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i Form No. 513

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PHILOLOGISCHER

ANZEIGER.

p#3

ALS ERGÄNZUNG - I

PHILOLOGUS

HERAUSGEGEBEN

VON

ERNST von LEUTSCH.

VIERZEHNTER BAND.

1884.

GOTTINGEN

VERLAG DER DIETERICHSCHEN BUCHHANDLUNG. 1884.

Nr. 1. Januar 1884.

Philologischer Anzeiger.

Herausgegeben als ergänzung des Philologus

Ernst von Leutseli.

1. Taylor, Isaac, the Alphabet, an account of the origin and development of letters. vol. 1. 2. London 1883.

Es giebt bücher, wie z. b. das vorliegende, die eigentlich kein einziger recensiren kann ; das sind dann aber meistens auch solche, die ein einzelner nicht schreiben kann ; und wenn er sie doch schreibt, so muß er sich eigens eine reihe von kenntnissen zu erwerben suchen , die nicht allzu lange haften , so daß der verf. später oft in die läge kommt , sich aus seinem buche un- terrichten zu müssen. Wenn nun aber eine derartige arbeit nothwendig ist, so müssen wir natürlich demjenigen dank wissen, der sich ihr unterzieht. Wir glauben es dem verf. gern, wenn er uns in den einleitenden worten versichert, daß sein buch die arbeit vieler jähre erfordert habe ; schon eine einfache inhalts- übersicht zeigt wie vielseitig und verschiedenartig die vorbe- reitenden Studien sein mußten. ' In der einleitung dieses hübsch ausgestatteten werkes bespricht er den unterschied zwischen al- phabetarischer und nicht-alphabetarischer schritt, von ideogramm und phonogramm , dann die bilderschrift der wilden , das chine- sische, japanesische, nebst keilschrift und hieroglyphen. Der zweite abschnitt ist de Eouge's hypothese gewidmet, daß die phoenicische schrift und also indirect auch die griechische aus dem aegyptischen stamme ; der verf. sucht dieselbe gegen de La- garde's zweifei sicher zu stellen. Alles dieses durfte sicher in der einleitung erwähnt werden , aber sicher nicht in der breite und ausführlichkeit ; es ist doch ein unterschied , ob einer über die schrift oder über das aiphabet schreibt. Die chinesische, japanesische schrift;, ferner die später zu erwähnende Philol. Anz. XIV. 1

2 1. Palaeographie. Nr. I.

syllabare schrift der Cyprioten u. s. w. gehörten gar nicht in ein werk über das aiphabet und selbst die hieroglyphen nur soweit sie die grundlage für das phoenicische aiphabet abgegeben haben. Die cryptographischen alphabete dagegen, die wirklich hier- her gehören, werden gar nicht erwähnt. Im dritten abschnitte (1, p. 158) kommt der verf. dann zu seinem eigentlichen thema, namen, bedeutung und anordnung der buchstaben. Dann folgen in drei weiteren abschnitten die verschiedenen arten der phoe- nicischen , aramaeischen und südsemitischen alphabete.

Den zweiten band (Aryan alphabets) eröffnet natürlich das griechische aiphabet, mit den alphabeten griechischen Ursprungs d. h. die italische und speciell die lateinische schrift. Merkwür- diger weise werden auch die griechischen uncialen und minuskeln (damit meint der verf. die palaeographie) nicht zu den Greeh Alpha- bets sondern zu den Alphabets of Hellenic Origin gerechnet ! Den beschluß dieses abschnittes bilden dann das koptische, slavische, albanische , die runen und die Oghams. In den beiden schluß- kapiteln springt der verf. wieder zu der linksläufigen schrift zurück, die direct aus der semitischen abgeleitet werden muß; man sieht daraus , daß seine eintheilung keine graphische ist sondern eine ethnographische. Bei einer graphischen eintheilung wie sie der gegenständ erforderte, mußte das X. kapitel indische alphabete direct mit den südsemitischen verbunden werden, daran hätte sich dann das IX. kapitei iranische alphabete anschließen können. Ein epilog (kap. XI) den man auch als einleitung benutzen kann schließt das ganze.

Indem wir den ersten theil den Orientalisten und linguisten zur beurtheilung überlassen, beschränken wir uns hier auf die- jenigen partien, die aus dem rahmen dieser Zeitschrift nicht her- austreten ; hier scheinen die Studien des verf. nicht ausgereicht zu haben. Was nun zuerst die geschichte des griechischen al- phabets betrifft, so ist es für die ersten abschnitte verhängnißvoll geworden, daß der verf. sich auf das Corpus inscript. graecarum beruft und die damals schon seit einem jähre erschienenen In- scriptiones graecarum antiquissimae nicht kennt. - So groß auch die Verdienste waren, die Böckh sich damals durch bearbeitung und herausgäbe des ersten bandes erwarb , so wird heutzutage kein verständiger mehr leugnen, daß gerade die älteren und äl- testen inschriften, bei denen die wiedergäbe der buchstabenformen

Nr. 1. 1. Palaeographie. 3

von so großer Wichtigkeit sind , für graphische Untersuchungen mehr oder weniger unbrauchbar sind, theils wegen der mangeln- den autopsie der herausgeber, theils wegen der ungenügenden wie- dergäbe in typen oder f'acsimile. Wo der verf. sich also nicht aus- drücklich auf neuere zuverlässige piiblicationen, wie z. b. die von der Palaeographical Society beruft, da sind seine angaben und fol- gerungen in dem kapitel the Cadmean aiphabet mit großer vorsieht aufzunehmen. Ueberhaupt ist der ganze begriff einer cadmeischen schrift, der in Deutschland längst aufgegeben wurde, so unglück- lich wie möglich, namentlich im munde eines verf, der den Cadmus nicht für eine historische sondern mythische persönlichkeit hält. In demselben kapitel zeigt sich recht deutlich, wie der verf, sich manchmal durch zufällige äußerlichkeiten leiten läßt, wenn er z. b. (p. 43 u. 107 A.) das corinthische ß J-1 direct aus dem hieratischen anleiten will ; einmal ist die ähnlichkeit gar nicht so groß , da das hieratische zeichen vielmehr ungefähr der Ver- bindung eines nach links unten und eines nach rechts oben sich öffnenden spitzen winkeis entspricht; ferner aber würde dadurch das prineip vollständig durchbrochen, nach welchem das griechische nur durch vermittelung des phoenizischen mit dem aegyptischen zu- sammenhängt ; jenes corinthische ß geht vielmehr auf die gewöhn- liche griechische grundform zurück, nur daß der untere theil des buchstabens nach links gewendet wurde; was nothwendig wurde, weil die Corinther das spitzwinklige bereits für E brauchten und Verwechselungen zwischen B und E natürlich vermieden werden mußten. Kirchhoffs auffassung (Studien p. 90) wird durch derartige dilettantische versuche nicht im mindesten er- schüttert ; ebensowenig wie in der frage nach dem alter der äl- testen inschriften. So vorsichtig wie möglich hatte Kirchhoff in seinen grundlegenden Studien die schwierige frage erörtert und festgestellt , daß sichere spuren nicht weiter als bis ol. 40 d. h. bis ungefähr zum jähr 620 v. Chr. zurückführen. Der beweis, daß die inschriften von Thera u.s.w. mehrere Jahrhunderte älter sein müßten und mit Taylor in das zehnte Jahrhundert v. Chr. zu setzen seien, würde sicherlich von verschiedenen seiten mit freuden begrüßt werden ; allein von einem beweise findet man bei Taylor (2, 40 41) auch keine spur. Der eigentliche sinn dieser un- motivirten polemik wird erst später klar bei der behandlung der inschriftähnlichen zeichen, die Schliemann in Troja ausge-

1*

4 I. Palaeographie. Nr. I.

graben ; diese sind jetzt nicht mein' chinesisch , sondern nach Sayce cypriotisch , also hat man in homerischer zeit bereits ge- schrieben und die schrift muß älter sein als man gewöhnlich annimmt. Es braucht hier nicht ausgeführt zu werden, wie an- fechtbar die praemissen sind, aus denen solche Schlüsse gezogen werden. In betreff der inschriften von Abu Simbel stellt der verf. sich auf Kirchhoffs seite, wenn er p. 44 sagt: The Abu Simbel record written at ihe end of the 7 th Century , affords the first ab So- lu tely firm standing ground. So könnte der verf. nicht sprechen, wenn er die- von ihm 2, p. 9 citirte abhandlung von Wiedemann (Rhein, mus. 1880, p. 364) wirklich gelesen hätte; der, ebenso wie Abel (Wiener Studien 1881, 161 184), die inschriften auf Psammetich II bezieht, und also dem 6. Jahrhundert zuweist.

Bei der Lygdamisinschrift Inscr. gr. antiq. 500 war der aufsatz von Rühl im Philologus 41, p. 54 zu erwähnen, dessen resultat , wenn es richtig wäre , auch die datirung der inschrift selbst beeinflussen würde.

2, p. 64 wird Kirchhoffs Classification der griechischen al- phabete ohne grund aufgegeben, um deren 7 geographische grup- pen an die stelle zu setzen.

Den beschluß der griechischen schrift macht das cypriotische, das , wie gesagt , überhaupt in einem buche über die alphabete keinen platz hätte erhalten dürfen. Ob das cypriotische mit den neu entdeckten hittitischen inschriften verwandt ist, wird sich vielleicht später entscheiden lassen, wenn wir mehr vom hittiti- schen wissen ; wenn nicht mehr ähnlichkeiten vorhanden sind als die 2, p. 123 zusammengestellten, so ist es nicht gerade wahr- scheinlich. — Die kurze cypriotische inschrift 'Etsavdoov tov Ildcpov ßaaiXicog (2, p. 114) zeigt in den formen mehrere starke abweichungen von der originalpublication bei Cesnola, Cypern (deutsch von L. Stern) p. 265.

Wenn wir nun zu den italischen alphabeten übergehen, so ist es zunächst zu bedauern, daß der verf. die linksläufigen und furchenförmigen inschriften gar nicht kennt ; was sich um so weniger entschuldigen läßt, als doch auch die Duenosinschrift schon im jähre 1880 gefunden wurde. Auf die italischen Zahl- zeichen und ihr verhältniß zum alphabet kommt der verf. zwei- mal zu sprechen, 1, p. 6 7 A. und 2, p. 139, um an beiden stellen gegen Ritschi und Mommsen, denen er sich im übrigen

Nr. 1 . 1 . Palaeographie. 5

anschließt, zu polemisiren wegen der herleitung des lateinischen X, das er nicht von ® herleiten will ; 2, p. 139 there is no valid reason why it should not he identified with EB. Es giebt aber allerdings einen triftigen grund , den der verf. übersehen hat, nemlich den, daß dieser buchstabe im dorisch-chalcidischen aiphabet überhaupt fehlt und Mommsen sowohl wie Ritschi ha- ben mit vollem recht darauf verzichtet, dieses aiphabet durch beliebige andere zu ergänzen. Das X wird dann halbirt, um die hälfte d. h. 5 zu bezeichnen ; die Etrusker verwendeten die untere hälfte A , die Römer dagegen die obere V . Gänzlich überflüssig sind daher die phantasien des verf. 1 , p. 7 A : The Etmscan 5 is A , apparently an ideogramm of the hand like tlie Roman f\ ; while | and >, which stand for 1 and 1 seem to represent respectively the forefinger and the forefinger partly doubled down.

Auf eine reihe von einzelnheiten einzugehen, die theils man- gelhaft, theils fehlerhaft sind, verbietet hier der platz ; ich greife nur noch einiges wenige heraus. 2, p. 182 A. wird als sicher hingestellt, daß die alten bereits Stempel mit beweglichen typen gehabt hatten. Sicher ist die sache keineswegs. Dumont hat es allerdings behauptet, während A. Geffroy die frage unentschie- den läßt, und ebenso W. Hartel, der zuletzt darüber gesprochen hat, Zeitschr. f. oest. gymnas. 1879, p. 446-7. Wie die sache jetzt liegt, so sind die unanfechtbaren beweise, welche für diese wunderbare thatsache nothwendig wären, noch keineswegs geliefert.

Hinter dem griechischen und lateinischen werden auch die abgeleiteten alphabete behandelt, u. a. auch die runen, die nicht lateinischen sondern griechischen ursjmmgs sein sollen (2, p. 214 16). Da ich des verf. buch Greehs and Goths, a study on the Runes nicht kenne, in dem derselbe diese auffallende these begrün- det, so können wir diese frage hier auf sich beruhen lassen.

Umgekehrt wird auf der anderen seite beim armenisch- georgischen aiphabet der griechische Ursprung geleugnet, den ich früher einmal in einem kleinen aufsatze in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen gesellschaft 30, p. 74—80 zu erweisen bemüht war. Ich könnte daher schließen mit einer oratio pro domo. Allein ich widerstehe dieser Versuchung um so leichter, als der verf. 2, p. 279 A. einfach behauptet, meine gründe bedürften gar keiner ernstlichen Widerlegung. Eine wirk- liche vertheidigung kann ich mir also ersparen, bis ein wirklicher

6 2. Epigraphik. Nr. 1.

angriff erfolgt ist. Taylor will beide alphabete aus dem indo-bactrischen ableiten und erlaubt sich eine reibe von gewalt- samkeiten, um diese älmlichkeit fertig zu bringen , die meistens aber nur den erfolg haben, daß, wenn die ähnlichkeit auf der einen seite hergestellt ist, der unterschied auf der andern seite um so stärker hervortritt. Diese gewaltsamkeiten bestehen nicht nur darin, daß er das armenisch-georgische des 9. mit dem indo- bactrischen des 3. Jahrhunderts vergleicht, sondern auch darin, daß er die rechtsläufige schrift der Armenier und Georgier ein- fach nach links wendet , und die buchstaben , deren platz doch durch ihren zahlenwerth gegeben ist, ganz willkürlich neu ord- net, Mit solchen mittein läßt sich alles beweisen! Vorsicht war hier um so mehr geboten , da ein gewisser grundstock von ähnlichkeiten ja auf beiden seiten zugegeben werden muß. Freund und feind sind darin einig, daß das armenisch-georgische aipha- bet in letzter instanz vom semitischen abzuleiten ist; nur das ist streitig, ob direct oder indirect, Die einzige methode also, welche hier zu sicheren resultaten führen kann , ist die , zu un- tersuchen, wie die Armenier und Georgier sich zu den reformen stellen, welche die Griechen mit dem ursprünglich semitischen aiphabet vorgenommen haben. Ich hatte demgemäß a. a. o. p. 75 in der ersten columne die reformen der Griechen aufgezählt, um dann in der zweiten columne unmittelbar daneben zu zeigen, daß die Armenier und Georgier in allen diesen punkten von den Griechen abhängig sind. Ferner hatte ich mich auf das aus- drückliche zeugniß des Moses von Chorene berufen, der ausdrück- lich berichtet, daß der heilige Mesrop „die armenischen charac- tere nach dem muster der griechischen Schriftbezeichnung formte", wie es bei einem geistlichen der griechischen kirche überhaupt nicht anders zu erwarten war. Gestützt auf diese gründe , die doch wenigstens einer Widerlegung werth sind, hatte ich die von den französischen benedictinern und von Lepsius vertretene an- sieht vertheidigt, daß die Armenier und Georgier ihr aiphabet von den Griechen erhalten haben. V. Gardihausen.

2. A. C. Merriam: the Greek and Latin inscriptions on the Obelisk-crab in the Metropolitan Museum. New York, Harper and Brothers. N. Y. 1883. 49 p. VIII.

An dieser vortrefflichen und wichtigen publication der bei-

Nr. 1. 2. Epigraphik. 7

den Inschriften, die sich auf der scheere eines der jetzt im mu- seum zu New York aufbewahrten broncekrebse fanden, die man bei Untersuchung der basis des in Alexandrien aufrecht stehen- den obeliskes entdeckte, ist nur eine etwas zu große breite der darstellung auszusetzen. Der verf. weiht uns ganz unnöthiger weise nicht nur in den gang seiner Untersuchung ein, sondern wir erfahren auch, wie oft er das original besehen hat, wie er auf der bibliothek nach manchen misgriffen endlich ein gewünschtes buch erhielt, und dgl. dinge, die für Merriam sehr interessant sein mögen, für seine leser es aber keineswegs sind, und zwar ins- besondere deshalb, weil allen misglückten versuchen und vermu- thungen schließlich durch ein so einfaches und naheliegendes mittel wie die gründliche reinigung der bronce ein ende gemacht wurde. Nach dieser stellt sich gegenüber anderen unrichtigen publi- cationen die zweifellos richtige lesung folgendermaßen :

L IH KAISAP % iU A N.O.i ~Wl CAESARIS

BAPBAPO$ ANE0HKE BAEBARVS PRAEF

APXITEKTGNOrNTO:£ -V AEGYrTD x) POSVIT/

ÜONTIOr ARCHITECTAXTEPOKTIO

Danach sind die publicationen von Lumbroso , Bulletino deirinstituto 1878 p. 54, und Mommsen , Ephemeris epigr. IV, p. 27, zu berichtigen, die beide auf eine flüchtige und unrichtige copie von Nerutsos zurückgehen. Die folgerungen, welche beide gelehrte an das falsch gelesene datum (L H, anno VIII) über die praefectur des P. Rubrius Barbaras (so heißt derselbe mit vollem namen nach einer inschrift von 'Monte Cassino C. I. L. X no. 5169 (Inscr. R. Neap. 4229) vgl. die gleich folgende inschr.) gezogen haben, fallen mit dessen richtigstellung. Die inschrift datirt von demselben jähre, wie jene von Wescher und Mariette- Bey auf der insel Philä entdeckte : AvToy.odioQi. xalaugi- ge- [jugkö Gcorrjoi xa\ tvsQjtzrj L IH in} Tlonliov Poßgtov BaoßctQOV (Bullet, dell'instit. 1866, p. 44 ff.). P. Rubrius war präfect von Aegyj)ten in den jähren 13/12 v. Chr., da diese inschrift nach der mit der eroberung Alexandriens (1. Aug. 30) anhebenden

1) Es ist eine sehr ansprechende vermuthung des verf., daß diese merkwürdige Schreibung von Aegypti durch ein versehen des Griechen entstand, der die inschrift verfertigte und erst AirYPTUT schrieb (p. 26) ; dafür spricht auch die verhältnismäßige Schönheit des grie- chischen textes im vergleich zu der Ungeschicklichkeit mit der die lateinischen buchstaben gemacht sind.

8 3. Thukydides. Nr. 1.

aera datirt ist (Dio Cass. LI, 19). Da der monatstag nicht an- gegeben ist, so muß man mit rücksicht auf den ägyptischen neujahrstag beide jähre 13 und 12 als zulässig betrachten.

Merriams monographie enthält außer diesen richtigstellun- gen eine anzahl von excursen zu den inschriften, die theilweise bekanntes enthalten, so das über die bedeutung von L auf in- schriften und münzen, über KAICAR = Augustus bemerkte, theils aber bemerkenswerthes , wie die Untersuchungen über die Eubrier und das über die ägyptischen präfecturen gesagte. Der tadel gegen Mommsen und Lumbroso ist nicht ganz berechtigt, da ihnen die einsieht in das original nicht möglich war und sie von der abschrift Nerutsos auszugehen hatten. Daß die in Lon- don an dem obelisk angebrachten inschriften nun auch falsch sind , ist amüsant , rechtfertigt aber die auszüge aus der Times auf drei selten einer wissenschaftlichen abhandlung denn doch keineswegs. Der architekt Pontius ist von Lumbroso mit recht identificirt mit dem HONTIOC A0HNAIOS einer fontainen-in- schrift aus den gärten des Mäcenas, und nachdem nun seine thätigkeit an dem alexandrinischen obelisken für das jähr 13/12 feststeht , wird man Merriams vermuthung theilen können , daß er 10/9 v. Chr. mit der atifstellung der beiden für Rom be- stimmten obelisken betraut wurde und so in die hauptstadt ge- langte, wo ihn dann Mäcenas beschäftigte. Adolf Bauer.

3. A. Fokke: Rettungen des Alkibiades. Erster theil: die sicilische expedition. Emden, Haynel, 1883. 8.

In Alkibiades und Sokrates, ist des verf. meinung, läuft das griechische leben als in seinen höchsten spitzen aus. „Beide, der eine der träger einer neuen ethik und gottesanschauung, der andere mit seinen ideen vom Staate , ragen weit über die engen schranken der sie umgebenden weit hinaus, und wie der philo- soph an die pforten des christenthums, so pocht der politiker an diejenigen des modernen Staates". Nicht ein so niedriges ziel habe sich Alkibiades gesteckt, als das abgetragene diadem der Pisistratiden war. Ueber Hellas zu herrschen, das sei in Wahr- heit das, wonach Alkibiades trachtete, aber über ein zuvor durch ihn aus korinthisch - thebanischem particularismus heraus- und durch die freien institutionen seiner Vaterstadt über den athe- nisch-spartanischen dualismus hinausgehobenes Hellas ; nicht über

Nr. 1. 3. Thukydides. 9

ein durch tyrannenherrschaft geknechtetes, sondern über ein freies und geeinigtes Hellas, das nun nicht mehr in arger Verblendung sich selbst zerfleischt ; und endlich über ein starkes Hellas, wel- ches nach langer zeit mit aller aussieht auf erfolg das schwert wieder in die band nimmt , um mit dem alten feinde abzurech- nen, der niemals aufgehört hat, seine ansprüche zu erheben und bei der ersten gelegenheit anstalten machen wird, den freien hel- lenischen geist unter persischer barbarei zu ersticken. Aber wo- her weiß der verf. von dieser politik seines hehlen ? „Alkibiades ist deshalb", sagt er, „eine der tragischsten gestalten der Welt- geschichte, weil er in das grab sank, ohne daß die mitweit sein gewaltiges ringen hat erkennen können. . . . Die größten gei- ster seiner nation haben ihm nahe gestanden , aber obgleich So- krates , Plato , Aristophanes die Übermacht seines geistes aner- kennen, so haben sie doch nicht zu erfahren vermocht, wo die- selbe hinaus wollte. Der objektivste historiker suche ihm gerecht zu werden, doch seine ganze große erkenne auch er nicht". Also noch einmal , woher ist denn dem verf. die künde gekommen ? Schriftliche Zeugnisse aus dem alterthum fehlen freilich, aber der kaiser Hadrian habe auf dem grabhügel des großen Atheners zu Melissa dessen bildsäule aus parischem marmor aufstellen lassen und seine manen durch ein jährliches opfer zu ehren ge- boten. Aus welchem gründe anders , fragt er , als weil dieser kaiser des staatenbildenden und staatenregierenden Volkes in Alkibiades die kongenialität mit dem geiste des eignen volkes erkannt und in ihm den mann entdeckt hat, der die reihe jener Staatsmänner und feldherrn schließt, welche von Solon bis zum Perikles die herrschaft des kleinen Athen weit über die grenzen von Attika ausdehnten, und dem nun die aufgäbe gestellt wird, zu welcher die thaten jener die Vorbereitung waren, . . . Athen in Griechenland zu dem zu machen, was in Italien Eom gewe- sen war. Die schlichte notiz, was Hadrian in Melissa dem Al- kibiades zu ehren angeordnet, bekommen wir vom Athenäus XIII, 575, die geheimen gedanken alle, die der kaiser dabei gehabt, kennt der verf. aus irgend einer besonderen gunst und verfehlt nicht, sie uns in beredter ausführung mitzutheilen.

Auf dem wege dieser politik des Alkibiades nun, die nicht etwa eine pisistratische tyrannis , sondern eine alkibiadeische ,,monarchie" Athens über das gesammte Hellas zum letzten ziele

10 3. Thukydides. Nr. 1.

hat, ist die sicilische expedition so zu sagen die erste etappe. Mit dieser zunächst hat es die vorliegende abhandlung zu thun, von den vier rettungen, die beabsichtigt werden, die erste. Die Athener seien nur einem naturnothwendigen zuge gefolgt, wenn sie darauf ausgingen, die insel zu erobern. In den Verhand- lungen mit Kerkyra stelle sich das erste moment dar, ihre ab- sichten auf festere basierung ihres handeis , in dem sicilischen kriege von 427 424 neben jenen die besiegung der Pelopon- nesier durch Zerstörung ihrer wichtigsten Verbindung , während in der letzten expedition alle momente vereinigt sind, mit dem materiellen des handeis die realen der politik und mit beiden wiederum die idealen des großen Staatsmannes, der weiter blickt als seine Zeitgenossen und, alle regungen des lebens seines Vol- kes verstehend und ihnen die ziele gebend, für Athen und Hellas die zukunft offen hält. Wenn aber dem so ist, worauf stützt sich denn, fragt der verf., das harte urtheil , das die modernen geschichtschreiber, ein Grote, Hertzberg, Curtius über die politik des Alkibiades fällen? Auf des Thukydides zeugniß, antwortet er, gewiß nicht, denn dieser historiker werfe in der angegebenen richtung nicht etwa eine schuld auf Alkibiades, sondern klage ausdrücklich diejenigen Athener an, welche aus furcht vor der beabsichtigten tyrannis jenen staaatsmann aus dem Staate ver- wiesen hätten. Und ebenso wenig wüßte er einen andern Schrift- steller der alten, auf den man sich nach dieser seite hin berufen könnte. Wenn das zeugniß und das urtheil des Thukydides hier maßgebend ist, wie es doch billig sein sollte, so steht es schlimm um diese rettung. Von den zwei stellen, die in betracht kommen, hat der verf. selbst die eine angeführt, £ 15, 11 (z. nach Bekker) : ottsq xeti aadsllsv vgti-qqv rrjf räv '^4&f]valcov nöhv ol% rjxiota. Was ist aber der inhalt dieses ottsq? Nichts anderes als daß Alkibiades , der schon bei allen durch seine maßlosigkeiten im verdacht der tyrannis stand, die sicilische expedition betrieb, um durch sie als ihr glücklicher fiihrer ta l8ia iQrnxaai ts xai 86b] cocpslrjoeir. Also aus eigennützigen ab- sichten trieb er die Athener zu dem zuge, und hat so durch dies unternehmen seine Vaterstadt zu gründe gerichtet. Wie es mittelbar dazu gekommen ist, sagen die folgenden worte, die freilich erst noch der erklärung bedürfen, z. 17 20: xctl 8>j- fioaia XQÜziara 8ia&dvta ra zov nolsfiov i8ia exaatoi toig eiti-

Nr. 1. 3. Thukydides. 11

tt]8evfjtaatv avrov d^&ecsdepzsg xal älloig stntgsxpavTsg ov 8ia paxQOV sacfrjlav z?jv tio'kiv. diadivti, was grammatisch unmög- lich ist, giebt nur eine schlechte pariser hdschr., die andern und unter ihnen also alle besten haben dia&svra. Daß der scho- liast zu Aal dlloig inirgtxpavzeg mißverständlich sich denkt: tot zot TJolipLOv, ist schon darum klar, weil das kommando bei den- selben männern verbleibt , die es vorher schon mitführten. Zu dlloig sni7Q¥\pavTi:g gehört das folgende rtjv noXiv, und soq:?])av ist auch zum vorausgehenden Öiadfvza heraufzunehmen , ganz wie das in solchen fällen bei Thukydides die gewohnheit ist. Die worte heißen also : „und obgleich er den krieg aufs beste führte, haben sie, indem ein jeder für sich im besonderen an seinem gebahren anstoß nahmen, durch ihre öffentlichen beschlüsse ihn zu fall gebracht und in bälde den staat, indem sie diesen andern anvertrauten". Es ist das also hier dasselbe urtheil des Schriftstellers, wie es schon ß 65, 24 ff. zu lesen war. Nach Pe- rikles tode war auch Alkibiades unter den volksführern einer der iGoi Tigog dXXtjXovg , und indem sie ein jeder strebten der erste zu sein, haben sie solche dinge unternommen, chv rillet re nolld . . . rjviaQ7t'j&i] , neu 6 ig JZ/xsliav nlovg. Also gefehlt wurde schon dadurch , daß man nach Sicilien zog , wenn auch der Schriftsteller, um dem Alkibiades gerecht zu werden, hinzu- setzt: hg ov Toaoinov yvcofxrjg auvQT?ji.ta r\v nqhg ovg snijsaav, oaov oi ix7TBii,xpav7eg ov tu noöccpooa zotg oliopitvoig miyiyvcß- axoiTsg xzl. , daß diese Unternehmung nicht in dem maße ein fehler im plane war, wie durch die hinterher gefaßten beschlüsse. Aber wiederum auch diese nachfolgenden beschlüsse kommen auf des Alkibiades rechnung, der sie durch den verdacht seiner tyrannis zu wege gebracht hat, Thukydides urtheilt also hier an beiden stellen im sinne der politik des Perikles, wie er diese ß 65 Arorher dargelegt hat und mit den worten abschließt, z. 10 zw.: zoaovzov zw IlsQiy.lai insQi'aasvae zoze aqp' <hv avzovg ttqo- syvco xai navv av gaSicog TzsQiysvsa&ai zmv nelonotvijaicop av- räv zw nolifxcp. Aber freilich unser verf. weiß es anders und er weiß mehr. Perikles selbst, sagt er, hätte bei längerem leben nach dem lauf der dinge seine politik nach außen wie im innern geändert, oder, wenn er dazu in sich keine neigung verspürte, das lieft der Staatsleitung in andere hände abgegeben, nach außen, um gegen den feind neue kriegsmittel zu gewinnen , im innern,

12 4. Aristoteles. Nr. 1.

um die safte des Staatslebens nicht stockig und faul werden zu lassen ; von der defensive mußte zur offensive übergegangen wer- den. Mit bloßen allgemeinen betrachtungen aber , wie es diese sind, ist ein Thukydides, ist ein Perikles nicht widerlegt. Der peloponnesische krieg war auch bisher von den Athenern nicht bloß defensiv, er war auch offensiv geführt. An den küsten rings um den Peloponnes hatten sie schon ihre festen acpog/xai eingenommen, Pylos, Kythere, Minoa, Methone, und von da sollte es dann rw nt£,cp äpa ex yrjg icpog/xaig ins innere gehen und so dem gegner die kehle zugepreßt und der athem benommen wer- den. Aber Alkibiades trieb nach Sicilien und hat gerade da- durch erst sich und dann mit sich durch seinen stürz auch den staat dem verderben zugeführt.

Von den drei folgenden rettungen sollen sich die beiden letzten die eine mit Alkibiades nach seiner Wiedereinsetzung, die andere mit seinem verhältniß zu Sokrates beschäftigen. Ich wüßte nicht, was da gerettet zu werden braucht. Nach seiner wiedereinsetzuug ist Alkibiades der herkulische ringer und held, der aller ganze und unsterbliche bewunderung hat, und das ver- hältniß des Alkibiades und Sokrates zu einander ist so rein und lauter, daß es nicht bloß diese beiden männer mit neuer ehre umstrahlt, sondern überhaupt zeigt, wie solcher freundschaftsbund zwischen alt nnd jung seine weihe haben konnte. Die zweite rettung aber, die in aussieht gestellt wird, des Alkibiades über- tritt zu Sparta, scheint der art, daß man sie, meine ich, nicht unternehmen darf, so lange Vaterland und moral nicht leere namen sind. L. Herbst.

4. Quae ratio inter vetustam Aristotelis Rhetoricorum trans- lationem et Graecos Codices intercedat. Dissertatio inauguralis, quam ad summos in philosophia honores ab amplissimo philoso- phorum ordine universitatis Wirceburgensis rite capessendos scri- psit Leonardus Dittmeyer. Monachii MDCCCLXXXIII. 68 p. gr. 8.

Lange glaubte man, daß die Aristotelische rhetorik ledig- lich in zwei stammen überliefert sei, dem ältesten und zweifels- ohne weitaus besten codex Ac (Paris. 1741) und der gesammt- heit der übrigen handschriften , und daß der text ausschließlich aus Ac herzustellen sei, so weit das hier dargebotene nur irgend-

Nr. I. 4. Aristoteles. 13

wie logisch und grammatisch möglich erscheint und nicht lttcken aus der anderen familie auszufüllen sind. Auf die äußerste spitze getrieben ist dieser grundsatz in Spengels ausgäbe. Ob freilich nicht mancher bloße Schreibfehler des codex oder seiner vorläge dadurch hier das bürgerrecht erhalten hatte, durfte von vorn herein bedenklich erscheinen; noch bedenklicher war es, daß die mittelalterliche lateinische Übersetzung zwar häufig mit Ac, aber doch auch mindestens nicht seltener mit den vulgathandschriften übereinstimmt, aber man beruhigte sich bei Spengels wahrschein- lich klingender erklärung, daß dieselbe aus einem mit Ac ver- wandten, aber nach einem exemplar der anderen familie corrigir- ten codex geflossen sei. Mit dieser annähme hatte es jedoch ein ende, als Vahlen (Ehein. mus. XXII, 1867, p. 102 f.) darauf hinwies, daß die vetusta translatio außerdem noch eine reihe ihr eigeuthümlicher , vielfach höchst beachtenswerther lesarten aufzu- weisen hat, und daß sich dieselben zum theil auch in Ac von der nur im ersten buch erscheinenden hand des ältesten correctors beigeschrieben finden. Den unabweisüchen schluß hieraus , daß die alte Übersetzung einen dritten und keineswegs werthlosen stamm der Überlieferung darstellt, sprach Vahlen wenigstens so ausdrücklich noch nicht aus ; jetzt aber ist die richtigkeit des- selben durch Dittmeyers sorgfältige und verständige arbeit über allen zweifei erhoben worden. Spengel benutzte für seine aus- gäbe dieser alten, von Wilhelm von Moerbeke herrührenden Über- setzung außer den notizen von Vettori eine Münchener handschrift M (306) und den alten venetianischen druck vom jähr 1481, aber, wie Dittmeyer bei der nachvergleichung fand, oculorum in- firmitate impeditus non satis accurate excussit, und es ergab sich ferner, daß in der Münchener bibliothek noch eine zweite, von Dittmeyer verglichene handschrift (8003 = m) ist. Der verf. theilt zunächst die ergebnisse dieser neuen vergleichung mit (p. 1 29), benutzt dann (p. 30) auch die von Jourdain gegebene probe aus einer Pariser handschrift zur herstellung von ein paar stellen, berichtigt hierauf (p. 31 37) eine reihe von irrthümern, welche Spengel bei der herausgäbe der Übersetzung sowie bei der erschließung der ihr zu gründe gelegten griechischen lesarten begangen hat (wobei ich nur 1359 b, 37 = 192, 29 Sp. Ditt- meyer nicht beistimmen kann), und theilt endlich (p. 37 41) mehrere richtige conjecturen mit. Hierauf folgt denn nun der

14 4. Aristoteles. Nr. 1.

beweis, daß es sich mit dem Ursprung der translatio wirklich in der angegebenen weise verhält : es wird eine auswahl von stellen gegeben, an denen dieselbe auffallend mit den andern handschrif- ten (p. 42 45), und von andern, an denen sie eben so auffallend mit Ac übereinstimmt (p. 45 47), und schließlich, was die haupt- sache ist, werden die sämmtlichen eigenthümlichen lesarten der Übersetzung im ersten buche *) zusammengestellt (p. 48 68). Dabei ergiebt sich, daß uns außer jenem corrector von Ac auch noch eine dritte spur von dieser dritten Überlieferung geblieben ist, indem nämlich auch der anonyme , bei Neobarius herausge- gebene commentator einen wenigstens theilweise ähnlichen codex vor äugen gehabt hat wie der Übersetzer. Das gesammtresultat aber bezeichnet der verf. (p. 68) vollkommen richtig dahin : es giebt stellen , an welchen der text lediglich nach dieser dritten quelle, es giebt andere, an welchen er lediglich nach den schlech- teren handschriften , es giebt sehr viele , an denen er lediglich nach Ac zu gestalten ist : Ac ist und bleibt die hauptquelle, aber Spengel ist in seiner ausschließlichen bevorzugung dieses codex viel zu weit gegangen, und in allen zweifelhaften fällen ist viel- mehr der grundsatz zu befolgen : si trium testium , qui ex eodem fönte, archetypum dico, Tiauserunt, duo idem praebent, auctoritate ple- rumque plus valent quam tertius ; doch ist selbstverständlich die alte Übersetzung mit großer vorsieht anzuwenden, und vor allem ist ihr Wortlaut durch benutzung anderer handschriften von ihr genauer als bisher festzustellen. Dittmeyer schließt : atque hoc proximum meum erit munus , und ich füge hinzu , daß zu diesem zwecke besonders ein höchst werthvoller Wiener codex zu ver-

1) P. 1354 a, 12 adepti sunt. Dittmeyer meint aus guten gründen Tsrv%riX(tGii>, aber mg. Ac hat ntnoQixaciv und das ist entscheidend, wenn dies von der hand jenes ersten correctors ist. 1355 a, 10 steht nach Vettori auch am rand von Ac n&Qiaobv Ivmv&a ?o de. 1356 a, 25 7t] (AtQog n vet. trsl., exhibet etiam mg. Ac prima manu: ich weiß nicht, woher Dittmeyer dies hat ; jedenfalls dürfte dann statt prima manu wieder rc. corr. 1 das richtige sein. Auf weitere einzelneren kann ich hier nicht eingehen, manches zweifelhafte hat Dittmeyer mit aufgenommen, das ist ganz recht, aber es hätte wenigstens das zweifelhafte auch überall als solches bezeichnet werden sollen. Je- denfalls ist des guten zu viel geschehen: mir wenigstens ist es z. b. gar nicht zweifelhaft, daß Wilhelm 1356 b, 13 diixwo&at, las, obgleich er ostendere schreibt, s. Busse De praesidiis Aristotelis Politica emen- dandi, Berl. 1881, p. 25 f. Anderes fehlt, z. b. 1359 a, 20 y«p post Okvfimcc add. vet. trsl. et mg. rc. 1 Ac (was Spengel und Bekker 3 mit recht aufgenommen haben).

Nr. 1. 5. Epikuros. 15

gleichen ist, und indem ich mit aufrichtigem dank von dem verf. scheide, spreche ich zugleich die hoffnung aus, daß niemand die rhetorik aufs neue herausgehen wird anders als auf grund einer neuen, his ins kleinste genauen collation von Ac, wie sie Vahlcn besitzt, aber auch nicht ohne neue revision der übrigen Bekker- schen handschriften an einzelnen stellen und auch nicht ohne eine neue vergleichung der Aldina, und ohne daß mit der alten Übersetzung jenes proximum munus Dittmeyers vorgenommen ist. Denn nur dann kann eine solche neue aiisgabe wirklich von wei'th sein. Fr. Susemihl.

5. Epikurs brief an Herodot § 68 83 übersetzt und er- läutert von dr. A. Brieger. Halle 1882. 28 p. 4. (Gym- nasialprogramm.)

Unter den erhaltenen resten von Epikurs Schriften bedarf kein anderer in höherem maße der eingehendsten und mühselig, sten sacherklärung als der „kleine auszug" aus der physik in form eines briefes an Herodotos bei Laert. Diog. X, 35 83, und gewiß kann niemand mehr berufen sein, sich an diese auf- gäbe zu wagen, als Brieger, dem selbst der neid es lassen muß, daß er zu den besten kennern des Lucretius und anderer uns gebliebener denkmäler epikureischer Weisheit gehört. Bisher setzte ferner der gerade hier völlig unbrauchbare zustand des in un- seren ausgaben fortgepflanzten textes einem solchen unternehmen unübersteigliche hindernisse entgegen, aber 1877 hat Bonnet im Bhein. mus. XXXII, p. 578 ff. die lesarten der sechs wichtig- sten handschriften veröffentlicht und 1881 Usener auf grund die- ser Codices eine textrecension der zehn ersten §§ (34 44) ge- liefert und zugleich vom ganzen versprochen. Man glaubt es Brieger auf sein wort, daß er lieber die erfüllung dieses Ver- sprechens erst abgewartet hätte; daß er dies nicht thun konnte, bringt indessen mindestens den vortheil mit sich, daß nunmehr seine probe umgekehrt für die neue kritische ausgäbe von nutzen werden kann.

Brieger schickt einige treffende bemerkungen über den ge- sammtcharakter des briefes voraus (p. 6 8), in denen er kurz, aber einleuchtend nachweist, daß der letztere keineswegs zu den besten schriftstellerischen arbeiten des Epikuros zählt, sondern mit großer flüchtigkeit und nachlässigkeit abgefaßt ist. Im zu-

16 5. Epikuros. Nr. 1.

sammenhang hiemit setzt Brieger Useners annähme einer lücke in § 43 begründete bedenken entgegen. Außer dieser für ge- übtere (35) bestimmten piHgä imtofitj ngog 'Hgodorov (85) hatte Epikuros nach dem zeugniß der eingedrungenen schoben § 39. 40. 73 und indirect seinem eigenen § 85 auch einen „großen auszug" (ßsydXr] inizofir}) geschrieben, und wenn schon hieraus erhellt, daß dies letztere compendium vielmehr auf anfänger be- rechnet war, so macht Brieger im höchsten grade wahrschein- lich, daß Epikuros dies selbst im anfang des erhaltenen kürzeren (35) sagt und hier selbst bezeugt, daß es vor diesem geschrieben ist. Denn Briegers Verbesserungsvorschlag avtog nagsaxevaaa für das verderbte handschriftliche amolg ■naQtoxsvaaa (naga- anhaaa mit folgender rasur hat nur ein codex, freilich der älteste) liegt der Überlieferung näher und ist dem Zusammenhang ungleich entsprechender als der Useners av rig naguaxsvaaai , ja man darf ohne Übertreibung sagen : seine richtigkeit ist fast zweifellos. „Wenn aber die große Epitome vor der kleinen be- stand, so kann es" wiederum „kaum einem zweifei unterliegen, daß die letztere aus der ersteren excerpirt, also ein auszug eines auszuges ist. Daraus dürfte sich manche eigenthümlichkeit der- selben erklären".

In der nunmehr folgenden eigentlichen hauptmasse seiner arbeit hat Brieger die höchst zweckmäßige, ihm viel unnütze worte, seinen lesern viel zeit und mühe sparende einrichtung getroffen, das ganze in abschnitte zu theilen und jedem derselben eine Übersetzung des entsprechenden stücks nach seiner texther- stellung voraufzuschicken, um dann jedesmal die auseinander- setzung und begründung dieser herstellungen und herstellungs- versuche in Verbindung mit dem commentar folgen zu lassen. Auf einzelheiten einzugehen ist in der kürze nicht thunlich, ich muß mich daher mit der allgemeinen bemerkung begnügen, daß ich mich nach gewissenhafter prüfung dem verf. überall für reiche belehrung verpflichtet fühle, und daß nach meiner Über- zeugung ein jeder, der interesse an der sache nimmt, ihm auf das lebhafteste dankbar sein muß für den dargereichten Ariadnefaden in diesem labyrinth. Daß sich über manches strei- ten läßt, weiß Brieger selbst am besten und spricht es unum- wunden aus, läßt es auch stets unverhohlen, wo er selber keinen rath weiß. Aber wie seine erklärungen so sind seine conjecturen

Nr. I. 6. Hippokrates. 17

ausnahmslos beachtenswerth , großentheils sicher. Nicht zum wenigsten glücklich ist er in dem nachweis und, so weit es überhaupt möglich ist , der ergänzung zahlreicher lücken. Ein auffallender irrthum ist die behauptung , Aristoteles habe die weit als ein £qjov angesehen (p. 15), während derselbe bekannt- lich vielmehr die (platonische) annähme einer weltseele eingehend bestreitet ; daß er sich die sache zwar trotzdem verwandt , aber doch anders, und wie er sie sich dachte, kann man gerade aus der vom verf. fälschlich für seine meinung citirten stelle bei Zeller Phil. d. Gr. II3, 2, p. 455 f. und aus dessen vorangehen- der ausführung p. 422 f. auf das beste ersehen. Um endlich doch wenigstens etwas eigenes zu sagen, so stimme ich zwar Brieger (p. 8) vollständig darin bei, daß § 69 in den worten: fßOHSQ orav s| avtäv tä>v oyxmv [*eil,ov a&QOißfia ovozy, tjtoi imv

7JQ007COV 1J TCÖJ' 70V olov < [i£V £%6t703V 71JV (fVGlT^ [AtyE&WV, Z(X>V

Ö£ <(>Qatmv> 7/*os' iXartöiHßV) wie unter zwc 7iqg>7k>v die eigent- lich von Epikuros so genannten oyaot, die atomentheile, so unter täv 70V oXov y..7.X. die atomenganzen zu verstehen sind; wenn man aber die p. 13 f. gesammelten beispiele vergleicht, in denen Epikuros ausdrücke des seins prägnant für ausdrücke des den- kens setzt, so wüßte ich nicht, warum man nicht auch hier ein gleiches annehmen könnte, und was also der alle Schwierigkeiten beseitigenden erklärung: „mag man nun dabei an die eigentli- chen molekülen oder an die atome denken" oder mit andern Wor- ten : „bei der Zerlegung bis in die letzten grundbestandtheile oder nur bis in die atome zurückgehen" im wege stände. Und § 73 verstehe ich unter naaav avynQiaiv nenFQaGfii-frjv im gegen- satz zu den Weltsystemen (nöafxoi) deren theile, die gestirne, die unorganischen körper, die einzelwesen. Endlich zu § 78 to ev- 8t%o^irag xat allcog neos s%eiv war daran zu erinnern, daß Aristoteles in etwas anderem sinne bekanntlich ih ivSex6/j,£i>ov xai a),lo)g £%£iv als kunstausdruck für das wandelbare dasein gebraucht, was doch wohl auch dem Epikuros trotz des Unter- schiedes hiebei vorgeschwebt haben wird. Fr. Susemihl.

6. Ioannes Ilberg, studia pseudippoeratea. Leipziger doctordissertation. Leipzig, Teubner 1883. 8. 64 p.

Nach einem überblick über die litteratur, welche den Zu- sammenhang der hippokratischen Schriften mit der griechischen Philol. Anz. XIV. 2

18 6. Hippokrates. Nr. 1.

philosophie betrifft, geht verf. auf die frage nach den in dem buche negl aQ^alrig tijTQix/jg bekämpften Sophisten und den in die medizin eingeführten philosophemen ein, wie sie zu anfang jtsqI cpvaiog av&Qconov erwähnt werden. Auf welche philosophen gehn dieselben zurück ? namentlich die angäbe , daß die erde allein das urelement sei ? Ilberg kommt in dieser frage gegen Galen in so fern weiter, als er an dem beispiele des commenta- tors Sabinus zeigt , wie die alten durch miß Verständnis dessen, was über die lehren der älteren philosophen überliefert wurde, wie in diesem falle durch Hippolyt über Xenophanes, zu solchen falschen angaben kommen konnten.

Zu den Schriften, die in den büchern nsgl cpia. äv&g. und nsgl aQ%. Itj-iq. bekämpft werden, gehört, wie schon Littre VI, 88 sah, das buch nsgl cßvodöv, in welchem die luft als das alleinige lebensprincip und die alleinige Ursache der krankheiten ange- geben wird. Bei mehrfacher Übereinstimmung mit Anaximenes und Diogenes von Apollonia findet sich ein scharfer gegensatz gegen den letzteren in § 14, wo dem blute der hauptantheil an der denkkraft zugeschrieben wird, während Diogenes dieselbe aus der luft herleitet. Ilberg hebt nur diese eine abweichung her- vor , ich erlaube mir noch auf einige andere aufmerksam zu machen : Von der beseelung und dem vernünftigen denken , wie es Diogenes seinem demente zuschreibt , läßt sich in unserer schrift keine spur nachweisen. Hier ist unter luft, mag sie nvevy,a oder q>vaa oder arjQ heißen, schlechthin die von uns ein- geathmete atmosphäre mit ihren Veränderungen und bewegun- gen , sowie auch als dampfförmige feuchtigkeit zu verstehen. Ich halte es für Avahrscheinlich , daß unser autor in diesen Vor- stellungen nur dem Anaximenes gefolgt sei. Dafür sprechen noch einige andere indicien : Anaximenes sagte : die luft sei im ruhigen und gleichmäßigen zustande für das äuge nicht wahr- nehmbar, an der kälte jedoch und an der wärme, an der feuch- tigkeit und an den Strömungen erkenne man ihr dasein, s. Zeller I, p. 220, anm. 3. Ebenso unser Verfasser § 3 : Nach einer schif- derung von der gewalt der luftströmungen heißt es da: alXa \kh\v iazt ys ty fxsv o\psi äqiarijg , tw ds Xoyiapäj cparsgög (wo zugleich die Unterscheidung einer geistigen und einer sinnlichen Wahrnehmung nach der weise der vorsokratischen denker zu be- achten ist) . . . tovto xul %EiiAoot>og Kai ÖEQUog aifior, iv [tev t<jjT

Nr. 1. 6. Hippokrates. 19

yei/Amvi nvv.vov x«i \pv%gd>> yevöfAtvor, iv 8s zcp &sgti ngtjv xai yah]v6v. Ferner sagt Anaximenes , die luft umfasse die ganze weit, s. Zeller I, p. 221. Dasselbe wird in unserer schrift sehr energisch durch folgende sätze hervorgehoben: §3: ri yag dvtv tovts'ov ysvaixo o.v ; )} ztvog ovzog ansattv ; // iivi ov <-v[A7zag£ß7iv; anav yag zo fisra^b yijg zs xal ovgavov nvsv\iazog s\inlsöv iaziv und zu ende des § : xsvsöv zs ovSiv iaziv zovzov. Wenn sich ferner unser Verfasser die Vielheit der erscheinungen nur durch die Verschiedenheit des ortes erklärt, so dachte sich auch Anaxi- menes die luft als unveränderliches substrat ; nur ihre beständige bewegung brachte eine unendliche mannigfaltigkeit der erschei- nungen hervor, s. Zeller a. a. o.

Auch der ausdruck deckt sich, wenn der gedanke des Anaxi- menes, daß die erde vermöge ihrer platten gestalt in der luft schwebe, vergl. Zeller I, p. 226 und Hippolyt. Refut, haer. I, 7 7tjv 8s yijv nXaztiuv sivai in'1 dsoog o^ovfASitjV sich in unserer schrift ende § 3 in der fassung wiederfindet: die luft sei zTjg yrjg o^ijua. Es ist demnach sehr wahrscheinlich , daß auch die in demselben § ausgesprochenen gedanken , daß die luft der sonne und den gestirnen zur nahrung diene, ferner daß das meer luft enthalten müsse, da die schwimmenden thiere nicht in demselben würden leben können , wenn sie nicht luft aus dem meerwasser einzögen, welch letzterer gedanke zuerst zu Diogenes angeführt wird , auch dem Anaximenes beigelegt werden müssen , zumal Diogenes auch in vielen anderen dergleichen punkten auf den schultern des Anaximenes stand und bereits Anaximander ähn- liches gelehrt hatte, s. Zeller p. 206 und 245. Einen einfluß des Diogenes anzunehmen nöthigt uns in dem ganzen buche nichts. Ich bemerke dies zugleich gegen Weygoldt, Neue jahrbb. bd. 123, p. 510. Von Diogenes ist ganz abzusehen, und es ist fraglich , ob man den Apolloniaten einer solchen inconsequenz beschuldigen darf, wie Galen, de plac. Hippocr. et Plat. II. a. E. (V, p. 283 K.) : xal abzog {^/loytvrjg) snilav&avöusvog zäv oi- xsioav öoyuüzmv aluä qiijatv shat zijv ipv%t]t> cag 'EfxnsSoxlijg xal Kgizi'ag vneXaßov.

Dagegen läßt sich der einfluß des Empedokles noch weiter als bloß in der angäbe § 14 über die bedeutung des blutes als hauptträger der (pgövrjGtg erkennen. In der krankheitstheorie wird die Ursache der erkrankung meist in der einwirkung der

2*

20 6. Hippokrates. Nr. 1.

luft auf das blut, den träger der wärme im menschlichen körper, gesucht. Diese einwirkung ist eine ähnliche wie die des qslsyfia in De morb. I. So wird Schüttelfrost durch eine geringere, starr- frost durch eine schon bedeutendere ahkühlung des blutes durch die luft erklärt. Uebermäßiges eindringen der luft in den kör- per wird hauptsächlich durch übermäßiges essen und trinken herbeigeführt. Denn wie in allen dingen , so ist auch in speise und trank luft enthalten 7 und 8). Die beschreibuhg der hier- bei vorkommenden blutbewegungen beruht auf denselben Vor- stellungen wie die respirationstheorie des Empedokles : das ein- dringen der luft (des athems) in den körper und das zurück- weichen des blutes nach dem innern einerseits , das ausathmen und die ausdehnung des blutes im innern andrerseits stehen in steter Avechselwirkung, vgl. Emped. v. 348 350 und 364 Mullach. Schauerfrost und zittern beruhn nach unserer schrift auf einem höheren grade derselben Wechselbewegung, vergl. § 8 a. a. 'Ev ös zyai q>ginrjai aal öl zgöfxoi zov awfiazog xaza zorös yltorzai iov zgönov. zo aifia qioßsöfxsvov zijv nagovaav q>gi>tip> %vvTge%ei xai öiataasi Öia navzog zov owfiazog ig zu &sg[xözaza alzov. xa&akXopepov ös iov aifiazog in zätv axgaiTjjgicov iov atafiaiog ig ik caXäyxpa, igepsovoi (so ist mit der ältesten handschrift Parisin. A zu lesen). Uebereinstimmend mit De morb. I, 25 wird dann die entstehung des Schweißes aus dem blute erklärt, aber der Vorgang Avird liier ausführlicher beschrieben. Von dem erhitzten blute sondern sich die feuchten theilchen in form von dämpfen (in diesem sinne kommt hier § 8 nvsvfxa vor) ab ; diese schlagen sich in den schweißlöchern des körpers in form von wasser nieder: zimszai yag (io aipa) nvgoifisvov, aal ylrszai nvsviia «§ avzov ' iov ös nvsijjiazog ngogninzovrog ngbg zovg nögovg iov aoofxazog, ol lögmzeg yivovzai. io yag nvsvfia %vvi- Gidfisvov ig vöwg %ehai xat öicc zäv nogmv öis^sX&bv s£co ns- gaiovzai xzl. Damit vergl. Pseudogalen . de bist. phil. c. 36, XIX. p. 338 K. 'E/jneöoxlijg . . . lÖgäza not öängvov yivsa&ai iqxofAstov zov alfxazog xat ntgl zb lenzvrsö&ai dia%eofisvov. Es ist demnach hervorzuheben, daß der Verfasser von nsg). qvacöv sich trotz seiner Versicherung in § 3 gar nicht streng an das einheitsprincip gehalten hat. Die luft ist ihm wohl hauptbedin- gung für das leben, neben ihr erscheint aber bald das blut in seiner normalen beschaffenheit als mitträger der gesundheit und

Nr. 1. 6. Hippokrates. 21

.sogar als hauptsitz des denken*. Dem blute gegenüber hat die luft eiue ähnliche ätiologische bedeutung wie schleim und galle in De morb. I. In seiner pneumatheorie ist der Verfasser dem Anaximenes gefolgt, hat aber dann den diesen philosophen ent- nommenen Vorstellungen empedokleische beigemischt.

Im stile stellt Ilberg diese schrif't mit den erzeugnissen der Sophistenschulen zusammen , besonders vergleicht er sie wegen ihrer förmlicbkeit in den übergangen mit dem ^Eyxcü/Aiov lE)J.vt]g, das dem Georgias zugeschrieben wird. Ich bemerke indessen, daß sich dieselbe erscheinung auch in andern Schriften der Samm- lung findet, die für echt gelten, z. b. sehr ausgeprägt in De aere aqu. loc. Auch eine reihe von antithesen , parechesen und der- gleichen figuren führt Ilberg auf die von Gorgias erfundenen Giratar u zurück. Interessant ist der nachweis des hier und da hervortretenden jambischen, trochäischen, anapästischen etc. rhyth- mus. Eine stelle aus dem proömium p. 90, bei Eusebius citiert, wurde von Valesius für würdig der sophokleischen oder äschy- leischen muse erachtet.

Das l'esultat der Ilbergschen forschung", die schrift neol qvacöi sei das werk eines Sophisten, ist an sich nicht neu, er- hält aber durch die umsichtige und breit angelegte Untersuchung des verf. eine neue beleuchtung und bestätigung. Im 2ten theile der dissertation wird nachgewiesen, daß Ermerins die drei Schrif- ten Nöfiog, 7T£g} tgyvrjQ und tisq) aQ%uit]i; f'z/roix^t,' mit unrecht einem Verfasser zugeschrieben und zu einer abhandlung zusam- mengezogen habe. Die Zusammengehörigkeit dieser drei bücher wird weder durch die in den handschriften erhaltenen kataloge der Sammlung bewiesen , denn den handschriften , auf die sich Ermerins beruft, stehen Vaticanus 276 (12. jahrh.) und Parisinus 2146 gegenüber, wo ein altes Verzeichnis erhalten ist, in dem negl Üq%. iqzQixijg und nsg} Jtprjg weit vom Nofxog getrennt stehen, noch durch die spräche gerechtfertigt. Verf. zeigt, wie der dialekt in den formen in den echten wie in den unechten Schriften schon vor Galen in Verwirrung gebracht war. Es ist dies um so glaub- hafter, als ja schon ein theil unserer textes Varianten dem Galen vorlag. Wenn also zwischen den drei büchern in den formen keine wesentlichen dialekt -discrepanzen vorkommen, so kann dies unter solchen umständen noch kein beweis für ihre Zusammenge- hörigkeit sein. Mit demselben rechte müßten De aere aqu. loc.

22 6. Hippokrates. Nr. 1 .

und De morbo sacro einem Verfasser zugeschrieben werden, da sie in den formen keine ab weichungen bieten, außer daß dort immer qSjg, in De morb. sacr. immer «j/pim nominativ überliefert ist, wes- halb die Littre'sche conjektur VI, 394 fallen muß. in rq> i]?qi ist dort als Wiederholung aus der zeile vorher mit Ilberg zu streichen.

Beträchtliche unterschiede findet verf. in dem gebrauche ein- zelner ausdrücke. In dem sehr kurzen Nöfxog werden 7 unzwei- felhafte jonismen gezählt, aus der weit längeren schritt ttsq) rgp//ff blos slivvft angeführt, Beide Schriften sind dagegen einander ähnlich in dem reichlichen gebrauche von antithesen, paronomasien und dergl. rhetorischen figuren, die sich in nsfji, aQ%. Iijzq. nur spärlich finden. Ilberg faßt daher sein urtheil dahin zusammen : Tria opuscula ab Ermerinsio confidenter conglutinata tribus auctori- bus esse reddenda, quorum ei qui rofxov cornposuerunt et negi rr^vijg libellum sophistarum utebantur dicendi artificiis. Der Nöpiog ist eine in sich abgeschlossene schrift, in deren dreitheilung der einfluß des Gorgias, in deren haupttheil über die 6 erfordernisse zur erfolgreichen ausübung der kunst der dem Protagoras zugeschrie- bene satz cpiaecog xat daxi'jascog diSaoxaliu deirai. neu anb tso- rytog de otQt-ctfietovg 8siv fxav&ävstv (Cramer Anecd. I, p. 171) zu erkennen ist. Der Zusammenhang der bücher negl tsxvijQ und nsgl <xq%. itjZQ. ist durch die in beiden hervortretende liebhaberei für gewisse worte und begriffe nicht nur nicht erwiesen (der verf. zeigt dies an dem gehrauche von sigCansir, nach welchem man negi Siaitrjg d demselben Urheber zuschreiben müsse) , son- dern ganz ausgeschlossen. Der Verfasser von nsglrip'^g ist ein iatrosophist, der in der dialektik dem Melissos folgt und durch den gebrauch des wortes u8og = ova(a (in De aere aq. loc. bedeutet es nur „aussehen") seine bekanntschaft mit Piaton verräth. Was in nsgl Tep'ijg über den ausschluß der ivpi von der ärztlichen kunst gesagt wird , hält Ilberg für nachahmung ähnlicher erör- terungen in der schrift De locis in homine, ob diese letztere aber dem Piaton bekannt gewesen sei, halte ich nicht für er- wiesen (vergl. Piniol, anzeiger XIII, p. 706). "Während also der Verfasser von tteqi re'p'yg ein sophist ist, der aus Melissos und Piaton schöpfte, war der von ttsq} aQ%. iijtq. ein arzt, der die aus den lehren der älteren philosophen, namentlich des Empe- dokles *), in die medizin eingeführten theorien bekämpft und eine

1) 'AXXä lovxo tfil XttTct/ucc&tlv tbv fjiilXovta ogfrwg &fganeveip roig

Nr. 1. 6. ffippokrates. 23

gesundheitslehre vorträgt, welche der erfahrung rechnung tragend auf dem boden der alkmäonischen isonomienlehre steht. Gegen die letztere ansieht, die schon von Littre I, 562 aufgestellt und durch Ilberg's Untersuchung bestätigt wird, wird sich schwerlich etwas einwenden lassen, wie aiich in der ganzen frage dem Ver- fasser gegen Ermerins recht zu geben ist , wenn auch einzelne «eiuer argumente an sich mir nicht zwingend erscheinen wollen. Betreffs des A'r'</ru' möchte ich noch auf eine eigenthümliehkeit hinweisen, nämlich auf die Vorstellungen und aiisdrücke, die aus den kreisen und der spräche der Mysterien entnommen sind. Wenn es am ende heißt : tu de iegu sottu ngrfl\iuTa iegolöiv icrügmnoiGi dtixivzut.' ßsßtjXoiai <5f, ov ß-tfit^ , ng\v /} te).sg&wgiv boylotoiv iniar^fitjg, so klingt das gerade, als wollte der Verfasser die ärztliche kunst mit dem nimbus der heiligkeit umziehen, welche mystische culte besaßen oder beanspruchten. Zur hebung des vielfach geschmähten ärztlichen Standes scheint es ihm noth- wendig , die zunft , deren bild nach der alten eidformel er vor äugen hatte, wieder zu beleben und nach außen abzuschließen. In dieser abgeschlossenen gemeinschaft soll die kunst gepflegt und vor profanierung gehütet werden. In diesem gedanken schwebte dem Verfasser der brauch der mysterien vor. Nur wer in diese genossenschaft aufgenommen und in die von ihr be- wahrten geh einmisse der kunst eingeweiht ist, aus dem kann ein angesehener arzt werden. Die lehren (öoj',««r«), Avelche die na- türliche anläge (yvGtg) durch die schule empfängt, Averden mit Samenkörnern verglichen , die dem schoße der erde anvertraut werden (vergl. § 3). Sowohl das bild als auch der ausdruek dcyfta scheint orphisch -mystischen kreisen entnommen zu sein, vergl. Zeller, Philosophie der Griechen I, p. 50, anm. In dem oben citirten satze sind ße'ßijXog (vergl. Lobeck, Aglaoph. I, p. 441

urd-gmnovg. itlvn dt ctvnoißiv b Xöyog slg <fi\o6oyiuv y.ü&untg 'Efxntdoxlrjg rj aXkoi, oi' ntgi (fvGiog ysyprifjaoiv lf (tQX^ on ^Giiv iiv&goinog. Diesen satz hat Littre aus dem ältesten Parisinus, in dem allein er ihn fand, zuerst herausgegeben. Es scheint die ansieht zu bestehen, daß die worte sonst nirgends handschrittlich überliefert seien (vergl. Gomperz Beiträge zur erklärung und kritik griech. Schriftsteller III , p. 29). Es sei deshalb bemerkt, daß der betreffende satz auch im Marcianus 269 (12. jahrh.) im texte steht, wie überhaupt dieser codex für unsere schrift auffallend mit Paris. A stimmt und mit demselben die hand- schriftliche grundlage für das buch ntgl ccg^- 'Vp- bildet. Ilberg ist durch eine neue vergleichung der 6 ersten capitel im Marcianus zu demselben resultate gelangt.

24 7. Tibullus. NV. I.

und 450 454) und rtltia&ai unzweifelhaft orphisch-mystische ausdrücke. Dasselbe gilt wohl auch von inrjßoXng § 2 und dem letzten wort von § 2 ßatös, welches in der prosa sonst nirgends vorkommt, wohl aber von Nonnos einigemale gebraucht wird.

In einem epimetrum über die handschriftliche grundlage zu nsgi ag%. ujto. gelangt Ilberg zu dem in der anmerkung mitge- theilten richtigen resultat. Hierbei bemerkt Ilberg die Dietz'- sche collation des Marcianus 269, welche ihm zur hand war, scheine an genauigkeit manches zu wünschen übrig zu lassen. Ich kann dies urtheil aus eigener erfahrung bestätigen. Ueber- haupt ist eine neue zuverlässige collation der italienischen Hip- pokrateshandschriften nothwendig. Auch Littre giebt z. b. zu De cap. vuln. die lesarten des werthvollen Med. 74, 7 (11. jahrh.) nur mangelhaft an, worüber demnächst näheres an einer andern stelle. Möchten doch einmal einem durch Vorstudien vorbereite- ten freunde des Hippokrates zeit und mittel gewährt werden, sich der erwünschten arbeit im zusammenhange zu widmen. Sie Avürde in längstens einem jähre vollendet sein. H. Kühlewein.

7. De codicibus Tibullianis capita tria. Scripsit Robertus Leonhard, dr. phil. Monachii, Theodor Ackermann, 1882. 8.

Diese fleißige abhandlung behandelt denselben gegenständ wie Rothsteins dissertation „de Tibulli codicibus" (Berlin 1880), welche vom verf. , wenn auch nur nachträglich und in anmer- kungen, noch berücksichtigt werden konnte.

Nach einer kurzen einleitung handelt Leonhard im ersten abschnitt „de vetustioribus carminum Tibullianorum fontibus" zu- nächst (p. 4 9) über das fragmentum Cuiacianum. Der ge- genwärtig allgemein anerkannte werth seiner lesarten wird rich- tig gewürdigt und die Schreibungen des fragments an den stellen IV, 1, 189. 210. 5, 1 mit recht gegen Bährens in schütz ge- nommen. Auf der anderen seite kann es nicht bezweifelt werden, daß an einer kleinen anzahl von stellen unsere handschriften das ursprünglichere bewahrt haben, so III, 4, 66 und IV, 5, 10. Mit recht nimmt Leonhard dies auch für IV, 1, 2 an; vgl. seine begründung p. 7. (Zweifelnd hatte sich über den vers Rothstein p. 7, 2 und p. 14, 1 ausgesprochen.) Ich halte es für wahr- scheinlich, daß diesen stellen noch IV, l, 175 hinzuzufügen ist. Unsere handschriften bieten hier ergo ubi praeclaros poscent tua

Nr. 1. 7. Tihullus. 25

facta triumphos , in F steht ierint statt poscent. Leonhard hält die lesart von F für richtig: „nam sicut dicunt pompam vel ex- eqiäas ire, ita certe autumari potest facta tua triumplios euntu. Es leuchtet indessen ein, daß die angeführten Verbindungen keine passenden analogieen abgehen, da hier das Subjekt ein persön- liches ist. Scaliger und Lachmann wollten das ursprüngliche durch änderung der lesart von F herstellen: Scaliger schrieb per claros ierint , Lachmann praeclaros cierint. Beides unter- liegt gegründeten bedenken , welche gegen die Lachmannsche Schreibung von Rigler, gegen die Scaligersche von Leonhard (p. 8) geltend gemacht worden sind. Hiernach dürfte doch wohl die vermuthung berechtigt sein, daß auch hier unsere handschrif- ten das ursprüngliche bewahrt haben, poscent gibt, was Rigler vergeblich zu bestreiten suchte, einen passenden sinn: Messalla, sobald, er seine siegeslaufbahn vollendet hat und daher vor dem t r iumplie steht, solus utroque idem dicetur magnus in orbe. Auch Rothstein p. 16 findet poscent ohne anstoß. Die corruptel in F wäre bei dieser annähme wohl auf eine beschädigung in einer älteren handschrift zurückzuführen, in folge deren nament- lich der anfang von poscent zerstört war. Ueber IV, 8 und 9 stimme ich mit den bemerkungen des verf. (p. 6) durchaus über- ein : es kann sich, wie er treffend begründet, in 8 und folglich auch in. 9 nur um den geburtstag der Sulpicia handeln ; daher kann tuo 9, 2 nicht richtig sein. Entweder ist, wie Leonhard will, mit Huschke meo oder mit den Italienern tuae zu schreiben. Verfehlt ist dagegen die vermuthung des verf. über IV, 1, 55. Unsere handschriften bieten die arg corrupte lesart non valuit ciclops tempus avertere (so die interpolirten statt vertere) cursus. Statt ciclops tempus wird von Scaliger aus F lotos captos angeführt und hiervon ausgehend schreiben alle neueren herausgeber non valuit lotos coep t os avertere cursus (coeptos statt tempus steht bereits in interpolirten handschriften), Leonhard dagegen schlägt vor non valuit lotos captos avertere cursu, entschieden falsch, da die ganze episode den Odysseus verherrlicht und alles nur mit bezug auf ihn allein gesagt ist (reppulit cessit nämlich dem Odysseus vexit u.s.w.) ; auch ist das nackte captos wenig ansprechend und die änderung durchaus nicht leichter als die andere. Beiläufig möchte ich noch auf eine kleine ungenauigkeit aufmerksam machen, welcher man seit Lachmann in der gesammten Tibull - litteratur,

26 7. Tibullus. Nr. 1.

und so auch bei Leonhard p. 2 begegnet; auch ich habe mir dieselbe vor kurzem zu schulden kommen lassen, Jahrbücher für philologie 1883, p. 273, anm. 1 (wo demgemäß ein sätzchen zu tilgen ist). Wir sind nicht berechtigt, mit bestimmtheit zu sagen, das fragm. Cuiacianum habe mit 111,4,65 begonnen; es kann vielmehr schon einige verse vorher begonnen haben ; jener vers ist nur der erste, der von Scaliger daraus angeführt wird, ohne daß er uns über den anfang genaue auskunft ertheilte; vgl. seine anm. zu I, 1, 1 und III, 4, 65.

Der verf. spricht alsdann (p. 10 14) über die nicht weniger wichtigen lesarten der Freisinger excerpte. Mit recht bemerkt er, daß wir auf grund dieser excerpte die lesarten molli furtim dere- pere I, 2, 19, colu I, 3, 86, pussula II, 3, 10 für besser be- glaubigt halten müssen; ebenso Rothstein p. 22. Vollständig überzeugt hat mich die beweisführung Leonhards (p. 13 f.) von der richtigkeit der form Carnütis I, 7, 12; da die form Carnuti statt Carnutes auch bei Plinius nat. bist. IV, § 107 durch Detlefsen auf grund der Überlieferung beseitigt ist , fehlt es jetzt für die- selbe, wie es scheint, durchaus an sicheren Zeugnissen. Auf grund eigener prüfung der excerpte Aveist der verf. ferner (gegen Protzen) nach, daß in der Schreibung hämatis (IV, 3, 10) ledig- lich die quantität des a verdeutlicht werden sollte. Dagegen vermag ich es nicht zu billigen, daß er sich I, 7, 11 für auf- nähme der form Garonna in den text entscheidet. Hier hat er die sorgfältige Untersuchung Protzens (de exe. Tib. p. 14 ff.), die er kurz erwähnt, nicht gebührend gewürdigt. Protzen hat es, wie mir scheint, als das weitaris wahrscheinlichste erwiesen, daß Tibull Garunna geschrieben und daß demnach sowohl in der lesart der Freisinger excerpte (Garonna) wie in der der besseren Tibull-handschriften (Garumna) ein theil des ursprünglichen erhalten ist. Garunna hätte auch bei Claudian. in Ruf. II, 13 aus guten handschriften hergestellt werden müssen.

Es folgt ein kurzer abschnitt „de Vincentii Bellovacensis et Scahgeri eclogisu (p. 15 f.). Bereits Meyncke (Rhein, raus. 25, p. 375) hatte darauf aufmerksam gemacht, daß Scaligers „Ex- cerpta pervetustau sich dem cod. Thuaneus der Excerpte (p) näher angeschlossen haben müssen als dem Nostradamensis (a). Leonhard erklärt es nun geradezu für das wahrscheinlichste, daß ►Scaliger den Thuaneus selbst benutzt habe, und ich wüßte in

Nr. 1. 7. TÜrallus. 27

der that nicht, was dieser vermuthung entgegenstände. Freilich müßte man unter dieser Voraussetzung annehmen, daß sich Sca- liger hei seinen mittheilnngen über die excerpte einige kleine ungenauigkeiten habe zu schulden kommen lassen. Dieselben erklären sich aber sehr leicht. I, 1, 44 steht in p solio . Sca- liger gibt solo an (was er verkehrter weise für richtig hält). I, 5, 70 hat p (nach dem abdruck bei Meyncke) cibo statt cito : ein so offenbarer und geringfügiger Schreibfehler, daß Scaliger sich erlauben konnte ihn sofort zu berichtigen. Dasselbe gilt von I, 10, 49 , wo p uitet statt nitet hat. Etwas erheblicher würde die nachlässigkeit nur an der stelle III, 6, 45 sein : ne uos deeipiant steht in p , non vos deeipiant notirte Scaliger ; der Zwischenraum zwischen n und e in p (vgl. den abdruck) mochte vielleicht dieses versehen herbeiführen. Uebrigens ist die frage für die Tibullkritik ohne bedeutung. Auch die excerpte des Vincentius haben für uns jetzt keinen werth mehr. Von einigem interesse ist höchstens, daß I, 1, 34 Vincentius in Übereinstim- mung mit n est bietet. Dies stand also im archetypus des Flo- rilegiums, ebenso wie im archetypus unserer Tibull-handschriften, und es ist ein bloßer zufall, daß die Freisinger excerpte und p im weglassen von est übereinstimmen.

Auch über die Pariser excerpte konnte sich der verf. kurz fassen (p. 17 20), da über die bedeutung derselben das urtheil im allgemeinen jetzt feststeht. Fraglich ist es , ob bereits für diejenige Tibull-handschrift, welche dem Urheber des Florilegiums vorgelegen hat (dem ..excerptoru, wie man ihn der kürze halber mit Leonhard nennen mag), interpolationen anzunehmen sind, die sich in unseren handschriften nicht finden. Soviel ich sehe, läßt sich die existenz solcher interpolationen nicht mit Sicherheit er- weisen. Ueber die falsche reihenfolge der verse IV, 1, 39 ff., welche Leonhard der Tibull-handschrift des excerptors zuschrei- ben will , vgl. Luc. Müller in den Jahrbüchern für philologie 1869, p. 78, Rheinisches museum 37, p. 573. Die Verbesserung des alten fehlers gerit III, 3, 22 in regit liegt so auf der hand, daß man, wenn man sie dem excerptor beilegt, demselben keine allzu große ehre erweist. Ebenso leicht erklärlich ist es, daß er III, 6, 44 beim umsetzen aus der zweiten in die dritte person zugleich tuo mit dem ihm leichter verständlich scheinenden accusativ ver- tauschte. Auch über I, 1, 43 urtheile ich anders als Leonhard,

28 7. Tibullus. Nr. 1.

Dieser findet in der lesart der excerpte parva seges satis est, uno requiescere lecto einen erotischen bezug und schließt hieraus folge- richtig, daß man sie nicht auf den excerptor zurückführen könne, sondern auf einen früheren abschreiber. Der hinweis auf die liebe des dichters wäre von demselben, wenn wir des verf. mei- nung billigten, so ungeschickt und abgeschmackt wie nur mög- lich angebracht. Mir kommt aber eine andere annähme weit wahrscheinlicher vor. In der Tibull - handschrift des excerptors stand in folge eines leicht erklärlichen Versehens satis est nur einmal im texte, das zweite satis est war vielleicht auf dem rande nachgetragen. Der excerptor also las es nur einmal und sah sich daher genöthigt den vers zu ergänzen. Dies that er durch hinzufügung von uno, aber nicht in dem sinne, den Leon- hard dem worte beilegt, sondern um damit die genügsamkeit des dichters zu bezeichnen, ebenso wie er I, 1, 6 assiduo in exiguo geändert hat: allerdings in überaus thörichter weise, aber nicht thörichter als I, 1, 6 und auch nicht thörichter als der vermeint- liche unmoralische interpolator , den Leonhard annimmt. Es ist sehr beachtenswerth, daß auch in der zweitbesten unserer Tibull- handschriften , im Vaticanus , satis est von erster hand nur ein- mal geschrieben ist. Der wegen dieser stelle von Rothstein (p. 37) für unmöglich erklärten annähme, daß der unmittelbarste arche- typus unserer Tibull-handschriften aus der Tibull-handschrift des excerptors stamme , steht , soviel ich sehe , nichts im wege. Die Überschrift des dritten buches kann der excerptor übersehen haben , und daß er die gedichte IV, 2 ff. für sein Florilegium nicht verwerthete würde nichts befremdliches haben. Ein- leuchtend ist die bemerkung Leonhards, daß die in den excerp- ten vor II, 4, 1 1 befindliche Überschrift zu lesen ist de immodico dolore, nicht, wie bei Meyncke steht, de nimio dico dolore, womit die auffassung Rothsteins p. 25 hinfällig wird.

In einem zweiten hauptab schnitt handelt Leonhard „de co- dicibus Laehmannianis et BaeJirensianis A Vu (p. 21 42). Hin- sichtlich des alters von V hätte der Vollständigkeit wegen hin- zugefügt werden können , daß manche diese handschrift nicht dem ende des 14ten, sondern erst dem 15ten Jahrhundert zuwei- sen wollen: vgl. Zingerle, Kleine philol. abhandlungen I, p. 28, Zeitschrift für die österr. gymnasien 1879, p. 345. Wenn aber der recensent im Philol. anzeiger X, p. 183 für diese zeitbe-

Nr. I. 7. Tibullus. 29

Stimmung den von Thomas Seneca herrührenden vers hinter II, 3,15 geltend macht , so beruht dies auf einem versehen : die handschrift, welche Bährens an dieser stelle mit V bezeichnet, ist ein jüngerer werthloser Vaticanus; der Vaticanus 3270 hat hier eine Kicke. Mit unrecht hält Leonhard nicht bloß V, sondern auch A an einigen stellen für interpolirt: vgl Bheini- sches museum 37, p. 575. In folge dieser zu ungünstigen mei- nung über A und der zu günstigen über G erklärt er zuweilen die lesart von A gegenüber der von V für falsch, während viel- mehr das gegentheil anzunehmen ist: so I, 2, 97 (dedita A, de- bita V), II, 4, 43 (veniet A, veniat V) , II, 5, 112 (reperire A, reperisse V). Ebenso ist IV, 13, 15 das in A stehende hoc wohl das ursprüngliche; das vor sancta numina stehende, aber nicht damit zu verbindende haec scheint mir weniger gut. I, 4, 56 bietet A velit, V volet. Auch hier sehe ich nicht den geringsten grund, von A abzuweichen. Für den Wechsel von futurum und praesens conjunct. vgl. vss. 45 und 49; II, 6, 1 4; Lygd. 2, 19 f. (mox etiam niveo fundere lade parent). Daß an un- serer stelle das letzte und erwünschteste in einer mehr hypothe- tischen form hingestellt wird, scheint mir eine beabsichtigte und ganz ansprechende Schalkhaftigkeit; doch dies ist sache des in- dividuellen gefühls. Uebrigens haben bereits Gujet und Voss velit vorgezogen. Ueber IV, 1, 55 bemerkt Leonhard: „A solum exhibet vertere, cum librarius id quod in archetypo exara- tum erat non intellegens , sicut etiam alias fecit , particulam con plane omiserit'-. Hiernach hält er also (in widersprach mit p. 8) das in V stehende convertere für das ursprüngliche, wohl nur in folge einer Übereilung : denn convertere ist durchaus unpassend, und es kann keinem zweifei unterliegen, daß im archetypus ebenso wie in A vertere gestanden hat und daß sowohl das falsche convertere oder advertere (so B) wie das richtige avertere änderungen der Italiener sind. Zweifelhaft ist es, aber vollkom- men gleichgiltig, ob einige sich von selbst ergebende bessere les- arten in V auf die Italiener oder, wie Leonhard meint, auf den archetypus zurückzuführen sind: so z. b. I, 7, 57 nee V, ne A; II, 3, 78 iuvat V, iuvet A; IV, 4, 17 at V, ac A u. s. w. ; vgl. auch Rhein, museum 37, p. 569, anm. 1. Kaum eine Ver- schiedenheit ist es, wenn IV, 1, 170 V Mnc, A huic bietet. Je- denfalls ist Mnc ohne anstoß und der conjeetur hie schon an sich

30 7. Tibullus. Nr. 1.

vorzuziehen: die möglichkeit des ackerbaus , Weinbaus u. s. w. wird als eine folge des gemäßigten klimas hingestellt (vgl. igitur v. 161). Ebenso wie Leonhard hält auch Rothstein p. 66 die lesart liinc für statthaft; das bedenken, welches er trotzdem ge- gen dieselbe vorbringt, ist mir unverständlich. Dreimal fehlt die initiale in V, während sie in A fehlerhaft ist: II, 4, 1 ic V, sie A; III, 5, 1 os V, nos A; III, 6, 83 (wo im archetypus ein neues gedieht begann) i V, si A. Hierüber hat Leonhard p. 31 vermuthlich richtig geurtheilt, wenngleich auch hier eine andere erklärung nicht ausgeschlossen ist, Ueber II, 1, 67 vgl. Rhein, museum 37, p. 574, anm. 1. Hier wie auch sonst zeigt es sich daß dem Vaticanus eine dem Ambrosianus ähnliche handschrift zu gründe liegt, in welcher aber bereits conjeeturen der Italiener dem texte beigeschrieben waren.

Der Parisinus B (von welchem p. 31 34 die rede ist) zeigt auffällige Übereinstimmungen mit A. Der verf. meint, im gegen- satze zu Rothstein , B sei aus A herzuleiten. Dies ist als mög- lich zuzugeben ; aber bewiesen hat es Leonhard nicht, Seine erörterung beruht auch hier auf der meiner meinung nach un- richtigen beurtheilung des Guelferbytanus , aus welchem er auf die lesarten des Archetypus Schlüsse ziehen zu können glaubt. Die Übereinstimmungen zAvischen B und der ersten band von A lassen sich sämmtlich auf den archetypus zurückführen. Die meinung des verf, daß Übereinstimmungen mit A2 durch herlei- tung von B aus A zu erklären seien, steht im Aviderspruch mit der angäbe von Bährens (p. VII) , wonach die zweite hand von A etwa um fünf decennien jünger ist als die erste: denn B ist im jähre 1423 geschrieben. Uebrigens ist bei den zahlreichen interpolirten lesarten in B die frage nach der abstammung dieser handschrift von sehr geringer Wichtigkeit. Sollte sich (was aber wohl nicht möglich sein wird), die ansieht Leonhards mit be- stimmtheit widerlegen lassen, so würden wir aus B die ziem- lich bedeutungslose Sicherheit gewinnen, daß eine anzahl von Schreibfehlern in A (die übrigens meistens auch in anderen uns bekannten handschriften wiederkehren) nicht dem Schreiber von A, sondern dem Schreiber des archetypus zur last zu legen sind : so I, 1, 19 felices; 4, 44 amiciat; 81 he heu; 5, 2 sortis; 16 voea; 7, 57 ne; 8, 2 ferat; II, 3, 33 est; 5, 76 amnis; IV, 1, 148 offerret; 1, 189 accitus. Bei Übereinstimmung der lesart in

Nr. I. 7. Tibullus. 31

A und V sowie an denjenigen stellen, wo A das bessere be- wahrt bat, ist die lesart von B bei der einen wie bei der ande- ren annähme gleichgiltig.

Ueber die werthlosigkeit des cod. Eboracensis sowie der drei handschriften C gegenüber AV stimme ich mit Leonhard (p. 34 —42) durchaus überein: vgl. Rheinisches museum 37, p. 570 ff. Die vier handschriften sind gleichfalls aufs stärkste interpolirt und weichen von A noch weit häufiger ab als der Parisinus. Die erörterung des verf. leidet indessen hier an einem erheblichen fehler, in folge dessen sie kavun zu benutzen ist : er zieht näm- lich häufig aus dem schweigen von Heinsius oder Broekhuyzen ganz bestimmte Schlüsse über die lesarten des Eboracensis und des Wittianus (und auf grund dessen des textes C) , ein ver- fahren, welches vollkommen unberechtigt ist. Auf diese weise werden z. b. p. 35 aus dem einem gedichte I, 10 nicht weniger als sechs durchaus unbezeugte lesarten mit bestimmtheit aus dem Ebor. angeführt.

Was endlich -den dritten abschnitt, der vom Guelferbytanus handelt (p. 43 53) , betrifft, so habe ich mich hierüber bereits geäußert und meine von Leonhard abweichende ansieht begründet, Rheinisches museum 37, p. 572 ff. Vielleicht hätte auch Leon- hard anders geurtheilt , wenn ihm die bemerkungen von Götz (daselbst p. 141 ff.) bereits bekannt gewesen wären.

Ein anhang (p. 54 65) beschäftigt sich mit einigen sj3e- cielleren kritischen fragen. In eingehender und zutreffender be- gründung wird die überlieferte reihenfolge von I, 1 gerechtfer- tigt. Von den vorzüglichen bemerkungen Vahlens (Monatsberichte der Berliner akademie p. 352 ff.) hatte Leonhard, wie es scheint, keine kenntniß. Unbegründet ist der anstoß, den er an v. 35 nimmt. Die warnende anrede an diebe und wölfe v. 33 f. dient, wie dies bei anreden so häufig ist, nur dem zwecke größerer lebendigkeit ; thatsächlich richtet sich der wünsch des dichters, daß seine heerde nicht durch raub geschädigt werde , an die götter ; daher wird er in durchaus angemessener weise mit der frömmigkeit des dich- ters motiviert. Dissens erklärung von hie ist , wie mir scheint, vollkommen ausreichend. Hiernach kann ich es auch nicht mit Leo (Philologische Untersuchungen LI, p. 31) für nothwendig halten, daß die sühnung der heerde ausdrücklich erwähnt werde. Vgl. auch Vahlen p. 355. I, 4, 15 vermuthet Leonhard sin

32 8. Cäsar. Nr. I.

statt sed. So bereits Valilen p. 347 , der aber dann selbst die änderung für nicht nothwendig erklärt hat, Sitzungsberichte 1882, p. 267. I, 4, 43 f. entscheidet sich Leonhard für die herstel- lung quamvis praetexens picea ferrugine caelum venturam admittat nimbifer eurus aqua/m: picea statt picta und admittat nimbifer statt amiciat imlrifer rühren von den Italienern her, eurus statt arcus von Huschke. Besser als nimbifer erscheint nubifer, eine andere conjectur der Italiener : vgl. Seitz De adiectivis poetarum Lati- norum coinpositis p. 21. picea und eurus halte auch ich für noth- wendig. Leo p. 18 will picta und arcus halten und gibt zum hexameter die erklärung : „die eintönige rostfarbe des kimmeis vor dem regenguß wird von den färben des regenbogens bemalt" ; der ausdruck arcus praetexit caelum picta ferrugine in diesem sinne (= arcus pingit ferruginem qua caelum praetextum est) ver- stößt indessen , wie mir scheint , allzu sehr gegen die logik , als daß man ihn dem Tibull zutrauen könnte. Für picea vgl. Zin- gerle, Zeitschrift für die österr. gymnasien 1879, p. 347. Am zweifelhaftesten bleibt der ausdruck venturam aquam admittere, wenn auch admittat von allen bis jetzt vorgeschlagenen verbal- formen die einzig denkbare ist. Eine wirklich passende parallel- stelle für diesen gebrauch hat noch niemand beigebracht; die kurze bemerkung Leonhard s hierüber ist ohne belang. Die Überlieferung I, 6, 16 wird vertheidigt und richtig erklärt, ebenso die von Bährens vorgenommene Versetzung von versen aus I, 9 nach I, 8 mit recht zurückgewiesen ; wenn aber Leonhard in I, 9 beziehungen auf I, 8 finden will , so ist dies falsch (vgl. quondam 8, 71) , ebenso freilich auch die entgegengesetzte an- nähme. Dieses verkehrte „hinübertragen von erklärungsmomen- ten aus einem gedieht ins andere" ist durch die schlagendeu bemerkungen Leos p. 23 hoffentlich ein für alle mal beseitigt. III, 1, 8 will Leonhard, wie auch andere, mit Muret tuis statt meis schreiben und v. 12 tuum stehen lassen, so daß v. 7 14 worte der musen seien. Mir scheint ein derartiger dialog zwi- schen dem dichter und den musen durchaus unmöglich ; doch gehe ich hierauf nicht näher ein, da der verf. seine ansieht ohne irgend welche begründung ausgesprochen hat. E. Hiller.

8. Cäsars kommentarien und ihre literarische und kriegs- wissenschaftliche folgewirkung. Von Max Jahns, Major im

Nr. 1. 8. Cäsar. 33

großen generalstab , lehrer an der kriegsakademie. Beiheft zum Militär-wockenblatt. 1883. Berlin, E. S. Mittler und solin.

Der Verfasser, bekanntlich ein gründlicher kenner der kriegs- geschichte, hat in sehr dankenswerther weise für alle diejenigen, welche Cäsars Schriften und seine kriegführung zum gegenständ eines eingehenden Studiums machen, eine ergänzung zu den großen werken von Grölers und Napoleons III. gegeben , nämlich eine Übersicht der gesammten literatur, welche in militärhistorischer wie in philologischer beziehung seit dem mittelalter bis auf die Jetztzeit über diesen feldherrn und schriftsteiler erschienen ist: ausgaben, Übersetzungen, erläuterungswerke, Schriften über ein- zelne seiner Unternehmungen wie über sein ganzes verfahren im felde und seine heereseinrichtungen , aufsätze über seine glaub- würdigkeit, urtheile über seine Schreibweise, alles ist hier in einer fülle vereinigt, wie man es in dieser Vollständigkeit nirgends sonst beisammen findet, und das in einer anordnung und Über- sichtlichkeit, welche das nachsuchen wesentlich erleichtern. Daß unter den ausgaben nicht alle textabdrücke, namentlich der neue- ren zeit haben aufgeführt werden können , noch auch dürfen, ist selbstverständlich; die zahl ist zu groß, und die meisten ha- ben in kritischer beziehung keinen werth; es genügt für alle zwecke , daß die grundlegenden aufgeführt , und sogar die ge- bräuchlichsten erklärenden Schulausgaben nicht übersehen worden sind. Auch die broschüren über einzelne Operationen sind in reichlicher menge aufgezählt , und schwerlich wird man eine beachtenswerthe monographie, irgend einen belangreichen journal- artikel vermissen.

Besonders anziehend für den officier, wie neu für den phi- lologen werden die aufzählung der werke und abhandlungen, welche über die feldherrngröße Cäsars und seine art den krieg zu hand- haben, sich äußern, so wie die kurzen vom Verfasser daraus ge- gebenen auszüge gefunden werden. Gerade dieses fehl beherrscht der major besser als jeder andere; und nicht nur seine belesen- heit, sondern auch die schärfe seines urtheils in der heraushe- bung der betreffenden ausspräche verdient die größte anerkennung.

Trotz des imposanten materials sind mir versehen nicht auf- gefallen. Nur die griechische Übersetzung des sogenannten mc- taphrasten dürfte jetzt wohl nicht mehr Maximus Planudes und dem vierzehnten Jahrhundert zuzuschreiben sein, uachdem ich, Philo!. Änz. XIV. 3

34 9. Curtius. Nr. I.

von einzelnen bemerkungen Schneiders ausgehend, unwiderleg- lich nachgewiesen habe , daß sie nach dem gedruckten text des Henricus Stephanus von 1544 von einem Franzosen angefertigt worden ist (Phil. XII.). Vermuthlich von Cohausen's ansieht folgend, scheint der major (p. 364) Aduatuca (im V. buche) und das oppidum Aduatucorum (im II. buche) für identisch anzusehen ; ich habe zu wiederholten malen gezeigt, daß diese annähme, trotz der namengleichheit, nicht haltbar ist; das oppidum Adua- tucorum wird , nach Göler's ermittlung , auch allgemein auf dem mont Falhize (nicht Folhize , wie bei Jahns gedruckt ist) ange- setzt, während für Aduatuca, wie er auch angiebt, die meinungen immer noch weit auseinander gehen.

Nur ein einziger druckfehler ist außerdem noch zu ver- zeichnen : mein aufsatz de codieibus Caesaris steht nicht im XXVII., sondern im XVII. band des Philologus.

Die abhandlung des majors Jahns beweist eine so bedeu- tende kenntniß , eine so umfassende gelehrsamkeit, daß sie ihm persönlich und in seiner person unserm ganzen officierstande zur höchsten ehre gereicht. H. F. Heller.

9. C. F. Kinch, Quaestiones Curtianae criticae , diss. inaug., Hauniae in librar. Gyldendal. 1883. 8. 108 p.

Ohne zweifei eine der werthvollsten arbeiten, welche die Curtiuslitteratur der letzten Jahrzehnte aufzuweisen hat, glei- chermaßen durch Selbständigkeit und gründlichkeit der forschung wie durch consequenz der methode ausgezeichnet.

Zunächst hat Kinch sich der mühe nicht überhoben, die Handschriften frage einer erneuten gründlichen Untersu- chung zu unterziehen , und ist dabei zu resultaten gelangt , die sicher als sehr beachtliche auch von denen angesehen werden müssen , welche dem verf. nicht zuzustimmen vermögen. Daß alle erhaltenen handschriften des Curtius gewisse auslassungen, Umstellungen und Verschiebungen gemeinsam haben , ist längst beobachtet und in der annähme eines gemeinsamen archetypus die naheliegende erklärung für diese erscheinung gefunden wor- den. Kinch hat sich damit nicht begnügt , der Sache weiter nachgeforscht und ist durch eine erneute sorgfältige collation des Parisinus no. 5716 und penible vergleichung desselben mit anderen handschriften zu der Überzeugung gelangt, daß von

Nr. 1. 9. Curtius. 35

diesem alten codex direkt oder indirekt alle übrigen abstammen. Bezüglich des Vaticanus 971 ist der nachweis hierfür nach des referenten ansieht von Kinch erbracht worden; auch was den ältesten Leidensis und Vossianus 8) betrifft, ist re- ferent durchaus geneigt dem verf. zuzustimmen, nicht in gleichem maße vermag er es bezüglich anderer handschriften , z. b. des Florent. A und Bernens. A, zu thun. Er kann auch den zwei- fei nicht unterdrücken, ob wirklich Kinch alle erhaltenen Codices auf den in rede stehenden punkt hin genau geprüft hat. Doch angenommen, dies sei der fall, was führt Kinch zur begründung seiner so weit tragenden behauptung an? Er weist auf einige wenige (11) stellen hin, wo sich die Verderbnisse der übrigen handschriften seiner ansieht nach aus der zufälligen beschaffen- heit des Parisinus erklären lassen. Wären diese Verderbnisse besonders charakteristische , die zahl der stellen außerdem eine erhebliche, so würde ohne zweifei diese Untersuchung von Kinch große beachtung verdienen. Allein nur 8. 13. 25 handelt es sich um eine sache von einigem belang (eine lücke von einigen zeilen), 4. 10. 29 um ausfall eines Wortes; sonst nur um minu- tien wie die irrthümliche Setzung, bez. weglassung von et, que, falsche kasusendungen usw. , also um versehen und irrthümer, wie solche in jeder handschrift auf jeder seite vorkommen. Ver- möchte Kinch 30 oder 40 stellen nachzuweisen , wo alle oder zahlreiche handschriften ungehöriges bieten und gleichzeitig ein plausibler grund der verschreibung in der beschaffenheit des Pa- risinus gefunden werden könnte, so würden auch die angeführten kleinigkeiten ins gewicht fallen. Aber das hat Kinch eben nicht vermocht. Daß beim abschreiben eines codex von 100 zeilen der copie eine mit demselben worte schließt wie die betreffende zeile des Originals, darf nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung wohl vorausgesetzt werden. Somit kann das, was dem Schreiber des Parisinus von Kinch zur last gelegt wird, füglich bereits ein abschreiber verschuldet haben, der lange vor der entstehung des Parisinus das geschichtswerk des Curtius copierte. Was aber sagt der verf. zu den zahlreichen abweichungen der übrigen hand-

2) Die Überzeugung, daß ein besonders enger Zusammenhang zwi- schen diesen zwei handschriften und dem Parisinus bestehe , hat sich dem referenten schon vor jähren aufgedrängt; insbesondere theilen jene mit diesem nach seinen beobachtungen zahlreiche Übereinstim- mungen in der Verstümmelung von eigennamen.

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36 9. Curtius. Nr. I.

Schriften vom Parisinus? Diese sind für ihn verschreibungen oder korrektorenänderungen , außerdem nimmt er noch an , daß ein- zelne handschriften (die besseren interpolati) nach einem alten guten verloren gegangenen codex auskorrigiert worden sind. In folge dessen legt er auf die allgemein so hoch gehaltenen, von vielen dem Parisinus völlig gleichgestellten 4 optimi nur einen geringen werth ; sind diese für ihn doch nur abkömmlinge jener handschrift. Was sie abweichendes bieten, ist er geneigt als Schreibfehler oder bewußte emendation anzu- sehen. In ihr recht treten sie nur ein, wo der Parisinus lücken- haft oder gar zu arg verschrieben 'ist. Dagegen stehen gewisse interpolati, insbesondere der Florent. Gr (und H J), und der Bu- densis nr. 157, daneben auch die lesarten, welche Modius aus seinen handschriften notiert , bei ihm in hohen ehren 'propter servata interdum boni veteris codicis vestigia (p. 64) und er trägt kein bedenken, diesen sogar lplus auctoritatis1 (p. 68) als dem con- sensus der 4 optimi zuzuerkennen, welche letzteren er p. 73. 79. 85 u. 97 ohne irgendwelche bevorzugung einfach mit zu den deteriores oder recentiores rechnet. Das heißt denn doch meiner ansieht nach, wie Cicero sagt (p. Arch. 8): ad ea quae habemus nihil dicere, requirere quae habere non possumus. Das nebelbild jenes alten verlorenen codex , dem Kinch so eifrig nachgeht, kann nie eine feste, greifbare gestalt gewinnen , wenn nicht ein fand gethan wird. Bereitwillig sei zugegeben , daß zahlreiche lesarten der von Kinch bevorzugten interpolati sich im hohen grade empfehlen, sowie ferner, daß manche derselben durchaus nicht den eindruck von bloßen emendationen machen. Aber was will das besagen , so lange es an einem festen kriterium fehlt, ob die bestimmte einzelne lesart aus einer handschrift oder aus dem köpfe eines korrektors stammt? Des verf. kritisches ver- halten ist nach dem gesagten folgendes : die einzige volle auk- torität ist für ihn der Parisinus und (von 10. 8. 14 ab) der di- rekt von demselben abstammende Vaticanus 971. Bei jeder textkritischen Untersuchung geht er auf die schriftzüge des Pa- risinus zurück, wobei er sorgfältig zwischen erster und späterer band unterscheidet. Wenn die lesart desselben nur nothdürftig genügt, beruhigt er sich lieber bei derselben, als daß er diesem codex unrecht geben möchte gegenüber drei oder vier ebenfalls nichtinterpolierten. Ist aber eine änderung unabweisbar, so wen-

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det er sich zunächst hülfe suchend an seine oben bezeichneten günstlinge , deren werth er nicht müde wird dem leser immer wieder nahezuführen. Thatsächlich haben ja alle herausgeber sich häutig genug entschlossen , lesarten der interpolati in den text zu nehmen , auch Zumpt , liedicke und der unterzeichnete. Aber doch nur um ihrer gute, nicht um der auktorität der hand- schriften willen, welche dieselben dem kritiker an die hand ge- ben. Kinch aber braucht nur noch einen schritt weiter zu thun, d. h. den verlorenen alten codex für ursprünglicher und werth- voller als den Parisinus zu erklären , und wir sind glücklich wieder auf den Standpunkt zurückgekehrt , welchen Foss seiner zeit in seinen Quaentiones Curtianae eingenommen hat.

Ueber einzelheiten aus diesem kapitel mit dem verf. zu rechten, überläßt referent berufeneren ; schwerlich dürfte liedicke alle einwendungen ohne weiteres gelten lassen, welche gelegent- lich gegen seine kollatiou des Parisinus erhoben werden. Trotz alledem aber sind die Untersuchungen Kinch's über die hand- schriften des Curtius als höchst verdienstliche zu bezeichnen 3) ; sie haben zu dem und jenem neuen gesichtspuukt geführt, manches einzelne in ein anderes licht gerückt und dienen vielleicht dazu, daß manche Untersuchung , weiche lauge geruht hat , durch sie wieder iu fiuß kommt.

Das hauptverdienst des schriftchens liegt aber nicht in den erörteruugen über die handschriftenfrage , sondern in der be- handlung zahlreicher (gegen 200) einzelner stellen von p. 30 99. Nicht selten handelt es sich nur um die feststellung von miuutien nach maßgabu der besten handschriftlichen auktorität, an vielen anderen stellen aber auch um erheblicheres, sinn, Zu- sammenhang , grammatik und Sprachgebrauch. Auch insofern findet abwechselung statt, als der verf. bald für die lesarten sei- nes Parisinus, der ihm instar omnium ist p. 98, den er p. 62 geradezu den codex archetypus nennt, vertheidigend eintritt, bald unumwunden deren unhaltbarkeit zugesteht und bei anderen handschriften hülle sucht, bald gegen gewaltsame abänderung des überlieferten einspräche erhebt, bald aber auch selbst zu

3) Besonders werthvoll ist die Unterscheidung der verschiedenen bände, welche nach einander die korrektur des Parisinus sich haben angelegen sein lassen.

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konjekturen , zum theil ziemlich kühnen konjekturen seine Zu- flucht nimmt.

Um mit dem sprachlichen zu beginnen, so beseitigt Kinch das wort super egr edi, das perfektum desilii, den plural macti, den nomin. masc. celebris, das absolute admovere, sodann tutus, cognosc er e und ing emiscere mit blossem ab- lativ , eximius mit genitiv, die harte construktion Cleandri metu = ob Cl. metum , equidem mit dritter person , cogere mit ut, ferner r ec ens er e, colloqui und sustinere mit acc. c. inf., praecip ere mit inf. pass. und imperare mit inf. activi, das jedenfalls höchst anstößige ab eV 5. 2. 5 = proximus ab eo, post eum ; ad haec 3. 10. 7 = praeterea (für ad /ioc), nefarius = nefastus 7. 5. 20, explereA) supplicium 7. 5. 23 u. a. m. In der überwiegenden mehrzahl der fälle ist er sicher in seinem rechte , mitunter aber verfällt er unläugbar in den fehler , der Überlieferung gewalt anzuthun, um nur uniformität oder korrekt- heit herzustellen. So ist er geneigt (p. 97), vier stellen zu än- dern , damit indui nur mit dem accus, verbunden erscheine, zwei stellen (p. 35), damit das tonwort bei Curtius stets zwischen non. .modo eingeschoben sei, möchte bei non solum , quidem, quo- que am liebsten überall die gewöhnliche Wortfolge herstellen (p. 67) und schreckt nicht davor zurück (p. 51) an 6 stellen kleine - - vollständige oder abgekürzte komparativsätze mit quam, die ihm überflüssig oder störend zu sein scheinen, als einschiebsei zu streichen 5). Aber derartige ausschreitungen, wenn es erlaubt ist , sie so zu nennen , finden sich doch nur vereinzelt. Im all- gemeinen zeigt sich der verf. der Überlieferung gegenüber viel- mehr bis zur peinlichkeit respektvoll und leistet mitunter schier erstaunliches in der vertheidigung derselben (so z. b. die bemer- kung über tarn levi auctore p. 55 , über perniciem sui p. 107). Die ganze feinheit der Madvig'schen grammatischen schule zeigt die behandlung von stellen wie 5. 8. 6, 6. 2. 11, 6. 7. 17, 6. 10. 7, 7. 2. 2 6); als ein gründlicher kenner des Curtianischen

4) Für explendi wird, jedenfalls mit recht, expetendi vorgeschlagen.

5) Wer sollte auf den einfall gekommen sein, z. b. 8.14.20 quam ducis oder 9. 4. 30 quam respondit zur erklärung einzuschieben?

6) Es finden sich dort feine beobachtungen über pluris aestimare c. abl. compar., die weglassung von qui in gewissen fällen, neque = neque enim in parenthesen, folgesätze abhängig von irrealen sätzen, den gebrauch von haud sane bei Curtius.

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Sprachgebrauchs erweist sich der verf. aller orten. Die beden- ken, welche Kinch gegen maior patria 4. 3. 22, adnuere deditio- nem 8. 2. 28, subicere Asiam ohne dativ 8. 1. 37 u. a. erhoben hat, werden ohne zweifei in erwägung zu ziehen sein, wie nicht minder die von ihm erhobene einwendung gegen ag entium gratias 7. 2. 36 und transmitted- e = o?nitiere 9. 4. 17. Aber sicherlich ist Kinch nicht im rechte und meistert die Über- lieferung in ungehöriger weise , wenn er den substantivischen gebrauch von pra ecipuum bei guten autoren (p. 76) läugnet, in sustinere non posse eine unerträgliche tautologie findet (p. 52), primum 4. 8. 1 und 10. 6. 3 ohne weiteres in primo verwandelt. Ebensowenig wird es billigung linden, daß er ge- brauchsweisen , die dem schriftsteiler fremd sind, wie supra = praeterea, inrisui esse, pudorem conformare, das pathetische inunc1) durch koujektur in den text bringen will.

Aber Kinch hat nicht nur als grammatiker und Stilist den text seines autors sorgfältigst durchmustert, gar häufig beziehen sich seine bemerkungen auch auf die sache , den sinn und ge- daukenzusammenhaug. In der aufspürung von schaden bekun- det Kinch ohne zweifei einen großen Scharfsinn. Die heiluug derselben ist ihm natürlich nur dann und wann voll gelungen. Nach des referenten ansieht sind die von Kinch zu 3. 11. 4, 4. 14. 15, 5. 7. 5, 6. 4. 18, 8.9.13 vorgeschlagenen Streichungen ebenso einleuchtend als die 7. 2. 2 , 8. 8. 14, 8. 10. 12 em- pfohlenen einschiebungen , wie auch die eine und andere der p. 88 in Vorschlag gebrachten größeren transpositionen. Ob frei- lich ein herausgeber ohne weiteres alles das auszuführen wagen darf, was Kinch empfiehlt , ist eine andere frage. Welcherlei versehen, nachlässigkeiten, logische oder stilistische unfertigkeiten man einem autor zutrauen dürfe , das sind unendlich schwer zu beantwortende fragen und ein gewissenhafter herausgeber wird im zweifelsfalle es sicher vorziehen, an einer wenig zusagenden Überlieferung festzuhalten als gefahr zu laufen, an seinem autor unberechtigte korrektur zu üben. Nur einige wenige beispiele. Daß 4. 2. 22 die zeilen et quo . . mare nicht am platze sind, vortrefflich aber an den schluss von p. 19 passen würden, hat Zumpt so gut eingesehen wie die ganze reihe von herausgebern seit AWus und Giunta ; er hat sich aber doch nicht entschließen 7) Bekanntlich besonders häufig bei Seneca.

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mögen die transposition vorzunehmen. Ebenso wenig würde ich den muth haben, 8. 8. 12 die worte et sane . . . circumfluit mit Kinch nach § 9 einzuschieben, so einleuchtend auch dieser Vor- schlag ist. So steht es mit mancher der vorgeschlagenen Strei- chungen. Daß 4. 6. 23 urbis völlig entbehrlich ist und lästig dazu, da interiora urbis unmittelbar vorhergeht, sei bereitwilligst zugegeben, aber Curtius, wie Kinch selbst p. 75 zugiebt, wie- derholt recht häufig dasselbe wort nach kurzem intervall, sogar

2, ja 3 mal (so undique 4. 3. 13 u. 14, wo es jedenfalls an einer stelle zu streichen ist, so ignis 8. 10. 8, ripa 7. 9. 5; su- pervenire 9. 5. 15). Das nämliche gilt von manchem Vorschlag anderer art, den Kinch macht. Außerordentlich einfach ist es,

3. 6. 6 in den Worten satius est alieno me mori scelere quam metu nostro das neben nostro entschieden frappierende me zu streichen, aber Cicero läßt in Catil. 1. 22 nach kurzem intervall auf mea voce folgen nobis = mihi und Vell. Pat. 2. 111 schreibt sogar: in quaestura legatus . . . missus, quas nos . . acies hostium vidimus. Muß ein herausgeber im hinblick auf solche und ähnliche stellen nicht bedenken tragen , die Streichung vorzunehmen aus furcht , eine eigenthümlichkeit des Schriftstellers eigenmächtig zu beseitigen ?

Wie viele oder wenige der von Kinch vorgeschlagenen än- derungen es verdienen , in den zukünftigen ausgaben aufnähme zu finden, darüber traut sich referent kein ganz unbefangenes urtheil zu. Er beschränkt sich daher auf einige wenige bemer- kungen, indem er die stellen kurz bezeichnet, wo e r mit voller entschiedenheit für oder gegen die aufstellungen Kinch 's partei nimmt. Unverständlich ist ihm die konjektur quam Choerili 8. 5. 8 geblieben; p. 98 z, e. ist offenbar etwas ausgefallen, die letzten zeilen daselbst beziehen sich nicht auf 10. 6. 9, sondern auf 10. 6. 18 und die conjektur expetebat wird im hinblick auf das unmittelbar darauf folgende appeteret wohl niemandem an- nehmbar erscheinen. Ebenso wenig dürften 3. 11. 20 quo plus raperent, 5. 8. 1 regentibus, 5. 12. 16 amplissimis, 6. 11. 32 ra- tio für causa, 8. 10. 10 quidam, 10. 1. 26 aeque beifall finden. Dagegen findet referent in hohem grade beachtlich folgende Vorschläge: 4. 3. 22 in maiorum patria, 6. 11. 6 sollicitet quis praesit, 7. 7. 25 ex iis für extis, 9. 4. 23 duceret ut dis secundis. Nahezu evident aber erscheinen ihm die konjekturen : 3. 3. 20 spiculo aureo, 7. 5. 10 succurrerent , 7. 5. 23 expetendi (s. o.), 7.

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10. 4 trudi für tralä, 9. 4. 27 ro omüteret aut certe, 9. 5. 11 subrecto, 10. 5. 28 ea ademerat und 10. 6. 19 sedi erant.

Das mitgetbeilte wird genügen, auch weitere kreise der fachgenossen für das schriftchen von Kinch zu interessieren ; für diejenigen , welche sich mit Curtius besonders beschäftigen , ist der hinweis auf dasselbe von vornherein ja unnöthig gewesen. Daß seit langer zeit keine arbeit über diesen Schriftsteller er- schienen ist, welche so aus dem vollen geschöpft und so vielsei- tiges interesse zu erregen geeignet ist als die angezeigte des jungen dänischen gelehrten, darüber werden wohl alle fachmän- ner übereinstimmen , welche von derselben eingehend kenntniß genommen haben. Kinch hat sich eine genaue kollation des Budensis verschafft, ebenso eine solche von den letzten partien des Vatican. 971, also des codex, welcher von 10. 2. 10 bis 10. 5. 8 und sodann von 10. 8. 14 ab ein gewisser ersatz für den dort lückenhaften, bez. abbrechenden Parisinus ist, hat end- lich die letztgenannte handschrift aufs neue und, wie es scheint, sehr sorgfältig selbst verglichen. Außerdem hat er die noten von Modius und Merula wie den handschriftlichen apparat Sna- kenburg's und Zumpt's ebenso genau wie mit selbständigem ur- theil nochmals durchgearbeitet. Schon aus diesen rücksichten muß seine arbeit als eine höchst dankenswerthe bereicherung unserer Curtiuslitteratur angesehen werden ; der werth derselben wird aber ganz erheblich noch dadurch gesteigert, daß Kinch nicht einseitig sich mit diplomatischer kritik beschäftigt, sondern auch als feinsinniger interpret des Schriftstellers und gründlicher kenner seines Sprachgebrauchs sich bewährt hat, wenn auch ohne zweifei manches von dem , was derselbe mit einer gewissen ke- cken Zuversicht behauptet , einer ruhigeren betrachtung gegen- über sich als unrichtig, wenigstens als sehr anfechtbar erweisen wird. Th. Vogel.

10. Eduard Stroebel, De Ciceronis de oratore librorum codicibus mutilis antiquioribus. Diss. inauguralis. Erlang. 1883. 76 p. 8.

Der verf. dieser fleißigen abhandlung giebt mehr, als er ankündigt ; denn außer den älteren codd. mutili , welchen er die ersten beiden kapitel widmet, bespricht er in einem dritten die jüngeren mutili, in einem vierten die integri, und schließt

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in einem fünften mit variae adnotationes criticae. Für die bei- den ersten kapitel standen ihm eine neue kollation des Abrin- censis von Ferd. Heerdegen , eine von A. Luchs angefertigte des Harleianus und eine von ihm selbst besorgte des älteren Erlangensis zu geböte. Auf grund dieses handschriftlichen ap- parats unternimmt er es, eine jede der genannten handschriften unter berücksichtigung des umfangs der in ihnen enthaltenen frag- mente , der in ihnen angewandten schriftform und Schreibweise, sowie der auslassungen , zusätze und anderer Verderbnisse nach ihrem werthe zu prüfen und das Verhältnis derselben zu ein- ander sowie zu dem gemeinsamen archetypus festzustellen. Er thut dies in einer etwas weitschweifigen, bisweilen selbst ermüden- den weise, indem er unwesentliche oder auch allgemein bekannte und abgemachte punkte mit gleicher Umständlichkeit erörtert wie solche , welche für die förderung der Wissenschaft von belang sind. Dabei nimmt er zugleich an vielen stellen auf die lei- stungen der neueren herausgeber dieser schrift oder andere die- selbe betreffenden arbeiten zustimmend oder ablehnend bezug und macht gelegentlich auch selbständige vorschlage zur Ver- besserung des textes. Es kann nicht ausbleiben , daß er mit seinen vermuthungen und Schlüssen öfters auf bedenken oder Widerspruch stoßen wird. Nichtsdestoweniger kann dieser arbeit nicht jegliches verdienst abgesprochen werden , insofern die Zu- sammenstellung ähnlicher oder zusammengehörender punkte die Orientierung erleichtert und eine sichere und schnellere beur- theilung der vorhandenen schaden möglich macht. Der werth- vollste theil der ganzen abhandlung dürfte aber in dem ab- schnitt enthalten sein , in welchem der cod. Harlei. ausführlich besprochen und zu allgemeinerer kenntnis gebracht wird , ein cod. , welcher zwar flüchtig geschrieben und infolge dessen mit nicht wenigen , ihm eigen thümlichen fehlem behaftet ist , aber dessenungeachtet mehr glaubwürdigkeit als der ältere Erlanger verdient, abgesehen davon, daß in ihm einige abschnitte ent- halten sind, welche in den beiden übrigen älteren mutili fehlen. Sie umfassen von lib. I. die §§ 123—128 und 151 193, von lib. II. die §§13 19 und 234 245, welche im Abrincensis erst von jüngerer hand hinzugefügt sind, und in lib. III die §§ 149 171, welche in derselben handschrift ebenfalls von einer spä- teren hand herrühren. Im übrigen behält der Abrinc. nach wie

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vor den ersten platz unter diesen 3 Handschriften, deren gegen- seitiges Verhältnis der verf. so feststellt, daß der Abrinc. und Harlei. beide mittelbar, aber in gleich weitem abstände aus dem archetypus geflossen sind , während der ältere Erlang, erst aus einer schwesterhandschrift des Abrincensis herzuleiten ist. Es ist ihm gelungen, den beweis hierfür in ziemlich überzeugender weise zu führen. Demnach wird der Harleianus immer in erster linie nach dem Abrincensis zu berücksichtigen sein.

Daß ref. mit dem kritischen urtheil des verf. nicht immer einverstanden sein kann, ist schon oben angedeutet worden. Um dies zu illustrieren , mögen einige ohne wähl herausgegriffene beispiele folgen. Lib. II. 55 , 224 bieten sämmtliche mutili die lesart locum, aus welcher die neueren herausgeber außer Kayser lotum gemacht haben, während Stroebel (mit ihm freilich auch Stangl) der von Kayser festgehaltenen vulgata locutum den Vor- zug einräumt. Aber zugegeben, daß locum aus locutum verderbt werden konnte, wie andere beispiele der mutili beweisen, so liegt es doch aus paläographischem gründe näher, lotum als ursprüng- liche lesart anzunehmen, welche zumal auch dem gedanken mehr entsprechen dürfte. Denn es kam doch nur darauf an, das zu- sammen sein im bade, natürlich zu dem zweck, zu welchem überhaupt bäder besucht werden, zu betonen. Auch in den vor- hergehenden beispielen wird immer nur ein zusammen sein mit den söhnen (essemus , eramus , assedimus) erwähnt, und durch lo- cutum würde lediglich ein fremdartiges und durch nichts moti- viertes moment hinzugebracht werden. Die partikel etiam spricht zum mindesten nicht für locutum. [I. 44, 177, wo sämmt- liche hauptglieder der periode asyndetisch neben einander ge- stellt sind, würde et vor ex iisdem sogar im Widerspruch mit den handschriften fehlen müssen; um so auffälliger ist es, daß Stroe- bel es verlangt, während es die mutili nicht haben. Daß ref. über II. 12, 52: ei qui heut anders denkt als vor 18 jähren, ist aus seiner anm. zu de or. I. 59 , 253 (2. aufl.) ersichtlich. II. 13 , 57 ist ex clarissima quasi rhetorum officina von dem unterzeichneten wegen der handschriftlich beglaubigten Wortstel- lung geschrieben worden und dürfte trotz Adler festzuhalten sein. Wie quasi vor dem sing, rhetoris gerechtfertigt werden könnte, ist nicht recht erfindlich, da Isocrates ein wirklicher rhetor war, seine schüler aber nicht, wie Adler glaubt, bloß

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redner waren , sondern , obgleich rhetorisch gebildet , sich auch anderen berufszweigen zuwandten. Vgl. übrigens de Fin. V. 3, 7: ex hac tamquam omnium artificum officina. II. 17, 72 giebt der gedankenzusammenhang deutlich zu erkennen, daß aut tam- quam machinatione cet. nur die steigernde fortsetzung des durch das wiederholte aut gegliederten und nur durch die parenthese in quo saepe deducendum est unterbrochenen Satzes enthält, welcher mit cum begonnen worden ist. Es kann daher aut vor tamquam nicht durch ein neues cum ersetzt werden. II. 45, 190 kann das hinter accesserit in den mutili stehende s nur als die von dem abschreiber selbst hinzugefügte Verbesserung des von ihm gemachten und bald bemerkten Schreibfehlers angesehen werden und daher nur accesseris richtig sein. II. 28 , 125 wird, mag man nun non hoc maxime oder hoc non maxime lesen, im folgenden doch quae semper statt ea semper nothwendig sein, wenn anders in quibus, wie es der gedanke erfordert, seine be- ziehung auf den mit sed haec beginnenden satz behalten soll. III. 46, 180 ist et vor templa nicht bloß aus handschriftlichem gründe sondern auch darum wegzulassen, weil auf columnae das hauplgewicht ruht , welches eine beeinträchtigung erführe, wenn zugleich templa und porticus durch eine gliederung mittelst et et mehr hervorgehoben würde.

Solcher stellen , an denen ref. mit dem verf. nicht einver- standen ist, könnten noch manche angeführt werden. Aber an- drerseits ist auch anzuerkennen, daß er öfters das richtige ge- troffen und seine ansieht mit guten gründen gestützt hat. So z. b. ist auf p. 10 mit recht daran erinnert worden, daß IL 71, 290 ebenso wie 57,234 deversorio und nicht diversorio zu schrei- ben ist. Gut ist auch auf p. 12 die bemerkung, daß III. 46, 181 possit , nicht posset zu lesen, ferner auf p. 38, daß IL 82, 333 est hinter vitanda einzufügen, auf p. 41, daß aliqui dolos statt aliquis zu setzen sein dürfte, sowie auf p. 45, daß die von dem unterzeichneten gewählten lesarten IL 57 , 233 und 77, 314 ne quae und si quae statt ne qua und si qua handschriftlich nicht genügend beglaubigt sind. Ebenso ist auch p. 71 sehr wahrscheinlich gemacht worden, daß III. 29, 115 das in den ältesten mutili vor possit stehende facere nicht wegzulassen ist. Ueberhaupt geht aus dieser abhandlung, namentlich aber aus den verdienstvollen Untersuchungen Stangls als unzweifelhaft her-

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vor, daß von dem gegenwärtig bekannten handschriftlichen ma- terial die codd. mutili noch mehr auszunützen sind, als von dem unterzeichneten in seiner ausgäbe der bücher de oratore schon geschehen ist. Anders wird sich möglicher weise die sache her- ausstellen, wenn es gelingen sollte, durch eine noch ausstehende genaue vergleichung der integri den text des verloren gegange- nen cod. Laudensis festzustellen, in welchem falle die jetzt im Vordergründe stehenden handschriften leicht ihren vorrang ein- büßen können; denn daß dieser cod. immer nur in den vorher unbekannten theilen abgeschrieben , in den übrigen aber ledig- lich zur ergänzung und berichtigung herangezogen worden sei, wird heut schwerlich noch jemand glauben. Daß dies freilich von den Schreibern des lg. 3 und 6 geschehen ist, hat der verf. wahrscheinlich gemacht.

Von den jüngeren mutili urtheilt er mit recht , daß sie ne- ben den älteren nicht mehr in betracht kommen. Der Erlang. II soll aus dem Abrincensis und nur in einem theile aus dem Harleianus geflossen, der Erfurtensis aber ganz auf den letzteren zurückzuführen sein.

Uebrigens scheint der verf. über die handschriftlichen les- arten nicht immer ganz genau berichtet zu haben. Wenn er z. b. auf p. 33 mittheilt, daß 11.28, 128 im Abrinc, Erl. I. und Harleianus meae totius in dicendo orationis stehe, so ist zu bemer- ken, daß nach dem dem ref. vorliegenden handschriftlichen inate- rial so nur in A und H steht, und zwar in dicend orationis. Auch II. 55, 223 scheint in A nicht duos (lectores), sondern duo l. zu stehen-, IL 57, 233 fehlt in A tibi vor causam; 58, 237 steht in A parcendum autern est maxime , in H parcendum est autem maxime; 77, 315 findet sich nicht in A und E, sondern in A und H volgare atque commune, und ebenso beruht es wohl auf einem irrthum , wenn über III. 37, 150 mitgetheilt wird, daß dort in A und H est vor ponderandus stehe. Auch p. 47 ist rerum sed usu gewiß ein Schreibfehler statt in rerum vel usu.

Was endlich das latein des verf. betrifft, so ist anzuerken- nen, daß er sich eines deutlichen und im allgemeinen gewandten stils bedient hat. Immerhin dürfte aber an einzelnen ausdrücken anstoß zu nehmen sein , wie z. b. auf p. 2 an [codicum) contem- plationc, p. 3 an der Verbindung von silentio mit praetermittam, dem häufig gebrauchten contendcre für unser behaupten, an

46 11. Weltgeschichte. Nr. 1.

probabiliter, wenn es einen erklärenden zusatz oder eine apposi- tion anknüpfen soll, für eine Wendung mit videri, sowie an ap- tae sunt, ut persuadeant (p. 24). Gustav Sorof.

11. Ranke, L. von, Weltgeschichte. Bd. 1.2. 3. Zweite aufl. Leipzig, Duncker & Humblot 1881 83. 8.

Die höchste aufgäbe , die der historiker sich stellen kann ist es ohne frage , eine Weltgeschichte zu schreiben ; und doch drohte dieser gedanke uns allmählich abhanden zu kommen. Arbeitsteilung ist die parole des tages , d. h. auf dem gebiete der Wissenschaft : detailforschung und spezialisirung, die in einem umfange durchgeführt wird von dem man früher keine ahnung hatte. Namentlich das gebiet der geschichtsforschung zerfällt in zwei theile , die durch eine breite kluft getrennt sind : das alterthum auf der einen, mittelalter und neuzeit auf der andern seite ; und die forscher sind zu zählen , welche diese kluft zu überschreiten und auf beiden seiten selbständig zu arbeiten ge- wagt haben. Die meisten beschränken sich entweder auf die- ses oder jenes gebiet, ja die beschränkung geht auf dieser, wie auf jener seite noch viel weiter. Viele sind nur beschäftigt bausteine zu formen und regelrecht zu behauen , ohne daß ih- nen jemals der gedanke kommt, selbstständig daraus ein gebäude aufzuführen. Um so freudigeren empfang findet also der bau- meister , der auf der einen seite bereits eine reihe von pracht- bauten aufgeführt hat, und sich nun auch der anderen seite zu- wendet, um alles zu einer einheit zusammenzufassen.

Man weiß in der that kaum, was man mehr an Ranke be- wundern soll, den muth in seinem alter ein so weitaussehendes unternehmen zu beginnen, oder die arbeitskraft und geistige frische mit der es ausgeführt wird, oder die Vielseitigkeit der interessen oder die geschickte gliederung und auswahl des fast unermesslichen Stoffes. Rankes Weltgeschichte will und kann kein handbuch für gelehrte forschung sein ; sie ist für gebildete (im besten sinne des wortes) und nicht für gelehrte geschrieben und daher von ersteren auch freudiger begrüßt worden als von letzteren. Fachleute können immer noch bei einer reihe von fragen mit recht behaupten, daß sie mehr und besseres davon verstehen als Ranke und noch kürzlich sind z. b. in einer ita- lienischen Zeitschrift eine reihe von ausstellungen besonders ge-

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gen den ersten band gemacht, die zum theil ihre berechtigung haben, da Eanke sich für seine Weltgeschichte in eine menge von fragen einzuarbeiten hatte, die, wie wir jetzt sehen, auch frü- her nie gänzlich außer seinem horizont gelegen , aber doch mit seinem eigentlichen arbeitsfeld nur wenig berührung hatten. Daß der spezialforscher dem verf. hier oftmals überlegen ist, kann natürlich nicht in abrede gestellt werden. Allein dieser nachtheil, der nicht weggeleugnet werden soll, wird aufgewogen durch vortheile , die den verf. bei seiner arbeit unterstützten. Was wir an dem großen werke von Ranke besitzen , sieht man recht deutlich, wenn wir dasselbe mit anderen vergleichen, die denselben titel führen. Keiner der mit Ranke zusammen auch nur genannt werden dürfte, hat sich jemals dieses ziel gesteckt.

Zunächst ist es natürlich von besonderem interesse , das urtheil eines geistreichen historikers zu hören , der völlig unab- hängig den jeweiligen schulmeinungen gegenübersteht ; sodann ist doch die historische methode, die bei der alten geschichte an- gewendet wird, schließlich dieselbe, welche beim mittelalter und der neuzeit angewendet wird : wer also hier sein äuge durch übung geschärft hat wird es auch dort zu brauchen wissen.

Mit instinctiver Sicherheit erfaßt verf. den eigentlichen kern und das wesen der sache, während andere, die sich zu lange bei nebendingen aufhalten , den richtigen maaßstab bei Würdigung verlieren. Wer in dem maaße wie Ranke die ganze spätere geschichte beherrscht, der findet natürlich bei der alten ge- schichte eine menge von analogen Verhältnissen, die für ihn durch parallelen aus der späteren zeit sofort klar werden.

Universalgeschichte ist das eigentliche fach des verf.; grade diejenigen partieen, wo die beziehungen und Verwickelungen sich häufen, wo die fäden hinüber und herüber führen, deren auffas- sung und darlegung also die meisten Schwierigkeiten bietet, sind sein element und wir bewundern seine klarheit niemals mehr als wenn er einen scheinbar hoffnungslos verwirrten knoten nur in die band zu nehmen braucht, um die verschlungenen fäden gleichsam von selbst sich entwirren zu sehen. Seine darstel- lung ist einfach und klar, ohne tendenz und anachronismen, seine spräche frei von rhetorischem prunk und sucht eher durch eine allgemeine reflexion oder durch eine spezielle parallele zu erklären. Meistens läßt Ranke die Sachen selber wirken und

48 11. Weltgeschichte. Nr. 1.

bemerkt höchstens, weßhalb sie wichtig sind. Ohne durch that- sachen zu erdrücken, versteht er es meisterhaft sie so zu grup- piren , daß dem leser die eigentlich leitenden grundgedanken in ihrer eigenthümlichkeit klar werden.

Den resultaten neuerer skepsis gegenüber verhält Ranke sich meistens sehr und wir können wohl hinzufügen zu sehr skeptisch, während er andrerseits die positiven ergänzuugen der früher lückenhaften Überlieferung, wie sie uns z. b. die assyrio- logie bietet mit dank entgegen nimmt, trotz der principiellen be- denken, die vor wenigen jähren v. Gutschmid in dieser hinsieht ausgesprochen hat.

„Die erde war bewohnbar geworden und wurde bewohnt", „die Völker waren geschieden und standen in mannigfaltigen beziehungen unter einander; sie besaßen anfange der eultnr lange bevor die schrift erfunden war und auf diese allein ist doch die geschichte angewiesen" so lauten die schönen und vielsagenden eingangsworte, die den leser sofort auf den richtigen Standpunkt stellen und eine reihe von unnützen fragen sofort abschneiden.

Dann schildert er im ersten theil , dessen schwieriger Stoff besonders geschickt disponirt ist: die älteste völkergruppe und die Griechen: 1) Amon-Ra Jehova und das alte Aegypten, 2) das israelitische zwölfstämmereich, 3) Tyrus und Assur, 4) Medo-per- sisches reich, 5) das ältere Hellas, 6) zusammentreffen der Grie- chen mit dem persischen weitreich, 7) demokratie von Athen, 8) antagonismus und fortbildung der ideen über die göttlichen dinge in der griechischen literatur, 9) persisch - griechische Ver- wickelungen, 10) die macedonische weitmacht, 11) Ursprung der macedonisch-hellenistischen königreiche, 12) ein blick auf Kar- thago und Syrakus. Der zweite band führt dann die Welt- geschichte von Agathokles bis zu Augustus , nachdem im ein- gang natürlich die ganze ältere sage und geschichte des alten Roms nachgeholt ist. Ranke zeigt sich conservativer als Niebuhr und Mommsen ; ob Romulus und Nurna mythische oder historische Persönlichkeiten sind, läßt er unentschieden (2, 22) und auch eine reihe von aneedoten die in der älteren Überlieferung der Römer eine solche rolle spielen , bringt er nicht über das herz einfach zu streichen. Auf mehr Zustimmung kann er rechnen , da wo der anschluß an den vorigen band wieder erreicht ist und die geschicke von Italien, Sicilien, Hellas und Karthago anfangen

Nr. 1. 11. Weltgeschichte. 49

sich zu verflechten. Der erste halbband schließt mit der er- oberung von Nmnantia , der zweite trägt die Überschrift : Die römische republik und ihre Weltherrschaft, und schildert beson- ders ausführlich die sich ablösenden bürgerlichen unruhen, revo- lutionen und bürgerkriege , die sich dann wieder mit der äuße- ren politik verflechten. Bei aller anerkennung von Cäsars ge- rne hält Ranke sich doch von dem jetzt beliebten Cäsarkultus fern; auch Pompejus ist allerdings keine große ersten ranges, wird aber doch nicht lächerlich gemacht, ebenso wie Cicero, der gelegentlich mit Demosthenes in parallele gestellt wird.

Der dritte band gibt dann die altrömische kaisergeschichte von Tiberius bis auf Constantin. Es ließ sich voraussehen, daß dieser band der schwächste des ganzen werkes werden würde , und, wenn ich nicht irre, ist er es geworden. Es hieße einem werke wie dem Rankeschen unrecht thun , wenn man in kleinlicher weise eine reihe von einzelheiten herausgreifen wollte, bei denen seine ausführungen zweifelhaft oder vielleicht gar falsch sind; denn derartiges ist bei der große und der Schwierigkeit des ge- genständes natürlich unvermeidlich und kann das gesammturtheil nur wenig modificiren. Ueber das was auf dem gebiete der kaiser- geschichte geleistet und was noch zu leisten ist wurde grade kürz- lich in dieser Zeitschrift (13, 3, 223) gehandelt bei besprechung der fast gleichzeitig erschienenen kaisergeschichte von Schiller, es mag also genügen, hier der kürze wegen darauf zu verweisen. Große Veränderungen bereiten sich hier vor, welche die kaiser- geschichte auf eine neue basis stellen, einige vorarbeiten sind bereits gemacht, für andere wenigstens neues material gewon- nen •, hier muß viel mühsame detailarbeit vorhergehen , ehe an eine abschließende kaisergeschichte gedacht werden kann. Diese Untersuchungen wollte der verf. nicht machen und konnte er nicht machen , selbst wenn er ihnen den ganzen rest seines le- bens gewidmet hätte. Wie mühsam es war das vorhandene ma- terial zu sammeln, lehrt z. b. ein blick in die Schillersche kai- sergeschichte, obgleich auch hier Vollständigkeit natürlich weder erstrebt noch erreicht wurde. Diese details konnten natürlich in ein werk nicht aufgenommen werden, das auf viel beschränkterem räum in großen zügen zeichnen will ; sie mußten also nicht einen theil aber doch die Voraussetzung eines derartigen werkes bilden. Wir besitzen bereits eine kaisergeschichte die durch einen Philol. Aaz. XIV. 4

50 11. Weltgeschichte. Nr. 1.

berühmten namen geziert ist. Aus Niebuhrs nachlaß ist im dritten bände seiner vortrage eine skizze der römischen kaisergeschichte gedruckt worden. Kann man nun sagen, daß Ranke einen be- deutenden fortschritt über Niebuhr hinaus bezeichnet? Wohl nur in einigen fragen ; in anderen dagegen nicht. Man hätte denken sollen , daß die universalhistorische auffassung und dar- stellung des verf. sich grade bei der kaiserzeit in ihrem glän- zendsten lichte zeigen würde , weil spezielle geschichte der ein- zelnen stamme und Staaten hier in die geschichte des gesammt- reiches aufgegangen ist. Diese erwartung wird aber nicht er- füllt, weil die provinzen ihre staatliche Selbstständigkeit verloren haben und hier also die hervorragenden punkte fehlen, an welche der verf. seine fäden anknüpfen könnte. Der hellenistische osten wird hier z. b. viel weniger berücksichtigt als in den vorher- gehenden partien, in denen er noch durch eigene fürsten regiert wurde. In der kaiserzeit wäre die Universalgeschichte eigentlich provinzialgeschichte geworden, die der verf., wie es scheint, ab- sichtlich nicht geben will. Bei der regierung des Titus , die kaum eine halbe seite (3 p. 257) füllt, wird Pompeji, das für kenntniß des municipalen lebens so wichtig ist, nicht einmal ge- nannt. Was er gibt, ist im wesentlichen , wie bei Tacitus , re- gentengeschichte8), allerdings ergänzt durch eine skizze der litte- raturgeschichte , der entwickelung des rechts und des christen- thumes. Namentlich der Ursprung des christenthums und seine weitere entwickelung sind mit besonderer liebe und Sorgfalt aus- gearbeitet und werden namentlich denen erwünscht sein, welche den dogmatischen Standpunkt des verf. theilen.

Daß andere , ebenfalls wichtige , gesichtspunkte dabei zu kurz kommen, läßt sich nicht leugnen; denn der räum für die darstellung ist ein sehr beschränkter, weil der verf. die zweite hälfte mit analecten d. h. kritischen erörterungen zur alten ge- schichte angefüllt hat, in denen er seine auffassung in den vor- hergehenden partien begründet und für einzelne fragen den werth

8) 3 S. 108—9 bezweifelt der verf. z. b., daß Claudius von Agrip- pina vergiftet sei und fragt, aus welchem gründe sie das gethan ha- ben sollte ? Die antwort ist, wie mir scheint, ziemlich einfach : Weil nach ihren planen der thronwechsel zu einer zeit stattfinden mußte, in der ihr söhn noch einen vorsprung vor dem Britannicus hatte, der mit jedem jähre geringer werden mußte und aufhörte, wenn der tod des Claudius so spät erfolgte, daß sein eigener söhn ihm unmittelbar folgen konnte.

Nr. 1. 12. Alte geschichte. 51

der angaben des Josephus Diodor Polybius etc. einer prüfung unterzieht. Ein anderer würde derartige Untersuchungen in irgend einer gelehrten Zeitschrift veröffentlicht haben und nicht einen monumentalen bau dadurch entstellt haben, daß er einen theil des gerüstes stehen läßt , der ihm bei der arbeit gedient hat. In diesen analecten sind manche feine und treffende be- merkungen vorhanden, namentlich in dem excurse über Tacitus; andere dagegen bleiben natürlich bestreitbar-, und mit einiger Wahrscheinlichkeit können wir für die zukunft programmen und dissertationen entgegen sehen, in denen die verf. sich ihre sporen verdienen wollen durch polemik gegen einen mann wie Ranke. Man begreift kaum, weßhalb der verf. und Verleger nicht lieber einen anderen ausweg vorgezogen haben.

Druck und ausstattung des buches sind vortrefflich-, aber der preis ist hoch.

12 Phönizier in Akarnanien. Untersuchungen zur phö- nizischen kolonial- und handelsgeschichte mit besonderer rück- sicht auf das westliche Griechenland von Eugen Oberhum- mer. München, Ackermann 1882. 86 p. gr. 8.

Bei der beschäftigung mit den vorarbeiten zu einer ge- schichte Akarnaniens ist der Verfasser auf verschiedene spuren phoinikischer herrschaft, wie er glaubt, gestoßen, deren Verfol- gung es nothwendig machte , der Untersuchung sowohl geogra- phisch als in ansehung der einschlagenden Studienfächer eine weitere ausdehnung zu geben ; das ergebniß der mit eingehen- dem fleiß, mit gelehrsamkeit und kritischem streben gearbeiteten schrift dürfte , wenn auch vieles theils widerlegbar theils zwei- felhaft erscheint , doch in der hauptsache für gesichert gelten und dem verf. das verdienst zukommen, einen neuen mittelpunkt semitischer ansiedlung in Hellas wahrscheinlich gemacht zu ha- ben. Den weg zu diesem ziele bahnt er sich durch die Zusam- menstellung der in der nachbarschaft Akarnaniens von den Vor- gängern aufgefundenen spuren : so auf den inseln der namen Same, Ithaka (vgl. Utica), Molokas, Minoia und des cultes der Laphria-Britomartis ; andere, zum theil minder einleuchtende wer- den aus der Peloponnesos beigebracht; noch weniger möchten wir auf die epeirotischen geben : die Stadt Phoinike ist jungen

datums , wie überhaupt noch in der mitte des vierten jahrhun-

4*

52 12. Alte geschiente. Nr. 1.

derts es außer den hellenischen colonien keine städte in Epeiros gegeben hat. Geryones , wenn anders er als phoinikisch in an- sprach genommen werden darf, war weder ein könig der Am- philocher noch ist sein kämpf mit Herakles in die gegend von Ambrakia verlegt worden ; nur eine vermuthung des Hekataios war es , daß er könig zr/s rjntiQOv Trjg 7i?q\ ^A^ßQaniav tu aal ' Anqilöiovg (Arrian Alex. II 16) gewesen sei, womit weiter nichts als eine Umschreibung des späteren namens Epeiros gege- ben werden soll, aber er meinte Nordepeiros , wo die Xaoivot ßnsi; zu hause waren, und dort nennt auch Skylax das angeb- liche Erytheia. Semitische, in Phoinikien (oder bei Phoinikern) wiederkehrende Ortsnamen Akarnaniens weiß verf. drei zu nen- nen : den der Stadt Marathos, deren läge er mit Wahrscheinlich- keit an der spitze Krithote sucht, der insel Karnos und der la- gune Melite , und es ist anzuerkennen , daß dem sprachlichen argument bei allen von dem verf. auch eine sachliche begrün- dung gegeben wird, wenn auch in der auseinandersetzung über Marathos manches bedenkliche untergelaufen ist: der eifer für seine sache hat ihn so weit geführt, sogar den acht griechischen namen Marathon für semitisch zu erklären, ohne sich an die be- deutung der endung cor und an analoga wie Sikyon Krommyon zu erinnern. Zu jenen Ortsnamen kommen religiöse culte : das opfer für die fliegen bei dem feste des Apollon «xr»o<,- (wie der verf. mit recht statt " Axnoi; schreibt) an der spitze von Leukas, welches gleich den ähnlichen des Heros Myiagros und Zeus Apomyios an den belzebub (fliegenbaal) der philister von Ekron erinnert ; der Heraklesdienst im hafen von Alyzeia und der gleiche, in der (freilich nur in römischer zeit genannten) Stadt Herakleia vorauszusetzende; das heiligthum der 'großen götter' zu Aktion, welche verf. nicht ohne anhält für die phoinikischen Ka- beiren (wörtlich die mächtigen, großen) erklärt; endlich den akarnanischen dienst der Aphrodite Aineias, welche wenigstens als unhellenisch angesehen werden darf.

Das band, welches diesen vereinzelten, zum theil auch nur im allgemeinen auf den Orient zurückführenden hinweisen zu- sammenhält geben könnte, wäre eine alte Überlieferung von phoi- nikischen an siedlern , wie wir sie z. b. für Theben , Thasos, Thera und andere orte in der sage von Kadmos und seinen be- gleite™ besitzen. Eine solche ist in der that vorhanden , aber

Nr. 1. 12. Alte geschichte. 53

der verf. wirft sie, zur unzeit kritisch , bei seite. Im Etymolo- gicum magnum heißen die Taphier drixadtv &oivixeg iä>v petu Kuöpou aiaXhtmv: ohne zweifei galt ihr ahnherr Taphios d. i. die personilication des volkes , neben Kilix, Thasos und andern als ein begleiter des Kadmos. Der verf. meint, der gewährs- mann des lexikographen habe in den Taphiern deßwegen Phoi- niker zu erkennen geglaubt, weil sie diesen frühzeitig schifffahrt, seeraub und handel abgelernt hätten. Auf diesen grund hin hätte man aber mit ebenso viel recht oder unrecht jedes andere seefahrende volk von Hellas für nachkommen der Phoiniker an- sehen können und doch ist es niemand eingefallen, es darum von jenen abstammen zu lassen. Darin, daß die Odyssee zwi- schen Taphiern und Phoinikern unterscheidet, kann kein grund zur verwerfnng jener nachriebt gefunden werden : unter Phoi- nikern versteht sie bloß die angehörigeni des mutterlandes; die Taphier dagegen bilden ein volk für sich, gleichviel welcher abstammung, so gut wie die Kadmeier. Die Untersuchung über sie hätte der verf. gleich in diese schritt aufnehmen sollen, an- statt sie auf eine spätere zeit zu versparen. Die meisten Ho- mergeographen des alterthums haben die sitze derselben auf Ta- phos und die andern inseln zwischen Leukas und Akarnanien beschränkt, ohne zweifei deßwegen, weil der schiffkatalog , wel- cher die Taphier nicht erwähnt, auch Akarnanien im Kephal- lenenreich umfassen sollte ; um so glaubwürdiger ist die nachricht Strabons p. 461 , daß sie auch auf dem akarnanischen festland gewohnt hätten, zumal die Westküste nach ihren scheinbaren doppelgängern, den Teleboern, Telebois hieß und Taphios auch könig der Teleboer genannt wurde. Wer auf den namen der insel Karnos ein so bedeutendes gewicht in Sachen der Phoiniker Akarnaniens legt wie der Verfasser, der mußte auch die zwischen Karnos und Akarnanien gelegenen inseln mit ihren bewohnern eingehender berücksichtigen : waren diese von den Phoinikern verschieden, so fragt es sich , welches von beiden Völkern vor dem andern dort gesessen ist. Diese Unterlassung macht sich auch in einer andern frage fühlbar. Die technik der bogen- wölbung mittelst keilschnitt des steins, den anderen Hellenen un- bekannt, findet sich in bauresten von Oiniadai , Palairos und andern akarnanischen orten so gut ausgebildet wie in Etrurien und im tarquinischen Rom ; zuerst nachweisbar ist sie in Ninive.

54 13. Archäologie. Nr. 1.

Wenn sie, wie verf. annehmen möchte, aus Assyrien durch die Phoiniker nach Akarnanien gelangt ist, warum finden sich denn keine spuren in Phoinikien selbst? Wir denken bei diesen und anderen fällen 'pelasgischer' bauten Akarnaniens an die nach- richt des Pausanias I 28 , die tyrrhenischen Pelasger , welchen die akropolis von Athen ihre erste befestigung verdankte, seien dahin aus Akarnanien gekommen; auch die vom verf. passend hervorgehobene thatsache, daß so viele und so kunstgerecht an- gelegte cisternen wie in Akarnanien sich auf hellenischem boden nur in den felsanlagen vor dem melitischen thore Athens wie- derfinden, ließe sich auf diese weise erklären. Auf Verbindung der tyrrhenischen Pelasger mit den Phoinikern, welche sich als cisternenbauer jedenfalls schon vor der entstehung jener helle- nischen Wasserbauten ausgezeichnet haben, weist unter andern auch der Kabeirendienst der tyrrhenischen Pelasger von Boiotien (von wo , nicht unvereinbar mit Pausanias , Ephoros sie nach Athen wandern läßt) und Samothrake hin und wir stehen nicht an , für das volk des genealogischen heroenmythos , hinter des- sen namen der historische der tyrrhenischen Pelasger Akarna- niens verborgen sein muß , die Teleboer zu erklären : Teleboas ist enkel des Pelasgos , bruder des Oinotros und Peuketios , die Teleboer aber saßen römischen , ohne zweifei aus griechischer quelle geschöpften sagen zufolge auch an den gestaden des tyr- rhenischen meeres. U.

13. A. Milchhoefer, die anfange der kunst in Griechen- land. Mit zahlreichen abbildungen. Leipzig, F. A. Brockhaus 1883. VI und 227 p. 8.

In diesem merkwürdigen buche sind zweierlei bestandtheile zu unterscheiden: die archäologische beschreibung verwandter denkmaler, die natürlich von den mykenäischen gräberfunden ausgeht, und die philologisch -historische construction der älte- sten culturzustände in Griechenland und ihrer quellen.

Wie man von der umfassenden kenntnis des materials, wel- che der Verfasser in einer reihe von abhandlungen an den tag gelegt hat, erwarten konnte, ist dieses größere werk reich an feinen und belehrenden beobachtungen. Zwar macht die Schnel- ligkeit, womit er seine urtheile wechselt, über die dauerhaftig- keit dieser letzten ansichten einigermaßen mißtrauisch. So laßt

Nr. 1. 13. Archäologie. 55

er 1881 in seinem katalog, die niuseen Athens p. 88 die cultur der urzeit noch ganz auf dem boden des Orients stehen, jetzt beschränkt er dessen einwirkung bedeutend ; die berühmte Vor- stellung eines großen goldenen ringes nennt er dort p. 100 „durchaus genrehaft" , jetzt erklärt er sie als Rhea mit ihren nymphen (p. 136); auf einer kretischen bronzeplatte hatte er den streit um die kerynitiscke hirschkuh erblickt, (Arch. zeitung 1881 p. 68) , jetzt sieht er sich „veranlaßt", zu seiner frühern deutung ,,auf eine gewöhnliche jagdscene" zurückzukehren (p. 169). Aber niemand wird ihm verargen , wenn er in einer so schwie- rigen materie, wie die Würdigung der vor- oder früh-hellenischen denkmäler, einen tastversuch auf den andern folgen läßt. Be- denklicher erscheint die Zuversicht, womit p. 171 ff. die soge- nannten kyrenäischen vasen auf Kreta zurückgeführt werden, wonach um ol. 50 ein lebhafterer verkehr zwischen der insel und Afrika und mit Etrurien angenommen werden müßte. Auch gegen die starke ausbeutung der typentheorie , wie sie z. b. p. 187 angewandt wird, ist mit recht von Veit Valentin in Lützows Zeitschrift für bildende kunst 1883 p. 29 Verwahrung eingelegt worden. Aber ein unbestreitbares verdienst hat der verf. durch die Unterscheidung der unter den mykenäischen fanden vorkom- menden stile und die ausführliche behandlung der sogenannten inselsteine, deren analogien sich in jenen gräbern finden, erwor- ben. Sein scharfsinnig und gelehrt ausgeführtes System umfaßt die demente und die entwicklung der vorhomerischen, aber im epos noch wahrnehmbaren kunst nicht allein in Griechenland, sondern auch in Italien, namentlich Etrurien, in einer dreifachen gliederung. In dieser nehmen die Pelasger die erste stufe ein, deren cultur durch berührung mit der überlegenen kunst der arischen bevölkerung von Kleinasien, der Phrygier, sodann durch einwirkung des semitischen Orients einer reicheren ausbildung zugeführt wird. Die Vollendung dieser kunst, wie sie das epos besonders in der beschreibung der Schilde darstellt, erfolgte auf einer insel, wo jene elemente sich vermischten , auf Kreta.

Sicher und dankenswerth ist in dieser ausführung die Un- terscheidung einer zwiefachen metalltechnik , des guß- und prä- gestils und einer freien treibe- und flachkunst, sowie einer klei- nern zusammengesetzten gruppe , welche in beiden arten theils naturalistisch nachgebildete, theils stilisierte formen von pflanzen

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und kleineren thieren enthält, bemerken swerth die Übereinstim- mung einer weit verbreiteten, in Kreta häufigeren klasse prähi- storischer gemmen, der sogenannten inselsteine, welche eingegra- bene Vertiefungen, somit eine dritte technik zeigen, die vom stein auf das metall übertragen worden ist , mit einigen myke- näischen funden , endlich die ähnlichkeit kretischer und myke- näiscber thongefäße.

Aber sehr zweifelhaft ist die erklärung ihrer bilder und die ganze ableitung von den genannten örtlichkeiten. Auf einigen steinen, beiläufig acht , erscheint ein ungethüm , das meistens, aber nicht durchgehends einen pferdekopf auf einen vogelleib stellt , einmal in doppelgestalt von einem manne überwältigt wird, mehrmals löwen, stiere, hirsche auf den armen oder einem trageholze trägt. In wie weit darin eine Umbildung orientali- scher monumente erkennbar ist , wage ich, da mir das m.iterial nicht zu geböte steht, nicht zu entscheiden, es hat sich darüber zwischen 0. Roßbach und dem verf. eine polemik entsponnen (Arch. zeitung XLI, 3 u. 4.), die sich vorzugsweise um die künstlerische ähnlichkeit bewegt; mir fällt es schwer, in diesem hippalektryon mehr zu sehen als in den tragelaphen. Aber auf keinen fall vermag ich der pandämonistischen deutung des verf. zuzustimmen. Er nimmt keinen anstand jene wesen für Harpyien zu erklären, wobei das eigenthümliche Verhältnis ein- treten würde, daß in dem deutlichsten steine n. 44, a (p. 55) ihrer zwei von einem ungeflügelten boreaden bezwungen werden. Da eine solche roßgestalt ihrer bekannten bildung nicht ent- spricht, beruft sich der verf. auf die bekannten verseil. 16, 150 f. tovg etfxs Zeqivgcp avffxqp ° Agnvia IJudagy^ | ßnaxopiit] Isifjööri nctQa q6qv 'flxtarolo. Monstri similis war die mutter der pferde Achills und nach Stesichoros fr. 2. noch anderer rosse auch Heyne erschienen, Voß in seinen mythologischen briefen, worin er sich ausführlich über die gestalt der Harpyien verbreitet , denkt an eine Verwandlung der schönlockigen Jungfrau in eine stute: aber an eine mutter von füllen , die nur den köpf von einem pferde hatte, läßt sich in keiner weise denken. Die stelle ist meines erach- tens nach II. 20, 220 ff. zu beurtheilen. Wie dort Boreas sich den pferden des Erich thoneios zugesellt, so hier Zephyros einer wind- schnellen stute. Mir scheint der name ägnvia appellativisch ge- braucht zu werden, wie ein schneller vogel agntj, wie ein füllen

Nr. 1. 13. Archäologie. 57

jener Podarge agnayog heißt. Aber wenn dem auch nicht so sein sollte , ein roßköpfiger dämon war sie nicht. Noch mehr, die schmalen , insektenartigen beine jenes fabelthiers leitet der verf. p, 65 von der heuschrecke ab; sein Vorgänger Clericus zu Hesiod. Theog. 267 hatte die Harpyien kurzweg als heuschrecken gedeutet. Diese auffassung führt die deutung noch weiter. Eineß von diesen wesen (p. 68 nr. 46a) scheint ein gefäß zu tragen, auf einer andern gemme ebendaselbst 47b ist wenigstens ein gefäß daneben im felde gebildet. Da nun an jener stelle der Theogonie neben den Harpyien Aello und Okypete als dritte tochter des Thaumas und der Elektra Iris genannt wird, welche nach v. 783 das wasser der Styx in einem goldenen kruge holt, wird auch die schnelle götterbotin zu einem roßköpfigen dämon und zur veranschaulichung ein indisches relief, beiläufig aus dem 3. jahrh. v. Chr. benutzt. Wenn sie nur wenigstens stierköpfig wäre, wie die gelehrten bei Plutarch. De plac. philos. 3,5 be- richten ! Auch in den pferdeohren der Satyrn erkennt man nach p. 72 „den rest einer ursprünglich pferdeköpfigen, gleichviel ob künstlerisch vorgestellten oder nur gedachten, bildung". Der- gleichen erklärungen werden nach p. 68 ,,für den ideenkreis, in dem wir uns hier bewegen, nichts befremdendes mehr haben".

Sehr richtig meint der verf. p. 26^ „daß alle elemente des complicirtesten decorationsstückes in Kleinasien nachweisbar" sind. Er hätte sich dabei beruhigen können, vielleicht ohne den umweg über Kreta zu machen. Er läßt sich zum theil dazu durch die schwankenden namen der Daktylen und des Ida be- wegen ; auf Lobeck's Aglaophamus wird keine rücksicht genom- men. Unrichtig behauptet er p. 123, daß die kretischen Dak- tylen bestimmt als Phryger gekennzeichnet werden, ungenau be- zeichnet er das dämonengeschlecht der Daktylen , die durchaus nur als eisen- und erzarbeiter in der sage vorkommen , „als äl- teste metallarbeiter" überhaupt-, unrichtig spricht er p. 123 von „dem abgeschlossenen innern Phrygiens". Dasjenige Phrygien, worin die idäischen Daktylen hausten, lag an der see, in Troade, quae religionum Phrygiarum proprio sedes (Lobeck, Aglaoph. p. 1 120) ; denn es war das spätere Kleinphrygien. Dort und an der Westküste entlang kennt die Ilias ganz genau dieselbe art des goldschmucks, den man in Mykenä gefunden hat. Ein Dardaner vom Ida war Euphorbos, den Menelaos erschlug: u'tfiati ol öev-

58 13. Archäologie. Nr. 1.

ovzo xofjai XagiTsaaiv ofAoiat. nln%[xoi &\ o'i%qvoco tc vtui aqyvQcp iöytjxcovzo (17, 52 vgl. 16, 807). Man erkennt leicht die goldhülsen und spiraldrähte Mykenaes. Daran reiht sich der schmuck eines Kariers , dg xal xqvoov s%g)v ntfofiov S' tev tjvts hovqt] (2, 872), die goldstrahlende rüstung des Lykiers Glaukos (6, 220. 285). Wenn also der goldreiche Pelops bei Pausan. 5, 1, 6 ein Lyder, bei Strabo a. m. st. ein Phryger heißt, so läßt sich die einfuhr jenes goldes und dessen künstliche bear- beitung füglich, wie Köhler Mittheilungen d. athen. inst. IV und gleichzeitig ich in einem in Schliemanns gegenwart gehaltenen vortrage am 8. januar 1878 (s. Würzburger zeitung) gethan habe, ohne Schwierigkeit direkt von der Westküste Kleinasiens über die karischen inseln hinüber herleiten. Sehr glücklich be- zieht dem entsprechend der verf. den berühmten goldring auf Kybele Ehea daß unter den übrigen frauen ihre Nymphen zu verstehen sind, bezweifle ich, da ich keine Nymphen der göttin kenne ; ich halte sie für sterbliche Verehrerinnen.

Die gründe, wodurch der einfluß der kretischen kunst und jener ihr vorausgehenden misclmng verschiedener demente be- wiesen werden sollen , stehen auf schwachen fußen. Eine nä- here Verbindung mit der insel bezeugt allerdings das epos , in- sofern es Idomeneus zu Menelaos und diesen nach der insel reisen läßt; auch tritt in der Odyssee die kenntnis der ver- schiedenen stamme daselbst hervor; kretische Wanderungen nach Delphi , Böotien , Sikyon , Tegea werden bezeugt , aber nicht mehr als von und nach Kleinasien. Von kretischen kunstwer- ken in Griechenland weiß die sage und dichtung nichts. Un- verständlich ist mir die behauptung p. 197, ,,daß Kreta beson- ders auf die letzte gestaltung des homerischen epos unverkenn- baren einfluß geübt hat, dasselbe mochte sich immerhin in den händen der Ionier behauptet haben", übertrieben, ja unrichtig die bemerkung ebendaselbst, „es ist bezeichnend, daß die hand- lung beider epen sich in Griechenland fast ausschließlich auf dorisirtem boden bewegt. Nicht blos genaue kenntnis des lo- cals, auch manche naturbilder nöthigen uns, die Vertrautheit der sänger mit dem westen anzuerkennen; so das bild des Sonnen- aufgangs über der fläche des meeres, für welches Bergk (Griech. lit. 1,251) den Standpunkt geradezu in Kreta annimmt". Bergk hat das nicht gethan, er sagt: „wer in Hellas an der ostküste

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oder auch auf einer insel wie z. b. Creta [warum nicht Chios?] wohnt" u. s. w. Der verf. fährt fort : „die Odyssee zumal war besonders bei den Spartanern beliebt und soll von Lykurg sei- nen landsleuten über Kreta vermittelt worden sein". Warum denn allein die Odyssee? Dio Chrysost. 2, 5 spricht von Homers poesie überhaupt, die Lykurg entweder von Kreta oder aus Jo- nien herübergebracht habe. Die überwiegende tradition redet nur von Samos oder Chios.

Einen meister nennt Homer an der bekannten stelle II. 18, 590 in Kreta, Daedalos, wie anderswo Tekton und Ikmalios. Was er geleistet hat , ist streitig , hat man unter den Worten %oqov Tjoxrjotv die einübung oder die darstellung eines reigen- tanzes zu verstehen? Der verf. nimmt p. 144 das letztere an: er bezeichnet daher die plattierkunst , wie sie die eingelegten arbeiten von Mykenä besonders in der schönen dolchklinge in einer großen Vollendung zeigen , als „dädalisch" und vergleicht damit jene bronzeplatte aus Kreta , welche die fortdauer der ä jour gearbeiteten plattirung einer ebenen unterläge vor äugen führt (p. 170). Diese ausführung sowie die anwendung auf den schild des Achilles gehört zu den lesenswertesten und lehr- reichsten abschnitten seines werks. Aber die benennung „dä- dalisch" ist nur hypothese : Daedalos ist alles mögliche in der alten sage, ein kunstmensch , wie Böttiger den namen übersetzt, nur kein graveur, denn das verbum uaxsiv hat eine allgemeinere bedeutung. Gerade weil Homer nur den chor mit Daedalos werk vergleicht , folgt , daß er nicht den ganzen schild für dädalisch hält. Weder die dorische Kypseloslade noch die ionischen ar- beiten eines Bathykles hängen mit Daedalos oder Kreta zu- sammen.

Aber der verf. braucht den namen. Weil die kretischen meister, Dipoenos und Skyllis, und ihre schüler hölzerne stand- figuren verfertigten , und jene wegen ihrer geschicklichkeit oder herkunft schüler oder söhne des Daedalos heißen, werden sie mit der dädalischen technik in Verbindung gebracht: „das be- scheidene kunsthandwerk, welches ihrer technik zur Voraussetzung dient, füllt die kluft von Jahrhunderten aus". Da nämlich der kästen des Kypselos unzweifelhaft älter ist und diesem nach Loeschke typen vorausgehen , welche auch einer ionischen reihe zu gründe liegen, also eine weiter zurückliegende typenreihe als

60 14. Römische geschichte. Nr, 1.

ihre quellen voraussetzen lassen, ist diese quelle in der dädalisch- kretischen kunst gefunden. Freilich fällt die Wirksamkeit jener „Dädaliden" nach Plinius erst in ol. 50. Das macht dem verf. keine Schwierigkeit. Er meint, daß diese Zeitbestimmung „auf theils willkürlichen , theils unsichern Voraussetzungen beruht". Dazu die anmerkung : „Vgl. zuletzt Klein , die Dädaliden , ar- chäoh-epigr. mitth. V, p. 94 ff." Jedermann wird dort einen be- leg dieser skepsis suchen. Was findet man ? „Als feststehende resultate darf man jetzt annehmen , daß ihre künstlerlaufbahn bald nach olymp. 50 begann , und daß es Kleisthenes war, der ihnen in Sikyon eine große aufgäbe stellte".

Kurz ohne philologie und kritik tappt die archäologie in einem unhistorischen dunkel, das einzelne lichtblitze erst recht empfinden lassen. L. Urlichs.

14. Ueber den Gallischen brand. Eine quellenkritische skizze zur älteren römischen geschichte von Georg Thouret, dr. phil. Besonderer abdruck aus dem elften supplementbande der Jahrbücher für klassische philologie. Leipzig, B. G. Teubner 1880. 93 p. 8.

In dieser ziemlich umfangreichen monographie sucht der Verfasser den beweis zu liefern, daß der sogenannte „Gallische brand" niemals stattgefunden habe. Der Verfasser giebt zwar zu, daß die besetzung Roms durch die Gallier ol. 98, 1 oder 98, 2, oder nach Niebuhr 99, 3 oder endlich, wie Unger will, Ol. 99, 4 als eine unzweifelhafte thatsache gelten kann, daß aber Rom von den Galliern verb rannt worden ist, bezweifelter. Da nun die uns vorliegenden berichte , soweit sie für die quel- lenkritik in betracht kommen, sämmtlich mit ausnähme von Po- lybius von einem solchen brande sprechen, so hat der Verfasser einen schweren stand. Aber gerade Polybius verdient hier nach des Verfassers ansieht eine besondere beachtung, und zwar weil er sich auf die ältesten berichte stützt. Zunächst constatiert der verf. die thatsache, daß Polybius mit keiner silbe von einem brande oder einer Zerstörung rede. Diesen umstand führt der verf. darauf zurück , daß in der quelle des Polybius nichts darüber gestanden habe, und diese sei niemand anders als Fa- b i u s. Hatte aber Fabius , diese unzweifelhaft älteste quelle der römischen geschichte , nichts über den gallischen brand be-

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richtet, dann ist es wahrscheinlich, daß der letztere von den späteren Schriftstellern erst hinzugedichtet worden ist. Der verf. hat sich bei dieser argumentation das mißliche derselben nicht verhehlt. Denn daraus, daß Polybius nichts berichtet, folgt doch nicht, daß die erzählungen der übrigen quellenschriftsteller, namentlich des für die ältere geschichte sonst so zuverlässigen Diodor, rein erfunden sind. Solche ex silentio entnommene be- weise sind immer sehr fraglicher art, in diesem falle aber ganz besonders , da auch die an sich schon geringe beweiskraft des von dem verf. aufgestellten arguments ganz hinfällig wird, wenn er nicht als ergänzung dazu den weiteren nachweis führen kanö, einmal, daß des Polybius quelle wirklich Fabius und daß gleich- zeitig der letztere des Diodor quelle nicht ist, und dann, daß Fabius über den gallischen brand gar nichts berichtet hat oder haben konnte. Daß Fabius des Polybius quelle ist , wird wohl von vielen angenommen, von manchen aber auch bestritten. Aber die behauptung als solche zugegeben, folgt dann, daß Fa- bius gar nichts über den gallischen brand erzählt hat? Konnte Polybius , der überhaupt nur einige kurze notizen über diese dinge bringt , nicht gerade den über diesen theil der römischen geschichte gewiß ausführlichen Fabius gerade an stellen excer- pirt haben, wo von dem brande selbst nicht die rede ist? Der Verfasser sucht diese lücken durch eine eingehende und scharf- sinnige beweisführung auszufüllen , die wir hier im einzelnen nicht verfolgen können. Es sei hierüber nur im allgemeinen bemerkt, daß dieselbe uns um so weniger überzeugt hat, je grö- ßer der aufwand von Scharfsinn ist , mit dem der verf sich ins einzelne verliert, wobei er oft seine eigenen früher aufgestellten behauptungen und beweise widerlegt. Was kann z. b. dem schweigen des Polybius für eine bedeutung beigelegt werden, wenn, wie der verf. ausführt (p. 115), auch spätere Schriftsteller wie Aurelius und Eutrop , die doch sicher der vulgata gefolgt sind, nichts über die gallische Verwüstung enthalten? Oder was kann uns über das historische faktum das schweigen des Fabius viel aufklären, wenn der verf die möglichkeit annimmt (p. 136), daß die „sage" vom gallischen brand älter als Fabius, und nur ihre literarische fixierung in eine spätere zeit zu setzen sei? Mit dieser möglichkeit würde ja die ganze argu- mentation des Verfassers in sich zusammen fallen. Dergleichen

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dinge ließen sieh mehrere nachweisen. Trotz dieser ausstellun- gen ist die Untersuchung als eine anregende zu bezeichnen; auch legt dieselbe zeugnis davon ab , daß der verf. mit gründ- lichen Vorstudien an die von ihm behandelte frage herangetre- ten ist. M. Zoeller.

15. Le senat de la rdpublique Romaine. Par P. Willems. Tome I. La composition du senat. Louvain Paris 1878. 8. Tome II. Les attributions du s6"nat. ib. 1883. 8. 638 und 784 p.

Dieses bedeutende werk, welches mit dem kürzlich erschie- nenen zweiten bände seinen abschluß erhalten hat , bietet eine auf vollständiger beherrschung des stoffs beruhende, in sich ab- geschlossene und einheitliche auffassung der römischen Staats- verfassung — wenigstens einer ihrer wesentlichsten Seiten und eines ihrer wichtigsten factoren , des Senats. Der verf. unter- nimmt es , die hauptsächlich durch Mommsen festgestellten und seit seinen „Forschungen" von der überwiegenden mehrzahl der gelehrten als feststehend betrachteten sätze von dem verhältniß des patricischen und des patricisch-plebejischen senats, von dem rechte der interregenbestellung, von der patrum auctoritas u.s.w. umzustoßen und eine neue auffassung des ganzen an ihre stelle zu setzen. Fassen wir die in dem 1. und in dem 2. bände ge- trennt behandelten fragen nach der Zusammensetzung und nach den competenzen des senats zusammen, so läßt sich die ansieht des verf. kurz so formulieren : der römische senat ist bis zum jähre 400 v. Chr. rein patricisch gewesen; erst durch die theil- nahme der plebejer an den curulischen ämtern sind dieselben auch in den senat und damit zugleich zur theilnahme an den dem letzteren zustehenden rechten der auctoritas und des consilium in dem bekannten technischen sinne dieser aus- drücke — gelangt. Die auctoritas hat demnach gleich dem consilium dem Senate als solchem zugestanden: einen patri- cischen sondersenat hat es nie gegeben ; war der senat bis zum jähre 400 v. Chr. rein patricisch, so ist er seit diesem jähre pa- tricisch - plebejisch , wenn auch das plebejische element anfangs naturgemäß nur sehr schwach in ihm vertreten war und erst sehr allmälig zunahm; die competenzen dieses patricisch-plebeji- schen senats sind dieselben, wie die des rein patricischen.

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Um diese ansieht glaubhaft zu machen, ist der verf. genö- thigt, die gesammte tradition zu verwerfen, I, 35 ff. Es ist wahr, daß dieselbe in mehreren Versionen uns entgegentritt: in der hauptsache ist sie aber durchaus übereinstimmend. Denn daß bei Zonar. 7, 9 und Serv. ad V. Aen. 1, 426 die aufnähme der plebejer in den senat schon auf Servius Tullius zurückgeführt wird, will ebenso wenig sagen, wie die angäbe eines scholion zu Cic. pro Scauro 34 (p. 374 ed. Orelli) , in dem drei elemente des Senats, der patres, der conscripti die mit den gentes minores des Tarquinius identificirt werden und der plebejer unter- schieden werden. Der unzweifelhaften und ganz bestimmten an- gäbe bei Paulus an verschiedenen stellen (p. 254. 41. 7) und des Livius 2, 1 gegenüber können die flüchtige angäbe des Dionysius 5, 13 der die neuaufgenommenen plebejer zugleich in den patriciat erheben läßt und die beiläufige notiz des Tacitus ann. 11, 25 der die neuaufgenommenen plebejer wiederum vermuthlich mit den gentes minores des Tarquinius identificirt nicht in betracht kommen. Keine einzige an- gäbe deutet auch nur im entferntesten an , daß die plebe- jer erst über 100 jähre nach gründung der republik theil- nahme am senat erlangt haben. Und doch darf man sagen, daß, wenn diese annähme von der späten aufnähme der plebejer in den senat richtig wäre, das absolute schweigen der quellen hierüber ganz unverständlich wäre. Handelte es sich bei dem ein Jahrhundert lang geführten kämpfe der patricier und plebejer um theilnahme der letzteren am consulat zugleich um theilnahme am senat , so dürften wir mit vollem rechte erwarten , daß bei den wiederholten behandlungen dieses themas einmal auch dieser seite der plebejischen ansprüche gedacht wäre. Denn es sind historische zeiten , mit denen man hier zu rechnen hat : waren im jähre 366 wenn wir die annähme des verf. gelten lassen etwa 10 plebejer in dem senate eben die seit dem jähre 400 zum consulartribunat gelangten so wurde erst durch die leges Liciniae Sestiae resp. durch die Schaffung der curulischen aedilität den plebejern der regelmäßige weg in den senat eröff- net und bis über die mitte des 4. Jahrhunderts hatten die ple- bejer nur über einen geringen bruchtheil von stimmen in dem- selben verfügt: ein solches thatsächliches verhältniß hätte sich

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der historischen tradition, speciell der geschichtschreibung der pontificalen Annales maximi, nicht entziehen können.

Wenn der verf. zur stütze seiner ansieht sich auf den um- stand beruft, daß bei den Senatsverhandlungen des 5. Jahrhun- derts v. Chr. niemals des plebejischen bestandtheiles des Senates erwähnung geschieht, von dem der verf. annimmt, daß derselbe auf seiten der plebejer und ihrer ansprüche hätte stehen müssen : so scheint er mir das verhältniß der plebejer und patricier falsch zu fassen. Einmal vergißt er, daß die Schilderung der senats- verhandlungen dieser zeit in ihrem detail zum allergrößten theile der phantasie der späteren historiker ihren Ursprung verdankt ; andererseits aber hat es auch durchaus nichts auffallendes, daß zwischen den plebejischen und den patricischen elementen des Senats im 5. Jahrhundert im wesentlichen wirklich Übereinstim- mung geherrscht hat. Der verf. vergißt, daß die plebejer nicht aus eigener initiative oder durch die plebs selbst in den senat gelangten, sondern ausschließlich durch die freie bestimmung der patricischen consuln, welche coniunetissimos sibi quosque legebant (Fest. p. 246). Man kann sich doch die plebs nicht von an- fang an als im gegensatz zu den patriciern stehend denken: sie war im gegentheil durch hundert bände an dieselbe gefes- selt und konnte erst sehr allmälig diese bände abstreifen. Der verf. hebt das ja selbst richtig wiederholt hervor, wenn ich auch andererseits ihm darin nicht recht geben kann , die plebs ganz aus freigelassenen und dienten einerseits, aus angehörigen der municipalstädte andererseits (I, 104) entstehen zu lassen, wor- auf näher einzugehen hier aber nicht der ort ist. Nur aus den zuverlässigen elementen haben die consuln die plebejischen mit- glieder in den senat gewählt, die einerseits als theilnehmer aus- schließlich am consilium , von den verfassungsmäßig notwendi- gen funetionen der auetoritas und des Interregnum ganz ausge- schlossen, schon hierdurch in eine untergeordnete Stellung gegen- über den patricischen Senatoren gedrängt wurden ; andererseits aber durch die protection der patricier, durch die ihnen conce- dierten ehren, durch antheilgebung am ager publicus, sowie durch das traditionell überkommene gefühl der pietät und die tbat- sächliche abhängigkeit ihres nur precario erworbenen besitzes in einer wirklichen Unterordnung den patriciern gegenüber sich be- fanden. So erklärt es sich zur genüge, daß unter den patrici-

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sehen und den plebejischen elementen des Senats bis zum Stän- deausgleich eine wesentliche Übereinstimmung geherrscht hat: mit andern Worten, daß in der plebs eine große partei vorhan- den war, die mit ihren wirklichen Sympathien oder durch die thatsächlichen Verhältnisse gezwungen auf Seiten der patricier stand. Nehmen wir diese Spaltung und haltung der plebs nicht an, so bleibt die ganze ältere geschichte der römischen republik unverständlich.

Müssen wir also die ansieht des verf. von dem späten ein- tritt der plebejer in den senat im großen und ganzen verwerfen, so muß man auch gegen seine berechnungen des numerischen Verhältnisses der patricischen und der plebejischen senatsmit- glieder im einzelnen gerechte bedenken hegen. Der verf- nimmt au, daß bis zum plebiscitum Ovinium welches er mit recht in oder unmittelbar vor das jähr 312 setzt (I, 156) die ple- bejer gegen die patricier im senate weit an zahl zurückstanden ; daß durch das plebiscitum Ovinium erst den plebejern die mög- lichkeit geschaffen wurde , indem es namentlich den gewesenen tribuni plebis die aufnähme in den senat zusicherte (I, 166 f.), allmälig mit den patriciern in das numerische gleichgewicht zu gelangen, welches nach des Verfassers ansieht erst seit der lex Hortensia des jahres 286 datiert. Ich halte diese berechnung für nicht richtig und gehe, um das zu erweisen , etwas genauer auf diese frage ein.

Sehen wir zunächst, wie viel männer durchschnittlich auf grund bekleideter curulischer würden in den senat kamen. Seit dem jähre 366 wurden jährlich zwei consuln sowie zwei curuli- sche aedilen gewählt , die nach ablauf ihres amts in den senat eintraten : denn von dieser annähme, daß die gewesenen curuli- schen beamten für die die lectio senatus vornehmenden consuln in erster linie in betracht kamen, muß man hier als der regel- mäßigen praxis ausgehen. Der verf. nimmt die durchschnittszeit, innerhalb welcher sich der senat erneuerte , zu 32 33 jähren an , indem er ohne zweifei im ganzen richtig das durch- schnittsalter für den eintritt in den senat auf grund der beklei- deten curulischen aedilität schon in dieser periode nicht unter das 25. lebensjahr herabrückt und aufgrund comparativer statistischer berechnungen die dem 25 30jährigen noch zu erwartende le- benszeit auf 30 35 jähre fixiert. Nehmen wir 35 jähre als die Philol. Anz. XIV. 5

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durchschnittszeit einer völligen erneuernng des Senats an , so läßt sich ungefähr berechnen, wieviel gewesene curulische beamte durchschnittlich im senat saßen. Zunächst freilich liegt die be- rechnung nahe, daß in einer solchen 35jährigen periode 4.35 curulische Senatoren in den senat eintraten. In Wirklichkeit aber reduciert sich diese zahl um fast die hälfte , da wir es schon für diese periode durchaus als regel ansehen dürfen, daß der gewesene curulische aedil einige jähre hernach consul wurde. Von den 4 curulischen aedilen, die wir in der zeit von 366 312 nachweisen könnnen, sind 3 zum consulat gelangt, einer hat hernach wenigstens die würde eines magister equitum, sowie eines censor bekleidet: und diese beobachtung bestätigt sich auch in dem Jahrhundert 312 212, wo von 17 nachweisbaren curuli- schen aedilen 15 hernach consul, einer wenigstens praetor ge- worden ist. Die 70 consulares , welche in einer senatsperiode von 35 jahren abgesehen davon, daß wiederholt ein und derselbe mehrmals die consularische würde bekleidet hat in den senat eintraten, sind also zum allergrößten theile identisch mit den 70, welche auf grund der bekleideten curulischen aedi- lität schon im senat saßen : nur daß sie eben von jetzt an in eine höhere rangclasse im senat aufrückten. Zu diesen männern kommen nun noch diejenigen, welche, sei es magister equitum,, sei es dictator, sei es praetor, sei es censor gewesen waren. Aber auch in bezug auf sie gilt die beobachtung, daß es durch- gehend dieselben männer sind, welche diese würden und welche zugleich die der curulischen aedilität resp. des consulats beklei- det haben. Die liste der männer, welche magister equitum resp. dictator gewesen sind, haben wir jedenfalls ganz oder fast ganz lückenlos : aus ihr ersehen wir, daß von den 29 männern patriciern und plebejern , welche in der periode vom stände - ausgleich bis zum jähre 312 magister equitum gewesen sind, 19 entweder vorher oder nachher zugleich consul (resp. consular- tribun), nur 7, welche ausschließlich soweit wir wenig- stens wissen magister equitum gewesen sind; 3 haben wenig- stens außer der würde des magister equitum noch ein anderes curulisches amt bekleidet. Und gleichfalls von den 27 dictatores dieser periode sind 20 wieder zugleich consuln gewesen ; 6 aus- schließlich dictator, einer ist wenigstens noch magister equitum gewesen. Man sieht, daß auch diese kategorieen der dictatorii

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und der gewesenen magistri equitum nur ein sehr geringes con- tingent für den senat geliefert haben , eben weil sie schon vor ihrer ernennung im senat saßen. Und dasselbe gilt nur in noch größerer ausschließlichkeit jedenfalls von den censores, die wir allerdings nicht vollständig kennen, unter den 13 be- kannten dieser periode aber nur einen finden, der nicht vorher consul (resp. consulartribun) wohl aber magister equitum und curulischer aedil gewesen ist. Und was endlich die praetorii betrifft, so ist unter den 10 bekannten namen dieser periode nur einer, den wir nicht zugleich als consul (resp. consulartribun) kennen. Man ersieht aus vorstehenden angaben, wie gering die zahl derjenigen gewesen ist, welche auf grund bekleideter curu- lischer würden dem senat angehört haben. Für die 35 jähre, die wir als die durchschnittliche erneuerungsperiode des Senats angenommen haben, kann man höchstens 100 männer rechnen, welche auf grund bekleideter curulischer würden in den senat eingetreten, demselben zu gleicher zeit angehört haben

Prüfen wir nun , wie sich das numerische verhältniß der patricischen mitglieder einerseits, der plebejischen andererseits unter den curulischen Senatoren stellt, so läßt es sich nicht leugnen, daß hier ein nicht unbedeutendes plus auf seiten jener erscheint. Von den dictatores dieser periode 366 312 haben 6 patricier diese würde ausschließlich ; von den magistri equitum 5 patricier diese würde ausschließlich bekleidet: von den plebe- jern erscheinen nur 2 ausschließlich als magistri und bei diesen beiden ist noch der zweifei nicht ausgeschlossen, ob sie wirklich plebejer gewesen , keiner ausschließlich als dictator. Zur theilnahme an der praetur gelangten die plebejer bekannt- lich erst 336 und auch seit dieser zeit zunächst wohl nur aus- nahmsweise : wir kennen außer Q Publilius Philo nur einen ple- bejischen praetor bis 312. Zur censur aber gelangten die ple- bejer zuerst 351 und seit 339 war gesetzlich stets der eine censor plebejer. So sehen wir, daß in bezug auf die ordentlichen ämter aedilität und consulat und bald auch die censur plebejer und patricier ganz gleichberechtigt sind ; daß aber die außerordentlichen würden des magister und des dictator, sowie auch die praetur den reihen der patricischen curulischen Senatoren einen größeren Zuschuß zuführen. Aber kann man daraus wirk- lich schließen, daß den patricischen Senatoren überhaupt noch

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in dieser periode die majorität gehört habe ? Keineswegs. Die magistri equitum, die dictatores , die praetores, welche in dieser periode diese resp. würden bekleidet haben, ohne vorher oder nach- her zu einem andern ordentlichen amte zu gelangen, sind selbst- verständlich aus den senatores pedarii genommen, d. h. die männer, denen man jene außerordentlichen ehren anvertraute, saßen schon vor dieser ihrer ernennung im senat, in den sie dann auch nach niederlegung ihres betr. amtes wieder zurücktraten : das darf man sosehr als die stehende regel betrachten , daß eine verein- zelte ausnähme von derselben überhaupt nicht in betracht kom- men kann. Durch das plus der patricischen senatores curules kann also das numerische verhältniß des senats überhaupt, spe- ciell des patricischen und plebejischen bestand theils desselben, nicht alterirt sein: nur die cur u lis ch e majorität ist zweifellos auf seiten der patricier gewesen. Da aber der verf. selbst und wie ich glaube mit recht gegen Mommsen die völlige gleichberechtigung der senatores pedarii mit den curules in bezug auf abstimmung (das ius sententiae dicendae) annimmt, so ist da- mit die annähme eines Übergewichts des patricischen elements ausgeschlossen. Und das ist nun jedenfalls ein fehler in den ausführungen des verf., daß er fast immer nur von den senatores curules spricht, die senatores pedarii außer nach den ihnen zustehenden competenzen (I, 137 ff.) bei seinen berechnungen kaum in betracht zieht. Und doch hat das numerische Schwer- gewicht in dieser periode noch durchaus bei ihnen gelegen : den kaum 100 curulischen Senatoren haben 200 pedarii gegenüber gestanden und haben bei allen abstimmungen den ausschlag ge- geben. Kann man wirklich annehmen , daß auch sie damals noch der majorität nach patricisch waren? Selbst wenn wir uns auf des Verfassers Standpunkt zu stellen vermöchten und demnach erst mit 400 ausnahmsweise, mit 366 regelmäßig die plebejer in den senat kommen ließen, so wäre auch so nach ab- lauf der ersten 35 jähre der ausgleich zwischen patriciern und plebejern in bezug auf den senat praktisch geworden. Denn die plebejischen consuln haben doch das recht der lectio gleich den patricischen geübt und damit ist von selbst gegeben , daß eine gleiche zahl von plebejern und patriciern jährlich in den senat gekommen ist. Denn daß noch einige male das gesetz verletzt und zwei patricische consuln gewählt worden sind, kann

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den völligen ausgleich höchstens um einige jähre hinausgeschoben haben. Dieses verhältniß mußte der verf. jedenfalls besprechen, da es die grundlage für die bestimmung des numerischen Ver- hältnisses der patricischen und der plebejischen Senatoren ist. Der durch die leges Liciniae Sestiae. sowie durch die Schaffung der curulischen aedilität vollzogene Ständeausgleich hat das dürfen wir behaupten auch den numerischen ausgleich der mitgliederzahl des senats der patricier und der plebejer zur praktischen folge gehabt: und nur das eine ist zuzugeben, daß die patricier an curulischen würden den plebejern in dieser periode noch überlegen gewesen sind, was aber auf die resultate der abstimmung ohne einfluß gewesen ist.

In Wirklichkeit darf man nun aber viel weiter gehen und behaupten, daß schon seit der ersten aufnähme der plebejer in den senat die majorität des senats plebejisch war. Ich halte die angäbe der tradition , der bei Paulus p. 254 ausdruck ge- geben wird, für durchaus glaubwürdig: P. Valerius cos. propter inopiam patriciorum ex plebe adlegit in numerum senatorum C et LX et IV ut expleret numerum senatorum trecentorum. Der verf. macht sich eine ganz falsche Vorstellung von dem numerischen verhält- niß der patricischen gentes : die römische geschichte zeigt ein rapides zusammenschmelzen derselben. Von den 300 ursprüng- lichen gentes waren im anfang der republik noch 136 vorhanden; nachweisen während der zeit der republik lassen sich nur etwa 60, im letzten menschenalter derselben nur noch 14 gentes. In der zeit von 400 -312 participieren nur 27 patricische geschlechter an den curulischen würden ; in dem der lex Ovinia folgenden Jahrhundert nur noch 15. Nur um die theilnahme an diesen curulischen würden hat sich der kämpf zwischen plebejern und patriciern gedreht: die theilnahme am senat ist ganz unabhängig hiervon. Denn im senat haben die plebejer ausschließlich am consüium theilgenommen : die auctoritas ist ihnen stets versagt geblieben : und damit kommen wir zu einem weiteren punkte, in dem wir dem verf. entschieden widersprechen müssen.

Der verf. nimmt, wie schon oben bemerkt, an, daß consüium sowohl wie auctoritas stets dem gesammtsenat gehört hat ; daß demnach die patricier keine Sonderrechte in dieser beziehung gehabt haben. Nun kann aber der verf. selbst nicht umhin, wenigstens e i u Sonderrecht der patricier bestimmt anzuerkennen :

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das ist die interregenbestellung. Trotzdem das patricische de- ment im senat immer mehr zusammenschmolz und z. b. im jähre 52 v. Chr. kaum 40 patricier unter 600 Senatoren waren , ist doch niemals dieses patricische Vorrecht interrex zu werden an- getastet worden und schon daraus geht zur genüge hervor, daß die patricier eben innerhalb des gesammtsenats eine geschlos- sene Corporation gebildet haben. Die annähme , daß der patri- cische interrex von dem seiner majorität nach überwiegend ple- bejischen senat ernannt sei , ist von vornherein viel unwahr- scheinlicher, als daß er von dem patricischen sondersenat, dem patricischen ausschusse ernannt ist: denn bei jener annähme muß man zwei völlig verschiedenartige dinge das eine aus dem an- dern erklären, bei dieser annähme dagegen stimmen beide that- sachen von selbst innerlich zusammen : der exclusiv patricische Charakter des interrex läßt auch auf den patricischen charakter derjenigen körperschaft zurückschließen, aus der jener hervorgeht. Um den ausdruck patres auf welche bekanntlich die bestel- lung eines interrex der regel nach als recht zurückgeführt wird auf den gesammtsenat zu deuten, ist der verf. genöthigt, den betr. stellen gewalt anzuthun. Denn wenn er (II, 24 f.) Liv. 3, 40. 4, 7. 4, 43 in denen ausdrücklich den patricii das prodere interregem beigelegt wird durch den hinweis darauf zu erklären sucht, daß es sich hier noch um die zeiten vor der theilnahme der plebejer am senat handle damals also nach des Verfassers ansieht der senat noch ausschließlich aus patriciern bestand , so vergißt er dabei, daß Livius die plebejer schon im anfang der republik in den senat eintreten läßt , bei ihm also der ausdruck patricii auf alle fälle nur auf einen theil, eben den patricischen bestandtheil des Senats sich beziehen kann. Und die bestimmte angäbe des Asconius de patrieiis convocandis qui interregem proderent kann gleichfalls nur auf eine höchst ge- zwungene und unwahrscheinliche art beseitigt werden (II, 25 f.) Wie der verf. hier die patres als den gesammtsenat faßt, so erklärt er auch die auetoritas patrum als das recht des ge- sammtsenats (II, 33 f.) Ich will auf die frage nach der echt- heit der rede de domo hier nicht näher eingehen; daß die patres, denen die auetoritas gehört, die patricii und nicht der gesammt- senat, geht meiner ansieht nach genügend aus den zweifellosen stellen Liv. 6, 41. 6. 42, Gaius 1,3, Sali. Hist. 3, fr. 22 Ger-

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lach (der verf. meint die rede des Licinius Macer) hervor, deren deutung , wie sie von dem verf. versucht wird , schwerlich je- manden überzeugen wird. Wenn so häufig wie es in der that zweifellos ist die patrum auctoritas in bestimmte bezie- hung zum gesammtsenat gesetzt wird , so erklärt sich das ein- fach aus der völligen interessengemeinsamkeit des gesammt- senats der patricier und der plebejer : der patricische aus- schuß hat seine befugniß der auctoritas regelmäßig in völliger Übereinstimmung mit dem gesammtsenat ausgeübt : dieser letz- tere hat die frage , ob die auctoritas zu ertheilen , zunächst ein- gehend erwogen, besprochen, oft ein formelles gutachten darüber abgegeben ; und unter diesem drucke resp. in der durch die Vor- verhandlungen bewirkten Überzeugung der Zweckmäßigkeit und richtigkeit hat dann der patricische ausschuß seine sonderaucto- ritas ertheilt.

In allen diesen für das verständniß des Senats grundlegen- den fragen muß ich demnach den resultaten des Verfassers ent- gegentreten : sie bedeuten für die forschung einen rückschritt bis hinter die ersten lichtbringenden Untersuchungen Niebuhr's.

Weiterhin beschäftigt sich der verf. mit der patrum auctoritas in ihrer beziehung zu den Volksbeschlüssen (II, 57 ff.) Was die plebiscita betrifft , so freue ich mich , hier dieselben ansichten zu finden, die ich selbst wiederholt in meinen Vorlesungen über römische Verfassungsgeschichte vorgetragen habe. Der verf. tritt der beziehung der lex Valeria Horatia vom jähre 449 mit ihrer bestimmung : ut quod tributim plebis iussisset populum teneret auf die beschlösse der comitia tributa wie sie Mommsen annimmt entgegen und erklärt die bestimmung richtig von den ple- biscita. In diesem falle ist aber nicht mit Mommsen plebis in populus zu ändern, sondern die worte sind richtig überliefert. Durch diese lex Valeria Horatia sind die plebiscita überhaupt erst in die römische gesammtverfassung eingeführt, während sie bis dahin von den patriciern als ausschließlich die plebs selbst angehend betrachtet und dargestellt waren. Die motivirung die- ser lex, wie sie Livius (3, 55) giebt : cum velut in controverso iure esset tenerentume patres plebiscitis, ist daher völlig richtig und sachgemäß. Zweifellos ist freilich , daß die bestimmungen der lex noch weitere modalitäten enthalten haben müssen , da nicht anzunehmen , daß diese lex Valeria Horatia mit der lex Publilia

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Philonis vom jähre 339 (Liv. 8, 12 : ut plebiscita omnes Quirites tenerent), sowie mit der lex Hortensia vom jähre 286 (Gaius 1,3: ut plebiscita Universum populum tenerent oder wie Plinius es aus- drückt H. n. 16, 10, 37: ut quod plebs iussisset omnes Quirites tenerei) identisch gewesen sein sollte. Auch hierin stimme ich mit dem verf. überein. Die lex Valeria Horatia führte die ple- biscita in den Verfassungsorganismus ein , indem sie dieselben genau denselben bestimnmngen unterwarf, wie sie für die be- liebungen des populus in den comitia centuriata galten, d. h. in- dem sie die nachträgliche auctoritas patrum für dieselben noth- wendig machte. Dieser modus wurde durch die lex Publilia Philonis 339 für die comitia centuriata dahin abgeändert ut legum guae comitiis conturiatis ferrentur ante initum suffragium patres au- ctores ßerent. Durch dieses gesetz mußte aber auch der bisher beobachtete modus betreffs der plebiscita zweifelhaft werden : hatte die lex Valeria Horatia bestimmt, daß die plebiscita ebenso angesehen werden sollten wie die populiscita (der comitia centu- riata) — womit zugleich gegeben war, daß sie auch denselben erfordernissen betreffs ihrer gültigkeit unterworfen sein sollten, wie jene so mußte diese bestimmung zweifelhaft werden, als eben für die gültigkeit der populiscita ein anderer modus (die voraufgehende auctoritas patrum) getroffen war : weshalb die wiederholte erklärung abgegeben wurde , daß auch unter diesen veränderten umständen die plebiscita den populiscita gleich- gestellt, d. h daß auch jene gleich diesen von nun an der voraufgehenden auctoritas patrum unterworfen sein sollten. Die lex Hortensia vom jähre 286 hat endlich die patrum aucto- ritas ganz abgeschafft, indem sie die unbedingte gültigkeit der plebiscita festsetzte. Der Zusammenhang der beiden leges Publiliae Philonis, deren eine ut legum quae comitiis conturiatis fer- rentur ante initum suffragium patres auctores ßerent ; deren zweite ut plebiscita omnes Quirites tenerent, bestimmte, scheint mir auf alle fälle sicher und unabweislich. Daß Livius (8, 12) die zweite an erster stelle anführt , ist zufall und ohne belang : sie ist im gegentheil erst durch die zweite (in der reihenfolge bei Livius a. a. o.) veranlaßt. Nur darin stimme ich natürlich nicht mit dem verf. überein , daß er die hier in betracht kommende au- ctoritas patrum wieder auf den gesammtsenat bezieht, während ich auch hier den patricischen ausschuß erkenne. In diesem

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einzelnen punkte stimmt der verf. also eigentümlicherweise im wesentlichen mit Mommsen trotz der großen kluft, die ihn sonst von diesem scheidet überein : denn Mommsen läßt gleichfalls die plebiscita nur dann für die gesammtgemeinde ver- bindlich werden, wenn sie durch den Senat, d.h. dengesammt- senat, vorher gebilligt waren , indem er sich bierfür auf eine vereinzelte angäbe Appians b. c. 1,59 beruft; nur daß Mommsen die bestätigung durch den gesammtsenat als voraufgehenden Senatsbeschluß, der verf. wenigstens bis 339 als nach- folgend faßt. Ich muß hier mich durchaus auf seite des Ver- fassers stellen und kann nicht finden, daß in den berichten über den Standpunkt des senats den plebiscita einerseits, den populi- scita andererseits, gegenüber irgend ein unterschied zu erkennen ist. Die wiederholten und eingehenden Senatsverhandlungen über ein von den tribunen in aussieht genommenes plebiscitum schließen in keiner weise die nothwendigkeit aus, daß das von der plebs angenommene scitura der formellen bestätigung durch die patrum auetoritas bedurfte Wenn die letztere nicht bestimmt hervorgehoben wird, so erklärt sich das eben daraus, daß wenn die voraufgegangenen Senatsverhandlungen die Zustimmung des Senats zu der beliebung der plebs herausgestellt hatten, die nachfolgende auetoritas des patricischen ausschusses nur noch eine formalität war. Wenn wie wiederholt hervorgehoben wird eben die patricier die rechtsverbindlichkeit der ple- biscita für sich ablehnten : so erscheint gerade hier die auetoritas des patricischen ausschusses zur gültigkeit jener wie von selbst sich ergebend und ich wüßte nicht, wie man hier einen andern modus erwarten dürfte , als wie er für die leges des gesammten populus feststand. Die ganz vereinzelte angäbe Appians ?\- fffotvio rt fjrjdfi 87i anQo6nvXsvzoi> f~: 7t i Siipior s»<y FQetßai .' ry- inuinin-vni fjfi> nvzoa y.ui nnlut, nnnuXsfVftt'rnr 8 sx noXX'iv ist doch wahrlich allein nicht geeignet, um durch sie das im übri- gen dem Verfassungsorganismus , speciell der legislative , ganz unbekannte Senatsgutachten zu erweisen. Appian wird hier die patrum auetoritas mit dem senatus consultum verwechseln, wie diese Verwechselung bei Dionysius ja fast regelmäßig der fall ist.

Was die andere seite der competenzen des senats, das con- silium, betrifft, so behandelt der verf. dasselbe in eingehendster weise, indem er in buch III (bd. II) zunächst in capitel I das

74 15. Komische alterthümer. Nr. 1.

consilium nach seiner allgemeinen bedeutung, capitel II in seiner beziehung auf die departements des innern und der Justiz , ca- pitel III des cultus, capitel IV der finanzen und der öffentlichen arbeiten, cap. V des auswärtigen , capitel VI des kriegs , capitel VII der provinzialverwaltung, capitel VIII in seinem übergange zur kaiserzeit erörtert. Näher auf diese darstellung einzugehen schließt sich für uns von selbst aus : es ist ein außerordentlich reiches material, welches hier vereinigt ist und welches uns die römische Staatsverwaltung nach allen ihren zweigen bis in die feinsten details zu verfolgen gestattet. Wir müssen dem verf. für die Sammlung und durcharbeitung dieses bedeutenden stoffs sehr dankbar sein. Was ich vermißt habe, ist eines: die rück- sicht auf das historische werden dieses rechtes des consilium. In der systematischen gestaltung dieser consiliären thätigkeit des Senats und in der vertheilung derselben nach den ver- schiedenen gebieten des öffentlichen lebens, wie wir dieselbe bei dem verf. finden, tritt dieses recht zu sehr einheitlich, ungewor- den entgegen: während meiner auffassung nach nichts so sehr ein produkt der zeit ist und den charakter des gewordenen an sich trägt, als gerade dieses recht des consilium des senats. Wer des Verfassersausführungen liest, muß annehmen, diese consiliäre thätigkeit des senats sei solange derselbe überhaupt vorhan- den — stets dieselbe gewesen : und doch ist für mich, wie schon bemerkt, nichts sicherer, als daß dieselbe von haus aus über- haupt gar kein recht gewesen ist und daß der senat der patricisch - plebejische gesammtsenat erst schritt für schritt in dieses recht sich hineingedrängt hat : hauptsächlich auf kosten der fungierenden magistrate. Verfassungsmäßig ist von haus aus nur die auctoritas: und dieses recht hat nur den patriciern zugestanden ; das consilium ist in der that ursprünglich nur ein rath, d. h nichts verfassungsmäßig nothwendiges ge- wesen : aber er ist im laufe der zeit zu einem wirklich organi- schen gliede der Verfassung geworden. Darauf näher ein- zugehen muß ich mir aber hier versagen.

So seien denn schließlich nur noch einige einzelheiten aus der großen summe anregender auffassungen und gedanken her- vorgehoben, die ich dem Studium des werkes verdanke. Aus der Untersuchung über das interregnum ergiebt sich mit Sicher- heit, daß die für die romulische zeit von Livius, Dionyeius u. a.

Nr. 1. 15. Römische alterthümer. 75

eingehend dargelegte Ordnung der interregenbestellung in der spätem zeit keine anwendung gefunden hat. Das wiederholte hervortreten desselben mannes als interrex z. b. des M. Fu- rius Camillus und P. Cornelius Scipio 392 und 389 na- mentlich aber die wiederholte ernennung derselben beiden män- ner Q. Servilius und M Fabius Ambustus im jähre 355 in dem- selben interregnum und zwar in derselben Ordnung in der sie das interregnum begannen zeigt, daß damals die interregen- ernennung auf freier bestimmung durch den Vorgänger beruhte: nur über die ernenuung des ersten interrex kann man zwei- felhaft sein. Läßt sich der ernennungsmodus, wie wir ihn bei Livius u. a. von der königszeit lesen, nur verstehen, wenn man den senat streng nach curien gegliedert sich vorstellt: so liegt an- derseits der Schluß nahe , daß diese Ordnung nach curien schon in der älteren zeit der republik nicht mehr die durchschlagende und allein gültige im senat, speciell unter den patricischen Se- natoren gewesen sein kann. Ich sehe den grund dafür in dem umstände, daß bei dem zusammenschmelzen der patricischen ge- schlechter manche curie ganz ausgestorben war bezüglich ihrer patricischen bestandtheile : denn die erwähnte, von Momm- sen Forsch. 1, 218 ff. behandelte interregenordnung der königszeit beruht auf dem gedanken , daß bei einer vacanz der eigentlich regierenden magistrate jede curie und innerhalb derselben jedes geschlecht abwechselnd die regierung speciell die auspicia führt: aber auch das kann ich hier nur andeuten. Die annähme des verf., nur ein curulischer Senator habe interrex werden können, ist zu weit gehend: die spätere praxis mochte sich al- lerdings nur oder vorzugsweise an curulische männer halten. Sehr beachtenswerth für die bestimmung der ursprünglichen bedeutung des worts auctoritas, auctor ist die lehre der Augural- bücher über die tria genera fulgurum, wie wir sie bei Seneca Nat. quaest. 2, 30. Serv. Aen. 8, 524 (nicht 542, wie der verf. schreibt) finden , auf die , bislang nicht beachtet, der verf. auf- merksam macht : und doch kann dieselbe mich nicht davon über- zeugen , daß das wort nicht einen entgegengesetzten sinn von haus aus gehabt hat eine auffassung, welche auch Lauge de patr. auct. II, 14 ff. vertritt. Die anwendung des worts aucto~ ritas in den XII tabb. (III, 7 bei Bruns Fontes) wiegt meiner ansieht nach den gebrauch des worts , wie wir ihn in den Au-

76 15. Römische alterthümer. Nr. 1.

guralbüchern finden , lange auf : denn diese können sehr wohl die lehre nach dem später in geltung befindlichen d.h. durch die veränderte praxis der auctoritas des patricischen senats gleich- falls veränderten gebrauche des worts dargestellt haben. Auetor ist „Urheber" und wird durchgehend in diesem sinne gebraucht: danach haben wir in der auctoritas der patricier das bestim- mungsrecht dieser als von haus aus von ihnen ausgehend zu erkennen.

Als sehr beachtenswerth muß ich auch das II , 69 ff. über die datierung der lex Maenia gesagte bezeichnen. Es ist wahr, daß die annähme des verf. der bestimmten angäbe Cicero's Brut. 14,55 widerspricht: aber ich halte es mit dem verf. für wenig- stens nicht unwahrscheinlich , daß hier eine Verwechselung vor- liegt und daß der von Cicero genannte Appius Claudius nicht der censor des j. 312, sondern der starre plebejerfeind Appius Claudius Crassus cos. 349 (Liv. 7, 6 ff.) ist Auf den umstand, daß sich bei Livius nirgends eine erwähnung der lex Maenia findet, woraus Mommsen Forsch. 1, 242 schließen zu dürfen glaubt, daß dieselbe nach 292 dem Schlüsse der 1. dekade des Li- vius -— fallen müsse, lege auch ich kein gewicht: erwähnt Li- vius doch auch die lex Ovinia mit keinem worte. Mit berufung auf Liv. 7, 21 in welchem berichte er den von Cic a. o. gegebenen wieder zu erkennen glaubt sieht der verf. in dem Maenius, nach dem die lex benannt ist, den consul des j. 338 C. Maenius. Es läßt sich jedenfalls nicht leugnen, daß diese datierung sehr viel für sich hat. Denn daß die im voraus zu ertheilende auctoritas patrum für die leges schon im j. 339 , für die wählen erst nach 292 gesetzlich bestimmt sein sollte, ist schwer verständlich , da beide bestimmungen doch im innersten zusammenhange stehen.

Ueberzeugt hat mich der verf. auch in bezug auf den cal- ceus patricius, von dem er I, 123 ff. nachweist gegen Momm- sen — daß derselbe später von den curulischen Senatoren über- haupt — also auch den plebejischen getragen worden ist. Nicht minder bin ich , wie schon oben bemerkt, seiner meinung (vgl I, 137 ff.), daß die senatores pedarii dasselbe Stimmrecht (das ius sententiae dicendae) gehabt haben , wie die curulischen. Endlich muß ich auch zugestehen , daß es schwer ist , die von Cicero gebrauchten worte Cicero's selbst (Phil. 14,7,17 ad fam.

Nr. 1. 15. Kölnische alterthümer. 77

12, 24, 2) und des Cremutius Cordus (bei Senec. Suas. 6, 19 ed. Kießling) anders zu verstehen, als daß Cicero wirklich im jähre 43 formell der princeps senatus gewesen ist. Aber es ist darauf hinzuweisen, daß diese ernennung eines plebejers zum princeps senatus in dem an Unregelmäßigkeiten und an unge- wöhnlichkeiten reichen jähre nach Cäsar's tode nicht auffallen kann. Daß auch Q. Lutatius Catulus princeps senatus gewesen, davon bin ich auch nach den ausführungen des verf. noch nicht völlig überzeugt, wenn ich auch zugebe, daß das wie Momoi- sen will patricische Vorrecht, den princeps senatus zu stellen, mir durchaus nicht sicher zu sein scheint. Der principat des P. Servilius Vatia Isauricus ist, um das noch zu bemerken, zu zweifelhaft, als daß man sich über ihn in vermuthungen einlassen könnte, wie der verf. thut I, 120 f.

Was den inhalt der lex Ovinia betrifft , so kann ich darin mit dem verf. I, 157 ff. nicht übereinstimmen. Schon Lange hat sich eingehend mit den betreifenden ansichten des verf. be- schäftigt: vgl de plebicitis Ovinio et Atinio. 1879. Meine eigene ansieht über die einschneidenden bestimmuugen dieser lex würden ohne größere ausführungen nicht darzulegen sein, was sich für diesen ort ausschließt.

Damit breche ich ab. Ich würde noch eine lange reihe von punkten anführen können, in denen ich, sei es mit dem verf. übereinstimmend , sei es von ihm abweichend, sehr beach- tenswerthe angaben erblicke. Jedenfalls ist das werk na- mentlich so lange von Momtnsens Staatsrecht der dritte band noch aussteht für jeden mit der römischen Verfassung, spe- ciell mit dem senat sich beschäftigenden unentbehrlich. Der hauptwerth desselben liegt für mich in der Sammlung des ma- terials : einmal der einzelfälle, in denen die competenzen des Se- nats nach allen ihren Seiten zum ausdruck kommen; anderseits der statistischen daten betreffs der Zusammensetzung des Senats. Denn obgleich die letzteren in hohem maße mit Wahrscheinlich- keiten und möglichkeiten rechnen müssen und vielleicht auch im einzelnen mannigfache rectificationen nöthig machen werden, so gewinnt man doch erst aus ihnen ein richtiges und klares bild über die Zusammensetzung des Senats , ohne deren genaue kenntniß auch die den senat leitenden und beherrschenden rich- tungen seiner politik unverständlich bleiben werden. O. Gilbert.

78 Bibliographie. Nr. 1.

Bibliographie.

Ausgegeben ist : F. A. Brockhaus, verzeichniß ausgewählter werke , in eleganten einbänden ; ausgewählte werke aus dem Verlage der Weidmann 'sehen buchhandlung in Berlin.

Es kündigt F. A. Brockhaus in Leipzig an: Troja, ergeb- nisse meiner neuesten ausgrabungen auf den bausteilen von Troja in den heldengräbern, Bunarbaschi und andern orten von Troas im jähre 1882, von dr. Heinrich Schliemann, mit vorrede von prof. AI. Sayce bei dieser anzeige auch einige abbildun- gen und verzeichniß der frühem Schriften Schliemann's.

Ferd. Dümmlers {Harrwitz u. Gassmann) Verlagsbuchhandlung in Berlin macht aufmerksam auf : Vergleichende syntax der in- dogermanischen comparation, insbesondere der comparationscasus der indogermanischen sprachen und sein ersatz von dr. Hermann Ziemer. Dabei liegt: Register der vergleichenden syntax der indogermanischen comparation von H. Ziemer.

Angezeigt ist : Jos. Jolowicz antiquarischer catalog no. 60 ; und P. Neff, Ebner u. Seubert in Stuttgart, weihnachtscatalog im RAnz. no. 283. 291.

Ausgegeben sind Cataloge der antiquare: P. Neff, Ebner und Seubert, festeatalog (mit vielen abbildungen) ; J. A. Stargard in Berlin, bücherverzeichniß no. 141.

Verzeichniß der wichtigeren publikationen auf dem gebiete der alter-

thumswissenschaft. 1884. I.

Deutschland. Oesterreich. Schweiz.

1. Apulei Psyche et Cupido , rec. et em. Otto Jahn. Ed. III. Leipzig, Breitkopf u. Härtel 1883. 18. X, 19 p. 1 mk. 50 pf.

2. Augusti, res gestae Divi. Ex rnonumentis Ancyrano et Apollo- niensi iterum edidit Theod. Mommsen. Accedunt tabulae undeeim. Berlin, Weidmann 1883. 8. C, 223 p. 11 tabb. 12 mk.

3. Bursian, Conrad, geschiente der classischen philologie in Deutschland von den anfangen bis zur gegenwart. 2 hälften. Mün- chen, Oldenbourg 1883. 8. VIII, 1271 p. 14 mk. 50 pf. (Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere zeit, bd. 19.)

4. Cicero's rede für den P. Sestius. Für den schulgebrauch er- klärt von R. Bouterwek. Gotha, Perthes 1883. 8. VI, 154 p. und VI, 54 u. 97 p. Ausg. A u. B. 1 mk. 50 pf.

5. Commentaria in Aristotelem Graeca edita consilio et auetori- tate acad. r. boruss. Vol. II, 1 : Alexandri in Aristotelem Analytico- rura priorum commentarium, ed. Max Wallies. Berlin, G.Reimer 1883. 8. XXII, 426 p. 14 mk.

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7. Eclogae poetarum Graecorum scholarum in usum composuit Hugo Stadtmüller. Leipzig, Teubner 1883. 8. XXIV, 434 p. 2 mk. 70 pf.

8. Gilbert, Otto, geschichte und topograpbie der stadt Rom im alterthum. Erste abtheilung. Leipzig, Teubner 1883. 8.' 368 p.

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Nr. 1. Kleine philologische zeitung. 81

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Rußland.

44. Wlastnff, Georges, Prome'thee Pandore et la legende des siecles. Essai d'analyse de quelques legendes d'Hesiode. Edition de l'auteur. St. Petersbourg 1883. 8. IV, 242 p. 6 mk.

Beilage B: Academica und dissertationen.

München. 45. Appel , Ernst, de gene're neutro intereunte in lingua latina. Erlangae 1883. 8. 122 p.

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Kleine philologische zeitung.

Ueber latifundien neuerer zeit, die zur kenntniß der im al- terthum gegründeten nützlich sind , findet sich im anschluß an E. Walcker's Landwirtschaftspolitik einiges in Allg. ztg. no. 300.

Ueber das unter leitung von O. Devrient ausgeführte Luther- festspiel in Jena berichtet Allg. ztg. beil zu no. 360.

Mannheim, 27. november 1883. Auf einem grundstücke des weinhändlers L. Dihl in Ladeuburg wurden fünf römische mei- lensteine aufgefunden. Ladenburg, in ältester zeit Vicus Lopo- dunum, dann Civitas Ulpia zu ehren Trajans, zuletzt nach Septi- mius Severus Civitas Ulpia Septimia Nemetum benannt , war das centrum eines römischen Verwaltungsbezirks bis nach der mitte des dritten Jahrhunderts, bis hier auf dem rechten Rheinufer die Alemannen der römischen herrschaft ein ende machten. Die meilenzeiger in diesem gebiet beziehen sich alle auf den hauptort Lopodunum als ausgangspunkt. Die vor sechs jähren in Heidelberg gefundenen acht römischen leugensäulen tragen sammt und sonders die worte : A LOP(oduno) L(eugae) IUI d. i. von Lopodunum 4 gallische Leugen = 6 römische meilen = 8,89 kilometer. Ebenso wie die Heidelberger wegesäulen sind die Ladenburger hauptsteine mit den namen einer ganzen reihe römischer kaiser geschmückt. Die inschriften lauten :

[. Zu ehren des kaisers Gordian III., ums jähr 238 gesetzt:

Philol. Änz. XIV. 6

82

Kleine philologische zeitum

Nr. 1.

/////////

I I I I CAES M ANTONIO GORDIANO PIO FELICI AVG P M TR P P P C S N L- I

Imperatori Caesari

Marco Antonio

Gordiano

Pio Felici Angusto

Pontifici maximo tribunicia potestate

Patri Patriae Civitas Septimia Nemetum Leuga I.

Der maßangabe nach scheint dieser stein verschleppt zu sein, eine annähme, für die das fehlen des sockels spricht.

IL Zu ehren des kaisers Philippus Arabs und seines gleich- namigen sohnes im jähr 246 gestiftet. IMP II II III H Hl II II HU Imperatori Caesari

Marco Iulio

Philippo Pio

Felici Augusto Tribunicia

Potestate III consuli

Et Marco Iulio

Philippo

Nobilissimo Caesari

Civitas Ulpia Septimia Nemetum.

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NOB- II II II III Hl II III II

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III. Zu ehren des kaisers Decius im jähr 249 gesetzt.

IMP. CAES C MESSIO QVINTO TRAIANO DECIO P INVICTO AVG PMTP

F

Imperatori Caesari Gaio Messio Quinto Trajano

Decio Pio Felici Invicto

Augusto Pontifici maximo tribunicia po- testate patri patriae. Proconsuli Civitas Septimia Nemetum. IV. Zu ehren des zum thronfolger bestimmten jüngeren Decius im jähr 250 gesetzt.

P-P

PROCOS C S N

Q. HERENNIO ETRVSCO MESSIO DECIO NOBILISSIMO

CAESARI- C-VL-S-N V. Zu ehren des 254 gesetzt. IMPP. CAESS. P. LICINIO VALERIANO ET P LICINIO GALIENO PIS FELICIBVS AVGG C V S N-

Q. Herennio Etrusco Messio Decio Nobilissimo

Caesari Civitas Ulpia Septimia Nemetum. kaisers Valerian und Gallienus ums jähr

Imperatoribus Caesaribus

Publio Licinio

Valeriano

et Publio Licinio

Galieno

Piis Felicibus

Augustis Civitas Ulpia Septimia Nemetum.

Nr. 1. Auszüge ans Zeitschriften. 83

Diese inschriften decken sich ziemlich mit den im jähre 1877 in Heidelberg gefundenen und von Karl Christ in den Bonner Jahrbüchern heft LXI 10 ff. und LXIV p. 62 beschrie- benen steinen. Es steht zu hoffen , daß drei weitere leugen- weiser zu ehren des Elagabal, Severus Alexander und Maximin noch gefunden werden. Riesige Steinplatten von über zwei meter länge und dreißig centimeter dicke und ein großer quader lie- gen noch in der fundstätte in einer tiefe von etwa drei meter, hinter denen sich vielleicht noch manches birgt. [Kölnische zeitung 1883 2. dec. no. 3342.]

Auszöge aus Zeitschriften.

Literarisches centralblalt für Deutschland. Hrsg. u. verantw. re- dacteur prof. dr. Fr. Zarticke, 1883, no. 42: Hirschfeld, Otto, galli- sche Studien. Wien 1883, Gerold's söhn. 60 p. F. B{ühl). Mor- purgo, A., Arbogasto e l'impero romano dal 379 494. Cenni storici. Triest 1883. 8. 34 p. 1 karte. Progr. Lichtenheld, Ad., das Stu- dium der sprachen, besonders der classischen, und die intellectuelle bildung auf sprachphilosophischer grundlage dargestellt. Wien 1882, Hoelder. XVI, 259 p. 5 rnk. 40 pf. B(ru)gm(an). Euclidis elementa. Ed. et latine interpretatus est /. L. Heiberg. Vol. I. Libr. I IV. cart. Leipzig 1883, Teubner. X, 333 p. 3 mk. 60 pf. z—r Kuhfeldt, Ose, de capitoliis imperii romani. Berlin 1883, Weidmann. 83 p. 2 mk.

No. 43 : Jahresbericht der geschichtswissenschaft, im auftrage der histor. gesellschaft zu Berlin hrsg. von dr. F. Abraham, dr. J. Her- mann, dr. JEdm. Meyer. 3. jahrg. 1880. Berlin 1883, Mittler u. söhn. X, 162, 345, 294 p. 16 mk. Matzat, Heinr., römische Chronologie. 1. bd. Grundlegende Untersuchungen. Berlin 1883, Weidmann. XII, 354 p. 8. 8 mk. Gozzadini, Giov., di due Statuette etrusche e di una iscrizione etrusca dissotterrate nell'Apennino bolognese. Memoria ecc. Korn 1883, Salviucci. 9 p. 2 tafeln. 4. (Atti della R, Accad. dei Lincei anno 280.) Pa(uli). De Feis, Leopoldo, i dadi scritti di Toscanella ed i numeri etruschi. Estratto dal Giornale Liguistico Ann.X. fasc. VII. VIII. Genova. 79p. 8. Itafei. Pa{uli). Briefwechsel zwischen Aug.Boeckh und Karl Otfried Müller. Leipzig 1883, Teubner. X, 442 p. 9 mk. Herder, Joh. Gottfr., denkmal Job. Winckelmann's. Eine ungekrönte preisschrift aus dem jähre 1778. Nach der Casseler hdschr. zum ersten male hrsg. und mit literarhistor. einleitung ver- sehen von dr. Alb. Duncker. Cassel 1882, Kay. XXXV, 61 p. 8. 2 mk. 50 pf. Winckelmann's briefe an seine Züricher freunde. Nach den auf der Züricher stadtbibliothek aufbewahrten originalen in verm. u. verb. gestalt neu hrsg. von Hugo Blümner. Freiburg i. Br. 1882, Mohr. X, 238 p. 8. 5 mk. H. J(anitschek).

No. 44 : Hintner, Val., griechische schulgrammatik. Wien 1883, Holder. 2. verb. aufl. 252 p. 8. 2 mk. A. K.

No. 45: Der Rigveda oder die heiligen hymnen der Brähmana. Zum ersten male vollständig ins Deutsche übersetzt mit comm. u. ein- leitung von Alfred Ludwig. 4. u. 5. bd. (Des commentars erster u. zweiter theil.) Prag 1881, Tempsky. XXXVIII, 435. 645 p. 8. 28 mk. Wi(ndisch). Hihi , J. A. , la le'gende d'Ene'e avant Virgile. Paris 1883, Leroux. 95 p. . 8. (Eiudes de religion et de litterature an- ciennes I.) E. Wr. Münzet, Rob., Quaestiones mythographae. Ber- lin 1883, Weidmann. VI, 25 p. 8. 1 mk. 20 pf. Cr{usius),

84 Literatur. Nr. 1.

No. 46. Claudi Ptolomuei geographia. E codicibus recogn. pro- legg. annotat. indicibus tabulis instruxit Carol. Müller. Vol. I. p. 1. Paris 1883. 8. V, 570 p. B(erge)r.

No. 47 : Historienrum Romanorum fragmenta coli. disp. Herrn. Peter. Leipzig 1883, Teubner. XXVIII, 428 p. 4 mk. 50 pf. S. Ger- ber, A., et A. Greef, lexicon Taciteum. Fase. V. Leipzig 1883, Teub- ner. p. 481 576. 8. 3 mk. 60 pf. A. E{ußner), Kr äff er t , Herrn., beitrage zur kritik und erklärung lateinischer autoren. Aurich 1883. 8. 153 p. 3 mk. 60 pf. Meier, M. H. E. u. G. Fr. Schümann, der at- tische proceß. 4 bücher. Eine gekrönte preisschrift. Neu bearb. v. J. H. Lipsius. Lieferung 1—4. Berlin, Calvary 1883. 8. 468 p. 17 mk.

No. 48 : Enmann, Alex., Eine verlorene geschiebte der römischen kaiser und das buch de viris illustribus urbis Rornae. Quellenstudien. Göttingen, Dieterich 1883. 8. (Aus dem Philologus Suppl.-Bd. IV. p. 337 501.). Erman, Heinr. , zur geschichte der römischen quit- tungen und Solutionsacte. Mit einem vorwort von Prof. Dr. Dern- biirg. Berlin 1883, Puttkammer u. Mühlbrecht. VII, 82 p. 8. 2 mk. Rumpel, Jo. , Lexicon Pindaricum. Leipzig 1883, Teubner. 8. 498 p. 12 mk.

No. 49: Oberhummer, Eugen, Phönizier in Akarnanien. Untersu- chungen zur phönizischen colonial- und handelsgeschichte mit beson- derer rücksicht auf das westliche Griechenland. München, Ackermann

1882. 8. 84 p. 1 mk. 80 pf. FR. Monro, D. B., a grammar of the Homeric dialect. Oxford 1882. 8. Clarendon Press. XXII, 344 p. <S. Kinch, C. F., quaestiones Curtianae criticae. Kopenhagen, Gyldendal

1883. 8. 108 p. A. E(vßner).

Rheinisches museum für phüologie , bd. 38, heft 4: Herakleides Pontikos der kritiker, von G.F. Unger, p. 481. Catalepton, scripsit F. Buecheler, p. 507. Zu der eleischen inschrift aus Olympia no. 362. Aus Th. Bergk's nachlaß, p. 526. Von welchen Staaten ist Rom in seiner kultur beeinflußt worden? von O.Weise, p. 540. Straboniana, von B. Niese, p. 567. Beiträge zur kritik der gallischen panegyriker, von Ä. Brandt, p. 603. Ueber die verwerthung der bei den rhetoren sich findenden citate aus Demosthenes, von F. Blaß, p. 612. Mis- cellen: Apollon bei den Hyperboreern (zu Pind. Pyth. X), von Th. Zielinski, p. 625. Ephoros als quelle für die schlacht bei Salamis, von G. Busolt, p. 627. Ephoros über die Verluste bei Salamis und bei Plataiai, von demselben, p. 629. Noch einmal über das verfah- ren der Athener gegen Mytilene, von L. Holzapfel, p. 631. Zu Tzetzes Hist. 118, von R. Foerster, p. 633. De iteratis syllabis obser- vatiuncula, scripsit A. Biese, p. 634. Klage eines ostgothischen Professors, von F. B., p. 637. ANAPTYPOI, von Dvenos, p. 640.

Literatur 1883, (dem Philologus und PkAnzeiger zugesandt).

Weißbrodt, Wilh., miscellanea epigraphica numismatica grarnma- tica. Brunsbergae 1883. 4. 22 p.

Guttmann, Carl, de earum quae uocantur Caesarianae orationum Tullianarum genere dicendi. Gryphisw. 1883. 8. 79 p.

Probst, Arthur, beitrage zur lateinischen grammatik. I. Zur lehre von den partikeln und konjunetionen. Leipzig 1883. 8. p. 105 170.

Clasen, Christ., histor.-kritische Untersuchungen über Timaios von Tauromenion. Kiel 1883. 8. 97 p.

Benicken , Hans Karl , studien und forschungen auf dem gebiete der Homerischen gedichte und ihrer litteratur.* Das zwölfte und drei- zehnte lied vom zorne des Achilleus in N30 der Homerischen Ilias. Innsbruck, Wagner 1883. 8. 44 mk. CCXLVII, 1312 p.

Nr. 2. 3. Februar, März 1884.

Philologischer Anzeiger.

Herausgegeben als ergänzung des Philologus

Ernst von Leutsch.

16. Sylloge inscriptionum Boeoticarum dialectum populärem exhibentium. Composuit adnotavit apparatu critico instruxit Guilelmus Larfeld, Dr. Praemittitur de dialecti Boeoticae mutationibus dissertatio. Berolini apud Georgium Reimerum MDCCCLXXXIH. 232 p. 8. 10 mk.

Es ist mißlich, nachdem ein kenner wie H. Röhl dem vor- liegenden buche durch seine besprechung in der Philol. Wochen- schrift 1883 no. 9 p. 269 ff. gewissermaßen einen empfehlungs- brief ausgestellt hat, dasselbe ebenfalls zu besprechen, ohne sich in gleicher weise dafür begeistern zu können. Darum aber mit dem eigenen urtheil zurückzuhalten, finde ich keinen grund.

Das buch enthält nach Städten geordnet in chronologischer reihenfolge alle bis dezember vorigen Jahres bekannten inschriften Böotiens , soweit sie in dem böotischen dialekt geschrieben sind. Die fundstätten und jetzigen aufbewahrungsorte, sowie die buch- stabenformen werden in einem kurzen lemma angegeben, worauf die inschriften selbst, ergänzt und verbessert, soweit es gelingen wollte, in minuskeln folgen. Nur die kürzeren inschriften sind meist in majuskeln gegeben, die ältesten darunter genau in der- selben nachbildung, wie sie bei Bohl , Inscriptiones Graecae an- tiquissimae p. 45 ff. erscheinen. Darauf gibt der herausgeber in möglichster kürze alle nöthigen angaben über die früheren her- ausgeber , den inhalt , das muthmaßliche alter und einzelne be- sonderheiten der inschriften. Zu vielen inschriften fügt er noch am fuß der Seiten die varietas lectionum. Einen Index nominum, wie ihn einst Keil seiner Sylloge inscriptionum Boeoticarum an- hängte , wie er bei jeder inschriftensammlung gefordert werden Philo!. Anz. XIV. 7

86 16. Epigrapbik. Nr. 2.

sollte und für die böotischen Inschriften ganz besonders werth- voll wäre, seiner neuen Sammlung beizufügen hat der heraus- geber unterlassen.

Im übrigen ist die ganze äußerst mühevolle arbeit mit gro- ßer Sorgfalt und aller Sachkenntnis ausgeführt. Auch ist dem herausgeber , soweit ich es beurtheilen kann , keine wesentliche inschrift oder sonst einschlagende pxiblikation entgangen. Nur finde ich den ausschluß der münzlegenden in keiner weise ge- rechtfertigt. Daß ferner fast jeder tag neue bereicherungen un- serer Sammlung liefert und schon jetzt nachtrage erforderlich sind, ist ein nachtheil, der mit jeder derartigen Sammlung ver- knüpft ist. Insoweit kann man also gegen das unternehmen nichts besonderes einwenden. Anders steht es, wenn man den zweck desselben ins äuge faßt. Da der herausgeber alle in- schriften prinzipiell ausgeschlossen hat, welche keine spuren des landschaftlichen dialekts enthalten , so ist seine Sammlung für alle rein historischen und antiquarischen forschungen zum min- desten unvollständig. Auch den paläographischen oder epigra- phischen fragen kann sein buch nicht dienen, da er nur eine kleine willkürliche anzahl von inschriften in facsimilierter nach- bildung gibt , deren zweck mir überhaupt unerfindlich ist , da sie neben den Röhl'schen Inscriptiones eine überflüssige Wieder- holung und ohne alle selbständige bedeutung sind. Sie scheinen mir einzig dem bestreben der Jetztzeit, fast jedes buch durch Il- lustrationen interessanter zu machen , ihren Wiederabdruck an dieser stelle zu verdanken. Der zweck des buches kann also nur der sein, den sprachlichen und sprachhistorischen Untersu- chungen über den böotischen dialekt das nöthige material in ge- nauer kritisch gesichteter bearbeitung zu geben. In dieser hin- sieht aber erscheint mir das buch nach der Sammlung der „in- schriftlichen quellen des böotischen dialekts" von ß. Meister in Bezzenberger's Beitr. V. 185 ff. und VI. 1 ff. durchaus überflüssig. Ich bewundere zwar die Selbstverleugnung , die es über sich bringt , eine schon von einem anderen ausreichend gut voll- brachte arbeit nochmals zu unternehmen, glaube aber nicht, daß dieselbe auf dank anspruch zu machen hat. Darauf könnte Lar- feld nur dann rechnen , wenn entweder das seit der Meister'- schen Sammlung neugefundene material so reichhaltig wäre, daß es schon eine neue Sammlung nöthig machte, oder die Meister'-

Nr. 2. 16. Epigraphik. 87

sehe arbeit so mangelhaft wäre, daß sie ihrem zweck nicht ent- spräche. Beides aber ist nicht der fall , und deshalb halte ich diese unmotivierte neubearbeitung geradezu für ein unrecht, weil sie stillschweigend der leistung des andern ihre bedeutung ab- spricht und sie in den hintergrund zu stellen sucht. Ich glaube im gegentheil, daß die Meister'sche arbeit der Larfeld'schen ge- genüber noch manche Vorzüge behauptet. Meister gibt allemal erst in fortlaufender minuskelschrift die auf dem stein erhaltene lesart ohne wortabtheilung , ergänzung und berichtigung, darauf erst die vervollständigte Umschrift; er erreicht dadurch, daß je- der eine klare anschauung der wirklichen Überlieferung erhält. Larfeld hingegen gibt die inschriften (mit ausnähme der weni- gen , welche er in majuskeln gibt) nur einmal , indem er nach einem äußerst künstlichen System verfährt : „Litteras in mediis versibus detritas punetis distinxi uncisque quadratis inclusi: [a] ; in initio et exitu versuum solurn uneum adhibui : «], \c. ; quarum litte- rarum reliquiae tantum in monumentis deprehenduntur , vel quarum loco falsae sive per errorem lapieidarum insculptae sive eorum qui descripserunt vitiis traditae sunt , uncis quadratis signavi : [a\ per- peram omissas rotundis : («) , vitiose textui intrusas uncis fractis : <<4>". Dazu kommen noch zahlreiche fragezeichen und Stern- chen, alles nur geeignet, das bild des wirklich erhaltenen zu verwirren. Es wäre sehr zu bedauern , wenn die von Larfeld erfundene transcriptionsmethode in zukünftigen inschriftenpubli- kationen nachahmung fände.

