» $ * ji “ s, 5 5} =” u W BR ” RN ö WEICH TR ERREN RUE _ _ PFLÜGERS ARCHIV FÜR DIE GESAMTE PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN UND DER TIERE + HERAUSGEGEBEN VON .E. ABDERHALDEN A. BETHE R. HÖBER HALLE A. 8. FRANKFURT A. M. KIEL 182. BAND MIT 81 TEXTABBILDUNGEN BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1920 Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig Inhaltsverzeichnis. Bircher, Max Edwin. Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. a 11 Text- als ln) So EB Abderhalden, Emil, and Ernst Gellhorn. Studien. über die von Fenzelnen Organen Dersena Men Stoffe mit spezifischer Wirkung. a 11 Text- all langen) Sees Kupelwieser, Dr. Ernst. Bere zur Physiologie des venösen Ey orherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. (Mit 8 Textabbildungen) . Wiechmann, Dr. Ernst. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. (Mit 9 Text- abbildungen) . . Sn ea Höber, Rudolf. Zur Analyse ‘der Caleiumwirkung. (Mit 6 Textabbildungen) Rohde, Karl. Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. (Mit 3 Textabbildungen) Abderhalden, Emil. Weitere Beiträge zur Kenntnis von. organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. II. Mitteilung . N Bikeles f, Prof. Dr. 6., und Dr. L. Zbyszewski. Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes (Oblongata) mittels Wechselströme auf das herzhem- mende und vasomotorische Zentrum sowie auf die Atmung. u 4 Text- abbildungen) ER Bikeles y, Prof. Dr. G. "Versuche über die Wirkung der | an der Jumbo- sakralen Gegend der Wirbelsäule applizierten Wechselströme. I. Einige Konstatierungen betreffend Reflex, Opisthotonus und Krampferscheinungen (tonisch evtl. klonisch) an. den vorderen Extremitäten beim Kaninchen an diem) ce a Be EEE — — u. Dr. L. Zbyszewski. Tarsıchs über Ak Trnkmms der an len Iemelio- sakralen Gegend der Wirbelsäule u Wechselströme. II. Ein- fluß auf Kreislauf und Atmung . E RT Hecht, Paul. Automatie und Morkemstiante am ‚ Dissen les Hrosches “ Mit 12 Textabbildungen ...... Mangold, Ernst. Über den feineren ilecharnisms den Toensne um) abe Erregbharkeit des totenstarren Muskels A Pohle, Ernst. Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. (Mit 7 Textabbildungen) Br 2 Meyerhof, Otto. Die Energieumwandlungen im Muskel. LT fnen die Bei ziehung der Milchsäure zur Wärmebildung und Arbeitsleistung des Muskels in der Anaerobiose. (Mit 7 Textabbildungen) — — Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. Über das Sehtielksel der Milchsäure in der Erholungsperiode des Muskels. (Mit 3 Textabbildungen) Berrelmeung:..‘... ME EREN EA N 2 RT ER RE el Autorenverzeichnis.. Seite 104 114 133 157 319 Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. Von Max Edwin Bircher. (Aus dem physiolog. Institut d. Universität Zürich.) Mit 11 Textabbildungen. (Eingegangen am 4. Februar 1920). Die Viscosität des Blutes ist kauptsächlich von zwei Gruppen von Bestandteilen abhängig, nämlich a) von den suspendierten Blutzellen; b) von gelösten Kolloiden. Eine dritte Gruppe, die organischen Substanzen nichtkolloider Natur und die Salze, besitzt nur einen äußerst geringfügigen unmittel- baren Einfluß. Eine indirekte Einwirkung soll damit nicht ausgeschlos- sen sein, ist doch speziell bei Kohlensäure eine ausgesprochene Rück- wirkung auf den Reibungskoeffizienten des Blutes von verschiedenen Forschern festgestellt worden. Durch Vergleichsversuche an Blut und an blutkörperchenfreiem Plasma ist erwiesen worden, daß in dieser Wir- kung die Gegenwart der Blutkörperchen die entscheidende Rolle spielt. Wir beabsichtigen auf diese dritte Gruppe nicht näher einzugehen. Ebensowenig wollen wir uns ausführlicher mit der Tatsache befassen, daß Säuren und Laugen den Zustand der Plasmaeiweiße derart ver- ändern, daß dies viscosimetrisch zum Ausdruck kommt. Die genannten drei Gruppen sind in ihrer qualitativen Wirkungs- weise schon allgemein bekannt, auch ist die Forschung schon so weit vorgeschritten, daß die quantitative Bedeutung der einzelnen Kom- ponenten in einem gewissen Umfang klargelest ist. Dabei war man zum Teil geleitet durch hämodynamische Interessen, zum Teil durch die Bedürfnisse des Klinikers, die Viscosimetrie für seine Zwecke aus- zunützen und durch dieses Mittel womöglich neue Daten zur Bewertung des pathologisch veränderten Blutes zu beschaffen. Diese beiden Argumente mögen auch Geltung haben für die nach- stehend mitgeteilten Untersuchungen. I. Die Bedeutung der Serumkolloide. In unsern Ausführungen über die Erfahrungen und Anschauungen, wie sie bis zum Jahre 1908 bekannt geworden waren, können wir auf Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. R 1 2 M. E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes Hensler verweisen, der unter Leitung von W. R. Hess eine Zusammen- stellung ausgearbeitet hat: ‚„Der heutige Stand der Lehre von der Vis- cosität’des Blutes!)“. Unsere Übersicht über die seitherigen Arbeiten darf dementsprechend als eine Fortsetzung der Arbeit Henslers aufgefaßt werden, d. h. soweit sie sich auf unser spezielles Thema bezieht. Eine Besprechung der Literatur bis 1910 findet sich auch bei Determann). Daß zur Viscosität des Gesamtblutes außer den Formelementen auch das Serum beiträgt, betonen ausdrücklich schon Hirsch und Beck, Duncan und Gam- gee, Haro, Bence, Determann, Hess und Botazzi:). Letzterer glaubt durch seine Experimente gezeigt zu haben, daß die Viscosität mit der molekularen Zusammensetzung der Proteinkörper steigt. Er teilt den Befund mit, daß Lösungen von Proteinen niedriger viscös sind als solche von Nucleoalbuminen und Nucleo- proteinen. Durch Untersuchungen an Krystalloiden und Kolloiden gibt Hess?) eine konkrete Übersicht über deren gegensätzliches Verhalten. Anschließend betont er, daß dieser Gegensatz beim Blute noch dadurch vergrößert wird, daß die Krystalloide wegen ihrer osmotischen Wirksamkeit in viel geringere Grenzen in bezug auf ihre Konzentration verwiesen sind als die osmotisch indifferenten Kolloide. Es dürfe aber daraus nicht abgeleitet werden, die Gegenwart der Krystal- loide sei ohne Bedeutung für die Viscosität, da die Möglichkeit bestehe, daß sie sich durch ihren Einfluß auf die Kolloide indirekt Geltung verschaffen könnten. Unter Leitung von Hess wurden dann von Blunschy) einige systematische Versuche gemacht, welche darauf abzielten, den Einfluß der Konzentrationsver- hältnisse kennenzulernen. Blunschy vermischte dementsprechend Hirudin- ' plasma in verschiedenen Mengenverhältnissen mit physiologischer Kochsalzlösung und bestimmte die Viscosität des Gemisches. Aus den Messungsresultaten ergeben sich Kurven, welche Blunschy dahin charakterisiert, daß sie einen sehr flachen, d. h. der Geraden sich nähernden Verlauf aufweisen, und zwar um so flacher, je geringer die Viscosität der zur Ver- dünnung gekommenen Plasmaprobe ist. Er meint, daß bei höheren Konzentra- tionen eine Verschärfung der Aufwärtsbewegung zu erwarten sei, aber nicht nach- gewiesen werden könne, weil im natürlich vorkommenden Plasma so hohe Eiweiß- konzentrationen nicht beobachtet werden. Eine Ergänzung und teilweise Fort- führung der Untersuchungen Blunschys finden wir bei Ulmer), welcher myt Pferdeserum arbeitete. - Angaben, welche sich auf Versuche am isolierten Serum beziehen, treffen wir weiterhin bei W. Frei”). Zu 1 cem Pferdeserum fügt Frei n-Kalilauge oder n-Natronlauge hinzu und stellt unregelmäßig Erniedrisung oder Erhöhung der Viskosität fest. Kleine Mengen !/,-n Schwefelsäure bewirken eine erhebliche Vis- kositätserhöhung, größere eine noch stärkere. !) Inaug.-Diss. Zürich 1908. ?) Determann, Die Viscosität des menschlichen Blutes. Bergmann, Wies- baden 1910. ?) Referiert bei Hensler (Dissertation. *) Hess, Die Bedeutung der Viscosität des Blutes. Münch. med. Wochenschr. Nr. 45. 1907. >) Blunschy, Beiträge zur Lehre der Viscosität des Blutes. Inaug.-Diss. Zürich 1908: 6%) Ulmer, Die Bestimmung des Volumens der Blutkörperchen auf viscosi- metrischem Wege. Inaug.-Diss. Zürich 1908. : ?) W. Frei, On Surface Tension of Serum. The Transvaal Medical Journal 1908. und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. 3 Für normales menschliches Serum nennt Determann!) Werte zwischen 3,0 und 1,7, die niedrigen bei weiblichen, die höheren bei männlichen Individuen. Dabei weist er auf Grund von Ernährungsversuchen nach, daß die Viskosität des Serums vom Organismus mit großer Hartnäckigkeit festgehalten wird. W.Scheitlin?) und ferner E. Bachmann?) haben die Viscosität des Serums mit dessen Eiweißgehalt verglichen. Trumpp*) gibt uns in einer kleinen Tabelle Serumwerte jugendlicher Individuen. Seine Werte schwanken zwischen 1,55 und 2,00, bei einer Schwankungsbreite der Viscosität der zugehörigen Blutprobe zwischen 3,7 und 4,6. Für Blut{von verschiedenen Tieren gibt er Serumwerte an von 1,35 (Kaninchen), 1,4 (Kalb), 1,6 (Schwein), 1,85 (Pferd), 1,9 (Rind), 2,15 (Hammel). Werte betreffend die Viscosität des menschlichen Plasmas unter gesunden und pathologischen Bedingungen geben Kämmerer und Waldmann?) bekannt. Ihre Normalzahlen schwanken zwischen 1,6 und 2,2. Zu bemerken ist, daß es sich dabei um Oxalatplasma handelt. Das Blut,war aus einer gestauten Vene entnom- men. Es sind das zwei Tatsachen, welche, wie die Erfahrung lehrt, gewisse Ab- weichungen von den Werten bedingen, welche man bei der korrekteren Anwendung von Hirudin und Vermeidung von Stauungsblut feststellt. Denn dies ist im Gegensatz zu Kämmerer und Waldmann zu sagen, daß Stauung auch auf die Viscosität des Plasmas zurückwirkt. Inwieweit das Schütteln mit Luft diesen Stauungseinfluß rückgängig macht, ist vorläufig kaum einwandfrei zu entscheiden. Sehr instruktiv ist eine graphische Übersicht, welche die Beziehung zu Viscosität und Eiweißgehalt illustriert: Es geht daraus offenkundig hervor, daß ausgesproche- ‘ner, aber nicht absoluter Parallelismus besteht. Auf die Viscosität des Serums und des Plasmas gerichtete Untersuchungen finden wir auch bei H. Weber®). Die vom Menschen stammenden Werte bewegen sich für das Serum zwischen 1,63 und 1,9, bei einer Schwankungsbreite des Plasmas zwischen 2,0 und 2,35. Weber leitet aus seinen Zahlen eine Parallelität der Vis- cosität des Serums zum Gehalt an Plasmaeiweiß ab, außerdem ein Parallelgehen von Serum- und Plasmaviscosität, wobei die letztere etwa 20—25%, höher sei, Eine bedingte Zustimmung erfährt die Annahme eines Parallelismus von Viscosität und Eiweißgehalt des Serums durch Nägeli”), welcher die gegenseitige Beziehung der beiden Faktoren durch eine Tabelle illustriert. Gewisse Abweichungen vom Parallelismus treten jedoch bei einer feineren Differenzierung, wie sie im Laboratorium von Nägeli durch Heyder®) und Rohrer°’) durchgeführt worden ist, deutlich hervor, und zwar in dem Sinne, daß l) Determann, loc. cit. 2) W. Scheitlin, Vergl. Untersuchung über die Blutviscosität gesunder und kranker Tiere. Inaug.-Diss. Zürich 1909. ®2) Bachmann, Weitere klinische Beiträge zur Viskositätsbestimmung. Med. Klin. 1910. 2) Trumpp, Viscosimetrische Studien. Jahrb. f. Kinderheilk. 1911. 5) Waldmann und Kämmerer, Blutmengebestimmung. Dtsch. Archiv f. klin. Med. 109. 1913. ©) H. Weber, Die Viscosität des Blutes und Serums im Höhenklima. Zeitschr. f. Biol. %0, 211. (Die Untersuchungen wurden 1913 durchgeführt, kamen aber erst 1919 zur Publikation.) _ ”) ©. Nägeli, Blutkrankheiten und Blutdiagnostik. 3. Aufl. 1919. ®) Heyder, Bestimmung der Refraktion und Viscosität von Globulinen und Albuminen in ihren Mischungen nach verschiedenen Verhältnissen. Inaug.-Diss. Tübingen 1915. >) Rohrer, Bestimmung von Albumin und Globulin. Dtsch. Archiv f. klin. Med. 121, 221. 1916. 1 4 M.'E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes die Globuline die Viscosität in stärkerem Maße beeinflussen als die Albumine. Auf Grund .dieser Tatsache ist Rohrer dazu gekommen, die Viscosität direkt für die Bestimmung des Globulin- und Albumingehaltes des Serums zu verwerten, und zwar durch Kombination mit der Refraktometrie, welch letztere Methode nach den Erfahrungen anderer Autoren mit guter Genauigkeit einen Rückschluß auf den absoluten Eiweißgehalt gestattet. Die Resultate der genannten Autoren finden sich niedergeschlagen in einer Tabelle, wie sie Rohrer zu praktischem Gebrauche konstruierte. Aus einer Zusammenfassung der bis anhin bekanntgewordenen Resultate ergibt sich folgendes Bild: Für Plasma schwanken die Werte zwischen 2,0 und 2,35, für Serum zwischen 1,55: und 2,00, also letz- tere sind um 20—25% niedriger. Bei einigen Krankheiten werden auch abnorm niedrige Plasmawerte angetroffen, z. B. 1,45. In bezug auf die verschiedenen Tierarten verteilen sich die Werte: Schaf 2,15, Rind 1,9, Pferd 1,85, Schwein 1,6, Kalb 1,4, Kaninchen 1,35. Die Gegenüberstellung der Konzentration des Plasmas bzw. des Serums und der Viscosität zeigt Annäherung an ein Parallelgehen beider Größen. Es kommt dies zum Ausdruck einerseits bei den Parallel- bestimmungen von Viscosität und Eiweißgehalt, den Parallelbestim- mungen von Viscosität und Refraktion (letzteres als Indikator für den Eiweißgehalt), als auch aus den Serienversuchen, bei welchen die Konzentration durch graduelle Verdünnung variiert wurde. Die zu- gehörigen Kurven zeigen durchwegs: darin eine Abweichung vom proportionalen Verhalten beider Größen, daß mit ansteigender ‚Konzentration die Viscosität etwas rascher zunimmt als die Kon- zentration. Außer dieser Art Abweichung ist eine Diskrepanz zwischen Vis- cosität und Eiweißgehalt darin gegeben, daß den verschiedenen Riweiß- arten ein verschiedener Viscositätsindex zukommt. Den Globulinen soll allgemein ein höherer viscosimetrischer Effekt entsprechen als den Albuminen. Von Bedeutung sind aber auch die Lösungsbedingungen, insbesondere die absolute Reaktion des Milieus. Danach scheint. die Viscosimetrie weniger geeignet für Konzentrationsmessung als für die Qualifizierung des gelösten Eiweißes oder dessen Lösungsbedingungen. Eigene Untersuchungen. Meine Untersuchungen gingen im wesentlichen darauf aus, die frü- heren Untersuchungen über die Abhängiskeit der Viscosität des Serums von dessen Konzentration zu überprüfen und zu erweitern. Dabei wurde durch verschiedene Mittel die Erreichung einer erhöhten Genauig- keit angestrebt. Im übrigen folgte ich der Versuchsdisposition, wie sie schon bei Blunschy und Ulmer angewandt worden ist: Es wurden von verschiedenen Seren Verdünnungsreihen hergestellt und diese viscosimetrisch durchgemessen. und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Fiweiß. 5 Apparatur. Il. Büretten und Pipette. Die Mischung von Serum mit Kochsalzlösung wurde auf zwei ver-. schiedene Arten bewerkstellist. Sofern mir größere Mengen Serum zur Verfügung gestanden sind, arbeitete ich mit gewöhnlichen, auf !/,, cem genau graduierten Büretten. Beim Arbeiten mit klei- nen Serummengen kam eine Meßphiole zur Verwen- dung, wie sie von Hess speziell für diesen Zweck an- gegeben wurde, um eine Abmessung von großer Ge- nauiskeit möglichst einfach zu gestalten. (Das Prinzip ist in Abb. 1 festgelest.) Sie besteht aus einer kleinen Glasampulle, die an beiden Enden spitz ausgezogen ist, am untern bis auf ca. 3/,,„ am obern bis auf ca. 2/,, mm Lichtweite. Die Ampulle steckt luftdieht in einer Glashülse, welche ihrerseits mit einem Saugschlauch verbunden ist. Das Anfüllen der Ampulle erfolgt durch Ansaugen mittelst eben dieses Schlauches. Sobald die Ampulle gefüllt ist und an- fängt aus der oberen Öffnung zu überfließen, so wird das Saugen unterbrochen. Der Flüssigkeitsmeniscus stellt sich nun automatisch in die scharfe Schnitt- fläche der oberen Capillaröffnung ein. Eine Ablesung Abp.1.Meßphiole: ist überflüssig! Was übergeflossen ist, sammelt sich Instrument zu ge- . = z z nauer und rascher in der Glashülse und bleibt bei der Entleerung der Abmessung eines Ampulle dort zurück. Der Gefahr, daß Flüssigkeit "ren Müssiekeits- mitkommt, welche an der Außenseite der unteren Capillarenspitze haftet, ist dadurch begegnet, daß diese Spitze außen paraffiniert ist. Beim langsamen Herausziehen aus der Flüssigkeit löst sich die Spitze ohne adhärierenden Tropfen aus dieser ab, so daß auch hier eine Ablesung nicht nötig ist. Über die Genauigkeit der so vollzogenen Abmessung eines bestimm- ten Volumens geben folgende Kontrolluntersuchungen Aufschluß: Von Kochsalzlösung, Serum und Blut wurde je 10mal die Aus- flußmenge in Milligramm genau gewogen: a) Kochsalzlösung (z. B.): 2051570315; 0,315; 0,315; 0,315; 0,315; 0,315; :0,315; 0,316; 0,317. b) Tabelle: Mittelwert Material ne Spez. Gewicht Volumen Kochsalzlösung . 0,315 1,01242 0,311 Serum 00322 1,030 0,311 Rinderblut . . . 0,326 1,0487 0,311 Das Volumen wurde berechnet, indem das Ausflußgewicht durch das spezi- fische Gewicht dividiert wurde. Das Resultat zeigt volle Übereinstimmung für die verschiedenen in Frage kommenden Flüssigkeiten. 6 M. E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes Diese Kontrollbestimmungen durchgeführt zu haben ist auch deshalb von Interesse, weil man durch sie Anhaltspunkte darüber bekommt, ob bei ‚der Entleerungdas eine Mal mehr, dasandere Mal weniger Flüssigkeitanden Innenwandungen der Ampulle haften bleibt. Aus den jeweiligen 10 Kon- trollbestimmungen ergab sich, daß höchstens eine Differenz von I—2 mg . in Rechnung zu ziehen ist, was kaum 1% der Auslfußmenge bedeutet. II. Viscosimeter. Es wurde der Hesssche Apparat benützt, und zwar in der Ausführung, welche speziell für das Arbeiten im Laboratorium bestimmt ist. [Großes Modell!)]. Wesentlich ist, daß dabei die Ablesung auf 1%, genau vor- genommen werden kann und die Möglichkeit besteht, die Temperatur auf eine bestimmte Höhe einzustellen und konstant zu halten. Durchführung der Versuche. Zur Gewinnung des Serums ‚wurde das Blut direkt vom geschlach- teten Tier weg in Glasgefäße aufgefangen und in den Kühlraum gestellt. Nachdem der Koagulationsprozeß zu Ende gekommen war, erfolgte der Transport aus dem Schlachthof ins Institut, wo die Gefäße wieder in den Eisschrank kamen. Vor derVerwendung des abpipettierten Serums erfolgte noch Zentrifugierung zur Beseitigung sämtlicher allfälliger suspendierter Bestandteile, welche, sei es in Form von einzelnen Blutkörperchen oder Fibrinfäden, natürlich das Resultat erheblich hätten beeinflussen können. Insbesondere sind Fibrinfäden als Störungsquelle sehr gefährlich. In andern Fällen wurde so vorgegangen, daß das Serum aus dem defibrinierten Blute durch Zentrifugieren isoliert wurde. Zur Verwendung kam Serum von Rind, Schwein und Schaf. Herstellung der Verdünnungsproben: Das Ziel verfolgend, die Abhängigkeit der Viscosität des Serums von der Konzentration der viseosimetrisch wirksamen Bestandteile zu untersuchen, wurden von verschiedenen Serumproben Verdünnungsreihen hergestellt. Bei der Bü- rettenmethode wurden 14 Glieder hergestellt (inklusive das unverdünnte Serum und die reine physiologische Kochsalzlösung, 0,95%). Bei den Endgliedern der Reihe wurden Stufen von 10 zu 10% gemacht, in der Mitte von 5 zu 5%, in der Meinung, die Kurvenpunkte in der ‚Gegend der zu erwartenden stärksten Kurvenbiegung möglichst eng zu legen. Bei der Verwendung der Phiole, als dem exakteren Vorgehen, konnten natürlich nur ganzzahlige Verhältnisse für die Durchmischung der beiden Komponenten in Frage kommen. Es wurden Verdünnungen hergestellt im Verhältnis von !/, bis 6/,. (Unverdünntes Serum auf das Volumen der zustande gekommenen Mischung berechnet.) Wo die Versuchstemperatur von 15° verschieden war, erfolgte Re- duktion der Werte auf 15°. Es wurde dabei die Korrektur vorgenommen, 1) W. R. Hess, Viscosimeter mit Temperaturregulierung. Arch. f. d. ges. Physiol. 1920. Erhältlich bei E. Büchi, opt. Werkstätte, Bern. Preis 80 Franken. und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. 7 entsprechend den in unserm Institut von Rothlin!) gemachten Fest- stellungen, daß bei Serum für jeden Grad über 15 die Viscosität um 0,005 abnimmt. Die Notwendigkeit der Korrektur ergibt sich aus der Vereinigung der verschiedenen. Resultate in den Kurventabellen. Die Eiweißbestimmung: Bei verschiedenen Serumproben ist die Viscositätsmessung durch eine Bestimmung des Eiweißgehaltes (auf dem Wege der Hitzekoagulation) ergänzt worden. Resultate: Die gefundenen Werte sind in den nachstehenden Tabellen zusammengestellt und durch die Kurven in Abb. 2 illustriert: Tabelle I. Tabelle II. Vollserum-| Eiweiß- |Viscosität | Viscosität ‚Vollserum-| Eiweiß- |Viscosität | Viscosität prozente | prozente bei 17,5° Ckorr. auf 15° prozente | prozente | bei 20° C |korr. auf 15° 10 0,755 | 1,05 1,05 10 DE 1,07 20 1,5 1,10 1,10 SOFT 1,13 30 DRS 116 |: 116 300 2.498. 215200511,.21:205 40 3,0 129 1;22 40 1:3,327 | .1,27 1,28 50 3:19 \.1,28 | 1,28 5 el 1,37 5 4142| 12 | 132 N see 60 4,50: |.:1,35 1,35 60. | 4,98 | 1,46 1,47 65 4,87 | 1,40 :| 1,405 20% 77 05,81°7] 9455 1,56 70 BE 1A3.%| 1,435 N 1,615 75 5,62 | 1475 | 1,48 Ss | 6,65 | 1,66 1,68 80 6:02. 1...1552 1255 90 ° | 7,48 1,80 1,82 90 6,75 | 1,682 1,63 100, 2° 8:302,.1595. 41295 100 TE el 73 1,74 Rinderserum (A) (Tab. I): Viscosität von Serumkochsalzmischungen in steigenden Eiweißkonzentrationen (es wurde nur der Eiweißgehalt des Vollserums direkt bestimmt, die übrigen Werte aus der Verdünnung berechnet). Schweineserum (A) (Tab. II: Im übrigen vel. Tab. I. Tabelle IM. Tabelle IV. Vollserum-| Eiweiß- |Viscosität| Viscosität Vollserum-| Eiweiß- |Viscosität | Wiscosität prozente | prozente bei 25° C |korr. auf 15° prozente | prozente | bei 27° C ‚korr. auf 15° 10 0,8 1,06 1,06 10 0,7 1,05 1,05 20 1,6 11512 11,18 20 1,4 1,10 lzılal 30 2,4 1,18 1,19 30 ll 1,15 1,16 40 3,2 1225 1,265 40 2,8 1,20 1,21 50 4,0 133,2 02105 50 3,5 1,26 1921718 60 4,8 1,43 1,45 55 3,85 1,29 1,31 70 5,6 1,52 1,55 60 NER 1,35 13 6,0 1,57 1,60 6a 024855 1,36 1,38 80 6,4 1,62 1,65 70 4,9 1,39 1,41 90 762 1,73 erazl 75 325142 1,445 100 8,0 1,87 1,91 s0 58. lan 1,50 Schweineserum (B): Im übrigen 30 6,3 155 1,58 vgl. Tab. I. 100 7,0 1,64 1,68 Schafserum: Im übrigen vgl. Tab. I. 1) Rothlin: Einfluß der Temperatur auf die Viscosität des Blutes und dessen Komponenten. Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 179. 1920. 8 M.E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes Tabelle V. Tabelle VI. ; ER 2 Eu i Schwein Schaft Mischungs Eiweiß- Viscosität Mischungs- i Da R Be: verhältnis prozente bei 15° C verhältnis Be Se E en Ys 1,36 1,09 Ye 1,10 1,10 es 2,74 1,18 2E 1,22 1,20 2e 4,10 1,29 ar 1,36 1,31 BE 5,48 1,42 Ne 11,52 1,44 de 6,83 1,58 IR a 1,60 Ir 8,20 1,74 SR 1,96 1,78 Rinderserum (B). Im übrigen vgl. Tab. I. Schweine- und Schafserum. Besprechung der Resultate. 20 Die in den Ta- SS bellen I, IL, IV und V 2 T 1 £ niedergelegten Werte Se 1 v7] sind in Abb. 2 gra- er 1 5528| phisch verarbeitet, Fan derart, daß der Ver- en 7 dünnungsgrad aufder Abszisse, der Viscosi- AN Se] | ; tätswert auf der S 3) [ | | iM Ordinate abgetragen | wurde. Wie wir sehen, = zb | | | weisen alle Kurven ad übereinstimmend ei- He hä nen leicht gebogenen ee Verlauf, mit nach der 5 2 Pat | Abszisse gerichteter OB | Konvexität, auf. Bei | |! | niedrigen Konzentra- "| tionen ist die Biegung 1,0 | | a, | SE so gering, daß die _ 2 BE DEE DEE Kurve beinahe eine 0,9 non | — reale | Gerade darstellt. Je s] AL Rn 198 höher der Eiweiß- 0,8 | Bee gehaltist, um so stei- el 1: “ler wird die Kurve. s 5 5 : ee. _ Sämtliche Kur- % b ven weisen den Abb. 2. Beziehung zwischen Viscosität und Eiweißgehalt der Sera von Rind, Schwein und Schaf. Beachtenswert ist, daß gleichen Eiweiß- gleichen Typus konzentrationen verschiedene Vene zukommen. auf, der mit dem schon von Ulmer festgestellten gut übereinstimmt. Eine besondere Be- achtung verdient die Tatsache, daß die Kurven der verschiedenen Ver- - und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. 9 dünnungsproben sich nicht decken, daß zu einer gegebenen absoluten Eiweißkonzentration nicht gleiche Viscositätswerte gehören. Es stimmt dies mit dem, was von Heyder!) und Rohrer?) gefunden und näher verfolgt worden ist. Dabei denken wir aber noch an die Möglichkeit, daß nichtkolloide Begleitsubstanzen mit im Spiele sein könnten, derart, daß durch sie der Zustand des wirksamen Eiweißes beeinflußt würde. Wissen wir doch durch die Untersuchungen von W.O. Pauli, H. Han - dowsky?°) u. a. die Tatsache, daß schon minimale Zusätze von Säuren und Basen die Viscosität von Eiweißlösungen stark beeinflussen. Mit _ diesem Faktor muß, wie auch aus eigenen orientierenden Versuchen hervorgeht, in jedem Falle gerechnet werden, in welchem die Viscosität einer Lösung mit deren Eiweißgehalt in Beziehung gebracht wird. In diesem Zusammenhang hat auch die Frage Interesse, ob viel- - leicht der CO,- oder O,-Gehalt sich viscosimetrisch (durch Beeinflussung der Plasmaeiweiße) geltend macht. Nach eigenen Versuchen und den Befunden früherer Autoren (Trumpp, Bachmann) ist dies nicht der Fall, d.h., wenn der Versuch so angestellt wird, daß man durch das bereits isolierte Serum CO, bzw. O, perlen läßt. (Wenn man mit defibriniertem Blute arbeitet und das Serum erst nachher abzentrifugiert, so liegen die - Verhältnisse natürlich anders.) Als Schlußfolgerung ist aus unsern Zahlen folgendes zu ent- nehmen: 1. Die Viscositätsbestimmung kann nur ein approximatives Maß für den Eiweißgehalt des Serums darstellen. 2. Die gleichzeitige Bestimmung des Eiweißgehaltes und der Vis- cosität eines Serums gibt Anhaltspunkte, welche uns entweder die Art des Serumeiweißes oder den durch Begleitsubstanzen beeinflußten Lösungszustand qualifizieren läßt. Für das Erkennen einer gesetzmäßigen Zuordnung eines bestimmten Viscositätsindex der verschiedenen Tierarten ist unser Material zu klein. Die Verfolgung dieser Tatsache wäre aber nicht uninteressant. In bezug auf ihre klinische Bedeutung sei auf Nägeli®) verwiesen. IH. Die Bedeutung der Erythroeyten (R). Daß den Formbestandteilen des Blutes ein Einfluß auf den Vis- cositätswert zukomme, ist schon von zahlreichen Autoren ausgesprochen worden; ich erwähne Jacobj , Beck, Botazzi, Weber und Watson, Koranji, Bence, Determann, W.R. Hess, Frei, Blun schy, !) Heyder, loc. cit. 2) Rohrer, loc. cit. ®) H. Handowsky, Kolloid-Zeitschr. %, 268. 1910. Vgl. auch: W. Ost- wald, Grundriß der Kolloidehemie. Steinkopf, Dresden 1911. *) Nägeli, Blutkrankheiten und Blutdiagnostik. 3. Aufl. 1919. 10 M.E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes Ulmer, Kottmann, Opitz, Breiter, Münzer und Adler. Grund zu dieser Auffassung war für die meisten dieser genannten Autoren infolge der — allerdings nicht unbedingten — Parallelität des Vis- cositätswertes und der R-Zahl gegeben. kei] Jacobj,“Frei, Hess, Blunschy, Ulmer und Alder sind der: Frage in systematischen, zum Teil experimentellen, zum Teil theoretischen Untersuchungen nähergetreten. Jacobj hat in einem Vortrage von seinen Untersuchungen gesprochen, in dem entsprechenden Referate!) jedoch keine Zahlen angegeben, so daß seine Er- gebnisse mir nicht zahlenmäßig bekannt sind. Von seiner Methodik kann so viel erwähnt werden, daß er teils defibriniertes Blut verwendete, teils Blut, dem Blutegelextrakt zugesetzt war. Durch Zentrifu- gieren gewann er Serum, das er in bestimmten Verhältnissen dem eingeensten Blutkörperchenserum, bzw. Blutkörperchenplasmarest zusetzte, und so erkannte, daß mit der Vermehrung der R-Zahl die innere Reibung der Gemische schnell steigend zunimmt, während sie bei Verdünnung des normalen Blutes stetig ab- nehmend sich vermindert. Die Werte wurden in einer Kurve zur Darstellung ge- bracht, und diese, sagt Jacobj, weisen unter Berücksichtigung der Viscositäts- tabelle der Gummilösungen darauf hin, daß eine Steigerung der inneren Reibung des Blutes offenbar viel eher durch die corpusculären Elemente, wie durch die im Serum gelösten viscösen Bestandteile, geschweige denn durch kristalloide Körper bedingt werde, sofern letztere Substanzen nicht eine besondere Veränderung der corpusculären Elemente herbeiführen. Analoge Versuche, wie die eben beschriebenen brachte W. Frei?) zur Durch- führung. Dabei stellte er der Viscosität das prozentuale Volumen der Blutkörper- chen gegenüber. Das letztere wurde an der Höhe des, bei einer Tourenzahl von 4000—5000, in 5 Minuten erhaltenen Sedimentes abgelesen. Durch eine Zusammenstellung, welche das R-Volumen und die Viscosität des unveränderten Blutes enthält, erweist Frei einen außerordentlich engen Konnex beider Größen. In einem gewissen Bereich ist nämlich der Wert des Quotienten nur innerhalb enger Grenzen veränderlich, und zwar so, daß er mit steigender Viscosität selbst langsam stetig zunimmt. Dieser Zusammenhang ist so gesetz- mäßig, daß Frei die Möglichkeit ins ‚Auge faßt, aus der Viscosität direkt auf das R-Volumen zu schließen, unter Benützung der Formel: Volum-% = 2,5 - n2. Die Gegenüberstellung der wirklich festgestellten und der berechneten Volum- werte spricht in der Tat für die Formel. Ihre theoretische Begründung ist aber zweifellos komplizierter als Frei annimmt, indem der Einfluß der Plasmaeiweiße eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt. Weiter systematische Untersuchungen sind unter der Leitung von W.R. Hess durch Blunschy?°) ausgeführt worden. Aus der Carotis eines Kaninchens wurde das Blut direkt in ein mit Hirudin- lösung beschicktes, graduiertes Gläschen geleitet. 1) Jacobj, Zur Viscosität des Blutes. Referat in der Vereinsbeilage Nr. 8 der Dtsch. med. Wochenschr. 1901. ?) W. Frei, Physical-chemical investigations into south-african diseases. Report of the Gov. Vet. Bacteriologist 1907/8 Transvaal. 3) Blunschy, Beiträge zur Lehre der Viscosität des Blutes. Diss. Zürich 1908. und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. ef Die R-Zahl wurde bei einem Glied durch Auszählen festgestellt, bei den übrigen Proben durch Rechnung gemäß deren Verdünnungsgrad erhalten. Die Resultate waren folgende: Tabelle VI. ö Tabelle VII. Arterielle Blutkörperchen (in Na@l-Lösung B Venöse Blutkörperchen (in NaCl-Lösung suspend.) \ suspend.) Anzahl der R. in Millionen Viscosität Anzahl der R. in Millionen Viscosität NaCl-Lösg. allein 1.03, NaCl-Lösg. ohne R. ı 101 mit 1,61 1,30 mit 1,29 I. 12%) mit 3,22 1,78 : mit 2,58 1,69 mit 4,83 2,02 mit 3,87 2220 mit 6,44 | 3,18 mit 5,16 2,80 (Die fettgedruckten Zahlen sind ausgezählt worden.) Analog durchgeführte Versuche an Menschenblut ergaben: Tabelle RX. Anzahl der R. in Millionen Viscosität Plasma ohne R Paolo mit 1,654 2,87 mit 3,308 | 3,92 ‘ mit 4,962 | 6,25 mit 6,616 | 11,40 In einer dritten Versuchsreihe stellt .Blunschy neben Kochsalzmischungen auch Mischungen von Blutkörperchen und Plasma her: Tabelle X. A. Verdünnung mit Plasma | B. Verdünnung mit Kochsalzlösung Anzahl der R. in Millionen | Viscosität | Anzahl der R. in Millionen | Viscosität 1. arterielles Blut | | 0 (Plasma) | 1,6 0 (Kochsalzlösg.) 1,01 2,315 2,4 | 1,4 4,63 Bene; 4,633 2,8 6,177 | 6,04 | 6,177 4,15 17,12 1,00 .3,6 7,122 6,0 2. venöses Blut | | 0 (Plasma) | 1,6 | 0 (Kochsalzlösg.) 1,01 4,35 1023,83 4,353 2,8 7,22 I: 586 7,221 5,6 Das Abmessen geschah in allen Fällen mittels einer feinen Stempelspritze, bei welcher der Zwischenraum zwischen zwei Teilstrichen einem Volumen von 0,025 cem entsprach, somit Ablesungen bis 1% genau gestattete. 0 2 4 6 5 10 Millionen Abb.3. Beziehung zwischen Blutkörperchengehalt (Millionen pro cmm) und Viscosität. Befunde von Blunschy an Mensch und Kaninchen. M. E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes Abb. 3 ist die graphische Dar- stellung von Blunschys experimen- tellen Resultaten. : Ulmer!), ebenfalls unter der Lei- tung von W. R. Hess arbeitend, hat Blunschys Versuche in dem Sinne weitergeführt, daß er nun speziell den Volumeneinfluß experimentell festzu- legen suchte. Er trennte zu diesem Zwecke bei einer größeren Anzahl von Blutarten durch vom Serum. Von den beiden getrenn- ten Komponenten wurden hernach nach bestimmten Volumverhältnissen wieder Mischungen hergestellt und die dabei zustande gekommenen Vis- cositätswerte gemessen. Die Resultate wurden in ein rechtwinkliges Koor- dinatensystem eingetragen, die Kon- zentrationswerte als Ordinaten, die dazugehörigen Viscositätswerte als Abs- Die zu einer einzelnen Blut- probe gehörigen Punkte unter sich zissen. verbunden ergaben je eine Kurve. Wegen des gleichartigen, annähernd parallelen Verlaufes der von den ver- schiedenen DBlutproben gewonnenen Kurven gruppieren sich diese zu einer Kurvenschar. Aus dieser sind die nachstehend wiedergegebenen Zahlen graphisch interpolert: Tabelle XI. R-gehalt Viscosimetrische Werte der Mischungen bei an verschiedenen Viscositäten ) 15 2,0 Dan DE 11,78 ol ED. at 2 O2) 2,69 325 A is BO 202753 Blon 2 BT 023310 380 1 249 KEG Wo | 285 4,70 5,352 1216:07 60 4,97 DS 6,67 | 7,44 or eso m 7s5 8,34 | 9,80 80 | 10,56 | 11,65 12,677) 13,65 g 1) Ulmer, Die Bestimmung des Volumens der roten Blutkörperchen auf viscosimetrischem Wege. Inaug.-Diss. Zürich 1908. Vgl. auch W.R. Hess, Über Relationen zwischen Blutbeschaffenheit und Hämodynamik. Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öffentl. Sanitätswesen 3. Folge, 44, 1. (Festschrift zur Eröffnung des gerichtl. med. Institutes.) Zentrifugieren des. defibrinierten Blutes die Blutkörperchen und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Fiweiß. 13 Im Zusammenhang mit diesen hier erwähnten experimentellen Arbeiten ver- folgte W. R. Hess!) das Ziel, das Problem theoretisch zu fassen und zu einer mathe- matischen Formulierung der Beziehung zwischen R-Gehalt und Viscosität zu kom- _ men. Nach der entwickelten Ableitung spielt neben dem Viscositätskoeffizienten des Plasmas diejenige Größe die entscheidende Rolle, welche die in der Volumen- _ einheit neben den Blutkörperchen vorhandene Plasmamenge mißt. Bezeichnet man den von den Blutkörperchen eingenommenen Raum mit X, so bleibt für die Flüssigkeit das Volumen 1—K. Dem reziproken Wert dieses Ausdruckes soll sich theoretisch der 7-Wert pro- portional verhalten. 3 ge ns bezeichnet den Viscositäts- wert der Suspension, 7 den- jenigen des Plasmas. Der Vergleich von theo- retisch berechneten mit den yon Ulmer experimentell festgestellten 7-Werten ergibt soweit Übereinstimmung, als sich bei der in mathema- _ tischen Formulierungen nicht zu umgehenden Vernach- lässigungen einzelner Fakto- . ren erwarten läßt. Als solche erwähnt Hess den Einfluß der Oberflächenbeschaffen- heit der R., ihre Rotation ‚und die ungleiche Verteilung im Querschnitt (zellfreie Randzone). Einen weiteren Beitrag zu unserem Thema lieferte noch Alder?). Er ließ das aus Capillare oder Vene ent- nommene Blutunter Hirudin- o 10 20 50 40 50 60 70 80% zusatz sedimentieren, pipet- Abb. 4. Beziehung zwischen Viscosität und : Gesamt-R- tierte das Plasma ab, und ver- volumen. Von Ulmer aus seinen experimentell gefun- wendete es zur Verdünnung denen Werten interpretiert. einer anderen Menge des gleichen Blutes. Von den verschiedenen Mischungen ermittelte er Volumen und Viscosität, ersteres nach dem Refraktionsverfahren. Nach Alder ergeben dies Werte, graphisch dargestellt, Kurven, welche alle einander paratlel verlaufen, und zwar „im Sinne einer Parabel‘. Diese letztere Bezugnahme auf die Form einer Parabel stimmt auf keinen Fall. Dagegen ist eine !) W.R.Hess, Blutkörperchen und Viscosität, Pflügers Archiv Bd. 140, 354. ?) Alder, Viscosimetrische Blutkörperchenvolumbestimmung. Schw. Korr-. Bl. 1918, Nr. 42. — Weiteres siehe: W. R. Hess, Beiträge zur Theorie der Vis- cosität heterogener Systeme. Kolloid-Zeitschr. 1920. 14 M. E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes annähernde Parallelität wie schon aus den Ulmerschen Werten hervorgeht (Vet. S.2) offenkundig. Im übrigen ist zu sagen, daß die experimentell bestimmten Kurvenpunkte sehr spärlich sind, sollen sie eine Gesetzmäßigkeit genügend sichern. Endlich sei noch kurz auf Untersuchungen von Trumpp und Determann hingewiesen. Determann!) machte das Blut durch wiederholtes Gefrieren und Wiederauf- tauenlassen lackfarben, wodurch die corpusculären Elemente zerstört wurden. Er fand das so lackfarben gemachte Blut viscöser, als das deckfarbene, wie das später Adam?) be- stätigte. Zu dem glei- chen Resultate gelangte Trumpp?°) bei seinen hämolytischen Ver- suchen. i Alle diese Versuche vermögen aber die Rolle der Blutkörper- chen nicht .zu klären; denn bei der hämoly- tischen Zerstörung der- selben müssen zwei Momente in Betracht gezogen werden. Einmal verschwinden die cor- - ‚pusculären Elemente, andererseits gelangen durch den Blutkörper- chenzerfall neue Pro- dukte in das Plasma, und die vorher im Blut- 2 körperchen enthaltenen TIEE[ORETIISICHE KURVEN Kolloide üben nun in 1 (Hess) | ihrer gelösten Form eine Bene ut total andere Wirkung | aus, als bei ihrem Zu- 0 10 20 30 40 50 9) 70 eo % sammenschluß zu festen, suspendierten Teilchen. ) i Es ist somit ein Rück- Von Hess nach der Formel 73 = 1ER konstruiert. nn Bentehe Bedeutung der unversehrten R. dar- aus nicht absehbar. Es ist nicht zu entscheiden, was auf den Wegfall der R., was auf das Hinzutreten der gelösten Zerfallsprodukte derselben zu be- ziehen ist. Wenn wir die Resultate der vorstehend referierten Untersuchungen zusammenfassen, so ergibt sich folgendes Bild: 12 Abb. 5. Beziehung zwischen Viscosität und Gesamt-R-Volumen. 1) Determann, Zeitschr. f. klin. Medizin 1906, und die Viscosität des mensch - lichen Blutes. Wiesbaden 1910. 2) Adam, Zur Viscosität des Blutes. Zeitschr. f. klin. Medizin 68, 1909. °) Trumpp, Viskosimetrische Studien. Jahrb. f. Kinderheilk. %3. 1911. und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß nl, Die Blutkörperchen haben einen wesentlichen Einfluß auf die Blut- viscosität. Bei einem bestimmten Dispersionsmittel entspricht einem höheren R-Gehalt auch ein höherer n-Wert. Diese Funktion tritt zu Tage, ob nun der R-Gehalt nach An- zahl oder im prozen- tualen Volumen ge- messen wird. Der Ein- flußistkeinadditiver, sondern ein progres- siver. Je höher Zahl oder Volumen, um so rascher erfolgt der Anstieg. Hierin stim- men die Resultate aller Autoren, welche die Frage systema- tisch untersucht hat- ten, überein. Was die absoluten Werte der angegebenen Da- ten anbetrifft, so decken sie. sich je- doch nicht. Von den experimentell be- stimmten Kurven ist diejenige Birchers am steilsten, diejeni- se Ulmers am lang- ° 20 au aan. y Ab) Ia0, "00:0 70, Saraor % samsten ansteigend, _ Abb. 6. Beziehung zwischen Viscosität und Gesamt-R-Volumen. Vergleich der experimentellen Werte verschiedener Autoren. d. h. ein bestimmtes prozentuales Volumen ist nach Frei viscosimetrisch viel wirksamer als nach Ulmer. (S. Abb. 6.) Als Beispiel seien die 7-Werte der einzelnen Autoren für 40%, R.- haltende Suspensionen angegeben, wobei die Suspensionsflüssigkeit (Serum) jedesmal eine Viscosität von 1,8 besitzt: ; Tabelle XII. : Blutkörperchengehalt. . . . . 40% Ulmer ln Peer 3r5 Serumviseosität . . .... ... 1,8 Alden ea 2 35 ' Bireherı Ay Auf die vermutliche Ursache der konstatierten Diskrepanz werden wir noch ausführlicher zu sprechen kommen. Vorerst genüge es, auf 16 M. FE. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes dieselbe hingewiesen zu haben. In ihrer Existenz erkennen wir die Notwendigkeit, die vorhandenen experimentellen Resultate durch neue Untersuchungen zu ergänzen, bei denen wir ein spezielles Augenmerk auf die Volummessung zu richten haben. Eigene Untersuchungen. Beziehungen zwischen Viscosität und Zahl der roten Blut- körperchen. Versuchsanordnung: A. Apparate: 1: Viscosimeter, großes Modell, s. o. 2. Meßphiole, s 3. Mischröhrchen (s. Abb. 7). Um eine gute Durchmischung von Blutkörperchen und Verdünnungsflüssig- keit zu ermöglichen, wird das in Abb. 7 abgebildete Reagensröhrchen mit zwei Glasperlen beschickt. Ein sanftes Hin- und Herneigen bringt sie ins Rollen, und ohne Schaumbildung er- folgt eine gleichmäßige Durch- mischung der Suspension, was natür- lich vor jeder Viscositätsmessung unentbehrlich ist. Die Abbiegung am, Abb. 7.7 Nisehrölgenen, Durch sanites Hin- offenen Ende hat den Zweck, einen und Herrollen bewirken die Glaskugeln eine A £ schaumfreie gute Durchmischung. Die Abbiegung leichten Zugang zu den kleinen Blut- des Röhrchens erleichtert die Entnahme der Proben. quanten zu erhalten. ZurVerhinderung der Verdunstung sind die Röhrchen bis zum Momente der Probeentnahme durch paraffinierte Korkzapfen verschlossen. Diese Anordnung hat sich sehr bewährt. 4. Zentrifuge mit elektrischem Antrieb. 5. Zeiss- Thoma - Zählkammer. B. Material: Frisches defibriniertes Blut von Rind, Schwein und Schaf. C. Untersuchungsgang: Das aus dem Schlachthaus bezogene frische defibrinierte Blut kommt zur Ab- kühlung sofort in den Eisschrank. Die viscosimetrische Verarbeitung beginnt mit Filtration durch Wattefilter und Durchleiten von Sauerstoff bis zur vollen Arteriali- sierung. Wir halten diese Maßnahme deshalb für geboten, weil der Sauerstoff- resp. - Kohlensäuregehalt keineswegs irrelevant ist, und wir danach trachten müssen, bei den verschiedenen Versuchen die für die Viscosität wesentlichen Faktoren möglichst gleichartig zu gestalten. Wir weisen auf diesen Punkt speziell hin, weil er von den meisten Autoren nicht genügend berücksichtigt worden ist. Das so vorbehandelte Blut kommt in vier Zentrifugierröhrchen von 25 ccm, und wird bei einer mäßigen Tourenzahl zentrifugiert. (Ca. 2500 Touren pro Minute.) Nach 15 Minuten wird aus dem Röhrchen das Serum soweit abgehebert, als dies möglich ist, ohne vom Sedimente mitabzusaugen. Drei der Sediment haltenden Röhrchen bekommen Zusätze von 0,95proz. Kochsalzlösung, und zwar in ver- schiedener Menge, dies in der Absicht, das zwischen den Blutkörperchen noch verbliebene Serum in verschiedenem Grade zu verdünnen. Nach erfolgter und dessen Gehalt.an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. 17 Durchmischung der Sedimente mit der zugesetzten Kochsalzlösung wird wiederum zentrifugiert und die über dem Sedimente lagernde Flüssigkeit abgehebert. Dabei wird darauf geachtet, genau dasselbe Volumen zu entfernen, welches in der Ver- dünnungsflüssigkeit zugesetzt worden war. Wir besitzen nun vier verschiedene Stammsuspensionen. In allen Röhrchen befindet sich dieselbe absolute Blutkörperehenmenge, und zwar ist der Prozent- gehalt sehr hoch, weil es sich um ein Sediment handelt. Die Zwischenflüssigkeit ist in jedem Falle eine andere, entsprechend der verschiedenen Verdünnung nach dem ersten Zentrifugieren. Im Weiteren wird nach dem Plane gehandelt, von jedem „Stamm“ R-Mischun- gen von verschiedenem Gehalt herzustellen, wobei zur Verdünnung jedesmaldiejenige - Flüssigkeit verwendet wird, welche von dem betreffenden Sedimente zum zweiten Male abgehebert worden ist. Die Zusammensetzung dieser Flüssigkeit stimmt naturgemäß mit der Zwischenzellenflüssigkeit des betreffenden Stammes überein. Die quantitativen Verhältnisse der Verdünnungen ergeben sich aus den nach- stehend reproduzierten Tabellen und Kurven. Die Feststellung der R-Zahl ist durch mindestens zweimaliges Auszählen einer Probe geschehen. Aus dem Zählungs- resultat der einen Probe ergibt sich die R-Zahl der übrigen zum gleichen Stamme gehörigen Verdünnungen durch Rechnung. In dem Falle, wo von Anfang an Sorge getragen war, daß alle Röhrchen dieselbe absolute R-Menge enthalten, konnte sich so die Auszählung auf eine Probe eines Stammes beschränken. In diesem - letzteren Falle wurden 160 Felder ausgezählt; wo die einzelnen Stämme gesondert betrachtet werden mußten, 80 Felder. Bei der Viscositätsmessung habe ich, wo immer möglich, bis zur Marke 1 angeso- gen; bei hohen Viscositäten konnte hingegen nur die halbe Einheitsstrecke benutzt werden. Die Temperatur ist in jedem Versuch genau auf 15° Celsius gehalten worden. D. Die Resultate der so durchgeführten Untersuchungen sind in’ den folgenden Tabellen zusammengestellt worden: Die ersten zwei Kolonnen geben das Verhältnis der zur Mischung gelangten - Volumina, einerseits des Sedimentes, andererseits der Zusatzflüssigkeit an, welche ‚entsprechend dem Obengesagten, normales mit NaCl-Lösung verdünntes Serum ist (für jeden Stamm verschieden verdünnt). Aus der Zusammenstellung ist auch er- sichtlich, welche Serien mit gleichem absolutem R-Gehalt der verschiedenen Stämme durchgearbeitet wurden, und bei welchen Serien jeder Stamm unabl ängig vom an- deren behandelt ist. Die zur Auszählung gekommenen Proben sind fettgedruckt. Abkürzungen: Verhältnis Sedimentvolum zu Volum der Zusatzflüssigkeit = Vs: Vz. Blutkörperchenzahl in Millionen pro mm? = R-Z. Rind. Tabelle XIM. Rind A De | Stamm I | Stamm ıı Stamm IH en Br R-Z 7 R-Z 7 R-Z n R-Z n 06 0,00 1,62 0,00 1,33 0,00 1,26 0,00 1,05 1955 2,23 2,01 1,65 1,59 295 1,59 2,50 1,375 2 4 | 4,50 2,67 3,30 1,95 4,50 2,16 | 5,00 1,91 32,3. 076.75 3,54 4,95 2,39 6,75 2,87 E50 22 422 9,00 4,61 6,60 2,90 9,00 3,84 10,00 , | 3,80 A 11,25 6,25 8,25, 3,69 1725 Sale 12,50 5,88 6.0 13,50 I 8,91 9,90 4,61 13,50 7,49 15,00 9,02 Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 2 18 M. E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes Rind B. Stamm I Stamm II Stamm III V;:Vz R-Z R-V | 7 NE ZI 06 Do 1,54 1,31 0,0 25, > 2,1 DR 1,95 | 1,68 9,5 DA 4.2 2,89 2,59 2,34 19,0 we. 6,3 3,90 3,59 3,28 28,5 A 8,4 | 5,23 4,92 4,51 | 38,0 Si, 105 6,96 6,66 6,15. | 47.5 601, 106 11,69 10,87 95. | 56,5 Rind © | Stamm I Stamm II “ Stamm III | az R-Z | R-V | & | a u | De 0,0 1,68 1,33 1.23 0,0 1085 1,9 2,05 1,67 1,51 9,5 Di 3,8 2,66 Boa 200.0 0.100 SE D | 3,46 2,97 | 2,66 | 28,5 Aa 16 | 4,43 | a) ar | 0,5.°03...2005.05 5,23 Asa As ® ® ed. 9,24 7.90 6,18 °|..256,65 Sehwein. Tabelle XIV. Schwein A. | Stamm I Stamm II Stamm II VaEıVz R-Z R-V U) 7 „7 © .8 or eo 120 20 22010 NEE ERS 2,6 Des 1,86 1,74 | 13,0 De Sa) 3.13% 7: 2,52 2 26,0 N 8. 02 3,49 3a 39,0 A 2 IA 880. 4,92 461 | 52,0 | 130 9,85 7,60 7.08 65,0 BO 156 | 20,90 16,80 as Schwein B. | Stamm I Stamm IJ Stamm III Vs: Vz | R-Z 7 R-V D-% 7 R-V R-Z 7 R-V 06, 00 1.93 0:01.00. | 1.94 0,0 0,0 | 1,10 0,0 a a ale N La. || 2.15.10 1.38 109 2 4 53 328 | 253 495 210 99,5 4.3. 1.1.7922 0.2082 3731807 4.410 ,7330 7,0 | 2,79 | 33,8 6,4 | 2,36 | 30,4 421211016 \ 6,05 50,6 9,4 | 3,69 | 45,0 8,5 1. 287, 02005 51,1% 13,30 19,24 | 63,3. 11.75 5.08. |1,56.2, 10,6, 1232009 850% 6.0 | 16,0 1193 76,0 | 140 | 924 \67,5 | 12,7 | 544 | 60% und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. 19 Schwein C. Stamm I Stamm II | Stamm III . Stamm IV Bye 7) | Bez ner, | 7 R-Z 7 R-Z 7] BOOTE 1,93 0,0 1,59 DO. 1 1a 1,05 127,6 1,9 2,41 185 1,90 1,5 1,505 1,55 1,28 2 3,8 3,08 3,0 2,36 3,0 1,90 3,1 1,64 3 4 51. 3,96 4,5 2,94, 245 2,36 4,66 2,13 4 3 7,65 5,02 6,0 3,57 6,0 2,93 6,22 2,70 5772 9,55 6,98 7,5 4,35 79040.3:54 7,177 | 3,36 6 1 11,7 10,75 9,0 el‘ 4,72 9,33 4,56 7:0 13,4 20,50 | 10,5 8,20 10,5 6,76 10,58 6,56. Schaf. Tabelle XV. ey. R-Z Stamm I BR Stamm II | Stamm III Ev we: 17a 1.475 1,40 0,0 155, | 3,7 22 1,90 1,79 10,5 2:4 7,45 2,97 2,56 2,46 21,0 Ben 1152 4,10 3,69 3,49 31,5 Au? 14,9 5,54 5,13 4,89 42,0 Sl 18,6 7,99 6,97 6,58 52,5 Bo 23,3 11,60 9,85 905 |: 639 Die oben aufgeführten Zahlen- werte sind zur Übersicht in der nebenstehenden Abb. 8 graphisch zu Kurven geordnet worden. In der kurvenmäßisen Reproduktion be- schränken wir uns auf Tabelle 13 (Rind ©). Die sieben weiteren Serien- gruppen ergeben einen dermaßen übereinstimmenden Kurvenverlauf, daß die Darstellung nichts Neues bringen würde und wir diese unter- lassen. $ Aus jeder Kurvenschar ist es leicht, den Einfluß der Suspen- sionsflüssigkeit zu erkennen. Wir bestätigen die schon aus den Resultaten von Ulmer und von Alder hervorgehende annähernde Parallelität der Kurven. Die Bedeutung der Blutkörper- chen- Zahl drückt sich dadurch aus, daß mit zunehmender Zahl die Viscosität steigt, und zwar, wie 10 Millionen (0) 2 4 6 8 Abb. 8. Beziehung zwischen der Viscosität einerseits, der Blutkörperchenzahl und der Viscosität des suspendierenden Se- rums anderseits. Zu beachten ist der an- nähernde Parallelismus der Kurven. IF 20 M.E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes das von Blunschy ausgeführt wurde, derart, daß der viscositäts- steigernde Einfluß ein progressiver ist. Jeder neue Zuwachs drückt den Viscositätswert um so höher hinauf, je höher die Zahl der bereits in der Suspensionsflüssigkeit enthaltenen Elemente ist. Sehr beachtenswert ist die Tatsache, daß die verschiedenen Tieren zugehörigen Kurven- scharen nur in soweit übereinstimmen, daß wir überall denselben Kurven- typus vorfinden: Es decken sich aber die Viscositätswerte der Mi- schungen, welche zu gleich viscösem Serum und zu gleicher R-Zahl gehören, nicht. Es geht das besonders klar aus Abb. 9, welche eine Schwein B [0] Schwein C Dept B Schwein A Rind A —— [0) 2 4 6 8 lo 12 14 Millionen Abb. 9. Beziehung zwischen der Viscosität und der Anzahl der suspendierten Blutkörperchen. : Vergleich verschiedener Individuen und verschiedener Tierarten. Man beachte die starke Streu- ung der Kurven. Reihe von Kurven zusammengestellt enthält, hervor. Die Kurven sind so ausgewählt, daß die Serumviscosität in jedem Falle die gleiche ist. Wir konstatieren eine ziemlich breite Streuung der Kurven, so daß z. B. ein Blutkörperchengehalt von 10 Millionen bei einer Serumviscosität von 1,75 (R-Gehalt — 0) die Viscosität des Gemisches zwischen 3,75 (Schaf) und 7,25 (Schwein) schwankt. Besonders eklatant ist der isolierte Verlauf der Kurve vom Schaf. Es fällt uns nicht schwer, diesen zu erklären. Es hängt dies zweifellos damit zusammen, daß das Schaf von den untersuchten Tierarten die kleinsten Blutkörperchen besitzt mit ca. 5 u Durchmesser, während für und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. a1 das Rind 5,6, für das Schwein 6,2 w'angegeben werden!). Für Rind und Schwein kommt allerdings dieser mittlere Größenunterschied in unsern Kurven nicht zum Ausdruck. Es mag dies damit zusammenhängen, daß individuelle Unterschiede in bezug auf dieGröße bestehen, und auch damit, daß, wie wir noch hören werden, noch andere Faktoren wirksam sind. Jedenfalls ergibt sich aus den referierten Untersuchungen eindeutig, daß die dem einzelnen Element zukommende Wirkung sehr verschieden sein kann, so daß der Gedanke, in der Viscositätsmessung einen Ersatz für die sehr viel Zeit raubende R-Zählung zu suchen, als prinzipiell ver- fehlt, abgelehnt werden muß. Beziehung zwischen Viscosität. und Volumen der roten Ä Blutkörperchen. Die Grundlage für die Beurteilung dieser Frage geben die Kurven, welche so konstruiert sind, daß bei der Abszisse der Prozentgehalt einer Mischprobe an roten Blut- körperchen, auf der Ordinate ?° der zugehörige Viscositäts- wert abgetragen wird. (Als °. Beispiel s. Abb. 10.) Nach der Untersuchung früherer Autoren ist ein enger Konnex zwischen R-Volumen und Vis- cosität zuerwarten. (Ulmer, Alder, vgl. Seite 12 und 13). Alder?) hält diesen Konnex für so absolut, daß er den Vor- schlag macht, direkt aus der Viscosität einer Suspension unter Einsetzung der Viscosi- tät der Suspensionsflüssigkeit auf das prozentuale: R-Volu- men graphisch zu interpretie- ren. Im Prinzip ist diesdurch- ,! aus im Bereich der Mösglich- keit, hat doch Hess auf theore- er unclage eins INemunel Abb. 10. Beziehung zwischen Viscosität ei it entwickelt, welche den Einfluß volumsenhalt En R und Viscosität en der RB als eine Funktion deren dierenden Serums anderseits. Zu beachten ist auch ‚ : hier der annähernde Parallelismus der Kurven. Gesamtvolumen darstellt. 1) Aus Ellenberger und Scheunert, Lehrbuch der Physiologie der Haus- säugetiere, Aufl. 1910. ?) Alder, Viscosimetrische Bestimmung des Blutkörperchenvolumens. Korre- spondenzbl. f. Schweiz. Arzte Nr. 42, 1918. 10 20 30 50 0 40 > 60 % 23 M. E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes Betrachten wir nun Abb. 11, so erkennen wir fürs erste, daß die Sonderstellung der sich auf Schafblut beziehenden Kurve verschwunden ist. Diese Kurve hat sich zu den andern gesellt. Aber auch jetzt kommt eine volle Koinzidenz der einzelnen Kurven nicht zustande. Die Streu- ung ist zwar wesentlich kleiner als bei den R-Zahlkurven. Das Aus- einanderweichen ist aber immer noch so groß, daß z. B.. bei einem R-Gehalt von 50% und überein- stimmend einer Vis- cosität des Serums von 1,75, das eine Mal eine Viscosität von 5,5 (Schwein B), das andere Mal eine Vis- cosität von 7,7 (Rind B)resultiert. Dassind Differenzen, welche einen direkten Rück- schluß von der Visco- sität auf das Volu- men in der von Alder proponierten Weise als unzulässig erweisen. Die An- sprüche Alders ge- hen allerdings nicht so weit, daß er die Rechnung auf das Blut verschiedener Tierarten angewen- B = ° Rind Schar Q 10 20 £J0) 40 50 60 70 88 .% Abb. 11. Beziehung zwischen Viscosität und Gesamt-R-Volumen: Vergleich verschiedener Individuen und verschiedener Tierarten det wissen will. Um (Rind, Schwein, Schaf) mit der von Hess theoretisch konstru- K eioe ierten Kurve. Die Streuung ist geringer als bei Abb. 9, doch sere urven zeigen decken sich die Viscositätswerte, welche zu gleichen R-Volumen aber auch für ein und | ee dieselbe Tierart ein Auseinanderweichen (Schwein A und B). Zudem ist zu sagen, daß für pathologische Verhältnisse, und für die Anwendung auf solche ist der Aldersche Vorschlag berechnet, Differenzen in bezug auf Größe und Oberflächenbeschaffenheit der R vorausgesetzt werden können, welche die Streuung wesentlich vergrößern. Soll die Viscosi- metrie zur Volumbestimmung herangezogen werden, so kann dies nur nach der Ulmerschen Methode geschehen, und zwar am besten in und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. 23 der von uns modifizierten Form. Wir verweisen auf das letzte Kapitel dieser Arbeit. Es soll dies speziell zur neuesten Arbeit Alders über dieses Thema betont werden!). Es würde großes Interesse bieten, an dieser Stelle noch näher auf die theoretische Seite der Frage einzugehen. Ich muß mich jedoch begnügen, auf die oben zitierte Arbeit von W.R. Hess?) zu verweisen. III. Die Bestimmung des Blutkörperchengesamtvolumens. Im vorstehenden Kapitel haben wir auf die Ulmersche Methode?) hingewiesen, welche den prozentualen Volumgehalt einer Blutprobe an R zu bestimmen gestattet. Diese angewendete Methode wollen wir hier noch genauer auseinandersetzen. Wir haben sie vom übrigen methodischen Teil deshalb getrennt, weil sie auch für sich allein In- teresse hat. Es hätten uns allerdings noch andere Methoden zur Verfügung ge- standen, z. B. die Hämatokritmethode oder die Methode von Bence!), welche seither ohne Kenntnis der Arbeit Bences nochmals von Alder5) publiziert worden ist. Sie benützt den Brechungsexpo- nenten als Indikator für die Berechnung des Plasmavolumens. Man geht dabei so vor, daß man erstens die Refraktion des vom unverdünnten Blute abgehobenen Serums bestimmt, und zweitens die Refraktion des Serums, welches von einem in bekanntem Verhältnis verdünnten Blute abgehebert worden war. Aus der Refraktionsdifferenz wird auf die Veränderung der Konzentration der gelösten Plasmaeiweiße geschlossen, welcher Schluß mit einer gewissen Reserve zulässig ist. Die Konzen- trationsänderung des Plasmas läßt dann ohne Schwierigkeit das in dem zur Verdünnung, gelangten Blute vorhandene Plasmavolumen. be- rechnen. Die Ulmersche Methode ist das Parallelstück dazu, nur daß dabei nicht die Refraktion, sondern die Viscosität als Indikator für die Kon- zentrationsänderung verwendet wird. Für uns war die Anwendung dieser Methode deshalb gegeben, weil wir dabei wieder dasselbe Instru- ment verwenden konnten, mit dem wir unsere übrigen Untersuchungen ausführten. !) Alder, Volumbestimmung der roten Blutkörperchen. Zeitschr. f. klin. Medizin 1919. >) W.R. Hess, Beitrag zur Theorie der Viscosität heterogener Systeme. Kolloidzeitschrift 1920. 3) Ulmer, Die Bestimmung des Blutkörperchenvolumens auf viscosime- trischem Wege. Inaug.-Diss. Zürich 1908. *) Bence, Zentralbl. f. Physiol. 19, 199. 1906. ' >) Alder, Eine klinische Methode zur Blutkörperchenvolumbestimmung. Zeitschr. f. klin. Medizin 88. 1919. 24 M.E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viseosität des Blutes Das Vorgehen ist folgendes: 1. Es wird von dem der zu prüfenden Blutprobe zugehörenden Serum eine „‚Verdünnungskurve“ hergestellt. Es ist das die Kurve, welche die den verschiedenen Verdünnungen zukommenden Viscositätswerte ver- bindet. Solche Kurven finden sich auf S. 8 reproduziert. 2. Von derselben Blutprobe nehmen wir ein bestimmtes, Volumen und verdünnen dasselbe mit .physiologischer Kochsalzlösung. Hernach wird zentrifugiert, und etwas von der über den Blutkörperchen lagernden klaren Flüssigkeitsschicht abgehebert und deren Viscosität bestimmt. Aus der Kurve läßt sich sofort auf die Verdünnung zurückschließen, welche das Serum erfahren hat. Sie ist bewirkt worden durch den Zusatz der Kochsalzlösung zum Gesamtblut. Dabei ist. im Auge zu behalten, daß sich die zugesetzte Kochsalzlösung nur mit dem Serum mischt und sich nicht in dem von den Blutkörperchen eingenommenen Raum verteilen kann. So ergibt sich die Möglichkeit diesen Raum zu berechnen, nach der analogen Formel, wie sie im Benceschen Verfahren, nach dem Vorbild von Bleibtreu, angewendet wird. Die Formel lautet: ei ae wobei V, die zu berechnende Serummenge bedeutet, V, das Volum der zur Verdünnung verwendeten Kochsalzlösung ist, € die Konzen- tration des unverdünnten Serums und (” diejenige des verdünnten darstellen. Aus rechnerischen Gründen sind die Fehler dieser Methode am klein- sten, wenn das Volumen der verdünnenden Kochsalzlösung ungefähr gleich sroß ist, wie das zu erwartende Serumvolumen, ferner, wenn der ab- solute Blutkörperchengehalt möglichst groß ist. Dies letztere deshalb, weil wir zum Schluß das Plasmavolumen vom Gesamtvolumen subtra- hieren. Der Fehler in der Bestimmung des Plasmavolumens überträgt sich dabei in gleicher absoluter Größe auf das errechnete Blutkörperchen- volumen. Ist dieses klein, so macht dies natürlich prozentual viel mehr aus, als wenn das Volumen relativ groß ist. Unter Einschätzung dieser Tatsache haben wir dem Ulmerschen Verfahren dahin eine Erweiterung gegeben, daß wir ihm als einen ersten Akt das Einengen der R vorausschicken. Vom klaren Serum wird dann eine genau gemessene Menge abgehebert, der an R bereicherte Rest im Ulmerschen Verfahren verarbeitet und zum Schluß das erhaltene R-Volumen auf das Ausgangsvolum der verarbeiteten: Blutprobe be- zogen. Diese Erweiterung bringt eine geringe Umständlichkeit mit sich, welche aber bei uns keine Rolle spielen durfte mit Rücksicht auf das Verlangen nach möglichst genauen Werten. Eine Beeinträchtigung der Genauigkeit, wie sie nach der Beanstandung des Ulmerschen Ver- V,= V.- und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem:. Eiweiß. 25 fahrens durch Alder (Zeitschr. f. klin. Medizin) zu erwarten wäre, fällt hier außer Diskussion, weil zu jeder einzelnen Blutprobe die Ver- dünnungskurve des zugehörigen Serums hergestellt wurde. Im übrigen können wir nach unsern Erfahrungen den Alderschen Einwand nicht bestätigen. Unsere verschiedenen Serumkurven weichen, wie wir ge- sehen haben, wohl auseinander, sie zeigen aber einen so übereinstimmen- den Typus, daß sie zur Interpretation der Verdünnung sehr wohl ge- eignet erscheinen. Das Aufspalten der Alderschen Kurven I und II aus einem anfänglich gemeinsamen Verlauf ist nach meiner Ansicht einem Versuchsfehler zuzuschreiben. Untersuchungen. Apparatur: 1. Viscosimeter: „Großes Modell“ (s. 1. Kap.). 2. Meßphiole (s. 1. Kap.). 3. Elektrische Zentrifuge (mit ca. 2500 Touren pro Min.). Durchführung der Versuche: Von dem defibrinierten, mit Sauerstoff gesättigten Blute wird eine abgemessene Menge (Meßphiole) 15 Minuten zentrifugiert. Vom klaren Serum wird soviel als möglich abgehebert und genau gemessen. Da- durch ist auch das Volumen des R-reichen Restes bekannt. Sein Gehalt an Blutkörperchen ist bei der angegebenen Dauer des Zentrifugierens 60—80%, das zwischen ihnen liegende Serum beträgt also 20—40%. Von physiologischer Kochsalzlösung wird jetzt ein dieser Serummenge ungefähr entsprechendes Volumen (wiederum mit der Phiole gemessen) zugefüst. Nach guter Durchmischung erfolgt erneutes Zentrifugieren und Abhebern der klaren Flüssigkeit. Zur n-Messung stehen uns zwei Sera zur Verfügung: Erstens das . Vollserum, zweitens das mit Kochsalzlösung verdünnte Serum. Es handelt sich darum, die relative Konzentration des zweiten gegenüber dem ersten festzustellen. Mit Vollserum und Kochsalzlösung werden einige Verdünnungen hergestellt, diese viscosimetrisch gemessen und aus den erhaltenen Wer- ten eine Serumverdünnungskurve konstruiert. Dann wird der Viscositätswert jener unbekannten Verdünnung ermittelt, derselbe auf der Kurve aufgesucht und seine Abszisse fest- gestellt, welche den Verdünnungsgrad angibt. Er wird auf das Voll- serum — 100 bezogen und wird in der Formel mit C” bezeichnet gegen- über (' als Konzentration des Vollserums. Damit haben wir sämtliche zur Rechnung nötigen Daten gewonnen. o R=B-V, 020: 26 M. E. Bircher: Die Beziehung zwischen der Viscosität des Blutes _ Haben wir in R das absolute Volumen der in B enthaltenen roten Blut- körperchen kennen gelernt, so ergibt sich der Prozentgehalt nach der Rechnung: R% = 100 R/B. Im weiteren geben wir noch einige Einzelheiten, welche bei der Durchführung zu beachten sind: a) Es werden eleichzeitig zwei Parallelbestimmungen durchgeführt, die eine mit einem kleineren, die andere mit einem größeren Zusatz- volumen Kochsalzlösung (V;). Infolge der stärkeren Verdünnung werden im zweiten Falle kleinere Viscositätswerte resp. Konzentrations- werte erhalten. Die Daten in die Formel eingesetzt müssen selbst- verständlich beidemal dasselbe Resultat ergeben. b) Zur Konstruktion der Kurve genügen 6 Kurvenpunkte, da ihr Verlauf ein flacher und stetiger ist. Die Abszisse ist so zu wählen, daß 10 Vollserumprozente einer Ordinatenstrecke von 0,1 der n-Einheit entsprechen. Dann erhält die Kurve eine Steigung von ca. 45°, wobei der graphischen Interpretation die kleinsten Fehler anhaften. Es soll speziell erwähnt werden, daß bei diesem Verfahren eine Be- zugnahme auf den absoluten Eiweißgehalt unnötig ist, da es sich nur um die Bestimmung des Verdünnungsgrades handelt. Daten und Rechnung zur Bestimmung des Blutkörperchenvolumens, bei verschiedenen Blutproben. Rind B. 1. Verdünnung des isolierten Serums: Mischungsverhältnis: Serum/Kochsalzlösung . .. 2 I I I hk % ee N=Wlertes 2 .2.,2271:.09°121929230,- A277 . Verdünnung der Sinssenaten Blutprobe ee Blut/NaCl-Lösung . . . 20), u, n des zugehörigen Mischserums . . . AR 1,36 1,54 3. Berechnung: Gehalt des Mischserums an Reinserum (aus 1 und 2 INberpreiert) er We 59,0% 81,9% R=B-—V; m. nl. = 20659/41720 2228105185 —. 11,2 Bro, loDRlBe ee a 56 Rind C. 1. Verdünnung des isolierten Serums: Mischungsverhältnis: Serum/NaCl-Lösung. .. U 1% Ik ıhk hk % n des zugehörigen Mischserums ......... . 1,0851.18 1.28 1,39 1,52 1,72 2. Verdünnung der eingeengten Blutprobe: Mischungsverhältnis: Blut/NaCl- Es ee >, on des zugehörigen Mischserums . . . re 1,23 1,34 3. Berechnung: Gehalt des Mischserums an Reinserum (aus 1 und, 2 jber.)iw u 2..072 02.0.0 0 Na 21 59,0% R=B-—Vı a ee En 5 3.342/580.21 0 a IT = 9,835 5.68 BR 1100 BB 22 erg Rees 2560 56,8 und dessen Gehalt an Blutkörperchen und gelöstem Eiweiß. DT In analoger Weise wurden die in Tab. 16 zusammengestellten Werte erhalten. Der Vergleich der zur selben Blutprobe gehörenden Einzel- werte, wie sie bei doppelter (in einem Fall bei dreifacher Bestimmung) erhalten worden sind, gibt Anhaltspunkte zur Beurteilung der Kon- stanz der mit der angewendeten. Methode erreichbaren Resultate. NsB@lle ZXME | Volumprozente an roten Blutkörperchen Untersuchtes | Ass nenn Diries für das frische Tierblut: | = | Blut berechnet | Einzelwerte der Doppelbestimmung | Mittelwert Mittelwert Bmd B:.. . 3600, 7 57.0 \| 56,5 36,0 Bade... |. 565 | Des 56160 35.0 Schwein A. 786 | | 79,0 78,8 .°.,.07420 BaueBe 78,0. | 5763. .|,..758:° |" 766° |, ©40,0 | 645 le baron a 2370 Die Durchsicht der in Tabelle 16 zusammengestellten Schluß- resultate der Volumbestimmung gibt uns Anhaltspunkte über die Genauigkeit der angewendeten Methode. Bei der Beurteilung der Diife- renzen, welche die zu einer einzelnen Blutprobe gehörenden Werte auf- weisen, ist in Betracht zu ziehen, daß die Werte zum Teil unter sehr verschiedenen Bedingungen bestimmt worden sind. Es ist speziell im Auge zu behalten, daß für alle Verdünnungs- methoden (Bleibtreu, Bence, Ulmer, Alder) dieselben Fehler- möglichkeiten in Frage kommen, gleichviel, welcher Indikator benützt wird, ob der absolute Eiweißgehalt, ob die Refraktion oder die Vis- eosität. Ein Unterschied wird durch die Ablesungsgenauigkeit der ver- wendeten Instrumente hineingetragen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein prinzipieller Fehler der Verdünnungsmethode darin liest, daß an der Blutkörperchenoberfläche eine Verdichtung des Eiweißes durch Adsorption eintritt. Auf die theoretische Behandlung dieser Möglich- keit sei hier nicht eingegangen. Daß sich die Fehler der Volumbestimmung auf unsere Resultate im vorhergehenden Kapitel über die Abhängigkeit der Viscosität vom absoluten Blutkörperchenvolumen übertragen, ist selbstverständ- lich und soll aber speziell noch erwähnt werden. Die vorstehende Arbeit ist auf Anregung und unter Leitung von Prof. W. R. Hess entstanden. Für die mir gelienene Unterstützung spreche ich an dieser Stelle meinen Dank aus. Studien über die von einzelnen Organen hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. ee III. Mitteilung. . Von Emil Abderhalden und Ernst Gellhorn. (Aus dem Physiologischen Institut der Universität Halle a. S.) Mit 11 Textabbildungen. (Eingegangen am 22. März 1920). Der eine von uns (Abderhalden)hat den Nachweiserbracht, daß eine Reihe von Drüsen mit sogenannter innerer Sekretion auch dann noch eine spezifische Wirkung erkennen lässt, wenn die zusammengesetzten Be- standteile der Gewebe vollständig in ihre Bausteine zerlest sind!). So ließ sich z. B. der charakteristische Einfluß von Schilddrüsensubstanz auf das Wachstum und die Entwicklung von Kaulquappen ebenfalls er- reichen, wenn vollständig abgebaute Schilddrüse zur Verwendung kam. Das gleiche war der Fall bei Verwendung von nicht abgebauter und abgebauter Thymusdrüse. Nicht so scharf waren die entsprechenden ‘ Ergebnisse bei der Anwendung anderer Organe, weilin diesen Fällen auch mit den nicht abgebauten Organen keine so charakteristischen Verände- rungen zu beobachten waren. Diese Forschungen sind nach mehrfacher Richtung von Bedeutung. Einmal zeigen sie, daß die sogenannten Inkret- stoffe nicht, wie man bis vor kurzem angenommen hat, hochmoleku- lare Produkte sein können, es muß sich vielmehr um einfacher gebaute Stoffe handeln. Jedenfalls sind die wirksamen Inkretstoffe dialysierbar. Diese Feststellung belebt die Hoffnung von neuem, einzelner Inkretstoffe in reinem Zustande habhaft zu werden. Bis jetzt ist eigentlich nur das Adrenalin ein wohl definierter Inkretstoff. Vielleicht kommen noch einige andere Substanzen, wie Cholin, hinzu. Ein weiterer Fortschritt für das sanze Problem über die Wirkungen der von den einzelnen Organen hervor- gebrachten Inkretstoffe liegt in der Möglichkeit, die Inkrete verschie- dener Organe in beliebigem Mengenverhältnis gemischt auf ihre Wir- kung zu prüfen. Es spricht außerordentlich viel dafür, daß jeweilen nicht ein einzelner Stoff das wirksame Prinzip darstellt, vielmehr dürften stets mehrere Substanzen zusammenwirken. Es ist leicht möglich, daß die Wirkung eines Inkretes erst durch diejenige eines zweiten Inkret- stoffes auf die volle Höhe gebracht wird, ja vielleicht finden nicht nur quantitative sondern auch qualitative Beeinflussungen statt. 1) Dieses Archiv, 162, 99 (1915); 136, 236 (1919). E. Abderhalden u. E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen usw. 29 Das Studium der Inkretwirkungen wird solange mit Unklarheiten zu kämpfen haben, bis es gelungen sein wird, einzelne Inkretstoffe in reinem Zustande zu isolieren. Man wird sie dann einzeln und ferner in Gemengen auf ihre Wirkung auf ganz bestimmte Organe und be- stimmte Organfunktionen prüfen können. Auf diesem Weg wird es möglich sein, vollständige Klarheit über die Bedeutung jedes einzelnen Inkretstoffes zu erlangen. Gewiß werden sich bei diesem Studium auch Resultate von praktischer Bedeutung ergeben. Es eröffnet sich die Möglichkeit, festzustellen, welcher Art die Störungen sind, wenn ein bestimmtes Organ Veränderungen zeigt. Die bloße Annahme von verminderter oder vermehrter Inkretion besagt noch wenig. Ebenso ist der Begriff der Dysfunktion ein noch recht problema- tischer. Es besteht die Möglichkeit, daß sämtliche Inkretstoffe in einem Organ in vermehrtem oder vermindertem Maße gebildet wer- den, es ist aber auch möglich, daß nur ein Stoff in der Menge von der Norm abweicht. Schon ein solches Vorkommnis müßte zu einer Dys- funktion führen. Es besteht- aber auch die Möglichkeit, daß Stoffe von anderer Zusammensetzung gebildet werden, doch ist eine derartige Störung nicht gerade sehr wahrscheinlich. Da nun die Inkretstoffe ohne Zweifel nur in sehr geringer Menge gebildet werden, ist es außerordentlich schwer, ihrer habhaft zu werden. Wir kennen leider von ihnen meist nur die Wirkung, bzw. wir schließen auf bestimmte Inkretstoffe, weil bei ihrem Fehlen bestimmte Ausfalls- erscheinungen zu beobachten sind. Wir sind auf diesem Forschungsgebiet nicht besser daran, als bei der Frage nach der Natur der Fermente. Auch hier schließen wir aus bestimmten Wirkungen auf bestimmt wir- kende Stoffe. Wir kennen ihre Natur nicht. Wir können nur Vermu- tungen über ihr Wesen aufstellen. Um einzelne von bestimmten Or- ganen gebildete Stoffe mit spezifischer Wirkung gewinnen zu können, haben wir uns den gleichen Plan vorgelest, der von dem einen von uns (Abderhalden) auch für die Auffindung spezifisch wirkender Nu- tramine entworfen und in Angriff genommen worden ist. Es soll der Ver- such gemacht werden, aus Organen mit den verschiedensten Lösungs- mitteln Stoffe zu isolieren, die typische Wirkungen zeigen. Einerseits sollen frische Organe, ferner ihre Preßsäfte und ferner Extrakte aus den ersteren und den letzteren zur Anwendung kommen. Auf der anderen Seite ist geplant, Organe stufenweise abzubauen und zu versuchen, mit Lösungsmitteln bestimmte Stoffe zu isolieren. Es handelt sich also um ein Suchen. Gelingt es, durch irgendein Lösungsmittel einen Stoff mit spezifischer Wirkung zu isolieren, dann lohnt es sich, das betreffende Lösungsmittel zur Extraktion größerer Mengen des betreffenden Or- ganes zu verwenden, und das so angereicherte Material chemisch weiter zu trennen. Notwendig ist dabei, daß als Wegleitung möglichst viele 30 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen streng spezifische Wirkungen bekannt werden. Nur so kann es gelingen, auf diesem Gebiet vorwärts zu kommen. Man muß immer wieder in der Lage sein, zu prüfen, ob ein bestimmtes Lösungs- oder auch Fäl- lungsmittel das wirksame Prinzip mitgenommen hat oder nicht. Wir haben uns deshalb die Aufgabe gestellt, auf möglichst breiter Grundlage nach spezifischen Wirkungen von Organen zu suchen. Es ist uns wohl bekannt, daß schon mancherlei Vorarbeiten vorhanden sind. Wir werden auf die Literatur bei den einzelnen Problemen zurück- kommen. Wir haben zunächst die Wirkung fermentativ abgebauter Organe mit innerer Sekretion auf die Pupillenweite, ferner auf das überlebende Herz, ferner das Löwesche Herzstreifenpräparat, ferner auf Arterien, dann auf die Ösophagus- und Magenmuskulatur usw. untersucht. Es sei zunächst über diejenigen Versuche berichtet, die mit tief abgebauten Organen (sogenannten Optonen!)) auf die Pupillen- weite und ferner auf das Herz ausgeführt worden sind. Um allen Mißverständnissen vorzubeugen, sei noch besonders. hervorgehoben, daß selbstverständlich nicht bewiesen ist, daß ein be- stimmtes Gewebe einen Stoff bzw. mehrere Stoffe von bestimmter Wir- kung hervorbrinst, wenn es glückt, durch bestimmte Eingriffe solche Substanzen nachzuweisen. Es könnte sein, daß erst Umwandlungen notwendig sind, um die betreffenden Stoffe mit der festgestellten Wir- kung zu erzeugen. Gelingt es, durch Abbau von zusammengesetzten Kör- pern spezifisch wirkende Produkte hervorzubringen, dann besteht immer- hin die Möglichkeit, daß auch in den Zellen die wirksamen Prinzipien durch einen entsprechenden Vorgang in Freiheit gesetzt werden, um dann ihre Wirkung zu entfalten. Auf jeden Fall muß in gründlichster Weise nachgeprüft werden, ob ein in bestimmter Richtung wirksam erwie- senes Produkt von dem betreffenden Organ, aus dem es gewonnen worden ist, auch im Körper unter normalen Verhältnissen zur Verfügung gestellt wird. A. Versuche an enucleierten Froschaugen. Wir haben die Versuche nach den beobachteten Wirkungen in 4 Gruppen zusammengestellt. 1. Versuche mit miotisch wirkenden Optonen. Dahin gehört das Opton aus Hypophyse, ferner dasjenige aus Schild- drüse. Das letztere ist weniger wirksam. Interessanterweise wird die Adrenalin-Mydriasis sowohl durch Hypophysenopton als auch durch Schilddrüsenopton stark beeinflußt. Die Vorbehandlung des Auges mit 3proz. Hypophysenopton verhindert die maximale Mydriasis durch !) Vgl. bzgl. der Herstellung der Optone: E. Abderhalden, Dieses Archiv 162, 100. 1915. — Die Herstellung der Optone hat die Firma E.-Merck, Darmstadt, übernommen. hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 31 Adrenalin; das Schilddrüsenopton vermag dagegen in 5proz. Lösung die Adrenalinmydriasis nur zu verzögern, während erst die Vorbehandlung mit 10 proz. Thyreoideaopton eine Herabsetzung der Adrenalinmydriasis zur Folge hat. 2. Versuche mit mydriatisch wirkenden Optonen. Pupillenerweiterung erzeugt das Opton aus Corpus luteum, auch Testisopton erweist sich als Mydriadieum und ebenso Thymusopton. 3. Versuche mit nur indirekt wirksamen Optonen. _ Ganz besonders interessant ist die Beobachtung, daß Optone, die an und für sich auf die Pupille scheinbar gar keine Wirkung haben, eine solche zeigen, wenn ihr Einfluß an Augen geprüft wird, die mit Adrenalin behandelt werden. So zeigen Optone aus dem Vorderlappen der Hypophyse keine Wirkung auf die Pupillenweite, jedoch zeigt ein mit Hypophysenvorderlappenopton vorbehandeltes Auge beim Zu- satz von Adrenalin eine wesentlich stärkere Mydriasis als das Kontroll- auge. Beim Ovarialopton konnte eine mydriatische Wirkung erst da- durch manifest gemacht werden, daß es, wie unten mitgeteilt, mit miotisch wirkenden Optonen zusammen angewendet wurde. Endlich haben wir 4. verschieden wirkende Optone angewandt, um gewissermaßen die Folgen des Wettstreites der Wirkungen beobachten zu können. Die Ergebnisse sind in der Zusammenstellung S. 44 ff. niedergelest. Methodik. Bei der Enucleation der Bulbi wurde sorgfältig die Berührung mit dem Hautsekret des Frosches vermieden. Auf die Bulbi wurde dann Ringersche Flüssigkeit aufgetropft. Waren die Pupillen weit, so wurden die Bulbi einer 10—20 Minuten dauernden Belichtung ausge- setzt. Nach dieser Zeit wurde noch etwa 15 Minuten bis zum Beginn des Versuches gewartet, da auch einige Zeit nach der Belichtung noch spontane Verengerung der Pupille beobachtet wurde. Bei engen und mittelweiten Pupillen unterblieb die Belichtung. Es wurde jedoch mit den Versuchen niemals früher als 30 Minuten nach der Enucleation begonnen, da die häufig nach der Enucleation auftretende Unruhe der Pupille, auf die besonders Kahn!) aufmerksam gemacht hat, dann abgeklungen ist. Augenpaare mit ungleichen Pupillen wurden zu den Versuchen nicht verwendet. Während des Versuches waren die Augen stets in gleicher Weise dem diffusen Tageslicht ausgesetzt. Anfangs wurden die Versuche so angestellt, daß die ganze Pupille bei zwanzig- facher Vergrößerung mit dem Zeißschen Zeichenapparat gezeichnet wurde. Später erwies es sich als praktischer, die Größe der Pupille !) R.H. Kahn, Dieses Archiv 128, 524ff. 1909. 32 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen durch die Länge ihres horizontalen und vertikalen Durchmessers mit dem Zeichenapparat zu messen. Nach dem Versuche wurde die Länge der gezeichneten Durchmesser gemessen und durch Division durch 20 die wirkliche Größe der Pupillendurchmesser in Millimetern erhalten. Gegenüber den bisher üblichen Schätzungen der Erweiterung der Pu- pille durch ein oder mehrere Pluszeichen!) erlaubt das von uns ange- wandte, messende Verfahren, auch geringe Änderungen der Pupillen- weite mit Sicherheit festzustellen. 1. Versuche mit miotisch wirkenden Optonen.. Aus Tab. I geht hervor, daß 6proz. Hypophysenopton deutlich miotisch wirkt. Die Miosis setzt in geringem Maße bereits eine Minute nach Anwendung des Hypophysenoptons ein, erreicht aber erst nach 22 bzw. 37 Minuten den höchsten Grad. Das in Ringerscher Lösung befindliche Kontrollauge bleibt unverändert. In 3proz. Lösung zeist das Hypophysenopton keine deutlich verengernde Wirkung auf die Pupille; denn auch die Größe der Pupille des Kontrollauges nimmt als Folge der voraufgegangenen Belichtung an Weite etwas ab. Die ver- engernde Wirkung des Hypophysenoptons läßt sich aber noch daraus erkennen, daß bei Einwirkung von Adrenalin !/,ooooo? das mit Hypophysenopton vorbehandelte Auge nur eine geringe Mydriasis’ zeist, während das Kontrollauge eine maximale Mydriasis aufweist (ab. IT), Thyreoideaopton bewirkt in 10 proz. Lösung eine geringe Miosis, wie aus Tab. III hervorgeht. Bei Anwendung von Adrenalin !/,oo 000 wird die Adrenalinmydriasis stark herabgesetzt. 5 proz. Thyreoideaopton (Tab. IV) verursacht keine Verengerung — die Kontrolle verenst sich näm- lich in gleichem Maße — ; die Adrenalinmydriasis wird aber im Vergleich zum Kontrollauge wesentlich verzögert; denn während das Kontroll- auge bereits 17 Minuten später eine deutliche Erweiterung zeist, tritt diese an dem Versuchsauge erst 25 Minuten nach der Adrenalinappli- - kation auf. Auch im weiteren Verlaufe des Versuches geht die Erwei- terung der Pupille durch Adrenalin langsamer als an dem Kontrollauge vor sich. Am Schluß des Versuches zeigen jedoch beide Augen eine maximale Mydriasis. In Tab. V ist in gleicher Weise die Wirkung des 5proz. Thyreoideaoptons auf den Verlauf der Adrenalinmydriasis zu erkennen. Das Hypophysenopton ist also das stärkere Mioticum; denn eine Vorbehandlung mit einer 3proz. Lösung verhin - dert noch die maximale Mydriasis durch Adrenalin ooon: während die Vorbehandlung mitö5proz. Thyreoideaopton nur die Adrenalinmydriasis verzögert, ohne sie zu verringern. !) Kepinow, Arch. f. experim. Pathol. v. Pharmakol. 6%, 265. 1912. i hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 33 2. Versuche mit mydriatisch wirkenden Optonen. - Corpus luteum - Opton ist in 6proz. Lösung ein sehr starkes Mydriaticum. Denn es bewirkt bereits nach wenigen Minuten (in Tab. VI nach 7 Minuten, in Tab. VII nach 15 Minuten) Pupillenerwei- terung, die in kurzer Zeit zu einer maximalen Mydriasis führt. Diese bleibt unverändert bestehen, wie aus Tab. VII hervorgeht. Auch das Testisopton erweist sich in 10 proz. und 6proz. Lösung als ein wirksames Mydriaticum (Tab. VIII und IX). Die Mydriasis ist jedoch keine maximale. Sie kann, wie der Versuch in Tab. VIII zeist, durch Ringersche Lösung nur in geringem Maße rückgängig gemacht werden, wenn sie durch 10 proz, Testisopton hervorgerufen worden war. In 6proz. Lösung wirkt das Testisopton etwa ebenso stark mydriatisch wie in 1Oproz. Lösung, die Mydriasis geht aber spontan fast vollständig . zurück. In gleicher Weise ruft auch das 6proz. Thymusopton eine mäßig starke Mydriasis hervor (Tab. X und XT). Diese geht, wie Tab. XI zeigt, nur langsam und in geringem Grade spontan zurück. Eine maximale Mydriasis läßt sich aber auch mit Thymusopton nicht erzielen. 3. Versuche mit nur indirekt wirksamen Optonen. Ein nur aus dem Vorderlappen der Hypophyse dargestelltes Opton (4%) zeigt (Tab. XII) keine Wirkung auf die Pupillenweite, da auch das Kontrollauge sich in gleichem Maße verengt, ein Vorgang, der wohl durch die voraufgegangene Belichtung verursacht sein dürfte. Daß aber auch in dem Hypophysenvorderlappen eine auf die Pupillenweite wirksame Substanz vorhanden ist, die vielleicht nur infolge der zu ge- ringen Konzentration des verwendeten Optons keinen direkten Erfolg zeigt, geht aus dem in Tab. XIII wiedergegebenen Versuche. hervor. Hier zeist sich nämlich, daß ein mit Hypophysenvorderlappenopton während 20 Minuten vorbehandeltes Auge die Adrenalinmydriasis wesentlich verstärkt, obwohl es selbst am Auge unwirksam ist. Wäh- rend Adrenalin 7/,,9.000 an dem Kontrollauge nur eine mäßige Mydriasis hervorzurufen vermag, die 2 Stunden nach der Einwirkung der Adre- nalinlösung vollständig zurückgegangen ist, zeigt das Versuchsauge eine maximale Mydriasis, die auch nach zwei Stunden noch unver- ändert besteht. Das Ovarialopton ist in 5proz. Lösung ohne Einfluß auf die Pupillenweite. Läßt man auf ein mit Ovarialopton vorbehandeltes Auge eine Adrenalinlösung !/,gooo0 einwirken, um so in indirekter Weise eine miotische oder mydriatische Wirkung des Ovarialoptons nachzuweisen, wie dies mit dem Opton des Hypophysenvorderlappens gelinst, so zeigt sich kein so eindeutiges Resultat. In dem Versuch der Tabelle XIV ‘ scheint die Mydriasis des mit Ovarialoptons vorbehandelten Auges Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 3 34 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über. die von einzelnen Organen ein wenig verstärkt zu sein (besonders zwischen der 48. und 75. Minute des Versuches), in anderen Versuchen war aber die Wirkung noch geringer. Um nun zu entscheiden, ob wirklich in dem Opton des Ovars ein die Mydriasis fördernder Körper enthalten ist, wurde das Ovarialopton zu gleichen Teilen mit den verengernden Optonen, in einem Versuch mit Hypophysenopton, in einem anderen Versuch mit Thyreoideaopton auf das Auge angewandt, während das Kontrollauge in jedem Versuche nur mit dem verengernd wirkenden Opton versehen wurde. Die Versuche zeigen, daß im Ovarialopton eine im Sinne der Mydriasis wirksame Substanz vorhanden sein muß; denn in Tab. XV zeigt das mit gleichen Teilen von 5proz. Thyreoidea- und Ovarialopton vorbehandelte Auge eine wesentlich verminderte Miosis als das nur mit 5 proz. Thyreoidea- opton versehene Auge. Hierbei ist nachzutragen, daß Thyreoidea- opton, das nach den Versuchen der Tab. IV und V in 5proz. Lösung keine direkte Miosis bewirkt, sondern die bestehende miotische Kom- ponente nur in dem Adrenalinversuch hervortreten läßt, an den weiten Pupillen der Augen vom Versuch der Tab. XV noch deutliche Miosis bewirkt. Es eignen sich also weite Pupillen auch zum qualitativen Nachweise einer miotisch wirkenden Substanz besser als mittelweite oder enge Pupillen. Auch der Versuch der Tab. XVI scheint in gleicher Weise für eine im Sinne der Mydriasis wirksame Substanz des Ovarialoptons zu spre- chen. Hier zeigt nämlich das mit Hypophysisopton versehene Auge bereits nach 6 Minuten eine Miosis, während diese an dem gleichzeitig mit Hypophysis- und Ovarialopton behandelten Auge erst später eintritt. Die in geringem Maße fördernde Wirkung der Adrenalinmydriasis, ferner die beträchtlich verringerte Miosis des Thyreoideaoptons, wenn diesem in gleichen Teilen Ovarialopton zugesetzt wird, und endlich die verzögerte Miosis des Hypophysenoptons durch gleichzeitige Anwen- dung von Ovarialopton dürften wohl zu dem Schlusse berechtigen, daß auch im Ovarialopton eine schwache, im Sinne der Mydriasis wir- kende Substanz vorhanden ist. Nach Abschluß der Versuche konnte in einem 10 proz. Ovarialopton die mydriatische Komponente direkt nachgewiesen werden. Wie aus Tab. XVIa hervorgeht, zeigt das Versuchsauge nach Einwirkung des 10 proz. Ovarialoptons eine nicht unbeträchtliche Mydriasis, die aber bereits 18 Minuten nach Beginn des Versuches spontan beträchtlich zurückgeht. Das Kontrollauge zeigt während des Versuches eine mäßige Verengerung, die sich durch Nachwirkung der Belichtung erklärt. . Ist somit in diesem Versuch eine mydriatisch wirksame Substanz sicher nachgewiesen, so ist doch hervorzuheben, daß sie entsprechend der nur vorübergehenden Mydriasis bedeutend schwächer als die’Optone des Corpus luteum, der Thymus und des Testis wirkt. hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 35 4. Versuche mit gleichzeitiger Anwendung von miotisch und mydriatisch wirkenden Optonen. Die im folgenden beschriebenen Versuche sollen die Frage entscheiden, ob bei gleichzeitiger Applikation von miotisch und mydriatisch wirken- den Optonen eine Komponente das Übergewicht erhält, und ob die ver- schiedenen Optone, die bisher innerhalb der Gruppen der miotisch bzw. mydriatisch wirksamen Optone nur quantitative Unterschiede zeigten, durch diese Versuche sich auch in qualitativer Beziehung differenzieren lassen. Denn es ist unser Bestreben, möglichst viele biologische Charakteristika für jedes einzelne Opton zu erhalten, damit bei den weiteren Versuchen, die wirksamen Substanzen zu isolieren, die Möglichkeit gegeben ist, in einer Reihe genau charakterisierter Ver- suche zu entscheiden, ob die gesuchte Substanz in der betreffenden Fraktion enthalten ist oder nicht. Es seien zunächst die Versuche mit gliechzeitiger Anwendung von Hypophysisopton als Mioticum einerseits mit den mydriatisch wirken- den Optonen der Thymus, des Testis und des Corpus luteum anderer- - seits wiedergegeben. Aus Tab. XVII geht hervor, daß Hypophysisopton die mydriatische Wirkung des Thymusoptons nicht verzögert (vgl. Tab. X und XI, in der zwei Versuche mit Thymusopton allein beschrieben sind). Die Mydriasis ist jedoch beträchtlich geringer und kürzer dauernd als in den Versuchen der Tab. X und XI. Denn während in dem Versuch der Tab. X dreißig Minuten nach Applikation des Thymusoptons die Mydriasis unverändert besteht und in Tab. XI sogar 80 Minuten nach Einwirkung des Thymusoptons die Mydriasis nur um eine Spur abge- nommen hat, bewirkt in Tab. XVII die gleichzeitige Anwesenheit des Hypophysenoptons, daß schon zehn Minuten nach Beginn des Versuches die Mydriasis ihren Höhepunkt erreicht und zwanzig Minuten später die Pupille sich auf ihre ursprüngliche Größe verkleinert hat. Tab. XVIII zeigt, daß Hypophysisopton die durch Corpus luteum- Opton bewirkte Mydriasis stark verzögert. Sie tritt erst nach 12 bzw. 17 Minuten ein, während sie in Tabelle VI schon nach 7 bzw. 10 Minuten sehr ausgesprochen ist. Ferner ist die Mydriasis in quantitativer Hin- sicht stark herabgesetzt und von nur geringer Dauer. Während die Wir- kung des Corpus luteum-Optons in Tab. VII auch nach 50° Minuten unverändert fortbesteht, ist in Tab. XVIII durch die gleichzeitige Anwesenheit des Hypophysisopton bereits nach 40 Minuten die My- driasis völlig geschwunden und die ursprüngliche Pupillenweite erreicht. Das Eintreten der mydriatischen Wirkung des Testisoptons wird, wie aus Tab. XIX hervorgeht, durch Hypophysisopton nicht verzögert. Sie ist quantitativ etwas geringer als in dem Versuch mit Testisopton der Tab. IX, dauert aber — und dies scheint ein paradoxes Resultat 3* 36 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen zu sein — länger an als in dem Versuche der Tab. IX, in dem Testis- opton allein zur Verwendung kam. Diesem Ergebnis dürfte aber wohl keine besondere Bedeutung zukommen, da bei gleichzeitiger Anwen- dung von 10 proz. Testisopton mit 6proz. Hypophysenopton die mydria- tische Wirkung quantitativ geringer und zeitlich verkürzt ist und einer recht erheblichen Miosis weicht. Wir kommen nunmehr zu den Versuchen mit gleichzeitiger Ver- wendung von Ahyreodeappuun als Mioticum mit den mydriatisch wir- kenden Optonen. Thyreoideaopton bewirkt in Tab. XXI nicht allein eine starke Ver- zögerung und in geringerem Maße eine Verminderung der Mydriasis durch Thymusopton, sondern läßt sogar vor Beginn der Mydriasis eine deutliche Miosis erkennen. Die mydriatische Wirkung des Corpus Iuteum-Optons wird, wie Tab. XXII zeigt, nicht verzögert, aber in ihrer Dauer und Stärke be- deutend beeinträchtigt. In dem Versuche der Tab. XXIII wird endlich gezeigt, daß die Thyreoideawirkung das Testisopton an Stärke übertrifft, so daß eine deutliche Miosis, die auf die Wirkung des Thyreoideaoptons zurück- zuführen ist, zustande kommt. Aus den Versuchen mit gleichzeitiger Anwendung von mydriatisch und miotisch wirkenden Optonen ergibt sich also, daß mit Ausnahme der Kombination Thyreoidea-Testisopton die mydriatische Kompo- nente die wirksamere ist. Wollen wir die Mydriatica nach ihrer Stärke ordnen, so ergibt sich Corpus-luteum-Opton > Thymusopton > Testis- opton. Dies geht besonders deutlich aus den Kombinationsversuchen mit Thyreoideaopton hervor, da dieses die Mydriatica des Corpus-luteum- Optoms nur in quantitativer Hinsicht und in der Zeitdauer zu beein- trächtigen vermag, während die Mydriasis durch Thymusopton erst nach vorhergehender Miosis auftritt und endlich die Mydriasis durch Testisopton völlig unterdrückt wird, so daß eine Miosis infolge der An- wesenheit des .Thyreoideaoptons resultiert. Es ist somit nicht nur gelungen, die Frage, ob die miotisch oder die ‘mydriatisch wirksamen Optone die stärkeren sind, zu beantworten, wohl aber für die Unterscheidung der einzelnen Optone weitere Cha- rakteristika aufzustellen. B. Versuche am Straubschen Präparat. Zu den Versuchen mit dem Straubschen Herzpräparat wurden große Esculenten verwendet, die genau nach den Vorschriften Fühners!) präpariert wurden. Während der Versuche wurde in die Herzkanüle kontinuierlich Luft durchgeleitet. Die Kontraktionen wurden in !) Handbuch der Biochem. Arbeitsmethoden 5, 1, S. 92. vu hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 37 siebenfacher Vergrößerung auf einem berußten Kymographion regi- striert. Der aufsteigende Schenkel entspricht der Systole, der abstei- gende der Diastole. Die Zeitschreibung gibt die Zeit in Sekunden an. Abb. 1. Betrachten wir zunächst den Einfluß der beiden am Auge miotisch wirkenden Optone (Thyreoidea- und Hypophysisopton). - In Abb.1 wird durch 1 proz. Thyreoideaopton (1) nur eine minimale Verkleinerung der Pulsgröße hervorgerufen. Durch Ringersche Flüssig- keit(2) erreichen die Pulse sogleich wie- der die ursprüng- liche Größe. Auch das Hypophysis- opton bewirkt in 0,6 proz. Lösung (Abb. 2, 11)nureine geringe Verkleine- ph de rung der Pulse, die sich durch Ringersche Flüssigkeit (12) vollständig beseitigen läßt. Auch an anderen Herzpräpara- ten konnte gezeigt werden, daß Hypophysis- und Thyreoidea- | ; VE opton in den erwähnten Kon- ’ zentrationen fast keine Herz- wirkungbesitzen. Eine Änderung. der Pulsfrequenz wird nicht beobachtet. In geringeren Konzentrationen (0,25 bzw. 0,3%) wurde an einigen Präparaten durch 'Thyreoidea- und Thymusopton eine Vergrößerung der Pulse erzielt. Diese ist in Abb. la und 1b ziemlich beträchtlich Abb. 1b. 38 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen und tritt nach anfänglicher geringer Pulsverkleinerung ein. In Abb. la schlägt das Herz schon vor dem Versuche in Perioden. Die Perioden- bildung bleibt auch nach Anwendung des Thyreoideaoptonsin etwas ver- ULpLLLIELLL [RERTERRUT GEN] (ua PPOTIWETERTUERERBUHELSANETEUNERHUEREUNERESTHEUNETERTHRBTWEURSEURTUERULURNEREUNRLELERLENERREHRLRNUENELENDEERTZEE Abb. 2. änderter Weise bestehen, in dem sie in der Form des Pulsus alternans auftritt. Später nähert sie sich den vor Anwendung des Thyreoideaoptons bestehenden Perioden und zeigt Gruppenbildung aus drei bis vier Pulsen. In Abb. 1b wird die Frequenz nicht verändert. An anderen Prä- | I [Fam EUUTSTEIINNTERTTBERRRNTTEUNEHUTSEOLKESTERONUHUNRUTKENERRTRENNERTEL/TETETEUTTNERUENTOTENUERETRERTETELTETTETTETETTURTRTENEUNTTERSTENE Abb. 3. paraten fand durch Thyreoidea- und Thymusopton in 0,25 oder 0,3 proz. Lösung weder eine Beeinflussung der Pulsgröße noch eine solche der Pulsfrequenz statt. | Wir kommen nunmehr zur Besprechung der am Auge mydriatisch wirkenden Optone. Aus Abb. 3 geht hervor, daß Thymusopton (3) ebenfalls nur eine sehr geringe Herzwirkung besitzt, die in einer geringen Abnahme der Systole hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 39 besteht. Ein Unterschied gegenüber den miotisch wirkenden Thy- reoidea und Thymusoptonen besteht nicht. Im Gegensatz hierzu zeigen Testis- und Corpus luteum-Opton eine sehr starke Herzwirkung. In Abb. 4 tritt nach drei Kontraktionen, die progressiv an Größe ab- nehmen, vollständiger Stillstand in Diastole ein. Erst nach mehrfachem Wechsel der Ringerschen Flüssigkeit — die Schwankungen der Kurven sind durch den wechselnden Druck beim Erneuern der Ringerschen Flüssigkeit bedingt — treten kleine Pulsationen wieder auf, die anfangs noch etwas verlangsamt sind, aber allmählich sich bis zu ursgrünglicher Höhe vergrößern und auch die normale Frequenz wieder zeigen. In Abb. 5 ist an einem anderen Herzpräparat die gleiche Wirkung zu er- kennen. Nur sind hier noch in dem Zustand maximaler Diastole ganz Abb. 4. schwache Pulsationen vorhanden. Auch hier bedarf es mehrfachen Wechsels der Ringerschen Flüssigkeit (2), der sich in den Schwankungen der Kurve infolge der Änderung des Druckes kundgibt, bis die Pulse wieder die gleiche Größe wie vor dem Versuche zeigen. Den großen Unterschied in der Herzwirkung des Thymus- und Testisoptons, die sich in ihrer mydriatischen Wirkung am Auge nur wenig unterscheiden, illustriert -Abb. 6. Hier bewirkt Thymusopton in 0,6proz. Lösung nur eine geringe Pulsverkleinerung; Testisopton hat dagegen in einer noch geringeren Konzentration (0,5%) eine Verkleinerung der Pulse um mehr als die Hälfte zur Folge. Die stärkste Herzwirkung aber besitzt das Corpus luteum-Opton. In 0,6proz. Lösung bewirkt es nach einem, bereits verkleinertem Pulse Stillstand in Diastole [Abb. 7, (9)]. Erst nach sehr häufigem Wechsel der Ringerschen Flüssigkeit, derin den Kurven in den bereits erwähnten Druckschwankungen zum Ausdruck kommt, setzen die Pulse zuerst ver- langsamt und in verminderter Größe ein, erlangen aber in kurzem wieder die ursprüngliche Größe und Frequenz. 40 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen Werden nun die Optone des Corpus luteum, des Testis und der Thymus in nur 0,3 proz.. Lösung angewendet, so rufen sie sämtlich noch eine Pulsverkleinerung hervor, und zwar ist auch hier wieder die Wirkung des Optons des Corpus luteum > Testis > Thymus. Der Gegensatzin der Wirkung zwischen diesen Optonen und den am Froschauge miotisch wirkenden Thyre- oidea- und Hypophysisoptonen ist also in 0,3 proz. Lösung noch ausgesprochener, da erstere Pulsverkleinerung, letztere aber keine Änderung der Pulsgröße oder sogar Pulsvergrößerung hervorrufen. Zusammenfassend läßt sich also sagen, EB 2 Abb, Abb. 6, daß, während den miotisch wirkenden Hypophysis- und Thyreoidea- optonen fast keine Herzwirkung zukommt, die mydriatischen Corpus luteum- und Testisoptone Herzstillstand in Diastole hervorrufen. Dabei hervorgebrachten Stoffe mit’ spezifischer Wirkung. 41 70 PETETTTITINTERTRERITERRTETETTERUEEUETLTFEUHETSUETTSTELTETERTTLTEDLERTERETEBETSTUERURERETEITETTEREETELDENDETERTERELETSLIETTTLEHFILTETTLTEIEELTRT AUT RTTETTRTLTTEERTIET Abb. 7. ist die Herzwirkung des Corpus luteum-Optons noch stärker als die des Testisoptons. Es geht somit bei diesen Optonen die Intensität der Herz- wirkung und des mydriatischen Effek- tes parallel. Dagegen besitzt das Thymusopton, dessen deutliche my- driatische Wirkung aus den Tab. X und XT ersichtlich ist, keine wesent- liche Herzwirkung. Endlich sind noch die Abb. 8 und 9 zu erwähnen, in denen der Einfluß des Optons des Hypophysen- vorderlappens und des Ovariums auf das Herz zu ersehen ist. Diese beiden ÖOptone, deren Au- genwirkunggering ist und zum Teil nur indirekt als im Sinne der My- driasis erfolgend nachgewiesen wer- den konnte (vgl. Tab. XIII—XV]), zeigen nureine un- bedeutende Herz- wirkung, diedurch eineVerkleinerung der Pulssröße zum Ausdruck kommt. Sie entspricht etwa der Herz- wirkung der miotisch wirksamen Optone. An anderen Präparaten ist sie etwas größer. Auch diese Optone bleiben ohne Einfluß auf die Frequenz der Pulse. Abb. 9. Über die bisher vorliegende Literatur können wir uns kurz fassen. 