Von den

Verhandlungen

des

Vereins für Naturkunde

zu Presburg

sind bisher erschienen nnd durch die Buchhandlung C. F. Wigand

in Presburg zu beziehen :

I. Jahrgang 1856.

II.

?5

1857, 1. und

2. Heft.

III.

??

1858, 1. und

2. Heft.

IV.

1859.

V.

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1860—61.

VI.

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1862.*)

VII.

V

1863.*)

VIII.

n

1864 65.

IX.

5?

1866.

Neue Folge.

1. Heft. Jahrg. '

1869—70.

^•) Diese unter dem Titel t Correspondenzblatt I. und II, Jahrgang.

Drucfi von C. F. Wigand.

r

A POZSONYI

KÖZLEMEN'YEI.

UJ FOLYAM. - 3. FÜZET.

1873—1875.

ZU

P R E S B U R G.

NEUE FOLGE. - 3. HEFT.

JAHRGANG ISTS I8Y5.

POZSORY-PRESBÜR&, M

SELBSTVERLAG DES VEREINS. IN COMMISSION BEI C. STAMPFEL

k. akad. BuchhSndlei*.

Inhalt.

a) Abhandlungen.

lieber die Chemie der Theerfarben. Von Alois Könyöki,

Dr. der Chemie . .

Eniimeratio Coleopterorum Posoniensiiim. Adalek Pozsony rovar-faunäjänak ismeretehez, összeällitotta Rözsay Emil, kir. kath. fögymnasiumi tanar es egyleti muzeumi ör ...

b) Sitzungsberichte

über die allgemeinen Versammlungen in den Jahren 1873—1875.

Versammlung am 25. Januar 1873: Liebleitner über die Lebens- weise der Spinnen. Steltzner über Bacterien . .

Versammlung am 12. M^ärz 1873: Kupp recht über die essbaren

Wurzelknollen der Bataten .

Jahresversammlung am 16. April 1873 . . . .. .

Versammlung am 17. December : Pantocsek über eine botanische Reise in Dalmatien, der Herczegowina und Montenegro. Schlemmer über die Zelle als Baustein der Organismen Versammlung am 21. Januar 1874: Steltzner über den Wald und dessen Bedeutung im Haushalte der Natur. Könyöki

über Pfahlbauten

Versammlung am 25. Februar 1874 : Pantocsek über die Ab- hängigkeit alles organischen Lebens von Clima und Boden Versammlung am 24. März 1874 : Steltzner über ein F eldhasen-

Monstrum . ....

Jahresversammlung am 29. April 1874: Liebleitner über das

Leben unserer Nattern . . . . ?

Ausserordentliche Versammlung am 18. November 1874: Kepes über die österr.-ungarische Nordpol-Expedition Versammlung am 16. December 1874 : Fuchs über den Durchgang der Venus durch die Sonne. Kemp eien über den Zug und

die Wanderung der Vögel

Versammlung am 20. Januar 1875 : R ö z s a y über die Reblaus.

Steltzner über die Nahrung der Sperlinge Versammlung am 18. Februar 1875 : B. Meduyänszky über die Arbeiten am Gotthard-Tunnel . . . . .

l'erzei cb niss jener gelehrten Gesellschaften, mit welchen der Verein für Natur- und Heilkunde in Presburg den Schriftentausch

unteriiält .

Verz e i c h 11 iss der Mitglieder des Vereins für Natur- und Heilkunde in Presburg (bis zur Jahresversammlung 1880) ....

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i POZSOOTI

TEEMESZETTUDOMANYI

ES

ORYOSI EGYLET

KÖZLEMENYEI.

UJ FOLYAM. - 3. FÜZET.

1873—1875.

POZSOM, 1880.

AZ E G Y L E T S A J A T K I A D A S A.

STAMPFEL KÄROLY,

MAGY. KTR. AK AG. KÖNYVÄRUS BIZOMANYA.

VERHANDLUNGEN

DES

ZU

PRESBURG.

NEUE FOLGE. - 3. HEFT.

j^im,G^isrc3- is'rs-is'ra.

PRESBÜR&, 1880.

SELBSTVERLAG DES VEREINS.

IN COMMISSION lll!I K. STAMI't'EI,,

k. akad. Biiclihiindler.

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Druck von C. F. Wigand in Presburg,

lieber die Chemie der Theerfarben.

Von Alois Könyöki, Dr. der Chemie.