Was die emendation und ergänzung der inschriften betrifft, so weicht Larfeld allerdings ziemlich oft von Meister ab , und man muß auch einräumen, daß er in manchen vermuthungen recht glücklich gewesen ist. Aber für die spräche und dialekt- forschung, die sich nur auf das sicher erhaltene stützen kann, bleiben die meisten derselben gleichgültig. Die Meister'sche darstellung des böotischen dialekts in seiner neubearbeitung des Ahrens'schen werkes ist vor der herausgäbe des Larfeld'schen buches erschienen, aber ich zweifle,, ob sie durch benutzung des- selben wesentlich anders ausgefallen wäre. Larfeld scheint ganz besondere bedeutung seiner chronologischen anordnung der inschriften beizulegen, auf welche er die größte Sorgfalt verwen- det hat. In dem vorausgeschickten Wiederabdruck seiner Bonner dissertation De dialecti Boeoticae mutationibus gibt er rechen-

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88 17. Epigraphik. Nr. 2.

schaft von den grundsätzen, die ihn dabei leiteten. Bisher habe man sich allzusehr von dem epigraphischen elemente bei der Zeitbestimmung der inschriften leiten lassen, wogegen man mehr auf die lautlichen Veränderungen der spräche rücksicht nehmen müsse. In Wahrheit aber hat man auf beides rücksicht genom- men und man hat von dem epigraphischen moment in Verbin- dung mit den sachlichen angaben der inschriften nur den not- wendigen ausgangspunkt für die Chronologie des böotischen vo- kalismus genommen ; dabei ist man freilich nicht zu so bestimm- ten resultaten gelangt , wie Larfeld , weil man nicht den muth hatte, etwas unbestimmtes als bestimmt hinzustellen. Die böo- tischen inschriften mit ihrer mannigfaltigkeit der Orthographie, ihrem steten schwanken zwischen phonetischer und historischer Schreibweise warnen einen jeden vor allzu bestimmter zeitlicher datierung. Auch verkennt Larfeld ganz, daß sich lautliche Ver- änderungen wie jede einzelne Umgestaltung des böotischen vo- kalismus nicht mit einem schlage, in einem bestimmten momente vollziehen und in der schritt ihren ausdruck finden. Daneben hätte das Verhältnis zwischen Schriftsprache und lebendiger mund- art genauere beachtung verdient. Um im einzelnen seine fest- setzungen zu widerlegen , müßte ich freilich nochmals eine ab- handlung de dialecto Boeotica schreiben. Doch kommt es überhaupt für die Sprachgeschichte nie auf absolute , sondern nur auf relative Chronologie an.

Im ganzen also vermag ich dem fleiß und der Sorgfalt des herausgebers in der Sammlung und bearbeitung der inschriften meine anerkennung nicht zu versagen, muß es aber für nutzlos verwerthete mühe erklären das, was längst ausreichend gut be- handelt ist , nur darum von neuem zu behandeln , damit ein neues Sammelwerk entstehe, das doch immer und meist schon vor seiner Vollendung wieder lücken aufweisen wird. Ein knap- per nachtrag mit einigen sicheren ergänzungen und Verbesserun- gen zu Meister's arbeit wäre erwünscht und lohnenswerth ge- wesen. A. Führer.

17. L. v. Urlichs, Pergamenische inschriften. Sech- zehntes programm des v. Wagnerschen kunstinstitutes. Würzburg 1883. 31 p. 8.

Die inschriften, welche in den „vorläufigen berichten" über

Nr. 2. 17. Epigraphik. 89

die ausgrabungen zu Pergamon veröffentlicht worden sind (Jahr- buch der kgl. preuß. kunstsammlungen I. [1880] p. 188 ff. III. [1882] p. 80 ff.) hat der Verfasser von neuem herausgegeben, indem er die historisch bemerkenswerthen in eine zusammenhän- gende darstellung der regierungsthätigkeit der pergamenischen könige (p. 7 20) einzuordnen suchte. Als grundlage der Un- tersuchung dienten die von Conze gemachten beobachtungen und bemerkungen, besonders der aufsatz „über die zeit der erbauung des großen altars zu Pergamon" (Monatsbericht der preußischen academie 1881 p. 869 876), in welchem die in Pergamon ge- fundenen inschriften ihrem schriftcharakter nach in 3 gruppen vertheilt sind , die den regierungszeiten der könige Attalos I (241 197), Eumenes II (197 159) und Attalos II (159—138) entsprechen. Die einzelnen inschriften sind zum theil so stark fragmentirt, daß die deutung ihrer beziehung auf bestimmte er- eignisse zweifelhaft bleibt. Aus der zeit Attalos' I. findet sich (Urlichs n. 2) die Unterschrift einer statue des königs, welche Epigenes und die feldherrn und befehlshaber aus den kämpfen gegen Antiochos Hierax und die Gallier geweiht haben. Conze schrieb: 'Enr/n^t^ xai ol ijys^öte^ hu), dtQur^joi^, Urlichs aiija- 7[/]oÖ7ra wohl druckfehler für atoar[t<y)7ai] , was aber auch nicht begründet wird. Von den kriegsthaten Eumenes' IL (des erbauers des großen altars, wie Conze eben durch verglei- chung der buchstabenformen erkannt hat) wird der feldzug ge- gen Nabis (195 v. Chr.) in mehreren inschriften erwähnt. Auf die theilnahme am kriege gegen Antiochos DIL von Syrien be- zieht sich ein denkmal, das die achäischen hilfstruppen dem At- talos , dem bruder des königs und späterem könige Attalos IL, gesetzt haben; die inschrift (Urlichs n. 17) nennt als anlaß der Widmung tijv tv Avbla 7tuqu top 0gvyim noTa^ov ftajpjp, die Schlacht bei Magnesia. In einer weihinschrift Attalos' IL wird ein feldzug erwähnt, dessen richtung unklar bleibt, da die rechte seite des Steines zerstört ist. Urlichs (n. 18) schließt sich der vermuthung von Conze an , der dieses denkmal auf den kämpf gegen Prusias (IL) von Bithynien bezogen hat.

Den Schluß der Sammlung bilden die künstlerinschriften, großentheils kleine fragmente, an denen p. 26 ein nach 3 gene- rationen geordnetes Verzeichnis der pergamenischen künstler her- gestellt und durch das, was an notizen über die personen der

90 18, Homeros. Nr. 2.

künstler anderweitig bekannt war, erläutert wird. Beachtens- werth, wenn auch wohl nicht sicher, ist die p. 23 vorgeschlagene Verbesserung zu Plinius 34, 90 (19,33): Simon canem et sagittarium fecit, Stratonicus caelator ille philosophos , scopas uterque. Urlichs schreibt als vorletztes wort scyphas, so daß beiden künstlern neben ihrer thätigkeit als erzbildner die Verfertigung silberner becher zugeschrieben wird. Paul Cauer.

18. AugustFick, die homerische Odyssee in der ursprüng- lichen sprachform wieder hergestellt. Göttingen 1883. 8. 330 p.

Es galt bis vor kurzem als eine allgemein anerkannte, fast möchte ich sagen selbstverständliche thatsache , daß die spräche der homerischen dichtungen mit ihrem ungewöhnlichen formen- reichtum nicht der genaue reflex eines zur zeit des dichters von seinen landsleuten gesprochenen epichoren dialektes, sondern eine kunstsprache sei, basiert zwar auf dem fundamente des altionischen dialektes, aber durchsetzt mit mannigfachen alter- thümlichen und fremdländischen dementen, den producten einer langjährigen, von den Aeoliern zu den Ioniern gewanderten sangesübung. Die erscheinung selbst erregte im hinblick auf verwandte Vorkommnisse der litteratur nicht derartiges befrem- den, daß man an ihr irgendwie zu rütteln gewagt hätte. Man hat nur bei fortschreitender erkenntnis immer mehr den gedan- ken, als ob die homerische spräche aus allen möglichen dialekten gemischt sei und außer den bezeichneten dementen auch noch dorische enthalte , zurückzudrängen und den kreis der äolischen formen in engere grenzen zu ziehen gesucht. Den Standpunkt, den so die Wissenschaft bis vor kurzem allein anerkennen zu müssen glaubte, hat am besten Hinrichsin dem trefflichen buche, De Homericae elocutionis vestigiis aeolicis Berlin 1875, ausgespro- chen oder vielmehr festgestellt. Danach wurden viele dem spä- teren ionismus fremde sprachformen , wie namentlich das di- gamma, der altgriechischen spräche überhaupt vindiciert und die äolismen wesentlich auf das gebiet der formelhaften , aus einer älteren periode äolischen gesanges vererbten Wendungen beschränkt. So stand die sache bis vorkurzem, da kam im vorigen jähre der berühmte Verfasser des Wörterbuches der indogermani- schen sprachen, Aug. Pick und schlug in einem artikel der beitrage zur künde der indogermanischen sprachen einen ganz

Nr. 2. 18. Homeros. 91

neuen weg der erklärung der formenmischung in Homer ein. Die versuche Bentleys und Bekkers in die homerischen gedichte das digamma einzuführen wurden als unwissenschaftliche halb- heiten verworfen; wer den einen äolischen buchstaben einführe, müsse auch den muth haben dem Homer die äolischen formen überhaupt zurückzugeben ; die älteren lieder des Homer seien ursprünglich ganz im äolischen dialekt gedichtet worden und seien erst später, nachdem das geschlecht der Homeriden aus dem äolischen Smyrna nach dem ionischen Chios übergesiedelt sei, aus dem äolischen ins ionische übertragen worden. Zur probe wurde dort die erste hälfte des ersten gesanges der Ilias in die vermeintliche grundform zurückübersetzt. Jenem aufsatz, der durch die ingeniöse neuheit seiner gedanken überraschte und auch mich wie ein zweites ei des Columbus anfangs sprachlos zu machen schien , ist jetzt als supplementband der Bezzenber- ger'schen beitrage ein ganzes buch gefolgt. In demselben gibt der verf. nach einer orientierenden einleitung p. 1 36 die vier von Kirchhoff angenommenen alten bestandtheile der Odyssee, den alten nostos, die räche des Odysseus , den jüngeren nostos, hier mit kläglicher spracharmuth 'OSvaaecog voatog im gegensatz zum voatog 'OSvaaeeoc genannt, und die Telemachie in der vor- ausgesetzten äolischen urform. Auf dieselbe läßt der heraus- geber eine besprechung der jüngeren, weniger umfangreichen bestandtheile der Odyssee folgen , welche die zusammenfügung der vier alten, ehedem selbständigen epen zur heutigen Odyssee und deren abschluß durch die letzten anderthalb gesänge ent- halten sollen. Von diesen nimmt Fick an, daß sie von vorn- herein in dem ionischen mischdialekt und zwar von dem Home- riden Kynaithos aus Chios um ol. 29 gedichtet seien und gibt dann als probe jener künstlichen sprachform den Schluß der Odyssee und den Hymnus auf den delischen Apollo. Am Schlüsse steht noch ein ausblick, der uns nach einer äolischen Odyssee auch noch eine äolische Ilias und einen altthessalischen Hesiod in aussieht stellt , von welch letzterem uns vorerst eine probe aus Theog. 453—498 und 886—926 geboten wird.

Den eindruck, den die erwähnte erste abhandlung Ficks auf mich machte, gebe ich am besten mit den worten wieder, welche ich vor dreivierteljahr in den prolegomenis meiner dem- nächst erscheinenden Iliasausgabe niedergeschrieben habe: hanc

92 18. Homeros. Nr. 2.

sententiam non magis ingeniöse excogitatam quam subtiliter proiatam cum primum perlegerem, me prorsus obstupef actum esse ingenue fa- teor ; sed cum paullatim animum revocassem , multa ei obstare et cardines eius facile effringi posse cognovi. Die zweite größere arbeit Ficks, die ausgäbe der Odyssee, bat mich weit kälter gelassen, nicht als ob sie weniger blendende geistesblitze enthielte oder weniger durch originelle auffassung und lichtvolle, des gelehrten ballastes entbehrende darstellung besteche ; aber der hauptinhalt wirkte auf mich nicht mehr mit dem reize der neuheit, machte vielmehr sofort auf mich den eindruck, daß der verf. damit der todtengräber seiner eigenen idee werde. Wie dieses? ich war von jeher mit den meisten litteraturhistorikern der meinung, daß dem ionischen Homer eine ältere äolische Vorstufe des helden- gesanges vorausgegangen sei, und theilte keineswegs die ansieht meines jungen freundes Sittl , der in einem aufsatz des Philolo- gus bd. XLIII p. 1 ff.; die äolismen der homerischen spräche, den äolischen hintergrund der trojanischen sage und der homerischen poesie überhaupt zu leugnen gewagt hat. Bei dieser meiner anschauung verschloß ich mich nicht von vornherein dem ge- danken, daß möglicher weise die ältesten, in die Ilias aufgenom- menen lieder, wie die vom Zweikampfe des Paris und Menelaos und der aristeia Agamemnonos, noch in äolischem dialekte könn- ten gedichtet gewesen sein. Aber nun will Fick auch die Odys- see, welche doch den abschluß der Ilias bereits voraussetzt, noch der periode des äolischen epos zuweisen. Ja er beschränkt diese annähme nicht einmal auf den ältesten kern der Odyssee, den nostos Odysseos , sondern läßt auch die junge Telemachie , ja selbst die Theoklymenosepisode ursprünglich äolisch gedichtet sein. Was bleibt denn da von den homerischen dichtungen noch übrig? Kaum ein fünftel und dieses eine fünftel sollte die vier anderen fünftel zu sich hinübergezogen haben, trotzdem es an dichterischem werthe weit mehr noch als an umfang densel- ben nachstand ? Widerspricht das nicht allen naturgesetzen ? Kann man dazu auch nur ein analogon aus der übrigen litte- ratur anführen? Läßt sich nicht umgekehrt nachweisen, daß die Griechen an der ursprünglichen form der werke ihrer meister mit heiligem respecte festhielten, so daß selbst der Böoter Pin- dar im wesentlichen den dorischen dialekt seiner Vorgänger bei- behielt und die spartanischen Dorer beim bivouac die kriegs-

Nr. 2. 18. Homeros. 93

lieder des Tyrtaios in ionischer spräche sangen ? Und wie will man es bei Ficks hypothese erklären, daß Hesiod, dessen va- ter aus dem äolischen Kyme nach dem äolischen Böotien ausge- wandert war, sich gleichwohl, wenigstens nach der einstimmigen Überlieferung, des ionischen dialektes Homers bediente , daß die delphische priesterin stets , soweit unsere nachrichten zurückrei- chen, ionisch redete, daß der um ol 11 lebende korinthische dichter Eumelos seine genealogischen epen in homerischem, sein lyrisches prosodion in dorischem dialekte dichtete? Oder soll hier wirklich überall spätere umdichtung vorliegen ? und unter welchen einflüssen soll jene gewaltige revolution, von der die geschichte kein Sterbenswörtchen meldet, vorgegangen sein? Es ist sonst nicht üblich recensionen in ausrufen zu schreiben, aber gegenüber einer so ungeheuerlichen theorie muß es auch einmal erlaubt sein an die gesunde Vernunft und die natürlichen Ver- hältnisse zu appellieren.

Aber Fick wird auf solche ausrufe nicht hören , er sagt schon im voraus p. 319: „auf Widerspruch bin ich gefaßt, ich werde denselben jedoch so lange unberücksichtigt lassen, bis es gelungen ist eine andere plausible erklärung für die beiden thatsachen zu finden, daß die äolische form im Homer der ent- sprechenden ionischen metrisch nicht gleichwerthig ist und daß die von einer vernünftigen kritik für jünger erklärten partien der Odyssee von festen ionismen wimmeln (?), während dieselben den älteren theilen fast völlig fehlen oder sich doch leicht be- seitigen lassen". Die metrisch gleichstehenden formen, wie Motu« und Mnüou, tj/xura und apiara , innovg und inaovg, neqievyotsg und necf.vryoTsg, ovgavuv und opcßroi-, ßovXtjv und ßölXav sollen also bei der controverse ganz außer betracht bleiben , es sollen nur die metrisch verschiedenen formen, wie nareu und pci.G7eu, antintfisv und unnpemifiev , ij^ti^ und u/jfisg , i/xtug und vfifxs, TZrtfTHidj' und naaüwr, noo'v7vxps und nooervxpe, ovtag und iovrag in die wagschale fallen. Man beachte von vornherein , um sich nicht leichtfertig im garne des gegners fangen zu lassen , die weise, wie Fick die ganze Streitfrage formuliert. Danach bieten ganze verse, ja was sage ich verse? ganze seiten keinen anhalts- punkt zur entscheidung nach der einen oder anderen seite ; un- ter so bewandten umständen will dann aber sehr viel das eigene eingeständnis des verf. p. 318 bedeuten, wonach jenes wimmeln

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von ionismen auf folgende bescheidene grenzen reduciert wird : „die 9000 verse des älteren bestandes sind zwar von festen io- nismen nicht völlig frei, dieselben sind jedoch fast immer durch leichte und einleuchtende änderung zu beseitigen ; dagegen ent- halten die ca. 3000 verse der jüngeren partie nahezu 300 feste ionismen, welche sich in den allermeisten fällen auch nicht durch conjectur beseitigen lassen". Thatsächlich läuft aber die über- wiegende mehrzahl der anstände auf die Vernachlässigung des digammas hinaus , dreht sich also der angelpunkt der contro- verse um die alte Streitfrage , ob nicht in den jüngeren partien der homerischen poesie das digamma einiger Wörter, wie sxaarog oh.oii ühog unfh seine volle kraft bereits eingebüßt oder doch einzubüßen begonnen habe. Als pure albernheit wird man aber doch diese annähme nicht bezeichnen dürfen, sintemal kein laut in keiner spräche urplötzlich über nacht verschwindet, sondern erst allmählich den platz räumt.

Sodann sollen die partien mit festen ionismen dieselben sein , welche auch die vernünftige kritik für jünger erklärt. Dieser satz hat schon seine großen haken ; Fick ist nämlich in den fragen der composition der Odyssee ganz in den anschau- ungen Kirchhoff's befangen. Die vielen kritiker also , die von einer ehemaligen selbständigen Stellung der Telemachie, von der späteren zudichtung des 1. gesanges a 44 444, von dem hö- heren alter der Nekyia nichts wissen wollen, die staunend fra- gen , wie ein radikaler anhänger der zusammenfügungstheorie die selbst von Kammer, Einheit d. Od. 563 ff., verworfene Theo- klymenosepisode o 222 282 zu dem alten bestand der Odyssee rechnen konnte, werden die Übereinstimmung der neuen Weisheit Ficks mit den alten resultaten der Homerkritik nur mit großen einschränkungen zugeben können.

Aber wir wollen den heiklen streit der Homerfrage ganz beiseite lassen und uns lediglich an die von Fick selbst gebo- tene Unterscheidung der beiden partien der Odyssee, der älteren äolischen und der jüngeren ionischen halten, da werden wir nun bei näherem zusehen bald inne, daß Fick die ohnehin so kleine zahl unterscheidender merkmale nur dadurch gewonnen hat, daß er einerseits eine reihe von versen lediglich aus sprachlichen gründen, also seiner theorie zulieb, verwarf, und daß er andrer- seits in seinen äolischen Homer eine unzahl von metrischen un-

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geheuerlichkeiten einführte. Zum erweis der richtigkeit der er- sten meiner behauptungen hat Fick selbst p. 305 318 das material zusammengetragen. Es finden sich unter den dort ver- zeichneten einlagen allerdings mehrere verse, die schon früher, freilich zum großen theil erst von Kirchhoff verdächtigt worden waren und in der that nicht vom alten dichter der Odyssee her- rühren können. Auch gestehe ich gerne zu, da ja auch ich wie jeder Homerkritiker bei der athetese den unhomerischen Wörtern und formen ein großes gewicht beilege, daß Fick einige weitere von Kirchhoff belassene verse, wie y 480, e 54, | 228, mit recht aus sprachlichen gründen obelisiert hat. Aber an vielen stellen muß ich entschieden als patron für die von Fick seinem phantom zulieb verworfenen verse einstehen. Es genüge zwei fälle herauszuheben. In der stelle £ 121 ff.:

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Zsvg, og fuv xazsTtscpvs ßaXmv agyr^zi xenuvvw verwirft Fick die verse 123 4 ?<ag . . xarsnsqipev] aber jeder sieht ein , daß dann nicht blos der nach roq>na zu erwartende gedanke fehlt, sondern auch der schöne parallelismus der beiden durch je 4 verse vertretenen beispiele gestört wird, so daß, wenn dann in der that der einsilbige gebrauch von mg nicht zu dulden ist, das verfahren Naucks, der statt die zwei verse herauszuwerfen , den eingang des ersten emendiert , weit mehr billigung verdient. In der Telemachie wird sodann von Fick die ganze partie y 36 64, wo so außerordentlich hübsch die dienstfertigkeit des jungen Nestoriden gegenüber den an- kommenden fremden geschildert wird , kurzweg verworfen, trotz der untadeligen Schönheit der verse und der in Iloaeidamvi avuKti , o'vvsxd ol ngorsQTj , zä8s Sgya liegenden anzeichen hö- heren alters. Anstoß bot gewiß Fick nur die gegen seine lehre verstoßende Vernachlässigung des digammas in f/sv ri8?og o'ivov, Ssnug qSt-'og oi'vov (auch in der Thebais fr. 2 Kink.) ; aber um der sache ein mäntelchen umzuhängen, fügt er hinzu, das

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emblem sei zur Verherrlichung des gleichnamigen ahnherrn des tyrannen Peisistratos gedichtet, als ob jener Peisistratos nicht noch wiederholt im 3. und 4. gesang in versen vorkomme, wel- chen auch Fick nichts anzuhaben vermochte. Gegen ein so leichtfertiges verfahren der athetese kann nicht entschieden ge- nug Verwahrung eingelegt werden.

Auf der anderen seite hat Fick, um seine theorie durchzu- führen, einestheils in den jüngeren partien aus einer reihe von stellen, in denen das digamma noch position macht oder den Zu- sammenstoß zweier vokale hindert, durch textesänderungen die bedeutung des äolischen lautes zu eskamotieren versucht, und andrestheils in den älteren parfien durch einführung der äolischen formen den vers geradbrecht. So schreibt er <o 250 asinskt 'iaaai statt des überlieferten aeixea eooai und gibt co 278 der Variante yvvaixag afii^niag tgya iSviug den Vorzug vor der durch concinnität des ausdrucks empfohlenen yvvaixag anv^ova sgya iSvCag, blos um den ionismen in diesem gesange eingang zu verschaffen. So läßt er umgekehrt in seinen äolischen par- tien wiederholt , wie in i'ega pge^av a 61 , zotavza ye pgf^oi a. 47 , digamma cum liquida keine position machen , wiewohl selbst muta cum liquida selten bei Homer den vorausgehenden vocal kurz lassen; so läßt er einen kurzen schlußvocal vor einer muta dutzendmal, wie in äpps xazanuvtfAav ß 244, appe pekneai noii 8(6(AaTa £ 297, ßaXe 3' im Stg^a 8 440, ov8s p8sg X 162, lang gebraucht sein, wiewohl diese freiheit nach den sorgfältigen Un- tersuchungen Harteis dem Homer entweder ganz abzusprechen oder doch in engste grenzen zu ziehen ist; so vermehrt er mit seinen äolismen die zahl der anstößigen hiaten , wie zavza fisv ovx 'tippe tu Xiaao/xai ß 210, ntggätyv appe, uXXa n 319, wiewohl ihm sonst hiaten als zeichen jüngeren Ursprungs gelten. Nimmt man noch hinzu die willkühr, mit der Fick durch einführung der form sonev an den ihm bequemen stellen den hiatus vor sinn zu entschuldigen sucht, die taschenspielerkunst, mit der er durch Verdoppelung des nachfolgenden consonanten die unfor- men 8iÖa&&i [xa^sd/jifjisvov xXiizze ztöiäazzog zu rechtfertigen oder vielmehr einzuführen weiß, die geringschätzung der leser, mit der er denselben formen, wie eivxopQg Z318 aufzutischen wagt, und man wird einsehen , was die paar hundert fälle , wo die äoli- schen partien die ionischen und die ionischen die äolischen for-

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men nicht gestatten, zu bedeuten haben. Wollte überhaupt Fick uns für seine neue lehre gewinnen, so mußte er einen ganz an- deren weg einschlagen, so mußte er die methode befolgen, wel- che in geradezu musterhafter weise Nauck für derartige fragen der homerischen kritik vorgezeichnet hat. Statt einfach an einer stelle die contrahierten formen yij 'EQfjt7tg z'cog dem alten Homer abzusprechen , ohne auch nur mit einem worte anzudeuten , ob die betreffende form auch noch an anderen stellen vorkomme, mußte er alle stellen, die gegen seinen kanon sprechen , zusam- menstellen und sich mit allen sei es durch athetese, sei es durch emendation abzufinden suchen. Dann hätte sich eher und leich- ter der leser über die Wahrscheinlichkeit des aufgestellten ge- setzes ein urtheil bilden können ; so vernehmen wir z. b. zu X 304 nur den machtspruch 'der vers enthält die unhomerische form yijg für das homerische yalag\ statt daß wir erfahren, daß die contrahierte form auch noch 0 24, r/J 64, 1 482, v 232, q 237 überliefert ist, und auf die oder jene weise dort beseitigt werden könne. Das war die methode, mit der philologen bisher immer derartige dinge behandelt haben und von der wir auch die lin- guisten nicht zu entbinden willens sind. Dann würde man z. b. gleich wissen , was man von der Wahrscheinlichkeit der lesung Ficks ?Cg d^/tog, zig yuia, tivsg ßgorol syyeydaai gegenüber der natürlichen Wortfolge in der überlieferten fassung zig yq, zig 8?/- fing, rCvsg «reges fyysydaoiv zu halten habe.

Die sachlichen Verhältnisse , welche Fick zur begründung seiner hypothese anführt, sind nach seiner eigenen meinung ge- genüber den sprachlichen irrelevant. Von ihnen halte ich weit- aus für das bedeutendste den p. 323 gelieferten nachweis, daß das Städtchen Bolissos in Chios , wo die sage den Homer sich aufhalten ließ, von Ephoros eine nöhg aioUxrj genannt wurde. Im übrigen hat Fick vieles, was seiner ansieht von einem smyr- näischen Homer ungünstig war , einfach übergangen , wie z. b. daß der v. 404 ff. geschilderte eultus des Poseidon Helikonios offenbar mit der Verehrung des Poseidon Helikonios im Panio- nion (Her. I. 148) zusammenhängt, und daß die Schilderung von der über dem meere aufgehenden sonne W 227 und Q 13 'deut- lich, worauf Bergk, Griech. lit. p. 451 hingewiesen hat, auf einen inselbewohner oder einen bewohner des westlichen Griechenlands hinweist. Ganz verkehrt aber ist es, wenn Fick p. 326 in den

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Lykiern des Sarpedon und Glaukos eine spur äolischen Ursprungs der homerischen gedichte sieht. Gerade das gegentheil ist wahr, da nach Herodot I 147 mehrere königshäuser Ioniens ihr ge- schlecht auf den Lykierkönig Glaukos zurückführten.

Ich hätte noch manches auf dem herzen, wie z. h. daß es in einem Leo Meyer gewidmeten buche doppelt befremdet, wenn nur ein anlautendes , nicht auch ein inneres digamma angenom- men und geschrieben wird, daß bei unserer Unkenntnis der von Herodot I 115 bezeugten unterschiede des ionischen dialektes es unstatthaft ist , aus der spräche der schriftsteiler und in- schriften von Ephesos und Milet auf die spräche von Chios, und gar auf die spräche von Chios im 9. Jahrhundert zu schlie- ßen, daß man bei besprechung der äolischen idyllen des Theo- krit doch nicht so thun darf, als habe man nie etwas von den freiheiten der Hermannischen basis gehört, daß man doch bei der deutung der verse 14 18 des Hymnus auf den delischen Apollo die schweren bedenken , welche von den angesehensten kritikern gegen die ächtheit der verse vorgebracht wurden, nicht so einfach mit stillschweigen übergehen oder durch eine unwahr- scheinliche Versetzung stillschweigend beseitigen darf, daß Fick durch vergleichung der stellen Hesiod scut. 91 und II. T 118 mit glänzendem Scharfsinn die lesart AJ1TEMENON als die ältere anstatt der überlieferten tßizofxijvop erwiesen hat. Aber ich breche lieber die ohnehin übermäßig lang gewordene recen- sion ab , einerseits weil ich weder lust noch fähigkeit habe die äolischen exercitien Ficks zu corrigieren , andrerseits weil ich nicht durch anpreisung der vielen scharfsinnigen und anregenden bemerkungen Ficks und durch billigung mehrerer von ihm em- pfohlenen formen, wie 'i'oöog i'aaaai qsavaa uft/AÖtaaa uygiov uygi] anstatt der überlieferten iaog laaoi. qäta ))rt/xötGca uygiog ijgtc meine grundsätzliche Opposition gegen den hauptgedanken des neuesten bearbeiters der Odyssee schwächen will. W. Christ.

19. Lexicon Pindaricum composuit Joannes Kumpel. Lipsiae (B. G. Teubner) 1883. 498 p. 8. 12 mk.

Dieses Lexicon ist von zwei (einem?) referenten im Litera- rischen centralblatt 24. nov. 1883 und in der Deutschen litera. turzeitung 29. sept. 1883 nur gerühmt worden; es ist lehrreich, beide besprechungen nachzulesen. Das lob ist völlig unverdient;

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denn unsern erachtens dürfte es nicht zu hart, nur gerecht sein die Eumpelsche arbeit als geradezu werthlos zu bezeichnen.

Prüfen wir den beliebig herausgegriffenen buchstab N ge- nau (nur bisweilen aus anderen theilen des buches einschlägiges material heranziehend) , so ergiebt sich folgendes :

1. Die grundlegende kritische ausgäbe von Tycho Mom ra- se n ist unbenutzt geblieben ein umstand , der ganz allein schon hinreichen würde , um das buch zu entwerthen. Zweimal erwähnt Rumpel den namen Mommsen s. v. vöfiog , doch hat er das aus der Bergk'schen ausgäbe : s. v. aivtco steht sogar die Bergk'sche vermuthung ata&fiov. Ebenso steht es mit den be- treffenden citaten in anderen buchstaben ; vgl. «g«, fo'P. 4,179, twiaäsig, o£og, Tlv&eug. Das citat s. v. Qtnoj stammt aus Mez- gers commentar; über \xiv s. unten sub 6.

2. Nach welcher ausgäbe er citiert, giebt verf. nirgends an ; man muß es also erst mühsam ausfindig machen oder statt des citierten verses längere stücke durchsuchen und bei Wörtern wie de auf die hülfe des lexikons überhaupt verzichten. Ich habe constatirt, daß Rumpel die fragmente wohl durchweg aus Bergk und zwar ed. IV entnimmt und daß er diesem meistens auch sonst folgt; doch benutzt er offenbar z. b. P. 4, 180 s.v. vuitKia die ausgäbe von Christ, desgleichen wohl auch tiva oikov P. 7, 6 s. v. vacm , ferner p. 5, 69 w s. v. vaioo, z. 1,36 foeini'ixsiov s. v. lavayia, aber z. b. wiederum J. 5, 73 s. v. NdL&og nicht. Bezeichnend ist, daß unter den Add. et Corrj zwei lesarten Christs eigens nachgetragen werden ; wie viel hätte Rumpel nachtragen können! Hat man das Verhältnis glück- lich entdeckt, so kommt man inmitten der vielfach abweichenden verszählung meistens durch ; dochj steht z. b. ratete bei Bergk nicht 0. 14, 2, desgl. vixag nicht J. 8, 4; und der umstand, daß die Bergksche Zählung bisweilen nur in klammern zugefügt wird z. b. von J. IV ab (aber auch 0. 2 , 78 s. v. väoog), er- schwert die benutzung abermals. Die von Bergk beibehaltene doppelzählung 0. 10 (11) und 0. 11 (10) finde ich bei Kumpel nicht; 0. 8, 78 schreibt Bergk xap bei Rumpel fälschlich xri* s. v. vofiog und narä, u. a. m.

3. Zur erklärung hat Rumpel neben dem Dissenschen com- mentar (erste [vollendete] ausgäbe von 1830), aus welchem er längere stellen (bisweilen ausführlicher als nöthig und trotz der

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anführungsstriche nicht immer wörtlich cf. s. v. vso-nziaroq, JVijgs'idsg, Nslloa) abdruckt, fast nur die (wie die ausgaben von Christ und Bergk bei Teubner erschienene) erklärung von Mez- ger eingesehen; überall begegnen uns die namen Dissen und Mezger, auf etwa 30 erklärungen nach Dissen kommen 15 nach Mezger neben 5 nach Boeckh wobei ich diejenigen stellen in anrechnung bringe , wo Rumpel ohne namennennung Mezger benutzt hat, z. b. vava. 0. 12, 4, vsm 0. 6, 15, vöfiog P. 2, 86. Mezger zu benutzen ist ja freilich bequem, aber gefährlich. So tritt selbst Rumpels bedenken hervor s. v. vaistda P. 4, 180, vgl. s. v. ünÜQ%o) N. 4,46. Meistens aber werden uns solche ohne begründung vorgebrachte , oft älteren nachweisen entge- gentretende, alleinstehende deutungen Mezgers neben einer an- deren erklärung, oder auch für sich vorgeführt, z. b. s. v. viv und aäfitQov P. 12, 29 (s. schon Gurlitt dagegen), desgl. s. v. viv P. 8, 16, s. v. töos P. 6, 47, vovoov P. 4, 293 (also etwa auch epod. 12 von wirklicher heilkunst ?) •, vgl. &e\%av N. 4,3, igvaaäfttvot N. 9, 23, argt/Jg N. 5, 17, dvn Ö'sXvosv N. 10, 90 (s. Böckh z. St.) und vieles a. m. Auch bekommen wir mit Vorliebe Mezgersche Übersetzungen wie s. v. «r^f'xet« 0. 10, 13 „Zuverlässigkeit, der personificierte credit'1, s. v. snog N. 9, 3 „einen sagensang", s. v. a/itgfju 0. 2, 50 „samenwurzel", s. v. ganrög N. 2 , 2 „sänger der zeilengedichte", s. v. htas P. 4, 217 „zaubergebete" u. a. m. Zu P. 1, 95 werden wir belehrt, daß voov acc. limitationis ist; vstnog N. 6, 57 s. v. Ifinlntco heißt „zu schwerem streit". Mezgers lesart J. 7, 11 ff. nach Oehlschläger wird in zusammen 27 (!) zeilen unter den 5 Wör- tern 8tifA,a, na^Tkoo^'y fisgifiva, nagoi'jfpfAai, navco vorgeführt; un- ter jm«V (wo es am richtigsten wäre) fehlt die betreffende bemer- kung. Unter uqovqü und Xsigiog wird Friederichs genannt, unter UQ%d Leutsch, unter Evßvfievtjc v. Leutsch et Eauchenstein (mit genauer Stellenangabe !), unter aldwg Fennel, unter xogvqd Friese u. s. w. alles das stammt aus Mezger ! Woher die no- tiz Th. Fritzsche s. v. egtca stammt, habe ich nicht constatieren können. Neben Mezger wird Boeckh selten eingesehen, gewöhn- lich nur , wenn bei Dissen oder Mezger ein specieller hinweis auf ihn sich findet ; entstellt ist das citat s. v. väna.

4. Daß in dem recht zuverlässigen Böckhschen Index voca- bulorum (aus welchem man übrigens die bei Pindar vorkom-

Nr. 2. 19. Pindaros. 101

menden flexionsformen ebenso gut ersieht wie bei Kumpel, der sie den einzelnen artikeln meistens vorausschickt) vätog P. 6, 4, vaieiv N. 10, 84, ru'xeog fr. 245, Ndtiog fr. 23, vüöog fr. 139 fehlen, erklärt sich dadurch, daß der Böckhsche text diese Wör- ter nicht bietet; ausgelassen ist nur P. 5, 71 truooav und (aus naheliegendem misverständnis wegen des druckes p. 595) fr. 102 (70) raonoloc. Demgegenüber fehlt bei Kumpel fr. 115 (81) Nu^og , auch hätte fr. 52 s. v. Nsonzölifiog aufgenommen werden sollen; s. v. vaög mußte auf pdiog , s. v. pi»a auf vi-aTw P. 11, 16 verwiesen werden. Außer stellen, wo accente fehlen und ähnlichen geringfügigen druckfehleru notiere ich : p. 304 B 7 lies 91; p. 305 A 13 1. haisv, p. 306 A 43 fehlt Ne.; p. 306 B 52 füge binzu (VIII 52); p. 307 A 6 lies VIII 46 statt VII 47: p. 315 B 27 1. Py. VIII. Sehr übel ist, daß N. 2,9 viv.üv (inf. praes.) unter vixa gerathen ist.

5. Die lexikographische anordnung stützt sich in der haupt- sache auf Passow, den ich s.v. laQÜocm P. 11, 42 („sie flat- tern zu lassen" Passow et Mezger) citiert finde. Passows ein- theilungen sind meistens verkürzt übernommen. Belege : roog 1) vis cogitandi , 2) vis sentiendi (Kumpel) = 1) denkkraft, 2) empfindungsvermögen (Passow); ri/Aco ,,I) Act. 1) distribuo , dis- penso, 2) teneo, gubemo, rego; 2) [rect. II)] Med. 1) mihi tributum teneo atque colo , 2) de tempore: dego" (Kumpel) = ,,I) Act. 1) austheilen , vertheileu , ... 3) in seiner macht oder gewalt ha- ben; daher a) besitzen, haben, innehaben, b) innehaben, festhalten, dah. auch lenken, leiten, handhaben, beherrschen, regieren, ver- walten; .... II) Med. ... 2) als sein zugetheiltes, als seinen antheil oder sein rechtmäßiges eigen thum besitzen, innehaben, . . . c) mit einem objekt der Zeitbestimmung: hinbringen" (Passow). Aehnlich turn], »c'//o?, röazoc, vooror u. s. w. Auch die Trennung von vifiquog und tpjiqsiog stammt aus Passow; indes ist m. e. P. 3, 16 vvfxqr/.äv zu lesen (nicht ,,var. Ti>iicpi8iai" mußte Kum- pel (nach Bergk) zufügen, sondern ,,mss. vt)y,t$$iai/"\. Warum (von Passow abweichend) raotcü7ag zuerst als adj., dann als pro subst. angeführt wird, ist unerfindlich. Wo Passow im stiche läßt, kommen bisweilen die abenteuerlichsten dinge vor , wie väaog nach den inselnamen Aegina , Khodus etc. nebst Elysium , der artikel vuvg in Argo und nicht-Argo zerlegt wird. Neben- bei ist augenscheinlich die interpr etatio latina Böckhs be- Philol. Anz. XIV. 8

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nutzt, daher z. b. vsoaiya2og novus splendidus que. Von ver- werthung der lexikographischen arbeiten über Homer oder der vorzüglichen Synonymik J. H. H. Schmidts u. s. w. oder über- haupt von durcharbeitung des materials bemerke ich nichts.

6. Der recensent des Literarischen centralblatts hat beson- ders rühmend „die zu knappen monographien ausgearbeiteten nachweise über partikeln wie dt' xai re" erwähnt. Ich habe keine neigung verspürt, gerade die angeführten zu prüfen, nachdem ich an den einfacheren , aber immerhin ähnlichen ar- tikeln über viv (fi.iv) und vvv (vvv) genug gehabt. Den aufsatz von Mommsen über viv in Jahns jahrbb. 83, 44 kennt Kumpel trotz Bergk zu 0. 4, 16 nicht; wenn Eumpel s. v. fiw N. 5, 38, N. 3, 39, 0. 3, 28 aufführt, so mußte er auch 0. 7, 59, P. 1, 51, 0. 9, 32 beibringen; die zusammenfassende schlußbe- merkung ist falsch, weil fr. 231 (Mommsen fr. 152) bei Momm- sen ebenfalls viv steht, während fiiv bei Bergk offenbar fiüchtig- keit ist, und weil Eumpel, wenn er N. 5, 38 ausnimmt, dann auch P. 1, 51, 0. 3, 45 ausnehmen mußte, wo Bergk f/r/ hat. Noch viel weniger ist mit der Stellensammlung über vvv und vvv aufzustellen, deren einzelheiten wir hier nicht durchgehen können.

7. Rumpels kenntnis von fragen pindarischer syntax mag ein beispiel zeigen. Ueber den verkürzten conj. aor. fin- det sich s. v. ai>8äo3 die bemerkung : „adversatur tarnen Dissenius probante Mezgero corripuisse Pindarum vocales negansil s. v. 8(o- Qsoa „Boechhius conjunctivum esse pro dmo-itjoqTai censet , futurum Dissenius, cui nunc fere omnes assentiuntur" ; s. v. nuyvvfii ähnlich, während s. v. öafAOOfiai ohne weiteres das scholion nai^ca^isv und ayaycofisv beigefügt wird. Aehnliches läßt sich zu re-xa<, et, den sämmtlichen präpositionen u. a. m. beibringen.

Vorstehendes überhebt uns, weitere einzelheiten anzuführen, die überreichlich noch zur Verfügung stehen ; desgleichen ist es geboten , über allerlei äußerlichkeiten keine worte mehr zu ver- lieren. Wir bedauern die erfolglosigkeit der vom Verfasser und Verleger aufgewandten mühe und kosten. L. Bornemann.

20. G. Schneider, Piatos auffassung von der bestim- mung des menschen. Gera 1883. 16 p. 4.

Die kleine abhandlung erörtert in besonnener weise jene schöne gedankenreihe des platonischen Phädon, in der die selb-

Nr. 2. 21. Dionysios Thrax. 108

ständigkeit und Selbstgenügsamkeit der reinen geistesthätigkeit, und somit die befreiung der seele von den fesseln des leibes als das wahre ziel des weisheitsbeflissenen in eindringlicher und für jeden empfänglichen ergreifender darstellung geschildert wird. Kann und will, wie ich glaube , das schriftchen auch nicht den anspruch erheben, neiie aufschlüsse über eine stelle zu bringen, die, so umstritten auch ihre bedeutung für den Zusammenhang des ganzen dialogs ist, doch für sich betrachtet, wie es hier der fall ist, kaum einem mißverständniß räum gibt, so würde es doch ein au geringes lob sein , wenn man bloß anerkennen wollte daß nichts falsches und den gedanken Piatos trübendes in ihm enthalten sei. Denn, meinem gefühl nach wenigstens, berührt wohlthuender als die bloße darlegung des gedankenganges und gedankengehaltes die innere antheilnahme des verfs. an der platonischen denkweise , die sich in der abhandlung von anfang bis zu ende ausspricht. Man fühlt es überall durch , „seines geistes hat er einen hauch verspürt". Im strengsten siun hat die philologie ihr werk gethan, wenn sie das leben und die lit- teratur der alten bis zu dem überhaupt erreichbaren grade hi- storischer gewißheit klar legt und uns lebendig vor äugen stellt. Allein sie würde mehr oder weniger ein todtes gelehrtenwerk sein und von dem glänze, der sie umgibt, nicht wenig einbüßen, wenn sie sich nicht fortdauernd fruchtbar erwiese für das leben und die anschauungsweise der gegenwart. Die grundgedanken der platonischen weltansicht, mögen sie bald durch diese, bald durch jene tagesströmung zurückgedrängt werden, ja dauernd überwunden und beseitigt scheinen , werden doch immer wieder siegreich sich geltend machen, trotz aller dialektischen schwächen und mängel , die das System unleugbar hat und die der verf, wie mir scheinen will, nicht überall genügend würdigt. Möge denn das schriftchen , das , wie durch den anlaß , es ist zur begrüßung des reußischen herrscherpaares bei gelegenheit seiner silbernen hochzeit verfaßt so durch den ton der ausführung gleich erfreulich ist, sich einer wohlwollenden aufnähme bei den freun- den platonischer Weisheit erfreuen.

21. Zur Wiederherstellung des ältesten occidentalischen com- pendiums der grammatik, von G. Uhlig. (Separat-abdruck aus

8*

104 21. Dionysios Thrax. Nr. 2.

der Heidelberger festschrift zur 36. Versammlung deutscher phi- lologen und Schulmänner in Karlsruhe 1882.) 8.

Diese kleine schrift macht es sich zur aufgäbe , eine orien- tierende einleitung für die demnächst erscheinende ausgäbe des Dionysios Thrax zu geben und mittheilung zu machen von den grundsätzen, welche für diese ausgäbe maßgebend sein mußten, sowie von den mittein und wegen, welche zur fixierung des tex- tes eingeschlagen worden sind. Zu dem zwecke macht verf. in neun abschnitten uns erstens mit der handschriftlichen Überlie- ferung bekannt, zeigt den werth der beiden ältesten handschriften, eines münchener codex saec. IX (trümmerhaft erhalten) und eines aus jenem abgeschriebenen cod. leidensis saec. XI, welcher das in ersterm fehlende ergänzt. Zweitens werden die scholien in um- fangreicherem maße ausgenutzt, als das bisher geschehen ist ; be- sonders findet die citiermethode der scholiasten , die eine ver- werthung derselben für restitution des textes vielfach erschwert, die nöthige beleuchtung und beachtung. Drittens wird zum er- sten male die armenische Übersetzung methodisch ausgebeutet, wobei zu berücksichtigen war , daß der Armenier an einzelnen stellen allerdings nicht auf der techne selbst, sondern auf äl- teren erklärungen derselben fußt, wofür mehre beweise beige- bracht werden.

Der vierte abschnitt handelt über den werth der syrischen Übersetzung, welche zur controlle des Armeniers dient, wo jener von den handschriften der techne abweicht. Dabei folgt dann der nachweis, daß auch der Syrer theilweise auf alte erklärer zurückgeht. Der fünfte behandelt Zeugnisse anderer Schriftsteller (des Sextus Empiricus , Varro , Diomedes). Im sechsten wendet verf. sich der frage zu, ob die Überlieferung bei ihrer großen mannichfaltigkeit nun auch gewähr für die entsprechende Si- cherheit biete: und da kommt Uhlig zu dem resultat, daß die oft auf recht schwachen fußen steht, indem selbst die be- sten zeugen „in crassem unsinn übereinstimmen". Dabei be- merken wir u. a. die ausgezeichnete emendation löyog 8s bgti Xegsrnv awdsaig 8/avoiav avioTsltj StjXovaa in der definition des Xoyog, § 13 bei Bekker; ebenso die feine bemerkung, daß die fiht] <s-t\y\ir\ erst eine erfindung eines spätem grammatikers ist. Ja sogar die beispiele haben corruptelen erlitten, wie p. 77 nach- ' gewiesen wird.

Nr. 2. 22. Florilegien. 105

Gegen eins aber müssen wir uns erklären. Wenn (p. 77) unter den beispielen der iniQQ^fiaza u&Qoiasag uQÖrtv beanstan- det und dafür ädoocoi; gefordert wird,; so ist das nach unserni ermessen etwas zu weit gegangen. Betrachten wir nämlich die als beispiele angeführten adverbia mit ihrer form, so finden wir nur unter den imgo. fAscorqTo.; solche auf co» ausgehende, die von adjectivstämmen abgeleitet werden , alle übrigen beispiele sind von verbalen substantivischen und pronominalen stammen mit besonderer endung gebildet oder sogenannte prototypa , und somit würde agdtjv gan^ wohl in Übereinstimmung stehen , wäh- rend das vorgeschlagene a&QOcag seiner form wegen an dieser stelle sicher autfällig sein müßte.

Ueberhaupt aber ist , wie im siebenten abschnitt nachge- wiesen wird, eine gewisse Zurückhaltung im emendieren geboten, wenn man anders nicht den schriftsteiler selbst verbessern will. Im achten abschnitte bespricht der verf. die sogenannten atona, deren herkömmliche Schreibung er verwirft, weil sie ihre exi- stenz nur der byzantinischen schulmeisterweisheit verdanken, welche diese von andern ihrem wesen nach verschiedenen und nur lautlich gleichen Worten graphisch zu scheiden suchte. Fer- ner spricht sich Uhlig für die Wiedereinführung der sogenannten interaspiration aus, für die Setzung des Spiritus im inlaut zusam- mengesetzter Wörter. Auch die interpunction will er auf der basis der lehre des Dionys ändern und vereinfachen ; ferner das t subscriptum wieder zu einem adscriptum erheben , wie es Dionysios nachweislich selbst aufgefaßt hatte. Das wird vorläufig wohl noch etwas fremdartig aussehen, ist aber in einer critischen ausgäbe des Dionysios nur consequent und durchaus zu billigen.

Schließlich behandelt verf. die bekannte definition des ver- bum, die er folgendermaßen emendiert: Qqfiä iazi )>i%i$ unimzos 'AaTijyögrjixu atj/xuirovou.

"Wir begnügen uns mit dieser kurzen inhaltsangabe des schriftchens, da bei der sorgfältigen art, wie Uhlig arbeitet, ein weiteres schwierig sein dürfte. Georg Schoemann.

22. Festschrift zur begrüßung der in Karlsruhe vom 27. 30. September 1882 tagenden 36. philologenversammlung, ver- faßt von den philologischen kollegen der Heidelberger universi-

106 22. Fiorilegien. Nr. 2.

tat. Freiburg i. B. und Tübingen 1882 , akademische Verlags- buchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck.) 124 p. gr.8.

Inkalt : I. Die Wiener Apophthegmensammlung. Herausgegeben und besprochen von Curt Wachs- in uth p. 1 36. II. Zu den sogenannten Proverbia Alexan- drina des Pseudo-Plutarch (cod. Laur. plut. 80, 13). Von Fritz Scholl p. 37—38. (S. ob. bd. XIII p. 320). III. Zur Wiederher- stellung des ältesten occidentalischen compendiums der gramma- tik. Von G. Uhlig p. 59—86. (S. oben p. 103). IV. Die Pe- riochae des Livius. Von Karl Zangemeister p. 87 106. (S.ob. bd. XIII p. 187). V. Bemerkungen zur Würzburger Phineusschale. Von F. v. Duhn. Mit 2 abbildungen. p. 107 124.

C. Wachsmuth, der rastlose forscher auf dem gebiete der griechischen Florilegienlitteratur, hat in der ersten der oben an- gezeigten abhandlungen, auf welche sich die folgende besprechung beschränken soll, obwohl auch der sonstige inhalt der festschrift des interessanten und beachtenswerthen genug bietet, einen neuen, werthvollen beitrag zur erkenntniß der quellen des sogenannten Parallelenbuches geliefert. In seinen „Studien zu den griechi- schen fiorilegien" Berlin 1882, die ich kürzlich in diesem an- zeiger Jahrg. XIII Suppl.-heft 1 p. 683 705 einer ausführlichen besprechung unterzogen habe, hatte Wachsmuth darauf hinge- wiesen, daß eine nach den namen der autoren alphabetisch ge- ordnete Apophthegmensammlung unzweifelhaft dem Verfasser des Parallelenbuches zur quelle gedient habe1), art und umfang die- ser quelle aber sich erst dann genauer würden bestimmen lassen, wenn gewisse umfassende Sammlungen dieser art aus dem dun- kel der bibliotheken ans licht gezogen wären 2). Eine solche

1) Die benutzung einer gleichfalls nach autoren, aber ohne alpha- betisches prinzip geordneten Sammlung, die insbesondere auch excerpte aus Phaborinos enthielt, ist durch Freudenthals Untersuchungen, die sich auf mittheilungen aus einer sylloge des cod. Parisinus 1168 stü- tzen (Rhein, mus. 35 p. 408 sqq., cf. Wachsmuth Studien p. 131 sqq.) sichergestellt. Die bemerkung in meiner oben angeführten besprechung p. 696 sq., diese sylloge sei, wie Freudenthal darthue, auch von Diogenes Laertius in umfassendster weise benutzt worden, beruht auf einem miß- verständnisse. Die Sammlung wird von Freudenthal nur hypothetisch als quelle des Diogenes angenommen, während das schließliche ergeb- niß der Untersuchung dieselbe vielmehr umgekehrt als zum theil aus Diogenes excerpirt erscheinen läßt.

2) Auf eine alphabetisch geordnete Sammlung von Sentenzen und apophthegmen , die sich in dem Frobenschen büchlein : Scriptores ali- quot gnomici Basel 1521 befindet, hatte zuerst wieder Wachsmuth in der Satura Saitypiana aufmerksam gemacht. Ebenderselbe hat nun im Rhein, mus. 37 p. 506 sqq. diese sylloge einer genauen prüfung

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nun ist es , die Wacksinuth hier aus dem Wiener cod. theol. CXLIX Ness. XCIII Lainbec. veröffentlicht. Die handschrift enthält nämlich nach dem 1291 abgeschriebenen commentar des Niketas zu den reden Gregors von Nazianz von einer nicht viel späteren band eine Sammlung von apopkthegmen , die aus zwei theilen besteht, einer Zusammenstellung von männersprüchen mit dem titel: anoyüiyiJiuza y.ai yim^ai diu<fotjtt>v (pi/.ooüqaiv xuza Giot%ciov, und einer viel kürzeren, welche die Überschrift trägt: unoqtdijjj.atu. yvvuixäv. Diese beiden theile haben , obwohl sie in der handschrift durch eine ganz fremdartige Sammlung von aussprüchen des Aristipp u. a. 3j geschieden sind , offenbar ur- sprünglich ein ganzes ausgemacht und geben uns eine annä- hernde Vorstellung von jenem umfangreichen Apophthegmencor- pus , das außer den philosophensprüchen , auf welche die Über- schrift im Vindobonensis allein hindeutet , moralische aussprüche berühmter könige, feldherrn und redner, sowie eine anzahl sogen. jeXoio. a7io<iüi-/luuza enthielt. Zwar ist diese sylloge in unsrer handschrift nur in sehr verstümmelter gestalt erhalten (wir lesen von den männersprüchen nur solche, die mit dem buchstaben A anfangen , und dann nach einer großen lücke solche , die als anfangsbuchstaben Z— ß haben) ; aber das vorhandene, im gan- zen 190 nummern, ist noch immer reichhaltig genug, um uns über das verhältniß der Sammlung zu dem parallelenbuche so- wohl wie zu dem seit 50 jähren bekannten, aber bisher wenig ausgenutzten florilegium Monacense (und dem ihm völlig parallel gehenden flor. Leidense) sicheren aufschluß zu geben. Die apo- phthegmen der parallela, soweit sie nicht aus den pseudoplutar- chischen apophthegmata oder aus Stobaeus stammen, lassen sich in so zahlreichen fällen auf unsre Sammlung zurückführen , daß man auch für die noch nicht nachgewiesenen oder nicht nach- weisbaren die gleiche provenienz mit um so größerer Wahrschein- lichkeit wird annehmen dürfen, als auch die Wiener Sammlung keineswegs als eine vollständige copie des ursprünglichen cor-

unterworfen und ermittelt, daß dieselbe dem cod. Voss. 68 entnommen ist und nichts enthält als einen aus Maximus, und zwar einer sehr reichhaltigen recension desselben, gemachten auszug, so daß sie aus der reihe der oben berührten Apophthegmensammlungen ganz auszu- scheiden ist.

3) Aus dieser hat Diels im Rhein, mus. 29 p. 107 sqq. zwölf in- teressante Demiidea publicirt.

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pus anzusehen ist, wie dies die vergleicliung mit dem Flor, mo- nacense (Leid.) lehrt. Dieses nämlich, das in seinem dritten theile, wie bereits Diels erkannt hat, einen sehr kärglichen auszug aus der ursammlung enthält, bietet doch in den vergleichbaren par- tien (A und 2 ß) sogar zwei stücke, die im VS. (= Vindo- bonensis) fehlen, darunter auch einen Alexanderspruch (156), den Maximus unter mehreren unzweifelhaft auf unsere quelle zu- rückgehenden apophthegmen desselben königs anführt.

Zu diesen auseinandersetzungen Wachsmuths habe ich fol- gendes hinzuzufügen : Die parallelstellen aus Maximus und An- tonius sind bei Wachsmuth nicht ganz vollständig verzeichnet. Der ausspruch des Cheilon nr. 158 findet sich bei Maximus 12 p. 572 Comb. (= Arsen p. 189 Walz) mit dem lemma Demo- sthenes, die erste hälfte von dem diktum des Pittakos bei Max. 6 p. 192, 36 Eib. (cf. die tabelle in Wachsmuths „Studien" p. 120) und Ant. I, 24 als ausspruch des Nikokles (ebenso bei Apostolius V 98 a Deutsch). Nr. 122 (Hyperides) kehrt wieder bei Maximus 6 p. 550, freilich nicht in der form eines apo- phthegmas, sondern als eine dem Epiktet zugeschriebene gnome, die offenbar der Demokrito-epiktetischen Sammlung entnommen ist (cf. Gnom. Byzant. 166 bei Wachsmuth Studien p. 193). Vgl. auch nr. 55 mit Gnom. Byzant. 253, nr. 72 mit Gnom. By- zant. 98. Wie in diesen letzteren fällen der Verfasser der pa- rallelen ein apophthegma übergangen hat, weil er die in ihm enthaltene sentenz schon aus anderweitiger quelle aufgenommen hatte, so sind auch manche aussprüche, die bereits aus Stobaeus excerpirt waren, nicht aus dem Apophthegmencorpus wiederholt worden. Sicher gilt dies für nr. 9, 47, 51, 181 und wohl auch 80 (Aristoteles), wo das dem Parallelenbuche und Stobaeus gemein- same, vom VS. abweichende lemma Kleanthes sich kaum an- ders erklären läßt. An anderen stellen ist die herkunft aus Stobaeus zwar möglich, bleibt aber zweifelhaft, weil das betref- fende apophthegma in der Wiener Sammlung nahezu in dersel- ben form wie bei Stobaeus überliefert ist. S. z. b. nr. 97, 98, 128. Da nun ohne zweifei dem Verfasser des Parallelenbuchs oder, genauer ausgedrückt, dem excerptor des Stobaeus, der die unmittelbare quelle der parallelen bildete (Wachsmuth Studien p. 160) die Sammlung des Stobaeus in weit vollständigerer fas- sung als uns vorlag, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß ein-

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zelne aus der zahl der noch unbelegten ausspräche bei Maxiinus und Antonius verloren gegangenen abschnitten des Stobaeus entnommen sind.

Auf der andern seite könnte es auflallend erscheinen , daß kaum zwei fünftel der Wiener Sammlung im Parallelenbuche aufnähme gefunden haben, wobei die ausspräche der frauen nicht einmal mitgezählt sind , da sie mit ausnähme eines apophtheg- mas, dessen provenienz indes nicht sicher ist4), im Parallelen- buche gar nicht vertreten sind. Hierbei ist aber zu bedenken, daß nicht wenige dicta, besonders solche von feldherrn und kö- nigen, sowie die große mehrzahl der witzworte zur aufnähme in eine Sammlung moralischer Sentenzen , wie das Parallelenbuch, ungeeignet waren. Auch scheint in den fällen, wo die Apo- phthegmensammlung mehrere, sei es einem und demselben, sei es verschiedenen Verfassern beigelegte ausspräche nahezu identi- schen oder doch sehr ähnlichen inhalts enthält, oft nur einer der- selben vom Verfasser der parallelen ausgezogen zu sein ; vgl. nr. 16 und 134, 20 und 30, 7 und Mon. 210. Wenn die Wiener Sammlung vollständig vorläge, würde sich sicherlich eine noch weit größere zahl solcher fälle anführen lassen.

4) Es ist dies nr. 184, die sich bei Max. 13 p. 575, 18 und Flor. Laur. p. 240 , 3 M. wiederfindet , aber dort an stelle der im VS. ste- henden wörte: tl /uiv yvrjGioi aov tlciv die stark abweichende lesart: 3i jxtt> fifi&KQot daiv bietet, die offenbar aus tl f^iv fxhqtoi daiv bei Diog. Laert. 2, 34, corrumpirt ist. Nun darf man freilieh nicht an Diogenes als quelle der parallelen denken ; aber nichts hindert uns anzuneh- men, daß dasselbe apophthegma in dem vollständigen corpus bereits unter dem namen Sokrates stand und aus jener stelle in das Paxal- lelenbuch übergegangen ist; eine annähme, die dadurch an Wahr- scheinlichkeit gewinnt, daß wir es hier mit einem aussprach e des So- krates, nicht der Xanthippe zu thun haben, und daß bei Maximus wie im Flor. Laur. in der that das apophthegma statt mit aav&inntjg mit 2ü)xouTr}g beginnt. Uebrigens ließe sich der umstand, daß die yvvui- y.wv änoy&iyfiara im Parallelenbuche keine aufnähme gefunden haben, leicht durch die annähme erklären, es hätte diese partie dem exeerp- tor überhaupt nicht vorgelegen, wie dieselbe ia auch im Vindobonensis räumlich von den männersprüchen getrennt ist. Auch der Schreiber des zuerst von Ritschi veröffentlichten Gnomologium Vindobonense (ospusc. I. p. 560 sqq.; Mein. ed. Stob. flor. IV p. 290 sqq.) hat ver- niuthlich die männersprüche unsrer Sammlung abgetrennt von den frauensprüch'en vor äugen gehabt. Wenigstens scheint mir das vor- kommen der beiden Orionsprüche am anfang des Gnom. Vindobonense und zwar genau in derselben fassung, wie sie in unserm VS. am ende der männersprüebe (nr. 163 und 164; nr. 165 ist ohne zweifei späteres einschiebsei) stehen, daraufhinzuweisen, daß in der hand- schrift, aus der das Gnom. Vindobonense abgeschrieben ist, letztere Sammlung sich unmittelbar an unsere männersprüche anreihte.

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Was das verhältniß unsres codex zum Flor. Monacense bez. Leidense betrifft, so zeigt die vergleichung der sich entsprechenden partien in beiden Sammlungen auf den ersten blick , daß wir hier in Wahrheit nur verschiedene recensionen einer und dersel- ben Sammlung haben , die in so auffallenden corruptelen über- einstimmen, wie die von Wachsmuth hervorgehobene : ioivoörfQov bez. ioivt)öratov statt des bei Stobaeus überlieferten rpy^ouiegov (Mon. 166 = VS. 79), oder wie das verkehrte top im Mon. 258 = VS. 129 , für welches Meineke mit recht iömv oder 6q<öv vermuthet. An einigen stellen wird auch durch VS. die lesart des Monacense bestätigt. So kann es jetzt nach VS. 128 nicht mehr zweifelhaft sein , daß in dem ausspruche Philipps Mon. 259 zu lesen ist: Iva TiQoatQrjtai pev naXa. aal &sia} qjmvri de uv&Qwnit>ri xQtjzui, und daß Meineke und Cobet mit unrecht die im Monacense und bei Stobaeus überlieferten Schlußworte, ge- stützt auf das corrupte cpoonjaei bei Antonius und Maximus , in cpoovrj de av&gäniva verändert haben, eine conjektur, die sich freilich von vornherein wenig empfiehlt , indem sie den offenbar in dem spruche ausgedrückten gegensatz von gedanken und Wor- ten völlig verwischt, cf. Georgides p. 53 ed. Boiss. : 'AQiarori- Xovg Xeyeiv fxev del wg oi nolkoC-, votiv de dog vi aoqioi. Zur sache vgl. noch Ps.-Plut. apoph. Phil. 16 und Cic. Off. 2, 48. Andrerseits finden sich auch nicht wenige abweichende lesarten, die oft zur feststellung des textes der ursammlung von werth sind. Namentlich wird Monacense mehrfach durch VS. ergänzt und verbessert. So erhält die durch ihre lückenhaftigkeit räthsel- hafte sentenz Mon. 159 , die zwar schon durch Leid. 149 er- gänzt wird, doch erst durch VS. 13 ihre rechte fassung und be- ziehung zu der im Monacense vorhergehenden (cf. Wachsmuth p. 35). Aus VS- 147 ergiebt sich ferner, daß Mon. 263 statt ovg rovrovg zu schreiben ist: o'lovg Towvtovg. Daß Mon. 266 das überlieferte rpilovvza verkehrt sei , ergab sich schon früher aus exe. VS. 2 (Mein. Stob. fi. IV p. 290) und wird jetzt durch VS. 164 bestätigt. In der bereits angeführten sentenz 259 bietet ebenfalls VS. 128 das richtige, nämlich Kala xctl &eia (cf. Stob. flor. 48, 21), während wir im Monacense ta xalä mit aus- lassung von &eia lesen. Das treffendste beispiel aber einer durch VS. zu heilenden verderbniß bietet Mon. 258 , wo es heißt: <T>ilm7iog zov (Mein. OQär oder tdoo* , s. o.) nluvoiov xat

Nr. 2. 22. Florilegien. 111

änaidevzov scpijas „nXoizog TzeQirjQyvQCopevog". Dasselbe apo- phthegma lautet im VS. 129: (PiXtnnog zbv nlovaiov y.ul unui- dsvzov thai s(pi]ös Qvnov nHQiijQyvntopiivov. Nauck wollte im Mo- uacense schreiben : nijXog obzog ntQiriQyvym^hog ; aber es ist, wenn mau die fassung des aussprucbs bei Theo Progymn. p. 97, 20 Sp. vergleicht, klar, daß die ursprüngliche fassuug folgende ist: (pClianog iSoov (öyäv) nlovaiov aal unuideviov scpijas „Qvnog ob- zog 7iEQii]QyvQG)fJLivo$u. Vgl. Menander Monost. 469: Qvnog ywq niqv/.Ev r}.QyvQ«>(Asrog. Das im VS. hinzugefügte thai beruht ebenso wie die Verwandlung des nominativs in den accusativ und die dadurch bedingte auslassung von abzog auf einer con- jektur, die der Schreiber des VS. vermuthlich schon in der ihm vorliegenden recension gefunden hat, da auch Maximus in allem mit VS. übereinstimmt. Es ergaben sich aber diese än- derungen als nothwendige consequenz der corruptel iöv für töcor, welche bereits in den dem VS. wie dem Monacense (Leid.) zu gründe liegenden archetypus eingedrungen war. Aber auch der umgekehrte fall, daß Monacense das richtige aufbewahrt hat und VS. aus ihm zu verbessern ist, tritt mehrmals ein. So hätte VS. 63 Wachsmuth aus Mon. 163 (Leid. 155) und D. Laert. 1, 105 nokXov statt nollöjv in den text setzen sollen. Im VS. 89 lautet Aesops antwort: fx/j \aov ib tL8og , äXX' elg zbv rovv no6ö£%£. Auch hier bietet Mon. 167 (Leid. 157) das richtige: fxtj tiov zw e'idsi, ttXXa tm va> nnoatys, während Antonius und Maximus sowie noch drei andere von Wachsmuth zu der stelle angeführte Gnomologien sich an VS. anschließen. Es ist dies ein neues, zu vielen anderen hinzukommendes indicium dafür, daß die im Parallelenbuche benutzte recension des Apophtheg- mencorpus dem VS. viel näher stand als dem Monacense. Vgl. den kritischen apparat Wachsmuths zu VS. 12, 62, 63, 79, 128, 129, 135, 164. Genauer indes wird sich das Verhältnis zwischen VS., Monacense und der dem excerptor der parallelen vorliegenden handschrift erst dann feststellen lassen, wenn die große lücke des VS. aus anderweitigen quellen ausgefüllt ist.

Ich wende mich zu Wachsmuth's bemerkungen über den Vindobonensis zurück. Weitaus die meisten stücke der Samm- lung erscheinen in der! fassung von apophthegmen , die weni- gen, die eine solche vermissen lassen, theils reine sentenafön (ohne ein vorgesetztes ö 8nrn ecpij oder ähnliches), theils poeti-

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sehe eklogen, sind sämmtlich vou Wachsmuth mit demselben rechte als spätere zusätze bezeichnet worden, wie dies umgekehrt mit den versprengten apophthegmen im Gnomol. Byzantinum ge- schehen ist5)- Am werthvollsten unter diesen einschiebsein ist die unter nr. 136-141 verschlagene partie eines poetischen Florilegiums , von der vier Sentenzen sich als euripideisch nach- weisen lassen und auch die beiden anderen mit großer Wahr- scheinlichkeit von Waclismuth demselben dichter beigelegt wer- den. Ich bemerke noch , daß von allen diesen Zusätzen sich weder bei Antonius noch bei Maximus irgend eine spur findet (142 steht zwar bei Maximus 26 p. 610, 33, aber als ein apo- phthegma des Zenon, das sicher nicht dieser stelle entnommen ist), was ebenfalls auf späteren Ursprung derselben hinweist. Ganz dasselbe gilt von den 4 (3) in den Monaceuse (Leidense) einge- schobenen Sentenzen, von denen Mon. 254 und 255 allerdings im Parallelenbuche wiederkehren, aber ohne zweifei dort aus dem Gnom. Byzant. 229 u. 27 herrühren, die im Mon. 267 enthal- tene gnome bei Max. 11 p. 566, 38 aus einer Sammlung plu- tarchischer Sentenzen stammt und Mon. 255 meines wissens im Parallelenbache überhaupt nicht vorkommt.

In betreff der reihenfolge der echten apophthegmen führt Wachsmuth aus, daß, wenn auch innerhalb der namen mit dem- selben anfangsbuchstaben eine weitere alphabetische Ordnung nicht beabsichtigt ist, doch alle denselben namen tragenden aus- sprüche gewiß ursprünglich auch zusammengeschrieben waren, und daß demnach die ausnahmen, die die Wiener handschrift aufweist, auf zufälliger und späterer Verwirrung beruhen. Dies wird durch eine reihe signifikanter beispiele erläutert, zu denen ich noch folgende hinzufüge. Nr. 47 dürfte wohl aus den Bias- sprüchen unter die Antagorea versprengt sein (vgl. noch Arsen, p. 148 W.). Ob auch nr. 48 auf Bias zu beziehen ist, wie Wachsmuth zweifelnd fragt, wage ich nicht zu entscheiden. Nr. 87, durch o avrog den Aristidessprüchen angereiht, gehört si- cher dem Aristoteles, wie die von Wachsmuth übersehene paral-

5) Ich kann den einwendungen Freudenthals (Deutsche litteratur- zeitung 1882 p. 1416 sq.) gegen dieses verfahren Wachsmuths nicht beipflichten. Es handelt sich hier weniger um den inneren unter- schied zwischen apophthegma und gnome, als um ein rein äußerli- ches Unterscheidungszeichen. Jede gnome erhält eben dadurch die form eines apophthegmas, daß ihr ein 6 dilva f'gr»? vorgesetzt wird.

Nr. 2. 22. Florilegien. 118

leisteile Diog. Laert. 5, 19 zeigt. Uebrigens kehrt die darin enthaltene sentenz im Gnom. Byz. 224 wieder. Der zweite der beiden dem Timotheos zugeschriebenen spräche (114) wird Mon. 246 unter einer reihe von Sokratessprüchen angeführt, was ver- muthen läßt, er sei im VS. nur aus irrthum dem Timotheos in den mund gelegt worden. Vielleicht gilt dasselbe von dem ersten apophthegma des Timotheos (113), das ganz im charakter der zahlreichen unter dem Damen des Sokrates gehenden und häufig von Stobaeus citirten ö,uoica^azu gehalten ist. Verdäch- tig erscheint noch (Iid(6Ticoi (131), da dem bei den späteren gnomologen beliebten miniographen sonst nur dichterische Sen- tenzen beigelegt zu werden pflegen (cf. Wachsmuth Studien p. 122 sqq.) und überdies das hier citirte witzwort nach Athenaios dem Stratonikos, nach einer von Wachsmuth übersehenen stelle des Diog. Laert. (1, 104) aber dem Anacharsis gehört. Hinzu- kommt, daß das vorhergehende apophthegma (130), gleichfalls ein witzwort, offenbar zu unrecht den namen des Philistion trägt und, wie Wachsmuth erkannt hat, für Philemon in anspruch zu nehmen ist. Nr. 150, welche lautet: Xaßgiag igonijüstg, no- Tttfiog 7(3 yevei, sq>rj „xoa/ioysvrjg'1, weist Wachsmuth durch einen parenthetischen zusatz dem Chrysippos zu , doch wohl nur des- halb , weil das diktum dem Chabrias allzu wenig angemessen erscheint und die ausspräche des letzteren in der handschrift unmittelbar auf die chrysippischen folgen; denn die sonstige Überlieferung führt nirgends auf Chrysippos, sondern legt die- selbe antwort, freilich in anderer und vielfach wechselnder form (y.oafAoyzitjg im VS. ist, wie es scheint, ein ("na^ eioijijf'vov), bald dem Sokrates (Plut. Mor. p. 600 F. Cic. Tusc. 5, 108) bald dem Diogenes (cf. Lukian ßieav nnäaig c. S und Epiktet. Diss. 1, 9, 1), bald dem Demokrit (fr. 225) oder auch dem Theodo- ros (Diog. L. 2, 99) oder Aristipp (Xenoph. Mem. 2, 1, 13) bei. Aber gerade bei dieser bunten manuigfaltigkeit der anga- ben dürfen wir um so unbedenklicher Chrysippos substituiren und eben diesem dann wohl auch nr. 148 vindiciren , wo das Parallelenbuch nach dem Zeugnisse von drei bearbeitern das lemma Xgvainnov bietet. Ob auch 151 den Chrysippeis zuge- rechnet werden muß , lasse ich mit Wachsmuth dahingestellt. Schließlich sei noch auf die echt byzantinische corruptel ^Vnia- xag für YLnza^ög in den beiden zwischen die Chilonea einge-

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fügten apophthegmen nr. 159 und 160 aufmerksam gemacht, die um so auffälliger ist , als der unverfälschte Pittakos wahr- scheinlich ebenfalls in dem urcorpus vertreten war ; vgl. die im : Mon. 237 zwischen einem ausspruch des Plato und einem des ' PcofAilo* stehende anonyme sentenz , die ursprünglich sicherlich den namen des Pittakos trug, dem sie nach Diog. L. 1, 78 gehört.

Darf man die bisher erwähnten irrthümer mit ziemlicher gewißheit oder doch mit einiger Wahrscheinlichkeit auf rechnung späterer redaktoren oder abschreiber der Apophthegmensammlung setzen, so bleibt es in anderen fällen zweifelhaft, ob die falsche autorschaft auf einem späteren versehen oder auf ursprünglicher fehlerhafter anordnung des Sammlers beruht. So paßt der spruch nr. 85 offenbar nicht auf Äristides, wohl aber auf Demetrios Phalereus, von dem ihn in der that Diog. L. 5, 82 (die stelle fehlt bei Wachsmuth) anführt. Eine entscheidung läßt sich hier schwer treffen. Dagegen ist es bei dem apophthegma des An- tisthenes nr. 97, das ursprünglich dem Simonides gehört (cf. Stobaeus 91, 31, dessen quelle Aristot. Ehet. 2, 16 p. 1391a 8 ist), dann aber auch dem Aristipp als antwort auf eine frage des tyrannen Dionysios beigelegt wurde, ganz klar, daß die irrthüm- liche und eben wegen der beziehung auf Dionysios unangemes- sene Übertragung auf Antisthenes älteren Ursprungs ist, da sich dieselbe nicht nur im Parallelenbuche, sondern auch bei Stobaeus 3, 46 findet. Vermuthlich geht der vorhergehende spruch des Antisthenes (96), in dem gleichfalls Dionysios als Unterredner erscheint, auch auf Aristipp zurück.

Uebrigens herrscht auch in derjenigen partie des Monacense, die der lücke des VS. entspricht (Mon. 168—250) stellen- weise eine Verwirrung der namen , an der schwerlich der ab- schreiber dieser epitome, ja vielleicht nicht einmal der epitoma- tor selbst allein die schuld trägt. So ist Mon. 195 unzweifel- haft ein ausspruch nicht des Epikur, sondern des Heraklit (cf. Diog. L. 9, 7), der dem letzteren dagegen beigelegte (Mon. 199) gehört dem Bion oder vielleicht auch dem Zenon (cf. Diog. L. 7, 23), von dem drei ausspräche vorhergehen. Statt des Theo- phrast ist Mon. 201 sicher Epaminondas einzureihen (cf. Stob. 54, 50; Max. 9 p. 560), während die folgende sentenz (202) eher auf den schüler des Aristoteles zu passen scheint. Mon.

Nr. 2. 22. Florilegien. 115

204 ist nicht auf Theokrit, dem 203 gehört, sondern auf den hier in der alphabetischen reihenfolge ganz am platze stehenden Thaies zu beziehen (cf. Diog. L. 1, 36). Mon. 206 ist aus dem fabelhaften 'l<7ox.outt]<; o' Pa/tai'xoQ wohl nach Meinekes vermuthung Käieov b 'Ptoftamog herzustellen. Mon. 214 ist der sfoidoQovpt- vog EvginiStje (unter A\) um so auffallender, als das diktum mit viel größerer Wahrscheinlichkeit bei Max. 10 p. 563 und Arsen. p. 206 dem Diogenes zugeschrieben wird. Am unerklärlichsten aber bleibt es, wie ein aussprach , den Max, 67 p. 684, und zwar nach seinem inhalte mit vollem recht, dem maier Apelles zuschreibt, im Mon. 252 auf Solon übertragen werden konnte.

Bei der herausgäbe der Wiener Sammlung hat Wachsmuth dasselbe verfahren beobachtet, wie beim Gnomol. Byzantinum, und jedem Spruche ein verzeichniß der parallelstellen sowohl wie der abweichenden lesarten des VS. selbst und eben jener parallel- stellen beigefügt. Was den kritischen kommentar betrifft , so ist er mit sehr wenigen ausnahmen vollständig und zuverlässig. Auch mit der gestaltung des textes , bei der O. Hense durch einige glückliche conjekturen mitgewirkt hat, wird man im gro- ßen und ganzen sich einverstanden erklären müssen : die nicht sehr zahlreichen ausstellungen , die ich etwa zu machen hätte, sind meist von untergeordneter bedeutung. Dagegen ist das stellenverzeichniß nicht so erschöpfend, wie dies an dem Gnomol. Byzantinum gerühmt werden konnte (s. meine recension der Wachs- muthschen Studien a. a. o. p. 703 ; auch Freudenthal Deutsche litteratur- zeitung 1882 p. 1417 hat nur einige wenige nach- trage zu dem von Wachsmuth gesammelten material beibringen können); ja es fehlen bisweilen die wesentlichsten belegstellen. Ungern vermißt man auch die belege aus lateinischen Schrift- stellern, besonders Cicero und Seneca, die vielfach nicht nur dem inhalt, sondern auch der form nach die griechische Über- lieferung ergänzen oder bestätigen und gelegentlich sogar zur entscheidung über die construction des textes von werth sind, wie z. b. aus Seneca De benef. 5, 6, 1 hervorgeht, daß VS 8 in der that, wie Wachsmuth unter dem strich vermuthet, iv 7öT (ttjdevog (VS. (ttjdt'v) eig eisgysaiav Tjrzäa^cu zu schreiben ist ; Seneca sagt nämlich : Alexander Macedonum rex gloriari so- lebat a nullo se beneficiis victum. Ich muß hier aus rücksicht auf den räum darauf verzichten , diese behauptungen näher zu

116 22. Florilegien. Nr. 2.

erläutern und zu beweisen, und behalte mir vor, meine bemer- kungen zu den einzelnen stücken der Wachsmutlaschen ausgäbe an einer andern stelle zu veröffentlichen. Ich schließe mit einer kurzen zusammenfassenden besprechung des Charakters und der bedeutung unsrer sylloge.

Die bereicherung , die unsere kenntnis der griechischen apophthegmen schon durch dieses bruchstück des großen Apo- phthegmencorpus erfährt, ist nicht gering anzuschlagen. Bei 56 unter den 190 stücken der Sammlung hat Wachsmuth keine parallelstellen angegeben. Die zahl dieser nicht belegten stellen reducirt sich freilich durch meine ergänzungen auf 49, und es ist zu erwarten , daß bei genauerer nachforschung auch diese zahl sich noch etwas vermindern wird. Aber auch dann wird sicherlich die zahl der neuen ausspräche eine verbältniß- mäßig bedeutende bleiben. Hierbei verdient besondere beach- tung, daß zu den bisher bekannten apophthegmen selbst solcher männer, für die schon sonst die quellen reichlich fließen, noch einzelne hinzutreten. So bietet unsre Sammlung je vier neue spräche des Alexander, Philipp und Antisthenes, drei oder wenn wir nr. 86 hinzuzählen dürfen, vier des Aristoteles und einen des Anacharsis. Auch die äsopischen dikta werden um vier vermehrt, und von dem rhodischen dichter Antagoras , von dem bisher nur vereinzelte ausspräche überliefert wurden , werden uns drei in das gebiet der witzworte und Wortspiele fallende apophthegmen geboten , wie denn überhaupt die ysXota ano- fpdiyptara durch unsre Sammlung einen namhaften Zuwachs er- halten. Uebrigens zeigt die sylloge nur sehr wenige spuren späterer byzantinischer Überarbeitung. Außer der von Wachs- muth in eckige klammern eingeschlossenen nr. 165 sind es haupt- sächlich nur die verstümmelte anekdote von der begegnung des Aeschines mit Demosthenes (104), das den Schluß bildende, mir ebenso wie Wachsmuth unverständlich gebliebene apophthegma der Phryne und hin und wieder einzelne ausdrücke, die die un- geschickte hand eines Byzantiners verrathen. Auch die namen der urheber der einzelnen ausspräche deuten darauf hin , daß die Sammlung ihrem hauptbestandtheile nach auf verhältnißmä- ßig alte und gute quellen zurückgeht. Wenn man absieht von sonst unbekannten oder nicht näher zu bestimmenden autoren, wie Nikokles, Xenokles, Oinopides, Soranos b ^wyoütjo^ , Sosi-

Nr. 2. 23. Cicero. 117

genes, bei denen aber aueb kein indicium für eine spätere zeit spricht, so fallen von den übrigen, mit ausnähme der Kleopatra (182), unter der doch wohl die berühmte ägyptische königin zu verstehen ist, und des unter den ersten römischen kaisern le- benden Philistion, dessen name aber, wie wir gesehen haben, in nr. 130 und 131 sehr verdächtig erscheint, die jüngsten in das dritte vorchristliche Jahrhundert. Nur der noch immer räthsel- hafte ' Qqicov 6 qiiloaoqioii (163 und 164), über den Ritschi opusc. I p. 773 sqq. zu vergleichen ist, dürfte ebenso wie der im Mon. 238 angeführte 'Patavloc, welcher zu wiederholten ma- len auch bei Maximus und Antonius vorkommt, einem ziemlich späten Jahrhundert angehören. Sonst findet sich keine spur von den bei Stobaeus und in den byzantinischen Florilegien so zahl- reich vertretenen nachchristlichen autoren.

Von der nahe liegenden erörterung der beziehungen der Wiener Sammlung zu Diogenes Laertios und Stobaeus sowie zu Athenaios und den Pseudoplutarchischen apophthegmen ist es gerathen vor der hand abstand zu nehmen, da, wie Wachsmuth am Schlüsse seiner abhandlung bemerkt, solche Untersuchungen erst dann mit nutzen aufgenommen werden können , wenn die noch in den bibliotheken lagernden , mit unsrer Sammlung ver- wandten stücke, insbesondere der von Freudenthal im Rheinischen museum 35 p. 42 kurz charakterisirte cod. Paris. 1168 f. 146S 162", ein cod. Patmensis aus dem 10. Jahrhundert und der bis- her nur durch einzelne excerpte im Walzschen Arsenius be- kannte cod. Vaticanus 151 publicirt und namentlich für die er- gänzung der lücke in der Wiener handschrift verwerthet wor- den sind. Ist dieses material zusammengebracht, dann wird auch der versuch zu machen sein, das ursprüngliche corpus in annähernder Vollständigkeit wiederherzustellen , wobei voraus- sichtlich dieselben grundsätze der zusammenarbeitung werden in anwendung kommen müssen , deren sich Wachsmuth bei der rekonstruktion des sogenannten Demokrito - epiktetischen Gnomo- logiums bedient hat (Studien p. 162 sqq.), und denen ich im gegensatze zu dem abfälligen urtheile Freudenthals in allen we- sentlichen punkten beipflichte. (Vgl. Philol. XLIII,2 p. 218 ff.)

F. Lortzing.

23. P. Stamm, Adnotationes grammaticae et criticae ad Philol. Ana. XIV. 9

118 23. Cicero. Nr. 2.

M. Tullii de divinatione libros. Programmabhandlung des gym- nasiums zu Rössel. 1881. 10 p. 4.

Der titel der abhandlung hätte des Zusatzes [adnotationes) grammaticae füglich entbehren können, denn die ausbeute für die grammatik bez. syntax ist ziemlich gering. Sie beschränkt sich im gründe auf folgendes (p. 6): In den worten De div. I § 116 Hie magna quaedam exoritur neque ea naturalis, sed artificiosa som- niorum Antiphontis interpretatio" ist Antiphontis klärlich ein glos- sem, weil es sich an dieser stelle nicht um die einzelnen deuter der träume, sondern um die deutung selbst handelt. Das hatte schon Baiter (ed. Tauchn. adn. crit. p. XVI) erkannt , und C. F. W. Müller hat ihm in seiner Ciceroausgabe beigestimmt (adn. crit. p. XVII). Stamm versucht nun dem logischen nachweis des glossems eine grammatische stütze zu geben , indem er für die Stellung der beiden genetive, des subjeetivus und objeetivus, nur folgende Variationen bei Cicero für möglich hält und durch bei- spiele illustriert:

1 . AntipJiontis somniorum interpretatio ,

2. Antiphontis interpretatio somniorum,

3. somniorum interpretatio Antiphontis ,

4. interpretatio Antiphontis somniorum.

Das ist nun zwar nicht neu und möglicher weise in dieser allgemeinheit nicht einmal richtig. Denn wenn ich auch , um meinen zweifei zu begründen , keine stelle aus Cicero zur hand habe, so kann ich doch mit der autorität Cäsars dienen. Wenn dieser im Bell. Gall. III 18. 6 sagen konnte: „Multae res ad hoc consilium Gallos hortabantur; superiorum dierum Sabini euneta- tio", so wird auch wohl Cicero unter umständen nicht vor die- ser Stellung zurückgeschreckt sein. Dazu kommt, daß an un- serer stelle das zu anfang stehende artificiosa und das schlie- ßende interpretatio dem ganzen satzgliede eine gewisse einheit verleiht. Selbstverständlich soll hiermit keine ehrenrettung des handschriftlichen Antiphontis gemeint sein. Die adnotationes criticae bezeugen eine sichere und gewandte handhabung der methode von seiten des verf. , sie erstrecken sich auf 13 stellen des ersten und auf 10 stellen des zweiten buches und reden theils der handschriftlichen Überlieferung das wort (I § 46. 53. 64. 65. 113; II § 3. 55. 103), theils suchen sie interpolationen nachzuweisen resp. zu bestätigen (I § 12. 30. 46. 65. 84. 116.

Nr. 2. 23. Cicero. 119

II § 36. 69. 124. 139), theils bemühen sie sich durch emen- dation hülfe zu schaffen (I § 12. 36. 65. 80. 88. 129 II § 11. 62). Ich bin überzeugt, daß nicht wenige der vorgetragenen ansichten sich den beifall der fachgenossen erringen werden; manche indessen fordern auch energisch den Widerspruch heraus. Ich will das wichtigste herausheben. So erscheint mir gleich auf der ersten seite das zu I. 12 angewandte heilverfahren zu gewaltsam. Die stelle lautet: vObservata sunt haec tempore im- menso et in sig nific atione eventus animadversa et notata". Während nun Christ „in significationem eventus" mit Orelli vor- geschlagen , während Madvig „et significatio eventis" geschrieben wissen will und andere anderes vermuthet haben (s. C. F. Mül- ler : adn. crit. p. XIV), streicht Stamm einfach „in significatione eventus" als interpolation und schreibt flugs „et e venia animad- versa et notata'1, was doch den knoten mehr zerhauen als lösen heißt. Freilich , welche worte mit begründetem anspruch auf echtheit in den text zu setzen seien, wage ich nicht zu entscheiden. Der sinn ist klar, aber die worte harren noch einer glücklichen Verbesserung. P. 4 behandelt Stamm die angefochtene stelle § 65 „Sagire enim sentire acute est, ex quo sagae anus, quia multa scire volunt , et sagaces dicti canes ; is igitur , qui ante sagit quam oblata res est, dicitur praesagire , id est futura ante sentire". Es läßt sich nicht leugnen, daß uns diese ableitung des praesagire im Zusammenhang etwas frostig vorkommt, aber wir müssen fest- halten , daß die Römer eine eigenthümliche Vorliebe für derglei- chen fragliche notizen hatten, die uns in ihrer primitiven einfalt oft ein lächeln abnöthigen. Flicht doch selbst Vergil in seine dichtung zuweilen etymologisierende bemerkungen ein! s. z. b. VIII 331 und 332, 343 346. Ich bin also der meinung, daß verf. vollständig recht hat , wenn er die worte sagire ante sentire als echt ciceronianisch gegen Hottinger und Baiter vertheidigt; auch C. F. W. Müller hat sie in seiner ausgäbe nicht anzutasten gewagt. Dagegen befinde ich mich mit Stamm im Widerspruch , wenn er „quia multa scire volunt" verdächtigt, um es am liebsten ganz zu tilgen oder wenigstens quia in quae zu verwandeln. „Scilicet idcirco, puto , anus Mae sagae dictae sunt, quia acute s entiunt , non ideo , quia multa scire volunt1,1, sind seine worte. Stamm hat, wie es scheint, die bedeutung des verbums velle nicht erkannt. Dasselbe heißt hier nicht etwa

9*

120 23. Cicero. Nr. 2.

„wollen, den wünsch haben", sondern „glauben, vorgeben, be- haupten", wie oft bei Cicero, s. z. b. De nat. deor. I 12. 29 „quattuor enim naturas, ex quibus omnia constare censet, divinas esse vult". Nehmen wir es so , so ist alles in bester Ordnung , nur daß ich das zum Schluß stehende ante sentire in acute sentire ver- wandeln möchte : „sagire est acute sentire" war gesagt, also „prae sagire futura acute sentire". Eine viel umstrittene und von conjekturen heimgesuchte stelle ist II § 62 „Quod etiam coniector quidam et interpres portentorum non inscite respondisse dicitur e i, qui cum ad eum rettulisset quasi ostentum , quod anguis domi vec- tem circumiectus fuisset, tum esset, inquit, ostentum, si anguem vectis circumplicavisset". Daß bei den worten ei, qui, cum e. s. etwas nicht in Ordnung ist, leuchtet ein. Verf. sucht der construktion dadurch aufzuhelfen, daß er hinter qui eine liicke statuirt und zu schreiben räth : „quod etiam coniector quidam et interpres por- tentorum non inscite respondisse dicitur ei, qui ....,• qui cum ad eum rettulisset quasi portentum" (p. 8.) Nur schade, daß für die annähme einer solchen lücke kein triftiger grund vorliegt 5 lieber doch mit C. F. W. Müller „dicitur ei, qui quondam ad eum rettulisset" schreiben oder mit Vahlen „dicitur ei, cui cum" als an den ausfall mehrerer worte glauben, die für den sinn nur einen müßigen zusatz ergeben würden. § 69 endlich „Aius iste Lo- quens , cum eum nemo norat , et aiebat et loquebatur , ex eo nomen invenit ; postea quam et sedem et aram et nomen invenit, obmutuit ? plaidiert Stamm für Streichung des „ex eo nomen invenit": ich glaube, daß man a conto des eben berührten etymologischen ki- tzeis der Kömer mit Christ und Müller „et ex eo nomen invenitu schreiben muß.

Das latein der abhandlung ist korrekt und flüssig. In der ersten zeile steht ein häßlicher druckfehler, der cum concessivum den indikativ beigegeben; p. 2 (z. 6 von unten) „at equidem du- bito, num ita Cicero scripserit" laßt sich wenigstens aus Cic. pro Sulla 24. 68 belegen. Ob auch für p. 5 (med.) „nam ne quis credat, hoc uno loco particulam „denique" inusitatius usurpari a Ci- cerone, äff er 0 alium eiusmodi locum ex oratione pro Flacco 73" eine solche parallele existiert ? Die öfter wiederkehrende Schreib- weise enunciatum statt enuntiatum sollte in einer philologischen abhandlung nicht mehr vorkommen. Ferd. Becher.

Nr. 2. 24. Alte geschichte. 121

24. G. F. Unger, Kyaxares und Astyages. 84 p. 4. Aus den Abhandlungen der k. bair. akademie I. Cl. XVI. bd. p. 237 ff. bes. abgedr. München 1882 in commission bei G. Franz.

Abermals eine chronologische Untersuchung, -welche durch die von Rassam gefundenen keilinschriften, die sogenannten an- nalen Nabünähids veranlaßt wurde. Unger meint, daß auch ohne dieselben das richtige datum 550 für den stürz des Asty- ages durch Kyros aus der klassischen Überlieferung zu gewin- nen gewesen wäre. Da ich nur historiker und nicht Chronologe bin, und überdies die chronologischen ergebnisse dieser Untersu- chung für die herrschaftsdauer der persischen , jüdischen und ägyptischen könige hier keine besprechung finden können, so beschränke ich mich darauf, ein hauptergebnis Unger's allein einer kritik zu unterziehen , um so mehr , als es sich bei dem- selben um Herodot und Ktesias handelt.

Es ist von zeit zu zeit nöthig manchen Chronologen vorzu- halten, was Oppert in der Revue historique XIII. p. 279 ff. und in seinen besprechungen chronologischer arbeiten in den Göttinger gelehrten anzeigen 1881 stück 4. gesagt hat. Auch in dieser schrift sind sowohl daten als ereignisse ausgerechnet, die der kri- tik nicht stand halten, die mit hülfe von gewaltsamkeiten gegen die Überlieferung gewonnen sind. Man sieht nicht mehr, was die texte bieten, weil man sich den blick durch zahlen allermög- lichen provenienz getrübt hat, weil man die autoren nicht liest, sondern nur auf die zahlen hin durchnimmt.

So gelangt Unger zu folgenden entdeckungen : das richtige datum des Sturzes des Astyages (550 v. Chr.) findet sich über- einstimmend mit der erwähnten inschrift in den tyrischen Anna- len bei Josephus , ferner setzt Herodots darstellung der Lyder- geschichte dieses ereigniß für 550 voraus. Dem steht entgegen, daß Herodot in der medisch-persischen geschichte dasselbe 559 ansetzt. Dies muß also erklärt werden: Herodot hat hier die regierungen der mederkönige um 9 jähre verschoben , so wird es auch möglich für die Sonnenfinsternis, die Thaies vorhersagte, das von den astronomen berechnete datum 28. mai 585 festzu- halten, während Herodots Chronologie 594 verlangen würde. Kyaxares ist 585 gestorben, der Meder Dareios, dessen das buch Daniel gedenkt, ist Astyages, der als thronnamen den na-

122 24. Alte geschichte. Nr. 2.

namen Dareios führte , auch Phraortes hieß als könig Astyages und wird mit letzterem namen bei Abydenos und Alexander Po- lyhistor bezeichnet.

Der hergang von Astyages stürz war demnach folgender: 559 besiegte ihn Kyros, ließ sich von ihm adoptiren und hei- rathete dessen tochter, nachdem er deren gemahl hatte umbrin- gen lassen. 550 erst erfolgte der vollständige stürz desselben und Kyros gewann in leichter weise die herrschaft über Medien auf grund der rechtsansprüche , die er erheben konnte.

Das ist gewiß neu ; sehen wir zu , ob es auch wahr ist. Die sache steht folgendermaßen : Nikolaos , der im wesentlichen die darstellung des Ktesias wiedergibt, berichtet (fr. 66 Müll. III. p. 406) von einer schlacht des Kyros gegen Astyages, in der die Perser nach hartem kämpfe siegten, in folge derselben wird Kyros durch Oibaras an stelle des Astyages als könig ausge- rufen. Die beute wird nach Pasargadä gebracht. Da sich das gerücht von Astyages entthronung verbreitet, fallen die Sa- trapen ab und so wird es Kyros leicht, seinen ver- lassenen gegner in einer zweiten schlacht zu be- siegen und Astyages wird gefangen zu ihm ge- führt6).

Das excerpt aus Ktesias, das uns Photios (cod. 72 p. 106) aufbewahrt hat, besagt: Astyages flieht vor Kyros in Ekbatana und versteckt sich in dem gebälke des palastes da- selbst mit hilfe seiner tochter Amytis und deren gemahl. Beide sowohl als ihre kinder sollen gefoltert werden , Astyages gibt

6) Ol ds FltQffca .... (xi.cc oQ/uji imdocc/uövisg i£a)9ov<nv ctvTovg {rovg Mtjdovg) ix tov ogovg , xccl xrelvovGiv ovx ikdzrovg iSccxiG/uvgicoy. ov /uijv 'Aarvdytjg uqiGicno trjg nofooQXiccg. Hier setzen die excerpta det rebus praeclare gestis et de Stratege?» atts ein. nokkmv ds dvttfitra^v ytvofii- vwv, Kvgog slg rrjv gxvjvtjv nccQtk&wv xa9-i£et fig tov tov Aotvdyov &q6vov,

xccl t6 GxtjniQOv avrov kafißävti xccl fxtz ov nokv t) cptjfti] ndv-

rij dn]yytkkt zijv 'AGivdyov tpvyifv n xal rßtccv . . . xccl oi äv&oionot d(fi- Giavto xccl w h'xhvt]. ngwiog cT 'Yqxccvwv kq/cov .... fAsrd dt o rt IJccq- &vcclog xccl 2dxt]g xccl ßdxrcjvog xccl ol iq>t%tjg ndvitg . . . . tig o 'Acivä- ytjg fiii1 bkiyiov vnokt iqpd-i lg , ind^aurog (iti1 ov nokv Kvqov xccl ix tov qccGtov fJtd^y XQctrrjGccvjog, cci^fidkiarog in' avrov dyiTcct*. Daß mit den bezeichnungen der zeit wie nokküv dt juitccc;v ytvo/xiv(av u. s. w. bei Nikolaos nichts anzufangen ist, beweist schon diese stelle; uem schließ- lichen sieg der Perser in der schlacht bei dem berge war die er- hebung des Kyros zum könig durch Oibaras und die bergung der beute in Pasargadä gefolgt. Das ist der inhalt der darstellung des Nikolaos.

Nr. 2. 24. Alle gesehichte. 123

sich, um dies zu verhindern selber an, Oibaras läßt ihn fesseln, Kyros aber befreien 7).

Bei Herodot (I. 128 sq.) verläuft die sache in der weise, daß Astyages in einer schlacht von Kyros besiegt wird, da Har- pagos zu dem letzteren übergeht. Hierauf siegt Kyros noch einmal unter den mauern der hauptstadt und nimmt Astyages gefangen, so wurde dieser (130) der herrschaft beraubt und die Meder unterworfen. Dem Astyages geschah bis zu seinem tode nichts böses von Kyros.

Unger behauptet nun p. 24, Ktesias (den auch er für die quelle des Nikolaos hält) erzähle den krieg anders und wahr- scheinlicher als Herodot, ,,er weiß nichts von verrath und über- tritt".- Das ist unrichtig, wie jedermann aus der oben vollstän- dig angeführten stelle ersehen kann. Unger fährt fort: „Nach einer lücke der bruchstücke, in welcher die von Herodot erzählte zweite schlacht in der weise erzählt gewesen sein kann , daß Kyros gegen Ekbatana zog und nach Überwältigung der letzten von Astyages zusammengerafften mannschaften die Stadt einnahm, setzt der auszug des Photios . . . aus Ktesias ein". Das ist gleichfalls unrichtig , denn Ktesias bei Nikolaos spricht deutlich von zwei schlachten , die zweite findet nach seiner darstellung statt wie bei Herodot , da Astyages schon von einem theil der seinen verlassen ist.

Der bericht des Photios schließt sich also nicht so an das 66. fragment des Nikolaos an, wie Unger behauptet.

Charakteristisch ist ferner wie Unger die Stelle des Photios durch hinweglassung der flucht des Astyages nach Ekbatana verän- dert hat. „Als Kyros Ekbatana einnahm, wurde Astyigas . . . versteckt gehalten". Daß auch Ktesias eine schlacht unter den mauern von Ekbatana, (in folge deren Astyages vor Kyros' ant- litz flieht und sich versteckt), voraussetzt wie Herodot, deren nähere bezeichnung am Schlüsse des fragmentes doch wohl nur durch des Nikolaos1 flüchtigkeit wegblieb, kann man aus dieser Übersetzung allerdings nicht mehr herausfinden.

Photios excerpt setzt sich folgendermaßen fort: Kyros läßt

7) ^rjalf ovu avrixa nsgl lov'Aßiväyovs, w? ovdtv avtov KÜQog rtgoi yivos IxgijuänCev ovtoq cF« aiiiou 'Aarviyctv y.ahl rpvyilv 6i c'cno nnoßcö- nou Kvqov 'Aarvlyav iv 'ExßctTÜvoig xcd XQvqftrjvcti (v rolg xqvoxquvoh itüi> ßaaikiiüjv oixyuänjv ....

124 24. Alte geschichte. Nr. 2.

Astyages befreien und verehrt ihn wie einen vater, Amytis erst wie eine mutter, dann aber, nachdem er ihren mann hat tödten lassen, macht er sie zu seiner frau. „Also erzählt Ktesias über Kyros und nicht wie Herodot", und ferner berichtete er noch, daß die Baktrer, gegen die Kyros zu felde zog, sich demselben ergeben hätten , als sie erfuhren , daß Astyages der vater des Kyros, Amytis, dessen mutter und frau geworden seien.

Demnach hat man, um beide berichterstatter recht zu ver- stehen, das Verhältnis des Ktesias und Herodot im äuge zu be- halten. Eine ernste differenz zwischen beiden findet sich erst in der darstellung der ereignisse nach der eroberung Ekbatanas. Um diese differenz richtig zu würdigen, muß der vorherstehende satz des Photios berücksichtigt werden: „(Ktesias) sagt, daß Astyages und Kyros nicht verwandt gewesen seien", was be- kanntlich Herodot's darstellung ist. Deswegen also , weil Kte- sias diesen irrthum Herodot's berichtigen wollte , erzählte er die adoptionsgeschichte nach der einnähme von Ekbatana, die vor- hergehenden ereignisse haben aber beide im wesentlichen gleich berichtet, weshalb auch Photios diesen theil der erzählung des Ktesias nicht erwähnt hat. Von Harpagos freilich, einem inte- grirenden bestandtheil der Herodoteischen Jugendgeschichte des Kyros, hat Ktesias bei der ersten schlacht nichts erwähnt, wie man aus Nikolaos schließen muß, allein der abfall der Satrapen nach derselben läßt auf ein gleiches factisches substrat beider berichte schließen , ganz abgesehen davon , daß wir bei Nikolaos nicht ein bloßes excerpt aus Ktesias besitzen und also kleine difle- renzen noch nicht beweisen , daß Ktesias gerade so wie Niko- laos erzählt habe. Demnach sprechen Herodot sowohl als Kte- sias von demselben ereignis, und es ist unrichtig, wie Unger thut, was Ktesias erzählt , 9 jähre früher anzusetzen , als was wir bei Herodot finden. Auch das erscheint nicht bedacht, daß Ktesias von dieser Verschiebung der ereignisse keine an- deutung macht , obschon er bekanntlich bestrebt war Herodot allüberall zu widerlegen und auch Photios geflissentlich alle ihre diflerenzen in seinem excerpte hervorhebt.

Und nun noch die inschrift (vgl. meine Kyros -sage und verwandtes, Sitzungsberichte der Wiener akad. bd. 100 p. 499), welche besagt, daß Astyages nach Sammlung der medischen trup- pen gegen Kyros könig von Ansän zog .... daß hierauf die

Nr. 2. 25. Griechische geschichte. 125

truppen des Astyages gegen ihn revoltirten , ihn gefangen nah- men und Kyros auslieferten , daß Kyros Medien plünderte und die beute von Ekbatana nach Angan bringen ließ. Auch dieses zeugnis handelt von denselben ereignissen , die Herodot und Ktesias berichten , von dem abfall der truppen nnd der darauf erfolgenden einnähme der medischen hauptstadt. Astyages er- scheint hier deutlich als beherrscher Mediens und zieht als sol- cher gegen den Perser, nicht aber wie Unger's hypothese ver- langt, als bereits seit 9 jähren neben Kyros stehender schatten- könig.

Das ist die Übereinstimmung unserer quellen über Astyages stürz , ein auseinanderreißen ihrer berichte und vertheilung der erwähnten thatsachen auf die jähre 559 und 550 widerstreitet aller methode und ist durch nichts zu rechtfertigen. Es kann sich nur darum handeln , ob man dem berichte des Ktesias von einer nach der eroberung Ekbatanas erfolgten adoption des Ky- ros durch Astyages und verheirathung mit dessen tochter glau- ben schenken will oder nicht. Ich gebe auf Ktesias „persische annalen" als quellen nicht viel , da sonst merkwürdige dinge genug bei diesem autor sich finden , in diesem falle halte ich seine nachricht deshalb nicht für richtig , weil die inschrift Na- bünähids dagegen spricht , und Herodots persische gewährsmän- ner davon nichts wußten. Trogus Pompeius (Iust. I. 6, 1 6) hat hier wie sonst (vgl. meine abhandlung a. a. o.) die angaben He- rodots und des Ktesias entweder selbst zusammen gearbeitet oder schon so von Deinon überkommen.

Ueber alle anderen resultate dieser schrift , soweit sie auf dieser grundlage ruhen , kann ich hinweggehen , sie fallen mit dem nachweise, daß dieselbe durch unrichtige Schlußfolgerungen gewonnen ist. Adolf Bauer.

25. Arnold Schäfer, Abriß der quellenkunde der griechischen und römischen geschichte. Erste abtheilung. Grie- chische geschichte bis auf Polybios. 3. aufläge. Leipzig, Teub- ner 1882. 2 bl. 112 p. 8.

26. Desselben werkes zweite abtheilung. Die periode des römischen reiches, ibid. 1881. 2 bl. 199 p. 8.

Das erscheinen der ersten abtheilung von Schaefer's Quel- lenkunde in dritter aufläge und das neuerscheinen der zweiten

^26 25. Griechische geschichte. Nr. 2.

abtheilung wird mit um so lebhafterer freude begrüßt werden, als beide werkchen eine empfindliche lücke in unserer histori- schen litteratur ausfüllen und namentlich der herausgäbe des die römische periode behandelnden theiles seit langem mit Span- nung entgegengesehen wurde. Nachdem es nun doch einmal zum dogma geworden zu sein scheint, daß für eine systemati- sche behandlung der antiken historiographie noch nicht die zeit gekommen ist, erkennen wir es um so dankbarer an, daß durch Schäfer's grundriß wenigstens den studirenden der geschichte des Verfassers umfassende kenntnis der geschichtsquellen des alterthums und der mit ihnen sich beschäftigenden modernen forschungen zu gute kommt.

Nach den Worten der vorrede dazu bestimmt, Vorlesungen über quellenkunde der griechischen und römischen geschichte zur unter, läge zu dienen und den Zuhörern die wichtigsten nachweisungen und Zeugnisse an die band zu geben, beschränken sich beide grundrisse, sowohl was die auswahl der Schriftsteller, als die Verzeichnung der modernen litteratur anlangt , in der hauptsache auf denjenigen Stoff, welchen der Verfasser in seinen akademischen Vorlesungen be- handelt. An vielen stellen freilich hat Schäfer der Versuchung nicht widerstehen können, über jene eng gesteckten grenzen hinaus- zugehen und durch anführung einer reihe von wenig gekannten und genannten historikern, die aber nach irgendwelcher richtung für die entwicklungsgeschichte der antiken historiographie von bedeutung sind, durch ausführliche citate moderner Untersuchun- gen, endlich durch mitunter höchst werthvolle bemerkungen über die quellen und schriftstellerische methode einzelner geschichts- schreiber, über ihre benutzung durch spätere u.s.w. den grund- riß zu einer auch die interessen der forschung berücksichtigen- den quellenkunde zu erweitern. Weit davon entfernt, dem verf. daraus einen Vorwurf zu machen, hätten wir vielmehr gewünscht, daß er von vornherein wenigstens in der Verzeichnung der Schriftsteller Vollständigkeit erstrebt hätte. Abgesehen davon, daß die Unterscheidung zwischen geschichtsschreibern zweiten und dritten ranges eine sehr mißliche ist, auf alle fälle oft von dem subjectiven ermessen des einzelnen abhängt, wäre durch eine vollständige chronologische aufführung der antiken histo- riker, der sich außer den vom verf. gegebenen litterar- historischen und biographischen nachweisungen ohne große

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Schwierigkeit ein etwa den litteraturangaben von Hübner's „Grundriß zu Vorlesungen über die römische litteraturgeschichte" entsprechendes verzeichniß der neueren Untersuchungen und kurze mittheilungen über den gegenwärtigen stand der forschung auf den einzelnen gebieten sich anreihen ließen, wenigstens die grund- lage für eine künftige gesammtdarstellung der antiken historio- graphie gegeben , ohne daß dadurch die interessen der stu- direnden, für die ja doch die Vorlesungen selbst den umfang des zu bearbeitenden literarhistorischen materiales bestimmen, beeinträchtigt werden müßten. Für die bedürfnisse der studi- renden scheint namentlich der in der zweiten abtheilung der quellenkunde behandelte stoff ohnehin öfters allzu karg bemes- sen : Während der annalistik der römischen republik , die doch zum großen theile eine rein compilatorische thätigkeit entfaltete, eine höchst ausführliche darstellung zu theil wurde die fünf Schmerzenskinder Alfius, Procilius, C. Piso, Scribonius Libo und Annius Fetialis sind ihr wohl nur der chronologischen Schwie- rigkeiten halber nicht eingefügt worden ist eine lange reihe von fragmentarisch erhaltenen griechischen originalquellen der kaiserzeit (Müller , Fragmenta historicorum Graecorum. Vol. 3 und 4) ganz unberücksichtigt geblieben ; Bemarchius , Praxa- goras , Eustochius, Magnus aus Carrhae und Eutychianus, die biographen der kaiser Konstantinus , Konstans und Julianus hätten wenigstens kurz erwähnt werden dürfen. Neben den vom verf. aufgeführten selbstbiographieen des Hadrianus und Septi- mius Severus hätten wir auch die memoiren Trajans, die histo- rien des älteren Seneca und dessen von seinem söhne verfaßte biographie, ferner die durch ihre biographieen des Thrasea Pae- tus und Helvidius Priscus berühmt gewordenen Arulenus Rusti- cus und Herennius Senecio, von den späteren die chronik des Theodorus Lector und den für den geist seiner zeit so charak- teristischen Fulgentius gerne erwähnt gesehen. Eine ungleich- mäßigkeit der bearbeitung äußert sich, wie schon angedeutet, in des verf. notizen über die quellen der aufgeführten historiker ; wir können es zwar nur billigen, daß Schäfer über die in dies gebiet einschlagenden fragen im allgemeinen sehr vorsichtig und zurückhaltend sich ausspricht nur zuweilen gibt er vermu- thungen, wie z. b. diejenige L. Keller's über die benutzung des Juba durch Appian und Dio und die von Niebuhr- Mommsen

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über die abhängigkeit des Diodor von Fabius Pictor als that- sachen sind aber doch der ansieht, daß kurze orientirende bemerkungen über die wichtigsten controversen hinsichtlich der quellen des Plutarchus, Tacitus, Suetonius etc., ähnlich den vom verf. über die composition des Livianischen werkes gegebenen auseinandersetzungen , den werth des abrisses für manchen leser wesentlich erhöht haben würden. Dasselbe gilt von den angaben über die benutzung der einzelnen geschichtschreiber durch spä- tere — den aussebreibern des Herodian (p. 157) ist Jobannes von Antiochia hinzuzufügen und von der anführung der neue- ren literatur, aus welcher zuweilen eine nur sehr spärliche und wohl kaum von festen gesichtspunkten ausgehende auswahl ge- troffen worden ist. In dem abschnitte über Joannes von Epi- phania war neben der Sammlung seiner fragmente bei Müller FHG IV 272 auch die Dindorf'sche Sammlung der Historici Graeci minores anzuführen und ebenso wäre ein consequenteres durchführen der citirung von Migne's Patrologie zu wünschen gewesen. Manche lücken (es fehlen z. b. Dellius, Claudius Ma- mertinus, Nazarius, Latinus Drepanius) und febler (z. b. p. 199 Theophanes von Mytilene 167 statt 67) weist endlich der index auf, in welchem studierende den Alexander Polyhistor wohl kaum nur unter Cornelius suchen dürften.

Möchten wir die zweite abtheilung bei der Veranstaltung einer zweiten aufläge , die ja bei der außerordentlichen brauch- barkeit des werkchens nicht lange auf sich wird warten lassen, gerne nach den angedeuteten richtungen hin erweitert und ver- ändert wissen , so freuen wir uns andererseits um so mehr , auf die mannichfachen Verbesserungen , welche die erste abtheilung in ihrer neuen bearbeitung erfahren hat, besonders auf die sorg- same benutzung und nachtragung der litteratur der letzten acht jähre hinweisen zu dürfen. Nur hätten wir gewünscht, daß die controversen über die Vollständigkeit und die Überlieferung von Xenophon's Hellenika kurz berührt und daß neben Skylax von Karyanda auch der Periplus des angeblichen Hanno und Py- theas erwähnt worden wären; zu der litteratur über Herodot, Ephorus, Theopomp, Timaeus und Aeneas sind die sebriften von Wecklein (1876), Holzapfel (1879), Egger (Mem. de l'institut. academie des inscript. et belles-lettres. T. 27 P. 2 p. 1 42), Kothe (1874) und Lange (1879) nachzutragen. H. Haupt.

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27. G. Dum, Entstehung und entwicklung des spartani- schen ephorats bis zur beseitigung desselben durch könig Kleo- menes III. Innsbruck 1878. 186 p. 8. 3 mk.

Nachdem der verf. in der einleitung seine gruudsätze bei der forschung auf dem gebiete der älteren griechischen geschichte dargelegt hat, wendet er sich im ersten kapitel (p. 11 ff.) gegen einige behauptungen neuerer forscher, die durch die quellen ent- weder in keiner oder in ganz ungenügender weise gestützt sind. So weist er nach , daß die weit verbreitete annähme , das ur- sprüngliche amt der ephoren sei die marktaufsicht gewesen, we- der durch irgend eine Überlieferung noch durch rückschlüsse aus den einrichtungen der historischen zeit gestützt werden könne. Auch sei die hypothese 0. Müllers, daß die nachweislich in äl- tester zeit von den ephoren verwaltete civilgerichtsbarkeit die grundlage gebildet habe, auf welcher sie allmählich eine aufsieht über den ganzen staat und selbst über die könige erlangten, unwahrscheinlich (p. 11 16). Ebenso wenig läßt sich zwischen der ermordung des königs Polydor zur zeit des ersten messeni- schen krieges und der entwicklung der ephorenmacht ein Zu- sammenhang nachweisen, wie ihn Schäfer, Curtius u. a. anneh- men (p. 16 21). Endlich widerlegt der verf. noch die hypo- these von Duncker, nach welcher der weise Spartaner Cheilon und der sühnpriester Epimenides von Kreta von einfluß auf die entwicklung des ephorats gewesen sein sollen. Eine anwesen- heit des Epimenides in Sparta läßt sich überhaupt nicht nach- weisen, und Cheilon wird nur in einer stelle des Diogenes Laer- tios (I, 68) zu der entwicklung des ephorats in beziehung ge- setzt; doch kann diese stelle wegen ihrer Unbestimmtheit (xal nfjcoTOi su'ijyijaaTn eepogova toi*- ßaaiXnai naga^svyvvvat), zumal da sie durch kein anderes zeugnis bestätigt wird, wenig bewei- sen, (p. 21—30).

Im zweiten kapitel werden die berichte unserer quellen über den Ursprung des ephorats geprüft, zunächst die des Herodot und Xenophon (p. 31 33), dann die des Piaton, des Aristoteles und des Plutarch im leben Lykurgs (p. 33 39) und endlich der bericht Plutarchs im leben des Kleomenes III. (p. 39 54). Als der relativ beste erscheint dem verf. der letztgenannte. Die ephoren wurden hiernach zur zeit des ersten messenischen krieges vom könig Theopomp als Stellvertreter der könige für

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die civilgerichtsbarkeit eingesetzt. Erst später unter dem ephor Asteropos erweiterten sie ihre macht.

Da uns über die entwicklung des ephorats nach seiner er- sten einrichtung durch Theopomp die quellen fast gar keine di- rekten Zeugnisse geben, sucht der verf. im dritten kapitel (p. 55 93) aus der betrachtung der zustände der ältesten zeit, über welche unser ältester gewährsmann, Herodot, noch zuverlässige nachrichten besitzen konnte, die entwicklung der ephorenmacht zu erkennen. Er weist nach, daß der könig Kleomenes I. (etwa 520 488) noch durchaus selbständig, wenn auch nicht unver- antwortlich , die auswärtigen angelegenheiten Spartas leitete , so lange er mit seinem kollegen einig war, daß dagegen im falle der Uneinigkeit der beiden könige die ephoren als Vertreter des Staats nach außen erscheinen. Er folgert daraus, daß schon da- mals ein gesetz existierte , welches forderte , daß die könige bei allen regierungshandlungen einig sein sollten , und für den fall ihrer Uneinigkeit die ephoren zu ihren Stellvertretern ernannte. Diese ansieht des verf. wird bestätigt durch den nachweis, daß mit der späteren dauernden ephorenherrschaft eine dauernde Un- einigkeit der beiden königshäuser hand in hand ging.

Auf dieser grundlage betrachtet der verf. dann im 4. ka- pitel die entstehung und entwicklung des ephorats bis zum er- laß des gesetzes, welches den ephoren die Stellvertretung der uneinigen könige übertrug (p. 94 104), und im 5. kapitel die weitere entwicklung des ephorats bis zu seiner aufhebung durch Kleomenes III. um 226 (p. 105 186), in der er drei perioden unterscheidet: 1) die zeit der Wechselherrschaft zwischen köni- gen und ephoren bis zum tode des Kleomenes I., 2) die zeit der dauernden, aber gesetzlich geregelten herrschaft der ephoren bis etwa zur schlacht bei Mantineia (362), 3) die zeit der will- kürherrschaft der ephoren. Ausführlich, oft etwas zu breit, werden in diesem abschnitt die einzelnen rechte geschildert, die den ephoren durch das gesetz über die Stellvertretung der un- einigen könige theils unmittelbar (p. 111 138), theils mittelbar (p. 138 186) übertragen wurden.

Der Schwerpunkt der ganzen Untersuchung liegt im dritten kapitel. Der vom verf. geführte beweis ist ihm , so weit dies überhaupt bei der dürftigkeit unserer quellen möglich ist, im gan- zen gelungen, wenn er auch bisweilen in dem streben, möglichst

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viele belegstellen für seine ansieht beizubringen, mir zu weit zu gehn scheint. So kann ich ihm z. b. nicht zugeben , daß die eide der könige und ephoren, die Pseudoxenophon vom staat der Lakedaimonier 15, 7 überliefert, nothwendig aus der zeit der Wechselherrschaft zwischen königen und ephoren stammen müssen, da sie in der späteren zeit keine praktische bedeutung gehabt hätten. Wenn der verf. selbst annimmt , daß schon zur zeit des Kleomenes I. die könige verantwortlich waren, so konnten sie doch auch in anderer weise als durch ihre Uneinigkeit die gesetze übertreten. Andererseits konnte auch zur zeit der dau- ernden ephorenherrschaft der eid der ephoren die könige in den ihnen noch verbliebenen rechten vor willkürlichen eingriffen der ephoren schützen (vgl. p. 66). Wenn der verf, ferner p. 69 ff. aus den anordnungen , die die ephoren über die doppelte ehe der könige Anaxandridas und Ariston treffen, den schluß zieht, daß diese könige wenigstens zeitweilig uneinig gewesen seien, so möchte ich dagegen bemerken , daß dies keine eingriffe in die regierungsgeschäfte der könige sind , sondern daß sich die- selben vielleicht genügend aus dem aufsichtsrechte der ephoren erklären lassen. Im übrigen scheint mir die ansieht, daß die ephoren ihre macht vorzüglich der Uneinigkeit der könige ver- dankten, sehr wahrscheinlich, zumal da diese tradition, wie der verf. p. 67 aus Plut. Agis 12 nachweist, schon im alterthum vorhanden war.

Unangenehm berührt haben den ref. einige stilistische ei- genthümlichkeiten des verf. , so besonders die Verbindung der Präpositionen während, wegen und statt mit dem dativ (vgl. p. 56, 96, 109, 115, 130, 132) und außer mit dem ac- cusativ (p. 145). Ebenso wunderlich klingt es, wenn der verf. p. 96, 114 u. ö. den griechischen ausdruck rth] mit dem deutschen artikel d i e versieht und dann als fem. sing. (z. b. von der zilt]) gebraucht. A. Hoch.

28. Emil Szantö, Untersuchungen über das attische bürgerrecht. Wien 1881. 8. 53 p.

Unsere kenntnis des attischen bürgerrechts ist in den letzten jahren vielfach erweitert worden Die inschriften geben immer neuen stoff zur aufhellung dunkler punkte und zur berichtigung früherer irrthümer. Vorliegende schrift handelt in ihrem ersten

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theil über die Verleihung des attischen bürgerrechts. Die ge- wöhnliche formel in den attischen bürgerrechts - diplomen lautet bekanntlich: thai rbv delvu'A&r/vaio* »at tivut alzw ygäipaadai qivlijg aal d/jftov xa} q^arQiag qg et» ßovlijTßti. In einigen steht dafür SiöoaOai (dedößöai) rw Sein zijv nolizsCav xzX. Außerdem aber zeigen mehrere inschriften noch einen zusatz, wonach die mit dem bürgerrecht beschenkten fremden sich zuerst einer dokimasie vor einem gerichtshof von 501 heliasten zu unterziehen haben: tot g ds deofioütiutj tiaayayur uvtw xr\v doxifiuaCuv Big zo dixa- OTfjQiov. Hiernach zerfallen diese decrete in drei gruppen : die erste enthält nur die zuerst genannte formel, die zweite hat die- selbe formel mit dem zusatz betreffend die dokimasie in der he- liäa, die dritte zeigt die formel dtduaOai rtjv noltrsiat und gleich- falls den zusatz von der dokimasie. Szäntö weist nach , daß diese drei gruppen drei verschiedenen zeiten entsprechen. Die inschriften der ersten classe gehören nämlich alle der zeit vor ol. 120 an, von den inschriften der zweiten classe fällt keine vor ol. 120. Demnach läßt sich annehmen, daß die dokimasie für das verliehene bürgerrecht erst um ol. 120 eingeführt wurde. Eine stütze findet diese annähme in dem umstände, daß bei den Schriftstellern diese dokimasie nirgends erwähnt wird. Mit der in der rede g. Neaer. 105 erwähnten dokimasie der Platäer hat es eine andere bewandtnis, dort handelte es sich bei jedem ein- zelnen um eine prüfung, ob er Platäer sei oder nicht. In der- selben rede (89 ff.) wird der hergang bei bürgerrechtsverleihun- gen so beschrieben, daß wir daraus schließen müssen, daß eine dokimasie damals noch nicht bestand. Der redner bemerkt, daß es nach der zweiten abstimmung jedem Athener gestattet sei durch eine yQaqsij nayavünmv die Verleihung zu suspendieren (event. rückgängig zu machen). Szäntö erklärt sich mit recht gegen Hartel's interpretation dieser stelle und schließt daraus, daß bis Ol. 120 ungefähr zur anfechtung eines verliehenen bür- gerrechts die yQayi] 7ia(juiüfxo3i angewendet werden konnte, nach dieser zeit aber eine regelmäßige dokimasie stattfand. Eine solche ygagiij nagatüiimv nimmt Szäntö mit Kirchhoff und an- deren bei der Verleihung des bürgerrechts an Thrasybul und Apollodor, die mörder des Phrynichos, im jähre 409 an. Da in dem decret CIA I 59 nur dem Thrasybul das bürgerrecht verliehen wird, bei Lysias (XIII, 72) dagegen auch Apollodor

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genannt wird, so vermuthete Kirchhoff (Monatsberichte der ber- liner akademie 1861, p. 607 ff.), daß letzterem auf grund einer fgaqirj naQavnpitov vom gerichtshof das bürgerrecht wieder ent- zogen und daher das betreffende decret cassiert und durch ein neues ersetzt wurde, in welchem der name des Apollodor fort- blieb. Aber das Verhältnis der Lysias - stelle zu dem inschrift- lich erhaltenen decret wird durch diese hypothese nicht aufge- klärt. Das psephisma, welches der redner zuerst verlesen ließ 71), soll nach Szäntö das erste (nachträglich cassierte) decret gewesen sein, das an zweiter stelle 72) erwähnte soll das zweite (nur den namen des Thrasybul und die belobigungen für Agoratos etc. enthaltende) decret sein , dasselbe welches in CIA I 59 erhalten ist. Aber ist es denkbar, daß der redner ein cassiertes psephisma verlesen ließ? CIA I 59 soll in bezug auf Thrasybul nur eine Wiederholung des ersten beschlusses sein (der ihm und Apollodor das bürgerrecht ertheilte). Die Verlei- hung des bürgerrechts wird aber in einem amendement des Diokles ausgesprochen : warum beantragt der rath für Thrasybul nur belobigung und bekränzung und nicht auch das bürgerrecht, wenn es ihm schon früher verliehen war? vgl. auch Röhl Her- mes XI, 379 und Jahresberichte des philologischen Vereins III, 39. Was die Verhandlungen über Verleihung des bürgerrechts betrifft , so wissen wir aus der rede gegen Neaera , daß zwei Volksversammlungen stattfinden mußten : in der zweiten erfolgte geheime abstimmung bei anwesenheit von mindestens 6000 Athe- nern. Ganz unbegründet ist dem gegenüber Szäntö's behaup- tung, daß bei bürgerrecbtsverleihungen drei abstimmungen statt- finden mußten : er stützt sich dabei ausschließlich auf Hartel's theorie von der doppelten lesung in der Volksversammlung. Am Schlüsse dieses capitels erörtert Szäntö die gründe, aus de- nen bürgerrecbtsverleihungen in Athen erfolgten. Nach einem alten gesetz, welches Plutarch (Sol. 24) erwähnt, sollten nur solche- fremde das bürgerrecht erhalten, welche entweder aus ihrer heimat verbannt oder zur ausübung einer kunst nach Athen übergesiedelt waren. Ein späteres gesetz ([Dem.] gegen Neaer. 89) gestattete die Verleihung des bürgerrechts nur an fremde, die sich um den athenischen Staat wohl verdient gemacht (pij s£et- tui nnirtauadai ^idrjvuiov^ ov av ju/} oV av8(jayct&Cav eig tov 87]- fiov tiv 'ud&ijfcu'eov u^iot fi jtvioQcu aoXijtjv^. In den erhaltenen Piniol. Anz. XIV. 10

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Bürgerrechts - decreten wird durchweg als motiv der Verleihung diese arÖQayaOiu angegeben.

Im zweiten capitel behandelt Szäntö einige punkte des ge- meindebürgerrechts. Er bespricht zuerst die inschrift aus dem demos Myrrhinus CIA II 578 , die unter anderem bestimmun- gen über die rechenschaftsablage der gemeindebeamten enthält. Sie fand vor einem euthynen und 10 gewählten statt: wenn diese den beamten verurtheilten , so konnte er an die gesammt- heit der demoten appellieren. Die entscheidende abstimmung in der demoten-versammlung durfte nur vorgenommen werden, wenn mindestens 30 demoten anwesend waren. Wenn man die von Dem. gegen Eubul. 9 angegebene zahl der demoten von Ha- limus (73) als die normale annimmt l), so ergiebt sich als durch- schnittliche majorität in den einzelnen demen 30 40. Vielleicht also können jene 30 als die majorität aller demoten von Myrr- hinus angesehen werden. Bei der abstimmung nun, meint Szäntö, kann nicht das urtheil der majorität der anwesenden ent- scheidend gewesen sein. Er setzt den fall, daß die 10 gewählten einstimmig verurtheilten , in der demoten - Versammlung dagegen der beamte mit 16 gegen 14 stimmen freigesprochen wurde. Dann hätten 16 stimmen über 24 (einschließlich der 10 ge- wählten) gesiegt. Dies nennt Szäntö eine Ungeheuerlichkeit, er behauptet daher, daß ein einstimmiges urtheil der anwesenden zur giltigkeit nothwendig war. Dieser Schluß scheint mir nicht zwingend. Zunächst halte ich es nicht für sicher, daß die 10 gewählten von der abstimmung in der demoten - Versammlung ausgeschlossen waren. Sodann war die abstimmung geheim : was hätte das für einen zweck gehabt, wenn einstimmigkeit nö- thig war ? Was geschah ferner , wenn die Versammlung nicht einig war, wenn nicht einstimmig freisprechung oder verurthei- lung erfolgte? Ueber diesen fall läßt uns Szäntö ganz im un-

1) Die große der demen war jedoch sehr verschieden, wie man sowohl aus Thuk. II, 20 (auch wenn die zahl rgiaxdiot unrichtig ist) als aus Dem. gegen Eubul. 67 schließen muß. Szäntö meint, daß un- ter den hopliten aus Acharnae (bei Thuk.) sich auch solche befanden, die nur in diesem demos wohnten und nicht Acharner waren. Das glaube ich nicht. Nach Szäntö sollen sich auch die worte bei Dem. vcoi tu)v ixtyäkiav drjfxwv lere nur auf die einwohner- nicht auf die demotenzahl beziehen. Aber der redner spricht von den demoten- versammlungen, er kann also nur die zahl der demoten im äuge ge- habt haben.

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klaren. Galt der beamte als freigesprochen, wenn z. b. von 30 anwesenden 28 verurtheilten und 2 freisprachen? Dies re- sultat wäre doch viel ungeheuerlicher. Im folgenden handelt Szäntö über die einnahmen und ausgaben der demen , wobei er die schwierige inschrift der Plothäer CIA II 570 zu erläutern sucht, sodann über das iyxtijTixoi', welches die attischen bürger (und fremde) für grundbesitz in einem fremden gau zu zahlen hatten , und über die Verleihung der ürtlaia £yyaq?r/.oi> (CIA II 589). Den Schluß der abhandlung bildet die erörterung der frage, in welchem Verhältnis die phratrienzu den demen standen und was für ein Zusammenhang zwischen geschlechtern und phratrien (in der nachkleisthenischen zeit) bestand. Daß Kleist- henes neue phratrien einrichtete , welche kleiner waren als die demen (vielleicht unterabtheilungen der demen) , hat Buermann (Jahrbücher suppl. IX, 608 ff.) nachgewiesen. Zwischen diesen phra- trien und den geschlechtern waltete , wie Szantö ausführt , ein verschiedenes Verhältnis ob je nach der große des geschlechts und der zeit seiner gründung : die angehörigen großer und alter (vorkleisthenischer) geschlechter (z. b. des geschlechts der Ke- ryken) waren unter verschiedene demen und phratrien vertheilt, die kleinerer und jüngerer (nachkleisthenischer) gp.schlechter mußten denselben phratrien und demen angehören. Dem dijuo- nohj7Qc war gestattet, nachdem er den demos gewählt hatte, noch die phratrie zu wählen, weil in jedem demos mehrere phratrien waren. Die phratrien nehmen also eine mittelstellung ein zwischen der demen- und der geschlechter-verfassung.

Leopold Cohn.

29. Paul Devaux, e^udes politiques sur les principaux eVenements de l'histoire romaine. Bruxelles, librairie C. Muquard. Paris, librairie Hachette et Cie 1880. Tome I, 556 p., tome II, 474 p.

Der Verfasser dieses umfangreichen Werkes hat sich die auf- gäbe gestellt, die römische geschichte weniger vom quellen- kritischen als vom politischen Standpunkte aus zu be- handeln : nicht die Untersuchung des details , sondern die histo- rische entwicklung im allgemeinen ist der gegenständ der durch zwei starke bände sich hinziehenden darstellung. Die gesichts- punkte , die er dabei zu gründe legt, sind folgende: 1. die

10*

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durchweg kriegerische politik des römischen senats erklärt sich aus dessen bestreben, innere Unruhen zu beschwichtigen; 2. das hauptmittel der erweiterung und befestigung der römischen herr- schaft war die Verbindung mit den aristokratien anderer itali- scher städte. Dieselbe war ein hauptkitt der römischen macht, dessen stärke und festigkeit sich insbesondere in den kriegen mit Pyrrhus und Hannibal erweisen sollte. 3. Die plebs ist eine art tiers-etat; es sind in ihr zwei elemente zu unterschei- den: die reichen und die armen. Die resultate des ständekam- pfes kommen nur den ersteren zu gute; daher führte auch der ausgleich der stände nicht zur demokratie , sondern die letztere war erst eine weitere folge des kampfes der niederen plebs gegen die patrizisch-plebejische nobilität. 4. Ueberall in Italien gab es einen gegensatz zwischen aristokratie und demokratie, dessen geschickter ausnutzung Rom den größten theil seiner erfolge verdankt. 5. Als hauptkriterium bei allen unsicheren und zwei- felhaften Überlieferungen betrachtet der verf. die geschicht- liche Wahrscheinlichkeit.

Was den ersten punkt betrifft, so wird die ansieht des verf. jedenfalls so lange nicht als ausgemacht gelten können, als man über die natur des Ständekampfes selbst noch im unklaren ist. Den zweiten und vierten punkt kann referent um so mehr un- terschreiben, als er in seinem „Latium und Rom" die hier ausgesprochenen ansichten des verf. ausführlich zu erweisen suchte. Der dritte punkt ist in den neueren darstellungen der römischen geschichte in Deutschland fast allgemein rezipiert. Was aber die methode des Verfassers angeht, so ist dieselbe eine durchaus veraltete , insbesondere für die beurtheilung solcher zeiten , in denen es an jeglichen positiven anhaltspunkten fehlt. Die er- eignisse müssen vor allem auf ihre Zeugnisse und quellen hin betrachtet werden, da eine sache an sich in einem gewissen an- genommenen Zusammenhang recht wahrscheinlich und doch quellen- mäßig durchaus unhaltbar sein kann. Das unzulängliche dieser methode zeigt sich vor allem deutlich in der behandlung der königsgeschichte, an die der verf. vom Wahrscheinlichkeitsstand- punkt politische betrachtungen anknüpft, die vollständig in der luft schweben, wenn man die königsgeschichte nicht als wirk- liche geschichte ansieht. Das letztere thut der verf. zwar nicht durchaus, vielfach schließt er sich sogar an bekannte ausein-

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andersetzungen von Mommsen , Schwegler und Ihne an •, aber im ganzen steht er nicht auf quellenmäßig kritischem, sondern rationalistischem Standpunkt; er untersucht nicht die erzählungen , er deutelt sie ; daher unterscheidet er auch nicht zwischen sage und mythus, für welch letzteren er auch nicht das geringste Verständnis hat. So verwirft er z. b. die alte kö- nigschronologie , gleichwohl aber versucht er die geschichte im sinne der alten Chronologie zu reconstruieren, ohne auf den my- thischen gehalt derselben im geringsten rücksicht zu nehmen. Ueber den Servius Tullius und die beiden Tarquinier enthält übrigens das buch nur politische betrachtungen ; solche haben aber gar keinen werth, wenn die ihnen zu gründe liegenden that- sachen nicht historisch sind. Ebenso steht es mit des verf.'s betrachtungen über die an die königsgeschichte sich zunächst anschließenden zeiten, die im Verhältnisse zu ihrer von dem verf. selbst angezweifelten glaubwürdigkeit mit großer breite psycho- logisch ausgemalt werden, so daß tradition und eigene ausspin- nung hier wundersam durcheinander fließen. Diese verschwom- mene art nimmt zu , je mehr wir uns der fest beglaubigten ge- schichte nähern , indem die vorher noch hie und da eingescho- benen kritischen betrachtungen jetzt ganz aufhören. In der dar- stellung der älteren geschichte ist hauptsächlich der umstand zu tadeln, daß das so wichtige verhältniß Latiums zu Rom nur sehr oberflächlich berührt ist. In bezug auf die Samniterkriege steht der verf. zwar im allgemeinen auf dem kritischen Stand- punkt der neueren forscher, aber nur insoweit, als er zwar die von der tradition angegebenen Ursachen und beweggründe, kei- neswegs aber die einzelnen thatsachen selbst in zweifei ziehen will. Mit dem was der verf. über die rolle Kampaniens wäh- rend der Samniterkriege sagt, kann sich rezensent im allgemei- nen einverstanden erklären , obwohl auch hier der reflexion die Quellenkritik vorausgehen müßte. Bei weitem interessanter und werthvoller als der erste bis zur lex Hortensia reichende band, dessen ausführungen uns im ganzen wenig befriedigt haben , ist der zweite theil, der abgesehen von einzelnen wichtigen bemer- kungen über den krieg mit Pyrrhus und den ersten punischen krieg eine ganz selbständige , von der bisherigen auffassung total abweichende, betrachtung des Hannibalischen kriegs enthält. Während nämlich bis jetzt der kriegszug Hannibals allgemein

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als eine der genialsten thaten der Weltgeschichte Detrachtet wor- den ist, erklärt der verf. denselben für ein leichtfertig unternom- menes abenteuer, bei dem alle in rechnung kommenden faktoren sich als falsch erwiesen hätten , und auch die so sehr verherr- lichten taktischen siege des Karthagers nicht als eine leistung eines eminenten militärischen genies, sondern lediglich als folge der Unfähigkeit seiner gegner und der zufälligen Überlegenheit an reiterei anzusehen seien. Dem nachweis dieser von der bisherigen auffassung so sehr verschiedenen ansieht ist der größte theil des zweiten bandes gewidmet. Sehen wir uns die gründe des verf.s näher an. Zuerst sucht er den beweis zu führen, daß die ganze Verantwortlichkeit des krieges auf Hannibal allein zurückfalle. Hierbei sei vor allem die ansieht des Livius und Polybius zu- rückzuweisen , daß dem Hannibal von seinem vater der krieg mit Rom als eine heilige pflicht auferlegt worden sei Ganz ab- gesehen davon, daß der schwur des neunjährigen Hannibal sich als eine fabel erweise, sei eine solche einwirkung auf den letz- teren aus dem gründe nicht anzunehmen, weil die ganze aktion Hamilkars in Spanien sich auf den süden der halbinsel be- schränkt habe, was nicht der fall gewesen wäre, wenn schon er sei es für sich oder für seinen nachfolger den plan eines Über- gangs über die pyrenäen und alpen gehegt hätte. Und diese Verant- wortlichkeit laste auf Hannibal um so schwerer, weil die noth- wendigkeit eines zweiten krieges mit Rom durchaus nicht er- wiesen sei; derselbe habe entweder ganz vermieden oder doch später, wo Rom mit griechischen Staaten im osten engagirt war, unter günstigeren auspizien für Karthago geführt werden können. Als eigentliches motiv Hannibals bleibe demnach nur jene un- bezähmbare sucht nach abenteuern übrig, wie sie seit Alexander dem großen im geschmacke der zeit lag und in den zügen eines Pyrrhus und Agathokles ihren ausdruck fand. Mit dem unge- heuerlichen eines zuges über die pyrenäen und alpen habe Han- nibal der weit imponiren wollen. Die faktoren, die für die glückliche durchführung des Unternehmens in betracht kamen, haben sich nach des verf.'s ansieht sämmtlich als trügerisch er- wiesen. Zuerst zählte Hannibal darauf, daß er mit einem star- ken, mindestens 100,000 mann zählenden, heere in Italien ein- treffen werde ; statt dessen kam er mit 30,000 mann an, so daß er den angriff auf Rom selbst nicht sofort beginnen konnte.

Nr. 2. 29. Römische geschickte. 139

Aber gerade die raschheit der invasion , mit der er geglaubt hatte, alles vor sich niederwerfen und jeden widerstand im keime ersticken zu können , war ein faktor mit in seiner berechnung. Diese combination schlug gänzlich fehl , weil er in folge der schwäche seiner armee einen ganzen winter in Oberitalien zu- bringen mußte. Dies hing dann wieder mit einer anderen fal- schen berechnung zusammen. Denn die Gallier, auf deren ent- schiedenen beistand er gehofft hatte, unterstätzten Hannibal nur sehr saumselig, da ein zu früh begonnener aufstand ihrerseits kurz zuvor von den Römern blutig niedergeschlagen worden war. Die vierte rechnung aber , auf welche sich Hannibals plan auf- baute, nämlich die erhebung der italischen städte und Völker bei seinem erscheinen in Italien oder nach den ersten gewonnenen schlachten, ging vollständig in die brüche. Der einzig nennens- werthe abfall war der Capuas, und zwar erst nach der Schlacht bei Cannae , alle übrigen , namentlich die latinischen bundesge- nossen , hielten mit ausnähme der zu Hannibal übergegangenen Bruttier, in unerschütterlicher treue zu Rom. Dazu kamen noch ungeheure fehler in der ganzen anläge und durchführung des Unternehmens. Der bedeutendste war der, daß er Spanien, welches seine hauptstärke bildete und daher immer seine opera- tionsbasis hätte bleiben müssen , seinen unfähigen brüdern Has- drubal und Hanno überließ, deren niederlagen die wurzeln seiner macht zerstörten, da nur von dort wirksame ergänzungen seines heeres zu erwarten waren. Die folge davon war, daß sein heer, welches ohne Unterstützung blieb, immer mehr zusammenschmolz, während Rom zeit gewann , seine machtmittel zu entwickeln. Der mangel eines direkten succurses von Karthago erklärt der verf. durch die annähme , daß Hannibals partei in Karthago, entgegen Hannibals ansieht , es für nöthig gehalten habe , vor allem Spanien zu halten , welches die basis ihrer machtstellung in Karthago selbst war, und zu diesem zwecke alle verfügbaren Streitkräfte diesem theile des kriegsschauplatzes zuzuführen. Auch hätte Hannibal und darin liegt nach des verf.s ansieht ein weiterer hauptfehler desselben nach Cannae oder wenigstens nach Capuas rückeroberung durch die Römer die militärische Situation gleich seiner partei in Carthago richtig erkennen und dementsprechend nach Spanien zurückkehren sollen, um dort die karthagische herrschaft wieder herzustellen. Zuletzt tadelt der verf. Hannibal noch des-

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halb , daß er sich in die Schlacht bei Zama eingelassen , ohne die ankunft der von Vermina geführten numidischen reiterei ab- zuwarten. Ueberhaupt stellt der verf. die siege Scipios weit über die Hannibals , der an der Trebia und am Trasimen nur durch grobe , ganz unfähigen führern gestellte , fallen und bei Cannae nur durch die Überlegenheit seiner reiterei gesiegt habe. Hannibal war nichts als ein etwas über die mittelmäßigkeit her- vorragender geschickter taktiker, aber kein Stratege, geschweige ein militärisches genie.

Es ist nicht zu leugnen, daß der verf. seine ansieht über Hannibal mit vielem Scharfsinn und geschick durchgeführt hat; auch ist nicht zu verkennen, daß manches von ihm richtiger als früher erkannt und gefaßt und vieles in dem bisher theilweise überschwänglichen lob Hannibals auf ein richtiges maß zurück- geführt ist. Trotzdem können wir uns weder mit der gesammt- auffassung des verf.'s noch mit den wichtigsten von ihm hervor- gehobenen detailpunkten einverstanden erklären. Vor allem ist die charakterisirung des Hannibalschen zuges als eines aben- teuers ä la Pyrrhus entschieden abzuweisen. Der riesenkampf, der sich in Italien zwischen den zwei mächtigsten Völkern des alterthums um die herrschaft der weit abspielte, der die ent- scheidung darüber bringen sollte, ob fortan römische oder phö- nizische kultur in der weit den Vorrang habe, und den Karthago in folge der durch schnödeste behandlung tief in alle herzen seiner bürger gedrungenen Überzeugung begann, daß Rom es über kurz oder lang auf seine Vernichtung abgesehen habe dieser kämpf war kein abenteuer im stile des Pyrrhus oder Agathokles. Daß ferner, wie der verf. fordert, ein so gewaltiger Staat wie Karthago, mit einem heere, wie es aus der schule Ha- milkars hervorgegangen war, und mit einem feldherrn wie Han- nibal sich mit verzieht auf seine weltstellung zu der rolle einer Stadt wie Massilia habe bequemen sollen, das ist eine naive zu- muthung, die sich nur aus den modern humanistischen anschauun- gen des Verfassers, aber nicht aus dem geist des alterthums, zum allerwenigsten aber aus dem der damaligen zeit, erklären läßt. Was aber die chancen eines längeren zuwartens betrifft, so war im gegentheil nicht eine Verminderung , sondern eine immer größere ausbreitung und festigung der römischen macht zu erwarten. Die faktoren, mit denen Hannibal rechnete,

Nr. 2. 30. Archäologie. 141

sind fast alle zugetroffen ; daß sie nicht in dem maße zuge- troffen, wie er gehofft, daranwaren die ungenügenden kenntnisse schuld , die dem alterthum überhaupt über länder und Völker zu geböte standen. Wodurch Hannibal hauptsächlich scheiterte, das war die unerschöpfliche volkskraft Latiums , die die Römer selbst in erstaunen setzte. Was ferner die militärische befähi- gung Hannibals anlangt , so können wir uns nicht überzeugen, daß jene weltberühmten schlachtensiege lediglich das ergebniß grober überlistung und des Übergewichts der karthagischen rei- terei gewesen seien. Zu einer solchen ausnutzung des terrains, wie wir sie an der Trebia , am Trasimen , bei Cannä und noch in einer reihe späterer kämpfe sehen , gehört doch wohl etwas mehr als ein etwas über der mittelmäßigkeit stehendes taktisches talent. Dann aber vergißt der verf. gänzlich , daß Hannibal sich nicht vorübergehend, sondern fast zwei Jahrzehnte in einem feindlichen lande behauptete, mit einer armee, die er durch sich selbst immer wieder ergänzen und durch den krieg selbst er- nähren mußte und die aus den verschiedenartigsten elementen zusammengesetzt nur durch eine kolossale Überlegenheit des gei- stes zusammengehalten werden konnte.

Im ganzen dürfen wir in dem werke einen versuch erken- nen, die römische geschichte dem Standpunkte der deutschen kritik zu nähern. Doch begegnen wir in demselben nur selten selbständigen forschungen, sondern nur mehr oder minder selbständigen zum theil nicht uninteressanten politischen b e trach- tungen. Zu tadeln ist dabei die ungeheure breite und Weit- schweifigkeit, mit der dieselben durchgeführt sind und die nament- lich da unangenehm berühren , wo wie in der königsgeschichte keine historisch beglaubigten erzählungen zu gründe liegen. Die klarheit der spräche und Schönheit der diktion , der wir durch- weg begegnen, entschädigen übrigens für viele mängel des Wer- kes und fallen denen , die deutsche bücher zu lesen gewohnt sind, um so angenehmer auf, als die form der letzteren oft so- gar dem fachmanne die lektüre ungenießbar macht. M. Zoeller.

30. Ernestus Kuhnert, de cura statuarum. (Berliner Studien für classische philologie und archäologie herausgegeben von F. Ascherson.) Erster halbband. p. 281 356. Berlin 1883, Calvary. 8.

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Wie jüngst Fabricius die beaufsichtigung öffentlicher bauten in Griechenland von seiten der gemeinde dargestellt hat, so wird hier, weiter fassend, die fürsorge nicht allein der gemeinde son- dern auch privater für statuen , nicht blos zu errichtende , son- dern auch schon errichtete gegenüber beschädigung durch mensch und thier , gegen die Witterung , endlich für ausschmückung bei festlichen gelegenheiten behandelt 1). Ob der gedanke das thema so weit zu fassen, und doch wieder im zweiten theil die statuen von andern heiligthümern abzusondern glücklich und frucht- bar war?

Aus dem fleißig gesammelten inschriftenmaterial werden im ersten theil, nachdem kurz die verschiedenen officiellen bezeich- nungen der beaufsichtigung wie sriiyii'kiia , tjqÖvoio. nebst den zugehörigen verbis u. s. w. zusammengestellt sind , die publici, privati, sacri curatores, welche die anfertigung und aufstellung der statuen zu besorgen hatten, der reihe nach vorgeführt. Die pri- vati indessen erscheinen nur ausnahmsweis, da in der regel der private Stifter nicht wie die gemeinde einen mittler und Ver- treter gegenüber dem künstler gebraucht, und die sacri sind nicht blos unrichtig bezeichnet, sondern auch kaum gut den publici als besondre abtheilung gegenübergestellt. Denn während die publici und privati nach der Verschiedenheit des auftraggebers unterschieden werden , giebt für die absonderung der sacri die Verschiedenheit des beauftragten oder des aufstellungslocais den unterscheidungsgrund ab. In den angeführten fällen (p. 314 ff.) ist es nicht etwa das heiligthum oder die priesterschaft welche den auftrag giebt , sondern eben dieselbe gemeinde. Wie diese in der regel einen oder mehrere ihrer beamten, archonten, Schrei- ber, Strategen, ephoren, epimeleten, Senatoren, oder wie sonst die vom verf. aufgeführten magistrate heißen, beauftragt, weil in der regel auf der agora oder sonst an einem öffentlichen orte das Standbild aufgestellt werden soll, so wenn dieses in einem tempel stehen soll , öfters wenigstens die im heiligthum bestellten ge- meindevertreter , die priester. Daß es auch dann nicht immer und nicht nothwendig priester, namentlich nicht priester des zur aufstellung ersehenen tempels waren, sagt verf. p. 311 selbst,

1) Von den drei unterabtheilungen des zweiten theiles hat nur die dritte eine Überschrift in der gebührenden form, die zweite dieje- nige eines haupttheiles, die dritte gleich I, 2 und 3 gar keine.

Nr. 2. 30. Archäologie. 143

wie er ja auch p. 301 den Perikles als curator der Parthenos genannt hat.

Nur scheinbar noch pullici curatores erkennen wir, wenn die gemeinde in römischen Zeiten nicht ihren beamten, sondern ver- wandten des geehrten, ein paar mal auch ihm selbst den auftrag giebt (p. 301), namentlich aber wo die angehörigen die kosten des bildnisses und, da von einem auftrag nichts gesagt wird, nach des Verfassers annähme wohl auch die aufsieht übernehmen. In andern fällen freilich , wo nur der gemeindebeschluß , aber weder der auftrag noch die Zahlung erwähnt ist, hält der verf. an der bestellung von curatoren fest, die wohl auf den neben der statue errichteten aber uns verlorenen stelen , mit der voll- ständigen Urkunde, nicht aber in den kürzeren erhaltenen basis- inschriften genannt waren. Ob diese annähme richtig, hängt vor allem von form und maaß der inschriftsteine ab.

Die aufsieht über fremde auswärts zu errichtende bildnisse übertrug man gesandten (p. 305 ff.).

Vielleicht hätte verf. mehr dank verdient, wenn er das ge- sammelte inschriftenmaterial auch nach andern nicht lang zu su- chenden gesichtspunkten durchgearbeitet hätte, statt im zweiten theil eine etwas unkritische Zusammenstellung von notizen zu geben über statuenschutz durch aufgeschriebene Verwünschungs- formeln, Strafandrohungen, gesetze , wirkliche bestrafungen und abschließung, über reinigung und reparaturen , übermalung und metallbekleidung , über vermuthete oder bezeugte thätigkeit von agoranomen, phaidynten, endlich gar über kränzung, schmückung und bekleidung , notizen , die meist recht bekannt auch durch diese Zusammenstellung kein wesentlich neues licht gewinnen. Sicher aber wäre die darstellung klarer und präciser geworden, hätte verf. sie deutsch veröffentlicht , statt sie so scheint es in latein zu übersetzen, in ein latein, das stellenweise eines gewissen flusses nicht entbehrt, aber durch vielerlei incorreetheit (z. b. das gleich p. 285 und mit Vorliebe falsch gebrauchte nescio an] ein wahres raupennest p. 324 im satze von der Kon- dyleatis) nicht blos anstoß giebt, sondern das verständniß er- schwert2). E. P.

2) Die legende von der Kondyleatis hat gewiss einen anderen sinn als verf. p. 324 meint; die von Pausanias 3, 16 über die bilder der Hilaeira und Phoibe erzählte fabelei wird p. 329 als historisch erzählt und nochmals p. 342 benutzt. Ganz unbesonnen ist p. 326, 5

144 31. Archäologie. Nr. 2?

31. Ad. Gerber, naturpersonification in poesie und kunst der alten. Bes. abdr. aus dem 13. suppl.-bde der Jahrb. für class. philol. Leipzig, Teubner 1883. p. 241 317.

Vorliegende arbeit die nebenbei bemerkt, im mai 1882 abgeschlossen , meine schrift „die entwicklung des naturgefühls bei den Griechen" Kiel, Lipsius u. Tischer 1882 nicht mehr be- rücksichtigen konnte hat die aufgäbe zu untersuchen, „inwie- weit die Griechen, die Alexandriner und die Römer in der poesie und kunst der sie umgebenden landschaftlichen natur gestalt verliehen". Verf. scheidet personification : beseelung und Ver- körperung (mythologische, begriffliche, localpersonification), und personificierung : beseelung ohne Verkörperung (uneigentliche, wenn der naturgegenstand unter einwirkung göttlicher nähe, wunderbaren gesanges oder „gar nur im affect" persönlich ge- dacht oder wenn er redend eingeführt wird; eigentliche, wenn der dichter den naturgegenstand einen directen menschlichen antheil an menschlichen Vorgängen nehmen läßt). Weder sprachlich noch sachlich kann ich diese Scheidung glücklich fin- den, das zeitwort „personificieren" wird dadurch doppeldeutig und giebt zu mißverständnissen anlaß. Ferner fließen die grenz- linien von eigentlicher und uneigentlicher personificierung leicht ineinander, da doch ein affect stets einen antheil involviert. End- lich fehlt bei dieser Scheidung ein drittes : Verkörperung ohne beseelung ! Seinen stoff gruppiert der verf. nach den rubriken 1. erde und länder ; 2. städte; 3. meer; 4. flösse und quellen; 5. nymphen, silene etc. ; 6. berge. Es finden sich viele richtige und feine bemerkungen besonders in 4 und 5 wie p. 284 und 286 von nymphen und silenen, „die mitunter eine Stellung gleich derjenigen des chores in der tragödie oder im satyrspiel ein- nehmen" u. a. m., auch in dem rein archäologischen theil, den in seiner polemik gegen Woermann, Heibig u. a. näher zu prüfen ich anderen überlassen muß. Aber die leitenden grundgedanken kann ich ebenso wenig wie die resultate, mit denen Gerber beson- ders gegen Woermann's rühmlich bekannte Schriften front macht,

eine conjectur zu einer inschrift: daß ein silbernes bild durch ausfül- lung der basis mit gips nffta&/uos und ärii/u^roq wird, d. h. nicht Schä- tzung des werthes nach dem gewicht zuläßt, versteht man; wie es aber dadurch axtivtjiog werden könne hat sich verf. wohl selbst nicht

Nr. 2. 31. Archäologie. 145

für richtig halten. Sie gipfeln in den Sätzen, daß nicht bloß ,ein gewaltiger unterschied zwischen hellenistischer und römischer naturanschauung l) besteht", sondern auch erst bei den Kömern überall die eigentliche personificierung stattfindet (p. 306), sich eine anthropomorphische naturanschauung herausbildet und per- sönlicher antheil den naturgegenständen zugeschrieben wird. „Eine phantasie, welche in den äußeren erscheinungsformen der natur menschliche gestalten sieht, ist den Griechen überhaupt fremd" (p. 266). Ich möchte wissen, was denn anders die grie- chischen götter, die mythen und naturmärchen geschaffen, als jener plastische sinn der Hellenen, jener innere trieb, den em- pfangenen natureindruck in eine klare , fest umrissene, der idee und form nach harmonische d. h. schöne gestalt auszuprägen. Es ist eben dem menschen im gründe nichts so verständlich als das , was er in sich selbst erlebt , und so muß er bei betrach- tung und symbolisierung der natur anthropomorphisch oder an- thropopathisch verfahren. Die mythen bildende phantasie hyposta- siert das lebensvolle, das in den naturerscheinungen hervortritt, zu persönlichen göttlichen wesen , an die das fromme gemüth glaubt , und verwechselt diese mit den erscheinungsformen ; die phantasie des dichters vertauscht das in die erscheinung über- tragene ich mit dem gegenstände selbst ; so fühlt er sich den wellen des baches ein, und dieser scheint ihm jauchzend ins thal hinabzustürzen aber es bleibt freier ästhetischer schein. Gerade eine solche poetische beseelung trat allmählich bei den Griechen, wie ich in meiner oben angeführten schritt dargethan habe , an die stelle der mythischen auffassung und führte so zum stimmungsbilde, in dem die gemüthsbewegung im gegensatz oder im einklang mit der naturscene steht , und zum reinen landschaftsbilde. Aber Gerber spricht nun die eigentliche personificierung den Griechen ab und leugnet eine antheilnahme der natur an den geschicken der menschen in ihrer poesie. Er thut es zunächst hinsichtlich der erde und länder 1). Schon hier verräth sich sogleich der grundgedanke, der aufs äußerste von vorneherein befremden

1) Ich kann nunmehr auf die soeben im druck vollendete fort- setzung meiner oben angeführten schrift verweisen: „die entwick- lung des naturgefühls bei den Römern" Kiel, Lipsius u. Tischer 1884, wo ich ausführlich dargethan habe, wie sich die römische naturan- schauung zu der griechischen verhält; vgl. hinsichtlich der Gerber' sehen ausführungen besonders p. 151 f. u. 192.

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muß , daß die Kömer die doch alles , was poesie und kunst heißt, von den Griechen gelernt haben ! weit über diese hin- ausgegangen seien und eine ganz neue poetische naturauffassung begründet hätten. Und welche Römer sind es ? Vor allen im- mer wieder Claudian und Statius! Diese werden so mit ihren kalten, nüchternen, lediglich auf verstandesmäßiger reflexion be- ruhenden abstractionen wie die Hispania in gold durch wirktem gewande, mit ölblättern im haar, die Gallia mit blondem haar etc. in eine erstaunliche höhe der kunstleistung hinaufgeschroben. Wenn solche nur selten bei den Griechen sind , so ist es kein mangel , sondern ein vorzug ; eine lebensvolle , konkrete besee- lung oder Verkörperung die nicht gleich den ganzen natur- gegenstand in eine menschliche gestalt braucht zusammenschrum- pfen zu lassen! wiegt sie alle auf. Und solche lebensvollen personificierungen des erdbodens und der länder finden sich sehr wohl bei „Griechen und Alexandrinern" um Gerber's etwas eigenthümliche Scheidung zu adoptieren . Bei Vergil also findet Gerber Aen. III, 673 die tellus Italiae penitus exterrita, in angst und schrecken über das zornige gebrüll des geblendeten Poly- phem, und leugnet ähnliches für die griechische poesie. Schon bei Homer heißt es II. XIX, 362 yslaaas 8s nnoa nsol x&wv, doch will ich das yshlv weder hier noch hymn. in Cerer. v. 15 noch hymn. in Apoll, del. v. 118 das ptstStüv urgieren, es mag da „glänzen" heißen ; wie steht es aber mit Theogn. v. 9 : iysXaaae 8s yala ttsXcüqt] | yq&TjGev 8s ßafivg jzovzog dX^g itoliijg? Doch ohne zweifei: es lachte . . und es freute sich. Das ganze land um Troja haßt den Aias: Soph. Ai. 459 sx&st 8e Tgota nana Kai nt8ia rä8s, vgl. Eurip. Ion v. 919' itinst 6* a Jä\og nai ddcprai; | lursa qioivina nag aßnoxöpav ; bei Apollo- nios IV, 1169 lachen die gestade der insel und die bethauten pfade der gefilde ai d'iyeXaacaw ti-tuvss vrjaoio na! soai'jsaoat dnm- &sv j dtgannot neSicov, vgl. Lykophron Alex. 877 aXXovg 8s fit. vsg ot Tsv^EtQoov ns'Xag | [tvQftqxeg uid£ov<siv , Musaios v. 26 äXtr^sa 7zoq&/uov Aßv8ov | sias'ti nov xXaCovta (togov Hat sgmra AsiivSqov. Eine volle und ganze personification im sinne Ger- ber's bietet uns Theokritos XVII, 64 ff., wo die insel Kos jauchzt, als auf ihr Ptolemaios geboren , und ihn mit segnenden worten in ihren armen wiegt: Köcog 5' oXoXv^sv löovaa, \ 8s xa&an- jo/jita ßgf'fpsog xsiQsaai ytlrjair, vgl. Jac. anth. II, p. 35 Anti-

Nr. 2. 31. Archäologie. 147

patr. Sidon. no. 99 : a lAtyuln 8"1 A'tyvntog inr wh'xpaTO ^aitar | nu) nlaivg Evganag saTmrr/tjas döpog \ -au) 8' avzu 8iu nsvßog (tfjuvoco&siGa aiküta \ aotga xal ovgaviag atganttovg sltKsr. Wird an diesen stellen nicht überall eine antheilnahme der natur vindiciert? Ich füge gleich hier hinzu, daß ausätze hierzu sich auch in vielen anrufen von naturgegenständen finden. Gerber führt, trotz seiner mehr spitzfindigen als scharfsinnigen bemer- kung auf p. 272, wo er scheidet, ob der dichter selbst oder nur der erregte mensch das an sich leblose beseelt, selbst Oed. Tyr. 1398 ff. an p. 303, vergl. ferner Aesch. Prom. v. 88 q> 8iog at- 0>jQ . . Krönt . . nitfut . . yüj . .i8toß? «' o'ta , . kÜg^m, Soph. El. v. 86, Antig. 846, Philoct. 936,1080, 1452, Eurip. Herakl. 748, Herk. 790, Hipp. 979, 1126, Herk. 968 etc. Die städte (§11) gehören streng genommen nicht zu der natur. In § III werden dem meer personification und personificierung „bei den Griechen und Alexandrinern" abgesprochen. Wo finden aber nach Ger- ber'scher theorie folgende stellen platz: Simon, fr. 37, 15: xs- Xouut 5' sbde ßgscpog, evSstw Ss kCitoc, bvöszoo 8 aftszgov y.nxcr, Aesch. Agam. 565 q &a\aog, svte nortog sv fisat]fißgtvalg\ xot- tatg u-avucov i^n'uoic evSot ksgcov vgl. Enrip. fr. ine. 146 Dind., Theokr. II, 37: hri8s Giyft [asv Kovtag , atycövri 8' a-rjtai ov oiyf, azsgviav fvroa&sv avia, Satyrios Jac. anth. II, 253 no. 5 in- dividualisirt hübsch rgrßvg aiyu (ASfAVxe Kogog, no. 6 yu\r\vnir\ 8s fiaXartaa [tsididei xgvsgär atgoptog utsftoor vgl. Dionysii hymn. in Apoll. II, p. 230 no. 2, III, p. 215 no. 2 Theait. vnväsi 8s Oulnaan, Apollonid. 31, II, p. 226 xuiytt 8' apepi as Atfgo- StTtj noviog vnh £eq>vgoio nioijGir \ nßncv vnsg vcozov xvaisov yslüang. Hinsichtlich der quellen und flüsse IV) erkennt Gerber den Bukolikern Personifizierungen zu. Ich finde schon bei Aesch. Prom. 431: ßoiz 8s növtt,o< y.Xvdmr avfiKizrcov, ats'rsi ßv&og . . Kuyat & uyrogvriüv nmuuwr atstovaiv aXyog oixtgor, bei Pindar fr. 136: Üotqu ts Kai noxaytot xat xv^tuta kovtov | Ktoglav tav ativ uii/.y.'/ai'si (Härtung für uiaxalsi). In der helleni- stischen und späteren zeit ist dergleichen sehr häufig (Antiphilos! Jac. Anth. II, p. 165, no 39, Nounos!). Auch in § V (nymphen, silene etc.) wird namentlich p. 292 viel zu viel den Römern im gegensatze zu den Griechen als originell beigelegt. Was bei diesen wirklich auf echter, in der anschauung schon dichtender poesie beruht, ist bei jenen nur zu oft nackte reflexion und ab-

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straction. Auch was die berge VI) , wälder und bäume anlangt, giebt es kaum etwas so stimmungsvolles bei den Rö- mern als das Alkmanische lied fr. 53 : svöovatv <5' cosoop xoqv- cpui na), qxkgayysg j nooöovs'g zu x«i ^agadgai y. r. X. Wenn Gerber Verg. Ecl. V, 62 ipsi laetitia voces ad sidera iactant j in- tonsi montes etc. anführt, so kann man einwenden, daß die natur in ihrem jubel unter der einwirkung der göttlichen nähe des zum himmel erhobenen Daphnis-Caesar steht wie II. XIII, 27 sich die woge vor freude theilt beim nahen des Poseidon oder wie Eurip. Bacch. 114 auch die natur vom dionysischen taumel ergriffen wird und das ganze land sich wirbelnd hebt im tanze; noch sinnvoller sagt Theokr. VIII, 41, daß die reizende Nais die natur in den bann ihrer Schönheit ziehe : wo sie weilt, ist allerwärts frühling, sprießen die weiden u. s. f. Bäume, sterne, Schluchten, flüsse und thiere werden von den hirten Theokrit's als zeugen angerufen und wie mitempfindende wesen begrüßt I, 117, 132; II, 165; V, 124, VIII, 33— 38. Ist nicht auch in Verg. Ecl. VI, 29 : nee tantum Phoebo gaudet Par- nasia rupes | nee tantum Rhodope miratur et Ismarus Orphea wun- derbarer, göttlicher gesang einwirkend? Und wenn Gerber bei den Bukolikern z. b. Bion epit. Adon. v. 31 aota ndvra Xtyovri xou öuvsg ul tuv " sJdoortv x. r. X. dahin abschwächen will, daß Bion hier nur den natürlichen wiederhall der adonisklage als be- wußte antheilnahme auslegt, so müßte das gleiche doch auch von der angeführten Vergil-stelle Ecl. VIII, 22 gelten : Maenalus argutumque nemus pinosque loquentis Sempier habet, semper pastorum ille audit amores. Wie viel intensiver als das pinos loquentis, als das audit oder pavet silva, pavent montes Val. Flacc. Arg. III, 584 sind die beseelungen bei den Griechen ! Akontios in der Kallimachei- schen Kydippa sucht trost für seine liebesleidenschaft im walde und überträgt diese selbst in sentimentalem schmerz auf die bäume vgl. Dilthey p. 130. Schon bei Aristophanes heißt es Nub. 1008 onorav nXarui'og tiieXecc \pidvoit,rh Theokr. 1,1:« niivg ro ipt- &V(jia[xa [xeXCödsrai , in der oaoiöTig v. 57: dXXijXatg XuXhivgi teop yd^ov al xvndgtaaoi, vgl. Nonn. III, 68, V, 354: y&sy^ua&e xoXwvai . . . eins KiOuinäv, XV, 297, 398 ff. . . ^aigsts juoi ano- mal je xa) o'vuka, ^aigtzs nrjyai x. t. X. XVI, 224. 270. 291. 363 etc. Ich schließe mit der ganz modern romantischen Schil- derung des Longos I, 23 : ijoog iji» 'i'jStj zeXog aai öigovg uq%7]

Nr. 2. 32. Miscellanea. 149

xui nuizu tr otxfiß Öi>8(ju st> xagnoig, ntdui ev Xqioit; r/deia (isv •zezuyaji' it^it ' yXvxsla öt uucogag odfitj Ttfjuvij ds noifivitnt ß^tjffl gtxaatv «i 7t5- x«( toi'» notafiove adstv /jQSfmt gsoviag xui xoutj avsfiovg avniiztii iui± nizvaiv Eftni'sovius xui ta /lijXa sgcovza ninniv ya.yi.ai xui rot rjXtot <ptXoxuloi gptu auvtag unoövew. Alfred Biese.

32. Symbolae Ioachimicae. Festschrift des königlichen Joachimsthalschen gymnasiums. Aus anlaß der Verlegung der anstalt veröffentlicht von dem lehrer-collegium. 2 bände. Berlin, Weidmannsche buchhandlung. 1880. 8.

Bei der Verlegung des Joachimsthalschen gymnasiums aus Berlin nach Wilmersdorf hat das lehrer-collegium, von jeher durch einen oder den andern großen gelehrten ausgezeichnet, diesen alten ruf der anstalt aufrecht erhalten wollen und eine zwei- bändige festschrift mit beitragen fast sämmtlicher an derselben wirkenden wissenschaftlichen lehrer herausgegeben. Es befinden sich darunter neun der alten philologie angehörige und vier in lateinischer spräche abgefaßte abhandlungen, so wie eine gleich- falls lateinisch geschriebene geschichte des gymnasiums. Es sind dies, im ersten bände :

1. Cäsars antesignanen , von H. Planer. Der Verfasser sucht zu zeigen, daß Cäsar seine antesignanen erst beim beginn des bürgerkrieges als etwas neues in die legion eingeführt habe, weil sie nämlich im gallischen kriege nirgends erwähnt werden ; daß sie nicht", wie etwas abweichend von einander Göler und Rüstow meinen, die vor der front kämpfenden truppen, ähnlich den früheren velites , gewesen sind, sondern daß sie das erste glied einer jeden in Schlachtordnung gestellten cohorte bildeten, in deren zweitem gliede sich die fahne befunden habe, und daß ihnen deshalb ihr name gegeben worden sei-, daß er sie als eigne truppe bei Ilerda (BCiv. I, 44) verwendete ; daß er am Ge- nusus die antesignanen der beiden legionen des nachtrabs zur Verstärkung der reiterei verwendet haben wird (BCiv. III, 75); endlich, daß die im BAfric. 75. 78 erwähnten electi oder expediti vielleicht mit diesen antesignanen identisch gewesen seien , we- nigstens dieselbe Verwendung gehabt haben. Nach dieser auf- fassung haben die antesignanen bei Cäsar eine andere Stellung eingenommen als die , welche ihnen bei Livius in den früheren Zeiten gegeben wird. Der Verfasser gesteht selbst ein , daß bei Philo!. Anz. XIV. 11

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dem mangel an genauen angaben über diesen punkt der römi- schen heereseinrichtung vermuthungen die Kicken der nacbrichten ergänzen müssen. Jedenfalls findet man in der abbandlung alles zusammengestellt, was von den alten Schriftstellern über den gegenständ mitgetheilt wird.

2. Capitis deminutio, von H. Genz. Der Verfasser führt die fälle an, in denen die capitis deminutio maxima, welche die freiheit, media oder minor, welche das bürgerrecht, minima, welche die familie raubte, einzutreten pflegte, so wie die folgen, welche sie für den davon betroffenen nach sich zogen. Die deminutio minima war zwar nur der verlust der bisherigen familienstellung, berührte aber dadurch auch die bürgerliche Stellung, da man eben nur in der familie die geltung des bürgers hatte. Durch diese anschauung sucht der Verfasser eine einheitliche definition für caput und für capitis deminutio, verlust der bürgerlichen gel- tung, zu gewinnen ; er meint, daß die Unterscheidung durch jene beiwörter wenig wesentlich war, daß sie eigentlich nur von den Juristen theoretisch aufgestellt worden sei.

3. Aphorismen zur beurtheilung der solonischen Verfassung, von H. Dondorf f.

Dondorff glaubt, daß für ausbildung der Verfassungen in Griechenland in der zeit von 600 bis 500 mehr geschehen sei, als in den ruhmreichsten jähren desselben zwischen 500 und 400. Im ersten abschnitt seiner abhandlung beurtheilt er die solonische Ver- fassung im theoretischen sinne ; er hält sie, unter berücksichtigung der Verhältnisse , für die erdenkbar beste , besonders weil sie nicht nur das materielle wohl der bürger, sondern ihre ethische Vervollkommnung in's äuge fasse. Warum sie praktisch nicht sogleich boden gewinnen konnte , führt er in einem zweiten ab- schnitt aus; er findet den grund in dem durch die neuen ein- richtungen noch lebhafter angestachelten parteigegensatz der Pe- diäer , der Diakrier und der Paralier und ihrer führer Lykurg, Pisistratus und Megakles , welcher sich erst ausgleichen mußte, ehe, mit den modificationen des Klisthenes, die solonische Ver- fassung geltung erlangen konnte.

4. Ad res sacras cognoscendas cuiusnam momenti sint scholia Aristophanea. Scripsit P. Stengel.

Der Verfasser hebt zuerst von den auf die religionsgebräuche bezüglichen scholien diejenigen heraus, welche anderweitig ver-

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bürgtes enthalten, sodann diejenigen, welche wahrscheinlich oder doch vermuthlich richtiges anführen, endlich diejenigen, welche entschieden falsches angeben; er glaubt, daß, wenn man auch nach andern richtungen hin die scholien gesondert haben wird, die, welche späteren Zeiten angehören und darum weniger glaubwürdig sind, von den älteren sich werden scheiden und ausmerzen lassen.

5. Quibus ex fontibus petiverit Diodorus libr. III, capp. 1 48. Scripsit Gr. F. Schneider.

Schneider zeigt , daß Diodor das fünfte buch des Agathar- chides über das erythräische meer in den kapiteln 12 flg. aus- geschrieben habe; in einem excurse über das leben dieses Schrift- stellers kommt er zu dem schluß , daß derselbe zu ende des dritten und zu anfang des zweiten Jahrhunderts v. Chr. gelebt haben müsse. Die beschreibung Aethiopiens dagegen scheinen ihm Strabo sowohl wie Diodor aus Artemidorus hergenommen zu haben. Die vergleichung beider wird mit genauigkeit in allen einzelheiten durchgeführt ; dies macht das lesen des auf- satzes etwas mühsam, besonders bei dem hier und da wenig gut gewählten lateinischen ausdruck. Wenn man z. b. bereits behauptet hat (p. 229 j: Apud illos scriptae sunt quaedam res quae prorsus inter se discrepent , kann man wohl nicht fortfahren : Videamus igitur , quae res quam secum dissentiant , sondern vielmehr: Quae res quomodo (oder quantopere) inter se dissentiant iam erit videndum. Der Verfasser hat seitdem besonders erscheinen lassen : De Diodori fontibus libr. I IV, Berlin 1880. Gegen seine (und anderer) ansieht, daß Diodor in einzelnen theilen seiner biblio- thek nur immer eine quelle vor sich gehabt und ausgeschrieben habe, so wie gegen verschiedene einzelheiten erklärt sich Evers in „Ein beitrag zur Untersuchung der quellenbenutzung bei Diodor. (Festschrift zu dem fünfzigjährigen Jubiläum der König- städtischen realschule) Berlin 1882", in welcher abhandlung sich auch die ganze literatur dieser frage zusammengestellt findet. Schneider hat, worin er von Evers abweichen zu müssen glaubt, in seiner recension dieses programms in „Mittheilungen aus der historischen litteratur , herausgegeben von der historischen ge- sellschaft in Berlin, redigiert von Ferd. Hirsch" X. Jahrgang, 4. heft p. 312 flg. angegeben, aber trotz einer erwiderung von Seiten Evers', ebenda p. 375 flg. , erklärt er in seiner replik, ebenda p. 378, bei seiner ansieht verharrend : adhuc sub iudice lisest,

11*

152 32. Miscellanea. Nr. 2.

6. De titulis Graecis christianis commentatio altera. Scripsit dr. Julius Ritter. [Die erste abhandlung befindet sich im programm des Joachimsthalschen gymnasiums 1877.]

Der Verfasser bringt in diesem zweiten theil seiner abhand- lung die von Kirchhoff im C. I. Gr. veröffentlichten inschriften, welche nicht von grabmälern herrühren, unter besondere rubriken, sich zugleich darüber aussprechend, warum diese art der christ- lichen inschriften sich zum theil von den heidnischen wenig oder gar nicht unterscheiden.

7. Die absichtssätze bei Lucian. Erster theil: "Iva cot,- oncog. Behandelt von dr. H. Heller.

Zur ausarbeitung dieses aufsatzes hat den Verfasser die Über- zeugung veranlaßt, daß die syntax der griechischen spräche noch nicht so vom Standpunkt der historischen grammatik behandelt worden ist, wie die der deutschen und der lateinischen ; zu einer solchen liefert er eine Vorarbeit, die für ein beschränktes feld in völlig erschöpfender weise das material zusammenbringt.

Danach hat Iva Lucian nur sechsmal als relativ, hundertund- sieben mal in finaler bedeutung und zwar regelmäßig mit dem conjunctiv , selbst nach den Zeitformen der Vergangenheit , nur achtmal mit dem optativ, fünfmal mit dem indicativ eines histo- rischen tempus ; und von den letzten stellen sind noch einige angefochten, besonders wegen des dabei gebrauchten «/-, da nur eine stelle, und das auch nur gezwungen, die bedeutung „wo" gestattet. An zwei stellen scheint Iva in der bedeutung „so daß" aufgefaßt werden zu müssen.

'.Qi,', damit, kommt bei Lucian über dreihundertmal vor, mit dem conjunctiv des präsens nach einem präsens oder futurum, mit dem optativ nach einem präteritum ; a>^ av mit conjunctiv und optativ. "Onca* bei ihm, wie bei andern Schriftstellern, über- wiegend mit dem futurum, doch auch mit conjunctiv und optativ. Die sämmtlichen beispiele sind abgedruckt.

Absichtlich hat Heller auch die stellen wahrscheinlich oder zuverlässig unechter Schriften Lucians mit aufgenommen und sich auf die kritik der Überlieferung nur hier und da, und das ohne entscheidungen geben zu wollen, eingelassen. Dies der erste band. Es folgen im zweiten bände :

8. Tres Gymnasii Ioachimici aetates. Scripsit Oscar Schmidt.

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Wenige waren wohl so berufen, die geschiente des gymna- siums zu schreiben wie der Verfasser, der ihm mehrere jähre hindurch als schüler, und bald ein halbes Jahrhundert als lehrer angehört hat. Es sind dem bände drei ansichten beigegeben : 1) die fiirstenschule zu Joachimsthal 1607 1636-, 2) gymnasium regium Joachimicum (zu Berlin) 1717 1880-, 3) das könig- liche gymnasium bei Berlin. 1880.

9. Das vierte buch der öden und der säculargesang des Q. Horatius Flaccus. In den Versmaßen des Originals in's deutsche übertragen von dr. E. Buch holz.

Wer Horaz schon kennt , wird sich auf das original be- schränken ; wer ihn in diesem nicht lesen kann, weil er der la- teinischen spräche nicht mächtig ist, wird durch diese Übersetzung nicht verführt werden, die bekanntschaft des dichters zu machen.

Den schluß des zweiten bandes macht der director C. Seh aper mit der Schilderung des abschieds der Joachimsthaler von dem alten haus. Er hat auch mit seiner abhandlung den anfang des ersten bandes gemacht; ich habe sie bis zuletzt auf- gespart, weil ich über sie das meiste zu berichten habe:

10. Caroli Schaperi, Quaestionum Vergilianarum liber primus. De eclogis.

In dieser abhandlung unternimmt es der Verfasser, von ihm früher in seiner ausgäbe der bukolischen gedichte oder in Pro- grammen aufgestellte ansichten zu rechtfertigen , die gegen sie erhobenen einwendungen zurückzuweisen. Er hat früher be- hauptet, die verse 7. 8. 42. 43 der ersten ekloge könnten nicht im jähre 713 geschrieben sein, weil darin gesagt werde, daß für Octavian, was er nicht würde geduldet haben , opfer eingeführt worden seien (sacra instituta). Das brauchte gar nicht der fall zu sein , wenn ein einzelner aus dankbarkeit ihm privatim ein opfer brachte. Andererseits macht er keine einwendung dagegen, daß Octavian in dem in jenem jähre geschriebenen gedieht gott genannt werde , während er in einer anmerkung Philo und Mommsen citirt, um zu beweisen , daß derselbe über die anrede „gott" unwillig wurde. Wenn er die anrede nicht litt, mußte ihm in gleicher weise die benennung unangenehm sein. Er be- klagt sich, daß sein gegner Glaser sich auf dem räum von vier Seiten widerspreche ; er selbst widerspricht sich ganz sorglos auf derselben seite. Ferner führt er dafür , daß Augustus in der

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ersten zeit nicht für einen gott angesehen werden wollte, Hör. C. III, 25, 4 6 und Epist. II, 1, 15 an, übersieht oder ver- schweigt dagegen C. I, 2, 41 75 und 12, 51 54. Daß jene vier verse durchaus erst nach dem jähre 724 hinzugefügt sein könnten, wird Schaper schwerlich einem andern als sich selbst, nicht einmal seinen schülern einreden. Für den 66. vers der ersten ekloge sucht er seine emendation

Nos Scythiam, certe rapidum veniemus ad Oxum durch Aen. I, 326

haud tibi vultus

Mortalis nee vox hominem sonat, o dea certe zu stützen. Aber hier soll certe die plötzlich deutlich gewordene Überzeugung von der Übereinstimmung der erscheinung mit dem bisher nur vermutheten Charakter der göttin ausdrücken. Wenn Meliboeus und seine leidensgefährten am ende ihrer Wanderung endlich den ihnen früher beschriebenen Oxus vor sich sähen, könnten sie, an seiner reißenden Strömung ihn erkennend, ausrufen :

certe hie rapidus, quem cernimus, Oxus, nimmermehr aber konnte der hirt , der eben jetzt seine Wande- rung antritt und erst dahin gelangen soll, es mit den von Schaper ihm in den mund gelegten worten ankündigen.

In der zweiten ekloge scheint ihm (wie schon Voß und La- dewig) der dichter nur mit Theokrit's 11. idylle gewetteifert zu haben und eine beziehung auf Vergil's persönliche Verhältnisse ganz ausgeschlossen zu sein. Gewiß richtig. Nur der grund, den Schaper beibringt, ist hinfällig. „Ziemte es dem dichter", meint er, „von dem griechischen schriftsteiler seine worte zu ent- lehnen , um die macht wahrer liebe auszudrücken , oder seine kunst zu erheben, oder das landleben zu loben"? Warum nicht? Vergil hat namentlich in der Aeneide so viel geborgt, daß man ihm auch das zutrauen kann. Oder hätte Göthe sich schämen müssen, wenn er, um die leidenschaftliche liebe Wilhelm Meister's zu schildern, einzelne züge den römischen elegikern entnimmt, und Schiller, weil er, um die Wirksamkeit der tragischen muse, seiner eigenen kunst , zu zeigen , in den kranichen des Ibykus Aeschylus' Eumenidenchor theilweise übersetzt hat?

In der dritten ekloge weist Schaper die vermuthung Gla- ser's, die verse 95. 99. 102 möchten wohl Sticheleien gegen Damoetas enthalten, zurück und faßt sie wörtlich auf; sie schei-

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nen ihm sogar merkwürdiger weise ernste und ge- wichtige dinge in scherzhaftem gewande zu enthalten. Aber noch merkwürdiger sind die begriinduugen. Um zu beweisen, daß die hitze wirklich die euter der schafe oder ziegen aus- trockne, führt er stellen aus Varro und Columella an, in welchen bemerkt wird , daß es für das vieh gut ist , ihm in der heißen Jahreszeit vor der mittagshitze schütz zu gewähren, nebenbei aus einer etwas ganz anderes sagenden stelle Vergil's (Georg. III, 308), wo von der läge der stalle die rede ist, hinc largi copia lactis einschmuggelnd. Auch wir menschen suchen, weil es uns zuträglich ist, im sommer gegen die sonnengluth den schatten auf, aber nicht in der besorgniß, daß uns die milch eintrocknen könnte. Die verse 84 91 scheinen ihm erst nachträglich, bei der emendation , dem gedieht einverleibt worden zu sein. Sollte Vergil , bei größerer reife des urtheils , es für passender gehalten haben als im beginn seiner dichterischen laufbahn , li- terarische urtheile in ein bukolisches gedieht einzuschalten ? Schwerlich. Und guckt nicht überall in den eklogen das gesiebt des literaten aus dem lose umgehängten Schafpelz des hirten hervor ? In der vierten ekloge vertheidigt Schaper seine ausstoßung des namens Pollio im 12. verse, zuerst aus metrischen gründen, weil von einer solchen elision vor einer interpunetion {Pollio ; et) kein beispiel weiter in den eklogen vorkomme (? vergl. VII, 8, III, 88). Auch eine Schleifung aus dem dritten in den vierten vers der sapphischen Strophe wie Iove non probante u xorius amnis kommt in den öden des Horaz nicht wieder vor, und doch hat deshalb niemand diesen vers anzuzweifeln gewagt. Was nur einmal vorkommt, ist darum noch nicht verdächtig. Ferner giebt er sich viele mühe nachzuweisen , daß mit consule nicht Pollio, sondern nur Augustus gemeint sein könne, der demnach nicht bloß consul , sondern auch Apollo sein würde. Ich sehe alle diese Schwierigkeiten in der nennung Pollio's nicht; die Römer hatten einmal diese gewohnheit, sämmtliche ereignisse, die vorkamen, durch die angäbe der consuln des Jahres, in dem sie sich zugetragen hatten, zu bezeichnen, auch wenn diese sie nicht herbeigeführt hatten und ganz unschuldig daran gewesen waren. Nur daß man unter dem nascens puer, wie Benoist noch geglaubt hat annehmen zu können , nicht den längst geborenen söhn des Pollio zu verstehen hat, ein dem Servius entlehnter einfall,

156 Bibliographie. Nr 2.

den Schaper mit mehr gründlichkeit als nöthig gewesen wäre, zurückweist.

In seinen bemerkungen zur fünften ekloge widerlegt Schaper den italienischen gelehrten Agrestio , der vor kurzem in einem zu Neapel erschienenen buche Studii critici sulla Bucolica di Vir- gilio wieder die alte tradition, daß unter Daphnis nur Cäsar ver- standen werden könne, hervorgesucht hat.

Zu der sechsten ekloge wiederholt Schaper seine ansieht, daß sie erst nach dem tode des Gallus geschrieben sein könne. Wenn auch apium nach Plinius bei dem zu ehren verstorbener gehaltenen leichenschmaus seine Verwendung fand , so kann es in dieser fiction, nach welcher Linus, mit ihm bekleidet, den doch damals noch lebenden Gallus führte, eine auf den tod deu- tende beziehung nicht gehabt haben. Und die römischen dichter, auch Vergil, haben uns doch hinreichend an Übertreibungen ge- wöhnt , um es uns nicht mehr auffallend finden zu lassen , daß ein neuling wegen der kunstbestrebungen , denen er sich eben erst widmet, gefeiert wird.

Für die achte ekloge nimmt Schaper seine früher geäußerte ansieht, daß die verse 6 13 wahrscheinlich im jähre 30 v. Chr. verfaßt sind, so wie seine abtheilung der Strophen, ohne beibrin- gung neuer gründe, wieder auf.

In der neunten weist er Glaser's vermuthung, daß der baupt- inhalt auf eine aufforderung des Varus hinauslaufe, dem dichter sein abermals (im juni 40) gefährdetes gütchen durch empfehlung bei Octavian erhalten zu wollen, zurück.

In der zehnten tritt er der von Glaser adoptirten auffassung Gevers' entgegen, welcher in ihr eine reine parodie erkannt ha- ben will (ad risum captandum eam esse compositam). Man muß Schaper recht geben , wenn er am eingang seiner abhandlung klagt, daß eine hauptschwierigkeit bei der erklärung der eklogen in der beseitigung so vieler verkehrter einfalle alter und neuer interpreten besteht. Schlimm genug , daß er seine eigenen hat.

H. J. Heller.

Bibliographie.

Versendet ist ein bericht von G. Freitag in Leipzig über die in dessen verlag erscheinende Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum edita curante Car. Schenkl, von der eine reihe einzelner bändchen erschienen sind.

Nr. 3. ' Bibliographie. 157

F. A. Perthes in Gotha hat ausgegeben den dritten bericht der Bibliotheca Gothana , Schulausgaben griechischer und lateini- scher classiker.

Angekündigt wird : „Norddeutsche Verlagsanstalt" von O. Gödel in Hannover, die auch philologische werke zu verlegen sich erbietet.

Erschienen ist bd. I, hft. 1 der: Internationalen Zeitschrift für allgemeine Sprachwissenschaft unter raitwirkung von L. Adam . . . Wundt und andern gelehrten des in- und ausländes her- ausgegeben von F. Techmer. 8 mag. Leipzig, A. Borth: sehr schön gedruckt und mit vielen abbildungen versehen.

Angekündigt wird : Centralblatt für bibliothekswesen . . von O. Hartwig und K. Schulz. Leipzig, Harrassowitz und heft 1 ausgegeben.

Probenummer und prospect ist erschienen von: „Blätter für höheres Schulwesen" von dr Fr. Aly in Magdeburg, verlag von Fr. Weiß nachfolger (H Söderström) : die „specielle Vertretung der berufs und standesangelegeuheiten der höhern lehrer" soll besonders ins äuge gefaßt werden und noch vielerlei anderes.

Zugesendet ist : The Piatonist, an exponent of the philoso- phic truth, edited by Th. Johnson, hft. 1 des zweiten Jahrgangs ; besteliungen und Zusendungen sind zu senden nach Osceola St. Clair Co., Missouri. Man sieht, an Zeitschriften mangelt es nicht.

Mittheilungen der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner in Leipzig 1883, nr. 6 kündigt in abth. I an: Aristarchs home- rische textkritik , nach den fragmenten des Didymos dargestellt und beurtheilt von Arthur Ludwich: Cassiani Bassi schola- stici Geoponica , recognovit H. Beckh ; Scriptores historiae Augustae, iterum recensuit et apparatum critium addidit H. Peter.

H Kerler 's antiquariat in Ulm offerirt eine reihe wichtiger philologischer werke zu billigen preisen , darunter M. Schmidts ausgäbe des Hesychius , Pindar's siegesgesänge und Sammlung kyprischer inschriften von demselben, Gaza von L. Stark u.s.w.

Verzeichniß ausgewählter werke aus dem verlag der Weid- männischen buchhandlung in Berlin, welche zu bedeutend ermä- ßigten preisen zu beziehen sind. Gültig bis ende des j. 1884.

Preisherabsetzung wichtiger werke aus dem verlag von Meier und Müller in Berlin, franz. -str. 38. 39.

W. Lübke und C. von Liitzow denkmäler der kunst, fünfte aufl. bei P. Neff in Stuttgart, kostet jetzt 40 rak, früher 180 mk.

Cataloge der antiquare : catalog nr. 80 des bücherlagers von J. Jolowitz in Posen ; H. Kerler in Ulm, verzeichniß wichtiger werke; W. Koch und Reimer in Königsberg i. Pr., Lagerka- talog nr. 1 Auetores Graeci et latini (s. Pt Anzeig. 1884, nr. 4); W. J. Peiser, (Louis Mayer) in Berlin, lagercatalog fs. Keichs- Anz. nr. 294); Schletter sehe buchhandlung (Franck u. Wei- chertj in Breslau, catalog nr. 12 (s. R Anzeig. nr. 8j; C. T.

158 Bibliographie. Nr. 3.

Völcker in Frankfurt a. M. 105 verzeichniß des antiquarischen bücherlagers.

Verzeichniß der wichtigeren Publikationen auf dem gebiete der alter-

thumswissenschaft. 1884. IL

Deutschland. Oesterreich. Schweiz.

52. Adamy, Rud., architectonik auf historischer und aesthetischer grundlage. 2. bd. 1. abth.: architectonik der altchristlichen zeit, umfassend die altchristl. byzantin., muhamedan., karoling. kunst. 1. hälfte. Mit 60 holzschn. Hannover, Helwing 1884. 8. 144 p. 4 ink.

53. - , einführung in die antike kunstgeschichte. Mit 123 illustr. Hannover, Helwing 1884. 8 V, 194 p. 3 mk.

54. Album der ruinen Rom's in 12 ansichten und pläuen nebst einem Stadtplane vom j. 1877. Mit einleitung und tafelerklärung von F. Reber. Leipzig, Weigel 1883. 8. In leinw.- mappe. 30 mk.

55. Anton , J. R. W. , de origine libelli nt-ol tpv%as xvGfiio xai gvmog inscripti, qui vulgo Tiuiaeo Locro tribuitur. Pars I, fasc. 1. Erfurt, Villaret 1883. 8. VII, 176 p. 6 mk.

56. Archiv für lateinische lexicographie und grammatik mit ein- schluß des älteren mittellateins. Als Vorarbeit zu einem Thesaurus linguae latinae mit Unterstützung der bayerischen akad. d. wiss. her- ausgeg. von Ed. U 7Slffiin. l.jahrg. 4 hefte. Leipzig, Teubner 1884. 8.

57. Aristophanis Ecclesiazusae rec. Adph. v. Velsen. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 96 p. 2 mk. 40 pf.

58. Autenrieth, Georg, Wörterbuch zu den homerischen gedichten. Für schüler bearb. Mit vielen holzschn. und 2 karten. 4. verb. aufl. Leipzig, Teubner 1884. 8. XVI, 361 p.

59. Bolm, R., die stoa könig Attalos des zweiten zu Athen. Mit 2 kupfertafeln. Berlin, Ernst u. Korn 1882. 4. (Aus Zeitschrift für bauwesen). 3 mk.

60. Brambach, W. , die musikliteratur des mittelalters bis zur blüthe der Reichenauer sängerschule 500—1050 n. Chr. Karlsruhe. (Leipzig, Teubner in comra.). 1884. 4. II, 27 p. 2 mk.

61. Buchholz, E., die homerischen realien. 2. bd. : öffentliches und privates leben. 2. abth.: das privatleben der Griechen im heroi- schen Zeitalter. Auf grundlage der homerischen dichtungen dargestellt. Mit 1 tafel. Leipzig, Engelmann 1884. XII, 332 p. 5 mk.

62. Corpus iuris civilis. Ed. stereotypa fasc. XL Novellae XXII XLIII recogn. Rud. Schoell. Berlin, Weidmann 1884. 8. (Bd. HI, p. 153—272).

63. Du Gange , Carolus Du Fresne , dominus, glossarium mediae et infimae latinitatis conditum a; auctum a monachis ordinis S. Bene- dicti cum supplementis integris D. P. Carpenterii, Adelungi aliorum suisque digestis G. A.L. Henschel, sequuntur glossarium Gallicum, ta- bulae indices auctorum et rerum, dissertationes. Ed. nova aucta plu- ribus verbis aliorum scriptorum a Leop. Favre. Tom I : A - Bar. Niort, (Berlin, Calvary) 1884. 4. LXXV, 576 p. 16 mk.

64. Enmann, Alex., eine verlorene geschichte der römischen kai- ser und das buch de viris illustribus urbis Romae. Quellenstudien im Philologus hrsg. v. E. v. Leutsch. 4. suppl.-bd. heft 4.

65. Euripidis fabulae ed. Rud. Prinz Vol. I, pars 4: Hecuba. Leipzig, Teubner 1884. 8. VII, 56 p. 1 mk. 60 pf.

66. Furtwängler , A., der goldfund von Vettersfelde. 43. progr. zum Winckel mannsfeste der archäolog. gesellsch. -zu Berlin. Mit 3 tafeln. Berlin, G. Reimer 1883. 4. 54 p. 3 mk.

67. Genick, A. , griechische keramik. 40 taff. ausgewählt und

Nr. 3. Bibliographie. 159

aufgenommen. Mit einleitung und beschreibung von A. Furtwlinyler. Berlin, Wasmuth 1883. 4. in mappe. 24 p. 80 p.

68. Gerhard, Ed., etruskische spiegel. 5. bd. Im auftrage des kais. deutschen archäolog. Instituts bearb. von A. Klügmann und G. Koerte. Heft 1. Berlin, Reimer 1884. 4. 16 p. 10 taff. 9 mk.

69. Gregorovius, Ferd., der kaiser Hadrian. Gemälde der römisch- hellenischen weit zu seiner zeit. 2. neugeschrieb. aufl. Stuttgart, Cotta 1884. 8. X, 505 p. 12 mk.

70. Grünauer, E., kritische Bemerkungen zum texte des Livius. Winterthur 1882. 4. 12 p. (Basel, Schneider).

71. Guridt, Ludw. , die briefe Cicero's an M. Brutus. In bezug auf ihre echtheit geprüft. Im Philologus hrsg. v. E. v. Leutsch. 4. suppl.-bd. heft 5. p. 551—630.

72. Homeri Odyssea ed. Guil. Dindorf. Ed. V correctior quam curavit C. Hentze. Leipzig, Teubner 1884. 8. 2 partes. XXII, 204; VI, 194 p. 1 mk. 50 pf.

73. Hubrich , Theod., de diis Plautinis Terentianisque. Königs- berg (Beyer) 1883. 8. 134 p. 1 mk. 60 pf.

74. Justus , J. . das christenthum im lichte der vergleichenden sprach- u. religionswissenschaft und in seinem gegensatze zur aristo- telisch-scholastischen speculation. Wien, Gerolds söhn in Comm. 1883. 8. VIII, 244 p. 4 mk.

75. Kleinpaul, Rud., Neapel und seine Umgebung geschildert. Mit ca. 150 illustr. Heft 1 ff. Leipzig , Schmidt und Günther 1883. fol. 1 mk.).

76. Koertiny, Gust, encyclopädie und methodologie der romanischen philologie. Mit besonderer berücksichtigung des französischen und ita- lienischen. 1. theil. [1. buch: erörterung der vorbegriffe. 2. buch: einleitung in das Studium der romanischen philologie.] Heilbronn, Henninger 1884. 8. XVI, 244 p. 4 mk.

77. Lange, Ludw., de sacrosanctae potestatis tribuniciae natura eiusque origine commenfatio. Leipzig (Hinrichs sort.) 1883. 4. 43 p. 1 mk. 60 pf.

78. Lysias ausgewählte reden erkl. von Rud. Rauchenstein. 1. bdchn. 9. aufl. besorgt von dr. K. Fuhr. Berlin, Weidmann 1883. 8. XIII, 165 p. 1 mk. 50 pf.

79. Monumenta tachygraphica codicis Parisiensis latini 2718 trans- scripsit adnotavit edid. Guil. Schmitz. Fase. IL S. Iohannis Chryso- stomi de cordis compunetione libros II latine versos continens. Ad- ieetae sunt XV tabulae phototypicae notarum simulacra exhibentes. Hannover, Bahn 1883. 4. VII, 31 p. in mappe.

80. Nissen, Heinr., italische landeskunde. l.bd.: land und leute. Berlin, Weidmann 1883. 8. VIII, 566 p. 8 mk.

81. Ocerbeck, Joh. , Pompeji in seinen gebäuden, alterthümern und kunstwerken dargestellt. 4. im vereine mit Aug. Mau durchgearb. u. vermehrte aufl. mit 30 größeren ansichten u. 320 holzsch. im texte. Leipzig, Engelmann 1884. 8. XVI, 176 p. 20 mk.

82. Ovidii Nasonis, P. fasti, scholarum in usum ed. O. Güthling. Leipzig, Freytag 1884. 8. XXIV, 141 p. 75 pf.

83. Plato's ausgewählte dialoge erkl. von C. Schmelzer. 6. bd. Menon. Entyphron. Berlin, Weidmann 1883. 8. 111 p. Irak. 20pf.

84. Roth, Carl Ludw., römische geschichte nach den quellen er- zählt. In 2. neu bearb. aufl. hrsg. von Adf. Westermayer. 1. theil: von der gründung der stadt Rom bis zur Stiftung des 1. triumvirats. Mit 15 orig.-abbild. Nördlingen, Beck 1883. 8. XII, 388p. 5 mk. 20 pf.

85. Ranke, Leop. v., Weltgeschichte. 4. theil in 2 abtheil. Das kaiserthurn in Constantinopel und der Ursprung romanisch -germani-

160 Bibliographie. Nr. 3.

scher königreiche. 2. abth. Leipzig, Duncker u. Humblot 1883. 8. VI, 445; VI, 368 p. 20 mk.

86. Sammlung Sabouroff, die, kunstdenkinäler aus Griechenland hrsg. von Ad. Furtwängler. 3. u. 4. liefg. 19 bl. text, 20 taff. Ber- lin, Asher u. Co. 1883. fol. in mappe. ä 25 rak.

87. Scala, Rud. von, der pyrrhische krieg. Als dissertation ver- faßt, Berlin, Parrisius 1884. 8. VIII, 183 p. Dazu karte: Roms garnisonsystem im jähre 281 autogr. fol. 4 mk. 80.

88. Schkemann, Heinr. , Troja. Ergebnisse meiner neuesten aus- grabungen auf der baustelle von Troja in den heldengräbern, Bunar- baschi und anderen orten der Troas im jähre 1882. Mit vorrede von prof. A. H. Sayce. Mit 150 abbild. in holzschn. und 4 karten und planen. Leipzig, Brockhaus 1884. 8. XLV, 462 p. 30 mk.

89. Schnorr von Carolsfeld, Franz, katalog der handschrifteu der kgl. öffentl. bibliothek zu Dresden. Im auftrage der generaldirection der kgl. Sammlungen für kunst und wissensch. bearb. 2. bd. (Abth. I— M.) Leipzig, Teubner 1884. 8. IX, 588 p. 15 mk.

90. Schrammen, J., über die bedeutung der formen des verbum. Heiligenstadt 1884, Delion. 143 p. 2 mk.

91. Siebeck, Herrn., geschichte der psychologie. 1. theil. 2. abth.: die psychologie von Aristoteles bis zu Thomas von Aquino. Gotha, Perthes 1884. 8. XI, 531 p. 11 mk.

92. Sylloge inscriptionum Graecarum ed. Quil. Dittenberqer. Leipzig. Hirzel 1884. 8. 2 fasc. VIII, 805 p. 16 mk.

93. ünger , Geo. Fr., die Zeitverhältnisse des Anaxagoras und Empedokles im Philologus hrsg. v. E. v. Leutsch. 4.suppl.-bd. Heft 5. (p. 511—550).

94. Voigt, Paul, Sorani Ephesii liber de etymologiis corporis hu- mani quatenus restitui possit. Gryphisw. 1882. 8. (Berlin, Mayer u. Müller.) 49 p. 1 mk.

Skandinavien.

95. Anna Komnena , Alexiade. Oversat fra Graesk og forsynet med historisk Inledning og Anmaerkninger af O. A. Hovgard udg. for Selskab til historiske Kildeskrifters Overforelse Modersmalet ved H. H. Lefolxi. To Dele. Kjobenhavn, Schanberg 1883. 8. 792 p. 1 kort. 10 kr.

96. Caspari, C. P., kirchenhistorische anecdota nebst neuen aus- gaben patristischer und kirchlich mittelalterlicher Schriften. Veröf- fentlicht und mit anmerkgn. und abhandl. begleitet. I. Lateinische schritten. Die texte und anmerkungeD. Universitätsprogramm zur 4. säkularfeier der geburt Luthers. Christiania, Aschehoug i comm. 1883. 8. XXX, 360 p. 8. 4 kr. 25 ore.

97. Drechsel , E. , den graeske Filosofis historiske Udvikling i korteste Omrids samt et Par Bemaerkninger om den mekaniske Ver- densanskuelse, Slagelse 1883. 8. 60 p. (Kjobenbavn , Scb.0nberg). 60 p. 1 kr. 50 0re.

98. Poestion, J. C , Graeske Digterinder. Et Bidrag til Kvimle- literatureus Historie. Autoriseret Oversättelse ved J. Getzsche og P. E. Benzon. Kj&benhavn, Hauberg 1883. 8. 210 p. 1 kr. 50 öre.

99. Sofokles Elektra. Tragedie. Paa Dansk. Ved T. Sierstedt. Kj0benhavn, Reitzel 1883. 12. 100 p. 2 kr.

100. Ussing , J. L., Fra Hellas og Lilleasieu i Foraaret 1882. Kjabenhavn, Gyldendal 1883. 8. 272 p. 1 kort. 3 kr. 50 0re.

Niederlande.

101. h'pkema, E., leerboek van de geschiedenis der oudheid. Med

Nr. 3. Bibliographie. 161

platen en afbeeldingen. Groningen, Noordhoffen Smit 1883. 8. VIII, 286 p. 3 fl. 60 c.

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106. Yaleton, Matthee, Handboek der oude Geschiedenis. 11. De Romeinen met kaart. Groningen, J. B. Wolters 1883. 8. XII, 155p. l,90fl.

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107. Alford, H., Greek testament. With a critically revised text , a Digest of various readings, marginal references to verbal and idiomatic usage, Prolegomena and a critical and exegetical commen- tary. Vol. I: The four gospels. New edition. London, Rivington 1883. 8. 1087 p. 28 sh.

108. Catuloyl codicum manuscriptorum Bibliothecae Bodleianae pars IX Codices a viro cl. Kenelm Digby. Confecit G. D. Macray. London, Frowde 1883. 4. 10 sh. 6 d.

109. Church, Alfred J., Roman life in the days of Cicero, Sket- ches drawn from bis letters and speeches. With illustr. London, Secley 1883. 8. 302 p. 5 sh.

110. Dennis, George, the cities and cemeteries of Etruria. With map plans and illustrations. London, Murray. 8. I, 190 p. 21 sh.

111. Duncker , Max., History of Greece from tbe eatliest times to the end of the Persian War. Translated from the German by S. F. Alleyne. Vol. 1. London, Bentley 1883. 8. 546 p. 15 sh.

112. Dt/er, Thomas H. , The city of Rome its vicissitudes and mouuments. 2nd ed. revised. London, Bell u. Sons 1883. 12. 480 p. 5 sh.

113. Fergusson, James, the temple of Diana at Ephesus with special reference to Mr. Woods discoveries of its remains. London, Trübner 1883. 4. 5 sh.

114. Mitchell, Lucy M., History of ancient sculpture illustrated. London, Paul, French and Co. 1883. 8. 222 p. 21 sh.

115. Schliemann, Henry, Troja, results of the latest researches and discoveries on the site of Homers Troy and in the Heroic Tumuli and other sites made in the year 1882 and a narrative of a journey in the Troad in 1881. Preface by prof. A. H.Sayce with 150 wood- cuts and 4 maps and plans. London, Murray 1883. 8. 458 p. 42 sh.

Belgien.

116. Delattre, A., le peuple et l'empire des Medes jusqu'a la fin du regne de Cyaxare. Examen critique des travaux les plus re'cents sur cette matiere. Bruxelles 1883. 4. 200 p. (Memoire conronnee par l'ac. d Bruxelles).

117. Willems, Alphonse, Notes et corrections sur l'Hippolyte d'Euripide. Bruxelles, van Trigt 1883. 8. 74 p. 3 fr.

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118. Berthele , J. , la question de Sanxay ä propos du memoire du pere de la Croix reponse a M. Hild. Poitiers 1883. 8. 35 p.

119. Boissier , Gaston, la religion romaine d' Auguste aux Anto- ains. T. 1. 2. Paris, Hachette 1833. 8. XVI, 404, 419 p. 7 fr.

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120. Bouche- Leder q, A., Atlas pour servir ä l'histoire grecque d' JE. Curtius. Paris, Leroux 1883. 8. VIII, 128 p. 21 cartes. 12 fr.

121. Choisy , Auguste, Etudes sur l'architecture grecque. 2me etude les mnrs d'Athenes d'apres le devis de leur restauration. Paris 1883. 4. p. 43—84 et planche.

122. , l'art de bätir chez les Byzantines. Paris 1883. fol. 196 p. 25 planches par L. Bescherer.

123. Delisle, Leopold, Notice sur plusieurs manuscrits de la bib- liotheque d'Orleans. Paris 1873. 4. 87 p.

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124. Hild, J. A. , Les fouilles de Sanxay ä propos du memoire archeologique sur les decouvertes d'Herbord , dites de Sanxay par le R. P. Camille de la Croix Niort 1883. Poitiers 1883. 8. 16 p.

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125. Jacob, F., lexique etymologique latin francais precede d'un tableau de suffixis et suivi d'un vocabulaire des nonis propres. Paris, Delalain 1883. 8. LXXXVIII, 1276 en deux col.

126. Jurien de la Graviere, les campagnes d'Alexandre. T. 2: PAsie sans maitre. Paris, Plön 1883. 18. XXXII, 261 p.

127. Longperier, A. de, oeuvres. Reunies et mises en ordre par G. Schlumberger. T. 4 moyen äge et reuaissance. Premiere partie (1837-1858). Paris, Leroux 1883. 8. 423 p.

128. Robert, Ulysse, Inventaire Sommaire des manuscrits des bibliotheques de France dont les catalogues n'ont pas ete imprimes. 3 fascicule. Dijon a Nice; Paris, Champion 1883. 8. p. 259—448.

Italien.

129. S. Ambrosii Mediolanensis omnia ad MediolaDenses Codices pressius exacta curante Paulo Angelo Ballerini. Vol. V. Mediolani, typ. S. Josephi 1883. fol. 770 p.

130. Boni, G., il colore sui monumenti. In Archivio Veneto N. S. vol. XXV, parte 2.

131. Finzi, G., l'asino nella leggenda e nella letteratura. Con- ferenze ecc. Torino, Paravia 1883. 8. 43 p. 1,50 lire.

13"2. Oberziner , Giov. Amennone , i Reti in relazione cogli an- tichi abitatori d'Italia : Studii storici e archeologici. Roma, tip. Artero 1883. 8. XI, 262 p. 30 tavv. 10 lire.

133. Ricagni, Giov., la morale di Orazio. Studio. Teramo 1883. 8. 65 p. (Liceo ginnas. „Melcbiorre Delfico".)

134. Taverni, Remeo, la teoria morale diAristotele nei X libria Nicomaco dichiarata in dieci lezioni. Roma, tip. Artero 1883. 8. 428 p.

135. Urbini, Giulio, la vita i tempi e l'elegie de Sesto Properzio vol. I. Forigno 1883. 8. 108 p. 2 lire.

136. Vetri, Paolo, Enna , dei primordii all1 invasione araba : pagine storiche. Piazza Armerina 1883. 8. 302 p. 4 lire 50 c.

Spanien.

137. Suetonio Tranquilo, C., los doce Cesares traducciön derecta del latin por F. Norberto Castilh. Madrid, Luis Navarro editor 1833. 8. 413 p. 14 reales. (Biblioteca cläsica t. 64.)

Beilage B. Academica und dissertationen. Bonn. 138. Lübbert, Ed., diatriba in Pindari locum de Aegidis et sacris Carneis. Bonn 1883. 4. 21 p.

139. , Prolegomena in Pindari Carmen Pythium nonum. Bonn 1883. 4. 22 p.

140. , Prolusio in Pindari locum de ludis Pythiis Sicyoniis. Bonn 1883. 4. 22 p.

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146. Müntzel, Robert, de Apollodori tuqI ^wc libris. Bonn 1883. 8.

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148. Schueth, Carl, de Poenulo Plautina quaestiones criticae. Bonn 1833 8. 47 p.

149. Schurz, Guil., de niutationibus in imperio Romano ordinando ab imperatore Hadriano factis particula I. Bonn 1883. 8. 46 p.

Greifs wa Id. 150. Guttmann , Carl, de earurn quae vocantur Caesariaaae orationum Tullianarum genere dicendi. Gryphiswaldiae 1883. 8. 79 p.

151. Hom, Eugen, de Aristarchi studiis Pindaricis. Ebda 1883. 8. 90 p.

152. Rassow , Job., Quaestiones selectae de Euripideoruui nun- tiorum narrationibus. Ebda 1883. 8. 74 p.

153. Schueler, Carl, Quaestiones Vergiiianae. Ebda 1883. 8. 59 p.

154. Schulz, Herrn., Quaestiones Ovidianae. Ebda 1883. 8. 41 p.

155. Trabandt, Albert, de minoribus quae sub nomine Quintiliani feruntur declamationibus. Ebda 1883. 8. 42 p.

Halle. 156. Keil, Henric , Emendationes Varronianae. Halae 1883. 4. Ind. lectt. 1883/84. 10 p.

157. , Observationes criticae in Varronis rerum rusticarum libros. Halae 1883. (Ind. aest. 1883). 12 p. 4.

158. Degner, Eduard, Quaestiones de curatore rei publicae pars prior. Halis Sax. 1883. 8. 71 p.

159. Ess, Franz Xaver. Quaestiones Plinianae. Halis 1883. 8. 45 p.

160. Goerbig, Guil., Nominum quibus loca significantur usus Plau- trnus exponitur et cum usu Terentiano comparatur. Halberstadii 1883. 43 p.

161. Goetz, Oscar, Quaestiones de genetivi usu Thucydideo. Vra- tislaviae et Halis 1883. 8. 73 p.

162. Gorges, 0., de quibusdam sermonis Gelliani proprietatibus observationes. Halis 1883. 8. 70 p.

163. Grabenstein , Albertus, de interrogationum enuntiativarum usu Horatiano. Halis 1883. 8. 64 p.

164. Heilig mistaedt, Ricardus , de enuntiatorum finalium usu He- rodoteo cum Homerico ex parte comparato. Pars prior. Halis 1883. 8. 56 p.

165. Herbst, Hugo, de sacerdotiis Romanorum municipalibus quaestio epigrapbica. Halis 1883. 8. 43 p.

166. Heymann, Paul, In Propertium quaestiones grammaticae et orthographicae. Halis 1883. 8. 87 p.

167. Karbaum, Herrn., de auctoritate ac fide grammaticorum Latinorum in constituenda lectione Ciceronis orationum in Verrein. Halis 1883. 8.

168. Kauseh, Guil., de Sophoclis fabularum apud Suidam reli- quiis. Halis 1883. 8. 60 p.

169. Kirchner, Jo. Ern., de litis instrumentis quae extant in De-

164 Kleine philologische zeitung. Nr. 3.

mosthenis quae fertur in Lacriturn et priore adversus Stephanutu ora- tionibus. Halis 1883. 8. 40 p.

170. Kleiber, Ludw. , Quid Tacitus in Dialogo prioribus scripto- ribus debeat. Halis 1883. 8. 90 p.

171. Naumann, Maxim., de fontibus et fide Bruti Ciceronis. Halis 1883. 8. 36 p.

172. Ulbricht, Friedr., de interrogationibus disiunctivis et an par- ticula apud Tacitum. Halis 1883. 8. 47 p.

173. Panhoff, Theod., De neutrius generis adiectivorum substan- tivo usu apud Tacitum. Halis 1883. 8. 35 p.

174. Puhl, Max. de Othone et Vitellio imperatoribus quaestiones. ibid. 1883. 38 p.

175. Raßfeld, Frid., de versibus suspectis et interpolatis fabulae Sophocleae quae iüscrrbitur Oedipus Coloneus. Halis 1883. 8. 57 p.

176. Roos, Carl, De Theodoreto Clementis et Eusebii compilatore. ibid. 1883. 8. 32 p.

177. Schinkel, Jul., Quaestiones Silianae. Lipsiae 1883. 8. 77 p.

178. Schoenaich , Gust., Quaestiones luvenalianae. Halis 1883. 8. 39 p.

179. Schwabe, Carl, de dicendi genere Isocrateo. Halis 1883. 8. 39 p.

180. Staesche, Traugott, De Demetrio Ixione grammatico. ibid. 1883. 8. 59 p.

181. Vaders, Jos., de alis exercitus Romani quales erant impera- torum temporibus quaestionis epigraphicae pars prior. Halis 1883. 8. 37 p.

182. Völlers, K., das Dodekaphropheton der Alexandriner. Halle 1882. 8. 31 p.

183. Wangrin, Aemil., Quaestiones de scboliorum Demosthenico- rum fontibus. Pars prior : de Haipocratione et Aelio Dionysio Pausa- niaque atticistis. Halis 1883. 8. 39 p.

184. Wolff, Ose, de enuntiatis interrogativis apud Catullum Ti- bullum Propertium. Paris 1883. 8. 62 p.

185. Zimmermann, Ricard., Quibus auetoribus Strabo in libro tertio Geograpbicorum conscribendo usus sit quaeritur. Pars prior. Halis 1883. 8. 38 p.

Heidelberg. 186. Bock, Rad., de codicis Isocratei Urbinatis (r) auetoritate. Brunsvigae 1883. 8. 46 p.

187. Schuchhardt, Carl, Andronici Rhodii qui fertur libelli ntol na&wv pars altera de virtutibus et vitiis. Darmstadiäe 1883. 8. 84 p.

188. Sickinger, Antonius, de lingua,e latinae apud Plutarchum et reliquiis et vestigiis. Friburgi Brisgoviae 1883. 8. 88 p.

Helsingfors. 189. Forsman, Carl, de Aristarcho lexici Apol- loniani fönte. Helsingforsiae 1883 8. 129 p.

Kiel. 190. Blaß, Friedr., de Gemino etPositonio. Kiliae 1883. 4. (25 p.).

Kleine phüulogisrhc zeifueig.

Es wird im RAnz. nr. 10 empfohlen: das preußische schul- recht, von M. Ueberschaer, Hoyerswertha , G. Wentzel, es ent- hält die auf schulen bezüglichen gesetze von 1872 an.

Göttingen, 15. jan.: die künde von einer hochbedeutenden wissenschaftlichen entdeckung ist soeben hei dem vorstand der gesellschaft für kirebenrechtswissenschaft eingegangen. Die äl- teste christliche kirchenordnung, die Jidaiui twv unooiolwr aus dem anfang des zweiten Jahrhunderts ist durch den metropoliten

Nr. 3. Kleine philologische zeitung. 165

Bryennios von Nikomedien aus demselben codex publicirt worden, in welchem er die vollständigen Clemeasbriefe entdeckt hatte (vgl. über den betreffenden cod. Constantinopolitanus : Clementis Eomani epistulae textum rec. 0. de Gebhardt, Ad. Harnack (Pa- trum apostoll. opera fasc. I, part. I, ed. II, Lips 1876 Prole- gomena p. XI sqq.. Die ganze bedeutung des fundes läßt sich noch nicht übersehen, doch steht schon jetzt fest, daß 1) nun die wurzel und das vorbild der gesammten orientalischen, unter den bezeichnungen z/tazrijac;, /]t,duaxu)Jou, Jmiayal, Kuioveg iwv unoaioXwv bekannten litteratur wieder entdeckt ist, und dies verworrene gebiet nun ins hellste licht gestellt erscheint, 2) dass für die älteste geschichte der christlichen Verfassung und des kultus eine grundlegende quelle gegeben ist , welche ungeahnte aufschlüsse gewährt. Professor dr. th. Ad. Harnack in Gießen, welcher der gesellschaft, zu deren auswärtigen mitgliedern er ge- hört, über den ihm von Bryennios mitgetheilten fund mittheilung machte, hat dessen wissenschaftliche verwerthung sogleich in an- griff genommen. (Hallische zeitung 1884, nr. 18, beilage.)

Schliemann's Troja eine urzeitliche feuernehr opole. (Nach Köl- nische zeitung 1884, no. 13, 2. blatt.j Die Untersuchungen des hauptmanns a. d Ernst Boetticher zu Berlin bringen die frage nach der localität Troja's in eine neue richtung. Er weist zu- nächst die Unmöglichkeit „der verbrannten städte" Schliemann's nach , macht auf den geringen umfang des Hissarlikhügels auf- merksam und betont den Widerspruch zwischen Schliemann's an- nahmen und den aufgefundenen resten. Nach Boetticher's ansieht haben wir es in Hissarlik überhaupt nicht mit resten einer städti- schen niederlassung zu thun, sondern mit einem feuerbestattungs- orte. „Die kriterien von Hissarlik sind : abgeflachte kegelgestalt des hügel's, sein aufbau in Stockwerken (schichten), sein inhalt an Überbleibseln des todtenkults (menschliche knochen, schädel, ganze skelette , aschenurnen , todtenschmuck von edeln und un- edeln metallen , allerlei heilige gefäße und symbolische gegen- stände, dazu eine ganz besondere art riesiger thonurnen inmitten colossaler aschenmengen und spuren einer glut von 1100 grad C. und darüber. Diese kriterien wiederholen sich überall auf der erde, theils in nekropolen überhaupt, theils an statten des todten- brands". Boetticher bringt verschiedene bisher unbemerkt ge- bliebene momente in Hissarlik zu tage, so ist zu verzeichnen der nachweis und die profilirung von gangen , durch je zwei 0,50 bis 1,50 m von einander abstehende parallelmauern gebildet, die innen unverbrannt sind , ja noch die spur weißgelber tünche zeigen , dagegen auf der andern viereckigen höfen zugekehrten seite bis zur verglasung die folgen der gluth zeigen. Diese brandspuren aber sind derart , daß sie eine künstlich bewirkte, oft wiederholte Verbrennung verrathen. Ein weiteres moment ist die gleichheit der fände zu Hissarlik mit den Überbleibseln

Philol. Anz. XIV- 12

166 Kfcine philologische zeitung. Nr. 3.

des todtencults der ganzen weit. Für gesichtsumen und libir- gefäße (nicht „saugflaschen für kleine kinder" wie Schliemann will) hat Boetticher die analogieen in Zeitschrift für ethnologie XY, 188)3, heft 4, p. 157 ff. beigebracht, Die großen ni&ai aber erklärt er gewissermaßen als leichenverbrennungsöfen ; in ähnlicher weise seien am Euphrat und Tigris die todten ver- brannt- Von oben wurde der todte senkrecht in die Öffnung hineingelassen mit seinem todtenschmuck, nach der Verbrennung aber ward die asche sammt allen brandresten in eine aschenurne gelegt und als todtengabe ward anderes geschmeide beigefügt. Daher finden sich neben geschmolzenem gold (900 grad Celsius) und angeschmolzener bronze (1100 grad) unversehrt höchst dif- ficile filigranarbeiten. Die asohenurnen wurden auf der brand- stätte selbst beigesetzt. In Ilias XXIII, 255

zoQvoixjai'to öf a7tfjba Hs^BiXid Tfi nooßüXo.vTn vi(t($i. nvQtjv. III, i)7 läiyo* $aoo j£t70Q>,a, VIII, 491 iv MadaacS odi Öi/ vtxioov ftitqwirizo x<x)(jug „wo die todtenstätte glühte" sieht Boet- ticher noch andeutupgen dieser bestattungsart. (Doch dürften diese stellen schwerlich so zu interpretiren sein. Die todtenstadt gehört vermiithlich einer viel früheren als der homerischen zeit an vgl. Köln, ztg, 1884 no. 19, 1.) Nicht unpassend erinnert er auch an die drei männer im feurigen ofen. Andere notizen des verf. findet man Kölnische zeitung 262, 1 , Neue illustrirte zeitung (Wien) no. 9. Ausland 1883, no. 51, 52.

Hft, I des jahrg XII der mittheilungen aus der historischen Ütteratur , herausgegeben von der historischen gesellschaft in Berlin und redigirt von dr. Ferdinand Hirsch, Berlin, R. Gärtner Verlagsbuchhandlung (Heyfelder) enthält unter andern : Bauer : die Kjrussage und verwandtes, Hirschfeld, gallische Studien.

Historisches taschenbuch von . . . M. Maurenbrecher , Leipzig, Brockhaus, III. jahrg. enthält unter andern A. Schaefer über das makedonische königthum.

Gfötingen. Dr. G. Loewe f. Am 16. dec. 1883 verschied hier an den folgen eines unglücklichen Sturzes der custos der hiesigen Universitätsbibliothek dr. Gustav Loewe. In Grimma (18. febr. 1852) geboren und erzogen, auf der Universität Leipzig von Friedrich Ritschi gebildet , trat er ganz in die fußstapfen dieses seines liebsten lehrers und väterlichen freundes, der ihn berief die eignen forschungen fortzusetzen. Diese arbeiten Lowe's auf dem gebiete der lateinischen philologie insbesondere seine grundlegenden Untersuchungen über die lateinischen glos- sare und seine Plautusstudien sichern ihm einem bleibenden na- men in der geschichte der Wissenschaft. Nach beendigung des Universitätsstudiums sammelte er vier jähre (ende 1875rr-1879) in Italien und Spanien für die fortsetzung seiner arbeiten , nach der rückkehr ging er dann 1880 als bibliothekar nach Göttingen

Nr. 3. Auszüge aus Zeitschriften. 167

und hier war er eben so recht im begriff, die fruchte seiner reisen zu verwerthen, hier begann er durch die glänzenden pro- ben seiner Studien bedeutende erwartungen zu erregen, die ihm noch kurz vor seinem ende einen ruf als professor an die Uni- versität Kiel eintrugen, als sein beklagenswerther tod diese hoff- nungen jäh durchschnitt. Sein geschick fand eine außerordent- liche und allgemeine theilnahme, um so allgemeiner, als sie nicht nur dem gelehrten, sondern auch der persönlichkeit galt, die sich das vertrauen und die Zuneigung derer, die mit Löwe in berüh- rung kamen, sofort erwarb. Ehren wir sein andenken !

Auszüge aus Zeitschriften.

Deutsche litter aturzeitung hrsg. von Max Roediger. IV. jahrgg 1883. n. 25. J. Kaufmann-Hartenstein, über die wichtigsten resultate der Sprachwissenschaft ... Solothurn, Jent & Gass in Comm. 1882. 8. 99 p. 3 frcs. Jülg. Discours de Ciceron pour le poete Archias. Texte latin d'apres les travaux les plus recents avec une nouvelle collation du Gemblacensis un commentaire critique et explicatif une introduction et un index par Emile Thomas. Paris, Hachette et Cie. 1883. 8. 63 p. 2,50 fr. H. J. Müller. - A. Gerber u. A. Greef, Lexicon Taciteum. Fase. V. Leipzig, Teubner 1883. p. 481 576. Lex. -8. 3mk. 60 pf. Ig. Pranimdr. Karl Sittl, die localen Verschie- denheiten der lateinischen spräche mit besonderer berücksichtigung des afrikanischen lateins. Erlangen, Deichert 1882. 8. IV, 162 p. 2 mk. 80 pf. R. Thurnegsen. Julius Jung, die romanischen landschaf- ten des römischen reiches. Studien über die inneren entwicklungen in der kaiserzeit. Innsbruck, Wagner 1881. 8. 574 u. XXXII p. 12 mk. Otto Seeck. Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten kaiserhauses. Hrsg. unter leitung des oberstkäm- merers Franz grafen Follio de Crenneville ... I. bd. Wien , Höltz- hausen 1883. 268 u. CXCI p. Fol. 120 mk. W. v. Seidlitz.