42 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen Kepinow!) studierte die Wirkung eines Hypophysenextraktes, den er durch Verreiben der Hypophysen mit Seesand, Aufschwemmen mit physiologischer Kochsalzlösung und Eindampfen des Filtrates bis zum Gewicht der ursprünglich verwendeten Drüsenmenge gewann, am enucleierten Froschauge, und fand eine Beschleunigung und Verstär- kung der Adrenalinmydriasis an dem mit Hypophysenextrakt vorbe- handelten Auge. Auch am Warmblüter konnte Kepinow nach Ein- träufelung an sich unwirksamer Adrenalinlösungen in den Bindehaut- sack des Kaninchens durch intravenöse Injektion von Hypophysen- extrakt Mydriasis hervorrufen. Im Gegensatz hierzu fanden Fröhlich und Pick?) am Läwen-Trendelenburgschen Froschpräparat, daß Hypophysin den Tonus der Froschgefäße herabsetzt und somit ebenso wie Pilocarpin, also antogonistisch gegenüber Adrenalin wirkt. Erwähnt sei ferner, daß Mattirolo und Gamma?) durch intra- venöse Injektion von Extrakt aus dem Hinterlappen der Hypophyse am Kaninchen Miosis erzielen konnten. Instillationen von Adrenalin bewirkten nur eine leichte Mydriasis und auch dies nicht regelmäßig. Am Arterienstreifen nach O. B. Meyer endlich fanden Pal*) und de Borris und Susanna°) Kontraktion der Carotis, A. mesenterica, A. femoralis und der Coronargefäße, während die A. renalis sich erwei- terte. Auch hier finden wir also teils adrenalinähnliche, teils antago- nistische Wirkungen (an den Coronar- und Nierengefäßen). Vielleicht sind diese widersprechenden Angaben nach unseren Ver- suchen dadurch zu erklären, daß in der Hypophyse zwei antagonistisch wirkende Substanzen vorhanden sind. Die pilocarpinähnliche, am enucleierten Froschauge miotisch wirkende Substanz findet sich nur im Hinterlappen der Hypophyse oder der Pars intermedia oder in beiden Teilen, da diese Wirkung nur mit dem aus der ganzen Hypophyse dargestellten Opton erzielt werden konnte, während im Gegensatz hierzu das Opton des Hypophysenvorderlappens eine dem Adrenalin syner- gistische Wirkung hervorrief. Weitere Versuche am Läwen - Trendelenburgschen Präparat und am Gefäßstreifen nach O. B. Meyer, die von uns bereits begonnen sind, sollen zur Klärung dieser Fragen beitragen. Im übrigen fanden wir in der Literatur nur noch eine Arbeit über die Wirkung von Organex- trakten auf das enucleierte Auge. Mazzei®) fand, daß Ovarin, Endo- hypophysin und Endothyreoidin mydriatisch wirken, und zwar das Erstgenannte am stärksten und das Letztgenannte am schwächsten, 1) Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 6%, 247. 1912. 2) Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. %4, 107. 1913. 3) Zit. nach Biedl, Innere Sekretion. III. Aufl. Berlin 1916. Bd. II, S. 704. *) Zentralbl. f. Physiol. 23, 253. 1909. 5) Zentralbl. f. Physiol. 23, 169. 1909. 6) Arch: di Ottalmol. 1918; Ref. in klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 62, Heft 6. hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 43 während Spermin eine leichte Miosis erzeugt. Über die Herstellung der Extrakte ist in dem Referat leider nichts enthalten, so daß eine Auf- klärung über die Ursache der Divergenz zwischen den Versuchser- gebnissen Mazzeis und unseren eigenen gegenwärtig nicht möglich ist. Über die Wirkung von Hypophysenextrakt auf das Froschherz (Straubsches Präparat) finden sich Mitteilungen von Einist) und Werschinin?). Diese Autoren fanden, daß Pituitrin Pulsvergrö- ßerung und Herabsetzung der Frequenz bewirkt. Letzteres konnte in unseren Versuchen mit abgebauter Hypophyse niemals beobachtet werden. Dagegen fanden auch wir in einigen Versuchen in 0,3 proz. Lösung eine deutliche Zunahme der Pulsgröße. Die bisherigen Versuche mit Extrakten aus Testis, Ovar, Thyreoidea, Thymus und Corpus luteum scheinen nach Biedls?) Kritik keine spezifischen Herzwirkungen festgestellt zu haben. Soweit unsere bisherigen Versuche ein Urteil zulassen, scheinen die Optone des Corpus luteum und des Testis wegen ihrer Herzwirkung (Stillstand in Diastole) und der durch sie hervorgerufenen Mydriasis in die Reihe der atropinartig wirkenden Substanzen zu gehören. Ob die miotisch wirkenden Optone (Thyreoidea und Hypophyse) in die Gruppe der parasympathisch erregenden Gifte gehören, können erst weitere Untersuchungen lehren. Ebenso ist bis jetzt die pharmakolo- gische Stellung des 'Thymusoptons, das zwar Mydriasis hervorruft, aber keine ausgesprochene Herzwirkung hat, noch ungeklärt. Zusammeniassung. 1. Die ausCorpusluteum und Testis dargestellten Optone besitzen auf das enucleierte Froschauge eine mydriatische Wirkung. Am Straubschen Herzpräparat bewirken sie diastolischen Stillstand. Sie scheinen daher in die Gruppe der parasympathisch lähmenden Stoffe zu gehören. 2. Hypophysis- und Thyreoideaopton bewirken am Froschauge Miosis und zeigen fast keine Herzwirkung allen eine mäßige Pulsvergrößerung. 3. Thymusopton ruft Mydriasis am Froschauge,, aber nur geringePulsverkleinerungamStraubschenPräparatehervor. 4.DasOpton des Ovars und des Vorderlappens der Hypo- physe fördern die Adrenalinmydriasis. 5. Bei gleichzeitiger Anwendung miotisch und mydria - tisch wirkender Optone überwiegt im allgemeinen die my- driatische Wirkung sehr stark. Nur die Kombination Thyreoidea-Testisopton führt zu einer Miosis. 1) Biochem. Zeitschr. 52, 96. 1913. 2) Arch.f.d. ges. Physiol. 155, 1. 1913. ®) Biedl, Innere Sekretion. III. Aufl. Bd. 1und2. Urban und Schwarzenberg, Berlin-Wien 1916. 44 E. Abderhalden und „ Callımmn: Studien über die von einzelnen Organen Versuehsprotokolle. Tabelle]. ‘ Tabelle IM. a x Vertikaler | Horizonta- = Vertikaler | Horizonta- = Durch- | ler Durch- = Durech- | ler Durch- de! messer messer = messer messer = | in mm in mm = in mm in mm 0| Ringer 2,7 2,3 ol Rn oe 5) ” \ 2,7 2,3 (0) Thyreoidea- 4 | Hypophysis- opton 109%, E opton 6°/, 3 3 35 hi 1 ” 2, hy 30 Adrenalin x ; 8 2,6 2,2 a as 26 2,4 Le. 61 h 22 015 4] 2,2 1,7 67 22. 16 Kontrolle. 72\ n 2,4 1,8 0| Ringer | 28 22 29. 5 2A 19 .5| 1 28 2,3 87 n 24 |1,9 | aD 2 In 2 5" Kontrolle. 30 N 2.8 21 0| Ringer 158 als 40) “ OR 2,1 25 N wege 15 30 Adrenalin 1/ 100000 Tabelle I. x & D 2,3 a | ‚Vertikaler Horizonta- 2 ” 2 " > | | Durch- | ler Durch- 67 “ 2,7 2,3 ei | messer messer 12 $ DS Da eı | inmm in mm ) 2,8 2,8 87 : 2,9 2,8 as 0, Ringer 29 1,8 i aa 0 | Hypophysis- | opton 3%, Tabelle IV. x 2 7 ———— Sn Re 5% | ne = Vertikaler | Horizonta- 30 22 97 17 > Durch- | ler Durch- ae Re 2° i=| messer messer 2 Adrenalin /1o0 Au je Ss An m nn 35 De eng 0! Ringer 31 14 40 2.6 2,0 0) Thyreoidea- 45 ; 2,6 2,0 ‚| opton 5%, 48 Mi 2.6 2 18 en 1.9 11.8 50 ® 2,6 2,1 30 Ä 1,8 Hl 55 er 2,6 | 2,1 35 Adrenalin on 1). 5 el 52 AR 1,8 ii Kontrolle. 60 „ 2,0 1,3 0 Ringer 3,0 1,8 7 In 25 Dal 10400 N, 3,0 1,8 = 2 a = 18 3,0 IA = » Au ee! 35 5 3,0 12 113 : ı 0 2,9 43 . 2,9 IR Kontrolle. 43| Adrenalin | /ıo0000 0| Ringer 2.0 1-5 46 55 1. 28) 1,9 18 an 18 1,4 49 & 2,3 22) 30 en I. 1. 52 Nah 2,4 35| Adrenalin | "/400000 55 Ä I DU =52; a 2,0 1.5 5 ; I 85 3,0 60 r 245 2) 62 3 3,1 74 > 2,8 2,9 68 D48 3. 85 ; Fl 2,9 78 ; 3,D 3.6 108 a al 3 hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. Tabelle V. =] Vertikaler|) Horizonta- = | Durch- | ler Durch- i= messer messer = | a mm in mm 0 Ringer 2,6 1,3 3 3. 2,6 1,3 4 Thyreoidea- opton 5°, 15 5) 2.6 1,3 30 \ 2.6 1,3 40 N 2,6 103 41| Adrenalin | "/100000 46 n 2,6 1,3 54 n 2,6 1,3 59 h 2,7 1,4 64 8 2.8 1,6 70 ; 2,8 2 75 H Sl 2,5 83 a 82 2,5 91 & 3,5 DA 97 = 3.5 2,1 Kontrolle. 0 Ringer 2,6 11.8: 15 eh} 2,6 1,3 30 h 2,6 11-8 40 S, 2,6 18 41 | Adrenalin | */100000 46 2,6 1.) 55- E; 2,8 1.3 58 H 2,8 1,6 ‘61 n 2,8 1,8 64 re 2.9 2,0 69 n 3,0 il 75 en 312 2,4 83 4 3.2 245 91 z 3,3 2,6 97 MR 3.3 2.6 Marbreille VI. 5 Vertikaler | Horizonta- = .Durch- | ler Durch- E messer messer. Pi in mm in mm 0 Ringer 25° |15 0 Corpus luteum- opton 6°), 7 in 2.8 11.8) 10 a 2,9 2,3 12 .. 3,1 2,6 17 3.5 SORTE 20 hi 0 25 n a en asıs 45 Tabelle VI (Fortsetzung). 5 Vertikaler Horizonta- = Durch- ler Durch- = messer messer = in mm in mm Kontrolle. 0 Ringer 2,7 1,6 10 1 DI 1,6 20 ii IND 1,6 25| % DAN 1,6 Tabelle VI. 3 Vertikaler| Horizonta- = Durch- | ler Durch- = messer “ messer Z in mm in mm 0 Ringer DON 240) 5| a 2 020 6 Corpus luteum-, | opton 6°/, | 12 N 2.68) 2,0 21 Rn. ID 2.6 DU 5 0278 | 238 32 > 2 2 40 E 26) 3,0 49 .ı 23m.) 3.0 57). a 29 | 3,0 Kontrolle. 0) Ringer | 30 2,4 5 1; 3,0 2,4 au 5 3,0 2,4 40 ar 2,8 2,4 57 Be 2,8 2,4 Tabelle VII. a Vertikaler | Horizonta- == Durch- | ler Durch- R=| messer messer = ‘in mm in mm 0 Ringer 23 1,6 1, Testisopton 2.3 1,6 10% fl 5 ” 2,6 1,8 10 = DAN 2.1 14 A 3,0 2,4 18 “ 3,0 2,4 DT an 3,0 2,4 28! Rinser ! 3,0 2,4 34 | 2 rn | 40 | " an 2 Kontrolle. 0 Ringer 2,4 IB 9 ” 2,4 1,5 13 R 2,4 1,5 1 ii DRS 1.8 2 A 2,3 11.8 40 = 28 1.3 46 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen Tabelle X. Tabelle XI (Fortsetzung). =) Vertikaler | Horizonta- = Vertikaler | Horizonta- = Durch- | ler Durch- 3 Durch- | ler Durch- i= messer messer = messer messer a in mm in mm in mm in mm o | Ringer 2,2 1,6 Kontrolle. 1 | Testisopton 0 Ringer 2,6 1.4 6% il „ 2,6 1,4 6 2 | © 2,2 1,6 16 „ 2,6 1,4 a 30m | 16 2,6 2 E 82 F3 2,4 1,4 33 » SH Rs ‘Tabelle XII > ’ ’ ’ —— 40) ’ 2,2 1,8 = Vertikaler | Horizonta- Kontrolle. 3 Durch- | ler Durch- S 5 = messer messer 2 Ringer 3 ur ei in mm in mm Eh) 2 , 12 “ 2,2 1,4 0 Ringer 2,4 125 2 . 1,9 12 5 1; 34 15 33 , 159 1,2 5 Hypophysen- : 40 , 169 1,2 vorderlappen- opton 4°/, Manbiel len. 10 R en 2 - 15 2 1 s Vertikaler| Horizonta- 22) e 24 1 5 S Durch- | ler Durch- 30 N DD 1.3 = messer messer 35 j: 99 13 m in mm in mm | 2 91 13 —— — ”„ 2 2 0| Ringer 2,1 1,3 Kontrolle. € 7 » 2,0 1,3 0| Ringer 2,4 1,5 10 'Thymusopton 5 2,4 1,5 100% 22 22 1,5 18 ; 2.2 1,4 30 % 99 5 24 „ 2,2 1,6 35 N 2,1 1,3 31 0:28 | 022 45 ; 2,1 1,3 35 ‚ 2A 2,1 40 | 2,4 31 Tabelle XIII. Kontrolle. | Vertikaler | Horizonta- ) Ringer 2,0 1,3 E Durch- | ler Durch- = messer messer 12 E n ” = in mm in mm ” I | & 31 . 1,9 1,3 0 Ringer 2,4 1,4 40 ) 1,9 1,3 0 a vorderlappen- | Tabelle XI. I: = - |Vertikaler| Horizonta- = INdr en kn 1 2,2 I = Durch- | ler Durch- 97 Da 17 = - ) = Dan Dam 2» 2 19 0, Ringer 2,4 1,4 36 L 2,8 22 0 'Thymusopton 47 % 3,0 a 6% SE . 3.0 2 11] A 2,5 1,5 60 N 3.0 2,6 15 \ 2,6 1,0 70 Al 3,0 2,8 30 3 2,9 2,4 87 a 32 2,9 82 i 2,9 22 151 " 3a: 32 hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 47 Tabelle XIII (Fortsetzung). Tabelle XV. E Vertikaler| Horizonta- 5 |Vertikaler | Horizonta- 3 Durch = Durch- | ler Durch- = messer messer 5 SIeskO: INESSEL = im mm nimm ın Et ın mm m E ’ ” > = ) N ee s ae 2 = inger „4 1,4 opton 5% 2,4 1,3 12 ; 3.2 2,6 Adrenalin sam 000 Er \ 3% 2,4 15 ) . n Sa 39 ı 2,5 2,0 h 2,6 1,5 55 „ 2,3 1 5 2,6 1,6 62 n 2,3 1,6 En DM. ed Kontrolle. a DU 11.9) 0 Ringer 28 2,9 9 2,7 2,0 9, Thyreoidea- n 2,1 1,3: ns ) on äa5% 12 ‘ 3,3 2,9 Tabelle XIV. ae 3 2,9 erRur NER " an as| 2,8 = Vertikaler | Horizonta- 38 ” 3,1 2.8 = Durch- | ler Durch- 55 n 3,1 Da = messer messer 62 ; 3,2 2,8 ei in mm in mm 2 z : Tabelle XVI. 0) Ringer 1,9 1,0 a ———— 5 . 1,9 1,0 = Vertikaler | Horizonta- 7 Ovarialopton E Durch- | ler Durch- 5% = messer messer ® 1.9 10 = | in mm in mm > 1,9 1.0 0 Ringer 3,0 2,8 i al H hysis- Adrenalin / 10 1 3 OnELnNO en an D ‚0 opton 335% ” 2,0 1,3 g s 3,0 2,6 D 2,4 1,7 14 3,0 2,6 en N 2,2 24 .“ 249 2.5 2) 2,8 2,4 30 u DA 28 2 ss & Kontrolle. 3 3.5 3'3 ) Ringer 2,9 2,0: in 3,5 3,3 nn ß 3,5 3,3 9 DEE 524 15 Fr DI 2,4 E Kontrolle. 24 A) DT 2.4 Ringer 1,8 1,0 3 DL 2,4 N 1,8 1,0 „ h —4) x 1,8 1,0 Tabelle XVIa. : 1 : Adrenalin /100.000 = Vertikaler | Horizonta- £ ” 1,8 1,0 = Durch- | ler Durch- 44 5 Be 1,4 E messer messer 48 ” 2,2 1,8 Z in mm in mm / 5) a FE 0 ; En 0) Ringer || 27 ,] 22 2 9.9 9,9 2 nt ° „ R) =, S% n 2,9 2,9 8 a 31 97 ” 3,4 3,3 11 m 3,9 2,8 ” 3,4 393 20 n 2,8 DAN ” 3,9 3,9 27 „ 245 DAb) 48 E. Abderhalden und E. Gellhorn: Studien über die von einzelnen Organen Tabelle XVIa. (Fortsetzung). Tabelle XVIIL (Fortsetzung). 3 Vertikaler | Horizonta- | Vertikaler| Horizonta- = Durch- | ler Durch- = Durch- | ler Durch- = messer messer = ANSET, east =) in mm in mm E An mm m. Kontrolle. Kontrolle. 0| Ringer Da 98 0) “Ringer _|- 2,0 1,3 8 IN IR 2,8 233 7 " 2,0 13 20 a 2.5 2A 17 N 2,0 13 26 | 2 2,4 All |. ” 2,0 1,3 : 40 )) 2,0 1,2 abelle XVII. — Be S Tabelle XIX. = Vertikaler | Horizonta- = Durch- | ler Durch- a, Vertikaler, Horizonta- E=| messer messer S Durch- | ler Durch- F in mm in mm 3 messer messer um = in mm in mm 0 Ringer 2,8 1,9 Fa | ; 6 E 2,8 190% 0 Ringer 2,4 11.5 7 Hypophysis- 0 Testisopton, ‚opton, Thymus- Hypophysis- ı opton 44 6°), opton ä a 6°), 10 h 2,9 > 5 u 2,6 1,5. 17 & 3,0 3» 10 5: 2,6 1,5 25| a; 2,8 DL 16 eh) 2,7 1,6 32] a 2,8 2 22 1 2,1 1,6 38| i 2,8 2,0 30 n 2,7 1,8 55 x IR 2,0 35 n 2,9 1,9 45 n 2,8 149 Kontrolle. 34 9 2,1 1,8 0 Ringer 2,8 1128) 62 ” 2,7 1,8 M Ei a 2 Kontrolle. na H 9,6 17 0| Ringer 25, 1,5 35 Re 9,6 17 10 er) 2.8 11.8 r : : 22 2,2 1,2 38 n 2,6 1,6 ” ) : 55 2,6 1,6 20 n 2,2 1,2 u ’ h 60 n 212 1,2 | nebeiie XVIM. | ß Malen SSc = Vertikaler| Horizonta- > Durch- | ler Durch- = Vertikaler Horizonta- E messer messer 3 Durch- | ler Durch- = in mm in mm = messer messer = T =) in mm in mm 0 Ringer 22, 1. ; 0 Hypophysis- 0 Ringer 2,7 f 1,4 opton, Corpus 6 ee 2,7 jme luteum-opton 6 Hypophysis- 2a 60%, opton 69, 4 u 29 1,5 Testis- 7 a 21 1,5 opton 109%, 42) “ 29 1,6 9 nn Hl 17. 5 2,3 1,9 13 . 2,8 1,6 23 2,3 1,9 17 n 2,6 1,3 32 s 9,3 1.9 21 n 2,8 11.2 40 R 2,3 1,6 26 1 a1 1,2 hervorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung: Tabelle XX (Fortsetzung). 49 Vertikaler|; Horizonta- = = Durch- | ler Durch- i=) messer messer = in mm in mm Kontrolle. 0 Ringer | 2,4 1,3 5 2 2,4 1,3 12 x 2,4 2 18 2,4 > 25 | n 2,4 12 Tabelle XX1. z Vertikaler| Horizonta- = Durch- | ler Durch- E=| messer messer 's in mm in mm 0 Ringer 2,6 11.6) Ir. 2,6 1,9 3) Thyreoidea- opton, Thymus- opton 23 6°/, 6 » 2,6 1.5 8 ® 2,6 1,5 13 h 2,5 1,5 16 ni 2,6 1,9 22 = 2,6 2,0 25 ® 2,6 2,2 31 x 2,7 2,3 36 s 37 2,3 41 2,7 2,3 Kontrolle. 0 Ringer 2,7 1,9 3 r 2,7 1,0 8 H 2,7 1,8 18 a 2,7 1,8 22 3 2,7 1,8 31 B 27 1,8 4 n | 2:6 1,8 Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182, Tabelle XXII. E Vertikaler | Horizonta- = Durch- | ler Durch- =) messer messer ei in mm in mm 0 Ringer 2,2 Ilart 3 | Thyreoidea- opton, Corpus luteum opton a2 6% 8 3 222, 1er 1al A 2,3 2,0 18 ” 2,3 2,0 25 n 2,3 AT Kontrolle. 0 | Ringer 2,2 Io 3 nn 2,2 1,6 8 2 2,2 1,4 18 5 21 | 1,4 25 4 2.1 1,4 Tabelle XXIII. 3 Vertikaler | Horizonta- = Durch- | ler Durch- f i=| messer messer a in mm in mm 0 Ringer 2,7 on 1 | Thyreoidea- opton, Testisopton 22.6%, : U h 2,7 1,6 19, e 2,3 1,4 17 ı 1,9 1,3 21 a 2,0 ll 27 | 4 1,9 1,0 35 x 1:7 1,0 Kontrolle. 0 | Ringer 2,6 ey 8 a 2,6 1.7 13 Ee 2,6 la 24 n 2,6 alt 29 3 2,4 1,6 4 eure zur Physiologie des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. Von Dr. Ernst Kupelwieser, Assistent am Institute. (Aus dem Physiologischen Institut der deutschen Universität in Prag. Vorstand: Prof. Dr. A. Tschermak.) Mit 8 Textabbildungen. (Eingegangen am 16. Januar 1920.) I. Problemstellung. Aus den am Froschherzen ausgeführten Untersuchungen von Th. W. Engelmann!) geht hervor, daß sich nicht nur der Sinus venosus sondern auch die intraperikardialen Strecken der großen Herzvenen grundsätzlich anders als die übrigen Herzteile verhalten. Während Vorhöfe;, Kammern (und Bulbus arteriosus) alle Kriterien von normaler- weise in abhängiger Pulsation begriffenen Herzteilen aufweisen, fehlen diese dem venösen Vorherzen, unter welchem — von A. Tschermak vorgeschlagenem — Ausdrucke wir den Sinus venosus mit den intra- perikardialen Anteilen der Ven. cav. sup. dextr. et sin. und der Ven. pulm. der Kürze und ihrer funktionellen Gleichwertigkeit halber zu- sammenfassen wollen. Das Fehlen der kompensatorischen Pause nach einer Extrasystole, trotz des Besitzes einer die ganze Systole und einen Teil der Diastole umfassenden refraktären Phase, sowie die Abhängigkeit der Schlag- frequenz des venösen Vorherzens vom eigenen Zustand (z. B. bei Abkühlung oder Erwärmung hervortretend) können nach Engelmann nur mit der Annahme erklärt werden, daß die Orte der Reizentstehung hier mit jenen des Reizeffektes zusammenfallen, bzw. durch unsere Mittel örtlich nicht trennbar sind — mit anderen Worten, daß die zur Erregung des venösen Vorherzens führenden Ursachen in ihm selbst gegeben sind. Im Gegensatze hierzu ist das Verhalten der übrigen Herzteile, deren Schlagfrequenz de norma vom Zustand der betreffenden Herz- 1) Th. W. Engelmann, Über den Ursprung der Herzbewegung und die physiologischen Eigenschaften der großen Herzvenen des Frosches. Arch. f. d. ges. Physiol. 65, 109. 1897. E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie des venösen Vorherzens usw. 51 partie unabhängig ist und welche das Phänomen der kompensatorischen Pause zeigen, wie bekannt, ein solches, daß man die Ursachen für ihre normale Erregung außerhalb suchen muß und sie angesichts der für ihre normale Tätigkeit bestehenden Abhängigkeit vom Zusammenhang "mit dem venösen Vorherzen (oder mit einem Teil desselben), sowie auf Grund der Abhängigkeit ihrer Schlagfrequenz von der des venösen Vorherzens in eben diesem findet. Wir haben also das in selbständiger Pulsation begriffene venöse Vorherz — zunächst als Ganzes — als den nomotopen Ort der Reizentstehung zu betrachten. In der Frage, ob innerhalb des relativ ausgedehnten Gebietes des venösen Vorherzens des Frosches sich .eine begrenzte Stelle finde, von welcher allein aus de norma die Herzreize ausgehen, oder ob verschiedene Ursprungsstätten für dieselben in Betracht kommen können, gelangte Engelmann im Prinzip zu folgender Vorstellung: Alle Teile des venösen Vorherzens des Frosches sind funktionell gleichwertig und können als Ausgangsstätten der normalen Herzreize in Betracht kommen. Diejenige Stelle, an welcher der im ganzen venösen Vorherzen sich abspielende Prozeß der spontanen Reizbildung zuerst zu einer Erregung führt, wird im speziellen Fall zur führenden, von welcher aus sich die Erregung infolge ihrer allseitigen Ausbreitung den in ihrer Reizbildung nachhinkenden Stellen des venösen Vorherzens mitteilt. Von der Tatsache, daß der Ort des Erregungsbeginnes ein innerhalb des venösen Vorherzens wechselnder sein kann, überzeugt man sich nach dem Vorgange von Engelmann durch direkte Be- . obachtung an absterbenden Herzen, bei denen die Frequenz und Leitungs- geschwindigkeit der Erregung soweit herabgesetzt ist, daß man das Wandern der Kontraktionswelle über das venöse Vorherz mit dem Auge verfolgen kann, wobei man bemerkt, daß dieselbe während einer längeren Reihe von Herzschlägen in verschiedenen Fällen an verschiedenen Stellen des venösen Vorherzens beginnt. Am häufigsten sah Engel- mann unter solchen Verhältnissen die Kontraktionswelle von der unteren Hohlvene ausgehen, von wo sie sich auf den Sinus und rück- läufig auf die oberen Hohlvenen fortzupflanzen schien. Da indessen die direkte Beobachtung des Fortschreitens der Kon- traktionswelle eindeutig nur am geschädigten Herzen bei herabgesetzter Leitungsgeschwindigkeit möglich ist!), bleibt die Frage nach dem Orte des Erregungsbeginnes im intakten Herzen insofern offen, als nicht gesagt werden kann: - 1. Ob am intakten Herzen ein bestimmter Teil des venösen Vor- herzens als Ausgangsstätte der Herzreize prädisponiert ist oder ob etwa mehrere Reizbildungsstellen gleichzeitig in Betracht kommen, 1) Vgl. die analogen Komplikationen (bei der Schildkröte) an den Suspensions- kurven von W. E. Garrey, Amer. journ. of physiol. 28, 330. 1911. px 52 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie 2. ob die Ausgangsstelle individuell wechseln kann, 3. ob — wie Engelmann dies theoretisch fordert — der Aus gangsort der Erregung auch bei einem normalen Individuum (in vivo) wechselt und jeweils von funktionellen Faktoren bestimmt wird. Die Entscheidung zwischen diesen Möglichkeiten ist durch den obigen Versuch deshalb nicht möglich, da ja am geschädigten Herzen die Aus- gangsstelle der Kontraktionswelle dadurch bestimmt und fixiert’sein kann, daß die am wenigsten geschädigte Stelle zur führenden bzw. allein noch funktionierenden geworden ist. Auch bei den klassischen graphischen Versuchen, welche Engel- mann am Frosch angestellt hat, ergibt sich für die Beurteilung des Erregungsablaufes im intakten venösen Vorherzen dieselbe Schwierig- keit. Bei diesen Versuchen wurden die Kontraktionen des vom Vorhof abgetrennten Sinus venosus und einer mit dem Sinus in Zusammenhang gelassenen Vene in der Weise gleichzeitig zur Registrierung gebracht, daß die durch die Umschlagsfalte des Perikards an ihrer Eintrittsstelle in den Perikardialraum fixierte Vene hier als fester Punkt diente und die am Sinus angebrachte Suspension eine Kurve schrieb, welche in ihrer Form und Größe von der algebraischen Summe aller in der Rich- tung der Suspension wirkenden Komponenten der am Präparat vor- kommenden Einzelbewegungen (des Sinus und der Vene) bestimmt sein mußte!). Die am frischen Präparat auf diese Weise gewonnenen Kurven?) zeigen die Form von Sinuslinien, woraus auf eine (praktisch) gleich- zeitige Kontraktion von Sinus und Vene geschlossen wird). Erst wenn im Laufe des Absterbens oder einer sonstigen Schädigung des Präparates die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erregung ab- genommen bzw. sich ein relativer Block zwischen Sinus und Vene ausgebildet hat, zeigen die Kurven ein Gipfelplateau bzw. Doppel- t) Bei völlig intaktem Herzen gelang es Engelmann nicht, den Erregungs- ablauf durch direkte Beobachtung zu verfolgen. Venen und Sinus kontrahieren sich für die Beobachtung — wie er sagt — vollkommen synchron. A. Tschermak hat bei Frosch und Schlange (Ringelnatter) auch am frischen Präparat gelegentlich andeutungsweise zeitliche Differenzen zwischen Sinus und Venen beobachten kön- nen, wobei mitunter die Hohlvenen, speziell die linke obere (beim Frosch), eben merklich voranzugehen schien. Diese Beobachtungen gaben A. Tschermak die Veranlassung, mich zu den hier mitgeteilten Versuchen anzuregen. Mir ist es bei einfacher Inspektion nicht gelungen diese Beobachtung mit jener Sicherheit zu wiederholen, die mir eine Aussage berechtigt erscheinen ließe. 2) Siehe Engelmann, a. a. O., Arch. f. d. ges. Physiol. 65, Tafel V, Abb. 6. 3) Hierzu sei bemerkt, daß bei dieser Art der Registrierung nicht ohne weiteres eine Anisochronie auch höheren Grades auszuschließen ist, da eine stetige, selbst einer Sinuslinie ähnliche Umhüllungskurve, auch bei sukzessiver Kontraktion der einzelnen Längselemente des längssuspendierten Sinusvenenpräparates_ re- sultieren kann, falls nur der Zuwachs an einzelnen Teilkomponenten, bzw. deren Abnahme stetig erfolgt. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 53 gipfeligkeit, worin die Anisochronie von Sinus und Vene zum Ausdruck kommt und eine Verfolgung des eu eunssat ui in bezug auf seine Richtung möglich wird. Die Verhältnisse am völlig intakten Herzen entziehen sich somit auch bei dieser Methode der genauen Analyse, denn auch hier führen die am nicht geschädigten Objekte angestellten Beobachtungen zum Bilde einer Isochronie der gleichzeitig registrierten Teile des venösen Vorherzens, ohne daß man dabei zur Annahme einer wirklichen Isochronie berechtigt wäre (s. die vorige Anm.). Das Vorkommen einer solchen lehnt auch Engelmann aus theore- tischen Gründen ausdrücklich ab, da man ja nicht annehmen kann, daß in allen einzelnen Muskelzellen des venösen Vorherzens der spontane Reizbildungsprozeß im gleichen Augenblicke zur Erregung führt; und wenn Engelmann auch von Isochronie und Gleichzeitigkeit spricht, so ist damit ganz offensichtlich eine solche der Wahrnehmung bzw. der instrumentalen Aufzeichnung gemeint. Nach Engelmann wären es also quantitative Unterschiede in der Erregunssleitung, welche das eine Mal den Ablauf der Kontraktions- welle zu beobachten gestatten, am intakten Herzen ihn aber der Be- obachtung entziehen, indem bei nicht geminderter Erregungsleitung das sukzessive Geschehen zum Bilde der Gleichzeitigkeit verschmilzt. Auf Anregung von Prof. A. Tschermak, der mir auf Grund der oben erwähnten Beobachtungen und gewisser Bedenken gegenüber den vorliegenden literarischen Daten die Physiologie des venösen Vor- herzens als ein keineswegs erschöpftes Gebiet bezeichnete, habe ich die im folgenden beschriebenen Versuche unternommen. Dieselben sollten die Frage behandeln, ob die im Prinzip wohl auch am intakten venösen Vorherzen anzunehmende Anisochronie sich durch ein besonderes Suspensionsverfahren doch etwa nachweisen läßt; ob ferner innerhalb des venösen Vorherzens des Frosches und speziell der Ringelnatter de norma eine bestimmte und ob immer dieselbe Stelle Ausgangsort der Erregung sei oder ob diese Stelle wechseln könne. In zweiter Linie stand die Frage nach den zeitlichen einäikkasten der zu beobachtenden Erscheinungen. Der vorliegende Beitrag beschränkt sich auf die mechanographische Bearbeitung des Problems. Die Weiterführung der Versuche, speziell die elektrographische Untersuchung ist seitens des hiesigen Institutes beabsichtigt. II. Versuchsmethodik: Bei der beabsichtigten mechanischen Registrierung durch Suspension mußten in Hinblick auf die Fragestellung folgende Anforderungen an die anzuwendende Methode gestellt werden: 1. Gleichzeitige, getrennte Registrierung zweier Stellen des venösen Vor- herzens (spez. einer Vene und des Sinus). 54 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie 2. Isolierung der suspendierten Stellen gegen mechanische Einflüsse von seiten der übrigen pulsierenden Herzteile, besonders gegen den Vorhof, und gegeneinander. 3. Anwendbarkeit bei erhaltenem Kreislauf und möglichstunversehrtem Herzen. Nachdem in den am Frosch angestellten Vorversuchen, bei welchen der Sinus und die eine obere Hohlvene!) nach Abtragung der gleichseitigen Aorta und Um- klappen des Herzens auf die Gegenseite suspendiert worden waren, die mechanische Isolierung gegen den Vorhof große Schwierigkeiten bereitet hatte und nur ganz ausnahmsweise gelungen war, ergab sich in der Schlange mit ihrer langgestreckten Herzanlage ein geeigneteres Versuchsobjekt?). Verwendet wurde die Ringelnatter (Tropidonotus natrix), die in der hiesigen Gegend verıleoinaD leicht zu be- schaffen war. Das Versuchstier wurde, nachdem das Zentralnervensystem — ausgehend von einem nur die Wirbelsäule umgreifenden Schnitt in der Nackengegend — unter minimalem Blutverlust bis weit unter das Operationsfeld zerstört worden war, am Rücken liegend auf einer entsprechenden Leiste aus weichem Holz fixiert. Hierauf wurde die Herzgegend durch einen 5—6 em langen medianen Hautschnitt freigelegt, die beiden freien Hautränder nach rechts und links über die Kanten der Leiste gespannt und an deren Seitenflächen mittels Reißnägel befestigt, wodurch eine gute Fixierung des Versuchsfeldes zustande kam. Ebenso wurden die Thorax- hälften mit kurzen Nadeln auf der Unterlage fixiert, was das Herz auch von der Seite zugänglich machte. Vor dem Weiterführen der Präparation wurde nun nahe dem kranialen Wundwinkel die Trachea eröffnet und mittels einer bis nahe an die Lunge reichenden Glaskanüle von ungefähr halbem Tracheadurchmesser eine kontinuierliche Sauerstoffdurchlüftung eingeführt (Methode von Volhard?). Hierauf legte eine mediane Eröffnung des Perikards Vorhöfe und Kammern, sowie die in ihrem distalem Anteile nicht von den Kammern überlagerte untere Hohlvene frei. Zieht man nun den rechten Schnittrand des Perikards nach der rechten Seite, so wird auch der bisher bedeckte Teil der unteren Hohlvene, sowie der Sinus und die rechte obere Hohlvene zur Ansicht gebracht, indem dabei das Herz nach links sinkt. Das so gespannte Perikard wird am besten in der erwünschten Lage fest- gehalten, indem man es mit seinem freien Rand an die von der Innenfläche der Haut gebildeten Unterlage antrocknen läßt. Bsobachtet man nun die Bewegungen der sichtbaren Teile de venösen Vorher- zens speziell des Sinus und der intraperikardialen Strecke der unteren Hohlvene (die obere Hohlvene eignet sich wegen ihrer Kürze weder zur Beobachtung noch zur Suspension) so sieht man an denselben zwei Arten von Bewegungen: 1. Die sehr kräftigen Eigenkontraktionen, die sehr deutlich vor dem Beginn der Vorhofs- und dementsprechend noch mehr vor dem der Kammersystole einsetzen. 2. Neben dieser Eigenbewegung vollführt der Sinus eine synchron mit der Vorhofsystole beginnende passive Mitbewegung im Sinne einer seitlichen Verschie- bung gegen den- Vorhof hin. !) Auch die Versuche mit Suspension des Sinus und der unteren Hohlvene mißlangen aus dem gleichen Grunde. *) Dieses Objekt wird seit Jahren von Prof. A. Tees zur Demon- stration der Automatie der isolierten Hohlvenen benützt, da hier die intraperi- kardiale Strecke, speziell der Vena cava inferior, besonders lang ist. Beim Kaninchen scheint nach den Erfahrungen des Genannten ein bestimmter Füllungs- bzw. Wand- dehnungsgrad eine absolute Bedingung für die Äußerung der Befähigung der Hohlvenen zur automatischen Rhythmik darzustellen. ®) Rhythmische künstliche Atmung mußte wegen der Mitbewegung des Ver- suchsfeldes vermieden werden. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 55 Ebenso macht die untere Hohlvene bei jeder Kammersystole eine Mitbewegung mit der Kammer, welche dadurch verursacht wird, daß die Hinterfläche der Kammer mit der unteren Hohlvene bindegewebig verbunden ist. Selbstverständlich greifen diese von Kammer und Vorhof herrührenden Mitbewegungen wechselseitig auf Sinus und Vene über, solange kein Punctum fixum zwischen diesen beiden Teilen des venösen Vorherzens geschaffen ist. Um die Eigenbewegungen dieser in Betracht kommenden Abschnitte des ve- nösen Vorherzens ohne störende Einmischung dieser passiven Mitbewegungen registrieren zu können, wurde in folgender Weise vorgegangen: Zwischen die beiden Lamellen, welche die Kammer mit der Vene bindegewebig verbinden, wurde eine sehr feine Schere mit der einen Spitze eingeführt und, unter Ausnützung der durch die Kammersystole erzeugten Spannung der Membranen, zuerst die der einen, dann die der anderen Seite sukzessive abgetragen. Mit der nötigen Vorsicht gelingt es, die Vene ohne Beschädigung bis an ihre Einmündungsstelle in den Sinus von der Kammer zu lösen, wodurch die von der Kammer herrührenden Mitbewegungen ausge- schaltet werden. Zur Isolierung des Sinus gegen den Vorhof diente ein Faden (in Abb. 1 mit I bezeichnet), der von links her unter den Aorten durchgeführt und über die Sinusvorhofgrenze gelegt wurde. Dieser Faden wurde an der Dorsalseite des Her- zens (immer auf der Sinusvorhofgrenze liegend) wieder nach links zurückgeleitet, jedoch nicht (wie bei der ersten Stanniusschen Ligatur) zu einer vollständigen Schlinge geschlossen; sondern es wurden die beiden freien Fadenenden an der linken Lattenseite mit Reißnägeln so befestigt, daß ein ganz leichter Druck auf die Sinusvorhofgrenze ausgeübt wurde. Die Spannung des Fadens kann Abb. 1. Herz der Ringelnatter, von so abgestuft werden, daß sie genügt, den Sinus zechts ersehen: . von den Bewegungen des Vorhofs weitgehend unabhängig zu machen ohne den Blutstrom merklich zu beeinträchtigen. Es kon- trahieren sich nun der Sinus einerseits, andererseits der Vorhof gegen den Faden als Punetum fixum hin. Eine vollkommene Abisolierung gelingt jedoch nur unter besonders günstigen Umständen!); der meist noch bestehende Rest an passiver Mitbewegung des Sinus mit dem Vorhof ist aber aus dem Grunde weniger störend, weil die Über- leitungszeit vom Sinus zum Vorhof von solcher Dauer ist, daß die Störung sich erst im abfallenden Teil des Sinusdiagramms geltend macht), während es sich ja bei den vorliegenden Versuchen um Erfassung des Kurvenbeginnes handelt. ‘Bevor zu der beabsichtigten gleichzeitigen Suspension des Sinus und einer möglichst weit von demselben abliegenden Stelle der Vena cava inf. geschritten wer- den konnte, war es notwendig zwischen Sinus und dem angrenzenden Teil der unteren Hohlvene einerseits, andererseits zwischen diesem und dem distalen Teil der Vene je ein Punctum fixum zu schaffen, um die Eigenbewegungen der be- treffenden Stellen, welche registriert werden sollten, von evtl. seitens der angren- zenden Stellen bewirkten passiven Mitbewegungen zu trennen. (Solche wurden auch 1) Siehe Abb. 4 bzw. Kurve B, 2) Siehe Abb. 3 und 6 bzw. Kurve A und D. 56 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie gelegentlich beim Fehlen der Puncta fixa beobachtet.) Zu diesem Zwecke wurde ein Faden über die Sinusvenengrenze gebrückt (Abb. 1, Faden II); ein weiterer solcher Faden (III) wurde über die untere Hohlvene in einer Ent- fernung von einigen Millimetern kardialwärts von ihrer Eintrittstelle ins Peri- kard gebrückt, so daß zwischen dieser Stelle und dem Faden (Abk. 1, Faden III) ein deutlich pulsierender Anteil von der übrigen Vene abgegrenzt wurde. (A. Tschermak hatte in seinen Vorbeobachtungen zu ähnlichem Zwecke kleine Klemmen an Bleistreifen verwendet, welche die seitliche Venenwand ganz leicht faßten.) Den beiden Fäden wurde, indem sie beiderseits mit Reißnägeln an der Latte befestigt wurden, eine ganz geringe Spannung gegeben, welche die Strömung in der Vene nicht behinderte und doch die beiden registrierten Stellen gut voneinander isolierte. (Hatte z. B. eine der Vene aufgelegte Wattefaser neben der transversalen eine longitudinale Komponente in ihrer Bewegung gezeigt, so verschwand diese nach Anbringung der Fäden sofort; oft genügte deren Gewicht ohne Spannung der- selben.) ; Nunmehr wurde am Sinus (Abb. I bei ++) und am distalen Stück der unteren Hohlvene (Abb. 1 bei +) je eine Suspension angebracht. Zur Sus- pension wurden die von W. Wiechowski in dieser Verwendung angegebenen Klettenhäkchen (Involucrumblätter von Lappa vulgaris) mit großem Vorteil benützt, welche mittels ange- klebter Kokonfäden ihre Be- wegung auf die Schreibhebel übertrugen. Die zweiarmigen Hebel: | (Abb. 2), mit denen geschrieben wurde, waren in folgender Weise hergestellt: Ein Stroh- halm mittlerer Stärke wurde, mit Ausnahme einer gegen das eine Ende zu gelegenen Stelle, soweit gespalten, daß beider- seits der erwähnten Stelle ein nur etwa 2mm breiter Spahn stehen blieb. An der Stelle, wo der Strohhalm in voller Zir- kumferenz erhalten geblieben war, wurde ein beiderseits zuge- schliffenes Stück einer Näh- ; nadel als Achse angebracht und mittels Magnusschem Kitt befestist. Am kurzen Hebelarm diente eine Kerbe zur Aufnahme des Suspensionsfadens, am langen wurde als Schreiber ein schmaler Streifen aus Zigarettenpapier (wobei dieses in seiner ganzen Länge benützt wurde) befestigt, welches ein Schreiben mit sehr geringer Reibung ermöglichte. Das Gewicht solcher Hebel betrug samt der Achse 0,17—0,18 g. Als Lager diente ein oben von einer Klemme festgehaltener Rhombus aus federndem Papier, in welchen der Achsenstift eingeklemmt wurde (s. Abb. 2). Der Lagerdruck konnte durch Verschieben der den Rhombus haltenden Klemme variiert und so die Reibung auf das zum Festhalten der Achse eben nötige Maß reduziert werden. Die Abmessungen der Hebelarme betrugen 140:12 mm, so daß mit einer nicht ganz 12fachen Vergrößerung geschrieben wurde. Abb. 2. Form der verwendeten Schreibhebel. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 57 Um die Fußpunkte der Kurven schärfer hervortreten zu lassen, wurden beide Hebel unter ca. 45° schräg nach abwärts gerichtet. Da die Herstellung der Ordinatenkoinzidenz der beiden Schreibspitzen schwer: gelang, wurde auf eine solche verzichtet und nach den bei ruhender Trommel an- gebrachten Koinzidenzmarken bei der Ausmessung der Kurven eine entsprechende Korrektur angebracht, wie aus den Tafelabbildungen und aus deren Beschreibung zu ersehen ist. Es kam vor, daß die Schreibspitzen während des Versuches — offenbar durch ihre Hygroskopie — ihre Krümmung änderten; darum wurden die am Anfang und am Ende jedes Trommelumlaufes angebrachten Koinzidenzmarken miteinander- verglichen und nur solche Aufnahmen zur Messung verwendet, bei welchen dieselben ihre gegenseitige Lage nicht geändert hatten. Zur Aufnahme diente ein Ludwig - Baltzarsches Kymographion; die Zeit- markierung besorgte ein auf !/, Sekunden gestellter Chronograph von Jaquet; ‘die Geschwindigkeit betrug rund 37 mm pro Sekunde. Während seiner ganzen Verwendung wurde das Präparat mit Bine cher Lösung feucht gehalten. | III. Versuchsergebnisse. Die Ausmessung der mit der oben beschriebenen Methode gewonnenen Kurven ergab ein wechselndes Verhalten und zwar sowohl in bezug auf den Sinn der Sukzession der beiden registrierten Stellen (Sinus venosus und distaler Anteil der intraperikardialen Strecke der Vena cava in- ferior), als auch betreffs der zeitlichen Verhältnisse. Dieses wechselnde Verhalten sei an der Hand eines im Detail wieder- gegebenen Versuchsprotokolles und einiger typischer Kurvenausschnitte- aufgezeigt. Der Versuch wurde (wie die anderen) so angestellt, daß innerhalb eines Zeitraumes von mehreren Stunden eine Anzahl je fünf bis sechs Perioden (entsprechend einem Trommelumlauf) umfassende Aufnahmen gemacht wurden. Die erste Aufnahme erfolgte sobald als möglich nach dem Präparationsbeginn. In den größeren Zwischen- pausen wurden, um Schädigungen der Gefäßwand durch zu lange Dauer des zwar geringen Druckes zu vermeiden, welchen die der Schaffung der Puncta fixa dienenden Fäden ausübten, diese entspannt und die Suspensionshäkchen ausgehängt. (Deshalb bei einigen Aufnahmen die Differenzen in der Entfernung der suspendierten Stellen, weil beim Wiedereinhängen, speziell am Sinus, nicht immer wieder genau dieselbe Stelle getroffen wurde!) Versuchsprotokoll: Versuch vom 17. VI. 1919 (Nr. 17). Mittelgroße Ringelnatter. Präparation wie in der Beschreibung der Methodik angegeben. Suspension des Sinus venosus und des distalen Anteiles der intraperi- kardialen Strecke der Vena cava inferior. Zimmertemperatur -+ 20°. Rückenmark zerstört 4h 16’; Tracheotomie, Be- ginn der O,-Durchlüftung 44 26’; Eröffnung des Perikards 4" 32’; Beginn der . Registrierung 4h 58°, 58 E. Kupelwieser: Aufnahme um 4558’ Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,5 Sek. Entfernung der suspendierten - Stellen: 11,5 mm. Kontraktionsfolge: Sinus vor Venacava inferior. Tabelle I. | Intervall Entspräche einer Nr. Sis—Ve; Erregungsleitung in Sek. von mm/Sek. 1 0,05 230 2 0,05 230 3 0,05 230 4 <.0,004 > 2875 5 0,004 2875 6 0,05 230 Aufnahme um 5% 15’. Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,4 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 11,5 mm. Kontraktionsfolge : Sinus vor Vena cavainferior. Tabelle II. Intervall Entspräche einer Nr. Sis—Ve; Erregungsleitung in Sek. von mm/Sek. 1 0,04 287 2 0,04 287 3 0,03 383 4 0,04 287 5 0,04 287 6 0,045 | 255 Aufnahme um 6830’. Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,5 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 15 mm. Kontraktionsfolge: Sinus vor Vena cava inferior. Beitrag zur Physiologie Aufnahme um 4459’. Durch- schnittl. Dauer einer Periode: 1,5 Sek. Entfernung der suspendierten Stel- len unverändert. Kontraktionsfolge: Sinus vor Vena.cava inferior. Tabelle I. Intervall Entspräche einer Nr. Sis—Ve; Erregungsleitung ‚ in Sek. von mm/Sek. ı 1 004 287 2 0,02 575 3 0,01 1150 4 0,015 767 5 0,02 575 6?) 0,02 575 7 0,01 | 1150 Aufnahme um 5543’. Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,4 Sek. Entfernung der suspendierten . Stellen: 13,6 mm. Kontraktionsfolge: SinusnachVenacavainferior. Tabelle IV. Entspräche einer | Intervall Nr. Ves— Si; Erregungsleitung in Sek. von mm/Sek. 1 Abhebungspunkte unscharf, : doch Si nicht vor Ve. d; 0,01 1360 3 0,015 906 4 0,01 1360 5 0,01 1360 6°) 0,02 680 7 0,02 680 Aufnahme um 6#40’ Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,5 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 15 mm. Kontraktionsfolge: Sinus vor Vena cavainferior. Tabelle V. Tabelle VI. Intervall Entspräche einer ‚Intervall Entspräche einer NT. . Sis— Ve; Erregungsleitung Nr. Sis—Ve; Erregungsleitung in Sek. von mm/Sek. ' in Sek. von mm/Sek. 1 0,006 2500 13) = ir 2 0,01 1500 2 0,007 2143 3 0 <20:01 > 1500 35) = Er 4 0,007 2143 4 0,02 750 5 0,02 750 5 0,01 1500 6 0,009 1666 6°) = — 1) Siehe Abb. 3, Kurve A. ®) Abhebungspunkte unscharf. 2) Siehe Abb. 4, Kurve B. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 59 Aufnahme um 6#51’. Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,7 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 15 mm. Kontraktionsfolge: ‘Sinus vor Vena cavainferior. Aufnahme um 7%25’ Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,7 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 15 mm. Kontraktionsfolge: Sinus vor Vena cavainferior. Tabelle VL. Tabelle VIIL Intervall Entspräche einer Intervall Entspräche einer Nr. Sis—Ve; Erregungsleitung Nr. Sis—Ves Erregungsleitung in Sek. von mm/Sek. in Sek. von mm/Sek. 1 0,025 600 | Annanmge 2 2 0,01 1500 | punkte unscharf 3 0,02 750 2 | 0,02 750 4!) 0,007 2143 2322. 22.0.0159 1000 5 0,006 2500 A 20015 1000 5) 0,004 3750 6) 0,02 750 Allgemeine Vorbemerkugen: Die Originalkurven erwiesen sich leider als zu fein für direkte Reproduk- tion; es mußte daher zu relativ großen Umzeichnungen gegriffen werden. In allen wiedergegebenen Kurven werden bezeichnet mit S der registrierte Abhebungspunkt der Sinuskurve, mit der nachträglich eingefügten Marke C' der um den Betrag des Koinzi- .denzfehlers verschobene Ab- hebungspunkt der Sinus- kurve und mit V der re- gistrierte Abhebungspunkt_ der Venenkurve, bzw. die Projektion dieser Punkte auf die Zeitmarkierung. Die Kurven sind von links nach rechts zu lesen. Kurve A: ad Versuch vom 17. VI. 1919 (Nr. 17), Tabelle II, Nr. 6. Aufnahme um4h59’. ObenSinus,unten . Abb. 3. Kurve A. Vena cava inferior; Zeit in 0,2 Sek. Isolierung des Sinus gegen den Vorhof unvollkommen, kenntlich an dem protrahierten Abfall der Sinuskurve. Vene praktisch vollkommen isoliert. — Koin- zidenz bei Rückverschiebung der Sinuskurve um den Betrag SC. Beginn der Sinus- systole um den Betrag CV vor der Venensystole ({)). Messung und Berechnung: 0,2 Sek. = 7,35mm, CV = 0,75 mm, ergibt eine Dauer des Intervalls S’— Ve von 0,02 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 11,5 mm. Daher Wert c — es scheinbare Leitungsgeschwindigkeit 575 mm pro Sek. j Kurve B:ad Versuch vom 17. VI. 1919 (Nr. 17), Tabelle IV, Nr. 6. Aufnahme um 5h 43°. Oben Sinus, unten Vena cava inferior; Zeit in 0,2 Sek. Die Isolierung des Sinus gegen den Vorhof ist eine praktisch vollkommene. Im abfallenden Teil der t) Siehe Abb.5, Kurve C. ?) Siehe Abb. 6, Kurve D. 3) Siehe Abb.7, Kurve E. 60 E. Kupeiwieser: Beitrag zur Physiologie Venenkurve bemerkt man unweit vor dem Erreichen der Nullinie eine Unregel- mäßigkeit, die offenbar von einer Erschütterung durch die (zwar durch die Präpa- ration von der Vene getrennte, aber) in nächster Nachbarschaft schlagende Kammer herrührt. Koinzidenz bei Rückverschiebung der Sinuskurve um den Betrag SC. Be- ginn der Venensystole um den Betrag VC vor der Sinussystole (Umkehrung der Schlagfolge ge- genüber Kurve A!). Messung und Berechnung:...0,2 Sek. 7,7 mm, VC 0,75 mm, ergibt eine Dauer: des Intervalls Ve— Si von 0,02 Sek. Entfernung der sus- pendierten Stellen: 13,6 mm. Daher Wert c = — scheinbare: Leitungsgeschwindigkeit 680 mm Abb. 4. Kurve B. pro Sek. ı KurveC: ad Versuch vom 17. VI. 1919 (Nr. 17), Tabelle VII, Nr. 4. Aufnahme um 6b 51”. Oben Sinus, unten Vena cava inferior;| Zeit in 0,2 Sek. Isolierung sehr weitgehend. Koinzidenz. bei Rückverschie- bung der Sinuskurve- um den Betrag SC. Beginn der Sinus- systole um den Be- trag OV vor der Venensystole (neuer- liche Umkehrung der Schlagfolge gegen- über Kurve B, analog Kurve A!). Messung und Berechnung: 0,2 Sek. — 7,52 mm, Abb. 5. Kurve C. CV =0,25 mm, er- gibt eine Dauer des Intervalls Sö— Ve von 0,007 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 15 mm. Daher Wert ce = = ‚„ scheinbare Leitungsgeschwindiskeit 2143 mm pro Sek. Abb. 6. Kurye D. Kurve D: ad Versuch vom 17. VI. 1919 (Nr. 17), Tabelle VIII, Nr. 5. Aufnahme um 7 25°. Oben Sinus, unten Vena cava inferior; Zeit in 0,2 Sek. Isolierung des Sinus gegen den Vorhof unvollkommen. Koinzidenz bei Vorverschiebung der Sinus- des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 61 kurve um den Betrag SC. Beginn der Sinussystole um den Betrag CV vor der Venensystole. Messung und Berechnung: 0,2 Sek. —7,3 mm, C(V=0,15 mm, ‚ergibt eine Dauer des Intervalls S:— Ve von 0,004 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen 15 mm. Daher Wert c = z, scheinbare Leitungsgeschwindigkeit 3750 mm ro Sek. 3 Kurve E: ad Versuch vom 17. VI. 1919 (Nr. 17), Tabelle VIII, Nr. 6. Auf- nahme um 74325”. Oben Sinus, unten Vena cava inferior; Zeit in 0,2 Sek. Isolierung des Sinus ‚gegen den Vorhof unvoll- kommen. Koinzidenz bei Vorverschiebung der Si- 1 R..c.%. nauskurve um den DBe- trag SC. Beginn der Sinussystole um den ’ Betrag CV vor der Ve- 0,37 nensystole. Messung und Berechnung: 0,2 Sek. — 72 sam, CV =0,7 mm, ergibt eine Dauer des Intervalls S;— Ve von 0,02 Sek. Entfernung der suspendierten Abb. 7. Kurve E. Stellen 15 mm. Daher Wert c = n ‚ scheinbare Leitungsgeschwindigkeit 750 mm pro Sek. Aus dem angeführten Beispiele wird ersichtlich, daß bei spontan schlagenden, in situ belassenen Schlangenherzen die Schlagfolge von Vena cava inferior und Sinus venosus wechseln kann. Während einer Beobachtungsdauer von nicht ganz zweieinhalb Stunden sehen wir im Anfange des Versuches die Systole des Sinus venosus vor der des suspendierten Abschnittes der Vena cava inferior beginnen (Tabelle I bis III und Abb.3, Kurve A), dann kommt es zur Umkehr der Schlag- folge (Tabelle IV und Abb. 4, Kurve B), welche später durch neuerlichen Wechsel zum Anfangstypus zurückkehrt (Tabelle V-VIII und Abb 5—7, Kurve C—E). Damit in Übereinstimmung stehen auch die Resultate der übrigen angestellten Versuche, welche zum Teil ebenfalls einen Wechsel der Schlagfolge zeigten, teils den einen oder den anderen Typus erkennen ließen. Daß im Durchschnitt eine größere Anzahl von Fällen zur Beobachtung kam, in denen der Sinus vorausging, scheint mir nicht ohne weiteres zu einem Schluß auf das häufigere Vorkommen ‚dieser Schlagfolge zu berechtigen, da es von der Versuchsdauer und dem zufälligen zeitlichen Zusammentreffen der Aufnahmen mit der ‚einen oder anderen eben herrschenden Schlagfolge abhängen kann, welche von beiden häufiger angetroffen wurde. Damit hängt es ‚offenbar auch zusammen, daß bei einigen Versuchen kein Wechsel in der Schlagfolge beobachtet wurde, sei es, daß ein solcher wäh- rend der ganzen Versuchsdauer nicht stattgefunden hat oder daß sich ‚ein zweimaliger Wechsel in den Pausen zwischen je zwei Aufnahmen ‚abspielte. 62 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie Aus den vorliegenden Resultaten geht also hervor, daß innerhalb des in situ belassenen, blutdurchströmten Vor- herzens der Ringelnatter keine wahre Isochronie der ein- zelnen Anteile des venösen Vorherzens, vielmehr nachweis- bare Anisochronie herrscht, und daß die Schlagfolge oder Metachronie der registrierten Teile desselben wechseln kann, was die Annahme eines unveränderlich lokalisierten Drnssunesherimmes ausschließt. Somit sind die gegen die Engelmannschen eobadkkumasn bzw. gegen deren Anwendbarkeit auf das intakte Herz vorgebrachten Be- denken hinfällis. Denn diese gründeten sich auf den Umstand, daß ‚jene an Herzen mit herabgesetzter Leitungsgeschwindigkeit, also an geschädigten Objekten, gemacht worden waren, und da bei unseren Versuchen, bei welchen keine merkliche Schädigung vorhanden war, der von Engelmann postulierte Wechsel in der Schlagfolge sich einstellte, wird die von diesem Autor begründete Anschauung in dem Sinne bestätigt, daß sich innerhalb des venösen Vorherzens der Ringelnatter und wohl auch des Frosches keine Stelle findet, welche als stabiler, nomotoper Ort des Erregungsbeginnes anzu- sprechen wäre. Das oben Gesagte gilt — wie nachdrücklich hervorgehoben sei — nur für die am venösen Vorherzen der Schlange und wohl auch des Frosches herrschenden Verhältnisse, während für Säugetier sowie Mensch eine reguläre Führung durch den Keith- Flackschen Knoten bzw. das Wenkebachsche Winkelstück nicht zu bezweifeln ist!). !) Siehe speziell den Nachweis mit der Methode lokaler Kühlung seitens H. Adam, Experimentelle Untersuchungen über den Ausgangspunkt der auto- matischen Herzreize beim Warmblüter. Ach. f. d. ges. Physiol. 111, 607. 1906; K. Brandenburg und P. Hoffmann, Über die Folgen der Abkühlung des Sinusknotens und des Vorhofsknotens am isolierten Warmblüterherzen. Zentralbl. f. Physiol. 25, 916. 1911;G. Ganter und A. Zahn, Experimentelle Untersuchungen am Säugerherzen über Reizbildung und Reizleitung in ihrer Beziehung zum spezi- fischen Muskelgewebe. Arch. f. d. ges. Physiol. 145, 335, vgl. auch ebenda 151, 247. 1912; 154, 492. 1913 und Dtsch. Arch. f. klin. Med. 129, 137. 1919 — im Anschlusse an Wybauw und Lewis für eine normale Führung durch den Sinusknoten gegen- über M. Flack. Diese Autoren grenzten das, Gebiet zwischen Sulcus terminalis des Herzohrcavawinkels und Mitte zwischen den Einmündungsstellen der beiden oberen Hohlvenen als Stelle der ‚„‚ Ausgangsreize‘“ ab. — Vgl. ferner L. Fredericg, Sur les pulsations de la veine cave sup£rieure et les oreillettes du caur chez le chien. Bull. acad. de Belgique 1901, p. 126; K. F. Wenkebach, Über die Dauer der kompensatorischen Pause nach Reizung der Vorkammer des Säugetierherzens. Arch. f. (Anat. u.) Physiol. 1903, S.57; vgl. auch 1906, S.297; H. E. Hering, Ver- handlungen der D. pathol. Ges. 1910, S. 39 und Die Reizbildungsstellen der supraventrikulären Abschnitte des Säugetierherzens und des menschlichen Her- zens. Arch. f. d. ges. Physiol. 148, 169. 1912; S. Garten, Über die Verwendung der Differentialelektroden am Säugetierherzen. Skand. Arch. f. Physiol. 29, 114. 1913; W. Sulze, Ein Beitrag zur Kenntnis des Erregungsablaufes im Säugetier- des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 63 Bereits für die Schildkröte wird von Meek (mit Eyster und Schlomo- vitz) ein bestimmter Teil des venösen Vorherzens, und zwar eine Stelle des Sinus-Vorhofringes als regulärer Schrittmacher betrachtet, obzwar auch hier wie beim Säugerherzen (H.E. Hering!), Ganter und Zahn, Meek und Eyster) eventuell mit einer gewissen Wanderung der reiz- erzeugenden Stellen zu rechnen sein dürfte; hingegen gibt Garre y?) für die Schildkröte ein Vorangehen der rechten Hohlvenen vor dem Sinus, ein Nachfolgen der linken Cava superior an, welche isoliert deutlich langsamer pulsiert. Vor der Behandlung des zweiten Punktes unserer Fragestellung (nach den zeitlichen Verhältnissen bei. der Sukzession von Sinus und unterer Hohlvene) möchte ich ausdrücklich betonen, daß meine dies- bezüglichen Daten keinen Anspruch auf ziffernmäßige Gültigkeit machen können, sondern lediglich einen Schluß auf die Größenordnung der gefundenen Werte gestatten. Denn erstens kann — zumal bei der technisch beschränkten Trommelgeschwindigkeit — die manchmal erhebliehe Unschärfe der Abhebungspunkte zur Fehlerquelle werden, zweitens noch mehr der Umstand, daß ja nicht nur die unmittelbar ‚suspendierte Stelle, sondern auch die ihr näher benachbarten auf den Hebel bewegend einwirken. Aus diesem Grunde muß die der Be- rechnung der Leitungsgeschwindigkeit zugrunde geleste Entfernung der suspendierten Stellen nicht mit dem Abstand jener Stellen vollkommen zusammenfallen, welche den Hebeln die erste Bewegung erteilen. Doch wenn man auch — unter Berücksichtigung dieser Einschrän- kungen — lediglich die Größenordnung der aus dem Intervall zwischen Beginn der Sinus- und Venensystole und dem Abstande der suspendierten Stellen errechneten scheinbaren Leitungsgeschwindigkeiten betrachtet, muß einerseits der sehr erhebliche Wechsel, andererseits die Höhe mancher Werte auffallen. (Hierzu siehe Tabelle I Nr. 4 und 5, TI Nr. 3 und 7, IV Nr. 2, 4 und 5, V Nr. 1-4 und 6, VI Nr. 2 und 5, VII Nr. 2,4 und 5, VIII Nr. 3—5, von denen Nr. 4 der Tabelle VII herzen. Zeitschr. f. Biol. 60, 495. 1913; endlich J. A. E.Eysterund W.T. Meek, Heart 5, 119, 134, 227. 1914 und Amer. journ. of physiol. 34, 368. 1914. — Be- treffs Vogelherz vgl. E. Mangold und T. Kato, Über den Erregungsursprung im Vogelherzen. Arch. f.d. ges. Physiol. 15%, 1. 1914; vgl. auch 160, 91. 1914 und 175, 327. 1919 sowie M. Flack, Arch. internat. de physiol. 11, 120. 1911 und ‘ P. Firket, Ibidem 12, 22. 1912. ı)H. E. Hering, Arch. f. d. ges. Physiol 82, 24. 1900 u. Zentralbl. £. Physiol. 19, 129. 1905. 2) W. J. Meek, Proc. soc. exp. biol. 11, 100. 1914; Amer. journ. of physiol. 37, 177. 1915 (mit J. A. E. Eyster und B. H. Schlomovitz); 39, 291. 1916 (mit I. A. E. Eyster); B. H. Schlomovitz und C. S. Chase, Ibid. 41, 112. 1918; W.E.Garrey, Rhythmieity in the turtles heart and comparison of action of the two vagus nerves. Amer. journ. of physiol. 28, 336. 1911. 64 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie und Nr. 5 der Tabelle VIILin der Abb. 5 und 6 bzw, Kurve © und Dals Beispiele besonders hoher Werte bzw. kurzer Intervalle abgebildet sind.) Wenn auch länger dauernde Zeiten von ziemlicher Konstanz von ‚Sinn und Größe des Sinus-Hohlvenenintervalls vorkommen, so ist doch ‚ein Umschlag des Sinnes oder ein Wechsel von hohen mit relativ niederen Werten häufig und regellos. Diese sprunghafte Zu- und Abnahme, welche wir einer angenommenen 'Leitungsgeschwindigkeit zumessen müßten, kann nicht mit dem von Engelmann nachgewiesenen negativ dromotropen Einflusse der Systole auf die Leitungsgeschwindigkeit der Erregung im venösen Vorherzen erklärt werden, da es sich bei der von Engelmann erwiesenen Erscheinung um eine konstante Folge ‚der Systole handelt, bei welcher eine gesetzmäßige Beziehung mit der seit der letzten Systole verflossenen Zeit besteht. Dabei ist die dromo- trope Hemmungswirkung unmittelbar nach der Systole maximal, um von da an abzunehmen, so daß die geringen Schwankungen, welchen ‚die Dauer der spontanen Perioden während der nur 5—7 Perioden umfassenden Zeit,einer Aufnahme unterworfen war, nicht zur Erklärung .der dabei auftretenden sprunghaften Änderungen der „‚‚Leitungs- zeiten‘ von einer in die andere Größenordnung herangezogen werden können, zumal ‚„Leitungsgeschwindigkeit‘‘ und Dauer der Periode sich ‚ebensooft in gleichem, wie in entgegengesetztem Sinne änderten. Diese aus den Tabellen I—-VIII!) ersichtlichen regellosen, sprunghaften Schwankungen des Sinus-Hohlvenenintervalls zeigten sich bei allen Versuchen (mit einer einzigen, gleich anzuführenden Ausnahme) — gleichgültig, ob ein Vorangehen des Sinus oder der Vene oder ein Wechsel in der Schlagfolge zur Beobachtung gelangte. Ein einziger Versuch (V. 14a) zeigte — abweichend von allen anderen — weitgehende Konstanz des Sinus-Hohlvenenintervalls unter ständigem Vorausgehen des Sinus, obzwar die Beobachtungsdauer etwa 1!/, Stunden betrug. Die in den fünf dabei gemachten Reihenaufnahmen auf- tretenden Schwankungen sind — im Gegensatze zu den bei allen übrigen Versuchen gefundenen sprunghaften Änderungen — so gering, daß sie sogar einfach auf Mängel der Methodik bezogen werden könnten. Ein Auszug aus dem Versuchsprotokolle mag das eben Ge- sagte ergänzen. Versuch vom 11. VI. 1919 (Nr. 14 a). Mittelgroße Ringelnatter; Zimmertemperatur + 21,5°; Rückenmark zerstört 3215’; Tracheotomie, Beginn der O,-Durchlüftung 3h'24’; Eröffnung des Perikards ah 357. Bis gegen 4h 30’ Suspensionsversuche an der unteren Hohlvene allein zum Aus- probieren verschiedener Isolierungsarten. Dann unter Anwendung der eingangs beschriebenen Methodik Suspension des Sinus venosus und des distalen Anteiles der intraperikardialen Strecke der Vena cava inferior: 1) Vgl. auch die beiden aufeinanderfolgenden Kurven D und E. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 65 1. Aufnahme um 4150’. Durch- schnittliche Dauer einer Periode: 1,06 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen: 11,3 mm. Kontraktionsfolge: Sinus vor Vena cava inferior. 5. Aufnahme um 65h 26’. Durch- schnittliche Dauer einer Periode 1,06 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen 11,3 mm. Kontraktionsfolge: Sinus vor Vena cava inferior. Tabelle IX. Tabelle X. Intervall Entspräche einer Intervall | Entspräche einer Nr. Sis—Ves; Erregungsleitung NT. N Sis—V; | Erregungsleitung | in Sek. | von mm/Sek. in Sek. von mm/Sek, 1 u: | 188 | 161 2 005. 151 ae Br 3 0,075 | 151 31 0,065 | 174 “| 0065 | 174 4 OT 161 5 |: 0,075 151 Dr 00 188 Mittel 163 6 0,08 | 141 73 0,08 | 141 82)| 0,07 161 Mittel 161 Die dazwischen liegenden Aufnahmen um 5% 15, 5143, 5b 54 und 6% 26 ergeben durchaus gleiche Resultate, so daß zur Illustration der relativen Konstanz der für die Leitungsgeschwindigkeit errechneten Werte nur die erste und die letzte Auf- nahme detailliert wiedergegeben wurde. Kurve F und F’: ad Versuch vom 11. VI. 1919 (Nr. 14a), Tabelle X, Nr. 7 und 8. Aufnahme um 6h 26°. Oben Sinus, unten Vena cava inferior; Zeit in 0,2 Sek. Abb. S. Kurve. F und F'. Isolierung des Sinus gegen den Vorhof unvollkommen. Koinzidenz bei Vorverschie- bung der Sinuskurve um den Betrag CS. Beginn der Sinussystole um den Be- tragCV (beiFund F’nicht gleich) vorder Venensystole. Messungund Berechnung: 0,2 Sek. — 7,25 mm, für F: CV —= 3,00 mm ergibt eine Dauer des Intervalls ${! — Ve von 0,08 Sek.; für F’: CV = 2,6 mm ergibt eine Dauer des Intervalls $:— Ve von I 0,07 Sek. Entfernung der suspendierten Stellen 11,3 mm. Daher Wert c = = dies- falls anscheinend echte Leitungsgeschwindigkeit für F 141mm pro Sek.: für F’ 161 mm pro Sek. t) Abhebungspunkt unscharf. 2) Siehe Abb. 8 bzw. Kurve F und F’. Pflügers Archiv £f. d. zes. Physiol. Bd. 182. ‚ 5 66 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie Es bleibt die Frage zu behandeln, ob die Größenordnung der gefundenen Werte des Sinus- Venenintervalls eine solche ist, daß sie — bei Berechnung auf den Abstand der suspendierten Stellen — auf Leitung innerhalb des venösen Vorherzens bezogen werden können. Die Geschwindigkeit der Erregungs- ausbreitung ist zwar an einem nur auf zugeführte natürliche oder künstliche Reize tätigen Gebilde ohne weiteres zu bestimmen, wenn nur der Reiz möglichst punktuell einwirkt (beispielsweise wenn bei künst- licher, und zwar elektrischer Reizung die Stromfäden der reizenden Kathode an beschränkter Stelle relativ hohe Dichte besitzen) und wenn die Länge des funktionell benutzten Verbindungsweges zwischen den beiden verglichenen Punkten feststellbar ist!). Nicht so aber an einem in selbständiger Rhythmik begriffenen Organe, wie es normalerweise das venöse Vorherz ist. Nur in den Tätigkeitspausen wäre — die Mög- lichkeit punktueller Reizung vorausgesetzt — eine reinliche Bestimmung möglich; allerdings dürften die in dieser Zustandslage ermittelten Werte infolge postsystolischer Depression?) (Gaskell 1883, Engelmann 1894, 1897, 1903, Bethe 1903) andere sein als während der spontanen Tätigkeit. Zweifellos in noch höherem Maße abweichend sind die Werte, welche bei Stillstehen der spontanen Pulsation infolge von Vagusreizung oder von Absterben ermittelt werden. Für die während der normalen Rhythmik des venösen Vorherzens in Betracht kommende Leitungs- geschwindigkeit lassen sich demgemäß — von wahrscheinlich ano- malen Ausnahmsfällen abgesehen (vgl. oben) — wohl nur Schätzungs- werte aufstellen. 1) Beim geradegestreckten, parallelfaserigen Skelettmuskel entspricht der funktionell benützte Verbindungsweg einfach dem geometrischen Abstand beider auf Kontraktion oder Erregungsstrom geprüften Stellen. Beim Nerven mit wellig verlaufenden Fasern ist der funktionell benutzte Verbindungsweg etwas länger als der Abstand. Bei glatten Muskeln mit ganz kurzen individualisierten Elementen und verbindendem Nervenplexus ist ein Verhältnis von funktionell benutztem Ver- bindungsweg und geometrischem Abstand der verglichenen Stellen nicht angebbar; die errechnete Leitungsgeschwindigkeit hat hier nur die Bedeutung eines grob empirischen, nicht analysierbaren Bruttowertes. Aber auch beim Herzen mit der komplizierten Bündelung seiner Muskulatur (von der heute zwar sehr unwahrschein- lich gewordenen Eventualität einer nervösen Erregungsleitung im Herzen ganz abgesehen!) ist die Identifizierung von funktionell benütztem Verbindungsweg und geometrischem Abstand einigermaßen problematisch. Die künstliche Her- stellung eines Zickzackstreifens aus der Kammer (A. Fick 1874, Engelmann 1875) oder dem Vorhofe (Gaskell 1883) schafft zwar schematisch einfachere Verhält- nisse, verändert jedoch zweifellos den Wert der Leitungsgeschwindigkeit gegenüber der Norm; so fand Engelmann (Arch. f. d. ges. Physiol. 11, 465, speziell 480. 1875) am Kammerstreifen des Froschherzens Werte von 10—30 mm pro Sekunde. 2) Siehe F. B. Hofmann, Allgemeine Physiologie des Herzens. Handb. der Physiol., herausgegeb. von W. A. Nagel, Bd. I (1), S. 251, 252, 259. Braunschweig 1905. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 67 Die Leitungsgeschwindigkeit — sei sie bei Ausbreitung der natür- lichen Erregung oder bei künstlicher Reizung myographisch oder elektro- graphisch bestimmt — erweist sich für die einzelnen Herzmuskel- anteile, speziell für die in abhängiger Pulsation begriffenen Herzab- schnitte, als sichtlich verschieden. Mit den eben angedeuteten Vor- behalten seien folgende Werte verzeichnet (vgl. Tabelle XI). Tabelle XI). Leitungs- geschwindigkeit pro Sek. _ A. im Vorhof | 200—100 mm (durchblutet) 120 mm :640—1260 mm (Herz- 177—38mm (ausgeschnitten) (bei 12° C ohr) am Hund (Th. Frosch Schildkröte Warmblüter 17,7—6,4 mm (insultiert) — Gotch) Lewis] [Engelmann?)] ’ B. im atxio-| 12—1,5 mm (bei 0,25—2,0” 500—1000 mm geschätzt ventrikularen | 4,—V,und 3mm System- (bei 0,13 bis 0,24” Verbindungs-|| länge) A,—V, und etwa system 40—29 mm (und zwar 40 bis 50 mm Systemlänge b. 35 mm ausgeschnitten, Menschen ; Schätzung 13—16° C,myographisch; von Tschermak) 40—29 mm elektrograph.), auf 50 mm geschätzt für EEE intakten Zustand(Engel- mann) . ©. in der 100 mm (Burdon-San- 90 mm (bei | 3000 mm (Bayliss u. Kammer derson u. Page) MEIRRE Starling) 320 mm (COlement?)[25mm | — Gotch) | 1000—3000 mm am Ka- bei Bdellostoma Dombeyi ninchen (Gotch) — Carlson)]) | 2000—4000 mm | (Schlüter) 300—8000 mm (Reid) 1) Vel. die älteren Zusammenstellungen bei Th. W. Engelmann, Arch. f. d. ges. Physiol. 56, 193. 1894 und Dtsch. Klinik 4, 233. 1903; H. E. Hering, Arch. f. d. ges. Physiol. 86, 568. 1901; A. Bethe, Allgemeine Anatomie und Phy- siologie des Nervensystems. S. 436ff. Leipzig 1903. — Über den Einfluß der Tem- peratur auf die Geschwindigkeit der Erregungsleitung im Froschherzen vgl. C. Amsler und E. P. Pick, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 84, 234. 1918. 2) a.a. ©. In besonderen Versuchen hat der Autor den Nachweis erbracht, daß die Leitungsgeschwindigkeit innerhalb des Vorhofs und der Kammer bei positiv- oder negativ-inotroper Nervenwirkung unverändert bleibt. (Die Unabhängigkeit der inotropen Nervenwirkungen von der Leitungsfähigkeit des Herzens für moto- rische Reize. Arch. f. [Anat. u.] Physiol. 1902, S. 102.) 3) E. Clement, Über eine neue Methode zur Untersuchung der Fort- leitung des Erregungsvorganges im Herzen. Zeitschr. f. Biol. 58, 110, 1912 findet bei Untersuchung mit Differentialelektroden bei natürlicher Tätig- keit fast gleichzeitige Erregung an allen Punkten der Kammeroberfläche (Frosch, Schildkröte; für den Warmblüter vgl. W. Erfmann, Zeitschr. f. Biol. 61, 155, 1913), hingegegen bei künstlicher Reizung obigen Wert (Frosch). * 5 x 68 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie Diesen Werten zufolge steht anscheinend der Vorhof (mit etwa 200 mm optimal, Frosch) der Kammer (mit etwa 100 mm, nach Clement 320 mm optimal, Frosch) an Leitungsvermögen um etwa das zweifache voran. Hingegen steht das AV-System anscheinend bedeutend (mit höchstens ein Viertel der Vorhofsleitungsgeschwindigkeit) hinter beiden zurück!). Will man auf diese Werte eine Schätzung des Leitungs- vermögens im venösen Vorherzen gründen, so könnte man entweder entsprechend dem höheren Automatiegrade noch über den Vorhofs- wert auf etwa 200-1000 mm hinaufgehen oder in Analogie zum AV- System auf etwa 50— 100 mm heruntergehen. Die in dem Ausnahmsfall (Versuch 14a TabelleIX und X, Abb. 8, Kurve F und F’) ermittelten Werte von 141— 188 mm — Mittel um 160 — entsprechen der Größenordnung der Vorhofswerte. Hingegen gehen die rechnerischen Werte von anderen Versuchen wie Nr. 17 mit einem Maximum von 3750 mm über die erstere Möglichkeit noch hinaus, so daß es wohl sehr unwahrscheinlich ist, daß sie einer einfachen einsinnigen Frregungsausbreitung oder Über- leitung von der einen suspendierten Stelle zur anderen entsprechen. Übrigens scheint das Leitungsvermögen mit dem Grade der Befähigung zu automatischer Rhythmik und mit der Schlagfrequenz (bei selbständigem Rhyth- mus) nicht einfach parallel zu gehen — wenigstens rangiert das AV-System an subsidiärer Automatie vor dem Vorhof, für den hinwiederum oben höhere Lei- tungswerte angegeben wurden. Ebenso muß es dahin gestellt bleiben, ob zwischen Leitungsvermögen und Differenzierungshöhe bzw. Fibrillenzahl ein glatter Paral- lelismus besteht. Jedenfalls wäre es unberechtigt, aus der höchstgradigen Auto- matiebefähigung und aus der raschesten Schlagfolge des venösen Vorherzens - schon auf das Bestehen maximaler Leitungsgeschwindigkeit daselbst schließen zu wollen. Aber selbst wenn dies zutreffen sollte, so wäre die Annahme einer bald sehr hohen, bald relativ. niedrigen oder sprunghaft in hohem Grade wechselnden Lei- tungsgeschwindigkeit im venösen Vorherzen sehr fragwürdig zu nennen. Im Hinblick auf diese Konsequenz einerseits, andererseits in Anbetracht der auffallenden Größenordnung, die wir einer „Leitungsgeschwindigkeit“ häufig zumessen müßten, scheint es nicht möglich, die in den meisten Versuchen ge- wonnenen Resultate unter der Voraussetzung, daß die registrierten 87 — Ve Intervalle (bzw. Ve- Si Intervalle) als einfache, einsinnige Überleitungszeiten aufzufassen seien, befriedigend zu erklären. Nur in dem einen Ausnahmsfall mit konstantem Voraus- gehen des Sinus und besonderer Größe wie angenäherter Konstanz des Sinus- hohlvenenintervalls ist die Annahme einer einfachen Überleitung von dem einen Suspensionspunkte zum anderen, also die Vorstellung, daß die führende Stelle des venösen Vorherzens mit der Sinusmitte zusammenfiel oder gar noch jenseits dieser gegen den Vorhof zu gelegen war, recht annehmbar und wahrscheinlich. Für diesen Fall ergibt sich eine Leitunggeschwindigskeit im venösen Vorherzen von etwa 160 mm — also von der Größenordnung der für den durchbluteten Vorhof von Kaltblütern \ ermittelten Werte. Allerdings ist dieser Fall — wenigstens was die 1) Als Tekiimemeh von Sinus auf Vorhof geben C. Billard, A. Mougeot und E. Merle (Como, rend. de la soc. de biol. %%, 65. 1914) für Ringelnatter, Viper und Schildkröte 0,27”, von Vorhof auf Kammer 0,5”, als Sinus Kammer-Systolen- intervall 0,66” an. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 69 Lage der führenden Stelle anbelangt — wohl als abnorm zu betrachten; er wurde nämlich bei einem Versuchstiere beobachtet, dessen Vene vorher zur Erprobung verschiedener Isolierungsmethoden benützt worden war. Daher ist es wahrschein- lich, daß eine Schädigung der Vene erfolgt war, welche erst infolgedessen in eine “ stabile Abhängigkeit vom Sinus geriet, bzw. daß bis auf eine konstant führend- gebliebene Stelle des Sinus das übrige venösg Vorherz in seiner Reizbildung beein- trächtigt war. Für alle anderen ‚„normalen’ Versuche mit wechselnder Folge des Kontraktionsbeginnes und relativ kurzem sowie sprunghaft wechselndem Intervall ist eine Erklärungsmöglichkeit wohl nur in der Anschauung gegeben, daß es sich um Differenzerscheinungen besonderer Art handelt. Solche könnten auf zweierlei Art zustande kommen. 1. Unter Beibehaltung der Engelmannschen Vorstellung, daß die Erregung an einer einzigen, wenn auch wechselnden Stelle des ‚venösen Vorherzens beginnt und von dieser aus die anderen zwar auch im Sinne von spontaner Reizerzeugung befähigten, aber in diesem Augenblicke noch nicht in Tätigkeit getretenen Stellen durch Leitung miterregt werden, könnte man sich vorstellen, daß in jenen Fällen, in denen man bei Annahme einer Erregungsleitung in einer Richtung zu jenen hohen Werten gelangt, der zuerst erreste Punkt zwischen die beiden suspendierten Stellen zu liegen kam. Die Größe des Intervalles (?) zwischen dem Kontraktionsbeginn der beiden suspendierten Stellen wäre unter dieser Annahme, bei gleichbleibender Leitungsgeschwindig- keit (e), lediglich abhängig von der Lage des Ortes des Erregungs- beginnes gegen die beiden suspendierten Stellen (voneinander um / entfernt, von diesem Orte um m bzw. n abstehend) und sowohl die Veränderlichkeit des Intervalles, wie der Wechsel der Schlagfolge wäre mit dem Wandern der durch ihren früheren Frregungsbeginn führend werden- den Stelle zu erklären. Dabei wären die Intervalle, wenn die führende Stelle in die Zwischenstrecke zu liegen kommt, als Differenzen der Leitungszeiten in der einen (m) und in der anderen Teilstrecke (n) zu betrachten. Nur im Grenzfalle, daß die führende Stelle mit einem der beiden suspendierten Punkte zusammentrifft oder außerhalb der Zwischenstrecke fällt, würden die Intervalle einfachen Überleitungs- zeiten entsprechen. In diesem Falle ist die Leitungsgeschwindigkeit l i nach der Formel c = z zu berechnen; im ersteren Falle entspricht das M — N, e £ R Intervall i der Formel —- wobeil =m-+ n,m> nist. Man ersieht 6 [4 ohne weiteres, daß für c’ alle Werte zwischen c (bei n—=0, m =!) und Null (bei m = n) möglich sind, jedoch der im Einzelfalle zutreffende aus dem Intervallwert £ und der Strecke ! ohne Kenntnis der Lage der führenden Stelle, d. h. ohne Kenntnis der Länge der Teilstrecke m 70 E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie (oder n) nicht bestimmbar ist!). Setzt man den abgerundeten Mittelwert 160 mm aus Tabelle IX und X (Versuch 14a vom 11. VI. 1919) auch für c’ in Versuch 17 (vom 17. VI. 1919) bzw. Tabelle I-VIII als gültig an, so ergibt sich folgende Lage der führenden Stelle (Tabelle XIT). Tabelle X. | Ber. Abstand der führenden Stelle Einzel- ee . vom Sinussus- | vom Hohlvenen- beobachtung | t pensionspunkt suspensions- | m 1 punkt n Tab. Nr. Sek. | mm mm/Sek. | mm | mm 1. 1,2% 3,6005, 105 030 Ion 005 5 | 0,004 11,5 2875 5.43 — 6,07 | ö = 3,68 mm 101 1 | 0,04 11,5 287 2.55 et 8,95 2, 5, 6.1 0,02 1. 575 4,15 U 7,35 SR | 0,01 11,5 1150 4,95 < 6,55 4 | 0,015 11,5 167 4,55 < 6,95 ö bis 2,4 mm h IV 2,45 0,01 13,6 1360 7,6 > 6,0 3 0.015.| 13,6 |. 906 SORTE 6, 7 | 0,02 13,6 680 8,4 > 52 | ö bis 0,8 mm V 1. 0,006 15,0 2500 7,02 < 7,98 2. 001 | 15,0 | 1500 6,7 2.88 5| 002 | 150 | 750 Bor eg] | -ö bis 1,12 mm VI 2 | 0,007 15,0 2143 6,94 a 806 a 4 | 0,02 15,0 750 5,9 — 91 5 | 0,01 15,0 1500 6,7 —< 8,3 ö bis 1,04 mm VIH 1 |. 0,025 15,0 600 5,9 Zn) 5) 0,006 | 15,0 | 2500 oe 08 | ö = 1,52 mm VIII 2,6 0,02 15,0 750 5,9 < 9.1 3,4| 0,015 | 15,0 | 1000 Be 5 | 0,004 15,0 3750 18. < 1,82 | | ö bis 1,28 mm Aus der vorstehenden Übersicht ergibt sich, daß schon ein mäßiges Hin- und Herschwanken oder Wandern der führenden Stelle zwischen dem suspendierten Sinuspunkte und dem suspendierten Hohlvenen- punkte genügen würde, um bei gleichbleibender Leitungsgeschwindig- 1) Unter der Voraussetzung, daß c’ eine bei gleicher Zustandslage kon- stante Größe ist, welche dem oben Gesagtem zufolge nur gleich oder kleiner als c sein kann, gibt die kleinste für c gefundene Zahl die obere Grenze der für c” möglichen Werte an. Die kleinsten bei allen normalen Versuchen für c ermittelten Werte liegen nahe an 200; es kann also auch in Unkenntnis der relativen Lage der führenden Stelle zu den Suspensionsstellen ausgesagt werden, daß c’ wohl kleiner, nicht aber erheblich größer als 200 mm/Sek. sein kann. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 71 keit recht verschiedene Differenzwerte an den beiden myographisch verglichenen Stellen hervortreten zu lassen. So könnte eine Wanderung der führenden Stelle in Versuch 17 Tabelle I um etwa 3,68 mm gegen U den Hohlvenenpunkt hin den Wert von = fast auf das l13fache steigern, in Versuch 17 Tabelle IV von 0,78 mm in umgekehrter Richtung auf die Hälfte mindern). Die relativ hohen Werte scheinbarer Leitungs- geschwindigkeit wären auf ein mäßig weiteres Abliegen der führenden Stelle von dem einen suspendierten Punkte gegen die Streckenmitte zu, die relativ niedrigen Werte auf eine Annäherung der führenden Stelle an einen der suspendierten Punkte zu beziehen. Nach dieser Auf- fassungsmöglichkeit würde im venösen Vorherzen der Ringelnatter nur eine führende Stelle in Betracht kommen und zwischen Sinusmitte und Cava inferior- Winkel, un- weit der Sinus-Hohlvenengrenze, um ein bis mehrere Millimeter schwankend zu liegen kommen. Von dieser von Zeit zu Zeit, ja eventuell von Herzperiode zu Herzperiode wechselnden Stelle aus würde die Ausbreitung der Erregung einerseits rechtläufig nach der Sinusmitte hin, andererseits rückläufig entlang der intra- perikardialen Hohlvenenstrecke erfolgen, so daß bald die Sinusmitte, bald der Cava inferior--Winkel mehr oder weniger früher von der Er- regungswelle erreicht würde. 2. Doch darf eine zweite, allerdings kompliziertere Auf- fassungsmöglichkeit nicht übersehen werden, auf welche mich Professor A. Tschermak — ohne sich selbst darauf festlegen zu wollen — hingewiesen hat. Es könnte nämlich der Erregungs- beginn im venösen Vorherzen (unter normalen Verhältnissen) - ein multipler, nicht wahrhaft isochroner, aber auch nicht erheblich anisochroner sein. Es würden an verschiedenen Stellen des venösen Vorherzens die parallel laufenden ‚Prozesse der spontanen Reizbildung‘‘ (im Sinne von Engelmann) unabhängig voneinander zum Abschlusse kommen bzw. zur Erregung der betreffenden Stellen führen können, ohne daß jede zufällig früher in Erregung geratene jede noch unerreste Stelle mit einem Leitungsreiz treffen müßte, bevor diese selbst in Erregung geraten wäre, was besonders bei weiter von- einander abgelegenen Stellen zutreffen würde. Nach dieser Vorstellung würde also die von einer zuerst in Erregung geratenen Stelle allseitig !) Nimmt ‘man einen anderen für c’ möglichen Wert an, als den der Tabelle XII zugrunde gelegten, so ergibt sich für den Wanderungsbereich der führenden Stelle ein anderer Umfang (6); zufolge der Beziehung ö= = muB sich ö in gleichem Sinne und linear mit c’ ändern, um die beobachteten Verschiedenheiten (d) der Werte von it erklären zu können. 72 - E. Kupelwieser: Beitrag zur Physiologie sich ausbreitende Erregung gewisse andere Stellen erst zu einer Zeit erreichen, wo sie schon selbständig erregt und daher für die zugeleitete Erregung refraktär sind. Daneben wird natürlich bei solchen Stellen, die in ihrer Reizbildung stärker nachhinken oder die nahe an einer früher in Erregung geratenen liegen, Miterregung durch Leitung statt- finden. Wir hätten uns also ein kompliziertes Zusammenspiel multipler Erregungsherde vorzustellen, welche von Abhängigkeitszonen umgeben sind, wobei die Zahl und Lage der ersteren und die Ausdehnung der letzteren von dem Verhältnisse der gegenseitigen Entfernung zur Größe der zeitlichen Differenz im Erregungsbeginne der einzelnen Stellen, sowie von der Leitungsgeschwindigkeit abhängig sein werden. Es ergibt sich von selbst, daß bei dieser Vorstellung die zwischen dem Kontraktionsbeginne zweier Stellen gefundenen Intervalle nicht als Leitungszeiten aufgefaßt werden dürfen, sondern als Differenzeffekte mehrörtlicher Automatien von nicht strikter Isochronie, von denen eine interferentiell zur Dominanz gelangt (A. Tschermak). Eine Entscheidung zwischen den beiden im vorstehenden erörterten Erklärungsmöglichkeiten müssen erst zu unternehmende Versuche bringen mit gleichzeitiger myographischer Registrierung von mehr als zwei Stellen des venösen Vorherzens, mit Schaffung eines Leitungblockes zwischen den registrierten Stellen sowie mit elektrographischer Methodik, speziell mit Hilfe der von Garten und Clement!) ausgearbeiteten Methode der Differentialelek- troden. Doch abgesehen von der Frage, wie die Differenzerscheinungen zu erklären sind, scheint mir aus den Versuchsresultaten hervorzugehen, daß wir ohne die Annahme von solchen für die Erklärung der am venösen . Vorherzen der Schlange beobachteten Erscheinungen nicht auskommen. . Zusammenfassung. .1. Es wurde an der Ringelnatter eine Methode ausgearbeitet, welche es erlaubt bei erhaltenem Kreislauf die Bewegungen des Sinus venosus und der Vena cava inferior gleichzeitig unter besonderer Isolierung der einzelnen Abschnitte mittels Suspension zu registrieren. 2. Die angestellten Versuche ergeben eine nachweisbare Aniso- . chronie im Kontraktionsbeginne der einzelnen Anteile des venösen Vorherzens bzw. des Sinus venosus und des distalen Anteiles der intra- perikardialen Strecke der unteren Hohlvene. 3. Die Schlasfolge der beiden suspendierten Anteile des venösen 1) E. Clement, Über eine neue Methode zur Untersuchung der Fortleitung des Erregungsvorganges im Herzen. Zeitschr. f. Biol. 58, 110.- 1912; S. Garten, Über Verwendung der Differentialelektroden am Säugetierherzen. Skand.. Arch. f. Physiol. 29, 114. 1913. des venösen Vorherzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. 173 Vorherzens ist eine wechselnde, was die Annahme eines unveränderlich lokalisierten Erregungsbeginnes bei der Ringelnatter ausschließt. 4. Die zeitlichen Verhältnisse in der Sukzession sind — allgemein gesprochen — solche, die es wahrscheinlich machen, daß die Intervalle zwischen dem Kontraktionsbeginne der registrierten Stellen nicht einfachen Überleitungszeiten gleichgesetzt werden können, sondern als Differenzerscheinungen aufzufassen sind. Solche ergeben sich ent- weder daraus, daß die führende Stelle zwischen den beiden suspendierten Punkten, unweit der Hohlvenen-Sinusgrenze, jedoch um ein bis mehrere Millimeter schwankend zu liegen kommt — oder daraus, daß die Er- regsung an mehreren Stellen, jedoch ‘nicht vollkommen gleichzeitig beginnt und eine von diesen interferentiell zur Dominanz gelanst (Tschermak). 5. In einem Spezialfalle ergab sich ein anscheinend reiner Wert von 160 mm für die Leitungsgeschwindigkeit im venösen Vorherzen, . der Ringelnatter. Zum Schlusse erlaube ich mir Herrn Prof. A. Tschermak für die Überlassung des ihn seit langem beschäftigenden Themas sowie für seine Mithilfe bei dessen Bearbeitung den ergebensten Dank auszu- sprechen. v (Aus dem Physiologischen Institut der Universität Kiel). Zur Theorie der Magnesiumnarkose. Von Dr. Ernst Wiechmann, Assistent des Instituts. Mit 9 Textabbildungen. (Eingegangen am 9. März 1920.) I. Einleitung (S. 74). II. Die Wirkung des Magnesiums auf tierische Gewebe (S. 76). 1. Einfluß des Magnesiums und des antagonistischen Caleiums auf die Muskeln (S. 76). 2. Die Synapse des Nerv-Muskelpräparats als Angriffspunkt des Magnesiums (S. 76). 3. Die Wirkung des Magnesiums auf automatische Organe (S. 78). 4. Die Vertretbarkeit des Magnesiums und des Caleiums durch andere zwei- wertige Kationen (S. 80). III. Kolloidehemische Analoga zu den physiologischen Untersuchungen (8. 94). IV. Die Wirkung des Magnesiums auf pflanzliche Gewebe (S. 97). V. Die Theorie der Magnesiumwirkung (S. 101). I. Einleitung. Die Frage der Ionenwirkungen hat in den letzten zwei Jahrzehnten Hand in Hand mit dem Aufschwung der physikalischen Chemie eine rege Bearbeitung gefunden. Während von den vier wichtigsten Kat- ionen, die sich in den Außenlösungen um die. tierischen Zellen und in den Zellen selbst finden, die Bedeutung des Natriumions trotz der Untersuchungen Overtons, die des Kaliumions trotz der Unter- suchung Loebs und der neuerlichen Untersuchungen Zwaarde- makers!) noch ungeklärt sind, scheint die Frage nach der Bedeutung des Caleciumions im Organismus durch die Beobachtungen von Loeb, Kurt Herbst, Hans Meyer u.a. und besonders durch Höbers?) kolloidehemische Betrachtung der Caleiumwirkung 'einer Klärung er- heblich näher gebracht. Von dem vierten der Hauptkationen, dem Magnesium, ist zu sagen, daß es des öfteren als Antagonist des Oalciums eine Rolle spielt. Die Aufmerksamkeit wurde neuerdings auf das 1) H. Zwaardemaker, Arch. f. d. ges. Physiol. 173, 28. 1918. 2) R. Höber, Arch. f. d. ges. Physiol. 166, 531. 1917. E. Wiechmann: Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 75 Magnesium durch die bekannte Beobachtung Meltzers!) gelenkt, daß die Magnesiumsalze, parenteral zugeführt, Hemmungszustände wachrufen, die durch Calciumsalze in kürzester Frist beseitigt werden können. Hier besteht also ein besonders in die Augen springender _ Antagonismus zwischen Magnesium- und Calciumionen. Für die Pflanze ist dieser Antagonismus schon seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts bekannt?). Seit Meltzer spricht man von einer Magnesiumnarkose. Fragen wir uns nach der Berechtigung dieser Bezeichnung, so müssen wir ge- stehen, daß sie sowohl vom physikochemischen als auch vom physio- logischen Standpunkt aus unzutreffend' ist. Denn wir verstehen unter Narkoticis vom physikochemischen Standpunkt aus lipoidlösliche und oberflächenaktive Stoffe, für welche die Zellen meistens leicht per- meabel sind. Diese Eigenschaften kommen den Magnesiumsalzen nicht zu. Und der Physiologe versteht unter Narkose eine durch bestimmte chemische Stoffe, eben die Narkotica, hervorgerufene, reversible Her- absetzung des Reaktionsvermögens aller Zellen, wobei die Wirkung auf die eine oder die andere Zellart freilich größer oder kleiner sein kann. Das Magnesium aber wirkt selektiv und greift, wenn ich ein Ergebnis meiner Versuche vorwegnehme, in erster Linie Synapsen an — wenig- stens beim höheren Tier — und kann nur hier in seiner Wirkung durch . Caleium kompensiert werden. Über den Angriffspunkt des Magnesiums in der sog. Magnesium- narkose waren die Ansichten lange geteilt. Jolyet und Cahours?), nach ihnen Binet?), Wiki’) und Bardier®) vertraten die Ansicht, daß die Magnesiumlähmung eine periphere, curareartige sei. Demgegen- über machte Meltzer”) auf Grund der Beobachtungen am Menschen, bei dem das Magnesium die Sensibilität und das Bewußtsein aufhebt, geltend, daß es sich bei der Magnesiumwirkung um eine echte, zentrale Narkose handelt.®) In neuester Zeit suchte man auf dem Wege der chemischen Analyse von Tieren, die mit Magnesium behandelt waren, die Frage der Magnesiumwirkung zu klären. Während Mansfeld und Bosänyi°) und Gensler!P) übereinstimmend feststellten, daß !) Meltzer, Dtsch. med. Wochenschr. 35, 1963. 1909. 2) Jos. Boehm, Sitzungsberichte d. Wiener Akad., math.-naturw. Kl. Abt. I, 71, 287. 1875. 3) Jolyet et Cahours, Arch. de Physiol. %, 113. 1869. *#) Binet, Rev. med. de la Suisse Rom. 1892. Zit. nach Markwalder, Zeitschr. f. ges. exp. Med. 5, 150. 1916. >) Wiki, Journ. de Physiol. et de Pathol. gener. 8, 794. 1906. 6) Bardier, Journ. de Physiol. et de Pathol. gener. 9, 611. 1907. ”) Meltzer, Zentralbl. f. Physiol. %%, 634. 1914. 8) Vgl. ferner: W. Straub, Münchener med. Wochenschr. 62, Nr. 1u.Nr. 10. 1915. %) Mansfeld - Bosänyi, Arch. f. d. ges. Physiol. 152, 75. 1913. 10) Gensler, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 78, 317. 1913. 76 E. Wiechmann: das Zentralnervensystem nicht imstande ist, Magnesium zu speichern, behauptet Schütz!), daß sich durch wiederholte Magnesiumbehand- lung eine Anreicherung im Kaninchenhirn erzielen läßt. Stransky?) . glaubt, daß die durch Magnesium hervorgerufenen Hemmungszustände von der Überschreitung eines bestimmten. Verhältnisses Mg : Ca im Blutplasma abhängen. Der Beantwortung der Frage nach dem Wesen der „Magnesium- narkose‘' haben uns auch diese Untersuchungen nicht näher gebracht. Die folgenden Versuche sind unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Höber ausgeführt worden. IH. Die Wirkung des Magnesiums auf tierische Gewebe. 1. Einfluß des Magnesiums und des antagonistischen Caleiums auf die Muskeln. Der naheliegende Versuch, die Magnesiumwirkung zunächst an den Muskeln zu studieren, wurde auf folgende Weise ausgeführt: Die Sartorien curarisierter Esculenten wurden, während sie in den Lösungen hingen, jede Minute durch einen Öffnungsschlag gereizt. Ich benutzte dabei die von Bethe angegebene Anordnung, wie sie von Kopyloff?°) und Schwenker*) beschrieben worden ist. Die Versuche begannen mit der Verzeichnung einer Reihe von Zuckungen in Ringer-Lösung von der Zusammensetzung?): 0,65%, NaCl + 0,03% KCl + 0,02% CaQ], . Dann wurde die Ringerlösung gegen eine solche mit einem Zusatz von m/50 MgCl, ausgetauscht. Regelmäßig trat eine Lähmung des Muskelsin dieser Flüssigkeitein, aber sie ließ sich nicht, wie man nach den bisherigen Erfahrungen hätte erwarten können, durch Zusatz vom m/50 — m/100 CaCl, antagonistisch beeinflussen. In reiner Ringerlösung dagegen verschwindet die Lähmung wieder. 2. Die Synapse des -Nerv -Muskelpräparates als An- griffspunkt des Magnesiums. Wenn man zwei Nerv-Muskelpräparate in Flaschen, die Ringer- Lösung mit m/50 MgCl,-Zusatz enthalten, aufhängt, und nun ein- mal das ganze Präparat, das andere Mal nur den Nerv mit der Flüssig- keit in Berührung bringt und von Zeit zu Zeit die direkte und indirekte Erregbarkeit prüft, so ergibt sich, daß im zweiten Fall die indirekte Erregbarkeit fast vollkommen erhalten bleibt, im ersten dagegen bald vollkommen aufgehoben wird. Die direkte Erregbarkeit sinkt dagegen bei jenem Präparat, das vollkommen in die Ringerlösung mit dem !) Schütz, Zeitschr. f. Balneologie %, 1.. 1914/15. ?) Stransky, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. %8, 122. 1915. ®2) Kopyloff, Arch. f. d. ges. Physiol. 153, 219. 1913. 2) Schwenker, Arch. f. d. ges. Physiol. 15%, 371. 1914. 5) Die gleiche Zusammensetzung hatte die Ringerlösung bei allen übrigen Versuchen, wenn es nicht anders angegeben ist. - . Zur Theorie der Magnesiumnarkose. ER ETT Mo-Zusatz taucht, nur wenig ab. Dieser letzte Befund könnte als ein Gegensatz zu den Resultaten, die ich am Sartorius erhielt, empfunden werden. Es handelt sich aber nur um einen scheinbaren Widerspruch ; infolge ihrer größeren Dicke tritt bei den Gastrocnemien die Unerreg- barkeit später als bei den Sartorien ein, weil die Konzentration des MgCl, in ihrem Innern erst nach längerer Zeit die zur Lähmung notwendige Höhe erreicht. Zum Baslege der Befunde mögen die folgenden Parallelversuche angeführt werden. Sie wurden im ungeheizten Zimmer (9°C) an- gestellt. Die Nerv-Muskelpräparate entstammten stets den kleinsten vorhandenen Fröschen, deren Gewicht nie über 20 g betrug. Versuch 1. Magnesiumchlorid. a) Um 10h a. m. des 2. XII. 1919 wurde ein Nerv-Muskelpräparat einer Escu- lenta- vollkommen in Ringerlösung gehängt. Um 10% 20’ a. m. war der Muskel vom zentralen Ende des Nerven bei 86,2 cm R.-A., von der Mitte bei 63,2 und von dem peripheren Ende bei 61,3 cm reizbar. Bei direkter Reizung war der Muskel bei 32,4 cm R.-A. gut erregbar. Um -106 40’ a. m. wurde das Präparat in Ringerlösung mit einem Zu- satz von m/50 Mg(Cl, übertragen, und zwar so, daß nur der Nervenstamm bis zur Eintrittsstelle in den Gastrocenemius mit der Flüssigkeit in Berührung kam, während der Muskel im dampfgesättigten Raum oberhalb der Lösung blieb. Um 12h 2° p. m. Muskel vom zentralen Ende des Nerven bei 66,6 cm R.-A., von-der Mitte bei 62,6 cm, vom peripheren Ende bei 61,3 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 32,4 cm gut erregbar. Um 1%15’ p. m. Nerv am zentralen Ende bei 56,2 cm R.-A., von der Mitte bei 61,6 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 60,4 cm reizbar, Muskel selbst bei 32,1 cm reizbar. Um 3h 35’ p. m. Nerv am zentralen Ende bei 55,7 cm R.-A. reizbar, von der Mitte bei 61,7 cm, vom peripheren Ende bei 57,2 cm reizbar. Muskel selber bei 32,0 cm R.-A. reizbar. Um 6h 25’p. m. Nerv am zentralen Ende bei 55,5 cm R.-A., von der Mitte bei 61,2 cm, vom peripheren Ende bei 57 cm reizbar. Muskel bei unverändertem R.-A. reizbar. : b) Um 10% a. m. des 2. XII. 1919 das zweite Nerv-Muskelpräparat derselben - Esculenta vollkommen in Ringerlösung aufgehängt. Um 10% 28’ a. m. Muskel vom een Ende des Nerven bei 64,3 em R.-A., von der Mitte bei 58,6 cm, vom peripheren Ende bei 55,8 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 34,5 cm gut erregbar. Um 10% 40’ a. m. Präparat elliehmamnen in Ringerlösung mit einem Zusatz von m/50 MsCl, gesetzt. Um 12h 10’ p. m. Muskel vom zentralen Ende des Nerven bei 47,7 cm R.-A., von der Mitte bei 54,0 cm, vom peripheren Ende bei 41,8 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 32,2 cm R.-A. gut erregbar. Um 1% 22’p.m. Nervam Perlen Ende bei 29,6 cm R.-A., von der Mitte hei 33,9 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 35,2cmreizbar. Muskel bei 30,4 cm reizbar. Um 3h 40’p. m. Nerv am zentralen Ende bei 21,7 cm R.-A., von der Mitte bei 22,2cm, vom peripheren Ende bei 11,2cm reizbar. Muskel bei 30,2cm R.-A. reizbar. Um 6 30°’ p. m. Nerv an allen Stellen, selbst bei völlig genäherten Rollen, nicht mehr reizbar. Muskel noch bei 26,2 cm R.-A. reizbar. 78 E. Wiechmann: Hiernach ist anzunehmen, daß die Synapse, die Verbindung zwischen Nerv und Muskel, besonders empfindlich gegen das Magnesium ist. An derselben Stelle setzt nun offenbar auch die kompensierende Wirkung des Calciums an, wie aus folgenden Versuchen zu entnehmen ist: . Das Nerv-Muskelpräparat wurde in Ringerlösung mit einem Zu- satz von m/50 MgCl, getaucht, und nachdem die indirekte Erregbar- keit auf Null abgesunken war, wurde die Flüssigkeit durch Ringer- lösung mit einem Zusatz von m/50 MgCl, + m/100 CaCl, ersetzt und nun geprüft, ob und wann die indirekte Erregbarkeit wiederkehrte. Es zeigte sich, daß das Caleium imstande ist, das Magnesium hier weit- gehend zu kompensieren. Versuch 2. Magnesiumchlorid, Caleiumchlorid. 3. XI. 1919. 425° p. m. R-+m/50 Mg(Cl, 12h 45°’ p.m. Ringer-Lösung. + m/100 CaQ],. 12h 55’ p. m. 75 pm: indirekt direkt indirekt direkt zentral . 81,2 em R.-A. zentral . 35,2 em R.-A. Mitte . .79,5 cm „ 32,2cmR.-A. Mitte. .50,1 „ „ 252cmR.-A. peripher . 72,4 cm „, peripher „485. 2» 1815’ p. m. R-+ m/50 MgCl.. 4. XII. 1919. 4h 5’. p. m. BIRD indirekt direkt indirekt direkt zentral . O zentral . 40,6 cm R.-A. Mitte... 0) . 26,1cmR.A. Mitte . .33,6. „ , .252cmk._. peripher . O peziphersya er Die durch das Magnesium an der Synapse hervorgerufene Störung wird also durch das Calcium wieder beseitigt. 3. Die Wirkung des Magnesiums au automatische Or- gane. Man könnte nun die Vorstellung, daß die Synapse als Angriffspunkt des Magnesiums anzusehen ist, zu verallgemeinern suchen; dann müßte sich das Magnesium eventuell an allen automatischen Organen, wie Herz, Magen, Darm ebenfalls durch Calcium kompensieren lassen. Das ist in der Tat der Fall. Die Untersuchungen über die Magnesiumwirkung auf das Herz wurden am isolierten Froschherzen, das nach der von Amsler!) an- gegebenen Methode präpariert war, angestellt. Die Herzen schlugen spontan, wurden aber überdies noch jede Minute mit einem Öffnungs- schlag gereizt. Sauerstoff wurde stets zugeführt. Zunächst kamen die Herzen in Ringerlösung; dann wurde diese durch eine Ringer- lösung mit einem Zusatz von m/50 MsCl, ersetzt und beobachtet, ob Lähmung eintrat. Es zeigte sich regelmäßig, daß das Magnesium 1) Amsler, Zentralbl. f. Physiol. 31, 467. 1917. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 79 den spontanen Schlag des Herzens zum Aufhören bringt und auch ein Absinken der elektrischen Erregbarkeit herbeiführt. War Lähmung eingetreten, so wurde die Ringerlösung + m/50 MgCl, gegen eine ‘solehe mit einem Zusatz von m/50 MgCl, + m/100 CaCl, ausgetauscht. Darauf trat immer Erholung ein, d.h. die elektrische Erregbarkeit stieg an, und es traten wieder, wenn auch nicht regelmäßig, spontane Schläge des Herzens auf. Das antagonistische Verhalten von Magnesium und Calcium am Herzen ist für das Herz vom Hund bei intravenöser Injektion bereits von Macnider und Matthews!) nachgewiesen. Ein, Analogon zu der Magnesiumwirkung auf das Herz stellen die Beobachtun- gen von Bethe?) an Medusen dar. Die Medusenbewegungen zeigen bekanntlich mit den rhythmischen Bewegungen des Herzens der Wirbeltiere eine weitgehende Übereinstimmung. Nach Bethes Untersuchungen übt nun Magnesium auf die Meduse eine primär lähmende Wirkung aus, aber die einzelnen Teile der Meduse werden verschieden leicht angegriffen. Auf die Muskulatur wirkt es in den höchsten angewendeten Dosen überhaupt nicht. Der Randkörper, der dem Sinus des Herzens entspricht, wie auch das Nervennetz werden dagegen gelähmt; aber, während der Randkörper in einer Lösung von 100 Teilen Seewasser und 10 Teilen !/, mol. MsCl, bereits nach 30—100 Sekunden ausgeschaltet wird, ist beim Nervennetz erst die vierfache Menge wirksam. Das Calcium greift ebenfalls ganz oder vorwie- gend am Randkörper an; es wirkt erst erregend und sekundär lähmend. In jüngster Zeit hat Koch?) die Wirkung des Magnesiums und des Calciums auf den Herzschlag von Anodonta untersucht. Nach ihm wirkt MgCl, lähmend, aber leicht auch schädigend. °/,, mol. MgCl,-Lösungen bewirken sofortigen Still- ‚stand. Ein Antagonismus zwischen Magnesium und Calcium ließ sich feststellen ; am günstigsten war die Mischung: ®/,, mol. MgCl, + 3/30, mol. CaCl, ®). Bei den Untersuchungen am Magen fand als Präparat ein auf- geschnittener Muskelring vom Froschmagen Verwendung, genau wie bei den Versuchen von Schultz’), da ja die Längsmuskulatur des Froschmagens wenig entwickelt ist. Die Magenschleimhaut wurde, wie es auch Schultz getan hat, von der Muskelschicht entfernt, das Präparat in Abständen von 5—10 Minuten elektrisch gereizt. Die Ausschläge wurden aufgezeichnet. Zunächst hing das Präparat in einem DBecherglas mit Ringerlösung®), das zu jeder elektrischen Reizung entfernt wurde. Waren mehrere Zuckungen aufgezeichnet, so wurde die Ringerlösung durch eine solche mit einem Zusatz von m/200 MsCl, ersetzt; sofort fielen nun bei den elektrischen Reizungen die Ausschläge stark ab. Wurde zu der Ringerlösung + m/200 MsCl, !) Maenider und Matthews, Amer. journ. of physiol. 20, 323. 1907/08. 2) A. Bethe, Arch. f. d. ges. Physiol. 124, 541. 1908 und 127, 219. 1909. >) W. Koch, Arch. f. d. ges. Physiol. 166, 281. 1917. E *) Vgl. ferner: Carlson, Amer. journ. of physiol. 16, 378. 1906. — J. Heyde, Amer. journ. of physiol. 23, 201. 1908. — Cook, Amer. journ. of physiol. 24, 263. 1909. ®) Schultz, Arch. f. Physiol. 1897, S. 1. 6) Die Ringerlösung hatte hier die Zusammensetzung: 0,65% NaCl + 0,02%, KC1.+ 0,03% CaC],. 80 E. Wiechmann: noch m/200 CaCl, hinzugefügt, so wurde die vorher beobachtete Läh- mung zum Teil wieder aufgehoben. Die Ausschläge wurden wieder größer. Die Magnesiumwirkung wurde weiter mittels der Methode von Magnus am isolierten Darm vom Kaninchen studiert. Nur verwendete ich bei meinen Versuchen nicht, wie sonst meist üblich, die Tyrode- sche Lösung, da diese schon sowieso etwas MgCl, enthält, sondern eine Nährlösung nach Rona und Neukirch!) von der Zusammen- setzung: NaCl 9 g, KCl 0,3 g, CaCl, 0,2g, NaHCO, 1g, Glucose 19, Aqua dest. ad 1000 g. In dieser Flüssigkeit führte der Darm bei Sauer- stoffdurchleitung stundenlang seine pendelnden Bewegungen aus. Wurde nun dieser Nährlösung m/50 MgCl, zugefüst, so schwanden augen- blicklich die Pendelbewegungen nahezu vollständig. Zusatz von m/100 CaCl, rief dann die Pendelbewegungen von neuem hervor. 