(N'ortrag, gehalten in der Versammlung des Vereins für Natur- und Heilkunde zu

Pressburg am 1“2. Jänner 1880.)

Gestatten Sie mir, dass ich Ihre Aufmerksamkeit für ein Capitel der angewandten Chemie auf kurze Zeit in Anspruch nehme. Dasselbe bietet seit einer Reihe von Jahren die reichste Fülle der prächtigsten Farbstoffe, deren Bildung selbst die kühnsten Erwartungen sowohl der Theoretiker als der Techni- ker weit übertraf.

Ich will es versuchen, vor Ihnen das Bild über die Ent- wicklung und über den heutigen Stand der Theerfarbenchemie zu entrollen; da es mir aber unmöglich erscheint, in den engen Rahmen eines Vortrages das ganze Gebiet der künstlichen Dar- stellung der organischen Farbstoffe zusammen zu drängen, so erkläre ich von vorne herein, dass dieser mein Vortrag auf Vollständigkeit keinen Anspruch machen kann.

Der Bergmann fördert einen schwarzen, unansehnlichen, aber kostbaren Stoff aus dem Innern unserer Erde zu Tage, dazu bestimmt, indirect Wärme und Licht zu spenden ich meine die Steinkohle. Sie ist der mumisirte und verkohlte Ueber- rest einer längst untergegangenen Flora und besteht nicht allein aus Kohlenstoff, sondern sie schliesst in sich auch eine gewisse Menge von Wasserstoff, circa 6 Percent, 11 Percent Sauerstoff in Form chemischer Verbindungen, die als Ueberreste der die Kohle bildenden Pflanzen zu betrachten sind. Des Schwefels, in Form von Kies, Kupferkies und Zinkblende wie der Asche, welche beim Verbrennen der Kohle zurückbleibt, erwähne ich hier nur, als nicht zur Sache gehörig. Diesen geringen Mengen von Wasserstoff verdanken wir die Bildung des Leuchtgases

Verli. N.-F.-V. 1

2

durch trockene Destillation der Steinkohle gewonnen. Schon in den Jahren 1727 'bis 1739 beobachteten die Engländer Clayton und Haies das Entweichen von brennbarem Gase durch Erhitzen der Steinkohle. Dieser Beobachtung reihten sich noch andere, für die Entwicklung der Leuchtgaserzeugung wichtige an, erwähnen will ich, dass der Professor der Chemie, Pickel in Würzburg, schon 1786 das Leuchtgas zur Beleuchtung seines Laboratoriums benutzte. Es war London, welches 1812 zuerst seine Strassen mit Gas beleuchtete, diesem folgte 1820 Paris.

Der bei der trockenen Destillation der Steinkohle behufs der Gas- und Coakserzeugung in reichlicher Menge sich bildende Theer (auch Steinkohlentheer , Kohlentheer, Coaltar genannt) war vor etwa 25 Jahren noch eine Quelle von Inconvenienzen für die Gasfabrik und deren Adjacenten, da man nicht wusste was mit so riesigen Mengen anzufangen sei, wenn man bedenkt, dass bei der Vergasung von 100 Pfd. Steinkohle im Durchschnitt 25 Pfd. Theer erhältlich sind, so dass also bei Verarbeitung von 225 Millionen Centner Kohle, wie dies im Jahre 1872 in Eng- land allein der Fall war, eine Menge von 56 Millionen Centner Theer entsteht. Seit dem Jahre 1858 hat aber der Theer eine grosse industrielle Bedeutung erlangt, insoferne er der Ausgangs- punkt einer neuen und mächtigen Industrie, der Theerindustrie geworden ist.

Der Theer enthält eine grosse Anzahl von Substanzen, theils flüssigen, theils festen Aggregatszustandes, die nicht aus der Steinkohle ausgetrieben wurden, sondern als secundäre Zer- setzungsprodukte , durch Pyrogenesis entstanden betraehtet werden müssen. Diese Producte werden in 3 Klassen getheilt, nämlich I. in solche, welche nur aus Kohlenstoff und Wasser- stofP bestehen; II. in solche, welche von Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff und III. in solche , welche von Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff zusammengesetzt sind. Die relative Menge der einzelnen Bestandtheile ist abhängig von der Art und Weise der Verarbeitung der, den Theer liefernden Kohle. Vergast man die Kohle rasch und bei sehr hoher Tem- peratur, so nimmt die Menge der sauerstoffhältigen Körper ab, da diese sich durch höhere Temperatur zersetzen und Anlass geben zur Bildung gewisser Körper, die in das Leuchtgas gelan-