No. 26. Sglloge inscriptionum Boeoticarum dialectum populärem exhibentium. Composuit... Guil. Larfeld. Praemittitur de dialecti Boeoticae mutationibus dissertatio. Berlin, GL Reimer 1883. 8. XXXVI. 232 p. 10 mk. Gustav Hinrichs. J. Mar qua f dt , das privatleben der Römer. II. theil. Mit 23 holzschn. (Handbuch d. röm. alterth. VII, 2). Leipzig, Hirzel 1882. 8. XII, p. 373-858. 10 mk. Ri- chard Förster. Reinh. Kekule, zur deutung und Zeitbestimmung des Laokoon. Mit 2 doppeltaf. in lichtdruck und einigen Zinkätzungen. Stuttgart, Speemann 1883. 4. 47 p. 4 mk. Hugo Blümner. Otto Lenel, das edictum perpetuum. Ein versuch zu dessen Wiederherstel- lung... Leipzig, Tauchnitz 1883. XXIV, 455 p. 8. 16 mk.

No. 27: G. Michaelis, über die physiologie und Orthographie der zischlaute mit besonderer rücksicht auf die Heyse'sche regel. Zugleich als 2. auü. der schrift: Ueber die physiologie und Orthographie der S-laute 1863. Berlin, Mittler & söhn 1883. 8. 94 p. 2 mk. Wüh. Geiger. F. Macci Plaut i Mercator rec. Fr. Ritschelius, editio altera ab Gen. Goetz recognita (Plauti comoediae t. II fasc. ni). Leipzig, Teubuer 1883. 8. XIII, 124 p. 3mk. 60 pf. A. Spengel. West- deutsche Zeitschrift für geschichte und kunst. Hrsg. von F. Hettner und K. Lamprecht. Jahrg. I. u. Jahrg. n hft. 1. Trier, Lintz 1882. 1883. 8. I. jahrg. VIII, 524 p. Correspondenzblatt 80 p. u. 7 taf. II. jahrg. 1. heft. 130 p. Correspondenzblatt 8 p. 6 taf. pro jahrg.

168 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 3

10 mk. Reinhard Kekule. Ludw. v. Sybel, kritik des ägyptischen Ornaments. Archäologische studie. Mit 2 lith. tafeln. Marburg, El- wert 1883. 8. 41 p. 1 mk. 20 pf. Justi.

No. 28: Joh. Renner , kritische und grammatische bemerkungen zu Homer (Progr. v. Zittau). Leipzig, Teubner in comm. 1883. 4. 29 p. Gustav Hinrichs. - Isaei orationes cum fragmentis a Dionysio Halicarnassensi servatis ed. H. Buermann. Berlin, Weidmann 1883. 8. XIV, 156 p. 2mk.40pf. F. Blass. Wilh. Tomaschek. zur histo- rischen topographie von Persien. I. Die straßenzüge der Tabula Peu- tingerana. Wien, Gerold's söhn 1883. 8. 89 p 1 mk. 40 pf. (Sitzungs- bericht d. Wiener ak. philos.-histor. cl. bd. 102). J. Partsch.

No. 29: Imat/mes inscriptionum Graecarum antiquissimarum in usum scholarum composnit Herrn. Roehl. Berlin, G. Reimer. 1883 kl. fol. 72 p. 4 mk. G. Hinrichs. Hugo Gleditsrh , die cantica der Sophokleischen tragödien nach ihrem rythmischen bau besprochen. 2. durch den abdruck des textes vermehrte bearbeitung der »Sopho- kleischen strophen« desselben verf. Wien , Konegen. 1883. 8. XV, 276 p. 6 mk. E. Hüler. Historische Untersuchungen. Arnold Schä- fer zum 25jährigen Jubiläum seiner akadem. Wirksamkeit gewidmet von früheren mitgliedern der historischen seminarien zu Greifswald und Bonn. Bonn, Strauss 1882. 8. V, 362 p. 13 mk. 50 pf. Otto Seeck.

No. 30: Sophoniae in libros Aristotelis de anima paraphrasis. Anonymi in Aristotelis categorias paraphrasis. Edid. Michael Huyduck. (Commentaria in Aristotelem Graeca Vol. XXIII. 1. 2.) Berlin, G. Reimer 1883. 8 VIII, 175 p. IV, 85 p. 9 mk. E. Heitz. -Pau- lus Mvllensiefen , de titulorum laconicorum dialecto. Straßburg, Trüb- ner 1882. 8. 130 p. (Aus dissert. Argentorat.) G. Hinrichs. L. Geiger, renaissance und humanismus in Italien und Deutschland. Mit Illustrationen und facsimilebeilagen (Allgem. geschiente in einzeldar- stellungen hrsg. v. W. Oncken. II. hauptabth. st 8.) Berlin, Grote 1882 u. 1883. 8. 585 p. 13 mk. 50 pf. G. Voigt. —Karten von At- tika. Auf veranlassung des kais. deutschen archäolog. instituts . . . aufgenommen durch Offiziere und beamte des kgl. preuss. generalsta- bes. Mit erläuterndem text hrsg. von E. Curtnis und J. A. Kaupert. Hefe II. 4 bl. : Athen, Peiraieus, Athen- Hymettos, Kephisia, Pyrgos. 49 p. text von Arthur Milch hoe/er. Berlin, G.Reimer. 1883. 4. 16 mk.

No. 31 : Emil Rosenberq , die lyrik des Horaz. Aestbetiscb-cul- turhistor. studie. Gotha, Perthes 1883 8. IX , 168 p. 3 mk. F. Leo. Georg Weber, allgemeine Weltgeschichte. 2. aufl. . . . III. bd. römische geschichte bis zu ende der republik und geschichte der alexandrin.-hellenischen weit. Leipzig, Engelmann 1883. 8. XVI, 965 p. 7 mk. 50 pf. A. Bauer. 'Effqpsols «p^«»oiloy»x^ txduf. vno rijff it> 'A&rjvats ctQ%aiokoyt,XTis traiosiag. üfgiodog rohtj isv)(og nowiov. Athen 1883. 4. ä jahrg. 16 drachmen. C. Robert.

No. 32: Rieh. Meister, zur griechischen dialektologie. I. Bemer- kungen zur dorischen accentuation. II. Die excerpte ntgi dtidixicov namentlich in bezug auf die abschnitte ntgi Jwoidog. Göttingen, Van- denhoeck & Ruprecht 1883. 4. 16 p. 80 pf. (Progr. d. Nikolai- gym.). G. Hinrichs.

No. 33: C. F. Kinch, Quaestiones Curtianae criticae. Kopenha- gen, Gyldendal 1883. 8. 108 p. Th. Vogel. Le Metamorfosi di P. Ovidio Nasone espurgate e corredate di note italiane du Ferdi- nando Gnesotto. Due parti Secunda Edizione vol. III. Padova, Randi 1883. 8. 278, 334 p. F. Leo.

No. 34 : H. d'Arbois de Jubainville, introduetion ä l'etude de la lit- terature celtique. Paris, Thorin 1883. 8. 412 p. 8 fr. H. Zimmer.

Nr. 3. Auszüge aus Zeitschriften. 169

Chr. Heimreich, das erste buch der Ilias und die liedertheorie. Ploen 1883. 4. 16 p (Progr. n. 258). G. Hinrichs. Theodulfi episcopi Aurelianensis de iudicibus versus ab Hermanno Hageno re- cogniti. Bern, Delp 1882. 4. XIII, 31 p lmk.20pf. W. Watten- bach. — G. Perrot und Ch. Chipiez, geschichte der kunst im alter- thum. Autorisierte deutsche ausgäbe. Aegypten. Mit ungefähr 600 abb. im text 4 färb. u. 15 schwarzen tafeln. Bearb. von Rieh. Pietsch- mann. Mit einem vorwort von Georg Ebern. Lieferung 1 16. Leip- zig, Brockhaus 1882 83. 680 p. a' lfg. 1 mk. 50 pf. A. Erman.

No. 35: Abel Bergaigne , la religion vedique d'apres les hymnes du Bigveda. t 2 et 3. Paris Vieweg 1883. 512 370 p. 8. 27 mk. R. Garbe. Clavdii Ptolrmaei geographia e codd. recogn. proleg. annotatione iudicibus tabulis instr. Carolus Müllerus. Vol. I, 1. Pa- ris, Didot 1883. 8. 570 p 15 fres. J. Partsch. H. Blümner, Laokooustudien. 2. aufl Ueber den fruchtbaren moment und das transitorische in den bildenden künsten. Freiburg i/Br., Mohr 1882. 8. VI. 79 p. 3 mk. G. Hirschfeld.

No. 36: Giuseppe Barone de Vincenzo , Epimenide di Creta e le credenze religiosi de' suoi tempi. Studio storico-critico-filologico. Napoli 1880. 8. 204 p. L. 3 JD. Plotini Enneades praemisso Porpbyrio de vita Plotini deque ordine librorum eius libello edid. Sie. Volkmann. Vol. I. Leipzig, Teubner 1883. 8 XXXIV, 350 p. 3mk. 60 pf. H. F. Müller. Max. K'einsehmit, de Lucili saturarum scriptoris genere dicendi commentatio. Marburgs Elwert 1883 8. VIII, 135 p. 2 mk. 80 pf. Adolf Bötticher, auf griechischen land- straßen Berlin . Paetel 1883. 8. 256 p. 5 mk. Lolling. Jos. Karabacek, die Theodor Graf'schen funde in Aegypten (Der Papyrus- fund von el-Fayüm. Die textilen gräberfunde). Wien, Gerold in comm. 1883. 4. 43 p. 1 mk. 20 pf. A. Erman.

No 37: Rice. Wagner, Quaestiones de epigrammatis Graecis ex lapidibus collectis grammaticae. Leipzig, Hirzel 1883. 8. VI, 127 p. 2 mk. G. Hinrichs. Thomas Stangl , Boethiana vel Boethii com- mentariorum in Ciceronis Topica emendationes ex octo codieibus hau- stas et auetas observationibus grammaticis composuit (Diss. München 1882.) Gotha, Perthes 1883. 8. IV, 104p. 2mk.40pf. Ders., Pseu- doboethiana (Jabrbb. für klass. philol. 1883. Heft 3. 193—208 lieft. 4. 285 301.) R. Förster. Exempla scripturae visigoticae XI ta- bulis expressa . . . edd. Paulus Ewald et Gast. Löwe. Heidelberg, Köster 1883. Text u. 41 taff. fol. 50 mk. W. WatUnbach.

No. 38 : E Ellger , die zusätze zu dem prooemium der Hesiodi- schen theogonie (vers 36 -115.). Berlin, Gärtner 1883. 4. (Progr. d. Sophiengymn.) 20 p. E. Hiller. G. Boissiere, l'Algerie romaine. 2 ed. entierement et considerablement augmentee. 2 vol. Paris, Ha- chette 1883. 8. XXXVIU, 712 p. 7 fr.

No 39: Edwin Hatch, die gesellschaftsverfassung der christlichen kirchen im alterthum Acht Vorlesungen. Vom verf. autoris. Über- setzung der 2. durchges. aufl. besorgt und mit excursen versehen von Ad. Hamack. Giessen , Ricker 1883. 8. VIII, 260 p. 4 mk. G. Heinrici. Victor Hnry, Etüde sur l'analogie en general et sur les formations analogiques de la langue grecque. Paris , Maisonneuve 1883. 8. VI, 441 p. 8 fr. H. Collitz. Joh. Rumpel, lexiconPin- daricum. Leipzig, Teubner. 1883. 8. 498 p. 12 mk. H. Georg Weber, allgemeine Weltgeschichte. 2. aufl. unter mitwirkung von fach gelehrten revidirt und überarbeitet. IV. bd. Geschichte des rö- mischen kaiserreichs, der Völkerwanderung und der neuen staatenbil- dungen. Leipzig, Engelmann 1883. 8. XIV, 864 p. 7 mk. Adolf Bauer.

170 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 3.

No. 40: Briefwechsel zwischen August Boeckh und Karl Otfried Müller. Leipzig, Teubner 1883. 8. X, 442 p. 9 mk. M. Hertz,

Theophanis chronographia rec. C. de Boor. Vol. I. Textum grae- cum continens.. Leipzig, Teubner 1883. 8. VIII, 503 p. 20 mk. Spyr. B. Lambros.

No. 41 : Concordantiae supplenientariae omnium vocum Novi Te- stamenti Graeci et classibus secundum ternrinationes discributarum et derivatarum cum nativis verbis collocatarnm compositae a Frid. Zim- mer. Gotha, Perthes 1882. 8. IV, 76 p. 3 mk. Holsien. - M. Heinze, der Eudämonismus in der griecb. philosophie. I. Abh. Leip- zig, Hirzel 1883. 8 115 p. (Abh. d. sächs. gesellsch. d. wiss. VIII, 6.) 4 mk. J. Freudenthal. Arthur Probst, beitrage zur lateinischen grammatik. I. Zur lehre vom verbum. Leipzig, Zangenberg & Himly 1883. 8. 104 p. 3 mk. F. Leo. - W. H. Röscher, Nektar u. Am- brosia mit einem anhang über die grundbedeutung der Aphrodite und Athene. Leipzig, Teubner. 1883. 8. VIII, 116 p. 3 mk. 60 pf, E.H. Meyer. Der Periplus des erythräischen meeres von einem unbe- kannten. Griech. u. deutsch mit kritischen und erklärenden anmer- kungen nebst einem vollst. Wörterverzeichnisse von B. Fabricius. Leipzig, Veit & Co. 1883. 8. 188 p. 6 mk. J. Partsch.

No. 42: G. P. Weygoldt, die philosophie der Stoa nach ihrem wesen und ihren Schicksalen für weitere kreise dargestellt. Leipzig, Otto Schultze 1883. 8. IV, 218 p. 4 mk. Ed. Wellmann - O. Schröder, Sprachvergleichung und Urgeschichte. Linguistisch-histori- sche beitrage zur erforschung des indogermanischen alterthums. Jena, Costenoble 1883. X, 490 p. 11 mk. Alfred von Reumont, Lorenzo de' Medici il Magnifico. 2. vielf. veränderte aufl. 2 bände. Leipzig, Duncker & Humblot 1883. 8. X, 437, VI, 499 p. 18 mk. W. Bern- hardi. K. Bächher, Griechenland. Handbuch für reisende. Mit einem panorama von Athen, 6 karten, 7 planen und andern beigaben. Leipzig, Bädeker 1883. CXXII, 371 p. 7mk. 50 pf. A. Furtwängler.

No. 43: Joseph Neubauer, Anaximander Milesius siue vetustissima quaedam rerum universitatis conceptio restituta. Cum una tabula. Bonn, Cohen & söhn 1883. 8. XVI, 428 p. 8. 14 mk. - J. F. Marcks , Symbola critica ad epistolographos Graecos. Diss. Bonn. Georgi 1883. 8. 57 p. E. Maaß. Maurice Albert , le culte de Castor et Pollux en Italie. (Bibliotheque des ecoles francaises d'A- thenes et de Rome fasc. 31.) Paris, Thorin 1883. 8. VII, 172 p. 3 tafeln. 3 fr. 50 c. H. Jordan. Otto Keller, der saturnische vers als rythmisch erwiesen. Leipzig, Freytag 1883. 8. II, 83 p. Fi, Leo.

A. Fokka, rettungen des Alkibiades. I. theil. Die sicilische ex- pedition. Emden, Haynel 1883. 8. IV, 87. 1 mk. 75 pf B Niese.

No. 44: Quill. Breton, essai snr la poesie philosophique en Grece. Xenophane Parmenide Empedocle. Paris, Hachette et Ce. 1882. 8. 267 p 5 fr. H. Diels. Karl Penka, origines Ariacae. Linguistisch- ethnologische Untersuchungen zur ältesten geschichte der arischen Völker und sprachen. TeschenProchaska 1883. 8. VII, 204 p. 7 mk. A. Bezzenberger. ~ E. Schweder, beitrage zur kritik und chorographie des Augustus. III. th. über die chorographie, die römische quelle des Strabo und über die provinzialstatistik in der geographie des Plinius. Kiel, Schwers 1883. 8. 59 p. 2 mk. W. F.

No. 45: M. J. Darmesfeter , Etudes sur l'Avesta observations sur le Vendidad. Extrait du Journal asiatique. Paris, Maisonneuve 1883. 8. 102 p. 3:50 fr. Wilh. Geiger. Piatonis opera quae feruntur omnia. Ad Codices denuo collatos ed. Martinus Schanz. Vol. II fasc. 2. Charmides, Ladies, Lysis. Leipzig, Tauchnitz 1883. 8. VIII, 90 p. 2 mk.

Nr. 3. Literatur. 171

No. 46: IlyuxTtxa liyf iv 'A&qvnis ctQ^aiokoytxr/i iiaioiccg inu 'lavovaQiov 1882 f^f/Q1 Invovaoiov 1883. Ev'A&^vaig 1883. 8. 103 p. 3 taff. V. Robert.

No. 47: Wiih. Dilthey, einleitung in die geisteswissenschaften. Versuch einer grundlegung für das Studium der gesellschatten und der geschichte. 1. bd. Leipzig, Duncker <fe Humblot 1883. 8. XX, 519 p. 10 mk. 80 pf. J. Freudenthal Aug. Auffarth, die platonische ideenlehre. Berlin, Dümmler 1883. 8. IV, 123 p. 2 mk. 40 pf. E. Heitz. Karl Zettel, Theokrits humor. Dargelegt au charakteristischen stellen seiner mimischen und bukolischen dichtungen. Regensburg 1882/83. 8. 67 p (Progr.) E. Hiller. A. Gellii noctium Attica- rnm libri XX ex rec. et cum apparatu critico Martini Hertz. Vol. I. Berlin. Hertz 1883. 8. VIII, 448 p. 10 mk. //. J. Müller. - An- ton Jleyerhöfer, die brücken im alten Rom. Ein beitrag zur römi- schen topographie. Mit einer karte. Erlangen , Deichert 1883. 8. 96 p. 2 mk. H. Jordan. F. W. L. Schwarte, Prähistorisch -an- thropologische studien. Mythologisches und culturhistorisches. Ber- lin, Hertz 1884. 8. VIII, 520 p. 12 mk. Elard Hugo Meyer.

No. 48: F. Macci Ptuuti comoediae. Ptec. et enarrav. Ludov. Us- sing. Vol. IV pars II Pseudolum et Poenulum continens. Kopenha- gen, Gyldendal 1883. 8. VIII, 362 p. 10 mk. P. Langen. H. Matzat, römische Chronologie. I. bd. Grundlegende Untersuchungen. Berlin, Weidmann 1883. Xil, 354 p. 8. 8 mk. Wilh Soltau.

Neue Jahrbücher für philologie und pädugogtk, von A. Fleckeisen, CXXVII bd. 9 hft: 89. Das erste jähr des peloponnesischen krieges. Ein beitrag zur Chronologie des Thucydides, von H. Mül'er-Strübinq, p. 577-612. 90. Zu Horatius (Epist. 11, 2, 44) von K. Schwer ihg und F Hullsch, p. 612 614. 91. Die textüberlieferung der Niko- machischen ethik, von F. Susemihl, p. 615 621. 92. Anz. v. W. Engelmann: Bibliotheca scriptorum classicorum. 8. aufläge, neu be- arbeitet von E. Preuß. 2. abtheilung (Leipzig 1882), von R. Kluß- manu , p. 621 624. 93. Ein chorlied der Sophokl eischen Electra, von Th. P/üß, p. 625 630. 94. Pausanias und sein vertheidiger,

von G. Treu, p. 631 634. 95. Zu Aristophanes fröschen, (v. 1124), von A Drescher, p. 634 636. 96. Zu Valerms Maximus, von H. Wensky, p. 637 641. 97. Zu Tacitus Agricola, von E. Baehrens, p. 641—642. 98. Zu Martialis, von W. Gilbert, p. 643— 648. -— 99. Zu Tacitus annalen, (IV, 57) von K. Zacher, p. 648-649. - 100. Dif- ferentiae sermonum, von <S. Widmann, p. 649 652. 101. Zum iti- nerarium Alexandri , von H. Rönsch , p. 653 656. 102. Zu den scriptores historiae Augustae, von J. Gotisch, p. 656.

Literatur 1883, (dem Philologus und PhAnzeiger zugesandt).

Ovidii Nasonis , P. , Ibis ex novis codicibus edidit scholia vetera commentarium cum prolegomenis appendice indice addidit R. Ellis. Oxonii. LXIV, 204 p.

Matzat, Heinr., römische Chronologie. Erster band: grundlegende Untersuchungen. Berlin 1883. 8. 354 p.

Washietl, Io. Andr. , de similitudinibus imaginibusque Ovidianis. Vindobonae 1883. 8. (Diss.) 193 p.

Fraenkel, Arthur, die quellen der Alexanderhistoriker. Ein bei- trag zur griechischen litteraturgeschichte und quellenkunde. Breslau, J. U. Kern 1883. 8. 471 p. 12 mk.

172 Literatur. Nr. 3.

Beck, J. W., de differentiaruin scriptoribus latinis. Groningen 1883. 8. 90 p.

Ovid. Nasonis, P., carinina , edd. H. St. Sedlmayer, A. Zingerle, O. Güthliny. Vol. II. Metaniorphoses, ed. Antonius Zingerle. Lipsiae, Freytag 1884. 8. 1 mk. 25 pf. XXX, 334 p.

Ruete , E. , die korrespondenz Ciceros in den jähren 44 und 43. Historische dissertation zur erlangung der doctorwürde bei .... zu Straßburg. Marburg, Elwert. 8. 122 p.

Erdmann, M., zur künde der hellenistischen städtegründungen. Straßburg , Heitz. 4. 30 p. (Programm des protestantischen gyni- nasiums.)

Weck, F., beitrage zur erklärung homerischer personennamen. Metz. 4. 36 p. (Programm des Lyceums.)

Ilberg, J., Pseudippocratea. Dissertatio inauguralis , quam .... scripsit. Lipsiae. 8. 63 p.

Ausfeld, A. , über die quellen zu Rudolfs von Ems Alexander. Donaueschingen. 4. 14 p.

T. Macci Plauti Comoediae. Recensuit et enarravit J.L. TJssing. Vol. IV, p. 2. Pseudolum et Poenulum continens. Hauniae, Gyldendal. 8. VIII, 362 p.

Aristophanis Thesmophoriazusae. Recensuit A. von Velsen. Lips., Teubner. 8. VI, 88 p.

Poetae latini minores. Receusuit et annotavit Aemüius Baehrem. Vol. V. Lipsiae, Teubner. 8. 466 p.

Uistoricorum Romanorum fragmenta. Collegit disposuit recensuit Hermannus Peter. Lipsiae, Teubner. 8. XXVIII, 428 p.

Zink, M. , bischof Victors von Vita geschichte der glaubensver- folgung im lande Africa. Programm. Bamberg. 90 p.

The Alphabet, an account of the origine and development of letters by Isaac Taylor, M. A. , LL. D. 2 voll. London, Kegan Paul Trench and Comp. 8. XVI, 358, 399 p.

Delectus inscriptionum Graecarum propter dialectum memorabilium. Iterum composuit Paulus Cauer. Lipsiae, Hirzel. 8. IX, 305 p.

Der Gronovscholiast zu elf ciceronischen reden. Ueberlieferung, text und spräche auf grund einer neuvergleichung der Leydener hand- schrift dargestellt von dr. Th. Stanyl. Prag u. Leipzig, Freytag 1884. 8.

Reiffer scheid, Aug., Anecdotum Fulgentianum. (Index lection. un. Vratislaviensis per hiemem 1883/84 habendarum.) Vratisl. 4. 10 p.

Keil, Henr., oratio de jure ac ratione iustitutorum academicornm d. XII ~n. Martii habita. Hai. Sax. 4. (Index schob in un. Hai. p. h. MDCld .XXXII XIII habendarum.) 8 p.

Keil, Uenr. , emendationes Varroniauae. Hai. Sax. (Ind. schob in un. Hai p. h. MDCCCLXXXIII— IV habendarum.) 10 p.

Hillmanh de arte critica in Orphei Argonauticis factitanda capita duo. Lipsiae, Matthes. 8. 74 p. (Leipziger doctordissertation.)

Paucker , r , supp ementum lexicorum latinorum. Fase. 1 3. Berolini 1883. cJ 288 p. a 2 mk.

Biographi Graeci qui fb Hesychio pendent, rec. loannes Flach. Berolini 1883. 8. X, 150 p.

Jahrbuch, biographisches für alterthumskunde , hrsg. von Conrad Bursian. Fünfter Jahrgang 188.2. Berlin 1883. 8. 112 p.

Nicolai, Rudolf, geschichte der griechischen litteratur für höhere schulen und zum Selbststudium. (Auszug aus dem größeren werke des Verfassers.) Magdeburg, Hein 'chshofen 1883. 8.

Lyth, P. G., de usu praepositionis per apud Livium libri quattuor. Libri seeundi priorem partem de ptr cum temporalibus substantivis coniuneto. Holmiae 1882. 8. (Klemmings antiquariat.)

Nr. 4. April 1884.

Philologischer Anzeiger,

Herausgegeben als ergänzung des Philologus

von

Ernst von Leutsch.

33. Umbriea interpretatus est Franciscus Buecheler. Bonn, M. Cohn u. söhn, 1883. 8. 224 S.

Die grundlage zur entzifferung des Umbrischen , dessen gestaltung in den beiden letzten Jahrhunderten der römischen republik uns in den sieben, Opfervorschriften enthaltenden, igu- vinischen oder eugubinischen tafeln, theils im nationalen, theils im lateinischen aiphabet , in nicht unbeträchtlichem umfange er- halten ist, wurde bekanntlich durch Theod. Aufrecht und Ad. Kirchhoff in ihrem großen werke, Berlin 1849 51, gelegt. Ein weiterer fortschritt wurde durch Ed. H u s c h k e , Leipzig 1859, und Mich. Breal, Paris 1875, versucht, während eine größere zahl kleinerer beitrage sich besonders in Kuhns Zeit- schrift für vergl. Sprachforschung und in Corssen' s werken zerstreut finden. Gleichzeitig mit Breal begann Fr. Bücheier seine publicationen, die sich nach und nach auf sämmtliche sie- ben tafeln erstreckten und jetzt von ihm gesammelt, verbessert und durch die übrigen reste des Umbrischen ergänzt, herausge- geben sind.

Gewidmet ist das werk Herrn. Usener zu seinem 25jäh- rigen doctorjubiläum. Nach einem kurzen überblick über die bisherigen Veröffentlichungen und feststellung des Zweckes der arbeit folgen die alphabete der tafeln und einige Schriftproben. Dann giebt der Verfasser p. 1 27 den text der sieben tafeln, in der Aufrecht-Kirchhoff'schen reihenfolge , in lateinischer Um- schrift mit gegenüberstehender lateinischer Übersetzung , unten die nöthigen kritischen bemerkungen. Der commentar , auch in lateinischer spräche, beginnt mit der fünften tafel als der Philol. Änz. XIV. 13

174 33. Umbrica. Nr. 4.

leichtesten, die decreta fratrum enthaltend, p. 28 41. Es folgt die expiatio arcis oder montis lustratio, tafel I A und B bis z. 9 incl. in umbrischer schritt, ausführlicher in lateinischer schritt tafel VI A und B bis z. 47 incl. umfassend, p. 42 83. Die populi lustratio enthält tafel IB 10 bis schluß-tafel VI B 48 bis Schluß nebst tafel VII. Letztere ist offenbar die jüngste und der lateinische schriftcharacter nähert sich der Sullanischen zeit. Der commentar reicht von p. 84 119. Die zweite tafel, p. 120 149 enthält sacra instauraticia, februa, gentilicia; die dritte und vierte, p. 150 171 feriae arvales. Hieran schließen sich die sehr wenig zahlreichen Inscriptiones minores, darunter die münzinschriften von Iguvium und Tuder, p. 172 177.

Der summarische abriß der grammatik p. 178 201 um- faßt die laut- und formenlehre und die präpositionen. Sehr er- wünscht wäre eine wortbildungs- und suffix- lehre gewesen, die allerdings noch mit großen Schwierigkeiten kämpft. Den schluß bildet ein sorgfältiger Index verborum, dem eine anzahl von Me- morabilia angehängt ist.

Zunächst constatiren wir, daß kein anderer gelehrter durch umfassende kenntniß alles einschlägigen materials und langjäh- rige eingehende Studien auf dem gebiete der altitalischen spra- chen in gleicher weise wie Bücheier berufen und befähigt war, das umbrische entzifferungswerk fortzusetzen. Er hat denn auch über vieles noch dunkle eine fülle von neuem licht ausgegossen, sowohl sachlich durch heranziehung des mannichfachsten und oft entlegensten deutungsstoffes, theils aus den inzwischen erschlos- senen denkmälern, theils aus den nachrichten der alten, als auch sprachlich durch die scharfsinnigsten analysen und combinationen. Dadurch ist der allgemeine sinn der verschiedenen tafeln und abschnitte, der bisher für große theile des ganzen noch keines- wegs feststand, wohl durchweg gewonnen worden; von einem sicheren verständniß jedes einzelnen satzes und wortes und einer detaillirten durchdringung der erwähnten gegenstände und be- schriebenen handlungen aber, wie der sprachlichen stamme und formen, sind wir immer noch weiter entfernt, als oberflächliche kenntnißnahme der betreffenden forschungen sich denken mag. Täuschend wirkt in dieser hinsieht besonders die zur herstellung eines zusammenhängenden Übersetzungstextes für nothwendig er- achtete einfügung nicht weniger noch dunkler oder nur halb ver-

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ständlicher oder erratheuer Wörter in mehr oder weniger latini- sirter umbrischer urform in die lateinische Übersetzung. Wie der Verfasser selbst darüber denkt, zeigt sich p. 120, wo er richtig, nach Coluniella , bemerkt „überhaupt im leben sei es höchst werthvoll , wenn man erst erkenne , daß man nicht wisse, was man wirklich nicht weiß". Es ist ein nicht geringes nebenverdienst des buches, daß der commentar nach allen rich- tungen hin die noch vorhandenen lücken unseres wissens auf- deckt , eine menge von scheinwissen erschüttert oder beseitigt, und zahlreiche winke giebt, an welchen puncten die forschung neu anzusetzen hat, um die altüberlieferten oder neu gefundenen räthsel zu lösen. Trotz aller glänzenden entdeckungen und aus- gedehnten , wie tiefgehenden Untersuchungen der neuzeit steht unsere kenntniß des altitalischen religiösen, socialen, sprachlichen lebens doch noch in den ersten anfangen und selbst das vor- handene material ist noch keineswegs bewältigt. In der allsei- tigen anregung , die es giebt , ruht ein besonderer Vorzug des werkes. Deutlich zeigt es auch, wie die altitalischen Studien für die tiefere erfassung des römerthums von hohem werthe sind, indem sie den boden enthüllen, auf dem dasselbe erwachsen ist. Eine durchnähme und prüfung der einzelnen neuen deutun- gen und auffassungen bedarf längerer zeit , als bisher verflossen ist, und größeren raumes, als hier gewährt werden kann. D.

34. Babrius, edited with introductory dissertations criti- cal notes commentary and lexicon by W. Gunion Rutherford. London, Macmillan 1883. 8. CHI, 292 p. 12 sh 6 d. (Vol. I. der „Fabularum scriptores Graeci").

Der Verfasser des „neuen Phrynichus", der sich eben als feinsinnigen kenner der classischen gräcität bekannt gemacht hat, überrascht uns nach kurzer pause mit einer reichhaltigen aus- gäbe des Spätlings Babrius. Auf eine knappe vorrede folgen p. IX CHI vier einleitende abhandlungen mit anhängen, p. 1 131 text, kritische noten und commentar, schließlich ein lexi- con nebst andern indices.

Das erste capitel der einleitung („Babrius") enthält sach- liche notizen über den dichter, insbesondre über seine lebenszeit und metrische kunst. Rutherford giebt hier durchweg, bis in einzelheiten hinein , die vom ref. {de Babrii aetate, Leipz. stud.

13*

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IL p. 164 sqq.) entwickelte ansieht wieder, nach der Babrius als ein griechisch schreibender Römer aus dem anfang des drit- ten Jahrhunderts nach Chr. zu betrachten ist. Doch ist die be- ziehung des ' AXs^apÖQog prooem. II 1 auf Alexander Severus („beyond disput" Rutherford p. XXIII) nun doch fraglich gewor- den durch die scharfsinnige Untersuchung K. J. Neumann's Rhein, mus. XXXV. p. 301 ff., welche Rutherford übersehen zu haben scheint. Hiernach wäre mit jenem ' Al&luvdQO^ vielmehr Cara- calla gemeint, mit seinem söhne Elagabal.

Das zweite capitel bringt eine zwar skizzenhafte, aber licht- volle und anregende geschichte der griechischen fabel. Vor al- lem dankenswerth ist die übersichtliche Zusammenstellung der wichtigsten Zeugnisse. Was ref. a. a. o. geboten hat, findet er hier meist verwerthet1). Ein kräftiges wort spricht Rutherford p. XLIX gegen die unmethodische art , mit der man über die herkunft der fabeln abzuurtkeileii pflegt. Doch geht sein skep- ticismus vielleicht zu weit. Durch eine sorgfältige Statistik der fabelstoffe dürfen wir wohl noch zuverlässigere kriterien kennen zu lernen hoffen, als die sind, mit denen man bisher zu operi- ren wagte. Sehr gespannt darf man sein auf die ausführungen, die Rutherford im nächsten bände seines werkes über diese fra- gen zu geben verspricht.

Die darstellung der spräche des Babrius im dritten capitel geht aus von einer treffenden Charakteristik des hellenistischen idioms und tritt den von A. Funck übersetzten einleitenden Un- tersuchungen im ,, neuen Phrynichus" [growth of the Attic dialect) ebenbürtig zur seite. Zu bedauern ist , daß sie nicht zugleich mit jenen dem philologischen publicum Deutschlands zugänglich gemacht werden konnte.

Mit der geschichte des textes (viertes capitel) wird eine in- struetive einleitung in die kritik des Babrius gegeben. Doch ist die cardinalfrage nach dem Verhältnis der beiden ausgaben (resp. bücher) nicht gefördert; ref. denkt an anderer stelle dar- auf zurückzukommen. Die sorgfältige und mit methodischer schärfe

1) P. XL bringt Rutherford die hypothese, daß die Jixa/Liv9icc des Nikostratos quelle des Babrius gewesen sei mit der Schlußbemerkung „See also Rhodius (!), Rom. p. 326 adu. 1". Es ist E. Rohdes buch über den griechischen roman gemeint. Richtiger wäre verwiesen auf des ref. abhandlung ,,de Babrii aetate" p. 228 sq., aus welcher die hypothese, wie das lateinisch gefasste citat entlehnt ist.

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geführte Untersuchung' über werth und Verhältnis der wichtig- sten textquellen führt zu resultaten , welche von den aufstel- lungen Knöll's wesentlich abweichen.

In der annähme von interpolationen geht Rutherford noch erheblich weiter als seine Vorgänger. Die mit den fabeln nicht zusammenhängenden versificierten epimythien hatte schon Eber- hard mit recht durchweg als interpoliert bezeichnet. Rutherford bezweifelt p. LXXXVIII nun auch viele jener fälle, wo eine lehre oder sentenz in den schluß der fabel selbst verwebt ist, meist so , daß sie von einer handelnden person ausgesprochen wird. Hier kann ref. dem verf. nicht überall folgen. So glaubt er, daß fabel 104 durch Streichung der beiden letzten Zeilen ge- radezu verstümmelt wird; weniger würde man die schon von Eberhard bezweifelten verse fab. 33 vermissen , aber auch die Phädrusparaphrasen (Romul. p. 90 Oesterl.) bieten eine ganz ähnliche schlußwendung (vgl. de Babr. aet. p. 207). Warum man 63, 12 als „manifeste a Christiano epimythiasta profectum" betrachten soll , vermag ref. gleichfalls nicht abzusehen. Mit dem Schlüsse von fabel 31 wird dem dichter ein hübscher, dem heldenepos nachgebildeter zug geraubt; fab. 42 ist in den (bisher noch nicht recht erklärten) letzten versen gerade die pointe enthalten , wie ref. in den „Studien zu Babrios" (Fleck- eisen's Jahrbücher 1883 p. 244 f.) nachzuweisen versucht hat. Ebenso liegen fabel 79. 86. 95. 102. 134 keine geradezu zwin- genden verdachtsgründe vor. Berechtigter erscheint die schon von Eberhard vorgenommene athetese fab. 22 und 98 (wo aber die doppelinterpolation den echten ausgang verdrängt haben wird). Eine gleich erhebliche anzahl von versen streicht Rutherford p. LXXXIX in den fabeln selbst,' mit recht überall, wo er an Eberhard sich anschließt, ferner besonders 64, 8 2) und vielleicht prooem. I. 3 5 3). In manchen andern fällen kann ref. nicht beistimmen. Fab. 12 v. 14 f. glaubt er durch Umstellung hinter den von Rutherford gleichfalls ausgemerzten , aber mit leichter

2) Von den beiden parallelversen 8 und 9 strich Lachmann viel- mehr 9; aber bei Rutherford 's annähme erklärt sich die entstehung der interpolation besser (aus falsch verstandenem zai [= auch.])

3) So schon Lachmann , der aber vers 6 das wiederholte xQvßs^ corrigierte: dies entspricht aber, wie auch Rutherford bemerkt, ganz dem saloppen stil des Babrius und seiner Zeitgenossen : vgl. ,,de Babr. aet." p. 201.

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änderung zu corrigierenden v. 174), fabel 52, 3 und 131, 16 durch richtige erklärung hinreichend gerechtfertigt zu haben.

Rutherford verwirft aber auch mehrere ganze fabeln als un- babrianiscb. Sein hauptkriterium leitet er ab aus der erwägung, daß Babrius seine Sammlung einem kinde gewidmet habe , für welches obscönitäten , wie sie fabel 48. 54. 110. 116 geboten würden, unpassend seien. Gleich unpassend erscheinen dem ref. von diesem gesichtspunkt aus verschiedene gegen die herkömm- liche götterverehrung gerichtete stücke. Aber der BQtiy%og des ersten proömium's war wohl lediglich eine fingierte person (de Babr. aet. p. 1542), und dann kann er bei diesen fragen nicht ernst- lich in betracht kommen. Dem im zweiten proömium angerede- ten prinzen aber werden allerlei gelehrte notizen über natur und herkunft der fabel mitgetheilt, wie wir sie in den rhetorisch-so- phistischen handbüchern zu lesen gewohnt sind (ib. p. 229); er wird also sicher das Jünglingsalter erreicht haben ; nach Neu- mann ist es Elagabal unmittelbar vor seiner ernennung zum kaiser. Ref. glaubt nicht, daß man in diesen kreisen gar zu strenge anschauungen von Sittlichkeit und schicklichkeit hatte, kann also den f olger ungen Rutherford's nicht beistimmen. Merk- würdig ist es nur, daß sich derartige elemente in der Jahrhun- derte lang als Schulbuch benutzten athoischen recension erhalten haben, gerade wie bei Phädrus.

Das zweite kriterium (p. XCI), was aber nur in einem falle zur stütze des ersten dienen kann (fabel 116), ist formeller na- tur : eine kürze als schlußsilbe des verses. Babrius pflegt aller- dings als gegengewicht gegen den sprachaccent auf der vorletz- ten silbe die (nach meiner ansieht mit dem versictus versehene) letzte silbe zu längen (de Babr. aet. p. 1651. 194). Aber man wird weder Wörter wie rjtig und monsQ am Schlüsse beanstanden dürfen, da ihr zweites element schon wegen seiner ursprüngli- chen Selbständigkeit schwerer wiegt, noch nominal- und verbal- endungen mit den volleren vocalen o und a (Eberhard); das flüchtige s findet sich nie, außer in dem völlig verstümmelten fragment 141. Obendrein ist es sehr wohl denkbar, daß Ba- brius hierin in den beiden zu verschiedenen zeiten verfaßten

4) Rutherford meint hier allerdings „quid velit Crusii coniectura [At) ßivov viro sobrio non liquet" (eine öfter gebrauchte wendung). Ref. kann auf die „Studien zu Babr." a. a. o. p. 236 verweisen , wo die stelle eingehend behandelt ist.

Nr. 4. 34. Babrios. 179

und in der athoiscben recension durcheinander geworfenen Samm- lungen nicht völlig gleichmäßig verfahren ist.

So wird man ein vereinzeltes vorkommen jener kürzen kaum als instanz gegen die echtheit der betreffenden nummern anfüh- ren dürfen. Ref. hält daher, trotz der scharfen äusserungen Ru- therford's, auch fabel 106 immer noch für babrianisch und ist nach wie vor der meinung, daß sie sich, wie die meisten auf das Verhältnis von löwe und fuchs bezüglichen , durch märchen- haft-ausführliche darstellung auszeichnet und der perle der gan- zen Sammlung, der erzählung vorn hirsch ohne herz (95), im tone ganz nahe steht.

Die textconstituierung im einzelnen beruht auf einer neuen collation des Athous. Die handschriftlichen lesarten haben aber nur an schwierigen stellen aufnähme gefunden in den critical notes unter dem texte ; das gros wird p. XCIII ff. mitgetheilt, jedoch nicht nach der reihenfolge der fabeln geordnet, sondern nach corruptel-classen gruppiert. So lehrreich diese Zusammen- stellungen sind , so sehr ist damit den „raore minute scholarsu (p. XCVII) die feststellung der urkundlichen lesart in jedem einzelnen falle erschwert. Und wer weiß, wie mancher von Ru- therford stillschweigend corrigierter „Schreibfehler" nicht doch noch anlaß zu weiteren fragen geben wird ! Ref. kann dies von der herkömmlichen art abweichende verfahren nicht für nach- ahmungswerth halten.

Der text steht im ganzen der Überlieferung näher, als der Eberhard'sche, von Gitlbauer zu schweigen. Etliche emenda- tionen erwiesen sich als lesarten des Athous (z. b. 95, 45) und an nicht wenigen stellen wird das überlieferte vertheidigt, wohl meist mit recht (so 36, 2. 77, 1; zweifelhaft 115,4. 156, 3). Die von anderen gebotenen Verbesserungsvorschläge sind mit gesundem urtheil und sicherem takte benutzt ; eine stattliche reihe neuer vermuthungen zeugt von eindringendem Scharfsinn und einem gut geschulten talente für conjectural-kritik. Doch scheinen Rutherford's änderungen dem ref. kaum nöthig 97, 12. 107,3-, unsicher oder bedenklich 99, 3. 107, 7. 128, 7. 131,4. 132, 3. 134,4 (gegen eine beobachtung Lachmann's) 135, 10; gar zu kühn 70, 2 ff. 5). Sehr ansprechend wird emendiert prooem. I

5) Ist v. 3 für das glossem üq^i; (anders Rutherford) vielleicht iis civ zu lesen = „niemand"?

180 34. Babrios. Nr. 4.

18, fab. 21, 5. 27, 2. 52, 1 6) 59, 10. 107, 10, evident 34, 8 (^sr) 91,4 («»tr) 129, 5 (äAfT^sJco)).

Die kritischen noten sind lateinisch geschrieben. Gerade für die textkritik bietet das neu-latein eine knappe, scharf ge- prägte terminologie, welche man immerhin auch neben einer mo- dernen spräche anwenden mag. Aber Rutherford macht sich diese vortheile keineswegs zu nutze. Seine darstellung ergeht sich in behaglicher breite und er kann sich nicht versagen, allerhand muntre ein- und ausfälle an den mann zu bringen (vgl. zu fabel 8. 29. 31, 19 = 49, 15. 75, 6). Derartiges liest sich in sei- nem schneidigem englisch denn doch besser, als in seinem „no- tenlatein". Auffällig ist die stereotype Wiederholung von lieblings- wendungen, wie viro sobrio liquet, supra solitum, non sine fiducia.

Der englisch abgefaßte exegetische theil des commentars trägt einen durch und durch individuellen Charakter. Ueberall spricht der Verfasser des neuen Phrynichus zu uns , der sein werk verbessert und ergänzt und uns blicke thun läßt in seine reichen Sammlungen zur geschichte des attischen verbums. Ei- nige noten sind geradezu kleine sprachgeschichtliche monogra- phien geworden (vgl. zu 1, 6. 2, 6. 7, 15 u. s.w., am breitesten wohl 50, 6. 86, 10). So werthvoll diese bemerkungen sein mögen, so stehen sie hier doch schwerlich am richtigen orte. Die eigent- liche erklärung des dichters tritt ihnen gegenüber zu sehr in den hintergrund. Unwahrscheinlich scheint dem ref. Rutherfords Übersetzung von 12, 4; sie ist 131, 6, wo dieselbe gespreizte phrase wiederkehrt, jedenfalls nicht zulässig.

Der ton der commentare hätte hie und da wohl ohne schaden für die sache weniger herb und derb sein können (75, 6. 95, 9).

Beigegeben ist ein Lexicon totius graecitatis Babrianae von H. Duff. Völlig abschließend und erschöpfend kann es jedoch nicht genannt werden, trotz seines titeis. Es fehlen die gebräuch- lichsten partikeln, wie *ai de yÜQ, für deren richtige lexikalische behandlung in neuerer zeit mehrfach mustergültige beispiele ge- geben sind. Ferner ist die urkundliche Überlieferung nicht überall gleichmäßig berücksichtigt. Ref. vermißt z. b. ö[it]gsv(a, was 39, 4 erste lesart des Athous ist und erst von Rutherford durch das beigeschriebene eiqtjvsvg) (mit falschem spondeus) er- setzt wurde. Ebenso fehlen, gegen die sonstige praxis des ver-

G) Aehnlich ref. „Stud. z. Babr." a. a. o. p. 246 anm. 51.

Nr. 4. 35. Timaios. 181

fassers, die worte aus etlichen nach Butherford interpolierten Ver- sen (z. b. 3, 2. 131, 16, der wohl habrianisch ist). Doch kön- nen solche kleine ausstellungen den dank nicht verkürzen , den wir dem verf. für diesen mühevollen beitrag zur „scientific lexi- cography of the Greeh langnage" (ß. p. VII) schuldig sind.

Der druck des buches ist correct 7) und geschmackvoll, die ganze ausstattung hat jenen charakter solider pracht , den man an Londoner publicationen gewohnt ist.

In einem zweiten bände verspricht Verfasser die prosapara- phrasen zu veröffentlichen. Hoffentlich wird er auch den grund legen zu einer urkundlichen ausgäbe und textgeschichte der von Babrius unabhängigen Sammlungen, auf die wir in Deutschland bisher vergebens gewartet haben. Möchte ref. in diesen blättern recht bald über den fortgang des in mehr als einer hinsieht wichtigen und verdienstlichen Unternehmens berichten können.

O. Crusius.

35. Clasen, Christian, historisch-kritische Untersuchungen über Timaios von Tanromenion. Kiel, Lipsius u. Tischer, 1883. 97 p. 8. 2 mk. 40 pf.

Den äußeren lebensgang des Timaios berührt der verf., da über ihn alles nöthige bereits festgestellt sei , nur ganz im vor- übergehen, Auch auf die frage nach der gestaltung seines ge- schichtswerks läßt er sich nicht näher ein. In dieser beziehung schließt er sich im wesentlichen an die ergebnisse der von J. Beloch in den Neuen Jahrbüchern für klass. philologie bd. 123 (1881), p. 697 706 veröffentlichten Untersuchung an und sucht (p. 6 f.) nur das, was er die „italische geschichte" des Timaios nennt, noch etwas näher zu bestimmen. Seine eigentliche auf- gäbe erblickt er in dem versuch zur lösung des offen zu tage liegenden Widerspruchs dazwischen , daß einerseits Timaios sich als einen mann von höchster frömmigkeit und streng sittlicher le- bensanschauung darstelle und von mehreren antiken Schriftstel- lern mit hohen lobsprüchen bedacht, von sehr vielen in weitge- hendster weise benutzt , andrerseits aber auch , namentlich von Polybios, auf das heftigste angegriffen werde. Das rechte mittel

7) Von druckfehlern sind dem ref. noch aufgefallen : p. XIX anm. 2(8chr. vaQ&r]%); p. LXXV anm. 1 (sehr. Trier); p. 18 crit. not. zu V. 17 (sehr, /uij); p. 189 sp. 2, z. 15 (sehr. 3 9, 9) ; p. 192,1,1 (sehr. "Slaie).

182 35. Timaios. Nr. 4.

zur erreichung dieses ziels findet er in einer durchgängigen prü- fung der von Timaios herzuleitenden Überlieferung auf ihren thatsächlichen werth hin und verhehlt dabei von vornherein nicht, daß diese auf eine ganz wesentliche beschränkung jener abfälli- gen, auch in die moderne anschauung nur zu sehr übergegan- genen beurtheilung hinauszukommen haben werde.

Nach dieser formulirung der frage gestaltet sich die arbeit im ganzen zu einer fortlaufenden, vor allem gegen Polybios ge- richteten antikritik. In diesem sinne wird zunächst (p. 10 f.) zusammengestellt, was sich aus den unter Timaios' namen er- haltenen fragmenten selbst über ziel und methode seiner for- schung entnehmen läßt, wird ferner der Vorwurf mangelhafter geographischer kenntnisse (p. 11 ff. ) ? der Vorwurf der tadelsucht und gehässigkeit ebensowohl gegenüber historischen persönlich- keiten wie gegenüber seinen Vorgängern auf dem gebiete der geschichtschreibung (p. 18 ff.), endlich derjenige der deisidaimo- nie (p. 38 ff.) geprüft, wobei zugleich der auf die älteren zeiten bezügliche theil der timäischen tradition erledigt wird. Hierauf werden gruppenweise (p. 45 56 „die sicilische expedition"; p. 57—71 „Dionysios I. und II., Dion" ; p. 72 ff. „Timoleon") die ereignisse der späteren zeit in entsprechender weise beleuchtet. Der verf benutzt hier in weiterem umfange, als bis dahin, nicht bloß die unter dem namen des Schriftstellers überlieferten frag- mente, sondern auch die umfassenderen partien timäischen ma- terials, die anderweit sich als solche erkennen lassen. Hinsicht- lich der letzteren kann er mit seinen darlegungen zum guten theil auf den bereits von andern gefundenen resultaten fußen, zum theil aber, so besonders in dem abschnitt über Timoleon, schafft er sich selbst erst durch eingehendere quellenkritik die erforderliche basis dafür. Betreffs der sicilischen expedition um seine ansichten in aller kürze zu skizziren hat Timaios in der hauptsache aus Thukydides, Philistos, vielleicht Kleide- mos, jedenfalls auch aus Ephoros geschöpft und so ein bild der thatsachen hergestellt, welcheö bei mehrfachen einseitigkeiten doch keineswegs die dagegen gerichteten einwürfe verdient. In der darstellung Dionysios' I., die bei Diodor zum großen theil noch vorliegt, zeigt sich Timaios als gegner desselben, ohne daß jedoch in den von ihm überlieferten thatsachen als solchen eine bewußte entstellung zu finden wäre. Dionysios II. wird von

Nr. 4. 35. Timaios. 183

ihm in etwas günstigerem lichte dargestellt, von Dions charakter und Wirksamkeit gab er ein bild, welches ansprach auf den na- men der Zuverlässigkeit und Unparteilichkeit erheben kann. Für Timoleon benutzte den Timaios, die hauptquelle für die kenntniß dieser geschichtlichen episode überhaupt, am ausführlichsten und genauesten Plutarch, und zwar schon für die ereignisse vor der abfahrt nach Sicilien ; von da an bis zu dem gefecht bei Hadra- non that es auch Dioclor, um, nach einer aus Theopomp entlehn- ten partie , vom beginn des karthagischen kriegs an abermals mit Plutarch jenem ersteren zu folgen. Die biographie bei Cor- nelius Nepos ist ein auszug aus Timaios. Dieser hat nun, das wird zugegeben, den Timoleon allerdings in mehrfacher hinsieht weit über gebühr erhoben, und das herrschende vor allem durch Plutarchs darstellung beeinflußte urtheil über den letzteren wird entschieden zu modificiren sein. Betreffs des Agathokles haftet auf Timaios von alter zeit her gerade der entgegengesetzte Vor- wurf, und daß er leidenschaftlich gegen denselben aufgetreten ist, wird nicht in abrede gestellt werden können ; daß er aber zu Ungunsten desselben die thatsachen als solche entstellt habe, ist in ermangelung ausreichenden materials mindestens nicht zu erweisen. Für seine darstellung des Pyrrhos fehlt überhaupt jede unterläge.

Gewiß hafteten also das stellt sich als Schlußresultat heraus an Timaios mehrere der ihm vorgeworfenen fehler ; aber sie erklären sich leicht theils aus der rhetorisirenden rich- tung der geschichtschreibung seiner zeit, theils aus seinen per- sönlichen anschauungen und aus den wechselfällen seines lebens. Andrerseits sehen wir in ihm einen mann von edler moralischer gesinnung, durchdrungen von tiefem religiösen ernst und hoher patriotischer begeisterung, einen historiker von reiner Wahrheits- liebe und idealer auffassung seiner aufgäbe. Die thatsachen selbst erzählte er getreu, wie sie überliefert wurden, aber in der Interpretation derselben folgte er zu oft und zu leicht seiner subjeetiven neigung. Anerkennung hat schon von alters her sein fleiß in der Sammlung des materials gefunden. Wenn er nicht gerade bemerkbar ins praktische staatsieben eingegriffen hat, so ist er doch auch nichts weniger als ein bloßer Stubengelehrter in unserm sinne gewesen. Er hat seine quellen mit selbständi- gem urtheil verwerthet, durch reisen und durch das Studium von

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Urkunden und denkmälern sie controlirt und seinen anschauungs- kreis erweitert; durch seine chronologischen forschungen bezeich- net er geradezu eine neue epoche der griechischen geschicht- schreibung. Jedenfalls bedeutet, was von ihm verloren gegangen ist, einen unersetzlichen verlust.

So etwa der Verfasser. Soweit nun seine arbeit sich im geleise der zeitüblichen quellenuntersuchungen bewegt, sei hier nicht näher darauf eingegangen. Für die hauptmasse des Stoffs, der dabei in betracht kommt, stand doch, wie er auch selbst anerkennt, das wesentliche bereits fest. Einer kräftigeren Her- vorhebung von Volquardsens verdienst um die angelegenheit würde ich persönlich gern begegnet sein ; gewiß ist von dessen aufstellungen einiges zu beschränken, sonst aber ist von solchen, denen er doch erst die bahn eröffnet hatte, weit über gebühr daran gemäkelt worden. Wo der verf'., dem übrigens auch nicht etwa ungerechter weise das letztere nachgesagt sei , über jenen feststehenden stamm hinausgeht, ist seinen ausführungen , soweit sie wirklich neu sind, überwiegend der grad von probabilität zuzugestehen, der meines erachtens in solchen dingen überhaupt das höchste erreichbare ziel darstellt. Für das übrige, was da- runter zur zeit noch nicht einbegriffen werden kann, trösten wir uns damit, daß es einstweilen unter der ihm gegebenen beleuch- tung im verein mit dem andern ein ganz annehmbares bild bie- tet, — - bis einmal der nächste kommen wird , der das kaleidos- kop dreht, und durch eine neue gruppirung der trümmerstücke sicherlich ein in seiner art auch wieder ansprechendes bild er- zielen wird. Anerkennung verdient, daß der verf. in bezug auf die uns vorliegenden Schriftsteller nicht unbedingt der einquel- lentheorie huldigt und eine richtige ahnung von dem umsetzungs- proceß hat, welchem das material der Überlieferung auf dem wege von den primärquellen bis zu der niederschrift durch jene unterliegen konnte, wenn auch nicht in jedem falle oder immer in gleichem grade unterliegen mußte. Und daß nach allen Un- tersuchungen der hier berührten art gerade erst noch der we- sentlichste theil der aufgäbe von der sachlichen kritik zu erle- digen ist, diese anschauung und der versuch ihrer durchführung bildet ja das recht eigentlich charakteristische merkmal seiner arbeit.

Betrachten wir sie unter diesem gesichtspunkt, so werden

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wir anerkennen müssen, daß der verf. einen sehr richtigen ge- danken gefaßt hat, jedoch nicht ohne hinzuzufügen, daß derselbe noch eindringlicher hätte erfaßt und strenger durchgeführt wer- den mögen.

Ich lege kein allzuhohes gewicht auf äußerlichkeiten und einzelheiten , deren ich doch zu meiner rechtfertigung hier auch einige anführen muß. Die schrift ist wenig übersichtlich gestal- tet, was sich mit rücksicht auf ihren umfang doch störend be- merklich macht; die drei von p. 45 an eingestreuten kapitel- überschriften helfen dem durchaus nicht hinreichend ab. Recht sachgemäß wäre es gewesen , was nur zu häufig unterlassen ist, den behandelten Timaiosfragmenten jedesmal auch die nummer der nun einmal zur zeit noch recipirten Müllerschen Sammlung , den anfuhrungen aus neueren Schriftstellern das ge- naue citat beizufügen8^ Der verf., dem alles das freilich leben- dig vor der seele steht , sollte doch nicht bloß auf den engsten kreis der eingeweihten reflectiren. Diese kennen sich zwar schon aus , bekommen aber immerhin eine überflüssige mühe auferlegt, und für den fernerstehenden bleibt jedenfalls manches unver- ständlich, geht also die beabsichtigte Wirkung zum nachtheil des Verfassers selbst und seiner sache verloren. Auch die correct- heit des drucks läßt mehrfach zu wünschen übrig 9).

In sachlicher hinsieht möchte ich in dieser Verbindung ein- spruch erheben z. b. gegen den versuch (p. 6 f.j, der „italischen geschichte" eine Stellung als einem abgesonderten bestandtheil innerhalb der ' Iotoqi'ui oder neben denselben anzuweisen. Der- selbe ist ebenso unbegründet, wie die in Verbindung damit ent- wickelte anschauung von der behandlung der römischen geschichte

8} Z. b. p. 16, z. 10 1.: „Beloch a. a. o. p. 704", auch kommt die- sem nicht sowohl fr. 34, als fr. 55 in betracht; p. 17, z. 6 v.u. (text), wo der verf. selbst die fragmentnummer einzusetzen beabsichtigte, fehlt sie; p. 29, z. 2 v. u. (text) fehlt das citat zu „Unger"; p. 37 anra. 1 1.: „VoLquardsen p. 92 f."; p. 57 anm. 1 zu ende ist „und 120'' unverständlich; desgl. p. 69, z. 3, wo man 1.: „Pfalz, M., Dion. etc., Chemnitz (Progr.), 1877, p. 19 sqq."; p. 70, anm. 1, z. 8 v. u. 1.: „Mül- ler p. 8"; p. 80 z. 5 1.: ,.Volquardsen p. 99" u. dgl. m.

9) p. 5, anm. 3 1.: „Gumbinnen 1851"; p. 16, z. 3 1.: „fr. 32— 34"; p. 22, z. 8 v. u. (anm.) 1.: „Freiburg"; p. 27, z. 11 1.: „(XII, 4 a)"; p. 30, anm. 2 1. : „91 a" statt 91, auch der unmittelbar darauf ge- brauchte ausdruck „öfter" beruht wohl auf einem versehen; p. 31, z. 5 1.: „1346 (1349)"; p. 42, z. 11 „ngcggTjai^- p. 52, z. 9 „än^aria" ; p. 75, z. 3 „dvväoTai" ; p. 76 , z. 9 u. 8 v. u. xutaGigaTtjyrjd-syitg11 u. dgl. m.

186 35. Timaios. Nr. 4.

durch Timaios innerhalb jener. Weiter ist es methodisch sicher- lich nicht richtig, wie es p. 13 unten geschieht, hinsichtlich der zahl der Rhonemündungen (denn um sie, nicht um die durch ein unliebsames versehen genannten Pomündungen handelt es sich) zwar anzuerkennen, daß der verschiedenen tradition ein zeitweilig verschiedener Sachverhalt zu gründe gelegen haben könne, dann aber immer noch die frage zu discutiren , ob nicht doch schließlich Timaios eigentlich recht, Polybios unrecht ge- habt habe, zumal da dem ersteren diese und jene anderweitigen, späteren schriftsteiler gefolgt seien ; wobei obendrein in mecha- nischer herübernahme der von Müller zu fr. 38 gegebenen ci- tate 10) betreffs dessen, was Plinius (III, 4, 33) wirklich giebt, ein irrthum unterläuft (für den stand der sache sei der kürze halber auf Müllenhoff, Deutsche alterthumskunde I, p. 197 f. ver- wiesen). Aehnliches ist dagegen einzuwenden, wenn p. 21, z. 6 ff. der Schluß auf die annehmbarkeit einer timäischen etymo- logie darauf basirt wird, daß eben in dem betreffenden Zusam- menhang Timaios „im gegensatz zu andern historikern als au- torität genannt werde", oder wenn p. 26 die frage betreffs Phlegra einer betrachtung unterzogen wird , als könne es sich hier noch um etwas anderes handeln , als einfach um die feststellung der geschichte der tradition. Die sache mit den Sikanern (p. 23) steht keineswegs so einfach, wie der verf. meint. Der p. 31, z. 11 f. monirte Widerspruch ist nicht vorhanden, schon weil nach Timaios Aeneas gar nicht der gründer Roms ist. Darüber, wie über einiges weitere, was Timaios und seine bedeutung anlangt, hätte der verf. an verschiedenen stellen im ersten band meiner geschichte der Karthager, wo der von Timaios behandelte stoff zu einem großen theil eingehend zu behandeln war , einige hin- weise, bez. ausgangspunkte zu weiteren Untersuchungen, gefunden. Doch möchte ich begreiflicherweise gerade hierbei nicht länger verweilen , außer etwa um nochmals den hinweis auf die eigen- thümliche bedeutung zu wiederholen, welche Timaios dem grün- dungsjahr Karthagos für die fixirung anderweitiger chronologi- scher bestimmungen zuwies. Gerade in dieser beziehung , wo

10) Entsprechend ist p. 16, z. 3 f. mit einer von Müller zu fr. 37 (so ist in anm. 1 zu lesen, wo auch noch das citat aus Niebuhr der verification bedürfte) leichthin aufgestellten ansieht und ihren unterlagen verfahren, wo doch eine nachprüfung recht am platze ge- wesen wäre.

Nr. 4. 35. Timaios. 187

noch eo manches zu eruiren sein müßte, thut der verf. überhaupt kaum mehr als die bekannten allgemeinen lobsprüche auf seinen autor, so wie sie schon vom alterthum her überliefert sind, zu wiederholen. Aebnlich hat er es sich um von Pyrrhos zu schweigen doch mindestens betreffs der auf Agathokles be- züglichen partie des timäischen geschichtswerks etwas zu leicht gemacht; hier wollte vor allem die läge nach der durch A. Enmanns Untersuchungen über die quellen des Trogus Pompeius ihr zuletzt gegebenen gestalt geprüft sein. Ich erwähne zum Schluß noch in dem hier verfolgten Zusammenhang, daß p. 75, anm. 1 statt der aufzählung griechischer benennungen der ari- stokraten vielleicht passender die bemerkung gestanden hätte, eine umsichtige beobachtung des gebrauchs solcher ausdrücke, z. b. bei Diodor, könne möglich er weise hier und da nützliche fingerzeige in der quellenfrage geben, endlich daß mit der p. 45 ausgesprochenen , sehr berechtigten warnung gegen übereilte Schlüsse aus dem vorkommen wunderbarer thatsachen auf Ti- maios als quelle einige spätere äußerungen (p. 77. 82. 86) nicht völlig harmoniren.

Desiderien solcher art erheben sich schließlich wohl gegen- über jeder arbeit; die vorstehenden werden manchem noch einer ergänzung bedürftig erscheinen, bei anderen auch selbst wieder einsprach finden. In der that scheint mir gerade im vorliegen- den falle das urtheil vor allem davon abhängig zu sein, wie die gesammtaufgabe zu stellen war und vom verf. erfasst ward, und in dieser beziehung möchte ich die oben gethane, nicht allseitig und unbedingt anerkennende äußerung noch in der kürze zu be- gründen versuchen,.

Timaios bedarf keiner „rettung" : dieser Standpunkt aber ist es, über den der verf. im ganzen nicht hinauszukommen ver- mocht hat. Er thut das ist anzuerkennen besseres und begründeteres als die , welche ausgerüstet mit den bekannten, auf ihren Ursprung hin nicht weiter untersuchten schlagworten von dem 'Enm'paiog und der rQaoovW.SKTQta und mit einer für diesen bedarf merkwürdigerweise allemal vorhandenen Überzeu- gung von der urtheilsfähigkeit des Polybios unter dem jeweili- gen eindruck dieser oder jener Überlieferungsgruppe timäischen Ursprungs, die ihnen irgendwie in den weg tritt, über ihren Ver- treter nur allzuleicht das übliche verdict fällen; aber er bleibt

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doch im wesentlichen auf derselben höhe stehen, wie sie. So kommt der leser, bei aller guten absieht des Verfassers und bei aller richtigkeit zahlreicher unter seinen feststellungen, doch über den eindruck des feilschens um einzelheiten nicht recht hinaus. Timaios bedarf vor allem oder soll ich richtiger so sa- gen — nur einer sachgemäßen darstellung. Daß es , um das material für eine solche zu erreichen, nothwendig ist, weit über den kreis der unter seinem namen überlieferten fragmente hinaus- zugreifen, hat der verf. richtig gefühlt. Nur würde diese thä- tigkeit einen noch viel größeren umfang annehmen müssen , als es bei ihm der fall ist, und sie würde ihn mit überraschendem erfolg annehmen können. Mir schwebt seit jähren der plan vor, vor allem einmal zusammen drucken zu lassen, was noch auf Timaios zurückzuführen ist, und es würde das voraussichtlich einen ganz stattlichen band ergeben, ein bild, nicht lücken- hafter, sondern vielleicht noch vollständiger , als wie wir es für manchen andern schriftsteiler besitzen, über den wir wunder wie gut unterrichtet zu sein und urtheilen zu dürfen glauben. Die frage über die anordnung dieses Stoffs, die bisher überwiegend das interesse der bearbeiter in anspruch nahm , würde dabei selbstverständlich auch ihre berücksichtigung zu finden haben, doch schließlich nur eine mehr untergeordnete rolle spielen. Persönlich bin ich in dieser hinsieht der Überzeugung , daß in der von Beloch mit genialer intuition gezeigten richtung die lö- sung zu finden sein wird, wenn auch einige der von Holm im 28. bände des Jahresberichts f. d. klass. alterthumswissenschaft, p. 159 f., erhobenen einwände die vollste beachtung verdienen. Uebrigens spreche ich von der interessanten und in jeder bezie- hung überaus lohnenden aufgäbe hier als von einer solchen, di€ ich selbst in absehbarer zeit doch nicht durchführen könnte und somit gern in anderen , wohl auch noch besseren händen sähe Wer an sie geht, müßte allerdings, wenn seine bemühung die rechte frucht tragen soll, an umsieht und vorsieht es nicht feh- len lassen, möchte am liebsten schon auf weiteren gebieten, ah sie die übliche arbeitsmethode in angriff zu nehmen liebt, einige erfahrung gesammelt haben , dürfte jedenfalls die strenge arbeii einer reihe von jähren nicht scheuen, nicht bloß so im handum- drehen, wie es nur zu häufig geschieht und unsrer wissenschaft- lichen produetion oft recht empfindlich schadet, nach kaum er

Nr. 4. 35. Timaios. 189

folgter umpfiügung des ackers auch schon die ernte sehen wollen.

Ist so das material rein an sich, ohne jede rücksicht auf ir- gendwelches überlieferte urtheil darüber , zusammengestellt und wird dann in gleicher weise die leistung des Timaios in ver- gleich gestellt mit dem, was vorher für das von ihm bearbeitete gebiet vorhanden war, so wird sich für uns ganz von selbst der richtige Standpunkt der beurtheilung ergeben und auch für das verständniß des Schicksals, welches ihm weiterhin, speciell von seiten des Polybios, zu theil geworden ist, der Schlüssel gefun- den sein.

Wohl macht sich augenblicklich eine Strömung bemerklich, welche in Polybios schließlich auch weiter nichts als einen der vielen irgendwelche Vorgänger ohne verständniß ausschreibenden compilatoren sehen möchte. Sie wird nicht bestehen bleiben gegenüber der auf umfassenderer durcharbeitung des stoffs be- gründeten Überzeugung, daß derselbe vielmehr nach dem von Thukydides unternommenen anlaufe der erste Vertreter einer wirklich kritischen geschichtschreibung in unserm sinne war, wenn auch mit einschluß aller der mängel, welche selbst dem bestgemeinten menschlichen thun überhaupt und allezeit anhaf- ten. Freilich wird f sobald die oben bezeichnete Vorarbeit ge- than ist , vom Standpunkt auch der letztgenannten Überzeugung aus zugestanden werden müssen, daß dem Polybios jener ehren- titel eigentlich nur zukommt, sofern er der erste in noch leidlich erkennbarem zustand erhaltene Vertreter der betreffenden rich- tung ist. Vor ihm hat bereits Timaios diesen Standpunkt ein- genommen. Timaios hat zuerst im angesicht einer herannahen- den großen geschichtlichen Wendung einen bis dahin nur epi- sodenhaft behandelten stoff, die geschichte der Westgriechen mit berücksichtigung der zu ihnen in beziehung stehenden Völker und länder, als in sich geschlossenes ganzes erfaßt und darge- stellt. Er hat für diesen kreis zuerst ein einheitliches chrono- logisches System geschaffen und dasselbe zu den ereignissen des Ostens, welche er gleichzeitig rücksichtlich ihrer chronologischen grundlage in umfassendster weise revidirte , in festen bezug zu setzen gesucht. Er hat für das von ihm zu behandelnde gebiet das vorhandene litterarisch überlieferte material in weitestem umfang herangezogen, hat dasselbe, wo sich die füglichkeit bot, Philol. Anz. XIV. 14

190 36. Plato. Nr. 4.

durch urkundliche forschung controlirt und mit eingehender kritik verarbeitet. Sein werk würde, wäre auch nur ein einigermaßen' nennenswerther theil in originaler fassung erhalten, bis auf äu- ßerlichkeiten herab, in der bücherzahl und der disposition des Stoffs, wie im ton der behandlung desselben und in der art der polemik, voraussichtlich geradezu überraschende analogien zu demjenigen des Polybios ergeben , und darin wäre , wie in dem umstand , daß letzterer doch direct an die von Timaios behan- delte zeit anknüpfte, seinerseits schon die beste thatsächliche an- erkennung für denselben ausgesprochen.

Selbstverständlich hört, wenn wir in Timaios' werk für die von ihm behandelte zeit eine quelle von gleichem rang erkennen, wie in demjenigen des Polybios für die seinige, das amt der sach- lichen kritik jenem gegenüber ebensowenig auf, wie das gegen- über dem letzteren selbst von seinen aufrichtigsten Verehrern je gefordert worden ist. Nur wird sie ihre kriterien in keiner weise dem gebiete entnehmen, auf welchem Polybios mit seiner polemik gegen Timaios fußte. Diese ist vielmehr von rein pa- thologischem interesse mit bezug auf ihren Urheber. Sie erklärt sich für den, der sich in Polybios' Stellung nur einigermaßen zu denken versteht und das material dazu giebt derselbe in aus- reichendem maße ohne große Schwierigkeit, übrigens auch ohne daß sein gesammtwerth dadurch wesentlich alterirt würde ; aber sie ist auch ebendeswegen s. v. Polybios, nicht mehr s. v. Timaios, weiter zu behandeln. Otto Meltser.

36. Theodor Bergk, Fünf abhandlungen zur geschichte der griechischen philosophie und astronomie. Herausgegeben von Gustav Hinrichs. Leipzig, Fues's verlag 1883. 189p. 8-

Diese fünf abhandlungen des verstorbenen Bergk, deren Veröffentlichung wir der treuen mühwaltung Gustav Hinrichs' verdanken , bilden den würdigen abschluß einer langen und fruchtbaren forscherthätigkeit. Lassen sie in beziehung auf for- melle durchfeilung und abrundung hie und da auch die letate hand vermissen, so bringen sie doch das sachliche fast durchweg voll und klar zur geltung, wie sie denn ohne ausnähme die ei- genthümlichen Vorzüge aller Bergkschen arbeiten erkennen lassen : ein weit ausgebreitetes lebendiges und schlagfertiges wissen, ver- bunden mit einer regen combinationsgabe und unermüdlichem

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Spürsinn, der sich durch die trümmerhaftigkeit der Überlieferung eher gereizt, als abgeschreckt fühlt. Wir legen der besprechung dieser wichtigen Untersuchungen , die zum größeren theil der alten philosophie, und hier im besonderen wieder der platonischen forschung zu gute kommen, diejenige Ordnung zu gründe, in der sie uns in dem buche geboten werden. Der erste aufsatz handelt über die abfassungszeit des Theätet.

Die endlosen versuche, die schriftstellerei des Plato auf ei- nen chronologischen faden aufzureiben , müssen durch ihre viel- fach widerspruchsvollen und sich gegenseitig aufhebenden ergeb- nisse auf den ferner stehenden Zuschauer den eindruck machen, als quäle man sich an einer wahren Sisyphusarbeit ab. Sieht man indeß näher zu, so bemerkt man, daß der mangelhafte er- folg dieser bemühungen nur zum theil in der natur der aufgäbe überhaupt , zum größeren theil vielleicht in der untauglichkeit der mittel ihren grund hat, die man zu ihrer lösung angewandt hat. So viel scheint angesichts des angehäuften „schätzbaren materials" sicher, daß die für eine bestimmte reihenfolge geltend gemachten gründe um so weniger wirkliche beweis- und Über- redungskraft haben , je ausschließlicher sie den inneren bezie- hungen des lehrgehaltes der einzelnen dialoge auf einander und dem gegenseitigen verhältniß der darin sich kundgebenden phi- losophischen Standpunkte entnommen sind. Nicht als ob die aufspürung und erörterung dieser beziehungen überhaupt zu ver- schmähen wäre. Allein , soweit es auf erledigung der hier be- rührten frage ankommt , steht diese aufgäbe nicht am anfang, sondern in gewisser weise erst am ende der Untersuchung ; sie setzt streng genommen die wenigstens theilweise lösung derselben schon voraus. Denn irre ich nicht, so liegt die sache doch so : man will ein bild der inneren entwicklung Piatos und seines philosophischen denkeus gewinnen. Das aber ist nur möglich, wenn man die kenntniß der äußeren reihenfolge der Schriften besitzt , in denen diese entwickelung ihren ausdruck gefunden. Sucht man nun diese kenntniß lediglich durch vergleichung des philosophischen gedankengehaltes zu gewinnen, so kann das nur geschehen auf grund einer schon vorgefaßten Vorstellung von dem allmählichen Werdegang der platonischen philosophie , mit andern Worten nur durch eine petitio principii Nun ist allerdings zuzugeben, daß, wenn erst auf anderem wege , sei es durch be-

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192 36. Plato. Nr. 4.

nutzung einer unmittelbaren Zeitangabe, sei es durch historische combination , ein oder der andere sichere punkt gewonnen ist, jene dem inneren gehalt zugewandte betrachtungsweise helfend und weiterführend eintreten kann. Aber sie darf weder zum ausgangspunkt der ganzen Untersuchung gemacht, noch für sich allein angewandt werden. So willkommen also auch ihre ergeb- nisse entweder als mittelglieder der Untersuchung, oder als be- stätigendes moment am ende derselben , als eine probe auf die rechnung sein mögen, so bieten sie doch für sich allein keine ausreichende handhabe, um des gesuchten gegenständes herr zu werden. Sie gewähren , selbst angenommen , daß sie für ihren Standpunkt nicht verzeichnet sind, doch nur perspectivische an- sichten, die je nach dem gesichtspunkt, aus dem sie genommen, die nämlichen gegenstände bald größer, bald kleiner, bald näher, bald ferner, bald mehr auseinander gerückt, bald enger zusam- mengeschoben erscheinen lassen. Damit aber ist offenbar noch nicht erreicht, was wir suchen : wir brauchen eine geometrische prqjection , welche die angäbe der wirklichen abmessungen zum zwecke hat und in der sich die läge der einzelnen theile und ihre wechselseitigen entfernungen bestimmt und objectiv fest- stellen lassen. Mit einem wort , wir müssen bestimmte äußere merkmale zu gewinnen suchen, um uns die sicheren standlinien zu schaffen , von denen aus wir die weiteren abmessungen vor- nehmen können. Diese äußeren merkmale aber können in er- ster linie keine anderen als rein historische data sein. Gelingt es, die beziehung auf ein fest datirbares zeitereigniß festzustellen, so ist damit ein sicherer halt, gewissermaßen eine trigonome- trische Station geschaffen.

Erst in zweiter linie können sprachliche beobachtungen und kriterien in betracht kommen, eine behauptung, die selbst gegen- über den ausgezeichneten und dankenswerthen Untersuchungen Dittenbergers aufrecht erhalten werden muß. Denn ist für mich auch die theilung in die zwei großen gruppen, die er un- terscheidet , vollkommen überzeugend , so muß doch einerseits, um das zeitverhältniß der gruppen zu einander zu bestimmen, schon anderweitig ein und das andere datum gegeben sein, wi- drigenfalls man nicht entscheiden könnte, ob nicht beide ihren platz zu vertauschen haben. Und zweitens ist innerhalb jeder der beiden gruppen die anordnung rein nach sprachlichen krite-

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rien höchst unsicher und überhaupt auf diese weise kaum end- gültig festzustellen. Wenigstens führt die bloß statistische ver- gleichung der häufigkeit des Vorkommens gewisser partikelver- bindungen zu recht willkürlichen und mechanischen ansätzen. Ich will dies nur an einem beispiel erläutern. Die echtheit des Parmenides bezweifelt zwar Dittenberger , doch stellt er ihn, seine echtheit vorausgesetzt , nach seinen sprachlichen kriterien in die letzte zeit der platonischen schriftstellerei. Ich bin nicht der meinung , daß dem Plato eine perle aus der kröne gerissen werde, wenn ihm dieser dialog genommen wird, würde mich viel- mehr, wenn er ihm einmal abgesprochen wird, freuen, wenn dies in unwiderleglichster weise geschähe , auf daß er aufhöre , den platonikern indigestionen zu bereiten. Läßt man aber den Plato weiter vatersteile an dem dialog vertreten , so liegt nicht der mindeste grund vor, den Parmenides unter die letzten Schriften zu verweisen. Vor allem kein sprachlicher grund. Denn ist es auch an sich richtig, daß der Parmenides die Verbindungen xal prqv und aü.a fit]* verhältnißmäßig in ungleich größerer fülle hat , als die Republik , der Phädrus und der Theätet , so ist es doch ganz ungerechtfertigt , daraus irgend welchen Schluß auf die abfassungszeit desselben im verhältniß zu den genannten dialogen zu machen. Es muß doch vor allem der Charakter des gespräches beachtet werden : als eine yvfivaaia kündigt er sich bestimmt genug p. 135. C. D an, und als ein ganz streng ab- gemessenes, nach festem und regelmäßigem plane durchgeführtes, in stereotypen formen sich bewegendes exercitium, das man sich versucht fühlt mit den touren eines contretanzes zu vergleichen, stellt er sich in der that dar. Wie man es also als Zuschauer auf dem exercirplatz ganz selbstverständlich findet, wenn man innerhalb einer reihe von evolutionen, die alle aus den gleichen elementen , wenn auch in immer neuen Zusammensetzungen be- stehen, wieder und wieder die nämlichen Wendungen und bis zum Überdruß die nämlichen commandos hört, so ist es auch kein wunder, wenn in unserem dialog die einführungen und Wen- dungen der Schlußfolgerungen, die xai ni]v und aXXa [t-qv in so gehäufter zahl unser ohr treffen. Und dabei ist wohl zu be- achten, daß diese -mu ptjv, dlXä firjr , ti [itjv, ye \ii\v und auch ovds prjv (Dittenberger, Hermes 16, 323 anmerk. 2) bis auf ein einziges «JA« ycrp und auch dies im munde des Parmenides

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sammt und sonders im zweiten theile des dialogs sich finden, in dem Plato genau die formen der eleatisch - megarischen dia- lektik nachahmt. Eben aus dem letzteren umstand erkläre ich mir den gebrauch des dlXti \ti\v im Syllogismus; denn ich finde es gar nicht unwahrscheinlich , daß dieser gebrauch eben der eleatischen und megarischen schule seine ausprägung verdankt *).

1) Der gebrauch von dkkd fifjv im Syllogismus findet sich schon bei Melissos Simplic. in Arist. Phys. fol. 22b s. Mullach Fragm. phil. I, p. 261. Bewegt sich die argumentation in diesem bruchstück auch nicht in einfachen Schlüssen, sondern in einer schlußkette, zum theil mit enthymematischer Verkürzung, so ist sie doch streng syllo- gistisch entworfen. Und was hier mit dkkd [ayjv eingeführt wird, ist nichts anderes , als der Untersatz des Schlusses , nur daß er in ver- kürzter form gleich mit dem Schlußsatz verbunden ist. Melissos näm- lich hat erst bewiesen, iöv sei utihqov, und weiter, wenn änttgov, so sei es auch tv. Dann fährt er fort: dkkd fiyv tl (?6 ibv) dnetgov (Ion), xal dxivtjiöv {l<sn), denn was tv ist, muß auch dxivyTov sein. Bringt man das letztere auf die regelrechte, d. h. in diesem fall die erste schlußfigur, so lautet der Schluß: to tv Icxt dxivrjrov dkkd /utjv t6 ibv tv loxt, xb Ibv dga dxivtjTov. Man sieht, es ist der Untersatz des Schlusses , der bei Melissos mit dieser partikelverbindung eingeführt wird, nur gleich in Verbindung mit dem Schlußsatz, was für das wesen der sache völlig gleich ist. Wer das dkkd (xrtv in dem einen falle brauchte, für den war der gebrauch auch in dem andern falle selbstverständ- lich, ohne natürlich für einen von beiden fällen den gebrauch von di auszuschließen, das bei minder kräftiger rnarkirung eintrat. So sagt Melissos unmittelbar vorher bei ganz der nämlichen schlußweise tl dt dnttoov, tv, nicht dkkd fxrjv tl dnti.gov. Wie hier in der schlußkette die beiden partikeln wechseln , so muß es auch nach allen gesetzen der analogie im einfachen Schlüsse gewesen sein. In beiden fällen ist es der Untersatz, um dessen einführung es sich handelt. Im Par- menides wechseln beide formen des Syllogismus, der einfache schluß und der kettenschluß, und gerade dieser Wechsel läßt den leser recht deutlich erkennen, wie selbstverständlich der gleiche partikelgebrauch in beiden fällen ist, weil eben beidemal die nämliche geistesoperation zu gründe liegt, nur in etwas veränderter Ordnung. Wenn es z. b. Parm. 140 A, in der form genau so, wie oben bei Melissos, heißt: rov yt tvos X^Q^S iffdvtj xtjv rpvctv xb xavxöv. 'Akkd /uyv ti n nenov&t ^wptff rov tv ilvai to tv, nktioj dv tlvat ntnov&ot y tv (die übrigen fälle von dkkd (jitjv im kettenschluß sind 136 C, 140 C, 144 A, 162 C), so zeigt die Verwandlung in die regelrechte form der ersten schlußfigur wieder, daß dkkd juyv den Untersatz einführt. Nämlich: to ntnov&ös Ti #copt? jov tv tlvat, nkttta dv tlvat ntnövftoi ij tv dkkd [xijv xb tv ninovS-i ti (nämlich to xavxöv tlvai) /oiglg rov tv nktito dga tlvat nt- nov&t to tv % tv. Beide fälle lassen sich, wie man sieht, inbeziehung auf den gebrauch der beregten partikeln gar nicht trennen.

Fanden nun die Megariker dies dkkd fiqv zur einführung des Un- tersatzes abwechselnd mit de schon bei ihren meistern, den Eleaten, vor, so ist es bei ihrer übertriebenen hervorkehrung des dialektischen und syllogistischen sehr leicht denkbar, daß gerade sie die gelenk- bänder des Syllogismus durch gewiß nicht ausschließliche, aber häu- fige Verwendung der stärkeren partikeln möglichst kräftig zu marki- ren suchten. Bei schulmäßigem betrieb der eristischen dialektik, die

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Aus alle dem ergibt sich , daß bei aller richtigkeit der Ditten- bergerscben beobachtungen für sich , der Parmenides doch eben so gut an den anfang wie an das ende der zweiten schriftstel- lerischen periode des Plato fallen kann. Ueberhaupt wird die rücksicht auf das von Plato beabsichtigte individuelle colorit noch zu mancher beschränkung und modification der Dittenber- gerschen aufstellungen führen. Sehr richtig und völlig unab- hängig von Dittenberger macht z. b. Bergk p. 112 anmerk. 2 dieser abhandlungen auf den öfteren gebrauch von rC [u\v in den gesetzen gerade im munde des Kreters und des Lakonen aufmerksam.

Eine objective historische Zeitbestimmung wird also immer den relativ größten werth behaupten. Der werth aber einer si- cheren datirung wird dann um so höher anzuschlagen sein, wenn sie einen dialog betrifft , dessen chronologische fixirung den si- cheren terminus a quo für eine reihe anderer dialoge bildet. Das ist bekanntlich mit dem Theätet der fall und darum ist es be- greiflich , daß sich die aufmerksamkeit und der spüreifer der forscher gerade diesem dialog in den letzten jähren mit beson- derer Vorliebe zugewandt hat. Und zwar hat es ein eigenthüm- licher zufall gefügt, daß durchaus unabhängig von einander zwei scharfsinnige gelehrte ganz den nämlichen weg einschlugen, um zu einer chronologischen eingrenzung zu gelangen. Etwa um dieselbe zeit , als E o h d e' s aufsatz in Fleckeisens Jahrbüchern 1881, p. 321 ff. erschien, starb Bergk, dessen nachgelassener aufsatz sich auf der nämlichen grundlage aufbaut, wie der Roh- desche. Durch diese wenigstens hinsichtlich der grenze , hinter welche der Theätet auf keinen fall zurückgelegt werden kann, zu völlig gleichen resultaten führenden Untersuchungen ist unser

das syllogistische verfahren weit über seinen wahren werth hinaus- hob, mußte sich das wie von selbst machen. Allein dem sei, wie ihm wolle, so viel ist sicher, daß der in frage stehende gebrauch von älXä fxrjv schon dem Melissos nicht fremd war. Was für unsern dialog dar- aus folgt, ist im text angedeutet.

Doch wozu sich weitläufig auf Megariker und Eleaten berufen, wo doch die berufung auf Plato selbst vollauf genügt? Braucht Plato nicht auch in andern dialogen als dem Parmenides dies dkXa firjv im schluß zur einführung des Untersatzes? Zweifellos! Es findet sich im stricten schluß z. b. Soph. 228 C, und, wenn Galen de placit. Hippocr. et Plat. V, 729 Kühn, wie ich glaube, recht hat, auch Phaedr. 262 A. Für stellen dieser art reicht die Unterscheidung zwischen regel- rechten Syllogismus und fortschreitender gesprächsentwicklung nicht aus.

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dialog in der that nach der einen seite hin so festgelegt, daß ein versuch, ihn wieder in das jenseitige gebiet hinüberzuziehen, schwerlich auf erfolg rechnen kann : wenigstens scheint mir das seil, mit dem er festgeschlungen ist, stark und widerstandsfähig, und nicht, wie des Hudibras strick, aus sand gedreht zu sein.

Rohde schließt folgendermaßen : jene worte des schönen zwischengespräches über den gegensatz des redners und des phi- losophen, in denen auf den ahnenstolz gewisser fürsten und de- ren rednerische Verherrlichung angespielt wird (174 D), kommen nur dann zu ihrem recht, wenn man sie auf einen herrscher be- zieht, der ein Zeitgenosse Piatos war. Das kann aber aus si- cheren gründen kein anderer sein, als Agesilaos, wenigstens kein früherer als er. Eine lobrede auf ihn kann aber nicht vor dem Euagoras des Isokrates geschrieben sein , da in seinem Euagoras Isokrates ausdrücklich bemerkt , daß dies der erste versuch sei, einen Zeitgenossen in einer prosaischen lobrede zu verherrlichen. Da der Euagoras aber nach 374 v. Chr. ge- schrieben ist , so muß auch der Theätet nach diesem jähre ge- schrieben sein, vielleicht sogar nicht unerhebliche zeit später. Wenigstens könnten für eine ein gut theil spätere abfassung mancherlei gründe geltend gemacht werden, wenn gleich dieselben nicht zwingender natur sind.

So weit, d. h. gerade bis dahin, wo Rohde aufhört, stimmt Bergk's Untersuchung im wesentlichen mit Rohde überein. Allein Bergk geht weit über Rohde's vorsichtige ansätze hinaus. Denn er läßt erstens jenes syxoo/xiov , auf das sich die platonischen worte beziehen , erst nach dem tode des Agesilaos geschrieben sein. Sodann will er die bitteren bemerkungen des Plato über die unbeholfenheit des philosophen vor gericht im gegensatz zu der pfiffigkeit und um die wirksamen mittel nie verlegene welt- gewandtheit des redners auf ein Plato selbst widerfahrenes be- gegniß dieser art beziehen. Dies aber findet er in dem proceß des Chabrias 363 v. Chr., an dem sich Plato zu gunsten des Chabrias betheiligt habe. Die dabei gemachten unerfreulichen persönlichen erfahrungen sollen aus den worten der stelle un- zweideutig herausklingen. Damit aber noch nicht genug: auch zwischen diesem erlebniß und der abfassung des dialogs soll noch ein Zeitraum von 7 bis 8 jähren liegen , so daß wir also in die allerletzte lebenszeit des philosophen verwiesen werden.

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Die worte nämlich 174 D enthalten nach Bergk entschieden eine anspielung auf den zweiten aufenthalt Piatos in Syrakus und seinen mißerfolg am dortigen hof. Die veranlassung aber zu dieser apologie soll ihm gegeben worden sein durch einen schar- fen angriff des Isokrates. Ueber das verkältniß dieses redners zu Plato handelt sodann der lang ausgesponnene letzte theil der scharfsinnigen abhandlung, wobei noch mancher wichtige beitrag zur Chronologie der platonischen dialoge beigebracht wird.

Ich vermag mir die folgerungen des ausgezeichneten for- schers nur so weit anzueignen, als er mit Rohde zusammengeht. Seinen weiteren kühnen combinationen kann ich schon aus dem gründe nicht folgen, weil der ausdruck atiin'i i-uftai , über den sich eine polemik zwischen Susemihl und Rohde erhoben hat, deutlich darauf hinweist , daß die betreffende lobrede noch zu lebzeiten des Agesilaos geschrieben ist.

War es in diesem ersten aufsatz ein rein zufälliges zusam- mentreffen , das den verdienten Veteranen mit einem jüngeren forscher auf die gleiche bahn führte, so verdankt die zweite ab- handlung über „Piatons Gesetze" geradezu ihre entstehung der arbeit eines jungen gelehrten über dies letzte werk Piatos, nämlich der schrift von Ivo Bruns ,, Piatos Gesetze vor und nach ihrer herausgäbe durch Philippus von Opus, Weimar 1880". Eilte Bergk im ersten aufsatz, von den gleichen schranken aus- laufend , mit fast jugendlicher Schwungkraft weit über seinen jüngeren genossen hinaus , so zeigt er sich in der zweiten ab- handlung zwar gerade so kühn, wie es dem forscher ziemt, aber doch dem jüngeren gegenüber im ganzen mehr einschränkend, hemmend und am gegebenen festhaltend.

Bruns hat mit scharfem blicke erkannt, daß in dem großen nachgelassenen werke Piatos bestandtheile vereinigt und in ein- ander gefügt sind , die , wenn sie auch in der hauptsache von Piatos hand herrühren, doch in der Zusammensetzung, in welcher sie uns vorliegen, unmöglich von Plato selbst gedacht sein können. Treffend weist er nach, daß es mehrere, auf völlig verschiedener grundanschauung beruhende entwürfe sind , die sich in unserem werke durchkreuzen und mehr oder weniger mechanisch in ein- ander verarbeitet sind. Im Zusammenhang damit stellt er die kriterien fest, die für die Unterscheidung derselben maßgebend sind und führt die sonderung der massen im einzelnen durch.

198 36. Plato. Nr. 4.

Es ergiebt sich auf diese weise, daß an eine in sich zusammen- hängende und zusammenstimmende hauptmasse, gebildet durch den größten theil der bücher III XII sich schlingpflanzenartig andere bestandtheile angesetzt haben, vor allem buch I und II, sodann partien des 5. und 12. buches. Inder hauptsache stammt auch das , was sich als dem grundstock unseres werkes fremd- artig erweist, nach Bruns von Plato selbst; es ist ein früherer, ihn nicht befriedigender und darum zurückgelegter entwurf. Daneben aber glaubt er doch in ziemlichem umfang auch selb- ständige zuthaten und gedanken des herausgebers Philippos zu erkennen. Dies im großen und ganzen die ansieht von Bruns. Stimmt nun Bergk in der frage quid facti, d. h. in der an- erkennung des mit einander unverträglichen und in der Schei- dung der massen im wesentlichen mit Bruns überein , so weicht er um so entschiedener in der frage quid iuris, d. h. in der er- klärung der so erkannten thatsachen von ihm ab. Wenn Bruns der meinung ist, die mit der hauptmasse nicht zu vereinbarenden bestandtheile seien, abgesehen von den Zusätzen des Philippus, frühere anlaufe Piatos, von deren fruchtlosigkeit er sich im ver- laufe der arbeit überzeugt habe , so meint Bergk in dem werke selbst den deutlichen hinweis darauf zu finden , daß Plato die bestimmte absieht gehabt und durchgeführt habe, nach der Jlo- XiTEi'n in einem großen zweigeteilten werke zwei weitere , der Wirklichkeit sich progressiv nähernde Verfassungen zu schildern, von denen die eine zwischen dem ideal und der Wirklichkeit die mitte halten, die andere auf dem boden der Wirklichkeit stehen sollte. Die zwei vor allem entscheidenden stellen für diese auf- fassung sind V, 739 (vgl. p. 48) und III, 682 (vgl. p. 112), die allerdings kaum einer andern deutung räum lassen, als der Bergkschen. Danach wäre es die absieht des Verfassers gewesen, in einem großen werke zunächst eine nolnsia devrega , von Bergk passend Nöuoi noörsgot genannt, sodann eine tqi'tt] no- lizeia, als Nofiot. devtsgoi von Bergk bezeichnet, zu schildern. Das geht aus der stelle des 5. buches klar hervor, welche .un- zweideutig von einer agiairj, einer dsvre'ga und einer Tglttj no- lirsia spricht, die er theils dargestellt habe, theils darstellen werde. Nach dem Zusammenhang, in dem sich die betreffenden worte finden, mußte man, unaufgeklärt über die composition des ganzen, annehmen, daß eben die Schilderung, innerhalb deren

Nr. 4. 36. Plato. 199

sie stehen, nämlich der Verfassungsentwurf der neu zu gründenden kretischen kolonie, die dtvrfoa nolirsla sei, und daraus ergab sich die weitere annähme, daß Plato das versprechen einer zqi'tij no).i7?ia nie eingelöst habe. Allein das, was Plato hier, an- geblich als 8tV7FQrt nnXizsia gegeben hat, entspricht in keiner weise dem b egriff dieses zweiten Staates, den er selbst ge- kennzeichnet hat. Denn die Schilderungen , weit entfernt sich dem begriff der 8tv7ina no\i7tla gemäß dem idealstaat noch ver- hältnißmäßig nahe zu halten, lehnen sich fast durchweg an die Wirklichkeit an , wie schon Aristoteles bemerkte. Für die ver- sprochene dritte Verfassung blieb also sachlich gar kein räum mehr. Das gegebene kann selbst nichts anderes als dieser dritte Staat sein : die Verfassung der kretischen kolonie ist die ver- sprochene 7oirr\ nnXntia und jene worte des 5. buches gehören demnach ursprünglich nicht hierher, sondern in die tjqÖisqoi vöfioi. Das unterscheidende hauptmerkmal für die nporsooi und Ssvtsqoi vöfini ist dies, daß die ersteren an die bestehende kretische und spartanische Verfassung anknüpfen, deren bestimmungen zum aus- gangspunkt für reformen im ganzen noch mehr idealer natur gemacht werden, die letzteren dagegen den entwurf für eine ganz neu zu gründende, dem leben sich entschieden annähernde ko- lonie entwickeln. Jede von beiden hatte u. a. ihre besonderen einrichtungen für trinkvereine. Und Plato bezieht sich , wie Bergk meint, in den Ssviepm vnßoi ausdrücklich auf die ver- wandten bestimmungen darüber in den tiq/itsooi vöftoi. „Daraus erhellt, daß nach Piatos intention die beiden abtheilungen der vn/itni ein zusammenhängendes werk bilden sollten", (p. 71).

Daß Plato auch die nnörsoni vofioi, von denen uns jetzt nur noch trümmer vorliegen , in allem wesentlichen vollendet habe , sucht Bergk durch den nachweis wahrscheinlich zu ma- chen, daß in den dsvtsgoi vouoi durchweg bezug genommen wird auf den ersten theil, wie sich denn mehrfach Verweisungen auf verloren gegangene partien der tiq^t^qüi vo/ioi finden (vgl. u. a. p. 115). Durch einen unglücklichen zufall muß der größere theil der letzteren vernichtet worden sein.

Dies die ebenso einfache wie scharfsinnige lösung des räth- sels, die Bergk gibt, und die für mich völlig überzeugend wäre, wenn nicht eben jener „unglückliche zufall" als ein factor mit in die rechnung aufgenommen werden müßte. Abgesehen davon

200 36. Plato. Nr. 4.

scheint mir die Bergksche bypothese vor der Brunsschen den Vorzug zu verdienen. Je natürlicher und leichter sich nach der ersteren der scheidungsproceß vollzieht, je ungesuchter sich vor- kommende Verweisungen und beziehungen erklären , die für Un- tersuchungen der vorliegenden art ja in gewisser weise die an- gelpunkte bilden, um so mehr hat sie anspruch auf Wahrschein- lichkeit. Je gewaltsamer anderseits nach der zweiten vielfach verfahren werden muß, um ihr zu ihrem rechte zu verhelfen, je öfter namentlich der Zusammenhang einer an sich ganz unver- dächtigen stelle durch herausreißen eines gliedes aus der kette, das sich der theorie nicht fügen will, gestört werden muß (vgl. namentlich p. 112 und besonders p. 113 anm. 2, ferner p. 115 der Bergkschen abhandlung), um so mißtrauischer wird man gegen diesen erklärungsversuch werden. Anscheinend sehr lä- stige Wiederholungen, ungeschicktes zurückgreifen und zurück- weisen auf nahe zuvor verhandeltes verlieren ihr störendes durch die annähme Bergks , daß die betreffenden partien ursprünglich viel weiter von einander abstanden, indem sie sich auf die bei- den großen massen des werkes vertheilten. Dann war die rück- beziehung, ebenso wie die zum theil abweichende fassung der sache erklärlich.

Freilich geht es auch bei Bergk nicht ohne anwendung einiger kräftigerer mittel ab, wie Streichung von tvv und afiix(j(S und dgl. bei Verweisungen, die sich nach seiner hypothese auf weiter zurückliegendes beziehen müssen. Allein das nimmt sich sehr unschuldig aus gegenüber der gewaltsamkeit^ mit der Bruns, genöthigt durch seine gesammtansicht über die composition des Werkes, ganze stellen streicht und dem Philippus in die schuhe schiebt, von denen man sich schwer überzeugen kann, wie Phi- lippus auf ihre abfassung gekommen sein sollte.

Und dies führt auf einen andern wichtigen punkt, nämlich auf den antheil, welchen Philippus an der darstellung hat. Bruns sieht sich schon aus dem oben angeführten gründe genöthigt, diesen antheil nicht ganz gering anzuschlagen. Aber er setzt noch weit mehr, als bloße Zwischenbemerkungen und Verwei- sungen auf seine rechnung. Ganze gedankenreihen, wie den Schluß des zweiten buches, soll Philippus auf eigene hand hin- zugefügt haben. Dem tritt Bergk auf das entschiedenste ent- gegen und kann das mit um so größerem erfolg, als durch seine

Nr. 4. 36. dtulihtQ. 201

hypothese eine anzahl ohne sie unerklärlicher Verweisungen sich von selbst erledigt. Er hat von der pietät des herausgebers einen ebenso hohen , wie Bruns einen niedrigen begriff. Nach Bergk hat Philippus eigene gedanken so gut wie gar nicht ein- gemischt, sondern seine ganze aufgäbe darin erkannt, das, was er von Piatos hand vorfand , mit möglichster Schonung zusam- menzufügen. Allerdings hat er öfters auf eigene hand zusätze eingeschaltet, aber immer nur zum zwecke der redaction, um die mangelnde Verbindung herzustellen, um seine anordnung der ihm vorliegenden bruchstücke zu rechtfertigen u. dgl. „Alle miß- griffe des Philippus entspringen aus einem irrthum , der aller- dings folgenschwer ward. Er hat nicht erkannt, daß er zwei wesentlich verschiedene entwürfe vor sich hatte, welche nach des Verfassers plane ein großes zweitheiliges werk über gesetz- gebung bilden sollten. Der versuch, aus diesen disparaten ele- menten ein einheitliches werk herzustellen , mußte nothwendig mißlingen" (p. 61.)

Durch die arbeiten der beiden gelehrten ist meines erach- tens die frage im wesentlichen gelöst und wird auch weitere forschung noch manche einzelheiten aufklären, so scheint mir doch die arbeit im großen vollendet.

Noch muß ich ein versehen berichtigen , das dem heraus- geber bei diesem aufsatz untergelaufen ist. P. 66 nämlich ist bei dem absatz in der vorliegenden fassung eine klaffende lücke zu bemerken. Denn nachdem von jenem gleichniß im 5. buch die rede gewesen , wonach das gemeinwesen ein gewebe sei, dessen zettel das volk, dessen einschlag die Üqxmtss bilden, ist im folgenden absatz von einer ganz andern Sache , nämlich von der einrichtung der trinkgelage die rede, und doch wird einfach nur von „dieser einrichtung" gesprochen. Offenbar gehört die- ser ganze absatz von p. 66 bis p. 68 entweder hinter den fol- genden abschnitt, der ja mit seinen anfangsworten (p. 68 „buch I, 637 D beginnt die erörterung über die «f'tfr/' etc.) überhaupt erst in diesen gegenständ einführt, oder er war als anmerkung zu diesem folgenden abschnitt unter den text zu setzen.

Die di alt in «,*, über welche der dritte aufsatz handelt, sind eine unter den pythagoräischen nachlaß gerathene , kleine, im dorischen dialekt abgefaßte schrift (Mullach, Fragm. phil. I, p. 544 fi.), über deren bedeutung und namentlich über ihr ver-

202 36. Aristarchos von Samos. Nr. 4.

hältniß zu der unter des Arcbytas namen gehenden schrift negl t<w ovros vor allem Gruppe viel abenteuerliches zusammenge- fabelt hat. Bergk sucht den nachweis zu führen , daß dies schriftchen nichts weniger ist als ein erzeugniß pythagoräisiren- der speculation , daß es vielmehr aus den kreisen jener älteren Sophisten hervorgegangen ist, die um die wende des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr. lebten. Der Verfasser ist nach Bergk ein Zeitgenosse Piatos gewesen und genauer wird als zeit der ab- fassung unseres werkchens durch scharfsinnige verwerthung ei- niger andeutungen das jähr 383 v. Chr. ermittelt. Nicht niin- der sicher läßt sich nach Bergk der ort der abfassung bestim- men : es soll Cypern gewesen sein. Nicht als ob der Verfasser aus Cypern gebürtig wäre, sondern er hat nur dort, wie andere Sophisten, sein glück versucht und sich eine zeit lang in Salamis aufgehalten. Daraus erklärt sich auch wahrscheinlich der do- rische dialekt. „Denn das lehrbuch war für seine schüler be- stimmt. Der äolische localdialect der dortigen ansiedier war für diesen zweck nicht zu brauchen; fehlt doch überhaupt den Aeoliern eigentlich die schriftmäßige ausbildung der prosa. Der sophist bedient sich also des dorischen dialektes, da dieser den Aeoliern verständlicher war, als .die ias oder atthis". (p. 134.)

Daß die schrift sehr mit unrecht unter das pythagoräische inventar gestellt worden ist, hat Bergk klar nachgewiesen ; ebenso, daß sie ein erzeugniß der skeptischen richtung ist. Daß dies nicht längst schon erkannt worden, kann man sich nur daraus erklä- ren, daß das schriftchen , einmal in die rumpelkammer gestellt, überhaupt wenige leser gefunden hat. Daß aber der Verfasser den älteren Sophisten beizuzählen und daß seine schrift in Cy- pern in dem besagten jähre abgefaßt sei, scheint mir wenigstens noch nicht so sicher, als es von Bergk hingestellt wird.

Sehr zu beachten sind die bemerkungen, die Bergk bei die- ser gelegenheit über das vorurtheil gegen den nachlaß der py- thagoräischen schule macht, die er keineswegs geneigt ist, so kurzweg und unterschiedslos für gefälschtes gut zu halten.

Eine ebenso dankenswerthe wie schwierige aufgäbe hat Bergk in der vierten abhandlung sich gestellt und sie nach ihrer philologischen seite wohl ziemlich erschöpfend gelöst : eine ge- schichte der heliocentrischen hypothese des Aristarch von Samos, dieses Kopernikus des alterthums. Er ist es in der

Nr. 4. 3G. Aristarchos von Samos. 203

that gewesen, der neben dem gedanken der axendrehung der erde zuerst den von der jährlichen bewegung der erde um die sonne, der dem System des Philolaos noch durchaus fremd war, nach mathematischen und erfahrungsmäßigen principien auf die Sternkunde anzuwenden suchte. Wir fühlen uns von bewunde- rung erfüllt für den geist eines mannes , der den muth hatte, eine idee zu fassen, die paradox und der bisherigen astronomie, ja dem himmel selbst widersprechend schien. Die geistige that eines solchen mannes verdient es, daß den spuren ihres Ursprungs und ihren weiteren Schicksalen nachgegangen werde. Hat Ari- starch Vorläufer gehabt, die ihm den rühm der entdeckung strei- tig machen könnten ? Oder, wenn dies nicht, hat von den frü- heren vielleicht irgend einer auf seine hypothese eingewirkt ? Sein lehrer Straton , der peripatetiker, sicherlich nicht, denn er ließ mit Aristoteles die erde ruhen. Herakleides Pontikus? Er kennt nur eine axendrehung der erde, keine fortschreitende be- wegung , wenigstens hat er eine wissenschaftliche begründung dieses gedankens nie versucht. Aber er hat nach gewissen mit- theilungen allerdings im vorübergehen , mehr als eine phantasie diesen gedanken hingeworfen (p. 150) und mag dadurch immer- hin dem Aristarch die anregung zu seiner hypothese gegeben haben. Trotzdem wäre es ganz verkehrt, wollte man behaupten, daß Aristarch von ihm sein heliocentrisches System entlehnt habe. Denn so weit es überhaupt wissenschaftlich ausgebildet ward, war es zweifellos das verdienst des Aristarch. „Er fügt zu der täglichen rotation der erde um ihre axe den jährlichen kreis- lauf um die sonne hinzu : nicht nur der himmel , sondern auch die sonne steht still, und zwar im centrum des weltgebäudes, während man bisher diese stelle der erde angewiesen hatte", (p. 153.) Aber die hypothese war zu kühn und widerstrebte zu sehr dem zeugniß der sinne , als daß sie auf allgemeine annähme hätte rechnen können. Indeß das hätte im gründe nur den großen häufen der laien abhalten sollen, ihr beizustimmen. Wie kam es aber , daß auch , mit einziger ausnähme des Seleukus, philosophen , mathematiker und astronomen sich ablehnend ver- hielten ? Den wahren grund deutet Bergk nur an : ihn weiter auszuführen, ist mehr sache des astronomen, als des philologen. Fragt man nämlich : welchen praktischen dienst konnte die hy- pothese der Sternkunde leisten , so lautet die antwort durchaus

204 86. Philostratos. Nr. 4.

unbefriedigend. Sie war namentlich nicht im stände , die Un- gleichheiten der planetenläufe zu erklären und bot für die be- rechnung ihrer bahnen dem astronomen geringere vortheile, als die geocentrische hypothese. Darum blieben die beobachtenden astronomen, wie Hipparch, der alten ansieht treu, ähnlich wie Tycho de Brahe sich mit dem kopernikanischen system nicht befreun- den konnte, weil es vor Keplers entdeckungen keine größere, sondern eine geringere Übereinstimmung mit dem himmel ge- währte, als das alte System. Es fehlte dem Aristarch der Kepler, der seine hypothese mit dem himmel in einklang gesetzt hätte. Diese astronomische seite der sache hat Bergk, wie gesagt, nur angestreift. Ihn beschäftigt in erster linie die philologische feststellung dessen, was über die Stellung der einzelnen gelehrten der folgezeit, des Stoikers Kleanthes, des Archimedes, des Krates, des Hipparchos zu Aristarchs hypothese überliefert ist. Dabei kommen recht verwickelte fragen zur erörterung, wie die über die textesgestaltung des Simplicius in dem commentar zu Ari- stoteles nsgl ovquvov , über den Wortlaut einiger stellen des Ar- chimedes u. a., deren Überlieferung der emendationskunst reich- lichen Spielraum bietet. Das geschichtliche ergebniß ist einfach dies , daß Aristarchs hypothese einsam und für die astronomie wirkungslos stehen blieb , und , fügen wir hinzu , auch in der folgezeit stehen geblieben ist. Denn Kopernikus hat, so viel wir wissen, ohne irgend welche künde von Aristarchs hypothese sein system entwickelt.

In der letzten, der fünften abkandlnng erweist Bergk der familie der Ph ilos träte, die unter den Vertretern der so- phistik im zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr. eine hervor- ragende stelle einnimmt, den philologischen liebesdienst eine ent- wirrung ihrer verwickelten Verwandtschaftsverhältnisse und einer sonderung und gerechten vertheilung ihrer schriftstellerischen hin- terlassenschaft. Er gelangt ad 1) zu dem ergebniß, daß vier Phi- lostrate zu unterscheiden sind, von denen der zweite der söhn des er- sten, der dritte der nefie des zweiten, der vierte der enkel des dritten gewesen ist; ad 2) daß dem ersten Philostrat zuzuschreiben ist der Nbqcov, dem zweiten Tu .%• iuv Tvaria '<4noX\ooviov, die Bioi aocpi- ormr, die 'Eniorolat i^coTinai und vielleicht der rv[ivotoiiito<s ; dem dritten die Eixorsg und der 'HgoatTtoa ; dem vierten das bruchstück der EixÖm^. Otto Ajpelt.

Nr. 4. 37. Hephästion. 205

37. Scholia Hephaestionea altera integra primum edita a W. Hoerschelmann. Dorpati Livonor. 1882. (Universi- tätsschrift.) 4.

Der durch seine Studien auf dem gebiete der scholienlitte- ratur rühmlich bekannte herausgeber unternimmt es hier , zum ersten male vollständig, diese scholiensammlung mit methodischer kritik auf gesicherter handschriftlicher grundlage zu veröffent- lichen. Er basiert den text im ersten theile § 1— anfangs § 9 (p. 13, 3), lediglich auf die diesen theil allein vollständig und am besten gebende handschriftenclasse X, welche die codd. P. = Parisinus 2881 , 0 = Harleianus 5691 [vom herausgeber aufgefunden und zuerst benutzt], C = Cantabrigiensis, S = Bod- leianus umfaßt. Von den classen Z (V = Parisinus 2847 und R = Arundelianus 517 Gaisfords Norfolciensis) und Y (Vertreter p = Parisinus 2756, k = Parisinus 2757) giebt er nur die wichtigern Varianten.

In der zweiten hälfte, § 9— § 20 (28) (p. 13, 4— p. 30), giebt Y das fundament ab , da classe Z , wenngleich auf einen guten archetypus zurückgehend , doch vielfach verstümmelt und sehr fehlerhaft ist. Nur wo diese classe die Urschrift genauer wiederzugeben schien, hat sie berücksichtigung gefunden.

Für die beurtheilung des textes nun , wie ihn Hörschel- mann vorlegt, müssen zwei grundsätze , die derselbe voranstellt maßgebend sein : „in integri libri editione principe ante omnia ve- ram codicum speciem exliibendam esse'1, zweitens „contra artis cri- ticae rationem graviter peecet , si quis omnia non librariorum sed scriptorum menda correcturus sit.u

Für die richtigkeit dieses letzteren grundsatzes ist ein evi- dentes beispiel der ganze § 5. Was jenen ersten betrifft, so erhalten wir durch die Sorgfalt, mit der die discrepantia scripturae angegeben ist, ein deutliches bild der handschriftlichen Überlie- ferung , welche die allgemeine characteristik derselben , wie sie in der praefatio voraufgeschickt ist , nur bestätigt. Es sind un- zählige stellen dadurch corrigiert, aber auch die emendatorische thätigkeit des herausgebers zeigt sich in glücklicher weise auf jeder seite, so z. b. p. 1, 15 hqit^qiov für ze'a[x>'joiov] 19 Gvrtfx- nzcoaeig für Tzzcäatig] ,2, 10 naoädeiytiu. ib für nanaSsiynaia. So ist auch sicher 2, 19 üucpczsoa ds xaleiTut fieSi/jrog als in- terpoliert bezeichnet; gut ist auch der Vorschlag, 2, 20. 21 nv Philol. Anz. XIV. 15

206 37. Hephästion. Nr. 4.

ndliv und yoa agooayogsvopev zu tilgen. Viel Wahrscheinlich- keit hat die ergänzung der lücke 3, 15 mit qiavsgov •■ 6 yag . . dem sinne nach ist unbedingt richtig 6, 16 18 hergestellt, ebenso 13, 32. 33, was Hörschelmann ohne bedenken in den text aufnehmen konnte. Zweifellos ist auch die Verbesserung xovga vlv für vlv xovga 12, 11, denn in gleicher weise ist auch auf der vorhergehenden seite aus dem acatalectischen dimeter ovo' 'Afieityiav ogäzs durch anfügung von vlv der hypercatalec- tische gemacht; und dies konnte ebenso in den text aufgenom- men werden. Und die bemerkung, daß 8, 1 orijog 3 k'lazzov eine epitome imprudenter facta eorum quae antecedunt sei, ist sicher richtig. Mit recht ist auch 7, 24 die lücke angedeutet und 5, 13 td stäf] als glossein gestrichen. Von den vorschlagen zu 5, 17 ist der letzte an aD.qlmv slg äXXqXa sicher wohl anzu- nehmen. Endlich ist gut § 18 die Überschrift eingefügt neg) £idajv zoi i]Q<ai'xov. Die anderen kleineren Verbesserungen auf- zuzählen ist zwecklos.

Einzelne punkte, in denen wir mit Hörschelmann nicht über- einstimmen, mögen hier folgen. Die einsetzung von uvzixuaüut yag 3, 28 ist nicht empfehlenswerth •, es schließt sich nach der parenthese der satz dv t'inri (s o statt unoi schreibt ref. mit be- nutzung von tXni] in C) unmittelbar an den hauptsatz an : y.ui- zot iv zolg ze%vixoig s^sy^ov ea%8v o ogog av stay zig zag fiovoygafj^nizovg. In 4, 15 ist das handschriftliche sxdztgov wohl richtig. Gemeint sind beide erfordernisse des vyirjg ogog, welche angedeutet sind in denworten: vyiyg jag ogog . . . 6 [xrjdsv e|co- &ev zöov ogit,0(A,hvo3v 6V[A7ii:gila[/ßdrG)i> nai /Atjdev zäv ogi^o^ivwv xazalinäv. 7, 15 scheint zo %äpiev zijg nagaTqgijoEcog doch richtig zu sein. Dem Schreiber ist die erscheinung, daß durch ngöo&eoig die metra in umgekehrter reihenfolge als durch dcpai- geaig aus einander entstehen, etwas interessantes, niedliches, ar- tiges. Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich meine, jfapte&I in dieser bedeutung und in ähnlichem zusammenhange in den scholien gelesen zu haben.

Wenn 10, 19 sich der scholiast entschuldigt, daß er wegen des seltenen Vorkommens des iambischen pentameters nicht über dessen dno&iaeig reden will, so scheint es angemessen, daß er dasselbe auch beim trochäischen thut, falls er ihn zu übergehn gedenkt; es bedurfte seinerseits eventuell nur eines kurzen hin-

Nr. 4. 37. Hephästion. 207

weises auf jene erwähnte auslassung. Da eine solche aber 12, 12 fehlt, so ist es wahrscheinlich, daß in diesem falle die re- daction Y vor X den vorzug verdient. Und wenn Z auch an der stelle abweicht, so lassen sich diese abweichungen doch leicht erklären, durch die Wiederholung so ähnlicher sätze, die ein ab- irren nur zu sehr ermöglichen. Ungenau ist allerdings die fas- sung beim acatalectischen pentameter nQnay.ti^irov zm tu.h zov „X/of" , indem dieses wort nicht ganz ans ende zu setzen, son- dern vor 8s einzuschalten ist ; aber dieser ungenaue ausdruck mag wohl auf rechnung des scholiasten selbst zu setzen sein, und veranlaßt ist das ganze durch seine einmal angenommene anordnung : brachycatalectisch , acatalectisch , catalectisch , hy- percatalectisch. So mußte er von einem verse ausgehen, der factisch nicht vorhanden war, vom brachycatalectischen, den er sich bildete, indem er Xiov durch 8s ersetzte.

P. 20, 13 ist die Kicke mit unrecht angenommen. Denn da sich der ganze satz doch auf das vorhergegangene beispiel

rji'iSsoj fiovotfg oux iyivovzo cpiloi bezieht, in dessen erster hälfte ein dactylus die erste, ein spon- deus die zweite stelle einnimmt , und da dies auch eben aus- drücklich erwähnt ist zu (iev tiq(ütov n£td>jiuixaQsg sötiv £'k 8ax- zvlov •/. a i a 7i o v 8 s i o v xai ouXlqßijg [xi<.y.näg , so konnte der scholiast unmöglich fortfahren ontQ saziv ute xai unqortQovg zoig nö8ag lni8t'^sz(i.i 8a.y.7v).ovg ?/ anoiSet'ovg <C?j zov nfjärov 8äy.Tvlav xiu zov Ssvzeqov r>nor8£Wi'^> >j xat zov nqäzov cnov- dsTor y.a) tbv 8tvT£Qov Suxzvlov. Das oze xal mit seiner be- ziehung auf das vorherige verbietet, den eingeklammerten satz in den text aufzunehmen.

Zum Schlüsse hat Hörschelmann das capitel nsoi oi(jocp?}g ÄttiazQoqtov xal sncpSov appendicis instar abdrucken lassen maxime ut in hoc libro quinquepartito ea locum non habere quivis intellegat, und mit recht, wie er schlagend beweist.

Von druckversehen bemerke ich, außer einem falschen Spi- ritus, olx für ovx , einem dreifachen s in esse, nur p. 1 die zweite bemerkung der adnotatio critica, welche auf p. 2 zu zeile 19 gehört, p. 5 zu 1 gehört ph del. Mendelssohn unmittelbar hinter 0 vor || . p. 8 zu 3 steht dubito an 16 (statt 1). p. 20 steht §14 statt 15. Endlich ist in dem § nsol no8är die bezeich- nung von abschnitt IV ausgefallen. Georg Schoemann.

15*

208 38. Cicero. Nr. 4.

38. Rudolf Hirzel, Untersuchungen zu Ciceros philo- sophischen Schriften. IE. theil. De finibus. De officiis. 1 2 abtheilung. Leipzig, S. Hirzel 1882. 913 p. 8. 18 mk. J).

Die erste abtheilung dieses IE. theiles der Hirzelschen Un- tersuchungen trägt die Überschrift : die entwickelung der stoi- schen philosophie (p. 1 566) und bildet ein selbständiges ganze für sich. Die zweite abtheilung hat folgenden inhalt: die schritt De finibus bonorum et malorum p. 567, 1. das dritte buch p. 567, 2. das vierte und zweite buch p. 620, 3. das erste buch p. 669, 4. das fünfte buch p. 691. Die schrift De officiis p. 721 , ex- curse I— VIII p. 737—911.

I. Daß Hirzel die erste abtheilung als ein für sich beste- hendes buch von dem übrigen abgelöst hat , läßt sich am ende durch die erwägung rechtfertigen , daß eine gelegentliche und isolierte darstellung dieser theile nicht den grad von Sicherheit erreicht haben würde, den ihr zweck die grundlage für anderes zu bilden, erfordert (p. 2), aber nicht wohl zu rechtfertigen ist es 1), daß es dieser umfangreichen schrift an jeder orientierenden Inhaltsangabe fehlt. Wie leicht findet sich jeder z. b. in den entsprechenden abschnitten von Zeller zurecht, und wie schwer ist es ohne einen Wegweiser sich in diesen weitverschlungenen pfaden spinösester Untersuchungen nicht zu verlieren. Ref. glaubt sich daher den lesern des ebenso gelehrten wie belehrenden bu- ches nützlich zu machen , wenn er zunächst den inhalt in form einer übersichtlichen Inhaltsangabe reproduziert.

Wenn man früher sich genügen ließ, das ganze des stoicis- mus als ein einheitliches System zu überschauen und die ge- stalten eines Zeno, Kleanthes und Chrysipp wohl in ihrer mensch- lichen eigenthümlichkeit, aber nicht in ihrer philosophischen be- stimmtheit vor sich sah , sucht Hirzel in die etwas vagen be- griffe von Zeno dem begründer , Kleanthes dem fortsetzer und Chrysipp dem Vollender des stoicismus leben und inhalt zu brin- gen und die philosophische Individualität der einzelnen aus den litterarischen resten möglichst herauszuschälen. Er beginnt mit

Zeno p. 44. Zeno ist nicht in der weise des rohen eklektikers verfahren, der blind tappend oder nach äußerlichen rücksichten aus den dementen fremder lehren die eigene zu-

1) Dies war geschrieben , ehe der III. theil der Untersuchungen erschienen. Ref. behält sich vor auf das hier gesagte zurückzukommen.

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sammengestellt, sondern er hat sich zunächst dem cynismus an- geschlossen und das princip desselben festgehalten , trotzdem er in der ethik neben den aya&d die ngorfffASva anerkannte, trotz- dem er die von Antisthenes verpönte naturphilosophie wieder in den kreis der Wissenschaft aufnahm. Es ist nicht zufällig oder willkürlich, daß er, den Xöyot; des Antisthenes vom moralisch- intellektuellen gebiet auch auf das der äußeren natur übertra- gend, dem Heraklit folgte, denn Heraklit konnte einem folgerich- tigen denken als der fortsetzer der kynischen lehre erscheinen, ja Zenon konnte die erweiterte lehre vom Xöyog als im geiste des Antisthenes liegend betrachten und voraussetzen, daß dieser eine solche consecjuenz zu andern zeiten auch selber gezogen haben würde. Zenon's schüler, auch die dissentierenden, wur- den durch die Verehrung für Sokrates wie durch ein gemeinsa- mes band unter sich und mit ihrem lehrer verknüpft. Wo aber war ein dissensus? In der lehre von den nQOijyixhva.

Ariston und Herillus ( p. 58) kämpfen beide ge- gen diese nooiffuHcc, freilich jeder in seiner art. Ariston, indem er, nur mit dem ideal des weisen beschäftigt, lehrte : außer dem guten und bösen sei alles andere für uns ein d8tuq:oQop , He- rillus , indem er das leben auch der nichtweisen in den kreis seiner betrachtung ziehend und an Plato sich anschließend den namen der ngoyyfisva zwar aufgab, aber dafür die rnottliStg als in der menschlichen natur begründet und als für gewisse stufen der entwickelung nothwendig ansah. Zu den treuen Ze- nons zählte Persaeus ( p. 84), der die lehre von dem „vor- zuziehenden, werthhabenden" zu der seinigen machte, sich über- haupt mit der theorie wie der praxis seines lehrers in voller Übereinstimmung befand. Uebrigens war er wohl mehr histori- ker und ein mann des praktischen lebens, denn ein systemati- scher philosoph. Er erinnert in dieser beziehung an Xenophon, der ihm in vielen stücken vorbild war, wenn er auch nicht sein lehrer sein sollte. Die bisher genannten schüler Zenons faßten nur den moralischen theil von dessen lehre ins äuge, das system des meisters in seinem ganzen umfange ergriffen und fortgeführt zu haben, dies verdienst gebührt nach Hirzel

Klean thes ( p. 182). Inhalt seiner lehre p. 169, form p. 182. Kleanthes ist ein schüler Zenons, aber durch- aus kein beschränkter, buchstabengläubiger, sondern ein selbstän-

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diger in dem sinne, wie es jeder, auch der beste sein soll. Will man ihn dem meister gegenüber charakterisieren, so verdient er nicht ein strengerer cyniker, sondern ein konsequenter Herakli- teer genannt zu werden, wie dies z. b. auch die auffassung vom Xöyog offenbart, den er nicht als die individuelle Vernunft (Zenon) verstand, sondern als xuivcg Xoyog (Heraklit) zum sittlichen prinzip erhob. Herakliteer ist er auch in der naturphilosophie, der eigentlichen domäne des Ephesiers, so wahrscheinlich in der lehre vom entstehen und vergehen der weit, über den Ursprung der vernünftigen seele im menschen u. a. Ja wenn er eigent- liche theile der philosophie nicht gelten ließ, sondern nur theile der darstellung, so scheint er den anstoß durch Heraklit bekom- men zu haben, der nur das eine wissen von dem göttlichen in der natur anerkannte. Es war eben die gleiche dichterische Veranlagung , die den Kleanthes zu Heraklit trieb. Selbst in seinen prosaischen Schriften blieb Kleanthes so zu sagen dichter. Daß er trotzdem oder vielmehr gerade deshalb ein schlechter lehrer war und innerhalb der stoa nicht rechten boden fassen konnte, wer möchte ihm das verargen?

Chrysippos ( p. 221). Sein verdienst liegt anerkannter- maßen in der ausbildung der dialektik , aber auch die zur dia- lektik gehörige erkenntnistheorie hat er um eine stufe weiter geführt, indem er die von Epikur zuerst aufgebrachte nQolqxpig auch den stoikern aneignete, während Zeno und Kleanthes neben der ttazaXijfiTixTj (pavraaia noch den ög&dg löyog für das krite- rium gelten ließen. Bei dieser gelegenheit wird die lehre von der xaTalrj7iTixr] (pavraola , dieser wichtige punkt der stoischen erkenntnistheorie, eingehend untersucht und xaraltj7zti>c6g gegen Zeller IIP, p. 83 passivisch gedeutet, so daß KaraXrjmim] cpav- taaia eine Vorstellung wäre, „welche ergriffen werden kann", das gegentheil ay.<xrä\rimog eine solche, bei welcher dies nicht möglich. Die vollkommene deutlichkeit und bestimmtheit soll nach Hirzel das wesentliche der xazahjnTi'Atj qiavTaoia sein. In der stoischen theologie ist Chrysippos der erste, der den po- lytheismus streng faßte, denn es ist falsch, wenn man behauptet, über diesen kernpunkt seien die verschiedenen mitglieder der schule einstimmig gewesen ; vielmehr hat Zeno, der die Vernunft an ein bestimmtes element, das feuer, band, den keim zum pan- theismus gelegt, Kleanthes hat ihn weiter entwickelt, und Chrysipp

Xr. 4. 38. Cicero. 211

hat ihn zur vollen reife gebracht; nach ihm erstreckt sich die gottheit der seele gleich durch alle theile der weit, das r'r/e/xo- rixnv ist überall selbst im starrsten und leblosesten enthalten.

Boethos ( p. 230) nimmt eine eigentümliche Stellung in der schule ein und gewinnt in demselben maße, wie er sich von Chrysipp entfernt, wieder fühlung mit den älteren stoikern. Er hielt die weit nicht für ein „animal", sondern nur für ein „corpus natura gubemabile". Nach Chrysipp tritt die ethik in den Vordergrund , während das interesse für den naturwissen- schaftlichen theil der philosophie zu erlahmen scheint. Dioge- nes, Antipater und Archedemus ( p. 257), im wesent- lichen darin einig, daß sie in die eigentliche defmition des rilog im gegensatz zu Chrysipp die erfüllung der v.aütjv.otza aufnah- men , eine änderung resp. differenz , die durch die angriffe des Karneades hervorgerufen wurde, dessen Zeitalter alle drei ange- hören. Auch sonst haben sie den einwürfen der gegner etwas eingeräumt, wie z. b. Antipatros wahrscheinlich darin eine con- cession gemacht , daß er den äußeren dingen einen größeren werth für unser glück beilegte als die übrigen stoiker (Seneca Ep. 92, 5). In der lehre von den Schlüssen (Sext. Emp. Pyrrh hyp. II, 167 adv. dogm. II, 443) und de bona fama (Cic. De fin. III, 57) haben wir gleichfalls eine concession an die akade- miker zu konstatieren. In der philosophie des Panaetius haben platonismus und akademische skepsis ihre spuren zurückgelassen.

Panaetios und sein schüler Poseidonios ( p. 535). Es ist bemerkenswert!!, daß sie nicht von nqoriyniva redeten, ei- nem terminus technicus innerhalb der stoa , sondern daß sie dem Verständnis und geschmack eines größeren leserkreises rechnung tragend das gemeinverständliche oiya&d setzten. Indessen es waren nicht formale rücksichten allein, die sie zu dieser abwei- chung von der stoischen schulsprache veranlaßten. Auch die stoische philosophie hat ihre Jugend und ihr alter gehabt , den glauben an ihre ideale und das verzweifeln daran. Der glaube der ersten stoiker an das ideal des weisen schleppt noch seine eierschalen aus dem cynismus nach, denn diese, die cyniker, gin- gen in ihrem dunkel so weit, dem Sokrates als einem fleisch und blut gewordenen ideal nicht etwa nur Herakles und Cyrus, son- dern sich selber an die seite zu stellen. In demselbem maße aber, wie sich der stoicismus auf eigene fuße stellte, schwand

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der glänz eines Antistbenes und Diogenes, ja der stern des So- krates selbst mußte erbleicben. Chrysipps ansiebt betreffs der Verwirklichung des weisen ist, so weit wir nachkommen können, sehr auf schrauben gestellt, jedenfalls aber steht so viel fest, daß er weder sich selbst noch einen seiner genossen oder lehrer für weise zu erklären wagte. Spätere stoiker leugneten schlecht- hin , daß jemals ein weiser existiert habe, und der erste, der diese ansieht vertrat, ist Poscidonios. Er setzte an die stelle der früheren aoepoi „die fortschreitenden" r?Qoy.6nTovzt<:, ja selbst ein Sokrates mußte sich diese degradation gefallen lassen. Im gründe aber näherte sich Poseidonios hierin dem Plato, der, wo er es genau mit dem worte aoepog nimmt, bekanntlich keinen menschen dieses titeis für würdig hält, sondern nur einen gott : der mensch kann es nicht über einen cpih'aocpog hinausbringen. Daß auch der Zeitgenosse des Poseidonios, Antiochos aus Askalon, ein fleisch und blut ge- wordenes ideal der Weisheit nicht anerkannte, geht klärlich aus der bei Cic. De fin. IV, 65 eingeschalteten frage hervor: „qui enim hoc (sc. sapiens est) aut quando aut ubi aut unde?u In der zeit der ersten kaiser ist dann das ideal des stoischen weisen noch einmal zu einem gewissen leben erwacht z. b. für Epiktet ist der weise nicht bloßes ideal, sondern kann wirklich werden und ist wirklich geworden (Sokrates, Heraklit, Diogenes u. a.). Die Kömer substituierten ihre weisen. Der erste Römer, der zur höhe des stoischen weisen erhoben werden sollte, ist P. Ru- tilius Rufus, der andere Cato. Seneca's schwanken offenbart einerseits den von einer quelle zur andern flatternden dilettanten, zeigt andererseits aber auch, daß der glaube an den „<7o<poV doch bisweilen einer zweifelnden kritik unterzogen wurde p. 308. Es versteht sich, daß wenn die lehre vom weisen eine Umbil- dung erfuhr, dadurch auch das übrige System der stoiker, na- mentlich der wichtigste theil desselben, die moral, mit betroffen wurde. Leugnete man die existenz des weisen, so war die ein- fache consequenz , daß der weise , seine persönlichkeit und sein handeln aufhören mußte für die übrigen menschen Vorbild und gesetz zu sein. Man lockerte die ursprüngliche strenge der alt- stoischen moral und baute eine neue dem leben und der Wirklich- keit sich anschmiegende dissolutere auf, weise und unweise maß man mit verschiedenem maße, und zwei grundbegriffe der antiken moral, der der glückseligkeit und des guten, verloren ihre fest

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bestimmte absolute gültigkeit. Zwar wird diese theilung der moral erst bei Seueca beobachtet (De vita beata 16, 3), aber Hirzel weist mit großer Wahrscheinlichkeit nach, daß schon Cic. De off. I, 9 und III, 7 den Poseidonios als vertheidiger einer solchen theilung im sinne gehabt hat; und Poseidonios wird nicht der erste gewesen sein , der sie vorgenommen , sondern er wird sich hierin seinem lehrer Panaetius angeschlossen haben. Auch die psychologie des Poseidonios zeigt ein milderes, freundlicheres gesiebt , denn sie unterscheidet zwischen vernünftigem und un- vernünftigem seelentheil: es ist immer das für die späteren Stoi- ker charakteristische streben zu popularisieren und auf einen minder hohen Standpunkt der betrachtung zu treten. Es kam dazu, daß sie die autorität eines Plato für sich ins feld führen konnten , der in seinen Schriften zwischen einer idealen tugend und zwischen einer menschlich erreichbaren unterschied. Insbe- sondere ist es die tapferkeit , die von Plato und den späteren stoikern gleichermaßen herabgesetzt wird j). 350. Der letzte gruud, weshalb Panaetius und sein nachfolger dem nQorty- ftiiov in seiner technischen bedeutung aus dem wege gingen und statt dessen entweder aya&ov oder Xsybfjisvov uya&ov setzten, ist darin zu suchen, daß Panaetius sich mit einem idealbild des soma- tischen gesprüches trug. Was wir bei Cic. De off. I, 134 lesen: „sit ergo Mc sermo , in quo Socratici maxime cxcellunt , lenis mini- meque pertinax, insit in eo lepos", das war seine forderung. Er, eine vornehme natur , aus vornehmem hause stammend , konnte unmöglich an der mißhandlung der griechischen spräche , wie sie von Zeno und Chrysipp fast grundsätzlich betrieben wurde, gefallen finden ; er , der atticist unter den philosophen , brachte in der stoischen terminologie die gut griechische ausdrucksweise wieder zu ehren und setzte sich dadurch wieder in connex mit dem Sprachgebrauch des volkes. Wenn z. b. i'^cos nach der auffassung der stoiker die leidenschaftslose liebe bezeichnen sollte, so stand das in diametralem gegensatz zu dem sonst üblichen usus loquendi der Griechen, inwiefern derselbe grade die leiden- schaft der liebe in das wort hineinlegte. Panaetius half sich, indem er das, was dem weisen möglich, als für die große masse der menschen unmöglich erklärte, nämlich ohne Ieklenschaft zu lieben. Man sieht, es war das streben zu vermitteln und beiden theilen gerecht zu werden. Auch dem y.aO^xov ward der be-

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sondere engere begriff abgestreift, den die älteren stoiker diesem wort untergelegt: der weitere begriff des xa&tjxov ging in asl xa&tjxov und ovx. asl y.a&ijxov auseinander. So wird man auch den barbarischen ausdruck rtQorjypihov gemieden und dafür mit Po- seidonios entweder sv^ijäto» oder einfach aya&ov gesetzt haben p. 430. Dieselbe platonisierende und popularisierende rich- tung des Panaetius und seiner anhänger , die das schroffe der altstoischen moral einigermaßen zu glätten suchte , kommt auch in der auffassung des höchsten gutes zum Vorschein: $jv xard rag dsdonevag ijfitt' ix qivascog acfOQfxäg ist die definition des Panaetius , die in ihrer berücksichtigung auch der individuellen natur (qftiv) viel mehr als eine bloß formale abweichung von der lehre der älteren stoiker manifestiert. Nicht minder charak- teristisch ist des Panaetius lehre von der jjdon} , die er als ein xarui qivaiv d. h. als gegenständ erster naturtriebe gelten läßt, und auch die absolute ändüeia findet an ihm keinen fürsprecher; nur daß der weise sich weder durch die lust noch durch den schmerz beherrschen läßt. In der that eine menschenwürdige auffassung! p. 467 514 wird nachgewiesen, daß Stob. II, 108, ein abschnitt, der gegen die definition des Panaetius vom höchsten gut zu sprechen scheint, weder ihn selbst noch Posei- donios zur quelle hat , sondern daß Hekaton muthmaßlicher Ur- heber der partie ist, trotzdem Panaetius citiert und seine defi- nition vorausgesetzt wird. Poseidonios' definition vom höchsten gut darf und kann nicht mit der Chrysipps verwechselt werden, denn wenn er auch, wie Chrysipp, die erkenntnis der gesammten natur in die bestimmung des höchsten gutes aufnahm , so soll doch nicht die menschliche natur überhaupt, sondern nur das innerste wesen derselben, der höchste seelentheil entscheiden, was sittlich gut ist. Poseidonios ist der vater des späteren stoicis- mus p. 535. Was sonst noch in dem buche p. 566 steht, betrifft des Stobaeus Unterscheidung von aigsröv und al- qstsov, von svSaifAovia und svöai/xornTv , und verschiedener arten adiäfpoga, und liefert den beweis, daß die ganze stoische dar- stellung des Stobaeus nichts weiter ist als ein excerpt aus den Schriften verschiedener stoischer philosophen. Das ist in gro- ßen zügen der inhalt dieses umfangreichen bandes , den nie- mand schreiben konnte, der nicht mit einer umfassenden quel- lenkenntniß eine meisterhafte handhabung philologischer methode

Nr. i 38. Cicero. 215

verband. Die Überlieferung ist trümmerhaft, fast nirgends obne lücke, und doch sollte aus ihr die entwickelung der stoischen phi- losophie, wie sie sich in den einzelnen Vertretern dieser schule darstellt, reproduziert werden. Da galt es zu kombinieren und zu interpretieren und nötigenfalls durch kritik dem schadhaft überlieferten text aufzuhelfen. Wie geschickt Hirzel dies ge- than , will ich kurz nur an zwei beispielen zeigen. In der de- finition des Panaetius, die oben angeführt ist, hatte man bisher immer das wort rjpüv vernachlässigt. Hirzel weist schlagend nacb, daß mit gutem grund von Panaetius nicht zoig avöocänoig, son- dern ijfiir gesetzt ist, damit zwar die beziehung auf die allge- meine menschliche natur nicht ausgeschlossen, aber doch die Vor- stellung der individuellen jedes einzelnen erweckt werde. Wenn es sich um die entwickelung der stoischen philosophie han- delt, so ist es doch von Wichtigkeit zu wissen, daß Panaetius es gewagt^ an stelle der allgemeinen natur die individuelle zum maß des sittlichen handelns zu machen. In der stelle bei Galen. De plac. Hipp, et Plat. p. 470 f. ist „otzsq iGodviufAri ?q3 ö/AoXoyovfAtiat^ ahetv £5J*" unhaltbar, weil Posidon der erklärung Chrysipps, daß das o/yioloyovjXE'ymg ^ijv so viel sei als y.aru tfx- nmQiuv 7b.v y.uzu trjv o'Xtjv qiiaiv ovp>ßaiv('.vT03v t,l]i> , keineswegs ein lob ertheilen will, was doch in den überlieferten Worten lie- gen müßte. Dadurch daß Hirzel bessert: oxeij hodwa/xsTv rcr, ti/Aoloyovpt'rcog eine (sc. X(jvainnog) "Qqv , ist aller anstoß besei- tigt. Es leuchtet ein , daß diese emendation in dem mit den angeführten worten verbundenen satz „yrixa p>j iovto fxixQoni- 7T(ßg awzeiv st eig tl> rwc ädtuqiOQtüv Tvyxdveip" eine änderung des avvrtltEi resp. eine rückkehr zu der handschriftlichen Über- lieferung avvr eiv e iv zur folge hat , denn die worte müssen als in dem gedanken Chrysipps liegend angesehen werden (vgl. p. 241 243). Ueber aller anerkennung aber, die wir dem Scharfsinn und der combinationsgabe des verf. schulden, dürfen wir nicht vergessen, daß mitunter die glieder, die zu einem ganzen zusammengeschweißt sind, etwas gewaltsam eingerenkt erscheinen. So z. b. halte ich das begeisterte lob, welches Hirzel dem Kle- anthes spendet, für nicht berechtigt. Ehrenrettungen sind etwas sehr schönes, aber sie müssen doch, wenn sie überzeugen sollen, auf thatsachen aufgebaut sein. Der sittlichen tüchtigkeit dieses Philosophen läßt alterthum wie neuzeit alle gerechtigkeit wider-

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fahren. Zeller nennt ihn einen mann von strengem und festem Charakter, seltener ausdauer, arbeitsamkeit und genügsamkeit, aber , fügt er hinzu , von langsamer fassungskraft und geringer beweglichkeit des denkens. Und anders haben auch die alten nicht geurtheilt , wenigstens hat Hirzel keine stelle beigebracht, aus der eine günstigere beurtheilung seiner geistigen begabung ersichtlich wäre. Denn wenn Cicero ihn „maiorum gentium Stoi- cus" nennt, so will das wahrlich nicht viel sagen, Hirzel ist doch auch sonst nicht geneigt, auf Ciceros urtheil ein so besonderes gewicht zu legen. Aber vielleicht hat er doch als echt phi- losophischer köpf die lehre seines lehrers und meisters selbstän- dig fortgeführt und etwa die mangelnde beweglichkeit des gei- stes durch eine desto größere tiefe ersetzt, die nur der oberfläch- lichen Schätzung verborgen geblieben. Hirzel will uns dies glauben machen, aber den beweis ist er meines erachtens schul- dig geblieben. Ich kann hier nur einiges, was Hirzel zu seiner rechtfertigung anführt, besprechen. Während Zenon die ge- wöhnlichen vier cardinaltugenden unterschied cpo6ri]aig, ctvögsid, omcpQoavvy , dixuioovrt], so setzte Kleanthes an die stelle der (pQovijaig die iyxQuitua, weil er, wie Hirzel meint, den logischen fehler seines meisters erkannte, der die yyot tjütg als die gemein- same grundlage aller tugenden bezeichnete und sie doch in die reihe der einander koordinierten tugenden aufnahm. Daß das ein Widerspruch war, ist klar, aber nicht klar ist es, ob Klean- thes dies erkannt und ob er wegen der wissenschaftlichen kritik, die er an Zenons lehre übte, unser uneingeschränktes lob ver- dient. Ich sehe nämlich keinen zwingenden grund anzunehmen, daß Kleanthes die (pQÜv^ön; als die gemeinsame grundlage aller tugenden gesetzt habe. Läßt sich aber dies nicht nachweisen, so schwindet auch die berechtigung die thätigkeit des Kleanthes in dieser beziehung rühmend hervorzuheben. Ebensowenig ist es ihm besonders hoch anzurechnen, daß er den xoivog X6- yo$ zum sittlichen princip erhob , denn wenn er sich in dieser beziehung von den cynikern entfernte , so war es die autorität des Heraklit, die ihn auf diese bahnen leitete. Ueberhaupt aber darf aus seiuer Vorliebe für Heraklit , die besonders in der na- turphilosophie zum Vorschein kommt und die Hirzel durch meh- rere beispiele nicht immer mit gleicher Schlagkraft der be- weise — stützt, nicht so ohne weiteres geschlossen werden, daß

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Kleanthes dem Ephesier nun etwa kongenial gewesen sei. Kurz über die von Kleanthes handelnde partie des buches möchte ich das wort setzen : „habet si cum iudicio legitur, quae- dam quae possis decerpere" . Die eigenthümlichkeit der nara- )rlntiy.(xl qtavraaiai soll, wie schon bemerkt, nach Hirzel in der vollkommenen deutlichkeit und bestimmtheit bestehen, womit sie sich uns darstellen, und wodurch sie sich vor den ay.ara.X7jn toi auszeichnen. Ich halte diese erklärung nicht für richtig, ent- scheide mich vielmehr für die von Ueberweg vorgetragene. Hirzel weiß gegen dieselbe auch kaum etwas anderes vorzubrin- gen, als daß, wenn der geist vermöge der aata)rj7TiiKT] qiavraaia die dinge außer uns ergreift, diese dann nicht als £va7zsacpoa- yiaixenj y.u) ivanofjief*ayf*svtj bestimmt werden könne. Aber heißt es denn nicht auch im lateinischen : „an imprimi quasi ceram ani- mum putamus"l (Tusc. I, 25, 61 vgl. auch Phil. II, 24, 58.) Cic. Acad. I, 11, 41 widerspricht der Ueberwegschen deutung durchaus nicht. Warum soll denn von einer solchen die dinge ergreifenden Vorstellung nicht gesagt werden können „iis solum (sc. qpavtaaiui^) adiungebat fidem (sc. Zeno) quae propriam quandam haberent declarationem earum verum quae viderentur"? Warum soll nicht •AUTa).?]niix!i cfavTuaia mit „id autem visum cum ipsum per se cerneretur, comprendibüe" erklärt werden können? Wo Hirzel vom purismus des Poseidonios handelt, wird eine stelle Senecas citiert (p. 421 u. f.) und behauptet, dem Seneca habe das wort noorfinivov von Poseidonios verschmäht nicht vorgelegen. Das lasse ich mir gefallen. Nun erhebt sich die frage, wie denn das Senecasche commodum und incommodum wohl griechisch geheißen haben möge. Hirzel antwortet: tl^gi'jazijuu und 8va^Q^<jTj]^a ist nach Cic. De fin. III, 69 am besten durch commodum und incom- modum wiedergegeben. „Daß nun aber ein nach gefälligem aus- druck strebender Schriftsteller wie Poseidonios sich einer so plumpen bildung, wie tvxoi^Ttifxa ist, öfter in geringen Zwischenräumen bedient haben sollte, ist nicht glaublich. Er wird also statt dessen tv^Qrjoiop gesagt haben, dem commodum ebensogut ent- sprach und dessen sich die stoiker ebenfalls zur bezeichnung des TiQoijyflsrov bedienten". Heißt das nicht hypothese auf hypothese häufen , anstatt sich mit dem zu begnügen , was wir wirklich wissen können? Anderes übergehe ich, nur das will ich noch erwähnen, daß ich vollkommen P. Schwenke beistimme, der

218 38. Cicero. Nr. 4.

die aus Verg. Aen. VI, 724 u. f. vgl. mit Lact. Inst. VII, 7 gezogene Schlußfolgerung, als habe sich bei Zenon, wahrschein- lich in seiner [Jolirsta^ eine darstellung der unterweit gefunden, mit guten gründen widerlegt. Trotz solcher ausstellungen aber, die nur dazu dienen sollen den lesern des buches eine gewisse vorsieht und kritik anzuempfehlen, stehe ich keinen augenblick an zu behaupten: die aufgäbe, die sich verf. gestellt, ist glänzend gelöst ; die einzelnen Vertreter der stoischen schule stehen in ih- rer philosophischen bestimmtheit vor uns.

II. Was die quelle von De fin. III angeht, so hatte Madvig Excursus V p. 831 folgende ansieht vorgetragen : „quod autem § 57 eos, qui post Diogenem fuerunt , Stoicos commemorat , poterat per ■/ weile . . . ex Panaetio aut Posidonio, quorum scripta magis tri- verat, huiusmodi aliquant sententiam de gloria et fama addere11. In- dessen beide , Panaetius wie Posidonius , können doch nur mit geringer Wahrscheinlichkeit das recht beanspruchen als Verfasser der von Cicero benutzten griechischen Originalschrift zu gelten und zwar aus dem einfachen gründe, weil sich ihre ansichten „de gloria et fama" nicht mit den im Cicero ausgesprochenen decken. Vielmehr ist Hekaton nach Hirzels sehr wahrscheinlicher hypothese der quellenschriftsteller , der ein umfangreiches werk über das höchste gut verfaßt hat. Zu ihm paßt vortrefflich die darstellung des wesens der leidenschaft, des strebens nach lust, zu ihm paßt das urtheil über den rühm , zu ihm paßt endlich die ganze art und weise, wie die ansieht über den rühm vorge- tragen wird. Auch die dreitheilung der fugenden in dialektische ethische und physische, die von Panaetius und Posidonius aufge- geben war, scheint der lehre Hekatons nicht zu widersprechen. Ich halte also diese Hirzelsche hypothese für Wahrheit.

Im 4. und 2. buch hat Cicero ohne zweifei den Antiochus von Ascalon (aeQ*< rslmv?) zum führer gehabt, doch irrt Madvig, wenn er vorrede p. 62 sagt: „quartum et quintum totos ab An- tiocho esse . . ostendit Cicero11. Die kritik der stoischen Paradoxa (74 f.) , mit dem vorhergehenden überdies nur äußerlich zusam- menhängend, muß aus einer andern schrift genommen sein, viel- leicht aus der schrift eines skeptischen akademikers. Auch für das 2. buch ist, wie gesagt, Antiochus quelle trotz Madvigs „nee dubitari polest quin maxima pars Chrysippo debeatur" •, der philoso- phische Standpunkt des gewährsmanns kann kein stoischer ge-

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wesen sein, das weist Hirzel überzeugend nach, sondern es wird ein und dieselbe schrift des Antiochus gewesen sein, der auch das 4. u. 5. buch entnommen ist, denn der inhalt dieser bücher läßt sich sehr wohl als zu einem ganzen verbunden vorstellen.

Daß Cicero das 1. buch selbständig nach den quellen ge- arbeitet habe, ist nicht anzunehmen. Es muß vielmehr aus der schrift eines späteren Epikureers geflossen sein (vgl. 31. 66). Zweifelhaft freilich bleibt es , ob Zeno oder einer seiner anhän- ger Pbilodem (vgl. ende des 2. buches) als Cicero's gewährsmann anzusehen ist.

Die quellenfrage des 5. buches ist einfach zu erledigen, denn Cicero macht kein hehl daraus , daß der inhalt desselben auf Antiochus zurückgeht. Hier erfährt die darstellung der peri- patetischen ethik bei Stobaeus (Ecl. II, p. 244 f.) eine ausführ- lichere erörterung (p. 693 720), aus der folgt, daß in dieser darstellung die excerpte aus den Schriften verschiedener peripatetiker vorliegen und daß keine einheitliche quelle zu sta- tuiren , namentlich auch die ansieht Madvigs unhaltbar sei „ab eodem Antiocho surnpta esse, quae apud Toannem Stobaeensem pro Peripateticis leguntur".

Ueber die quellen Ciceros zu De offieiis hat uns die gunst des Schicksals sattsam nachrichten aufbewahrt, und hierdurch verführt stellte man die quellenfrage gar nicht ernsthaft (Teuffei, Heine). Feststeht , daß der größte theil der beiden ersten bü- cher dem gleichnamigen werke des Panaetius entnommen ist ; der schluß von I stammt aus Posidonius (s. Ep. ad Att. XVI, 11,4), der von II aus Antipater von Tyros oder Athenodorus Calvus. Für III könnte man Hekaton ansetzen, wahrscheinlicher jedoch, daß ein umriß der pflichtenlehre , den dieserselbe Athenodorus gegeben, dem Cicero vorgelegen (s. Ep. ad Att. XVI, 14, 4.)

Von den exkursen , auf die ich hier natürlich nicht näher eingehen kann, hat mich der 5., ngaij-joifitru im unterschied von nQo?jyiAtia , und der 7., Polybius Stellung zur philosophie , am meisten interessiert.

Hirzels Untersuchungen bilden keine leichte lektüre, aber um an- und übergelesen zu werden, dazu sind sie auch nicht da : sie wollen studiert sein. Wer sich forschend in sie vertieft, wird sich reichlich belohnt finden. Ferd. Becher.

220 39. Grieschische alterthümer. Nr. 4.

39. Sylloge inscriptionum Graecarum ed. Guilelmus Dittenberger. Fasciculus prior et posterior. Lipsiae apud S. Hirzelium 1883. 8.

Diese Sylloge inscriptionum graecarum , 470 nummern umfas- fassend, enthält in minuskeln „eine Sammlung derjenigen griechi- schen inschriften, welche für die erkenntniß der geschichte und der alterthümer der Griechen besonders nützlich sind". Begleitet werden die einzelnen inschriften , soweit sie der erklärung be- dürfen, von einem sprachlichen und sachlichen commentar, der in gedrängter kürze alles zum verständniß nothwendige bietet. Der erste fascikel enthält chronologisch geordnet 47 inschriften aus der zeit bis zum ende des peloponnesischen krieges, 70 aus der periode bis zum tode Alexanders des großen, 117 aus den Jahren bis zur Zerstörung Korinths und 57 aus der römischen zeit. Mit der hier getroffenen auswahl wird man sich vollstän- dig einverstanden erklären können. Die inschriften beziehen sich entweder auf ereignisse von historischer bedeutung oder enthalten aufklärungen über staatsrechtliche Verhältnisse oder geben nach- weise über die beziehungen der einzelnen Staaten zu einander. Daß die athenischen inschriften die mehrzahl ausmachen, ist so- wohl wegen der hohen bedeutung Athens als auch wegen der großen zahl dieser inschriften natürlich. Die inschriften des zweiten fascikels no. 394 470 beziehen sich auf die griechischen alterthümer und sind unter folgende rubriken gebracht: I. Res publicae. 1. Bei publicae forma ac partes, urbis et agri termini. 2. Civium et peregrinorum honores et privilegia. 3. Senatus, magi- stratus, iudicia. 4. Varia. II. Res sacrae. 1. Templa et delubra, simulacra, donaria, supellex sacra. 2. Sacerdotia. 3. Sacrificia, pompae, mysteria aliaeque caerimoniae. 4. Certamina gymnica, mu- sica , scaenica. 5. Varia. III. Vita privata. Ein Studium der historischen inschriften im ersten fascikel wird denjenigen, wel- cher sich mit griechischer geschichte beschäftigt, in den ver- schiedensten beziehungen anregen und fördern. Zugleich kann eine solche Sammlung auch alle Urkunden enthalten, welche von wirklicher bedeutung sind. Das letzte ist bei dem großen um- fange des vorhandenen materials für die inschriften der zweiten classe nicht möglich. Der zweck einer solchen Sammlung kann deshalb auch nur der sein , durch Zusammenstellung einzelner Urkunden zu exemplificieren , wie sich das öffentliche, cultliche

Nr. 4. 40. Griechische alterthümer. 221

und private leben der Griechen nach verschiedenen richtungen hin gestaltet hat. Den zweck dagegen für ein selbständiges Stu- dium dieser Verhältnisse das material zu beschaffen kann eine solche auswahl nicht erfüllen. Ihr praktischer erfolg wird des- halb im besten falle nur der sein, in weiteren kreisen das inter- esse für die griechischen antiquitäten zu erwecken und zu selb- ständigem Studium anzuregen , das sich dann freilich mit dem hier gebotenen nicht wird begnügen dürfen. Wird aber dieser zweck erreicht, so ist damit schon viel gewonnen , und so trägt auch diese zweite Sammlung ihre hinreichende existenzberechti- gung in sich. Daß dem subjectiven ermessen bei der auswahl dieser auf die griechischen antiquitäten bezüglichen inschriften ein noch weiterer Spielraum gelassen ist , als bei der Sammlung der historischen Urkunden, liegt in der natur der sache, und es würde unrecht sein, deswegen vielleicht in dem einen oder an- dern puncte mit dem Verfasser zu rechten. Das gleiche gilt auch von dem erklärenden commentar, von dem man sagen kann, daß er in knapper, aber doch erschöpfender form musterhaft an- gefertigt ist. Der vollständige literaturnachweis, welcher für die einzelnen inschriften geboten wird, ermöglicht in allen fällen ein selbständiges Studium der an die einzelnen Urkunden sich knü- pfenden fragen. Gustav Gilbert.

40. K. F. Hermann' s lehrbuch der griechischen anti- quitäten. Neu herausgegeben von H. Blüm n er und W. Dit- tenberger. In 4 bänden.

Bd. IV. lehrbuch der griechischen privatalterthümer. Dritte vermehrte und verbesserte aufläge. Nach der zweiten von K. B. Stark besorgten aufläge umgearbeitet und herausgegeben von Hugo Blümner. Freiburg und Tübingen 1882. 8.

Als die Verlagsbuchhandlung von Mohr in Freiburg in ih- rem Philologischen anzeiger 1883 no. 3 eine neue bearbeitung von K. F. Hermanns Lehrbuch der griechischen antiquitäten an- kündigte und in dem prospekt die grundsätze entwickelt wurden, welche für die neue aufläge maßgebend sein sollten , da mochte dies vorhaben mit freude begrüßt werden, wenigstens soweit man eine darstellung der griechischen alterthümer wünschte, „welche den anforderungen der gegenwart in jeder hinsieht entspräche und die ergebnisse der seit dem tode des ursprünglichen ver- Philol. Anz. XIV. 16

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fassers so erfolgreich fortgeschrittenen wissenschaftlichen arbeit zusammenfaßte". Aber vielleicht manchem mögen zweifei auf- gestiegen sein darüber, ob die bearbeitung von Hermanns alter- thümern , eines buches, das anerkanntermaßen an recht vielen mangeln litt und kaum einen vorzug aufzuweisen hatte, ein glück- licher gedanke sei; lag doch die befürchtung nahe, selbst wenn sich überhaupt aus dem buche etwas machen ließe , die heraus- geber möchten sich mehr als gut durch pietät gegen den ur- sprünglichen Verfasser gebunden fühlen. Man weiß ja, welche lästige fessel eine solche Verpflichtung ist , und das resultat ist immer mehr oder weniger flickwerk. Hätten sich die heraus- geber nicht zu einem ganz neuen werk verbinden können ! dann hätten sie viel zielbewußter zu arbeiten vermocht , hätten sich gewiß die frage vorgelegt, welche aufgäbe soll ein derartiges lehrbuch erfüllen; und dem ziele entsprechend wäre die darstel- lung eine andere geworden. Die grundsätze, nach denen im einzelnen verfahren werden sollte , änderung der druckeinrich- tung, gründliche revision der kritisch-exegetischen grundlage der darstellung, gewissenhafte verwerthung der wissenschaftlichen lit- teratur, ausnutzung des hinzugekommenen reichen epigraphischen materials dürften gewiß von vornherein auf allseitige billigung rechnen. Zunächst ist nun der vierte band erschienen , die privatalterthümer, von Blümner bearbeitet. Mit den beiden frü- heren auflagen verglichen fehlt ihm der bisherige vierte haupt- theil: die rechtsalterthümer. Mit vollem recht sind dieselben abgetrennt. Nicht denselben muth hat Blümner gehabt dem er- sten haupttheil gegenüber „das griechische land und volk nach seinem physischen und sittlichen Charakter betrachtet". Und doch spricht er sich in der vorrede p. V also aus: „Dieser theil scheint sich auch an einem ungeeigneten platze zu befinden." (Richtiger wäre wohl : „befindet sich"). Aber die ablösung, meint er , sei bedenklich gewesen ; hätte nämlich derselbe als allge- mein orientirende einleitung dem ganzen werke vorangeschickt werden sollen, so hätte seine Umgestaltung eine so durchgreifende werden müssen, daß sie über den plan und den umfang des lehrbuchs hinausgegangen wäre. So kann ich, grade wie es mir paßt, alles entschuldigen : thatsache ist, daß auch in der neube- arbeitung der anordnung des Stoffes mängel anhaften, welche bei der. ursprünglichen entstehung des buches erklärlich waren, aber

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unter keinen umständen in die dritte verbesserte aufläge hin- übergerettet werden durften. Und wenn irgendwo, so war in diesem abschnitt eine gründliche Umarbeitung dringend erforder- lich und eine Vervollständigung nothwendig. So hätte beispiels- weise bei erbrterung der bevölkerungsziffer für Attika auf p. 4 die treffliche behandlung dieser frage bei Fränkel, die attischen geschworenengerichte p. 3 ff . , verwerthet werden müssen. Nir- gends kommt das buch in seinem ersten theil über die allertri- vialsten dinge hinaus ; § 4 und § 5 weisen nicht viel mehr als allgemeine redensarten auf; hier findet sich ein fehler der me- thode , welcher auch in den folgenden partieen des buches sehr zum schaden der Wahrheit und richtigkeit vorkommt : nämlich die unbedachtsame Verallgemeinerung irgend welcher autoren- stelle. So fließt vielfach ununterschieden zusammen , was als charakteristischer besitz des griechischen volkes oder einzelner abtheilungen desselben und was als frei erworbenes eigenthum einzelner männer, besonders der philosophen, zu betrachten ist. Vor allen dingen muß das gesammtbild ein falsches werden, wenn die ergebnisse specifisch philosophischer Spekulation nicht ausreichend abgesondert werden von dem wirklichen thatbestand und den allgemein üblichen Vorstellungen. Die lokalen beson- derkeiten , die zeitlichen Veränderungen werden wohl zuweilen hervorgehoben , aber die leidige Lückenhaftigkeit des materials, welche einer systematischen darstellung unüberwindliche Schwie- rigkeiten entgegenstellt, verführt immer wieder zu übermäßiger generalisirung. So scheint es mir beispielsweise sehr fraglich, ob Od. XVIII, 328 in der weise verallgemeinert werden darf, wie es auf p. 125 und 127 geschieht. Danach soll Homer Schmiedewerkstätten ganz allgemein als nächtliche herberge hei- mathloser und bettler bezeichnen. Wenn Melantho den bettler gehen heißt xuXxijiuv i<; dc^of, so antwortet sie , meine ich, da- mit nur auf das anerbieten des vermeintlichen bettlers , für das feuer im königssaale sorgen zu wollen : Willst du feuer unter- halten, so geh in die schmiede, da kannst du es, hier brauchen wir dich nicht. Die auslegung halte ich für die einzig mögliche, mehr daraus zu folgern, für nicht angänglich. Ebenso verhäng- nißvoll für die darstellung ist das hineinspielen unserer moder- nen empfindungen und anschauungen, besonders auf dem gebiet der familie und der Sittlichkeit. Wer derartige Verhältnisse vom

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Standpunkt unsers modernen christlichen lebens beurtheilt, wird ungerecht ; die aufgäbe , die zu lösen ist , besteht vielmehr nur darin , eine andersgeartete lebensauffassung zu begreifen , nicht über sie abzuurtheilen •, so stellen z. b. in §30 (die ehe und ihre rücksichten) die allgemeinen erwägungen die bezüglichen erschei- nungen in falsche beleuchtung; hier ist die historische betrach- tungsweise die einzig zulässige. Der ehe ging einst der kauf voraus. Auch darüber , wie weit die blutsverwandtschaft ein hinderniß für die ehe ist, brauchen sich nicht immer die mei- nungen gleich zu bleiben oder zu decken , nur daß diese nicht immer und an allen orten dieselben waren, ist leicht erweislich, selbst mit bloßer berücksichtigung der griechischen geschichte. Auf dem umgang zwischen eitern und kindern ruht der fluch : das lehrt uns die Oedipussage. Nicht anstößig scheint in älte- ster zeit die geschwisterehe gewesen zu sein , sie spielt ja im mythos.eine hervorragende rolle. Bei Homer ist sie jedoch be- reits auf die götter und götterhafte personen beschränkt ; zwi- schen Stiefgeschwistern ist die ehe auch später noch als zulässig erachtet worden. Doch sehen wir von diesen mehr prinzi- piellen fragen ab und prüfen wir, wie es mit der durchführung der von den bearbeitern selbst aufgestellten grundsätze steht. Die brauchbarkeit des buches sollte durch eine änderung der druckeinrichtung erhöht, die vertheilung des Stoffes zwischen text und noten im interesse größerer Übersichtlichkeit geändert werden. Und gewiß ist die benutzung des buches in dieser beziehung bequemer geworden, aber es hätte sich wohl manches noch prak- tischer anlegen lassen, besonders wenn man darauf ausgehen wollte , bei möglichster beschränkung des umfangs einen mög- lichst reichen inhalt zu bieten. Was hat es z. b. für einen werth, wenn die citate sich immer und immer wieder, nachdem bei be- ginn eines abschnittes die litteratur aufgezählt ist , wiederholen derart, daß bei jedem einzelnen punkt dieselben bücher ange- führt werden mit hinzufügung der entsprechenden Seitenzahl. Ich schlage § 37 leibesübungen auf. P. 341, anmerk. 4 werden die bücher von Grasberger und Krause citirt. Auf den nun folgenden zehn Seiten, welche den genannten gegenständ behan- deln, werden diese beiden werke fort und fort von neuem an- geführt, so daß der name Krause 15 mal, der name Grasberger sogar 25 mal begegnet. Das muß den leser denn doch ermüden

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uud belästigen. Nach den worten des textes auf p. 347 : „der wurf mit dem diskos (ßtaxoßoXia)" werden wir in die anmerkun- gen verwiesen und dort aufgefordert zu vgl. Krause p. 439 ff. ; Grasherger I, 321 ff. ; III, 197. Zwei zeilen weiter werden wir wieder veranlaßt , unsere äugen nach unten zu richten , um da- selbst zu finden: vgl. Krause p. 465 ff.; Grasberger I, 327 ff.; III, 168 ff. Kaum vier zeilen weiter, und eine zahl im text lockt unsere blicke nach dem fuß der seite, wo wir dann lesen: Krause p. 497 ff. ; Grasberger I, 338; III, 205 ff. Eine solche citirmethode ist doch fast lächerlich und kann kaum einen an- dern zweck haben, als räum zu füllen. Dafür werden wir zum ausgleich auf derselben seite in vieler hinsieht im stich gelassen. Im text ist vom Speerwerfen die rede ; dazu sei ein mit einer schleife versehener speer benutzt. Ein denkender leser fragt sich : an welcher stelle des Speers befand sich denn die er- wähnte schleife? Ein handbuch der griechischen alterthümer braucht ihm, scheint es, darauf keine antwort zu geben und ihm zu sagen , daß die schleife in der mitte des Speers angebracht war. Zweitens kann natürlich auch gänzlich ignorirt werden, daß statt der schleife auch offene zweitheilige riemen demselben zweck dienten. Welches dieser zweck gewesen sei , danach hat ja natürlich ein handbuch der griechischen alterthümer auch nicht zu fragen, das sind wohl, wie Blümner vorrede XIII sich aus- zudrücken beliebt, details, welche dem charakter eines handbuchs nicht mehr angemessen sind, ähnlich wie p. 483, wo von der art und weise gehandelt wird , wie vier pf'erde vor den wagen gespannt wurden, wieder als überflüssig angesehen wird, zu be- merken, daß die stränge, an denen die äußeren pferde liefen, an der Vorderseite des wagenbügels befestigt wurden. Ferner wird behauptet, beim speerwurf habe es sich darum gehandelt, nicht nach einem bestimmten ziel , sondern so weit als möglich zu werfen und dafür auf Lucian Anach. 27 rekurrirt. Diese stelle, das muß anerkannt werden , berücksichtigt allerdings nur die weite des wurfes, ist denn aber damit ein bestimmtes ziel un- vereinbar? Man denke doch nur an unser ger- werfen; und dafür sprechen auch darstellungen, auf denen der werfende knie- end erscheint. Auch die anmerkungen dieser seite 347, soweit sie nicht, wie die drei erwähnten, aus nackten buch- und seiten- citaten bestehen, hätten mit Leichtigkeit inhaltsvoller gefaßt sein

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und den Stoff vollständiger verarbeiten können. In anrnerk. 2 ist die Schilderung des Myronischen diskobols bei Lucian Phi- lops. 81 (sie, soll heißen 18) abgedruckt mit der aufforderung Welcker, Alte denkmäler I, 417 ff. zuzuziehen. Dann wird eben- falls abgedruckt Luc. Anach. 27 allerdings nicht fehlerlos-, statt hinter noggco steht hinter (pilotiiiovftsvoi das interpunktionszeichen, statt imegßdlotzo giebt Blümner vnegßdlloim. Beide stellen dem Wortlaut nach vorzufinden, ist ja ganz angenehm, aber nütz- licher wäre es unbedingt gewesen , die bildwerke zu nennen, welche die verschiedenen momente des diskoswurfes veranschau- lichen. Wir sind ja in der glücklichen läge es zu können. Auch über große und schwere des diskos muß man orientirt sein, um sich ein urtheil über den werth eines wurfes bilden zu können. Was giebt da das handbuch ? Es wird erwähnt, daß ein antiker diskos von bronce aus Aegina sich im Berliner museum befinde mit darstellungen eines Springers und eines Speerwerfers. Ganz schön und gut, aber warum werden wir nicht durch die angäbe des gewichts (2 kgr.) und der große (durchmesser 21 cm) erfreut. Dafür hätten wir gerne verzichtet auf den satz : „die große des diskos (auch xvlldgaßtg genannt) für einen nalg ntriu&lag als festen vergleichungspunkt benutzt bei Paus. I, 35, 5". Was gewinnen wir damit? Nichts als selbstverständliches, oder sollte in dem orakelhaften des ausdrucks doch ein tieferer sinn liegen ? Ist es etwa nur die gelegenheit, um den ausdruck >iv7ddgaßig einzuführen? Steht es denn wirklich fest, daß der diaxog auch •AvlXdgaßig genannt wurde? Ich weiß nicht, woher diese be- zeichnung stammt, denn Hesych ist dafür der einzige gewährs- mann, jedenfalls kann sie nur als Epitheton omans des diskos fungirt haben oder dem n&adyy.vlov entsprechend in Eur. Phoen. 1141 (siehe unten). Konnte er dem wünsche nach einem zweiten ausdrucke nicht widerstehen, so wäre es ohne zweifei passender gewesen, das Homerische wort <t6\og zu erwähnen mit angäbe des Unterschiedes zwischen beiden benennungen. Anmerk. 4 zu Speer beginnt uxoov , uy.6tn.or, unoropidg , atyvvvog, xovrog, Poll. III, 151. Was soll diese aufzählung von theilweise sehr seltenen und nur bei lexikographen sich findenden vocabeln? termini technici sind doch bekanntermaßen sehr constant ; der in frage kommende speer hatte den namen uxorziov , wenigstens von einer gewissen zeit an (Homer nennt für diesen zweck alyarirj , Pindar uxeor),

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das wort amvriov wird von allen stets gebraucht worden sein, und niemand hat aiyvvvog dafür gesagt. Und weiter, meint Blümner etwa, diese aufzählung stände bei Poll. III, 151, so irrt er; dort liest man y.at ri axottiov zur nvrzudktor y.alelzat unoTOfiev^ (A. unoznui] , C. utzotkuu^), worin ich als sinn ver- muthe : auch das Speerwerfen ist eine abtheilung des fünfkainpfs, so sehr dagegen auch Poll. X, 64, Hesych s. v. änozofiäöa und scholien zu Pind. Isth. I, 30 sprechen. Die schleife , lautet es weiter in der besagten anmerkung , heißt uszäy-Avlov (gemeint ist iiüßuyy.vloi). Ist das richtig? Ich dächte die schleife heißt «j'xi'A//, das hätte Blümner aus dem sonst so oft und gern ci- tirten Pollux (1,136) erfahren können ; ucijdyxvlov ist adjektivum, dem uv.nirioi als attribut beigelegt, weil die schleife in der mitte desselben angebracht war, so vertritt es denn dieses wort in dichterischer diktion (Eur. Phoen. 1141), oder Eur. Andr. 1133 werden oifftol utaayy.vlni genannt. Anmerk. 5 enthält wieder bedenklichere druckfehler: statt Corp. Inscr. Att. IV, 316 muß es heißen II, 316 (und warum nicht, um räum zu ersparen, die ganz übliche abkürzung CIA?) statt y.a7U7ztlTcnftrtjg ist zu lesen xazanu/.rucfir'z^c.

Und das sind alles ausstellungen, die eine einzige seite an- gehen. Kritik, Vollständigkeit, anschaulichkeit läßt zu wünschen übrig. Was gegeben wird, ist eine unzuverlässige, willkürliche, oberflächliche aufzählung. Bei auffallender Weitschweifigkeit und mäßiger stilisirung gewährt sie keineswegs eine anschauliche Vor- stellung. Schon die große zahl der mängel auf einer seite schließt die annähme aus , daß diese zufällig eine unglückliche des buches sei •, ich habe sie zunächst ganz willkürlich heraus- gegriffen. Auch stellen, wo nicht soviel positives material zu verarbeiten war, sind nicht besser gerathen. Seite 342 empfiehlt das lehrbuch eine scharfe trennung zwischen den leibesübungen der griechischen knaben und epheben einerseits und den kampf- arten andrerseits, die zu den festspielen des griechischen kultus gehörten und für deren Schaustellung sich einzelne athleten be- rufsmäßig einübten. Bei diesen letzteren sei demnach die kör- perübung als Selbstzweck , bei den ersteren lediglich als mittel zur allgemeinen ausbildung des menschen betrachtet worden, und demgemäß , heißt es weiter , wird auch im einzelnen jeder Schluß von dem einen gebiete auf das andere nur mit vorsieht

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zu machen sein , zumal die meisten Übungen , welche einen be- standtheil der athletik ausmachten, auch in der turnerischen ju- gendbildung angewandt wurden. Der letzte zusatz läuft der unmittelbar vorangegangenen behauptung schnurstracks zuwider : ist derselbe richtig, so fällt die voranstehende argumentation in sich zusammen. Was soll man zu einer solchen bearbeitung sa- gen? Noch ein anderes mal hat diese form, die zusätze unter- zubringen, den Zusammenhang gestört. P. 105 spricht der Wort- laut : „dazu kommen noch die gartengewächse , deren kultur gleichfalls in manchen gegenden eine große höhe erreichte, zu- mal man derartige anlagen häufig bei geweihten quellen oder in tempelbezirken anlegte" ohne weiteres für oder vielmehr ge- gen sich.

§ 51 von den Verbindungsmitteln zu wasser und zu lande hat seinen ersten satz aus der 1. aufl. bis in die dritte verbes- serte hinübergerettet; dadurch ist er immer noch nicht besser und verständlicher geworden : „die Verbindungsmittel mit fremden, ja entlegenen gegenden mußten immer mehr erweitert und ent- wickelt werden". Der nächste satz ist zum theil neu, aber weil der gedanke, daß neuere genauere ortskenntniß die vermuthung widerlegt habe, in früherer zeit seien die landstraßen besser ge- wesen, als später, modificirend hinzutreten sollte , so leidet nun- mehr die ganze periode an einem offenbaren Widerspruch. Was nämlich der Vordersatz mit dem neu hinzugetretenen gedanken negirt, wird im nachsatz nichtsdestoweniger bejaht: „schriftliche Zeugnisse, wie deutliche spuren im lande selbst legten zeugniß für das einstmalige Vorhandensein von fahrbaren Straßen ab." Es wäre vielleicht rathsam gewesen , dem neuen gedanken nicht so uneingeschränkt räum zu geben ; er gründet sich auf die behaup- tung von Wyse, An excursion in the Peloponnes I, 250 und Bur- sian, Geogr. II, 105 (anmerk. 1), daß der einzig mögliche paß durch das Taygeton zwischen Sparta und Pherae, der sogenannte Langadapaß , nie für wagen zu befahren gewesen sei. Leider waren die akten in dieser Untersuchungssache noch nicht ge- schlossen. Daß der heut benutzte weg mit wagen, wie sie sich unserer Vorstellung aufzudrängen pflegen , nicht passirbar sein würde , das wird jeder , der den weg selbst gegangen ist , gern einräumen. Aber welches recht haben wir, gleich wagen un- serer struktur dort fahren zu lassen? Der griechische wagen,

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au den mau dabei zu denken hat, hatte zwei räder, diese waren sehr breit und von kleinem durchmesset' , der wagenkorb war leicht : mit solchem geführt kann man schon alle möglichen ter- rainschwierigkeiten überwinden. Davon abgesehen sind nun wirklich von einem Griechen Komninos die spuren eines antiken geleiseweges von Pherae durch die Langada nach Sparta nach- gewiesen worden. Die ergebnisse seiner Untersuchungen hat er schon 1874 veröffentlicht, und neuerdings haben sie bestätigung erhalten von Adolf Bötticher (Auf griechischen landstraßen, Berl. 1883, p. 76). Während diese aufgefundenen spuren beweiskraft haben, bedeutet dagegen der p. 480 anmerk. 3 hervorgehobene umstand, daß der name dyuoaia noch erhalten sei für die ge- birgsstraße von Tegea zum Eurotasthai , gar nichts. An einen ununterbrochenen Zusammenhang des heutigen mit dem alten Griechenland glaubt niemand mehr , und wer die angezogene stelle in Bursians geographie nachliest, wird sich sofort über- zeugen, daß Blümner ihn gänzlich mißverstanden hat. Ein äu- ßerst geistreicher satz ist p. 481 f.: „was die fuhrwerke betrifft, so können die Streitwagen der homerischen helden hier begreif- licherweise zunächst nur insofern in betracht kommen , als ihre wesentlichen theile , als obergestell , achse , räder und joch auch auf jede andere art von wagen ihre anwendung finden", und wenn wir überdies noch in die anmerkungen verwiesen werden, um ihn verstehen zu lernen, und daselbst lesen : Plat. Theaetet. p. 207 A : dyan&nsv av ^(ür^dtv^sq o, n iarlv aualga, ei t/ofttv sineir rpojjot, «£&>»•, i'7i?qtsqius ur7vyeg, Lvyör, so wird die sache dadurch nicht besser-, es ist das eine zwecklose raumverschwen- dung und eine seltene geschmacklosigkeit, die das vergnügen an der lektüre des buches nicht erhöht. Und trotz alledem werden wir über das eigentlich charakteristische dieser wagen nicht un- terrichtet. Sich einen begriff zu machen von der weise , wie Blümner gearbeitet hat , könnte schon folgender fall allein aus- reichen. In § 12 die sklaven wird auf p. 85 über die preise, die für sklaven gezahlt wurden , gesprochen ; das einschlagende material dafür wird in anmerk. 4 beigebracht, darunter auch inschriftliche angaben. Nach CIA I, 277 stelle sich der preis in der regel auf 2 3 minen , nur die Syrer seien höher be- zahlt worden, mit 4 5 minen. Nun sind v. 15 30 folgende angaben sicher: 165. 135. 170. 105. 161. 220. 115. 144.121.

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153. 174. 72 (für ein aatdior). 151. 170 drachmen, und auch Blümner rechnet p. 444 die mine zu 100 drachmen ; danach hätte sein resultat doch wohl sein müssen : durchschnittspreis 1 2 minen. Und wenn der eine erwähnte Syrer 240, der an- dere 301 drachmen gekostet hat, so würde ich daraus als durch- schnittspreis berechnen 2 3 minen, wobei immer noch fraglich bleibt, ob diese preise den üblichen durchschnittswerth von Skla- ven ende des 5. Jahrhunderts repräsentiren. Es handelt sich um eine von staatswegen durch die poleten besorgte Veräußerung, der maximalwerth pflegt in solchen fällen selten erreicht zu werden. Doch das nebenbei; auch wird bisher mancher abge- neigt sein , den angeführten zahlen gewicht beizulegen , und in Blümners sätzen nur einen kleinen rechenfehler erblicken wollen. Leider wird diese annähme ausgeschlossen , wenn Blümner auf der folgenden seite 86 den beweis dafür, daß die sklaven der Griechen meist barbaren gewesen seien, durch eine inschrift er- bringt. Anmerk. 2 „auf einer inschrift in der 'Ayyuinl. 'Etp^ft. f. 1869, p. 337 n. 409, auf der eine liste verkaufter gegen- stände enthalten ist, sind die sklaven bezeichnet als u. s. w.". Daß dies keine andere inschrift ist, als die, welche er auf p. 85 mit CIA I. 277 angeführt hat, das merkt Blümner nicht; mit welcher Sorgfalt muß er da gearbeitet haben ? Ueberhaupt ist die verwerthung der inschriften eine sehr mangelhafte und, wie man annehmen muß, vom zufall abhängig.

So hätte z. b. bei der erwähnung des asylrechts bestimmter tempel (p. 90 f.) auch der in der mysterieninschrift von Andania enthaltenen diesbezüglichen bestimmungen gedacht werden kön- nen, ebenso konnten gewisse andere partien derselben den un- terschied illustriren zwischen freien und sklaven, so weit derselbe in der bestrafung für vergehen zum ausdruck kommt (auch Dem. 24,167 vermißt man dabei ungern). Warum wird nicht p. 423 CIA II, 11 citirt als beleg dafür, daß durch wechselseitige Staatsverträge fremde kaufleute dem eingebornen in allen rechts- fragen privater natur völlig gleichgestellt werden? Wo von der bedeutung der seher gehandelt wird (p. 475) , hätte auch Hie- rokles aus Oreos erwähnung finden sollen mit anführung von CIA IV, 27a, z. 66 und Aristoph. Fried. 1944«. In §49 kapi- talien und deren verwerthung würde mit nutzen eine inschrift verwerthet sein können (Revue archeol. 66, p. 352), welche

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uns ein consortium kennen lehrt, das zum gemeinsamen betriebe kaufmännischer geschäfte zusammengetreten war.

Wie ist es andrerseits zu rechtfertigen, wenn p. 105, an- rnerk. 3 die inschrift der Hymettosgrotte noch nach CIG citirt wird statt CIA I, 425 , woselbst er auch eine richtigere lesung gefunden hätte? So steht ferner p. 432 anmerk. 4 Rangabo Antiquit. hellen. I, p. 52, n. 57 statt CIA, I, 324 und eben danach wird CIA I, 40, p. 424 anmerk. 2 angeführt. P. 495 wird wieder nach CIG citirt statt CIA II, 86, während auf der folgenden seite 496 anmerk. 4 CIA II, 108 zu lesen steht und dann add. nov. 156, die letztere mit bösem druckfehler statt 15b. Ein und dieselbe inschrift wird p. 222 anm. 2 CIA II, 476 citirt und dann p. 440 anm. 3, 445 anm. 5, 456 anm. 6 nach dem CIG. P. 492 hätte zu Curtius Inscr. XII, p. 13 auch noch der ort , wo die inschrift jetzt zu finden ist , hinzugefügt werden müssen: CIA II, 115. Welche consequenz liegt denn darin, wenn auf p. 492 f. die lokrische inschrift zunächst ange- führt wird nach Rangabe Ant. hellen. II, n. 356b und L. Roß, Alte lokrische inschrift, Leipzig 1854, dann auf der nächsten seite Rangabe II, no. 356b. Cauer, Delectus epigramm. (siel) p. 114 n. 94, und um das werk zu krönen, steht in derselben anmerkung die inschrift aus Teos (bei Cauer1 n. 130j nicht nach Cauer citirt, sondern als Corp. Inscr. Gr. II, 3044, ebenso wie p. 433 anmerk. 3. Im § 39 von sterbefällen und leichenbe- gängnissen wird vielfach auf die Verordnung von Iulis auf Keos (jetzt IGA 395) bezug genommen, sie wird in einzelnen ab- sätzen öfters citirt, aber in nicht immer korrekter form. P. 363 anmerk. 2 kommen zwei druckfehler vor, itdo^iati statt ivdvuari, tqgi^ statt ro?g. P. 367 anmerk. 3 [*e%gt to otjim statt [itXQi in) 7c arjpa. P. 369 anmerk. 5, z. 14 statt 13 f., iy.cptQsu statt igtpsQEiv. P. 372 anmerk. 2 tokv/.ogtuu (müßte wenigstens wohl als ableitung von tqiuxoot/j Tnuv/.oaruuf. lauten) statt roir^/.öciia. P. 365 anmerk. 5 wird aus dieser inschrift eine bestimmung re- ferirt , die (iiaivnfisvai betreffend und wer dazu zu rechnen sei. Statt sich den ganzen inhalt anzueignen, begnügt sich Blümner, weil ihm die entzifferung mühe macht, mit der ausweichenden erklärung: („bei der angäbe weiterer Verwandschaftsgrade ist die inschrift lückenhaft")*

In welchem verhältniß steht das zu der im prospekt ver-

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heißeneu gewissenhaften verwerthung des neuen materials (vor- rede XI)? So wird auch p. 461 , wo die zur angäbe von hy- potheken dienenden oqoi erwähnt werden, vermißt die nennung von Martha, Bull, de corresp. hell. I, 235 mit der von diesem aufgestellten theilung solcher oqoi in vier klassen. In gleicher weise sind die ausführungen über die noohvia (p. 492) ungenau. Es fehlt Schubert, De proxenia Attica, Leipzig 1881 und der hinweis darauf, daß die Athener die proxenie als ehrentitel ver- liehen. Was über das wesen der noo^roi und über die &ewqoI und über gesandtschaften in der dissertation von M. Heyse, De legationibus Atticis, Gotting. 1882 zusammengestellt ist, konnte Blümner wohl noch nicht benutzen , aber das hätte er überall richtig erfahren können, daß die gesandtschaft, welche er p. 496, anmerk. 4 erwähnt (Dem. XIX, 158), aus 10 Athenern und einem Vertreter der bundesgenossen bestand , nicht , wie er an- nimmt, aus 3 mitgliedern. Selbstverständlich fällt damit auch das resultat seiner rechnung, es kommen als reisediäten der ge- sandtschaft pro mann und tag nicht 3x/3 drachmen, sondern 1 drachme heraus. Dieser fehler wäre an sich nicht so schlimm, er wird aber gravirend, weil er von einem irrthum in einer so bekannten sache ausgeht. Für die «juellen, auf die Blümner sich stützt, ist p. 492 anmerk. 4 höchst bezeichnend. Dort lautet es : „wie selbst eine gesandtschaft außer landes betrachtet ward , s. Poll. IV, 28". An diesem orte findet sich eine ganz wüste Zu- sammenstellung von ausdrücken, die der ngeaßti'a zukommen können. Gab es denn keine anderen belegstellen ? das „selbst" scheint aber noch eine irrthümliche anschauung zu verrathen. Heyse macht mit recht darauf aufmerksam, daß nur die vfjovxsg unter allen umständen als sakrosankt gelten, während gesandten nicht ohne weiteres die unverletzlichkeit garantirt war. Daraus er- klärt sich denn auch, daß die festnähme der spartanischen ge- sandten zu Athen auf Themistokles1 rath (Tbuc. I, 91) nicht als Verletzung des Völkerrechts angesehen werden konnte, ebenso- wenig wie die gefangensetzung der lakedämonischen gesandten im jähre 378, als Sphodrias auf eigene hand in das attische land eingefallen war (Xen. Hell. V, 4. 20 ff.).

Pollux figurirt, wie an der eben angeführten stelle, auch sonst unberechtigter weise viel zu oft-, seine werthlosigkeit ge- steht Blümner, wenn auch nur schüchtern, selbst p. 421 anra. 1 zu.

Nr. 4. 40. Griechische alterthüiner. 233

Wäre etwas kritischer in der auswahl des quellenmaterials verfahren, so wäre p. 451 gewiß die alte fabel von dem in Sparta verwendeten ledergelde gänzlich verschwunden. Dagegen hätten die angaben über spartanisches geld einer präciseren fassung bedurft : in Sparta wurde unedles metall als werthmesser bis zum ende des 4. Jahrhun- derts benutzt, silbermünzen erst nach der zeit Alexanders geprägt. Bis dahin tauschhandel, bei dem eisen die etwaige ausgleichung herstellte. Den Privatleuten war der besitz von gold- und sil- bergeld untersagt, doch wurde dies verbot nur theilweise re- spektirt, dasselbe wurde umgangen z. b. dadurch, daß das geld außer landes deponirt wurde, vgl. die inschrift IGA 68, die Blümner aber auch schon finden konnte in den Monatsberichten der Ber- liner akademie 1870, p. 51 ff. und Cauer x, 2. Wie die benu- tzung der inschriften , so ist auch die verwerthung der wissen- schaftlichen literatur nicht ausreichend ; die anführungen beruhen auch hier, wie man anzunehmen Ursache hat, auf zufall und ge- schehen nicht nach wohlerwogenen gründen. Wollte und konnte man nicht Vollständigkeit y) erreichen, so mußte die auswahl nach dem werth der Schriften getroffen werden und alle unnöthigen citate verschwinden. Blümner ist sich dieses fehlers wohl be- wußt; er gesteht vorrede XIII ganz offen ein, daß er manches citire , was er nicht gesehen , geschweige denn gelesen habe, ebenso daß die im prospekt angekündigte beseitigung einer an- zahl von anführungen ganz werthloser und veralteter bücher im vorliegenden bände nicht in ausreichendem maße erfolgt sei. Und welches ist dafür die entschuldigung ? In Zürich waren die bücher nicht zu erlangen. Ja das ist recht zu beklagen, aber wer zwingt ihn denn unter solchen umständen die neube- arbeitung eines werkes zu übernehmen , wobei diese seite der arbeit von ausschlaggebender bedeutung ist? Hat er sich doch dazu verstanden, so hat die kritik das recht und die pflicht, diesen maugel gebührend hervorzuheben.

1) Um über die Vollständigkeit der literaturnachweise ein ur- theil zu gewinnen, vgl. man was Blümner p. 436 anmerk. 2 über den bernstein mittheilt, mitWaldmann; derbernstein im alterthuin, Fellin 1882 p. 4 ff'. Blümner konnte die literatur bis zum jähre 1838 finden bei Ukert, über das elektrum und die mit demselben verknüpften sa- gen, Zeitschrift für die alterthumswissenschaft 1838, p. 425 ff. , die neuere litteratur bis 1876 in A. Baumstarks ausführlicher erläuterung des besonderen völkerschaftlichen theiles der Germania des Tacitus, Leipzig 1880, p. 267 ff.

234 40. Griechische alterthümer. Nr. 4.

Ungenauigkeiten , mögen es druckfehler oder irrthümer des herausgebers sein, sind in den anmerkungen in enormer anzahl vorhanden. P. 480 anmerk. 2 wird die oxiaiij oSö^ aus der Oedipussage berührt und dafür Soph. Oed. Tyr. 787 ff. citirt. Sollten die citate genau sein, so wäre v. 730. 733 (an dieser stelle steht die bezeichnung OQiozr] ödb^) mit 801 zusammen zu nennen gewesen, wozu außerdem noch der angeführte v. 1398 kommen könnte, ebenso Paus. X, 5, 3. Wenn noch X, 35, 8 hinzugefügt wird, so hätte mit gleichem recht noch IX, 2, 4 an- spruch auf erwähnung gehabt.

Anmerk. 5 ist das citat Paus. X, 32, 6 ungehörig, die aus Pausanias abgedruckten sechs worte sind durch zwei druckfehler entstellt.

Anmerk. 6 „reiten (ini innovg utaßaCveiv, innä&o&ai)". War es wirklich erforderlich, dem leser die griechischen ausdrücke für „reiten" an die hand zu geben, so hätten die richtigen worte gewählt werden müssen: im zov innov avaßai'veiv bezieht sich auf den dem reiten vorangehenden akt des aufsitzens, reiten heißt ilavmtv , ü^slßdai sqp' mnov. innu&odai ist selten und bezeichnet so viel wie Innov yvfxva'Qi.iv ein pferd tummeln.

P. 481 anmerk. 3 statt Soph. Oed. Col. 113 zu lesen 313 (eigentlich 311 314). P. 343 anmerk. 4 Longus {sie) de sublimit. P. 433 anmerk. 4 kommen in einem inschriftencitat von zwei zeilen nicht weniger als fünf fehler vor.

Das mag genügen, um zu ersehen, wie weit die grundsätze des prospekts durchgeführt sind. Wenn Poehlmann (Historische Zeitschrift 1883, p. 302 f.) behauptet, die neue bearbeitung be- mühe sich, die abstrakte fassung der darstellung Hermanns mög- lichst zu beseitigen, wenn er ferner von einer äußerst gründ- lichen revision der kritisch - exegetischen grundlage der darstel- lung spricht und wenn er endlich die neuere Literatur mit gro- ßer Sorgfalt und Vollständigkeit verwerthet findet, so kann sich seine nachprüfung nur sehr an der oberfläche gehalten haben. Noch unbegreiflicher ist mir das urtheil, welches Saalfeld in ei- ner recension in den blättern für bayerisches gymnasialwesen (XIX, p. 287 f.) abgiebt. Nachdem derselbe die worte des Pro- spektes, ähnlich wie Poehlmann, paraphrasirt und das dort ver- sprochene als geleistet hingestellt hat, erhebt er sich zu der kühnen behauptung, Blümner habe die griechischen privatalter-

Nr. 4. 41. Römische geschiente. 235

thümer zu einem werke werden lassen , welches als epochema- chend angesehen werden dürfe. Beweis wird natürlich nicht angetreten, kein einziger punkt des buches kommt zur bespre- chung. Die bewunderung, die der rec. vor dem werke von so eminenter bedeutung hegt, verbietet es ihm ; kleinlich, meint er, wäre es, an dieser oder jener fassung des ausdrucks zu mäkeln oder in dem Zusammenhang des Stoffes tadelnd eine lücke ent- decken zu wollen, wo berechtigte absieht des herausgebers zu gründe läge. Man sieht, nichts als phrase. So kann man reden, ohne eine seite des buches auch nur gelesen zu haben.

Wenn Saalfeld seine besprechung mit dem wünsche austö- nen läßt, daß die noch ausstehenden weiteren theile der grie- chischen alterthümer in ebenso erfreulicher weise zur herausgäbe gelangen mögen, so will ich nicht schließen, ohne noch meiner hoffnung ausdruck zu geben , die ich hege , daß die übrigen theile in sorgfältigerer neubearbeitung erscheinen werden.

C. Schaefer.

41. Schiller, H., geschichte der römischen kaiserzeit I, 2. Gotha 1883. 8. (S. Philol. anz. 1883, nr. 3, p. 223—29.)

Rascher als wir zu hoffen gewagt ist die fortsetzung von Schillers Kaisergeschichte erschienen , welche die zeit von den Flaviern bis Diocletian umfaßt. Er theilt seinen stoff in vier kapitel, die jedes mal durch einen abschnitt über die quellen und die neueren darstellungen desselben eingeleitet und durch einen rückblick auf die innern zustände des reichs und seine eulturverhältnisse beendigt werden. Der vorliegende halbband beginnt mit dem II. kapitel [des II. buches.] Von Vespasian bis Trajan. Beginn der Umbildung des prineipats zur monar- chie. IU. kapitel. Von Hadrian bis Pertiuax. Die monarchische entwickelung in der reichsverwaltung. IV. kapitel. Von Sep- timius Severus bis auf Carinus und Xumerian. Entwickelung der absoluten monarchie.

Man sieht also , daß der zweite halbband auf demselben räum, wie der erste, doppelt soviel zeit umfaßt ; diese ungleich- mäßigkeit hätte sich nur vermeiden lassen , wenn entweder der erste kürzer oder der zweite länger ausgefallen wäre. Nament- lich am Schluß des zweiten halbbandes ist alles in das vierte kapitel hineingezwängt, was eigentlich in drei abschnitte zerfällt :

236 41. Römische geschickte. Nr. 4.

1) Septimius Severus und seine dynastie 235. 2) militärische anarchie, um den allerdings unpassenden namen der dreißig ty- rannen aufzugeben 235 268. 3) reconstruction des reiches und seiner theile von 268 84. Durch eine derartige eintheilung würde diese verworrene periode an Übersichtlichkeit und klar- heit entschieden gewonnen haben.

Die zweite hälfte ist genau so gearbeitet wie die erste, es genügt also hier einfach auf die früher voraufgeschickten allge- meinen bemerkungen zu verweisen.

Daß der räum nicht ausreichte, zeigt sich namentlich bei der regierung des Titus sehr deutlich, die auf zwei seiten abgefertigt wird. F. 519 ist nur im allgemeinen von dem großen erdbeben die rede, welches im jähre 79 Campanien heimsuchte. Die ruinen Pompei's aber, welche eine der wichtigsten quellen für unsere kenntniß der cultur der ersten kaiserzeit bilden, werden nicht einmal genannt. Auch die Vollständigkeit der litteratur läßt mancherlei zu wünschen übrig. Ueber die nothwendigkeit des citi- rens kann man allerdings verschiedener meinung sein. Man kann ein citat auslassen, weil man das werk kennt und weil man es nicht kennt. Allein die art, wie der verf. an anderen stellen auch veraltete werke citirt, zeigt, daß er wenigstens stellenweise Vollständigkeit erstrebt hat, wie es bei einem handbuch zum stu- dieren um so mehr zu wünschen ist, als wir eine Bibliotheca hi- storica nach art der Engelmannschen Bibliotheca philologica, in der die einzelnen abhandlungen und monographien verzeichnet wären, leider nicht besitzen.

Um also bei jenen zwei der regierung des Titus gewidmeten seiten stehen zu bleiben, so zeigen sie keine spur der bekannt- schaft mit folgenden umfangreicheren vorarbeiten : Heimbrod, Titi Flavii Vespasiani Romani imperatoris vita iterum edita. Ar- chiv für classische philologie 8,383 99; ferner Joguet, les Fla- viens. Paris 1876. Beule, Titus et sa dynastie. Paris 1871. 0. A. Hoffmann, De imp. Titi temporibus recte definiendis. Marb. 1883.

Bei Domitian p. 520 fehlt Imhof, T. Flavius Domitianus. Halle 1857 mit der anzeige von R. Sievers, Jahrbücher f. class. philologie 1881 ; p. 629 39. Bei der Schilderung von Domi- tians regierung tritt der gegensatz zum Tacitus wieder sehr deut- lich hervor. Der tadel des Tacitus verkehrt sich bei Schiller

Nr. 4. 41. Römische geschichte. 237

ins gegentheil , der den Domitian um jeden preis „retten" will. Selbst wenn dieser kaiser dem Decebalus einen jährlichen tribut bewilligt (p. 531), so wird das in einer weise beschönigt, die der offiziösesten unserer offiziösen Zeitungen als muster vorzu- halten wäre.

P. 538 nennt der verf. den Nerva einen „greis, jedenfalls über 60 jähre alt". Wir brauchen keine unnützen vermuthun- gen über das alter des Nerva bei seiner thronbesteigung anzu- stellen, denn wir wissen mit Sicherheit, daß Nerva den 8. nov. 32 n Chr. geboren wurde Ueberhaupt hat der verf. die geburts- tage der kaiser nur dann angeführt , wenn sie in den buchmä- ßigen quellen erwähnt werden , dagegen die wichtigen angaben des CIL fast gar nicht ausgenutzt.

Bei Hadrian fehlt merkwürdiger weise (p. 602) Gregorovius, Geschichte des römischen kaisers Hadrian und seiner zeit. Kö- nigsberg 1851 f jetzt in zweiter aufläge erschienen).

P. 604 spricht der verf. davon , daß Hadrian mit leichtig- keit große Strapazen ausgehalten habe und bemerkt dazu anm 3: „vielleicht wird er deshalb auch auf münzen barhäuptig gebildet". Werden denn die anderen kaiser etwa nicht barhäuptig ge- bildet?

Endlich mußte das eingreifen des Hadrian aber auch noch erwähnt werden bei der geschichte des colonats p. 651 ; weil wir aus dem edict des Commodus (Hermes 15,303) wissen, daß schon Hadrian in dieser hinsieht bestimmungen getroffen hatte.

Marc Aurel wird oft von dem verf. mit überlegener kühler ironie behandelt und als philosoph verspottet. Wenn der kaiser seinen söhn zum thronfolger ernennt, so führt der verf. das zu- rück auf „die philosophische schule, welche den natürlichen und klaren verstand des kaisers getrübt". Hier ist aber doch sicher nicht die philosophie, sondern die vaterliebe des kaisers entschei- dend gewesen.

In bezug auf die auswärtigen und handelsbeziehungen hat der verf. eine interessante stelle übersehen bei v. Richthofen, China 1, p. 512 „die chinesischen annalen erzählen, daß im jähre 166 am kaiserlichen hof in Lo-yang eine gesandtschaft von dem kaiser An-Tun des reiches Ta-Tsin erschien. Die gesandtschaft kam auf dem seeweg, landete in Ji-nan (Tongking) und wurde von dort zu lande nach der hauptstadt an den hof Philoi. Anz. XIV. 17

238 41. Römische geschichte Nr. 4.

des kaisers Hwan Ti escortirt. Der weg von westen her durch den continent war ihr versperrt gewesen. Die Chinesen er- wähnen noch die abreise der gesandtschaft". Vgl. M^moires de l'acad. des insc. 10, p. 237. Der handel auf dem Rofhen meere nach Indien war damals sehr lebhaft, sogar in Cochin- china sind römische münzen des dritten Jahrhunderts gefunden (s. Eevue numismatique n. s. 9, 1864, p. 481), so daß auch eine gesandtschaft nach China in hohem grade glaubhaft erscheint.

In bezug auf die bibliographie ist p. 635 nachzutragen: E. Renan, Marc-Aurele, Paris 1882, während dessen Eglise chre- tienne benutzt und citirt wird ; Edouard de Suckau Etudes sur Marc Aurele , vgl. Taine , Nouveaux Essais de critique et d'hi- stoire, p. 301—16-, Noel de Vergers, Essai sur Marc-Aurele, Paris 1860, vgl. R. Sievers, Jahrbücher für classische philologie 83, 367 76 ; p. 724 „sie führten einen Guerilla". Wenn man so überflüssige fremdworte braucht, so soll man sie wenigstens richtig brauchen ; Gorilla mag mascul. sein ; guerilla können wir nur als femin. gebrauchen ; p. 705 beim Septimius Severus sind die wichtigeren werke von Höfner und de Ceuleneer allerdings ge- nannt; es fehlt aber J. G. Schulte, de imperatore L. Septimio Severo, P. I, Münster 1867; bei Caracalla, p. 739 und 743: Bockhoff, de expeditionibus M. Aurelii Antonini Caracallae, Mün- ster 1868; bei Elagabal p. 760: R. Salzer, die syrischen kai- ser und Severus Alexander. I. Heliogabal, Heidelberg 1866; p. 779 80: Krebs, de Alexandri Severi bello contra Persas gesto. Düsseldorf 1847, Jahrbücher für class. philol. 52,345; bei Phi- lippus p. 904, anmerk. 1: Aube\ Le christianisme de l'emp^- reur Philippe, Revue arch^ol. n. s. 21, 1880, p. 140 152; p. 811 : Th. Bernhardt, politische geschichte des römischen reichs von Valerian bis zu Diocletians regierungsantritt. 1. Berlin 1867; p. 823: Lucien Double, Les Cdsars de Palmyre, Paris 1877. Jos. Klein: Odaenathus Augustus. Rhein, mus. 35, 490; p. 851 : A. Becker, Imperator L. Domitius Aurelianus restitutor orbis. Münster 1866. F. Görres, De primis Aureliani principatus tem- poribus. Bonn 1868.

Ich brauche wohl kaum hinzuzufügen, daß diese liste von herausgegriffenen titeln auf Vollständigkeit keinen anspruch macht.

Den schluß bilden sehr umfangreiche enggedruckte berichti-

Nr. 4. Bibliographie. 239

gungen und nachtrage zum ersten bände. Doch auch dieses druckfehlerverzeichniß ist leider von druckfehlern nicht frei.

Das register p. 947 80 ist allerdings ziemlich umfangreich, aber keineswegs vollständig , es fehlt eine reihe von wichtigen artikeln und sogar von kaisernamen.

Gerade weil die Schillersche kaisergeschichte die einzige ist, mit der sich arbeiten läßt, so haben wir geglaubt, auf diese mängel hinweisen zu sollen , damit der verf. in einer zweiten aufläge, die sein buch hoffentlich erlebt, dieselben beseitigen kann.

Bibliographie.

Ueber A. Mayens Wiens buchdruckergeschichte bd. II , die jähre 1482 1882 umfassend berichtet A. Scherzer in beil. z. Allg. ztg. 1883. nr. 316 und hebt dasselbe als eine bedeutende erscheinung hervor.

Den inhalt des Jahrgangs 1883 der Sitzungsberichte der aka- demie der Wissenschaften in Berlin der jetzt vollständig vorliegt, giebt Reichsanz. no. 44 an : aus ihm bemerken wir hier Zeller, über Antisthenes von Rhodos, in dem nachzuweisen versucht wird, daß der aus Polybios bekannte geschichtschreiber und der Ver- fasser der di<.ido%ai eine und dieselbe person sei ; H Dessau, römische reliefs beschrieben von Pirro Ligorio; Max Duncker, über den proceß des Pausanias ; Theodor Mommsen, numisma- tische notizen , und zwar über einen goldstater des königs Pto- lemäus von Mauretanien, den römischen silberschatz von Maserä, die Victoriatenf unde von Tarent und Pisa , die Denarfunde von Compito und Garlasca ; Valien, über Iuvenal und Paris (luven. Sat. VII)-, R Lepsius, über die längenmaßen der alten (mit vergleichenden tabellen); G. Hirschfeld, über Tarium, die hauptstadt der trokmischen Galater in Klein-Asien, einem haupt- kreuzungspunkt in dem römischen Straßennetze der halbinsel nebst karte.

Im RAnzeiger werden kurz folgende cataloge von antiqua- ren angezeigt, in nr. 26 Schletter 'sehe buchhandlung in Breslau, (Frank und Weichert) nr. 185, in nr. 27 Lachmann und Lutz in Frankfurt a. M. nr. 45 ; ebendas. Joseph Baer in Frankfurt a. M. und Paris nr. 137, mathematik vorzugsweise enthaltend; in nr. 29 Joseph Jolowitz in Posen nr. 81.

Verzeichniß der wichtigeren publikationen auf dem gebiete der alter- thumswissenschaft. 1884. III.

Beilage A. Schulschriften und programme. 191. Adamek, Otto, die senatsboten der römischen republik. Graz. 8. 34 p.

17*

240 Bibliographie. Nr. 4.

192. Alexi, C, über die unentbehrlichkeit der altklassischen Stu- dien in den höheren lehranstalten und über die nothwendigkeit einer zeitgemäßen reform dieser studien. Ein beitrag zur kritik der neusten reformbestrebungen auf dem gebiete des höheren Schulwesens in Deutsch- land. Mühlhausen. 4. 41 p. (Teubner 1883 no. 461).

193. Angermann, geographische namen Altgriechenlands. Meißen. 4. 31 p. (Teubner no. 494).

194. Baar, A., Lucians dialog „der pseudosophist" erklärt u. be- urtheilt. Görz. 8. 22 p.

195. Bilßnger, &., antike stundenzählung. Stuttgart (Eberhard- Ludwigs-gymn.). 4. 4l p. (Teubner no. 537).

196. Breznik , Fr. , erziehung und Unterricht bei den Griechen. Rudolfswert, 8. 48 p.

197. Caspers , de comparationibus Vergilianis. Hagenau. 4. 18 p. (Teubner no. 459).

198. Dittmeyer, Leonh. , quae ratio inter vetustam Aristotelis Rhetoricorum translationem et Graecos Codices intercedat. München, (Wilhelmsgymn.). 8. 68 p.

199.' Durban, L., Horaz epistel an die Pisonen (übersetzt). Lahr. 4. 23 p. (Teubner no. 550).

200. Egger, Josef, Katharsis studien. Wien, (Franz-Josephgymn). 8. 39 p.

201. Eichler, Edmund, Demosthenes' erste Philippica doch eine doppelrede. Wien, (staatsgymn. im 2. bezirk). 8. 29 p.

202. Erdmann, Martin, zur künde der hellenistischen städtegrün- dungen. Straßburg, (protestant. gymn.). 4. 30 p. (Teubner no. 466).

203. Euler, über die abfassungszeit der Isokrateischen friedens- rede. Mengeringhausen, (progr. von Corbach). 4. 18 p.

204. Föhlisch , Constantin , über die benutzung des Polybius im XXI. u. XXII. buche des Livius. Eine quellenuntersuchung. Pforz- heim. 4. 12 p. (Teubner no. 553).

205. Gülkel, Hans, beitrage zur syntax des verbums und zur satz- bildung bei dem redner Antiphon. Passau. 8. 54 p.

206. Groß, Eduard, kritisches und exegetisches zu Vergils Ae- neis. Nürnberg. 8. 44 p.

207. Haas, Lorenz, über die Schriften des Sextus Empiricus. Freising. 8. (Progr. von Burghausen). 29 p.

208. Hammer, C, Demetrius mqi ^Qfiijviias. Ein litteraturhisto- rischer versuch. Landshut. 8. 73 p.

209. Hasenstab, B., studien zur variensammlung des Cassiodorius Senator. Ein beitrag zur geschichte der Ostgothenherrschaft in Italien. I. München, (Maximiliansgymn.). 8. 95 p.

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211. Hepp, Leo, politisches und sociales aus der Ilias und Odyssee in vergleichender darstellung. Rottweil. 4. 73 p. (Teubner no. 536).

212. Holub, Joh., warum hielt sich Tacitus von 89 96 n. Chr. nicht in Rom auf? Quintil. X, 1, 104. Weidenau. 8. 22 p.

213. Hoehle, J., Arkadien vor der zeit der Perserkriege. 1. theil. Meerane. 4. 44 p. (Teubner no. 517).

214. Jaeger, H. , bemerkungen zur römischen satire insbesondere der des Horaz und einigen mit ihr verwandten dichtungsarten. Ried. 8. 20 p.

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Nr. 4. Bibliographie. 241

216. Kapp, Stefan, die griechischen und lateinischen gutturallaute im neugriechischen und in den romanischen sprachen. Wien, (gymn. im IX. bezirk). 8. 46 p.

217. Karassek, Joseph, der infinitiv bei Herodot. Saaz. 8. 78 p.

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220. Krumbacher , Carl , de codicibus quibus interpretamenta Pseudodositheana nobis tradita sunt. München , (Ludwigsgymn.). 8. 68 p.

221. Krug, A., Etüde sur la Phedre de Racine et l'Hippolyte de Seneque. Colmar. 4. (Programm von Buchsweiler). 31 p. (Teubner no. 456).

222. Krupp, Franz, die homerischen gleichnisse zusammengestellt nach den verglichenen personen und anschauungskreisen, welchen die bilder entnommen sind mit angäbe der Vergleichspunkte. Zweibrücken. 8. 35 p.

223. Kubitscheh, Jos. Wilh., kritische beitrage zur cosmographia des Iulius Honorius. II. theil. Oberhollabrunn. 8. 36 p.

224. La Roche, Jac, über die adiectiva zweier endungen auf os im griechischen. Linz. 8. 21 p.

225. Lechner, Maxim., de pleonasmis Homericis. Pars II. Onoldi. 8. 42 p.

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227. May, J., der entwicklungsgang des Horaz in den jähren 35 —30 v. Chr. Offenburg. 4. 20 p. (Teubner no. 552).

228. Mayer, Anton, stimmt der Cato und Atticus des Cornelius Nepos in spräche und stil mit den demselben Schriftsteller zugeschrie- benen vitae überein oder nicht. Cilli. 8. p. 5 22.

229. Meinet, Georg, zur Chronologie des jugurthinischen krieges. Augsburg, (studienanstalt St. Anna). 8. 23 p.

230. Müller, Anton, zu Plautus. Baden-Baden. 4. 25p. (Teub- ner no. 543).

231. Munier, Moritz, die paläographie als Wissenschaft und die inschriften des Mainzer museums. Mainz. 4. 30 p. (Teubner no. 570).

232. Nusser, Joh. , Piatons Politeia nach inhalt und form be- trachtet. Amberg. 8. 107 p.

233. Orszulik, K., über das verhältniß der Doloneia zu den übri- gen texten der Ilias und zur Odyssee. Teschen. 8. 44 p.

234. Paulus II. , abhandlung über die wähl der attischen Stra- tegen. Tübingen , (programm von Maulbronn). 4. 37 p. Teubner no. 530).

235. Pawlitschek, Alfr., über die aai<pQoavytj in Platon's Charmides. Czernowitz. 8. p. 6—29.

236. Petris, Stefano, Cenni storici sulle Absirtidi fino ad Augusto. Capodistria. 8. 35 p.

237. Pf äff, Carl, de diversis manibus quibus Ciceronis de repu- blica libri in codice Vaticano correcti sunt. Accedit tabula heliotypa. Heidelberg. 4. 18 p. n. tafel. (Teubner no. 547).

238. Reichenbach, Carl, über die echtheit des dem Vergil zuge- schriebenen Moretum nebst einigen kritischen und sachlichen bemer- kungen. Znaim. 8. 16 p.

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240. Renß, Friedr., L und die durcbschneidung der tironischen noten. Mit 9 zinl<ographirten tatein. Neubnrg a. D. 8. "23 p.

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243. Schramm, Georg, beitrag zu einer genetischen entwicklung der unsterblicbkeitslehre Piatons. Würzburg. 8. 40 p.

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249. Straub , Ioannos , de tropis et figuris quae inveniuntur in orationibus Demosthenis et Ciceronis. Würzburg. 8. (Programm v. Aschaffenburg.) 147 p.

250. Strimmer, Herrn., der römische sklavenstand. Meran. 8. 36 p.

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252. Tegge, zur latein. Synonymik auf gymnasien. Bunzlau. 4. 16 p. (Teubner no. 162).

253. Thielmann Phil., beitrage zur textkritik der vulgata insbes. des buches Judith. Speier. 8. 64 p.

254. Vogrinz, Gr., nachtrage und berichtigungen zu dem vorjäh- rigen programmaufsatze „zur casustheorie". Leitmeritz. 8. p. 28—34.

255. Wagner, Josef, zur athetese des dialogs Eutyphron. Brunn. 8. 46 p.

256. Walter, Jos. , M. Tullii Ciceronis philosophia moralis pars altera sectio V. Tullii ipsius quam maxime poterat verbis ad viam quandam et rationem revocabat. Böhm.-Leipa. 8. 46 p.

257. Wang, Jacob, de Servii ad Verg. Ecl. XI et Georg. Hb. IV, T annotatis disputavit. Klagenfurt. 8. 14 p.

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260. Zettel, Karl, Theokrits humor. Dargelegt an charakteristi- schen stellen seiner mimischen und bukolischen dichtungen. Regens- burg. 8. 67 p.

261. Zink, M., bischof Viktors von Vita geschichte der glaubens- verfolgung im lande Afrika übersetzt. Bamberg. 8. 90 p.

B. Academica und dissertationen. Goettiugen. 262. Dierks , Herrn., de tragicorum histrionum habitu scaenico apud Graecos. Goett. 1883. 8. 51 p.

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244 Kleine philologische zeitung. Nr. 4.

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Toulouse. Faculte de droit. 296. Cammas, Paul, da co- lonage partiaire. Toulouse 1883. 130 p.

Kleine philologische zeitung.

Gedanken üher den sinn der Prometheus-sage , welche mit der des Hiob und Faust verglichen werden, veröffentlicht A. Biese in der Allg. ztg. 1883, beil. zu nr. 311.

In dem „Neuen Lausitzischen magazin" band 59 , heft 2, ist ein aufsatz von dr. Theodor Pauer in Görlitz enthalten, be- titelt : „Dionysius unter den seeräubern in wort und bild". Der- selbe bespricht, ausgehend von dem homerischen hymnus , in welchem dieser mythus zuerst poetisch verwerthet ist, alle bis in das fünfte Jahrhundert n. Chr. von griechischen dichtem und plastischen darstellungen damit vorgenommenen Wandlungen.

In Italien ist mit beifall aufgenommen die Storia delle let- teratura latina von Occioni, welche, wenn gleich vorzugsweise für schulen bestimmt, gelungene Charakteristiken der Schriftstel- ler und anderes beachtenswerthe enthalten soll: eine zweite auf- läge wird jetzt vorbereitet.

Betrachtungen über die Lutherfeier, von der in der Allg. zeitung seit nr. 290 fast in jeder nummer berichtet und gehan- delt ist, giebt dieses blatt in beil. zu nr. 318 im anschluß an die rede des professor Bender in Bonn.

Ueber die adresse, welche auf anlaß der Lutherfeier die Universität Oxford dem deutschen kaiser übersendet hat, berichtet Allg. ztg. beil. zu nr. 327 : es ist ein beachtenswertes aktenstück.

„Das römische Pantheon" ist ein aufsatz von R. Schöner überschrieben, der in Allg. ztg. beil. zu nr. 320. 329. 336. 337 steht, der die ursprüngliche form des baues und die im laufe der zeit mit ihm vorgenommenen Veränderungen , meist mißhandlungen, nachzuweisen sucht, dabei aber auch den in neuerer zeit auf- getauchten plan bespricht, das gebäude zur begräbnißstelle der könige Italiens herzurichten.

Ueber die zweite aufläge von Reumonts Lorenzo di Medici handelt Hüffer in Allg. ztg beil. zu nr. 328.

Eine Schilderung des in gegenwart des deutschen kronprin- zen zu Madrid abgehaltenen stiergefechts giebt die Allg. ztg. nr. 333 : wir erwähnen dies, weil daselbst hübsch das benehmen des volkes bei diesem Schauspiel geschildert ist und man dies als parallele zu Schilderungen des benehmens des altgriechischen publicums bei ähnlichen gelegenheiten benutzen kann.

In England bringt Schliemanns neuestes werk über Troja s. PhAnzeig. XIII, 9, p. 504 eine eigne bewegung her- vor, veranlaßt, wie es scheint, besonders durch die beigaben eng-

Nr. 4. Kleine philologische zeitung. 245

lischer gelehrten. So brachte die Times noch ehe das buch ausgegeben war einen artikel über dasselbe , welcher die dem- selben vorangestellte vorrede von Sayce, professor in Oxford, ins äuge faßte : über ihn und die in ihm ausgesprochenen ansichten berichtet Allg. ztg. beil. zu nr. 333 346: in hinsieht auf His- sarlik als die stelle, wo Troja lag, stimmt Sayce Schliemann's ansichten bei , in anderen , die freilich sehr viel gewagtes ent- halten, weicht er von ihm ab Vgl. unt. p. 448.

Ein aufsatz in der beil. z. Allg. ztg. nr. 345. 346 „Ur- sprung und einheit des menschengeschlechts" überschrieben, be- spricht die Origines arianae von K. Penka : diese art Untersu- chungen pflegen ihrer natur nach viel unsicheres und gewagtes zu enthalten, entstehen aber ich möchte sagen naturgemäß, wenn grade für die erforschung der ältesten zeiten neues und bedeu- tendes material an das tageslicht gezogen ist. So erscheinen z. b. die jüdischen quellen , seitdem eine gleich alte geschicht- schreibung bei benachbarten Völkern bekannt geworden, in einem ganz andern lichte und zwingen zum aufgeben oder doch zum ändern lang festgehaltener sätze.

Fragment einer Ciceroliandschriß. In den blättern f. d. bayer. gymnasialschulwesen bd. XX , hft. 1 macht Georg Schepß ein blatt einer Cicerohandschrift bekannt, die zu dem ältesten gehört, was wir handschriftlich zu den Briefen ad Atticum besitzen. Es ist ein blatt , das ehedem von einer Jahresrechnung des Würz- burger bürgerspitals zum heiligen geiste für 1582/83 abgelöst ward ; es kam mit andern alterthümern bei einer Versteigerung in besitz des gutsbesitzers Broili zu Mühlbach bei Karlstadt un- weit Würzburg ; durch dessen söhn , einen schüler von Schepß, ward es diesem bekannt und ist durch seine Vermittlung jetzt der Würzburger Universitätsbibliothek überwiesen worden. Das blatt gehört zu einem pergamentcodex des XI. Jahrhunderts, von dem schon früher einzelne blätter gefunden waren, die L. v. Spengel und K. Halm bekannt machten. Im ganzen sind jetzt folgende stücke bekannt : I. doppelblatt, von Reuß gefunden, von Spengel behandelt, jetzt in Würzburg = Cic. ed. Orelli 2 1 845, T. III, p. 494, 5_496, 15 (VI, 1. 2) und 500, 26 502, 19 (VI, 3. 4); II. doppelblatt, das in rede stehende, Orelli 602, 11—607, 22 (X, 11 15); III. doppelblatt von Sand-Euland gefunden, von Halm behandelt, jetzt in der Vaticana? = Orelli 612, 25 —614, 10 (XI, 4. 5. 6) und 626, 18—628, 22 (XI, 20—23); IV. doppelblatt von Reuß gefunden, von Spengel behandelt, jetzt in München = Orelli 616, 4—619, 37 (XI, 7 12); V. Ein fünfzeiliger streifen eines doppelblatts von Reuß ge- funden , von Schepß zu behandeln , jetzt in München = Orelli 712, 26—30 (XV, 2), 714, 2—7 (XV, 4), 724, 3—10 (XV, 15. 16), 725, 10—16 (XV, 18). Schepß giebt nun eine colla- tion des Mühlbacher doppelblatts und des Münchener Streifens, die

246 Kleine philologische zeitung. Nr. 4.

vollauf bestätigt, was schon Spengel und Halm gesehen hatten, daß die auf den rändern der Basler ausgäbe 1528 (Cratander) mitgetheilten lesarten (im ganzen 660, davon 35 auf obige frag- mente entfallend) im engsten Zusammenhang mit der Würzburger handschrift stehen. Die hier vertretene recension ist aber älter als die des Mediceus und überhaupt das älteste was für Cicero ad Atticum vorhanden ist.

Einen nachruf an Bursian aus Athen verzeichnet die Allg. ztg. nr. 346.

Zur geschichte und zu der art der benutzung der päbstlichen archive bringt interessantes ein aufsatz in Allg. ztg. beil. zu nr. 347. Vrgl. PhAnzeig. XIII, 10, p. 527.

Daß für das kaiserliche museum in Wien ein sehr großer theil des papyrusfundes in El-Fayum erworben sei, berichtet die Allg. ztg. nr. 350. Vrgl. Philol. XLIII, 1, p. 106. PhAnzeig. XIII, 12, p. 577.

Ueber neuendeckte r ö m i s c he gräber in Mainz berichtet Allg. ztg. beil. zu nr. 351. Vrgl. PhAnz. XIII, 12, p. 615.

Ueber die geschichte von Ravenna und über die dortigen bauten , besonders zur zeit der Ostgothen handelt eine abhand- lung in Allg. ztg. beil. zu nr. 352. 355. 359. 361: auf die an- fange des christenthums daselbst wird rücksicht genommen.

Sitzung des kaiserlich deutschen archäologischen instituts in Rom am 15. december 1883. De Rossi besprach zuerst die alte stadt Capena mit dem in ihrem gebiete belegenen haine und tempel der göttin Feronia. Die stadt Capena wurde bisher nach Civitucola , etwa drei miglien von Caprignano , der tempel meistens nach Rignano oder Nazzano gesetzt. Dagegen bewies de Rossi aus fragmenten von marmortafeln, die offenbar zur be- kleidung eines alten tempels oder ähnlichen gebäudes gehörten und reste der fasten heiliger spiele enthalten, daß vielmehr Ci- vitucola der ort des tempels sei. Die datirten stücke sind aus den Jahren 110,112, 130, 133, 135, 136, 146, 152, 158. Die spiele aber wurden gegeben von priestern oder magistern eines collegiums und waren, wie es scheint, verbunden mit dem feste der Iuvenalia. Daß aber diese wiederum mit dem berühmten feste der Feronia zusammenhingen, schloß der vortragende aus der erwähnung der iuvenes Lucoferonenses in einer antiken in- schrift und eines von einem magister und iuvenes in der colonia Iulia Felix Lucoferonensium erbauten amphitheaters. de Rossi hatte alle vorhandenen nachrichten über diesen ort zusammen- gestellt und zeigte, wie dieselben bis ins späte mittelalter hin- ein auf Civitucola führen. Dort also müsse der berühmte tem- pel der Feronia gewesen sein, an dessen wänden die fasten der capenatischen spiele eingehauen waren. In Civitucola sind au- ßerdem mehrere basen von statuen gefunden , deren inschriften die Capenates foederati erwähnen, de Rossi erklärte dieselben

Nr. 4. Kleine philologische zeitung. 247

durch eine andere inschrift , in welcher die magistrate der res- publica Capenatum bezeichnet sind als honoribus functi in tribus civitatibus, und verglich die Verfassung der Capenates foederati trium civitatium mit denjenigen der quattuor coloniae von Cirta in Numidien und der Vocontii foederati in Gallien , welche letz- teren gleichfalls drei städte umfaßten. Der zweite secretair des instituts, prof. Heibig, behandelte hierauf die frage, ob die beginnende griechische kunst in der darstellung der menschlichen gestalt unabhängig gewesen sei oder nicht. Er legte seiner Un- tersuchung die in Athen beim dipylon gefundenen vasen zu gründe, welche jünger sind als die zeit, in der die homerischen Schilde entstanden, was, abgesehen von anderen thatsachen, sich daraus ergiebt , daß die auf ihnen abgebildeten schiffe bereits mit schnäbeln versehen sind , die dem homerischen Zeitalter un- bekannt waren , in welchem die schiffe nur als transportmittel dienten. Damit stimmt das homerische epitheton derselben, tlfi- q>i&ioaai, d. h. „auf beiden Seiten ausgeschweift", ähnlich den stachellosen phönikischen schiffen auf einem relief im palaste des Sanherib. Andrerseits können die dipylon - vasen von dem ho- merischen Zeitalter nicht weit abliegen, da sie viele berührungs- puncte mit der im epos geschilderten cultur erkennen lassen, namentlich aber in offenbarer beziehung zu der textilen kunst stehen , welche bereits im homerischen Zeitalter scenen der um- gebenden Wirklichkeit zur darstellung brachte. Für die frage, inwieweit die Vasenmalerei in der darstellung des menschlichen körpers unabhängig verfahren sei, ist besonders ein großes, sehr alterthümliches gefäß wichtig, auf dem eine todtenklage abge- bildet ist, bei welcher die klagenden frauen vollständig nackt erscheinen eine darstellungsweise, die entschieden auf ein- flüsse einer fremden kunst hinweist, welche die frauen unter um- ständen nackt bildete. Unzweifelhaft aber ist dabei den anga- ben des epos zufolge zunächst an phönikische kunst zu denken. Producte derselben , welche sich in den mykenäischen gräbern gefunden haben, wie ein silberner kuhkopf und goldene astarte- figuren, außerdem uralte kriegerfiguren aus bronze, die aus phö- nikischem boden zu tage gekommen sind , endlich mancherlei kyprische denkmäler beweisen , daß die phönikische kunst in ihrem ältesten Stadium eine naturalistische richtung verfolgte, und in diesem Stadium bestimmte sie die ältesten bildnerischen versuche der Griechen. Die auf den dipylon-vasen dargestellten figuren zeigen dieselbe anordnung des körpers, wie die auf den ältesten phönikischen denkmälern dargestellten : gesicht und beine im profil, die brüst in der Vorderansicht, die beine parallel mit beiden fußen gleichmäßig auf den boden auftretend. Angesichts der nackten frauen , welche auf einer dipylon - vase den todten umgeben , denkt man unwillkürlich an die nackten in Mykenä gefundenen astartefiguren. Nach allg. ztg. nr. 355. Darnach

248 Kleine philologische zeitung. Nr. 4.

tritt der Zusammenhang zwischen Phönikiern und Hellenen mehr und mehr hervor: besonders beachtenswerth erscheint auch das über Homer bemerkte.

