad der Reinheit, bis zu welchem der Ausdruſch des Korns aus dem Stroh ſtattfinden muß, iſt ähnlichen Regeln unterworfen, wie das Aufleſen der Kartoffeln. Der bei der Einerntung des Getreides oft ſehr beträchtliche Körnerverluſt kann durch Anſtellung mehrerer Arbeiter bedeutend vermindert werden, indem dann einestheils der richtige Zeitpunkt zum Mähen, Binden und Einfahren beſſer eingehalten, und die Ernte ſchneller beſchafft, anderntheils aber ſtatt des Mähens mit der Senſe das Hauen mit dem Siget, oder das Schneiden mit der Sichel eingeführt werden kann. Auch hier wird man konſequenterweiſe die Zahl der Arbeiter ſo weit ſteigern, als der Werth des durch ſie Erſparten noch die Ausgabe an Tagelohn deckt, oder um eine Kleinigkeit überwiegt. Es folgt hieraus nun: 1) daß eine Steigerung des Arbeitslohns bei gleichbleibendem Werth der Produkte eine Verminderung der anzuſtellenden 181 Arbeiter und gleichzeitig eine Verringerung des Ertrags der einzuſammelnden und auszudreſchenden Früchte bewirkt; 2) daß eine Steigerung des Werths der Produkte bei gleichbleibendem Arbeitslohn gerade die entgegengeſetzte Wirkung hat, indem alsdann mehr Arbeiter mit Vortheil angeſtellt, und die Früchte ſorgfältiger eingeſammelt und reiner ausgedroſchen werden können, alſo einen größern Ertrag liefern; 3) da es im Intereſſe der Unternehmer liegt — dieſe mögen Landwirthe oder Fabrikanten ſein — die Zahl ihrer Arbeiter ſo weit zu ſteigern, als aus deren Vermehrung noch ein Vortheil für ſie erwächſt, ſo iſt die Grenze dieſer Steigerung da, wo das Mehr— erzeugniß des letzten Arbeiters durch den Lohn, den derſelbe erhält, abſorbirt wird; umgekehrt iſt alſo auch der Arbeitslohn gleich dem Mehrerzeugniß des letzten Arbeiters. Da die Zahl der Arbeiter ſich nicht um einen Bruchtheil vermehren oder vermindern läßt, ſo kann auch bei einem Betrieb im Kleinen der Punkt, wo ſich Erwerb und Koſten compenſiren, nicht genau getroffen werden; dieſe Ungleichheit im Einzelnen gleicht ſich aber im großen Ganzen wieder aus, indem in dem einen Fall mehr, in dem andern Fall weniger Arbeiter angeſtellt werden, als das Maximum des Reinertrages erheiſcht. Da ſich dieſer Uebelſtand des kleinen Betriebs nicht blos auf die Zahl der Arbeiter, ſondern auch auf die Zahl des zu haltenden Zugviehes und der zu verwendenden Inſtrumente und Maſchinen erſtreckt, ſo iſt dies, beiläufig geſagt, eins der Momente, die den Betrieb im Großen begünſtigen. 182 In dem vorſtehenden Beiſpiel iſt zwar nur von der vollſtändigern Gewinnung deſſen, was der Boden hervor— gebracht hat, die Rede geweſen; aber die daraus gezogenen Folgerungen haben ihre volle Gültigkeit auch für die auf Erhöhung der Produktivität des Bodens und Hervorbringung größerer Ernten gerichteten Arbeiten. Durch Vermehrung der Arbeitskräfte kann der Boden ſorgfältiger geackert, gereinigt und entwäſſert, der richtige Zeitpunkt zur Saatbeſtellung beſſer eingehalten, und dadurch der gleichmäßige Ertrag der Früchte mehr geſichert und deren Durchſchnittsertrag weſentlich erhöht werden. Andererſeits kann in den mehrſten Verhältniſſen die Produktionskraft des Bodens durch Auffahren von Moder, Mergel und den Erd— arten, die der Acker nicht in genügender Menge beſitzt, gar ſehr geſteigert werden. Alle ſolche Verbeſſerungen haben aber das Gemeinſchaftliche, daß mit ihrer quantitativen Steigerung die Wirkung nicht im directen, ſondern in abnehmendem Verhältniß wächſt, und zuletzt ſogar gleich Null werden kann. Nehmen wir hier das Auffahren von Moder zum Beiſpiel. Geſetzt, daß auf irgend einem Acker die Auffuhr von Moder einen halben Zoll dick den Ertrag um ½ Korn (Ye Berliner Scheffel auf 100 Quadratruthen) erhöht, fo wird das Auffahren eines 2. halben Zolls den Ertrag nicht um Ye, ſondern etwa um 5/8 Korn, eines 3. halben Zolls um ca. Ya Korn u. |. w. vermehren, bis bei weiterer Steige— rung der Moderauffuhr gar keine Erhöhung des Ertrags mehr ſtattfindet, und zuletzt gar eine nachtheilige Wirkung eintritt. Da nun die Arbeitskoſten im direkten Verhältniß mit der Stärke der Moderauffuhr wachſen, der Erfolg aber immer mehr abnimmt, und zuletzt gleich Null wird: ſo muß es hier — wie bei allen vorhin genannten landwirthſchaftlichen „( ee a 183 Operationen — einen Punkt geben, wo die Koſten der Arbeit den Werth der Verbeſſerung erreichen, und dies iſt der Punkt, bis zu welchem die Meliorationen konſequenterweiſe geführt werden müſſen Aber nicht blos bei den einzelnen landwirthſchaftlichen Operationen, ſondern auch bei der Wahl eines niedrigern oder höhern Wirthſchaftsſyſtems — in welchem der höhere Ertrag durch einen vermehrten Arbeitsaufwand erkauft wird — ſo wie bei der Frage, ob Boden geringerer Qnalität — auf welchem die Arbeit mit einem geringern Produkt, als auf gutem Boden gelohnt wird — des Anbaues werth ſei, iſt das Verhältniß zwiſchen Koſten und Werth der Arbeit der Angelpunkt, von dem die Entſcheidung abhängt. Ja, man kann ſagen, daß die ganze Aufgabe der ratio— nellen Landwirthſchaft darin beſteht, für jeden einzelnen Zweig derſelben in den beiden aufſteigenden Reihen „vermehrte Arbeit und erhöhtes Erzeugniß' die korreſpondirenden Glieder aufzufinden, um den Punkt zu beſtimmen, wo ſich Werth und Koſten der Arbeit das Gleichgewicht halten — denn wenn die Arbeit bis zu dieſem Punkt ausgedehnt wird, erreicht der Reinertrag das Maximum. Das Fortkommen des praktiſchen Landwirths hängt zum ſehr großen Theil davon ab, ob er den Takt beſitzt, dieſe Aufgabe annähernd zu löſen. Dieſer Takt fehlt den blos theoretiſch gebildeten Landwirthen in der Regel ganz. Dies kann aber kaum anders ſein; denn die Landwirthſchafts— Wiſſenſchaft iſt nach dieſer Seite hin noch völlig unaus— gebildet und in den Lehrbüchern derſelben wird dieſer Gegen- ſtand, der das Ganze durchdringen, und an dem ſich Alles zur Einheit heranbilden ſollte, kaum berührt. Intereſſant iſt in Beziehung auf dieſen Gegenſtand eine Vergleichung zwiſchen Deutſchland und Nordamerika. 184 In erſterm Lande können bei einem Tagelohn von 12 fl. und einem Preiſe des Rockens von 1 Thlr. 12 ßl. per Scheffel Arbeiten unternommen und ſchlechtes Land angebauet werden, wo die Tagesarbeit eines Mannes nur mit einem Produkt von ½ Scheffel Rocken gelohnt wird. In Nordamerika koſtet nach den gemäßigſten Angaben die Tagesarbeit eines Mannes mindeſtens 32 ßl., und der Werth des Berliner Scheffel Rocken erreicht im Innern des Landes ſchwerlich den Werth von 1 Thlr. Dort iſt alſo jede landwirthſchaftliche Operation, bei welcher die Tages— arbeit eines Mannes nicht ein Produkt von / Scheffel Rocken hervorbringt, mit Verluſt verbunden. Welchen enormen Unterſchied im Landbau beider Länder ruft dieſer einzige Umſtand hervor! In einem Zeitungsartikel aus Nordamerika, worin die Rede davon iſt, welche Stände von den Einwanderern am beſten ihr Fortkommen finden, heißt es: „Am wenigſten machen hier die ſtudirten Oekonomen „ihr Glück: denn es kommt bei uns nicht darauf an, dem „Boden einige Procent Früchte mehr abzugewinnen, ſondern „darauf, an der koſtbaren Arbeit zu ſparen.“ Dieſer Vorwurf trifft geradezu die Wiſſenſchaft, wie ſie gelehrt wird. Denn das Studium der echten Wiſſenſchaft müßte befähigen, alle Verhältniſſe richtig zu würdigen, und vor ſolchen Fehlern zu ſchützen. Bewirkt aber das Studium der Wiſſenſchaft in ihrem gegenwärtigen Zuſtand gerade das Gegentheil, ſo iſt dies ein Beweis ihrer Mangelhaftigkeit. Immer noch will das alte Phantom, als gäbe es ein für alle Entwickelungsſtufen der menſchlichen Geſellſchaft gültiges Ideal der Landwirthſchaft, als ſei jedes niedere Wirthſchaftsſyſtem, jede extenſive, arbeitſparende Wirthſchaft 185 ein Beweis von der Unwiſſenheit der praktiſchen Landwirthe — aus unſern landwirthſchaftlichen Schriften nicht weichen. Die ruſſiſche Regierung ſendet ſeit einigen Jahren öfters junge gebildete Männer, die aber gewöhnlich keine Kenntniß der praktiſchen Landwirthſchaft beſitzen, nach Deutſch— land, um die dortigen Wirthſchaften kennen zu lernen, und um Vorleſungen auf den landwirthſchaftlichen Akademien zu hören. Dieſe erlangen dadurch die Kenntniß, wie in dicht— bevölkerten Ländern mit 3- bis 6000 Menſchen auf der Quadratmeile die Landwirthſchaft zweckmäßig zu betreiben iſt. Werden aber die Lehrvorträge auf den Akademien nicht mit ſteter Beziehung auf das Verhältniß zwiſchen Werth und Koſten der Arbeit gehalten, bleiben die jungen Männer hierüber in Unwiſſenheit, und wenden ſie dann nach der Zurückkunft in ihr Vaterland das Erlernte in Gegenden an, wo nur 500 bis 1000 Menſchen auf der Quadratmeile leben, wo das Getreide 30 Meilen weit verfahren werden muß, und wo in der Regel nur Abſatz für das Korn iſt, wenn in andern europäiſchen Ländern Mißwachs geweſen: ſo führen ihre erworbenen Kenntniſſe nur zum Ruin ihres Vermögens und ihr Beiſpiel, ſtatt zur Nachahmung zu reizen, wird zum Schreckbild gegen den ſogenannten rationellen Betrieb der Landwirthſchaft. Selbſt in Deutſchland fehlt es nicht an Solchen, die als Opfer einer voreiligen Einführung der Fruchtwechſel— wirthſchaft gefallen ſind. — — ä — „Der Werth der Arbeit des zuletzt angeſtellten Arbeiters iſt auch der Lohn derſelben.“ Dieſer aus den vorliegenden Betrachtungen hervor— gehende Satz geſtattet eine ſo vielfache Anwendung auf das 186 geſellſchaftliche Leben, daß es wohl erlaubt fein mag, den ſyſtematiſchen Gang unſerer Unterſuchung zu unterbrechen, den iſolirten Staat mit ſeiner kulturfähigen Wildniß, und der Vorausſetzung des beharrenden Zuſtandes ſeiner Bevölke— rung auf eine kurze Zeit zu verlaſſen, und uns der Wirklich— keit zuzuwenden. Wie in dem als Beiſpiel aufgeführten großen Güter— komplex, ſo iſt auch in der Wirklichkeit das Streben der Unternehmer ganz allgemein, die Zahl ihrer Arbeiter ſo weit zu vermehren, bis aus der fernern Vermehrung kein Vor— theil für ſie erwächſt, d. i. bis der Lohn der Arbeit den Werth der Arbeit erreicht — weil dies in der Natur der Sache und im Intereſſe der Unternehmer begründet iſt. Der Lohn aber, den der zuletzt angeſtellte Arbeiter erhält, muß normirend für alle Arbeiter von gleicher Geſchick— lichkeit und Tüchtigkeit ſein; denn für gleiche Leiſtungen kann nicht ungleicher Lohn gezahlt werden. Wenn aber ſchon jetzt in der Wirklichkeit der Arbeits— lohn den Werth der Arbeit erreicht, und das Volk ſich dennoch in einer gedrückten, armſeligen Lage befindet, wie iſt dann eine Abhülfe möglich? Proudhon (in ſeiner Philoſophie der politiſchen Oekonomie) iſt unwillig darüber, daß der Notar für ein Dokument, welches er in einer Stunde entwirft, ſo viel erhält, als der Tagelöhner für eine zwölfſtündige, ſchwere Arbeit. Derſelbe Schriftſteller findet es ferner unrecht, daß der Fabrikaufſeher eine höhere Beſoldung erhält als der Packträger. Fragen wir aber, was bewegt den Fabrikherrn zur höheren Beſoldung des Aufſehers. Es iſt nicht Gunſt, nicht Menſchenliebe, nicht Freundſchaft; er würde ihn augenblicklich abſchaffen, wenn er ihn entbehren könnte, wenn der Nutzen, den ihm der Aufſeher bringt, nicht mindeſtens ſeinem Gehalt 187 gleich käme. Es iſt alfo auch hier der Werth der Leiſtung Maßſtab für die Beſoldung. Statt des Werths der Arbeit die Länge der Arbeitszeit zum Maßſtab für den Lohn einführen zu wollen, iſt eine Chimäre. Erhält nun aber der Arbeiter in ſeinem Lohn den Werth ſeiner Arbeit, ſo ergibt ſich, daß die gedrückte Lage der Arbeiter nicht aus der Hab- und Gewinuſucht der Grund— und Fabrikherren hervorgeht, indem dieſe — da hier von einer Almoſenertheilung nicht die Rede iſt — für die Arbeit nicht mehr zahlen können, als was ſie ihnen werth iſt, daß alſo die Quelle des Elends der arbeitenden Klaſſe anderswo und tiefer liegend geſucht werden muß. Man kann hiergegen folgenden Einwurf machen: „Wenn auch die zuletzt angeſtellten Arbeiter nicht mehr hervorbringen, als was ſie an Lohn empfangen, ſo liefern doch die früher angeſtellten Arbeiter den Unternehmern einen ſehr beträchtlichen Ueberſchuß, der denſelben die Mittel gibt, einen höhern Lohn zu zahlen, und es fehlt alſo nur an dem guten Willen der Unternehmer, das Loos der Arbeiter zu verbeſſern.“ In dieſem Einwurf findet aber eine Vermiſchung und Verwechſelung der moraliſchen Verpflichtung mit der gewerb- lichen ſtatt. In nationalökonomiſcher Beziehung darf keine Arbeit unternommen werden, die nicht die Koſten deckt: denn ſonſt würde die Arbeit, die den Nationalreichthum ſchaffen ſoll, denſelben im Gegentheil vermindern und aufzehren — und durch Verminderung des National- kapitals würde das Volk nur noch elender werden. Die moraliſche Verpflichtung der Reichen, die Noth der Armen zu mildern, darf nicht auf dieſem Wege, ſondern muß auf andere Weiſe zur That werden. 188 Auch würde der einzelne Fabrikherr, der Arbeiten unter- nähme, die ihm die Koſten nicht wieder einbringen, ſein Vermögen nutzlos opfern, wenn nicht alle anderen daſſelbe thäten. Aber auch die Gemeinſchaft und Verbindung aller Fabrikherren eines Landes zu dieſem Zweck würde nicht immer ausreichen: denn die Fabriken, welche Erzeugniſſe für das Ausland liefern, oder im eigenen Lande die Konkurrenz der Ausländer zu beſtehen haben, würden dadurch zu Grunde gehen, und deren Arbeiter dann völlig brodlos werden. Betrachten wir jetzt, um uns dieſen Gegenſtand noch klarer zu machen, die nothwendigen Wirkungen des Steigens und Fallens des Arbeitslohns. Geſetzt, es finde eine Erhöhung des Lohns ſtatt, ohne daß die Zahl der Arbeiter abnimmt. Alsdann koſten die zuletzt angeſtellten Arbeiter den Grund- und Fabrikherren mehr, als ſie ihnen einbringen. Dieſe werden dann, ihrem Intereſſe folgend — und dies iſt kein Unrecht, ſondern liegt in ihrem Beruf — Arbeiter entlaſſen, und damit ſo lange fortfahren, bis das Produkt des letzten bleibenden Arbeiters im Werth dem erhöhten Arbeitslohn gleich wird. Dadurch werden aber eine Menge Arbeiter brodlos, und um nicht zu verhungern, werden dieſe ſich entſchließen müſſen, wieder für den frühern Lohn zu arbeiten, d. h. eine Erhöhung des Lohns iſt unter dieſen Verhältniſſen nicht möglich. Wenn andererſeits die Bevölkerung in den arbeitenden Klaſſen zunimmt, während der kultivirte Boden und das Kapital dieſelbe Größe behalten: ſo können die hinzukommen⸗ den Arbeiter bei dem bisherigen Lohn keine Anſtellung mehr erhalten. Denn da dieſer Lohn ſchon das ganze Produkt des letzt angeſtellten Arbeiters hinwegnimmt, und jeder weiter angeſtellte Arbeiter ein immer geringeres Produkt liefert, ſo würde die Aufnahme der hinzukommenden Arbeiter bei dem 189 bisherigen Lohnſatz für die Unternehmer geradezu mit Verluſt verbunden ſein. Nur dann, wenn dieſe Arbeiter mit einem geringern Lohn vorlieb nehmen, können die Unternehmer ſie anſtellen, und neue Arbeiten vollführen laſſen, deren Werth dem erniedrigten Lohn entſpricht. Vermehren ſich nun aber die Arbeiter, trotz des ſinken— den Lohns, fort und fort, ſo muß auch der Lohn immer tiefer ſinken, weil die Arbeit, die ihnen gegeben werden kann, immer weniger produktiv wird. Wenn nun mit der wachſenden Bevölkerung die Arbeit auf immer unergiebigere Objecte, auf immer ſchlechtern Boden ausgedehnt werden muß, wo findet ſich dann eine Grenze im Sinken des Lohns? Dieſe Grenze findet ſich erſt dann, wenn die Arbeit ſo wenig produktiv wird, daß das Arbeitsprodukt gleich a, d. i. gleich den nothwendigen Subſiſtenzmitteln wird; denn für einen geringern Lohn als den, der zu ſeinem Lebensunterhalt erforderlich iſt, kann der Menſch nicht arbeiten. Nun ſind aber die Individuen in der Wirklichkeit nicht, wie wir im iſolirten Staat angenommen haben, von gleicher Kraft, Geſundheit und Geſchicklichkeit, ſondern in allen dieſen Beziehungen ſehr ungleich. Es kommt alſo zur Frage, für welche dieſer Arbeiter der Lohn auf a herabſinken ſoll. Dies hängt wiederum von der Zahl der ſich anbietenden Arbeiter ab. Sind dieſe in Ueberzahl vorhanden, ſo werden nur die geſundeſten und kräftigſten Anſtellung finden; die andern bleiben brodlos. Da aber die Kraft des Menſchen in den ver⸗ ſchiedenen Lebensepochen nicht gleich bleibt, ſondern im Alter abnimmt, ſo kann es dahin kommen, daß auch die tüchtigſten Arbeiter nur in der Blüthe der Jugend und der männlichen Kraft Anſtellung finden, im Alter aber darben müſſen. 