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gen; dadurch aber wird die Menge der sich bildenden Kohlen- stoff-WasserstofFver bin düngen eine reichere, namentlich nimmt die Menge des bekannten Benzols zu, welches uns hier haupt- sächlich beschäftigt, da es als das G-rundelement der Karben- bereitung anzusehen ist. Der Techniker hat es somit in der Hand, den Theer an jenen Producten zu bereichern, welche auf den Werth des Rohmaterials bestimmend ein wirken. Zu dieser Annahme der Bildung des Benzols wurde man durch die theo- retische Spekulation Berthelots geführt, welcher sich dieselbe folgendermassen dachte. Er nahm beim Erhitzen der Steinkohle die Bildung eines Gases , welches den Namen Acetylen führt und den Geruch des Leuchtgases bedingt an, dieses Gas besteht aus 2 Atomen Kohlenstoff und 2 Atomen Wasserstoff,

H C==C H

wird dieses Gas längere Zeit auf Rothgluth erhitzt, so treten 2

solcher Acetylenmolecüle durch gegenseitige Kettung zu einem

neuen, komplicirterem Molecül, dem Diacetylen zusammen,

H C==C H i t

H ceEEC H

durch länger andauernde Erhitzung tritt ein Diacetylenmolecül mit einem einfachen Acetylenmolecül zusammen und bildet das Benzol, das man auch wohl Triacetylen nennen kann.

H

C

C

H

H

C

:::::: C

H

i t

t t

; \

H

C

c

H

Als Berthelot diese seine Ansicht durch das Experiment bestätigt fand, erregte diese gerechtes Aufsehen, denn die Untersuchung fiel in eine Zeit, in der man über die synthetische, d. h. künst- liche Bildung von organischen Stoffen noch wenig Erfahrung hatte. Man kann dies Experiment der synthetischen Bildung von Kohlenwasserstoffen noch ausdehnen, indem das Benzol mit wei- teren Acetylenmolecül en zu neuen Verbindungen Zusammentritt.

Der Theer wird im Grossen verarbeitet, man lässt ihn in geräumigen Bassins ruhig stehen, damit er sich von dem zu

1^-

4

gleiclier Zeit bildenden Theerwasser absetzen könne. Da aber das anhaftende Wasser bei der Verarbeitung zu Betriebsstörun- gen Anlass gibt, so wird das Absondern desselben durch Ein- legen von Dampfschlangen noch befördert, dadurch wird der Theer dünnflüssiger und stellt somit dem, nach oben strebenden spezifisch leichteren Wasser einen geringeren Widerstand in den Weg. Der entwässerte Theer kommt nun in Destillirblasen, die aus Gusseisen gefertigt, im Innern emaillirt sind, 1000 bis 10,000 Kilo fassen und über freiem Feuer erhitzt werden. Kleinere Ge- fässe sind grösseren aus dem Grunde vorzuziehen, weil etwa all zu starker Erhitzung und der dadurch bedingten Verkohlung vorgebeugt wird. Schon bei einer Temperatur von 40^ 50® des hunderttheiligen Thermometers gehen flüssige Producte über Vorlauf genannt. Der Vorlauf wird mit dem zweiten Theile des Destillates, den sogenannten leichten Gelen zusammen auf- gefangen; diese leichten Gele schwimmen am Wasser daher auch ihr Karne. Wenn das Thermometer 140® zeigt, wird die Vorlage, das Gefäss nämlich, in welchem das Destillat aufgefan- gen wurde, gewechselt. Es sind bis jetzt 11 12 Gewichtsperzent der zu destillirenden Masse übergegangen. Von 140® 200® C. gehen die schweren Gele über, sie bilden 23 25®/^. Unterbricht man, nachdem die Temperatur von 200® erreicht worden ist, die Destillation, so bleibt ein weiches Pech in der Destillirblase, der sogenannte künstliche Asphalt. Erhitzt man aber weiter bis auf 300®, so geht das sogenannte grüne Schmieröl über, welches beim Erkalten griesslig wird und das Aussehen von, bei Winter- temperatur erstarrter Gänsefette hat. Dieser Theil macht 5®/^ aus. Nun befindet sich in der Destillirblase das harte Pech, das bei Sommertemperatur nicht mehr erweicht und somit warm aus der Blase gelassen werden muss; es beträgt 48®/^. Das grüne Schmieröl wird dann gewonnen, wenn man es auf die Bildung von Krapproth abgesehen hat, denn es liefert das dazu nöthige Bohproduct. Den auf 100 fehlenden Antheil nehmen noch, mit dem Theer gemengt gewesenes Wasser, wie auch Verluste für sich in Anspruch.