4. Die Vertretbarkeit des Magnesiums und des Calciums durch andere zweiwertige Kationen. Bei den meisten. Untersuchungen über antagonistische Ionen- wirkungen handelte es sich bisher um einen Antagonismus zwischen ein- und zweiwertigen Kationen. Daß auch Salze. mit zweiwertigem Kation durch andere Salze mit zweiwertigem Kation antagonistisch beeinflußt werden können, wurde zuerst durch Loeb?) und Matthews?) nachgewiesen. Beide beobachteten die Zahlen der sich aus befruch- teten Funduluseiern entwickelnden Embryonen. Loeb fand dabei, daß Ca(NO,), und MgCl, imstande sind, ZnSO, antagonistisch zu be- einflussen, während Matthews nachwies, daß CaCl, nicht nur MgCl, und MnCl,, sondern .auch Co(NO,), und NiCl, bis zu einem gewissen Grad kompensieren kann. Ein Analogon zu diesen Befunden bildet die Magnesiumnarkose und ihre Aufhebung durch das Calcium. Es lag nun nahe, amknüpfend an die klassischen Versuche von Loeb am befruchteten Fundulusei und an die neuerliche Feststellung von Höber, daß das Calcium sehr weitgehend durch andere zweiwertige Kationen vertreten werden kann, zu untersuchen, ob sich nicht auch bei der Magnesiumnarkose Mg und Ca in ihrer Wirkung durch andere Ionen vertreten lassen. Um diese Frage zu beantworten, stellte ich wiederum Versuche am Nerv-Muskelpräparat, an Herz, Magen und Darm an. Als Ersatz für Mg und Ca prüfte ich die Chloride von Strontium, Barium, Kobalt, Mangan, Nickel, sowie Hexamminkobaltichlorid. Ich traf gerade diese Auswahl, weil nach den Versuchen von Loeb und Höber von ihnen am ehesten, nicht dagegen von Kupfer, Blei, Quecksilber und Uranyl eine Vertretbarkeit zu erwarten war. Als sich dann im Laufe der Unter- !) Rona und Neukirch, Arch. £. d. ges. Physiol. 148, 273. 1912. ®2) Loeb und Gies, Arch. f. d. ges. Physiol. 93, 246. 1902. ®) A. P. Matthews, Amer. journ. of physiol. 12, 419. 1905. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 81 suchungen herausstellte, daß das Magnesium fast regelmäßig durch Kobalt, Mangan, Nickel und Hexamminkobalt !), das Calcium ebenfalls fast regelmäßig durch Barium und Strontium vertreten werden kann, untersuchte ich weiterhin nur, ob diese spezielle Vertretbarkeit regel- mäßig vorhanden ist. Auf das Kobaltiaksalz griff ich zurück, weil durch Höber und Spaeth?) nachgewiesen ist, daß dieses, gerade- sogut wie das Calcium, einen lähmenden Kaliüberschuß zu neutrali- sieren vermag. Ich habe auch einige andere komplexe Kobaltsalze auf ihre Fähigkeit, Magnesium und Calcium zu vertreten, geprüft, weil nach Höber®) gerade bei deren Wirkung die entscheidende Bedeutung der Mehrwertigkeit deutlich hervortritt; aber das Resultat war negativ, da die Salze sämtlich zu schwer löslich und selbst in der stärksten Konzentration wirkungslos waren. Ich schildere meine Versuche in derselben Reihenfolge, der ich bei den oben beschriebenen Untersuchungen gefolgt bin. Auch auf den Muskel wirken CoCl, (m/40 bis m/200), MnCl, (m/50 _ bis m/100) und Hexamminkobaltichlorid (m/50 bis m/200) genau so wie MsCl,, also lähmend, aber die Lähmung kann auch hier wieder nicht ‚durch CäCl, antagonistisch beeinflußt werden. Anders ist es mit der Vertretbarkeit des Magnesiums durch andere zweiwertige Kationen bei seiner Wirkung auf die Synapse des Nerv-Muskelpräparats. Hier kann das Mg durch Co, Mn, Ni und Hex vertreten werden. Was dieses letztere betrifft, so hat Bock) bereits darauf hingewiesen, daß es beim Frosch wie beim Warmblüter die peripheren motorischen Nervenendigungen, dagegen aber nicht die Muskeln lähmt. Die folgenden Parallelversuche mögen als Beleg dienen. Versuch 3. Kobaltchlorür. a) Um 9% 40°’ a. m. des 7. II. 1920 wurde das eine Nerv-Muskelpräparat einer Eseulenta vollkommen in Ringerlösung gehängt. Um 9% 47’ a. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 53,5 cm R.-A., von der Mitte bei 56,2 cm und vom peripheren Ende bei 46,2 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 31,4 cm gut erregbar. Um 9% 49’a.m. inRingerlösung + m/200 CoCl, übertragen, derart, daß nur der Nervenstamm bis zu seiner Eintrittsstelle in den Gastroenemius mit der Flüssig- keit in Berührung kam, während der Muskel im dampfgesättigten Raum oberhalb der Lösung blieb. Um 10h 33’ a. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 51,0 cm R.-A., von der Mitte bei 56,2 em und vom peripheren Ende bei 46,2 cm reizbar. Bei direkter Rei- zung Muskel bei 31,4 cm R.-A. gut erregbar. Um 11h 23°’ a. m. Nerv am zentralen Ende bei 47,7 cm R.-A., von der Mitte 1) Weiterhin der Kürze halber meist als Hex bezeichnet. ?2) Höber und Spaeth, Arch. f. d.’ges. Physiol. 159, 433. 1914. 3) loc. eit. *) Bock, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 5%, 1. 1905. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 6 823 E. Wiechmann: bei 56,2 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 46, 2 cm reizbar. Muskel selbst bei F 30,0 cm reizbar. Um 12% 3’ p. m. Nerv am zentralen Ende bei 47,7 cm R.-A., von der Mitte bei 51,0 cm, vom peripheren Ende bei 46,2 cm reizbar. Muskel selbst bei 30,0 cm reizbar. Um 128’ p. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 46,2 cm R.-A., von der Mitte bei 50,0 cm, vom peripheren Ende bei 45,5 cm reizbar. Muskel direkt bei 30,0 cm erregbar. b) Um 9h 40° a. m. des 7.11.1920 das zweite Nerv-Muskelpräparat derselben Esculenta vollkommen in Ringerlösung eingehängt. | Um 9% 51’ a. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 59,1 cm R.-A., von der Mitte bei 67,3 cm, vom peripheren Ende bei 56,1 cm reizbar.. Bei direkter Reizung Muskel bei 28,2 cm gut erregbar. Um 9 53’ a. m. in Ringerlösung + m/200 CoCl, übertragen. Um 10% 37’ a. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 47,8 em R.-A., von der Mitte bei 49,8 cm, vom peripheren Ende bei 49,8 cm reizbar. Bei direkter Rei- zung Muskel bei 28,1 cm gut erregbar. Um 11h 28° a. m. Nerv am zentralen Ende bei 5,2 cm R.-A., von der Mitte bei 34,4 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 28,2 cm reizbar. Verhalten des Mus- kels bei direkter Reizung unverändert. Um 12h 5° p. m. Nerv nur am peripheren Ende bei 2,0 cm R.-A. reizbar, sonst an allen Stellen selbst bei völlig genäherten Rollen nicht mehr reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. Um 1b 30°’ p. m. Nerv an allen Stellen selbst bei völlig genäherten Rollen nicht mehr reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. . Versuch 4 Manganchlorür. a) Um 12h 52’ p. m. des 20. I. 1920 das eine Nerv-Muskelpräparat einer Escu- lenta in Ringerlösung eingehängt. Um 1" p. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 73,5 cm R.-A., von der Mitte bei 80,0 cm und von dem peripheren Ende bei 51,2 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 29,6 cm gut erregbar. Um 1h6’ p.m. in Ringerlösung +m/200 MnC], derart übertragen, daß nur der Nerv bis zu seiner Eintrittsstelle in den Muskel in die Lösung eintaucht. Um 15 25° p. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 66,2 cm R.-A., von der Mitte bei 62,1 cm und vom peripheren Ende bei 51,2 cm reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. Um 2h 35’ p. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 55,1 cm R.-A., von der Mitte bei 62,1 cm und vom peripheren Ende bei 51,0 cm reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. Um 3h 58” p. m. Nerv am zentralen Ende bei 52,2 cm R.-A., von der Mitte bei 62,1 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 51,0 cm reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. b) Um 12h 52’ p. m. des 20. I. 1920 das zweite Nerv-Muskelpräparat derselben Esculenta vollkommen in Ringerlösung eingetaucht. Um 1h 8’ p. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 68,2 cm R.-A., von der Mitte bei 77,4 cm, vom peripheren Ende bei 50,1 cm reizbar.. Bei direkter Reizung Muskel bei 29,4 cm gut erregbar. Um 1%12’p. m. Präparat in eineRingerlösung + m/200 MnCl, übertragen. Um 1 30’ p. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 59,2 cm R.-A., von der Mitte bei 66,1 cm, vom peripheren Ende bei 50,1 cm reizbar. Bei direkter Rei- zung Muskel bei 29,1 cm gut erregbar. Um 3h 0’ p. m. Nerv an allen Stellen selbst bei völlig genäherten Rollen nicht mehr reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 83 Versuch 5. Nickelchlorür. a) Um 9% 50° a. m. des 19. II. 1920 wurde das eine Nerv-Muskelpräparat einer Eseulenta vollkommen in Ringerlösung aufgehängt. Um 9% 56’a. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 52,2 em R.-A., von der Mitte bei 60,2 cm und von dem peripheren Ende bei 47,4 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 30,1 cm gut erregbar. Um 10% 4’a.m. Präparat in eine Ringerlösung + m/500 NiC], gesetzt, wieder derart, daß nur der Nerv exponiert war. Um 10h 57’ a. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 51,1 cm, von der ° Mitte bei 51,7 em und vom peripheren Ende bei 46,2 cm reizbar. Bei direkter Rei- zung Muskel bei 29,8 cm gut erregbar. Um 38 3’p. m. Muskel vom zentralen Nervenende bei 40,2 cm R.-A., von der Mitte bei 47,6 cm und vom peripheren Ende bei 42,8 cm reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. Um 5% 13’ p. m. Nerv am zentralen Ende bei 35,2 cm R.-A., von der Mitte bei 46,7 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 42,8 cm reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. Um 9h 41’ p. m. Nerv am zentralen Ende bei 35,1 em R.-A., von der Mitte bei 46,7 cm, vom peripheren Ende bei 42,1 em reizbar. Verhalten des Muskels bei direkter Reizung unverändert. b) Um 95 50’ a. m. des 19. II. 1920 das zweite Nerv-Muskelpräparat derselben Esculenta vollkommen in Ringerlösung aufgehängt. Um 10h 6° a. m. Muskel vom zentralen Nervenende und von der Mitte des Nerven bei 59,5 em R.-A., vom peripheren Nervenende bei 51,2 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 32,1 cm gut erregbar. Um 10h 9° a.m. Präparat vollkommen in Ringerlösung + m/500 NiCl, gesetzt. Um 11h4’ a. m. Muskel vom zentralen Nervenende und von der Mitte des Nerven bei 58,1 cm R.-A., vom peripheren Ende bei 30,4 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 30,0 cm gut erregbar. ' Um 3h 6’ p. m. Nerv am zentralen Ende bei 46,4 cm R.-A., von der Mitte bei 50,1 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 24,8 cm reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 28,4 cm gut erregbar. 5216’ p. m. Nerv am zentralen Ende bei 46,2 cm R.-A., von der Mitte bei 50,0 cm, in nächster Nähe des Muskels bei 24,7 cm reizbar. Bei direkter Reizun g Muskel bei 26,2 cm gut erregbar. Um 9% 39’p. m. Nerv an allen Stellen selbst bei völlig genäherten Rollen nicht mehr reizbar. Bei direkter Reizung Muskel bei 22,8 cm R.-A. gut erregbar. In entsprechender Weise konnte mit m/1000 Hex eine Magnesium- wirkung erzeugt werden. Ich komme nun zu Versuchen, durch die gezeigt wird, daß das Calcium in seinem Antagonismus gegenüber dem Magnesium mehr oder weniger weitgehend durch Stron- tium und Barium vertreten werden kann, ferner zu Ver- suchen, nach denen auch Kobalt, Mangan, Nickel und Hexamminkobalt, die. wie wir eben sahen, das Magnesium vertreten können, in ihrer lähmenden Wirkung fast regel- mäßig durch Calcium, Strontium und Barium kompen- siert werden. 6*F 34 E. Wiechmann: Die Versuche wurden entweder, wie früher beschrieben angestellt, oder ich hängte ein Nerv-Muskelpräparat in eine Flasche mit Ringerlösung und einem Zusatz von dem das Magnesium vertreten- den Kation, das andere in eine zweite Flasche mit. Ringerlösung und einem Zusatz von den das Magnesium und das Calcium ver- tretenden Kationen und prüfte von Zeit zu Zeit, bei welchem Nerv- _ Muskelpräparat die indirekte Erregbarkeit schneller auf Null absank. Das war immer der Fall bei den Präparaten, die nur dem das Magnesium, vertretenden Kation ausgesetzt waren. Ich führe folgende Versuche als Beispiel an.: Versuch 6. Magnesiumchlorid, Strontiumchlorid. 2. XII. 1919. 10h 55’ a. m. Ringer- 3h 25’ p. m. lösung. indirekt direkt 115’ a. m. 2 zentral . O0 cmR.-A. indirekt direkt Mitten m 07m Daher zentral . 83,1 cm R.-A. peripherr. ol, 22.205 Mitten. 27 » 33,0 em R.-A. 6h 35° p. m. peripher . 58,3 ‚, > indirekt direkt 11h 20° a. m. R + m/50 Ms(Cl,. zentral . © cmR.-A. 1b 3’ p. m. . Mitten. 0770, 00,000 5a indirekt direkt peripher . 26,4 „ , zentral . © cmR.-A, 9h 47’ p.m. Mitte ..0 „ ss 29,4 cm R.-A. Indirelt direkt peripher. O „, Er zentral . 9,2 cmR.-A. 12457 pP. m. "B} 1 m/50”7 Me@l, Mitte 22. Te Bee + m/100 SrC],. penpherge2anerar Versuch 7. Magnesiumchlorid, Bariumcehlorid. ' 4. XII. 1919. 36 30° p. m. Ringer- 545’ p. m. lösung. \ indirekt direkt 3h 47° p.m. zentral . O0 cmR.-A. EM Y Mitten. : 077,02. indirekt direkt pexzipher2a02 2% Rt 5855 p. m. R-+m/50 Mg(Cl, + m/500 BaC],. zentral . 71,1 cm R.-A. Mitte . .64,0 „, I 34,2 cm R.-A. peripher . 63,0 „ er 4hp. m. R + m/50 MeCl,. De De direkt 4h 34° p. m. zentral . O0 cmR.-A. indirekt ‚ direkt Mitte ... 0 a 55 30,2 cm R.-A. zentral . 58,2 cmR. A. periplery 02 05 Mitten 02.00.0020 3160 Cm aalıa7 ) . indire direkt a 352 a ae zentral . O0 cmR.-A. Mitter 27200 2522772500, PB indirekt direkt peripher.. 11,4 ,„ zentral . 21,4 em R.-A. 8h 53° p. m. \ Mitten.e. 254-2 1 222 32cm RER! indirekt direkt peripher . 19,7 „ , zentral . © cmR.-A. Mitte ..0 „ ,„.830,0cmR.-A. peripher . 5.0 ’ 97 Zur Theorie der Magnesiumnarkose. S5 Versuch 8. Kobaltchlorür, Caleciumchlorid. 15. XII. 1919. 12% 12’ p. m. Ringer- lösung. k 12h 12° p. m. indirekt direkt zentral . 66,4 em R.-A. Bea rer, 38,2cmR.-A. peripher .62,2 „ » 124 21’ p. m. R + m/200 CoC],. 122’ p.m. indirekt _ R direkt zentral . 55,5 em R.-A. Bears: .83,3C0ıH.R.-A. peripher . 53,2 „, 2h 45’ p.m. indirekt zentral . © cmR.-A. Mitte Eur. peripher.0, 2, 9h'52/,p. m. + m/100 CaC],. 31 23’ p. m. indirekt zentral . 0 cmR.-A. Nikten ar 0 ea periphen 207 direkt 25,4 cm R.-A. R + m/200 CoCl, direkt 22,4 cm R.-A. "4h 42’ p. m. indirekt direkt zentral 2,3 emR.-A. II NV CcMR. A, peripher . 20,3 Versuch 9. Kobaltchlorür, Strontiumchlorid. a) 17.X11.1919. 10% 25°a. m. Ringer- lösung. 10% 30° a. m. indirekt direkt zentral . 59,8 cm R.-A. Mitte 22662 ., . .39,8cmR.-A. peripher 5553 „ » 10% 33’ a. m. R + m/200 CoCl,. 11h 23° a. m. indirekt direkt zentral . 48,2 cm R.-A. Nie sul..,. ., ..291cmR.-A. peripher .. 46,6 „ 20 51° p. m. £ indirekt direkt zentral . 34,6 cm R.-A. Nee 0, 0727,4cmR.-A. Beripher 245,6 „ , 44 47’ p. m. indirekt direkt zentral 4,8 cm R.-A. Beer, .„. 27,2cmR:-A. Peripber. 154 „ 51 38° p. m. indirekt direkt zentral .O cmR.-A. Mitte .. 0 27,2 cm R.-A. > 3? ‚peripher . 0 ei} , b) 17. XII.1919. 10% 25’a. m. Ringer- lösung. 10% 35’ a. m. indirekt direkt zentral . 62,6 cm R.-A. Mitte . .54,8 „, 35,8 cm R.-A. peripher . 50,1 ,, ® 10h 40° R + m/200 CoCl, + m/200 SrC];. 11% 28° a. m. indirekt direkt zentral . 48,6 em R.-A. Mitte 2 AIG BIER N. peripher .432 „ :, 2h 55° p: m. indirekt direkt zentral . 39,8 cm R.-A. Nie Ag dr 2292 Scm EN. periphenssr722 2 4h 55’ p. m. indirekt direkt zentral . 39,1 cm R.-A. Mitte 22724010. 00.2092 9°cmiR. A, periphere w36A 0, 5h 43° p. m. indirekt direkt zentral . 35,2 em R.-A. Mitte °22.40.6 „: . 2383 cm RA. peripher 36 Ar., 2, 75’ p.m. indirekt direkt zentral . 32,8 cm R.-A. Mitte . „26,8 „ „ .23,4cmR.-A. periphesss310u 7 20 108 p. m. indirekt direkt zentral . 0 cmR.-A. Mitten 02 On, 28cm. BR... periphere 001 0,0% S6 E. Wiechmann: Versuch 10. Kobaltehlorür, Bariumchlorid. a) 17. XII. 1919. 11% 5’a.m. Ringer- lösung. 11h 14’ a. m. indirekt direkt zentral . 63,1 cemR.-A. Mitte . .65,6 „ „ 353emR.-A. peripher . 47,8 „, = 11h 17° a. m. R + m/200 CoQl.,. 11h 56° a. m. indirekt direkt zentral . 47,3 emR.-A. Mitveree AON 31,3 cm R.-A. peripher. 3382. 7, 2h 58’ p. m. indirekt direkt zentral . 46,6 cm R.-A. Mitte . .45,8 31,2 em R.-A. peripher . 39,1 „, 4h 34’ p. m. indirekt direkt zentral . 34,6 cm R.-A. Mitte . . 38,6 „, 22,6 cm R.-A. peripher . 16,2 „, 5h 55’ p. m. indirekt direkt zentral . 0 cmR.-A. Mitte .. O0 „ 22,6 cm R.-A. peripherze 02 Ga 558° p. m. R 1 m/200 CodCl, —+ m/500 BaC],. 708’ p.m. indirekt direkt zentral . O0 cmR.-A, IVibbeme OR: 24,8 cm R.-A. peripher . 20,6 „, = 9n 507 p. m. indirekt direkt zentral . O0 cmR.-A. Mitten 0 peripheren 200% 22,6 cm R.-A. b) 17. XII. 1919. 11h5’a.m. Ringer- lösung. 11% 18’ a. m. indirekt direkt zentral . 53,1 em R.-A. Wiesn. : 35,2 cm R.-A. peripher. . 484 11122 a. m. R-+m/200 CoCl, + m/500 BaQl,. 12T p m: indirekt direkt zentral . 51,9 cm R.-A. Mitte 2582.05 734) emiReAS peripher . 40,9 „, 3u 17 p.m. indirekt direkt zentral . 42,8 cm R.-A. Mitte ASS lemaR As peripher . 40,3 „, 44 37’ p. m. indirekt direkt zentral . 39,2 emR. A. Mitten. MA82 nr DSNcmIRKSAR peripher AU arm 51507 p. m. indirekt direkt zentral . 35,2 cm R.-A. Mitte 0 ES I EMERTE AS peripherns9 sn 5 7a 11” p. m. indirekt direkt zentral . 34,4 cm R.-A. Mitbereero Jo e 24,8 cemR.-A. periphern 38 Sen, 9h 53° p. m. indirekt direkt zentral . 18,6 cm R.-A. Mitte er NerkemuR At peripher . 32,2 „ , Versuch 11. Manganchlorür, Caleciumchlorid. 9. XII. 1919. 10% 50° a. m. Ringer- lösung. n 11h 5° a. m. indirekt direkt zentral . 70,2 em R.-A. Mitte . .686 „ 41,2 cm R.-A. periphere s A 11h 12’ a. m. R + m/200 MnC],. 12h 23° p. m. indirekt direkt zentral . © cmR.-A. Mitte .. 0 „ »2..9362cmR.-A. peripher. O0 „, Ei 12445° p. m. R -+ m/200 MnCl, + m/100 CaCl;. 25T pan® indirekt direkt zentral 9,2 emR.-A. Mitte ..2. 106,2... 235,6cmeR-A peripher 2927, 2, SLal pm: indirekt direkt zentral . 0 cmR.-A. Mitte ..0 „ ,„ .223,2cmR.-A. periphere 3.0 na : 0) Zur Theorie der Magnesiumnarkose. Versuch 12. Manganchlorür, Bariumchlorid. b) 17. XII. 1919. 9 45’a.m. Ringer- a) 17. XII. 1919. 9%45’a.m. Ringer- lösung. lösung. 10% a. m. 10% 5’ a. m. indirekt direkt indirekt zentral . 62,2 em R.-A. zentral, . 61,8 emR.-A. Mitte ...645 „ „. 33,4emR.-A. Mitte . .62,9 „ peripher . 61,1 „ , peripher . 61.1 „, 10% 4° R + m/200 MnC],. 10h 8° a. m. —+ m/500 BaCl,. 11h 47’ a.m. 118 52’ a. m. indirekt 'direkt indirekt zentral .32,2 cm R.-A. zentral . 42,2 cmR.-A. Mir 29396 „ „ 288cmR.-A. Mitte . „52,8 „ Beripher . 27.2: „: :, peripher . 48,4 ., 12h 43’ p. m. 12h 46’ p. m. indirekt direkt > indirekt zentral . O0 cmR.-A. zentral . 34,4 cm R.-A. Mitte . . 0 DAS EmR SAL Mitten. 252,87 Benpher 0°, , peripher . 48,4 .„. i : 2h 48° p. m. indirekt zentral . 15,4 cm R.-A. Mitte . .31,8 „, peripher . 21,4 „, 4h 45’ p. m. indirekt zentral . OÖ cmR.-A. Mittere va Or permpher.2 00 2.207. Versuch 13. Niekelehlorür, Caleiumchlorid. 87 direkt 42,2 cmR.-A. R - m/200 MnCl, direkt 34,2 cm R.-A. direkt 34,2 cm R.-A. direkt 24,4 cm R.-A. direkt 28,1cem R.-A. a) 19. XII. 1919. 11% 25’ a. m. Ringer- lösung. 11% 36’ a. m. indirekt zentral .55,8 cm R.-A. Mitte 2638; ,, Beriphew, 56,2 .„ , direkt 29,4 cm R.-A. 11% 38° a. m. R + m/500 NiCl,. 1h 32’ p. m. indirekt zentral . 43,8 cm R.-A. Mitter. 240,1 ,„,, peripken.37.8 „ ., 2h 5’ p.m. indirekt zentral . 43,2 cmR.-A. Mitte 5401... ,, peripher . 35,6 ,. 6h 8’ p. m. ‘ indirekt zentral . 41,4 cm R.-A. Riikter ... 9882 „ ., Beripher .Al2 „ 2 direkt 27,1cm R.-A. direkt 27,1 cm R.-A. direkt 25,8 cm R.-A. b) 19. XII. 1919. 11%25’a. m. Ringer- lösung. 11% 41’ a. m. indirekt direkt zentral .64,5 cm R.-A. Mitte 7258 5; 31,8 cm R.-A. peripher . 59,6 ,. 1145 a. m. R-+m/500 Nic], — m/100 12 35° zentral CaCl];. p- m. indirekt direkt .40,1 cm R.-A. Mitte . .53,6 „ „ 282cmR.-A. peripher A601... 2" 13’ p.m. indirekt direkt zentral . 42,3 cm R.-A. Mitte 2..46.6. . ,„.. .282cmR.-A. peripher .45,0 „ 6h 10° p. m. indirekt direkt zentral . 43,7 cm R.-A. Mitte . .45,1 „ ,„ 281cmR.-A. peripher . 42,8 ER) EL) 38 E. Wiechmann: 9 36°’ p. m. 9% 43° p. m. indirekt direkt indirekt direkt zentral .O cmR.-A. zentral . 43,2 cm R.-A. Mitte „. 21,5,» .,. .25,3cmR.-A. Mitte. 2469... Du Scma periphernslean N; peripher . 46,8 „ ,, 938 p. m. R-+m/500 Nil], + m/100 Cadll,. 20. XII. 1919. 20. XII. 1919. 10h 52° a. m. 10% 55’ a. m. indirekt direkt indirekt direkt zentral . O emR.-A. zentral . 32,4 cm R.-A. Mitte ..:.,.0 %,,89,,.20822, lemiBR.-A. ı Mitten Sale 0 Be OT peripher . 12,8 ‚, bE) peripher . 31,6 ;, , Die für das Nickel angegebenen Schwellenwerte sind nicht sehr genau, da das Nickel außerordentlich giftig ist, und häufig im Anschluß an eine Reizung einige Sekunden dauernde spontane Zuckungen auftreten. Versuch 14. Hexamminkobaltichlorid, Caleiumchlorid. 8. I. 1919. 4% 10° p. m. Ringer- lösung. 5h 38’ p. m. R-+m/1000 Hexam- minkobaltichlorid + m/100 CaC],. 4h 16° p. m. 6h 38° p. m. indirekt direkt indirekt direkt zentral . 70,3 em R.-A. zentral . O0 cmR.-A. Mitte. „74,1. „7 893,8:Cm-R.-Ar Mitte, 2032, 0 082, maR EN peripher . 52,4 „ ,„ peripher . 32,2 „ 4h 2)’ p.m. R+ m/1000 Hex: 7h 25’ p. m. amminkobaltichlorid. indirekt „ direkt 5h 24° p.m. zentral .O cmR.-A. indirekt direkt Mitten... 220 72 SAEHREN zentral . O cmR.-A. peripher . 144 „ ,„ Mitte ..0 „ ,..344cmR.-A. peripner nun ara I yll Mu ' ll + . Mg #M/gg Sr Abb.1. Nach kurzem Aufenthalt in Ringerlösung kommt das Herz in Ringerlösung + m/50MgCl,, wo es nach ca. 48° erlahmt; es erholt sich danach in Ringerlösung + m/50 MgCl, + m/100 StCl,. Wie hiernach bei der Wirkung auf die Synapse des Nerv- Muskelpräparats das das Magnesium kompensierende Cal- eium durch Strontium und Barium vertreten werden kann, soistesnun auch bei der Wirkung auf, »uto mapinehe Organe der Fall. Am Herzen hört bei Zusatz von m/50 Mecl, zur Ringerlösung Zur Theorie der Magnesiumnarkose. S9 Danach durch überführt, wo er sofort erlahmt. später erlahmt der Darm von neuem. in Ringerlösung + m/50 MgCl, Ringerlösung völlige Restitution. Mr N anfänglich gute Erholung; Cl;: = Q AS R IS Q RS N x Nach längerem Verweilen in Ringerlösung wird der Darm b) Nach 45’ in Ringerlösung + m/50 MgCl, + m/100 Sr Abb. das spontane Schlagen des Herzens auf, und auch die elektrische Erreg- barkeit sinkt ab. Bei Zusatz von m/100 SrCl, steigt die elektrische Erregbarkeit wieder an. Abb. 1 illustriert dieses Verhalten. m/500 BaCl, wirkt genau so wie m/100 SrCl,. Abb. 2 illustriert das entsprechende Verhalten des Darms; Zu- 90 E. Wiechmann: satz von m/50 MsCl, zur Nährflüssigkeit sistiert augenblicklich die Pendelbewegungen, die aber bei weiterem Zusatz von m/100 SrCl, so- fort wiederkehren. Auf den Muskelring vom Magen wirkt m/200 MgCl, lähmend, aber diese Lähmung kann durch m/200 SrCl, zum Teil kompensiert werden. Mit m/500 BaCl, erzielt man den gleichen Effekt wie mit m/200 SrÜl;. Greifen wir nun noch einmal auf den ursprünglichen Nachweis der Magnesiumnarkose durch Meltzer zurück, in dem es sich um die Folgen der intravenösen Injektion beim ganzen Tier handelte. Die eben geschilderten Versuche legten es nahe, nun ebenfalls am ganzen Tier das Calcium durch andere zweiwertige Kationen zu ersetzen. Die Versuche wurden so ausgeführt, daß zwei ungefähr gleichschwere Frösche zu gleicher Zeit Injektionen in den ventralen oder dorsalen Lymphsack erhielten. Meine Versuche bestätigten Meltzers Befunde am Kaninchen hinsichtlich des Antagonismus zwischen Mg und Ca. Bei der Magnesiumnarkose am Kaninchen kann aber nach Starkenstein!) das Strontium das Caleium nicht ersetzen, und auch Meltzer?) sagt, daß das Strontium keinerlei antagonistische Wirkungen auf die Magnesiumhemmung ausübt. Meine Befunde am Frosch stehen im Gegensatz dazu. Das Strontium kann, wie das folgende Versuchsbeispiel zeigt, das Calcium ebenso wie in den übrigen bisherigen Versuchen weitgehend vertreten. Versuch 15a. 71 45’p. m. Frosch erhält 0,6 cem 10 proz. MgSO,-Lösung in den ventralen Lymphsack und zugleich 0,6 ccm 10proz. SrCl, - Lösung in den dorsalen Lymphsack. 8h 10’ p. m. Frosch bleibt auf dem Rücken liegen, macht aber Umdrehver- suche, die mißlingen. Springt beim Kneifen und auch spontan; bei Bauchlage strampelt er und dreht sich auf Kneifen um. sh 35° p. m. unverändert. 9h 45’ a.m. am nächsten Morgen normal. Versuch 15b, 70 40’ p. m. Frosch von gleichem Gewicht, wie in Versuch 20a, erhält 0,6 cem 10 proz. MgSO, - Lösung in den ventralen Lymphsack. 86 5’ p. m. bleibt. regungslos auf dem Rücken liegen. Bei starkem Kneifen nur schwaches Zucken. Cornealreflex positiv. Atmung gut. Herzschlag gut sicht- bar. 8h 30’ p. m. Reflexlos. Atmung gut. Herzschlag deutlich sichtbar. 9 45° a. m. Am nächsten Morgen träge. Springt nicht spontan, aber bei Kneifen. Umdrehreflex nicht immer positiv, Cornealreflex positiv. Atmung gut, Herzschlag deutlich sichtbar. 1) Starkenstein, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 9%, 45. 1912. 2) loc. cit. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 91 Meine Versuche zeigen weiter, daß wie bei der Wirkung auf die Synapse des Nerv-Muskelpräparats so auch bei der auf automatische Organe Magnesium durch andere zweiwertige Kationen vertreten werden kann. Beim Herzen hört auf Zusatz von m/300 CoCl, oder m/300 MnCl, das spontane Schlagen augenblicklich auf, und auch die elektrische ll ER “ u Abh.3. Nach Verweilen in Ringerlösung kommt das Herz in Ringerlösung + m/300 CoQ],; . Nach 46’ ist es vollkommen gelähmt. In Ringerlösung + m/300 CoCl, + m/100 CaC], tritt darauf Erholung ein. al id pi: IN AIR REN NEN, | EEE: ; 1 N A £ 7 keit ie o BR Abb.4. Nach längerem Verweilen in Ringerlösung kommt das Herz in Ringerlösung + m/300 MnCl;, wo es schnell erlahmt. Danach in Ringerlösung + m/300 MnCl, + m/100 CaCl], : Erholung. Erregbarkeit sinkt ab. Auf Zusatz von m/100 CaCl, steigt die elektrische Erregbarkeit sofort wieder an. Dieses Verhalten wird durch Abb. 3 und 4 dargelest. m/500 NiCl, wirkt ebenfalls lähmend auf das Herz, aber auch hier kann diese Lähmung durch m/100 CaCl, oder m/100 SrCl, teilweise auf- gehoben werden. Hinsichtlich der Wirkung des Hexamminkobaltichlorids auf das Herz weichen meine Ergebnisse von denen Bocks!) ab. Nach Bock übt das Hexamminkobaltichlorid keine hervortretende Wirkung auf das isolierte Kaninchenherz aus. Meine Versuche haben hingegen er- !) J. Bock, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 52, 1. 1905. 92 E. Wiechmann: geben, daß m/100 Hexamminkobaltichlorid nicht nur das spontane Schlagen des Herzens sistiert, sondern daß äuch die elektrische Er- regbarkeit absinkt. m/100 CaCl,, m/100 SrCl, und m/500 BaCl, machen Abb.5. Nach einigem Verweilen in Ringerlösung kommt das Herz in Ringerlösung + m/100 [Co(NH,),]Cl;, und wird darin in 88’ fast gelähmt. Danach Erholung in Ringerlösung + m/100 [Co(NH;3) Cl,]; + m/100 CaCl], . dagegen die erzeugte Lähmung rückgängig; nicht nur die elektrische Erreg- barkeit steigt wieder an, sondern auch das spontane Schlagen kehrt auf ihren Zusatz prompt zurück. Die Abb. 5 und 6 geben dafür Beispiele. Ähnliche Verhältnisse ergaben die Versuche am Magenmuskelring. m/400 CoCl, wirkt lähmend, aber diese Lähmung kann durch m/200 SrCl,;, kompen- siert werden (s. Abb. 7). m/400 MnC], wirkt eben- falls lähmend auf den Abb.6. Nach längerem Verweilen in Ringerlösung kommt Magen ;hier wird dieLäh- dasHerzin Ringerlösung + m/100 [Co(NH;3),] Cl; , wo es schnell = selähmt wird. Dann in Ringerlösung + m/100 [Co(NB;];Clz; u53 durch m/200 Call, + m/500 BaCl,: Erholung. _ oder m/200 SrCl, ant- agonistisch beeinflußt. Auch durch m/400 Hexamminkobaltichlorid kann eine Lähmung her- vorgerufen werden, die durch m/120 CaCl,, m/100 SrCl, und m/1000 BaCl, teilweise kompensiert werden kann. An Stelle des Hexamminkobaltichlorids habe ich auch noch ein anderes dreiwertiges Kobaltkomplexsalz, das Triäthylendiaminkobalti- chlorid!), verwendet. m/400 dieses Salzes ruft am Magen eine Lähmung 1) Siehe R. Höber, Arch. f. d. ges. Physiol. 166, 531. 1917. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 93 hervor,‘ die durch m/200 SrCl, teilweise aufgehoben werden kann. Schließlich sei noch die in diesem Zusammenhang auffällige Tatsache erwähnt, daß die durch MsCl, am Magen hervorgerufene Lähmung auch durch m/400 CoCl, schwach, aber deutlich kompensiert werden kann. Auch bei der Wirkung auf den Darm kann das Magnesium ver- treten werden. Wegen des kostspieligen Materials konnten diese Ver- suche aber leider nicht soweit ausgedehnt werden, wie bei den anderen automatischen Organen. Abb. 8 zeigt, daß m/300 MnCl], vollständig die Pendelbewegungen des Darmssistiert ;sie kehren jedoch auf Zusatz von m/100CaCl, sofort wieder. Abb.7. Nachdem der Muskelring vom Froschmagen eine Weile in Ringerlösung gereizt ist, kommt er in Ringerlösung + m/400 CoC]; : nach 25’ ist fast vollkommene Lähmung eingetreten. Dann in Ringerlösung + m/400 CoCl; + m/200 SrCl;,. Darauf schnell eintretende Erholung. Auch durch m/100 Hexamminkobaltichlorid wird eine Lähmung des Darms herbeigeführt, die durch Zusatz von m/100 SrCl, fast augen- blicklich aufgehoben wird (Abb. 9). Schließlich läßt sich auch in der a auf das ganze Mier das Magnesium durch Hexamminkobaltichlorid vertreten ; das Kobaltiak- salz erzeugt einen Hemmungszustand, der durch Caleium und Strontium aufgehoben werden kann. Das folgende Versuchsprotokoll soll dieses veranschaulichen. Versuch 16. Hexamminkobaltichlorid. a) 8. IX. 1919. Esculenta, weiblich, Gewicht 41 = 6% 15° p. m. 0,2 ccm 1 proz. [Co(NH SHICH, -Lösung in den ventralen Lymphsack. 6h 30’ p. m. Liegt schlapp da, reagiert nicht auf Kneifen. Umdrehreflex nega- tiv, Cornealreflex positiv. Berechlag verlangsamt, Atmung sehr verlangsamt, zeitweise aussetzend. | 94 3 E. Wiechmann: 6645’ p. m. Reagiert nicht auf Kneifen, Umdrehreflex negativ. 'Corneal- reflex positiv. Herzschlag gut. 8% 10’ p. m. Reagiert nicht auf Kneifen. Umdrehreflex negativ, Corneal- reflex positiv. Eiereschlae gut, Atmung zeitweilig aussetzend. 9. IX.1919. 10h 30’a.m. Rea- giert auf Kneifen. Untere Extremi- täten scheinen gelähmt zu sein. Um- drehreflex negativ. Herz und At- mung gut. 12h ]’ p. m. Umdrehreflex auf Kneifen positiv. Versucht spontane Bewegungen. Herz und Atmung gut. b) 8. IX. 1919. Esculenta, weib- lich, 43 g. 66167: p. m. 0,2 ccm 1. proz. [Co(NH;3),]Cl;- und 0,65 ccm 5proz. CaCl,-Lösung in den ventralen Lymphsack. 6% 30’ p. m. Reagiert auf Knei- fen. Springt 5em weit. Umdreh- reflex positiv, Cornealreflex positiv. Herz und Atmung gut. 6% 45’ p. m. Macht spontane Bewegungen. Versucht zu sprin- gen. Reagiert sofort. auf Kneifen. Umdrehreflex positiv. Herz und Atmung gut. 8% 10’p. m. vollkommen normal. c) 8. IX. 1919. Eseulenta, weib- lich, 45 g. 6h 17’ p. m. 0,2 cem 1 proz. [Co(NH,),]Cl,-Lösung und 0,6 cem 1Oproz. SrCl,-Lösung in den ven- tralen Lymphsack. 6% 30’p.m. Machtspontankleine Bewegungen. Umdrehreflex positiv, Cornealreflex positiv. Herz und Atmung gut. 61 45’p. m. Bewegt sich spon- Abb.8. Nach einigem Verweilen in Ringerlösung tan, versucht zu springen. Umdreh- kommt der Darm in Ringerlösung + m/300MnCl, reflex positiv. Herz und Atmung worauf sofort Lähmung eintritt. Nach 40’ in Ringer- gu t lösung + m/300 MnCl, + m/100 CaCl,: bald ein- setzende Erholung, 8 10° p. m. Vollkommen normal. Auch Kobalt- und Manganchlorür erzeugen am ganzen Frosch eine Lähmung, aber diese kann durch Calcium und Strontium nicht be- seitigt werden. III. Kolloidehemische Analoga zu den physiologischen Untersuchungen. Die auf den vorangegangenen Seiten geschilderten Versuche haben gezeigt, daß bei der sog. Magnesiumnarkose das Magnesium mit einer Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 95 gewissen Regelmäßigkeit durch Kobalt, Mangan, Nickel und Hexammin- kobalt vertreten werden kann. Die große Rolle, die das Calcium bei der sog. Magnesiumnarkose spielt, ließ den Gedanken auftauchen, ob sich vielleicht die Wirkung des Magnesiums ebenfalls als eine kolloid- chemische auffassen ließe, so wie es für das Calcium durch Höber Abb.9. Nach längerem Verweilen in Ringerlösung kommt der Darm in Ringerlösung + m/100 [Co(NH;),]Cl;. Sofortige Lähmung. Nach 50° in Ringerlösung + m/100 [Co(NH;3);]Cl; + m/100 StCl, : Erholung. wahrscheinlich gemacht worden ist. Ich habe deswegen‘ den Versuch gemacht, durch Untersuchungen an kolloidem Substrat Parallelen für die physiologischen Beobachtungen aufzufinden. Ich benutzte dazu fein zerschnittene Froschmuskulatur, die den Gesetzen der Semi- permeabilität natürlich nicht mehr folgte, und ging nach folgender Methode !) vor: Gleich große, gewogene Mengen möglichst fein zer- schnittener Froschmuskulatur wurden in Bechergläsern, die Mg-, Co-, 1) Vgl. O. Meyerhof, Arch. f. d. ges. Physiol. 1%5, 20. 1919. 96 | E. Wiechmann: Mn-, Ni-, Hex-, Ca-, Sr-, Ba-Lösungen oder Kombinationen von je zwei der genannten Lösungen enthielten, verrührt; nach einer Stunde wurde das Wasser aus der Suspension durch ein gehärtetes Filter auf einer Nutsche abgesaugt, und das Gewicht wieder festgestellt. Als Ausgangs- menge verwandte ich bei meinen Untersuchungen regelmäßig 2,0 g. Aus der großen Reihe der von mir angestellten Untersuchungen er- gab sich, daß bei bestimmten Konzentrationen Mg, Co, Ni, Hex auf die fein zerschnittene Froschmuskulatur quellend, Ca,Sr, Ba dagegenentquellend wirken. BeiKombinationen aus den beiden Gruppen liegen die Gewichtswerte zwischen den Werten für die einzelnen Kationen. Nur das Mangan fällt aus der Reihe; in MnCl,-Lösung verändert fein zerschnittene Frosch- muskulatur ihr Gewicht kaum. Verhalten des Gewichts fein zerschnittener Froschmuskulatur in Salzlösungen. Ausgangsgewicht 2,0 9. Nach einer Stunde Nach einer Stunde Aqua, dest re 2,558 mLOORMEC ee 2,368 1m 9007 CaC re 1,528 m/100LCOC Fe ee: 2,128 m/10002 Game 1,64 g m/1000 MnCl,. . . . . . 1,94g ın/S00FSTEISEr Te uralte m O00SNICH rm 22300 m/10005SE@h Er rer 1,85 g m/100 [Co(NH,);]Cl, . -. . 2,488 1m/5007 Ba@lu pr Bere 1,758 n/1000Ba@lE sg Nach einer Stunde m/3001CaCh =7 m 100ANEOT 1,79g m/30058rC1, 1 mL00,ME EI Er re 2,07 8 m//300BaCl, ; m/1007Ms@, 7.7 7ER er 1,95 8 m/500"CaCl, --m/100200015 77 - Urs er 1,74 g m/o00/SrCl, 1 ,m/100/C0@lE 2 rer 1,86 g m/o00"Ba@ls my 1005CS@CH rege 1,93g m/1000.C2C1, 2 m/1000RNOhFL 1,758 m/100025r.01,-2m/10002NI Een rege 2,018 m/1000 BaCl, + m/1000 NiCl,. . -.. 2 ..... 1,91g m/500 CaCl, + m/100 [Co(NH,)eJCl; . .». » .». . . . 1,85 8 m/500 SrCl,;, + m/100 [Co(NH3) Cl; - - » » .. . 2,18g m/500 BaCl, + m/100 [Co(NH,), Cl, . ...... 2,31g Diese Ergebnisse können wohl, obgleich es sich um unphysiologische Gesamtkonzentrationen handelt, als ein Argument zugunsten einer koloidchemischen Theorie der beschriebenen physiologischen Vorgänge angesehen werden. Loeb!) hat an intakten Muskeln schon ähnliche Versuche angestellt. Aus diesen ergibt sich, daß Lösungen von CaCl,, SrCl,, BaCl,, CoCl,, MnCl,, welche mit einer 0,7 proz. NaCl-Lösung äquimolekular sind, in gleicher Weise einen starken Wasserverlust des 1) Loeb, Arch. f. d. ges. Physiol. %5, 303. 1899. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 97 Muskels bedingen, während eine entsprechende MsCl,-Lösung viel schwächer wirkt. Diese von den meinigen abweichenden Befunde sind leicht erklärlich, da es sich bei seinen Versuchen um intakte Mus- keln handelt, die den Gesetzen der Semipermeabilität folgen, während ich meine Versuche an fein zerschnittener Muskulatur, bei der osmotische Einflüsse nicht in Betracht kommen, anstellte. In neuester Zeit hat Neuschlosz!) durch Untersuchungen über den Einfluß der Kationen auf die Oberflächenspannung des Lecithinsols dem Wesen des Ionen- antagonismus näher zu kommen gesucht. Hier interessiert aus seinen Untersuchun- gen nur der Antagonismus zwischen Magnesium- und Caleiumionen. Neuschlosz hat gefunden, daß bei dem Verhältnis Ca/Mg = 1 die Wirkungen der Ionen einander völlig aufheben, so daß das Gemisch sich so verhält, als ob die Salze gar nicht vorhanden wären. — Ich habe versucht, die Befunde von Neuschlosz zu reproduzieren, um daran Versuche über die Vertretbarkeit durch andere Kationen anzuschließen. Das ist mir jedoch nicht geglückt. Es mag daran liegen, daß Neu- schlosz ein Leeithinpräparat von Poulene verwandte, das mir nicht zur Ver- fügung stand. IV. Die Wirkung des Magnesiums auf pflanzliche Gewebe. Ich habe eben die physiologische Magnesiumwirkung auf ein kolloid- chemisches Analogon zurückzuführen versucht. Daß aber auch eine chemische Komponente dabei in Betracht gezogen werden kann, darauf weisen Versuche von Hansteen?) an Pflanzen mit großer Deutlichkeit hin. Schon oben hatte ich hervorgehoben, daß bereits Boehm?) im Jahre 1875 auf die Bedeutung des Antagonismus zwischen Mg- und Ca-Ionen für die Pflanzen hingewiesen hat. Nach Hansteens Unter- suchungen muß man annehmen, daß die Erkrankung einer Pflanze in einem kalkfreien resp. ihre normale Entwicklung in einem kalk- haltigen Msdium in erster Linie nicht auf Innen-, sondern auf Ober- flächenwirkungen beruht, d.h. der Kalk ist vor allem deshalb für die kalkbedürftige Pflanze notwendig, weil er eine Bedingung für die normale Ausbildung und die erforderliche Erhaltung der Zellwände und der Zellverbände ist. Demgemäß muß bei Pflanzen, die in einem Medium von reinem Mg- oder reinem K-Salz sich befinden, die Erhaltung der Zellwände und der Zellverbände Not leiden. Osmotische Druckver- hältnisse können nach Hansteen hierbei gar nicht in Betracht kommen, und auch die Natur der Anionen ist von unwesentlicher Bedeutung. Die Zellwände physiologisch tätiger Pflanzenzellen enthalten nach Hansteen ohne Ausnahme neben Cellulose und Pektinsubstanzen ‚ *) Neuschlosz, Arch. f. d. ges. Physiol. 181, 17, 1920. 2) Hansteen, Jahrbücher f. wiss. Botanik 47, 289. 1910 und 53, 536. 1914. 3) loc. cit.; siehe dazu auch: O. Loew, Landw. Jahrb. 31, 561. 1902 und 35, 527. 1906. Flora %5, 368. 1892. — Maschhaupt, Over antagonistische werkingen van zouten bij planten. Verslagen van Landbouwkundige onderzoekingen der Bi landbouwproefstations, Nr. 19,. 1916. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. m 98 E. Wiechmann: auch gewisse lipoide Bestandteile in Form von leicht verseifbaren Fettsäuren neben kleineren Mengen von nicht verseifbaren, phyto- sterinartigen Stoffen. Die Zellwände junger Wurzelzellen werden nun durch eine reine Mg-Salzlösung zerstört, und dabei tritt immer der- selbe Prozeß in Erscheinung: die Zellwände quellen auf, werden ver- flüssigt und gelöst und geben an die schädliche Lösung Stoffe ab, die immer denselben chemischen Körperklassen, nämlich den Pektinstoffen, den Fettsäuren und den Phytosterinen angehören. Hansteen faßt daher die jugendliche, funktionstüchtige Zellwand als einen Hydrogel- komplex auf, dessen feste Phase aus den hydrophilen Kolloiden Cellu- lose + Pektin + kolloiden Seifen zusammengesetzt ist. Was nun die - angedeutete chemische Natur der Magnesiumwirkung anlangt, so hat Hansteen gezeigt, daß die Kolloide der Zellwände mit gewissen Ionen in bestimmten gegenseitigen Mengenverhältnissen in Verbindung treten müssen, damit die Zellwände ihren richtigen Gelzustand be- kommen. Darauf weisen auch Kreftings!) Angaben hin, daß die als eine Pektinsäure anzusehende Tangsäure, welche sich in der Inter- zellularsubstanz der Braunalgen findet, mit Kalk und Barium un- lösbare, mit Kalium, Natrium, überhaupt mit den Alkalisalzen sowie mit Magnesium in kaltem und warmem Wasser dagegen sehr leicht lösliche Verbindungen bildet. Mit Kalium und Magnesium bildet die Tangsäure leicht lösbare, mit Kalium und Kalk oder mit Magnesium und Kalk dagegen schwer lösliche Doppelsalze. Danach muß man vermuten, daß die Zerstörung der Zellwände, die in reinen Lösungen von Magnesium- und Kaliumsalzen stattfindet, darauf beruht, daß diese Salze mit den Wandbestandteilen lösliche chemische Verbindungen bilden. Die Erscheinung dagegen, daß in Lösungen, die diese Salze und Kalksalze in bestimmten Mengenver- hältnissen enthalten, die Zellwände ihre normale feste Konsistenz be- halten, ist so zu deuten, daß es sich nunmehr um die Bildung von unlöslichen chemischen Verbindungen mit den Wandbestandteilen handelt. Demnach könnte man die hier geschilderten Versuche auch so deuten, daß bei der Magnesiumwirkung eine chemische Komponente eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Jedenfalls wird es durch den Anta- gonismus zwischen Magnesium und Calcium nahegelegt, nun auch an Pflanzen zu versuchen, wieweit da eine Vertretbarkeit des Magnesiums und Calciums durch andere zweiwertige Kationen möglich ist. Ich habe auch solche Untersuchungen angestellt und bin dabei im allgemeinen nach der von Hansteen?) angegebenen Versuchsanordnung vor- gegangen. Als Objekt zu den Versuchen diente mir Gerste, die mir !) Krefting, vgl. Hansteen, loc. cit. 2) Hansteen, Jahrb. f. wiss. Botanik 4%, 291. 1910. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. | 99° in liebenswürdiger Weise vom hiesigen Landwirtschaftlichen Institut zur Verfügung gestellt war. Die Versuchszeit betrug regelmäßig nur 10 Tage. Eine Erneuerung der Kulturlösungen, wie es Hansteen getan hat, wurde nicht vorgenommen. Auf Trockenbestimmungen der produzierten Pflanzensubstanz, wie es von Hansteen geschehen ist, habe ich ebenfalls verzichtet und nur auf morphologische Eigen- tümlichkeiten geachtet. Als Kriterium für die Art der Salzwirkung wurde vor allem die Ausbildung der Wurzelhaare gewählt, denn nach den Angaben Hansteens kommt es bei der Anlage und dem Wachstum von Wurzelhaaren in erster Linie auf eine ausgiebige Zell- wandbildung an. Hansteen hat schon gezeigt, und ich konnte es bestätigen, daß Calciumsalze fördernd, Kalium- und Magnesiumsalze dagegen hemmend auf die Ausbildung der Wurzelhaare wirken. Auch in destilliertem Wasser findet eine Ausbildung von Wurzelhaaren nicht oder kaum statt. Meine Versuche zeigen nun, daß hinsichtlich der Ausbildung der W.urzelhaare Co, Mn, Ni, Sr, Ba sich mehr oder weniger deutlich wie Ca verhalten, während Hex sich wie K oder Mg verhält. Ferner wird der hemmende Einfluß des K und Mg auf die Ausbildung der Wurzelhaare durch Ca, Sr, Ba, Co, Mn, Ni antagonistisch beeinflußt. Dagegen gelang nicht die Kompensation des Hex durch Ca. Wegen Raummangels kann ich hier nur wenige Versuche zum Be- leg anführen: Versuch 17. 16. bis 26. IX. 1919. Bei Beginn der Versuche durchschnittliche Länge der Keimwurzel 4,0 und der Plumula 4,75 cm. Mittlere tägliche Temperatur 14°, extreme Temperaturen 12° und 16°C. Nach 10 Tagen > l. Destilliertes Wasser. Blattentwicklung: Länge 7,9—14,1 cm, von hellgrüner Farbe, flach ausgebreitet. Wurzeln: Länge der Keimwurzel 4,8—6 cm, ziemlich diek, nicht von ganz rein weißer Farbe. Wurzelhaare nur an ganz vereinzelten Selle. ausge- bildet. Keine Seitenwurzeln. 2. m/100 Kaliumnitrat. Blattentwicklung: Länge 12,5—15,2 cm. Dunkel- grün, stark turgescent. Wurzeln: Länge 7,2—8 cm, dick, teilweise etwas gelb-bräunlich gefärbt. Seitenwurzeln augedeutet, Wurzelhaare an den meisten Stellen sehr kurz oder ganz fehlend. 3. m/100 Magnesiumnitrat. Blattentwicklung: Länge 7,5—8,7 cm, dunkel- grün, der Länge nach zusammengerollt. Wurzeln: Länge 5,1—5,4 cm; dick, von gelblich-weißer Farbe. Mit äußerst schlecht entwickelten Wurzelhaaren. Keine Seitenwurzeln. 4. m/200 Kobaltchlorür. Blattentwicklung: Länge 4,75 cm, vertrocknet, 7* 100 | E. Wiechmann: Wurzeln: Länge 4,0—6,5 cm. Von gelb-weißer Farbe. Wurzelspitzen kaum verdickt, etwas bräunlich. Wurzelhaare fast überall gleichmäßig schön ausgebildet. Seitenwurzeln angedeutet. 5. m/400 Manganchlorür. Blattentwicklung: Länge 9,8—11,9cm. Dunkel- grün mit bräunlichem Einschlag, nicht vertrocknet, zusammengerollt. Wurzeln: Länge 4,0 cm. Keine glatten Konturen, braungelb gefärbt. Keine Seitenwurzeln. Überall ganz schöne Wurzelhaare. 6. m/100 Kaliumnitrat + m/200 Kobaltchlorür. Blattentwicklung: Länge 5,5 cm, vertrocknet, bräunlich. | Wurzeln: Länge 4,5 cm; gelb-weiß, Wurzelspitzen verdickt, Bräunlich. Keine Seitenwurzeln. Wurzelhaare überall bis auf die Spitzen gut ausge- bildet, in den oberen Partien einen filzartigen Eindruck machend. Deutlicher Unterschied gegenüber Nr. 2. 7. m/100 Kaliumnitrat + m/100 Manganchlorür. Blattentwicklung: Länge 14,5 cm. Von dunkelgrüner Farbe, gut turgescent, etwas zusammengerollt. Wurzeln: Länge 4,0 cm, gelb-braun, streckenweise tiefbraun gefärbt. Keine glatten Konturen. Wurzelhaare überall gut ausgebildet, streckenweise in Form eines diehten Filzes. 8. m/100Magnesiumnitrat + m/200 Kobaltchlorür. Pan Länge 5,0 em, vollkommen vertrocknet. Wurzeln: Länge 4,0—4,5 cm; etwas dick, gelb-weiß, streckenweise gelb- bräunlich gefärbt. Wurzelhaare überall gleichmäßig schön a usgebildet. Keine Seitenwurzeln. 9. m/100 Magnesiumnitrat + m/400 Manganchlorür. Blattentwicklung Länge 10,7—11,0 em; etwas vertrocknet aussehend, hellgrün, etwas zusammen- gerollt. Wurzeln: Länge 4,5 cm. Keine glatten Konturen. Von gelbweißer, stellen- weise bräunlicher Färbung. Wurzelhaare überall gleichmäßig gut aus- gebildet, teilweise etwas verfilzt. 10. m/200 Hexamminkobaltichlorid. Blattentwicklung: Länge 4,75 cm. Vertrocknet aussehend, von braun-grünlicher Farbe. Wurzeln: 4,0 cm lang. Etwas gelblich eh Spitzen bräunlich, en Keine Wurzelhaare. 11. m/200.Hexamminkobaltichlorid + m/100 Caleiumchlorid. Blatt- entwicklung: Länge 6,5—7,5 cm, von gelb-grüner Farbe, ohne Turgor. Wurzeln: Deinzs 4,0 cm. Dick, ‚gelb- weiß mit bräunlichem Einschlag. An ganz vereinzelten Stellen wenig Wurzelhaare. 12. m/200 Hexamminkobaltiechlorid + m/100 Magnesiumchlorid. Blattentwicklung: Länge 6,0—7,0 cm, vertrocknet. Wurzeln: Länge 4,0 cm. Dick, gelb-weiß mit bräunlichem Einschlag. Wurzel- haare an vereinzelten Stellen eben angedeutet. Wir erhalten demnach ein Resultat, das nur schwer an die Besul- tate der tierphysiologischen Untersuchungen anzuschließen ist. Während bei diesen Ca, Sr, Ba auf der einen, Mg, Hex, Co, Ni, Mn auf der anderen Seite stehen, finden wir hier, daß von mehrwertigen Kationen nur Hex dem Mg ähnlich wirkt, während deren Antagonisten durch Ca, Sr, Ba, Co, Mn, Ni repräsentiert sind. Könnte man vom Hex absehen, so könnte man in dem Ergebnis einen neuen Ausdruck der Wertigkeitsregel der Kolloidchemiker erblicken; denn die Mg-Salze weichen in ihrem chemischen und physikochemischen Verhalten von den Erdalkalien Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 101 stark ab und ähneln in mehrfacher Hinsicht den Alkalien !). Anderer- seits bleibt zunächst auch möglich, dem Ergebnis eine chemische Deutung zu geben, indem man annimmt, daß Hex ähnlich wie Mg mit den Wandbestandteilen der Wurzelhaarzellen lösliche, die busen Ionen unlösliche Verbindungen eingehen. V. Die Theorie der Magnesiumwirkung. Lassen wir noch einmal die auf den vorangegangenen Seiten ge- schilderten Versuche an unserem Auge vorüberziehen, so lenkt vor allem die enge Beziehung, die das Magnesiumion zu dem Calciumion hat, die Aufmerksamkeit auf sich. Wir sahen, daß das Magnesium besonders leicht an der Synapse des Nerv-Muskelpräparats und an den automatischen Organen, wie Herz, Magen, Darm angreift. An diesen Stellen kann es auch immer in seiner Wirkung durch Calcium kompensiert werden, während bei den Muskeln, die vom Mg weniger leicht gelähmt werden, das Ca die Mg- Wirkung auch nicht zu kompensieren vermag. Man hat bisher öfter von einer curareartigen Wirkung des Magnesiums gesprochen. Ich glaube, daß man diese Ansicht nicht aufrecht erhalten sollte, denn abgesehen davon, daß das Curare im Gegensatz zum Magnesium in _ erster Linie auf die Skelettmuskulatur wirkt — jedenfalls sind über den Einfluß des Curare auf die glatte Muskulatur die Ansichten ge- teilt — so ist auch von einem Antagonismus zwischen Curare und Caleium bisher nichts bekannt geworden?). Für die Annahme einer Wirkung des Magnesiums auf die Verbindung zwischen Nerv und Muskel spricht auch, daß nach den Angaben Tullbergs®) und Reden- baughs?) sich bei Aktinien und Anneliden, die beide ein Nerven- system besitzen, mit Magnesium leicht eine Narkose hervorrufen läßt; Infusorien (Opalina ranarum), die kein Nervengewebe enthalten, sind dagegen, wie ich gefunden habe, gegenüber Magnesium außerordent- lich resistent. 1) Vgl. R. Höber, Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe. 4. Aufl. S. 546. 1914. 2) Allerdings ist zuzugeben, daß dem Antagonismus Curare-Physostigmin ein Antagonismus Magnesium-Physostigmin entspricht. Letzterer macht sich nach Meltzer (loc. eit.) nur hinsichtlich der durch Magnesiuminjektionen bedrohten Atmung geltend, während er bei den anderen Effekten des Magnesiums kaum in Erscheinung tritt. Nach Starkenstein (Zentralbl. f. Physiol. 28, 63. 1914) ist dagegen Physostigmin in gleicher Weise imstande durch Curare und durch Magne- sium gelähmte Kaninchen zu erwecken. ®) Tullberg, Arch. de Zool. Exper. et Gener. 2. Serie 10, 11. 1892. #2) Redenbaugh, Amer.natural. 29, 399. 1895 und Journ. R. mier. soc. Lon- don 1895, S. 385, zit. nach Lee und Mayer, Grundzüge der mikroskop. Technik. Berlin 1898, S. 15. 102 E. Wiechmann: Ich bin geneigt anzunehmen, daß das Magnesium bei der Magnesium- narkose selektiv die Synapse als Angriffspunkt bevorzugt und stelle mir dementsprechend vor, daß bei der Magnesiumwirkung auf das Herz die Verbindung zwischen Reizleitungssystem und Muskulatur als An- griffspunkt des Magnesiums anzusehen ist. Für die Magnesiumwirkung auf das Zentralnervensystem wäre anzunehmen, daß dabei eine Art Kittsubstanz zwischen zwei Neuronen als Angriffspunkt in Betracht kommt. Was die gegenseitige Vertretbarkeit der Kationen bei der Magnesium- narkose anbetrifft, so war von vornherein vielleicht zu erwarten, daß sich nach der Wertigkeitsregel das Ca durch Sr, Ba, Co, Mn, Ni und Hex vertreten lassen würde. Daß dabei das Mg als Antagonist des Ca auftrat, ließ sich allenfalls mit seiner chemischen Grenzstellung zwischen Erdalkalien und Alkalien und seinen eigenartigen Dissoziationsver- hältnissen erklären. Annähernd gilt die Wertigkeitsregel nun auch wirklich nach meinen Versuchen bei den Pflanzen. Dort läßt sich das Ca durch Sr, Ba, Co, Mn, Ni vertreten, während sich nur das Hex als Vertreter des Mg zeigt. Aber ganz anders ist die Vertretbarkeit bei meinen eigentlichen Untersuchungen über die Magnesiumnarkose. In seiner Wirkung auf die Synapse des Nerv-Muskelpräparats, auf Herz, Magen und Darm kann das Mg fast regelmäßig durch Co, Mn, Ni und Hex, das Ca in seinen antagonistischen Eigenschaften gegenüber dem Mg ebenfalls fast regelmäßig durch Sr und Ba vertreten. werden. Es ist danach schwer, zu entscheiden, wie weit es sich bei der Magne- siumwirkung um kolloidchemische, wie weit um chemische Vorgänge handelt. Die von mir an fein zerschnittener Froschmuskulatur an- gestellten Versuche deuten auf eine kolloidehemische Natur der Magne- siumwirkung hin. Nach ihnen könnte man sich vorstellen, daß es sich bei der Wirkung des Mg, Co, Ni und Hex um eine Quellung, bei der des Ca, Sr, Ba dagegen um eine Konsolidierung der kolloiden Kitt- substanz oder der kolloiden Plasmahäute handelt. Es bleibt noch die Frage übrig: wie kann man sich die narkotische Wirkung des Mg am Menschen vorstellen? Aus Analysen wissen wir, daß sich das Mg genau so wie das Ca im Blut und in der pericellulären Lymphe wie auch in allen Zellen findet. Wird nun Mg parenteral zu- geführt, so wird das Verhältnis zwischen Mg- und Ca-Ionen, wie es im Blutplasma vorhanden ist, gestört (Stransky). Hierdurch würde eine Änderung im Verhalten der Kolloide der Synapse herbeigeführt, und der Zustand, den man als Magnesiumnarkose bezeichnet, tritt ein. Wird später Ca zugeführt, so wird das Gleichgewicht zwischen Mg- und Ca-Ionen wiederhergestellt — die Narkose ist aufgehoben. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 103 Zusammenfassung. 1. Die Bezeichnung ‚Magnesiumnarkose‘“ ist sowohl vom physio- logischen als auch vom physikochemischen Standpunkt aus un- berechtigt. 2. Als Hauptangriffspunkt des Mg sind die Synapsen anzusehen. Das Mg wirkt nicht nur lähmend auf die Synapse des Nerv-Muskel- präparats, sondern auch auf automatische Organe wie Herz, Magen, Darm. Diese lähmende Wirkung des Mg wird immer durch Ca anta- gonistisch beeinflußt. Am Muskel ruft das Mg auch eine Lähmung hervor, aber hier kann sie nicht durch Ca aufgehoben werden. 3. In seiner lähmenden Wirkung auf die Synapse des Nerv-Muskel- präparats, auf Herz, Magen und Darm kann das Mg fast regelmäßig durch Co, Mn, Ni und durch das komplexe Kobaltsalz Hexamminkobalti- chlorid, das Ca in seinen antagonistischen Eigenschaften gegenüber dem Mg ebenfalls fast regelmäßig durch Sr und Ba vertreten werden. Am ganzen Frosch kann das Mg durch [Co(NH,),], das Ca durch Sr vertreten werden. 4. Die physiologischen Verhältnisse lassen sich einigermaßen modell- mäßig an fein zerschnittener Froschmuskulatur imitieren. Bei be- . stimmten Konzentrationen wirken Mg, Co, Ni, [Co(NH,),] quellend, Ca, Sr, Ba dagegen entquellend. Bei den Kombinationen zweier den beiden Gruppen angehörigen Ionen liegen die Gewichtswerte etwa in der Mitte zwischen den Werten für die einzelnen’ Kationen. 5. Nach Hansteen besteht bei Pflanzenwurzeln ein ausgesprochener Antagonismus zwischen Mg und Ca in dem Sinn, daß unter der Wirkung des Mg die Zellwände aufquellen und zerfallen, daß dagegen bei Ca- Zusatz die normale Festigkeit beibehalten wird. Es wird gezeigt, dab Hexamminkobalt auf die Wurzeln ähnlich wirkt wie Mg, während das Ca durch Sr, Ba, Co, Mn, Ni vertreten werden kann. 6. Eine Erklärung für alle diese Erscheinungen kann ebensowohl auf kolloidehemischer wie auf chemischer Basis gesucht werden. Zur Analyse der Caleiumwirkung. Von Rudolf Höber. (Aus dem Physiologischen Institut der Universität Kiel.) Mit 6 Textabbildungen. (Eingegangen am 9. März 1920.) Wenn heute die Frage aufgeworfen wird, wie man sich die Stö- rungen im physiologischen Verhalten erklären soll, welche durch Än- derungen im Elektrolytgehalt der Zellumgebungen hervorgerufen werden, so geben mancherlei Analogien in den Erscheinungen bei der Quellung und Fällung der Kolloide ein Recht, die physiologischen Elektrolytwirkungen als Wirkungen auf die Zellkolloide auszulegen. Es sind bisher hauptsächlich drei Gruppen von Beobachtungen, welchedie _ Grundlage für diese Auffassung bilden, nämlich erstens die Feststellung, daß der Einfluß der Anionen und Kationen der neutralen Alkalisalze auf Zellen und Gewebe sich nach den sog. Hofmeisterschen Reihen abstuft [Höber!), C. Schwarz?), Lillie®), Bethe*) und viele andere], zweitens, daß man, wie in der Kolloidchemie, so auch in der Physiologie von einer Wertigkeitsregel in den Ionenwirkungen sprechen kann [Loeb?°), Lillie®), Höber”’)], und drittens, daß derisoelektrische Punkt der Zellkolloide für die Existenz und Funktion der Zellen eine besondere Bedeutung hat [Michaelis und Takahashi®), Höber und Spaeth?) Jodlbauer und Haffner!)]. Die an zweiter Stelle angeführten Beob- achtungen enthalten im speziellen eine Theorie für die Wirkung der zweiwertigen Kationen in den tierischen Körperflüssigkeiten, Calcium und Magnesium; die Zellkolloide, welche in einer reinen isotonischen Kochsalzlösung eine abnorme Auflockerung erfahren, erhalten durch 1) Höber, Dieses Arch. 106, 599. 1905. — Biochem. Zeitschr. 14, 209. 1908. 2) C. Schwarz, Dieses Arch. 11%, 161. 1907. u 3) Lillie, Amer. Journ. of physiol. 1%, 89. 1906; 24, 14 1909; 26, 106 1910. *) Bethe, Dieses Arch. 12%, 219. 1909. ®) Loeb, Amer. Journ. of physiol. 6, 411. 1902. 6) Lillie, Ebenda 10, 419. 1904; 1%, 89. 1906. ?) Höber, Dieses Arch. 166, 531. 1917. 8) Michaelis und Takahashi, Biochem. Zeitschr. 29, 439. 1910. °») Höber und Spaeth, Dieses Arch. 159, 433. 1914. 10) Jodlbauer und Haffner, Dieses Archiv 149, 121. 1920. \ R. Höber: Zur Analyse der Oalciumwirkung. 105 die Fällungskraft dieser Ionen die nötige Festigkeit. Dafür lassen sich etwa folgende Beobachtungen anführen: Nach Lillie (l. c.) werden die Cilien gewisser Meerestiere von einer isotonischen Kochsalzlösung sicht- lich verflüssigt und aufgelöst, und dieser Prozeß kann durch einen geringfügigen Zusatz von einem Salz mit zweiwertigem Kation aufgehal- ten werden ; entsprechendes gilt nach Loeb!) für die Cytolyse befruch- teter Seeigeleier in schwach alkalischer Kochsalzlösung und nach meinen Untersuchungen?) für die Hämolyse durch Zusatz von Narkotica oder durch ein gewisses Maß von Hypotonie; ferner wird die Entstehung des Biedermannschen Kalistroms des Muskels sowie die Lähmung des Muskels durch Kalisalze, welche beide nach meiner Auffassung als Aus- druck einer Auflockerung der Plasmähautkolloide zu deuten sind, durch zweiwertige Kationen gehemmt. In allen diesen Fällen wird die schützende Wirkung nicht bloß von den Erdalkalien Ca, Sr, Ba und dem ihnen nahestehenden Mg ausgeübt, sondern auch von Mn, Co, Ni und von den komplexen Co- und Cr-Salzen, soweit sie mehrwertig sind. Die Wertigkeitsregel erleidet in den physiologischen Beispielen nur insofern eine Beschränkung, als sie sich im allgemeinen nicht auf Ionen mit relativ kleiner Zersetzungsspannung, wie etwa Cu oder Pb, bezieht. Nun lassen sich aber die angeführten Beobachtungen über die ent- scheidende Bedeutung der Mehrwertigkeit der Kationen bekanntlich nicht verallgemeinern. Zum Beispiel haben Hamburger und de Haan?) darauf aufmerksam gemacht, daß unter den zweiwertigen Kationen das Vermögen, die Phagocytose der Leukocyten zu steigern, einzig und allein dem Ca zukommt, daß das Ca hierin nicht einmal von dem nächstverwandten Sr vertreten werden kann. Wenn ferner einerseits Ca und Mg bei der Hemmung der Cilienverflüssigung, der Eieytolyse, der Hämolyse, der Kalilähmung des Muskels gleichsinnig wirken können, so ist andererseits bekannt, daß sie sich bei anderer Gelegenheit wie Antagonisten verhalten; z. B. wird der Schlag des Her- zens und der einer Meduse durch Zusatz von Mg-Salz gehemmt und kann durch einen weiteren Zusatz von Ca-Salz wieder hervorgerufen werden, oder ein Tier, das sich in ‚‚Magnesiumnarkose‘‘ befindet, läßt sich durch eine intravenöse Injektion von CaCl, augenblicklich wieder erwecken. Danach muß man also sagen, daß es bei den physiologischen Wirkungen _ der zweiwertigen Kationen neben dem physiko-chemischen Charakter der Wertigkeit offenbar noch auf individuellere, d. h. wohl chemische Eigenschaften der einzelnen Ionen ankommt. Es fragt sich nur, bei welchen Objekten und unter welchen Bedingungen sich mehr die eine 1) Loeb, Biochem. Zeitschr. 5, 351. 1907. 2) Höber, Dieses Arch. 166, 531. 1917. s) Hamburger und de Haan, Biochem. Zeitschr. 24, 470. 1910. 106 R. Höber: oder mehr die andere Eigenschaft hervorgekehrt. Der Beantwortung dieser Frage sollen einige im folgenden mitgeteilte Beobachtungen dienen. Versuche. 1. Versuche am Froschherzen: Die Versuche wurden teils am spontan schlagenden, nach Amsler!) aufgeschlitzten Herzen ausgeführt, teils am stillstehenden Herzen, das in Abständen von einer Minute elektrisch gereizt wurde. Die Wirkung der Salze ist in beiden Fällen die gleiche. Bekanntlich erlahmt ein Herz bald, wenn es aus Ringerlösung in physiologische NaCl-Lösung übertragen wird, um seine Tätigkeit von neuem aufzunehmen, wenn zu der NaCl-Lösung etwas CaCl, hinzugefügt wird. Wie weit kann nun das Ca durch andere mehrwertige Kationen vertreten werden ? Schon Ringer sowie Mines?) haben gezeigt, daß Sr und auch Ba einen Ersatz bieten können, ähnlich, wie dies Loeb°) auch für den Schlag einer Meduse festgestellt hat. Macht man nun aber den Versuch, im Sinn derWertigkeitsregel mit anderen mehrwertigen Kationen das Herz neu zu beleben, so zeigt sich, daß außer den zwei genannten Erdalkalien kein anderes Ion dazu imstande ist ;ich habe vergebliche Versuche mitden Chloriden von Mg, Co, Mn, Ni, Ce gemacht, ferner mit [Co(NH,),]C1,*), demjenigen komplexen Co-Salz, das nach meinen Erfahrungen gerade ' so gut dazu befähigt ist, die lähmende Wirkung der Kalisalze auf den Muskel zu kompensieren, wie das Ca, und das auch vorzüglich geeignet ist, an Stelle von Ca die Hämolyse durch Narkotica oder durch Hypo- tonie, die fibrillären Muskelzuckungen in reiner NaCl-Lösung oder die Entwicklung des Kalistroms zu hemmen. Auch Li ist ungeeignet, das in NaCl erlahmte Herz wieder zum Schlagen zu bringen, obwohl es, trotz seiner Einwertigkeit, mit den Erdalkalien verwandt ist. Heute, nachdem Wiechmann®) in meinem Institut festgestellt hat, daß Co, Mn, Ni, Hex ähnlich ‚‚narkotisch‘ auf das Herz wirken wie Mg, und wie dieses nicht Synergisten, sondern Antagonisten der Erdalkalien Ca, Sr, Ba sind, läßt sich das eben mitgeteilte Ergebnis meiner schon vor mehr als 2 Jahren angestellten Versuche leichter in die vielfältigen Beobachtungen über Salzwirkungen eingliedern, als zur Zeit der Fest- stellung, daß die Wertigkeitsregel nicht bloß für Loebs Fundulus- embryonen, für Seeigeleier und für die Cilien wirbelloser Meerestiere gilt, sondern auch für die Blutkörperchen von Warmblütern und für die sich betätigenden Muskeln vom Frosch. *) Das Ion des Hexamminkobaltchlorids wird der Kürze halber weiterhin mit Hex bezeichnet. i !) Amsler, Zentralbl. f. Physiol. 31, 467. 1917. ?2) Mines, Journ. of physiol. 43, 467. 1912. ®) Loeb, Journ. of Biolog. Chem. I, 427. 1906. 4) Siehe die vorhergehende Abhandlung. ut le zehn U al UUmELLumm__ U) Lu Zur Analyse der Oaleiumwirkung. 107 Nun hat sich aber weiter ergeben, daß die Vertretbarkeit des Ca in der Spülflüssigkeit des Froschherzens viel umfangreicher ist, wenn man, so wiein meinen früheren Muskelversuchen, die lähmende Wirkung eines K-Überschusses in der Ringerlösung aufzuheben versucht. Dann zeigt sich nämlich, daß das durch K stillgestellte Herz durch Ca, Sr, Ba, Hex, Co, Mn und Ni für längere oder kürzere Zeit wieder zum Schlagen ge- bracht werden kann, während Mg und Ce auch jetzt als Gegengifte ver- sagten. Die Abb. I—3 geben einen Begriff vom Verlauf dieser Versuche. Abb.1. Hexamminkobaltchlorid. In a zunächst Herzschlag in Ringerlösung (0,7 NaCl + 0,02 KC1 — 0,02 CaCl, + 001 NaHCO,). Bei 3 an Stelle von 0,02 KCl 0,075 KCl. — In b Eintritt der Kalilähmung. — In ce bei 4 Zusatz von m/300 Hex. Darauf Erholung. Es ist noch hervorzuheben, daß dieser Antagonismus der mehrwer- tigen Kationen gegen K nur aufgezeigt werden kann, wenn gleichzeitig in der das Herz umgebenden Lösung eine gewisse Mindestmenge Ca gegenwärtig ist. So wird beispielsweise 0,07% KCl durch m/300 Hex bei Anwesenheit von 0,01%, CaCl, noch kompensiert, bei Anwesenheit von nur 0,005%, nicht mehr. Versuchen wir für diese Befunde eine Deutung zu geben, so liegt es am nächsten, anzunehmen, daß der Ca-Mangel das Herz in anderer Art oder an einer anderen Stelle schädigt, als der K-Überschuß, und da sich die K-Vergiftung in ziemlich ausgedehntem Maß durch mehrwertige Kationen beheben läßt, so darf man wohl weiter schließen, daß die K-Wirkungeine Kolloidzustandsänderung darstellt, während die Wirkung des Ca-Mangels eher als ein chemischer Vorgang aufzufassen wäre. 108 R. Höber: 2. Versuche am Froschmagen: Es wurden nach dem Vorgehen von P. Schultz!) Ringe aus dem Magen herausgetrennt, die Ringe aufgeschnitten, die Schleimhaut abgezogen und die so entstandenen N SEE tn ze RUE Mer Muskelstreifen ähnlich. wie ein Sartorius zur Aufzeichnung von Kontraktionen befes- tigt. Als Reize dienten Öffnungsinduktions- ‚schläge; für die Erre- gung wurden die Mus- kelstreifen aus der sie umspühlenden Lösung herausgehoben. -Genau wie beim Froschherzen stelltsich auch beim Magen, wenn er in eine reine NaCl-Lösung einge- hängt wird, alsbald eine Lähmung ein, und diese läßt sich hier wie dort durch Zusatz von etwas CaCl, beseitigen. Aber an Stelle von Ca kann auch Sr oder Ba verwendet werden, während Co, Mn, Ni, Hex unwirksam sind. Hierfür geben die Abb. 4 und 5 Beispiele. Abb. 2. Kobaltchlorür. Bei 1 Übertragung aus Ringerlösung in 0,7NaC1+-0,01 CaCl, +0,01 NaHCO,-+0,06 KCl1. — Nach Eintritt der Lähmung bei 2 Zusatz von m/330CoCl,. Darauf Erholung. Die Analogie ' RE mit dem Herzen Elli N. | A kommt ferner UI m..." N \ Ausdruck, daß die S \ A Lähmung, welche durch einen be- stimmten Zusatz von KCl zu Rin- gerlösung herbei- Abb.3. Nickelchlorür. Zunächst in Ringerlösung Herzschläge durch elektrische Reizung, dazu von Zeit zu Zeit Perioden von raschen Spontanschlägen. Bei 4 in 0,7 NaCl + 0,03 CaC], + 0,085 KCl. Darauf in kurzer Zeit Lähmung. — Bei 5 Zusatz von m/330 NiCl,. Die ne = S elektrische Erregbarkeit kehrt alsbald zurück, etwas später auch der geführt wird, nicht Spontanschlag. blos durch die Erdalkalien, son- dern auch durch Hex oder Mn aufgehoben werden kann (siehe Abb. 6). (Die Aufhebung durch Co ist mir nicht gelungen.) 3. Versuche am Nerv-Muskelpräparat vom Frosch: Drittens wurde am Gastrocnemius-Ischiadicus-Präparat der Einfluß der Salze auf die indirekte Erregbarkeit untersucht. Nach der bekannten 1) P. Schultz, Arch. f. Physiol. 1897, S.1. Zur Analyse der Caleiumwirkung. 109 Jo 103 OLSNAL 0,3 Cal Abb.4. Strontiumchlorid. 102° Magenstreifen in 0,65 NaCl + 0,03 CaCl,. — Nach 10° in 0,65 NaCl. Darauf unter Tonussenkung bis 11? fast völlige Aufhebung der Contractilität. — Dann Zusatz von m/200 SrC1,. Rückkehr ausgiebiger Kontraktionen, ma Re RN BR ln: Abb.5. Hexamminkobaltchlorid. 11?? Magenstreifen in 0,65 NaCl, + 0,03 CaCl,. — Nach 11% in 0,65 NaCl. Bis 12%: ist Lähmung eingetreten. Darauf Zusatz von m/200 Hex.; der Magen bleibt gelähmt. — Nach 125° in 0,65 NaCl + 0,03 CaCl,; danach Erholung. Angabe von Locke!) büßen die Muskeln in physiologischer NaCl- Lösung ihre indirekte Erregbarkeit ein und gewinnen sie durch Zusatz von Ca-Salz zurück. Das Zustandekommen der Lähmung läßt sich nach Overton?) beschleunigen, wenn man zu der NaCl-Lösung eine kleine Menge KCl hinzufügt. Dementsprechend legte ich die von möglichst kleinen Fröschen stammenden Präparate bis zur Aufhebung der in- !) Locke, Zentralbl. f. Physiol. 8, 166. 1894. 2) Overton, Dieses Arch. 105, 176. 1904. 110 R. Höber: direkten Erregbarkeit für tetanisierende Ströme in 0,65% NaCl -+ 0,02% KClein und versuchte dann durch Zusätze mehrwertiger Kationen die Erregbarkeit wiederherzustellen. Es zeigte sich, daß einzig und allein das Sr hier restituierend wirkt, wie schon Locke und Overton an- gaben; Ba ist hier unwirksam, ebenso Mg, Co, Mn, Ni und Hex. Das Verhalten wird etwa durch folgende 3 Protokolle illustriert: Versuch vom 26 XI. 1917. Strontiumchlorid. 12h Rollenabstand Nerv distale Hälfte %80, Muskel 330. Danach in 0,65% NaCl + 0,02% KCl. — 5% 30° Nerv 3%0, Muskel 280. — 27. XI. 9h Nerv 0, Muskel 290. Danach Zusatz von m/200 SrCl,. — 3% 5” Nerv 50, Muskel 210. — 6h 45° Nerv 250, Muskel 160. Versuch vom 27. XII. 1917. Hexamminkobaltchlorid, Caleiumchlorid. 10% Rollenabstand Nerv distale Hälfte 650, Muskel 320. Danach in 0,65%, NaCl + 0,02% KCl. — 28. XI. 9% Nerv 0, Muskel 330. Danach Zusatz von m/200 CaCl,. — 3b Nerv 430, Muskel 260. Danach an Stelle von CaCl, m/200 Hex. — 9h Nerv ®, Muskel 240. Danach wieder m/200 @aCl,. — 29. XI. 8b Nerv 320, Muskel 210. Versuch vom 29. XT. 1917. Manganchlo- 91} g® Pet om Sa EN 0 02La N rür, Calcium - 0.08 K A { chlorid. Ys | 11h Rollenabstand Nerv.distale Hälfte650, Abb. 6. Hexamminkobaltchlorid.. Zunächst Kontraktionen des & » Magenstreifens in Ringerlösung. — Nach 9°* in 0,65 NaCl + 0,02 CaCl, ne 300. Danach a 1.0.08 KC]; darauf Absinken der Hubhöhen. — Nach 9% Zusatz 0,65% NaCl + 0,02%, von m/200 Hex.; dadurch Kompensierung der K-Wirkung.' KCl. — 7215’ Nerv 0, Muskel 270. — 30. XI. 8" Nerv 0, Muskel 270. Danach Zusatz von m/500 MnCl,. +}10b 15’ Nerv 0, Mus- kel 270. — 1% 30° Nerv 0, Muskel250. Danach an Stelle von MnCl, m/200 CaCl,. — 5" Nerv 250, Muskel 230. — 7% 10° 450, ‚Muskel 210. Ahnlich verliefen Versuche mit m/200 MnCl,. Locke verlegte bekanntlich den Ort der Lähmung in die motorischen Nervenendigungen, weil beim bloßen Einhängen des Nerven in. die reine NaCl-Lösung es weit länger dauert, bis die Aufhebung der indi- rekten Erregbarkeit eintritt, als beim Einlegen des ganzen Präparates. Es sind also die motorischen Nervenendigungen, welche auf die Gegen- wart von Ca bzw. Sr für ihre Funktion angewiesen sind. Es könnte nun noch gegeben erscheinen, nach Analogie zu den Ver- suchen am Herzen und Magen auch die Nerv-Muskelpräparate einem K-Überschuß zu exponieren und zuzusehen, ob dessen lähmende Wir- \ Zur Analyse der Calciumwirkung. a kung durch die verschiedenen mehrwertigen Kationen kompensiert werden kann. Die Versuche haben aber keinen Zweck, weiles ja bekannt ist, daß durch den K-Überschuß die Muskeln gelähmt werden, und daß dabei in der Tat Ca, Sr, Ba, Mg, Co, Mn, Ni, Zn, Hex und andere mehr- wertige komplexe Co- und Cr-Ionen antagonistisch wirken können. Es wäre höchstens noch zu prüfen, ob auch die K-Lähmung des Nerven- stammes durch Zusatz der mehrwertigen Kationen gehemmt oder aufge- hoben werden kann. Dies ist in der Tat der Fall, wie sich durch Versuche zeigen läßt, in denen bloß der Nerv in die betreffenden Lösungen ein- tauchte, während der Muskel darüber aufgehängt war. Ich führe für die den Eintritt der K-Lähmung hemmende Wirkung der mehrwertigen Kationen 2 Beispiele an: Versuch vom 19. XII. 1917. Manganchlorür. NervlI Nerv 0,65% NaCl + 0,03% CaCl, + 0,1% KCl 0,65% NaCl + 0,03% Call, + 0,1% KCl + m/200 MnC], sh 45’ 700 680 11h 10. 510 Muskel 360 530 Muskel 380 3h 40° 390 470 8h 40’ 0 240 7a 50° 0 Muskel 340 40 Muskel 350 (20. XII.) Versuch vom 13. XII. 1917. Hexamminkobaltchlorid, NervI { NervlI 0,65% NaCl + 0,03% CaCl, + 0,1% KCl 0,65% NaCl + 0,03% CaCl, + 0,1%, KClI + m/200 Hex 8h 45° 610 600 11m 35° 500 550 3h 307 460 520 8h 35 0 460 8h 10° 0 450 (14. XII.) 5h 0 410 In dieser Weise ließ sich zeigen, daß die K-Wirkung auf den Nerven durch Ca, Sr, Ba, Co, Mn und Hex mehr oder weniger kompensiert werden kann. Schlußfolgerungen. Stellen wir jetzt diejenigen physiologischen Objekte einander gegen- über, bei deren Bestand oder Funktion das Ca einerseits bloß durch die Erdalkalien Sr und Ba, andererseits aber durch eine größere Zahl von mehrwertigen Kationen, wie Sr, Ba, Mg, Co, Mn, Ni, Hex u. a. vertreten werden kann, so bekommen wir in der einen Gruppe das Herz, den Magen 112 R. Höber: und den Muskel mit seinem Nerven, in der anderen die Blutkörperchen, Wimperzellen, Seeigeleier, die Fundulusembryonen und den Muskel für sich, nämlich abgesehen von seinem Nerven. D. h.: Die Lähmung von Herz und Magen und das Verschwinden der indirekten Erregbarkeit des Muskels, welche infolge von Ca-Mangel zustande kommen, können nur durch Zusatz von Sr oder Ba verhindert werden; dagegen die Nei- gung zur Cytolyse bei Blutkörperchen, Seeigeleiern und Wimperzellen, das Einsetzen fibrillärer Zuckungen beim Muskel (auch nach Curare- sierung) bei Übertragung in reine NaCl-Lösung, ferner die Lähmung des (curaresierten) Muskels durch einen K-Überschuß und die Ausbil- dung des Kalistromes können auch durch eine große Zahl anderer Kationen bekämpft werden, wofern sie nur auch, wie Sr und Ba, mehr- wertig sind. Nun ist, wie wir sahen, die Schädigung durch Ca-Mangel beim Nervmuskelpräparat offenbar in die Synapse, den Übergang vom Nerven zum Muskel, zu verlegen; dort könnte sich also vielleicht eine Substanz befinden, welche nur in Verbindung mit Ca oder den ihm chemisch nahe verwandten Sr oder Ba eine feste Verkittung zwischen den zwei Geweben herstellt, während, wenn Co, Mn, Hex oder dergleichen an Stelle von Ca geboten wird, die Kittsubstanz nicht den nötigen Grad von Konsistenz erhält. (Die vorher schon zitierte Untersuchung von Wiechmann enthält Modellversuche, welche diese _ Vorstellung stützen können.) In analoger Weise wären die Verhältnisse auch beim Herzen und Magen zu deuten; denn auch sie sind Organe, welche sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen, Muskeln, Nerven, Reizleitungssystem. Der Ca-Mangel muß außerdem aber auch noch andere Schädigungen setzen, welche weniger von chemischer als von kolloidehemischer Natur sind, welche — mehr oder weniger — alle Protoplasten betreffen und welche den Schädigungen durch K-Über- schuß ganz ähnlich sind. Diese Schädigungen können nicht bloß durch die Erdalkalien, sondern durch zahlreiche mehrwertige Kationen bekämpft werden; hier ist also weniger die chemische Natur als der physikochemische Charakter des kompensierenden Ions entscheidend. Diese Schädigungen sind wohl wegen der Analogie mit den kolloidalen Zustandsänderungen, welche der Wertigkeitsregel zugrunde liegen, als Quellungen der negativ geladenen Zellkolloide aufzufassen, welche durch die stark entquellende Wirkung der mehrwertigen positiv gela- denen Kationen rückgängig gemacht werden können. Ich glaube, daß man sich etwa in dieser Art die komplizierten Verhältnisse in den be- schriebenen Salzwirkungen zurechtlegen kann; man wird also in ähn-. licher Weise zu einer Unterscheidung zwischen mehr chemischer und mehr 'physiko-chemischer Reaktion der Ionen geführt, wie bei den durch Wiechmann beschriebenen Versuchen zur Analyse der ‚„Ma- gnesiumnarkose“. Zur Analyse der Calciumwirkung. 113 Zusammeniassung. 1. Während bei der Entwicklung von Fundulusembryonen, bei der Hemmung der Cytolyse von Seeigeleiern oder Flimmerzellen in reiner Kochsalzlösung, bei der Hemmung der Hämolyse durch Narko- tica oder: Hypotonie, bei der Unterdrückung der fibrillären Zuckungen von Muskeln in reiner Kochsalzlösung, bei der Kompensierung der Muskellähmung durch Kalisalz oder bei der Hemmung der Ausbildung der Kaliströme das Ca in der umspühlenden Lösung durch zahlreiche andere mehrwertige Kationen, wie Sr, Ba, Mg, Co, Mn, Ni, komplexe Co- und Cr-Ionen mehr oder weniger vertreten werden kann, sind bei der Erhaltung der Contractilität von Herz und Magen des Frosches und bei der Erhaltung der indirekten Muskelerregbarkeit allein Sr und “ Ba geeignet, das Ca zu ersetzen. 2. Hebt man die Contractilität von Herz und Magen aber nicht durch Ca-Mangel auf, sondern durch K-Überschuß, so kann der K-Über- schuß auch hier, wie im entsprechenden Fall beim Muskel, durch eine größere Zahl mehrwertiger Kationen kompensiert werden. 3. Dies wird so gedeutet, daß der Ca-Mangel — ebenso wie der K-Überschuß — erstens eine allgemeine Auflockerung der Zellkolloide erzeugt, welche durch sehr verschiedene mehrwertige Kationen im Sinn der Wertigkeitsregel der Kolloidehemie rückgängig gemacht werden kann, und zweitens eine Lockerung an bestimmter Stelle, nämlich da, wo zwei Gewebsbestandteile, wie Nerv und Muskel oder etwa Reizleitungssystem und Muskel, zusammenstoßen; an dieser Stelle wird ı der Zusammenhalt allein durch eine Erdalkaliverbindung gewährleistet. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. "Bd. 182. [0 2) (Aus dem Institut für animalische Physiologie, Theodor Sternhaus in Frank- N furt a. Main.) Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. Von Karl Rohde (Hamburg, anatomisches Institut der Universität). Mit,3 Textabbilduneen. (Eingegangen am 10. März 1920.) Inhalt. I. Einleitung und Problemstellung (8. 114). II. Methodik (8. 117)). INaVersuehe(s=119, A. Versuche an len Fröschen (8.119). 1. Saure Farbstoffe (S. 119). 2. Basische Farbstoffe (S. 122). B. Versuche an Fröschen, deren Gewebsreaktion sauer war(S. 123). ı 1. Saure Farbstoffe (S. 124). ; 2. Basische Farbstoffe (S. 125). : C, Versuche an Fröschen, deren Gewebsreaktion alkalisch war (SET) 1. Saure Farbstoffe (S. 127). 2. Basische Farbstoffe (S. 128). D. Doppelfärbungen (8. 129). IV. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen (8. 130). I. Einleitung. In einer früheren Arbeit!) habe ich über Versuche berichtet, welche die Ansicht Bethes?) bestätigen, daß für die Aufnahme von Farbstoffen seitens lebender Zellen die Reaktion im Inneren des Protoplasmas (daneben auch die des äußeren Mediums) eine ausschlaggebende Rolle spielt. Alle untersuchten Pflanzenzellen, welche saure Farbstoffe sichtbar speicherten, hatten saure Reaktion, während die Zellen, die sich nur mit basischen Farbstoffen anfärbten, neutral oder schwach alkalisch waren. Beispiele für ein gleichartiges Verhalten bei tierischen Zellen sind in der erwähnten Arbeit von Bethe aufgeführt. Ich konnte weiter zeigen, daß sich die Zellen mancher Pflanzen ebenso wie von einigen untersuchten Infusorienarten in ihrer Reaktion umstimmen las- !) Arch. f. d. ges. Physiol. 168, 411. 1917. 2) Wiener med. Wochenschr. 1916, Nr. 14. K, Rohde:'Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung usw. 115 sen. Damit änderten sie auch ihr Verhalten gegen Farbstoffe, und Zellen, die vorher bei neutraler Reaktion keine sauren Farbstoffe sichtbar aufnahmen, färbten sich nach ihrer Acidifizierung mit solchen an. Als geeignetes Objekt, um auch bei höheren Tieren den Einfluß der Innenreaktion und der Außenreaktion der Zellen auf die Aufnahme und Abgabe von Farbstoffen zu prüfen, erschien der Prozeß der Resorp- tion von seiten des Darmes und der Exkretion von seiten der Niere. Aus Untersuchungen von Höber!) und früheren Autoren geht hervor, daß nicht nur basische (lipoidlösliche), sondern auch saure (meist lipoidunlösliche) Farbstoffe vom Darm resorbiert werden können, letztere aber langsamer als erstere und, wie er annimmt, nicht durch die Zellen hindurch, sondern durch die Interzellularsubstanz. Anderer- seits ist schon lange durch Heidenhain u.a. bekannt, daß die Niere saure Farbstoffe abscheiden kann und daß dabei, wie besonders Gur - witsch und Höber festgestellt haben, eine Anfärbung bestimmter Nierenzellen in Granulaform zur Beobachtung kommt?). Wenn nun die Reaktion sowohl in den Zellen selbst wie auch die in ihrer Umgebung eine Rolle bei der Farbstoffaufnahme und -abgabe ‚spielt, so muß sowohl die Resorption wie die Exkretion von basischen und sauren Farbstoffen durch Alkalisierung der Versuchstiere auf der einen Seite und durch Acidifizierung auf der anderen Seite in entgegen- gesetztem Sinne beeinflußt werden können. Da Säuren und Alkalien resorbiert und wieder durch den Harn ausgeschieden werden, so ist auf jedenfall eine Umstimmung auf der Darm-Innenseite und der Nieren- epithelaußenseite auch dann möglich, wenn, wie bei höheren Tieren, durch Begulationsmechanismen die Reaktion des Blutes auf annähernd der gleichen Höhe gehalten wird. Bei dem gewählten Versuchstier, dem Frosch, ist aber auch eine recht wesentliche Umstimmung der Blutreaktion möglich, so daß hei diesem die Versuche noch größere Aussicht auf Erfolg haben mußten. In der Tat wurden unsere Erwar- tungen in allen wesentlichen Punkten bestätigt (wenn auch die Resultate in einem Punkte, nämlich in bezug auf die Färbung der Nierenzellen, anders ausfielen, als wir zuerst angenommen hatten): Säuerung beschleu- nigte die Resorption und Exkretion saurer Farbstoffe sehr erheblich, Alkalisierung verzögerte sie außerordentlich; umgekehrt verhielt es sich bei basischen Farbstoffen. Auf die Versuche Höbers, die Aufnahme saurer Farbstoffe durch Nierenzellen mit der Lipoidtheorie, der sie im Grunde widersprechen, in Einklang zu bringen, soll hier nicht näher eingegangen werden, da sie allgemein bekannt sind®). (Daß er physikalisch-chemische Vorgänge 1) Arch. f. d. ges. Physiol. 86, 199. 1901 und Biochem, Zeitschr. 20, 56. 1909. 2) Literatur bei Höber, Physikal. Chemie d. Zelle u. der Gewebe. 4. Aufl. 3) Höber, Physikal. Chem. der Zelle u. der Gewebe 1914, S. 644 f. gr 116 K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung in den Nierenzellen dabei eine Rolle spielen läßt, geht aus verschiedenen Stellen hervor.) Einige neuere Anschauungen über die vitale Färbung “ müssen aber hier noch zur Sprache gebracht werden. v. Möllendorff!) hat speziell an Nierengewebe die Anfärbung der Zellgranula mit zahlreichen sauren und basischen Farbstoffen untersucht und kommt hierbei zu dem Schluß, daß die Färbung mit basischen Farbstoffen als eine Reaktion derselben mit der kolloidalen Säure des Granulums aufzufassen sei, wobei es noch unentschieden bleiben müsse, ob es sich um eine Kolloidfällung oder eine regel- rechte Salzbildung handelte. Die Anfärbung mit sauren Farbstoffen [siehe auch Herzfeld?]) beruht nach v. Möllendorff auf der Affinität der Zellengranula- srundsubstanz zu den Farbstoffen, die so weit gehen kann, daß es, bei Doppel- färbungen, z. B. zu Fällungen zwischen dem basischen und dem sauren Farbstoff kommt, wobei der saure Farbstoff an die Stelle der ursprünglichen Zellgsrundsub- stanz tritt. Den Zellipoiden schreibt v. Möllendorff noch eine gewisse, aber nicht ent- scheidende Rolle beim Färbungsvorgang zu. Schließlich bestreitet er vollkommen jede aktive Tätigkeit der Zelle. Auf Grund meiner früheren Untersuchungen an zahlreichen pflanzlichen Objekten kam ich zu dem Schluß, daß die vitale Färbung im wesentlichen abhängig ist von elektrischen Ladungsverhältnissen im Zellinnern, so wie es Bethe schon früher angedeutet hatte, wobei es natürlich notwendig ist, noch ausdrücklich zu bemerken, daß es der Zukunft überlassen bleibt, aufzuklären, inwieweit auch andere chemisch-physikalische Vorgänge im Sinne der Kolloidfärbung Möllendorffs, der Wasser- oder Lipoidlöslichkeit der Farbstoffe, einen Einfluß auf ihre Aufnahme und Speicherung in der lebenden Zelle ausüben. Daß neben chemischen auch rein physikalische Gesetze die Farbspeicherung beeinflussen können, möge hier noch einmal erwähnt werden?). Großes Interesse müssen auch die Versuche von Nirenstein‘) Be die er scheinbar ohne Kenntnis der Anschauungen von Bethe und meiner eigenen Versuche angestellt hat. Nirenstein stellt fest, daß alle basischen Farbstoffe, die sich mit einem Gemisch von Diamylaminölsäure gut ausschütteln lassen, eben- falls gute Vitalfärber sind; und daß das gleiche für diejenigen sauren und auch hochkolloidalen Farbstoffe gilt, die sich mit einem Diamylamin-Ölgemisch aus- schütteln lassen. Nirenstein, der seine Versuche nur an Paramäcien ausführte, nimmt auf Grund dieser Resultate an, daß einige Zellgranula eine ölige Beschaffen- heit haben, das wären diejenigen, die sich mit sauren Farbstoffen färben, und andere nebenbei auch der Ölsäure ähnliche Bestandteile haben, das wären dann diejenigen Granula, die sich vorwiegend mit basischen Farbstoffen anreichern. Diese Versuche stehen denen von v. Möllendorff sehr nahe und würden die Anfärbung zweier nebeneinanderliegender Granula mit einem sauren und basischem Farbstoff er- 1) W. v. Möllendorff, Die Dispersität der Farbstoffe. Ihre Beziehungen zu Ausscheidung und Speicherung in der Niere. Anatom. Hefte 53. 1915. — Derselbe, Die Speicherung saurer Farben im Tierkörper. Ein physikalischer ‚Vorgang. Kol- loid-Zeitschr. 16, Heft 3. 1916. — Derselbe, Zur Morphologie der vitalen Gränula- färbung. Arch. f. mikr. Anat. 90, 463—502. 1918. Ebendort, Die Bedeutung von sauren Kolloiden und Lipoiden für die vitale Farbstoffbindung in Zellen. 90, 503. 2) E. Herzfeld, Über die Natur der am lebenden Tier erhaltenen granulären Färbungen bei Verwendung basischer und saurer Farbstoffe. Anat. Hefte 54, Heft 3. 3). K. Rohde, Arch. f. d. ges. Physiol. 168, 432. 1917. *) E. Nirenstein, Das Wesen der Vitalfärbung. Gemeins. Sitzung der med. Abteil. Wien 1919, S. 8—18. saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. 117 klären können. Den Prinzipien meiner eigenen Versuchsreihen laufen sie allerdings gerade entgegen, indem dort die sauren Zellelemente gerade saure Farbstoffe am besten aufnehmen. ; II. Methodik. Als Versuchsmaterial wurden ausschließlich Frösche, und zwar Eskulenten verwandt. Warmblüter konnten schon wegen der Schwierigkeit ihrer Beschaffung in der Kriegszeit nicht in genügender Anzahl zur Stelle sein. Außerdem bietet der Frosch für diese teils noch tastenden Versuche den Warmblütern gegenüber den Vorteil, daß er im allgemeinen weniger empfindlich gegen die Giftwirkung der einverleibten Farbstoffe, Säuren und Alkalien ist. Folgende Farbstoffe wurden bei den Untersuchungen angewandt: 1. Saure Farbstoffe: Eriocyanin (447)!) » Cyanol (415) Lichtgrün (411) Guineagrün B (409) Bordeaux R extra (70)\ sehr hochkol- Trypanrot Bet Alizarinblau (528) N loidal Ponceau 4R (116) en adol 2. Basische Farbstoffe: Methylenblau (588) Neutralrot (599) Toluidinblau (592) Methylengrün (455) Krystallviolett (428) Fuchsin (424) Capriblau (556) Thionin Safranin (611) Baslerblau R und BB (606) | Viktoriablau B (461) und 4R (464) /, sehr hochkolloidal Nachtblau (463) Die Messungen der Säurewerte des Blutes und des Harnes geschah mittels der ”/ „-KCl-Calomel-Elektrode und der von Bethe verbesserten Sörensenschen?) Wasserstoffelektrode. Das zu untersuchende Blut wurde mit einer feinen Pravazschen Spritze aus der großen Bauchvene der Frösche entnommen. Es genügte für diesen Zweck !/, ccm. Um ein allzu schnelles Gerinnen des Blutes zu verhüten, wurden die benutzten . Glasinstrumente mit einer dünnen Fettschicht ausgekleidet und vor dem jeweiligen Gebrauch in einer Eislösung möglichst weit abgekühlt?). Der Harn der Frösche, die während des Versuches auf einem Ewaldschen Froschkreuz in Rückenlage fixiert und, um Verdunstung durch die Haut zu ver- hüten und Resorption zu ermöglichen, mit dem Rücken in Wasser lagen und mit feuchtem Fliespapier bedeckt waren, wurde in einem, in eine kleine Kugel aus- laufendem gläsernen*) Dauerkatheter aufgefangen. !) Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf die takellarische Über- sicht organischer Farbstoffe von Schultz und Julius. 4. Aufl. Berlin 1902. 2 2) P.L. Sörensen, Ergebnisse d. Physiol. 12, 393. 1912. — A. Bethe u. Theod. Toropoff, Zeitschr. f. physik. Chemie 89, 605. 1915. 3) Kontrollmessungen des Blutes in zimmerwarmen Glasgefäßen mit solchen - in unterkühlten Glasgefäßen, ergaben keine nennenswerten Unterschiede der Spannungsdifferenz. *) Alle Glasinstrumente müssen vor dem ersten Gebrauch sorgfältig, zur Neu- tralisierung etwa abgegebener OH-Ionen ausgekocht werden. 118 - K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung Die abgebogene Spitze des Zuleitungsrohres (s. Abb. 1) wurde durch die Kloake in die Harnblase der Frösche eingeführt und während des Versuches in einem Stativ fixiert. Aus dem aus der Kugel aufsteigendem Steigrohr konnte zu belie- biger Zeit Urin mit einer Pipette entnommen und untersucht werden. Die Versuchstiere wurden durch den „Goltzschen Großhirnstich‘ unempfind- lich gemacht. Um durch die Kloake eine absteigende Färbung des Urins zu ver- hüten, wurden die Frösche soweit sie den Farbstoff per os erhielten, vor Beginn des Versuches laparotomiert und der Mastdarm beim Übergang i in die Kloake unter- bunden. Die Farbstoffe wurden den Fröschen al verschiedene Weisezugeführt. Entweder wurde je ein Kubikzentimeter einer 5 proz. Lösung (bzw. Aufschwemmung;) in Ringer gelöst in den Rückenlymphsack eingespritzt, oder auch !/, cem der gleich prozentigen Lösung intravenös gegeben. Es ergab sich hierbei, daß die Resorption vom Rücken- lymphsack aus meistens zu lansgam erfolgte, um schon nach kürzerer Zeit in der Ausscheidung sichtbar zu werden. Deshalb wurde die Einspritzung in den Rücken- lymphsack zugunsten der zweiten, der intravenösen Darreichung, verlassen. Ein Mißstand dieser lag darin, daß bei intravenöser Verabfolgung sehr hochkolloidaler, sowohl saurer wie basischer, Farbstoffe die Giftwirkung sehr bedeutend war, so daß die so vorbereiteten Tiere meistens nicht länger als eine Stunde am Leben blieben. Diese, sehrunangenehme Erscheinung konnte man mit gutem Erfolg umgehen, indem eine etwas größere Farbstoffmenge mittels einer Schlundsonde in den Magen einverleibt wurde. Die Frösche wurden zu diesem Zweck, nachdem ihnen .ebenfalls wieder der Großhirnstich beigebracht war, mit einer Maulklemme hängend am Stativ befestigt und alsdann vorsichtig ein fein ausgezogenes Glasrohr bis in den Magen eingeführt. Kam es beim Einführen der Sonde zu einer allzu brüsken Berührung der Schleimhäute, so wurde ein ziemlich lange anhaltender Brech- reflex ausgelöst, der verschiedentlich zum vollkommenen prolapsartigen Auspressen des umgekrempelten Oesophagus und Magens führte. Tiere bei denen dieser Reflex einmal ausgelöst worden war, waren für derartige Versuche nicht mehr zu benutzen. Die Resorption von Magen-Darmkanal aus verzögerte natürlich die Ausschei- dung ebenfalls beträchtlich. Sie war aber noch immer so schnell, daß sie zur Zeit ° der Anfangswirkung der Alkali- bzw. Säureausscheidung im Harn in Erscheinung trat. Zur Umstimmung der Reaktion der Tiere nach der sauren Seite wurde nach verschiedenen anderen Versuchen ‚Borsäure!) gewählt, von der dem, mit geöffneten . Maul an der Maulklemme aufgehängten Tier etwa eine Messerspitze voll in den Rachen geschüttet wurde. Dieselbe wurde nach Zufügung von wenigen Tropfen Wasser ohne nennenswerte Schwierigkeit heruntergeschluckt. Zur Alkalisierung be- nutzte ich Natriumcarbonat, wovon ebenfalls eine Messerspitze voll per os auf die- selbe Weise wie oben gereicht wurde. Verschiedene Versuche ergaben, daß eine genauere Dosierung der Borsäure und des Soda unnötig war. Die verschiedenen Farbstoffe a nach der Darreichung der Säure resp. des s Alkali, wie oben bereits beschrieben, gesondert mittels der Magensonde dar- 1) Die H- Tonenkonzentration einer konzentrierten Borsäurelösung beträgt CHR 0m saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. 119 gereicht. In anfänglichen Versuchen wurde teilweise der Farbstoff vor der Säure und dem Alkali verabfolgt. Die umgekehrte Reihenfolge erwies sich als zweck- mäßiger aus zwei Gründen: Erstens waren die Tiere, bei vorhergegangener Einver- leibung der Säure und des Alkali, bereits in ihrer Körperreaktion für die Resorption der betreffenden Farbstoffe vorbereitet, und zweitens wurden die trockenen Pulver der Borsäure und der Soda nicht mehr so leicht geschluckt, wenn eine Anfüllung des Magens mit Farblösung vorhergegangen war. Die Menge des per os zugefügten Farbstoffes betrug stets 1 ccm einer 5 proz. Lösung, da infolge der unvollkommenen Resorption vom Magen- und Darmkanal aus — im Gegensatz zu der intravenösen Darreichung — mit einem erheblichen Ver- lust an Farbstoff gerechnet werden mußte. Sehr überraschend war die große Toleranz, die die meisten Frösche gegen diese sehr unphysiologische Behandlungsweise an den Tag legten. Der in dem Dauerkatheter aufgefangene Urin wurde zu verschiedenen Ver- suchsstunden entnommen und untersucht. Es wurde einmal seine jeweilige Reaktion gemessen und zweitens mit dem Krüßschen Kolorimeter die jeweilige Farbstoff- konzentration in Gramm bestimmt. Vor dem Weiterlaufen des Versuches wurden die Katheter vollkommen entleert. Um schon gelegentlich zwischen zwei Messungen eine grobe Farborientierung zu ermöglichen, wurden nach den Angaben Möllen- dorffs Farbtupfer auf Fließpapier gemacht, die an der Hand einer Standartskala häufig einen Überblick gestatteten, wie der Fortgang des Versuches sich gestaltete, ob eine Zu- oder Abnahme der Farbstoffausscheidung eintrat. Zu den verschiedensten Zeiten wurden die Versuche unterbrochen, die Frösche getötet und die Nieren mikroskopisch untersucht. III. Versuche. A. An normalen Fröschen: 1. Saure Farbstoffe. Reicht man normalen Fröschen, deren Cp des Blutes zwischen -10°6%23 und 10-15 schwankt!), sauren Farbstoff per os oder intravenös dar, so sehen wir, bei der Einverleibung von Eryocyanin, Cyanol, Lichtgrün, Guineagrün B und Bordeaux R extra nach etwa 1—2 Stunden die erste sichtbare Färbung an den Nickhäuten der Frösche auftreten. Gleichzeitig mit dieser sich allmählich verstärkenden Nick- hautfärbung tritt eine Ausscheidung der Farbstoffe im Harne auf. Der Harn bleibt aber — im Gegensatz zu weiter unten aufzuführenden Versuchen — während des ganzen, oft tagelang währenden Versuches verhältnismäßig hell gefärbt. Nur in den ersten ein bis zwei Stunden ist noch ein Anstieg der Farbkonzentration bis zu einer nicht sehr erheb- lichen Größe zu konstatieren. Ist dieses Maximum erreicht, so hält es sich im weiteren Verlauf ohne wesentliche Schwankungen auf der gleichen Höhe. 2) Alle an normalen Fröschen gefundenen Werte lagen innerhalb dieser Gren- zen. Der höchste war CH=10°**, der niedrigste CH= 107""". Die Schwankungen hängen vielleicht mit der Tageszeit zusammen, indem abends höhere Werte gefunden wurden, als morgens und vormittags. 120 K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung Die kolorimetrischen Messungen bestätigten diesen makroskopischen Befund. Die nachfolgenden Tabellen I und II sind zwei Versuchsprotokollen entnommen und dienen nur als Beispiel für viele gleichartig verlaufende Versuche. Die gestrichelte Kurve in Abb. 2 (S. 120) gibt schematisch den Verlauf der Ausscheidung. | Tabelle 1. Tabelle II. Normalfrosch 24. Normalfrosch 27. 1 cem 5% Eryocyanin per os. 1 cem 5% Guineagrün B per os. Nach | PH Farbstofimenge in Nach PH Farbstoffimenge in Stunden des Urins Milliontelgramm Stunden des Urins Milliontelgramm 1 6,347 376 1 6,579 42 3a 65592 1411 3 6,553 1326 31/.. | 6,490 1423 5 6,528 1429 5 HASDn | 1565 7 \ 6,634 1300 S | 6,641 1301 15 6,377 1890 12 6,787 209 (?) 17 6,398 .1840 16 2026356 1457 21 6,405 1730 30 6,413 1243 30 re 1752 47 6,859 1004 35 6,326 1910 56 | 6,345 178 48 6,375 1485 De Dee 131 5: 6,362 1507 Summe: 0,0103 & IT la 6971| 810 Summe: 0,0178 Es handelt sich also um eine sehr langsame Eliminierung der Farb- stoffe bei unvollkommener Resorption. Häufig konnten die Versuche nicht bis zur vollständigen Entfärbung der Nickhäute und des Harnes durchgeführt werden, da die Tiere vorher zugrunde singen. — Bei dieser Gele- genheit mag auf die sich auch späterhin immer wie- der zeigende Parallele auf- merksam gemacht werden, ‘die zwischen der Tinktion der Niekhäute und der Ausscheidung der Farb- =] stoffe durch die Niere be- 20 2 ARE Z4H6E MN MT 18 20 22 ZH 26 28 30 Pt 5 Stunden steht. Sobald die Nickhäute D) . . > Q = Abb. 2. in vita und in situ bei auf- fallendem hellen Licht und bei Lupenvergrößerung nachweisbar nicht mehr gefärbt erschienen, wurde auch kein Farbstoff mehr durch die Nieren ausgeschieden. Vollkommen restlos wurden selbst niedrig = - saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. #91 kolloidale, basische Farbstoffe nie ausgeschieden. Stets fanden sich auch dann noch, wenn kolorimetrisch schon seit langem kein Farb- stoff im Harn nachzuweisen war, mehr oder weniger intensive Farb- stoffdepots im Körper (Endothelien der Gallenausführungsgänge, Flimmerzellen der Darmepithelien und die Zellen der Dura mater des Hirns und Rückenmarkes). Hier und da wurden Farbstoffrückstände auch noch nach langer Zeit im Fettkörper der Ovarien bei weiblichen Fröschen beobachtet. Wurden die Nieren der Versuchstiere im Beginn des Versuches nach etwa 1—3 Stunden untersucht (dünne Rasiermesserschnitte in Ringer - scher Lösung), so ergab sich kein wesentlich bemerkenswerter Unter- schied mit den Bildern, die gefunden wurden, wenn der Versuch nach 6—8 oder 15—36 Stunden unterbrochen wurde. Die Nieren waren ziemlich konstant in zwei scharf getrennte Regionen zu zerlegen, die Randpartien mit den Glomerulis, die niemals die geringste Spur einer Färbung aufwiesen, und die Markschicht, in der sich die Harnkanälchen befinden, und wo auch eine deutliche Färbung nach- zuweisen war. Eine diffuse Färbung der ganzen Markschicht wurde nie beobachtet. Stets zeigte sich sowohl in den Endothelien der Capillaren, wie in den darauffolgenden Zellschichten und schließ- lich in den Endothelien der Hamkanälchen eine weitverbreitete Färbung sehr kleiner Granula. Nur nach sehr langer Darreichungs- zeit war in den Endothelien der gewundenen Harnkanälchen — nicht in denen der Gefäßcapillaren — eine diffuse Färbung ange- deutet. Bei Darreichung der hochkolloidalen Farbstoffe, Trypanrot und Ponceau 4 R, war frühestens nach 12—-18 Stunden die erste Farbstoff- ausscheidung zu beobachten. Sie war sehr geringfügig. Auch ließen sich aus diesen Versuchen keine genauen Schlüsse ziehen, da die meisten Versuchstiere an Atemlähmung starben, bevor die Farbstoffausschei- dung ihren Anfang genommen hatte. Bemerkenswert ist aber immerhin das Nierenbild, das ich in 3 Fällen nach 18 Stunden und in 1 Fall nach 21*/, Stunden Darreichungszeit beobachten konnte. Es zeigte sich im egensatz zu niedrig kolloidalen Farbstoffen, eine großgranuläre Färbung, und zwar auch vorwiegend in den Endothelien der Harn- kanälchen. g Mit dem sehr hochkolloidalen und außerdem in Wasser sehr schwer löslichen, sauren Alizarinblau wurde gar keine Besorption vom Darme aus beobachtet. Bei Einverleibung in das Blut zeigte sich keine Aufnahme in die Nierencapillaren und infolgedessen auch keine Färbung irgendwelcher Art in den Endothelien der Harnkanälchen. Die Tiere verendeten stets schon 1 bis 2 Stunden nach Beginn des Versuches. 