190 Da aber Religion und Menſchlichkeit gebieten, und es auch von allen Regierungen als Pflicht erkannt iſt, keinen Menſchen aus Mangel umkommen zu laſſen: ſo fallen alle die, deren Arbeitserzeugniß nicht zur Deckung ihrer noth⸗ wendigen Subſiſtenzmittel ausreicht, der Verſorgung durch die Armenkaſſe anheim. Die Zahl der Hülfsbedürftigen kann ſich aber zuletzt ſo vermehren, daß die Laſt der Unter⸗ haltung für die Wohlhabenden überwältigend wird. Dies iſt gegenwärtig“) ſchon in Irland der Fall, wo trotz der ungeheuern Unterſtützung von 50 bis 60 Millionen Thaler, welche die engliſche Nation edelmüthig dem Bruder⸗ volk reicht, dennoch Tauſende vor Hunger ſterben. Die gegenwärtige Noth in Irland iſt hervorgegangen aus dem gleichzeitigen Mißrathen der Kartoffeln und des Getreides. Es iſt aber mit Beſtimmtheit vorauszuſehen, daß bei der Fortdauer einer rückſichtsloſen Volks— vermehrung dieſelbe Noth, nach einigen Decennien, auch bei guten Ernten eintreten wird, und dann völlig unheilbar iſt. Dieſen Betrachtungen liegt die Vorausſetzung zum Grunde, daß während die Volksmenge ſteigt, Kapital und kultivirte Bodenfläche dieſelbe Größe behalten. Es läßt ſich aber leicht nachweiſen, daß wenn auch Letztere wachſen, aber in einem geringern Grade als die Volksmenge, dennoch dieſelben Reſultate, nur ſpäter, zum Vorſchein kommen müſſen. Friede erzeugt Wohlſtand, Wohlſtand Uebervölkerung, Uebervölkerung Elend. Wie iſt aus dieſem Zauberkreiſe herauszukommen? Aber ſoll denn — ſo müſſen wir fragen — nach jeder kurzen Zeit des Friedens, der Erholung und des aufblühenden Wohlſtandes das Menſchengeſchlecht in der großen Mehrzahl immer auf's Neue dem Elende entgegen gehen? *) Geſchrieben im Jahre 1846, 191 Liegt es im Plan der Vorſehung, daß in dem Maß als die Erde bewohnter wird, die Zukunft immer düſterer, das Elend immer größer und unausweichlicher werden ſoll? Sicherlich nicht. Aber welches find denn die Bedingungen, an deren Er— füllung die Vorſehung das Glück der Menſchheit geknüpft hat? Dies iſt eben das große Problem was uns vorliegt — welches wir hier nur anführen, auf deſſen ahnendes Erforſchen wir aber noch nicht eingehen können. Die richtige Auffaſſung des hier verhandelten Gegen— ſtandes könnte wohl dazu dienen, manche Irrwege in den Vorſchlägen der Socialiſten abzuſchneiden. Mögen die Socialiſten ihre ganze Aufmerkſamkeit darauf richten, die Arbeit produktiver zu machen; gelingt ihnen dies, ſo werden ſie das Loos der Arbeiter wahrhaft verbeſſern. Es darf aber nicht überſehen werden — was indeſſen ſchon aus dem ganzen Gang der Unterſuchung erhellt — daß der Werth der Arbeit, in dem Sinn, wie dieſer Ausdruck hier genommen iſt, keineswegs feſtſtehend und unabhängig von andern Potenzen iſt; denn er iſt abhängig von der Ergiebigkeit des Objects, worauf die Arbeit gerichtet wird. Wie hoch oder niedrig aber auf der Stufenleiter der Er⸗ giebigkeit das Object ſteht, dem die Arbeit zugewandt wird, hängt ab von dem größern oder geringern Angebot von Arbeitern. Die Grenze aber, bis zu welcher vermittelſt des großen Angebots von Arbeitern Werth und Lohn der Arbeit herabſinken kann, bildet die Summe der nothwendigen Sub⸗ ſiſtenzmittel des Arbeiters. Zuwiſchen Werth der Arbeit, Angebot von Arbeit und Unterhaltsmitteln des Arbeiters findet alſo eine Ketten— verbindung ſtatt. 192 Die ältern Nationalökonomen haben blos die beiden letzten Glieder dieſer Kette in Betracht gezogen, und dadurch viel zur Unklarheit des Begriffs vom Arbeitslohn beigetragen.“) Großes Unrecht haben die Nationalökonomen dadurch begangen, daß ſie den, aus den beiden von ihnen in Betracht gezogenen Faktoren ſich bildenden Arbeitslohn für den natur- gemäßen genommen, und daraus den Schluß gezogen haben, daß von der Vorſehung ſelbſt den Arbeitern nichts anderes beſtimmt ſei, als was zur Friſtung ihres Lebens nothwendig iſt. Höher faſſen die Socialiſten die Aufgabe auf; denn dieſe verlangen für den Arbeiter nicht blos Unterhalt, ſondern auch Lebensgenuß und Bildung. Ueber das Verhältniß des Socialismus zur National⸗ ökonomie oder Volkswirthſchaftslehre ſpricht Stein in ſeinem geiſtreichen Werk „der Socialismus und Kommunismus des heutigen Frankreichs“ ſich in folgenden Worten aus: „Die Volkswirthſchaftslehre hat an ſich eben nur die „Aufgabe, das daſeiende Verhältniß von Beſitz und Arbeit „zu erkennen, ſelbſt da, wo ſie es in ſeinem tiefſten Leben, „ſeinen Geſetzen erfaßt; ſie kann die künftige Bildung deſſelben „wohl vorausſagen, aber nicht ſelbſt beſtimmen, denn ſie hat „kein höchſtes Grundprincip, das keinem andern untergeordnet „wäre. Dieſes aber ſtellt der Socialismus in der Idee der „Beſtimmung des Menſchen auf, und damit ſetzt er ſich über die „Volkswirthſchaftslehre, als das ſie Benutzende und Beherr— „ſchende; jene iſt weſentlich begreifend, er iſt geſtaltend.“ Ich kann den hier der Nationalökonomie gemachten Vorwurf nicht unbegründet finden, aber derſelbe trifft doch *) Rau iſt meines Wiſſens der Erſte, der dieſem Mangel abhilft, indem derſelbe in ſeinen Grundſätzen der Volkswirthſchaftslehre den Satz aufſtellt: „der Preis der Arbeit hängt ab von dem Werth, den Koſten und dem Mitwerber.“ 193 nur die Wiſſenſchaft in ihrer jetzigen Geſtalt, nicht das Weſen der Wiſſenſchaft ſelbſt. Denn nichts hindert, daß ſie das Grundprincip des Socialismus in ſich aufnimmt und zu dem ihrigen macht. Ja, ich habe gefunden — wie der Verfolg dieſer Schrift zeigen wird — daß das tiefere Ein— dringen in die Frage: „welches iſt der naturgemäße Arbeits— lohn?“ in den letzten Stadien unmittelbar zu der Frage über die Beſtimmung des Menſchen führt. Nach meiner Anſicht können wir nur durch Verſchmel— zung beider Wiſſenſchaften der Erforſchung der Wahrheit näher kommen. Durch eine ſolche Vereinigung würden dann auch der Phantaſie der Socialiſten, mit ihren aus der Un— kenntniß der Geſetze der Nationalökonomie entſpringenden Vorſchlägen die Flügel beſchnitten werden. Auch Proudhon — in ſeiner Philoſophie der politiſchen Oekonomie — iſt dieſer Anſicht, indem er durch eine Reform der Nationalökonomie die Aufgabe der Socialiſten zu löſen hofft. Nach dieſer Abſchweifung kehren wir zum tjolirten Staat zurück. Das Kapital an ſich iſt ein todtes, und vermag ohne die bewegende Kraft des Menſchen nichts hervorzubringen. Ebenſo wenig aber vermag in unſerm europäiſchen Klima der mit keinem Kapital — Kleidung, Lebensmitteln, Geräthſchaften ac. — verſehene Menſch etwas hervorzubringen. Das Arbeitsprodukt p iſt das gemeinſchaftliche Erzeugniß von Arbeit und Kapital. Wie iſt hier nun der Antheil, den dieſe beiden Faktoren, jeder für ſich an dem gemeinſchaftlichen Produkt haben, zu ermeſſen? Thünen II. 13 194 Die Wirkſamkeit des Kapitals haben wir ermeſſen an dem Zuwachs, den das Arbeitsprodukt eines Mannes durch Vergrößerung des Kapitals, womit er arbeitet, erlangt. Hier iſt die Arbeit eine conſtante, das Kapital aber eine veränderliche Größe. Wenn wir dies Verfahren beibehalten, aber umgekehrt das Kapital als gleichbleibend, die Arbeiterzahl als wachſend betrachten, ſo muß auch, bei einem Betrieb im Großen die Wirkſamkeit der Arbeit durch den Zuwachs, den das Geſammt⸗ produkt durch die Vermehrung der Arbeiter um Einen erhält, der Antheil des Arbeiters an dem Produkt, zu unſerer Kenntniß gelangen. Geſetzt das in einer Unternehmung verwandte Gejammt- kapital ſei gleich ng J. A. Der Unternehmer, feinem Intereſſe folgend, vermehrt die Zahl ſeiner Arbeiter ſo lange, bis der zuletzt Angeſtellte nur noch ein Mehrerzeugniß hervorbringt, welches ſeinem Lohn gleich iſt. Wie groß iſt nun das Erzeugniß des letzten Arbeiters“ Wenn m Arbeiter angeſtellt werden, jo arbeitet jeder mit einem Kapital von q J. A. Das Produkt eines jeden Arbeiters iſt = p, deſſen Lohn = A, die Rente des Unter⸗ nehmers, der n Arbeiter beſchäftigt, alſo S n (p— A). Wird ein Arbeiter entlaſſen, jo bleiben n — 1 Arbeiter, — 10 q J. A. arbeitet. Wir bezeichnen dies Kapital mit q‘, wo dann g“ größer als q tt. Das Arbeitsprodukt des Mannes, der mit q’ J. A. Kapital arbeitet, bezeichnen wir mit p'. Da das Arbeits— produkt eines Mannes wächſt, wenn das Kapital, womit er arbeitet, ſteigt, jo iſt p' ebenfalls größer als p. Die Diffe- renz zwiſchen beiden, oder p“ — p ſei 7; alſo p =p+ 7. Das Geſammtprodukt iſt dann = (n — 1) p' = (n — 1) P7): wovon jeder mit einem Kapital von ( 195 Die Ausgabe an Arbeitslohn tft für mn — 1 Arbeiter = (n — 1) A. Die Rente des Unternehmers beträgt demnach e n. Hat nun der Unternehmer konſequenterweiſe die Arbeiter— zahl ſo weit geſteigert, daß der letzte nur noch ſeinen Lohn hervorbringt, ſo muß ſeine Rente dieſelbe Größe haben, er mag n oder n — 1 Arbeiter angeſtellt haben. Demnach muß npp—nA=(n—|)(p+y) - n- 1) A ſein, oder np - nA = np -p M = ) nA A A, alſo 0O=—p+m—I)y+A, und A= p- (n- 1) . Nimmt man nun n unendlich groß, ſo verſchwindet 1 gegen n, und A wird p- nx. 4 a 4d S Das Kapital — kommt, wenn man n N wachſen läßt, dem Werth von q + 1 q fo nahe als man will. Nun haben wir aber im vorigen Paragraph für — J. A. Kapital die Aenderung im Produkt = gefunden. Hier finden wir die Differenz im & * — „ * 1 IL Arbeitsprodukt, wenn das Kapital ſich um 1 A. ändert pP — p x. Wenn nun für das Kapitaltheilchen von dieſe Aenderung für g ſolcher Kapitaltheilchen F, alſo iſt r= fg, und da wir n?=a geſetzt haben, jo iſt auch ny = ag, folglich a D ny p- 4g. 196 Daſſelbe Reſultat haben wir aber auch ſchon im vorigen Paragraph erhalten. Wir erlangen alſo durch die beiden verſchiedenen Methoden: 1) die Rente aus dem Zuwachs, den das erhöhte Kapital zum Produkt liefert, und 2) den Arbeitslohn aus dem Mehrerzeugniß des zuletzt angeſtellten Arbeiters bei gleichbleibendem Geſammt— kapital zu beſtimmen, für den Arbeitslohn denſelben Ausdruck, A = p — 44. Wir haben aber im vorigen Paragraph geſehen, daß der Vortheil bei Anlegung neuer Güter mit dem, bei Er— höhung des relativen Nationalkapitals erſt dann in's Gleich— gewicht tritt, und der beharrende Zuſtand erſt dann ftatt- finden kann, wenn p — 4d = Vap iſt. Der nach der hier angewandten Methode gefundene Arbeitslohn p — 4 muß alſo in dem, mit einer kultur— fähigen Wildniß umgebenen, iſolirten Staat ebenfalls — Vap werden. § 20. Die Produktionskoſten des Kapitals und der Kapital- Rente. Im S 5 iſt die Frage aufgeſtellt, ob nicht zwiſchen den Produktionskoſten des Kapitals und dem Preis deſſelben, d. i. dem Zinsſatz, wofür man das Kapital angeliehen er⸗ halten kann, ein ähnliches Verhältniß ſtattfindet, wie zwiſchen den Produktionskoſten der Tauſchgüter und deren Preis. Es ſind dann bei der Entwickelung der Regeln, wonach der Preis ſich bildet, im § 13 die Tauſchgüter in zwei Klaſſen 197 getheilt, und zwar umfaßt die erſte Klaſſe die Taufchgüter, welche mit gleichbleibenden Koſten in beliebiger Menge hervor— gebracht werden können, während zur zweiten Klaſſe die Tauſchgüter gehören, deren erweiterte Produktion mit wachſen— den Koſten verbunden iſt. Zu der erſten Klaſſe gehören Geräthſchaften, Maſchinen und manche andere Gegenſtände. In dieſen wird nicht der Nutzen, den ſie gewähren, bezahlt, ſondern die Produktions— koſten werden zum Regulator für den Preis. Hier ſcheint demnach jede Verbindung zwiſchen Gebrauchswerth und Produktionskoſten aufgehoben zu ſein. Dies iſt jedoch nicht der Fall, wie ſich aus nachſtehender Betrachtung ergeben wird. Wir haben im $ 13 unter den Gegenſtänden von ſehr hohem Gebrauchswerth und ſehr geringem Preis den Pflug als Beiſpiel aufgeführt, und wollen nun auch bei unſerer jetzigen Betrachtung dies Inſtrument zum Grunde legen. Der Gebrauchswerth der Pflüge überſteigt vielfach deren durch die Produktionskoſten regulirten Preis. Welches iſt nun aber die Grenze der Vermehrung derſelben, und wie viele Pflüge wird man z. B. auf einem Gut, welches 24 2 pferde hat, halten? Man kann hier mit 10 Pflügen ausreichen, weil die Pferde ſelten ſämmtlich zum Pflügen gebraucht werden; man kann aber für dieſe ſeltenen Fälle auch 12 Pflüge an— ſchaffen, und wenn man jede Störung in der Arbeit, die durch das Zerbrechen eines Pfluges entſteht, vermeiden will, können auch 14 Pflüge hier Anwendung finden. Wie groß nun auch die Nutzung der zuerſt angeſchafften Pflüge ſein mag, ſo wird doch die des zuletzt hergeſtellten 14. Pflugs entweder ſehr geringe ſein, oder auch die Zinſen vom Kaufpreis nebſt der jährlichen Werthverminderung nicht mehr decken. 198 Fragen wir nun nach der Grenze der Vermehrung der Pflüge, ſo lautet die Antwort: die Pflüge werden ſo lange vermehrt, bis der zuletzt angeſchaffte Pflug nur noch die Koſten ſeiner Ver— fertigung und Unterhaltung deckt. So wenig alſo auch der Gebrauchswerth oder die Nutzung der Pflüge über den Preis derſelben im allgemeinen enſcheidet, ſo wird dadurch doch die Grenze ihrer Vermehrung feſtgeſtellt. Wie mit dem Pflug, ſo verhält es ſich auch mit allen Waaren, die mit gleichbleibenden Koſten für das Stück un— beſchränkt vermehrt werden können. Zu den Tauſchgütern der zweiten Klaſſe gehört das Ge— treide, wenn der erhöhte Bedarf nur durch den Anbau von minder fruchtbarem, oder minder günſtig gelegenem Boden als der bisher in Kultur geweſene, oder endlich auf einem und dem— ſelben Boden nur durch Einführung einer intenſivern koſt— ſpieligern Wirthſchaft befriedigt werden kann. Es gehören ferner dazu alle Metalle, die, wenn keine neuen Minen entdeckt werden, aus dem Schooß der Erde in immer größerer Tiefe herausgeholt werden müſſen. Die Vermehrung der wirthſchaftlichen Güter dieſer Gattung findet in dem Gebrauchswerth derſelben von vorne herein ihre Schranken. Welches bildet nun aber die Schrauke für die Ber: mehrung des Kapitals, und welches iſt das Maß für die Produktionskoſten des Kapitals? g Die Anwendung des Kapitals macht, wie im Vor⸗ hergehenden vielfach gezeigt iſt, die menſchliche Arbeit pro— duktiver. Mit dem größern Produkt der Arbeit wächſt der Ueberſchuß, und mit dieſem die Leichtigkeit der Kapital— erzeugung. Die Produktion des Kapitals wird alſo immer wohlfeiler, je mehr ſich Kapital bildet. In dieſer Beziehung 199 ſtehen Kapital und Tauſchgüter der zweiten Klaſſe im geraden Gegenſatz mit einander — indem bei jenem die Vermehrung immer wohlfeiler, bei dieſem immer koſtſpieliger wird. Die Erweiterung des Gebrauchs erlangt das Kapital dadurch, daß es in dem Maß, als es wohlfeiler wird, mehr und mehr an die Stelle der menſchlichen Arbeit tritt. Die Kapitalerzeugung müßte demnach unbegrenzt fort— gehen, wenn nicht mit der Vermehrung des Kapitals die Nutzung deſſelben gleichzeitig abnähme. Dieſe Abnahme der Nutzung entſpringt aus zwei Ur— ſachen. 1) Wenn die wirkſamſten Geräthe, Maſchinen ꝛc., woraus das Kapital beſteht, in genügender Menge vorhanden ſind, ſo muß, wie § 10 ausführlich erörtert iſt, die fernere Kapitalerzeugung ſich auf Geräthſchaften ꝛc. von minderer Wirkſamkeit richten. 