Der Vorlauf wird als Benzin, Brönner’s Fleckenwasser ver- kauft und besteht einestheils aus Benzol und anderen Kohlen- wasserstoffen, die diesem in der Zusammensetzung sehr nahe

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stehen und anderntheils aus KohlenwasserstofFverbindungen, welche sich vom Holzgeist und gewöhnlichem Spiritus, wie von anderen Alkoholen ableiten. Die leichten Oele enthalten reines Benzol und einen besonders wichtigen Körper, das sogenannte Toluol, das sich vom Benzol nur dadurch unterscheidet, dass es an Stelle eines WasserstolFatomes im Benzol, eine Gruppe, ge- bildet von 1 Atom Kohlenstoff und 3 Atomen Wasserstoff, ent- hält. Die schweren Oele bestehen aus dem zur Desinfection so vielfach angewendeten Creosot und dem in neuester Zeit als Mittel gegen Motten benützten Körper, dem Naphtalin. Das grüne Schmierfett enthält an 10 7o Anthracen, besteht aber haupt- sächlich aus Naphtalin und einem Creosot ähnlichen Körper, dem Cresol. In neuester Zeit destillirt man den Vorlauf und die leichten Oele getrennt ab, hingegen werden die schweren Oele und das Schmierfett zusammen aufgefangen , unterwirft aber Letztere einer nochmaligen Destillation. Die erhaltenen Destillate werden nun zur IsoILrung der einzelnen Körper mehreren Operationen unterzogen, die, je erschöpfender sie durchgeführt werden, desto reinere Farbstoffe liefern.

Die leichten Oele werden in Colonnenapparaten , ähnlich denen zur Gewinnung von hochgrädigem Spiritus destillirt. Zuerst geht Benzol über, es hat den Siedepunkt von 80 81^, Toluol siedet bei 111®; das zwischen 81 111® übergehende Destillat ist ein Gemenge der zwei genannten Körper und wird neuestens in der Weise in seine beiden Componenten zerlegt, dass man es abkühlt, wodurch Benzol erstarrt, das Toluol hingegen flüssig bleibt; durch nutschen, d. h. saugen oder centrifugiren, kaim man sie dann scheiden.

Die schweren Oele sind basisch und sauer, damit ist ge- sagt, dass einige Bestandtheile derselben das Bestreben haben, sich mit Säuren, einige wieder mit Laugen zu vereinigen, und diesem Umstande ist es auch zu verdanken, dass sie von einander vollkommen getrennt werden können. Creosot, in Wasser nur sehr wenig löslich, kann durch Behandlung mit der gewöhnlichen Seifensiederlauge, durch gegenseitige Bindung zu Plienolkalium. in Wasser löslich gemacht werden; durch Waschen der Oele mit Wasser also, kann Phenol in dieser Form aus dem Genuaige ent- fernt werden. Da aber das Phenol zur Farbenerzeugung ein sehr

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kostbares Product ist, so muss man auf dessen Wiedergewinnung bedacht sein, man setzt nämlich zu dem Phenolkalium eine starke Säure, d. i. eine solche, deren Verbindungs vermögen zu Kali stärker ist, als die des Creosots , wodurch letzteres aus seiner Verbindung gedrängt oder frei wird. Als solche starke Säure ist die Schwefelsäure zu betrachten, eine andere der gewöhnlichen Säuren zu nehmen ist unstatthaft,* weil sie auf das freiwerdende Phenol verändernd einwirkt, doch darüber später. Mit Schwefel- säure wird aus den schweren Oelen auch das sich in geringer Menge bildende Anilin entfernt; im Allgemeinen zur Farben- bereitung unumgänglich noth wendig, neben Naphtalin aber abso- lut schädlich wirkend.