122 K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung 2. Basische Farbstoffe. Die Färbung mit basischen Farbstoffen!) gab ein ganz anderes Bild. Schon wenige Minuten, nachdem die im Wasser leicht löslichen Farb- - stoffe Methylenblau, Neutralrot, Toluidinblau, Methylgrün, Krystall- violett, Fuchsin, Capriblau, Thionin und Safranin per os verabreicht waren, trat eine Färbung der Nickhäute und fast gleichzeitig Ausschei- dung durch den Harn auf. Schon makroskopisch zeigten sich erhebliche Unterschiede in der Intensität der Färbung der ganzen Tiere, wie auch in der Quantität des im Harn ausgeschiedenen Farbstoffes. Die Mengen basischer Farbstoffe, die in der Zeiteinheit ausgeschieden wurden, betrugen schon im Beginn des Versuches oft das 10—20fache der Menge von saurem Farbstoff. Außerdem stellte sich ein prinzipieller Unter- schied heraus, daß nämlich die Ausscheidung basischen Farbstoffes von Beginn bis zur Höhe des Versuches zunahm, um dann in verhält- nismäßig kurzer Zeit wieder auf ein Minimum abzufallen bis zur gänzlichen Nichtwahrnehmbarkeit, und dies war zu einem Zeit- punkt, wo die Ausscheidung saurer Farbstoffe noch immer konstant weitergeht. Die in der Zeiteinheit ausgeschiedene Urinmenge war recht erheb- lichen individuellen Schwankungen unterworfen, von wenigen Kubik- zentimeter im Laufe von 24 Stunden bis zu 25 und 30 ccm. Um nicht durch die Verschiedenheit der Konzentration bedingte Untersuchungs- fehler zu erhalten, wurden die Wiederholungsmessungen stets erst angestellt, wenn eine gleich große Menge Harn abgesondert war, wobei dann allerdings ein regelmäßiger stundenweiser Abstand nicht inne- gehalten werden konnte. — Die Reaktion des Blutes hielt in annähernd gleichen Schwankungen mit derjenigen des Harnes Schritt. Tabelle III gilt als Beispiel eines Versuchs mit Methylenblau, Abb. 2 (ausgezogene Kurve) eine schematisierte graphische Darstellung. Auch die mikroskopische Untersuchung der Nieren ergab gegenüber den mit sauren Farbstoffen gefütterten Fröschen ein anderes Bild. Die Färbung erscheint zunächst diffus, löst sich aber bei starker Ver- größerung, besonders auf der Höhe der Ausscheidung, in zahllose sehr feine Granula auf. Die niedrig kolloidalen basischen Farbstoffe zeigen unter sich keine prinzipiellen Färbungs- und Speicherungsunterschiede. Ein großer Unter- schied besteht aber, wie bei den sauren, zwischen den niedrigkolloidalen und den hochkolloidalen basischen Farbstoffen. Entsprechend ihrer verlangsamten Resorption, tritt eine verspätete Ausscheidung im Harne !) Die niedrig kolloidalen basischen Farbstoffe wurden auch vom Rücken- lymphsack aus leicht und schnell resorbiert. Trotzdem wurde, der Einheitlichkeit der Versuchsanordnung wegen, auch hier nicht von der bei sauren Farbstoffen not- wendigen Verabreichung per os abgewichen. saurer und-basischer Farbsalze durch die Nieren. 123 auf. Sodann erreicht die quantitative Ausscheidung in der Zeiteinheit kaum ein viertel bis ein fünftel derjenigen der niedrig kolloidalen Farb- _ stoffe. Dafür währt sie aber länger, um erst nach 20-22 Stunden langsam, sogar bis unter den Normalstand der Ausscheidung saurer Farbstoffe, abzufallen. Das hier Gesagte- trifft für die 4 untersuchten Farbstoffe, Baslerblau R und BB und Viktoriablau B und 4R, zu: Nachtblau, obwohl ihnen chemisch und physikalisch sehr nahe stehend, färbt überhaupt nicht. Auch das mikroskopische Bild der Nieren weist ein anderes Aus- sehen als bei niedrigkolloidalen basischen Farbstoffen auf. Wie bei den sauren Farbstoffen ist eine destinkte Granulafärbung mit vereinzelten sroßen Granulis zu sehen. Tabelle Ill. Frosch 5. 1 ccm 5% Methylenblau per os. | Ausgeschiedene Nach Stunden | pH des Urins Farbstoffmenge in Milliontelgraınm 1y, 6,373 | 49 (?) 2 6,418 580 4 6,456 | 5970 6 6,729 13670 9 6,694 19200 10%, 6,731 3870 12 6,742 5690 15 6,725 67 (9) Summe: 0,049 g B. Versuche an Fröschen, deren Gewebsreaktion sauer war. (Vgl. Abb. 3.) Gibt man Fröschen etwa eine Messerspitze Borsäure zu fressen (siehe Methodik), so sehen wir schon nach etwa 10 Minuten, daß die Reaktion ihrer Gewebssäfte, die vorher um den Neutralpunkt lag, ins Saure hinübergeht. Hand in Hand geht damit eine erhebliche Ausschei- dung von Säure durch den Harn. Die Säurung der Frösche kann er- staunlich weit gehen. Ich habe verschiedentlich Frösche beobachtet, deren Cy; des Blutes 10°%? betrug. Bzi so hochgradig sauren Fröschen wurden Säurewerte im Harn beobachtet, die einer Cz von 10% ent- sprachen. Das Aussehen solcher sauren Frösche unterschied sich nur wenig von dem eines normalen Frosches. Ihre Atemfrequenz war stets sehr beträchtlich und ihre Reizleitung erschien im allgemeinen herab- gesetzt, im Gegensatz zu den mit Soda alkalisierten Fröschen, deren Reizempfindlichkeit gegenüber der Norm erhöht war. 124 K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung 1. Saure Farbstoffe. Während die Ausscheidung saurer Farbstoffe bei nor- malen Fröschen nur sehr langsam vor sich geht, sehen wir die einverleibten sauren Farbstoffe beim Säurefrosch schon nach 1-2 Stunden im Harn in so hohen Konzentrationen erscheinen, wie wir sie an normalen Fröschen nur bei basischen Farbstoffen beobachtet haben. Entsprechend der beschleunigteren Ausscheidung nimmt der ganze Versuch auch einen schnelleren Verlauf, und nach 14-20 Stunden ist kaum noch Farbstoff im Urin nachzu- weisen. Der Harn hat sich etwa zu derselben Zeit wieder auf seine normalen BReaktionsverhältnisse eingestellt. Zwischen ausgeschiedener Farbstoffmenge und Cp des Harns und des Blutes besteht eine deutliche, wenn auch nicht vollstän - dige Parallelität (siehe Tabelle 4 und gestrichelte Kurve in Abb. 3). Doch nicht nur den niedrigkolloidalen sauren Farbstoffen ‚gegenüber ist eine Änderung eingetreten, sondern auch gegen- über den hoch- und sehr hochkolloidalen sauren Farbstoffen. Dieses zeigt sich schon äußerlich ohne weitere | Untersuchung daran, daß 2 E66 BE DMREMN BB 20 2224 26 28380 die Toleranz der Tiere öfunaer Abb. 3. gegen diese Farbstoffe | bedeutend gestiegen ist. Während normale Tiere nach Einverleibung des hochkolloidalen Trypanrot, Ponceau 4 R oder Alizarinblau in kürzester Frist ad exitum kamen, so sehen wir nun, daß die Tiere gegen diese früher vergiftend wirkenden Stoffe unempfindlich geworden zu sein scheinen. Sie resor- bieren dieselben und scheiden sie, wenn auch langsamer und in schwächeren Konzentrationen, alle unbeschadet durch die Nieren aus (siehe Tabelle 5). Untersuchen wir die Nieren eines mit sauren Farbstoffen gefütter- ° ten Säurefrosches auf der Höhe des Versuches, so stellen wir für Eryo- eyanin, Cyanol, Lichtgrün, Guineagrün B, Bordeaux R extra mit Überraschung fest, daß an Stelle der erwarteten distinkten Granula- färbung eine mehr diffuse Färbung zustandegekommen ist, in der wir allerdings — wie bei normalen Fröschen und basischen Farbstoffen — bei der entsprechenden Vergrößerung auch noch eine ganz kleingra- nuläre Struktur erkennen können. Mehr gegen Schluß der Farbstoff- saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. 125 ‚ausscheidung, zu einer Zeit, wo sich die Reaktion des Harnes- bereits wieder dem Normalen genähert hat, verschwinden die kleinen Granula und an ihre Stelle treten solche größerer Gestalt. Ist ein Säurefrosch mit einem hochkolloidalen, sauren Farbstoff gefüttert, so zeigen sich in den Zellen der Tubuli contorti ausschließlich große Granula. Dies war der Fall bei folgenden der untersuchten Farb- stoffe: Trypanrot, Ponceau 4R und Alizarinblau. Tabelle IV. Tabelle V. Säurefrosch 18. Säurefrosch 19. l1cem 5% Eryocyanin per os. -1 ccm 5% Alizarinblau per os. > Stunden | des Urins | „„usendstel Gramm Stunden | des Urins | ‚„usendstel Gramm g | 5,321 | 147 2 5,742 | 138 MN 4617 312 6 4,458 222 8 4,598 1290 9 4,621 469 12 4,933 1310 12 4,875 437 16 5,846 472 16 5,023 404 21 6,225 45 20 5,896 399 Summe: 0,0358 g 22 ad exitum gekommen Summe: 0,0207 g 2. Basische Farbstoffe. Verfüttern wir, wie unter 1, vorbereiteten Säurefröschen die niedrig- kolloidalen basischen Farbstoffe Methylenblau, Neutralrot, Toluidin- blau, Methylgrün, Kristallviolett, Fuchsin, Capriblau, Thionin und Safranin, so müssen wir oft bis zum ersten Anflug einer Färbung der Niekhäute und bis zum Auftreten des Farbstoffes im Harn 20—24 und mehr Stunden warten. Der Transport der basischen Farbstoffe in einem stark nach der sauren Seite hin rea- gierenden Körper ist also erheblich verlangsamt. Hierbei sind etwa gleicherweise die verschlechterten Resorptionsbe - dingungenimDarm, wie die ungünstiger gestaltete Permeabi- lität in den Nierenepithelien als hinderlich wirkende Faktoren zu verzeichnen, denn es’ zeigt sich, daß auch bei intravenöser Darreichung eine erhebliche Verzögerung gegenüber der Ausschei- dung bei normaler Blutreaktion stattfand. Die nach vielen Stunden end- lich eintretende Ausscheidung der Farbstoffe durch den Urin genügt nicht annähernd, um — wie es bei normalen Fröschen und sonst glei- chen Versuchsbedingungen der Fall war — das ganze Farbstoffdepot des sowohl im Magen- und Darmkanals wie auch im Körper abgelagerten Farbstoffes auszuscheiden. Die Tiere gehen in der Regel zugrunde, ehe 126 K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung - eine vollständige Elimination des Farbstoffes eingetreten ist, was schät- zungsweise erst nach Verlauf von mehreren Tagen der Fall sein würde (Abb. 3. ausgezogene Kurve). Ob entsprechend der Erhöhung der To- leranz saurer Frösche für saure Farbstoffe die Toleranz für niedrig- kolloidale basische Farbstoffe herabgesetzt ist, ließ sich nicht ganz ein- wandfrei feststellen, erscheint aber nach dem Gesagten won wahr- scheinlich. Während wir nun für niedrigkolloidale Farbstoffe immerhin noch eine, wenn auch im Gegensatz zu Neutralversuchen sehr verringerte Farbaufnahme vom Darm aus und Farbausscheidung durch die Nieren eintreten sahen, so machten wir andererseits die Erfahrung, daß die hochkolloidalen basischen Farbstoffe Baslerblau R und BB, Viktoriablau B und 4R und Nachtblau überhaupt nicht vom Darm aus resorbiret wurden und dementsprechend auch durch die Nieren nicht ausgeschieden werden konnten. Innerlich verabreicht machten sich daher auch keine schädlichen Folgen dieser letztgenannten Farbstoffe bemerkbar; sobald sie aber intravenös gegeben wurden, trat innerhalb wenigerMinuten, also weit schneller als bei Neutraltieren, der Tod ein, im Gegensatz zu der noch unten zu erwähnenden Toleranz, wenn die Frösche alkalisiert waren. Dieser Befund steht in einem auffallenden Gegensatz zu der Befunden, die von Prowazek!) und Nirenstein?) an einzelligen Organismen gemacht worden sind. Hier nimmt die Giftwirkung basischer Farbstoffe zu, wenn sie in einem alkalischen Medium dargereicht werden, also stärker anfärben, als in neutraler und, saurer Lösung. Die Differenz könnte vielleicht darin ihre Erklärung finden, daß es sich in meinen Ver- suchen um vielzellige Tiere handelt, und daß hier diejenigen Substanzen am stärksten giftig wirken, welche unter den angegebenen Ba am schwersten ausgeschieden werden. Das mikroskopische Bild der Niere zeigte etwa das el der Nierenfärbung bei Einverleibung saurer Farbstoffe. Gefärbt erschienen wie immer nur die Markschichten, also die Gegend der Tubuli recti. An Stelle der ziemlich diffusen Färbung mit basischen Farbstoffen bei Normaltieren resp. kleingranulären Färbung, oder der sehr diffusen Färbung und Kleingranulazeichnung, wenn saure Farbstoffe angewandt waren, hatten wir in diesem Falle eine sehr ausgesprochene distinkte Färbung der einzelnen Granula und zwar nicht kleiner sondern sogar sehr großer Granula, vor uns. Dies Bild war konstant während des ganzen Verlaufes der Versuche zu beobachten, ganz gleich, ob die Nieren zu Beginn oder erst nach vielen Stunden untersucht wurden. !) Arch. f. Protistenkunde 18. 1910. 2) Arch. f.d. ges. Physiol. 199, 291. 1920. % saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. 127 Es ergab sich daraus schon jetzt die Vermutung, daß das Auftreten von deutlichen Granulis in lebenden Zellen in engem Zu- sammenhang mit der Arbeitsleistung der Zellen stehen - muß, nämlich — um an dieser Stelle späteren Erörterungen vorzugrei- fen — daß eine diffuse oder allerhöchstens ganz kleingranuläre Fär - bung dann auftritt, wenn die Zelle keine nennenswerte Arbeit beiderBesorption oder Ausscheidung derFarbstofteleistet, d. h., wenn der zur Aufnahme gelangende Farbstoff den physikalisch- chemischen Verhältnissen im Innern der Zelle gut angepaßt ist. Auf der anderen Seite tritt eine distinkte Granulafärbung dann ein, wenn die Zelle dem eindringenden Farbstoff einen durch die physio- logischen Verhältnisse bedingten Widerstand entgegen - setzt, wodurch sie gezwungen ist, eine erhöhte Arbeitsleistung zu ent- falten. C.VersucheanFröschen, derenGewebsreaktionalkalischwar. Zu diesem Zwecke wurde den Versuchstieren je eine Messerspitze Natriumcarbonat verfüttert. Bereits nach sehr kurzer Zeit, häufig in weniger als einer Stunde, wurden hohe Alkalescenzwerte im Blute bis zu einer CH von 108” und dementsprechend höhere Werte im Harn bis zu einer CH von 1095 und sogar 10-!° gefunden. 1. Saure Farbstoffe. Selbst die niedriskolloidalen sauren Farbstoffe, die wir sonst bei normalen Fröschen — wenn auch langsam, so doch noch sehr deutlich nachweisbar — durch die Nieren hindurchpassieren und im Harn erscheinen sehen, werden unter den nun vollkommen ver- änderten Verhältnissen überhaupt nicht mehr ausgeschieden. Daß die Nieren bei alkalisierten Fröschen ihre Fähigkeit, saure Farb- stoffe auszuscheiden, verloren haben, kann aber nur dann mit Bestimmt- heit angenommen werden, wenn der Farbstoff direkt in die Blutbahn eingespritzt ist. Bei unserer gewöhnlich angewandten Versuchsanord- nung der Verabreichung per os wirken aber wohl bereits die Darm- epithelien: blockierend. Was in diesem Fall für Darmepithelien gilt, nämlich, daß sie bei großer Alkalescenz keine sauren Farbstoffe mehr aufnehmen, kann man meines Erachtens auf die Nierenepithelien ver- allgemeinern, denn bei allen übrigen Versuchen ging ebenfalls die Schnelligkeit der Farbstoffaufnahme von Seiten des Darmes mit der- jenigen der Farbstoffabgabe durch die Nieren parallel. Direkt nach- prüfen ließ es sich für die Nierenepithelien deshalb nicht, weil — wenn saurer Farbstoff bei alkalisierten Tieren intravenös verabreicht wurde — alle Versuchstiere in kürzester Zeit zum Tode kamen. Die Toleranz 128 K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung der Frösche gegen sonst nicht sehr stark schädigende saure, niedrig kolloidale Farbstoffe war also durch die Erhöhung der Alkalescenz des Gesamtorganismus erheblich herab - gesetzt. Es erübrigt sich, noch näher darauf einzugehen, daß die hochkolloidalen sauren Farbstoffe Trypanrot, Ponceau 4R und Ali- zarinblau selbstverständlich ebenfalls weder resorbiert noch ausge- schieden werden. Wirken diese doch auch schon unter normalen Ver- hältnissen hochgradig schädigend auf den Gesamtorganismus ein und zeigten auch dort nur eine mangelhafte Tendenz zur Resorption. Nur in den Fällen, wo sich die Blut- und Harnalkalescenz nicht all- zuweit von dem Normalpunkt entfernte, sehen wir mit niedrig kolloi- dalen sauren Farbstoffen nach etwa 15—24 Stunden eine schwache Nickhautfärbung und Ausscheidung im Harn auftreten. Bemerkenswert sind diese Versuche aber auch deswegen, weil die mikroskopische Unter- suchung der Nieren zeigte, daß überall, wo überhaupt Farbstoff im Innern der Nierenepithelien nachzuweisen war, derselbe nurin Form der großen Granula angetroffen wurde, während wir bei normalen Fröschen und sauren Farbstoffen doch eine klein- granuläre Zeichnung gefunden hatten. 2. Basische Farbstoffe. Die Aufnahme und Ausscheidung aller untersuchten ba- sischen Farbstoffe — auch der hoch und sehr kolloidalen — war sehr erheblich beschleunigt. Schon nach wenigen Minuten trat bei den niedrig kolloidalen basischen Farbstoffen (Tab. 6), nach 1—2 Stunden bei den hoch kolloidalen basischen Farbstoffen (Tab. 7) die Nickhautfärbung auf, und nach verhältnismäßig kurzer Zeit waren die Tiere ganz mit der betreffenden Farbe gefärbt. In demselben Maße, wie die Färbung frühzeitig ihren Anfang nahm, war sie auch frühzeitig wieder beendet, indem schon nach 8—10 Stunden oft bis auf geringe Dauerdepots die ganze Menge des eingeführten Farbstoffes wieder ausgeschieden war. Bei den hochkolloidalen basischen Farbstoffen wurde eine voll- ständige Ausscheidung der Farbstoffe allerdings niemals beobachtet. Die Mengen des ausgeschiedenen Farbstoffes gingen stets parallel mit der Größe der Anzahl freier OH -Ionen, sowohl im Blut, wieauch im Harn, so daß mit derabnehmenden Alkalescenz auch die quantitative Farbstoffausscheidung an Größe geringer wurde. Untersucht man die Nieren von diesen mit basischen Farbstoffen gefärbten Alkalifröschen, so finden wir die früher bei normalen Fröschen teilweise noch angedeutete kleingranuläre Färbung in den Zellen voll- kommen verschwunden zugunsten einer vollständigenallgemeinen Diffusfärbung, die sich auch nicht nur auf die Markschicht be- saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. 129 schränkt, sondern sogar auf die Rindenschicht ausgedehnt hat. Selbst die sehr hochkolloidalen Basler Blau R und BB und Viktoria- blau B und 4 R machten hierin keine Ausnahme. Einzig bei Färbungen mit Nachtblau, das bei Normaltieren überhaupt nicht aufgenommen wurde, waren Übergänge von der allgemeinen Diffusfärbung zur Klein- granulafärbung und teilweise sogar einige große Granula zu entdecken. Tabelle VI. Tabelle VII. Alkahfrosch 31. Alkalifrosch 49. 2 cem 5% Methylenblau per os. 2 ccm Viktoriablau B per os. Ausgeschied. Farb- $ { Ausgeschied. Farb- Nach _ 25 : menge in Hundert- Nach pH £ menge in Hundert- Stunden des Urins tausendstel Gramm Stunden des Urins tausendstel Gramm Ye 8,532 1235 1 8,933 347 1%, 8,791 1940 4 9,229 543 IE 9,164 1350 6 9,158 499 Du 9,002 1270 8 9,505 1058 7 9,015 231 10 9,032 672 10 8,879 346 14 8,777 258 13 8,861 20 18 8,019 73 Summe: 0,0648 21 6,96 & Summe: 0,0358 War Neutralrot zur Färbung verwendet, so traten sogar seine Indicatoreigenschaften hervor. Auf der Höhe der Alkali- ausscheidung durch die Nieren zeigten diese eine ausge- “ sprochen rein gelbe Farbe. Mit abnehmender OH -Ionen- konzentration im Blut und Harn ging die Farbe der Niere mehr nach Rot ins Orange über. D. Doppelfärbungen. Doppelfärbungen wurden nur mit zwei Farbstoffgemischen ausge- führt und zwar mit dem sauren Eryocyanin und dem basischen Fuchsin und dem sauren Lichtgrün mit dem basischen Safranin. Diese Gemische wurden gewählt, weil sie sich in ihrer Färbequalität annähernd das Gleichgewicht halten und deshalb, ohne eines das andere zu verdecken, beobachtet werden konnten. Verabfolgt man eines dieser beiden Farbstoffpaare normalen Fröschen, so sehen wir im Beginn des Versuches etwa nach 2—3 Stunden nur den basischen Farbstoff im Urin erscheinen. Allmählich mischen sich aber stärkere Komponenten des sauren Farbstoffes bei, und der zuerst fast reinrot erscheinende Harn nimmt allmählich eine Mischfarbe von Rot und Blau resp. Rot und Grün an. Zu erwarten wäre gewesen, daß sich — da der basische Farbstoff entsprechend den vorhergehenden Versuchen schneller ausgeschieden wird, als der saure Farbstoff — nach Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182, g 130 K. Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung einer länger als 24—50 Stunden währenden Ausscheidung nur noch saurer Farbstoff im Harn gefunden hätte. Dieses war aber nicht der Fall. Es blieb bis zum Aufhören des Versuches bei der Ausscheidung einer Mischfarbe. Man ist daher also wohl berechtigt, anzunehmen, daß die Gegenwart von saurem Farbstoff verlangssamend auf die Ausscheidung des basischen Farbstoffes einwirkt. Die Untersuchung der Nieren ergab eine diffuse Mißfarbe der ganzen Markschicht ohne deutlich unterscheidbare Granula. Werden die Farbstoffgemische einem Säurefrosch einverleibt, so erscheint in verhältnismäßig kurzer Zeit zuerst der saure Farbstoff im Harn. Erst später kommt es durch Beimengung von basischem Farb- stoff zu einer den oben ausgeführten Versuchen ähnlichen Mischfarbe. Auch hier ist wieder die Beobachtung zu verzeichnen, daß eine isolierte Ausscheidung basischen Farbstoffes gegen Ende des Versuches nicht stattfindet. In diesem Fall wirkt also die Gegenwart von »- basischem Farbstoff verlangsamend auf die Ausscheidung von saurem Farbstoff ein. In den Nieren fand sich zu Beginn des Versuches, während nur saurer Farbstoff im Harn vorgefunden wurde, eine kleingranuläre bis ins völlig Diffuse übergehende Färbung der Endothelien der Tubuli recti und der dazwischen liegenden Zellschichten bis an die Kapilaren reichend. In späteren Stadien finden wir eine sich teils über die ganze Niere erstreckende diffuse Färbung mit saurem Farbstoff und in dieser,, deutlich hervorgehoben, zahlreiche ausschließlich mit dem basischen Farbstoff gefärbte kleinere oder größere Granula. Diese Granula wurden kleiner und undeutlicher, wenn sich, bei allmählich abneh- mender H-Ionenkonzentration im Blute, der Versuch seinem Ende näherte. ’ Das umgekehrte Bild, sowohl die zeitliche Ausscheidung betreffend wie die mikroskopische Untersuchung der Niere, haben wir bei einem doppelt gefärbten. Alkalifrosch. Nämlich diffuse Färbung mit basi- schem Farbstoff, unterbrochen von zahlreichen großen, sauren Farb- stoffgranulis. Zusammenfassung und Schlußfolgerungen. 1. Durch reichliche Gaben von Borsäure einerseits und Soda anderer- seits läßt sich die Reaktion des Blutes von Fröschen gegen die saure bzw. alkalische Seite verschieben. Es ist anzunehmen, daß sich dabei auch die Reaktion der Körperzellen ändert. Sicher nachweisbar ist dies bei Nierenzellen. 2. Im ersten Falle wird ein stark saurer, im zweiten ein stark alka- lischer Harn abgesondert. Die Cn resp. Con auf Seiten des Blutes ist aber stets geringer als die auf Seiten des Harnes. saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. 131 3. Die Aufnahme saurer und basischer Farbstoffe durch den Darm sowie ihre Ausscheidung durch die Niere ist ab- hängig von der Menge der in den betreffenden Zellen und ihrer Umgebung vorhandenen freien H*-oder OH- -Ionen, indem der Transport saurer Farbstoffe durch freie H*+-Ionen .beschleu- nigt, durch freie OH --Ionen verlangsamt und evtl. vollkommen aufge- hoben wird. Das Umgekehrte gilt für basische Farbstoffe. 4. Entsprechend den unter Punkt 3 ausgesprochenen Gesichtspunk- ten ist es nicht berechtigt, zwischen sauren und basischen Farbstoffen den prinzipiellen Unterschied ‚Vitalfärber‘ und ‚‚Nichtvitalfärber‘“ zu machen. Alle Farbstoffe, die sauren wie die basischen, vielleicht mit Ausnahme der ganz hochkolloidalen, können wohl alle Zellen färben, in denen die notwendigen physikalisch-chemischen Bedingungen erfüllt sind. Selbst recht hochkolloidale saure bzw. basische Farb- stoffe werden resorbiert und unter Färbung der Nierenepi- thelien ausgeschieden, wenn saure bzw. alkalischeReaktion herrscht. 9. Die vitale Arbeitsleistung der Zelle ist von bedeutendem, noch näher zu erforschendem Einfluß auf die Aufnahme, Speicherung und Ausscheidung von sauren und basischen Farbstoffen durch dieseibe. | 6. Die Granula der Nierenepithelien erscheinen nach meinen Be- funden nicht als feste anatomische Gebilde, sondern sie entstehen und verändern sich mit dem jeweiligen Funktionszustand der Zelle. In einer schwer arbeitenden Zelle sind große Granula, in einer leicht arbeitenden Zelle kleine Granula bis zu deren vollständigem Übergang in eine diffuse Zellfärbung vorhanden. 7. a) Niedrigkolloidale basische Farbstoffe, die von Normaltieren gut vertragen werden, werden von Säurefröschen schlechter vertragen, so daß erheblich früher der Tod eintritt, als es bei Normaltieren der Fall ist. b) Hochkolloidale basische Farbstoffe, die bei Normaltieren schnell ad exitum führen, werden von Alkalifröschen noch gut vertragen. c) Niedrigkolloidale saure Farbstoffe, die von Normaltieren gut ver- tragen werden, rufen bei Alkalitieren bald den Vergiftungstod herbei. d) Auch hochkolloidale saure Farbstoffe werden von Säurefröschen gut vertragen. Die Toleranz der Frösche gegenüber sauren und basischen Farb- stoffen steigt und fällt also mit einem Mehr oder Weniger an Säure respektive Alkali im Organismus der Tiere. Für die Theorie der Färbung lassen sich aus diesen Befunden folgende Schlüsse ziehen : Der Lipoidtheorie widerspricht es an und für sich nicht, daß die Resorption von seiten des Darmes und die Aufnahme von Farbstoffen von seiten der Nierenzellen durch Säuerung bei den sauren 9* aD RE Rohde: Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung usw. Farbstoffen und durch Alkalisierung bei den basischen Farbstoffen be- günstigt wird, denn wie schon wiederholt und zuletzt von Robertson!) und Nirenstein?) hervorgehoben ist, nimmt die Lipoidlöslichkeit der sauren Farbstoffe zu, wenn sie aus saurer Lösung ausgeschüttelt werden und der basischen, wenn sie in alkalischer wässeriger Lösung dargeboten werden. Wohl ist es aber mit dieser Theorie kaum vereinbar, daß auch solche sauren Farbstoffe unter günstigen Umständen auf- genommen werden, von denen eine Lipoidlöslichkeit über- hauptnicht bekanntist (z. B. Cyanol, Guineagrün, Bordeaux R extra, Ponceau 4R und Alizarinblau). Die gesperrt gedruckten hat Nirenstein untersucht, und sie gehören zu den Farbstoffen, die auch von seinem Diamylamin-Ölsäure-Gsmisch nicht aufgenommen werden ! Damit ist der modifizierten Lipoidtheorie dieses Autors jedenfalls schon die Allgemeingültigkeit genommen. Die Ultrafiltertheorie findet in meinen Befunden keine Stütze. Im Gegenteil! Eine Reihe von Farbstoffen, die nach Ruhland?) eine zu erhebliche Teilchengröße haben, um in Zellen einzudringen, können bei günstiger Reaktion aufgenommen werden. Vor allem spricht folgendes gegen sie: Durch saure Reaktion wird der Dispersitätsgrad saurer Farbstoffe vermindert; trotzdem werden sie gerade unter diesen Umständen von den Zellen besser aufgenom- men, als bei alkalischer Reaktion, welche die Dispersität erhöht. Umgekehrt verhält sich die Teilchengröße bei ba- sischen Farbstoffen, und auch sie dringen am besten ein, wenn die Dispersität vermindert ist, also in alkalischer Lösung. Zum Schluß möchte ich noch Herrn Professor Bethe meinen herz- lichsten Dank aussprechen für die Anregung und die liebenswürdige Unterstützung, die er mir bei der Abfassung der vorliegenden Arbeit in so reichem Maße hat zuteil werden lassen. 1) Journ. of Biolog. Chem. 4, 1. 1908. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. 199, 293. 1920. 3) W. Ruhland, Berichte der Deutsch. Botan. Gesellsch. Bd. 30, 139. 1912. Weitere Beiträge zur Kenntnis von organischen Nahrungs- stoifen mit spezifischer Wirkung. H. Mitteilung‘). Von Emil Abderhalden. (Aus dem physiologischen Institute der Universität Halle a. S.) (Eingegangen am 9. April 1920.) Vor kurzem!) konnte gezeigt werden, daß es gelingt, Tauben wochen-, ja monatelang bei Wohlbefinden zu erhalten, wenn man sie ausschließlich mit geschliffenem Reis unter Zusatz von Hefe füttert. An Stelle der gesamten Hefe wurde auch solche verwendet, die mit Alkohol, Aceton oder mit beiden Lösungsmitteln ausgezogen worden war. Auch diese Präparate erwiesen sich als wirksam. Wurde dieser Hefezusatz fortgelassen, dann zeigten sich meistens sehr bald schwere Erscheinungen. Sie kündigten sich außer durch das Aussehen und das Benehmen der Tiere regelmäßig durch das Abfallen der Körpertemperatur an. In manchen Fällen stellten sich die bekannten charakteristischen Krämpfe der sogenannten Beriberi- Tauben ein. Vielfach starben jedoch die Tiere auch ganz plötzlich. Wir stellten uns eine Reihe weiterer Fragestellungen. 1. Hat die Menge des Hefezusatzes Einfluß auf die Zeit, die vergeht, bis nach erfolgtem Übergang zu rei- ner Reisnahrung sich Störungen bemerkbar machen? 2.Welchesist die geringste Menge Hefesubstanz, die gerade noch ausreicht, um bei Zusatz zu Reiskost Er- scheinungen hintanzuhalten? 3. Worauf beruht der Temperatursturz? Ist er auf eine Verminderung der Oxydationsvorgänge zurück- zuführen, oderistdie Temperaturregulierungan einer anderen Stelle gestört? Was die erste Fragestellung anbetrifft, so sind die folgenden Versuche unternommen worden. Es erhielten eine Reihe von Tauben als Futter ausschließlich geschliffenen Reis und etwas Hefe. Die Tiere wurden in zwei Gruppen geteilt. Die einen erhielten 5 Hefe- pillen, die anderen 25 solche. Jede Pille enthielt 0,1 g an der Lutt getrocknete Hefe bzw. 0,1 g des mit einem Lösungsmittel (Alkohol, 1) Emil Abderhalden, Dieses Archiv 198, 260. 1920. 134 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis . Aceton) ausgezogenen Präparates (vgl. hierzu die I. Mitteilung). Um individuelle Unterschiede möglichst auszuschalten, wurden je 25 Versuchstiere zum Vergleich herangezogen. Ein großer Teil der Versuche ist seit 6 Monaten ununterbrochen im Gange, d.h. es ist gelungen, Tauben mit geschliffenem Reis plus etwas Hefe über ein halbes Jahr am Leben zu erhalten. Sie würden alle innerhalb eines Monats gestorben sein, wenn der Hefezusatz gefehlt hätte. Es unterliegt für mich keinem Zweifel, daß es gelingen wird, die Versuche noch viel weiter auszudehnen. Die längste, vorläufig ein- .zige Beobachtung dieser Art, über die ich verfüge, umfaßt 15 Monate. Von Zeit zu Zeit wurde der Hefezusatz fortgelassen. Es zeigte sich nun folgendes. Diejenigen Tauben, die nur 5 Hefepillen pro Tag erhalten hatten, zeigten in der überwiegenden Zahl der Fälle nach 3—5 Tagen Störungen. Ein erheblicher Teil der Tiere starb plötzlich. Es fehlten in diesen Fällen alle Krampf- und Lähmungserscheinungen. Die Tiere saßen kurze Zeit mit auf- - geplustertem Gefieder da. Sie fraßen’ mangelhaft oder auch gar nicht. Waren mehrere Tiere im gleichen Käfig, dann rückten sie dicht zusammen. Das Thermometer zeigte fallende Körpertempe- ratur an. Wird, sobald dieses Symptom sich zeigt, sofort mit der Zu- fuhr von Hefe fortgefahren, dann gelingt es regelmäßig, die Tiere zu retten. Einige Tiere — es waren jeweils etwa 30°/, der im Ver- suche befindlichen Tiere — zeigten sich resistenter. Sie bekamen erst nach etwa 15 Tagen schwere Erscheinungen. Sie verhielten sich fast so wie Tiere, die von normaler Ernährung auf reine Reis- kost gesetzt worden waren. | Diejenigen Tiere, die pro Tag 25 Hefepillen erhalten hatten, erkrankten beim Übergang zu reiner Reiskost mit ganz wenigen Ausnahmen erst nach etwa 15 Tagen: Es besteht kein Zweifel, daß die reichlichere Zufuhr an Hefe eine günstige Wirkung auf die Tiere ausübte. Sie zeigte sich übrigens auch sehr ausgesprochen im Ver- halten des Körpergewichtes. Die Tauben, die größere Mengen von Hefe erhielten, erholten sich jeweils von den Gewichtsstürzen während der reinen Reiskost viel rascher als diejenigen Tiere, die weniger Hefe bekamen. Diese Beobachtung ist nicht auffallend, wenn man bedenkt, daß die Tiere mit der Hefe eine ganze Reihe wertvoller Nahrungsstoffe aufnahmen. Ob ganze Hefe oder extrahierte Hefe verwendet wurde, erwies sich nicht als wesentlich. Die folgenden Versuchsprotokolle mögen als Beispiele für zahl- reiche andere, gleich verlaufene Versuche zeigen, welcher Art die Versuchsanordnung war, und welchen Verlauf sie nahmen. Alle Ver- suchstiere erhielten als Grundnahrung geschliffenen Reis, .der daraufhin geprüft war, daß bei seiner ausschließlichen Zufuhr Tauben von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. 135 innerhalb 15—30 Tagen an alimentärer Dystrophie erkrankten. Als Zusatz wurden verabreicht: Hefepillen Nr. 1 = mit Äthylalkohol erschöpfte Hefe, Pillen Nr. 2 = mit Aceton erschöpfte Trockenhefe, Pillen Nr. 3 = mit Alkohol und Aceton ausgezogene Hefe, Pillen Nr. 4 = nicht ausgezogene Hefe. Die zweite der oben gestellten Fragen, welche Menge von Hefe notwendig ist, um neben reiner Reiskost das Auftreten von Austall- erscheinungen zu vermeiden, kann noch nicht genau beantwortet werden, weil noch nicht genügend lange Versuche vorliegen. Es scheint, daß recht kleine Mengen von Hefe ausreichen. Jedenfalls erwiesen sich 0,1 g Hefe pro Tag als schützend. Gaben von 0,05 g Hefe pro Tag verhinderten bis jetzt (Dauer des Versuchs 4 Wochen) besondere Erscheinungen, doch sind die Tiere nicht so munter, wie diejenigen, die 0,1 g Hefe erhalten. Diese Versuche sind zugleich unternommen worden, um die Frage zu entscheiden, ob Versuchstiere, die nur gerade so viel Hefe erhalten, daß sie mit reiner Reiskost auskommen können, schneller und schwerer erkranken, wenn der Hefezusatz fortbleibt. In zwei Versuchen wurden die Tauben nach Fortlassung der Hefe (0,1 g pro Tag) am dritten Tage tot im Käfig gefunden, nachdem die Körpertemperatur auf 36° gefallen war. Am meisten beschäftigt mich die Frage nach der Ursache des von mir gefundenen regelmäßigen Absinkens der Körpertemperatur, wenn Tauben ausschließlich mit geschliffenem Reis ernährt werden. Diese Beobachtung war wegleitend für die folgenden Versuche: 1. Es mußte festgestellt werden, wie sich der Gas- wechselvor undwährendderTemperaturabnahmever- hält,d.h.esmußtederGaswechseleinergesunden Taube verfolgt werden, während sie ausschließlich mit Reis gefüttert wurde, bis charakteristische Ausfallser- scheinungen auftraten. 2. Es mußte die Gewebsatmung geprüft werden: a) Vergleich der Gewebsatmung vor und während der Ausfallserscheinungen. b) Es mußte festgestellt werden, ob eine evtl. ab- geschwächte Gewebsatmung sich durch Zusatz von Hefeextrakt beeinflussen läßt. c) War das der Fall, dann mußte verfolgt werden, ob ein erkranktes Tier, wenn es durch Einsprit- zung von Hefeextrakt „geheilt“ wordenist, wie- der eine normale Gewebsatmung zeigt. Dieser letztere Versuch kann auch in der Weise durchgeführt werden, daß einem gesunden Tier etwas Muskelgewebe entnommen wird. Die gleiche Operation wird wiederholt, wenn bei reiner Reiskost 136 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis sich Erscheinungen zeigen. Das Tier erhält dann Hefeexfrakt, worauf wieder ein Muskelstück entnommen wird. Selbstverständlich müssen auch die Gaswechselversuche in allen Stadien der auftretenden Störungen und des Heilungsvorganges. durchgeführt werden. Schritt für Schritt stößt der Forscher auf die sich immer mehr geltend machenden Schwierigkeiten in der Durchführung von relativ ganz einfachen Versuchen. Die schon vor längerer Zeit gestellten, sich aus den gemachten Beobachtungen mit zwingender Notwendig- keit aufdrängenden Fragen, sind auch heute noch nicht so beant- wortet, wie ich es wünschen möchte. Die Beschaffung der jetzt fast unerschwinglichen Apparate, die ständige Gasnot usw. haben die Durchführung der Versuche stark verzögert. Immerhin liegen schon jetzt Beobachtungen vor, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, sie mitzuteilen und an das vorläufige Ergebnis die Bitte zu knüpfen, das Arbeitsgebiet für einige Zeit mir zu überlassen. Es sei an dieser Stelle zunächst nur auf folgende Beobachtung eingegangen. Muskelsubstanz von einer erkrankten Taube — sie hatte nach wochenlanger Ernährung mit geschliffenem Reis und Hefe reine Reiskost erhalten, zeigte eine sehr stark herabgesetzte Gewebsatmung. Zusatzvonalkoholischem Hefeextraktund Hefekoch- saftvermochtesiesofortzurnormalenHöhe anzufachen. Auf alle Einzelheiten der Versuchsanordnung kommen wir bei der ausführlichen Mitteilung der Versuchsergebnisse zurück. Wir wollen zunächst auch die erwähnte Beobachtung noch nicht ein- gehend besprechen. Es sind ‘noch viele Vorfragen zu lösen. Wie verhält sich eine normale, hungernde Taube? Ist auch ihre Gewebs- atmung eingeschränkt? Es könnte ja sein, daß die untersuchten, erkrankten Tauben die eingeschränkte Gewebsatmung nur als Folge- erscheinung eines allgemeinen Schwächezustandes zeigen, d. h. sie braucht nicht spezifisch für die alimentäre Dystrophie im Gefolge von reiner Reisnahrung zu sein. Der Umstand, daß die erwähnten Produkte aus Hefe eine so auffallend gute Wirkung entfalteten, braucht ja nicht unmittelbar mit der Heilwirkung bei der erwähnten Stoffwechsel- störung zusammenzuhängen. Immerhin ergibt sich die Fragestellung, ob jene Stoffe — Nutramine genannt —,dieinkleinsten Mengen zur Durchführung einer ganzen Reihe von Stoffwechsel- und sonstigen Zellvorgängen unent- behrilcehsind, nach Art der Kofermente, Bedingungen schaffen, die z.B. die Gewebsatmung und sicher auch andere Zellvorgänge alsVoraussetzunghaben müssen, umin normalen Bahnen zu bleiben. von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. 137 Wir können, wie gesagt, diese Frage noch nicht mit Bestimmt- heit beantworten. Nach dem ganzen Stand der Forschung, drängt sich jedoch immer mehr die Meinung auf, als griffe unsere Nah- rung, die jain letzter Linie Zellinhaltist,inden Haus- halt jeder einzelnen Zelle direkt ein und versorgte diese mit unentbehrlichen Stoffen in kleinsten Men- gen, die dafür sorgen, daß bestimmte,jederZelle eige- nen Grundprozesse in bestimmten Bahnen verlaufen. Bewahrheitet sich die Beobachtung nach dem Einfluß des Hefe- extraktes auf die darniederliegende Muskelgewebsatmung bei ali- mentärer Dystrophie, dann erhalten die Beobachtungen von Meyer- hof!) über die Wechselbeziehung zwischen Gärung und Gewebs- atmung und ihre Beeinflußbarkeit durch Hefe- bzw. Muskelkochsaft noch eine besondere Bedeutung. Versuchsprotokolle. Nr. 20. Taube mit graubraunem Gefieder mit breitem weißen Streifen auf dem Kopf. | Temperaturmessung Körpergweicht Datum \ Im Schnabel | in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 | Grad | ER 99.X 4,0 | mittags 391.0 5 Pillen Nr. 1 B3:X. 40,8 | 5 = A 24.X. 40,5 | 23 — 53 DER | 41,0 morgens 329.0 “ DESK A| 39,8 x — KL INER. | 40,0 |. abends | - er GER. 39,3 ' morgens | 3053,07 5 DIR: 40,0 2 — 30. X. 40,3 = — SEX: 39,5 abends 320,0 TI. | 40,0 morgens _ SISKE. ».\-| 39,5 N 285,0 ; 4.XI. | 39,8 r E= a GERT 38,6 ' mittags 292,0 | AN SORT. 3, | 38,5 »» | = | > 8. RT. | 39,0 ” a Er) 10:.XT. | 386 ı morgens 279,0 s TER. 38,4 H | — ' 3 Pillen aus getrockn. 32° X1. || 41,5 mittags — Hefe, entspr. 0,3 g Hefe 19T: 40,3 | > 262,0 = ART || 39,4 x — ss ID. le. 2) 39,0 = — 06 0 RU 7 38,5 abends 282,0 >> 18. XI. 38,8 5 | — »» 20H XL. || 38,5 35 | -- > ı) Otto Meyerhof, Dieses Archiv 170, 367, 428. 1918; 1%5, 20. 1919. 138 | .E Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis r Nr. 20. (Fortsetzung.) | Temperaturmessung | Körpergewicht Datum | Im Schnabel | in Hefepillen | gemessen | Tageszeit 19100 | Grad | | g DDaTE ||. 5.138:6 abends 267,0 3 Pillen aus getrockn. 22, XL; | 38,5 mittags — ' Hefe entspr. 0,3 g Hefe IA. XI. | 38,3 mittags 274.0 | eh RUN | 39,0 en ie 2ER e) 39,5 | 3 _ || 39,3 | 9 SE 28. Xle.%,3)| 393,2 | x 285,0 2 RL 39,7 | 5 — NER | SOLL abends Fr | 2 SITE 39,0 a 2 | SOXEE| 30 5 297,0 AR | Aosa 6; 5 RE 40,0 nachmittags IE Sax 09400 mittags _— | SR 40,0 | abends 237,0 | OS RR | $ _— | 10. x. 390.7.) h - SSL 38,9 | a Te 12. X. 2 39,0 | & — 13. x. 0) 39,3 | mittags 291,0 er SUR) 39,5 | morgens = SSR 23910 | == IOSXITR |. eo 283,0 2 17 200% 39,5 | — >» I REN 39,0 „ 4 1. 2IE || 39,5 | abends =g DORT | 39,0 | morgens == 23: | as ” 272,0 ZASRÜTEE | & 2 ar keine Pillen DR | N er — 2 29, RO | Bin ge Sr 2 2A || in — | — *) Ä > or S| 35,0 246,0**) | 6.Pillen aus getrock- Zu (el 38,1 abends — neter Hefe 30. XI. | 38,0 mittags 2 > Hal. | 36,0 — 247,0***) >> u E 38,0 morgens 248,0 " STE 40,0 mittags 291.0 > SET 36,5 = 280,0 > JE 37,0 abends 280,0 > 10. I. 39,0 morgens 283,0 2 40,0 = 290,0 la JE 39,3 ‘ abends 290,0 14.1. 38,0 = 295,0 *) Beide Beine gelähmt. **) Das Tier erholt sich rasch und läuft im Käfig umher. *"*) Ganz munter. Pag von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. 139 Nr. 20. (Fortsetzung:.) | Temperaturmessung ; | Körpergewicht | Datum | ImSchnabel | in | Hefepillen ! gemessen .| Tageszeit 1920 | Grad | 8.5. 15.1. | 39.0 abends 295,0 6 Pillen aus getrock- i6.T. 40,0 morgens 298,0 neter Hefe HWZ.T. 39,0 | 296,0 19.7. 38.5 | e 296,0 20-1. | 38,3 N 308.0 21.7: | 38.0 3 308,0 22:2]. | 395 mittags 324,0 23.1. 38.5 324,0 24.1. 38.3 326,0 25 26-1. 37,8 308,0 - Dr 1: 37,8 * 310,0 28:1: 38,0 | abends 323,0 29. 1. 330 “ 320,0 30. I. 383 | morgens 315,0 zul B& 39,0 | = 312,0 11. 39.0 ' abends 318,0 3. 1. 38,5 318,0 ll: \,;| 39,2 315,0 5.1. 39.0 315,0 6... 39,8 N 330,0 2» Ten 39,0 morgens 330,0 » gl. 40,0 330.0 10:17. 40,0 335,0 IK]. SLI: 39,5 335,0 12.1: 40,5 335,0 er 13° II: 40.0 338,0 = BETT: 40,0 .E 338,0 - 16. 11. 40,2 . abends 338,0 a 40.2 | 338,0 ISeR, || 40,0 | | 328,0 R 19. 11. 39.0 | 328,0 2 2DSTES.; || 335 | 320,0 DR: 39,0 | 320,0 229.11. 39,0 | 2 320.0 24. 11. 39,8 | e: | 322.0 25: 1L: 40,0 | | 322,0 26. II. 39,8 | 322,0 97. 1E gr 325,0 28. IT. 341 % 325.0 > Y.EIE. 39.8 | = 325,0 5 20 2) 40.0 | 4 310,0 ” S-AHRE, 39,8 a 310,0 “ 4. IM. 39,0 x 310,0 ® 5 Il. 39,3 5 308,0 > 6. IH. 39,0 > 300,0 >> SEE || 39,5 300,0 >> 140 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 20. (Fortsetzung.) | Temperaturmessung Körpergewicht Datum " Im Schnabel in . Hefepillen | gemessen Tageszeit : 1920 | Grad g 9.00. | 398 | abends 288,0 | 6 Pillen aus getrock- KOLBE 40,0 | $ 288,0 | neter Hefe II, JDNE | 40,0 | morgens | 290,0 | > 12.1. | 31 | > 290,0 ” 13% 006 © 392 ” 285,0 | > 1 INES 39,0 | > 235,07 > a h Pe keine Pillen Ir, 006 | 39,2 | 3 285,0 | > Sl) 39,0 | > | 280,0 ; „ 19) 006 N) 38,2 | Br 266,0 | » 20. I. || 384 | x 266,0 | » 2 0 37,5 | „ 260,0 | % 2 | 37,0 | 53 260,0*) 6 Pillen aus getrock- 2A 35,0 | 5 253,0 | neter Hefe | 36,4 | abend | 230,0 **) | » 25, 100% 36,5 \ morgens 224,0 | > ASSIE ln 80 | 5 | DD) ” 20 > 228.005 » 2 383 Is 228,0 | » 20, 00ER 30 2 120923: 5 a0, DE JA | > | 3..226,0 > Se 38,8 | 226,0 eu anVee| 40,6 55 223,0 » av | 40,0 | > | 225,0 | »» Ga 40,0. „ | 230,0 | » *) Das Tier sieht matt aus. **) Leichte Krämpfe. °“*) Das Tier ist immer noch sehr matt. Es erholt sich. Nr. 22. Taube hellgrau mit zwei schwarzen Streifen auf den Flügeln. Temperaturmessung Körpergewicht | Datum | Im Schnabel in | Hefepillen | gemessen Tageszeit | 1919 Grad £ I I > DIES 40,0 mittags 362:0 | 5 Pillen Nr. 2 DIIRE 40,8 es — | > DA.X. 41,0 5 — ©% de RG 40,5 morgens | 360,0 s 26. X. 40,8 Er) | ER | E2) DUIRE 41,0 abends — 2 DSIDRE 41,5 morgens | . 363,0 bs 29.X. 40,5 | AN, — | = SUDRE 41,0 | Er) | ZN | > Bl 3% 41,0 | abends 7. . 13700. | 55 11E 20E 40,5 . | moreens | — 5 von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. Nr. 22. (Fortsetzung.) 141 Temperaturmessung | Körpergewicht Datum Im Schnabel | in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 Grad g SEX: 40,3 morgens 337,0 5 Pillen Nr. 2 ART: 40,0 5 — 5 GSXT. 41,0 mittags 321,0 > EREXT.: 40,8 55 — » S.xXT. 40,5 ss — Be 10. 2XT. 39,8 MOTLENS 294,0 = ISOXT: 40,0 = — „ HOT. 40,2 mittags ._ » EXT. 40,0 5 312,0 » 1125 %@E 40,3 5 — » IHIXT. 40,0 > — . 17. X1. 39,3 abends 306,0 » ST. 39,5 % — 3 DORT. 40,2 " —_ >» 21. XI: 40,0 5 321,0 93 Da XI. 40,2 mittags — 93 24. XI. 40,6 3 309,0 „ 25. XI. 40,3 5 — „ 26. XI. 40,5 e — 93 BR. XI 40,4 morgens 312,0 » BEIDE. XT. 40,5 bs - > 29. XI. 40,3 3 — » 11. xG0E 40,0 abends 317,0 > DDRUTE 40,2 hs — ee SEX 40,0 5 — > 4. XU. 40,3 mittags 304,0 » SER 40,5 nachmittags — » 6. XL. 40,0 mittags — » 8 XI. 40,3 abends — > 9. XL. 39,5 a5 320,0 > HOLSXIT. 39,8 N — > TASTE 39,5 nn — >> SFBAUE 39,5 = 3280 „ 13. X. 39,8 mittags —; » SE 2.008 39,5 abends —— „ 16- ST. 40,2 morgens 304,0 » IPA 40,0 ix — „ 18. XI. 398 > — » 19. XII. 39,5 abends 316,0 > 20. XI. 39,8 morgens — „ DAN 40,0 n 292,0 » 24. XI. — ki —_ keine Pillen 992. — “ — > 26. XI. =: Br —_ 3 AI DAE — a — > DER. — — E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 22.. (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht | Datum Im Schnabel | in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 —20 Grad g 2 SCHE 39,0 mittags 283,07; | 5 Pillen Nr. 2 30. XII 39,8 o == ED I 39,0 a“ 283,0 55 6. I. SS n 272,0 2 Es lL 33 55 276,0 keine Pillen 1 37,5 | abends — ., ge 37,0 | % 268,0 » NOS IE 38,5 | morgens 262,0 » 2 37,0 abends 254,0 »» Sl: 37,8 > 254,0 s NA, IE 39,5 a 245,0 > 19.6 36,0 - 2 240,0 » 1 I 31065 morgens 234,0 2 7, IE 36,0 B& 226,0 » IE 39,5 ER 215,0 > 20, Ik 36,5 RS 217,0 » alle Ile 38,0 a 220,0 » 22,1% 39,5 | 7 220,0 5 Pillen Nr. 2 DI 40,0 | “a 213,0 » DAR 40,0 » 215,0 » 26. 1. 3,3 | 5 220,0 95 DU TE 39,5 Pr 215,0 » 28. 1. 388 Ye 219,0 „. 2% 39,0 a 226,0 » 30% IE 39,0 A 230,0 55 atel. 385 B 230,0 „ 2, JUL 38,0 ie 215,0 > 3% JUL 38,0 25 226,0 > Ab JG 39,0 | 3% 226,0 » HE 40,0 Ka 222,0 9: He 39,0 N 222,0 3» Ks.J0E 39,5 3 228,0 3 2 108, 39,5 es 222,0 > ID; 10% 40,0 35 222,0 En) 115.106 39,8 = 226,0 > 12, 10% 39,8 "R 226,0 > 113% Z01- 40,0 35 226,0 > 14. 1. 40,2 Ss 226,0 En) 165 DR 39,8 a 23207 | = 1176 30% 40,0 abends 230,0 | > 18. II. 40,0 „ 230,0 | E2) 19. I. 397 is 230,0 » 20. II. 40,0 5 230,0 | » SAlSaUE 40,3 es 232,0 | 5 23. II. 40,0 5 236,0 | Br 94. II. 40.2 5 236.0. || 5 von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. Nr. 22. (Fortsetzung.) 145 ”) Keine besonderen Erscheinungen. INE23- HHHHMMEHM **) Tot im Käfig aufgefunden. | Temperaturmessung | Körpergewicht Datum im Semele sm | Hefepillen | gemessen Tageszeit 1920 | Grad £ | 3.0 | 390 abends 236,0 | 5-Pillen Nr. 2 N 382. | » 12 230:0) 7%) » HL: TI. | 390 | 5 230,0 | s, 28. I. 397 | > 230,0 »» 18 InRT- | 39,9 | >’ 230,0 | BE) FAR. = || 40,0 | & 230,0 | » Sa. 40,1 = 230,0 » 2a Un BR | 39,5 = 233,0 » Sn... 39,0 n 231,0 i 9. IH. | 39,2 5 233,0 » Be 385: | ® 1202330 a 31, | 39,0 | es 233-0 = 10. IIE: 39,8 % 235,0 „ bi DEI: 40,0 ” 235,0 » ; 12. II. 40,0 £ 244.0 o£ 3. DEI. 39,5 & 252,0 » 15. IH. 39,5 e 245,0 *) keine Pillen’ 16. EI. 39,0 | „ 245,0 „ ITSANIE 39,0 | » 238,0 = 18. III. 38,8 = 238,0 5 19. DI. 385 > | 227,0 = 20. III. 31,5 En 224,0 > ZANNIE 37,0 » 216.0 2 28 IE 375 | morgens 205,0 & 3753 | abends 205,0 En ZT: 75 | morgens **) Taube weiß-schwarz-braun gesprenkelt, mit weißem Kopf. | Temperaturmessung | een " Im Schnabel | in: | Hefepillen | gemessen Tageszeit | | Grad g | 41,0 . mittags 429,0 5 Pillen Nr. 2 40,2 9 — » 39,8 3 a ” 40,0 morgens 401,0 „» 40,5 „ Ip > 40,0 abends _ „ 40,5 | morgens 380,0 es : 40,3 ” | SE „ 40,8 „ | Er ss 40,0 abends 361,0 S 144 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 23. (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel in’ Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 Grad g 1.20 40,5 morgens |. — 5. Pillen. Nr. 2 3 RE 395 = 326,0 % ART | 40,0 > zii »» BES | ale mittags 326,0 er TER) 39,0 » — » &% RUL 39,9 » Ba „ 10, 6 | 39,0 morgens 313,0 » ERIK 39,5 » — >» 12. XI 39,8 mittags — = 13. X: || 39,5 D 318,0 „ 14, 2IG 39,0 > — » 15% XT. | 395 F}) FIR? ” 17 208 380 abends 3230 » 15 UL . 388 > = » 20 39,0 > _ » ZIRUE 39,5 > 332,0 > 22. RI: 39,0 ‘ mittags — 25 Pillen Nr. 2 24. XI. 39,3 Ss 332,0 » 25. RR 36,5 > - „ 2,6-2X. 40,0 Ss = » Di RT. 40,3 morgens 349,0 » 2, DIE) 40,5 55 — » 29. XI. 40,0 ee — » XI. 40,3 abends 387,0 » DR: 40,5 EB — »„ DRERUITE 40,0 5 = » al, ZONE 40,3 mittags 382,0 9 5. XI. 40,5 nachmittags er „ 6 X. 40,5 mittags rs „ 8. XÜ. 40,0 abends == » 9. Xu. AU, we 407,0 » 10, SU0E 40,0 ss — » IHEDUDE 40,2 | > = £}) 12. XII. 40,5 s 422,0 » 13. XI. 40,3 mittags TE „ 15. XI. ° 40,0 abends = 99 EB.0 40,9 morgens 420,0 „ I, IE 41,0 a > S 18. XI. 40,6 » auge „ 19. XI. | 40,0 abends 433,0 » 20.20 40,2 morgens Zr „ 23, ZUR 40,8 > 412,0 „ DA RU | — 5 ee keine Pillen 25. XII. — ” — \ » DHJPNIE | er > FE | £2) | von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. Nr. 23. (Fortsetzung. 145 Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919—20 Grad g 7. XI — morgens — keine Pillen 28. XL —— 2) Er 3 29. XI 41,0 mittags 414,0 25 Pillen Nr. 2 30. XI 40,8 » EEE ” DT. 40,3 Ri: 392,0 = ( 38,5 > 390,0 a: ET. 39,5 55 414,0 keine Pillen Sa 38,5 abends 396,0 ? 94T. 39,2 > 391,0 cr 10. 1. 40,5 morgens 380,0 in 12:1. 40,0 Br 364,0 PR NIE 40,9 abends 364,0 ua Ale AR 38,5 nn 348,0 3 19. 38,5 35 348,0 > 16: 1. 39,0 morgens 348,0 > ea 382 a: 335,0 % 19. I. 38,3 = 325,0 » ZUSIE 38,0 9 314,0 9 Sur 3858 „ 314,0 E2) 32, 1E 38,5 s 305,0 25 Pillen Nr. 2 23.1. 386 9 314,0 DD DA IE 383 EN 320,0 > 2dAE 37,8 9 345,0 » DIET. 40,0. ” 345,0 = DOT. 39,0 9 332,0 » 599. T. 40,0 „ 340,0 » 30. 1. 392 abends 340,0 „ aut. 40,0 morgens 344,0 ER 2 IT. 39,0 9 352,0 1 3% In]: 39,5 9 352,0 Ey) le 4,0 » 3550) > 5. LI. 40,0 > 353,0 » GET, 40,0 5 358,0 = 2108 40,0 m) 363,0 > IETE. 40,2 > 372,0 CH KOST. 40,0 = 372,0 6 Isis IT: 39,5 9 382,0 > IDISIT. 39,5 2 „” 382,0 E)) San, « 40,0 » 382,0 9 AM. 40,4 = 3850 > 16. II 39,9 en | 380,0 » 7 IT. 4,0 abends 380,0 » 18. II. 40,2 55 380,0 ” 19-1. 39,7 Bs 380,0 D 20. II. 40,0 3; 370,0 PN DARSIT. 39,8 > 370,0 „ 146 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 23 (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht { Saum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1920 Grad g 2 0: 40,0 abends 365,0 25 Pillen Nr. 2 24. II. 40,2 > 363,0 „ 25. I. 39,5 : ERDE: 363,0 D) 26. II. 39,0 Br | 363,0 „ 2% 10% 40,0 ” 368,0 » 28. II. 40,1 5 | 368,0 - „ 1. JD0E 39,0 55 350,0 > 2, DIE 39,5 » 350,0 . „ 3, DL 39,8 5 355,0 PD 4. IH. 39,0 9 352,0 PD 5, JBDG 39,5 on 352,0 > 6. IH. 39,3 Bs 350,0 » 8. III. 39,8 >> - 350,0 > 9. II. 40,0 „ 345,0 En 10, JUDE 39,5 6 332,0 ED) 111, 008 40,0 5» - 335,0 D 112, J00& 39,9 er 335,0 » 13. IM. 40,2 Ei 342,0 » los IBOE 39,9 ” 355,0 keine Pillen 10, 1008 40,0 > 352,0 » ir; JU0G 40,0 > 341,0 „ IH DENE 39,8 morgens 341,0 „ 19 BE 39,0 N 334,0 > 200 0380 r 330,0 Y 221% 37,8 5 324,0 » 23.0.2 | 37,0 » 324,0 *) > Sll2, abends 324,0 KE 24. TI]E 36,5 morgens 322,0 25 Pillen Nr. 2 25, 00% 36,0 en 322,0 5 36,0 abends **) 322,0 | *) Gesträubtes Gefieder. Unsicherer Gang. **) Tier getötet und zu Versuchen über Gewebs- atmung verwertet. Nr. 30. Taube grau-schwarz gesprenkelt. Temperaturmessung Körpergewicht h Datum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 Grad g 5 ZIERT — mittags : — 25 Pillen Nr. 1 23. XI. 40,8 morgens — „ 24. XI. ul © mittags rat) so a | Zu 2 m = 20 IE 40,5 cn — ” a IE 41,0 morgens 386,0 \s von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. 147 Nr. 30. (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht ‚ „Datum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 —20 Grad g 28. XI. 40,8 morgens — 25 Pillen Nr. 1 29. XI. 41,2 + — > TR. 41,0 abends 393,0 = 2. 2Q08 40,7 = —: » Sl. 41,0 „ — » 4. XII. 41,5 mittags 376,0 „ 5. XII. 41,3 nachmittags hr „ 6. xl, 41,0 mittags zer -£ 8 XIL 41,5 abends = > 9. XL. - 40,3 2 375,0 = 0. XII. 40,3 > -_ „ KISX1I. 40,0 s = » 622 X: 40,8 e mittags 382,0 „ 13.X1I. 41,0 5 — » 15. XII. 40,3 abends Sm „ 16. XI. 41,0 morgens 333.07 > „ 4, XTE 40,8 4 E » 18. XII 41,0 I = » 19. XI. 40,7 abends 357,0 = 20. XI. 40,5 morgens IN » 23. XII. 40.0 ” 331,0 > 24 XI. — Ar — keine Pillen ZIERT, — ‚ent > 7 26. XIL —= Ne deu a 27. XII. een BSR ‚I, e 28. XII. _ De an in 29. XI. 40,0 mittags 331,0 25 Pillen Nr.1 30. XI. 40,2 e = » Hase 39,8 ss 320,0 > 6-1. 38,0 e 326,0 » 1. 39,0 es 344,0 keine Pillen BEE 39,3 abends 323,0 » 9ER 39,8 en 325,0 » 80:1: 40,0 morgens 318,0 c „ 194 I: 383 abends 312,0 » 18-.1. 38,0 : ER | 312,0 *) » 14. 1. 36,0 e 305,0 » SE 36,7 & 305,0 » 16.T. 39,5 Be 303,0 s WET. 37,0 morgens 287,0 > 19. T. 36,8 55 282,0 **) „ 20.1. 36,5 ar 270,0 »» 21-1. 36,0 “ 270,0 » MB 36,0 a R- 266,0 25 Pillen Nr. 1 *) Gesträubtes Gefieder, sonst keine Besonderheiten. **) Das Tier sitzt zusammengekauert am Boden. 10* 148 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 30. (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel in 4 Hefepillen gemessen Tageszeit 1920 Grad g DS 35,3 morgens 258,0 25 Pillen Nr. 1 DAS, 37,5 » 265,0 =) 0m I6lE Sa? > 280,0 » DT. 37,0 => 293,0 » DS. IE 37,0 ” 305,0 „ DIE 338 > 307,0 > 310, 16 37,5 abends 310,0 > al IE 39,7 morgens 305,0 > 2, 10% 38,0 „> 292,0 "> 3 JE 3832 abends 308,0 > 4. Il. 38,0 > 308,0 > Halle 38,5 ® 295,0 » 6. II. 40,0 > 308,0 » % 06 39,0 morgens 304,0 > 9. I. 40,0 „ 304,0 » 10-2. 39,5 » 308,0 » ll DE 40,0 „ 323,0 2” OS. 40,0 ss 318,0 9 la, JUL 40,2 > 313,0 » 14. II. 40,2 En 37 ” 10. I. 39,0 > 317,0 » ee? 89,5 » 317,0 ” len JBE 39,8 > 317.0 » 19.7. 40,0 » 315,0 » 20. II 40,1 22 308,0 > Als JOE 40,0 » 305,0 >> 28, J0R 40.3 9 305,0 > DARSIE 39,8 > 305,0 ED HELL 39,0 abends 300,0 > 2% 10% 39,0 > 300,0 > DRSNE 39,3 > 308,0 » 28. Il. 39,7 morgens 315,0 > 1l- JEBE 38,9 » 330,0 » 2, U0E 38,8 » 330,0 » 3 JU0E 39,0 > 330,0 9 4. III. 333 92 324,0 ” 5. II. 38,0 2 312,0 En 6. Ill. 38,0 >> 312,0 » 8. II. 382 >> 295,0 > Sr JENE 39,0 » 295,0 > OSTHTE 39,2 » 300,0 D) ls UNE 40,0 2 300,0 92 1125 1B0R 39,8 2 300,0 > la; JU0E 40,2 B> 92550 2 15. II. "40,0 = 330,0 keine Pillen *) Ganz munter. von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. 149 Nr. 30. (Fortsetzung.) i Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel in Hefepillen e gemessen Tageszeit 1920 Grad g 6% TEE: 40,3 | morgens 330,0. keine Pillen ZEN | 39,5 „ 320,0 36 SENT. 39,2 > | 320,0 5; BOIREIT. | 40,0 | -& 308,0 | s 20: III. 39,5 Er | 308,0 ” DH. |. 375 > 2 ON z 23. IH. 37,8 » 128808) LE: 24. IN. 36,8 0 | 284,0 **) | 25 Pillen’ Nr. 1 9. TEN. 38,5 Er | 284,0 | keine Pillen ae 5390 .| = 288,0 " Zi NT: 385 » 300,0 25 Pillen Nr. 1 29. IM. 38,8 3 I. + 296,0. °°*)) as 30. III. 40,6 a | 303,0 | 2 31. IH. 10,38 | Ri |.297,0 x iv. 40,3 22000 > Fe 401, P | 313,0 | 2 4, INVE 39,5 | Be — 50 5. IV. 40,0 | +} St | ”» 6: IV. 39,3 | > 316,0 > *) Zittert am ganzen Körper. Unsicherer Gang. **) Wieder munter. ***) Ganz munter. Nr. 38. Taube, grau mit 2 schwarzen Streifen auf den Flügeln. Temperaturmessung RS rpergewicht Datum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit e 1919 | Grad g DORT: — mittags — | 25 Pillen Nr. 4 Zar DAL 40,0 morgens = = ED BOALXT. 40,2 mittags 356,0 es IDEKT: 40,0 » STB, | >» 26. XI. 40,5 ER = > UST. 41,0 morgens 340,0 3 28 XL. 41,3 » == »2 29. XI. 41,0 c5 = | > 1, O0& 40,0 - abends 360,0 » 2 XI. 40,3 3 — 32 35 UNE 40,0 ER == > A DIOR 40,8 mittags 359,0 ” 5R UNE 40,5 abends —_ 23 26. XI... 41,0 mittags — >> 8 XII Al abends — > GSX | 40,8 ”> 331;0 ER 10. XII 40,5 E}) STzeN 22 IOSRCHT: 40,0 > = > 12 Sa | 40,0 Es 348,8 » 150 E. Abderhalden‘: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 38. (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht Dan Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919—1920 Grad 8 13. XII. 39,8 mittags — 25 Pillen Nr. 4 15. XL. 40,2 abends — 5 16. XII. 41,0 morgens 326,0 % Te XI. 40,8 ” FRE ” 18. x. 40,5 ” m Er) 19. XII. 40,0 abends 347,0 a 20. XI. 40,2 morgens — ” 23 SIDE 40,8 Er) 315,0 Er} 24. XII. — — = keine Pillen 25. XL. u= = = => 26. XI. Sa Pr Sur ” Die RUE ur } er) „ 28. XII — = =: B 29. XII. 40,1 abends 282,0 25 Pillen Nr. 4 30. XTI 40,0 mittags _— 3 DSle 39,8 » 271,0 » 6. 1. 39,5 23 282,0 > 1.]% 38,0 abends 302, keine Pillen & 1. 3832 E | 282,0 ER 9, 1% 39,0 er 285,0 2 10. 1. 40,0 morgens 273,0 > 12:5% 39,3 abends 273,0 $ Sk IR 39,0 mittags 260,0 » 14. 1. 37,0 abends 249,0 » 159% 38,0 > 249,0 > 16. I. 38,0 5 244,0 % ET 38,5 morgens 244,0 ” 19. 1. 39,0 >> 242,0 » 20. Ik 38,2 ”» 232,0 ” 26 Ik 37,8 >» 232,0 92 22 1b 37,0 ” 2330 25 Pillen Nr. 4 23% 16 39,0 » 227,0 > AST: 39,2 ” 221,0 5 26. 1. 39,5 >> 225,0 » Ol II 39,0 % | 248,0 > 28. 1. 39,0 5 1:24.30 . 28 IE 39,5 > 235,0 ss 30. I. 39,0 abends 240,0 » 31. 1. 40,0 morgens | 243,0 > 1. Il. Tom „ Ta E2) DE 40,0 > 243,0 > 3b J0b 40,0 > 253,0 » 4. 11. 40,2 92 264,0 »> 5. II. 39,8 >» 255,0 > 6. II. 40,0 * 255,0 „ ‘ von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. % Nr. 38. (Fortsetzung.) 151 Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1920 Grad g IR 40,0 morgens 260,0 25 Pillen Nr. 4 SESIDE 39,0 = 260,0 % I. MT. 40,0 » 277,0 » a IT. 39,5 Er) 2770 Er) 195708 335 > 277,0 55 ka: TE. 39,0 „ 263,0 > A IM. 39,0 » 263,0 53 16. I. 39,7 % 263,0 > "7.1. 39,5 > 263,0 In 18. II. 39,8 > 263,0 = 19.11. 39,8 > 270,0 55 20. II. 39,0 ss 272,0 »5 21. 11. 39,8 » 272,0 » 23. II 39,6 » 276,0 > 24.11. 39,9 » 276,0 > 25. II 40,0 » 276,0 ». 26. II. 39,7 » 276,0 » 21. Il. 39,4 ” 276,0 ” 28. IL 40,0 es 280,0 » 1-11]: 39,8 > 280,0 c5 9. II. 40,0 » 278,0 >» 3. II. RA „ 282,0 > 4. III. 39,5 » 267,0 > 5. IH. 39,7 > 253,0 » 6. III. 40,0 > 240,0 > ‘8. III. 39,9 PR 231,0 ” 9. IM. an, » 231,0 » 10. II. £ 40,0 ” 250,0 $) is J00R 39,8 » 250,0 » 12. III. 40,0 » 250,0 » 13.7. 40,3 „ 253,0 » 15.11: 39,9 » 257,0 keine Pillen 16. III. 39,5 > 254,0 > IR 1005 39,3 ” 248,0 ” 18. III. 39,0 SE 248,0 ” 19. Ill. 39,5 EL) 240,0 ” ZA JUNE 39,7 » 232,0 ”» 22. III. 39,0 » 232,0 » 23. III. 38,4 » 230,0 *) » 24. II. 38,0 » 224,0 25 Pillen Nr. 4 95. III 37,8 * 940,0 keine Pillen 26. II. 38,0 » 240,0 D 27. 111. 38,5 » 240,0 25 Pillen Nr. 4 28. ILL. 39,2 > 243,0 „ ®) Das Tier ist etwas matt. 152 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 38. (Fortsetzung.) | Temperaturmessung Körpergewicht n Datum | Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1920 Grad 8 29. II. 40,0 morgens 247,0 25 Pillen Nr 4 30. III. 40,2 5) 260,0 > 31. II. 40,4 “es 252,0 Br 18. 10% 40,1 55 260,0 » 3% I 40,3 ” 275,0 » 4. IV. 40,0 D Zar » 5» IV 40,5 Er) ZIEH Er) 6. IV. 40,3 55 273,0 & Nr. 35. Taube mit schwarzem Gefieder. Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 Grad g 22.8]. — mittags — 25 Pillen Nr. 3 23. XI. 41,8 morgens — » 24. XI. 42,0 mittags 390,0 > 25 XT.. 41,5 9 ax, eo DIOXE 41,0 Se — » 27. XI. 41,3 morgens 375,0 > 28. XI. 41,5 > — » 29, RIE 41,0 = i ED 1. XTl. 40,1 abends 360,0 » 2 XII. 40,0 „ Par ” 3. XII. 40,2, > Een: > 4. XI. 40,8 mittags 369,0 3 Pillen aus getrockn. 35 20€ - 41,0 abends — Hefe, entspr. 0,3 g 6. XI. 40,5 mittags — Es. 8. Xu 40,8 abends — In 9. x. 41,0 ” Sy 29 10. XII. 40,5 ” 298,0 > 1a AODE 40,2 55 — = 19, 21 40,0 ” — ER 13. XI. 40,5 mittags 296,0 33 14. XI. 40,2 morgens - 68 1195 XO0E 40,0 — » 16. XI. 40,3 >> 298,0 > 17. XI. 40,5 5 — > 18. XI. 40,0 > — > 19. XI. 40,8 abends — 35 20 40,5 morgens — > 723. Xi: 40,0 es 265,0 N 24. XI. — — = keine Pillen 25. XII. — — — ee von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. 153 Nr. 35. (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht Datum " Im Schnabel in... Hefepillen “ gemessen Tageszeit 1919—20 Grad g 26. XII. — — — keine Pillen 27. XII. — = = » 28 XL. 35,0 — 266,0 6 Pillen aus getrock- 30. XII 38,0 mittags — neter Hefe 5.1. 38,7 ER 265,0 ” 6-1. 39,2 morgens - 276,0 »» 1-1. 40,5 mittags 283,0 » 8 1. 40,0 > 275,0 > SEITE 38,5 abends 308,0 5 10. 1. 41,0 morgens 314,0 » 123 JG 41,0 ” 312,0 2 AlamlE 40,5 abends 312,0 > ae 39,8 > 315,0 > 15.L 40,0 4 320,0 u 1:6. 1. 41,0 55 326,0 >» Dr 40,0 | morgens 320,0 » 19T. | 1-5) ! FR 314,0 » 2.028. 41,5 En 320,0 33 ZSAE 41,0 n, 320,0 „2 Dir e 40,2 ı mittags 326,0 > 23. I. 40,0 ı abends 328,0 » 24. 1. 40,0 ' mittags 328,0 En 26. I. 39,8 | Br 317,0 > Zr 1E 40,0 | > 317,0 » 28 I. 40,0 | abends 327,0 ER 29. L 40,2 | e£ 327,0 » 30. 1. BES morgens 330.0 3 ala IE 39,5 323,0 » 9 JDE 40,0 „> 334, » WdE 39,5 © 334,0 > a. Tr. 39,5 > 334,0 „ 10.18. 40,0: | 7 I ,336,0 » MIT. 39,5 > | 336,0 ” 1200 40,0 morgens | 330,0 EB 13. A. | 40,0 „ ih 330,0 £}) 14. IE : | 39,8 ” | 330,0 „ 16. II. 40,0 5 | 330,0 » De 40,0 > 1 330,0 » 18. II. 40,3 N | 330,0 „ 19. IL. 39,5 = | 330,0 >» 20. I. 39,8 abends | 328,0 »» Dulzeliler, 40,0 ss | 328,0 » 154 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis Nr. 35. (Fortsetzung.) Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel | in Hefepillen gemessen Tageszeit 1920 Grad € 23.ME 39,3 abends 328,0 6 Pillen aus getrock- 24. II. 39,8: » 328,0 neter Hefe 25. I. 39,8 » 330,0 a 2 J0E 39,0 » 330,0 „2 Do 0% 39,2 55 330,0 R = 28. I. 38,8 morgens 330,0 5 1 006 39,0 & 322,0 A 2, DDR 39,2 EB 308,0 | 55 3. IE 39,5 5 3080 | 38 4. III. 39,0 >> 309,0 55 5. III. 397 » | 309,0 N 6. II. 40,0 » | 300,0 | 5 8 II. 39,3 ” | 300,0 | Er) SL 005 40,0 » 290,0 | > 10. IM. 39,8 >> 285,0 | B lo 00% 40,0 >> 285,0 = 112% 100% 39,7 > 300,0 | H 16% IU0E 40,0 » 310,0 | 35 155 JUOR 41,0 > 310,0 | 55 16. II. 40,2 65 | 810,0 keine Pillen 17. III. 39,8 ” E 312,0 | » 18. Ill. 39,5 D 312,0 | u 9b 2U0E 39,0 > 303,0 > 20. II. 38,8 » 303,0 We 225 200% 38,0 » 300,0 55 23. III. 38,6 » 293,0 6 Pillen aus getrock- neter Hefe DA: 100% 383 > 293,0 „ 25. IH. | 39,0 > 297,0 > 26. IT. | 38,3 9 297,0 > 2% 005 RT > 297,0 5 28. III. 39,0 > 300,0 > 29. III. 2 777240,0 En 310,0 30. III. 40,0 » 320,0 =D 31. IE 40,5 5 SEO % IVE 40,0 >> 305,0 » 3. IV. 41,0 » 317,0 5 Have Aue » 320,0 ED 6. IV. 41,0 » 320,0 »> von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wirkung. 155 Nr. 2. Taube mit hellbraunem Gefieder. setzung des in Mitteilung 1, S. 295—300 mitgeteilten Versuchsprotokolles. | Temperaturmessung Körpergewicht Datum Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919 | ' Grad g 20. X. 39,5 mittags 296,0 6 Hefepillen Nr. 3 21: -X. 40,0 = 291,0 > DR. 39,0 morgens 292,0 r Zi X. 39,8 mittags 294,0 ” DAX. 38,6 nachmittags 303,0 35 25. X. 39,0 mittags Ba: » 26. X. 39,5 = 300,0 > Me X. 39,3 abends = 5 28. X. 40,0 morgens 299,0 „> IX. 39,3 abends 308,0 TEXT. | 40,0 morgens = > SE xH- 39,9 = 301,0 » 4. XI. 40,2 35 TEE > BERT. . 39,0 mittags 307,0 » 1.XL | 40,0 3 —E » 8 XI. 40,2 >’ XI Er 10. XT. 40,3 morgens 301,0 > 1: XI 40,0 » PsrED » 19. X. 39,2 mittags BE » IA XT. 39,0 > 302,0 » 14. XI. 39,5 ” FE Er) 15. XI. 39,3 >> > » I XI 39,0 abends 307,0 5 18. XI. 39,5 = = 32 20. XI 39,5 ” IT ” 21. XI. 39,7 3 323,0 ” FIEDAE 39,5 mittags — 25 Hefepillen Nr. 3 24. XI. 40,0 Er 327,0 > 29: X1. 40,2 > = „ 26. RUE 41,0 » SR ” 2X- XT. 41,5 morgens 342,0 5 28. XI. 41,3 2} Er ER) 29. XI. 41,7 e — » SEX 41,4 abends 381,0 5 2 XTI. 41,0 » nn ” 3. BIT, 41,3 ” SS E}] 4. XII. 41,2 mittags 383,0 E2) 5» IT. 41,0 nachmittags = » GERSEE 40,8 mittags — » 7. XIE 40,9. morgens — » 8 XII. 41,2 abends _ > 9. XII. 40,5 5 409,0 ER TO.XIT. 40,0 » = > IBIESX IT. 39,8 -£ = » 12° XI. 41,0 mittags 431,0 En 156 E. Abderhalden: Weitere Beiträge zur Kenntnis usw. | Nr. 2. (Fortsetzung.) : Temperaturmessung " Körpergewicht Damme Im Schnabel in Hefepillen gemessen Tageszeit 1919—1920 Grad | g 13% X. 40,5 mittags — 25 Hefepillen Nr. 3 TH Rx. 40,8 abends — SS 16. XII. 41,3 morgens 415,0 3° IRSXIT. 41,2 > = > 18. XII. 41,0 > — 95 19. XIL 40,8 abends 390,0 *) b 20. XII. 41,0 morgens = .s 22. XII. 41,3 »s —_ » 23. XM. 41,5 5 334,0 > 24. XII. — > — keine Pillen 25. XII. — > Er » 26. XII — > = » DIN RUM: — 33 — ; IS-XIT. 40,0 9 317,0 6 Pillen Nr. 3 30. XII. 40,3 mittags _ » DT. 36,0 5 244,0 **) » 6. I. 35,9 morgens 230.05) » *) Starke Beläge im Hals. **) Noch ganz munter. ***) Am Abend tot im Käfig vorge- funden. Das Tier war im ganzen 332 Tage im Versuch gewesen. Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes (Oblongata) mittels Wechselströme auf das herzhemmende und vaso- motorische Zentrum sowie auf die Atmung). Von - Prof. Dr. @. Bikelesf und Dr. L. Zbyszewski. (Aus dem physiologischen Institut der Universität in Lemberg [Vorstand Hofrat Prof. Dr. A. Beck].) . Mit 4 Textabbildungen. (Eingegangen am 15. August 1918.) Die Verwendung von Wechselströmen als Hirnreizung, und zwar ohne vorausgegangene blutige Operation, nahm zuerst Prevost vor. : | Pre&vost wie seine Schüler beschäftigte dabei einzig die Frage einer experi- mentell zu erzeugenden Epilepsie beim Tier, und Pr &vost meinte durch eine Hirn- 'reizung mittels Wechselströme bei Anlegung einer Elektrode an den harten Gaumen, der anderen Elektrode an den Nacken, beim Hund und Kaninchen einen typischen, mit dem klinischen Bilde beim Menschen vollständig identischen epileptischen An- “ fall erzeugen zu können. Einer von uns [Bikeles?)] führte zahlreiche Hirnreizungen mittels Wechsel- strömen beim Hund und Kaninchen, ganz nach dem Vorgehen vonPre&vost aus, konnte aber die Äußerung von Pr&vost über die vollständige Identität des in derartigen Versuchen erzeugten Anfalls mit dem bekannten Bild des epileptischen Anfalles nicht bestätigen. Im Beginn der Reizung stellt sich wohl ein höchstgradiger Strecktonus des Rumpfes und der Extremitäten ein, derselbe entfaltet sich jedoch — abweichend vom momentanen und brüsken Auftreten des tonischen Stadiums des epileptischen Anfalls beim Menschen — sukzessive und ziemlich langsam. Bei länger dauernder Reizung hört der tonische Krampf schon im Laufe der Reizung auf, und zwar ganz allmählich. Hierauf stellen sich meist klonische Krämpfe ein, die aber — wiederum im Gegensatz zur klassischen Epilepsie — nicht unmittelbar dem tonischen Stadium folgen, sondern erst nach geringeren oder srößeren Pausen; manchmal traten die klonischen Krämpfe sogar erst nach Ein- stellung der Reizung ein. Kann man aber auch die Verwendung von Wechselströmen als 1) Diese wie die folgende Arbeit gingen der Redaktion. bereits am 15. VIII. 1918 zu, jedoch fehlten die Figuren und einige Aufklärungen über den Text. Durch die Revolution war dann lange die Verbindung unterbrochen, Briefe und Klischees gingen später verloren, so daß von den Autoren lange keine Nachrichten einliefen. Auf eine Anfrage teilte uns schließlich Prof. Beek mit, daß Prof. Bikeles einer mörderischen Kugel bei einem Straßenkampf zum Opfer gefallen ist. Da die Fi- guren erst vor kurzem eintrafen, hat sich die Veröffentlichung bedauerlicherweise so lange verzögert. April 1920. 2) Neurol. Zentralbl. 1916, Nr. 8. 158 en a Se; een EEE u 3% . NONE NNENWWTERENTEN NN x NN PS DSaNs N la Mislte) OA aenaaneeaaenaanat— teen Abb. 1. = % 1 m rn Abb. 2. Abb. 1 und 2 auf!/, verkleinert. Von rechts nach links zu lesen. ° -@. Bikeles und L. Zbyszewski: Hirnreizung nicht als Mittel zur experimentel- len Erzeugung eines klassischen epileptischen Anfalles ansehen, so ver- dient dieselbe jedoch zur Beantwortung so man- cher physiologisch-neu- rologischer Fragen die größte Beachtung. Ab- gesehen davon, daß die- . selbe jedenfalls einiges Licht über die Patho- genese des epileptischen Anfalles gewähren kann, ist mit besonderem Nachdruck die Verwend- barkeit von Wechsel- strömen als eine der ° stärksten Reizarten für das Zentralnerven- system und deshalb auch von der Oberfläche des Körpers, ohne vorangegangenen Ein- griff, sich äußerst wirk- sam zeigend, zu emp- fehlen. In vorliegender Arbeit beschäftigt uns die Frage, wel- chen Einfluß derar- tige Hirnreizungen mittels Wechselströ- men auf das herz- hemmenderesp.vaso- motorische Zentrum wie auf die Atmung ausüben. Um den Einfluß auf das vaso- motorische Zentrum besser studieren zu können, wurde in manchen Versuchen die Reizung nach Durchschneidung beider Nervi vagi vorgenommen. Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes mittels Wechselströme usw. 159 Als Quelle für die angewandten Wechselströme benützten wir die Zuleitung der elektrischen Stadtzentrale.. Zwischen Tier und Elektrizitätsquelle war ein Stöpselrheostat und ein Weston-Milliamperemeter für Wechselströme, eingerichtet zur Messung von Intensitäten bis 75 MA., eingeschaltet. Bei allen diesen Versuchen befand sich die eine Elektrode am Nacken, die andere (knopfartige schmälere) am Gaumen. Der Blutdruck wurde mittels des Ludwigschen Kymographion registriert. Die Atmung wurde nach stattgehabter Tracheotomie vermittels Flaschen- vorrichtung und Mareyscher Kapsel registriert. Zur Verwendung kamen Hunde und Kaninchen!). Die erhaltenen Resultate veranschaulichen, was den Kreislauf anbe- langt die beigefügte Tabelle, betreffend die Atmung aber, die zusammen- gestellten Versuchsprotokolle. (S. 160.) Über den Einfluß auf den Kreislauf beansprucht in der Tabelle vor allem die Rubrik ‚anfängliche vollständige Hemmung‘ eine nähere Auseinandersetzung. Vor dem Erscheinen gewöhnlicher typischer Vaguspulse kam über - aus häufig, sowohl bei Hunden wie bei Kaninchen, bei starken und mittelstarken Strömen — bei individueller Verschiedenheit — eine allmählich abfallende Kurve ohne jede Andeutung von Pulsen zum Vorschein als Ausdruck einer länger andauernden Hemmung der Herz- tätigkeit (Abb. 1 und 2). Nur bei einem Hund (Tab., Versuch 4) und bei einem Kaninchen (Tab., Versuch 2) blieb diese Hemmung bei allen Reizungen aus, und es erfolgte jedesmal alsbaldige Blutdrucksteigerung mit gewöhnlichen Vaguspulsen. Manchmal ging dieser Hemmung eine sehr kurz dauernde Spur einer Blutdrucksteigerung voraus. Immer aber war die Hemmung eine anfängliche, d. h. dieselbe erfolgte niemals in der Mitte oder . gegen Ende der Reizung, sondern in Beginn derselben, und wenn die Reizung etwas länger ar.dauerte, wie es bei unseren Versuchen fast immer der Fall war, hörte dieselbe noch im Laufe der Reizung auf. Vorgenommene Messungen sowohl der Zeitdauer dieser Hemmung als auch des dabei erfolgten Absinkens des Blutdruckes stellen sich folgendermaßen dar: Hund: Dauer d. Hemmung Abfall des Blutdruckes \ in Sekunden von mm Hg auf mm Hg Mer Reizung 73 MA. ..... 2... 9 196 136 Reizung 1000 Ohm. . .. .. 12 150 96 Nee . Beizung 65. MA. . u... E20, 156 90 Brake Reizung: 60. MA. 2... .. 21 130 22 Ber WVaReizung 65 MA... . .:. 0. 8 204 116 Reizung, 1000 Ohm, . ... .. 8 186 116 1) Wegen ungewöhnlicher Verhältnisse infolge der Nähe des Kriegsschau- platzes in den Jahren 1916/17 war die Beschaffung der Versuchstiere, besonders von Hunden mit großen Schwierigkeiten verbunden. Die Arbeit wurde abge- schlossen Ende des Jahres 1917 und wurde im März 1918 an die Redaktion ab- gesandt, kam aber (wie wir im Juni 1918 erfuhren) in Verlust. &. Bikeles und L. Zbyszewski: 160 > (Z TabelleI. Einfluß von Hirnreizung (Oblongata) mittels Wechselströme auf den Kreisla 1, JElmsaob 5/15 Anfängliche = | 3| Reiz- vollständige ! x = E 3 8| dauer Milli- Hemmung en une Nachträgliche a Anmerkung A S|,\g82: in ampere |der Herzaktion si TUCK- | Yaguspulse Be a we menu Bi 3 r 3 Sek. (Blutdruck- steigerung . Blutdrucke g = senkung) 1 |-+| — | 80-60 | 72-75 u. — -- —_ “ darüber | (4 Reizungen) 29 ||-&| — 60 1200 Ohm — E — — Eine Reizung, eben i (über 75) (1 Reizung). b.1200 Ohm, verurs 2bIi+ — 60 65 — — + — bei geringfügigen H (1 Reizung) kontraktionen sof e schwache 3. || EI en 60 + u an = RO i (deretzung) rung des Blutdrue 4 | + — 60 40—75 _ + + _ Bei 5 Reizungen bed (6 Reizung.) tende Steigerun der letzten schw 5a|l+| — 30 weniger als ur +, —_ —_ Eine Reizung bei 33. 5—25 (9 Reizung.) ähnlich wie die: 5b —_— 30 46 und 60 —_ + .—_ merkung, Versuch (2 Reizungen) MM 6al+| — | 15-25 50 = + = *) In beiden Vers (1 Reizung) wurden die Nn. 6b _ 65 und 75 + — + — erst nach vorausgeg (2 Reizungen) genen Reizung, ar a BD schnitten, und die} 3 a 60 DT at je air notierte Senkung 75 (6 Reizung.) nn, 3 ll 60 61 Er - = +9) e bereits zur A N daher an sich (1 Reizung) 8 überreizend, jedoı 9 | —| + 60 75 _ a — +*) Kurve ganz analog wie 4 (1 Reizung) bei Versuch 7. 10 | — | + 15 73—75 — + = + Bei 73 u. 75 Senkung | u.500.Ohm (8 Reizung.) auffallend steil, nicht unter dem Ä druck vor der R 2. Kaninchen. 1|+| — 20 |72 bis über — + —_ ; 75 (2 Reizungen) 2|+ — | 15 |30-72 und _ as ER 500, sogar (in allen (nur in 200 Ohm öReizungen) 3 Reizungen) 3 |+| — 15 65 + —_ + Sinken infolge (1 Reizung) (ev. Verlang- der Agonie ? samung d. Herz- , aktion hört bald auf) 4+a|+| — 15 61,5 — de ar Pa (1 Reizung) 4b + | — 15 +75, dann En — + Sehr spät nach 700, 500 u. | (4 Reizungen) “ der Reizung, 200 Ohm N auffallendes . Sinken des Blutdruckes 5 |-+| — 20u.15| 38-54 At = — (3 Reizungen) (Verlangsamung | der Herzaktion und mäßige Vaguspulse) Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes mittels Wechselströme usw. 161 Kaninchen: x - Dauer d.Hemmung Abfall des Blutdruckes in Sekunden von mm Hg auf mm Hg BET Reizung 72 MA... 2.20 138 59 Reizung,800. Ohm’... . . ....20 110 50 Ber IR Reizung”65 MA... x... . 75 122 83 Frerzung, 19, MA: . 0. 72 35 Vers. IV. Reizung über 75 MA.. .... 35 98 78° Beizung 700 Ohm . . ..2..3 76 65 BRerzung 500 Ohm '. „« '.....4 106 71 Beizung 200 Ohm ......6 102 60 Bes Reizung 38 MA: ....0% 4.20% 10 174 86 aeramorAy MA. nr. 134 88 Breizung 54 MA. 2 1... .86,9 120 90 Aus obigem ist ersichtlich, daß die vollständigeHemmungnur ausnahmsweise bis zu 20 Sekunden andauert; meistenshält dieselbe bedeutend weniger lang an. Bemerkenswert ist, daß bei manchen Versuchstieren die Dauer der Hemmung nur um ein geringes schwanktund daß bei diesen Versuchstieren das erfolgte Absinken des Blut- druckes auch bei mehreren Reizungen auf ungefähr gleichem Niveau sich bewegt, obwohl die angewandte Stromintensität eine verschiedene war. Der Umstand, daß die vollständige Hemmung der Herzaktion bei Reizung mit- tels Wechselströmen nur von kurzer Dauer ist, wirft zugleich einiges Licht auf das Verhalten des bei diesen Reizungen regelmäßig einsetzenden Extensionstonus, welches letzteres Phänomen ebenfalls — wie bereits erwähnt — im Beginn der Reizung zum Vorschein kommt und.noch im Verlaufe der Reizung schwindet. Die Dauer des Strecktonus ist zwar nicht identisch mit der Dauer der Hemmung der Herzaktion, aber beide Erscheinungen als Ausdruck einer starken Reizung der entsprechenden Zentra sind anfängliche, d. h. im Beginn der Reizung auftretende und nicht bis Schluß der etwas länger dauernden Reizung anhaltende. Gerade die kurze Zeit, durch die die komplette Hemmung in diesen Versuchen anhält, welche wie bereits erwähnt nur ausnahmsweise 20 bei weitem, überwiegend aber nur wenige Sekunden dauerte, spricht dafür, daß diese ‚anfänglichen‘ Charakter zeigende Hemmung, keineswegs einer Erschöpfung des peripheren Apparates (wie es bei etwaigen Reizungen des peripheren Vagusstumpfes der Fall ist!)), zuzuschreiben ist; vielmehr ist das Aufhören sowohl der Herzhemmung wie des Extensionstonus im Verlaufe der Reizung dadurch bedingt, das die ne auf die Zentra ‚gerade im Beginn am wirksamsten ist. Um die Wirkung dieser Reizart auf das vasomotorische Zentrum ohne Interferrenz des herzhemmenden Zentrums beobachten zu können, wurden bei vier Hunden die Nn. vagi durchschnitten. Bei einem Hunde (Tabelle, Versuchsprotokoll 7) wurde die Druchschneidung der Nn. vagi von vornherein, d. i. vor den überhaupt stattgehabten Reizungen, vorgenommen. Bei den hierauf vorgenommenen Reizungen zeigte sich nun fol- gendes Verhalten: 1) Von dem in der Regel ganz frappanten Unterschied überzeugten wir uns durch Ausführung entsprechender Versuche. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. il UNI. FE Kerr Me A Reizung bei 66 MA. Sinken von 210 56 G. Bikeles und L. Zbyszewski: Im Beginn der Reizung erfolgte rasch das Maximum der Blutdrucksteigerung, um aber bald im weiteren Verlaufe der Reizung mehr oder weniger, wenn auch mäßig, abzunehmen, während gegen Ende, seltener beim Aufhören der Reizung ein weiteres sehr auf- fallendes tiefes Absinken des Blutdruckes sich einstellte, wobei das Minimum nach Ablauf von 10 bis etwa 30 Sekunden nach Aufhören der Reizung erreicht wurde (Abb. 3 und 4). Im speziellen stellt sich das Ergebnis lee maßen dar: Abb. 3 und 4 auf !/, verkleinert. Von rechts nach links zu lesen; Reizung bei 68 MA. von En mm Hg auf n reicht nach 20 Sekunden nach Aufhören der Reizung]. mm Hg [er- . og m Hs auf 130.. mm Hg [nach 10 Sekunden nach Aufhören der Reizung]. Reizung bei 71 MA. Sinken von nor (46) mm Hg [nach 25 (35) Sekunden nach Aufhören mm Hg auf 50 der Reizung]. Reizung bei 1000 Ohm. Sinken von : S 56 mm Hg [nach 32 Sekunden nad Aufhören der Reizung]. Reizung bei 1000 Ohm. Sinken von 104 64 mm Hg [nach 20 Sekunden nach Aufhören der mm Hg auf mm Hg auf Reizung]. | Bei den übrigen Hunden wurden Reizversuche zu- nächst bei intakten Nn. vagi und erst hierauf deren Durchschneidung vorgenommen. Bei einem derselben - Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes mittels Wechselströme usw. 163 (Tabelle, Versuchsprotokoll 10) wurden drei Reizungen bei durch- _ sehnittenen Nn. vagi ausgeführt mit folgendem Ergebnis: Reizung bei 73 MA. Steiler Abfall von 270 mm Hg auf 180 mm Hg fin 6 Sekunden nach der Reizung). Reizung bei 1000 Ohm. Steiler Abfall von 276 auf 180 mm Hg [in 7 Sekunden nach Aufhören der Reizung]. Reizung bei 500 Ohm. Sinken von 264 auf 56 mm He. "Bei zwei Hunden konnte nach Durchschneidung der Nn. vagi nur je eine Reizung vorgenommen werden, da das tiefe Absinken des Blut- druckes (vielleicht auch eine Erschöpfung wegen mehrerer vorange- gangener Reizungen) die Agonie des Tieres herbeiführte (Tabelle, Versuchsprotokoll 8 und 9). Ist somit das tiefe Absinken bei den letzten zwei Hunden nicht ein- deutig, so scheint uns jedoch die Gestalt der Kurve wie besonders der Umstand, daß vor dieser letzten zur Agonie führenden Reizung der Blutdruck sich nicht wesentlich alteriert zeigte, zur Annahme zu be- rechtigen, daß der bedeutende Abfall des Blutdruckes nach dieser letzten Reizung weniger auf eine Schwäche der Herzaktion als vielmehr auf eine Lähmung des Vasomotorenzentrums in der Oblongata zurück- zuführen ist. Bei Hunden mit intakten Nn. vagi bat sich uns keine derartige Beobachtung dar. Nur bei einem Kaninchen (Tabelle, Versuchsprotokoll 4) mit erhaltenen Nn. vagi zeigte sich ein ähnliches jedoch nicht ganz identisches Verhalten: Reizung bei 61,5 MA. Sinken von vr “kunden nach Aufhören der Reizung. 6: mm Hg [in 32 Se- mm Hg auf; 12 : Reizung bei über 75 MA. Sinken von n mm Hg auf 45 mm Hg [in - 30 Sekunden. nach Aufhören der Reizung]. Reizung bei über 75 MA. Sinken von ie 27 Sekunden nach Aufhören der Reizung]. _ Reizung bei 700 Ohm. Sinken von ni kunden nach Aufhören der Reizung]. Reizung bei 500 Onm. Sinken von 106mm Hg Au kunden nach Aufhören der Reizung]. Bei diesem Kaninchen jedoch erfolgte das Absinken des Blutdruckes durchgehend erst nach Aufhören der Reizung, und es zeigte sich manch- mal unmittelbar nach Unterbrechung der Reizung noch eine weitere Steigerung des Blutdruckes, der erst dann das Abfallen nachfolgte. Nach diesem auffallenden Sinken stellte sich allmählich LIE mm Hs auf 40 mm He [in mm Hg auf 42 mm Hg [in 26 Se- gg um Hs [in 25 Se- 164 G. Bikeles und L. Zbyszewski: jedesmal wiederum ein für dieses Tier normaler Blutdruck ein, von ungefähr über 100 mm Hg. Res ungemein tiefe Absinken des Blutdruckes (bei Hunden nach durchschnittenen Nn. vagi, bei einem Kaninchen auch bei intakten Nn. vagi) kann nur als vorübergehende komplette Erschöp - fung des vasomotorischen Zentrums in der Oblongata in- folge der starken Reizung gedeutet werden. Denn der restie- rende Blutdruck von über 50 mm Hs isteigentlich speziell, beim Hund, ein solcher, der auch nach Ausschaltung der Oblongata fast verbleibt, als Effekt der vasomotorischen Zentıa des Rückenmarks oder des Rücken- markstonus für die Vasoconstricetoren!). ; Ein Analogon zu dieser Erschöpfbarkeit des vasomotorischen Zen- trums beobachteten wir im Laufe dieser Untersuchungen auch bezüg- lich des herzhemmenden Zentrums. In manchen Versuchen nämlich erfolgte beim Hund bei intakten Nn. vagi — nach kompletter Hemmung mit darauffolgenden Vaguspulsen — nicht lange nach Aufhören der Reizung eine hochgradige Beschleunigung der Herzaktion, wobei die Kurve vorübergehend das Bild einer Vaguslähmung zeigte. Zum vasomotorischen Zentrum zurückkehrend müssen wir nun auf Grund obiger Konstatierungen die gangbare Lehre, welche lautet, daß „das vasomotorische Zentrum fast unermüdbar sei'‘, so generell ausgedrückt, als unbegründet betrachten. Höchstens kann man sagen, daß zur Erhaltung. des gewöhnlichen Tonus das vasomotorische ÖOblongatazentrum sich unerschöpfbar zeist. 1) Nach Abschluß dieser Arbeit führten wir noch zwei ergänzende Versuche an Hunden aus. Zunächst wurde bei denselben Hirn- (Oblongata-) Reizungen bei er- haltenen, nachher bei durchschnittenen Nn. vagi vorgenommen. Bei beiden Hunden verursachte die Reizung bei einer Intensität von 37, 45 und 59 MA. keine Erscheinung einer etwaigen Erschöpfung des vasomotorischen Zentrums; stärkere Ströme. wandten wir vor der Vagusdurchschneidung nicht an, um nicht das so schwer erhaltbare Tier zu verlieren. Nach Durchschneidung beider Nn. vagi er- folgte bei einem Hund erst bei 500 Ohm (Milliamperemeter ausgeschaltet) ein Ab- sinken von 260 auf 68 mm Hg und nach einer Pause mit Wiederansteigen des Blut- druckes, bei abermaliger Reizung bei 500 Ohm erneuerter Abfall von 216 auf 69mm Hg; beim zweiten Hund erfolgte nach Durchschneidung beider Nn. vagi sogar erst bei gänzlicher Ausschaltung jedes Widerstandes, ein Absinken von 216 auf 76 mm Hg und nach einer Pause mit Wiederzunahme des Blutdruckes auf abermalige Reizung (Ohm = Null) ein Abfall von 160 auf 60 mm Hs. Aus obigem folgt also, daß die Erschöpfbarkeit des vasomotorischen Oblongatazentrums beim Hund bedeutende individuelle Verschiedenheiten auf- weist. Ob die Durchschneidung der Nn. vagi beim Hund irgendeinen fördernden Einfluß auf‘das Phänomen der Erschöpfbarkeit des vasomotorischen Zentrums hat, läßt sich nicht, mit irgendwelcher Bestimmtheit aussagen, da die ange- wandten Stromintensitäten bei erhaltenen und durchschnittenen Nn. vagi nicht dieselben waren. =; Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes mittels Wechselströme usw. % 165 Zusammenstellung des in den einzelnen Versuchen beob- achteten Einflusses auf die Atmung bei Reizung Wechselströme. ; A. Kaninchen. mittels = | Reiz- Verlane- Hemmung der Atmung 2 Ohm ae dauer Samlınz der a: während der, Reizung = Sek. Zumung anngliehe Reizung \überdauernd I!) | 12000 b) 30 11000 10-12 30 EA a‘ nr 38 10000 | 13 30 8000 15 30 6000 18 30 — _ _- E> II?) 22000\ ohne Ausschlag 30 Hl u BR A Er 20000) en 30 =F ae 18000 erste oo) 5 2 2 a a SE 14000 2—4 30 ı 12000 7-8 30 Dur el =: ag: , 10000 10—11 30 8000 13 30 _ — — = IIT®) | ohne 30 \ an | kurz- Bi Sr '"20000)| Ausschlag 30 dauernd 17000 5 30 — seicht _— — — 15000 6—7 30 — - — = -. 12000 8-9 30 10000 9—10 30 8000 14 30 SE == | = m 6000 16 30 | 6000 16 30 | | 4000 23 30 u — | — - | 1) Bei 5,13 und mehr bei 10—12 MA. finden sich Spuren einer sehr seichten und seltenen Atmung während der Hemmungsdauer. Nach Wiederkehr der At- mung ist, dieselbe von gewöhnlichem Typus. 2) Verlangsamung der Atmung bei 22,000 und 20 000 Ohm betraf die erste Häfte, der Reizdauer. Nach Hemmung bei 18 000 und 16 000 Ohm verlangsamte Atmung, die Reizung sogar überdauernd; während gerade bei den stärkeren Strö- men nach Aufhören der Hemmung sogleich ein gewöhnlicher Atmungstypus sich einstellt. 3) Während der Reizdauer seichte Atmung auch bei 22000 Ohm nach Hemmung; bei 5 und 6-7 MA. folgt während der Reizdauer der kompletten Hemmung eine seichte, etwas unregelmäßige Atmung resp. eine unvollständige Hem- mung. Bei stärkeren Strömen wird die Wiederkehr der Atmung durch einige tiefere Atemzüge eingeleitet, nur bei 16 MA. die mäßig tiefere Atmung von längerer Dauer. 166 G. Bikeles und L. Zbyszewski: A. Kaninchen (Fortsetzung). e Mini Reiz- Verlang- Hemmung der Atmung 2 om ER dauer | samung der während der Reizun = 6 = Q g - > BE Sek. Zune ) au neliche Reizung jüberdauernd I) a, ohne | en N LE EN - .ı120000)| Ausschlag 30 mäßig | gehemmt 18000 | I SH, we DB Bon 1soool| * = “ h » 2) ao Aa: 30 \ Bez 2% is A 17000 3—4 30 14000 6—1 30 — ec er | er, VIs)|ıs000 | 6-7 30 a ar Äı: Be B. Hund. Ss res Reiz- | Verlang- Hemmung der Atmung 2 Sum SE dauer |mEunader während der, Reisun - .. . g > ER | Sek. Atmung [anfängliche Reizung jüberdauernd 12) | 20000 |ohneAussch.| 30 | 0 — | — 22 a 17000 .6—7 30 15000. 8 30 Ai NUR ei Sn 13000 8 30 | 10000 9 30 7000 15 30 I 2 2 Vergleiche anschließende Bemerkung. 3000 33 30 2000 46 30 — — _E en 1500 60 30 _ — — - Ila:) 1200 65 25 e= — U au 1000 215 15 — —- a AL 1) Bei 4-5 MA. bei erster Reizung vor Schluß zwei Atemzüge, hingegen nach Aufhören der Reizung gerade da Atmung unterbrochen, während die- selbe nach der nächsten Reizung (und derselben Stromstärke) sich regelmäßig abspielt. 2) Bei 20000 Ohm Verlangsamung nur in Beginn der Reizung; bei 3—4 MA. Atmung verlangsamt und seicht im Beginn und gegen Ende, bei 6—7 MA. nach Hemmung während der Reizung Atmung unregelmäßig, etwas verlangsamt und seicht, nachher Atmung ohne Störung. 3) Nach Aufhören der Reizung sogleich gewöhnliche Atmung. *) Von 6—7 bis 9MA. Verstärkung der Atmung besonders im Beginn der der Reizung mit einer Dauer parallel der Steigerung der Stromintensität. Von 15 bis 33 MA. nach anfänglicher Beschleunigung progressive Hemmung Nach Aufhören der Reizung (nicht konstant) Atmung vertieft. 5) ad a) Atmung nach Hemmung vertieft und beschleunigt. Über den Einfluß der Reizung des Gehimes mittels Wechselströme usw. 167 B. Hund (Fortsetzung). 3 | £ Rn BReiz- Verlange- Hemmung der Atmung F7 Ohm 2 dauer |samung der 5 : = ampere ° re während der Reizung = | Sek. Atmung [anfängliche Reizung |überdauernd IIb}) | nach Ausschaltung bei der Nn. vagi. 1200 | 712215 — + == — 1000 über 15 en 500 | ld FR Zu bemerken ist, daß die Atmungshemmung in allen obigen Versuchen entweder ungefähr in der Mitte zwischen Ex- und Inspirium oder ziemlich nahe der Kuppe des Exspi- riums erfolgte. Manchmal hat es den Anschein, daß das Stadium der Atmung, in dem der Reiz einsetzte, dabei eine Rolle spiele, jedoch beim Gegeneinanderhalten einer größeren Versuchszahl ließ sich dafür gar keine Regel ausfindig machen. Während wir bezüglich der im vorigen erörterten Erscheinungen seitens des Kreislaufs nicht zögern, dieselben einer Reizung bzw. Erschöpfung der entsprechenden Oblongatazentra zuzuschreiben, müssen wir uns bezüglich der Atmungshemmung Reserve auferlegen. In Anbetracht nämlich der Tatsache, daß die Reizung so mancher Hirnnerven eine Hemmung der Atmung herbeiführt, kann man — selbst bei direkter elektrischer Reizung der Oblongata — nie bestimmt wissen, ob die dabei beobachtete Hemmung die Folge einer Reizung des Zen- trums oder nur zentripetaler Bahnen sei. Wir wollen hier nur auf fol- gende Parallele zwischen dem Eintreten einer Atmungshemmung und dem Einsetzen des bereits mehrfach erwähnten Extensionstonus bei Reizungen mittels Wechselströmen die Aufmerksamkeit lenken. Hem - mung der Atmung erfolgt beim Kaninchen schon bei Strö- men von sehr geringfügiger Intensität, und zwar zeigt sich teilweise (anfängliche) Hemmung schon bei einer so schwa- chen Stromstärke, bei welchem das Amperemeter gar keinen Ausschlag gab; Hemmung wiederum während der ganzen Reizdauer erfolgt eventuell schon bei 2-5 MA. Bezüglich des Auftretens des Extensionstonus zeigte sich beiKaninchen, bei denen mit sehr schwachen Strömen gereizt wurde, daß in der Regelebenfalls schon geringfügige Stromintensi- täten hinreichen, und zwar erfolgt bei 3—5 MA. ein ausge - prägter Extensionstonus; bei 20,000 Ohm (Amp6remeter ohne Ausschlag) zeigte sich eine merkliche Andeutung desselben. 3) ad b) Bei 73 MA. nach Hemmung während der Reizung Atmung sehr seicht und frequent, dieselbe bleibt frequent auch nach Aufhören der Reizung. Bei Strömen über 75 MA. ist dagegen nach Hemmung deutlich verlangsamt. 168 G. Bikeles und L. Zbyszewski: Diese beiden Phänomene (von denen der Extensionstonus einer Reizung der Oblongata resp. eines entsprechenden Zentrums zuzuschreiben ist) ge- meinschaftliche und ganz analoge überaus leichte Auslösbarkeit schon bei minimalem Strome, wie das nicht seltene Vorkommen von Atmungs- hemmung nur im Beginne der Reizung, dürfte doch vielleicht zugunsten der Annahme sprechen, daß es sich bei diesen Atmungshemmungen auch um Folgen einer Einwirkung auf das Atmungszentrum handle. - Anhang betreffend die Verwendung von Gleichstrom und dessen Einfluß auf die Atmung. Im Anschluß an die beschriebenen Versuche interessierte uns die Frage, ob tonisch-klonische Krämpfe auch bei Reizung mittels gleichgerichteter Ströme und zwar bei gleichartiger Applikation der Elektroden wie in den vorigen Versuchen eintreten. — Diese Versuche wurden nur an Kaninchen ausgeführt. Bei denselben wurde auch der Einfluß auf die Atmung beobachtet. Als Stromquelle diente uns.hier der durch einen rotierenden Transformator gelieferte, aus dem städtischen Wechselstrom umgewandelte Gleichstrom. — Es zeigte sich nun, daß bei Anwendung desselben ein Extensionstonus sich hier und da präsentiert, aber keine irgendwie regelmäßige Erscheinung ist. So zeigte sich der Extensionstonus in zwei Versuchen erst bei 100 MA. In einem Versuch trat ein exquisiter Extensionstonus bei etwa 52 MA., bei einem anderen bei 60 MA. auf, während bei weiterer Steigerung der Stromintensität kein Extensionstonus mehr bei neuerlichen Reizungen zum Vorschein kam. Vereinzelte klonische Zuckungen an den Pfoten kamen bei Strömen von 15, 20, 30 MA. zum Vorschein; bei etwa 60 MA. (seitener bei 40 MA.) kam es zu anhaltenden durch die ganze Reizdauer sich wiederholenden klonischen Zuckungen, jedoch waren auch diese klonischen Krämpfe nicht konstant und dieselben fehlten evtl. sogar bei 100 MA. — Klonische Zuckungen an den Pfoten nach Aufhören der Reizung wurden bei Stromintensi- täten von 80—100 MA. beobachtet. Den Einfluß der Reizung mittels Gleichstroms auf die Atmung zeigt in den einzelnen Versuchen die nachfolgende Zusammenstellung: Versuch 1. : | : Verlang- Hemmung der Atmung Milliampere | Beizlausr samung der FERN während der Reizung Sek. Atmung anfängliche Reizung überdauernd 53 30 — _ =i erR 5 30 10 30 + — -— — 15 20 20 20 SF Emm a; = 25 20 — Sr = Er 30 20 40 20 50 20 60 20 — = Sr = 70 20 s0 20 90 20 100 20 100 20° "m u = “n Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes mittels Wechselströme usw. 169 Bei 5—15 MA. Änderung der Atmung (unregelmäßig seicht) nur in Beginn. Bei 20 MA. hält seichte etwas verlangsamte Atmung während der ganzen Reiz- dauer an. Bei 25 MA. nach vollständiger Hemmung, während der weiteren Reiz- dauer abnehmend verlangsamte Atmung. Bei 30 und 33 MA. Hemmung während Reizdauer nicht ganz vollständig. Nach der Reizung bei 40—50 MA. einige tiefere Atemzüge; bei 60 MA. dauert etwas beschleunigte Atmung ziemlich lange an, dagegen bei 70—90 MA. nach Aufhören der Reizung Atmung alsbald von ge- wöhnlichem Typus. Versuch 2. || Beiz- Verlang- Hemmung der Atmung Milli- ı dauer Anode Kathode samung der enden während Reizung zunpere| Sek. Atmung Baraleleie der Reizung |überdauernd 50 || 20 -— am Nacken — an. En — 5 | 20 fur » | 2. | 10 | 30 — = 10 30 — m 15 | 25 RN H (ae NA En Base | | 20 2.25 — | = 20 | 30 — 5 | 30 | 30 —- S — E — — 40 25 == x 40 |: 20 — ss 60 | 20 EN NEN e = _. — 70 | 30 Er. | | 80 | 30 or = 90 , 30 == | 1% 100 | 20 en N =: SEN 2% 100 30 | = = SE AL arz 100 | 30 DNacken| = — Ze zi Von 5—20 MA. geschah die Einschaltung des Stromes abwechselnd plötzlich und langsam; im Resultat zeigte sich aber kein durchgreifender Unterschied. Nach der Reizung (und Hemmung) bei stärkeren Strömen: bei 60 MA. Atmung etwas beschleunigt, bei 90 MA. ist dieselbe lange unregelmäßig, dagegen bei 100 MA. Ka- thode am Nacken entweder vom normalen Typus oder eine Spur beschleunigt; ber 100 MA. Anode am Nacken, nach Hemmung verlangsamte, een und lange anhaltende Atmung. Versuch 3. ? Hemmung der Atmung "Milliampere Reizdauer Anode | Kathode während der Reizung Sek. Reizung überdauernd 40 20 — am Nacken | 50 20 > % 60 20 — En 70 20 a” ® Ai er 80 20 u Y 90 20 N 3 100 20 Er 2 | 100 | 20 -— BE — | + 170 G. Bikeles und L. Zbyszewski: Versuch 3 (Fortsetzung). ? ; i t Hemmung der Atmung Milliampere Reizdauer Anode, Kathode _ während der Reizung “ Sek. | Reizung überdauernd. 40 20 am Nacken — | 50 20 NN | = vn 60 20 5 — 70 20 5 Au | 80 20 = -— | 90 20 2 = Y 100 | 20 > _ | 100 | 20 | „ 5 Bei Reizungen von 40—100 MA. (Kathode am Nacken) ist die Atmung nach Aufhören der Reizung und Hemmung fast ohne Störung, nur die ersten (ein bis drei) Atemzüge sind manchmal etwas unregelmäßig evtl. etwas seichter. . Bei Reizungen 40 und 50 MA. (Anode am Nacken) ist die wiederkehrende Atmung ohne jede deutliche Störung. Hemmung bei 70 MA. (Anode am Nacken) dauerte länger an als bei 80 und 90 MA., und beim Wiedereinsetzen der Atmung war dieselbe sand bei 70 MA. Telnet und seicht. Nach erster Reizung bei einer Intensität von 100 MA. (Anode am Nacken) ist die spontane wiedereinsetzende Atmung zunächst ohne Störung, wird aber nach Ablauf von mehreren Sekunden zunehmend langsamer und seichter, so daß man zur künstlichen Atmung schreiten mußte. } 50 20 — am Nacken 50 20 | amNacken — 60 | 20 -— am Nacken _ — = Er Versuch 4. i Hemmung der Atmun Milli- a Anode Kathode Verstärkung RE ährenä m: ampere| on. Gerz mung arme heh ee ee 5 Pi) — amNacken \ 5 20 | amNacken — Bi ER AR = 10 20 — amNacken | i 10 20 |amNacken Be \ a 3. Bin a 15 20 — am Nacken | 15 20 | amNacken — ) 0 20 a am Nacken | Bi 23 7 er 25 20 = » \ 30 20 Bo EL | = 20 20 |amNacken Sn \ u: — eh: voll- 5 > En 2) = ) ständig 40 || 20 _- am Nacken 40 |; 20 !amNacken — | Bi Der A = ö Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes mittels Wechselströme usw. 171 Versuch 4 (Fortsetzung). Reiz ‘ Hemmung der Atmung Milli- Verstärkung Pr 3 dauer. Anode Kathode RER während Reizung ampere Sek der Atmung | anfängliche der Reizung [überdauernd 60 20 — am Nacken — — SF 60 20 |amNacken — 70 20 == am Nacken | 79 20 |amNacken — \ a Baur 20. | — am Nacken = at; — 80 | 20 lamNacken — || 100 20 u am Nacken 100 20 an ei} 100 20. | am Nacken = 100!) | 20 33 er NT: 5 — + Bei 10 und 15 MA. ist Atmung im Beginn der Reizung beschleunigt und tiefer und ausgesprochener bei der Intensität von 10 MA. als bei 15 MA, Bei Anode am Nacken nach dieser anfänglichen Verstärkung der Atmung wird dieselbe anschei- nend verlangsamt bis zum Schluß der Reizung. Bei Stromintensitäten bis 50 MA. ist die nach der Hemmung wiedereinsetzende Atmung von gewöhnlichem Typus. Bei 60 MA. (sowohl bei Kathode wie bei Anode am Nacken) ist die Atmung nach Ablauf der vollständigen Hemmung deutlich verlangsamt, dagegen bei 70, 80, 100 MA. und Kathode am Nacken ist wiederauftretende Atmung ohne Störung; bei Anode am Nacken ist dieselbe bei 70—80 MA. etwas seichter evtl. verlangsamt und die Verlangsamung ist am deutlichsten bei 100 MA. (Anode am Halsteil). Beachtenswert ist, daß die Verlangsamung bei 60 MA. bezüglich bei 70 bis 80 MA. nicht die ersten zwei bis drei Atemzüge, sondern die nachfolgenden betrifft. Es sei nur darauf hingewiesen, daß bei diesen Reizungen mittels Gleichstromes unvergleichlich viel stärkere Ströme zur Erzeugung einer Hemmung nötig sind als bei Anwendung von Wechselströmen. Die Hemmung erfolgt auch da (regellos), sei es ungefähr in der Mitte zwischen Ex- und Inspirium oder ziemlich nahe der Kuppe vom Exspirium; nur bei zwei Reizungen — denen eine seichte Atmung voranging — zeigt die Kurve eine Hemmung näher der Kuppe vom Inspirium. Zusammenfassung der Ergebnisse: Der Effekt der Hirn-(Oblongata-)Reizung mittels Wechselströmen bewährte sich in diesen Versuchen, bei Berücksichtigung individueller Verhältnisse als eine konsequente. Bezüglich des Vaguszentrums ist die sehr häufige, den ge- wöhnlichen Vaguspulsen vorausgehende, gänzliche Hemmung der Herz- tätigkeit, die aber nur sehr kurz anhält, hervorzuheben. Diese anfäng- liche kurzdauernde Hemmung der Herztätigkeit ist in Parallele zu bringen mit dem ebenfalls am Anfang der Reizung auftretenden und bald 1) Anode ausnahmsweise am Halsteil (d. i. tiefer unten als sonst). 172 . Bikeles und L. Zbyszewski: Einfluß der Reizung des Gehirnes usw. im Laufe einer längeren Reizung verschwindenden, exquisiten Tonus’ der Körpermuskulatur. Nach Einstellung der Reizung erfolgte bei manchen Versuchstieren eine vorübergehende, auffallende Beschleunigung der Herztätigkeit, also eine zeitweilige Lähmung (Erschöpfung) des Vaguszentrums. Bezüglich des vasomotorischen Zentrums zeigte sich bei man- chen Versuchstieren unter dem Einfluß der angewandten Reizungen eine derartige Erschöpfung des vasomotorischen Oblongatazentrums, daß nach vorübergehender Reizung nach Einstellung derselben der Blutdruck vorübergehend so sehr sank, wie nach faktischer Ausschal- tung der Oblongata, d. h. der restierende Blutdruck entspricht einem vasomotorischen Tonus der Rückenmarkszentren. Bezüglich der Atmung ist schwer zu entscheiden, ob die festgestellte Hemmung der Ausdruck einer Reizung des Zentrums oder zentripetaler Bahnen ist. Es muß aber auf einen evtl. anfänglichen Charakter der Hemmung bei Verwendung schwacher Ströme wie auf die leichte. Auslösbarkeit der Hemmung überhaupt (analog zur leichten Auslösbar- keit des Extesionstonus) hingewiesen werden. Im Gegensatz zu den Wechselströmen zeigt sich der Effekt des Rei- zung mittels Gleichstroms als ein sehr geringer und sehr wechselnder. Versuche über die Wirkung der an der lumbo-sakralen Gegend der Wirbelsäule applizierten Wechselströme!). I. Einige Konstatierungen betreffend Reflex, Opisthotonus und Krampferscheinungen (tonisch evtl. klonisch) an den vorderen Extremitäten beim Kaninchen (und Hund). Von Prof. Dr. 6. Bikeles 7. (Eingegangen am 15. August 1918.) Diese Reizung mittels Wechselströmen geschah in der Weise, daß auf die intakte nur von den Haaren befreite Haut über der Wirbelsäule die eine Elektrode in der Höhe der obersten Lumbalwirbel, die zweite Elektrode in der unteren Sakralgegend befestigt wurde. Zur Anwendung kamen Ströme von einer sehr mäßigen Intensität "angefangen, bis zu den intensivsten. Die Reizdauer schwankte meist von 30—60 Sekunden (seltener darunter 15””— 25”). Die Hautreflexe?), welche ihr Zentrum im lumbo-sakralen Abschnitte des Rückenmarkes haben, und zwar der Verkürzungsreflex auf Streichen oder Stich an der Planta und auf tieferen Druck, dann die reflektorische Krümmung des Schweifes auf Druck des Schweifendes, wie auch der Analreflex kamen beim Kaninchen bei einer Stromintensität von 15 MA. zum Verschwinden. Beim Hund scheinen diese lokalen d. i. in der Reiz- höhe des entsprechenden Rückenmarksabschnittes sich abspielenden Reflexe schon bei etwas geringerer Stromstärke (bei ungefähr 12 MA.) zu verschwinden. | | Was die Rückkehr dieser Reflexe nach Aufhören der Reizung anbetrifft, so erscheinen (beim Kaninchen) der Anal- und Schweifreflex früher als der Verkürzungsreflex, welch letzterer evtl. durch einige Minuten nach Sistierung der Reizung unauslösbar blieb. Bei endlicher Rückkehr des Verkürzungsreflexes war evtl. eine Steigerung der Aus- lösbarkeit konstatierbar. Bei drei Kaninchen ließ sich zunächst nach Einstellung der Reizung eine reflektorische Kontraktion des ‚Sphincter 1!) Siehe Anmerkung 1 der voraufgehenden Arbeit. ®2) Der Patellarsehnenreflex konnte teils wegen des tonischen Krampfes der hinteren Extremitäten, teils wegen der Art der Anfesselung des Tieres nicht studiert werden. 