2) Im Landbau führt der Zuwachs an Kapital, wenn derſelbe überall eine Anwendung finden ſoll, zum An— bau von minder ergiebigen, minder günſtig gelegenen Ländereien, oder auch zu einer intenſivern, mit größern Koſten verbundenen Wirthſchaft — und in dieſen Fällen bringt das zuletzt angelegte Kapital eine ge- ringere Rente, als das zuvor angelegte. Dieſe Doppelſeite des Kapitals macht die Löſung der geſtellten Aufgabe ſehr ſchwierig. Auch geht daraus hervor, daß das Kapital weder zur erſten noch zur zweiten Klaſſe der Tauſchgüter gehört, ſondern eine eigene Klaſſe bildet. Der Ueberſchuß, den die Arbeit liefert, kann eine zwei— fache Beſtimmung erhalten, er kann nämlich verwandt werden: a) zur Anſammlung und Aufbewahrung eines Vorraths, in der Abſicht, ſpäterhin, ohne zu arbeiten, davon zu leben; 200 b) zur produktiven Anlegung im Landbau oder in den Gewerben. In erſterer Beziehung iſt das ſchrankenloſe Wachſen des Kapitals dem Arbeiter günſtig, weil damit Lohn und Ueberſchuß wachſen und der Arbeiter dann in kürzerer Zeit den Vorrath erwirbt, von welchem er ſpäterhin, ohne zu arbeiten, leben kann. Aber der Vorrath iſt noch nicht Kapital, ſondern nur Stoff zum Kapital, und verliert dann, wenn er ohne einen Erſatz zu liefern, verzehrt wird, die Dauer, welche erforder— lich iſt, um dem Begriff von Kapital zu entſprechen. Dem Vorrath fehlt aber noch eine andere weſentliche Eigenſchaft des Kapitals, nämlich die, daß daſſelbe durch produktive Anlegung die menſchliche Arbeit wirkſamer macht. Die Vorräthe in den Händen eines Kaufmanns zum Zweck des Verkaufs bilden allerdings ein Kapital, durch welches den Konſumenten die Erlangung ihrer Be— dürfniſſe erleichtert und minder koſtſpielig gemacht wird, wodurch alſo der Nationalwohlſtand gefördert wird. Da— gegen würden Vorräthe, die ein Kaufmann ſammelt und liegen läßt, um ſpäterhin im Müſſiggang davon zu leben, dem Kapital nicht angehören. Scheiden wir nun die Vorräthe, die nicht werbend an— gelegt werden, vom Kapital aus, und verſtehen unter dieſem nur das Vermögen, was eine Rente trägt, ſo vereinfacht ſich unſere Aufgabe gar ſehr, indem nun nicht das Kapital ſelbſt, ſondern die Frucht deſſelben, d. i. die Rente, Gegenſtand des Begehrs wird. Damit gelangen wir nun zu der Frage: Welches ſind die Produktionskoſten der Rente, und unter welchen Verhältniſſen wird die Rente mit den mindeſten Koſten erzeugt? | | 201 Das Kapital iſt Erzeugniß der Arbeit; aber dieſes Er— zeugniß erſetzt wiederum die menſchliche Arbeit und dient ſelbſt wieder zur Schaffung neuer Kapitale. Zwiſchen Ka— pital und Arbeit findet demnach eine enge Verbindung und ſtete Wechſelwirkung ſtatt, die untrennbar ſcheint. Da aber das urſprüngliche Kapital ($ 8) rein aus der menſchlichen Arbeit hervorgegangen iſt, und da es ($ 13) gelungen iſt, die Wirkſamkeit des Kapitals auf Arbeit zurückzuführen: ſo iſt auch die Arbeit, als Schöpferin des Kapitals der einzig richtige Maßſtab für die Produktions— koſten des Kapitals und der Rente. Aber ſo wie der Preis der Waaren durch das Minimum der Produktionskoſten regulirt wird und die durch ungeſchickte und unrichtige Verwendung von Kapital und Arbeit ver— größerten Koſten in dem Preiſe der Waaren nicht vergütet werden — ſo muß auch hier das Minimum von Arbeit, wodurch eine Rente hervorgebracht werden kann, den Maß— ſtab für die Produktionskoſten bilden. Auf die Quantität Arbeit, welche zur Erzeugung einer Rente von gegebener Größe erforderlich iſt, hat aber die Höhe des Arbeitslohns den weſentlichſten Einfluß, und unſere Aufgabe wird nun die: den Arbeitslohn zu erforſchen, bei welchem die Rente mit dem mindeſten Aufwand von Arbeit erzeugt wird. Wir wählen hier für den Arbeitslohn den Ausdruck a + y, in welchem y eine noch völlig unbeſtimmte Zahl iſt. Die auf Kapitalerzeugung durch Schaffung eines neuen Guts gerichtete Jahresarbeit wird nach § 15 gelohnt mit einer Rente Ga q (a + Y Die verlangte Rente ſei = ar. von 202 Alsdann find zur Erzeugung derſelben bus p—-la+y))y arq (a-) q (a TY) Ca yy 1 Es ſei r = 1, die verlangte Rente alſo = a — 100 c; p Jei= 300 e und q = 12, Jo verwandelt ſich obige Formel 1200 c (100 c ) (300 e — L100 e+yl) y Die Zahl der Arbeiter, welche zur Produktion einer Rente von 100 c erforderlich find, beträgt dann, wenn Arbeiter erforderlich. in „ A I RE Re 40 NY 7 60 B OEL I PO 2258 1 24. Es zeigt ſich hier, daß die Zahl der erforderlichen Arbeiter mit der Erhöhung des Lohns nicht fortwährend abnimmt, indem bei dem Lohn von a + y = 200 e die Er⸗ zeugung der Rente von 100 ce mehr Arbeiter erfordert, als beim Lohn von 160 ec. Es muß demnach einen Werth von y geben, bei welchem die Rentenerzeugung den mindeſten Aufwand von Arbeit erfordert. Dieſen Werth von y finden wir, wenn wir von obiger Funktion das Differential nehmen, und dieſes gleich Null 5 arg (a+y) een, ift gleich arg (p— [a+ yl)ydy—-(a+y) (p—a—2y)dy —= py—ay— Y — ap fa. 555 + ay a4 5 + 2ay + a! — ap = alſo 52 + 2ay + a = ap und a+y = Vap. Das Differential von 205 Für p= 300 e iſt Kap = 173 e und y=Vap—a=73 c. Alsdann aber beträgt, wenn q wie oben = 12 geſetzt wird, die Zahl der zur Erzeugung einer Rente von 100 e erforderlichen Arbeiter = 22,1. Der Arbeitslohn Vap erfüllt alſo die Bedingung, die Rente mit dem Minimum von Arbeitskräften zu erzeugen. — y Welches iſt nun der Zinsſatz, wenn die Rente mit dem mindeſten Aufwand an Arbeit hervorgebracht wird? Der allgemeine Ausdruck für den Zinsſatz iſt TEN . 2 q (a + Setzt man hier Vap für a+ „, jo wird Pp ap Vp—Va Vap- a qV ap E Für den Fall, daß der Ueberſchuß y=Vap—a iſt, erhalten wir alſo für den Zinsſatz z den einfachen Ausdruck 1 a9 y Nimmt man für a, p und y den Scheffel Rocken zum Maßſtab, jo bezeichnet ag die Zahl der Scheffel Rocken, oder deren Aequivalent, welche von q Arbeitern bei der Kapitalſchaffung durch Anlegung eines neuen Guts ($ 15) verzehrt werden. Zur Erzeugung dieſer ag Scheffel ſind, da jeder Arbeiter einen Ueberſchuß von y Scheffel hervorbringt, — Arbeiter erforderlich. Wir erhalten demnach das merkwürdige Reſultat, daß der Zinsfuß gleich iſt der Eins, dividirt durch die Zahl der Arbeiter, welche die bei der Kapital— ſchaffung verzehrten Subſiſtenzmittel producirt haben. 204 Es darf aber nicht außer Acht gelaffen werden, daß dieſer Satz nur für den Arbeitslohn = Vap und für den Ueberſchuß y = Vap — a gültig iſt. — — 8 21. Das Geſetz für die Theilung zwiſchen Kapitaliften und Arbeitern. In welchem Verhältniß muß das Arbeitsprodukt zwiſchen dem Arbeiter und dem Beſitzer des Kapitals, womit gearbeitet wird, getheilt werden, und welcher Lohn kommt hiernach dem Arbeiter zu? Die Lohnarbeiter können mit Recht folgende zwei Forderungen machen: 1) Die Arbeit, durch welche das Kapital erzeugt iſt, ſoll pr. Jahresarbeit mit keiner höheren Rente belohnt werden, als die Jahresarbeit des Lohnarbeiters, wenn dieſer den Ueberſchuß, der ihm von ſeinem Lohn nach Abzug der noth— wendigen Unterhaltungsmittel verbleibt, gegen Zinſen aus⸗ leiht. Oder mit anderen Worten: beide Gattungen von Arbeit, nämlich die im Kapital enthaltene und die für Lohn geleiſtete, ſollen (gleiche Qualität vorausgeſetzt) auch gleiche Renten liefern. 2) Der Arbeitslohn muß die Höhe haben, bei welcher die Erzeugung der Kapitalrente mit dem mindeſten Auf— wand von Arbeit erlangt wird. Der zweiten Forderung wird, wie im vorigen Paragraph nachgewieſen iſt, entſprochen, wenn der Arbeitslohn = V ap iſt. Ob dieſer Arbeitslohn auch der erſten Forderung Genüge leiſtet, mag nachſtehende Berechnung entſcheiden. 205 Bei dem Arbeitslohn = Vap beträgt nach & 15 die Rente, welche der kapitalerzeugende Arbeiter erlangt (p—Vap) (Cap — a) an. (Vp-— Va) (Lap —a) qVap qVa (Vap—a) (Vap—a) (Vap - a) aq # aq Für den Lohnarbeiter beträgt bei dem Ueberſchuß von Va Vap — a, und dem Zinsſatz N die Rente (Vap- a) C. = Lag = 0 aq za Bei dem Arbeitslohn — Fap, und dem Zinsſatz von Vap—a iſt alſo die Belohnung für die im Kapital ſteckende Arbeit und für die Lohnarbeit im Gleichgewicht. Verlangt dagegen der Arbeiter von dem Kapitaliſten einen Lohn, der Vap überſteigt, jo iſt dieſe Forderung eine unbillige und ungerechte, die zurückgewieſen werden muß; denn er verlangt dann für Arbeiten von gleicher Qualität eine ungleiche Belohnung. Auch widerſtreitet eine ſolche Forderung dem eigenen Intereſſe des Arbeiters, der durch Anſammlung eines Vermögens ſeine Lage verbeſſern will, weil mit dem höhern Lohn als Vap, wenn dieſer Lohnſatz allgemein wird, durch das damit verbundene Sinken des Zinsſatzes, die Rente, welche der Arbeiter erwirbt, ſtatt zu fteigen, ſich vermindert, wie aus § 15 hervorgeht. Im vorigen Paragraph iſt die Frage: „Welches die Schranke für die Vermehrung des Kapitals bildet“, auf- geworfen, und wir können jetzt dieſe Frage dahin beantworten, daß, wenn die Arbeiten in den Gewerben und Fabriken. welche Konſumtions⸗Artikel liefern, mit einer höhern Rente 206 als bei der Kapitalerzeugung belohnt werden, die Kapital vermehrung bei conſtant bleibender Bevölkerung aufhört. Wir haben jetzt das Verhältniß zwiſchen Arbeitslohn und Zinsfuß nach vier verſchiedenen Methoden und Geſichts— punkten zu beſtimmen geſucht; wir haben nämlich 1) die Kapitalerzeugung durch Arbeit unterſucht; dann 2) das Kapital als Arbeit erſetzend betrachtet; ferner 3) den Zinsfuß durch die Nutzung des zuletzt angelegten Kapitaltheilchens beſtimmt; und endlich 4) das Mehrerzeugniß durch den zuletzt angeſtellten Arbeiter als Maß für den Arbeitslohn angenommen. Da nun aus allen dieſen Unterſuchungen der Arbeits— lohn = ap ſiegreich hervorgegangen iſt: jo glaube ich — wenn man den, der Organiſation des Menſchen und der phyſiſchen Welt entſprechenden Lohn, den naturgemäßen nennt — jetzt den Satz aufſtellen zu dürfen: der naturgemäße Arbeitslohn iſt = Vap. 8 22. Einfluß der Fruchtbarkeit des Bodens auf Arbeits- lohn und Zinsfuß. Wir haben den naturgemäßen Arbeitslohn = Vap ge funden; aber wir müſſen jetzt fragen, ob hierin für den Arbeiter eine Garantie liege, daß fein Lohn nicht ein ärm⸗ licher werde, da dieſer von der Größe von p abhängt, und da der Werth von p wiederum von der Fruchtbarkeit des Bodens, worauf Kapital und Arbeit verwendet wird, abhängig iſt. Der Werth von ap wird nämlich immer kleiner, je mehr p abnimmt, und wenn p = a tft, ſinkt der Arbeits— lohn auf a, d. i. auf den Betrag der nothwendigen Sub⸗ ſiſtenzmittel herab. 207 Um den Einfluß der Fruchtbarkeit des Bodens näher kennen zu lernen, wollen wir nun für p nach und nach andere Werthe ſetzen. 1) Es jet p= 300 e, jo iſt für a 100 c, und q= 12 der Arbeitslohn A = Vap = 173 c, der Zinsſaß 2 — — Ba Hit: 2) p ſei = 200. Alsdann it A = Fap = 142 e 3 pCt. aq 3) Für p = 150 ap 122 8 1,53 pCt. 4) Es ſei p = a = 100 e, io iſt A = Vap = 100 Vap—a a Wir ſehen hier alſo, daß Arbeiter und Kapitaliſten an der Steigerung der Produktion ein gemein- ſchaftliches Intereſſe haben, daß Beide verlieren, wenn die Produktion abnimmt, und Beide gewinnen, wenn ſie zunimmt. Aufgabe. Den Werth von p zu finden, wenn 2 = 2 YC. iſt. und 2 = 2 O Alsdann iſt * 1 en 3 100 460 alſo V 100p — 100 = 24 7100p = 124 100p = 124? = 15376 p = 159,76 und A = Vap = 124 208 Bei einem fo niedrigen Zinsſatz wird aber ſchwerlich neues Kapital geſammelt werden — da dies doch auch von Seiten der Kapitaliſten Entſagung von Genüſſen fordert — und es wird ſich wohl kein Kapitaliſt finden, der ſein Kapital in einem Unternehmen, welches nur 2 pCt. einträgt, anlegen möchte. Aber ſelbſt dann, wenn dies geſchähe, überſteigt der Arbeitslohn die Bedürfniſſe des Arbeiters noch um 24 pCt. So lange der Arbeitslohn = Vap tft, fo lange — und dies iſt von entſcheidender Wichtigkeit — iſt auch der Arbeiter gegen Noth und Mangel geſchützt. Ganz anders verhält ſich dies in unſern europäiſchen Verhältniſſen, wo kein herrenloſes Land mehr zu finden, und dem Arbeiter die Möglichkeit genommen iſt, ſich dem niedrigen Lohngebot ſeines Lohngebers durch den Anbau eines bisher unkultivirten Stück Landes zu entziehen. Hier entſcheidet die Konkurrenz über die Höhe des Lohns; hier iſt der Arbeitslohn = a+ y, wo y völlig unbeſtimmt i 5 i le e it, und der Zinsſatz z iſt hier = 45 Je kleiner nun „ wird, deſto mehr wächſt 2, wie nach— ſtehendes Beiſpiel zeigt: Te 3 100, p 200, h 12, nit für 7 = 50, z = 277 PCt. F N 10% 6 N Es liegt alſo im Intereſſe der Unternehmer und Kapita⸗ liſten, den Lohn immer tiefer herabzudrücken, und während der Arbeiter für ſeinen Lohn nur noch die nothwendigen Lebensbedürfniſſe ſich verſchaffen kann, genießt der Kapitaliſt den hohen Zinsſatz von 8 ½ pCt. 209 Hier ſcheidet ſich alſo nicht blos das Intereſſe der Kapi— taliſten von dem der Arbeiter, ſondern das Intereſſe Beider ſteht ſich diametral entgegen. In dieſem entgegengeſetzten Intereſſe liegt nun der Grund, warum Proletarier und Be— ſitzende fortan ſich feindlich gegenüber ſtehen, und unverſöhnt bleiben werden, ſo lange der Zwieſpalt in ihrem Intereſſe nicht gehoben iſt. Aber nicht blos dem Wohlſtand ſeines Lohnherrn, ſondern auch dem Nationalwohlſtand ſteht der Arbeiter intereſſenlos gegenüber. Durch Entdeckungen im Fabrikweſen, durch Anlegung von Chauſſeen und Eiſenbahnen, durch Anknüpfung neuer Handelsverbindungen ꝛc. kann von Zeit zu Zeit das National⸗ einkommen ſich gar ſehr ſteigern. Aber bei unſerer jetzigen geſellſchaftlichen Organiſation wird der Arbeiter davon nicht berührt, ſeine Lage bleibt wie ſie war, und der ganze Zuwachs am Einkommen fällt den Unternehmern, Kapitaliſten und Grundbeſitzern anheim. Im Jahre 1836 war in Mecklenburg die mittlere Pacht für eine Laſt guten Ackers (6000 Quadratruthen) ca. 100 Thlr. N. Seitdem iſt die Pacht pr. Laſt Acker auf 150 bis 200 Thlr. N? geſtiegen. Von dieſer außerordentlichen Zunahme des National- einkommens iſt aber dem Arbeiterſtande nichts zugefloſſen, und es konnte demſelben bei unſerm ſocialen Organismus nichts zufließen. Wäre aber die geſellſchaftliche Organiſation der Art geweſen, daß hiervon den Arbeitern auch nur ein Fünftel hätte zu Theil werden müſſen: ſo würde ſich Glück und Zufriedenheit über Tauſende von Familien verbreitet haben, die Aufregungen und Gewaltthaten, wodurch die Arbeiter ſich Thünen II. 14 210 im Frühjahr 1848 einen höheren Lohn erzwangen, wären unterblieben, und das ſchöne patriarchaliſche Band, was früher zwiſchen Herrn und Untergebenen beſtand, wäre nicht zer riſſen worden. Der Uebergang aus der Klaſſe der Arbeiter zu dem Stande der Beſitzenden könnte zur Ausgleichung dienen, wenn nicht in dem niedrigen Lohnſatz ſelbſt das Hemmniß gegen dieſen Uebergang enthalten wäre, und zwar aus folgenden beiden Gründen: 1) Bei dem jetzigen Lohnſatz können die Arbeiter ent— weder gar keine oder doch nur unbedeutende Kapitale ſammeln, und die Schaffung neuer Kapitale wird dadurch faſt zum Monopol der Unternehmer, Kapita⸗ liſten und Grundbeſitzer. 