Professor Sayce und die „trojanischen inschriften" ist ein artikel A. Milchhöfers in beil. z. Allg. ztg. nr. 355 überschrie- ben, der darauf ausgeht das was Sayce als buchstaben auf von Schliemann gefundenen geräthen u. s. w. angesehen als rohe Ornamente nachzuweisen ; dabei vertheidigt er einzelne seiner behauptungen gegen Sayce's angriffe. Es handelt sich dabei um wenigstens jetzt schwer sicher zu entscheidende fragen : vorläufig wird geräthen sein die von beiden seiten auf etwas bedenklicher grundlage beruhenden behauptungen vorsichtig aufzunehmen und nicht sofort als historische resultate zu betrachten. Vrgl. ob. hft. 1, p. 54 flg. und die bemerkung Gardthausens ebendas. P- 3 flg.

In anschluß an Zittel Beiträge zur geologie und paläonto- logie der libyschen wüste" schildert M. Neumayr in Allg. ztg. 1884, beil. nr. 8 diesen landstrich , seinen wasserreichthum in der tiefe, seine culturfähigkeit u. s. w. und berücksichtigt dabei auch den zustand der gegend in der zeit der Griechen und Eömer.

In Athen ist zwischen der akropolis und dem Dionysos- theater ein Venusköpfchen von unvergleichlicher Schönheit und ganz unversehrt gefunden: von dem österreichischen consul frei- herrn von Warsberg erworben ist es nach mancherlei Schwierig- keiten nach Berlin gelangt, daselbst ergänzt und in der gießerei der gebrüder Schulz zu abguß in gips reproduzirt. Näheres s. Allg. ztg. beil. zu nr. 19. Köln. ztg. 1884, nr. 28, 2: am aus- führlichsten berichtet aber Reich sanz. 1884, nr. 44.

Zu der ob. hft. 3, p. 164 gemachten mittheilung über die auffindung der diatn^sig rönv anoarölmv, welche auch Allg. ztg. beil. zu nr. 25 bringt, veröffentlicht dieselbe zeitung in ihrer beil. zu nr. 29 folgendes: „die entdeckung, von welcher beil. .... mittheilung gemacht ist, ist allerdings für die geschichte des ältesten christenthums so bedeutend , daß sich ihre tragweite noch nicht übersehen läßt. Aber zur ehre des ent- decken, des metropoliten Bryennios von Nikomedien muß ge- sagt werden, daß er sich mit der sorgfältigen publication der neuen Urkunde nicht begnügt, sondern in umfangreichen prole- gomenen und gelehrten anmerkungen bereits den grund zu einer wissenschaftlichen bearbeitung derselben selbst gelegt hat". Adolph Uarnach.

In der Allg. ztg. nr. 28 giebt G. Bichell eine probe seiner bearbeitung des „prediger Salomo", in der diesem buche, jetzt einer ungeordneten masse, seine ursprüngliche schöne form wie- dergegeben werden soll. Es kann dies eine parallele für manche Untersuchung in der classischen litteratur abgeben.

Nr. 4v Kleine philologische zeitung. 249

In Hanau hat sich am 20. Januar ein comitö gebildet zur errichtung eines denkmals für die dort geborenen gebrüder Jacob und Wilhelm Grimm : s. Allg. ztg. nr. 29 : an der spitze desselben stehen der landgerichtspräsident Lang, stellvertretender landrath, regierungsassessor Bake und Oberbürgermeister Rauch : vorerst liegt diesem ob, die nöthigen geldmittel herbeizuschaffen und zur empfangnahme solcher sind ermächtigt die Schatzmeister Ludwig Limbert (vor dem Canalthor 2 h) und P. H. Zeuner (Sterngasse 1), briefliche anfragen und mittheilungen sollen an dr. Georg Wolf, (Grimmstr. 12) gerichtet und von diesem beantwortet werden. Dies und anderes führen zwei erlasse des comite's aus dem fe- bruar d. j. des weitern aus, deren einer zugleich das unterneh- men in passender weise begründet und zu beitragen und deren Sammlung anleitet und auffordert. Gewiß wird man überall gern folge leisten, schon um der Stadt willen, welche aus eignem an- triebe ihren berühmten söhnen ein würdiges denkmal zu errichten bemüht ist, dann selbstverständlich wegen der bahnbrechenden forschungen der brüder auf dem gebiete deutschen lebens und deutscher spräche, welche die bildung des volks gefördert und die Wissenschaft nach den verschiedensten richtungen hin tief erregt und vorwärts gebracht haben, endlich nicht weniger wegen der echt deutschen gesinnung, welche die brüder in allen zeiten ihres le- bens unter vielfachen entbehrungen und hemmnissen unwandelbar bewahrten. Es sei hier gestattet, an die 1881 erschienenen briefe der brüder aus der Jugendzeit zu erinnern, in welchen die keime klar vorliegen, aus welchen das leben dieser edelsten söhne unseres Vaterlandes emporwächst-, dieses würde sich in Göttingen zur schönsten blüthe entwickelt haben, hätte nicht eine rohe hand störend in dasselbe eingegriffen. E. v. L.

Der artikel in beil. z. Allg. ztg. nr. 34 „die lykischen relieffunde" giebt einen überblick des buches : „Homerische land- schaften von Alexander frhrn. von Warsberg. Erster band. I. Reich des Sarpedon. II. Rhodos. III. Im Aegäermeer". Wich- tige entdeckungen aus der blüthezeit griechischer kunst seien in dem werke nicht verzeichnet , wohl aber wichtige gräberfor- men und vieles für die handwerksarbeit interessante aus der zeit bis 200 v. Chr. : jedenfalls biete das werk neben manchem über- schwenglichen viel beachtenswerthes.

Salamis. Die 'Ermnuia txoyatoloyixi) in Athen beabsichtigt den meeresboden der bucht von Salamis nach resten der in der Seeschlacht 480 v. Chr. untergegangenen griechischen und per- sischen schiffe untersuchen zu lassen. (Köln, zeitung 1884, no. 33, (2. blatt.)

Bedburg, 13. febr. Auf dem grundstücke der dortigen Zu- ckerfabrik fand man in etwa 2 m. tiefe einen gut erhaltenen Sarkophag ungefähr 2 m. langl'/sm. hoch, der aus einem einzigen Sandstein gearbeitet ist. Nach hebung des deckeis fand man

250 Kleine philologische zeitung. Nr. 4.

das Untergestell halb mit angeschwemmtem boden angefüllt, bei dessen wegräumung ein schöner schädel, am köpfende ein aschen- krug zum Vorschein kamen. Vermuthlich ist der fund aus rö- mischer zeit.

Sammlung Castellani. Die Sammlung des vor einigen monaten in Portici gestorbenen kunsthändlers Alessandro Castellani wird am 1 7. märz in Rom zur Versteigerung kommen. Pariser sach- verständige sind mit der auction beauftragt, und das verzeich- niß der antiken soll Fröhner geschrieben haben. Obgleich das britische museum zweimal bei Castellani bedeutende einkaufe machte, so ist die hinterlassene Sammlung noch ungemein reich, und fast alle gebiete der antiken kunst sind durch hervorragende stücke vertreten. Unter den gemalten vasen nimmt eine poly- chrome hydria, capuanischen fundorts, die erste stelle ein, ebenso sehr wegen feinheit der Zeichnung , farbenschmuck und Vergol- dung , als wegen des bildes , das die eleusinischen göttinnen, Apollo, zwei musen und eine auf dem omphalos sitzende Mänade darstellt. Eine attische lekythos schönsten stils zeigt den kran- ken Philoktetes (von L. A. Milani veröffentlicht) ; eine roth- figurige oinochoe den Apollon, der die Daphne verfolgt; ein krater die Verwandlung des Aktaion im beisein von Zeus, Ar- temis und Lyssa; eine capuanische hydria den kleinen schlan- genwürgenden Herakles, der neben seinem bruder Iphikles auf einer kline kniet. Hinter der kline erscheint Athene, auf den speer gestützt , rechts und links Alkmene und Amphitryon , der sein schwert aus der scheide zieht. Unter den mit reliefs ge- schmückten vasen zeichnet sich die herrliche, von Heibig be- schriebene, lekythos aus, mit scenen aus dem trojanischen kriege: Aias die Kassandra vom altare reißend, und ein junger Grieche der mit dem bogen auf einen bärtigen Trojaner schießt; von schalen calenischer fabrik sind drei da: eine mit dem abenteuer des Odysseus, die andere mit den namen der töpfer, Atisius und Canoleius. Unter den bronzen bemerkten wir eine schöne reihe etruskischer Spiegel, die Klügmann in den Sitzungen des archäo- logischen instituts besprochen hat, z b. Artemis auf dem hirsch reitend; Odysseus und Diomedes, welche dem thronenden Aga- memnon das geraubte Pallasbild übergeben. Der henkel einer pränestinischen eiste stellt die geharnischten dämonen Hypnos und Thanatos dar, den leichnam des Sarpedon vom schlachtfelde tragend. Die antiken gläser sind alle bedeutend, besonders die vielfarbigen schalen aus Toscanella und die goldene figur eines gladiators auf blauem gründe mit der (von de Rossi erklärten) inschrift: Stratonicae (sie) bene vicisti, vade in Aurelia(m). Die terracotten beginnen mit einer großen reihe etruskischer Antefixa und zahlreichen köpfchen aus Tarent. Von Tanagräerinnen sind etwa zwanzig da, nebst einer gruppe von acht eroten; sie ge- hören zu den zierlichsten und am besten erhaltenen dieser

Nr. 4. Auszüge aus Zeitschriften. 251

klasse. Aber den glanzpunkt dieser serie bilden die terracot- ten von Myrina , darunter das todtenmahl, das mädchen am Wasserbecken und die blumentragende Nike, die Fröhner in sei- nen Terres cuites (VAsie (tafel 2, 10, 19) publicirt bat. Eine große büchse, mit etruskiscben reliefs geschmückt und die von Robert herausgegebene figur eines declamierenden tragischen Schauspielers stehen unter den elfenbein-arbeiten. An sie reiht sich die berühmte silberschale von Salerno (kriegsthaten des Se- sostris); der goldschatz von Praeneste; der von Mariette gefun- dene dolch eines Pharaonen , wahrscheinlich des Amosis ; eine herrliche Sammlung etruskischer ohrringe , dann ein medaillon des kaisers Maximianus Herculius aus getriebenem goldblech. Unter den antiken ringen (etwa hundert) findet sich der oskische, von Bücheier erklärte, der Anactia. Den Schluß bilden münzen, geschnittene steine und einige marmor-sculpturen, z. b. ein herr- licher kolossaler frauenkopf aus der schule des Polyklet, der dem vernehmen nach für das kapitolinische museum gekauft werden soll.

Auszüge aus Zeitschriften.

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1884. No. 1. Weygoldt, G. P., die philosophie der stoa nach ih- rem wesen und ihren Schicksalen für weitere kreise dargestellt. Leip- zig, 0. Schulze 1883. 8. V, 218 p. 4 mk. Flavius Insephus, jü- dische alterthümer übers, von Fr. Kaulen. 2. auü. Cöln, Bachern (1883.) 8. X, 696 p. 9 mk. xyz. Probst, Arth., beitrage zur la- teinischen grammatik. II. zur lehre von den partikeln und conjunc- tionen. Leipzig 1883, Zangenberg u. Himly. V, 102—172 p. 2 mk. v. S. C. Paucker, Supplementum lexicorum Latinorum. Fase. I III. Berlin, Calvary 1883. 8. I. 288 p. 3 mk. K. S{ittl). Coen, Achille , di una leggenda relativa alla nascita e alla gioventü di Co- stantino Magno. Born 1882, Forzani. IV, 191 p. 8. Rh Köhler.

No. 2. Poetae Latini minores. Rec. et em. Aemil. Buehrens. Vol. V. Leipzig, Teubner 1883. 416 p. 16 mk. 4mk. 20 pf. A. Bliese).

Engelbrecht, Aug. Gottfr., Studia Terentiana. Wien, Gerolds söhn 1883. 8. 90 p. 3 mk. .ig.

No. 3. Kiepert, Heinr. , Wandkarte von alt -Italien. Maaßstab 1:800000. 3. vollst, umgearb. aufl. Berlin, Reimer 1883. fol. 6 bl. 9 mk. Derselbe, Wandkarte von Altgriechenland. Maßstab 1 : 500000. 4. vollst, umgearb. aufl. Berlin 1883, D. Reimer. 9 bl fol. 12 mk. d. Flach, Hans, geschichte der griechischen lyrik nach den quellen dargestellt I. TübiDgen 1883, Fues. XVI, 818 p. 6 mk. 40 pf. C{ru- sius). Cauer, Paul, delectus inscriptionum Graecarum propter dia- lectum metnorabilium. 2. ed. Leipzig, Hirzel 1883. 8. XVI, 365 p.

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No. 4. Benicken, Hans Karl, studien u. forschungen auf dem ge- biete der homerischen gedichte und ihrer litteratur. Das XII. und XIII. lied vom zorne des Achilleus in NSO der Homerischen Ilias. Innsbruck, Wagner 1883. 8. CCXLVII, 1312 p. 44 mk. Ed. Kammer.

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Literatur 188»,

(dem Philologus und PhAnzeiger zugesandt).

Studien, Berliner, für classische philologie und archäologie , hrsg. von Ferd. Ascherson. Erster halbband. Berlin, Calvary 1883. 8.

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Kirchner, loh. Ern., de litis instrumentis quae extant in Demo- sthenis quae fertur in Lacritum et priore adversus Stephanum ora- tionibus. Halis Sax. 1883. 8. 40 p.

Buecheler, Franc. , Umbrica interpretatus est. Bonnae , Cohen 1883. 8. 223 p. 7 mk.

Nr. 5. 6. Mai. Juni 1884.

Philologischer Anzeiger.

Herausgegeben als ergänzung des Philologus

von

Ernst von Leutsch.

42. Delectus inscriptionum Graecarum propter dialectum memorabilium. Iterum composuit Paulus Cauer. Lipsiae, impensis Salomonis Hirzelii. 1883. XVI, 365 p. 8.

Die zweite aufläge des Cauer'schen Delectus unterscheidet sich schon durch den umfang wesentlich von der ersten. Sie enthält unter 557 nummern an die achthundert inschriften, von denen nur 103 aus der ersten aufläge herübergenommen sind. Die früher principiell weggelassenen grabsteine mit einzelnen namen sind jetzt reichlich vertreten , auch verstümmelte texte sind zugelassen, wenn sie bemerkenswerthe formen bieten. Die auswablder inschriften ist mit Sorgfalt und bedacht ge- troffen ; es würde zwar leicht sein , eine reihe weggelassener aufzuzählen , die ebenso gut wie andere die aufnähme verdient hätten , und eine reihe aufgenommener als entbehrlich zu be- zeichnen, aber von den hauptstücken, die dem Studium der dia- lekte in erster linie zu gründe gelegt werden müssen, fehlt kei- nes, wenn man vom pamphylischen absieht, dessen inschriftlichen Überresten Cauer leider die aufnähme versagt hat. Die cor- rectheit des drucks der texte ist lobenswerth ; von druck - fehlern, die den leser irre führen könnten, sind mir nur folgende aufgefallen: nr. 26, 6 rutdaae (lies vwa/xi;, d.i. PixäaS), nr. 30, 7 |*o»- (lies etvv-), nr. 32, 11 pin*.piov£vovna (lies [xta/xoveiovaa), nr. 40, 115 TSTogai; (lies jfioqu), nr. 41, 10 xaxaxlrjzq) (lies y.<naxlij7rp), nr. 298, 16. 17 aovyyäqw (lies aovyyoücpw), nr. 362, 31 nrnindSya (lies FIiaündwQa), nr. 409, 52 KlsovÖag (KJEn NldAZ), nr. 521 ibv (lies j'coi). Die den inschriften beige- gebenen notizen über fundstelle, auf b ewahrungs ort Piniol. Anz. XIV. 18

254 42. Epigraphik. Nr. 5.

u. dgl. sind sehr kurz gefaßt, aber für die zwecke des buches für ausreichend zu erachten, Irrthümlich ist die bemerkung zu nr. 40. 41 ; das sogenannte fragmentum Britannicum der heraklei- schen tafeln hat sich zwar früher in England befunden, ist aber jetzt schon über ein Jahrhundert in Neapel mit der ersten tafel verbunden. Nr. 199 befindet sich wirklich im museum zu Neapel nach ausweis des Catalogo del museo di Napoli, Iscriaione Grecche ed Italiche p. 30 nr. 88 (2826). Den texten folgt zunächst die angäbe der litteratur, bei den mehrfach edierten eine auswahl der publicationen. Zu wünschen wäre es, daß die ori- ginalpublicationen von den Wiederholungen geschieden würden, was freilich keine ganz leichte aufgäbe ist. Le Bas hat z. b. eine ganze anzahl seiner texte, namentlich viele unter den böo- tischen, nicht nach originalcopien sondern nach früheren publi- cationen, so nach dem ersten bände des Corpus inscriptionum Grae- carum, nach Leake's Travels in Northern Greece, nach der Keil'- schen Sylloge u. a. ediert. Die benutzung der litte- ratur ist im ganzen eine sorgfältige, hier und da nur sind kleine ungenauigkeiten zu verbessern. Ich beschränke mich auf die angäbe der folgenden. Nr. 11 „Titulum Laconicum esse de- monstravit Kirchhoff Alph. 3 141u. Vielmehr Ahrens, Dial. II, 8. Nr. 291, 4 mußte nach Foucart's majuskeltext -nnsi (nicht -innsil) gedruckt werden. Nr. 292, 43 Evgvztmvog „ita in lapide esse testatur Foucart Bull. Corr. Hell. IV p 88". Fou- cart spricht aber nicht von einer revision des steins oder einer ihm vorliegenden neuen copie, so daß seine erwähnung des „Po- tarnodoros, fils d'Eurytion" als eine conjectur zu der Rangabö'schen copie , selbstverständlich als eine ganz sichere Verbesserung , zu betrachten ist. Nr. 322, 1 zu Außadeiijoic; „H in lapide legit Stephani", aber nicht in dieser, sondern in der links von ihr auf demselben steine befindlichen inschrift, die im Delectus nicht aufgenommen ist. Nr. 323, 6 BA2IAEX ist durch ein miß- verständniß des kleinen liegenden kreuzes entstanden , mit dem Keil in seiner Wiederholung der inschrift die lücke hinter BA- ZIAE bezeichnet hat, die Leake in der originalcopie durch ein Sternchen andeutete. Nr. 341, 7. Die dialektwidrige form &&- Xaaoav druckt Cauer der Le Bas'schen copie nach, während Rangabe' das richtige üälatzav bietet. Nr. 352, 11, „EIMIA2, inde 'E\o][iiluQ Larfeld, quividitOS literas Alxivioc; apud Lebasium

Nr. 5. 42. Epigraphik. 255

vitio repetitas esse". Die fehlerhafte Schreibung stammt vielmehr von Cyriacus , die Larfeld'sche änderung von Boeckh. Daß hei den großen äolischen inschriften nr. 428 und nr. 430 Hicks' Manual, in dem nach Newton'schen abdrucken viele neue lesun- gen mitgetheilt werden , ganz außer acht gelassen wurde , ist ebenso zu bedauern, wie daß die Latischew'sche neue collation der wichtigen Nikaretainschrift nr. 295 nicht benutzt worden ist. Die texte werden, wie früher, aus praktischen gründen nur in Umschrift gegeben, die tr an s s crip tion der älteren alpha bete erfolgt nach einem in manchen punkten gegen frü- her geänderten principe. Manche dieser änderungen erscheinen mir unzweckmäßig. So wird jetzt für epigraphische E und O, wo sie zur bezeichnung der unechten diphthonge dienen, s(t) und o(v) gesetzt, wo ich die in allen anderen fällen für E und 0 gebrauchte transscription s und o vorziehen würde, weil sie con- sequenter ist und den leser nicht, wie die Cauer'sche, irreführen kann ; ich halte z. b. die Schreibung o(y) für den durch contrac- tion oder ersatzdehnung entstandenen gedehnten o-laut in der Umschrift des melischen alphabets für irrthümlich : wenn das epigraphische zeichen der alten steine für diesen laut (C) sich von dem für gemeingriechisches co (0) unterscheidet, so folgt daraus nur , daß die beiden laute unterscheidbar waren und das war gewiß auch anderwärts der fall aber nicht, daß die- ser laut gleich nv war; daß derselbe auch nach der einführung des ionischen alphabets auf Melos nicht durch OT bezeichnet wurde, lehrt nr. 138. Das ov der aus römischer zeit stammen- den texte beweist nichts. Ebenso wenig gefällt mir die neue- rung, das fälschlich sogenannte imra uw/^üiv^ior der alten texte unter die vocale statt neben sie zu setzen, zumal dieses princip überall da verletzt ist, wo das iota in schraffierter form gedruckt wird, wie z. b. in nr. 16. Gegen das princip den Spiritus asper da, wo er auf den steinen fehlt, in klammern einzuschlie- ßen, verstößt die Schreibung aviopov nr 17, 8 14. 20. Miß- lich steht es, wie bekannt, um unser wissen von der dialektischen accentuation. Die äolische läßt sich noch leidlich nach dem principe der barytonesis construieren , ein System aber der dori- schen betonungsweise aus den wenigen und vereinzelten notizen der grammatiker herzustellen, ist zur zeit unmöglich. Trotzdem hat Cauer nach den Ahrens'schen erklärungen dieser gramma-

18*

256 42. Epigraphik. Nr. 5.

tikernotizen die von ihnen betroffenen Wortklassen „dorisch" ac- centuiert, die übrigen Wörter der dorischen texte aber unter atti- scher betonung belassen , als ob bekannt wäre , was nicht der fall ist, daß dieselben im dorischen dialekte ebenso wie im atti- schen betont gewesen wären. Nun kommt aber hinzu, daß ei- nige der Ahrens'schen erklärungen, wie ich in meiner programm- abhandlung „zur griechischen dialektologie" nachzuweisen ver- sucht habe, nicht stichhaltig sind. Cauer hat dieselben zwar in seiner anzeige meiner schrift in dieser Zeitschrift 1883, p. 581 ff. zu vertheidigen unternommen, aber die vertheidigung ist, so- viel ich sehen kann, nicht erfolgreich ausgefallen. Auch ist Cauer selbst weit davon entfernt, die von ihm befolgten accent- regeln für sicher zu halten , vgl. im Delectus p. VII f. : „Hanc legem, quamquam ne ipsa quidem absoluta et perfecta est, secutus sum in monumentis Doridis quae vocantur severioris" und in seiner eben genannten anzeige p. 583 : „wenn es aber darauf ankommt, vorläufig das wahrscheinliche zu bezeichnen, so spricht alles da- für, die endung -ai, die in zwei anderen fällen der flexion (nom. pluralis der a - deklination und infin. aor. I activi) dorisch als lang galt, auch in den medialen konjugationsendungen als lang gelten zu lassen". Ich glaube mir darnach eine weitere motivie- rung meines urtheils, daß Cauer auf die anwendung dieser so beschaffenen regeln besser verzichtet hätte, ersparen zu können. Durch Wilamowitz' recension der ersten aufläge des Delectus hat sich Cauer zu der annähme von der Verbreitung des ätoli sehen dialekts über alle die Staaten, die längere oder kürzere zeit zum ätolischen bunde gehört haben, bestimmen lassen. Cauer meint demnach, wenn sich in lakonischen, messe- nischen, arkadischen inschriften analogiebildungen wie siaayör- zoig (nr. 30, nr. 462), fpiaXsoig, nolioig (nr. 45), avasßsoig, ini- telovvtom (n. 47) finden, so seien diese formen ätolisch und be- weisend für den ätolischen einfluß. Darauf hin benutzt er diese vermeintlich ätolischen formen peloponnesischer inschriften zur datierung der steine , z. b. nr. 30 ; „Cum dialectus nonnulla im- mixta habeat ex dialecto Aetolorum (e'f toi isgvt zeile 37, etaa- yövtoig xai s^ayövzotg zeile 33 f.), putaverim titulum scriptum esse ea aetate, qua Lacedaemonii cum foedere Aetolorum societatem ha- berent, i. e. intra aa. 220 200 a. Chr.". Das ist nun aber falsch ; Cauer hat übersehen , daß die inschrift die existenz des

Nr. 5. 42. Epigraphik. 257

ttoivov 7tö»' jdaxadatftovCooti bezeugt, dessen gründung erst durch die 195 v. Chr. erfolgte losreißung der küstenstädte von Sparta ermöglicht wurde (vgl. Foucart im commentar zu Le Bas , p. 110 ff.). Daß sich, beiläufig bemerkt, die behauptung, zoi Isqöi sei ätolisch , durch nichts rechtfertigen läßt , weiß Cauer selbst, vgl. p. 156; aus dem ätolischen dialekte ist kein einziger dativ auf -oi bekannt. Jene analogiebildungen aber aus dem ätoli- schen dialekte herzuleiten, ist willkürlich , da niemand die that- sache ableugnen kann, daß sich solche bildungen unabhängig von einander an verschiedenen stellen entwickeln , wie wir da- tive auf -oii von consonantischen , -i- und -w-stämmen auch an stellen finden , wo absolut kein ätolischer einfluß angenommen werden kann (vgl. G. Meyer, Griechische grammatik § 376), und ist unwahrscheinlich, da es an beispielen fehlt, die uns glaubhaft machten , daß ein politisches bündniß ohne mischung der bevölkerung und von kurzer dauer, wie die von den Aeto- lern mit den peloponnesischen Staaten geschlossenen , auf die spräche dieser letzteren von bestimmendem einfluß hätte sein kön- nen. — In der kritik der texte wäre hier und da eine grö- ßere Selbständigkeit des herausgebers wünschenswerth gewesen, er folgt seinen Vorgängern zuweilen allzu rasch. Von offenbaren fehlem derselben finden wir bei ihm wieder die form apai nr. 13, die für alpst stehen soll, den namen 'Idoiao nr. 382, der anlautendes digamma haben müßte, den falsch gebildeten namen Fel-ia* nr. 332, 10, tov%ui in einer phokischen inschrift nr. 221 mit dialectwidrigem ov statt v ; der von den früheren heraus- geben! doch nur mit fragezeichen gedruckte ganz unglaubliche name rviönnaoTog nr. 363 wird nicht nur ohne jeden ausdruck eines zweifeis aufgenommen, sondern sogar als beispiel verwendet, um die fragwürdige Schreibung tu nndftaza nr. 295 glaublich erscheinen zu lassen u.s.w. Auf's nachdrücklichste warne ich vor benutzung der form nQiuvfAsvoe, die Cauer zu nr. 287 als chäro- neisch anführt; die inschrift, von der Preller nur die folgenden zeichen copierte nOIOTMENOE/UJTOTZTNEJP/ai \ NOMON war, wie mehrere andere desselben Steines in der y.oivrl abgefaßt; statt 2TNEJPI&I hat ovve8<ji[ov], statt TIOIOTMENOE sicher ebenfalls eine hellenistische form, wahrscheinlich noiov[ievo\g\ auf dem steine gestanden. Die schlechte beschaffenheit seiner unter ungünstigen umständen angefertigten copie der inschriften des

258 42. Epigraphik. Nr. 5.

Steines („wir waren eilig, die sonne brannte sehr, und der block war theilweise mit einer aus moos und feinem sande zusammen- gewachsenen kruste dergestalt überzogen, daß u. s. w." Preller) kannte und bedauerte Preller selbst am meisten („ich habe bedenken getragen, ob ich diese inschriften bei so mangelhafter abschrift publicieren solle. Doch könnte der stein inzwischen verschwun- den sein" Preller). Anderes wird bei den folgenden bemer- kungen zu einzelnen inschriften zur spräche kommen. Nr. 2. Ich habe schon bei einer früheren gelegenheit dar- auf hingewiesen, daß die inschrift zu lesen ist: [To'i~\ xögoi (oder xcoqoi?) OioxXtj N<x-n\yQra (oder -SQtida) sc. avi&rjuar toig &eoig; mit Qioxlrj vgl. z. b. lakon. KahlixlTj nr. 32 , 18 ; die durch aneinanderrücken von -s-i entstandene endung -ti des dativ sing, von sigmastämmen ist auf alten inschriften niemals durch ein- faches E bezeichnet worden •, vgl. die Schreibungen HEAEl IGA. 79, 13, APIZTOKPATEl IGA. 145, KAAOKEI IGA. 206a, AMPAAKEI IGA. 220, T1POKAEI IGA. 256. Nr. 8. Zu Tivdagiöäv war auch die spartanische inschrift nr 36 zu ci- tiren. Nr. 13. Ich glaube, daß die beiden formen des fragli- chen verbums annajQvQ^ajai und anooTQv&ijiat zu umschreiben sind, und das lakonische arroatQv&s'nfiai „schwatzen, lärmen" (gtqvQ- für OTQOvft- ist auch anderwärts bezeugt) mit a7QovOiX(o (aTQOv&it,o3t< tqC^cov Suidas) zusammenzustellen ist. Nr. 29. Die singulare Schreibung Ttväagidai, die sich auf alten wie auf jungen inschriften findet, giebt uns durchaus nicht das recht ei- nen im lakonischen dialekt wirkenden lautwandel von v zu t anzunehmen; darnach wäre die vermuthung, daß statt yvnvaoiao- li](>aii, von dessen T die copie nur den unteren theil der hasta erhalten zeigt, vielleicht yt^vaaiag^i'/oag zu lesen sei, besser un- ausgesprochen geblieben. Nr. 40. 41. Daß die publication der herakleischen tafeln im Catalogo del Museo Nasionale di Na- poli, Pt. I Iscriäioni Grecche ed Italiche, Napoli 1867, nr. 81, 82, p. 17 24 von Cauer nicht benutzt worden ist, braucht nicht bedauert zu werden ; der text wird dort in einer Umschrift ge- geben, der offenbar diejenige des CIG zu gründe gelegt ist, vgl. die Schreibung £§ u. s. w. statt pe'£ u. s. w., die conjunctive auf -rj für -EI, 7&iQan{oa)[at. 1,40,41, 'HQ<p8(ei)a I, 114, 8tax(aT)imv II, 35, t(c5) II, 46 u. s. w., und ist außerdem voller fehler, vgl. z. b. 0ec8()Qog I, 182, 'AgiaTadn^ms I, 184, oxim II, 33 %oi-

Nr. 5. 42. Epigraphik. 259

viyan II, 63, ftedlftpot II, 86, 8e%a II, 86, pt^ijy.ovza II, 102, wonach es fraglich erscheinen muß , ob I, 37 am ende der zeile wirk- lich f-H steht, wie aus der Schreibung des Catalogo rj(ixiayotvov) geschlossen werden müßte, uud wie die berechnung auch in der that verlangt ; Mazocchi und Mommsen haben die zeichen aber nicht gelesen. I, 44 hat Cauer Mommsen's collation des frag- mentum Britannicum (Addenda zu CIG. III, p. 1253) außer acht gelassen, nach der rili ztzdfjzui fiegsat rät na.Q auf der tafel steht. Wie übrigens ixtoiui in dieser zeile, ist 'H^av.Xiav II, 32 (Cauer 'Huuy.).t(i)ai') unangetastet zu lassen. I, 114 bietet 'HqcüiÖh ,,die besitzung des Herodes" ebensowenig anstoß als zu (liivzte. I, 44, 58, 69, 92 •, Cauer hat mit unrecht die änderung tu 'Ho(ö8(ti)u , die Franz nach I, 15, 42, 55, 87 gemacht hat, aufgenommen. Mit recht aber ist die früher geänderte inschrift- liche lesung 70 nöz "Axiqiv II, 46 unter Verweisung auf II, 23, 72, 74 von Cauer beibehalten. Nr. 44 vermuthe ich zeile 18 -T([ä]«ioj für 2i8dpco; zeile 30 enthält Cauer's vermuthung Asio- (%Xeog?) einen für diese inschrift unstatthaften itacismus. Nr. 47 ist zeile 37 "A [«]/} St? r/^en lv zulg ay.uvalg mit Foucart als titel eines neuen paragraphen zu lesen. Nr. 58. Die von Cauer übersehene copie der inschrift in der Zeitschrift Muv- ostov v.u.) ßißXio&jjxq y.zl. I, p. 101, nr. 103 bietet zeile 13 Atuitß statt Aioov. Nr. 69. HABON kann nicht "Aßtov sein, da der namen i/ßa- gemeingriechisches ?/ hat; übrigens hat Höhl selbst inzwischen in dem Jahresbericht über die griechische epi- graphik für 1878 1882, bd. XXXII (1883. III), p. 2 mit recht der erklärung Comparetti's den vorzug vor der seinigen gegeben. Nr. 104. Die bemerkung „Decreta Aegosthenitarum aetatis po- steriores partim dialecto Boeotica scripta sunt11 ist geeignet eine irrthümliche Vorstellung hervorzurufen. Von den decreten der megarischen Stadt Aegosthenä ist lediglich das der böotischen stadt Siphä gesandte ehrendecret Le Bas 1 böotisch abgefaßt. Nr. 116 üv&ivog „göttlich" verhält sich zu dem kretischen öivog (= &£ivog) in nr. 132, 33, wie tt-Otog zu &siog. Nr. 122 132. Die teischen Urkunden werden jetzt correcter als früher, mit berücksichtigung der Waddington'schen Varianten gegeben, aber es ist nicht zu billigen, daß sich Cauer bemüht die dialekt- fehler der ionischen Steinmetzen aus den texten herauszucorri- gieren. Sowohl das ionische // wie das nicht weniger als zehnmal

260 43. Lateinische grammatik. Nr. 5.

in den aufgenommenen stücken zu den genetiven auf -a und -a> gesetzte iota war zu belassen; die letztere auch aus äolischen inschriften (Griechische dialekte I, 88) bekannte Vermischung von genetiv- und dativform beweist, daß dieses iota damals wirklich avexcpcovtjTov war. Auch die Schreibung Tzdi'OffM^'] nr. 127, 9 für ^ar(T«[e] würde ich unverändert gelassen haben. Ebenso scheint mir MA0ETAN nr. 132, 7 zu rasch in (iaQ\ri\Tdv ver- ändert; das attische kennt ja allerdings den stamm na&s- in tempus- und Wortbildung nur mit gedehntem e-laut, aber dadurch ist die möglichkeit dialektischer formen mit * nicht ausgeschlos- sen; denkbar ist ein kretisches MA0ETAZ ebenso wie z. b. attisch svQsaig neben evQrjpa, yafxijrjg neben yafiijzög besteht. An der änderung von MEAETHN AN nr. 128, 15 in disltyrjv [öi] nimmt Cauer selbst des vorhergehenden ts wegen mit recht anstoß ; mehr anspruch auf Wahrscheinlichkeit hat 8ieX?yri[a]ai>, wie Waddington schreibt, und wie Cauer selbst in der ersten aufläge hatte ; ich mache darauf aufmerksam , daß in den in- schriften nr. 125 129 nicht weniger als sechsmal von den tei- schen Steinmetzen fälschlich ein N für ein 2 der kretischen Ori- ginalurkunden eingemeißelt worden ist. Nr. 280 382 um- fassen die böotischen inschriften , auf die ich unter hinweis auf meine behandlung derselben in der Sammlung der griechischen dialekt-inschriften, bd. I, heft 3, hier nicht eingehen will. Ich weise nur auf die vortreffliche emendation hin, die Cauer zu nr. 340, 22 (EAETQEPAQENA: iJisv&ee[<o]d >sV[») gemacht hat. Auch für die eleischen, thessalischen, lesbischen, arkadischen und ky- prischen inschriften liegen jetzt in der genannten Sammlung neu- bearbeitungen vor, die Cauer für seinen Delectus noch nicht verwerthen konnte. Sie bieten an nicht wenigen punkten der von Cauer aufgenommenen texte correcturen , deren beachtung bei der benutzung des Delectus nicht versäumt werden darf.

Richard Meister.

43. Emanuel Hoff mann, Studien auf dem gebiete der lateinischen syntax. Wien 1884, C. Konegen. 8.

Den hauptinhalt des vorliegenden werkes bildet eine Studie über die Zeitfolge nach dem Praesens historicum. Hug und Eeusch haben bekanntlich für diese frage regeln aus den archi- tektonischen Verhältnissen des Satzgefüges , der Stellung des ne-

Nr. 5. 43. Lateinische grammatik. 261

bensatzes zum hauptsatze , herzuleiten versucht. Im gegensatz hiezu stellte Heynacher auf grund der beobachtung des Sprach- gebrauchs Caesars die anwendung der haupttempora als regel hin. Den umgekehrten Standpunkt nun vertritt Hoffmann, wel- cher sich streng an die logik des historischen Zusammenhanges anschließt und daher im gebrauch der nebentempora das normale erblickt. Die abweichenden erscheinungen erklärt Hoffmann dann aus den logischen Verhältnissen des Satzgefüges, aus dem größeren oder geringeren inneren Zusammenhang zwischen haupt- satz und nebensatz. In der behandlung dieser frage ist Hoffmann seinen Vorgängern entschieden dadurch überlegen, daß er seine resultate auf einem viel größeren beobachtungsgebiete gemacht hat , als sie. Diese nämlich stützen sich nur auf Caesar und Cicero, bei Hoffmann dagegen sind außer diesen Plautus, Terenz, die fragmente der archaischen zeit, Nepos , Sallust, Vergil (Ae- neis), Livius , Ovid (Metamorphosen) , Velleius , Curtius, Plinius, Tacitus, Florus, Eutropius in betracht gezogen. Die fälle nun, in denen Hoffmann den gebrauch der praesentia für zulässig hält, sind folgende :

1) wenn der nebensatz nur einen begrifflichen bestandtheil des hauptsatzes bildet.

2) wenn er die aussage desselben entweder als objekt oder als epexegese ist.

3) wenn der inhalt des coniunctivischen relativ- final- oder fragesatzes durch präsentische fassung von den historischen be- standtheilen des Zusammenhanges geschieden und als aus dem sinne des berichterstatters gesprochen hingestellt werden soll.

Dabei sucht die abhandlung gelegentlich zur beseitigung von irrthümern in bezug auf die Unterscheidung coordinierter Vordersätze von den eigentlichen nebensätzen beizutragen.

Wenn Hoffmann an einer stelle seiner studie dem gedanken ausdruck verleiht, daß die Schriftsteller nicht selten bei der in- terpretation „von der trivialgrammatik geschulmeistert werden", so hat er sicherlich recht ; sollte aber nicht vielleicht auch Hoff- mann dem sprachgeist zu bedeutende schranken auferlegen, wenn auch nicht durch zu engen anschluß an die herkömmliche gram- matische tradition, so doch durch zu weitgehendes bestreben ge- setze zu erkennen? Sollte man nicht in anbetracht der that- sache , daß in dieser frage , die doch scheinbar nur von der

262 43. Lateinische grammatik. Nr. 5.

beobachtung eines leickt zugänglicken materials abhängt , die meinungen so sehr divergieren und jede principielle entscheidung sofort mit einer sehr bedeutenden menge von fällen zu rechnen hat, für die eine anderweitige erklärung gesuckt werden muß, nickt vielleickt zur vermuthung kommen, daß die ganze frage- stellung Ursache dieses zustandes ist ?

Mag man nämlich immer in dem praesens historicum ein mittel zur vergegenwärtigung vergangener thatsachen erblicken oder, wie Hoffmann lieber will, sein wesen darin erkennen, daß uns die vergangene kandlung eintretend vorgefükrt wird, je- denfalls kaben wir es mit einem mittel zur belebung der darstel- lung zu tkun , welckes , in dem lebkaften temperament des Süd- länders begründet, eine kervorragende rolle in der rketorisck ausgeprägten lateiniscken spracke spielt. Hieraus ergiebt sieb, daß die ganze ersekeinung mekr der psyckologisek - rketoriseken seite der spracke wie der logisek-grammatiseken angekört : daß sie vielmekr gerade eine durchkreuzung der logiseken verhält- nisse durck psyckologiseke ist. Dies würde nun zur folge kaben, daß wir überkaupt keine zwingenden gesetze für diese sprack- licke ersekeinung aufstellen können. Wenn wir auck zugeben müssen , daß selbst diejenigen spraeblicken probleme , die wir nickt durck subsumierung unter grammatiseke regeln, sondern mit külfe psyckologischer motive lösen, der logischen grundlage nicht entbehren dürfen und ebenfalls den allgemeinen denkge- setzen unterliegen, so dürfte es dock zu weit geken, wenn Hoff- mann für alle nebensätze, die dem kauptsatz einigermaßen selb- ständig gegenübersteken, mit bezug auf die logik des zusammen- kanges die praeterita vorschreibt.

Ebenso weit geht allerdings nach der anderen seite hin Heynacher , wenn er die praesentia als das normale ansieht und sich dann in der unangenehmen läge befindet mit einer ebenfalls beträchtlichen anzahl von stellen rechnen zu müssen , die sich diesem prineip nicht fügen. Wenn wir dagegen die praesentia in nebensätzen ebenfalls als praesentia historica ansehen , dann geht es offenbar ebenso wenig an , für diese bestimmte , zwin- gende regeln aufzustellen wie für die der hauptsätze, bei denen noch niemand einen versuch dazu gemacht hat. Wir müssen uns dann darauf beschränken in diesem punkte die individuellen gewoknheiten der einzelnen autoren zu ermitteln und zu erforschen,

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welche momente den Schriftsteller in den einzelnen fällen be- wogen haben , die lebhaftigkeit der hauptsätze auch in den nebensätzen wiederhallen und ausklingen zu lassen. Bei diesem bemühen kommt es aber vor allem darauf an die verschie- densten momente in betracht zu ziehen und nicht bloß ein einziges als durchgreifend erkennen zu wollen. Von diesem Standpunkte aus kann man ganz gut mit Hug und Reusch der Stellung des nebensatzes einigen einfluß zuschreiben und nie- mand wird leugnen, daß ein nebensatz , der in einem hauptsatz mit praesentia historica vollständig eingeschaltet ist, mehr dispo- sition hat ebenfalls präsentisch gebildet zu werden , wie einer, der durch andere Satzglieder vermittelt ist. Ebenso dürfte sich erweisen lassen, daß in partieen, deren lebhaftigkeit sich in ge- häufterem gebrauch der praesentia historica offenbart , auch die nebensätze häufiger präsentisch erscheinen , wie an anders be- schaffenen stellen. Der referent hat diese frage in seiner disser- tation Quaestiones syntacticae de elocutione Tacitea comparato Cae- saris Sallusti Vellei usu loquendi , Gissae 1882 ebenfalls berührt und p. 27 die beobachtung ausgesprochen, daß einzelne verba, wie z. b. impero und ähnliche eine besondere Vorliebe für den coniunctivus praesentis bekunden, während der zweck bei Wörtern die schlechthin handlungen bezeichnen meist im imperfect ge- geben ist. Zu dieser beobachtung nun hat der referent bei Hoff- mann die begründung gefunden , welche in der engen logischen beziehung liegt, die in diesen fällen zwischen hauptsatz und ne- bensatz besteht. Die verhältnismäßig selteneren fälle der an- wendung des coniunctivus perfecti dürften dann natürlich eine gruppe für sich bilden , aber für die erklärung ebenso wenig Schwierigkeiten bieten , wie an den stellen , wo sie nach einem wirklichen praeteritum auftreten, sie sind eben in beiden fällen durch absolute zeitgebung zu erklären.

P. 11 ff. bringt Hoffmann eine reihe von beispielen vor, um die Observation von Reusch und Hug zu entkräften , in de- nen der coniunctivus praesentis sich sogar nach vorausgehendem praeteritum findet. Diese fälle sprechen nun naturgemäß ebenso auch gegen Hoffmann. Sollten diese erscheinungen nicht auf einer stufe mit der zur regel gewordenen construction von dum in der historischen erzählung stehen und ein zeugnis dafür sein, daß die temporale Selbständigkeit der nebensätze überhaupt

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größer ist als man auf grund der landläufigen grammatik ge- wöhnlich anzunehmen pflegt? P. 16 sucht Hoffmann den ge- brauch des präsens für vergangene ereignisse bezüglich des dich- terischen Sprachgebrauchs in zwei gruppen zu theilen , die eine, welche durch die falle des gewöhnlichen praesens historicum ge- bildet wird, die andere mit den beispielen einer wirklichen, nur dem dichter gestatteten vergegenwärtigung, welche daher nicht etwa das praesens historicum aufweisen, sondern das eigentliche praesens. Die berechtigung einer solchen Scheidung dürfte sich wohl schwer darthun lassen, man könnte sie höchstens als ein mittel ansehen den dichterischen Sprachgebrauch leichter unter regeln unterzuordnen. Der gebrauch des praesens hat doch of- fenbar in beiden literaturzweigen denselben zweck und wir kön- nen daher für den dichter nur eine größere freiheit in der aus- dehnung dieses gebrauchs annehmen, aber keine qualitative Ver- schiedenheit anerkennen.

Daß allerdings den historiker vielfach die rücksicht auf die deutlichkeit zur tempuswahl nach rein logischen gesichtspunkten nöthigt, ist sicher und vielleicht ist dies eine hauptursache, wes- halb auch Tacitus im vergleich zu seinen sonstigen freiheiten gerade in ausprägung der temporalen beziehungen verhältnis- mäßig strenge ist, daß er nämlich so oft seine ansieht in die erzählung einfließen läßt, wodurch die nothwendigkeit der ge- nauen zeitlichen auseinanderhaltung größer wird. Wie sehr übrigens der häufige gebrauch der praesentia historica gerade einem bedürfnis der fortlaufenden erzählung entspricht, sieht man z. b. daraus, daß bei Sueton, der seinen stoff nach anderen ge- sichtspunkten gruppiert und ihm daher nicht mit der unmittel- barkeit der anderen historiker gegenübersteht, der gebrauch der praesentia historica selbst in den hauptsätzen immer mehr schwin- det. Dieser bemerkung widerstreitet übrigens nicht die häufige anwendung der praesentia historica in der narratio der reden, denn hier hat sie ihre begründung im gesteigerten bestreben die aufmerksamkeit der hörer zu fesseln. Die gleiche beob- achtung der abnähme des praesens historicum in hauptsätzen ma- chen wir übrigens auch in den erzählenden abschnitten des Pe- tron, bei welchem sie offenbar damit zusammenhängt, daß er überhaupt verhältnismäßig ruhig und ohne großen aufwand rhe- torischer mittel schreibt.

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P. 81 scheint in 3er stelle Cic. Verr. II, 1, 26, 66 die Steige- rung der lebhaftigkeit in erster linie in der fortschreitenden be- wegtheit der Situation begründet zu sein. Ebenso drückt sich, um nur einzelne fälle hervorzuheben, bei denen wir das praesens des nebensatzes abweichend von Hoffmann erklären können , p. 70 injder stelle Liv. VII, 34, 11 die lebhaftigkeit der beschriebenen Situation schon durch den anaphorischen gebrauch von nunc aus. P. 37 kommt es in der stelle Tac. Ann. 15, 33 bei erklärung der worte „qui sectantur" weniger darauf an, daß sie einen sub- stanzbegriff bilden, sondern darauf, daß es solche leute auch zur zeit des Tacitus gab, wir haben demnach ein wirkliches prae- sens vor uns, welches vom praesens des hauptsatzes durchaus unab- hängig ist. Schließlich sei noch hervorgehoben, daß bei der ge- ringen bindenden kraft, welche die regeln in dieser frage haben, es doch zu gewagt ist, wenn p. 30 auf grund eines solchen ge- setzes die lesart der besseren handschriften als „soloek" verur- theilt wird und die weniger gut beglaubigte den Vorzug erhält.

An diese abhandlung schließt sich ein abdruck eines 1874 in den Jahrbüchern für classische philologie erschienenen auf- satzes über den angeblich elliptischen gebrauch des genetivus ge- rundii und gerundivi an, in welchem mit recht gegen die un- wissenschaftliche art mit graecismus und ellipse zu operieren po- lemisiert und der versuch gemacht wird , diesen gebrauch als im gei&t der lateinischen spräche und im wesen des genetiv be- gründet hinzustellen. Es wird ausgegangen von den fällen wo dieser genetiv als appositive bestimmung eines Substantivs auf- tritt, daran werden die gruppen des kühneren gebrauchs ange- reiht bis zu den beispielen , in welchen der genetivus gerundii einer handlung oder einem gansen satze zur näheren bestimmung dient. Wenn uns hierbei allerdings eine genaue wissenschaft- liche Classification der fälle auf grund der zunehmenden kühn- heit des Sprachgebrauchs geboten wird , so möchte ich doch be- zweifeln , ob hierdurch die kluft zwischen diesem und der vor- herrschenden redeweise thatsächlich ausgefüllt wird, wie der verf. p. 104 ankündigt. Man empfindet diese kluft nämlich auch jetzt noch da, wo die fälle aufhören , bei denen man den genetiv ge- rundii entweder an einen dastehenden oder aus dem Zusammen- hang zu entnehmenden substantivbegriff anlehnen kann. Diese erscheinung tritt besonders von p. 114 an ein.

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Es läßt sich daher zwar darthun, daß ein solcher gebrauch weder dem geist der lateinischen spräche widerstreitet noch au- ßerhalb der natur des genetiv liegt, dagegen läßt sich kein be- friedigender überblick über die historische entwickelung desselben geben , noch aus den beispielen eines oder des andern Schrift- stellers eine kette bilden , in der kein glied fehlt. Daß wir in der ausgedehnteren anwendung des kühneren gebrauchs eine neuerung der späteren historiker, besonders des Tacitus haben, lehrt schon ein blick auf die beispiele bei Hoffmann, aus deren reihe die stellen früherer autoren bald verschwinden. Sollte es daher nicht sachgemäß sein , anzunehmen , daß diese neue- rung trotz ihrer begründung in der lateinischen spräche und dem wesen des genetiv in dieser ausdehnung sich doch unter dem eindruck des thukydideischen Sprachgebrauchs voll- zogen hat, zumal sie sich wesentlich auf die historiker be- schränkt? —

Die dritte abhandlung berichtigt einige aufstellungen Eeif- ferscheids und ist zuerst in den Jahrbüchern für classische phi- lologie 1878 erschienen. Der ablativ bei opus est wird darin instrumental gefaßt und für die construction von interest und re- fert die Ursache in der grundbedeutung der ursprünglich selb- ständigen bestandtheile beider Wörter gefunden.

Georg Ihm.

44. Der Hellenismus in Latium. Kulturgeschichtliche bei- trage zur beurtheilung des klassischen alterthums an der hand der Sprachwissenschaft von G. A. Saalfeld. Wolfenbüttel 1883. Zwißler. VI und 282 p. 6 mk.

Die vorliegende schritt Saalfelds basiert auf dem aus der hand desselben Verfassers hervorgegangenen Index verborum graecorum in linguam latinam translatorum, der, ursprünglich (1874) als dok- tordissertation gedruckt, in demselben jähre mit belegstellen und nachweisen aus neueren linguistischen werken vermehrt im buch- handel erschien. Sie zerfällt in drei theile, in deren erstem die religiösen und sittlichen beziehungen (p. 1 58) behandelt wer- den, während der zweite uns die gewerbe und künste (p. 58 149) und der dritte die Wissenschaften (p. 149 282) vorführt. Der dritte abschnitt des ersten theiles „erziehung und Unterricht" ist im wesentlichen schon abgedruckt im august- und September-

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hefte der Neuen Jahrbücher für philologie und pädagogik vom jähre 1882.

Der stoff ist nach den einzelnen gebieten im ganzen über- sichtlich geordnet, wenn auch vielfach größere kürze und knapp- heit in der darstellung wünschenswerth wäre. Aus den reichen, vorwiegend den Marquardt-Mommsenscken alterthümern entnom- menen quellenangaben hätte manches antiquierte buch gestrichen werden können oder es hätte ein verweis auf die beireffende seite der alterthümer genügt. In dem jedem kapitel angefügten Verzeichnis der einschlägigen griechischen Wörter war die auf- nähme der eigennamen möglichst zu beschränken. Daß z. b. bei Terentius, Varro und Martial der name einer buhldirne Thais vorkommt (p. 38) , hat für die kulturgeschichte wenig werth. Auch ist eine Scheidung der fremdwörter in vier perioden, wie sie Saalfeld vornimmt, aus dem gründe zu beanstanden, weil das bloße vorkommen eines wortes bei einem Schriftsteller noch gar nicht dafür bürgt, daß das wort nicht schon viel früher auf latinischem boden üblich gewesen ist. Es giebt uns nur den terminus ad quem, die eintheilung müßte aber nach dem terrninus a quo geschehen. Vorteilhafter wäre gewesen, die griechischen Wörter zu scheiden 1) in volksthümliche, durch das volk aufgenommene und im gewöhnlichen leben gebrauchte, die daher in der lingua rustica auftreten und in der regel noch in den ro- manischen sprachen fortleben wie nanus , zwerg, = französisch nain, spanisch enano oder petra , stein = französisch pierre. 2) in gelehrte, in der litteratur als termini technici eingebürgerte ausdrücke wie philosophia, rhetorica u. a. 3) in fremdwörter, die gelegentlich neben den römischen citiert oder aus besonde- ren gründen vom autor gebraucht werden und von Plautus an (vgl. chrysos für aurum Bacch. 240 E) in der römischen litte- ratur sehr häufig sind. In ganz vereinzelten fällen hat Saalfeld auch darauf hingewiesen, daß ein wort vor seinem auftreten in der litteratur übernommen worden ist z. b. p. 124 bei fides, saiten , wo er hinzufügt : „belegt erst bei Plautus , aber sicher- lich älter." Nur schade , daß fides trotz Mommsen , Römische geschichte I, 229 kein lehnwort, sondern ein echt römischer aus- druck ist (vgl. Curtius Grundzüge 247, 690; Vanicek, Etymo- logisches Wörterbuch 1169-, Fick, Vgl. Wörterbuch II, 173 ; Lott- ner, K. Z. VII, 172; Benfey, Wurzellexicon I, 565; Fick, Bez-

268 . 45. Homeros. Nr. 5.

zenbergers Beiträge V, 352 und meine Griechischen Wörter in der lateinischen spräche p. 78 und p. 288). Das wort ist entweder zu wurzel ghidh zu stellen, wovon auch xi&olqu herstammt, oder nach der gewöhnlichen annähme mit aqtideg wurzelverwandt. Dies schließt jedoch nicht aus , daß die sache selbst , also hier die leier, von den Kömern entlehnt worden ist. Denn wenn auch nicht so häufig wie die Griechen, so haben die Römer doch nicht ganz selten bei Übernahme fremder gegenstände ein- heimische bezeichnungen dafür aufgebracht, sei es, daß sie be- reits vorhandene benennungen ähnlicher gegenstände darauf über- trugen (z. b. morum, brombeere auf die maulbeere u. a.) oder direkt frei schaffend neue namen erfanden wie z. b. lentiscus für den mastixbaum. Im übrigen vgl. meine abhandlung über „Wort- entlehnung und Wortschöpfung" in der Zeitschrift für Völker- psychologie und Sprachwissenschaft bd. XIII, p. 233 250, be- sonders p. 244.

Trotz all dieser ausstellungen ist das buch brauchbar und wohl geeignet, jedem als Wegweiser zu dienen, der sich für die Verpflanzung griechischer kultur auf römischen boden interessiert.

O. Weise.

45. Ferdinand Weck, beitrage zur erklärung Home- rischer personennamen. Progr. des Lyceums zu Metz 1883. 8.

Der Verfasser geht in dieser abhandlung von der ansieht aus, daß die griechische namengebung auf dem einfachen adjee- tivum beruhe, an welches zum zweck der individualisirung nach und nach mehr und mehr suffixe hinzugetreten seien. Dieser gehäufte suffixanhang sei entweder geradezu verkannt worden, oder habe die hand zu einer umschmelzung der form geboten, „wodurch auf einmal schmeichelhafte anspielung in die späteren zuthaten des Stammes gelegt" worden seien. Die Volksetymo- logie sei es also gewesen , die den griechischen namen die ge- stalt gegeben, in der wir sie vor uns haben. Demgemäß leitet der Verfasser die namen auf nXoc, xltjg, ausgehend von der sta- tistisch nachgewiesenen thatsache, daß die form ndrQoxlog und zubehör bei Homer weit häufiger ist als die entsprechenden for- men der dritten deklination, und unter zuhülfenahme lateinischer namensformen wie Hercoles , Patricoles, Paterculus etc. auf ein suffix xolijg zurück. Ebenso sind ihm die eigennamen wie

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Krtjamnog nicht Zusammensetzungen mit 'innog , sondern gehen seiner ansieht nach auf ein suffix nsTog zurück davon ntö- Xfpog in NsoTiTÖlffiog auch nur erweiterung! , welches er mit lateinisch pote, pte, pse gleichsetzt. Freilich ist hierbei übersehen, daß dieses lateinische suffix selbst von haus aus nomen ist. Ebenso werden die eigennamen auf fjia^og , o%og , Xo%og als de- minutivbildungen erklärt, denn wie rtjniog: pijma^og, so Tijls- (xog: Tifituuftog. Tldtdoxog wird auf wurzel pand , auch panth zurückgeführt, wovon auch Tldgig (aus Ilddigl), näiduoog, Tlav- 8tcav und nür&oog. Auf das suffix (isvo-g werden nicht nur eigennamen wie 'l&a.tpsi'Tjg und das adjeetivum yvvaiftärrjg zu- rückgeführt, sondern auch KkvzaiuvtjarQa (aus KlviaTo^snarega) und 'sJyafiifAicoi . das aus ursprünglichem Aqaaog (vgl. ÄlyioQog und aiyt'oj[og !) hervorgegangen sein soll.

Ich unterlasse es auf weitere einzelheiten einzugehen. Schwer- lich wird der Verfasser viele anhänger seiner suffixtheorie finden. Mir scheint dieselbe auf einer völligen verkennung des maßvol- len Charakters der griechischen spräche zu beruhen. Wo zeigt dieselbe jemals eine derartige Überwucherung der formalen ele- mente, d. h. der suffixe, über die bedeutungsvollen ? Am klar- sten wird dies , wenn man griechische wortgebilde neben die stamm - und sinnverwandten lateinischen stellt. Welches über- gewicht hat z. b. im lateinischen momentum das schwere suffix mentum über das eigentliche bedeutungselement ; wie ganz an- ders ist da das Verhältnis in den entsprechenden bildungen des griechischen auf /tttr. Oder man vergleiche mit dem maßvollen etvdyxi] oder uußnnTo*; die stamm- und sinnverwandten Wörter necessitas, necessitudo und immortalis. Auch an die bildungen des Superlativs der beiden sprachen ließe sich erinnern , z. b. an (jncj oü7«7oc neben sapientissimus. Ferner aber ist es ungerecht- fertigt, in der so frühen Sprachperiode der homerischen gedichte der Volksetymologie eine so tief eingreifende, alle lautgesetze auf- hebende bedeutung für den gesammten Sprachorganismus zuzuwei- sen. Denn Volksetymologie beginnt nur dann ihre Wirkung, ent- weder wenn fremdes sprachgut eindringt, oder wenn heimisches sprachgut veraltet und abstirbt. Beides trifft aber für die zeit Homers in keiner oder nur sehr beschränkter weise zu. Eines der ältesten beispiele von Volksetymologie scheint mir, wie ich auch schon ander- wärts bemerkt, in dem namen 'Heay.).r;g vorzuliegen, den ich keines- Philol. Anz. XIV. 19

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wegs mit dem Verfasser (p. 15) auf älteres 'Eaga-Alr/g (von Hup „früh- ling") zurückführe, sondern auf semitisches Archal, das am ge- treusten erhalten ist in ' jägxa'ksvq (Et. M. 219, 35). End- lich sei auch noch daran erinnert, daß ja das griechische die wortkomposition überhaupt außerordentlich bevorzugt. Oder will etwa der Verfasser auch in adjectiven , wie nlrfemnoq und sv- [xevrjg keine komposition mit innog und pifvnq anerkennen?

Nach alledem darf man wohl die bestimmte erwartung aus- sprechen, daß die onomatologen es auch ferner noch vorziehen werden, lieber mit Fick, gegen den der Verfasser scharf polemi- siert, — mag derselbe auch in einzelnen punkten zu weit ge- hen — die „Sackgasse" der bisherigen erklärungsweise weiter zu durchwandern, als sich mit dem Verfasser durch einen wald von Suffixen durchzuschlagen. C. Angermann.

46. Orphei Lithica accedit Damigeron de lapidibus. Rec. E. Abel. 'Berlin, Calvary 1881. 198 p. 8.

47. Fr. Hillmann, de arte critica in Orphei Argonau- ticis factitanda capita duo. Dissert. Leipzig 1883. 74 p. 8.

Vorliegende neue ausgäbe der Lithica enthält eine kurze die abfassungszeit und die handschriften behandelnde vorrede, den text , einen ausführlichen commentarius criticus , einen index verborum, eine prosaische paraphrase und endlich die Schrift des Damigeron de lapidibus , die quelle , aus welcher der dichter sei- nen stoff geschöpft hat. Hinsichtlich der abfassungszeit wieder- holt der herausgeber die auch von Bernhardy gebilligte annähme Tyrwhitts , wonach dies gedieht nicht lange nach 371 n. Chr. unter Valens geschrieben ist, da es die energische Verfolgung der heidnischen magie und theurgie voraussetzt, andrerseits von dem einfluß des Nonnus und seiner schule noch völlig frei ist. In- folge eines Versehens heißt es p. 4 bei besprechung der ansieht von Beck „quarto saeculo11 statt „quinto aut sexto". Die für die kritik der Lithica maßgebende handschrift ist ein von Abel zu- erst verglichener codex Ambrosianus aus dem anfange des 15. Jahrhunderts. Er stimmt in seinen lesarten zu der von Tzetzes in den scholien zu Hesiod und Lykophron , in den Chiliaden und der Iliasexegese benutzten handschrift, desgleichen der von dem Verfasser der prosaischen paraphrase benutzten vorläge Leider sind von dieser handschrift mehrere blätter verloren ge

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gangen. Ihr gegenüber geben alle bis jetzt bekannten hand- schriften des gedichts aus dem ausgange des 15. und dem 16. Jahrhundert (die Excerpta Vaticana des 14. Jahrhunderts geben nur eine auswahl einzelner stellen) einen schlechteren , interpo- lirten text, und gehen mit Abel sämmtlich auf eine von Deme- trius Moschus, dem söhne des Johannes Moschus aus Lacedaemon, verfertigte abschritt zurück. Eine handschrift des Moschus ist aber thatsächlich nicht vorhanden, wir haben nur unbedeutende seinen namen tragende scholien und eine kurze vaö&eatg slg zo 77e(j} Xi&mv Vgcpscog , die wohl mit dem von Lilius Gyraldus ci- tirten commentariolum de Orphei lapidibus für Picus von Miran- dola identisch ist. Diese hypothesis aber mit den scholien findet sich nur in einigen, nicht in allen jüngeren handschriften, während alle mehr oder weniger wie in den lücken , so in der Schlech- tigkeit der lesarten übereinstimmen. Daraus dürfte sich erge- ben , daß der archetypus der interpolirten handschriften von der arbeit des Demetrius Moschus unabhängig war und über dieselbe zurückging, um so mehr als Abel p. 8 selbst sagt : „hie Demetrius exemplar suum immane quantum et vitiis et interpolatio- nibus corruptum fideliter, ut videtur , transscripsit , non nisi brevi praefatione et paucis quibusdam scholiis additis". Durch Zugrun- delegung des Ambrosianus hat nun der text der Lithica bedeu- tend gewonnen. Nicht nur sind sechs verse ganz neu dazu- gekommen, sondern es hat sich auch an mehr als fünfzig stellen aus der neuen quelle eine unzweifelhaft bessere lesart ergeben, während an manchen anderen sich aus ihrer Schreibung mit leichtigkeit das richtige gewinnen läßt. Immerhin bleibt für emendation nach wie vor ein großer Spielraum. In dieser hin- sieht hat der heiausgeber aus den arbeiten seiner Vorgänger mit glücklichem takt eine geeignete auswahl getroffen , einige male auch selbst in befriedigender weise die bessernde hand angelegt. Nach wie vor ist aber v. 451 heillos verdorben. Im einzelnen wäre etwa noch folgendes zu bemerken : v. 3 sieht man keinen grund ein , weshalb die lesart der Tzetzeshandschriften zu Ly- kophron onatq puv e/nifjs) mit dem ohnehin soloeken onco<; av fyoifiE* vertauscht ist. V. 39 ist schwerlich durch die einschie- bung von jj#oV richtig hergestellt , ebensowenig ist v. 62 mit aXtTQnavpui^ das richtige getroffen. V. 77 ist in den worten yatötfißgorov ix xaxör?]zng nicht n) em/jßoÖ7nv mit Tyrwhitt, son-

19*

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dem, wie ich vermuthe, de alqigo v og zu schreiben. V. 108 ist ulfipaßuev aus A statt des [tifiveGvev der übrigen handschriften in den text genommen. Die richtigkeit der bemerkung Abel's p. 50 „quam verbi formam bonam esse puto] sattem verbi [tiuroa forma secundaria fiifivd^m extat, imperfecta autem in aaxov eorum tantum verborum reperiuntur, quorum etiam stirpes in «£cü exeuntis in usu fuerunt" muß ich auf sich beruhen lassen. Aus Apollo- nius Ehodius wenigstens habe ich mir iterativformen auf aaxei', aaxov nur von wirklichen, oder wenigstens vermeintlichen verben auf dm notirt: dvndaaxnv II, 100; podaoxsv I, 1272. II, 590. IV, 921; yodaaxev I, 264; yodo.ay.ov I, 293; dtjidaaxov 11,142. iXdaaxor I, 733. 1156. II, 1073. IV, 77. xayxaldaaxtv IV, 994. xvdidaaxov IV, 976. fxqTidaaxs III, 612. IV, 7. 492. fxtjTtdaaxov

IV, 526. 1068. raisrdaaxsv I, 68. vaittdaaxor II, 999. IV, 1209. Von 8oid£co dagegen findet sich doid^eaxer III, 818, desgleichen imxafiä&oitov IV, 942. V. 213 steht vgorrs im text, wäh- rend es im kritischen commentar heißt: ogorzs scripsi. Die handschriften haben ogtowzeg oder ögcävte g , woraus Tyrwhitt ogotTsg gemacht hat „a verbo r'gco", welche änderung Hermann und Lobeck zu Buttm. Gr. II, 5. 259 gebilligt haben. Wenn nun Abel bemerkt „sed nullum est verbum "gm vgovrsg potius activum ceteroquin inusitatum verbi ogofiai putandum erit" also doch selbst ein verbum ogta annimmt , so ist das höchst sonderbar. Auch wird man die dualform in Verbindung mit oi /asv und eaaotTo, trotzdem v. 115 ngol'dofts statt ngoi'dovrsg in A steht, schwer- lich billigen können. lapiv ö^eiav vgwvzfg ist wohl aus lafflv 6%siav dqisvTsg verdorben. V. 114 muß natürlich gelesen wer- den: atyavfyg sögvvto Oomtegov tjs ßeXsfivov und nicht ßsXt'/jiiov.

V. 171 ist wohl oqiga atv £v%opi?i>oio xXvoi fraog statt oyga tot. zu lesen. V. 178 durfte von der handschriftlichen lesart sl yug dztg xgazegoto dt'lotg schon um der trochaeischen caesur willen nicht abgewichen werden. Denn daß sich die späteren dichter um die Aristarchische beobachtung über den gebrauch von f&sXfiv nicht gekümmert haben, ist selbstverständlich und erhellt obenein zur genüge aus den von Gerhard Lectt. Apollon. p. 91 beige- brachten beispielen. V. 249 sieht man keinen grund , weshalb das handschriftliche xgazsgij mit azsgs?'j vertauscht ist, ebenso- wenig weshalb v. 307. 325 (tayv^anri mit kleinem anfangsbuch- staben erscheint. Die änderung des handschriftlichen ylaydqgora

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v. 309 in tfQSPOXQoa hat nicht die mindeste Wahrscheinlichkeit für sich. V. 448 ist eitel ov statt irtei ovx durch ein versehen in den text gerathen, aber die ganze von Hermann herrührende Schreibung des verses hat, wie dies Abel selbst recht wohl ge- fühlt hat, ihr bedenkliches. V. 479 heißt es in A vom ange- brannten gagat:

dXX' r)).odi> 7io7i öitag äyei fteiog ' ovdt zi cpcözag Xyaorft' ojt x' e&e'Xeig ieur)v ano vovaov eXey^ai. Abel schreibt qxüzeg und interpretirt „viri non latent lapidem, in quibus sacrum morbum deprehendere volueris". Aber hier ist wohl die lesart der besseren vulgathandschriften Xrjnezai bei- zubehalten. Subject ist psvog. Die kraft wird den menschen nicht verborgen bleiben , an denen man das Vorhandensein der epilepsie constatiren will, d. h. sie wird sich an ihnen wirksam erweisen , sie werden sie empfinden. Der von Abel angeführte Plinius sagt ja vom gagates „depreliendit sonticum morbum suf- fitus". Statt i&f.Xeig ist ideXyg, nicht iOsXoig zu schreiben. V. 524 steckt in dem uvuntevonouv (ßvaizvevaaaav vulgo) der handschrift doch wohl nichts anderes als das von Bernard ge- fundene, und von Hermann gebilligte avan X s v aaaav, Abel schreibt sehr gewaltsam avanXijadeiaav auf grund der epitome, in welcher es heißt enav degog avanXyadq. Aber das ist doch nur die paraphrase der dichterworte vri u'i'&oijg xgazvvo/Jievijv^ V. 563 ist durch ein versehen 8oXi%ov ze xsXnv&ov statt doki%jjs de xeXtvdov in den text gerathen. V. 689 war 'Enivvoi statt Eginiai zu schreiben. V. 632 ist statt ro de h' sqxeiui vaiazov >j(4uq , was Abel selbst nicht ohne bedenken aufgenommen hat, wohl zb <5' i n sQ^erai zu lesen. Zum beleg für die das fieber bändigende kraft des Antiachat heißt es v. 640 : er yüg fiir xgeaeoöi ßaXcor fxeaov sxpofxe'roiai zvzdov uvao%kO&ui ' zu 8e zrjxezai svbodi nävza. Abel schreibt aus A und der epitome xegueaa. Aber wozu in aller weit soll hörn weich gekocht werden? Und wenn es in der epitome heißt eiponeroig yuo xigaaiv rj xal öaze'oig ifißa- Xcöv zig avzöv, so sieht das auch nur nach einem versuche aus, das völlig absurde minder absurd erscheinen zu lassen. Eher könnte man mit Wiel an eine änderung von ztjxezui denken. V. 665 wird mit 0. Schneider Nicandr. p. 128 xXeiovcriv für keiXeovait geschrieben, da aber auch v. 362 xalittv steht, wo

274 46. Orpheus. Nr. 5.

xX sie.lv eben so gut in den vers gepaßt haben würde, so erscheint die änderung überflüssig. V. 710 ist dvagnä^cav wohl bloßer druckfehler für avagnä^uv, ebenso iXdl'ov v. 717 für släl'vov, und 776 8a v. 751 für noSi. V. 750 ist üvovai für üvoize zu lesen. V. 762. 3:

AritoiSrj aio [ap'x011* fyov, Tloidvting qgmg f-aavfASvog td8s navra äfitj^ava qp^o« ntcfäaxstv harren noch ihrer endgültigen Verbesserung. Denn Abels emen- dation

sti]Toi8ao fxdXa %Q?]G[ioigf fJoiävTiog tjgcog, SGno/usi'Ov raSs navra (x aut]%ava (pTjpi nMjiavGxsiv erscheint viel zu gewaltsam. Uebrigens wird im kritischen com- mentar ß dlr^dia statt /.*' dyn'^ava als Schreibung des textes angeführt.

Dieser kritische commentar ist mit ziemlicher Weitschweifigkeit in einer jetzt längst veralteten manier abgefaßt. Vollständig werden alle Varianten, selbst die albernsten Schreibfehler (merk- würdigerweise fehlt dxQWQeia bei v. 104), desgleichen die kri- tischen raisonnements der früheren herausgeber in extenso mitge- theilt, auch dann, wenn beide der neu gewonnenen lesart des A gegenüber von gar keinem werthe sind. Einzelne recht gute bemerkungen über die sprachlichen und metrischen eigenthüm- lichkeiten des autors gehen in diesem wüst von überflüssigem jetzt leider verloren, während sie, in der einleitung etwa im Zu- sammenhang vorgetragen, den werth der ausgäbe wesentlich er- höhen würden. P. 109 wird die beobachtung Wiels wiederholt, daß im ganzen gedieht eine elision nach der arsis des dritten fußes nicht vorkommt. Ganz natürlich. Nach der regel oti ij an6o7QO(pog hol würde ja in diesem falle die caesur nicht zur geltung kommen. Wenn wir de in zwei fällen (v. 100. 754) unmittelbar nach der arsis elidirt finden, so gehört das eben zur nächsten silbe. So ist auch x«t« tqitov tqoxoiov elision eigent- lich nur dann zulässig , wenn penthemimeres vorausgeht , oder hephthemimeres folgt, v. 23. 39. 396. 501. 519. 591. 637. Dreimal, v. 37. 307. 523 folgt wenigstens diaerese nach dem vierten fuße. Bios v. 557 ist die elision ohne weiteres zuge- lassen. Auch nach der arsis des vierten fußes kommt keine eli- sion vor. Doch findet sich nach derselben ö' v. 146. 407. 655. 698. r' v. 271. x' v. 739. Das latein der vorrede und des kri-

Nr. 5. 47. Orpheus. 275

tischen commentars ist nicht gerade empfehlenswerth. Es fehlt ihm nicht blos an eleganz , sondern selbst an correctheit. P. 7 liest man : „moneo in omnibus deterioribus codicibus tanta vitia le- vissima in A quoque reperta inveniri". P. 11: „Tyriohitt, qui ver- sionem quoque Gesnerianam editioni suae se ipso postea improbante adiecit". Ebendaselbst: „cuius textum, qui, secutus a Tauchnitzi- anae editore, recudendum curavit, G. H. Schaefer". P. 69 : „impro- bavit a Seidenadelio secutus Wielu. Dergleichen ist in der that höchst störend. Der index verborum ist , soweit ich mich durch angestellte Stichproben davon überzeugt habe, sehr sorgfältig angefertigt. Die prosaische paraphrase der Lithica , als deren richtiger titel jetzt Ooqicot; hOixh xtjQvyfiata erscheint, hat durch die Zugrundelegung eines Vaticanus aus dem anfang des fünf- zehnten Jahrhunderts wesentlich gewonnen. Besonders dankens- werth endlich ist die zugäbe des Damigeron (d. i. /trjfAoyigcov) de lapidibus , nach einer erneuten vergleichung der einzigen bis jetzt bekannten Pariser handschrift , aus welcher das werk zu- erst von Pitra im Spicil. Solesm. III, p. 324 sqq. in einer aller- dings sehr unzuverlässigen weise veröffentlicht worden ist. Die- ser Damigeron ist eine wohl im fünften Jahrhundert entstandene lateinische bearbeitung eines viel älteren zauberbuchs, wie solche unter dem namen des Zoroaster und Demokrit bereits dem Pli- nius vorgelegen haben , und wie es unter dem namen des auch dem Tertullian bekannten Damigeron von Apuleius , dann von dem dichter der Lithika, einem bis jetzt noch nicht wieder auf- gefundenen Pseudodioscorides und weiterhin unter dem titel des Diogenes oder Demosthenes von Aetius benutzt worden ist. Der lateinische Damigeron hat dann wieder dem berühmten Lapidarius des bischofs Marbod von Rennes (jll23) als quelle gedient, wie dies alles in seiner gelehrten weise Val. Rose im Hermes IX, 1875, p. 471 ff. gezeigt hat.

Hillmann , der Verfasser der dissertation de arte critica in Orphei Argonauticis factitanda capita duo, hatte sich auf anregung R. Foersters die Untersuchung zur aufgäbe gestellt, ob die zu- letzt wieder von G. Hermann zum abdruck gebrachte lateinische metrische Übersetzung der Argonautica des Mailänder humanisten Leodrisius Cribellus, eines Zeitgenossen des Fr. Philelphus, welche noch vor dem erscheinen der editio princeps nach einer hand- schrift gemacht ist, für die kritische behandlung des textes der

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Argonautica von werth sei, oder nicht. G. Hermann stellte den werth dieser allerdings gefälligen und geschmackvollen Über- setzung auch in kritischer hinsieht sehr hoch. Er glaubte, daß sie nach einer sehr guten handschrift gemacht sei und selbst den rang einer solchen einnehme, ohne sich jedoch bei der her- stellung des textes von ihr in so hohem grade beeinflussen zu lassen, als dies neuerdings von Wiel in seinen observationes in Orphei Argonautica geschehen ist. Um nun diese frage zu be- antworten , untersucht der verf. zunächst die beschaffenheit der bis jetzt für die kritik der Argonautica benutzten handschriften auf grund des Hermann'schen apparates , und kommt zu dem resultate , daß sämmtliche handschriften, von denen keine über das fünfzehnte Jahrhundert zurückgeht, in zwei classen zerfallen, die wiederum beide durch verloren gegangene Zwischenglieder auf einen nicht mehr vorhandenen , ziemlich fehlerhaften arche- typus zurückgehen. Die drei von einander fast gar nicht ab- weichenden handschriften APF (ein Askewianus, ein Parisinus und ein Rehdigeranus) sondern sich von den übrigen durch ge- meinsame fehler , correcturen und interpolationen als minder- werihige classe ab. Demnächst weist der verf. unwiderleglich nach, daß die Übersetzung des Cribellus eine sehr freie ist, der es nicht darauf ankommt um der eleganz des lateinischen aus- drucks willen auf die treue wiedergäbe des Originals zu ver- zichten. Wenn es schon deshalb sehr mißlich ist, aus ihr einen rückschiuß auf den Wortlaut der zu gründe liegenden handschrift zu machen, so erweist andrerseits der umstand, daß die Über- setzung gerade in den eigennamen mit den minderwerthigen les- arten der schlechteren handschriftenclasse auffällig übereinstimmt, die annähme der benutzung einer älteren und besseren hand- schrift als die uns erhaltenen , und somit eines besonderen wer- thes derselben für die kritische behandlung der Argonautica als völlig hinfällig. Der saubere, umsichtige und methodisch wohl begründete gang der Untersuchung, auf dem der verf. zu diesen resultaten gelangt ist, verdient besondere anerkennung.

R. Volkmann.

48. Anale et a Eratosthenica. Scripsit E. Maaß. Berlin, Weidmann 1883. 8. 153 p. (Sechtes heft von: Philolo-

Nr. 5. 48. Eratosthenes. 277

gische Untersuchungen, herausgegeben von A. Kießling und U. von Wilamowitz-Moellendorff.)

Die arbeit enthält : A) De Eratosthenis qui feruntur Cata- sterismis (1 55); B) De Eratosthenis Erigona (57 138); C) Epi- metrum (139 149). Es folgt ein Index rerum (151 153). Wir geben den inhalt dieser drei abhandlungen an.

A: Vier abschnitte. I) Suid. s. v. 'EQaroodivtjg ist zuschrei- ben: Eynuips de . . . . aGTQ'i&eaiuv // •AaruarsiJiapiovi; für aozoo- vofilav }/ xuzuGTeoiGfiovg. Des Achilles Tatios citat £i> tq> xata- ar>-Qinfiq) scheint bloß den inhalt zu geben; der titel war ver- mutlich uazQo&soia. II) In Roberts ausgäbe fehlen einige passus des Cosmas Hieropolitanus , augenscheinlich aus den ka- tasterismen stammend und beweisend, daß im VIII. Jahrhundert handschriften existierten, die den archetypus der Codices unserer epitome an umfang übertreffen. Jene abschnitte werden abge- druckt. — III.) 1. Ein vergleich des aus Eratosthenes geschöpften „poeticus astronomicus" des Hyginus (III, 3) und des Baseler scho- liasten (Catast. ed. Robert p. 58, 7) ergiebt die richtige inter- pretation der stelle über den polarstem (Robert 58, 7) : ein ver- gleich dieser so ausgelegten stelle aber mit der ansieht des Py- theas und Eudoxus, sowie die erwägung, daß der polarstem, den diese stelle nennt, 13° vorn pol entfernt war, ergiebt die Un- möglichkeit, sie für Eratosthenisch zu halten ; ist sie interpoliert, so müßte sie schon vor Hyginus interpoliert sein. 2) Hipparch (Petav. Uranol. p. 184) sagt: ol ag^aim ndvTsg gaben dem gro- ßen baren nur sieben sterne; da die catasterismen deren 23 zählen, ist der sternkatalog der epitome schwerlich von Eratosthenes ; das bestätigt des Ptolemaeus' Almagest (VII, 1), welcher den einzigen nennenswerthen sternkatalog dem Hipparch zuschreibt. 3) Die katasterismen nennen (Robert p. 134 sq.) den Hipparch; Robert sieht hier wieder die hand des interpolators ; Maaß aber den irrthum des compilators selbst, der den Hipparch vor Era- tosthenes setzte; die worte des Aratscholiasten Niketas (ad. v. 83) Elööhcp 8f xat ln7iUQ%cp aQ%aioz8QOtg ovaiv Aoäxov bilden hierzu ein analogon. 4) die Stellung des gestirns 'Eyyovaaw bei Aratus hatte Attalus sonderbar interpretiert (Petav. Uranol. p. 181 sq.); daß ihm nicht bloß Hyginus, sondern auch unser compilator (Robert p. 64) folgte , lehrt ein vergleich beider stellen ; auch der vergleich von Arat. 63 sq. mit Robert p. 64 macht die be-

278 48. Eratosthenes. Nr. 5.

nutzung eines commeutars wahrscheinlich. 5) Auch in den worten ta 5s fisTu ravza xrl. (Rohert p. 192) findet verf. die spur ei- nes commentars (vgl. Schol. Marc, ad Arat. v. 455). 6) An zwei stellen (Robert p. 120. 56) streicht Robert die erwähnung des Aratus , Maaß hält sie für worte eines commentators. 7) Auch die stelle über den widder, welcher ufxavQÖrsffog cpuipszai, die so nur im Aratus (215 sq.) wieder vorkommt, deutet auf be- nutzung eines Aratus-commentars. 8) Vergleicht man die stern- anzahl einzelner gestirne in den catasterismen mit der im Ovid und im Ptolemaeus , so erhellt , daß das original der catasteris- men nach Ovid und vor Ptolemaeus verfaßt ist. Es ergiebt sich sogar weiter das resultat: noch vor Hadrian! 9) Die ca- tasterismen beruhen also auf einem Aratus-commentar, der zuerst den sternkatalog und die astronomischen mythen vereinigte und zwischen Ovid 's und Hadrian's zeiten entstand. IV.) Wie Leontios und Niketas (III, 9), so klagt auch der brief an Iu- lianos (cod. Marc. 476) über Verkehrtheit der commentatoren des Arat. Beispiel ist der scholiast zu v. 239 wie der biograph bei Westermann p. 59. Beide sind wohl derselbe. Er hieß (cod. Ambros. 263) Theo v. Alexandria, ist der verf. einer loyixi) scpodog und lebte im 4. saeculum n. Chr. Ihn hält Maaß für den verf. jenes briefes, den von ihm besonders getadelten gegner aber für den autor des commentars , aus dem die catasterismen stammen. Am Schluß handelt Maaß von Sporos (und Nicandros), der nicht ohne Wahrscheinlichkeit als dieser commentator ange- sehen werden kann. Wir haben den inhalt dieser abhand- lung sehr genau angegeben , um dem leser den Scharfsinn und das Wissensmaterial, mit dem der verf. arbeitet, vor äugen zu führen. Im folgenden fassen wir uns kürzer.

B. Zunächst handelt der Verfasser über die sage von der Erigone. I. In Hygins darstellung sind zwei verschiedene berichte verschmolzen, deren einer aus einer deutung der fixstern- bilder stammt, deren anderer aber die a'izia aller einzelnen züge der sage hervorhebt. II. Beide berichte lassen sich stückweise auch anderswärts nachweisen. Die Germanicus-scholien, des Am- pelius zweites capitel , Probus und scholien zu Vergil , Aelian, Apollodor werden vorgeführt. Ebenso das scholion der Ilias (X, 29) und die catasterismi bei Cosmas. Der zweite bericht muß der eines alexandrinischen , den Römern wohlbekannten

Nr. 5. 49. Aischylos. 279

dichters sein. Dieser lebte vor Hegesianax. Es war Eratosthenes ! III. Wahrscheinlich ist, Hegesianax sei der redacteur der Era- tosthenischen Erigone. Sodann wird im Zusammenhang der inhalt der 'Hoiyönj des Eratothenes in allen ihren einzelnen zügen behandelt.

C. Abdruck des unechten schriftchens 'lnnun%ov tzsqi räv dwdtxu ^wbicov aus dem codex Marcianus 303 s. XIV.

Max C. P. Schmidt.

49. Aeschyli fabulae IKETlAEZ XOH&OPOI in libro

Mediceo mendose scriptae ex vv. dd. coniecturis emendatius editae cum scholiis Graecis et brevi adnotatione curante F. A. Paley. Cantabrigiae. Typis et sumptibus academicis. 1883. Xu.l35p. 8.

Von einem manne wie Paley , der sich bereits ein halbes Jahrhundert mit der kritik und erklärung des Aeschylus be- schäftigt , wird man eine neue ausgäbe nicht ohne lebhaftes in- teresse in die hand nehmen. Wenn jemand etwa das vorurtheil hegen sollte , der Verfasser habe in den verschiedenen auflagen seiner gesammtausgabe des dichters die vierte ist 1879 er- schienen — und in den ausgaben einzelner stücke hinreichend gelegenheit gehabt seine erfindungskraft zu erproben und müsse dieselbe wohl ziemlich erschöpft haben , so wird er durch die neue ausgäbe der Hiketiden und Choephoren eines besseren be- lehrt werden. Zu den alten conjecturen ist eine schöne reihe neuer gekommen , welche dem Scharfsinn und der geistesfrische des greisen gelehrten alle ehre machen. Er gibt sich der hoff- nung hin, die beiden stücke, die er wegen ihres hohen ethischen gehaltes vor den übrigen tragödien des dichters bevorzugt wis- sen möchte, in solcher form hergestellt zu haben, daß auch jün- geren die lektüre keine unüberwindlichen Schwierigkeiten biete und abgesehen von wenigen unheilbaren stellen alles wohl ver- ständlich sei. Besondere aufmerksamkeit hat er dabei den scho- lien des cod. Mediceus zugewandt, die er bereits in einer eigenen abhandlung zu emendieren, zu erläutern und für die feststellung des textes zu verwerthen gesucht hat, wozu hier für die beiden stücke manche nachtrage und berichtigungen gegeben werden.

Hiermit haben wir die Vorzüge der anzuzeigenden schrift angedeutet. Wir wollen gleich einige Verbesserungen namhaft machen, welche uns besonderer beachtung werth erscheinen. Was

280 49. Aischylos. Nr. 5.

hat man nicht alles aufgeboten, um in Hik. 784 aqsvxtov 8' ovx.it av niXoi xsuq , xsXairc^Qtag 8s ndXXszai aov xagSia das prädikat zu dem Subjekt xiag passend zu machen und um die metrische härte in fiov xagSi'a zu beseitigen. Paley be- merkt einfach, daß nicht das prädikat, sondern das Subjekt verdorben sei. Da er niXoi uogog (oder yüfiog), xsXaivöigcov 8s näXXszai aigaibv xiag schreiben will, so betrachtet er wohl xagSi'u als glossem zu xiag. Es kann aber wohl yä- fxog oder /xögog nicht das richtige wort sein, da es dann auch acf.vxro* heißen müßte. Das wort, welches durch eindrin- gen des glossems zu gründe gegangen, ließe sich nicht errathen, wenn es nicht gewisse ausdrücke des tragischen stils gäbe , die man nur nennen darf, um sie sofort als die richtigen zu fühlen. Ein solches wort ist hier xuxni, woran einmal schon Schütz ge- dacht hat. Im zweiten verse wird man nicht nur xagSia , son- dern auch (aov aus dem glossem abzuleiten haben. Das prono- men poss. wird in der poetischen spräche wieder durch eines je- ner stilwörter vertreten, welches uns die ähnliche stelle Cho. 410 ninalrai, 8' avzi fiot qiiXov xiag an die hand giebt und welches bereits Schwerdt gefunden hat. Hiernach dürfte die ganze stelle so lauten: äqvxzov 8' ovxit'' av niXoi xaxov , xsXaiv6%g(ov 8s ndXXszai (fiXov '/.sag. In gleicher weise scheint es richtig, wenn der verf. Cho. 711 zd ngöocpoga als aus dem Schlüsse von 714 herrührend ohne weiteres beseitigt und dafür ein nomen verlangt, von dem uaxgäg xeXev&ov abhängig wird. Freilich läßt sich hier das ausgefallene wort nicht mit einiger Sicherheit bestimmen ; xuzaazgoqijg , welches der verf. einsetzt, dürfte schwerlich das ursprüngliche sein, da der sinn mehr einen ausdruck wie pei- Xiypdzmv oder dtXxzrigia erfordert. Uebrigens hat schon Weil die stelle in ähnlicher weise {Idaifxa) zu heilen versucht. Eichtig sind die Verbesserungen im scholion zu Cho. 123 l8gvfisvog , zu 414 dno aov. Ansprechend, wenn auch minder sicher, ist der Vorschlag, Hik. 760 f. dXX'1 sazi <$i}nr) zig ' Xvxog xgsiaamv xv- vwv ' ßvßXov 8s xagnog o'tmoi' av xoazoi azd%vv zu lesen. Die vermuthung, daß ebd. 82 saztv xal noXifKp zsigofxivoig zu schrei- ben sei , wird nicht nur durch die responsion und das scholion zoig und noXifiov Tsigopivoig begünstigt, sondern auch durch den umstand, daß die in lyrischen partieen nicht beliebte krasis xdx beseitigt wird (vgl. meine Studien zu Aeschylus p. 10 f., wo

Nr. 5. 49. Aischylos. 281

ich die gleiche änderung empfohlen habe). Es scheint aber hm y.cu noXipov den vorzug zu verdienen, weil sich daraus die Überlieferung besser erklärt (i-OTtr xat yvyaai noXepov, reigofis- votg, ßcofto^ Qifui &Q*I$% vgl. das scholion xui zoig ix noXipov de tetQOfiiivoiii y.cu qtvyovaii' o pmptig dm to reo»1 but(xovtov Gißag Qv/ja wtjg ßlnßtjc iotir). Auch ist es nicht ausgemacht, daß das scho- lion roTs vno noXifiov rsigofusvotg auf noXs/Jicp hinweist; es kann ebenso gut die erklärung von ix noXs'fiov zeigofisvoig sein. Die tilgung der worte y.ai ßovXag^og 12 unter der annähme, daß sie aus 970 stammen, kann richtig sein. Dagegen sieht t' ovoraQo- (isvai 11 nicht wie ein glossem aus, obwohl mit qievyofiev o'vtiv i(f aiftari dtjfÄTjXaaiav, a.XV avzoyetij tpv^avogiuv ydfjiov Aiyvnzov naiSmv uasßij ein tadelloser text hergestellt ist. Paley bemerkt : particula it post «ßeßij propter synapheam posita nullo modo ferri potest. Hermann wollte früher avioyetjj qv^uvogCa, so daß av- zoyerq uasßij ts ydfiov zu verbinden wäre , und dieser emenda- tion schließt sich Dindorf im lex. Aeschyl., neuerdings Kirchhoff an. Aber mit dem nackten tpv^avogfy gewinnen wir nur einen stilwidrigen ausdruck , während avzojsvijQ qiv^avngCa sich sofort als echt poetisch zu erkennen gibt. An der emendation von Bamberger avzaysvei (pv^avogt'a ist nichts auszusetzen, wenn man avtoysvsi q>v%aiOQia als selbständigen dativus causae be- trachtet und diesem onoza^o/isvat yiipov . . äaußi-j parallel stehen läßt. Daß zs die fünfte stelle einnimmt , kann kein bedenken erwecken, da die vier worte sich zu einem einzigen begriffe zu- sammenschließen. Es ist fast noch härter, wenn Prom 138, Eum. 291 ts an vierter stelle steht. Die änderung von ai- ti'ag in alzCnt 235 scheint ansprechend , ist jedoch nicht durch- aus nothwendig. Die sichersten emendationen sind die in den scholien zu Hik. 13 birsg, 505 nol- , 528 avTÖtv , 893 qyuyov, denn sie stehen bereits so in der Medic. handschrift.

Wie gesagt also , findet sich manches schöne und gute in der neuen ausgäbe. Wir dürfen dieselbe billiger weise nur von diesem gesichtspunkte aus betrachten und müssen uns dankbar mit dem begnügen , was uns der das studium der tragiker so eifrig pflegende gelehrte neues bietet. Eine ausgäbe, welche in kritik und erklärung dem heutigen Standpunkt der Wissenschaft entspräche, welche leistete, was mit den vorhandenen hülfsmitteln geleistet werden kann, liegt nicht vor.

282 49. Aischylos. Nr. 5.

Von der Unsicherheit und unvollständigkeit der handschrift- lichen angaben und dem mangel einer neuen collation der scho- lien wollen wir nicht sprechen. Es lag einmal dieses dem plane des verf. fern. Nur hätte er, wenn er selbst sagt, daß die scho- lien von Dindorf non admodum accurate herausgegeben seien, sich von vornherein überzeugen müssen , daß seine bearbeitung der- selben eine sehr unsichere grundlage habe. Sehr häufig kann uns die auffassung der einzelnen stellen und des Zusammenhangs nicht befriedigen. Paley erwidert uns freilich : ao*t fih' Soxsitm tavt\ s(xo\ Ss ffuTega. Allein nicht immer ist ein solcher ein- wand berechtigt und über viele dinge werden kenner im reinen sein, über welche diejenigen, denen genauere kenntnis oder rich- tiges Verständnis abgeht, hin und her disputieren. Wenn Paley Hik. 319 iov navaöcfov rvv 'oropia xovzov fioi qgäaov in den text setzt, so braucht man nur an das Porson'sche gesetz zu er- innern und aller disput über diese verschlimmbesserung, die übrigens nicht einmal die ehre hat neu zu sein , ist zu ende. In 251 verschmäht Paley die emendation Tlelaayng, weil der könig an keiner stelle mit Uslaayog , sondern nur mit ßaadevg angeredet werde. Er bemerkt: haec autem dicit: ego qui Pelasgis praesum, ab iis nomen habeo. Aber in s'juoü 5' aiaxtog evloycog inoawfiov yivog fltlaoymv ist doch deutlich das umgekehrte aus- gesprochen. Wenn ebd. 271 fyco-v llv J/<5// geschrieben und 246 49 dem Danaos gegeben werden, so daß 274 der chor statt des angeredeten und zur antwort aufgeforderten Danaos das wort ergreift, so widerspricht das allem brauche der griechischen tra- gödie. Ebd. 316 schreibt Paley Aißvrjg (liytatov yiqg nedov xag- noifievog und macht den Belos zum söhne der Io. Wer soll denn der vater des Belos sein? Daß Aeschylos der gewöhnli- chen sage, nach welcher Libye die tochter des Epaphos ist, folgt, zeigt der vers des Prom. 774 rgitog ye ysvvav nötig 8sx ,al\aiaiv yoialg (vgl. dazu das scholion) und noch deutlicher 853 nsfimr] ö' an avrov yivva nevrt]xoi7cinaig (1. Epaphos. 2. Libye. 3. Belos. 4. Danaos. 5. Danaiden). Die ergänzung yijg n?.8ov hat vor Paley schon Kruse, vor Kruse schon Burges gemacht. Cho. 4 wird xrjQvaaav geschrieben mit beziehung auf Hermes und mit der ergänzung des folgenden verses tag ipag tt'iag ■tilgt. Aber Hermes befindet sich doch nicht rvf/ßov in i>i&ap zepft?. Ebd. 224 setzt Paley oag £>v 'ÖQsaxijg xavtd pe noocwiiincig

Nr 5. 49. Aischylos. 283

in den text und giebt die erklärung „istis verhis ex persona Ore- stis me alloqueris. Imo ipsum Orestem vides , quamvis tarde agno- veris". Wenn man auch von der bedenklichen Verlängerung von pe absieht, so läßt sich schon daraus, daß nunmehr altöv sich auf das vorhergehende bezieht , während es augenscheinlich in gegensatz zu dem folgenden steht, die Unrichtigkeit jener ände- rung erweisen. Orestes sagt: „gewiß und da du mich selber siehst , willst du mich nicht kennen , während du vorher beim anblick der bloßen haarlocke und der fußspuren vor freude die fassung verlorst". Elektra muß also vorher gesagt haben : „da- mit willst du sagen, daß du Orestes seist, und als solchen soll ich dich begrüßen?" Das von Arnaud vermuthete wg ovt'' 'Oot- Gir^r züot g lya> ngoatweaeo; gibt den richtigen sinn, hat aber keinen guten rhythmus. Drum wird die unbekannt geblie- bene — änderung von Francken znvd1 iya> nooaavvinco; das richtige treffen. Die erklärung zu ebd. 331 „iustus luctus ob pa- rentes occisos haud parce excitatus totam rem exquirit, non sinit la- tere facinus" verräth eine vollständige verkennung des Zusam- menhangs. Orestes zweifelt, ob sein ruf vom vater gehört werde. Der chor tröstet ihn : ,,der geist des todten wird nicht mitver- brannt. Ein aufrichtiger , kräftiger jammerruf weiß ihn auch jenseit des Scheiterhaufens zu finden". Die stelle ist längst von Grotefend emendiert; nur ist die emendation von niemanden ge- kannt oder gewürdigt worden: narsocav 8i nett To.v.tvxwv yöog ei&txng ftarsvei (seil, avrovg oder ro qoöitjuc avzwr) ro nav xre. Daß Tuy.ttrcüv in t«xojtcoj und in folge davon 8s -au) in is xal überging, ist sehr begreiflich. Zu raxirzwi- (von der verzehrung durch den Scheiterhaufen) vgl. Eur. Hik. 1140 ai&rjQ sx^i viv 7}8t] nvoi-g TkTaxöz«. anodrx). Ebd. 411 wird •/ßnvaav für y.lvov- aar eingesetzt und damit der augenscheinliche Zusammenhang zerstört („wenn ich deine des Orestes, nicht der Elektra worte höre, werde ich muthlos ; wenn ich dich aber in deiner kraft sehe, kehrt die hoffnung zurück"). Ebenso sind die fol- genden verse mißverstanden. Doch wir würden zu weitläufig werden, wenn wir alle stellen, an denen wir dem verf. entschie- den widersprechen müssen, darlegen wollten.

Daß man bei einer richtigen beurtheilung der handschrift- lichen Überlieferung zu manchen anderen ergebnissen kommt als der verf. , dürfte sich am besten an Cho. 474 zeigen lassen.

284 49. Aischylos. Nr. 5.

Paley bemerkt: diw-Asiv sga pro alcapiai uigtit optime Hermannus. egn invenisse Schol. certum est. „Solum horum malorum remedium est, sibi ipsis fidere liberos". Wer sieht nicht, daß, was Klausen gefunden hat, tV toftur sgiv die handschriftliche lesart ist und den besten sinn giebt? Zu Hik. 323, wo der verf. mit Victorius ävoTTJfifig setzt, wird angemerkt: urarqaag M. „Fac ut erigas" dictum ut Eum. 769 JiQa^o/xev äg Kitoiöi fisrnfisXy »t'toj . ärTrj- oag Hermann. Aber der Mediceus hat nicht bloß avarijoag, sondern auch avrtfaag und wer einiges Verständnis für die handschrift- liche Überlieferung, einiges Verständnis auch für den sinn hat, der muß «vT?jaag aufnehmen, für den gibt es keine wähl und keinen zweifei. Ebd. 341 lesen wir: uigaa&ai i. e. agaadm M, sed a'i'geo&ai inf. 439. Wenn man weiß, wie die abschreiber sich an der langen ersten silbe in agaadai immer gestoßen ha- ben, wird man an der ersten stelle agaadai als das ursprüng- liche betrachten und eher geneigt sein, auch die zweite darnach zu corrigieren. Zu 950 ist nichts notiert, sondern ohne weiteres die Verbesserung Porsons uigeadai in den text gesetzt. Die Schreibung des Mediceus egiatJt corr. in tgstofte weist auf dgelaftai hin und damit erweist sich die treffliche emendation von Cobet, die den neueren herausgebern natürlich unbekannt geblieben ist, iotypsv rjdt] nöktfiov agtlaQai viov als sicher. Auf die ähnliche stelle Suppl. 909 sl^eiv ioitf v^äg verweist Paley zu Cho. 730 soixev avqg u %?,vog tev%siv xaxov , um dort seine änderung rev- %siv zu rechtfertigen , ohne zu beachten , daß die beiden stellen keine ähnlichkeit haben und der chor hier von der Vergangen- heit spricht, wie es der scholiast richtig erklärt: aii\ tob ne- ttoitjxtvai nsvQog 7w o'i'x(p 8ia v/jg äyytliag. Merkwürdig, daß der verf., der sonst so viel auf die scholien giebt, oft an stellen, wo die scholien gerade besondere beachtung verdienen, sie bei seite liegen läßt. Das scholion zu Cho. 366 Xsinei ro wcpsiXfg be- weist doch sicher, daß der scholiast das zuerst von Tafel herge- stellte ts&äqid-ai, nicht das überlieferte is&axfjai gelesen hat. Paley schreibt tiißaipo, wie schon von Martin vorgeschlagen wor- den ist, und muß deshalb auch nachher xravoniei; vtv in ura- vövttg ö' verwandeln, obwohl, wie er selbst bemerkt, auch der scholiast tiv vorgefunden hat. Methodisch dürfte ein solches verfahren nicht heißen. Es ist einfach, wie schon andere gesehen

Nr. 5. 49. AischyloB. 285

haben, ndtzq 364 in narr/Q zu ändern. Im übrigen vgl. meine Studien zu Aeschylus p. 18.

Ein richtiger herausgeber muß dasjenige, was andere ge- leistet haben, kennen und richtig zu beurtheilen wissen. Daß die mangelhafte kenntnis der litteratur bei den angaben der Ur- heber der einzelnen emendationen und conjecturen zahlreiche Un- richtigkeiten verschuldet hat, will ich weniger in anschlag brin- gen. Davon ist keine der neueren ausgaben frei, selbst die aus- gäbe von Hermann nicht. Ein größerer nachtheil ist es schon, wenn dem herausgeber treffliche emendationen ganz unbekannt bleiben. Hik. 79 hat Härtung nag? in tieq emendiert: damit ist die ganze stelle, die mit so vielen conjecturen heimgesucht worden ist , hergestellt : xIvet ev io dixatov idövreg , )} xoi frt/ teXeov 86vi£Q ?xeiv tteq aloav , vßoiv ö' irvfiwg arvyoi'Tsg nilon'' uv evdixot ydpoig, „höret und sehet, fleht der chor zu den göttern, das rechte oder wenn ihr, wenn es auch unser recht ist, doch es uns nicht gewähren wollt, so fasset doch wahren abscheu (das handschriftliche aivyövreg ist richtig) gegen übermuth, dann wer- det ihr unsrer ehe gerechtigkeit widerfahren lassen", also „wenn ihr auch nicht das recht schützet, wenn ihr nur den übermuth gehörig hasset, so genügt es uns". Ebd. 386 muß die emenda- tion von Burges dvonaQa&eXxrovg nothwendig in den text ge- setzt werden Paley hat das, man darf wohl sagen, sinnlose övanaQa&Elxrog aufgenommen. Ebd. 718 dyav no.Xäg xXvovaa tdcig dv ov cpili] hat man alles mögliche versucht. Paley be- merkt: versum (schol.) sie legebat: dyav naXöög xXvovaa d' mg äv ov cpiXrj. Der scholiast las nichts anderes als was wir in den handschriften haben. Das richtige xXiovaa yXäaaav ov cpiXtjv ist längst hergestellt und damit ein trefflicher, echt aesehyleischer ausdruck wiedergewonnen. Wenn jemand an der kurzen letzten silbe in xXvovoa vor yX anstoß nimmt, so ist auf Pers. 591 und Ag. 1629, auch Frg. 165 Dind. zu verweisen. Cho. 704 hat Paley ö' nach nobg Övaosßslag eingesetzt. Heimsöth hat erkannt, daß vielmehr ngog d' evoeßsiag das richtige ist. Doch genug! Es wird zugegeben werden müssen, daß wer solche emendationen nicht kennt oder nicht zu würdigen versteht, seine pflicht als herausgeber nicht erfüllt.

Ueber die bearbeitung der scholien, das verdienstliche und das mangelhafte derselben, haben wir bereits bei der besprechung Philol. Anz. XIV. 20

286 49. Aischylos. Nr. 5.

des oben berührten commentarius in scholia Aeschyli Medicea im Philol. anz. XII, p. 808 ff. unsere ansieht geäußert. Wir wollen hier nur einige punkte berühren, welche in der vorliegenden ausgäbe besonders hervortreten. Manchmal werden die scholien arg miß- verstanden. Man könnte das mißverstand nis kaum begreifen, wenn man nicht annehmen müßte, daß gerade das streben, die- selben zu emendieren und recht gründlich zu erklären, befangen gemacht habe. Zu Hik. 299 ßovv Ttjv yvvaix s&qxsv 'Agysia ■&eog lautet das scholion : ztjv 8ia zr\v yevofisvijv vnb Aiog [xsza- ftogqiwGiv zrjg 'loiig zfj &eä ngoaijxpsv. Deutlich will der scho- liast sagen, daß die Verwandlung, die gewöhnlich von Zeus aus- geht und nur um der Hera willen geschieht, hier der Hera beigelegt werde. Der fehler des textes ist deutlich : Abresch wollte 8iä 7Tji> "Hgav schreiben: einfacher hat Chatelain (oder Graux) Siot zip in öt' avzr\v verbessert. Der Med. hat TiQoarjipsv, Dindorf hat ngoa^xpag , weil Dübner die abkürzung unrichtig gelesen , aber man hat längst das richtige durch conjeetur her- gestellt. Paley trennt das scholion in zwei theile: zfj 9tä ngoo- rjtyag soll in wenig verständlicher weise erklärung zu avyxö Xkcog sXs^ag 310 sein, welchen vers Paley nach 295 einsetzt, 8ia zr\v ysvofjtst'tjv vnb Awg [AEtafxÖQCpcßatv tijg 'luvg soll zu Svanoz^m 306 gehören. In der Versetzung der scholien ist überhaupt Paley sehr willkürlich. Zu 351 giebt Dindorf das scholion yij zov ogovg. Es liegt nahe an zfj zov ogovg zu denken und so die passende erklärung zu aXxä darin zu finden. Man hat bereits so emendiert und die handschrift giebt selbst so. Paley will das scholion zu ßovvi 776 setzen. Cho. 55 öY mzav wird von dem scholiasten erklärt (pilovvzsg yag avzbv ov8s axoveiv Tjvsixovzo Y.m avzov. So, nicht avzär hat die handschrift. Dar- nach mag Paley ermessen, wie ungeeignet seine änderungen ov- 8ev und 8i avzcov sind. Das scholion zu 126 vvv yag im- axonovg ist Paley mit recht unverständlich ; aber in der hand- schrift steht die abkürzung, welche auch zi bedeuten kann: vvv zC inioxunovg. Das scholion zu 155 wird nach dem vorgange von Davies in verschiedene theile auseinandergerissen. Aber der scholiast will, wie er mit za i^ijg anzeigt, die construetion und Zusammengehörigkeit der worte angeben und der Zwischen- satz zo 8dxgv yag untvxzbv ayog thiev soll nur erklären, warum er ayog ariev%eTow als nähere bestimmung zu 8äxgv gesetzt hat.

Nr. 5. 49. Aischylos. 287

Zu 262 y.6(iit,e heist das scholion: xa#' savtöv , ävz\ tov acü^e tjfiäg. Augenscheinlicli ist x«#' savzo zu schreiben, womit der absolute gebrauch von xöfxt^s bezeichnet wird. Paley nimmt xa#' eavzov zu sjfoig uv 259 , möchte aber dafür aaroc. aeuvzov schreiben. Alles mögliche wird mit dem scholion zu 275 ?} i/ut fyjfiiav (xsfxqto^Evog (Bamberger richtig [xEfA,q>6fjisvov) rj AiyiG&ov tov fjiTj ^tjfXKü&e'vTa noivyv ini 7<jj q,6vq> iov TzazQog versucht. Der scholiast ist sich nicht klar, ob uno^Q- ^üaig tavQov- (xsrov zu dem Subjekt von avzanoxzeivai , nämlich i/*i, oder zu dem objekt davou, diyic&ov, gehört. Eigenthümlich nimmt sich die erläuterung zu scrco und t^co 332, 334, 345, 355 aus : clara vel suppressa voce haec dicta fuisse tradit , wenn man weiß , was Heimsöth darin erkannt hat : dialij sgw vsvsvaviu. Zu 699 heißt das scholion, welches das lemma slnig nicht hat, rd^ov avztjv uqiario&siGuv uyä ' äg noog zo ilntg d' utzeÖcoxev. Paley bringt darüber ganz merkwürdige ansichten vor, wie daß zä^ov ordina, also so viel als to s^g bedeute. Der scholiast will offenbar sagen : „betrachte ihn (den Orestes) als verschwunden : der dichter hat aber das verbum mit (dem prädikat von Orestes) iXmg congruieren lassen". Nothwendig ist also zü^ov avzov a(favi6&evza zu schrei- ben. Solche emendationen aus dem sinne des scholiasten selbst heraus sind gerechtfertigt. Wenn man dagegen die emendationen des textes ohne weiteres auf die scholien überträgt oder die scho- lien kurzweg corrigiert, so wird man oft entweder den scholien ein anderes gewand geben, als sie ursprünglich hatten, oder ge- rade das zerstören, was man gutes an den scholien hat, finger- zeige besserer Überlieferung. Auch ist es nicht methodisch, wenn z. b. Paley Hik. 1045 im scholion oze für ozi setzt und daraus eine emendation des textes, ottoY für ti noz\ folgert. Text und scholion sind richtig verstanden ganz in Ordnung : „ich fürchte schlimmes ; warum auch haben sie glückliche fahrt erlangt, (wenn sie ihren zweck nicht erreichen sollen") ? Der scholiast sagt : „ich fürchte, weil sie guten fahrwind erlangt haben, daß sie auch ihre absieht wegen der ehe durchführen". Endlich hat Paley in den scholien alle möglichen vom text abweichenden lesarten gefunden, von denen gewöhnlich keine spur vorhanden ist. Er ist in betreff dessen sehr im irrthum befangen : die scholiasten haben meistentheils, seltene fälle ausgenommen, keine andere les- art als die in der handschrift vorliegende vor sich gehabt. Zu

20*

288 50. Aristophanes. Nr. 5.

Cho. 202 vaviiXcov öintjv wird über das scholion bemerkt : videtur invenisse diny, non Slxtjv. Sicher; denn das gibt der scholiast ausdrücklich an. So hat aber auch die handschrift. Das scho- lion zu 279 soll etwa auf eine lesart wie zoig (xsv yag ix yijg, (iij 'xdixi/oavzag qiövov , Xtfiov nolizaig eins zurückgehen. Das scholion hat Xoifxä^eiv, nicht Xiixcö^aiv undrder scholiast hat höch- stens für ßgozoig , wie schon andere bemerkt haben , eine ver- schiedene lesart gehabt dozoig oder vielleicht ezaig. Ganz un- begreifliche dinge werden über 798 vorgebracht. Der scholiast will 801 mit rjnoxEhs xal öioixeize nichts anderes erklären als vofilt~eze, wie schon der zusatz diontshs zeigt, Paley hat für tjvio- %üt£ felicissimam Coningtoni coniecturam ivoixslze aufgenommen und ii'OiXEirs soll die erklärung von ivl^ezs sein., Die scholien zu 841 ff. werden als pessime in editionibus ordinata bezeichnet. Paley verfährt sehr willkürlich damit und entnimmt nicht nur, was schon andere gethan haben, aus mg inl (xaiaigag die Va- riante zs&j]y[ierq> (für dsdijyn^rcp) , sondern auch aus deifAviljazo^ eine zweite fisfiv^^vq), ferner aus iv yag zoig &gqvoig afxvacovoiv avzäv zd azrj&rj die lesart alfiazovfiEvoi luyoi für dsipazovfisvoi Xöyoi (845). Das scholion zu 841 vnovXtog zavzd qirjai , womit die trauer des Aegisthos über den tod des Orestes als heuchelei bezeichnet werden soll, wird zu einem theil des scholions zu 842 genommen und soll den sinn haben : haec ex imagine cicatricis dicit. Allerdings ist ein fehler in dem scholion zu 843 : cog inl fia^aigag . ov nagaxaXvqi&tvzi , dXX'1 aeifivrjozq) ' iv ydg zoig &orjvoig äfAvaaovaiv avzmv za czrj&i]. Offenbar liegen zwei scho- lien vor; das erste erklärt TE&tiyixircp , das zweite iXxaivovzi xal Ö£drjyn£i>a>. In dem zweiten ist a£i[xvrjozq> und der Zusammen- hang unverständlich. Sobald man aber detfiv^azcp in äfivxzm verbessert, ist alles klar.

Die glänzende ausstattung des buchs macht den Syndics of the Cambridge üniversity Preß alle ehre. WecMein.

50. Henry Dunbar, a complete concordance to the co- medies and fragments of Aristophanes. Oxford at the Clarendon Preß 1883. 4. IV, 342 p. 21 mk.

An dem vorliegenden stattlichen bände ist die ausstattung, der klare , übersichtliche , wenn auch etwas kleine druck , ohne jeden zweifei zu loben; sie macht der oxforder Clarendon preß

Nr. 5. 50. Aristophanes. 289

alle ehre. Nicht so steht es mit dem inhalt. Ein gutes wissen- schaftlich gearbeitetes Aristophanes-lexikon ist ein bedürfnis, aber auch schon eine concordanz, die nach den wenigstens in Deutsch- land eingebürgerten principien bearbeitet wäre, würde willkommen gewesen sein. Bruder's concordanz zum Neuen testamente oder Bind- seil's Pindar-concordanz hätten geeignete muster abgeben können.

Was professor Geddes zu Edinburgh aus des Verfassers nachlaß uns hier vorlegt , befriedigt unsere wünsche nur in ge- ringem maße. Fleiß kann dem werke nicht abgesprochen wer- den , aber es war ein stupider , unfruchtbarer fleiß , der dieses buch schuf. Das ganze scheint auf ziemlich rohe und rein äu- ßerliche weise angefertigt zu sein. Wie aus dem vorwort her- vorgeht, hat der Verfasser den drang in sich gefühlt, der clas- sischen philologie durch seine arbeit nützen zu wollen, und hat prof. Geddes wegen einer zu bearbeitenden homerischen gram- matik um rath gefragt. Dieser fand nach der skizze und den proben , daß Dunbar einer solchen aufgäbe durchaus nicht ge- wachsen sei , rieth ihm mithin ab , und empfahl ihm eventuell eine Homerconcordanz zu bearbeiten ; Dunbar stellte sie zur Odyssee fertig, vgl. Philol. anz. XI, p. 6, und die Delegates der Clarendon preß ließen sie drucken. Gesehen hat ref. diese nicht. Danach empfahl Geddes dem wiederum um anweisung bittenden Verfasser eine Aristophanes-concordanz und sie liegt uns jetzt vor , zugleich bat er um weitere aufgaben : Ovid und die elegischen dichter Roms waren in arbeit, als der verf. starb.

Diese concordanzen scheinen nur mit der scheere gearbeitet zu sein. Eine genügende anzahl exemplare der zu gründe ge- legten ausgäbe wurden versweise nach bezeichnung des Stich- worts und des citats zerschnitten , alphabetisch geordnet und so gedruckt ; bei den häufig vorkommenden Wörtern wie dem arti- kel, pronomen , praepositionen , coniunctionen , adverbien, inter- jectionen , verbum sl/il etc. begnügte sich der Verfasser nur die ersten stellen (aus den Acharnernj anzuführen. Eine spur gei- stiger thätigkeit des Verfassers findet sich nicht.

Stichworte sind mithin immer die jedesmaligen formen , in denen die Wörter zufällig erscheinen , sie sind in fetten lettern gesetzt , als belegsteile dient immer der ganze vers , in dem sie vorkommen, unbekümmert um den Zusammenhang. Verweise auf nebenfbrmen, auf die nominativform bei nominibus, auf die prä-

290 50, Aristophanes. Nr. 5.

sensform (1 sing., ind., praes., act.) bei verben fehlen völlig. Innerhalb dieser angegebenen grenzen scheint die concordanz, wie Stichproben mehrerer abschnitte ergaben, äußerst vollständig zu sein, um so mehr wäre es zu wünschen gewesen, daß die anordnung des ganzen die brauchbarkeit zur benutzung geschaf- fen hätte, die jetzt fehlt.

Zu gründe gelegt hat der verf. die Dindorf'sche Oxforder Aristophanesausgabe vom jähre 1835 und die Meineke'sche frag- mentsammlung (Berlin 1840). Die Clarendon preß hat wohl die erwünschte zahl von exemplaren dem verf. zur Verfügung ge- stellt. Andere ausgaben sind nicht berücksichtigt, auch die les- arten der handschriften vor allem des Eavennas sind nicht ver- merkt, geschweige denn die resultate der wissenschaftlichen kritik.

Die anordnung mußte darauf ausgehen, sowohl alle formen vor äugen zu führen, als andererseits die leichte auffindung sämmtlicher im dichter vorkommenden beispiele eines jeden Wor- tes zu ermöglichen. Entweder waren mithin die zahlreichen for- men der flectirten Wörter unter einer grundform zu vereinigen, als welche für die nomina längst der nominativ singularis (even- tuell des männlichen geschlechts) für die verba die erste person sing, indic. , praes. , activ. in den lexicis üblich geworden ist , oder unter dieser war auf die einzelformen zu verweisen. Auch pa- rallelformen (sx ii), dialektische formen mußten vielleicht durch ein confer zu einander in beziehung gesetzt werden.

Bei dem äußerlichen verfahren Dunbar's dürfte es dem be- nutzer wohl schwer werden , ohne wieder die ganze concordanz oder dann besser gleich den Aristophanes selbst durchzulesen, mit Sicherheit alle stellen, an welchen z. b. das verbum axafivX- Ieiv vorkommt, aufzufinden, unter v. dürfte er doch wohl nur zufällig Kaarmfivläptrjv und xäoKonvlvtzo finden, man vergleiche formen wie ojv&oojcp' und tav&QCAnov , ana&ov , 'xvvev, 'xcpdyrjg, ötönV, aov^rjQ^aaro, 'an, '<7#', 'gsig u.s.w. , auf die man keines- wegs unter av&gconog u.s.w. eine Verweisung findet.

Daß andererseits dsdiaai, und dsdi'ccv'fv (mit folgender encli- tica) als besondere artikel sorgfältigst getrennt sind, entschädigt uns wohl kaum dafür.

Ein anderes hauptziel der concordanzen ist bei des verf. verfahren ebenfalls nur höchst mangelhaft erreicht worden, näm-

Nr. 5. 51. Lucilius. 291

lieb die Möglichkeit einer vergleichung des siuues der einzelnen gebrauchsfälle. Dunbar fiibrt ja zwar immer den ganzen vers als beleg des wortes an, aber vollständig obne rücksicht auf den gedankenzusammenhang auch Bindseil bat hierauf in seiner Pindarconcordanz nicht genug gewicht gelegt , wohl dagegen Bruder beim Neuen testament , so daß häufig für die erkennt- niß der bedeutung eines wortes das citat vollkommen nutzlos ist. Z. b. : s.v. xä^aaatcofisvog : 'Mjinslg) 1117 osig y.. wo niebt ein- mal , daß - osig zu %aiQ£tg vervollständigt ist , ebenso unter !j£- &Qoig: A. 802 yög (d. i. fxeXafijiv-yöi;) is roTg sx&ootg änaaiv. u. s. w.

Wie wenig ferner die auslassung der partikeln zu billigen ist , ist zwar bei dem worte xai nicht gleich ersichtlich , wohl aber bei der Wichtigkeit einer großen anzahl von coniunetionen und der präpositionen sofort deutlich. Hierin steht Dunbar's concordanz dem Caravellaschen Index Aristophanicus weit nach, der selbst bei -ax) sich kein passim erlaubt, sondern sämmtliche stellen der Küster'schen ausgäbe getreulich citirt. Im übrigen hat auch dieser freilich dieselbe mangelhafte anordnung , zudem sind die fragmente nicht berücksichtigt.

Daß man von den vielen notizen, wie sie Bruder in seiner concordanz noch anzubringen verstanden hat, die die bedeutung der Wörter , ihre formelhaften Verbindungen erläutern , hand- schriften- und ausgabenvarianten , spätere citate , scholien- und lexikographenerklärungen angeben , wird man nach dem bisher gesagten bei Dunbar nicht weiter erwarten.

Am meisten nutzen wird das buch für den, der ein wissen- schaftliches Aristophanes-lexikon bearbeiten will, als stellensamm- lung haben, zu der für partikeln, dpi etc. ergänzend Caravella's index tritt. Der heutigen Wissenschaft ist wenig damit gedient, und professor Geddes muß vorgehalten werden, daß er nicht in diesem sinne bei dem Verfasser eingewirkt hat, den Delegates of tbe Clarendon preß, daß sie ihre liberalität auf ein werk ver- wandten, dessen Zweckmäßigkeit sie nicht von competenten leuten feststellen ließen. K. B.

51. Zur litteratur des Lucilius x). I. De Lucili saturarum

1) Da eine ursprünglich für den »Philologischen anzeiger« be- stimmte besprechung der beiden oben verzeichneten arbeiten zu lang

292 51. Lucilius. Nr. 5.

genere dicendi. Scripsit Maxim ilianus Kleinschmit. Marpurgi Cattorum. In aedibus N. G. Elwerti. 1883. VIII, 135 p. 8. 2 mk. 80 pf.

52. II. Studia Luciliana. Edidit Fridericus Marx. Bonnae, Typis Caroli Georgi. 1882. 102 p. 8. 2 mk.

I. Die dissertation Kleinsehmit's, eine von der philosophi- schen facultät zu Marburg gekrönte preisaufgabe , behandelt in drei kapiteln die formenlehre, syntax und rhetorik des Lucilius. Sie zeugt von guter Schulung, richtiger methode und ziem- licher belesenheit , so daß sie denen , die sich mit Lucilius be- schäftigen, empfohlen zu werden verdient. Hauptsächlich besteht ihr verdienst freilich in Zusammenstellung und gruppirung des Stoffs , doch mangelt es auch nicht an tüchtigen eigenen bemer- kungen, wie z. b. Kleinschmit zuerst darauf hinweist, daß die apocope des s bei Lucilius (gleiches gilt auch für Lucrez) vor- nehmlich im 5. fuß des hexameters ihren platz hat, außerdem fast nur im 1. resp. 2 (p. 5. 6). Offenbar ward schon zu des Satirikers zeiten jene abwerfung der sibila unbequem empfunden (seit Catull schwindet sie bekanntlich ganz aus der römischen poesie, Lucrez hat sie bereits nur selten), und deshalb be- schränkte man sie auf den 5. fuß, der fast ausnahmslos dakty- lisch ist, und den anfang des verses, der gleichfalls den daktylus vorzieht und auch sonst wegen seiner metrischen und rhythmi- schen besonderheiten für diese licenz besonders geeignet erscheint.

Leider stehen den vorhin erwähnten Vorzügen der arbeit Kleinschmits eine anzahl mehr oder weniger grober irrungen und fehler gegenüber, die meist leicht vermieden werden konn- ten, wenn er seine schrift vor beginn des druckes noch einmal gründlich revidirt hätte. So beruht es auf mißverständniß, wenn Kleinschmit p. 6 meint, Lucilius habe Mutiu1 und publicanu' für Mutium und publicanum gesagt. Dergleichen findet sich nur in inschriften. P. 17 durften beispiele wie verginis, verosam, vellis nicht mit nebenformen wie ni für ney cuppedo für cupido,

gerathen ist , so gebe ich an dieser stelle nur einen auszug jener re- censionen. Dieselbe ist als besonderes schriftchen unter dem titel ,, Luciliana" bei Calvary u. comp, erschienen, hauptsächlich um dem mißbrauch zu steuern, der von mehreren gelehrten mit Lachmanns namen getrieben wird, da er, wie die dissertation von Marx, einem sonst zu guten hoffnungen berechtigenden anfänger, zeigt, bereits für die jugend schädliche fruchte trägt.

Nr. 5. 52. Lucilius. 293

derectus für directus zusammengestellt werden, da sie bekanntlich aus der abneigung des latein gegen die Verbindung von u (v) und i hervorgegangen sind. Ebenso irrig wird p.34 fami in fami plenum als ablativ gefaßt statt als genitiv, wofür es auch Gellius hielt. So ließe sich noch verschiedenes andere rügen.

Das latein Kleinschmits ist im ganzen correct ; gröbere feh- ler finden sich nur vereinzelt. Doch erinnert dasselbe, wie meist bei Jüngern philologen auch bei Marx allzusehr an das notenlatein. Soviel die alten grammatiker sonst zu wünschen übrig lassen hinsichtlich des Stils sollte man sie thunlichst nach- ahmen, wie dies z. b. kein geringerer als Lachmann im Lucrez gethan. Stärkere d ruckfehler endlich sind bei Kleinschmit, wie bei Marx selten.

Wir empfehlen schließlich nochmals die in rede stehende dissertation den freunden des Lucilius : nur muß sie überall mit vorsieht benutzt werden.

II. Die arbeit Marx's zerfällt in folgende abschnitte : Critica et Hermeneutica ; de argumento libri I, II, XIII, XIV; Chronologie a ; de dedicatione librorum ad Stüonem quae falso sumitur.

Sie zeigt von guter belesenheit , zumal in griechischen au- toren , auch von einem schönen talente , das freilich noch sehr der Schulung und reife bedarf. Wie wenig dem Verfasser noch klar ist , was eine wissenschaftliche bearbeitnng von frag- menten bieten muß, zeigt schon der umstand, daß er von einer „ausgäbe" des Lucilius von Lachmann spricht und dieselbe an erster stelle citiert ! Ebenso zeugt z. b. von unreife der me- thode die argumentatio ex silentio; infolge deren Marx statuirt, p. 92, daß Lucilius zwischen den jähren 126 119 keine Sa- tiren verfaßt habe und dies auf sehr seltsame weise damit mo- tivirt, daß er während dieser zeit mit den übrigen socii Latini nominis in folge der lex Iunia aus der Stadt verbannt gewesen sei. Als ob er nicht trotzdem und grade wegen der erlittenen kränkung falls er nämlich wirklich nicht römischer bürger, sondern socius Latini nominis war und der bruder eines römischen Senators, der freund so vieler vornehmen sich diesem gesetz nicht entziehen konnte in jenen sieben jähren Satiren hätte schrei- ben und publiciren können ! Jeder weiß wie äußerst wenig sichere Zeitbestimmungen sich in dem 1. und 2. buche, auf de- ren vermeintlichen inhalt sich Marx stützt, sowie in den meisten

294 52. Lucilius. Nr. 5.

bruchstücken des Lucilius finden. Marx's annähme schwebt also ganz in der luft, ebenso wie die behauptung p. 93, daß Luci- lius die bücher I XXI nach der chronologischen reihenfolge geordnet habe. Man sehe cap. I der „Quaestiones Lucilianae" . Ebenso ist durchaus unwahrscheinlich die ansieht p. 71, daß der Nomentanus nepos von Lucilius nicht erwähnt sei, wenn ich auch gern zugebe, daß über die richtige lesung des 4. fragments im II. buch zweifei bestehen können. Das zeugniß des Porphyrio zu Hör. Sat. I, 1 , 102, das sich schon durch fertur als wenig sicher ankündigt, kommt gegen die übrigen bei dieser frage den ausschlag gebenden momente nicht in betracht. Man sehe mei- nen commentar p. 296.

Auch gröbere fehler finden sich hier und da, wenn auch seltener als bei Kleinschmit. So wird p. 84 sit verlängert bei folgendem vocal und umgekehrt hoc verkürzt p. 6 flg. Zur entschuldigung dafür heißt es ebendaselbst: quam audacter Lucilius vocales longas corripuerit, testatur ,,ore corrupto" ado- nius. Offenbar hat Marx weder meine anmerkung noch auch nur die Worte des Consentius , der jenes fragment citirt , ange- sehen. — Marx hätte, deshalb wohl die dissertation Kleinschmits etwas minder scharf kritisiren dürfen als er neulich in den Göt- tinger gelehrten anzeigen (1883, p. 1246 flg.) gethan, da, wer in einem glashause sitzt, nicht mit steinen werfen soll.

Dagegen ist lesenswerth, wenn auch nicht überzeugend, was Marx über die angebliche ursprüngliche dreitheilung . des corpus der Satiren p. 86 flg. sagt. Nach ihm bestanden buch I— XXI, XXII— XXV, XXVI— XXX in besonderen ausgaben. Man vergl. auch hier cap. I der „Quaestiones Lucilianaeu. Viel besprochen sind die worte : has res ad te scriptas Lud misimus Aeli, die der Auct. ad Herenn. IV, 12, 18 als beispiel einer inconcinna verborum traiectio anführt und die handschriften dem Caelius (resp. Caecilius) zuweisen, während die gelehrten sie seit Cratander dem Lucilius zuschreiben. Marx sucht mit unleug- barer gewandtheit, unter berufung auf Cic. Or. 229, darzuthun, daß der historiker Caelius gemeint sei, der sein werk über den zweiten punischen krieg dem L. Aelius Stilo gewidmet habe. Er weist auch die jenem vers vorausgehenden worte in priore libro dem Caelius zu , nicht dem rhetor. Allein jene annähme ist ebenso unmöglich aus chronologischen gründen als weil sich

Nr. 5, 53. M. Porcius Cato. 295

bei solcher lesart ein passender sinn nicht gewinnen läßt. Man vergl. die trefflichen ausführungen W. Sieglins in der „Philolo- gischen Wochenschrift" von 1883, p. 1450 flg.

Dagegen finden sich auch manche lobwürdige, wirklich för- dernde bemerkungen in Marx's arbeit. So z. b. stimmen wir gern bei, wenn er in dem verse (XXVII, 20):

viginti domi an triginta an centum cibicidas alas mit Corpet unter cibicidas parasiten versteht und damit aizoxov- nog vergleicht. Bemerkenswerth ist auch was pg. 56 anm. über Inc. 114 concilio antiquo sapiens vir soln? fuisti beigebracht ist, wo vir in bezug auf einen gott durch Lucians urÖQzg Oeoi und die bezeichnung des Ianus bei Seneca apocolocynt. c. 9 als homo vafer gerechtfertigt wird , so daß die vermuthung van Heusdes, daß die stelle in das erste buch gehöre , wo sie vor oder nach I, 7 einzuschalten ist, nun nicht mehr beanstandet werden kann. Ebenso verdient beachtung, was über die geschichtlichen be- züge verschiedener fragmente angemerkt ist, wenn auch die re- sultate oft zweifelhaft bleiben. Die conjecturen Marx's sind meist wenig überzeugend, mit ausnähme des auf p. 26 flg. über XIX, 5 ; 4 gesagten.

Wir empfehlen auch diese abhandlung den freunden des Lucilius , aber , wie die von Kleinschmit , zu vorsichtigem ge- brauch , um so mehr als der apodictische , allzu selbstbewußte ton unaufmerksamen lesern leicht imponirt.

Schließlich sprechen wir die Überzeugung aus, daß die phi- lologische weit noch schönes von Marx gewärtigen darf, wenn er erst den geist durch kritische bearbeitung eines vollständig erhaltenen Schriftwerkes der klassischen weit gebildet hat; denn aus der behandlung von fragmenten kann ein anfänger nie me- thode lernen. Außerdem hüte er sich vor den einflüssen der- jenigen, die es im vorliegenden fall verschuldet, daß er über die grundlagen der kritik seines autors im unklaren blieb.

Lucian Müller.

53. M. Porci Catonis de agri cultura liber, M. Terenti Varronis rerum rusticarum libri tres ex recensione H e n r i c i Keilii. Vol. I. Fase. I. Lipsiae in aedibus B. G. Teubneri. MDCCCLXXXII. 109 p. 8. 2 mk. 40 pf.

54. H. Keilii de libris manu scriptis Catonis de agri

296 53. M. Porcins Cato. Nr. 5.

cultura disputatio. (Index schol. in univ. Halensi per aestatem a. MDCCCLXXXII habendarum.) XII p. 4.

Im jähre 1880 fand H. Keils große Sammlung der lateini- schen grammatiker ihren abschluß ; schon 1882 erschien das erste heft der ausgäbe von Catos und Varros büchern über den landbau , welches das werk de agri cultura des Cato enthält. „Wie viel Catos schrift von der landwirthschaft von einer me- thodischen durcharbeitung noch zu erwarten habe , wird nie- mandem verborgen geblieben sein , der mit diesem seit Gesner und Schneider Saxo wenig gelesenen ältesten prosawerk der la- teinischen litteratur auch nur kurze bekanntschaft gemacht hat". So schrieb vor fast zwanzig jähren ein kenner wie H. Usener im Rhein, mus. XIX, 141. Wenn über eine solche nunmehr vor- liegende durcharbeitung in diesem anzeiger erst jetzt berichtet wird, so trägt nur der referent, wie er bekennen muß, an die- ser Verspätung die schuld. Zu spät kommt der bericht jedoch nicht, denn Keils arbeit ist nicht von vorübergehendem werthe. Ueber alle früheren ausgaben erhebt sich die neue durch die zum ersten male durchgeführte reconstruction des archetypus. Wie diese herstellung möglich sei, hat Keil in den 1849 er- schienenen Observationes criticae nachgewiesen. Als der gereifte forscher nach mehr als drei decennien zu der unterbrochenen bearbeitung der beiden ältesten Scriptores rei rusticae zurück- kehrte, fand er die damals gelegte grundlage so unerschüttert, daß sich darauf sicher weiter bauen ließ. Eine umfassende ab- handlung von Keil über die tradition und kritik des buches de agvi cultura wird erst nach der herausgäbe des zweiten, die bü- cher Varros verum vusticavum enthaltenden heftes erscheinen. Einst- weilen orientiert uns seine oben verzeichnete Disputatio.

Seitdem in Gesners ausgäbe die von Politian aus einem florentiner Marcianus mitgetheilten lesarten veröffentlicht waren, ließ sich erkennen, wenn es auch nicht allgemein erkannt wor- den ist, daß die gesammte Überlieferung der Catonischen schrift auf jenem von Politian und bald auch von Victorius benutzten, dann verlorenen codex beruht. Ein sicheres urtheil über die autorität des codex und über die Zuverlässigkeit der aus dem- selben gemachten angaben ergibt sich aus dem vorhandenen ex- emplar der editio princeps , in welches Politian seine collation eingetragen hat. Keil reproduciert die hier niedergelegten les-

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arten des Marcianus vollständig. Wo Politian zur editio princeps nichts angemerkt hat, ist natürlich Übereinstimmung des codex mit dieser anzunehmen ; da aber der Schluß ex süentio nicht die gleiche Sicherheit bietet, wie Politians Variantenangaben , so hat Keil genau geschieden und die ausdrücklichen Zeugnisse mit P, die nicht berührten lesarten der editio princeps (Venetiis apud Nicolaum Iensonum 1471) mit V bezeichnet. Zur bestätigung die- nen die mit Vict. bezeichneten lesarten der ausgäbe von Victorius (Lugduni apud Gryphium 1541), welche sich in den vorhergegan- genen ausgaben nicht finden, und die in dessen Explicationes (1542) enthaltenen angaben über den auch von ihm gewürdigten Marcianus, welche zumeist in ihrem Wortlaut von Keil mitge- theilt werden. Noch wichtiger für die beglaubigung oder auch berichtigung der zwar im allgemeinen sorgfältigen, aber doch nicht bis in alle einzelheiten genauen collation Politians erwei- sen sich die erhaltenen abschriften des verlorenen Marcianus. Unter diesen steht an alter und Zuverlässigkeit der Parisinus 6842 A voran. Dieser von Keil mit A bezeichnete codex, der dem 12. oder 13. Jahrhundert angehört, wurde schon von J. F. Gronovius verglichen und ist in Schneiders anmerkungen hie und da als Gronovianus erwähnt. Neben dem Marcianus hat sowohl Politian als Victorius einen zweiten codex benutzt, wel- chen Keil in dem Laurentianus 30, 10 des 14. Jahrhunderts wieder erkannt hat. Von den übrigen erhaltenen handschriften geht keine über das 15. Jahrhundert zurück; sie sind alle erst ge- fertigt, nachdem das gemeinsame original in die bibliothek des Mar- cusklosters in Florenz gekommen, einige, nachdem dasselbe schon verstümmelt war ; alle leiden an den bekannten fehlem der Itali jener zeit ; alle tragen , seien es directe oder indirecte copien, die spuren , daß ihre vorläge schwer lesbar , vielfach corrigiert, bisweilen auch mit Varianten ausgestattet war. Doch haben sie nicht geringen werth in fällen, wo die angäbe oder das schwei- gen Politians mit der lesart in A nicht übereinstimmt und ein weiteres kriterium darüber, was im archetypus stand, erwünscht sein muß. Drei von diesen jüngeren handschriften, Laurentianus 51, 1 (f) und 51, 2 (b) und Caesenas (c) hat Keil ausgewählt und deren gemeinsame (R) oder einzelne Varianten , wenn auch nicht gleich vollständig wie die von A, mitgetheilt. Daß nicht auch aus dem bereits erwähnten Laur. 30, 10, der doch ein

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höheres alter hat, fortlaufende angaben gemacht werden, erklärt sich aus dessen beschaffenheit. Der codex ist nach Keils andeu- tungen höchst nachlässig und fehlerhaft geschrieben ; und er zeigt so willkürliche änderungen des textes, daß man auf eine besondere Überlieferung schließen möchte, wenn nicht daneben untrügliche kennzeichen auf die abstammung von dem gemein- samen archetypus hinwiesen. Uebrigens werden gegen dreißig lesarten aus Laur. 30,10 angeführt; neun derselben sind in den text aufgenommen, nämlich 10, 3 VIII statt N. III; 19, 1 di- vidito statt divito; 19,2 conlibrato statt conlibato; 37,3 vitis statt viti; 37,5 ficulnea statt des vielleicht nicht verwerflichen ficulna; 38, 4 coctos statt coactos; 83 idinunumvas statt idinumvas; 117 quomodo statt quem oder que\ 122 capreidam statt cäpidam. An den übrigen stellen liegen bisweilen einfache lesefehler vor, wie 11, 5; 21, 5; 132, 2; 141, 2; öfter vielleicht versuche, die fehlerhafte oder nicht verstandene vorläge zu berichtigen , wie 14, 2 zweimal cellas statt seilas und telas; 14, 3 uti verba fiant statt uba uti fiat (d. h. üba uti fiat); 18, 9 coniungito statt corri- gito; 20, 2 tunicas statt cunicas; 22, 3 sumptui statt sumpti; 53 comedant statt edunt; 68 scutellas statt scutulas; 156, 4 dormitum statt deoritum ; 157,11 miseri statt des räthselhaften umseri. Die lesarten 67, 2 neque aV. quid olei statt neque olei und wohl auch 50, 2 ef ea loca statt des in ea loca zu ändernden ei loca schei- nen auf eine im original angemerkte Variante zu deuten, wovon sonst nichts überliefert ist. Aber genauer anschluß an den ar- chetypus zeigt sich : 52, 2 in scrobem ponito statt des notwen- digen in scrobe ponito; 57 congius , wo congios zu schreiben ist; vielleicht 157, 1 conmoetatque statt des erwarteten commutatque ; besonders 155, 1, wo vor puras aus dem in der rubrik vorher- gegangenen depellere fälschlich pellere wiederholt ist. Ausführ- lichere erörterungen über den archetypus dürfen von Keil er- wartet werden; inzwischen entnehmen wir aus dem kritischen apparat der ausgäbe, was uns eine Vorstellung von jenem zu geben geeignet ist.

Den alterthümlichen charakter von Catos Schreibart hat der archetypus in der syntax und im stile gewahrt; so findet man finalen dativ , utor mit accusativ , Gyj]ixaja xa&} olov xal [iioo$, auch xarä avvsaiv , vorwiegen der asyndetischen parataxe , um- ständliche breite und wiederum harte ellipsen. Aber in den

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formen ist wenig archaisches ; es fehlen z. b. accusative auf eis, Superlative auf umus , infinitive auf ier. Alte verbalbildungen wie praefamino, prohibessis , servassis begegnen nur in bestimmten fcrmeln. Andere archaismen erscheinen meist neben den später üblichen formen , wie auch richtiges und irriges im archetypus neben einander stand, z. b. 18, 1 und 3 quadridis und quadrinis, 25 falsch illius rei und 2Q richtig Uli rei. Häufig ist im anlaut die aspiration : harena, harundo, holus ; im inlaut unterbleibt sie oft : conea, orcites, spaerita, sulpur. Gerne wird assimiliert : coli., comm., comp., imm., imp., daneben aber auch inl. und inr. ; obmo- vere neben wiederholtem ommovere, wie conicito neben häufigem coicito. Der archetypus bot libet und lubet , polenta und pulenta, medipontos und melipontos, fidloniam und fullonicam ; neben plostrum ist zweimal plaustrum bezeugt, was Keil verwirft, während er einmal olivetum statt des regelmäßigen oletum aufgenommen hat; neben calidus , wie wohl auch 65, 2 zu schreiben ist, begegnet caldus , aber stets calfacere wie arfacere, inrigivus neben inriguus, zweimal ficulnus , was Keil verschmäht, neben ficulneus, statt co- quas häufig cocas, was Keil auch nicht zuläßt. Der Wechsel von aliud und aliut, uti und ut u. dgl. bedarf kaum der erwähnung. Neben quot ist mindestens fünfmal quod bezeugt , auch aliquod, quodannis , ferner adque , formen , denen Keil die aufnähme ver- sagt hat. Ob neben dem üblichen dolium das zweimal überlie- ferte doleum zu beachten wäre , ist zweifelhaft , obschon die en- dungen eus und ius oft variieren. Der archetypus variiert auch in donec und donicum, deorsum und deosum, schreibt aber stets susum. Es findet sich materia und materies, qualus (quasillus) und qualum, trapes und trapetus und trapetum, canalis als masculin und feminin, das neutrum caseum, die nominative daps, lade, vomeris, der ab- lativ vaso (vgl. Gell. NA. XIII, 24, 1), der genet. pluralis culleum von culleus, der &&t\v pigneri neben pignori, der accusativ febrim ne- ben dem ablativ febre, segete und segeti, parte und parti, der ab- lativ fini als feminin, 113, 2 mit einem genetiv, 28,2 (wie eine Präposition) mit dem ablativ verbunden , ferner boverum neben boum, der ablativ holeris neben holeribus, der genet. singularis fructi und sumpti, nach Keils herstellung das neutr. pluralis conpluria (vgl. Gell. V, 21, 6), das adverb puriter und neben raro auch rarenter, die dative illae , hae , unae , der ablativ eabus , in feier- licher formel der genetiv quoium, häufig das adverbiale qui. In

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den conjugationsformen zeigt die Überlieferung regelmäßig ter- gere, lavere (nur 74 lavato) , aber glubebit neben glubito] ferner siem, sies u. s. f. neben sim u. s. f. , die conjunctive edis und edit neben edant (edint f), posueris neben posiveris , siveris neben siris, fac neben face, persequito und utito und nascere neben den depo- neutialen formen , einmal aucb possitur. In Zusammensetzungen tritt bald lautwandel ein, wo er nicht erwartet wird, wie in re- sicare, deorire, bald unterbleibt er wie in decarpere.

Die inconsequenzen des archetypus auszugleichen hat Keil in der regel unterlassen, und nicht mit unrecht. Zwar wimmelt es von fehlem in jenem für uns wiedergewonnenen codex ; er verändert declinations- und conjugationsendungen, genus und nu- merus , versetzt und vertauscht buchstaben und silben , stellt worte und Wortverbindungen um, gibt falsche worttrennung, ver- wandelt unverstandene worte in unverständliche (wie 40, 2 con- depsito in condeposito) , verwechselt buchstaben lind zahlen (wie 57 cum statt Q. VIII überliefert ist), übergeht zahlen (beson- ders I) und verschiebt sie, läßt auch sonstige Kicken und bringt wieder ungehörige zusätze, namentlich in folge von dittographie. Aber trotz dieser mängel, zu denen noch beschädigungen kom- men, die der codex schon vor der abschrift in A erlitten haben muß, läßt er klar erkennen, daß Catos buch längst tief ein- schneidende änderungen erfahren hatte. Aufhebuug der Un- gleichheit wäre also noch keine aunäherung an die frühere ge- stalt desselben. Denn diese änderungen sind offenbar nicht von einem bearbeiter und nicht nach einem plane gemacht, sondern durch mannigfache umstände veranlaßt und zu verschiedenen Zeiten erfolgt , so daß der versuch , die ursprüngliche fassung und Ordnung wiederherzustellen , aussichtslos wäre. Am deut- lichsten ergibt sich dies, um nur ein moment hervorzuheben, aus der betrachtung und vergleichung der doubletten. Mag auch das buch de agri cultura nicht frei von Wiederholungen und nicht tadellos in der anordnung gewesen sein, so spricht doch die an- zahl und das verhältniß der doubletten gegen ihre integrität auf das bestimmteste. Man vergleiche über die behandlung der olea 3, 3 f. und 64, 2; über vilici officio, 5 und 142; über das fällen der materies 17, 1 und 31, 2 (vgl. 37, 4); verno arare incipito; ea loca primum arato sqq. 50, 2 und 131; über propagatio po- morum 51 und 133; die drei recepte zu vinum ad alvum mo

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vendam 114 und 115; über die als panacee gepriesene brassica 156 und 157. Der eingang und die ganze fassung des cap. 157 nimmt keine rücksicht auf 156, ebenso erscheint cap. 156 ohne bezug auf 157; und doch setzt Keil, der dies nicht verkannt hat, an einer stelle bestimmte beziehung voraus, indem er 156, 1 interpungiert : {brassica) mirifice concoquit, alvum bonam facit , lo- tiumqüe ad omnes res salubre est. Nun ist von der salubritas lotii derjenigen, welche brassica genommen haben, 157, 10 f. ausführ- lich die rede, und durch die beziehung hierauf gewänne der satz passenden sinn ; da diese aber bei der gegenseitigen Un- abhängigkeit der beiden capitel nicbt anzunehmen ist und da sich eine bezügliche stelle im cap. 156 nicht findet, so muß der satz unrichtig sein. Das richtige ergibt sich sofort , wenn das komma nicht vor , sondern hinter lotiumque gesetzt wird. Dem satze alvum bonam facit lotiumque entspricht das folgende genavi ; denn § 7 handelt von der guten Wirkung der brassica auf das lotium. Das schlußsätzchen unserer stelle lautet dann einfach : ad omnes res salubre est (seil, brassica). An dem neutrum ist kein anstoß zu nehmen , vgl. 5, 7 id (seil. Scabies) ex fame fieri solet; und an dem übertreibenden gedanken auch nicht, vgl. 156, 1 brassica est quae omnibus holeribus antistat. Wie in die- sem falle, so wird auch sonst die emendation durch vergleichung der doubletten unterstützt. Ein beispiel: unklar ist 52, 1 in arboribus, uti radices capiant, calicem pertundito : per fundum aut qua- lum ramum, quem radicem capere voles, traicito. Nun vergleiche man 133, 3 in arboribus, radices uti capiant, calicem pertusum su- mito tibi aut quasillum: per eum ramulum transserito. So ergibt sich für 52, 1 calicem 'pertundito aut qualum: per eum ramum . . . traicito. Vermuthlich war per eum über aut qualum geschrieben und gerieth beim abschreiben fälschlich vor aut qualum in den text. Die verderbniß von per eum in per fundum geht wohl auf dittographie der ersten silben von pertundito zurück ; natürlich liegt wenigstens einer der beiden fehler vor unserem archetypus. Zur Voraussetzung so complicierter verderbniß zwingt eben die Überlieferung, wie sich aus Keils ausgäbe ersehen läßt. Und die herstellung des einklangs in einem punkte, wo die übrigen ohnehin übereinstimmen, ist natürlich etwas anderes, als die ega- lisierung des archetypus, auf welche Keil, wie wir bemerkten, mit recht verzichtet hat.

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Welche von den drei quellen unserer kenntniß des arche- typus darf nun als die reinste gelten , die Überlieferung durch die älteste abschrift A oder jene durch den consensus der jünge- ren copien R oder die Zeugnisse von P V und Vict. ? Man könnte versucht sein , aus jener ersten quelle am liebsten zu schöpfen. Keil hat dies nicht gethan, und auch hierin müssen wir ihm beipflichten, wenn wir die beschaffenheit von A erwägen. Die handschrift ist weder mit hinreichendem verständniß noch mit genügender Sorgfalt geschrieben. Die wiederholte Verwechs- lung von a und u deutet wohl auf offenes a im archetypus. Die häufige vertauschung anderer buchstaben, wie sc statt s und um- gekehrt, nn statt mn, 11 statt li, qu statt c, ngn statt gn, das re- gelmäßige e statt ae, die Unterlassung der aspiration sind wohl aus der wahrscheinlichen provenienz der handschrift zu erklären. Oft wird ein buchstabe vorweggenommen z. b. patrietem, calnalis, sulculos, umbaram, posteremum, temparato u. dgl. Solche und an- dere kleine versehen werden bisweilen durch untergesetzte punkte oder übergeschriebene correcturen sofort . verbessert. Werthlos sind die correcturen einer zweiten hand ; zwar bieten sie oft das* richtige, wo es auf der hand lag, verschlimmern aber auch, z. b. 5, 7, wo que hinzugefügt ist, während et fehlt, oder 33, 2 wo terenas statt teneras geschrieben war, aber in terrenas verwandelt wird. Auslassungen sind nicht selten, werden aber zuweilen er- gänzt , kleinere zwischen den zeilen , größere durch nachtrage am rande. Besonders oft hat die Wiederkehr eines wortes nach kurzem Zwischenraum das abirren des Schreibers von einem zum andern veranlaßt; z. b. 29 wo die worte postea addito nach addito, 37, 2 wo permisceto addito nach addito ausgefallen sind, vgl. 1, 6; 2, 6; 3, 4; 4; 5, 8 ; 6, 3 u. s. w. Einzelne auslassungen scheinen jedoch nicht unbeabsichtigt zu sein, z. b. 1, 6 vinea est prima, vel si vino multo est wird in A vel wegge- lassen und dadurch die stelle geglättet, aber die spur einer aus Varro r. r. I, 7, 9 zu erschließenden lücke des archetypus ver- wischt. Man sieht, A ist nicht verlässig genug , um über P ge- stellt zu werden, wenn auch E hinter A zurücksteht.

Mit diesen factoren hat Keil bei der emendation wie bei der recension des textes gerechnet. Aber während die recen- sion trotz aller Ungunst der Überlieferung durchgeführt werden kann und muß, wird die emendation gezwungen, vor erreichung

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des zieles halt zu machen, wenn sie nicht auf abwege geratheu will. So begegnen wir dem ominösen kreuze an mindestens fünf- zehn stellen. Zwar soll die gefahr vom kritiker nicht gescheut werden, der sich lieber verirren als auf weiteres vordringen ver- zichten wird , wenn er allein seine wege sucht. Aber ein kri- tiker, der als herausgeber für viele führer sein will, darf es nicht riskiren, in die irre zu leiten. Dieser pflicht war Keil sich be- wußt und hat das vertrauen derer, die ihm folgen, nie mißbraucht. Aber wenn er am Schlüsse des erwähnten programms von 1882 sagt : „neque enim emendatam lectionem exhibere volebam , sed sub- latis quidem vitiis, quibus maxime lectio impedita erat, certum emen- dationis parare fundamenturu", so ist in diesen Worten seine lei- stung doch zu bescheiden geschätzt. Schon in den Observationes criticae hat manche Schwierigkeit befriedigende lösung gefunden ; natürlich kommen jene emendationen , theilweise mit nachbesse- rungen (z. b. 3, 5; 4; 44; 109; 135, 2; 157, 8j, der ausgäbe zu gute. Eine weitere probe , mit wie sorgfältiger und umsich- tiger erwägung der Überlieferung, des gedankens und des Sprach- gebrauches Keil bei der emendierung des textes zu werke ging, liegt in seinem programm zum Hallischen lectionskatalog für den sommer 1881 vor. Indem wir uns mit dem hinweise auf diese behandlung des 7. und 8. capitels begnügen, greifen wir unter den in der ausgäbe stehenden neuen und älteren emendationen die durch klammern bezeichneten zusätze und die in cursivdruck ergänzten Kicken der Überlieferung heraus.

3, 1 agrum conserere \studere\ oportet, wo studere vielleicht das folgende cogitare glossiert hatte. 7, 4 aniciana [e*l semen- tiva nach Varro RR. I, 59, 3. 18, 4 [siet] ist aus der näch- sten zeile vorweggenommen. 37, 4 lunaque dimidiata \tum\ ne tangas nach Plin. NH. XVI, 194. 75 similaginis \solum\ aus 76, 1 siligineae L. II unde solum entnommen. 134, 1 C'ereri [porca praecidanea] porco femina, wo in der vorhergehenden zeile porcam praecidaneam steht. 141, 4 \esto item\ dittographie. 157, 4 \id\ was vielleicht bestimmt war, das vorhergehende si- quod dem zweimal folgenden siquid entsprechend zu emendieren. 157, 7 [wwwfo's] vor verum morbum.

1 , 6 vinea est prima , <si vino bono> vel si vino multo est nach Varro I, 7, 9 (s. oben). 2, 5 ubi <ea> cognita aequo animo sunt. 3, 1 »e vüla fundum quaerat <neve fundus villam>

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nach Colum. ER. I, 4, 8 und Plin. XVIII, 32. 6, 3 <prius> bi- palio vortito nach Varro I, 24, 4 und Plin. XVI, 173. 10, 1 asinos omatos clitellarios . . . tris , asinum <molarium> I nach Varro I, 19, 3. 10, 2 dhenum quod capiat Q. V, <operculum aheni> , nachdem ahenum quod capiat Q. XXX, operculum aheni kurz vorhergegangen. 21, 1 eam (seil, cupam) mediam pertun- dito, uti in <eam> columellam indere possis. 21, 2 tabulam fer- ream, <quam> lata cupa media erit, wo Dietze quae einfügen wollte. 24 in eius musti culleum aquae marinäe veteris Q. II <indito>. 53 quod edant <boves> vor bubus. 54, 2 <de> vicia vel de lupino , item de ceterts frugibus. 57 mense quinto, sexto, septimo, oetavo in dies sextarios, id est in mense congios quin- que : nono , deeimo , undeeimo , <duodecimo> in dies heminas ternas, id est <in mense> amphoram. 61, 1 Qui oletum saepissime et altissi<me miscebit, is tenuissi>mas radices exarabit nach Plin. XVII, 127. 81 Erneum <sic facito>, wie in der rubrik steht. 85 id infundito in alveum purum, eo <addito> casei recentis P. III. 90, 1 Palumbum recentem <sic farcito>, wie in der rubrik steht. 96, 1 aquam <in qua> lupinus deferverit. 104, 2 oblinito <post> dies X, wo post vielleicht wegfiel, weil es in der nächsten linie wiederkehrt. 114, 1 veratri <atri> radices, wo augenscheinlich haplographie vorliegt. 135, 6 inter miliarium et labrum P. II <et> digitos II. 151, 4 ita <uti> dictum est fieri oportet. 157, 3 quod <aliud> medicamentum facere non potest, wie § 5 überliefert ist. Die 13, 1 nach molas und nach lucernas ausgefallenen zahlen lassen sich nicht sicher er- gänzen, ebensowenig die lücke 135, 3. Lückenhaft ist auch 74 aquae paulatim addito. Es müßte aquam wie 87 oder paulum wie 92 stehen; aber wahrscheinlich ist nach aquae die angäbe des maßes ausgefallen, vgl. 76, 1-, 158, 1.

Zahlreiche emendationen theilt Keil im kritischen apparat mit, indem er durch beigefügtes fortasse die fernhaltung dersel- ben aus dem urkundlichen texte motiviert. Wir heben auch von diesen einige proben hervor, zunächst die ausfüllung kleiner Ki- cken, wie sie in Catos hausbuch am häufigsten begegnen, näm- lich die ergänzung der in den reeepten ausgefallenen imperative, welche gewisse manipulationen bezeichnen : 37, 5 et vitis <al- liga> et ligna . . conpone. 84 farinae selibram, casei P. II S una conmisceto quasi libum, <addito> mellis P* und ita pone cum catillo

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et lingulas <addito>. S. oben zu 85. 87 eam patinam in sole ponito, <sinito> arescat. 88 , 2 eam muriam in labella vel in pa- tinas <diffundito>, in sole ponito. 127, 2 sextarium origaniti <ad- dito>, dato ieiuno. 156, 3 item eximito , in linteum <indito>, ex- urgeto sucum. Aehnlick 86 (triticum) in aulam indat et aquam puram <addat> coquatque. Andere ergänzungen schlägt Keil vor : 77 simplicibus <tractis> conpleto. 105, 2 contundito, quod <satis> siet, sextarium unum. 141, 1 sive circumagi <iubes> sive circum- ferenda censeas. 145. 1 qui placebunt <domino> aut custodi, wie Usener empfahl, dessen vorschlage zu 144 und 145 nicht an- geführt sind. 157, 4 bis <iri> die zweimal wie § 3. 75 folia <laurea> subdito. Eine ähnliche lücke ist wohl auch 30 auszufüllen: ovibus frondern viridem, usque dum habebis , praebeto, et frondem <aridam> usque ad pabula matura , wo sich die über- gehung durch das unmittelbar folgende pabulum aridum leicht erklärt. Zwischen praebeto und et ist übrigens der satz über- liefert : ubi sementim facturus eris , ibi oves delectato , den wir an das ende transponieren. Die gleiche Störung findet sich 54, 1 inde semodios singulis bubus in dies dari oportet , et si non labora- bunt, pascantur sathhs erit, aut modium vinaceorum , quos in dolium condideris. Der Vorschlag , [et] si erit nachzustellen , ist schon längst gemacht , aber von Keil nicht gebilligt worden. Uns scheint auch 1 , 4 Verwirrung zu bestehen ; setzen wir uti siet hinter caveto contemnas, so ist die Ordnung hergestellt. An den satz qui in his agris praedia vendiderint, eos pigeat vendidisse schließt sich passend der gedanke caveto alienam disciplinam temere con- temnas ; und die worte uti bene aedificatum siet sind eine ebenso passende einleitung zu dem satze de domino bono colono bonoque aedificatore melius emetur.

Transpositionen empfiehlt Keil u. a. 109 und 146, 3. Dort ist überliefert de ervo farinam facito libras IV et villi cyathos IV conspargito sapa. postea facito laterculos ; Keil möchte conspargito sapa: postea unter hinzufügung von addito zwischen et und vini setzen. An der zweiten stelle soll das hinter siquid überlieferte et vorantreten. Auch in der von Keil Observ. p. 31 behan- delten stelle 1, 2 möchten wir die Umstellung des vor circumspi- cias stehenden et vorschlagen, so daß zu lesen wäre: et uti eo introeas, circumspicias, et uti inde exire possis.

Drei dittographien an einer stelle hat Keil 23, 1 angedeutet-,

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demnach muß geschrieben werden : Fac ad vindemiam quae opus sunt ut parentur. vasa laventur, corbulae sarciantur, [picentur\ dolia [quae opus sunt] picentur. quom pluet, quala [parentur] sarciantur. Noch öfter ist in Keils apparat auf dittographien hingewiesen. Wir glauben solche zu erkennen: 3, 5 funes loreos privos, vectes senos , fibulas duodenas , medipontos privos \loreos] , wo funes loreos seine berechtigung durch den gegensatz zu den (im folgenden satze erwähnten) funibus sparteis hat, medipontos aber ohne gegen- satz steht, also wohl auch wie 12 ohne das überflüssige attribut stehen sollte. 5, 2 erscheint familiam exerceat nach dem vor- aufgehenden opere bene exerceat (seil, familiam) als störende Wie- derholung. — 157, 4 et siquid contusum est, erumpet, brassicam tritam opponito, sanum faciet. Man vergleiche den folgenden satz et siquid in mammis ulceris natum et Carcinoma, brassicam tritam opponito, sanum faciet. So bestätigt sich, was der erste emdruck ergibt, daß erumpet stört und zu tilgen ist ; vielleicht wurde das § 3 stehende erumpit unpassend wiederholt. Keil Observ. p. 31 sq. suchte durch kolon nach erumpet die Überlieferung zu schützen, hat aber diese interpunetion nicht in die ausgäbe aufgenommen. Auf einen anderen störenden zusatz deutet Keil schon in den Observ. p. 34 sq. , schweigt aber in der ausgäbe darüber : 8, 1 pratum si inrigivum habebis, si non erit siecum, ne faenum de- siet, summittito. Das tautologische si non erit siecum entstammt wohl einer marginalglosse zu 9 si aquam habebis. Ein wei- teres glossem braucht hoffentlich nur bezeichnet zu werden: 38, 4 hoc signi erit, ubi calx coeta erit, summos lapides coctos esse oportebit [item infimi lapides codi cadeni\ et flamma minus fu- mosa exibit.

Es ist bereits bemerkt worden, daß in dem buche de agri eultura complicierte emendationen nicht entbehrt werden können. Dahin gehören Keils vorschlage zu 7, 1 ; 21, 1 ; 144, 2 f. ; 145, 1 ; 157, 8. Doch sind seine einfachen änderungen an zahl weit überwiegend: es würde zu weit führen sie aufzuzählen. Ver- suchen wir lieber, ein paar hinzuzufügen: 4 operas faeilius loca- lis; man lese opera, wie schon vorgeschlagen wurde, vgl. 5, 7 und besonders 2, 2. 61, 2 radices quam plurimas cum terra ferre , man lese plurima cum terra, vgl. 28, 1. 2, 2 ubi ea cognovit (seil, pater familias) , rationem inire oportet operarum , die- rum. si ei opus non apparet . . ., ad rationem operum operarumque

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vilicum revoca. Statt des ungefügen revoca ist revocare zu lesen, das von dem voraufgehenden oportet ebenso abhängt, wie § 5 curare (wenn hier nicht oportet hinter opera sint ausgefallen ist). Wir schließen, wie wir begonnen, mit einem worte Useners: „Gewiß wird die so lange sehnsüchtig erwartete ausgäbe von H. Keil nicht verfehlen ia die lateinischen forschungen unserer tage lebendig einzugreifen".

55. Der feldzug Caesars gegen die Helvetier. Eine kri- tische beleuchtung mit einer vorausgehenden abhandlung über die glaubwürdigkeit der commentarien Caesars zum gallischen krieg. Von Hans Kauchenstein. Zürich 1882.

Wenn ausnahmsweise das sonst allgemein bewunderte feld- herrngenie Cäsars und das nicht selten sogar überschätzte schrift- stellerische talent des Verfassers der commentarien angegriffen oder wenigstens einer neuen und scharfen kritischen Würdigung unterworfen werden , so hat ein versuch dieser art , wie sehr er auch gegen die gewöhnliche ansieht ankämpfen mag, seine volle berechtigung , vorausgesetzt , daß er vorurtheilsfrei und mit den zulänglichen kräften unternommen wird. Leider läßt sich das von der vorliegenden dissertation nicht behaupten.

Der Verfasser erklärt in der einleitung die commentarien für eine tendenzschrift , von dem römischen Staatsmann einzig und allein darauf berechnet , dem großen häufen in Rom zu ge- fallen, seine eignen kriegsthaten und seinen rühm glänzen zu lassen , durch sie seine gegner niederzudrücken und sich selbst den weg zur alleinherrschaft zu bahnen. Daraus schließt er, sich auf Asinius Pollio's bekannte von Sueton angeführte bemer- kung stützend, ohne weiteres, daß er es überhaupt mit der Wahr- heit nicht eben genau genommen haben könne. Aber welche geschichtschreibung ist nicht in der einen oder der andern weise parteilich? Von Thucydides und Tacitus bis auf Thiers und Carlyle haben alle historiker eine bestimmte tendenz gehabt und mehr oder weniger hervortreten lassen : die geschichte der franzö- sischen revolution nimmt sich in der darstellung eines französi- schen republikaners wie Michelet oder Louis Blanc anders aus als in der beurtheilung eines preußischen monarchisten, und über die reformation Luthers denken die protestantischen pastoren anders als die katholischen priester, und schreiben Menzel und

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Marheineke anders als Bossuet. Man erwartet , wenn man die commentarien zur band nimmt, von dem Römer und dem Staats- mann gar keine objective Würdigung der barbarischen feinde und ihrer handlungsweise , mögen sie Gallier oder Germanen sein, am wenigsten von Cäsar, dem es in seiner ehrgeizigen engher- zigkeit durchaus an hinreichender hoheit der gesinnung und große des Charakters fehlte , um seinen gegnern in Worten und thaten gerechtigkeit widerfahren zu lassen , und der in echtrö- mischer weise treulosigkeit gegen die mit ihm krieg führenden nicht nur zu verüben, sondern auch zu beschönigen verstand.

Aber von da bis zur betrügerischen entstellung der ge- schichtlichen ereignisse ist doch noch ein weiter Zwischenraum. Der Verfasser, der broschüre Eichheims „Die kämpfe der Hel- vetier, Sueben und Belgier gegen C. Iulius Cäsar, Neuburg a. D. 1866 (oder München bei Finsterlin) folgend und nur ihre aus- drücke, in einem einzigen fall allein ihre Schlüsse mildernd, be- schuldigt den römischen geschichtschreiber ohne weiteres , nicht etwa seine erfolge vergrößert, sondern geradezu erlogen zu haben. Das nachzuweisen nimmt er sich den Helvetierkrieg vor.

In dem advocatorischen bestreben , Cäsar der Unwahrheit zu überführen , begegnet es ihm gleich am eingang , das zu be- gehen, was er dem römischen schriftsteiler mehrfach vorwirft, näm- lich eine wahre thafsache vel consulto vel etiam memoria lapsus zu verschweigen. In der angäbe der motive, welche die Helve- tier zur auswanderung bewegen , findet er einen offenbaren Wi- derspruch zwischen Cäsar einerseits und Florus und Dio Cassius andererseits. Die letzteren sehen den grund der auswanderung in der Übervölkerung, terris non sufficientibus sagt der erstere III, 10*, nhfösi is außä^ovzsg nat %G)Qav ovx avtagni] zy noXv- av&oconia aycov '^orteg der andere XXXVIII, 31,2; Cäsar soll dagegen die auswanderung nur der kriegslust der Helvetier zu- schreiben , und es will Rauchenstein scheinen , als wenn jene hierbei eine andere quelle , Florus namentlich den Livius , vor äugen gehabt haben könnten. Nun sagt aber Cäsar bekannt- lich: pro multitudine autem hominum et pro gloria belli atque fortitudinis angustos se fines habere arbitrabantur ; und jeder andere als der Verfasser der dissertation wird wohl über- zeugt sein, daß die beiden andern schriftsteiler diesen satz genau aus den commentarien entlehnt und jeder nur in seiner weise

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mit etwas andern worten ausgedrückt hat; jeder wird auch die eben angeführte stelle so verstehen, daß die Übervölkerung den grund der auswanderung, der kriegsruhm und der ruf der tapfer- keit die beste gewährleistung ihres gelingens für den großen häufen des volks abgegeben habe. Für den großen häufen des volks sage ich ausdrücklich, denn wenn Ürgetorix selbst, um sie dazu zu überreden, für sich die herrschaft über das ganze Gal- lien und das heereskönigthum in's äuge gefaßt hatte , so fielen diese seine beweggründe für das gros der bevölkerung mit der gegen ihn erhobenen anklage und mit seinem tode natürlich fort.

In andern fällen beruht der Vorwurf der wakrheitswidrig- keit, den Eauchenstein gegen die angaben der commentarien er- hebt, auf reinem mißverständniß. Wenn Cäsar berichtet, trium mensum molita cibaria sibi quemque domo efferre jubent, so rechnet der Verfasser der abhandlung diese Weisung auf jeden der 368000 köpfe, statt auf die familienhäupter ; er nimmt ferner auf jeden köpf (also auch für die Säuglinge) nicht ganz einen centner oder genauer 90 pfund mehl an, und bringt so (jedem wagen zehn centner zutheilend) eine zahl von 33000 wagen heraus , die im günstigsten fall eine strecke von 165 kilometern oder 34 Weg- stunden eingenommen haben müßten". Die gegenrechnung er- giebt, auch wenn man Cäsars und Rauchensteins zahlen zu gründe legt, höchstens 100000 familienväter und 90000 centner-, und wenn die hälfte davon von den trauen , kindern und den nicht mehr die waffen führenden älteren leuten getragen wurden, wie das als selbstverständlich vorausgesetzt werden darf, so bleiben 45000 centner, 4500 wagen und l1^ bis 2 deutsche meilen des wagenzuges , der in dieser ausdehnung sehr wohl von den be- waffneten gedeckt werden und in einigen stunden die von Cäsar I, 24, 26 erwähnte Wagenburg bilden konnte. Und da Plu- tarch , Appian und Orosius für die ausgewanderten andere Zah- lenangaben machen, müssen, wie oben Florus und Dio Cassius, diese Schriftsteller, weil es so dem Verfasser für seine zwecke dienlich erscheint, den commentarien gegenüber als die glaub- würdigeren geschieh tsquellen ausgegeben werden.

Schlimmeres jedoch begegnet Rauchenstein bei der darstel- lung des Verlaufs der kriegerischen Operationen. Er vergißt, daß unsere karten nach den commentarien entworfen sind , und will, im gegentheil, nach diesen karten die commentarien beur-

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theilen. Da der name Segusiavi nur auf der Westseite der Rhon^ und der Saone angemerkt steht, läßt er Cäsar unterhalb Lyon über den ersteren fluß übersetzen, wundert sich, daß von seiner rückkehr auf das östliche ufer nicht die rede ist und führt deshalb auf Labienus allein den sieg über die Tiguriner zurück, den Cäsar demnach in bloßem dunkel sich selbst zugeschrieben habe. Um ähnlichen mißdeutungen angehender doctoren der philosophie zuvorzukommen, rathe ich den kartenzeichnern, wenn sie die namen der gallischen Völkerschaften in lateinischer form geben , die endung vi , geben sie die namen in deutscher form, die endung ver in die ecke zwischen Rhone und Saone (nord- östlich von Lyon) einzuklemmen. Dann sieht jeder, der es aus den commentarien nicht herauszulesen vermag, daß Cäsar, nach seiner hier selbstverständlicher weise stattgefundenen Vereinigung mit Labienus, oberhalb Lyon, an einer stelle, wo die Rhone noch von osten nach westen fließt, hinübergegangen ist, mit sei- nem unterfeldherrn zusammen die Tiguriner erreicht und vernichtet hat und dann zur Verfolgung der übrigen Helvetier über die Saone gesetzt ist.

Die erzählung von dem fehlschlagen des zwischen Cäsar und Labienus verabredeten plans, die Helvetier zu überfallen, ist nach Rauchenstein und Eichheim ein reiner Schwindel, nach dem letzteren einzig und allein zu dem zweck vorgebracht , um einen braven officier , der ihm lästig war , moralisch zu gründe zu richten. Als ob der proconsul um mittel verlegen gewesen sein könnte , einen ihm unbequemen untergebenen , wenn er es sonst wollte, aus dem heere zu beseitigen. Rauchenstein dagegen giebt, da die darstellung in den commentarien ihm nur unter den unsinnigsten Voraussetzungen glaubhaft erscheinen will, seine eigne erzählung von dem wirklichen Vorgang zum besten, der freilich das beste, nämlich die autorität des augenzeugen fehlt.

In dem bericht über die schlacht bei Bibracte bemängelt der Verfasser der dissertation die aufstellung der beiden neuen legionen mit dem gepäck und den unzuverlässigen hülfstruppen auf einem berge im rücken der römischen Schlachtordnung und findet es mindestens seltsam und für die disposition eines großen feldherrn unerklärlich, daß er sie, bei der großen gefahr für die legionen, ganz unthätig hat stehen lassen. Es scheint ihm nicht bekannt, daß gerade in gefährlicher läge eine reserve und ein

Nr. 5. 55. C. Iulius Caesar. 311

gesicherter rückzug das hauptaugenrnerk eines generals sein muß. Hoffentlich wird er sich nicht als docent der strategik habilitiren, wenigstens wird er nicht erwarten dürfen , Moltke unter seinen zuhörern zu sehen.

Die schlacht selbst ist nach ihm für Cäsar wenig günstig ausgefallen, die eroberung der wagenburg eine „muthmaßliche fiction", das verschwinden der helvetischen hauptmacht vom Schauplatz unerklärlich , und das dreitägige ungenügend moti- virte verweilen der Römer auf dem schlachtfelde ein beweis, daß die schlacht einen andern als den von Cäsar angegebenen verlauf gehabt hat. Wäre das der fall gewesen, würden die Helvetier sicherlich den versuch gemacht haben, den einmal ge- faßten plan einer ansiedelung in Gallien weiter fortzuführen. Außer dem söhn und der tochter des Orgetorix, meint der Ver- fasser , wurden keine gefangene gemacht. Als ob die namhaft- machung zweier bedeutender gefangener die gefangennehmuug anderer von geringer oder gar keiner bedeutung ausschlösse.

Auch in der schlacht gegen Ariovist begreift Rauchenstein nicht, warum nothwendiger weise (necessario) bei dem anmarsch der Römer Ariovist aus seinem lager ausgerückt ist und das- selbe nicht vielmehr vertheidigt hat 5 er sieht auch nicht ein, wie Cäsar ihm hat zeit lassen können, seine truppen in Schlacht- ordnung zu stellen. Er übersieht aber dabei ganz, daß es sich bei den barbaren, wie das beispiel der Helvetier ihm hätte zei- gen können und wie auch aus I, 51, 3 hervorgeht, um eine schwer zu vertheidigende wagenburg gehandelt hat-, er übersieht ferner, daß aus einer solchen das ausrücken sehr viel schneller bewerkstelligt werden kann als aus dem engen thor eines ver- schanzten lagers , endlich, daß er, in seinem lagerplatz stehen bleibend, sich einer umwallung aussetzte , wie ihm die in seiner Umgebung befindlichen mit den römischen Verhältnissen wohl vertrauten leute unfehlbar werden gesagt haben.

Alle diese angeblichen resultate hat übrigens der Verfasser der dissertation mit wenigen zuthaten seinerseits, wozu seine einleitung über die glaubwürdigkeit der commentarien gehört aus dem oben angeführten buch von Eichheim entnommen. Dieser geht in seinen beschuldigungen gegen Cäsar noch viel weiter; ihm ist es kein zweifei , daß der römische feldherr Orgetorix hat umbringen lassen, und seine ganze erzählung von der aus-

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Wanderung der Helvetier erscheint ihm lediglich wie eine „fata morgana". Seine einwendungen rühren größtenteils nur davon her, daß er sich nicht bemüht hat, den Schriftsteller hinreichend zu verstehen.

Ich würde bei der besprechung der dissertation Eauchen- steins nicht so lange verweilt haben, wenn ich nicht dabei ver- anlassung gehabt hätte , einige punkte , für welche sich nicht leicht anderwärts gelegenheit findet , und welche in den erklä- renden ausgaben nicht berücksichtigt sind, zu erörtern.

Die beiden broschüren, Eichheims sowohl wie Eauchensteins, gehen aus dem bestreben hervor, der tapferkeit unserer vorfahren gegen die darstellung Cäsars zu ihrem anerkenntniß zu verhelfen. Die Schriften sind demnach gleichfalls tendenziös , wie es von ihren Verfassern den commentarien vorgeworfen wird. Die ge- rechtigkeit , welche sie in des Römers berichten vermissen , lei- sten sie selbst auch nicht. Sie werden darum wenige gläubige finden. Am schlimmsten sieht es für ihre beweisführung darin aus, daß sie auch das feldherrntalent Cäsars, welches sich durch seine erfolge so unzweifelhaft herausgestellt hat , zu leugnen suchen. Ein gewinn für die Wissenschaft ist aus beiden abhand- lungen nicht erwachsen. Und wenn ich zu diesem urtheil komme, geschieht es keineswegs deshalb, weil ich eine stets erneute Un- tersuchung der kriegführung und der schriftstellerischen leistun- gen des römischen feldherrn für überflüssig hielte oder gar ab- wehren möchte. Ganz im gegentheil glaube ich, daß sie gegen- über der blinden Verehrung Cäsars und des cäsarismus, welche in unsrer zeit um sich gegriffen hat, sehr angebracht ist. Aber wie eine gerechte beurtheilung die mitte einzuhalten hat zwi- schen abgöttischer hochschätzung einerseits und ungerechtfertigter Verkleinerung andererseits , muß eine gründliche prüfung auch gleich entfernt bleiben von der Voreingenommenheit, die alles in den commentarien für schließlich ausgemacht und zweifellos hält, und der meinung, die nichts für richtig und sicher ansehen will.

H. J. Heller.

56. Franc. Seck, de Pompei Trogi sermone. Constan- tiae, pars prior 1881, pars altera 1882. 4.

In zwei programmabhandlungen bietet uns verf. eine ein- gehende Untersuchung über den Sprachgebrauch des Trogus

Nr. 5. 56. Pompeius Trogus. 313

Pompeius. Das eigentümliche und erschwerende auf diesem gebiete der forschung Hegt namentlich in der festsetzung dessen, was mit wenigstens annähernder Sicherheit dem Trogus als sprachliches eigenthum zuzusprechen ist. Mit recht giebt daher verf. nach einer allgemein gehaltenen einleitung zunächst eine Übersicht der in betracht kommenden fragmente : es sind außer der anspräche des Mithridates an seine Soldaten , die lu- stin XXXVIII, 4 7, seiner eigenen angäbe nach wörtlich sei- ner vorläge entlehnt hat, nur sechs, theilweiöe minimalsten um- fanges. Verf. hat sich aber darauf nicht beschränkt. Mit lustin übereinstimmende stellen zeigen nämlich, daß auch Curtius Eufus, Velleius Paterculus, Valerius Maximus, Frontin (vielleicht sogar Ampelius und Macrobius) aus Trogus geschöpft haben. Auch darin ist dem verf. zuzustimmen , daß er im allgemeinen einen ziemlich engen anschluß des epitomators an seine vorläge an- nimmt. Dem hatte freilich E n m a n n , Untersuchung über die quellen des Pompeius Trogus für die griechische und sicilische geschichte , Dorpat 1880, widersprochen. So sprach er sich p. 186 zu lustin. XXII, 4 ff . (einfall des Agathokles nach Afrika) dahin aus, daß lustin sich nicht damit begnügt habe, den Trogus auszuziehn , sondern ihn wenigstens rhetorisch zu erweitern : „diese ganze tirade mit ihren antithesen ist für eine eigene kleine rhetorische leistung lustins zu halten". Es läßt sich aber ge- rade an dieser stelle durch vergleichung mit Valerius Maxinms VII, 4, ext. 1 auf das schlagendste nachweisen, daß wir es kei- neswegs mit einer eigenen rhetorischen leistung des lustin, son- dern lediglich mit seiner quelle zu thun haben , der auch Vale- rius seine darstellung mitsammt den antithesen und der ganzen rhetorischen ausschmückung entnahm. Daß lustin ausdrücke, die seiner zeit geläufig waren, angewandt hat, wird darum noch niemand bestreiten; hin und wieder stoßen wir in. der that auf Wendungen und Verbindungen, die stark an die spräche des Apu- leius erinnern, vgl. übrigens progr. II, 11 u. ö.

Das durch derartige vergleichende Untersuchung gewonnene material konnte und mußte also mit herangezogen werden , und das hat Seck mit der dabei nöthigen vorsieht gethan.

Der rest der ersten abhandlung und der anfang der zweiten geben die formenlehre, der übrige theil die syntax. Die formen- lehre wird in zwei abschnitten behandelt: quaestiones ad formas

314 56. Pompeius Trogus. Nr. 5.

et verborum usum pertinentes , I, 8 Schluß, und de verborum for- matione, 11,1 6. Dankenswerth ist namentlich bei besprechung der fremden eigennamen die angäbe, wie Curtius Rufus die en- dungen giebt, griechisch oder lateinisch-, stellenweise sind auch andere römische schriftsteiler , wie Cicero , Cornelius Nepos etc. herangezogen.

Dem zweiten programme ist namentlich der umstand zu gute gekommen , daß verf. die im letzten decennium erschiene- nen einschlägigen schritten über das Vulgärlatein und den Sprach- gebrauch mehrerer ciceronianischer Schriften eingesehen hat. Unter dem titel „de verborum formatione" giebt verf. verschiedene nach- trage und ergänzungen zur formenlehre, um sich dann zur syntax zu wenden, die er in zwei hauptabschnitten „syntaxis convenientiae" und „de casibus" zu besprechen anfängt. Da die zweite aufläge von Draegers historischer syntax wesentlich vermehrt ist, hätte deren Seitenzahl citirt werden sollen. Vielleicht würde es sich empfehlen, für das genannte werk die Zählung nach paragraphen durch zuf üb ren, da diese in beiden auflagen im wesentlichen die- selben geblieben sind.

Da dem verf. räum und zeit fehlt, den rest der syntax zu behandeln, gibt er als anhang eine Zusammenstellung über ei- genthümlichkeiten im gebrauch coordinierender und subordinie- render conjunktionen und die sogenannten rhetorischen figuren. In letzterer rubrik dürfte wohl als abundantia vel pleonasmus das verschiedentlich bei lustin vorkommende securus et laetus (z. b. XIII, 2, 1, XLII, 4, 8) zu verzeichnen sein, zumal es höchst wahrscheinlich ein ausdruck des Trogus selbst ist, wie sich wohl aus der vergleichung von Curt. III, 6, 11: non securum modo haec vox , sed etiam laetum regem . . . fecit mit lustin XI, 8, 9 : ut securum conspexit, laetior factus est ergiebt.

Die sorgfältige Untersuchung bestätigt auch im einzelnen die bekannte thatsache , daß Trogus sich hauptsächlich an Sal- lust und Livius angelehnt hat. Wenn seine spräche auch weniger rhetorisch gefärbt war, als die des Livius, so ist doch an verschiede- nen stellen, wie Seck feststellt, die wähl der betreffenden Wendung aus dem streben nach variierung des ausdruckes hervorgegangen.

Hoffentlich läßt nun der Schluß der Untersuchung nicht mehr allzu lange auf sich warten. Zu wünschen wäre freilich, daß end lieh ein gesicherter text zu gründe gelegt werden könnte. H. C.

Nr. 5. 57. M. Tnllius Cicero. 315

57. Die correspondenz Cicero's in den jähren 44 und 43. Von Edmund Ruete. Straßburger inaugural - dissertation. Marburg, N. Gr. Elwert'sche Verlagsbuchhandlung 1883. 122 p. 8. 2 mk. 40 pf.

58. Die briefe Cicero's an Brutus. In bezug auf ihre echtheit geprüft von Ludwig Gurlitt. Philologus. Suppl.- bd. IV. Heft 5. p. 553 630.

59. Zu Cicero's briefwechsel mit M. Brutus. Von 0. E. Schmidt. Neue Jahrb. f. phil. 127—128, 8. p. 559—567.

Ruete's arbeit zerfällt in zwei kapitel. Das erste enthält nach einer einleitung (p. 1 6), welche die hauptdaten aus Ci- cero's beiden letzten lebensjahren in ihrer bedeutung für die Zeitgeschichte heraushebt, regesten über die gesammte corre- spondenz seit Caesars tode. In dieselben sind auch diejenigen fragmente aufgenommen , welche eine datierung zulassen , sowie wichtigere thatsachen , deren Chronologie in den anmerkungen oder im 2. theil festgestellt ist. Im zweiten kapitel (p. 58 120) ist die alte controverse über die echtheit des briefwechsels zwi- schen Cicero und M. Brutus geprüft und „wie ich hoffe", setzt der verf. vertrauensselig hinzu „endgültig erledigt". Ein anhang (p. 121 122) über die entfernung, welche ein brief- bote zu Cicero's zeit durchschnittlich an einem tage zurücklegte, beschließt das buch.

Die regesten des 1. kapitels, ein tabellarisches Verzeich- nis, in dem zeile für zeile kurz und präcise die briefe und fakta vom 15. märz 44 bis mitte august 43 datiert und angesetzt sind (p. 7 16), und die zu den regesten gehörigen anmerkun- gen — 137 an der zahl , in denen die begründung für den jedesmaligen ansatz versucht wird (p. 16 57), sichern der dis- sertation ihren werth : nicht als ob die datierungen alle über allen zweifei erhaben wären, aber hier ist das fundament gelegt, auf dem eine neue forschung weiter bauen kann *). Von vor theil wäre es jedenfalls gewesen, wenn Ruete sich sein gebiet etwas enger abgesteckt; mich will es bedünken, als ob die sache etwas überhastet wäre, um möglichst viel material zu bewältigen : historisch-kritische ausweitung und sicherstellung wäre an man- cher stelle nicht nur erwünscht , sondern nothwendig gewesen.

1) Die durch Berechnung gefundenen daten sind mit einem stern versehen.

316 57. M. Tiillius Cicero. Nr. 5.

So stocke ich gleich bei der dritten zeile des ersten kapitels p. 7: *21 26. märz [ Ep. XI, 1. D. Brutus Bruto et Cassio. *Rom. Während 0. E. Schmidt (quaestiones chronologicae) p. 15 nicht über den 5. april zurückgegangen ist und Brutus und Cassius außerhalb Rom vermuthet , behauptet Ruete , der brief setze sie als noch in der hauptstadt befindlich voraus. Das gehe deut- lich aus § 1 hervor „neque arbitrari tuto in urbe esse quemquam nostrum" sowie aus Ad Att. XIV, 5, 2 „parietibus contineri". Aber warum soll denn die sprachliche form § 1 die annähme hindern, daß zwei verschworene bereits Rom verlassen? Und warum darf „parietibus contineri11 nicht mit Schmidt „in suburbano quodam vel in municipio finitimo" gedacht werden? Ferner muß denn der brief wegen § 4 hoc nuntio de Caesare adlatou unbe- dingt auf die zeit unmittelbar nach dem leichenbegängnis be- zogen werden? So konnte Dec. Brutus am 5. april auch schrei- ben, wenn den betreffenden die nachricht schon verschiedene tage vorher zuging. Kurz ich bleibe bei Schmidts ansatz ste- hen. — Die datierung der briefe von mai bis zu december macht keine für die tagesgeschichte wesentlichen Schwierigkeiten : dank der briefe Ad Att. sind wir über diese zeit hinreichend orien- tiert, so daß kleinere differenzen in den ansätzen ohne gewicht sind. Dagegen muß mit Gurlitt (Philol. rundschau , 3. jahrg. no. 23, p. 713 720) energisch widersprach erhoben werden gegen die datierung fast aller briefe aus dem december. Beson- ders verhängnisvoll war es für Ruete, daß er XI, 7 vor XI, 6 annahm und in den anfang december setzte. Nicht nur, daß er dadurch mit der handschriftlichen Überlieferung in conflikt ge- rieth: eine ganze reihe unwahrscheinlicher berechnungen , ja sachwidriger Interpretationen wird dadurch veranlaßt. Man lese dies des näheren bei Gurlitt nach ; nur über Ep. X, 4, 4 noch ein wort : „sum in exspectatione omnium rerum , quid in Gällia ci- teriore, quid in urbe rnense lanuario geratur ut sciam" ist sicher- lich mit Weiske zu erklären, als ob es hieße : „si quid ergo Ro- mae novi, fac ut sciam". Ist diese interpretation aber richtig, so folgt unmittelbar, daß der brief in die letzten decembertage zu verlegen ist. Ich kann wirklich Ruete nicht zugeben , daß die sehnsüchtige erwartung des Plancus und die halb ausgespro- chene bitte, ihn sofort über den mensis Ianuarius ins klare zu setzen, ebenso sehr einen sinn hätten, wenn wir uns den brief

Nr. 5. 57. M. Tullius Cicero. 317

etwa ende november, wie wenn wir ihn uns ende dezember ge- schrieben denken. Ruete wurde auf diese frühere zeit durch Cicero's antwort, Ep. X, 5, geführt, einen brief, den er nicht mit Nake in den februar 43, sondern noch in die mitte decem- ber 44 setzen möchte, weil in diesem brief die senatssitzung vom 20. december, der er sich sonst gegen jedermann rühmt, ver- schwiegen wird. Aber mit einem solchen argumentum ex silentio muß man sehr vorsichtig sein, weil man nur selten im stände ist die gründe dafür zu eruieren. Eine lange reihe von beinahe täglichen briefen an Atticus mehrere monate hindurch beweist, wie schmerzlich Cicero den verlust seiner geliebten Tullia fühlte, und doch erfahren wir durch ihn nicht das mindeste von der eigentlichen zeit, den näheren Ursachen und besonderen umstän- den ihres im 32. oder 33. lebensjahre unvermuthet erfolgten todes. Warum? Nake's berechnung bleibt also für X, 5 be- stehen. Andere datierungen Ruete's dagegen sind geschickt und glücklich: ich hebe namentlich heraus: *kurz vor 31. august 44 | Ep. XII, 27 Cicero Matio. Tusculanum. Ep. XI, Matius Ci- ceroni. *Rom, mit der begründung anm. 42 und 43, *2, hälfte februar 43 | Ep. XII, 5 Cicero Cassio mit anm. 75, *15. 25. mai 43 | Ep. X, 16 Cicero Planco mit der gegen Gruber und Nake gerichteten anm. 108. Das zweite kapitel der disserta- tion, der erledigung des Streites um die Brutusbriefe gewidmet, zerfällt in folgende abschnitte: 1) übersieht der litteratur (p. 58 60) , 2) worauf gründet sich die Verdächtigung der briefe ? (p. 60 68), 3) werden die briefe durch ihren inhalt als unecht erwiesen? (p. 68 100), 4) ist die echtheit aus sprachlichen gründen zu beanstanden? (p. 100 120). Der erste abschnitt bietet nichts neues, rücksichtlich des zweiten bemerke ich, daß ich trotz Ruete noch heute die Überzeugung habe, I, 9, 1 2 haben ihre quelle in Ep. IV, 5 , 5 6. Mich kann in dieser meiner Überzeugung nicht einmal eine stelle des Terenz erschüt- tern, die ich den gegnern suppeditieren will : Heaut. 922: Nonne id flagitiumst te aliis consilium clare, foris sapere, tibi non potis esse auxiliarier. Lieb aber wäre es mir gewesen , wenn Ruete die frage der entlehnung einer gründlicheren Untersuchung resp. abfertigung für werth erachtet hätte. Im 3. u. 4. abschnitt be- rührt sich Ruete in den wesentlichsten punkten mit L. Gurlitt (Philologus. Suppl.-bd. IV, 5), und da dieser dieselbe anordnuug Pliilol. Anz. XIV. 22

318 58. M. Tullius Cicero. Nr. 5.

befolgt, nämlich p. 557 609 chronologisch-historische prüfung der briefe, p. 609—625 kritik der spräche, und da Gurlitt au- ßerdem selbst p. 555 seine beweisführungen der hauptsache nach „als stützen und ergänzungen der Euete'schen" betrachtet, so wird es sich empfehlen die erörterungen beider gemeinschaftlich zu betrachten. Zunächst aber ein wort über den principiellen Standpunkt, der der controverse gegenüber einzunehmen ist, der, so einfach und naturgemäß er auch ist, dennoch von einigen verschoben wird. Die frage hat ebensogut ihre historisch-chro- nologische, wie sprachlich-logische seite, die eine ist so wichtig wie die andere, und keine darf auf kosten der andern nach in- dividuellem belieben und zufälligen anlagen oder Studien in den Vordergrund gerückt werden. Gesetzt in historischer beziehung wäre alles in Ordnung, so kann kein mensch die möglichkeit bestreiten, daß die briefe vom sprachlichen Standpunkte aus zu verurtheilen seien. Haben denn die philologen umsonst durch ihre genaue kenntnis der sprachlichen eigenthümlichkeiten eines Schriftstellers betrügereien entlarvt? Ich muß mich also gegen Gurlitt erklären, der p. 556 „der sprachlichen Untersuchung in diesem falle nur geringere beweiskraft zuspricht", und lasse mich nicht von 0. E. Schmidt a. a. o. p. 567 mit dem allbekannten wort des Cicero an Paetus aus dem felde schlagen : „epistulas vero cotidianis verbis texere solemus". Wunderbar ist es, wie selbst diejenigen, die die tragweite der sprachlichen Untersuchungen erkennen (Schirmer, Euete), sich dennoch einer eigenthümlichen inkonsequenz schuldig machen. Finden sie auffälliges und un- natürliches in den briefen von Brutus, so sind sie bereit von schriftstellerindividualität zu reden-, wird ihnen aber ganz das gleiche aus den briefen von Cicero's band entgegengehalten, so reden sie von möglichkeiten , daß der große redner den gedan- ken auch einmal habe anders formen können oder wollen gar emendieren. So wird man es gerechtfertigt finden, wenn ich im interesse des gleichgewichts der Untersuchung meine besprechung mit der spräche der briefe beginne. Daß der charakter dersel- ben affektiert, daß ihre art unart, Unnatur sei, das in extenso nachzuweisen war der zweck meiner abhandlung im Rhein, mus. neue folge 37, 4, p. 576— 5971). Von den vier beispielen I,

1) Wenn Knete mich einer gewissen petitio principii zeiht, weil ich die beiden schriftstellerindividualitäten Cicero und Brutus nicht

Nr. 5. 58. M. Tullius Cicero. 319

14, 2, I, 10, 5, I, 16,4, I, 16, 8, die ich als besonders schla- gend hervorhob zur feststellung des princips, nach dem der fal- sarius verfahren , haben die beiden letzten (aus einem brief des Brutus) Zustimmung gefunden, und auch das erste I, 14, 2 „rempublicam , cui susceptus es" ist wenigstens von Gurlitt p. 613 bedenklich genannt worden. In der that beweisen die citate Schirmer's (de harusp. resp. 57) und Ruete's (in Verr. III, 69) nichts gegen meine behauptung, daß Cicero das bildliche »natura esseu d. h. „geboren, von der natur oder Vorsehung bestimmtsein für" n i e mit „susceptum esse" vertauscht habe. Zu I, 10, 5 „spes libertatis nusquam est nisiin vestrorum castrorum principiis" sagt Ruete p. 111 „die behauptung (Becher 's), daß Cicero sich nicht so gekünstelt aus- gedrückt haben würde, ist nicht zu beweisen und darum auch nicht zu widerlegen". Mit verlaub ! Daß Cicero sich nie so ausgedrückt, wissen wir; wie er sich ausdrückt, wissen wir auch aus Ad. fam. XII, 9, 2 »itaque tibi persuade maximam reipublicae spem in te et in tuis copiis esse; firmos omnino exercitus habemus" ': Ist da noch etwas zu beweisen? Ich behaupte noch heute, daß XII, 9 das original zu den obigen worten bildet. Gurlitt giebt wenigstens p. 611 insofern eine lebendige Wechselbeziehung zwischen beiden briefen zu , als er sie an einem tage geschrie- ben sein läßt , will aber in dem „in vestrorum castrorum princi- piis" eine besondere scheidung zwischen führern und heer, einen tadel gegen Brutus und ein lob für die truppen wittern. Aber ist denn damit irgendwie „principiis" erklärt? Warum heißt es denn nicht in te wie Ep. XII, 9, 2? Der gedanke würde ja dadurch nicht im mindesten alteriert. Schirmer will (Phil. anz. 1883, suppl.-heft 1) mit Manutius in v. c. praesidiis schreiben. Warum denn eigentlich? Doch wohl, weil es so schlecht zu Cicero's Schreibweise paßt, aber es paßt so vortrefflich zum genus dicendi unserer briefe, so daß eine emendation nichts an- deres als eine petitio principii hieße. Also ich konstatiere: zur feststellung des princips bleiben die beiden stellen in den Ci- cerobriefen ebenso gut stehen wie die beiden in den Brutus- briefen. Stünde doch susceptus und in v. c. principiis in den Brutusbriefen, wie liebend würde man es als beitrag zur schrift- geschieden, so erwidere ich darauf, daß mein aufsatz sieh an P. Meyer (Zürich 1881) anschloß, der die briefe beider getrennt „vorgenommen", ohne eine besondere „scbriftstellerindividualität" konstatieren zu können.

22*

320 . 58. M. Tullius Cicero. Nr. 5.

Steilerindividualität dieses mannes umfangen und begrüßen ! Oder sollte der zufall hier gewaltet haben? Er hat bei Ruete ein weites gebiet : ihm danken wir II , 1 , 2 „infödeliter" ; II, 5, 3 „mihi non erat explicatum" , I, 1, 1 „ad scribendurn non necessaria",

I, 2, 2 „exercitum movere", I, 5, 3 „quominus" nach „nee sanxit" und „nihil affertur" I, 10, 4 „quatefacere" (siehe Wölfilin : Ueber die latinität des Afrikaners Cassius Felix p. 423) u. s. w. Merk- würdiger tyrann, dieser zufall, daß er sich gerade diese wenigen briefe, die auch sonst so viel auffallendes und anstößiges bieten, auserkoren hat zur lagerstätte für alle möglichen sprachlichen Singularitäten! siehe Euete p. 115. Wenn aber Ruete sagt, daß er für die meisten anstößigen Wendungen (inßdeliter und quatefacere rettet er als anal- Xsycfxsva) „unabweisbare analogieen" aus Cicero nachgewiesen habe , so bestreite ich das. Das fol- gende wird lehren, daß diese vermeintlichen analogieen falscher Interpretation oder mangelndem Verständnis ihren Ursprung danken.

II, 1 , 1 „non enim ignoras . , . quid intersit i dem illud utrum ante an post decernatur" ist „illud" unerklärlich und von Ruete sicher nicht erklärt. Seine interpretation beweist höchstens, daß es heißen könnte „quid illud (gerade daran) intersit idem utrum'1 e. s., und Ep. ad Att. XV, 26, 1 ist deshalb kein analogon, weil an dieser stelle „idem illud" so viel bedeutet wie „quod tarn saepe ac paene importune petivit" (Orelli) ibid. „in diem ex die dilata", trotz Ruete ein im lateinischen unerhörter Graecismus, ist nicht zu retten. Hier müßte es entschieden heißen : „in (singulos) dies" (Krebs- Allgayer : Antib. 5 p. 991 f.). Was soll denn Ruete's „differre in alium diem" (z. b. Ep. VII, 4)? Hat das schon je- mand bezweifelt? Uebrigens erklärt nicht Meyer die ausdrucks- weise für barbarisch, sondern Hand Turs. II, p. 207. Wenn Ruete bei gelegenheit von II, 5, 3 „mihi non erat explicatum", was sicherlich eine Weiterbildung von „mihi non erat exploratum" ist, bemerkt, daß „explorare" stets „in erfahrung bringen" hieße und „mihi exploratum erat"" soviel sein müßte , wie ,,es war mir be- kannt", so ist das einfach falsch. Exploratus heißt sehr häufig „ausgemacht, ermittelt, gewiß" z. b. Cic. Mur. 49 oder Phil. X, 20. I, 2, 1 „adeone copiis abundat , ut is qui ex Asia fugere dicebatur Europam appetere coneturf" sucht Ruete dadurch zu halten, daß er den durch „is, qui" eingeleiteten satz als eine art parenthese faßt. Diese art von parenthese wird wohl jeder ken-

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nen, nur erwartet man dieselbe gleich hinter „abundat", wie auch sämmtliche von Ruete beigebrachten beispiele bestätigen. Gur- litt's deutsche Übersetzung p. 610 rechtfertigt keineswegs die „mira verborum complexio et vitiosa compositio" (Cobet) , und seine eventuelle conjektur, „idem" für „is" zu lesen , ist nicht minder gewaltsam als überflüssig. Ganz verfehlt ist die zu I, 2, 5 „quod scribis me maximo otio egisse ut insectarer Antonios idque lau- das" von Ruete vorgeschlagene emendation „maximo negotio". Will man nicht maximo otio = fort a mon aise gelten lassen, so greife man zu dem Vorschlag des Manutius „maximo animoil, oder man substituire ein wort, welches den sinn „moderatio" hat, denn das erheischt der Zusammenhang. Ich wage ganz schüchtern „maximo modo", s. Or. pro Cluentio 191, pro Sestio 79 am ende, pro Marcello 1. Daß Gurlitt p. 572 573 den handschriftlichen text durch die erklärung „mit größter muße" zu ehren gebracht, kann ich ihm nicht zugestehen. Es war eben zu beweisen, daß maximo otio = fort ä mon aise sein kann. S. Harburger progr. p. 17 und Rhein, mus. a. a. o. p. 587 anm. Auch gegen Ruete's erklärung resp. rettung von I, 5, 1 ist entschieden ein- spräche zu erheben. „Si minus id commodo reipublicae facere sive non existimares ex republica esse" soll deshalb ganz unan- stößig sein , weil Cicero hier einen Senatsbeschluß referiert und weil ve archaistisch ist. Das erste ist mehr als zweifelhaft, denn es geht „(ego) decrevi" voran , und das zAveite ist wieder einfach fälsch : v e trennt bloß in der leichtesten form zwei begriffe (Küh- ner , Dräger u. a.). Zu I, 10, 1 „desiderare ut" heißt es bei Ruete : „desiderare kommt zwar sonst nicht mit u t vor, hat aber nichts auffälliges, da Cicero u. a. in den brieten das verwandte opto sehr häufig mit ut konstruieren". Die anmerkung giebt beispiele für opto ut aus den briefen , ich könnte auch mit an- dern dienen: Verr. I, 17, 60, Caec. 9, 23 u. s.w., sed difficile est satiram non scribere. Ich bedauere, daß Gurlitt sich p. 610 durch eine so unmethodische argumentation Ruete's hat düpieren lassen. S. Rhein, mus. p. 584. Betreffs imp eller e in (I, 10, 2) schiebt mir Ruete etwas unter, was ich nie gedacht noch gesagt habe s. a. a. o. p. 583. Exp edire = klarlegen, darlegen sucht Ruete mit berufung auf Asinius Pollio Ep. X, 33,5 zustutzen. Ist das die richtige instanz? Wir wollen ana- loga aus Cicero. Ganz neu und unerhört ist Gurlitt's erklärungs-

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versuch p. 612, wonach „expedire" „aus der haft des Schweigens frei machen" bedeuten soll. Denn selbst wenn man von der ktihnheit der Metapher absieht, so kommt „elegantissime" = „lo- gisch richtig" (Naegelsbach-Müller: Lateinische stil. 7 p. 21) dabei absolut nicht zu seinem recht. Eiusd. Ep. § 2 „quem cum a me dimittens graviter f er rem" wird unter Zustimmung Gur- litts (p. 612) der wunderbare ausweg eingeschlagen „graviter ferre" absolut zu fassen und „dimittens" nicht davon abhängen zu lassen, aber Cicero ist doch grade darüber betrübt , daß er den Mes- salla entlassen muß. Meine rettung des handschriftlichen si in I, 18, 3 sucht Ruete zu entkräften, indem er einwirft: „Al- lein „dependere" ist gleichbedeutend mit „solvere". Wer bestrei- tet denn das? Noch eine stelle muß ich hier anschließen, die nicht vor dem forum der geschichte zu erledigen , sondern durch die kenntnis des lateinischen Sprachgebrauchs abzuthun ist: I, 12, 1 „Lepidus bellum acerrime terra marique gerit". Eine sachliche, unlösbare Schwierigkeit läge nach dem urtheil fast aller interpreten vor obwohl Ruete es p. 93 für „selbst- verständlich" hält, daß Lepidus in dem am meer gelegenen Nar- bonensischen Gallien eine flotte zur Verfügung gehabt und den krieg auch zur see auf das heftigste geführt habe , wenn nicht terra marique eine etwas übertriebene volksthümliche redensart wäre „ad extremum conatum studiumque significandum", siehe meinen aufsatz Philol. Supplbd. IV, 4, p. 503 504. Was die spräche der briefe des M. Brutus angeht, so scheine ich glücklicher ge- wesen zu sein : ich finde fast überall Zustimmung. Darum nur noch zwei bemerkungen : das epexegetische quod utinam 1,4,5 soll nach Ruete noch stehen Ep. ad Att. XIII, 48, 1 und XIV, 3, 1. Das ist falsch, denn quod ist beide male in einem elliptischen satz objekt resp. Subjekt. Die notiz, daß exp ectare dum (I, 6, 1 ; II, 3, 4) in der bedeutung „neugierig , begierig sein, ob wohl" zu fassen sei, richtet sich, denke ich, von selbst^). Gurlitt's auslassungen über die spräche der briefe erheben nicht den anspruch auf selbständige besprechung. Zwei punkte in- dessen kann ich nicht übergehen. I, 2, 1 „cum tu eo quinque legione8, optimum equitatum , maxima auxilia haberes" soll zu „eo"

2) Um nicht ungerecht zu scheinen , bemerke ich ausdrücklich, daß Ruete's conjektur 11,1,3 „maioris autem partis animi ie Cassium- que respiciunt" und die bemerkungen über die anreden p. 103 alle Beachtung verdienen.

Nr. 5. 58. M. Tullius Cicero. 323

missas aus dem „misisse" vier zeilen vorher ergänzt werden. Unmöglich , denn das misisse ist längst dem gedächtnis durch 6 7 andere verba entzogen, und andererseits ist eine solche el- lipse ebensowenig, wie das sprachlich ähnliche Heyne'sche „du- cendas", zu belegen. Fehlte „haberes", so könnte man sich diese ellipse schon eher gefallen lassen, s. Ep. ad Att. XIII, 51, 2. So aber bleibt es bei dem Wesenberg'schen eo loco, nur daß man es auf keinen fall = in Europa mit Ruete setzen darf. Daß ibid. § 5 „agere ut" = „id facere ut" sein könnte , hat Gurlitt nicht bewiesen, am allerwenigsten durch Ep. ad Att. XIV, 10, 1 „hoc Brutus egit ut Lanuvü esset". Auch das hat er unbewiesen gelassen, daß „agere ut" = „facere ut" zur stärkeren betonung des verbalbegriffs dienen könnte. Uebrigens wäre das auch ir- rationell, weil agere im Verhältnis zu facere ein viel zu determi- nierter begriff ist. Das allgemeinste verbum der thätigkeit thun (facere) kann wohl zur Umschreibung verwandt werden, im mit- telhochdeutschen tritt es bekanntlich einfach für das betreffende verbum ein.

Es bedurfte eines etwas ausführlicheren eingehens auf sprach- liche einzelheiten , um konstatieren zu können, daß es sowohl Euete als auch Gurlitt versagt geblieben auch nur ein einziges wesentliches sprachliches bedenken wirklich zu beseitigen. Doch zur historisch-chronologischen seite der controverse. Hier gestaltet sich die sache für den recensenten einfacher und leichter, weil beide forscher wirklich zu greifbaren resultaten gelangt sind. Es läßt sich in der that nicht leugnen, daß die Meyer1 - schen Untersuchungen in den allerwesentlichsten punkten nicht allein ergänzt, sondern berichtigt sind. Ruete und Gurlitt haben sich dank ihrer vortrefflichen historischen Schulung wirk- liche Verdienste um die erledigung der ganzen frage erworben, nur nicht in dem sinne, wie sie selbst meinen. Ziehe ich aus Gurlitt's ergebnissen, die ja theilweise auf Ruete fußen, theilweise aus einer kritik der Rueteschen hervorgegangen sind, die summe und addiere dazu die ganze schaar der sprachlichen anstoße, wie sie von mir im Rhein, mus. vorgeführt sind, so ist für mich der unwiderleglich e beweis erbracht, daß die b riefe ad Brut um sämmtlich unecht sind. Eine nackte Zusam- menstellung des Gurlitt'schen resultates wird dies erhärten. Brief I, 2 ist in zwei brieffragmente aufzulösen I, 2 (tj 1 3) = 2b

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und I, 2 4 6) = 2a, I, 3, 4 „consules duos, bonos quidem, sed dumtaxat bonos, amisimus. Hirtius quidem in ipsa victoria oc- cidit, cum paucis diebus ante magno proelio vicisset; nam Pansa fu- gerat volneribus acceptis, quae ferre non potuit; reliquias hostium Brutus persequitur et Caesar", ist zu streichen, „da fast jeder ge- danke sei es gegen die geschiente, die Chronologie oder den geist der briefe verstößt" p. 579. Wenn nach der interpolation statt „hostes autem" e. s. „hostes enimu stehen müßte, so fiele das dem interpolator zur last". Zu streichen ist ferner I, 15, §3 11 (ungefähr drei druckseiten bei Baiter umfassend), ferner I, 16 ganz und I, 17 ganz (brief 16 und 17 bei Baiter 61/* seiten füllend). Also von 30]/2 seiten, die die briefe bei Baiter un- gefähr umfassen, werden 9 1/% seiten geopfert, dazu noch ein paar briefe als verloren gegangen angenommen, um in historisch-chro- nologischer beziehung einigermaßen Ordnung schaffen zu können. Ist das glaublich? Der aderlaß ist wirklich zu lebensgefähr- lich. Mit so gewaltsamen mittein kann man schließlich alles machen. Dabei ist es mir von Wichtigkeit zu bemerken, daß Gurlitt früher (dissertation p. 32) auch noch I, 18 über bord geworfen, jetzt hat er dies sein verdammungsurtheil über I, 18 zurückgenommen. Vor einer solchen gewaltthat tritt die kühn- heit fast in den hintergrund , mit der sich Ruete wie Gurlitt über I, 4, 5 „consulem te (sc. Ciceronem) factum esse audivimusu wie über ein gerücht hinwegsetzen, obwohl ein so warmer ver- theidiger der briefe wie Schirmer diesen punkt für den heikel- sten in der ganzen echtheitsfrage erklärt hat, s. Meyer p. 48. 49. Doch sapienti sat! Ruete - Gurlitt haben von neuem unumstöß- lich bewiesen, daß die briefe in historischer wie logischer beziehung kranken, und ich denke, daß es einfacher und methodischer ist, wenn wir die briefe ob der unmenge sachlicher, logischer und sprachlicher bedenken sämmtlich verurtheilen , als wenn wir ei- nem verfahren huldigen, welches in seiner gewaltsamkeit die toll- sten auswüchse übel beleumundeter destruetiver kritik fast über- bietet. —

0. E. Schmidt beschäftigt sich in dem oben citierten auf- satz nach einigen einleitenden bemerkungen, die mit großer ent- schiedenheit für die echtheit der briefe eintreten und das Meyersche buch „einen schritt rückwärts" nennen, hauptsächlich mit I, 3, um zu beweisen, daß die worte § 4 „consules duos et Caesar"

Nr. 5. 60. Iuba. 325

einen brief für sich oder das fragment eines selbständigen brie- fes 3b bilden. Da wir die Gurlittsche meinung über diese worte bereits citiert und ihr bis auf die Schlußfolgerung, welche dar- aus gezogen wurde zugestimmt haben , so wird es nicht nöthig sein hier auf Schmidt's hypothese des näheren einzugehen. Die Übersetzung , welche Schmidt gegeben , ist wörtlich und kor- rekt, nur durfte ,)dissolutioru sc. liberalitas nicht mit ,, allzu kopf- los" übersetzt werden. S. Naegelsbach-Müller : Lateinische stil. 7, p. 242. Ferd. Becher.

60. De Iuba metrico. Part. I scripsit Hermannus Wentzel. Wissenschaftliche beilage zum Jahresbericht des königl. gymnasiums zu Oppeln 1881. 4. 17 p.

Der Verfasser wendet sich mit vorliegender schritt zunächst gegen 0. Hense, der in seiner abhandlung „de Iuba artigrapho" (Acta soc. phil. Lips. tom. IV, Lips. 1875) nicht weniger als 149 fragmente, meist aus Marius Victorinus entnommene stellen, dem Iuba vindiciert. Insbesondere tritt er Henses allzugünstiger meinung über spräche und diction Iubas entgegen, wobei freilich der verf. das kleine versehen begeht, ten Brinks urtheil über Iuba : „genus dicendi ad Ciceronis ubertatem non nihil esse conformatum" , als das Henses aufzufassen , trotzdem Hense ausdrücklich das genannte urtheil erst in wesentlicher beschränkung zu dem seimgen macht (p. 118). Der Verfasser sucht nun seine aufgäbe dadurch zu lösen, daß er die als musterbeispiele den metrischen ausführungen Iubas folgenden lateinischen verse in bezug auf ihren Ursprung, etwaigen dichterischen gehalt und spräche prüft, „quod, cum se- mel qua ratione Iuba in versibus pangendis usus sit perspexerimus, iidem de hominis et ingenio et dignitate rectius et certius quam adhuc licebat cognovisse et ad eius quandam imaginem delineandam non nihil contulisse videbimur fp. 3).

Der bis jetzt vorliegende erste theil behandelt die metri- schen beispiele des Fragin. Bobiense. Der verf. nimmt an, die nach allgemeiner Überzeugung fWestphal, Keil, Hense) ur- sprünglich von Iuba beigefügten griechischen verse seien in be- zug auf inhalt den jetzt noch erhaltenen lateinischen völlig fremd gewesen, Iuba habe es sogar direkt vermieden, die grie- chischen verse in das lateinische zu übertragen „nullo alio vinctdo nisi metro contineri satis est (seil. Iubae) versus quos Rufinus laudat inspexisse

60. Iuba. Nr. 5.

(p. 5, womit p. 15, 7 zu vergleichen). Nur eine ausnähme gäbe es: das beispiel zu dem catalectischen octameter iambicus (Boissius.) Diese ansieht wird zunächst offenbar bestätigt durch die von Iuba aus Ovid und Vergil, vielleicht auch aus römischen tragikern (vgl. Eibbeck Trag. Rom. fragm. p. 248 ed. sec. und Keil Gramm, lat. VI, 622, 11). entnommenen beispiele, ferner durch leicht erkennbare con- taminationen zweier oder mehrerer, meist vergilianischer, verse (vgl. p. 10 flg.). In allen diesen fällen müssen die ehemals vorhandenen griechischen verse anderer art gewesen sein. Ob man aber nur jene einzige ausnähme wird gelten lassen dürfen, bezweifle ich ; man wird vielmehr die möglichkeit wohl anerkennen müssen, daß Iuba auch noch in anderen fällen griechische verse in lateinische über- trug. Wenigstens glaube ich, daß das gegentheil von dem vrf. keineswegs bewiesen ist. Ja derselbe glaubt sogar selbst das griechische original zu dem Iuba'schen „ter peribimus" (fragm. V, mit der Keil'schen coniectur, vgl. Ind. lect. Halens. per hiem. 1873 74, p. IX) in Eurip. Orest. 434: 8id zgimv ö" dnöXXvfiai ge- funden zu haben und bemüht sich so sehr beide verse ihrem sinne nach in völligen einklang zu bringen, daß er die meines erach- tens einzig annehmbare G. Hermann'sche interpretation der mat- ten Brunck-DindorfPschen (SiäzQiäv=navz£lwg) hintansetzt, einzig und allein in der absieht, dem also erklärten 8id zqiö>i> als ganz entsprechend das „ter peribimus" gegenüberzustellen, trotzdem in dieser und ähnlicher Verbindung „ter peribimus", wie der verf. selbst zugestehen muß, in der bedeutung = navzsXäg unlateinisch ist (vgl. auch Krebs Antibarbarus s. v. ter). Giebt das nicht ganz den anschein, als ob hier eine zweite ausnähme jener vermeint- lichen regel vorläge ? Auch was Hense a. a. o. p. 136 von den versen „perit, abit avipedis animula leporis" == i&i fioXs ia- yvnodog im 8i^.ag e!d(povu und „ite, o Spartae primoresu = dysz' co Unägzag svdvdgov schreibt, erweckt die Vorstellung, daß es sich hier um eine der Übersetzung fast gleich kommende Über- tragung griechischer verse handelt. Und wenn endlich Marius Victorinus dem homerischen verse II. 0, 2 die Vergilianische metaphrase aus Aen. X, 2 (vgl. noch M. Plotius bei Keil a.a.o. p. 517, 16 und 17, 520, 20 und 21, 522, 13 und 14) gegen- überstellt , so dürfte dies wohl auch die meinung zu bestätigen geeignet sein, daß die metriker, insbesondere daß Iuba ohne ir- gend welchen zwang sich aufzulegen die griechischen verse,

Nr. 5. 60. Iuba. 327

wenn sich schnell eine lateinische Übertragung fand , metaphra- sierten , oder wenn man will übersetzten. Ob hierauf auch die von Iuba wiederholt gebrauchten Wendungen wie: „ut est apud Euripidem" , „ut illud Alcmanis", „ut est apud Cratinum11 u. s. w. hindeuten, ist sehr zweifelhaft. Vielleicht ergiebt eine ins einzelne gehende vergleichung sämmtlicher metrischer beispiele bei den grammatikern , für die hier selbstredend nicht der ort ist , nä- heren aufschluß (vgl. Keil a. a. o. 622 adn. v. 26).

Während demnach der verf. die möglichkeit, daß [uba auch an anderen stellen den inhalt der griechischen verse in den la- teinischen wiedergegeben habe, mit nicht ausreichenden gründen zu bestreiten scheint ? billige ich gern recht vieles , was bei be- handlung der einzelnen fragmente in bezug auf quellen und mögliche reminiscenzen bei Iuba angeführt wird. Vieles hierbei läßt den scharfsinnigen , geübten philologen , alles den umsichti- gen, sorgsamen beobachter auf das deutlichste erkennen. Zu- nächst werden die mehr oder minder auf griechische quellen zu- rückzuführenden fragmente behandelt. Was fragm. V („ter pe- ribimtis") betrifft, so glaube ich, daß der Verfasser das rechte hier nicht gefunden hat , und daß die stelle auch durch Keil noch nicht emendiert ist. Ich gedenke bei einer anderen gele- genheit auf dieses fragment zurückzukommen. Auch in der beurtheilung des fragm. VI: „tale quäle vere primo („dulce" bei Hense) sibilat teres donax, das Wernsdorff Poet. lat. min. II, 291 dem Septimius Serenus zuweist, kann ich dem verf. nicht bei- pflichten. Ich halte es zum mindesten für sehr gewagt, dem Iuba zuzumuthen , daß er „Järundo" und varundou, und sei es auch nur aus flüchtigkeit , oder um sich den vers bequemer zu gestalten , verwechselt und sein metrisches beispiel nach versen aus Stesichorus' Orestie gebildet habe. Die aus Bergk Poet, lyr. III3, p. 984 angezogenen stellen haben mit dem Iuba'schen verse nichts gemein , als daß j/qo? woa , beziehungsweise toiuös . . tfgog STisQyouirov, das letzte ein sehr bekannter und viel gebrauchter ausdruck dem tale vere primo zu gründe liegen soll. Ist der vers, der sich übrigens mit leichter mühe in einen griechischen derselben art verwandeln läßt , nicht etwa gar die lateinische Übersetzung eines solchen , so möchte ich ihn viel lieber , wenn schon eine beziehung gefunden werden soll , auf Eurip. Orest. v. 145 zurückführen: ovqiyyog onrng tivoul Xmtov

328 ÖO. Iuba. Nr. 5.

dövaxog. Das „sibilare" hat seinen ausdruck in „avgiyyog", onmg in tale quäle, und daß „Äsrcroe dova^u mit „teres donaxu identisch ist, braucht nicht bewiesen zu werden. Ich verweise kurz auf die „übertragene" bedeutung von „teres" und von „Ismbg", auf ausdrücke wie „teres atque rotundus" bei Horaz „teres oratio11 und „teretes aures" bei Cicero im vergleich zu „Isntri [irjTig" „len- totsQoi [iv&otu bei Euripides und Aristophanes , außerdem auf das „Xstitov ovgi&tv*1 bei Hippocr. 477, 21 u. s. f. Mir ist es eben unmöglich zu denken, daß Iuba in erinnerung an die verse des Stesichorus und im begriff sie zur bildung eines lateinischen verses zu benutzen %sli8obv = hirundo gesetzt, dieses in „arundo" verkehrt und endlich noch für „arundo" das griechische wort „donax" eingesetzt habe, so daß in der that von dem verse Ste- sichorus' außer den landläufigen und überall vorkommenden ausdrücken „ijoog (agau und „roiäds" nichts mehr vorhanden war. Eine solche mauipulation ist an sich schon zu compliciert, als daß sie glaubhaft wäre und durch hinweis auf anderweitige versehen, oder besser gesagt licenzen, die sich der metriker bei der bildung lateinischer verse aus griechischen erlaubt, entschul- digt werden kann. Und so klingt es mir denn auch bei der großen freiheit, der sich die metriker hierbei bedienten, sonder- bar, daraus daß in fragm. VII z. b. Iuba für das griechische avzi] Xiog, avtt] ^ano&gäxt] (aus dem Enchiridion Heliodors nach Wentzel, Gratulationsschrift p. 20) den vers bildet: „ipsa est Chios, ips a est Samothrace", anstatt etwa: „haec est etc., ich sage, es klingt sonderbar aus solchen an sich unbedeutenden freiheiten mit 0. Hense den Schluß zu ziehen: graecum sermonem Iubam parum calluisse, oder wie der verf. des vorliegenden schriftchens, von einer „mala confusio" (p. 8, 9) zu sprechen. Wer statt avrtj avrr/ liest womöglich ohne accente und spiritusbezeichnung und übersetzt, dem kann man ein „parum callerea oder ein „male confusis ovtog et avrog" noch nicht zum Vorwurf machen. Da übrigens auch „arundo11 für „hirundo" mindestens eine ebenso be- denkliche mala confusio wäre, so müßte schließlich nach 0. Hense auch über die lateinischen kenntnisse Iubas das urtheil auf ein „parum callere" lauten.

Vollkommen einverstanden bin ich mit den Verbesserungen Wentzels in fragm. IX : „Calliam" für „Caeliumu ; fragm. X „Batte" für „boveu (Battus übrigens auch bei Ovid, Metam. II, 688, ge-

Nr. 5. 60. luba. 329

nannt). Ob indessen die „Libumica arva" Aen. I, 242 entnom- men sind , wage ich auf grund der gänzlichen Verschiedenheit des inhalts, der eine ideenassociation vollkommen auszuschließen scheint , zu bezweifeln. Im fragm. XI glaube ich mit recht darin eine nachahmung Vergils zu erblicken, daß „sirius" (Keils conjectur) adjectivisch gebraucht ist (vgl. Aen. X, 272)-, derselbe gebrauch findet sich auch bei Colum. RR. X, 289, dem luba viel- leicht auch anderweitig gefolgt ist (vgl. p. 16). Die beziehung des fragm. XI zu den versen aus der „Argo" (Bergk a. a. o. p. 1275) ist indessen recht unsicher.

Der zweite theil des schriftchens behandelt diejenigen me- trischen beispiele , welche aus zwei oder mehreren stellen Ver- gils compiliert sind. Die art und weise wie fragm. XII. XIII. XIV zusammengeschweißt sind, erinnert an ähnliche machwerke bei Athenaeus (vgl. meine abhandlung „der vofiog", progr. des königl. Ratib. gymn. 1882, p. 17). Den verzweifelten vers (Keil a. a. o. p. 622, 9) gestaltet der verf. nicht ohne Scharf- sinn als contamination von Aen. XI, 624 flg. : „quae retro labens fugit voluta litoris vadou.

Den dritten abschnitt endlich bilden diejenigen fragmente, bei denen irgend welche bedeutsame beziehungen auf griechische oder lateinische originale nicht ersichtlich sind. Mit trefflicher findigkeit , die von großer belesenheit zeigt, weiß der verf. ein- zelne parallelstellen anzuführen, die möglicherweise luba bei der gestaltung seiner verse vorgeschwebt haben.

Auf grund seiner Untersuchungen kommt nun der verf. zu dem im ganzen sicher annehmbaren resultat, daß luba höchst unselbständig in der anfertigung seiner metrischen beispiele ge- wesen sei, daß er dieselben häufig mit wenig geschick bildete („nam praeter 'quam quod ii fere omnes duritate quadam laborant, quae luculento est testimonio , qui tales fingere posset , non ita facile tum linguam latinam tractasse, singula parum aptis commodisque ver- bis latine dixisse metricus censendus est"), daß er mit Vorliebe grie- chische Wörter an stelle lateinischer gebraucht, daß er endlich außer Vergil (und nicht auchOvid?) keinen lateinischen dichter benutzt habe. Aus den letztgenannten umständen ergiebt sich : „eum graecis literis magis quam latinis fuisse doctum . ., also ein endresultat, das der mehrfach citierten Hense'schen meinung entgegensteht.

330 61. Alte geschichte. Nr. 5.

Die in flüssigem und gewähltem latein geschriebene abhand- lung ist somit sehr beachtenswerth und als werth voller, äußerst dankenswerther beitrag zur kenntniß des artigraphen zu regi- strieren. —

Zum schluß ein kurzes verzeichniß der ungenauigkeiten im druck, die mir aufgefallen sind. P. 3, 23 muß „esse" vor „cen- seret" getilgt werden; p. 10, 8 ist statt Bergk, p. lyr. IIP, 1274: 1275 zu lesen, ebenso p. 10,17 statt Aen. I, 667: 663. p. 11, 24 statt 383: 379 und ibid. 35 statt 188: 184-, p. 14, 23 statt 13: 14 und ibid. 34 statt 14: 12, dementsprechend auch p. 15, 1 statt 17: 15. Heinr. Reimann.

61. Weltgeschichte von Leopold vonRanke. Vierter theil. Das kaiserthum in Konstantinopel und der Ursprung ro- manisch-germanischer königreiche. Erste und zweite abtheilung. Erste bis dritte aufläge. Leipzig, Verlag von Duncker und Humblot 1883. 8. 20 mk.

Der vierte theil, der mit gewohnter präcision an der Jahres- wende erschienen ist, schildert in seiner ersten abtheilung die kaiser, die kirche und die invasionen der Germanen vom vierten bis in das sechste Jahrhundert, während die zweite Iustinian und die definitive festsetzung germanischer Völker im westen des reichs behandelt und gleich den früheren bänden am Schlüsse „ana- lekten" gibt, die, wie alle diese quellenuntersuchungen, nicht von subjectivität frei sind.