174 G- Bikeles: Versuche über die Wirkung ani nur durch Streichen der Vaginalschleimhaut (also als Vagino-anal- Reflex) und erst später vom Anus oder seiner nächsten Umgebung erhalten. Außer den lokalen Reflexen wurde auch die Beeinflussung des Nasen - reflexes (d.i. Abwendung des Kopfes bei Streichen oder Berühren an der Nase) und des Cornealreflexes beobachtet. Es zeigte sich, daß der Nasen- reflex beim Kaninchen schon bei 17—20MA. verschwand. Der Cornealreflex dagegen verschwand beim Kaninchen erst bei Anwendung sehr intensiver Ströme, und zwar überwiegend erst bei 75MA. undnur beieinem Versuchs- tiere bei 64MA. Der verschwundene Hornhautreflex trat nicht gleich beim Einstellen der Reizung wiederum auf, sondern erst nach Ablauf von 10—15—20 Sekunden. Der Nasenreflex wurde auslösbar nach Unter- brechung der Reizung entweder gleichzeitig mit dem Cornealreflex oder etwas später, einmal aber erst nach Ablauf von 50 Sekunden. Nasen- und Cornealreflexe verschwinden auch beim Hund _ bei Reizung mittels Wechselströme am unteren Wirbelsäulenabschnitte, und auch beim Hund verschwindet der Nasenreflex bei bedeutend schwächeren Strömen als der Cornealreflex. Beim Kaninchen stellten sich schon bei relativ mäßig intensiven Strömen (2000—1500 Ohm oder 50—60 MA.) klonische Zuckungen an den Pfoten der vorderen Extremitäten ein, was offenbar auf eine statthabende Reizübertragung auf die Hirnrinde hinweist. Beim Hunde wurden ebenfalls klonische Zuckungen an den. Pfoten der vorderen Extremitäten beobachtet, aber erst bei den inten- sivsten Strömen, d. ı. bei 500 Ohm (bei weitem über 75 MA.) oder sogar erst bei vollständiger Ausschaltung jedes Widerstandes. Bei.Ohm gleich Null (d. i. beim stärksten Strom und nach gänzlicher Ausschaltung des Rheostaten) trat beim Kaninchen an den vorderen Extremitäten ein exquisiter Extensionstonus von derselben Intensität auf, wie an den hinteren Extremitäten. Beim Hunde wurde ein Extensionstonus an den vorderen Extremitäten bei Reizung des unteren Wirbelsäulenabschnittes nicht beobachtet. Beim Kaninchen erfolgte schon bei einer Stromstärke von 20—25 MA. ein Emporheben des Kopfes im Beginn der Reizung, der bei starken Strömen (etwa 75 MA.) als maximaler Opisthotonus sich präsen- tierte und bei noch stärkeren Strömen dauerte der Opisthotonus durch die ganze Reizdauer an. Beim Hund war dieses Phänomen überhaupt nicht zu konstantieren. Bei ganz analoger Applikation starker konstanter Ströme beim Kaninchen waren wohl die lokalen Reflexstörungen, wie der Modus ihrer Wiederkehr die gleichen wie bei Wechselströmen. Dagegen blieb auch bei intensivsten Strömen der Oornealreflex immer erhalten, von Opistho- tonus keine Spur; auch fehlten durchgehend tonische Erscheinungen an den vorderen Extremitäten. Br . reizungen. ln Tartnehen Reiz- Von 1 Nachträgliches _ der an der lumbo-sakralen Gegend der Wirbelsäule applizierten Wechselströme. 175 II. Einfluß auf Kreislauf und Atmung. Prof. Dr. G. Bikeles und Dr. L. Zbyszewski. Bei diesen Versuchen befanden sich die Elektroden wie in der voran- _ gegangenen Mitteilung am oberen Lumbalteil und am unteren Sakral- _ teil der Wirbelsäule. Der Blutdruck wurde mittels des Ludwi sschen Kymographions _ registriert und die Atmung in ganz em Weise wie bei den Hirn- Die Ergebnisse über den Einfluß der ne auf den Blutdruck ersieht man aus der beigefügten Tabelle. Tabelle I. Einfluß auf den Kreislauf bei Reizung mittels Wechselströme an der umnosalnalees end der Wirbelsäule. 65 bis 67, dann 800, 400 und 200 2 10—15200 2 und bei Ausschaltung d. Rheostates we .2. Hund. Er 1530| 12—73 2 |12—20| 75 u. über 75 = (4 Reiz.) au (4 Reiz.) AL (6 Reiz.) a (3 Reiz.) aktion während des Abfalles des Blutdruckes Si (wie bei Vers. 3) E= a: (Bei 2 Reiz.) Einmal sehr spätn.d. Reiz. auffallendes Sinken des Blutdruckes dauer Sofortige Nachträglich in Sek.| Milliampere Blutdruck- En Sinken des Anmerkung ausge- steigerung Vaguspulse Blutdruckes drückt i 20 ,58bis über 75, + — —_ dann 500 Ohm (4 Reiz.) 15 153bis73, dann = — 1500 und 2002| (4 Reiz.) 15 65bis75,dann + a a 500 2 (3 Reiz.) IMit nachfolg. mäßiger Verlang- samung der Herz- Bei 2 gleich Null erfolgte (verspätet) sehr tiefes Absinken des Blut- druckes; bei200 2 da- gegen war ein der- artiges Absinken nicht vorhanden. Vor der 3. Reizung wur- den die Nn. vagidurch- schnitten. 176 G. Bikeles: Versuche über die Wirkung Was den Einfluß auf den Kreislauf anbetrifft, ist das Fehlen einer analogen Hemmung der Herzaktion, wie solche bei den Hirn- (Oblongata-)Reizungen so häufig zum Vorschein kam, sehr beachtens- wert. Um so mehr ist das Fehlen einer derartigen Hemmung auffallend, als bei diesen Reizungen sehr starke Ströme in Verwendung kamen, und zwar viel stärkere als bei den exquisite Hemmung erzeugenden Reizungen am Hirn bei demselben Versuchstier. Was die bei diesen Reizungen evtl. auftretenden Vaguspulse anbetrifft, so ist der Umstand erwähnenswert, daß bei zwei Kaninchen (Tabelle, Versuch 3und 4) und bei beiden zu diesen Versuchen verwendeten Hunden sich gleichsam die Reizung des Vaguszentrums ausgesprochen verspätet, d. h. sich erst während des anfänglichen, der Steigerung nachfolgenden Absinkens des Blutdruckes deutlicher manifestierte. Die in der Tabelle unter Protokoll Nr. 5 verzeichneten Ergebnisse stam- men von demselben Versuchskaninchen, welchesin der Tabelle betreffend Hirn-(Oblongata-)Reizung unter Versuchsprotokoll Nr.4figuriert. Bei den Hirnreizungen erfolgte gerade bei diesem Kaninchen konstant, wiein dem entsprechenden Aufsatz ausführlicher beschrieben wurde, ein auffallendes (verspätetes) Absinken des Blutdruckes. Bei den Reizungen an der unteren Wirbelsäule erfolgte ein ähnliches sehr tiefes Absinken des Blutdruckes nur bei Anwendung des intensivsten Stromes, nämlich ohne jeden eingeschaltenen Widerstand!), während derselbe bei 200 Ohm ausblieb. Beim Hund (Protokoll Nr. 2 der Tabelle) wurden nach zwei Rei- zungen bei intakten Vagi dieselben durchschnitten und abermals Ver- suche vorgenommen. Bei den Hirnreizungen nach durchschnittenen Vagi erfolgte bei diesem Hunde bei zwei Reizungen (vgl. Tabelle, Hirn- TOblongata-]Reizung) ein steiler innerhalb 6—7 Sekunden sich vollziehen- der Abfall des Blutdruckes; bei Reizung an der unteren Wirbelsäule ist hingegen der Abfall des Blutdruckes nach durchschnittenen Nn. vagi kein steiler, sondern ein allmählich erfolgender im Laufe von 21 Sekunden. Was den Einfluß dieser Reizart auf die Atmung betrifft, geben die nachfolgenden zusammengestellten Resultate der einzelnen Versuche einen näheren Einblick in dieselben. : Was also die Atmung anbelangt, so ist aus nachfolgender Zusammen- stellung ersichtlich, daß auch bei dieser Applikation der Elektroden (oder bei Reizung des unteren Rückenmarksabschnittes) sowohl beim Kanin- chen als auch beim Hund, Hemmung der Atmung evtl. eintritt, und zwar bei starken Strömen; zur Erzeugung der Atmungshemmung scheinen beim Hund noch stärkere Ströme nötig zu sein als beim Kaninchen. Erwähnt sei, daß Reizung des Ischiadieus hingegen auch mit den intensivsten Strömen uns keine Atmungshemmung als Effekt ergab. 1) Sinken von = mm Hg auf 5 mm Hg in 20 Sekunden (nach Aufhören der Reizung). der an der lumbo-sakralen Gegend der Wirbelsäure applizierten Wechselströme. 177 A. Kaninchen. \ Mile) SZ a. Neue: Hemmung der Almung such Ohm “ | dauer samung der 3 1 z a Nr sumere |, derAtmne| rung | teitmeise | Winrend| die Reizung I!) | 6000| 16 , 30 — = @enfängl)| — 20 F- 2000 | 39 30 — Ka | — Se air II2) | 2000| 25 30 dr = > = ce 1000 | .50 30 — — == | ig: = III®) 10000 | 7--8 | 30 2) 22 er —E 8000 9 30 (+) or — En = 6000 15 30 — Fr TE 7 an IV4)| 8000 9—10 | 30 ze SEX ze; FE = .6000| 15 30 = zn RE N = 4000 | 22 | 30 —_ — Fr Mer ger (in zweiter | Hälfte der | Reizdauer) B. Hund. I5) | 8000| 8 N — = — — 5000 |12—13 30 | 3000|) 20 | 20 | | 2000 28—30) 20 | Fi er Tale zn Di 1200 4245 20 | \ | 800 555—62| 20 | 600 70—73| 15 | | BE es: oo er. = a — aaa ee + = 1) Bei 16 MA. erfolgt die Rückkehr der zunächst verlangsamten Atmung in eine solche von gewöhnlicher Frequenz, sehr rasch noch während der Reizung. Nach Aufhören der Reizung gewöhnliche Atmung. 2) Bei 25 MA. etwas tiefere und frequente Atmung in der ersten Hälfte der Reiz- dauer, bei 50 MA. im Laufe der Hemmung drei unregelmäßige Atemzüge; nach Auf- hören der Reizung gewöhnliche Atmung. 8) Bei 7—8 MA. Spur einer Beschleunigung im ersten Drittel, nachher fort- schreitende Verlangsamung der Atmung; bei 9 MA. Effekt ähnlich jedoch ge- ringer als bei 7—8 MA. Bei 15 MA. Atmung verlangsamt während der ganzen Reizdauer. Nach Aufhören der Reizung bei 7—8 MA. erfolgen drei weniger ver- langsamte Atemzüge, worauf aber ein unregelmäßger Atmungstypus sich einstellt; bei 15 MA. Atmung auch nach Aufhören der Reizung deutlich verlangsamt. 4) Bei 9—16 MA. während der Reizdauer leichte Beschleunigung und Vertiefung der Atmung. Bei 15 MA. Atmung in den letzten zwei Dritteln progressiv seichter und mäßig verlangsamt und dauert dieser veränderte Atmungstypus auch nach Aufhören der Reizung an. Bei 22 MA. nach Aufhören der Reizung erfolgen zwei Atemzüge mit langen Pausen und nachher ist Atmung mäßig verlangsamt. 5) Von 12—13 MA. bis 42—-45 MA. Atmung während der ganzen Reizdauer be- schleunist und vertieft, von 55—73 MA. ist die Verstärkung während der Reizung überhaupt und besonders in der Mitte geringer als bei den vorangegangenen schwächeren Reizungen, dagegen ist die Atmung nach Aufhören der Reizung ge- rade bei 73 MA. sehr vertieft und frequent. 6) Nach Aufhören der Reizung mäßig verminderte Atmungsfrequenz. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 12 Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. Von Paul Hecht. (Aus dem physiologischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) Mit 12 Textabbildungen. (Eingegangen am 6. März 1920.) Die Totenstarre der glatten Muskulatur ist im Vergleich zu der der quergestreiften noch recht wenig bearbeitet. Folgende, auf Anregung von Herrn Professor Mangold entstandene Untersuchungen sollten an einem geeigneten Präparat die Totenstarre der glatten Muskulatur, in Sonderheit ihr Verhältnis zur postmortalen Erregbarkeit einer genaueren Prüfung unterziehen. Als geeignetes Präparat erwies sich mir der Magen des Frosches, der bekanntlich in ausgeprägter Weise automatische Bewegungen zeigt, die nach Eröffnung der Leibeshöhle eines Tieres in situ, wie auch nach Herausnahme des ganzen Organs noch einige Zeit deutlich wahrnehmbar sind und bei der Registrierung eines Präparates sich dann alsrhythmische Kontraktionen oft noch längere Zeit beobachten lassen. Deutliche Unterschiede im Ablauf dieser Kontraktionen je nach Gestaltung des Präparates veranlaßten mich, neben der Totenstarre die Automatie der Magenmuskulatur des Frosches zum Gegenstand genauerer Unter- suchungen zu machen, um dann zugleich damit den Ablauf der Starre und ihr Verhältnis zur Automatie weiter zu verfolgen. A. Automatie. Die spontanen Kontraktionen der Magenmuskulatur des Frosches sind in einer Anzahl von Arbeiten näher beschrieben. Von den klassischen Arbeiten von Goltz!) bis zu den neueren von P. Schultz?2), Barbera?), Winkler‘), Kautzsch5), Hopf®) u. a., 1) Goltz, Studien über die Bewegungen der Speiseröhre und den Magen des Frosches. Arch. f. ges. Physiol. 6. 1872. ?) P. Schultz, Die glatte Muskulatur der Wirbeltiere. Arch. f. Physiol. 1895, 1897. 3) Barbera, Über die Reizbarkeit des Froschmagens. Zeitschr. f. Biol. 36. 1898. *) Winkler,. Ein Beitrag zur Physiologie der glatten Muskulatur. %1. 1898. 5) Kautzsch, Studien über die rhythmische Kontraktion der Froschmuskula- tur. Arch. f. d. ges. Physiol. 11%. 1907. 6) Hopf, Über den hemmenden und erregenden Einfluß des Vagus auf den Magen des Frosches. Zeitschr. f. Biol. 65. P. Hecht: Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 179 die eine genaue Beschreibung und zumeist auch eingehende Literatur- angaben enthalten, fehlt es nicht an Theorien zur Erklärung der Ent- stehung der „Spontanrhythmik“ in der Magenmuskulatur. Es seien hier nur die hauptsächlichsten Punkte hervorgehoben. Die Frage nach dem Ursprung der Automatie des Magens hat in ähnlicher Weise wie die des Herzens die Autoren beschäftigt. Wie beim Herzen stand auch hier die neurogene gegen eine myogene Hypothese, als deren Hauptvertreter Grützner genannt sei, während neben anderen Morgen und P. Schultz die Automatie als eine solche nervösen Ur- sprungs erklärten. Mit P. Schultz sieht ein Teil der Forscher die auto- matischen Bewegungen der Magenmuskulatur als eine ‚‚Reflexbewegung‘“ an, für die das Zentrum in der Magenwand selbst gelegen ist. Über die Bedeutung der beiden hier ausgebildeten Nervenplexus, des Plexus submucosus Meissner und des Plexus myentericus Auerbach, gehen die Anschauungen auseinander. Einmal soll der Plexus Auerbach das automatische Zentrum sein [Magnus!)], ein andres Mal sind es „sporadische Ganglienzellen in der Mitte des Magens“, die das aus- ‘ lösende Moment darstellen sollen [Openchowsky?)], während der Plexus Auerbach dabei koordinierend als „Rückenmark des Magens“ mitzuwirken hätte. Im Gegensatz dazu sieht Kautzsch?®) in den in der Submucosa gelegenen nervösen Apparaten die Zentralstelie, die durch eine „tonische Innervation‘‘ die Bedingung und die Impulse für die Äußerung der im Prinzip muskulären Leistung schaffen soll. Steinach?) endlich sieht die Ursache der spontanen Bewegungen im „Ausfall der hemmenden Einflüsse, die von der Medulla oblongata ausgehen und durch die N. vagi den gangliösen Apparaten der Gedärme vermittelt werden“. An verschiedenen Erklärungen der Magenautomatie fehlt es dem- nach nicht. I. Methodik. Nur kurz sei hier vor Beschreibung der eigenen der verschiedenen Methoden in den früheren Arbeiten Erwähnung getan. Neben volumetrischen Methoden [Goltz°), Barbera®), Hopf”), Morishima und Fujitani®)], bei denen meist 1) Magnus, Die Bewegungen des Verdauungskanals. Ergebnisse der Physio- logie 4. 1908. 2) Openchowsky, Über die nervösen Vorrichtungen des Magens. Zentralbl. f. Physiol. 3, 1. 1889. 3) Kautzsch, 1. c. S. 2. *) Steinach, Motorische Funktionen hinterer Spinalnervenwurzeln. Arch. f. .d. ges. Physiol. 60. 1895. 5) Goltz, 1. c. 6) Barbera, 1. c. 2), Hopf, l.c. 8) Morishima und Fujitani, Untersuchungen am isolierten Froschmagen. Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. Suppl.-Bd. 1908; 62. 1910. 122 180 P. Hecht: eine Glaskanüle in Cardia und Pylorus eingebunden wurde, wurde gewöhnlich ein Ringpräparat aus dem Magen quer herausgeschnitten und derart suspendiert, daß die Ringmuskulatur längs registrierte: [Morgen!), Grützner?), Winkler?°), Kautzsch®)]. Ich verwendete in ähnlicher Weise wie P. Schultz ein ‚„Muskelband“ zur. Registrierung. Folgendermaßen wurde verfahren: Die Tiere, meist mittelgroße Esculenten, wurden dekapitiert und der Magen, nach Eröffnung der Bauchhöhle und Lösung seiner Befestigungen am Pylorus, der sich deutlich durch seinen Farbenunterschied gegenüber dem Duodenum abgrenzen läßt und im Cardiateil, mit der Schere quer durchtrennt und herausgenommen. Dabei waren meist schon die Bildung einer deutlichen Kontraktionsfurche im Kardia- teil und spontane peristaltische Kontraktionswellen im oberen und mittleren Ab- schnitt sichtbar. Dann wurde der Magen längst der kleinen Kurvatur aufgeschnitten und dann meist im Fundusbereich in zwei Teile durchtrennt. Jedes der so entstan- denen Muskelbänder, bekanntlich hauptsächlich aus Ringmuskulatur bestehend, wurde nun zur Registrierung seiner Bewegungen nach der Engelmannschen Suspensionsmethode vorbereitet. Hierzu wurde es auf der einen Seite mittels eines doppelt gekrümmten Häkchens am Rande einer kleinen Korkplatte befestigt, auf der anderen in gleicher Weise mit dem zum Schreibhebel führenden Faden ver- bunden und danniin ein kleines Becherglas versenkt. Dieses war dadurch als feuchte Kammer hergerichtet, daß es im Innern ringsum mit Filtrierpapier belegt wurde und dies sich ständig aus der am Boden des Gläschens befindlichen physiologischen Kochsalzlösung vollsaugen konnte. Mit dem an der Innenwand liegenden feuchten Fließpapier standen dann weitere Fließpapierstücke in feuchter Verbindung, die die Öffnung des Glases verdeckten und nur für den zum Schreibhebel gehenden Faden eine ausreichende Lücke ließen. Die Präparate schrieben dann zumeist an einem langsam rotierenden Kymographion, dessen einmalige Umdrehungsdauer 20!/, Stunden betrug (1 mm 27 5”). Eine Ausnahme davon machten die Versuche mit elektrischen Reizungen, die an einem Baltzerschen Kymographion mit schnel- ler Umdrehung registriert wurden. Die Zimmertemperatur betrug während der Dauer der Versuche zwischen 17 und 27°, im Mittel 23°. Es handelte sich um die a Tage im Monat August und September. ' -Die meisten Autoren, die einen Magenring zu ihren Versuchen verwendeten, Hallen einen solchen aus dem mittleren Teil des Magens genommen, „dem Teil, der der weitesten Stelle entspricht“, teils um nahezu ausschließlich nur Ringmuskula- tur zu erhalten, teils weil sie die Beobachtung gemacht hatten, daß ‚‚ein wesentlicher Unterschied in dem Verhalten der drei Teile nicht vorhanden ist“ [Morgent)]. In mehreren Arbeiten fehlt aber völlig die nähere Topographie des entnommenen Magenrings. Bei einigen volumetrischen Versuchen wurde mitunter auch nur die untere Hälfte als Magensack verwendet [Moroshi ma°)]. Da ich nun von vornherein die Aufgabe hatte, auf ein etwaiges verschiedenes motorisches Verhalten der einzelnen Magenabschnitte zu achten, wie es nach den Untersuchungen von Mangold und Kirschner‘) am Hundemagen auch an mei- 1) Morgen, Über Reizbarkeit und Starre der glatten Muskulatur. Inaug.-Diss. Halle 1888. 2) Grützner, Die glatten Muskeln. Erg. d. Physiol. 3, 2. 1904. 3) Winkler, ].c. *) Kautzsch, 1. c. 5) Moroshima, |. c. 6) Kirschner und Mangold, Die motorische Funktion des Sphincter pylori und des Antrum pylori beim Hunde nach der queren Durchtrennung des Magens. Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. %3, 475. 1911. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 181 nem Versuchsobjekt zwischen Cardia- und Pylorusteil wohl zu erwarten war, so trennte ich selbst den Magen zunächst stets im Fundusbereich durch Querschnitt in zwei Präparate, die demnach aus der cardialen bzw. pyloralen Magenhälfte be- standen: 1. Cardia- und Fundusanteil: Cardiapräparat (C.-Präp.), 2. Fundus- anteil und Pylorus: Pyloruspräparat (P.-Präp.). In beiden Fällen unterschied ich, je nachdem ich die Schleimhaut und Sub- mucosa im Zusammenhange mit der Muskelhaut beließ oder sie davon abzog und die Muscularis mit Serosa allein verwendete, wieder zwei Präparate: 1. Schleimhaut- Muskel-Präparat (SM.-Präp.). 2. Muskel-Präparat (M.-Präp.). Diese beide ent- sprechen den von Kautzsch bei seinen Versuchen über thermische Reizung ge- wählten Bezeichnungen Schleimhaut- Eye und Muskel-Typus, die mir nicht zweckmäßig erschienen, da der ‚‚S.-Typ.‘‘ eben auch die Muscularis enthält. Im ganzen ergaben sich demnach zunächst 4 Magenpräparate, nämlich: 1. Das CSM-Präparat (Cardiapräparat mit Schleimhaut und Submucosa). 2. Das CM-Präparat (— Cardiapräparat ohne Schleimhaut und Submucosa). 3. Das PSM-Präparat (Pyloruspräparat mit Schleimhaut und Submucosa). 4. Das PM- Präparat (— Pyloruspräparat ohne Schleimhaut und Submucosa), zu denen später noch zwei allein aus der mittleren Magenregion, dem Fundusabschnitt!) oder Corpus ventriculi?®) genommene Ringstreifen als 5. das FSM-Präparat, 6. das FM-Präparat hinzutreten. Bei Herstellung des Muskularispräparats (M-Präp.) wurde die Schleimhaut mittels Pinzette und stumpfer Nadel abpräpariert, was zumeist leicht gelingt; vor allem im Pylorusabschnitt scheint die Verbindung der Mucosa mit der Mus- cularis eine wesentlich lockere zu sein, als in den oberen Abschnitten. Das in einer Anzahl von Versuchen verwendete Funduspräparat wurde in der Weise hergestellt, daß ein 1!/, cm breiter Ring ungefähr aus der Magenmitte quer herausgeschnitten und dann ebenfalls entlang der kleinen Kurvatur zu einem Muskelband aufgeklappt wurde, um dann in der üblichen Weise suspendiert zu | werden. i Bei den elektrischen Reizversuchen wurde das Präparat durch zwei mit den zuführenden Drähten versehene Metallhäkchen am unteren Rande gefaßt und ebenfalls nach der erwähnten Methode suspendiert, so daß dann hier — anstatt eines Häkchens — deren zwei, meist in Entfernung von ca. 1 cm voneinander, das Präparat am Korktischchen befestigten. Gereizt wurde mit einem Schlitten- induktorium, dessen primärer Stromkreis von zwei Daniell-Elementen gespeist wurde. |Um das Cardia- und Pyloruspräparat sofort hintereinander reizen zu kön- nen, war in den sekundären Stromkreis eine Pohlsche Wippe als Stromwender eingeschaltet. Bei einigen Versuchen, vor allem am Funduspräparat, wurde zuerst das Präparat mit Schleimhaut (SM-Präp.) gereizt, dann das Präparat wieder ab- genommen, rasch die Schleimhaut abpräpariert, und sodann das reine Muskel- präparat (M-Präp.) in derselben Weise behandelt. Daß sich bei den gleichen Versuchsbedingungen eine deutliche individuelle Verschiedenheit im Ablauf der spontanen Bewegungen und auch in der Reaktion auf elektrische Reize beobachten läßt, konnte ich, wie ja auch ein Teil der früheren Beobachter, ebenfalls feststellen. Die Prüfung von Tieren, die nicht gefüttert waren, und solchen, die zuvor gefüttert worden waren, unterließ ich, da Sommerfrösche an und für sich als geeignete Versuchsobjekte angegeben werden; bei Winter- .fröschen scheint es notwendig, das Tier vor dem Versuch zu füttern [Hopf?)]. >) Gaupp, Anatomie des Frosches. 2) Neue Magennomenklatur siehe bei Aschoft, Über den Engpaß des Magens. Jena 1918, G. Fischer. DWEIOpE D.c. 1832 P. Hecht: II. Versuche. 1. Automatie der Pars cardiaca und pylorica des Frosch- magens, mit und ohne Schleimhaut. Die ersten Versuchsreihen wurden an den gleichzeitig registrieren- den Cardia- und Pyloruspräparaten vom gleichen Magen angestellt. . Dabei zeigte sich in vielen Fällen deutliche Atomatie, die, wie auch in den früheren Arbeiten erwähnt ist, kurz nach Beginn des Versuchs einsetzt, um dann teils kürzere, teils längere Zeit hindurch anzuhalten. Die Dauer dieser Spontanrhythmik schwankte in den einzelnen Ver- suchen im allgemeinen zwischen c. 10’ und 20’. In einem Versuch (s. Abb. 6) war sie jedoch noch bis 32% nach Versuchsbeginn!) vorhan- den; nachdem sie zu Beginn 35’ lang bestanden hatte, trat sie nach einer Pause von 121/,b mit Eintritt der Totenstarre wieder auf, und hielt während deren Ablauf weiter an, eine Beobachtung, auf die ich noch näher zu sprechen kommen werde. In der bisherigen Literatur betrug die längste beobachtete Dauer der spontanen Automatie am Froschmagen 30% nach Versuchsbeginn [Woodworth?)]. Nun zeigte sich tatsächlich schon in den ersten Versuchen ein deut- “ licher Unterschied im Ablauf der spontanen Kontraktionen, je nach- dem es sich um Cardia- oder Pyloruspräparate, und ferner auch um das SM. oder M.-Präparat handelte (s. Tabelle I und II). Tabelle I. DauerderAutomatie, Tabelle II. Präparate ohne Schleim- - derParscardiaca und pylorica. Präparate haut. mit Schleimhaut in feuchter Kammer. Nr. ze Nr. | Zrn- des Datum Cardia- | Pylorus- | mer- des Datum |Cardia-| Pylo- mer Ver- teil teil temp. Ver- 18is teil rusteil | temp. such. | 1919 in °C auch: rer Sesam 1 | 20. VII. 1h — 26 bis 12h 2 20. VILL | 2h 45’ — 26 30’3) 3 Al, MIEIE | En 27 122725 v1 72 — 22 4 21. VIIL | 75 19 — 27 13 | 26. VIIL.| — 55’ 3) 23 5 22. VIII | 44 54°| 1h15’8)| 24 14 | 26. VII. — 17’) 23 6 |22. VII. — — 24 15: || 27. V:EIE. | 4023). 377 20 7 |23. VII. |2 17’) 4073) 24 16 | 27. VIL.| — 35 u. 20 8 23. VII. | 66 15° — 24 12h 30° | bis 9 |24. VII. | 1h 55° — 24 bis 32h | 24 10 |24. VIIL. | — = 24 18 | 29. VIL.| — 12° 25 34 ı10.IX. |35 40° —_ 22 19 | 19. VILL. | 15°3) 16h 25 66 |24. IX. 1b 30° — 22 24 5.XxXI — 45° 23 67 | 24. IX. 50” 35’ 22 40 |ı13.xXTL. | — | 1m22° | 23 1) Als Versuchsbeginn ist stets der Zeitpunkt 10 Minuten post mortem gültig; so lange dauert es im allgemeinen von der Dekapitation des Tieres bis zum 2 Beginn der Registrierung von den. beiden fertiggestellten Präparaten. 2) Woodworth, Studies in the contraction of Smooth muscle. of physiol. 3. 1900. * 3) Schwache Kontraktionen. Amer. journ. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 183 Während, wie die Tabellen erkennen lassen, beim SM.-Präparat die Mehrzahl der Cardiapräparate Automatie zeigte, verblieb hier das Pyloruspräparat (bis auf Versuch Nr.5, 7, 67) vollständig in Ruhe, und die Kurve zeigte nur die an nahezu allen Kurven vorhandene primäre Tonusabnahme, um dann in einer Horizontalen zu verlaufen, oder nach mehr oder minder langer Pause eine Starrekontraktion zu zeigen (s. Abb. 1). Ganz umgekehrt verhielten sich nun die Präparate des der Schleimhaut beraubten M.-Präparates. Hier fehlte die Auto- matie am Cardiapräparat bis auf ganz wenige Fälle (Versuche 11, 1 und 19), wo sie nur in ganz geringem Maße auf- trat, während das Pyloruspräparat zumeist aus- geprägte Automatie von verschiedener Dauer zeigte (s. Abb. 6, 7, 9). An einigen Kurven fanden sich dabei längere Zeit hindurch aus- geprägte Kontraktionen mit steilem Anstieg und raschem Abstieg von ziemlicher Regel- mäßigkeit. Von der Trägheit des Pylorus- Abb.1. Cardia- und Pylorus- präparats, ‚wie sie an den Präparaten mit nn Bi a Schleimhaut bestand, war hier nichts mehr P-S-M-Präparat) mit Auto- u a matie nur bei ©. — Verkleine- vorhanden. rung auf ?/, Originalgröße. Die bei meinen sämtlichen, außer in Ta- belle I und II weiter auch in Tabelle III aufgeführten Versuchen - ermittelten Unterschiede seien hier für die 4 verschiedenen Präparate zusammengestellt. Die Automatie trat auf beim: Cardiateil mit Schleimhaut in 88% Pylorusteil mit Schleimhautin 17,6% Cardiateil ohne Schleimhautin 20% Pylorusteil ohne Schleimhaut 73% An einigen Funduspräparaten, die zum Vergleich ebenfalls heran- gezogen wurden, ergab sich in der Automatie ein dem Cardiapräparat entsprechendes Verhalten, also Automatie im Kontakt mit der Schleim- haut, Ausbleiben derselben am Muscularispräparat (s. Abb. 2). Wie schon eingangs erwähnt, waren diese spontanen Bewegungen in situ, wie auch am herausgenommenen ganzen Organ zu beobachten. Meist war zuerst ein Kontraktionsring am Cardiateil vorhanden und von hier setzte sich eine peristaltische Welle pyloruswärts fort, wie es auch Stübel!) am Froschmagen beobachtet hat. Mitunter traten im mitt- leren und oberen Magenabschnitt zugleich mehrere Kontraktionsringe auf. Auch eine von Hopf?) an einem Präparate gemachte Beobachtung konnte ich an einigen wenigen Präparaten ebenfalls anstellen. Im Gegensatz zu den meisten Präparaten kontrahierte sich bei diesen nämlich zuerst die Pylorusgegend, und zwar etwa die Gegend Antrum 1) Stübel, Der Erregungsvorgang in der Magenmuskulatur nach Versuchen am Frosch- und Vogelmagen. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 143. 1911. ®2) Hopf, l.c. 184 P. Hecht: pylori (Vestibulum pyloricum) und die Kontraktionswelle schritt dann gegen die Cardia hin weiter, also in antiperistaltischem Sinne, um dann auch nach derselben Richtung hin in das Erschlaffungsstadium überzugehen. Den Ablauf und die Form der Einzelkontraktion hat neben Woodworth!) P. Schultz?) näher beschrieben. Soweit ich die Kurven am langsamen Kymographion damit vergleichen kann, Abb.2. Obere Kurve: Funduspräparat mit Schleimhaut (F.-S.-M.-Präparat). — Automatie während der Dilatation, dann Stillstand. — Mittlere Kurve: Funduspräparat ohne Schleimhaut (F.-M.- Präparat). — Dilatation ohne Automatie. Starre nach 1!/;h.— Untere Kurve: Funhduspräparat mit Schleimhaut (F.-S.-M.-Präparat). — Dilatation mit Automatie. Automatie während geringer Starre bis zum 2. Anstieg nach 6!/,h. Verkleinerung auf */, Originalgröße. und soweit ich spontane Automatie auch bei den Versuchen am raschen Kymographion beobachtete, stimmen meine Befunde mit den von ihm beschriebenen Kontraktionsformen überein. 2. Automatie und elektrische Erregbarkeit. Nachdem sich ein deutlicher Unterschied im Ablauf der spontanen Automatie je nach Cardia- und Pylorusabschnitt, SM.- und M.-Präparat gezeigt hatte, ging ich daran, die elektrische Erregbarkeit an den vier verschiedenen Präparaten teils am langsamen, teils am raschen Kymo- graphion zu prüfen. Schon Morgen?) erwähnt einen Unterschied bei galvanischer Rei- 1) Woodworth, 1. c. 2) P. Schultz, 1. c. Morgen, Ic. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 185 zung seines Magenringpräparats, hebt aber hervor, daß ‚‚die elektrische Erregbarkeit beim Abpräparieren der Schleimhaut durchaus nicht leide‘; nur findet er im Gegensatz zum Schleimhautring ein Ausbleiben der Schließungskontraktion und ein Stärkerwerden der Öffnungs- kontraktion entsprechend der Schließungsdauer. Barberal) fand be‘ faradıscher Reizung des ganzen Organs bei Reizungen an den verschie- densten Applikationsstellen den Beginn der Reizwirkungimmer am Cardia- teil eintreten, nur mit Ausnahme eines Versuches, bei dem er einen ähn- liehen Ablauf wie bei der oben erwähnten spontanen Antiperistaltik fand, und wobei der gereizte Pylorus zuerst Kontraktion zeigte, die dann auf Cardia und Fundus überging, um dann nochmals den Pylorus zu ergreifen. Bei meinen elektrischen Reizversuchen ergab sich nun auch wieder ein auffälliger Unterschied der verschiedenen Präparate in bezug auf die Erregbarkeit und den Kontraktionsablauf, je nachdem es sich um Cardia oder Pylorusteil und ferner um das Präparat mit oder ohne Schleimhaut handelte. Be Die folgende Versuchsreihe, bei der neben dem Ablauf der spontanen Rhythmik die elektrische Erregbarkeit geprüft wurde, läßt außer dem unterschiedlichen Verhalten der Automatie den deutlichen Unterschied der Reizwirkung an der Verschiedenheit der Kontraktionshöhen er- kennen. Bei völlig gleichbleibenden Hebelverhältnissen wurde die - Reizung stets 5—10” lang bei Rollenabstand 0 ausgeführt. In der Tabelle wurde jeweils die höchste erreichte Zuckung angegeben. Tabelle IH. Automatie und elektrische Erregbarkeit der Pars cardiaca und pylorica. Präparate mit und ohne Schleimhaut in feuchter Kammer. 2 | ö | Ynmar S = Datunı Magenteil Präparat Dauer der Ei an Be => 1919 Automatie Reizung in mm in °C 20 SL VAT. Cardia mit Schleimhaut] 140° 15 19 31. VII | Pylorus 5 — (0) 1 19 al. 1.17%. Cardia SM.-Präparat 15h 7’ 15 20 110% Pylorus 35 == 3 20 22, 8: EX. Cardia » 2h 30° 10 21 3.1X. Pylorus % — 1 21 23 | 31x. Cardia y 1h 3° 2 22 5, ID Pylorus 5 — 0 22 43 || 15. IX. Cardia ohn.Schleimhaut — 1 22 15. IX. Pylorus . z 10h 9 22 53 | 18. IX. Cardia M.-Präparat — 2 22 18. IX. Pylorus BU, 20° 38 22 57 || 19. IX. Cardia = — 0 19 19, IX. Pylorus ” E= 10 19 61 | 20. IX. Cardia % — 2 17 | 20. IX. Pylorus = 1h 7’ 11 17 1) Barbera, |. c. 186 P. Hecht: Aus der Tabelle III ergibt sich wieder ein in die Augen springender Unterschied: deutliche Reaktion des Cardiapräparates beim SM.- Präparat, geringer Ausschlag beim M.-Präparat, und gerade umgekehrte Wirkung beim Pyloruspräparat. Um aber eine genauere Nachprüfung dieser Resultate zu ermög- lichen, ging ich zum schnellen Kymographion über und konnte so die verschiedenen Werte: Latenz, Zuckungsdauer und größte Zuckungs- höhe genauer in ihrer Abhängigkeit von Reizstärke und Reizdauer für die vier verschiedenen Präparate feststellen. Wie schon aus Tabelle III, so ergibt sich auch aus dieser Zusammen- stellung (Tabelle IV und V) ein deutlicher Unterschied. Bei ungefähr gleicher Reizstärke verhielt sich Kardia- und Pylorusteil im großen ganzen wieder gerade umgekehrt in der Reizwirkung, je nachdem es sich um das S.-M.- oder M.-Präparat handelte. Hierfür mögen die Ab- bildungen 3 und 4 als Belege dienen. Die Latenzzeiten stimmen üb- rigens mit den von Winkler!) angegebenen Zahlen überein. Tabelle IV. Elektrische Erregbarkeit der Magenpräparate mit Schleimhaut. (S.-M.-Präp.) ° Rollen- Größte, ö a Datum Magenregion abstand Latenz en Temperatur { 1919 in cm in Sek. in mm -in °C 27 8. IX. | Kardiateil 5 2 15 23 30 eh 15 Pylorusteil 5 0,5 3 23 34 10. IX. Kardiateil 5 2 57 23 34 10. IX. Pylorusteil 0 2 2 23 37 11. IX. Kardiateil 0 21 25 22 = 37 11. IX. | Pylorusteil 5 15 2 22 48 I7k 18 Pylorusteil 0 15 | 28) 21 49 18. XI. | Pylorusteil 0 2 16 21 Tabelle V. Elektrische Erregbarkeit der Magenpräparate ohne Schleimhaut. (M.-Präp.) Rollen- Größte | Das Datum Magenregion abstand Latenz Zuckungshöhe . Temperatur 5 1919 in cm in Sek. in mm in °C 44 16. IX. Kardiateil 0 2 6 21 44 | 16. IX. | Pylorusteil 5 2 70 21 45 16. IX. Kardiateil 0 1,5 120 ß zall 45 16. IX. Pylorusteil 5 1A; 240 21 47 17. BE Kardiateil 0 2,5 70 21 48 18. IX. Pylorusteil 0 1,5 180 21 Zum weiteren Vergleich wurden nun noch einige Reizversuche am Funduspräparat mit erhaltener und mit abpräparierter Schleimhaut 1) Winkler, Ein Beitrag zur Physiologie der glatten Muskeln. Arch. f. d. ges. Physiol. 71. 1898. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 187 nach der oben angegebenen Methode ausgeführt. Dabei zeigte sich, daß die Mehrzahl der Funduspräparate sich wie schon hinsichtlich der Automatie so auch hier wie der Kardiaabschnitt verhielt (Tabelle VI, Versuche 50, 51, 58), während jedoch andere der Reaktionsweise des Pylorusteils folgten. (Tabelle VI, Versuche 54, 56.) spontan. A] il Li VERS EET IA ER EP NET PS Frey Abb. 3. Elektrische Erregbarkeit beim Cardiapräparat (C) und Pyloruspräparat (?) mit Schleim- haut (C.-S.-M.- und P.-S.-M.-Präparat), bei C>P; oben eine spontane Kontraktion von C. — Verkleinerung auf ?/, Originalgröße. Abb. 4. Elektrische Erregbarkeit bei Cardiapräparat (C) und Pyloruspräparat (P) ohne Schleim- haut (C.-M.- und P.-M.-Präparat); bei P> bei ©. — Verkleinerung auf °/, Originalgröße. Die Abgrenzung des Funduspräparates nach oben und unten war offenbar unwillkürlich doch eine mehr oder minder ungenaue, wenn auch vor allem bei den letzten Versuchen darauf geachtet wurde, nichts von dem zur Pars pylorica, die nach Gaupp!) das caudale Viertel des Froschmagens umfaßt, gehörigen Vestibulum pyl. miteinzubeziehen, da hier auch ein Farbenunterschied der beiden oberen Abschnitte gegenüber der Pyloruspartie auftritt. 1) Gaupp- Ecker, Anatomie des Frosches. 188 P. Hecht: Tabelle VI. Elektrische Erregbarkeit des Funduspräparates mit und ohne Schleimhaut. Nr. des Datum "Präparat Bollenäbstand Latenz Zuekungshöhs Zimmerteup: Vers. 1919 in cm in Sek. in mm Iinwelcee 50 18. IX. S.-M. 0 1,5 26 328 50 18. IX. M. 0 1 16 22 51 18. IX. S.-M. 0 1 24 $ 21 51 18. IX. M. 0 2 9 21 58 20. IX. S.-M. 0 2 10 17. 58 20. IX. M. 0° 3 5 17 54 19. IX. S.-M. 0 3 4 19 54 19. IX. M. 0 1 12 19 56 19. IX. S.-M. 0 1 23. 19 56 19. IX. M.... (0) 1,5 34 19 3. Automatie und Nervensystem. Es ergibt sich somit ein wesentlich anderes Verhalten in der spon- tanen Automatie und in der Reaktion auf elektrische Reize, je nachdem es sich um Präparate mit oder um solche ohne Schleimhaut handelt. Gewisse Unterschiede sind ja für den mittleren Magenteil auch schon in anderen Arbeiten erwähnt. Kautzsch!) erwähnt die Unterschiede der Reaktion: a) auf elektrische Reizung (Morgen), b) in der Sop: Spontanrhythmik, c) auf thermischen Reiz. Den Unterschied in a) hatte ich schon oben kurz berührt, den in b) fand wie Morgen, so auch Kautzsch. Jener hatte ein nahezu voll- ständiges Sistieren der spontanen Automatie beim Muscularispräparat gefunden, während dieser in 16%, seiner Fälle wenigstens „schwache Kontraktionen von nur kurzer Dauer‘ beim Muskelring beobachtet hatte. Dies entspricht ganz meinen Befunden am Kardia- und Fundus- teile. Was die Reaktion auf thermische Reize betrifft, so fand er auch hier ein typisches Verhalten, je nachdem es sich um Schleimhaut oder reinen Muskelring handelt. Er schließt aus dem Typus des Kurven- ablaufs, daß die thermische Reizung der in der Mucosa bzw. Submucosa liegenden nervösen Zentren eine Hemmung auslöst im Sinne einer „Herabsetzung des Spannungstonus“. Bevor eine Deutung des verschiedenen Verhaltens der einzelnen Magenabschnitte in diesem oder jenem Sinne möglich ist, erscheint es angebracht, über die Verteilung der nervösen Apparate des Magens hier kurz zu referieren. Eine genaue Darstellung findet sich neben der Beschreibung bei Gaupp?) in der Arbeit von R. Müller®) über die „Nervenversorgung des Magendarmkanals beim Frosch durch Nerven- 1) Kautzsch, I. e. N ?) Gaupp-Ecker, l.c. 3) R. Müller, Über die Versorgung des Magendarmkanals beim Frosch durch Nervennetze. Arch. f. d. ges. Physiol. 123. 1908. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 189 netze““. Im Gegensatz zu Gonjaew!), der die Stränge des subserösen Plexus nur in der Nähe der Anheftungsstelle des Mesenteriums ge- funden hat, fand R. Müller auch eine Ausdehnung dieses Geflechts am ganzen Magen, und sieht in ihm nicht nur ein Übergangsgebilde zum Auerbachschen Plexus, sondern ebenfalls ein solches von morpho- logischer Selbständigkeit. Im Anschluß an den „unmittelbar der Ring- muskulatur aufliegenden“ Plexus Auerbach beschreibt er ein von ihm in die zirkuläre Muskulatur ausgehendes Bündel feiner Nerven- fäden und sieht in ihm, im Anschluß an P. Schultz’ Vermutungen, auch möglicherweise den sensiblen Nervenapparat der Muscularis im Gegensatz zur motorischen Funktion des Auerbachschen Plexus. Er hebt aber hervor, daß morphologisch eine scharfe Trennung beider Formationen nach seinen Befunden nicht möglich ist. Auf die Ring- muskelschicht — die spärlichen longitudinalen Faserzüge sind bedeu- tungslos — folgt die kräftige Tunica submucosa; in ihrer Grenzschicht gegen die Muscularis mucosa liegt in mehr flächenhafter Anordnung der Meissnersche Plexus, und mit ihm tritt ein Teil der vom Plexus Auerbach ausgehenden Bündel von Nervenfasern in Kontakt. Bei Abtrennung der Schleimhaut von der Ringmuskulatur wird demnach der Meissnersche Plexus sicher mitentfernt. Zusammenfassend betont RB. Müller, daß von der Serosa bis zur Mucosa sich nervöse Elemente finden und keine Wandschicht des Magens davon freibleibe. Im An- schluß an Bethes Definition der Nervennetze stellt er den Satz auf: „Das Nervensystem der Wandung des Magendarmkanals des Frosches ist ein Nervennetz von morphologischer (und funktioneller) Differen- zierung seiner verschiedenen Schichten.‘‘“ Auf die Bedeutung der von außen an den Magen herantretenden Nerven einzugehen, erübrigt sich, da ihre Funktion hinlänglich durchforscht ist [Steinach?), Dixon?), Hopf*)], und da ich ja meine Versuche am ex situ entfernten Organ vorgenommen habe. Eine Mitteilung über ein differenziertes Verhalten der Endaufteilungen der Nerven in den verschiedenen Abschnitten des Magens fand ich nicht. Somit’scheint ein Unterschied in der Verteilung der anne in den Schichten der Magenwand je nach den einzelnen Magenpartien (Pars cardiaca, Corpus, Pars pylorica) nicht vorhanden zu sein. Die Funktion der in den verschiedenen Schichten gelegenen nervösen Apparate scheint aber nach meinen Befunden einem Wechsel zu unter- liegen. Entsprechend den Befunden von. Morgen und Kautzsch fand auch ich im Kardia- und Fundusabschnitt (s. auch Abb. 1 und 2) 1) Gonjaew, Arch. f. mikr. Anat. 11. 1875. 2) Steinach, |. c. 3) Dixon, The innervation of the Frog’s stomach. Journ. of ED 28. 1902. ay Hopf,.l c. 190 P. Hecht: ) ein Überwiegen des Schleimhautanteils an der Auslösung der spon- tanen Automatie, wie auch meinerseits noch in der Reaktion auf elek- trische faradische Reizung. Der in der Schleimhaut gelegene Plexus Meissner scheint hier das automatische Zentrum darzustellen. Und nun zeigt sich am Pylorusabschnitt, dessen Beobachtung in den früheren Arbeiten zum Teil unterlassen war, gerade das entgegengesetzte Ver- halten. Hier scheinen die in der Schleimhaut gelegenen nervösen Ge- bilde vielmehr eine hemmende Wirkung zu entfalten; denn hier fehlt am intakten Präparat in den meisten Fällen die Automatie (s. S. 183), und die Reaktion auf elektrische Reize hat sich ebenfalls ins Gegenteil gewandelt. Dort erregende Faktoren, und hier nun eine Hemmung durch die in der Schleimhaut bzw. Submucosa befindlichen nervösen Gebilde. Nach deren Entfernung aber tritt die Automatie ungehemmt wieder hervor, die im Pylorusteil offenbar im Auerbachschen Plexus ihr Zentrum hat. Diese Ergebnisse erinnern an Magnust), Versuche über die Beziehungen des Darmnervensystems zu den automatischen Darmbewegungen, die am Katzendarm ein Weiterbestehen der auto- matischen Darmbewegungen ergaben, sofern nur Muskulatur und Auerbachscher Plexus im Zusammenhang miteinander blieben, und Botazzi?) führt an, daß nach Entfernung der Schleimhaut die Kon- traktionen kräftiger und häufiger würden. Allgemein liegt in meinen Versuchen wohl ein neuer Beweis für die funktionelle Verschiedenheit der beiden Abschnitte des Magens, des kardialen und des pylorischen in motorischer Beziehung, wie sie unlängst von Aschoff?®) auch für den überlebenden menschlichen Magen betont wurde. Daß die Pyloruspartie sowohl anatomisch wie auch funktionell einen Abschnitt für sich darstellt, das haben ja verschiedene Arbeiten bei Kalt- und Warmblütern erwiesen [Kirschner und Mangold®), May]. Bei höheren Tieren zeigt sich, daß Antrum pylori und Pylorus ihr eigenes nervöses Zentrum haben, ihre eigene spontane Automatie und ihren eigenen funktionellen Mechanismus. Für die normale Koordination des Erregungsablaufs in der Magen- muskulatur drängt sich hier ein Vergleich mit dem Herzen auf. Schon Goltz5) spricht bei seinen Versuchen in Parallele zu den Zuständen am Herzen von systolischen und diastolischen Füllungszuständen des Magens. Kann man nicht auch hier von einem System der Reizbildung 1) Magnus, |.c. 2) Botazzi, Zwei Beiträge zur Physiologie der glatten Muskulatur. Arch. f. d. ges. Physiol. 113. 1906. 3) Aschoff, Über den Engpaß des Magens. Jena 1918, G. Fischer. 4) Kirschner und Mangold, Die motorische Funktion des Sphincter plyori und das Antrum pylori beim Hund nach der queren Durchtrennung des Magens. Mitt. a..d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. 23, 3. Heft. 1911. 5) Hopf, I. c. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 191 und Erregungsleitung sprechen? Normal haben wir bei den auto- matischen Bewegungen ein Ursprungszentrum wohl an der Kardia an- zunehmen, von dem aus die Erregung weiter distalwärts fortgeleitet wird. Das zeigen die Beobachtungen in situ, das zeigt der Ablauf der spontanen Automatie am herausgenommenen Organ und die Reaktion des ganzen Magens auf elektrische Reize. Aber gibt es hier nicht wie im Herzen ebenfalls Störungen der Erregungsleitung und Koordination ? Kommen hier nicht ebenfalls Dissoziationen vor, bei denen durch ab- norme Reize vielleicht ein weiter unten gelegenes sekundäres Zentrum das Übergewicht erhält und den Ablauf der normalen Bewegungen zu stören vermag? Hopfs!) Beobachtungen über eine Antiperistaltik, die ja auch ich bestätigen konnte, und Barberas Reizversuche sprechen ja auch dafür. In welchen Nervenbahnen. verläuft diese Erregungs- leitung, in der Magenwand selbst? Darüber finden sich noch keine Angaben. Und Mangolds?) Bemerkung, daß die genaue Kenntnis von der Verteilung der als Zentren der automatischen Bewegungen des Magens anzusehenden Ganglien und Nervenplexus in den einzelnen Teilen der Magenwand noch außerordentlich dürftig sei, besteht auch heute _ noch zu Recht. Immerhin haben meine Versuche gezeigt, daß die die Automatie beeinflussenden Zentren am Froschmagen einen anderen Sitz haben müssen, je nachdem es sich einerseits um Kardia- und Fundus- abschnitt, andererseits um die Pyloruspartie handelt. In den proximalen Teilen scheint der in der Schleimhaut gelegene Nervenplexus, Plexus Meissner, eine mehr erregende Wirkung zu entfalten, die denin derMus- ceularis gelegenen Nervengebilden noch nicht zukommt. Im Gegensatz dazu scheint der Pylorusabschnitt, der eigentliche ‚motorische Apparat‘ des Magens, von der Schleimhaut hemmend, vielleicht regulatorisch be- einflußt zu werden, während seine Automatie von dem in der Muscularis gelegenen Nervenplexus, wie am Darm, so auch hier vom Plexus Auerbach ausgelöst wird. B. Totenstarre. So zahlreich die Untersuchungen über die Muskeistarre im allgemeinen und über den Vorgang der Totenstarre im besonderen bei der querge- streiften Muskulatur sind, so groß sind hier zum Teil noch die Lücken bei der glatten Muskulatur. Tatsächlich läßt sich auch am glattmuske- ligen Organe, so in unseren Versuchen am Präparate aus der Magenwand, eine in den ersten Stunden post mortem spontan einsetzende und lang- sam ansteigende Verkürzung registrieren, die zu einem meist viele Stun- den lang bestehenden und sich danach spontan wieder lösenden Kon- traktionszustande führt, der sich von den Tonusschwankungen des über- lebenden Glattmuskelpräparates durch sein nur einmaliges Auftreten 1) Hopf, l.c. ®2) Mangold, ].c. 192 nl FPrHecht: und seinen langsamen Ablauf unterscheidet und entsprechend der mit den Erfahrungen an der Skelett- und Herzmuskulatur übereinstimmen den Art und den zeitlichen Verhältnissen seines Verlaufs nur als Toten- starre gedeutet werden kann. Schon Fuchs!) betont, daß neben dem Herzen auch die glatte Muskulatur zu weiterem genauen Vergleich heran- gezogen werden müsse. Auch für die Angaben, daß der Eintritt der Toten- starre wie am Herzen, so auch an der glatten Muskulatur ein relativ früher ist [Meirowsky?) u. a.], fehlt anscheinend noch ein genügen- des Versuchsmaterial. Denn auch hier finden sich zahlreiche individuelle Schwankungen wie beim quergestreiften Muskel, für die eine sichere Er- klärung ebenfalls noch fehlt. Der Eintritt der Starre ist ja von den ver- schiedensten inneren und äußeren Faktoren abhängig, die zuvor statt- gehabte Tätigkeit des betreffenden Muskels, der dadurch bedingte Ge- halt an leicht aufspaltbaren Stoffen [Herzfeld und Klinger)], der Gehalt an Sauerstoff [Fleteher?) und Winterstein°)], die Beschleuni- gung in direkter Proportion zur Temperaturhöhe bei Kaltblütern [W.Baumann$)], die Belastungsspannung des Präparats, die nach an- fänglicher Dehnung zu erhöhter Starre führt, all das sind Faktoren, die be- rücksichtigt werden müssen. Aber dabei bleibt immer noch eine Variabi- lität im zeitlichen Ablauf und in der Stärke der Starrekontraktion, die wir noch nicht überblicken, wenn wir auch dem Wesen der Starrekon- traktion heute näher gekommen zu sein glauben. . Was nun die spontane Totenstarre des Magens angeht, so wird dieselbe oft in einschlägigen Arbeiten gar nicht erwähnt, und besonders ihr Vorkommen am Säugermagen, wie es noch kürzlich durch Versuche des Dr. Eckstein im Freiburger Institut an Meerschweinchen, Katze und Maus sichergestellt wurde, scheint noch kaum bekannt zu sein. Für den menschlichen Magen nimmt Aschoff”) auf Grund seiner Beob- achtungen an, daß die Totenstarre keine neuen Kontraktionszustände schafft, sondern nur bestehende erhält. ‘ Aber auch die Totenstarre des Froschmagens wird selbst von den Physiologen meist kaum berücksichtigt. So wird sie, um ein Beispiel anzu- 1) Fuchs, Vergleichende Untersuchungen über die Muskelstarre. Zeitschr. f. allg. Physiol. 4, 2.—3. Heft. 1904. 2) Meirowsky, Neue Untersuchungen über die Totenstarre quergestreifter und glatter Muskeln. Arch. f. d. ges. Physiol. 98. 1899. 3) Herzfeld und Klinger, Die Muskelkontraktion. Biochem. Zeitschr. 94. 1919. Chem. Studien zur Physiol. u. Pathol. %. 4) Fletcher, The relation of oxygen to the survival metabolism of muscle. Journ. of physiol. 28. 1902. 5) Winterstein, Über die physiologische Natur der Totenstarre des Muskels. Arch. f. d. ges. Physiol. 120. 1907. 6) W. Baumann, Untersuchungen über die Muskelstarre. Arch. f. d. ges. Physiol. Grützner Band 1917. ?) Aschoff, 1. ce. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 193 führen, in einer kürzlich erschienenen und im übrigen außerordent- lich eingehenden Arbeit von Fruböse!) gar nicht erwähnt, obwohl dabei die automatischen Kontraktionen bis zu 2 und 3 Tage lang beob- achtet und unter gewissen Einflüssen, z. B. bei KCl-Zusatz zur Nähr- lösung, in unregelmäßiger Weise Tonussteigerungen registriert wurden, bei denen immerhin wohl an zufällig einsetzende und mit der vorgenom- menen Änderung gar nicht zusammenhängende Kontraktionszustände infolge Totenstarre gedacht werden könnte. Daß auch in Salzlösung Totenstarre des Magenpräparats eintreten kann, möge Abb. 5 zeigen. Auch bei meinen Versuchen zeigte sich nun vielfach eine Ver- schiedenheit im Ablauf der Starre, selbst bei Präparaten desselben Tieres, sei es, daß ein Pyloruspräparat frühzeitig erstarrte, während das Kardiapräparat entweder gar keine Starrekontraktion zeigte, oder einem Abb.5. Cardiapräparat (C) und Pyloruspräparat (P) ohne Schleimhaut (C.-M.- und P.-M.-Präparat) in physiologischer NaCl-Lösung. — Verkleinerung auf !/, Originalgröße. sehr langsamen und verspäteten Eintritt der Starre, der mit dem frühen und um so kräftiger einsetzenden Verkürzungsprozeß des andern Präparates nicht zu vergleichen war. Daß hier mit großen, mehr oder minder leider unberechenbaren individuellen Schwankungen zu.rechnen ist, zeigt sich auch für Präparate vom Magenfundus in der Abb. 2, in deren mittlerer Kurve (M.-Präparat) die Starre gleich nach der pri- mären Dilatation 50° nach Versuchsbeginn, also 1? post mortem, einsetzt und zu beträchtlicher Verkürzung führt, während sie in der unteren Kurve (S.-M.-Präparat) nach vorübergehendem Aufhören der Automatie nur zu einem sehr geringen, wenn überhaupt als Toten- starre zu bezeichnenden Anstieg führt und schließlich in der oberen Kurve (ebenfalls S.-M.-Pıäparat) sich erst viel später, 11® nach Versuchs- beginn entwickelt. Der Zeitpunkt des Starreeintritts wechselte bei den einzelnen Präparaten von 10’ bis 16° post mortem und war bei einer größeren Zahl etwa 11/,% — 2® nach Versuchsbeginn erreicht. Der 1) A. Fruböse, Über den Einfluß des Natriums, Kalium- und Caleiumchlorids sowie verschiedener Zucker auf die Automatie der glatten Muskulatur des Frosch- magens. Zeitschr. f. Biol. 90, 433. 1919. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 13 194 P. Hecht: Zustand. der Starre dauerte bei einer großen Zahl von Präparaten über die Dauer des einzelnen Versuchs, also über 201/,® nach Versuchs- beginn hinaus noch weiter fort. Wo eine Lösung der Starre beobachtet wurde, erstreckte sie sich in den einzelnen Versuchen über einen Zeitraum von 21/,® — 32% nach Versuchsbeginn. Das Maximum der Starrekontraktion schwankte zwischen nur wenigen Millimetern und 33mm und war zu verschiedenen Zeiten nach Starreeintritt erreicht. Die Dauer des Anstiegs ist nach Rothbergers!) Versuchen am Herzen abhängig von der Intensität und dem Zeitpunkt des Starreeintritts; das scheint auch nach meinen Versuchen der Fall zu sein. Nach Lösung | der Starre beobachtete er mitunter einen nochmaligen außerordentlich langsamen Anstieg von nur wenigen Millimetern, den er auf die nun einsetzenden Fäulnisprozesse zurückführt. An einigen wenigen Kurven habe auch ich derartiges konstatieren können. Eine gewisse Gesetzmäßigkeit der Starrekurve ließ sich im ganzen nicht feststellen. Wenn auch mehrfach Kurven ganz ähnlichen Starreverlaufs vorhanden waren, so war doch, wie schon aus den Zahlenersichtlich, eine ausgeprägte Gleichförmigkeit der einzelnen Kurven nicht nachzuweisen. Daß die frühere Anschauung, daß die Starre die allerletzte Lebens- äußerung des vorhandenen Muskels darstelle, heute nicht mehr auf- rechterhalten werden kann, haben bereits verschiedene Beobachtungen, vorallem am quergestreiften Muskel, gezeigt, dieMangold?) gelegentlich seiner eigenen Versuche mit LLiteraturangaben zusammengestellthat. Auch meine elektrischen Reizversuche an Präparaten in der „feuchten Kammer“ zeigen nun, daß die elektrische Erregbarkeit während der Starre auch beim glatten Muskel durchausnoch erhalten bleibt, jain vereinzelten Fällen die Lösung der Starre ebenfalls noch überdauern kann, wenn die Reize auch dann meist nur noch schwache Wirkung auszulösen vermochten. Tabelle VII. Totenstarre und elektrische Erregbarkeit?). de] metm | ausenaren | Set, [Tepe un; | Bes aues- aumes 20 || 31. VIIL 19 | Kardiateil |S.-M. | 18h 23h 23h | 19 21 1. IX. 19 Pylorusteill - „ 140’ | 4 25h 20° 19 23 4. IX. 19 Kardiateil u 42° | 240’ 2h 40° | 22 43 15. IX. 19 Kardiateil M. 22° | 4h 30’ 68 22 43 15. IX. 19 Pylorusteil r 1 50° | 44 10° 18h 22 53 18. IX. 19 Pylorusteil 5 37° 11h 15h 19 61 20. IX. 19 Pylorusteil m 1h50’ | 4h 10° lsh . 17 1) Rothberger, Über die postmortalen Formveränderungen des Herzens. Arch. f. d. ges. Physiol. 99, 385. 1903. 2) Mangold, Über die postmortale Erregbarkeit quergestreifter Warmblüter- muskeln. Arch. f. d. ges. Physiol. 96, 498. 1903. %) Zeit in Stunden und Minuten nach Versuchsbeginn, also post mortem je 10” später. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 195 Tabelle VII und die Abb. 6, 7, 8, 9 zeigen das zeitliche Verhältnis von Eintritt und Lösung der Starre und noch vorhandener, an der Kurve nachweisbarer elektrischer Erregbarkeit. Und nicht nur die elektrische Erregbarkeit blieb während des Starre- ablaufs oft erhalten. In verschiedenen Versuchen konnte ich feststellen, daß die automatischen Bewegungen den Starreeintritt überdauerten oder mit Eintritt der Starrekontraktion wieder erschienen, um bis zur Lösung über den Höhepunkt der Kontraktion hinaus anzuhalten. Die Schilderung eines derartigen Versuchs (s. Abb. 6) soll das näher erläutern, pP KEDEERERe uangi Lu nn 288. 8h30V. 12hV. T.24° Ju halrayl IM" he Ir yln MylA Way, PrYanyn orhlanm ul 6h 40V. f Na Sr HIT, u x AT ER Abb. 6. Cardia- (C) und Pyloruspräparat (P) ohne Schleimhaut (C.-M.- und P.-M.-Präparat). — Gleichzeitiges Auftreten von Automatie und Totenstarre. — Verkleinerung auf ?/,, Originalgröße, Versuch Nr. 16. 27. VIII. 1919. Rana esculenta 9. Zimmertemperatur 20°. Dekapitiert 11 45°”. Zwei Magenpräparate nach der typischen Methode: Abprä- parieren der Schleimhaut: M.-Präp. Versuchsbeginn 12h. Kardiapräparat zeigt weder Automatie noch Starre (s. untere Kurve). Pyloruspräparat (s. obere Kurve): zu Beginn des Versuchs 35’ deutliche Automatie mit geringer Tonuszunahme, dann langsame stetige Tonusabnahme (analog den Versuchen Rothbergers am Herzen als primäre Dilatation zu bezeichnen). Dann 15h nach Versuchsbeginn Eintritt der Starrekontraktion, und damit setzen zugleich bzw. schon 2—3 Stunden vorher automatische Kontraktionen ein, die an Stärke der Einzelkontraktion bis zum Höhepunkt der Starrekontraktion weiter zunahmen. Diese dauert von 24—28h nach Versuchsbeginn. Während dieser Zeit bestehen auch die automatischen Kon- traktionen unverändert fort, um dann auf dem absteigenden Schenkel bis zur Lö- sung der Starre, 32h nach Beginn des Versuchs wieder geringer und geringer zu werden, und dann endlich wieder im Augenblick, in dem die Kurve die alte Hori- zontale erreicht hat, zu sistieren. Die Kurve zeigte dann in den nächsten 12h noch ein geringes Absinken (Rothbergers sekundäre Dilation). Aus diesem Versuch ergibt sich demnach das Auftreten einer über die ganze Dauer der Starre sich er- streckenden Automatie, die ohne jeglichen äußeren Reiz (Präparat war zu Beginn in der „feuchten Kammer‘ suspendiert, und darin über die ganze Dauer des 13* 196 P. Hecht: Versuchs belassen worden) nach einer Pause von über 12h wieder spontan eingesetzt hatte. Ein ähnlicher Versuch, bei dem neben der in der Starre beobachteten Auto- matie elektrische Reizungen hinzutreten, muß hier jedenfalls näher beschrieben werden (s. Abb. 7). Versuch Nr. 43. 15. IX. 1919. FRan esculenta ©. Zimmertemperatur 22°. Dekapitiert 4h. Zwei Präparate ohne Schleimhaut. Versuchsbeginn 4h 10°. — Kar- diapräparat: Keine Automatie, frühzeitiger Eintritt einer geringen Starre nach etwa 1/,h, dabei noch ganz geringe elektrische Erregbarkeit bis 6R nach Versuchsbeginn. Pyloruspräparat: Sofort einsetzende, kräftige Automatie Nach 11/,h erste elektrische Reizung von nur wenigen Sekunden; deutliche Summation des elek- trischen Reizes zu den automatischen. Hiernach bei geringer Tonusabnahme Kleinerwerden der Einzelkontraktionen, die als solche gerade noch erkennbar blei- ben, um dann mit dem 1?/,b nach Versuchsbeginn eintretenden Starreanstieg wieder an Stärke zuzunehmen. Eine im aufsteigenden Schenkel nach 3'/,b erfolgende Rei- zung ergibt deutliche Wirkung; auch noch nach 6h auf dem Höhepunkt der Starre deutliche Reaktion. Es zeigt sich wieder ausgeprägte Summation des elektrischen 5h35' 7h49 x | DR EN a ee | | | | er, u Minen firat en p| x gan = 10h x 4h70' 4h10' Sh15' 35' x x x Abb. 7. Pylorus- (P) und Cardiapräparat (C) ohne Schleimhaut (P.-M.- und C.-M.-Präparat). — Automatie, elektrische Reizungen (x), und Totenstarre bei P. — Verkleinerung auf ?/, Originalgröße. Reizes zu dem automatischen. Nachdem die Starre ihren Höhepunkt überschritten hat, nehmen die automatischen Kontraktionen rasch an Höhe ab, um dann etwa mit Lösung der Starre aufzuhören. Die elektrische Erregbarkeit blieb noch einige Stunden länger, wenn auch nur bei ganz geringen Reizausschlägen erhalten. 18h nach Versuchsbeginn wurde der letzte, positive Ausschlag registriert. In anderen Fällen ist auch ein Fortbestehen der automatischen Bewegungen von Anfang an und auch während des Starrenanstiegs zu beobachten. Doch nahm die Höhe der Einzelkontraktion in dem in Abb. 8 wiedergegebenen Versuche (Kardiapräparat mit Schleimhaut) merklich ab, um dann aber mit der Annäherung an den Höhe- punkt der Starre sogar wieder zuzunehmen. In einem Versuche (Abb. 9), in dem das C.M.-Präparat außer einer sofort einsetzenden Contractur keine Veränderungen aufwies, nahm die während der primären Dilation außerordentlich gestiegene Kontraktionshöhe unmittelbar vor dem nach 6h steil einsetzenden Starre- beginn soweit ab, daß die automatischen Bewegungen sich nur schwach über der dadurch treppenförmig werdenden Kurve des Starreanstiegs superponierten. Doch blieben sie während der 8!/;t nach Versuchsbeginn einsetzenden Starrelösung 16h lang bis fast zu deren Vollendung noch deutlich registrierbar erhalten. Die hier angeführten Versuche zeigen, daß der Starreeintritt die Erregbarkeit des Glattmuskelpräparates nicht zu lähmen braucht. Denn die postmortale Erregbarkeit, in Form der automatischen rhyth- Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 197 mischen Kontraktionen, tritt sogar unter Umständen gerade während der Starre wieder deutlich in Erscheinung, und die elektrische Erregbar- keit scheint durch die Starre zu erst nur soweit direkt beeinflußt zu wer- den, daß die Höhe der Einzelkontraktion durch die allge- meine Tonuszunahme vermindert wird. Das Aufhören der Er- regbarkeit hängt dann erst mit den weiteren während und nach Lösung der Starre einsetzenden Absterbeerscheinungen zusammen und noch nieht mit dem Vorgang der Starreentwicklung. Die Starre stellte auch nicht die letzte maximale Verkürzung des absterbenden Muskels dar, denn sonst wäre es nichtmöglich, daß während der Starre. und zwar während des Höhepunktes derselben noch automatische oder durch elektrischen Reiz hervorgerufene Kontraktionen superponiert vorkämen. Am Herzen beobachtete Rothberger!) schon ähnlichen Kurvenablauf bei der Totenstarre; er fand ebenfalls in mehreren Fällen „sekundäre“ Kontraktionen während des Ablaufs der Starre, die aber seiner Anschauung nach nicht als Teilerscheinung der Starrekurve des betreffenden Herzteils anzusehen ist, sondern als noch fortgeleitete Pulsationen des zuletzt absterbenden rechten Herzohrs. Auf die Deu- tung ist unlängst Dr. Eckstein?) in seiner Arbeit über die Totenstarre des Herzens auf Grund neuer Beobachtungen ausführlich eingegangen. Im Gegensatz zu den Versuchen am Herzen handelt es sich hier aber nicht um ein Präparat von verschiedenen Muskelabschnitten, wie Vorhof und Kammer beim Herzen, sondern der Pylorusabschnitt des Froschmagens darf wohl als einheitliches Muskelindividuum aufgefaßt werden. Und hier ergeben sich nun an ein- und demselben Muskelindividuum Automatie und Starre zu gleicher Zeit. Die Kardinalfrage, die hier im Mittelpunkt steht, wie sie auch in der Deutung der früheren Versuche am quergestreiften Muskel (Man- gold, Fleteher, Winterstein) eine Hauptrolle spielt, ist die Frage, ob ein Teil der Muskelfasern überhaupt nicht in Starre eintritt. Und Frey?) vertritt beim quergestreiften Muskel die Anschauung, daß ‚‚es denkbar wäre, daß ein Teil der Fasern, und vielleicht gerade die ober- flächlichen, der Totenstarre überhaupt entgehen und noch Reizbarkeit zeigen zu einer Zeit, zu der die übrigen bereits aus der Starre heraus- getreten sind“. Dieser Ansicht entsprechend wäre es auch bei meinen Versuchen denkbar, daß nur ein Teil der Fasern in Starre eingetreten war. Dieser Starreeintritt bestimmter Elemente hätte dann als Reiz auf die davon nicht betroffenen Fasern wirken müssen, die dadurch wieder zu auto- 1) Rothberger, l. c. 2) Eckstein, Die Totenstarre des Herzens. Arch. f. d. ges. Physiol. 181, 183. 1920. 3) Frey, Allgemeine Physiologie der quergestreiften Muskeln. Nagels Hand- buch Bd. 4. 198 / P. Hecht: matischen rhythmischen Kontraktionen angeregt wurden. Dagegen scheint wieder der ganze Ablauf dieser automatischen Kontraktionen zu sprechen, die synchron mit der ganzen Starreentwicklung ein An- schwellen und Abfallen in Stärke und Rhythmus zeigen, so als ob Auto- matie und Starre an denselben Elementen durch analoge Prozesse _ ausgelöst würden. Nach den Beobachtungen Fletchers!) und Wintersteins?) kann nun genügende Sauerstoffzufuhr den Eintritt der Starre überhaupt verhindern, oder wenn eine solche eingetreten, ihren Ablauf hemmen. Ein gewisser Gehalt von Sauerstoff ist ja in der „feuchten Kammer“ und damit auch in einem derartigen Muskelpräparat zweifellos vor- handen. Und damit bestünde die Möglichkeit, daß der ganze Muskel wohl in einen Zustand der Starre eintrete, diese aber nur eine partielle würde, deren Grad abhängig ist von dem gerade vorhandenen Gehalt des betreffenden Präparats an Sauerstoff. Hört die Starre auf, dann wird auch infolge der Umsetzungsprozesse innerhalb des Muskels der Gehalt an Sauerstoff derartig vermindert sein, daß ein Weiterfort- bestehen der automatischen Bewegungen nicht mehr möglich ist, wenn vielleicht auch noch äußere Reize, elektrische, chemische, eine geringe Wirkung zu entfalten vermögen, bis die Absterbeerscheinungen einen noch stärkeren Grad erreicht haben. Was hier am Glattmuskelpräparat denkbar ist, ließe sich in analoger Weise auch am Herzen erklären. Und Rothbergers sekundäre Erhebungen könnten wohl auch auf solch partielle Starre verbunden mit noch nuyanmEsEhER Automatie desselben Herzens beruhen. ‚Eine eigenartige Form der Kurve — im aufsteigenden Schenkel der Starrekontraktion — wurde an mehreren Präparaten, besonders bei. relativ frühzeitigem Eintritt der Starre beobachtet. Dabei findet sich mehrfach ein treppenförmiger Anstieg, wie ihn in ähnlicher Weise Frey?) beim quergestreiften Muskel erwähnt. Er weist darauf hin, daß eine Deutung dieses ‚„Anstiegs in Stufen“ bis jetzt noch nicht ge- geben ist. Wenn ich nun de Kurvenform mit einer solchen ‚vergleiche, bei der noch Automatie während des Starreablaufs bestand, so hat es den Anschein, als ob wohl noch der Anstieg einer superponierten auto- matischen Kontraktion erfolgt wäre, während die Wiederausdehnung infolge der zunehmenden allgemeinen Starre nicht mehr stattfinden konnte. Eckstein hat diese Erscheinung in seiner Arbeit über die Totenstarre des Herzens eingehender diskutiert. So kommt denn die Form eines stufenförmigen Anstiegs zustande (s. Abb. 8 und 9). 1) Fletcher, 1. c. 2) Winterstein, |. c. ) May, Ike, Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 199 Demnach würde es sich dann um einen durch die allgemeine Starre bedingten Kontraktionsrückstand einzelner automatischer Kontrak- tionen handeln. Ob dies in ähnlicher Weise auch für den quergestreiften Muskel gilt, oder ob hier wie dort in derartigen Fällen einzelne Faser- züge nacheinander in Starre eintreten und dadurch diese Form zu- stande bringen, sei dahingestellt. T.24° 1h45' x 12h25' FRTRRPRCT EG LEUTEN EN | f fi Mi U jpg L ni, _ „P Abb. 8. Cardiapräparat mit Schleimhaut (C.-S-.M.-Präparat). Automatie während der Dilatätion und während der Starre bis zum Beginn der Lösung. — Verkleinerung auf !/, Originalgröße h ü Te Totenstarre shao',— = Wan Abb. 9. Cardia- (C) und Pyloruspräparat (P) ohne Schleimhaut (C.-M.- und P.-M.-Präparat). — Automatie und Totenstarre bei P. Untere Kurve Fortsetzung der oberen. — Verkleinerung auf !/, Originalgröße. Wie sehr äußere Einflüsse auf den frühzeitigen oder späteren Ein- tritt der Starre einwirken können, ist schon weiter oben erwähnt. Jedenfalls besteht offenbar von einem bestimmten Zeitpunkt ab eine Starrebereitschaft [Mangold!)], und ist von diesem Zeitpunkt an 1) Mangold, Über Automatie, Erregbarkeit und Totenstarre in verschiedenen Teilen des Froschmagens. Freiburger Med. Ges. 20. I. 1920. Dtsch. med. Wochen- schrift 1920. Nr. 16. 200 P. Hecht: eine Auslösung des Starreeintritts durch äußere Momente möglich. Dies ergibt sich aus dem Verlauf der Kurven, da es bei einigen Ver- suchen gelang, durch elektrische Reizung den Eintritt der Starre überhaupt erst auszulösen, oder wo ein solcher im Gange war, denselben zu beschleunigen. Folgender Versuch diene als Beispiel (Abb. 10): 30.8.19. 2755". 3# 31.819 Ä ahrg'V. 7oh4o:...: 10#30' 11h15' 12h10' 7h10' x x x Abb. 10. Cardiapräparat (C) mit Schleimhaut (C.-S.-M.-Präparat). Automatie, elektrische Rei- zungen (x) und Totenstarre. — Verkleinerung auf ?/;, Originalgröße. Versuch Nr. 20. 30. VIII. 1919. Rana esculenta ©. Zimmertemperatur 19°, Dekapitiert 2h 45”. Versuchsbeginn 2h 55’. Zwei Magenpräparate mit Schleimhaut nach der typischen Methode: Phyloruspräparat zeigt keine Automatie, keine Starre, nur geringe Reaktion auf faradische Reizung während 41/,h, Kardiapräparat: Automatische Kontraktionen während Ih 40°’ unter geringer Tonusabnahme bis zum Übergang in die Horizontale. Zwei elektrische Reizungen nach 2h 20° und 4h 20° geben deutlichen Ausschlag mit Kontraktionsrückstand von längerer Dauer, der sich jedoch wieder durch völliges Absinken des Hebels ausgleicht. 191/,R nach Versuchsbeginn (9h 10’ v. 31. VIIL. 1919) elektrische Rei- zung: deutlicher Ausschlag; nach geringem Absinken etwa bis zur halben Höhe des Kontraktionsausschlags langsames, stetiges Ansteigen der Kurve, das durch noch- malige Reizungen nach 1 Stunde und weiteren 40’ noch gesteigert wird, während dann weitere Reizungen (10h 50°, 12h 10’—1h 10’) keine weitere Steigerung der Starre bei im übrigen positivem, wenn auch noch geringen Reizausschlag (bis 236 nach Versuchsbeginn) hervorzurufen vermögen. Dieser Starrebeginn auf Reiz führt, wieMangold (l.c.) bereits hervorgehoben hat, zu der Deutung, daß hier eine Starrebereitschaft bestand, die ohne jenen äußeren Anlaß wohl gar nicht zur Starre geführt haben würde, die ja auch in anderen Fällen tatsächlich ausbleibt. Vielleicht wäre das Präparat noch spontan in die Starre eingetreten, offenbar haben aber die durch den elektrischen Reiz bedingten Stoffwechsel-. umsetzungen den Starreeintritt zum mindesten beschleunigt, wenn nicht über- haupt ausgelöst. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 201 Die gleiche Beeinflussung des Starreeintritts durch elektrische Reizung zeigt auch die Abb. 11 in der Kurve des C. M.-Präparates, und ebenso Abb. 12 in der Kurve des P. M.-Präparates. en2y,, Solana... 250. 4h25' sh30' 615" x x x Abb. 11. Pylorus- (P) und Cardiapräparat (C) ohne Schleimhaut (P.-M.- und C.-M.-Präparat). Elektrische Reizung und Starrebeginn beim C.-M.-Präparat. — Verkleinerung auf ?/, Originalgröße. Abb. 12. Oben: Cardia- (C) und Pyloruspräparat (P) mit Schleimhaut (C.-S.-M.- und P.-S.-M.- Präparat). — Unten: Cardia- (C) und Pyloruspräparat (P) ohne Schleimhaut (C.-M.- und P.-M.-Präparat). Elektrische Reizung und Starrebeginn beim P.-Präparat. — Verkleinerung auf ?/, Originalgröße. Über die modernen Theorien vom Wesen der Totenstarre finden sich genaue Literaturangaben vor allem bei Naumann!), der die ver- schiedenen Theorien bespricht und sich der ‚Quellungstheorie‘“, wie 1) Naumann, Untersuchungen über den Gang der Totenstarre. Arch. f. d. ges. Physiol. 169, 517. 1917. 202 P. Hecht: sie von Fürth und Lenk!) ausgebaut, und von Fürth?) neuerdings begründet wurde. anschließt. Die neuesten Arbeiten auf diesem Gebiet sind die von Herzfeld und Klinger?) die, bei ihren chemischen Studien über das Wesen der Muskelkontraktion überhaupt auch zu bestimmten. Schlüssen über das Wesen der Totenstarre gelangen. Im Gegensatz zu der alten Gerinnungstheorie sehen sie, wie einst früher, wenn auch von ganz anderen Überlegungen ausgehend, Nysten, in der Totenstarre nun wieder eine ‚regelrechte Kontraktion“. Im Anschluß an ihre Auffassung über die gewöhnliche Muskel- kontraktion als rasch erfolgender erhöhter Wasserbindung in den Fi- brillen infolge Bildung von Milchsäure und anderen niederen Fett- säuren, und ebenso raschem Verlust dieses erreichten Wassergehaltes infolge Abspaltung dieser ‚‚fibrillenaktiven‘ Säuren sehen sie auch die Totenstarre nach denselben chemischen Prozessen ablaufen. Nur findet hier nach Aussetzen der Blutzirkulation eine Verschiebung der Säurebildung und Säureverbrennung statt, im Sinne einer ver- mehrten Säurebildung und einer Abnahme des oxydativen Abbaus dieser Säuren infolge Zurückgehens des Sauerstoffgehalts. Dadurch kommt es dann zur typischen, dauernden Verkürzung, wie sie Berade «für die Totenstarre charakteristisch ist. Damit deckt sich ihre Anschauung, wie sie selbst hervorheben, mit der von Fürth früher geäußerten ‚‚Quellungstheorie“, nur.daß sie eben den Vorgang der Starre dabei als eine regelrechte Kontraktion wieder festgelegt haben. Im Gegensatz zu v. Fürth sehen sie dagegen in der Lösung der Starre keinen Gerinnungsvorgang, sondern nehmen allein ein Verschwinden der fibrillenaktiven Stoffe durch teilweise noch stattfindende Oxydation bzw. Neutralisation dieser Säuren an. Da- neben greifen dann noch andere autolytische Prozesse ein, wodurch ein weiterer Wasserentzug und andere Umsetzungen statthaben. Doch soll bei Lösung der Starre die Schädigung der fibrillären Elemente anfänglich nur geringeren Grades sein. Dafür spricht die noch vorhan- dene chemische Erregbarkeit und, auch nach meinen Versuchen, das Fortdauern der elektrischen Erregbarkeit über den Eintritt und unter Umständen auch noch über die Lösung der Starre hinaus. Daß dann die fortschreitende Autolyse diese durch weitere Schädigung bald auf- heben werde, nehmen sie ohne weiteres an. Meine Versuche haben nun erwiesen, daß neben der Dauerkontrak- tion in der Starre superponiert noch Einzelkontraktionen sehr wohl 1) Fürth und Lenk, Die Bedeutung von Quellungs- und Entquellungsvor- gängen für den Eintritt und die Lösung der Totenstarre. Biochem. Zeitschr. 33, 341. 1911. ?2) OÖ. von Fürth, Die Kolloidehemie des Muskels und ihre Beziehungen zu dem Problem der Kontraktion und der Starre. Ergebn. der Physiol. 17, 363. 1919. ®) Herzfeld und Klinger |. c. Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. ‚203 vorkommen können. Gerade von der Zeit des Starreeintritts an, viel- leicht durch die nun vermehrte Säurebildung als auslösender Reiz, kann neben der allgemeinen Dauerverkürzung, wohl bei Vorhandensein eines bestimmten Sauerstoffgehaltes, der Ablauf einer spontanen Auto- matie in Form der superponierten Einzelkontraktionen sehr gut noch möglich sein, wenn auch oft in vermindertem Maße als zuvor. In diesem Sinne sind auch die Kontraktionsrückstände automatischer Natur und durch elektrische Reizung beim Starreanstieg zu deuten, dafür spricht der durch elektrische Reize zu erzielende Starreeintritt im geeigneten Zeitpunkt. Und daß auch die elektrische Erregbarkeit über den Höhepunkt der Starre und selbst die Lösung der Starre hinaus anhalten kann, beweisen auch meine Versuche wieder. Wenn die Reize auch nur noch geringe Wirkung zu entfalten vermögen — infolge der zunehmenden Zersetzungsprozesse — , so hören sie doch erst bei weiterer Zunahme der Absterbeerscheinungen auf. Die Frage, ob ein in allen seinen contractilen Elementen völlig starrer Muskel noch erregbar sein kann, oder sogar nach Verlust seiner Erregbarkeit diese wieder erlangen kann, ist damit zwar noch nicht entschieden. Immerhin beweisen sie, ebenfalls wieder im Sinne Mangolds, daß die Starre eines Muskels die Erregbarkeit noch nicht ohne weiteres aufzuheben vermag, ja, daß die Erregbarkeit in der Starre sogar wieder zunehmen kann, wie das Wiederauftreten der Automatie zeigt. Zusammenfassung. 1. Die spontanen automatischen Bewegungen treten an sämtlichen Abschnitten des Froschmagens auf; nur findet sich ein Unterschied, je nachdem es sich einerseits um die Pars cardiaca oder den Fundus- abschnitt (Corpus), andererseits um die Pylorushälfte des Magens handelt. - 2. Nach Versuchen an derartigen Magenpräparaten mit Belassung bzw. Abtrennung der Schleimhaut (und Submucosa) überwiegt in den proximal gelegenen Abschnitten der Schleimhautanteil, wohl durch Vermittlung des Meissnerschen Plexus, bei der Auslösung der spon- tanen Automatie, während in dem Pylorusabschnitt das Automatie- zentrum in der Muscularis selbst, und hier wohl hauptsächlich in dem Plexus Auerbach gelegen ist. 3. Dabei ist nach den Versuchen am Pyloruspräparat mit und ohne Schleimhaut anzunehmen, daß die Pylorusgegend von den in der Schleimhaut gelegenen nervösen Gebilden hemmend, vielleicht regula- torisch, beeinflußt wird. 4. Dem Verhalten der Automatie entsprechen die Unterschiede in der Reaktion auf elektrische, faradische Reizung, je nach Kardiea- oder Pyloruspräparat mit oder ohne Schleimhaut. 204 P. Hecht: Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. 5. Die Totenstarre der glatten Muskulatur des Froschmagens ist keine maximale Kontraktion, denn es kommen superponiert noch auto- matische Kontraktionen vor. | 6. Die automatische wie auch die elektrische Erregbarkeit geht mit. dem Eintritt der Totenstarre nicht verloren. Die automatischen Kon- traktionen wie die registrierbare Contractilität auf elektrischen Reiz können während der Totenstarre bestehen bleiben, erstere auch aufs neue wieder eintreten und bis zur Vollendung der Starrelösung an- dauern. 7. Auch hiernach braucht also die Totenstarre nicht die letzte vitale Kontraktion zu sein. 8. In manchen Fällen besteht eine Starrebereitschaft und wird die Starreverkürzung erst durch elektrische Reizung hervorgerufen. Zum Schlusse bleibt mir noch die Pflicht, Herrn Geheimrat von Kries für die Überlassung eines Arbeitsplatzes im physiologischen Institut zu Freiburg, sowie Herrn Professor Mangold für die Anregung zu der Arbeit und die mir dabei gewährte Unterstützung ergebenen Dank zu sagen. Über den feineren Mechanismus der Totenstarre und die Erregbarkeit des totenstarren Muskels. Von Ernst Mangold. (Aus dem physiologischen Institut der Universität Freiburg i. B.) (Eingegangen am 6. März 1920.) Die vorhergehende Arbeit von Hecht!) über die Totenstarre an der glatten Muskulatur und die entsprechende von Eckstein?) über das Herz berühren ein Problem, das in der physiologischen Literatur noch kaum erwähnt und gewürdigt worden ist. Und doch scheint mir die Lösung der Frage, in welcher Weise sich die einzelnen contractilen Elemente im Muskel an der Entwicklung der Totenstarre beteiligen, nicht nur die Vorbedingung für eine klare Anschauung von dem feineren Mechanismus dieser physiologischen Erscheinung zu bilden, sondern auch eine Voraussetzung. für die Weiterarbeit der kolloid- chemischen Erforschung der Totenstarre und für die bisher keines- wegs im erwünschten Ausmaße angebahnte Zusammenarbeit der chemischen mit der physikalischen Physiologie auf diesem Gebiete. ‚Die nunmehr vorliegenden Ergebnisse gestatten aber wenigstens, zu näheren Vorstellungen von den Verkürzungsvorgängen im Muskel bei der Totenstarre zu gelangen und die in betracht kommenden Möglichkeiten soweit gegeneinander abzuwägen, daß eine Präzisierung der Fragestellung für die weiteren Untersuchungen ge- wonnen werden kann. Insbesondere lassen sich aus dem experimentell jetzt bis zu einem gewissen Grade geklärten Verhältnis zwischen Totenstarre und - Erregbarkeit des Muskels, wie mir scheint, nicht unwichtige Schlüsse auf die dabei beteiligten Verkürzungsvorgänge der contrac- tilen Elemente ziehen. Durch die Versuche von Hecht hat sich auch für die glatte Musku- latur bestätigt, daß die Totenstarre nicht die letzte vitale 1) P. Hecht, Automatie und Totenstarre am Magen des Frosches. Arch, f. d. ges. Physiol. 182. 1920. 2) A. Eckstein, Über die Totenstarre des Herzens. Arch. f. d. ges. Physio. 181, 183. 1920. Vorl. Mitt. i. d. Freiburger Med. Ges. Jan. 1920. Deutsche med. Wochenschr. 1920. 206 E. Mangold: Über den feineren Mechanismus der Totenstarre' Kontraktion zu sein braucht!), und daß ihr Eintritt und ihre Ent- wicklung die automatische oder elektrische Erregbarkeit selbst eines so kleinen Muskelindividuums, wie die von ihm verwandten Frosch- magenstreifen es waren, nicht aufhebt. Das gleiche konnte Eckstein für totenstarre Teile vom Herzen erweisen. Für die quergestreifte Skelettmuskulatur von Kalt- und Warmblütern hatte ich?) seinerzeit die Tatsache festgestellt, daß die elektrische Erregbarkeit in Na-Cl- Lösung den Eintritt und selbst die Lösung der Totenstarre überdauern, auch nach vorherigem Verschwinden wieder auftreten kann. Von der Frage, ob dabei die Erregbarkeit der betreffenden Muskeln auf der Mitwirkung solcher Fasern beruht, die sich selbst mehr oder minder in Starre befanden oder befunden hatten, oder auf solchen, die der sonst allgemeinen Totenstarre vielleicht entgangen waren, sah ich damals noch ab, da die Versuche aus äußeren Gründen ihren Abschluß fanden. Die Frage wurde dann von Winterstein®) angeschnitten, der zwar selbst darauf hinwies, daß wir noch kein Kriterium für die Vollständig- keit der Starre besitzen, aber doch meinen Versuchen gegenüber es für wahrscheinlich hielt, daß es sich um Muskelfasern gehandelt habe, die, ohne starr geworden zu sein, ihre Erregbarkeit infolge Mangels an Na.- Salzen verloren hatten und sie beim Einlegen in NaCl-lösung wieder gewannen. Auch v. Frey®) sprach im Anschluß an meine Versuche die Möglichkeit aus, daß ein Teil der Fasern eines Muskels, vielleicht gerade die oberflächlichen, der Erstarrung überhaupt entgehen und noch Reizbarkeit zeigen könne zu einer Zeit, in der die übrigen bereits wieder aus der Starre herausgetreten sind. Diese Deutungen waren durch die Versuche von Fletcher°) nahegelegt, der die schon seit Humboldt (1795), Liebig®) und Hermann’) bekannte, die Erregbarkeit ver- längernde Wirkung des Sauerstoffs untersuchte und dabei fand, daß Froschmuskeln in reinem O, überhaupt nicht, der Sartorius auch schon an der Luft meist nicht starr werden, wie es Winterstein®) dann auch für Säugermuskeln nachweisen konnte. 1) E. Mangold, Über Automatie, Erregbarkeit und Totenstarre in verschie- denen Teilen des Froschmagens. Freiburger Med. Ges. Jan. 1920. Deutsche med. Wochenschr. 1920. Nr. 16. 2) E. Mangold, Über die postmortale Erregbarkeit quergestreifter Warm- blütermuskeln. Arch f. d. ges. Physiol. 96, 498. 1903. Vorl. Mitt. im Zentralbl. f. Physiol. 16, 89. 1902. | ®2) Winterstein, H. Über die physiologische Natur der Totenstarre des Muskels. Arch. f. d. ges. Physiol. 120, 225. 1907. 4) v. Frey, Allgemeine Physiologie der quergestreiften Muskeln. Nagels Hand- buch d. Physiol. 4, 464. 1909. 5) Fletcher, The relation of oxygen to the survival metabolism of muscle. Journ. of physiol. 28, 474. 1902. 6) J. v. Liebig, Arch. f. Anat., Physiol. u. wiss. Med. 1850, S. 393. ”) Hermann, Untersuchung über den Stoffwechsel der Muskeln. Berlin 1867. Hirschwald. 8) Winterstein, |.c. und die Erregbarkeit des totenstarren Muskels. 207 Nach den Ergebnissen von Eckstein und Hecht, die an toten- starren Herzteilen, bzw. an kleinen totenstarren Magenstreifen gleich- zeitig noch automatische und elektrische Erregbarkeit registrieren konn- ten, erhebt sich aufs neue die Frage nach der Identität oder Nicht- Identität der erregbaren und der in Totenstarre befindlichen contrac- tilen Elemente. Zunächst beweisen die Beobachtungen, daß die Totenstarre an sich die automatische Reizbildung in der Magenwand wie im Herzen nicht ungünstig beeinflußt, und daß sie auch die Leistungsfähigkeit der Mus- kulatur anfangs nicht zu verringern braucht. Nach der gelegentlich zu beobachtenden Zunahme der Höhe der automatischen Kontraktionen _ während des Anstieges der Totenstarre ließe sich für solche Fälle sogar vielleicht auf eine durch diesen bedingte zeitweise Steigerung der Er- regbarkeit schließen, während es für die Synchronie der wieder ein- setzenden Automatie mit dem Beginn der Starre noch dahingestellt bleibt, ob etwa die zur Starre führenden chemischen Vorgänge als Reiz wirken, oder ob die wiederkehrende Automatie die Muskulatur im Zu- stand der Starrebereitschaft!) trifft und so auf die Entwicklung der Totenstarre einen auslösenden Einfluß übt. Jedenfalls drängen auch derartige, mehr vereinzelte Beobachtungen auf die Lösung der Frage nach der Beteiligung der Muskelelemente an den automatischen oder künstlichen Reizkontraktionen und an der Totenstarre hin, die sich auf dem Grundproblem aufbaut: Können die gleichen morphologischen und funktionel- len Einheiten eines Muskels (Muskelfasern, -zellen, -elemente, -fibrillen) sich gleichzeitig an der Totenstarreverkürzung und an automatischen oder auf elektrische Reizung hin erfolgenden Reizkontraktionen beteiligen? Am einfachsten wäre die Frage in negativem Sinne entschieden, wenn der Nachweis gelänge, daß ein Muskel auf der Höhe der Toten- starre niemals eine dieser superponierte Reizkontraktion ausführen könne. Nun zeigen aber die Herz- und Magenkurven gerade derartige Kontraktionen, und es entsteht die weitere Frage, ob sich diese erreg- baren Muskeln auf der Höhe der Totenstarre, d.h. in maximaler Starre, befanden oder nicht. In bejahendem Falle müßte zugegeben werden, daß totenstarre Muskelelemente zugleich doch nach Reizkontraktionen auszuführen imstande seien. Der Fall wäre aber nur zu bejahen, wenn man gleichzeitig annehmen oder nachweisen könnte, daß das Verkür- zungsmaximum einer Reizkontraktion höher liest als das der Toten- starre. Wird das Verkürzungsmaximum für beide dagegen gleich groß angenommen, so konnte die Starre in diesen Fällen keine maximale 1) Mangold, s. S. 206 Anm. 1 u. Deutsche Physiol. Ges. Hamburg. Mai 1920. 208 E. Mangold: Über den feineren Mechanismus der Totenstarre sein, und die superponierten Reizkontraktionen waren dadurch mög- lich, daß ein Teil der Muskelelemente nicht an der Starre beteiligt und daher noch erregbar war. Hier macht sich nun der Mangel unserer Kenntnis über das quanti- tative Verhältnis des Verkürzungsmaximums der Toten- starre zu dem der Reizkontraktion geltend. Auch auf diese Frage werfen aber die Versuche von Eckstein und Hechteiniges Licht. Am Herzen, bei dem ja das Alles-oder-Nichts-Gesetz einen gewissen Maßstab für die Vollkommenheit der postmortalen Reizkontraktionen gibt, zeigte es sich nämlich, daß die Totenstarre plus superponierte Kontraktion wohl niemals einen höheren Verkürzungsgrad erreichte, als die vor der Starre registrierte automatische oder auf künstlichen Reiz erfolgende maximale Kontraktion. Hiernach ergibt sich am ein- fachsten die Wahrscheinlichkeit, daß die Totenstarre keine maximale Verkürzung darstellte, und daß dieses Defizit an der maximalen Ver- kürzung durch die Nichtbeteiligung eines gewissen Teiles von contrac- tilen Elementen bedingt war, die anderseits noch erregbar und auf Reiz kontraktionsfähig waren. | Daß die Totenstarre keineswegs immer in allen Teilen eines musku-_ lösen O’gans gleichmäßig aufzutreten braucht, gilt nach Ecksteins Herzversuchen nicht nur für die verschiedenen Teile des Herzens (Vorhöfe, Kammern), sondern nach seinen Versuchen an Papillarmuskeln des Meerschweinchenherzens auch für benachbarte Faserbündel. Auch in den Froschmagenversuchen ergibt sich, soweit sich dies aus dem unter ziemlich gleichen Versuchsbedingungen gewonnenen Kurvenmaterial ersehen läßt, besonders am Pyloruspräparat mit und ohne Schleimhaut, eine völlige Übereinstimmung zwischen der’durch- schnittlich erreichten Kontraktionshöhe bei maximaler Reizung am frischen Präparat und der größten Starreverkürzung ; am Kardiapräparat ohne Schleimhaut war nur ein geringer Unterschied, am Kardiapräparat mit Schleimhaut dagegen ein beträchtliches Überwiegen der Reiz- kontraktionshöhe festzustellen. Freilich darf hierbei nicht außer acht gelassen werden, daß hier als Nullage, von der aus der Verkürzungs- grad gemessen wurde, nur der tiefste Punkt der dem Versuchsbeginne regelmäßig folgenden ‚primären Dilatation‘‘ genommen werden konnte und für diese wieder richt sicher zu beurteilen war, ob sie jedesmal den gleichen und einen maximalen Tonusfall erreichte. Überhaupt stellt sich derartigen quantitativen Versuchen an der glatten Muskulatur die veränderliche Tonus- und Ruhelage derselben entgegen, auf der sich jeweils die Reizkontraktionen oder auch die Totenstarre superponieren. Im Avschluß an das Gesagte ergeben sich nun für die Entwicklung der Totenstarre und für die Entstehung der ihr superponierten auto- matisch oder künstlich bedingten Reizkontraktionen theoretisch eine und die Erreebarkeit des totenstarren Muskels. 209 Anzahl von Möglichkeiten, die sich jeweils aus folgenden drei Fest- stellungen kombinieren: 1. Ist die Starre eine maximale, d.h. erreicht sie durch voll: ständigen Ablauf der ihr zugrunde liegenden kolloidehemischen Ver- änderungen den maximalen Verkürzungsgrad, oder ist sie eine sub- _ maximale, d.h. erreicht sie nicht den nach Maßgabe der kolloid- chemischen Veränderungsmöglichkeit größten, sondern nur einen ge- ringeren Verkürzungsgrad? In diesem Sinne hat Eckstein bereits von einer „unvollständigen“ Starre gesprochen. 2. Ist die Starre eine totale, d.h. sind alle contractilen Elemente des Muskelindividuums daran beteiligt, oder ist sie nur eine partielle, an der sich nur ein Teil der contractilen Elemente beteiligt ? 3. Ist die Starre eine gleichmäßige, d.h. beteiligen sich die kontraktilen Elemente in gleichem Maße daran, oder ist sie eine ver- schiedengradige, bei der sich die einzelnen Teile in verschiedenem Grade an der Starreverkürzung des Muskels beteiligen ? Die sich hieraus theoretisch ergebenden Möglichkeiten seien nun nach den bisher vorliegenden Erfahrungen auf ihre tatsächliche Wahr- scheinlichkeit geprüft. 1 Totale gleichmäßige maximale Totenstarre, mit Super- position von a) totalen, oder b) partiellen automatischen oder durch künstlichen R2iz hervorgerufenen Kontraktionen. Daß die Totenstarre überhaupt jemals tatsächlich den nach Maß- gabe der kolloidehemischen Veränderungsmöglichkeit gegebenen größ- ten Verkürzungsgrad erreicht, ist bisher nicht erwiesen. Eine maximale Totenstarre müßte stets zugleich eine totale und gleichmäßige sein. Bei Beteiligung nicht aller contractilen Elemente (partielle Starre) oder bei verschiedengradiger Beteiligung derselben muß die Starre aber immer submaximal (unvollkommen) bleiben. Und selbst bei gleich- mäßiger Beteiligung aller Teile müßte auch noch die Gleichzeitigkeit der im gleichen Maße bis zum Maximum fortschreitenden Verkürzung in allen Teilen gewährleistet sein; sonst würde ein Teil der contraetilen Elemente seine maximale Starre erst erreichen, wenn andere ihn schon überschritten haben, und die Starre des ganzen Muskels würde dadurch wieder niemals das Maximum einnehmen. Ein solches gleichzeitiges und gleichmäßiges Fortschreiten bis zum Höhepunkt ist aber nicht an- zunehmen, da die außerordentlichen Verschiedenheiten im zeitlichen und quantitativen Verlauf der Starreentwicklung, die nach allen Unter- suchungen über die Totenstarre auch bei möglichst gleichartigen Ver- suchsbedingungen zwischen einzelnen Muskeln und, wie wir sahen, selbst zwischen benachbarten Faserbündeln bestehen, entschieden für ein stets und allgemein ebenso unterschiedliches Verhalten zwi- schen den contractilen Elementen (Fasern, Zellen) eines und Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. ia 14 210 E. Mangold: Über den feineren Mechanismus der Totenstarre desselben Muskelindividuums sprechen. Hiernach kann die Totenstarre eines Muskels niemals den der theoretischen Möglichkeit entsprechenden maximalen Verkürzungsgrad erreichen. Wenn die beobachteten, auf der Höhe der Starre superponierten Kontraktionen einer maximalen Starre aufgesetzt wären, müßte das Verkürzungsmaximum der Reizkontraktion höherliegen als das der maximalen Totenstarre. Hierüber fehlen genauere Angaben. Nach den Versuchen von Eckstein und Hecht scheint die Superposition von Reizkontraktionen nur bei submaximaler Starre möglich zu sein und ist für die Reizkontraktion und Totenstarre ein ungefähr gleiches tatsächliches Verkürzungsmaximum anzunehmen. Dies würde sich zugleich als weiteres Argument für die Gleichartigkeit der diesen beiden Verkürzungsarten zugrunde liegenden physikalisch- chemischen Vorgänge verwerten lassen. Die hier entwickelte Auffassung findet eine Analogie in der von v. Fürth!) gegebenen Deutung der Befunde von Schwenker?) über Superposition von Zuckungen auf die Säurecontractur des quer- sestreiften Muskels. v. Fürth meint, daß dabei die äußeren Schichten des Muskels unter dem Einflusse der Säuredurehtränkung in Contractur geraten waren, während die Säure die innersten Schichten noch nicht erreicht hatte, diese sich daher auf den elektrischen Reiz hin in normaler Weise kontrahieren konnten (S. 467). Auf die gleiche Höhe der maximalen Säurecontraetur mit der des Verkürzungsmaximums bei der Reizkontraktion weisen die Versuche von Kopyloff®) hin, nach denen selbst maximale Reize während des Bestehens einer Säurecontracetur unwirksam blieben, falls diese Tetanus- höhe erreicht hatte. Auch Schwenker bezeichnet es für die Säurekontraktur a's den idealsten Fall, daß dieselbe das Maximum erreiche, wobei dann die Erregbarkeit zu schwinden scheine. Als das Maximum der überhaupt auf Reize hin möglichen Verkürzung nimmt er die ‚„‚Tetanushöhe bei maximalem Reiz‘ (S. 389). Daß diese aber nicht das größtmögliche Verkürzungsmaximum des Muskels darstellt, zeigen seine Versuche, in denen durch starke Gallenlösung Contracturen herbeigeführt wur- den, deren Höhe die Tetanushöhe um ein beträchtliches Stück übertraf. Bemerkenswerterweise waren selbst in einem solchen Falle ‚auf der Höhe der Contractur bei elektrischer Reizung noch deutliche, allerdings 1) ©. v. Fürth, Die Kolloidehemie des Muskels und ihre Beziehungen zu den Problemen der Kontraktion und der Starre. Erg. d. Physiol. 1%, 363. 1919. 2) G. Schwenker, Über Dauerverkürzung quergestreifter Muskeln, hervor- gerufen durch chemische Substanzen. Arch. f. d. ges. Physiol. 15%, 371. 1914. 3) G. Kopyloff, Versuche über Säurecontracturen am quergestreiften ‘Muskel. Arch. f. d. ges. Physiol. 153, 219. 1913. und die Erregbarkeit des totenstarren Muskels. 211 sehr kleine Zuckungen zu beobachten‘ (S. 432). So findet sich über der als Verkürzungsmaximum angenommenen Tetanushöhe noch ein höheres Verkürzungsmaximum durch Gallenwirkung und auf diesem noch ein drittes und noch wieder höheres Verkürzungsmaximum, das durch die Zuckungshöhen der der Contractur superponierten Reiz- kontraktionen bezeichnet ist. Es zeigt dies Beispiel, wie wenig wir bis- her imstande sind, die Verkürzungsmaxima des Muskels bei verschiede- nen Zuständen zu beurteilen und quantitativ zu bemessen. Die Frage, ob ein Muskel überhaupt bei seiner normalen Kontraktion oder bei chemischer Contractur oder bei Totenstarre jemals das theo- retisch mögliche Verkürzungsmaximum erreicht, wird auch von v. Fürth!) nicht erwähnt. Nach einer Bemerkung, daß vielleicht „beim unbelasteten Muskel bereits einmalige maximale Reizung eine ausreichende Milchsäuremenge in Freiheit setzt, um eine maximale Quellung der Granula zu bewirken‘ (S. 255), hat es den Anschein, als ob v. Fürth wenigstens für die normale Reizkontraktion die tatsäch- liche Erreichung des theoretisch denkbaren Verkürzungsmaximums an- nimmt, das er auch theoretisch unter Zugrundelesung der Säurequellung der elementaren Ellipsoide des quergestreiften Muskels in Prozenten der ursprünglichen Länge berechnet (S. 549), wie dies auch experimen- tell verschiedentlich festgestellt wurde. Für die Totenstarre ist aber offenbar die Frage nach der tatsäch- lichen Erreichung des theoretisch möglichen Verkürzungsmaximums bisher noch gar nicht in betracht gezogen worden. Wie aus unseren Ausführungen hervorgeht, scheint sich die Möglichkeit einer in diesem Sinne maximalen Totenstarre wohl kaum jemals zu verwirklichen. Auch die Möglichkeit einer 2. Totalen gleichmäßigen submaximalen Totenstarre mit Superposition von a) totalen oder b) partiellen Reizkontraktionen ist nach den bisherigen Erfahrungen kaum als tatsächlich verwirklicht. anzunehmen, da diese, wie erwähnt, überhaupt gegen eınen gleich- mäßigen Verlauf der Starreentwicklung in allen Teilen eines Muskels (totale Starre) sprechen. Einmal ist hier zu erwähnen, daß unter an- scheinend gleichen Versuchsbedinsungen die Totenstarre häufig uner- wartet überhaupt ausbleibt oder einen so geringen Grad erreicht, daß eine Beteiligung aller Elemente nicht angenommen werden kann. Und ferner lest insbesondere auch der oben beschriebene Einfluß des ver- schiedenen dem Muskel zur Verfügung stehenden Sauerstoffs die Wahr- scheinlichkeit nahe, daß immer ein gewisser Teil der contractilen Ele- mente eines Muskels entweder der Starre ganz entgeht oder zum min- desten eine Merzceezuns seiner Starreverkürzung erfährt. Auch in ı)l.c. 14* 212 E. Mangold: Über den feineren Mechanismus der Totenstarre reinem 0, wird eine verschiedengradige Durchdringung des Muskels, die eine minimale, vielleicht nicht mehr registrierbare Starreverkürzung seiner inneren Teile nicht ganz ausschließt, angenommen werden müssen, wie auch bei Sauerstoffentziehung noch mit dem Einfluß von intra- molekularem O, gerechnet werden muß. Wenn hiernach die Möglich- keit einer totalen, d.h. alle Teile betreffenden Totenstarre auch nicht ganz auszuschließen ist, so besitzt diese doch im allgemeinen nur einen . geringen Grad von Wahrscheinlichkeit. Vielmehr muß nach dem Ge- sagten eine vollkommen gleichmäßige Starreentwicklung in allen Teilen eines Muskels wohl als unmöglich abgelehnt werden. Hiermit entfällt dann offenbar auch eine 3. Partielle gleichmäßige submaximale Totenstarre, mit Superposition von a) totalen oder b) partiellen Reizkontraktionen. Der submaximale Verkürzungsgrad wäre dabei schon durch die nur partielle Beteiligung der Muskelelemente bedingt, gleichgültig, ob die ' beteiligten alle maximal oder selbst nur submaximal starr würden. An den superponierten Kontraktionen können sich die nicht an der Starre beteiligten oder außerdem auch die submaximal starreverkürzten Elemente beteiligen. Auch eine 4. Totale verschiedengradige submaximale Totenstarre ist wie jede totale Totenstarre aus den genannten Gründen wohl un- wahrscheinlich. Immerhin soll die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sein, daß unter gewissen der Starreentwicklung günstigen Bedingungen auch alle contractilen Elemente eines Muskels ausnahmslos sich an der Starreverkürzung beteiligen. Für die superponierten Kontraktionen bestände dabei die Möglichkeit der Beteiligung vor allem der nur ge- ringgradig starreverkürzten Elemente. Andere Kombinationsmöglichkeiten, wie noch die einer gleichmäßigen _ oder verschiedengradigen partiellen maximalen oder einer verschieden- gradigen totalen maximalen Totenstarre schließen sich durch den inne ren Widerspruch des Partiellen und des Verschiedengradigen mit dem _ Maximalen ohne weiteres von selbst aus. So bleibt hier noch zu besprechen die 5. Partielle verschiedengradige submaximale Totenstarre, mit Superposition von a) totalen oder b) partiellen Reizkontraktionen. Nach allem Vorhergehenden gelangen wir über das Wesen der Toten- starre per exclusionem zu der Vorstellung, daß die Totenstarre nach den bisherigen experimentellen Erfahrungen wohl stets eine partielle, verschiedengradige, submaximale ist, und die Erregbarkeit des totenstarren Muskels. 