2) Bei dem geringen Lohn vermögen die Arbeiter nicht, ihren Kindern den Unterricht geben zu laſſen, der zur Erlangung der Kenntniſſe, welche zum Betrieb eines Gewerbes, oder zu einer höhern Stellung in der bürger— lichen Geſellſchaft befähigen, erforderlich iſt. So liegt alſo in dem niedrigen Lohn der Grund zur Fort⸗ dauer deſſelben. Wie iſt aus dieſem Cirkel herauszukommen? Alle dieſe Uebelſtände, an denen der ſociale Zuſtand Europas erkrankt iſt, fallen für den Arbeitslohn V ap hinweg. In Vap iſt der Lohn des Arbeiters dem Werth ſeines Erzeugniſſes proportional; in unſern gegenwärtigen Zuſtänden iſt der Lohn des Arbeiters von ſeinem Arbeitsprodukt ganz unabhängig. In der Trennung des Arbeiters von ſeinem Erzeugniß liegt die Quelle des Uebels. Die Arbeiter im Verdung haben vor denen im Tage— lohn den großen Vorzug, daß der Verdienſt des Arbeiters mit ſeinem Fleiß ſteigt und fällt, daß alſo der Arbeiter 211 gewiſſermaßen für ſich ſelbſt, und deshalb mit mehr Luſt und Liebe zur Sache arbeitet. Dennoch aber kann bei der Arbeitslohnung nach der Stückzahl, durch die Konkurrenz der Arbeiter unter einander, der Verdienſt derſelben tief herabſinken. Beim Verdung wird nur die Quantität Arbeit, nicht aber der im Erzeugniß enthaltene Werth der Arbeit bezahlt; während beim Lohn = Vap der Arbeiter unmittel— bar an dem Werth ſeiner Arbeit Theil nimmt. Ob und unter welchen Bedingungen der Arbeitslohn V ap für unſere europäiſchen Zuſtände möglich iſt — dies geht aus unſern bisherigen Unterſuchungen nicht hervor, ſondern wird Gegenſtand der Fortſetzung dieſer Schrift ſein. So viel aber leuchtet ein, daß wenn auch die voll— ſtändige Zurückführung zum naturgemäßen Arbeitslohn nicht möglich wäre, doch die Uebelſtände ſehr gemindert werden, wenn die Arbeiter auch nur einen Theil ihres Lohns im Antheil an dem Erzeuguiß ihrer Arbeit erhalten. — Blicken wir nun auf die Zuſtände in den nordamerikani⸗ ſchen Freiſtaaten. Dort iſt, wie im iſolirten Staat, fruchtbarer Boden in ungemeſſener Menge umſonſt oder für eine Kleinigkeit zu haben. Dort kann, wie im iſolirten Staat, nur die Entfernung vom Marktplatz der Ausbreitung der Kultur Schranken ſetzen. Aber dieſe Schranken werden durch die Dampfſchifffahrt auf den Flüſſen, durch die Anlegung von Kanälen und Eijen- bahnen immer weiter hinausgeſchoben. 212 Dort kann alſo der Arbeitslohn Vap zur Verwirklichung gelangen, und iſt in der That dazu gelangt; denn wir finden in Amerika zwiſchen Arbeitslohn und Zinsfuß ein ähnliches Verhältniß, wie wir es aus unſern Formeln für fruchtbaren Boden entwickelt haben. In Folge dieſes Verhältniſſes zwiſchen Arbeitern und Kapitaliſten finden wir in Nordamerika allgemeinen Wohl— ftand, der mit Rieſenſchritten wächſt; dort findet keine ſchroffe Abſonderung zwiſchen den verſchiedenen Ständen ſtatt, und zwiſchen ihnen herrſcht Eintracht und Friede; und ſelbſt unter der geringern Volksklaſſe ſind die erſten Schulkenntniſſe — Leſen, Schreiben und Rechnen — allgemeiner verbreitet als in Europa. Die erſten Menſchen, welche unter einem noch günſtigern Himmelsſtrich die Erde betraten, mußten in einer ähnlichen Lage ſein — und deshalb hat man vielleicht dieſen Zuſtand den paradieſiſchen genannt. Iſt nun ein ſolcher Zuſtand mit der Dichtheit der Be— völkerung unverträglich und für immer von der Erde ver— ſchwunden? Oder kann die Menſchheit durch höhere Ausbildung der Geiſteskräfte, und durch Unterordnung der Leidenſchaften unter die Herrſchaft der Vernunft dieſen Zuſtand wieder zurück— führen, und iſt es vielleicht die Aufgabe des Menſchen— geſchlechts, das, was die erſten Menſchen ohne Verdienſt, durch die Gunſt der Natur empfingen, durch eigenes Ver— dienſt wieder zu erringen, und ſomit zu ſeinem geiſtigen Eigenthum zu erheben? 213 8,99. Anwendung der gefundenen Formeln auf konkrete Fälle In der bisherigen Unterſuchung find Arbeitsprodukt, Zinsfuß und Arbeitslohn durch Buchſtabenformeln ausgedrückt. Die Buchſtaben repräſentiren jeden Zahlenwerth, und die darin aus gedrückten Formeln erheben ſich dadurch zur allge— meinen Gültigkeit. Für den konkreten Fall nehmen aber die Buchſtaben einen beſtimmten Zahlenwerth an, und wenn die Formel richtig iſt, muß ſich auch in den in Zahlen ausgeſprochenen Reſultaten Geſetzmäßigkeit zeigen. Bei unſerer nächſten Unterſuchung über das Verhältniß zwiſchen Arbeitslohn und Landrente, welche Gegenſtand des \ zweiten Abſchnitts dieſer Schrift ſein wird, bedürfen wir ſchon der Angabe in Zahlen von a, p, q, y und z für einen konkreten Fall. Dieſe Zahlen dürfen aber nicht willkührlich angenommen, ſondern müſſen der Wirklichkeit entnommen werden, weil die Wirklichkeit der Prüfſtein ihrer Richtigkeit ſein ſoll. In Ermangelung anderer Data werde ich nun den Werth dieſer Buchſtaben für die Verhältniſſe des Guts Tellow zu ermitteln ſuchen, und die desfallſigen Berech— nungen dem folgenden Theil dieſer Schrift beifügen. Bei der großen Wichtigkeit, welche in dem gegen— wärtigen Augenblick die Frage hat, wie viel Einkommen der Tagelöhner zu einem anſtändigen, vor Mangel geſchützten Leben bedarf, lege ich aber ſchon jetzt in der Anlage A. die Berechnung über die Unterhaltskoſten und das Ein⸗ kommen einer Tagelöhnerfamilie zu Tellow in dem 14jährigen Zeitraum, von 1833 bis 1847, hier zur Prüfung vor. 214 Wer erkannt hat, was in Bezug auf die Arbeiter das Rechte iſt, auf dem laſtet auch die moraliſche Verpflichtung, das Rechte zur Vollziehung zu bringen — ſo weit dies in ſeinen Kräften ſteht. Schon ſeit mehr als 20 Jahren habe ich den lebhaften Wunſch gehegt, meinen Tagelöhnern einen Antheil an der Gutseinnahme als Zulage zu ertheilen; dieſe Zulage aber nicht zu ihrer Verfügung zu ſtellen, ſondern zur Bildung eines Kapitals für ſie zu verwenden. Damals ſtanden der Verwirklichung meines Wunſches zwei Hinderniſſe entgegen, nämlich - I) die Verpflichtung gegen meine Familie; und 2) die Beſorgniß, daß eine ſolche Einrichtung Unzufrieden⸗ heit und Aufregung unter den Arbeitern auf den be⸗ nachbarten Gütern zur Folge haben könne. Nachdem aber das erſte Hinderniß ſein Gewicht ver⸗ loren hatte, und nun auch im Frühjahr 1848, in Folge der gewaltigen Volksbewegung, auf faſt allen Gütern den Arbeitern bedeutende Zugeſtändniſſe gemacht wurden, konnte ich weiter kein Bedenken tragen, den lange gehegten Wunſch zur Ausführung zu bringen. Die desfalls gemachten Beſtimmungen ſind in der An⸗ lage B. enthalten. Ber Einrichtungen dieſer Art muß aber vor Allem der endliche Erfolg ins Auge gefaßt werden. Ein Beiſpiel mag dies näher erläutern. Die Ausgabe an den Arzt und Apotheker koſtet für eine Tagelöhnerfamilie dem Gutsherrn im Durchſchnitt ca. 3 Thlr. Ns jährlich. Gibt nun der Gutsherr in Folge einer Uebereinkunft dem Tagelöhner jährlich 3 Thlr. unter der Bedingung, daß dieſer die Kurkoſten bei künftigen Krankheitsfällen ſelbſt tragen ſoll, ſo wird dadurch die — 215 Ausgabe des Gutsherrn weder vermehrt, noch vermindert. Aber welche Aenderung geht damit in der Lage und im Glück der Tagelöhnerfamilie vor! Trifft nun den Mann eine ernſte, langwierige Krankheit, ſo wird derſelbe es nur ſelten mit der Pflicht gegen ſeine Familie zu vereinigen wiſſen, eine ſo große Summe, wie der Betrag der Kurkoſten iſt, auf ſich ſelbſt zu verwenden. In der Regel aber wird er das zu dieſem Zweck er— haltene Geld nicht aufgehoben, ſondern verzehrt haben, und dann bleibt er gerade in der Zeit der Noth hülflos danieder liegen. In den Fällen, wo durch den bisherigen Lohnſatz die wirklichen Bedürfniſſe und die billigen Wünſche der Arbeiter befriedigt ſind, wird eine Zulage durch Erhöhung des Tage— lohns eine ähnliche Erſcheinung zur Folge haben. Die Genußmittel der Tagelöhner grenzen ſo nahe an ihre Be— dürfnißmittel, daß kaum eine Scheidelinie zu ziehen iſt, und man darf ihnen deshalb nicht die Kraft zumuthen — die ſelbſt vielen Begüterten fehlt — den augenblicklichen Genuß der Sorge für die Zukunft zu opfern. Der Arbeiter wird im Gegentheil in den mehrſten Fällen die Zulage verzehren, für das Alter nichts aufheben, die Armuth im Alter aber um ſo bitterer empfinden, je mehr er ſich an größere Be— dürfniſſe gewöhnt hat, die er dann nicht mehr befriedigen kann. Weit ſchlimmer aber iſt es noch, daß durch die an keine Bedingung geknüpfte Erhöhung des Tagelohns das ſich gegenüberſtehende Intereſſe von Lohngebern und Arbeitern nicht vermittelt wird, und ſo das Grundübel unſerer ſocialen Zuſtände in voller Schroffheit beſtehen bleibt. — — Ri 5 e a e af 1955 . 17% 1 1 e et ün S EN e . m Son 0 72 "and 10 ‚di. 2 ei e 111 3 dun de iche mal, 0 e Höre sh eee dal Aab 7224 F 12 Hr, 209950 sie golden Ni ir N eh e . g 4 ; 1 Ne 2 DR At A Wo ct 2 a 210 Ken 2 N I: gu Bad, DR dh, 7 hi, dul PR) AR ER NN 81 70 f mars & Hie 5 uhr 97 — FR: ur . wart 7 . 4 10 N si un. Hure ul gta 2 n Gabe 65.4 fl 2 10 2 ot 01576 BEIN: eg NS a lt in. si. 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Verdienſt einer Tagelöhnerfamilie Ertrag und Koſten der Kühe x Werth der Emolumente, welche die 808 1 Sonſtige mit der Haltung einer Tagelöhnerfamilie verbundene Koſten tel err Koften der Arbeit einer Tagelöhnerfamilie Verſuch zur Beſtimmung des Einkommens einer Tag köhler familie N RE a Ne: .- Ueberſicht der e der Dorfbewohner. - » 81: Zährlicher Berdienſt einer Tagelöhnerfamilie zu Tellow, welche keinen Hofgänger ”) hält, in dem Zeitraum vom 1. Zuli 1833 bis 1. Zuli 1847. Bemerkung. Die Data zur Berechnung des Arbeits- quantums, was die Arbeiter verrichten, ſind aus der zehn— jährigen, genau geführten, und zu einer Ueberſicht vereinigten Arbeitsrechnung aus den Jahren 1810 bis 1820 entnommen. 1. Dreſcherlohn. In dem Zeitraum von 1833 bis 1847 hat der Durch— ſchnittsertrag des Korns, mit Ausſchluß des Rapſes, 7447 Schfl. 9 Mtz. Roſtocker Maß“) auf Rocken reducirtes Korn ***) betragen. Hiervon mögen ungedroſchen in Garben verfüttert ſein ca. 80 gehäufte Schfl. Hafer gleich 50 Schfl. auf Rocken reducirt. Ausgedroſchen ſind demnach 7397 Schfl. 9 Mtz. Die Dreſcher erhalten den 16. Scheffel. *) Unter „Hofgänger“ wird ein Dienſtbote verſtanden, welcher ſtatt der Frau die Arbeiten für den Hof verrichtet. *) Ein Roſtocker Scheffel iſt gleich 5); Berliner Scheffel. *) Bei der Reduktion auf Rocken iſt gerechnet: Schfl. Weizen gleich 1¼ Schfl. Rocken, Schfl. Rocken gleich 1 Schfl. Rocken, Schfl. Gerſte gleich / Schfl. Rocken, gehäufter Schfl. Hafer gleich / Schfl. Rocken, halbgehäufter Schfl. Hafer gleich /, Schfl. Rocken, Schfl. Erbſen gleich 1 Schfl. Rocken. — — — — — — 2 220 Der Dreſcherlohn beträgt demnach 462 Scheffel 6 Mtz. Von ſchlecht lohnendem, oder in Miethen geſtandenem Korn erhalten die Dreſcher ſtatt des 16. den 14. Scheffel. Die hieraus hervorgehende Zulage mag etwa 5 PCl. des urſprünglichen Dreſcherlohns betragen. Dies macht auf 46216 Schfl. — 23 55 Schfl. Der Dreſcherlohn beträgt alſo im Ganzen 4625/16 + 23 ½ = 4852 Schfl. An Tage⸗ löhnern ſind in dieſer Periode 11 gehalten. Auf einen Tagelöhner fällt alſo an Dreſcher⸗ 485 ½ lohn I Nach dem zehnjährigen Durchſchnitt von 1810 bis 1820 hat ein Mann pr. Tag gedroſchen 4,52 auf Rocken reducirte Scheffel Hiernach find zum Dreſchen von 7379%46 Scheffel erforderlich geweſen 1637 Tage— arbeiten. 11 Tagelöhner haben 1637 Tage gedroſchen. Dies beträgt für einen Mann 149 Tage. 2. Torfſtechen. So weit ſich es mit Wahrſcheinlichkeit aus den Rechnungen der Jahre 1810 bis 1820 ermitteln läßt, ſind in jenem Zeit⸗ raum von 254Y Mann jährlich an Torf | | N 9 Roſtocker Schfl. . Rocken | war 44/16 In] = 1 44 ¼6 221 Transport geſtochen, für den Hof 186,850 Soden für das Dorf 286,000 „ zuſammen 472,850 Soden Ein Mann hat alſo täglich 1858 Soden geſtochen. In dem Zeitraum von 1833 bis 1847 ſind durchſchnittlich jährlich geſtochen circa 480 Tauſend Soden, von 11 Tagelöhnern. Dies gibt für jeden Tagelöhner 43,636; davon ſticht er für ſich ſelbſt 10,000. Be— zahlt werden 33,636 Soden a Tauſend 8 ßl. Zum Stechen von 33,636 Soden ge— 33,636 1858 Verdienſt pr. Tag 14% Bl. braucht der Arbeiter — 18,1 Tage. 3. Brachgräben aufräumen. In den 9 Jahren von 1811 bis 1820 ſind von 623 Mann 5179 Ruthen Brach— gräben aufgeräumt. Dies macht pr. Mann 8,1 Ruthen. Bezahlt ſind: für 5179 Ruthen a 1 ½ Bl... . 6474 fl., Zulage für ſchwierigere Gräben ern are. er 96 fl. zuſammen 6570 Bl. | 29 29 Rocken Schfl. 44% 44 ¾16 222 NJ „ 5 Rocken Schfl. 44216 Transport 7 at 4 5 657 Ein Mann bat täglich verdient 623775 10% Fl. Angenommen: 1. daß in dem Zeitraum von 1833 bis 1847 gleichfalls jährlich — — 575 Ruthen aufgeräumt ſind; 3 9 erfordert hat; 3. daß für das Aufräumen bezahlt ſind 5 — 730 Bl. jährlich: e 8 2. daß dies wie früher — 69,; Mann fallt auf ein der 11 Arbeiter, welche in dieſem Zeitraum gehalten ſind, a) an Verdienſt En GEHE re 118 b) an Tagesarbeiten . 6,3. 4. Sonſtige Grabenarbeiten. Die Ziehung neuer Gräben im Acker, in den Wieſen, an den Wegen und um die Holzkämpe, ferner das Aufräumen der Scheide- und Wieſengräben hat in den Jahren 1810 bis 1820 im Durchſchnitt jährlich 74, Mann erfordert. Im Jahr 1818/19 war nach einer ſpeziellen Berechnung der 44/16 223 Transport Verdienſt eines Mannes bei dieſen Arbeiten 10% ßl. pr. Tag. Dieſe Sätze auf die vorliegende Periode angewandt, gibt für jeden der 11 Tage— löhner: a) die Zahl der Arbeitstage 7 1 b) den Verdienſt, 6 Tage à 10, Bl. = 5. Sonſtige Akkordarbeiten, als Mergel- und Moderaufladen, Modern mit Handkarren, Erde karren de. Vom Jahr 1815 an — in welchem das Mergelfahren im Großen zuerſt begann — bis zum Jahr 1820 haben die im Akkord vollbrachten Meliorationsarbeiten jährlich gekoſtet an Geldlohn 171 Thaler 22 Bl. Im Jahr 1818/19 hat bei dieſen Arbeiten verdient: der Mann pr. Tag 11,7 Bl. die Frau ie 10 7,53 N Aus dieſen Daten läßt ſich aber nicht mit Beſtimmtheit entnehmen, wie hoch in der letzten Periode von 1833 bis 1847 der Verdienſt eines Mannes pr. Tag und die Zahl der dieſer Arbeit gewidmeten Tage geweſen iſt. | I — 906565 N/a , 5 Rocken Schfl. 6 44 824 44 16 224 Transport Denn wenn auch der Geldbetrag der Meliorationsarbeiten ungefähr derſelbe ge— blieben ſein mag, ſo hat ſich doch die Art der Melioration (an die Stelle des Mergelns iſt das Modern und die Wieſenverbeſſerung ge— treten) weſentlich geändert, und damit auch die Jahreszeit, in welcher dieſe Arbeiten vollbracht ſind. Andererſeits hat die Zahl der Familien und das Verhältniß, in welchem Männer und Frauen an den Meliorationsarbeiten Theil genommen, eine Aenderung erlitten. Nach vielfacher, ſorgfältiger Vergleichung werden jedoch die nachſtehenden Annahmen ſich der Wahrheit ziemlich nähern. Bei den Meliorationen arbeitet der Mann jährlich 22 Tage, und verdient täglich 10,5. Fl., macht We g RR die Frau 44 Tage, und verdient täglich 6 ½ Bl. (Der Betrag kommt weiterhin in Rechnung.) 6. Das Haken im Deputat. Jeder Häker erhält an Korn: macht auf Rocken reducirt 14 Schfl Röcken — 14 Schfl. ee 5 2 halbgehäufte Schfl. Hafer = 1/8 „ 2 oh. Ehen >... AD Summa 26/,Sdfl. E 8124 44% 6 N / Rocken 5 Schfl. 18.15/44 | u Ten ae — 225 Transport An Geld erhielt der Häker in der erſten Hälfte dieſer Periode 11 Thaler, in der zweiten Hälfte 12 Thaler; im Durchſchnitt alſo 11½ Thaler. Für dieſes Deputat arbeiten die Häker vom 24. März bis 10. November = 33 Wochen = 231 Tage. Davon fallen für die Arbeit aus: % 33 FFV 4/2 zum Torfſtechen für die Leute ſelbſt 6 zum Torfein ehren 1 ein Marktiag . at e 1 das Genterein ue Banız zig. 7 durch Krankheiten etwa ...... 5 51 Zu Arbeiten für die Herrſchaft 22 N Bi iräeltn zonleız 180 Tage. Wenn die Deputatiſten krank ſind, wird ihnen für jeden Tag, an welchem ſie nicht arbeiten 4 ßl. in Abzug gebracht; dies macht für 5 Tage — 20 ßl., und von den 11½ Thlr. Geldlohn verbleiben ihnen 11 Thlr. 4 Bl. 180 Arbeitstage der Häker koſten dem— nach 11 Thlr. 4 ßl. und 26 ½ Scheffel Rocken; dies macht pr. Tag 2,06 Bl. und 0,148 Schfl. Rocken. Thünen II. N? 13 Rocken Schfl. 44 %6 2 15 EEE 44¼ 0 5 u ee 226 Ns Rocken , 5 Schfl. Transport 13150 446 Beim Preiſe des Rockens von 40 l. pr. Scheffel ſind Os Schfl. = 5, sc fl. Hierzu der Geldlohn von ... 2,96 „ gibt anLohn für einen Arbeitstag N 8e Bl. | In der erſten Hälfte diefer Periode find | | 2 Tagelöhner, in der zweiten Hälfte aber | | iſt nur 1 Tagelöhner als Häker auf Deputat geſetzt geweſen; im Durchſchnitt alſo 1½. Dieſe haben an Deputat erhalten: 1% x 11 Thlr. 4 fl. = 16 Thlr. 30 ßl. 1% N 26 % Schfl. 