Keine periode der alten geschichte ist so bedeutend für die Weltgeschichte wie diese, in welcher neben dem sinkenden kai- serthum , das nur noch die kraft hat , im osten eine eigenartige Schöpfung ins leben zu rufen, die machtstellung der kirche be- gründet und der westen die beute der Germanen wird; chri- stenthum und Germanenthum werden die beherrschenden mächte der folgezeit. Zum letzten male vereinigte sich in Constantius II. die gewalt des kaiserthums und die moralische macht der christ- lichen kirche, doch in der weise , daß die kirche von der welt- lichen gewalt abhängig sein und bleiben sollte; kein kaiser vor und keiner nach ihm hat so klar diesen gedanken erfaßt und war so nahe daran, ihn zu verwirklichen. Schon unter Gratian, Valentinian II. und Theodosius I. war daran nicht mehr zu denken, und der triumph der kirche war vollendet als unter den

Nr. 5. 61. Alte geschiente. 331

gefahren, welche das eindringen der (iernianen dem reiche brachte, der dogmatische Zwiespalt, der so lange eine machtstel- lung der kirche gehindert hatte, durch die synode von Chalkedon einen mittelpunkt fand, in dem sich Orient und occident einigen konnten ; in letzter linie war es doch der römische bischof ge- wesen, dessen wort jetzt auch für den Orient maßgebend wurde ; er trat gewissermaßen gleichberechtigt und paktirend mit dem kaiserthron in Konstantinopel auf. Parallel dieser entwickelung läuft die germanische invasion, deren hauptzüge in meisterhafter darsteUung vorgeführt werden , auch hier überall mit erstaunli- cher kenntniß der details.

Ranke sucht überall die beziehungen der ereignisse auf den weltgeschichtlichen gang herzustellen; im einzelnen geschieht dies manchmal nicht ohne gewaltsamkeit. Wie im dritten bände (1,211) der jüdische und der britannische aufstand in bezug auf die äußere macht in Zusammenhang gebracht werden und sogar in der religiösen bedeutung des sieges ein innerer Zusammen- hang gefunden wird, da in Britannien die vornehmste keltische opferstätte vernichtet wurde , während in Iudäa der im sinne des religiösen particularismus geleistete widerstand schritt für schritt vor den warfen der Römer wich, so wird im vierten bände die erhebung des Magnentius mit der kriegführung des Constan- tius gegen die Perser in Zusammenhang gebracht. Wenn hier nicht die bedeutung des kirchlichen eifers des Constans unter- schätzt wäre , welcher die noch immer mächtige und zahlreiche partei der heiden beleidigt hatte , sein heranziehen deutscher truppen sowie seine schlechte beamtenwirthschaft Magnentius erscheint Wilm. Exempl. I. Lat. no. 1086 als liberator orbis Romani, restitutor libertatis et reipubl. conservator militum et provincialium so hätte sich jene anknüpfung vielleicht weniger entgegengedrängt ; die empörer fühlten sich des anhangs im westen zu sicher, als daß sie durch die kriegerischen Verwicklungen im osten wesentlich beeinflußt werden konnten. Zu einigem Widerspruche fordert auch die beurtheilung Iulians heraus. Nach Ranke „zeugen seine Schriften von reicher begabung und hervorragendem ta- lente ; unter den hervorbringungen der zeit gebührt ihnen eine der ersten stellen". Letzteres mag man zugeben , aber sicher haben die Schriften Iulians wenig originelles ; ein jagen nach citaten , gleichnissen und frostigen witzen muß oft die eignen

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gedanken ersetzen-, und wenn er sich selbst für einen philoso- phen hält, so ist er doch wesentlich rhetor, von seinen gegnern nicht ganz unrichtig doctor umbratilis specie doctrinae stolidus ge- nannt. Aber diese literarische thätigkeit erscheint bei ihm auch in recht unpassender und schädlicher weise mit der politischen verquickt. Auch der mangel an innerer festigkeit tritt doch sehr bezeichnend an ihm hervor. Ebenso dürfte für den ein- fall der Lentienser unter Gratian schwerlich „das germanische gemeingefühl" der grund gewesen sein, eher die hoffhung unge- straft rauben zu können. Jedenfalls unsicher ist die 4, 2, 8 ausgesprochene behauptung, der präfekt Valerians Balista, der von Odaenathus gestürzt wurde , sei ein Anicier gewesen ; denn die ihm zugeschriebenen münzen mit dem namen Serv. Anicius Balista werden von Eckhel DN. 7, p. 461 und Cohen 5 p. 8 für unecht gehalten.

Die analekten beschäftigen sich mit Eusebius, Zosimus, Procopius , Iordanes und Gregor von Tours. Das resultat der Untersuchung ist für Eusebius sehr günstig. Man müsse sich, meint Bänke, immer bei der darstellung des Eusebius des ge- dankenganges erinnern , der ihm eigen sei , alles beruhe darauf, daß sich Constantin um den sieg des wahren glaubens unend- lich verdient gemacht habe und von Gott unmittelbar dafür be- lohnt worden sei ; der habe ihm langes leben , viele siege und ein glückliches ende verliehen. Daß dabei die menschlich- keiten zurücktreten , verstehe sich von selbst ; an der Wahrheit der thatsachen der lebensbeschreibung dürfe man nicht zweifeln. Besonderes interesse bietet der versuch, den Widerspruch zwischen dem bericht der kirchengeschichte des Eusebius und der vita über die wunderbare kreuzeserscheinung zu erklären. Daß der bericht der letzteren erfunden sei, hält Ranke für unmöglich. Warum? „Eusebius würde ein verbrechen an der historischen Wahrheit begangen haben, was man dem um die allgemeine ge- schichte hochverdienten bischof nimmermehr zutrauen kann". Ranke sucht die sache so zu erklären, daß der bischof wirklich den Vorfall von Konstantin erfahren habe, dessen Stimmung im entscheidenden augenblicke sich mit Sicherheit aus dererzählung abnehmen lasse. „Diese aber beruhte auf einer von langer hand angebahnten, in der tiefe der seele ruhenden, religiösen Überzeu- gung , die inmitten der krise die oberhand behielt". Es ist

Nr. 5. 61. Alte geschichte. 333

natürlich sehr schwierig, diese frage in diesem oder einem andern sinne zu entscheiden ; Konstantin war unzweifelhaft eine religiöse natur, und ebenso sicher war er kryptochrist, und wenn er auch den confessionslosen staat über die religion stellen wollte , so hat er doch durch letztere eigenschaft sein werk selbst untergraben. Aber ob man deshalb von einer tiefen, in der seele ruhenden Überzeugung bei Konstantin sprechen darf, ist doch eine andere frage , die münzen tragen allerdings jene zeichen Christi , Kon- stantin hat für seine söhne christliche lehrer gewählt , die Chri- sten stark bevorzugt , ja er hat sich , wenn Eusebius hier recht hat , auf dem todtenbett taufen lassen ; aber Eusebius läßt ihn an seinem hofe reden halten, die allerdings entschieden religiös, aber durchaus farblos sind , und damit stimmen die zahlreichen mit dem heidenthum in Verbindung stehenden anordnungen, die Konstantin doch auch getroffen hat. Man wird vielleicht sagen können , Konstantin habe sich in späteren jähren mehr und mehr von seiner göttlichen mission durchdrungen gefühlt und dem bischof zum zeichen der beglaubigung jene erscheinung er- zählt; ob er sie deshalb wirklich selbst geglaubt, ist damit noch nicht entschieden, um so weniger, als doch die vermuthung nahe liegt, Konstantin habe sich als gottbegnadet hingestellt, um die erinnerung an seine minder rühmlichen thaten zu verwischen. Andererseits ist doch die annähme auch zu begründen, daß der bischof mit seiner vita eine vertheidigung des kaisers gegen die angriffe der heidnischen Schriftsteller mit wissen , ja nach dem Wunsche Konstantins unternommen hat , wobei er von diesem mit material unterstützt wurde. Auch darin werden wahrschein- lich nicht viele Ranke zustimmen , wenn er meint, Eusebius ge- rathe nicht mit sich in Widerspruch, wenn er von allen kriege- rischen Verwicklungen absehen zu wollen erklärt und doch kriegeri- scher Unternehmungen und ihrer erfolge gedenke, da er in diesen nur die geistigen motive hervorhebe ; dazu bedurfte es doch nicht der Schilderungen 1, 12 23; 26 40, 4, 5, 6; noch weniger erklären sich bei dieser annähme 1, 49 59; 2, 1. 2. Auch die Widersprüche zwischen der lebensbeschreibung und der kir- chengeschichte werden sich nicht allen wie Ranke als „wenig bedeutend" beweisen. Wie stimmt weiter zu der von Eusebius so sehr betonten kürze, deren er sich befleißigen will, die aus- führliche wiedergäbe des christenedikts 2 , 24 42 , nachdem Piniol. Anz. XIV. 23

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dasselbe 2, 20, 21 schon genügend erwähnt war? und die des rescripts an die provinzialen im Orient 2, 47 60, namentlich mit c. 45 zusammengehalten? (Vgl. die schrift von P. Meyer De vita Constantini Eusebiana , progr. des gymnas. zu Crefeld 1883). Die angaben Eckhels über das erscheinen des labarum sind nach den Untersuchungen von Madden , Christian emblems ort the coins of Constantine I the Great, his family and his successors Num. Chron. 1877, 11 ff., 242 ff, 1878, 1 ff., 169 ff. nicht mehr ganz zutreffend; aber auch letztere werden von einem der be- deutendsten besitzer Konstantinischer münzen , dem grafen von Westphalen, als vielfach ungenau bezeichnet.

Bei Iordanes' Getica gelangt Ranke zu dem ergebnisse, daß dieselben zwar als eine auf historischen Vorstudien basirte, aber zugleich auf den moment angelegte , politisch - historische arbeit über die geschichte der Gothen anzusehen seien. Aus einer ver- gleichung der Romana und Getica wird die vermuthung abge- leitet, daß Cassiodorius der intellektuelle Urheber der schrift des Iordanes, deren inhalt ihm selbst formell angehörte, gewesen sei. Er habe seiner ursprünglichen darstellung, die sich nur auf das verhältniß zu Rom bezog, die wendung, durch welche Konstan- tinopel in die fragen der politik gezogen wurde, selbst gegeben oder doch zugelassen, daß ihr eine solche gegeben wurde. Diese annähme würde alle die Schwierigkeiten, die sich aus der vor- rede , die aus einem fremden werke entlehnt ist , und dem ver- hältniß der texte ergeben , beseitigen. Iordanes hätte nur den namen gegeben, durch welchen der eigentliche Ursprung verborgen gehalten werden sollte ; er wäre mehr redactor als autor. Ich fürchte, der berühmte historiker wird nicht viele anhänger für diese an- nähme finden. Sicherlich hätte Cassiodorius, wenn er einen Strohmann vorschieben wollte, einen minder oberflächlichen und unwissenden gewählt als Iordanes. Die von Ranke in bezug auf Constanti- nopel gegebene vermuthung erklärt sich durch die annähme, daß Iordanes, wie Schirren annimmt, in Constantinopel schrieb, oder daß er, wie Mommsen meint, als kind der Donauprovinzen die dortigen Verhältnisse genau kannte und besonderes interesse dafür bewies, zur genüge (Mommsen p. XIII— X.) Auch geht Ranke überall von der annähme aus (s. p. 313 „ungleich wich- tiger ist sein genanntes werk, dem er wahrscheinlich mit bezug auf das erste etc."), daß die Romana vor den Getica vollendet

Nr. G. Bibliographie. 335

seien, während doch kein grund vorliegt, die angäbe des Iordanes Rom. praef. 5 quam iamdudum edidissem zu bezweifeln , wie Mommsen p. XV und XXIX nachgewiesen hat; schon dadurch verliert aber seine annähme eine wesentliche gruncllage ; auch ist das, was Mommsen über das verhältniß beider Schriften be- züglich des inhalts p. XXIX vorgebracht hat, nicht widerlegt. So dürfte im wesentlichen die annähme richtig sein, daß Iordanes in beiden Schriften Cassiodorius mehr oder minder stark benutzt (Mommsen p. XLIV), aber die lokale färbung und die politische tendenz ganz unabhängig von letzterem dazu gegeben hat, falls man überhaupt von letzterer sprechen kann , wenn damit mehr gemeint ist , als eine naive Verherrlichung der Gothen , deren Übertreibungen doch schwerlich dem Senator zur last gelegt werden dürfen. Hermann Schüler.

Bibliographie.

Erschienen ist : Nekrolog für Conrad Bursian von Richard Richter und nekrolog für Wilhelm C'lemm von Hermann Schiller, beides separat -abdrücke aus Iwan Müllers biographischem Jahr- buch für alterthumskunde, Berlin, Calvary u. co.

Versendet ist von Le Monnier's nachfolger in Florenz die ankündigung folgenden werkes : Collezione Fiorentina di Facsimili paleograföci greci e latini illustrati da Girolamo V Hellt e C e- sare Paoli, Professori del R. Istituto di Studi Superiori in Fi- renze. In Italien legt man jetzt großes gewicht auf die pa- läographie : daher hat dies werk das R. Istituto di Studi supe- riori in Firenze veranlaßt 5 es bezweckt die wichtigsten paläogra- phischen facsimilia aus den florentinischen archiven und bibliotheken dem gelehrten publicum zngänglich zu machen. Es geschieht dies durch dem original täuschend ähn- liche abbildungen in unveränderlichem druck (heliogravure), die von erklärendem text begleitet sind. Die bedeutung der flo- rentinischen archive und bibliotheken ist in der gelehrten weit zur genüge bekannt. Aus den schätzen der Biblioteca Lau- renziana, Nazionale, Riccardiana und Mar uc e lli ana, des R. Archivio di Stato, des Museo di San Marco und verschiedenen privat - Sammlungen haben die beiden ken- ner auf diesem gebiet , Girolamo Vitelli , professor der griechi- schen und lateinischen spräche, sowie der griechischen pa- läographie und C'esare Paoli, professor der lateinischen paläogra- phie und der diplomatik, eine auswahl der am meisten interesse bietenden handschriften getroffen , von denen zudem ein großer theil bisher noch gänzlich unbekannt oder wenig bekannt war. Dem paläographen, sowie jedem gelehrten, der als philologe

336 Bibliographie. Nr. 6.

oder historiker sich mit dem classischen alterthum und mittel- alter beschäftigt, ist hiermit ein reiches material für neue Stu- dien geboten. Es sei bemerkt, daß die erläuterungen sich nicht nur auf die abbildungen beziehen , sondern auch vielfach in eingehender weise den ganzen codex, die eigenheiten der co- pisten u. a. kritisch beleuchten. Das ganze werk soll 300 tafeln in großfolio umfassen und in 12 lieferungen, jede zum preise von 40 mark erscheinen : die lieferungen werden auch ein- zeln abgegeben. Aus dem ersten hefte heben wir als für philolo- gen wichtig hervor, von Griechen die facsimiles von Aescbylos, Laur. 32, 9, Oppian, Laur. 31, 3, Demosthenes, Laur. 59, 9, Aristoteles, Laur. 72, 5, Dio Chrysostomos, Conv. Soppr. 114, Lucianus, Conv. Soppr. 77, daneben kirchenväter wie Johann Chrysostomos , Gregor von Nazianz ; von Lateinern Horaz, s. XIV, Tacitus s. IX , Orosius s. VI , daneben mancherlei do- cumente aus dem mittelalter, briefe von Petrarka u. s. w.

Es ist erschienen Bibliotheca philologica herausgegeben von G. Kossinna Jahrg. 36, heft 1, Januar bis juni 1883, Göttingen bei Vandenhoeck und Ruprecht.

Ausgegeben ist: Verzeichnis ausgewählter werke aus dem Verlage der Weidmannschen buchhandlung in Berlin, welche zu be- deutend ermäßigten preisen durch alle buchhandlungen zu be- ziehen sind. Gültig bis zum Schlüsse des Jahres 1884 , soweit die dazu bestimmten vorräthe reichen. (Enthält sehr viele wichtige philologische artikel.)

Mittheilungen der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner in 'Leipzig, 1884 nr. 1 enthalten in abtheil. 1 angaben über fol- gende nächstens erscheinende werke : Comicorum Atticorum frag- menta ed. Th. Koch, vol. II, p. 1; Glossae nominum ed. Gust. Loeive: accedunt ejusdem in Glossaria latina coniectanea collecta a G. Goetz -, der saturnische vers und seine denkmäler von Lucian Müller ; Vergil und die epische kunst von H. Th. Plüß; [Aristotelis ethica Eudemia] Eudemi Khodii ethica, ad- iecto de virtutibus et vitiis libello , recognovit Fr. Susemihl Herodoti historiarum 11. IX edidit H. Dietsch ; edit. altera, cu- ravit H. Rallenberg.

Verlagsbericht von Fr. A. Perthes in Gotha, darin zweiter bericht über die sogenannte Bibliotheca Gothana, Schulausgaben griechischer und lateinischer classiker mit deutschen anmerkun- gen , welche , so viel wir gesehen haben , auf etwas niedriger stufe zu stehen scheinen. Aus dem übrigen verlag ist hervor- zuheben: Orbis terrarum antiquus in scholarum usum descriptus ab A. von Kampen, der nächstens im Ph Anzeiger besprochen werden wird ; ferner Spruner- Bretschneider historischer wand-atlas, 10 karten zur geschichte Europas im mittelalter bis auf die neuere zeit, 3. aufläge.

Nr. 6. Bibliographie. 337

Verzeichnis von Schulbüchern aus dem verlag der Weid- mann'schen buchhandlung in Berlin.

Ausgegeben sind : Bericht über die durch prof. W. Oncken herausgegebene „Allgemeine geschichte in einzeldarstellungen", verlag von G. Grote in Berlin, ferner Denkmäler des classi- schen alterthums zur erläuterung des lebens der Griechen und Römer . . . lexicalisch bearbeitet und in Verbindung mit einer reihe gelehrten herausgegeben von A. Baumeister , verlag von R. Oldenbourg in München und Leipzig: der prospect enthält näheres über die art des werkes.

Versandt ein prospect der „Bibliothek sämmtlicher griechi- scher und römischer classiker ins deutsche übertragen und mit kritischen anmerkungen versehen , im verlag von A. Werther in Stuttgart.

Von dem in Turin bei H. Löscher erscheinenden Giornale storico della litteratura italiana sind prospecte versendet.

Ausgegeben sind die beiden ersten hefte nebst einem aus- führlichen prospecte des von W. H. Röscher und Th. Schreiber in verein mit einer reihe gelehrten bearbeiteten lexicon der griechi- schen und römischen mythologie, in verlag von B. G. Teubner.

Der Reichsanzeiger enthält mittheilungen über folgende ca- taloge der antiquare: Joseph Baer u. comp, in Frankfurt a. M. und Paris nr. 139 in nr. 76, nr. 140 in nr. 78, nr. 141 und antiquarischer anzeiger nr. 340 in nr. 82 ; Lehmann und Lutz in Frankfurt a. M. nr. 46 in nr 68 ; Schletter' sehe buch- handlung (Franck und Weicherd) in Breslau in nr. 56.

Cataloge der antiquare: catalog nr. 62 von lsaac St. Goar in Frankfurt a. M., classische philologie, nr. 63 von demselben, alterthumswissenschaft : beide cataloge enthalten die nachgelas- senen bibliotheken des dr. E. Brentano in Frankfurt a. M. und des oberschulrath professor Ph. Krebs in Weilburg; nr. 683 bücherlager von Kirchhoff und Wigand in Leipzig ; nr. 28 von Weiß und Schach in Leipzig, alle für classische philologie zu beachten.

Verzeicbniß der wichtigeren Publikationen auf dem gebiete der alter- thumswissenschaft. 1884. IV. Deutschland. Oesterreich. Schweiz.

297. Anagnostopulos, Georgios, mal rrjs Xnuviyr^ ImTo/ttje iov Buq- ßdoov. Diss. Jena 1884. 40 p. 1 mk.

298. Anonymi de situ orbis libri IL E cod. Leid, nunc primum ed. Max. Manitius. Stuttgart, Cotta 1884. 8. XV, 97 p. 5 mk.

299. Balkis, Emil, Grrammatica Plautina. Spec. 1. 2. Berlin, Mayer u. Müller (1884). 8. und 4. 50 und 11 p. 2 mk.

300. Bender, über die ausspräche des lateinischen. Vortrag. Tübingen 1883, Fues. 8. 11 p. 40 pf. (Aus Correspondenz-blatt d. Württemb. gelehrtsch.).

301. Bergk, Theod., beitrage zur römischen Chronologie hrsg. v. Gust. Hinrirhs. Leipzig, Teubner 1884. 8. 84 p. (Aus Fleckeisens

jahrbb. f. philol. Suppl.-bd. XIII). 2 mk. 40 pf.

338 Bibliographie. Nr. 6.

302. Biese, Alfr., die entwicklung des naturgefühls bei den Grie- chen und Römern. 2. theil: die entwicklung des naturgefühls bei d. Römern. Kiel, Lipsius u. Tischer 1884. 8. VI, 210 p. 4 mk.

303. Brambach , Wilh. , hülfsbüchlein für lateinische rechtschrei- bung. 3. aufl. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 68 p. 75 pf.

304. Cicero's rede für S. Roscius aus Ameria. Mit den Testimo- nia veterum und dem Scholiasta Gronovianus hrsg. u. erkl. von dr. Gust. Landgraf. IL hälfte. Commentar. Erlangen, Deichert 1884. 8. p. 119-427. 4 mk.

305. Cohn, Leopold, Untersuchungen über die quellen der Plato- scholien. Leipzig, Teubner 1884. 8. 94 p. 2 mk. 40 pf. (Aus Fleck- eisen's jahrbb. f. philol. Suppl.-bd. XIII.)

306. Comelii Nepotis vitae ed. Geo. Andresen. Prag , Tempsky u. Leipzig, Freytag 1884. 8. 60 pf.

307. Cornelius Nepos. Für den schulgebr. mit erklär, anmer- kungen hrsg. v. Gustav Gemss. Paderborn, F. Schöningh 1884. 8. XII, 197 p. 1 mk. 20 pf.

308. Deecke, W. , etruskiscbe forschungen und studien. Heft 4. Beiträge zur erforschung der etruskischen spräche von Sophus Bugge, 1. Sammlung. Stuttgart, Heitz 1884. 8. XIII, 265 p. 12 mk. Heft 5: die etruskischen bilinguen von W. Deecke. (Der etrusk. forsch, hft. 6). Ebda. VIII, 163 p. 6 mk.

309. Doblhoff, J., auf dem trümmerfelde Aventicum's dem „Caput Helvetiorum". Eine studie. (Aus Monatsblätter des wissenschaftl. clubs.) Wien 1883. 8. (Basel, Schwabe.) 40 p. 2 taff. 2 mk.

310. Fehleisen, Geo., zur rettung des Tacitus. Tübingen, Fues 1881. 8. 15 p. 40 pf. (Aus Correspondenz-blatt für d. Württenib. gelehrtensch.).

311. Flach, Hans, Württemberg und die philologie. Stuttgart, Metzler 1884. 8. 40 p. 60 pf.

312. Franz, Wilh., die lateinisch-romanischen demente im alt- hochdeutschen. Straßburg, Trübner 1884. 8. V. 79 p. 1 mk. 80 pf.

313. Geschichtschreiber, die, der deutschen vorzeit. 2. gesammt- ausgabe. Bd. I : die Römerkriege aus Plutarch, Caesar, Velleius, Sue- tonius, Tacitus. Tacitus Germania übers, v. J. Horkel. 2. aufl. Neu bearb. u. eingeleitet von W. Wattenbach. 1. abth. Leipzig, F. Dun- cker 1884. 8. XII, 212 p. 3 mk.

314. Giesing, Friedr. , de scholiis Platonicis quaestiones selectae. Pars I: De Aeli Dionysi et Pausaniae Atticistarum in scholiis frag- mentis. Leipzig 1883. 8. 1 mk. 20 pf. Diss.

315. Gregorovius , Ferd., der kaiser Hadrian. Gemälde der rö- misch-hellenischen weit zu seiner zeit. 3. aufl. Stuttgart, Cotta 1884. 8. X, 505 p. 10 mk.

316. Heiberg, J. L., philologische Studien zu griechischen mathe- matikern. Leipzig, Teubner 1884. 8. 37 p. (Aus Fleckeisens jahrbb. f. philol. Suppl.-bd. XIII). 1 mk.

317. Herzog, Ernst, geschichte und system der römischen Staats- verfassung. 1 bd.: königszeit und republik. Leipzig, Teubner 1884. 8. LXIII, 1188 p. 15 mk.

318. Heydemann , Heinr., Alexander der große und Dareios Ko- domannos auf unteritalischen vasenbildern. Mit 1 doppeltafel und 2 holzschn. (8. Hallisches Winckelmannsprogr.). Halle, Niemeyer 1883. 4. 26 p. 2 mk.

319. Hilgenfeld, Adolf, die ketzergeschichte des urchristenthums. Urkundlich dargestellt. Leipzig, Fues 1884. 8. X, 642 p. 12 mk.

320. Homeri Iliadis carmina seiuncta discreta einen data prolego-

Nr. 6. Bibliographie. 339

menis et apparatu critico instructa ed. Gull. Christ. Pars I. Leipzig, Teubner 1884. 8. IV, 398 p. 8 mk.

321. Horatins Flaccus, Q., rec. atque interpretatus est Jo. Gasp. Orellius. Ed. minorem VI post Jo. Geo. Baiterum cur. Guil. Hirsch-

felder. Vol. II, 2 fasc. Berlin, Calvary u. co. 1884. 8. p. 249—559. 2 mk. 25 pf.

322. Horawitz , Adalb. , griechische studien. Beiträge zur ge- schichte des griechischen in Deutschland. 1. stück. Berlin , Calvary u. co. 1884. 8. 42 p. 2 mk.

323. Humboldt, Wilh. von, sprachphilosophische werke hrsg. und erkl. von H. Steinthal. 2. hälfte. Berlin, Dümmler 1884. 8. p. 257 699. 12 mk.

324. Jordan , Beinr. , quaestiones archaicae. Königsberg, (Här- tung) 1884. 4. 13 p. 1 mk. 50 pf.

325. Iuvenalis et Persii fragmenta Bobiensia ed. a. Geo. Goetz. Jena 1884. 4. 10 p. 70 pf.

326. Kaerst , J., kritische Untersuchungen zur geschichte des zweiten Samniterkriegs. Leipzig, Teubner 1884. 8. 47 p. 1 mk. 20 pf. (Aus Fleckeisens jahrbb. f. philol. Suppl.-bd. XIII.)

327. Kampen, Alb. von, orbis terrarum antiquus in scholarum usuni descriptus. Gotha, Perthes 1884. quer 4. 16 karten. 2 mk.

328. Klinqer, Geo., de decimi libri Livii fontibus. Diss. Leipzig 1884. 8. 2 mk.

329. Kraetsch , Emil, de abundanti dicendi genere Lucretiano. Diss. Berlin, Mayer u. Müller 1881. 8. 87 p. 4 mk. 80 pf.

330. Kraut, über den stil des Livius mit besonderer rücksicht auf die Livianische syntax. Vortrag. Tübingen, Fues 1882. 8. 13 p. 40 pf. (Aus Corresp.-blatt f. d. württemb. gelehrtensch.).

331. Lijisius , Rieh. Adalb., die apokryphen apostelgeschichten und apostellegenden. Ein beitrag zur altchristl. litteraturgeschichte. 2. bd. 2. hälfte. Braunschweig , Schwetschke und söhn 1884. 8. 431 p. 11 mk.

332. Loeschche, die Enneakrunosepisode bei Pausanias. Ein bei- trag zur topographie und geschichte Athens. Dorpat 1883. 4. 26 p. 1 mk.

333. Luebbert, Ed. , Commentatio de Pindaro Clisthenis Sicyonii institutorum censore. Bonn, Cohen u. söhn 1884. 4. 18 p. 1 mk.

334. Luebke , Herrn., observationes criticae in historiam veteris Graecorum comoediae I. de comoediae licentia legibus coercita, II. de Aristophanis cum aequalibus poetis comicis amicitia et simultate. Berlin, Mayer u. Müller 1883. 8. 59 p. 1 mk. 20 pf.

335. Madvig , J. N. , syntax der griechischen spräche, besonders der attischen sprachform für schulen und für jüngere philol. 2. verb. aufl. Braunschweig, Vieweg u. söhn 1884. 8. X, 301 p. 5 mk.

336. Marinelli, G., die erdkunde bei den kirchenvätern. Vortrag. Deutsch von Ijudw. Neumann. Mit einem Vorworte von S. Günther. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 87 p. 2 taff. 3 mk. 60 pf.

337. Matsat, Heinr. , römische Chronologie. 2. bd. Römische Zeittafeln von 506 bis 219 v. Chr. nebst zwei nachtragen zum 1. bände. Berlin, Weidmann 1884. 8. VIII, 424 p. 8 mk.

338. Meyer, Leo, vergleichende grammatik der griechischen und latein. spräche. 1. bd. 2. hälfte. 2. auü. Berlin, Weidmann 1884. 8. VIII, p. 641—1270. 9 mk.

339. Monumenta Germaniae historica inde ab a. D. usque ad- annum MD ed. Societas aperiendis fontibus rerum Germanicarum medii aevi. Auctorum antiquissimorum torai VI pars 1. Q. Aurelii Si/m-

340 Bibliographie. Nr. 6

machi quae supersunt ed. Otto Seeck. Berlin, Weidmann 1884. 4. CCXII, 355 p. 15 mk.

340. . Poetarum latinorum medii aevi tomi II, pars 1. Berlin, Weidmann 1883. 4. 480 p. 12 mk.

341. . Scriptorum rerum Merovingicarum tomi I pars 1. Gregorii Turonensis opera ed. W. Arndt et B. Krusch. Pars I: Hi- storia Francorum. Hannover, Hahn 1884. 4. VIII, 450 p. 14 mk.

342. Müllenhoff, Karl, deutsche alterthumskunde. 5. bd. 1. abth. Berlin, Weidmann 1883. 8. IV, 356 p. 10 mk.

343. Novdk, J. V., Piaton und die rhetorik. Eine philologische studie. Leipzig, Teubner 1883. 8. 100 p. 2 mk. 40 pf.

344. Peter sdor ff, R,, eine neue hauptquelle des Q. Curtius Rufus. Beiträge zur kritik der quellen der geschichte Alexanders des großen. Hannover, Hahn 1884. 8. Ell, 64 p. 2 mk.

345. Plauti, T. Macci , comoediae rec. etc. Fr. Ritschelius sociis operae adsumptis Gast. Loewe , Geo. Goetz, Frid. Schoell. Tom. II, fasc. 5 : Poennlus rec. Ritschelii schedis adhibitis Geo. Goetz et Gust. Loewe. Leipzig, Teubner 1884. 8. XXVI, 176 p. 5 mk.

346. Plutarch's Themistokles für quellenkritische Übungen com- mentirt u. hrsg. von Adolf Bauer. Leipzig, Teubner 1884. 8. IV, 104 p. 2 mk.

347. Poestion, Jos. Cal., aus Hellas, Rom und Thule. Cultur- u. litteraturbilder. 2. (titel)-aufl. Leipzig (1882), Friedrich. 184p. 2 mk.

348. Roesch , W. , über den griechischen accent. Vortrag. Tü- bingen, Fues 1882. 8. 17 p. (Aus Correspondenz-blatt f. d. würt- temb. gelehrtensch.).

349. Saalfeld, Günther Alex., haus und hof in Rom im Spiegel griechischer cultur. Culturgeschichtl. beitrage zur beurtheilung des class. altertbums an der band der sprachwissensch. gewonnen. Pa- derborn, J. Schoeningh 1884. 8. VII, 274 p. 4 mk.

350. Sammlung Sabouroff, die. Kunstdenkmäler aus Griechen- land hrsg. von Adolf Furtwiingler. 5. liefg. Berlin, Asher u. co. 10 tafeln. 25 mk.

351. Sartorius , Max, die entwicklung der astronomie bei den Griechen bis Anaxagoras und Empedokles. In besonderem anschluß an Theophrast dargestellt. Halle 1883. 8. (Aus Zeitschr. f. philos.). 66 p. 1 mk. 20 pf.

352. Schmidt, Otto Ed., die letzten kämpfe der römischen repu- blik. I. theil: historische studien. Leipzig, Teubner 1884. 8. 62 p. (Aus Fleckeisens jahrbb. f. philol. Suppl.-bd. XIII.)

353. Scholia in Pindari Epinicia ad librorum mss. fideni edidit Eugenius Abel. Vol. II, fasc. 1 : Scholia vetera in Pindari Nemea et Isthmia continens. Berlin, Calvary u. co. 1884. 8. 160 p. 5 mk.

354. Sehrader, Otto, thier- und pflanzengeographie im lichte der Sprachforschung. Mit besonderer rücksicht auf die frage nach der Ur- heimat der Indogermanen. Berlin , Habel 1883. 8. 32 p. (Samm- lung gemein verst. wissensch. vortrage hrsg. v. Virchow u. v. Holtzen- dorff. Heft 427).

355. Schubert, Rud., geschichte der könige von Lydien. Breslau, Koebner 1884. 8. 132 p. 3 mk.

356. Seemann, O. S., über den Ursprung der spräche. Vortrag. Leipzig, Friedrich 1884. 8. 33 p. 50 pf.

357. Sophoclis Electra schob in usum ed. Frid. Schubert. Prag, Tempsky u. Leipzig, Freitag 1884. 8. XVIII, 49 p. 40 pf.

358. Steffen, hauptm., karten von Mykenai. Auf veranl. d. kai- serl. deutschen archaeol. Instituts aufgenommen. 2 bl. Mit erläut. text nebst einem anhang über die Kontoporeia und das mykenisch-

Nr. 6. Bibliographie. 341

korinth. bergland von H. Lolling. Mit Übersichtskarte von Argolis. Berlin, Reimer 1884. 4. 48 p. 12 mk.

359. Studniczka, Franz, verinuthungen zur griechischen kunstge- schichte. Wien, Konegen 1884. 8. 45 p. 3 mk.

360. l'aciti, Cornelii, opera quae supersunt ad fid. codd. Medice, ab /. Geo. Baitero denno excussorum ceterorumque optimorum librorum rec. atque interpretatus est Jo. Casp. Orellius. Vol. II: Germania Dia- logus de claris oratoribus. Agricola Historiae. Ed. II. Curaverunt H. Schweizer- Sidler , G. Andresen , C. Meiner. Fase. 4. Historiarum liber I ed. Carolas Meiser. Berlin, Calvary 1884. 8. p. 223-308. 4 mk. 50 pf.

361. Germania erläut. von Heinr. Schweizer -Sidler. 4. neu bearb. aufl. Halle, Waisenhaus 1884. 8. XVI, 95 p. 1 mk. 80 pf.

362. , kaiser Tiberius annalen. Buch 1— VI übers, v. Vict. Pfannschmidt. Leipzig, Keinp 1884. 8. 429 p. 2 mk.

363. Thukydides' geschichte des peloponnesischen krieges aus dem Griech. übers, von Joh. Dav. Heilmann. Neu hrsg. von Otto Güthling. 2bde. Leipzig, Reclam 1884. 16. 407, 332 p. (Reclam's universal- bibliothek lief. 1811-1816). 1 mk. 20 pf.

364. Warsberg, Alex, freih. von, homerische landschaften. 1. bd. : eine reise durch das reich des Sarpedon. Mit zahlreichen abbildungen. Wien, Graeser 1884. 8. XIII, 271 p. 8 mk.

365. Weissenborn , Herrn., die irrationalen quadratwurzeln bei Archimedes und Heron. Berlin, Calvary 1883. 8. 52 p. 3mk. 60pf.

Skandinavien.

366. Nilen, N. F., Priscianea. Upsala, Almquist 1884. 8. 66 p. 1 kr. 50 öre.

367. Ovid , udvalgte stykker af, udg. til skolebrug af V- Voß og J. Richter. Anden Udgave. Kristiania, P. T. Mailing 1884. 8. XII, 120 p. 1 kr. 55 öre.

368. SilUn, J. af, Teätet 156 Äff. (Filologiska studier I.) Up- sala, Landequist 1883. 8. 67 p. 1 kr.

England.

369. Bunhury, E. H. , a history of ancient geography among the Greeks and Romans from the earliest ages to the fall of the ro- man empire. With 20 maps. 2nd ed. 2 vols. London, Murray 1884. 8. 1530 p. 21 sh.

270. Baryon, J. W., the revision revised: three articles reprinted from the Quarterly Review ; to which is added a reply to Bishop El- licott's pamphlet in defence of the Revisers and their greek text of the New Testament including a vindication of the traditionel reading of Timothy III, 16. London, Murray 1883. 8. 590 p. 14 sh.

371. Cicero Laelius de amicitia. Ed. for schools and Colleges by James S. Reid. New ed. with corrections and additions. Cambridge, üniversity Preß 1884. 12. 176 p. 3 sh. 6 d.

372. Curtius , Georges , the greek verb : its strueture and deve- lopment. Translated by Augustus T. Wilkins and Edwin B. England. 2. ed. London, Murray 1884. 8. 578 p. 12 sh.

373. Dunbar, Henry, a complete concordance to the comedies and fraginents of Aristophanes. London, Frowde 1884. 8. 326 p. 21 sh.

374. Duruy, Victor, History of Rome and the roman people from its origiu to the establishment of the Christian empire. Vol. I. 2 Parts. London, Paul, Trench u. co. 1884. 8. 846 p. 30 sh.

375. Grate, George, Aristotle. Edit. by Alex. Bain and G. C, Robe, tson. 3d ed. London, Murray 1884. 8. 688 p. 12 sh.

342 Bibliographie. Nr. 6.

376. Orote, George, a history of Greece from the earliest period to the close of the generation contemporary with Alexander the Great. New ed. 12 vols. London, Murray 1884. 8. 12 vols. 48 sh.

377. Margoliouth , David S. , Studia scenica. Part I, section 1. Study on the text of Sophocles Trachiniae 1—300. London, Mac- millan 1884. 8. 2 sh. 6 d.

378. Murray, A. S., a history of greek sculpture under Pheidias and his successors with illustr. Vol. 2. London, Murray 1884. 8. 31 sh. 6 d.

379. Perrot, G. and C. Chipiez, a history of art in Chaldaea and Assyria. Illustr. with 452 engravings in the text and 15 steel and coloured plates transl. and ed. by Walter Armstrong. London, Chapman and Hall 1884. 8. 820 p. 42 sh.

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381. Sayce, A. EL, fresh light from the ancient monuments. A sketch of the most striking confirmations of the bible from recent discoveries in Egypt, Assyria, Babylonia , Palestine and Asia minor. London, Religion Tract society 1884. 8 3 sh.

382. , introduction to the science of language. London, Paul, Trench u. co. 1884. 8. 446 p. 21 sh.

383. Sop>hoMes, the plays and fragments. With critical notes commentary and translations in english prose by R. C. Jebb. Part I. The Oedipus Tyrannus. Cambridge, Univ. Preß 1884. 8. 420 p. 15sh.

384. Tacitus Annais ed. with introd. and notes by Henry Fur- neanx. Vol. I. London, Frowde 1884. 8. 612 p. 18 sh.

385. Westcott, B. F., the gospel accorded to St. John. The au- thorised version with introduction and notes. New ed. London, Murray 1884. 8. 402 p. 10 sh. 6 d.

386. Whitney, William Dwight, Language and the study of lan- guage. 4 ed. augmented by an analysis. London, Trübner 1884. 8. 596 p. 5 sh. 6 d.

387. XenopJion, Hiero. Edited with introd. and notes. London, Sonnenschein 1884. 8. 2 sh. 6 d. .

Vereinigte Staaten von Nordamerika.

388. Hall , J. H. , American greek testaments a critical biblio- graphy of the Greek New Testament as published in America. Phila- delphia 1883. 8. 8 sh. 6 d.

389. Mahan, A., a critical history of philosophy. New York 1884. 8. XII, 881 p. 20 sh.

390. Virgil, Works of. Translated into english verse with va- riorum and other notes and various readings by Augustin J. Wilstach. Boston 1884. 8. 2 vols. 1222 p. 25 sh.

Prankreich.

391. Apulee, Oeuvres completes d'. Traduites en francais par Victor JBetolaud. Nouv. ed. entierement refondue. 2 vols. Paris, Garnier freres 1884. 18. XLVIII, 503 et 634 p.

392. Chaignet, A. Ed., Essai sur la psychologie d'Aristote conte- nant l'histoire de sa vie et de ses ecrits. Paris, Hachette 1883. 8. 637 p.

393. Choisy, Aug., Etudes sur l'architecture grecque. 3. etude: l'Erechtheion d'apres les pieces originales de la comptabilite des tra- vaux. Paris 1884. 4. 190 p.

394. Cornelius Nepos avec une traduction nouvelle par Amedee Pommier. Suivi de: Eutrope abrege de l'histoire romaine trad. par

Nr. 6. Bibliographie. 343

K. A. Dubois. Nouv. ed. avec le plus grand soin par le traducteur. Paris, Garnier 1384. 18. XXIV, 455 p.

395. Gellem- Wilford, Ed., la famille et le cursus honorum de l'empereur Septime Severe. Conförence. Paris, Picard 1884. 8. 27 p. (Bibliotheque des antiquites africairies publ. p. Jul. Poinssot).

396. Heuzey et Delisle, discours prononces aux funerailles de F. Lenormant. Paris, Firmin-Didot 1883. 4. 9 p.

397. Jurien de la Graviere, les cainpagnes d'Alexandre. IV. La conquete de l'Inde et le voyage de Nearque. Paris, Plön Nourrit et co. 1884. 18. XX, 447 p. Carte coinparative de l'Inde etc.

398. La Blanehere, Maria-Renatus, de rege Iuba regis Iubae filio. Paris, Thorin 1883. 8. 161 p. (These).

399. , Terracine. Essai d'histoire locale. Paris, Thorin

1883. 8. 244 p. Bibliotheque des ecoles franc. d'Athenes et de Ronie. fasc. 34e.

400. Levi , Israel, la legende d'Alexandre dans le Talmud et le Midrasch. Paris, Durlacber 1883. 8. 20 p. (Extr. de la Revue des etudes juives. t. 7).

401. Madvig, J. N., l'etat romain sa Constitution et son admini- stration. Trad. par Ch. Morel. T. 3. Paris, Vieweg 1884. 8. X, 373 p.

402. Mowat, Robert, les inscriptions et les tuiles legionnaires de Mirabeau (Cöte-d'Or.) Paris 1883. 8. 15 p. (Comptes rendus de l'acad. des inscript.).

403. Müller, Otfried, Histoire de la litterature grecque jusqu'a Alexandre le Grand traduite annotee et precedee d'une etude sur Ot- fried Müller et sur l'ecole historique de la philologie allemande par C. Hildebrand. 3. ed. 3 vol. Paris, Pedone-Lauriel 1884. 18. 395, 607, XV, 595 p.

404. Notices et exiraits des manuscrits de la Bibliotheque natio- nale et autres bibliotheques publ. par l'lnstitut national de France, t. 26. Paris impr. national 1884. 4. 492 p.

405. Omont, H., fragments d'une versio antiqua de l'Apocalypse. Paris 1884. 8. 7 p. (Extr. de la Bibliotheque de l'ecole des chartes. t. 44. 1883).

406. Perrin , marche d'Annibal des Pyrenees au Po. lr fasc. Grenoble 1884. 8. 163 p. 3 cartes.

407. , Descriptions de vallees qui se rendent de la vallee du Rhone dans celle du Po. Histoire d'Annibal 2 fasc. Grenoble

1884. 4. 198 p.

408. Pottier, E., Etude sur lecythes blancs antiques a represen- tations funeraires. Paris, Tborin 1884. §. 164 p. (Bibliotheque des ecoles fran^. d'Athenes et de Rome, 30 fasc).

409. , Quam ob causam Graeci in sepulcris figlina sigilla deposuerint. Paris, Thorin 1884. 8. 130 p. planche.

410. Reinach, Salomon , Manuel de philologie classique. 2. ed. revue et augmente'e. T. 1. Paris, Hachette 1883. 18. XVI, 468 p. 7 frc. 50 c.

411. Rochas, Albert du, la science dans l'antiquite: les origines de la science et ses premiers applications. Paris, Masson 1884. 8. 296 p. 5 pl.

412. Tacite, oeuvres complete de. Traduction de Dureau de la Malte. Nouv. ed. revue avec le plus grand soin par M. C'harpentier. Annales Histoires. Paris, Garnier 1884. 18. 596, XXIV, 516 p.

Italien.

413. Aristotele la niorale. (Etica Nicomachea) trad. sul testo del

344 Bibliographie. Nr. 6.

Susemild del d. Luigi Moschettini. Vol. I, lib. 1-5. Padova 1883. 8. (Fuori di commercio).

414. Caprara , Aug. , dissertatio ad legem unicam Codicis de professoribus qui in urbe Constantinopolitana docentes ex lege me- ruerunt comitivam (lib. XII, tib. 15). Romae 1883. 4. 85 p.

415. Cavallutti , Feiice, Opere vol. IV: Anticaglie (Alcibiade, la Critica e il secolo di Pericle). Milano 1883. 8. 382 p. Fuori di commercio. .

416. Chiapelli, Alessandro, Sullo svolgimento dell' ideale romano nella letteratura greca fino al IV secolo. Verona, Duncker e Tedeschi 1884. 8. 1 lire.

417. Ciceronis M., Tullii , orationes selectae brevibus scholiis il- lustratae in usum scholarum curante Thoma Vallaurio. Augusta Tau- rinoram 1884. 16. 280 p. 2 lire.

418. Cortese, Jac. , de M. Porcii Catonis vita operibus et lingua editio altera. Savonae 1883. 8. 173 p. 4 lire 50 c.

419. Dali' Acqua Giusti, A. , I Veneziane in Atene nel 1687. Venezia 1883. 16. 112 p.

420. Fedro , favole commentate da Feiice Ramorino. Torino, Loescher 1883. 8. X, 100 p. 1,20 lire.

421. Gozzadini , G. , di recenti scavi e introvamenti di antichitä nel Bolognese. In Atti e Memorie della Deput. di storia patrie per le provincie di Romagna, III serie. Vol. I, fasc. 4.

422. Lenormant, F., tete d'un guerrier gaulois. Ebendaselbst.

423. Museo italiano di antichitä classica. Dir. da D. Comparetti. Vol. I, punt. 1. Firenze, Loescher 1884. 4. 138 p. 7 tavv. 20 lire.

(Inhalt: Vitelli, Gr., Spicilegio fiorentino. Pais , Ettore, le co- lonie militari dedotte in Italia dai triumviri ad Augusto ed il ca- talogo delle colonie italiane di Plinio. Comparetti , Domenico, Frammenti dell' Etica di Epicuro tratto da un papiro ercolanese. Milani, L. A., I frontoni di un tempio tuscanico scoperto in Luni. Setti, G. , il linguaggio dell' uso comune presso Aristofane. Milani, L. A., dattilioteca lunese).

424. Pampirii , Josephi , de Plautina comoedia commentariolum. Alba 1882. 8. 70 p. 2 lire.

425. Paoli, Cesare, programma di paleografia latina e di diplo- matica esposto sommariamente. Firenze, Le Monnier 1883. 8. II, 67 p. 1,75 1. (Pubblic. del Istituto di studi superiori).

426. Pautussi, V., I Codici miniati. Torino, Loescher 1883. 16. 99 p. 20 tavv. 4 lire.

427. Piccolomini, E., sulle morte favolosa di Eschilo Sofocle Eu- ripide Cratino Eupoli: ricerche. Pisa 1883. 4. 40 p.

429. Pezzi, Domenico, la grecita non ionica nelle iscrizioni piü antiche. Torino, Loescher 1884. 4. 62 p. 3 lire 50 c.

430. Triantafillis , C. , Marco Caleno , e l'iscrizione greca che si trova in Rovigo d'Istria. Studio. Venezia 1883. 8. 23 p. 1 lire.

431. Vanzolini, Giacomo, Mimnermo. Studio e versione metrica. Ancona 1883. 16. 62 p. 1 lire.

432. Vullo Guzzardella , G. , sull' antica citta che esistette nel sito dell' odierna Butera. Palermo 1883. 18. 19 p.

433. Zambaldi, F., le parole grecche dell' uso italiano. 2a ediz. Torino, Paravia 1883. 8. VIII, 169 p. 3 lire.

Spanien.

434. Sdnchez Calvo, Estanisiao, Estudios filolögicos. Los nombres de los dioses Ra Osiris Belo Jehova Elobin Melkarte Adonis Endo- belico Pardjania Brahma Indra Mitra Perahom Heracles Apolo Dio-

Nr. 6. Bibliographie. 345

nyso Hermes 'Afrodite Venus Jano Saturno Jupiter Cibeles Minerva Proserpina Marte Vulcano etc. Indagaciön acerca del origen del lenguaje y de las religiones a la luz del Euskaro y de los idioinas turanianos. Madrid, Riva 1884. 4. XVI, 326 p. 34 reales.

435. Seneca, Lucio Anneo, Tratados filosolicos. Traducciön de- derecta del latin por Pedro Fernändez Navarrete. Tomo I. Madrid, Navarro 1884. 8. 472 p. (Biblioteca clasica vol. 67.) 14 reales.

436. Epistolas morales. Traducciön derecta del latin por Francesco Navarro y Calro con un estudio biogräfico del autor por D. Gaspur Varasco. Madrid, Navarro 1884. 8. XXX, 576 p. 14reales. (Biblioteca clasica vol. 66).

Türkei.

437. Hamdy-Bey, 0. et Osgan Effendi, le tumulus de Nenirud- Dagh. Voyage. Description Inscriptions avec plans et photographies. Constantinople, F. Loeffler 1883. 4. 30 p. VI taff. XX, p. 33. Pho- togr. 1 plan.

Beilage B. Acadeinica und dissertationen. Erlangen. 438. Luchs , Aug. , comrnentationes prosodiacae Plautinae I. Erlangae 1883. 4. 23 p.

439. Bauer, Ludwig, das verhältniß derPunica des C. Silius Ita- licus zur dritten dekade des T. Livius. Erlangen 1883. 8. 60 p.

440. Bruno, Guil., de dictis VII sapientium a Demetrio Phalereo collectis. Particula prior. Erl. 1883. 8. 29 p.

441. Gleitsmann, Anton, de Plutarchi in Luculli vita fontibus ac fide. Monachi 1883. 8. 29 p.

442. 'Hqs iiuTrjg , II. N., rt fxvrjfxrj Iv Trj otjiogty.tj rwv dg^aicoy. Er- langen 1883. 8.

443. Popp , Ernst , de Ciceronis de offieiis librorum codicibus Bernensi 104 eique cognatis. Erlangen 1883. 8. 56 p.

444. Roschatt, A., über den gebrauch der parenthesen in Cicero's reden und rhetorischen schriften. Erlangen 1883. 8. 33 p.

445. Stroebel, Eduard, de Ciceronis de oratore librorum codicibus mutilis antiquioribus. Erlangen 1883. 8. 76 p.

446. Zink, Carl , adnotationes ad Demosthenis orationem in Co- nonem. Erlangen 1883. 8. 30 p.

Koenigsberg. 447. Jordan, Henricus de commentatore Ho- ratii Cruquiano prolusio. Regimonti 1883. 4. 8 p.

448. Bludau, Aloisius, de fontibus Frontini. Brunsbergae 1883. 8. 44 p.

449. Goltz , Carl Friedr. Gustav , quibus fontibus Plutarchus in vitis Arati , Agidis, Cleomenis enarrandis usus sit. Insterburgi 1883. 8. 48 p.

450. Harwardt , Maxim. , de Aristophanis irrisionibus earumque fide et usu. Partie. I. Regimonti 1883. 8. 70 p.

451. Huhrich, Theod., de Diis Plautinis Terentianisque. Regi- monti 1883. 8. 134 p.

452. Kopp, Arthur, de Ammonii Eranii aliorum distinetionibus synonymicis earumque communi fönte. Regimonti 1883. 8. 108 p.

453. Kuhnert , Ernestus , de cura statuarum apud Graecos. Be- rolini 1883. 8. 34 p.

454. Lehnerdt, Maxim., de locis Plutarchi ad artem speetantibus. Regimonti 1883. 8. 46 p.

455. Przybülu , Carolus, de praepositionum xaia et dva usu Lu- cianeo. Regim. 1883. 8. 47 p.

346 Kleine philologische zeitung. Nr. 6.

Kleine philologische zeitung.

Ein Vortrag über die thätigkeit des historischen Vereins von Oberbayern in der Allg. ztg. 1884 beil. 2 zu nr. 36 ist auch für römische alterthümer zu beachten.

Eine lesenswerthe anzeige der „Allgemeinen deutschen bio- graphie" findet sich in Allg. ztg. beil. 1 zu nr. 37. Es wird von der behandlung der philologen in diesem werke auch in diesen blättern die rede sein.

Göttingen. Gustav Loewe's Corpus glossariorum Latinorum. Eine der für die geschichte der lateinischen spräche überaus wichtigen arbeiten, die die philologie von dem uns so früh ent- rissenen Loewe erwartete, war die Sammlung eines umfassenden Corpus glossariorum Latinorum, deren glänzender prodromus 1876 erschien. Wir erfahren jetzt, daß für die weitere bear- beitung des in Loewe's nachlaß vorhandenen umfangreichen ma- terials in vortrefflicher weise gesorgt ist. Professor G. Goetz in Jena, der nächste und durch langjährige mitarbeit mit Loewe's forschungen vertrauteste freund des verstorbenen wird die her- ausgäbe der glossarien übernehmen. Für dieselbe hat die kö- niglich sächsische gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig die mittel bereitzustellen beschlossen und zugleich sendet sie einen jungen gelehrten, dr. Gotthold Gundermann, bekannt durch seine Untersuchungen über Frontin's Strategemata , zur Vervollständi- gung des von G. Loewe zusammengebrachten reichen materials auf eine wissenschaftliche reise, die derselbe in kurzer zeit an- treten wird. K. B.

Ueber den proceß, der wegen des literarischen nachlasses des professor und bibliothekars Karl Pertz geführt wird, berichtet die Allg. ztg. beil. zu nr. 38 : der sehr werthvolle nachlaß kam zunächst in den besitz des sohnes, nach dessen frühem tode in den der wittwe desselben, welche sich darauf mit dem biblio- thekar Müller in Marburg verlobte: jetzt, wo dies verlöbniß auf- gehoben, klagt die frühere braut auf herausgäbe dieses nament- lich wegen der in ihm befindlichen briefschaften wichtigen und werthvollen nachlasses, welcher sich in den händen Müllers be- findet, da dieser die herausgäbe verweigert, weil er ihm von der frühern braut geschenkt sei.

Ein nekrolog über Hermann Ulrici von M. Carriere steht Allg. ztg. beil. 1 zu nr. 39 : es ist in ihm „ein thatenreiches, aber an ereignissen einfaches gelehrtenleben" mit wohlthuender wärme geschildert.

Im anfange märz wurden in Darmstadt auf der hofbühne die beiden Oedipus und die Antigone des Sophokles nach der Donnerschen Übersetzung aufgeführt: die darstellung war eine vor- zügliche, die Wirkung eine gewaltige. RAnzeig. nr. 63.

Der erste mit großer Spannung erwartete band von Ruggero Bonghi römischer geschichte ist erschienen und in Allg. ztg. nr.

Nr. 6. Kleine philologische zeitung. 347

42 kurz besprochen. Darnach umfaßt er die ersten 283 jähre der Stadt , erzählt diese erst nach der Überlieferung der alten und stellt darauf dieser die ergebnisse neuerer forschung ge- genüber.

Pergamon. Professor Conze hat nach seiner rückkehr aus Per g amo n jüngst der akadeniie der Wissenschaften einen kur- zen bericht über die daselbst während des verflossenen Jahres stattgehabten ausgrabungen vorgelegt. Die ausgrabungen waren anfang mai 1883 wieder begonnen worden. Da C. Hurnann während des sommers durch seine expedition nach dem Nemrud- Dagh in anspruch genommen war , so wurde regierungsbaumei- ster P. Bonn mit der leitung der arbeiten betraut, unterstützt von dr. Fabricius. Im november traf Conze in Pergamon ein, mit dem dann auch Humann wieder zur gewohnten tbätigkeit zurückkehrte. Das hauptaugenmerk war auf die weitere nach- spürung von skulpturbruchstücken gerichtet , welche den bereits für die königlichen museen gewonnenen besitz , obenan die al- tarbildwerke , vervollständigen könnten. Diese koffnung ist er- füllt worden ; zahlreiche größere und kleinere fragmente , na- mentlich der Gigantomachie, wurden gefunden und harren ihrer Zusammensetzung mit dem bereits hier befindlichen. Das bedeu- tendste darunter ist eine erst jüngst aus einer späten mauer herausgebrochene platte , welche einen jugendlichen nach rück- wärts niederstürzenden giganten darstellt. Damit hand in band geht aber die zweite aufgäbe , das topographisch - monumentale bild der Stadt Pergamon in den verschiedenen phasen ihres be- stehens nach und nach in immer festeren zügen herauszuarbeiten. Während in der ersten ausgrabungsperiode der große altar und das Augusteum aufgedeckt wurden , in der zweiten namentlich das heiligthum der Athene Polias , so traten im verflossenen jähr zwei neue wichtige punkte hinzu , zwei brennpunkte des städtischen lebens während der königszeit , die agora und das theater. National-zeitung nr. 137, sonntags beilage nr. 9.

Das Archivio Trentino Jahrg. II, hft. 2 enthält unter an- deren eine abhandlung von Paul Orsi über die neuesten archäo- logisch-epigraphischen entdeckungen im Trentino. Dann Vigi- lius Oberziener über die ausgrabungen am Piö di Castello bei Trient. Vergl. Allg. ztg. nr. 49.

Die errichtung eines Grimm-denhmals in Hanau, worüber ob. hft. 4, p. 249 berichtet worden , ruft eine aller anerkennung werthe thätigkeit in den weitesten kreisen unseres Vaterlandes hervor. Gleich der erste schritt des für die errichtung des denkmals bestellten comites hatte einen glänzenden erfolg : die an die bürger Hanaus gerichtete aufforderung zur Zeichnung von beitragen ergab schon in den ersten tagen (vrgl. Allg. ztg. nr. 56) die summe von 20000 mark, ein Vorgang, durch den Hanau allen deutschen städten ein nicht hoch genug anzuschlagendes

348 Kleine philologische zeitung. Nr. 6.

beispiel gegeben, ein beispiel für die gelehrtenweit von erha- benster Wirkung, indem es von neuem bezeugt, daß das streben der stillen studierstube die Wissenschaft zum wahren gedeihen des yolkes zu fördern , von diesem nicht nur nicht vergessen, sondern bietet sich nur die gelegenheit, gern und opferwillig durch die that anerkannt und belohnt werde. Eben so hat aber auch anderwärts die erste künde von dem patriotischen unter- nehmen mannigfache beweise warmer theilnahme an das licht treten lassen: so hat dr. Albert Duncher, bibliothekar in Cassel, ursprünglich für einen ähnlichen zweck, die errichtung von mar- morbüsten der brüder für die bibliothek in Cassel, bestimmte vortrage jetzt in der Allg. ztg. beil. zu nr. 61. 62. 66. 67. 69. 72. 74 veröffentlicht, in welchen der Verfasser das leben des treuen brüderpaares mit sichtbarer liebe schlicht und doch fesselnd entwickelt : dabei hat er in folge umfassender und sorg- fältiger benutzung der briefe und Schriften der brüder und ihrer freunde in sinniger weise verstanden die wichtigeren ereignisse und Wendepunkte des lebens mit den eignen worten der geschil- derten darzustellen und zu beurtheilen. Auf andere art verfährt der Reichsanzeiger : in seiner nr. 77 schildert er die fortsetzung des von den brüdern begonnenen Deutschen Wörterbuches , des- sen Vollendung durch gewährung der nöthigen geldmittel von der regierung des deutschen reichs sicher gestellt sei: müsse auch der größere theil des gewaltigen nationalwerks von andern händen durchgeführt werden, könne doch das verdienst der be- gründer und ersten bearbeiter des riesenwerkes nie vergessen werden, es werde vielmehr mit dem d euts che n wörterbuche der name der gebrüder Grimm stets unauflöslich verbunden bleiben. E. v. L.

Ein nekrolog über Theodor Heyse, als Übersetzer des Catull und herausgeber von fragmenten des Polybios bekannt, verfaßt von August Herzog steht in Allg. ztg. nr. 63: stets bereit an- dern zu helfen, ist er zur Vollendung größerer arbeiten , die er vorhatte, nicht gelangt.

Zum papyrusfund in el-Faiyüm. Der im Philol. anzeiger bd. XIII, hft. 8, p. 397 und hft. 10, p. 527 erwähnte papyrus- fund ist zum größten theil von erzherzog Rainer angekauft und dem kais. königl. Museum in Wien einverleibt, wo professor Karabacek mit der Ordnung desselben beschäftigt ist. Ueber das bis jetzt geordnete berichten die Augsb. allg. ztg. nr. 65 und National - zeitung , beilage zu nr. 144, denen wir folgendes entnehmen. Als älteste papyrus sind bisher zwei demotische aus der zeit um Christi geburt gefunden worden , so daß dadurch ein urkundenmaterial aus einem Zeiträume von fast 1000 jähren festgestellt erscheint. Allgemein nahm man bisher an, die pro- vinz Faijüm sei nur allein die große ägyptische fruchtbörse der alten weit gewesen, ohne jedes litterarische und geistige bestre-

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ben ihrer bevölkerung. Der fand eines kleinen papyrusfrag- mentes , welches augenscheinlich einem griechischen dichter an- gehört, war nur in sofern wichtig , als sich in mehreren Urkun- den auch die erwähnung von einem theater in Arsinoe (el-Faijüm) vorfindet , also die hoffnung begründet erschien , weitere belege von dem geistigen leben der griechischen einwohnerschaft da- selbst zu finden. Diese vermuthung wurde in den letzten tagen auf das glänzendste bestätigt. Dr. Karl Wessely hatte das glück, ein pergamentfragment des Thukydides aufzufinden. Dasselbe enthält in 44 zeilen den § 3 des 91 capitels und die §§ 1 bis

6 des 92 capitels des buches VIII, in welchem sich einige wich- tige Varianten und zwei interessante interlinear - glossen finden sollen. Die glückliche auffinduug eines lateinischen papyrus aus dem V VI. Jahrhundert n. Chr. eröffnet nunmehr eine siebente sprachgruppe der Faijüm-urkunden. Hochwichtig sind die griechischen evangelien - fragmente des IV. Jahrhunderts, welche einen text bieten, der an reinheit selbst den des gleich- zeitigen codex Sinaiticus übertrifft. Eine besondere specialität bilden die zauberpapyrus. Diese zeigen einen eigenthümlichen Synkretismus der deistischen Vorstellungen der Aegypter , He- bräer und Griechen. Zu diesen papyrus kommen eine masse griechischer documente vom jähre 203 bis 699 n. Chr. und weiter arabisch-griechischer (?) bis zum jähre 909 n. Chr. Wohl sind bisher schon an 1500 papyrus, zur hälfte vollständig er- haltene Urkunden, geordnet und bestimmt an sich ein reicher schätz , und doch ist dies nur ein verschwindender theil dessen, was noch zu bewältigen ist.

Samos. Auf Samos ist die Wasserleitung des Eupalinos, welche Herod. III, 60 als ein Wunderwerk beschreibt, durch Adossidos pascha vollständig aufgedeckt worden : der 1 m 75' hohe, 1 m 80' breite und 1500 m. lange tunnel, welcher heute den Gaul Kastri genannten berg durchschneidet, ist jetzt in seiner ganzen länge von anfang bis ende frei. Auf dem boden ist ein canal von

7 meter tiefe und 80 centimeter breite gegraben, in welchem die alten tonröhren von 65 centimeter länge und 80 centimeter umfang liegen ; der canal ist gewölbt und mit Öffnungen verse- hen. Der tunnel selbst ist in den felsen eingehauen und stel- lenweise an den seifen durch mauern und quadersteine gestützt, welche an der decke in einen Spitzbogen auslaufen. Die Öffnung desselben an der seite der alten Stadt war durch einen alten steinbau verdeckt, welcher den zugang bisher verhinderte; die röhrenleitung geht bis zu der einige hundert meter vom berge Kastri abgelegenen kirche des heiligen Johannes; der tunnel beginnt an einer stelle, wo heute nur ein ehemals jedenfalls bedeutenderer wasserlauf sich befindet. Nach Stamatiadhis in einer in Samos gedruckten broschüre Allg. ztg. nr. 73.

Archaelogisches. Neuerdings ist man bemüht, analogien zwischen Philol. Anz. XIV. 24

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den pergamenischen sculpturen und anderen uns erhaltenen werken antiker kunst einerseits und der Laokoongruppe, dem köpfe des sogenannten sterbenden Alexanders einem römischen relief im Va- tican mit der darstellung der Athene im Gigantenkampf andrer- seits nachzuweisen. Die sache ist zweifelhaft : jedoch mehrt sich das material. Dahin gehören zwei im assyrischen saale des mu- seum zu Berlin aufgestellte gipsabgüsse der in London befind- lichen fragmente des in Priene entdeckten Gigantenreliefs. Auf dem einen derselben kehrt die auf ihrem löwen in die Schlacht reitende Kybele in auffallend ähnlicher komposition und namentlich auch in gleicher anordnung des gewandes wieder, während auf dem andern jener ins knie gesunkene Gigant, über den ein löwe hergefallen ist, sich so genau wiederholt , daß die bewußte herübernahme dieses bewegungsmotivs aus dem einen in das andere werk nicht bezweifelt werden kann. Von einer weiteren vergleichung dieser arbeiten von Pergamon und Priene weiden hiernach mit höchster Wahrscheinlichkeit noch weitere nachweise zu erwarten sein , die vielleicht auch für die ergän- zung einzelner partien von Wichtigkeit werden dürften. Beson- dere beachtung aber verdient die immer deutlicher sich erge- bende Übereinstimmung zwischen gewissen zügen in der kompo- sition des pergamenischen reliefs und der ihm der ganzen auf- fassung nach nahe verwandten Laokoongruppe. Diese ähnlichkeit wird in einem aufsatze im ReichsAnz. nr. 56 weiter zu begründen gesucht : doch wird die frage noch ausführlicher besprochen wer- den müssen.

Archäologische gesellschaft in Berlin. Sitzung vom 4. märz. Trendelenburg sprach über das verhältniß der Laokoon- gruppe zum Gi gan ten f ri es des pergamenischen altars, indem er sich besonders gegen die von Kekule" („Zur deutung und Zeitbestimmung des Laokoon") geltend gemachte auffassung wandte, daß die figur des Laokoon aus motiven des frieses abgeleitet, die gruppe also jünger sei als der altar. Ei- nerseits sei die Übereinstimmung der motive in der figur des Laokoon und des Athenagegners keineswegs eine so vollständige, wie sie auf den ersten blick erscheine, da der köpf, die haltung der beine und arme , die Schlangenwindungen , vor allem aber die stelle des bisses und sein verhältniß zur kopfneigung nicht nur verschieden, sondern zum tL eil entgegengesetzt seien •, ande- rerseits sei die haltung des Laokoon, namentlich das von Kekule* für unerklärlich gehaltene herumwerfen des kopfes , eine unum- gängliche, der natur mit bewunderungswürdigem Scharfsinn ab- gelauschte folge des flankenbisses der schlänge , da jeder inten- sive schmerz in der seite eine zusammenziehung des körpers an dieser stelle und als natürliche folge davon eine dehnung der gegenseite bewirke, die ihrerseits wieder den köpf zu einer nei- gung nach der verwundeten flanke hinzwinge : ein verhältniß,

Nr. 6. Kleine philologische zeitung. 351

welches beim Giganten in's gegentheil verkehrt sei, insofern hier der köpf nach der linken seite gerissen werde , die wunde da- gegen auf der rechten sich befinde. Könne unter diesen um- ständen eine ableituug des Laokoon aus motiven des frieses nicht angenommen werden, so werde damit auch die hierauf gegrün- dete Schlußfolgerung Ks. über die entstehung der gruppe nach dem altar hinfällig, eine folgerung, die auch durch eine vom vortragenden im einzelnen durchgeführte vergleichung beider werke in bezug auf ihren künstlerischen Charakter außerordent- lich unwahrscheinlich gemacht werde. Wenn zwischen beiden ein Zusammenhang existire , was anzunehmen ein zwingender grund durchaus nicht vorhanden sei, so könnten nur die in Ver- arbeitung fremder motive nicht eben wählerischen verfertiger des altarfrieses als entlehnende angesehen werden ; man müßte denn gerade zu der annähme sich verstehen wollen, daß in die- sem einen fälle die kopie an lichtvoller komposition und stren- ger beobachtung aller der plastik eigenthümlichen gesetze das ori- ginal ebensoweit übertreffe, wie sonst kopien hinter dem original zurückzustehen pflegen. Dessau sprach über das verzeichniß der 30 altlatinischen bundesstädte bei Dionys Hai. AR V, 61 und suchte Niebuhr's ansieht durch ein fragment eines von den etruskischen bundesstädten in Caere (Cervetro) errichteten denk- mals zu stützen, welches sich im Lateran befindet und die namen Tarquinii, Volci, Vetulonia zeigt. Hiibener sprach u. a. über am Hadrianswall in England neugefundene inschriftliche denk- mäler, welche von einer germanischen Völkerschaft herrühren. Näheres darüber in der National-zeitung nr. 183.

Wie schwer Chios durch die erdstöße seit 8.aprill881 ge- litten hat, ergiebt sich daraus, daß in den jähren 1882 und 1883 auf dieser insel 3416 steinerne häuser, 5445 holzbaracken, 215 schulen und anstalten, 30 kirchen und 20 öffentliche brun- nen haben erbaut werden müssen. ReichsAnz. nr. 57.

Schliernann in Tiryns. Heinrich Schliemann gedenkt jetzt in der uralten akropolis zu Tiryns ausgrabungen zu unternehmen. Die ruinen von Tiryns , zwischen Argos und Nauplia gelegen, gehören zu den ältesten bauwerken Griechenlands, berühmt wa- ren schon im alterthum seine cyclopischen mauern. Der ort heißt jetzt Palaiocastron. Schon im august 1876 stellte Schliemann nachforschungen in Tiryns an , die ihn zu der ansieht führten, daß jene mauern etwa 1800 1600 v. Chr. erbaut seien. (Aus Köln, zeitg. 1884, nr. 79, 1).

Die Saburowschen Sammlungen. Bei seinem Weggang aus Berlin wird der russische botschafter herr von Saburow seine große und auserlesene Sammlung antiker kunstdenkmäler, die er als langjähriger gesandter am griechischen hofe allmählig zu- sammenbrachte, zu verkauf bringen. Verschiedene europäische museen werden sich in diese schätze theilen. Die Tanagräischen

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terracotten werden in die kaiserliche Ermitage zu Petersburg wandern, in deren reichem museum Tanagra noch gar nicht ver- treten war. Unser Berliner museum, welches schon einen ansehn- lichen vorrath dieser kunstwerke hat , konnte nicht daran den- ken , diesen schätz , der nur in seiner gesammtheit abgegeben werden sollte, in anspruch zu nehmen. Um so wichtiger waren für uns die sculpturen und die vasen. Zu den erstem gehört eine lebensgroße bis auf den köpf vorzüglich erhaltene jünglings- figur aus erz am strande von Salamis gefunden und eine reiche Sammlung von marmorwerken des älteren stils und der vollen- deten kunst, köpfe freier sculptur und reliefs, vorzügliche grab- reliefs und weihgeschenke, lauter bildwerke, welche alle in Attika gefunden lebendige Zeugnisse des attischen lebens sind , auch grabstatuen vor den familiengräbern aufgestellt , wie sie bisher noch gar nicht zum Vorschein gekommen sind. Von gemalten thongefäßen sind 97 erworben, auch diese fast alle aus Attika, alle in der hauptsache wohl erhalten, von den verschiedensten formen und mit den anziehendsten darstellungen ausgestattet, einige werke älteren stils, die meisten rohfigurig und der blüthe der älteren attischen kunst angehörig, mythologische und häus- liche scenen darstellend. Auch die gattung der mit menschen- und thierköpfen oder mit plastischen gruppen verzierten trink- oder salzgefäße ist in ausgezeichneten exemplaren vertreten. Eine gelegenheit wie die jetzt dargebotene, die sculpturensamm- lung und das vasencabinet des königlichen museums mit einer fülle attischer kunstwerke zu bereichern , konnte nicht wieder- kehren und darum werden alle kunstfreunde, welchen die glück- liche entwicklung unseres hauptstädtischen museums am herzen liegt, es dem Vorsteher des Unterrichts - ministeriums , sowie der museumsverwaltung dank wissen, daß diese zwiefache erwerbung möglich geworden ist. Die von dr. A. Furtwängler begonnene publikation der Saburowschen Sammlungen (5 lieferungen jede zum preise von 25 mark sind bis jetzt bei Asher u. co. in Berlin erschienen) , wird durch den jetzigen besitzwechsel nicht unter- brochen werden. Köln, zeitung 1884, nr. 79, 2.

Verein deutscher lehrer in England. Da die läge deutscher lehrer in England eine in vieler hinsieht beklagenswerthe ist, wie die schon in zweiter aufläge erschienene Schrift von H. Rei- chard , „der deutsche lehrer in England", Berlin , Weidmann, 1883, das nähere nachweist, so hat sich ein verein deutscher lehrer in England gebildet, um diesen übelständen abzuhelfen, namentlich ankommenden stellen zu ermitteln , und sonst mit rath und that beizustehen. Der verein hat nun ein comite" ge- wählt zur förderung der sache und dieses hat einen auf ruf erlassen, den wir hier mit der bitte an unsere leser abdrucken lassen, demselben nach kräften zu folgen: „In einer am 29. december vorigen Jahres in Tolmers' Square Institute , London,

Nr. 6. Kleine philologische zeitung. 353

unter dem Vorsitze C. Tuchmann' s, früheren Präsidenten der deut- schen wohlthätigkeits-gesellschaft, abgehaltenen Versammlung von deutschen lehrern und solchen, die sich für dieselben interessiren, wurde beschlossen, unter dem titel: German Teachers' Association einen „Verein deutscher lehrer in England" zu gründen, der sich folgende hauptaufgaben stellt: 1. Der verein bezweckt, die so- ciale und materielle läge des deutschen lehrers in England nach möglichkeit zu heben ; politische bestrebungen ir- gend welcher art sind ausgeschlossen. 2. Der verein übernimmt für seine mitglieder für eine geringfügige entschädigung die Ver- mittlung von stellen in englischen schulen und familien. 3. Der verein will neu herübergekommenen deutschen lehrern, sowie andern mitgliedern, die sich an ihn wenden, mit rath und that an die hand gehen und den sich hier aufhaltenden lehrern und mitgliedern in einem vereinslocale ein heim bieten, mit lesezimmer, bibliothek u. s. w 4. Der verein unterhält eine stete Verbindung mit den deutschen hochschulen und der deutschen presse, um auf die Sachlage in bezug auf den wirklichen be- darf deutscher lehrer in England aufmerksam zu machen. 5. Der verein wird ferner die aufgäbe übernehmen, für die kin- der englischer eitern passende schulen auf dem continent , wie auch umgekehrt solche schulen resp. familien für deutsche kin- der in England nachzuweisen , den austausch von kindern zum zwecke der erlernung der englischen und contiuentalen sprachen zu "vermitteln, u. s. w. 6. Endlich hofft der „Verein deutscher lehrer in England" im laufe der zeit und mit Unterstützung der kaiserlich deutschen regierung in den stand gesetzt zu werden, in London ein „Deutsches institut zum Studium der englischen spräche", dessen grundzüge bereits von einem comitemitgliede in einer denkschrift ausgearbeitet werden, zu gründen. Der Lord-major von London sowie andere hervorragende persönlichkeiten haben bereits ihre betheiligung , event. ihre protektion zugesagt, und die vorläufigen kosten sind durch die gute C. Tuchmanns theil- weise schon gedeckt, doch sind noch erhebliche mittel erforder- lich, um den verein so weit lebensfähig zu machen, daß er auf eigenen fußen stehen und die oben berührten projekte zur aus- führung bringen kann. Aus diesem gründe wendet sich das untengenannte comit^ vertrauensvoll an alle deutschen lehrer und studierenden , auch ihrerseits die gute sache nach kräften zu fördern, entweder durch beitritt zu dem verein oder durch beitrage. So weit sich bis jetzt übersehen läßt, wür- den die Jahresbeiträge der mitglieder zehnmarh nicht übersteigen, und würden diese beitrage alle mitglieder zu dem schütze und den wohlthaten des Vereins berechtigen, deren umfang nach den oben angegebenen grundsätzen seiner zeit in den Statuten näher festgestellt werden wird. Beitrittserklärungen , sowie beitrage, werden von dem mitunterzeichneten secretär , sowie von dr.

354 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 6.

Bernard, Schatzmeister des allgem deutschen schulvereins , Kur- straße 34/35, Berlin, C, entgegengenommen. London, im märz 1884. Das comite" des „Vereins deutscher lehrer in England". Chas. Tuchmann, (früherer präsident der deutschen wohlthätig- keits-gesellschaft), Vorsitzender. //. Baumann, director der deutsch- englischen knabenschule in Brixton. Otto Delfs , Oberlehrer an King's College, Sherborne. /. Holthusen, redacteur der „Londoner zeitung Hermann". C. Menget, director der ersten deutschen höheren töchterschule zu Islington. Dr. E. Oswald, Royal Naval College, Greenwich. Dr. W. Rohlfs, erzieher s. k. h. des prin- zen Alfred von Edinburg. Dr. Schneider, Vertreter der „Kölni- schen zeitung" für England. Dr. Scholl, pastor an der deut- schen lutherischen kirche in Cleveland Street, Fitzroy Square, W. C. C. Wagner, pastor an der deutschen evangelischen kirche, Sydenham, S E. H. Reichardt, oberlehrer an der höheren mäd- chenschule, Park Eoad, Haverstock Hill, London, N. W., secretär.

Auszüge aus Zeitschriften.

Hermes, XIX. bd., 1. hft. : Th. Mommsen , die conscriptionsord- nung der römischen kaiserzeit, p. 1. Th. Thalheim, die Antidosis, p. 80. E. Maaß, de Phaenomenis Arati recensendis, p. 92. C. de Boor, zu den excerptsamrnlungen des Konstantin Porphyrogennetos, p. 123. B. Keil, bemerkungen zur reconstruction der Philonäischen Skeuothek. (Dazu eine tafel in photographischem glasdruck), p. 149.

Miscellen: O. Seeck , Claudian de cons. Fl. Malli Theodori 58, p. 164.

Neue Jahrbücher . . . herausgeg. von A. Fleckeisen, bd. CXXVII, 10. und 11. heft: (89.) Das erste jähr des peloponnesischen krieges. Ein beitrag zur Chronologie des Thucydides. (Schluß) , von H. Müller- Strähing, p. 657—713. - 103. Zu Xenophons Anabasis (111,4,19—23), von R. Bünger, p. 713 716. 104. Anz. v. F. Weck: beitrage zur erklärung Homerischer personennamen (Metz 1883), von K. Schirmer, p. 717-720. - 105. Homerisches, von K Frey, p. 721-723. 106. Zur kritik des Aischylos, von H. Stadtmüller, p. 724 728. (5.) Zu Euripides, von H. GloSl, p. 729-733. 107. Zu Ciceros Cato niaior, von J Lei/, p. 734.— 108. Vermischte bemerkungen, von F. Rühl, p. 735-752. 109. Zu Athenaios, von K. Ohlert, p. 753-767. (40). Zur erklärung und kritik der Homerischen gedichte. II, von A. Ge- moll, p. 767 768. 110. Pausanias und Olympia, von G. Hirschfeld, p. 769-771. - 111. Zu Tiberianus (II, 24), von K. Roßberg, p. 771.

112. Zu Vergilius Aeneis (I, 393—400), von i. Mejer, p. 772— 773.

113. Die consonantengemination im lateinischen, von E. Bährens, p. 774—798. - (50.) Philologische gelegenheitsschriften, p. 799—800.

12. heft. 114. Zu Sophocles Philoktetes von Moritz Schmidt, p. 801—808. 115. Zur Ökonomie der historien des Timaios, von H. Kothe, p. 809 813. 116. Zu den quellen der Messeniaka des Pau- sanias, von G. Busolt, p. 814 816. (67.) Zu Aischylos (Agam. 521), von A. Lowinski , p. 816. (103). Zu Xenophons anabasis, von F. Revß, p. 817 831. 117. Zum fünften buche der Aristotelischen po- litik, von H. Flach, p. 832-839. (40.) Zur erklärung und kritik der Homerischen gedichte. III, von A. Gemoll, p. 839 840. (60).

Nr. 6. Auszüge aus Zeitschriften. 355

Zu Dionysios von Halikarnasos, von C. Jacoby, p. 841 851. (78). Zu Hieronymus de viris illustribus (c. 59), von G. Terwelp, p. 851—852. (45.) Zu Ovidius Fasti (III, 496 ff.), von H. Gilbert, p. 852. 118. Horazische allegorie, von Th, I'liiß, p. 852— 860. - 119. Zu Tibullus, von E. Baehrens, p. 860 862. 120. Die zeit der lex Antonia Cor- nelia de permutatione provinciarum (44 v. Chr.), von 0. E. Schmidt, p. 863— 865 121. Zu Ammianus Marcelliuus, von F. Voyel, p. 865 - 866. 122. Zu Gennadius de viris illustribus, von W. Gemoll, p. 866 869. Register der im Jahrgang 1883 beurtheilten Schriften und abbandlungen, p. 870. Sachregister, p. 871 872.

Bd. CXXIX, 1. hft. 1. Zur Homerischen worterklärung des Ari- starchos, von F. Kammer, p. 1 12. - 2. Homerische klemigkeiten, von Moritz Schmidt, p. 13 22. 3. Pausanias und seine ankläger, von H. Brunn, p. 23 30. 4. Zu Cicero de natura deorum , von A. Goethe, p. 30-34. 5. Erotematia, 1-5, von **, p. 34. 6. Anz. von J. Brzoska: de canone decem oratorum Atticorum quaestiones (Breslau 1883), von O. Harnecker, p. 35 48. 7. Zu den griechi- schen elegikern, von ./. Sitzler, p. 48 53. 8. Zu Ciceros Pompeiana 18), von A. Mosbach, p. 54 56. 9. Zu Tacitus historien, von A. Faßner, p. 56. 10. Zu Horatius episteln (I. 15, 13. II. 1, 173), von R Duncker und Ch. Cron, p. 57 70. -- 11. De Vergilii arte rhythmica. von H. Draheim, p. 70 73. 12. Zu Ciceros reden gegen Catilina (I, §1), von O. Wichmann, p. 74. 13. Zu den scriptores historiae Augustae, von II Peter, p. 75—80.

Rheinisches museum , bd. XXXIX, hft. 1. Parallelen zur entfüh- rungsgeschichte im Miles gloriosus. "Von E. Zunicke, p. 1. Zu Sextus Empiricus. Von O. Apelt, p. 27. Zur Finanzgeschichte Athens. Von J. Belach , p. 34. Animadversiones criticae in Sci- pionis Aemiliani historiam et C. Gracchi orationem adversus Scipio- nem. Seripsit F. Marx, p. 65. Der feneranbläser und der dorn- auszieher (mit 2 tafeln), von Th. Zielinski, p. 73. Aristophanes als dichter und politiker. Von Th. Kock, p 118 141. Die bleitafel von Magliano. Von W. Deecke, p. 141. Griechisches epigramm aus Aegypten. Von F. Bwcheler, p. 151. Miscellen: die epoden des Archilochus. Von E. Wölfflin, p. 156. Piatonis locus correctus. Seripsit J. By water, p. 157. Zu Theophrast. Von G. Reylbut , p. 158 Ueber die quellen der in die auabasis des Arrian eingelegten reden Von A. Franke/, p. 159. Nachtrag zu den Scenica. Von E. Rohde, p. 161. Der durchzug Hannibal's durch die Po -sümpfe im jähre 537/217. Von //*. Sieglin, p. 162. Die Fabiani in der Luperealienfeier. Von O. Crusius, p. 164. Nochmals die klage ei- nes ostgothischen professors. Von F. B. p. 168.

Literatur 1883,

(dem Philologus und PhAnzeiger zugesandt).

Crusius, Otto, Analecta critica ad paroemiographos Graecos. Ac- cedunt Exeerpta ex Demone mQt nctooi/uiwv, Graminatici incerti frag- mentum paroemiographicum. Lipsiae, Teubner 1883. 8. 174 p.

Dunbar, Henry, a complete concordance to the comedies and fragments of Aristophanes. Oxford 1883. 4. IV, 342 p.

Nissen, Heinr. , Italische landeskunde. Bd. I: land und leute. Berlin, Weidmann 1883. 8. 566 p. 8 mk.

Cauer, Fi'id. , de fabulis Graecis ad Romam conditam pertinen- tibus. Berolini 1884. 8. Dias.

356 Literatur. Nr. 6.

Faßbaender, Franc. , de optativo futuri. Lipsiae 1884. 8. 60 p.

Gilbert, Otto, geschichte und topographie der stadt Rom im al- tertbum. Erste abth. Leipzig, Teubner 1883. 8. 368 p.

Homer 's Ilias. Für den schulgebraucb erkl. von Karl Frid Ameis. 2. bd. 3. heft. Gesang XIX— XXI bearb. von C. Hentze. Leipzig, Teubner 1882. 8. Anhang. 7. heft: zu gesang XIX— XXI bearb. v. C. Hentze. Leipzig 1882.

Biese, J., die entwicklung des naturgefühls bei den Römern. Kiel, Lipsius u. Tischer 1884. 8. 210 p.

Hoyer, Rudolf, de Antiocho Ascalonita. Bonn 1883. 8. 52 p.

Sturm, Joh. Baptista, Quae ratio inter tertiam T. Livi decadem et L. Coeli Antipatri historias intercedat. Wirceburgi 1883. 8. 54 p.

Aeschyli Agamemno einend. David S. Margolionth. Londini, Mac- millan 1884. 8. 72 p.

Gregorovius , Ferd., der kaiser Hadrian. Gemälde der römisch- hellenischen weit zu seiner zeit. 3. aufl. Stuttgart, Cotta 1884. 8. VI, 505 p.

Sophoclis Electra scholarum in usum edid. Frid. Schubert. Lip- siae, G. Freytag 1884. 8.

Nitzschner, Aug., de locis Sallustianis qui apud scriptores et gram- matica veteres leguntur. Hannoverae 1884. 8.

Studniczka, Franz, vermuthungen zur griechischen kunstgeschichte. Wien, Konegen 1884. 8. 46 p.

Haas, Alfred, Quibus fontibus Aelius Aristides in componenda declamatione quae inscribitur ngog nkdriova vnto rüjv TiTiaotav usus sit. Gryphiswaldiae 1884. 8. 95 p.

Bauer, Ludwig, das verhältniß der Punica des C. Sirius Italicus zur dritten dekade des T. Livius. Eine vergleichende studie. Erlan- gen 1883. 8. 60 p.

Nitzsch, Carl Wilh., geschichte der römischen republik. Nach dessen hinterlasseuen papieren und Vorlesungen herausgeg. von Georg Thouret. Band I: bis ende des Hannibalischen krieges. Leipzig, Duncker u. Humblot 1884. 8. XV, 203 p.

Manitius, Max, Anonymi de situ orbis libri duo. Stuttgart, Cotta 1884. 8. XIV, 96 p.

Susemihl, Franc, de carminis Lucretiani prooemio et de vitis Ti- siae, Lysiae , Isocratis, Piatonis, Antisthenis, Alcidamentis, Gorgiae quaestiones epicriticae. Gryphiswaldiae 1884. 4. XXII p.

Müller, Lucian, Luciliana. Berlin 1884. 8.

Jacoly, Joh., geist der griechischen geschichte. Auszug aus Grote's geschichte Griechenlands, hrsg. v. Franz Rühl. Berlin, Hofmann 1884. 8. 258 p.

Mayer, Maximilian, de Euripidis mythopoeia capita duo. Berlin, Mayer u. Müller 1883. 8. 83 p.

T. Macci Plauti comoediae. Tom. II, fasc. 5 : Poenulus recc. Hu- scheln schedis adhibitis Georg Goetz et Gust. Loewe. Lipsiae , Teub- ner 1884. 8. XXVI, 176 p.

Herzog, Ernst, geschichte und System der römischen Staatsverfas- sung. Bd. I: königszeit und republik. Leipzig, Teubner 1884. 8. LX1V, 1188 p.

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Nr. 7. Ja« 1884.

Philologischer Anzeiger.

Herausgegeben als ergänzung des Philologus

von

Ernst von Leutsch.

62. Theodor Birt, das antike buchwesen in sei- nem verhältniß zur litteratur , mit beitragen zur textgesehichte des Theokrit, Catull, Properz und anderer autoren. Berlin, Hertz 1882. 8. VII, 518 p. 12 mk.

Das vorliegende werk hat die form des antiken buches und ihr verhältniß zu den litteraturproducten zum gegenständ, einen stoff, der bisher nur gelegentlich in einzelnen kapiteln der hand- bücher über paläographie oder privatalterthümer gestreift war, hier aber mit dankenswerther grttndlichkeit unter berücksichti- gung der gesammten litteratur zusammenfassend bearbeitet ist.

In dem ersten der neun kapitel „die buchterminologie", zeigt Birt, daß ßißXog ßiß/.iov Über volumen nicht nur sachlich, sondern vor allem räumlich abschnitte eines gesammtwerkes bezeichnen. Dieses selbst würde durch corpus aäfta aa^äiiov bezeichnet. Cap. 2 „das pergament" behandelt das büchermaterial. Obwohl neben dem uralten papyrus bei den asiatischen barbaren per- gament bekannt und in gebrauch gewesen sei, sei der papyrus doch im classischen alterthum das durchaus übliche material ge- wesen, pergament, gering im preise, sei nur von armen oder zu brouillons verwandt. Durch den gebrauch zur kirchlichen litte- ratur habe das pergament auch wieder für die profanlitteratur allgemeinen eingang gefunden. Einen Zeitpunkt gebe die Um- schreibung der bibliothek zu Caesarea 400 n. Chr. auf perga- ment. Cap. 3 „das buch als träger der schrift" sucht den einfluß der rollengröße der Papierfabriken auf den schriftsteiler bei eintheilung seines Werkes nachzuweisen, eine Untersuchung zu der cap. 4 „die buchzeile" (die stichometrischen fragen) die Philol. Anz. XIV. 25

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fortsetzung bildet. Birt bestimmt als normalgröße den hexa- meter mit etwa 35 buchstaben. Cap. 5 „die buchseite " be- handelt unter anleitung der bekannten Pliniusstelle die blatt- breite. Eine prüfung sämmtlicher papyrusreste aus dem alter- thum ist freilich für dies aufgestellte normalexempel nicht gün- stig. In cap. 6 „die buchgröße" erörtert Birt den unterschied der großen des prosa- und poesiebuchs, in cap. 7 die fragen, die in das gebiet der edition einschlagen , in cap. 8 die Störungen der antiken buchform unter revision der gesammten antiken lit- teratur von diesem gesichtspunkt aus. In cap. 9 „das voralex- andrinische buchwesenu wird für diese zeit die theilung der werke in bücher geleugnet und ihr das „großrollensystem" vin- dicirt, das erst der von der alexandrinischen gelehrsamkeit durch- geführten buchtheilung gewichen sei. Der erfinder des kleinrol- lensystems sei Callimachus.

Die folgende besprechung geht außer auf die grundlagen der Birtschen deductionen normalzeile und normalexemplar nur auf die punkte näher ein, wo eine erneute besprechung von nutzen scheint.

Gegen die strengen Scheidungen der Birtschen terminologie der antiken ausdrücke hat E. Bohde (Gott. gel. anz. 1882, stück 49, p. 1537 ff.) durchschlagende gründe beigebracht, und man wird an Fr. Ritschrs erklärung festhalten müssen, daß ßi- ßkog ßißXiov Über mit „rolle" in nachalexandrinischer zeit zwar häufig zusammenfallen, es aber nicht an unbeträchtlichen aus- nahmen fehlt.

In bezug auf das großrollensystem der athenischen zeit ver- mag ich Birt nicht beizupflichten. Die aus Plato (z. b. Apolog. 26 D), Isokrates (Panath. 250) sich ergebende starke Verbreitung des bücherlesens setzt offenbar auch handliche formate voraus. Das zeugniß des Thukydidesscholiasten kann doch nur einen zweifelhaften werth haben. Auch ist es nicht festgestellt, ob neben der gesammtpublikation eines historischen prosa Werkes, nicht ausgaben von rhapsodienartigen theilen wozu das Vor- bild Homer's und die sitte der öffentlichen Vorlesungen angeregt haben dürften nebenherliefen , und man könnte die resultate der Kirchhoff'schen Untersuchungen über die entstehung des He- rodotischen geschichtswerks unter diesem gesichtspunkt verwenden oder modificiren. Indessen bleibt dies ohne eingehenden beweis

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hypothese und kann daher zunächst nicht gegen Birts anschauung verwandt werden. Besser sprechen schon Plato, Aristoteles, Epho- rus gegen ihn. Wenn von Aristoteles dialogen z. b. der tieqi dtxaioovitjQ in vier büchern vorlag und jedes buch durch ein besonderes prooemium eingeleitet wurde, so darf dies nicht al- lein in der weise erklärt werden, wie es Birt p. 472 ff. thut. Gewiß ward Aristoteles durch die kunst der composition zu thei- lungen veranlaßt , aber weshalb hat er den dialog gerade auf diesen umfang beschränkt, und warum haben die alexandrini- schen gelehrten hier keine andere theilung vorgenommen ? Sicher war es ihm darum zu thun, seine Schriften in handlichem format zu edieren und sie so dem publikum annehmbar zu machen. Auch über Plato urtheilt Birt nicht richtig. Man beachte den umfang der apologie, an deren weitester Verbreitung dem Plato ohne zweifei sehr viel gelegen hat. Auch von den sonstigen Schriften des Plato sind es nur zwei, die in das system des groß- rollenwesens gut hineinpassen, der Staat und die gesetze. Wenn von ersterm werke Plato bereits eine erste ausgäbe in viel hand- licherer form, wie Krohn nachgewiesen hat, veranstaltet hat, wie sollte der philosoph dazu gekommen sein, dieses werk in einem für den leser so unbequemen convolut zu vereinen? Auch hier werden mehrere partien zu scheiden sein , und eine diesbezüg- liche aufmerksame iektüre des Werkes wird die spuren noch er- kennen lassen. Anders steht es mit den gesetzen. Sie sind von Plato selbst nicht in einer rolle ediert. Als paralipomenon fiel die herausgäbe dieses Werkes seinen schülern anheim. Die tradition schreibt die redaktion und herausgäbe desselben dem Philipp von Opus zu. Diogen. Laert. III, 27 : svioi cpaaiv, ori &iki7inog o 'Onovvxiog tohg Nöfxovg avtov [AeTsygctxpsv ovzag £v xrjQio Tovzcp ds xai ir\v ^EnivoyiiSct. cpaaiv ehai. Suid. s. v. cpi- loaocpog og tohg TlXäravog Nofxovg dtsiXev arg ßißXt'ct iß'' to yäg iy' ctvtog ngog&Eivai Hyszai, wo der name Philipps aus- gefallen ist , wie Boeckh in Plat. Minoem p. 73 nachgewiesen. Aus welchem gründe Birt diese notiz verwirft , ist nicht einzu- sehen , da er doch sonst sich durchaus nicht abweisend gegen grammatikerzeugnisse verhält. Zur begründung dieser Verwer- fung führt er eine ganze reihe von Zeugnissen an, bei denen die redaktion von werken auf mythe beruht. Aber weshalb ist hier nicht angeführt, daß Eudemos die metaphysik des Aristoteles

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herausgegeben? Diese nachricht beruht allerdings auf so guter grundlage, daß Birt nicht wagen wird, dieselbe anzugreifen. Ferner unterscheidet sich die notiz bei Diog. Laert. II, 56, daß Xenophon des Thucydides geschichte ediert habe, während er sie doch vernichten konnte, beträchtlich von der oben erwähnten nachricht über Philipp von Opus. Nun hat aber auch Ivo Bruns (Piatos Gesetze, Weimar 1880) in scharfsinniger weise nachgewiesen, daß Philipp von Opus der gewaltsame redaktor der gesetze gewesen ist. Es ist daher jene Verwerfung dieser notiz von Seiten Birts nicht gerechtfertigt. Hierzu tritt noch der umstand ergänzend hinzu, daß auch bei Ephoros die buch- theilung auf den Verfasser selbst zurückgeht. Das werk lag dem Diodor XVI, 76 in dreißig büchern vor, jedes dieser xara yivog gesonderten bücher hatte je ein prooemium, welches als ein machwerk eines spätem redaktors hinzustellen kein grund vorliegt. Birt selbst muß hier zugeben (p. 471), daß diese buch- theilung bei Ephoros nicht zu leugnen sei. Er sucht dieselbe jedoch dahin zu erklären, daß „notwendigerweise , sich dem, der von den Herakliden ab erzählte, der stoff nach zeit und nach ort in große gruppen theilte; auch Herodot erzähle ja xaz« yhog ; während aber bei diesem die theilung in bücher zur Verdeutlichung der Stoffgruppierung nichts beitrüge, so wäre sie beim Ephorus offenbar geschickter und etwa so geschickt gemacht, wie in der Ilias ; wie die Ilias, so konnte auch Ephoros anfangs in fitgt] zerfallen". Jedem, der diese argumentation Birts liest, wird es klar, daß Birt sich nicht der nothwendigkeit ent- ziehen kann, daß bei Ephoros schon früh eine Scheidung des werkes in theile eingetreten sei. Wenn man sich den umfang der bücher des Ephoros nach analogie der uns erhaltenen histo- riker und nach dem überlieferten inhalt vergegenwärtigt, so wird jedem einleuchten, daß diese dreißig bücher nicht in einer rolle standen. Ferner umfaßte Theopompos geschichtswerk («*» oig Tag ts täv EhXrjvcov ytal ßuQßaQCov ngd^etg fiSXQi v^v cc7zayysXXofitvag eati laßsiv) mehr als 150000 satj nach Phot. Bibl. cod. 176, p. 120b, 33 ed. Bekker. Soll man sich nun diese gesammten 150000 S7i7] in einer rolle denken? Es ergiebt sich also, daß sowohl das geschichtswerk des Ephoros als auch das des Theo- pomp gleich von ihrer herausgäbe an, nicht in einer einzigen rolle vereinigt sein konnten. Eine derartige rolle wäre für die

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lektüre des Werkes ein hindernis gewesen. Welche last mußte es sein, eine so schwere rolle beim lesen in der hand zu halten ! Aus allen den angeführten argumenten geht also deutlich hervor, daß in Athen keineswegs das großrollensystem in der weise geherrscht hat , wie Birt annimmt. Auch hier sah man schon auf handlichkeit der rollen. Nirgends auch nicht bei den komikern, wo sich doch so leicht ein anlaß geboten hätte, findet sich eine andeutung, aus der die mangelhafte handlichkeit der rollen ersichtlich wäre. Wenn also somit das „kleinrollensystem" auch für das perikleische Athen anzunehmen ist, so fällt damit auch die bedeutung, welche Birt dem Kallimachos beilegt. Der ausspruch des letzteren ro ue'ya ßißXiov i'aop efoat 7% fxeyäXq> xuxm1) muß also die bedeutung behalten, welche ihm Merkel prolusio ad Ibin p. 341 und später Rohde Geschichte des griechischen romans 1870, p. 56 gegeben haben. Birt in- terpretiert diesen ausspruch des Kallimachos allerdings mit großer schärfe und divinatorischem talent, aber dennoch hat mich seine argumentation nicht überzeugen können. In Verbindung mit dieser frage bebandelt Birt auch p. 485 ff. die bedeutung der ßlßXoi avfxuiyelg und uuiyetg. Die notiz über dieselben findet sich bei Ttzetzes proleg. ad Aristophanem, der hier alten quellen folgt: 8vai ßißXio&ijxaig ruvraig (sc. rag ßi'ßXovg) unsdezo, wv 7tjg exTog fisv i\v agi&uog 7S7Qay.iguvgiat dtg%iXtai 6x7axöoiai, 7>]g 81 eaco läv avax7ogmp xai ßaoiXeiov ßlßXcov psv av/a/xtuäv (cod. Ambros. ; avuuiyäv cod. Paris.) ugi&uog 7saaagdxov7a fiv- giadeg, änXäv de xai d/xiayäv (cod. Ambros. ; upnymv cod. Paris.) ßißXcov nvgiddsg hvta, tag ö KaXXtuayoq veavioxog &v tr\g aiXrjg vG7hQ(og /xs7u 7rtv arogd'coaiv 7ov g nivaxag uvtwv an?yoä\pa7o. Birt hält nun beide hier mit ovu^tiysTg und äuiyslg bezeichneten rollen für solche, die in das großrollensystem gehören (p. 490). Die avuuiyslg faßt er als miscellanhandschriften auf, die uuiyüg dagegen als handschriften, in denen nur Schriften desselben Ver- fassers, in der regel wohl nur ein werk zusammengestellt waren.

1) Die worte stehen bei Athenaeus III, p. 72 A und werden ein- geführt: KakXifxctyog 6 yg et, ufxct7iy.bg tktytv. Birt erklärt dies iktytv p. 483 : „Kallimachos pflegte zu sagen", doch ist diese Übersetzung nicht unbedingt nothwendig. Denn man muß hierbei in erwägung ziehen, daß der aorist tlnov nie zur einführung von citaten gebraucht wird. Hier werden nur die von Xiyco gebildeten formen angewandt, und das imperfekturn tritt dann subsidiarisch für den aorist ein.

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Doch gesteht er selbst p. 491 ein, daß bei dieser erklärung die zahlengröße der av/ifiiyslg unerklärbar und unverständlich er- scheint. Eine änderung dieser Zahlenangabe hat Birt also nicht gewagt , er hält dieselbe demnach für richtig. Dieser umstand allein muß zweifei an der richtigkeit der Birtschen erklärung er- regen. Es ist nun in erster linie die frage , ob die worte a>g KaXXiua^og ansygdxpaTO sich sowohl auf die av(X(iiyilg ßißXoi als auch auf die äpiysTg beziehen. Ich glaube, es ist nur das letztere der fall, wie die begründung im folgenden zeigen soll. Die worte jwer« t\v avoQ&oaoiv hat Birt nicht beachtet. Es fragt sich, worauf sich die ttvoo&eoaig des Kallimachos erstreckte, und welche dieser bücher aus derselben hervorgegangen sind. Sicher die geringere anzahl von 90000 äfityug. Schon diese auffassung führt auf den unterschied zwischen av^fiiynlg und ccfiiyslg. Die erstem sind die Schriften bunt durcheinander ohne Ordnung, ohne recension, die letztern die, welche aus der avogümaig hervorgegangen sind. Daß diese erklärung auch die richtige ist , beweist der text des Plautusscholions : duas bibliothecas fecit, älter am extra regiam, alter am autem in regia. In exteriore autem fuerunt milia voluminum quadraginta duo et octingenta ; in re- giae autem bibliotheca voluminum quidem commixtorum volumina quadraginta milia, simplicium autem et digestorum milia nonaginta, sicuti refert Callimachus. Es wird ferner hierdurch verständlich, daß in der pergamenischen bibliothek, welche Antonius der Kleo- patra schenkte, nur noch ßißlia änlä waren (Plut. Anton. 58). An der erhaltung der ovmjuyr} hatte man kein interesse; sie waren von den Ptolemaeern nur in der großen anzahl angekauft, um an der hand verschiedener exemplare die avoq&coatg zu er- möglichen.

Daß in Alexandria eine buchtheilung der Schriftsteller bei der av6o9(oaig unternommen wurde, ist allerdings nicht zu leug- nen, aber dabei sind drei punkte zu beachten:

1) Die buchtheilung erhielt keine allgemeine geltung. Dies beweisen zahlreiche angaben, in denen die spätem schriftsteiler die frühern nach verschiedener buchzahl ci- tieren. Das historische werk des Thucydides liegt uns heute in acht büchern vor. Man pflegt diese theilung auf die Alexan- driner zurückzuführen, aber mit recht? Diodoros XII, 37. XIII, 42 las selbiges werk in neun büchern, der Thucydidesscholiast

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(ad. Thuc. IV im.) gar in dreizehn büchern, vgl. Osaun im Philol. IX, 543. Krüger, Histor. philol. Studien I, 259. Von diesem gesichtspunkte aus sind auch die verschiedenen buchan- gaben des geschichtswerkes des Theopomp zu beurtheilen, welche Birt p. 461 f. angeführt hat. In gleicher weise ging es mit Homer , die rhapsodien waren auch nicht ursprünglich gleich, aber hier hat sich zuerst ein allgemeingültiger gebrauch einge- bürgert , jedenfalls weil sie das gelesenste buch waren und na- mentlich als Schulbuch dienten. Die zahl dieser beispiele sämmt- lich anzuführen kann nicht unser zweck sein.

2) Die buchtheilung der al exandrinischen ge- lehrten ging in gleicher weise von dem gesichts- punkte der handlichkeit aus, wie dies auch früher der fall gewesen war. Dies beweisen aufs deutlichste die rfirjfiuza vgl. Birt p. 494 f. Daß man aber auch einen zu klei- nen umfang nicht bei jeder Schriftart zuließ, zeigen die dich- tungen Epicharms, welche Apollodoros von Athen auf zehn zö- uoi vertheilte (Porphyr. Vit. Plotin. 24), ferner die reden des De- mosthenes , von denen jedes mal sechs vereint gewesen zu sein scheinen Birt p. 308. In gleicher weise finden wir von den Schriften des Antisthenes nach dem katalog bei Diog. Laert. VI, 15 f. nicht nur verschiedene selbständige biographien, sondern auch solche Schriften in einem tö/jiog vereint, die an sich wieder in mehrere bücher zerfielen. Es ist demnach evident, daß buch und stück nicht zusammenfielen, vielmehr in derselben rolle mehrere stücke vereint waren. Dabei ist auch zu beachten, daß der alexandrinischen zeit die Vereinigung mehrerer Schriften in eine rolle nicht unbekannt war , vgl. Galen. XVI, p. 5. Es gab also kein „machtwort" des Kallimachos, welches unmittelbar bewirkte, daß seit dieser zeit die papierfabriken des Nildeltas sich geradezu angewiesen sahen, keine buchrolle über 200 Seiten her- zustellen.

3) Ein normal ex empl ar ist weder vonden Alex- andrinern für die ältere litteratur geschaffen, noch hat es später existiert, wie Birt p. 82 glaubt. In späterer zeit ist man allerdings immer auf die textrecensionen der Alexandriner zurückgegangen , aber nicht aus dem gründe, weil sie ein normalexemplar waren in dem sinne, wie Birt meint, sondern weil die exemplare dieser recension den reinsten text

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boten, da den redactoren derselben bei der ävÖQ&woig das reichste material (vgl. oben) zu geböte gestanden hatte.

Die auseinandersetzungen Birts über die normalexe m- p 1 a r e bilden einen so hervorragenden punkt seiner ganzen auf- fassung, daß es sich verlohnt, auf diese hypothese ausführlicher einzugehen. Seit Kitschis epochemachender abhandlung ist wie- derholt über die stichometrie gehandelt. Birt bringt in seiner besprechung dieser frage kein neues material, er stützt sich we- sentlich auf Charles Graux' abhandlung (Nouvelles recherches sur la stichometrie in Eevue phil. II, Paris 1878), aber die sti- chometrische frage ist durchaus noch nicht vollständig klar ge- legt und eine erneute durchforschung dieses gebietes wäre sicher von nutzen gewesen. Denn wenn Curt Wachsmuth die sticho- metrie auf mittelalterliche handschriften zurückführen und Blaß die beim Demosthenes überlieferten crr/pt mit erfolg als sinn- zeilen erweisen konnte, so mußte hieraus hervorgehen, daß die wissenschaftliche grundlage, auf welche die Untersuchungen über stichometrie basierten , keine feste und über allen zweifei erha- bene war. Für eine erneuerte Untersuchung dieser frage wird es dringend nothwendig sein, die herkulanischen texte genau zu collationieren. Denn jene anerkannt schlechten editionen der Italiener können nicht stichhaltig sein, und so lange der text derselben nicht genau festgestellt ist, werden alle conjekturen, welche etwa hier gemacht werden, in der luft schweben. In eine neue phase sind die stichometrischen Untersuchungen ohne zweifei durch Diels' kleinen aufsatz in Hermes XVII, 1882, p. 377 384 gekommen. Er hat erwiesen, daß die gti'xoi nicht nach buchstaben, sondern nach silben gemessen wurden, ferner hat er zwei arten der ati^oi praecisiert. Die übrigen von die- sen abweichenden faßt er in eine dritte classe zusammen. Aber in dieser sind die Gtlfni doch auch nicht gleich , sondern ver- schieden. Es scheint mir außerdem nicht ohne bedeutung, daß Galenos V, p. 655 ed. Kühn, eine stelle, die Birt p. 216 nicht in beifall erweckender weise behandelt hat, die sat], welche er als maß annimmt, an beiden stellen als i^dftszQa und die ari^oi als rjQcomoi bezeichnet. Dieser zusatz kann doch unmöglich ein müßiger sein •, er wäre es , wenn zu Galenos' zeiten ein jeder unter azi%og einen solchen von bestimmter ausdehnung verstan- den hätte. Dieser zusatz IjQouxvg macht es aber evident, daß

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es damals schon eine verschiedenartige Stichenrechnung gab. Andere Stichenrechnungen waren vorhanden , wie die Subskrip- tionen unter den Plutarchischen viten beweisen , welche Birt p. 203 durch conjektur zu beseitigen sucht. Ein grund muß al- lerdings vorhanden gewesen sein, weshalb die schreiber des al- terthums die zeilen nie bis ans ende in gleicher weise ausfüllten. Auch die außerattischen inschriften zeigen eine derartige Schreib- weise. Nicht ohne nutzen wird es für die stichometrische frage sein auch die papyrusurkunden herbeizuziehen. Birt hat die- selben allerdings p. 275 in den kreis seiner Untersuchung hin- eingezogen , aber nicht ausgebeutet. Lehrreich wären in dieser beziehung diejenigen Urkunden gewesen, welche wir in verschie- denen abschritten besitzen. Hierher gehört namentlich Notices extraits XVII, 2, nr. 18, welche ebenfalls in Leyden ist. Das beste exemplar aber besitzt die Ambrosiana in Mailand, welches in Deutschland wenig bekannt zu sein pflegt , trotzdem es von Ceriani in Rendiconti del r. istituto Lombardo, serie II, vol. IX, fasc. XV veröffentlicht ist.

Alsdann möchte ich fragen , ob die stichometrie wirklich von großer bedeutung ist, wie man zu glauben scheint. Im al- terthum hat man sich nicht so viel um die üti/oi gekümmert, denn es kann nicht zufällig sein , daß so wenig nach oti%oi ci- tiert wird (Birt p. 175). Wenn eine derartige rechnung wirk- lich allgemein gültig gewesen wäre , so hätten die scholiasten und interpretatoren sicher mehr, als es geschieht, diese hülfe benutzt.

Nicht anders steht es mit den normalexemplaren , welche nach Birt in den bibliotheken existiert haben sollen. Es ist doch bemerkenswerth, daß nur einer der uns erhaltenen papyri sich für Birt p. 216 als normalexemplar erweist, und auch die- ser ist kein normalexemplar im Birtschen sinne , denn er hat nicht die von Birt angenommene normalzeile zu 36 buchstaben, wie durch rechnung leicht zu ersehen ist. Dann muß es doch wieder auffallend sein , daß die Evdt^ov ti'fvi] , sicher eine sehr alte handschrift, im texte des verso die normalzeile nicht hat, wohl aber auf dem averso Birt p. 279. Bei diesen Untersuchun- gen hat Birt eine stelle des Kastor nicht gewürdigt, in welcher es (Rhet. graec. III, 721, ed. Walz) heißt: zoltov rbr löyov (Demosth. nqo^ t>jv imßToXtjv) azi^ofxsv xazu y.w\ov xuiaazr/auvTES

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slg trjv noouzt]7a rcav aälmv xaru rbv ägi&fior tov iyxeC- (isvov iv toig a q%u 10 i g ß X i o ig mg ifiirgtjasv avtog 6 /Jrjfxoa&ivqg tov l8lov Xoyov. Die im druck gekennzeichneten worte können doch nur beweisen, daß die zahl der oti^oi in den alten Codices angegeben war, sie bezeugen aber nicht, daß die <XQ%aia ßißXia in ati^oi geschrieben waren. Hätte Kastor dies bezeichnen wollen, so hätte er sich anders ausgedrückt, und seine reconstruktion wäre nicht nöthig gewesen. Es ist also klar, daß es zur zeit des Kastor selbst keine normalexemplare, wie sie Birt annimmt, gab.

Ueber den zweck der stichometrie hat Birt p. 206 ff. ganz richtig geurtheilt, sie hatte wohl dieselbe bedeutung, wie unsere heutige bogenzählung und konnte auch dann noch als maß die- nen, als sie nicht mehr innegehalten wurde.

Daß das format zu den verschiedenen zeiten nicht gleich war, zeigen Ovids worte, der in den Tristien von seinen Amores rühmt, daß sie auch in einer zierlichen miniaturausgabe ver- breitet würden. In späterer zeit unterlag das format in gleicher weise der mode vgl. Gardtbausen Griechische paläographie p. 63.

Eine technische frage scheint mir Birt nicht scharf genug gefaßt zu haben. Er nimmt an, daß die rolle bis zu 20 blätter (nach Plinius, conjektur) von den papierfabriken verkauft wurden. Doch scheint mir dies aus Martials Worten VII, 85 gefolgert zu sein, dem es schwer fällt seine rolle zu füllen. Die sache scheint vielmehr, wenn man Martianus Capeila Nupt. phil. II, 2 1 9 ff. liest , sich so zu verhalten , daß die rollen von den pa- pierfabriken in einer gewissen minimallänge fabriciert wurden und in den handel gingen, daß nur an einem ende, welches den anfang bilden sollte , der umbilicus befestigt war. Der Schrift- steller resp. der abschreiber konnte nun die rolle beliebig ver- längern, indem er einen bogen nach dem andern anklebte und zuletzt am ende den umbilicus befestigte. Daß durch ankleben sehr häufig die rollen verlängert wurden , läßt sich durch viele beispiele aus den Schriftstellern z. b. Apocal. 18, 5 erhärten.

Den begriff der aellg hat wohl Birt nicht präcis genug ge- faßt. P. 159 sagt er: „ein raummaß ist die seite (soll wohl heißen die columne) asXlg pagina", aber aus seinen notierungen über papyri des Berliner museums p. 259 ff. geht hervor, daß er unter aeVig den bogen versteht, durch dessen anklebung die

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rolle verlängert wurde. (Daher die xoXh'j/Accza zav asl.i'dcov vgl. Gardthausen, Griech. paläographie p. 63 u.). Jedem, der sich mit den griechischen papyri beschäftigt hat, ist es bekannt, daß blatt und columne nicht zusammenfallen , vielmehr dieselbe columne auf zwei aneinandergeklebten blättern stehen kann.

Birt hat sich nicht die frage vorgelegt , ob die Schreibung in columnen zu allen zeiten üblich gewesen sei. Nach verglei- chung der altern ägyptischen papyri glaube ich annehmen zu können, daß man auch ohne columneneintheilung schrieb. Dies scheint mir der umstand zu beweisen, daß wir von Sueton erfahren, daß in des Naevius bellum Punicum die verse continenti scriptura d. h. ohne absatz geschrieben wurden. Ein rest dieser Schreib- weise hat sich in den Urkunden erhalten. Hierbei möchte ich auch darauf aufmerksam machen, daß die lyrischen versmaße nicht in der weise geschrieben wurden , wie wir sie absetzen. Bei Horaz wurde ursprünglich nur abgesetzt, wenn das systema zu ende war. Denn wie hätte es sonst geschehen können , daß jene ode III, 12: Miserarum est neque amori etc. mit so ver- schiedenartigem absatz überliefert wurde, während das ende des systema in allen gleich ist. Hierdurch scheinen mir auch die stichosangaben bei Sophokles (vgl. Birt p. 193), welche mit un- serer verszählung nicht übereinstimmen, ihre erklärung zu finden. Die conjekturen, welche Birt zur beseitigung der angeblichen differenz gemacht, werden durch die von mir gegebene deutung überflüssig.

Eine andere frage , welche Birt nicht eingehend genug be- handelt hat, ist folgende: wann ist der codex zuerst in gebrauch gekommen? Birt kommt allerdings auf diese frage zu sprechen, aber gleich die Überschrift des betreffenden abschnittes: „das pergament" veranlaßt mich zwei irrthümer zu berichtigen. Birt trägt sich fortwährend mit der falschen Vor- stellung, der papyrus sei theurer gewesen, als das pergament. Nirgends giebt es einen beleg dafür, und wenn er auf die preise beider (p. 83 ff.) näher eingegangen wäre, so würde er gefunden haben, daß das gegentheil der fall ist. Vielleicht ist dieser irr- thum veranlaßt durch eine Hieronymusstelle Ep. LXXXII Vall.: legi, inquam, legi Originem et si in legendo crimen est, fateor. Et nostrum marsupium Alexandrinae chartae ev acuerunt. Dies darf doch nicht dahin erklärt werden, daß der papyrus so hoch

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im preise stand , sondern ist vielmehr so aufzufassen , daß die werke des Origines als solche gleich viel auf welchem material sie geschrieben waren , einen guten preis hatten. Der zweite irrthum Birts ist der , daß er unter codex fast immer eine per- gamenthandschrift versteht. Giebt es denn keine papyruscodices? Birt zählt allerdings p. 120 einige auf, aber diese aufzählung ist nicht vollständig. Es fehlt einmal das älteste beispiel , auf das ich sogleich zu sprechen komme, und das Birt auch andern- orts in anderer Verbindung p. 218 anführt. Ferner muß es auf selbiger seite in anmerk. 9 nicht heißen : „hierher gehört auch der Mailänder Iosephus auf charta", sondern „der Mailänder ßufinus auf charta". Zu diesen beispielen mußte noch der cod. lat. nr. 44 der Münchener Staatsbibliothek hinzugefügt werden. Ueber ihn vgl. Philologus XLIII , 1884, p. 108. Er gehört in das zehnte Jahrhundert. Gerade durch dies beispiel wird er- kenntlich , wie lange sich der papyruscodex noch erhalten hat. Daß auf unsere zeit so wenig exemplare derartiger handschriften überkommen sind , hat seinen grund darin , daß der papyrus nicht den zähen widerstand leistete, sondern leicht schlecht wurde. Ferner hat Birt übersehen : homilienfragmente des 8. oder 9. Jahrhunderts im königl. archiv zu Florenz , sehr schlecht veröf- fentlicht von Zannoni im codice diplomatico Toscano I, 1, p. 113 127 und homilienfragmente des papyrus Lambruschini (Flo- renz) vgl. unten p. 374.

Daß aber papyrus häufig in codexform gebraucht wurde, konnte Birt einmal aus jener von ihm p. 9 7 f. behandelten Ulpianstelle (Corp. iur. civ. 1. 52 pr. de legat. et fide III) er- fahren , in der Codices chartacei genannt werden , dann aber auch aus einer stelle eines briefes des Hieronymus an Lucilius (ed. Migne nr. 71, p. 671a), welcher in das jähr 398 gehört. Birt hat diese stelle nicht angeführt. Die worte lauten : opus- cula mea quae non sine merito, sed bonitate tua desiderare te dicis ad describendum Jiominibus tuis dedi et descripta vidi in charta- ceis codicibus. Durch diese worte wird auch eine andere behauptung Birts p. 112, daß des Hieronymus Schriften auf rollen berechnet waren, widerlegt. Denn wenn dies wirklich der fall gewesen wäre, so hätte Hieronymus ohne zweifei dahin gewirkt, daß die exemplare für Lucilius auch in dieser form ab- geschrieben wurden.

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Das durchdringen des codexformates glaubt Birt nun an folgende notiz anknüpfen zu können. P. 100 : „sobald wir das vierte Jahrhundert betreten, stoßen wir auf jene viel citierte nach- richt über die bibliothek des Pamphilus in Caesarea : die p a- pyrusrollen dieser bibliothek waren zum theil schadhaft ge- worden ; zwei priester , Acacius und Euzoius , unternahmen es sie auf membrane zu erneuern. Dieses umschreiben einer ganzen buchsammlung scheint so bedeutsam , daß wir dies ereignis typisch zu fassen geneigt sein könnten und nach ihm das Jahrhundert des sieges des christenthums als die zeit anse- tzen, in welcher der codex in buchform durchdrang". Woraus geht es nun aber hervor , daß die bibliothek des Origines auf rollen geschrieben war? Hieronymus sagt ep. 141: Pamphilus tunc maxime Originis libros impensius prosecutus Caesariensi ecclesiae dedicavit : quam ex parte corruptam Acacius dehinc et Eu- zoius eiusdem ecclesiae sacerdotes in membranis instaurare conati sunt und Hieronymus de vir. illustr. IV2, p. 126 Mart. : corruptam bibliothecam Originis et Pamphili in membranis instaurare conatus est. Es kann nun durch nichts bewiesen werden , daß libri in der zeit des Hieronymus rollen bedeutet habe , ja des Hieronymus worte im commentar zu Ecclesiast. 12, 13 und in der einleitung zum buch Hiob : libros in membranis purpureis auro argentoque de- scriptos : onera magis exarata quam Codices müssen eine derar- tige Übersetzung widerlegen. Die von Birt vorgeschlagene deu- tung dieser stelle kann also nicht unbedingt zugegeben werden, vielmehr hat folgende erklärung dieselbe berechtigung. Als grund der Umschreibung der bibliothek auf membrane wird die leichte Zerbrechlichkeit und mangelhafte haltbarkeit angegeben (facilis senectus papyri scripta corrumpat). Es kann demnach keine Widerlegung folgender deutung jener notiz unternommen werden : die bibliothek des Origines habe papyruscodices umfaßt, und da diese schadhaft geworden, habe man alles auf pergament umge- schrieben. Ich will hier keineswegs behaupten, daß die biblio- thek nur aus papyruscodices bestanden habe, sondern nur als un- zweifelhaft hinstellen , daß wir sehr wohl berechtigt sind , das codexformat schon für exemplare der erstem gestalt der biblio- thek in anspruch zu nehmen. Demnach ergibt sich, daß unmög- lich auf diese notiz die meinung sich stützen kann, daß gerade in dieser zeit die codexform allgemeine geltung und Verbreitung

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gefunden habe. Den Zeitpunkt nun zu ermitteln , in dem der codex allgemeinere Verbreitung gefunden habe, ist höchst schwierig. "Wir können nur das aussagen, wann er eine Unmöglichkeit ge- wesen ist, d. i. in der zeit, als sich jene ausdrücke wie volvere, volumen u. a. bildeten , für deren Verständnis die Voraussetzung des gebrauches der rolle unumgänglich nothwendig ist. Nun hat sich unter den papyrusfunden aus Fayyüm, die vom Berliner museum erworben sind, ein bogen aus einem Aristotelescodex gefunden. Das fragment enthält ein stück der 'A&ijvaicov noXi- rsia und- geht im Berliner museum unter pap. graec. nr. 163. Nachdem sich schon Blaß (Hermes XV, 1880, p. 366 ff.) mit dem texte, beschäftigt hatte, habe ich denselben behufs einer sich daran knüpfenden historischen Untersuchung nochmals genau geprüft und kritisch eingehend behandelt : Papyrum Berolinensem nr. 163 musei Aegyptiaci commentario critico adiecto edidit H. L. Gothae, F. A. Perthes 1883. Ich habe mich auf p. 7 bei der datierung der handschrift an Charles Graux' urtheil ange- schlossen, der die handschrift zwischen die Ilias Bankesiana und den Hypereides setzt, jedenfalls sei sie nicht später als das zweite nachchristliche Jahrhundert zu setzen. Wenn ich nun ge- stehen muß, daß die argumente, welche Blaß (Hermes X, 1875, p. 24) für die datierung der Hypereideshandschrift in das jähr 150 n. Chr. vorgebracht hat, keine zwingenden sind, und die schrift aus diesen gründen allein sicher nicht der mitte des zwei- ten Jahrhunderts zuzuweisen ist, so sind doch genügend andere argumente vorhanden, welche es zur evidenz bringen, daß diese Aristoteleshandschrift unzweifelhaft in die mitte des zweiten Jahrhunderts gehört. Schon der charakter und duktus der buchstaben, wenn man diese allgemeinen ausdrücke gebrauchen wollte, weist auf das hohe alter hin. Die schrift ist durchaus sorgfältig, und viele buchstabenformen zeigen eine nicht zu verkennende ähnlichkeit mit den voluminibüs Hercula- nensibus. Daß die handschrift aber jünger als diese ist, geht hervor: 1) aus der in einzelnen fällen z. b. bei « und i einge- tretenen ligatur der buchstaben; 2) aus der form des «, welche die in einem zuge geschriebene , schnell ausführbar ist. Für das hohe alter spricht die alte form des dreistrichigen S in fr IIb z. 13, welche sich in der handschrift nur an dieser stellt findet, während sonst die fünfstrichige, unten geschwungene fori

Nr. 7. 62. Buchwesen. 371

gebraucht wird. Birt selbst erwähnt diese handschrift p. 218 bei der erörterung über die normalzeile. Er will in dieser hand- schrift ebenfalls die normalzeile finden , ja allem anschein nach gilt ihm der codex als ein normalexemplar. Wenn nun Birt an der betreffenden stelle nichts gegen das alter der handschrift einzuwenden2) bat, so giebt er damit zu, daß bereits um 150 n. Cbr. normalexemplare auch in codexform existieren konnten. Wenn somit gegen die oben gegebene datierung dieser hand- schrift sich nichts einwenden läßt , so geht daraus folgendes hervor :

1) bereits im zweiten Jahrhundert n. Chr. war das codex- format üblich ;

2) Birt ist nicht im recht, wenn er das eindringen des co- dexformates mit der Verbreitung der christlichen Schriften in Ver- bindung setzt.

Mit der ersten these soll nun keineswegs gesagt sein, daß das codexformat das damals allein übliche gewesen sei, sondern wir müssen uns die sache vielmehr so denken, daß lange zeit neben einander rolle und codex bestanden, der letztere erst dann der allgemein übliche Vertreter wurde , als der papyrus mehr und mehr durch das pergament verdrängt wurde. Jener codex des Aristoteles ist nun keineswegs ein einsamer zeuge vergan- gener zeiten , sondern es läßt sich die existenz von Codices für diese und noch frühere zeiten nachweisen. Selbst wenn das an- gedeutete der fall wäre, müßten wir erwägen, daß der papyrus leicht vergänglich war, und nur durch diesen oder jenen glück- lichen zufall uns etwas aufbewahrt ist. Jene schon oben ange- führte Ulpianstelle darf keineswegs so ausgelegt werden , daß damals die Codices noch wenig üblich waren und als solche nicht als libri bezeichnet werden konnten. Liber bedeutet damals eben schlechtweg ein litteraturdenkmal , meistens wohl wurden rollen darunter verstanden, doch war der eigentliche begriff schon ver- loren gegangen. Es ist nun eine juristische tüfftelei, wennUlpian

2) Man darf durchaus nicht einwenden , daß die sonstigen in Fayyüm gefundenen handschriften viel jünger sind. Ich führe z. b. an, daß die von U. Wilken in den Berliner sitzungsber. 1883, p. 897 ff. veröffentlichten Urkunden der römischen kaiserzeit (Commodus) ange- hören, aber es sind noch ältere stücke aus der zeit Domitians vor- handen. Ueberhaupt sind die funde noch nicht eingehend genug un- tersucht vgl. Philologus XLIII, 1884, p. 106 ff.

372 62. Buchwesen. Nr. 7.

den angegebenen fall setzt, jemand habe schlechtweg seine Ubri vermacht und die bibliothek habe zum theil aus rollen, zum theil aus Codices bestanden. Nun sei es zweifelhaft, ob unter die Ubri auch die Codices zu begreifen seien. Im gewöhnlichen leben machte man damals keinen unterschied zwischen Ubri und Codices. Das ist eine juristische hypothese , wie sie sich häufig finden und aus den Schriften des Cn. Flavius bekannt sind. Ulpian entscheidet jene Streitfrage durch die autorität des Gaius Cassius : Et Gaius Cassius scribit deberi et membranas libris legatis: conse- guenter igitur cetera quoque debebuntur si non adversetur voluntas testatoris. Aus dem vergleich mit den weiter folgenden Worten dieser digestenstelle, wo abermals des Gaius Cassius entscheidung in selbiger angelegenheit citiert wird, geht hervor, daß die rechts- frage bei Cassius folgendermaßen stand: A hat an B testamen- tarisch seine Ubri vermacht. Es finden sich nun im nachlaß so- wohl auf papyrus , als auf membrane geschriebene exemplare 3). Nun entsteht die frage, ob unter die Ubri auch die membranen einzubegreifen sind. Cassius bejaht die frage, da ja die auf membrane geschriebenen exemplare auch litteraturdenkmäler (Ubri) repräsentierten 4). Anders steht die juristische frage bei Ulpian. Auch hier ein Vermächtnis in gleicher weise, nur fin- den sich iriür- nachlaß Codices sowohl auf membrane als auf pa- pyrus 5) , und es entsteht die frage , ob die Codices auch unter die Ubri neben den vorhandenen rollen (volumina) zu begreifen sind. Ulpian bejaht die frage durch Schluß nach analogie der entscheidung des Gaius Cassius.

Lange vor der zeit des Ulpian waren aber Codices schon in gebrauch. Aus der zeit des Augustus wird ein Anakreon- codex erwähnt Anth. Pal. IX, 239 (Krinagoras). Vergebens sträubt sich Birt p. 89 gegen eine derartige auffassung dieser stelle. Aber es steht zweifellos fest, daß rtv^og hier codex be- deutet , doch ist damit noch nicht gesagt , daß diese handschrift

3) Ich gebrauche absichtlich diesen unbestimmten ausdruck. Denn aus Cassius worten läßt sich kein schluß ziehen, ob die bibliothek nur rollen, oder Codices und rollen umfaßte.

4) Cassius lebte im ersten Jahrhundert n. Chr. Man darf aus der stelle keineswegs folgern, daß in der zeit desselben das codexfor- mat noch nicht üblich gewesen sei , oder daß etwa damals die mem- brane nur zu Codices verwendet wurde.

5) Die übrigen ausdrücke sind der juristischen genauigkeit wegen hinzugefügt.

Nr. 7. 62. Buchwesen. 373

mit den pugillares membranei bei Martial in gleiche linie zu setzen ist. Worin liegt denn auch hier der beweis, daß dieser rsi^og ein pergamentcodex gewesen sein muß? Vielmehr widerstreitet nichts der annähme, daß wir uns einen papyruscodex unter die- sem ztvxnt,- zu denken haben. Denn daß tsv^o^ allgemein „co- dex" ohne beziehung auf das material bedeutet hat, steht zwei- fellos fest, und jene gewaltsame emendation der interpretamenta der handschrift 306 von Montpellier, welche Birt p. 16 f. vor- genommen hat, wird keineswegs allgemeinen anklang rinden.

Daß aber das codexformat in noch früheren zeiten üblich war , beweist eine stelle 6) eines Aristeasbriefes an Philokrates : xaduj*, dpeyvcoa&t] zu iei>x>j (ed. M. Schmidt in Merx' Archiv für erforschung des alten testaments I, p. 67), deren pseudonymer Verfasser ohne zweifei dem zweiten Jahrhundert v. Chr. angehört, vgl. Freudenthal, Hellenistische Studien I, 112. 124 f.

Die sache stellt sich demnach folgendermaßen: schon früh war das codexformat bekannt. Es kam ohne zweifei aus Ae- gypten. Hier war das falten des papyrus zum codexformat schon lange bekannt gewesen , und wir haben alte beispiele hierfür, vgl. Chabas, melanges e'gyptologiques comprenant onze dissertations sur differents sujets. Chalons - sur - Saöne et Paris 1862 Leemans Monumenta Aegyptiaca Leidensia nr. 343. 345. 369. Es mag sein, daß, wie Birt annimmt, die wachs- tafel das vorbild zum codexformat abgegeben habe. Dies schon frühzeitig vereinzelt übliche format konnte sich aber nicht gleich geltung in der litteratur verschaffen. Den Eömern mag es bis zur zeit des allgemeinen bekanntwerdens der griechischen litte- ratur unbekannt geblieben sein. Vereinzelt treten zuerst Codices auf, sie werden immer zahlreicher, bis das definitive durchdrin- gen der membranen dem codexformat allgemein übliche geltung verschafft. Aus welchen gründen man von der rolle abwich, kann nicht ermittelt werden. Vermuthungen darüber anzustellen, hieße mehr wissen zu wollen als möglich ist. Für den Übergang von der rolle zum codex war noch ein anderes von Wichtigkeit, was Birt nicht in erwägung gezogen hat. Jedenfalls wurden die ersten Codices nicht in der weise geschrieben, wie sie jetzt

6) Ueber das citat bei Birt p. 107, 4: Ioseph. adv. Ap. I, 8 hat sich schon Rohde a.a.O. p. 1549 ausgesprochen. Das citat muß ohne zweifei Ioseph. Ant. XII, 2, 10 heißen.

Philol. Anz. XIV. 26

374 62. Buchwesen. Nr. 7.

allgemein vorliegen., sondern das rollenwesen machte sich in der weise geltend, daß auch hier zuerst in columnen geschrieben wurde. So hat der Sinaiticus vier columnen , eine große anzahl anderer derartiger handschriften führt Wattenbach Schriftwesen 2, p. 148 ff. an. Auch im papyruseodex erhielt sich die Schreibweise. Be- weis dafür ist der papyrus Lambruschini vgl. collezione cFopuscoli scientifici e letterari XVII, p. 65 102, Firenze 1813. Diese handschrift war bis vor einiger zeit in Florenz , ist aber jetzt nicht mehr aufzufinden.

Ein anderer punkt, in dem ich Birts auffassung nicht zu der meinigen machen kann, ist die auseinandersetzung über das aufkommen des pergaments bez. die pergamenische bib- liothek. Birt verwirft p. 50 ff. den bericht , daß die benutzung der pergamentes als Schreibmaterial in Pergamum in folge des Verbotes der papyrusausfuhr, welches Ptolemaeus erließ, wieder in aufnähme gekommen sei. Wenn nun in der that in dem Varronischen berichte bei Plinius Nat. hist. XIII, 68 ff. ohne zweifei die nachricht falsch ist, daß in Alexandria der papyrus erfunden sei, so kann doch einerseits die frage entstehen, ob Plinius nicht die worte Varros falsch verstanden hat , anderer- seits ist es doch nicht unbedingt nothwendig, daß die zweite notiz über Pergamum darum falsch sein muß, weil die erste als unrichtig erwiesen werden kann. Doch würde eine derartige argumentation nichts fruchten , wenn sich in der that nicht er- weisen ließe, daß in Pergamum membranhandschriften vorhanden waren. Galenos erzählt nämlich XVIII, 2, p. 630 ed. Kühn.: a ds ovxeri ro ßtpXi'ov , alV oi (ASTaygaq'Ovtsg , m SToiftcog slg oaeg at avtot ßovi-rj&äai duds^arro txov nosgßvtFgmv YQa~ (pft£, tjdt] aot dietfAi . rtvsg ufp yag xai navv naXatöiv ßtßlimt' artvgsh' ianovdaauv n o 6 r q i «z o ö t co v sräv yF.ygu/xfihit, rd pisv $.%ovitg iv roig ßtßlioig, tu 8f fv roig g/x £?»(«.', tu ds Fi dtaqogoii; qulv- gwg (Cobet dicpdf'gmg , Marquardt SiySegotig qulvguig) co g nsg r « nag' r)(jtli< er U t g y <i /* rp. Diese stelle, welche durch Birt und seine Vorgänger noch lange nicht vollständig kritisch auf- geklärt 7) ist, beweist aber ohne zweifei auf das deutlichste, daß in Pergamum membrane verwandt wurde.

7) Die worte rh lifv t/ovTsg qü.vQaig können ohne zweifei in der vorliegenden form von Galenos nicht geschrieben sein. Das zeigt sich deutlich, wenn wir fragen was unter den ßißlia, den ^«(»r«* und

Nr. 7. 62. Buchwesen. 375

In Pergamum ist das pergament nun keineswegs erfunden man kannte es ja schon im Orient und gebrauchte es dort , sondern wie Birt ganz richtig andeutet, nahm man zur zeit des Attalus nur eine technische Verbesserung vor. Zur allgemeinen geltung ist die membrane aber zur römischen zeit nicht gekom- men, sie wurde wohl vereinzelt verwandt, aber, wie Birt bemerkt, hauptsächlich zu brouillons. Dies geschah aber keineswegs aus dem gründe , weil die membrane billiger war , als der papyrus, sondern weil sie mit der wachstafel dieselbe eigenschaft theilte, daß das aufgeschriebene wieder ausgelöscht werden konnte und somit ein mehrmaliger gebrauch desselben Stückes möglich war. Die membrane wurde zuerst auch als rolle8) verwandt, dann wurde sie wohl zuerst die brücke, über welche das codexformat sich eingang verschaffte. Sie wurde überall da gewählt, wo es auf eine größtmögliche haltbarkeit ankam. Deshalb sind die classiker , welche am häufigsten gelesen wurden bei Martial Ep. XIV, 184 f. auf membrane geschrieben, ebenso das lesebuch der schüler , aber zu briefen wird , wie Birt mit recht hervorhebt, membrane nie benutzt, da diese nur dem augenblicklichen zweck dienten. Aus gleichem gründe verbreitet die kirche ihre Schrif- ten auf pergament. Die exemplare , welche dem tagtäglichen gebrauch dienten, mußten haltbar sein, so daß nicht fortwährend es nöthig wurde, neue abschritten anzufertigen. Der papyrus wurde der membrane da vorgezogen, wo es auf eine nicht zu

den dupftegwai qikvgai zu verstehen sei. Das letztere ist am ersten zu erklären. Hier war pergament als stofF genommen, aber über das format, ob rolle oder codex, läßt sich nichts sagen. Die /agjai er- klärt Birt p.504 als ,,schedae ohne die obligate rollenform", aber auf einzelnen blättern wird man schwerlich ganze werke aufbewahren. Ebenso wenig befriedigt Rohdes erklärung a. a. o. p. 1547, der dar- unter papyrus -Codices verstehen will. Der letztern vermuthuug wi- derstreiten Ulpians worte a. a. o.: in usu plerique libros Chartas appel- lant. Es wären nach dem damals gültigen Sprachgebrauch also rollen zu verstehen. Was soll aber dann lv rote ßißliotg bezeichnen? Es erscheint überflüssig. Dem ist vielleicht in folgender weise abzuhelfen. Die stelle ist kritisch so zu reconstruieren , daß der allgemeine aus- druck voransteht und durch die folgende zweitheilung seine erklärung erhält. Es wäre also etwa zu lesen : i/ovtis lv rolg ßißkioig tc< /jtt> iv ioiq xägtats, di lv (fKp&egivaie (ftkvqcng. Hierbei würde auch i/ovitg ein besseres Verständnis bekommen.

8) Vgl. Birt p. 121. Martianus Capeila nupt. phil. II, 136 kann ebenso gut pergamentrollen im äuge haben. Dem widerstreitet durch- aus nichts vgl. p. 150. Das jüngste beispiel ist eine pergamentrolle aus dem sechsten Jahrhundert, welche Wessely in den Wiener studien 1882, p. 214 ff. veröffentlicht hat.

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376 62. Buchwesen. Nr. 7.

theuere publikation von Schriften ankam , von denen man aber annehmen konnte, daß sie nicht zu stark benutzt wurden. Lehr- reich sind in dieser beziehung die Fayyümer funde, welche aus einer zeit stammen, in der papyrus und membrane nebeneinander benutzt wurden. Die amulette, welche sich hier in großer an- zahl gefunden haben, sind durchweg auf pergament geschrieben. Es sind dies kleine stücke, auf denen in bestimmter formel die namen von heiligen aufgeschrieben sind. Die bibel wurde meist auf pergament verbreitet, der papyrus findet sich hier selten angewandt 9). Aus gleichen gründen sind ohne zweifei die quit- tungen , welche man lange aufbewahren wollte , auf pergament geschrieben. Ueber das eindringen des pergamentes wird sich ohne zweifei nach genauerer durchforschung der Fayyümer funde ein genaueres urtheil abgeben lassen.

So nehmen wir denn abschied von Birt's arbeit in der Überzeugung ihr mancherlei belehrung zu verdanken. Es ist nicht zu leugnen, daß der Verfasser mit großem fleiße und großer liebe dieses thema bearbeitet hat. Er hat viele fragen in ein neues licht gestellt. Wenn auch viele seiner behauptungen zum Widerspruch herausfordern, und ich nur wenige fragen eingehen- der, das meiste nur aphoristisch behandeln konnte, um nicht zu sehr den einer recension zugemessenen räum zu überschreiten, so hat Birt doch das verdienst , auf ein noch nicht genügend ausgebeutetes forschungsgebiet aufmerksam gemacht und ge- zeigt zu haben, wie nothwendig in vielen fällen zur richti- gen beurtheilung der antiken litteratur die kenntnis der äu- ßern form ist. Recensent hat das buch vielfach bei sei- nen papyrusstudien und der durchforschung der Fayyümer funde in Berlin benutzt und verdankt ihm vielfach aufklärung und belehrung, aber es ist ihm vorgekommen, als ob Birt zu viel nach den Schriftstellern gearbeitet hat und nicht in er- ster linie von den gegebenen resten der antiken litteratur aus- ging. So drängt sich z. b. unwillkürlich die vermuthung auf,

9) Zu den von Birt p. 106 citierten beispielen von papyri des bi- beltextes können die von Wessely in den Wiener Studien 1882, p. 198 ff. veröffentlichten fragmente aus den evangelien hinzugefügt wer- den. In den Fayyümer funden sind die texte des neuen testamentes immer auf pergament geschrieben. Unter andern liegt mir ein papyrus- fragment der Septuaginta in großer unciale vor. Im Berliner museum (ägypt. abtheilung) liegt es in der mappe 154b. Es ist ein bruchsttick aus dem vierten capitel der genesis. Vgl. Wessely a. a. o. p. 2002.

Nr. 7. 63. Aischylos. 377

daß Birt die volwmina Herculanensia nur aus der ungenauen edi- tion, nicht aus eigener anschauung kennt. Von großem nutzen wäre ferner gewesen , wenn Birt die Fayyümer funde studiert hätte. Allerdings sind dieselben der litterarischen weit eben kurz vor der beendigung des werkes bekannt geworden , aber da Birt bereits künde von ihnen hatte (p. 120), mußte er sich über dieselben genauer orientieren. Die bedeutenden schätze, welche aus Fayyüm nach Europa gekommen sind , liegen auch heute noch zum größten theil ungehoben. In Wien hat man schon aus der Graf'schen Sammlung, welche neuerdings der erz- herzog Rainer erworben und der direktion des oesterreichischen museums überwiesen hat, verschiedenes veröffentlicht. Von den Berliner erwerbungen ist ebenfalls manches bekannt geworden (Philol. XLIII, 1884, p. 109 f.), aber der aufgäbe des ein- zelnen und den mittein der privaten wird eine vollkommene und allen ansprächen genügende publikation nicht möglich sein. Es kommt eben immer mehr das dringende bedürfnis der Sammlung aller griechischen papyri zum durchbrucb. Wenn schon im jähre 1842 Ad. Schmidt, Griechische papyrusurkunden p. 3 f. einen gesammtüberblick über dies gebiet erschwert sah, um wie- viel mehr ist es heute der fall, wo es sehr leicht begegnen kann, daß der gelehrte forscher dies oder jenes , was von Wichtigkeit ist , übersieht. Die immer zahlreicher werdenden alten hand- schriften sollten in ihren resten zusammengefaßt werden, um so durch anschauung ein bild vom antiken buchwesen zu geben.

Hugo Landwehr.

63. Quaestiones de trilogia Aeschylea. Scripsit Ioannes Wetzel. Programme du College royal francais. Berlin 1883. Inprimerie J. F. Starke. 27 p. 4.

Es werden zunächst die belegstellen für die bezeichnung „trilogie und tetralogie" zusammengestellt und es wird darauf hingewiesen, daß dieselben keine beweisende kraft für den in- neren Zusammenhang der tragischen trilogieen und tetralogieen haben. Aus dem umstände , daß Aristarch das satyrspiel ab- löste, ist kein rückschluß auf den inneren Zusammenhang der übrig bleibenden trilogie gestattet. Dazu wird bemerkt (p. 6): Certe, seiunxit Aristarchus fabulas satyricas a tragoediis, sed cur id fecerit nescimus. Sin autem coniectura periclitanda est, eam non im-

378 63. Aischylos. Nr. 7.

probabilem existimo ideo eum sie statuisse quod genus satyricum om- nino non cum tragoediis sociandum esse arbitraretur. Neque aliud scholiastes dicit, cum scripsit; j4qC(Stmq%o<; xal AnoXXcöuoc tqiXo- yiav ItyovGi ^cogie tööv GarvQi/.mv. Welckers folgerung aus der notiz des Suidas von einem stücke TgtXnyia des zu Euripides zeit lebenden Nikomachos, daß der ausdruck „trilogie" schon früh in gemeinem gebrauche gewesen sei , wird durch den hin- weis auf die Unsicherheit der Überlieferung zurückgewiesen. Auch hatte, wie p. 6 bemerkt wird, Aristoteles schwerlich in seiner Poetik diesen terminus unbenutzt gelassen , wenn er ihn schon vorgefunden hätte. Gegen Heimsöth , welcher (im Bonner pro- gramm De tragoediae graecae trilogiis commentatio 1869) das schweigen des Aristoteles daraus erklärt, daß er die tragödie darstellen wollte, wie sie war fttsI l'ujf« trjv cpvqir, wird bemerkt daß, als Aeschylus die Orestie aufführte, diese bedingung zutraf. Doch scheint es uns, daß Heimsöth damit nur sagen wollte, daß Aristoteles , selbst wenn der ausdruck trilogie im Welckerschen sinne zu seiner zeit gebräuchlich gewesen wäre, keine veranlas- sung hatte, denselben zu brauchen, da ihn für den gang seiner Untersuchung diese kunstform nicht interessierte.

Nachdem darauf in aller kürze auf den inneren Zusammen- hang der stücke der Orestie hingewiesen ist, wird dargelegt, was sich aus den „Sieben gegen Theben" für den inhalt des Laios und Oedipus schließen läßt (p. 10-14). Etwas neues wird man nach Schneidewins und Kruses gründlichen erörterungen nicht erwarten.

Hinsichtlich der Lykurgie ist Wetzel geneigt der Hermann- schen reproduetion den vorzug vor der Welckerschen zu geben. Für die Perser wird die unhaltbarkeit der Welckerschen hypo- these mit schon bekannten gründen nachgewiesen. Wir ver- missen dabei den hinweis auf den aufsatz von Ernst von Leutsch über den Glaukos in Ersch und Grubers Encyclopädie sect. I. bd. LXIX, p. 193, sowie die recension der Einleitung zu den Per- sern von Ludwig Schiller von demselben gelehrten im Philolol. anzeiger, heft 2, 1869, nr. 49. In beziehung auf die trilo- gische composition des Prometheus tritt Wetzel Westphal bei. Für die Schutzflehenden steht so viel fest, daß sie anfangsstücl waren und daß die drei stücke der trilogie in engem zusammen- hange standen.

Nr. 7. 64. Sophokles. 379

Schließlich verzichtet der Verfasser darauf, die übrigen stücke nach trilogieen zu ordnen, bekennt sich aber zu der an- sieht, daß Aeschylus immer drei stücke zugleich aufgeführt hat und daß die trilogische composition im engeren sinne , wonach sie dem inhalte nach zusammenhängende stücke begreift , keine besondere kunstform war, sondern durch die natur des mythus herbeigeführt wurde. Diese herleitung der trilogischen compo- sition erscheint uns aber gar zu äußerlich. Daß ein für die trilogische composition so geeigneter mythus wie die Oedipussage auch in vereinzelten , künstlerisch abgerundeten stücken behan- delt werden konnte, hat Sophocles gezeigt; sollte es dem Ae- schylus nicht möglich gewesen sein , einen mythenstoff wie den der Orestie ebenso zu behandeln, wenn er es gewollt hätte, und nicht an der großartigen trilogischen composition inneres Wohl- gefallen gehabt hätte? t .

64. Petrus N. Papageorgios, beitrage zur erklärung und kritik des Sophokles. Pars prima. Diss. von Jena 1883. 40 p. 8.

Der verf. rechtfertigt sich im vorwort, daß er besseren ab- handlungen diese schwächere leistung folgen lasse ; wir erfahren, daß sie nicht eigentlich folgt, sondern in einer früheren zeit entstanden ist. In der that würden wir von dem talente des verf. keine so hohe meinung haben , wenn wir es aus der vor- liegenden schritt zuerst kennen gelernt hätten. Immerhin aber kann man gegen die Veröffentlichung derselben nichts einwenden, da doch einige bemerkungen darin beachtung verdienen. So ist in fragm. 516 N die änderung von Xußovaa in Irj&ovaa durch den hinweis auf'Ant. 532 wohl begründet. Ebenso ist die hier- nach mitgetheilte Verbesserung von prof. Kontos zu Fragm. 916 d. i. Bekk. Anecd. p. 439, 10 anoqtavm as (für unoqatäaai) kig zit qiavsQOv xataoTtjaw (für xaiaa7?/oai) wohl richtig. Die änderung ovdsi? ?qcüt' ig tovö' scpaipar mqieXmv 0. K. 436 kann auch manchem gefallen, weil damit die Schwierigkeit der stelle beseitigt scheint ; aber es fragt sich doch, ob auch der poetische stil die änderung erlaubt. Passend könnte man ferner niaziv öijxiav in Oed. Kol. 1632 für niaziv ag^aiav finden-, allein ögniav dürfte zu viel sagen und andere emendationen otQ&ftCar, ugxiav liegen der überlieferten lesart jedenfalls näher, wie sie auch dem sinne besser

380 64. Sophokles. Nr. 7.

entsprechen. In Oed. Kol. 9 will der verf., um die Überliefe- rung zu halten, die worte so construieren : aiijaor [ie xafy'Sovaov &axotoiv, ei Tita (paxav) ßXt'netg -ats. Dabei ist ihm entgangen, daß wenn däxotaiv für &dxcp stünde, es dann auch si nvag ßls- neig heißen müßte. Wenn Papageorg in Fragm. 83 all' oga fit] XQsTaaov r\ xai 8vaaeßovvia tmv ivavrimv xoctTsiv /} %Q-qorov airbv ovra roäv nelag xXvsiv schreiben will, so hat er den durch avrov angezeigten gegensatz nicht gehörig beachtet, welcher in Verbindung mit avrov das gegentheil von rmv irarrimv xgareiv oder wenn avröv und xmv nsXag sich gegenüberstehen sollen, einen dem xXvsiv synonymen ausdruck fordert. Er citiert die bemerkung von Cobet über diese stelle-, die bemerkungen von Gomperz und Hartel scheinen ihm unbekannt geblieben zu sein. Gegen die emendation Cobets , die auch von Dindorf gebilligt wird, rj tovq ösovg atßovra rwr neXag xXveiv , läßt sich vor al- lem die geradlinige und steife form geltend machen. Dem poe- tischen stil entspricht es nur, den gegensatz zu dvoufßn vvra durch den infinitiv, den zu y-oardv durch das particip zu geben, also X«« bvßGpßovvru rwv tvavrimv xgarsiv tj 8o7)Xov avrov ortet rovg &eovg Ofßziv. Will man aber den ausdruck rmv nz'Xag xXveiv als augenscheinlich vom dichter herrührend nicht fallen lassen, während avröv als unnöthig erscheint, dann könnte man § rü>v rttlag xXvovra rovg &sovg oeßetv als die ursprüngliche form be- trachten. Es ist aber mit recht von Hartel hervorgehoben wor- den, daß bei der beachtung und richtigen betonung von xai vor dvaßfßovvra die Überlieferung als gut befunden wird.

Die übrigen conjeeturen und exegetischen bemerkungen zu Sophokles sind von geringerem belang; geradezu verwerflich ist der versuch, den infinitiv dxovsiv Ant. 64 von iwosh abhängig zu machen: sngira 8\ ovvsx ao%o[iEad' ix xQEiaonvwv , xa) xavr axnvsiv xri. , „als unterthanen sollen wir bereit sein, uns den befehlen Kreons zu fügen". Schon der begriff von swoth, der sich nicht für passive resignation, sondern nur für entschlossene initiative eignet (vgl. die vom verf. angeführten beispiele Ant. 664, Oed. Tyr. 330), widerspricht einer solchen auffassung.

Wecklein.

65. Alphonse Willems, noteset corrections sur l'Hippo- lyte d'Euripide. Bruxelles,G. A. van Trigt, eMiteur. 1883. 74p.

Nr. 7. 65. Euripides. 381

gr. 8. (Extrait du tome XXXVI des Mömoires couronnds et autres Memoires publi^s par l'Acad. royale de Belgique 1883). 3 fr.

Diese unreife arbeit enthält kaum irgend einen punkt, wel- cher besondere beachtung verdient , wenn auch der verf. mit großer prätention auftritt und die Oberflächlichkeit seiner be- hauptungen durch einen schein von gelehrsamkeit, durch hoch- weise maximen und tapfere seitenhiebe zu verdecken sucht. Die Professoren Eoersch und Wagener , welche im auftrag der aka- demie die eingereichte abhandlung prüften , haben jedenfalls sehr nachsichtig geurtheilt, wenn sie über das ganze der arbeit sich günstig aussprachen ; die gegenbemerkungen derselben, welche größtentheils sehr richtig sind, haben den verf. von der Unrichtigkeit seiner annahmen nicht zu überzeugen vermocht; in dem bewußtsein, das stück gründlicher studiert zu haben, glaubt er seine rezensenten eines besseren belehren zu können ; diese haben auf eine replik verzichtet und konnten es ohne gefahr thun.

Uebrigens haben die genannten rezensenten nicht immer die schlagendsten gegengründe gebracht. In v. 33 will der verf. ov v6(tt£ev für mvofia^tv lesen. Rörsch verlangt den nachweis, daß dsä für rewQ &säe gesagt sein könne, und erwartet statt des perf. IdgTö&at das futurum. Der verf. sucht diese bedenken zu entkräften. Aber es genügt ol rnm^ev als fehlerhaft zu bezeich- nen. Nach des verf. ansieht freilich ist der wegfall des sylla- bischen augments nach einem mit einem langen vocal oder diph- thongen endigenden wort bei den Attikern regel ; der unterschied zwischen ov vöfti&v und t| ob 'xgdttjaa (Soph. Ai. 1337) ist ihm unbekannt. Ueberhaupt muß man oft über die mangel- haften grammatischen kenntnisse , die sonderbaren erklärungen und die parallelen, mit denen ganz verschiedene dinge belegt werden, staunen. Die worte igöia' (omr txdrjknv in v. 32 be- deuten dem verf. montrant ainsi qu'elle itait amoureuse, ng'iv aap qiD.av «arapvaai (fgsvmv 364 f. kann heißen: avant que ton amie n'ait accompli son dessein, to yag nag rj/bih nado^ nngov dviex- nfgatov (QX^rai ßiov , wie in 678 geschrieben wird, erhält die erklärung : la souffrance vient ä nous apportant (nogov soll wie qpf ooij , KOfii^nv stehen!) une vie intolerable oder le malheur qui m'accable me rend la vie intolerable; evQtjpin 7rta8£ avf/cpogüg 716 wird mit x«x<mj> ftijxog gerechtfertigt! Bei der änderung von 1034 f. iamcpQovfjae ft ov% ey.ovaa, acöcpgoYeg t/fieh' d sxnirtg ov

382 65. Euripides. Nr. 7.

xaXeög s^gcofjs&a wird die falsche Stellung von 81 mit der be- merkung entschuldigt: la particule ös apres rjfisig est a sa place, car c'est sur tjfis?g que porte Vantiihese. Die Stellung von coure in dem „verbesserten" v. 407 piaqua naaiv oj<jt\ oXouo naynä- ttmg wird mit <tXf-'xz<a>Q mars Ag. 1656, xogaxtq wäre Suppl. 732 belegt, aber was soll oaozs selbst bedeuten? In 491 f. möchte der verf. ixXX un' dvdgng (für tlXiu lavdgdg} mg rd^og Stiazsov tov svdvv ihmovTag djjqj aov löyov schreiben. Einmal vermißt man ungern den artikel rot* vor ävSoog. Zweitens steht dnö in der angeführten parallelstelle an1 dvögog oia&ä tov Soph. O. T. 43 in ganz anderem sinne. Drittens zeigt die bedeutung von sv&v.g , die dem verf. nicht klar zu sein scheint, daß top svdvv Xöyoi nicht zu Siiazt'or {il faut savoir d'Hippolyte son veri- table sentiment ä son egard), sondern zu s^sinövrag gehört, wie es auch die Stellung erfordert („indem man deine gefühle ihm gerade heraus offenbart"). Man setzte früher die interpunktion nach tavSgcg: c'etait, comme on Va du, preter a la nourrice un mot h la fois brutal et maladroit. Auch fehlte die Verbindung der sätze. Nauck und Weil haben tdifdgcg cog rd^og Suarsov verbunden. Mit recht bemerkt der verf, daß rdrSgog nicht cttSgog, son- dern nur to v ardoog bedeuten könne. Der genitiv aber kann nur von d.uar£ov abhängig sein (s. v. a. ttsq} tov ävdgoc). Die un- gewöhnliche construction dient offenbar einer Zweideutigkeit des ausdrucks : die amme setzt nach tatSgög etwas ab, so daß tdv- Sgog zunächst dem löymv t-ia^ijunroar gegenübersteht; auf einen solchen gegensatz weist auch die Stellung und der sinn der worte oi> Xöywv sva^tjfiovcov 8sl as hin. Die amme sagt also: „nicht der schönen worte bedarf es, sondern des mannes sinn muß man erfahren". Das äußerliche und oberflächliche seiner grammatischen auffassung verräth der verf. besonders mit der stark betonten beobachtung, daß ydg in der Verbindung ov8s ydg nicht „denn", sondern „ja, selbst" bedeute. Eine ganze reihe von stellen wird zum beweise vorgeführt, aber an keiner der angeführten stellen heißt ovds ydg etwas anderes als es hei- ßen kann „denn auch nicht, denn selbst nicht".

Die änderungen des verf. machen den ausdruck entweder matt und salopp wie 469 f. stg 8s ti]v tv%ijv ntaovaa zfjvS' ov aäg uv sxi>sioai doxstg oder unnütz und überflüssig wie 149 %Foaop8' oder abstrus wie 200 läßst' ig nfystg , 467 ff. ov8' sk-

Nr. 7 66. Strabcm. 383

■sovmv am., xalwi; cexQißmaai nr, was bedeuten soll „iL ne fau- drait pas que les gens cherchassent trop ä pinetrer ta conduite. II ne faut pas meme que le toit que couvre ta maison connaisse ta vie trop exactement" . Die wände wohl haben ohren , das dach aber für gewöhnlich nicht. Womit läßt sich das epitheton ögofidg für die Danaiden rechtfertigen, wenn 550 ögopaöa davattf onrng 7s Bä-A^av geschrieben wird ?

Doch es lohnt sich nicht der mühe, die irrthümer alle ein- zeln zu erörtern. Wechlein.

66. Le fonti di Strabone nella descrizione della Campania. Memoria di Gr. Bei och. Roma. Reale Accademia dei Lincei. 1882. 4. p. 22.

67. Quibus auctoribus Strabo in libr. III conscribendo usus sit, quaeritur. Pars prior. Scr. Ric. Zimmermann. Dissert. Hai. Halis 1883. 8. p. 38.

Wir stellen diese beiden arbeiten zusammen, nicht nur weil sie beide Untersuchungen der Strabonischen quellen enthalten, sondern auch weil die ergebnisse beider sich gegenseitig ergän- zen und in gewisser weise bestätigen Wie nämlich die eine für die beschreibung Campaniens, so liefert die andere für die beschreibung Iberiens den nachweis , daß die dabei vorkommen- den angaben über die küsten fast ausschließlich aus dem werke des Artemidoros von Ephesos entlehnt sind. In diesem ergeb- niß liegt aber zugleich die hohe bedeutung dieser beiden ar- beiten für die erforschung der Strabonischen quellen überhaupt, indem dadurch die schon öfters ausgesprochene vermuthung, daß Artemidoros von Ephesos so ziemlich die einzige quelle Strabon's für die küstenbeschreibungen gewesen sei, eine neue bestätigung erhält. Für Campanien , dessen beschreibung freilich nur einen sehr kleinen theil des großen Werkes ausmacht (bd. 5, 4, 3 ende), hat dies Beloch in klarer, nur hier und da etwas zu sehr ins einzelne gehender ausführung dargethan. Allerdings wird man über manche aufstellungen mit ihm rechten können. So geht er gewiß zu weit, wenn er auch diejenigen angaben, welche unter des Antiochos oder des Polybios namen angeführt werden (p. 242 C), als aus Artemidoros herübergenommen ansieht. Denn die direkte benutzung dieser beiden autoren durch Strabon steht außer zweifei ; vgl. für Antiochos Hunrath, Die quellen Strabon's

384 67. Strabon. Nr. 7.

im 6. buch-, p. 39. Ebenso wird man anstand nehmen mit Beloch an zwei stellen statt des dem Strabon sehr wohl bekannten Polybios den von ihm nirgends erwähnten oder benutzten Silenos als gemeinsamen gewährsmann des Strabon und des Polybios anzusetzen. Endlich darf ja nicht bezweifelt werden, daß auch Plinius das werk des Artemidoros ziemlich ausgiebig verwerthet hat , wenn jedoch Beloch auch bei Pomponius Mela reichliche spuren desselben findet, so ist seine behauptung so unzureichend begründet, daß man mit einigem recht auf dieselbe die kritik anwenden kann, welche er selbst p. 9 gegen einen aufsatz von Hansen in Fleckeisens Jahrbüchern 1878, p. 508 ff. richtet, daß nämlich notwendiger weise jeder periplus dieselben städte in derselben Ordnung aufführen muß. Beloch würde vermuthlich diese irrthümer vermieden haben, wenn er seine Untersuchungen nicht auf einen zu engen kreis beschränkt hätte.

Mit verständniß und umsieht hat Zimmermann seine aufgäbe behandelt und besonders den antheil des Artemidoros in durch- aus überzeugender weise nachgewiesen. Vielleicht hätte er an einzelnen stellen, wie p. 12 und 17 dies ergebniß noch bestimm- ter hinstellen können , als er es gethan hat. Die übrigen ge- währsmänner Strabons für diese partien finden eine mehr bei- läufige erwähnung. Völlig zutreffend ist p. 31 die bemerkung über die anführungen aus Eratosthenes, und dasselbe war p. 15 über Timosthenes zu sagen, dessen ntgtoSoi; von Strabon nir- gends direkt ausgeschrieben worden ist. Dagegen dürfte die an- nähme, daß 3, 4, 9 von Strabon Caesar's gedieht Iter zu gründe gelegt sei, schwerlich beifall finden. Entgegen steht weniger die immerhin auch nicht außer acht zu lassende thatsache , daß Strabon sich den römischen autoren gegenüber überhaupt sehr ablehnend verhält, als namentlich der umstand, daß wir über den inhalt jenes gedichtes ja lediglich auf vermuthungen ange- wiesen sind. Unter diesen umständen ist trotz der vom Ver- fasser dagegen geltend gemachten bedenken die autorschaft des Asinius Pollio immer noch das wahrscheinlichere. Weniger ge- wagt, aber auch nicht unbedenklich ist die p. 10 vorgetragene vermuthung, daß die stellen, an denen von Brutus Gallaecus die rede ist, dem Polybios entnommen sind. Denn zunächst ist es zweifelhaft, ob Polybios, in dessen hauptwerk dieser krieg nicht mehr behandelt sein konnte, in der besonderen schrift über den

Nr. 7. 68. Demosthenes. 385

Numantinischen krieg jene expedition eingehender behandelt hatte, wie Zimmermann annimmt, sodann aber auch, ob Strabon diese kleinere schrift des Polybios überhaupt gekannt und be- nutzt hat. Ich halte es nach dem Zusammenhang cap. 3, 1 und 4 vielmehr für wahrscheinlich, daß diese notizen dem historischen werke des Poseidonios entlehnt sind, welchem Strabon so viel verdankt und aus dem vermuthlich auch cap. 2, 3 5 geschöpft sind. Möge der fleißigen arbeit bald die pars posterior folgen.

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68. Ioannes Ernestus Kirchner, De litis instru- mentis quae exstant in Demosthenis quae fertur in Lacritum et priore adversus Stephanum orationibus. Dissert. Halis Saxonum typis Hendeliis MDCCCLXXXIII. 8 40 p.

Ais Johann Gustav Droysen in der Zeitschrift für alter- thumswissenschaft 1839, p. 537 ff. durch den beweis der unecht- heit der Urkunden in Demosthenes' rede vom kränze den ersten ernstlichen angriff auf die in die attischen redner eingelegten Urkunden machte, sprach er sich doch zugleich zum schütze der übrigen dahin aus, daß ursprünglich jede rede mit ihren aktenstü- cken ediert worden ist und demnach die beilagen erst in späteren abschriften weggelassen oder , wie in der kranzrede, durch ge- fälschte wieder ersetzt worden sind. Diesen Standpunkt nimmt auch der Verfasser obiger dissertation ein. Indem er mit Droysen und der mehrzahl der neuern gelehrten an der unechtheit der Urkunden in der kranzrede festhält, glaubt er dagegen mit Wach- holtz , De litis instrumentis in Demosthenis quae fertur oratione in Macartatum, Kiliae 1878 die der Makartatea für echt halten zu müssen und unternimmt es die einlagen der rede gegen La- kritos und der ersten gegen Stephanos gegen die angriffe von Westermann (in den Abhandlungen der sächsischen gesellschaft der Wissenschaften, philol.-histor. cl. I, 1850, p. 81 ff.) zu verthei- digen. Es wäre zu wünschen gewesen, daß sich der junge ge- lehrte gegen den verdienten Westermann hier und da maßvoller gezeigt und urtheile, wie temere, ineptissime, absurdissima sententia, vermieden hätte1), zumal da es doch zweifelhaft sein dürfte, ober

1) Nicht immer hat Kirchner bei Westermann aufmerksam ge- lesen. P. 22: West, ne illud qaiden: negare videtur arbitrum Tisia?)i pri- vatum esse potuisse. Dagegen West. p. 109: ,,Oder hielt der Ver- fasser der Urkunde den Schiedsrichter für einen compromissarischen?

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seinen versuch unternommen haben würde , wenn nicht männer wie Kirchhoff und U. Köhler durch ihre funde die erste bresche gelegt hätten. Uebrigens bekenne ich , daß mir durch die ret- tung dieses und jenes gesetzes oder dekretes die frage noch lange nicht entschieden zu sein scheint, da der interpolator zu einer derartigen einlage gute quellen benutzt haben kann. An- ders steht es mit den Zeugnissen namentlich in privatreden. Läßt es sich von einem solchen nachweisen, daß es unzweifelhaft echt ist und in seiner fassung aus der rede selbst nicht hat entlehnt werden können , so erhöht sich dadurch zugleich der werth der übrigen einlagen einer rede. Ein solcher nachweis ist aber Kirchner in vorliegender dissertation nicht gelungen. Denn identifikationen , wie des 'Sifquivoc; Meiexle'ovg ^^ugvi-vg mit einem inschriftlich wiederholt überlieferten Hrscparot; ' /4%Kgrev$ u. a. m., die Westermannn dem verf. selbst an die hand gegeben hat, sind ebensowenig beweiskräftig, als wenn wir einen „Adolf Müller aus Berlin" mit einem inschriftlich gesicherten „Müller aus Berlin" identificieren wollten. Ein einziger name kann als eine glückliche, übrigens von Kumanudis gemachte, entdeckung bezeichnet werden, die, wie es scheint, die ganze abhandlung veranlaßt hat : der in dem zeugnis adv. Steph. §19 aufgeführte KTjCfianqüv Kecpali'oavog ' 4(pi8veM6t; wird in seinem vollen namen bestätigt durch CIA. II, 1, 114 C 6. Und doch könnte man, wenn man im übrigen Ursache hätte die Zeugnisse jener rede zu verwerfen, diese Über- einstimmung dadurch erklären, daß sich der Verfasser des Zeug- nisses mit recht oder unrecht denjenigen Kephisophon als depo- sitar gedacht hat , der in jener zeit als feldherr eine nicht un- bedeutende rolle gespielt zu haben scheint, und dessen vollen namen die alten ebenso leicht in ihren quellen finden konnten, wie wir.

Da die einlagen meist mit den auf sie bezüglichen worten des redners ziemlich übereinstimmen dies ist ganz besonders in der rede adv. Steph. I der fall so bleiben natürlich nur

Ebenso p. 23, n. 4: Falso West. Stephanum reum, Apollodorum accu- satorem esse contendit. Selbstverständlich entlehnt Westermann diese bezeichnung von dem parteiverhältnis des processes, für welchen die 45. rede geschrieben ist. Dagegen irrt der verf. , wenn er seinerseits den Apollodoros zum angeklagten macht, da derjenige, welcher die nccQnyQaqr, einlegt, also in diesem falle Phormio, in dem Verhältnis des angeklagten verbleibt.

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wenig angriffspunkte für den bekämpfer ihrer echtheit ; wenn nun aber gar ihre vertheidiger von jedem selbständigen zusatz eines aktenstückes, ja von einem Widerspruch zwischen rede und Urkunde auf die echtheit derselben schließen , da ein falscher unmöglich auf einen solchen einfall hätte kommen können , so machen sie sich ihre aufgäbe mindestens sehr leicht. Auch für Kirchner bleibt dieses vertheidigungsmittel die letzte Zuflucht ; ob dadurch aber alle bedenken mit einem schlage beseitigt sind, mögen einige beispiele zeigen.

Ich finde, daß Kirchner die Urkunden zu wenig in dem Zusammenhang der rede behandelt hat ; es wäre dann manche frage gründlicher erwogen worden. Die rede adv. Lacritum ist gegen einen schüler des Isokrates gerichtet , dessen brüder Ar- temon und Apollodoros 2) dem Sprecher ein auf die fracht eines schiffes aufgenommenes darlehn nicht ausgezahlt haben. Artemon ist inzwischen gestorben ; es ergiebt sich aber aus dem ganzen Zusammenhang der rede, daß der Sprecher, da er von Apollo- doros sein geld nicht hat erhalten können, weil dieser wahrschein- lich ganz verarmt war, sich nunmehr an Lakritos als angeblichen erben seines bruders hält, um so mehr, da dieser das darlehn ermittelt haben soll. Es ist klar, daß der Sprecher guten grund hat, von Apollodoros, der doch zunächst zahlungspflichtig wäre, möglichst zu schweigen und dem verstorbenen Artemon die haupt- rolle in dem geschäfte zuzuertheilen. Dies geschieht denn auch, wie Westermann p. 89 richtig gesehen hat. In offenbarem Wi- derspruch mit dieser tendenz stehen die Zeugnisse , die , wie es fast scheinen möchte , aus einem vom Sprecher gegen Apollodor angestrengten proceß erhalten sein könnten; denn Apollodoros wird in ihnen allein als der erlediger des geschäftes erwähnt § 20. 33. 34-, ja das erste zeugnis in § 34 geht soweit, den Apollodor als den angeklagten zu bezeichnen , ein so starker irrthum , daß man zu einer emendation , wie zov adtlyov tov qpf iyovrrtQ, sich versucht fühlte. Diesen widersprach hat Kirchner nicht zu lösen vermocht; denn wenn er behauptet, Artemon sei auf der reise gestorben , so ergiebt sich aus § 28 und § 52 f. das gegentheil ; auch §36 kann mit ädeXyog avzov nach obigem

2) Daß sie brüder sind, hat Kirchner mit recht gegen Blaß, A. B. III, 1, p. 502 a. 4 aufrecht erhalten; nicht unmöglich, daß § 7 zw roiiTov (<<?ii.ifw interpoliert ist. Die übrigen gründe von Blaß erle- digen sich durch obige darstellung.

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nur Artemon verstanden werden ; wenn er aber weiter die weg- lassung von Artemons namen motiviert, quod nomen Artemonis, cum mortuus esset, afferre nihil interesset, so ist damit der Sachver- halt geradezu auf den köpf gestellt. Ein Widerspruch bleibt mithin zwischen rede und Zeugnissen bestehen ; sollen wir nun mit Kirchner die Zeugnisse eben dieses Widerspruchs wegen für echt halten, weil ein falscher denselben gewiß vermieden haben würde?

Wenn übrigens Kirchner behauptet, der inhalt der Zeug- nisse § 33 f. stimme genau mit den worten des redners überein, so kann ich ihm auch darin nicht beistimmen. Das erste Zeug- nis bezeichnet der redner mit den worten: zqv 'AnnXXmn'Sov oti ' jävjinaTQOli i\v !> davtsiaag sn) 7c3 nXoicp, lovroig 8' ovS' otiovv 7tQoarjY.il rJjg tavayiag. Die letzten worte gewiß nur ein Zu- satz des redners veranlaßten den falscher noch von dem Schiffbruch zu erzählen und hinzuzufügen, I'ti rj tavg x * r // 8is- cpdügrj etc. , was nicht einmal genau ist. Kirchner führt als hauptbeweis für die echtheit des Zeugnisses an, daß es nicht An- tipater selbst, sondern ein Apollonides ablegt, worauf ein falscher nicht gekommen sein würde, hat also obiges ttjv 'AnoXlouifiov gar nicht gelesen! Ebensowenig das nachfolgende rt]t> 'innlov; denn da Hippias in den Zeugnissen mit vollem namen angeführt wird, hätte er p. 8 nicht behaupten können : simplicia et nuda non posita sunt nomina nisi eorum quorum in orationis ipsius contextu mentio fit. Das zeugnis des Erasikles § 34 wird dadurch verdächtig, daß es nur die 80 Ktgü^ia wein erwähnt, weil auch der redner oben nur von ihnen spricht. Aus § 32 lernen wir aber, daß auch eine Quantität pökelfleisch für rechnung eines landwirths mitgeführt wurde-, an dieselbe adresse scheint auch die worte sind allerdings nicht ganz deutlich der wein bestimmt ge- wesen zu sein. Das zeugnis des Hippias holt nach , was das vorige versäumt hat ; nach ihm soll Apollodoros das pökelfleisch verladen haben ; demnach müßten wir §32 zu naQsxofAiXero: vn* ' Anolko8(önnv ergänzen, was kaum angeht-, dazu sind noch an- dere waaren angeführt, welche Kirchner durch den ausdruck oiXX1 atta in § 31 schützt, indem er übersieht, daß derselbe aus der vom redner durch die Zeugnisse bekämpften ausrede des Lakritos entlehnt ist. Man erkennt, wie auch ein falscher durch gleiche versehen zu seinem texte gelangen konnte. Es scheint

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übrigens, daß das dritte zeugnis von anderer hand herrührt, als das erste und zweite , wie ich überhaupt der ansieht bin , daß die einlagen einer rede nicht immer einen Verfasser haben: dadurch erklärt sich auch am einfachsten, warum in derselben rede die Zeugnisse bald mit bald ohne namen ausgefertigt sind. So scheint auch das zweite zeugnis § 14 von anderer hand zu sein als das erste; denn in jenem fehlt der name des Nausikrates ; da derselbe § 8 nicht namentlich bezeichnet ist, so könnte er als stiller theilnehmer des geschäftes gelten, und wir würden seinen namen im ersten zeugnis für erfunden erklären, wenn wir grund hätten den text der avryyucprj zu verdächtigen. Doch zunächst noch ein wort von den iafiag-ivgiat § 20 und § 34. Ich stehe nicht an sie für reine Spielereien zu erklären. Wenn Kirchner gegen die richtigen bemerkungen von Westermann p. 85 einwendet, daß in beiden fällen die sauaoTVQia durch die vorhergehenden Zeugnisse bestätigt werde, so vergißt er, daß nicht der inhalt einer iy.uuQivtjia durch andere zeugen zu be- stätigen ist denn gab es solche, so war das nothzeugnis von abwesenden überhaupt überflüssig sondern die authenticität derselben (zu Isai. III, 20 und Aesch. II, 19 kommt noch [Dem.] XL VI, 7 : oi (xut)rvQi]aai'te^ ttjv enixoozvuiav) denn ohne eine solche bestätigung war jede Fxuanzvoiu werthlos , da sie ja von dem interessenten selbst fingiert sein konnte. Uebrigens weist § 20 die ankündigung: rt)v ^.aoxvqlav twv avfinXsovtcov auf ein gemeinsames zeugnis hin ; ebenso lautet § 33 die ankündigung des redners bestimmt genug.

Wenn demnach die Zeugnisse der rede gegen Lacritus auch durch Kirchners vertheidigung nach meiner meinung nicht ge- rettet sind, so bleibt dagegen die einlage der nvyyguqtj bis jetzt unangefochten , doch nicht weil Kirchner sie vertheidigt hat denn was dieser zu ihrer bestätigung anführt, würde leicht hin- fällig , wenn sich sonst ein wesentliches bedenken gegen die Ur- kunde (§ 24 dgyvfjioi dönißov gegen ivrsXsg in der Urkunde genügt nicht) erheben würde. Kirchner selbst bezweifelt, daß sie uns vollständig erhalten sei •, ich würde, wenn anders sie echt ist, mit Böckh (Staatsh. I, p. 193) darin übereinstimmen, daß sie nachlässig abgefaßt ist, nicht zum vortheil der gläubiger. Der räum verstattet nicht, auf die Urkunde näher einzugehen; nur eins: der ausdruck tovg ntovat yoaqthias Big Titi> avyyQuqriv Philol. Anz. XIV. 27

390 68. Demosthenes. Nr. 7.

wird auch durch Böckh nicht genügend erklärt-, statt dessen ver- langt man: „die an erster stelle im vertrag aufgeführten sinsen". Auf solche einzelheiten geht Kirchner nirgends ein, wie dies auch die summarische behandlung des in § 51 einge- legten gesetzes zeigt. Bekanntlich knüpft sich an dasselbe die controverse , ob dieses gesetz nur für getreideeinfuhr oder auch für den handel mit andern waaren geltung gehabt hat ; Böckh namentlich hat das letztere behauptet , insbesondere auf grund der fassung: sie vavv rjtn; dv fxrj piXkrj a~E,ttv altov ' AQi\va^s. und des auffälligen ausdrucks aal taXXa td yeygafxfisfa neg) ixdotov av7cöv. Ich glaube nicht, daß Böckh recht hat, da sich seine beweisführung eben nur auf diese höchst unklaren worte stützt. Diese wichtige frage hat Kirchner gänzlich unberührt gelassen, dafür zu einzelnen ausdrücken nach parallelen gesucht , als ob ein falscher mit der form der attischen gesetzgebung nicht hätte vertraut sein können. Seine ansieht über die einlage geht da- hin , daß uns der zweite theil des gesetzes erhalten sei , der al- lein für den Zusammenhang der rede nöthig sei; die worte ralla tu yeyQUfjinsva. mg) ixdotov altwv gehörten dem redner, der den Schreiber unterbricht, um ihn zum weiterlesen aufzufor- dern (adhortatio oratoris inserta)! weiter sei eine lücke an- zunehmen: an dieser stelle sei die strafe für das im ersten theil des gesetzes verbotene vergehen (Gnqyijaai dlloas not rj ' A&ipafy) angegeben gewesen; daran schließe sich dann: sdv 8s tig s'xöw, wobei das folgende nagd ravta ganz unverständlich wird.

Man sieht daraus, wie verzweifelt die Überlieferung sein muß. Ich glaube allerdings, daß sich fragmente des fraglichen gesetzes erhalten haben, aber in der desperatesten fassung; am auffälligsten ist, daß in der einlage gerade die stelle fehlt, auf welche die worte des redners vor und nach dem vorlesen des gesetzes am meisten hindeuten: die höhe der strafe wird nicht angegeben, sondern betreffs derselben auf den ersten theil des gesetzes verwiesen, der mithin zur Vorlesung hätte kommen müssen.

In der Or. adv. Steph. I schließen sich die meisten einlagen fast wörtlich an den text der rede an. Zu dem zeugnis § 8 ist außerdem Or. adv. Steph. II, § 5 zu vergleichen, worauf Kirchner hätte aufmerksam machen sollen. Selbständig ist die einlage allein in den namen. Westermann hat darauf aufmerksam ge- macht, daß der diaitet Tisias nicht ein Acharner sein könne,

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da nach § 17 die Verhandlung vor ihm in der azod nowi).?] war , die diaiteten der Acharner aber nach [Dem.] XL VII, 12 in der Heliaia verhandelten. Was Kirchner dagegen einwendet, ist nicht von bedeutung ; verkehrt ist die interpretation der stelle bei Harpokr. s. v. diuizt]za(, in welcher die richter den diaiteten gegenübergestellt werden. Das einzige, was sich gegen Wester- mann einwenden läßt, ist, daß die diaiteten einer phyle viel- leicht nicht der pbyle, für die sie recht sprachen, angehört zu haben brauchten. Nicht wörtlich belegt sind die worte : zo ygafi^azslov b iveßttXszo (poQfjiicüv eig zov s%lvov ; dafür heißt es XL VI, §5: td iv zq> yga^xazticp a nageiftEzo ffroQfiicov (vgl. § 3 und § 28 zd iv tm ygafA/iazsicp yiyQapifjisva). In der tzqoxXtjgis kann auch der ausdruck der einlage nicht gebraucht worden sein, da erst, nachdem das Schiedsgericht erfolglos gewesen war , die beige- brachten dokumente vom diaiteten im i^lvog verschlossen wurden wir müßten also annehmen , daß die zeugen den ausdruck nach der späteren Sachlage verändert hätten

Es sind kleinigkeiten, die bei beurtheilung dieser wichtigen frage oft in betracht kommen , aber doch nicht bedeutungslos. In dem Pachtvertrag § 31 legt Kirchner auf den infin. aor. 7Qa7is£tTEvoai werth gegenüber ZQane&zsveiv § 32 und § 34 und vergleicht damit den gebrauch des inf. aor. in anderen Urkunden. Aber bei unoööa&ai , ixöovvai handelt es sich um eine einzelne handlung , bei zgan^izsvsiv um eine dauernde beschäftigung derartige verba auf svsiv erhalten im aorist eine ingressive bedeutung , und § 34 wird die stelle, wie aus dem yiyganzai folgt, wörtlich citiert. Wenn im text xcogig, ^n der einlage dvav steht , so verräth sich auch hierin der falscher , der gern den synonymen ausdruck seiner vorläge gebraucht. Daß der vertrag nicht vollständig sein kann, sondern eben nur das enthält, was aus den worten des redners entlehnt werden konnte, giebt Kirchner selbst zu. Diese einlage halte ich ebenso für unecht, wie das fragment des testaments § 28 , in welchem die eingangsformel „Ttide 8ie&szo llaaiwv ' slxaQisvg", die doch wahrhaftig die echt- heit nicht beweisen kann , vor eine aus dem Zusammenhang ge- rissene stelle des testaments gesetzt ist. Das gleiche urtheil habe ich über die von Suidas citierte äpziygacp^ § 46 : die klagschrift ist unvollständig ; die angäbe des zl\nri\i.a steht an falscher stelle. Um mich jedoch nicht selbst dem Vorwurf der

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392 68. Demosthenes. Nr. 7.

Oberflächlichkeit auszusetzen, verzichte ich auf weitere andeutun- gen, die ich hier doch nicht ausführen kann. Nur noch ein wort über das Zeugnis § 55. Dasselbe steht in einem Zusam- menhang , dessen aufklärung man von dem eingelegten Zeugnis erwartet; die vorhandene einlage macht das räthsel nur unlös- barer. Kirchner hat sich große mühe gegeben dasselbe zu lösen: Deinias habe sich geweigert, gegen seinen verwandten Stephanos aufzutreten; dagegen habe er ein Zeugnis gegen die für die äcpsoig röiv iyxltj/jitttoav eintretenden zeugen eingereicht und mit diesem begnüge sich hier Apollodoros; aber er wird wohl niemanden überzeugen können, daß mit dieser erklärung die worte oti raiza ält]d7/ liym einen sinn erhalten und die worte ovds lulrftii fiagrvosiv iOiXsiv vara tovtov sich ungezwungen und befriedigend derselben fügen. Was übrigens das zeugnis an und für sich d. h. vom Zusammenhang gelöst betrifft , so müßte Deinias, wenn er das XXXVI, 17 benutzte zeugnis ent- kräften wollte, bezeugen, daß er den dort bezeugten Schiedsspruch nicht gefällt habe ; er erhöhte aber den werth seines gegenzeugnisses nicht dadurch , daß er in so feierlicher weise seine nahe Ver- wandtschaft mit dem manne , zu dessen gunsten er es ablegte, versicherte. Somit bliebe als einziges beweismittel für die echt- heit dieser einlage der mangel an jedem anhält, wie ein falscher auf diese fassung des Zeugnisses habe kommen können, und ich glaube aus diesen und andern gründen § 56 vor den worten aX)a fiijv ort z«t?' äXtj&ij Ityoo eine lücke annehmen zu müssen. Uebrigens lese ich § 56 ol% Ofxoiög je oder avofiotog ys (vgl. Lys. XIII, 58. 27), da weder die ironie noch die frage mir hier passend erscheinen will; der satz aXV ov% nvioa) Zzsqxivog etc. schließt sich adversativ an den relativsatz an.

Im allgemeinen läßt sich also nicht behaupten, daß die vor- liegende dissertation die frage nach den in die attischen reden eingelegten Urkunden besonders gefördert hat ; nur diejenigen, welche die Urheber einer fälschung für ununterrichtete, bequeme leute halten, die unmöglich ein buch aufgeschlagen haben kön- nen, sich vielmehr stets mit dem nächstliegenden texte begnüg haben würden, werden einige nachweise, namentlich aber die in- schriftliche bestätigung des Kriq-mo^äv Kecjiah'ojvot,- 'Aqudvaio,. für unumstößliche beweise erachten , durch welche die ärgster Widersprüche weggeräumt werden. Konrad Seeliger.

Nr. 7. 69. Plautus. 393

69. T. Macci Plauti comoediae. Recensuit instrumento cri- tico et prolegomenis auxit Frid. Ritschelius sociis operae adsumptis G. Loewe, Gr. Götz, Fr. Schoell. Tomi II, fasc. V: Poenulus. Lips. in aedibus B. G. Teubneri 1884. 8. XXVI und 176 p. 5 mk.

Aus der praefatio sind folgende punkte von besonderem in- teresse: von Ritschl's thätigkeit lag den herausgebern ein voll- ständig fertiger text und kritischer apparat bis v. 760 vor; wenn dieselben auch auf einem viel conservativeren Standpunkt sich befinden , so haben sie doch , wie billig , die resultate der arbeit Ritschl's gewissenhaft mitgetheilt. In dem Ambrosianus ist der größte theil des Stückes erhalten, diese sehr ansehnlichen Überreste sind erst jetzt in folge der bewunderungswürdigen Sorg- falt und geschicklichkeit, womit Löwe die handschrift verglichen hat, nutzbar gemacht: mit den nunmehr vorliegenden mitthei- lungen können die spärlichen notizen in Geppert's ausgäbe gar nicht in vergleich gestellt werden. Der umstand, daß Turnebus seiner guten handschriftlichen quelle bezüglich des Poenulus ver- hältnißmäßig auffallend oft erwähnung thut, beinahe ebenso häu- fig, wie bezüglich aller anderen stücke zusammengenommen, hat die herausgeber veranlaßt, eingehendere nachforschungen über diese angaben anzustellen. Wir erfahren, daß Turnebus, als er seine Adversaria schrieb, sich nicht mehr im besitz der handschrift befand , ferner daß dieselbe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht alle stücke umfaßte, sondern am anfang, in der mitte und wohl auch am ende lückenhaft war. Ueber die Punica im Poenulus ist eine erörterung Gildemeisters mitgetheilt, in welcher es heißt p. XVI : qui Punica scripsit, singula verba transtulit, eorum ordinis apud Semitas legitirni ratione non habita sed latinam consuetudinem ubique secidus, unde factum est ut praemitteretur accusativus , a no- mine suo disiungeretur genetivus, sententiae verbis finirentur, inverte- rentur vocabula. Quod vix fieri potuit, nisi Plautus interprete usus est, qui Punicam linguam in quotidianum et forensem usum didi- cerat, at vocibus iuste struendis impar erat. Mit rücksicht auf das unbestreitbare Sprachtalent des dichters, auf seine thatkraft und energie, wie wir sie aus den dürftigen notizen über seine lebens- schicksale doch klar erkennen, ferner in anbetracht der thatsache, daß seine poetische Wirksamkeit in die zeit der engsten berüh- rung Roms mit Karthago fällt, sind wir zu der annähme berech-

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tigt, daß die von Gildemeister charakterisirte oberflächliche kennt- niß der punischen spräche Plautus selbst sich sehr wohl ange- eignet haben mag und er eines halbkundigen dolmetschers somit nicht bedurfte.

Der text des dichters ist mit umsieht und großer Zurück- haltung von den herausgebern constituirt worden, conjekturen, auch eigene, sind nur in den notwendigsten fällen aufgenommen. Namentlich ist fast allen vermuthungen , welche größere oder kleinere zusätze späterer Überarbeitung betreffen, kein einfluß auf die fassung des textes selbst verstattet worden, sondern die darauf bezüglichen bemerkungen sind in den kritischen apparat verwiesen. So stehen auch die fassungen des Schlusses im texte friedlich nebeneinander , in der anmerkung wird ganz objektiv über die verschiedenen meinungen bericht erstattet, und auch der ansieht von Götz selbst ist in der art der erwähnung kei- nerlei vorzug eingeräumt. Daß gegen die echtheit der ersten fassung, welche von der mehrzahl der forscher für die plauti- nische gehalten wird , gewichtige metrische bedenken sprechen, ist bereits mehrfach erwähnt worden. Auch die stellen, welche Götz in den Act. soc. phil. Lips. vol. VI als dittographien aus- scheidet, z. b. 330 408, sind nur in dem kritischen apparat als solche bezeichnet. Ebensowenig ist in dem texte selbst der von Götz in Ind. lect. univ. Ienens. 1883 motivirten Versetzung des vierten aktes vor den zweiten folge gegeben worden. Wir sind je- doch den herausgebern zu großem danke verpflichtet, daß wir durch ihre vollständige beherrschung und umsichtige verwerthung des gesammten materials nunmehr für ein weiteres stück eine durch- aus zuverlässige grundlage der forschung erhalten haben. Als schwacher ausdruck des dankes seien zum Schlüsse einige bemer- kungen über ein paar stellen angefügt.

V. 230 f. numguam Lavando et fricando seimus facere metam. facere metam ist conjektur Ritschl's für faceren niam B, facere en iam cod. Turneb. Abgesehen davon, daß der metaphorische ge- brauch von meta , so viel wir sehen , erst in der Ciceronischen zeit nachweisbar ist, halten wir die redensart facere metam über- haupt für unlateinisch statt ponere metam, es wird wohl nichts übrig bleiben, als mit Acidalius facere pausam oder mit Lambin facere finem zu schreiben. Zu den worten v. 330 ff. primum prima salva sis: Et seeunda tu seeundo salve in pretio: tertia Salve extra

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pretium bemerken die herausgeber : recte (Handius) primam An- terastylin, quae praeibat, interpretatus (est), secundam ancillam, tertiam ipsam Adelphasium , sie halten nämlich den ausdruck salve extra pretium für zweideutig, er kann jedoch in dem Zusammenhang gar nicht zweideutig sein, da secundo in pretio hinter primum steht ; es ist demnach eine gradatio nach unten hin und Agemastokles kann deshalb mit den worten nicht ge- meint haben, daß die angeredete über jedes pretium erhaben sei , sondern daß sie kein pretium für ihn besitze : er m u ß also mit diesen worten die magd angeredet haben, welche dann tum pol ego et oleum et operam perdidi entgegnet. V. 496 haben die handschriften, auch A, malam crucem ibo potius, GL schreiben mit Göller in malam crucem; der bloße akkusativ kann den her- ausgebern nicht anstößig gewesen sein , da sie 799 utinam hinc abierit malam crucem, wo Göller wieder ändert, unangetastet ge- lassen haben, sie müssen wohl durch das (v. 495) vorhergehende is in malam crucem zu der änderung veranlaßt worden sein. Je- doch ist an dem Wechsel des ausdrucks oder der construktion bei Plautus kein anstoß zu nehmen , näher darauf einzugehen würde hier zu weit führen, ich- begnüge mich, auf vers 581 hin- zuweisen, wo tragoedi neben comici steht, vgl. außerdem Bacch. 352 f. ita feci, ut auri quantum v eilet sumer et , Quantum autem lubeat reddere, ut reddat patri und Pseud. 647 tu epistulam hanc a me accipe atque Uli dato; v. 625 wird die bedenkliche messung Hstlc ist thensaurus vermieden, wenn man isiic est then- saurus liest, wie auch 680 illic est ad istas vorzuziehen ist; v. 742 hätte die neigung, die handschriftlichen lesarten möglichst zu wahren, nicht zu der billigung von foras egredier führen dür- fen, was aus doppeltem gründe bedenklich ist, vgl. Langen, Bei- träge zur kritik des Plautus, p. 83 : mit Brix zu Men. 754 muß foras egrediri geschrieben werden ; v. 747 setze ich hinter creduam komma, 749 hinter portendier doppelpunkt und schreibe 750 ita statt is ; v. 828 ist mit den worten praepeditus latere forti ferreo vielleicht ein eiserner klotz gemeint , welcher den sklaven am fliehen hindern soll, die lateres aurei und argentei wenigstens sind ja bekannt; v. 988 liegt ein, wie uns scheint, mit recht von Luchs für zulässig erklärter hiatus vor: plurimi ad illum modum, ähnlich wie etwa hl ad illum modum , da hier die n o t h w e n- dige Verkürzung eines solchen vokales eintritt, welcher unter

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andern umständen in trochäischen , iambischen , kretischen , bac- cheischen versen nie als kürze erscheint; v. 1020 ut hortum fo- diat atque ut frumentum metat ist in dem Zusammenhang unsinnig; vorhergeht palas vendundas sibi ait et mergas datas, ad messim credo nisi quid tu aliud sapis ; wenn die instrumente dem k a u f- mann Hanno zum verkauf übergeben worden sind, so hat er sie doch nicht bekommen, um sie selbst als landmann zu gebrauchen, der vers 1020 kann deßhalb auch nicht aus einer Überarbeitung des Stückes herrühren, wie Hasper meint, sondern ist eine einfältige Interpolation zu pala und merga.

70. Augusti Luchs, commentationes prosodiacae Plau- tinae I. Erlangen 1883. 4. 23 p.

In dieser bei gelegenheit des prorektoratswechsels an der Universität Erlangen erschienenen akademischen abhandlung be- handelt Luchs in gründlicher und methodischer forschung zu- nächst die prosodie der pron. demonstrativa hie illic istic ; daß in illic und istic die letzte silbe immer kurz erscheint, ist selbstver- ständlich, daß hie bei Plautus ebenfalls nur als kürze gebraucht wird, zeigt Luchs in überzeugender weise. Die neutra dagegen hoc illuc istuc haben die schlußsilbe immer lang, wie dies richtig schon früher Spengel und Seyffert behauptet haben , Luchs gibt dafür den endgültigen beweis. In dem zweiten theile spricht der Verfasser über die Verwendung der mit pron. pers. poss. relat. verbundenen partikel quidem [mequidem, tuquidem, egoquidem, meaquidem, meaequidem etc.) in iambischen und trochäischen ver- sen. Diese formen werden als ein wort angesehen und wie kre- tische oder daetylische Wörter behandelt, der ictus steht dem- nach auf dem i, (der kurzen paenultima) in quidem mit denselben einschränkungen, welche wir auch bei anderen daetylischen wort- formen beobachtet finden. Das höchst sorgfältig begründete re- sultat ist unanfechtbar , nur bezüglich einiger einzelheiten kann man zweifelhaft sein, so würde ich Capt. III, 4, 15 statt des vorgeschlagenen istic homo lieber iste homo lesen, auch Cure. IV, 3, 15 nee mihi quidem libirtus ullust. fäcis sapiintius ist der proceleusmaticus fäcis sapi immerhin bedenklich und Luchs selbst gesteht, daß er ihm nicht recht gefalle ; mir will auch das nee beim beginn des gedankens nicht einleuchten und scheint fol- gende fassung in rücksicht auf die Verbindung mit dem vorher-

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gehenden gedanken nothwendig : mihi quidem UbSrtm nullus fat. facis sapientius: „von was für einem einäugigen freigelassenen, von was für einem Summanus träumst du mir: ich habe keinen freigelassenen".

71. P. Ovidii Nasonis Ibis ex novis codicibus edidit scholia vetera commentarium cum prolegomenis appendice indice addidit E. Ellis collegii trinitatis apud Oxonienses socius. Ox- onii e typographeo Clarendoniano prostant apud T. 0. Weigel. Lipsiae MDCCCLXXXI 8. LXIII, 204 p. 7 mk.

Wie es von Ellis nicht anders zu erwarten ist, zeigt auch dies buch eine seltene belesenheit und gelehrsamkeit , zu deren anwendung der gründliche erklärer des Catull nirgends ein dank- bareres feld finden konnte als in der deutung der historiae caecae und der ambages , in welche Ovid „oblitus moris iudiciique sui" seine nachahmung des dunkeln Callimachus eingehüllt hat. Zuvor aber hat er sich um neue handschriftliche mittel bemüht : wäh- rend Merkels epochemachende kritische gestaltung des textes vom jähre 1837 im wesentlichen auf der Wiener handschrift 885 saec. XII oder XIII (nach einer collation von M. Haupt) be- ruhte, und Eiese sich in seiner Tauchnitzer ausgäbe mit einer ertraglosen nachvergleichung eines bereits Merkel bekannten, aber von ihm als „interpolationis haud immunis" bezeichneten codex Francofurtensis begnügt hatte , ist es Ellis gelungen noch vier handschriften aufzuspüren , welche zum theil den Vindobonensis an alter, sämmtlich nach seiner meinung an werth übertreffen, einen Galeanus (jetzt in Cambridge) , geschrieben um das jähr 1180, einen Turonensis, geschrieben um 1200, einen Philippicus saec. XIII vel XIV und einen Parisinus n. 7994 saec. XIII. Von allen vier hat er genaue kollationen angefertigt und nach ihnen den text recensiert, indem er dem Galeanus die erste, dem Turonensis die zweite stelle zuwies , außerdem sich aber von Merkels Vindobonensis eine neue kollation verschafft und eine anzahl anderer handschriften (Vaticanus n. 1602 saec. XIV, Mu- tinensis saec. XV, Holkhamicus saec. XIII, Parmensis saec. XV, Francofurtensis u. a.) selbst verglichen; endlich hat er die Flo- rilegienlitteratur gewissenhaft durchmustert, die manchen vers in besserer Überlieferung gewahrt haben als die vollständigen hand- schriften (z. b. v. 109 calidus für clarus) , namentlich aber thut

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er sich auf die entdeckung eines Repertorium vocdbulorum exqui- sitorum des Conradus de Mure aus dem jähre 1273 viel zu gute, eines mythologischen lexikons mit Verzeichnung der stellen , an welchen die mythen erzählt sind, besonders aus unserem gedichte. Die von Ellis erregte erwartung jedoch, daß dasselbe für den text viel abwerfe , wird getäuscht ; denn vergleicht man an den 14 stellen, welche Ellis p. Lill zum beweise dafür, daß Conrad sehr gute handschriften benutzt habe, aufzählt, mit dem Merkei- schen texte vom jähre 1867, so findet man nur in drei versen differenzen: v. 281 hat Ellis aus jenem repertorium die form redemi für redimi aufgenommen , v. 5 1 5 die lesart stuto vor der handschriftlichen trunco bevorzugt, um daraus durch eine sehr fragliche konjektur sunto zu machen , und v. 463 im gegensatz zu Konrads lesart eignem nach der editio prineeps; Lymesius ge- schrieben, während Merkel grade Cygneius liest, wie dies auch die handschriften [ligneius GHM, lignetus V, lignesius PT) in leichter Verderbnis bieten. Also bleibt von den lesarten jener autorität nur eine änderung der Orthographie und jenes zweifelhafte stuto übrig. Auch sonst hat die heranziehung des so reichen und ge- rühmten handschriftlichen materials dem texte scheinbar nur ge- ringen nutzen gebracht: man muß bis v. 96 lesen, ehe man eine abweichung von dem Teubnerschen texte bemerkt {seit se nach HPTX für Merkels durch G und F bezeugtes se seit); zahl- reicher und wichtiger sind die änderungen in dem übrigen ge- dichte : immerhin aber wird gesagt werden dürfen, daß das ver- dienst von Ellis weniger in der gestaltung des textes als in der sicheren fundamentierung des von Merkel gegebenen besteht x). Vielleicht wird ein nachfolger noch manche lesart der neuen handschriften in den text setzen , da Ellis in der verwerthung derselben wie auch in der aufnähme eigener konjekturen, welche meist nur in dem kritischen apparat ihren platz erhalten haben (zu v. 225. 352. 398. 591. 607. 615. 621), äußerst vorsichtig gewesen ist. Z. b. erfahren wir von ihm, daß das distichon : Quam dolor hie umquam spatio evanescere possit, leniat aut odium tempus et hora meum, welches die früheren ausgaben hinter v. 40 und 132 einschoben,

1) Das von Riese v. 31 vermuthete et findet nun im P eine ge- wisse bestätigung. Die priorität seines vanescere in v. 41 gebührt übrigens Heinsius.

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Merkel und nach ihm Riese an der zweiten stelle tilgten, an der ersten in G (also nach Ellis der besten autorität) P und Vat. fehlt (während es in F vor v. 39 eingeschoben ist). Ellis be- merkt auch richtig , daß es hier leicht entbehrt werden könne, kaum aber hinter v. 132: warum hat er da nicht dort es gestri- chen, anstatt es an beiden orten wieder im texte zu belassen? Ueberhaupt wird die interpolation auf dem verführerischen boden unseres gedichtes mehr ihr spiel getrieben haben , als dies bis jetzt gewöhnlich geglaubt wird ; ich will nur auf einen fall hin- weisen: Ovid nennt im ersten theil v. 175 182 in je einem distichon die quälen des Sisyphus , der Danaiden, des Tantalus und des Tityus, um v. 191 194 dieselben seinem gegner im in- ferno anzuwünschen, v. 191 f. die des Sisyphus, v. 193 die des Tantalus, 194 die des Tityus. Warum fehlen hier die Danaiden? man könnte an eine lücke in der zweiten reihe denken, noch probabler jedoch erscheint es mir in der ersten eine interpola- tion zu vermuthen ; weniger weil den gleichen versausgang Be- lides undas Ovid auch in den Metamorphosen IV, 463 ange- wandt hat, als weil die mehrzahl der bestraften hier nicht recht passen will, und die Danaiden v. 355 f. wiederkehren; denn eine Wiederholung eines mythus kommt sonst nur innerhalb des zweiten theils (von v. 251 an) vor; s. Ellis p. XL VII.

Nirgends aber hat kritik und exegese so hand in hand zu gehn wie beim Ibis , und so hat sich Ellis seine aufgäbe gewiß richtig gestellt, wenn er mit der kritischen recension einen exe- getischen kommentar (p. 105 170) verbunden hat. Kritik und exegese stützen und ergänzen sich gegenseitig. Einige ausfüh- rungen hat er in den excursus p. 171 188 hinzugefügt, die erklärung selbst strebt nach kürze und knappheit und setzt nun auch einen philologen , der nicht wochen auf das Studium des eines Ovid nicht würdigen gedichts zu verwenden hat , in den stand , dasselbe in kurzer zeit wenn auch nicht mit genuß , so doch mit Verständnis durchzulesen ; was bis jetzt nicht möglich war. Ich will nicht daran mäkeln, daß einige anmerkungen das- selbe etwas zu sehr erleichtern : im allgemeinen wird jeder leser ihm für die geschickte Zusammenstellung des materials ebenso dankbar sein wie die gelehrsamkeit anstaunen , mit welcher der herausgeber auch entlegene gebiete der litteratur beherrscht und für seinen zweck auszunutzen weiß.

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Einen weiteren vorzug besitzt die ausgäbe durch eine Ver- vollständigung der scholien. Ellis hat nicht allein die beiden ausgaben von Merkel und Salvagny (1661, welche man immer noch nicht entbehren konnte , s. E. Ehwald , De scholiasta , qui est ad Ovidii Ibin, commentatio, Gothaer progr. 1876, p. 3) er- setzt, sondern auch aus den von ihm zum ersten mal herangezo- genen handschriften des gedichts reiche neue ausbeute für die scholien gewonnen und die vielfach abweichenden fassungen der- selben übersichtlich neben einander gestellt (p. 43 104). Ein kapitel der Prolegomena p. LVI LXVIII behandelt ihren litte- rargeschichtlichen werth , im wesentlichen anschluß an Ehwalds Untersuchung. Daß ihr kern einen falscher von dem schlage des Fulgentius de abstrusis sermonibus zum Verfasser hat, war bald erkannt worden; so unverschämt hatte derselbe sein wesen ge- trieben, verse klassischer dichter mit ganz unglaublichen proso- den aufgetischt und mythen mit der größten willkür ersonnen. Freilich mag unter diesen wüst von lug und trug auch manches echte körnchen gekommen sein , und Ellis ist geneigt dies und jenes citat anzuerkennen, z. b. ein lateinisches distichon aus des Kallimachus Ibis zu v. 315, welches die einzige ausdrückliche an- führung daraus sein würde. Mit recht erklärt sich indes 0- Schneider (Callimachea vol. II, p. 280 seq.) gegen seine echtheit, und so wird man auch hier an dem in der epigraphik allgemein anerkannten satze festhalten müssen, daß den angaben eines Ver- fassers, welchem überhaupt fälschung nachgewiesen ist, nur dann zu glauben ist, wenn dieselben auch anderweit bezeugt sind, sonst aber nicht. Das citat aus Kallimachus zu v. 331 wird also durch den scholiasten zur Ilias XXII, 397 gestützt, die anderen aber (zu v. 352. 379. 451 und 501, s. Schneider a. a. o. p. 281 seq.) werden kaum ihre stelle unter seinen fragmenten be- haupten können, zumal auch ihr inhalt zum theil höchst bedenk- lich ist. Auf diesem gebiet ist der detailarbeit noch viel räum gelassen, in der emendation des einzelnen, besonders der namen, welche oft in einer solchen weise entstellt sind , daß man dies nicht allein auf rechnung der abschreiber setzen kann , und in der prüfung der hier berichteten mythen, welche namentlich nach abschluß des ßoscherschen lexikons erfolgreich wird vorgenommen werden können. Die zeit der fälschung verlegt Ellis in die jähre 376 541, ohne jedoch diese Untersuchung mit der höchst

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wichtigen allgemeineren über den Ursprung solcher schwindelli- teratur (s. iu erster linie Dungers vorzügliches programm Dictys- Septimius und Geizer, Julius Afrikanus I, p. 229 238 ff. ) in Zusammenhang zu setzen.

Die sich bei dem gedichte aufdrängenden litterargeschicht- lichen fragen, denen sich Ellis natürlich nicht entzogen hat, sind besonders zwei, nach der person des gegners, auf den Ovid diese flut von Verwünschungen ergossen hat, und nach dem Verhältnis zu dem original des Kallimachus. Leider sind nur die unter- lagen zu ihrer beantwortung sehr dürftig. Ovid hat sich hin- sichtlich seines früheren, aus Afrika gebürtigen freundes, der durch scharfe reden über den verbannten seinen zorn geweckt, in so allgemeinen redensarten bewegt (s Ellis p. XX), daß alle vermuthungen, selbst wenn stellen aus den Tristien und den Poe- tischen briefen zu hülfe genommen werden, selbst nicht eine ge- wisse Wahrscheinlichkeit beanspruchen können. Ellis hat sich auch hiermit viel mühe gegeben ; nach abweisung von Hygin und Cassius Severus räth er auf den aus Seneca bekannten Rabies genannten reduer T. Labienus oder auf den astrologen Thrasyllus , scheint aber selbst diesen hypothesen nicht viel werth beizulegen , und sie schweben in der that völlig in der luft. Was den zweiten punkt anbetrifft, so erklärt sich Ellis mit recht gegen die völlig irrthümliche behauptung 0. Schnei- ders (Callim. II, p. 273 seqq.), daß des Kallimachus Ibis nur ein epigramm „fortasse solito maius" und demnach Ovids dichtung durchaus sein eigenthum gewesen sei. Noch glücklicher hatte dieselbe jedoch schon sieben jähre vorher A. Riese in Fleckeisens Jahrbüchern (CIX, p. 377 381, welcher aufsatz Ellis entgangen ist) zurückgewiesen und namentlich gezeigt, was auch Ellis nicht hinlänglich beachtet hat, daß unter exiguus libellus , wie Ovid sein original nennt, er nicht, wie Schneider behauptete, ein klei- nes einzelnes gedieht gemeint hat , sondern daß dies wort bei ihm ein gedieht b u c h bedeutet; s. jetzt Birt Antikes buchwesen p. 23 ff. Unmöglich ist es ja nicht, daß die reihen von strafen, welche Ovid über seinen gegner herabbeschwört und welche Ellis p. XLIV XLVIII übersichtlich gruppiert, eigenen Samm- lungen oder noch eher Zusammenstellungen gelehrter, vielleicht mit ihm befreundeter antiquare (man denkt vor allen an Hygin) entstammen, aber mit gleichem recht kann man ihren grundstock

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(also abgesehn von den römischen mythen) auf Kallimachus zurück- führen. Ganz richtig spricht sich Ellis hierüber schwankend aus.

Damit ist über den hauptinhalt der neun kapitel der Pro- legomena kurz berichtet; der Vollständigkeit halber erwähne ich noch, daß das siebente kapitel die sehr seltenen bezüge auf das i gedieht bei späteren verzeichnet, zu denen ich nichts hinzuzu- fügen wüßte, c. VI „De tralatis ex Aegypto" nachweisen soll, daß Ovid entweder einen Aegyptier angegriffen oder wenigstens viele \ ägyptische brauche berührt habe, nicht mit glück, wie dies auch Zingerle in der Philologischen rundschau 1882, sp. 1101 be- merkt hat , endlich cap. III „De significatione Ibidos" unter be- nutzung sogar ägyptischer litteratur die vermuthuug begründen soll: Callimachum per ibin potissimum significasse Apollonium, quod, ut Apollonius , circa Naucratin versaretur , et haberet quae in Apol- lonii gestibus habituque morderentur , et eundem tamquam falsum quendam Hermen sive Hermae famulum repraesentaret ; indes wird man sich bei dem mangel an Zeugnissen über des Kallimachus werk mit der aufstellung begnügen müssen, daß er sich nicht an die ägyptische anschauung über den dort hoch verehrten ] vogel gehalten habe ; unter den übrigen fabeleien der alten über ihn findet sich nur eine, welche mit der tendenz des dichters in einige beziehung gesetzt werden könnte, daß nämlich der ba- silisk aus einem ibiseie hervorkomme, welches von dem gifte aller vom ibis verzehrten schlangen entstehe (Brehm thierleben2 VI, p. 331).

Gedruckt ist das buch sehr sorgfältig; ich bemerke von fehlem im texte nur commitam in v. 45 , von anderen versehen z. b. die Schreibungen Behrens , Reyfferscheid , Mettus Sufetius (p. XL VII und 117). Hermann Peter.

72. Die entwicklung des naturgefühls bei den Eömern. Von Alfred Biese. Kiel, Lipsius und Tischer 1884. 8. VI, 210 p. 4 mk.

Diese schrift bildet den zweiten theil des Werkes „Die ent- wicklung des naturgefühls bei den Griechen und Eömern", deren ersten die Griechen behandelnden theil ich vor einiger zeit (bd. XIII, 1, [1883], p. 53 f.) in dieser Zeitschrift besprochen habe. Ich schloß meinen damaligen bericht mit den Worten, daß ich der fortsetzung und den fortsetzungen mit vergnügen

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entgegensehen werde; und ich bin dem verf. dankbar, daß er mir dieses vergnügen so bald verschafft hat. Das naturgefühl der Eömer ist hier ebenso eingehend und ebenso einsichtig be- handelt, wie dort das naturgefühl der Griechen. In reicher, aber edler spräche , wie sie dem gegenstände angemessen ist, entrollt der Verfasser uns ein flüchtiges bild der römischen Lite- ratur, das an Wahrheit und anschaulichkeit nicht dadurch ver- liert, daß es, durchaus einseitig, nur vom Standpunkte des be- obachters der naturempfindung aus aufgenommen ist; und das naturgefühl, wie es in den römischen dichtem und prosai- kern zu tage tritt , ist noch nirgends so erschöpfend untersucht worden, wie in dieser schrift. Ich selbst hatte es , worauf auch Biese sich beruft, in meiner arbeit über den landschaftlichen na- tursinn der Griechen und Römer, nur weit summarischer, behan- delt, als dasjenige der Griechen. Biese kommt zu dem resultate, daß die römische dichtung, besonders die elegie , nicht nur eine lücke der griechischen literatur ausfülle, so daß uns durch sie erst das völlig empfindsame des naturgefühls der hellenistischen zeit recht deutlich werde , sondern daß sie auch auf dieser von den Alexandrinern gewiesenen bahn manchen bedeutsamen schritt nach dem modernen hin fortschreitend gethan habe ; und in der anmerkung fügt er in bezug auf meine bemerkung: „daß die Römer . . . weiter gegangen seien als die Alexandriner, konnten wir nicht behaupten" die äußerung hinzu : „es sollte mich freuen, wenn Woermann nunmehr seine ansieht modificierte".

Ich glaube, daß wir uns leicht darüber einigen werden. Ich hatte in meiner Untersuchung immer das ziel der landschafts- malerei im äuge und wollte sagen, daß ich in der römischen li- teratur keine elemente gefunden hätte, die auf eine größere be- gabung der Römer als der hellenistischen Griechen für diesen kunstzweig hätte schließen lassen ; und in der that glaube ich in meinem größeren werke über die landschaft in der kunst der alten Völker dargethan zu haben , daß der interessanteste theil der erhaltenen antiken landschaftsmalerei hellenistischen , nicht römischen Ursprungs sei : insbesondere ist dies meine ansieht in bezug auf die Odysseelandschaften vom Esquilin. Ich kann mich daher auch nicht damit einverstanden erklären, daß Biese (p. 123) gerade sie als Illustrationen des speeifisch römischen natur- gefühls herbeizieht. Daß die freude am landleben, ursprünglich

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ökonomischer natur, später natürlich immer bewußter ästhetisch und empfindsam werdend , sich in der späteren römischen lite- ratur weit anschaulicher wiederspiegelt, als in der griechischen, habe ich sicher nicht geläugnet ; die aus dem römischen villen- dasein entspringende specifisch römische landschaftsmalerei , die sich vor allen dingen in den garten- und Villendarstellungen des Ladias (oder wie die richtige lesart dieses namens sonst lauten möge) ausspricht, bezeichnet als solche aber keineswegs einen fortschritt in der landschaftsmalerei überhaupt; und wer weiß, wenn uns von den griechischen elegikern, deren nachahmer die römischen waren , nur halb , ja nur ein viertel so viel erhalten wäre, wie von den letzteren, ob Biese dann noch in diesen ge- rade in bezug auf den landschaftlichen natursinn einen fortschritt zu modernerer auffassung über jene hinaus erkennen würde !

Daß aber im laufe der Jahrhunderte bis zu Ausonius' Mosella das empfindungsieben des einzelnen sich überhaupt immer sub- jektiver und moderner gestaltete , auch in bezug auf des men- schen Stellung zur natur im allgemeinen , gebe ich Biese gern zu, ohne jedoch einen eigentlich römischen zug in dieser ent- wicklung zu sehen.

In der auswahl der charakteristischsten stellen aus den rö- mischen dichtem und prosaikern hat Biese wieder eine glück- liche hand bewiesen. Unsere kenntniß der ganzen in rede ste- henden seite des römischen culturlebens ist durch seine schrift entschieden gefördert worden ; und somit bleibt mir nichts an- ders übrig, als dem Verfasser eine glückliche fortsetzung seiner Studien in bezug auf's mittelalter und die neuzeit zu wünschen !

Karl Woermann.

73. Lodovicus Traube, Varia libamenta critica. Monacii, typgr. acad. F. Straub MDCCCLXXXIII 39 p. 8. Diss. Monac.

In diesem fein ausgestatteten, aber von manchen druckfeh- lern entstellten schriftchen, das die widmung „Nadinae Heibig s." trägt, werden unter den Überschriften in poetas , in historicos, in rhetores, in philosophos, in grammaticos siebenzehn stellen zu Ca- tullus, Rutilius Namatianus, Curtius, Florus, Ammianus, den beiden Seneca, Tacitus, "Asconius und Aquila Romanus kritisch und einige andere exegetisch behandelt, natürlich mit ungleichem erfolge. Tacitus , der unter die philosophen eingereiht ist , weil von ihm

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nur stellen aus dem dialog zur besprechung kommen, wird viel- leicht am geschicktesten emendiert. Die vorschlage Traubes mö- gen als proben mitgetheilt werden: cap. 28 non reconditas, Ma- terne, causas requiris nee . . . ignotas, set <aper> iam si mihi partes adsignatis; cap. 10 ceteris \ali arum] artium studiis. Daß die letztere vermuthung von Steuding im realschulprogramm von Würzen 1878, p. 9 vorweggenommen war, hat Traube nachträg- lich noch ersehen. Dagegen ist ihm entgangen , daß sein Vor- schlag zu Curtius IX, 2, 29 hoc unum p etiturus sum schon in der Mnemosyne neue serie IV, 71 gedruckt steht, ebenso seine Verbesserung zu den Suasorien des Seneca 1, 14 non excusavit militem, sed di<centem fin>xit (oder induxit) bereits in den Jahrbüchern für philologie CXXV, 280. Der letzte theil von Traubes schrift sucht die quelle von Macrobius Sat. I, 17 23 zu ermitteln. Mit G. Wissowa, dessen abhandlung De Macrobii Saturnaliorum fontibus (Breslau 1880) eifrig bekämpft wird, stimmt Traube in der annähme indirecter benutzung des Iam- blichos überein , denkt aber nicht an dessen schrift tzsq) &ewi>r sondern an die 7i£o) ayaXjxdtco\ <■ ; auch nimmt er einen anderen vermittelnden autor an als Wissowa und führt auf Porphyrios als quelle des Iamblichos hin. Wie die übrigen libamenta so ist auch diese letzte materie adhibita ingenii cura et facultate verar- beitet, aber der sapor ist hier recht bitter geworden. Insectatio ipsa moderata sit! Das ist ein beachtenswertes monitum des Seneca, dessen weitere worte wir Traube auch zur emenda- tion empfehlen ; denn wir erwarten von ihm nach diesen primi- tiae noch manche libamenta ingenuae artis criticae,

Bibliographie.

Die bibliothek des kürzlich verstorbenen professor K. Bur- sian ist von der buchhandlung Kirchhoff u. Wigand angekauft: ein katalog derselben in drei abtheilungen ist erschienen.

Am 30. märz verstarb in London der bekannte verlags- buchhändler Nicolaus Trübner, über dessen leben Allg. ztg. beil. nr. 103 berichtet.

Von dr. E. Steffenhagen und dr. A. Wetzel sind erschienen: ,,die klosterbibliothek zu Bordesholm und die Gottorfer bibliothek. Drei bibliographische Untersuchungen", Kiel, welche durch die Über- siedlung der Kieler universitäts-bibliothek am 25. april d. j. in das neue bibliotheksgebäude veranlaßt sind. Die genannten bibliothe- ken bilden die grundlage der jetzigen Kieler bibliothek, sind aber

Philol. Anz. XIV. ^

406 Bibliographie. Nr. 7.

nicht mehr vollständig in ihr enthalten : wie dies zugegangen, wird in der genannten schrift ausgeführt-, weiteres s. im RAnz. nr. 116. 119.

Das baierische cultusministerium hat in einem erlaß den gymnasien anempfohlen, das werk Bursians: Geschichte der clas- sischen philologie in Deutschland , für ihre bibliotheken anzu- schaffen. Es würde den lehranstalten gewiß angenehm gewesen sein , wenn das ministerium gleich exemplare des buches ihnen zugeschickt hätte. Vrgl. Allg. ztg. beil. 2 zu nr. 83.

Ueber das vom jüngst verstorbenen buchdrucker und buch- händler Carl Christian Philipp Tauchnitz der Stadt Leipzig ge- machte vermächtniß berichtet Allg. ztg. beil. zu nr. 124.

Die mittheilungen der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner in Leipzig, 1884, nr. 2 kündigen folgende werke an: Sextus Iu- lius Africanus und die byzantinische Chronologie, von H. Geher, bd. II, abth. 1: die nachfolger des Iulius Africanus; H. Blümner, technologie und terminologie der gewerbe und künste bei Griechen und Römern, bd. III; Joh. Neumann, Strabons und Artemidors erdkunde von Africa ; Sophoclis tragoediae ex recens. G. Dindorfii. Ed. sexta, correctior, quam curavit S. Mekler;

Fr. Fröhlich, die bedeutung des zweiten punischen krieges für die entwicklung des römischen heerwesens; M. Tullii Ci- ceronis Epistolae ad M. Brutum. Mit kritischem apparat und erklärenden anmerkungen herausgegeben von L. Gurlitt und O. E. Schmidt.

Im verlag von Ernst Huhn in Kassel wird nächstens er- scheinen: Die brüder Grimm. Von dr. Albert Duncker. Preis broschirt 3 mark, elegant gebunden 4 mark. Mit einem holz- schnitt „das Grimm-haus zu Kassel".

Im verlag von C. Gerold's söhn in Wien wird erscheinen : Tensaurus Italograecus. Ausführliches historisch-kritisches Wör- terbuch der griechischen lehn- und fremdwörter im lateinischen von dr. G. A. E. A. Saalfeld.

Verzeichniß empfehlenswerther kartenwerke für lehranstalten aus dem verlag von Dietrich Reimer (Reimer und Höfer) in Berlin.

Besprochen wird im RAnz. nr. 87 der catalog des bücher- lagers von L. Eosenthai in München; ferner nr. 95. 112 M. Koch und Reimer in Königsberg in Pr. catalog nr. 45 ;

in nr. 108 K. F. Köhlers Antiquarium in Leipzig nr. 400, besonders römische geschichte ; in nr. 130 Star- gardt in Berlin bücherverzeichniß nr. 146; nr. 131 Ferd. Raabe nachfolger E. Heinrich in Königsberg in Pr. verzeichniß nr. 66. 67, auch die nachgelassene bibliothek des prof. Wiske- mann in Hersfeld enthaltend; nr. 66 verzeichnet griechische und lateinische Schriftsteller nebst erläuterungsschriften, nr. 67 Neu- griechen und Neulateiner, Sprachwissenschaft, mythologie, alter- thümer u. s. w.

Nr. 7. Bibliographie. 407

Cataloge von antiquaren: Maier und Müller, antiquariat in. Berlin, catalog nr. 7G ; Georgio Grieb e C. zu Mailand, catalog nr. 6 : Filologia classica ; Antiquarischer katalog nr. 78 von Ru- dolph Merkel in Erlangen, sehr zu beachten.

Verzeichniß der wichtigeren Publikationen auf dem gebiete der alter-

thumswissenschaft. 1884. V.

Deutschland. Oesterreich. Schweiz.

456. Benussi, B. , l'Istria sino ad Augusto. Studi. Trieste 1883. 8. XIV, 353 p. 8 mk.

457. Bilderatlas, culturhistorischer. I. Alterthum bearb. von Th. Schreiber. 100 tafeln und erklär, text Leipzig, Seemann 1884. fol. ä lief. 1 mk.

458. Caesaris , C. Iulii, commentarii de bello Gallico. Für den schulgebr. erkl. von Rud. Menge. 2. bdch. Buch IV VI. (Ausgabe A. B.) Gotha, Perthes 1884. 8. VI, p. 121—239. ä 1 mk. 30 pf.

459. Ciceronis , M. Tullii , Tusculanarum disputationum ad M. Brutum libri V erklärt von G. Tischer. 1. bd. Buch I. II. 8. aufl. Besorgt von G. Sorof. Berlin, Weidmann 1884. 8. 1 mk. 50 pf.

460. Cornelii Nepofis vitae. Scholarum in usum emendav. Andr. Weidner. Leipzig, Freitag 1884. 8. IV, 104 p. 60 pf.

461. Demosthenes ausgew. reden. Erkl. von J. Sörgel. 2 bdch. (Ausgabe A u. B.) Gotha, Perthes 1884. 8. 1 mk. 80 pf.

462. Deppe, A., die Teutoburg. Heidelberg, Weiß 1884. 8. VIII, 72 p. 2 mk.

463. Flach, Hans, Württemberg und die philologie. 2. veränd. aufl. Stuttgart, Metzler 1884. 8. 60 pf.

464. Frigell, Andr., prolegomena in T. Livii librum XXII. Gotha, Perthes 1883. 8. 64 p. 1 mk. 20 pf.

465. Launitz, Ed. von der, Wandtafeln zur veranschaulichung an- tiken lebens und antiker kunst. Fortgesetzt von A. Trendelenburg. Taf. XXIII: Olympia nach den resultaten der deutschen forschung dar- gestellt von Rieh. Bohn. Mit text in gr. 8. Kassel , Fischer, fol. 12 p. 16 ink. XXV. Homer. XXVI. Thucydides. XXVII. Cicero. Mit text in gr. 8. Ebda 1884. Imp.-fol. 6 mk.

466. Lexicon, ausführl., der griech. u. röm. mythologie. Im ver- ein mit . . . unter mitredaction von Th. Schreiber hrsg. von W. H. Röscher. Mit zahlreichen abbildungen. Leipzig, Teubner 1884. 8. In 17-20 lieff. ä 2 mk.

467. Zivi, T. , ab urbe condita liber XXIII. Für den schulgebr. erkl. v. Gottl. EngelhaaJ. Ausgabe A u. B. Gotha, Perthes 1884. 8. 92 p. 1 mk. 20 pf.

468. Müller, Lucian, Luciliana. Ueber einige beitrage zur litte- ratur des Lucilius. Berlin, Calvary 1884. 8. 24 p.

469. Natorp Paul, forschungen zur geschichte des erkenntniß- problems im alterthum. Protagoras Demokrit Epikur und die skepsis. Berlin, Hertz 1884. 8. VIII, 315 p. 7 mk.

470. Nitzsch , Friedr. , Luther und Aristoteles. Festschrift zum 400jähr. geburtstage M. Luthers. Kiel, Univ. - buchh. 1883. 4. III, 51 p. 1 mk. 20 pf.

471. Platoys ausgewählte dialoge. Erklärt von C. Schmelzer. 7. bd.: der staat. 1. abth. Berlin, Weidmann 1884. 8. 203 p. 2 mk. 10 pf.