Wie schon erwähnt, wird das grüne Schmierfett griesslig, diese Veränderung begünstigt die Isolirung des Anthracens, welche durch Ausschleudern durchgeführt wird. Der zurückblei- bende Kuchen wird warm gepresst, der Pressling schliesslich sublimirt, d. h. das feste Product wird einer Temperatur ausge- setzt, bei der es sich, ohne zersetzt zu werden, verflüchtigt, der Dampf aber wird in Kammern abgekühlt, wo sich das reine Anthracen in Form schöner, glänzender Plättchen ansetzt.

Sind so die Kohproducte, ich meine das Benzol und Toluol, rein erhalten, so wird zur Ueberführung derselben in jene Pro- ducte geschritten, die den Namen Nitrokörper tragen, d. h. es wird in je einem Benzolkern an die Stelle eines Wasserstoff- atomes eine sogenannte Nitrogruppe gesetzt ; diese Nitrogruppe ist von einem Atom N und zwei Atomen 0 zusammengesetzt; sie ist für sich noch fähig, da sie einen Fangarm von den 5, die das Stickstoffatom besitzt, frei hat, mit Benzol in Verbindung zu treten. Zu dem Zwecke wird das Benzol, respective Toluol in einen hohen Eisency linder gebracht ; die Construction des Gefässes erlaubt es, da es einen doppelten Mantel besitzt, den Inhalt desselben durch Circuliren von Wasserdampf in dem Man- tel zu erwärmen oder abzukühlen. Zu dem Oele wird ein Ge- menge der concentrirtesten Salpetersäure mit Schwefelsäure zu- fhessen gelassen. Zu gleicher Zeit werden die Flügel in Bewe- gung gesetzt, welche in einer schraubenförmigen Linie um eine in der Mitte des Cylinders befestigten Axe angebracht sind und die Aufgabe haben, das sich zu Boden setzende spezifisch

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schwerere Säuregemisch in die Höhe zu führen und dadurch mit dem Benzol oder Toluol zu mengen. Dabei wird auch der Mantel erwärmt. Hat die Einwirkung begonnen, so wird gekühlt, da sonst die Reaction zu stürmisch verläuft und zu gefährlichen Explosionen Anlass geben kann. Wärme begünstigt ja bekannt- lich jede Action.

Der Verlauf bei diesem Prozesse ist folgender: die Salpeter- säure spaltet sich in die Nitrogruppe NOg und in eine Gruppe HO, erstere fällt an das Benzol, welches durch Abgabe eines Wasserstoffatomes diesem Platz macht, das Wasserstoffatom als freies Atom ist aber sehr actionsfähig und begibt sich zur Bil- dung von Wasser an die Gruppe HO.

H5Ce|

NO» OH

SO,H,

Jedes sich bildende Molecül Nitrobenzol gibt also Veran- lassung zur Bildung von Wasser, das auftretende Wasser aber wirkt auf die weitere Bildung des Nitroproductes nachtheihg, da es die Salpetersäure verdünnt und zur weiteren Einwirkung unfähig macht, daher die Schwefelsäure zugemengt wird, welche die Aufgabe hat, das sich bildende Wasser zu binden, unschäd- lich zu machen. Das Toluol geht bei diesem Prozesse in 2 Kör- per über, deren Zusammensetzung sich wohl durch dieselbe addi- tionelle Formel ausdrücken lässt, welche aber doch nicht iden- tische Substanzen sind, was schon daraus hervorgeht, dass der eine Körper bei gewöhnlicher Temperatur fest ist und bei 54® schmilzt, wogegen der andere flüssig und einen Siedepunkt von 223® besitzt. Die Bildung dieser 2 Körper, welche isomer zu einander sind, ist leicht begreiflich, wenn man die von Kekule in die Wissenschaft eingeführte Formel des Benzols in’s Auge fasst. Kekule nimmt die 6 Atome KolilenstofP des Benzols, den Ecken eines regelmässigen Sechseckes, vertheilt an.

m

H H

C G

8

Das Toluol ist ja die Verbindung der Gruppe CH3 mit dem um ein WasserstolFatom ärmeren Benzol; tritt also in diesen Körper an die Stelle eines Wasserstoffatomes die Nitrogruppe ein, so kann dieser Eintritt selbstredend an verscbiedenen Stel- len gescbeben; tritt die Nitrogruppe am entferntesten von dem CH3 in den Benzolkern, so entsteht jenes Nitrotoluol, welches den Schmelzpunkt von 54^ hat, es führt auch wohl den Namen Paranitrotoluol ,

H

C

HC

O^N-C

C-CH^

CH

C

H

das andere hingegen hat die Nitrogruppe unmittelbar benachbart

zu dem KohlenwasserstolFradical und heisst „Orthonitrotoluol“.