3916 Schfl. Rocken. Da die Tagelöhner ſich jahresweiſe beim | Haken ablöſen, jo muß dies Deputat auf | 11 Mann repartirt werden; dies gibt für bng ö VVT | 125 35%6 Die Häker arbeiten 1 x 180 = 270 Tage. Auf jeden der 11 Tagelöhner fallen alſo = — 245 Arbeitstage beim Haken. 7. Arbeiten im Tagelohn. Im Durchſchnitt der 10 Jahre von 1810 bis 1820 hat ein Tagelöhner für die Herr— ſchaft gearbeitet 284, Tage. | 14,400 47 ½ 2% 227 Transport Die bisher aufgeführten Arbeiter nehmen davon hinweg: 1) 888 Dieſchen ft 149 Tage 2) das Torfſtecheeeeu 18,5 3) das Aufräumen der Brach— re ee öl 6,3 „ 4) die ſonſtigen Graben— Re B 5) die übrigen Akkordarbeiten 22,0 , er 34. 21 , 226, Tage. Für Arbeiten in Tagelohn bleiben 58 Tage. Davon mögen fallen auf die Winterperiode vom 1. November bis 1. März 15 Tage, von welchen jeder Tag mit 7 ßl. bezahlt %%% UNTIL. II HE. und 43 Tage auf die Sommerperiode, in welcher 8 ßl. Tagelohn gegeben wird, macht 8. Deputat. Jeder Tagelöhner erhält, ſtatt des früher für ihn geſäeten Scheffels Rocken ..... 9. Arbeiten der Frau. Nach dem zehnjährigen Durchſchnitt haben die Frauen, welche keinen Hofgänger halten, im Jahr gearbeitet 175, Tage. Davon N E 14 7 24 —ẽ³ ß Rocken Schfl. 400 47 "ie 52 ½¼6 228 N Rocken „ Schfl. Transport 2a 9 52 find — wie oben angegeben iſt — im Akkord gearbeitet 44 Tage à 6 ½ fl.. 546 Für die andern Arbeiten bleiben 131, Tage. | Die Frau leiſtet für die Wohnung ee. | unentgeltliche Hoftage 104. | Bezahlt werden 27, Tage a 4 fl.... 2,14 Der Jahresverdienſt eines Tagelöhners, Br der keinen Hofgänger hält, beträgt demnach 3221 5216 8 Berechnung des Ertrags und der Roſten der zu Tellow gehaltenen Kühe für den Zeitraum vom 1. Zuli 1833 bis 1. Zuli 1847. Unter den Emolumenten, welche die Arbeiter erhalten, nimmt die Haltung einer Kuh eine bedeutende Stelle ein. Um die Koſten einer Tagelöhnerfamilie berechnen zu können, muß man deshalb wiſſen, welches der Reinertrag der Kühe iſt, und wie viel die Haltung einer Kuh für die Dorfleute dem Gut koſtet. Die Ermittelung des Rohertrags der Kühe an Butter ıc. und der Koſten, welche mit der Kuhhaltung verbunden ſind, hat aber da, wo die Meiereiwirthſchaft mit der Haus— wirthſchaft verbunden iſt, ſehr große Schwierigkeiten; indem eines Theils der Verbrauch an Milch und Butter ſchwer zu controliren und in Zahlen anzugeben iſt, und indem andern 229 Theils die mit der Milchwirthſchaft beſchäftigten Leute neben— her viele andere Arbeiten in der Haushaltung beſorgen. Sehr willkommen war es mir daher, daß Herr Staudinger, der auf dem Gut Wüſtenfelde bei einer beträchtlichen Hollän— derei die Meiereiwirthſchaft von der Hauswirthſchaft ganz trennte, die Güte hatte, mir die Reſultate ſeiner Holländerei vom Jahr 1827/8 vorzulegen, und mir dann die Notizen, welche ich zur Berechnung der auf die einzelnen Zweige fallenden Arbeiten und Koſten bedurfte, bereitwillig mittheilte. In der nachſtehenden Berechnung ſind nun die, aus der Wüſtenfelder Rechnung gezogenen Daten, namentlich die, über die mit der Meiereiwirthſchaft verbundenen Arbeiten benutzt, und mit den Modifikationen, welche die veränderten Ver— hältuiſſe nöthig machten, zur Baſis genommen. In Bezug auf den Rohertrag der Kühe zu Tellow iſt zu bemerken: 1) daß der Milchertrag der Kühe für jedes Jahr aus den Rechnungen zu erſehen iſt; 2) daß in den Jahren 1845—48 auch der Butterertrag ſtets angeſchrieben iſt; 3) daß die Rechnungen den Preis der Butter für jedes Jahr genau ergeben; und 4) daß für das Jahr 1845/46 eine ſorgfältig geführte detaillirte Berechnung über den Werth ſämmtlicher Produkte, die die Kühe geliefert haben, vorliegt, und daß hiernach der Werth der Milch pr. Pott berechnet worden. — ũ— — 230 Milchertrag. Im Durchſchnitt der 14 Jahre von 1833 bis 1847 hat die Kuh 1682 Pott“) Milch gegeben. Buttergehalt der Milch. Im Durchſchnitt der drei Jahre von 1845 bis 1848 ſind zu einem Pfund Butter erforderlich geweſen 15 Pott Milch. Butterertrag. Wenn ſämmtliche Milch zur Butter- 1682 15% produktion verwandt wäre, ſo hätte die Kuh 107, Pfund Butter gegeben. Viehrace. Die Heerde beſteht ungefähr zu gleichen Theilen aus jütländiſchen und angelſchen Kühen. Das Gewicht der Kühe im lebenden Zuſtand ſchätze ich auf 650 Pfund. Butterpreis. Im Durchſchnitt der 14 Jahre iſt der Preis des in einem Pfundfaß gemeſſenen, und nach einer benachbarten Stadt friſch verkauften Pfundes Butter geweſen — 7,7 ßl. N/a. Im Durchſchnitt der drei Jahre von 1845 bis 1848 ſind 100 gemeſſene Pfunde = 107,5 Pfunde à 32 Loth geweſen. Der Preis des richtigen Pfundes von 32 Loth iſt demnach x 100 — 107, Werth der Milch auf dem Gute ſelbſt. Aus der detaillirten Berechnung vom Jahr 1845/46 hat ſich ergeben, daß durch die Einnahme für Butter, nach Abzug der Verkaufs- und Transportkoſten derſelben, und 7,7% Tas Pl. N. durch die Nutzung der ſauren Milch, vermittelſt der Schweinemaſtung, ein Pott Milch auf dem Gut, alſo an dem Erzeugungsort ſelbſt, in dieſem Jahr den Werth von 0,6983 Bl. Ns hatte. *) 100 Pott find einer glaubwürdigen Angabe nach gleich 79 Ber— liner Quart. u SE 231 Der Preis der Butter iſt geweſen, im Jahr 1845/46 8,05 ßl. Ns im Durchſchnitt der Jahre 1833 - 1847 pr. Pfund von 32 Loth 7,23 fl. Das Verhältniß zwiſchen beiden Preiſen it alſo wie 8,05 : 7,23 = 1000 : 898. Da der Werth der Milch durch den Preis der Butter bedingt wird, ſo ergibt ſich hieraus für den Zeitraum von 1833 bis 1847 der Werth eines Pott Milch = 0,6953 X 1 — 0,625 oder / Bl. Werth des Erzeugniſſes einer Kuh im Durchſchnitt der Jahre 1833 bis 1847. Der Milchertrag einer Kuh, die jährlich 1682 Pott Milch gibt, hat den Werth von 1682 X / = 1051 fl. = 21 Thlr. 43 ßl. Hiezu kommt der Werth des Kalbes. Der Durch— ſchnittspreis eines nüchternen, 1 bis 3 Tage alten Kalbes iſt ca. 32 ßl. Da aber nicht jede Kuh jährlich ein Kalb bringt, indem einzelne Kühe güſt bleiben, oder verſetzen, oder todte Kälber zur Welt bringen, ſo kann man hiefür 10 pCt. abrechnen, und die Einnahme von der Kuh durch das Kalb bleibt dann 29 ßl. Der ganze Werth des Erzeugniſſes einer Kuh iſt demnach 21 Thlr. 43 Bl. — 29 Bl. = 22 Thlr. 24 fl. NJ. — ͤ ——— Berechnung der Unkoſten, die mit der Kuhhaltung verbunden ſind. 1. Arbeitskoſten bei der Milchwirthſchaft. Zu Wüſtenfelde ſind dieſe Koſten, mit Ausſchluß des Butterns während des Sommers — wo dies durch ein Pferd betrieben wurde — für 109 Kühe berechnet zu 229 Thaler 15 ßl. Dies macht pr. Kuh 2 Thlr. 5 Bl. 232 Die Unterhaltskoſten eines Mädchens in der Meierei- wirthſchaft ſind dort berechnet zu 55 Thlr. 46 ßl. Obige 229 Thlr. 15 ßl. ſind gleich den Unterhalts— 229 „ 15 koſten von 5 „46 — A, Mädchen. Auf 109 Kühe kommen 4, Mädchen; dies gibt 26,6 Kühe auf 1 Mädchen. Die Kühe hatten durchſchnittlich 1882 Pott Milch gegeben; zu 1 Pfund Butter waren 17,46 Pott Milch er- forderlich, und der Butterertrag pr. Kuh war 107,8 Pfund. Zu Tellow ſteigern ſich dieſe Koſten dadurch, daß der Lohn der Mädchen höher iſt, daß das Buttern durch Menſchen geſchieht, und daß das Büttenſcheuern im Sommer nicht, wie in Wüſten— felde, vor dem Milchen geſchieht — der Berech— nung zu Folge um 26 ßfl. pr. Kuh. Die Arbeitskoſten betragen hier demnach be: Fuß 2 Ihr , e Be 2. Aufſichtskoſten. Wenn auf 100 Kühe eine Meierin gehalten wird, die das Rahmen, Butterbereiten und andere Nebenarbeiten beſorgt, zugleich aber auch die Aufſicht führt, ſo rechne ich die Unterhaltskoſten derſelben guf erst ee t e 80 Thlr. den Lon riefen aha siert AN 120 Thlr. N „5 „ 65 2 31 | 29791 233 Transport Dieſe 120 Thlr. auf 100 Kühe vertheilt, gibt für eine Kuh 1 Thlr. 9,6 Bl. Wenn Hauswirthſchaft und Milchwirthſchaft mit einander verbunden ſind, ſo iſt es faſt un— möglich zu beſtimmen, welcher Theil der Unter- haltskoſten der Wirthſchafterin auf jeden der beiden Zweige fällt. Ich ſetze deshalb, wie in einer abgeſchloſſenen Meiereiwirthſchaft, die auf eine Kuh fallenden iffichtskoſten an n 1 3. Salz zur Butter. Zu Wüſtenfelde ſind in 6 Jahren für 625 Kühe gebraucht 110 Schfl. Dies macht pr. Kuh jähr⸗ Br Sa 0 Fl.... 4. Feuerung. Zu Wüſtenfelde ſind pr. Kuh gerechnet 250 Soden Torf, oder Yıo Fuder Ellernholz. Podewils rechnet pr. Kuh ½ Klafter Ellernholz. Hier nehme ich pr. Kuh 300 Soden Torf an, das Tauſend zu 20 ßl. gerechnet, gibt 5. Arznei nebſt dem Schrot, welches die Kühe nach dem Kalben bekommen en) uweilen je >) N27 . 5 2 31 | | | 1 | 97e 22337 | — — 465 234 Transport 6. Zinſen vom Werth des Milchengeräths. So wie das Milchengeſchirr hier bisher geweſen iſt, mag der Werth deſſelben pr. Kuh 2 Thlr. betragen. Hiervon die Zinſen zu 4 pCt. Wenn eiſerne Satten ſtatt der hölzernen Bütten gehalten, alles Milchengeſchirr mit eiſernen Bändern verſehen, und eine Buttermühle gehalten wird, jo ſteigen die Anſchaffungskoſten des Milchen- | geräths weit höher — wogegen ſich dann aber die Erhaltungskoſten des Geſchirrs und die Arbeitskoſten für das Milchenweſen vermindern. 7. Abnutzung und Erhaltungskoſten des Milchengeräths. Dieſe ſchöer ch p Kühen en en | 8. Abnutzung oder jährliche Werthsver— minderung der Kühe. Um dieſe mit einiger Genauigkeit zu ermitteln, iſt eine ſpecielle Berechnung erforderlich. Der nachſtehenden Rechnung liegen nun folgende An— ſätze zu Grunde: 1) Von 100 Kühen ſterben jährlich drei, und zwei Kühe werden wegen geringen Milch— Ertrags oder ſonſtiger Fehler ausgeſchoſſen. 2) Die Starken werden eingeſchoſſen, wenn ſie dreijährig (d. h. im 3. Lebensjahr) ſind, und koſten das Stück 24 Thlr. N.. N27 „ 55 4 65 FRE 3,8 | | — 12 21219 235 Transport 3) die Kühe werden abgeſetzt, wenn fie 13jährig find. Der Verkaufspreis der alten Abſatz⸗— kühe und der jüngern, wegen geringen Milch— Ertrages ausgeſchoſſenen Kühe iſt 16 Thlr. N23. Aus welcher Kopfzahl beſteht nun eine Heerde, die jährlich 100 Starken einſchießt? Vorhanden ſind: Beim Ankauf . 100 Zjährige, davon nach 1 Jahre. .. 95 Aäährige, E „ 2 Jahren 90,3 Sjährige, 5 7 ‘ .. 858 6jäbrige, £ MA E . 81,5 jährige, 2 5 A 7 FF Birne, . 3 0 4 ET hig N a: 3 . . 69,8 10jährige, ; 8 5 . . 66, (fährige, 5 9 5 .. 63 12jährige. Summe 802,6. Im Herbſt jedes Jahrs beim Eintritt der Starken beſteht alſo dieſe Heerde aus 802,6 Haupt. Dann ſind aber außerdem noch vorhanden 63 * = 60 dreizehnjährige Abſatzkühe, die verkauft werden. | | Ns E A 21 2 Transport Die Einnahme für 60 Kühe à 16 Thlr. be— trägt e ae e ee 960 Thlr. Außer dieſen Abſatzkühen beträgt der jährliche Abgang 100 — 60 = 40 Haupt, darunter find: Geſtorbene . 24 „ wegen Mangelhaftigkeit Aus— geſchoſſene e 10 Für Letztere werden eingenommen he MET. 256% Die Häute der 24 geſtorbenen Kühe haben, à 2 Thlr., einen Werth von 48 Summe der Einnahme für verkaufte Kühe und Hönte: 1264 Thlr. Die Ausgabe für 100 Starken beträgt 2400. Die Erhaltung einer Kuhheerde von 802, Haupt, in gleicher Zahl und gleichem Werth, koſtet dem— nach 2400 — 1264 = 1136 Thlr. Auf eine Kuh fällt denne 8 " 9. Zinſen vom Werth der Kühe. Wenn man den Werth der 4 und 5jährigen Kühe dem der Zjährigen gleich ſetzt und zu 24 Thlr. pr. Stück annimmt; vom 5jährigen bis zum 13jährigen Alter aber eine Werthsabnahme von 24 bis zu 16 Thlr., alſo für jedes Jahr 1 Thlr. in Anrechnung bringt, ſo iſt der Werth einer 1 PPP 237 | | 2 Transport | 5 41% regelmäßigen, aus 803 Haupt beſtehenden Heerde folgender: | 3jährige Kühe 100 J | 95 | Ajährige „ 5jährige „ 90,3 | 285, a 24 Thlr. = 6847 Thlr. | 6jährige Kühe 85, à 23 „ = 1973, „ | 7jährige 6 815 W 22 IR | Biährige | „ 700 421% % 162% | 9jährige „ 73,5 a 20 „ = 1470, 10jährige „ 695819 „ = 13262 „ fihrige „ 66, 4 18 „ 1193, „ C Aue A LU RR 802,6 17299, Thlr. 802,6 Haupt haben einen Werth von 17299, Thlr. Dies macht pr. Haupt — 21,55 Thlr. Hiervon die Zinſen zu 4 PCt., e EIG BER Ur N — 41,4 10. Zinſen vom Werth der Schweine. In ſo ferne die Schweine als Mittel zur | Verwerthung der ſauren Milch gehalten werden, gehört dieſe Ausgabe auf das Konto der Kühe. Rechnet man zu dieſem Zweck auf 8 Kühe 3 Schweine, à 10 Thlr. Werth, jo fallen auf eine Kuh die Zinſen von 3% Thlr., gleich. . . — | Te 238 Transport 11. Meiereigebäude. Die Erbauungskoſten eines ſolchen Gebäudes für 60 Kühe betragen ca. 800 Thlr.; davon die Ainfer 32 Thlr. — Bl. Die Abnutzung, Reparatur und die Brandkaſſenbeiträge zu , pCt. des Erbauungskapitals berechnet, macht 6, 32, Für Reinigung des Schornſteins 1, 32, 40 Thlr. 16 fl. Dieſe 40 Thlr. 16 fl. auf 60 Kühe vertheilt gi een nene 12. Schweineſtall. Für eine Holländerei von 60 Kühen betragen die Erbauungskoſten eines ſolchen Stalls circa 200 Thlr. Die dafür in Anrechnung zu bringende Miethe S 200 Thlr., àa 4% pCt., beträgt 9 Thlr. 32 ßl. Dieſe auf 60 Kühe vertheilt, gibt für jede Kuh ehe re Dieſe 12 Ausgabepoſten, welche zuſammen 7 Thlr. 34½ Bl. betragen, fallen weg, wenn ſtatt der Hofkuh eine Dorfkuh gehalten wird. — k —ůů— . 239 Transport Fortfeßung der Ausgabeberechnung, und zwar der Koſten, welche auch auf die Kühe der Dorfleute fallen. 13. Koſten des Kubbirten. Der Kuhhirt koſtet mit Deputat und Emolu⸗ menten, nach Abzug der Dienftleiftung feiner Frau“) ca. 93 Thlr. In dem 14jährigen Zeitraum von 1833—47 ſind incl. der Dorfkühe und der Bollen auf der Weide geweſen 827 ½ Haupt. Dies macht im Durchſchnitt jährlich 59 Haupt. In der zweiten Hälfte dieſer Periode ſind ſämmtliche Dorfkühe im Winter auf dem Hofe durchgefuttert. In der erſten Hälfte dieſes Zeit— raums blieb aber noch ein Theil dieſer Kühe im Dorf. Die Zahl der im Ganzen auf dem Hofe durchgefutterten Kühe beträgt 784. Dies macht im Durchſchnitt jährlich 56. Im Sommer und Winter zuſammen beträgt alſo die Zahl der Kühe, wo— 59 + 56 2 Die Koften des Kuhhirten = 93 Thlr. auf 57½ Haupt repartirt, gibt pr. Kung. für der Kuhhirt gehalten iſt, 37 *) Das Deputat, welches der Kuhhirt an Korn und Geld erhält, beträgt ungefähr 5 Thlr. weniger, als der | Jahresverdienſt eines Tagelöhners. 9 16, Transport (Für eine Heerde von 86 Kühen, wie ſie ſich gegenwärtig zu Tellow befindet, vermindern ſich dieſe Koſten pr. Kuh um 26 ßl.) 14. Hülfe beim Tränken des Viehes durch ein Hofmädchen. Dieſe Arbeit nimmt täglich etwa / der Arbeits⸗ zeit eines Mädchens in Anſpruch. Dies macht in 195 Tagen 49 ganze Arbeitstage. Den Tag zu 7 ßl. gerechnet, macht 7 Thlr. 7 ßl., und dieſe auf 56 Haupt repartirt, gibt pr. Kuh .. 15. Ställe ausmiſten. Dieſe Arbeit erfordert auf 25 Haupt wöchent— lich die Tagesarbeit einer Frau. Hiernach ſind für 56 Haupt in 195 Tagen an Tagearbeiten einer Frau erforderlich — 62,4. Die Koſten der Arbeit einer Frau ſind berechnet, für den Zeiraum vom 1. Nov. bis 25. März pr. Tag zu 6% ßl., 20 Marz, r M.. „ 1. Nov. „ 14. Mai im Durchſchnitt 7 „ Dieſe Arbeit koſtet alſo 62, Fr., à 7 Bl. — 9, Thlr., und beträgt für eine Kung... 16. Errichtung einer Milchenbucht. Dieſe wird in der Regel zu / UR. pr. Kuh angelegt und hat für 59 Kühe einen Umfang von 26 Ruthen. t 55 mare 0b 241 Transport Nach einer beſondern Berechnung koſtet eine Ruthe an Arbeit von Menſchen und Pferden, nebſt den Zinſen vom Werth der Pföſte und Koppelricke, und deren Abnutzung — 5% Bl. \ Dies gibt für 26 Ruthen 3 Thlr. 6 ßl., und F // RE 2% 17. Errichtung einer Nachtkoppel. In den 14 Jahren iſt nur etwa 4 mal eine Nachtkoppel gemacht, deren Umfang ca. 200 Ruthen betrug und deren Errichtung 200 x 5% Bl. = 23 Thlr. 46 ßl. koſtete. Für 4 Jahre beträgt dies 95 Thlr. 40 ßfl., und in 14 Jahren durch— ſchnittlich 6 Thlr. 40 ßl. auf das Jahr. Auf 59 Kühe vertheilt, gibt dies pr. Kub...... 18. Zinſen und Abnutzung von Kuhketten, Häckſelladen, Waſſertrögen, Forken u. ſ. w. Zinſen pr. Kuh eta ZU: Reparatur und Abnutzung ungefähr . . 