472. Richter, Rieh., nekrolog auf Conr. Bursian in München. Berlin, Calvary 1884. 8. 13 p. 1 mk. 20 pf.

473. Saalfeld, Günth. Alex. A. E., die lautgesetze der griechischen lehnwörter im lateinischen , nebst hauptkriterien der entlehnung.

28*

408 Bibliographie. Nr. 7.

Sprachwissenschaftliche Untersuchung. Leipzig, C. F. Winter 1884. 8. XI, 131 p. 2 mk.

474. Schiller, Herrn., nekrolog auf Wilh. Clemm in Gießen. Berlin, Calvary 1884. 8. 1 mk. 20.

475. Stobaeus, loa., Anthologium recc. Curt Wachsmuth et Otto Sense. Vol. I et II. Libri duo priores qui inscribi solent eclogae physicae et ethicae rec. Curt Wachsmuth. Berlin, Weidmann 1884. 8. XL, 502, 332 p. 18 mk.

476. Taciti, C. Cornelii, Annales erkl. von W. Pßtzner. 2. bdch. Buch III-VI. Gotha, Perthes 1884. 8. 1 mk. 50 pf.

477. Thkuydides erkl. von J. Classen. 7. bd. Buch 7. 2. aufl. Berlin, Weidmann 1884. 8. VI, 177 p. 1 mk. 80 pf.

478. Xenophon's Anabasis. Für den schulgebr. erklärt von R. Hansen. 3. bdch. Gotha, Perthes 1884. 8. 1 mk. 20 pf.

Niederlande.

479. Josephus, Flavius, Joodsche oudheden of historie der joden naar het oorspronkelijk Griecksch overzien op zeer vele pladsen verbe- terd door Sigebert Haverkamp. Naar het tegenwoordige spraakge- bruik uitgegeven van J. A. Oerth van Wijk. Opgeluistert med kunst- platen naar Jan en Kasper Luiken. Leiden , Sijthoff. 20 aflever. a 0,25 fi.

480. Noordewier, H. J. Nassau, Demosthenica in usum scholarum. Leiden, Brill 1884. 8. IV, 169 p. 1,20 f.

England.

481. Cesnola, A. P. di, Salaminia (Cyprus). The history treasures and antiquities of Salamis in the Island of Cyprus. With introduc- tion by Samuel Birch. 2 ed. London, Whiting 1884. 8. 310 p. 21 sh.

482. Ciceronis, de officiis libri tres. By H. A. Holden. With engl, commentary. 5. ed. Cambridge 1884. 8. 9 sh.

483. Cotterill, J. M. , Modern criticism and Clements epistles to virgins (first printed 1752) or their greek Version newly discovered in Antiochus Palaesthinnsis. With Appendix containing newly found versions of fragments attributed to Melito. Edinburgh, Clark 1884. 8. 126 p. 5 sh.

Vereinigte Staaten von Nordamerika. 284. Jackson, G. A., The Post Nicene Latin fathers. New York 1884. 8. 23 p. 3 sh.

485. Toy, C. H., Quotations in the New Testament. New York 1884. 8. 18 sh.

Belgien.

486. Sallustii Crispi, C. , de coniuratione Catilinae über. Texte revue et annotee par P. Thomas. Mons Manceaux 1884. 12. 117 p.

Frankreich.

487. JBeau, Gabriel, la Grece poetique : Anacreon, Sappho, Bion, Moschus, Theocrite. (Traductions en vers). Paris, Marpon et Flam- marion 1884. 18. 24 p. 3 fr. 50 c.

488. Cagnat, R., Explorations epigraphiques et archeologiques en Tunisie. Fase. 2. 160 p. carte planches 12 19. Paris, Thorin 1884. 8. 7 fr. 50 c. (Extr. des Archives des miss. scientif. et litterares. 3. ser. t. 11).

489. Caesaris, C. Julii, commentarii de bello Gallico. Nouvelle edition avec des notes . . . . en fran9ais precede'e d'une notice . . . par Gidel. Paris, Belin 1884. 12. XII, 268 p.

490. libri VIT cum libro VIII A. Hirti. Edition nouv.

Nr. 7. Kleine philologische zeitung. 409

avec des notes un appendice sur 1'armee romaine une etude sur la langue de Cesar et un index geographique par Constans et Denis, Paris, Delagrave 1884. 18. XII, 363 p.

491. Choisy, A., Etudes epigraphiques sur l'architecture grecque. 4 etude: Un devis de travaux publics ä Livadie. Paris 1884. 4. 67 p. et planche. (1-4. VIII, 243 p.).

492. Des Nouhes, Arthur, Etude sur l'bistoire romaine. Rennes, Palme 1884. 12. 101 p.

493. Huit, C, le Gorgias, commentaire grammatical et litteraire des chapitres 37 83 precedee d'une etude sur le style de Piaton et suivi d'un appendice sur les mythes de ce philosophe. Paris, Lahure 1884. 8. 94 p. (Extr. de la Revue de l'instr. publ.).

494. Jurten de la Graviere, les campagnes d'Alexandre. Epilogue V: le demembrement de l'empire. Paris, Plön Nourrit et Co. 1884. 12. XII, 265 p.

495. Pottier, Edmond, de la place, que doit occuper l'archeologie dans 1'eDseignement de l'art. Lecon d'ouverture. Paris 1884. 8. 25 p.

496. Vigie, Etude, sur les impöts indirects romains. Les douanes dans l'empire romain. Paris, Thorin 1884. 4. 180 p. (Extr. du Bulletin de la societe languedocienne de geographie. Dec. 1882 83).

Italien.

497. Bertolini, Fr., la critica nella storia aetica Prolusione. Bo- logna, Treves 1883. 16. 40 p. 1 1.

498. Gallo , Andrea , le antiche spogliazioni di Sicilia, sunti sto- rici. Catania 1883. 8. 16 p. 0,50 1.

499. Inama, Vig. , letteratura greca. Milano, Hoepli 1884. 16. 214 p. 1,50 lire.

500. Urbini, Giulio, Properziana. Perugia 1884. 16. 40 p.

501. Vullo Guzzardella, G. sull', antica cittä che esistette nel sito dell' odierna Butera. Palermo 1883. 8. 19 p.

Beilage B : Academica und dissertationen. Basel. 502. Plt'iß , Theodor , der reiz erzählender dichtung in der Aeneide Vergils. Basel 1882. 4. 22 p.

503. Schulin , F. , das griechische testament verglichen mit dem römischen. Basel 1882. 4. 60 p.

504. Barth, Fritz, Tertullians auffassung des apostels Paulus und seines Verhältnisses zu den uraposteln. (Sep.-abdr.). 1881. 8.

505. Scheffler, Ludw. von, über die persönlichkeit des periegeten Pausanias. Freiburg i. Br. 1880. 8. 44 p.

Straßburg. 506. Doermer, Guil. , de Graecorum sacrificis qui Uoonoiol dicuntur. Argentorati 1883. 8. 75 p.

507. Hoffmann, Otto Adalb., de imperatoris Titi temporibus recte definiendis. Marburgi 1883. 8. 34 p.

508. Ruete, Edm. , die correspondenz Cicero's in den jähren 44 und 43. Marburg 1883. 8. 122 p.

509. Scherer, Petrus, de particulae »quando« apud vetustissimos scriptores latinos vi et usu. Argentorati 1883. 8. 48 p.

Kleine philologische zeitung.

Unter der Überschrift: „eine lücke in dem orthographischen einigungswerke" werden in der Allg. ztg. beil. zu nr. 78 einige in dieser angelegenheit bisher übersehene Schwierigkeiten erörtert.

London, In Lincoln ward ein römischer altar ausgegraben,

410 Kleine philologische zeitixng. Nr. 7.

und zwar vollständig erhalten: die inschrift darauf lautet: Pa- reis deabus et numinibus Augiusti) C. Antistius Frontinus curator ter. ar(am) d(e) s(uo) d(at). Auf der einen seite ist in basrelief eine vase für libationen , auf der andern seite eine patera eingemei- ßelt. Nur drei den Parzen geweihte altäre sind bis jetzt in England aufgefunden , zwei davon in Carlisle und einer in Sil- loth , zwei von diesen inschriften führen die inschrift : matribus Parcis. Allg. ztg. nr. 79.

Eine gedächtnißrede auf K, Müllenhof von A. Schönbach ist abgedruckt in Allg. ztg, beil. 1 zu nr. 79. 80. 81.

Auä Vorarlberg, 18. märz. (Bloßlegung einer römischen villa). Unseres wissens hat ihr blatt noch keine nachricht über eine in Vorarlberg gemachte bedeutende archäologische ent- deckung, nämlich die bloßlegung eines gebäudes, das archäologen nach der architektur und den Wohnungsverzierungen für eine römische villa halten, zwischen Brederis und Altenstadt, gebracht. Nebstbei wurden terrasigillatageschirre , bronzespangen und eine kaisermünze (entweder von Claudius I oder II herrührend) ent- deckt. Die nachforschungen leitet der von der leitung der Bre- genzer ausgrabungen rühmlichst bekannte dr. Samuel Jenny. Dies ist nun die zweite in Vorarlberg bekannt gewordene rö- mische niederlassung , was der entdeckung einen besonderen werth verleiht, denn die „heidenmauer" bei Höfis , wo man die Mansio Clunia suchen wollte , ist nachrömischen Ursprungs. Augsb. allg. ztg. 1884, no. 81.

Ein aufsatz : „Pädagogische ideale und proteste" in Allg. ztg. nr. 34 bespricht sehr anerkennend das buch von dr. L. Wiese, dem langjährigen leiter des höhern Unterrichtswesens in Preußen, welches derselbe unter dem titel „Pädagogische ideale und pro- teste , ein votum von dr. L. Wiese", 8. Berlin hat erscheinen lassen : es wird in dem aufsatz die einrichtung der einjährigen freiwilligen und ihr verderblicher einfluß auf die gymnasien her- vorgehoben. Das buch enthält nach diesem aufsatz zu urtheilen sehr viel beachtenswerthes und gar mancher wird wünschen, daß der Verfasser diese seine trefflichen ideen während seiner amtsführung zur ausführung gebracht hätte.

Ueber den verein deutscher lehrer in England berichtet kurz Allg. ztg. nr. 85 : genaueres s. oben nr. 6, p. 352 f.

In Allg. ztg. beil. zu nr. 86 bespricht dr. Winter die von Thouret herausgegebene geschichte der römischen republik von K. W. Nitzsch: es wird das buch auch in diesem Anzeiger be- sprochen werden.

Eine beachtenswerthe besprechung der städtenamen von R. Kleinpaul findet sich in Allg. ztg. beil. zu nr. 82. 88 , nr. 91 beil. zu nr. 95.

Karten von Mykenai und Tiryns, herausgegeben von haupt- mann Steffen werden in Allg. ztg. beil. 1 zu nr. 89 ausführlich

Nr. 7. Kleine philologische zeitung. 411

besprochen und gebührend gelobt : eine gründliche besprechuug derselben erscheint nächstens in diesen blättern.

Adolph Böttiger beschreibt in Allg. ztg. beil. 1 zu nr. 96 eine griechische hochzeit, der er beigewohnt : wir erwähnen die- selbe hier, weil sie zeigt , wie gar manche sitten der altgriechi- schen zeit jetzt noch fortdauern und freilich mit mancher abän- derung sich erhalten haben : so der gebrauch des sesam (Arist. Av. 157), die benutzung der musik, die art des tanzes u. s. w. : daneben auch hübsche beschreibung der landschaft in Elis.

Das programm des gymnasiums von Salzwedel für 1884 enthält eine abhandlung von K. Brandt de auctoribus quos in componendis Georgicon libris, adumbraverit Vergilius, ferner deutsche Übersetzungen aus classikern von director dr. Legerlotz : über die des näheren berichtet RAnz. nr. 94.

Tiryns. Dr. Schliemann's brief, in welchem er seine neuesten großartigen entdeckungen auf der akropolis von Tiryns in Ar- golis mittheilt, datirt vomll.april. Der brief vom „Athenäum" mitgetheilt, lautet: dreimal hoch Pallas Athene, wahrhaftig, es ist mir hier wunderbar geglückt. Ich habe einen immensen palast ans licht gebracht, mit unzähligen säulen , der die ganze obere akropolis von Tiryns einnimmt und dessen fußboden und sämmtliche wände wohl erhalten sind. Von allerhöchstem in- teresse sind die Wandmalereien , die mein architekt und mitar- beiter dr. Dörpfeld jetzt in denselben färben kopirt. Von be- sonderem interesse sind auch die maiereien auf den vasen mit ihren höchst primitiven darstellungen von menschen und thieren. Der plan des wunderbaren prähistorischen palastes läßt sich mit der größten genauigkeit herstellen. Er wird das höchste er- staunen erregen, denn ähnliches ist nie zu tage gekommen. Das gefundene kapital ist von der ältesten je entdeckten dorischen Ordnung. Nation, ztg. nr. 257 beil. 1 : vrgl. nr. 278 , RAnz. nr. 100, Allg. ztg. nr. 119: s. ob. hft. 6, p. 351.

Das buch von J. Conrad, ,,das Universitätsstudium in Deutsch- land während der letzten fünfzig jähre, statistische Untersuchun- gen mit besonderer berücksichtigung Preußens, Jena", wird be- sprochen in Allg. ztg. beil. zu nr. 102.

Die terracotten der Sammlung Saburow sind in der Eremi- tage zu Petersburg kürzlich aufgestellt. Allg. ztg. beil. zu 102: vrgl. ob. hft. 6, p. 351.

Kairo, 20. april. (Aufgefundene todtenstadt). Professor Maspero hat, auf der rückreise von seiner jährlichen inspections- reise in Oberägypten begriffen, in Ekhmin (dem altägyptischen Khemnis und Panopolis der Griechen) halbwegs zwischen Assiut und Theben eine bisher unbekannte und unberührte todtenstadt von ungeheurer ausdehnung entdeckt. Soweit bisher festgestellt werden konnte, rührt dieselbe aus der ptolemäischen periode her; es dürfte sich zeigen, daß einige theile der nekropole von weit

412 Kleine philologische zeitung. Nr. 7.

höherem alter sind. Fünf große katakomben wurden bereits geöffnet und enthielten 120 mumien in ganz vortrefflich erhal- tenem zustande. Binnen drei stunden fand prof. Maspero 100 ähnliche grabstätten ; die ganz unberührt waren , auf und man hat es hier offenbar mit einer geradezu unerschöpflichen fund- grube zu thun. Die todtenstadt von Ekhmin enthält, einer ober- flächlichen Schätzung nach, mindestens 6000 mumien; von diesen dürften nur etwa 20 proc. ein historisches oder archäologisches interesse besitzen ; aber die ernte an papyrusrollen , schmuckge- genständen und anderen schätzen wird bestimmt in der geschichte der ägyptischen funde unerreicht dastehen, und eine unermeß- liche ausbeute geben. Allg. ztg. 1884, nr. 115.

Die feste, welche man in Pompeji in altrömischem stile auf- zuführen gedenkt, werden kurz besprochen in Allg. ztg. nr. 105. nr. 118.

Das dreihundertjährige Jubiläum der Universität Edinburg wird beschrieben in Allg. atg. nr. 107. 109. 121. 123. Beil. zu nr. 127.

Rom, 26. april. (Festsitzung des kaiserlich deutschen ar- chäologischen instituts). Das deutsche archäologische institut schloß gestern mit der üblichen festsitzung , zur erinnerung an die gründung Roms , die reihe seiner winterlichen Zusammen- künfte. Professor Jordan aus Königsberg hatte es übernommen, die wichtigen entdeckungen , welche in den letzten monaten auf dem forum stattgefunden, zunächst diejenige des Vestalenhauses, zu besprechen. Er wies darauf hin, wie der cult der Vesta zu- sammen mit demjenigen der Laren und Penaten an der heiligen Straße vereinigt, einem System religiöser anschauungen angehöre, das untrennbar sei von der ersten entwickelung der römischen königszeit : eine betrachtung der neu entdeckten gebäude führe demnach ganz natürlich zurück in die zeit der gründung der ewigen stadt, so sehr auch die jetzt aufgefundenen dem alter und der entstehung nach von letzterer entfernt liegen. Ueber den namen derselben (atrium Vestae) sei kein zweifei bei den gelehrten, welche darüber geschrieben, wohl aber sei nach seiner ansieht die zeit, welcher das aufgedeckte gebäude angehöre, bis- her mit unrecht für diejenige des Septimius Severus und der Iulia Domna erklärt worden. Er habe bei seinen eigenen Un- tersuchungen sich bald überzeugt , daß mit dieser annähme sich unmöglich die inschrift einer anstoßenden kapelle vereinigen lasse, welche nicht jünger als Hadrian sein könne , und um die richtigkeit seiner ansieht festzustellen , die vorhandenen mauern einer genauen durchforschung unterzogen, um, womöglich, ziegel- stempel an ihnen aufzufinden. Dies sei in ausgiebigem maße gelungen. An den verschiedensten stellen der mauern seien Stempel aus Ziegeleien entdeckt worden , die nach angäbe dr. Dressel's, welcher diese monumente für das corpus inscriptionum

Nr. 7. Kleine philologische zeitung. 413

Latinarum bearbeitet, die ältesten in den jähren 59 95, spätere von 111 123 und von 110 122 in betrieb waren. Andere Stempel obne datum gehören sämmtlich der Hadrianischen zeit an , und es könne daher keinem zweifei unterliegen , daß das haus der Vestalen in die regierung Hadrians zu setzen sei. Damit stimme vollkommen die oben erwähnte inschrift der an- stoßenden capelle. Spätere ausbesserungen lassen sich an dem schlechteren mauerwerk leicht erkennen. Ohne die einzelnen theile des hauses näher zu untersuchen, verweilte der vortra- gende länger bei einem großen kreise von ziegelstempeln mit strahlenförmig davon auslaufenden mauern , welche ihm in mit- ten des peristyls einen garten einzufassen scheinen , übrigens durch einen ziegelstempel als nachdiocletianisch bestimmt. An diesen schließt sich ein Wasserbehälter, wie er in der that nicht fehlen konnte. Jordan äußerte die vermuthung, der neubau des hauses der Vestalen und der anstoßenden gebäude der heiligen Straße in Hadrianischer zeit möge wohl im Zusammenhang stehen mit dem prachtbau des tempels der Venus und Roma, und schloß mit dem wünsche , es möge nun auch baldigst die kirche S. Maria liberatrice niedergerissen und die alte Regia dort zu tage gefördert werden. Allg. ztg. nr. 120.

Kairo, 2. mai. Der Engländer Petrie hat in einem von Mariette niemals besuchten orte die statte der langgesuchten ne- kropolis von San (Zoan) erkannt. Petrie erstattet auch be- richt über die ausgrabung einer kleinen capelle oder eines schreins, ptolemäischen datums, welche sechs Stelen, zwei sphinxe mit menschenköpfen, eine königs-statuette und verschiedene un- bedeutendere gegenstände birgt. Die capelle ist kreuzförmig und das obere ende derselben nimmt eine mit inschriften be- deckte tafel ein, welche Ptolemäus Philadelphus und seine Schwe- ster, die königin Arsinoe in anbetung vor Khen, Neith und Buto begriffen darstellt. Der obere theil dieser tafel war ur- sprünglich vergoldet. Die sphinxe befinden sich in situ an je- der seite der tafel. Die übrigen stelen schmücken die wände der zwei sei tennischen , und umfassen 1) eine zweite tafel von prächtiger griechisch - ägyptischer arbeit , welche Ptolemäus und Arsinoe, mit scepter und kröne versehen, sich gegenüberstehend, darstellt; 2) die tafel eines königs , der Khen, Horus, Isis und Buto anbetet; 3) den leichenstein eines privatindividuums (wahr- scheinlich des griinders der capelle) mit einer inschrift, und 4) und 5) zwei votivtafeln zu ehren des stiers Apis. Diese gegen- stände sind alle perfect ; aber die königsstatuette , welche eine höhe von 22 fuß hat, ist in alten zeiten entzweigebrochen und wieder zusammengefügt worden. Augsb. allg. ztg. 1884, beil. zu nr. 126.

Ueber das von dr. Karl Kehrbach in das leben gerufene unternehmen , unter dem titel \Monumenta Germaniae paedagogica

414 Kleine philologische zeitung. Nr. 7.

,,die für die behandlung der geschichte und das wesen der pä- dagogik im mittelalter nöthigen quellen herauszugeben", berichtet Horawitz in Allg. ztg. beil. zu nr. 110.

Einen rückblick auf Heidelberg am Vorabend der fünften säcularfeier der Universität von Georg Weber giebt beil. zu Allg. ztg. nr. 20. 23. 25. 112. 119. 122.

Einige mittheilungen über das russische philologische In- stitut zu Leipzig giebt Allg. ztg. beil. zu nr. 119.

Wien, 2. mai. Weiteren mittheilungen in der Augsb. allg. ztg. für 1884 nr. 126 über die papyrus der Sammlung des erz- herzog Rainer entnehmen wir folgendes. Ein vierfaches sprach- und schriftgebiet repräsentiren die hieroglyphischen, hieratischen, demotischen und koptischen papyri. Besonders hervorzuheben sind ein bald 3000 jabre alter hieratischer brief, ein funeräres tableau mit der wohlerhaltenen darstellung des verstorbenen Amasis und hieroglyphischen legenden und ein demotischer pa- pyrus mathematischen inhalts. Unter den zahlreichen, aus der zweiten hälfte des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung stam- menden koptischen stücken sind von großer Wichtigkeit für die Wissenschaft mehrere stücke auf papyrus der bisher nur in spär- lichen fragmenten vorhandenen bibelübersetzung in mittelaegyp- tischer mundart, dann ein pergamentblatt aus einer alten octav- ausgabe des buches Ruth in sahidischer mundart , endlich eine reihe wohlerhaltener contracte , welche ein formales und sprach- liches analogon in den demotischen Urkunden der Ptolemäerzeit finden und werthvolle beitrage liefern zu der die fachmänner lebhaft beschäftigenden frage nach der einwirkung des römischen rechts auf das aegyptische. Bei der weiteren durchforschung der griechischen papyrus durch dr. K. Wessely wurden neuer- dings bedeutende funde von literarischen Schriftstücken gemacht. Ein besonderes interesse erregen die, eine noch unbekannte po- lemische rede gegen Isocrates (4. Jahrhundert v. Chr.) enthal- tenden reste einer papyrusrolle; es ist dies ein denkmal schön- ster alexandrinischer kalligraphie auf papyrus. Von der im er- sten berichte erwähnten handschrift des Thucydides fand sich ein neues stück aus dem IX(?) buche, gleichfalls mit scholien und bemerkenswerthen lesarten. Auch von einer Homerhand- schrift (XI. buch der Ilias) und einer paraphrase desselben dich- ters (zum IV. buche der Ilias) fanden sich Überreste, wenn auch von einem geringeren umfange. Als eine ganz neue entdeckung können die bruchstücke einer ästhetischen abhandlung auf ei- nem aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. stammenden papyrus angesehen werden , ebenso eine ganz im style des Aristoteles gehaltene philosophische dissertation. Noch wären zu erwähnen die fragmente von trimetern eines dramatikers, von patristischen werken (wie Kyrillos), dann eine metanoia, diese sogar aus dem vierten Jahrhundert wohl eines der ältesten, wenn nicht das

Nr. 7. Kleine philologische zeitung. 415

älteste christliche Schriftdenkmal ! Eine aufzählung der hoch- wichtigen stücke auf papyrus und pergament aus dem alten und neuen testament (4 bis 6 Jahrhundert), darunter Genesis, Iesaias , Psalmen und Evangelien , von welchen letzteren eines griechisch mit gegenüberstehender koptischer Übersetzung, würde zu weit führen. Unter der großen zahl officieller und privater Urkunden ragen besonders hervor die datirten aus dem zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr., durch welche eine menge der wichtigsten thatsachen auf historischem und archäologischem ge- biete festgestellt werden , so die datierung nach priesterjahren und doppeldatirungen nach macedonischen und ägyptischen mo- naten. Die erzherzogliche Sammlung bietet aber auch in vielen vorzüglich erhaltenen exemplaren eine fast ununterbrochene reihe von Urkunden der römischen und byzantinischen kaiser , unter denen besonders vertreten sind: Trajan , Antoninus Pius, L. Verus, Marc Aurel, Septimius Severus, Geta, Caracalla, Severus Alexander (und dessen mitkaiser Antoninus und gemahlin Se- vera), Maximus, dessen gegner Gordian, Decius, Valerianus, Gal- lienus , Numerian , Diocletian , Maximian , Galerius , Constantius, Constantin der große, Iustinian, Theodosius und so fort bis He- raclius. Die zahl der lateinischen papyrus aus dem vierten und fünften Jahrhundert n. Chr. ist nunmehr auf zehn gestiegen, worunter auch vollständig erhaltene prachtstücke , so eines von 30:23 centimeter und eines von 40:29 centimeter , dessen an- dere größere hälfte aber noch zu entrollen ist.

Aus dem Jahrbuch der königl. preußischen kunstsammlungen bd. V, hft. 2 theilen wir nach BAnz. nr. 106 folgendes mit: die abtheilung der antiken Skulpturen hat im quartal Oktober bis dezember 1883 einen höchst ansehnlichen Zuwachs erhalten, indem die königliche akademie der Wissenschaften die sämmt- lichen originale und formen den königlichen museen überwies, welche von der im auftrage der akademie von Humann, Puch- stein und von Luschan im sommer 1883 ausgeführten expedi- tion nach dem Nem-rud-dagh in Kurdistan heimgebracht waren. Eine besondere bewilligung aus dem dispositionsfond Sr. majestät des königs hatte die mittel für diese Unternehmung gewährt. In bezug auf die monumentale ausstattung des grabmals Antiochus I. von Commagene auf dem Nemrud-dagh kann auf den grundle- genden bericht von Puchstein in dem Sitzungsbericht der könig- lichen akademie der Wissenschaften vom 11. januar 1883. sowie auf ein referat über einen Vortrag desselben in der Philologi- schen Wochenschrift 1883, 1. dezember, verwiesen werden. In die abtheilung gelangten vom Nemrud-dagh außer geringfügigen originalproben, welche indessen material und technik zu zeigen immerhin genügen, die abgüsse der reliefplatten des Xerxes, des Antiochos mit Helios, des Antiochos mit Herakles und des ko- lossalen löwen. Andere erwerbungen machten die reisenden

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in Mar'asch und in einem kleinen orte Saktsche-gözü, welcher etwa eine tagereise weiter südlich gelegen ist. Aus Mar'asch kamen in die abtheilung außer einigen originalproben die ab- giisse von vier reliefs und einem löwen, zum theil mit inschriften, aus Saktsche-gözü aber ein sehr wohl erhaltenes Originalrelief, 1,18 m hoch und etwa 2,70 m lang, aus drei platten bestehend, eine löwenjagd in assyrisirendem style darstellend. Hiermit ist der anfang einer Sammlung von Skulpturen aus der nordsyrischen region, auf welche durch wissenschaftliche hypothesen neuerlich allgemeiner die aufmerksamkeit gelenkt ist, in höchst erfreulicher weise gemacht. Sonst sind in diesem quartal nur zwei kleine abgüsse erworben, der „Ajax Messe" genannte köpf (nr. 172 des katalogs von 1865) in der Eremitage zu St. Petersburg, der in seinen nicht ergänzten theilen hellenistischer art verwandt, aber vielleicht doch modernen Ursprungs ist , und der abguß eines ephebenkopfes römischer herkunft im Berliner Privatbesitze. In der Werkstatt war man vornehmlich mit den erwerbungen aus Kurdistan und Nordsyrien beschäftigt, außerdem gelangte eine höchst merkwürdig aus zahlreichen splittern wieder zusam- mengesetzte göttin aus der pergamenischen Gigantomachie zur aufstellung. Die terrakottensammlung im Aquarium wurde durch zwei werthvolle gegenstände bereichert, eine relieftafel mit Charon, Hermes und einem mädchen und die Statuette einer komödien- figur, welche einen vorwärts eilenden krieger mit maske darstellt. Beide stücke stammen aus Klein-Asien. In das vasenkabinet kam eine amphora mit schwarzfiguriger darstellung von zwei rin- gerpaaren, nach dem testament des lieutenant Max Schütz als geschenk desselben dem museum überwiesen. Erworben wurde eine kanne mit schwarzen figuren aus Athen. Ein krieger kämpft über einem am boden liegenden todten mit einer amazone. Eine anzahl von vasenscherben altertümlichen styles aus Thessalien ist als geschenk durch dr. Lolling der Sammlung zugeführt. An bronzen erwarb die Sammlung einen sessel mit getriebenem relief, einen tisch, zwei gefäße, welche als graburnen gedient haben. Dazu gehört eine anzahl einzelner gegenstände, ringe, knöpfe, nadeln, schmuck aus glasfluß und bernstein, perlen aus weißlicher masse, und Überreste von thongefäßen. Dieser grabfund aus Chiusi wird im miscellaneensaale ausgestellt wer- den. — Für die Sammlung geschnittener steine ist ein cameo (gefunden in Hannover) erworben worden , mit zwei weiblichen profilköpfen. Ferner sind abgüsse der in der Breslauer univer- sitätssammlung , sowie im königlichen museum zu Kopenhagen befindlichen exemplare der gattung der sogenannten inselsteine erworben worden. Von den bei der zweiten expedition nach Nemrud-dagh gemachten erwerbungen sind fünf siegelsteine nord- syrischen fundorts der Sammlung überwiesen worden. Unter den vom Münzkabinet angekauften münzen befindet sich der gold-

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stater des T. Quinctius Fiamininus , des macedonischen Siegers. Die münze ist denen der macedonischen könige ähnlich ; sie hat das bildniß und den namen des Fiamininus, und auf der kehr- seite die Nike der stater Alexanders des großen. Demnach ist sie wohl in Macedonien , nicht in Griechenland , dem römischen feldherrn zu ehren geprägt. Dies vollkommen erhaltene exem- plar ist das dritte bekannte, nur die öffentlichen Sammlungen in Paris und in Athen besitzen je eins. Tetradrachmen des thra- cischen königs Mostis und der Arsinoe, der gemahlin des Ptole- maeus Philadelphus , zeichnen sich durch Schönheit und Selten- heit aus. Ein tetradrachmon Alexanders des großen zeigt zum ersten mal den Zeus mit einer Nike statt des adlers auf der hand. Unter einer anzahl kleinasiatischer münzen , die uns aus Smyrna zukamen, befinden sich einige werthvolle ; aus Paris gelangte eine münze der lykaonischen Stadt Ilistra in die Samm- lung, einer stadt, welche erst seit ganz kurzer zeit in die reihe der prägstätten getreten ist. Von römischen münzen waren willkommene bereicherungen : aurei des Brutus, M.Antonius, der kaiserin Iulia Domna. 200 kaiser-asses aus der berühmten Samm- lung des englischen kapitän Sandes , von welcher wir schon früher beträchtliche abtheilungen erworben haben , vervollstän- digten unsere reihen in erwünschter weise , indem es möglich wird , eine anzahl unvollkommener exemplare auszumerzen. Auch einige sogenannte contorniaten wurden erworben, von de- nen einer die gruppe des Farnesischen stiers, leider nicht voll- kommen erhalten, zeigt.

Rom. Am rechten ufer des flusses Aniene, etwa ein kilo- meter jenseit der Stadtmauer von Rom , wo im auftrage des Un- terrichtsministeriums von dem archäologen abbate Allodi ausgra- bungen vorgenommen werden, wurde bei der sogenannten clau- sura die außerordentlich schöne statue eines jungen athleten ge- funden. Die reinheit der linien und die behandlung weisen auf griechischen Ursprung hin. Die figur ist aus parischem mar- mor ; leider ist der köpf verstümmelt , ebenso wie die arme. Der junge mann ist im momente des kampfes dargestellt; mit dem linken knie berührt er eine wellenförmige offenbar den sand darstellende platte. Die Verhältnisse der glieder über- steigen die menschliche große. Aufrecht stehend dürfte der junge athlet etwa zwei meter hoch sein. Außerdem fand man an derselben stelle einen prachtvollen jungen frauenkopf aus marmor mit geschlossenen äugen und halbgeöffnetem munde , in welchem man zwei herrliche reihen von zahnen erblickt. Der rest des frauenkörpers wurde noch nicht entdeckt. Nach dem köpfe zu urtheilen, dürfte sich derselbe in liegender Stellung be- finden. Nationalztg. nr. 272, beil. nr. 1.

Ein verzeichniß derjenigen höheren lehranstalten , welche zur ausstellung von Zeugnissen über die befähigung für den ein-

418 Kleine philologische zeitung. Nr. 7.

jährig -freiwilligen militärdienst berechtigt sind, ist im EAnz. nr. 108 enthalten.

Ueber die schrift von dr, H. Grotefend : „Arminius war rö- mischer bürger und hat im römischen beere gedient" giebt nä- heres R Anzeig. nr. 119.

Der Ostasien-reisende Guimet aus Lyon hat der Stadt Paris seine großartigen , die asiatischen religionen betreffenden Samm- lungen unter gewissen bedingungen geschenkt, über welche Allg. ztg. beil. zu nr. 119 berichtet.

Die 37ste Versammlung deutscher philologen und Schul- männer wird in Dessau vom 1. 4. october d. j. stattfinden.

Das comite zur errichtung eines national-denkmals für die brüder Jacob und Wilhelm Grimm (s. oben hft. 6, p. 347, hft. 4, p. 249) hat folgenden aufruf erlassen: „Am 4. Januar 1885 und am 24. februar 1886 werden hundert jähre verflossen sein, seit Jacob und Wilhelm Grimm in Hanau das licht der weit erblickten. Die bürger Hanau's , stolz darauf , daß zwei der berühmtesten gelehrten und besten söhne unserer nation in den mauern ihrer Stadt geboren sind, haben mit opferbereiter begeisterung den durch das herannahen dieser tage angeregten gedanken aufge- nommen , dem edlen brüderpaare ia seiner Vaterstadt ein seiner würdiges denkmal aus erz zu errichten. Aber nicht nur die Vaterstadt, nicht nur das hessische heimathland sind zur aus- führung des werkes berufen: die ganze nation hat das recht, wie die pflicht , das andenken der unvergeßlichen männer dan- kend zu ehren. Die brüder Grimm haben die deutsche alter- thums-wissenschaft begründet und die schätze der Vergangenheit für das leben der gegenwart zurückgewonnen. An „Grimm's märchen" erbauen sich tausende von deutschen kinderherzen. In unsere spräche sind die beiden forscher tiefer eingedrungen als irgend jemand und haben aus ihrem unergründlichen schachte schätze zu tage gefördert, deren reichthum unser volk staunend in dem unvergleichlichen werke erkennt, das ihren namen trägt und allein genügen würde, ihnen die Unsterblichkeit zu sichern. Ihr gewissenhafter ernst, ihr prunkloses wesen, ihre geistige tiefe und ihr reiches gemüth vereinigten die edelsten züge der deutschen art zu einem ewig denkwürdigen bilde brüderlicher eintracht und volkstümlicher Wissenschaft. Sie haben das Vaterland mit der reinsten hingebung geliebt und durch ihr mannhaftes eintreten für ihre Überzeugung die vaterländische ge- sinnung in weiten kreisen geweckt und befestigt. An alle Deutschen im reiche und außerhalb desselben bis zu den fern- sten gestaden der neuen weit ergeht daher der ruf, herz und hand zu öffnen, da es gilt die männer zu ehren, welche unserem volke erst ein klares bewußtsein vom werthe seiner muttersprache, die- ser unversiegbaren quelle seiner volkskraft und sichersten grund- lage seiner nationalen Zusammengehörigkeit, gegeben haben".

Nr. 7. Auszüge ans Zeitschriften. 419

Die Sammlungen machen erfreuliche fortschritte , s. Allg. ztg. nr. 128; auch das ministerium für geistliche angelegenheiteu u.s.w. hat einen beitrag gesandt und wenn nöthig weitere Unter- stützung in aussieht gestellt, ReichsAnz. nr. 109, vrgl. Allg. ztg. beil. 1 zu nr. 130. [Die redaction des Philologischen anzeigers wird gern an sie eingesandte beitrage nach Hanau befördern].

Auszüge aus zeitschrifteil.

Literarisches centralblutt für Deutschland. Hersg. u. verantwortl. redacteur prof. dr. F. Zarticke, 1884, nr. 5 : Leonhard, Rob., de codi- eibus Tibullianis capita tria. München 1883, Ackermann. 65 p. 8. 1 mk. 40 pf. A. R(iese). Kukula , Rice, de tribus pseudo-cronia- norum scholiorum recensionibus. Wien 1883, Konegen. 49 p. 8. 1 mk. A. R(iese). Detto, W. A., Horaz und seine zeit. Ein beitrag zur belebung und ergänzung der altclass. Studien auf höheren lehranstalten. Mit abbildungen. Berlin 1883, Gaertner. IX, 198 p. 8. 3 mk. Cruindmeli sive Fulchurii ars metrica. Beitrag zur geschichte der karol. gelehrsamkeit . . . hrsg. von Joh. Ruemer. Wien 1883, Holder. VIII, 52 p. 8. 1 mk. 80 pf. A. R(iese). Q. Horatius Flaccus, öden und epoden für den schulgebrauch erkl. von dr. Emil Rosenbery. Gotha 1883, Perthes. IV, 223 p. 8. 2 mk. 25 pf. A. R(iese).

No. 6. Etruskische forschunyen und studien hersgeg. von dr. W. Deecke. Stuttgart 1883, Heitz. 4. heft. Bugge, S., beitrage zur er- iorschung der etruskischen spräche. 1. Sammlung. XIII, 265 p. 12mk. 5. heft. Deecke, W., die etruskischen bilinguen. VIII, 163 p. 6 mk. Pa(uli). Payxaßijs Kk, P. 6 *«#■' "OfiijQov olxiay.og ßiog. Leipzig 1883, Drugulin. XVI, 224 p. 8. 5 mk. G. M(eye)r.

No. 7. Th. Bcrgk, kleine philolog. Schriften hrsg. v. Rud. Pepp- müller. 1. bd.: zur römischen litteratur. Mit Bergk's bildniß. Halle a. S. 1884, Waisenhaus. XXXIII. 718 p. 8. 10 mk. - Martin, Alb., les scolies du manuscrit d'Aristophane ä Ravenne. Etüde et collation. Paris 1882, Thorin. XXVIII, 223 p. 8. (Bibl. de l'ec. des bautes etudes fasc. 27). (A. v. Bamber)g. Servii grammatici qui feruntur in Vergilii Aeneidos libros VI VIII commentarii. Rec. Geo. Thilo. Leipzig 1883, Teubner. 8. 306 p. 10 mk. A. R{iese).

No. 8. Schneider, J. , die alten heer- und handelswege der Ger- manen. Römer und Franken im deutschen reiche. Nach örtlichen Untersuchungen dargestellt. 2. heft. Düsseldorf 1883. 8. 15 p. 60 pf.

Dierks , Herrn., de tragicorum histrionum habitu scaenico apud Graecos. Göttingen 1883, Calvör. 51 p. 8. 1 mk. 20 pf.

Nr. 9. Willems, P. , le senat de la republique romaine. Tome II les attributions du senat. Löwen 1883, Peeters. 784 p. 8. F. R{ühl.)

Müller, Lucian , Quintus Ennius. Eine einleitung in das Studium der römischen poesie. St. Petersburg 1884, Ricker. IX, 313 p. 8mk. Aq.

No. 10. Unger, Georg Friedr., Kyaxares und Astyages. München, Franz 1882. 4. 85 p. 2 mk. 50 p. (Aus abh. der bayer. akad.). Mehlis, C, studien zur ältesten geschichte der Rheinlande. Mit 1 tafel und 10 Zeichnungen. 7 abth. hrsg. von der Pollichia. Leipzig 1883, Duncker u. Humblot. V, 42 p. 1 mk. 20 pf. Bursian, Conr., ge- schichte der klassischen philologie in Deutschland von den anfangen bis zur gegenwart. München, Oldenbourg 1883. 8. VIII, 1271 p. 14 mk. 50 pf. (Geschichte der wissensch. in Deutschland neuerer zeit. 19. bd.). -H-n. Ribbeck, Otto, Kolax. Eine ethologische studie.

420 Literatur. Nr. 7.

Leipzig 1883, Hirzel. 113 p. 4. (Abhandl. der sächs. gesellsch. der wiss. phil. hist. cl. bd. IX, 1). iw. Crusius, Otto, analecta critica ad paroemiographos Graecos. Accedunt excerpta ex Demone ntgi ncc- QoijunJUf grammatici incerti fragmentum paroerniographicum. Leipzig, Teubner 1883. 8. 176 p. 4 mk. K. V. Adamy , Rud. , einfüh- rung in die antike kunstgeschichte. Mit 123 illustr. Hannover, Hel- wing 1884. 8. V, 194 p. 3 mk. Sch[reibe)r.

No. 11. Aristotelis quae feruntur Magna Moralia recogn. Franc. Susemihl. Leipzig, Teubner 1883. 8. XIX, 126 p. 1 mk. 20 pf. B(laß). Schramm, Rob., hülfstafeln für Chronologie. Wien, Gerolds söhn 1883. 4. 72 p. 4 mk. 80 pf. Baedeker, Karl, Griechen- land handbuch für reisende etc. Leipzig, Baedeker 1883. 8. CXXII, 371 p. 16. 7 mk. 50 pf. Schr{eibe)r.

Nr. 12. J i c? cc % r, xwv cJwcfix« änoarölcov ix tov IsQoaoXvfimxov #«- QoyQcufov vvv nQtoTov ixdi&o/nsvij .... vnb cptkoftiov Bgvsvviov. 'Ev KwvciaviivovnöXsi, 1883. 8. Q/uO-' et 75 p. 8. A. H(arnack). Schwartz, F. L. W., prähistorisch-anthropologische studien. Mytholo- gisches und kulturhistorisches. Berlin , Hertz 1884. 8. VIII, 520 p 12 mk. Flach , Io. , biographi Graeci qui ab Hesychio pendent. Berlin, Calvary u. co. 1883. 8. X, 150 p. 4 mk. 50 pf. B{laß). Poetae latini aevi Carolini ed. E. Dümmler. II. Berlin, Weidmann 1883. 4. 480 p. 12 mk. (Monumenta Germ, historica). Eb{er)t.

No. 13. Penka , Karl, Origines Ariacae. Linguistisch - chronolo- gische Untersuchungen zur ältesten geschichte der arischen Völker und sprachen. Teschen, Prochaska 1883. 8. IX, 214 p. 7 mk. K(irch- ho)ff. K. Lehrs, de Aristarchi studiis Homericis. Ed. III. Leipzig, Hirzel 1883. 8. X, 505 p. Cl(emrn). Samwer, Karl, geschichte des älteren römischen münzwesens bis ca. 200 n. Chr. (554 d. stadt). Aus den hinterlassenen papieren hrsg. v. M. Bahrfcldt. Mit 1 tafel und 1 karte. Wien, Berlin 1883, Kühl in comm. 215 p. 8. 7 mk. W.P.

Literatur 1883, (dem Philologus und PhAnzeiger zugesandt).

Opitz, Theod., In Iulio Floro spicilegium criticum. Dresdae, Teub- ner 1884. 8. 24 p. 4.

Paucker , C., Supplementum lexicorum Latinorum. Fascic. IV. Berlin 1884, Calvary. 8.

Horatius Flaccus, Q., rec. atque interpretatus est Io. Caspar Orel- lius. Ed. minorem textum . . . cur. Gull. Hirschfelder. Vol. II: Sa- tirae, Epistulae, Ars poetica. Berlin 1884, Calvary. 8.

Schiller, Hermann, geschichte der römischen kaiserzeit. Erster band: 2. abtheilung: von der regierung Vespasians bis zur erhebung Diokletians. Gotha, Perthes 1883. 8. p. 497—980. 9 mk.

Luchs, Aug., Commentationes prosodiacae PJautinae I. Erlangen, Deichert 1883. 4. 23 p.

Lange, Lud., de sacrosanctae potestatis tribuniciae natura eiusque origine commentatio. Lipsiae 1883. 4. 43 p.

Margoliouth, David S. , Studia scenica. Part I, section 1: Intro- ductory study on the text of the greek dramas. The text of Sophocles Trachiniae 1-300. London 1883. 8. 44 p.

Ciceronis, M. Tullii, orationes selectae scholai'um in usuni ed. Herrn. Nohl. Vol. I: Oratio pro S. ex. Roscio Amerino. Lipsiae, Freytag 1884. VIII, 40 p.

Sittl, Karl, geschichte der griechischen literatur bis auf Alexander den großen. Theil I. Münden, Ackermann 1884. 8. 357 -p.

Nr. 8. 9. September. August 1884.

Philologischer Anzeiger.

Herausgegeben als ergänzung des Philologus

von

Ernst von Leutscli.

74. Beiträge zu Hesiodos. Von dr. Alois Rzach. Se- paratabdruck aus den „Wiener Studien", band V, heft II. Wien 1883. 8. 30 p.

Der auf dem gebiet der Hesiodforschung wohl bewährte Verfasser veröffentlicht im ersten theile seiner tüchtigen , metho- dischen arbeit eine neue collation des von E. Abel in Budapest verglichenen, bisher fast unbeachteten cod. Ambrosianus G 222 inf., jedoch nur für die Werke und tage : die abweichungen der Aspis hatte Abel selbst bereits in einer ungarischen Zeitschrift für philologie mitgetheilt. Da die aus dem 13. Jahrhundert stammende handschrift für letzteres gedieht von besonderer be- deutung ist , so erörtert Ezach an der band derselben auf acht Seiten von neuem das verhältniß, in welchem die einzelnen Co- dices der Aspis zu einander stehen , und erweist , daß der im 13. Jahrhundert geschriebene Laur. XXXII, 16 (M) und jener Ambrosianus, den er A nennt, „die hervorragendsten Vertreter zweier verschiedener handschriftenfamilien repräsentieren" : an dieselben schließt sich einerseits der cod. Laur. 2823, 2 (S) und andererseits die handschriftenreihe H (Harl. 5724, saec. XIV), F (Laur. XXXI, 32, saec. XV) und p (Med. Dorvillii) an. Zwischen den bezeichneten gruppen erhält dann das paar VC (Ven. IX, 6, saec. XIV und Par. 2708, saec. XV) seinen platz, während v (Ven. 464, saec. XIV) nur geringen werth bean- spruchen darf: denn Demetrius Triclinius hat theils durch ei- gene conjekturen, theils durch Verschmelzung der Überlieferungen beider handschriften den text dieser handschrift sich erst ge- schaffen. Indem Rzach nun einen ursprünglichen codex „Q und Philol. Anz. XIV. 29

422 74. Hesiodos. Nr. 8.

für die einzelnen gruppen je eine Zwischenstufe der Überliefe- rung ansetzt, ergiebt sich folgendes stemma:

V c

Für die Werke und tage begnügt sich der verf. mit der mittheilung der collation, ohne auf das verhältniß von A zu den übrigen handschriften einzugehen: er beschränkt sich hier auf anführung der augenfälligen thatsache, daß A mit Par. 1310 (1 bei Köchly) nahe verwandt sei, und fordert, wie schon Abel, mit recht, daß A von nun an im kritischen apparat der Erga die stelle von 1 vertrete. Von den 45 besonderheiten der les- art, die A, von 1 abgesehen, ganz allein hat, finden sich 17, wenn ich richtig gezählt habe , auch in 1 ; es sind darunter so charakteristische , daß sie sich nur aus der benutzung derselben quelle erklären *) : daß sich daneben an ein paar stellen in 1 richtige lesarten finden , welche der anderen handschriftenklasse angehören, wo A einen fehler hat (405 : n?j statt n7j, 325 Qsia de statt gstcc re, 458 dt) statt Öe , 589 ßißlivoQ statt ßvßlivog) beweist nur, daß 1 nicht direkt aus A abgeschrieben ist2), was Rzach (p. 1) noch unentschieden läßt. An der richtigkeit einer Variante kann ich einen leisen zweifei nicht unterdrücken. Hat A 575 wirklich y.aQq>ei ? Da (i und einige andere handschriften mit Tzetzes xriyqirj lesen, so möchte ich vermuthen , daß in A beide lesarten vereinigt sind , also dort entweder nÜQCpti oder aäcprj steht. Die stellen, wo M und A übereinstimmen es sind circa 40 stellen enthalten meist nur die gewöhnlichen fehler : beachtenswert!» ist iy^mgiov 344 statt des allerdings viel bezeich-

1) So 326 RvsQtos tüj navQov d' Inl statt Uvi^i, rw, navQov de t ini , 373, die umnetrische, aber verständlichere Stellung fxr, de tf* yvvi] nvyoaiokog vöov i^ctnctiäTü) für /ur; di yvvfj fff vüop nvyoarökog iga- nccrdiWj 492 das glossem Itv/.öv statt nohöv , dann Schreibfehler wie ritQoinÖTtjs statt -7i6t?]tos (777), zugesetzte oder fortgelassene partikeln (de-ri: 541. 554. 724. 821), der comparativ o/vgiüngos 429 statt des Superlativs -jatog u. s. w.

2) Darauf weist auch 284 hin : ytvsi) (AtTvnto&i tekemrcu, wo A Isi' ntrat, und 1 ItmrjTai hat, zugleich freilich auch ein beweis, wie nahe sich beide handschriften doch wieder berühren.

Nr. 8. 74. Hesiodos. 423

nenderen syxcopiop , x«xo??/r' töe 740, und 559 t apiav, wo M röfiiov, fj. toj fAiov, BQV ta/Aiav haben, wo an der psilosis also ebensowenig zu zweifeln ist, als Gll an dem doriseben uno- öqinev (M: anodge/tetv), von dem gleich noch die rede sein wird, v. 169 und v. 370 72 fehlen auch in A. Bei dissensus zwischen M und A hat man sich fast durchweg für M zu ent- scheiden ; also auch der neuen handschrift gegenüber bewahrt M seine vortrefflichkeit. Hervorheben will ich aus diesem übri- gens sehr bedeutenden dissensus, daß sich v. 282 wie in B (1. man.) ß (1), so auch in A inl o q x o v findet, was Usener be- kanntlich durch coojektur einführen wollte, 357 xuv [xe'yu ge- lesen wird, was ich für das richtige halte, 693 tu de qoorta, das also doch statt xctl cpoqzCu beachtung verdient. Nicht un- erwähnt soll ferner bleiben, daß v. 244, welcher nebst dem fol- genden verse im citate bei Aeschines gegen Ktesiphon ausgelassen ist, in A erst am rande eine stelle gefunden hat. Auf das sonst hervorzuhebende hat der verf. selbst durch den druck gebührend hingewiesen.

Im zweiten theil seiner schrift giebt Ezach eine große an- zahl von bemerkungen „zur textkritik". Von den 20 stellen der Erga , welche er hier bespricht , stehen 7 stellen mit der neuen vergleichung von A in näherem oder fernerem Zusammenhang : am wichtigsten ist, daß sich 476 a'iQbiifAbfov mit äolischer psilosis jetzt auch in einem codex gefunden hat, daß 611 Göttlings vermu- thung, die Variante anoögmei* solle wohl den dorischen infmitiv ano- dqe'ne v (vgl. Bergk, P. L. II4, p. 143) vertreten, glänzend bestätigt wird, und endlich 647 xul Xi/a6i> uttqnnt, also mit anzunehmender sy- nizese, am schluß des verses steht 3J. Die lesarten ßut,ovte<j sntaoi 186, izot> 199 und ßöag 452 waren schon anderweit beglaubigt : ich bemerke, daß ich auch im Sangallensis so gefunden habe, und füge außerdem hier gleich hinzu, daß derselbe codex das von den heraus- gebern für xvgaat eingesetzte xvqaui 691, wie es scheint als ein- zige handschrift, wirklich bietet. Gleichwohl halte ich nvg-aai (vgl. xv(j-tü)), wie Rzach, für allein berechtigt. Auch v. 785 hat derselbe gelehrte recht, wenn er nach der handschriftlich am besten bezeugten lesart y.ovq\} zt ytitaQui (so auch A) „xovqy

3) Ich berichtige hier ein kleines versehen Rzachs. Der Turi- censis hat auch nach der vod mir im sommer 1881 vorgenommenen collation, wie Koechly richtig angibt, in maryine die Var. yq. ttnqnia koi/udy, nicht li/uvv; er begegnet sich hier mit Lenneps Par. V.

29*

424 74. Hesiodus. Nr. 8.

ye yeVficri^ai" vorschlägt; allein zur begründung dieser vermu- thung wäre statt auf v. 794 besser auf 788 verwiesen worden, wo von diesem selbigen tage, welcher für die geburt der mäd- chen nicht taugen soll, gesagt wird : 'Ea&Xrj d' ävdgoyövog q> i- Xsoi öi hs {qiiXni de ze) xegtofxa ßd^siv . . .

Von den beiden stellen, welche durch anwendung inschrift- licher funde gebessert werden sollen , hat meines erachtens nur Op. 198 gewonnen: durch aufnähme von cpägsoai (statt q>aghaai) xalvxpa [i- s v a %QÖa xalöv (nachKaibelEpigr.gr. 1110) kommt die länge von qtägog zu ihrem rechte-, andrerseits ist klar, wie leicht der ungewöhnliche dual, auch abgesehen von ngoXm 6 vz1 dv&gwnovg 199 , durch das gewöhnliche xalvxpa/iivco verdrängt werden konnte.

Diejenigen in der schrift enthaltenen correkturen, welche sich auf feststellung des dialektes beziehen, es gehören hiezu auch fast alle zur theogonie beigebrachten bemerkungen ha- ben beinahe sämmtlich den beifall des referenten. Für Op. 248 kann ich hinzufügen , daß die vulgäre form ßaailslg statt ßaar Xyeg sich auch im Turicensis über der zeile angedeutet findet, wo deutlich die silbe ttg zu lesen ist4). Ueberhaupt enthält gerade diese handschrift sehr viele lesarten beider handschriftenklassen. Op. 443 entscheide ich mich für die form "Og igyov (xsIszkv Ideidf x a'vXavC ilavvoi (Rzach auch av avlax? slavvoi), weil der cod. B l&eiav »' avlax1 wirklich bietet. Die Verlängerung des versanfangenden og wäre selbst möglich, wenn egyov nicht mit p anlautete, wie durch X 236: "Og ezhjg und Q 154: "Og a|ee (Bekker vermuthet hier freilich "Og pul-si) zur genüge bewiesen wird.

Von p. 21— -26 behandelt der verf. stellen aus der Aspis, für welche der neue codex reiche ausbeute bietet. Neu bestä- tigt werden von ihm zunächst die auch anderweit sicher ge- stellten, neuerdings bevorzugten lesarten zavvoqivgov 'Hlsxzgvm- vog 35, aqiiv nolv cpiXzega &oir?]g 114, (xögqsvoio (statt piog- cpvoio) 134, äs&lq> 305, sowie die auch vom homerischen Sprach- gebrauch und versbau geforderten formen uazov 59 und nagd 317 (statt des apokopierten nag) in der thesis vor einfacher consonanz5). Daß v. 72 f. : zig xsv ixeirov "EzXi] &t>t]zdg idov xaz-

4) Dial. p. 407 wollte Rzach nach Hermann mit cod. Vit. 'Y/uiis cT, w /SßtftAijfff, i n ii q>Qu£ea&s schreiben.

5) Auch ixkoviovzo hat A in demselben verse bestätigt.

Nr. 8. 74. Hesiodos. 425

svavziov oQfx)]&tjvai,; der (in MEEF und A im plur. befindliche) g e- n e t i v den Vorzug verdient, halte ich insbesondere mit rücksicht auf den Sprachgebrauch von OQptrj&^vai (J335, 7V559, ^488, <Z> 595), ebenfalls für wahrscheinlich, das in bedeutung „gegen jemand anstürmen" keinen dativ zuläßt. V. 54 verlangt Rzach nunmehr: Tbv 8"1 aga 'IqiixXtju Sogvaaoqi (so auch A) ' A^i- qtizgvojvi anstatt Avzäg '/cpixlrja ).aoaaöq>: eher dürfte sich Tbv 8" a v z' 'IcptxlTjo. empfehlen, denn das digamma ist vor Wörtern von demselben stamme auch sonst verletzt : so X 805 : Typ 8l: pBt'' 'Iq>t[t48siav und im Scutum selbst 111: Ovo'' 'IqtatXeidtjv 8si- Si^szat. Bei behandlung von v. 155: 'Ev ö' ouaSög zs qiößog t"1 avdooxiaaii] zs SeSi'jsi geht Rzach insofern von einem irrthum aus, als „die homerische redensart va^lvai zs [*u%ai r' av8go- xzaaiai ztu , worauf sich Hermann bei vertheidigung der lesart von M: yövog z äiSgoxzaßi'tj zs bezogen haben soll, doch mehr als dies, daß es eine genaue parallelstelle ist, Ä612: ' Tapii- val zs (id-Xai 7S (pövot r' ar8goy.zaaCai zs. Darum ist es denn auch nicht richtig , wenn Rzach dann weiter sagt : „hier (bei Homer) haben wir drei synonyma vor uns vGpivai, nü%ai und ävögoxTaaiai, wogegen in dem hesiodeischen verse ganz offenbar eine Steigerung der begriffe vom &6gvßog bis zur avdgoxraait] beabsichtigt wird". 'Ta/ulvai ze ti(*xai 'ls stehen einander ebenso parallel wie cpövoi t' av Sgoxzaotai zs : alternierend entsprechen sich die begriffe Theog. 228 : ' Tö/xivag zs <Pövovg zs Mu%ag r' j4v8goy.zuaiag zs , für sich steht jeder begriff Q 548. Also un- möglich ist yövog auch bei Hesiod nicht, wenngleich der paral- lelismus des folgenden verses: 'Ev <5' "Egig, iv 8s KvSoiubg i&v- veov, sp Ö' oXotj KfjQ, wo wort für wort unserem verse entspricht, die von Rzach vertheidigte lesart des Ambrosianus entschieden begünstigt. KvSotfibg ist gn'C«, cpößov xgvosvzog szalgrj (/, 2), und so nimmt der dichter von 2 218: uzag Tgäsaaiv iv aa- nszov agas nvöoiftop dies wort ganz in demselben sinne wie bei- spielsweise der dichter von N 362: 'Idofxsvsvg Tgtäsaai [iszd).- Hsvog iv cpößov a>gas das gewöhnlichere qößog faßt.

V. 149 fordert Rzach : EfstXir\, r\ gu vöov zs nai ix ygbvctg sllszo qxoTwv gegen Flach, der ai'ivzo einsetzte, die Wiederher- stellung des auch von A gebotenen sllszo. Mit vollem rechte : denn hier können nur Z, 311 und T 137, nicht aber d 531 E 155, worauf Flach verwies, in betracht kommen, Dort und

426 74. Hesiodos. Nr. 8.

bei Hesiod bandelt sicbs um betbörung und Verblendung des gesunden sinnes , an den letzteren stellen bingegen um be- raubung des lebens , und für letzteren begriff ist aivvro pas- send. Ob freilich aus M ivl %£qo)v i^ovtsg 188 und 292 herzustellen ist, halte ich nach den beobacbtungen von La Koche Zeitschrift für österreichische gymnasien 1876, p. 413 ff. für sehr zweifelhaft: wenigstens ist die Überlieferung bei Ho- mer vor consonantischem anlaut im 4. fuße durchaus für iv und nicht ivi , namentlich steht überall iv xsqgi und iv #£»(>/; so auch 551 : Hf/oav 6%?[ac Sne/rdtrag iv %sqgiv 'i^oi'Tsg^ worauf Scutum 292 zurückgeht.

Wenn Rzach p. 15 Op. 353 f.:

7ov q>iXs6vra qiiXetv xal 7^> tiqociÖvti ngoanvai* xal d6[*sr, og xsv öw, xa) fit] So'jmsj', og xsv fjtr/ dcp wegen der reminiscenz an unsere stelle , welche Epigr. gramm. 65 Kaibel : Kai to 8ixaioGvv[7]t re cfilo\v te (plXoiai ngoaetvai enthalten soll, ngoashai mit Ruhnken für nagsivat nimmt, so kann der umstand , daß ein epigramm aus dem 4. Jahrhundert das wort wirklich so gebraucht hat gleichviel, ob dabei die Hesiodstelle vorschwebte oder nicht für den Zusammenhang des dichters und seine eigene auffassung billigerweise gar nicht in betracht kommen, und Schömanns bedenken (comm. crit. p. 38) TtQnaeh'ui könne natürlich im älteren griechisch nicht mit nagslrai adesse alicui identisch sein, wird dadurch eigent- lich nicht widerlegt. Ich nehme an , daß Rzach tjqogzTvcu von slfil ableiten will : dann verlangt aber die gleichheit des ausdrucks nach wie vor, daß auch das voraufgehende participium von dem- selben verbum herkommt, und die änderung von ngoosövri wäre unabweisbar: selbst wenn man ngoaiorri so ohne weiteren zusatz mit Rzach im sinne von „freundlich an jemand herantreten" auffassen könnte, bliebe jene forderung bestehen. Die inconcin- nität mit v. 354 sucht Rzach durch Streichung dieses verses zu beseitigen : was wird denn eigentlich durch dies immerhin radi- kale mittel gewonnen? nicht nur die in v. 354, sondern auch die im folgenden verse enthaltene parallele gnome : Scotij fisv 7i g üdojxsr, adcÖTy 5' ovtig edmxFV verlangt denselben gegensatz , den Hartel (Zeitschrift für österr. gymnasien XXVII, 629) bei der vorgeschlagenen auffassung vermißte, und Rzach wird kaum lust haben, auch diesen wieder

Nr. 8. 74. Hesioclos. 427

mit den folgenden versen durch ein , wenn auch lockeres band verknüpften vers zu opfern. Ob v. 354 übrigens vom dichter herrührt oder von diesem schon vorgefunden ist, ist meiner mei- nung nach ziemlich gleichgültig : die ganze partie enthält die ethische anschauung des griechischen oder sagen wir lieber des volkes überhaupt, wie ich sie am entschiedensten bei Theognis ausgesprochen gefunden habe, wenn er sagt (869 ff.):

Bf [*ot snetra niaoi fisyag ovgavog svgvg vnsg&sv £«Ax«0£, Kr&QC07io3i> 8a(fAU ^afiatysiscov,

sl y.rj iyo) rolaiv ph' ixcagxeöoo oi fis tptXevoiv, toTg i%&goig dvi't] xa) (xiya nr\yC eaofiai. Es kann also wohl kaum zweifelhaft sein, wie der dichter, welchem wir die Verkettung jener verse bei Hesiod verdanken, v. 353 aufgefaßt hat, insbesondere, daß er das schließende verbum von Hf/i abgeleitet hat, und daran ist unter allen umständen festzu- halten , gleichviel ob ngoaslvai , ngoaTvai oder TzgoaT/xfv gelesen werden muß , eine frage , auf welche ich hier übrigens nicht weiter eingehen will.

Theog. 982: Prjgvovm, top xzeive ßhj 'HgaulrjEirj verlangt Rzach jetzt (p. 12) mit rücksicht auf schol. Monac. rrjgvovtjv, wie dort als Variante angeführt wird : aber ich glaube, daß der cod. Emm. , der rqgvovrj bietet, uns nicht nur einen fingerzeig für die ursprüngliche Schreibung, sondern diese selbst bietet. Auch Hermann wollte ja so lesen und verwies auf r 136: ' AlV 'Odvarj no&sovaa . . ., wo La Roche Porsons besserung, welcher dort die handschriftliche autorität fehlt, freilich wieder verdrängt hat, jedoch nicht ohne durchblicken zu lassen, daß sie auch ihm gefallen hat. z/384: "£#-#' alt1 ayysUrjv snl TvÖij arellav \Aia.ioi und 0 339: Myniarjj <5' sie Tlovlv8(i(iag , wo gute handschriftliche gewähr in J sogar der Ven. A hin- zukommt , hat er die contrahierten formen gleich Bekker aufge- nommen und würde dasselbe jetzt wahrscheinlich auch t 136 thun. Die alten grammatiker schwankten in diesem falle ebenso wie die neueren. Dies schwanken zeigen die lesarten 0 339 ganz deutlich, wo zwei handschriften ^iijxiaztjr, der Cant. ftqxiorjjv und C \ir\- atr? (v add. 2 man.) hat. Ich kann mich unter diesen umstän- den nicht entschließen rygvovqv einzusetzen , es sei denn , daß man beispielsweise auch ngofirjöra Theog. 510 und 'Enifx^dea 511 als „ionismen" verdrängen und durch einen „äolismus" er-

428 74. Hesiodos. Nr. 8.

setzen wollte, wie denn Fick die homerische Odyssee in ihrer ursprünglichen sprachform t 136 fragt: „oder ,08ügtjv?u (Sein text bietet: ' AlXa noGiv no&ioiaa cpilov).

Bei dem durch Fulgentius überlieferten fragmente 188 K., an dessen hesiodeischem Ursprünge Ezach (p. 28) übrigens mit recht zweifelt es scheint vielmehr von einem alexandrinischen dichter, Unger meinte von Euphorion, zu stammen ist richtig von E. Ungers herstellung (Philol. IV, 723 f.) ausgegangen. Dieser hat den verworrenen lateinischen buchstaben scharfsinnig die griechischen worte entlockt:

Tlgoitog GTacpvhämv sv XaxTt'CoiASvoov al/xoGTayseGGi Soogoigip. Da die spuren der handschriften (Leid, et Bodl. ap. Gaisf. se- morum, Bern, semoru, Goth. aiuaticc dP(a*bOG) aber vielmehr darauf hinweisen, daß der zweite theil des zu erwartenden com- positums mit g anfing, so schlug Ezach statt alfxoöTayieaai al- poggayisGGi vor. Noch näher aber liegt den überlieferten zügen aifiOQ q äv t o ig i. Ai{xan ö' iggdSuTai toT^oi sagt Homer v 354 und M 431 f.: nvgyoi ... aifACtvi qxarttv 'Eggaöaio: im übrigen vergl. man namentlich Pind. Pyth. V, 134(98): ueyaläv ö' age- täv | ÖQOGq) jAal&aHa | q ai>& sl g av und Aesch. Ag. 1343 f.: KattCfvamv 6%eTap aipiatog Gcpayi'jv BäXXei ft' ige/Aty \puxddi qpot- viag Sqogov.

Das verderbte Fragm. 96, 7: ügaroi ö1 iazia &&gguv vscog nrsga novronögoto sucht Ezach (p. 28) durch die correktur Igii s&£t> vqog 7TTSQa 770vzo7toqoio in Ordnung zu bringen, und ich gestehe, daß dies auch mir einmal eingefallen ist. Aber es hat immer etwas mißliches, vereinzelte formen für einen bestimmten zweck zu bilden, und ich möchte mich daher trotz der analogie von s8ov nicht zur aufnähme von 'i&sv entschließen. Daß Ezach von Op. 628:

sixÖGfimg GtoliGag rqbg msga novtonugoio ausgegangen ist, halte ich für richtig, jene andere stelle ist da- nach gebildet: aber ich denke, sie lautete derselben ursprüng- lich noch ähnlicher, nämlich:

TzgcoTOi ö' 8 gi 6 X ig av v t] 6 g nzega n ovt o go 10. Der kühne tropus veranlaßte die erklärung Igtici, die von ihrer stelle über der zeile in den text drang und sGtoliGav ver- drängte. Um ein verbum zu haben und dem metrum nothdürftig zu

Nr. 8. 75. Sophokles. 4-29

genügen, fügte man die mißbildung Oscaav ein, deren doppeltes a an so mancher anderen Verdoppelung allerdings fälschlich angenommene analogieen zu haben schien.

Ich schließe hier gleich die behandlung eines anderen ver- ses aus den fragmenten an, bei Göttling- Flach nr. 217. Der scholiast zu Piatos Phädrus p. 260 C führt die Worte an:

et 8s xuza onslgaig, nana xsv dfirjauio xul näXiv '

hg 8s xaxd anstgst, üsqisi nana x/jSsa naiaiv. Aus den von Rose im Hermes (bd. V, 354 ff.) veröffentlichten excerpten eines Oxforder commentars zur ethik des Aristoteles erfahren wir aber von einem hesiodischen verse aus den sgya [isyuta, welcher dort so citirt wird:

Ei xuxd zig anst'gai, xaxd xe'gSsd x' d^tjasisv. Meiner ansieht nach sind nun in dem letzteren verse zwei ver- schiedene gnomen durch einander geflossen , die uns der scho- liast des Plato noch deutlich erkennen läßt. Die form der er- sten sentenz schloß sich an Op. 721 an (vgl. Alcäus fr. 83 Bergk) :

et 8s xaxov sinrjg, zd%a x' avzbg jasi^ov uxovaaig und lautete also wohl :

et 8s xaxd anslgijg, zd^a 'Aai tf^x« * dfxi]asiag ; in der zweiten sentenz, welche von der ersten insofern verschie- den ist, daß sie auch den kindern des übelthäters Unglück ver- heißt, ist zu lesen :

og 8s xaxä a7isiQfj, dsgisl xaxd xsg8sa naiatv. Der schluß der schrift (p. 26 30) enthält eine art von epikrisis der zuletzt von Kinkel herausgegebenen hesiodeischen fragmente: auch die hier vorgetragenen bemerkungen haben meistenteils große probabilität. Daß fr. 172,2 statt ngmzov [xsv 6V s l g 86ftov eiaacptxTjai, "EgSsiv Isgd xaXd &solg aisiysvszrjGtv6) vielmehr 6z' a v 86/jiov elöacpixtjai zu schreiben ist , hätte Ezach auch durch den epischen Sprachgebrauch von eiaacptxsa&at be- legen können, das stets den bloßen aecusativ des zieles bei sich hat. Vgl. ju 84: xollov ansog slaucpixoizo und besonders T 336 : Mi] xal vnsg [xoigap 8dfiov"Ai8og slaacpixtjai.

6) Erga 336: Kad dvva^iiv d' fgdeiv leg' cc&avcfroiffi &tolßu'.

Rudolf Peppmüller.

75. J. Gilbert, Meletemata Sophoclea. Diss, inaug. Lipsiensis. Dresdae 1883, Teubner. 38 p. 8.

430 75. Sophokles. Nr. 8.

Die arbeit enthält emendationsvorschläge zu stellen aus allen tragödien (die Elektra ausgenommen) , als anhang im anschluß an Oed. Col. 966 auch zu einer stelle aus Piatons Symposion. Sie zeigt selbständiges nachdenken und macht hie und da auf Schwierigkeiten aufmerksam , die bisher übersehen sind. Schon darin liegt ein verdienst , wenn man auch die emendationen, durch welche die Schwierigkeiten beseitigt werden sollen , nicht billigen will. So mag immerhin Aias 1196 hoivov "Agrj bisher noch nicht in einer allen völlig genügenden weise erklärt sein; die vorgeschlagene, viel zu gewaltsame emendation aber 7iqk>toq statt xoiiöi', die freilich dem sinne nach gar nichts zu wünschen übrig läßt, wird noch viel weniger allgemeine Zustimmung finden. Dagegen ist die erklärung von noitov Aias 1217 (als zu Iva zu beziehen) beachtenswerth und die dazu aus der Odyssee (a 424) citierte stelle treffend herangezogen. Auch Gilberts Vor- schlag, die verzweifelte stelle in der Antigone 351 Innov s£ezai dadurch zu heilen, daß man liest innov icpt&iai a[Aqiiloq)ov oder, wozu er sich durch unnöthige skrupel bewogen noch mehr neigt, innov iq,i&70 Ta/jqiClofpov, mag ich um so weniger ganz ablehnen, als ich selber wiederholt an diese möglichkeit (d. h. den ersteren von den beiden vorschlagen) gedacht habe, nur daß es mir nach der Überlieferung noch näher zu liegen scheint dve^szai zu schreiben. Dagegen sehe ich in Antig. 525 xmovg gar keine Schwierigkeit und trotz Nauck und M. Schmidt gar keine nöthi- gung zu einer änderung. Beziehungslos ist xelvovg durchaus nicht ; es bekommt klaren , deutlichen sinn durch das voraufge- hende Harro. Es sind die todten, die jenseitigen, für die Anti- gone eben so energisch eintritt, wie Kreon für die lebenden, für die irdischen Verhältnisse. Etwas ganz ähnliches sagt Kreon 777 mit den worten: "j4idi]v, ov ftovov oeßet &?<5v. Sehr bedenk- lich ist es auch , mit Gilbert aus v. 754 durch konjektur das ulatxov entfernen zu wollen. Bisher hat auch niemand daran anstoß genommen , und was Gilbert , um seine vermuthung zu begründen, hinzufügt, ist höchstens darzuthun geeignet, daß auch das von ihm vorgeschlagene in den Zusammenhang der rede paßt, nicht aber geeignet, das überlieferte als korruptel zu verdächtigen.

In v. 888 ist zwar das zvftßsvsiv ungewöhnlich; aber ich halte es doch für kritisch sicherer den intransitiven gebrauch hier anzunehmen, als mit beibehaltixng des überlieferten %Qij (statt

Nr. 8. 76. Sophokles. 431

der leisen änderung %q\i) im vorangehenden verse den vers sel- ber zu schreiben, wie Gilbert vorschlägt:

Sit' ovv roiavTiq £,ä>Gav v/jtrsiv s v arty^. Mir ist vpirelv ganz unwahrscheinlich in diesem zusammenhange, und auch metrisch ist der neu gewonnene vers nicht ohne an- stoß. Im 0. R. 122 f. bezweifelt Gilbert die richtigkeit des ?.?]- aräq und rtv, und seine bedenken sind ja auch nicht ohne grund ; nur schafft sein heilungsversuch XjiataTg und tiv"1 die Schwierigkeit gar nicht fort ; denn das ov paä Qco/jrj ist in Ver- bindung mit Xtjatalg nicht viel leichter zu verstehen, als in der grammatisch zwar etwas näheren, aber dem sinne nach nicht mehr befremdenden Verbindung mit X^tsrag. In Trach. 137 könnte ich mich wohl mit der Schreibung iv llnimv einverstan- den erklären, wenn sie nur nicht die änderung tdrö'1 (statt r«j') nach sich zöge, die ich nicht billigen kann. Trach. 564 scheint mir die vorgeschlagene lesung unnöthig; das überlieferte ist voll- kommen verständlich ; oder, wenn denn doch geändert werden soll, so ist der Vorschlag von Nauck oder von Cobet vorzuziehen. Dagegen scheint mir Trach. 1202 Gilberts konjektur sg t' dsi statt nauel sehr annehmbar, wenn auch nicht unbedingt nöthig ; ebenso sein Vorschlag Phil. 1103 y.dv (Aoftdep zu lesen statt xal fiöxdoo. In den aus Oed. Col. behandelten stellen kann ich dem verf. in seinen kritischen bedenken nicht folgen ; ich meine, daß die Überlieferung sehr wohl erklärt werden kann und bereits ge- nügend erklärt ist; doch verdient das, was Gilbert bei v. 966 über den gebrauch von ctvtöv für qiavTov auseinandersetzt, ge- wiß beachtung. Frans Kern.

76. Emil Müller, beitrage zur erklärung und kritik des königs Oedipus des Sophokles. I. u. II. beigäbe zu den Jah- resber. der Fürstenschule zu Grimma über die Schuljahre 1882/3 und 1883/4. 71 p. 4.

Wer den anfang dieser abhandlung liest, wird eine ausführ- liche , allseitige , das ganze stück und alle momente der hand- lung berücksichtigende erörterung über den charakter des haupt- helden erwarten und ist einigermaßen enttäuscht, wenn er sieht, wie die ganze ausführung in der bekannten königsrede 216 ff. stecken bleibt Der verf. scheute sich wohl, ex professo das alte, vielbehandelte thema wieder zum gegenstände einer abhandlung

432 76. Sophokles. Nr. 8.

zu machen. Er hatte aber keinen grund sich zu scheuen, da eine so eindringliche und so zu sagen energische erörterung der frage immer am platze ist. Vielleicht nirgends dürfte so ein- leuchtend dargethan sein, daß die Umstellung der v. 246 251 nach 272 den schluß der rede bedeutend schädigt und zusam- mengehöriges gewaltsam auseinanderreißt. Ich finde hierin das bemerkenswerteste resultat der abhandlung, da ich dem nach- weise, daß mit ibv ardga rovtov 236 der hehler des mordes gemeint sei, meine Zustimmung versagen muß. Es verdient zwar vieles von dem, was der verf. vorbringt, beachtung und manches ist geeignet denjenigen, welcher anderer ansieht ist, stutzig zu machen. Aber was will das alles heißen der ausdrücklichen angäbe des dichters gegenüber, welche in mg fiiäanajog iov8' ri(x\v ovtog 241 vorliegt? Die erklärung „da dieses nemlich das hehlen des mörders befleckung für uns ist" thut den Worten gewalt an und der zusatz äg ro I7v&ixvv &sov (xavtslov Qicpyvev agricog s/xoi weist so deutlich als nur immer möglich auf ntctapa %c6gag , ciog Te&Qa(,i(itivov %&ovl iv t^j8} iXavvsiv 97 zurück, wo doch wahrhaftig nicht von dem hehler, sondern von dem mörder die rede ist. Wenn man aber unter zovtov tov av8ga den mörder verstehen muß, dann bleibt die in tolade 251 liegende Schwierigkeit, welche der verf. anerkennt, und so hat niemand mehr als er dargethan, daß die athetese der v. 246 251, welche er abwenden will, zu recht besteht und den einzigen ausweg aus dem wirrsal bietet. Bei 236 243 hat der dichter offenbar die absieht, den Oedipus sich selbst verfluchen zu lassen, und da die stelle in Plat. Legg. IX, 874 A auf eine sitte hin- weist, den unbekannten mörder zu verfluchen und ihm das be- treten der tempel und des ganzen landes zu verbieten , so ent- hielt diese sitte motivierung genug, um jenen fluch anzubringen, so daß man alle bedenklichkeiten, welche der verf. dagegen vor- bringt, ruhig bei seite lassen kann. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Volksversammlung, welche man nach der darlegung des verf. dem v. 144 entsprechend annehmen, zugleich mit der chor auftreten, nach schluß der rede des Oedipus 275 ohne der chor abtreten lassen soll. Mit 144 will der dichter weiter nichts als das auftreten des chors motivieren ; mehr darf man nicht dahinter suchen; die masse von Statisten werden wir ohnedies gern entbehren. N. Wechlein.

Nr. 8. 77. Aristophanes. 433

77. Les scolies du manuscrit d'Aristophane ä Eavenne. Etüde etcollationparM. Albert Martin. Paris, Thorin 1882. 8. XXVIII, 223 p. (Biblioth. des ^coles fran<j. d'Athenes et de Eome fasc. 27.

Eine neue ausgäbe der Aristophanes-scbolien ist ein allseitig empfundenes bedürfnis. Die bisherigen ausgaben bieten ein wü- stes Sammelsurium , in welchem man sich nur mit großer mühe zurechtfinden kann. Der künftige herausgeber wird sich nicht damit begnügen dürfen bei den einzelnen scholien anzugeben, in welchen handschriften sie sich finden, er wird vor allem eine durchgreifende trennung alter und byzantinischer scholien vor- nehmen und die sinnlose contamination sehr werthvoller scholien und ganz unbrauchbarer notizen, die bisher in den ausgaben ge- herrscht hat, vollständig beseitigen müssen. Durch die ausschei- dung vieler für die erklärung des dichters sowohl als in gramma- tischer und antiquarischer beziehung werthlosen und entbehrli- chen notizen und glossen wird das scholien-corpus in sehr zweck- mäßiger weise entlastet werden. Die nothwendigen Vorbedin- gungen für diese arbeit sind aber eine sorgfältige prüfuug der wichtigsten handschriften und ihre classificierung. Die schrift von A. Martin darf in gewissem sinne als eine solche Vorarbeit bezeichnet werden, da sie uns eine genaue kenntnis der scholien des Eavennas vermitteln will. Es muß bald von vorn herein bemerkt werden , daß der aufgewandte Heiß zwar alle anerken- nung verdient , daß die arbeit aber durchaus nicht die großen resultate geliefert hat, die der Verfasser sich vielleicht von ihr versprochen hatte. Denn erstens hatte bereits Dindorf eine voll- ständige und im allgemeinen ziemlich sorgfältige collation des Eavennas, sodann aber hat diese handschrift, wie jeder kenner der Aristophanes-scbolien weiß, bei weitem nicht denselben werth für die scholien wie für den text des dichters: der Venetus und andere handschriften sind vollständiger und zeigen vielfach eine bessere Überlieferung als der Eavennas.

In der vorrede gibt Martin zuerst eine kurze geschichte des Eavennas. Die handschrift kam wahrscheinlich unter der regie- rung des herzogs Federico di Montefeltro (f 1482) nach Urbino und verschwand von da um das jähr 1503, nach Eavenna ge- langte sie nach 1698. Es folgt eine genaue beschreibung der handschrift. Martin unterscheidet zwei hände : von der einen (R1) sind der ganze text und die schoben der fünf ersten stücke

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(Plutos Wolken Frösche Vögel Frieden), von der andern (E2) die scholien der sechs übrigen stücke geschrieben. (A. v. Velsen unterschied ebenfalls zwei hände, meinte aber, der eine Schreiber habe nur den text, der andere sämmtliche scholien geschrieben). Der erste Schreiber copierte seine vorläge sorgfältig, nur aus rücksicht auf den räum und auf eleganz kürzte er einzelne scho- lien oder ließ sie ganz weg, der andere that beides in größerem umfange und aus reiner nachlässigkeit.

Die ergebnisse der collation werden in der weise mitgetheilt, daß genau der inhalt eines jeden blattes der handschrift und bei jedem scholion anfang und ende und Varianten angegeben werden. Die Sorgfalt ist etwas gar zu weit getrieben. Nicht nur werden marginal-scholien und interlinear-glossen genau un- terschieden, sondern es wird auch bei jedem scholion gewissen- haft bemerkt, ob es sich am inneren oder äußeren, am oberen oder unteren rand befindet. Eine derartige angäbe ist ganz überflüssig; denn auf die stelle eines scholions kommt gar nichts an, der vorhandene räum wurde ganz unterschiedslos und will- kürlich von den Schreibern verwendet. Die ausbeute der nach- vergleichung ist, wie schon oben angedeutet wurde, im allge- meinen keine sehr bedeutende. Im einzelnen werden zahlreiche kleine versehen in den ausgaben von Dindorf und Duebner be- richtigt, mehrere von ihnen als im Eavennas fehlend bezeichnete scholien sind nach Martin in ihm vorhanden, und umgekehrt stellt sich heraus, daß einzelne scholien, bei denen Dindorf und Duebner nichts bemerken , im Ravennas fehlen : hier und da wird eine von den früheren herausgebern übersehene lesart an- geführt, die beachtung verdient. Einiges möge hier platz finden. Schob Plut. 103. 139. 150. 644. 677 fehlen in E. Plut. 159 hat Pt den größten theil des scholions ntQinhiovai. Plut. 1197 hat E die worte 'i&og r^qntafxiicov. Nub. 1 : die nagsTiiyQaqi/j steht auch in E (wie in 0) am anfange des Stückes. Schob Nub. 98 steht in R (übereinstimmend mit V). Nub. 102 hat E auch das scholion zovg aXa^ovag: Idiag icaai. Nub. 223 hat E das erste scholion avu tov co •dvriiz avdgänmv. Nub. 303 fehlen in E nur die worte entl t%ovai oixei6z?jTa. Schob Ean. 175 Inäyax1 IfAEig und 216 ano Isqov stehen in E. Schob Pac. 1014 lo^tvofxirug hat auch E. Schob Lys. 786 [xqnoze (naQ)iöJOQtl fehlt nicht in E. Schob Vesp. 20 (ygicpot) findet

Nr. 8. 78. Geopanica, 435

sich größtenteils auch in R. Zu Vesp. 578 haben die übrigen handschriften und bisherigen ausgaben ein unverständliches scho- lion : R hat, wie wir nun erfahren, nur die worte xa) yag ol ogqiavo} iSoxipä^orio. Diese kurze, aber in antiquarischer be- ziehung, wie mir scheint, nicht unwichtige notiz findet ihre er- klärung durch lex. rhet. Bekk. 235, 13 Soni/xä^cvTai 8s xca ol g(f>' tjXtxi'ag oocpatoi, ei dvvavrai tu tiutqwu naoa rcö/> tnitgönav tf.no'kafißävsiv. Thesm. 272 ix a o gp ?] g Mtlavinniji Evgmidov R (sx ztjg vulgo). Thesm. 750 sioo&aaiv . . . qitjnh' ein Dindorf und Duebner : Martin glaubte statt des a über dem n ein l mit ei- nem o zu erkennen und vermuthet den namen Elno).iq. Ekkl. 302 hat R ... co;,1 8td rijv svziXetav rov [aiö&ov 8ixä£siv (*?] &uövT(ov QwjJ fehlt bei Dindorf und Duebner).

Leopold Colin.

78. UntersuchuDgen über die quellen , den Verfasser und die abfassungszeit der Geoponica von dr. Wilh. Gemoll in den Berliner Studien für classische philologie und archäologie herausgegeben von Ferd. Ascherson. 1. halbband. Berlin 1883, Calvary u. co. 8. VIII, 280 p. 8 mk.

Für die lange vernachlässigten Geoponica scheint in der neuesten zeit ein regeres interesse erwacht zu sein: H. Beckh hat für die BibliotTieca Teubneriana eine neue kritische ausgäbe derselben angekündigt und aus dem vorliegenden werke erfahren wir, daß auch gymnasialdirektor Treu in Ohlau seit jähren einen umfassenden kritischen apparat gesammelt und also wohl auch eine neue ausgäbe vorbereitet hat. Angesichts dieser erfreulichen aussiebten könnte es zweifelhaft sein, ob eine Untersuchung über die quellen jenes Sammelwerkes über die landwirthschaft nicht als verfrüht zu bezeichnen sei, wenn nicht Gemoll durch die li- beralität Treus in der läge gewesen wäre , des letzteren kolla- tionen für seine zwecke auszunützen. Der gang der äußerst sorgfältig geführten Untersuchung ist folgender: in cap. I wer- den alle herrenlosen kapitel, d. h. alle diejenigen, für welche in der Überschrift kein Verfasser genannt ist, welche also vom Sammler selbst herzurühren scheinen, einer prüfung unterzogen. Hier ist besonders der nachweis , daß eine reihe von capp. des 11. buches (,,verwaudlungsgeschichtenu), nämlich 4, 10, 15, 17, 22, 24, 29, aus den progymnasmatikern fast wörtlich entlehnt

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sind, neu und interessant-, auch der behauptung, daß für viele kapp, des 8. buches ein arzt als quelle zu statuiren sei, muß man beistimmen. Es bleiben zwar noch eine anzahl von kapp, übrig, für welche es dem Verfasser nicht gelungen ist, die quelle nachzuweisen; aber seine behauptung, daß auch diese entlehnt sind, hat große Wahrscheinlichkeit für sich. In kap, II wer- den die indirekten, d. h. im Zusammenhang der kapitel erwähnten und namentlich angeführten quellen der Geoponica gemustert. Hier wird nachzuweisen versucht , daß alle diese stellen , von denen keine in der syrischen Übersetzung der Geoponica sich findet, ihr dasein dem Sammler verdanken, nicht dem Schrift- steller, welchem die betreffenden kapp, durch die Überschrift zu- ertheilt werden. Kef. ist hiemit einverstanden, soweit sich die quellen, aus denen der sammler geschöpft hat, nachweisen lassen, dagegen hat er sich von der richtigkeit der behauptung, Geop. I, 14, §3, XII, 16 u. a. seien fälschungen, nicht überzeugen können. Warum soll Nestor aus Larandeus, von dem Suidas sagt, er habe eine 'IXtag XsinoyQÜmjiaToq, METa/.ioQ(p(6aeig nal aXXa (Var. noXla) geschrieben, nicht der Verfasser des in den Geoponica erwähnten ' AX8%ixr]itog (heilgarten, hortulus sanitatis) und der Havanna sein? Diesen Alexikepos hat der sammler, wie er XII, 16, 1 selbst sagt, früher, d. h. vor der redaktion der Geo- ponica, interpretirt. Denn daß die worte ngarjv sqixijvsvcov . . . ovriyQaxpa nicht auf den in der Überschrift genannten Varro, son- dern auf den sammler der Geoponica Cassianus Bassus Schola- sticus sich beziehen , leuchtet ein. Sie beweisen zugleich , daß der sammler wie auch Gemoll p. 257 betont, kein praktischer landwirth, sondern ein gelehrter, ein byzantinischer grammatiker war. Im III. kap. werden diejenigen autoren, die in den ka- pitelüberschriften, nicht im proömium als gewährsmänner genannt sind , behandelt. Es sind dies Apsyrtus , Aratus , Aristoteles, Cassianus, Dionysius, Hierocles, Hippokrates, Oppianus, Pelago- nius, Ptolemäus, Pythagoras, Theomnestus, Xenophon. Das re- sultat der für die einzelnen autoren angestellten Untersuchung ist folgendes. Von den 9 kapp. , welche dem Apsyrtus zuge- schrieben werden, sind nur zwei XVI, 6 und 9 für ihn zu retten ; die Übereinstimmung der syrischen Übersetzung und der Scri- ptores rei rust. beweist, daß die übrigen kapp, dem Anatolius gehören. Was dem Aratus zugeschrieben wird, ist den Arafc

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scholien entnommen. Aristoteles ist nicht direkt benutzt, sondern der sammler hat wahrscheinlich aus einem paradoxo- graphen geschöpft. Was dem Cassianus , Dionysius , Hierocles, Hippokrates, Pythagoras und Xenophon zugeschrieben wird , ist eine fälschung. Ref. gibt zu , daß die meisten der genannten autoren nicht direkt benutzt sind , sondern aus Anatolius vom sammler herübergenommen sind ; hiebei mag mancher irrthum mituntergelaufen sein bei der offenbar etwas oberflächlichen und flüchtigen arbeitsweise des Sammlers ; daß er aber seine eigenen einfalle mit fremden namen ausstaffirt unter das publicum bringen wollte, davon hat sich ref. nicht überzeugen können. Gewiß ist Geoponica V, 5 nicht vom sammler , sondern von Florentinus, der eine villa in Maratoyma hatte ; im Gudianus (vielleicht auch in andern codd.) fehlt ja die Überschrift Kaaaiuvov, sie verdankt eben einem irrthum der abschreiber ihre entstehung. Das umfangreichste und wichtigste kapitel ist das vierte, in welchem die direkten d.h. im argumentum des 1. buches genannten quel- len: Africanus, Anatolius, Berytius, Vindanionius, Apulejus, Da- mogeron, Democritus, Didymus, Diophanes, Florentinus , Fronto, Leontinus, Pamphilus , Paxamus, Quintilii , Sotion , Tarentinus, Yarro , Zoroastres untersucht werden. Auch hier wird gezeigt, daß der sammler aus den genannten autoren nicht direkt , son- dern aus einem Corpus georgicorum geschöpft habe , in welchem diese bereits excerpirt waren. Eine solche awuycoyrj yewQyixav 'mttijdtvftdroov aber hat nach Photius cod. 163 Vindonius Ana- tolius aus Berytus verfaßt, den der sammler selbst als gewährs- mann nennt ; doch ist er , wie Gemoll meint , bemüht , seine benutzung des Anatolius möglichst zu verdecken, indem er drei schriftsteiler aus einem macht. Ref. dagegen schließt sich an Bahr in Ersch und Gruber s. v. Geoponica an , welcher für diese Spaltung eines namens in drei den irrthum oder die nachlässigkeit der abschreiber verantwortlich macht. Diese ver- muthung wird durch die von Gemoll selbst mitgetheilte lesart der handschriften , welche alle mit ausnähme der Wiener , aus der die editio princeps stammt , die betreffende stelle des prooe- mium in folgender gestalt überliefern : xal ovtiduvicoriov xal ava- roKov xal ßiigvTtov xal Sioqiuvovg xal J.sovtiov xal ragatThov. bestätigt; man streiche einfach xal vor avatoXiov und ßygvriov. Anatolius also ist der gewährsmann , den der sammler am mei- Philol. Anz. XIV- 30

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sten benutzte, und die gemeinsame quelle der Geoponica, Syr. vers. , Palladius und Hippiatr. ; aus der Übereinstimmung der- selben läßt sich mit ziemlicher Sicherheit das werk des Anatolius herstellen. In diesem im ganzen gelungenen nachweis liegt ent- schieden das hauptverdienst der vorliegenden arbeit. Im einzel- nen wird man zwar den aufstellungen Gemolls nicht immer bei- pflichten können; es läßt sich eben bei quellenuntersuchungen eine überzeugende gewißheit bei der läge der dinge nur selten erzielen; doch wird man nicht leugnen, daß er „die formel, aus den Geoponica den Anatolius herauszuschälen , gefunden habe". Dieser Anatolius aber ist, wie p. 220 223 gezeigt wird, identisch mit dem freunde Iulians, der 364 als mag. offic. starb, (Ammian XXV, 8, 14). In den abschnitten B und C wird noch kurz, aber gründlich über den Verfasser und die abfassungs- zeit der Geoponica gehandelt. Ueber den ersteren ist weiter nichts zu ermitteln als daß er Cassianus Bassus Scholasticus hieß ; die abfassungszeit wird bestimmt durch die Untersuchung, welcher von den arabischen Schriftstellern über die landwirth- schaft die Geoponica zuerst benutzt hat: Rhazes (f 923) kannte sie noch nicht, Hedjadj (1073) benutzte sie, also ist der kaiser, dem sie gewidmet sind, Constantinus V Porphyrogennetus und sie sind in den jähren 944 959 verfaßt. Dies sind ungefähr die ergebnisse der vorliegenden Untersuchung. Der nachweis, daß den kern der Geoponica das werk des Anatolius bildet, ist nach des ref. Überzeugung entschieden gelungen; dagegen wird eine annähernd sichere bestimmung des eigenthums der einzelnen autoren, sowohl der schon von Anatolius als der erst von Cas- sianus Bassus benutzten , erst dann möglich sein , wenn ein di- plomatisch gesicherter text , wie er von verschiedenen seiten in aussieht gestellt ist, vorliegen wird. Gg. Helmreich.

79. T. Macci Plauti comoediae. Recensuit et enarravit Iohannes Ludovicus Ussing. Voluminis quarti pars seeunda Pseudolum et Poenulum continens. Hauniae MDCCCLXXXIII, Gyldendal. VIII, 362 p. 8 mk.

Während sich Ussing für das erste der in diesem neuen bände seiner Plautusausgabe enthaltenen beiden stücken wieder auf das vorhandene kritische material beschränken zu können geglaubt hat, hat er für das zweite den Vetus (B) und den De-

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curtatus (C) selbst verglichen und den Ambrosianus (A) wenig- stens stellenweise eingesehen. Welchen grad von Zuverlässig- keit den kollationen der beiden erstgenannten handschrifteQ bei- zumessen ist, vermag ref. nicht zu beurtheilen l) jedenfalls aber erscheint die richtigkeit und genauigkeit der angaben Ussings vielfach höchst zweifelhaft. So hat 844 auch B nach dem über- einstimmenden zeugnis von Pareüs und Schwarzmann das offen- bar falsche hie nicht; 967 und 1039 fehlen haec und enim wohl auch in C sowie in A; 871 steht istae sicherlich in keiner der handschriften, andrerseits scheinen BC 1289 aut vor qui zu ge- ben; 1133 hat B (wie C) nach Pareus , Schwarzmann und Stu- demund illa et (nicht Uli et), 1187 und 1227 nach den beiden ersteren die dem richtigen näher liegenden lesarten Mebus (nicht Me hiis) und in iurs (nicht in curs); 365 scheint B für A ver- druckt zu sein. Woher stammt 591 Ussings lesart At ego pol eum, wo man bisher ganz dem Plautinischen Sprachgebrauch ent- sprechend At pol ego eum las? Von dem wenigen, was Ussing aus eigener anschauung aus A beibringt, ist am bemerkenswer- thesten die lesart advenimus 637; wenn er aber den vers folgen- dermaßen gestaltet : Quia nos honoris tui causa huc advenimus , so übersieht er, daß A nach Geppert das aus BC aufgenommene huc nicht hat und vielmehr zu schreiben sein wird ad te adve- nimus. Leider ist dies nicht die einzige stelle , wo Ussing von Ritschi, Geppert, Studemund oder Löwe mitgetheilte lesarten dieser handschrift übersehen hat. So hat dieselbe, um von den sehr zahlreichen fällen nur noch einige zu erwähnen, nach Gep- pert 349 bloß Acherunte (ohne ab), nach Bitschi 361 quid agis ohne eho (das nach Pareus auch in B fehlt) und 854 tu (wie BC und Non.), nach Studemund 927 Remoror, 1048 patritus (nicht pater tuus, so vielmehr Bund nicht patruns), 11 44 hose. 1352 führt Geppert als lesart des A das von Turnebus vermuthete haud verbum qui- dem an, welches, irre ich nicht, auch Studemund bestätigt hat ; Ussing giebt an : in A legerunt „adver... . quidem. 975 spricht er von einem temer arium supplementum Turnebi: Facies quidem edepol \Punicast: guggast homo\; es handelt sich aber bekanntlich nicht um eine vermuthung des Turnebus, sondern um eine lesart

1) Geschrieben im Okt. v. J., also vor dem erscheinen der aus- gäbe des Poenulus von Goetz und Löwe , durch welche die oben ge- machten ausstellungen volle bestätigung erhalten haben.

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seines leider verlorenen vorzüglichen codex, die ja nach Ritschi und Geppert auch durch A bestätigt wird. Auch im Pseudolus hat sich Ussing eine reihe von ungenauigkeiten zu schulden kommen lassen. So fehlt 52 die lesart der Palatiner vendidit voluptas mea; 220 soll ego erst von Ritschi hinzugefügt sein, während es nach dessen ausdrücklicher angäbe in allen handschriften steht; 281 setzt Ussing Quid minas argenti tibi in den text , ohne die unanstößige lesart der handschriften tibi m. a. zu erwähnen ; 918 läßt auch A nach Ritschi iam aus und hat nach Studemund istud und quor (vgl. Kellerhof de colloc. verb. Plaut, p. 29); 1253 haben CD nicht, wie man aus Ussings angäbe entnehmen muß, bloß magnis munditiis, sondern ebenfalls noch digni ah wie B, der übrigens munditiis, nicht manditiis hat: daß A nach Stu- demund magnis munditiis dis dignis giebt , bleibt unerwähnt ; zu 1325 heißt es betreffs des in den Pall. überlieferten, von Ussing einfach gestrichenen hie : num in A fuerit ignoratur, während Löwe p. 174 angiebt, daß A die vermuthung des Acidalius hier be- stätigt. Diese belege werden zur genüge erweisen, daß auch dieser band wie seine Vorgänger weit davon entfernt ist, als grund- lage für kritische Studien dienen zu können. Mit ähnlicher Sorg- losigkeit geht Ussing zu werke, wo es zwischen den lesarten der handschriften zu entscheiden gilt ; nur zu oft läßt sich ein sorg- fältiges abwägen vermissen. Pseud. 367 wird die personenab- theilung des A , welche Kießling ausreichend begründet hat, einfach mit einem inter „impure" et „leno" A spatium personae habet, male abgefertigt; 1302 legt sich Ussing nicht einmal die frage vor, was in der von Löwe ermittelten lesart derselben handschrift ingredere stecken mag : offenbar ist damit ingrediri ge- meint, und dies steht vielleicht auch wirklich in der handschrift, wenigstens bezeichnet Löwe selbst das vorletzte E als unsicher 2). Poen. 645 bietet A Nunc hunc, die Pall. Hunc nunc: letzteren folgt Ussing, das erstere ist aber sicher das richtige, da Plautus nunc mit Vorliebe dem pron. hie voranstellt, zumal im satzanfang vgl. insbesondere Amph. 881. Men. 853. Most. 783. Poen. III, 5, 27. Dagegen entspricht 1226, wo Ussing mit A Nunc ego pol schreibt, das nunc pol ego der Pal. allein dem Plautinischen

2) Ps. 1304 (1301 R.) scheint auch Ussing das sie sines imon der hand- schriften des Nonius für ein Verderbnis aus sie sine modo zu halten; ich erkenne darin vielmehr sie sine, Simo und halte dies für eine sehr beachtenswerthe Variante.

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Sprachgebrauch. 781 schreibt er mit C Priusquam obtorto collo', aber B hat Priusquam hinc, und dies ist unzweifelhaft richtig, da Plautus prius in dieser Verbindung nur in der dihärese jamb. tetrameter und kretischer verse sowie am versschluß betont. Ist es auch anzuerkennen, daß Ussing vielfach mit unzweifel- haftem rechte auf die Überlieferung zurückgegangen ist, so ist doch andrerseits die zahl der unnöthigen , ja leichtfertigen än- derungen bei ihm eine recht beträchtliche. Wenn er z. b. Poen. 299 Aurum, id fortuna invenitur und 1066 Pater tuus, is erat än- dern zu müssen glaubt, so übersieht er, daß auch sonst bei Plautus ein subst. in unmittelbarer folge durch das pron. is auf- genommen wird cf. Gas. prol. Filius, is autern. Ba. 945 Nostro seni huic stolido, ei profecto. Most. 592 Immo faenus, id volo, Merc. 211 forma eximia midierem, Eam me emisse ancillam matri, wo mit Lomann wohl unnöthig geändert wird Meae me ss., auch Amph. 255 Sed proelium, id t andern diremit gehört wohl hierher; gleicher art sind Cure. 480 2 Sub veteribus, ibi Pone aedem Castoris, ibi In Tusco vico, ibi. Poen. 396 schreibt er für Itaque iam Ita ego iam sensu iubente "; itaque steht aber hier wie 200, wo er es sinnwidrig mit et sie erklärt, und anderwärts bei Plautus für ita. 473 viscum legioni dedi Fundasque: eo praesternebant folia farferi: Ussing hält eo, da es die bedeutung von „eo consilio" hier nicht haben könne, für korrupt und schreibt dafür ei, welches zu viscum gehören soll ; eo bedeutet aber offen- bar einfach „darauf" und bezieht sich auf fundas. 482 Eos (sc. globos) in volantes iussi funditarier: so Ussing für Ego illos volantis ss., weil funditare pro obiecto postulat id quod funditur, non id quod petitur; aber warum soll funditare aliquem nicht ebenso gut gesagt werden können als fundere aliquem? Be- treffs des facere frugem Poen. 891 , wofür Ussing noch immer frugi schreibt, genügt es auf Kettners auseinandersetzung Herrn. VT, 175 zu verweisen. Poen. 1297 estne illaec mea amica Anterastilist Et east certo: Ussing, welcher aus A ohne angäbe der quelle . . est anführt, schreibt Est ea certo mit der bemer- kung „et" hie locum non habet; doch wohl ebenso gut als Ad. 78 und atque Stich. 582. Truc. I, 2, 23 , überdies steht est meines wissens in solchen Wendungen nie voran. Wer wagte es wohl außer Ussing Pseud. 345 das allerdings singulare , aber doch nicht unerklärbare valde in quanti? zu ändern? Von den sehr

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zahlreichen athetesen, welche Ussing in beiden stücken vorgenom- men hat im Pseud. allein hat er etwa 50 neue verse ein- geklammert — werden wohl nur die wenigsten die billigung besonnener kritiker finden ; ganz besondere rüge verdient es, daß mehrfach noch nicht geheilte verse für unecht erklärt werden wie Poen. 728. 1072. 1105. 1229. Eine fülle von ausstel- lungen wären wieder in prosodischer und metrischer beziehung zu machen ; es möge der hinweis genügen auf den merkwürdigen vers Pseud. 183 E6 vos vostros pdntices madefdcitis, quom ego sim siccus, wozu Ussing bemerkt: versus systema claudens pro ultima dipodia simplicem trochaeum habet 3) , den Schluß des trochäischen septenars Poen. 279 tetigeris. Nihil illuc quidem est und den auf einen trochäus ausgehenden senar Poen. 951 quai mihi subrüptae sunt, wo C ganz richtig quae subr. sunt mihi giebt. Uebrigens war hier zu erwähnen, daß bereits Wex die beiden verse 951 und 952b verschmolzen hat ; auch sonst hat Ussing vermuthungen, in denen er mit anderen zusammengetroffen ist, einfach auf sei- nen namen geschrieben, wie Pseud. 167 accelerate (Ritschi), 170 oblitus fui (Spengel), 945 memore (Bergk), Poen. 359 cur tibi haec irata sit (Becher), 1127 annon (Geppert) u. a. Der großen menge offenbar verfehlter vermuthungen steht nur eine recht ge- ringe zahl von solchen gegenüber, die erwähnenswerth oder rich- tig sind. Als vorzügliche emendationen hebe ich hervor Pseud. 1324 Quid, hoc auferen (auferre non) und Poen. 140 Em (Et) nunc pereo amore. Der kommentar zu den beiden stücken ist ebenso ungründlich und oberflächlich wie zu den früheren; nur selten findet sich eine wirklich selbständige und gute bemer- kung. Was für erklärungen Ussing seinen lesern zu geben wagt, dafür ein beleg; Poen. 317 wird zu dem ausdruck nocturna ora bemerkt : nocturna, turpia ; nox enim atra est. O. Seyffert.

80. A. Gellii Noctium Atticarum libri XX ex recensione et cum apparatu critico Martini Hertz, vol. I, Berol. 1883, VIII, 448 p.

Endlich sind wir im besitz wenigstens der ersten hälfte die- ser seit 30 jähren verheißenen und sehnlichst erwarteten kriti- schen ausgäbe. Dafür hat sich aber auch an der so lange zu-

3) Sollte die stelle mit leichter änderung nicht so zu schreiben sein : Eo vSs vostrfum] os panticesque adeo madefdctatis ss. f

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rückgehaltenen arbeit das alte wort bewährt : „was lange währt, wird gut", und werden wir reichlich für das lange harren durch die gediegenheit und reichhaltigkeit des werkes *) entschädigt, das nun zu bequemer benutzung uns in die band gegeben ist. Bei ruhiger erwägung wird man auch begreifen, warum der ge- lehrte verf. sich nicht hat entschließen mögen, seiner 1853 er- schienenen textausgabe die gleich bei dem erscheinen in aussieht gestellte größere kritische ausgäbe so bald nachfolgen zu lassen, wie dies wohl ursprünglich von ihm geplant war. Untersu- chungen der verschiedensten art , lexikalisch-syntaktische , metri- sche, orthoepische, juristisch-antiquarische, wie solche über citir- methode, quellenbenutzung des Gellius und dessen Verhältnis zu Apuleius, Nonius u. a., waren durch das erscheinen der textaus- gabe angeregt worden oder wieder in fluß gekommen. Auch auf dem gebiete der conjekturalkritik , welches lange ziemlich brach gelegen hatte, war um diese zeit und ganz wesentlich durch die von der textausgabe ausgegangene anregung ein neues leben er- wacht. Ich erinnere nur an das, was Fleckeisen, M. Haupt, Th. Bergk, Mercklin, Kretschmer und nach ihnen Cobet, Madvig, C. F. W. Müller u. a. zur Verbesserung des textes beigetragen haben. Vor allem aber hat ja Hertz selbst in dem menschenalter, welches seit dem erscheinen seines Teubner'schen textes verflos- sen ist, nach den verschiedensten seiten hin durch zahlreiche ein- zelarbeiten wie nicht minder durch seine auseinandersetzungen mit wohl- und übelwollenden forschem auf demselben gebiete die erklärung und kritik seines autors erheblich gefördert. Im verlaufe der jähre und nach mancherlei versuchen hat Hertz aber auch erst die rechte form für die größere ausgäbe gefunden. Die Verschmelzung eines grammatisch-erklärenden und kritischen commentars, wie solche der Breslauer lektionskatalog von 1868 probeweise vorführte, erwies sich als unpraktisch ; der im katalog von 1877 aber an der praefatio gemachte versuch, gleichzeitig zwei völlig von einander geschiedene commentare der bezeich- neten art zu bieten, hat in ihm jedenfalls das bedenken wachge- rufen , ob nicht bei solcher art der bearbeitung das erscheinen des werkes in unabsehbare ferne werde hinausgerückt werden.

1) Alle anzeigen , welche dem ref. zu geeichte gekommen sind, stimmen in dieser anerkennung überein. S. besonders die besprechung von 0. Seyffert in no. 6 der Berliner Wochenschrift für klassische Philologie von 1884.

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So tritt denn erst im lektionskatalog von 1883 die beschränkung und form der anordnung auf, welche Hertz für sein werk nun endgültig gewählt hat.

Nun zu diesem werke selbst. Die mittkeilungen , welche dasselbe nicht nur über die lesarten der optimi, sondern auch über die der handschriften untergeordneter bedeutung bietet, las- sen wie an Übersichtlichkeit, so an genauigkeit und umsichtiger berücksichtigung aller nebenmomente (als da sind rasuren, ditto- graphien, lücken, korrekturen durch spätere hände) wohl kaum etwas zu wünschen übrig. Die verlässigkeit der collationen kann ja freilich ref. nicht controliren , sondern vorläufig nur gläubig voraussetzen. Einen besonderen werth erhält die ausgäbe aber dadurch, daß mit einer im hohen grade dankenswerthen Vollstän- digkeit die beitrage von drei Jahrhunderten zur textkritik des Gellius in ihr verzeichnet sind. Die ausgaben vor 1585 finden ja meist nur summarisch berücksichtigung, umso eingehender die von Carrio, die der beiden Gronov, die handschriftlichen mitthei- lungen von Casp. Scioppius und A. W. Cramer ; alles aber, was seit der armseligen ausgäbe von A. Lion zur feststellung und Verbesserung des textes beigetragen worden ist, ist mit einer Vollständigkeit von Hertz vermerkt worden, daß kaum etwas er- hebliches übersehen sein dürfte. Es wird dadurch das werk zu einer wahren fundgrube, werthvoll ganz besonders auch für alle diejenigen , welche , ohne mit dem autor sich eingehend befaßt zu haben, eine gründliche auskunft über den stand der textkri- tischen arbeit im einzelnen zu erhalten wünschen. Und dank einer sehr ausgedehnten und dabei äußerst einfachen Zeichen- setzung ist das alles auf beschränktestem räum und ohne beein- trächtigung der Übersichtlichkeit erreicht worden; die zeüenzahl des commentars übersteigt nur unerheblich die des textes.

Bei einer vergleichung des textes der kritischen ausgäbe mit dem von 1853 tritt uns auf den ersten blick entgegen, daß wir es hier in einem ganz andern maße wie dort mit einer wirk- lichen recensio zu thun haben. Nur ganz selten stößt man hier auf kreuzchen, Sternchen, eckige oder runde klammern, wie der- gleichen in so erheblicher zahl zum Unbehagen des lesers in dem früheren texte sich fanden. Hertz ist ja bekanntlich vielfach deshalb angegriffen worden, daß er auf die herstellung eines les- baren textes damals zu wenig bedacht gewesen sei; auch ref.

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ist seiner zeit so ehrlich gewesen zu bekennen, daß nach seiner meinung manche Zweifelsfrage von Hertz getrost in die adnotatio critica hätte verwiesen werden können. Jedenfalls aber hat die von Hertz damals beliebte peinliche akribie, man darf auch hin- zufügen: geübte resignation den vortheil gehabt, daß nicht in der Zwischenzeit bis zum erscheinen der kritischen ausgäbe zahl- reiche textkritische fragen schlankweg als abgeschlossen behan- delt worden sind, welche in der that noch offene waren, wie den anderen, daß den neigungen gewisser gelehrten, autoren der ver- schiedensten Zeitalter nach bestimmten grammatischen Schablonen auszukorrigieren, hier durch die beschaffenheit des textes einiger- maßen ein dämm entgegengesetzt war. Aber Hertz hat nicht nur bei der neuen textbearbeitung sich mit mancher emendation frisch herausgewagt , mit der er seiner zeit noch schüchtern zu- rückgehalten hatte. Er ist mittlerweile auch auf manchen neuen gedanken gekommen durch weitere eigne forschung wie durch die beitrage anderer. Wie gern und willig er das gute ange- nommen hat , von welcher seite es auch kommen mochte , das beweist u, a. die thatsache , daß er zahlreiche vorschlage von Madvig in den text aufgenommen hat, so verletzend für ihn auch die form sein mußte, in welcher die adversaria critica des großen dänischen gelehrten sie vorgebracht hatten. Seite für seite fin- den sich abweichungen des neuen textes vom früheren, welche der überwiegenden mehrzahl nach als Verbesserungen angesehen werden müssen. So liest Hertz jetzt , um nur einiges heraus- zugreifen: praef. 11 converrebant , ebendas. 15 ecquid; I, 3, 29 derectum, 5, 1 hinc ei, 6, 6 civitatem ohne nachfolgendes autem, 6, 8 is demum, 7, 17 ratione dictum certa; II, 2, 7 sede, dum inspicimus, 6, 3 detestatione execrationeque, 12, 2 requirentes, 15, 7 et parern, 20, 6 grumum statuere, 29, 19 bonis; 111,2, 10 agendum, cum post, 7, 21 annali tertio, 13, 2 e populo, 16, 8 et tamquam adverse ; IV, 2, 5 aeque, 11, 1 dvtmvrog idtazov; V, 13, 5 ae- quo, • VI, 3, 25 utile is esset, 3, 35 poena esse dignos. In der mehrzahl der fälle sind einfach M a d v i g ' s vorschlage angenommen oder die lesarten wenigstens denselben angepaßt worden. Das störende percontando , scribendo hat praef. 19 seinen platz einige Zeilen vorher zwischen lectitando und commentando gefunden, ohne zweifei mit recht. Verschwunden sind nicht wohl zu haltende sprachliche gebilde des alten textes wie I, 4, 8 delectitare =

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lectitare II, 5 lemm. designate , IV, 18, 3 inspectabilis. Daß bei dem komiker Caecilius III, 16, 4 insolet = solet nicht beanstan- det worden ist, wird nur zu billigen sein, da insolesco ein gang- bares wort war und bei insolet füglich an eine consuetudo inve- terata gedacht werden kann. Dagegen nehme ich an indecet = decet VI, 12, 2 nach wie vor anstoß, da ich mir hier bei der präposition nichts zu denken weiß , außerdem indecet im sinne von non decet ausdrücklich bezeugt ist (Plin. epp. III, 1, 2). In einigen fällen beharrt Hertz auf seiner früheren ansieht, in denen mir ein nachgeben einleuchtender gewesen sein würde. So halte ich z. b. für das richtige: praef. 3 ex auditionibus , I, 6, 6 simplicitatis (jedenfalls weiß ich mit sedulitatis nichts anzu- fangen, wenn es nicht etwa häuslichkeit bedeuten soll) ; II, 21, 8 vetere2), ebendas. 9 videbatur; III, 3, 4 de Ulis, 4, 1 ne- gue Candida mit Streichung von non; VI, 13, 2 quam supra dixi. I, 4, 1 war ich schon vor Madvig auf subtiliore gekommen und halte dies noch jetzt für das rechte, indem ich zugleich noch ista in is ändere. Die handschriften haben bekanntlich ista uti- liore. Keines der beiden worte ist im Zusammenhang recht zu- treffend. Das bekannte auf einen eigennamen zurückweisende is belegt Gorges (de quibusdam sermonis Gelliani proprietatibus p. 65) mit 19 stellen aus Gellius. Bei delectabili denke ich an stellen wie V, 15, 9 argutae delectabilisque desidiae; die minutien der Wissenschaft erschienen eben leuten von dem geschmacke des Gellius als das ergötzlichste an ihr. Multa würde sich dann als betontes adjeetiv gleichermaßen auf doctrina, cura und me- moria beziehen.

Doch das sind ja alles nur unbedeutende einzelheiten ; zu- dem kommt ja bei einer kritischen ausgäbe, welche schwerlich jemand zum zwecke einer fortlaufenden leetüre benutzen wird, recht wenig darauf an, ob eine lesart im texte oder unter dem- selben im commentar steht. Etwas belangreicher ist eine andere einwendung, die ref. bescheidentlich erheben möchte3). Hertz geht nach des ref. erachten in seiner gewissenhaften fiirsorge, auch kein tüpfeichen von Gellianischer eigenart zu verwischen , inso-

2) certo würde ja noch näher an cetera herankommen. Aber ist man nach XVIII, 14, 1 berechtigt certum vocabulum = terminus terhnicus zu fassen?

3) In ähnlichem sinne hat ref. sich schon seiner zeit in den Jahrbüchern für philologie 1875, p. 568 ausgesprochen.

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fern wohl etwas zu weit, als er im text desselben (nota bene, wo der autor nicht citirt!) vereinzelte alterthümliche flexions- formen festhält , welche die handschriften zufällig bieten , auch wenn der sonstige gebrauch des Gellius nur die vulgären for- men aufweist. Gewiß, Gellius war ein begeisterter Verehrer der veteres und schützte, wenn es darauf ankam, jeden buchstaben in deren schritten vor den angriffen unberechtigter neuerer. Aber er hatte doch auch geschmack und historischen sinn ge- nug , um die Zeitalter zu unterscheiden ; man lese nur die be- herzigenswerthen worte , welche er I, 10 und XI, 7 über die geschmacklose nachäfferei der alten in der alltäglichen rede aus- spricht. Wenn Hertz daher III, 9 lemm. stius für istius, XX, 6 lemm. siet für sit, IV, 12, 2 und zumal XIII, 23, 8 quis für das simple relativum gui liest oder eine konstruktion wie nemo fecerimus = neuter nostrum fecerit IV, 1 , 5 festhält u. drgl. m., so ist er wohl der Überlieferung gegenüber allzu conservativ. Etwas anderes ist es doch wohl , einzelne veraltete ausdrucks- weisen aus einer gewissen liebhaberei völlig dem eigenen sprach- gebrauche einzuverleiben , wie dies Gellius thatsächlich gethan hat, als irgend welches wort tagtäglichen gebrauches im Wider- spruch nicht nur mit dem allgemeinen , sondern auch mit dem eignen sonstigen usus plötzlich einmal im gewande einer ganz veralteten flexion vorzuführen. Daß die neue ausgäbe manches dieser art beseitigt hat, wie z. b. II, 12, 1 den vermeintlichen alten dativ alterutra(e) parte, sei bereitwilligst anerkannt. Es hätte aber wohl noch das eine oder andere sonst weichen mögen, so z. b. statim tempere, praef. 18. Von zeitig ist noch ein weiter schritt zu vorzeitig, von da wiederum zu dem entschieden tadelnden voreilig; was beweist aber der komparativ temperius, auf welchen u. u. sich die Vindiciae alt. p. 26 berufen, für den positiv tempori oder tempere? Mir ist in jeder rücksicht temere das einleuchtende ; vgl. u. a. VII, 6 lemm. temere . . repreliensum. Zu einer Streichung von statim sehe ich keine veranlassung, gleichviel ob man statim temere als asyndeton bimembre wie repente subito u. drgl. oder im sinne eines griechischen sv&v£ TiQonezmg als zwei von einander unabhängige adverbien auffassen will.

Wie vorsichtig man aber sein muß, daß man einem so pein- lich gewissenhaften und vielbelesenen gelehrten nicht mit unrecht widerspricht, dafür ein beleg. IV. 6 lemm. bot die textausgabe :

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verba veteris senatus consulti sita. Madvig schlug für sita mit Lion und Mommsen das äußerst naheliegende posita vor. Hertz hat diese konjektur nicht aufgenommen, sondern lieber sita als dittographie der letzten silbe des vorangehenden wortes gestrichen. Wohl mit recht, wenn man genauer zusieht. Ponere einfach = scribere hat Gellius häufig, so u.a. auch in den lemmatis zu 1, 1 1 , XVII, 5, XX, 9 und 11 , aber nirgends in jenen4), abgesehen von dem unächten zu XIX, 11, braucht es Gellius in dem sinn von Ubro suo adscribere , sondern in dieser bedeutung vielmehr notare, referre, addere , adponere, adscribere und adspergere und zwar von den angeführten Wörtern nur das erstgenannte im ein- gange eines lemma, die anderen nur im weiteren verlaufe eines solchen. Andrerseits finden sich in den lemmatis zur angäbe des inhalts nicht selten nominative ohne prädikate, insbesondere so verba mit folgendem relativsatz I, 6, IX, 13, XIII, 15, XIII, 26, XV, 19. Alles dies ist offenbar dazu angethan, die von Hertz getroffene entscheidung als die angemessene erscheinen zulassen.

Zum schluße noch ein paar anspruchslose bemerkungen zu einzelnen stellen, von denen die eine oder andere hoffentlich we- nigstens in so weit von dem gelehrten herausgeber des Gellius beachtlich gefunden werden wird, daß sie von ihm in erwägung gezogen wird.

Im lemma zu X, 2 1 fehlt wohl nur durch ein versehen uti vor vitarit; vgl. X, 21, 2 uti vitaverat. In dem zu X, 14 will mir quali sprach- und verborum ordine sinnwidrig erscheinen. Man erwartet doch offenbar ein qua vi oder qua ratione (wie I, 16, II, 3, II, 14 lemm. u. aw.). Abzuwarten ist, wie Hertz sich seiner zeit zu der frage stellen wird. Ist I, 9, 1 nicht viel- mehr das gangbare wort familiae als glosse zu successionis anzu- sehen wie umgekehrt? I, 9, 3 bin ich geneigt zu schreiben entweder mit Vossius einfach idoneus fuerat oder idoneusque visus erat. I, 10, 2. Nicht überzeugt durch Vindic. alt. p. 30, halte ich für quod ein si, quod oder quodsi nöthig ; da uteris vor- aufgeht und scire folgt, so konnte an beiden stellen ein si leicht ausfallen. I, 22, 5. Ist nicht potius vielmehr am platze nach defuisse? Ich fasse den ganzen satz im restriktiven sinne = ita quidem, ut modice Tiaec adhibeantur. III, 2, 10 ist mir post meridiem sole magno agunt minder einleuchtend gewesen als post 4) Im texte des werkes öfters so, z. b. VI, 3, 49.

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meridialem solem agunt, was Hertz in der anmerkung beiläufig vorschlägt. IV, 1, 1 spielte sich vor dem philosophen Favo- rinus mit seiner Schulweisheit ein quispiam grammaticae rei di- tior auf, wie es bei Hertz heißt. Die besten handschriften ha- ben ditior oder dicior, doch sind in V und R buchstaben von di- tior zum folgenden worte gezogen. Hertz sucht das frostige di- tior c. gen. durch Stat. Theb. 3, 481 ditior ille animi zu schützen. Augenscheinlich ist mit dieser parallele nicht viel gewonnen. Zudem ist der besprochene mann , der die scholica nugalia vor- trägt , nicht irgend ein beliebiger dilettant, in diesem falle würde man ein halblobendes doctior, peritior, scitior u. dgl. ver- stehen, — sondern nach dem lemma ein grammaticus , nach § 4 ein magister von beruf, aber einer von der untüchtigen sorte. Was soll da der wenn auch limitirte lobspruch ? Ich lese mit den codd. deter. einfach doctor, indem ich auf XI, 13, 1 disci- plinae rhetoricae doctor ; XIII ,22, 1 rhetoricae disciplinae doctor verweise. IV, 8, 4 haben die optimi und Hertz mit ihnen in temporibus rei difficillimis. Ich weiß rei durch keine parallelstelle zu stützen , lese daher mit den alten herausgebern reip(ublicae). Legt man werth darauf, daß die geringeren handschriften für rei ein sinnloses e oder ne oder nee haben, so könnte man auch an ein das adjektiv bekräftigendes sane denken. IV, 20, 1 läßt sich bei castigatissima diseiplina ja wohl etwas denken , ob- schon das adjektiv ohne zweifei weniger gut zu diseiplina paßt, als etwa zu vita, mores, homines oder z. b. auch zu luxuria, mit welchem worte Augustin den comparativ des wortes verbindet. Sehr beachtlich ist jedenfalls castissima, was der Par. bietet.

V, 16, 5 herrscht in den handschriften augenscheinlich eine con- fusion. Unter rückbeziehung auf 15, 9 möchte ich mit Gronov am liebsten lesen sed haec 5) quoqae non diutius muginandum. Zu quoque non vgl. u. a. die oben berührte Varrostelle I, 22, 5.

VI, 3, 39 empfiehlt sich, meine ich, das komma nach ut qui maxime zu setzen. Ebendas. 47 ist mir die präposition bei ex summa ope nititur bedenklich. In der zeile darauf folgt ex re- publica, nach Gronov fehlte die präposition in einem seiner Vos- siani, IV, 8, 4 aber liest man summa ope adnixust. Gellius hat

5) Auch H. Hagen (Jahresbericht über Gellius 1873, p. 1414) findet Ate, was Hertz festhält, nicht recht verständlich, indem er sich für haec, beziehungsweise hice (?) ausspricht.

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meines wissens nirgends sonst etwas ganz analoges. Bei Apu- lejus findet sich ja zweimal ex summis viribus, dreimal ex summo studio (vgl. Kretschmann, de latinitate Apulei p. 124), wie ex amore u, drgl. ja schon bei Plautus , aber diese substantiva be- zeichnen doch alle körperliche oder geistige vermögen, bezie- hungsweise Stimmungen des handelnden, als deren ausfluß die handlung aufgefaßt werden kann; insofern besteht zwischen ihnen und summa ope noch ein unterschied. In dem VII, 2, 15 angeführten citate aus Cic. de fato liest Hertz : Chrysippus aestuans laboransque, quonam explicatu explicet et fato . . fieri et esse . . . intricatur hoc modo. Das von Hertz eingesetzte explicatu wird sicher wenig beifall finden. Klar ist, daß ein Substantiv hier einzuschieben ist. Die alten ausgaben setzen pacto ein. Der einfachste ausweg war doch wohl der, welchen Hertz in seiner textausgabe eingeschlagen hatte, die bei intricatur entbehr- lichen worte hoc modo nach quonam einzuschalten.

Das meiste von dem, was ref. zumal gegen ende seiner an- zeige vorgebracht hat, waren mehr bescheidene anfragen an den verf. als ausstellungen. Das wenige, was er überhaupt an dem trefflichen buche auszusetzen hatte, steht jedenfalls in keinem verhältniß zu der fülle von dankenswerther belehrung und an- regung , welche dasselbe bietet. Es kann daher ref. seine an- spruchslosen auslassungen nicht schließen, ohne zuvor dem verf. für die kostbare gäbe , welche er in diesem ersten bände der philologischen weit bescheert hat, für seinen bescheidenen theil herzlichst gedankt und dem wünsche ausdruck geliehen zu ha- ben, daß der abschließende zweite band in recht kurzer frist dem ersten nachfolgen möge. Th. Vogel.

81. Ciceros rede für Sex. Eoscius aus Ameria. Mit den Testimonia veterum und dem Scholiasta Gronovianus herausge- geben und erklärt von dr. Gustav Landgraf, königl. stu- dienlehrer am gymnasium in Schweinfurt. I. hälfte : text mit den Testimonia veterum und dem Scholiasta Gronovianus. Er- langen, A. Deichert 1882. (gr. 8. 2 bl., 117 p. 2 mk.).

Es ist keine kritische ausgäbe in gewöhnlichem sinne, welche wir hier zu besprechen haben, sondern der erste theil einer be- arbeitung, deren Schwerpunkt in dem erklärenden kommentar liegt. So begnügt sich denn der herausgeber mit einer allge-

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meinen Charakteristik des handschriftlichen Verhältnisses , ver- zichtet auf eine vollständige angäbe der lesarten der einzelnen Codices und beschränkt sich auf einen „kritischen anhang" (p. 85 117), der die ansichten der neueren kritiker über diejenigen stellen der rede, welche anlaß zu verschiedener beurtheilung boten, zum theil mit angäbe der gründe in den eigenen worten ihrer Vertreter vorlegt ; es sind dort u. a. die abweichungen der hauptsächlichsten neueren ausgaben verzeichnet. Dieser anhang also steht hinter dem text : unter dem text finden wir einmal die Testimonia veterum, sodann den sogenannten Scholiasta Grono- vianus mit kritischen und erklärenden bemerkungen. Auch hier sind die lesarten der einzigen handschrift nur mit auswahl ge- geben, ganz abgesehen davon, daß eine neue vergleichung vom herausgeber nach Mommsens ausspruch über die Sorgfalt der frü- heren vergleicher für überflüssig gehalten worden ist. Das ist zu bedauern ; denn wenn den unterzeichneten schon früher ge- legentliche einsieht in den cod. Voss. 138 (152) über das nicht- zutreffende dieser Voraussetzung belehrt hatte, so kann nunmehr leicht jedermann sich aus Stangls trefflicher arbeit davon über- zeugen. Häufig vermißt man hier außerdem , und zwar nicht bloß bei kleinigkeiten , den namen des Urhebers der emendation (z. b. Schütz zu § 5 , 1 ; 56, 3; 152, 1; Graevius zu 90, 4; 111 z. 5; J. Fr. Gronov zu 37 z. 2 ; 50 z. 4 ; cap. 20, 55 z. 4 ; Orelli 132, 5 manupretia ; bei demselben sind schon verbessert die lemmata 48, 4; 56, 2 u. dgl. m. 5 über 49, 4 s.u.; warum heißt es zu § 8, 1 „recuset habe ich emendiert . ." und folgt dann ein citat aus meinen Lect. Tüll. , statt einfach zu sagen ,,r. hat E. emendiert"? Aehnlich p. 93 zu § 24 d. rede. Die anord- nung der scholien nebst den bemerkungen dazu gleich unter dem schriftstellertext mag angebracht sein, wenn sich ein unmit- telbar bei der lektüre zu verwerthender inhalt derselben mit ei- ner hinreichend guten erhaltung verbindet , wie z. b. bei den alten kommentaren zu Aeschylus und Sophocles ; aber dieser schob Gron. bietet für das Verständnis und die textkritik nur ganz geringe beitrage , und die art seiner abfassung wie Über- lieferung macht zahlreiche bemerkungen erforderlich ; berücksich- tigt man hierzu noch die höchst ungleichmäßige ausdehnung der scholien, so wird man es für zweckmäßiger erachten , wenn die- selben für sich zusammenhängend hinter dem texte abgedruckt

452 81. Cicero. J*r. 8.

wären. Dann hätten sich auch die seiten- und Zeilenzahlen Orellis, nach denen citiert zu werden pflegt, bequem anbringen lassen. Jetzt muß man z. b. bei der lektüre von Stangl's ab- handlung mit viel mühe und Zeitverlust jedes citat erst bei Orelli aufsuchen und dann übertragen. Und doch hätte sich auch bei der einmal beliebten anordnung neben dem lemma in klammer jedesmal die Orellische Zählung anbringen lassen. Jedenfalls mußte ferner wenigstens an den durch konjektur geänderten stellen im Cicerotext unter demselben in knappster form die hand- schriftliche lesung ausnahmslos angegeben werden, wenn auch ohne nennung des verbesserers. Der ersatz, welchen der her- ausgeber hie und da im Cicero aber auch im scholientext angewandt hat, die emendationen durch gesperrten druck hervor- zuheben, ist an sich verwerflich, obendrein ohne alle konsequenz gehandhabt und wegen der Vieldeutigkeit des mittels den leser oft irreführend. Wie schwer es bei dem eingeschlagenen wege ist, die handschriftliche Überlieferung aufzufinden, zeige das eine beispiel § 112: hier muß man p. 109 eine halbe seite anmer- kunglesen, um besten falles errathen zu können, daß nicht leve sondern grave in den handschriften steht ; wer nicht so schon be- scheid weiß, kann einer anderen ausgäbe kaum entrathen. Das aber ist bei dem zwecke der ausgäbe und ihrer breiten grund- lage ein fehler. Auch der ausdruck in den bemerkungen hätte vielfach kürzer gefaßt und stilistisch mehr gefeilt werden dürfen vgl. z. b. p. 20 (4) „man versteht sonst jene grammatische figur darunter, wenn ein kasus statt des andern steht"; p. 40, 1 „mich hat ihm zu folgen der umstand bestimmt, weil die worte . . sein sollen" u. a. m. Also für die bequemlichkeit und das be- hagen des lesers ist nicht hinreichend gesorgt : inhaltlich dageger findet sich im kritischen anhang mancherlei anregendes vorgetrs gen oder zusammengestellt ; die textesrecension selbst ist mit vic fleiß, gründlichkeit und besonnenheit durchgeführt, so daß sie auch C. F. W. Müller gegenüber im ganzen einen fortschritt bezeichnet ; die scholien sind an einer reihe von stellen scharf- sinnig verbessert, unterschiedliche male allerdings auch unnöthig oder unrichtig geändert; öfter wird daselbst die handschriftliche lesart gegen vorschlage anderer aus dem gebrauch der vulgär- sprache mit erfolg geschützt (zu den gelungenen vertheidigungen rechne ich freilich nicht die von sui vor Sulla § 4, p. 21 (8), wo

Nr. 8. 81. Cicero. 453

meinerseits keine „verkennungssünde" begangen ist). Eigene kon- jekturen des herausgebers zum Cicerotext habe ich folgende an- gemerkt : § 1 1 sanguini remedium esse sperant futuram, fast über- einstimmend mit einer vermuthung meines vaters, wobei aber so- wohl die Stellung von esse als die unterbliebene assimilation des geschlechtes auffällt; 22 si aliquid non animadvertat in den an- fang des satzes nach neque enim virum gestellt (nicht in den text aufgenommen); 24 hinter emptio ist falsa eingeschoben; 27 Ne- potis <.sororem, Baliarici^filiam, ein Vorschlag der schon von Ga- ratoni , nur mit umgekehrter Stellung der glieder aber bereits von Hotman und (in disjunktiver form) von Jo. Passerat ge- macht und von Lambin gebilligt ist; 120 cum de hoc quaeritur wird nach cod. G gestrichen; 125 haec <4ibenter> audientur (nur inderanm.); 130 <impie> imprudente. Schlagend ist keine der- selben. Im kommentar p. 186 vermuthet Landgraf jetzt 26 pe- tulantius statt licentius. An fremden Verbesserungsversuchen von einigem belang aus neuerer zeit lassen sich etwa noch folgende nachtragen: § 8 constituerant M. Bonnet (1872); 13 nihil illa re- liquerunt und 33 a me für tarnen Weidner ; derselbe [quo p. R. interemptus est] , wie schon E. F. Eberhard; 70 [dum ea verum potita est] und 75 erumpit Weidner; 100 primam Bonnet; 141 spectata K Schenkl ; hierzu würden noch die von Nohl in seiner textausgabe später veröffentlichten konjekturen treten1). § 57 haben Benecke und Bau vor mir sine suspicione getilgt (p. 100), während an- drerseits der als der neueste und einfachste bezeichnete Vorschlag 64 tarn esse suspiciosum quam neutrum sensisse von mir schon 1862 im Emendationum specimen vorgetragen, später aber als nicht zutref- fend wieder verworfen worden ist. §47 p. 99 haben GM nostram, nicht nostrum, und p. 96. 97 ist statt Backe zu lesen Bake. Ich füge einige bemerkungen zu den scholien hinzu. Zu § 2 (425, 22 Or.): Antiptosis wird sich als substantivum zu avtini- mav „ausfall" halten lassen. Zu 4 E. (426, 5): hinter pe- tiverunt müssen punkte stehen im sinne von „u.s.w." wie zu 39 p. 36 (428, 38). Zu 7: das zeichen 8) gehört hinter Illius

1) § 55, 90, 91, 106, 112, wo Weidtier et in famae periculum vor- zog; 120, 126, 129,154. Die obige recension war niedergeschrieben bevor ref. den eben eingetroffenen kommentar bis zu den „Nachträgen" durchgesehen hatte. Dort sind einige der hier berührten punkte er- ledigt. Diese schuld wird dadurch einigermaßen gesühnt, Saß Land- graf die Addenda des ref. unberücksichtigt gelassen und so eine reihe von konjekturen anderen zugeschrieben hat. (Bei d. korr. zugesetzt).

Philol. Anz. XIV. 31

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statt hinter postulatio, und das nach dem letzteren wort stehende komma ist zu tilgen. 9 (427, 4) quantus insit timort cap. 5, 11 (3) item in lemma gehört wohl zur bemerkung des erklä- rers und bezieht sich auf das vorausgehende ad virtutem principii pertinet. 18 ex facultate: eum non potuisse schrieb ich bereits im nachtrag zu den lect. Tüll. 43(429, 17) duos hinter pro poena ist nicht zusatz von Orelli, wie Landgraf meint, sondern steht in der handschrift ; ich hatte eben dafür Erucius vermuthet, auch an actor (im sinne von accusator Seh. 49 n. A. oder adversarius Seh. 47. 48. 80 i. A.) gedacht, den gebrauch dieses wortes bei dem scholiasten aber nicht nachzuweisen vermocht. Zu 49 (430, 19) wird als Über- lieferung angegeben sed tarnen ars est, in sua quisque arte melior illo, qui est imperitus, in meliore parte est positus und dazu be- merkt „diesen satz habe ich . . lesbarer gemacht" : jedoch die handschrift hat ganz richtig cum peritus in, wie auch Landgraf schreibt ; est aber habe ich bereits zum folgenden anstatt zum vorhergehenden gezogen; so gehört Landgraf also nur die Ver- änderung von parte in arte und die tilgung von positus: beides aber scheint mir unrichtig. Gleich darauf hat Landgraf den satz nam ideo fuit (430, 31) hinter possessio est gestellt: dem jedoch steht schon die Wiederholung von argumentum entgegen. Es ist vielmehr nur die interpunetion ein wenig zu ändern. An den zweigliedrigen satz causa totius periculi agrorum possessio est, argumentum falsi criminis eultura: reiht sich mit nam die zweiglie- drige begründung nam ideo aecusatur Roscius, quia dives fuit; id est inventum ar gumentum criminis , quoniam agros coluit. In dem scholion zuvor hat der kommentar die worte Ciceros et ar- tificium obliviscatur et Studium deponat fälschlich auf Chrysogonus (ipse 430, 25) statt auf Sex. Eoscius bezogen. Dem scheint freilich das folgende nam zu widersprechen , welches richtigen sinn nur bei der auffassung desinat Roscius exsequi curam co- lendorum agrorum giebt. Indes scheint der scholiast gedacht zu haben : Chrysogonus mag selbst mit dem ackerbau aufhören : denn Roscius wird ihm die geraubten äcker nicht wieder zu entreißen versuchen. 50 (431, 3) hatte ich palmä abstersit geschrieben. 59 (432, 6) gehört ein kolon zwischen publicam und ceterum. 78 (433, 11) hunc locum Cicero differt , ut contra Roscios respondeat: Landgraf schreibt contra Erucium, unnöthig, wenn man ut als ausführung von hunc locum faßt : Cicero

Nr. 8. 82. Cicero. 455

schiebt die erwiderung gegen die Roscier bis nach der Zurecht- weisung des Erucius auf. 89 (433, 37) caesos nach laeum ist neues lemma. 90 (6) (434, 5) Vitium ist wohl dittogra- phie zu quis enim oder quis ibi ; daß übrigens Schütz non hinter den letzteren worten einschiebt , hätte erwähnt werden dürfen. Anm. 3b lies Briseidam. 91 (434, 10) ist vor qui debebant vielleicht i. e. ausgefallen, wie scholion 93. 109 (435, 1) modo ita ad Capitonem redit et omnia repetit : ich weiß nicht wes- halb Landgraf meine conjectur modo iterum, die mir nothwendig scheint, unerwähnt läßt. 111 (6) (435, 11) verlangt der sinn duo socii sunt: si alteri alter fraudem fecerit (oder e duobus sociis). 115 (435, 19) tantidem\ id est, nulla: kann hier nullä in adver- biellem sinne wirklich für nihili stehen? 117 (435,21) osten- dit vitam turpissimam C'apitonis, modo quia et apud quem praemium invenitur . . ipsum potuisse occidere Roscium : für modo quia et schlage ich vor zu lesen videlicet. 118 (435, 23. 24): die Verwechselung der beiden Roscier ist dem scholiasten vollkommen zuzutrauen; vgl. zu 49. 132 (436, 23) hinter possessiones ist wahrscheinlich et ausgefallen. Um Halms deridebat (436, 14; p. 76 anm. 3) richtig zu würdigen muß man erwägen daß nicht derivat sondern deribat Überlieferung und vulgata ist. Die Ver- besserung in Veientana hat Richter und vor ihm ein gelehrter um den anfang des vorigen Jahrhunderts (Crenius ?) in dem von mir benutzten exemplar der Graevius'schen ausgäbe gemacht. 136 (436,34) quum maxime voluerimj id est, bello civilit 137(437,2) verum longe aliter ist lemma, wie schon inquit zeigt. Im folgen- den möchte ich statt malum schreiben multum <abest> (oder viel- leicht geradezu est aliter?). 152 (437, 7) das ganze scholion hat Landgraf umgestaltet ; ich glaube noch daß die einfache an- der ung dicit agi (für handschriftliches ut) hoc iudicio (Lect. Tüll, p. 18) genügt; tantum quia bedeutet dann „bloß aus dem gründe, weil". Ein lückenzeichen hat übrigens Orelli nicht vor dicit ge- setzt, sondern ein f als zeichen der Verderbnis. Die ausstat- tung des buches ist vortrefflich, der druck im ganzen korrekt.

A. Eberhard.

82. Ciceros rede für Sex. Roscius aus Ameria. Für den schul- gebrauch erklärt von dr. G. Landgraf, studienlehrer am gymna- sium in Schweinfurt Gotha, Fr. A. Perthes 1882. gr. 8. IV, 104 p.

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Diese ausgäbe bildet einen theil (A 2) der neuen Sammlung von Schulausgaben alter klassiker, die Bibliotheca Gothana ge- nannt wird, und der herausgeber hebt in dem vorwort ausdrück- lich hervor daß sie „im strengeren sinn eine Schulausgabe" sein wolle „als es die von Halm und selbst die von Eichter - Fleck- eisen sind". Aber dazu stimmen bemerkungen nicht , wie die zu 94 de caedibus commemorare „diese seltenere konstruktion von commemorare fehlt bei Caesar , während sie sich bei Cicero in den reden (viermal) und briefen findet" (wo man nur noch die erwähnung von memorare de in der dichterstelle de fin. 2 § 15 und bei Sallust s. Dietsch zu lug. 25, 4 vermißt); ähn- lich steht es mit den anmerkungen über inopia 20, contribulis 47 , animum inducere ut 53, eo perspicuo 86, munitare 140, mihi crede 98, dedita opera 104 E. , auscultare icouter 104, se und eum 6, und vielen ähnlichen , namentlich solchen , welche sich auf die vergleichung des Sprachgebrauchs der reden mit dem anderer Schriften und von den reden wieder der früheren mit den spä- teren beziehen oder hindeutungen auf die redeweise z. b. des Livius enthalten , wie 5,11 „Livius braucht mortales gern in schlachtberichten" : warum wird nicht hinzugesetzt daß Caesar das wort gar nicht hat, Sallust häufig und geradezu für homines (Dietsch zu Catil. 1, 5. Fabri zu 2, 8)? Nicht als ob ich dem herausgeber damit einen Vorwurf machen wollte: ich halte im gegentheil den eingeschlagenen weg durchaus für den richtigen, meine nur daß für Landgraf kein grund vorliegt zwischen sich und anderen herausgebern eine Scheidewand zu ziehen. Seine bearbeitung hat vor vielen anderen Schulausgaben den großen vorzug , daß sie auf selbständigen , tüchtigen Sprachstudien von weiterer ausdehnung beruht ; die auswahl ist mit verständigem takte getroffen, so daß ich eine wirklich überflüssige bemerkung gefunden zu haben mich nicht erinnere ; die fassung hätte ich al- lerdings manchmal anders gewünscht (vgl. z. b. 18 esset) ; in den Übersetzungen ist das zulässige maß nicht überschritten; der hinweis auf gleichklänge, formein der schrift- und der Umgangs- sprache , klassische Wendungen für neulateinische denen man häufig begegnet und andere dergleichen stilistische dinge ver- dienen alles lob. Dagegen wird der herausgeber gut thun in einer neuen aufläge, die nicht lange auf sich warten lassen wird, dem logischen elemente sowohl was gestaltung und fortschritt der

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gedanken als die erklärung von Spracherscheinungen betrifft grö- ßeren räum zu gewähren ; z. b. § 2 E. stehen die beiden be- dingungssätze nicht auf gleicher stufe : der zweite , speziellere bildet mit seinem nachsatz den nachsatz zum ersten allgemeinen; at enim 16, 45 ist durch den vergleich mit ilXla yaö für den sekundaner nicht erläutert; und wie soll er sich die fatale figur iv diu övoh' (9. 149) verständlich machen? Auch werden dem angehenden lateiner etwas reichlichere winke über eigenthüm- lichkeiten der lateinischen Wortstellung (signifikantes und pathe- tisches wort, vorantritt des verbs zum ersatz der konjunktion, anaphora und chiasmus , pronominalparataxe u. dgl. m.) , für welche gerade diese rede manche beispiele enthält, recht nützlich sein, wie jeder zu würdigen weiß der lateinische aufsätze korri- giert hat. Ich gehe zu einigen einzelheiten über. § 8 verdiente das seltenere ut . . ne nach der (formellen) negation eine be- merkung ; desgleichen 9 Ms de rebus tantis vgl. 38 ; 10 et nach der negation „sondern"; 26 id ita futurum ; 33 hie locus est ut. §15 mußte es heißen: Cicero beginnt die narratio gern mit dem nominativ der hauptperson. Auch sind nur die eingänge der narratio in der Rosciana und Caeliana ähnlich , nicht die dieser reden überhaupt. 17 „siegbekränzt" ist ein ungebräuch- liches wort. 18 iudicatote: der ausdruck „coniunetivus permissivus" soll wohl auf die deutsche Übersetzung oder die gleiche bedeutung gehen , ist aber für den schüler mindestens leicht mißzuverstehen. 20 ad Chrysogonum : die Wiederholung derselben präposition in etwas anderem sinne ist acht lateinisch und namentlich auch ciceronianisch. 23 etiam bei nondum ist keineswegs pleonastisch. 27 E. fide, diligentia', eine häufige Verbindung. 29 atque adeo ist nicht bloß mit ac potius son- dern auch mit seu potius gleichbedeutend. 30 E. 101 E. Daß profecto nur subjektiv versichert, ist durchaus richtig: aber weder der ausdruck „profecto ist nie Versicherungspartikel" trifft zu, noch stimmt hiermit die unmittelbar darauf folgende empfehlung der Übertragung „sicherlich" und die warnung vor „wahrlich". 33 insaniunt , insanissimum ist ein seltener fall der parataxe mit figura etymologica, s. Wiehert Stillehre 1, 503. 37 quo male- ficio nach nefarium facinus , zur dlv. Caec. 41. 44 factum cri- minaris bedurfte einer begrifflichen erklärung , aus der sich die construetion ergiebt. 17,48 nisi me fallit animus bot günstige

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gelegenheit vor ni fallor zu warnen. 53 patrem esse sese ob- livisceretur, alles vatergefühl verleugnete. 59 credo . . quae- sisse statt quaesivit, zur E. f. Archias 10. 62 iam prope, zu Catil. 3 § 2. 74 indidem: daß et ipsos in guter spräche ge- mieden wurde, mußte gesagt werden ; der ausdruck „schulmäßig" führt irre. 82 ne aut . . aut ne, zur Pomp. 49. div. Caec. 72 E. 117 fraude et perfidia fefellit, alliteration. 123 in- vitus ac necessario facio, vgl. Verr. 3 § 96 inviti raroque u. ä. 124 über ita se res habet war auch in der Schulausgabe eine be- merkung nicht unangemessen. 132 die unrichtige bezeich- nung der landschaft als Bruttium oder Bruttia hat Landgraf selbst in der größeren ausgäbe verbessert (p. 369). 141 ne- que hoc indigne fero . . : id queror: zur div. Caec. 23 g. E. Verr. 3 § 17 de prov. cons. 8 m.— 142 communicatam : bei der anmerkung fehlt die hauptsache, die erläuterung des dativs sibi (cum illo). Die einleitung enthält in bündiger fassung (p. 1 6) alles für das allgemeine Verständnis wesentliche. Der text ist , so viel ich sehe , derselbe wie in der großen ausgäbe ; eigene conjecturen des herausgebers sind 11. 24. (27.) 120. 130 aufgenommen. Die ausstattung ist anständig, der druck für das äuge angenehm, aber nicht frei von versehen. Möge neben die- sem kommentare der vortreffliche ausführlichere (Erlangen 1884) von den lehrern fleißig gebraucht werden. A. Eberhard.

83. H. Kubner, De Oratoris Tulliani codice Laurentiano disseruit collatumque protulit. Speier 1882. 8. Progr. 67 p.

Der verf. giebt aus den einschlägigen katalogen nähere auskunft über zwölf in Florenz aufbewahrte Cicero-handschriften, welche den Orator vollständig enthalten und alle nebst einem lückenhaften auf einen codex Laudensis zurückgehen. Dies glaubt Maaß aus der partiellen, für den verf. vorgenommenen vergleichung der manuscripte , von welcher in bezug auf zwei besonders wichtige stellen p. 64 67 mitgetheilt sind, schließen zu können. Sämmtliche Codices haben, soweit dies die gegebene auslese der Varianten erkennen läßt, nach des ref ansieht für die kritik sehr geringe bedeutung. Beachtung dagegen verdient eine andere handschrift des Orator, welche sich ebenfalls in Flo- renz befindet und, nachdem ihr werth schon von Orelli erkannt war, vom verf. zum gegenstände einer eingehenden betrachtung

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gemacht ist. Vitelli (Universitätsprofessor in Florenz) verdankt der verf. die sorgfältige kollation derselben, wie sie p. 37 64 abgedruckt ist. Diese handscbrift enthält eine große lücke von § 191 231 und ist von § 100 bis zum Schlüsse nach dem ka- taloge von einer hand des XIII Jahrhunderts geschrieben, wäh- rend der anfang dem XV. Jahrhundert angehört. Nachdem die hauptsächlichsten kompendien und sonstigen eigenthümlichkeiten in der Schreibweise des älteren theiles, welcher zunächst behan- delt wird, angegeben sind, folgt eine aufzählung und Würdigung der übrigen zum orator verglichenen Codices, welche gleichfalls lückenhaft sind , nämlich des Abrincensis (A) , Gudianus 2 (G), Erlangensis 39 (E), vetus (codex Caroli) Stephani (St), während der Pithoeanus und zwei Palatini, welche Lambin benutzte, nicht in betracht gezogen werden, weil ihre lesarten in einer nur ge- ringen anzahl bekannt sind. A ist der älteste und zugleich beste codex , welchem die drei andern in der angegebenen rei- henfolge, obgleich sie aus derselben quelle geflossen sind, nach- stehen. Der Laurentianus (L) enthält, wie seine vergleichung mit ihnen zeigt, eine menge fehler, welche dort nicht vorkommen. Ebenso sind häufiger buchstaben oder Wörter ausgelassen , an- drerseits solche hinzugefügt. Zur veranschaulichung der entstel- lungen werden die den paragraphen 112, 113, 163 und 164 entnommenen lesarten von L1 denen von A G E gegenübergestellt, woraus sich ergiebt, daß L1 sehr fehlerhaft ist. Indes hat L1 an einigen stellen in Übereinstimmung mit der einen oder mit zweien von jenen drei das richtige bewahrt , an anderen allein. Das letztere ist der fall §112 qui ea docere videamur, 141 existimator, 165 ex natura ipsa, 128 ad naturas, ebenda benivolentiam und 164 qua in ternpestate. Aber in betreff der letzten zwei stellen hegt Rubner zweifei und zwar mit recht, zumal für qua in ternpestate in L quam tepestate steht. Ref. kann nur die zu den §§ 141 165 und 128 (ad naturas) vorgebrachten lesarten, welche durch anderweitige Überlieferung schon festgestellt sind, für richtig halten. Offenbar stammt L1 aus einer handschrift , welche feh- lerhafter war als A und G , ist auch nachlässiger geschrieben als E, enthält jedoch nicht soviele interpolationen und zusätze wie E , wogegen sich E durch eine anzahl guter lesarten aus- zeichnet. Ohne zweifei hat Orelli recht , wenn er das bespro- chene fragment dem 14. oder 15. Jahrhundert zuweist.

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Dieses stark entstellte exemplar hat ein korrektor gründlich, aber nicht ohne eine gewisse Unsicherheit durchkorrigiert, indem er viele fehler beseitigte, manche aus nachlässigkeit stehen ließ, dagegen andere fälschlich hineinbrachte, welche sich entweder in den Codices integri nicht finden oder auch von ihnen, obschon selten von allen, in einer ziemlich großen zahl überliefert sind.

Nachdem hierauf der verf. gezeigt hat, daß man früher die Codices mutili unterschätzt und sie erst neuerdings mehr zur fest- stellung des textes herangezogen habe, führt er diejenigen stellen aus ihnen an , wo diese den integri gegenüber den vorzug ver- dienen, nämlich § 105 quoniam , 117 in species, ebenda Quando autem id faciat aut quomodo, 131 est faciendum etiam, 148 tarn durum se, 155 hanc consuetudo licentiam, 120 nolo ignoret, 141 dubitabit, 162 reperienda , 173 quid? ipsi, ebenda longitudinum et brevitatum, 190 inquirente, 232 compositi dissolvas, 233 aliquam sententiam eamque, 235 reperiam ipse, 236 spectari aut audiri.

Zweifellos richtig sind die lesarten von 105, 117 (in species) 120, 162, 173, jedoch muß mit Piderit an letzter stelle quid ipsi moventurf geschrieben werden, 190, 232, 233, 235 und 236, wie wir mit ausnähme von reperiam ipse schon in den ausgaben lesen, dagegen muß ich die anderen, welche durch nachlässiges schreiben entstanden zu sein scheinen, für unrichtig halten. Im übrigen stimmen , wie der verf. fortfährt , die Codices mutili mit einem oder mehreren der integri in der Überlieferung des rich- tigen überein, so daß Meyer und Orelli jenen einen zu geringen werth beigelegt haben, wenn sie kaum wagten, etwas aus ihnen zu entnehmen, Man soll hingegen, wo die verschiedenen lesarten einer stelle in beiden handschriften-klassen möglich erscheinen, nicht seine Zuflucht zu den integri nehmen , sondern den Zusam- menhang und ciceronianischen Sprachgebrauch berücksichtigen. Die bisherige unzulängliche Würdigung der mutili ist deshalb weniger zu tadeln, weil das handschriftliche material erst vor kurzem mehr bekannt geworden ist und infolge davon jene einen höhern werth erhalten haben. Stellen, an welchen der verf. diesen, unter denen dann L1 meist durch den korrektor entstellt ist, den Vorzug giebt, sind § 131 taedeat, was die mutili unter den formen tedeat, redeat, rideat überliefern, statt satietate afficia- tur, wie die integri und L2 fälschlich lesen, dann 120 cum supe- rioribus für cum superiorum, 138 dicat für dicit. Gleichen werth

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haben die formen § 164 componantur finiantur et finiantur in den mutili und componentur finientur sed finiuntur in den integri. Wieder besser sind die lesarten der mutili § 144 nes- cio cur non docendo etiam aliquid aliquando possis meliores facere für nescio cur cum docendo cet. , 146 me didicisse quod probarem (nach den spuren der Überlieferung) für me didicissef Quid erat cur probarem , ebenda cum abfuissem domo für cum et afuissem, 148 profecto maximis rebus forensibus nostris et externis inclusae et domesticae litterae statt profecto forensibus nostris rebus etiam dome- sticae litterae, 235 reformidavisse für formidavisse.

In bezug auf drei paragraphen , nämlich 144, 146 {cum domo abfuissem) und 235 stimme ich dem verf. bei, sonst ziehe ich die Überlieferung der integri vor. Es folgen stellen, an wel- chen es sich nicht entscheiden läßt , welche handschriften-klasse die bessere lesart bietet. § 149 haben nämlich die mutili: ut fiat quasi structura quaedam nee tarnen fiat , die integri: Est enim quasi structura quaedam nee id tarnen fiet. Es stehen sich ferner gegenüber die Schreibweisen §162 videbamur und volebamus, 150 incondite positis und inconditis , ebenda formulam und hanc viam, ebenda nee efficiet und ne efficiat, 112 impensius und infen- sius, 189 est id vehementer vitiosum und quod vehementer est vitio- sum, 234 8i quem sequatur und si quos sequantur. Abge- sehen von impensius, was dem infensius vorzuziehen ist, halte ich alle lesarten der mutili für verderbt. An vier andern stellen, wo ein theil der mutili mit einem theile der integri übereinstimmt, entscheidet sich Rubner ebenfalls nicht. Ich möchte für richtig halten § 116 involutae statt involuta , 126 appellati sunt eo quod für sunt appellati quod, 128 duo sunt quae bene traetata für duae res sunt enim quae bene traetatae , 174 et haec et illa für et haec et alia. Das resultat aus dem früheren lautet. Der ältere theil des Laurentianus enthält eine noch größere anzehl von entstel- lungen als der Erlangensis , aber nicht so viele interpolationen und zusätze und wurde im 15. Jahrhundert durch einen kor- rektor von sehr vielen fehlem befreit. Indes blieben hier und da versehen stehen, während neue fehler hineinkorrigiert wurden. Vielleicht hat der korrekter nach zwei oder mehreren exemplaren verbessert , welche offenbar den übrigen Codices integri : Einsied - lenßis, Vitebergensis, Dresdensis, 2 Guelferbytani an werth gleich- standen. Diese stammen aus einem Laudensis und dürfen den

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mutili nicht in der bisherigen weise vorgezogen werden. Nach vergleichung der beiden handschriften-klassen müssen wir schlie- ßen, daß in sehr früher zeit zwei nicht wesentlich verschiedene archetypi existierten, von denen der eine das original der mutili, der andere das der integri gewesen ist. Daher müssen wir, wo die lesarten der integri und mutili wegen ihrer Verschiedenheit zweifei rege machen, die entscheidung nach dem zusammenhange und dem sprachgebrauche Ciceros treffen. Damit ist über die mutili, wie schon aus meinen obigen bemerkungen hervorgeht, ein viel zu günstiges urtheil ausgesprochen.

Dann sucht der verf. durch vergleichung der lesarten von den §§ 116,. 117, 141, 142, 233 und 234 aus dem Laur. 2, Einsiedl., Viteb. und Dresdensis zu beweisen, daß der letztere den übrigen an werth gleichkomme, der Einsiedl. aber von Orelli den andern zu sehr vorgezogen sei. Es folgt nach einer sorgfältigen darlegung der Schreibweise des Jüngern theiles von L, welcher § 1 100 enthält, die anführung der dort vorgefundenen fehler. Diese sind fast die- selben wie in den übrigen manuscripten, von denen einige durch die Überlieferung der mutili verbessert werden. Als solche Ver- besserungen sind zu verzeichnen § 94 et haec decet, 95 ex- plicabuntur dicentur , 98 extimescet , 100 animo. Nam manu. Nur zwei unbedeutende versehen finden sich, welche der behan- delten handschrift eigenthümlich sind , § 72 Et sine für etsi sine und § 85 continuatione für continuationem. Zu diesen muß ich gegen des verf.'s ansieht § 79 aderit für aberit hinzurechnen, so daß die auf die richtigkeit von aderit gegründete konjektur ßub- ners : unum aderit, quod ornatum, aberit illud suave et affluens hinfällig wird. Einige fehler hat ferner diese handschrift mit der einen oder mehreren andern gemeinschaftlich, über andere lesarten läßt sich in betreff der richtigkeit streiten. Besonders wichtig ist L wegen der folgenden stellen, welche ihm allein an- gehören, § 15 dicit, 23 qui vim aecommodarit , 25 adipate, SO et qui, 47 emanant, 51 Charmadam, 68 voluptati habeat, 80 inu- sitatum inusitata. Denn hier finden wir, wenn wir von § Gi absehen , die bestätigung für dasjenige , was wir schon in der ausgaben lesen. Durch voluptati aber wird die vortreffliche kon- jektur Madvigs nonnulli eorum voluptati gesichert, während dei konjunktiv habeat statt des indikativs nach des ref. meinung zwar möglich, jedoch nicht nöthig erscheint. Sonst bietet L mit

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einem der übrigen Codices das richtige, wie § 20 limati, 26 in- cendens, 36 alios alios, 69 oratoris für orationis, 70 et in poe- matis, 89 ex tempore oder mit zwei respektive mehreren, wie §11 cum (antiquam), 20 levi, 51 et quid et, 83 ceteroquin. Aus dem gesagten geht hervor, daß die behandelte handschrift von großer bedeutung ist, was durch die aufführung der erwähnenswerthen lesarten von § 65 70 aus L neben denen der übrigen vergli- chenen manuscripte zur evidenz erhoben wird. Daher müssen wir gestehen , daß dieser theil der handschrift alle bisher ver- glichenen Codices an werth übertrifft und dem archetypus Lau- densis am nächsten steht. Die handschrift aber, nach welcher der korrektor den altern theil änderte , zeichnete sich vor den übrigen nicht aus. Deshalb stammen beide theile weder von demselben Schreiber noch aus demselben originale. Ob der Schreiber des ersten theiles, dessen vorläge vielleicht noch in ei- ner italienischen bibliothek verborgen liegt , den zweiten , nach- dem schon die korrektur vorgenommen war, gefunden hat, bleibt dahingestellt.

Von den wenigen druckfehlern, welche mir in der mit gro- ßer Sorgfalt und gewiß nicht ohne viele mühe angefertigten ar- beit aufgefallen sind, erwähne ich folgende. P. 14 z. 9 v. u. fehlt § 164; p. 16 z. 1 v.u. ist Venetis für Venetianis zu lesen, p. 23 z. 3 v. o possis melius, p. 44 z. 10 v. o. clamoribus]; au- ßerdem sind die Varianten p. 56 z. 16 v. o. loquebamur und p. 67 z. 6 v. u. träctata oratio, weil sie sich vom texte bei Orelli- Baiter nicht unterscheiden, ohne zweifei verdruckt.

Heinrich Deiter.

84. L. Lange, de sacrosanctae potestatis tribuniciae na- tura eiusque origine commentatio. Lipsiae 1883. 43 S. Edel- mann, typogr. acad.

In diesem Leipziger Universitätsprogramm zur preisverthei- lung von 1883 hat sich L. Lange die aufgäbe gestellt, seine auffassung von dem Ursprung des römischen volkstribunats ei- nerseits gegen Mommsen, andrerseits gegen den ref. zu verthei- digen. In den „Römischen alterthümern" l3 p 590 f. ist das tri- bunat von Lange rechtlich dadurch begründet, daß die auf dem heiligen berge verabredeten bedingungen „legalisiert wurden durch die unter den vorliegenden umständen allein mögliche Völker-

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rechtliche form eines unter der mitwirkung von bevollmächtigten fetialen geschlossenen födus" ; Mommsen dagegen begründet es Staatsrecht 22, 276 und sonst auf die durch eidliche Verpflich- tung bestärkte politische Selbsthilfe der plebs, ref. aber hatte in Fleckeisens Jahrbüchern 1876, p. 139 150 („die lex sacrata und das sacrosanctum") die ansieht aufgestellt, die lex sacrata, durch welche das volkstribunat in die römische Staatsverfassung einge- führt worden, sei ein konsulargesetz gewesen , die leges sacratae überhaupt als anerkannte gesetze nie einseitige Standesbeschlüsse der plebs, sondern allgemeine Staatsgesetze, die nur mit der be- sonderen form der beschwörung durch die magistratur unter ge- wissen religiösen ceremonien (schwur bei Iupiter Lapis) und mit der form der Sanktion, durch welche der zuwiderhandelnde un- gestraft getödtet werden durfte, ausgestattet seien. Wie ref. a. a. o., so untersucht auch Lange zuerst die aus dem alterthum überlieferten begriffsbestimmungen und stimmt mit ref. darin überein, daß die von Cicero pro Balb. 14, 33 gegebene lehre über das sacrosanctum zu gründe zu legen, daß dieselbe im einklang sei mit Liv. 3, 55, 4: (consules) cum plebem hinc provocatione hinc tribunicio auxilio satis firmassent, ipsis quoque tribunis, ut sacrosaneti viderentur, cuius rei prope iam memoria aboleverat, relatis quibusdam ex magno intervallo caerimoniis renovarunt, et cum religione inviolatos eos tum lege etiam fecerunt sanciendo , ut qui tribunis pl. , aedilibus, iudieibus decemviris noeuisset, eius caput Iovi sacrum esset etc., daß dagegen die auslegungen der iuris interpretes, welche Livius der eben citierten stelle anschließt und von welchen die eine die- selbe ansieht wie Mommsen giebt, tribunos vetere iure iurando ple- bis, cum primum eam potestatem creavit, sacrosanetos esse, abzuweisen seien. Jene ciceronische stelle ist nun aber, wie allgemein zu- gegeben wird, in ihrem Wortlaut verdorben, sie muß also, wenn man sich auf sie stützen will, hergestellt werden. Nach abwei- sung der verschiedenen sonstigen emendationen liest nun Lange : sanetiones sacrandae sunt aut obtestatione et consecratione legis aut gener e ipso poenae , cum caput eius , qui contra fecerit , consecratur (überliefert : sacrandae sunt aut genere ipso aut obtestatione et conse- cratione legis aut poenae). Gegen den Vorschlag des ref. : aut ge- nere ipso aut obtestatione legis aut consecratione poenae wendet Lange ein, daß genus ipsum ohne genetiv unverständlich sei und daß man nicht sagen könne consecratio poenae. Ich konnte mich nun

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nicht überzeugen , daß genus ipsum sich nicht leicht auf gesetze sakraler natur deuten ließe und man poenam consecrare = eine strafe zu einer poena sacra machen" nicht ebenso gut sagen könnte wie Vergil Aen. 12, 140 f. sagt: honorem sacrare = ho- norem sacrum reddere; aber doch machte mir die Lange'sche kor- rektur, welche das genus ipsum so gut und so einfach unterbringt, so viel eindruck, daß ich in meiner Rom. staatsverf. I, p. 1111 anm.2 geneigt war, sie an die stelle der meinigen zu setzen ; allein bei näherer erwägung muß ich doch wieder auf die meinige zurück- kommen. Abgesehen davon, ob man sagen kann: sanctiones sa- crandae sunt consecratione legis, so fragt ja Cicero nachher: (foe- dus Gaditanum) utrum capitis consecratione an obtestatione legis sa- crosanctum esse confirmas t Da kann doch nicht wohl in der stelle, auf welche sich diese doppelfrage bezieht , der ausdruck conse- cratio in demselben glied wie obtestatio gestanden haben. In- dessen hinsichtlich des sinns der beiden glieder stimmen beide emendationen überein , und so ist wichtiger die frage , wie die gegenüberstellung von aut aut zu verstehen sei. Ich faßte sowohl die beschwörung als die formel der sanctio als von an- fang an zum begriff der lex sacrata gehörig und nahm an, nicht sowohl , wie Lange mich verstand , daß Cicero sich geirrt , son- dern daß er, vom Standpunkt der späteren zeit ausgehend , die lehre aufstellte, daß das eine oder das andere genüge. Lange dagegen unterscheidet zwei arten sanctiones, eine mit der form der beschwörung und eine mit der consecratio capitis; zur letz- teren klasse rechnet er die lex Valeria vom jähre 248 d. st. gegen das königthum, das provokationsgesetz vom jähre 305 und das gesetz desselben jahrs über die tribunicische gewalt, zur er- steren gesetze über bündnisse , kolonien u. a. Allein die oben angeführte frage Ciceros mit utrum an hält ja bei einem foe- dus beide formen für möglich, und bei dem tribunatsgesetz von 305 sind nach Liv. 3, 55, 4 beide vereinigt gewesen. Was aber nun die hauptfrage betrifft, welcher natur die lex sacrata über das volkstribunat gewesen, so bleibt Lange dabei, daß sie als ein bündnißakt zu fassen sei , und zwar definiert er dies näher als ein foedus synoecismi (p. 53). Eine entscheidung hier- über jedoch hängt von fragen allgemeinerer art ab. Die Über- lieferung zeigt, daß alle drei ansichten, die vom bündniß , die vom einseitigen schwur der plebs und die von einem akte der

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Staatsgesetzgebung schon im alterthum vertreten waren. Dies hat nach meiner ansieht s einen grund darin , daß man positives darüber nicht wußte, dagegen sab, daß die form des sacrosanetum bei allen den genannten drei arten von akten vorkam , und so wählte nun der eine diese, der andere jene form zur definierung des Ursprungs des tribunats. Für uns neuere handelt es sich darum , zu sehen , welche von den auffassungen des alterthums Unterstützung in dem, was die sonstige Überlieferung brauch- bares bietet, finde und was den allgemeinen geschichtlichen be- dingungen entspreche. Auf beiderlei wegen komme ich zu dem ergebniß , daß die lex sacrata von 260 wie die von 305 in der form des konsulargesetzes zu stände gekommen sei, der einzigen, welche die einheit des Staats und die autorität der regierung wahrte und zugleich die beste garantie für die plebs war. Dabei sage ich aber nicht, wie Lange p. 16, 28 f. mich versteht, ple- bliscite hätten überhaupt nicht die form von leges sacratae haben oder gesetze über bündnisse hätten nicht plebiscite sein können, sondern ich schließe plebiscite nur aus für die zeit in welcher und so weit als sie nicht die geltung von leges publicae hatten. Von nebenfragen erwähne ich folgendes: p. 26 anm. 76 in 1. col. Iul. Gen. cap. 66 (Ephem. epigr. III, p. 93) hält Lange sacrosanetius für ein versehen statt sacrosanetum ius ; p. 18 anm. 44 liest er bei Fest. p. 318 statt lege tribunicia prima lege tri- buni Icili; p. 26 f. wird von der lex Icilia de Aventino die aus- dehnung des provokationsrechts und der tribunicischen hilfe über das pomerium hinaus bis zum ersten meilenstein abgeleitet ; p. 7 f. wird die vermuthung ausgesprochen, Livius habe das dritte buch und damit die stelle über das gesetz von 305 um die zeit ge- schrieben, in welcher es sich für August um die definierung der tribunicischen gewalt handelte (731 der stadt), und die von ihm angeführten iuris interpretes hätten hiemit zu thun gehabt; speciell weist er auf C. Trebatius Testa hin. Jene zuerst an- geführte konjektur nun wird gewiß beifall finden, die zweite ist problematisch, den gegenständ der dritten vermuthung möchte ich wenigstens auf andere weise erklären, und auch gegen die beziehung der auseinandersetzung bei Liv. 3, 55 auf eine zeit- frage hege ich bei aller anerkennung der scharfsinnigen bemer- kung ernstliche bedenken. Livius war ein vorsichtiger mann und fühlte schwerlich das bedürfniß, sich mit seiner geschieht-

Nr. 8. 85. Photographie. 467

Schreibung in brennende fragen der augusteischen politik zu mischen ; wie andere antiquarisch -juristische diskussionen (vgl. 9, 5), wird er auch diese in seinen quellen gefunden haben. Die hier angeführten punkte zeigen aber, daß die abhandlung neben der, wie sich bei Lange von selbst versteht, gründlichsten erörterung der hauptfrage auch anderweitige belehrung mannig- facher art enthält. E. Herzog.

85. Aug. Eisenloh r, die anwendung der Photographie für mouumente und papyrusrollen. Tire* du vol. II des travaux de la 6e Session du congres international des Orientalistes ä Leide. Leide, E. J. Brill 1884. 13 p. gr. 8.

Wenn V. Gardthausen im siebenten kapitel seiner griechi- schen palaeographie unter dem titel : „angewandte palaeographie" glaubte, den mittein und methoden der reproduction von hand- schriften seine aufmerksamkeit widmen zu müssen, so geht dar- aus hervor , wie wichtig die kenntniß der technischen verfahren für den palaeographen ist. Bei dem studieren der schritt und des Charakters derselben müssen wir danach trachten, uns copien zu verschaffen, welche wir auch später noch betrachten können, um vergleiche u. a. mit andern schritten anzustellen. Die epi- graphik besitzt in dem mechanisch hergestellten papierabklatsch ein solches hilfsmittel, für den palaeographen giebt es nur die Photographie. Auf dem gebiete der letztern sind in neuerer zeit große technische fortschritte gemacht, namentlich ist die so- genannte photolithographie sehr ausgebildet. Die aufgäbe der vorliegenden dankenswerthen schrift, ursprünglich ein auf dem orientalistencongreß in Leiden gehaltener Vortrag, ist nun, den forscher mit den verschiedenen methoden bekannt zu machen. Eisenlohr empfiehlt ein namentlich in England angewandtes ver- fahren mit trockenen platten , welche nach den recepten von Obernetter in München bereitet sind. Die genaue Instruction für die handhabung und behandlung dieser platten wird eine willkommene gäbe sein nicht nur für die aegyptologen , deren interesse die schrift zunächst dienen soll, sondern auch für den palaeographen. Es wird fast zur naturnothwendigkeit, daß der- jenige, welcher palaeographischen Studien obliegt, auch im stände ist, photographische aufnahmen zu machen. Die von Eisenlohr empfohlenen platten können auf der reise mitgeführt werden,

468 Bibliographie. Nr. 8.

ohne daß vor dem gebrauch eine nochmalige chemische behand- lung nothwendig wäre.

Das photographische verfahren krankt gegenwärtig noch an einzelnen mangeln, doch sind dieselben nicht so bedeutend, daß die beseitigung derselben nicht zu erhoffen wäre. Daß die auf diesem wege hergestellten facsimilia nicht immer unsern erwartungen entsprechen, liegt nicht allein in dem technischen verfahren als in der natur der papyri selbst. Einerseits wirkt es nämlich schädlich, daß der papyrus keine glatte, sondern eine rauhe, von pflanzenfasern durchzogene Oberfläche bietet, andererseits wirkt die färbe der tinte nicht immer günstig und gleichmäßig auf das negativ. Hätten nämlich die alten mit einer schwarzen und nicht mit einer rothbraunen tinte geschrieben, so würden in unseren photolithographischen drucken auch die schwächsten schriftzüge hervortreten. Ein von mir eingeschlagenes verfahren möge hier angeführt werden. Hat die rothbraune tinte auf die platte nur schwach eingewirkt, und will man die schrift deut- licher erzielen, so lasse man sich von der chemisch zum photo- graphischen druck präparirten platte einen möglichst hellen ab- zug anfertigen. In diesem zieht man nun an der hand des ori- ginales alle schriftzüge genau mit chinesischer tusche nach und nimmt nun eine nochmalige photographische aufnähme vor. Als- dann ergiebt sich ein vorzügliches und getreues bild der hand- schrift. Willkürlichkeiten können hierbei durchaus nicht ein- treten, da nur die hand des schriftverständigen, nicht die eines unkundigen lithographen helfend eingreift.

Hugo Landwehr.

Bibliographie.

Die mittheilungen der Verlagsbuchhandlung von B. G. Teub- ner in Leipzig nr. 3 berichten über folgende neu erscheinende werke: Aristotelis Ars rhetorica c. adnotatione critica ed. Ad. Roerner; Piatonis Opera omnia recensuit et commentariis in- struxit Gr. Stallbaum, vol. VI, 5. 2 Piatonis Meno et Euthyphro, ine. scr. Theages, Erastae, Hipparchus, rec. . . . R. Fritzsche ; Euripides Iphigenia in Aulis, erklärt von II. Stadtmüller; J. Beloch, die attische politik seit Pericles; T. M. Plauti co- moediae, rec. ...Fr. Ritschelius, T. 1, P. 1 Trinummus, ed. III, besorgt von Fr. Scholl, T. III fasc. 5 Bacchides, ed. II, besorgt von Götz; fasc. II Captivi, ed. IT, von Fr. Scholl; Lexicon

Nr. 9. Bibliographie. 469

Caesarianum von R. Menge uud S. Preuß , was in liefer ungen erscheinen wird.

Es kündigen an Hachette et Cie zu Paris: Paleographie des Classiques Latins collection de fac-similes des principaux manu- scrits de Piaute, Terence, Varron, Cicdron , Cesar, Cornelius Ne'pos, Lucrece, Catulle, Salluste, Virgile, Horace, Tibulle, Pro- perce, Ovide, Tite-Live, Justin, Phedre, Seneque, Quinte -Curce, Perse , Lucain , Pline l'ancien, Valerius Flaccus, Stace, Martial, Quintilien , Juvenal, Tacite , Pline le jeune , Suetone, etc., pu- blice par Emile Chatelain. Die erste lieferung enthält Piaute, Terence, Varron, Catulle.

Unter dem titel : „Kölner thorburgen und befestigungen" giebt der architekten- und ingenieurverein für Niederrhein und Westphalen ein werk heraus , das auch die römischen befesti- gungen berücksichtigt : ein ausführlicher bericht ist ausgegeben, bestellungen auf dasselbe sind an den baumeister Wiethase zu richten : preis 20 mk.

Der verstorbene buchhändler Chr. Karl Tauchnitz hat sein auf vier millionen mark angeschlagenes vermögen der stadt Leipzig vermacht, s. Allg. ztg. nr. 183.

Die cataloge der antiquare Kirchhoffund. Wigand n. 706 8, werden besprochen im RAns. nr. 142; Joseph Baer u. comp, nr. 144, besonders lateinische spräche, in RAnz. nr. 143; Lehmann u. Lutz in Frankfurt a M. nr. 47 in RAnz. nr. 145. 148; von Brockhaus Antiquariat in RAnz. n. 160.

Der antiquarische lager-catalog LH von Max Colin u. söhn in Bonn enthält Arnold Schäfer s bibliothek mit beigesetzten preisen.

Cataloge der antiquare: antiquarischer catalog der Ed. Goetz1- schen buch - und antiquariatshandlung ( A. Winkler; in Berlin ; antiquarischer catalog nr. 78 von Rudolph Merkel in Erlangen : beide enthalten nur classische philologie.

Verzeichniß der wichtigeren Publikationen auf dem gebiete der alter- thuiuswissenschaft 1884. VI.

Deutschland. Oesterreich. Schweiz.

510. Abhandlungen, Straßburger, zur philosophie. Eduard Zeller zu seinein siebenzigsten geburtstage. Freiburg im Brsgau, Mohr 1884. 8. 222 p. 7 mk.

(Inhalt: I. E. Heiiz, der philosoph Damascius , p. 1 24. IL H. Holtzmann, die gütergemeinschaft der apostelgeschichte , p. 25 60 u. s. w.).

511. Acta seminarii philologici Erlangensis ed. Iwan Müller et Aug. Luchs. Vol. III. Erlangen, Deichert 1884. 8. 478 p. 8 mk.

Inhalt: E. Stroebel, Ciceronis de oratore librorum Codices mutilos antiquiores examinavit , p 1 73. C. Zink, adnotationes in De- mosthenis orationeni in Cononem, p. 74 102. L. Bauer, das ver- hältniß der Punica des C. Silius Italicus zur dritten dekade des Li- vius, p. 103—160. C Burkhard, observationes criticae ad Pane- gyricos Latinos, p. 161 187. A. Luchs, Emendationes Livianae. p. 188. E.Popp, Ciceronis de officiis librorum Codices Bernensem

Philol. Anz. XIV. 32

470 Bibliographie. Nr. 9.

104 eique cognatos examinavit, p. 245 298, A. Roschatt, über den gebrauch der parenthesen in Ciceros reden und rhetorischen Schriften, p. 184 244. G. Brunco , de dictis VII sapientium a Demetrio Phalereo collectis disputavit , p. 299—397. C. Wun- derer, de Polyb. hist. XII, 12b, 2, p. 398. J. Haussleiter, de ver- sionibus pastoris Herrnae latinis quaerere instituit, p. 399 477.

512. Aristotelis de anima libri III. Recogn. Guil. Biehl. Leip- zig, Teubner 1884, 8. VI, 136 p. 1 mk. 20 pf.

513. Ethica Eudernia. Eudemi Rhodii ethica. Adiecto de vir- tutibus et vitiis libello recogn. Franc. Susemihl. Leipzig, Teubner 1884. 8. XXXVII, 199 p. 1 mk, 80 pf.

514. Asbach, J., nekrolog f. Arnold Schaefer. Berlin, Calvary u. co. 1884. 8. (Aus Biogr. jahrb. f. alterthumskunde).

515. Basiner, Ose, de bello civili Caesariano. Quaestiones Cae- sarianae. Pars I. Diss. Dorpati 1883. 8. VI, 78 p. 1 mk. 60 pf.

516. Bruns, Jvo., Lucrez-studien. Freiburg i. Br. 1884. 8. 2 mk.

517. Caesar, C. Iulius, belli gallici libri VII cum A. Hirtii libro oetavo. In usum scholarum iterum rec. adiec. Galliam antiquam ta- bula descriptam Bernh. Dinter. Leipzig, Teubner 1884. 8. XVI, 253 p. 75 pf.

518. Carter, Paul, das alterthum u. der Patriotismus. Rede . . . Berlin, Grote 1883. 8. 20 p. 50 pf.

519. Christ, Wilh., Homer und die Homeriden. München, Franz 1884. 4. 90 p. 2 mk. 70 pf. (Aus Abhandl. der bayer. akad.).

520. Cireronis, M. Tullii, scripta quae manserunt omnia recogn. C. F. W. Müller. Pars I: Opera rhetorica rec. Guil, Friedrich. Vol. I continens libros ad C. Herennium et de inventione. Memorabilia vitae Ciceronis per annos digesta praescripta sunt. Leipzig, Teubner 1884. 8. CXXV, 236 p. 1 mk. 35 pf.

521. , libri qui ad rempublicam et ad philosophiam spec- tant scholarum in usum edidit Theod. Schicke. Vol. IX: Cato Maior de senectute. Laelius de amicitia. Leipzig, Freytag 1884. 8. VIII, 60 p. 50 pf.

522. Cohn, Arthur, quibus ex fontibus S. Aurelii Victoris et libri de Caesaribus et epitomes XI capita priora fluxerint. Quaestio histo- rica. Accedunt varias lectiones codicis Bodleiani adhuc ignoti. Berlin, Ad. J. Cohn 1884. 8. 106 p. 2 mk. 80 pf.

523. Denkmäler des klassischen alterthums zur erläuterung des lebens der Griechen und Römer in religion , kunst und litteratur. Lexikalisch bearb. von B. Arnold, H. Blümner, W. Deecke etc. und dem hrsg. A. Baumeister. Mit etwa 1400 abbildungen , karten etc. München, Oldenbourg 1884. 4. ä liefg. 1 mk. (I. liefg. VIII, 48 p.).

524. Euclidis opera omnia. Ed. /. L. Heiberg et H. Menge. (Vol. II) Elementa. Ed. et latine interpretatus est J. L. Heiberg. Vol. II: Libros V— IX continens. Leipzig, Teubner 1884. 8. XXII, 437 p. 5 mk. 50 pf.

525. Eyssenhardt, Eranc. , mittheilungen aus der stadtbibliothek in Hamburg. 1 : Damascius. Analecta Hispanica. Hamburg 1884. 8. 48 p. 1 mk.

526. Foerster, Rieh., analekten zu den darstelluugen des raubes und der rückkehr der Persephone. 2 taff. (p. 631 736). Goettingen, Dieterich 1884. 8. (Aus Philologus suppl.-bd. IV, heft 6).

527. Frerichs, Herrn., de Aeschyli supplicum choro. Duderstadt 1883. 8. 83 p, Diss.

528. Fröhlich, Franz, einige erweiterungen meiner programtnar-

Nr. 9. Bibliographie. 471

beit von 1882 über die gardetruppen der römischen republik. Aarau, Sauerländer 1884. 4. 12 p. (Progr.).

529. Fuchs , Carl , geschickte des kaiaers L. Septimius Severus. Wien, Konegen 1884. 8. IX, 124 p. 3 mk.

530. Galeni Pergameni, Claudii scripta minora. Recc. loa. Mar- quardt , Iw. Mueller , Geo. Helmreich. Vol. I . . Ex rec. loa. Mar- quardt. Leipzig, Teubner 1884. 8. LXVI, 129 p. 2 mk. 20 pf.

531. Goetz , Gust. , nekrolog auf Gustav Loewe , weiland custos an der Göttinger bibliothek. Berlin, Calvary u. co. 1884. 8. 17 p. 1 mk. 20 pf.

532. Hardy, E., der begriff der physis in der griechischen phi- losophie. 1. theil. Berlin, Weidmann 1884. 8. VI, 229 p. 6 mk.

533. Hecht, Max , zur homerischen Semasiologie. Vertheidigung meiner Quaestiones homericae gegen gytnn.-dir. Kammer und erwei- terung derselben. Königsberg, Nürenberger 1884. 8. 29 p. 50 pf.

534. Hilgenfeld, Adolf, Evangeliorum seeundum Hebraeos, seeun- dum Petrum , seeundum Aegyptios, Matthiae traditionum , Petri et Pauli praedicationis et actuum, Petri apocalypseos, didascaliae aposto- lorum antiquioris quae supersunt addita Doctrina XU apostolorum et libello qui appellatur „Duae viae" vel .Judicium Petri" coli. disp. emend. et auet. iterum ed. et adnot. illustr. Ed. II aueta et emend. (Nov. Testamentum extra canouem reeeptum. fasc. IV). Leipzig, Weigel 1884. 8. 129 p. 4 mk.

535. Homers Odyssee erkl. von J. H. Faesi. 1. bd. Ges. 1 6. 8. aufl. besorgt von Gust. Hinrichs. Berlin, Weidmann 1884. 8. IV, 234 p. 1 mk. 80 pf.

536. Institutionum graeca paraphrasis Theophilo Antecessori vulgo tributa ad fidem libr. mss. rec. prolegg. nott. crit. instruxit E. C. Ferrini. Accedit epistula C. F. Zachuriae a Lingenthal. Pars I. Libros I et II et prolegomena continens. Berlin, Calvary u. co. 1884. 8. XXIII, 256 p. 6 mk. , andere ausgäbe cum versione latina. ibid. eod. 12 mk.

537. Kaiser, Paul, de fontibus Vellei Paterculi. Berlin, Mayer u. Müller 1884. 8. 47 p. 1 mk

538. Keseberg, Aug., Quaestiones Plautinae et Terentianae ad religionem speetantes. Lipsiae, (Köln, Neubner) 1884. 8. 60 p. 1 mk. 20 pf.

539. Kleinpaul, Rud. , Neapel und seine Umgebung geschildert. Mit ca. 150 illustr. 6. 15. (schluß-)heft. Leipzig, Schmidt u. Gün- ther 1884. fol. VIII, 183 p. ä 1 mk.

540. Lehre der XII apostel nach der ausgäbe des metropoliten Philotheos Bryennios. Mit beifügung des urtextes nebst einleitung und noten ins deutsche übertragen von Aug. Wünsche. Leipzig, O. Schulze 1884. 8. 34 p. 1 mk.

541. Maurer, Theod., und noch einmal die Cäsarbrücke. Zu- gleich wider cliquen -recensententhum. 2. nachtrag zu seinen Cruces philologicae. Mainz, Diemer 1884. 8. 24 p. 60 pf.

542. Merguet, H. , lexikon zu den reden des Cicero mit angäbe sämmtlicher stellen. 4. bd. 19. 30. liefg. (schluß). Jena, Fischer 1884. 8. III, p. 649 1065. Complet 189 mk.

543. Mettauer , Thomas, Solon als dichter. Muri, Keller 1884. 8. p. 23—29 des progr. der bezirksschule zu Muri.

544. Meyer, Wilh., über die beobachtuog des wortaccentes in der altlateinischen poesie. München, Franz 1884. 4. 120 p. 3 mk. 60 pf. (Aus: Abhandl. der bayer. akad. der wiss.).

545. Ed., geschichte des alterthums. Bd. I: Geschichte des

32*

472 Bibliographie. Nr. 9.

Orient« bis zur begründung des Perserreichs. Stuttgart, Cotta 1884. 8. XIX, 647 p. 12 mk.

546. Müller, Karl Otfried, geschiente der griechischen litteratur bis auf das Zeitalter Alexanders. Fortgesetzt von Emil Heitz. 2. bd. 2. hälfte. Stuttgart, Heitz 1884. 8. VI, 462 p. 6 mk.

547. Münzer, Joh. , ein philosoph auf dem throne [Marc Aurel]. Vortrag. Wien, (Rospini) 1884. 8. 10 p. 60 pf.

548. Oberdick, Joh., kritische studien. Gesammelte abhandlungen und recensionen nebst einleitung. 1. bändchen. Münster, Coppenrath 1884. 8. VI, 91 p. 1 mk. 60 pf.

549. Ostermayer, Frd., de historia fabulari in comoediis Plautinis. Gryphiswaldae, (Jena, Pohle) 1884. 8. 64 p. Diss.

550. Ovidii Nasonis , P., carmina in exilio composita. Tristium libri. Ibis. Epistulae ex Ponto. Halieutica. Rec. Otto Güthllng. Ac- cedunt carminum deperditorum fragmenta. Leipzig, Freytag 1884. 8. XLIV, 215 p. 1 mk*. 40 pf.

551. Plato's ausgewählte dialoge. Erkl. v. C. Schmelzer. Bd. 7: der staat. 2. abth. Berlin, Weidmann 1884. 8. 260 p. 2mk.70pf.

552. Praetorius, Ernst, de legibus Platonicis a Philippo Opuntio retraetatis. Bonn 1884. 8. 46 p. 1 mk.

553. Reuter, Carl, die Römer im Mattiakerland. Mit 2 taff. von oberbaurath Hoffmann. Wiesbaden, Niedner 1884. 8. III, 50 p. 2 mk. 40 pf.

554. Sammlung der griechischen dialektinschriften von F. Bechtel etc. hrsg. von H. Collitz. 3. hft: die boeotischen inschriften hrsg. v. Rieh. Meister. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1884. 8. p. 145 —309. 5 mk.

555. Sammlung Sabouroff , die Kunstdenkmäler aus Griechen- land. Hersg. von Adf. Furtwängler. 6. liefg. 10 taff. 16 bl. text. Berlin, Asher u. co. In mappe. fol. 1884. 25 mk.

556. Schmid, Geo., Euripidea, de Ione. Leipzig, Fues 1884. 8. 50 p. 1 mk. 20 pf.

557. Schünemann, Otto, de cohortibus Romanorum auxiliariis. Pars II: addenda ad Hassencampii Dissertat. Gottingensem a 1869. Halis 1883. 8. 58 p. Diss. 1 mk. 60 pf.

558. Susemihl , Franc, de carminis Lucretiani prooemio et de vitis Tisiae, Lysiae, Isocratis, Piatonis, Antisthenis, Alcidamantis, Gor- giae quaestiones epicriticae. Gryphiswaldiae, (Berlin, Calvary u. co.) 1884. 4. 1 mk. 60 pf.

559. Testamentnm novum Grace ad antiquissimos festes denuo rec. apparatum criticum apposuit Constantinus Tischendorf. Ed. VUI critica maior. Vol. IV, pars I. Prolegomena scripsit Caspar Renatus Gregory additis curis f Ezrae Abbot. Pars I. Leipzig, Hinrichs 1884. 8. VI, 440 p. 10 mk.

560. Tacitus, Cornelius erkl. von Karl Nipperdey. 1. bd.: Ab excessu divi Augusti I— VI. 8. verb. aufl. besorgt von Geo. Andresen. Berlin, Weidmann 1884. 8. 418 p. 3 mk.

561. Thurm, Em. Alfr., de Romanorum legatis reipublicae liberae temporibus ad exteras nationes missis. Diss. Leipzig, (Fock) 1883. 8. 150 p. 2 mk.

562. Tzenos , Panagiotis, 'AvaxoiovuZa yXwßßixuüg QaallofAtvtt ntnow iTjg iwp doxi/uwv awrj&eiccg nni%ov6iv. Diss. Jena, Pohle 1884. 8. 42 p. 1 mk.

563. Voigt, Moriz, die XII tafeln geschichte und system des civil- und criminnlrecritfi wie -processes der XII tafeln nebst deren fragmenten. Bd. 1. Leipzig, Liebeskind 1884. 8. XII, 859 p. 16. 40 mk.

Nr. 9. Bibliographie. 473

564. Waller, Paul Reinh., de Aetna poemate quaestiones criticae. Berlin, Calvar'j 1884. 8. 107 p, 4 mk.

Skandinavien.

565. Bugge, F. W., „Apostlernes Gjerninger". Indledet oversat og forklaret. ' F0rste hefte. Christiania, Th. Steen 1884. 8. 272 p. 3 kr. 30 »re.

566. Centerwall, J., Julianus affällingen. En bild fran den döende antiken. Stockholm, C. E. Fritze 1884. 8. 236 p. 3 kr. 50 öre.

567. Dietrichson, L., Antinoos. Eine kunst-archaeologische Unter- suchung. Universitätsprogr. für das erste semester 1884. Mit titel- bild u. 18 taff. XIV, 357 p. 8. Kristiania, Aschehoug 1884. 8. 6 kr.

568. Schwerin, H. H. von, Herodot's framställning af Europa's geografi. Lund, Gleerup 1884. 8. 207 p. 1 kart. 2 kr. 50 öre.

Niederlande.

569. Dacbert, H., Seneque et la niort d'Agrippine. Etüde histo- rique. Leiden, Brill 1884. 8. 236 p. 3 fl.

England.

570. Eadie , J. , a commentary on the greek text of the Epistle of Paul to the Philippians. Ed. by W. Young. Edinburgh , Clark 1884. 8. 320 p. 10 sh. 6 d.

Prankreich.

571. Anacreon, Ödes d', et poesies de Sappho traduites en vers par Prospcr Yvurem avec le texte grec en regard. Paris, impr. La- hure 1884. 8. 243 p.

572. Dubois, Marcel, de Co insula. Nancy et Paris. Berger -Le- vrault et Cie 1884. 8. 73 p. 3 cartes. (These de Paris).

573. Dumeril, A., Apollonius de Tyane et l'etat de paganisme dans les prerniers siecles de l'ere chretienne. Bordeaux 1884. 8. 37 p. (Extr. des Annales de la faculte des lettres de Bordeaux 1883).

574. Dunan, Charles, Zenonis Eleatici argumenta. Nantes 1884. 8. 39 p.

575. Feuüleret, H., les Romains en Afrique. Les Guerres puni- ques. 3. ed revue. Limoges, Ardant et Cie 1884. 8. 244 p.

576. Gellius, Aulus. Oeuvres completes d'Aulu-Gelle. Traduc- tion francaise de MM. de Chaumont Flambart et Buisson. Nouv. ed. revue avec le plus grand soin par Charpentier et Blanchet. 2 vols. T. I. VIII, 475 p. t. 2. 515p. Paris, Garnier freres 1884. 8. (Bib- liotheque latine-francaise).

577. Gilles, J., les voies romaines et massiliennes dans le depar- tement de Bouches-du-Khöne. Avignon, Seguin et Paris, Thorin 1884. 8. 336 p. et carte. 7 fr. 50 c.

578. Lami, Stanislas , Dictionnaire des sculpteurs de l'antiquite jusqu'au VIe siecle de notre ere. Paris, Didier 1884. 18. VIII, 149 p. 4 frcs.

579. Miyne, J. P., Patrologiae cursus completus .... Series la- tine . . . t. 25. S. Eusebius Hieronymus. Tomus V. Paris, Garnier freres 1884. 8. 812 p. ä 2 colonnes.

580. Flaute, Comedies de, traduction nouvelle en vers par R. Grille, t. 3. Angers, Lachfese et Dolbeau 1884. 18. 651 p.

581. Schoemann, G. F., Antiquite's greeques traduites de l'alle- mand par C Galuski. T. 1. Paris, Picard 1884. 8. VII, 654 p.j

582. Tannery, Paul, Etudes he'roniennes: la Stereometrie de Heron d'Alexandrie. 18. Bordeaux 1884. 8. (Extr. des Memoires de la societe des sciences physiques et naturelles de Bordeaux, t. V. 2 serie. 3 cahier).

474 Bibliographie. Nr. 9.

583. Tissot , Charles, recherches sur la campagne de Cesar en Afrique. Paris 1884. 4. 61p. 3 pl. (Memoires de l'ac. des inscrip- tions et belies lettres).

584. Vivien de Saint - Martin , Atlas universel de geographie ancienne moderne et du inoyen äge construit d'apres les sources ori- ginales et les documents actuels, voyages, memoires, travaux geodesi- ques, cartes particulieres et officielles avec un texte analytique. En- viron 110 cartes gravees sur cuivres par nos meilleurs artistes sous la directum de E. A. Collin et Delaune. Paris, Bachette et co, 1884. fol. 30 40 livraisons a 6 frcs.

Italien.

585. Bonghi , Ruggero, Storia di Roma. Vol. I. I re e la rep publica sino all' anno 283 di Roma. Milano, Treves 1884. 8. XVII, 602 p. 10 lire.

586. Brini, E. , il diritto della vita in Roma antica: Discorso inaugurale. Macerata 1884. 4. 15 p. (Annuario scolastico della Universita di Macerata anno 1883 84).

587. Cavallari, S., A. Holm e C. Cavallari, Topografia archeo- logica di Siracusa eseguita per ordine del Ministero della P. I Pa- lermo 1884. fol. 417 p. 3 tavv. e Atlas di XV tav. 80 lire.

588. Cesari , P. , Storia dello musica antica. Milano, Ricordi

1883. 8. 74 p. 3 lire.

589. Cozza-Luci, G , della Geografia di Strabone frammenti sco- perti in membrane palimpseste. In : gli Studi in Italia periodico di- dattico scientifico e letterario Anno VII 1884. Vol. I, fasc. 1. Roma

1884. 8.

590. Galassi, L. , la sapienza presso gli antichi e presso i ino- derni discorso. Roma 1884. 8. (Annuario scolastico 1883/84 della r. Univ. degli studii de Roma). Roma, Civelli 1884. 8. 242 p.

591. Scolii alle orazioni di Gregorio Nazianzeno estratti dal cod. Laur. IV, 13 e pubblicati da Viüoriv Puntoni. Torino, Loescher 1884. 90 p. 8.

592. Soldo, la Germania di Tacito a noi. Commemorazione di Giuseppe Parini. Discorsi nel Liceo Volta. Zürich e Como, Meyer u. Zeller 1884. 8. 47 p.

593. Stampini, Ettore , de Iuvenalis vita controversia. Augustae Taurin. Loescher 1883. 8. 18 p. 1 1.

594. Valletti, F.. la girmastica in Grecia. Studii storici in pre- faz. di E. Latino. Palermo 1882. 8. con 16 incis. illustr.

Spanien.

595. Antologia griega colecciön de antiguos poetas griegos for- mada por Angel Lasso de la Vega. Traduccion en verso de sus obras por el mismo. Madrid 1884. 8. 229 p. 2 r. (Biblioteea universal vol. 92.).

Griechenland.

596. ,Ayct9ovixov, *A%. o "Aquog näyog xctl oi ir/ticu. Msq, 'AHvtjßiv 1883. 8.

597. Bäcrj, Unvoidwog (Sp. Vassis), Codicis Ciceroniani Biblio- thecae Laurentianae ab Hieronymo Lagomarsino n 32 desiguati in primo de oratore libro nova collatio ad. adnotationes subiecit. Athe- nis AvdQtas KoQOfArjka? (Carl Beck) 1884. 8. ^55 p.

598. Kaßßccdin, II., larogia lyg ekkijvixrrf xa\konxfn*<; tevxog d. 'd9^vtjdtp 1883. 8.

599. KttffTQWjukvov, Ilavay. T. , ^ptjjUfln twv 'Afbjvwv. 'A&rj- v*)oi,v 1883. 8.

Nr. 9. Kleine philologische zeitung. 475

600. II unny toygy Co v , llergov N.. iniy.Qißiq tqs 2nvgiö'wi'og TT, Jäjungov ixdcatwg zov Mi/ctrjk 'Axo/uipcctov. 'A^ytjaiu , C. Beck 1883. S. 176 p.

Beilage B. Dissertationen und acadeinica. Berlin. 601. Curüus, Ernst, Athen und PJleusis. Berlin 1884. 4. 16 p.

602. Kirchhoff, Adolf, rede (über die entwickelung des philolo- gischen Studiums seit Luther). Berlin 1883. 4. 24 p.

603. (Yahlen, Joh. , Quaestiones criticae de Iuvenalis satiris). Berlin 1883. 4. Index lectt. aestiv. 30 p.

604. (— , Adnotationes in Eunuchuni Terentii.) Berlin 1883. 4 Index lectt. hibb. 11 p.

605. Baek, Fricl. , de Graecorutn caerimoniis in quibus homines deorum vice fungebantur. Berolini 1883. 8. 38 p.

606. Cauer, Frid., de fabulis Graecis ad Romam conditam per- tinentibus. Berlin 1884. 8. 32 p.

607. Luebke , Hermann, Observationes criticae in historiam ve- teris Graecorum comoediae. ib. 1883. 8. 59 p.

608. Mayer, Maxim., de Euripidis mythopoeia capita duo. ibid. 1883. 8. 83 p.

609. Molm, Alois de, de ara apud Graecos. ibid. 1884. 8. 73 p.

610. Schulze, Paul, Quae ratio intercedat inter Lucianum et co- micos Graecorum poetas. Berlin 1883. 8. 48 p.

611. Weise, Paul, de Bacchidum Plautinae retractatione quae fertur. ibid. 1883. 8 62 p

612. Wernicke, Conrad, de Pausaniae periegetae studiis Hero- doteis. ibid. 1884. 8. 29 p.

Kleine philologische zeitung.

Ueber die ausgrabungen in Tiryns, welche im mai d. j. der erbprinz von Meiningen in begleitung des dr. Schliemann besucht hat, theilt einiges mit die Allg. ztg. nr. 132: vergl. ob. nr. 6, p. 411.

Der oben hft. 7, p. 414 erwähnte rückblick auf Heidel- berg schließt in der Allg. ztg. mit nr. 132 beil. zu nr. 136.

Der ob. hft. 7, p. 412 erwähnte bericht über die 300jäh- rige Jubelfeier der Universität zu Edinburg in der Allg. ztg. schließt mit beil. zu nr. 133. 134.

Die ob. hft. 7, p. 412 erwähnten feste zu Pompeji haben wirklich am 10. mai ihren anfang genommen: bericht über sie erstattet Allg. ztg. beil. zu nr. 138: der ertrag ist für Ischia bestimmt.

Ueber eine in Untervintel im Pusterthale entdeckte muth- maßlich römische grabstätte berichtet Allg. ztg. beil. zu nr. 144.

Hanau, 28. mai. (Römische ausgrabungen). Die schon länger im gange befindlichen ausgrabungen der römischen nie- derlassung zu Großkrotzenburg haben kürzlich mancherlei neues ergeben. So wurde in der nähe der Ziegelei zu den beiden früher gefundenen öfen jetzt ein dritter gefügt. Ferner dicht am castell an sechs stellen der limes nachgewiesen, und zwar

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konnte die existenz des grabens vorzugsweise deshalb beobachtet werden, weil derselbe mit den überbleibsein der ehemaligen Zie- gelei ausgefüllt ist. In einiger entfernung von dem castell ist dies nicht mehr der fall , und da die füllung des grabens nicht von dem gewachsenen boden unterschieden werden kann, läßt sich das grabenprofil durch querschnitte nicht mehr wahrnehmen. Allg. ztg. beil. zu nr. 151.

Das 100jährige bestehen der erziehungsanstalt zu Schne- pfenthal wurde daselbst am 3 5. juni festlich begangen : über diese feier berichtet Allg. ztg. nr. 152. 161.

(Abusina = Eining) Seit kurzem sind die ausgrabungen an der römischen lagerstadt zu Eining durch den dortigen pfarr- herrn Schreiner wieder aufgenommen. Nachdem durch die re- gierung und die kammern ansehnliche geldmittel zur Verfügung stehen , schritt der genannte mit beginn des frühjahrs zu den sicherungs- und conservirungs- arbeiten, denn schutzmaßregeln wider böse hände und Witterung hatten sich längst als die not- wendigsten dinge dringend fühlbar gemacht, waren aber bisher wegen mangel an fonds nicht ausführbar gewesen. An der schon länger beachteten großen villa , dem amtsgebäude oder casino, zu fußen des castrums wurde weiter in die tiefe gegraben und das mauerwerk vier meter unter die jetzige Oberfläche des bo- dens hinabreichend gefunden ; ferner zeigten sich die spuren ei- nes zweiten großen gebäudes, innerhalb des hauptgebäudes jene von vier monumenten. Außer den technisch interessanten an- lagen (feuerungen, badelocalen mit ganz erhaltenen wänden und mit theilweise conservirten böden aus Solnhofener platten , diese an mehreren stellen doppelt übereinander, d. h. eine neue feue- rung auf einer eingeebneten schutt- und brandschichte) kamen ganze reihen von fundgegenständen ans tageslicht: ein frauen- skelet mit krug, glasurne und thränenfläschchen, als begräbniß- beigaben , mit haarnadeln , glasperlen und armreif als schmuck ; zwei monumentüberreste : ein frauenkopf mit hübscher frisur ; ein denkstein zu ehren der Dea Fortuna Augusta Faustina mit vier- zeiliger inschrift; ferner an waffen : lanzen, pfeile, schildbuckel, münzen der kaiser Commodus, Antoninus, Gallienus, Aurelianus, Claudius •, endlich ringe , fibeln , nadeln, stifte, löffelchen, Werk- zeuge und geräthe aller art, geschirre mit und ohne Stempel der fabrikanten , ziegel mit dem zeichen der III. italischen legion und der Cohors Prima Flavia Canathenorum u. s. w. Wir freuen uns darauf , im herbst einen eingehenden bericht über den ver- lauf der diesjährigen arbeiten liefern zu können. Allg. ztg. beil. 2 zu nr. 155.

Durch das Archäologische institut in Rom wurde nach des- sen Jahresbericht untersucht die Maremmen-gegend, ferner theile von Pompeji, durch das institut in Athen die insel Samos be- reist, Pergamon besucht, ausgrabungen am Artemision auf Nord-

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Euböa veranlaßt. Daneben werden bedeutende druckwerke vor- bereitet, so die von Gerhard begonnenen etruskischen Spiegel von Klügmann und Körte, die Sammlung der römischen Sarkophage, die antiken terracotten , die Sammlung griechischer grab - reliefs, endlich die attischen karten.

Ueber weitere Schicksale der bibliothek des lord Ashburnham theilt interessantes mit Allg ztg. nr. 150.

Die nr. 5 des Jahrg. 32 (1884) des Correspondenzblattes des gesammtvereins der deutschen geschichts- und alterthums- vereine (unter redaction von E. Wörner) enthält einen aufsatz von dr. Lotz über römische Straßen und siedelungen in Frank- furts (a. M.) umgegend und zwar zunächst über die bei Bergen vorgenommenen ausgrabungen ; ferner nr. 6 von demselben über die bei dem sogenannten Kuhhornshof in Frankfurt a. M., in nr. 7 von J. Keller über ein neu aufgefundenes römisches mili- tairdiplom (befindlich in Mainz); von R. Suchier über die münzen von Bergen bei Frankfurt a. M. , von E. Bötticher über die so- genannten glasburgen am Rhein, welche mit den funden in His- sarlik (Troja) in Verbindung gebracht werden, was dem Verfasser gelegenheit gegeben , seine ansichten über Schliemann's ausgra- bungen in Hissarlik weiter zu entwickeln, s. PhAnz. nr. 3, p. 1G5.

Trachten, haus-, feld- und kriegsgeräthschaften der Völker alter und neuer zeit von Fr. Hottenroth, bd. I, mit 120 tafeln und holzschnitten, Stuttgart, Weise, wird in RAnzeig. nr. 137 kurz und lobend besprochen.

Wien, 9. juni. (Papyrus erzherzog Rainer). Tn unserem letzten berichte über den fortgang der papyrusarbeiten im k. k. Oesterreichischen museum und deren wichtigste ergebnisse waren zehn in dieser Urkundensammlung vertretene sprachen constatirt worden. Nunmehr ist eine über 200 stück (darunter 180 per- gamente) enthaltene elfte gruppe hinzuzufügen, deren documente, soweit nach den cursivischen zügen zu urtheilen ist, derselben sprach- und schriftgruppe , wie die bisher noch unentzifferten meroitisch-äthiopischen steininschriften angehören. Die zahl der hebräischen papyrus , welche die bis jetzt ältesten in der qua- dratschrift geschriebenen documente repräsentiren, ist auf 24 ge- stiegen. Unter den neuerdings gefundenen resten griechischer Schriftsteller erregen besonderes interesse die in schönster alexan- drinischer kalligraphie geschriebenen stücke von Uiasrollen , in denen sich größere theile des IL und bruchstücke aus dem I., IV., VLTI und XVII. gesange im ganzen 181 verse vor- finden. Ferner fanden sich zwei zusammengehörige fragmente eines nicht erhaltenen epos , aus denen noch so viel zu ersehen ist, daß es sich um die sage von Phineus handelt, dann ein tractat astronomischen inhalts, eine genealogische abhandlung und von der in unserem letzteren berichte erwähnten ästhetischen abhandlung neue stücke , sowie ein drittes zu den früheren ge-

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höriges Thukydides-fragment. Unter den theologischen texten sind hervorzuheben das fragment einer papyrus-rolle, welche das evangelium Matthäi enthielt und wohl in das dritte Jahrhundert zu setzen ist , und ein act , welcher eine Christenverfolgung be- trifft. Endlich sind neue Urkunden aus der zeit des Marc Aurel, Hadrian und Trajan hinzugekommen. Das bisher älteste datirte griechische stück des Faijümer-fundes liegt in der erzherzoglichen Sammlung in einer wohlerhaltenen Urkunde aus der regierungs- zeit Domitians vom jähre 94 nach Christo vor. Sodann wird noch ausführlicher über einen aus dem 30. jähr der Hedschra, d. i. 650 n. Chr. stammenden arabischen papyrus berichtet. Allg. ztg. beil. zu nr. 163.

Eine sehr beachtenswerthe besprechung der etruskischen for- schungen von W. Deeche und Pauli in neuester zeit findet sich von Gustav Meyer in Allg. ztg. beil. zu nr. 164.

Die schrift von A. Trendelenburg, die Laokoongruppe und der Gigantenfries , Gärtner , Berlin, wird ausführlich besprochen in EAnz. nr. 144. Allg. ztg. beil. zu nr. 147.

Ueber den so erfreulichen fortgang der Sammlungen für das Grimm - denkmal in Hanau berichten EAnzeig. nr. 148. Allg. •ztg. nr. 143.

Der philologische verein und das philologische seminar zu München feierten am 17. juni den einhundertjährigen geburts- tag von Friedrich Thiersch auf erhebende weise. Näheres s. in Allg. ztg. nr 169; dazu vrgl ebendas. beil. II zu nr. 154, beil. II zu nr. 165.

Die neunte aufläge der kunstgeschichte von W. Lüblce wird mit besonderer rücksicht auf die die neuesten entdeckungen betref- fenden zusätze und erweiterungen besprochen im KAnz. nr. 151.

Eine anzeige von K. Busse's wichtigem buche : „die biblische Urgeschichte" (Gießen 1883) bringt von C. H. Cornill die Allg. ztg. beil. zu nr. 161.

Die abhandlung von A. C. Bradley (professor in Liverpool) : die Staatslehre des Aristoteles, übersetzt von J. Imelmann, Berlin, Gärtner, wird im RAnzeig. nr. 175 besprochen und empfohlen.

Archäologisches aus Athen. Schliemann ist nach abschluß der ausgrabungen, welche er in Tiryns unter aufsieht des „Ephoros der alterthümer", D. Philios , und unter mitwirkung des archi- tekten Dörpfeldt unternommen hatte, nach Athen zurückgekehrt. Der wichtigste fund ist das uralte haus , dessen bau mit dem des hauses in der Odyssee durchaus übereinstimmt. Die mauern desselben, die sich an vielen stellen einen meter über dem boden erheben , bestehen aus gewöhnlichem kalkstein und lehm , der wohl durch einfluß von feuer die festigkeit von ziegeln erlangt hat, während die steine sich in kalk auflösten. An der außen- seite der mauern war an einigen stellen ein kalküberzug er- halten, auf dem sich reste von Wandmalereien fanden. Dieselben

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wurden sorgfältig abgelöst und nach Athen geschafft. Die mei- sten enthalten Ornamente , die mit den mykenäiscken und den in Spata und Menidhi gefundenen die größte ähnlichkeit be- sitzen. Besonders merkwürdig ist ein stück mit der leider nicht ganz unversehrten darstellung eines stieres, der einen reiter trägt; doch ist von letzterem nur der Schenkel völlig deutlich zu erkennen ; der reiter hält den nach vorn auf den rücken ge- wandten schweif des stieres. Das von Schliemann nur halb- vollendete werk beabsichtigt die griechische regierung demnächst fortzusetzen ; die ausgrabungen werden zu ende geführt und die noch mit erdmassen bedeckten mauern völlig freigelegt werden. Auf anordnung des Unterrichtsministers , D. S. Vulpiotis , wird die reinigung der akropolis energisch betrieben ; gleichzeitig werden die da und dort zerstreuten sculpturen gesammelt und in dem in der nähe des parthenon gelegenen museum aufgestellt werden; schon sind sämmtliche bisher in den propyläen angehäuften mo- numente und die zu anderen gebäuden gehörigen steine wegge- bracht worden, so daß die propyläen sich endlich frei und würde- voll repräsentiren. An den innenwänden derselben wurden spuren entdeckt, welche auf eine fortlaufende reihe von bänken hinweisen. Auch der zur akropolis führende aufgang und das theater des Herodes wurden gereinigt. In dieser woche soll der nordwestliche, gegen die propyläen neigende theil der tür- kischen mauer niedergelegt werden. Dörpfeldt wurde damit be- traut , zahlreiche säulen der propyläen und des erechtheion zu stützen ; desgleichen wurde ihm die leitung sämmtlicher archi- tektonischen arbeiten übertragen , welche auf der akropolis in angriff genommen werden. Man denkt auch an die gründung eines geräumigen museums am südabhange der akropolis zwischen dem asklepieion und dem modernen holzthore der akropolis. In diesem museum werden die im asklepieion gefundenen gegen- stände niedergelegt werden , sowie sämmtliche auf der akropolis gefundenen inschriften und sculpturen, mit ausnähme der thon-, erz-, bein-, glas- und holzobjecte , sowie der statuen und reliefe des parthenon und erechtheion, welche in ihrem gegenwärtigen aufbewahrungsorte , d. h. im parthenon-museum , verbleiben. Allg. ztg. beil. zu nr. 170.

Mainz, im juni. Zu den interessantesten fundstücken aus der Römerzeit gehören die militairdiplome, welche nicht gerade häufig vorkommen, wie man schon daraus ersieht, daß das Mainzer museum bis jetzt nur ein bruchstück eines solchen besaß. Diese documente bestehen aus zwei durch metallringlein verbundenen bronzetäfelcheu , und wurde ein solches neuerdings den Sammlungen des Vereins zu erforschung der rheinischen ge- schichte und alterthümer in Mainz einverleibt. Durch verglei- chung der namen der zeugen mit denjenigen der zeugen auf anderen diplomen ergiebt sich, daß das neu aufgefundene unge-

480 Kleine philologische zeitung. Nr. 9.

fähr in das jähr 90 zu setzen ist. Der besitzer desselben hieß Mucapor und gehörte derselbe dem heere der Germania superior an. Allg. ztg. beil. zu nr. 170.

In Augsburg veranstaltete ausgrabungen haben abgesehen von einigen römischen münzen, tief liegendes altes Straßenpflaster zu tage gefördert , über dessen Ursprung bestimmtes sich noch nicht hat ausmachen lassen. Allg. ztg. beil. II zu nr. 176.

Dessau. Zu der XXXVII. Versammlung deutscher philologen und Schulmänner, welche von Mittwoch 1. bis Sonnabend 4. Oktober d. j. in Dessau stattfinden wird, ladet das präsidium, schulrath dr. G. Krüger in Dessau und gymnasialdirector G. Stier in Zerbst alle fach- und berufsgenossen durch ein ausführliches im juli d. j. versandtes programm ein: aus demselben erwähnen wir, daß für die einzelnen Sektionen die vorbereitenden ge- schäfte übernommen haben : 1. für die philologische (kri- tisch-exegetische) professor dr. Dittenberger in Halle ; für die a r- chäologische hofrath professor dr. Gaedechens in Jena; 3. für die orientalische professor dr. Wellhausen in Halle; 4. für die germanisch -romanische geh. hofrath professor dr. Zarncke in Leipzig; 5. für die neusprachliche professor dr. Lambeck in Köthen ; 6. für die mathematisch-naturwis- senschaftliche professor dr. Buchbinder in Schulpforta ; 7. für die pädagogische oberschulrath Rümelin in Dessau: daß ferner für die allgemeinen Sitzungen folgende vortrage angemeldet sind: 1. Professor dr. von Brunn in München: „Me- dusa". 2. Professor dr. Conze in Berlin: „Ueber den stand der Pergamenischen arbeiten". 3. Professor dr. Gerlach in Dessau : ,,Das Dessauer philanthropin in seiner bedeutung für die re- formbestrebungen der gegenwart". 4. Professor dr. Gosche in Halle: „Gedächtnisrede auf Richard Lepsin s" ; für die philo- logische Sektion: dr. phil. Hanssen in Leipzig : „Ueber die so- genannten ky kuschen versfüße".

K. L. von Urlichs. Vor nicht gar langer zeit konnten wir zu unserer genugthuung an dieser stelle (PhAnzeig. XI, 10, p. 530) der Verdienste gedenken , welche professor und hofrath Karl Ludwig von Urlichs sich als gelehrter und lehrer erworben und zugleich von der anerkennung , die , wie es sich gebührt, ihm dafür zu theil geworden , wenn auch nur kurz berichten. Jetzt muß zu unserer freude dasselbe geschehen: denn am 2. august war dem ausgezeichneten manne vergönnt, die feier sei- nes 50jährigen doctor-jubiläums zu begehen, eines festtags, welchen seine zahlreichen freunde und schüler nicht vorübergehen ließen, ohne von ihrer pietät und Verehrung gegen den hochverdienten alterthumsforscher zeugniß abzulegen. Von den dem Jubilar dargebrachten huldigungen heben wir die ihm im auftrage des akademischen Senates , ferner der philosophischen facultät zu Würzburg überreichten lateinischen glückwunschadressen , das

Nr. 9. Kleine philologische zeitung. 481

seine erneuerung in classischer form begründende doctordiplom seitens der philosophischen facultät zu Bonn sowie das beglück- wünschungsschreiben hervor, welches die philosophische facultät der Universität Breslau dem gefeierten gelehrten übersandte; der abt und convict des Benediktinerklosters zu St. Stephan in Augs- burg sowie die mitglieder des Würzburger philologischen Semi- nars ließen gleichfalls prächtig ausgestattete lateinische adressen, die philologisch - historische gesellschaft zu Würzburg, welcher Urlichs grade in diesem jähre präsidirt , eine Sammlung ihrer bisherigen wissenschaftlichen publicationen überreichen. Das hu- manistische gymnasium zu Würzburg widmete dem Jubilar die von dem studienlehrer Weber verfaßte festschrift „Leben und wirken des bildhauers Dill Riemenschneider". Die zahlreichen in die praxis hinausgetretenen Urlichsschüler, die ihrer mehrheit nach in Bayern, in erheblicher anzahl aber auch in den übrigen Staaten des reiches als gymnasial- und Universitätslehrer thätig sind, brachten ihrem lehrer eine gemeinsame huldigung dar, in- dem sie durch eine deputation eine poetische widmung , sowie eine von einem lorbeerkranze umrahmte büste der Aphrodite von carrarischem marmor überreichen ließen , die letztere die künstlerisch ausgeführte nachbildung des anmuthvollen antiken Aphroditekopfes , welcher vor wenigen monaten am fuße der akropolis in Athen gefunden wurde. Aus dem kreise seiner schüler erhielt der Jubilar außerdem eine festschrift aus dem gebiete der indischen philologie von Seiten dr. Führer's , pro- fessors des sanskrit in Bombay, sowie Ad. Eußner's und N. Weckleins im druck begriffene ausgaben des Sallustius und Ae- schylus dedicirt. Neben diesen glänzenden äußerungen der liebe und Verehrung müssen wir die das gleiche bezeugenden zahl- reichen glückwunschschreiben und telegramme der freunde von nah und fern erwähnen, deren betrachtuug unwillkürlich veran- laßt, den lebensgang des gefeierten gelehrten und seine bedeu- tendsten wissenschaftlichen leistungen hier freilich nur in gebotener kürze zu skizzieren. Ludwig v. Urlichs ist am 9. nov. 1813 zu Aachen geboren, wo er auch seine gymnasial-studien machte ; 1829 1834 studierte er auf der Universität zu Bonn, habilitirte sich nach längerem aufenthalte in Rom 1840 an derselben Univer- sität und wurde daselbst 1844 zum außerordentlichen professor der philologie ernannt. Im jähre 1847 folgte er als nachfolger Otto Jahn's einem rufe an die Universität Greifswald, von wo er im jähre 1855 nach Würzburg übersiedelte. Seine litterarische thätigkeit eröffnete die als inaugural - dissertation eingereichte Sammlung der fragmente des Achaeus (1834), an welche sich beitrage zur archäologie und topographie der Stadt Rom an- schlössen ; zum theil in den publicationen des archäologischen instituts veröffentlicht, traten Urlich's topographische forschungen in scharfen Widerspruch gegen die aufstellungen Becker's (Be-

482 Kleine philologische zeitung. Nr. 9.

Schreibung Roms. Ein auszug aus der beschreibung der Stadt Rom von Ernst Platner und Urlichs 1845, Römische topographie in Leipzig 1845) und fanden ihren abschluß in dem Codex urbis Romae topographicus (1871). Aus einer eingehenden beschäfti- gung mit der Naturalis historia des Plinius gingen höchst werthvolle beitrage für das verständniß dieses schwierigen Schriftstellers hervor, zunächst die Vindiciae Plinianae (I. II, 1853 66), eine echt philologische leistung bedeutendster art, vorzugsweise auf die reinigung des textes gerichtet; dann die Untersuchung über die quellenregister zu den letzten büchern des Plinius (1878) sowie die Chrestomathia Pliniana (1857); das interesse für die Schriften des Tacitus bekundete sich in der vortrefflichen ausgäbe des Agricola (1875), sowie in den Commentationes de vita et honoribus Agricolae (1868) und de vita et honoribus Taciti (1879). Eine lange reihe von philologischen abhandlun- gen ist in den verschiedenen deutschen Zeitschriften, namentlich in der von Urlichs mit Stark, v. Jan und v. Bäumlein gemeinsam redigirten „Eos" (Jahrgang I. II, 1864. 1866) publicirt worden. Von den äußerst zahlreichen abhandlungen und Schriften kunst- archäologischen «dnhaltes, welche zum theile in den Veröffentli- chungen des archäologischen instituts, theils als Universitäts-pro- gramme und als jährliche festprogramme zur Stiftungsfeier des Wagner'schen kunstinstituts zu Würzburg und endlich auch als selbstständige schritten erschienen , heben wir hervor : Skopas leben und werke (1863), Die glyptothek in München (1867), Ueber die gruppe des Pasquino (1867), Die anfange der grie- chischen künstlergeschichte (1871 72), Die maierei in Rom vor Caesar (1876), Ueber den olympischen tempel und seine bild- werke (1877), Griechische statuen im republikanischen Rom (1880), Das hölzerne pferd (1881); diese von umfassendster gelehrsam- keit zeugenden Schriften verdanken ihre überraschenden und si- chern resultate vorzugsweise der in ihnen befolgten trefflichen auf Vereinigung philologischen und kunstarchäologischen Studiums beruhenden methode, einer Vereinigung, die zum unverkennbaren nachtheil der Wissenschaft unter den archäologen neueren ge- präges mehr und mehr zu schwinden beginnt: möge der blick auf das wirken des hier gefeierten auch dazu dienen, das ar- chäologische Studium bei uns auf der richtigen bahn zu erhalten. Aber so zahlreich und bedeutend diese leistungen auch sind, noch auf anderen gebieten zeigt unser Jubilar seine meisterschaft. Der römischen und griechischen geschichte sind die beiden scharf- sinnigen epigraphischen Studien : Die schlacht am berge Grau- pius (1882) und Pergamenische inschriften (1883) zu gute ge- kommen. Auch als forscher auf dem gebiete der deutschen litteratur hat Urlichs sich einen namen zu machen gewußt; wir verdanken ihm die erstmalige herausgäbe und bearbeitung des schriftstellerischen nachlasses von Schiller's gattin (Charlotte von

Nr. 9. Auszüge aus Zeitschriften. 483

Schiller und ihre freunde. 3 bde (1860 1865), die herausgäbe von Goethe's briefen an Johanna Fahimer (1875) und der „Briefe an Schiller" (1878) sowie werthvolle aufsätze zur Goethe - for- sch ung in Geiger's Goethejahrbuch (bd. 1 ff. 1880 ff.). Daneben hat Urlichs als akademischer lehrer äußerst anregend und er- folgreich gewirkt, und muß insonderheit für Würzburg seine be- rufung als der ausgangspunkt eines neuen und nachhaltigen auf- schwunges der philologischen und archäologischen Studien gelten; das aesthetisch- archäologische kunstinstitut zu Würzburg, dessen conservator v. Urlichs war, hat seiner initiative neben manchen andern werth vollen erwerbungen namentlich den ankauf der kostbaren Feoli'schen vasensammlung zu danken. Mit recht hat die Bonner philosophische facultät der ebenso vielseitigen wie tiefgehenden wissenschaftlichen thätigkeit des noch heute in un- ermüdeter geistesfrische wirkenden gelehrten ihre volle und ganze anerkennung in folgenden schönen Worten des oben erwähnten erneuten doctordiploms ausgesprochen : studiorum veteris Graeciae atque Italiae cum insigni decore veterano, qui ad hunc usque diem antiquitatis thesauros studiosis iuvenibus recludens tanquam aliquis Musarum sacerdos sanctam illam Promethei scintillam , qua ipse ab initio aetatis incaluit, in illorum pectora transfudit et ad vivas flam- mas excitavit, qui siugulari ingenii felicitate per totum studiorum suo- rum cursum hoc semper quasi proprium sibi tenuit, ut cum summa doctrinae copia et operoso eruditionis apparatu iudicii elegantissimi et limatissimi decus coniungeret, qui fructuosissimo consortio artis an- tiquae operum et scriptorum antiquorum interpretationem consociavit. Hoffend in nr. 12 noch einiges nachtragen zu können, schließen wir jetzt mit dem wünsche, daß der jugendfrische „Nestor unter den archäologen" der akademischen Wirksamkeit und der alter- thumsforschung noch lange hinaus erhalten bleiben möge !

Auszöge aus Zeitschriften.

Deidsche litteraturzeitung hrsg. von Max Roediyer, 1883, nr. 49: Delectus inscriptionum Graecarurn propter dialectum meinorabiliun). Iterum composuit Paulus Cauer. Leipzig, Hivzel 1883. 8. XVI, 365 p. 7 nik. F. Blaß. Seh. Dehner, Hadriaui reliquiae. Part I. Diss. Bonn 1883. 8. 46 p. Otto Secck. Otto Benndorf, griechische und sicilische vasenbilder. IV. (schluß-)lief. Berlin, Guttentag 1883. fol. p. 99— 102. tat'. 36-61. 50 mk. Georg Treu.