H

C

HC

HC

C CH^ C NO,

Ist so das Nitrobenzol und Nitrotoluol gebildet, so wird zur Beduction dieser geschritten, nämlich zur Substitution des SauerstofPs in der Nitrogruppe durch Wasserstoff. Diese Keduc- tion lässt sich mit den verschiedensten Mitteln ausführen; als Keagens im technischen Betriebe jedoch dient Eisen und Essig- säure, diese wirken in der Weise auf einander, dass sich essig- saures Eisen bildet, gleichzeitig aber gibt dabei die Essigsäure Wasserstoff ab, welcher im Entstehungsmoment im status nas- cendi sich des Sauerstoffes des Nitroproductes bemächtigt und Wasser bildet, durch weiteren freien Wasserstoff wird die durch Entziehung des Sauerstoffs gewordene Lücke ausgefüllt, aber nur theilweise, es treten an Stelle der 2 Sauerstoffatome nur 2 Atome von Wasserstoff, wo doch 4 Atome Wasserstoff der eben erwähnten Sauerstoffmenge aequivalent wären. Es hängt dies von der wechselnden Valenz des Stickstoffes ab; dieses Eie-

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ment hat die Eigenthümlichkeit , dass es sowohl man kann sagen einmal mit 3, das andere Mal mit 5 Angriffspunkten wirkt, je nach der Natur des sich ihm zur Verbindung bieten- den Atomes oder Atomcomplexes, von dem es entweder 3 oder 5 aufnimmt.

C^H^N

0

= C„H,NH, + 2H,0

Der technische Vortheil des eben erwähnten Eeductions- gemisches, des Eisens mit der Essigsäure, liegt darin, dass man mit einer verhältnissmässig geringen Menge desselben eine un- begrenzte Quantität von Nitrobenzol in Anilin und Nitrotoluol in Toluidin überführen kann, da sich durch die gesteigerte Tem- peratur, bei der die Eeduction vorgenommen wird, das entstan- dene essigsaure Eisenoxyd zersetzt und freie Essigsäure liefert, welche abermals wirkt. Anilin und Toluidin sind aber bei diesem Prozesse nicht die einzigen Producte welche entstehen, da sich einzelne Molecüle des Nitroproductes der Peduction theilweise entziehen, andere aber so viel Wasserstoff aufnehmen, dass sich dabei, unter Abspaltung von Salmiakgeist, Benzol, resp. Toluol, das Ausgangsmaterial zurückbildet.

1.

CeflaN C„H,NH

0

aH.NO.

Azooxybenzol. 2. ^ Azobenzol.

Ww JILf; JN i 'Jq

3. = Hydroazobenzol.

CM. NH.

4. C,H,NH,

Anilin.

5.

"6-

H

H

Benzol und Salmiakgeist.

Den Grad der Beduction, wobei sich Benzol oder Toluol zurückbildet, muss man in der Technik zu vermeiden suchen, da hiedurch ein Verlust eintritt; es haben jedoch solche Reagenzien in die Praxis Eingang gefunden, die leicht jenen Punkt erkennen lassen. Das gebildete Anilin ist als Salz essigsaures i^nilin im Reactionsgemisch und wird durch gebrannten Kalk abgeschieden ; währenddem sich das Eisensalz mit dem entstehenden essigsauren Kalk niederschlägt, schwimmt das essigsaure Anilin obenauf und wird durch geeignete Vorrichtungen abgehoben. Gereinigt wird das Anilin durch Destillation.

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Das Anilin wurde zuerst von Unverdorben 1826 durch trockene Destillation von Indigo erhalten und von diesem Che- miker Krystallin genannt. 1841 erhielt es Fritsche in ähnlicher Weise wieder, von ihm rührt der Name Anilin. Im Steinkohlen- theer wurde es 1834 zuerst von Runge aufgefunden. Die künst- liche Darstellung des Anilins aus Nitrobenzol verdanken wir Zinin, der es 1841 so darstellte. Das reine Anilin, auch Phenyl- amin, Kyanol, Benzidam siedet bei 182^ C. imd erstarrt bei einer Temperatur von C. In reinem Zustand eine farblose Flüssig- keit, die aromatischen, an frischen Honig erinnernden Geruch und scharfen Geschmack besitzt.