213 d. h. daß sich meist nicht alle contractilen Elemente an der Starrever- kürzung beteiligen, und daß die beteiligten sich jedenfalls niemals in völlig gleichmäßisem, vielmehr in verschiedenem Grade, und auch mit zeitlichen Verschiedenheiten untereinander, verkürzen. Für die der Starre superponierten Reizkontraktionen ergibt sich hier- nach die Frage, ob die Erregbarkeit und Kontraktionsfähigkeit sich nur auf die nicht an der Starreverkürzung beteiligten (partielle Kon- traktion) oder mehr oder minder auch auf alle übrigen Muskelelemente (-zellen, -fasern) erstreckt (totale Kontraktion). Natürlich muß wohl in erster Linie die Kontraktion der nicht in Starre befindlichen Elemente angenommen werden. Dies könnte sogar mit dem Hinweis auf das nachgewiesene Nichteintreten der Starre unter Ö,-Einfluß und auf das obige Ergebnis, wonach die Totenstarre niemals eine maximale Verkürzung darstellt, vielleicht als die einzige Möglich- . keit erscheinen. Mit dieser wäre besonders auch das Überdauern der automatischen Kontraktionen selbst bis zum Ende der Lösung der Totenstarre gut zu erklären, und würde auch in Einklang stehen, daß gerade in diesen Fällen während der Starrelösung bisher ein Wieder- ansteigen der Höhe der Einzelkontraktionen nicht zu beobachten war, was sonst für eine erneute Beteiligung der vorher durch die Totenstarre mechanisch verhinderten Muskelteile an den Reizkontraktionen sprechen würde, so wie sie bei den erwähnten Versuchen von Kopyloff über die Superposition von Kontraktionen auf die Säurecontractur zutage trat. . Und doch läßt es sich bisher weder durch experimentelle Erfahrungen noch durch theoretische Erwägungen widerlegen oder ausschließen, daß bei den Reizkontraktionen während der Totenstarre von deren Beginn bis zur Lösung auch solche Muskelelemente mitwirken (Zellen, Fasern), die mindestens bis zu einem gewissen Grade selbst an der Starre- verkürzung beteiligt sind. Denn es ist doch wohl gut denkbar, wie im Stoffwechsel des ganzen Muskels so auch in dem der einzelnen Zelle, daß sie zwar bereits teilweise von den zur Starre führenden chemischen Umsetzungen ergriffen, dadurch aber in ihrer Erregbarkeit nicht derartig geschädigt sei, daß sie nicht doch auf den gewohnten Reiz der automa- tischen Anregung oder auf einen künstlichen noch zu reagieren imstande wäre. Wir haben ja oben nach dem Verlauf einiger Versuche mit zu- nehmenden Einzelkontraktionshöhen während der ansteigenden Starre immerhin an die Möglichkeit denken müssen, daß der Eintritt der Starre sogar eine anregende oder die Erregbarkeit steigernde Wirkung habe. Diese Wirkung brauchte sich freilich zunächst nicht unbedingt auf die schon von der Starre befallene Zellen selbst zu äußern, es wäre auch denkbar, daß der durch die Verkürzung dieser letzteren auf die benach- barten, noch nicht befallenen Zellen ausgeübte Zug oder Druck als 214 E. Mangold: Über den feineren Mechanismus der Totenstarre Uswe mechanischer Reiz deren Erregung oder eine Steigerung ihrer Erreg- barkeit herbeiführte. Die Möglichkeit einer derartigen gegenseitigen Beeinflussung, wie sie hierbei für die Zellen angenommen wird, und physiologisch jeden- falls ohne weiteres annehmbar erscheint, läßt sich aber ebensogut min- destens auch noch für die contractilen Fibrillen einer glatten Muskel- zelle oder quergestreiften Skelettmuskelfaser oder eines Herzmuskel- elements entwickeln, vielleicht auch noch für die weiteren contractilen Einheiten derselben, so daß wir damit zu der Vorstellung gelangen, daß eine Muskelzelle (-faser, -element) gleichzeitig und nebeneinander Fibrillen enthalten kann, von denen die einen in der Verkürzung der Totenstarre befindlich, die anderen aber noch für automatische oder künstliche Reize . erregbar und kontraktionsfähig sind. Mit anderen Worten, es kann eine Muskelzelle (-faser, -element) gleichzeitig an der Totenstarre beteiligt und doch noch erregbar und kon- traktionfsähig sein. Anmerkung bei der Korrektur: Die hier vertretene An- schauung von der Selbständigkeit der contractilen Fibrillen als funk- tionelle Einheiten findet eine willkommene Bestätigung durch die soeben veröffentlichte Arbeit von Stübel (dieses Archiv 180, 209. 1920), die zunächst für die Muskelsäulchen den Nachweis erbringt, daß sie sich getrennt voneinander zusammenziehen können, somit funktionelle Einheiten darstellen, wie es auch für die Fibrillen der Thoraxmuskeln der Insekten erwiesen ist. Besonders bietet sich auch eine greifbare strukturelle Grundlage für meine Auffassung von der Erregbarkeit während der Totenstarre durch die Beobachtung von Stübel, daß der beim langsamen Absterben der Froschmuskeln stets eintretende Übergang der normalen zusammengesetzten in die einfache Quer- streifung an vollkommen totenstarren Muskeln wohl in der Mehrzahl der Fasern, aber durchaus nicht in allen zu finden ist und daß in manchen Fasern neben der einfachen auch noch zusammengesetzte Querstreifung besteht, woraus sich zwanglos die Möglichkeit verschie- dener funktioneller Zustände nebeneinander ergibt. Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. Von Ernst Pohle, Wiesbaden. (Aus dem Institut für animalische Physiologie [Theodor Stern-Haus] in Frankfurt a. M.) Mit7 Textabbildungen. (Eingegangen am 10. März 1920.) I. Einleitung. Schon im Jahre 1795 hat Townson!) gezeigt, daß die Haut der Frösche am Stoffwechsel regen Anteil nimmt, denn sie ist imstande, sowohl Stoffe (in wäßriger Lösung) aufzunehmen?) als auch abzugeben. Ganz besonders tritt diese Eigenschaft bei der Deckung des Wasser- bedarfs der genannten Tiere hervor ; Durig?) u. a. geben an, daß Frösche selten Wasser trinken, sondern die Wasserbilanz mittels der Haut her- stellen. Grundlegende Versuche über diese Fragen hat in neuerer Zeit Overton?) ausgeführt, der in 39 Thesen mitteilte, daß entgegen einer früher veröffentlichten Ansicht®) die Amphibienhaut, die ungefähr die gleichen osmotischen Eigenschaften hat wie die Plasmahaut der Zellen, in bezug auf Wasserdurchlässigkeit keine Sonderstellung einnimmt. Sie ist also für Wassermoleküle sowohl von innen nach außen als auch umgekehrt durchgängig. Er wies nämlich nach, daß die Amphibien normalerweise beständig das aus der Umgebung durch die Haut auf- genommene Wasser wieder ausscheiden, und zwar durch die Nieren, die dadurch also verhindern, daß der Wassergehalt des Körpers zu hohe Werte annimmt, d. h. der osmotische Druck im Blut und in den Gewebe- Tlüssigkeiten stark sinkt. Dieser Wasseraufnahme in Lösungen mit ge- Tingerem osmotischem Druck entspricht eine Wasserabgabe in solchen 1) Observationes physiologicae de Amphibiis. Partis sec. de absorptione fragmentum. Zit. nach Ecker-Gaupp. ' 2) Vgl. auch Wolkenstein, A. v., Zur Frage über die Resorption der Haut, Zentralbl. f. d. med. Wissensch. 13. 1875. 3) Arch. f. d. ges. Physiol. 85, 401. 1901. *) Verhdlg. d. phys.-med. Ges. zu Würzburg, N. F. 36. 1904. 5) Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. in Zürich 44, 88—153. 1899. 216 E. Pohle: mit höherem Druck, d. h. das Verhalten der Amphibienhaut in hypo- bzw. hypertonischen Lösungen stimmt mit den heute geltenden Anschau- ungen über osmotische Vorgänge in lebenden Zellen überein. Zu dem gleichen Schlusse kommt auf Grund von Literaturstudien und eigenen Versuchen S. S. Maxwell!), der Säckchen aus Froschhaut in destil- liertes Wasser und Salzlösungen verschiedener Konzentration hing; für den mit der Theorie nicht in Einklang stehenden beobachteten Transport zwar ganz geringer Wassermengen von außen nach innen — Säckchen gefüllt mit und aufgehängt in isotonischen Lösungen — gibt er eine physi- kalisch-chemische Erklärung: Verschiedenheit der Oberflächen und der Leitfähigkeit der Flüssigkeiten; eine Ansicht, die mit der Theorie von Galeotti?) und Bayliss?) im wesentlichen übereinstimmt. Eine vitale Tätigkeit der Haut im Sinne einer Sekretion ist danach zur Erklärung nicht erforderlich. Bereits ältere Untersucher haben die Frage aufgeworfen, von welchen Faktoren die Wasserresorption durch die Haut abhängig ist. Ausgehend von der Anschwel- lung und ödematösen Beschaffenheit der Haut männlicher Frösche während der Brunstzeit (stärkere Füllung der subkutanen Lymphräume, verschiedener Durch- lässigkeitsgrad der Haut (?) je nach dem Kontraktionszustand der glatten Corium- muskulatur) hat Leydig*) die Vermutung ausgesprochen, daß das Nervensystem hierbei eine Rolle spielt. Später hat Marcacci°) auf Grund eigener Untersuchungen über die hydrostatische Funktion der Lungen und die Bedeutung der Hautatmung — er fand erhebliche Gewichtszunahme bei Fröschen, die gezwungen wurden, unter Wasser zu bleiben, bei denen der Magendarmkanal leer war — dem Nerven- system eine ähnliche Bedeutung zugewiesen. Er dachte dabei an vasomotorische Störungen. Weiter findet sich in einer zweiten Arbeit desselben Autors®) ohne nähere Begründung die Angabe, daß Verletzungen des Nervensystems, z. B. Durch- schneidung des Vagus, Exstirpation der Großhirnhemisphären, Gewichtszunahmen der in Wasser sitzenden Frösche zur Folge haben. Hier seien auch die Versuche von Achard und Gaillard”) erwähnt, die Untersuchungen über den Einfluß der Nerven auf die Osmoregulation an Warmblütern anstellten. Sie injizierten Meer- schweinchen intraperitoneal hypertonische Na,SO,-Lösung und bestimmten das Gewicht der Tiere in gleichen Zeitabschnitten. Injektion von Paraffin in die Schädelhöhle, Durchschneidung der Med. obl., sowie Verabreichung einiger Nar- cotica (Äther, Chloroform, Cocain) störten die Wiederherstellung des osmotischen Gleichgewichts. Während, wie nunmehr feststeht, die Amphibien den osmotischen Druck im Blut auch in Medien mit niederem osmotischem Druck ungefähr konstant zu erhalten vermögen, geht diese Fähigkeit niederen Tieren ab; sie entbehren also eines Organes, das sie in den Stand setzt, sich von Konzentrationsschwankungen in der sie umgebenden Flüssigkeit frei zu machen. Schon die Knochenfische be- !) Americ. Journal of Physiol. 3%, 286. 1913. 2) Zeitschr. f. physikal. Chemie 49, 542. 1904. 3) Zeitschr. f. Biochemie 11, 226. 1908. *) Biol. Zentralbl. 12, 205. 1892. 5) Arch. ital. de Biol. 21, 1. 1894. 6) Arch. ital. de Biol. 22, 196. 1895. ”) Compt. rend. de la Soc. de Biol. 2. 1904. Der Einfluß des Nervensystems auf die Ösmoregulation der Amphibien. 217 sitzen die osmotische Unabhängigkeit; ja sogar, wie V. Franz!) nachwies, ihre Larven, die in hypo- bzw. hypertonischen Lösungen keine Quellung oder Schrump- fung erkennen lassen. Neben einer direkten Regulation des Durchlässigkeitsgrades der Haut kommen als Hauptfaktor für die Herstellung der Wasserbilanz, wieOverton?) angibt, bei den Amphibien die Nieren in Betracht. Gibt es nun nervöse Einflüsse irgendwelcher Art, die jene oder die Funk- tion der letzteren regulieren? Auf.die Möglichkeit einer Veränderung des Durchlässigkeitsgrades der Haut durch nervöse Einflüsse hat schon Leydig in seiner oben erwähnten Arbeit?) hingewiesen; wie aus den neueren Arbeiten Ashers*) und seiner Mitarbeiter), 6), ”) hervorgeht, besitzen die Nieren der Säugetiere die Fähigkeit, ohne Mitwirkung des Nervensystems die zur Aufrechterhaltung des Lebens notwendige Aus- scheidung harnfähiger Substanzen zu vollziehen. Die feinere Regulie- rung soll jedoch durch das sympathische und parasympathische (auto- nome) Nervensystem vermittelt werden. Beide Nervenarten sind hier Antagonisten: Der N. splanchnicus enthält hemmende, der N. vagus die Sekretion fördernde Fasern. Es lag nahe, diese Ergebnisse entsprechend auf die in Frage kom- menden Verhältnisse bei den Amphibien anzuwenden. Um es hier vor- weg zu nehmen, so ließ sich in der Tat eine nervöse Osmoregulation ver- schiedenen Grades nachweisen, d. h. hemmende sowohl wie fördernde Impulse seitens der verschiedenen Bestandteile des Nervensystems. Ehe ich jedoch hisrauf näher eingehe, will ich über einige grundlegende Vor- untersuchungen berichten. H. Voruntersuchungen und Methodisches. Der experimentelle Teil baut sich auf dem Gedanken auf, daß die Nieren das osmoregulatorische Organ der Amphibien darstellen. In Anbetracht der großen Bedeutung dieser Voraussetzung galt es zunächst, die von Overton gemachten Angaben mit sicherer Methode®) nachzu- prüfen. Als Versuchstier wurde Rana esculenta verwandt; die Versuche erstrecken sich auf die Zeit Juni 1919 bis Februar 1920. Bei keiner Operation wurde ein Narkotikum angewandt, um die dadurch beding- ten Störungen zu vermeiden. Ich exstirpierte zunächst einigen Frö- schen beide Nieren. 1!) Internat. Revue der ges. Hydrobiol. u. Hydrogr. 2, 567. 1909. 2) Verhdlg. d. phys.-med. Ges. zu Würzburg, N. F., 36, 1904, 2) Biolog. Zentralblatt, 12, 205, 1892. *) Dtsch. med. Wochenschr. 34, 1000. 1915. >) Asher u. R. G. Pearce, Zentralbl. f. Physiol. 2%, 11. 1913. 6) Dieselben, Zeitschr. f. Biol. 63, 3/4. 1913. ”) Asher u. W. Jost, Zentralbl. f. Physiol. 28,.1. 1914. ®) Overton hat nämlich nie die Nieren exstirpiert, sondern seinen Tieren nur die Kloake unterbunden. 218 ö E. Pohle: Ein Hautschnitt vom 5. Brustwirbel bis zum Os ischii mit folgender Durchtrennung der Fascie legt die Rückenmuskulatur frei. Der rechte M. coceygeo-iliacus wird in der Faserrichtung gespalten und die Wunde durch Einsetzen von Haken gedehnt. Bei richtiger Lage des Schnittes drängt sich die rechte Niere in die Wunde. Nach Abklemmung und Unterbindung der Gefäße und des Ureters wird die Niere exstirpiert ; mit einiger Vorsicht gelingt es, durch dieselbe Wunde auch die linke Niere zu entfernen. Exakteste Blutstillung, Naht der Muskulatur und der Haut. Die operierten Tiere wurden dann so in Wasser gesetzt, daß sie nient trinken konnten. Es war also eine Wasseraufnahme nur durch die Haut möglich, eine Harnproduktion und -absonderung ausgeschlossen. In der Tat nahmen die Tiere rasch an Umfang und Gewicht zu, ihre Bewegungen wurden immer träger, sie strömten einen unangenehmen Geruch aus, und nach 2—5 Tagen gingen sie zugrunde. Die Lymph- räume unter der Haut waren leer, während sich im Bauchraume freie Flüssigkeit befand. Die Kurven 1 (Gewichtsänderung in Gramm) und 2 (Gewichtsänderung in Prozent) stellen die Ergeb- ‚nisse zweier Versuche dar. Sie bestätigen die Övertonschen Angaben über die osmoregula- > 2 en torische Funktion der Amphibienniere. Frösshen und einem Kon- Weiter habe ich die Frage untersucht, ob der trolltier. (X) 7 = Rxitus. Verlust einer Niere bereits nennenswerte Störungen im Wasserhaushalt des Frosches her- AT| vorruft. Die so operierten Tiere zeigten zunächst } geringe Gewichtszunahme, unregelmäßige Ge- wichtsschwankungen, um dann zur Norm zurück- zukehren. Ob hierbei die zurückgebliebene Niere hypertrophiert, das mag dahingestellt bleiben; naheliegend ist der Gedanke auf jeden Fall, denn an Kaninchen mit einseitiger Nephrektomie hat —[, Schilling!) eine Hypertrophie der zurückblei- *[ benden Niere nachgewiesen. Die Frösche mit = einer Niere verhalten sich wie normale Abb. 2. Gewichtsänderung Tiere .. von zwei nephrektomierten £ Fröschen und einem Kon- Schließlich war zu überlegen, ob die Methode, die voller a A sonst Wie Ssmotischen Vorgänge bzw. den Wasserhaushalt durch e Gewichtsbestimmungen zu untersuchen, einen geeigneten Weg darstellt, ob es überhaupt zulässig ist, Folgerungen aus dem Vergleich der so erhaltenen Werte zu ziehen. Schon vor 50 Jahren hat Nasse?) 1) Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 52, 140, 1/2. 1905. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. 2, 97. 1869. # 400 380 360 0 A 20 40 60 80 100 120 P)7A + 20% +15% +10% +5% Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. 219 gezeigt, daß Froschmuskeln in isotonischen Lösungen verschiedener Natriumsalze nahezu gleiche Gewichtsveränderungen aufweisen, und Loebt), der ähnliche Ver- suche anstellte, kam zu gleichen Ergebnissen. (Vgl. auch Höber, Physikal. Chemie d. Zelle u. Gewebe, 3. Aufl., S. 74ff.) Die Methode, an Gewichtsveränderungen osmotische Vorgänge zu studieren, ist also schon von mehreren Forschern angewandt worden; auch Overton hat in seiner oben erwähnten Arbeit festgestellt, daß sich selbst ganz geringe osmotische Druckunterschiede in dem umgebenden hypertonischen Medium an den Schwan- kungen des Körpergewichtes normaler Frösche nachweisen lassen. Für die Bewertung der erhal- tenen Gewichtszahlen ist es von Bedeutung, zu wissen, daß normale in Wasser eben eintauchende Frösche — nüchtern, bei gleichmäßiger Tem- peratur von nicht über 18—20° C — ihr Ge- wicht nur wenig verändern (vor der Wägung katheterisiert); sie nehmen ganz langsam und recht regelmäßig ab. (Siehe Kurve 3, Gewichts- Abpb.3. Nettogewichtsänderungen änderung von drei normalen Fröschen während von 3 normalen Fröschen wäh- acht Tagen.) Außerdem läßt sich zeigen (siehe rend 8 Tagen. Kurve 4), daß bei Wägungen der aus dem Wasser genommenen (1), dann eine Minute lang abgetrockneten (2), katheteri- sierten (3), nochmals abgetrockneten (4), schließlich nach einstündigem Aufenthalt in Wasser wieder herausgenommenen Tiere (5) Gewichtsschwankun- gen auftreten, die bei verschiedenen Fröschen relativ gleich sind. (In Kurve 4 entsprechen die Zahlen unter der Abszissenachse den einge- klammerten Zahlen des Textes.) Ihre Ge- wichtskurven zeigen in entsprechenden Punk- ten annähernd gleichen Verlauf. Aus alledem dürfte zur Genüge hervor- gehen, daß die Methode der Gewichtsbestim- mung wohl geeignet ist, osmotische Vorgänge im Amphibienorganismus zu verfolgen und zu ergründen. Ich ging immer so vor, daß ich nicht nur das Körpergewicht allein, sondern auch die Wasserumsätze bestimmte, d.h. die aufgenommene wie die abgeschie- dene Flüssigkeit; denn es war von vornherein anzunehmen, daß ein nervöser Einfluß, sei es fördernd oder hemmend, einmal auf die Wasser- aufnahme, dann aber auch auf die Wasser- abgabe einwirken kann. Der Vergleich der Gewichte operierter Tiere mit denen der Kon- | non trolltiere genügt keineswegs ; stellen doch die mg den N Bew zaniene peanenenen einzelnen Gewichtsunterschiede Differenzen Eingriffe im Text. zweier variablen Größen, Wasseraufnahme und Wasserabgabe, dar, wobei es wesentlich ist, zu wissen, welche der beiden letzteren überwiegt. In die Praxis übersetzt heißt das, daß die gewogenen Tiere mit verschlossener Kloake (subkutane Umstechung) mehrere 1) Arch. f. d. ges. Physiol. 69, 1. 1897. 220 | E. Pohle: Stunden in Wasser gesetzt wurden. Die Gewichtszunahme ergab die auf- genommene Wassermenge, der durch Katheterisieren gewonnene Harn die aus- geschiedene!). Der Einwand, daß unter Umständen die starke Harnstauung eine Rückresorption zur Folge hat und die Resultate dadurch beeinträchtigt, ist, wie Lindemann?) — wenigstens für Säugetiere — zeigte, nicht stichhaltig; selbst durch extremen Gegendruck kommt es nicht zu einer Rückresorption. Oft wurden auch die Frösche 24 Stunden trocken gesetzt, um gewissermaßen den ‚Wasser- hunger‘ zu steigern und so Unterschiede in der Geschwindigkeit der Wasserauf- nahme bei operierten und normalen Tieren zu verdeutlichen. Vor jeder Gewichts- bestimmung wurden die Tiere mit einem Leinenlappen vorsichtig abgetrocknet, um das der äußeren Haut anhaftende Wasser zu beseitigen. Wurde das Abtrocknen ziemlich genau 1 Minute ausgeführt, sö war der durch diese Maßnahme eintretende Versuchsfehler (Ungenauigkeit durch verschieden starkes Abtrocknen) verschwin- dend klein, eine Erfahrung, die schon Overton?®) gemacht hat. III. Experimenteller Teil. A. Einfluß nicht nachweisbar. 1. Haut. Das nächstliegendste war, die direkte Abhängigkeit des Durchlässigkeitsgrades bzw. einer vitalen Sekretion der Haut vom Nervensystem zu prüfen. Zu dem Zwecke durchschnitt ich alle erreich- baren Hautnerven, die als feine weiße Fäden die subkutanen Lymph- säcke durchziehen. Keinerlei abnorme Gewichtsabweichungen sowie Ver- änderungen in der Wasseraufnahme und -abgabe zeigten sich; die Ge- wichtskurven glichen denen normaler Tiere. Die Beobachtungszeit betrug 2—3 Monate. 2. Großhirn. Mit dem Goltzschen Messer wurden die Großhirn- hemisphären in bekannter Weise abgetrennt. Nachdem die Tiere den Shock des Eingriffes überwunden hatten, wurden die Gewichtsbestim- mungen nach der in Abschnitt II angegebenen Methode vorgenommen. Ein Unterschied zwischen großhirnlosen und normalen Fröschen hin- sichtlich der Osmoregulation war nicht festzustellen. Bei höheren Tieren bzw. beim Menschen scheinen die Verhältnisse anders zu liegen; wie W. v. Bechterew) angibt, ruft Reizung gewisser Teile der Großhirn- rinde stärkere Sekretion der gekreuzten Niere hervor, d. h. auf Reizung z. B. der linken Hemisphäre reagiert die rechte Niere. Diese Beobach- tung deckt sich mit Erfahrungen, die in der menschlichen Pathologie bei Tumoren der entsprechenden Rindengebiete wie bei einigen psychi- schen Anomalien gemacht worden sind. 3. Medulla oblongata. Durchtrennte ich die Med. ob]. dicht hinter dem Kleinhirn, so traten unregelmäßige Gewichtsschwankungen auf; 1) Daß beim Katheterisieren tatsächlich die Blase völlig entleert wird, habe ich durch Freilegung derselben in vivo an mehreren Tieren festgestellt. ?2) Ergebn. d. Physiol. 632. 1914. 3) Verhdlg. d. phys.-med. Ges. zu Würzburg, N. F., 36. 1904. *) Arch. f. Physiol. 297. 1905. Zit. nach Nagel, Handb. d. Physiol. 2, 282. 1907. Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. 221 charakteristisch waren diese Erscheinungen jedoch keineswegs. Nach den bisherigen Beobachtungen kann ich sie nur im Sinne einer gewissen Labilität bei der Herstellung des osmotischen Gleichgewichtes auffassen. 4.Rückenmark (Thorakalteil). Die Durchtrennung des Rücken- marks in Höhe des 4. Brustwirbels, also vor Abgang des N. splanch- nieus, ergab keine ausgeprägten Veränderungen, während andere Ein- sriffe am Rückenmark (siehe Teil B) einen deutlichen Einfluß der aus- geschalteten Abschnitte auf den Wasserhaushalt erkennen ließen. Diese Befunde decken sich also keineswegs mit den Angaben Marcaceis!), daß jede Verletzung des Nervensystems von Fröschen Gewichtssteige- rungen zur Folge haben soll. B. Einfluß nachweisbar. 1. Zweihügel. Ganz eigenartige Erscheinungen rief die Abtren- nung der Zweihügel hervor, die, um Nebenverletzungen nach Mösglich- keit zu vermeiden und wirkliche Durchtrennung zu sichern, nach Frei- legsung durch Eröffnung des Schädels von oben erfolgte (Kontrolle unter der binokularen Lupe). Die Tiere waren nach der Operation hochgradig erregt, reagierten extrem stark auf die kleinsten Reize und nahmen abnorm hohe Wassermengen durch die Haut auf, gaben je- doch auch reichlich Wasser in die Blase ab. Diese gesteigerte Abscheidung genügte aber nicht, um die gesteigerte Wasser- . resorption zu kompensieren; es kam zu Gewichtszunahmen (Vergleich der Nettogewichte), die, da die Tiere nüchtern gehalten wur- den, nur auf Wasserretention beruhen können. Besonders auffällig war die mehr oder minder große Unfähigkeit der Tiere, die Blase selb- ständig zu entleeren, die sich manchmal über Nacht fast bis zum Bersten füllte 2). Die Kurve 5 gibt einen über mehrere Tage ausgedehnten Versuch wieder, wobei gleichzeitig neben den Nettogewichtswerten (in Gramm) die entsprechenden Flüssigkeitsumsätze (Aufnahme und Abgabe in Prozent des Anfangsgewichts) graphisch dargestellt sind. Leider konnten die Harnbestimmungen nicht jeden Tag erfolgen, weil die Vernähung der Kloake Gewebsschädigungen setzte, zu deren teilweiser Behebung „Buhetage‘ eingeschaltet werden mußten. Auf eins sei hier bereits hingewiesen, nämlich auf die Frage nach der ursäch- lichen Beteiligung des Zwischenhirns an dem Zustandekommen des eben 1) Arch. ital. de Biol., 22, 196. 1895. ®2) Eine Unterbindung der Kloake war hier nicht erforderlich. Es schied 'z. B. ein Frosch (31,5 g) in 20 Stunden 6,3 cem Harn (normale Frösche von glei- chem Gewicht etwa die Hälfte) in die Blase ab. Beim Einführen des Katheters hatte man einen erheblichen Widerstand zu überwinden: tonischer Krampf des Sphincter ani cloac. ? € 222 E. Pohle: geschilderten Symptomenkomplexes. Ich erwähne nur die Arbeiten von Aschner!) und Leschke?), die beide ein Eingeweide- und Stoffwechselzentrum in diesem Gehirnabschnitte annehmen. Das Zwischenhirn stellt beim Frosch eine dünne Scheibe zwischen Großhirnhemisphären und Zweihügeln dar. Bei der Abtrennung des Großhirns wird es zweifellos verletzt; trotzdem konnte ich keinerlei Störungen auf osmotischem Gebiete beobachten. (Vgl. III A, 2.) Die Symptome, die man % I 225 350 20 7120 760 Std 240 Abb. 5. Gewichtsänderungen und Wasserumsätze eines Frosches nach Abtrennung.der Zwei- hügel im Vergleich zu denen des Kontrollfrosches. Die Kurven des operierten Tieres sind stärker ausgezogen und der besseren Übersicht halber um 6 mm nach rechts verschoben. Das Nettogewicht (langsam aufsteigende des operierten und langsam abfallende Kurven des Kontroll- frosches am oberen Rande der Abb.) ist in Gramm, die Wasserumsätze (Aufnahme und Abgabe) sindin % desNettogewichtes dargestellt. aufgenommenes Wasser + — — — + — — — Harn. Die Differenz beider Kurven gibt Wasserretention. bzw. -verlust während des durch den Abszissenwert angegebenen Zeitraumes an. nach Verlust der Zweihügel verzeichnet, sind daher m. E. sicherlich auf deren Ausfall, nicht auf den des Zwischenhirns — wenigstens bei den Amphibien — zurück- zuführen. 2.Sympathieus. a) Durchtrennung des N. splanchnicus, der beim Frosch mit der Art. intestinalis verläuft, erzeugt für 1-2 Tage geringe Harnvermehrung und unbedeutende Gewichtsschwankungen ; dieseBeob- achtung deckt sich durchaus mit den in der.Literatur (vgl. Jungmann?), Rohde und Ellinger®) u. a.) niedergelegten Befunden. b) Wesentlich andere Ergebnisse hatte die Exstirpation des Grenzstranges und seiner erreichbaren Ganglien vor der Wirbelsäule. 1) Die Blutdrüsenerkrankungen des Weibes. S. 298. Wiesbaden 1918. ?) Zeitschr. f. klin. Medizin 8%, 3—4. 1917. 3) Münch. med. Wochenschr. 32, 1760. 1885. 4) Zentralbl. f. Physiol. 2%, 1, 12. 1913. ‚Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. 223 Der Frosch wird auf dem Bauch befestigt; ein Hautschnitt lateral vom rechten Rückenhautwulst lest die Muskulatur frei, und nach Durchtrennung der Mm. transvers. abd. u. obl. ext. wird transperitoneal auf die Wirbelsäule eingegangen. Durch maximale Dehnung der Wunde erhält man mit Hilfe der Stirnlampe genügende Übersicht. Dann wird der ganze Grenzstrang mit seinen Ganglien entfernt. Muskel- und Hautnaht. Tabelle1. Exstirpation des Sympathieus. A.-G.= Anfangsgewicht; N.-G. = Netto- gewicht. Oper. Fr.=Operierter Frosch. 5 Wasserauf- Harnmenge a Ze Kontrolltier | Oper. Fr. 1.|Oper. Fr. Il nahme in %9) in% >») Bemer- | : - kungen A.-G.|N.-G.}) | A.-G.!N.-G. A.-G.N.-G. K. | 1% one K.| 16 || 10% Gen) 6381| azel> A55| | || | | operiert 7.IX., 8%a.m.|67,7 62,3 |51,248,9|49,3147,5|: 6,1/7,6/8,4|7,9 4,5 [3,7 [am 6. IX. 8.IX., 8%a.m.|67,1| 62,9 |52,250,7[49,0147,1| 7,7/6,713,2|6,3|2,913,9 9. IX. 10a. m.| 69,2 62,8 52,8 51,8|50,247,9| 10,0 4,1 6,6 [9,2 1,9 14,6 10.IX.\11Ra.m.|69,3|63,7 | + | — [50,7/48,5 | 10,3 — 5,8 [8,11 — 4,3 Die Tabelle 1 gibt einen der zahlreichen Versuche wieder, die im wesentlichen die gleichen Ergebnisse zeitigten. Es ist daraus zu er- sehen, daß die Wasseraufnahme bei den operierten Tieren etwasvermindert war im Vergleich zu den normalen ;augenfälliger dagegen und völlig konstant zu beobachten war die Verminderung der Harnabsonderung, die geringer ist als die Wasseraufnahme. Die Nettogewichtskurve stieg daher langsam an. Tabelle 2. Exstirpation des Rückenmarks. (Bezeichnungen wie in Tabelle 1.) | Kont ll- Wasserauf- Harnmenge Dam. Zeit As Oper. Fr. 1.|Oper. Fr. IL.| \ahme in 0, 2% Bemer n kungen A.-6.N.-G. | A.-6.|N.-G.|A.-G.|N.-@.| K. | I. hass | rss.) u] 16. X. u p.m.| — 1282| — |s5,9| — las] = I || — | |—| operiert 17. X. |10%a.m.|31,2|28,3|37,3 |36,2]25,0|24,0]10,6 3,9 5,5] 93 2,9|4,0lam 14. X. 18. X. |8h a. m.[31,4|28,0|38,0 |37,1|25,8|25,0]10,9|4,9 7,5[10,8,2,4|3,1| 28. X. |12ba2.m.| — [26,3] — |36,4| — |24,8[ — | —| — |— | [Die glei- 29. X. 10ba.m.|28,6 |26,5[37,0|36,6|25,8| 25,11 8,7[1,6,4,0| 7,3|1,1|2,7[chenTiere! 3. Rückenmarksexstirpation. Nach Eröffnung des Wirbel- kanals wurde das Rückenmark vom 3. Brustwirbel an total exstr- piert; es war also stets die Beweglichkeit der vorderen Extremität er; halten. Die Tabelle 2 zeigt, daß sowohl die Wasseraufnahme als auch die Wasserabgabe im Vergleich mit dem normalen Tier deut- lich verringert ist, letztere aber ähnlich wie im vorhergehenden 1) Nach Katheterisieren; die Differenz Anfangsgewicht — Nettogewicht gibt also jeweils die absolute Harnmenge. 2) Bezogen auf das Nettogewicht. ?) Bezogen auf das zugehörige Anfangsgewicht. D24 E. Pohle: Falle in höherem Maße wie die Aufnahme. Um zu zeigen, daß dieser Befund nicht nur kurz nach der Operation zu erheben war, ent- hält die gleiche Tabelle Gewichtsbestimmungen derselben Tiere 10 Tage später. Die Gewichtssteigerung, die man durch Vergleich der Netto- gewichte leicht feststellen kann, beruht also auf Wasserretention. Die Haut war gequollen; besonders fiel dies an den unteren Extremitäten auf. 4. Wurzeldurchschneidungen. a) Die Durchschneidung aller vorderen und hinteren Wurzeln hatte dieselben Folgen wie die eben geschilderte Totalexstirpation des Rückenmarks. b)-Durchtrennte ich die hinteren Wurzeln allein nach der von Bickel!) angegebenen Technik, so war eine Verminderung der Wasserumsätze festzustellen (s. Tab. 3). Es ward jedoch auch in diesem Falle wie in Abschnitt a und b angegeben, immer noch weniger Harn abgeschieden als Wasser aufgenommen, so daß es in jedem Falle zu Gewichtszunahmen durch Wasserretention kam. Bemerkenswert ist weiter, daß die Wasserumsätze nach Durchtrennung der hinteren Wurzeln allein relativ noch geringer erscheinen als die bei Totalexstirpation und Durchschneidung aller Wurzeln beobachteten. Tabelle 3. Durchschneidung der hinteren Wurzeln. (Bezeichnungen wie in Tabelle 1.) Kontroll- | Wasserauf- | Harnmenge Datum | Zeit tier I Inanmenn % in % Bemerkungen | A.-G.|N.-G. | A.-G.|N.-G. | A.-G.IN.-G.| EL. |T.|K&. | 1. | 2a nn = al a operit om 30.1X.|9% p. m.[42,1| 40,9[42,8 | 42,7|47,1)47,1|1,7|0,7|0,612,9| '0,2.0,0 ID; 1. X.|8% a. m.|43,1|41,0143,7|43,0148,6 |47,615,4 2,3 |3,2]4,9 1,6 2,1 1. X. /4& p. m.|42,1|40 ‚843. 6143 248,0 47 a7 1,4 0,9|3,1/0,8 1,0 c) Im Gegensatz hierzu ergab die Durchtrennung der motori- schen Wurzeln allein eine geringe Vermehrung der Wasserauf- nahme und der Harnabsonderung. In Kurve 6 ist ein Versuch dargestellt. Wie aus derselben hervorgeht, überwiegt auch hier wiederum die Wasseraufnahme, sodaß die Nettogewichtskurve lungen aber stetig ansteigt. 5. Nervus vagus. Der N. vagus wurde nach Treilsomms der Med. obl. an seiner Austrittsstelle beiderseits durchschnitten. Es war jedoch nicht möglich, nach diesem selbst für den so widerstandsfähigen Frosch sehr schweren Eingriff die operierten Tiere so lange am Leben zu erhalten, um ausreichende Bestimmungen vornehmen zu können. Ich beabsich- tige, weitere Untersuchungen hierüber anzustellen. 1) Arch. f. d. ges. Physiol. 6%, 299. 1897. Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. 225 6. Hypophyse. Die einschlägige Literatur!) ist sehr umfangreich; ich will hier nur erwähnen, daß die Ansichten über die Lebenswichtigkeit des Organes immer noch auseinander- gehen, doch dürfte es gar oft ein Streit um Worte sein. Speziell an Fröschen hat . Caselli?) Exstirpationsversuche von der Mundhöhle aus vorgenommen, ohne ver- wertbare Ergebnisse zu erzielen. Gaglio®?) operierte nach derselben Methode und verlor einige Tiere scheinbar durch Infektion, während andere 11/,—3 Monate - ohne Krankheitserscheinungen überlebten. Demgegenüber gehen Frösche nach Boteano*), der intrakraniell operierte, 2—3 Tage post. op. zugrunde. Voraus- gesetzt ist hierbei immer, daß eine Totalexstirpation erfolgte. Aschner°) kommt 20 60 7 780 Sl 240 Abb. 6. Gewichtsveränderungen und Wasserumsätze eines Frosches nach Durchschneidung der motorischen Wurzeln im Vergleich zu denen des Kontrollfrosches. Erklärungen wie bei Abb. 5. auf Grund ausgedehnter Versuche zum Schluß, daß augenfällige Erscheinungen nach Hypophysenexstirpation nur bei jugendlichen Tieren auftreten, während ältere den Eingriff relativ gut überstehen. Nach meinen Erfahrungen vertragen Frösche die Exstirpation der Hypophyse, ohne schwere Erscheinungen aufzuweisen ; nicht ein einziger der von mir operierten ging unmittelbar an den Folgen des Eingriffes 1) Eine Besprechung und ausführliche Zusammenstellung der Literatur findet sich bei Biedl, Innere Sekretion 2. 1916. Vgl. auch Aschner, Die Blutdrüsen- erkrankungen des Weibes, S. 298. Wiesbaden 1918. 2) Studii anatomici e sperimentali sulla fisiopatologia della glandola pituitaria. Reggio Emilia 1900. Zit. nach Biedl. 3) Recherches sur la fonction de l’hypophyse de cerveau chez les grenouilles. Arch. ital. de Biol. 38, 117. 1902. 2) Contr. la physiol. glandei pituitare la brosca. These. Bucarest 1906. Zit._ nach Biedl. 5) Arch. f. d. ges. Physiol. 146, 1912. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 15 226 | R. Pohle: ein. Das geht aus der nachstehenden Tabelle 4 hervor, die über 21 operierte Tiere berichtet. Dies deckt sich also vollkommen mit der von Aschnert!) vertretenen Ansicht. Folgende Technik hat sich mir bei der Exstirpation bewährt: Der Unterkiefer des auf dem Rücken befestigten Frosches Bl Ewaid2)] wird maximal kaudalwärts gezogen, sodaß die Schleimhaut des Oberkiefers in größter Ausdehnung freiliegt. Schnitt in der Median- 2 linie, Freilegung des Os para- basale durch Seitwärtsdrängen der Augenmuskeln. Trepanation in der Mitte (siehe Abb. 1). Die Lob. post. Hypophyse wird dann unter der binokularen Lupe mit einem feinen Exkavator herausgeschält und die Wunde nach Reponieren . des Knochens geschlossen. Bei dieser Totalexstirpation läßt es Abb. 7. Freilegung der Hypophyse wie zur Exstir- sich nicht vermeiden, daß bei pation. (Eine photographische ‚Aufnahme wäh- der Wegnahme des Lobus ant. vonder Operation I ME mögen wesen der die kaudale Wand des Ventr. obi infundib. angerissen wird. Durch sorgfältigste Präparation lassen sich jedoch grobe Verletzungen vermeiden. Die operierten Tiere waren sehr ruhig, reagierten träge auf äußere Reize, wurden ödematös und gingen nach 9—77 Tagen ohne charak- teristische Erscheinungen zugrunde (vgl. Tab. 4). Die subkutanen Lymphräume waren beim Tode häufig mit Flüssigkeit ge- füllt, während sie bei normalen Tieren völlig oder fast ganz leer sind. Tabelle 4. Lebensdauer der hypophysipriven Frösche. j | Lebens- Lebens Frosch Operiert am \ . dauer Frosch Operiert am dauer | in Tg | in Tg x 11. IX. 1919 (25) 3) N 22. %.1919 1 (4) 1% DS N 18 B 22. X.1919 (34) 1 16 BGE) 76 ii 22 REEIU 13 2 18. IX. 1919 (19) ht 22. Re an 3) 235 DS ONE 9 3 6... XT.1919 21 6 23. IX. 1919 (10) 4 GREAT 16 e) 28 ID, 191® 50 m 13. RE (29) Y ZI Re 9 35 a 3. XH. 1919 (33) 7 10. X. 1919 (10) b 3. XII 1919 (33) 8 LSER II (10) [© 4. XII. 1919 25 d 5 2a0R EhS) 54 !) Arch. f. d. ges. Physiol. 146, 3. 1912. *) Physiol. Untersuchungen über d. Endorgan d. N. VIII. 53. Wiesbaden 1892. ®) Die eingeklammerten Zahlen beziehen sich auf getötete Tiere. Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. 227 Verfolgt man die Wasserumsätze der hypophysipriven Frösche an Hand der Tabelle 5, so ersieht man hieraus einmal eine Verminde- runs der Wasseraufnahme, weiter eine Verminderung der ‘“ Harnabscheidung. Die gleiche Verlangsamung der Ausscheidung läßt sich nach subkutaner Injektion von Ringerlösung feststellen, wobei die Tiers trocken saßen. Der hypophysiprive Frosch scheidet in gleicher Zeit nur !/, bis !/, der Harnmenge des normalen ab; die Lymphräume enthielten dann bei den operierten Tieren einen Teil der injizierten Flüssigkeitsmenge. Tabelle 5. Exstirpation der Hypophyse. (Bezeichnungen wie in Tabelle 1.) Kontroll- Wasserauf- | Harnmenge en Zeit en Oper. Fr. I. (Oper. Fr. :L| \ahme in % in % = Bemer- A.-G.|N.-G. | A.-G.|N.-G. A.-G.|N.-G. IKeI E BETR IERE NET UT en 18. IX. |11&p.m.| — [38,01 — 39,01 — |39,2| — | — | — | — | — | —|a) !) operiert 19.IX.| 82 a.m.|39,2|37,7140,4 39,9[41,2|40,7|3,2 | 3,6 |5,1|3,8|1,2|1,2] in Wasser 19.IX.|| 6% p.m [40,0 |38,8]40,8 | 40,6[41,4, 41,1[6,1|2,3|1,7[3,0/0,5 10,7| gesetzt. 20.IX.| 88 a.m.[41,9|38,5[42,8|41,3]43,5|42,5|7,9| 5,4 |5,8[8,1 | 3,5 2,3 2. X.| 9a.m.| — |40,9| — 137,4| — |52,8|— | — —|— | — |—|b) trocken & gesetzt. 2. X.|10ßa.m.| — |39,0| — |36,1| — |51,5|— | — |—|— |— | —| in Wasser gesetzt. 2. X.|| 6%p.m.[41,2|39,2[38,8| 38,3]53,5|52,6[5,6 | 7,5|3,9]4,9| 1,3] 1,7|(operiert am | 23. IX.) 16. X.| 82a.m.| — [35,01 — 138.0) — 1396| — | | — | — 17. X.| 5%9.m.|37,7 | 35,2|39,9| 39,2]41,0 40,6|7,7 5,0 3,5[6,6|1,8|1,0| c) trocken | gesetzt. 17. X. 6bp.m.| — 134,0] — 138,1] — |38,6 —- —| in Wasser | gesetzt. 17. X.|| 9%p.m.|35,1|34,1|38,9|38,7[39,339,2[3,2|2,1|1,812,8|0,5 [0,3 IV. Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen sind in der nachstehenden Tabelle 6 zusammengefaßt, und zwar sind die angeführten Zahlenwerte der Flüssigkeitsumsätze Mittelwerte, die aus allen angestellten Ver- ' suchen errechnet wurden. Auffallend ist die Neigung der operierten Tiere (vorausgesetzt, daß der betr. Eingriff überhaupt nachweisbare Folgen erkennen ließ) zur Wasserretention. Es liest hier der Gedanke nahe, daß die wasserabschei- denden Organe empfindlicher und mehr von der Integrität anderer Or- ‚gane abhängig sind als das resorbierende Organ, nämlich die Haut. Eine Steigerung der Wasseraufnahme und Harnproduk- tion trat nur nach Abtrennung der Zweihügel und Durch- schneidung der vorderen Wurzeln ein, während nach den 1) a, b und ce sind verschiedene Gruppen von je 3 Tieren. 15* 228 i E. Pohle: Tabelle 6: Übersicht der Ergebnisse. Ab- al) Wasser- b1) Anzahl schnitt Eingriffe aufnahme Harnmenge | a—b?) | d. Ver- III B. in 20 St. in % |in 20 St. in % suche leer 0 87 BG Del a 1l Abtr.d.Zweihügel- . . . - 14.2 12,9 13 6 2b Exstirp. d.Sympath. . . . . 5.3 3,0 2,3 14 3 | Exstirp.d. Rückenmarks . . . 42 2,8 1,4 8 4a Durchschn. aller Wurzeln . . 4,4 3.3 abi X b | Durchschn. d. bint. Wurzeln . 4,4 a 1,3 8 ce || Durchschn. d. vord. Wurzeln 11.1 102 0,9 6 6 Fxstirpation d. Hypophyse . 4,9 31 1,8 21 übrigen Eingriffen, soweit sie überhaupt nachweisbare Fol- gen hatten, eine Verminderung der Wasserumsätze erfolgte. Die Steigerung der Gesamtflüssigkeitsumsätze nach Abtrennung der Zweihügel sp icht mit großer Wahrschemlichkeit für den Wegfall normalerweise vorhandener hemmender Impulse, die von diesem Gehirnteile ausgehen. Eine Steigerung der Wasserumsätze, d.h, der Wasseraufnahme und Harnsekretion, bestand auch nach Durch- trennung der motorischen Wurzeln ; allerdirgs ist sie nicht so stark aus- geprägt wie bei Verlust der Zweihügel. Hier dürften wohl vasomöto- rische Störungen im wesentlichen als Ursache in Betracht kommen. Im einzelnen müßten wir es uns etwa so vorstellen, daß die Vasokon- striktoren, die sicher in den vorderen Wurzeln verlaufen, ausfallen, und daß nur noch die Vasodilatatoren übrig bleiben. So ist es verständlich, daß wir eine gesteigerte Wasseraufnahme durch Erweiterung der Haut- gefäße und eine gesteigerte Harnabscheidung durch Erweiterung der Nierengefäße finden. Diese Annahme wird auch dadurch gestützt, daß die Flüssigkeitsumsätze eine Neigung zur Abnahme zeigen, je weiter der Zeitpunkt der Operation zurückliegt. Ganz nor- male Verhältnisse traten jedoch in keinem meiner Fälle ein. Dies würde übereinstimmen mit der Erfahrung, daß auch bei Säugern einige Zeit nach der Durchschneidung eines peripheren Nerven die zunächst ein- tretende Gefäßerweiterung wieder zurückgeht. Die im Gegensatz hierzu beobachtete Verminderung der Wasser- umsätze nach Durchtrennung der hinteren Wurzeln ließe sich dann entsprechend — wenigstens zum Teil — durch den Ausfall der Dilatatoren erklären. 1) Die Größen a und b sind arithmetische Mittel der Ergebnisse aller Versuche. 2) Positivrer Wert von a—b ist Wasserretention. 3) Durch die Zusammenfassung vieler Ergebnisse zeigt hier zufällig auch das Mittel der normalen Tiere im 20 Stundenversuch eine geringe -Wasserretention. Bei längerer Versuchsdauer nehmen sie aber wegen fehlender Ernährung stets langsam an Gewicht ab. Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. . 229 Wenn weiter Exstirpation des Rückenmarks und Durchtrennung aller Wurzeln eine Verminderung der Wasserumsätze und etwa gleich hohe Wasserretention zur Folge haben, so wird man kaum fehlgehen, wenn man diese Herabsetzung von Resorption und Sekretion auf das Sinken des Blutdrucks nach Lähmung großer Vasomotoren- gebiete zurückführt. Daß die Durchtrennung aller Wurzeln in meinen Versuchen quantitativ geringere Störungen hervorrief, als Durchschnei- dung der hinteren Wurzeln allein, ist dadurch zu erklären, daß die Durch- trennung der vorderen Wurzeln allein in gewissem Sinne umgekehrte Wirkung, nämlich Erhöhung der Wasserumsätze ergab. Abgesehen davon stimmt die Wirkung der Durchschneidung aller Wurzeln mit den Eolgen der Durchschneidung der hinteren Wurzeln überein, während die Durchschneidung der vorderen Wurzeln qualitativ entgegengesetzt wirkt. Das kann vielleicht dahin gedeutet werden, daß von den Im- pulsen, welche normalerweise das Rückenmark durchlaufen, die den hinteren Wurzeln folgenden, d. h. die gefäßhemmenden Impulse, über- wiegen. | _ Schwieriger liegen die Verhältnisse bei der Deutung der nach E xstir- pation des Grenzstranges beobachteten Verringerung der Wasser- aufnahme und Harnabgabe. Nach Asher!) verlaufen im Sympathicus die Sekretion der Niere hemmende Fasern (bei Katzen); man hätte daher — unter der. Voraussetzung, daß dies auch auf die Amphibien zutrifft — erwarten sollen, daß Verlust der hemmenden Fasern Ver- mehrung der Absonderung bewirkte. Das trat aber bei den von mir operierten Fröschen nicht ein. Sicherlich hat die Exstirpation des Grenz- stranges und seiner Ganglien vasomotorische Störungen zur Folge, Störungen, die sich bei meinen Tieren selbst wochenlang nach der Opera- tion noch zeigten ; denn die Hautgefäße, die beim Frosch besonders stark entwickelt sind, waren mangelhaft gefüllt. Auffallenderweise machten auch Herz und Leber einen anämischen Eindruck. Es scheint also diese Vasomotorenstörung so im Vordergrund zu stehen, daß möglicherweise der Ausfall der spezifischen, die Sekretion hemmenden Wirkung nicht in Erscheinung tritt. Aber hierzu kommt noch ein zweites. Der Sympathicus soll für die Hypophyse sekretorische Fasern liefern; das haben Weed, Cushing u. Jacobson?), Shamoff®) — allerdings unter dem Wider- spruch von Rebensu. Liftschitz®) — aus ihren Versuchen geschlos- sen. Shamoff kam zu dem Resultat, daß die nach Reizung des Hals- sympathicus beobachteten Erscheinungen — Steigerung der Diurese 1) Dtsch. med. Wochenschr. 34, 1000. 1915. *) John Hopkins Hospital Bull. 24, 40. 2) Americ. Journ. of physiol. 34, 279. *) Dasselbe 36, 47. 230 . E. Pohle: und Glykosurie — mit den Wirkungen der Injektion des Hypophysen- hinterlappenextraktes übereinstimmen. Die Steigerung der Diurese nach Sympathicusreizung trat auch nach Durchschneidung aller Nieren- nerven noch ein, muß also ihren Weg zur Niere über ein Hormon durch die Blutbahn nehmen. Mit diesen Befunden decken sich z. T. meine Beobachtungen an den operierten Fröschen; sowohl die Exstirpa- tion des Sympathieus als auch die Exstirpation der Hypo- physe setzen den Wasserstoffwechsel herab, d. h. Resorp- tion und Sekretion. Schon von Narboute!) wurde die Beobach- tung gemacht, daß der gesamte Stoffwechsel hypophysipriver Tiere im Vergleich zu normalen vermindert ist. Es erhebt sich daher hier die wichtige Frage, wo der Angriffspunkt des Hypophysensekretes zu suchen ist, ob es elektiv auf die Nierenepi- thelien wirkt, wie Schäfer und Herring?) u. a. annehmen, oder ob man ihm eine allgemeine Wirkung auf alle Körperzellen zuschreiben muß. Besonders die letztere Ansicht ist vielfach in neuerer Zeit diskutiert worden, und Veil?) hat in seiner Studie über intermediäre Stoffwechsel- vorgänge beim Diabetes insipidus gezeigt, daß vieles für diese Auf- fassung spricht. Auch die Ergebnisse meiner Versuche spre- chen entschieden für eine allgemeine Zellwirkung des Se- kretes, das die Hypophyse unter normalen Umständen ab- gibt; denn wie sollte man gerade hier die Verminderung der Wasser- aufnahme und der Harnsekretion bei meinen hypophysipriven Fröschen deuten? Allerdings überwiegen die Ausfallserscheinungen seitens der Nieren; das ist aber schon allein mit der viel größeren Empfindlichkeit der Drüsenzellen der Nieren zu erklären; je höher die Zellen differen- ziert sind, desto niedriger liegt sicher ihre Reizschwelle, besonders wo es sich um Stoffe handelt, mit denen der Organismus in winzigen Mengen arbeitet und doch die größten Wirkungen erzielt. Weiter geht aber auch aus meinen Beobachtungen hervor, daß sicher nicht die Niere allein für Störungen im Wasserhaushalt verantwortlich zu machen ist, ein Gedanke, den z. B. Eppinger*) in der menschlichen Pathologie ver- folgt hat [siehe auch die Arbeit von Veil3)]. Das Gewebe und die Gewebsspalten — bei den Amphibien auch die mächtig ausgebildeten Lymphsäcke — spielen hierbei eine wichtige Rolle. Die charakteri- stischen Hautödeme meiner hypophysipriven Frösche, die Flüssigkeitsansammlung in den normalerweise leeren Lymphsäcken sprechen sehr hierfür, weil diese Erscheinungen a) L’hypophyse cerebrale et sa signification pour l’organisme. St. Petersburg 1903. Zit. nach Biedl. ?) Proc. of the Royal Soc. %%, 571. 3) Biochem. Zeitschr. 91, 317. 4) Zur Pathologie und Therapie des menschl. Ödems. Barlin 1917. Der Einfluß des Nervensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. 231 bei den entnierten Fröschen nicht eintraten. Wahrscheinlich liest also eine Störung des Stoffwechsels der Zellen vor, bedingt durch den Ausfall der Tätigkeit der Hypophyse, nicht eine no tele Funk- tion de: Nieren allein. | Wie sich im einzelnen die regulatorischen Vorgänge abspielen, ob die Wasserretention mit einer Retention mineralischer Stoffe im Gewebe, in der Lymphe oder im Blut einhergeht, darüber müssen weitere Ver- suche Aufschluß geben. Daß jedenfalls der Ablauf der osmotischen Pro- zesse im Froschorganismus nicht allein nach physikalisch-chemischen Gesetzen erfolgt, sondern dem Einfluß übergeordneter nervöser Zentral- organe und auch endokriner Drüsen (H:ypophyse) unterliegt, das glaube ich aus meinen Versuchen und Beobachtungen schließen zu dürfen. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Bethe, habe ich viel zu danken; doch das läßt sich hier nicht mit wenigen Worten sagen. — Für die An- regung zu der vorliegenden Arbeit sowie das große Interesse, das er ihr stets ent- gegenbrachte, möchte ich ihm auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. Über die Beziehungen der Milchsäure zur Wärmebildung und Arbeitsleistung des Muskels in der Anaerobiose. Von Otto Meyerhot. (Aus dem Physiologischen Institut der Universität Kiel.) Mit 7 Textabbildungen. (Eingegangen am: 15. März 1920.) Die folgenden Untersuchungen wurden mit Unterstützung der Jagor- stiftung (Berlin) ausgeführt, der auch an dieser Stelle mein bester Dank für die gewährte Hilfe ausgesprochen sei. Inhaltsansgabe: Einleitung. I. Kapitel. Über das Milchsäuremaximum. l. Methodisches (S. 234). 2. Das Milchsäuremaximum bei der Chloroformstarre. (S. 242). 3. Das Milchsäuremaximum bei Ermüdung (S. 245): a) Tetanus. b) Einzelreize. e) Unvollständige Ermüdung. d) Einfluß der Temperatur. e) Einfluß der Jahreszeit. f) Isometrisches und isotonisches Maximum. 4. Milchsäurebildung in der Ruheanaerobiose (S. 256). II. Kapitel. Vergleich von Wärme und Milchsäurebildung unter anaeroben Bedingungen (S. 257). 1. Methodisches (S. 257). 2. Chloroformstarre (S. 260). 3. Wärmebildung bei elektrischer Reizung des Muskels (S. 263). 4. Ruhe-Anaerobioseversuche (S. 268). III. Milchsäurebildung und isometrische Leistung (S. 274). 1. Methodisches (S. 276). 2. Milieuversuche (S. 279). 3. Temperaturversuche (S. 280). Einleitung. Daß ein Verständnis für die Energieumwandlungen im arbeitenden Muskel nicht allein aus der physikalischen Analyse der Muskelarbeit gewonnen werden kann, wie sie die klassische Physiologie seit Helm- h oltz vorwiegend betrieb, sondern daneben die Kenntnis der chemischen OÖ. Meyerhof: Die Energieumwandlungen im Muskel. ]. 233 Vorgänge und ihrer Zuordnung zu den thermischen und mechanischen Äußerungen der Muskeltätigkeit unerläßlich ist, diese Wahrheit ist im Laufe des letzten Dezenniums immer mehr zum Allgemeingut der Erforscher des ‚‚Muskelproblems‘‘ geworden. Seit Fleteher und Hop- kins!) in ihrer klassischen Untersuchung über die Milchsäurebildung im arbeitenden Muskel das Augenmerk der Forschung auf die gesetz- mäßigen Beziehungen gelenkt haben, die zwischen den mechanischen Vorgängen Arbeit, Ermüdung, Starre, Erholung einerseits, dem Auf- treten und Verschwinden der Milchsäure andererseits bestehen, sind eine Reihe. vortrefflicher Arbeiten erschienen, die viel Licht in diese Verhältnisse gebracht, manche Rätsel. gelöst und manche neue auf- gegeben haben. Es sei nur an die Wärmemessungen Hills und seiner Mitarbeiter, an die Untersuchungen der Embdenschen Schule über die Milchsäurevorstufe, an die Studien v. Fürths über die Totenstarre, an die Arbeiten von Weizsäcker, Parnas, Verzär erinnert. Da in jüngster Zeit einige umfangreiche Referate erschienen sind, die den Gegenstand nach dem neuesten Stand der Forschung erschöpfend behandeln, kann ich mich im folgenden darauf beziehen. Es sind dies die Referate von Verzär?) „Über den Gaswechsel des Muskels,‘“ von A. V. Hill®) ‚Über die Beziehungen zwischen der Wärmebildung und den im Muskel stattfindenden chemischen . Prozessen‘, sowie von A. v. Fürth®) ‚Die Kolloidehemie des Muskels und ihre Beziehung zu den Problemen der Kontraktion und der Starre‘“. Im Zentrum unserer Betrachtungen über den Arbeitschemismus des Muskels steht die Milchsäure. Ob diese, wie es wahrscheinlich ist, direkt oder auf indirektem Wege den Kontraktionsvorgang hervor- ruft, ist dafür gleichgültig, aber daß sie mit ihm in engster Beziehung steht, ist außer Zweifel. Diese Verbindung wird durch das folgende noch enger erscheinen als bisher. Auftreten und Verschwinden der Milchsäure sowie ihr weiteres chemisches Schicksal, die Verknüpfung dieser Vorgänge mit dem Sauerstoffverbrauch und der Wärmebildung im Muskel, endlich der Vergleich der Milchsäurebildung mit den mecha- nischen Äußerungen der Muskeltätigkeit ist der Gegenstand dieser und - der folgenden Arbeiten. | In dieser ersten Arbeit berichte ich nur über die Vorgänge in der Arbeitsphase des Muskels, während in der folgenden die Erholungs- phase untersucht wird; in einer späteren soll dann dem weiteren Schick- sal der Milchsäure nachgegangen werden. 1) Journ. of physiol. 35, 247. 1906—07. 2) Asher-Spiro, Ergebnisse der Physiologie 15, 1. 1916. 3) Ebenda. S. 340; diese Arbeit ist leider durch Übersetzungsfehler, Ver- tauschen von Tabellen und Figuren bis zur Unverständlichkeit entstellt. *) Asher - Spiro, Ergebnisse der Physiologie 17, 363. 1919. 234 O. Meyerhof: I. Kapitel. Über das Milchsäuremaximum. 1. Methodisches. Die Untersuchungen von Fletcher und Hopkins müssen zweifellos der Ausgangspunkt aller Methodik von Milchsäurebestimmungen sein. Sie haben wohl abschließend alle Fehler vermeiden gelehrt, die durch Neubildung oder Schwund von Milchsäure durch fehlerhafte Behandlung der Muskeln entstehen, und einen Weg angegeben, der zu quantitativen Messungen brauchbar ist. Aber eine andere Frage ist, ob die von ihnen gewonnenen Zahlen nicht nur unter sich gut vergleichbar, sondern auch absolut richtig sind, insbesondere ob nach fünf- maliger Ausschüttlung einer angesäuerten wässerigen Lösung mit Äther (von drei- fachem Volumen) die Extraktion der Säure als quantitativ beendet angesehen werden kann. Sie selber haben daran gezweifelt, aber doch nicht, soweit ich’ sehe, die ge- naue Größe dieses Fehlers ermittelt und ihre Zahlen auch nicht auf Verluste korrigiert. Der erste Verlust könnte schon dadurch veranlaßt werden, daß in dem in Alkohol ausgedrückten und ausgewaschenen Muskel ein Teil der Milchsäure an denRückstand gebunden zurückbleibt. v. Fürth hat diesen Verdacht kürzlich generell für alle bisherigen Milchsäurebestimmungen ausgesprochen), da nach Mondschein beim Auskochen des Muskels etwa !/, der Säure an Muskel- eiweiß gebunden bleiben und erst durch Verflüssigen des Muskelrückstandes in Alkali in Freiheit gesetzt werden?). Es ist indes von vornherein unwahrscheinlich, daß ein in Alkohol entwässerter zerriebener Muskel ein ähnliches Bindungsvermögen besitzt. Ich habe mich von den möglichen Verlusten dadurch überzeugt, daß ich den Rückstand von 60 g Froschmuskel, der zu einem Versuch von Chloroform- starre gedient hatte, mit einem Milchsäuregehalt von 0,55% (vgl. Versuch 8, Tabelle VII) nach Mondschein in 2proz. Natronlauge gelöst habe. Die Flüssig- keit wurde mit Ammonsulfat und Natriumchlorid im Überschuß versetzt, durch Glaswolle filtriert, mit Schwefelsäure überneutralisiert und ein abgemessenes Volumen mit Amylalkohol extrahiert. In etwa !/,, der gesamten Menge befand sich 1,1 mg Milchsäure. In der ganzen Menge also etwa 16 mg. Da im ganzen in der Muskulatur 365 mg Milchsäure bestimmt wurde, entspricht dies etwa 4%, des Milchsäuregehalts, wobei es jedoch möglich ist, daß ein Teil erst durch Spaltung ausgelaugter Kohlehydrate in Alkali entstanden ist. Der Verlust der Milchsäure im Muskelrückstand beträgt also nur höchstens etwa 4%, des gesamten Gehaltes. Es ergibt sich kein größerer Verlust, wenn man eine bestimmte Menge milch- sauren Lithiums zu zerriebener Muskulatur von bekanntem Milchsäuregehalt hin- zusetzt und dieses Gemisch wie üblich verarbeitet. Z. B. zwei Schenkel von zu- sammen 7,9 g von nach Vorschrift getötetem Frosch, ungereizt, wurden getrennt auf Milchsäure verarbeitet. Der eine Schenkel, 3,95 g, gab 0,85 ccm n/100 Jod (korri- giert) = 0,33 mg Milchsäure —= 0,010%, zu dem anderen Schenkel wurde 5 cem n/100 Lithiumlactat hinzugesetzt, und dieser dann ebenfalls verarbeitet. Es ergab sich 10,4 ccm n/100 Jod (korrigiert), nach Abzug des Ruhegehalts 0,85 cm also 9,55 cem, statt theoretisch 10 cem. Es fehlen also auch hier etwa 4%. Im übrigen fällt die Differenz in die Fehlerbreite der Milchsäurebestimmung im Muskel?). 1). Asher -Spiro a.a. O. S. 386. 2) Biochem. Zeitschr. 42, 105. 1912. 3) Obige Kontrollversuche wurden erst angestellt, als die Arbeit weit vor- geschritten war. Es wurde daher unterlassen, die hier ermittelten 4%, Verlust bei der Korrektur (s. das folgende) zu berücksichtigen und alle Bestimmungen daraufhin umzurechnen. Es wäre jedoch richtiger gewesen, unter Berücksich- tigung dieses Milchsäureverlustes statt des im folgenden ermittelten Faktors von 1,19.den Faktor 1,24 zu benutzen, was für genaue Verwertung der erhal- tenen Durchschnittszahlen dieser und der folgenden Arbeit zu beachten ist, ee Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 235 Die alkoholische Lösung der Milchsäure wird von Fletcher und Hopkins völlig zur Trockne eingedampft, dann mit Wasser aufgenommen, nochmals zur Trockne eingedampft, und nach Abdestillieren des Äthers findet ein drittes Ein- dampfen statt. Dazu machen sie die Bemerkung, daß dadurch kleine Mengen flüchtiger Säuren entfernt werden, während nur unmeßbar geringe Verluste an Milchsäure auftreten. Ich habe in zahlreichen Fällen die Beobachtung gemacht und auch in Kontrollbestimmungen mit milchsaurem Lithium bestätigt gefunden, daß man wohl vorsichtig auf dem Wasserbad die mit etwas Wasser versetzte alkoholische oder ätherische Lösung knapp zur Trockne eindampfen darf; sobald man aber den Rückstand vollständig eintrocknet und auch nur kurze Zeit auf dem kochenden Wasserbad erhitzt, treten schon Verluste an Milch- säure ein, die bei sehr kleinen Milchsäuremengen prozentual recht groß sein können. Ja bei längerem derartigen Erhitzen kann man, wenn man es mit wenigen Millisramm Milchsäure zu tun hat, die Hälfte zum Verschwinden bringen. Dieser Punkt muß jedenfalls sorgfältig beachtet werden. Trotzdem kam bei dem wech- selnden Gasdruck der Sperrzeiten in meinen Versuchen wiederholt das Ver- sehen vor, daß das Eindampfen zu lange fortgesetzt wurde und es mindestens unsicher blieb, ob dadurch Verluste hervorgerufen wurden. In wenigen solchen Fällen, wo keine Doppelbestimmungen mehr ausgeführt werden konnten, habe ich, falls der Fehler nur unbeträchtlich sein konnte, die Bestimmung verwertet, aber ebenso wie andere Versuche mit Verlusten geringen Umfangs mit einem Stern versehen (*). Diese Zahlen sind also um einen nicht genau angebbaren Betrag (etwa 5—15%) zu klein. Das größte Bedenken hinsichtlich quantitativer Vollständigkeit muß sich gegen die Extraktionsmethode der englischen Autoren richten. Sie haben die wässerige Lösung mit !/, Volumen stark konzentrierter Phosphorsäure an- -gesäuert, aber im übrigen nicht mit Salz gesättigt. Nach den Bestimmungen von Ohlsson!) ist der Teilungskoeffizient von freier Milchsäure zwischen Äther und Wasser gleich 0,1 und wird durch Mineralsäuren nur wenig geändert, wohl aber durch Sättigung mit Ammonsulfat, wo er 0,3 beträgt. Läßt man nun den Teilungs- koeffizienten durch die starke Phosphorsäure sich auf 0,2 verändern, so ergibt sich, daß beim fünfmaligen Ausschütteln mit dem dreifachen Volumen Äther die . Teilungszahlen für die wässerige Lösung 62,5; 39; 24; 15; 9,4 sind; mithin bleiben, wenn sonst ohne jeglichen Verlust gearbeitet wird, etwa 10% zurück. Schüttelt man dagegen nach Parnas?) zehnmal mit dem gleichen Volumen Äther unter Sättigung mit Ammonsulfat, so berechnet sich der Extraktionsverlust theoretisch (jedesmal absolutes Gleichgewicht vorausgesetzt) nur zu 2%. Nachdem ich jedoch auch bei zehnfachem Ausschütteln mit-Äther stets Extrak- tionsverluste von gegen 10%, erhielt, ging ich zu der von Ohlsson angegebenen Methode der Extraktion mit Amylalkohol über (Teilungskoeffizient Amyl- alkohol: Ammonsulfat gesättigtes Wasser —= 1,3), dieich, abgesehen von besonderen Vergleichsversuchen, für alle Experimente dieser Arbeit verwandt habe. Hiermit kann man bei gleichem Zeitaufwand, fünffachem Ausschütteln der sauren Lösung mit Amylalkohol und fünffachem Ausschütteln des Amylalkohols mit Soda und einer Reihe weiterer Manipulationen, die nicht mehr Zeit beanspruchen als die Verarbei- tung des Ätherrückstandes, tatsächlich eine vollständige Extraktion erzielen und zu Werten gelangen, die sich auch bei sehr geringen Mengen Milchsäure von den Kontrollbestimmungen ohne Extraktion kaum unterscheiden. Gegenüber der von den englischen Autoren befolgten Methode der Wägung der Milchsäure als wasserfreies Zinklactat hat sich inzwischen die Milchsäure- t) Skandinav. Arch. f. Physiol. 33, 231. 1916. ?) Zentralbl. f. Physiol. 30, 1. 1915. 236 O. Meyerhof: bestimmung von Fürth und Charnass dank ihrer größeren Bequemlichkeit und Feinheit allgemein eingebürgert und kommt für die Bestimmung weniger Milli- gramm Milchsäure allein in Betracht. Parnas hat hierfür ein Mikroverfahren im Anschluß. an Embden!) ausgearbeitet, das ich übernommen habe. Nur habe ich zur Zersetzung nicht n/1000 Kaliumpermanganat, sondern, falls es sich um etwas größere Mengen Milchsäure handelte (4—20 mg) n/200, wenn Mengen unter 4 mg zu erwarten waren, n/400 benutzt. Weitere Verdünnungen ergaben mir keine genaueren Resultate. Es erwies sich als notwendig, die Vorratsflasche von Bisulfit (n/100) gegen Luftkohlensäure zu schützen und die Flüssigkeit aus einer mit Natronkalkrohr versehenen Bürette in die Vorlage abzufüllen. Ohne diese Vor- sichtsmaßregel band die Lösung nach längerem Stehen an der kohlensäurehaltigen Luft den Aldehyd nicht mehr quantitativ. Zur Titration diente n/100-Jodlösung. Diese wurde eingestellt mit Natriumthiosulfat, welches wiederholt mit Kalium- permanganat titriert wurde; Einstellung des Kaliumpermanganat mit Natrium- oxalat (1 ccm n/100 Jod = 0,45 mg Milchsäure). Sowohl vor Beginn der systematischen Versuche wie auch häufig zwischen denselben wurden Kontrollbestimmungen mit Kahlbaumschem Lithium- lactat gemacht. Die Präparate wurden vor Benutzung bei 105° getrocknet. Es wurden jeweilig bestimmt die Werte, die bei unmittelbarer Verarbeitung einer n/50- oder n/100 - Lösung des milchsauren Salzes erhalten wurden, ferner nach Ausschüttelung mit Amylalkohol bzw. Äther und schließlich’ solche, die sich er- gaben, wenn die Lösung des Lithiumlactats alle Prozeduren durchgemacht hatte, die der Muskelauszug bei seiner Verarbeitung erfährt: Verreiben mit Sand in Al- kohol, Ausdrücken in Gaze, Filtration durch Papier, Eindampfen usw. Theore- tisch erwies es sich als möglich, verlustlos zu arbeiten. Das Fürth - Charnass- sche Verfahren selbst arbeitet bekanntlich nicht quantitativ. Bei der von mir be- nutzten Modifikation und den in Betracht kommenden Milchsäuremengen ent-- gehen 4—10%, im Durchschnitt 7%, der Bestimmung. (Vgl. Tabelle I.) Indes Tabelle I. Direkte Milchsäurebestimmungen nach Fürth-Charnass (Milchsaures Lithium). Datum Benntzte / Auf 1 cm n/,, Milchsäure Ne 181921900), Menge) | u ler) nn ee en” 1 98. 1.2 bem2/,0217187752°.0:985 18,45 8 2 28. 1. |5Bemn/. | 18,6 0,985 18,35 8 3 1. 2072 ö%emeD/20, 118:252102.0:985 18,0 10 4 a2 106 ya ne ze | 6 5 321123 (Dfemer/ 2 ar 0,485 | 183 8.5 6 6. RU bieminy;o | 118,9 00 es gre 5,5 Ta 31 x Ofeman) a) 0028. 218 oe 0) 110-0 Atemeny: lo O0 ot 9 a, IE | 2% 70072 018,2 8 Durchschnitt 18,58 2,1%: war ein solches verlustloses Verarbeiten der Muskelextrakte sehr zeitraubend; es mußte sehr häufig nachgespült, deshalb mehrmals größere Flüssigkeitsmengen eingedampft werden und man verbrauchte viel Amylalkohol. Ich befolgte viel- mehr ein „Routineverfahren‘, dessen Gesamtverlust in mehreren Bestim- mungen sich übereinstimmend auf 3—10% ergab, was, zu dem Defizit der Fürth- 2) Abderhaldens Arbeitsmethoden V, 2, 8. 1256. 2) Freie Milchsäure. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. Dan schen Methode hinzuaddiert, ein Minus von 15—17% ergibt, so daß alle erhaltenen Werte mit dem Faktor 1,19 multipliziert werden mußten !!). Innerhalb der Arbeit änderte ich gelegentlich das Zusatzglied etwas, je nach der Genauigkeit, mit der verfahren wurde und gewissen Modifikationen, doch lag es bei normalen Versuchen stets zwischen 17 und 20%; die Differenzen sind also unwesentlich. Nur wenn irgendwo geringe Verluste vorkamen, besonders beim Eindampfen von milchsäurehaltiger Ringerlösung wurde mit einem Gesamtdefizit von 17—20% gerechnet, und mithin als Zusatzglied 20—25% zur Bestimmung addiert. Außer im Muskel mußte für die Versuche des Kapitels II die Milchsäure in größeren Quantitäten Ringerscher Lösung bestimmt werden. Ich habe dann einen aliquoten Teil nach der Vorschrift Embdens für Blut verarbeitet?): Zusatz von Sublimat und Salzsäure, Entfernung des Quecksilbers mit Schwefelwasser- stoff. Ein Teil der von Schwefelwasserstoff befreiten, mit Natronlauge fast neutra- lisierten Lösung wurde im Vakuum bei 55° auf wenige Kubikzentimeter einge- dampft, mit Ammonsulfat gesättigt und wie die Muskelextrakte mit Amylalkohol ausgeschüttelt. Bei reichlichem Milchsäuregehalt der Flüssigkeit konnte das Ein- dampfen im Vakuum unterbleiben. Es wurden dann 10 ccm direkt ausgeschüttelt. Die Verluste beim Eindampfen sind etwas höher als bei der Muskelverarbeitung, es wurden 20—22%, als Zusatzglied addiert. Über den Vergleich der Ergebnisse bei Amylalkohol- und Ätherextrak- tion geben die Tabellen IT und III Aufschluß. Die Ätherextraktionen waren jeweils den entsprechenden Amylalkoholversuchen hinsichtlich Genauigkeit, ‚Mengenverhältnissen vollständig analog. Es entsprechen sich also in Tabelle II Versuch 1 und 2 einerseits und 8, sowie Versuche 4—7 und 9 und ebenso sind die Extraktionen bei den Versuchen der Tabelle III genau übereinstimmend. Es wurde zehnmal mit der doppelten Menge Äther ausgeschüttelt. Ä Tabelle II. Milchsäurebestimmung nach Extraktion mit Amylalkohol und Äther. a) Amylalkohol. | Gesamtdefi- Ne Daum | Menue Zerandtung jcamzod mer |Auttemsuil sid Wer 1919 hyabest.) 1 1. | 5em%,, | direkt extrahiert | 18,85 | 0,985 18,55 7 2 DNB cm2:o ” pö Bel 50,925 18,2 9 3 121.V. 5cem2/,o | Vollständ. Kontrolle | 17,95 | 1,00 17,95 10 m. vermehrt. Spülung 4 || 7.III.| 5cmA),, | Vollständ. Kontrolle | 33,8 | 0,985 16,65 1 „koutinemethode“ 5 11. III) 3 cm %/,, & 20,4 | 0,985 16,75 16 6 121.V. | 5em2);o 3 17,05 | 1,00 17,05 15 are em; ” 16,0 | 1,00 16,65 IR 1 Routinemethode. Durchschnitt 16,8 . 16 b) Ather. 8|1.1.|5em%), direkt extrahiert | 16,25 | 0,985 16,0 20 9 131.X. | 5cm%/,, | Vollständ. Kontrolle | 13,85 | 1,00 14,4 28 entspricht „Routine- methode‘ | 1) Vgl. Anm. 3 S. 234. 2) Abderhaldens Arbeitsmethoden V. 2, 8. 1254. 238 O. Meyerhof: TabellelIlII. Vergleich von Äther- und Amylalkoholextraktion in Muskelauszügen, Datum % ccm Jin aliquotem Teil | Minus « o [73 1 Nr. | Muskelbehandlung ' Milchsäure | Amylalkohol- | Äther- % in 19197 | | extraktion |extrakt.) Ather 10 x direkte tetan. R. | 0,225 12,0, Bu e 0X | indinekeiiielrein Mose ei 19,9 ie Zu Vergleichszwecken und vor allem zum Entscheid der Frage, ob wirklich alle aldehydbildende Substanz der Extrakte auch Milchsäure ist, habe ich in einer Reihe von. Versuchen die Milchsäure als wasserfreies Zinklactat bestimmt. Es wurde die mit überschüssigem Ammonsulfat und 2cem glasiger Phosphorsäure versetzte Lösung zehnmal mit annähernd der doppelten Menge Äther ausgeschüttelt (meist 20 cem Äther bei 12ccm Extrakt), der Äther unter Zusatz von 10 cem Wasser abdestilliert, das zurückbleibende Wasser ab- gegossen, reichlich mit heißem Wasser nachgespült, filtriert und das Filtrat 2 Stunden erst auf dem Wasserbad, dann bei offener Flamme in einem Porzellan-, schälchen mit 0,5 g sehr gut gewaschenem Zinkcarbonat digeriert; nachher filtriert, in gewogenem Krystallisierschälchen eingedampft, bei 105° bis zur Gewichts- konstanz getrocknet; darauf wieder gelöst und in einem aliquoten Teil die Milch- säure als Aldehyd bestimmt. Die Behandlung mit Bleicarbonat wurde unter- lassen, da nicht die Gewichtsmenge Zinksalz, sondern die Aldehydausbeute als Maß der Milchsäuremenge benutzt wurde. Dies Verfahren, das dem der englischen. Autoren nahe kam, wurde vor allem verwandt, um ihre Zahlen mit den meinigem bei ermüdetem und starrem Muskel zu vergleichen. In der Tat stimmten die Werte jetzt vollständig mit den ihrigen überein, waren dagegen um etwa. 15% kleiner als die unkorrigierten, also 25%, kleiner als die auf Verlust korrrigierten Werte meiner eigenen Routinemethode. Gegenüber etwaigen Zweifeln, ob nun alle Aldehyd bildende Substanz tatsächlich Milchsäure sei, ist aber zu bemerken, daß. bei Kontrollen mit milchsaurem Lithium sich ein gleiches Defizit von etwa 15% ergab und andererseits, daß wenn an die Ätherextraktion direkt eine Aldehyd- bestimmung angeschlossen wurde, ebenfalls ein Minus von gegen 10%, auftrat. Der Hauptgrund der Differenz liegt also zweifellos an der Extraktionsmethode und den Verlusten der Verarbeitung in beiden Fällen. Trotzdem könnten ganz wenige Prozente bei der Aldehydbestimmung etwas anderes als Milchsäure sein; so fand Mondschein im totenstarren Muskel etwas -Oxybuttersäure gleich 1°5 der anwesenden Milchsäure. Der Umstand, daß in meiner Arbeit derartige Spuren fremder Säuren als Milchsäure gerechnet werden, ist keinesfalls für irgend- eine der in der Arbeit behandelten Fragen von Bedeutung. Tabelle IV. Zinksalzdarstellung mit anschließender Aldehydbestimmung. mg Davon Ä Sa. Theor. Nr.|| Datum ee Behandlung| Zm- |f:Alde- | "m | mg. | mg [Verlust enge Lactat Ihydbest.| KOTT-”) | Milchs. |Milchs.| IE le 50 cm "za direkt | 123. |1:10|1895 | 85,3 | 86,4 oil | Milchsäure best. 1. XI. bemr/,Li-Lact./Ätherextr.| 120,5| 1:10 17,15 | 77 90 14,5. (direkt) 3 | 17. XI. bem®/;Li-Lact. 5 114,4|1:10 173 | 778 | 90 13,5 !) In dieser. Tabelle ist der Jodverbrauch schon auf 2/;oo umgerechnet und um 8°/, vermehrt, so daß der Aldehydfehler herausfällt. Daher entspricht die letzte Spalte dem Milchsäureverlust der Methode. [80] Die Energieumwandlungen im Muskel. 1. 239 Tabelle V. Vergleich von Zinksalzdarstellung mit Aldehydbestimmung und Amylalkoholextraktion an Muskelauszügen. F Milchs. | ©cm Jod in aliquotem Teil B 5 DENT: San Muskelbehandlung - ' Amylalko- Zinksalz: ruhı 1919-20 % | holextrakt. | +Aldehydbest. 5 1 255.11 indir. tetan. Reizung | 0,15 18.1 16,1 11 21. XII. indir. Einzelreizung | 0,316 18,1 15,78 13 ale. X]. Chloroformstarre 0,552 13,85 10,8 2) 4 || 12.X. Chloroformstarre 0,44 IRQ 14,3 ‚14,1 Durchschnitt 15,1 Es sei noch kurz Behandlung und Verarbeitung des Materials in ‘der benutzten Routinemethode beschrieben,: die mit leichten Modifikationen wäh- rend der ganzen Untersuchung festgehalten wurde. Die Frösche, falls irgend zu beschaffen, Rana esculenta, die im Keller kalt aufbewahrt und evtl. im Eisschrank vorgekühlt wurden, werden auf einem auf Eis stehenden Teller verarbeitet. Vor dem Ausbohren des Rückenmarks wird mit kräftigem Schnitt oberhalb des Beckens die Wirbelsäule durchtrennt, um Tötungs- streckkrämpfe zu vermeiden. Die Hinterschenkel werden dann zu dem betreffenden Versuch benutzt, meist erst nachher abgehäutet und gewogen; je nachdem, ob die Milchsäure im ganzen Schenkel oder nur im Gastrocnemius bestimmt werden sollte, wird etwas verschieden verfahren. Im letzten Fall — hierzu wurden mit wenigen Ausnahmen große Esculenten (aus Würzburg) mit Gastrocnemien von 0,8 —1,5 g benutzt — wird der Gastrocnemius sorgfältig abpräpariert, für sich ge- wogen, in kleinem Wägegläschen vorgekühlt, aber nicht gefroren, schnell in eis- gekühlten Alkohol (95%) geworfen und mit etwas Sand zerdrückt. Im anderen Fall werden die ganzen Schenkel erst in einem in Eis stehenden Glaszylinder vor- gekühlt, auf eisgekühltem Teller die Muskeln abgeschnitten und sofort von einer Gehilfin in eisgekühltem Alkohol zerdrückt. Knochen und nichtverarbeitete Muskelreste werden zurückgewogen, nachträglich die Knochen sorgfältig ab- 'präpariert. Der Abfall von Muskeln, der nicht mit auf Milchsäure verarbeitet ist, wurde für die Berechnung der für den Versuch, z. B. Wärmemessungen, benutzten Muskelmenge zum übrigen Gewicht hinzuaddiert. Die zerriebene Muskulatur blieb in Alkohol über Nacht stehen, wurde über Gaze abfiltriert, ausgedrückt, neu mit Alkohol begossen und dies dreimal wiederholt, schließlich wurde der Alkohol durch Papier filtriert. Handelte es sich dagegen um einzelne Gastrocnemien, so - wurde gleich durch Papier filtriert, der Muskelrückstand dreimal mit Alkohol verrührt und jedesmal filtriert. Darauf ‘wurde der Alkohol auf dem Wasserbade unter Zugabe eines Siedesteinchens weitgehend eingedampft, falls nötig etwas n/10-Salzsäure zur Neutralisierung zugesetzt. Die auf einige Kubikzentimeter eingedampfte alkoholische Lösung wurde jetzt entweder direkt in offener Schale fast zur Trockne eingedampft oder, falls nicht alles gleichzeitig verarbeitet werden sollte, in Meßkölbehen übergefüllt und weiterhin ein aliquoter Teil benutzt. . In allen Wärmemessungen geschah stets das letztere. Einmal gestattete diese Ein- teilung der Gesamtmenge, stets mit derselben n/100-Titrationsflüssigkeit zu arbeiten und die zu bestimmende Milchsäuremenge in bequemen Grenzen unter 20 mg zu halten. Auf der anderen Seite erlaubte sie Doppelbestimmungen. Diese wurden bei allen wichtigen Versuchen ausgeführt. Es wurde nur so viel verwandt, daß Gelegenheit zu einer dritten Bestimmung blieb, falls sich eine größere Differenz zeigen sollte oder gelegentlich ein Versuch verunglückte. Der in dem Porzellanschälchen fast zur Trockne eingedampfte Alkohol- rückstand wird (nach Parnas) mit gesättigter Ammonsulfatlösung verrührt und 240 O. Meyerhof: unter Druck durch ein kleines Asbestfilter in den zum Ausschütteln dienenden Meßzylinder filtriert. Ich benutzte zur Filtration einen kleinen mit Capillarhahn versehenen, etwa 5cem fassenden Scheidetrichter, bei dem nur der Ansatz der Capillare bis zum Hahn mit Asbest gefüllt wurde und der oben mit einem Schlauch an die Sauerstoffbombe angeschlossen werden konnte. Das Filtrat ist fast immer wasserklar, manchmal schwach gelb. Unter dreimaligem Nachgeben von gesättister Ammonsulfatlösung (je 2 ccm) wird der Milchsäureextrakt in mit eingeschliffenem Stopfen versehene Meßzylinder von 50 cem übergefüllt, wobei darauf geachtet wurde, daß die Lösung im Zylinder nicht mehr als 10 cem betrug. Die Lösung wurde mit !/,, ihres Volumens 50 proz. Schwefelsäure und festem Ammonsulfat versetzt und dann mit Amylalkohol von gut doppeltem Volumen der gesamten wässerigen Lösung, in der Regel 25 ccm. Dann 11/),—2 Minuten geschüttelt, ab- sitzen gelassen und darauf der Amylalkohol mit einer Pipette in eine Flasche von 50 ccm Fassungsvermögen pipettiert, in der sich 10 ccm 4proz. Sodalösung be- findet. Der Amylalkohol wird mit Soda ebenfalls 11/, Minute geschüttelt, wobei die Milchsäure in die Sodalösung übergeht, absitzen gelassen, mit derselben Pipette der Amylalkohol in den Standzylinder zurückpipettiert, von neuem 11/, Minute geschüttelt, wieder in die Flasche mit Sodalösung übertragen und derart mit demselben Amylalkohol fünfmal die saure Lösung und fünfmal die Sodalösung ge- schüttelt. Das Schütteln geschah meist mit der Hand, in den späteren Versuchen der Arbeit mit der Schüttelmaschine. Am Schluß wird in dem Sodafläschchen die völlige Klärung abgewartet, dann der Amylalkohol in eine Vorratsilasche zurück- pipettiert. Um ihn zu neuen Versuchen wieder verwenden zu können, wurde er durch Destillation gereinigt. Nach dem letzten Abpipettieren wird die Sodalösung, die sich durch Abgabe von Wasser an den Amylalkohol auf etwa 6—8 ccm ver- ringert hat, in einen 10 ccm fassenden länglichen Scheidetrichter mit Capillarrohr übertragen und von da unter Zurücklassung der Amylalkoholschicht in einen größeren, 25 cem fassenden Scheidetrichter, Sodafläschchen und der erste Scheide- trichter werden nacheinander dreimal mit 11/, cem Sodalösung nachgespült, dieses Spülwasser in den großen Scheidetrichter nachgegeben, wobei die Amylalkohol- schicht zum Schluß in die Capillare des kleinen Scheidetrichters abgelassen wird, so daß alle wässerige Lösung quantitativ sich im größeren befindet. Um den in Soda gelösten Amylalkohol zu entfernen, wird dreimal mit je 2 ccm reinem Benzol ausgeschüttelt, das Benzol abpipettiert und der Inhalt des Scheidetrichters unter Zurücklassung der Benzolschichtin ein Porzellanschälchen abgelassen, dreimal mit destilliertem Wasser nachgespült, die Sodalösung in dem Porzellanschälchen mit Schwefelsäure versetzt, bis sie nach Aufschäumen neutral gegen Lackmus reagiert; sie wird zum Vertreiben des Benzols kurze Zeit auf dem Wasserbad erhitzt und auf etwa 12 ccm eingedampft; danach in einen 100 ccm fassenden Claisenschen Destillierkolben abgegossen, mit 0,5 proz. Schwefelsäure nachgespült, bis das Ge- samtvolumen 30 ccm beträgt und weiterhin ähnlich der Parnasschen Vorschrift verfahren. Unter Zugabe von Talkum wird auf einem Sandband zum Kochen erhitzt und dann aus einem graduierten Tropftrichter Permanganat entsprechend der abdestillierten Flüssigkeitsmenge zufließen gelassen, nachdem eine mit n/100 Bisulfit und Wasser (im ganzen 50 ccm) beschickte Liebigsche Vorlage mit einem Gummistopfen an das senkrecht nach unten gehende Ablaufrohr eines kleinen Liebigschen Kühlers luftdicht angesetzt war. Die Vorlage befindet sich ebenso wie die Bisulfitkontrolle in Eis. In die Bisulfitkontrolle wird später genau soviel Wasser nachgegeben, wie in die Vorlage überdestilliert ist. Um die verwandte Methode gegen alle Bedenken sicherzustellen, muß auch ermittelt werden, daß-man nicht zu hohe Werte bekommt. Diese können herrühren 1. von nachträglicher Milchsäurebildung in den Muskeln bei ihrer Ver- arbeitung; 2. von Spaltung des Zuckers beim Eindampfen der Extrakte; 3.. von Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 241 Aldehydbestimmunssfehlern infolge nicht entfernten Amylalkohols u. dgl. Punkt 3 läßt sich mit Leichtigkeit durch Leerversuche ausschließen. Punkte 1 und 2 werden ausgeschlossen durch Bestimmung desMilchsäuregehalts an frischen ungereizten, nach obiger Angabe präparierten Froschmuskeln. Die so gefundenen Werte liegen stets um 0,015% Milchsäure, bezogen auf das Muskelgewicht, niemals über 0,02% und stimmen genau überein mit dem Milchsäuregehalt von in Sauerstoff völlig erholten Gastrocnemien (vgl. nächste Arbeit, Kapitel 1). Diese Werte entsprechen den niedrigsten Anfangswerten von Fletcher und Hopkins, die in der Regel - 0,025—0,035% Milchsäure verzeichnen!). Indessen erhält man diese ganz niedrigen Werte nur, wenn die Frösche ohne Streckkrämpfe getötet werden. Das erhellt aus folgendem: Wurden die Frösche nach kurzem Tötungsstreckkrampf verarbeitet, so betrug der Anfangsmilchsäuregehalt 0,04—0,05%, in einem Fall, wo bei sehr erresbaren Fröschen ein anhaltender Streckkrampf auftrat, war der Anfangsgehalt 0,08%. Handelt es sich also darum, die durch Reizung hervorgerufene Milch- - säurebildung mit irgendeiner anderen Größe zu vergleichen, so dürfen nur völlig reizlos, getötete Frösche benutzt werden. Andererseits wurde auch der Einfluß von Manipulationen an den Fröschen, wie sie zur Vorbereitung der Wärme- messungen des Kapitel Il unvermeidlich sind, untersucht. Die Erhöhung des Milchsäuregehaltes war ganz unbeträchtlich, er blieb unter 0,02%. Ob es über- haupt einen Ruhemilchsäuregehalt gibt und die gefundenen 0,015% nicht durch unvermeidliche momentane Reizung beim Durchschneiden der Nerven, Ab- - präparieren der Muskel und Zerreibung im eisgekühlten Alkohol hervorgerufen werden, lasse ich dahingestellt; das letztere ist ja nicht unwahrscheinlich. Dieser Gehalt bedeutet dann also das methodische Fehlerminimum, das nicht unter- schritten werden kann. Für alle Fälle, wo die Milchsäurebildung unter experi- mentellen Bedingungen mit irgendeiner anderen Größe (Wärme, Arbeit, Sauer- stoff) verglichen werden sollte, wurden daher bei unkomplizierten Fällen 0,015 bis 0,02% Anfangsmilchsäure in Abzug gebracht. In einzelnen anderen Fällen, Tabelle VI. Milchsäureruhewerte in frisch getöteten Esculenten. Dat G-Mus- | cem n/,00 J; % = Bemerzungen | keln. coIT. 2) here: 26 H: || 28; .V. . getötet nach Vorschrift 1237217236 7020015 2 4. VL. a » ; la 24 11222,0:015 3 | 27. IX. | getötet nach Vorschrift (Haut mit | 5,7 1,45 | 0,65 0,011 | zerrieben) | 4| 11. X. |dgl. getötet 1% bei Zimmertemp. | 5,9 2.05 0,9 | 0,0155 le 3l.,..V. dgl. 18 bei Zimmertemp. 14,3 5,6 25 0.0175 6 | 14. VI. ‚dgl., wiefürWärmeversuch behand. 9,9 Sl 0:07 7 1. II. | nach Vorschrift. 1. Schenkel 3:95 0,85 0,38 0,010 Durchschnitt: 0,014 8 | 20. V. getötet mit Streckkrampf 12,8 13,9 | 6,25 | 0,049 9 | 27. IX. | dgl; übererregbar, starke Streck- | 6,2 10,9 4.9 10,079 krämpfe. | 1!) Die Werte der englischen Autoren für Zinklaetat habe ich stets auf Milch- säure umgerechnet. u | ?) In dieser und allen folgenden Tabellen sind die Jodwerte auf 2/9, umge- rechnet und mit 17—20°/, Zusatz versehen, zur Korrektur von Verlusten und Aldehyddefizit. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 16 242 OÖ. Meyerhof: bei leichtem Tötungskrampf, ferner wo beim Durchziehen der Drähte unter den Nerven stärkere Reizungen stattfanden, sowie in der Anfangszeit der Untersuchung 0,03—0,04%, was dem Anfangsmilchsäuregehalt der damaligen unvollkommeneren Versuchsanordnung entsprach. Durch diesen Anfangsgehalt kommt eine unvermeidliche Unsicherheit in alle absoluten Berechnungen hinein, doch läßt sich diese bei richtiger Behandlung der Frösche auf + 0,01% Milchsäure einengen. Durch den niedrigen Milchsäuregehalt der Ruhefrösche von 0,015% sind auch gleichzeitig andere methodische Bedenken widerlegt. Auch wenn wenige Prozent des Endwertes durch andere aldehydbildende Substanzen als Milchsäure bedingt sein sollten, wären auch diese Substanzen nicht präformiert, sondern müßten gleichzeitig mit der Milchsäure entstehen. 2. Das Milchsäuremaximum bei der Chloroformstarre. Das Maximum an Milchsäure, das unter verschiedenen Umständen im Muskel gebildet wird, ist seit Fleteher und Hopkins Gegenstand vielfacher Untersuchungen gewesen. Die Autoren erhielten bei der Wärmestarre ein Milchsäuremaximum von zu höchst 0,42%!) dasselbe nach, Zerschneiden des Muskels und Aufbewahren der zerkleinerten Muskulatur bei Zimmertemperatur und schließlich auch bei der durch Chloroformdampf erzeugten Starre. Jedoch war das Starremaximum in den verschiedenen Monaten nicht gleich, es lag in den Frühjahrs- monaten bei etwa 0,28%, in den Herbstmonaten bei 0,4%. Interessanter aber war noch ein anderes Faktum: Wurden die Muskeln erst gereizt und sogleich in Starre versetzt, so war das Starremaximum nicht ver- ändert, aber auch dann, wenn die Starre nach wiederholter Reizung und anschließender Erholung in Sauerstoff ausgelöst wurde, blieb das Milch- säuremaximum dasselbe. Indes der Schluß, den die Autoren daraus zogen, daß dies für eine in konstanter Menge vorhandene Vorstufe spräche, in die sich die Milchsäure jeweilig in der Erholung wieder zurück- verwandelt, kann nach den Versuchen Laquers nicht mehr aufrecht erhalten werden?2). Nach ihm entsteht das Maximum durch Selbst- hemmung der Milchsäurebildungsreaktion infolge zunehmender Aecidität; zerschnitt er die Muskeln, suspendierte sie in 2%, Bicarbonatlösung und versetzte die zerschnittenen Muskeln in Wärmestarre, so erhielt er erheblich höhere Werte; in einem Versuch (24. X. 13) z. B. 0,9% Milch- säure, während sich in Kochsalzlösung 0,4% ergab; gleichzeitig nahm der Glykogengehalt von 1,34%, in Bicarbonat auf 0,14%, in Natrium- chlorid auf 0,46%, ab. Im ersten Fall ist also fast das ganze Glykogen in Milchsäure umgewandelt. Andererseits fanden fast gleichzeitig Fleteher und Brown?), daß das Starremaximum bei Suspendierung der Froschmuskeln in verdünnter Salzsäure nur etwa 0,2%, beträgt. 1) Übersicht über die Starremaxima bei verschiedenen Tieren bei A. v. Fürth a.a. O. S. 386. ' 2) Zeitschr. f. physiol. Chemie 93, 60. 1914—15. %) Journ. of physiol. 48, 201. 1914. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 243 Unter diesen Umständen kann also die Konstanz des Starremaximums unabhängig von vorhergehender Reizung nicht für die Theorie der Rückverwandlung der Milchsäure in Anspruch genommen werden. Meine eigenen Messungen an starren Muskeln wurden größtenteils in anderem Zusammenhang vorgenommen. Ich teile die Resultate hier mit, einmal wegen der absoluten Zahlen und um die Veränderung des Maximums bei Fröschen verschiedener Herkunft zu zeigen. Wie im methodischen Teil berichtet, sind die Milchsäurewerte bei mir 20—25% höher als bei den englischen Autoren. Im übrigen ergibt sich der gleiche Unterschied zwischen Frühjahrsfröschen einerseits und Herbstfröschen andererseits, und dieser wäre vielleicht noch größer, wenn nicht die Starre bei ersteren in Ringerlösung, bei letzteren in Wasserstoffatmo- sphäre vorgenommen wäre. Die Chloroformstarre wurde in Ringer- lösung durch Zugabe von 5—8 cem Chloroform und kräftiges Schütteln hervorgerufen. Am Temperaturanstieg (vgl. Abb. 3) läßt sich, beobach- ten, daß die aktive Starre nach etwa 3—4 Stunden beendigt ist. Die Muskeln sind dann weiß, wie geronnen, und in Starreverkürzung. Die Starre in Wasserstoffatmosphäre wurde dadurch herbeigeführt, daß Wasserstoff durch eine mit Chloroform gefüllte Waschflasche unter eine geschlossene Glasglocke geleitet wurde, unter der die Muskeln auf einem Glasteller lagen. In diesem Fall blieben die Muskeln etwa 20 Stunden bei Zimmertemperatur im Chloroformdampf liegen, ehe sie verarbeitet wurden. Versuche 1 und 2: Frühjahr, Versuche 3—6: Sommer, 7—8: Herbst, und 9: Winter 10: Temporaria. (Tab. VII). Tabelle VII. Milchsäuremaximum bei Chloroformstarre. we Datum Art und Vorbehandlung Milieu Dauerd.| Temp. | G-Mus- mg Oo “| 1919-20 der Frösche Starre | Grad | keln |Milchs. | 1| 5. IH. | gr. Eseul. (Würzbg.) |Ringerlsg.| 15 | 22 67 287 0,42 Seas |:, ,, 4 g 6 | 92 | 585 | 261 10445 3| 17. VI. | Escul., frische Som- HM 67/007 1°22 32,5 | 161,5 |0,50 merfrösche (Holstein) 4 15. VII. | kl. Escul. frisch. (H.) Re Bl ale 48,3 | 235 | 0,485 5| 18.vIt. dpl. & 5h | 27,5 | 46,8 | 226,5 | 0,485 6|| 22. VI. . all r 6B 27,5 | 45,3 | 199 | 0,44 7 16. IX. | kl. Escul., frische a bu ETA 44,5 | 254 |0,57 Herbstfrösche (H.) 8| 5. XI. | große Escul. frisch. Ha 2er 13 66,3 365 10,552 (Würzburg) 9| 12.XIH. | Würzburger Escul. 18% 22h |ca.10 | 40,0 | 176 0,44 | Hungerfrösche 10| 17. II. |Temporaria.kl.Holst.. Luft 20R7 ca.16 | 16,9 3922 :0.59 In Versuchen 8 und 9 ist die Milchsäure in einem aliquoten Teil auch. als Zinksalz bestimmt, in Versuch 8 ergibt sich ohne Korrektur für Verluste 267 mg Milchsäure = 0,402%, in Versuch 9 ohne Korrektur 16* 244 O. Meyerhof; 135 mg Milchsäure —= 0,345%. Dies Ergebnis stimmt genau mit dem von den englischen Autoren in den gleichen Monaten erhaltenen überein. Es kann nicht fraglich sein, daß die hier erzielten größeren Werte lediglich auf vollständigere Extraktion und genauere Eee diuneı- berechnung zurückzuführen sind. Wodurch wird die Verschiedenheit des Milchsäuremaximums in den einzelnen Monaten bewirkt? Wenn, wie aus den Versuchen La- quers zu entnehmen ist, weder der Glykogenvorrat noch die begrenzte Menge einer Milchsäurevorstufe für das Maximum maßgebend ist, sondern die Selbststeuerung des Prozesses durch H-Ionen, so müssen wir folgern, daß in den verschiedenen Monaten eine wechselnde Emp- findlichkeit dagegen besteht. Das läßt sich auch wahrscheinlich machen. Mancherlei Anhaltspunkte sprechen dafür, daß die anaerobe Erschöp- fung durch elektrische Reizung ebenfalls durch die Zunahme der Aci- dität bedingt wird. Und man findet, daß das Starremaximum bei Fröschen verschiedener Herkunft und Vorbehandlung sich ganz ähnlich wie das Ermüdungsmaximum verhält. So fiel bei Fröschen, die in den Wintermonaten im Keller hungerten, das Starremaximum ebenso ab wie das Reizmaximum (vgl. Abb. I). Andererseits ergaben Temporarien, die noch im Winter das allerhöchste Ermüdungsmaximum aufwiesen, das ich jemals erhielt, auch gleichzeitig das höchste Starremaximum (0,59%). Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die wechselnde Emp- findlichkeit gegen H-Ion auf Neutralisationsvorgängen im Muskel oder auf einer direkten Änderung der Labilität des säurebildenden Prozesses beruht. Andere Formen chemischer Starre habe ich nicht systematisch unter- sucht, ich möchte aber der Ansicht Ausdruck geben, daß wahrscheinlich alle echte Starre, d. h. auf aktiver Verkürzung contractiler Elemente, nicht auf Schrumpfung von Bindegewebe, Gerinnung von Muskel- plasma und dergleichen beruhend, durch Milchsäurebildung hervor- gerufen wird, daß es eine andere Verkürzungssubstanz nicht gibt, und daß alle diese chemischen Körper nur zur Auslösung der Bildung von Milchsäure dienen. Wenigstens für eine Substanz, bei der man am ehesten an primäre Starre denken könnte und gedacht hat, für Natron- lauge, habe ich mich auch experimentell davon überzeugt. So betrachtet Mines!) in seiner scharfsinnigen Analyse des Kontraktionsvorganges die Natronlauge ebenso wie die Milchsäure als Verkürzungssubstanz, und sieht die Wirksamkeit beider geradezu als einen Beweis der Quel- lungstheorie der Muskelkontraktion an. In einigen Starreversuchen mit Natronlauge und Ammoniak fand ich, daß man zwar mit geringen Konzentrationen Natronlauge oder auch in Ammoniakdampf nur eine mangelhafte Milchsäurebildung erzielt. Dann ist aber auch der Muskel 2) Journal of Phys- 46, 13. 1913. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. ä 245 nicht maximal starr, sondern nur gequollen oder von teigiger Beschaffen- heit und in diesem Zustand wahrscheinlich abgestorben. Legt man dagegen den Muskel für eine: Reihe von Stunden in "/,-NaOH, wo er abgesehen von gallertiger Quellung gleichzeitig maximale Starre- contractur aufweist, so erhält er jetzt das Starremaximum. In einem solchen Versuch an Temporarien ergab sich 0,56% Milchsäure, was dicht bei dem auch sonst erreichten Maximum lag. 3. Das Milchsäuremaximum bei Ermüdung. Für die Theorie der Kontraktion von größerer Wichtigkeit als das Starremaximum der Milchsäure scheint mir das Ermüdungsmaxi- mum zu sein. Fleteher und Hopkins geben an, in 16 Versuchen das Ermüdungsmaximum nach tetanischer Reizung bestimmt zu haben und trotz weitgehender Variation der Bedingungen immer annähernd dasselbe Resultat erzielt zu haben. Alle Werte lagen zwischen 0,11 und 0,21% Milchsäure. 13 von diesen zwischen 0,135 und 0,19%, der Durchschnitt war 0,16%. „Obwohl‘, sagen sie, ‚‚der Beizstrom derselbe war, waren doch die Einzelheiten des Stromdurchgangs verschieden, ebenso die Jahreszeit, Temperatur, vorherige Ermüdung oder Ruhe der Frösche, Feuchtigkeit, Verteilung der Reize zwischen verschiedenen Muskelsruppen und Ähnliches. Die Reizperioden wurden von einer Stunde zu zwei geändert, mit den verschiedensten Variationen von Ruheinter- vallen. Obwohl wir gleiche Ermüdungsbedingungen weder erwarteten noch wünschten, so blieb doch der Milchsäuregehalt, mag er ein wahrer Indikator für die Ermüdung sein oder nicht, auffällig konstant. Es wurde immer mehr zur Überzeugung, daß das Maximum ganz dicht bei 0,16% legt. Dies stützt die An- nahme, daß unsere Durchschnittszahl so etwas wie ein Ermüdungsmaximum repräsentiert, das vermutlich leicht erreicht wird...‘ In der Regel reizten die Verfasser direkt, bei indirekten Reizungen wurde aber dasselbe Ermüdungs- maximum erzielt.- i h Andere Autoren, Peters, Laquer, Parnas, bestätigten die Be- funde der englischen Forscher in der Richtung, daß auch sie ein der- artiges Ermüdungsmaximum erreichten, das in den von Fletcher und Hopkins angegebenen Grenzen lag. Trotzdem aber ist die, wie es scheint, so gut begründete Annahme eines konstanten Ermüdungs- maximums doch nicht unter allen Umständen gültig. Vielmehr haben die Autoren gewisse Variationen, durch die man sehr charakteristische Veränderungen dieses Maximums erzielt, offenbar nicht vorgenommen. Bestätigen kann ich, daß unter gewissen Bedingungen das Maximum _ sehr konstant ist. So z. B. erhält man genau dieselben Milchsäuremengen, wenn man einen schon etwas ermüideten ‘oder ganz frischen Muskel längere Zeit tetanisch reizt, ob man dasselbe für kurze Zeit, etwa 20 bis 30 Minuten, oder auch 1—2 Stunden fortsetzt, ob man mehrmals oder selten unterbricht und die Stärke des Stroms erheblich variiert, voraus- gesetzt, daß der Muskel maximale Kontraktionen ausführt 246 O. Meyerhof: und so lange gereiztwird, bis er nur noch ganz schwach rea- giert. Andererseits sind die Differenzen bei Variationen der Bedin- gungen oft gering, aber das ist keineswegs immer der Fall. Meine eigenen Untersuchungen führten mich vielmehr ganz allgemein zu folgendem Schluß: Es gibt für bestimmte Reizarten und Anordnungen charakteristische Ermüdungsmaxima, die jedoch unter- einander nicht ganz gleich sind, vielmehr genau der unter anaeroben Bedingungen erfolgenden mechanischen Gesamt- leistung der Muskeln entsprechen. Ob man noch genauer sagen darf „direkt proportional sind der isometrischen Arbeit, die in Abwesen- heit von Sauerstoff geleistet wird‘, lasse ich dahingestellt. Experimentell ist dies nicht entscheidbar, weil es nicht möglich ist, die Milchsäure aus einer einzelnen Zuckung, sondern nur als Resultante einer ganzen Serie zu bestimmen. Dabei brauchen die anaeroben Bedingungen nicht besonders streng genommen zu werden: Ganze Hinterschenkel, zumal solche großer Frösche, in ausgekochter Ringerlösung, oder nicht ab- gehäutete Schenkel in Luft genügen bereits diesen Anforderungen, ja selbst mit abgehäuteten Schenkeln in Luft erhält man fast ebenso schnell das gleiche Ermüdungsmaximum, weil, wie wir aus der folgenden Arbeit sehen werden, die Fortschaffung der Milchsäure sich bei völliger Ermüdung über 15—24 Stunden hinzieht, so daß die während einer kurzen Reizperiode verschwindende Milchsäuremenge sehr gering ist. In allen Fällen aber, wo es auf den Vergleich anderer Größen (Wärme, Arbeit, Erholungssauerstoff) mit dem Milchsäuremaximum ankam, wurden größere Vorsichtsmaßregeln ergriffen. In der Regel wurde die Atmung der Muskeln durch Zusatz von Blausäure ("/3oo0) zur Ringer- lösung aufgehoben, in einigen anderen Versuchen wurde in Wasserstoff- atmosphäre ermüdet. a) Tetanus. Das tetanische Ermüdungsmaximum, das ich fand, stimmt mit dem der englischen Autoren überein, nur daß meine korrigierten Werte auch hier 15—20%, höher sind. Bei Esculenten fand ich das höchste teta- nische Ermüdungsmaximum bei 0,24%. Auch sah ich keinen Unter- schied, ob die Muskeln direkt oder indirekt gereizt wurden. In der Regel wurde die indirekte Reizung so ausgeführt, daß Drähte seitlich ‘ von den Ischiadiei durch die Beckenwand durchgestoßen und um die Hüft- knochen herumgeschlungen wurden. Die Schenkel wurden meistens nicht ab- gehäutet. Für die direkte Reizung wurden die Drähte um die Fußgelenke geschnürt und die ganzen Schenkel durchströmt. Meist genügte für die Bestimmungen ein Frosch, aber auch die Benutzung mehrerer zugleich machte keine Schwierigkeiten: Diese wurden für die Durchströmung hintereinander geschaltet. Es fanden nur Induktionsströme Verwendung; zur Unterbrechung des Stroms diente statt des Wagnerschen Hammers meist ein Bernsteinunterbrecher mit Quecksilberkontakt, der mit 25 Unterbrechungen pro Sekunde benutzt wurde. Unter diesen Umständen ist das ‚Die Energieumwandlungen im Muskel. 1. 247 b) Einzelreize. Ganz anders aber gestaltet sich das Ergebnis, wenn man die Muskeln _ mit Einzelinduktionsschlägen erschöpft. Diese wurden durch ein mit Quecksilberkontakt versehenes Metronom erzeugt, das in den primären Stromkreis eingeschaltet wurde, meist mit etwa 60 Reizen pro Minute. Ermüdungsmaximum beträchtlich höher als bei tetanischer Reizung, und zwar ist . der Unterschied zwischen beiden am größten bei frischen Herbstfröschen, wo die Steigerung gut 60% beträgt; bei Hungerfröschen sinkt die Diffe- renz, beträgt aber auch dann noch 25—40%. Bei frischen Herbst- fröschen ergaben sich nun Ermüdungsmaxima von gegen 0,4%, Milch- säure; das höchste bei Esculenten betrug 0,39%, bei Temporarien sogar 0,43%. Auch dieses Maximum wird ebenso leicht bei indirekter wie bei direkter Reizung erreicht. In Tab. VII ist nur ein Teil der außer- ordentlich zahlreichen Versuche dieser Art wiedergegeben. Unter einer Nummer sind stets Versuche an Fröschen genau gleicher Herkunft und Vorbehandlung in dicht beieinander gelegenen Zeiten und bei derselben Temperatur miteinander verglichen. (Vgl. dazu auch Abb. 1.) Tabelle VII. FErmüdungsmaximum durch tetanische Reizung und Einzel- l) G = Gastrocnemius. H = ganze Hinterschenkel. ?) 3 Frösche. induktionsschläge. (Unter jeder Nummer sind einander ähnliche, Versuche bei gleicher Temperatur an Fröschen gleicher Herkunft und Vorbehandlung verglichen.) | Tetanische Reizung Einzelreizung Ein- n , Datum Temp. f u zelreiz A| Froschart Reizart| Muskelart!)) mg % Muskelart | mg o, |Steigrg. ı1919—20 oQ u. Gewicht | Milchs. | Milchs. | u. Gewicht | Milchs. A | % I13.1X.