No. 50. Äri&tophanis Thesroophoriazusae rec. Ad v. Weisen. Leip- zig, Tenbner 1883. 8. 88 p. 2 mk. Aristophanis Pax Annotatione critica commentario exegetico et scholiis graecis instr. Frd. M. H. Blaydes. (Comoediae V). Halle, Waisenhaus 1883. 8. XVI, 330 p. 6 mk. Chr. Clasen , historisch-kritische Untersuchungen über Ti- maios von Tauromenion. Kiel, Lipsius u. Tischer 1883. 8. 98 p. 2 mk. 40 pf. Holm.

No. 51. Aristofelis quae fernntur Magna Moralia recogn. Franc. Susemihl. Leipzig, Teubner 1883. 8. XIX, 126 p. 1 mk. 20 pf. E. Hettz. Aug. Mommsen, Chronologie. Untersuchungen über das ca-

484 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 9.

lenderwesen der Griechen insonderheit der Athener. Leipzig, Teubner 1883. 8. VIII, 532 p. 14 mk. W. Soltau.

No. 52. Alcimi Ecdidii Aviti Viennensis episcopi opera quae su- persunt rec. Rud. Peiper (Monumenta Germaniae historica. Auetor. antiq. vol. VI, 2). Berlin, Weidmann 1883. 4. LXXVI, 376 p. 12 mk. /. Huemer. Carl Lud. Roth, römische geschiente nach den quellen. In 2. neu bearb. aufl. hrsg. v. Ad. Westermayer. 1. theil: von der gründung der stadt bis zur Stiftung des ersten triumvirats. Mit 15 Originalabbild. Nördling, Beck 1884. 8. XII, 388 p. 5, 20 p. F. J. Brockmann, System der Chronologie etc. Stuttgart, Encken 1883. 8. VII, 102 p. 3 mk. Matzat. August Mau , geschichte der dekora- tiven Wandmalerei in Pompeji. Berlin, Reimer 1882. 8. XII, 462 p. Tafelmappe 21 färb. 9 lichtdrucktafeln, fol. 54 pf. C. Robert.

1884. No 1 : J. Rendel Harris, New Testament Autographs. Baltimore 1882. 8. 54 p. 50 cts. (Suppl. to the American Journal of philol. Vol. III, no. 12). Joh. Müller, der stil des älteren Pli- nius. Innsbruck , Wagner 1883. 8. XI, 158 p. 4 mk. Urlichs. H. Jordan, Marsyas auf dem forum in Rom. Berlin, Weidmann 1883. 8. 30 p. 1 mk. 60 pf. A. Fränkel, die quellen der Alexander- historiker. Ein beitrag zur griech. litteraturgeschichte und quellen- kunde. Breslau, Kern 1883. 8. VIII, 471 p. 12 mk. Adolf Bauer. E. Lbwy, Untersuchungen zur griechischen künstlergeschichte. Wien, Gerolds söhn 1883. 8. 117 p. (Abhandl. des archäol. - epi- graph. seminars der univ. Wien. IV). Fr. v. Duhn. Maxim. Marie, Histoire des sciences mathematiques et physiques. Tomel: de Thaies a Diophante. Tome II: De Diophante a Viete. Paris, Gauthier- Vil- lars 1883. IV, 283, 315 p. 12 fres. M. Curtze.

No. 2. Aug. Gott/r. Engelbrecht, Studia Terentiana. Wien, Ge- rolds söhn 1883. 8. 90 p. 3 mk. F. Leo.

No. 3. M . Erdmann , zur künde der hellenistischen städtegrün- dungen. Straßburg i. E., Heitz 1883. 4. 30 p. R. Bohn.

No. 4. D. Magni Ausonii opuscula rec. C. Schenkt. (Monumenta Germaniae historica Auct. -antiq. V., II). Berlin, Weidmann 1883. 4. LXIV und 302 p. 10 mk. F. Seiler. G. F. Hertzberg, ge- schichte des röm. kaiserreichs. Mit illustrat. (Oncken's allgem. ge- schichte in einzeldarstellungen. II. haupt-abh. 1. bd.). Berlin, Grote 1881. 892 p. 8. 18 mk. und H. Schiller, geschichte der römischen kaiserzeit. 1. bd., 1. abth.: von Caesar's tode bis zur erhebung Ve- spasians. Gotha, F. A. Perthes 1883. VIII, 980 p. 18 mk. Otto Seeck.

No. 5. Th. Bergk, griechische litteraturgeschichte. II. bd. Aus dem nachlasse hrsg. v. Gustav Hinrichs. Berlin, Weidmann 1883. 8. XI, 544 p. 8 mk. F. Blaß.

No. 6. David S. Margoliouth, Studia scenica. Part I, sect. 6: Introductory study on the text of the greek drama's The text of Sophocles Trachiniae 1 300. London, Macmillan und co. 1883. 8. 44 p. Joh. Gilbert, Meletemata Sophoclea. Leipzig 1883. 8. 38 p. Diss. A. E. Schönbach.

No. 7. Edu. Ruete, die correspondenz Cicero's in den jähren 44 und 43. Marburg, Elwert 1883. 8. 122 p. 2 mk. 40 pf. (Straßb. Diss.). A. Holm. Commentationes philologae lenenses edd. Semi- narii philol. Ienensis professores. Vol. II. Leipzig, Teubner 1883. 8. 327 p. 6 mk. W. Dittenberger.

No. 8. Sammlung der griechischen dialektinschriften von F. Bechtel, A. Bezzenberger, F. Blaß, W. Deecke , A. Fick, G. Hinrichs, R. Meister hr9g. v. H. Collitz. Goettingen, Peppmüller 1883. 8. I: Die griechisch-kyprischen inschriften in epichorischer schrift v. Wilh. Deecke. Text u. Umschreibung mit einer schrii'ttafel. 80 p. 2mk. 50 pf.

Nr 9 Auszüge aus Zeitschriften. 485

IL Die äolischen inschrif'ten von Fritz Bechtel. (Anhang die gedichte der Balbilla von H. Collitz). Die thessalischen inschriften von Aug. Fick. p. 81 143. 2 mk. W. Ditte.nberger. Fr. Hallet, quaestio- nes Propertianae. Göttingen, Calvör 1833. 8. Diss. K. Schenk!,. J. A. Hiid, la legende d'Enee avant Virgile. Paris, Leroux 1883. 8. 95 p. H. Dunger. Karl Wilh. Nitzsch , geschiente der römischen republik, l.bd.: bis zum ende des Hannibalischen krieges. Mit einer einleitung: überblick über die geschichte der geschichtsschreibung bis auf'Niebuhr und einen anhang: zur römischen annalistik. Nach hinter- lassenen papieren zu Vorlesungen hrsg von Georg Thouret. Leipzig, Duncker u. Humblot 1884. X, 203 p. 8. 4 mk." H. Nissen. Ad. Michaelis, ancient marbles in Great Britain described. Translated from the German by C. A. M. Fenne 11 edited for the Syndics of the univ. preß. Cambridge, Univ. preß 1882. XXVI, 834 p. 8. 42 mk. No. 9. Leo Heyer, vergleichende grammatik der griechischen u. lateinischen spräche. 1. bd. 2. hälfte 2. aufl. Berlin , Weidmann 1884. p. 641-1270. 8. 9 mk. Joh. Schmidt. L. Preller, römi- sche mythologie. 3. aufl. von H. Jordan. 2. bd. Berlin, Weidmann

1882. 1883. 8. XII, 455 u. XI, 490 p. 10 mk. Aug. Reifer scheid.

Du Cunge, Glossarium mediae et infimae latinitatis dig. G. A. L. Henschel. Edit. nova aueta pluribus verbis aliorum seriptorum a Leo- pold Favre. Tomel. Niort, Favre 1883. 4. LXXV,802p. 33,60 mk. Karl Zentner.

No. 10. Günther Alexander E A Saalfeld, der Hellenismus in Latium. Culturgeschichtliche beitrage zur beurtheilung des klassischen alterthums an der hand der Sprachwissenschaft. Wolfenbüttel, Zwißler

1883. 8. VII, 281 p. 8. 6 mk. Blümner. Friedr. Hultsch, grie- chische und römische metrologie. 2 bearb. Berlin, Weidmann 1882. 8. XII, 745 p. 8 mk. Leop. Löwenherz. Victor Duruy, Histoire des Romains depuis les temps les plus recules jusqu'ä l'invasion des barba- res. Nouvelle ed. revue augmentee et enrichie d'environ 3000 gravu- res dessinees d'apres l'antiqne et 100 cartes et plans t.5. Hadrian, Antonin, Marc Aurele et la societe romaine dans le haut empire. Paris, Ha- chette 1883. 4. 814 p. 25 fres. Bormann. Moritz Voigt, die XII tafeln geschichte und System des civil- und criminalrecbts wie -pro- zesses der XII tafeln nebst deren fragmenten. Bd. I: geschichte und allgemeine juristische lehrbegriffe der XII tafeln nebst deren frag- menten. Bd. II : das civil- und criminalrecht der XII tafeln. Leip- zig, Liebeskind 1883. 8. XII. 859, X, 845 p. 30 mk. Burckhard.

No. 11. J. Schrammen, über die bedeutung der formen des ver- bum. Heiligenstadt, Delion 1884. 8. 143 p. 2 mk. Martin Schanz. - Ioannes Iiherg , Studia Pseudippocratea. Leipzig 1883. 8. 63 p. Dies. Lw Müller. Walter Gilbert, ad Martialem quaestiones criti- cae. Dresden, königl. gymn. progr. 1883. 4. 26 p. K. Schenk!. Herrn. Dierks, de tragic.orum histrionum habitu scaenico apud Graecos. Göttingen, Calvör 1883. 8. 51 p. 1 mk. 20 pf. B. Büchse?ischütz.

Scnpturae Graecae speeimina in usum scholarum colleg. et explic. Gull. Watienhach. Libri cui inscriptnm erat: „Schrifttafeln zur ge- schichte der griechischen schrift" editio altera. Berlin, Gi'ote 1883. fol. 17 p. text u. 30 taff. 4 mk. W. Diüenherger.

No. 12. Aug Blau, de Aristarchi diseipulis. Jena, Cohen 1883. 8. 78 p. 1 mk. 20 p. G. Hinrichs -- Max Müller, das Jagdwesen der alten Römer und Griechen etc. München 1883. 8. 104 p. B. Büchsenschiitz. L Hing berichtet in den mittbeilungen über Schlie- manns ausgrabungen auf dem Marathoni«chen schlachtfelde.

No. 13. Alexandrini Aristotelis analyticorum priorum librum I. commentarium ed. Maxim. Wallies. Berlin , Reimer 1883. 8. XXII,

Philol. Anz. XIV. 33

486 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 9.

426 p. 14 mk. E. Heitz. Jebb, R. C, die reden des Thukydides. Autor, übers, von J. Imelmann. Berlin, Weber 1883. 65 p. 8. 1,60 mk. A. Reifer scheid. Joh. Em. Kirchner, de litis instrumentis quae extant in Demosthenis quae fertur in Lacritum et priore adversus Stephanuin orationibus. Halle, Diss. 1883. 8. 42 p. Karl Reinhardt.

No. 14. Carl Pauli, altitalische studien. 2. heft mit 5 tafeln. Hannover, Hahn 1883. 8. 148 p. 8 mk. H. Jordan. Xenophontis institutio Cyri rec. et praef. est Arn. Eng. Ed. maior. Leipzig, Teubner 1882. 8. C, 344 p. 1 mk. 50 pf. K. Einehe.

No. 15. Max Jahns, Caesars Commentarien und ihre litterarische und kriegswissenschaftliche folgewirkung. Berlin, Mittler u. s. 1883. 8. 44 p. 80 pf. W. Dittenberger. Washietl, Joh. Andr., de simi- litudinibus imaginibusque Ovidianis. Wien, Gerolds söhn 1883. 8. VI, 193 p. 6 mk. F. Leo. Numismatisches Litteraturblatt hrsg. von M. Bahrfeldt. Bd. I. II. Stade 1880— 83. VI, 206 p. 3mk. Bannenberg.

Literarisches centralblatt für Deutschland. Herausgeber und ver- antwortlicher redacteur prof. dr. F. Zarncke, 1884, no. 14. Schum, Wilh. , Exempla codicum Amplonianorum Erfurtensium saeculi IX —XV. Mit 55 abbildungen auf 24 bl. Berlin, Weidmann 1883. fol. 28 p. 20 mk. W. A(rndt). Porphyrii quaestionum Home- ricarum ad Iliadem pertinentium reliquias. Collegit dispos. edidit Herrn. Schrader. Fase. II. Lipsiae 1882, Teubner. p. 183—496. 8. 10 mk. Gr. Hohinger , C. v. , über die parepigraphae des Aristophanes. Eine scholienstudie. Wien , Mayer 1883. 8. 61 p. (A. von Eamber)g. Warton, Edw. Ross, etyma graeca. An etymo- logical lexicon of classical greek. London, Rivingtons 1882. 8. XVI, 167 p. *. e. Xenophontis institutio Cyri. Rec. et praef. Arnoldus Hug. Leipzig, Teubner 1883. 8. XCX, 344 p. 1 mk. 50 pf. B{laß). Marx, Ant. , hülfsbüchlein für die ausspräche der lateinischen vocale in positionslangen silben. Mit einem vorwort v. Fr. Bücheier. Berlin 1883, Weidmann. XII, 80 p. 2 mk. 40 pf Cl.

No. 15. Lenel, Otto, das edictum perpetuum. Ein versuch zu dessen Wiederherstellung. Leipzig, Tauchnitz 1883. 8. XXIV, 455 p. 16 mk. K.

No. 16. Sophokles the plays and fragments with critical notes commentary and translation in english prose by R. C. Jebb. Part I: The Oedipus Tyrannus. Cambridge, University Preß 1883. 8. XCVIII, 327 p. 15 mk. H. St.

Rheinisches museum , XXXIX. bd. 2. heft: Ueber entelechie und endelechie. Von R. Hirzel, p. 169. Ueber die syrischen kriege der ersten Ptolemaier und den bruderkrieg des Seleukos Kallinikos und Antiochos Hierax. Von F.Koepp, p.209. Zur textkritik der scho- liasten ciceronischer reden I. Von Th. Stangl, p. 231. Zur finanz- geschichte Athens (schluß). Von F. Beloch , p. 239. Zu den be- richten des Polybius und Livius über die Schlacht am trasimenischen see. Von G. Faltin, p. 260. Coniectanea. Scripsit F. Buecheler, p. 274. Exegetisch-kritische anmerkungen zu den fragmenten des Antigonos von Karystos. Von U. Koehler, p. 293. Miscellen: Der tod des Kratinos. Von Th. Zielinski, p. 301. Zu Thucydides und Diodor und Herodian. Von J. W. Stahl, p. 307. Zur frage über die glaubwürdigkeit der in den Demosthenischen reden einge- legten Urkunden. Von J. E. Kirchner, p. 309. Zu Musonius und Sotion. Von H. Heylbnt, p. 310. Zu den Aristoteles-commentaren. Von demselben, p. 312. Ueber die Überlieferung von Ovid's libellus de medicamine faciei. Von M. Schanz, p. 313. Glossa. Scripsit O. R., p. 315. Oskische inschrift. Von F. B., p. 315. Der gol- dene fisch von Vettersfelde. Von V. Gardthausen, p. 317.

Nr. 9. Literatur. 487

Literatur 1884,

(dem Philologus und PhAnzeiger zugesandt).

Müller, Herrn. Friedr., dispositionell zu den drei ersten enneaden des Plotinos. Bremen, Heinsius 1884. 8. 102 p.

P. Ovidii Nasonis Fasti schol. in usum ed. Otto Güthling. Lipsiae 1884. 8. XXIV, 141 p.

Tacitus, die historien des. Erstes und zweites buch für d. schul- gebrauch erkl. von Ignaz Prammer. Wien 1883, A. Holder.

Jebb, R. C, die reden des Thukydides. Autorisierte Übersetzung von J lmelmann. Berlin, W. Weber 1883. 8. 64 p.

Hirzel, Rud., Untersuchungen zu Cicero's philosophischen Schriften. III. tbeil : Academica priora Tusculanae disputationes. Leipzig, S. Hirzel 1883. 8. 576 p.

Müller, Lucian, Quintus Ennius. Eine einleitung in das studium der römischen poesie. St. Petersburg, C. Ricker 1884. 8. IX, 313 p.

Bergk, Theod., fünf abhandlungen zur geschiebte der grieebischen Philosophie und astronomie hrsg. von Oust. Hinrichs. Leipzig, Fues (R. Reisland) 1883. 8. VI, 189 p.

Zeller, Eduard, grundriß der geschichte der griechischen philoso- phie. Leipzig, Fues (Reisland) 1883. 8. X, 316 p.

Cruindmeli sive Fulcharii ars metrica. Beitrag zur geschichte der karoling gelehrsamkeit, hrsg. v. J. Huemer. Wien 1883, Holder. 8. VIII, 52 p.

Bergk, Theod., kleine philologische schritten hrsg. von Rud. Pepp- müller. Bd. 1 : zur römischen litteratur. Mit Bergk's bildniß. Halle a. S., Waisenhaus 1884. 8. XXXII, 819 p.

Avian's fabeln ins deutsche übers, im metrum des Originals von V. Raben. 23 p. Progr.

Ranke, Leop. von, Weltgeschichte. Vierter theil: das kaiserthum in Constantinopel und der Ursprung romanisch - germanischer könig- reiche. Abth. I— II. Erste bis dritte aufl. Leipzig, Duncker u. Hum- blot 1883. 8. 445, 368 p. 20 mk.

Furtivängler, A., der goldfund von Vettersfelde. 43. programm zum Winckelmannsfeste. Mit drei tafeln. Berlin 1883, G. Reimer. 4. 52 p.

Hoffmann , Emanuel , studien auf dem gebiete der lateinischen syntax. Wien, Konegen 1884. 8. 134 p.

U anay ;ai gy »oj, /Z. N. , tnixotatg ir/g 2nvoi,o*. fl. Aä/ungov ixdö- Cfwg iov Mi/tiql. 'Axofj.i.vttiov . ,A&rtvrj<si,v 1883. 8. 176 p.

Sophocles the plays aDd fragments with critical notes commen- tary and translation in english prose by R. C. Jebb. Parti: the Oe- dipus Tyrannus. Cambridge, University Press 1883. 8. XII, 327 p.

Chroniron P avium rec. et praef. est Joh. Flach. Accedunt Ap- pendix chronicorum reliquias continens et marmoris speeimen partim ex Seldeni apographo partim ex Maassii ectypo descriptum. Tubingae, Fr. Fues 1884. 8. XVII, 44 p. 2 taff. 2 mk. 40 pf.

Bursian, Conrad, geschichte der classischen philologie in Deutsch- land. München, Oldenbourg 1883. 8.

Transaclions of the Cambridge philological Society. Vol. II for 1881-1882 edited by J. P. Postgate. London, Trübner 1883. 8.

Loeschke, G., de Pausaniae descriptione urbis Athenarum quaestio- nes. Dorpat 1883. 4. 26 p.

Siebeck, Herrn., geschichte der psychologie. Erster theil. Abth. II: die psychologie von Aristoteles bis zu Thomas von Aquino. Gotha, Perthes 1884. 8. 231 p.

Meyer, Wilh., über die beobachtung des wortaccentes in der alt- lateinischen poesie. München, akademie 1884. 4. 119 p.

488

Literatur.

Nr. 9.

Schiller, Hermann, nekrolog auf Willi. Clemm. Berlin, Calvary u. co. 1884. 8.

Richter, Rieh., nekrolog für Conrad Bursian. Berlin, Calvary u. co. 1884. 8.

Christ, W. , zur Chronologie des altgriechischen epos. (Separat- abdr. aus den Münchner sitzungsber.). München 1884. 8. 60 p.

Lübbert, Ed., Prolusio in Pindari locuru de Ludis Pythiis Sicyoniis. Bonn 1884. 4. 22 p.

Gaumitz, Herrn., zu den Bobienser Ciceroscholien. Dresden 1884 4. 30 p.

Cohn, Leop., Untersuchungen über die quellen der Platoscholien. Leipzig, Teubner 1884. 8. (p. 771—864).

Tuciti , P. Cornelii, opera qnae supersunt ad fideoi codicurn Me- diceorum ab Io. Georg. Bauer o denuo excussorum ceterorumque op- tiraorum librorum rec. atque interpretatus est Io. Casp. Orellius. Vol. II. Germania dialogus de claris oratoribus. Agricola Historiae. Editionem alteram enraverunt, H. Schweizer- Sidler , G. Andresen , C. Meiser. Fascic. IV. Historiarum liber I ed. C. Meiser. Berolini, Calvary u. söhn 1884. 8.

Cornelii Nepotis vitae scholarum in usum rec. et emendavit An- dreas Weidner. Lipsiae, Frey tag 1884. 8.

Schröder, Herrn., Quaestionum Peripateticaruni particula. Ham- bnrg 1884. 4. (Jubiläumsschrift). 11 p. 4.

Evers , E., das emporkommen der persischen macht unter Cyrns (nach den neuentdeckten inschriften). Berlin , Gaertner 1884. 4. (Progr. d. Königsstädt. realgymn.).

Det/efsen, D., Untersuchungen zu den geographischen büchern des Plinius. I: die Weltkarte des M. Agrippa. Glückstadt 1884. 4. 17 p.

Großmann, W. , de particulis ne . . . quidem. Particula I. Al- lenstein 1884. 4. 28 p. u. tabelle.

Benicken, H. K., die litteratur zum sechsten liede vom zorne des Achilleus im sechsten und siebenten buche der homerischen Ilias Theil II. Rastenburg 1884. 4. 22 p.

Kallenberg , H. , Commentatio critica in Herodotum. Berlin, Gaertner 1884. 4. 28 p

Madvig, J. N., syntax der griechischen spräche besonders der at- tischen sprachform. 2. verb. aufl. Braunschweig 1884. 4.

Roh de , Dietericus, Adiectivum quo ordine apud Caesarem et in Ciceronis orationibus coniunetum sit cum substantivo. Hamburg 1884. 4. 18 p.

Bruncke, Herrn., die rangordnung der centurionen. Wolfenbüttel 1884. 4. 29 p.

Ioannes Stobaeus, Anthologii libri duo priores qui inscribi solent eclogae physicae et ethicae, rec. Curtius Wachsmuth. Volumen I. II. Berolini, Weidmann 1884. 8. XL, 502 p. 332 p.

Saalfeld, Günther Alexander E. A. , die lautgesetze der griechi- schen lehnwörter im lateinischen nebst hauptkriterien der entlehnung. Leipzig, Winter 1884. 8. 131 p.

Gizycki, Paul von, einleitende bemerkungen zu einer Untersuchung über den werth der naturphilosophie des Epiknr. Berlin 1884. 4. 26 p.

Bachmann, Ottomar, lexici Aristophanei speeimen composuit. Frankfurt a. d. 0. 1884. 4. 18 p.

Meyer, F., de personificationis quae dicitur usu Taciteo. Goet- tingen 1884. 4. 29 p.

Caesar, J., Additamentura disputationis de Aristide Quintiliano. Marburg 1884. 4. V p.

Nr. 10. 11. Oktober. November 1884.

Philologischer Anzeiger.

Herausgegeben als erganzung des Philologus

von

Ernst von Leutseh.

86. Leo Meyer, vergleichende grammatik der griechi- schen und lateinischen spräche. Erster band. Erste hälfte. 2. aufl. Berlin, Weidmannsche buchh 1882. 8. VI, 640 p. 9 mk.

Zwischen dem erscheinen der ersten aufläge des 1. bandes von Leo Meyers vergleichender grammatik und dem der ersten hälfte desselben bandes in zweiter aufläge liegen volle einund- zwanzig jähre, jähre, die in der entwickelung der Sprachwissen- schaft von der weitgehendsten bedeutung gewesen sind. Unwill- kürlich drängt sich da die frage auf: hat es der Verfasser ver- standen , nicht nur die mannichfachen mängel der ersten aufläge zu beseitigen, sondern auch die zweite aufläge dem gegenwärtigen stände der Sprachwissenschaft entsprechend zu gestalten? Ich fühle mich außer stände, diese frage in bejahendem sinne zu be- antworten. Es läßt sich zwar nicht leugnen, daß die zweite aufläge gegen die erste , wie sie an äußerem umfange zugenommen 316 seiten lautlehre der früheren gegen 571 der jetzigen , so auch in der darstellung des Stoffes manche Veränderungen und Verbesserungen aufzuweisen hat , aber trotz alledem ist der grundton derselbe geblieben. Es läßt sich aber derselbe in be- zug auf die lautlehre denn die wenigen seiten, die in dieser ersten hälfte bereits den „Wörtern" gewidmet sind, mögen späterer besprechung vorbehalten bleiben als mangel an echt wissenschaftlicher darstellung charakterisieren. Denn von der Verbin- dung der Sprachwissenschaft mit der lautphysiologie, die für die er- kenntnis des wesens der laute selbst sowie für die aufstellung der lautgesetze geradezu unentbehrlich ist, tritt in dem ganzen werke so gut wie nichts entgegen, sondern es enthält in der hauptsache Piniol. Anz. XIV. 34

490 86. Grammatik. Nr. 10.

nur eine rein äusserliche , trockene statistische , weder gut ge- ordnete, noch vollständige aufzählung der lauterscheinungen bei- der sprachen. Daher scheint mir Leo Meyers werk weder ein geeignetes nachschlagebuch für den gelehrten zu sein schon der mangel fast aller citate ist höchst störend , noch auch passend den jünger der Sprachwissenschaft in dieselbe einzuführen und anzuleiten und zu selbständigen Studien anzuregen.

Ein hauptmangel des Werkes scheint mir ferner darin zu liegen , daß Leo Meyer zur rekonstruktion des graeco-italischen lautbestandes wenig glücklich sagt er meist des „griechisch- lateinischen" — italischerseits zu ausschließlich das latein, und zwar nicht einmal das altlatein, verwendet. Es wird ja das latein immer die hauptquelle für unsere kenntnis des italischen bleiben, aber die ihm verwandten sprachen , insbesondere umbrisch und oskisch, hätten in viel ausgiebigerer weise nutzbar gemacht wer- den können als es geschehen ist. In dieser beziehung trifft der Vorwurf, den Schweizer -Siedler in seiner recension der ersten aufläge (Kuhns Zeitschrift XI, 71) erhoben, auch jetzt noch in fast gleichem umfang zu. Auch das keltische, dessen engere Verwandtschaft mit dem italischen Leo Meyer p. 23 selbst her- vorhebt, hätte vielfach nutzbringend herangezogen werden können.

Auch der Vorwurf läßt sich dem Verfasser nicht ersparen, daß er die einschlagende literatur nicht ausgiebig genug benutzt hat. So manches werk und so manche abhandlung, die in den letzten zwanzig jähren erschienen sind und in beziehung zu dem behandelten Stoffe stehen, sind ihm entgangen oder absichtlich von ihm ignoriert worden. Namentlich scheint dies mir der fall zu sein mit fast allen Leipziger publikationen.

Soweit im allgemeinen. Gehen wir nun das einzelne schritt für schritt durch.

Mancherlei erweiterungen hat die einleitung erfahren, in welcher der Verfasser eine kurzgedrängte Übersicht über die in- dogermanischen stamme , deren sprachen und die wissenschaft- liche bearbeitung der letzteren giebt. Auffällig dürftig ist das über das armenische und seine Stellung zu den übrigen indoger- manischen sprachen gesagte. Hübschmann's forschungen hätten hier ehrende anerkennung verdient. Freilich noch auffälliger ist es, daß bei der besprechung des griechischen der name desje- nigen forschers nicht genannt wird, der doch vor allen übrigen

Nr. 10. 86. Grammatik. 491

diese spräche aus der einseitigen betrachtungs- und behandlungs- weise der klassischen philologie heraus in das licht der verglei- chenden Sprachwissenschaft gerückt hat. Wenn es der Verfasser für angezeigt hielt, die für andre spezielle gebiete so bedeutsamen namen Diez , Zeuß , Miklosich u. a. rühmend zu erwähnen , so durfte er für das griechische den namen Curtius nicht mit still- schweigen übergehen. Ob durch ein derartiges absichtliches ig- noriren als etwas anderes kann man es ja nicht auffassen Leo Meyer sich selbst oder Curtius mehr bloß gestellt hat, kann füglich jedem urtheilsfähigen anheimgestellt bleiben. Ein etwas gütigeres geschick als Curtius ist Corssen zu theil geworden : zwar wird in der einleitung auch nur seine programmabhand- lung de Volscorum lingua erwähnt , aber im laufe seines werkes kann Leo Meyer doch nicht umhin, allerdings ohne nennung des titeis, öfter Corssens hauptwerk „über ausspräche, vokalismus etc." zu citieren. Ebenso ist es eine entschiedene lücke, daß Verfasser nirgends das bedürfnis gefühlt hat , sich mit den „analogisten" oder Junggrammatikern" auseinander zu setzen. Mag er über deren ansichten und leistungen denken wie er will, durch bloßes ignorieren schafft er sie nicht aus der weit.

Aus der darstellung der konsonanten, mit denen verf. die lautlehre beginnt , sei folgendes hervorgehoben : wie jetzt allgemein, so nimmt auch verf. ein doppeltes k für die Ursprache an , und um dies gleich hier zu erwähnen , ebenso im anschluß an Ascoli gegen Fick ein doppeltes g, sicherlich mit recht. Er- wähnung hätte es bei der darstellung des &-lautes verdient, daß das umbrische auch eine assibilirung desselben kennt , ohne je- doch darin mit den arischen und letto-slavischen sprachen über- einzustimmen. — Bei der erweichung von k zu g im anlaut (p. 40) hätte bemerkt werden sollen, daß dieselbe im griechischen lediglich auf konsonantengruppen beschränkt ist. Höchst zweifelhaft ist mir der p. 53 für das dorische angenommene lautwandel von i in a in den Wörtern aä^tQnv und aütsg. Am wahrscheinlichsten bleibt mir immer noch Curtius auffassung die- ser adverbien als Zusammensetzungen mit pronominalstamm sa, trotz Ascolis bedenken. Beiläufig sei bemerkt , daß demgemäß attisches TtjfiSQOv sich umgekehrt zu ionischem cw^Mt^oj, dorischem oufAeQov etc. verhält wie dorisches toi, juo zu attischem ol, ai. Ascoli gegenüber (Kuhns Zeitschrift XVII, 406), der bezweifelt,

34*

492 86. Grammatik. Nr. 10.

daß in irgend einem griechischen worte ro , bezüglich an als reines thema für die komposition verwendet worden sei, möge auf die pronominalen Zusammensetzungen rtjXixog, ntjliytog, rjlixog, hingewiesen sein, deren letzter bestandtheil von i]li£, tjXmia doch unmöglich getrennt werden kann. Für das graeco - italische nimmt Verfasser meiner ansieht nach mit recht weiche aspiraten an, ohne dies jedoch näher zu begründen. Da Fick überall in seinem graeco-italischen wörterbuche % q> & schreibt, also harte aspiraten anzunehmen scheint , wäre ein wort der begründung und auseinandersetzung am platze gewesen. Bei dem Über- gang von o in spiritus lenis (p 107) hätte bemerkt werden können , daß die Ursache dazu nicht bloß in einer aspirata der nächsten silbe , sondern häufig in einer entfernter stehenden zu suchen ist, so vergleiche man sdeülov und tdaepoe mit edga. Ebenso steht es z. b. noch mit u\o%og, uHolovdog , ozotjog etc. Trotz Corssen Beiträge 405 hält Verfasser auch jetzt noch die entstehung von r aus n in germen, Carmen für nicht ganz unwahrscheinlich. Schwerlich wird ihm darin jemand folgen wollen. Zu dem p. 137 behandelten Wechsel von ß und ^ hätte aus Roschers abhandlung in Curtius Studien III, 127 schätzbares material gewonnen werden können. Einen ausfall von (i. sieht Verfasser in infinitiven wie arJjrai im Verhältnis zu arrjfiarai, was mir für das griechische als lautlich unmöglich er- scheint. — Bei der darstellung des j, die ich übrigens für eine der im allgemeinen gelungeneren partien halten möchte , wird wieder die alte , schwerlich haltbare ansieht der entstehung von m in verben wie xalinrco aus nj vorgetragen. Noch weniger hätte Ahrens ansieht der entstehung von fiy in verben wie Ts'fiico aus uj wiederholt werden sollen.

Bei der darstellung der vocale ist mir nicht klar geworden, welcher ansieht von den indogermanischen grundvokalen verf. folgt. Nimmt er mit den Junggrammatikern eine schon in die indogermanische urzeit zurückgehende differenzierung des A-lautes nach e und o hin an , oder hält er mit Curtius und Fick diese Spaltung für etwas , was sich erst allmählich auf europäischem boden vollzieht? Als das relativ beste aus der lehre von den einfachen vokalen möchte ich das über „das ursprüngliche iil vorge- tragene bezeichnen. Dagegen ist höchst mangelhaft die ganze darstellung der diphthongen. Hier wäre es haupterfordernis ge-

Nr. 10. 86. Grammatik. 493

wesen, dieselben nach der art ihrer entstehung zu scheiden. So ist jedoch nicht einmal ordentlich unterschieden zwischen diph- thongen mit kurzem und solchen mit langem ersten vokal. Denn unmittelbar neben dem dorischen dativ ardla steht der attische nom. plur. (fvijkui (p. 296). Bei der vokaltilgung ist p. 334 für formen wie ftspsfisv abfall von ui angenommen, was nicht so unbedingt sich behaupten läßt. Nicht in den sinn will mir der ausfall eines t in bilduugen wie näzotj , qotjTQr/ (p. 339). Man vergleiche mit letzterem sanskritisches bhrätra-m. Der p 338 behandelte abfall auslautender Stammvokale wie in ixäT£(j-ftf, (fiXtätog etc. ist wohl begründet in der abneigung gegen häufung kurzer silben.

Von p. 342 an werden die anlautenden konsonantenverbin- dungen besprochen. Zweckmäßig wäre es wohl gewesen mit den lautgruppen sie, sp, st auch gleich die verwandten Tes, ps, M, pt, qd zu behandeln , da sich dieselben nicht gut von einander trennen lassen. Uebrigens ist mir auch aus Leo Meyers darstel- lung dieser anlautsgruppen klar geworden, wie recht G. Meyer hat, wenn er in seiner griechischen grammatik erklärt, daß feste gesetze für die erscheinungsformen derselben im griechischen sich nicht finden lassen. Zu p 349 sei bemerkt, daß der rein orthographische Charakter der Verbindung ad , den Meister Dialekte I, 130 trefflich nachweist, vom verf. völlig verkannt ist.

In bezug auf die inlautsgruppen , die von p. 377 an be- handelt werden, ist zu rügen, daß dieselben gar nicht ihrem Ur- sprünge nach geschieden sind. So ist xx in Xüxxog und nixxog (dial. für fAi&Qof) und nn in innog, xänneasv, repperi, weil auf assimilation beruhend , doch ganz verschieden von solchen etwa onomatopoetischen? xx und nn , wie es in xo'xxw?, xi'x- xußog, nunnog etc. vorliegt. Aehnlicher art ist wohl die von Fick, Personennamen p. LIX, erörterte konsonantenverdoppelung in griechischen und deutschen kosenamen. Für das lateinische hätte hier auch Pauli's gediegener aufsatz „Die doppelte tenuis im lateinischen" im 18. bände von Kuhns Zeitschrift nutzbar gemacht werden sollen. Ebenso unzureichend ist das von Leo Meyer über die lautverbindungen *-f , nep, t& gesagte. Zu p. 381 konnte bei xüßßaler die gut beglaubigte lesart x«^- ßa)et> wie auch kttfißdi für xaßßü± (Pindar. Nem. 6, 58) mit er- wähnt werden. Diese entwickelung des nasals vor dem labial

494 86 Grammatik. Nr. 10.

verdiente überhaupt einmal eine eingebende Untersuchung. Ei- niges material , das aber sehr der erweiterung fähig ist , habe ich in meiner schrift „Erscheinungen der dissimilation" p. 12 zusammengestellt. Bei erwähnung der seltenen lautgruppe oy (p. 401) ist das allerdings ganz vereinzelt vorkommende liayü- qiov übersehen, während wiederum verf. das von mir bei be- handlung dieser lautgruppe übergangene späte verbum altnysiv beibringt. Es giebt übrigens dasselbe in hinblick auf die glossen bei Hesychius dXhaf inctXilxpai und dXirsiv " nXsiqmv eine neue bestätigung der von mir im anschluß an Johannes Schmidt auf- gestellten behauptung, daß oy aus ny. erweicht ist unter dem ein- fluß eines vorausgegangenen nasals. Die p. 406 für das Vor- handensein der lautgruppe va citierte form nscpuvaai beweist nichts , da sie gar nicht nachweisbar ist. Ueberhaupt ist der ganze abschnitt über konsonantenverbindungen mit nasal bei dem verf. besonders mangelhaft , weil er sich zu wenig die ei- gentliche natur der nasale, namentlich ihr Verhältnis zu den vo- kalen, klar macht. Hierdurch ist es auch gekommen, daß er zu der längst überwundenen ansieht wieder zurückkehrt, daß in for- men wie 787svxu7ct< „« geradezu der ersatz für den alten nasal" zu sein scheine.

Manches beachtenswerthe bietet der abschnitt „einwirkung ferner stehender consonanten auf einander" (p. 516 ff.). Doch sei dazu folgendes bemerkt. Daß yXäyos aus uläyng entstanden sei, ist wegen yälu nicht glaublich. Sollten ylv^og und dulcis wirklich auf eine urform mit anlautendem d zurückgehen , so würde dieselbe wohl als dluhu (Fick II3, 132 dulhv) anzusetzen sein. Dann würde sich der Übergang von d zu y nicht sowohl durch das h der zweiten silbe erklären, als vielmehr durch ein- wirkung des nachfolgenden l. Es würde also dann derselbe lautwandel vorliegen, den Osthoff im lateinischen suffix clo aus tlo etc. annimmt. Um den Wechsel der aspiraten zu veran- schaulichen (p. 520) paßt xnoäv ai&oov nicht recht, da es unbestritten fremdwort ist. Auch xev&co ist schwerlich mit recht dorthin gestellt. Den unechten spiritus asper in foui (wurzel as) aus rj '(xai zu entwickeln, halte ich für undenkbar. Vielmehr hat 7] gleich dem v eine gewisse inhärierende neigung zur starken aspiration, man vergleiche fjyFOfiai in seinem Verhältnis zu atga- tijyög und «703. Bei tjfiai mag außerdem noch anklang an s^co

Nr. 10. 86. Grammatik. 495

von wurzel sad mit eingewirkt haben. Die lehre von der kontraktion ist insofern höchst mangelhaft dargestellt, als auf die verschiedenen gestaltungen in den einzelnen dialekten, abgesehen vom homerischen, fast gar keine rücksicht genommen ist. Als dissimilationsbeispiel von vokalen konnte neben qiitvg von wurzel bhu auch \pi&voo+ von wurzel spu angeführt werden.

Soweit in bezug auf die Lautlehre. Noch einige bemerkun- gen etymologischer art seien hinzugefügt.

P. 51 werden griechisches Xnroig und lateinisches latro mit einander verglichen. Ist aber letzteres nicht lehnwort aus er- sterem? Umgekehrt ist das p. 61 angeführte erst spät vorkom- mende yäßn nichts weiter als lehnwort aus lateinischem faba. P. 54 wird suppeditare als Weiterbildung von suppetere aufgefaßt mit erweichung von t zu d. Denkbar wäre es ja an und für sich , daß ein regelrechtes iterativum suppetitare durch Volksety- mologie an pes angelehnt worden wäre und so die lautgestaltung suppeditare erhalten hätte. Doch der von Corssen (Beiträge 96) gegebene hinweis auf das simplex pedare macht diese ganze com- bination hinfällig und beweist , daß wir es hier mit einem ganz regelrecht gebildeten frequentativum zu thun haben. Anspre- chend ist p. 55 die Zusammenstellung von ye'ycopa mit yiyiomxco im sinne von „ich bin erkenntlich, vernehmlich". Bedenklich ist mir dagegen die p. 57 aufgestellte vergleichung von ayvvpn \mdvagus. P. 61 konnte neben lateinischem betere griechisches üftcpta-ßijTstr , vielleicht auch t,rjTslr angeführt werden. Eine lateinische form daerima (p. 65) hat wohl nie existiert , sondern nur dacruma, lacruma, lacrima. Ebendaselbst hätte der Übergang von d zur noch durch mehr beispiele, namentlich auch umbrische belegt werden können. P. 66 wird die kombination 9sog = dem, die man doch für überwunden halten sollte, von neuem wiederholt. Daß, wie p. 106 und sonst mehrfach behauptet wird, lateinisch soror und griechisch o«p sich entsprechen sollen, will mir der bedeutung wegen nicht in den sinn. Höchst zwei- felhaft ist mir auch aus lautlichen bedenken die Zusammenstel- lung von rjimr (für tjatmv) und ora. Originell, aber schwer- lich richtig ist die p. 133 gegebene vergleichung von ntyaoov und deutschem „gemach". P. 180 wird mgu auf Fwou zu- rückgeführt. Mir scheint dagegen Curtius vergleich mit altbak- trisch yäre, althochdeutsch jär das richtige zu treffen. P. 254

496 86. Grammatik. Nr. 10.

wird das suffix von alludanög mit dem von propinquus vergli- chen. Doch wie erklärt sich 8? Lautet etwa die graeco- ita- lische form des Suffixes jariko ? Sind worte wie 8ai>xo$, ßav- xaXig, xavxaltg (p. 310) und ßtjovxog (p. 319) wirklich zwei- fellos griechisch? P. 329 wird die schon in der ersten auf- läge aufgestellte vergleichung von griechisch rtaaov und lateinisch secius wiederholt, der auch Fick zustimmt. Da jedoch setius die unbestritten bessere Schreibung ist, und eine form seetius auch existiert zu haben scheint, so ist eine unmittelbare vergleichung ausgeschlossen, höchstens ließe sich Wurzelgemeinschaft annehmen. Doch bedarf diese ganze frage nochmaliger Untersuchung , da auch Corssens aufstellungen nicht recht befriedigen. Vielleicht hat verf. insofern recht, als er setius und das synonyme secus ganz von einander trennen will, indem er letzteres (p. 351) zu griechisch etiäg (ursprüngl. sve - has) stellt. Es begegnen sich dann hier die bedeutungen „fern" und „anders" wie in sanskri- tisch apa, apara, griechisch «770 und yne^ontveiv. Beachtens- werth ist die p. 350 gegebene Zusammenstellung von §~tg mit altirisch sron ,,nase". Die p. 407 aufgestellte gleichsetzung von lateinisch insula mit griechisch 'ivitXog ist für den ersten augenblick bestechend. Aber sie scheitert daran, daß lateinisch sal, abgesehen von dichterstellen, wo, wie bei Vergil, offenbar anlehnung an griechische Vorbilder stattfindet, nicht wie grie- chisch alg die bedeutung von „meer" hat. Die p. 490 gege- bene zurückführung von na&fxa auf wurzel an ist beachtenswerth und hat lautlich und begrifflich ebensoviel für sich wie die zu- rückführung auf wurzel av. Mit recht ist p. 524 bemerkt, daß der dissimilationstrieb zuweilen lautschützend wirkt, so in lateinisch miser neben tnaereo.

Höchst störend und die benutzung des buches erschwerend ist die geringe Übersichtlichkeit, die bei der massenhaftigkeit des gebotenen materials doppelt wünschenswerth gewesen wäre. Ebenso verdient einen entschiedenen tadel die letzte redactioü des werkes. Denn es ist unglaublich, wie viele störende Wieder- holungen man mit in kauf nehmen muß. Nur einige der stärk- sten stellen dieser art seien hervorgehoben. So ist p. 72 über haurire genau dasselbe gesagt, was schon p. 67 steht. P. 120 hätte für den ursprünglichen anlaut sn ein hinweis auf p. 100 genügt. Auf p. 311 wird zu urere zweimal die parenthese

Nr. 10. 87. Lexicographie. 497

„wohl aus eusere" hinzugefügt. P. 365 wird xXm&it zweimal für ein und dieselbe sache angeführt , nur durch den Zwischen- raum von zwei Zeilen getrennt. Auf p. 549 wird über tiqiv zweimal in einer sich geradezu widersprechenden weise gehan- delt. — Doch genug dieser art von ausstellungen, die sich ohne mühe vermehren ließen. Constantin Angermann.

87. Supplementum lexicorum latinorum scripsit C. P aucker, fasc. I IV (abactio inebriatio). Berolini 1883 1884, apud S. Calvary eiusque socium. 8. 12 mk.

Wie die vorausgeschickte notiz des Verlegers angibt , soll das werk die resultate der gesammten literarischen thätigkeit des Verfassers enthalten und , durch beträchtliche zusätze vermehrt, die von demselben in mehr als 20 größeren und kleineren Schriften zerstreut gegebenen beitrage zur lateinischen lexikographie um- fassen. Ein derartiges zusammenfassendes werk war in der that dringend geboten. Da die zum theil höchst werthvollen berei- cherungen des lateinischen Wörterbuchs, die der emsige Verfasser seit einer reihe von jähren hatte erscheinen lassen, in Zeitschriften und einer großen anzahl mit allen möglichen titeln versehener werke sich zerstreut finden , so ist dadurch die Übersicht unge- mein erschwert, zumal ein einzelnes wort oft mehrmals an ganz verschiedenen stellen behandelt ist. Dazu kommt , daß manche der Pauckerschen arbeiten auf dem wege des buchhandels oft nur schwer zu erreichen ist. Leider ist es aber Paucker nicht vergönnt gewesen , dies zusammenfassende werk seinerseits zum abschluß zu bringen. Er starb am 7. august 1883 nach fertig - stellung des dritten heftes. Doch wird, wie der Verleger mit- theilt, der druck der noch übrigen lieferungen von berufener hand revidiert werden.

Durch die arbeiten Pauckers sind bekanntlich in erster linie eine reihe bisher ziemlich unbeachteter spätlateinischer au- toren für die zwecke des lateinischen Wörterbuchs ausgebeutet worden ; einzelne Schriftsteller , wie z. b. Hieronymus , sind mit einer gewissen Vorliebe behandelt. Unser Supplementum enthält also eine stattliche anzahl von Wörtern , die bis jetzt noch in sämmtlichen lateinischen lexicis fehlen, auch in der neuesten auf- läge von Georges' Wörterbuch, wenngleich in letzterem von den Pauckerschen forschungen soviel aufgenommen ist als sich mit

498 87. Lexicographie. Nr. 10.

dem begriff eines Handwörterbuches vereinigen läßt. Andere artikel des supplementum geben neue belege zu bisher schon be- kannten , aber seltenen oder in anderer bedeutung nachgewie- senen Wörtern. So wird denn diese zusammenfassende darle- gung der resultate von Pauckers thätigkeit berufen sein in emi- nenter weise mitzuwirken bei der Herstellung des eben in so großartiger weise geplanten Thesaurus Unguae latinae. Freilich so weite grenzen sich letzterer gesteckt hat, wird er nicht alles verwenden dürfen, was ihm das supplementum bietet. Denn hier sind auch entschieden mittelalterliche Schriften ausgezogen , wie z. b. der libellus de Constantino magno (ed. Heydenreich) wohl nicht vor das 12. Jahrhundert zu setzen ist.

In der regel sind die einzelnen artikel ohne jede weitere zuthat mit mehr oder weniger genauer Stellenangabe angeführt. Daß letztere bei einzelnen Wörtern ganz weggefallen und dafür eine Verweisung auf die früher erschienenen Pauckerschen Schriften, die meletemata, subindenda und wie sie alle heißen mö- gen, eingetreten ist, kann nicht gebilligt werden. Von seiner gewöhnlichen rein registrierenden art weicht der Verfasser einige male ab, um im anschluß an ein einzelnes wort Sammlungen zu geben , wie sie ihm gerade zur hand sind. So erhalten wir zu crudaster p. 154 f. ein vollständiges Verzeichnis der mit -aster und -astrum gebildeten Wörter, zu famidus p. 276 ff. ein register von 188 adjektiven auf idus. Deciformis p. 164 gibt veranlas- sung zur aufzählung der composita mit -formis , wie sich ande- rerseits an flammipotens p 288 ein register nicht nur der mit potens, sondern überhaupt mit participium präsentis gebildeten Wörter anreiht. Dienen die eben erwähnten Sammlungen der wortbil- dungslehre, so kommen andere wie aspargo = aspergo p. 128 f. der lautlehre zu gut , wieder andere der formenlehre , wie die p. 239 gegebenen belege für den vulgären übertritt aus der dritten deklination in die leichter zu handhabende erste (ephe- merida = ephemeris). Auch die syntax geht nicht leer aus I man sehe nur die zahlreichen beispiele für die Verwendung von alteruter als reciprocum p. 23 oder die Zusammenstellung der in passivem sinn verwandten particip. praes. p. 254 (amantissimm = amatissimus). Nach einer andern seite hin nützlich ist die anführung der bei Arnobius wieder auftretenden verba Lucretiana p. 261 (im anschluß an exos)} wieder nach einer anderen das

Nr. 10 88. Epigraphik. 499

vollständige Verzeichnis der von De Vit bereits aufgenommenen, bei Georges dagegen noch fehlenden artikel (p. 168 ff.).

Bei der großen fülle des neuen, das hier geboten wird, will es selbstverständlich wenig heißen, wenn sich zu dem einen oder anderen artikel, zu der und jener konstruktion oder Wortbedeu- tung noch weitere belege fügen lassen. Ich unterlasse dies darum an diesem ort und bemerke nur noch , daß es nunmehr sache anderer sein wird , das von Paucker mit so vielem fleiß gelieferte material für die geschichte der lateinischen spräche zu verwerthen. Die Schlüsse, die sich hier ziehen lassen, sind ebenso mannigfaltig als interessant Schon eine flüchtige durchsieht zeigt uns, daß eine ganze anzahl der aufgeführten Wörter zuerst bei Afrikanern auftritt. Weiter weist z. b. die Umschrei- bung des konjunktivs durch debere p. 161 bei Gregor dem großen (Ep. 1, 44 praeeipimus , ut debeant aeeipi = aeeipiantur) auf die auflösung der lateinischen formen im Übergang zum romanischen. Wer harpagare außer mit Plautus nur noch mit einer stelle bei Victor von Vita belegt findet, zieht sofort einen Schluß auf das stetige fortleben des wortes in der römischen Volkssprache ; denn von einem bewußten archaisieren kann selbstverständlich bei dem afrikanischen kirchenhistoriker keine rede sein. In flectura p. 289 habe ich selber zu nectura und plectura (vgl. Wölfflins Archiv I, p. 68 ff.) das längst gesuchte analogon gefunden.

Ph. Thielmann.

88. Chronicon Parium recensuit et praefatus est Io- annes Flach. Accedunt appendix chronicorum reliquias con- tinens et marmoris speeimen partim ex Seldeni apographo, partim ex Maassii ectypo descriptum. Tubingae , Fr. Fues 1884. 8. XVn und 44 p. 2 mk. 40 pf.

89. E. Dopp, quaestiones de marmore Pario. Diss. inaug. Eostochiensis. Vratislaviae, Köbner 1883. 8. 63 p.

Nicht ohne grund sind beide schritten hier zusammengestellt. Denn es soll damit angedeutet werden, daß am zweckmäßigsten beide arbeiten eine einzige gebildet hätten. Eine neue bearbei- tung der parischen marmorchronik war nicht nur im interesse der Wissenschaft geboten , sondern es fehlte bis jetzt an einer leicht zugänglichen ausgäbe dieses für den philologen und hi- ßtoriker gleich wichtigen werkes. Aber eine genaue und tief

500 88. Epigraphik. Nr. 10.

eindringende erörterung der hierher gehörigen Streitfragen war nicht minder erforderlich. Eine solche zu unternehmen war nach der dissertation Dopps nicht schwierig, und Flach hat nicht gut daran gethan, einfach die resultate Dopps zu recipieren. Denn in den Untersuchungen des letztern, welche allerdings mit Sorg- falt angestellt sind , ist nicht alles zum ahschluß gebracht. So hat Dopp die frage nach dem zweck des monuments nur ge- streift. Er verwirft die landläufige ansieht, daß dasselbe schul- zwecken gedient habe, aber er bringt keine andere ansprechen- dere vermuthung vor. Gerade der zweck , welchem das monu- ment gedient hat, ist nicht ohne Wichtigkeit für die beurtheilung desselben. Denn wenn es in der that für schulzwecke verfaßt war , so müssen auf demselben die allgemein anerkannten und zur zeit der abfassung gültigen chronologischen ansätze gegeben sein. Es werden die wissenschaftlichen controversen , deren es damals sicherlich auch schon viele gab , bei seite gelassen sein. Daß man nun für schulzwecke derartige monumente gebrauchte, scheint seit dem bekanntwerden einer ähnlichen geschichtstabelle aus der römischen zeit 16 n. Chr. (Henzen im Rhein, mus. n. f. IX, 161 178) nicht zweifelhaft zu sein. Die neuste behand- lung dieser inschrift in Jahn - Michaelis Bilderchroniken scheint Flach übersehen zu haben.

In längerer auseinandersetzung hat Dopp erwiesen , daß Phanias von Eresos, wie Böckh im C. I. Gr II, p. 405 annahm, nicht die quelle der marmorchronik ist. Flach hat ohne zweifei mit recht diese ansieht adoptiert, aber ohne den quellen der chronik weiter nachzugehen. In der weise, wie Dopp die quel- lenuntersuchung vorgenommen hat, wird nicht weiter zu kommen sein. Nicht der übereinstimmende Wortlaut, sondern das gleiche chronologische System ist entscheidend. In den sogenannten grundjahren stimmt die chronik weder mit Eusebius , noch mit Eratosthenes, noch mit andern, wie Flach p. VIII ff. gezeigt hat. Wenn er hier von einem chronicon Velleii redet, so ist das falsch und kann leicht zu irrthümern verleiten. Das auf p. 44 zusam- mengestellte ist ein von Flach gemachter auszug aus den histo- riae des Velleius. Das in dem appendix von Flach p. 39 ff. vereinigte ist in seiner unvollständigkeit ganz zwecklos. Es hätte nur das schwer zugängliche chronicon Romanum wiederge- geben werden sollen.

Nr. 10. 88. Epigraphik. 501

Die chronologischen Studien theilt Dopp p. 1 1 ff. richtig in vier epochen. Africanus , auf dem Eusebius und unsere ganze heutige rechnung fußt, gehört der vierten an, aber die marmor- chronik stammt aus der zweiten , d. i. alexandrinischen periode. Daß die letztere nun aber nicht die aristotelische lehre bietet, hat Dopp mit recht betont. Zu bedauern ist es, daß der letzte theil der chronik nicht erhalten ist. Aus der erwähnung , resp. nichterwähnung der dem Chronisten zeitgenössischen gelehrten hätte sich vielleicht ein schluß ergeben, wie der Verfasser sich zu sei- nen Zeitgenossen gestellt hat. Bei der anfertigung seines werkes wird er nicht viele quellen herbeigezogen haben , sondern sich nach art der mittelalterlichen geschichtsschreiber an qine aus- schließlich gehalten haben.

Die epochezahl der marmorchronik ist vielfach ein gegen- ständ der Untersuchung gewesen, aber alle aufstellungen erschie- nen wenig befriedigend. Böckhs annahmen von vier verschie- denen ansätzen (A. B. C. D) schien mir bei einer berührung dieser frage (Philol. suppl.-bd. V, 1, p. 111) doch nicht möglich, und ich stützte mich ausschließlich auf Ideler (Chronologie I, 382). Nun bin ich eines besseren belehrt. Daß die chronik in zwei theile betreffs der epochezahl zu zerlegen ist , war schon früher bekannt. Aber Alfred v. Gutschmids weitergehende ansieht bei Flach p. XVI, 2 wird jedem richtig erscheinen. Derselbe sagt: Ol. 129, 1 cui Eusebii chronicon Latinum Zenonis mortem assignat, non genuinae olympiadis nota est, quemaclmodum Rohdius reliquique, qui ab eo pendent, opinati sunt, sed pseudolympiadis Hieronymianae, nee annus 1753 Äbrdhami, qui ei respondet, annus est olympiadicus 264 j 3, sed 263 j 2. Expressum vero eiusmodi testimonium magis apud me valet quam virorum doctorum calculi quantumvis speciosi, quorum elementa utrum annum vertentem exeludant an includant, satis certe sciri nequit ; ut hoc si factum est, ratio constabit, etiamsi intervallum 32 annovum inter mortem Zenonis et Cleanthis rede restitutum est. Iam si annus 263/2 est Arrhenidis , Diogneto relinquitur 264/3. Itaque marmoris auetor in priore chronici parte annum, in quem de- sinit, includit , in posteriore exeludit. Auch Dopp ist der ansieht, daß die chronik in zwei partien zerfalle , für die eine verschie- dene epochezahl anzunehmen sei. Er setzt das archontat des Diognetus 263/2 v. Chr. Die chronik sei verfaßt in den jäh- ren 264/3 263/2. Daraus sei die verschiedene epochezahl zu

502 89. Epigraphik. Nr. 10.

erklären. Die dem entgegenstehenden angaben der ep. 35. 38. 41. 55 hat er rectificiert und gezeigt, daß auch an diesen stel- len dieselbe epochezahl , wie in den ihnen vorhergehenden epo- chen zu gründe gelegt sei. Betreffs der behandlang der ep. 38 kann ich Dopp nicht in allen punkten beistimmen. Er will als epochezahl lesen: HfJH/t[JJ^\IJI, während Boeckh nach Henri Dodwell, was Flach p. 19 zu bemerken unterlassen hat, HHH/1[r]l/l xiu& Changier HHHJ[4]I1 lesen. Wenn ich auch dieser conjectur beistimme , so bin ich doch der ansieht , daß Dopp nicht mit besonderm glück zur begründung die scholien des Pindar , sowie Paus. X, 7, 3 herbeigezogen hat. Es liegt eben bei diesen eine andere tradition, wie in der marmorchronik, vor. Der sechsjährige Zwischenraum , von welchem die scholia- sten A und B (Pindar ed. Boeckh II, 1, p. 298) berichten, ist durch diese conjectur auch nicht geschaffen, vielmehr unmöglich. In das System der marmorchronik paßt auch nicht die zehnjäh- rige dauer des heiligen krieges hinein ; aber diese ist nicht nach analogie des spätem dritten heiligen krieges gebildet, vgl. Phi- lolog. suppl.-bd. V, p. 108, 13. Ob nun Dopp mit recht für die richtigkeit seiner conjectur anführt, daß der neubeginn der pythischen spiele in d a s jähr falle, in welchem Thaies die son- nenfinsterniß voraussagte, und daß diese nach Hansen in ol.«48, 3 gehöre, wage ich nicht zu entscheiden.

Ueber Dopps Untersuchungen hinaus bietet die ausgäbe von Flach wenig neues. Als gute empfehlung für dieselben können die höchst werthvollen notizen gelten , welche A. v. Gutschmid dieser arbeit hat zu theil werden lassen. Sie erwecken das be-' dauern, daß der bedeutende Chronologe nicht selbst diese aus- gäbe veranstaltet hat. Alsdann wären auch wohl nicht angaben unterblieben, welche wir bei Flach vermissen. Daß über die form der buchstaben keine angaben gemacht sind , muß um so mehr befremden , da die beiden hinzugefügten tafeln einen ver- schiedenen schriftcharakter zeigen. Dies beruht darauf, daß bei tafel 1, wo das original nicht mehr zugänglich ist, Seldens aus- gäbe , bei tafel 2 dagegen Dopps abschrift benutzt ist. Nun hat der erstere den Charakter der buchstaben mit typen nur an- nähernd wiedergeben können, der letztere dagegen hat nach ei- nem ihm vorliegenden papierab klatsch die buchstabenformen abzuzeichnen gesucht. Es fehlen ferner genauere maßangaben.

Nr. 10. 90. Hesiodos. 503

Die auf tafel 2 stehende notiz ist für den ein buch mit sieben siegeln, welcher dazu nicht Dopp p. 2 vergleicht. Namentlich die kenntniß der große und breite der buchstaben ist nicht un- wichtig für die ergänzung. Nicht ohne nutzen wäre es außer- dem gewesen, die glaubwürdigkeit der angaben Seldens und an- derer , die den stein gesehen , zu prüfen , und damit wäre erst die kritische grundlage gegeben. Heute ist nur noch z. 46 91 erhalten , und auch hier ist jetzt noch bedeutend weniger als früher zu lesen.

Flachs ausgäbe hat die arbeiten seiner Vorgänger nicht überflüssig gemacht, vielmehr wird man nach wie vor gezwungen sein, auf grundlage der arbeiten Boeckhs und Müllers zu ar- beiten. Der werth der unter den text des marmors gesetzten adnotationes, in denen mit ziemlicher Vollständigkeit alles zusam- mengestellt wird , was an conjecturen zur besserung des textes geleistet ist, steigt dadurch, daß in denselben sich viele bemer- kuugen A. v. Gutschmid's finden.

Hugo Landwehr.

90. Die zusätze zu dem probmium der Hesiodischen Theo- gonie (vers 36 115). Von dr. G. Ellger, Oberlehrer. Pro- gramm des Sophien - gymnasiums. Ostern 1883. Berlin 1883, R. Gärtners Verlagsbuchhandlung. 4. 20 p.

Ausgehend von seiner dissertation (Berlin 1871), nach wel- cher v. 1 4, 9 10, 22 24, 26 35 das echte, hesiodeische proömium der Theogonie bilden sollen, macht Ellger nunmehr den übrigen theil des proömiums zum gegenstände eingehender be- sprechung. Man wird dieser Untersuchung besonnenheit und methode nicht absprechen , selbst wenn man den resultaten der- selben, wie das bei dem ref. der fall ist, nicht in allen stücken beistimmt.

Daß zunächst v. 36 74 zu dem zwecke eingeschoben sind, um den musen ihrem wünsche gemäß ein ausführlicheres loblied zu widmen , als ihnen bisher zu theil geworden war , ist eine auch von mir getheilte ansieht. Nicht minder bin ich mit Ellger darüber einverstanden , daß v. 63 67 nicht von demselben dichter herrühren, welcher v. 36 74 gedichtet hat: auch der übergangsvers v. 63 verräth die betreffende partie als einschiebsei,

504 90. Hesiodos. Nr. 10.

und es wäre wohl möglich, daß vor der einschiebung der frag- lichen verse der anfang von 68 anders als jetzt (etwa ev&ev i'aav) gelautet hätte. Was dann aber die übrigen vom verf. in diesem stücke angenommenen interpolationen anbetrifft, so ist nach meiner meinung nur v. 48 mit Sicherheit auszuscheiden, während sich v. 46 vertheidigen läßt. Die vom verf. (p. 5) über die disposition von 44—52 ausgesprochene ansieht ist die einzig richtige : avrig 50 entspricht dem ngärov 44 geradeso wie im hymnus auf den Delischen Apollo v. 158 ff. Dagegen ist über v. 58. 59 anders zu urtheilen: die formelhaften verse passen r 152 f . = w 141 f.: aQg zglstsg (xiv k'Xq&ov «you y.cu snsi&ov Affftioig' AW öts riigaror qX&sv srog xal snr\Xvdov (üqui Mtjvmv qidivovrav , mg} Ö' ^fiura nöXX' iTsXs'a&i], Kai tnis drj . . . sehr gut zusammen, weniger gut x 469 f.: ' A)X ots di] q sviavtog sqp, nsgl 61 stganov mgai. Mijvtäv cp&ivövtmv . . . Hier, sowie co 142, fehlt der zweite vers in den besten hand- schriften und ist darum von La Eoche ausgeschieden worden : so gebe ich denn diesen vers , der gerade am meisten dazu beiträgt, daß man den eindruck bekommt, als sei „ein volles jähr" gemeint, was, wie der vert. sagt, „dem naturgesetz widerspreche", auch in der Theogonie gern preis, nicht aber v. 58. Verf. faßt offenbar die bedeutung von ivutvtv,^ zu eng. Ganz dasselbe „naturgesetz" würde auch X 248 f. verletzt sein , wo Poseidon der Tyro verspricht, „nachdem er die werke der liebe vollen- det": Xaigs , yvvai, qnXörijri ' n eQ i n X o ja sv o v ö' sviavrov T i <; £ t g ay X a a r £y.v « .

Was dann weiter die verse 75 79 betrifft, so hat der verf. meines erachtens den beweis nicht erbracht, daß die partie von demjenigen herrühren müsse , der die einschiebung von v. 53 74 vorgenommen habe. Mir ist immer das wahrscheinlichste gewesen, daß der rhapsode, der v. 36 74 etwa mit benu- tzung älterer hymnenpoesie hieher gesetzt hat, mit hinzufü- gung einer gewöhnlichen übergangsformel, wie sie beispielsweise v. 104 (= Hymnus X, 5) enthält, unmittelbar zur hesiodeischen Theogonie überleiten wollte. Unter gesang und tanz ziehen die musen ein in das haus ihres vaters, der nach bezwingung des Kronos gewaltig im himmel herrscht und den anderen olympi- schen göttern die ehren zugetheilt hat, die sie besitzen. Eben das legte nach der anschauung jener verse die Theogonie dar, wie

Nr. 10. 90. Hesiodos. 505

die jetzt bestehende Ordnung der dinge allmählich entstanden sei : nach mancherlei Wechsel und wandel kommt Zeus zur un- bestrittenen Weltherrschaft , mit hinweis auf dessen Ordnungen dieser dichter, dem grundsatze huldigend a Iove principium, sein proömium abschließen wollte. So erweist sich auch die conjektur i(.ti3uoi).evtv statt e/.tßu6ilei>ei 71 (Ellger p. 8) als überflüssig. Ganz hinfällig ist die höchst eigenthümliche argumentation Ell- gers , der wir auf p. 9 begegnen , wonach v. 74 , statt auf alle götter, nur auf die Musen gehen soll, deren zug zu ihrem vater ,,nur dann einen sinn" haben soll, „wenn sie reiche gaben von ihm erhoffen durften" ! In der spräche dieser partie ist gerade zuletzt eine bewußte anlehnung an die Theogonie nicht zu ver- kennen; man vergl. mit v. 72 v. 504 (707 = 854), mit v. 73 v. 437, mit v. 74 v. 885.

Im folgenden hat der compositor die namen der Musen wahrscheinlich vorgefunden: wenn er sie anbrachte, so meinte er damit ganz im hesiodeischen charakter (Haiodetog y.ar öro[j.a %atjux7fi{>) zu handeln. Sein füllstück (75 80) bestimmte er dazu, um dem Musenhymnus, der von v. 81 an folgt, einen anschluß zu verschaffen 1). Diesen wieder selbst aus zwei , ur- sprünglich nicht mit einander verbundenen theilen bestehenden lobgesang auf die Musen (vgl. Ellger p. 15) hat dieser sänger, scheint mir, in der absieht angefügt, um das lob der Musen nach anderer seite zu ergänzen: war früher, außer ihrer geburt, haupt- sächlich von ihren beziehungen zu den göttern gesprochen wor- den, so ist jetzt von ihrem verhältniß zu den menschen die rede. Der erste theil dieses neuen lobliedes zeigt eine edle , warme spräche, die, wie auch verf. p. 13 richtig bemerkt, an Homer geschult ist. Insbesondere finden wir eine stelle des achten buches der Odyssee benutzt (tf 173 ff.). Aber noch eine andere reminiscenz aus diesem gedichte ist nachweisbar. Denn ö ö' daqaXtcog uyogticor Alxpü xe y.ai fisya reixog sniazuusiiog uz- inavasr (86 f.) klingt nicht nur an jene stelle der Odyssee an, wo Penelope die abschiedsworte ihres gemahls bei seinem auszuge nach Troja berichtet: Ku) yag Toäüg qaai fxu^rjidg iftftBPtti xrÖgag . . . Jln7imv r' (oxvnöüwi' irtißtjTOgag , oi xs z ä-

1) Ellger legt 36 80 mit ausnähme der erwähnten interpolatio- nen einem Verfasser bei und meint (p. 15), daß 81 93 „von anfang an bestimmt gewesen seien den text von 80 fortzusetzen".

Philol. Anz. XIV. 35

506 90. Hesiodos. Nr. 10.

% i o i u "Exgivav juey« vsixog ofxouov nolsuow, sondern die vereinzelte, wenn auch wohl erklärbare Verbindung des xs mit dem gnomischen aorist 2) , das wir an beiden stellen in ganz demselben Zusammenhang finden , beweist, weit entfernt „beden- ken zu erregen" (Ellger p. 13), vielmehr geradezu die abhän- gigkeit der einen stelle von der anderen. Eben deshalb habe ich kein bedenken getragen v. 87 das verderbte zs aus jener stelle der Odyssee zu berichtigen und freue mich Rzachs billi- gung gefunden zu haben. Was Ellger dagegen vorbringt, spricht, wie eben bemerkt, eher für mich: denn die von Nauck a 264 vorgenommene Verwandlung von Ixqivölv zu xylveiav kann doch kaum jemanden für sich einnehmen. Wer in aller weit würde einen so klaren optativ je mit dem indicativ vertauscht haben ! Am wenigsten kann ich Ellgers nhpä ye billigen. Daß der hauptton nicht auf alxpu, sondern auf dem verbum xarinavas. liegt, will ich gar nicht hervorheben: wohl aber, daß alipd y'i gar keine epische Verbindung ist, während doch gerade wörtchen wie ys und xs sich gern zu festen Verbindungen mit anderen Wörtern vereinigen. Wie oft läßt sich z. b. alipd xe und alipd xs xai am anfange des hexameters und sonst nachweisen!3).

Daß die abfassung von v. 81 93 durch v. 80 veran- laßt sei (Ellger p. 15), kann ich dem verf. gleichfalls nicht zu- geben : Hiller (Deutsche litteratur-zeitung 1883 nr. 38, p. 1318 f.) hat ganz recht, wenn er meint, daß v. 81—93 einem hymnus auf die Musen entlehnt seien. Dies stück lag dem compositor vor , und er fand eben keinen besseren Übergang , um es anzu- bringen, als v. 80, einen vers, durch welchen er lediglich die enge Zusammengehörigkeit der Muse mit den königen be- zeichnen wollte4), nicht aber, daß die Muse „die könige auf ih- ren Unternehmungen begleite, dieselben kennen lerne und von ihnen singen könne" (Ellger p. 8). Unglücklich ist weiterhin auch der gedanke Ellgers, daß der von ihm mit recht von 81

2) Aehnlich und instruktiv für den bedeutungsübergang ist J 420 f. : Jhvov cf' k'ßga^t %cdxog inl ßiq&eßaty ävaxTog 'OQvvpivov . vnö xtv Tc<kctai(fQOpd ntg deog tltev „da hat wohl auch den muthigen furcht ergriffen".

3) Vgl. Op. 45, N 486, P 159, 162, /u 326, v 147, o 317, q 315, 540, (T 385; n 624, | 131.

4) "H yag xai ß ccciUvgiv a/u'' ctldoioiaw onqdti entspricht ganz dem Schillerschen worte : „drum soll der sänger mit dem könig gehen".

Nr. 10. 90. Hesiodos. 507

93 getrennte folgende abschnitt 94 103 von seinem Verfasser hinzugedichtet sei, um gegen den vorhergehenden abschnitt „aus- drücklich Verwahrung einzulegen". Auch dieser zweite theil handelt von den „gaben der Musen" und schließt darum auch ähnlich wie der erste theil (s. 93 und 103). Es ist wiederum nur ungeschicktheit, daß die dioysvsig ßaaiXtjsg und die aoidoi, die lieblinge der Musen und des Apollo, einander so schroff ge- genüber gestellt werden. Der zweck der gegenüberstellung ist doch nur , einen Übergang zu gewinnen zu dem theile , welcher die Wirkungen des gesanges preist5). Ein „agon" (p. 17) liegt dem compositor fern und würde sich für ein proömium auch durchaus nicht schicken.

Daß der Schluß (wenigstens von v. 106 an) nicht zum ur- sprünglichen proömium der Theogonie gehört, halte ich nach Ell- gers ausführungen für ausgemacht, auch ist die ausstoßung von 109 und 110 gerechtfertigt Ich finde in diesem Schlüsse ver- schiedene versuche zum eigentlichen anfange überzugehen.

Die frage, ob Ellger in seiner dissertation das echte, hesiodeische proömium im einzelnen richtig bestimmt habe, fällt außerhalb der grenzen dieser anzeige. Möglich wäre, daß der dichter der Theogonie, ebenso wie der dichter der "Egya, sein gedieht ohne vorgesang begonnen hätte , und dies um so mehr, wenn beide dichter identisch sind. Aber wer den eingang für einen theil des ursprünglichen , wenn auch immerhin nicht ei- gentlich von Hesiod verfaßten proömiums hält, weil hier gerade die helikonischen Musen gefeiert werden, auf welche in v. 2 in form der sogenannten homerischen epexegese noch einmal ausdrücklich hingewiesen wird, der wird hierin doch wohl auch eine wohlerwogene absieht des Verfassers finden müssen. Ich meine also, daß wir in den anfangsversen ein produkt der he- siodeischen dichterschule vor uns haben, und finde es darum nur natürlich , wenn auch das haupt der schule ausdrücklich erwähnt wurde. Im sechsten Jahrhundert , über welches kein theil des proömiums hinausweist (Ellger p. 20), haben wir si- chere beispiele , daß schriftsteiler ihr eigenthumsrecht dadurch zu wahren suchen , daß sie ihren namen an die spitze setzen. Denn Hecataeus begann sein geschichtswerk nach Demetr. izegl

5) Ob v. 97 gen noi&rj (vergl. Scut. 396 und die lesart Xriyovßai 7' ccoi&rjs Theog. 48) statt atldy zu lesen ist, lasse ich dahin gestellt.

35*

508 90. Hesiodos. Nr. 10.

SQfirjtei'ag 2 und 12 mit den worten : 'Exatmog Mrtrjaiog a>Ös \iv- öehai. Die ausdrückliche erwähnung Hesiods könnte in ähn- licher absieht erfolgt sein. Für die stammelnde anrede der „be- redten" musen will ich darum nicht eintreten : im gegentheil die nennung der Mniaai 'Olvfimäbsg 25 der vers ist von Ellger gestrichen macht diesen theil des proömiums verdäch- tig, sowie sie vielleicht einen fingerzeig giebt , wer die interpo- lation von v. 24 29 veranlaßt hat: aber nicht nur 1 4, son- dern auch 22. 23 und 30 34 möchte ich halten, wenngleich die letzte partie eine theilweise erweiterung und Veränderung erfahren haben könnte. Für mein gefühl würde das ursprüng- liche proömium , in dem ganz in hesiodeischer weise bestimmte, wiederholt gebrauchte ausdrücke in deutlicher beziehung zu ein- ander stehen, etwa folgendermaßen gelautet haben: 1 Movßdeov 'EX tu co v 8 tu v aQ%äiAsd'' dslbstv,

aid' 'EXixwvog e%ovoiv ogog fiiya re ■<£(*.& sä* ts xai is 71SQI xgrjvt]i> lostdia noaa' aaaXoiaip OQ^svinai xat ßcofict' igia&svsog Kgovitavog . 22 al vv nod' 'HaioSov xalrjv sÖida^av uoidrjv

agvag noinu.ivovd' 'EX in ä v o g vito £ « 0 so to . 30 xai ol OXTJ7TTQ0V sÖov ddqtvTjg igi&tjXsog ö£ov 33 nui s nsXotd'1 Vftvsiv fxandgcov yivog aisv sovrwv, GCfüg 6' avrdg ngärov ts xat vazatov aisv aeidetv. 104 i<tiosTS, 7s'xva dtäg, dozs ö' l^sgösaaav aotätjv. xXtCers d' d&aidimv isgbv yivog als* sovrmv 115 s| agxVG* xcc' si'^zad' oti n g w r o v ysrsi' avzäv . "Hroi (xsv ngcätiara Xdog yivs'i ', avtdg snsna rai' svgioztgvog . . . Doch das läßt sich natürlich nicht bis ins einzelne mit noth- wendigkeit erweisen , und ich muß auf die weitere ausführung meiner ansieht hier schon um des raumes willen verzichten. Nur für die spräche möchte ich noch hinzufügen, daß unter den von Ellger aufgeführten besonderheiten das „<<tf«£ sigtj/iivop" (Ellger p. 9) \i sdsnva a 54 6) sich in beiden homerischen hym- nen auf Aphrodite findet (IV, 292 und X, 4); das zweite mal folgt hier die formel dog ö' ifxsgosaaar doidrjv. Daß auch %ai-

6) KvMtjvris (ttdeovm steht Hynm. III, 2 und XVIII, 2, Jwdwvys /utdsmv n 234 in dem gebete des Achilleus; vgl. Zsv netreg, "ldq&sv fltdiuiv.

Nr. 10. 91. Xenophon. 509

gere . tinva ding, sowie ug%ou äsiden1 (Theog. 1) dort öfters nachweisbar ist , versteht sich von selbst. Für afinavpa und fisguijoäoji 55 verweise ich auf Theognis 1325: Msg^rtgag ö"' einunave xaxug , dessen spräche mit der hesiodeischen ja über- haupt manchen berührungspunkt hat. Dieser dichter scheint das proömium also schon in ähnlicher gestalt vorgefunden zu haben, wie die überlieferte ist. Rudolf Peppmiiller.

91. Xenophons Griechische geschichte. Für den schulge- brauch erklärt von dr. B. Büchsenschütz. Erstes heft (buch I— IV). Fünfte aufläge. Leipzig, B. Gr. Teubner 1884. 8. 211p. 1 mk. 50 pf.

Daß schon eine fünfte aufläge dieser ausgäbe nothwendig geworden ist, zeigt, wie weit auf den deutschen gymnasien die lektüre dieses werks des Xenophon verbreitet ist, dessen darstel- lung es kaum geeignet macht, etwa gerade in erster linie für die schullektüre berücksichtigt zu werden. Die eigenschaften der Büch- senschütz'schen ausgäbe sind aus den früheren auflagen hinläng- lich bekannt. Der herausgeber hat die neuere einschlägliche litteratur für die neue aufläge verwerthet. In dieser ausgäbe wie in allen übrigen der Hellenika berührt die Unsicherheit über die lesarten der Codices peinlich. Eine ausgäbe der Hellenika mit möglichst vollständigem und auf durchgehends neuen ver- gleichungen beruhenden kritischen apparat ist ein dringendes bedürfniß und unschwer herstellbar. Einen beachtenswerthen anfang dazu hat 0. Riemann gemacht in dem Bulletin de Cor- respondance Hellenique (zweiter Jahrgang) 1878, p. 133 161 und p. 317 319, wo er die lesarten des Parisinus 317 und des besseren Ambrosianus A 4 ordinis inferioris aus dem 14. Jahrhun- dert sorgfältig mittheilt: auf p. 152 bis 161 giebt Riemann als probe den text des ersten kapitels des I. buches nebst den ihm bekannt gewordenen Varianten der (größtentheils noch nicht ge- nau genug verglichenen) handschriften ; leider ist dieser text Riemanns durch mehrere versehen entstellt (so steht 1, 14 dvuyxrj statt avdyxTj; 1,16 ^Ens) statt 'Enuöy; 1,18 (in den anmerkun- gen) dyovreg statt ayovrsg\ 1, 22 xai dettäiijp statt xul tijv 8e- xäxqv; 1,33 unariag statt oirag dnairag. Ich selbst habe den genannten codex Ambrosianus im juli 1865 für das erste buch der Hellenika mit der von Ludwig Dindorf 1850 in Leipzig

510 92. Tkeophaues. Nr. 10.

besorgten ausgäbe collationirt. Der text ist von einer leicht lesbaren hand vor der mitte des vierzehnten Jahrhunderts ge- schrieben und von einer jüngeren hand an wenigen stellen cor- rigirt. Alles orthographische ist ziemlich constant durchgeführt: so wird das enklitikon ts mit einem gravis geschrieben, so oft ein paroxytonon vorhergeht. Wie genau Eiemann collationirt hat, ergiebt sich aus der Winzigkeit folgender nachtrage, die ich zu dem ersten buche zu machen habe. Der Ambrosianus schreibt : I, 1, 2 ol] ol; 1> 20 TZQOiHÖwrjaovi 1, 26 t/] tj; 1, 28 zu an- fang ol 3' ; ol 5' ovx irpaaav ; 7/] n; 1, 29 rjßovXovro ; 1, 34 diatavzai 2, 1 svßdtag; 2, 14 ol 3' eig; 2, 19 roü] rar ; 3,19 ötttreu'7-'; 4, 14 dixai shai ; 4,16 savrcp (so); 4, 18 aviov oder avzov unsicher-, 5, 21 ntjrug snza , aber zur bezeichnung der Wortumstellung sind von erster hand die buchstaben « und ß entsprechend darüber geschrieben; 6, 5 «Ho? 7<$,'; 7, 16 qp/Äou ö'; 7, 29 in n%tiv scheint et aus correctur; 7, 34 putaravia.

W. Studemund.

92. C. Franklin Arnold, Untersuchungen über Theo- phanes von Mytilene und Posidonius von Apamea. Leipzig 1882. 8. 72 p. 2 mk.

Der Verfasser hat sich die aufgäbe gestellt, die quellen von Appians Mithridatika zu erforschen : er unterzieht zu diesem zwecke die berichte Appians und der übrigen geschichtschreiber der mithridatischen kriege einer gründlichen analyse und liefert einen werthvollen beitrag zur kenntnis der griechisch-römischen geschichtschreibung jener zeit. Die arbeit läßt sorgfältiges Stu- dium und eine gewisse Sicherheit in methodischer behandlung quellenkritischer fragen erkennen.

Als quelle Appians für die mithridatischen kriege war zu- letzt von R. Jordan (De fönt. App. in bell. Mithr. enarr., Gröttingen 1872) Livius angenommen worden. Dieses resultat war gewon- nen durch eine vergleichung der berichte Appian's mit den dürf- tigen nachrichten des Eutrop und Orosius und der Periochae. Mit recht wendet sich Arnold gegen Jordan's annähme ; denn es liegt auf der hand , daß eine Übereinstimmung mit den genannten quellen, die ja nur die nackten thatsachen enthalten, nichts be- weist. Andererseits finden sich bei Appian auch abweichungen von dem bericht des Livius, die ohne zweifei eine direkte be-

Nr. 10. 92. Theophanes. 511

nutzung des Livius ausschließen. Ueberdies hat der nachweis einer benutzung des Livius keinen werth, wenn wir nicht zu- gleich die quellen des letzteren erfahren. Wenn aber Livius griechische quellen benutzt hat , so liegt es näher die Überein- stimmung des Appian auf benutzung derselben griechischen au- toren zurückzuführen. Ersteres ist nun in der that an sich wahr- scheinlich, da Livius gewöhnlich, wo es sich um griechisch-orien- talische Verhältnisse handelte , griechische Schriftsteller zu rathe zog. Und einzelne spuren in der Livianischen darstellung, so- weit wir sie kennen, weisen darauf hin, daß Livius das werk ei- nes Griechen benutzte, der für philologisch - antiquarische Unter- suchungen eine gewisse Vorliebe hatte. Dasselbe interesue für gelehrte digressionen zeigt sich in der erzählung des dritten mithridatischen krieges bei Appian, nicht aber in der geschichte des ersten krieges. Es finden sich auch einzelne Widersprüche zwischen den ersten und den späteren partien der Mithridatika. Demnach hat Appian für die geschichte der Mithridatischen kriege nicht blos eine quelle benutzt. Arnold weist nun im ersten theil seiner abhandlung unter vergleichung von Strabo und Plutarch (Pompeius und Lucullus) nach, daß Appian den dritten Mithridatischen krieg und zwar nicht nur die feldzüge des Pompeius sondern auch die des Lucullus nach Theopha- nes von "Mytilene, dem freunde und begleiter des Pompeius, erzählt. Plutarch benutzt im leben des Pompeius (für den mi- thridatischen krieg), wie auch schon H. Peter angenommen hatte, den Theophanes als hauptquelle, im Lucullus als nebenquelle (hauptquelle im leben des Lucullus sind die historien des Sal- lust). Livius hat in folge seiner Vorliebe für Pompeius eben- falls häufig dessen günstling zu rathe gezogen, aber sich haupt- sächlich an Sallust gehalten, soweit dessen werk reichte.

Weit größere Schwierigkeiten bietet die Untersuchung der quellen des ersten (und zweiten) mithridatischen krieges bei Ap- pian. Arnold untersucht zunächst die parallelen abschnitte in der geschichte der Bürgerkriege. Es handelt sich dabei um Appian. BCiv. I, 55 106. Von lateinischen autoren (Sisenna, Sulla's commentarien, Sallust, Livius), die in betracht kommen, ist keiner benutzt. Alles weist darauf hin, daß Appian einen griechischen schriftsteiler vor sich gehabt hat. Aus einigen nach- richten und Widersprüchen kann man schließen , daß nicht der

512 92. Theophanes. Nr. 10.

ganze bericht aus einer quelle geflossen ist. Cap. 84 90 scheinen aus anderer quelle zu sein als alles vorhergehende und folgende, aus derselben quelle sind vielleicht cap. 98 107, in cap. 97 scheint Appian selbst die benutzung zweier quellen an- zudeuten. Als hauptquelle aber für den ganzen abschnitt er- gibt sich der Rhodier Posidonius. Mehrfach zeigt sich Über- einstimmung mit den fragmenten des Diodor, der den Posidonius ausschreibt; die erzählung der ereignisse des Jahres 87 (cap. 64 74) berührt sich mit Plutarch (Mar. 41-45), der mehrmals Posidonius citiert. (Auch H. Peter führte diesen abschnitt auf Posidonius zurück). Der bericht ist dem Cn. Pompeius Strabo und Cn. Pompeius Magnus (mit welchem Posidonius sehr befreundet war) sehr günstig, während der charakter des Marius in ungün- stigem lichte erscheint. Dieselbe quelle nun , welche Appian seiner erzählung der dem ersten Mithridatischen kriege parallel laufenden italischen ereignisse zu gründe legte, ist von ihm auch für die griechisch - orientalischen angelegenheiten dieser zeit be- nutzt worden. Die geschichte dieses krieges gehört zu den be- sten partien des Appian'schen werkes. Die asiatischen Verhält- nisse sind mit Vorliebe behandelt und die Vorgänge in Rhodus und Asien mit großer anschaulichkeit geschildert. Ganz beson- ders tritt die ausführliche Schilderung des kampfes der Rhodier mit Mithridates hervor (Mithridatika 24 27), in welcher manche einzelheiten auf einen mit den örtlichkeiten genau bekannten Verfasser hindeuten. Posidonius war augenzeuge der von ihm geschilderten ereignisse. Den sorgfältigen historiker und wür- digen fortsetzer des Polybianischen werkes erkennt man auch aus der benutzung diplomatischer aktenstücke wie des briefes des Mithridates an die Chier (App. Mithr. 47). Posidonius ist aber auch hier nicht die einzige quelle des Appian. Es finden sich bei ihm einige dem Posidonius fremde nachrichten , darunter solche die auf Sulla's commentarien zurückgehen. Letztere sind von Posidonius nicht benutzt worden. Um eine genauere Schei- dung zwischen den aus Posidonius und den aus anderen quellen stammenden nachrichten vornehmen zu können , untersucht Ar- nold Plutarch's biographie des Sulla. H. Peter war der mei- nung, daß Plutarch hauptsächlich Sulla's memoiren ausschrieb und daneben nur Livius benutzte. Arnold weist dagegen nach, daß zu den benutzten quellen auch Posidonius gehört, trotzdem

Nr. 10. 92. Theophanes. 513

er in dieser biographie nicht ein einziges mal citiert wird. Ar- nold kommt zu dem resultat, daß Plutarch im Sulla neben des- sen commentarien den Posidouius durch vermittelung von Strabo's ffaofivtjfiuTa iazooixd (oder direkt?) benutzt hat; außerdem ist Livius herangezogen. Aus der vergleichung mit Plutarch ergibt sich nun, daß Appian Mithr. 28 41 zwei Schriften neben ein- ander gebrauchte , von denen die eine das werk des Posidonius war, und daß die Appian'schen berichte über die schlachten bei Chaeronea (cap. 42 45) und Orchomenos und die folgenden er- eignisse (cap. 49 53) auf Sulla's memoiren und andere römische quellen zurückzuführen sind. Uebereinstimmung mit der Livia- nischen Überlieferung zeigt Appian sowohl in den aus Posido- nius stammenden als in den auf römische quellen zurückgehenden partieen. Arnold vermuthet, daß die römischen berichte, die aus Sulla's commentarien und zum theil vielleicht aus dem annalisten Claudius Quadrigarius stammen, dem Appian durch Livius ver- mittelt sind. Ueber den Zeitpunkt, bis zu welchem das ge- schichtswerk des Posidonius reichte, herrscht streit. Nach Heeren umfaßte es die zeit von 146 63 v.Chr. C.Müller vermuthete, daß die fortsetzung des Polybianischen werkes mit dem jähre 96 abschloß und daß die geschichte des Pompeius von Posidonius in einem besonderen werke behandelt war. Toepelmann setzte als endpünkt das jähr 67, Scheppig das jähr 86. Auf grund der von ihm gewonnenen resultate nimmt Arnold an, daß Posi- donius sein werk mit der dictatur des Sulla abschloß (82 v. Chr.). Die hier kurz skizzierten ausführungen des Verfassers dürfen im allgemeinen auf Zustimmung rechnen. Ueber einzelne schwie- rige punkte kann man anderer ansieht sein. Daß nicht in allen dingen gleiche evideuz und Sicherheit erzielt werden konnte, ist bei den großen Schwierigkeiten, welche gerade Appian der quel- lenforschung bietet , vollkommen begreiflich. Auf sehr unsiche- rem boden bewegt sich die ganze auseinandersetzung über die quellen, welche Theophanes für die dinge, die er nicht aus au- topsie kannte, etwa benutzt haben könnte (p. 92 99). Den problematischen charakter der vermuthung , daß Appian in ei- nigen nicht aus Posidonius stammenden partien des BCiv. I und der Mithridatika das geschichtswerk des königs Iuba seiner erzählung zu gründe legte , hat der Verfasser selbst empfunden (p. 102. 109. 124. 146j. Die beuutzung Iuba's in den Libyka

514 93. Appianos. Nr. 10.

1—66 (p. 102) ist durchaus keine bewiesene thatsache. Sehr wenig begründet scheint mir die annähme , daß Plutarch Livia- nische nachrichten im leben des Sulla und Appian ebensolche in den Mithridatika durch vermittelung von Strabo erhalten habe (p. 126. 146). Daß Strabo den Livius benutzt hat, wird durch die stelle des Iosephus Ant. lud. XIV 4, 3 nicht be- wiesen (. . . (xuQtVQOvai ndvrsg ol rag xura TlofAnffiov noä&ig avaygaipavTsC) iv olg xat Sroüßmv xai Nmolaog xal ngog zovtoig Titog Alßtog 6 r7]g 'Poofial'xijg iaxootag a.vyyQctcpavg). Es ist sogar fraglich, ob nicht Strabo seine vnonv}]fxnia i<iTooixä vor der herausgäbe der betreffenden partien des Livius schrieb. Daß Appian den Livius direkt benutzte , will ich damit nicht be- haupten. Bei Plutarch scheint mir eine unmittelbare benutzung des Livius nicht ausgeschlossen. P. 85 zeile 5 muß es wohl (statt Plutarch) Strabo heißen. P. 113 zeile 1 lies 88 (statt 87).

Leopold Cohn.

93. Appiani Historia Eomana edidit Ludovicus Men- delssohn. Vol. I. II. Lipsiae in aedibus B. G. Teubneri. 1879. 1881. 8. XXVIII. 564 p. u. VI, 565—1220 p. 9 mk.

Mendelssohn hat mit seiner ausgäbe des Appian einem drin- genden bedürfnis abgeholfen ; denn die Bekker'sche textausgabe war vergriffen , der kritische apparat seit Schweighäuser nicht mehr untersucht. Die sorgfältige vergleichung des handschrift- lichen materials hat den herausgeber zu folgenden resultaten geführt :

Für Prooem. , Celt. ep. , Hisp. , Han. , Punica ist Vat. Gr. 141 (V) maßgebend. Die in V befindliche lücke stammt nicht aus dem archetypus , sondern ist in V selbst durch ausfallen eines blattes entstanden; alle handschriften , .welche diese lücke enthalten, gehen also auf V zurück.

Vat. Gr. 134: Prooem., Illyr., Syr. , Mithr. , Bell. civ. (V) verdient den vorzug vor A. Die nachlässige collation Spalletti's hat Schweighäuser verhindert zu dem gleichen ergebnis zu ge- langen. — Candidus hat bei seiner Übersetzung des Appian zwar mehrere handschriften zur hand gehabt, aber nur eine und zwar nach der reihenfolge der bücher mit 0 verwandte, für Celt. ep. eine aus der classe i benutzt. Letztere classe hat für die textkritik die geringste bedeutung.

Nr. 10. 93. Appianos. 515

Trotz der sorgfältigsten handschriftlichen vergleichung bleibt der emendation ein weites fehl. Bei dem insolens und fere per- versum dicendi genus des Schriftstellers will Mendelssohn für die von Nauck gemachten wie für die eigenen conjekturen in die- ser hinsieht die volle Verantwortung nicht übernehmen. Men- delssohn hat mit einer ausnähme, wovon später nur wenige änderungeu im text vorgenommen; desto zahlreichere vorschlage finden wir unter dem text. Wo es sich darum han- delt eine stelle lesbar zu machen , werden wir häufig dem her- ausgeber beistimmen müssen ; seine Verbesserungen verdienen durch ihre einfachheit den Vorzug vor denen anderer; an man- chen stellen freilich glauben wir mit der handschriftlichen Über- lieferung zurecht kommen zu können , wenn auch der Verbesse- rungsvorschlag durchaus angemessen ist.

Wenn nun auch Mendelssohn seinen conjekturen in sprach- licher hinsieht kein besonderes gewicht beigelegt wissen will, so dürfte doch die bloße , nicht unbeträchtliche anzahl derselben ein näheres eingehen darauf rechtfertigen. Denn durch ein con- sequentes ändern der überlieferten lesart nach den allgemeinen regeln der grammatik werden sprachliche eigenthümlichkeiten des Schriftstellers verwischt, so z. b. (N.) av&oänoiv statt ardoäv im gegensatz zu Osoi^ 241, 7 - vgl. dagegen avrjg 818, 15- 828, 2Q oder Mendelssohn setzt, wenn nach einem Substantiv mit artikel ein partieip mit näheren bestimmungen folgt, (z. b. 381, 3; 1094, 10) an diesen und noch 24 anderen stellen nach dem Substantiv den artikel ein; ebenso m<j vor einem partieip, das den grund angibt (z. b. 384, 27; 1127,22 und noch 7mal); oder den artikel vor irsgog, wo es allerdings „die anderen" resp. „der andere" bedeutet (424, 2; 680, 2; 728, 2; 769,25; 1169,1; 472, 27); oder den artikel nach ode 331, 1 ; 1133, 15 vgl. 686, 9; 904, 12; oder er setzt den artikel ein, wenn von zwei durch y.ui (796, 22) oder re ■/.«.) (856, 9) verbundenen Substantiven von gleichem geschlecht oder auch von verschiede- nem (787,15; 1073, 21 ; 1096, 16) das zweite des artikels ent- behrt — oder er ergänzt den possessiven artikel bei Wörtern wie lxfitrtQ (547, 19), vibg (968, 18), denüncov (584, 7) 8tonö- r/jg (1032, 16) oder Mendelssohn will eine zu zwei durch X«) (1021, 14) oder rt - x«J (980, 3, 6; vgl. 1011, 22) ver- bundeneu Substantiven gehörige präposition beim zweiten sub-

516 93. Appianos. Nr. 10.

stantiv wiederholt haben ; oder auch bei einem durch rot,' ange- fügten attribut (vgl. 624, 3 und 824, 5 mit 381, 26). Wir sollen statt rgnjQBrixng lesen Tgirjgixog 10, 12; 282, 16; 309,5; 1140, 24. (Daß man hier einhält thun muß, dazu ermuthigt Mendelssohn's eigne bemerkung zu 1131,3). Ferner ist ig statt sni angefochten 312, 22; 452, 15; 670, 9; 691, 9; 802, 21; die sechs stellen, an denen zu einem mit i v. gebildeten compo- situm eine Ortsbestimmung mit d n 6 tritt (580, 5; 595, 19; 724, 18; 768, 11; 962, 8; 1045,13 umgekehrt 1156, 8) sprechen im gegentheil für beibehaltung der Überlieferung. 8ia tov iti% %ovg 184, 27 dürfte zu halten sein durch Apostelgeschichte 9, 25. Es heißt nicht nach Her. I, 22; II, 29 ig <ib> äfgdj tor nanov 659, 5, sondern der artikel fehlt bei Appian in dieser redensart immer: 347,22; 1056,6; vgl. noch 907, 1; 693,23; 908, 1; 987, 12; 321, 6.

Die größte masse der conjekturen in sprachlicher hinsieht bezieht sich auf den gebrauch der tempora. Hier zeigt sich nun ganz abgesehen von der sichern handschriftlichen Über- lieferung — , daß durch eingehen auf die individualität des Schrift- stellers, das vorkommen der angezweifelten sprachlichen erschei- nungen auch bei Schriftstellern der besten zeit, den hinweis auf den allgemeinen Sprachgebrauch , auch entsprechende interpreta- tion die meisten der vermeintlichen Schwierigkeiten sich heben lassen, ohne daß man zu dem hilfsmittel der emendation ge- zwungen ist.

Mendelssohn wünschte statt des imperfects von (STgatons- 8 sie iv und dessen compositis an folgenden stellen den aorist 154, 11; 159, 15; 301, 18; 614,18; 730,3; 608, 4, 649,20; 630, 20; 613, 23; er hätte es dann gerade so auch 633, 15; 614,5; 981,10 anfechten können. Bedenkt man aber, daß das imperfect den begriff des vorgehenden , sich entfaltenden hat (Krüger 53, 2), der aorist das faktum einfach berichtet, so wird man im vergleich mit anderen stellen , wo der aorist überliefert ist (749, 26; 630, 19; 751, 1; 1025, 12), keinen anstoß neh- men. Der schrift st eller sieht eben an solchen stel- len — und das ist ihm eigen thüml ich im geist die einzelnen dinge sich vollziehen, während er an anderen und zwar seltener die nackte thatsache

Nr. 10. 93. Appianos. 517

berichtet. Beweis dafür ist das häufige vorkommen von verbis der bewegung im imperfect.

Aehnlich verhält es sich mit dem imperfect von qo s v y e i v und compositis , wo Mendelssohn an 22 stellen den aorist ent- weder in oder unter den text setzt. 110, 10; 388, 21; 389, 9; 394, 17; 407,8; 477, 1; 503, 21; 117, 18; 355, 26; 487, 10, 545, 10; 563, 7; 602, 6; 625, 6; 648,23; 655, 24; 701, 6; 834, 21; 952, 16; 1000, 3; 1024, 6. Stellen wie 923, 6; 1133, 18; 1151, 1; 1162, 4; 1163, 7 hätten dann auch noch beanstandet werden müssen; freilich ist bei diesen formen ein irrthum des Schreibers nicht ausgeschlossen. Sollte man aber bei stellen wie 407, 8 tÖte d>> x«J o l/tirioiog eqievyav aftezu- ß t o b 7i 7 i (Mendelssohn eqvyev) oder 625, 6 co^ ds b Nlüyiog ateßöijae . . n q o z q o n d d Tjv o JTaXaTrjg h'cpsvyev y|a> diu Ovqcov nicht annehmen, daß dem Schriftsteller mehr der fliehende als der zur flucht sich wendende vorgeschwebt habe? vgl. auch Xen. an. 6, 3, 27 bei Krüger 53, 2. Sollte man nicht auch bei den übrigen zahlreichen stellen dieser art vor der änderung eineri von der jedesmaligen anschauungsweise des Schriftstellers ausgehenden erklärungsversuch wagen? Interessant ist hier der vergleich des imperfects hsnime 195, 17 ; 748,24; 777,13; 787, 14; 924, 6; 1022, 17 (zumal letzteres) mit irsnsas Thuc. 3, 28, 24; 6, 25, 2.

447, 22; 418, 7; 419, 9, 18; 453, 13; 627, 11, 688, 10 will Mendelssohn statt des imperfects r\ q % e den aorist Jjq<;e : er gelangte zur herrschaft. Ich denke , dem Schriftsteller schwebt hier nicht das eintreten des zustandes, sondern der zustand selbst nach seinem eingetretensein vor und bin mit dem imperfect zu- frieden. Dann bedarfs aber auch keiner änderung aus dem im- perfect in den aorist bei xa7etjni< 486, 7; &nel%& 640, 18; ivo- ott 729, 23; J,xQt 373, 11 ist wie irixa 1170, 4 nach Krüger 53, 2, 8 zu erklären.

anilvsv 173,25 wird gehalten durch 994,11; 1061,19; 1168, 24; j^sriUtf 499, 26; 640, 1; 718, 4; 775, 19 durch das gleiche imperfect 1100, 22; 1103, 1, 4; 1112, 21 ; 1117, 20; 1118, 11; 1120, 3; 1125, 18; 1128, 7; 1137, 16; 1171, 20; 1127, 7 lygaqie.

Umgekehrt verlangt Mendelssohn wiederholt das imperfect, wo der aorist überliefert ist. Gehen wir aus von 1165, 13 18,

518 93. Appianos. Nr. 10.

wo eine merkwürdige mischung von Schilderung und historischem bericht sich findet, so darf man wohl auch an diesen stellen die anschauung des Schriftstellers geltend machen, der einfach berichtet (411, 18 dießaXov-, 414, 17 ixsl^evas V vgl. idt'wh ibid. 20; 479, 3; 635, 11 diüwev; 491, 8 hal<uU (mit 0) ebenso 659, 13). Von demselben Standpunkt aus wird Appian 435, 25: 437, 16; 437, 18; 554, 3 eßaaiXevas und 436, 1 iaaTQeinsvas geschrieben haben, falls man hier nicht den aorist durch deutsches plusquamperfect übersetzen will. Gewis- sermaßen das resultat der vorangegangenen dar Stel- lung ziehend steht mit recht der aorist zusammenfassend : i^ilinEv 562, 7; g&Xinov 639, 27; ov disXinep 770, 21; aniXi- ns.v 751, 8 V; der aorist inXsovaatv 704, 14 bezeichnet das eintreten des zustandes (wurde übermäßig).

Weiter wünscht Mendelssohn nicht selten plusquamperfect statt imperfect. Ob wir ändern sollen mit rücksicht auf Thuc. 2, 31, 1 TTaQi-axsvü&vTo ; 6, 44, 4 sXeyov; 7, 36, 1 ^wilsjov? Allerdings werden wir die imperfecte 182, 11 (vgl. dagegen 633,12 das particip aiQovfitrot), 220,16; 288,6; 223,23; 389, 23; 567, 23; 776, 11; 819, 19 durchs plusquamperfect über- setzen. Man übersetze aber beispielsweise 819, 19 mit dem deutschen imperfect. Wir denken dabei gar nicht an das thatsächliche Zeitverhältnis; sollen wir so etwas bei Appian für unmöglich halten?

rjvcü)[Xsi 122, 15; f^p/Jro 553, 10; 679, 20; (Aitatopiä^sTo 569,15; vntxQVTZTeio 136,6; iargazeviTo 967,19; iaTQUTsvni'TO 1170,17 dürften als imperfecte mit dem begriff der dauer (oder Wiederholung); s^mitttsv 161, 27 (vgl. 164, 10 dianintovatj^) ; STciaaeTO 401, 23; duxsto 507, 11; iXvsto 733, 18; lylyvejo 814,16 als imperfect mit dem begriff des vor(sich)gehenden auf- zufassen sein (Krüger 53, 2); co^üto 680, 11 ist nach Krüger 53, 1, 4, ijaaäro 1031 , 14 nach Krüger 53, 1, 3 zu halten. Wollte man hier wirklich anstoß nehmen, dann könnte ebenso gut 8iEidßat,oi' 675, 16; avvfywQsi 957,26; ijq%si' 1006,1; idi]- (tajwysi 1102, 19; irQsq,oi7o, ili'fiisvov 1185, 12 angefochten werden.

Für gewagt halte ich mit rücksicht auf den all- gemeinen Sprachgebrauch (Krüger 53, 6, 1), dem auch Appian folgt (z. b. 632,11 xatia^\ 660,5 vntJHOvaai>; 941,21

Nr. 10. 93. Appianos. 519

i\p/]<jiaar70 ; 968, 17 xaTenlovztour ; 1151, 15 atTia^ov] 1157,26 tjfAihjauv), da wo der aorist überliefert ist, bloß um der ähnlich- keit der form willen das plusquamperfect zu verlangen (ijo&tTo 620, 8; vniaxszo 888,19; vnia%oino 920,15; vniaxero 732, 18 nach AV), vgl. noch Siiqivyov 1054, 12 und 1057, 16 dtenttytv- yeour in gleichem sinn.

Viele participia praesentis scheinen Mendelssohn zweifelhaft ; er möchte dafür particip. aorist. Gewiß wünschen auch wir es 196,2; 371,6; 419,15; 505,14; 527,10; 654,4; 836,20. [Warum läßt aber dann Mendelssohn triov/i'Cmv 931, 25 unan- gefochten?] Wollen wir bei der übereinstimmenden Überlieferung nicht lieber annehmen, daß Appian hie und da in der darstell ung der Zeitverhältnisse etwas lässig sei? so auch 193, 11; 784, 9; vgl. 799, 14; 503, 21; 531, 5; 614, 22 und 615, 1 (warum sollen gerade hier in kurzer aufeinanderfolge die participia falsch überliefert sein?) und 653, 9 (641, 6) steht das participium praesentis ohne bemerkung ! Einem imperfect mit der bedeutung des währen- den oder des vorgehenden entsprechen die von Mendelssohn an- gefochtenen participia praesentis a. : 338, 16; 348, 12; 441, 15; 660, 25; 568, 1; 1000, 8 (man kann sich ja hier die abzie- hende abtheilung in beliebiger ferne denken) b. 164,10; 607, 17 (im einreißen begriffen war) ebenso 522, 7 (vgl. 976,4 avll. und 22 \u(A.ß.) 475, 1 ; 722, 2. Die gleichzeitigkeit des parti- cipium praesentis mit dem verbum finitum ist zu betonen: 615, 18; 258, 1; 271, 20.

voääv 217, 7 ist unter hinweis auf ivoasi 729, 23 zu er- klären.

Einem imperfect der Wiederholung entsprechen die participia praesentis 287, 8; 805, 13 (welche aus dem kriegsdienste ent- lassen wurden), 681, 19 mit rücksicht auf 1120, 17 xai bis 18 inoöy/taOui.

Schließlich dürften sich Mendelssohn's bedenken durch In- terpretation an folgenden stellen beseitigen lassen.

519, 22 (sei es, daß er (wirklich) mit einem an- schlag umging oder auf die vermuthung gerathen war, daß...) 819, 24 (welche nunmehr Staatseigentum werde), ähnlich 705, 18 nach AV; 849, 25; 951, 23 xgvmovoa (verbergend = verborgen haltend vgl. 136, 6 vnexQvnteio) ; 152, 19 tzzaiotttg

520 93. Appianos. Nr. 10.

nach analogie von t'jttm^tfoi Unglück habend; 483, 1 xqu- 7<ät> in seiner gewalt habend; 575j 11 ßi'a xa7s%opTes durch gewalt innehabend; 730, 5 ayätv durch das imperfect ^ts- CTQutonedevs bedingt.

Die von Mendelssohn angefochtenen participia aoristi 222, 5; 276, 6; 560, 19 (Va) bedeuten thatsächlich dem verbum finitum vorangegangenes. Zu erklären ist 540, 8 vTToXaßnvTsg, nach Krüger 53, 5, 1 „zur annähme gelangt", 791, 25 vnowivd(A-Evm nach Krüger 53, 6, 8; 552, 18 qvyövrog nachdem er sich zur flucht gewendet hatte; 616, 8 diußdvri ist (ggC.) richtig nach dem zusammenhange. Das auffallende 6 IIe.gydftov 8vvanrsvaag 435, 10 ist als eine kurze orientierende bemerkung vom Stand- punkte des Schriftstellers aus aufzufassen ; (Philetairos er war beherrscher von Pergamos ).

Wir finden 23 stellen , an welchen Mendelssohn partici- pium futuri statt participium praesentis haben möchte , zwei (594, 2; 604, 4, vgl. 690, 22), an welchen er es in den text setzt. Nun lesen wir 643, 7 Ylo{mi\iGq t?)v bnoxpiav 8 i a 1 v o (a e- vog r/Xüe; 862, 20 o 8i ^ivrmviog rcv cpoßov avräv um tv\v vnöioiuv skXvcov iipijtyiöaro ' 1128, 7 rrjr onövoiav o Kaiaag ixlvcov insaxsXls jtj tioXei. Es wäre doch ein auffal- lendes zusammentreffen, wenn gerade an diesen einander so ähnlichen stellen die handschrift liehe Überlieferung übereinstimmend unrichtig wäre.

Der hinweis aufC. 690,22; 774, 10 kann mich nicht über- zeugen. — C übersetzt hier und anderwärts nach ähnlichen grundsätzen wie diejenigen sind, nach welchen Mendelssohn zu ändern vorschlägt.

An ein participium futuri zu denken ist nicht nothwendig 913, 4 (ßntjdäv als ein hilfe bringender), der art sind auch die partieip. praes. 131, 1; 604, 4; 690, 22; 615, 22; 774, 10; 957, 2; 1008, 12, 16; 1065, 14; 1114, 11.

Anderwärts schwebt ein neuer beleg für die an- schauungsweise Appian's dem schriftsteiler das be- vorstehende als bereits geschehend vor, so tovg xoo- Xvortag 137,12 ähnlich 594,2; 722,16; 898,4 bei räv yiy'vofxsvmv 378, 21 ist durch den Zusammenhang die beziehung auf die zukunft schon hinreichend angedeutet. Wirklich eine beabsichtigte handlung bezeichnen die partieipe (tetufWQipüv

Nr. 10. 93. Appianos. 521

968, 2; 443, 6 eanuivog; 1003, 17 neQiaä&'voa (nach Krüger 53, 2, 2 zu erklären). Auffallend ist nur avzixadiGtävrog 1122, 9.

Mit ausnähme von 438, 7, wo der infinitiv futuri aller- dings wünschenswerth wäre (doch vgl. (4.siafiOQcpmv 968, 2 etc. im vorigen absatz), läßt sich nach Krüger 53, 1, 10 das prae- sens wohl rechtfertigen, insofern eben nur der inhalt des verbs, nicht die zeit in betracht kommt 208, 14; 1072, 18; 342, 6; 389, 23; 498, 22; 1168, 3.

426,1 5 ; 499,20 kann man erklären ohne an ein futur zu denken.

Der an sich mit dem Sprachgebrauch nicht in Widerspruch stehende sicher überlieferte infinitiv praesentis nach pteWsiv wird besonders durch die formen nlüi 168, 10 (vgl. übrigens 1142, 7; 985, 22) und SianUlv 997,15, wo kaum ein irrthum des Schreibers anzunehmen ist , gehalten ; man wird also auch 1152, 7; 799, 5; 815, 14; 48, 6; 163, 5, 824, 23 bei der handschriftlichen Überlieferung bleiben müssen ; und selbst den in- finitiv aor. 583, 22 und 1122, 24 wage ich zu halten; die Si- cherheit der Überlieferung auch noch betonen beim infinitiv aoristi 244,11; 245,23; 1156,12; 356,15; 375,15; 701,16; 158,4; 363, 11.

Auch für das participium perfecti findet sich das parti- cipium praesentis (yu/joviiiirj 584,3; aiooiiitn,! 633,12, vgl. je- doch uvuioni<ntv<>v 800, 8), wo eine erklärung nicht zu finden ist. An //rrcoMfrod,' 764, 25 und ritrcapthov 976, 4 dürfte mit rücksicht auf Krüger 53, 1, 3 kein anstoß zu nehmen sein. Die participia praesentis von atoinslta&ai 805, 14; 983, 20, (wohl auch 823, 21) vertreten imperfecte.

Bei Appian findet sich eaviov etc. als indirek- tes reflexiv äußerst selten, sehr häufig natürlich das eigentliche in d i r ect e reflexiv o I, a q ä v etc., dane- ben an zahlreichen (c. 10 0) stellen avrnv eins etc., was Mendelssohn mit wenigen jedenfalls nicht beabsichtigten ausnahmen 666, 7, 8; 1146, 19; entweder in oder unter dem text ins reflexiv av- roi" etc ändert, wiewohl auch sonst Schwankungen des ac- cents bei diesem pronomen in den handschriften nur verein- zelt vorkommen. Nun finden sich für das eigentliche re- flexiv die formen iavzov etc. 4 5 mal, bis einmal die form av- Philol. Anz. XIV. 36

522 94. Protagoras. Nr. 10.

roll etc. vorkommt. Warum sollen nun (nach Mendelssohns vor- schlagen) die formen avzov etc. gerade als indirektes reflexiv so bedeutend überwiegen? Es ist auch nicht gegen den allge- meinen Sprachgebrauch avzov eins etc. zu setzen , wo man das indirekte reflexiv erwartet. (Krüger 51, 2, 5). Somit wird die behau ptung, daß Appian unter außerachtlas- sung der beziehung auf das subjekt an diesen stel- len nur von seinem Standpunkt aus referiere, nicht zu gewagt sein. Z. b. 483, 16 vpfitaai; 5' av zivatj avzm (Mendelssohns text avzcp) 8u\ t/)j> rjzzav fni&rjaso&ai überzeugt, daß manche ihn wegen seiner niederlage angreifen würden. Appian läßt also nicht den Mithridates reflektieren, sondern spricht über ihn als einen reflektierenden.

Möge es mir gelungen sein auf einige von den vielen durch Mendelssohn in bezug auf den Sprachgebrauch Appians ange- regten fragen eine befriedigende antwort gegeben zu haben.

Loesch.

94. Wilhelm Halbfaß, die berichte des Piaton und Aristoteles über Protagoras mit besonderer berücksichtigung sei- ner erkenntnistheorie. Leipzig, Teubner 1882. gr. 8 p. 153 210. (Abdruck aus dem 13. supplementbande der Jahrbücher für classische philologie). 1 mk. 80 pf.

Der verf. bemüht sich um den nachweis, daß der bekannte Satz des Protagoras: tzuvtcoi> ^gy^azaiv /Airgov ai&yconoL; zu übersetzen sei: aller dinge maß ist der mensch als solcher (im generellen, nicht im individuellen sinne). Eine betrachtung des historischen Zusammenhanges und eine genaue Zergliederung der darstellung des Piaton und Aristoteles soll es wahrschein- lich machen , daß die „extrem individualistische" auslegung, welche diese dem protagoreischen satze gegeben haben , nicht im sinne des Protagoras sei, und von hier aus auch eine berich- tigte bestimmung des von Protagoras in der praktischen philo- sophie eingenommenen Standpunktes ermöglichen. Nur die sub- jective Wirklichkeit aller Vorstellungen habe Protagoras behaupten, einen objectiven werth aber nur den normalen aiadrjösig xai xaza. zavzaq ör'|«t zuschreiben wollen. Vergleicht man den beginn dieser Untersuchung mit dem , was Peipers p. 44 49 seiner „Erkenntnistheorie Piatos" auseinandersetzt, so kann es den an-

Nr. 10. 94. Protagoras. 523

schein gewinnen , als wenn sich der verf. ganz an Peipers an- schlösse und nur eine ausführlichere begründung für dessen an- sieht geben wollte. Liest man aber nach der vorliegenden schrift, was Peipers p. 290 ff. auseinandersetzt, so überzeugt man sich , daß die ansieht desselben vielmehr in principiellem ge- gensatze zu der hier verfochtenen steht. Denn Peipers leugnet ja nicht, daß nach Protagoras allen menschlichen auffassungen nicht nur „subjeetive Wirklichkeit" sondern auch subjeetive gültigkeit, den dissentirenden urtheilen gleiche berechtigung zukommen müsse , er spricht nur dem Protagoras die ausdrück- liche annähme ab, daß die auffassungen der menschen that- sächlich unbegrenzt verschiedene seien. Darum bezweifelt Peipers auch nur, daß der zusatz : cog oia (isv exaara ifxol q/aiveraig roiavza fisv eativ i/xoC xtl. ein wörtliches citat sei, obwohl auch für ihn , wie es mir wenigstens scheinen will, dieser zweifei nicht eigentlich motiviert ist, und ohne daß es ihm gelungen wäre , seinen zweifei ausreichend zu begründen. Zu einem weit radicaleren verfahren sieht sich jedoch der verf. ge- nöthigt : er spricht nicht nur jenen satz dem Protagoras ab und erklärt ihn für eine bloße erläuterung Piatons womit es sich doch übrigens nicht recht zu reimen scheint, daß Piaton den terminus Boxsip, durch den das quirtoOai in späteren anführungen ersetzt wird, nicht richtig aufgefaßt haben soll (p. 187) , sondern er zweifelt auch die authenticität des ersten Zusatzes : iwv fxev optooi rot,' tan, räv de ixij ovtcov , oog ovk satt an und leugnet entschieden, daß Protagoras selber seinen satz irgend wie auf heraklitische annahmen gestützt , und daß schon Prota- goras den ,,correlativismus" gelehrt habe. So bleibt denn dem verf. schließlich als das einzig authentische bruchstück einer pro- tagoreischen erkenntnistheorie nichts anderes übrig als die vier worte: advTmv %Qt]uaTmv [A£tqov avOgconog.

Bei aller anerkennung der gelehrsamkeit und des Scharf- sinnes, welche der verf. auf die vertheidigung seiner these ver- wandt hat, kann ich doch nicht finden, daß es ihm gelungen sei , dieselbe irgendwie wahrscheinlich zu machen ; die Überzeu- gungskraft seiner ausführuugen scheint mir übrigens gerade da- durch erheblich geschmälert zu werden, daß neben manchen ar- gumenten, die zwar keineswegs entscheidend sind, aber immerhin einige beachtung verdienen, auch viele ganz hinfällige nicht ver-

36*

524 95. Paroemiographen Nr. 10.

schmäht sind. Der räum gestattet mir hier nicht eine darlegung des gedankenganges und eine ins einzelne gehende kritik; nur daran sei erinnert, daß das ganze unternehmen aussichtslos oder vielmehr unmöglich gewesen wäre, wenn abgesehen von anderen quellen Sextus Empiricus die gebührende Schätzung gefunden hätte. Gelegentlich freilich (p. 163 oben), wo es seinem zwecke förderlich erscheint, verschmäht es der verf. doch wieder nicht, sich auf Sextus Empiricus zu berufen. H. v. Kleist.

95. Otto Crusius, Analecta critica ad paroemiographos graecos. Lipsiae, Teubner 1883. 8. 174 p. 4 mk.

Die in der anzeige der Warnkroß'schen schritt (Philol. anz. XIII, 316 ff.) ausgesprochene erwartung , daß das Studium der parömiographen, das so lange darniederlag, nunmehr wieder in fluß kommen werde , hat sich rasch erfüllt. Der arbeit von Warnkroß folgte die schritt von H. Jungblut auf dem fuße (s. Philol. anz. XIII, 322). Und nun liegt uns wieder eine auf gründlichen Studien und umfassenden kenntnissen beruhende sorg- fältige und ergebnisreiche arbeit vor. In vielen punkten die von Warnkroß und Jungblut begonnenen Untersuchungen er- gänzend , berichtigend und weiterführend , entwirft Crusius ein zusammenfassendes bild von dem zustand der Überlieferung, von der entstehung und dem Zusammenhang der verschiedenen par- ömien - Sammlungen, die unter dem namen des Zenobios überlie- fert oder mit dem werke des Zenobios irgendwie verbunden sind. Wenn wir die großen Schwierigkeiten in betracht ziehen, denen die forschung auf diesem gebiet in folge des vollständigen man- gels an kritischen ausgaben und der weitschichtigkeit des überall zerstreuten materials auf schritt und tritt begegnet, so können wir nicht umhin dem Verfasser unsern lebhaften dank auszu- sprechen, daß er trotzdem diese aufgäbe unternommen und in so glücklicher weise gelöst hat. Crusius beherrscht die parömio- graphische litteratur wie vielleicht kein anderer, und diese Sach- kenntnis befähigt ihn den gegenständ in einer geradezu muster- haften weise zu behandeln. Allerdings sind nicht alle resultate von derselben evidenz und die beweise für die ausgesproche- nen vermuthungen nicht alle von gleicher Überzeugungskraft; über manche punkte wird man gut thun das urtheil vorläufig zurückzu- halten. Aber das ist unter den angegebenen umständen natür-

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lieh, und der Verfasser ist selbst oft genug in der läge gewisse dinge als zur zeit offene und einer genaueren Untersuchung be- dürftige fragen zu erklären, weil das zu ihrer entscheidung nö- thige material noch nicht herbeigeschafft ist. Die bearbeitung der parömiographen befindet sich eben noch in den anfangen. Crusius' arbeit gibt den künftigen forschern eine tüchtige grund- lage und leitende gesichtspunkte.

Im ersten capitel gibt der Verfasser eine Übersicht über die handschriften des Zenobios. Der bisher in unverantwortlicher weise vernachlässigte Laurentianus (L), der für die ergänzung des wahrscheinlich durch ausfall eines quatemio lückenhaften Athous (M) ungemein wichtig ist, wird hier zuerst vollständig verwerthet. (Crusius konnte Jungblut's collation benutzen). M enthält in seinem jetzigen zustande vier sprichwörter-sammlungen. Aus der vergleichung von L ergibt sich , daß der archetypus von ML fünf Sammlungen enthielt : in M ist nicht nur der größte theil der dritten und der anfang der vierten Sammlung ausge- fallen, sondern auch eine fünfte Sammlung, die im archetypus zwischen der dritten und der vierten stand ; M IV ist also fortan als V zu bezeichnen. M hat die richtige reihenfolge der Samm- lungen bewahrt, in L ist sie verändert und durch die gramma- tischen excerpte auseiuandergerissen. Die Sammlungen I III gehören zusammen und bilden ein ganzes, sie enthalten das werk des Zenobios in seiner ursprünglichen (nicht-alphabetischen) ge- stalt. Andere form zeigen die parömien der Sammlung V (= M IV) : sie sind alphabetisch geordnet , im inhalt zum theil mit Zenobios verwandt. Ganz verschieden ist Sammlung IV (die in M ausgefallen ist) : die einzelnen Sprichwörter finden sich zwar in den vulgären Zenobios-handschriften, die Sammlung rührt aber jedenfalls von einem andern autor her als I III. Nach eingehender analyse derselben stellt Crusius die vermuthung auf, daß wir es hier mit der sogenannten Plutarchischen Sammlung alexandrinischer Sprichwörter zu thun haben , für welche frü- her die erste Sammlung des L (= M III) gehalten wurde : die Unterschrift in L niovriio^ov naQui^ün at<i 'A'kttuvÖQEi^ £%ya>v7o bezog sich ursprünglich , meint Crusius , nicht auf die vor- angehende Sammlung (III), sondern auf die folgende (IV). Mit dieser durchaus einleuchtenden annähme ist die controverse über den Ursprung der sogenannten Plutarchischen Sammlung

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(s. Philol. anz. XIII, 320) endgiltig beseitigt. Es bleibt nur noch zu untersuchen , ob Plutarcb wirklich der Verfasser dieser Sammlung (IV) ist oder ob ihm diese schrift über parömien fälschlich beigelegt wurde. Der Überlieferung in ML stehen gegenüber die vulgärhandschriften des Zenobios, die alle aus einem alphabetisch angelegten archetypus stammen und wiederum in zwei classen zerfallen , von denen die eine durch den Pari- sinus 3070b (P) und den Harleianus (H), die andere durch den Bodleianus (B) Vaticanus (V) und Parisinus 1773 (A) gebildet wird. Aus einer dem Bodleianus ähnlichen handschrift sind nach Crusius die sogenannten Diogenian-handschriften geflossen. Er nimmt mit Jungblut an , daß die unter Diogenians namen gehende Sammlung nur durch ein misverständnis dem Diogenian beigelegt worden sei. Mir . scheint Jungblut's annähme noch nicht außer allem zweifei. Der name des Diogenian in dem ein- leitenden traetat (dioyevturov tzeqI nttQOifxmv} läßt sich nicht wegschaffen : die von Crusius (p. 25) versuchte erklärung genügt nicht. Die sache verdient eine nochmalige prüfung , wozu vor allem eine Untersuchung der Diogenian-handschriften nöthig ist. Eine weitere benutzung des durch Ch. Grraux bekannt ge- wordenen Escurialensis (2 I 20), der eine aus zwei ex- emplaren des Zenobios und aus Suidas compilierte farrago von ca. 1200 parömien enthält, ist durch Crusius' bemerkungen über denselben fast entbehrlich geworden. Crusius hat entdeckt, daß die Sammlung bereits gedruckt vorliegt: eine Aldina vom jähre 1505 enthält u. a. die vollständige Sammlung des Escurialensis, aus welchem Graux nur einige proben gegeben hatte.

In den beiden anderen capiteln geht der Verfasser genauer auf den inhalt der beiden recensionen des Zenobios ein. Er handelt zuerst über den zustand der Überlieferung im Miller'schen Zenobios und wendet sich hier mit recht gegen Warnkroß, der unter verkennung der thatsächlichen Verhältnisse die Athos-hand- schrift zu sehr überschätzte, während Jungblut ihren werth im allgemeinen auf das richtige maß zurückführte (vgl. auch meine Untersuchungen über die quellen der Plato - scholien in Fleckei- sen's Jahrbuch, suppl. XIII, 843 ff.). Crusius zeigt an einer reihe von beispielen , daß M vielfach eine durch Verkürzung , auslas- sung, willkürliche änderung und interpolation entstandene schlech- tere Überlieferung aufweist als die vulgata , daß namentlich P

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an vielen stellen das ursprüngliche reiner und. vollständiger be- wahrt hat als M. Diese ausführungen enthalten zugleich viele beitrage zur kritik und exegese der parömien im einzelnen und eine fülle von lehrreichen und interessanten bemerkungeu über die beziekungen der Sprichwörter zur litteratur, insbesondere zur komödie. Von besonderer Wichtigkeit ist aber der folgende abschnitt über die anordnung der Sprichwörter in M. Die Un- ordnung und regellosigkeit in der aufeinanderfolge der parömien (in I III) ist nur eine scheinbare, bei genauerem zusehen er- kennt man eine gewisse Ordnung theils nach formellen theils nach sachlichen gesichtspunkten. Hier und da findet man eine reihe von Sprichwörtern zusammengestellt, die entweder in ihrem inhalt eine gewisse Verwandtschaft zeigen oder in der form der erklärung einander gleichen. Diese art der anordnung findet sich hauptsächlich in Sammlung I. Sehr scharfsinnig und von großer bedeutung sind Crusius' beobachtungen über die Samm- lungen II und III Die ersten 28 Sprichwörter der zweiten Samm- lung zeigen in stil, inhalt und erklärung eine auffallende Über- einstimmung : sie sind mythisch-historischen inhalts und beziehen sich meist auf attische mythen und einrichtungen. An fünf stellen wird Demon genannt, der außer einer Atthis eine schrift ntiH naQoiftimv verfaßte: Crusius folgert demgemäß, daß wir in dem anfang des zweiten buches des Zenobios ein excerpt aus Demon , also einem der ältesten parömiographen , haben. Eine zusammenhängende reihe bilden ferner II, 45 65, eine Zusam- menstellung von (hauptsächlich tragischen) versen und verstheilen, die von komikern parodiert und darnach sprichwörtlich gebraucht wurden (45 58), und von dialektischen Sprichwörtern, xard y\<»T7uv eiQTipeva (59 65). Crusius vermuthet nicht ohne grund als Verfasser dieser, wie es scheint, allerdings stark verkürzten gattung von parömien den grammatiker Aristophanes von Byzanz. In Sammlung III sind, wie bereits F. Scholl bemerkt hatte, die parömien nach den einzelnen Schriftstellern und klassen von Schriftstellern geordnet , aus denen sie entlehnt sind. Der bei weitem größere theil derselben ist, wie Crusius im einzelnen nachweist, aus philosophen und historikern (hauptsächlich aus Aristoteles und den peripatetikern und späteren geschichtsschrei- bern wie Duris), der rest aus dichtem (besonders der sicilischen und attischen komödie) ausgezogen. An diese beobachtungen

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knüpft dann Crusius seine Schlüsse über die entstehung und die ursprüngliche form des Zenobianischen werkes. Es war in der weise angelegt, daß in die erste und zweite Sammlung haupt- sächlich excerpte aus den werken der älteren parömiographen aufgenommen wurden, in die dritte Sammlung dagegen excerpte aus Schriftstellern, bei welchen Sprichwörter beiläufig erwähnt und erklärt waren, und dichterstellen, die sprichwörtlich gebraucht wurden. Diese dritte Sammlung , in der sich der emsige fleiß eines grammatikers documentiert , der bei den verschiedensten Schriftstellern parömien aufsucht, glaubt Crusius unbedenklich auf Didymos zurückführen zu können. Aber auch in der ersten und zweiten Sammlung finden sich genug spuren der gelehrsam- keit dieses grammatikers , daß man ihn auch in diesen als eine hauptquelle des Zenobios ansehen darf, und der titel des parö- mien-werkes des Didymos ngh „• mvg ntgi nugoi/niojv avneTu^örat; läßt darauf schließen, daß Didymos die von früheren parömio- graphen gesammelten parömien in sein werk aufnahm und er- läuterte. Crusius ist deshalb geneigt, den antheil des Lukillos Tarrhaios an dem werke des Zenobios gering anzuschlagen, er erklärt sich mit Jungblut gegen Warnkroß' annähme, daß Zenobios das werk des Didymos nicht direkt, sondern durch ver- mittelung des Tarrhaios benutzte. In der that scheint Warn- kroß mit dieser aufstellung über das ziel hinausgeschossen zu haben : das werk des Zenobios war nach der einfachen erklärung des titeis {ßnnofii] 7cüp Taggatov xat JtbvfAOv) ein auszug aus den werken des Didymos und des Tarrhaios. Jungblut und Crusius scheinen mir nun aber in das andere extrem zu verfallen, indem sie den größten theil des Zenobios auf Didymos zurück- führen und das eigenthum des Tarrhaios auf ein minimum re- ducieren wollen. Daß Stephanos von Byzanz und der Plato-scho- liast, welche Tarrhaios citieren , aus Zenobios geschöpft haben, glaube ich nicht. Jungblut's ausführungen über Stephanos s. v. ^mdcßvt] (/iwdeovalov %aXxiov) und Schol. Plat. ßep. 337 üagdario^ yeXmg (p- 30 ff.) haben mich nicht davon über- zeugt, daß diese stellen nicht ganz aus Tarrhaios sein können. Bei der erklärung des Sprichwortes dwdtai'ulav xakxiov geben die worte des Tarrhaios am Schlüsse nur eine bestätigung des- sen , was Polemo berichtete , der Verfasser fügt aus eigener an- schauung hinzu, wie sich die sache zu seiner zeit verhielt. Auf

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dieselbe weise läßt sich bei dem Sprichworte Zay8avio^ yulcog die ähnlichkeit der worte des Tarrhaios (im Schol. Plat ) mit denen des Silen (bei Phot.) erklären: Tarrhaios erzählt, daß er von eingeborenen in Sardinien dasselbe gehört habe , was Silen berichtete (der scholiast hat die worte des Silen ausgelas- sen); er verwirft aber diese erklärung (ovim 81 2uü8<irt(i<; ov Xiyotio, nu) ov 2txü8üvtog) und schließt sich der gewöhnlichen an (nrJ7ioTe ovv xr?..: diese worte stehen durchaus in keinem ge- gensatz zu der bemerkung des Tarrhaios). Nehmen wir an, daß Photios aus Pausanias und dieser aus Didyrnos '), der Plato- scholiast und Zenobios aber aus Tarrhaios geschöpft haben , so ist alles in bester Ordnung. Im übrigen will ich Crusius gern zugestehen , daß das Verhältnis des Tarrhaios zu Didymos zu den noch unaufgeklärten fragen gehört und einer besonderen Untersuchung bedarf.

Die andere recension, die durch PBVA repräsentierte vul- gata, ergänzt den Miller'schen Zenobios vielfach durch größere Vollständigkeit und bessere Überlieferung innerhalb der einzelnen parömien. Aber nicht alles , was in diesen handschriften sich findet, darf als zenobianisch angesehen werden. Der größte theil derjenigen parömien, die im Miller'schen Zenobios nicht enthalten sind, stammt aus andern quellen. Daß der diaskeuast, auf welchen der archetypus der vulgärhandschriften zurückzu- führen ist, neben dem werke des Zenobios noch andere quellen benutzte, ergiebt sich schon daraus, daß vielfach dasselbe Sprich- wort an zwei verschiedenen stellen erklärt wird. Als nicht-ze- nobianisch und interpoliert müssen z. b. solche parömien gelten, die sich auf thierfabeln beziehen und aus aesopischen fabeln stammen , und solche die aus Lukian entlehnt sind. Die inter- polierten parömien bilden innerhalb der einzelnen buchstaben fortlaufende reihen, die sich den in M enthaltenen echt zenobia- nischen gegenüber deutlich abheben. Es fragt sich nun , woher diese interpolierten reihen stammen. Für diese frage ist nach Crusius ein schon früher von M. Schmidt bemerkter umstand von großer bedeutuug. M. Schmidt wies darauf hin , daß na- mentlich im Bodleianus und in den Diogenian - handschriften

1) Aus derselben quelle wie der artikel des Photios d. h. aus Didymos ist auch Schol. V zu Odyss. «P 302 (= Eust. p. 1893, 6) geflossen.

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sprichwörter-reihen, in denen die beobachtung der alphabetischen reihenfolge sich auf die zwei ersten buchstaben erstreckt, mit solchen abwechseln, in denen diese regel vollständig vernachläs- sigt ist. Crusius erweitert nun diese beobachtung dahin, daß die zuerst genannten reihen fast durchweg nur solche Sprichwörter enthalten , die im Miller'schen Zenobios fehlen , die Sprichwörter der anderen classe dagegen sämmtlich auch in M vorkommen. Dies wird im einzelnen am Bodleianus nachgewiesen und es er- gibt sich turbata illa agmina Zenobian a esse, accuratius disposita non inveniri in Athoo , sed complecti omnia fere prover- bia aliis de causis suspecta (p. 109). Aus dem charakter der parömien schließt Crusius, daß dies alphabetisch angelegte werk, aus welchem der interpolator schöpfte, von einem Sophisten oder rhetor in der zeit nach Lukian verfaßt ist. Nun ist aber die fünfte Sammlung in M L in derselben weise alphabetisch ange- legt und die parömien zeigen denselben sophistischen charakter und haben dieselbe reihenfolge wie die entsprechenden in P B Diog. : Crusius schließt also mit recht : Zenobius volgatus interpo- latus est ex conlectione aliqua Mülerianae V plane gemella (p. 113). Ob Crusius die zeit der entstehung dieser Sammlung richtig be- stimmt hat, möchte ich bezweifeln. Die ansieht von M. Schmidt und Warnkroß, daß die Zenobios - handschriften (besonders B) aus Diogenian interpoliert seien, läßt sich aufs beste mit dem er- gebnis von Crusius' Untersuchungen verbinden , wenn wir als Verfasser der alphabetischen Sammlung, von der in MLV bruch- stücke erhalten sind, Diogenian annehmen (s. Fleckeisens Jahrbuch, suppl. XIII, 839 anm.). Da auch die parömien der vierten Samm- lung in M L (Plutarch) in den vulgärhandschrif'ten des Zenobios vorkommen, so benutzte also der grammatiker , auf den der ar- chetypus der vulgata zurückzuführen ist, alle fünf Sammlungen des archetypus von M L. Im Bodleianus ist außerdem eine zweite alphabetische reihe bemerkbar , noch sorgfältiger als die erste (mit drei bis vier buchstaben): in dieser findet man jedoch nicht eigentliche parömien, sondern meist HSsig , in denen z. b. gerichtsausdrücke und andere auf Athen bezügliche dinge er- klärt werden. Alle diese glossen sind offenbar aus einem lexikon interpoliert, wie man auch daraus ersehen kann, daß die meisten dieser ausdrücke bei Photios vorkommen und in derselben weise erklärt werden. In zwei appendices sind die vom Verfasser

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aus Denion abgeleiteten und die auf Aristophanes von Byzanz zurückgeführten parömien der zweiten Sammlung zusammenge- stellt und besprochen.

Vorstehende skizze hat hauptsächlich den zweck, dem leser eine Vorstellung zu geben von dem reichen inhalt des buches und der menge wichtiger fragen, die in demselben behandelt und ange- regt werden. Noch bleibt genug auf diesem gebiet zu thun übrig. Eine kritische ausgäbe der parömiographen ist dringend nöthig. Es muß das Verhältnis der secundären hülfsmittel un- seres Corpus Paroemiographorum zu den primär-quellen genauer untersucht und festgestellt , das parömiographische material , das in den einzelnen scholien - Sammlungen und Wörterbüchern ent- halten ist , zusammengebracht und verglichen werden u. s. w. Möge es dem Verfasser vergönnt sein, uns bald mit einer neuen frucht seiner parömiographischen Studien zu erfreuen, und möge sein beispiel viele nachahmung finden.

Die ausstattung ist gut, der druck correct. P. 95 anm. ist Cr am. An. Oxon. (statt Bekkeri anecd.) zu lesen.

Leopold Colin.

96. August Schleußinger, Studie zu Cäsars Rhein- brücke. Separatabdruck aus den blättern für bayrisches gym- nasialschulwesen. München , J. Lindauer'sche buchhandlung (Schöpping). 1884. 40 p. 8.

Seitdem für die erläuterung des Cäsar'schen brückenbaus die techniker den philologen zu hülfe gekommen sind, werden nicht mehr aufsätze , sondern bücher darüber geschrieben. Es handelt sich eben nun nicht mehr allein um die construction, sondern auch um die art und die mittel der herstellung.

Dem obersten von Cohausen gebührt das verdienst, zuerst mit einer arbeit von diesem bereich hervorgetreten zu sein-, sein buch ist bei Teubner 1867 unter dem titel Cäsars Rheinbrücken erschienen.

Zu völlig abweichenden Vorstellungen gelangt ein anderer techniker, der baurath Rheinhard (söhn), in seiner technisch-kri- tischen Studie Cäsars Rheinbrücke 1883, deren ergebnisse in die neueste illustrirte ausgäbe der commentarien seines vaters , des professors Rheinhard , aufgenommen worden sind. Dieser weist zu anfang und nebenbei die abenteuerliche vermuthung Maurers

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in Cruces philologicae zurück , „der die tigna sesquipedalia mit der schmalen seite gegen den ström stellen , sie hintereinander, nicht quer, sondern in der richtung des Stroms anbringen will". Im übrigen entfernt sich seine auffassung, und zwar beinahe in allen punkten, von Cohausens bauweise.

Schleußinger seinerseits wendet sich nun wieder gegen Rheinhards aufstellungen , im allgemeinen zu den ansichten des obersten zurückkehrend. So rügt er in der darstellung des bau- raths zuerst die annähme, daß die pfahlpaare eingerammt worden seien er meint auf Cohausens autorität hin , es sei hinreichend gewesen , sie einfach durch Schlägel in den kies und schlämm des flusses einzusenken, und zur Unterstützung dieser meinung führt er auch den metaphrasten an, welcher fistucis durch acpigan Tia)v wiedergiebt : als ob ein sich im übersetzen in's griechische üben- der franzose (s. Philol. XII, p. 147), der im stände ist VI, 15 gratiam (so viel wie einfluß, ansehen und synonym mit dem dar- auf folgenden potentiam) durch nvnQmfiav zu übertragen, weil ihm das französische la gräce in der bedeutung von la biensiance einfällt, für die Interpretation mehr glauben verdiente als für die kritik. Handelte es sich hier um latten von zwanzig fuß länge und zehn fuß schwere , würde ein schlägel sich wirksam erwiesen haben ; bei diesen anderthalb fuß starken doppelpfählen, welche etwa eine länge von dreißig fuß und folglich ein gewicht von mindestens sechzig centnern hatten, würde ein Werkzeug der art nichts anderes gewesen sein als die fliege der fabel auf dem wagen des fuhrmanns.

Wenn auch nicht in seinem buche , so doch in der seiner zeit von dem Verfasser gefälligst mir zur einsieht verstatteten metallographirten copie seiner denkschrift für den kaiser Napo- leon III. hat der oberst von Cohausen das wirkliche feste ein- rammen der pfahlpaare für durchaus zulässig, ja eher für nöthig erklärt. Ich führe diese stelle hier an, weil sie zugleich, wenn auch nicht die einzige , doch eine sehr leicht ausführbare art des einrammens angiebt. „Sollte" so heißt es da „das eintreiben aus freier hand bei der schwere der pfähle zu schwach erscheinen , so könnte man sich unter den fistucis zwei ramm- klotze denken, welche an Stangen, die an den pfählen selbst be- festigt waren, auf- und abliefen und diese in schräger richtung trafen, also etwa so :"

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Wahrscheinlich hat der oberst diese stelle und diese Zeich- nung, welche ich ihm zu ehren wie zur förderung der sache glaube der Vergessenheit entreißen zu müssen , im buche nur weggelassen , weil sie seiner liebliugsidee , dem weidenverband, eintrag zu thun schien. Hätte Schleußinger sie gekannt, würde er sich gegen das einrammen nicht so absprechend geäußert haben.

Uebrigens giebt es noch andere gründe, aus welchen ein bloßes leichtes antreiben vermittelst des hammers hier ganz aus- geschlossen erscheinen muß. „Die leute stehen dabei auf den holmenden", sagt Cohausen, ich citire wieder aus der denkschrift, „und schlagen abwechselnd auf den rechten und auf den linken pfähl , was" dies ist zusatz des buches „die elasticität ihrer Verbindung sehr wohl gestattet". Aber wie? wenn diese elastische vei'bindung durch weidenbänder nicht angewendet worden war? die, wenn auch jetzt bei den flößen auf dem Rhein üblich , damals schwerlich schon im gebrauch war , wenn auch auf diesem fluß floßholz zur Versendung gekommen sein sollte, wie man aus dem vierten buch Strabo's entnehmen will. Es ist ein großer irrthum, wenn man glaubt, daß der weidenverband, so urwüchsig er uns auch erscheinen mag, das alte befestigungs- mittel ist. Odysseus bohrt in die stamme, welche sein floß bil- den sollen, löcher und befestigt sie durch (hölzerne oder metal- lene) bolzen und klammern an einander, Od. V, 248 :

yöpcfniötv 8' uqu T)]vys xai uo/aoi (yaiv apygev, und wenn ihm auch weiden in menge zu geböte stehen, 256, mit denen er ringsherum eine schutzwehr gegen die wellen auf- führt, von weidenbändern zur weiteren Verstärkung des zusam- menhaltens der balken ist nicht die rede. War aber die ver-

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bindung der balkenpaare bei der Rheinbrücke eine feste , so wurde sie durcb das abwechselnde schlagen bald auf den einen pfähl rechts , bald auf den andern pfähl links , auch bei ganz geringer Wirksamkeit desselben, erschüttert, geschwächt oder wohl gar auseinandergerissen ; dies abwechselnde schlagen ist eben nur denkbar und ausführbar mit den Cohausenschen weidenbän- dern; da Schleußinger diese aufgiebt, muß er unbedingt auch das abwechselnde hämmern fallen lassen ; es bleibt nichts übrig als das rammen mit zwei gleitenden rammböcken, mögen sie nun in der von Cohausen angegebenen oder in anderer weise in an- wendung gebracht worden sein.

Und hier liegt nun außerdem ein handgreiflicher Widerspruch des technikers vor, der seinen nachsprechern entgangen zu sein scheint. „Um den schlägel zu gebrauchen", so schreibt der oberst, „sollen die leute auf den holmenden (oder holmköpfen) stehen". Aber der holm daß er darunter nicht etwa die junctura , sondern die trabs bipedalis , die von einem pfahlpaar zum andern reichte , verstand , zeigt die mir vorliegende Zeich- nung der denkschrift, welche in das buch nicht übergegangen ist, hier auch nicht reproducirt zu werden braucht der holm also wurde doch erst aufgelegt, nachdem die pfahlpaare einge- trieben waren ; wie hätten demnach die leute zum eintreiben auf seinen enden stehen können? denn wäre er vor dem antreiben durch die schlägel aufgelegt worden, so hätten , da er ungefähr fünfzig centner schwer war , durch diese last die beiden pfahl- paare unfehlbar gegen einander gedrückt werden müssen ; ich begreife sogar nicht , wie das nicht hätte erfolgen sollen , wenn sie überhaupt nur mäßig angetrieben waren. Oder um es noch auf andere weise zu zeigen. Schleußinger selbst macht die sehr richtige bemerkung (p. 14): „das stetige vorrücken und fertigstellen der brückenbahn wird von Cäsar genau nach der historischen Ordnung geschildert". Nun wurden aber, nach der reihenfolge der satztheile dieses paragraphen, die pfahlpaare fest- geschlagen und eingetrieben, ehe diese querbalken eingelassen wurden, zum festschlagen konnten die leute daher nicht auf den holmendeu stehen. Folglich hätte für sie zu diesem zweck auf verbundenen kähnen oder auf einem floß ein gerüst errichtet werden müssen. Mehr mühe und zeit kostete es aber auch nicht, auf diesen unterlagen eine rammvorrichtung herzustellen.

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Auch auf den Wasserdruck rechnet, wiederum den andeu- tungen Cohausens folgend, Schleußinger, um ein mäßiges antrei- ben der pfähle für hinreichend zu ihrem festen stand auf dem flußboden zu halten. Sicherlich drückt der in spitzem winkel gegen das obere pfahlpaar gerichtete ström es hinunter, aber eben so drückt er , in stumpfem winkel gegen das untere ge- richtet, dieses in die höhe (man kann sich durch ein paar stäbe, die man in der vorgeschriebenen richtung in ein fließendes was- ser stellt, leicht davon überzeugen)-, waren beide paare einmal gegeneinander festgehalten durch den querbalken (oder holm) und die fibulae, so hoben diese entgegengesetzten Wirkungen ein- ander auf, drängten sogar zum stärkeren halt die doppelpfähle in der einen oder der andern richtung gegen die fibulae; noch nicht fest an einander gefesselt und die anbringung des holms und der fibulae nahm doch mehr als ein paar stunden, vielleicht einen ganzen tag in anspruch wurden nothwendiger weise die oberen pfählpaare , wenn sie eben nicht eingerammt waren, stromabwärts hinuntergedrückt, die unteren in derselben richtung iu die höhe gehoben. Verhindert konnte das nur wer- den durch festes einrammen.

Endlich hätten die allergünstigsten umstände, z. b. ganz ruhiges wasser und wetter vorausgesetzt die pfahlpaare, auch ohne eingerammt zu sein , ganz bestimmt wenigstens nach ein- lassung der querbalken und Verfestigungen derselben durch die fibulae, so gehalten werden können, daß sie nicht stromabwärts oder stromaufwärts fielen ; aber nichts hinderte sie, wenn sie eben nicht fest im flußgrunde steckten, so lange die brücke noch nicht durch die balken, die latten und den rasen quer über den Rhein hin bedeckt war , in der richtung auf das eine oder das andere ufer hin umzukippen. Wenn die heut zu tage zu gerüsten oder zu brücken benutzten bocke in dieser weise nicht leicht umsin- ken können, so kommt es daher, daß sie nach dem untern ende zu seitwärts stark divergiren , was bei Cäsars pfahlpaaren , die in ihrer ganzen ausdehnung überall zwei fuß eutfernung von einander hatten, nicht der fall war.

Wie tief die pfähle eingerammt wurden, darüber fehlt jede angäbe, also auch jede Schätzung ; wie es einem erfahrenen bau- meister, nach den obigen auseinandersetzungen, nicht eingefallen sein könnte , sie bloß in den schlämm zu senken , lag anderer-

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seits auch wieder kein grund vor und verbot es die Schwierig- keit wie die kürze der zeit, sie ailzutief einzutreiben; es ist müßig, hypothesen aufzustellen über dinge , für die keine daten zu irgend welcher berechnung vorliegen.

Von demselben werth oder vielmehr unwerth ist die von Bheinhard und von Schleußinger aufgeworfene frage, ob die brücke aus nadel- oder eichenholz hergerichtet worden sei , so wie die vermuthung Cohausens, daß auch wohl schon bereit lie- gendes floßholz dazu hätte benutzt werden können , endlich die Untersuchung, die Rheinhard darüber anstellt, ob nicht auch der praefectus fabrum bei dem brückenplan seinen antbeil gehabt habe, während Schleußinger dagegen versichert, daß Cäsar selbst, als pontifex maximus, ein vollendeter ingenieur habe sein müssen. Alles das erwähne ich nur der curiosität wegen. Daß überhaupt solche fragen aufgeworfen werden , welche eine beantwortung nicht erhalten können , beweist eher ein abschweifen von der sache als ein eingehen auf dieselbe. Cäsar mußte das holz ge- brauchen, das ihm gerade zu geböte stand, und giebt die brücke als sein werk an (instüuit), dessen entwurf, weil eben so eigen- tümlich , er sicherlich nicht aus den Sitzungen der priester mitbrachte.

Einen irrthum Rheinhards findet Schleußinger ferner darin, daß er ,,die Verbindung der tigna sesquipedalia vermittelst eines querholms" stattfinden läßt. Gesagt wird allerdings nicht, daß mehr als eine solche junctura vorhanden gewesen sei; Cohausen nimmt zwei , die eine oben , die andere nach unten zu an , wie man aus der oben gegebenen Zeichnung sieht. Mit einem ein- zigen solchen bindebalken würde beim transport vom ufer auf die rnachinationes und von diesen hinunter in's wasser die zusam- menfügung sich wohl nicht hinreichend sicher erwiesen haben. Wenn man bedenkt, wie peinlich Cäsar bei dem brückenbau auf die festigkeit aller theile , sowohl während der arbeiten als bei der Vollendung derselben, bedacht genommen hat, wird man sich gegen die richtigkeit dieser annähme Cohausens nicht verschließen.

Mit der anläge der defensores , wie sie bei Rheinhard auf- treten , ist Schleußinger und das mit vollem recht gar nicht zufrieden. Die Zeichnung zeigt nicht einen pfähl, son- dern einen Strauß von dreien, welcher durch drei um sie herum- gelegte stäbe zusammengehalten , gleichsam umwunden wird.

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Wie unterhalb der brücke ein pfähl als stütze diente, so ober- halb je einer zur abwehr der gegen dieselbe etwa losgelassenen baumstämme oder schiffe (naves, nicht trabes, wie Rud. Schneider in der Berliner philologischen Wochenschrift 1884, nr. 7 corri- giren möchte , denn das hieße voraussetzen , daß die barbaren, um baumstämme gegen seine brücke zu schicken, sich erst die mühe geben könnten, sie regelrecht zu behauen). Ganz richtig macht ferner Schleußinger gegen Rheinhard wieder aufmerksam denn es ist früher schon öfter geschehen , daß auch die defensores nicht senkrecht , sondern schräg aufgestellt waren. Nur hätte er nicht schreiben sollen (p. 15), daß item (hinter aliae) die worte umfasse : eodem modo quo priora illa statuerat, machinationibus primum immissa in flumen, deinde defixa fistucisque non directe, sed prone ac fastigate adacta; das adverbium item. weist einfach auf das kurz vorhergehende oblique zurück , alles übrige liegt in dem verbum agebantur. Mit Cohausen nimmt er an, daß diese schrägen defensores mit der brücke verbunden ge- wesen seien. Zu diesem zweck muß er mediocri spatio, das zu dem vorangegangenen cum omni opere conjunctae im gegensatz steht , als gleichbedeutend damit ansehen ; er erklärt es nicht, wie, so viel ich weiß , jeder andere es auffaßt „in mäßiger ent- fernung" (von der brücke), sondern „im zusammenhange mit ihr". Er bringt zum angeblichen beweis für diese seine absonderliche erklärung andre stellen Cäsars bei, in denen er eine gleiche be- deutung zu erkennen glaubt; ja, er sagt (p. 14), ganz unglaub- lich für denjenigen, der es nicht vor äugen hat: „das wort spa- tium die strecke ohne verbalen zusatz (wie interjecto etc.) wird entschieden als etwas zusammengehöriges, verbindendes betrachtet, z. b. BCiv. II, 15 ubi spatium inter muros postulare videbatur = der terrainabschnitt". Aber durch diese worte wird doch nicht gesagt , daß die von Trebonius errichteten mauern einander be- rührten oder zusammenhingen es wäre dann ja auch eine einzige doppelt so starke gewesen , sondern daß sie, wie es der zweck derselben auch erforderte, einen Zwischenraum zwischen sich ließen. Aber um etwas zu zeigen , was er sich einmal in den köpf gesetzt hat , kommt es dem Verfasser der broschüre nicht darauf an, das, was als „von einander entfernt" beschrieben wird, für „nicht von einander entfernt" zu erklären. Auch hier liegt wieder ein fall vor, wie leider so oft, daß bei einer einmal Philol. Anz. XIV. 37

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vorgefaßten meinung auch das dem Wortlaut des Schriftstellers ganz entgegengesetzte in ihn hinein interpretirt werden kann.

Mit vollem vorbedacht hat Cäsar diese defensores vom brü- ckenkörper getrennt. Mit ihm verbunden , hätten sie zwar den widerstand gegen die auf ihn anprallenden massen etwas ver- stärkt ; gleichwohl würden diese ihren stoß immer auf die brücke selbst ausgeübt haben, wenn die defensores mit ihr im Zusammen- hang standen. Von ihr getrennt (ähnlich wie die eisbrecher in unsern großen Aussen), hielten sie allein den ganzen stoß aus, und wenn dann auch durch ihre Zwischenräume hindurch die baumstämme oder die belasteten schiffe ihren weg fanden, konnte , bei der geringen entfernung , der ström sie erst von neuem allmählich wieder in langsame bewegung versetzen , so daß ihr anprall gegen die brücke selbst alsdann nur schwach und unschädlich war. Das sagt ausdrücklich Cäsar für den, der sich den Vorgang klar vor äugen stellt, mit den worten : ut earum verum vis minueretur neu ponti nocerent ; der brücke selbst konnten die massen nicht mehr schaden, weil ihr stoß schon ge- schwächt war , auch wenn sie die defensores etwas schädigen sollten. Wären diese mit dem brückenbau verbunden gewesen, würde er gesagt haben : quo firmius contra earum verum vim pons resisteret.

Man wird fragen, warum Cäsar diese pfähle nicht senkrecht, sondern schräg einrammen ließ.

Einmal , weil die für die schräge eintreibung hergestellten rammvorrichtungen mit nicht frei herabfallendem , sondern glei- tendem bock bereits vorhanden waren und sofort ohne jede sonst zeit raubende änderung verwendet werden konnten.

Dann aber, weil die defensores schräg gegen den ström geneigt, (nicht in schräger richtung stromabwärts; das hat, wie ich aus der Berliner philologischen Wochenschrift 1884, nr. 7 sehe, Maurer Cruces phüologicae Mainz 1882 richtig bemerkt) eine noch größere Widerstandskraft besaßen , als wenn sie senk- recht eingerammt gewesen wären.

Ich habe oben schon eine probe von der interpretationsweise Schleußingers gegeben ; ich halte es im interesse der sache für geboten, noch ein paar andere hinzuzufügen.

Es ist allerdings nichts dagegen einzuwenden , der gründ- lichkeit wegen vielmehr ganz gerechtfertigt, daß man bei einem

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wort, welches verschiedene bedeutungen haben kann und an ei- ner stelle von einzelnen auch verschieden aufgefaßt wird , wie hier insuper, genau untersucht , was Cäsar gemeint hat ; aber es ist schwer begreiflich , wie man von seinen eignen grundsätzen der erklärung so sehr abweichen kann, wie Schleußinger es mit diesem wort thut. Nach seinem eigenen aussprach folgt die be- schreibung Cäsars dem verlauf und der aufeinanderfolge der bauarbeiten ; hier , um sich insuper zu deuten , läßt er die bipe- dales trabes auf „die äußeren fibulae" legen, welche doch der von ihm selbst aufgestellten richtschnur der auslegung zufolge erst später angebracht wurden; und das ist keinesweges gleich- gültig , weil es vorweg in ganz oberflächlicher weise über die hauptfrage, die natur der fibula, entscheidet ; er schwankt dabei auch noch zwischen der Übersetzung „von oben" und „oben darauf'1. Warum folgte er hier nicht Cohausen, der p. 37 ganz richtig übersetzt „von oben eingelassene balken". Diese balken hätten nämlich auch von der seite her in die lücke der pfahl- paare eingeschoben werden können ; Cäsar ließ sie, nachdem sie durch die machinationes auf beiden seiten in die höhe gebracht waren, über je einen pfähl der beiden zusammengekoppelten pi- lotenpaare hin wegheben und so von oben her in die läge zwi- schen beide pfähle auf die junctura (nicht auf die fibula) auflegen. Vorangestellt ist insuper völlig naturgemäß nach der reihenfolge der Operationen , und zugleich betont es so den gedachten ge- geusatz „von oben her, nicht etwa von der seite" und steht auch deshalb, was Schleußinger undeutlich geblieben war, den zu ihm gehörigen satztheilen voran.

Außer einer ganz ähnlichen probe seiner erklärungskunst giebt er an einer andern stelle auch ein specimen seines kritischen Vermögens. Ueber den satz : quantum eorum tignorum junctura distabat schreibt er p. 11: „es läßt sich nicht leugnen, daß dessen beziehung sehr schwer zu entscheiden ist. Auf bipedalibus kann er sich nicht wohl beziehen , da ohnehin der durchmesser der trabs bekannt ist". So kommt er, allerdings erst nach langem schwanken, darauf, ihn mit binis utrimque fibulis zu verbinden, auf eine ganz abstruse weise, die hier nicht angegeben zu wer- den braucht, denn p. 32 verwirft er selbst diese beziehung als „hart", und durch Menge (Philologische rundschau IV, nr. 3, p. 82) bekehrt, glaubt er, daß diese worte nicht eine horizon-

37*

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tale , sondern eine vertikale distanz angeben. Er vermißt in dem satze , wie er in den handschriften steht, zwei punkte, welche die entfernung bestimmen •, so nimmt er als den ersten die junctura an , die er p. 12, wie Maxa (Zeitschrift für öster- reichisches gymnasialwesen 1880, p. 491) mit einer der äußern fibulae für identisch hält (p. 35 aber wieder von ihr unterscheidet), und um einen zweiten entfernungspunkt zu gewinnen, versetzt er ab extrema parte aus der stelle, an welcher es sich in unsern texten befindet , vor das verbum distabat (also : quantum eorum tignorum junctura ab extrema parte distabat), die vorhin verworfene beziehung von quantum auf bipedalibus wieder aufnehmend ; und so werden wir belehrt, daß der Zwischenraum zwischen der junctura, auf der die trabs bipedalis ruht, und dem äußersten ende des pfahlpaars zwei fuß beträgt. Was dieser umstand wenn er überhaupt möglich gewesen wäre zur Sicherheit des baues beigetragen hätte, ist nicht erdenkbar ; und wie dann, wenn der zwei fuß starke balken genau bis an das ende des pfahlpaares reichte , oben noch eine fibula irgend welcher art hätte angebracht oder die belegung der brückenjoche mit balken, latten und rasen vorgenommen werden können, nicht ersichtlich, auch nicht in Schleußingers eigner Zeichnung, nach welcher die vertikale entfernung die er angegeben haben will , nicht zwei fuß (d. h. die dicke des querbalkens) , wie es nach seiner auf- fassung sein müßte , sondern nach mäßiger Schätzung fünf fuß beträgt. Ueber diesen irrthum, in den er sich durch Menge in der Übereilung und in der hast der Umarbeitung seines schrift- chens hat verleiten lassen , kann seine abbildung ihn besser be- lehren, als alle worte es vermöchten. Wenn er ferner die junc- tura und die fibula für identisch hält und trotzdem auf der äu- ßern seite noch eine zweite fibula anbringt, so rechtfertigt er al- lerdings damit Cäsars ausdruck binis; da er aber auf der innen- seite nur eine fibula anlegt, hätte Cäsar für diese seite singulis sagen müssen. Ueberall sonst über die Schreibweise des römi- schen Schriftstellers , besonders über die klarheit derselben des lobes voll, entschuldigt er die kühnheit seiner conjectur mit ei- ner anführung aus Gantier (La conqu^te de la Belgique par J. Cesar, Bruxelles 1882, p. XX), der die erzählung mancher er- eignisse für ganz unverständlich erklärt. Ob bei diesem äußerst bedenklichen schwanken in seinen ansichten und erklärungen

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der Verfasser wirklich leistet, was er verspricht, nämlich daß er auch den weniger begabten unter seinen Schülern die construc- tion der brücke vollständig deutlich macht , und zwar ganz be- sonders durch die Versetzung der worte ab extrema parte, möchte ich bezweifeln. Ein tertianer muß freilich noch zu allem stille halten.

Fingen nicht solche und ähnliche und dabei so folgenschwere irrthümer zu grassiren an, würde ich es für überflüssig und auch unter meiner würde halten, einen so einfachen satz zu erläutern. Wenn Schleußinger in dem satz quantum eorum tignorum iunctura distabat zwei punkte vermißt, welche die entfernung angeben, so übersieht er, daß tignorum iunctura, der verbindungsbalken der pfähle , der querriegel , weil doch ursprünglich abstractum, zugleich so viel ist wie tigna iuncta. Ganz in derselben weise sagt Vergil, Aen. XII, 274:

teritur qua sutilis alvo Balteus et laterum iuncturas fibula mordet-, laterum iuncturae sind latera iuncta baltei oder orae iunctae bdltei, die übereinand ergeschlagenen ränder oder enden des degengurts, welche durch die fibula zusammengeheftet und festgehalten wurden. Auch im deutschen : so weit nämlich stand die zusammenkoppe- lung der pfähle auseinander ist ganz dasselbe wie : so weit wa- ren die zusammengekoppelten pfähle von einander entfernt. Trabes bipedales aber sind trabes duorum (oder binorum) pedum ; natürlich darf darauf nicht qui oder quos in beziehung auf das nur gedachte pedes folgen, aber wohl quantum, das, als neutrum, die Vertretung eines Substantivs ganz ausschließt Unnöthig endlich wird dieser satz demjenigen nicht erscheinen , welcher die genauigkeit der beschreibungsweise Cäsars in solchen dingen berücksichtigt ; VII, 72 sagt er : Fossam pedum XX directis la- teribus duxit , ut eius fossae solurn tantundem pateret, quantum sum- mae fossae labra distarent; und doch weiß selbst ein kind, auch ehe es noch mathematischen Unterricht bekommen hat, daß ein graben mit senkrechten wänden unten im gründe dieselbe breite haben muß wie an den oberen rändern. Und hier beim brücken- bau war der nebensatz noch wichtiger als dort bei der graben- ziehung ; es wurde damit gesagt und das war für die festig- keit des baus von großer bedeutung daß der querbalken (trab8 bipedalis) genau die lücke zwischen den pfahlpaaren aus-

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füllte und sich auf's engste an ihre seiten anschloß, so daß an ein hin- und herschieben desselben unter keinen umständen zu denken war.

Schleußinger empfiehlt allen lehrern , welche Cäsars com- mentarien zu erklären haben, das buch von Cohausen. Gleich- wohl entnimmt er aus demselben nichts als das leichte antreiben der pfähle mit dem schlägel und die Verbindung der defensores mit dem brückenkörper ; in allem andern weicht er durchaus von ihm ab, namentlich in dem, was Cohausen nicht nur in sei- nem buch und früher in seiner deukschrift, sondern auch in sei- nen sonstigen an mich gerichteten mittheilungen immer als die hauptsache bei seinem entwurf des brückenbaus betrachtete : in der anwendung der ,,weidenbänder". Auf ihre benutzung ist des obersten ganze anläge geplant, mit ihnen allein besteht sie, ohne sie muß sie fallen. Nur die elasticität derselben erlaubte das eintreiben der pfahlpaare durch abwechselndes schlagen erst auf den einen, dann auf den andern pfähl. Maxa (a. a. o.) hielt die weidenbandverfestigung 1880 noch für ausführbar; des technikers Eheinhard bemerkungen , nach denen erst eine wo- chenlange einweichung derselben nöthig ist, um sie brauchbar zu machen, werden wohl dazu führen, sie allgemein und für im- mer aufzugeben. Schleußinger wenigstens , trotz seiner Vorliebe für Cohausen und seiner bekämpfung Eheinhards , entscheidet sich schon für holz, eisen und hanf.

Die weidenbänder waren Cohausens vorgefaßte idee; er hatte diese art der Verfestigung an den floßhölzern auf dem Ehein bemerkt, ferner in den von Lindenschmit zusammengestellten und beschriebenen rheinischen antiquitäten nur steinwerkzeuge ange- troffen ; sonst würde er nicht auf den einfall gerathen sein, eine brücke ohne jede Verwendung des eisens herstellen zu sollen.

Es ist für die auslegung der commentarien ein unglück ge- wesen, daß die techniker irgend eine von ihnen für leicht aus- führbar gehaltene verfestigungsweise, die sie sich einmal in den köpf gesetzt hatten, wie Cohausen die weidenbänder, Napoleon III. die von einem zum andern pfahlpaar reichenden über kreuz ge- legten latten, Eheinhard den unverrückbaren dreieckverband, durchaus in die stelle des römischen Schriftstellers haben hinein interpretiren wollen , ein anderes Unglück , daß die philologen dieser angeblichen einsieht der bauverständigen rechnung tragen

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zu müssen geglaubt haben. Die ingenieure sagen nämlich ganz einfach : „so würden wir es unter den umständen angegriffen haben, folglich kann Cäsar es auch nicht anders gemacht haben".

Was für einen ingenieurobersten, der bei seinem armeecorps von 20000 mann über 500 pioniere verfügt, als nicht ausführbar erscheinen muß, konnte ein eben so starkes römisches heer, des- sen jeder soldat pionierdienste leistete, mit leichtigkeit zu stände bringen. Es ist vollständig undenkbar, daß unsere Soldaten, weil nicht darauf eingeübt , nach einem angestrengten Tages- märsche , in wenigen stunden , wie die legionäre , ein befestigtes lager nach römischer art aufzuwerfen befähigt sein sollten, oder daß ein paar tausend mann bei uns in einer nacht, wie es BGall. V, 40 erzählt wird, 120 holzthürme auf einen wall aufsetzen könnten. Die philologen thun daher sehr unrecht daran, wenn sie sich von den Ingenieuren und technikern , welche lediglich die jetzigen Verhältnisse zu gründe legen , übertriebene Vorstel- lungen von den Schwierigkeiten oder gar von der unausführbar- keit des von Cäsar so, wie er ihn beschreibt, in zehn tagen her- gestellten brückenbaus einreden lassen.

Die sachverständigen, von denen wir über Cäsars brücken- bau uns haben belehren lassen , scheinen es gar nicht einmal der mühe für werth gehalten zu haben, sich deutlich zu machen, was der Römer unter fibula verstand , oder sich eines oder das andere der vielen exemplare dieses geräths, welche in den mu- seen vorhanden sind und noch fast täglich, besonders in Frank- reich und in der Schweiz, aus alten gräbern hervorgezogen wer- den, anzusehen.

Aus der oben absichtlich auch zu diesem zwecke ausgehobenen stelle Vergils kann man sehen , wie die fibula zur anwendung kam. Dort hatten die übereinander gelegten enden (latera) des schwertriemens entsprechende Öffnungen bindlöcher, würde man jetzt sagen durch welche die fibula durchgesteckt wurde. ,, Durchstecker" übersetzt der oberst von Cohausen deshalb fibulae ganz richtig, wenn auch mit einem wenig üblichen wort. Durch die weidenbänder hindurchgehend, fanden seine fibulae wenig- stens eine ihrem wesen entsprechende Verwendung. Ohne die wiedenbänder sind sie nicht mehr fibulae, sondern kurze an die brückenpfähle angenagelte lattenenden , und Cäsar hätte statt fibulis müssen asserculia sagen.

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Wo Vitruv von fibulis und von fibulatio tignorum spricht, X, 2. 3. 12-, I, 5, hat er immer den von ihm als bekannt vor- ausgesetzten nagelverband im äuge , einen verband , der durch balken oder gar mauern quer hindurch geht.

Seltsamer weise stellt man einerseits das römische kriegs- wesen so hoch, und andererseits beschränkt man es auf die ro- hesten hülfsmittel, wie sie eben nur auch den ungebildetsten barbaren zur Verfügung standen.

Wie ? die Kömer sollten bei ihren heeren nicht so viel eisen mitgeführt, oder in diesen gegenden Galliens nicht so viel ge- funden haben, als zu diesem brückenbau nöthig war? Wenn die römischen Soldaten, in jenem jähre acht legionen , also min- destens 20000 mann , die verschossenen pila durch andere er- setzen konnten oder die verbogenen ausbessern mußten, werden sie doch dazu eisen genug und auch die fabrikationsmittel bei ihrem train gehabt haben. In jeder nacht {noctu ad proximi diei oppugnationem) wurden in Cicero's von den Eburonen und Nerviern eingeschlossenem lager durch seine eine legion große mengen von mauerwurfspießen hergestellt (V, 40 magnus mura- lium pilorum numerus instituitur), und Cäsar hätte bei freier Ver- bindung mit der umgegend durch acht legionen nicht ein paar- hundert eiserner bolzen sollen anfertigen lassen können? In ganz kurzer zeit (celeriter) läßt er (III, 9) eine ganze flotte von kriegsschiffen auf der Loire bauen - vielleicht zweihundert, denn so viele werden doch wohl den 220 fahrzeugen der Veneter entgegenzustellen gewesen sein - , und dazu mußten doch massen von eisen angewendet und bearbeitet werden. Und wenn bei den Venetern das eisen so häufig war, daß sie die fußdicken querbalken mit daumenstarken eisernen nageln an den Schiffs- körper befestigten und statt der ankertaue sich den luxus ei- serner ketten verstatten konnten (III, 13), wird auch die Ehein- gegend, die seit alten zeiten eine hauptverkehrsader gewesen ist, an diesem metall keinen mangel gehabt, werden die Ubier, falls es beim beere nicht gleich in hinreichender menge sollte vor- handen gewesen sein , es sicherlich haben liefern können. Zur anfertigung von 400 etwa vier, höchstens fünf fuß langen bolzen reichte übrigens schon das eisen aus, welches für die doppelte zahl von pilumspitzen erforderlich war. Schon Odysseus befand sich im besitz von bohrern (Od. V, 246 r^gsTga), mit denen er

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die großen baumstämme (dtvögsa /xaxQa) zu durchbohren im Stande war (zfTgrjVsv d'aga nüvra), die doch gewiß dieselbe stärke hatten, wie die, welche Cäsar verwendete, und schlug durch je zwei die nägel [yöfiqiove), die gerade ebenso lang ge- wesen sein müssen wie die fibulae der Rheinbrücke ; und man glaubt wirklich , daß , was der Grieche des heroischen Zeitalters mit eigner band verrichtete , Cäsar in der größten blüthe der römischen heereseinrichtung durch seine Soldaten nicht habe aus- führen lassen können?

Ich bin noch immer fest überzeugt , und jetzt mehr als je, daß die durch bohrlöcher des querbalkens eingetriebenen bolzen nicht nur volkommen der beschreibung und dem Wortlaut der commentarien entsprechen , sondern auch am einfachsten und leichtesten zum zweck geführt haben. War einmal die entfernung zweier ein- gerammter pfahlpaare von einander über der iunctura gemessen, ließen sich die bohrlöcher mit gar nicht allzulangen bohrern, und das, noch ehe die zwei fuß starken balken eingelassen wur- den , in ihnen am lande herrichten. Und zwar wurde der ab- stand der innern von den äußern bohrlöchern knapp genommen; um die fibula einzuschlagen , so daß sie sich auf's engste an die pfahlpaare anlegte , schälte man an diesen so viel von der rinde oder dem holz ab, als nöthig war, um die fibula an ihnen vorbeizubringen.

In der Zeitschrift für österreichisches gymnasialwesen hat Maxa 1880 p. 486 flg. wieder einmal eine Widerlegung der von mir Philol. X, 732 flg. gegebenen anbringung der fibulae versucht. Er sagt: ,, demnach bezieht Heller utrimque (d.h. auf der innen- und außenseite der tigna) auf die tigna, ab extrema parte hingegen (d. h. am oberen und unteren ende der trabe) auf die trabs, was entschieden abzuweisen ist".

Wo steht in meinem satze, daß ab extrema parte am oberen und am unteren ende der trabs heißen solle? Sogar dies wort trabs kommt in demselben gar nicht vor.

Wenn man seine eignen Schriften mit so geringem verständ- niß gelesen sieht, wundert man sich nicht mehr , daß Cäsar so sehr mißverstanden wird.

Was er auf lateinisch nicht aufgefaßt hat und vielleicht mit ihm auch andere nicht , will ich versuchen , auf deutsch begreiflicher zu machen.

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Haec utraque d. h. beide balkenpaare, sowohl die oberen als die gegenüberstehenden unteren wurden binis fibulis d. h. durch je zwei bolzen utrimque sowohl auf der in- nern als auf der äußeren seite der tigna und zwar ab extrema parte nämlich an den kanten der tigna vorbei und nicht etwa durch die tigna hindurchgehend distinebantur auseinander- gehalten. Zu ab extrema parte hat man sich natürlich bei Cäsar, wie bei meiner erklärung im Philologus , ipsorum hinzuzudenken oder meinetwegen , obgleich es weniger deutlich sein würde, sua, mit beziehung auf das subject haec utraque. Und das zeigt ganz klar die von mir hinzugefügte Zeichnung.

Ich gebe dort auch den grund an , warum der römische Schriftsteller diese worte für nöthig gehalten hat: quod (alias) eiusmodi fibulae per media tigna trabemque intermediam adigi sole- bant, d. h. wenn sonst zwei balken durch bolzen oder nägel an einander befestigt und zusammengehalten werden sollen , pflegt man diese, und pflegte man auch bei den Römern sie durch beide hindurchzuschlagen, und der leser der commentarien hätte sich demnach vorstellen müssen, daß Cäsar dies verfahren auch bei seinem brückenbau angewendet hätte. Um den gegensatz zu der üblichen anwendung hervorzuheben, setzt er hinzu: ab extrema parte; was sonst geschah, that er hier nicht: die bolzen gingen nicht durch die tigna, sondern an ihren kanten vorbei, am äußersten rand der pfahlpaare entlang, sich auf das engste an sie anschließend. Bei jeder andern sonst noch vorgeschla- genen art der fibulae ist dieser zusatz nicht bloß überflüssig, sondern vom übel ; weil bei ihnen eine andere als diese anbrin- gung nicht erdenklich sein würde, müßte er unverständlich und störend sein.

Daß die fibiäa durch die trabs ging, brauchte nicht erst gesagt zu werden; es liegt eben im wesen der fibula, daß sie durch etwas hindu rch geht.

Hier kann nun freilich von technischer seite die scheinbar wohlbegründete einwendung gegen meine anordnung der fibulae erhoben werden, daß je eine fibula auf der außenseite unten und je eine auf der innenseite oben , wie sie Göler und Cohausen, jeder nach seiner weise, anbringen, den dienst der auseinander- sperrung und der zusammenhaltung der pfahlpaare gleichfalls schon leisten. Aber Cäsar, der, wie ich oben bereits bemerkte,

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durchaus die Überzeugung beibringen will, bei dem brückenbau die größtmögliche voraussieht und Vorsorge angewendet zu ha- ben, — so sagt er ac nihüo secius sublicae et ad inferiorem partem fluminis oblique agebantur etc. , d. h. trotzdem daß eine vollstän- dige Sicherheit schon erreicht war , wurden nichtsdestoweniger unterhalb und oberhalb noch Strebepfeiler zum halten und schutz- pfähle zur abwehr eingerammt berechnete auch den fall, daß die eine oder die andere fibula brechen oder versagen könnte, und ließ sich deshalb von dem grundsatz leiten: doppelt hält besser. Unsre techniker sollten sich nach ihm richten. Am 19. mai 1884 stürzten in folge eines bolzenbruchs sämmtliche bocke einer pionierbrücke bei Schöneberg in der nähe von Berlin zusammen und begruben eine große anzahl von Soldaten unter ihren trümmern (siehe Vossische zeitung nr. 234, 20. mai, abendausgabe). Was bei einer Übung eines unsrer eisenbahn- bataillons , beim überbrücken eines grabens oder einer schlucht, vorgekommen ist , dem durfte und wollte Cäsar seine Soldaten beim Übergang über den Ehein , noch dazu in gegenwart der barbaren, nicht aussetzen. Derselben vorsieht ist die fibulabe- festiguug überhaupt zuzuschreiben , welche Schleußinger im fall des einrammens der pfähle für unnöthig hält. Als ob nicht selbst stark eingerammte pfahlbrücken oder auch massiv aus quadersteinen aufgeführte brückenpfeiler von den fluthen umge- rissen und fortgespült werden könnten ; man denke an die ei- senbahnbrücke über den Tay (1882), an den einsturz eines bo- gens der Elbbrücke im jähre 1845.

Die arbeit Schleußingers hat die erklärung des Cäsar'schen brückenbaus um nichts gefördert , wohl aber eine menge von irrthümern zu tage gebracht, denen ich entgegentreten zu müssen geglaubt habe, um die sache , so weit sie bis jetzt schon aufge- hellt worden war , nicht wieder verdunkelt und unklar werden zu lassen.

Die Franzosen klagen häufig selbst bei gründlichen und werthvollen deutschen büchern über den mangel an Übersicht- lichkeit und anordnung. Schleußingers broschüre läßt sich als ein beispiel anführen , daß eine solche beschwerde wenigstens bisweilen sehr gerechtfertigt ist. Eine entschuldigung dafür kann er nur theilweise in dem umstand beibringen , daß er während des drucks derselben noch einige dieselbe sache behandelnde

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und eben erschienene oder doch ihm eben bekannt gewordene aufsätze hat verwerthen wollen ; er ist dabei so weit gekommen, wie ich oben schon an einigen fällen gezeigt habe, mehrmals gegen ende der abhandlung das ganz und gar zurückzunehmen, was er am anfang geäußert hatte , sogar in einer anmerkung unter dem text bereits auf diesen später erfolgenden widerruf aufmerksam zu machen. Dadurch entsteht eine Verworrenheit der schlimmsten und peinlichsten art; wenn jemand data opera alle dinge , um die es sich hier handelt, und einige noch , um die es sich nicht handelt, hätte verwickeln und durcheinander bringen wollen , er hätte es nicht erfolgreicher leisten können. Auch zeigt sich wohl bei ihm recht sichtlich das bestreben, ge- gen die übrigen schriftsteiler, welche den brückenbau zum gegen- ständ ihrer Untersuchung gemacht haben immer mit ausnähme Rheinhards selbst wenn er ihnen widei'sprechen zu müssen glaubt, wenigstens in dem einen oder dem andern punkte sich beifällig und anerkennend zu äußern. Ich bezweifle jedoch, daß er sich dadurch ihre Zustimmung wird erworben haben. Es allen recht machen wollen, ist der sicherste weg, es keinem recht zu machen. Wenn es sich auch für's leben nicht empfehlen sollte, in der Wissenschaft darf man nicht aus irgend welchen rücksichten nachgiebig, man muß gerecht sein nach allen Seiten, wie gegen personen, so gegen sachen.

Heinrich Justus Heller.

97. Natorp, P., forschungen zur geschichte des erkennt- nisproblems im alterthum. Protagoras , Demokrit , Epikur und die Skepsis. Berlin, W. Hertz 1884. 8. VIII, 315 p. 7 mk.

Die historischen Studien des verf., schon von jeher auf die entwicklung der wissenschaftlichen theorie der erfahrung ge- richtet , haben ihn von forschungen zu der philosophie von Keppler , Galilei , Gassendi , Bayle und Leibniz rückwärts zu denjenigen gedanken- Strömungen geführt, in denen wir schon bei den Griechen den skeptisch und empiristisch gerichte- ten gegensatz zu der xnetaphysik vor uns haben. Die vor- liegenden Untersuchungen bezwecken hauptsächlich aufhellungen über die geschichte des empirismus im alterthum besonders in seinem Verhältnisse zur skepsis. Sie geben in dieser richtung sehr beachtenswerthe beitrage zur näheren erkenntniß eines ge-

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hietes, welches in der tbat neuer und eingehenderer erforschung immer noch in hohem maße bedürftig ist.

Die erste abhandlung , Protagoras , bestätigt einer neuer- dings aufgestellten hypotbese gegenüber die glaubwürdigkeit des- jenigen was man aus Plato's Theätet über den sinn der lehre des Sophisten zu entnebmen sich bisher für berechtigt hielt. Es wird hierbei dem verf. zuzugeben sein , daß die ausgeführte empfin- dungstbeorie der xopxpOTtooi (Theaet. p. 156 C f.) nicht mehr dem Protagoras selbst angehört , sondern eine consequenz der- selben darstellt. Unter dieser Voraussetzung aber dürfte man meines erachtens nicht eben fehlgehen, wenn man darin die em- pfinduugslehre der damaligen Herakliteer erblickt , wie sie sich von Kratylos aus mochte gestaltet haben (vgl. a. 180 B). Dafür spricht der umstand , daß hier von der annähme irgend einer art von Substanzen überhaupt abgesehen wird und nur noch zwei arten von gegenbewegung in betracht kommen: das ein- zelding ist nichts anderes als eine u&yoiofjia solcher bewegungen (157 B). Das ganze erscheint wie eine erkenntniß-theoretische ausführung des kratyleischen satzes, daß man auch nicht einmal in denselben fluß steigen könne. Von den beiden berichten des Sextus Empiricus über Protagoras, welche Natorp heranzieht, ohne im gründe viel daraus machen zu können, möchte ich den Pyrrh. hyp. I, 216 f. gegebenen für nichts anderes halten als für eine aus der erwähnten platonischen partie selbst erst in späterer terminologie zurechtgemachten auszug. Sextus glaubte eben dort, wie nach ihm noch viele andere, die theorie des Pro- tagoras selbst vor sich zu haben. Auf die anlehnung an Plato deutet besonders, was bei Sextus (21 7) über die ngoa&iasti; (im gegensatze zu den unoqoQt'jöetg) gesagt ist, eine Verdichtung des- jenigen was Plato a. a o. mit ausdrücken wie ngoanißtiv u. dgl. (153 E f., 156 f.) durchführt. Auf die kenntuiß der original- schriften seiner autoreu scheint Sextus , wie sich gelegentlich auch bei den Untersuchungen des verf. (p. 259 f.) herausstellt, nicht besonders gehalten zu haben.

Die zweite abhandlung, Aenesidem, ist eine Umarbeitung der im Rhein. Mus. XXXVIII, 28 ff. bereits gedruckten. Das hauptergebniß derselben, daß Aenesidem in der that trotz seiner skepsis sich in gewisser weise zu einem dogmatischen Systeme, nämlich der philosophie Heraklits zu bekennen vermochte, hat

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neuerdings durch die Untersuchungen von R. Hirzel eine selb- ständige bestätigung erhalten. Dabei ist freilich nicht zu über- sehen, daß Aenesidem das heraklitische erkenntnißprincip des xot- mU" Ä-oyot', welches sehr ernsthaft metaphysisch gemeint war, mehr im sinne einer populären komm; yrm^tj umdeutete, sowie außerdem, daß die Verbindung von metaphysik und skepsis nichts neues sondern bei den griechischen philosophen ursprünglich das her- gebrachte war. Erst durch die platonische erkenntnißlehre wird das skeptische verhalten principiell als das unphilosophische ver- worfen. Deswegen eben ist die spätere skepsis zugleich die wiederaufnähme des vorplatonischen Standpunktes, nur daß der- selbe jetzt, in folge der historischen entwicklung in geschärfter Zuspitzung gegen diejenige art von metaphysik sich richtet, welche mittlerweile mit Plato auf den plan getreten war. Des- wegen tritt in der reaction der ursprünglich vorplatonischen Strömung gegen den platonismus das metaphysische moment ge- gen das skeptische in den hintergrund, ohne deswegen, wie sich eben bei Aenesidem zeigt, ganz zu verschwinden.

In der folgenden Untersuchung : „die erfahrungslehre der Skeptiker und ihr Ursprung" handelt es sich um die nicht bloß für die erkenntniß des Charakters der antiken skepsis und ihres Verhältnisses zu anderen philosophischen richtungen des alter- thums bedeutenden, sondern namentlich auch im hinblick auf verwandte moderne anschauungen interessirenden sätze , welche die erfahrungslehre der Skeptiker, ihren begriff der csijvei'axyi^ ent- halten, und welche von Sextus bei gelegenheit seiner kritik der stoischen und epikureischen lehre vom or^itim in knappster for- mulirung überliefert sind. Das hauptresultat geht dahin , daß alles was Sextus über diese frage , welche im wesentlichen auf die antike theorie der induction hinauskommt, heranbringt, nichts anderes ist, als die erkenntnißtheorie, welche die empiriker und mediciner ihrer fachwissenschaftlichen methode zu gründe legten. So entsteht die frage, ob in betreff der theorie der arjfxsimatc die Skeptiker von den empirikern oder diese von jenen oder beide gemeinschaftlich von einer älteren Überlieferung gelernt haben. Der verf. entscheidet sich , wie mir scheint mit recht, für das letztere. Er zeigt, daß die wesentlichen merkmale jener theorie des erfahrungswissens schon bei Plato (polemisch) berück- sichtigt werden und ist geneigt, die grundzüge der lehre vom

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inductionsschlusse auf Protagoras zurückzuführen. Er versucht auch diese ansieht aus Plato's Schriften wahrscheinlich zu machen, ohne indeß zu verkennen, daß Plato den zu gründe liegenden em- pirie-begriff als gemeingut aller Sophisten vorfand. Diese letztere thatsache dürfte nun allerdings für die aufhellung der Sache mehr und anderes bedeuten als der verf. daraus gemacht hat. Man darf doch wohl den unterschied nicht unterschätzen , welcher besteht zwischen einer „unreflectirten" handhabung des induetiven Ver- fahrens und dem auftreten einer mit bewußter reflexion ausge- prägten theorie der induetion. Bei den sophistischen Zeitgenossen des Sokrates und Plato ist jedenfalls nur das erstere anzuerken- nen -, bei Plato selbst, vor dessen methodischem blicke sich (Rep. VII, 516 C) die gemeinsamen grundzüge jenes naturwüchsigen inducirens herausstellen, haben wir den Übergang zu dem zweiten. Diesen Übergang bezeichnet die platonische speculation auch insofern, als das selbstbewußte auftreten der induetion als theorie erst bedeutung und gestalt gewinnen konnte angesichts der bedürfnisse, welche eine so hervorragende aphoristische phi- losophie und methode , wie die platonische , unbefriedigt ließ. Die ,, grundzüge der empiristischen theorie", welche Plato, wie Natorp zeigt, vorfand , enthielten allerdings auch die grundzüge der induetion, und zwar zu dem zwecke, aus vorliegenden daten das ui-l/.or zu bestimmen. Dies ergiebt sich namentlich auch aus Isokrates ctr. sopkist, wo ausdrücklich zwei richtungen inner- halb der sophistik unterschieden werden : eine welche vorgiebt zli izXtj&Hav ^ijTtii , und zwar, wie es gleich darauf heißt, im sinne des tu itt'uottu tiijoyiyiaictxni (kap. 2), und eine andere (kap. 5), welche nolirmovg löyov* verspreche. Jene erstere war allem anscheine nach eben die richtung auf empirismus. Eine theoretische doctrin aber im sinne des späteren empirismus ist daraus jedenfalls erst in folge des auftretens des platonismus ge- worden. Der eigentliche begrüuder aber der lehre vom arnitior in diesem induetiv - empiristischen sinne ist Aristoteles, bei dem dieser ausclruck seine bestimmte stelle in der logik und erkenntnißlehre findet und sich namentlich durch den gebrauch, der in der schrift von der rhetorik von ihm gemacht wird, deut- lich genug als der unmittelbare vorlauter der späteren theorie kennzeichnet.

Die vierte abhandlung (,,Demokrit"j, führt an der hand von

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Theophrast und Sextus die sache des Demokrit in der erkenntniß- theorie gegen Aristoteles, der ihn ungerechtfertigter weise zum sen- sualisten mache. Den realitätsunterschied der qualitäten habe De- mokrit nicht, wie später Locke in seiner Unterscheidung von primären und secundären qualitäten , auf irgend einen Vorzug einer art sinnlicher Wahrnehmung, etwa des zugleich sieht- und tastbaren, vor den übrigen begründet , sondern darauf „daß die ausschlie- ßende Voraussetzung der „ersten" besebaffenheiten als wahr und wirklich ihm allein geeignet scheint, sein und Veränderung der dinge mit den erscheinungen einstimmig zu erklären". Er be- gründete sonach den unterschied rational, nicht sensual, und alle sinnlichen beschaffenheiten wurden ihm so ohne unterschied sub- jeetive zustände der Wahrnehmung, während Epikur sich von Demokrit durch die annähme unterscheidet, daß das wahrgenom- mene als solches auch objeetiv räumlich an sich vorhanden ist (p. 183 f). Diese ansieht hat der verf. an einer eingehenden analyse des betreffenden abschnittes bei Theophr. de sensu et sens. entwickelt. Mir selbst scheint jedoch eben diese theophrastische darstellung der demokritischen erkenntnißlehre nicht zu gunsten eines so durchsichtigen rationalismus zu sprechen , wie ihn der verf. in derselben findet. Qualitäten wie schwer und leicht, rauh und glatt, heißt es dort (Doxogr. Gr. p. 516 f.), haben nach Demokrit qvnu, d. h. sie beruhen auf große und dichtigkeit der atome selbst. Jedes einzelne derselben gv exaatot (516, 26) kann von anderen einzelnen sich durch gestalt unterscheiden, hat aber außerdem sein bestimmtes gewicht (öTa^/jn^) nach der große. Beim zusammen verschiedener beruht leichtigkeit und schwere auf größerem oder geringerem Vorhandensein des leeren. (So stellt auch Aristot. de coel. IV, 2. (308b f.) die sache im sinne Demokrit's dar , nämlich mit bezugnahme auf den unterschied zwischen dem als einzelnes genommenen atom und dem aus meh- reren atomen zusammengesetzten dinge). Jene kommen daher dem dinge an sich (den atomen selbst) zu ; in ihnen empfinden wir in der aiadijoig die cpvan, selbst. Bei den anderen dagegen (z. b. geschmack) wird nicht diese selbst sondern der durch sie in uns hervorgerufene zustand gefühlt (517, 8 f.) , und zwar ei- nerseits in o b j e c t i v e r bedingtheit, sofern dabei die eine oder die andere art von atomen (platte, runde u. dgl.) in dem dinge vorwiegt (517,12 und 519, 1 f.), andrerseits in subjeetiver,

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je nach der subjectiven Städsaig in bezng auf befinden, alter u.s.w. Bei jenen („primären") qualitäten wird die qivaig selbst zum nüdo* , bei diesen („secundären") lediglich ihre subjective Wirkung. War nun dies die ansieht Demokrit's, so konnte Theo- phrast mit recht von ihm sagen, sowohl, er mache navia nü&ri zqg aia&tjasms, als auch (517, 7) tcöt äXXoov aiadijrmv ouderog tivo.i tpiaiv\ zugleich aber muß anerkannt werden, daß er (gegen p. 184 des verf.) , den unterschied zwischen primären und secun- dären qualitäten nicht „rational", sondern auf sensuale thatsachen gestützt behauptete. Daß übrigens Demokrit auch so den frag- lichen unterschied der qualitäten nicht durchweg klar festhielt, zeigt nicht nur die kritik Theophrast's, sondern auch die demo- kritische theorie des Sehens als einer abspiegelung an sich realer qualitäten im äuge. Der letzte theil dieser abhandlung des verf. enthält eine, wie ich glaube, wohlbegründete erörterung über die beziehungen auf Demokrit , welche in Plato's Schriften vor- liegen mögen.

Die fünfte abhandlung: „Epikur und die epikureische schule" behandelt zunächst das verhältniß Epikur's zu Demokrit. Zufolge seiner auffassung der demokritischen erkenntnißlehre muß der Ver- fasser in bezug auf die ansieht von der realität der sensibilien einen entschiedenen gegensatz zwischen der epikureischen und demokriti- schen theorie behaupten. Ich vermag meinerseits in den betref- fenden ansichten Epikurs nichts anderes zu erkennen als eine ausführung derjenigen theorie , in welcher Demokrit die auffas- sung der (gesichts-)empfindung als sfxqiaait; mit hilfe seiner theorie der t'idoolii oder Öttxt).u zu begründen suchte. Gegen dasjenige was daneben in der demokritischen erkenntnißtheorie an anti- sensualistischen bestandtheilen sich vorfand, haben wohl erst die schüler Epikur's (s. p. 216 des verf.) ihre kritik zu richten un- ternommen. Von besonderem interesse ist in dem zweiten theile dieser abhandlung die analyse der schrift des Philodemos f7t(p< eijfieitov, an der die art und weise gezeigt wird, in welcher zwi- schen epikureern und Stoikern sich der meinungsaustausch über die grundlagen einer theorie der induetion bewegte.

Die tendenz des ganzen buches geht augenscheinlich dahin,

die bedeutung Aenesidem's nicht bloß als Skeptiker , sondern

als theoretiker des empirismus, ja wo möglich als Vorläufer des

modernen kriticismus in das gehörige licht zu setzen. Diesem

Piniol. Anz. XIV. 38

554 98. Römische Chronologie. Nr. 10.

zwecke entspricht noch besonders die letzte der vorliegenden Un- tersuchungen (VT): „die skepsis Aenesidem's im verhältniß zu Demokrit und Epikur'. Sie versucht die einheitliche grundan- sicht, von der bei Sextus die darstellung der demokritischen und epikureischen erkenntnißlehre getragen ist, auf Aenesidem zu- rückzuführen. Namentlich soll das wesentliche in der erörterung adv. Log. II, 56 66 demselben angehören. Daß es der mühe werth ist, die gestalt des Urhebers der zehn tropen einmal unter den gesichtspunkt der erwähnten fragestellung zu bringen, geht aus den Untersuchungen und erhebungen des verf. überall zur genüge hervor. Ob aber Aenesidem in der that ein Vorläufer der kantischen philosophie und nicht vielmehr der eines Hume u. a. gewesen ist, kann an dieser stelle nicht discutirt werden.

JH. Siebeck.

98. Heinrich Matzat, römische Chronologie, l.band: grundlegende Untersuchungen. 2. band: römische Zeittafeln von 506 219 v. Chr. Berlin, Weidmannsche buchhandlung 1883, 1884. 8. XII, 254 p. VIII, 524 p. 16 mk.

Der erste band dieses Werkes handelt zu anfang vom römi- schen vor -julianischen decem viralen kalender Der verf. nimmt außer dem schaltmonat noch den von Macrobius bezeugten Schalt- tag an , durch dessen in bestimmten perioden eintretende einfü- gung das ominöse zusammentreffen der nundinae mit dem Jahres- anfänge verhindert werden sollte. Nach bestimmung des ersten Cäsarischen Schaltjahres auf 710 Varr. (44 v. Chr ) wird die läge der nundinae festgesetzt und demnach der gang des regel- mäßigen alten kalenders von den decemvirn bis zur lex Acilia (191 v. Chr.) festgestellt und auf einer tabelle die zeit vom rö- mischen kalenderjahr315 (440 v.Chr.) bis 504 (191/90 v. Chr.) mit der julianischen Zeitrechnung ausgeglichen. Es folgt die darstellung des kalenders zur zeit der willkür (191 46 v. Chr.) und der ersten zeit der julianischen Schaltung bis zu deren völ- liger durchführung durch Augustus. Cap. 2 beschäftigt sich mit der bestimmung des ersten festen punctes der älteren römi- schen geschichte, d. i. der eroberung Roms durch die Gallier. Matzat bestimmt deren zeit nach Polybios' und Diodors zeugniß auf 387 v. Chr. , das jähr des antalkidischen friedens. Damit wird sodann die Übersicht der gallischen kriege bei Polybios

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(II, 18 ff.) in einklang gebracht. Cap. 3 behandelt der verf. die römische magistratsliste bis zu diesem jähre hinauf. Die fünfjährige auarchie Polyb's, sowie die einjährige Diodors werden verworfen, dagegen die dreijährige des Fabius für die echte Überlieferung erklärt. Die alsdann fehlenden zwei jähre läßt Matzat durch Interregnen ausgefüllt sein , wobei er eine theorie über die dauer der Interregnen entwirft und anwendet. Das vierte capitel verfolgt die consulatsliste bis zu den decemvirn hinauf. Nach Diodor , dessen fasten überhaupt von Matzat be- sonders hoch geschätzt werden, werden die consuln von 331 335 (423 419 v. Chr.) gestrichen und das zweite decemvirats- jahr 304 varron. mit 443 v. Chr. gleich gesetzt. Das fünfte ca- pitel verfolgt die consularfasten bis zum anfang der republik zurück. Dazu construiert der verf. den vordecemviralen kalen- der, der bereits ein sonnenjahr mit Schaltung gab und auf eine lex Pinaria (vom jähre 282 varron.) zurückgeführt wird. Vor diesem hatten die Kömer nach Matzat ein mondjahr , das aus zwölf mondumläufen bestand. Durch eine combination verschie- dener notizen glaubt Matzat zu ermitteln, daß zu anfang unserer consulatsreihe vier paar consuln einzuschalten sind ; dadurch fallt ihm das erste jähr der republik auf 506 v. Chr. Er kommt hierbei auf den gebrauch der nageleinschlagung zu sprechen, durch die eigentlich und ursprünglich ein Zeitraum von 50 mondjahren bezeichnet werden sollte. Weder bei diesem noch bei dem vorigen capitel fehlen der neuen Chronologie die bestätigenden Synchronismen aus der griechischen Überlieferung. Cap. 6 handelt von der römischen quelle des so wichtigen Diodor, der weder aus Cn. Flavius, dem berühmten aedilen, noch aus Fa- bius Pictor, noch aus Calpurnius Piso geschöpft hat, sondern aus Cincius Alimentus. Man findet in diesem capitel auch eine erörterung über die karthagischen vertrage. Zum Schluß entwi- ckelt cap. 7 die Ursprünge der vulgären römischen Zeitrechnung. Polybios hat dazu beigetragen, indem er die erhöhung der drei jähre der anarchie auf fünf bewirkte ; dann der bearbeiter und herausgeber der annales maximi P. Scaevola, endlich der von Atticus und Tarutius angeregte Varro. Erst dieser letzten bearbeitung verdanken die dictatorenjahre ihren Ursprung. Hier und früher spielen die saecula und ihre verschiedene berechnung eine be- deutende rolle.

38*

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Der zweite band veranschaulicht mit seinen Zeittafeln die neue Zeitrechnung. Zugleich soll derselbe eine vollständige Sammlung der altern römischen Überlieferung geben, besonders aus Polybios und Diodor; sogar der erste punische krieg ist in extenso nach ihnen abgedruckt. Ein anhang enthält eine erwie- derung gegen einen recensenten , deren sinn auf den satz hin- auskommt, daß leute, die nichts von der sache verstehen, am be- sten thäten, wenn sie stilleschwiegen ; einen satz, dessen Wahrheit unbestreitbar ist, dessen anwendung aber davon abhängig ist, was man unter sachkenntniß versteht. Der zweite band ist im wesentlichen nur als beilage zum ersten zu betrachten und die beurtheilung des ganzen muß sich an den ersten halten.

Wir erhalten in ihm eine neue Chronologie, deren abweichung von der gewöhnlichen sich in den drei puncten ausdrückt, daß das jähr des Gallierbrandes auf 387 v. Chr., das erste decemvi- ratsjahr auf 444, das erste jähr der republik auf 506 v. Chr. kommt. Matzat macht den versuch , der schon manche beschäf- tigt hat, die fehler der römischen Chronologie genau zu bestim- men und es fehlt ihm dazu nicht an Scharfsinn. Beachtenswerth, wenn auch nicht einwandsfrei, ist gleich zuerst seine bestimmung des ersten julianischen Schaltjahres auf 44 v. Chr. Besonderes lob verdient das bestreben, den autoren, die man als die zuver- lässigsten erkannt hat, dem Polybios und Diodor zu folgen. Un- zweifelhaft richtig ist (nach dem Vorgänge anderer) das jähr 387 v. Chr. (ol. 98, 2) als das von den Griechen gleichzeitig über- lieferte und daher wahre datum des Gallierbrandes bezeichnet 1), nicht das von Dionys gegebene jähr ol. 98, 1 388 v. Chr., das von Mommsen bevorzugt ist. Selbst der so verwegenen einfüh- rung vier neuer consulate zu anfang unserer liste kann man eine gute seite abgewinnen, wenn man sie als einen versuch be- trachtet, einer als gut erkannten quelle, dem Diodor, völlig ge- recht zu werden. Hervorzuheben ist ferner, was über die data der karthagischen handelsverträge gesagt ist und ohne zweifei richtig die bestimmung des letzten unter ihnen auf ol. 124, 4 (281/80 v. Chr.) nach Polybios2), wenn auch in der erklärung

1) Das auf eben dieses jähr führende datum der griechischen von Henzen zuerst herausgegebenen chronik ist dem verf. nicht bekannt.

2) Wobei dem verf. entgangen ist, daß diese bestimmung bereits von mir (Hermes XIII, 407, anmerk. 1) gegeben ist.

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desselben ein erhebliches mißverständniß vorkommt. Erwägung verdient ferner der Vorschlag, die von Diodor übergangenen fünf magistratscollegien von 331 335 varron. als doubletten zu streichen , wenn auch die begründung nicht genügend ist. Aber mit diesen und andern einzelheiten, die sich im ersten oder im zweiten bände finden, ist auch das gute, das man von dem werke sagen könnte, erschöpft. Denn im übrigen sind die haupt- sätze des verf. so mangelhaft fundamentirt und sind durch solche willkür gewonnen , daß ihnen kein werth zukommt. Die restitution des decemviralen kalenders , worin die hauptarbeit besteht, ruht auf der sehr unwahrscheinlichen Voraussetzung, daß von den decemvirn bis zum jähre 191 alles glatt nach der festen regel verlaufen sei. Die mit den griechischen kalendern gemachten erfahrungen, die um so eher auf das römische gebiet übertragen werden können , als der römische kalender ein grie- chischer ist, haben auf den verf. keinen einfluß gehabt. Man findet auch nicht den geringsten zweifei geäußert, ob denn wirk- lich die decemvirn diesen kalender eingeführt haben , was zwar überliefert ist, aber bei der natur dieser römischen Überliefe- rungen nicht als sicher gelten kann. Der von Macrobius in einer widerspruchsvollen notiz gebotene Schalttag hat wahrschein- lich nie existirt. Wenn das zusammentreffen der nundinae mit dem neujahr für ominös galt 3) , so beweist das durchaus nicht, daß kalendarische mittel dagegen ergriffen seien; es ist ja wie- derholt eingetreten und kann noch öfter eingetreten sein , als wir wissen. Ganz ohne grund überträgt ferner Matzat das von Macrobius vom neujahr bezeugte auf den antrittstag der con- suln. Ja, dieser Schalttag geht hier sogar in das vordecemvirale jähr hinüber; denn die decemvirn wären nach Matzat (p. 230) zu aufgeklärt für eine solche einrichtung gewesen. Bei der con- struction des kalenders hat er sich , was entscheidend ist , um die überlieferten Zeitbestimmungen außer den finsternissen nicht gekümmert; z. b. die Schlacht bei Cannä (2. august 538 varron.) müßte nach seinen tabellen anfang märz 216 v. Chr. stattge- funden haben , während sie in Wahrheit etwa im juni oder juli geschlagen wurde und ähnlich steht's mit andern sichern Zeitbe- stimmungen. Ganz imaginär ist das vordecemvirale Jahr, das

3) Selbstverständlich nur dann, wenn irgend ein öffentliches Un- glück passirte und man omina suchte und fand.

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nach einer sehr freien interpretation einer varronischen stelle auf eine lex Pinaria zurückgeführt wird , und erst recht das vorpi- narische mondjahr. Kurz , diese restitution des alten römischen kalenders ist nichts als eine scharfsinnige Spielerei. Man mag bedauern, daß der erfinderische verf. nicht pontifex maximus in Rom war : als darstellung des römischen kalenders kann sein versuch nicht gelten.

Das bestreben des verf. , den besten quellen zu folgen und nur ihnen, ist jedes lobes werth ; auch im zweiten bände, in den Zeittafeln, finden sich davon proben. Aber er ist nicht im stände diese quellen richtig zu verstehen; er folgt ihnen nur, wo es ihm paßt. Statt seine ansichten aus den guten quellen zu ent- wickeln , drängt er ihnen die seinigen auf. Er nimmt die an- gaben auch der besten quellen nicht als Überlieferung, sondern als das ergebniß einer berechnung, wobei dann die von den alten au- toren abweichende Zählung der neuen Chronologen dennoch als quel- lenmäßig erscheinen kann. So ist Polybios zwar der beste autor, aber seine fünf anarchiejahre werden dennoch aus der älteren Chronologie entfernt ; Diodor hat eine sehr alte Chronologie, aber die fünf consulate nach dem gallischen brande werden ihm ohne umstände entrissen. Hingegen sind die jüngeren quellen, Livius und Dionys, über die sich Matzat mehrmals mit mitleidiger Ver- achtung äußert, nicht zu schlecht, wenn es ihm in den kram paßt. Die censorische notiz bei Dionys I, 74 , in der von an- dern handgreiflichen anachronismen abgesehen die aera der Ver- treibung der könige vorkommt, ist ihm eine alte Urkunde vom jähr des datum und dient in dieser Voraussetzung bei der ergänzung der vier neuen consulate zu anfang der republik4). Die ganze erörterung über interregnen und wechselnde amtsanfänge nährt sich von schlechten quellen, besonders von Livius. Dieser um-

4) Wasp. 244 f. in folgender weise geschieht. Diesenotiz, die auf das jähr vor der gallischen katastrophe, also nach Matzat auf 388 v. Chr. geht, bezeichnet dieses jähr als das 119. nach der Vertreibung der kö- nige. Da sie gleichzeitig ist, gibt sie die älteste Chronologie, die nach Matzat bei Diodor noch erhalten ist und in der vor der galli- schen katastrophe vier consulate weniger sind, als in der späteren. Um aber die zahl von 119 oder vielmehr 118 jähren voll zu machen, braucht man doch wieder vier consulate, die nun aus dem reichhalti- gen register der consuln der ersten jähre der republik entnommen werden. Daß in jener notiz nach der gemeinen Chronologie gerechnet werde, wie es wirklich der fall ist, wird von Matzat auch nicht als möglichkeit erwähnt.

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stand jedoch macht den verf. an der Sicherheit seiner resultate nicht im mindesten irre.

Wohl das oberflächlichste und zugleich willkürlichste ist was der verf. bei der behandlung der neuerdings viel bespro- chenen stelle Polybs über die Gallierkriege geleistet hat. Er nimmt da folgende manipulation vor: die Polyb. II, 18, 9 über- lieferte zahl TQiaxal8exa ändert er in sxxaldsxa] er rechnet fer- ner den krieg, in dem die schlacht am vadimonischen see statt- fand, dreijährig 5), während bei Polybios nur zwei jähre bezeich- net sind, rechnet auch den vorhergehenden krieg und einen frü- heren, den dritten der ganzen reihe (18, § 7), zweijährig, ob- wohl bei Polybios davon nichts zu lesen ist. Denn , so meint unser autor (p. 98), Polybios habe gar nicht beabsichtigt, ein jähr für jähr aufzählendes chronologisches system zu geben, son- dern gebe nur die Intervallen zwischen den einzelnen Gallier- kriegen , nicht die dauer dieser kriege selbst Bei dieser be- hauptung, die eine Widerlegung nicht verdient, und bei der dar- aus gezogenen anwendung ist nur zu verwundern, weshalb unser autor dann der Polybiosstelle überhaupt noch bedeutung bei- mißt, da sie ja, wenn sie so lockerer auslegung fähig ist, jedem beliebigen chronologischen system dienen kann. Bekanntlich ist es streitig , ob bei den vom Schriftsteller gebrauchten Ordinal- zahlen (ha Tniaxoazqi u. dgl.) beide endpuncte der rechnung mitgezählt seien , wie Mommsen meint , oder nur einer , wie ich vorgeschlagen habe. Für unsern autor , der es sich nicht hat verdrießen lassen, uns den alten brei der Interregnen wiederum aufzutischen, existiert diese frage nicht, und sie ist doch für das verständniß dieser fundamentalen stelle allein entscheidend. Das problem wird nicht einmal erwähnt, geschweige denn, daß der versuch gemacht wäre, dasselbe mit hülfe des vorhandenen ma- teriales zu lösen , die verwandten chronographischen aufzeich- nungen, vor allem die bei Polybios selbst vorhandene Übersicht der achäischen geschichte , zu vergleichen und den Sprachge- brauch , der in diesen dingen gilt , festzustellen. Statt dessen die erwähnte behandlung , bei der dem Polybios durch emenda- tion drei jähre zugelegt werden und durch interpretation noch drei jähre. Es ist ferner bei dieser stelle von interesse, beson- ders für Matzat, nach welchen jähren Polybios rechnet. In einer

5) Worin ibrn Mommsen vorangegangen ist.

560 98. Kömische Chronologie. Nr. 10.

anmerkung (p. 86) hat sich der reformator der römischen Chro- nologie damit abgefunden : nach Nissen, sagt er, seien es olym- piadenjahre, die von herbst zu herbst liefen. Damit ist die Sache abgethan ; kein gedanke , daß er selbst die frage zu un- tersuchen und sich davon zu überzeugen die pflicht hatte , wie begründet oder unbegründet diese annähme sei. Ist es ihm nie in den sinn gekommen, was für sonderbare olympiadenjahre das doch sein müssen, die von herbst zu herbst laufen? hat er sich nie den schluß von Polybios III angesehen? hat er nie be- dacht, wie wunderlich es ist, daß Polybios die gesammte rö- mische Überlieferung von anfang an sollte in seine pseudolym- piaden umgesetzt haben?6).

Ebensowenig hat der nächstwichtige autor , Diodor , eine auch nur annähernd genügende behandlung erfahren. Es fehlt jeder versuch , ihn richtig zu verstehen und sich seine art klar zu machen, um eine norm für eine benutzung zu gewinnen: nicht einmal eine ordentliche Übersicht seiner Chronologie wird uns gegeben. Wir erhalten nur die nichtssagende hypothese, oder besser den einfall , daß Diodor den Cincius benutzt habe, wodurch erreicht ist, daß Diodor nunmehr ungefähr bei allen annalisten herumgegangen ist und der tanz von neuem beginnen kann. Wer grundlegende Untersuchungen für einen theil der antiken Chronologie schreiben will, muß vor allen dingen die anti- ken Chronographen richtig zu verstehen bemüht sein, muß besonders dasjenige kennen und seinem leser mittheilen, was man die chro- nographische praxis der alten nennen kann ; er darf nicht , wie Matzat es gethan hat , sich in diesen wahrhaft grundlegenden dingen auf die gelegenheitsmeinungen anderer verlassen. Auch sonst fehlt es unserem verf. an einsieht in litterarischen dingen, wie u. a. die vermuthuug zeigt, daß Cn. Flavius nicht nur con- sularfasten herausgegeben habe , was nicht bezeugt ist , sondern auch eine art Selbstbiographie, aus der die von ihm umlaufenden aneedoten genommen seien (p. 277. 317)

Die zur bestätigung der neuen Chronologie herbeigeholten griechischen Synchronismen würden von großem werthe sein, wenn sie nicht entweder bedeutungslos wären oder auf einem

6) Nissen's annähme betrifft nur die eigentliche geschichtserzäb- lung bei Polybios ; erst Mommsen , dem Matzat auch hier gefolgt ist, bat ihr rückwirkende kraft verliehen.

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irrthura beruhten. Nach Matzat ist varron. 331 = 420 v. Chr. Nun erwähnt Livius IV, 37 unter dem jähre 331 varr. die besetzung Capua's durch die Campaner, Diodor XII, 76 meldet vom jähre 421/20 v. Chr. die eroberung Kyme's durch die Campaner und dasselbe Livius IV, 44 unter dem jähre 334 varron. Diese bei- den ereignisse , die eroberung von Capua und die von Kyme sind nach Matzat p. 211 identisch, so daß Livius IV, 37 die römische , Diodor und Liv. IV, 44 die griechische datirung ge- ben, der römische bericht hat den Vorgang von der landseite, der griechische von der seeseite angesehen. Man möchte wohl er- fahren, von welcher seite aus denn die besetzung Capua's angesehen ist, die Diodor XII, 31 unter Ol. 85, 3 (438 v. Chr.) erzählt; vielleicht von der luftseite aus ? Matzat kennt diese stelle nicht. Der p. 212 (nach Niebuhr) angeführte Synchronismus der athenischen pest mit einer von Livius aus Korn berichteten, hat gar keinen werth, da wir aus Thukydides wissen , daß auch in Hellas diese pest nicht allgemein war, sondern nur die volkreichen orte betraf, wobei ich die frage nach der echtheit dieser und anderer livianischen pestilenzen unerörtert lassen will. Gleichen werth hat die p. 260 versuchte combination der von Thukydides (I, 112) gemeldeten hungersnoth in Cypern , von der man vermuthet hat , daß sie in den griechischen gegenden allgemeiner verbreitet war, mit der von Liv. III, 31 erwähnten römischen, um so die gleichung von varron. 298 mit 450 v. Chr. zu bestätigen. Den preis ver- dient aber der gleich darnach gemachte versuch , den kometen von 467 v. Chr. , mit den prodigiösen früh - und fehlgeburten in Verbindung zu bringen, die Dionys IX, 40 (unter dem jähre 282 varr.) berichtet. Matzat meint, daß die römischen matronen aus schreck vor dem furchtbaren kometen von dem erwähnten unglück betroffen seien. Es kostet einige mühe , ihn ernsthaft zu nehmen.

Meister ist unser Chronologe in allerlei chronologischen ta- schenspielerkünsten und kniffen. Dazu gehören die saecula , die bald zu 100 sonnenjahren , bald zu 100 mondjahren gerechnet sein sollen'); anderswo werden die olympiadenjahre in die rö-

7) So ist die von Matzat als Polybianisch ermittelte zeit der kö- nigsherrschaft , 242 jähre, gerade 2*/g rnondsaecula. Wie bedeutsam! Auch die zahl 2% ist, wie man ergänzend hinzufügen kann, gewiß nicht ohne bedeutung; denn ist nicht 21/2 die hälfte von 5? und ist nicht 2x5 = 10? und 10 x 10 = 100? und so weiter in saecula sae- culorum.

562 99. Römische geschiehte. Nr. 10.

mische Chronologie eingeführt ; auch die unsinnige Unterscheidung des gründungsjahres der Stadt Rom von dem ersten jähre der- selben, die z. b. p. 150 vorkommt, gehört dazu. Das sind so kleine mittelchen , die der willkür des autors zur hülfe kommen. Vielleicht macht es in unserer jubiläumslustigen zeit eindruck, daß nach Matzats ansieht (p. 254) schon die ganz alten Römer das 50jährige bestehen ihrer republik mit einer kalenderreform feierten. Was wird man schließlich zu einem Chronologen sagen, der (p. 282) Mommsen tadelt, daß er das jähr des Übergangs des Xerxes nach Hellas bei Polybios III, 21 gleich ol. 75, 1 (480/79 v. Chr.) gesetzt habe, während es in Wahrheit ol. 74, 4 sei (481/80). Das sieht zwar sehr correct aus ; leider kennt aber Matzat nicht den kanon des Eratosthenes und andere stellen, aus denen hervorgeht, daß )) S^qhw dnißaaic der technische ausdruck für ol. 75, 1 ist. Das angeführte möge genügen, um zu zeigen, daß dem Ver- fasser zum historischen Chronologen fast alles fehlt. Auch seine richtigen gedanken, die er hat, sind durch seine maßlose Will- kür unbrauchbar und unfruchtbar gemacht. Das werk macht den eindruck einer dilettantenarbeit ; man findet darin die Will- kür, den mangel an Selbstkritik, die kühnheit, mit der ver- muthung auf vermuthung gethürmt wird , und das Selbstgefühl, wie sie dilettanten eigen zu sein pflegen. Ueber das von an- dern bereitete material gehen die kenntnisse des verf. nirgendswo hinaus und ich muß bekennen, daß mir kaum je ein buch vor- gekommen ist , das bei solchen prätensionen so wenig leistete, wie Matzats römische Chronologie.

Benedictus Niese.

99. Ernst Herzog, geschiehte und system der römischen Staatsverfassung. Erster band : königszeit und republik. Leipzig, Teubner 1884. 8. LXIII, 1188 p. 15 mk.

Ohne die grenzen einer kompendiarischen fassung zu über- schreiten will der Verfasser eine darstellung der römischen Staats- verfassung geben , welche nicht nur überall die eigene ansieht soweit klarstellt und begründet, um ein urtheil zu ermöglichen, sondern auch auf diesem gebiete anregen , neues interesse er- wecken und zu weiteren Studien veranlassen möchte ohne zweifei eine aufgäbe , die ihren großen reiz und ihre volle be- rech tigung noch lange bewahren wird. Vorauf geht eine einlei-

Nr. 10. 99. Römische geschichte. 563

tung, welche die wege und ergebnisse der römischen geschichts- forschung seit Niebuhr , insbesondere die entwicklung der ver- fassungsgeschichte und des Staatsrechts behandelt , und daran schließt sich die bezeichnung des methodischen Standpunkts des autors, welcher wohl demjenigen Mommsens am nächsten kommt, aber ihn in mannigfacher hinsieht nicht bloß modificirt, sondern auch mäßigt. Die beiden natürlich sehr ungleichen haupttheile des vorliegenden bandes umfassen die königszeit und die zeit der republik (bis zu Cäsars zweiter dietatur), während die kai- serzeit dem zweiten bände noch vorbehalten ist Jeder haupt- theil zerlegt sich in zwei abschnitte, indem zuerst die geschichte, sodann das System der Verfassung zu methodisch verschiedener behandlung kommt.

Ob die gewählte art der anordnung den zweck des verf. am besten erreicht hat, diese frage, die er selbst stellt, kann nach der lektüre des buchs auch ich nur mit einigem zweifei beantworten, der sich um so mehr geltend macht, als selbst die sehr klare und anziehende darstellung ein gewisses gefühl mangelnder befriedigung im leser nicht ganz zu überwinden vermag. Dieses gefühl entspringt aber allein aus der vielfachen Zerreißung des Stoffs, welche zunächst als folge der trennung von geschichte und System erscheint, durch die nicht allein das buch in zwei verschiedenartige hälften zerfällt, sondern auch besser zusammen- stehendes oft an verschiedener stelle erscheint. Am meisten leidet die ältere periode. In dem dunkel der königszeit , wo vieles zweifelhaft bleibt und, wie der Verfasser richtig sagt, sich manches leicht dem einen so dem andern anders darstellt , hat gewiß auch das bild, welches dem Verfasser vorschwebt, das vollste recht auf genaue betrachtung und in den gedanken einge- hende nachprüfung der fachgenossen ; aber die vielfach controver- sen und auch mit großer vorsieht gegebenen meinungen müssen so häufig ihre weitere begründung und ausführung an anderer stelle erhalten , daß man beim lesen , wenn ich so sagen darf, für keine derselben recht warm wird , daß man erst bei nach- träglicher erwägung der gesammten auffassung dem autor ge- recht wird. Die konsequenz des plans hat wohl zu weit geführt. Aber auch abgesehen von dieser durchgehenden trennung ist in dem letzten hauptabschnitt , der das gesammte system der republikanischen Verfassung zur darstellung bringt, durch anschluß

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an Mommsens art der behandlung des Staatsrechts dem erwähnten zweck des buchs einigermaßen schaden geschehen. Was für Momm- sens werk möglicherweise indifferent ist, weil wer es studiert, mit Überwindung der form auf die sache sehen und aus allen details das ganze erfassen mag , das ist bei dem zweck einführen und anregen zu wollen , den der Verfasser verfolgt, nicht ohne be- deutung. Wenn auch die von Mommsen angebahnte und auch hier verlangte und versuchte erfassung und aufstellung des Sy- stems gerade im römischen Staatsrecht ihre volle berechtigung hat, so möchte ich doch fragen , ob auf einem rechtsgebiete, wo im thatsachlichen so vieles streitig ist und aus dürftiger Über- lieferung geschöpft werden muß, der weg der darstellung vom allgemeinen zum besonderen als der zweckmäßigste gelten kann, und ob es nicht möglich ist, aus den einzelnen erscheinungen heraus, die so vielfach erst erwiesen und begründet werden müs- sen, zu den umfassenderen begriffen aufzusteigen, um so zuletzt auch mit juristischer strenge das ganze rechtssystem zu rekon- struiren. Am wenigsten wird durch die vom Verfasser beliebte anordnung der umfangreiche abschnitt (p. 118 569) geschädigt, der die geschichte der republikanischen Verfassung erzählt. Daß dieser historische theil , der am Schluß der einzelnen perioden selbst die auswärtigen Verhältnisse übersichtlich bespricht und nicht nur die politischen motive der verfassungs - einrichtungen und änderungen, sondern auch die personen der maßgebenden Staatsmänner in treffender weise kennzeichnet, dem systematischen theil ganz verschiedenartig gegenübersteht, hebe ich nicht weiter mäkelnd hervor : vielmehr möchte ich betonen, wie sehr es dem Verfasser in der geschichtlichen darstellung gelungen ist seinen gediegenen ansichten über Sachen und menschen die kraft des gewinnenden und überzeugenden zu geben , wie sich dem leser die empfindung aufdrängt , daß bei sorgfältigem forschen und gründlichem denken eine praktische auffassung der dinge, mäßi- gung im urtheil und einfachheit in der form auf historischem gebiete die gesundesten und reifsten fruchte zeitigt.

Was den materiellen inhalt des buchs anlangt, so ist es nicht möglich den eigenartigen ansichten des Verfassers in einer kurzen besprechung im einzelnen gerecht zu werden; im allge- meinen aber ist seine gesammte auffassung eine neue bestätigung, daß auf diesem schwierigen und wichtigen felde bei aller man-

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gelhaftigkeit der Überlieferung gewisse grundanschauungen, welche die forschung erst geschaffen hat, mehr und mehr zum gemein- gut werden und daß auch in andern punkten die verschiedenen auffassungen sich einander nähern. Es scheint als ob der autor wie in der methode, so in den ansichten vielfach von Mommsens Standpunkt einmal ausgegangen ist , sei es daß er von diesem überzeugt oder zu gleichem resultat gekommen war ; und so hat er an der auffassung von den arten der comitien (wegen der curien und curienversammlung läßt er manches unbestimmt), von der entstehung und dem ursprünglichen wesen der bezirkstribus, von der lex curiata und der patrum auctoritas, von collegialität und intercession mit recht festgehalten. Anderweitig aber hat er sich in wesentlichen punkten getrennt , überhaupt eine Über- spannung des Systems vermieden und durch berücksichtigung der historisch- politischen umstände und einflüsse eine mittlere Stellung und festere stütze gewonnen. Mit Mommsen vom wesen der magistratur den ausgang nehmend , die auch er mit dem königthum principiell gleichartig als einheitliche vollgewalt er- kennt , sucht er doch ihr Verhältnis zu senat und volk für die republikanische zeit anderweitig so zu bestimmen, daß er magi- stratur und senat als regierung hinstellt, der gegenüber die Ver- sammlung des nicht als souverän zu betrachtenden volks erst allmählich größere rechte gewinne. Für das gegenseitige Ver- hältnis von magistrat und senat macht er die ursprüngliche rechtsstellung der patres geltend, insofern sie die auspicien durch geburt besaßen, welche auf den könig oder den magistrat durch die form des Interregnums übergingen. Und so gelingt es ihm zugleich königthum und magistratur in ihrem gemeinsamen wesen und in ihrer continuität zu erhalten , indem er der anschauung von einem erblichen oder quasi-erblichen königthum, resp. der lehre vom ernennungsrecht und der cooptation des nachfolgers entgegentritt, von vorn herein die bestellung des rex als lebens- länglichen gebieter durch das zu diesem zweck gleich ursprüng- lich geschaffene Interregnum annimmt, in dem königthum der Tar- buinier einen versuch erkennt eine dynastische monarchie zu gründen, und nach Vertreibung des königs auf verfassungsmäßigem wege und durch die gesetzgebung unter leituug der zwischen- könige den Übergang zur republikanischen magistratur herstellen läßt. Diese continuität und systematische fortentwickluug be-

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hauptet er auch fernerhin möglichst weit den irregularitäten ge- genüber, welche die plebs in die Verfassung brachte; denn er stellt, wie schon in seiner abhandlung „über die glaubwürdigkeit der bis zum jähre 387 der Stadt überlieferten gesetze", die be- hauptung auf, daß die rechte der plebejischen tribut - comitien durch centuriat-gesetze festgesetzt worden seien, und ferner, daß die volkstribunen den Charakter der magistrate weder von an- fang gehabt, noch später jemals ganz gewonnen hätten. Deßhalb behandelt er im systematischen theil die letzteren auch nicht unter der magistratur, sondern im abschnitt von den volksrech- ten, indem er sie als Volksvertreter, nämlich Schützer der inter- essen der plebs und später der volksgemeinde gegenüber der regierung angesehen wissen will. Im übrigen werden die all- gemeinen rechtsverhältnisse der magistratur und die einzelnen magistrate sehr übersichtlich und gründlich besprochen , wobei einzelnes, z. b. die Untersuchung über die lex Villia, die darstellung der censur , die gruppirung der neben dem certus ordo vorkom- menden amtsstellungen, besonders beachtenswerth erscheint. Für die republikanische zeit wird der senat vor und nach dem ovi- nischen gesetze getrennt behandelt und zwar so , daß für die frühere zeit in anschluß an die gestaltung unter dem königthum das Verhältnis des patricischen theils zum gesammtsenat und die Stellung der plebejischen Senatoren , für die spätere zeit neben der feststellung der liste die umfassende geschäftsthätigkeit der leitenden behörde den kernpunkt der erörterung bildet. Die vom volke handelnden abschnitte geben die gliederung der bür- gerschaft in den verschiedenen perioden , die Verhältnisse der minderberechtigten , die einwirkung der censur , die aus den censuszahlen sich etwa ergebenden Schlüsse in ausführlicher weise, in kürze dagegen die Verhältnisse der Latiner und Peregrinen, da im ganzen die italischen bundesgenossen und die provinzen als der Staatsverwaltung angehörend oder unter die auswärtigen beziehungen fallend weniger in betracht gezogen sind. Weiter- hin werden alsdann die volksrechte besprochen und zwar zuerst die von den magistraten geleiteten comitien , zuletzt wie oben erwähnt das volkstribunat und die plebejische Volksversammlung. Vom historischen theil auch nur in so flüchtiger weise den inhalt angeben zu wollen kann mir nicht beikommen : er wird auch ohne weiteren hinweis auf seinen reichen gedankengehalt

Nr. 10. Bibliographie. 567

die anziehungskraft des buches erhöhen ; vielleicht wird er auch in anderen den wünsch nach mehr von dieser art und die frage entstehen lassen , ob nicht eine geschichte der römischen Staats- verfassung möglich gewesen wäre, die mit aufnähme des im sy- stematischen theil enthaltenen , vielleicht mit noch etwas ausgie- bigerer behandlung des historischen ein mehr einheitlich geschlos- senes, ebenso einleuchtendes als vollständiges bild gegeben und dem ausgesprochenen zweck des Verfassers noch mehr entsprochen hätte. Hermann Genz.