3 19. Das Reinigen und Zerſtoßen der mit den Kühen verfütterten Runkelrüben, nebſt dem Schneiden des dazu erforder— | lichen Häckſels. Wenn mit 56 Kühen täglich 14 Scheffel Runkelrüben verfuttert werden, ſo erfordert Thünen II. 16 N73 9 130,4 2 1036 — 5 ö 5 43, 242 Transport a. das Reinigen und Zerſtoßen ½ F. 3 ½ ßl., b. das Schneiden von 28—35 Scheffel N Häckfel MM N 5¼⁹¹iͤ c. das Holen der Runkeln aus der | Miethe Eoftet ca... mrlir 11 10% Fl. Die Ausgabe von 10 ½ Bl. täglich macht auf den ganzen Winter von 195 Tagen 41 Thlr. 31 Bl. | und auf eine Kuh 35, Bl. Die Futterung mit Runkeln hat aber nur in den letzten Jahren, und dann auch nur mit einem Theil der Kühe ſtattgefunden. Im Ganzen mag die Zeit, in welcher Runkeln gefuttert ſind, für ſämmtliche Kühe berechnet, einen Winter, alſo den 14. Theil dieſes Zeitraums umfaſſen. 35, fl. in 14 Jahren ergibt für die Kuh FFIJCCCC0C0C0C0C0CCT0C00Tb0CTTTb ee 20. Miethe für den Stallraum einer Kuh. Wenn man die Zinſen von den Erbauungs⸗ koſten eines Viehhauſes, die Abnutzung, die Re— paraturkoſten und die Brandkaſſenbeiträge zu— ſammen berechnet — hiervon die Miethe für den obern Raum zur Aufbewahrung des Heues ab⸗ rechnet: ſo ergibt ſich, nach einer ſpeciellen Be— | rechnung, daß auf eine Kuh an Miethe für den | Ställraun fat?! 243 Transport | 21. Miethe für den Scheunenraum zur | Aufbewahrung des Heues. | Nach der angeführten Berechnung beträgt dieſe | Miethe für 1 Fuder Heu 11,5 ßfl. Die Kühe haben im I4jährigen Durchſchnitt pr. Haupt 1,15 Fuder Heu erhalten. Auf eine Kuh fällt demnach 11 X 11, fl. 22. Werbungskoſten des Heues. In dem zehnjährigen Zeitraum von 1810— 20 haben die Werbungskoſten des Heues pr. Fuder 47, Bl. N½ betragen.“) | Die Kuh hat von 1833— 47 jährlich 1,15 Fuder Heu erhalten. | Die Werbungskoſten des Heues betragen dem— | naar für eine uh 1% X Ale ll 23. Beitrag zur Brandkaſſe für die Verſicherung der Kuh, ungefähr / pCt. // e e *) Das Gewicht des Fuders Heu wird beim Einfahren zu 1800 Pfund angenommen, wovon im Stall 10—12 pCt. durch weiteres Eintrocknen und Verdunſten verloren gehen. Dem Vieh wird deshalb das Fuder nur zu 1600 Pfd. angerechnet. 10 18 . | 244 N „ 5 Transport 11 40% 24. Unterhaltung der Bollen. Von den hier für die Kühe berechneten Koften vorn ale kr Sg 11 Thlr. 40, fl. fallen für den Bollen weg die ö Artikel No. 1, 2, 3, 4, 6, 7,10, 11 | und 12, welche zuſammen betragen 5 „ 17, | Es bleiben 6 Thlr. 23,1 Bl. | | Dagegen iſt die jährliche Werthe- | verminderung des Bollen wohl doppelt ſo hoch anzuſchlagen als die einer Kuh. Es kommen des— Hal inn: Den D e, | Summe der auf einen Bollen fallenden Koſten e ne Rechnet man nun, daß auf 100 Kühe 3 Bollen gehalten werden müſſen, ſo kommen von dieſen Koſten auf eine Kuh 7 Thlr. 43, Bl. X 5/100. | — 115 Summe aller auf eine Kuh fallenden Koſten 12 | 3,6 Der Röhertrag der Kuh iſ t... 22 24 Der Reinertrag iſt alſbd n 81 | 10 120,. Anmerkung. Bringt man aber, wie dies gewöhnlich geſchieht, die Zinſen und Erhaltungskoſten der für die Holländerei nöthigen Gebäude nicht in Abzug, ſo fallen die sub No. 11, 12, 20 und 21 aufgeführten Artikel mit 1 Thlr. 25, Bl. aus den Koften weg und der Ertrag der Kuh wird dann berechnet zu 11 Thlr. 45, Bl. Neg. 245 100 Kühe geben demnach einen Reinertrag von 100 X 10 Thlr. 20, ßl. = 1042 ½ Thlr. 100 Kühe und 3 Bollen, zuſammen alſo 103 Haupt, bezahlen das Futter, was fie erhalten mit 1042 ½ Thlr. Dies gibt pr. Haupt 10 Thlr. 6 ßl. NA. — Die genaue Berechnung des Reinertrags der Kühe und der ſich daraus ergebenden Nutzung des Futters dient nicht blos zur richtigen Ermittelung der Koſten einer Tagelöhner— familie, ſondern iſt dem Landwirth durchaus nothwendig zur Beantwortung und Entſcheidung der Fragen: I) Iſt der Anbau der Wurzelgewächſe zum Viehfutter für das gegebene Lokal zweckmäßig und vortheilhaft? 2) Welcher Aufwand darf auf die Verbeſſerung der Wieſen zur Erlangung eines höheren Heuertrages gemacht werden? Wenn zuvor die Aufgabe gelöſt iſt, aus dem Reinertrag einer Kuh den Futterwerth von Gras, Heu und Stroh dar— zuſtellen: jo ergibt ſich, wenn für den Acker die Koſten der Beſamung mit Klee- und Grasſamen, für die Wieſen die Koſten des Grabenaufräumens und der ſonſtigen Erhaltung in Abzug gebracht werden, der Reinertrag der Ackerweide und der Wieſen. Man darf aber nicht glauben, daß dieſer Reinertrag identiſch iſt mit der Landrente. Denn wenn wir auch für alle Getreidearten und die ſonſt gebaueten Gewächſe den Reinertrag auf ähnliche Weiſe berechnen, und auch für dieſe die Zinſen und Erhaltungskoſten der Gebäude, die ſie 246 erfordern, in Anrechnung und Abzug bringen: jo werden damit doch die allgemeinen Kulturkoſten nicht erfaßt und gedeckt. Zu dieſen allgemeinen Kulturkoſten gehören, wenn man auch die Abgaben an Staat und Kirche — die von der Land— rente ſelbſt zu entnehmen ſind — davon ansſchließt, doch noch folgende: 1) Adminiſtrationskoſten und Gewerbsprofit des Unter— nehmers, oder Unterhalt und Gewinn des Pächters; 2) Zinſen vom Werth des Wohnhauſes und Erhaltungs— koſten deſſelben; 3) Zinſen vom Betriebskapital; 4) Unterhaltung von Wegen, Brücken und Scheidegräben; 5) Koſten der Haltung einer Schule für die Dorfkinder. Die außerordentliche Meinungs- Verſchiedenheit der Land— wirthe über die Frage: ob und in wie weit aus der gewöhnlichen Vieh— haltung eine Landrente vom Boden gewonnen wird, entſpringt hauptſächlich daraus, daß man gewöhnlich die Koſtenanſätze nicht aus der Wirklichkeit — den längere Zeit geführten Rechnungen — entnimmt, ſondern einer trügeri— ſchen, oberflächlichen Anſicht folgt, und dann manche Ausgabe— poſten ganz überſieht und vergißt. 247 Theilung der Koften der Meierei- Koſten die wirthſchaft in ſolche, die mit der Müicher dag Größe des Milchertrags im Ver— ü hältniß ſtehen, und in ſolche, die von ehr der Zahl der Kühe abhängig find. || 5 FCCCCCCCCCCCCCCCCC ee 21 1 2) Aufſichtskoſten. Dieſe mögen etwa zu 77s der erſten und zu /s der zweiten Klaſſe angehören, dies gibt 1 2,4 Butter 8 ne e ee UN TE — 6 Nee WIE eee — — 6) Zinſen vom Werth des Milchen PPP“ ˙ ²˙²·¹ð¹ b ˙ ö 7) Abnutzung deſſelben — 12 8) Abnutzung der Kühe e 9) Zinſen vom Werth der Kühe. — — 10) Zinſen vom Werth der Schweine. — Ta 11) Das Meierei-Gebäudee . — 12) Der Schweinſt alli. e 13) Koſten des Kuhhirtenn u | | 14) Hülfe beim Tränken der Kühe .. 15) Ställe ausmiſten — — 16) Errichtung einer Milchenbucht . — — 17) Errichtung einer Nachtkoppel .. — — 18) Zinſen und Abnutzung von Kuh⸗ ketten, Waſſertrögen u. ſ. w.... — — 19 — Reinigen und Zerſtoßen der Runkel— | En DIRT EN EN — 23) Beitrag zur Brandkaſſe für Ver⸗ che der Ruh... .,%:,. — 24) Erhaltung der Bollns — | | 20) Miethe für den Stallraum ... .. 2 — | 1 Koſten, die | unabhän- gig vom Milchertrag ſind. 1 I * ßB — 12 or 218 Die Werbungs- und Aufbewahrungskoſten des Heues gehören — da mit der Steigerung der Heufutterung der Milchertrag nicht im directen Verhältniß wächſt — weder der einen noch der andern Klaſſe an, ſondern bilden eine eigene Ausgaben-⸗Klaſſe. Die mit der Meiereiwirthſchaft verbundenen Koſten zerfallen demnach in drei Klaſſen, und betragen pr. Kuh A. Koſten, die mit dem Milchertrag im Verhältniß ſtehen 4 Thlr. 45, ßl. B. Koſten, die auf die Kühe ſelbſt fallen 5 „ 34 „ C. Aufbewahrungs- und Werbekoſten des Heues „ l har, an wie oben 12 Thlr. 3, Bl. Die Kuh gibt einen Rohertrag von 22 „ 24 „ Die Ausgaben-Klaſſen A und B be Fenn nem FO RER Wenn die Werbe- und Aufbewahrungs— koſten des Heues nicht in Abzug gebracht werden, ſo liefert die Kuh einen Ueber— ſchuß bonn; (0e 11 me Die Zahl der Kälber, die geboren werden, ſteht im Verhältniß mit der Zahl der Kühe. Die Einnahme für Kälber iſt pr. Kuh berechnet zu 29 ßl. Zieht man dieſe von den Koſten, die auf die Kühe ſelbſt fallen, ab, ſo bleibt die Ausgaben-Klaſſe B 5 Thlr. 5 ßl. = 5, Thlr. pr. Kuh. Der Milchertrag der Kuh iſt 1682 Pott. Die mit dem Milchertrage im Verhältniß ſtehenden Koſten betragen 4 Thlr. 45, ßl. Für 1 Pott Milch betragen dieſe Koften 1 237,9 Pl. x 1683 7 0,131 ßl. BB Der Werth der Milch pr. Pott iſt oben berechnet zu 0,628 ßl. Hiervon ab die Koſten pr. Pott mit... 0 „ gibt Ueberſchuß für 1 Pott Mile O, 84 ßl. Für 100 Pott Milch beträgt demnach der Ueberſchuß 48, Bl. = 1,01 Thlr. Der Milchertrag einer und derſelben Kuh iſt keine beſtändige Größe, ſondern ändert ſich mit der Quantität und Qualität des Futters, was ſie erhält. Es iſt deshalb von bedeutendem Intereſſe für den Landwirth, zu wiſſen, wie ſich mit dem Milchertrag der Kuh deren Reinertrag ändert. Durch die Trennung der Ausgaben, die mit dem Milch— ertrag ſteigen und fallen, von den Ausgaben, die ſich ſtets gleich bleiben, die Kuh mag viel oder wenig Milch geben, ſind wir nun in den Stand geſetzt, durch die aus der Wirk— lichkeit entnommene Berechnung für einen gegebenen Milch— ertrag den Ueberſchuß darzuſtellen, den die Kühe von gleicher Race und gleicher Güte, für jeden — durch die Futterung bedingten — Grad des Milchertrags liefern. 250 Darſtellung des Ueberſchuſſes einer Kuh bei verſchiedenem Milchertrag, wenn, Werbe- und Aufbewahrungskoſten des Heues nicht abgezogen werden. | Ueberſchuß Werth des Milchertrag von einer Kuh age An ra: 77 e pr. Kuh Kuh Thlr. N/ Thlr. Ns Thlr. N”, 2000 Pt l 20, 20 5,10 15,10 130048 Ta DIN 19169 14,09 ISO PETER, ME 18,18 |. 13,0s BORN, VO e 17,5 | 12,07 168261 , eee. u ee 115 r 16,:6 110 BO e ee eee EV, | 10,05 Pa. under te A 14,4 do 1900 MAR UA AT} 13,16 - 8,03 1200 Wa; MIN. 12 1 7,02 14007, „ eee. RR 1111 6,01 W 10,10 | 5,0⁰ 9 N a N: 3,99 SOU bo ae alte 2,98 DU Tee 1,97 DO EEE ac | 6,06 55 0,96 SN | 9,10 0 31 Werth der Emolumente, welche die Cage lähner zu Cellow erhalten. I. Die Wohnung. | Nach einer Berechnung, die ſich auf Behrens Landbaukunſt gründet, koſtet die Erbauung eines Dorfhauſes (hier Kathen genannt) von 4 Wohnun— gen und der Größe, wie die hieſigen ältern Kathen ſind, 990 Thlr. 6 ßl., oder ungefähr 1000 Thlr.“) Dies macht für eine Wohnung 250 Thlr. Hiervon die Zinſen zu 4 pCt.. Die Werthsverminderung, die Reparaturen und die Brandkaſſenbeiträge find zu jährlich / pCt. vom Erbauungskapital berechnet; dies macht .. Für Reinigung des Schornſteins .... ... | Die Wohnung 2. Garten-, Kartoffel- und Leinland. 30 Quadratruthen Garten a 3 ll. 50 Quadratruthen Kartoffelland, incl. der Beackerung à Quadratruthe 3 Bl. .. 30 Quadratruthen Leinland auf ausgeſuchtem ſtark gedüngten Acker & Quadratruthe 3½ Bl. | N23 1 | 5 b 10 |; — | 249 — 12 I 12,46 1 | 42 31.6 Den 9 THING Garten- und Ackerland... | *) Von den in neuerer Zeit erbauten Kathen kommt die mit 2 Stuben und 2 Kammern verſehene Wohnung auf ca. 425 Thlr. N zu ftehen, | 3. Feuerung. a) Brennholz. Die Dorfleute erhalten jeder 3 Fuder 20 jähriges Bruch- oder 30jähriges Kiefernholz. Außerdem erhalten die Leute noch I—2 Fuder Sammel— und Rodeholz, was aber keinen Verkaufswerth hat. Der Faden (von 196 Hamburger Kubikfuß Raumgehalt) Bruch oder Kiefernholz hatte in dieſer Periode nur den äußerſt niedrigen Preis von 2 Thlr. 4 ßl. Hiernach iſt der Verkaufswerth eines Fuders von jenem Holz — excl. der Koſten des Hauens, was die Leute ſelbſt verrichten — zu 34½ ßl. berechnet. Dies macht für J nder: Hierzu für das Anfahren der 3 Fuder à 6 Sl. b) Torf. Die Dorfleute erhalten jeder 14 Tauſend Soden Torf a ½ Kubikfuß, wovon ſie ſelbſt 10 Tauſend Soden ſtechen und 4 Tauſend vom Herrn geliefert erhalten. An Stecherlohn iſt pr. Tauſend Soden 9 ßl. zu berechnen, was man auf dem hieſigen Moor an fremde Arbeiter würde zahlen müſſen; dies macht für 4 Tauſend e eee Das Anfahren des Torfs erfordert 3 Fuhren a9 f N „ 2 7 — 8 — 388 — 253 Für das Torfmoor iſt aber auch eine Land⸗ pacht zu berechnen, und dieſe auf die Zahl der Soden, die das Moor jährlich dauernd zu liefern vermag, zu repartiren. Ich rechne dieſe Land— pacht zu 4½ Bl. pr. Tauſend, macht für nd Nee ene 4. Haltung einer Kuh. Nach der Berechnung im vorigen Paragraphen beträgt der Reinertrag einer un. Von den mit der Haltung der Kühe verbun— denen Koſten fallen die Ausgabeartikel Nr. 12 bis Nr. 24 ebenſowohl auf die Dorf- als auf die Hofkühe. Dieſe betragen 12 Thlr. 3,6 Bl. minus n ll... ieee . Die Haltung der Dorfkuh koſtet demnach .. 14 Dagegen zahlen die Leute an Werbelohn für das Henn mau. e. wan ue N27 Transport 3 40 lt 145 l Feuerung. 5 | 7 10 20 | A * | — 124 | 13 Dem Gut koſtet demnach die Dorfkuh . . .. 14 5. Weide für zwei Zuchtgänſe nebſt deren Jungen. Der Werth derſelben iſt ſehr ſchwierig zu ſchätzen. Nach einer ins Einzelne gehenden Schätzung glaube ich jedoch annehmen zu können, daß die zwei jungen erwachſenen Gänſe, welche die Leute daſür an den Hof abgeben, ein ziemlich 254 genügendes Aequivalent für die Gänſeweide ſind — weshalb hier dafür nichts in Rechnung ge— bracht wird. 6. Ein Schaf zum Erntefeſt. Zum Erntefeſt erhält jede Dorffamilie das Fleiſch von einem Schaf, 25 —30 Pfd. an Ge— wicht. Das Pfund zu 1¾ Bl. gerechnet, gibt 7. Kaff. Die Arbeiter erhalten außer dem Dreſcherlohn an Korn jede 3 Wochen 2 Schfl. Kaff; im ganzen Winter alſo 14 Schfl. Außerdem er— halten die Dorfleute noch die Hülſen und Spelzen vom Saatklee und Saatthimothee. Den Futter— werth dieſes Kaffs ſchätze ich auf ca. . ..... 8. Wollgeld. Die Dorfleute erhalten zurückgezahlt, was ſie mehr als 16 Bl. für das Pfund Wolle zahlen. Im Durchſchnitt kauft jeder ungefähr 9 Pfd. Wolle, und die Vergütung hat etwa 6 ßl. pro Pfund belrggen ). Dies wacht *) Der Ankauf der Wolle iſt für die Dorfleute beſonders läſtig und zeitraubend, weil fie die Wolle auf entfernt | liegenden Bauerdörfern aufſuchen müſſen. Es ſind deshalb jetzt zu Tellow Landſchafe, welche Spinnwolle tragen, angeſchafft; und es wird beabſichtigt, den Leuten ſtatt des Wollgeldes, künftig 8 Pfd. Wolle unentgeltlich zu geben | — wodurch der Werth der Emolumente um 2 bis 2½ Thlr. ſteigen wird. Neis 1 | 1 —.— — 30 1166 r f 4 5 J 255 N) — Zuſammenſtellung. | 1) Die Wohnung An Br. 12 16 2) Garten-, Kartoffel- und Leinland.. .. N 9 erung ER RU u, 3 5 4) Eine Kuh in Weide und Futter ...... 14 13 5) Weide für Gänſe. Dieſe wird entſchädigt durch die Abgabe von 2 Gänſen. DEE zum Ernef eff . e Fe rn rar 2) — 30 eld en, „are e Werth der Emolumente . . . 41 | 33 SA. Sonſtige mit der Haltung einer Cagelöhner: | familie verbundene Koſten. 1 N | 1. An den Arzt, Wundarzt und Apotheker für die Dorfleute, incl. Fuhren und Boten, persone eff 3 2. Speiſung der Kranken im Dorf. Dieſe iſt pr. Familie anzuschlagen zu 1 3. Beitrag zu der Kuhverſicherung. Wenn im Dorf eine Kuh ſtirbt, ſo erſetzt der Gutsherr ½ des Werths der Kuh; das 2. Drittel wird von den Dorfbewohnern, die eine Kuh halten, aufgebracht, und den Reſt trägt der Be— ſchädigte, dem aber die Haut der Kuh verbleibt. | | I | 256 Von den 28 bis 30 Kühen, welche im Dorf gehalten werden, ſtirbt jährlich etwa eine Kuh, an Werth ca. 21 Thlr. Der Beitrag des Guts— herrn iſt alſo jährlich 7 Thlr. Für eine Tage— löhnerfamilie, die eine Kuh hält, iſt demnach ein jährlicher Beitrag erforderlich von .. ..... 4. Fuhren für die Leute, bei Hochzeiten, Kindtaufen, Sterbefällen, ferner die Fuhren zum Herholen der Dienſtboten für die Tagelöhner, zum Einholen der Kartoffeln, — des Flachſes u. ſ. w. Dieſe find für eine Familie Auen f nn ee So (Umzüge der Tagelöhner haben nicht ſtatt— | gefunden.) 