Interessant ist die Bildung der Toluidine aus den Nitro- toluolen, da je nachdem das eine oder das andere Nitrotoluol genommen wird, wieder zwei, von einander ganz verschiedene Amidotoluole entstehen; für die Farbenerzeugung ist es nicht einerlei, welches Toluidin genommen wird, da dem einen oder anderen entsprechend, in der chemischen Zusammensetzung nicht identische FarbstofPe entstehen.

Die Amidoverbindungen der Benzolkohlenwasserstoffe geben bei der Einwirkung verschiedenartiger, namentlich oxydirender Agentien schön gefärbte Substanzen, welche als Anilinfarbstoffe in der Färberei eine ausgedehnte Verwendung gefunden haben. Ihre Bildung wurde bald nach Entdeckung des Anilins und Toluidins wahrgenommen, ihre technische Anwendung erfolgte aber erst in den letzten 15 Jahren.

Bunge beobachtete 1833 die Bildung eines blauen Farb- stoffes aus Anilin mit Chlorkalk und gab deshalb dem Anilin den Namen Kyanol oder BlauÖl. Mit chromsaurem Kali beobach- tete man aus Anilin die Bildung eines rothen Farbstoffes. Die erste Fabrik für Darstellung der Anilinfarben ward 1859 von Benard und France in Lyon, im Sitz der Färberei, gegründet. Den von ihnen aus dem Anihnöl erhaltenen rothen Körper nann- ten sie Fuchsin. Nicholsohn oxydirte Anilinöl mit Arsen säure, % des erzeugten Fuchsins wurde auf diese Weise dargesteUt. Nach dem Verfahren von Girard und Delaire erwärmt man 1 Ctr. Anilinöl mit 2 Ctr. Arsensäurehydrat von 60*^ Baume 4 bis 5 Stunden lang bei einer Temperatur, die 190 bis 200® nicht über-

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steigen darf. Die sich hiebei bildende rothe Masse (die Fiichsin- schmelze) wird zerkleinert, mit Wasser ausgekocht und sobald die Lösung vor sich gegangen ist, durch Filz- oder Leinwand- beutel in Krystallisirgefässe filtrirt. Nach 2 oder 3 Tagen leitet man die über den Krystallen stehende Mutterlauge in Gruben, welche mit Sandstein ausgelegt und innen getheert sind. Die in der Mutterlauge befindliche Arsensäure und arsenige Säure wird mit Kalk niedergeschlagen. Man erhält auf diese Weise das Fuchsin als arsensaures Salz, welches giftig ist. Das Kosanilin ist nämfich dem Kalk oder der gewöhnlichen Lauge gleich, im Stande sich mit Säuren zu Salzen zu vereinigen. Man muss auch immer zu Färbezwecken Salze des Kosanilins herstellen, da das freie Kosanilin selbst, jeder Farbe entbehrt, sich jedoch schon durch den Kohlensäuregehalt der Luft, wenn es mit solcher in Berührung kommt, roth färbt. Handelt es sich um das Färben von Spirituosen und Conditorwaaren, so ist ein Kos anilinsalz zu verwenden, welches mittelst anderen Oxydationsmitteln, die ihrer- seits unschädlich sind, erzeugt wird.

Will man das Anilinroth, welches durch Arsensäure erzeugt wurde, zur Anwendung bringen, so entfernt man den grössten Theil der Arsensäure durch Kochen mit Salzsäure daraus, es entsteht hiedurch das salzsaure Salz, wie es die meisten deutschen und schweizer Fabriken liefern und auf ähnliche Weise das essig- saure Kosanilin, wie es aus Fabriken Englands in den Handel kommt. Alle die Salze des einfachen Kosanilins sind roth ge- färbt, während sie im aulFallenden Lichte den grünen Metall- glanz gewisser Käferflügeldecken besitzen. Wie weit das Färbe- vermögen des Fuchsins reicht, erhellt aus der Thatsache, dass mit einem Kilo des Farbstoffes 200 Kilo Wolle sattgefärbt wer- den können.

Die Wirkungsweise des Oxydationsmittels bei Bildung des Kosanilins ist in der Weise zu erklären, dass sich aus 3 Mole- cülen Benzolamiden 6 Atome Wasserstoff ausscheiden und von dem vorhandenen Sauerstoff zur Bildung von Wasser aufgenom- men werden, dabei aber geht die Arsensäure in ihre sauerstoff- ärmere Säure, in die arsenige Säure über.