Bibliographie.

Es ist erschienen : Bibliotheca philologica , oder geordnete Übersicht aller auf dem gebiete der classischen alterthumswis- senschaft wie der altern und neuern Sprachwissenschaft in Deutch- land und dem ausländ neu erschienenen bücher. Herausgegeben von dr. ph. Gustav Kossinna. Secbsundcl reißigster Jahrgang, 2. heft, juli bis december 1883. (Mit einem alphabetischen register). 8. Verlag von Vandenhoeck u. Ruprecht in Göttingen.

Probenummern sind versandt von der dritten aufläge von Weisseres bilder-atlas zur Weltgeschichte, in 50 lieferungen zu 50 pf. Verlag von Paul Neff in Stuttgart.

Mittheilungen der Verlagsbuchhandlung B. G. Teubner in Leipzig, 1884, nr. 4, erste abtheilung : Inschriften griechischer bildhauer mit facsimiles, herausgegeben von Emanuel Löwy ; mit Unterstützung der kaiserlichen akademie der Wissenschaften zu Wien: es soll Gr. Hirschfeld's 1871 erschienene tituli statuariorum cett. ersetzt werden; Eusebii canonum epitome ex Dionysii Telmaharentis chronico petita , verterunt notisque illustrarunt C. Siegfried et C. Geizer; Die gliederung der altattischen ko- mödie von Th. ZielinsJcy ; Aeschyli tragoediae. Edidit H. Weil (Bibliotheca Teubneriana).

Angezeigt sind im RAnz. nr. 204 katalog nr. 13 von R. Steffenhagen in Merseburg, von Kirchhoff und Wigand in Leip- zig nr. 710 in nr. 232; von Franch und Weigert in Breslau nr. 187 in nr. 234.

Eingesandt sind antiquariatscatalog nr. 58 von Wilhelm Ja- cobsohn in Breslau, auch die bibliothek des Oberlehrers dr. Storch- Reichenbach enthaltend. Catalog nr. 81 des antiquarischen bücher] agers von Joseph Joloiuicz in Posen ; von W. Koch und Reimer in Königsberg in Pr. catalog nr. 6, 7 classische philo- logie und orientalia, nr. 8 geschichte, kriegswissenschaft u. s. w., nr. 9 literaturgeschichte , kunst, auch neuere sprachen enthal- tend.

568 Bibliographie. Nr. 11-

Verzeichniß der wichtigeren publikation en auf dem gebiete der alter-

thumswissenschaft 1884. VII.

Beilage A. Schulschriften und programme.

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Piniol. Anz. XIV. 39

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703. Schmeisser, G., beitrage zur kenntniß der technik der etrus- kischen haruspices Landsberg a. W. (Progr. von Schwerin a. W.). 9 p. (No. 148).

704. Schmülling, Theod., der phoenizische handel in den griechi- schen gewässern. Münster, realgymn. 30 p. (No. 342).

705. Schneider , Georg, de aliquot libris Diodori Siculi manu- scriptis. Berlin, Joachimsthalsches gyrnn. 24 p. (No. 52).

706 Schoenbom, E., zur erklärung von Piatons Charmides. Pleß. 14 p. (No. 184).

707. Schreyer, Herrn., Goethe und Homer. Theil I: bis zur reise nach Italien. Naumburg a. S. (Pforta landesschule). 44 p. (No. 223).

708 Seelisch, Rieh., einleitung in Xenophons anabasis im letzten Vierteljahre des untertertia-cursus. Erfurt. 10 p. (No. 211).

709. Sieche, Ernst, de Niso et Scylla in aves mutatis. Berlin Friedrichsgymn. 18 p. (No. 56).

710. Stender , Jul., zur geschichte des griechischen perfects. Theil II. (M. Gladbach). Leipzig. 24 p. (No. 410).

39*

572 Bibliographie. Nr. 11.

711. Süsser, Theod., über die katharsis in der poetik des Ari- stoteles. Norden. 23 p. 290 p.

712. Textor, zur dramatischen technik des Aristopbanes. Stettin, könig-Wilhelmsgyinn. 31 p. (No. 127).

713. Treu. Max., zur geschiehte der Überlieferung von Plutarchs moralia. III. Breslau, Friedrichsgymn. 8. 42 p. (No. 157).

714. Triemel, Ludw., geschiehte der älteren Quinctier bis zu den Samnitenkriegen 283 - 405 a. u. c. Kreuznach. 8 44 p. (No. 406).

715. Ulrich, Friedr., über die composita bei Plautus. Halle a. S., latein. hauptschule. 28 p. (No. 213).

716. Urtel, Friedr., über den homerischen gebrauch des optativs der abhängigen rede. Weimar. 16 p. (No. 616).

717. Vierke, ., de ^ particulae cum imlicativo couiunetae usu antiquiore. Pars II. Aeschylum continens. Schleiz. 23 p. (No. 649).

718. Vogels, J., Scholia in Ciceronis Aratea aliaque ad astrono- miam pertinentia e cod. Musei Britani Harleiano 647. Pars I. Cre- feld. 25 p. (No. 394).

719. Volkmann, Rieh., über Homer als dichter des epischen cy- clus und die angeblichen Homeridenschulen des alterthums. Jauer. 24 p. (No. 170).

720. Wenck, . , zur indogermanischen kasusbildung. Borna. 29 p. (No. 503).

721. Wilke, W. , über die niang in den briefen des neuen testa- ments. Lauban. 17 p. (No. 174).

722 Winicker , Fritz, stand der Lykurgischen frage. Graudenz. 22 p. (No. 32).

723. Wulff, J. , der lateinische Unterricht in quarta im zusam- menhange mit den Perthes'schen reformvorschlägen. Frankfurt a. M., musterschule. 20 p. (No. 368).

723a. Zawudski, die an zahl der areopagiten in Aeschylus Eu- meniden. Ruhrort. 7 p. (No. 439).

724. Zeitschel, ., de Thucydidis inventione cum usu oratorum congruente Nordhausen 13 p. (No. 242).

725. Zimmermann , Aug., beitrage zur lateinischen grammatik. II. Ist die partikel quom ursprünglich nur zeitpartikel gewesen ? Pohlau, königl. Mariengymn. 15 p. (No 144).

Beilage B. Dissertationen und academica.

Amsterdam. 726. Reijnders, Hendr. Ioann., de vita Phrynichi praetoris Atheniensis. Amstelodami 1883. 8. 94 p.

727. Sicking, Lud. Joseph., Annotationes ad Antiatticistam. ib. eod. 132 p.

Kopenhagen. 728. Kinch , C. F., Quaestiones Curtianae cri- ticae. Hauniae 1883. 8. 108 p.

Leiden. 729. Ca/and, W., de nummis M. Antonii III viri vi- tam et res gestas illustrantibus commentatio. Lugduni Batav. 1883. 8.

730. Kuiper, K., commentatio de vita Niciae. Zwolle 1880. 8.

731. Renaler, R. T. F., Tirocinia critica in Dionysii Halicarnas- sensis antiqnitates Romanas. Lugd. Bat. 1878.

Leipzig. 732. Lange, Ludw , de pristina libelli de republica Atheniensium forma restituenda commentatio, pars prior. Lipsiae 1883. 4. 32 p.

733. Ribbeck, Otto, Emendationum Mercatoris Plautinae spicile- gium. Lipsiae 1883. 4. 32 p.

734. Schmidt, Woldem. Gottlob, der bericht der apostelgeschichte über Stephanus. Leipzig 1882. 4. 34 p.

Nr. 11. Bibliographie. 573

735. Buchhold, Ludw. , de parornoeoseos (adlitterationis) apud veteres Romanorum poetas usu. Lipsiae 1883. 8. 111p.

736. Crusms, Otto, Analecta critica ad Paroemiographos Graecos. Leipzig 1883. S. 44 p. (Vollständig erschienen bei Teubner. Leip- zig 1883. 8).

737. Enderlein, Oscar, de M. Antonio oratore. ib. 1882. 8. 16 p.

738. Erdetiberger, Gust. Ed., de vocalibus in altera compositarum vocum Latinarum parte attenuatis. ib. 1883. 8. 61 p.

739. Freyer , Theod. , Quaestiones de scholiorum Aeschineorum fontibus cum epimetro de Aelii Dionysii et Pausaniae Atticistarum formulis oi nakaioi, Tiaou rolg nakraolg , xaui rovg nakaiovg. Lipsiae

1882. 8. (p. 237- 392 der Leipziger studien für Philologie V).

740. Frye, Guil., de Heraclidae Milesii studiis Homericis com- mentatio philol. ib. 1883. 8.

741. Galle, P. L., de Isocratis oratione Trapezitica. Dresden 1883. 8. 38 p.

742. Giesing , Friedericus, de scboliis Platonicis quaestiones se- lectae. Pars prior: De Aeli Dionysi et Pausaniae Atticistarum in scboliis fragmentis. Lipsiae 1883. 8. 74 p.

743. Gilbert, Job., Meletemata Sophoclea. Dresden 1883. 8. 30 p.

744. Hildebrandt, F. R., de itineribus Herodoti Europaeis et Afri- canis. Lipsiae 1883 8. 67 p.

745. Hillmann, Frid., de arte critica in Orphei Argonauticis factitanda capita duo. Ibid. 1883. 8. 74 p.

746. Koch, L. G., de principe iuventutis. Lips. 1883. 8. 77 p.

747. Kroker, Ernst, gleichnamige griechische künstler. Ein bei- trag zur antiken künstlergeschichte. Leipzig 1883. 8. 49 p.

748. Krnmbhok, Paul, de Asiae minoris satrapis Persicis. ibid.

1883. 8. 94 p.

749. Tlberg, Hugo, Studia Pseudippocratea. ib. 1883. 8. 63 p.

750. Matthias Theod., de Apollonii Dyscoli epirrhematici et syn- desmici forma genuina. ib. 1883. 8. 28 p.

751. Opitz, Rice. , de argumentorum metricorum latinorum arte et origine. ib. 1883. 8. p. 193 243 der Leipziger studien VI.

752. Ritters, Herrn., de conformationum usu Aeschyleo. ib. 1882. 8. 63 p.

753. Scheffler, Carl, de rebus Teiorum. ib. 1882. 8. 100 p.

754. Schmitt, Henr. Lud. , Quaestiones chronologicae ad Thucy- didem pertinentes. ib. 1882. 8. 105 p.

755. Schroetter, Rob. , Quas formas nominum themata sigmatica in vocabulis compositis graecis induant. Coethen 1883. 8. 95 p.

756. Schulze, Martin, die schrift des Claudius Mamertus Presby- ters zu Vienne über das wesen der seele (de statu animae). Dresden

1883. 8. 85 p.

757. Wagner, Rice, Quaestiones de epigrammatis Graecis ex la- pidibus collectis grammaticae. Lipsiae 1883. 8. 127 p.

Münster. 758. Bastgen, Peter, De Demosthenis Midiana. Mün- ster 1884. 8. 56 p.

759. Cueppers, Franc. Joseph., de oetavo Tbucydidis libro non perpolito. ib. 1884. 67 p.

760. Faßbaender, Franc, de optativo futuri. Lipsiae 1884. 8. 60 p.

761. Jonas, Jos., de Solone Atbeniensi. Münster 1884. 8. 76 p.

762. Martini, Aug., Quaestiones criticae de rebus ad historiam Aureliani pertinentibus institutae. Pars I : de bello Palmyreno. ibid.

1884. 35 p.

763. Müller, Renardus, de rebus inde a Caesaris nece usque ad funue Romae gestis. ib. 1884. 8. 80 p.

574 Kleine philologische zeitung. Nr. 11.

764. Wulff, Albert, Quaestiones in Xenophontis de republica La- cedaemoniorum libello institutae. ib. 1884. 8. 64 p.

Würzburg. 765. Hoppichler, Oscar Philipp, de Theone Her- mogene Aphthonioqueprogynmasmaturo sci'iptoribus. Virceburgi 1884. 8. 52 p.

766. Schubert, Robert Julius, Quos Cicero in libro I et II de re publica auctores secutus esse videatur. Lipsiae 1883. 8. 52 p.

767. Sophoulis, Themistokles P. , Hades in der antiken kunst. Würzburg 1884. 8. 39 p.

768. Straub, Joh. , de tropis et figuris quae inveniuntur in ora- tionibus Demosthenis et Ciceronis. Virceburgi 1883. 8. 147 p.

769. Sturm, Jo. Bapt., Quae ratio inter tertiam T. Livii decadem et L. Coeli Antipatri historias intercedat. Virceburgi 1883. 8. 54 p.

Zürich. 770. Meyer, Wilb., die Schicksale des lateinischen neu- trums im romanischen. Halle a. S. 1883. 8. 176 p.

Kleine philologische zeitung.

Grimm-denkmal. Ueber beitrage aus der Schweiz, Holland, über die thätigkeit für das denkmal in Berlin , Marburg , Kiel, in Hamburg , Oldenburg u. s. w. berichtet Allg. ztg. beil. zu nr. 184 und nr. 195.

Ein kurzer nekrolog auf K. R. Lepsius steht Allg. ztg. nr. 194.

Unter der aufschrift „aus der zeit könig Ludwigs I" wer- den von G Böhm mittheilungen in Allg. ztg. beil. zu nr. 196. 197 aus des arcbitekten Gärtner nachlaß gemacht, welche sich auf dessen aufenthalt in Athen 1835 beziehen und eine menge interessanter details über den damaligen zustand Athens und Gärtners Wirksamkeit daselbst enthalten; dann in beil. zn nr. 206. 207 wird Pompeji besprochen: an beiden orten begleitete Gärtner den könig Ludwig I.

Athen, 13. juli. Die auf kosten der hiesigen archäologi- schen gesellschaft vorgenommenen ausgrabungen in Epidaurus waren von glücklichem erfolge begleitet. Es sind bis jetzt außer dem theater , das vollständig freigelegt ist und seine ehemalige pracht ahnen läßt, vier gebäude zu tage gekommen : der tempel des Asklepios , das abaton , der tholos des Polyklet und ein vor drei tagen aufgedecktes gebäude. Aber auch wichtige denk- mäler der plastik sind gefunden ; von diesen sind nach Athen gebracht: 1) eine Nike, die, wie aus einigen spuren am köpfe, zwischen den flügeln und an der basis ersichtlich ist, einem giebel angehörte. Das motiv ist dem der Nike des Päonios verwandt. Der prachtvolle köpf ist abgebrochen, paßt aber ge- nau zum rümpfe; er hat übrigens durch corrosion gelitten. Der Nike fehlt die rechte hand , der linke arm und der eine flügel. 2) Eine zweite Nike, etwas größer als die vorige (höhe ca. 1 m), in zwei großen stücken; der abgebrochene köpf ist stark beschä- digt, doch kann über ßeine Zugehörigkeit kein zweifei bestehen.

Nr. 11. Kleine philologische zeitung. 575

Das werk, wie das vorige der blüthezeit angehörig, hat durch den einfluß der feuchtigkeit bedeutend gelitten ; es wurde näm- lich nur ein meter unter der erdoberfläche gefunden, während das andere zwei meter tief lag. 3) Der torso eines Jünglings, 0,55 m hoch; es fehlen der köpf, die beine von den knien ab, und die bände. 4) Ein torso ähnlicher art; die hände fehlen wie bei dem vorigen-, dagegen wurde der zugehörige köpf ge- funden, dem ein großer t.heil des gesichts mangelt. Höhe (köpf mit inbegriffen) 0,65 m. Beide torso sind treffliche kunstwerke mit wunderbarer Weichheit und Zartheit der behandlung. Einige körpertheile , wie die hände , waren mit eisernen nageln einge- zapft, deren verrostung den umgebenden marmor sprengte; es fanden sich noch vier (0,02 m lange; armfragmente der einen statue, die auf solche weise durch den zapfen gesprengt waren. 5) Eine wohlerhaltene Statuette des Asklepios , aus römischer zeit, 0,70 m hoch, das einzige bild des gottes , das bisher in Epidauros gefunden worden ist. Bemerkenswert!! scheint noch eine jüngst gefundene weihinschrift ; sie enthält einen staavsbeschluß (festgesandtschaft betreffend; , welcher dem Stifter bei der incu- bation geoffenbart worden war. Die von dem cultusminister Vulpiotis angeordneten reinigungsarbeiten auf der akropolis neh- men ihren rüstigen fortgang. Die türkische mauer bei den pro- pyläen ist niedergelegt, so daß jetzt die akropolis, von der Stadt aus gesehen, einen ungewohnten und schöneren anblick gewährt. Nunmehr werden auch die cisternen beseitigt; hierbei fand sich ein fundament aus porös , auf dem , wie sich verrnuthen läßt, eine die äußere nordseite der pinakothek verdeckende halle er- baut war. Bei diesen arbeiten fand man auch zahlreiche in- schriften, von denen wir eine erwähnen. Sie ist auf einer cy- linderförmigen (der der Athena Hygieia ähnlichen) basis einge- graben und lautet :

top Srjfjov T(jüv ^luxidailuoi>t'tov iiioiuc ei'txa

[Evßo fyvlog inoirjße. Dazu noch die bemerkung, daß der cultusminister gedenkt sich im laufe dieser woche nach Tiryns und Mykene zu begeben, um dortselbst die fortführung der von Schliemann nicht zu ende gebrachten ausgrabungen zu regeln. Allg. zeitung no. 207.

„Aus dem Morgenlande, von L. Steub" sind überschrieben eine reihe artikel in der Allgemeinen zeitung, welche vieles auch dem philologen wichtige enthalten: freilich nr. 201 ,,im Aegäi- schen meere" (no. XI) bringt uns nichts: es ist nebel und der scheint bewirkt zu haben , daß das einzig greifbare in dieser nummer das ist, daß eines morgens Verfasser warm gefrühstückt und an einem andern sehr früh dicht beim Peiraieus den caffee

576 Kleine philologische zeitung. Nr. 11.

hat dampfen sehen. Aber in nr. XII— XIV, Allg. ztg. nr. 208. 215.222, „in Athen", scheint die sonne : Athen hatte verf. schon 1836, also bald nach Vertreibung der Türken (1833) besucht und blickt daher oft auf diese zeit zurück, so daß seine beschrei- bung ab und an auf das von Gärtner in den oben angeführten artikeln erzählte kommt und dieses ergänzt und bestätigt : das- selbe gilt auch von dem etwas weiter unten von E. Curtius an- zuführenden. Der erste eindruck war freilich für den erwarteten fortschritt kein eben günstiger. Im Peiraieus angelangt ging Steub mit begleitern „ins Hotel d' Athenes". Der Oberkellner empfing uns mit einem vorhemdchen , das in diesem jähre noch nicht gewaschen war, in der stube blieb mir, als ich den rock aufhängen wollte, der hölzerne nagel in der hand, am schranke fand sich der Schlüssel nicht und als er herbeigekommen, machte er nicht auf". Doch in Athen selbst wird es anders : an stelle des verwüsteten dorfähnlichen ortes steht eine blühende , volk- reiche Stadt , voll von hübschen häusern , unter ihnen als das schönste das Schliemanns, bei dem unser wanderer zu tisch ge- sessen und zwar zugleich mit dessen schöner frau, der tochter Athenais und dem söhne Agamemnon. Breit und luftig sind die Straßen, dabei auch freie platze, und überall wein-, und bier-, und caffeehäuser : aber trotzdem werden die Griechen als sehr mäßig geschildert : während an einem ersten ostertage die fröhlichen Mün- chener 25000 mark im freien zu lassen pflegen, „dürften die vielen tausend Athener an diesem tage ihrer genußsucht kaum 25 drachmen geopfert haben". Es werden dann notizen über manche gebrauche, eben so auch über die kücbe gegeben: diese ist klagt der verf. , ganz türkisch geworden und vieles daher was wir lieben aus ihr ganz verbannt, z. b. austern. Beachtenswerth aber ist und bildet namentlich im gegensatz zu Italien die Sorg- falt, welche auf eine „genießbare" Umgebung gewandt wird: man findet überall orte, wo man gemüthlich des lebens sich freuen kann. Aber bei diesem heitern leben wird doch auch die ern- stere seite nicht vergessen: vereine aller art bestehen zur för- derung der Wissenschaft, so daß man durch diese Schilderungen nur einen vortheilhaften begriff von den Neugriechen erhält. Es wendet sich von Athen der verf. nach Zante, nr. XV, nr. 229, kommt nr. XVI nach Corfu, nr. 236, beil. zu 237, wo aber außer der be- schreibung eines nationaltanzes wenig von der insel die rede ist, indem die Schriften des dort wohnenden AI. von Warsberg, „Odysseische landschaften , Homerische landschaften" besprochen werden: die letztern auf Lykien sich beziehenden nur kurz und um Benndorfs so äußerst wichtige und überraschende aufschlüsse über alte kunst gebende lykische reisen und forschungen her- vorzuheben , die erstem ausführlich und in eigenthümlich ironi- scher weise : so werden die tiefsinnigen Wendungen dieses tou- risten wie „nur die natur ist groß", „es gibt immer noch

Nr. 11. Kleine philologische zeitung. 577

nichts heilbringenderes als eine ruhige Unwissenheit" zum malen auf pfeifenköpfen empfohlen. No. XVII, in nr. 243 ent- hält die rückkehr oder den Schluß: dies alles, um auf diese Schilderungen aufmerksam zu machen.

Aug. 2. L. von Urlichs 50jähriges doctor-jubiläum. Dies ist besprochen in Neue Würzb. ztg. nr. 212. 213; Allg. ztg. nr. 212, beil. zu nr. 214: dasselbe haben wir oben hft. 9, p. 480 gethan und dabei auf diese stelle als eine das obige ergänzende verwiesen: daher bemerken wir hier, daß es auffallen könnte, daß von seiten des baye- rischen ministeriums dem Jubilar kein zeichen der theilnahme gege- ben worden : aber wie wir hören ist es grundsatz dieser behörde, an Jubiläen und dem ähnlichen sich nicht zu betheiligen, ein grundsatz, der gewiß viel für sich hat, da bei dem entgegengesetzten verfah- ren es oft genug vorkommen mag, daß das richtige maaß nicht ge- troffen werde oder sonstige unzuträglichkeiten zu tage gefördert werden. Darauf lassen wir die adresse der Breslauer philoso- phischen facultät folgen; sie lautet: „Hochverehrter herr Jubilar! Zweimal ist es Ihnen im laufe der letztverflossenen jähre vergönnt gewesen, unter lebhafter theilnahme von nah und fern wichtige merk- und gedenktage zu feiern. An dem heutigen tage gesellt sich ihnen als der dritte und bedeutungsvollste das fest Ihres doctorjubi- läums hinzu. Wenn andern ersten derselben Ihr gesammter heimi- scher, an dem zweiten Ihr schöner und blühender familienkreis an erster stelle betheiligt war, der heutige gehört der Wissenschaft und vorzugsweis ihren berufenen Vertreterinnen , den academien und Universitäten. Auch unsere, auf der hiesigen Universität Ihnen zunächst stehende fakultät macht gern von dem Vorrechte ge- brauch, Sie an demselben festlich zu begrüßen. Ein söhn un- seres engeren Vaterlandes, auf einer ihrer hochschulen unter eh- render anerkennung mit der doctorwürde begabt und dort, an den gesegneten heimischen ufern des Rheins , darauf an einer zweiten preußischen hochschule am gestade der Ostsee mit aus- gezeichnetem erfolge lehrend und wirkend, auch den geschicken unseres Vaterlandes mit eingreifender theilnahme und in wich- tigen augenblickeu nicht ohne bedeutungsvollen einfluß zuge- wandt, haben Sie sich in der preußischen heimath auch jetzt noch dankbare erinnerungen bewahrt, während Sie ehrenvolles ansehen an der jetzigen statte Ihres wirkens sich zu erwerben und dauernd zu wahren gewußt haben. Aber weit über Preußen und Baiern, weit über das gesammte Deutschland hinaus haben Sie auf dem fehle der Wissenschaft den glänz und die ehre Ihres namens verbreitet : gleich vertraut mit den Schauplätzen des classischen alterthums durch längeren aufenthalt in der Jugend, durch erneute und erweiterte Umschau in höheren jähren, wie mit den werken der griechischen und der römischen kunst und litteratur haben Sie auf einem jeden der dadurch angedeuteten wissenschaftlichen gebiete hervorragendes geleistet. Aber auch

578 Kleine philologische zeitung. Nr. 11.

der heimischen litteratur sind Sie nicht nur genießend , sondern auch forschend und durch sorgfältige Veröffentlichungen bedeu- tender denkmäler mehrend und fördernd nahe getreten. So nehmen Sie heute auch von uns einen dankbaren grüß , einen aufrichtigen glückwunsch und die lebhaftesten wünsche für wei- teres gedeihen und gelingen in unverminderter frische des gei- stes und des leibes bis zu dem fernsten lebensziele entgegen. Breslau, den 2. august 1884. Die philosophische fakultät der königl. Universität (mit sämmtlichen Unterschriften}". Nach un- serer meinung bedarf diese schöne zuschritt nicht bloß für fer- nerstehende einiger erläuterung: wir gestatten uns daher folgende bemerkungen. Der dritte gedenktag heißt dies Jubiläum , weil die feier der fünfundzwanzigjährigen Wirksamkeit in Würzburg (s. oben XI, 10, p. 550) und die der silbernen hochzeit voran- gegangen: grade dieser dritte veranlaßt aber das ganze leben des gefeierten sich zu vergegenwärtigen. Was Urlichs der al- terthumswissenschaft gewesen und noch ist, ergiebt die Breslauer zuschritt und dasselbe suchten auch wir oben in kürze zu schil- dern, berührten aber damit nur eine seite der thätigkeit unseres Jubilars: zur zweiten, der politischen wenden wir uns jetzt. Der deutsche gelehrte und mehr als andere der philolog zieht mit gutem gründe sich von dem geräusch des öffentlichen lebens und dem davon untrennbaren streit und gezänk der parteien gern zurück: der reiz des zu behandelnden, alle kräfte in ansprach nehmenden Stoffes, die stille studierstube besitzen eine anziehungs- kraft, welche selbst die freiheitskriege gegen Napoleon I. wenig zu schwächen vermochten Als aber seit den dreißiger jähren politische ereignisse eine immer wachsende und alle kreise der gesellschaft mächtig ergreifende bewegung in Deutschland her- vorriefen, konnte dieser gewalt auch die gelehrtenwelt sich nicht entziehen und war in ihr vorzugsweise die jüngere generation der meinung , den pflichten eines Staatsbürgers könne man nur genügen, wenn man die als maßgebend erkannten ansichten über Verfassung und staat mit rede und that rücksichtslos zur geltung zu bringen bemüht sei. Nicht wenig förderte diese ansieht, daß damals in Deutschland bei dem noch weniger entwickelten po- litischen leben vielfach auf die wenn gleich von vielen Seiten arg verketzerten Universitäten als Wegweiser oder leiter in den kämpfen der parteien geblickt ward allerdings ein fehlgriff, weil diese corporationen grade die von der regierung am meisten abhängigen sind ; denn um erfolge im politischen leben zu er- ringen, wird Unabhängigkeit und darauf gegründete Selbststän- digkeit stets ein unumgänglich nothwendiges erforderniß bleiben. Dies ungefähr die läge, als Urlichs sich in Bonn habilitirte: mit wissenschaftlicher arbeit vollauf beschäftigt berührte sie ihn kaum ; doch zeigt sich das streben, neben der amtlichen thätigkeit über die grenzen der Universität hinaus der Wissenschaft zu nützen :

Nr. 11. Kleine philologische zeitung. 579

daher die lebhafte betheiligung an der gründung des Vereins von alterthumsfrennden im PJieinlande. Aber das änderte sich in Greifswald (1847)-, denn hier sollte er die verhängnißvollen stürme des jahrs 1848 erleben. Obgleich mit den dortigen Ver- hältnissen kaum bekannt, ward er, dessen reger sinn für das rechte und wahre auch hier sofort erkannt war, von den con- servativen , denen er sich angeschlossen , nach dem märz des jahres 1848 in deren vorstand gewählt, bald darauf von Greifs- wald in die zweite kammer des am 26. februar 1849 zusammen- getretenen landtags und als diese aufgelöst in die auf den 7. au- gust desselben jahres berufene entsendet: in dieser trat er durch seine Wirksamkeit so hervor, daß ihn Frankfurt an der Oder zu seinem Vertreter in dem freilich nur kurze zeit thätigen par- lament zu Erfurt (20. märz 1850) erkor. Warum aber Urlichs sich den conservativen anschloß, erklärt sich , erinnert man sich der damaligen gestaltung der kämpfe um die Verfassung Preu- ßens : der besonnene patriot und somit auch der gelehrte, welcher seiner pflicht zu genügen entschlossen war, stellte sich auf die seite der regierung , weil diese namentlich durch die beachtung, welche bei ihr die beschlüsse des Frankfurter parlaments ge- funden, allein im stände zu sein schien, die grundlagen für ein wohlgeordnetes und mächtiges Preußen zu schaffen Doch sollte Urlichs auf dieser bahn nicht bleiben : die im laufe des jahres 1850 eintretenden ereignisse, der tag von Ollmütz , 29. novem- ber 1850, die darauf folgenden conferenzen in Dresden bewogen ihn wie gar manche andre der edelsten, die ehre Preußens hoch haltenden patrioten die partei der conservativen zu verlassen und der nationalen linken sich anzuschließen : wie vorher so war auch jetzt Urlichs sowohl in den ausschüssen und Versamm- lungen der partei als auch im abgeordnetenhause selbst unab- lässig bemüht, das erreichbare zu finden und besonders bei den debatten über die Stellung und rechte des herrenhauses wie bei denen über das vereinsrecht ward sein name genannt. Als aber nach dem gesetzlichen Schlüsse dieses landtages neue wählen ausgeschrieben wurden, erklärte er ein mandat nicht wieder an- nehmen zu wollen: ein verfahren, was bei den erfolgen, die er gehabt, auffallen kann. Allein die motive lassen sich wohl den- ken : wer gelegenheit gehabt hat das treiben der parteien in und um den landtag zu durchschauen, erkennt, daß zu gedeih- licher Wirksamkeit in dieser sphäre als erstes erforderniß völlige Unabhängigkeit gehört, daß als zweites das aufgeben jedes an- deren amtes gefordert werden muß : denn bei der mannichfal- tigkeit und bedeutung der dem landtage gestellten aufgaben wird von dem pflichtgetreuen mitgliede verlangt, daß es seine ganzen kräfte ausschließlich diesem geschäfte als seinem berufe widme : somit tritt dann an den philologen die frage, ob er mehr und besser im staatsieben als in dem des gelehrten dem vaterlande

580 Kleine philologische zeitung. Nr. 11.

werde nützen können. Nach gewissenhafter prüfung dieser frage wird jeder, der den bildungsgang unserer älteren generation hat durchmachen müssen, sich für die rückkehr in das gelehrtenleben entscheiden und das staatsieben oder das leben in dem kämpfe der parteien den dazu vorbereiteten und dazu gebildeten über- lassen — ansichten, welche wie es scheint in der gegenwart mehr und mehr an räum gewinnen und noch mehr in der folge, wenn, wie wir hoffen, der Wohlstand in Deutschland stetig wächst, an räum gewinnen werden So kehrte dann Urlichs mit dem bewußtsein in einer wichtigen und schwierigen zeit seiner pflicht treu nachgekommen zu sein , in die stille studierstube und zu dem selbstgewählten berufe zurück. Doch sollte die verhältniß- mäßig kurze politische laufbahn in Urlichs' weiteres leben tief eingreifen. Denn als 1855 an ihn ein ruf nach Würzburg er- ging, glaubte er diesen ablehnen und für seine Stellung in Preu- ßen, seinem engern vaterlande, benutzen zu müssen: allein die deshalb dem ministerium übermittelten bescheidenen wünsche schlug der minister von Eaumer ohne weiteres ab und zwang da- durch den bittsteiler den ruf anzunehmen. Es erscheint dies ver- fahren bei den ausgezeichneten leistungen des gelehrten uner- kläi-lich : allein die bekannte geschäftsleitung des genannten mini- sters erlaubt die annähme, daß die gründe seines Verfahrens ledig- lich in der nationalen linken zu suchen seien : der abfall von den conservativen mußte gestraft, mußte gerächt werden: der tüchtige lehrer, der treffliche gelehrte galt dagegen nichts. Es sind solche fälle beachtenswerth , sie sind aber auch beklagenswerth und niederschlagend : man denkt sich gar zu gern die oberste leitung als über den parteien stehend, die den werth des mannes nach seinen leistungen im ganzen vorurtheilsfrei prüft, nicht aber nach dem engherzigen programme einer partei, da dies nur zur verkennung des wahren, nur zur Schädigung des eigenen landes führt , wie unser fall nur zu deutlich darthut. Dies über die oben erwähnte zweite seite : daß sie und das mit ihr verbundene verdienst unvergessen und dankbar anerkannt geblieben, beweist die Breslauer Zuschrift, dies schöne zeugniß wahrhaft collegia- lischer gesinnung, dem Jubilar ein mehr als erfreuliches blatt in dem glänze des heutigen ehrentages : daß dieser so glänzend sich gestalten konnte, dankt der Jubilar seiner neuen heimath, der blü- henden Mainstadt, in welcher die Sorgfalt der regierung ihm sich einen Wirkungskreis zu schaffen ermöglichte, in dem er voll- auf gelegenheit fand, seine ganze kraft zu entfalten und sich seine stelle unter den ersten philologen der gegenwart zu erringen: möge es gottes gnade gefallen, daß unserm deutschen vaterlande es an männern und gelehrten, die Ludwig von Urlichs gleichen, niemals fehlen möge ! E. v. L.

„Erinnerungen an Emanuel Geibel, aufgezeichnet von Ernst Curtius" bringt die Allg. ztg. beil. zu nr. 212. 213. 214: die

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sehr schön geschriebene Schilderung wirft blicke auf das ganze leben des dichters, verweilt aber vorzugsweise bei dessen in die jähre 1838. 1839. 1840 fallenden aufenthalt in Athen und Griechenland: sie berührt daher manches, was mit den oben erwähnten mittheilungen von Gärtner und Steub verglichen wer- den kann.

Eine notiz über die kunstsammlungen von Thiers, welche dieser dem Staate vermacht hat und die auch griechische und römische denkmäler enthalten, giebt Allg ztg. no. 213.

Eine kurze besprechung der von G. Thouret herausgege- benen geschichte der römischen republik von K. W. Nitzsch ent- hält BAnzeig. nr. 227.

Von der am 3. august gehaltenen rede Kirchhofs „über den stand des erziehungs- und Unterrichtswesens im athenischen Staat zur zeit der demokratie im fünften und vierten Jahrhundert a. Chr." giebt einen kurzen auszug Allg. ztg beil. nr. 218.

Von der am 4. juli stattgehabten feier des fünfzigjährigen Jubiläums der Universität Bern giebt Allg ztg. nr. 219 einen kurzen bericht.

Eine kurze notiz über Chrisfs abhandlung „Homer oder Ho- meriden" bringt Allg. ztg. beil. zu nr. 220.

Tiryns. In der sitzung des anthropologen - congresses am 5. august zu Breslau sprach dr. Schliemann über seine ausgra- bungen in Tiryns : vrgl. ob. nr. 7, p. 411 : der hauptinhalt des Vor- trags war ungefähr folgender: In der südöstlichen ecke von Ar- gos , nur acht Stadien vom golf entfernt, liegt die bürg von Tiryns, die blüthezeit und geschichte dieser Stadt gehören ohne zweifei einer prähistorischen zeit an. Schon zu Homers zeit war die bürg zerstört und lag unter schutt begraben, ein Jahrhundert nach Trojas stürz verlor Tiryns seine Selbständigkeit; die be- wohner wurden gezwungen, sich in Argos niederzulassen; My- kenä ging von Tiryns aus. Dennoch drückt Homer seine be- wunderung über die mauern der citadelle aus. Im ganzen al- terthum hat man von diesem bau als einem außerordentlichen Wunderwerke gesprochen. Pausauias stellt dasselbe den pyramiden Aegyptens gleich : nach ihm sind die mauern von Tiryns von Ky- klopen gebaut und bestehen aus unbehauenen steinen, deren je- der so groß ist, daß ein gespann von zwei maulthieren nicht einmal den kleinsten von der stelle bewegen könnte. Die Zwi- schenräume sind mit kleinen steinen ausgefüllt. Die steine der ringmauern sind durchschnittlich zwei meter lang und 90 cen- timeter breit, die höhe der Umfassungsmauer muß mindestens 15 meter betragen haben und war im obern theil eben so dick. Nach Strabo ließ könig Proteus von Tiryns die Kyklopen aus Lydien kommen, um die mauern aufzurichten. Von diesen müssen auch viele ähnliche werke, so auch die mauern von Mykenä und der pallast des Odysseus auf Ithaka, erbaut worden sein. Auch

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Pinclar erwähnt in Tiryns einen kyklopischen hofraum. Dieses wirft zunächst ein licht auf die erste statte solcher archi- tektur , und man könnte statt „Lydien" auch ,,Lykien" lesen-, zweitens aber enthüllt sich der ,,Kyklop" als Sammelname für die baumeister selbst. Die Griechen hellenisirten dabei nach ihrer art ein kleinasiatisches wort, und so kam der ganz un- passende „rundauge" heraus , wie ja auch die ägyptische „Py- ramide" nichts mit nt>Q (feuer) zu schaffen hat. Da Tiryns nahe am meere und in einer niederen ebene lag , so macht es den eindruck , als ob es noch in classischer zeit vom meere bespült worden und daß der dasselbe jetzt trennende landstrich ein spä- terer Zuwachs sei. Dies ist jedoch ein irrthum , welcher durch die kyklopischen Überreste einer uralten stadt in der nähe von Tiryns und deren jetziger läge am meeresufer bewiesen wird. Allerdings ist der hafen jetzt verseichtet und kaum 30 centi- meter tief, jedoch kann sich der alte hafen kaum 200 meter weiter erstreckt haben. Der mythos von der geburt des Herkules in Tiryns und der ihm von Eurystheus auferlegten zwölf arbeiten erklärt sich durch seine doppelte natur als Sonnengott und als heros. Es war natürlich , daß ihn die fabel in den mächtigen mauern von Tiryns geboren werden ließ. Jene sumpfige, nie- drige ebene erzeugte im alterthum , wie jetzt, pestilenzialische fieber und konnte nur durch fortwährende menschenarbeit und den wohlthätigen einfluß der sonne bebauungsfähig werden. Die Zerstörung von Tiryns ist aber in eine viel frühere zeit hinauszu- rücken , als gewöhnlich angenommen wird. Zunächst sprachen schon die kolossalen massen von messern und pfeilspitzen aus obsidian, wie sie der schuft der ruinen von Tiryns barg, ebenso der primitive character der thongefäße und die gänzliche ab- wesenheit der gelb , roth oder schwarz lackirten hellenischen terracotten für eine weit zurückliegende cultur, nicht min- der aber die unter assistenz des architekten dr. Dörpfeld bloß- gelegten gebäudereste. Den eingang des ganzen complexes deckt ein großer thurm, der, noch ziemlich gut erhalten , sich etwa 7 meter über die äußere Umfassungsmauer erhebt. Die letztere hat stellenweise bis 15 meter höhe gehabt; ihre stärke beträgt bald 7,50 meter, bald 15 meter. Das material sind große blocke, die ohne bindemittel aufeinandergethürmt sind-, auf dem unterbau der mauern steht dann noch eine obermauer, die um 8 meter zurückgerückt und mit längsgallerien versehen ist ; theil- weise haben letztere nach außen zu eine reihe von Öffnungen, wohl um den vertheidigern raschere Zuflucht zu bieten. Reste von säulen scheinen anzudeuten, daß die uutermauer mit einem dache versehen war. An der nordostecke , neben dem großen thurme, befand sich der haupteingang der bürg; eine 4 meter breite rampe führte den thurm entlang, und zwar von norden her auf dessen ost- und Südseite, so daß beim stürme die an-

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greifer den vertheidigern die rechte, nicht durch den schild ge- deckte seite zuwendeten. An der südwestecke des thurmes stand ein zweiflügeliges thor, von dem noch die angeln in den pfeilern zu erkennen sind. Das thor ähnelt im übrigen, soweit erhalten, dem löwenthore von Mykenä. Der weg erweitert sich dann und leitet zu einem propylaion-bau, der aus vor- und hinterhalle besteht. Beide hallen durchschreitend, gelangt man auf einen hof, gegen den sich linker hand zwei zimmer öffnen; auf diesem hofe , im äußersten süden der bürg, ist später eine kleine byzantinische kirche errichtet worden , natürlich aus dem material des alten baues, weshalb dessen spuren hier verwischt sind. Von dem propy- laion führt nach rechts (nordj ein schmaler (1,40 meter) corridor direct zu den inneren räumen des palastes ; der hauptweg aber geht in der richtung nach west über den hof und leitet zu einem zweiten kleineren propylaion, welches man schließlich zur rechten (nordj hat und welches den zugang zu dem haupthofe vermit- telt. Dieser haupthof hat ringsum Säulenhallen, an der südfront (am kleinen propylaionj einen altar , der dem von Homer be- schriebenen altar im hofe des Odysseus entspricht, und ist mit einem mosaikartigen, aus kalkmörtel und kleinen steinen herge- stellten estrich abgepflastert. Aehnlich ist die bedeckung des fußbodens in allen gemächern des palastes, von denen nun zu- nächst der große saal folgt, ein räum, 9,40 meter breit und 12 meter lang, mit vier im quadrat stehenden säulen , welche die decke trugen und zwischen denen ein kreisförmiger ausschnitt von drei meter durchmesser im fußboden befindlich ist. Die be- stimmung dieses kreises ist unbekannt; vielleicht daß hier der herd stand ; es erinnert das vorkommen an den entsprechenden kreis im tempel a von Troja. Der estrich des saales zeigt im übrigen eingeritzte, quadratisch sich schneidende linien und spu- ren rother färbe. Unter den kleineren räumen, welche im westen an diesen saal stoßen, ist der interessanteste eine badestube, ungefähr vier quadratmeter groß , mit einem fußboden , der aus einer einzigen, 67 centimeter starken kalksteinplatte besteht. Ringsum zeigt die platte eingebohrte löcher , welche wohl zur befestigung einer hölzerneu wandbekleidung dienten; ferner sind rinnen in dieselbe gearbeitet, die ihren abschluß iu einem canale fin- den. Die bürg enthält sodanu nordöstlich von dem großen hofe noch einen kleineren, den man als den frauenhof zu bezeichnen geneigt ist, nebst einem complexe kleinerer Wohnräume, die nicht mehr sehr deut- lich sind, weil augenscheinlich umbauten stattgefunden haben. Die ausführung der gebäudemauern ist derart, daß der untere theil aus kalksteinen in lehmmörtel, der obere aus lehmsteinen errichtet ist. Die wandbekleidung bildet lehmputz und über diesem ein kalk- putz. Aehnlich sind bekanntermaßen auch die größeren ge- bäude von Pergamos hergestellt. Die ausschmückung der räume ist eine sehr reiche. Sehr merkwürdig erweist sich ein fries, in

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welchem hunderte von kleinen , aus blauem glase bestehenden steinchen eingesetzt sind. Mehr noch als die sculptur, ist die maierei zum wandschmucke in anspruch genommen ; an färben finden sich roth , gelb, schwarz, blau und weiß vor; die Orna- mentik erinnert vielfach an diejenige des thalamos in Orcho- menos. Unter den sehr rohen figürlichen darstellungen sind er- wähnenswerth ein wagenlenker, ein kriegerischer zug, eine frauen- procession und ein kuhidol. Beachtenswerth aber ist, daß in nächster nachbarschaft von Tiryns und Mykenä das Heraion, der tempel Hera's gelegen, daher die menge von kuhidolen, die sich unter den keramischen objecten an beiden orten finden. Der ganze palast ist durch feuer zerstört, besonders stark mitgenom- men wurden dabei die mauern neben den thüren, weil das holz der pfosten und thürflügel dem feuer viele nahrung bot. Die kalksteine der mauern sind zu kalk gebrannt , der lehm des mörtels und der oberen mauern zu terracotta. Dieser umstand, welcher einer späteren bebauung oder beackerung des hügels großen widerstand bot, hat die reste vor weiterer Zerstörung ge- schützt; 3000 jähre lagen sie so fast unverändert, ausgenom- men die südspitze , auf welcher in byzantinischer zeit die er- wähnte kirche errichtet wurde. Die unteren theile der bürg müssen verschiedentlich bewohnt gewesen sein ; hier fanden sich auch monochrome glänzend gelbe, rothe oder schwarze Scherben. Die mittlere terrasse war im grundriß nicht mehr zu fixiren; offenbar sind die dort errichteten gebäude wohl Wirtschafts- gebäude — weniger solid construirt gewesen ; es fanden sich Schuttanhäufungen bis zu sechs meter. Unterhalb der bürg hat sich Schliemann darauf beschränkt, einen längs- und einen quer- graben bis auf den felsboden zu treiben , welcher letztere übri- gens theilweise zu tage tritt. Die größte mächtigkeit des Schuttes beträgt hier 3 meter. Es bleiben nun die fragen zu erledigen, wo das volk gewohnt, wo also die eigentliche stadt Tiryns ge- legen habe, und wo die gräber der mythischen könige von Ti- ryns zu suchen seien. Was die erste frage betrifft , so haben die unterhalb des hügels von Tiryns vielfältig eingetriebenen schachte allenthalben genügende Schuttanhäufungen mit topf- waaren ergeben , so daß diese Stadt klar zu liegen scheint ; die Stadt umschloß eben den fuß des hügels. Ein negatives resultat ergab dagegen die suche nach den königsgräbern. In und nahe bei Tiryns fand sich nirgends eine andeutung; wahrscheinlich sind diese gräber in Nauplia zu suchen , welches eine stunde entfernt von Tiryns liegt. Strabo spricht von höhlen mit ky- klopischen bauten, kyklopischen labyrinthen , welche recht wohl als die statten der königsgräber betrachtet werden können; al- lein diese höhlen können, wenn vorhanden, nur unter den Straßen von Nauplia liegen und entziehen sich demnach vorderhand der nachforschung. Darnach meint Schliemann sei durch diese

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seine ausgrabungän gewonnen erstens der vollständige plan eines uralten baues großartigsten stiles, zweitens Wandmalereien aus dem zweiten Jahrtausend vor Christo , endlich eine große Samm- lung topfwaaren als sprechendster zeuge für den stand jener alten cultur. Allg. ztg. heil, zu nr. 220 und 232. Dazu fügen wir noch beil. zu nr. 190, wo kurz mitgetheilt wird, daß der englische architekt James Fergusson den ansichten Schlie- mann's über Tiryns in allen dingen beistimme und aus diesen auch für die ausgrabungen auf Hissarlik (Troja) nutzen zu ziehen suche. [Klar sind diese berichte nicht : es fehlen die plane und Zeichnungen, welche Schliemann vorgelegt hat und die wir uns nicht haben verschaffen können. E. v. £.]

Berlin. Der RAnzeig. nr. 185 enthält auszüge aus dem amtlichen berichte nr. 3 über die königlichen kunstsammlungen, aus dem wir entnehmen, daß das Antiquarium erhalten hat einen bronzehenkel aus Etrurien in gestalt eines rücklings liegenden nackten Jünglings mit der rechten unter dem köpf, darunter eine große palmette; ferner zwei bronzethiere aus Kappadocien, ge- schenk Ramsay's. Fünf vertieft geschnittene steine aus der gegend von Marasch in Nordsyrien , welche zu den bei der zweiten expedition nach Nimruddagh gemachten funden gehören. Geschenk der akademie der Wissenschaften. Von terrakotten wurde eine adler- und Ganymedesgruppe aus Myrina erworben ; architektonische und figürliche thonfragmente aus Lesbos , von Conze und Humann daselbst gefunden, von direktor Conze dem antiquarium übergeben. Die aus der Sammlung Sabouroff er- worbenen 96 aus Griechenland stammenden vasen werden zur aufstellung vorbereitet. Von dem vasenkatalog liegt der erste band, 30 bogen stark, gedruckt vor.

Der grundriß der geschichte der griechischen philosophie von E. Zeller wird in Allg. ztg. beil. zu nr. 221 besprochen.

Papyrus in Wien. Ueber die papyrus der Sammlung des erzherzog Rainer (s. ob. hft. nr. 7, p. 414; nr. 9, p. 477) ent- nehmen wir einem berichte der Allgemeinen zeitung nr. 223 folgendes. Die weiter geordneten papyrus erweisen sich in er- ster linie ergebnißreich für die kenntniß der Chronologie der rö- mischen kaiserzeit. Dieselbe beruhte bisher hauptsächlich auf den datirungen der gleichzeitigen münzen ; nun aber hat die weitere durchforschung der papyrus zu dem resultate geführt, daß wir dieselben als eine neue quelle der Chronologie der rö- mischen kaiserzeit , welche hand in hand mit den münzen geht, dieselben an genauerer fassung und reichhaltigkeit der angaben jedoch übertrifft und nothwendig ergänzt, betrachten können, wofür freilich nur das einzig dastehende urkundenmaterial der erzherzoglichen Sammlung die möglichkeit zu bieten im stände ist. So findet sich denn beispielsweise als ein ganz neues histo- risches factum in den papyrus der nachweis einer gesammtre-

Philol. Anz. XIV. 40

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gierung des Marc Aurel , Commodus und Aelius Verus. Durch zwei stücke wird die genaue feststellung der länge der gesammt- regierung des Caracalla und Geta nunmehr ermöglicht. Histo- risch wichtig ist unter anderem ein papyrus vom jähre 213 n. Chr., aus welchem in Übereinstimmung mit den arvalacten, deren rich- tigkeit bisher angezweifelt wurde, hervorgeht, daß Caracalla's titel Germanicus Maximus schon in so früher zeit verliehen wurde. Neu aufgefunden wurden mehrere papyrus von Elagabal, Maxi- mus und Maximinus, der Otacilia Severa, des Trebonianus Gallus und Volusianus, ferner der cäsaren Herennius Etruskus und Ho- stilianus. Ein papyrus aus dem jähr 260 ist datirt nach Va- lerianus, Gallienus und Saloninus. Auffallend ist eine datirung vom jähre 241 , bei welcher Gordian III. nach tribunicischen kaiserjahren und seinen consulaten rechnet Eine schöne reihe von Urkunden liefert den nachweis , daß diese datirung vom jähre 294 an die gebräuchlichere und in den darauf folgenden Jahrhunderten die herrschende wurde. So erscheint denn mit der von uns früher veröffentlichten liste der kaisernamen die kette der kaiserdatirungen in der erzherzoglichen papyrus-samm- lung vom jähre 93 n.Chr. an bis Constantin d. gr. geschlossen; denn eine sich ergebende lücke von nur dreißig jähren (von 264 bis 294) wird wohl kaum jemals eine ausfüllung durch papyrus- datirungen erlangen, da die Unsicherheit der lebens- und geld- verhältnisse jener periode eine allgemeine Stockung in den ge- schaffen herbeigeführt hat. Es folgen notizen über die kopti- schen und arabischen papyrus , aus letzteren heben wir hervor, daß sie zeigen , wie die muhammedanischen behörden dem grie- chischen als amtssprache bis in das zweite Jahrhundert der Hedschra hinein den weitesten Spielraum gestatteten.

Ueber das archäologische museum in Leipzig theilt ei- niges mit Allg. ztg. nr. 224.

Nach einer angäbe in Allg. ztg. nr. 225 erhielt Sdbourow für seine nach Petersburg, Berlin, London verkauften Sammlungen 1800000 mark. Vrgl. ob. hft. 5/6, p. 391.

Am 12. august feierte man in Herbom die 300jährige ge- dächtnißfeier der gründung der dortigen hochschule, die 1817 aufgehoben ist, vrgl. Allg. ztg. nr. 227.

Die zeitungen beschäftigen sich mit einer rede des professor Zeller in Berlin, in der er für Zwischenprüfungen der Studenten während des Universitätsstudiums und für die Verbindung wissen- schaftlicher Übungen mit den vortragen der professoren sprechen soll, Allg. ztg. nr. 228. Dergleichen ist schon oft vorgekommen, hat aber nie zu etwas gedeihlichem geführt.

Unter der aufschrift „Auf dem nubischen Nil" theilt die Allg. ztg. beil. zu nr. 230. 232. 233. 234 eine reisebeschrei- bung von A. von Warsberg mit , welche über die alterthümer Egyptens mancherlei beibringt, was beachtung verdient.

Nr. 11. Auszüge aus Zeitschriften. 587

Die Allg. ztg. beginnt in beil. zu nr. 240 die Turiner aus- stellung zu schildern und beschreibt daselbst die aufgestellte ge- treue nachbildung des altrömischen Vestatempels.

Neueste funde von professor Lauth in Allg. zeitg. beil. zu nr. 240. 241: bezieht sich besonders auf assyrische funde, die zu chronologischen Untersuchungen benutzt werden.

Bericht über die general -Versammlung der Görres - gesell- schaft in Freiburg i. B. am 20. august giebt Allg. ztg. beil. zu nr. 241.

Auszüge aus zeitscbriften.

Hermes, bd. XIX, hft. 2. K. J, Neumann, die fahrt des Patrokles auf dem kaspischen meere und der alte lauf des Oxos, p. 165. O. SeecJc, die inschrift des Cacionius Rufius Albin us, p. 186. G. Wis- sowa, über die Proklos-excerpte im codex Venetus A derllias, p. 198.

Th. Mommsen , die consciüptionsordnung der römischen kaiserzeit: V. Die Standquartiere der auxilien im verhältniß zu ihrer heimath, p. 210. VI. Die numeri, p. 219. Die cunei, p. 231.— A. Hübler, hat Strabo seine geograpkie in Rom verfaßt? p. 235. W. Ditten- berger, zur griechischen anthologie, p. 242. G. Kaibel, sententiarum liber tertius, p. 246. E. Maaß , die Uiasscholien des codex Lip- siensis, p. 264. U. Wilcken, aus griechischen papyrusurkunden : I. zum ägyptischen münzwesen , p. 290. IL über den angeblichen bruchstrich, p. 291. III. zur indictionsrechnung, p. 293. C. Ro- bert, der bildhauer Polykles und seine sippe, p. 300. Miseellen: Th. Mommsen, die keltischen pagi, p. 316. O. Richter, zum Clivus Capitolinus. p. 322. G. Kaibel, afrikanisches epigramm, p. 324.

Neue Jahrbücher für philologie. und padagogik herausgegeben von A. Flecheisen, bd. CXXIX, hft. 2: 14. Anz. v. O. Benudorf : griechische und sicilische vasenbilder. 4 lieferungen (Berlin 1869-83), von E. Petersen, p. 81 93. (3). Pausanias und seine ankläger, von J. H. Ch. Schubart, p. 94 100. 15. Zu Aischines rede gegen Ktesiphon, von C. Troost, p. 101 107. 16. Zur Überlieferung von Ciceros briefen, von L. Mendelssohn, p. 108 110. 17. Beiträge zu Poly- bios. L, von Th. Büttner -Wobst , p. 111—122. 18. Ueber einige spuren einer peripbrastischen conjugation in den italischen dialecten, von H. Baiser, p. 123 128. 19. Statistisches zu Homeros und Ver- gilius, von M. Schneideivin , p. 129 134. 20. De anno natali T. Lucretii poetae, von J. Woltjer, p. 134 138. 21. Horazische com- position (Carm. I, 6), von Th. Pliiß, p. 139-144.

Rheinisches museum, bd. XXXIX, hft. 3: Beiträge zur griechischen litteraturgeschichte, von E. Hiller, p. 321. Handschriftliches zu Terenz, von K. Dziatzko, p. 339. Ein neuer codex der grammatik des Dositheus, von K. Krumbacher, p. 348. Die reihenfolge der Eklogen in der vulgata des Stobäischen „Florilegium", von 0. Hetise, p. 359. Altes latein, von F. Btiecheler, p. 408. Zur textkritik der scholiasten ciceronischer reden (fortsetzung) , von Th. Stangl, p. 428. Zur geschichte der Aristotelischen politik im mittelalter, von G. freiherr von Hertling, p. 446. Ueber eine angebliche amnestie der Athener, von </. 31. Stahl, p. 458. Miseellen: Zu Piatons Protagoras, von J. M. Stahl, p. 466. Ein germanischer name bei Strabo, von A. Riese, p. 466. Zu Polyän, von K. K. Müller, p. 467.

Zu Proklos, von L. Traube, p. 467. Die ctnocf&iy^raa iuiv tma oqwp des Demetrios in der Wiener apophthegmen-sammlung, von C.

588 Literatur. Nr. 11.

Wachsmuth, p. 468. Stichi Plautinae versus Ambrosiani. Scripsit F. Leo, p. 470. Der Wettstreit des Laberius und Syrus, von F. Hof mann, p. 471. Phaedrus doch in Persien geboren. Von L. Schwede, p. 476. Zum lateinischen Iosephns, von L. Traube, p.477. Zur Überlieferung der grarnmatik des Dioinedes, von Ä'. Krumbacher, p. 478. Zu den griechischen königslisten, von G. Busolt, p. 478.

Literatur S§84, (dem Philologus und PhAnzeiger zugesandt).

Schuster, Max, Quornodo Plautus Attica exemplaria transtulerit. Grypkiswaldis 1884. 8. 72 p.

Luthe , Werner , begriff und aufgäbe der metaphysik (co<fia) des Aristoteles. Leipzig, Teubner 1884. 4. 15 p.

Mutzbauer, Carl, der homerische gebrauch der partikel /uh. I. Einleitung und aus capitel I v.ai ptv und aictg fiiv. Köln 1884. 4. Progr. 23 p.

Schleussinger, August, studie zu Caesar's Rheinbrücke. München, Itindauer 1884. 8. 40 p. (Aus blätter f. bayr. gjmnasialw.).

Ciceronis, M. Tullii, libri qui ad rem publicam et ad philosophiam spectant scholarum in usum edidit Th. Srhiche. Vol. IX: Cato maior de senectute Laelius de amicitia. Lipsiae, G. Frey tag 1884. 8. VIII, 60 p.

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Aristotelis Ethica Eudemia Eudemi Rhodii Ethica. Adiecto de virtutibus et vitiis libello. Recogn. Franc. Sasemihl. Lipsiae, Teub- ner 1884. 8. XXXVII, 196 p.

Brie g er , Adolf, die urbewegung der atome und die weltentste- hung bei Leukipp und Demokrit. Halle a. S. 1884. 4. 28 p.

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Hecht, Max, Qnaestiones Homericae. Diss. Königsberg 1882. 8. 29 p.

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Ovidi Nasonis, P., carmina in exilio composita Tristium libri Ibis Epistulae ex Ponto Halieutica rec. Otto Güthling. Accedunt carrni- num deperditorum fragmenta. Lipsiae, G. Freytag 1884. 8. XLIV,215p.

Denkmäler des klassischen alterthums zur erläuterung des lebens der Griechen und Römer in religion , kunst und sitte. Lexikalisch bearb. von B. Arnold, H. Blümner, W. De ecke , K. von Jan, L. Ju- lius, A. Michhöfer, A. Müller, 0 Richter, H. von Rohden , R. Weil, F. Wölfflin und vom herausgeber A. Baumeister. Mit etwa 1400 ab- bilduugen , karten und tarbendrocken. München und Leipzig, R. 01- denbourg 1884. 4. Heft 1 u. 2. 96 p.

Lexikon, ausführliches, der griechischen und römischen mytho- logie im verein mit . . . Unter mitredaktion von Th. Schreiber hsg. von W. H. Röscher. Liefg. 1-3. Leipzig, Teubner 1884. 8. 544 p.

Wolff, Osw., de Iophonte poeta tragico. Misniae 1884. 8. 28 p.

Nr. 12. Oecember 1884.

Philologischer Anzeiger.

Herausgegeben als ergänzung des Philologus

Ernst von Leutsch.

100. Christian Heimreich, kritische beitrage zur Würdigung der alten Sophoklesscholien. Gymn.- programm von Ploen. 1884. 19 p. 4.

Der verf. glaubt der geringschätzung der alten Sophokles- scholien entgegentreten zu müssen. Eigentlich kann man nicht sagen, daß man diese dürftigen reste alter gelehrsamkeit nicht sorgsam beachtet habe; aber man hat weniger in ihnen gefunden als man suchte, und der hohen meinung , welche der verf. von ihnen hegt, wird man erst dann ihre berechtigung zugestehen, wenn er im finden glücklicher gewesen ist. Wir wollen uns also einige seiner neuen entdeekungen etwas näher anschauen Recht überraschend und scharfsinnig ist die ausführung zu Ai. 829 f. xai pk ttQOt; fyßowv tov xaiontevdti^ nüoo<; niqßä xvaiv riQÖßXtjiog oicopoig d' ekcog. Nach dem scholion xazayiXaazog, (fuoli1, 6 Aiag fii] zaiv xvtmv rj zär oioavmv ttjv uixi'av vnoazeX- \6usrog , txXla zr\v &iuv zäv EXXrjttov ' Qtjziop oiv ozt lÖitüfta zmv uvdQOsncüi' 70 /Arj ßovltadui zovg 8%dgovg eraßgvpeadai av- xoig i xai zovrov fiömv avnnoiovvzai soll sich Aias lächerlich machen, weil er sich nicht vor der schmach den hunden und vögeln vorgeworfen zu werden , sondern nur davor scheue , von den feindseligen Griechen zuerst erblickt zu werden. Da nun nach unserem texte Aias ausdrücklich zu Zeus fleht, er möge ihn vor dem Schicksal bewahren, eine beute der hunde und vö- gel zu werden , so schließt der verf. , daß die alten kommenta- toren, sowohl diejenigen, welche den dichter angriffen, als auch derjenige der ihn vertheidigte, vielleicht Didymos, den v. 830 nicht in ihrem texte vorgefunden und nur xai (xrj ri^u^ fyß^mv Philol. Anz. XIV. 41

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rov natOTtnv&m näoog gelesen haben. Die beweisführung scheint überzeugend zu sein. Aber doch muß man stutzig werden und fragen : warum kamen überhaupt die alten erklärer , wenn sie nichts anderes im texte hatten , auf den gedanken von hunden und vögeln ? Alles erklärt sich aus einem starken mißverständ- nis der alten grammatiker. Sie faßten die worte so: (dög) xa), ju/) noog Eftdowp rov xaronrsv&iig nctgog, Qiq<&<x> xval* xzi. Daß solcher unsinn den scholiasten nicht fern liegt, geht z. b. deut- lich aus dem schol. zu Aesch. Cho. 773 hervor, in welchem gleichfalls die negation falsch bezogen ist. Die absolut klare stelle TPO<b02. xai nag; 'O.Qf'aTtjg i}n}g oberen döftmv. XOP02. o'vnco xaxog ys fxävrig ctv yvoi't] tcxSs machte den alten erklä- rern Schwierigkeiten: rovro dxQißo7>g ioti fiävrecog unm, also o'vnco xnxög. Andere erkannten das richtige : tivlg art£,ovaiv rig ro o'vnco, iv1 r> , o'vnco iXnlg ot%erai 86jacov . ravra 8s xai 6 rv%cbp (invrig ytonj. Wir wollten mit dieser stelle zeigen, wie vorsichtig man bei Schlüssen aus den scholien sein muß. Man wird am sicher- sten gehen , wenn man zunächst immer annimmt , daß die scho- liasten die gleiche lesart vor sich hatten wie wir. Es giebt fälle, wo in den scholien eine andere , eine gute lesart versteckt ist, aber sie sind selten. Ich weiß nicht, ob unter denen, welche der verf. gefunden zu haben glaubt , mehrere gewähr haben. Derselbe behandelt in ähnlicher weise Ant. 685 f., welche stelle durch die änderung von (iij in 8t) den entgegengesetzten sinn erhält. Da zu diesem sinne der v. 687 nicht stimmt, so wird dieser beseitigt. Wir glauben in der that , daß „der gramma- tiker, der diesen vers interpolierte, dem verwandt war, der den oben besprochenen vers Ai. 830 hinzufügte", nemlich der dichter selbst. Schon die form des ausdrucks oiV av dvv.aif£i]v jmj/z' iniGTatiiitv Xeysiv paßt allein zu dem überlieferten gedanken. Bei der änderung von jkjj in dlj würde ja in dem wünsche jua/t' iniaraifit]!' Xsysiv eine förmliche rohheit gegen den vater liegen. Aber auch die ganze Umgebung der stelle, abgesehen von v. 687 beweist, daß alles in bester Ordnung ist. Es würde die fein- heit, welche Aristoteles rühmt, daß das urtheil über Kreons ver- fahren anderen beigelegt wird , zerstört, wenn der söhn sofort dem vater kurz und bündig erklärte : ,,du hast nicht recht". Mehr beachtung verdient, was der verf. über Oed. Tyr. 928 sagt. Freilich geschieht Schneidewin unrecht, wenn ihm die unsinnige

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Verbindung von yvvij ^>]t>]Q , „weibmutter" oder „mutterweib", zugeschrieben wird. Der umschreibende ausdruck für gattiri, von dem Schneidewin spricht, ist natürlich pi]tT]Q iwv xsivov texvcov, wie ja auch die worte nichts anderes bedeuten als „diese frau hier ist die mutter seiner kinder". Das amphibolische kann man, wie schon Musgrave hervorgehoben hat, finden, wenn man nach yvirt de h>'jt>jo t'jde absetzt, so daß sich der sinn „diese frau aber ist seine mutter" ergibt. Freilich müßte man sehr zwei- feln, ob der dichter dieses beabsichtigt hat. Allerdings aber wird die amphibolie deutlicher, wenn aus dem scholion zu 930 7g aufgenommen wird: jviij Öt loJtijü 9' tjds , welche form der vers , wie der verf. bemerkt, auch in den o%6\ia tl±- ztjv 'Eyfxo- yiiov^ tr/i?ji des Maximus Planudes hat. Hiermit dürfte eine wirkliche Verbesserung gewonnen und der abhandlung ihr werth gegeben sein. [Vgl. Schrader in Piniol. XLIV, 1. E. v. L.~]

Wecklein.

101. Le codex Bruxellensis du florilege de Stobee par P. Thomas. Gand , imprimerie de Eug. Vanderhaegen 1876. 44 p. gr. 8. (Extrait de la Revue de l'Instruction publique tome XVIII. 6e livraison).

102. De Stobaei florilegii excerptis Bruxellensibus scripsit Otto Hense. Friburgi i/B. et Tubingae in libraria acad. J. C. B. Mohrii (P. Siebeck ) 1882. 36 p. gr. 8.

Während die handschriftliche kritik der sogenannten Eklogen des Stobaeus durch Wachsmuths Untersuchungen auf eine feste grundlage gestellt ist , herrscht in bezug auf die Überlieferung des sogenannten Florilegiums noch große Unklarheit. Zu verwun- dern ist dies freilich nicht, da eine fruchtbringende beschäfti- gung mit diesem gegenstände bisher dadurch erschwert wurde, daß das den ausgaben von Gaisford und Meineke zu gründe liegende handschriftliche material durchaus unzulänglich erschei- nen mußte. Um so freudiger haben wir die oben bezeichneten Publikationen zu begrüßen, durch welche wir einen näheren ein- blick in die beschaffenheit des Brüsseler codex gewinnen , über dessen Wichtigkeit schon seit dem erscheinen des büchleins von Ch. A. Beving : Remarques criticjues sur quelques passages de l'Anthologie de Stobee, Bruxelles 1833 kein zweifei herrschen konnte. Die dort mitgetheilten lesarten sind denn auch von

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Meineke mit wenigen ausnahmen in seine ausgäbe aufgenommen worden. Da dieselben aber nur einen geringen brucbtbeil der Varianten dieser handschrift bildeten, so hat sich P. Thomas der mühe unterzogen , die sämmtlichen abweichungen des von ihm genau verglichenen codex, welcher leider nur die ersten 47 ka- pitel des Florilegiums umfaßt, zu veröffentlichen. Hierbei hat er sich für verpflichtet gehalten, alle Varianten ohne ausnähme, auch die offenbar verderbten und verkehrten, zu verzeichnen, und wir wollen mit ihm darüber nicht rechten. Denn wenn sich auch kaum absehen läßt, welchen nutzen die aufzählung der in fast allen hand Schriften wiederkehrenden corruptelen von ganz un- tergeordneter bedeutung, wie unölvrai, tdsa statt si'dsa, snnatal statt sar/rtxai, aysöfievoi für ayeöftevoi , tzqcczzs u. s. w. für eine wissenschaftliche textkritik haben sollen, so muß doch andrer- seits zugestanden werden, daß ohne die genaueste kenntnis der gesammten jedesmaligen Überlieferung sich in dieser hinsieht schwer eine feste grenze ziehen läßt. Es kommt z. b. in solchen abschnitten, die in ionischem oder dorischem dialekt geschrieben sind , nicht selten auch eine scheinbar unerhebliche abweichung der form in betracht, wie Br (== Bruxellensis) 1, 64, p. 19,11 Meineke ngära statt agööta und 1, 69, p. 27, 7 xazzav statt xara zav bietet. Vgl. auch 3, 79, p. 89, 29 /heIsz?] (so Br mit Diog. Laert. I, 99; sonst pekha) tb när. Auch kann man das überflüssige und werthlose in der vorliegenden Zusammenstellung immerhin in den kauf nehmen angesichts des reichen gewinns, den der text des Stobaeus aus derselben zieht. Nicht allein daß in vielen fällen die lesarten des cod. A und in den bezüglichen par- tien auch die des Florileg. Laurentianum sowie conjekturen neuerer, besonders Meinekes, eine willkommene bestätigung finden, auch die zahl der völlig neuen lesarten, die reeipirt zu werden ver- dienen, ist keine geringe. Oefters werden auch lücken in dem bisherigen texte ausgefüllt; so besonders in den ano^d^y^aza zcöv inza aoqimv (3, 79), so daß es nunmehr an der zeit sein dürfte, mit hülfe dieses neuen materials und unter heranziehung der parallelen Versionen den versuch einer Wiederherstellung der ursprünglichen gestalt dieser unter dem namen des Demetrius Phalereus gehenden Sammlung zu wagen. Beiläufig sei hier er- wähnt, daß die in den übrigen handschriften , wie es scheint, fehlende sentenz 1, 43, von der Gaisford vermuthet, daß sie

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Gesner zugleich mit 1, 42 und 44 aus Isokrates übernommen habe, sich in Br findet, sowie daß dieselbe handschrift auch den schluß der langen ekloge aus Teles (5, 67) I, p. 127, 24 128, 23 Meineke, enthält, den Gaisford aus dem cod. A hinzuge- fügt hat. Wohl zu beachten sind ferner die Varianten in den- jenigen abschnitten , die aus noch vorhandenen werken des Eu- ripides, Isokrates, Piaton u. a. gewonnen sind, und von denen manche den beweis zu liefern scheinen, daß Stobaeus , der ge- wisse schriftsteiler, wie Piaton, Xenophon, Plutarch, meist direkt excerpirte, sich in der wiedergäbe seiner quellen doch größerer genauigkeit befleißigte, als man bisher geglaubt hat; vgl. z. b. die lesarten in Br zu 5, 55 (Piaton), 7, 74 (Xenophon), 44, 44 (Piaton). In anderen abschnitten bietet allerdings Br. vorwie- gend von dem text der quellenschriftsteller abweichende lesarten, und man wird ja in den weitaus meisten fällen dieser art si- cherlich nicht Br zu liebe an der feststehenden Überlieferung rütteln dürfen. Aber damit ist die möglichkeit nicht ausgeschlos- sen, daß hier und da Br die ursprüngliche gestalt des stobäa- nischen textes wiedergiebt und zugleich Stobaeus, dem manche autoren gewiß in einer besseren recension als uns vorlagen, das richtige aufbewahrt hat. So hat 5, 30, p. 142, 9 hinter den worten: ovst eati rovzoov uvzo xulov ovSe'v (== Plato Symposion p. 180 E) Br den zusatz : ovds xaxöv , der in der that durch den sinn gefordert zu sein scheint, und 5, 65 I, p. 119, 26 sq. (= Isokr. Demon. 21) ist wohl aus Br y.al aavzbv a>g at&Qconog sl (statt cor) vnofiifAvt'jaxrjg herzustellen. Jedenfalls werden die künftigen herausgeber des Isokrates, Piaton u. a. das hier ge- botene material nicht ungeprüft lassen dürfen. Am zahlreich- sten und gewichtigsten sind die Varianten in den citaten aus Epiktet, s. u. a. 5, 75; 19, 15 und namentlich 17, 20 (= Epict. Enchir. 34), wo der unterschied so stark ist, daß man sich versucht fühlen könnte, eine doppelte recension des enchei- ridions anzunehmen ; doch ist es gerathen, bei einem schriftstei- ler , der meines wissens seit Schweighäuser so gut wie brach liegt, mit seinem urtheile zurückzuhalten.

Leider hat das Thomassche verzeichniß an Übersichtlichkeit und brauchbarkeit dadurch verloren, daß der Verfasser den text der Meinekeschen ausgäbe in der weise zu gründe gelegt hat, daß den lesarten der letzteren die Varianten in Br ohne irgend

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einen orientirenden zusatz gegenübergestellt sind. In folge die- ses Verfahrens bietet die linke columne bald die vulgata oder die lesart einer handschrift wie des cod. A, bald eine von Meineke in den text aufgenommene conjektur, während rechts in buntem durcheinander völlig neue lesarten mit solchen wechseln, die die vulgata repräsentiren oder in einzelnen handschriften sich vorfinden. So, um ein beispiel statt vieler anzuführen, ist 1, 63, p. 18,11 das äQidfjxionadai in Br nichts als die noch von Gaisford re- cipirte gewöhnliche lesart, wogegen das links stehende nvnxo- üfAtjauafttti auf einer conjektur Meinekes beruht x). Noch weniger gerechtfertigt erscheint es, wenn auch die reihenfolge der Mei- nekeschen ausgäbe festgehalten wird , ohne daß man über die zahlreichen und oft sehr erheblichen änderungen derselben in Br außer einigen gelegentlichen notizen irgend etwas erfährt. Und doch ist gerade die folge der sentenzen in den verschie- denen handschriften des Stobaeus für die kritik der Überliefe- rung von allergrößter bedeutung, was sich unten bei bespre- chung der abhandlung Henses zeigen wird, der auch auf eine an- zahl ganz neuer stücke in Br hinweist, welche wir bei Thomas vermissen.

Trotz dieser mängel bleibt die allem anschein nach sorg- fältige und zuverlässige collation ein höchst werthvoller beitrag zur textkritik des Stobaeus , wie dies noch deutlicher , als aus unseren obigen bemerkungen, aus der ebengenannten Henseschen schrift hervorgeht. Ehe wir zu der letzteren übergehen, mögen noch ein paar randglossen zu den Varianten von Br hier ihren platz finden. 1, 67, p. 24, 18 ist das überlieferte und jetzt auch durch Br bestätigte [ttoadovin statt der von Meineke aufgenomme- nen überflüssigen und unzutreffenden vermuthung Halms : cpila- dovia wiederherzustellen. 3, 79 p. 88, 6 ist die erste hälfte des in Br hinzugefügten Spruches: /aÜt^v fttj eXsyxs aus Diog. Laert. I, 70 in: fiavtturjr (*% e%ftuiQ8 zu verbessern. 5, 55, p. 119,22 muß man aus Isokrates unter beseitigung des punktes nach sv- nogijasig herstellen: ttj 8s ogyrj naoanltjalcog sfflg ngog (ejjc etg vulgo, eftsig ngog Br) tovg ä/jaQTrttovTag. 5, 67, p. 125, 7 schreibe: 7oi>TGv m&ei ngnaatdg (ngög rä8s vulgo, TTgoardg Br). Ebenda

1) Zu 1, 64 hat Thomas anzugeben vergessen, daß die von Mei- neke hinzugefügten worte p. 19, 3 5 (to mtQysv ißvxas) ein zusatz unsres Br sind (vgl. Beving p. 4). Auch war 1, 64 p. 19, 27 xal xaxa und 41, 8, II, p. 76, 28 napo nvoe in eckige klammern zu fassen.

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p. 125, 8 sqq. schreibe: aW mg nqo^ tor dtya (pQuity (evdia Kai dieöT(iX(o, i/H'/off xal rivieattiXui), o'vtm xal ngog ta vnäq- %ovTa ' evtiogia x«i didGzeiXov, ünoQta y.ai avöTeO.oi . 6, 62, p. 157,23 schlägt Beving vor: m^ uv thonioraia \; mir scheint richtiger: tvonrözaroi man. 18,31, p. 295,29 ist statt der le- suug Meiuekes : vyiahsn ev^Jj unter theilweiser Wiederherstellung der vulgata zu schreiben : vyieitjv av%rj (Br: vyieirqv tfjoqit'jv ex corr.); vgl. im folgenden: r/)j 8s ruvrqg (d. i. v]ieit]^) öürafiiv.

Was Thomas in der Vorbemerkung zu seiner collation ver- sprochen hat : une etude critique sur le rang qu'il (d. i. der Brux- ellensis) doit occuper et sur les sources dlov, il ernane, führt 0. Hense , dem Thomas inzwischen mit großer liberalität seine auf Br bezüglichen notizen zur Verfügung gestellt hat, statt seiner aus. Derselbe veröffentlicht zunächst die von Thomas verfaßte genaue beschreibung des codex , aus der ich folgendes hervorhebe. Wir haben es mit einer papierhandschrift in quart (no. 11360 des registers) zu thun, die byzantinischen Ursprungs ist und wahrscheinlich dem zweiten drittel des 15. Jahrhunderts angehört. Sie enthält neben auszügen aus anderen Schriften auf fol. 1 66 (am Schluß sind drei blätter ausgerissen) excerpte aus Stobaeus (denn um solche handelt es sich hier , nicht um eine vollständige abschrift irgend eines abschnittes des Stobaeus), welche sich über das dritte buch der ursprünglichen Sammlung oder die ersten 42 capitel des sogenannten Florilegiums erstrecken. Doch sind noch auszüge aus den capiteln 43 47, die bereits zum vierten buche gehören , sowie nachtrage aus früheren bü- chern und zwar von derselben hand hinzugefügt worden. Hense weist nun weiterhin nach, daß das, was Wachsmuth „Stu- dien zu den griechischen Florilegien" p. 68 sq. in bezug auf das Florilegium Laurentianum ermittelt bat, dasselbe sei aus einer den ganzen Stobaeus enthaltenden handschrift abgeschrieben, auf unsern codex keine anwendung findet , dessen scbreiber nur die beiden letzten bücher vor äugen gehabt und die das gesammt- werk voraussetzende einleitung mit ausnähme eines unbedeuten- den Zusatzes offenbar dem Pbotius entnommen hat. Man darf ferner, um ein richtiges urtbeil über den werth von Br zu ge- winnen, nicht außer acht lassen, daß es eine abschrift aus ziem- lich später zeit ist , die uns vorliegt , und daß sich daher die wiederholt vorkommenden Umstellungen von capiteln sowie

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die zahlreichen Verstümmelungen , vertauschungen und auslas- sungen der lemmata zum größten theil auf rechnung der ab- schreiber setzen lassen, obwohl nicht selten auch das unverkenn- bare bestreben des excerptors, alle unnützen Wiederholungen zu vermeiden , zur Verkürzung beziehungsweise auslassung solcher lemmata geführt hat. Daß jedoch unsere handschrift trotz ihrer jugend aus bester quelle stammt, ergiebt sich aus einer verglei- chung der im Laurentianus (L ) erhaltenen kapitel mit den ent- sprechenden von Br, wie sie Hense, dem die sorgfältigen und die irrthümer des Sartius berichtigenden collationen des Laurentianus von R. Scholl und Wachsmuth zu geböte gestanden haben , auf grund einer tabellarischen Übersicht anstellt. Die Übereinstimmung in bezug auf die reihenfolge der Sentenzen, die von der hergebrachten erheblich abweicht, ist augenfällig und beweist allein schon die engste Verwandtschaft der beiden hand- schriften. Ebenso verhält es sich mit den neuen, der vulgären Überlieferung fremden Sentenzen, die Br aufbewahrt hat, und von denen keine in L vermißt wird , während umgekehrt freilich manche in L sich findende eklogen dieser art in Br fehlen, wie dies der excerptorische Charakter des letzteren mit sich bringt. Es ist hiernach kaum zu bezweifeln, daß die Brüsseler excerpte aus einer handschrift stammen, die nur wenig jünger ist als die noch den ungetheilten Stobaeus umfassende und nach Diels in das 10. oder 11. Jahrhundert zu setzende vorläge des L. Die ver- muthung aber, auf die man vielleicht verfallen könnte , es gehe die L und Br gemeinsame Ordnung der Sentenzen auf die Will- kür eines vorlaurentianischen bearbeiters oder excerptors zurück- erscheint , von ihrer künstlichkeit und den sonstigen dagegen sprechenden gründen abgesehen, schon deshalb haltlos, weil auch der Parisiensis A und der Escorialensis (M) vielfach dieselbe reihenfolge bieten. Dies weist Hense, der den Parisiensis zum guten theil selbst verglichen und vom Escorialensis wenigstens für den ersten Gaisfordschen band eine einst für W. Dindorf angefertigte (vgl. Philologus XVII, p. 337), die Ordnung der Eklogen freilich nicht genau bezeichnende collation benutzt hat, an mehreren beispielen treffend nach. Besonders lehrreich ist die besprechung der schlußsentenzen des 11. capitels, wo die in Br durch das eintreten einer lücke und die Verschiebung der lem- mata stark veränderte reihenfolge glücklich wieder hergestellt wird.

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Das ergebniß der bisherigen Untersuchung ist : die Excerpta Bruxellcnsia , obwohl in einer sehr jungen handschrift , wo nicht der jüngsten unter den stobäauischen , enthalten , repräsentiren eine dem Laurentianus an alter und werth sehr nahestehende xmd fast durchweg mit ihm übereinstimmende Überlieferung, die wiederum mit der durch A und M vertretenen handschriften- gruppe in enger beziehung steht. Allerdings finden sich auch manche abweichungen von A, doch immer nur an solchen stellen, wo, soweit eine vergleichung möglich ist, auch L von A ab- weicht, wie 5, 75 und 11, 23. Man darf daher in denjenigen partien , die in L fehlen , von vornherein hoffen , daß der text von Br nicht selten selbst den des Parisiensis an Zuverlässigkeit übertreffen werde ; eine hoffnung, in der wir uns nicht getäuscht sehen. In der that hat, wie bereits oben erwähnt worden ist, an zahlreichen stellen, von denen Hense einige hervorhebt, Br die richtige lesart überliefert, wobei jedoch nicht zu vergessen ist, daß eine so junge handschrift natürlicherweise auch zu den älteren cor- ruptelen nicht wenige neue hinzufügt und hier und dort glossen oder zusätze enthält, vor denen man besonders auf der hut sein muß. Noch werthvoller vielleicht als die neuen lesarten sind eine anzahl ganz neuer eklogen, die ebenso wie die nova des Lauren- tianus weit mehr als bisher (einiges hat schon Meineke aus Be- ving aufgenommen) , wenn auch nicht ohne sorgfältige prüfung, zur bereicherung des Stobaeus herangezogen werden müssen. Hense theilt drei solcher stücke mit , von denen das erste , ein ziemlich langes excerpt aus der an Sopatros gerichteten schrift des Iamblichos ntoi ageTTJt; , an einigen stellen bereits von B. in der receusion der Henseschen schrift im Litterarischen cen- tralblatt 1883, p. 487 verbessert worden ist. Ich füge noch folgende vorschlage hinzu : zeile 7 schreibe srdcr/fiu statt iv 8ei- yita und zeile 16: unn <C?/)c ymouc 8ia^> rtjg tjqooSov. Die beiden andern Eklogen sind bisher unbekannte poetische frag- mente , deren eines (aus cap. 20) kein lemma hat und mangel- haft überliefert ist : die an sich annehmbaren vermuthungen von Gomperz und Hense (p. 34 sq.) entbehren so lange der festen grundlage, als der sinn und Zusammenhang des allem anscheine nach eine sentenz aus einem tragiker enthaltenden bruchstücks nicht nachgewiesen ist. Die dritte stelle (cap. 39) endlich be- darf der bessernden hand nicht , erregt aber sowohl in hinsieht

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ihres lemmas (' Agiaroqiävovg) als auch ihres stohäanischen Ur- sprungs kritische bedenken.

Zum schluß bespricht Hense ein sowohl in Br wie in L er- haltenes und daher unbedenklich auf Stobaeus selbst zurückzu- führendes dichterfragment (Meineke IV, p. 180, 10), das wahr- scheinlich dem Euripides und vielleicht der Antigone dieses dich- ters angehört, und ergänzt den verstümmelten anfang mit sicherer hand folgendermaßen: <;sw>s^oo ?o yag irgäyfi3 u. s. w.

Die textkritik des Florilegiums ist durch die scharfsinnigen und umsichtigen Untersuchungen Henses um ein gut stück ge- fördert und für die von dem verf. selbst zu erwartende neue ausgäbe der boden geebnet. Viele fragen freilich harren noch ihrer lösung. Es bedarf der näheren aufklärung über die be- schaffenheit des Escorialensis und sein verhältniß zum Parisiensis A; es sind die quellen der Trincavellischen und Schowschen aus- gäbe sowie der Gesnerschen randbemerkungen genauer zu unter- suchen ; vor allem aber ist der Vindobonensis (S) , der oft im gegensatz zu L und Br sich der vulgata anschließt, hier und da aber auch mit jenen übereinstimmt, nach seinem werthe und seiner beziehung zu den andern handschriften zu prüfen. Sicherlich wird es dem verf. gelingen, auch über diese punkte licht zu verbreiten 2).

Nachdem dem inhalt der vorliegenden schrift unbedingte anerkennung gezollt worden ist, darf zum schluß nicht verschwie- gen werden, daß die lateinisch geschriebene abhandlung an ein- zelnen germanismen leidet, unter denen zwei besonders auffällig erscheinen. Wir lesen p. 8: id serio liodie vix quisquam obti- nebit{\) und p. 5: capita inscribendi genus, quod adhibetur in fol. 59 paululum differre ab eo, quod in prioribus regnat(l).

2) Die oben ausgesprochene erwartung hat sich zum theil bereits erfüllt. Siehe die so eben erschienene abhandlung Henses im Rhein, mus. 39, p. 359—407.

jF. Lortzing.

103. Chronologie. Untersuchungen über das kalenderwesen der Griechen, insonderheit der Athener. Von August Momm- sen. Leipzig, Teubner 1883. 8. 532 p. 14 mk.

Ein dickes buch über eine materie beschränkten umfangs; es hat aber die bestimmung in den ansichten über dieselbe eine totale Umwälzung hervorzurufen und den vor Boeckhs epoche

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machenden arbeiten herrschenden stand der anschauung wieder- herzustellen, um ihn in origineller weise umzugestalten. Noch Ideler hatte geglaubt, Metous 19jähriger Schaltkreis sammt der ganzen einrichtung seines kalenders sei gleich im jähre seines hervortretens 432 an stelle der oktaeteris vom staat angenommen und, von 330 ab in der von Kallippos ihm gegebenen gestalt, fortgeführt worden bis zum aufkommen des sonnenjahrs. Da- mals spielten die namen Meton und Kallippos eine große rolle und als ein hauptziel der chronologischen forschung galt die ermittlung ihrer Systeme. Dies änderte sich mit dem aufschwung, welchen die Inschriftenkunde nahm. Je mehr attische Urkunden auftauchten , desto stärker regten sich die zweifei ; sobald die Zinsrechnungen von 426 423 ihre erklärung gefunden hatten, war es entschieden, daß wenigstens in diesen jähren Metons cyklus und kalender noch keine öffentliche geltung besessen hat. Schließlich trat Boeckh mit einem entwurf hervor , in welchem der fortbestand des alten 8jährigen Schaltkreises bis 330 ausge- sprochen und auch von da ab nur das bestehen des 19jährigen cyklus, keineswegs aber die anwendung des metonischen kalen- ders anerkannt war. Auf dem von ihm gewiesenen wege sind andere weitergegangen, mit mancherlei abweichungen theils von ihm theils von einander, aber mit gleicher abwendung von Meton und Kallippos. Dieser richtung war August Mommsen schon 1856 entgegengetreten; ietzt unternimmt er es in anderer weise und ungleich größerem apparat , für Meton und Kallippos giebt er neue entwürfe und gesteht nur so viel zu , daß Metons Sy- stem nicht sofort eingeführt worden sei; von 422 habe es un- verändert bestanden fast bis 330 ; nach einer kurzen Übergangs- zeit habe man das kallippiscke angenommen.

Der grund , warum man nicht mehr an die öffentliche gel- tung des metonischen kalenders glauben will , liegt in dem ur- kundlichen vorkommen von Schalttagen und in der eigenthüm- lichen form , in welcher sie auftreten. Bei Meton gibt es keine Schalttage; sie werden dadurch unnöthig, daß er mehr regel- mäßig volle (30tägige) monate aufstellt als hohle (29tägige). Der Schalttag der attischen inschriften erscheint als begleiter eines ge- wöhnlichen tages, z. b. ßo/^pOMieoio^ nySnTj lotafi&vov nißnli^o^ ; heutzutage würde man schreiben boedromion 8b ; dadurch, daß im- mer ein hohler monat den Schalttag bekommt, formell aber doch nur

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29 tage desselben gezählt werden, wird nominell die abwechs- lung voller monate mit hohlen unabänderlich aufrechterhalten, materiell aber bei jeder tagschaltung eine dreizahl 30tägiger monate neben einander erzielt, welche bei Meton nicht vorkommt, während umgekehrt das bei diesem an die stelle der tagschal- tung tretende nebeneinander von bloß zwei 30tägigen monaten bei jener einrichtung ausgeschlossen ist. So sah man bisher dieses unmetonische vorkommen von Schalttagen an. Der verf. findet dadurch das bestehen des metonischen Systems nicht aus- geschlossen, nur vorübergehend, obzwar oft, gestört sei es wor- den durch „archontenunfug" und jene Schalttage hätten auch kein mehr von tagen hervorgebracht, sondern nur den ersatz ge- liefert für andere, wegen mißliebigkeit ausgestoßene kalendertage. Ein fall freilich, in welchem ein tag ausgestoßen und dafür bald nachher (oder auch kurz vorher) ein anderer hinzugefügt worden wäre , ist von ihm nicht nachgewiesen worden ; wir haben es mit einer bloßen hypothese zu thun und da dieselbe die grund- lage des ganzen Systems bildet, welches verf. aufstellt, so steht zu erwarten , daß er starke beweggründe solcher ausmerzungen und häufiges vorkommen derselben aufzeige. Diese fundamen- tale frage behandelt er jedoch mit einer bei der großen ausführ- lichkeit, deren er sich sonst befleißigt, auffallenden kürze.

„Die ausschübe wurden an die hand gegeben zum beispiel durch einen todesfall oder durch ein dogma". Als Panathenais die tochter des Herodes Attikos starb, beschlossen die Athener ihren todestag aus dem kalender zu streichen ; das geschah aber mitte des zweiten Jahrhunderts nach Christus, da Athen eine römische provinzialstadt war und als größtes glück die erwei- sungen der munificenz großer herren ansah. Auch war jene ehre nur auf den überlebenden vater berechnet, dessen erprobte freigebigkeit dadurch zu neuen spenden angefeuert werden konnte, während ihm selbst nach seinem tode eine solche ehre wahr- scheinlich nicht widerfahren ist. Die Schalttage unsrer inschriften datiren aus den Jahrhunderten vor Christus von Alexanders zeit an, aus einer periode in welcher eine so undemokratische Ver- herrlichung nicht su erwarten steht : der attische demos ehrte seine großen todten durch ein psephisma , welches die tugenden und Verdienste des mannes aufzählte, ihm eine förmliche belo- bigung, einen platz auf dem ehrenfriedhof , aufstellung eines

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Standbildes auf dem markt , seinem jedesmaligen ältesten nach- kommen lebenslängliche Speisung im prytaneion zuerkannte und zu ewigem gedächtniß alles dessen niederschrift auf stein anord- nete. Nur ein anachronistisches versehen ist es , wenn verf. in daten von Urkunden , welche aus den drei letzten Jahrhunderten vor Chr. herrühren , die ausmerzung des todestages der Pana- thenais zu erkennen meint. Superstition als Ursache einer tag- ausmerzung ist für die dtintnu BorjdQdfiiaivog bezeugt. Dies war aber ein fall von besonderer schwere, der schwerlich seines glei- chen hatte ; für die behandlung von kalendertagen finsterer be- deutung hatte man eine einrichtung anderer art : sie waren ar7o<j:oäds^, kein öffentliches geschäft wurde an ihnen vorgenom- men. An jenem tage des boedromion hatte aber der götterkampf stattgefunden , in welchem Poseidon von Athena gefällt worden war-, bei gelegenheit eines Seekrieges oder eines erdbebens mag die ausmerzung desselben angelobt worden sein, um Poseidon gnädig zu stimmen. Das vage „zum beispiel" des verf. läßt vermuthen, daß außer todeafall und superstition ihm weiter kein sonderlich nennenswerthes motiv zu geböte gestanden habe; er versucht es noch mit einer vermuthung umgekehrter art : mangel an geschäftstagen möge öfters zum einschub eines kalendertages geführt haben , welcher dann durch ausmerzung eines anderen nachträglich wieder ausgeglichen worden sei. Der eintritt eines solchen mangels ist aber nicht wahrscheinlich : fast an jedem tage des Jahres konnten öffentliche geschäfte vorgenommen wer- den und die eigene Sammlung des verf. zeigt sogar eine menge opfer- und festtage , an welchen das volk zu beschluß oder ur- theil zusammengetreten ist. Der attische demos war während seiner glänzenden tage allzeit bereit für den Staat zu arbeiten, weil er dafür bezahlt wurde ; mit dem aufhören seiner herrlich- keit und des soldes hielt die abnähme der öffentlichen geschäfte gleichen schritt. Aus diesen zeiten aber stammen fast alle in- schriften mit Schalttagen, wirklichen sowohl wie angenommenen. Je geringer in Wahrheit die zahl der kalendertage ist, von welchen sich eine ausmerzung annehmen läßt (wahrscheinlich ist es weiter keiner als die dtvn-oK. BurjbQOfnävog)^ um so stär- ker wird dem verf. das bedürfniß einer recht großen zahl von ausschaltungen und entsprechenden eiuschiebuugen durch eine mit seinem System verbundene annähme nahe gelegt. Er sta-

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fuirt nämlich, daß vom vierten Jahrhundert ab fortwährend gleich- mäßige vertheilung der kalendertage unter die prytanien be- standen habe: nämlich bis 307 auf jede der zehn prytanien 35 36 (im Schaltjahr 38 40) tage, dann auf jede der 12 pry- tanien ein monat (im Schaltjahr 32 tage); auch die zwei Seme- ster seien möglichst gleichheitlich vertheilt gewesen. Nur ein theil der urkundlichen datirungen fügt sich dieser regel ; alle anderen (und deren ist eine große zahl), für welche andere eine ungleiche piytanienvertheilung annehmen , erklärt er mittelst seiner hypothese von ausgemerzten und dann durch einschaltung wieder ersetzten kalendertagen. Man begreift , wie er dazu, kommt, von kalendarischer mißwirthschaft , willkür und unfug der behörden zu reden. Nun muß er aber einräumen, daß in den Urkunden des fünften Jahrhunderts die gleichmäßige pryta- nienvertheilung nicht constant ist , dieselbe war also keineswegs durch das herkommen geboten ; ferner glauben wir nicht , daß 40tägige prytaniedauer zu den fällen gleichmäßiger vertheilung gerechnet werden darf; endlich aber kommt zu der starken un- wahrscheinlichkeit der ausmerzungstheorie noch der umstand, daß es gewisse fälle gibt, an welchen den verf. auch dieses kräf- tige mittel im stiebe läßt. Von den zwei datirungen aus dem gemeinjahr 306/5 setzt die eine den durch Schaltung verdoppelten letzten munichion dem 29. tag der X. prytanie gleich; dies stimmt zur gleichmäßigkeitslehre des verf. , wenn man seiner theorie entsprechend dem munichion trotz der Schaltung bloß 29 tage gibt. Aber drei monate früher setzt die andere inschrift den letzten gamelion dem prytanietag VII, 27 gleich, eine ab- weichung von drei tagen, noch dazu in dem monat, welcher an der grenze der zwei semester steht. „Es müssen also (in der ersten dekade z. b.) drei tage gestrichen sein, die nachgehends zu ersetzen waren. Wie die Unordnung entstanden, ob ein fest- liches triduum mitsammt seinen kalendertagen aus einer früheren stelle des gamelion nach ultimo gamelion verlegt worden sei, läßt sich nicht untersuchen". Ob das selbstherrliche volk der Athener sich die festfreude dreier tage durch einen ukas seiner ersten diener, wie der verf. voraussetzt, hätte streichen lassen, darf billig bezweifelt werden ; ganz unbegreiflich wäre aber, daß man ohne sinn und noth mit den festen auch noch die kalender- tage selbst abgestrichen hätte. Im gemeinjahr 304/3 gelingt es

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Mommsen an drei Urkunden ganz leidlich die einander stützenden hypothesen durchzuführen ; aber die vierte mit gamelion 22 = prytanie VII, 29 zeigt gar eine differenz von sieben tagen. Hier reicht natürlich die erklärung aus abstrich von festtagen einer früheren dekade des monats nicht mehr aus und der verf. schreibt , ohne sich auf weiteres einzulassen : „diese gleichung scheint auf einer im gamelion zugelassenen Unordnung zu be- ruhen". Der gamelion wird ihm aber noch ein drittes mal un- bequem : im Schaltjahr 279/8 glückt es wieder mit zwei anderen datirungen, die dritte jedoch setzt gamelion 28b = prytanie VII, 21, eine abweichung von acht, nach dem verf. von sieben tagen, über welche er sich ebenfalls nur kurz ausläßt : vermöge welcher manipulation die seltsame datengleichung entstanden ist, sei schwer zu sagen.

Eine hypothese , welche ihre berechtigung lediglich in der kraft Schwierigkeiten wegzuräumen sucht, dieser aufgäbe aber sich nicht gewachsen zeigt, schiebt man bei seite und so wird es denn auch fernerhin sein bewenden dabei haben , daß der kalender Metons nicht eingeführt worden ist. Denkbar wäre indeß , daß man nur die form desselben abgelehnt, aber in der Ordnung der 354-, 355- und 384tägigen jähre, nach möglichkeit auch im Wechsel der hohlen und vollen monate ihn zum muster genommen hätte. Fragen wir also : sind die neuen entwürfe besser als die bisher aufgestellten, besitzen wir in ihnen endlich das wahre system Metons und Kallipps? Die antwort lautet: nein, sie bezeichnen sogar einen rückschritt gegen die bisherigen aufstellungen. Unrichtig ist schon das verfahren bei der er- mittlung der hohlen monate. Meton gab , wie Geminos cap. 6 ausführt, den 235 mondmonaten seiner 19 jähre zunächst die fictive summe von 7050 tagen, indem er von lauter vollen mo- naten ausgieng (235. 30 = 7050). Damit hatte er 110 tage mehr angenommen als 19 sonnenjahre oder 235 monate (von je 29 tagen 123 stunden) in Wirklichkeit lieferten: denn diese ergeben nur 6940. Durch divisiou der ganzen tagsumme mit 110 fand er nun die stellen, an welchen durch abstrich je eines tages ein hohler monat anzubringen war , gewann dadurch die dem mondlauf am besten entsprechende vertheilung der zwei monatsgattungen und man erkennt, daß es bei ihm keine zu- satztage geben konnte, wohl aber (fictive) ausmerztage, ij(ii(jai

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i^aigiaifioi. Jene division (7050:110= 64Vii) ergab rund 64 und so mußte denn jeder 64. tag aus der fingirten reihe 7050 herausgenommen und der vorläufig volle monat, in welchem derselbe stand , in einen hohlen verwandelt werden. Dies ist der von Ideler mit gewohnter klarheit bloßgelegte Vorgang: bei Geminos selbst nämlich finden wir betreffs der dividirten summe und daher auch des quotienten eine entstellung des Sachverhalts, welche Ideler einem abschreiber schuldgibt; nicht ganz ausge- schlossen, weil Geminos nachweislich bloß einen Vorgänger (ver- muthlich Hipparchos) compilirt hat, ist die möglichkeit, daß er selbst den fehler gemacht hat, die wirkliche, bei Meton erst am ende der Operation zu tage kommende summe 6940 statt der fingirten 7050 als die durch 110 dividirte und daher den 63. tag statt des 64. als ausmerztag zu bezeichnen. Der erweis des fehlers liegt darin, daß 1) die ganze fiction , von welcher Ge- minos spricht, die ideale summe 7050 ohne zweck von ihm ge- nannt wäre, wenn Meton nicht an ihr sondern an 6940 die aus- merzungen vorgenommen hätte; 2) weil bei Geminos überhaupt nicht von einer ausmerzung die rede sein könnte , wenn Meton der rechnung gleich die wahre summe 6940 zu gründe gelegt hätte: bei ihr wird ja kein tag ausgemerzt, sondern nur eine wähl unter den vorhandenen tagen getroffen. Dazu kommt, daß die entstehung jenes fehlers leicht zu erklären ist. Der ausdruck did §/ ijfAtgwv, welchen Geminos anwendet, ist zweideutig, er bedeutet ebenso wohl jeden 64. tag wie jeden 63. tag, die ur- sprüngliche bedeutung (dtaytu-ousvoav |/ ijfxegmv) ist die erstere, in ihr hatte sein Vorgänger den ausdruck genommen , Geminos aber oder der abschreiber begieng denselben irrthum wie die pontifices, welche von 42 v. Chr. an eine generation hindurch den julianischen Schalttag alle drei jähre einlegten, weil sie den zweideutigen ausdruck des vor dem eintreffen des ersten Schalt- jahrs ermordeten dictators quarto quoque anno falsch verstanden hatten. Unser verf., hier wie sonst öfters für einen blendenden ne- bengedanken eingenommen, greift den irrthum des Geminostextes auf und richtet seine tabellen auf die regel desselben ein , ob- gleich gar kein vortheil sondern nur eine ganz seltsame Unter- scheidung von zweierlei ausmerztagen dabei herausspringt : ,,es gibt einen tag, der ausmerzetag genannt aber nicht ausgemerzt wird ; er zeigt bloß an , in welcher gegend zu kürzen sei [als

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ob dann überhaupt etwas gekürzt werden könnte], bleibt aber selbst im kalender stehen. Dann gibt es einen tag, der in den tricesimalschematen [die aber nur bei der vom verf. verworfenen 64tägigen regel vorausgesetzt werden] getilgt wird ; dies ist allemal ein dreißigster". Weiter findet Mommsen bei seiner auffassung eine Schwierigkeit darin , daß man oft nicht recht wisse, welcher von zwei monaten der als hohl zu nehmende sei ; er müht sich nun ab , tabellen für ein „approximatives" verfah- ren anzulegen, stellt diesen die einfache 63- und 64tägige regel in anderen tabellen an die seite , beweist ausführlich, daß das approximative verfahren nicht zum ziel führt und erschwert mit alle dem ganz ohne noth sich die arbeit und dem leser das ver- ständniß : denn auch bei seinen Voraussetzungen hätte er dazu gelangen müssen, die 63tägige regel mit allem was daran hängt auf sich beruhen zu lassen. Geminos schreibt ov yivsrai i%ai- QbaifMO^ tj zgiaxag diu navxöii , was bei der 63tägigen regel mit dem verf. übersetzt werden muß: der ,,30. monatstag wird nie von der ausmerzung betroffen", bei der andern aber : ,,er wird nicht immer von ihr betroffen". Der verf. findet aber für oh dtä navjöii im sinne von „niemals" trotz alles bemühens keine belege ; es heißt vielmehr „nicht immer", vgl. cap. 7 ov 8ia

5 .. t e i > v \ t

naviO^ SV TUt^ fi(A(ül'VfAOig fjfA?(JUt± 701l; UVIOV^ 01tlf.lUTlOfA.OVIi Ij

aeXf^rj anojtXel ulV sv dia(fiO(joig ycazu rtjv atcofittXiav zi]<; xivrj- at «(,• und daraus folgt abermals , daß der text des Geminos an der oben erwähnten stelle den wahren sinn wenigstens seiner quelle nicht wiedergibt.

Schlimmer in ihren Wirkungen ist eine zweite neuerung, durch welche das datum vieler monats- und Jahresanfänge und die vertheilung der zwei monatsarten alterirt wird. Der verf. überrascht uns mit der entdeckung, daß Meton nicht im jähr 432 sondern schon 433 seinen cyklus angefangen hat. Er ge- steht zwar zu, daß die hier einschlagende stelle Diodors (XII, 36) auch im sinne der bisheiigen annähme (ol. 87, 1. 432 als Me- tons epockenjahr) genommen werden könne; aber der 432 dem idealen neujahr, der Sonnenwende (27. juni bei Meton), nächst- gelegene neumondstag, 16. Juli1) hat vermöge des maßes seiner

1) Genauer 15./ 16. juli, vom Sonnenuntergang ab; der verf. hul- digt dem unpraktischen herkommen, für die kürzere bezeichnung den früheren der zwei in betracht kommenden julianischen tage (hier 15. juli) zu bevorzugen.

Philol. Anz. XIV. 42

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entfernung von ihr eine läge, welche ihn in den äugen des verf. wenig würdig macht, an der spitze eines neuen cyklischen Sy- stems zu stehen. Anders im jähr 433, wo der nächste neumond auf den 28. juni trifft und sich ein jahrepochentag von großer dignität ergebe. Man weiß nun freilich nicht , ob Meton in der wähl seines anfangsjahres freie hand gehabt hat , das von der dignität hergenommene argument entbehrt also von vorn herein auch für den, welcher einen werth darauf legt, des sichern an- halts ; doch immerhin , wenn nur verf. es mit dem neuen satze nicht so gehalten hätte wie mit manchen anderen : die vielen rein hypothetischen regeln und sätze , welche in dem buche ge- bildet werden, treten anfangs, d. h. während ihrer entwicklung noch als das auf, was sie sind, als hypothesen; aber nachher werden sie oft wie erwiesene thatsachen behandelt und bald eine gegnerische ansieht bald ein altes zeugniß auf sie hin für un- richtig erklärt. Betrachten wir uns nun die besondere dignität des bevorzugten neumondes von 433. Man wird nach dem oben angeführten meinen, verf. lasse Meton mit dem 28. juni 433 be- ginnen, ähnlich wie Kallippos seine periode mit dem 29. juni 330 anfängt; aber nein, Meton soll den 27. juli 432 gewählt haben, den anderen der zwei neujahrstage von höchster dignität: nach dem verf. nämlich bilden der 29. juni und der 27. (oft 28.) juli die grenzen, jenseit deren das neujahr nicht fallen darf, und sind daher beide von hoher, der 27. juli aber von der höchsten dignität. Ich für meinen theil würde, wenn durchaus von dig- nität die rede sein soll, einem so weit von der Sonnenwende ent- fernten tag wie dem 27. juli die allergeringste dignität zu- schreiben, auch ist nicht zwei tage nach der wende, wie verf. ohne irgend einen inneren grund (über den äußeren siehe unten) auf- stellt, sondern im wendentag selbst der normale (wenn auch meist wegen des mondganges nicht erreichbare) und allein aus- zuzeichnende anfangstag des lunisolaren Jahres der Athener zu suchen, weil er die epoche des diesem zu gründe liegenden son- nenjahres ist: wie denn an einer anderen stelle (p. 221 bei Aristoteles) verf. selbst den ersten hekatombaion auf den sonnen- wendtag fallen läßt. Der neumond des 27. juli 433 war aber der zweite neumond nach der wende Metons; dieser würde also einen fehler begangen haben , wenn er auf ihn den ersten he- katombaion gestellt hätte. Der satz, daß dieser 27. juli gar der

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allervornehmste neujahrsterrnin sein soll, ist nur eine der vielen para- doxien, welche das buch aufweist; über seine entstehung siehe unten. Bis hieher haben wir mit verf. vorausgesetzt, daß dem Wort- laut des diodorischen Zeugnisses nach an sich das jähr 433 ebensogut an der spitze des metonischen cyklus habe stehen kön- nen wie das jabr 432. Besehen wir uns aber auch dies zeugniß. Der verf. glaubt doch ein argument gefunden zu haben, welches gegen beziehung desselben auf 432 zu sprechen scheint: weil nämlich von Metons Zeitrechnung die rede sei, so müsse doch auch der dort als anfangstag des metonischen cyklus genannte 13. skirophorion 86, 4 dem kalender Metons, nicht dem städti- schen kalender entnommen sein; eine hindeutung auf diesen sei zu vermissen. Heißt das nicht vor lauter bäumen keinen wald sehen , wenn Diodor geschrieben hat wie bei ihm zu lesen ist

TQiaxuiötxäTriS , da doch Diodor im andern fall hätte sehreiben müssen ptrjvrg x«?' altnv JZxiQncpoyiööi nq. Und mußte nicht Meton, wenn er seinen cyklus irgendwie brauchbar machen wollte, das verhältniß seines kalenders zu dem städtischen gleich vor oder bei dem ersten datum, das er aufstellte, angeben? Woher kannten Pseudogeminos, Hipparchos, Ptolemaios u. a. die wahre zeit seiner jahrpunkte, sternphasen, wetteranzeigen und wie hät- ten sie es angestellt, die data derselben auf die ihrigen umzu- setzen? Gleichwohl behauptet aber verf. geradezu, Meton habe keinen grund gehabt, in der Überschrift zu sagen, welchem tage der attischen oktaeteris sein anfangstag entsprochen habe. Bisher hat man jenen 13 skirophorion unter beziehung auf das jähr 432 für das attische datum der Sonnenwende gehalten, welche Meton nach sicherem zeugniß am 27. juni 432 beobachtete, als den anfang also des sonnenjahrs , welches jener neben seinen lunisolaren jähren hergehen ließ. Der verf. muß nun seinen eben erwähnten theorien gemäß für jenen 13. skirophorion 86, 4, der in seinem Meton dem 29. juni 432 entspricht, ein anderes aus- gezeichnetes datum als das der Sonnenwende suchen und zwar den worten Diodors entsprechend ein Jahresanfangsdatum: so verfällt er denn auf den gedanken, hierin die anfangsgrenze des neujahrsgebietes zu suchen , vor welchem kein neumond des he- katombaion fallen dürfe ; was aber von diesem gedanken zu halten, haben wir schon oben gesehen.

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Durch den unrichtigen anfang des metonischen cyklus mit 86, 4. 433 wird der neue entwurf in einer beziehung auch für sämmtliche spätere jähre unbrauchbar, nämlich in bezug auf die vertheilung der hohlen und vollen monate und ihre reduction auf moderne datirung ; es fragt sich nun, ob derselbe im übrigen Metons und ob er Kallipps aufstellungen getroffen hat, d. h. ob das von ihm aufgestellte princip der neujabrsgrenzen, nach welchem sich auch die vertheilung der gemein- und Schaltjahre richtet, den gedanken jener astronomen wiedergiebt Um dieses zu er- mitteln , citirt er Piaton Aristoteles Aratos Plutarchos und an- dere zeugen , welche theils wirklich theils nach seiner ansieht einen attischen jahranfang vor der Sonnenwende nicht anerkennen. Meton oder Kallippos wird von ihnen nicht citirt, auch ist kein anzeichen vorhanden, daß sie einen von beiden vor äugen ge- habt haben. Durch einen sämmtliche vorhandene Zeugnisse um- fassenden induetionsbeweis soll besonders dargethan werden, daß niemand einen ersten hekatombaion kennt, welcher der Sonnen- wende vorausgegangen wäre. Nun schreibt aber Geminos 6 : „man muß mit den schaltmonaten weder so lange warten , bis die ab- weichung vom himmel eine monatliche geworden ist, noch dem Sonnenlauf um einen ganzen monat vorauseilen". Also voraus- eilen darf man, nur nicht bis zum betrage eines ganzen monats. Unter ykt&v dgöftog haben Ideler und Boeckh den anfang des sonnenjahres verstanden, einen der vier jahrpunkte, d. i. der wenden und gleichen , welche die epochen des Sonnenlaufes bil- den und in folge davon, daß das gebundene d. i. an den Son- nenlauf geknüpfte mondjahr seinen normalen anfang mit einer dieser vier epochen nimmt, finden wir sämmtliche griechische kalenderneujahre auf eine gleiche oder auf eine wende gestellt ; daß Geminos selbst nicht anders gedacht hat, zeigt sein erstes capitel. Der verf. ignorirt nicht bloß diese doch eigentlich selbst- verständliche erklärung, er citirt sogar die stelle, wo Boeckh hievon spricht (mondeyklus 12) für seine deutung, welche ganz anders lautet : Geminos meine die Stellung, welche das mondjahr am anfang des cyklus hatte (z. b. den 27. juli 433). Seine Vor- schrift , das jähr dürfe bloß nach der wende anfangen , geht trotzdem in die brüche: Kallippos begann seine periode mit 29. juni 330 und Meton würde, wenn er 433 begonnen hätte , zum ersten cyklusneujahr den 28. juni bekommen haben ; in beiden

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cyklen hätte also der erste hekatombaion späterer jähre nach dieser regel doch bis auf den 31. resp. 30. mai zurückweichen dürfen. Aristoteles ferner, welchen verf. für sich citirt , zeugt gegen ihn: hist, anim. V, 9, 6 behandelt er keqi xov 'Exazofx- ßaiäua und neyi iQ-onäg als gleichzeitig, während nach der regel des verf. die wende nur in den skirophorion , nie in den heka- tombaion fallen darf. Er behauptet , Aristoteles meine den frü- hesten Sonnenstand des hekatombaion, worunter hier der tag der sonnwende zu verstehen sei; aber Aristoteles hat nicht negl t\v vovfjtji'iav rot Exujo^ßaimmi,- sondern tieqi tov 'EyatofAßaicövu geschrieben. Plutarch Sulla 14 setzt den ersten anthesterion dem ersten märz gleich und verf. berechnet daraus, daß ihm der nächste erste hekatombaion auf 26., 27. oder 28. juli gefallen sei-, er wählt den 27. (oft 28.) juni und findet hier die be- gründung seiner spätgrenzentheorie. Plutarch sagt jedoch nichts von einer spätgrenze des ersten hekatombaion und auf Plut. Caes. 37, wo der posideon dem Januar geglichen wird, ist der verf. gezwungen einen anderen reim zu machen Wenn Mommsen auch die vielen anderen stellen betrachtet hätte, an welchen Plutarch monatsgleichungen anstellt, so würde er gefunden haben, daß zu Plutarchs zeit der attische kalender eine ähnliche Ver- spätung um einen monat zeigt wie während des archidamischen krieges, und dasselbe gilt auch von dem kalenderbildwerk in Athen , welches den hekatombaion durch das panathenaionschiff und den löwen andeutet: es meint nicht einen einzelnen tag sondern, wie mit all seinen andern figuren , den ganzen monat: der löwe aber ist sonst das thierzeichen des metageitnion. Nach all diesem wird es hier ebenfalls bei der ansieht Idelers und Boeckhs sein verbleiben haben, daß der erste hekatombaion auch auf den neumond vor der wende fallen dürfte.

Ueber Metons ansieht in dieser sache besitzen wir vorläufig nur ein zeugniß : nach Geminos hat Kallippos die Ordnung der schaltmonate ebenso eingerichtet wie Meton; mit guten gründen bezieht verf. dieses opoime auf gleiche behandlung eines und desselben geschichtlichen Jahres (z. b. 112,3. 330/29) in beiden cyklen, nicht auf Übereinstimmung der gleiche nummer führen- den cyklusjahre (112,3 war bei Meton das achte, bei Kallippos das erste). Wir wissen, daß Kallipps 8. anthesterion 124, 1 dem 30. Januar 283 entsprach ; hieraus folgt, wie es scheint, daß

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er den 1. hekatombaion 124, 2 auf den 20. juni 283, also der wende voraus, gestellt hat. Aber den 25. pyanepsion 124, 2 setzte er dem 9. november 283 gleich, was identität jenes 1. hekatombaion vielmehr mit 20. juli 283 zu beweisen scheint. Ideler entscheidet sich für den 20. juni und erklärt daher die Schreibung pyanepsion für ein versehen statt maimakterion ; Mommsen nimmt (was auch ref. früher gethan hat) mit Scaliger und Em. Müller an , Kallippos habe den schaltmonat des atti- schen jahres nicht wie die Athener selbst in der mitte desselben sondern am ende angebracht. Dadurch wird eine textänderung vermieden, aber die Schwierigkeit nicht gehoben: es ist uner- findlich, wie Kallippos auf diesen theoretisch gleichgültigen, praktisch aber ganz verkehrten einfall gekommen sein soll : er würde dadurch seiner periode von vorn herein jede aussieht auf einführung abgeschnitten und auch die sonstige benutzung un- nöthiger weise erschwert oder irregeleitet haben ; war er mit dem attischen kalenderjahr nicht zufrieden, so konnte er wie Diony- sios ein zodiakaljahr bilden ; zog er aber den bürgerlichen ka- lender vor, so mußte er ihn mit seiner ganzen einrichtung über- tragen. Ein neues, Meton selbst betreffendes zeugniß gewinnt verf. selbst aus Avienus prognost. 49 mittelst einer ebenso feinen wie sachkundigen exegese-, trifft diese den sinn der stelle, so hat Meton den neumond vor der wende bis auf sieben tage zurück als kalenderneujahr zugelassen. Von dieser gegen seine lehre zeugenden aussage bemerkt Mommsen kurzweg , sie entspreche dem Standpunkt Metons nicht; er hat aber keinen anderen grund als daß sie zu seiner theorie nicht paßt. Besser würde er ge- sagt haben, seine neue erklärung sei wegen des imperfects, wel- ches Avienus anwendet, nicht über jeden zweifei erhaben. Es gibt indeß noch eine andere erwägung : wenn Kallippos den schaltmonat um ein halbes jähr später einstellte als Meton, so daß sieben monate eine andere stelle erhielten, wie konnte dann Geminos sagen, Kallippos habe die einreihung (««£<?) der schalt- monate ebenso behandelt wie Meton?

Ziehen wir das facit , so sind die neuen entwürfe auch in ansehung ihrer schaltordnung , welche auf jähr II, V, VIII, X, XIII, XVI, XVIII vom jähre 432 ab je 13 monate rechnet, schwerlich als metonisch und kallippisch anzusehen. Bleibt noch zu erwägen, ob diese schaltfolge nicht, was wichtiger wäre,

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im städtischen kalender bestanden hat, was Mommsen behauptet und an beispielen nachzuweisen unternimmt. Er hat jedoch fol- gende theils gar nicht theils unrichtig behandelt: 1) aus Inscr. att. I, 183 wissen wir, daß ol. 91, 2 am prytanietag VIII, 20 das für die schiffe nöthige geld ausgezahlt wurde , welche die von Nikias verlangten Verstärkungen und geldsummen (300 talente, angewiesen schon 1 7 tage vorherj nach Katane bringen sollten ; für trieren berechnet sich die fahrt dahin auf 6 12 tage. Ist 91, 2 mit Mommsen als Schaltjahr zu nehmen, so giengen die schiffe, ausfährt am selben tage angenommen, am 21./24. ela- phebolion = um 21./ 24. april ab und langten um anfang mai, im letzten drittel des lenzes 414 an; nehmen wir gemeinjahr an, so kamen sie um 6. ,15. april. Die Sendung war geraume zeit vorher verlangt worden, um im ersten drittel des frühlings (upu. i)oi Thuk. VI, 74 und 88; den feldzug gegen Syrakus eröffnen zu können, eine Verzögerung ist nirgends ersichtlich; mit früh- lings eintritt (VI, 94 äfta qgi tvdvg oLQiopitcp) fuhr Nikias von Katane an die küste des benachbarten Megara und verwüstete die äcker; zurückgekehrt machte er sofort ^offenbar weil die Sen- dung noch nicht eingetroffen war; eine kurze Unternehmung in das benachbarte binnenland und als er von ihr wiederkam, war jene angelangt. Dann erzählt Thukydides noch zwei spätere , nicht unmittelbar auf einander folgende Vorgänge des frühlings. Die ankunft jener Sendung gehört also der ersten hälfte des april an und das jähr hatte keinen schaltmonat. 2) in der rede über die Chersonesos , gehalten 341, weist Demosthenes auf den ein- tritt der hundstage (21. julij als nahe bevorstehend hin; den stürz des tyrannen von Oreos kennt er noch nicht. Dieser ist im skirophorion 109, 3. 341 erfolgt (Schol. Aischin. III, 8), in demselben monat (vor dem fall des tyrannen) wird die rede ge- halten sein Bei Mommsen ist 109, 3 gemeinjahr und der 1. skirophorion = 3. juni ; ungleich passender ist der 1. Juli, um welchen er bei Schaltjahr fällt. 3) bei 118, 3. 306/5 muß verf. selbst einräumen, daß die inschriften entgegen seinem cyklus ein Schaltjahr voraussetzen. Er sucht mit einer vermuthung nachzuhelfen: Athen, durch Demetrios am 26. thargelion 118,1. 307 befreit, habe die pbylen Antigonis und Demetrias durch welche die gesammtzahl von zehn auf zwölf stieg , recht bald ins leben rufen wollen, schon in der mitte von 118, 2 nach ab-

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lauf von sieben prytanien die neuen eingeführt und , weil jetzt für sieben prytanien räum geschaffen werden mußte, einen monat dem nächsten eigentlich 13monatlichen jähre 118, 3 entzogen, welcher dem laufenden zugeschlagen worden sei. Wir können diese hypothese , weil ihr schöpfer durch das zugeständniß , daß sie bloß ad hoc erdacht ist, derselben jeden selbständigen werth abspricht, um so mehr auf sich beruhen lassen, als sie auch die- sen bescheidenen zweck nicht erreicht : Athen ist nicht am 25. thargelion oder in den nächsten tagen sondern erst 118, 2 be- freit worden, frühestens ende hekatombaion, s. Philochoros fr. 144 und Plut. Dem. 10. 4) von den auf einander folgenden jähren des Diotimos, Isaios und Euthios wird das erste und letzte durch die Urkunden als 12monatlich erwiesen, das mittlere muß also den schaltmonat gehabt haben. Die Untersuchungen über diese sind im buch gar nicht erwähnt und den zwei letzten jähren falsche monatszahl zugewiesen. Daß jene archonten 123, 2 4 amtirt haben , ist vom ref. bewiesen und von Wilamowitz be- stätigt gefunden worden ; der schaltmonat trifft hienach auf 123,3. 286/5 und nicht wie der neue entwurf annimmt auf 123, 2.

Staatliche geltung hat also die von Mommsen aufgestellte schaltordnung nicht gehabt; nur eine schwache möglichkeit, keineswegs Wahrscheinlichkeit, besteht, daß Meton und Kallippos sie angewandt haben und so wenigstens einer von den bestand- theilen der neuen aufstellung sich retten läßt dessen werth frei- lich fast nur ein literarhistorischer sein würde. Das von den leitenden gedanken des werkes geltende urtheil überträgt sich nothwendig auch auf die zahlreichen ausführungen, welche neben jenen hergehen, so weit dieselben (und das gilt in folge der consequenz mit welcher das System durchgeführt ist von den meisten) mit ihnen in ursächlichem Zusammenhang stehen. Auf ihre besprechung an diesem orte verzichte ich , nicht bloß des raumes wegen. Es ist peinlich einem verdienstvollen gelehrten durchweg widersprechen zu müssen , der mit glänzenden gaben und reichem wissen , in eminenter weise mit mathematisch - tech- nischer fachkenutniß ausgestattet , drei Jahrzehnte hindurch lite- rarisch und praktisch für die alte Chronologie thätig, dieser dis- ciplin ein zweiter Ideler zu werden berufen wäre wie kein an- derer, der aber statt einer strengen, der exakten angenäherten methode ein verfahren einschlägt, mittelst dessen es möglich wird,

Nr. 12. Bibliographie. 613

nahezu alles aus allem zu machen. Nennen wir lieber, was in dem anderen beiwerk und der einleitung als positive leistung und bleibender gewinn besonders hervorzuheben ist. Der epi- graphik zu gute kommt die ergänzung vieler urkundenprae- skripte , wobei für eine partie auch Köhler'sche mittheilungen ihm zu statten gekommen sind ; eine längere stelle des Geminos ist textkritisch, der die tage betreffende abschnitt der hesiodischen „werke und tage" exegetisch behandelt. Reiche Sammlungen be- lehren über das vorkommen der einzelnen tag- und monatsdata bei Schriftstellern und in inschriften , ebenso der prytanietage, beider mit angäbe ihrer öffentlichen akte ; noch werthvoller ist ein commentar über namen und bedeutung der dreißig monatstage. Das dunkle ft?jia ifjßdXJsiv 'Exarofjßaiwva der neuen eleusini- schen inscbrift erfährt endlich einmal eine chronologisch mög- liche, wenn auch sonst nicht ganz zweifellose erklärung (p. 138), gegenüber den bisher bekannten deutungsversuchen, welche das wesen der oktaeteris gründlich verkennen. Eine wesentliche förderung der technischen Chronologie bilden die zum theil aut beobachtungen und berechnungen hervorragender astronomen beruhenden auseinandersetzungen über die für attisches neujahr in betracht kommenden neumonde von 432 bis 414 v. Chr., über die pleiadenphasen und die dauer der unsichtbarkeit des mondes in Athen während der letztvergangenen Jahrzehnte un- serer zeit; die kröne gebührt der zuletztgenannten Untersuchung, durch welche der seit Ideler herrschenden auffassung der vov- fjHjtia ein für allemal ein ende gemacht wird.

U.

Bibliographie.

Dr. Schliemann's werk : „der prähistorische palast der kö- nige von Tiryns" wird in London bei Murray erscheinen und mit planen und Zeichnungen von Dörpfeld und andern ausge- stattet sein, wie RAnz. nr. 243 mittheilt.

Von J. Springer enthalten die Jahrb. der königl. preuß. kunstsamml. bd. V, hft. 4 einen aufsatz über ein von dem königl. museum erworbenes skizzenbuch von Märten van Heemskarek, in dem viele alte monumente Italiens genau wie sie in saec. XVI enthalten waren , abgezeichnet sind : es führt dies etwas weiter aus RAnzeig. nr. 253.

Ein prospect ist ausgegeben von : „geschiente des römischen

614 Bibliographie. Nr. 12.

kaiserreichs von der schlacht bei Actium und der eroberung Egyptens bis zu dem einbrucbe der barbaren von Victor Duruy . . . Aus dem französischen übertragen von prof. dr. Gustav Hertz- berg. Mit ca. 2000 Illustrationen in holzschnitt und einer an- zahl tafeln in farbendruck". Verlag von Heinrich Schmidt u. Carl Günther. Die dem prospect einverleibten illustratiouen sind ausgezeichnet.

Besprochen sind im BAnzeig. die catalogevon: Joseph Baer u. co. in Frankfurt a. M. u. Paris, nr. 148. 149 über musik, tanz, kunst, in nr. 249. O. Harrassowitz in Leipzig, nr. 104, Sprichwörter, mythologie u. drgl., in nr. 252. Kirchhoff und Wigand in Leipzig, nr. 713 715 Götbe-literatur, kunstdenkmäler u. drgl., in nr. 237. Lehmann und Lutz in Frankfurt a. M., nr. 32, Curiosa, in nr. 251.

Eingesandt sind : antiquarischer catalog von Isaac St. Goar in Frankfurt a. M., nr. 66 : biographien, memoiren, briefwechsel: dessen antiquarischer anzeiger nr. 67 : die revolutionen des 19. Jahrhunderts; Heinrich Kerler in Ulm, antiquarischer ca- talog nr. 87, griechische und lateinische classiker: desselben nr. 88: vergleichende Sprachwissenschaft, orientalia; K. F. Koehlers antiquarium in Leipzig, nr. 407: classische philologie : sehr reichhaltig.

Verzeichniß der wichtigeren publicationen auf dem gebiete der alter-

thumswissenschaft 1884. VIII.

Deutschland. Oesterreich. Schweiz.

771. Andronici qui fertur libelli nsQi naftiüv pars I: de affectibus. Novis codicibus adhibitis rec. et quaestiones ad stoicoruoi doctrinam de affectibus pertinentes adiecit Xav. Krevüner. Heidelberg, Winter 1884. 8. 50 p. 1 mk. 60 pf.

772. Augusti, res gestae Divi. Ex inonumentis Ancyrano et Apol- loniensi in usum scholarum ed. Th. Momnisen. Berlin, Weidmann 1884. 8. 39 p. 1 mk. '20 pf.

773. Beloch, Jul. , die attische politik seit Perikles. Leipzig, Teubner 1884. 8. IV, 369 p. 7 mk. 60 pf.

774. Basiliades, Demetrius , dioQ&wnxä (ig td aQxalct th tov Jov- Avavov o%6ha. Diss. Jena 1884. 8. 51 p. 2 mk.

775. Bergk, Th. , griechische litteraturgeschichte. 3. bd. Aus dem nachlasse hrsg. v. Oust. Hinrichs. Berlin, Weidmann 1884. 8. XI, 620 p. 7 mk.

776. Bibliotheca philologica oder geordnete Übersicht aller auf dem gebiete der class. alterthumswissenschaft etc. in Deutschland und im auslande neu erschienenen bücher hrsg. v. dr. Oust. Kossinna. 36. jahrg. Heft 2. Juli dec. 1884. (p. 201—393). Göttingen, Van- denhoeck u. Ruprecht 1884. 8. 2 mk.

777. Blümner, Hugo, technologie und terminologie der gewerbe und künste bei Griechen und Römern. 3. bd. Mit 44 holzschn. 1 taf. in lichtdr. Leipzig, Teubner 1883. 8. VIII, 343 p. 10mk.80pf.

778. Bradley, A. C, die Staatslehre des Aristoteles. Ein essay. Autorisirte Übersetzung von Imelmann. Berlin , Gaertners 1884. 8. III, 83 p. 1 mk. 80 pf.

779. Brosow , Aug., quomodo sit Apollonius sophista ex etymo-

Nr. 12. Bibliographie. 615

logico magno explendus atque emendandus. Koenigsberg, (Beyer), Diss. 1884. 8. 51 p. 1 mk. 20 pf.

780. Buchholtz, E., die homerischen reaüen. 3. bd.: die religiöse und sittliche Weltanschauung der homerischen Griechen. 1. abth.: die homerische götterlehre. Auf grnnd der homerischen dichtungen dar- gestellt. Leipzig, Engelrnarm 1884. 8. XU, 404 p. 6 mk.

781. Burckhardt, Jacob, der cicerone. Anleitung zum genuß der kunstwerke Italiens. 5. aufl. Unter mitwirkung verschiedener fach- genossen bearb. von Wilh. Bode. 2 thle in 3 bdn. Leipzig, Seemann 1884. 8. XXV, 200, LXXXV1, 864 p. 13 mk. 50 pf.

782. Caesaris , C. Iulii , commentarii de bello civili. Für den schulgebrauch erklärt von A. Daher entz. 5. aufl. besorgt von Gottl. Beruh. Dinter. Leipzig, Teubner 1884. 8. XII, 308 p. 2ruk.40pf.

783. Catull's gedichte hrsg. u. erklärt von Alex. Riese. Leipzig, Teubner 1884. 8. XLIII, 288 p. 4 mk.

784 Cicero, M. Tullius, ausgewählte briefe. Erkl. von Fr. Hof- mann. 1. bdchn. 5. aufl. Berlin, Weidmann 1884. 8. IV, 255 p. 2 mk. 40 pf.

785. Ciceronis, M. Tullii, ad M. Brutum orator. Rec. F. Heer- deyen. Leipzig, Teubner 1884. 8. XXXVIII, 86 p. 3 mk. 20 pf.

786. Cohausen, A. von, der römische grenzwall in Deutschland. Militärische und technische beschreibuns? desselben. Mit 52 foliotafeln Abbildgn. Wiesbaden, Kreidel 1884. 8. VIII, 368 p. 24 mk.

787. Commentaria in Aristotelem Graeca edita consilio et auctor. acad. litt. reg. Boruss. Vol. XXIII, p. III. Themistii quae fertur in Aristotelis Analyticorum priorum librum I paraphrasis ed. Max Wal- lies. IV. Anonymi in Aristotelis sophisticos elenchos paraphrasis ed. Mich. Hay duck. Berlin, G. Reimer 1884. 8. . X, 164, VI, 84 p. 9 mk.

788. Cornelii Nejjotis vitae. In usum schob rec. et verborum in- dicem addidit Mich. Gitlbauer. Freiburg i. Br. 1884. 8. 192 p. 1 mk.

789. Dionysii Thracis ars grammatica qualem exemplaria vetu- stissima exhibent subscriptis discrepantiis et testimoniis quae in co- dicibus recentioribus scholiis erotematis apud alios scriptores Inter- pretern Armenium reperiuntur ed. Gust. TJhlig. Praemissa sunt pro- legomena : Adalberti Merxii de versione Armeniaca disputatio atque Syrii interpretis lectiones. Subiecta sunt supplementa artis Dionysia- nae vetusta indices tabulae photolithographicae duae. Leipzig, Teub- ner 1884. 8. C, 224 p. 1 mk. 60 pf.

790. Duncker , Max., geschichte des alterthums. Neue folge. 1. bd. (Des ganzen werkes 8 bd.). Leipzig, Duncker u. Humblot 1884. 8. XI, 478 p. 9 mk.

791. Ehrlich, Benno, de Tibulii elocutione quaestiones. Diss. Halle 1883. 8. 40 p. 1 mk.

792. Essen, Ernst, beitrag zur lösung der aristotelischen frage. Berlin 1884. 8. 164 p. 4 mk.

793. Euripides Iphigenie bei den Tauriern. Zum schulgebr. mit erklär, anmerk. versehen von Wolfg. Bauer. 2. aufl. durchges. von N. Wecklein. München, Lindauer 1*884. 8. 92 p.

794 Forschungen und Studien; etruskische hrsg. von W Deecke. Heft 6: W. Deecke, die etruskischen beamten- a. priestertitel. Stutt- gart, Heitz 1884. 8. XII, 70 p. 4 mk.

795. Froehlich , Franz, die bedeutung des 2. punischen krieges für die entwicklung des römischen heerwesens. Leipzig, Teubner 1884. 8. 72 p. 1 mk. 60 pf.

796. Froehner, W. , kritische analekten. Göttingen, Dieterich 1884. 8. 96 p. (Philologus suppl.-bd. V, heft 1.)

616 Bibliographie. Nr. 12.

797. Gai institutiones. Ad codicis Veronensis apographum Stu- demundianurn notis curis auctum. Herum edd. Paulus Krueger et Guil. Studemund lnsunt supplernenta ad codicis Veronensis apogra- phum a Studemundo composita. Berlin, Weidmann 1884. 8. XXXIX, 206 p 3 nik. (Collectio librorum iuris antejustiniani. In usum schol. tom. I).

798. Giilbauer, Mich., die Überreste griechischer tachygraphie im codex Vatic. graecus 1809. fasc. 2. Mit 14 taff Wien, Gerold 1884. 4. 18 p. (Aus Denkschriften d. k. k. akad. d. wiss.).

799. Glossae nominum ed. Gustavus Loeue. Accedunt eiusdem opuscula glossographica collecta a Georgio Goetz, Lipsiae , B. G. Teubner 1884. 8. XVIII, 264 p. 6 mk.

800. Gomperz, Theod., über ein bisher unbekanntes griechisches schriftsystem aus der mitte des 4. vorcliristl jahrh. Ein beitrag zur geschichte der kurzschrift und der rationellen alphabetik. Wien, Ge- rold 1884. 8. 59 p. 1 mk. 30 pf. (Aus Sitzungsber. d. kk. akad. d. wiss.).

801. Grundmann, Herrn. Rieh., quid in elocutione Arriani Hero- doto debeatur. Berlin, Calvary l*-84. 8. 88 p. 3 mk.

802. Haeser, Heinr., grundriß der geschichte der medicin. Jena, Fischer 1884. 8. XIII, 418 p. 7 mk.

803. Harpf, Ad., die ethik des Protagoras und deren zweifache moralbegründung kritisch untersucht. Heidelberg , Weiß 1884. 8. 72 p. 1 mk. 60 pf.

804. Heil, Bernh., logographis qui dienntur num Herodotus usus esse videatur. Diss. Marburg 1884. 8. 61 p. 1 mk. 20 pf.

805 Heibig, Wolfg.. das homerische epos , aus den denkmälern erläutert. Archaeologische Untersuchungen. Mit 2 taff. u. 120 abbild. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 353 p. 11 mk. 20 pf.

806. Hermann, Karl. Friedr. , lehrbuch der griech. antiquitäten. Unter mitwirkung von H. Droysen, Arnold Huy , A. Müller, Th. Thalheim neu hrsg. von Hugo Blümner u. liilh. Ddtenberger. In 4 bdn. Bd. 2. Abth. 1: lehrbuch der griechischen rechtsalterthümer 3. verm. u. verb. aufl. Nach der 2. von K. B. stark besorgten aufläge umgearb. u. hrsg. von Th. Thalheim. Freiburg i. B. , Mohr 1884. 8. VII, 160 p. 4 mk.

807. Herodoti historiarum libri IX. Ed. Henr. Rud Dietsch. Ed. II. Curavit H. KaUenberg. Vol. I. Leipzig, Teubner 1884. 8. XLII, 413 p 1 mk. 35 pf.

808. Herzog, Aug., die olympischen göttervereine in der griechi- schen kunst. Archaeolog. betrachtungen. Habilitationsschrift. Frei- burg i. Br. (Leipzig, Teubner) 1884. 8. 46 p. 1 mk. 20 pf.

809. Hildebrand, Hugo, Aristoteles Stellung zum determinismus und indeterminismus. Diss. Leipzig, (Fock) 1884. 8. 63 p. 1 mk. 50 pf.

810. Hinrichs, Gust., dr. Karl Sittl und die homerischen äolismen. Berlin, Weidmann 1884. 8. 97 p. 2 mk.

811. Hirschfeld, Otto, gallische studien. II. Gallische inschrift- fälschungen. III. Der praefectus vigilum in Nemausus und die feuer- wehr in den römischen landstädten. Wien, Gerold lb84. 8. 20, 21 p. 1 mk. (Aus Sitzungsberichte der kk. akademie der wiss.).

812. Homeri Iliadis carmina seiuneta discreta emendata prolego- menis et apparatu critico instrueta ed. Guil. Christ. Pars II (Finis). Leipzig, Teubner 1884. 8. p. 399—742. 8 mk.

813. für den schulgebr. erklärt von K. F. Ameis. 2. bd.

Heft 4. Gesang XXII - XXIV. Bearb. von C. Hentze. Leipzig, Teub- ner 1884. 8. 150 p. 1 mk. 50 pf.

Nr. 12. Bibliographie. 617

814. Imhnnf -Blumer , Fr., die münzen der dynastie von Pergamon. Mit 4 pbot.-typ. tafeln. Berlin, (Dümmler) 1884. 4. 40 p. 5 nik. (Aus Abbandlungen der preuß. akad. der wiss.).

815. Jordanes Gothengeschichte. Nebstauszügen aus seiner Rö- mischen geschichte übers, von dr. Wilh. Härtens. Leipzig, Duncker 1884. 8. VIII, 124 p. 1 mk. 80 pf. (Geschichtsschreiber der deut- schen vorzeit. 2. gesammtausg. bd. 5).

816. Ins Graeco-Romanum. Pars VII. Epitomae legum tit. XXIV et sefjuentes ed. C E. Zachariae von Lingenthal. Leipzig, Schulze 1884. 8. VI, 213 p. 3 mk.

817. Karabacek, J., katalog der Theodor Graf'schen funde in Ae- gypten hrsg. von k. k. österr. museuiu. Wien, Gerold 1883. 8. 56 p. 1 mk. 20 pf.

818. KekuU, Bernh., die antiken terrakotten. Im auftrag des archaeol. instituts hrsg. Bd. 2-: die terrakotten von Sicilien. Mit 61 taf. gez. u. rad. v. Ludw. Otto u. mit vielen abbildg. im text. Stutt- gart, Speinann 1884. fol. XI, 87 p. 75 p.

819. Keller, Rud., Stilicbo oder die geschichte des weströmischen reicbs von 395- 408. Berlin, Le Coultre 1884. 8. 63 p. 1 mk. 50 pf.

820. Kerckhoß, Paul, duae quaestiones Papinianae. Diss. Berlin, Mayer u. Müller 1884 8. 61 p. 1 mk. 20 pf.

821. Krebs, Franz, die präpositionsadverbien in der späteren hi- storischen graecitaet. Theil I. München, Lindauer 1884. 8. 61p. 3 mk.

822. Lagarde , Paul de, mittheilungen. Göttingen, Dieterich's sort. 1884. 8. 384 p. 10 mk. (Darin besonders: die Weisheiten der handschrift von Amiata. p. 241 380).

823. Landwehr, Hugo, forschungen zur älteren attischen geschichte. Göttingen, Dieterich 1884. 8. (Philologus suppl.-bd. V, p. 97—196).

824. Lehre, der zwölf apostel nebst Untersuchungen zur ältesten geschichte der kirchen Verfassung und des kirchenrechts von Ad Har- nach. Nebst einem anhang: ein übersehenes fragment der Jida^^ in alter lateinischer Übersetzung. Mitgeth. von Oscar von Gebhardt. Leipzig, Hinrichs 1884. 8. In texte und Untersuchungen zur geschichte der altchristlichen litteratur. Bd. 2. Heft 1. 2. Text 70 p., prole- gomena p. 1 294). 10 mk.

825. Lepsius, Rieh., die längenmaaße der alten. Berlin, Hertz 1884. 8. III, 110 p. 3 mk.

826. Leist, B. W, graeco-italische rechtsgeschichte. Jena, Fischer 1884. 8. XVIII, 769 p. 16 mk.

827. Livi, Titi , ab urbe condita über XXI. Für den schulge- brauch erkl. von Ed. Wölfflin. 3. aufl. besorgt von Franz Luter- bacher. Leipzig, Teubner 1884. 8. IV, 136 p. 1 mk. 20 pf.

828. Für den schulgebr. erkl. v. Karl Tücking. 3. verb. aufl Paderborn, Schöningh 1884. 8. 118 p. 1 mk 20 pf.

829. Ltidwich, Arthur, Aristarch's homerische textkritik nach den tragnienten des Didymus dargestellt und beurtheilt. Nebst bei- lagen. Theil I. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 635 p. 12 mk.

630. Marcks , Erich, die Überlieferung des bundesgenossenkriegs 91_89 v. Chr. Histor. dissertation. Marburg, Elwert 1884. 8. VIII, 92 p. 2 mk.

831. Hehlis, C, studien zur ältesten geschichte der Rheinlande. Mit der archaeoloKischen karte der Pfalz und der nachbargebiete. 8. abtb. hrsg. vom histor. vereine der Pfalz. Leipzig, Duncker u. Hum- blot 1885° 8. 70 p 6 mk.

832. Heier, M. H. E. und G. Fr. Sehoemann, der attische prozeß. Vier bücher. Eine gekrönte preiaschrift , neu bearb. von J. H. Lip- sius. 4. liefg. 2. hälfte u. 5. liefg. Berlin, Calvary 1884. 8. (Bd. I,

618 Bibliographie. Nr. 12.

p. 469-628). (Calvary's philol. u. archaeol. bibliothek bd. 59, 2. 60). 3 mk.

833. Merguet, H. , lexikon zu den Schriften Caesar's und seiner fortsetzer mit angäbe sämmtlicher stellen. Liefg. 1. Jena, Fischer 1884. 8. 144 p. 8 mk.

834. Mayerhöfer, Anton , die brücken im alten Rom (vor und nach Konstantin). Nebst einem an hang über den trümmer- und in- schriftenfund bei Ponte Sisto vom jähre 1878. Mit 1 karte. 2. verm. aufl. Erlangen, Deichert 1884. 8. XX, 117 p. 3 mk.

835. Meusel, H., Lexicon Caesarianum. fasc. 1. Berlin, Weber 1884. 8. 192 sp. 2 mk. 40 pf.

836. Müller, Heinr. Dietr., sprachgeschichtliche studien. Göttin- gen, Vandenhoeck u. Ruprecht 18e4. 8. IV, 202 p. 4 mk. 40 pf.

837. Müller, Max , Indien in seiner weltgeschichtlichen bedeu- tung. Vorlesungen gehalten an der Universität Cambridge. Vom verf. autorisirte Übersetzung von C. Cappeller. Leipzig, Engeiniann 1884. 8. XV, 335 p. 7 mk.

838. Naegelsbach, Carl Frdr. v., homerische theologie. 3. aufl. bearb. von G. Autenrieth. Nürnberg, Geiger 1884. 8. XXXII, 482 p. 8 mk. 50 pf.

839. Obricatis , Ric. , de per praepositionis latinae et cum casu coniunctae et cum verbis nominibusque compositae usu qualis obti- nuerit ante Ciceronis aetatem. Diss. Koenigsberg, (Beyer) 1884. 8. 60 p. 1 mk. 20 pf.

840. Opsimathes , G. H. , yvwfiui sive thesaurus sententiarum et apophthegmatum ex scriptoribus Graecis praecipue poetis. Leipzig, Weigel 1884. 8. VIII, 368 p. 10 mk.

841. Osthof, Herrn., zur geschichte des perfects im indogerma- nischen , mit besonderer berücksichtigung auf griechisch und latei- nisch. Straßburg, Trübner 1884. 8. IX, 653 p. 14 mk.

842. Ovidias Nasonis, P. , ex iterata R. Merkelii recognitione. Vol. III: Tristia Ibis. Ex Ponto libri. Fasti. Leipzig, Teubner 1884. 8. XLI, 355 p. 1 mk.

843. Paucker, Carl von , vorarbeiten zur lateinischen Sprachge- schichte. 3 Thle. (1. Materialien zur lateinischen wörterbildungsge- schichte. 2. Uebersicht des der sog. silbernen latinität eigenthümlichen Wortschatzes. 3. Kleinere studien. Lexikalisches und syntaktisches). Berlin, Calvary 1884. 8. I, VII, 143 p., II, 80, III, 117 p. 15 mk.

844. Perrot, Georges u. Charles Chipiez, geschichte der kunst im alterthum Aegypten Assyrien Persien Kleinasien Grie- chenland — Etrurien Rom. Autoris. deutsche ausgäbe bearb. von Rieh. Pietschmann. Mit einem vorwort von G. Ebers. Leipzig, Brockhaus 1884. 8. LXXX, 915 p. 36 mk.

845. Pßugk- Hartlung , Julius v., Perikles als feldherr. Stuttgart, Kohlhammer 1884. 8. IX, 143 p. 2 mk. 60 pf.

846. Plato's ausgewählte Schriften. Für den schulgebrauch er- klärt. 6. theil: Phaedon. Erkl. von M. Wohlrab. 2. aufl. Leipzig, Teubner 1884. 8. VI, 156 p. 1 mk. 50 pf.

847. , Cratylus, Theaetetus. Post Car. Frid. Hermannum re- cogn. Martin Wohlrab. Leipzig, Teubner 1884. 8. 202 p. 90 pf.

848. ausgewählte dialoge erkl. von Herrn. Sauppe. 2. bdehn.: Protagoras. 4. aufl. Berlin, Weidmann 1884. 8. 148p. Irak. 20 pf.

849. Erkl. von C. Schmelzer. 8. bd. : Charmides Lysis. Bd. 9: Laches ion. Berlin, Weidmann 1884. 8. 90 p. 80 p. lmk.90pf.

850. Plauti, T. Macci, comoediae rec. instrnmento critico et pro- legg. auxit Frid. Ritschelius soeiis operae adsumptis Gust. Loewe,

Nr. 12. Bibliographie. 619

Gen. Goeta, Frdr. Sehoell. Tom. I, fasc. 1: Trinummus. Ed. III: Fr. Schoell recogn. Leipzig, Teubner 1884. 8. LXIV, 199 p. 5mk. 60pf.

851. , ausgewählte koruödien für den schulgebr. erkl. von Jvl. Brix. 2. brich.: Captivi. 4. aufl. Leipzig, Teubner 1884. 8. VI, 156 p. 1 mk. 50 pf.

852. Plotini Enneades praemisso Porphyrie de vita Plotini deque ordine librorum eius libello ed. Ric. Volkmann. Leipzig, Teubner 1884. 8. LVI, 526 p. 5 mk. 40 pf.

853. Plaß, Theod., Vergil und die epische kunst. Leipzig, Teub- ner 1884. 8 367 p. 8 mk.

854. Prevß , Sigm. , vollständiges lexikon zu den pseudo-Caesa- rianischen Schriftwerken. Theil I: de hello Gallico VIII und bell. Alexandr. Th. II: bell. Afr. u. Hisp. Erlangen, Deichert 1884. 8. 433 p. 8 mk.

855. Raffay, Rob., die memoiren der kaiserin Agrippina. Wien, Hoelder 1884. *8. V, 91 p. 2 mk. 40 pf.

856. Reimers. J., zur entwicklung des dorischen tempels. Breslau, Weidmann 1884. 8. 44 p. 1 mk.

857. Reisig, Carl, Vorlesungen über lateinische Sprachwissenschaft. Mit den anmerk. von Fnedr. Hanse. Neu bearb. von J. H. Schmalz u. G. Landgraf. 4. liefg. Theil III, p. 1—96 Berlin, Calvary 1884. 8. 2 mk. (Calvarys pbilolog. u. archaeol. bibliothek. Bd. 52).

858. Reißtier, E., Horaz, Persius, Juvenal die hauptvertreter der römischen satire. Berlin, Habel 1884. 8. 40 p. 80 pf. (Virchow u. v. Holtzendorffs Sammlung wiss. vortrage no. 445).

859. Saalfeld, Günther Alexander E. A., feuer, wind und rauch. Eine culturhistorische skizze. Prag, deutscher verein 1884. 8. 20 p. 20 pf. (Sammlung gemeinnütz. vortrage no. 95).

860. . , tensaurns italograecus. Ausfuhr], historisch - kriti- sches Wörterbuch der griechischen lehn- u. fremdwörter im lateini- schen. Wien, Gerold 1884. 8. IV, 1184 sp.

861. Saloman, Geskel, über die plinthe der Venus von Milo. Eine archäolog. Untersuchung. Stockholm 1884. 8. 41 p. 1 mk.

862 Sammlung Sabouroff, die. Kunstdenkmäler aus Griechen- land hrsg. von Ad. Furtwängler. 7. liefg. 10 taff. 16 p. text. 8. liefg. 10 taff. 10 p. text. Berlin , Asher 1884. fol. In mappe a 25 mk.

863. Scheffler, Alb., de Mercurio puero. Diss. Königsberg, (Beyer) 1884. 8. 53 p. 1 mk. 20 pf.

864. Schmitz, J., de (fvoto)q apud Aristotelem notione eiusque ad animam ratione. Diss. Bonn, Rhein, antiquariat. 1884 8. 42 p. 1 mk.

865. Schleussinger, Aug. , studie zu Caesars Rheinbrücke. Mün- chen, Lindauer 1884. 8. 40 p. (Aus Blätter f. bayer. gymn.).

866. Schneider, Gust., die platonische metaphysik auf grund der im Philebus gegebenen principien in ihren wesentlichen zügeu dar- gestellt, Leipzig, Teubner 1884. 8. XI, 172 p. 4 mk.

867. Schneiden- in, Max, die homerische naivetät. Eine ästhetisch- culturgeschichtliche studie. 2. aufl. Hameln, Brecht 1884. 8. VII, 156 p. 2 mk. 75 pf.

868. Sehoell, Adolf, gesammelte aufsätze zur classischen litteratur alter und neuer zeit. Berlin, Hertz 1884. 8. IX, 394 p. 7 mk.

869. Scholia in Pindari Epinicia ad librorum mss. fidetn ed. Eu- genias Abel. Vol. II: Scholia vetera in Pindari Nemea et Isthmia continens fasc 2. 3. Berlin, Calvary 1884. 8. p. 161 524. 5 mk.

870. Schroeder, L. von, Pythagoras und die Inder. Eine Unter- suchung über die herkunft und die abstammung der pythagoraeischen lehren. Leipzig, O. Schulze 1884. 8. 93 p. 2 mk.

620 Bibliographie. Nr. 12.

871. Schweder, E., beitrage zur kritik der chorographie des Au- gustus. 3. theil: über die „Chorographia", die römische quelle des Strabo und über die provinzialstatistik in der geographie des Plinius. Kiel, (univ.-buchh.) 1883. 8. 59 p. 2 mk.

872. Scriptores historiae Augustae iterum rec. adparatumque criticum addid. Herrn. Peter. 2 voll. Leipzig, Teubner 1884. 8. XLH, 299 p. 401 p. 7 mk. 50 pf.

873. Soltau, Wilb., die gültigkeit der plebiscite. Berlin, Cal- vary 1884. 8. XII, 175 p. 7 mk.

874. Sophokles, des, Antigone, griech. u. deutsch hrsg. vou Aug. Boeckh. Nebst 2 abhandlungen über diese tragödie im ganzen und über einzelne stellen derselben. Neue verm. ausg. {Aug. Boeckhs ge- sammelte kleine Schriften. Suppl.). Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 270 p. 4 mk. 40 pf.

875. Sophocles erklärt von F. W. Schneideivin. 3. bdchn.: Oi- dipus auf Kolonos. 8. aufl. besorgt von A. Nauck. Berlin, Weid- mann 1884. 8. 212 p. 1 mk. 50 pf.

876. Spiro, Fr., de Euripidis Phoenissis. Inest tabula. Berlin, Weidmann 1884. 8. 66 p. 2 mk.

877. Statius, P. Papinius. Vol. II: Achilleis et Thebais. Rec. Phil. Kohlmann. Fase. II: Thebais cum indice nominum. Leipzig, Teubner 1884. 8. XVIII, 475 p. 4 mk. 80 pf.

878. Sternkopf, Wilh., quaestiones chronologicae de rebus a Ci- cerone inde a tradita Cilicia provincia usque ad relictam Italiam ge- stis deque epistulis intra illud tempus datis aeeeptisve. Marburg, Elwert 1884. 8. 70 p. 1 mk. 20 pf.

879. Teichert, Paul, de fontibus Quintiliani rhetoricis. Königs- berg, (Beyer) 1884. 8. 58 p. 1 mk. 20 pf.

880. Terentii Afri, P. , comoediae rec. Carolus Dziatzko. Leip- zig, Tauchnitz 1884. 8. XL, 296 p. 1 mk. 20 pf.

881. Tichelnmnn, Lud., de versibus ionicis a minore apud poetas graecos obviis. Königsberg, (Beyer) 1884. 8. 64 p. 1 mk. 20 pf.

8b2. Troeltsch, freiherr E. v., fundstatistik der vorrömischen me- tallzeit im Rheingebiete. Mit zahlr. abbild. u. 6 karten. Stuttgart, Enke 1884. 4. VI, 119 p. 15 mk.

883. Uh/e, Paul, quaestiones de orationum Demostheni falso ad- dietarum scriptoribus. ParticulaI: de orat. XXXV, XXXXIII, XXXXVI LL1I. LIII. L1X scriptoribus. Hagen, Rissel u. co. 1884. 8. 120 p. 2 mk. 40 pf.

884. Untersuchungen , philologische hrsg. von A. Kießling und U. v. Wilamowitz-Moellendorff. Heft 7 : homerische Untersuchungen v. Vir. v. Wiiamowitz-Moellendorff. Berlin, Weidmann 1884. 8. XI, 426 p. 7 mk.

885. Weniger, Ludw., der gottesdienst in Olympia. Berlin, Habel 1884. 8. 35 p. 75 pf. (Virchow's u. Iloltzendorffs sammig no 443).

886. Wie studiert man classische philologie und geschichte ? Von einem erfahrenen fachgenossen. Leipzig, Roßberg 1884. 8. 32p. 60pf.

887. Wermcke, Conr., de Pausaniae periegetae studiis Herodoteis. Berlin, Weidmann lb84. 8. 116 p. 2 mk. (Als dissertation kürzer vgl. no. 612).

888. Wiedemann, A., ägyptische geschichte. Theil II : vom tode Tutmes III. bis auf Alexander den großen. Gotha, Perthes 1884. 8. VII, p. 385-765. 7 mk. (Handbücher der alten geschichte I, 2).

889. Wiedenhqfer, Franc. , Antiphontis esse oratioriem quam edi- tiones exhibent primam. Wieu, (Konegen) 1884. 8. 29 p. 1 mk.

890. Wlassak, Mor., kritische Studien zur theorie der rechtsquellen

Nr. 12. Kleine philologische zeitung. 621

im Zeitalter der klassischen Juristen. Graz, Leuschner und Lubensky 1884. 8. IX, 201 p. 4 mk.

891. Wolf, Friedr. Aug., prolegomena ad Hoinerum sive de ope- rum Honiericoruin prisca et genuina forma variisque mutationibus et pvobabili ratiooe emendandi. Vol I. Ed. III quam curav. Rud.Pepp- ■müller. Adiectae sunt epistolae Wolfii ad deynium scriptae. Halle, Waisenhaus 1884. 8. VIII, 307 p. 2 mk. 40 pf.

892. Wolff, Oswald, de Iophonte poeta tragico. Diss. Misniae 1884. 8. 28 p. 1 mk. 20 pf.

893. Xenophons Auabasis erkl. von C. Rehdantz. 2. bd. Buch IV— VII. 5. aufl. besorgt von Otto Rehdantz. Berlin, Weidmann 1884. 8. 239 p. 1 mk. 80 pf.

894. Zehetmayer, Seb., die analog vergleichende etymologie in bei- spielen erläutert. Freising, Datterer 1884. 8. 37 p. 1 mk.

Kleine philologische zeitung.

Inschriften aus England. Oxford, 4. aug., vor einigen jahren fand man in Brougb, dem alten Verterae(?; der Römer einer militärstation zwischen dem heutigen York und Carlisle, in West- moreland (England) eine alte griechische grabinschrift. Der stein, auf welchem die inschrift sich befindet, war zum bau des por- tals der alten kirche daselbst benutzt gewesen. Er ist etwa zwei fuß lang und halb so breit, und enthält die inschrift auf einer seite. Oben ist er mit zwei quadraten geziert , die durch quer- linien in je acht dreiecke zerlegt sind. Auf beiden Seiten be- findet sich der palmzweig, der auf heidnischen wie christlichen denkmälern der römischen kaiserzeit vorkommt. Zwischen den palmzweigen läuft die iuschrift in zwölf zeilen, die fünf hexa- meter bilden und von Sayce , Nicholson und Bradley wie folgt gelesen sind :

E\Qfi,uq\ K[o[Afiuyr}voq\ Kai 6t)(fiT] iig Idwv zv/x ßoi[c~\ GxHp&h>T vnb (iolqi]g Eojiirjr KofjfAuyrjiuv k'nog (poaGurio zod' odtizTjg ' Xulqt 6v, nut, iiaq bdov xr\vnio drt]ibv ßto\v\ eonsg (tixv-ua ' i'nTrjg (?) yao fiegonwi' ini KtfifKQiwv yrjv . . yuQ . . 6 neue 'EofjLqc, . . Ueber die ächtheit und das hohe alter der inschrift, die sich of- fenbar auf einen griechischen knaben, namens Hermes aus Kom- magene, bezieht, der in Britannien zur zeit der römischen herr- schaft reiste, unterwegs starb und durch dieses griechische epi- taph geehrt wurde, ist bisher kein zweifei erhoben worden. Von Hicks, dem herausgeber eines haudbuches historischer griechischer inschriften, wurde angenommen, der grabstein könne als ein rein griechisches denkmal durch einen reisenden von Griechenland nach England gekommen sein Diese annähme ist indessen von dem namhaften inschriftenkenner Isaac Taylor aus dem hinweis auf die art der entdeckung (zugleich mit einer altrömischen stein- inschrift) , sowie auf das material , das von einem benachbarten sandsteinbruch herrührt, genügend widerlegt worden. Als curio-

Philol. Anz. XIV- 43

622 Kleine philologische zeitung. Nr. 12.

sum sei noch erwähnt , daß Stephens in Kopenhagen die obige inschrift in dem schlußbande seines Werkes über die skandina- vischen runendenkmäler auf den tod einer christlichen martyrin aus dem norden von England , namens „Cimokom" zu deuten versucht. Allg. ztg. beil. zu no. 224.

Durch einen brand auf dem markt in Athen wird wahr- scheinlich die archäologische gesellschaft daselbst ein terrain für ausgrabungen erhalten , welche einen großen erfolg versprechen. Allg. ztg. nr. 244.

Die letzte folge von Weber's rückblick auf Heidelberg (s. ob. no. 7, p. 414) beginnt in Allg. ztg. beil. zu nr. 244: dann beil. zu nr. 243. 251. 253. 254.

Der KAnzeig. nr. 215 verzeichnet den inhalt der berichte der akademie der Wissenschaften zu Berlin nr. XVIII XXXIX d. j. 1884, aus denen wir zu nennen haben: Kirchhoff, über die von Thukydides benutzten Urkunden, von Schröder, neue palmy- renische Urkunde, st. XXI; Curtius Eleusinion und Pelasgikon, s. 23; Conze, grabstatue von Tarent, st. XXVII; Büching, über die lagerungsverhältnisse der älteren schichten von Attika , st. XXXIX.

Ueber neuerdings gemachte aufdeckungen altrömischer bäder in der vorstadt St Barbara in Trier berichtet das Correspon- denzblatt des gesammtvereins der deutschen geschichts- und al- terthumsvereine 1884, bd. 2: dieser fund gehört zu den bedeu- tendsten, welche auf deutschem boden gemacht worden sind. Die neu aufgedeckten prachtgebäude sind südöstlich von der Stadt gelegen : wahrscheinlich sind die bäder im vierten Jahrhundert erbaut und ihre mauern haben bis ins 16. Jahrhundert noch bis zur höhe des zweiten Stockwerks gestanden. Dann wurde auch dieses verschüttet und blieb es bis zum jähre 1877. Es waren freilich zuweilen versuche zur aufdeckung der ruinen gemacht worden, z. b. 1845, wo an dieser statte der große torso einer kostbaren amazonenstatue gefunden wurde, aber immer ohne rechten erfolg. Erst 1877, wo die stände der Rheinprovinz die mittel zur aufdeckung bewilligten und neuerdings seit 1 882, als der kaiser 10,000 mark zu dem gleichen zweck geschenkt, wur- den die arbeiten unausgesetzt und nach einheitlichem plan unter der umsichtigen leitung des dr. Hettner gefördert. Das gebäude, dessen Stirnseite eine länge von 172 m hat, ist jetzt in den sub- structionen fast in allen seinen theilen bloßgelegt und zeigt neben einer reihe hintereinandergelegener mittelräume rechts und links eine vollständig symmetrische anordnung von großen und kleinen sälen, zimmern, zellen, treppen und unterirdischen gangen, deren bedeutung als warm- und kaltwasserbäder (caldarien und frigi- darien), wandel- und gesellschaftssäle , gelasse und gänge für die dienerschaft , Wasserabflüsse , heizvorrichtungen u. s. w. sich noch deutlich erkennen läßt. Der fußbodenbelag ist noch mehr

Nr. 12. Auszüge aus Zeitschriften. 623

und weniger gut erhalten Die kapitale, säulenschäfte und basen, welche gefunden worden sind, geben von der einstigen pracht der anläge zeugniß. Auch an statuarischem schmuck hat es nicht gefehlt. Der werthvollste fund war der schon oben er- wähnte torso einer amazone. Ein schon früher gefundener männ- licher, verstümmelter rümpf aus parischem marmor bildete viel- leicht das gegenstück dazu. Ferner wurde eine menge anderer statuarischer bruchstücke aus marmor und muschelkalk, viele geräthschaften , wie kämme, haarnadeln, Stecknadeln, pfriemen, messergriffe. würfel, lämpchen, fibeln, finger- und armringe, sal- bentöpfchen, kännchen und fiäschchen , auch austernschalen und andere muscheln aufgedeckt. Beachtenswerth ist auch der Stempel eines arztes, welchen derselbe auf die von ihm bereitete augen- salbe zu prägen pflegte. Ebendaselbst bespricht Jacob Keller zwei in Mainz gefundene metallinschriften, von denen die eine eine votiv- tafel für die göttin Nemetona ist, die er genauer erläutert ; von der andern soll später gehandelt werden. Nach RAnzeig. nr. 248.

Auszöge aus Zeitschriften.

Deutsche litter atur zeitung herausgegeben von Max Roediger, 1884, no. 16: Herrn. Ziemer, vergleichende syntax der indogerm. conipara- tion. Berlin, Dümmler 1884. 8. XII, 282 p. 5 mk. G. Mahlow. Berliner Studien für klass. philologie hrsg. v. F. Ascherson. 1. hlbd. :

1. W. Gemalt, Untersuchungen über die quellen etc. der Geoponica;

2. E. Kuhnert, de cura statuarum apud Graecos. Berlin 1883, Calvary. VIII, 356 p. 8. 7 mk. 50 pf. E Maaß. - J. Cortese, de M. Poreii Catonis vita operibus et lingua. Ed. IL Savone 1884. 8. 173 p. 4 mk. 50 lire. S. Jordan. Monumenta tachygraphica cod. Par. lat. 2718 ed. Guil. Schmitz. Fase. II. Hannover, Hahn 1883. 8. VII, 31 p. 4. 10 mk. Trattenbach F. Gregor ovius , der kaiser Ha- drian. Stuttgart, Cotta 1884. 8. X,505p. El, Elebs. L. M. Mitchell, a history of ancient sculpture. London Paul, Trench & co. 1883. 8. XXXI, 766 p. 12.50 doli. u. Selections from ancient scul- pture. A Supplement to a Historv of ancient sculpture. 20 plates phototyp. by A. Fritsch. New York, Dodd Mead & co. 1883. fol. 4 doli. A. Furtwlinqler. Aristophanis Ecclesiazusae rec. A. v. Veiten. Leipzig, Teubner 1883. 8. VIII, 96 p. U. v. Wila- mowilz-MöUendorff. T. Macci Plauti Stichus rec. Fr. Ritsche- lius. Ed. U a G. Goetz recogn. Lpz., Teubner 1883. 8. XVI, 111 p. 3 mk. 60 pf. A. Spengel. C. Bursian, geschickte der klassischen philologie in Deutschland. München, Oldenburg 1883. 8. VIII, 1271 p. 14 mk. 50 pf. M. Hertz. Ph. Weber, entwicklung der absichtssätze. 1. abth.: von Homer bis zur attischen prosa. Würz- burg, Stuber 1884. 8. VII, 138 p. 3 mk. W. Dittenberger.

No. 19. W. v. Humboldt, sprachphilosophische werke hrsg. von H. Steinthal. 1. u. 2. hälfte. Berlin, Dümmler 1883. 1884. 699 p. 18 mk. A. Bezzenberger. K. P. 'Payxaßijs, 6 y.u&' "Ofi^gov olxtaxog ßio(. Leipzig, Drugulin 1683. 8. XVI, 224 p. 5 mk. J.Renner. O. Crusius, Analecta critica ad paroemiographos Graecos. Lpz., Teub- ner 1883. 8. 174 p. E. Maaß. E. Appel, de genere neutro in- tereunte in lingua latina. Erlangen, Deichert 1883. 8. 121 p. 2 mk.

43*

624 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 12.

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No. 20. E. Buchholtz, die homerischen realien. Bd. II. Oeffent- liches und privates leben. 2. abth.: das privatleben. Lpz. , Engel- mann 1883. 8. XII, 332 p. 5 mk. J. Renner. A.frhr.v. Wars- berg, homerische landschaften- Wien, Graeser 1884. 8. XII, 271 p. 8. 8 mk. O. Benndorf. B. Kekule, de tribus Pseudacronianorum scholiorum fontibus. "Wien, Konegen 1883. 8. 49 p. 1 mk. F.Leo.

G. Treu, sollen wir unsere statuen bemalen? Berlin, Oppenheim 1884. 8. 40 p. 1 mk. R. Kekule.

No. 21. Catulls buch der lieder. Deutsch v. R. Westphal. Lpz., Leuckart 1884. 8. VIII. 167 p. 2 mk. 40 pf. K. Schenkt. - Iuve- nalis et Persii fragmenta Bobiensia edita a G. Goetz. Jena 1884. Iod. lect. 10 p. F. Leo. G. F. Hertzberg, griechische geschichte. Halle a. S., Waisenhaus 1884. 8. VIII, 695 p. 4 mk. 80 pf. Holm.

G. A. Oberziner, i Reti in relazione cogli antichi abitatori d'Italia. Rom, Artero 1883. 8. XI, 262 p. 10 mk. Heibig.

No. 22. Flavius Iosephus, jüdische alterthümer übers, v. F. Kaulen. 2. aufl. Köln, Bachern 1883. 8. X, 696 p. 9 mk. C. Siegfried. Sylloge inscriptionum graecarum ed. Gull. Dittenberger. Lpz., Birzel

1883. VIII, 805 p. 8. 16 mk. G. Hinrichs. Ä. Biese, die ent- wicklung des naturgefühls bei den Römern. Kiel, Lipsius u. Tischer

1884. 8. VI, 210 p. 4 mk. J. Renner. O. Gilbert, geschichte u. topographie der stadt Rom im alterthum. l.abth. Leipzig, Teub- ner 1883. 8. 368 p. 6 mk. R. Foerxter.

No. 23. JB. Zeller, grundriß der geschichte der griech. philoso- phie. Lpz., Fues 1883. 8. X, 317 p. 4 mk. 40 pf. E. Heiiz. Chronicon Parium rec, et praefatus est J. Flach. Tübingen , Fues 1884. 8. XVII, 44 p. 2 mk. 40 pf. A. Schoene. G. Heep, quae- stiones Callimacheae metricae. Bonn. Diss. 1884. 8. 44 p. U. v. Wilamoivitz-Müllend orff. E. Hoffmann, studien auf dem gebiete der lateinischen syntax. Wien, Konegen 1884. 8. IV, 134 p. 3mk.60pf.

No. 24. M. Hecht, zur homerischen Semasiologie. Königsberg 1884. 8. 29 p. G. Hinrichs. Rh. Braun, der gebrauch von ovrog in der Ilias. Marburg, Elwert 1883. 8. 36 p. 75 pf. M. Schanz.

No. 25. E. Pottier, quam ob causam Graeci in sepulcris figlina sigilla deposuerint. Paris, Thorin 1883. 8. 124 p. C. Robert. Ludw Buchhold, de paromoeoseos (adlitterationis) apud veteres Ro- manorum poetas usu. Leipzig, Lorentz 1883. 8. 110 p. lmk.50pf. P. Langen. R. Adamy, architektonik auf histor. u. ästhet. grund- lage. Bd. I, abth. 4, II, 1. Hann., Helwing 1883. 1884. 8. Bers., einführung in die antike kunstgeschichte. Hannov., Helwing 1884. 8. 194 p. 3 mk. Fr. Schneider.

No. 26. G. Löschcke, de Pausaniae descriptione urbis Athenarum quaestiones. Dorpat 1883. 8. 26 p. 4. Lolling. A. Marx, hülfs- büchlein für die ausspräche der lateinischen vocale in positionslangen silben. Mit vorw. von Franz Bücheier. Berlin , Weidmann 1883. 8. XII, 80 p. 2 mk. 40 pf. H. Keil. H. Malzut, römische Chrono- logie. Bd IL Berlin, Weidmann 1884. 8. VII, 424 p. 8 mk. G. F. Unger.

No. 27. Aeschyli Agamemno. Emend. D. S. Margoliouth. Lon- don, Macmillan 1884. 8. 72 p. G. Kaibel. K. Sittl, geschichte der griech. litteratur bis auf Alexander d. gr. I. theil. München, Ackermann 1884. 8. VI, 359 p. 4 mk. 80 pf. Ph. R. de la Blun- chere, de rege Iuba regis Iubae filio. Paris, Thorin 1883. 8. 154 p. O. Hirschfeld. H. Nissen, italische landeskunde. 1. bd. Berlin, Weidmann 1883. 8. VIU, 566 p. 8 mk. F. v. Duhn. - F. Stud-

Nr 12. Auszüge aus Zeitschriften. 625

niczka, vermuthungen zur griechischen kunstgeschichte. Wien, Kone- gen 1884. 8. 48. 3 mk. C. Robert.

No. 29. Sophocles the plays and fragments with critical notes by R. C. Jebb. Part I: Oedipus Tyrannus. Cambridge 1883. 8. XLVIII, 327 p. G. Kaxbel. A. Nitzschner, de locis Sallustianis qui apud scriptores grammaticos veteres leguntur. Hannover 1884. 8. 103 p. A. Scheindler. Leop. Hervteux, les t'abulistes latins. Phedre et ses anciens imitateurs. T. 1. II. Paris, Didot 1884. 8. VI11, 729, 851 p. 30 trcs. E. Voigt. M. Albert, de villes Tiburtinis prin- cipe Augusto. Paris, Thorin 1&83. 8, 92 p. H. Nissen. G. Per- rot et Charles Chtpiez, histoire de l'art dans l'antiquite. T. II: Chal- de'e et Assyrie. Paris, Hachette 1884. 8. 802 p. 30 frc. Sehrader.

No. 30 Scholia in Pindari Epinicia ed. Eug. Abel. Fase. I. Vol. II. Berlin, Calvary 1883. 8. 160 p. 5 mk. U. v. Wüamowitz- Möllendorff. R Schubert, geschiebte der könige von Lydien. Breslau, Koebner 1884. 8. 132 p. 3 mk. A. Bauer.

No. 31. R. Hirzel, Untersuchungen zu Cicero's philosoph. Schriften. Theil 111: Academica priora. Tuscul. disput. Leipzig, Hirzel 1883. 8. 576 p. 12 mk. E. Wellmann. J. L. Heiberg, philolog. Studien zu griech. mathematikern. Lpz , Teubner 18"4. 8. 1 mk. Arcbi- medis opera omnia cum commentariis Eutocii ed. J. L Heiberg. Vol. III. Leipz., TeubDer 1881. LXXXIX, 525 p. A. Eberhard. - A. Darbert, Seneque et la mort d'Agrippine. Leyden, Brill 1884. 8. II, 236 p. J. Pitw. L. Heuzey , les figurines antiques de terre cuite du Muse'e de Louvre. Paris, Morel 1883. 8. 31 p. 60 taff. R. Kekule.

No. 32. Susemihl, Franc, de carminis Lucretiani prooemio et de vitis Tisiae Lysiae Isocratis Piatonis Antisthenis Alcidamantis Gorgiae quaestiones epicriticae. (Index scholl.). Berlin, Calvary u. s. 1884. 8. XXII, p. 1 mk. 60 pf. E. Manß. Cornelii Taciti historia- rum üb. 1, ad fidem cod. Med. rec. C. Meiser. Berlin, Calvary 1884. 8. 88 p. /(/. Trümmer. 31. R. de In Blanehere, Terracine. Paris, Thorin 1884! 8. 218 p. 10 frc. H. Nissen. - Olympia. Nach den resultaten der deutschen ausgrabungen dargest. von R. Bohn. Plan mit text. Berlin u. Cassel, Th. Fischer 1884. 8. 16 mk. A. Furt- toäng/er.

No. 33. D Peipers, Ontologia Platonica. Lpz., Teubner 1884. 8. XIV, 606 p. 14 mk. Heitz. Ioannis Siobaei, Antbologii libri duo priores ed. C. Wachsmvth. Vol. I. II. Berlin, Weidmann 1884. 8. XL'. 502, 332 p. 18 mk. E. Hiller.

No. 34. Historicorum Romanorum fragmenta colleg. disp. rec. Herrn. Peier. Leipzig, Teubner 1883. 8. XXVIII, 428 p. 4 mk. 80 pf. O. Seeck. Anonymi de situ orbis libri duo. E cd. Leid, nunc pri- mum ed. Maximil. Maniüus Stuttgart, Cotta 1884. 8. XIV, 96 p. 5 mk. Rieh. Foerster.

No. 35. J. L. Heiberg, literargeschichtliche Studien über Euklid. Leipzig, Teubner 1882. 8. IV, 224 p. 5 mk. 60 pf. EucUdis Ele- mente ed. et latine interpretatus est J. L. Hriberg. Vol. I. Lpz., Teubner 1883. 8. X, 333 p. A. Eberhard. W. Meyer, die beob- achtung des wortaccents in deraltlat. poesie. München, Franz comm. 1884. 4. 120 p. F. Leo.

No. 36. Hoyer, Rud., de Antiocho Ascalonita. Bonn 1883. 56 p. 1 mk. 20 pf. Ed. Wellmann. Mutzbauer, Carl, der homerische ge- brauch der partikel /utp. I. Köln 18^4. 4. 23 p. G. Hinrichs. H. Mergnet, lexikon zu d. reden des Cicero. Bd. III. IV. Jena, Fi- scher 1882. 1884. 4. 852, 1065 p 106 mk. G. Andresen. R. Menge et <S. Preuß, Specimen lexici Caesariani. Mit Vorbemerkungen

626 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 12.

von R. Menge. Eisenach 1884. 4. VIII, 16 p. Ig. Prammer. Jahrbuch der kunsthistor. Sammlungen des (österr.) kaiserhauses. Bd. II. Nebst atlas. Wien, Holzhausen 1884. 238 p. u. CLXXXVIII p. 4. 120 p. W. v. S.

No. 37. G. A. E. A. Saalfehl, die lautgesetze der griech. lehn- wörter im lateinischen. Leipz., Winter 1884. 8. XI, 131 p. 2 mk. G. Mahlow. K. O. Müller, gesch. der griech. litteratur hrsg. v. E. Müller. Bd. I. II, 1. 4. aufl. bearb. v. Em. Heitz. Bd. II, 2 fortges. v. E. Heitz. Stuttgart, Heitz 1882. 1884. 8. XVI, 636, 212, VI, 462 p. 18 mk. E. Maaß. Th. Bergk , griechische litteraturge- schichte. Bd. III hrsg. v. G. Hinrichs. Berlin, Weidmann 1884. XII, 620 p. 7 mk. F. Blaß. Loewner, H. , der literar. Charakter des Agricola von Tacitus. Eger 1884. 8. 14 p. Ig. Prammer. Roh. Raffay , die memoiren der kaiserin Agrippina. Wien, Holder 1884. 8. 91 p. 2 mk. 40 pf. J. Plew. Joh. Overbeck, Pompei. 4. im verein mit Aug. Mau durcbgearb. u. verm. aufl. Leipzig, Engelmann 1884. 8. XVI, 676 p. 20 mk. R. Kekule.

No 38. L. v. Schroeder , Pythagoras und die Inder. Leipzig, Schulze 1884. 8. 93 p. 2 mk. R. Garbe. S. Natorp, forschun- gen zur geschichte des erkenntnißproblems im alterthum. Berlin, Hertz 1884. 8. VIII, 315 p. 7 mk. E. Weümann. E. Maaß, Analecta Eratosthenica. Berlin, Weidmann 1883. 8. 153 p. 3 mk. J. Schmidt. L. Dietrichson, Antinoos. Christiania. Aschehoug 1884. 8. XIII. 357 p. 7 mk. Ad Michaelis.

No. 39. R. Dahms, philologische Studien zur Wortbedeutung bei Homer. Berlin , Gaertner 1884 4. 28 p. 1 mk. G. Hinrichs. Ausführliches lexikon der griechischen u. römischen mythologie hrsg. v. W. H. Röscher. Liefg. 1—3. Lpz., Teubner 1884. 8. 544 p. 6 mk. E. Maaß.

No. 40. At>dct)(rj tov daiifixa unoGjöldtv Ixd. vno <t> i, ho &eo v B qvsvp iov. Konstantinopel, Butyra 1883. 8 q/*9-' u. 75 p. 8. Lip- sius. Lehre der zwölf apostel nebst Untersuchungen von Ad. Har- nack. Leipzig, Hinrichs 1884. 8. 294 p. 10 mk. H. Eoltzmann. E. Hardy, der begriff der physis in der griechischen philosophie. I.th. Berlin, Weidmann 1884. 8. 229 p. 6 mk. E. Zeller. Denkmäler des klass. alterthums hrsg. v. A. Baumeister. München , Oldenbourg 1884. 8. VIII, 96 p. 2 mk. R. Foerster. - O. Lücke, Göthe und Homer. Nordhausen 1884. 4. 51 p. W. Scherer. A. Furtwängler, der goldfund von Vettersfelde. Berlin, G. Reimer 1883. 4. 52 p. 3 mk. G. Loeschke.

No. 41. JH. Siebech, geschichte der psychologie. Theil I, abth. 2: die psychologie von Aristoteles bis zu Thomas von Aquino. Gotha, Perthes 1884. XI, 531 p. 8. 11 mk. Fr. Susemihl. B. Delbrück, einleitg. in das Sprachstudium. 2 aufl. Lpz. , Breitkopf u. Härtel 1884. 8. X, 146 p. 3 mk. Joh. Schmidt. Charles Graux, notices bibliographiques publ. par Ch. Emile Ruelle. Paris, Vieweg 1884. 8. XII, 360 p. 8 mk. E. Maaß. Karl Reuter, die Römer im Mattia- kerland. Mit 2 taff. Wiesbaden, Niedner 1884. 8. 50p. 2mk.40pf. Bormann.

No. 42. Aristotelis de anima libri III rec. Guil. Biehl. Leipzig, Teubner 1884. 8. VI, 136 p. 1 mk. 20 pf. Fr. Susemihl. George Lafaye, Histoire du culte des divinites d'Alexandrie Serapis Isis etc. hors de l'Egypte. Paris, Thorin 1884. 8. 342 p. 9 frcs. O. Puchstein.

No. 43. Dionysii Thracis ars grammatica ed. Gustavus Uhlig. Leipzig, Teubner 1884. 8. C, 224 p. 8 mk. E. Maaß. Hugo Blümner , technologie und terminologie der gewerbe und künste bei

Nr. 12. Auszüge aus Zeitschriften. 627

Griechen und Römern. Bd. III. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 343 p. 10 mk. 80 pf. G. Hirschfeld.

No. 44. H. Mensel, Lexicon Caesarianum, fasc. I. Berlin, Weber 1884. 8. 191 p. 2 mk. 40 pf. lg. Prammer. Sigm. Preuß, vollst. lexikon zu den pseudocäsar. Schriftwerken. Theil 1: Bell. Gall. VIII u. Bell. Alex. Theil II: Bell. Ah-, u. Hisp. Erlangen, Deichert 1884. 8. 433 p. 8 mk. Ig. IJrammer. C. Fuchs, geschichte des kaisers L. Septimius Severus. Wien, Konegen 1884. 8. IX, 124 p. 3 mk.

0. Seeck.

Literarisches Centrulblatt hrsg. v. F. Zunicke 1884, no. 17: Voigt, M., die XII tafeln geschichte und System. Bd. I. IL Leipz., Liebes- kind 1883. 8. XII, 859, X, 845 p. 30 mk. L(e?iel). Sammlung der griech. dialekt-insehriften hsg. v. FL. Colhtz. Heft 1. 2. Göttin- gen, Peppmüller 1883. 8. 142 p. ä 2 mk.

No. 18. Schiller, Herrn., geschichten der römischen kaiserzeit. Bd.

1, 1. Gotha, Perthes 1883. «. VIII, 496 p. 8 mk. A. Müller, Emil, beitrage zur erklärung des königs Oedipus des Sophokles. I. IL Lpz., Teubner 1884. 4. 71 p. H. St. Sallusti de bello Iugur- thino erkl. v. J. H. Schmäh. Gotha, Perthes 1883. 8. IV, 137 p. 1 mk. 20 pf. A. F(ußner).

Nr. 19. Jung, J., leben u . sitten d. Römer in d. kaiserzeit. 2. abth. Lpz., Freytag 1883. 8. IV, 200 p. 1 mk. Herodiuni ab excessu divi Marci hbri octo. Ed. L. Mendelssohn. Lpz., Teubner 1883. 8. XIX, 235 p. 6 mk. 80 pf. B(laß). Res gestae divi Augusti ed. Th. Mammaen. Accedunt tabb. XL Berlin, Weidmann 1883. XCVH, 223 p. 12 mk. Nissen, Heinr., italische landeskunde. bd. I. Berl., Weidmann 1883. 8. VIII, 560 p. 8 mk. Kirchhof.)

No. 20. Pfordten , Herrn, v. d. , zur geschichte des griechischen perfectums. München, Kaiser 1882. 8. III, 64 p. 1 mk. 60 pf. S.e. Cicero's rede f. L. Flaccus Erkl. von A. du Mesnil. Lpz., Teubner 1883. 8. VI, 255 p. 3 mk. 66 pf. A. E{ußner).

No. 21. Maaß, E., Analecta Eratosthenica. Berlin, Weidmann 1883. 8. 153 p. 3 mk. B(erge)r. Overbech, Job.., Pompeji. 4., im verein mit A. Mau durcbgearb. aufl. Lpz., Engelmann 1884. 8. XVI, 4, 676 p. 20 mk. T. Schreiber.)

No. 22. Jebb, R. C, die reden des Thukydides. Uebers. von J. Imelmann. Berl., Weber 1883. 8. 1H, 65 p. 1 mk. 60 pf. B(laß).

No. 23. Weidner, A. , kritische beitrage zur erklärung der grie- chischen tragiker. Darmstadt, Winter 1883. 8. 67 p. J. Kvicala.

A. Gellü, noctium Atticarum libri XX ex rec. et cum app. critico Martini Hertz. Vol. I. Berlin, Hertz 1883. 8. VIII, 447 p. 10 mk. A. F(ußner). Kekule , R., zur deutung und Zeitbestimmung des Laokoon. Mit 2 taff. Stuttgart, Spemann 1883. 8. 47 p. 4 mk. Sch{reibe)r.

No. 24. Heiberg, J. L. , philolog. studien zu griech. mathemati- kern. IV. Ueber den dialekt des Archimedes. V. Interpolationen in den schritten des Archimedes. Lpz., Teubner 1884. 8. 35 p. 1 mk.

PlutarcK's Themistokles für quellenkritische Übungen commentiert v. A. Bauer. Lpz., Teubner 1884. 8. IV, 104 p. 2 mk.

No. 25. Saalfeld, G. A. E. A., haus und hol' in Rom im spiegel griech. cultur. Paderborn, Schöningh 1884. 8. V, 274 p. 4 mk. Schurz, Guil., de mutationibus in imperio romano ordinando ab Ha- driano factis. Bonn, Strauß 1883. 8. VI, 68 p. 2 mk. Archi- medis neoi oxov/uivvjv lib. I, graeca restit. J. L. Heiberg. (Aus Me- langes Graux). Paris, Thorin 1884. 8.

No. 26 Hertzberg, Gust. Frdr. , griechische geschichte. Halle, Waisenhaus 1884. 8. VIII, 635 p. 4 mk. 80 pf. Ziemer, H., ver-

628 Auszüge aus Zeitschriften. Nr. 12.

gleichende syntax der indogermanischen comparation. Berlin, Dümm- ler 1884. 8. XII, 282 p. 5 mk. B(ru)gm(an). StadtmüUer, Hugo, Eclogae poetarum Graecorum. Lpz., Teubner 1883. 8. XXIV, 434 p. 2 mk. 70 pf.

No. 27. Saalfeld, G. A. E. A., die lautgesetze der griech. lehn- wörter. Lpz., Winter 1884. 8. XI, 131 p. 2 mk.

No. 28. Bergk, Th., griech. litteraturgeschichte. 2. bd. hrsg. v. G. Hinrichs. Berl., Weidmann 1883. 8. XI, 544 p. 6 mk. E. R{ohde).

No. 29. Trenddenburg, Ad., die Laokoongruppe und der Gigan- tenfries des pergamenischen altars. Vortrag. Berlin , Gaertner 1884. 8. .1 mk. 20 pf. K. L(ange.)

No. 30. Jeep, L., quellenuntersuchungen zu den griech. kirchen- historikern. Lpz., Teubner 1884. 8. 178 p. Flach, Hans, ge- schichte der griech. lyrik. IL Tübingen, Fues 1884. 8. XIII, p. 359

698. 6 mk. 20 pf. Meyer, L. , vergleichende grammatik der griechischen und lateinischen spräche. I. bd., 2. hälfte, 2. anfl. Ber- lin, Weidmann 1884. 8. VIII, 641- 1270 p. 9 mk. B(rug)m{an).

No. 31. Schröder, O., thier- u. pflanzengeographie im lichte der Sprachforschung. Berl., Habel 1884. 8. 32 p. 50 pf. B{ru)gm(un).

No. 32. Gregorovius, F., der kaiser Hadrian. 2. aufl. Stuttgart, Cotta 1884. 8. X, 505 p. 10 mk. - Müller, Joh., der stil des äl- teren Plinius. Innsbruck, Wagner 1883. 8. XI, 158 p. 4 mk. A. E{ußner). Hqffmann, E., Studien auf dem gebiete der latein. syntax. Wien, Konegen 1884. 8. VII, 134 p. 3 mk. 60 pf.

No. 33. Schiller, H., Geschichte der röm. kaiserzeit. Bd. I. Abth. 2. Gotha, Perthes 1883. 8. IV, 980 p. 9 mk. Dittenberger, Guil., sylloge inscriptionum graecarum, fasc. I. IL Leipzig, Hirzel 1883. 8. 805 p. Stanql, Thom. , der sog. Gronovscholiast der elfCiceron. re- den. Lpz., Freytag 1884. 8. III, 82 p. 2 mk. 40 pf. - Cicero's rede für S. Roscius aus Ameria hrsg. v. G. Landgraf. 2. hälfte. Com- mentar. Erlangen, Deichert 1884. 8. p. 119-427. 4 mk. A. E{ußner).

Sybel, L. v., kritik des aegyptischen Ornaments. Archaeolog. studie. Marburg, Elwert 1883. 8. 1 mk. 20 pf.

No. 34. Kämpen, Alb. v. , orbis terrarum antiquus in scholarum usum descriptus. Gotha, Perthes 1884. 8. 16 kart. F. R. Ano- nymi de situ orbis libri duo. E cod. Leid. ed. Max Manitius. Stutt- gart, Cotta 1884. 8. XV, 97 p. 5 mk. B{erge)r.

No. 35. I'ühlmann, R., die Übervölkerung der antiken großstädte. Leipzig, Eirzel 1884. 4. VI, 169 p. 4 mk. 20 pf. W. R. Christ, W., Homer oder Bomeriden. München, Franz 1884. 4. 90 p. 2mk.70pf. P. C(auer). Edon, G., nouvelles etudes sur le chant Lemural les Freres arvales et l'ecritnre cursive des Latins. Paris, Belin 1884. 8. XVI, 232 p. Aq.

No. 36. Wattenbach, Wilh., scripturae Graecae specimina. Ed. IL Berlin, Grote 1883. fol. III, 17 p. 30 taff. W. A. - T. Macci Plauti comoediae. Fasc. IV. Sticbus rec. F. Ritschi ed. II a G. Goetz recogn. Fasc. V. Poenulus recc. G. Goetz et G. Loewe. Lpz., Teub- ner 1884. 8. Ag. Noväk , J. v. , Piaton und die rhetorik. Lpz., Teubner 1883. 8. 99 p. 2 mk. 40 pf. W(o)hlr{a)b.

No. 37. Aeschyli Agamemno. Em. D. S. Margoliouth. London, Macmillan 1884. 8. V, 72 p. H. St. Homeri Iliadis carmina seiuncta discreta emendata prolegg. et appar. critic. instr. Guil. Christ. Pars I. Lpz., Teubner 1884. 8. IV, 398 p. 8 mk. P C{auer). Poggi, Vitt. , Appunti di epigraphia etrusca. Parte I. Genua 1884. 8. 61 p. Pa{uli).

No. 38. Datiert, H. , Seneque et la mort d'Agrippine. Leiden, Brill 1884. 8. II, 236 p. 5 mk. Sittl, Karl, geschichte der grie-

Nr. 12. Auszüge aus Zeitschriften. 629

einsehen litteratur bis auf Alexander d. gr. 1. thl. München, Acker- mann 1884. 8. XVI, 357 p. 4 mk. 80 pf. B. Morosi, Gius. , il significato della leggenda della guerra troiana. Parte I. Turin, Lö- scher 1883. 8. 95 p. Merguet, H., lexikon zu den reden des Ci- cero. Bd. 3. 4. Jena, Fischer 1882. 1884. II, 852, H, 1065 p. 46 u. 60 mk. A. E{ußner).

No. 39. Demosthene les playdoyers politiques. Texte grec p. p. H. Weil. Serie I. 2. ed. Paris, Hachette 1883. 8. VIII, 569 p. B(laß). Sammlung der griech. dialektinschriften hrsg. v. LI. Collitz. Heft III: die boeotischen inschriften von Rieh. Meister. Göttingen, Peppmüller 1884. 8. 5 mk. P. C(auer). Schliemnnn , EL , Troja. Mit vorrede von A. H. Sayce. Leipzig, Brockhaus 1884. 8. XLV, 462 p. 30 mk. F. M.

No. 40. Fuchs, Carl , beitrage zur beschichte des kaisers Septi- mius Severus. Wien, Konegen 1884. 8. IX, 124 p. 3 mk. A. Weber. Philipp, entwicklungsgeschichte der absichtssätze. 1. abth. Von Homer bis zur attischen prosa. Würzburg, Stuber 1884. 8. V, 138 p. 3 mk. R. K. Cohn, Leop.. Untersuchungen über die quel- len der Plato-scholien. Lpz , Teubner 1884. 8. 92 p. 2 mk. 20 pf.

Wohlrah. Schweder. E.. beitrage zur kritik der chorographie des Augustus. Theil 3. Kiel . Schwers 1883. 8. 59 p. B(erge)r. Lepsius, R. . die längenmaße der alten. Berlin, Hertz 1884. 8. III, 110 p. F. H(ultsch).

No. 41. Wordsworth , Joh., old latin biblical texts : no. 1. the gospel aecording to St. Matthew. Oxford, Clarendon preß 1883. 4. XLHI. 79 p. R. Müller, Carl Otiried, geschichte der griechischen litteratur bis auf das Zeitalter' Alexanders fortges. v. E. Heitz. Bd. 2. Hälfte 2. Stuttgart, Heitz 1884. 8. VI, 462 p. B(laß).

No. 42. LLarpf, Adf. , die ethik des Protagoras. Heidelberg, Weiß 1884. 8. 72 p. 1 mk. 80 pf. Wohlrah. Eelhig, W , das ho- merische epos aus den denkmälern erläutert. Archäolog Untersu- chungen. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII. 353 p. 11 mk. 20 pf. F Dummler. L)eecke, W. , die etruskischen beamten- u. priester- titei. Stuttgart, Heitz 1884. 8. XU, 70 p. 4 mk. Fa(uä). Ks- Qctjutvs, Tl., noog Sijxat tig to. ow^ofitvu iwv »oyaiüiv [xnoaXüywv l| Aq- fAtyixwv mijusvujy Constantinopel 1884. 27 p. 4. F. S(ultsch).

No. 43. Kaerst, krit. Untersuchungen zur gesch. des 2. Samniter- krieges. Leipzig, Teubner 18^4. 8. 45 p 1 mk. 20 pf. Duticker, Max, geschichte des alterthums. N. f. Bd. 1. Lpz., Duncker u. Hum- blot 1884. 8. XI, 478 p. E. M{eyer).

No. 44. Toldo, Luigi, i carmi di C. Valerio Catullo tradotti ed annotati. Imola, Galeati 1883. 8. LXIX , 351 p. R. Wg. Aus- führl. lexikon der griech. u. röm. mythologie hrsg. v. W. H. Röscher. lief. 1 3. Leipzig, Teubner 1884. 8. 544 p. a "lfg. 2 mk.

No. 45. Schröder, L. v. , Pythag> ras und die Inder. Leipzig, O. Schulze 1884. 8. 93 p. 2 mk. Müller, H. D.. sprachgeschicht- liche Studien. Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1884. 8. IV, 201 p. 4 mk. 40 pf. B{rn)gm{cni). Ludteich, Arthur, Aristarchs homerische textkritik. Th. I. Leipzig, Teubner 1884. 8. VIII, 635 p. 12 mk P. C(auer). Dionysü Thrucis ars grammatica ed. G. Uhlig. Leipzig. Teubner 1884. 8. LVI, 222 p. 8 mk. B{/aß).

Neue Jahrbücher für philologie und pädagoc/tk herausgegeben von A. Fleckeisen, bd. CXXIX, hft. 3: 22. Homerische probleme, von F. Weck, p. 145 153. 23. Sparta und der ionische aufstand, von G. BusoU, p. 154- 158. 24. Zu Sophokles Elektra 1394 v. G. H.Müller.

25. Zu Parmenides v. K. J. Liebhold. 26. Zu Isaios, v. K. Lugebil, p. 161 167. 27. Miscellen zur älteren römischen geschichte, von F.

630 Literatur. Nr. 12.

Cauer, p. 168—176. 28. Die eleganz des Terentius im gebrauch des adjectivums, von P.Barth, p. 177—182. 29. Zu Catullus 45, 8. 17 von K. P. Schulze, p. 182—164. Zu Livius v. M. Müller u. F. Hei- denhain, p. 165 192. 31. Nochmals Ovidius gedichte aus der Ver- bannung und die Varusschlacht von Th. Matthias, p. 193. 32. Zu Eutropius v. C. Schröder, p. 216. 33. Berichtigung zu Th. ßergk's beitrage zur röm. Chronologie von G. Henrichs, p. 220.

Hft. 4 u. 5 : 36. Untersuchungen zur griechischen geschichte. I. die Perser-expedition nach Delphoi, von H. R. Pomtow, p. 225 263.

37. Zu Thukydides, von K. J. Liebhold, p. 263-264. - 38. Die i%(üTiQt,xoi köyoi, bei Aristoteles und Eudemos, von F. Susemihl, p. 265 —277. 39. Zu Lukianos, von J. Sommerbrodt, p. 277—282. 40. Zu Plutarchos, von F. L. Lenlz, p. 282- 284. 41. Der becher des ziegenhirten bei Theokrit (I, 27 ff.), von K. Zacher, p. 285—288.

42. Zu Demosthenes friedensrede 24), von K. J. Liebhold, p. 288.

43. Die strophische gliederung in den stichischen partien des Teren- tius, von K. Meißner, p. 288- 330. - 44. Die Chronologie der corre- spondenz Ciceros seit Caesars tode , von O. E. Schmidt, p. 331 350. 45. Wann wurde Apollon zum Sonnengott, von P. Stengel, p. 351 352.

Rheinisches museum , bd. XXXIX , hft. 4 : Ueber die anordnung der figuren im ostgiebel des Zeustempels zu Olympia , (mit einer tafel), von R. Kekule , p. 481. Zur kritik der rhetorik des Ari- stoteles, von A. Römer, p. 491. Beiträge zur textkritik des Mar- tial , von W. Gilbert, p. 411. Die reihenfolge der Eklogen in der vulgata des Stobäischen „Florilegium" (schluß), von O. Hense, p. 521. Oskische helmaufschriit, von F. Rücheier, p. 558. Hesiod's fityäkat, 'Holen, bei Pausanias, von A. Kalkmann, p. 561.

Zur textkritik der seboliasten ciceronischer reden, (schluß), von Th. Stungl, p. 566. Ein lehrgedicht des Plutarch , von C. Cru- sius, p. 581. Ueber die la/ulcu und das archontenja.hr des Themi- stokles, von Th. Bergk, p. 607. Miscellen: Coniectanea. Scripsit F.R., p. 620. Die Ioner in der schlacht bei Salamis, von A. Bauer, p. 624. Reinesius über Timokles den teratologen, von O. Crusius, p. 627. Dialogus de or. 32, von O. Ribbeck, p. 629. Zu Apulems, von L. Traube, p. 630. Eine Lucianhandschriit in der bibliothek zu Upsala, von J. Sommerbrodt, p. 630. Zum Horaz-commentar des Scaurus, von K. Zangemeister, p. 634. Zur römischen topographie (vita Sept. Severi 19), von demselben, p. 635. Zu den römischen itinerarien, von demselben, p. 636. Etruskisches, von W. Deecke, p. 638.

Literatur,

(dem Philologus und Ph Anzeiger zugesandt.)

Christ, W. , Homer oder Homeriden. München 1884. 4. 90 p. (Aus abhandlungen der bayer. acad. der wissensch. I. cl. XVII. bd. Abth. 1).

Furipides Medea zum schulgebrauche mit erklärenden anmerkun- gen versehen von Wolfgang Bauer. 2. aufl. durchgesehen von N. Wecklein. München 1883. 8. 82 p.

Althaus, Karl, Coniectanea in aliquot locos Baccharum Euripidis. Spandau 1884. 4. Progr. 22 p.

Schmidt, Moriz, zweiter textkritischer beitrag zu den Trachinie- rinnen. Aus Melanges Greco-romains. Tome V. St. Petersbourg 1884.

Bloch , G. , de decretis funetorum magistratuum ornamentis. De decreta adlectione in ordines funetorum magistratuum usque ad mu-

Nr. 12. Literatur. 631

tatam Diocletiani temporibus rem publicain accedit appendix epigra- phica. Lutetiae Paris. 1883. 8. VIII, 178 p.

les origines du se"nat romain. Recherches sur la foraiation et la dissolution du senat patricien. Paris, Tborin 1883. 8. VIII, 334 p.

Bludau, Aloisius, de fontibus Frontini. Brunsbergae 1883. 8. (Diss. Regiorn.). 44 p.

Raffay , Robert, die memoiren der kaiserin Agrippina. Wien, Hoelder 1884. 8. 91 p.

Singer, J., humanistische bildung und der klassische Unterricht. Die beiden Elektren. Zwei streifzüge in die gebiete der paedagogik und der philologischen kritik. Wien, Konegen 1884. 8. X,88p. 2 mk.

Fuchs, Carl , geschichte des kaisers L. Septimius Severus. Wien, Konegen 1884. 8. VIII, 124 p.

Jonas, Jos., de Solone Atheniensi. Monasterii Guestph. 1884. 8. 76 p. Diss.

Dohenntz, 0., die erd- u. Völkerkunde in der weltchronik des Rudolf von Hohen-Ems. § 7 : quellen u. Urquellen der vorläge Ru- dolfs. (Aus Zeitschr. f. deutsche philologie. Bd. XIII).

[Arislotelw Ethica Eudemia. Eudemi Rhodii Ethica adiecto de vir- tutibus et vitiis libello recogn. Franc. Susemthl. Lipsiae , Teubuer 1884. 8. XXXVIII, 199 p. '

Anstotelts de anima libri III. recogn. Guil JBiehl. Lipsiae, Teub- uer 1884. 8. VI, 136 p.

Ovidius Naso , P., ex iterata R. Merkelii recognitione. Vol. III. Tristia. Ibis. Ex Ponto libri. Fasti. Lipsiae, Teubner 1884. 8. XL1I, 355 p.

Euclidis opera omnia ed J. L. Heiberg et H. Menge. Euclidis Elementa ed. et latine interpretatus est J. L. Heiher g. Vol. II, libr. V-IX continens. Lipsiae, Teubner 1884. 8. XXI, 438 p.

Plotini Enneades praemisso Porpbyriide vita Plotini deque ordine librorum eius libello ed. Ric. Volkmann. Vol. IL Lipsiae , Teubner 1884. 8. LVI, 526 p.

Ciceronis, M. Tullii, scripta quae manserunt omnia, recogn. C. F. W. Müller. Part. I, vol. I, recogn. Gud. Friedrich. Lipsiae, Teubner 1884. 8. CXXV, 236 p.

Benicken, Bans Karl, studien und forschuugen auf dem gebiete der homerischen gedichte und ihrer literatur. Registerband. Inns- bruck, Wagner 1884. 8. p. 1314-1487.

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Fick, Aug., die Odyssee in der ursprüngl. sprachform hergestellt.

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Fokke, A., rettungen des Alkibiade6 I. Emden 1883. 8. 8

Nr. 12. I. Index der beurtheilten Schriften. 633

Gellii Noctium Atticarum libri XX ex rec. et cum app. crit. M.

Hertzii. Berlin 1883. 8. 442

Gemoll, W. Untersuchungen über die Geoponica. Berlin 1883. 8. 435 Gerher, A., naturpersonification in poesie u. kunst der alten. Lpz.

1883. 144

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Gurlitt, L., die hriefe Cicero's an Brutus. Göttingen 1883. 8. 315

Halbfaß, Wilb., die berichte des Piaton und Aristoteles überPro- tagoras. Leipzig 1882. 8. 522

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Herzog, Ernst, geschiente und System der römischen Staatsverfas- sung. Bd. I. Leipzig 1884. 8. 562

Hillmann, Fr., de arte critica in Orphei Argonauticis factitanda. Lpz. 1883. 8. 270

Hirzel, Rud., Untersuchungen zu Cicero's philosophischen Schriften. Theil II. Leipzig. 1882. 8. 208

Hoffmann , Em., studien auf dem gebiete der lateinischen syntax. Wien 1884. 8. 260

Juehns, Max, Caesars kommentarien u. ihre historische u. kriegs- wissenschaftliche folgewirkung. Berlin 1883. 8. 32

Ilberg, Job., studia Pseudippocratea. Leipzig 188o. 8. 16

Keil, H., de libris mss. Catonis de agri eultara. Halae 1882. 4. 295

Kinch, C. F., quaestiones Curtianae. Kopenhagen 1883. 8. 34

Kirchner, Jo. E., de litis instrumentis quae extant in Demosthenis quae fertur in Lacritum et priore adversus Stephanum Oratio- nibns. Halle 1883. 8. 385

Kleinschmit , M. , de Lucili saturarum genere dicendi. Marburg 1883. 8. 292

Kuhnert, E., de cura statuarum. Berlin 1883. 8. 141

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634 I. Index der beurtheilten Schriften. Nr. 12.

P-

Natorp, F., forschungen zur geschichte des erkenntnißproblenis

im alterthum. Berlin 1884. 8. 548

Oberhummer, Eug., Phoenizier in Akarnanien. München 1882. 8. 51 Orphei Lithica. Acced. Hornigerem de lapidibus. Rec. E. Abel.

Berlin 1881. 8. ' 270

Ovidii Nasonis. P., Ibis ed. R. Ellis. Oxford 1881. 8. 397

Pappageorg, P. N., beitrage zur kritik des Sophokles 1. Jena 1883. 8. 379 Paucker, C, Supplementuni lexicorum Latinorum 1—4. Berlin

1883—84. 8. 497

Plauti comoediae. T. II, fasc. 5. Poenulus edd. G. Götz et G.

Loewe. Leipz. 1884. 8. 393

Plauti comoediae rec. J. L. Ussing. Vol. IV, 2. Kopenhagen 1883. 438 Ranke, L. v., Weltgeschichte. Bd. 2. 3. Leipz. 1881. 83. 8. Bd. 4.

ib. 1883. 46. 330

Rauchenstein, H., der feldzug Caesars gegen die Helvetier. Zürich

1882. 8. 307

Rubner, H., de oratoris Tnlliani codice Laurentiano. Speier

1882. 8. 458

Ruete , E. , die correspondenz Cicero's in den jähren 44 und 43.

Marburg 1883. 8. 315

Rumpel, j., Lexicon Pindaricum. Leipzig 1883. 8. 98

Saalfeld, G. A., der hellenismus in Latium. Wolfenbüttel 1883 8. 266 Schaefer, A., abriß der quellenkunde der griechischen und römi- schen geschichte. Abth. 1. 3. aufl. Lpz. 8. Abth. 2. ib. 1881. 125 Schiller, H., geschichte der röm. kaiserzeit. I, 2. Gotha 1883. 8. 235 Schleussinger, A., studie zu Caesars Rheinbrücke. München 1884. 8. 531 Schmidt , 0. E. , zu Cicero's briefwechsel mit Brutus. (Leipzig

1884). 8. 315

Schneider, G., Piatos auffassung von der bestimmurig des menschen.

Gera 1883. 4. 102

Scholia Hephaestionea altera ed. a. Guil. Hoerschelmann. Dorpat

1882. 8. 205 Sech, F., de Pompei Trogi sermone 1. 2. Constanz 1881. 1882. 4. 312 Stamm, P., adnotationes ad M. Tullii de divinatione libros. Roes-

sel 1881. 4. 117

Stroebel, E. , de Ciceronis de oratore librorum codieibus mutilis.

Erlangen 1883. 8. 41

Sylloge inscriptionum Boeoticarum comp. Guil. Larfeld. Berlin,

Reimer 1888. 8. 85

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Traube, L., Varia Hbanienta critica. München 1883. 8. 404

JJhlig, G., zur Wiederherstellung des ältesten occidentalischen com-

pendiurns der grammatik. 103

Umbrica interpretatus est F. Bücheier. Bonn 1883. 8. 173

Unger, G. F., Kyaxares und Astyages. München 1882. 4. 121

Urlichs, L., Pergamenische inschrif'ten. Würzburg 1883. 8. 88

Wachsmuth, C, die Wiener apophthegmensammlung. 106

Nr. 12.

II. Index rerum.

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Wentzel, EL, de Juba metrico I. Oppeln 1881. 4. 325

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Willems, A., notes et corrections sur l'Hippolyte d'Euripide.

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Willems, P., le senat de la republique romaine. T. 1. 2. Louvain

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XenojyJinn's griechische geschichte erkl. v. B. Büchsenschütz.

5. Aufl. Heft 1. Leipzig 1884. 8. 509

Zimmermann , R. , quibus auctoribus Strabo in libro tertio usus

sit. I. Halle 1883. 8. 383

II. Index rerum.

Abusina 476

Accentuation in den griech. dia-

lekten 255

AeDesidemus. skepsis 549. 554

Aeolismen, die, Homer's 92

Aeschylus, Trilogieen 378; Choe- phoren 279; Hiketiden 279; schoben, handschriftliches 282; schoben, kritik 286. Aetolischer dialekt, seine Ver- breitung 256 Afrikanisches latein 499 Akarnanien 51 Alcibiades 8 alka fjrjv , gebrauch, 194 Alphabet, geschichte des, p. 1, griechisches p. 2, transcrip- tion des griechischen a. p. 255, armenisch -georgisches p. 6. Altar, römischer in Lincoln 409 Anatolius aus Berytus 437 Anaxirnenes in den Pseudippo-

cratea benutzt 18

Antesignanen, die, Caesars 149

Antipater der stoiker 211

Apophthegmensammlung, Wie- ner 106 cmooiQvS-tjoTai (-ijrai,) 258 Appian, Mendelssohn'« text 515;

quellen A.'s 511. Archaismen, Cato's 299

Archedemus, stoiker 211

aoiTrjv 105

Aristarch von Samos 202

Ariston, stoiker 209

Aristophanes , schoben des Ra-

vennas 433

Aristophanes v. Byzanz, Sprich- wörter 527

Aristoteles rhetorik, Überliefe- rung 12 uaxiv, iterativa auf, 272 Astyages, datum seines Sturzes 121 Athen, ansgrabungen in, 479 Athletenstatue , bei Rom gefun- den 417 auctoritas patrum 70 B, ß, corinthisches 3 Babrius p. 175; interpolationen p. 177; kurze Schlusssilben im verse p. 178. Berge, personiflcirt 148 Bibliographie p. 79. 158. 239. 337. 407. 469. 568. 614.

Bibracte

Boethus Buchwesen, theiluDsc

310

211

antikes 357 ff. buch- 358; format 366; normalexemplare 363; colum- nen 367 ; gross- und klein- rollensystem 358. Bürgerrecht, attisches, 131

Cadmeische schrift 3

Caesar's kommentarien , litte- ratur 33; glaubwürdigkeit 307; rheinbrücke 531. Callimachus' kleinrollensystem 361 Callippus' kalender 599

Capena 246

Cassianus Bassus 438

Castellani, Sammlung, in Rom 250 Cato de agricultura 295 ; hand- schriftliche grundlage 297 ; syntax und stil 298. Chronologie, römische 554

, griechische 598 ff.

Chrysippus 210

Cicero de oratore, verhältniss der

636

II. Index rerum.

Nr. 12.

haDd8chriften41 ; Orator, hand- schriften 458; philosophische Schriften , ihre quellen 208. 218; briefe ad Atticum , frag- mente einer handschrift 245 ; briefe ad Brutum 315, ihre datirung 316 ff., ihre spräche 319, ihre unechtheit 323. Claudius', des kaisers, Vergiftung

50 anmerk. Cleanthes 209. 215

Codex, aufkommen des, 367

Concordanz zum Aristophanes 288 Conradus' de Mure, repertorium

vocabulorum exquisitorum 398 Consonanten, griechische und la- teinische, lautlehre 491 ; con- sonantenverbindungen 493. Crivelli , Ladrisio , seine lateini- sche Übersetzung der Orpbi- schen Argonautica 275

Curtius Rufus , bandschriften-

frage 34

Cypriotisches aiphabet 4

Cyrus' sieg über Astyages 121

Daedalus 59

Daktylen, die kretischen 57

Damigeron de lapidibus 275

Demen, grosse der 134 anmerk. deminutio capitis 150

Democritus 552

Demon, paroemiograph 527

Demosthenes adv. Lacritum 387;

adv. Stephanum I 390. Dialekte, griechische 253

JictUSng 201

Jifdaxai i(ov (Inoöiökuiv 164. 248 Diodor, quellen 151

Diogenian, paroemiograph 526

Diognetus, archontat des 501

Dionysius Thrax 104

Diskos 226

Dokimasie 132

Elision nach Arsis des dritten

fusses im hexameter 274

Empedocles in den Pseudippo-

cratea benutzt 19

Empirismus, der, im alterthum 548 Ephorat, spartanisches 129

Epictet, citate des, bei Stobaeus 593 Epidaurus, ausgrabungen in 574 Epikur, brief an Herodot 15; Verhältnisse zu Demokrit 553. Eratosthenes katasterismen 277;

Erigone 278. Erde persouificirt 146

expedire 321

expectare dum 322

Eusebius, beurtheilung des 332 fibula 543

fides 267

Florilegien, griechische 106

Flüsse, personificirt 147

Frankfurt a. M., römische alter-

thümer 479

Fremdwörter im latein 267

Gallischer braud 60

Garunna 26

Geld in Sparta 233

Gellius, ausgäbe 443

Genetivus gerundii et gerun-

divi 265

Gentes, zahl der patricischen 69 Geoponica 435 ; ihre quellen 436;

ihre zeit 438. Geryones 52

Gigantenfries in Pergamon 3n0 Grimm - denkmal 249. 347. 418 Grosskrotzenburg, römische nie-

derlassung 475

Grossrollensystem 358

Hannibal 138

Hegesianax 279

Heliocentrische hypothese im al- terthum 203 Hellenismus in Latium 266 Herillus 209 Hermes , der knabe aus Conima-

gene 614

Hesiod, handschriften des, 421;

prooemium der Theogonie 503 Hippalektryonen 56

Hippocrates Pseudippocratea 17; ihr Sprachgebrauch 22; ihre Verfasser 22 ; handschriftliche grundlage der schritt tkqI ag- Xaitjs iqTQMtjis 23 anmerk.

Historiographie, griechisch-römi- sche 125 Homer's odyssee, ihre ursprüng- liche sprachform 90 indecet 446 Inschrift der bronzekrebse am

obelisk zu New-York 7

Inschriften, boeotische 85; per- gamenische 88; griechische dialekt-, 253. Institut, deutsches aixhäologi-

sches iu Rom, Sitzungen 246.412 insula ivalog 496

interest 266

interrex 75

Iordanes' Getica 334

Iuba der metriker 325

Nr. 12.

II. Index rerum.

G37

Julian , kaieer, von Ranke beur-

theilt 331

Kaisergeschicbte, römische (Nie- bahr und Ranke) 50 Kalender, deceniviraler 557 Katasterismen 277 Königsgeschichte, römische 137 Kunst, anfange der griechischen 54; einüuss der kretischen 58. Länder, ihre personification 146 Laokoongruppe 350 kcirpig, latro 495 Lehrer, deutsche, in England 353 Lex Icilia de Aventino 466 Lex Maenia, ihre zeit 76 Löwe, Gustav, sein tod 166; sein Corpus glossariorum lati- norum 346 Lucian's Sprachgebrauch betref- fend tva w$ 071 wg 152 Lucilius 292 Lucillus Tarrhaeus 528 Macrobius Saturnalia, quellen 405 Marmor Parium 499 /j.uSiTuv 260 Meilensteine , römische , in La- denburg 81 Mensch, der; seine darstellung in

der altgriechischen kunst 247 Meton's kalender 599 ff.

Militärdiplom in Mainz 479

Mithridatischer krieg, quellen 511 Museum in Berlin , archäolog.

erwerbungen 415. 585

Naturgefühl der Römer 403

Naturpersonification 144

Nekropole zu Ekhmin 411

Nekropole von San (Zoan) 413 Normalexemplare 363

Nymphen 147

Opus est 266

Orpheus Argonautica 275; Li-

thica 270

Ovidius Ibis 397; gefälscht 400 Paläographie 335

Panaetius 211

Pantheon 244

Papyri von ElFayyüm 348.417.585 Parömiographen , literarischer Zusammenhang der griechi- schen 525 Pergament 374 Pergamon 347 Personennamen , griechische 268 Personification, ihr begriff 144 qavrackti xaraktjmtxai 217 Philippus von Opus 200

Philol. Ans. XIV.

Philostrate, familie der 204

Phratrien 135

Plato's gesetze, ihre textur, 197;

ihre buchtheilung 359 ; Theae-

tet, abfassungszeit 191; werth

der sprachlichen kriterien 193.

Plautus, irrige lesarten bei Us-

sing 439

Plebejer im römischen senat 63 Plutarch's na^ui/uicn 526

■nuirovfAtvot 257

Politik, geschichte der römi- schen 135 Polybius, beurtheiiung des 189 Pontius, architekt 8 Posidonius 211. 512 Praesens historicum 260 Privatalterthümer, griechische 221 n(joijyfj.iva 209 ff. Prosodie von hie illic istic 396 Protagoras, erkenntnisstheorie

522. 549 Puchstein in Kurdistan 415

Quellen, ihre personification 147 Quod utinam 322

Refert 266

Rheinbrücke Caesar's, construc-

tion der 531

Rubrius Barbarus, P. 7

Saburoff, Sammlung 351. 411. 586 Salamis 249

Samos, Wasserleitung des Eupa-

linos 349

Sarkophagfund in Bedburg 249 Scholien zum Aristophanes 433;

zum Hephaestion 205

Scholiasta Gronovianus des Ci- cero 451 otlig 366 Senat, der römische 62 Senatores curules et pedarii 68 Seneca als stoiker 212 setius rjoaov 496 Sicilische expedition 10 Silene 147 Skeptiker 550 Solonische Verfassung 150 Sophocles, zu 430 ff. ; Königsrede

im Oedipus rex 431

soror oag 495

Speerschleife 225. 227

Speerwurf 225. 227

Sporos 278

Staatsverfassung, römische 563 Städte, personificirt 147

Statuenschutz 142

Stichometrie 364

44

638

II. Index rerum.

Nr. 12.

Stobaeus florilegium, handschrif-

ten 591; ihr verhältniss 595;

seine citate 593; neue eklo-

gen 597.

Stoiker, geschiente der 208

Strabo quellen 383; war quelle

für Livius? 514. Suffixe, ihre anwendung zur na-

menbildung 269

suppeditare 495

Taphier, die, phönizisch 53

Theo von Alexandrien, Verfasser

von katasterismen 278

Theophanes von Mitylene 511

&eös deus 495

Tibullus, handschriften 24

Timaeus 181 ff.; gegen Polybius gerechtfertigt 182; sein Cha- rakter 183 ; seine italischen geschichten 185; als histori- ker 189. Tn>&ctQidcti 258

Tiryns, Schliemanns ausgrabun-

gen 351. 411. 581

Tribunat, das römische 463

Trier, ausgrabungen in, 615

Trogus Pompeius' spräche 313

Troja , Schliemann's, eine feuer-

nekropole 165

Umbrica 173

Urkunden , die , bei Demosthe-

nes 385

ürlichs' Jubiläum 480. 577

Vasen beim dipylon in Athen

gefunden 247

Venusköpfchen von der Akro-

polis 248

Vergil's eklogen, ihre Chronolo- gie 153 Vestalinnen, haus der 412 Vocale, griechische 492 Vorarlberg, römische niederlas-

sungen in 410

Wälder, personificirt 148

Wagen, griechische 229

Weltgeschichte (Ranke's) 46. 330. Westmoreland, griechische grab-

schrift aus, 614

Wiese, L. 410

Xenophon's Hellenica cod. Am-

bros. 509

Zeno 209

Zenobius paroemiograph , hand- schriften 525

III. Index locorum.

Aeschylus Choeph. 4

282

Aeschylus Schob Choeph. 798 288

224

282

841 288

331

283

Hiket. 299 286

411

283

351 286

474

283

1045 287

711

280

Aristeas ad Philocr. in Merx'

730

284

archiv I, p. 67 373

Hiket. 11

281

Aristoteles Hist. Anim. V, 9, 6 609

82

280

Aristoteles Rhet. 1354a 12 14

251

282

1355a 10 14

271

282

1356a 25 14

316

282

1356b 13 14

319

282

1359a 20 14

323

284

Athenaeus III, 72 A 361

341

284

Babrius 70, 3 179 anm.

784

280

Caesar B. Gr. IIT, 18, 6 118

Schob Choeph. 55

286

Castor Rhet. Gr. III, 721 Walz 365

126

286

Cato r. r. 1, 2 305

155

286

1, 4 305

202

288

2, 2 306

262

287

3, 5 306

275

287

4 306

279

288

5, 2 306

699

287

8, 1 306

Nr. 12.

III. Imlex locorum.

639

Cato r. r. 30

305 ;

Gellius N. A. X, 14

448

38, 4

306 !

Geminos 6

608

52, 1

301 !

Hephaestionea scholia

3,

28

206

54, 1

305 '

4, 15

206

61, 2

306

7, 15

206

156, 1

301

10, 19

206

157, 4

306

20, 13

206

Cicero pro Balbo 14, 33

464

Hesiod. Op. 248

424

ad Brutum I. 2, 1 320.

322

353

426

I, 2, 5 321.

322,

443

424

I, 5, 1

321

Scut. 54

425

I, 10, 1

321

149

425

I, 10, 2

322

155

425

I, 12, 1

322

Theog. 982

427

1, 18, 3

322

fragm. 96, 7 K.

428

II, 1, 1

320

182 K.

428

II, 5, 3

320

172, 2 K.

429

de divin. I, 12

119

217 G.

429

I, 65

119

Hieronym. ad Lucil.

71

(M

igne

II, 62

120

p. 671a)

368

de orat. 11, 13. 57

43

Homer 11. XVI, 150

56

II, 17, 72

43

Od. III, 36-64

95

11, 28, 125

44

V, 121

95

II, 44, 177

43

XVIII, 328

223

II, 45, 190

41

Iamblichus ntgi dgirtjs

in

Sto-

II, 55, 224

43

baeus Bruxellensis

bei

Hense

III, 46, 180

44

z. 7, 16

597

pro Roscio Amer. 4

452

Inscriptiones:

43

454

C. I. A. T, 59

258

49

454

Cauer delectus2 no

2

258

90. 91

455

no. 44

259

111

455

128, 15

260

117

455

Isocrates Demon. 21

593

Verr. II, 1, 26, 66

265

Iuba frgm. VI,

327

Ctesias frgni. 66

122

VII

328

Diodor XII, 36

605

XI

329

Diogenes Laertius X, 69

17

Iustinus XXII, 4

313

X, 73

17

Livius III, 55

71

X, 78

17

VIT, 34, 11

265

Epictetus enchir. 34

593

Lysias Xfll, 72

132

Euripides Hippol. 33

381

Orpheus Lithic. ed. i

Vbel

3

271

491

382

39

271

Galenus t. XVIII, 2, p 630. K

374

62

271

Gellius N. A. praef. 18

447

77

271

I, 4, 1

446

108

272

I, 9, 1

448

113

272

I, 9, 3

448

114

272

I, 10, 2

448

171

272

I, 22, 5

448

178

272

in, 2, 10

448

249

272

IV, 1, 1

449

309

273

IV, 8, 4

449

448

273

IV, 20, 1

449

479

273

V, 16, 5

449

524

273

VI, 3, 39

449

563

273

VI, 3, 47

449

589

273

VII, 2, 15

450

, 632

273

640

III. Index locorum

Nr 12.

Orpheus Lithic. ed. Abel 665

273

Polybius II, 18. 9

559

750

273

Sophocl. Aiax4 Schol. v.

829

589

762. 763

273

Antig. 64

380

Ovid. Ibis 175 ff.

399

351

430

Plato Sympos. 180 E.

593

525

430

Plautus Capt. III, 4, 15

396

685

590

Curcul. IV, 3, 15

396

888

430

Poenul. 230

394

Oed. Col. 9

380

279

442

Oed. R. 122

431

299

441

928 u. schol.

590

. 330

395

frg. 83

380

396

441

Stobaeusfloril. 1,67,

p. 24,

18M

.594

473

441

3, 79 p. 88,

6

594

482

441

5, 55 p. 119,

22

594

496

395

5, 67 p. 125,

7. 8

594.

595

625

395

6, 62 p. 157,

23

595

638

439

18, 31 p. 29c

>, 29

595

680

395

Tacitus Annal. 15,

33

265

742

395

Thucyd. VII, 15, 1]

L ff.

10

747 ff.

395

Tibullus I, 1, 35

31

828

395

- I, 1, 43

29

951

442

I, 4, 13

32

988

395

I, 4, 56

29

1020

395

IV, 1, 55

25.

1066

441

IV, 1, 115

24

1297

441

IV, 13, 15

29

Pseud. 183

442

Vergil. Aen. I, 326

154

345

441

Buc. I, 66

154

1304 440

anru.

III, 84-91

155

Die excerpierten Zeitschriften.

Deutsche literaturzeitung von Rödiger 167. 483. 623.

Hermes 354. 5^7.

Literarisches centralblatt von Zarncke 83. 251. 419. 486. 627.

Neue Jahrbücher für philologie und paedagogik von A. Fleckeisen 171.

354. 587. 629. Rheinisches mnseum von Bücheier und Ribbeck 84. 355. 486. 587. 630.

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