5. Branntwein. In der Heu- und Kornernte, beim Schaf— waſchen und andern ſchweren Arbeiten erhalten die Leute regelmäßig Branntwein. Die hieraus erwachſenden Koſten betragen pr. Familie ungefähr 6. Koſten der Muſik und der Bewirthung bei den Tanzfeſten der Leute. Außer dem Erntefeſt haben die Leute ge— wöhnlich noch 4 Tanzfeſte jährlich. Die Koſten derſelben find pr. Familie angeſchlagen zu ... „ ua | j 257 — 7. Unterſtützung der Wittwen, der Alten und Schwachen. Es iſt ſchon im Anfang dieſer Schrift erwähnt, daß der Tagelohn, den der Arbeiter erhält, keinen Maßſtab für deſſen Verdienſt und für die Koſten der Arbeit abgibt. Wir haben deshalb die Jahresarbeit einer Familie als Einheit unſern Be— trachtungen zum Grunde gelegt. Aber auch dieſer Maßſtab iſt nur dann genügend, wenn er aus dem Durch— ſchnitt der Lebensjahre der Arbeiter entnommen wird. Denn die Arbeits— kraft und die Bedürfniſſe der Menſchen ſind in den verſchiedenen Lebensepochen gar ſehr verſchieden. Um einen richtigen Maßſtab für die Koſten der Arbeit zu erlangen, müſſen wir alſo die Lebensarbeit einer Familie mit den Unterhaltskoſten derſelben während des ganzen Lebens vergleichen. Auf einem größern Gut, wo ſich Arbeiter von allen Altersklaſſen finden, ergibt ſich dies, wenn man die Unter⸗ haltskoſten der wirklichen Arbeiter und die der arbeitsunfähig gewordenen, oder der Unterſtützung bedürfenden Menſchen zuſammenfaßt, und die gefundene Summe auf die Zahl der arbeitsfähigen Thünen II. 258 | Summa N N? „ Familien repartirt. Dieſem Prinzip 1 gemäß iſt nun nachſtehende Berechnung I entworfen. | a. Die Wittwen, welche keine kleine Kinder haben, wohnen gewöhnlich bei ihren erwachſenen Kindern und erhalten dann jährlich: | Eine Kuh zur Hälfte: an Werth... 7 6 3 Schfl. Rocken a 40 lll. 224 25 ON. Kartoffelland a 3 ll. 127 15 OR. Leinland a 3½ fl. 4 1 Fuder Holz incl. Fuhrlohn zu ... 1 | I Das gibt für 4 ſolcher Wittwen, die in dieſem Zeitraum vorhanden waren | | 52 | 20 b. In dem Zeitraum von 1833-47 | | N ſind zwei Männer geſtorben, wovon jeder | | | eine Wittwe mit 4 Kindern hinterließ. | | | Jede dieſer Wittwen erhielt | | 1) die vollen Emolumente, wie früher Ä | | der Mann, an Werth 41 | 33 2) An Korn. Für ſich 3 Schfl. Rocken | | für jedes Kind 3 Schfl. Rocken und 2 Schfl. Gerſte, zuſammen | I ach 15 Schfl. Rocken a 40 fl. 12 24 S Schfl. Gerſte a 30 Pl... . Ener 59 9 52 20 | * 259 N25 Ns „ „ Transport 59 9 52 Dagegen mochte der Werth der Arbeit | dieſer noch in voller Kraft ſich befinden- | den Frauen den dafür gezahlten Tages | lohn überſteigen um e h 18 10 | bleibt.. | 40 | 47 Dies macht für die beiden Wittwen | 81 | 46 Gereicht ift dieſe Unterſtützung während | indir 265 42 | Dieſe Unterſtützung von 265 Thlr. | 42 ßl. auf 14 Jahre vertheilt, gibt für V — — 19 e. Während dieſes ganzen Zeitraums | a iſt ein alter invalider Mann auf | dem Hofe geſpeiſ't, deſſen Unterhalt nach Abzug des Werths ſeiner gering- fügigen Leiſtungen anzuſchlagen iſt auf | — — d. Bei anhaltenden Krankheiten er— | halten die Dorfleute eine unentgeltliche Gabe an Korn. Dafür find im Durch— | ſchnitt jährlich zu rechnen — | e. Außerordentliche Unterſtützung der | | | Dorfleute in dem Nothjahr 1846/47. Das den Dorfleuten in dieſem Jahr gemachte Geſchenk an Kartoffeln und Korn hatte, nach den damaligen Preiſen berechnet, einen Werth von mindeſtens 122 — . | Summa N23 N27 „ „, PR Transport 122 20 300 Thlr. Dieſes auf 14 Jahr ver⸗ | theilt, gibt für ein Jahltete | 21 | 20 Summa 14³ 40* Auf 22 Familien vertheilt, die im | Durchſchnitt dieſes Zeitraums im Dorf | | gewohnt haben, ergibt ſich für eine Familie ene | 6 26 *) Außer den hier angeführten Artikeln find noch häufig Geſchenke an Milch, Victualien, Obſt, Kleidungsſtücken u. ſ. w. an die Dorfleute verabreicht. Da aber nur in ſeltenen Fällen ein wirkliches Bedürfniß der Leute Urſache und Ver— anlaſſung zu dieſen Geſchenken geweſen iſt, ſo glaube ich dieſe Ausgabe nicht auf das wirth— ſchaftliche, ſondern auf das herrſchaftliche Konto jegen zu müſſen. | | N03 Zuſammenſtellung der ſonſtigen Koſten. 1 65 1) An Arzt und Apotheker z en ed en 3 Iuire 2) Speiſung der Kranken 11 — 3) Beitrag zu der Kuhverſicherung ... — | 12 4) Fuhren für die Dorfleute lad. = — 40 5) Branntw ez dae —+140 6) Koſten der Tanzfeſtee e — 42 7) Unterſtützung der Wittwen ꝛ e... ..... 6 26 Summe der ſonſtigen Koſten .. | 13 | 16 17 * 7 * 261 Bemerkung. Die Unterſtützung an die Wittwen ꝛc. tft für das ganze Dorf berechnet zu Die Ausgabe an Arzt und Apotheker beträgt far 2 Faminen a 3 Three i Die Speiſung der Kranken à Familie 1 Thlr. Die Unterſtützung, welche bei der gänzlichen Aufhebung des patriarchaliſchen Verhältniſſes zwiſchen Gutsherrn und Arbeitern wegfallen , se en th 2 2 Am Schluß des Jahres 1847 betrug die Zahl der Dorfbewohner 138, und mag im Jahr 1833 etwa 126, im Durchſchnitt alſo 132 betragen I haben. Es ergibt ſich hieraus das bedeutiame Reſultat, daß an einem Orte, wo eigentliche Arme gar nicht vorhanden ſind, doch zur Verhütung der | Verarmung und des Mangelleidens eine Beihülfe 231 Thlr. 10 ßl. ? 132 5 ſich als erforderlich gezeigt hat. vo — — 1 Thlr. 36 fl. pr. Kopf N73 + 2 143 | 40 664 — 224 — 231 40 262 85. Koſten der Arbeit einer Tagelöhnerfamilie zu Tellow in dem Zeitraum von 1833 — 1847. | 1) Der Verdienſt einer Tagelöhner- | familie beträgt nach S1 ...... 2) Werth der Emolumente, die der Tagelöhner erhält (S 3). Sonſtige Koſten einer Tagelöhner— fantlie (S ))) 2.00% 3 — Summa Hiervon geht ab für die 8 Pfund Hede, welche die Frau des Arbeiters unentgeltlich ſpinnt, a Pfd. 3 ßl. . . .. bleibt.. Es fragt ſich nun, wie hoch der Scheffel Rocken in Geld anzuſchlagen iſt. Der Verkaufspreis alles Korns, was in dem 14jährigen Zeitraum verkauft iſt, beträgt für einen auf Rocken re ducirten Scheffel 0,4 Thlr. N). Die geſammten Transport-, Verkaufs- und Konſervationskoſten des Korns, welche früher zu 0,112 Thlr. pr. Scheffel be— rechnet wurden, ſind jetzt durch An— legung der Chauſſee auf ca. O,os Thlr. herabgeſunken. Der Werth des auf Rocken reducirten Scheffels Korn beträgt alſo auf dem Gute ſelbſt 04 = 0/8 — ,es Thlr. Na. 2 Rocken „ 2 S—chfl. Mtz. l | | 32 21 5211 a 33 13 16 | 87 22 | 52 11 — 2⁴ | * 263 / MR Zufällig fällt dies mit dem Werth, den das Korn in der Periode von 1810 — 15 hatte, worauf alle Berechnungen im 1. Theil baſirt ſind, faſt ganz zuſammen. Demnach ſind 52 Schfl. 11 Mtz. à Scheffel | MR ann art | 45| 15 Hierzu die Geldausgabe mite 86 46 Die Geſammtkoſten der Tagelöhnerfamilie be— | Eugen sh RE TADELLOS DH 132 13 Dafür hat der Dienſtherr nach dem Durch- ſchnitt der LOjährigen Rechnung von 1810 —20 | die Arbeit des Mannes während 284, Tage, u Frau 175, Tage. Einen Arbeitstag der Frau rechne ich im Durchſchnitt gleich 7 Arbeitstag des Mannes; dies macht 175, X ½ = 1165. | Die Arbeit der Familie auf Tage des Mannes reducirt, beträgt demnach 284,6 + 116 = 401. 101 Arbeitstage des Mannes koſten 132 Thlr. 13 ßl. Dies beträgt im Durchſchnitt des ganzen Jahrs für den Arbeitstag des Mannes. .... 15,8 Pl. and 7 der Frau 15, X / = 10,5 Bl. Hierunter ſind aber die Tage, an welchen Mann und Frau im Verdung arbeiten, mit— begriffen. Will man nun wiſſen, wie hoch ein Arbeitstag im Tagelohn zu ſtehen kommt, ſo muß das, was der Arbeiter im Verdung durch erhöhte Anſtrengung über den Tagelohn verdient, von der Koſtenſumme abgezogen, und der Reſt auf die Zahl 264 der Arbeitstage vertheilt werden. Der Mann verdient in 53, Verdungtagen 13 Thlr. 15 ßl. Wenn man annimmt, daß von dieſen 53, Tagen 10 in die Periode vom 1. November bis 1. März fallen, in welcher der Tagelohn nur 7 ßl. iſt, würde der Mann, wenn er ſtets im Tagelohn gearbeitet hätte, verdient haben: in 43 Tagen 8 Fl. 4 „ 7 Thlr. 9 ßl. in 10 o 1. 22 8 Thlr. 31 fl. Der Mehrverdienſt durch die Akkord— arbeiten iſt alſo 13 Thlr. 15 fl. —8 Thlr. 31ßl. 4 Thlr. 32 Hl. Die Frau verdient in 44 Verdungtagen 8.6 ½ Bl. . Het an 5 Thlr. 46 fl. Im Tagelohn würde ſie verdient haben: in 44 gen N er PEN EL ER 3 Thlr. 32 ßl. Jetzt alſo mehr .. .. 2 Thlr. 14 fl. 4 Thlr. 32 ßl. gibt im Ganzen einen Mehrverdienſt von .. 6 Thlr. 46 ßl. Hierzu der Mehrverdienſt des Mannes.. Beim Dreſchen verdient der Mann in 149 Tagen 44% Schfl. Rocken à Scheffel sen HE: in Se Eon 37 Thlr. 46 ßl. Im Tagelohn würde er in dieſer Zeit verdient haben: a) in 75 Tagen vom 1. Nov. bis 1. März A i ee 10 Thlr. 45 ßl. b) in 74 Tagen der übrigen Zeit à 8 ßl. 12 Thlr. 16 $l. 23 Thlr. 13 Bl. — N 265 Der Mehrverdienſt beträgt demnach: . heim, Dreſchen a. rn: 14 Thlr. 33 Bl. 2. bei den andern Arbeiten .. .. 6 Thlr. 46 fl. Summe 21 Thlr. 31 ßfl. Zieht man dieſe von dem geſammten Koſtenbetrage einer Arbeiterfamilie ab, jo bleiben 132 Thlr. 13 fl. — 21 Thlr. 31 fl. = 110 Thlr. 30 ßfl. Dem Dienſtherrn koſten demnach 401 Tage des DEI IH FI erT o- 110 Thlr. 30 fl. Demnach koſtet der Arbeitstag eines Mannes im Tage— F 2 Re Ded Auris 13,2 fl. N, . e ee ee e; 8,8 Bl. Verfud zur Berechnung des Einkommens einer Tage— löhnerfamilie zu Tellow. Hierüber können natürlich die Gutsrechnungen keine voll— ſtändige Auskunft geben, und es müſſen hier unvermeidlich viele Schätzungen zu Hülfe genommen werden. Da ich in- deſſen die Einſichtigſten und Zuverläſſigſten unter den hieſigen Arbeitern dabei zu Rath gezogen habe, ſo darf ich hoffen, daß die nachſtehende Berechnung der Wirklichkeit ziemlich nahe kommen wird. Das Einkommen der Arbeiter entſpringt: 1. aus dem, was ſie von ihrem Dienſtherrn an Lohn, Emolumenten u. ſ. w. beziehen; . aus der Werthsvermehrung, die ſie den Emolu— menten ꝛc. durch ihre, für ſich ſelbſt darauf ver— wandten Arbeiten, ertheilen; 3. aus dem geringfügigen Kapital, was in ihrem Vieh enthalten iſt. ID 266 Nr. 1. Die Koften einer Tagelöhnerfamilie, oder der Werths— betrag deſſen, was eine ſolche Familie von ihrem Dienſtherrn bezieht, iſt Einkommen für dieſelbe und beträgt, wenn man die 24 ßl. für das Spinnen von 8 Pfund Hede nicht in Abzug bringt, nach S5. 132 Thlr. 37 ßl. N 73 Rs EI Transport | — | — 132 37 Nr. 2. Die Kuh. e Br Dem Arbeiter kommt der ganze Roh- | | ertrag der Kuh zu Nutzen. Dieſer be: | | age ma Sa 22 24 Die Kuh verurſacht dagegen mit ae) Ausſchluß der ſchon unter Nr. 1 be | | rechneten 24 ßl. Werbungskoſten des Heues dem Arbeiter folgende Kosten: 1. Abnutzung und Werthsvermin- derung der Kuh jährliche 168 2. Erhaltung des Milchengeräths.— 12 | 120 bleibt 21 4 Dagegen betragen die in Nr. 1 den | Arbeitern für die Haltung einer Kuh | angerechneten Koſte / nareirene 144418. Die Dorfleute nutzen alſo die Kuh | höher als der Betrag der Koſten, den | die Haltung der Kuh dem Gut ver— | Meat Alm na en ee — — | | 267 Transport Nr. 3. Kartoffel: und Gartenland. Wenn man das im Garten gebaute Gemüſe im Werth den Kartoffeln, die daſelbſt geerntet werden können, gleich | N 4 Ra KALZEZE jest, jo iſt der Ertrag von 80 OR. Kartoffelland in Anſchlag zu bringen. Beſtellt werden, mit Eß kartoffeln. 60 UHR. mit Vieh kartoffeln. 20 UR. Geerntet find zu Tellow im 14jährigen Durchſchnitt von 100 R. an Viehkartoffeln .. 140, Roſt. Schfl. an Ehfartoffeln.... 88, „ 5 Hiernach beträgt die Ernte von 60 OR. Eßkartoffeln .. 53, Schfl. von 20 UR. Viehkartoffeln . 28,2 „ Hiervon geht an Untermaß durch an- | hängende, ſpäter abfallende Erde, durch Eintrocknen und Verfaulen etwa 10 pCt. ab, und es bleiben Eßkart. Viehkart. 475 Schfl. 25, Schfl. Ferner geht ab die Saat mit As „ 2, Zum Verbrauch bleiben 43 Schfl. 22, Schfl. Be 139 28 268 Transport Da die Kartoffeln hier keinen regel— mäßigen Verkaufsartikel bilden, ſo kann der Werth derſelben nur nach den Pro— duktionskoſten ermeſſen werden. Nach einer ſpeziellen Berechnung haben, bei dem angegebenen Ertrag, die Produktionskoſten der Kartoffeln mit Anrechnung des Werths des durch die Kartoffelnernte konſumirten Dungs, be— tragen: für den Scheffel Eßkartoffeln gefahr. its een 10 fl. Biehtartoffelw.lse. Wider 222, } 6 ßl. Der Werth der zum Verbrauch kommenden Kartoffeln iſt demnach 43 Schfl. a 10 = neee e ene Te In Nr. iſt dem Arbeiter angerechnet für e d ea Die Nutzung des Ackers iſt alſo durch die darauf verwandte Arbeit er- ht an, dee Nr. 4. Obſt. Der Werth des in dem Garten durchſchnittlich geernteten Obſtes iſt an— zuſchlagen zu 1. Man, cs 11 269 | N23 N23 E Transport — | = Nr 18 | I | Nr. 5. Leinland, 30 WR. Für den Hof iſt ſeit längerer Zeit kein Flachs gebauet, und der Ertrag deſſelben alſo nicht aus den Gutsrech- nungen zu erſehen. Nach der Angabe des Vorhäkers Milhahn hat derſelbe von 30 IR. im Durchſchnitt etwa 80 Pfund geſchwun⸗ genes Flachs geerntet. Bemerkung. Der Leinſamen wird ſtets auf ausgeſucht ſchönem Acker ge | ſäet, der im Jahr vorher Dreeſch ge legen, im Herbſt, nach zuvoriger ſtarker | Düngung, umgebrochen, und im Früh— | jahr mit Sorgfalt beſtellt wird. Dieſer Behandlung des Ackers in Verbindung mit dem von Zeit zu Zeit wiederholten Ankauf von Riga'ſchem Leinſamen iſt der hohe Flachsertrag zuzuſchreiben. Der Preis des Flachſes iſt im Durch— ſchnitt 4 ßl. pr. Pfund. Wenn die Frau dieſen Flachs im Winter verſpinnt — was in der Regel geſchieht — ſo verdoppelt ſie dadurch 270 Transport den Werth des Flachſes, erhöht denſelben alſo bis zu 8 ßl. pr. Pfund. Dies gibt 80 Pfund a 8 fl.... Der Ertrag an Samen iſt gewöhn— lich 2 Schfl. von 30 UR. Davon ab zur Saat ½ Schfl., bleibt zum Ber: kauf 1½ Schfl. a 1 Thlr. 16 ßl. = Einnahme In der Koſtenrechnung Nr. 1 ſind für 30 UR. Leinland a 3½ Bl. an: gerechnet n ae 1% Gewinn der Familie durch ihre Arbeit Bemerkung. Es geht hieraus hervor, von welcher Wichtigkeit es für den Wohlſtand der Arbeiter iſt, reich— liches und gutes Leinland zu er- halten. Haben die Dorfleute nicht hinreichen— des Flachs zum Verſpinnen, ſo geht ein großer Theil der Arbeitskraft der Frauen in den langen Winterabenden ungenutzt verloren. Nr. 6. Gänſehaltung. Von 2 Zuchtgänſen kann man durch— ſchnittlich 13 Junge rechnen, die im Herbſt noch leben. N 75 55 13/16 21 15 16 Ahn 1160| 25 | 273 Bir. 147 18 5 1 5 271 Hiervon werden 2 Gänſe zur Ver: gütung für die Weide an den Hof ab- gegeben. Von den übrigen 11 Gänſen ver⸗ kauft der Arbeiter durchſchnittlich 5 Stück und ſchlachtet 6 Gänſe für ſich ein, die gemäſtet a 12 Pfund einen Werth haben 6 Thlr. 12 , ER Se Einnahme Ausgabe für die Gänſehaltung: 1. Zum Unterhalt der beiden Zucht⸗ gänſe mit ihren 13 Jungen wer- den im Sommer gekauft ca. 7 Schfl. Gerte 4327 lune or Amir 2. Zum Unterhalt der beiden alten Gänſe während des Winters: r 3. Zur Maſtung von 6 Gänſen r 4. Hütelohn für 15 Gänſe a 3 hl. | 5. Beitrag zu den Unterhaltskoſten SGaänſer ichs | 6. Werth des verzehrten Kaffs . Ausgabe Es bleibt Gewinn auf die Gänſe— I 1 1 une et 4/7 DE | N 2/3 5 1 * ß Transport | N73 „ 160 25 | 1 I 272 Transport Bemerkung. Wird dem Tagelöhner die Gänſehaltung genommen, und dem⸗ ſelben eine Entſchädigung dafür ge— geben, die dem bisherigen Gewinn gleichkommt, ſo ſteht der Tagelöhner ſich eben ſo gut wie früher — vor— ausgeſetzt, daß er den Ankauf der be— nöthigten Federn nicht unterläßt, und daß ihm die Mühe des Ankaufens ver— gütet wird. Deſſen ungeachtet aber verliert der Staat dadurch an Einkommen, indem das Hüten der Gänſe und das Pflücken des Krauts für dieſelben größtentheils von ſchwachen Perſonen und von Kindern geſchieht, deren Arbeitskraft dann un— genutzt bleibt. Nr. 7. Schweinehaltung. Die Tagelöhner ſchlachten durch- ſchnittlich ein gemäſtetes Schwein von ca. 250 Pfund Schlachtgewicht und 15 Pfund Flomen. Der Werth des— ſelben iſt: 250 Pfund Fleiſch a 3 B ll. 15 Pfund Flomen a 6 ßfl. N , 5 | 15 | 30 1422 17 | 24 N2/3 FR 162 | 29 1 29 273 RARARAR: Transport | — | — 162 29 Der Aufwand für die Schweine— haltung beträgt dagegen: 1. Ankauf eines Ferkels 1524 2. Gerſte