| Hsc.Hoist. | 22 lairekt| 618 Hl 147 |0241 i I 6.X. He 22| » 5,4 eH| 20,9 | 0,388 | 60 13. X1. Mr DERIE 6,02 H| 91 | 0,152 I 2.X. B | » 5,1 cH 14,9 |0,292 | % 2124.X. A 14 | indir. |26,7 g H| 65,0 | 0,243 \10.X. * 14 : 17,6 le 37.1 eH 105.0 | 0,283 | 40 I 6. XI. 8 ae H| 255 |0,1%8| . 8. XII. 2 ea S652H| 22,0 |0,254| 85 112.1. 3; 127 210578 H 2,18 | 0,162 14.1. nn DA 1452G| 3,5 | 0,24 50 0131.x11| Temp. H. | 12,5 | direkt 0,6826 2,75| 0,39 126.1. Ar ea-lDy , 0,822 G . 3,37) 0,41 127.1 n 13 | indir. 05 2G| 2,16! 0,43 248 O. Meyerhof: Unter Nr. 10 sind die höchsten Werte des Ermüdungsmaximums bei Einzelreizen verzeichnet, die an Gastroenemien von Temporaria erzielt wurden. Wie soll man nun erklären, daß durch Einzelinduktionsschläge, die etwa 60mal in der Minute appliziert werden, in gleicher Zeit und bei gleichem Rollenabstand eine viel größere Menge Milchsäure angehäuft wird, als wenn durch den Bernsteinunterbrecher die 25fache Zahl der Reize zugeführt wird? Auch wenn durch den Öffnungsfunken des Me- tronoms vielleicht ein stärkerer Reiz ausgeübt werden sollte als durch den Hg-Unterbrecher des Bernsteinschen Apparats, so ist das in keiner Weise entscheidend, denn das Resultat wird nicht verändert, wenn man die Reizung mittels des Metronom nicht bis auf den Rollen- abstand 0 verstärkt, sondern man erhält mindestens angenähert das- selbe Maximum bei viel schwächeren Strömen (etwa ein Akkumulator und 16cm R.-A.). Bei erregbaren Fröschen findet bei der weiteren Reizung mit abnehmendem Rollenabstand nur eine äußerst "gering- fügige Mehrbildung an Milchsäure statt. Die mechanische Antwort des Muskels ist diesem Verhalten völlig analog. Der mit schwächeren Reizen ermüdete Muskel zeigt bei stärkerem Reiz nur noch sehr schwache Zuckungen und insbesondere beim Tetanus kann man feststellen, daß schließlich nur nach Ruhepausen noch eine Kontraktion auf die tetanische Reizung ausgeführt wird. Ja, bei Benutzung des Spannungs- hebels (siehe Kapitel IIT) sieht man, daß diese Verkürzung bei stärkerer Ermüdung sich von Einzelzuckungen kaum unterscheidet und damit ist dann auch das wesentlichste Moment bezeichnet, daß für die para- doxen Resultate der verschiedenen Ermüdungsmaxima verantwortlich ist. Wird ein Muskel tetanisch gereizt, so erreicht er in kurzer Zeit annähernd sein tetanisches Ermüdungsmaximum und geht bei fort- dauernder Reizung völlig in Erschlaffung über, aber jedesmal wenn man den Strom selbst nur für eine Sekunde unterbrochen hat, erfolst eine Anfangszuckung. Ebenso antwortet ein für eine Stunde und länger tetanisierter Muskel nachher noch auf eine lange Reihe von Einzel- induktionsschlägen. Es ist kaum fraglich, daß, wenn man den Tetanus nur oft genug unterbrechen würde, man wenigstens angenähert das Er- müdungsmaximum der Einzelzuckung erreichte. Daß die stärkere Er- regbarkeit gegenüber Einzelreizen für das erhöhte Ermüdungsmaximum wesentlich verantwortlich ist, habe ich dadurch bewiesen, daß ich von den beiden Gastrocnemien eines Frosches zunächst beide indirekt tetanisch ermüdete, länger als zur Erreichung des Maximums nötig ist, darauf den einen entfernte und den anderen mit Einzelinduktions- schlägen weiter indirekt gereizt habe. Im zweiten Fall wurde annähernd das Ermüdungsmaximum der Einzelreize erzielt und ein Plus von 25% gegenüber dem tetanischen Maximum. Auch habe ich unter- Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 249 sucht, ob man dasselbe Maximum erhält, wenn man einen Muskel nur mit Einzelschlägen ermüdet oder ihn erst tetanisch ermüdet und dann mit Einzelreizen. Zu diesem Zweck wurden die beiden Gastro- enemien eines Frosches mit den Nerven abpräpariert, zunächst der eine Ischiadicus über zwei Drähte, die auf Korkplatten befestigt waren, gelegt und tetanisiert. Nach einer 1/, Stunde wurde der Ischiadieus des zweiten Muskels ebenfalls über die Drähte gelegt und jetzt beide gemeinsam mit dem Metronom ermüdet. In der Tat ergab sich in beiden Fällen genau dasselbe Maximum. Feinere Unterschiede der Milchsäure- . mengen in einzelnen Gastrocnemien müssen allerdings der Bestimmung entgehen; zudem handelte es sich in diesem Fall um die Muskeln von Hungerfröschen, die nur etwa 25%, Steigerung bei Metronomreizung zeigen, und noch dazu um isotonische Kontraktionen, bei denen das Maximum, wie wir sehen werden, verringert ist. Es könnte ganz gut möglich sein, daß das besonders hohe Ermüdungsmaximum für Einzel- reize bei frischen Herbstfröschen auf solche Weise nicht erzielbar wäre. Versuch 1 (19. XII.). Große Holsteiner Esculenta, indirekt gereizt mit Wagner- hammer 25 Min.: ein Gastroc. entfernt und zerrieben: 1,1 g, 2,16 mg Milchsäure — 0,196%. Dann weiter mit Metronom gereizt (80 R. pro 1 Min.): Gastroc. zer- rieben: 2,72 mg — 0,247%,. Steigerung = 25%. Versuch 2. Würzburger Esculenta. Herstellung von Schenkelpräparaten; Achillessehne gelöst (isotonische Kontraktion). Nerv über Kupferdrähte. 1. 30 Min. tetanisch gereizt; dann 35 Min. mit Metronom (70 R. pro 1 Min.) 1,1 g Gastroc.: 2,16 mg Milchsäure = 0,1969... 2. Zweites Präparat nur 35 Min. mit Metronom gereizt, dito 2,16 mg Milchsäure = 0,196%%. e) Unvollständige Ermüdung. Zur Ermittlung der Geschwindigkeit, mit der das Ermüdungs- maximum erreicht wird, habe ich eine Reihe von Versuchen mit unvoll- ständiger Ermüdung ausgeführt und sie mit unter gleichen Umständen (Frösche gleicher Herkunft, gleiche Jahreszeit, Temperatur, Reizart) erzielten Ermüdungsmaxima verglichen. Es ergab sich. bei indirekter tetanischer Reizung in zweimal 20 Sekunden (Rollenabstand 17 und 15cm) ein Milchsäuregehalt von 0,139% (14.X. 14°, 35,28 Muskel, ‘49 mg Milchsäure). In einem anderen Versuch einmal 40 Sekunden, einmal 20 Sekunden gereizt (Rollenabstand 17 und 15cm, 14°, 19,1g Muskeln, 25 mg Milchsäure 11. X.), 0,13% Milchsäure. An gleichem Material wurde bei erschöpfender tetanischer Reizung ein Ermüdungs- maximum von 0,23% erzielt. In weniger als einer Minute ist also schon über die Hälfte davon gebildet. ; Metronomreizung: Bei erschöpfender Reizung, September, frische Herbstfrösche 0,36%: dagegen in 7Min. = (45 Schläge pro 1 Min.) = 320 Reize, R.-A. 15—-12cm: 0,226% (20.IX. 23,7 Muskel, 53,5 mg Milchsäure); 250 O. Meyerhof: 6 Min. = (45 Schläge pro 1 Min.) =270 Reize, R.-A. 15—12cm: 0,168% (23. IX. 20,88 Muskel, 33,1 mg Milchsäure); 2Min. =45 Schläge pro 1 Min. = % Reize, R.-A. = 14 cm : 0,118% (26. IX. 17,358 Muskel, 21 mg Milchsäure). Man sieht, daß mit etwa 300 Einzelzuckungen, die nicht ganz maximal sind, gut die Hälfte, mit 90 Reizen schon 1/, der gesamten Milchsäure gebildet ist. Dem entspricht durchaus das Bild der isome- trischen Leistung des Muskels bei anaerober Ermüdung mit Einzel- reizen. Reizt man in ähnlicher Weise, wie das hier geschehen ist, an- nähernd maximal und verkleinert den Rollenabstand entsprechend den kleiner werdenden Zuckungen allmählich bis auf Null, so kann man mit einem großen Gastrocnemius von 1g gut 1000 isometrische Zuekungen verzeichnen, bis die Kontraktionen vom Spannungshebel nicht mehr deutlich geschrieben werden. Man findet dann bei Berechnung der Spannungsarbeit, daß in den ersten 200 Zuckungen etwa die Hälfte der gesamten Arbeit geleistet ist. Damit soll nicht gesagt werden, daß auch zahlenmäßig trotz fortschreitender Ermüdung eine der iso- .metrischen Arbeit ganz genau gleiche Milchsäuremenge gebildet wird (vgl. Kapitel III). Nach Hills Messungen nimmt bei der Ermüdung die Spannungsarbeit stärker ab als die initiale Wärmebildung. Wir werden aber im nächsten Kapitel sehen, daß die Wärme pro Milch- säureeinheit bei der Ermüdung nicht zunimmt, sondern annähernd kon- stant bleibt. Danach muß bei der Ermüdung die Milchsäuremenge relativ zur Spannungsarbeit etwas zunehmen. Dies ändert aber nichts an dem weitgehenden Parallelismus beider Größen und an dem all- gemeinen Resultat, daß eine ganz geringfügige oder völlig unmerkliche Zuckung einer ebenfalls ganz unmerklichen Milchsäurebildung ent- spricht. d) Einfluß der Temperatur. Eine weitere Variation des Milchsäuremaximums erzielt man durch Änderung der Temperatur und zwar steigt bis etwa 25° das erreichbare Maximum mit zunehmender Temperatur an. Der Unterschied scheint bei sehr erregbaren Fröschen geringer, als bei schlechter erregbaren zu sein. Dieser Unterschied ist in gleicher Weise bei der Reizung mit Einzelschlägen wie bei Tetani, bei direkter und indirekter Reizung vorhanden. In einer Reihe von Fällen wurden die Versuche so angestellt, daß zwei Schenkelpaare von genau gleich behandelten Fröschen, die sich in feuchten Kammern bei verschiedener Temperatur befanden, mit demselben Strom (direkt oder indirekt) gereizt wurden: Die Reizung wurde fortgesetzt, bis keiner von beiden mehr deutliche Zuckungen zeigte. Diese Versuche sind in Tab. 9 unter A verzeichnet; unter B sind einige zu anderen Zwecken unternommene Versuche mitgeteilt, wo die Reizung nicht mit demselben Strom und nicht am gleichen Tage, Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 251 aber unter völlig übereinstimmenden Bedingungen geschah, unter © endlich solche, die mit den Gastrocnemien des gleichen Frosches nachein- ander bei Erschöpfung am Spannungshebel gewonnen wurden. Ganz besonders gering sind die Maxima, die dicht bei 0°C erreicht werden. Unter Nr.7 sind drei derartige Versuche mitgeteilt. Der zweite Ver- such .ist genau bei 0,5° angestellt, die Schenkel kühlten vorher eine Stunde in Ringerlösung ab. Man könnte ja zunächst an Kältelähmung der Nerven denken, dem widerspricht aber der dritte Versuch, der ähnlich angestellt ist, nur daß hier direkt gereizt wurde. Bei zwischen gelegenen Temperaturen sind die Unterschiede natürlich geringer, aber auch hier nachweisbar. Als Mittel von 4 Versuchen tetanischer Ermüdung bei 22° (24. V.—14. VI.) ergibt sich 0,210%, als Mittel von 4 ebenso angestellten Versuchen bei 14° (24. VI.—4. VII.) 0,17%. Tabelle IX. Ermüdungsmaximum durch gleiche Reizung bei verschiedenen Temperaturen. A. Reizung durch denselben Strom. Tiefe en Su Höhere Temperatur = = 5 T ; go Ze Dalım wagen! oc |Musk- mg IR oc |Musk.- | mg | vn f gew. Milchs., | 2 _gew. |Milehs. | e 5 se | au. ver | 5 | so] 91 lose] 2 Sue 0,241| 37 2| 6.X. dir. Einzelind. Ä 48 115,9 0,33 | 22 | 5,4 | 20,9 |0,388| 17 3 | 6. XII. indir. Tet. 6 14,3 | | 25, 5 10,178] 21 13} 1 26.0 |0,20 | 11 B. Reizung, nicht gleichzeitig, er unter gleichen Umständen am selben Froschmaterial. 4 121.1. 20 | indir. Tet. | 7,5 | 26,6 | 26,3 |0,099 | | | 7.1. 20 * | | 20.5 | 29,9 45,3 [0,151] 35 5 /21.1. 20 ” 7,5 | 23,3 | 28,0 [0,120 | | 9.11. 20 h: | | 20,5 | 27,5 | 47,3 |0,1%2| 30 6 | 18. VI. “ 3-5 11,4 | 10,5 ‚0,092 4. VI. es ca.17, 7,0 | 12,7 0,181) 50 725. VI. 4 2—3| 6,9 | 2,9 0,042 | 28. VI. ? 0,5 | 16,8 | 6,3 0,038 | IENVT. dir. Tet. 10,5 |142| 4,4 [0,031 14. VI. indir. Tet. | | 22,5 , 30,6 | 64,5 | 0,21 C. Reizung zweier Gastroenemien eines Frosches am Spannungshebel. 8| 28... 1I. | dir. Einzelr. | 9 10128 0,28 | 24 1,0 | 3,42 |0,34 | 18 9, 6. HI. | dir. Einzelr. | 8 1.0 | 2,755 [0,25] 25 1,0 ı 3,45 0,345] 20 Auch hier entspricht dem herabgesetzten Milchsäuremaximum in der Kälte eine verringerte mechanische Leistung. Genauere Vergleiche sind im Kapitel III mitgeteilt. Hier sei nur das Folgende angeführt: Wenn man Froschgastroenemien am Spannungshebel bei niedriger Temperatur, z. B. 5°, erschöpft und dann auf eine höhere Temperatur, z. B. 20°, bringt, so kann man noch eine ganze Serie von isometrischen Zuckungen erzielen. Der umgekehrte Versuch gelinst nie: Kühlt man [3 1) 52 OÖ. Meyerhof: bei 25° erschöpfte Muskeln auf 5° ab, so zucken sie dann nicht mehr. Nachträglich habe ich festgestellt, daß Cavallo und Weiss!) ähnliche Versuche mit dem gleichen Resultat angestellt haben, nur daß sie isotonisch zucken ließen. Diese Autoren finden, daß zwischen 0° und 25° die Erwärmung den bei tieferer Temperatur erschöpften Gastro- enemius stets zu einer neuen Kontraktionsreihe befähigt. Sie meinen, daß auch eine vorübergehende Erwärmung genüst, um, wenn nachträg- lich wieder auf die alte Temperatur abgekühlt wird, eine solche Zuckungs- reihe zu erhalten. Ich kann aber dies Resultat nicht bestätigen. Wartet man lange genug nach wiedererfolgter Abkühlung, um sicher zu sein, daß ein Temperaturausgleich stattgefunden hat und sorgt bei Temperatur- wechsel für Fortbestehen der Anaerobiose, so findet man, daß der Muskel solange er noch wärmer ist, zu Kontraktionen befähigt ist, nach völliger Abkühlung aber wieder unerregbar geworden ist. Wir finden mithin: Der ermüdete Muskel ist im Gegensatz zum unermüdeten bei hohen Temperaturen erregbarer als bei tiefen, er kann noch bei einem Milch- säuregehalt arbeiten, wo der erstere schon unerregbar ist, daher häuft "sich auch in dem wärmeren Muskel eine’größere Menge Milchsäure an. e) Einfluß der Jahreszeit. Schon aus dem Bisherigen geht hervor, daß den Änderungen der: Erregbarkeit Änderungen des Ermüdungsmaximums parallel gehen, und das ist auch maßgebend für den Vergleich der Frösche in verschie- denen Jahreszeiten, insbesondere für das Herabgehen des Maximums bei Winterfröschen, die ohne Nahrung gehalten werden. Es besteht ein annähernder Parallelismus für die Höhe des Starremaximums, des Er- müdungsmaximums für Einzelreize und des tetanischen Maximums, nur daß, soweit ich sehe, der Abstand zwischen den beiden letzteren bei frischen Fröschen mit höherer Erregbarkeit srößer ist, als bei anderen. Über die Durchschnittszahlen, die sich an Herbstfröschen, die hungernd im Keller gehalten wurden, ergaben, gibt Tab. X Auskunft (vel. dazu auch Abb. ]). Tabelle X. Milchsäuremaxima (in °%,) von Herbstfröschen, die hungernd gehalten werden (Esculenta). (Durchschnittswerte). Monat | Starte Einzelreize Tetanus Sem la. Ok | 0,57 0,36 0,24 15. Okt.—15. Nov. O.H3SrE 0,30 0,21 15. Nov.—15. Dez. | 0,44 0,26 0,20 15. Dez.—30. Jan. | E= | 0,24 0,18 Febr. | — | 0,24 0,16 !) Journ. de physiol. et pathol. 1, 990. 1899. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 253 Während das Ermüdungsmaximum für Einzelreize bei Hunger- fröschen Anfang Dezember nur noch 0,25% betrug, gaben frisch ge- fangene Holsteiner Frösche zu derselben Zeit 0,36%, und auch dieses Maximum war Anfang Januar auf 0,30% gefallen, Ähnliche Verhält- nisse scheinen auch in den verschiedenen Jahreszeiten vorzuliegen, doch verfüge ich da über keine systematischen Versuche. Für den Zusammenhang zwischen Starremaximum und Ermüdungsmaximum spricht auch, daß Temporarien, die noch im Winter das höchste Maxi- mum auf Einzelreize (etwa 0,40%) ergaben, auch das höchste Starre- maximum aufwiesen. Immerhin ist das tetanische Ermüdungsmaximum im Mittel verhältnismäßig konstant bei:0,20%, gelegen. Weniger deutlich ist der Einfluß des Milieus auf das Ermüdungs- maximum. Zwar ergeben die Versuche des nächsten Kapitels, daß bei EIER! FRHEHEFeF 1 PH - EBK ENTE En ES 0 7 Ta 20 OO ZI ZONE ZOEE SO RZE ZONE 300 L. RT, AT. JE Z. Abb. J. Milchsäuremaximum bei Starre und Ermüdung an Esculenten vom 1. X.—10. II. ©) Chloroformstarre von Würzburger Esculenten. (Hungernd vom Oktober). ©) Einzelreize von Würzburger Esculenten. x Tetanische Ermüdung von Würzburger Esculenten. @& Einzelreiz- ermüdung von Holsteiner Esculenten (Hungernd von Mitte September.) 9 Chloroformstarre von Holsteiner Eseulenten, zweite Hälfte September. Die Abszisse gibt das Datum an, die Ordinate den Gehalt an Milchsäure in Promille (von !/,, an). Reizung des Muskels in Ringerlösung innerhalb von einer Stunde etwa 20% der Milchsäure in die umgebende Lösung tritt. Trotzdem ist es mir nicht gelungen, einen deutlichen Einfluß auf das Milchsäuremaximum nachzuweisen. Sei es, daß die Differenz zu klein ist, sei es, daß die blau- säurehaltige Ringerlösung einen etwas ungünstigen Einfluß hat und daher die durch die Wegdiffusion von Milchsäure bedingte Entlastung des Muskelinnern kompensiert. Im Kapitel III sind eine Reihe von isometrischen Ermüdungskurven angeführt, die mit Gastrocnemien desselben Frosches einerseits in Wasserstoffatmosphäre, andererseits in blausäurehaltiger Ringerlösung (mit Bicarbonat) erhalten wurden. Mindestens ebensooft war die Arbeitsleistung in Wasserstoff etwas größer als umgekehrt. Die betreffenden Milchsäurebestimmungen mißlangen zum Teil, indessen ergab ein Versuch, bei dem in Ringerlösung ein Minus der Arbeitsleistung von 10%, vorhanden war, genau das gleiche Minus des Milchsäuremaximums gegenüber dem in Wasserstoffatmosphäre. 254 O. Meyerhof: f) Isometrisches und isotonisches Maximum. Theoretisch viel bedeutsamer erscheint der Unterschied des ‚,‚iso- metrischen“ und ‚isotonischen“ Ermüdungsmaximums. Wenn ein Schenkelpaar indirekt mit Einzelschlägen oder Dauerreizen gereizt wird, erhalten wir Streckkrämpfe; indes sind die Bewegungen, die dabei ausgeführt werden, nicht beträchtlich infolge gleichzeitiger Innervation der Antagonisten. Der Haupterfolg der Reizung ist die Zunahme der Spannung. Angenähert können wir daher diese auxotonischen Zuckungen als isometrische betrachten. Das gilt auch für den Gastrocnemius, wenn wir ihn in seiner natürlichen Verbindung lassen. Wenn wir nun ein Schenkelpaar indirekt am Plexus ischiadieus reizen, aber auf der einen Seite die Achillessehne durchtrennen und den Muskel ablösen, so daß er nur noch an seinem oberen Ende festsitzt, so macht er jetzt isotonische Kontraktionen. Vergleichen wir das Milchsäuremaximum an zwei Gastrocnemien eines Frosches, dessen Plexus durchströmt wird, wenn wir den einen Muskel an der Achillessehne ablösen, den anderen nicht, so ist das Milchsäuremaximum in dem sich isotonisch verkürzenden geringer alsin demisometrischen, und zwar sowohl bei tetanischer wie bei Einzelreizung. Auch wenn die Reizung nicht ganz bis zur Ermüdung durchgeführt wird, erhalten wir diesen Unterschied, ja nach einigen Versuchen scheint er sogar dann noch größer zu sein; doch lasse ich das bei den | kleinen Ausschlägen dahingestellt. Im allgemeinen beträgt der Unter- schied etwa 20%. Br Tabelle XI. Ermüdungsmaxima bei isometrischer und isotonischer Kontraktion der Gastrocnemius. Isometrisch | Isotonisch Dre. Nr. | Datum Reizart Temp. Muskel- | Milchs. en Muksel-| Milchs.| renz % gew.ing| mg 70) gewicht| mg 0 1 14.1 Einzelr. | ca. 10 | 1,45 3,9 01247 1,452. 2972020 20, | zı 1 a FE ia lan 25 Molke 2 Bi N | 02 | _ — — 3 reale 13 0,5271 2.161 0,43 |.0,5 1,87 10,37 15 4 12.1 Tetan. 14 1,35 DANS 05162 a2 0 05 6; 5 | 19.1. n ee | 5° lclk 8 1,55 155 | 0101| — — —_ — 6 | 12.10. 5 16 | 1,12) |(1,952)K0,178) 1,1 | 1,75 |0,159| 10 7 |\28.1I. | Tet., nicht 16 1) |. ll 0,10 1,1 0,74 |0,067| 35. erschöpfend — In Tab. 11 sind mehrere Versuche dieser Art verzeichnet; die in einer - Reihe geschriebenen sind in der genannten Weise angestellt. Die in !) Temporaria ?2) Bestimmung nicht ganz genau. ®) Je zwei Gastrocnemien. Die Energeieumwandlungen im Muskel. I. 255 zwei Zeilen sind an verschiedenen Fröschen, aber unter genau glei- chen Bedingungen (mit Ausnahme der Ablösung der Achillessehne) vor- genommen. | Wenn wir die Bedeutung dieser Tatsache verstehen wollen, müssen wir einige Wärmemessungen Hills heranziehen. Hill maß die initiale Wärme, die bei der Muskelzuckung gebildet wird, a) wenn der Muskel ganz verhindert wird, sich zu verkürzen, b) wenn derselbe sich zunächst verkürzen kann, aber während der Kontraktion festgehalten wird, und zwar nach mehr oder minder fortgeschrittener Verkürzung, c) wenn er sich ganz frei kontrahiert. Es ergab sich dabei, daß um so weniger Wärme frei wird, je kürzer der Muskel im Moment des Festhaltens war, am wenigsten aber bei völlig freier Verkürzung. Die Herabsetzung beträgt beim Gastrocnemius etwa 30—40%*) und wird bei Ermüdung geringer bis auf 20%. Das nächste Kapitel wird uns lehren, daß eine sehr weitgehende Proportionalität besteht zwischen der bei der Reizung gebildeten Milchsäure und der dabei auftretenden Wärme unter anaeroben Bedingungen; die Größe der Kontraktionswärme zeigt alsa direkt die freiwerdende Milchsäuremenge an. Unser’ Befund erklärt demnach die Hillsche Beobachtung. Daß meine Differenz etwas geringer ist, hat wohl zwei Ursachen. Erstens ist die Kontraktion des Gastrocnemius in seiner natürlichen Stellung keine streng isometrische, zweitens gleicht sich offenbar bei fortschreitender Ermüdung die Differenz teilweise aus. Der Befund, daß die gebildete Milchsäure bei isotoni- scher Kontraktion geringer ist und kein so hohes Ermüdungsmaximum dabei erzielt wird, scheint mir aus theoretischen Gründen bedeutsam. Hill schließt aus seinen Versuchen auf eine direkte Abhängiskeit der Wärme von der Länge des Muskels. Es ist aber nicht zu verkennen, daß in all diesen Fällen, auch wenn der Gastrocenemius im Verlauf der Kontraktion festgehalten wird, gleichzeitig eine Abnahme der maximalen Spannung erfolgt. Würde tatsächlich die Länge allein ent- scheidend sein, so wäre bei der Konstanz des Volumens des sich. kon- trahierenden Muskels der Hillsche Schluß, daß die Wärme ein Ober- flächeneffekt, kein Volumeneffekt ist, äußerst naheliegend. Denn die Oberfläche des Muskels und insbesondere die der doppeltbrechenden Fibrillenabschnitte nimmt entsprechend der Verkürzung ab, während ihr Volumen konstant bleibt (Hürthle); und da die Wärme auf die Milchsäuremenge zurückzuführen ist, würde weiter folgen, daß die Milchsäure an den sich verkleinernden Oberflächen entsteht und sich an diesen nur bis zu einer gewissen Dichte (Sättigung) anhäufen kann, aber nicht darüber hinaus. So wahrscheinlich auch diese Deutung sein mag, ist auch andererseits nach Hill die Kontraktionswärme der ent- wickelten Spannung direkt proportional. So findet er, daß, wenn ein !) Journ. of physiol. 4%, vgl. auch Asher - Spiro a.a. O. 8. 437. 256 O. Meyerhof: Muskel losgelassen wird, ehe er seine volle Spannung entwickelt hat, die Wärme 20—30%, geringer ist, als wenn er nach Entwicklung der maximalen Spannung sich verkürzt. Aber bei der isotonischen Kon- traktion lassen wir den Muskel schon zu Beginn der Spannungsent- wicklung los; dieser Faktor kann ebensowohl hierbei maßgebend sein 4, Milchsäurebildung in der Anaerobiose in Ruhe, Fleteher und Hopkins haben gezeigt, daß es auch bei Muskelruhe zu einer langsam verlaufenden anaeroben Milchsäureanhäufung kommt, die etwa bis zu derselben Höhe fortschreitet wie bei der Wärme- und ‚Chloroformstarre. Bei Betrachtung ihrer Kurven sieht man, daß die Milchsäuremenge zunächst linear mit der Zeit zunimmt, dann kurz ehe . das Maximum erreicht wird, steiler ansteigt und schließlich die Bildung fast ganz aufhört. Kurz vor der Stelle, wo das steile Stück in das fast gradlinige übergeht, verzeichnen sie das Erlöschen der elektrischen Erregbarkeit. Die Deutung der Kurve ist offenbar die, daß die Milch- säurebildung so lange gleichmäßig fortschreitet, bis die Konzentration eine Höhe erreicht, um als chemischer Reiz zur Auslösung einer Starre .zu dienen, die auch von den Autoren festgestellt wird. Mit dem Beginn ‘ dieser Starre nimmt die Milchsäurebildung als Ausdruck des Verkürzungs- vorgangs rascher zu, bis sie das Starremaximum erreicht und dadurch zum Stillstand kommt. Bemerkenswert ist dabei, daß die Aufhebung der elektrischen Erregbarkeit von den Autoren bei einem Gehalt von 0,25—0,3% Milchsäure verzeichnet wird, den sie durch elektrische Reizung niemals haben erzielen können. Es leuchtet doch ein, daß, wenn ein Muskel noch elektrisch erregbar ist, also infolge der Kontraktion noch Milchsäure bilden kann, diese Konzentration sich auch durch direkte Ermüdung vermittels elektrischer Reizung müßte erreichen lassen. Dieser Widerspruch wird durch das im vorigen Abschnitt über das Einzelzuckungsmaximum Gesagte geklärt. Meine Versuche über die anaerobe Milchsäureanhäufung sind nicht streng vergleichbar mit denen des vorigen Abschnitts, weil dabei nicht das Maximum erzielt werden sollte, sondern die Milchsäureproduktion .in bestimmten Zeiträumen mit der gebildeten Wärme zu vergleichen war. Abgehäutete Schenkel großer Frösche wurden in bicarbonat- haltiger Ringerlösung suspendiert, meist unter Zugabe von Blausäure. Unter diesen Umständen lassen sich Milchsäureausbeuten erzielen, die noch höher liegen als bei der Chloroformstarre in gleicher Jahreszeit. Das liest ohne Zweifel daran, daß unter solchen Umständen ein besonders großer Teil der Milchsäure noch bei Lebzeiten des Muskels in die Ringer- lösung übertritt. In einem Fall z. B. betrug die Milchsäurekonzentration am Schluß 0,56%, während bei Chloroformstarre sich bei den gleichen Muskeln 0,43% ergab. Dabei befanden sich im Anaerobioseversuch Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 257 140 mg Milchsäure in den Muskeln und 123 mg Milchsäure in der Ringer- lösung. Vgl. Tab. XL. Tabelle XII. Milchsäurebildune in der Anaerobiose bei 22°. | Zusatz zur Muskel: USEEHRR 2 es % in ne No. | Datum ? .: Dauer | gewicht = Muskels(i. /° = | ee in 8 | Muskeln a ganzen) | 2°b- 1 I14. IIT. NaHC0, 92m | 574 | 100 | 965 | 0415 | 0017 - 3. 1119.II.| Biearb.+ KCN | 266 | 46,1 | 1375 | 123 0,563 | 0,021 BE3. VI. sBie LKEN | 248. |:575° | "141 117 0,449 | 0,018 4 \116.VI.| Bie.+KCN | 23h | 414 | 97 90 | 0,452 | 0,019 II. Kapitel. Vergleich von Wärme und Milchsäurebildung unter ana- eroben Bedingungen. l. Methodisches. Bezüglich der Milchsäure ist im vorigen Kapitel das nötige gesagt. Der alko- holische Extrakt der Muskeln wurde in einem Meßkolben bis auf ein bestimmtes Volumen aufgefüllt und in jedem Versuch die Milchsäure sowohl in diesem Extrakt als im „Schenkfiltrat‘“ der Ringerlösung doppelt bestimmt (außer in den Reiz- versuchen, wo die Milchsäuremenge der Ringerlösung sehr gering ist). Wichen die Resultate mehr als etwa 5% voneinander ab, wurde die Bestimmung noch ein- mal wiederholt. In der Regel bestand also jeder Versuch aus vier Milchsäure- bestimmungen, wozu noch etwaige Wiederholungen und Kontrollbestimmungen für den Anfangsgehalt der Milchsäure kamen. In den Wärmemessungen wurde die früher benutzte Methode!) mit gewissen Abweichungen wieder benutzt. In einer Reihe von Versuchen bediente ich mich der thermoelektrischen Meßmethode von A. V. Hill, bei der ein bügelförmiges Thermoelement in zwei Dewargefäße mit gleichem Abkühlungskoeffizienten ge- senkt wird, in deren einem sich das Versuchsmaterial befindet. Um die Genauig- keit dieser Differentialmethode noch zu erhöhen, wurden beide Dewargefäße in einen genau regulierten Thermostaten versenkt. Nachdem ich Vorzüge und Nach- teile dieser Methode gegenüber meiner eigenen kennengelernt hatte, kehrte ich wieder zu der älteren Temperaturmessung mit Beckmannschem Thermometer -unter Benutzung eines sehr exakt regulierten Wasserthermostaten zurück. In dem Hillschen Verfahren konnte ich nur einen wesentlichen Vorzug er- kennen, nämlich die größere Feinheit der elektrischen Temperaturmessung bei ge- nügend empfindlichem Galvanometer. Diesen Vorzug auszunutzen, gestattete jedoch das mir zur Verfügung stehende Galvanometer nicht. Mit geprüftem Beekmannschen Thermometer und zentrierter Lupeneinstellung kann man leicht auf — 0,001° genau ablesen. Nun kommt es in allen hier mitgeteilten Versuchen gar nicht auf eine größere Empfindlichkeit an, weil die Fehlergenauigkeit nicht durch die Temperaturablesung, sondern durch die Unsicherheit im Abkühlungs- koeffizienten der Calorimeter beherrscht wird. Diese Unsicherheit wird noch größer, wenn man statt eines zwei Gefäße benutzen muß. Auch ist die Wärme- fortleitung durch die Drähte des Thermoelements mindestens gleich der des Ther- mometers, schon bei Drähten von etwa 0,15 mm Querschnitt; dieser Umstand verbietet auch, Elemente mit beiderseits mehreren Lötstellen zu verwenden, t) Der Anfangsmilchsäuregehalt ist aus Parallelversuchen in Abzug gebracht. 1) Biochem. Zeitschr. 35, 246. 1911. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 17 258 O. Meyerhof: Die größte Unsicherheit der Wärmemessungen entsteht durch die Abweichung der Zimmertemperatur von der Thermostatentemperatur. Hierdurch verändert sich der gegenüber dem Thermostaten bestimmte Abkühlungskoeffizient infolge Leitung der Wärme durch die in Luft ragenden Teile der Anordnung mit guter Leitfähigkeit, also insbesondere elektrischer Drähte. Dieser Einfluß läßt in den ersten Stunden dauernd nach. Um ihn möglichst gering zu machen, wurde der Versuch frühestens eine Stunde nach Einhängung des Gefäßes in den Thermostaten begonnen; falls die Zimmertemperatur mehrere Grade abwich, 11/, Stunden später; die trotzdem noch nötige Korrektur für abweichende Zimmertemperatur wurde in Leerver- suchen, die den Hauptversuchen genau gleich angeordnet waren, ermittelt und danach der theoretisch berechnete Abkühlungswert korrigiert. Diese Korrekturen betrugen unter Umständen, z. B. bei Versuchen im Hochsommer und einer Thermo- statentemperatur ‘von 14° in den Versuchszeiten von 3/,—1 Stunde bis zu 0,010°, meistens nur etwa /, soviel. Da die Korrektur auf !/, ihres Wertes unsicher ist und der gesamte Temperaturanstieg in den ‚„‚Reizversuchen‘“ 0,050° bis 0,100° beträgt, kann hierdurch immerhin eine merkliche Ungenauigkeit - verursacht werden. Abweichend von früher wurde der Thermostat während der längsten Zeit der Untersuchung elektrisch geheizt und reguliert. Äußere Veranlassung hierzu war die Gassperre. Durch geringe Modifikationen wurde erreicht, daß die Regu- lation unter Benutzung derselben oder wenig veränderter Toluolregulatoren für Gas eine fast zehnfach so große Genauigkeit aufwies als bei Gasheizung. Ein großer viereckiger Thermostat von etwa !/, cbm konnte mit einem 400 ccm fassenden schlangenförmigen Toluolregulator bei besonderer Vorsicht den Tag über auf 0,001° konstant erhalten werden, mit Leichtigkeit aber auf 0,005°, ein kleiner runder Thermostat unter Wasserkühlung.auf 0,01° bis 0,02°. Diesem Vorzug größerer Empfindlichkeit stehen als Hauptnachteile gegenüber, daß die Regulation einer viel sorgfältigeren Überwachung bedarf, und daß höhere Temperaturen in einem großen Thermostaten nur mit besonderen Vorkehrungen erreicht werden können. Im Prinzip besteht die Methode darin!), daß ein Stromkreis, der die Quecksilberkuppe des Toluolregulators und einen senkrecht in sie hinein ragenden Platindraht durchfließt, bei seinem Schließen den Heizstrom des T’hermostaten vermittelst eines Relais unterbricht, beim Öffnen ihn freigibt. Je schneller Öffnen und Schließen den Temperaturänderungen des Thermostaten folgt, um so feiner ist die Einstellung. Dies geschieht erstens durch sehr starke Rührung des Thermo- staten, zweitens durch einen möglichst großen Toluolbehälter mit großer Ober- fläche, drittens durch eine starke Verengerung der Quecksilbersäule des Regulators an der Kontaktstelle, viertens durch wiederholtes Reinigen der Quecksilberkuppe mittels Alkohol und Auffüllen von Alkohol auf den Kontakt. Außerdem muß das Relais natürlich Stromschluß und Unterbrechung ohne weiteres folgen. Als Re- lais dienten teils im Institut befindliche Unterbrecher, teils käufliche Schwach- stromrelais, die so verändert wurden, daß sie als Öffnungsrelais für Lichtstrom funktionieren konnten. Die Kontakte wurden durch Platin ersetzt und das Relais durch einen, höchstens zwei Akkumulatoren betrieben. Die Heizlampe wird direkt in den Thermostaten gehängt. Zur Heizung des kleinen Thermostaten genügte eine 32-Kerzen-Kohlenfadenlampe, in dem großen hing eine AEG-Heizlampe (250 Watt), die bei mittlerer Zimmertemperatur den Thermostaten bis auf 28° C heizen konnte. Um die lästige Lichtbogenbildung beim Öffnen des Relais zu ver- hindern, wurde ein variabler Drahtwiderstand außerhalb des 'Thermostaten vor die Lampe gesetzt und soviel Widerstand vorgeschaltet, daß die Lampe bei un- unterbrochenem Brennen nur eine um weniges höhere Thermostatentemperatur !) Vgl. Ostwald - Luther, Physiko-chemische Messungen, 3. Aufl., S. 115. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 259 erzeugte, als der Regulation entsprach. Dann ist die Einstellung auch am ge- nauesten und beim Abstellen der Rührung über Nacht kommt es nicht zu allzu großen Temperaturschwankungen, so daß Versuche mit weniger großer Temperatur- empfindlichkeit (Sauerstoffmessungen) auch über Nacht ohne Rührung fortgesetzt werden können (die Schwankungen betrugen dann etwa 0,5° C). Als Calorimeter dienten Dewarflaschen, deren Wasserwert und Abkühlungs- koeffizient zum Teil schon früher bestimmt waren und mehrfach kontrolliert wurden. Die Bestimmung des Wasserwerts nahm ich jetzt immer nach der Mi- schungsregel vor, entsprechend den Angaben von Rubnert). Für die Versuche dieses Kapitels dien- ten ausschließlich zwei kugelige, 250 ccm fassende Gefäße, ein enghalsiges für die Anaerobiose- und mehrere Starreversuche, das bei Füllung bis zum Halse einen stündlichen Abkühlungskoeffizienten von 2,3% hatte, für die Reizversuche ein weithalsiges, das bei gleicher Füllung einen Abkühlungskoeffi- zienten von 5% hatte, der sich durch die besondere Anordnung zur elektrischen Reizung je nach den Einzelheiten derselben auf 6,4—7,4%, erhöhte. Für.die Versuche mit elektrischerReizung wurde stets nur ein einziges Schenkelpaar verwandt; dazu dienten sehr große Esculenten (meist aus Würzburg), von denen das Schenkelpaar 30—50 g wog. Die Schenkel wurden an der Wirbelsäule in einer verschraubbaren Hartgummiklammer gefaßt, welche neben dem Thermometer im Hals des Dewar- gefäßes saß und die Schenkel in aufrechter Stellung im Gefäß hielt (vgl. Abb. 2). Die Klammer saß in einem mit Paraffin ausgegossenen Glasrohr, durch das die Reizdrähte zugeführt wurden. Die Reiz- drähte (meist von 0,15 mm Durchmesser) wurden um Platindrähte gewickelt, in einzelnen Versuchen Lamettafäden, die am Becken des Frosches befestigt waren; die Befestigung wurde mehrfach geändert (vgl. bei Versuchen). Maßgebend hierfür war, daß jede GE N Mt A. Zerrung oder sonstige unabsichtliche Reizung der yore een lan Nerven vermieden wurde, andererseits schwache Reizung eines Schenkelpaares. Ströme zur völligen Ermüdung ausreichten. Aus Der horizontale Strich entspricht dem letzteren Grunde durfte nur ‚so viel Ringer- N ann lösung benutzt werden, daß die Reizstelle oberhalb dem Spiegel der Ringerlösung. des Flüssigkeitsspiegels lag. Dies ließ sich leicht erreichen, indem das obere Beekenende noch in den Hals des Gefäßes ragte, während die Ringerlösung gerade den Gefäßbauch ausfüllte (vgl. Abb. 2). Auf das Dewar- gefäß wurde wasserdicht eine Glashülse aufgesetzt, die mit Watte ausgefüllt wurde. Zur Ringerlösung wurde immer Bicarbonat zugegeben (etwa 0,04%), damit für die in die Flüssigkeit übergehende Milchsäure die bekannte Neutralisations- wärme: Milchsäure + Na HCO, > NaLactat + H,CO, in Ansatz kommen konnte; außerdem in fast allen Fällen, wo nichtabgehäutete Frösche benutzt wurden, KCN. Man kann berechnen, daß 1 g luftgesättigter Muskel bei Verbrauch seines Sauerstoffes etwa 0,05 g cal oxybiotisch bilden kann, das würde bei Reizversuchen schon immerhin 10% der anaeroben Ermüdungswärme sein; jedoch darf ange- 2) Arch. f. Physiologie 1912. Suppl. S. 31. ESCHER De nn nl w ZZ ee ///S/SSI/SISER PATE TESTER NET um N 17= 260 OÖ. Meyerhof: nommen werden, daß dieser Sauerstoff in den zwei Stunden, welche vom Töten des Frosches bis zum Versuchsbeginn verstreichen, verbraucht ist. Anders ist es aber, wenn weiterhin Sauerstoff aus der Ringerschen Lösung in den Muskel diffundieren kann. Um dies auszuschließen, wurde in den ersten Versuchen bis zum Beginn Wasserstoff durch die Lösung geleitet, späterhin aber stets Blausäure zugesetzt in einer Konzentration von etwa n :1500, die die Atmung aufhebt. Nur bei nichtabgehäuteten Fröschen konnte es unterbleiben. In diesem Fall wurde auch die Haut auf Milchsäure verarbeitet, doch ist deren Milchsäuregehalt wahrscheinlich minimal. Über die Fehlergenauigkeit der Versuche ist es schwer, genaue Angaben zu machen, da die einzelne Messung weitgehend von. der Geschicklichkeit des Experimentators und zum Teil auch von Zufällen beeinflußt wird, z. B. davon, ob es gelingt, die mittlere Innentemperatur des Kalorimeters möglichst dicht an die Thermostatentemperatur heranzubringen, wie weit die Zimmertemperatur von der Thermostatentemperatur abweicht u. dgl. Ich glaube, daß die Wärme- messungen einzeln bis auf etwa = 10%, genau sind, die Milchsäurebestimmungen auf etwa = 5%. Bei übereinstimmenden “Versuchen einer Serie erhöht sich na- türlich die Sicherheit des Resultats. Die Berechnung der Versuche geschah so, daß der Wasserwert ‘der Anordnung mit dem korrigierten Temperaturanstieg multipliziert wurde, zur Ermittlung der gesamten Calorien. Daraus wurde die in 1 & Muskel gebildete Wärme gefunden und durch die während des Ver- suches pro 1 g Muskel gebildete Milchsäuremenge dividiert, um den Quotienten cal: g Milchsäure zu bestimmen. Dieser Quotient wird im folgenden als calorischer Quotient der Milchsäurebildung, abgekürzt cQ, bezeichnet. Die spezifische Wärme der Schenkel wird auf Grund älterer Angaben zu 0,83 gerechnet, die der Volumenein- heit Ringerlösung der von Wasser gleichgesetzt. Zu der in der Ver- suchszeit gefundenen Wärmeproduktion wurde noch für die erste Stunde des Temperaturausgleichs die der Messung entgehende Wärme der Ruheanaerobiose aus anderen Versuchen bei gleicher Temperatur ein- gesetzt und zu dem gegebenen Betrag addiert. Andererseits wurde der Anfangsgehalt der Milchsäure von der Milchsäurebestimmung in Ab- zug gebracht. 2%. Chloroformstarre. Schon Hill!) und Peters?) haben Wärmemessungen bei Chloro- formstarre angestellt. Abgesehen von methodischen Einzelheiten unterseheiden sich meine Versuche von den ihrigen darin, daß erstens gleichzeitig die Milchsäure bestimmt wurde, daß zweitens hier wie in allen anderen Versuchen auf anaerobe Bedingungen geachtet wurde, . drittens, daß die Temperatur systematisch zwischen 14° und 275° variiert wurde. Doch spielen diese beiden letzten Punkte gerade bei den Starreversuchen keine große Rolle und so stimmen meine Werte 1). Journ. of physiol. 44. 466. 2) Ebenda 4%, 262. Die Energieumwandlungen im Muskel. 1. 261 für die Wärmebildung der Starre bezogen auf 1g Muskel vollständig mit ihren Zahlen überein. Peters!) findet dreimal genau 1,70 cal pro 1 Muskel, Hill um 1,4cal. Bei mir selbst ergab sich in 6 Versuchen, bei denen gleichzeitig Wärme und Milchsäurebildung bestimmt wurde: a) bei 14° 1,63 cal, 1,88 cal; b) bei 22,2° 1,45 cal, 1,6 cal; c) bei 27,5° 1,2cal, 1,39 cal. Die Herabsetzung der Größe in den beiden letzten Versuchen ist teils durch die Höhe der Temperatur, teils durch die Jahreszeit bedingt. Andererseits entspricht dem höchsten Wert 1,88 cal auch das höchste Milchsäuremaximum. Die Übereinstimmung der Werte für den calorischen Quotienten ist sehr gut, er betrug bei 14° 360 und 346 cal, bei 22° 350 und 338 cal, bei 27,5° 290 und 350 cal im Durchschnitt 340 cal. Hill hat aus den Petersschen Messungen im Vergleich mit dem Milchsäuremaximum von Fleteher und Hopkins bei Wärmestarre die höhere Durchschnittszahl von 450 cal berechnet. Da aber, wie im vorigen Kapitel dargestellt, die Milchsäurewerte von Fleteher und Hopkins 25% zu klein sind, so ergibt sich unter Berück- sichtigung dieser Korrektur aus den Versuchen der englischen Forscher dasselbe wie hier. Was die Ausführung der Versuche anlangt, so besteht die Hauptschwierigkeit darin, das Chloroform so einzuführen, daß es unmittelbar vor der Auslösung der Starre genau die Innentemperatur des Calorimeters oder doch eine dicht dabei gelegene bekannte Temperatur besitzt. Ersteres erreichte ich in einigen Vor- versuchen und auch in einem mitgeteilten dadurch, daß eine abgeschnittene, nach oben gebogene 5 cem-Pipette, mit Chloroform gefüllt und durch Gummi- schlauch mit Quetschhahn verschlossen, in den durchbohrten Stopfen des Calori- meters neben das Thermometer eingesetzt wurde. Diese blieb während des Tem- peraturausgleichs im Dewargefäß, und wenn die Starre ausgelöst werden sollte, wurde der Quetschhahn entfernt und das Chloroform durch von außen zugeleiteten, auf Thermostatentemperatur vorgewärmten Wasserstoff herausgedrückt. Diese Anordnung ist vom theoretischen Standpunkt aus ideal, weil das Chloroform vor dem Vermischen dann absolut genau die abgelesene Innentemperatur des Calori- meters besitzt. Bei der Ausführung ergeben sich aber leicht Schwierigkeiten, das Chloroform läuft teilweise zu früh aus oder wird nicht vollständig ausgedrückt; deshalb ging ich dazu über, das Chloroform von außen bei genau bekannter Tem- peratur, die dicht bei der Calorimetertemperatur lag, einzufüllen und aus der Mischungsregel eine Korrektur zu berechnen. Zu diesem Zweck wurde ein 8ccm fassendes längliches Scheidetrichterchen mit Capillare und Capillarhahn versehen, in den Stopfen des Calorimeters eingesetzt; der Scheidetrichter wurde mit Chloro- form von etwas zu hoher Temperatur gefüllt, und mit einem kleinen, in ?/,, Grade geteilten Thermometer der Moment festgestellt, wo es sich auf Calorimetertempera- tur abgekühlt hatte, worauf es durch Öffnen des Capillarhahns ins Calorimeter eingelassen wurde. Da die spezifische Wärme des Chloroforms nur 0,23 ist, so ist die Korrektur jedesmal geringfügig. Nach Zufügen des Chloroforms muß die Flüssigkeit gut vermischt werden. Deshalb werden die Gefäße nur etwas mehr als 2/; mit Flüssigkeit gefüllt und alle 10 Minuten, bis der Haupttemperatur- anstieg erreicht war, im Thermostaten kräftig herumgeschwenkt. Eine Kurve 1) Journ, of Physiol. 44. 466. =; 262 O. Meyerhof: des unkorrigierten Temperaturanstiegs ist auf Abb. 3 abgebildet. Von den Chloro formschenkeln wurde meist nur die eine Hälfte auf Milchsäure verarbeitet, indem jedes Schenkelpaar in der Mitte durchtrennt wurde. Etwas genauer sei ein Versuch (vgl. die Abb.) geschildert. (13. II.) Tem- peratur des Thermostaten (22,2°) entspricht 4,45° des Calorimeter-Beckmann- thermometers. Calorimeter enthält 118ccm Ringerlösung, Pipette mit 5cem Chloreo- form, 73,7 g Froschbeine (zwei Schenkelpaare), dieselben bestehen aus 15,2g Knochen und 58,5 g Muskulatur. Gesamtwasserwert 199 (Gefäß von 240 cem Rauminhalt). Gefäß 10h 50’ in den Thermostaten, 11" 30° Chloroform herausgedrückt (etwas zu früh), Temperatur steigt von 4,209° bis 3b 15’ auf 4,612°, fällt von da konti- nuierlich bis 5h 30’ auf 4,598°, was genau der berechneten Auskühlung für die Abweichung von der Thermostatentemperatur entspricht. Die Starre ist also IE HENZAEEEEERBEEF Abb. 3. Unkorrigierter Temperaturanstieg bei Chloroformstarre (Vers. 13.III. 19.) Abszisse Zeiten. Am Pfeil: Einfüllen des Chloroforms. Ordinate: Temp. in °C (Beckmannthermometer). Die gestrichelte Gerade bedeutet die Thermostatentemperatur. spätestens 38 15’ abgelaufen. Gemessener Anstieg 0,403°, dazu Korrektur be- rechnet 0,026 °= 0,429°. — 0,429°x 199 — 85,0 cal. oder auf 1g Muskel: 1,45 cal. Dazu !/, Stunde Anaerobiose vorher 0,02 cal. = 1,47 cal. Milchsäurebestimmung: Je ein Bein verarbeitet, zusammen 23,4 g Muskeln, Alkoholextrakt auf 100 ccm; je 20 ccm bestimmt. a) 20,2 n/100 Jod corr., b) 20,3 n/100 Jod. corr. — 9,1 mg Milchsäure. In 100 ccm 45,5 mg oder auf 58,5 g Ver- suchsmuskeln 114 mg Milchsäure. Von 122 ccm Flüssigkeit (Ringerlösung + Chlo- roform) 100 verarbeitet + 100 Salzsäure + 100 Sublimat. Je 50 ccm Schenk- filtrat eingedampft: a) 44,9 n/100 Jod corr., b) 43,3 n/100 Jod corr. = 20 mg Milchsäure; in der ganzen verarbeiteten Menge 120 mg oder in 122 ccm Flüssigkeit 146 mg Milchsäure. Zusammen 114 und 146 mg —= 260 mg Milchsäure oder in 1 g Muskel 0,445%. Ab für den Anfangsgehalt 0,025% gibt 0,42%, Milchsäure- bildung. 1,47 cal/0,42 Milchsäure = 0,350 cal. Aufl gMilchsäure also 350 cal. gebildet. In der gleichen Weise sind die übrigen Versuche der Tabelle 13 ausgerechnet. Die Menge der Milchsäure, die in die Ringerlösung übergegangen ist,ist schwan- kend. Dies hat für das erreichte Milchsäuremaximum wohl keine erhebliche Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 263 Bedeutung, da die Hauptmenge jedenfalls erst nach Entwicklung der Starre aus dem abgestorbenen Muskel in die Flüssigkeit übergetreten ist. Tabelle XIII. Wärme und Milchsäurebildung bei Chloroformstarre (die gleichen Nummern von A. und B. gehören zusammen). A. Wärmeversuche. Ver- Zahl | Muskel-| ccm Gesamt- | Cal. pro Nr. | Datum | suchs- der gewicht | Ringer- | wasser- |, CO!T- Cal: Sal In g für temp. ° | Frösche| ing lösung wert Temp. prolg Anfang 1 115. VIL.| 14 4 48,3 136 198 | 0,400 79 1,63 | 0,015 2 |16. IX.| 14 4 44,5 135 198 | 0,425 | 84 1,88 | 0,02 3 13. DIE.) 22 2 58,8 122 199 | 0,429 | 8& 1,45 | 0,02 ZIELEN 22 | 2 32,5 150 204 | 0,255 52 1,60 | 0,04 SeSavmE | 275... 4 46,8 122 191_| 0,303 58 1,24 | 0,10 6 122. VII.| 27,5 4 . 45,3 125 192 | 0,327 | 63 | 1,39 | 0,08 B. Milchsäureversuche!). Nr Verarbeitete | mg Mileh- nat mg in Rin- % Milchs. ak en Muskelmenge säure SEN gerlösung |im ganzen gehalt nen ı|l 307 35 32 152 0,485 | 0,03 360 2 DET 39,2 103,5 150,5. | ‘0,573 | 0,025 346 3 23,4 a 146. | 0,445 |_ 0,095 350 ala 95.5 | 60,5 10207 2050521003 338 go, 349°" | 835 las os 0000 2290 6- 18,3 DU 67 132 ı 0,441 | 0,02 350 Durchschnitt: 0,489 | 340 3. Wärmebildung bei elektrischer Reizung des Muskels. ‘In allen Hauptversuchen wurde stets indirekt gereizt, einige Versuche mit direkter Reizung ergaben keine guten Resultate. Als Variationen kamen vor allem in Betracht die Versuchstemperatur, die Dauer der Reizung, d.h. völlige oder teilweise Ermüdung, endlich tetanische Reizung oder Einzelinduktionsschläge. In methodischer Hinsicht wurde nur die Befestigung der Reizdrähte variiert. In der Mehrzahl der Versuche, so in allen späteren, wurde dicht neben den Hüft- knochen die Beckenwand beiderseits möglichst hoch durchlöchert und auf jeder Seite ein Platindraht um den Knochen festgeschlungen. Um die Platinschlinge wurde dann der von oben kommende Kupferdraht herumgewickelt. Bei all diesen Vorbereitungen wurde der Nerv weder berührt, noch gezerrt. Anfangs habe ich die Metalldrähte unmittelbar an den Nerven herangebracht, doch war es dann schwierig, sie genügend zu befestigen ohne Zerrung des Nerven. Zuerst zog ich Lamettafäden zwischen den Nerven und der Beckenwand hindurch (mit einer stumpfen Pinzette); die Lamettafäden wurden an der Rückwand geknotet. In einigen Versuchen wurde das Steißbein herausgeschnitten und nun beiderseits Platindrähte durch das Loch hindurchgezogen, die um die Hüftknochen gebunden wurden. Bei allen gut erregbaren Fröschen genügte aber die späterhin beuntzte Methode durchaus und ist weitaus die schonendste. Die Gesamtzahl der Versuche ist sehr groß. Eine nicht unbeträchtliche Zahl mißlangen, die Mehrzahl im Sommer bei ungenügender Erregbarkeit der Frösche, t) Vgl. Tab. VIL, Nr. 2—6. 264 OÖ. Meyerhof: PEEB Asa .s2ot— TEIEBEHN Am mm = BER x en) 7200 | Abb. 4. Wärmebildung: unkorrigierter Temperaturanstieg bei tetanischer Ermüdung. "— Die schwarzen Felder geben Reizdauer und Reizstärke an: horizontal die Dauer der Tetani in Min. (oberhalb des Feldes verzeichnet). Die Höhe die ungefähre Reizstärke (R.-A. in cm, unter- halb angegeben). Deutlicher Reizerfolg erst von 14 cm an. aus gleichem Grunde mißrieten alle Versuche bei 27,5° und dicht über 0°, so daß ich im folgenden nur Versuche bei 7,5°, 14°, 22° (bzw. 20,5°) mitteilen kann. Die Hauptfrage, die mich dabei beschäftigte, war, abgesehen von der absoluten Größe des cQ, ob derselbe unter verschiedenen Be- dingungen, verschiedenen Tem- peraturen, völliger oder unvoll- ständiger Ermüdung, verschie- denen Reizarten gleich wäre und ob der Wert mit dem der Chloro- formstarre genau identisch ist. In Abb. 4 u. 5 ist der Temperatur- anstieg zweier typischer Wärme- versuche (23. V., 26. V.) abge- bildet — in Abb. 4 ist ein deut- licher Reizerfolg erst bei R—A 4 u [en = 14 cm vorhanden, weil die Reiz- drähte in die Ringerlösung ein- tauchen. In Abb. 5 ist dies nicht der Fall. Die Resultate von 22 vollständigen Versuchen sind En in Tabelle XIV A und B enthal- Abb. 5. Unkorrigierter Temperaturanstieg bei teta- ten, die mit derselben Nummer nischer Ermüdung. Erklärung s. Abb.4. Reizerfolge bezeichneten Reihen von Milch- schon von R.-A. 26 cm. säure- und Wärmebestimmung gehören zu einem Versuch. Die Tabelle enthält nur einen kleinen Ausschnitt aus den Protokollen. Alle Einzelheiten sowie Doppelbestimmungen sind fortgelassen und nur die Ausrechnung angegeben. 4550 | Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 265 1—17 sind Versuche mit tetanischer Reizung, 18—22 mit Einzelreizung. Ferner sind 8, 9Jund 10 Versuche mit unvollständiger tetanischer Erschöpfung 18, 19 und 20 mit unvollständiger Ermüdung durch Einzelreize. Wo die Frösche abgehäutet benutzt sind, sind stets etwa 20% der Milchsäure in die Ringerlösung übergegangen; wurden die Frösche dagegen nicht abgehäutet, so enthielt die Ringerlösung nur etwa 2 mg Milchsäure. In diesem letzteren Fall wurde bei einzelnen Versuchen die Milchsäure in der Ringerlösung nicht bestimmt, sondern der Wert aus genau gleich ange- stellten Experimenten der gleichen Serie ergänzt. Die Zahl ist dann in eckigen Klammern angegeben. Der mögliche Fehler ist unter 0,5 mg Milchsäure und kommt nicht in Betracht. Die Ringerlösung enthielt stets Bicarbonat, ihre Menge betrug zwischen 157 und 172 ccm (in der Tabelle nicht angegeben). In der Tabelle ist enthalten: A) bei den Wärmeversuchen: die Thermostatentemperatur, die Art der Anaerobiose (vorheriges Wasserstoffdurchleiten, unabgehäutete Frösche, Blau- säurezusatz); die Dauer der tetanischen Reizung und die Zahl der Pausen (2. Zahl in der Spalte) bzw. bei der Einzelreizung die Gesamtdauer der Metronomreizung und die Gesamtsumme der Einzelschläge; die Versuchszeit unter Abrechnung der Vorzeit von 1—2 Stunden für den Temperaturausgleich; das Gewicht der Muskeln: Tabelle XIV. Wärme- und Milchsäurebildung bei elektrischer Reizung. A. Wärmeversuche. | Ver- | Ann Tetanus- | Vers.- | Muskel |Gesamt-| corr.Temp.- Cal. | Cal. Datum | suchs- 5 Er: dauer. Zahl| zeit in | wasser- anstieg in Cal. |prol g für An- ‚ temp. | robiose') der Pausen | Min. g wert 0,001 °C Muskel. fang?) Bo TB. .- Na 85:5| 20 | 26,6 | 215 | 54 11,6 , 0,436 | 0,005 11 22.1.20 7.5 Na 10.522 52% 22 23.300210 50 10,5 | 0,450 0,005 M>ı.vL. |145|. 3 17:3 | 33 |292 215 | 60 | 12,9 | 0,440 | 0,015 DAVL. |145 |. Na 25.:10-| 50 | 20,1 1202 | 2 14,5 | 0,320 0,010 2.VI. | 14,5 Na 27’ :11| 60 | 198 | 2145 62,5 | 13,4 | 0,67% | 0,015 PEVIT, 12 KCN ol 2140.60 17.3035 521027 7° 2106 22,2 | 0,232 | 0,010 4. VOL. | 14 REN 6 322.216: | 62 .727.1 .1202,.\ 86,5 ı 17,9 | 0,66 | 0,010 29V | 14 Na De 18 195215202 63,5 12,8 | 0,645 0,015 RI #139 | ; -Na Tas ws oo oo 82040 MR. 113,9 Na 407 :.1 15 35,2 -| 223 7a 15,8 0,45 0,02 ee Na 37:7 |60 267 208) 119 1234 0,835 0,02 Bi 24.V. | 22 KON. 152:3192.|.45.| 2842| 20817793921 19,4. 0,683 | 0,05 E1.28.V.. | 22 KCN | 2:10 | 55 | 252 1214 | 705: .| 15,1.| 0,60 | 0,07 BIERVE N 41,22 H3; 285.315. 120 a al 87 18,9 0,493 | 0,07 KAr\lıs +22 H; 26:8 5057 17.30:62 120127 27104 20,9 | 0,682 , 0,06 7.1.20| 20,5 Na 8245. 23. | 2919, 7216 78,5 | 170 |0,5% 0,05 9. II. 20| 20,5 Na ER 33 | 27,5 218 68,5 | 14,9 | 0,54 | 0,06 0.IX. 14 1 Na 18 BU 21 Pal 1E)7| 88 17,3 0,%3 | 0,02 3.IX. | 14 |Na+KCN| 6°: 270 298 Wo E20 | 48 96 0,46 0,025 BER la Ken |2:90 | 2 |\ızs lıss | 33 | 65 |0,365 | 0,025 DRM. H. 125°:2000| 32 | 17,6 |196 | 87,1 | 17,0 | 0,965| 0,025 8.XIL | 14 Na 407 22800. 55...\ 34,1 1,224 153 34,3: ı 0,925 0,02 1) H,: Wasserstoff durchleiten. Na: nicht abgehäuteter Schenkel. KEN : %/ygon- ?) Korrektur für anaerobiotische Wärmebildung der Anfangszeit (1—2 Std.) pro 1g Muskel. 266 OÖ. Meyerhof: B. Milehsäureversuche. | Ele nmus in Rin- | % Milchs. | % Anfangs- Durch- u= | Milche, nr are & nn ” ehals n schnitt :c Q 1 17,8 16,8 25.1 1,6 0,100 0,014 512 470 2 ker 20,5 26,5 [1,6] 0,120 ı. 0,014 430 (7,5°) 3 20,2 19,6 28,4 2 0,122 0,015 410 4| 150 |238| 31,8 3,2 0,174 0,015 | 460 5 15,2 21,6 28,3 2) 0,154 0,015 500 435 6 22,7 37.5 500° | 84 0,193 0,020 428 (14°) - 7 20,5 27,9 36,8 705 0,164 0,020 465 sn 153 122407990 1,5 0,154 0,020 | 492 ) 14,3 ee a | 1,8 0,131 0,015 396 10 28,0 BIT, 47.0. |» [18 0,139 0,015 .| 380 11 20,8 48.0 61,2 3,5 0,243 0,015 393 1010 900: 375) so 0,216 0,035 | 405 Iso leo san ars 0,232 0,035 | 340 390 14 28,5 4019: 753,7 15,3 0,180 0,025 363 (22°) 15 23,4 3994 ED 2586 0,212 0,020 3835 16) .23,6 1343| -43,5 1,9 0,152 0,015 | 452 17 20,3 35,0| 45,0 [1,9] 0,170 0,015 387 Ta 128 as, 515, 20 0,226 | 0,020 | 364 =4l®) 15,9 28:80 Sal ei 0,168 0,020 330 352 20 19% 12,9 2 022 083:6 0,118 0,020 400 (14°) Ode 191957 129/61] 650.0 22X9 0,358 9,0355 | 305 | Einzelr. 22 29,4 82.0.7. 103.000 6 025 0,283 0,020 360 Schenkelgewicht minus Knochen; Gesamtwasserwert (Gefäß mit Thermometer + Ringerlösung + Froschschenkel); korrigierter Temperaturanstieg; die gesamte Calorienproduktion, die durch Reizung hervorgerufen ist, daraus die entsprechenden cal pro 1g Muskel, schließlich in der letzten Spalte die für die Anaerobiose der Vorzeit zu ergänzenden cal. B. Bei den Milchsäureversuchen ist angegeben: die auf Milchsäure verarbeitete Muskelmenge; die darin gefundene Menge Milchsäure und die Umrechnung auf die Muskelmenge des Wärmeversuchs, sowie die in der Ringerlösung enthaltene Menge; der Prozentgehalt an Milchsäure im ganzen, berechnet auf das Muskelgewicht, in der folgenden Spalte der prozentische Anfangsgehalt der Muskeln an Milchsäure, aus Kontrollbestimmungen ergänzt. Schließlich der cQ -Wert und in der letzten Spalte die Durchschnittszahl von c@ für jede Temperatur. Bei Betrachtung der Tabelle sieht man, daß bei sehr verschiedenem Milchsäuregehalt von 0,10—0,36% die Werte für cQ im großen und ganzen dieselben sind. Noch näher liegen die Werte innerhalb jeder Serie beieinander, die größten Abweichungen betragen darin 25%. Auch zwischen teilweiser und vollständiger Ermüdung ist kein deutlicher Unterschied. Andererseits gewinnt man den Eindruck, daß geringe systematische Unterschiede zwischen den Serien vorhanden sind. Bei tiefen Temperaturen liegt der cQ-Wert etwas höher als bei hohen Temperaturen. Besonders auffällig ist, daß die Wärmebildung bei der Reizung mit Einzelschlägen geringer ist. Was das erstere anlangt, Die Energieumwandlungen im Muskel. 1. 267 so sind die Unterschiede doch nicht so groß, um die Fehlergrenze der Versuche deutlich zu überschreiten. Die Durchschnittszahlen in dem Bereich von 7,5°—22,5° sind nur um 20%—25% voneinander ver- schieden und es ist noch darauf hinzuweisen, daß die hohen Werte bei 14° im Hochsommer erhalten wurden, wo wegen der hohen Zimmer- temperatur die Korrektionsberechnung ziemlich schwierig ist, während im Oktober, wo die Zimmertemperatur nahe bei 14° lag, die Werte für 14° mit den Durchschnittszahlen von 22° fast übereinstimmen. Es ist mithin nicht sicher, aber immerhin wahrscheinlich, daß ein geringer Einfluß der Temperatur auf den cQ der Milchsäurebildung vorliest!). Merkwürdiger noch ist die Herabsetzung des ceQ-Wertes bei Einzel- reizen. Auch hier ist der Unterschied nicht sehr groß, aber doch wahr- scheinlich jenseits der Fehlergrenze, da auch in derselben Jahreszeit Differenzen zwischen beiden Serien vorkamen. Die schon im Kapitel 1 erörterte Möglichkeit, daß in diesen Fällen, wo bei erschöpfender Rei- zung ein besonders hohes Maximum erzielt wird, einige Prozent. der aldehydbildenden Substanz nicht auf Milchsäure zu beziehen sind, könnte für den Unterschied kaum in Betracht kommen. Eine zweite Möglichkeit, die uns auch im nächsten Abschnitt noch einmal begegnen wird, ist die, daß der Erregungsprozeß selbst mit einer wenn auch nur geringen Wärmetönung verbunden ist, und die Zahl der wirksamen Erregungen bei Einzelreizung ist viel geringer als bei tetanischer; schließlich ist der kleinste Wert bei einem besonders hohen Milchsäure- maximum erhalten, und wenn auch zwischen mehr und minder weit- gehender Ermüdung keine ausgesprochene Differenz vorliegt, so ist es auch schon auf Grund des kleineren Wertes bei Chloroformstarre und der im nächsten Kapitel beschriebenen Anaerobioseversuche wahr- scheinlich, daß sehr erhebliche Milchsäurebildung ‘mit geringen ceQ- Werten einhergeht. Ob diese Faktoren zur Erklärung ausreichen, lasse ich dahingestellt. Auch die Wärmebildung bei tetanischer Ermüdung ist schon von Peters gemessen worden?). Peters ging, abgesehen von der thermo- elektrischen Meßmethode, auch darin anders vor, daß er sechs kleine Froschschenkelpaare mit präparierten Nerven an einer Rührerscheibe befestigte, die Beine in halb mit Ringerlösung gefüllte Zylindergefäße hängte und durch Heben und Senken des Rührers einen Temperatur- ausgleich in der Flüssigkeit hervorrief. Die Anaerobiose ist dabei sehr 1) Für das Vorhandensein dieses Temperatureinflusses in dem gemessenen Umfang spricht, daß Weizsäcker einen ähnlichen Einfluß anf das Verhältnis Wärmebildung: isometrische Spannungsleistung beobachtet hat. was nach dem folgenden (vgl. Kap. IIT) wesentlich als Änderung des c@ der Milchsäure er- klärt werden muß. DEAL O: 8. 257EE. 268 0. Meyerhof: unvollkommen, und eine gewisse Wärmemenge kann, ja muß sogar oxydativer Natur sein. Dies ist wohl der Grund, daß seine Werte mit den meinigen nicht ganz so gut übereinstimmen wie bei der Chloroform- starre, sondern etwas höher liegen. In acht als weniger genau bezeich- neten Versuchen findet er pro 1 Muskel bei erschöpfender Reizung eine Wärmeproduktion zwischen 0,36 und 1,08 cal, im Mittel 0,78 cal, in acht als genauer betrachteten Versuchen im April und Mai 0,68 bis 0,94 cal (Versuchstemperatur 14—19°), darunter 5mal über 0,9 cal. Meine Werte für tetanische Reizung, die ja sehr verschiedenen Milch- säuremaxima entsprechen, liegen im ganzen in einem ähnlichen Bereich, zwischen 0,44 und 0,88 cal, die im. Frühjahr bei entsprechender Temperatur wie die von Peters angestellten Versuche zwischen 0,6 und 0,75 cal, die kleineren Werte bei ihm sind also offenbar die rich- tigeren. In anderen Versuchen mit ähnlicher Vorbehandlung und Rei- zung der Frösche hat Peters die Milchsäure (als Zinklactat) bestimmt, er findet in vier Versuchen 0,215—0,15%; wenn man die Werte ent- sprechend umrechnet, stimmen auch diese ganz gut mit den meinigen überein, schließlich aber hat er einen Ruhewert von 0,08% Milchsäure ge- funden; zieht man diesen von seinen übrigen Werten ab, so erhält man allerdings erheblich kleinere Zahlen für die Milchsäurebildung und ent- sprechend einen zu großen Wert des c@. Indes darf man annehmen, daß bei den Wärmeversuchen mit hohen Ausschlägen ähnlich große Ruhewerte, die auf starke vorhergehende Reizung der Muskeln deuten, nicht vorliegen. Damit dürften die Abweichungen seiner Ergebnisse aufgeklärt sein, welche bei ungenügender Berücksichtigung der Ur- sachen die Forscher zu unrichtigen Schlüssen veranlaßt haben und zu der Annahme, seine Wärmewerte wären, bezogen auf die Milchsäure- zahlen, nicht etwa zu groß, sondern eher erheblich zu klein (vgl. dazu die folgende Arbeit). 4. Anaerobioseversuche bei Muskelruhe. Die Messung der anaeroben Wärme- und Milchsäurebildung in der Ruhe ist frei von manchen Komplikationen der bisher geschilderten Versuche. Es genügt, die Schenkel in blausäurehaltiger Ringerlösung zu suspendieren und längere Zeit den Temperaturanstieg zu beobachten. Um große Ausschläge zu erhalten, wurden die Versuche etwa 24 Stunden fortgesetzt. Bei ununterbrochener Rührung kamen keine Temperatur- änderungen des Thermostaten über 0,01° vor. Die Versuche stimmen auch unter sich gut überein. Die cQ-Werte sind ausgesprochen kleiner als in den bisher mitgeteilten Versuchen. Der Durchschnitt ist c@ = 280 cal. Dieser Befund gibt auch der nicht großen Differenz, die wir zwischen Chloroformstarre und Ermüdung fanden, eine größere Sicher- heit. Der Starrewert liest ziemlich genau in der Mitte zwischen den Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 269 beiden anderen. Wir finden bei 22° tetanische Reizung cQ = 390, Chloroformstarre cQ = 340, Anaerobiose cQ = 280. Die Versuche wurden mit abgehäuteten Fröschen angestellt, durch die ausgekochte mit Bicarbonat versetzte Ringerlösung Wasserstoff hindurchgeleitet und meistens noch Blausäure zugesetzt. Die Wärmebildung innerhalb der Versuchszeit bleibt ziemlich konstant, steigt höchstens gegen Ende etwas an (vgl. Abb. 6); dieser Anstieg geschieht etwa bei derselben Milch - Eu onzentrablon, bei der der Knick auf den Kurven von Fletcher Bere ee BEI TB elek | BRRPZIENDAEZEE Bazar 1A 60 98 56 54 "52 30 : am a ae ON Em Ba NO en le TE Abb. 6. Wärmebildung bei Anaerobiose in der Ruhe. (19. III.) Abszisse : Zeit in Std.: 25. stün- -diger Versuch. Ordinate: Temp.in °C. Die ausgezogene Gerade x—x unkorrigierter Tempe- raturanstieg; die stark gestrichelte Linie @— — —® korrigierter Anstieg. Die feingestrichelte « Horizontale die Thermostatentemp. (auf 0,01 ° genau). ; und Hopkins sichtbar ist. Jedenfalls ist Milchsäure- und Wärme- bildung am Schluß der Versuche noch nicht abgeschlossen. Je nachdem Blausäure zugesetzt wird oder nicht, ist die stündliche Wärmepro- ‚duktion verschieden; im ersteren Fall etwas höher, offenbar wegen der durch die Alkalescenz der Lösung beschleunigten Milchsäurebildung. Bei Verdoppelung der Blausäuremenge (n/800 statt n/1600) in Versuch 7, Tab. XV, ist daher die stündliche Wärmeproduktion noch mehr gestei- gert und erreicht bereits in 20 Stunden den größten Wert, von da ab läßt die Wärmebildung wieder nach und ist in den folgenden 26 Stunden nur mehr !/, so groß; dann ist also die Starre schon größtenteils abge- laufen. In Versuchen 1—4 ist gleichzeitig Wärme und Milchsäure, in Versuchen 5—7 nur erstere bestimmt worden. 270 O. Meyerhof: Tabelle XV. Wärme und Milchsäurebildung in der Anaerobiose bei 22°. A. Wärmebildung. mu en ‚s|s® NECHEER: ll ı N D rS 3 u = {«B) GR - m S xr.)| Datum |95 88 [= 8 1252| 85 55 las 3 |37| 2% 1858 areas een Na a7 > g sa = 5 ö = ıl1.I0.| 2 | — 1574| 2 | 170 | 247 |220,5| 54,5 | 0,95 0,044 | 0,04 > 195 1105) 2 + |46,1| 25 180 | 245 .ı 263 | 64,5 | 1,40 |.0,056 | 0,04 31 ME 8 2 757.5, 024 170 | 248 !297 :| 73,6 |1,28 | 0,053 | 0,05 4 116. VL| 2 + 141,417 22,5 | 1932).252232 48,5: 1,17770:052270:03 5 3% 0 8 — 167 21 166 | 250 | 247 . 62,0 | 0,98 | 0,044 | 0,04 balın: III. 3 — 1666| 17 158 | 245 |215 | 52,6 [0,79 0,047 | 0,03 Ei | 20,5 | 170 | 243 273 66,5 |1,41 | 0,069 | 0,06 ne en Ian 170 | 943 |ı34 |32,5|0,69 | 0,026 | — B. Milchsäurebildung. m mg in % Milch- Ab % Nr. Pen es Menge der im ee säure im Anfangs- c® £ . Wärmevers. : ganzen gehalt 1 21,8 53,5 140 96,5 | 0,415 0,035 2360 2 18,15 54 ST 123 0,563 0,035 273 3 21,9 53,6 141 117 100419, 2.00 310 EI 36 97 90, 0277045971002 278 Durchschnitt 280 Wenn wir die Bedeutung der gefundenen Zahlen diskutieren, erhebt sich zunächst die Frage, wie der Unterschied zwischen den eQ-Werten bei Ruheanaerobiose und bei elektrischer Reizung zu erklären ist. A priori gibt es dafür mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Zunächst ist wohl der Erregungsprozeß selbst mit einer besonderen wenn auch geringen Wärmetönung verbunden. Doch darf man es als ziemlich ausgeschlossen betrachten, daß die ganze Differenz, etwa !/, der Kon- traktionswärme, hierauf zu beziehen ist. In diesem Fall könnten die - chemischen Vorgänge, die dem Erregungsprozeß entsprechen, nicht völlig verborgen bleiben. Eine zweite Erklärung, die einer kritischen Betrachtung noch weniger standhält, könnte die Arbeitsleistung des. Muskels selbst dafür verantwortlich machen. Das wäre jedoch nur dann möglich, wenn die chemischen Vorgänge bei der Arbeit andere: wären, als bei der Milchsäurebildung in der Ruhe; wenn also entweder das Ausgangsprodukt der Säure anderer Natur wäre, oder am Ende neben der Milchsäure andere Körper aufträten. In der Tat scheint es nach den Versuchen von Laquer, als ob z. B. bei der Wärmestarre neben der Milchsäure freie Phosphorsäure auftritt, bei der Reizung aber nicht, was wir vielleicht so deuten können, daß zwar auch bei der Kontraktion die Phosphorsäure frei wird, aber schon während des. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. Dal Erschlaffungsvorganges wieder organisch gebunden wird. Ich werde aber in der folgenden Arbeit Versuche mitteilen, die es höchstwahr- scheinlich machen, daß die chemischen Vorgänge bei der Milchsäure- anhäufung in der Ruhe und bei der Arbeit identisch sind. Zu warnen ist vor dem Fehlschluß, als könnte die Arbeit als solehe den Wärme- wert der Milchsäurebildung verändern. Gewiß: Bei der Muskelzuckung wird die freiwerdende Energie in Spannung und Bewegung verwandelt und diese erst durch Reibung der Muskelfasern aneinander, an der Wand des Gefäßes usw. in Wärme. Aber bekanntlich kommt es nach dem 1. Hauptsatz auf den Weg der Energieumwandlung nicht an, nur auf Ausgangs- und Endzustand. Diese sind allein dadurch, daß Arbeit geleistet wurde, nicht verändert worden. Wir müssen uns dabei klar- machen, daß die gemessene Wärme durchaus nicht die Wärme der physikalischen Zustandsänderung des Muskels bei der Spannungs- zunahme bzw. Verkürzung vorstellt und diese Größe auch gar nicht enthält. Diese ist weder hier noch von anderen Autoren gemessen worden; obwohl dies fälschlich ‚oft so dargestellt worden ist. Der Ver- kürzungsvorgang verläuft dazu viel zu rasch, wir haben stets beide Tätigkeitsphasen zusammen, Kontraktion und Erschlaffung. Theore- tisch könnte diese Wärmetönung höchstens in einzelnen Beobachtungen Hills enthalten sein, wo er mit einem Galvanometer von geringer Trägheit die Wärme etwas längerer Tetani gemessen hat, praktisch ist das aber auch nicht der Fall. Die einmalige Zustandsänderung zu Beginn kommt gegenüber der fortdauernden Energieproduktion, die für das Aufrechterhalten der Verkürzung erforderlich ist, gar nicht in Betracht und wird auch von der Erschlaffung nicht abgesondert. Was wir in allen Fällen messen, ist eine zusammengesetzte Wärme, bestehend a) aus der Wärmetönung der chemischen Reaktion, die zu Milchsäure führt, b) aus der Wärmetönung, die den Übergang der an bestimmten Stellen, “den ‚„‚Verkürzungsorten‘“, entstehenden Milchsäure in ihre schließlichen „Ermüdungsorte‘‘, an denen sie sich ansammelt, begleitet. Diese. Er- müdungsorte dürften wohl in der Hauptsache das ganze Sarkoplasma des Muskels sein. Ob dabei infolge genügend rascher Anhäufung der Milchsäure an den Verkürzungsorten eine Kontraktion ausgelöst wird, die beim Verlassen dieser Orte in Erschlaffung übergeht oder aber bei der Ruheanaerobiose die Milchsäure an den Verkürzungsorten infolge fortwährender Wegdiffusion niemals die für eine Kontraktion nötige Konzentration erreicht, dies muß für den cQ-Wert ganz gleichgültig sein. Man mißt stets nur die Wärme der ‚„Ermüdung‘“, der Milchsäure- anhäufung. Ä Aus allgemeinen Überlegungen kann man nur das folgende sagen: Wenn die Kontraktion durch eine bestimmte Milchsäurekonzentration an den Verkürzungsorten ausgelöst wird und durch die Wegdiffusion 22 O. Meyerhof: an die Ermüdungsorte wieder verschwindet und dabei der Zustand des ganzen Systems vor und nach der Kontraktion völlig gleich ist bis auf die Milchsäureanhäufung, so kann dieser in physikalischem Sinne umkehrbare Prozeß, Verkürzung -- Erschlaf- fung, sich nur abspielen, wenn die freie Energie derjenigen Vorgänge, die die Milchsäure an die Ermüdungsorte fixieren, mindestens so groß ist wie die, die physikalisch an den Verkürzungsorten entwickelt und bei der Erschlaffung rückgängig gemacht wird. Beispielsweise, wenn man die Kontraktion auf Quellung zurückführt, die durch H-Ion bewirkt wird, ließe sich die Entquellung nur durch Zufuhr freier Energie ermöglichen, die, falls sie nicht chemischer Natur ist, in irgendeiner „Absaugung“ des H-Ion von der Verkürzungsstelle zu suchen wäre; dasselbe wäre der Fall, wenn die Milchsäure die capillaren Eigenschaften der contractilen Substanz durch Oberflächenwirkung veränderte; dann wäre an eine Verdrängung bei der Erschlaffung zu denken. Allgemein könnte diese Rückgängigmachung nicht stattfinden, wenn nicht ein anderer freiwilliger Vorgang die nötige Arbeit dafür lieferte. An sich besitzt schon die Diffusion ein gewisses Maß freier Energie, doch wird das wahrscheinlich vermehrt werden durch Erhöhung des Konzentrationsgefälles. infolge Neutralisierung, Wegadsorption und durch Quellungsbindung der Milchsäure im Sarkoplasma. Möglicher- weise wird die Milchsäure auch aktiv von den Verkürzungorten entfernt, z. B. verdrängt. Andererseits zeigen die Versuche Hills, die im nächsten Kapitel auf neuem Wege bestätigt werden, daß bei geeigneter Anord- nung unter anaeroben Bedingungen die ganze Energie, die bei der Kontraktion frei wird, als Spannungsarbeit erhalten werden kann. Da der Vorgang vermutlich nicht viel mehr Arbeitsfähigkeit besitzt als Gesamtenergie, so kann bei der Energietransformation nirgends eine Vergeudung stattfinden und keine für den Erschlaffungsvorgang unnötige Energie bei dem Übergang der Milchsäure von den Verkürzungs- ° zu den Ermüdungsorten auftreten. Bei dieser Beschränkung ist dann Erfordernis, daß die freie Energie und in ähnlicher Weise auch die Gesamtenergie des ‚„Ermüdungsvorganges“ auch nicht wesentlich srößer als die des Verkürzungsvorganges sein darf, sondern nur ebenso groß, um ihn gerade rückgängig machen zu können. Wir können mithin beide gleich setzen und kommen auf indirektem Wege zu der Annahme, daß die unbekannte Wärme der physikalischen Zustandsänderung bei der Verkürzung ähnlich groß sein wird wie die gemessene Wärme des sanzen Ermüdungsvorganges, abgesehen von dem thermochemischen Anteil, wobei dann die negative Wärme der Erschlaffung durch eine positive Wärme des Milchsäureentzuges gerade kompensiert würde. Ist nun vom energetischen Standpunkt aus die anaerobe Milchsäure- anhäufung von der Arbeitsermüdung nicht verschieden, abgesehen von Die Energieumwandlungen im Muskel. I. | 273° der kaum erheblichen Energie des Erregungsvorganges, so müssen wir ‘nochmal fragen, worauf denn der Unterschied des cQ-Wertes beruhen "kann. Ich möchte annehmen, daß er zu einem erheblichen Teil daher rührt, daß bei der Ruheanaerobiose fast die Hälfte der Milchsäure den lebenden Muskel verlassen hat und sich in der Ringerschen Lösung befindet. Diese Milchsäure ist also nicht mit Wärmeentwicklung an die „Ermüdungssorte‘“ fixiert worden und kann daher, da sie gleichsam über die Schleusen derselben in die Lösung ausgetreten ist, natürlich nur ebensoviel Wärme gebildet haben, als der chemischen Reaktion entspricht, der sie ihre Entstehung verdankt. Würde alle Milchsäure den Muskel verlassen und der Muskel andererseits seinen ur- sprünglichen Zustand wiedererlangt haben, so käme allein die chemische Reaktionswärme in Betracht. Für diese Überlegung spricht, daß, wenn wir aus der Differenz der cQ-Werte die Größe der chemischen Wärmetönung der Milchsäureentstehung abschätzen, wir ungefähr denselben Wert erhalten, der sich aus thermochemischen Daten ergibt. Wenn’ bei 22° sich bei Ermüdung für 1 g Milchsäure 390 cal, bei Anaero- biose 280 cal ergeben und im letzteren Fall etwa die halbe Milchsäuremenge nur mit ihrer chemischen Wärme (und der Neutralisation der Carbonate) auftritt, so würde die chemische Wärmetönung der Milchsäurebildung und Neutralisation allein etwa 150—200 cal betragen!). ‚Wir finden in der Tat einen ähnlichen Wert, wenn wir auf Grund recht unzureichender Kenntnisse diese Wärmetönung berechnen. Auch wenn die Milchsäure unmittelbar aus Glucose oder Hexosediphosphorsäure entsteht, müssen wir als Ausgangsprodukt doch das Glykogen wählen, weil es gleichzeitig mit dem Entstehen der Milchsäure im Muskel verschwindet, denn nach den Feststellungen von Parnas und Wagner?) nimmt der Glykogen- gehalt des Muskels bei vollständiger Ermüdung durch tetanische Rei- zung um etwa 2 mg pro 19 Muskel ab, während eine ähnliche Menge Milchsäure auftritt. Zu der Reaktionswärme Glykogen-Milchsäure kommt dann noch die Neutralisation der Milchsäure durch Bicarbonat: CH, - CHOH - COOH + NaHCO, = CH, - CHOH - COONa + H,CO, Diese Wärme hat Hill bestimmt zu 27 cal pro 1 g Milchsäure. Man geht wohl nicht fehl, für die Neutralisation durch Muskeleiweiß oder KCN eineähnliche Größe anzunehmen. Die Spaltungswärme Glykogen-Milch- säure ist leider nicht sehr genau anzugeben. Besonders die Verbren- 1) Man könnte dagegen einwenden, daß der c@ bei Chloroformstarre nicht so stark herabgesetzt ist, obwohl noch mehr Milchsäure in die Ringerlösung über- getreten ist. Hier ist aber gleichzeitig auch ziemlich viel Eiweiß aus dem Muskel ausgetreten. Die Milchsäure dürfte großenteils erst nach dem Absterben des. Muskels ausgeschwemmt sein, nachdem sie irreversible Veränderungen in ihm hervorgerufen hat. Das könnte den Unterschied erklären. 2) Biochem. Zeitschr. 61, 387. 1914. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. t8 274 | er O. Meyerhof; nungswärme der Milchsäure, die von Luginin!) aus der des Äthyl- esters berechnet ist, kann zu Zweifeln Anlaß geben. Vielleicht ist sie etwas zu groß2). 0,9g Glykogen +. 0,1 g Wasser geben 1 g Milchsäure. Daraus ergibt sich 3772 — 3661 = 111cal; mit der Neutralisation durch Carbonat zusammen 140 cal. Wir erhalten mithin einen ähnlichen Wert wie den oben berechneten. Daraus würde folgen, daß über die Hälfte der Kontraktionswärme, etwa 200 cal pro 1g Milchsäure, nicht chemischen Ursprungs wäre, sondern auf die die Ermüdung begleitenden physikalischen Vorgänge im Muskel, Quellung, Adsorption, kolloide Zustandsänderungen und dergleichen zurückgeführt werden muß. Dieser Wert ist nicht un- 'wahrscheinlich groß. Es ist nur etwas mehr als !/,, der Verbrennungs- wärme der Milchsäure. Es ist bekannt, daß der ermüdete Muskel aus isotonischer Ringerlösung 20-—-30%, seines Gewichts Wasser aufnimmt. Man sieht daraus, daß der quellende Einfluß der Milchsäure auf das Muskelplasma nicht unbedeutend ist. Diese Zunahme des Wasser- gehalts des Muskels gibt natürlich keinen Anhaltspunkt für die Rolle der Milchsäure bei der Kontraktion; sie ist eine Begleiterscheinung der Ermüdung, nicht des Verkürzungsvorganges. — Ob nun diese Wärmerechnung zutreffend ist, wird sich erst bei genauerer Kenntnis sowohl der chemischen Wärmetönungen wie der sich im Muskel abspie- lenden Vorgänge sagen lassen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß noch ein höherer Betrag, als er hier in Ansatz gekommen ist, auf rein chemische Vorgänge zurückzuführen ist. Aber trotz des hypothetischen Charakters dieser Erörterung und der Unsicherheit der Daten, auf die sie sich stützt, können wir vorläufig annehmen, daß von dem eQ-Wert bei Arbeits-. leistung etwa 150—200cal auf chemische und etwa ebensoviel auf physikalische Prozesse zu beziehen ist. Kapitel II. Milchsäurebildung und isometrische Leistung. Durch die Untersuchungen von Blix, Frank, Hill u. a. ist die Annahme gut begründet, daß der primäre Vorgang bei der Muskel- zuckung die Entwicklung von Spannung ist. Die Verkürzung folgt sekundär. Der festgehaltene Muskel entwickelt nur Spannung; lassen wir ihn los im Moment, wo er das Maximum der Spannung erreicht hat, so verkürzt er sich. In diesem Fall ist die Zuckungswärme, wie Hill findet, genau ebenso groß, als wenn der Muskel sich nicht ver- kürzt. Nur solange der Muskel Spannung entwickelt, geht ein wärme- 2) Vgl. Landolt- Börnstein. 2) Auf meinen Vorschlag; hat. Herr. Professor W. Roth in Braunschweig in Aussicht genommen, in allernächster Zeit die Verbrennungswärme der Milchsäure neu zu bestimmen. Eine genauere Berechnung ist erst mit den dann erhaltenen Werten möglich. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 275 bildender Prozeß in ihm vor. Es genügt daher, den Muskel isometrisch zucken zu lassen; leistet er dabei auch im thermodynamischen Sinn keine Arbeit, so können wir dies doch vom physiologischen Standpunkt ausalseine Arbeitsleistung auffassen, indem wir ausrechnen, wieviel Arbeit der Muskel geleistet haben würde, wenn er sich hätte verkürzen können. Die dazu nötigen Messungen hat Hillam Sartorius, G’ acilis und Semimem- branosus ausgeführt, indem er bestimmt hat, welche Spannung ein sich zu- nächst frei verkürzender Muskel entwickelt, wenn er auf verschiedener Länge festgehalten wird. So wurde ein Spannungs-Längendiagramm des 'gereizten Muskels gewonnen, von dem das des ungereizten (gedehnten) "Muskels in Abzug gebracht wurde. Auf diesem Wege findet Hill, daß die potentielle Energie, die ein festgehaltener Muskel entwickelt, gleich ‚Us. T-List,wo T die gemessene Spannung in g, ! die Länge des Muskels. . A at 3 in Zentimetern ist;.bzw. in Calorien: sa dTer -— . Ich habe in einer erheblichen Anzahl von Versuchen unter anaeroben Bedingungen die gesamte isometrische Leistung des Gastrocnemius bis zur Ermüdung mit der gleichzeitigen Milchsäurebildung verglichen. Da wir im vorigen Kapitel die Wärmetönung der Milchsäurebildung unter sehr ähnlichen Umständen bestimmt haben, können wir aus diesen Versuchen den „thermischen Wirkungsgrad‘ des Muskels in der Anoxybiose berechnen. Die Ausrechnung geschah nach der Hillschen Formel. Auf gewisse allgemeine theoretische Bedenken derselben soll hier richt eingegangen werden. Fraglich erscheint jedoch, wie sie auf den Gastrocnemius an- gewardt werden soll, da seine Fasern verschieden lang sind und nicht paral’el verlaufen. Nachdem ich zunächst willkürlich als mittlere Länge ! die Länge des schlaffen Muskels benutzt hatte, welche 15—20%, kleiner ist, als wenn er im Spannungshekel ausgestreckt wird, habe ich in einer Reihe von Versuchen nach dem Vorbild von Hill am Gastrocnemius das Spannungslängen-Diagramm aufgenommen. Das Verfahren war genau das von Hill beschriebene; dazu wurde der in Abb. 7 abgebildete Spannurgshebel benutzt. Durch Drehen der Stellschraube konnte er- reicht werden, daß der Muskel entweder direkt am Aufhängedraht zog oder sieh über ein zwischen 0 und 6mm wechselndes Bereich erst ver- kürzte, ehe er den Spannurgshebel bewegte. In der Tat ergab sich, daß der urbekannte Faktor # der Gleichurg: potentielle Energie — „aT.! recht genau =!/, ist, wenn man als 2 die um 15%, verringerte Länge des gespannten Muskels benutzt. Es wurde in 10Versuchen an’ ver- 1 schiedenen Gastroenemien Werte von ie 6,3; 6,05 5,75 5,15 7,75 6; 6,2; 5,1; 6,8; 6,8 gefunden, im Durchschnitt 6,2, wobei aber das Flächen 1) Journ. of Physiol. 46, 450. 1913. io; 276 ©. Meyerhot: stück, das der aktiven Spannungszunahme des über seine Ruhelänge gedehnten Muskel entspricht, nicht mit berücksichtigt wurde. Aus theoretischen Gründen war diese Vernachlässigung nahegelegt, weil die Dehnung des Gastrocnemius jedenfalls vorwiegend auf die Zerrung und Geradestreckung der sehnigen Elemente und nicht auf eine Ver- längerung der Muskelfasern bezogen werden muß. Auch wären die l Werte von — sonst unwahrscheinlich klein geworden. Trotzdem also u die Umrechnung der isometrischen Spannungsleistung in Arbeit nicht ganz frei von Wil.kür ist, und ebenso die gleichmäßige Anwendung ‚desselben Faktors !/, für alle schlaffen Gastrocnemien verschiedenen Profils in frischem und ermüdetem Zustand, dürften doch die so ge- fundenen Zahlen der Größenordnung wenig und vor allen gut unter- einander vergleichbar sein. 1. Methodisches. Um die Versuche in Flüssigkeit und bei verschiedenen Temperaturen ausführen zu können, benutzte ich eine Anordnung, die im ganzen der von Kopyloff!) sowie von Schwenker!) im hiesigen Institut ausgearbeiteten entsprach; nur daß ich einen geeigneten Spannungshebel kon- struierte, der an die Stelle des isotonischen . Muskelhebels trat. Die- ser Hebel sollte in dem mit Kühler versehenen Röhrchen, das mit blau- säurehaltiger Ringer- lösung gefüllt wurde, Platz finden, ohne daß vielRaumfürdieFlüssig- keit blieb, damit die „A Milchsäure im Muskel &o und in der Lösung zu- Abb.7. Spannungshebel (vgl. Text). — A. Bohrung mit Schraupe Famımen bestimmt wer- zum Festklemmen der Tibia. B. Feinregulierung zur Änderung den konnte. Der Hebel der Anfangsspannung des Muskels. C. Hartgummiplatte, die ist auf Abb. 7 verein- en 0 geschweifte Feder drückt, welche (auswechselbar) festgeschroben Tibiaknochen ‚wird am ist. Die vordere Hälfte der den Hebel tragenden Gabel ist wegge-- unteren Ende der Mes- brochen. E. Drehpunkt des Spannungshebels. singstange A mit einer Schraube in einer Boh- rung festgehalten (hierzu diente eine zerschnittene, quer an den Messingstab gelötete Klemmschraube). Die 'Achillessehne des umgekehrt aufgehängten Gastrocnemius wird durch einen Haken durchbohrt, der an einem Platin- draht befestigt ist. Der Platindraht greift 4mm vom Drehpunkt des Hebels . an. Das obere Ende des Hebels war ähnlich wie der von Kopyloff kon- struiert, so daß der elektrische Strom einerseits durch den Platindraht, !) Arch. f. d. ges. Physiol. 153, 122, 15%, 371. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. Dtm andererseits durch den Messingstab zugeführt wurde. Der Messingstab war mit Schellack lackiert, damit der Strom erst an der Klemmschraube in die Lösung austrat. Der Spannungshebel war an seinem dem Muskelansatz gegenüberliegenden . Ende abgeplattet und drückte hier gegen eine (auswechselbare) Feder aus Uhr- federstahl. Vor dem Versuch wurde der Hebel mit Gewichten an der Trommel geeicht, Die Anordnung war sehr bequem: durch eine Feinregulation konnte die "Anfangsspannung leicht variiert werden. Der einzige Fehler dabei war eine un- genügende Stabilität, so daß vor allem die Anfangsspannung nachträglich nicht mehr genau gemessen werden konnte. Auch sonst konnten dadurch gewisse Un- genauigkeiten bei der Berechnung entstehen. Die Gesamtspannungsleistung wurde einfach durch Addition aller Spannungshübe berechnet, die mit den Eichungs- längen verglichen wurden. Natürlich geschah das überschlagsweise, indem die mittlere Länge ganzer Reihen genommen wurde. Die periodische Reizung mit Einzelinduktionsschlägen geschah zum Teil durch einen am Sekundenzeiger einer Weckuhr befestigten achtstrahligen Stern aus Silberblech (in Ermangelung von Platin), welcher einen Platinkontakt berührte und so bei richtigem Rollenabstand achtmal in der Minute einen Öffnungsinduktionsschlag gab. Da diese Anordnung aber nicht regelmäßig genug funktionierte, benutzte ich meist ein Metronom, daß in der Mehrzahl der Versuche 40 Öffnungsschläge in der Minute gab. Da diese Frequenz für Versuche bei niedrigen Temperaturen zu hoch ist, wurde am Metronom 'ein seitlicher Quecksilberkontakt angebracht, mit dem die Zahl der Reize auf 20 in der Minute herabgesetzt werden konnte. Zur völligen Trennung der einzelnen Hübe ist zwar auch diese Frequenz bei ermüdeten Muskeln und niedrigen Tem- peraturen noch nicht ausreichend, aber doch genügend, um eine Ausrechnung der isometrischen Leistung zu ermöglichen. Um in einem Teil der Versuche auch die Milchsäure bestimmen: zu können, wurde (vor dem Einspannen) die Tibia im Kniegelenk abgetrennt und mit einem Knochenschaber sorgfältig gereinigt; denn durch Muskelfetzen könnten große Fehler bei der Milchsäurebestimmung hervorgerufen werden. Ein auf diese Weise präparierter Gastrocnemius ergab ohne Reizung 0,02—0,03% Milchsäure, also nur wenig mehr, als dem normalen Ruhewert entsprach. Zu einem großen Teil der Versuche dienten Temporarien, die häufig sehr hohe Milchsäuremaxima gaben. An erster Stelle habe ich unter verschiedenen Umständen, Muskeln verschiedener Größe und Frösche verschiedener Herkunft mit den . verschiedensten Milchsäuremaxima, die isometrische Gesamtleistung und die Milchsäuremenge verglichen. Nachdem die Gesamtspannung —A : | n ir > multipliziert und so die potentielle Energie in Calorien ausgerechnet. Ebenso wird die ' Milchsäuremenge in Calorien umgerechnet, wobei ich als eQ-Wert für die isometrische Einzelzuckung 350 .cal annahm. In allen auf diese Weise durchgeführten Versuchen lag der Wirkungsgrad der anaeroben Kontraktion zwischen 60 und 110%, ebenso wie bei den Versuchen von Hill am Sartorius. Der höchste Wert ist zweifellos zu groß, da der Ver- gleichsversuch mit dem andern Gastrocnemius einen Wirkungsgrad von 95% ergab, d. h. eine 15%, geringere Arbeitsleistung bei genau gleicher Milchsäuremenge; offenbar ist also die Milchsäurezahl im ersten Fall fehlerhaft verkleinert; andererseits sind die kleinsten Werte von 60—70%, unter besonderen Bedingungen mit mehrstündiger Ruhe- in Gramm ausgewertet war, wurde sie mit 278 ©. Meyerhof: anaerobiose erhalten, so daß die Milchsäurewerte dadurch etwas zu groß sind; danach liegt der Wirkungsgrad für alle normalen Ver- suche zwischen 74 und 104%. Bei Vergleich der Leistungsfähig- keit zweier Muskeln desselben Frosches bestand die Hauptunsicherheit darin, daß die Anfangsspannung nicht genau gleich gemacht werden konnte; nach Hill nimmt aber der Wirkungsgrad bei zunehmender Anfangsspannung etwas ab. Natürlich ist auch die Milchsäurebestim- mung an Gastrocnemien unter 1g nicht sehr genau. Doch kann so viel gesagt werden, daß bisher trotz aller Variationen keine er- heblichen systematischen Änderungen der isometrischen Leistung einer bestimmten Milchsäuremenge nach elek- trischer Reizung beobachtet wurden!). Alle Versuche mit &leichzeitiger Arbeitsmessung und Milchsäurebestimmung sind in Tab. 16 aufgenommen. Versuche mit demselben Datum sind stets an Gastroc- nemien eines Frosches angestellt (zu Vergleichszwecken). Das Milieu ist kurz angedeutet. Außer bei den Versuchen in Wasserstoffatmo- sphäre ist stets Ringer + "/goo KCN als Ausgangslösung anzunehmen. und Milchsäurebildung in der Anaerobiose. Tabelle XVI. Isometrische Leistung | selae 48 38 5, 22 |S8 xä| a8 Nr.|| Datum Do un Milieu 5 E = 3 = = F = = . 3 A E < E - ; - = | em| % Eimer asee 126. VIL.| Esc. | 17 | Ringer-Bic. |0,7 2,1 10,30 |26?| 2 | 51,9 | 0,665| 0,53 | 75 2 \81.XIl.| Temp.) 17 — 0,7 12,75.0,59° 26 | 990) 70,2 | 0,96 | 0,71 | 74 3 |(o.aXIR 17 | ohne KON 10,7 12,4 |0,55 |26 | 700] 71,8 | 0,84 | 0,73 |(87)2) 4|| 8.1.20) Ese. \. 18 Bicarb. |0,9 \2,3 |0,255| 32 | 675| 61,9 | 0.81 | 0,77 | 9 HS el alle Phosphat 0,9 |2,3 10,255| 32 | 770 71,7 | 0,81 | 0,89 | 110 6 10.1. =: 18 H.-atm. /1,05/2,5 \0,235| 34?| 570, 64,7 | 0,88 | 0,86 | 38° 713.1. 5 19 Phosphat ,1,35/4,5 |0,535| 35 |1060 92,5 | 1,58 | 1,26 | 80 813.1 5 19 Bicarb. 1,55/4,0 0,30 |35 | 950| 89,5 11,40 | 1,22 | 87 924.1. |Temp.|ca.16| H,-atm. |0,85\2,35/0.28 | 30 | 530| 54,3 | 0,82 | 0,64 | 78 10 26. I. OS Phosphat 10,8212,45|0,30 | 30 | 5N0| 49,5 | 0,86 | 0,58 | 67°) 11 26.1. a 13 Bicarb. |0,8213,35/0,41 | 30 | 710! 60,4 | 1,20 | 0,71 | 60°) 12 9 J0E a RZ. H;-ätm. [0,6 [2,1 |0,35 |26 11015| 75,6 | 0,74 | 0,77 | 104 13 112. II. N 16 n 0,5211,87|0,36 | 26 | 550| 56,0 | 0,65 | 0,57 | 88 14 |12. II. „ | 16 | Ringer-Bic. |0,52|1,7 |0,33 |26 | 890 51,5 | 0,59 0,52 | 88 15.28. IT. || Bse. | 8 — 1,0 |2,8 10,28 | 28.| 585| 67.3 | 0,99 | 0,755) 74 16 28. II. 92 = 1,0 |3,4210,34 | 28. | 880 85,9 | 1,20 | 0,9351. 78 17 NO DDIa 0) — 1,0 |2,7510,275| 29 | 500) 77,0 | 0,96 | 0,88 | 91 18) Mo-Sa De 25 — 1.0 13,45/0,345| 29 1095/110,0| 1,21 | 124 |102 19) SIONSTETA rg — 1,0 |2,95| 0,295| 28 | 545| 75,0 | 1,03 | 0,82 | 80 20 OR 7 — 1.0 |3,25|.0,325| 28 | 775102,1| 1,13 | 1511 1985 1) Versuche mit Narkotica, bei denen solche Änderungen auftreten, werde in einer späteren Arbeit mitteilen. 2) Keine volle Anaerobiose. ®) Ruhemilchsäurebildung vgl. Text. Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 279 Aus den Zahlen der Tab. XVI können wir auch die Milchsäuremenge, die bei einer einzelnen Muskelzuckung gebildet wird, berechnen. Ein Muskel von 0,85 g Gewicht und 30 mm Länge kann z.B. bei einer maxi- malen isometrischen Zuckung eine Spannung von gut 200 g entwickeln, bis zur Ermüdung entwickelt er 55kg und enthält 2,3 mg Milchsäure, auf eine Zuckung von 0,2 kg entfallen somit etwa 0,008 mg Milchsäure. Außerdem wurde noch in einer Reihe von Versuchen die isometrische Gesamtleistung der beiden Gastrocnemien eines Frosches miteinander verglichen, wobei das Milieu und die Temperatur variiert wurden. 2. Milieuversuche: In Ringerlösung mit und ohne KCN (und ohne Bicarbonat) war die Gesamtleistung gleich; der Milchsäuregehalt im letzteren Fall um 15% kleiner. Dies dürfte daher rühren, daß ohne ‚Blausäure eine geringfügige Erholung stattfinden kann, wobei etwas Milehsäure verschwindet. Andererseits ist die anaerobe Gesamtleistung in saurer Ringerlösung etwas geringer als in Gegenwart von Alkali (KCN). Der Vergleich von blausäurehaltiger Ringerlösung mit Bicar- bonat und mit Phosphat gab, wie bereits oben erwähnt, nur einen geringen Unterschied. In Übereinstimmung mit der Theorie Embdens über die Beteiligung der Phosphorsäure an der Muskelaktion fand Frl. Neugarten, daß in Gegenwart von neutralem Phosphat die isotonische Leistung der Muskeln bis um 180% erhöht sein kann!). Bei isometrischer Erschöpfung habe ich eine ähnliche Differenz niemals beobachtet, doch scheint ein, wenn auch nur geringer, günstiger Einfluß des Phosphats vorhanden zu sein. Es wurde auf 3 Teile Ringerlösung 1 Teil Phosphat benutzt, meist 1/,,m (carbonathaltiges) Na,HPO,; in einigen Versuchen (7 u. 10) der Tabelle wurde !/, des Phosphats durch KH,PO, ersetzt. Die Zunahme des K-Ions ist vielleieht dann schon etwas groß, so daß die beiden Versuche nicht sehr beweiskräftig sind. Bei Vergleich mit blausäurehaltiger Ringerlösung ohne Bicarbonat ergab sich. einmal eine Mehrleistung durch Phosphat von fast 40%; viel geringer aber bei Vergleich von Ringerlösung + Bicarbonat + KCN und Ringerlösung + Phosphat + KCN. Die Differenzen betrugen hier um 10% und durch- schnittlich ebensoviel bei Bestimmung der Milchsäuremaxima in beiden Fällen. Da die anaerobe Ermüdung nur etwa 3/, Stunde beansprucht, lag der Gedanke nahe, daß die Zeit für das Eindringen des Phosphats . nicht ausreicht, und es wurden deshalb zwei Gastroenemien, nachdem sie teilweise ermüdet waren, mehrere Stunden in Bicarbonat- bzw. Phosphatlösung (mit KCN) suspendiert und erst dann erschöpft. Das Ergebnis war umgekehrt, die Leistungsfähigkeit in Phosphat hatte sich stärker verringert, was jedoch vielleicht an der Schädigung durch das hier mitverwandte Kaliumphosphat lag ‘(Versuch 10 u. 11). 1) Arch. f. d. ges. Physiol. 145, S. 94. 1919. 280 O. Meyerhof: Auch zwischen anaerober Erschöpfung in Ringerlösung und Wasser- stoffatmosphäre waren keine erheblichen Unterschiede der Arbeits- leistung und des Milchsäuregehalts vorhanden bzw. schwankten nach beiden Seiten. In Tab. XVI Nr. 13 und 14 ist ein ee Versuch angeführt. 3. Temperaturversuche. Schon im ersten Kapitel ist auf das Verhalten des Muskels bei Tem- peraturwechsel hingewiesen. Ein Muskel wird bei 8° und abnehmendem Rollenabstand bis zur Erschöpfung gereizt. Nachdem er keine isome- trischen Zuckungen mehr zeigt, wird er auf 20—25° erwärmt und ist nun noch zu einer Serie von Kontraktionen befähigt. Aus diesem Ver- such sehen wir also, daß die Arbeitsfähigkeit der Muskeln durch Tem- peraturänderungen gleichsinnig wie das Milchsäuremaximum beeinflußt wird. Indes hat es ein besonderes Interesse, auch die absolute Größe der Arbeitsleistung mit der Milchsäurebildung bei verschiedenen Tem- peraturen zu vergleichen im Hinblick auf neuere Untersuchungen von Weizsäckert). Weizsäcker fand nämlich noch bestimmter als schon Hill vor ihm?) eine Ausnahme von der Regel, daß die initiale Wärme bei der isometrischen Muskelzuckung der Spannung proportional ist, in dem Sinn, daß die Wärme bei tieferen Temperaturen im Verhältnis zur Spannung größer ist als bei hohen. Allerdings nahm bei tiefen Temperaturen nicht nur die Wärme, sondern gleichzeitig die Spannung bei einer maximalen Zuckung etwas zu, aber sehr viel weniger. Zwischen me 1° und 22° verringerte sich das Verhältnis _ pro 10° Tempera- Spannung J turerhöhung um etwa 40%. Es erhebt sich die Frage, wird hier bei niederer Temperatur relativ mehr Milchsäure bei gleicher Spannungs- leistung frei oder ist die Milchsäurebildung bei niedriger Temperatur mit einer größeren Wärmetönung verbunden ? Dies letztere ist offenbar, wie aus dem vorigen Kapitel hervorgeht, in gewissem Umfang der Fall. Doch beträgt der Unterschied auf jeden Fall weniger; auf 15° bestenfalls 25%. Es war deshalb noch zu untersuchen, ob bei niedrigen Temperaturen auch mehr Milchsäure pro Einheit der entwickelten Spannung frei wird als bei hohen. Dies ist nun ebenfalls, wenn auch nur in geringem Maß, zwischen 8° und 25° der Fall. In Versuch 15, 16; 17, 18; 19, 20 sind drei Vergleiche von Milchsäure und iso- metrischer Cosnmleiinme verzeichnet, die bei diesen beiden Tempera- turen einen etwas verschiedenen ‚‚Wirkungsgrad“ der Milchsäure er- gaben, und zwar bei der tieferen um 5, 11, 18% herabgesetzt. 1) Journ. of physiol. 48, 396. 1914, und Sitzungsber. d. Heidelberger Akad., Abt. B, 1917. ?) Journ. of physiol. 44. Die Energieumwandlungen im Muskel. 1. >81 I - Mehrere andere Versuche, in denen bei zwei Temperaturen nur die Spannungsleistungen zweier Gastrocnemien desselben Frosches ‘verglichen wurden, ergaben Unterschiede, die etwa den in Tab. IX verzeichneten Unterschieden des Milchsäuregehalts entsprechen. Vel. Tab. XVII. Nur in einem Versuch war der Unterschied beträchtlicher, doch gestattet dies natürlich keinen genauen Vergleich. Nun lassen sich zwar unsere Resultate mit den von Hillund Weizsäcker an ein- zelnen Zuckungen gewonnenen nicht ganz streng vergleichen, weil hier stets das Integral der ganzen isometrischen Arbeit bis zur Ermüdung senommen wird. Bei der Ermüdung nimmt aber nach Hilldas Ver- hältnis von Spannung : Wärme ebenfalls ab, und hier könnten z. B. Unterschiede in dem Sinne bestehen, daß der ermüdete Muskel bei tieferen Temperaturen relativ günstiger arbeitet als bei hohen. So viel ergibt sich jedenfalls aus meinen Versuchen, daß das Verhältnis Milchsäure : isometrische Leistung durch Temperaturänderungen zwar erkennbar, aber doch nur wenig verändert wird und daß die Änderung des Wirkungssrades zum größeren Teile auf die Änderung der Wärme- tönung der Milchsäurebildung, die wir im vorigen Kapitel be- trachtet haben, bezogen werden muß (die aber in Tab. XVI absicht- lich unberücksichtigt gelassen ist). Die Addition beider Effekte würde das Resultat Weizsäckers auch quantitativ gut erklären. Tabelle XV. Vergleich der anaeroben u bei zwei Temperaturen. “x en | Frosch. Serien | Tiefe Temperatur | Re Hohe Temperatur art | onen | Zahl Spann. Temp. 3 Zahl Spann. ER Grad | d. Hübe in kg Grad d. Hübe | I kg 1 ı len Rise | 10510 1b) GR a . 62 201247 1.90) Temp. |: 0,5 | 00350 44.9 77 227565 | 52,6 3 125. 11.20| Temp, 0,46 | 8 | 320 33 Am 2 en lbe ln 67.7 4 128. 11.20) Esec. | 1.0 Se Wr 24 | 880 |- 85,9 5 || 6. 11.20 Ese. 21,0 8.0500 20.00 1052532,151095413110:0, 6 |10.10.20| Esc. | 10 | 9 | 55 | 250 | 27 | 75 | 11 Zusammenfassung. Tsln der vorliegenden Arbeit wird die absolute Größe der anaeroben Milchsäurebildung im Froschmuskel bei Ruhe, elektrischer Reizung und Starre behandelt; ferner die Wärmeproduktion und Arbeits- leistung, die einer bestimmten Menge Milchsäure entsprechen. : 2. Mit einer Methodik, die eine vollständige Extraktion gewährleistet, ergibt sich bei der Chloroformstarre ein Gehalt von 0,4—0,6%, Milch- säure im Muskel in Abhängiskeit der Jahreszeit und in einem gewissen Parallelismus zum ‚„Ermüdungsmaximum“. 282 O. Meyerhof: 3. Dieses Ermüdungsmaximum ist nicht, wie bisher angenommen wurde, ganz konstant, sondern unter bestimmten Umständen veränder- lich: wird ein Muskel statt tetanisch mit Einzelschlägen bis zur Er- schöpfung gereizt, so ist das Ermüdungsmaximum bedeutend höher, ganz besonders bei solchen Fröschen, die überhaupt hohe Maxima aufweisen. Bei diesen beträgt z. B. das Einzelreizmaximum 0,35 bis 0,4%, Milchsäure, während das tetanische Maximum gleichzeitig 0,22 bis 0,24%, beträgt. Die Maxima sind unabhängig von Dauer und Stärke der Reize, wenn diese nur so lange appliziert werden, bis der Muskel auf den betreffenden Reiz fast nicht mehr anspricht. Dies liegt daran, daß annähernd der maximale Milchsäuregehalt sehr schnell erreicht wird ; durch einen 40 Sekunden langen Tetanus, bzw. durch 300 Einzel- schläge wird schon über die Hälfte des jeweiligen Maximums an Milch- säure gebildet. Weitere Veränderungen werden durch die Temperatur und durch die Jahreszeit hervorgerufen. Zwischen 0° und 25° nimmt das Milchsäuremaximum mit steigender Temperatur zu. Bei 22° gegenüber 7° z. B. ist das Maximum um 20—30% erhöht. Ferner unterliegt das Maximum Schwankungen durch die Jahreszeit. Am deutlichsten ist das Herabgehen im Winter bei Herbstfröschen, die hungernd im Keller gehalten werden. So sank z. B. bei Hungerfröschen der gleichen Herkunft zwischen Anfang Oktober und Ende Januar das tetanische Maximum von 0,22%, auf 0,16%, das Einzelreizmaximum von 0,34%, auf 0,23%. In allen Fällen geht die mechanische Leistungsfähigkeit des Muskels der Milchsäurebildung parallel. Eine letzte Variation betrifft die isometrische und die isotonische Muskelzuckung. Im ersten Fall ist das Maximum um 15--30%, geringer in Übereinstimmung mit dem Hillschen Befund der verringerten Wärmebildung. — In der Ruhe findet unter anaeroben Bedingungen bei 22° eine stündliche Wärme- produktion von etwa 0,02%, Milchsäure statt. 