zur Futterung des jungen Schweins 3 Schfl. a 27 fl. 133 3. Kartoffeln 22, Schfl. a 6 fßl. 2 40 4. Werth der ſauren Milch, die das Schwein erhält s. ale 5. Werth des Kaffs für die Schweine — | 10 6. Erbſen zur Maſtung des Schweins n 2 7. Verluſt durch Sterbefälle jährlichen. | — 16 Unkoſten 14 27 Dieſe vom Werth des Schlachtſchweins — 17 Thlr. 24 ßfl. abgezogen, bleibt 162 29 *) Der Mittelpreis des Rockens, gleich dem der Erbſen, beträgt zwar 0,8 Thlr. oder 41 ßl. pr. Scheffel und iſt bei der Koſtenberechnung den Tagelöhnern auch ſo hoch angeſchlagen. Da aber die Arbeiter, wenn das Korn über den Mittelpreis gilt, niemals mehr als 40 ßl. für den Scheffel Rocken oder Erbſen bezahlen, dagegen aber, wenn das Korn unter dem Mittelpreis gilt, nur den Marktpreis zahlen, ſo erreicht auch der Preis, den die Dorfleute im Durchſchnitt für das Korn geben, nicht den Mittelpreis. Hier iſt deshalb der Scheffel Rocken oder Erbſen nur zu 36 Bl. angerechnet. Der hieraus entſpringende Verluſt hätte an— ſcheinend bei der Berechnung der Koſten einer Tagelöhnerfamilie in An— ſchlag gebracht werden müſſen. Derſelbe wird aber dadurch einigermaßen compenſirt, daß die Dorfleute für das Korn, wenn es unter dem Mittel preis gilt, nicht den Werth, den es auf dem Gut ſelbſt hat, ſondern den Marktpreis bezahlen — wodurch alſo die Verkaufs- und Transportkoſten erſpart werden. Thünen II. 18 Transport dem Arbeiter für die Mühe des Futterns eine Belohnung vonn Bemerkung. Der Werth der ſauren Milch, die das Schwein erhält, mußte hier unter die Unkoſten geſetzt werden, weil dieſer Werth ſonſt den Arbeitern zweimal als Einkommen angerechnet wäre, indem derſelbe ſchon in der Nutzung der Kuh enthalten und ange rechnet iſt. Nr. 8. Nutzung der Hühner. Dieſe mag nach Abzug des Werths des Korns, was ſie verzehren, ungefähr ETC Be 7 Nr. 9. Sammelweizen. Durch das Sammeln der Aehren in den Weizenſtoppeln, welches größtentheils durch die Kinder verrichtet wird, erlangt jede Familie im Durchſchnitt jährlich ungefähr 2 Schfl. Weizen a 1 Thlr. 8 ßl. Summe des Einkommens einer Tage— eee 2° 218 oder 196 Thlr. 18 ßl. Pr. Courant. a ng 275 N23 7 16 Dem Gutsherrn koſtet die Unterhaltung einer Tagelöhnerfamilie 132 Thlr. 13 ßl. Nes. Der Tagelöhner erwirbt alſo durch die Arbeit, die er mit ſeiner Frau und ſeinen Kindern für ſich ſelbſt verrichtet, und durch das gering— fügige Kapital, was in ſeinem Vieh ſteckt, eine Vermehrung ſeines Einkommens von 168 Thlr. | 26 ßl. minus 132 Thlr. 13 ßfl. = 36 Thlr. 13 Bl. N. 5 Dazu tragen bei: | TR | 6|39 2. Garten und Kartoffellanndd . - . | 6 | 38 2 ur E 4. Der Flachsbau und das Spinnen BER, ae a ea . | 2.194 VVT | 2 n — 32 8. Das Aehrenleſenn. Ser. | 16 9. Das Spinnen der Hofhede ........ — | 24 Summe | 36 | 13 | | S 7. UHeberſicht der Kornkonfumtion der Dorfbewohner zu Tellow. Eine ſolche Ueberſicht iſt ſchwer zu erlangen, weil die Arbeiter einen großen Theil des Weizens, den ſie als Dreſcher— lohn verdienen, auswärts verkaufen, und das Quantum Weizen, was ſie ſelbſt konſumiren, dann nicht zu ermitteln iſt. Zufällig hat das Jahr 1847 —48 hiervon eine Ausnahme 276 gemacht, indem in dieſem Jahr aller Weizen, den die Dreſcher übrig hatten, an den Hof verkauft, und ſomit in Rechnung gekommen tft. Ich habe dieſe, ſich nicht wieder darbietende Gelegenheit benutzt, mir über dieſen Gegenſtand Kenntniß zu verſchaffen, und da dies auch für Andere — als ſtatiſtiſche Notiz — Werth haben kann, ſo theile ich das Ergebniß nachſtehend mit. 277 9 ̃5Ä1 2891 „ — ’ 9 59809 9 ⁰ĩ6L 86 und) Lungpcp e au pu ue . anjuach a00 nog T' f ug een ug cg (q „ uoquojg uanunlugz and 061 Hoya log wa uv auıl vaaad e 22; wa mm (n ua phe=/̃ 'E 8 neee wa ua au YUmpQ 8 "wma " 91,186 I F Fe Fr v7 9861 % 88 % 0/7 | 9'666 3 9751189 „ a a | 8% 68 LI 068 | 160% | / 888 I 668 vv 27 091 a es | ns | es | es | es | yea gapngen N ualgıag) aol vc aao uepogg Netlog dunung —— —— eue e o uv eee ag nee es unge gig 1s smupgog uog aqvlssunucpezg waq u 278 Am Schluß des Jahres 1847 — alſo in der Mitte des Rechnungsjahres — betrug die Zahl der Dorfbewohner an Erwäche mmm 8 82 Köpfe an Kindern untere bvh; 55 zuſammen 138 Köpfe. Dieſe haben konſumirt 1637/6 auf Rocken reducirte Scheffel Korn. Dies gibt die Konſumtion pr. Kopf 11,8 Schfl. Es fragt ſich nun, wie viel von dieſem Korn mit dem Vieh verfuttert, und wie viel von den Menſchen ſelbſt verzehrt iſt. Nach den Anſätzen im vorigen Paragraphen können wir das mit dem Vieh, was einer Familie gehört, verfutterte Korn annähernd berechnen, wie folgt: Auf Rocken reducirte | Scheffel. I. Für die alten Zuchtgänſe im J 2 Schfl. Hafer 12 2. Für die jungen Gänſe im Sommer 7 Schfl. Gerſteſf 5 ¼6 3. Zur Maſtung von 6 Gänſen .. 6 Schfl. Hafer 3%6 4. Zum Futter für das junge Schwein 3 Schfl. Gerſteſ 2¼16 5. Zur Maſtung des Schweins“) .. SSchfl.Erbſenſ 8 6. Zum Futter für die Hühner .. 2 Schfl. Gerſteſ 1/16 Süß ne Die Zahl der wohnhaften Familien betrug in dieſem Jahr 23. Auf jede Familie kommen alſo durchſchnittlich 6 Perſonen. *) In dem vorliegenden Jahr waren die Erbſen mißrathen, und die Schweine ſind deshalb ſtatt der Erbſen größtentheils mit Gerſte gemäſtet. 279 Der Kornverbrauch pr. Familie beträgt . . 71½ Schfl. Hiervon find mit dem Vieh verfuttert ..... 215 Zur Konſumtion für 6 Perſonen bleiben .. . 49 Schfl. Dies gibt pr. Kopf Ss Schfl. Roſtocker Maß, gleich 5% Berliner Scheffel. Es iſt aber zu bemerken, daß wegen des durch die Kartoffelkrankheit bewirkten Mißrathens der Kartoffeln der Kornverbrauch in dieſem Jahr größer geweſen iſt, als in den früheren Jahren. Aus dem Jahr 1840—41, in welchem die Kartoffel— krankheit noch nicht herrſchte, beſitze ich eine Rechnung über den Kornverbrauch von 7 Deputatiſtenfamilien — die nicht dreſchen, und folglich auch keinen Dreſcherlohn beziehen — wovon die Reſultate hier zur Vergleichung einen Platz finden mögen. Der geſammte Kornverbrauch dieſer 7 Familien betrug incl. des Sammelweizens: Auf Rocken reducirt Schfl. Mz. Schfl. Mb. C 14 12 199 | 11 T 26 8 20 8 CFC 199.| = 2110, 884 F 6 0 C 98er 1227398: 0.12 Summe | — — | 173 13 Die 7 Familien beftanden im Durchſchnitt des ganzen JJC 26 Erwachſenen 19¼ Kindern unter 14 Jahr zuſammen 45 ½ Perſonen. Der Verbrauch iſt alſo 5 — 10,55 Schfl. pr. Kopf. 280 Der Verbrauch pr. Kopf war alfo im Jahr 1840— 41 bei einer guten Kartoffelernte um 1½ Schfl. geringer als im Jahr 184748, in welchem die Kartoffelkrankheit herrſchte. Für eine Familie von 6 Perſonen beträgt demnach der durch die Kartoffelkrankheit bewirkte Mehrverbrauch 6 X 1,20 — 73% Schfl. Rocken. Der Ankauf von 7/ Schfl. Rocken iſt aber für Arbeiterfamilien, die auch früher nur nothdürftig zu leben hatten, faſt unerſchwinglich. Sollte die Kartoffel— krankheit unglücklicherweiſe fortdauern, ſo iſt ſchon aus dieſem Grunde die allgemeine Erhöhung des Arbeitslohns eine Nothwendigkeit. - Außer dem hier angeführten Korn kauft jede Familie noch Ye bis ¼ Schfl. Buchweizengrütze. Das Malz, was die Leute gebrauchen, machen ſie entweder ſelbſt, oder tauſchen es gegen Gerſte ein. Bei der Berechnung des Kornverbrauchs eines ganzen Staats müßte auch noch das Korn, was zum Brennen des im Lande konſumirten Branntweins verwandt wird, in Rechnung gebracht werden. Anlage B. Peſtimmungen über den Aentheil der Dorfbewohner zu Tellow an der Gutseinnahme. N 283 SCH Berzeichniß der Einnahmepoſten, an welchen die Dorf- bewohner künftig einen Antheil haben ſollen: 1) Einnahme für verkauftes Korn aller Art, mit Ausſchluß des Korns, was an die Dorfbewohner ſelbſt verkauft wird, 2) für Raps, Rübſen, Dotter und andere Oelgewächſe, 3) für Kleeſamen und Saatgras, J) für Kartoffeln, mit Ausſchluß der an die Dorfbewohner verkauften, 5) für das aus der hieſigen Hölzung verkaufte Holz, 6) von der Schäferei, 7) von der Holländerei (Kuhhaltung) und der Schweinezucht. 8 2. Das Rechnungsjahr beginnt mit dem 1. Juli und ſchließt mit dem 30. Juni. Am Schluß jedes Rechnungsjahrs ſoll der geſammte Kornvorrath, ſowie der Vorrath an Oel-, Klee- und Gras— ſamen nachgemeſſen und zu folgenden Preiſen veranſchlagt werden: Der Roſt. Schfl. Weizen zu. .... I Thlr. 16 ßl. Pr. Cour. 5 e CCC ee C u ee ER, „ Hafer ggehäuftes Ni e ra = Erben und Wicke !! „„ „ „ he Raps und Rübſen 1, 32 „ „ „ * „Co - SENET . BE e er 5 „ Kleeſamen (rother wie weißer). , as 2 ae Zimotheefjamen .. 2 „ 24, „ „ 284 Ergibt ſich aus dieſer Berechnung, daß der Werth des Vorraths am Schluß des Rechnungsjahrs größer iſt, als er beim Beginn des Rechnungsjahrs war, ſo wird dieſer Mehr— werth der Einnahme hinzugefügt, ergibt ſich dagegen ein Minderwerth, ſo wird dieſer von der baaren Einnahme ab— gezogen. 8 3. Ebenſo wie beim Korn ſoll auch der Mehr- oder Minder— werth der Pferde, Kühe, Schafe und Schweine beim Schluß des Rechnungsjahrs der baaren Einnahme zu- oder abgerechnet werden. Bei dieſer Berechnung ſollen angeſchlagen werden: die Pferde und Fohlen pr. Stück zu 70 Thlr. Pr. Cour., die Fühe und Bollen 20. 5 die Schafe von jedem Alter pr. Kopf zu 2 „ „ 2 die Schweine von jedem Alter. 8 „ „ 5 8 4. Von der auf dieſe Weiſe ermittelten Einnahme ſollen nachſtehende Ausgaben abgezogen werden: 1) die Ausgabe für den Ankauf von Korn, Oelgewächſen, Kartoffeln, Klee- und Grasſamen; 2) die Ausgabe für den Ankauf von Pferden, Kühen, Schafen und Schweinen; 3) alle Kriegsſteuern und Kriegskoſten, mit Ausſchluß der Lieferung und Verwendung der Naturalien, die auf dem Gut ſelbſt erzeugt werden; 4) der Verluſt, der durch ein Brandunglück entſteht, in ſofern dieſer Verluſt die Entſchädigung überſteigt, welche die Brandverſicherungs-Geſellſchaften leiſten. Wenn nach Abzug dieſer vier Ausgaben die nach obiger Beſtimmung ermittelte Einnahme die Summe von 5500, ſchreibe Fünf Tauſend Fünf Hundert Thaler preußiſch Courant überſteigt, ſo ſoll von dieſem Mehrbetrag jedem, zu den nachſtehend angeführten Klaſſen gehörigen Dorfbewohner, ein halbes Procent zu Gut geſchrieben werden. Folgende Dorfbewohner ſollen hieran Theil nehmen: J) alle arbeitsfähigen, im Beſitz einer Wohnung ſich be— | findenden, mit Mann und Frau, oder ſtatt Letzterer mit einem Dienſtboten für das Gut arbeitenden Be— wohner des Dorfs. Dahin gehören alle arbeitsfähigen Tagelöhner, deren Frauen Hofdienſte leiſten; 2) die Deputatiſten, nämlich der Statthalter, der Vorhäker, der Holzwärter, der Stellmacher und der Kuhhirt; 3) der Schullehrer und der Schäfer; 4) der Weber, wenn er die in der Ernte ihm obliegende Hülfsleiſtung treu erfüllt; 5) die Knechte, deren Frauen ein Haus im Dorf bewohnen und für das Gut arbeiten. In den Häuſern, wo ein noch arbeitsfähiger Mann mit ſeinem erwachſenen, alle ſchweren Arbeiten verrichtenden Sohn zuſammen wohnt, ſoll das halbe Procent zu gleichen Theilen zwiſchen Vater und Sohn getheilt werden. Bemerkung. Die Einnahme von den genannten Artikeln nach Abzug der angeführten Ausgaben hat für das Gut Tellow im Durchſchnitt der 14 Jahre von 1833—47 be⸗ tragen ca. 7500 Thlr. Pr. Cour. Bliebe nun die Einnahme unverändert, ſo würde nach dieſen Beſtimmungen der Antheil jedes Dorfbewohners jährlich 10 Thlr. Pr. Cour. betragen. Stiege aber in Folge fortſchreitender Bodenkultur dieſe Ein— nahme um 1000 Thlr. jährlich, ſo würde der Antheil des 286 Arbeiters ſich nicht in dem Verhältniß von 75: 85, ſondern von 10: 15 vermehren. Das Intereſſe der Arbeiter iſt hierdurch auf das innigſte mit der Steigerung der Produktion verknüpft. Die Zahl der Dorfbewohner, welche einen Antheil an der Gutseinnahme haben, beträgt gegenwärtig 21. § 6. Sollte in einzelnen unergiebigen Jahren, oder durch beſondere Unglücksfälle die Einnahme nicht die Summe von 5500 Thalern Pr. Cour. erreichen, ſo wird das daran Fehlende von der Einnahme des nächſten Jahrs, oder der nächſtfolgenden Jahre abgezogen, und erſt von dem, dann bleibenden, den Betrag von 5500 Thlr. Pr. Cour. überſteigenden Ueberſchuß er— halten die Dorfbewohner den Antheil von einem halben Procent. § 7. Wer ſich einer Veruntreuung oder eines Diebſtahls ſchuldig macht, möge dieſer auch noch ſo geringfügig ſein, und deſſen überwieſen wird, iſt der Theilnahme an der ferneren Gutseinnahme verluſtig. Ob dieſe Ausſchließung für immer, oder nur auf gewiſſe Jahre ſtattfinden ſoll, bleibt dem Er- meſſen des Gutsherrn überlaſſen. Auch behält der Gutsherr ſich vor, wegen ernſter Vergehen, wie grober Widerſpenſtigkeit, Verſuche zu Aufreizungen und dergleichen, eine ſolche Aus— ſchließung zu verfügen. § 8. Der Zweck dieſer Einrichtung iſt: 1) daß die Dorfbewohner an dem Wohl und Wehe des Gutsherrn unmittelbar Theil nehmen, gleichſam mit ihm eine Familie bilden ſollen; 2) daß die Arbeiter ſich einer durch den Zinſengenuß mit 3) 287 jedem Jahr um etwas erhöhten, ſtetig wachſenden Einnahme erfreuen ſollen; und daß vor Allem dem Arbeiter ein ſorgenfreies, heiteres Alter geſichert werde, daß nachdem er ſein kräftiges Mannesalter in angeſtrengter Thätigkeit vollbracht, er im ſpäten Alter, wo Kraft und Geſundheit ſchwinden, nicht darben, nicht der Gnade Anderer leben, nicht ſeinen Kindern zur Laſt fallen ſoll, ſondern vielmehr in den Stand geſetzt werde, ſeinen Kindern noch Etwas hinterlaſſen zu können. 8 9. Zur Erſtrebung dieſes Ziels werden nun nachſtehende Verfügungen getroffen: 1 2) 3) 4) Jeder Dorfbewohner, der nach obigen Beſtimmungen ſich zur Theilnahme an der Gutseinnahme eignet, er— hält ein Sparkaſſenbuch, in welchem ſein Antheil an der Gutseinnahme jedes Jahr verzeichnet wird. Von der im Buch verzeichneten Summe zahlt der Gutsherr 4 pCt. oder von jedem Thaler einen Groſchen Zinſen pro anno. Die Einſchreibung des Antheils an der, vom 1. Juli des verfloſſenen, bis zum 30. Juni des laufenden Jahrs erfolgten Gutseinnahme, ſo wie die Auszahlung der Zinſen, geſchieht zu Weihnachten jedes Jahrs — und es ſoll auch dieſe Gabe in allen Beziehungen als ein Weihnachtsgeſchenk betrachtet werden. Das in die Sparkaſſenbücher eingetragene Kapital iſt von beiden Seiten unkündbar, Jo lange nicht der Inhaber des— ſelben das 60. Lebensjahr zurückgelegt hat. Sobald aber der Dorfbewohner das Alter von 60 Jahren erreicht hat, ſoll ihm ſein Kapital zur freien Verfügung geſtellt werden. 288 5) Stirbt der Mann, ehe er das Alter von 60 Jahren erreicht hat, ſo erbt ſeine Wittwe das im Buch ver— zeichnete Kapital. Ob dann aber die Wittwe über das ganze Kapital verfügen, oder ob ein Theil deſſelben für die nachgelaſſenen Kinder zurückbehalten werden ſoll — dies bleibt in jedem einzelnen Fall dem a: des Gutsherrn anheimgeſtellt. Dieſe Beſtimmungen treten ſogleich in Kraft, und ſind ſchon für das Jahr vom 1. Juli 1847 bis 1. Juli 1848 gültig. Die hier getroffene Anordnung erliſcht mit dem Tode des jetzigen Gutsherrn, und ſoll nicht bindend für deſſen Söhne ſein. Aber dieſelben ſollen verpflichtet ſein, für die vollſtändige Sicherheit der in den Sparkaſſenbüchern eingetragenen Kapi— talien jede mögliche Sorge zu tragen und zu Weihnachten jedes Jahrs die Zinſen auszuzahlen. Sollten indeſſen meine Söhne, oder auch die Dorf— bewohner es der vollſtändigen Sicherheit wegen angemeſſen halten, dieſe kleinen Kapitalien in eine öffentliche Sparkaſſe zu geben, ſo erhalten die Dorfbewohner die Zinſen, welche dieſe Sparkaſſe zahlt. Tellow, den 15. April 1848. J. H. v. Thünen. Druck von A. W. Sandmeyer in Schwerin. — 1 1 EV WET "Pr erg — > Made by LIBRARY BUREAU = * 8 = 8 S SE 8 3 —— he ers . 5 = > 5 2 2 2 O 28 2 ıM 2 8 due 2 22 9 8 S = oO 2 DO a4 7 — 9 2 re) 8 8 = e 7 7 4 "MAMONANOH JO INVN "Alva 5 jo re 2e pA UFTYOIe7=-1Syssumyss Ap sg SA TFT OST 160 l pago uA opauren uusqor usufftff oyynv E * den