4. Bei gleichzeitiger Messung von Milchsäure- und Wärmebildung ergibt sich als ‚‚calorischer Quotient‘ (cQ) der Milchsäure (gcal pro 1g Milchsäure) bei Chloroformstarre und drei Temperaturen (14, 22, 27,5°) in 6 Versuchen durchschnittlich 340 cal, bei Ermüdung durch tetanische Reizung bei 7,5° (2 Versuche) durchschnittlich 470 cal, bei 14° (9 Ver- suche) 435 cal, bei 22° (6 Versuche) 390 cal, endlich bei Einzelreizen und 14° (5 Versuche) 352 cal. Ein gewisses Steigen des Wertes bei Erhöhung der Temperatur ist danach sehr wahrscheinlich, aber wegen der Fehlerbreite der Versuche doch nicht als absolut sicher zu bezeich- nen. Ähnliches gilt von der noch ausgesprocheneren Verkleinerung des c@ bei Einzelreizen, die nicht ganz leicht zu deuten ist. Beiunvoll- ständiger Ermüdung ist der Quotient unverändert. Erheblich kleiner ist er bei Ruheanaerobiose, in 4 Versuchen bei 22° ergaben sich durchschnitt- lich 280 cal. Die wahrscheinlichste Erklärung dieser Abwandlung ist, Die Energieumwandlungen im Muskel. I. 283 daß neben einer vermutlich geringfügigen Wärmebildung des Erregungs- prozesses vor allem der teilweise Übertritt der Milchsäure aus dem Muskel in die Ringerlösung eine Verkleinerung der Quotienten bedingt. Unter Zugrundelegung dieser Erklärung ergibt sich ebenso wie aus thermo- chemischen Daten, daß vermutlich 150 cal (bis 200 cal) chemischen Ur- sprungs, der Rest auf physikalische Vorgänge, die die Ermüdung be- gleiten, zurückzuführen ist. Diese letzteren betragen dann vermutlich 5 —"/ao der Verbrennungswärme der Milchsäure (3660). 5. Bei Vergleich der durch isometrische Einzelzuckungen geleisteten Gesamtarbeit des Muskels mit der anaeroben Milchsäurebildung ergibt sich, wenn wir für letztere cQ = 350 cal ansetzen, daß etwa 75— 100%, der initialen Wärme in Spannungsarbeit überführt wird ; das entspricht recht genau Hills direkten Bestimmungen am Sartorius. Das Verhältnis isometrische Arbeit : Milchsäure erleidet durch Änderungen des Milieus (Wasserstoffatmosphäre, blausäurehaltige Ringerlösung, Phosphat- zusatz) keine ausgesprochenen Veränderungen. Auch die absolute Größe beider Werte ist in den verschiedenen Milieus ziemlich gleich, wird höchstens durch Phosphatzusatz geringfügig gesteigert, während durch Erhöhung der Temperatur, wie schon unter Nr. 2 angegeben, das Milchsäuremaximum und die Gesamtleistung ansteigen, aber die letztere etwas stärker (zwischen 8° und 25° 10—15%). Weiz- säckers Feststellung, daß das Verhältnis von isometrischer Lei- stung : Wärme bei steigender Temperatur günstiger wird, beruht jedenfalls zum größeren Teile auf der Verringerung des Wärmewertes der Milchsäure bei steigender Temperatur. Über die Energieumwandlungen im Muskel. Il. Das Schieksal der Milehsäure in der Erholungsperiode des Muskels?). Von Otto Meyerhof. (Aus dem Physiologischen Institut der Universität Kiel.) Mit 3 Textabbilduneen. (Eingegangen am 23. März 1920.) Inhaltsangabe. I. Kapitel. Milchsäureschwund und Sauerstoffverbrauch in der Erholungsperiode. \ 1. Methodisches (S. 287). 2. Erholungssauerstoffverbrauch nach erschöpfender elektrischer Reizung. des Muskels (S. 283). 3. Erholung nach Ruheanaerobiose (S. 297). ll. Kapitel. Wärmebildung und Sauerstoffverbrauch in der Er- holungsperiode (8. 303). Methodik (S. 304). III. Kapitel. Diskussion der Resultate (S. 308). Nachtrag: Rückverwandlung der Milchsäure in Glykogen in der Erholungs- periode. I. Kapitel. Milehsäuresehwund und Sauerstoffverbrauch in der Erholungsperiode. Die in der vorigen Arbeit erhaltenen Befunde über die Wärme und Arbeitsleistung, die der Bildung einer bestimmten Menge Milchsäure entsprechen, sagen zwar direkt nichts über das weitere Schicksal der Milchsäure aus. Wenn wir sie indes mit anderweitigen Kenntnissen zusammenhalten, so gestatten sie gewisse Schlüsse daraufhin, ob die gebildete Milchsäure während der Restitution in Sauerstoff vollkommen verbrannt wird oder ob dies nicht der Fall ist und wie sich die Energetik der Erholungsperiode abspielen dürfte. Die Vorgänge während der Re- stitutionsperiode sind bisher umstritten. Der Muskel, der, wie wir sahen, anaerob eine beträchtliche Arbeit leisten kann, ermüdet dabei schließlich, wird jedoch zu neuen Arbeitsleistungen befähigt, wenn man ihn in Sauerstoff der Ruhe überläßt. Gleichzeitig schwindet die ange- 1) Nah diese Arbeit wurde mit Unterstützung der Jagorstiftung ausgeführt. Ihr sei auch hier für die geleistete Hilfe mein bester ‚Dank ausgesprochen. O. Meyerhof: Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 285 häufte Milchsäure. Wie Verzär fand, ist unter diesen Umständen der Sauerstoffverbrauch in der Erholungsperiode gegenüber dem Ruhe- umsatz staık vermehrt. Der Sauerstoffverbrauch folst also zeitlich der Arbeit nach, er dient unmittelbar nicht der Arbeit selbst, sondern der Erholung. Die Frage: Verbrennt hierbei die Milchsäure oder wandelt sie sich in eine Vorstufe zurück, wofür dann die Oxydation nur der energieliefernde Prozeß wäre, wurde nun kürzlich von Parnas!) sehr einleuchtend dahin beantwortet, daß das erstere zutreffend oder min- destens sehr wahrscheinlich sei. Er fand nämlich völlige Äquivalenz. zwischen Milchsäureschwund und Erholungssauerstoffverbrauch: 3 Mol. Sauerstoff auf 1 Mol. Milchsäure: 96 O, für 90 g Milchsäure2). Wenn das auch keinen direkten Beweis für die Oxydation der Milchsäure dar- stellen kann, so ergibt die Prüfung aller Möglichkeiten, daß, vorausgesetzt der Befund ist zutreffend, jede andere Deutung nur eine Komplikation vorstellt, ohne die sehr erheblichen Erklärungsschwierigkeiten des Vor- gangs erleichtern zu können. Daraufhin haben Fletcher und Hopkins?) ihre ursprüngliche An- nahme, die Milchsäure wandle sich in ihre Vorstufe zurück, wieder fal- len lassen. Ich selbst habe mich ebenfalls dem Parnasschen Standpunkt angeschlossen und als weitere Stütze dieser These gezeigt, daß in der Erholungsperiode Kohlensäurebildung und Sauerstoffverbrauch völlig äquivalent sind, der respiratorische Quotient gleich 1 ist, daß also der Sauerstoff jedenfalls zur Verbrennung von Milchsäure oder Kohlehydrat dienen muß). Voraussetzung dieser Stellungnahme war natürlich die von Parnasangegebene Äquivalenz von Sauerstoffverbrauch und Milch- säureschwund in der Erholung. Erst sehr spät bin ich in eine Nach- prüfung dieser Beziehung eingetreten, als meine sonstigen Resultate zu unlösbaren Widersprüchen mit der Annahme totaler Verbrennung der Milchsäure führten. Denn in der Tat gestatten schon die Ergebnisse der vorigen Arbeit, zu der Frage des Milchsäureschwundes Stellung zu nehmen. Wir fanden, daß bei der Arbeit pro 1 g Milchsäure etwa 400 cal auftreten (calori- scher Quotient der Milchsäure, cQ = 400). Da bei der Verbrennung von 159 Zucker etwa 3700 cal gebildet werden, ist dies weniger als der - neunte Teil der Verbrennungswärme des Zuckers. Nun wissen wir, 2) Zentralbl. f. Physiol. 30, 1. 1915. 2) Man sieht, daß bei völliger Verbrennung der Milchsäure etwa gleiche Ge- wichtsteile Sauerstoff und Säure benötigt werden. Das gestattet, die Verhältnisse leicht zu übersehen: gleiche Gewichtsmengen sind zugleich solche, die einer ale Oxydation der Milchsäure entsprechen. 3) Proc. roy. soc. 1917, 89 B, 444, zitiert nach Bayliss, Princ. of general physiology, 2. Aufl. 1918. Die Arbeit von Fletcher und Hopkins war bisher in Deutschland nicht zu erhalten. a) Arch. f. d. ges. Physiol. 195, 88. 1919. 286 IR ‚a 0. Meyerhof: daß bei der Arbeitsleistung des Muskels das Glykogen schwindet, und es kann kein Zweifel darüber herrschen, daß die Muskelarbeit letzten Endes auf Kosten der Oxydationsenergie der Kohlehydrate geschieht. Wir wissen andererseits, daß der Wirkungsgrad des Muskels im Tier- körper gegen 30%, betragen kann. Wenn aber die Milchsäure einfach verbrennen würde und nur etwa !/, der Verbrennungswärme in der Arbeitsphase auftritt, so müßte diese dann eine Arbeit leisten können, die dreimal so groß ist wie ihre Gesamtenergie. Das ist an und für sich ungeheuer unwahrscheinlich, es hätte zur Folge, daß schon bei nicht bedeutender Abgabe äußerer Arbeit eine meßbare Abkühlung auftreten würde, und es widerspricht schließlich unserer mit Hill übereinstimmen- den Feststellung, daß die Arbeit des Muskels bei der anaeroben Kon- traktion bis zu 100%, der gebildeten Wärme, aber auch nicht mehr, beträgt. Nach Weizsäcker!) können wir diesen anaeroben Kontrak- tionsvorgang der „Kontraktionsphase‘ in Sauerstoff völlig gleichsetzen. Führt das also schon zu einem Widerspruch, so entsteht ebenfalls einer gegenüber der Hillschen Beobachtung, daß schätzungsweise die Wärme, die in Sauerstoff der Kontraktion nachfolgt, von gleicher Größe ist wie die Kontraktionswärme. Verbrennt die Milchsäure, so müßten, da in Summa Kohlehydrat verbrannt wird, die an 3700 noch fehlenden cal in der Erholungsperiode auftreten, also pro 1 Milchsäure 3700 — 400 — 3300 cal. So ungenau auch die Hillsche Schätzung sein mag, so verdient doch seine Bemerkung volles Vertrauen, daß ein solcher Über- schuß der Erholungswärme ihm keinesfalls hätte entgehen können. Übrigens hätte man dies Ergebnis schon aus Peters’ Zahlen entnehmen können, und wohl nur die Unstimmigkeiten in seinen Ergebnissen haben die englischen Forscher veranlaßt, sich neuerdings der ‚‚Verbrennungs- theorie‘‘ der Milchsäure anzuschließen. Auf der anderen Seite lag die wichtige Mitteilung von Parnas vor, daß in der Erholungsperiode des Muskels ein Mehrverbrauch von Sauer- stoff auftritt, der ganz genau so groß ist, wie für Verbrennung der Milch- säuremenge, die gleichzeitig im Muskel schwindet, erfordert wird. Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, diesen Befund mit dem soeben erörterten zu vereinigen? Soviel ich sehe, nur einen einzigen: der Sauerstoff, obwohl in äquivalenter Menge zur Milchsäure verbraucht, dürfte doch nicht zu ihrer Verbrennung oder der von entsprechenden Kohlehydraten dienen, sondern zum überwiegenden Teil zum Aufbau von peroxyd- artigen Verbindungen und infolgedessen eine sehr viel kleinere Wärme- bildung veranlassen als bei Verbrennungsprozessen. Dieser einzigen Möglichkeit habe ich in der angeführten Mitteilung den Boden ent- zogen, deren Ergebnisse ich auch jetzt wieder habe bestätigen können, !) Journ. of physiol. 48, 396. 1914. Sitzungsber. d. Heidelberger Akad. - d. Wiss. Abt. B2, 1917. | Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 287 daß der respiratorische Quotient der Erholungsperiode gleich 1 ist. Der Sauerstoff dient also tatsächlich zur Verbrennung von Milchsäure oder Kohlehydraten. Es blieb mir somit nichts anderes übrig, als.meiner- seits zu prüfen, ob in der Erholungsperiode Milchsäureschwund und Sauerstoffverbrauch übereinstimmten. Dabei mußte ich Wert darauf legen, die Milchsäureanhäufung unter denselben Umständen vorzuneh- men, unter denen in der vorigen Arbeit die Wärme- und Arbeitswerte bestimmt waren. Das war auch unschwer möglich. Mein Ergebnis ist denn nun, das sei hier vorausgeschickt, ganz anders als das von Parnas: Ein Teil, wie wir sehen werden, in allen regulären. Versuchen sicher der größte Teil der Milchsäure verschwindet anaerob, und gleichzeitig erfahren auch die thermischen Beobachtungen von Parnas und die daran geknüpften Überlegungen eine weitgehende ‚Korrektur. War nämlich die Vorstellung, daß die Milchsäure bei der Erholungsoxydation restlos verbrennt, in chemischer Hinsicht befrie- digend, so wurde damit gleichzeitig ein thermodynamisches Rätsel auf- gegeben. Denn Parnas maß in seiner interessanten Arbeit außer Sauer- stoffverbrauch und Milchsäureschwund in der Erholungsperiode auch die Wärme und schloß aus der gemessenen Wärmeabgabe gegenüber der aus dem Sauerstoffverbrauch berechneten, daß neben der Oxydation ein endothermer Vorgang physikalischer Natur sich abspielen müßte von einer negativen Wärmetönung mindestens gleich der halben Verbren- nungswärme der verschwindenden Milchsäure. Eine solche Annahme aber bietet, worauf ich in der erwähnten Mitteilung schon aufmerksam machte, eine außerordentliche Schwierigkeit; sie müßte zu der Verlegen- "heit führen, für den Muskel eine völlig unbekannte Form physikalischer Energiespeicherung in Anspruch zu nehmen. Durch die folgenden Mes- sungen wird dieses Rätsel wenigstens insofern befriedigend gelöst, als der in Rede stehende physikalische Vorgang in Wirklichkeit nur etwa t/,, der Verbrennungswärme der Milchsäure zum Verschwinden bringt, wenn wir die chemischen Vorgänge beim Erholungsvorgang in Rücksicht ziehen. Alle diese Versuche wurden an Gastrocnemien, meist von Esculenta ausgeführt. 1. Methodisches. Da über Milchsäurebestimmung und Versuchsbehandlung der Frösche in der vorhergehenden Arbeit das Nötige gesagt ist, ist hier nur etwas über die Sauer- stoffmessungen anzugeben. Diese geschahen nach der Methode von Warburg- Siebeck mit einzelnen Modifikationen. Ebenso wie Parnas hing ich die Muskeln frei im Gefäß auf. Um die Atmung unabhängig von der Diffusionsgeschwindigkeit des Sauerstoffs zu machen!), wurden die Gefäße mit reinem Sauerstoff gefüllt. Die benutzten Atmungsgläschen sind in Abb. 1 abgebildet. Ich verwandte zwei Gefäßgrößen für verschieden große Muskeln von 17 cem und 14 cem Rauminhalt. In die triehterförmige Vertiefung. der Gefäße kam Ringerlösung (0,3 ccm), 1) Arch. f. d. ges. Physiol. 195, 20. 1919. 288 O. Meyerhof: n-Natronlauge (0,4 cem) wurde auf den Gefäßboden gefüllt. Die große Oberfläche sicherte eine rasche Absorption der abgegebenen Kohlensäure, ohne daß die Ge- fäße geschüttelt zu werden brauchten. Dies ist sehr vorteilhaft, weil alle mit dem Schütteln verbundenen Ungenauigkeiten bei den 1—2 Tage fortgesetzten Atmungs- messungen so in Wegfall kommen. Die Muskeln wurden an einem Seidenfaden, der durch die Achillessehne gezogen war, am Glashaken aufgehängt. Der Faden war so lang gewählt, daß das dicke Ende des Muskels auf dem Rande des Trichters aufruhte, ohne ihn abzuschließen oder bis in die Ringerlösung zu tauchen. Anfangs wurde der Muskel mit einer .Gazehülle umwickelt, um nicht an der Wand anzu- kleben; dadurch traten aber mehrmals Unregelmäßigkeiten bei der Erholung auf, so daß ich späterhin darauf verzichtete und das Ankleben an der Wand durch größere Geschicklichkeit beim Zusammensetzen der Gläschen verhinderte. 2. Erholungssauerstoffverbrauch nach erschöpfender elek- trischer Reizung des Muskels. Der Vergleich des Sauerstoffverbrauchs der Erholung mit dem Milch- säureschwund wird durch die Feststellung Parnas’ ermöglicht, daß der Muskel, der indirekt bis zur Ermüdung gereizt wird, anschließend eime Zeitlang einen Mehr- verbrauch von Sauerstoff aufweist, der wieder zur Norm zurückkehrt, wenn dieim Muskel angehäufte Milchsäure verschwunden ist. Der gesamte Mehr- verbrauch an Sauerstoff gegenüber dem Ruhe- umsatz wird in Millisramm umgerechnet und mit der verschwundenen Milchsäure verglichen: 96 mg Sauerstoff (3 Mol.) wären erforderlich, um 90 mg (1 Mol.) Milchsäure zu verbrennen. In den all- gemeinen Voraussetzungen konnte ich Parnas’ Beobachtungen bestätigen. Einschränkend ist Abb. 1. Atmungsgläschen zu bemerken, daß die Rückkehr der Atmung Kir Prholuug des Hırkes D zur Norm bei frischgefangenen Fröschen die törmigen Vertiefung befindet Regel bildet, bei anderen. bleibt sie häufig a en AM ganz oder teilweise aus, und dies ist besonders oft der Fall, wenn das Ermüdungsmaximum der Milchsäure sehr hoch ist, so besonders bei Erschöpfung mit Einzelreizen. Bestimmte Froschkategorien zeigten dies Verhalten fast regelmäßig, andere dagegen nicht. Infolge dieser mangelnden Reversibilität der Atmungserhöhung gingen zahlreiche Versuche verloren, denn alle derartigen Messungen mußten verworfen werden. Dafür kommt es auch sehr auf die Temperatur an, bei der die Er- holung stattfindet. Parnas hat sie bei 14° vorgenommen. Auch mir scheint das die geeignetste Temperatur zu sein. Über 20° war die Atmungssteigerung selten reversibel, aber auch bei 8°, wo sie sich etwas länger als bei 14° hinzieht, blieb die Rückkehr zur Norm häufiger aus. Sehr viel seltener ist die Atmung nach Ablau: der Erholungsperiode Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 289 geringer als normal. Nur bei einer Anordnung — Ruheanaerobiose — tritt dieser Effekt .fast regelmäßig ein. Erschwerend ist für eine genaue Berechnung der Umstand, daß die Rückkehr zur Ruheatmung nicht stets strietissime gilt. Die Atmung liegt dann in der auf die Erholung folgenden Periode zwar innerhalb der Schwankungsbreite, die sie in der Ruhe aufweist — und diese ist ziemlich beträchtlich —, aber man findet z. B. wenn man die Gastrocnemien desselben Frosches — den einen ermüdet, den anderen ungereizt — benutzt, daß dann doch öfters nach Ablauf der Erholung eine geringe Differenz dauernd bestehen bleibt. Ist nun der eine Gastroenemius Zur Milchsäurebestimmung ver- wandt, so kann man diesen Fall kaum vom normalen unterscheiden. Ich bin daher bei der Berechnung so vorgegangen, daß ich nicht die durehschnittliche Normalatmung, sondern die tatsächlich am Schluß gefundene, die in die physiologische Schwankungsbreite fällt, als Ruhe- atmung betrachtet habe, von der Vorstellung ausgehend, daß eine ge- wisse Alterierung der Ruheatmung durch die Reizung hervorgerufen sein könnte, dann aber auch von Beginn 'an vorliegen wird, wenn sie auch erst nach Ablauf der Atmungssteigerung in der Erholung manifest wird. In Tabelle 1 sind zwei Versuche angeführt, bei deren ersterem die der Erholung nachfolgende Atmung genau gleich der Ruhe- atmung des entsprechenden anderen Gastrocnemius ist, während im zweiten Fall die Rückkehr zur Atmung des parallelen Muskels nicht absolut ist, aber doch der nachfolgende O,-Verbrauch in die normale Breite hineinfällt. Ist es nun überhaupt zulässig, den Erholungsmehr- verbrauch von der Ruheatmung durch Substraktion beider Größen Tabelle I. Vergleich von Ruhe- und Erholungsatmung des Gastrocnemius in Sauerstoff bei 14° ©. 1. Indirekte tetan. Reizung 25 Min. (mit Pausen). 2. Gastroen. vor Reizung entfernt. Gastroen. je 0,65 g. (22. X.) Zeit der Erholungsversuch Ruheversuch . O,-Messung in Stdn. cmm 0, cmm 0, pro Ih cmm 0, cmm 0, pro Ih: 1a 51 51,0 — — 152 20’ 388 | 24,0 193 (12.5) 168 207 399 11,0 203,5 10,5 172.207 408,5 I5 214 10,5 19% 425 10,0 231 10,0 Dan 458 11,0 263,5 11,0 242 107 483 155 287 111.5 In.den letzten. 8 Stdn. 34 | 83,5 In 1Std. 11 cmm O, oderauf 1 ou. 1P:17 cmm O,, Erholungsverbrauch: 483 ab 24,5 x 11 = 269 ' | \ i "214 Mehrverbr. Dazu für 30’ (Anfane) : 2 cmm Os; = 239 cemm Os. In1 8 370 emm = 0,53 mg O,. Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd, 182. 19 O. Meyerhof: 290° 2. Indirekte tetan. Reizung 24 Min. 2. Gastrocn. ungereizt. Je 0,5 (22.X.) Erholungsversuch Ruheversuch Zeit e cmm 0, cmm O0, pro 1h cmm 0, cmm O, pro Ih ı 36 36,0 — = au 137 34,0 44 hl) 6h 196 29,5 595 zu 218 22,0 67 Zum 9190 |. 385 11,5 177. 7.8 23h 20/ 401.5: | 8,0 190. 6,5 28h 447 129,5 227,5 7,8 30h 465 9,0 242 78 In den letzten | . | long 63,5 52,0 Erholungsversuch am Schluß in 1 Std. 9,5 cmm O, oder in 1 eu. 1 19 cmm O,. (Ruheversuch in IR 7,8 cmm O;; in 1g u. 1% 15,5 cmm O,). Erholungsverbrauch 465 ab 30,5 x 9,5 = 289 176 emm O3, Salon 9 195 cmm O0, In 1 390 emm O0, —= 0,56 me OÖ, Erholunesverbrauch. scharf zu trennen, um diese Differenz mit der Milchsäure zu vergleichen ? Darüber müssen in erster Stelle die Versuche entscheiden und sie gestat- ten, die Frage im wesentlichen zu bejahen.. Ganz streng dürfte dies wohl nicht der Fall sein: Es ist wahrscheinlich, daß auch der Ruheumsatz durch die Säuerung des Muskels alteriert wird, aber weil wir nicht wis- sen, in welchem Umfang und in welcher Richtung dies geschieht, können wir es nicht berücksichtigen. \ In einer Reihe von Versuchen ging ich ähnlich wie Parnas vor: ein Schenkel- paar wurde indirekt bis zur völligen oder annähernden Ermüdung gereizt vermittels Durchströmung des Plexus ischiadiecus, dann der eine Gastrocnemius auf Milch- säure verarbeitet, der andere zur Messung des Erholungssauerstoffs verwandt und nachdem die Atmung zum Ruhewert zurückgekehrt war, ebenfalls auf Milchsäure verarbeitet. Da die Erholung etwa 15—20 Stunden (bei tetanischer Reizung) oder 18—25 Stunden (bei Erschöpfung mit Einzelreizen) beansprucht, geschah dies also einen Tag später. Diese Anordnung gestattet nur wenig Vergleiche und ist, auch dann nur mit einiger Genauigkeit zu verwenden, wenn die Gastrocnemien nicht allzu klein sind, etwa 1 g wiegen. Denn bei einem Milchsäuregehalt von 0,18% erhält man dann einen Jodverbrauch von 3—4 cem; andererseits dürfen aber für die Sauerstoffmessungen die Muskeln auch nicht zu groß sein. Bis zu 1,3 g etwa habe ich keinen Einfluß auf die Erholungsatmung beobachtet; dagegen erschien mir bei Gastroenemien von 1,49 und darüber die Erholungsatmung durch mangelhafte Sauerstoffversorgung etwas beeinträchtigt, selbst in reiner Sauerstoffatmosphäre. Aus diesem Grunde habe ich häufig zur Bestimmung des Milchsäureanfangsgehaltes nicht den einen Gastrocnemius benutzt, sondern die gesamte Muskulatur der gereizten Schenkel, abgesehen von den beiden Gastro- enemien; diese beiden konnten dann zu Erholungsversuchen verwandt werden. Voraussetzung bei diesem Verfahren ist, daß die Froschschenkel bei Reizung des Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 291 Plexus ischiadicus gleichartig ermüdet werden, daß die Gastrocnemien am Schluß dasselbe Milchsäuremaximum aufweisen, wie die übrige Muskulatur im ganzen. Innerhalb der Bestimmungsfehler der Milchsäure ist das, wie ich feststellte, sowohl bei tetanischer wie bei Reizung mit Einzelschlägen der Fall, bei ersterer ergab sich für beide Gastrocnemien 0,18%, für die übrige Muskulatur ebenfalls 0,18%, bei Reizung mit Einzelschlägen im Gastrocnemius 0,26%, in den übrigen Schenkeln 0,263% Milchsäure. Auch bei Vergleich beider Gastrocnemien wird vorausgesetzt, daß sie nach erschöpfender Reizung das gleiche Milchsäuremaximum und denselben Erholungssauerstoffverbrauch haben. Ersteres ist genau der Fall; dagegen findet man bei der Erholung gelegentlich Differenzen im Sauerstoffverbrauch von etwa 10%, die wohl durch nicht völlig gleiche Behandlung der Muskeln vor Versuchs- beginn bedingt werden. Abgesehen von besonderen Versuchen mit isotonischer Kontraktion wurden die Gastroenemien während der Reizung in ihrer natürlichen Position gelassen, die Schenkel nicht abgehäutet und erst nachher die Muskeln vorsichtig abpräpariert. Zunächst muß die Größe des Ruheverbrauchs genau bestimmt sein. Diese ist, wie gesagt, in einem gewissen Bereich schwankend, doch wird dieser Bereich dadurch eingeengt, daß Frösche derselben Herkunft und Vorbehandlung meist einen ähnlichen Verbrauch zeigen. Bei den drei von mir benutzten Temperaturen schwankte der Ruheverbrauch, von einzelnen abnormen Fällen abgesehen, pro 19 Gastrocnemius (Eseu- lenta) in Sauerstoff bei 7,5° zwischen 7,0 und ll cmm 0, pro 1 Stunde, durchschnittlich S-9cmm; bei 14° zwischen 14 und 24cmm 0, pro 1 Stunde, durchschnittlich 17 emm; bei 22° zwischen 28 und 48 cmm 0, pro 1 Stunde, durchschnittlich 38 cmm; der Temperaturkoeffizient um 14° herum ist pro 10° etwa 3, doch geben die Muskeln verschiedener Frösche nicht immer genau den gleichen Wert. Für die Ausrechnung der Versuche wird in der üblichen Weise!) der Sauerstoffverbrauch in der Versuchszeit in Kubikmillimeter berechnet und von diesem Wert der Ruheverbrauch in derselben Zeit in Abzug gebracht, dafür wird noch für die erste halbe Stunde nach der Reizung, während deren der Muskel sich schon in Luft oder Sauerstoff befindet, ehe die Messung beginnen kann, eine Korrektur hinzugefügt, die aus der Atmungsgröße der Anfangszeit berechnet wird. Wenngleich die Sauer- stoffmessung selbst erheblich genauer als die Milchsäurebestimmung ist, so ist doch aus den angeführten Gründen auch hier mit einer nicht un- beträchtlichen Fehlerbreite zu rechnen. Für’einen Versuch (31. X.) gebe ich den Verlauf des Sauerstoffverbrauchs und die Berechnung ausführlicher an. Die Oxydationsgeschwindigkeiten sind in Abb. 2 eingetragen, die gestrichelte Linie entspricht dem Ruheverbrauch. Hinter- schenkel mit Einzelinduktionsschägen (60 pro Minute, R.—A. 206 cm) von 10h 23° bis 10h 53° bis zur völligen Bewegungslosigkeit gereizt, dann abgehäutet. Gewicht jedes Gastrocnemius 0,7 g, Gewicht der übrigen auf Milchsäure ver- arbeiteten Muskeln der Hinterschenkel 5,8 g. In 5,8 g 34,7 cem Jod corr. = 15,6 mg Milchsäure oder 2,68 mg prol g. In 0,7 g Gastroenemius 4,0 ccm Jod corr. = 1,8 mg oder 2,6 mg pro 1g. t) Vgl. Siebeck, Abderhaldens Handbuch 8, 12. 1914. 19% 2923 0. Meyerhof: | 1 DEAD Abb. 2. Kurve der Atmungssteigerung nach erschöpfender Reizung mit Metronom. Abszisse: Zeit in Stunden. Ordinate: cmm O, pro 1h (Oxydationsgeschwindiskeit). Die gestrichelte Gerade zeist den Ruheumsatz an. R: Reizende. Temp. 14°. Zeit cmm O0; |cmm 0, pro 1h Zeit | cmm O0; |cmm O3 a a. m. 115307 p. m. 126307 | 37,9 37,5 a. m. 94257 | 695 30 130’ | 75 37,9 10h25’ | 714,5 19,5 430’ | 170 32 | 114300732 16 5h 307 | .202 32 p- m. 124307 | 745 13 7130’ | 266 32 | 14 30’ | 758 13 Oulonya Palo se | 4430’ | 795 125 Endwert (1% 30° bis 40 30’) pro 1h 12,5 cmm O, oder’ auf 1g 18 cmm 0, Gesamtwert im Versuch 795 cmm 0, + !/, Stunde zu Beginn + 19 8l4 ab, 2950 xr12,5 22 — 3687, oder in 1g Muskel 0,637 cem O, = 0,91 mg. Gastrocnemius nach Abschluß der m auf Milchsäure ver- arbeitet. 0,25 cem Jod corr. = 0,11 mg Milchsäure = 0,15 mg on! 1g. Verschwunden 2,45 mg Milchsäure und 0,9 mg Sauerstoff pro 1 g. Entsprechend dem oben geschilderten sind noch eine Reihe von Ver- suchen ausgeführt (vgl. Tab. II). Überall, wo eine Milchsäurebestimmung nach Ablauf der Erholungsperiode vorgenommen wurde, ergab sich ein Milchsäuregehalt, der dem Ruhewert genau gleich war: 0,01—0,02% (nur in einem Versuch, wo bei der Bestimmung eine Unregelmäßigkeit vorkam, und der deshalb ohne Bedeutung ist, 0,04%). Dies Resultat war nach vollständiger Erholung so konstant, daß ich wiederholt den Endwert nicht mehr bestimmte, sondern ihn aus den anderen Versuchen nach Ablauf der Atmungssteigerung in die Rechnung einsetzte (in der Tabelle in eckiger Klammer angegeben). Bis dahin ist also die durch Reizung angehäufte Milchsäure vollständig verschwun- den und gleichzeitig ist dabei eine Sauerstoffmenge extra verbraucht worden, die trotz aller Schwankungen im .ein- Über die Energieumwandlungen im Muskel. I. 293 Tabelle II. Vergleich von Milchsäureschwund und Erholungssauerstoff bei der Erholung (14°) A. Milchsäurebestimmungen. i Vorher: Milchsäure Nachher: Milchsäure Nr. |, Patum Reizdauer u. - — \ 1919-20 Art. !) Muskelart u. mg | mg in | Gastr. mg mg in | Gewicht 2) | Milchs. 1g in g Milchs. | 1g al x | m430:1800,| S. 5,8 15,6 | 2,68 GROT 1,8 2,6 0,7 0,12 0,15 2 DR 160% 26 2,4 2,0 12, 0,18 | 0,15 Se 99... T. 207 6.08 |.165 | 205 | 08 0,35 (0,4) 4 || 26. XT. | E. 45’:3000 | S. 10,1 28,5 2,82 | 0,95 0,2 0,21 5 8. XI. | E. 307:2400 | S. 8,65 22,0 2,55 | 0,8 0,10 0,12 6.| 12. XII. | E. 40°:2800 | 8. 10,35 | 26,8 | 2,60 |09 | 013 | 012 7\10.x. |E. 65:6500 | 8. 48 174 | 3,63 | 0,40 [0,15] 81 22. X. rs, Se Bl 11,5 2,15 | 0,50 [0,15] 9 | 21. 1. mg ES. 17.882 16:6 0,93 | 1,55 [0,15] 10| ı ton. T.3% \G.11 [0,8689)*| 0,62 | 11 [0.12] 11: 19. 1. ans I al Ne 6,81 | 09974 | 11 ca. | [012] 12 | 20. IH. 21 1920..8% 6,0 9,7 | 1,62 | 0,6 0,05 | 01 B. Sauerstoffmessungen. Dauer |Ungefähre | Ruheverbrauch | mm Or pro 1 g Muskel O,-Ver- | Atmungs- | gesamt |” (Se | hole | mg O0, SA | suchs steigerung im Vers. | prol g =D) aRyuns; onndl 129 9 | 7951195 | 180 | 446 | 064 | 0,91 2,45 2272 30) 20% | 956 | 19,6 | 163 |. 545 078 | 0,6 1,85 33.1120 KV 752 | 14,6 | 183 | 357 | 0,51 0,64 1,85 22317302, 238 8das, = 15.02:5.10,0 428 | 0,61 0,645 2,6 5|23n 459 198 652 | 13,0 | 165 | 358 | 051 | 0,84 2,4 6 AIR A5| 936 | 1945 | 175 | 185 | 521 | 0745 | 0,18 2,48 7 |318 9290| 26» 55. ru \.180. 1.50 05 1,14 3,48 8 306 218 465 90 | 180 | 235 | 0,336 | 0,6% 2,1 2a I 29 142 | 185 | 120 259. | 0,37 0,24 : 0,48 10 125% 5307|: 22» | 760 | 21 | 190 | 236 | 0,336 | 0,305 | 0,56 11 |24® 5302|, 20% | 790 | 236 | 210 | 220 | 0315 | 0,2855 | 0,6 122122%.20.; 158 350 8.2 14.0 170 | 0,243 , 0,405 1.52 zelnen stets etwa !/,—!/, so groß ist, als zur Verbrennung der Milchsäure benötigst wird, nämlich 3 Mol. O, (968g) auf 3—4 Mol. Milchsäure (270—360 g). Das Vielfache des Milchsäure- schwundes gegenüber dem Sauerstoff beträgt in den 10 Versuchen mit t) E.: Einzelreize mit Metronom (dahinter Reizdauer und Zahl der Schläge im sanzen). T.: Tetanus mit Bernsteinunterbrecher (25 Unterbrechungen pro 1 Sek.). ton: isotonische Kontraktion des Gastrocnemius (abgelöst an der Achillessehne). ?) S: ganze Schenkel. @: -Gastrocnemius zur Vorbestimmung der Milchsäure. 2) Ungenaue Bestimmung; für Berechnung in B.3:0,2 mg angenommen. *) Verluste durch zu starkes Erhitzen des Muskelextrakts. ?) Korrektur für die erste halbe Stunde vor Beginn der Messung. 294 O. Meyerhof: isometrischer Ermüdung: 2, 9; 3,0; 3,1; 4,3; 3,0; 3,4; 3,3; 3, 3; 3,5; 4,0; Durchschnitt 3, 4. Dieses durchaus unerwartete Resultat, das in allen regelmäßig verlaufenden, d. h. zum Ruhewert zurück- kehrenden Erholungsversuchen wiederkehrte, galt es noch, nach ver- schiedenen Richtungen weiter zu verfolgen. Ist der Erholungssauerstoff mit dem Milchsäureschwund fest gekoppelt, d. h. schwinden Sauerstoff und Milchsäure in einem völligen Parallelismus miteinander * Soweit die Genauigkeit der zur Verfügung stehenden Methode es zuläßt, läßt sich diese Frage bejahen. Es wurde nach erschöpfender Reizung die Schenkelmuskulatur außer den beiden Gastroenemien direkt auf Milchsäure verarbeitet, diese beiden zu Atmungsmessungen benutzt, im Verlauf der Erholung der eine, und nach Ablauf derselben der andere auf Milchsäure. verarbeitet. Dabei habe ich zweimal die Erholung des ersten annähernd, aber nicht ganz vollständig abgewartet, um zu sehen, ob der Milchsäureschwund vielleicht dann schon abgeschlossen ist, oder umgekehrt sich etwas länger hinauszieht. Beides ist nicht der Fall. Es ergibt sich vorzüglich genau, daß entsprechend der noch nicht ganz abgelaufenen Atmungs- steigerung ein sehr geringer Mehrgehalt an Milchsäure gegenüber dem Endwert vorhanden ist. (Vgl. 2 u. 3, Tab. III.) Danach erscheint eine Verkoppelung beider Prozesse nicht zweifelhaft. In der Tabelle III sind drei solche Versuche angeführt. (Die untereinander stehenden Reihen einer Versuchsnummer entsprechen der teilweisen und abgelaufenen Erholung..) Tabelle III. Zeitlicher Ablauf von Milchsäureschwund und Atmungssteigerung. Naecl _ |Schen- | Milch- | Milch- | Gastr om. her Nr. Datum Er £ = ee Säure k re brauch |verbrauch : Bew: = mg » (+ COLT.) (abzu- menge & mg |prolg g im ganzen | ziehen) me | | 1 Ba Sa an 5 TEE FE 1 |26. X1.|E:45|10,1 | 28,5 | 2,82 | 0,95 |, 7m 457) 294 [160 as | | | | 292 45% 873. 452009 2 |12.XT1.)E:40/|10,35| 26,8 | 2,60 | 0,95 |15" 207 | 262 | 047 | |: | | ı41b 45’| 1245 124 0,13 3 | 8.XIL.|E:307| 8,65. 22,0 | 2,55 | 0,8 15 15| . 596 198 | 0,19 125% DAL 2670 a, 0,10 Darbielitepiplee, Erste Periode Zweite Periode Milchsäure- Milchsäure- NT. Erholungs- Erholungs- i Zeit sauerstoft “ Zeit a sauerstoft | mg pro lg Auen Lu mg pro lg 2 pruntge 1 7h an 0,9 0,27 228 1,7 0,375 2) 156 2,2 0,6% 26h 45° 0,34 0,11 3 15% 15 2,3 | 0,585 sh 45 0,12 0.054 Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 295 Wir fragen weiter: Ist das Verhältnis von Sauerstoff : Milchsäure unveränderlich? Diese Frage ist schwerer zu beantworten. Wie die Ermüdung stattfindet, ob durch Einzelreize oder Tetani, ob sie ganz vollständig ist oder nicht, macht keinen sichtbaren Unterschied (vgl. dieTab.II). Wir können aber auch die Erholung der gemeinsam gereiz- ten Gastrocnemien sich bei zwei verschiedenen Temperaturen vollziehen lassen und sehen, ob trotzdem der Mehrverbrauch an Sauerstoff in beiden Fällen übereinstimmt und mit dem Milchsäuregehalt der ermüdeten Muskulatur in dem oben genannten Verhältnis steht. Als einzige für diese Versuche geeignete Temperaturdifferenz erwies sich die zwischen 7,5° und 14°, da bei 20—22° die Restitution meist unvollständig blieb; von etwa 8 Versuchen mit Esculenten gelang es nur in einem Fall, EEE 6 MIETE SS WEIERSTER 20) 222 2026 222.46 Abb. 3. Kurven der Atmungssteigerung nach tetanischer Ermüdung: Abszisse: Stunden. Ordinate: cmm 0, pro Ih. Erholung bei 14° x—x, hei 7,5°@—-@. Die entsprechenden gestrichelten Geraden geben den Ruheumsatz an. Das schraffierte Feld zeigt den Erholungssauerstoff bei ; 7,5° an. R: Reizende. bei 20,5° und 14° gleichmäßig eine völlige Erholung zu erzielen. Das ‚Ergebnis ist nicht ganz eindeutig, weil die zur Verfügung stehenden Frösche (oft nur Temporarien) vielfach Unregelmäßigkeiten bei der Erholung aufwiesen. Doch ergab sich in den genauen Versuchen fast stets, daß bei der tiefen Temperatur (7,5°) der Mehrverbrauch an Sauerstoff 10—20%, geringer war.. Dabei verläuft die Erholung bei 7,5° stets ein wenig langsamer als bei 14°, aber die Verlangsamung ent- spricht doch keineswegs dem Temperaturkoeffizienten der Oxydations- seschwindiskeit. An erster Stelle wird die Geschwindigkeit also durch.die Konzentration der anwesenden Milchsäure bedinst. Ein sol- cher Versuch ist auf Abb. 3 abgebildet. Vier derartige Versuche neben zwei Ruheversuchen sind auf Tabelle IV aufgeführt. In dem einzigen gelungenen Vergleich von 20,5 und 14° dagegen war der Mehrverbrauch bei 20,5° und 14° gleich (Vers. 7). Nach alledem ist es ganz gut möglich, daß sekundäre Komplikationen für die Differenzen im Erholungssauer- stoffverbrauch verantwortlich sind. Immerhin ergibt sich eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß ein Mehrverbrauch in der Erholung bei höherer 296 O. Meyerhof: Tabelle IVa. Erholungs- (und Ruhe-) Atmung bei 7,5° und 14,2° (und 20,5°). 14,2° 7,5° Haus Ver- 0 Bei- kel- stdl. cmm O0, stdl. an, Dalnun zung ge- Re cmm(O, Ruhe- COIT. emmO;| Ruhe- en wicht gesamt. ver- | Erholungs- |gesamt | ver- holung 1920 E brauch | sauerstoff brauch | 1 13.1. | ungereizt 0,7 |142 407) 177 | 12,1 = 88 RN 2 17.1. „| 10,44 naar aa 222 AS 0 3211221187 0,62 24% -463 | 12,6 1%6 230 6,5 | 133 43\15.1..0:1090/1 1.4 94h 1143 | 22,7 373. | 666 98 | 33% 5. 122.1. .| 1:802 O2 a, 5685 13% 27% 326 4,7 | 226 6.123.1.. | 72257 0,47 \24& 307): 362 | 7,5 178 | 262 44 | 154 2 20.0. T:19° 05 |2a8h 40 | 170 | 189 E08. | 105 | 198 Tabelle IVb. 14,2° 7,5° 0, Nr. | mg O,prolg | mg O,prolg Differenz (Erholung) - (Erholung) 3 0,407 0,307 ‚25 N 0,383 0,343 10 5 Woes 2 0,169 2 ven 0,467 14 7 0,551 20,5° : 0,541 5 Temperatur gegenüber niederer als Regel auftritt, auch im Hinblick auf Versuche Weizsäckers!), daß der Sauerstoffverbrauch des Herzens, der einer bestimmten Arbeit entspricht, bei höherer Temperatur an- wächst, während ja, wenigstens beim Skelettmuskel, die initiale Wärme ein umgekehrtes Verhalten zeigt und in geringerem Grade auch die Milch- säurebildung. Wenn beim Herzen der gleiche Zusammenhang vorliegen sollte wie beim willkürlichen Muskel, so spricht das dafür, daß die gleiche Milchsäuremenge bei höherer Temperatur mit einem vermehrten Sauer- stoffaufwand verschwindet. Bei 10° Temperaturerhöhung beträgt. am Herzen die Differenz etwa 30%, was ungefähr mit unseren Zahlen über- einstimmen könnte. Eine weitere Variation war die Erholung nach isotonischer Ermü- dung. Diese Versuche durften ebenfalls nicht bis zur völligen Erschöp- fung durchgeführt werden, da sonst die Gefahr unvollständiger Erholung bestand und können daher auch keine ganz so große Genauigkeit bean- spruchen. Prinzipiell ist das Resultat jedenfalls kein anderes. Es wird weniger als die Hälfte des zur Verbrennung erforderten Sauerstoffes . während der Restitution verbraucht (Vers. 10 u. 11, Tab. II). Immerhin bleibt auch hier die Möglichkeit, daß der Sauerstoffverbrauch unter diesen Umständen etwas größer ist. 1) Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie, Abt. B, 1914. Über die Energieumwandlungen im Muskel. I. 297 -Parnas’ abweichende Ergebnisse: bei Erholung nach tetanischer Ermüdung sei der Sauerstoffmehrverbrauch dem zur Oxydation der verschwindenden Milchsäure erforderlichen genau gleich, kann ich mir nicht erklären. Es muß sich dabei um atypische Fälle handeln, die keine Verallgemeinerung in dem Sinne zulassen, daß sie den normalen Vorgang in Hinsicht der Energetik und des Oxydationsmechanismus des arbeitenden Muskels darstellen. Die merkwürdige Regelmäßigkeit und Exaktheit der Resultate dieses Forschers läßt die Vermutung auf- kommen, daß unter bestimmten, von mir allerdings nie beobachteten Umständen die Milchsäurerückbildung in Wegfall kommen kann und dann die Milchsäure tatsächlich völlig verbrennt. Aber auch, wenn das der Fall sein kann, so sind auch dann diese Versuche als abnorm anzu- sehen, da ihre Einordnung in den Mechanismus der Muskelaktion mit den übrigen energetischen Daten zu den bereits in der Einleitung er- wähnten Widersprüchen führt. 3. Erholung nach Ruheanaerobiose. Wir haben nun noch eine Möglichkeit, um Milchsäure im Muskel verschwinden zu lassen, indem wir dieselbe reizlos durch Versetzen des Muskels unter Sauerstoffmangel anhäufen und den Muskel dann in Sauerstoff übertragen. Daß auch in diesem Fall die Milchsäure schwindet, ist weder von den englischen Autoren, noch, soweit ich sehe, auch sonst jemals nachgewiesen worden; und überhaupt ist dieses interessante Phänomen der reizlosen anoxy- biotischen Milchsäureanhäufung im Muskel noch ganz ungenügend er- forscht. In der Tat können wir den Muskel etwa 15—20 Stunden bei 14° oder 6 Stunden bei 22° unter anaeroben Bedingungen halten — längere Expositionszeiten habe ich nicht versucht —, übertragen wir ihn dann in Sauerstoff, so verschwindet die Milchsäure etwa mit der glei- chen Geschwindigkeit und nach dem gleichen Gesetz, als wenn sie durch Ermüdung angehäuft wäre. Und hierbei wird die Atmung ebenfalls gesteigert gerade um denselben Betrag, wie bei dem Milchsäureschwund der Ermüdung. Der Mehrverbrauch an Sauerstoff ist auch dann !/,—!/,des zur Oxydation der verschwindenden Milch- säure erforderlichen. Ganz unschädlich ist der anhaltende Sauer- stoffentzug für die Muskeln nicht; im Gegensatz zu den Ruhewerten nach Ermüdung sinkt nämlich nach abgelaufener Erholung der‘ Ruhever- brauch mit der Zeit unter die Norm. Dies ist für die Ausrechnung der Versuche etwas störend, denn die Steigerung läßt sich sonur durch Abzug vom normalen Durchschnittswert, nicht vom Endwert der Atmung berech- nen. Aber diese Schwierigkeit ändert prinzipiell nichts am Resultat. Die Resultate sind in Tabelle V enthalten. Die Versuchstemperatur war 14°. Um jede Milchsäurebildung durch Reizung bei der Tötung des Frosches usw. zu verhindern, wurden in Versuch 1 und 2 die Frösche vorher curaresiert. 298 O. Meyerhof: Tabelle V. Sauerstoffverbrauch und Milchsäureschwund nach Anaerobiose. 8 © © Ans ‚d © = i —8|:© |PprolgMuskel =| E So =. ER en 2aSu eh- PB: N al & ass |83| 35 | ZB ©8585 Hana, ml En 2 Ä son |23E| 3. |< | »52 33/88 8385| 55 (uss „3: [sa Ss | 3s | 838 [39 ,2[580| u< 26 0 &0 Sn a =k=) © be SE 1919—20 N N = = SE = = =a 1 17. XII.|22°: 6811,05 0,5851)*| 0,135 18% 30’|4821[18,5| 142 |0,193| 0,8 #28 Dal a Are TR 08 [0,15] ‚10% 451324 18,5 124 | 0,160 | 0,60 3| 81 114°:1921,0 09 0,34 , sn 45|279 17,2 129 |0,185| 0,56 Die Anaerobiose wurde einfach so bewirkt, daß die beiden Gastrocnemien eines Frosches in ausgekochter Ringerlösung luftdicht in Wägegläschen ver- schlossen in den Thermostaten gelegt wurden. Nachdem der Sauerstoff ver- atmet ist, liegen die Muskeln in Stickstoff. Die Anaerobiose setzt also erst all-_ mählich ein und ein Teil der gebildeten Milchsäure diffundiert in die Ringer- lösung. Beides ist für die Versuche ohne Belang, weil ja beide Muskeln in derselben Lösung liegen, am Schluß also gleichen Milchsäuregehalt besitzen, der in dem einen bestimmt wird, im anderen unter Oxydationssteigerung entfernt wird. Nur dürfen diese Zahlen nicht mit den Anaerobiosewerten der Milchsäure in der vorigen Arbeit verglichen werden. ' | Bei der Anaerobiose des Muskels finden wir also ein Verhalten, das bisher bei allen anderen tierischen Organen und Zellen, wo man da- nach gesucht hat, vermißt wurde?) : die Bildung eines imtermediären Pro- duktes, das sich anhäuft und nachher in Sauerstoff unter Atmungs- steigerung verschwindet. Und wie steht es mit der Menge der sich anaerob anhäufenden Milchsäure?* In der vorigen Arbeit sahen wir, daß bei 22° in 24 Stunden pro 12 Muskel etwa 4,5—5 mg Milchsäure auftreten, und zwar mit konstanter Geschwindigkeit. In einer Stunde also 0,18—0,2mg. Früher habe ich bei derselben Temperatur den Sauerstoffverbrauch intakter Muskeln in der Ruhe in Sauerstoffatmo- sphäre bestimmt®). Es ergab sich, ebenso wie in einigen Versuchen der vorliegenden Arbeit, ‘pro 1g Muskeln 23—48 cmm, durchschnittlich 40 cmm = 0,057 mg O,; unter diesen Umständen aber häuft sich keine Milchsäure an. (Die Atmung ist unabhängig vom Sauerstoffdruck, sie bleibt zeitlich konstant, während Milchsäureanreicherung zu einer At- mungssteigerung Anlaß geben würde u. dgl.) Es wird mithin in der Anaerobiose viel mehr Milchsäure gebildet, als dem in Aerobiose in gleichen Zeiten verbrauchten Sauerstoff ent- spricht, und zwar, wie man aus diesen Zahlen ersieht, 3—4mal so viel, als dieser Sauerstoff verbrennen würde. Ja, wir haben hier eine Art anaerober ‚‚intramolekularer Atmung‘ vor 1) Verluste durch Eindampfen. ?) Vgl. OÖ. Meyerhof, Sitzungsberichte d. Heidelberger Akademie 1912 B. Arch. f. d. ges. Physiol. 146, 175. 1912. 2) Arch. f. d. ges. Physiol. 195, 20. 1919. Über die Energieumwandliungen im Muskel. I. - 299 uns, so etwas, wie einen energetischen Ersatz der Sauerstoffatmung, besonders wenn wir berücksichtigen, daß die Milchsäure mit einem höheren Wärmewert entsteht als der thermochemischen Spaltungs- wärme. Auch wenn wir mit dem (unserer Ansicht nach durch Abgabe von Milchsäure in die Lösung verringerten) kalorischen Quotienten der Ruheanaerobiose von 280 cal rechnen, so entstehen in 1 Stunde pro 1g Muskeln bei 22° in der Anaerobiose etwa 0,05 cal, in Sauerstoff dagegen, wenn die 0,057 mg O, zu Kohlenhydratverbrennung dienen, knapp 0,2cal. Im ersten Fall immerhin gut !/,, während wir die Spaltungs- wärme der Milchsäure zu etwa !/,, der Verbrennungswärme des Zuckers annehmen müssen ; es wird also anaerob mindestens 10.mal soviel Wärme frei, als sich in gleichem Zeitraum bei Oxydation von Glucose für den anaeroben Übergang zu Milchsäure berechnet. Aber ein anderer Ge- sichtspunkt neben dem energetischen verlangt ebensosehr unsere Auf- merksamkeit: Der Verbrauch einer bestimmten Menge Sauer- stoff verhindert die drei- bis vierfache Menge Milchsäure am Entstehen. Die Milchsäure kann also nicht ein bloßes sich an- häufendes intermediäres Produkt sein — dann könnte aus Gründen der Massenwirkung in der Anaerobiose allenfalls weniger, aber jedenfalls nicht mehr auftreten als bei oxydativer Fortschaffung ; und wieder haben wir die auffällige Beziehung, daß drei Moleküle Sauerstoff hier zwar nicht für die Wegschaffung, aber für den sehr ähnlichen Vorgang des „Nichtauftretens“ von 3—4 Molekülen Milchsäure verantwortlich sind. Für die Anaerobiose bei 14° liegen die Verhältnisse genau ebenso. Nach Fletcher und Hopkins werden in 22 Stunden bei 16° anaerob pro lg 1,15 mg Milchsäure gebildet, in einer Stunde also 0,053 mg. Ich selbst finde auch hier erheblich höhere Werte, und zwar bei 14° pro 1 0,065 mg Milchsäure. Bei 14° wird in Sauerstoff durchschnittlich 17cmm ©, pro 1g = 0,025 mg Sauerstoff verbraucht. Auch dann ver- hindert der Sauerstoff die dreifache Menge Milchsäure am Entstehen. Schließlich setzen wir auch noch die Menge desnach der Anaerobiose mehrverbrauchten Sauerstoffes zu dem durch die Anaerobiose in Weg- fall gekommenen aus unseren Versuchen in Beziehung. Da die Zeit des kompletten Sauerstoffmangels in unseren Erholungsversuchen aus den oben angeführten Gründen nicht direkt festzustellen ist, können wir diese Zeit aus dem Milchsäuregehalt ungefähr berechnen, daraus die für sie in Wegfall gekommene Menge Sauerstoff ermitteln und mit dem gemes- senen Mehrverbrauch der Erholung vergleichen. Bei 14°C finden wir (Vers. 3, Tab. V) am 8.1. 0,9 mg Milchsäure auf 18, wovon aber. nur 0,56 mg nachher verschwinden. Dies ent- spricht, wenn wir 0,065 ms als Stundenwert der Milchsäurebildung an- nehmen, einer kompletten Anaerobiose von 8,5 Stunden. (Gesamtdauer des Versuches 19 Stunden.) In 8,5 Stunden werden pro 1g 17 x 8,5 300 O. Meyerhof: — 145 cmm = 0,21 mg 0, verbraucht. Der Mehrverbrauch in unseren Versuchen beträgt 0,185 mg O,. Am 21. XII. (Vers. 2) haben wir 0,6 mg Milchsäureschwund, was 9 Stunden kompletter Anaerobiose entspricht (Gesamtversuchsdauer 17 Stunden) = 155 cmm 0, = 0,22 mg; beob- achtet 0,16 mg O,. Am 17. XII. (Vers. 1) bei 22° 0,43 mg Milchsäure- schwund pro 1g (etwas zu geringe Milchsäurezahl!). Dies entspricht bei 0,13 mg Stundenwert einer Anaerobiose von 21/, Stunden bei 22° (totale Versuchsdauer 6 Stunden); bei einem Verbrauch von 40 cmm 0, bei 22° = 100 cmm = 0,14 mg. Beobachtet 0,193 mg Mehrverbrauch. Berücksichtigt man die ganz unsicheren Daten für die Berechnung, so . sieht man, daß etwa der in der Anaerobiose in Wegfall ge- kommene Sauerstoff während der Erholung nachgeatmet wird. Und dies entspricht genau dem Verhalten des Muskels bei der Tätigkeit, wenn wir hier durch Anaerobiose Ermüdung und Erholung voneinander trennen. Denn auch dann wird ja, nach allem was wir wissen, ebensoviel Sauerstoff im ganzen auf die Arbeitsleistung ver- wandt, als wenn die Tätigkeit direkt in Sauerstoff vor sich gehen würde. Man kann sich dem Eindruck nicht entziehen, daß eine bestimmte Sauerstoffmenge mit der Wesschaffung jeglicher anaerob angehäuften Milchsäure verknüpft ist. Wenn auch manches, wie wir sahen, dagegen spricht, daß eine streng stöchiometrische Beziehung vorliegt und eine durch manche Umstände, besonders die Erholungstemperatur, bedingte Schwankung um eine Mittelzahl herum nicht unwahrscheinlich ist, wol- len wir hier doch ein solches stöchiometrisches Verhältnis als Idealtypus des sich abspielenden Vorganges voraussetzen. Dieser wäre dann nach den auf die verschiedenste Weise gewonnenen Zahlen so zu formulieren, daß 3 Mol. Sauerstoff mit dem Verschwinden von 3 (oder 4) Molekülen Milchsäure verknüpft sind, oder anders ausgedrückt, daß von 3 (bzw. 4) anwesenden Milchsäuremolekülen eines verbrennt, während 2 (oder 3) andere anaerob verschwinden !). Denn daseine Molekül Milchsäure oder 1) Der besseren Übersichtlichkeit wegen habe ich in den folgenden Formeln das Verhältnis 3 Mol. O,:3 Mol. Milchsäure zugrunde gelegt; aus theoretischen Gründen müßte man aber 3 Mol. O,:4 Mol. Milchsäure als den „Idealtyp‘“ auf- fassen. Die Experimente ergeben im Durchschnitt recht genau die Mitte von beiden bei 14°. Wir sahen indes, daß bei 8° meist 10—20% weniger Sauerstoff verbraucht werden, ferner daß die Milchsäurewerte alle als um 4% zu klein zu betrachten sind (Einleitung der vorigen Arbeit); schließlich ist als Ideal die geringste Sauerstofimenge anzusehen, mit der die Milchsäure vollständig verschwinden kann. Denn dies entspricht dem günstigsten Nutzeffekt der ÖOxydationsenergie und entsprechend dem besten „thermischen Wirkungsgrad“ des Muskels. Andererseits führt jede Beeinträchtigung der normalen Restitution zu einem Mehrverbrauch an Sauerstoff, im energetischen Sinn zu einer Vergeu- dung. Wenn wir annehmen, daß dies letztere in gewissem Grade bei jeder Erholung vorkommt, ist der untere Grenzwert des Sauerstoffs der Berechnung zugrunde zu legen. Über die Energieumwandlungen im Muskel. D. 301 ein Kohlenhydratäquivalent von ihm verbrennt in der Tat; wir finden den respiratorischen Quotienten in der Erholungsperiode gleich 1. Was wird aus den anderen? Darüber kann nur weitere Experimentalfor- schung Auskunft geben !). Wir wollen vorläufig als Arbeitshypothese [mit Embden?)] annehmen, daß sie sich zu Hexosediphosphorsäure kondensieren. Der Vorgang spielt sich dann, wenn wir 30, :3 Milch- säure rechnen, nach der Gleichung ab: T. 30,H,0, + 2H,P0, +30,=3C0, + 5H,0 + C,H ,0,(H,PO,).. Dieser Verlauf zeigt eine erstaunliche Analogie mit der Hauptphase der alkoholischen Gärung im Hefepreßsaft: I. 2C,H,.0, + 2H,PO; =200, + 20,H,0H + 2H,0 + &H,004(H,PO,),. Während bei der Gärung ein Molekül Zucker in Alkohol und Kohlen- säure gespalten wird und ein zweites sich zu Hexosediphosphorsäure umlagert, würde in unserem Fall FMol. Milchsäure verbrennen und zwei (3) andere sich zu 1(1,5) Mol. Hexosediphosphorsäure kondensieren. Und auch bei der Gärung scheint die Koppelung nicht so vollständig stöchiometrisch zu sein, als das ursprünglich nach Harden und Young den Anschein hatte. Euler und Johansson haben nachgewiesen, daß das Ver- hältnis Kohlensäure : Hexosephosphat sich während des Verbrauchs der Phosphorsäure allmählich verschiebt, was nicht unwahrscheinlich ist?). Man könnte aus unseren Beziehungen 3 (4) Mol. Milchsäure : 3 Mol. Sauerstoff und O, : CO, = 1 auch die Folgerung ableiten, daß die ganze Milchsäure anaerob verschwindet, aber für 6 (8) verschwundene Mol. Milchsäure 1 Mol. Glucose verbrennt: I. 66,H,0,+C,H.0, + 64,P0, +60, = 000,412 1,0 30 HnO,KELBO,)N: Diese Formulierung ist sogar äußerlich noch eleganter, weil, wenn wir für den Zerfallprozeß der Kontraktionsphase die Formel akzeptieren: IV. CH,.0,(H;P0,), + 2H,0 = 2C,H,0, + 2 H,PO,; in beiden Phasen gleich viel Phosphorsäure im Verhältnis zu Milchsäure in Reaktion tritt, während in der Formulierung I 1 Mol. Phosphorsäure übrigbleibt, ohne bei der Esterbildung verwandt zu werden. Indes, da wir über die Zwischenkörper des Zerfalls nichts wissen, so kommen vor- läufig beide Darstellungen auf dasselbe hinaus, Formel III ist in der ersten enthalten, wenn wir annehmen, daß die Milchsäure auf dem Um- 1) Vgl. den Nachtrag. ?2) Nach Embden ist die Milchsäurevorstufe Hexosediphosphorsäure. Zeitschr. f. physiol. Chem. 93, 94; 98, 181. 3) Zeitschr. f. physiol. Chem. 85, 192. 1913. 302 O. Meyerhof: wege über Glucose verbrannt wird. Andererseits muß schließlich natürlich in irgendeiner Weise Phosphorsäure übrigbleiben, weil allmählich alles Kohlenhydrat des Muskels verbrennt, während die Phosphorsäure oxy- dativ nicht angegriffen wird. Solange aber noch Glykogen vorhanden ist, würde auf Grund unserer ersten Formulierung anzunehmen sein, daß das übriggebliebene u u 2 sich mit hydrolytisch abgespaltener Glucose verbindet!). Indem der hypothetische Charakter dieser Hrör terung nicht verkannt sein soll, sei noch auf einen Umstand hingewiesen, der die Analogie des Vorgangs mit der alkoholischen Gärung besonders nahelegt. Ich habe kürzlich gezeigt, daß das Koferment der Gärung in allen tierischen Organen vorhanden ist, ganz besonders reichlich aber in der Muskula- tur, ferner aber auch, daß es ganz offenbar gleichzeitig ein Koferment der Atmung ist und daß eine Reihe von Umständen dafür sprechen, daß es in beiden Fällen der intermediären Bindung von Phosphorsäure an die oxydativ zerfallenden Moleküle dient?). Gedenken wir der merk- würdigen Beziehung, die im Muskel zwischen der Ruhemilchsäure und dem Ruhesauerstoffverbrauch vorliegt, sowie, daß die Ruhemilchsäure in derselben Weise entfernt wird wie die Ermüdungsmilchsäure, so ist die Vorstellung naheliegend, daß die Atmung in der Ruhe genau so vor sich geht wie in der Tätigkeit, daß hier wie dort in Gegenwart von Sauerstoff die durch die Anaerobiose zu zerlegenden Vorgänge ineinander geschoben sind. Die nach Gleichung IV gebildete Milchsäure tritt so- fort wieder im Sinne der Formulierung I oder III in Reaktion und dieser Kreislauf Hexosephosphorsäure 5 Milchsäure unterhält in derselben Weise die Atmung in der Muskulatur, wie in der Hefezelle der Kreislauf Hexosephosphorsäure $ Hexose die Gärung unterhält. Damit wäre es gelungen, die Ruheatmung dem Gärungsvorgang weitgehend zu paralleli- sieren und die Bedeutung des gemeinsamen Koferments tritt in ein helles Licht. Diese merkwürdige Aufspaltung der Atmung des Muskels in zwei Phasen, die wir an anderen Organen vermissen, darf wohl als eine Spe- zialisierung eines generell übereinstimmenden Atmungsmechanismus im Dienste des Kontraktionsvorganges aufgefaßt werden. Ihre Bedeutung dürfte einmal darin zu suchen sein, daß anaerob überhaupt Arbeit geleistet werden kann, während sowohl bei direkter Verbrennung des Zuckers als auch auf dem geraden Weg Glucose > Milchsäure > Kohlen- 1) Merkwürdigerweise haben vor längerer Zeit Parnas und Baer, Biochem. Zeitschr. 41, 386, 1912, rein spekulativ, ohne daß quantitative Daten bekannt waren, die Hypothese aufgestellt, daß 3 Mol. Milchsäure während der Muskel- restitution unter Kondensation zweier zu Glucose und Verbrennung des dritten verschwinden. Diese Vorstellung scheint mir prinzipiell zutreffend. ?) Zeitschr. f. physiol. Chem. 101, 166. 102, 1. 1918; ferner Arch. f. d. ges, Physiol. 195, 20. 1919. Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 303 säure die ausnutzbare Energie der anaeroben Phase zu gering sein würde; andererseits vermutlich darin, daß der Atmungsvorgang an derjenigen Stelle aufgespalten wird, wo eine maximale Menge Wasserstoffion zur Verfügung steht, besonders für den Fall, daß neben Milchsäure gleich- zeitig Phosphorsäure frei wird (wobei angenommen wird, daß es bei der Milchsäurebildung in der Kontraktion vorwiegend auf das HIon ankommt). Schließlich sei erwähnt, daß auch die Atmung der zerkleinerten Mus- kulatur ähnlich gedeutet werden kann. Durch die Zerkleinerung wird im Muskel sehr schnell eine große Menge Milchsäure frei, und die Atmung ist dann, wie ich fand, unter optimalen Bedingungen auf das 12fache des Ruhewertes gesteigert. Auch hier hängt beides offensichtlich zu- sammen. Die Milchsäure löst die Atmungssteigerung aus, wie ihr Zu- satz auch im schwach wasserextrahierten Muskel imstande ist, die Atmung um 50—100% zu erhöhen). Nur dürfte die Verknüpfung bei- der Prozesse durch die Zerschneidung des Muskels gelockert sein und es gelingt der Sauerstoffatmung nicht, die Säure zum Verschwinden zu bringen, wahrscheinlich weil dann immer neue nachgebildet wird. II. Kapitel. Wärmebildung und Sauerstoffverbrauch in der Erholungsperiode. Die Untersuchung wäre unvollständig, wenn nicht auch die Ener- setik der Erholungsperiode in Betracht gezogen würde. Verbrennt die Milchsäure bzw. das Kohlenhydrat während der Erholung mit dem nor- malen Verbrennungswert, so daß auf lccm verbrauchten Sauerstoffs 5,0gcal entfallen? Haben wir es mit einer Reversibilität der durch die Ermüdung ausgelösten Vorgänge zu tun, so kann das offenbar nicht der Fall’sein. Alle auf physikalisch-chemische Vorgänge zu beziehenden Wärmetönungen der Ermüdungsphase müssen dann wieder rückgängig gemacht werden. Indem, wie wir annehmen, 3 oder 4 Moleküle Milch- säureiaus den Ermüdungsorten herausgelöst werden, 2 (3) davon endo- therm in die Vorstufe zurückgeführt werden und mit der Entfernung der Säure der physikalisch veränderte Zustand des Muskels wieder zurückgeht, muß der ganze Überschuß an Wärme, den wir in der Er- müdungsphase erhielten, hier als negative Wärmetönung auftreten und als solche die Oxydationswärme der Erholungsperiode verringern. Bei völliger Reversibilität müssen wir demnach gemäß dem ersten Haupt- satz voraussetzen, daß: Wärme der anaeroben Ermüdungsphase + Wärme . der Erholungsphase in Sauerstoff — Wärme bei Muskeltätigkeit in Sauer- stoff, d. h. gleich der Verbrennungswärme von Kohlenhydrat ist. Indes erschien es gut, sich nicht mit dieser Annahme zu begnügen, sondern 1) OÖ. Meyerhof, Arch. f. d. ges. Physiol. 195, 67. 304 O. Meyerhof: zur Bestätigung die Wärme zu messen. Dies um so mehr, als auch hier Parnas in Übereinstimmung mit seinen sonstigen Feststellungen ge- funden hatte, daß ein endothermer Vorgang von der halben Verbren- nungswärme der verschwindenden Milchsäure aufträte und entspre- chend die gemessene Oxydationswärme verringerte oder, in anderem Maße, daß auf 1 g Muskel 2 cal gespeichert würden. Wenn man unsere höheren Milchsäurezahlen in Betracht zieht, so würde diese halbe Ver- brennungswärme auf 0,13% verschwindender Milchsäure sogar über 3cal pro 1g Muskel sein. Ich hatte aber unter diesen Umständen in der Ermüdungsphase nur knapp 0,8 cal gefunden. Auch dies mußte also geprüft werden. Methodik. Parnas hat für diese Messungen unter Benutzung der thermoelektrischen Anordnung Hills einige Gramm Muskel unter erhöhten Sauerstoffdruck gebracht, indem er sie in einen kleinen Messingzylinder einhing, welcher mit einem auf- schraubbaren und mit einem Fahrradventil versehenen Deckel verschlossen wurde und dann nach Füllung mit Sauerstoff in ein vierwandiges zylindrisches Dewargefäß kam. Dieser Anordnung bin ich gefolgt, nur daß meine Apparatur etwas andere Dimensionen hatte. Ferner habe ich die Temperaturmessung mit Becekmann- schem Thermometer vorgenommen, da hier hinsichtlich der Genauigkeit der Me- thode dieselben Verhältnisse vorliegen, die in der vorigen Arbeit erwähnt sind. In ein vierwandiges Dewargefäß (von C. Burger, Berlin) von etwa 120 cem Rauminhalt kam ein innen mit Paraffin ausgegossener Messingzylinder von 8 cm Länge, mit Fahrradventil versehen, der einen inneren Durchmesser von 2 cm hatte; in ihn konnte ein sehr kleines, an Füßen und am Becken abgeschnittenes Schenkelpaar bequem hineingestellt werden. Bei etwas größeren Schenkeln wurden die Beine ohne Muskelverletzung an den Knien abgeschnitten und die Oberschenkel in aufgeklappter Stellung hineingebracht. Nachdem der Deckel aufgeschraubt war, wurde aus einer Bombe Sauerstoff von 21/, Atmosphären Druck hineingefüllt (für geringeren Druck war das Ventil nicht durchgängig) und der Messingzylinder einige Zeit in ein Wasserbad gestellt, das genau die: Thermo- statentemperatur hatte. Vorher war das Dewargefäß schon, mit genügend Wasser ‚gefüllt, für 1!/, Stunden in den Thermostaten gehängt, um vorläufig einen Tem- peraturausgleich herbeizuführen, der sonst zu lange Zeit in Anspruch nahm. Das Gefäß enthielt 70 cem Wasser, welches ausreichte, um den Messingzylinder zu überdecken, und einen seitlich durch einen großen Gummistopfen durchgesteckten Beckmannthermometer, der tief in das Wasser eintauchte. Der große Gummi- stopfen wurde nicht direkt in das Gefäß eingesetzt, sondern in einen Gummikragen (sog. Dichtungsring), der wasserdicht auf dem Dewarzylinder saß; so konnte das ganze Calorimeter sehr tief in den Thermostaten versenkt werden und war voll- ständig von Wasser bedeckt, nur das Thermometer ragte heraus. ‘Dieses Arrange- ment war nötig, weil der Abkühlungskoeffizient der Calorimeter in versuchsge- mäßer Anordnung hoch war — er betrug im Gleichgewichtszustand 10,5% pro 1h — und der Einfluß der Zimmertemperatur deshalb beträchtlich. Aber auch so hatte für die ersten Stunden die Zimmertemperatur infolge der Leitung der Wärme durch das Thermometer noch einen gewissen Einfluß. Derselbe war genau bestimmt und die dadurch bedingte Änderung des Abkühlungswertes wurde in Rücksicht gezogen. War es durch geeignete Vorwärmung gelungen, die verschiedenen Teile der Apparatur untereinander und mit dem Thermostaten auf Übereinstimmung Über die Enersieumwandlungen im Muskel. II, 305 der Temperaturen bis auf etwa 0,02° zu bringen, so konnte der Versuch etwa 3/, Stunde nach Zusammensetzung, also etwa 1 Stunde nach abgeschlossener Reizung begonnen werden. Häufig war das aber nicht vollständig der Fall und dann beanspruchte der Ausgleich erheblich längere Zeit. Es konnte dann die genauere Messung erst etwa 3 Stunden später begonnen werden. Das war natürlich störend, weil eine wichtige Zeit der Erholungsperiode der Messung entging. Eine andere etwas dünnere Messinghülse ließ einen etwas schnelleren Ausgleich zu, wurde aber nur gelegentlich "benutzt, weil ihr Gewinde den Sauerstoffdruck nicht festhielt. Der Gang des Temperaturanstiegs wurde für eine möglichst lange Zeit innerhalb des Tages verfolgt, etwa 10—12 Stunden (vom Abschluß der Reizung an 12—15B), Dann ist die Erholung noch nicht vollkommen, aber doch annähernd abgeschlossen und die fehlenden Stücke am Anfang und am Schluß lassen sich leicht in Rechnung ziehen. 1% Um gleichzeitig mit der Wärme den Sauerstoffverbrauch zu messen, wurde vor Einstellen der Schenkel in das Gefäß ein Gastrocnemius abgeschnitten, genau gewogen und gleichzeitig mit ihm ein Atmungsversuch in demselben Thermostaten gemacht. Alle Versuche fanden bei 14° statt. Am Schluß des Wärmeversuchs wurden die Schenkelmuskeln abpräpariert und ebenfalls genau gewogen. Daß es zulässig ist, die Erholung der Schenkelmuskulatur mit der des Gastrocnemius zu vergleichen, geht prinzipiell aus den im vorigen Abschnitt mitgeteilten Messungen hervor, daß beide nach tetanischer Ermüdung dasselbe Milchsäuremaximum auf-. weisen. Trotzdem ist es möglich, daß unter den besonderen Versuchsverhältnissen ein sehr genauer Vergleich nicht statthaft ist, weil der Milchsäureschwund unter dem erhöhten Sauerstoffdruck vielleicht abweichend verläuft und die Muskeln schließlich auch dadurch geschädigt werden. Auch eine andere Kontrolle gibt für diese Anordnung kein sehr ermutigendes Resultat. Wenn man Atmung und Wärmebildung der ungereizten Muskulatur auf diesem Wege vergleicht, sollte der cQ des Sauerstoffs pro 1 mg bei Verbrennung von Kohlehydrat 3,5, also für l ccm Sauerstoff 5,0 cal sein. In fünf derartigen Versuchen war dies nur recht mangelhaft der Fall. Dreimal ergab sich allerdings ein Wert für 1 ccm zwischen 4,0 und 6,5 cal, in zwei anderen Versuchen, die technisch nicht schlechter angeord- net waren, dagegen 7,5. Die Genauigkeit der Versuche kann nicht sehr hoch sein, zumal der stündliche Temperaturanstieg nur etwa 0,005° beträgt und der Ver- gleich des Gewichts eines 0,4 g schweren Gastrocnemius mit der abpräparierten Muskulatur von etwa 5 g auch nicht sehr genau durchgeführt werden kann. Trotz- dem ist immerhin möglich, daß die Atmung der Oberschenkelmuskulatur unter den genannten Bedingungen etwas größer ist als die des Gastrocnemius. Die Methode erscheint danach nicht zuverlässig genug, um mit ihr neue Aufschlüsse von prinzipieller Bedeutung zu erhalten, aber kann. doch immerhin dazu dienen, die sonst erhaltenen Resultate zu befesti- gen und das gelingt auch ganz gut. Die Wärmebildung ist in der läng- sten Zeit der Erholungsperiode gegenüber dem Sauerstoffverbrauch deutlich verringert. Statt 5cal auf lIcem O, treten anfangs ungefähr 3,5cal auf. Diese Differenz vom theoretischen Verbrennungswert des Sauerstoffs wird mit der Zeit kleiner, und wenn man aus einer möglichst vollständig beobachteten Erholung und Extra- polation für die Anfangs- und Schlußzeit das Defizit aus- rechnet, das der Wärmeversuch im ganzen an Calorien gegenüber den aus dem Sauerstoffverbrauch für Kohlen- hydratverbrennung berechneten ergibt, so erhält man für Pflügers Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 182. 20 306 O. Meyerhof: lg Muskulatur stets Werte von 0,7—1,1cal. Wenn wir aus dem Erholungssauerstoffverbrauch den Milchsäuregehalt berechnen, so können wir daraus die in der Ermüdungsphase gebildete Wärme bestim- men, diese ist dann etwa ebenso groß, bzw. ein wenig kleiner. Tabelle VI. Wärmebildung und Sauerstoffverbrauch in der Ruhe. A. Wärmemessung. r Dauer Corr. | Gesamt- : ; Calorien Nr. | Datum | Frosch- Muskel- der Temp. | wasser- | Calorien Calorien PIO | 1919—20 arı gewicht Messung Grad wert | Droge lgu.1h A | 1. XII. |Ese.(H.))| 5,6. | 5230’ | 0,025 104,5 2,6 0,46 0,084 2 15. XII.| Temp. 12 61 20° | 0,041 108 4,4 0,61 0,095 3 1225 DKL ? 3 9h 30” | 0,068 | 104,5 7,0 0,74 | 0,13 478. T. Temp. 6,4 5h 30° | 0,0455 | 105 4,77 0,74 0,135 5 24.1 Temp. 6,2 7u 35° | 0,050 \ 105 52 0,85 0,115 B. Sauerstoffmessung. u Dauer der cmm O, in | cmm 0, in cal Nr. | Gastr.-Gew. Messung cmm 0, la ade Tee 1 0,4 5h 30’ 34,5 86 15,7 3,3 2 0,5 6N 20° 35 150 24 4,1 3 0,45 5h 107 40 89 17,1 1,5 4 0,5 5h 307 51 102 18,6 4,3 5 0,5 72 40° 67 134 17,5 6,5 Durchschnitt: 6,1 In Tabelle 6 ist das Ergebnis von fünf Ruheversuchen verzeichnet. Die Daten . von fünf Erholungsversuchen, bei denen Wärmebildung und Sauerstoffverbrauch in der Erholungsperiode bestimmt sind, folgen in der Tabelle 6a u. b. Vom Ver- such 2 gebe ich die Berechnung genauer: 2.: (15. XI.) 13 Min. tet. 10h 35° bis 10h 48’. Wärmeversuch: 5,25g Musk. 12h 12’ bis. 10h 12° (10 Std.) 0,0575° x 109,5 Ww=6,3cal. Pro 1g: 1,20 cal. Sauerstoffversuch: Gastr. 0,43 g. a) im ganzen: 46h: 448 cmm O0, ab 46 x 7,37 = 338 cmm O0, Ruheverbrauch 110 cmm 0,. 18 :255 cmm = 0,365 mg O, Erholung. b) Wärmeversuchszeit: 12h 10° bis 10h 10°: 154 cmm 0O,; pro 1g 342 cmm (,, ao. RZ HRYO 80,5 cmm O, calprol ecm 0, 1,2 : 0,342 — 3,5. — 342 cemm brauchen 1,71 cal ; gefunden 1,2 cal 0,51 cal fehlen. 80,5 cmm O0, Erholungssauerstoff in Versuchszeit. ° Auf 110 cemm Erholungssauerstoff fehlen mithin 0,68 cal. Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 307 Tabelle Vla. = Wärmeversuch 4 Sauerstofiversuch = ara. enenTeee, SS Se Beolaselnu $ &n Sue B = “|a652 |a58 . en SE 38 Cal. | Cal. |Gastr.- = E S Er E = 25 = s|© 3 S Aa|=s zeit ae | 1919—20 ER EIER EEE gli 121.X. 26’ 7,25| 7140’| 9,4 | 1,3 10,45 | 193 430 | 122,5 | 155 | 0,49 2 15. XI. 13’ 5,25 10h 6,3 | 1,2 |0,43 | 154 342 80,5 | 110 | 0,365 3 120.X1. 23° |7,8 |1]% 9,15| 1,1% | 0,65 | 231 355 118 175 | 0,385 4 | 19. XTI. 18’ 6,9 |10%70’|) 9,1 | 1,58 | 0,50 | 201 402 109 176 | 0,503 5. 9.1. 282] ‚6, 1 12h40’7|12,7 | 2,08 | 0,61 | 374 |613 240 259 | 0,608 Tabelle VIb. I Calorien ? konn, on Calorien Galoriendefizit ne pro Iccm O, nenn pro 1 g gefunden in Meßzeit nal acht; Lı 3,0 alas 1,3 0,85 | 11 2 \ 3,5 Lu 11,8 0,51 | 0,68 3 3,3 1,74 | 7 0,57 | 0,93 4 3,9 2,0 | 1,58 0,42 | 0,68 5 3,4 3,06 2,08 0,98" | 1,03 Angesichts dieser guten Übereinstimmung der gefundenen Werte mit den zu erwartenden können wir trotz aller in der Methodik gelegenen Unsicherheiten in den Versuchen eine gute Bestätigung der sonstigen Resultate sehen. Zwischen 0,6 und 1,1 cal pro 1g oder mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gerade soviel als dem ae der Milchsäure- bildung‘ in der Ermüdungsphase entspricht, also etwa 0,6—0,8 cal, werden in der Erholungsphase des Muskels gespeichert. Gleichzeitig können wir auch das Verhältnis der in der Arbeits- und Erholungsphase tatsächlich gebildeten Wärme bestimmen und es ver- gleichen mit den Angaben Hills, daß bei der Zuckung in Sauerstoff etwa die Hälfte der Wärme in der Kontraktion, die andere nachher gebildet wird. Wir dürfen dann aber nicht die ganze Wärmebildung der Erholungsperiode berücksichtigen, sondern nur diejenige, die dem Erholungsvorgang selbst entspricht und müssen die Wärme des Ruhe- stoffwechsels (für Kohlenhydrat berechnet) in Abzug bringen. Denn diese ist m der Hillschen Messung jedenfalls nicht mit berücksichtigt, weil sie auch in der Vorperiode der Kontraktion auftritt und deshalb in die Korrektur für den Galvanometergang mit eingehen muß. Versuch 1. Gefundene Wärmebildung der Erholung 1,3 cal pro 1g; davon ist auf Ruhestoffwechsel zu beziehen 0,175 cem O, x 5 cal = 0,88 cal und 0,42 cal bleiben für Erholungssauerstoff der Versuchszeit (255 cmm 0,), für den ganzen Erholungssauerstoff (342 cmm) also 0,5% cal. Versuch 2. Wärmebildung der Erholung 1,2 cal pro 1g; davon auf Ruhe- stoffwechsel ab für 10h: 0,170 x 5 = 0,85 cal; und 0,35 cal bleiben für den Er- 20° 308 ‚©. Meyerhof: holungssauerstoff (172 cmm O,); für den ganzen Erholungssauerstoff (255 cmm O,) 0,52 cal. Versuch 3. Wärmebildung der Erholung: 1,17 cal pro 1 g gefunden; davon für Ruheverbrauch: 0,190 x 5 = 0,95 cal; und 0,23 cal lelsen für Erholungs- sauerstoff. Im ganzen (270 cemm 0,): 0,38 cal. Versuch 4. Erholungswärmebildung: 1,58 cal pro 1g; davon für Ruhe- verbrauch 0,184 x 5 = 0,92. Bleiben 0,66 cal für Erholungssauerstoff in 19h (218 cmm O,); oder im ganzen (352 cmm 0,) 1,0% cal. | Versuch 5. Erholungswärmebildung 2,08 cal; davon für Ruheverbrauch 0,219 x 5 = 1,08 cal, bleiben 1,0 cal (240 cmm O,) oder auf ganzen Erholungs- verbrauch (259 cmm O,) 1,08 cal. Es ergibt sich hier also 0,4—1,1cal pro 1g Muskel Wärmebildung der Erholung (ohne Ruhestoffwechsel); in der Tat etwa ebenso viel, wie wir in der vorigen Arbeit in der Ermüdungsphase fanden, und wir sehen, daß auch für die völlige Ermüdung die Hillsche Beobachtung, daß die Hälfte der Wärmebildung der Muskelkontraktion auf den Er- holungsvorgang fällt, zutreffend ist. Wahrscheinlich sind übrigens die in unsern Versuchen bestimmten Werte etwas zu klein ausgefallen, weil das Wärmedefizit während der Erholung immer größer gefunden wurde, als theoretisch zu erwarten ist. Wir können die Größe auch auf rechnerischem Weg aus den übrigen Daten ermitteln. Setzen wir aus der vorigen Arbeit für c@ bei. 14° und tetanischer Reizung 430 cal, so . würden beim Auftreten von 0,2%, Milchsäure in 1g Muskel also für 2 mg 0,86cal gebildet. Diese müssen an dem Wärmewert der Kohlen- hydatverbrennung fehlen, wenn wir die Milchsäure bei 14° in der Er- holungsperiode verschwinden lassen. Besteht nun die Beziehung, daß 3 Mol. Milchsäure unter Aufwand von 3 Mol. Sauerstoff verschwinden, so erforderte die Wegschaffung von 2 mg Milchsäure 0,70 mg Sauerstoff. Der c@ des Sauerstoffs für Kohlenhydratverbrennung ist 3,5 cal pro Img; also werden 2,45—0,86 — 1,6 cal auftreten. Wenn dagegen 4 Mol. Milchsäure unter Aufwand von 3 Mol. Sauerstoff schwinden, werden für die Wegschaffung von 2 mg Milchsäure 0,53 mg Sauerstoff erfordert, die theoretisch 1,86 cal brauchen, wovon 0,86 wegfallen, also 1,0 in der Erholungsperiode auftreten. Da wir 3—4 Mol. Milchsäure auf 3 Mol. Sauerstoff finden, müssen also durchschnittlich 1,3 cal in der Erholungsperiode im Vergleich zu 0,86 cal in der Ermüdungsperiode des Muskels in Erscheinung treten. Ca II. Kapitel. Diskussion der Resultate. Am Schluß jedes Abschnittes ist, bereits die theoretische Bedeutung der einzelnen Befunde erörtert worden. Hier ist noch allgemein ein- zugehen auf die Frage, wie man sich wohl die Restitution des Muskels in Hinblick auf die Funktion zu denken hat. Dabei ist zu be- rücksichtigen, daß die oxydative Erholungsphase nichts mit der Erschlaf- fung des Muskels, im Gegensatz zur Verkürzung zu tun hat. Kontrak- Über die Energieumwandlungen im Muskel. I. 309 tion und Erschlaffung fallen in die erste Phase, die ich deshalb meist als Ermüdungsphase bezeichnet habe. Aber die anaerobe Erschlaffung stellt an sich auch schon eine teilweise Restitution der Muskelmaschine dar. Die contractile Substanz, die Erregbarkeit usw. sind wieder her- gestellt. Physikalisch, insbesondere mechanisch ist keine Änderung zu spüren, es sei denn, daß die Ermüdung sehr weit vorgeschritten ist. Auch chemisch besteht gegenüber dem Zustand völliger Erholung augen- scheinlich der einzige Unterschied, daß sich etwas Milchsäure im Muskel verteilt findet außerhalb der Verkürzungsflächen, während die Vor- stufe der Milchsäure, bzw. die gesamten Kohlenhydrate an Menge ab- genommen haben. Bei dieser Überlegung wird man den Gedanken als abenteuerlich zurückweisen, daß sich bei der Kontraktion eine eigen- artige und unbekannte physikalische Strukturänderung des Muskels von enormer positiver Wärmetönung, bezogen auf die gebildete Milch- säure, abspielte, daß diese Veränderung bei der Erschlaffung erhalten bliebe, sich aber dann in der oxydativen Erholung ausgliche, wobei die halbe Verbrennungswärme der Milchsäure in einem rein physika- lischen Prozeß endotherm gebunden würde. Und in der Tat sind ja die Ergebnisse dieser Untersuchungen ganz anderer Art. Wie liegen die Dinge nun in Wirklichkeit? Hill hat die beiden Phasen der Muskel- tätigkeit mit Ladung und Entladung eines Akkumulators verglichen. Die oxydative Erholungsphase lädt den Muskel auf ein gewisses Poten- tial, welches während der anaeroben Kontraktionsphase als Arbeit frei wird. Im gewissen Sinne ist dies Bild natürlich richtig. Noch klarer, ohne Dazwischenkunft der elektrischen Energie, machen wir uns diese Energiespeicherung an dem Aufziehen des Schlagwerkes einer Uhr durch eine Feder oder ein Gewicht: Auf die Auslösung, den Reiz, fol- gen eine bestimmte Anzahl Schläge, nach jedem Schlag ist scheinbar der normale Zustand hergestellt, der folgende Schlag unterscheidet sich nicht vom vorigen, und daß die Restitution nicht vollständig war, er- kennen wir erst, wenn das Gewicht oder die Feder abgelaufen ist. Eine besondere Mechanik dient hier der Speicherung der Energie; diese po- tentielle Energie ist bei der Feder elastische Spannung, beim Gewicht das Gravitationspotential. In welcher Form ist nun die Energie im Muskel gespeichert? Zunächst chemisch; aber diese Speicherung ist nicht durch einen besonders hohen Verbrennungswert der arbeitliefern- den Substanz bedinst, sondern dadurch, daß auf Grund einer Auslösung ein explosiver Zerfall von großem Umfang stattfinden kann. Machen wir die plausible Annahme, daß das Entscheidende bei’ der Kontraktion das H-Ion wäre, dann würden wir besonders gut die Bedeutung der Hexosediphosphorsäure verstehen; mit jedem Molekülzerfall werden 4 Säureäquivalente frei, von denen, zumal bei besonderen capillaren _ Eigenschaften der Muskelstruktur, ein sehr großer Teil als H-Ion wirk- 310 O. Meyerhof: sam sein. könnte. Thermodynamisch wäre eine Rückverwandlung der Milchsäure unter Energieaufwand in ihre Vorstufe für die folgende Muskelkontraktion an sich gar nicht nötig, sie bleibt ja auch zum Teil aus, z. B. wenn etwas Milchsäure bei starker Muskeltätigkeit ins Blut übertritt. Nur vom ökonomischen Standpunkt ist sie ohne weiteres verständlich... Es würde eine ungeheuere Verschwendung vorstellen, wenn immer neue Kohlenhydrate geopfert würden, wo der Verbrennungs- wert der Milchsäure noch unausgenutzt ist; aus diesem Grund, können wir annehmen, wird die große Menge H-Ion wieder durch Rückverwand- lung zu Hexosephosphorsäure beseitigt, von neuem zu explosiver Frei- setzung eingefangen ; und dies geschieht unter Aufwand von Oxydations- energie. Gibt es außerdem noch eine physikalische Energiespeicherung im Muskel? Soweit das Verhältnis von Ermüdungs- und Erholungs- phase in Betracht kommt, kann man meines Erachtens nur im über- tragenden Sinn davon sprechen. Denn die Speicherung besteht hier doch offenbar nur darin, den durch die Milchsäureanhäufung abnorm veränderten Muskelzustand wieder zu beseitigen und die Struktur von neuem arbeitsfähig zu machen. Zweifellos ist ja der Kontraktionsvor- gang recht komplexer Natur und der Umstand, daß die Verkürzung offenbar ohne chemischen Eingriff, lediglich durch die Ortsveränderung der Milchsäure rückgängig gemacht werden kann, hat uns schon in der vorigen Arbeit zu der Annahme geführt, daß diese Ortsveränderung besondere freie Energie beanspruchen muß, daß die Entfernung der Milchsäure von den Verkürzungsflächen irgendwie aktiv vor sich ginge, etwa eine Verdrängung oder Absaugung von seiten des umgebenden ı Sarkoplasmas darstellt. Dann gehört die adsorptive oder Quellungs- bindung der Säure, die Neutralisation und dergleichen an den Ermü- dungsorten notwendig mit zum Kontraktionsvorgang. Sie dient mindestens zur schnellen Erschlaffung, indirekt aber zur Verkürzung selbst insofern, als wir ja sahen, daß die Gesamtenergie in der Arbeits- phase ungefähr quantitativ in mechanische Arbeit überführbar ist. Wäre der Erschlaffungsprozeß energetisch nichts mehr und weniger als die Umkehr der Verkürzung, so könnte natürlich keine Arbeit bei der Kontraktion geleistet werden ; damit das möglich ist, muß notwendiger- weise irgendeine energetische Kompensation geschaffen werden und diese muß sogar, wie wir in der vorigen Arbeit erörtert haben, ziemlich vollständig sein. Insofern müssen wir den mit positiver Wärmetönung verlaufenden Ermüdungsvorgang, bei dem die Milchsäure sich außer- halb der Verkürzungsorte ansammelt, zur Tätigkeit als notwendigen Bestandteil derselben hinzurechnen. Nun ist aber wahrscheinlich dieser Ermüdungsmechanismus nur im beschränkten Maße aufnahmefähig für Milchsäure, daher muß ihre Beseitigung angestrebt werden, die sich Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 311 nur unter Energieaufwand vollziehen kann. In dieser Wiederherstel- lung des Konzentrationsgefälles der Milchsäure für den Übergang von den Verkürzungsorten zu den Ermüdungsorten möchte ich den ph ysi- kalischen Anteil des Restitutionsprozesses sehen neben dem oben erörterten chemischen. Aus der Analyse der Ermüdungserscheinungen können wir schon manches in dieser Richtung erkennen. Je ermüdeter ein Muskel ist, um so langsamer erfolgt seine Erschlaffung: Wir führen das auf die Verringerung des Diffusionsgefälles zurück. Ist die Milch- säureanhäufung sehr hochgradig, so kann es zu einer reversibeln Starre kommen: Das Konzentrationsgefälle ist so gering geworden, daß die Milchsäure nicht mehr von den Verkürzungsorten entweicht — aber schon vorher bei weniger starker Ermüdung bleibt ein Verkürzungs- rückstand des Muskels: Die Milchsäure entweicht unvollkommen. Es fällt allgemein auf, daß die Ermüdung sich besonders beim Erschlaf- fungsvorgang bemerkbar macht und hier wieder am stärksten bei niedri- ger Temperatur. Andererseits hebt aber auch die Anreicherung der Milchsäure, wohl durch die steigende Acidität, die Erregbarkeit des Muskels allmählich auf, wiederum bei tieferen Temperaturen früher als bei hoher. Diese Hemmung der Erregbarkeit begrenzt schließlich die Milchsäureanreicherung bei Arbeitsermüdung, während die contractile Substanz noch tätig sein kann, wie das höhere Maximum der chemischen Starre gegenüber der Reizung beweist. Die hohe Empfindlichkeit des Erresungsprozesses gegen Milchsäure oder H'-Ion geht aus der Analyse des Verhaltens des Muskels bei Tetanus und Einzelzuckungen hervor, worüber schon Mines!) Betrachtungen angestellt hat. Die Erregungs- orte möchte ich in unmittelbarer Nachbarschaft von den Verkürzungs- flächen annehmen. Beim Tetanus werden sie infolge Wegdiffusion der Milchsäure von den Verkürzungsorten überschwemmt; infolgedessen sinkt die Erregbarkeit rasch ab und wir erhalten den. Ermüdungsabfall. Es bedarf nur einer kurzen Pause, um auch unter völlig anaeroben Be- dingungen bei neuer Reizung wieder die ursprüngliche Kontraktions- höhe zu erhalten; die Milchsäure hat sich im Muskel verteilt; ist neu- tralisiert usw., die Erregbarkeit dadurch zunächst wieder hergestellt. Bleibt die Anaerobiose bestehen, so kann jedesmal wieder der Ausgleich der Milchsäure in den Pausen erreicht werden, aber ihr Niveau steigt dauernd und lähmt so schließlich die Erregbarkeit völlig. Das Ver- halten der Erregbarkeit spricht sehr dafür, daß der Ausgleich der Milch- säure wesentlich durch Diffusion erfolgt. Man sieht bei periodischen isometrischen Einzelzuckungen am blausäurevergifteten Muskel im Ver- lauf der Ermüdung, daß bei konstanter Reizstärke die Kontraktion um so höher ausfällt, je größer die Pausen zwischen den Reizen sind, wobei noch eine Differenz bei Pausen von 5 Sekunden und mehr erkennbar ist. !) Journ. of physiol. 46, 1. 1913. 312 O. Meyerhof: Der Einfluß erstreckt sich bei Fortschritt der Ermüdung über immer längere Zeitintervalle. Als so langsamer Prozeß kommt wohl nur der Diffusionsvorgang in Frage. | . Zusammenfassend wäre danach, in dieser natürlich nur hypothe- tischen Betrachtung, die Bedeutung des Restitutionsprozesses in drei Richtungen zu sehen, die alle mit der Wesschaffung der Milchsäure zusammenhängen: 1. Wiederaufbau von energetisch noch nicht aus- senütztem Material zu explosiver Freimachung von Milchsäure bzw. H-Ion an den Verkürzungsorten. 2. Wiederherstellung des Konzentra- 'tionsgefälles für rasche Beseitigung der Milchsäure von den Verkürzungs- orten nach der Kontraktion. 3. Wiederh>rstellung der Erregbarkeit durch Rückführung der sauren Reaktion im Muskel zur Neutralität. Nachtrag während der Drucklegung. Rückverwandlung der Milchsäurein Glykogen während der Erholungsperiode. Der seit Abschluß der Arbeit aufgenommene Vergleich des Kohle- hydratumsatzes mit Bildung und Schwund der Milchsäure ergab eine völlige Bestätigung der in beiden Arbeiten aus den Versuchsdaten gezogenen Schlüsse, und zwar wurde in den Muskeln stets das Glykogen, sowie die Gesamtheit der übrigen zu reduzierbarem Zucker spaltbaren Kohlenhydrate gesondert bestimmt (alles als Glucose nach Bertrand). ‚1. Wenn im intakten Muskel Milchsäure auftritt, so nehmen die Kohlenhydrate in genau demselben Maße ab, und zwar sowohl bei der Reizung wie in der Ruheanaerobiose. Die Änderung betrifft ganz vor- wiegend den Glykogengehalt. Die Voraussetzung, daß die Milchsäure bei der Ruheanaerobiose aus derselben Quelle stammt wie bei der Rei- zung, wird also bestätigt (vgl. Arbeit I, S. 268). 2. Wenn die Milchsäure in der Erholungsperiode im Muskel schwindet, so nehmen die Kohlenhydrateingenaudem Umfange zu, als sich aus der Differenz des Milchsäureschwundes und des Sauerstoff- verbrauchs (Erholungsverbrauch + Ruheverbrauch) berechnet. Wieder betrifft die Änderung ganz vorwiegend das Glykogen. Es findet also eine Glykogensynthese aus Milchsäure statt. Der Glyko- gengehalt ist am Schluß der Erholungsperiode gleich dem vor Be- ginn der Reizung minus dem mit dem Sauerstoffverbrauch äquivalenten Kohlenhydratschwund. 3. In der Ruheatmung schwindet Glykogen ganz oder annähernd (innerhalb der Fehlergenauigkeit) entsprechend dem Sauerstoffver- brauch. | Da die Änderung des Glykogengehalts nur einen Bruchteil der gesamten Glykogenmenge betrifft und diese letztere bei verschiedenen Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 313 Fröschen, zumal in den Frühjahrsmonaten,. schwankend ist, wurden 1. stets nur die linken und rechten Beine desselben Frosches in einem Versuch miteinander verglichen, 2. Milchsäure und Kohlenhydrat in aliquoten Teilen des gleichen Extraktes bestimmt, 3. zur Erhöhung der Ausschläge mit Einzelinduktionsschlägen (indirekt) ermüdet. Ins- besondere das wichtige Resultat Nr. 2 wurde durch eine ganze Reihe . gut übereinstimmender Versuche gestützt. Während in der Erholung bei 14° 0,21—0,26% Milchsäure im Muskel schwinden, nimmt der Kohlenhydratgehalt des Muskels (Glykogen) um 0,10—0,15% zu. Während ich wegen aller sonstigen Versuche und methodischen Einzelheiten auf die später folgende ausführliche Publikation (Nr. III dieser Serie) verweise, sei ein Versuch dieser Art und seine Ausrechnung angegeben. Das Glykogen wurde nach der abgekürzten Methode von Pflüger, die übrigen Kohlenhydrate nach den Angaben von Parnas und Wagner (Biochem. Zeitschr. Bd. 61, S.387. 1914) ebenfalls in vereinfachter Modifikation bestimmt; unter Berücksichtigung von 3% Defizit der Glykogenbestimmung (Nerking) ergeben sich bei der Methode etwa 6—-8% Verlust an Glucose. Dieser Verlust wird zur erhaltenen Enddifferenz des Kohlenhydratgehalts hinzuaddiert. Versuch 1. VI. 1920. Drei kleine Esculenten indirekt 15 Minuten mit Metronom gereizt; von jedem Paar ein Gastrocnemius zur Sauer- stoffmessung; die Beine einer Seite (minus Gastrocnemien) sofort ver- arbeitet (9,8 g), die anderen (mit Gastrocnemien) in feuchter Kammer in Sauerstoffatmosphäre bei 14° 23 Stunden der Erholung überlassen und dann verarbeitet (11,4 9). Es ergibt sich folgende Bilanz in Milligsrammen pro 1g Muskel: _ Vor Erholung Nach Erholung Differenz Glykogen (als Glucose berechnet) 3,37 4,75 +1,38 - Übrige Kohlenhydrate „ u2.0l: 1,66 —0,35 BERNER a} mehr: 5,38 6,41 +1,03 Bilehsaaren 0... 04 2,56 0,44 — 2,12 Sauerstoffversuch: 3 Gastroenemien von 0,658, 0,5g und 0,45 8 geben entsprechend 372 cmm, 249 cemm, 238 emm Erholungssauerstoff bis zur völligen Reversibilität: zusammen 859 cmm O, auf 1,6g. Also pro 18: 0,766 mg O,. Dazu ein stündlicher Ruheverbrauch von 10,2, 8,3, 7,2cmm 0, oder in allen drei Muskeln auf 1 & 16,5 cmm O,; in 23. Stunden 0,54 mg O;: Im Sauerstoffversuch sind pro 1g 2,45 mg Milchsäure mit 0,766 mg Erholungssauerstoff verschwunden; in der feuchten Kammer aber noch 0,44 mg statt 0,1 mg Milchsäure als Endwert zurückgeblieben. Für 2,12 mg Milchsäureschwund sind also nur 0,66 mg Erholungs- sauerstoff verbraucht, dazu 0,54 mg Ruhesauerstoff, insgesamt 1,20 mg Sauerstoff, welche 1,12 mg Milchsäure oder Glucose verbrennen Von 314 O. Meyerhof: den 2,12 mg Milchsäure sind mithin der Rest gleich 1,0 mg anaerob verschwunden. Dafür sind 1,03 + 0,06 (Korrektur) = 1,1 mg Kohlen- hydrat neu gebildet. Durch diese Versuche wird auch die in Kapitel II dieser Arbeit gemachte Annahme bestätigt, daß sämtliche “energetisch in Betracht kommenden Vorgänge der anaeroben Ermüdungsphase in der Resti- tutionsperiode in umgekehrter Richtung verlaufen bis auf die Oxy- | dation eines Teiles der Milchsäure oder ihres Kohlenhydratäquivalents: die chemische Reaktion hierbei ist Glykogen 2 Milchsäure. Auch wird dadurch klargestellt, warum die Forscher (Laquer, Parnas und Wagner) jede Änderung des Gehalts an freier Phosphorsäure im Frosch- muskel während der Ermüdung und Erholung vermissen mußten. Denn in der ersteren schwindet Glykogen und äquivalente Milchsäure tritt auf, im zweiten Fall schwindet Milchsäure und dafür wird Glykogen andererseits Kohlensäure gebildet. Aber diese Bilanzen widersprechen andererseits nicht der Hypothese, daß in beiden Fällen die Umwand- lung über ein: phosphorsäurehaltiges Intermediärprodukt vor sich ginge. Auch der Kohlenhydratumsatz bei der Muskeltätiskeit ist schon von Parnas und seinem Mitarbeiter Wagner (a.a. O.) untersucht worden, aber auch hier erhielten die Forscher in Übereinstimmung mit den späteren Untersuchungen von Parnas andere Resultate: während der Erholung nach tetanischer Ermüdung änderte sich der Kohlenhydratgehalt des Muskels nicht. Dieses negative Ergebnis er- klärt sich jedoch aus der Versuchsanordnung der Autoren. Sie ermüdeten durch direkte tetanische Reizung Froschschenkel von Temporarien bei 6° und bestimmten den Kohlenhydratgehalt der einen Seite sofort, den der anderen Seite nach 6stündigem Aufenthalt in Sauerstoff bei 15°. Es ergaben sich keine Differenzen außerhalb der Fehlersrenze. Milehsäureschwund und Sauerstoffverbrauch wurden nicht bestimmt. Nun könnte hier günstigstenfalls die Kohlenhydratzunahme nur sehr gering sein, da das tetanische Ermüdungsmaximum bei 6° weniger als 0,15% Milchsäure beträgt und bei 15° in 6 Stunden davon etwa die Hälfte schwindet, so daß unter Abrechnung der Oxydation eine Zunahme von 0,04%, Kohlenhydrat zu erwarten wäre. Aber Temporarien erholen sich schon an und für sich mangelhaft und bei direkter Reizung ist die Atmungssteigerung in der Restitutionszeit in der Regel abnorm und nicht reversibel. Natürlich ist eine meßbare Kohlenhydratsynthese nur zu erwarten, wenn sich aus der gleichzeitigen Bestimmung der Milchsäure und des Sauerstoffs ergibt, daß die erstere tatsächlich schwindet und daß der Gesamtsauerstoffverbrauch (Erholung + Ruhe) hinter dem Milchsäureschwund so stark zurückbleibt, daß das Umwand- lungsprodukt der Milchsäure in nachweisbaren Mengen faßbar ist. Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 315 Zusammenfassung. In der vorliegenden Arbeit wird der Zusammenhans von Milchsäure- schwund, Sauerstoffverbrauch und Wärmebilanz in der Erholungs- periode des Muskels untersucht. 1. Im Anschluß an die anaerobe Muskelermüdung durch mdirekte elektrische Reizung ist die Atmung in Sauerstoff für 15—25 Stunden (bei 14°) erheblich gesteigert. Man kann nach Parnas den Mehrver- brauch an Sauerstoff gegenüber dem Ruheumsatz mit der verschwunde- nen Milchsäure in Beziehung setzen. Das Ergebnis dieses Forschers, daß der Mehrverbrauch zur vollständigen Verbrennung der verschwun- denen Milchsäure genau ausreicht, ist jedoch unter regulären Verhält- nissen, die sich in die Energetik der gesamten Muskeltätigkeit wider- spruchslos einfügen, nicht zutreffend. Vielmehr beträgt der Mehrver- brauch dann nur !/,—!/, so viel als die Verbrennung der verschwinden- den Milchsäure erfordert (12 Versuche). Da der respiratorische Quotient gleich eins ist, so dient der Sauerstoff allerdings zur Verbrennung von Milchsäure oder Kohlenhydrat, aber ?2/,—?/, der Milchsäure verschwinden anaerob. Der Erholungssauerstoff ist mit dem Milchsäureschwund fest verkoppelt. Wenn die Atmungssteigerung fast, aber noch nicht ganz beendet ist, ist noch eine minimale Milchsäuremenge über den Ruhe- wert vorhanden, sobald sie aber ganz beendet ist, ist die Milchsäure verschwunden; keiner der beiden Vorgänge zieht sich länger hin als der andere (3 Versuche). Der Sauerstoffmehrverbrauch steht stets an- nähernd im gleichen Verhältnis zur verschwindenden Milchsäuremenge. Wenn man indessen die beiden Gastrocnemien, die gleichzeitig bei der- selben Temperatur ermüdet sind, sich bei zwei verschiedenen Tempera- turen erholen läßt (7,5° und 14°, 14° und 20,5°), so ist in der Regel der Sauerstoffmehrverbrauch bei 7,5° 10—20%, geringer; es ist nicht sicher zu entscheiden, ob hierbei eine sekundäre Komplikation vorliest, aber wahrscheinlicher ist doch, daß dieser Unterschied wirklich das Verhältnis von Milchsäureschwund und Erholungssauerstoff betrifft. 2. Häuft man die Milchsäure im Muskel anaerob in der Ruhe an, so schwindet sie in Sauerstoff ebenfalls unter Atmungssteigerung. Auch ‘jetzt ist der Erholungssauerstoff gleich !/;—!/, der verschwindenden Milchsäure (3 Versuche). Die Milchsäurebildung in der Ruhe kann man als „intramolekulare Atmung“ auffassen; sie stellt im gewissen Sinne einen energetischen Ersatz der Sauerstoffatmung dar, insofern dabei etwa t/, der Wärme der Atmung in der Zeiteinheit gebildet wird, während die Spaltungswärme Glucose > Milchsäure nur etwa !/,, der Oxydations- wärme des Zuckers beträgt. Außerdem ist der Mehrverbrauch an Sauer- stoff in der Erholung etwa gerade so groß, wie die durch die Anaerobiose in Wegfall gekommene Sauerstoffmenge; er wird also „nachgeatmet“. 316 O0. Meyerhof: Die sich in der Anaerobiose anhäufende Milchsäuremenge ist erheblich größer, etwa 3—4mal so groß, als sich bei direktem Übergang Glucose — Milchsäure > Kohlensäure ergeben würde, wenn man den Zerfalls-. prozeß in der Mitte durch Sauerstoffmangel gehemmt denkt; also ist die Milchsäure kein bloßes Intermediärprodukt, vielmehr verhindert der Sauerstoff die 3—4fache Menge Milchsäure am Entstehen. All dies beweist, daß die Ruheatmung mit dem Oxydationsvorgang bei der Muskeltätigkeit identisch ist; beide lassen sich zerlegen in zwei Abschnitte denen wir mit Bezug auf Embdens Nachweis, daß die Milchsäurevor- stufe Hexosediphosphorsäure ist, etwa die Formulierung geben können: I. Hexosediphosphorsäure + 2 Wasser = 2Milchsäure + 2 Phosphorsäure. II. 3 Milchsäure + 2 Phosphorsäure +30, =3C0, + 5 Wasser + 1 Hexosediphosphorsäure. Dabei zeigt sich eine weitgehende Analogie mit der alkoholischen Gä- rung, die uns die Bedeutung des gemeinsamen Konferments und dessen besonders reichliches Vorkommen in der quergestreiften Muskulatur verständlich macht. 3. Mißt man die Wärmebildung der Erholungsperiode im Vergleich zum Sauerstoff, so ist dieselbe gegenüber der für Kohlenhydratverbren- nung berechneten deutlich verringert. Während dabei auf lccm O, 5cal gebildet werden müßten, findet man für viele Stunden während der Er- holungsperiode im Durchschnitt nur etwa 3,5cal. Rechnet man das Gesamtdefizit aus, das während der vollständigen Erholung in Calorien gegenüber dem für Kohlenhydrat berechneten entsteht, so ist dies 0,6 bis 1,1 cal pro 1g Muskel, was innerhalb der Genauigkeit der Versuche gleich (bzw. etwas größer) ist, wie die in der Ermüdungsphase aufgetre- tene Wärme. Dabei beträgt die Gesamtwärmebildung, die auf den. Er- holungsvorgang zu. beziehen ist, gegen 1 cal pro 1g Muskel, während in der Ermüdung bei der entsprechenden Milchsäureanhäufung 0,8 cal ent- stehen. Die Hillsche Feststellung, daß bei der Einzelzuckung die Wärme während der Kontraktion und in der Erholungsphase je etwa 50%, der Gesamtwärme beträgt, wird also für die völlige anaerobe Ermüdung und nachherige Restitution in Sauerstoff bestätigt und gleichzeitig auch der von der Theorie geforderte Zusammenhang verifiziert: Wärme der anaeroben Ermüdung + Wärme der Erholung in Sauerstoff = Gesamt- wärme der Arbeit in Sauerstoff. 4. Die Vorgänge mit negativer Wärmetönung, welche die Wärme- bildung der Kohlenhydratverbrennung während der Erholung verringern, sind teils in dem chemischen Wiederaufbau der Milchsäurevorstufe und teils in der Wiederherstellung der arbeitsfähigen Muskelstruktur zu suchen. Letztere machen etwa !/,, der Verbrennungswärme der Milch- säure aus, während Parnas einen 10 mal so großen Wert annahm, der \ Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. 317 auch physikalisch fast unvorstellbar ist. Die Bedeutung der Restitutions- periode ist wahrscheinlich hauptsächlich zu suchen in der Wegschaffung der Milchsäure, wobei 1. energetisch nicht ausgenutztes Material zur explosiven Freimachung von Milchsäure (H-Ion ?) wieder neu aufgebaut wird, 2. das Konzentrationsgefälle der Milchsäure wieder hergestellt wird, was für den Übergang der an den Verkürzungsflächen gebildeten Säure in die Ermüdungsorte zum Zweck der Erschlaffung notwendig ‚ist, 3. die die Erregbarkeit hemmende Säuerung des Muskels beseitigt wird. Berichtigung zu der Arbeit A. Fleisch: Enthält der Arterienpuls eine aktive Komponente? (Arch. f. d. ges. Physiol. 180, 138. 1920.) Die Abbildungen 3 und 4 wurden beim Drucke schräg gesetzt. Um richtig zu liegen, müssen diese beiden Abbildungen im Sinne des Uhr- zeigers so weit gedreht werden, daß der Anfangs- und der Endpunkt der Kurve auf die gleiche Horizontale zu liegen kommen. Autorenverzeichnis. Abderhalden, Emil. Weitere Bei- träge zur Kenntnis von organischen Nahrungsstoffen mit spezifischer Wir- kung. II. Mitteilung. S. 133. — — und Ernst Gellhorn. Studien über die von einzelnen Organen her- vorgebrachten Stoffe mit spezifischer Wirkung. 8.28. Bikelesr, Prof. Dr. G., und Dr. L. Zbyszewski. Über den Einfluß der Reizung des Gehirnes (Oblongata) mit- tels Wechselströme auf das herzhem- mende und vasomotorische Zentrum sowie auf die Atmung. S. 157. Bikelesy, Prof.Dr. G., Versuche über die Wirkung der an der lumbo-sakra- len Gegend der Wirbelsäule applizier- ten Wechselströme. S. 173 u. S. 175. Bircher, Max Edwin. Die Bezie- hung zwischen der Viscosität des Blutes und dessen Gehalt an Blut- körperchen und gelöstem Eiweiß. 8.1. Gellhorn, Ernst siehe Emil Abder- halden und Ernst Gellhorn Hecht, Paul. Automatie und Toten- starre am Magen des Frosches. S. 178. Höber, Rudolf. Zur Analyse der Caleiumwirkung. S. 104. Kupelwieser, Dr. Ernst. Beitrag zur Physiologie des venösen Vor- herzens (Sinus und Hohlvenen) der Ringelnatter. S. 50. Mangold, Ernst. Über den feine- ren -Mechanismus der Totenstarre und die Erregbarkeit des totenstarren Muskels. S. 205. ; Meyerhof, Otto. Die Energieum- wandlungen im Muskel. I. Über die Beziehung der Milchsäure zur Wärme- bildung und Arbeitsleistung des Mus- kels in der Anaerobiose. S. 232. — — Über die Energieumwandlungen im Muskel. II. Das Schicksal der Milchsäure in der Erholungsperiode des Muskels. S. 284. Pohle, Ernst. Der Einfluß des Ner- vensystems auf die Osmoregulation der Amphibien. S. 215. Rohde, Karl. Zur Physiologie der Aufnahme und Ausscheidung saurer und basischer Farbsalze durch die Nieren. S. 114. Wiechmann, Dr. Ernst. Zur Theorie der Magnesiumnarkose. 8.74: Zbyszewski, L. siehe Prof. Dr. Bikeles und Dr. L: Zbyszewski. WEM, Ro 7 re DE BI EN AREN: NER. ® - Serials SE 05763 DW ER EN ir It yeS BER EEE DEE E00: a er rn ee —# Tan, 44 rast » AN #4 in". ‚a0 Cr 11% © Nr . 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