Von dem Kosanilin oder Fuchsin deriviren viele andere Farbstoffe, je nachdem ein oder mehrere Atome Wasserstoff durch

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gewisse Grruppen von Atomen, bestehend ans Kohlenstoff und Wasserstoff ersetzt werden.

Das Anilinviolett oder der Anilinpnrpnr wurde am 26. Au- gust 1856 von Perkin entdeckt und aus dem Anilinöl mittelst chromsaurem Kali und Schwefelsäure dargestellt. Später ist es von anderen Chemikern noch auf verschiedene Weise dargestellt worden ; die erwähnte Methode hat aber nur technische Wichtig- keit erlangt. Auch durch Erhitzen eines Kosanilinsalzes mit Anilin entsteht ein violetter Farbstoff, indem dabei Salmiakgeist auftritt und der Kest des Anilins, d. i. Phenyl CgH- in das Kosanihn tritt und so Monophenylrosanilin bildet. Erhitzt man längere Zeit und mit mehr Anilin, so geht der eben erwähnte Prozess nochmals vor sich und es entsteht ein blauvioletter F arbstoff, das Diphenylrosanilin ; das Triphenylrosanilin ist schon von ausgesprochen blauer Farbe. Vorstehende Farben führen den Namen „altes Violett“, „altes Blau“. Hofmann in Berlin hat in jüngster Zeit statt den Benzolrest in das Kosanilin, den dem Holzgeist, gewöhnlichen Spiritus und Fuselöl zu G-runde liegen- den, aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehenden Atomcomplex mit Erfolg einzuführen gewusst, in der Weise, dass er Fuchsin in geschlossenen Cylindern mit den Jodverbindungen dieser Com- plexe auf 100 bis 110® erhitzte, wobei je nach dem Verhältnisse zwischen Jodür und Fuchsin, und je nach der Dauer der Ein- wirkung Farbstoffe entstehen, die von violett nach blau über- gehen und die Namen Monoaethylrosanilin, Dimethylrosanilin, Triamylrosanilin führen. Die aethylisirten und methylisirten, im Allgemeinen die alkylisirten Farbstoffe haben von denen aus Fuchsin und Anilin erzeugten eine grössere Brillanz voraus.

Das Anilinblau wurde von Girard und de Laire Anfangs 1861 dadurch erhalten, dass sie ein Gemenge von Fuchsin und Anilin längere Zeit erhitzten. Der Farbstoff führt den Namen Bleu de Paris, Bleu de Lyon und ist im trockenen Zustand kupferglänzend. Erzeugt wird dasselbe Blau durch Behandlung der rohen Masse mit concentrirter Schwefelsäure, man lässt unter öfterem IJm- rühren gegen zwei Stunden bei 180® stehen. Durch Zusatz von Wasser wird die Farbe geschieden, hat aber die Eigenschaft als Ijleu soluble in Wasser löslich zu sein. Unter den Bildungsweisen von Anilinblau sei die von Lauth herrührende zu erwähnen,

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nämlich der Behandlung von Rosanilin mit Aldehyd, d. i. ein intermediäres Product von Alkohol zu Essigsäure, entstanden durch Oxydation des ersteren.

Es ist einleuchtend, dass statt Anilin mit Rosanilin zu ver- binden, auch wohl Toluidin genommen werden kann. Die Erzeu- gung dieser EarbstolFe hängt von ihrer Verwendung, wie auch von der günstigeren Beschaffung der dazu nöthigen Substanzen ab, da sich die entstandenen Farbstoffe in Bezug auf ihr tincto- riales Vermögen nicht wesentlich von einander unterscheiden.

Das Anilingrün existirt in drei verschiedenen Derivaten, als Aldehydgrün, Jodgrün und Malachitgrün. Das Aldehydgrün wurde 1863 von Cherpin durch Behandlung einer mit Schwefel- säure versetzten Lösung von Rosanilin mit Aldehyd und vor- sichtigem Erhitzen erhalten. Das Aldehydgrün ist von prächtiger Nuance und besonders geeignet als Nachtfarbe, wodurch es sich von allen anderen grünen Farben vortheilhaft unterscheidet.

Das Jodgrün wurde ebenfalls 1863, u. zw. durch Hofmann bei Bildung von Methyl oder Aethylrosanilin als Nebenprodukt zuerst gewonnen, erhalten dadurch, dass man mehr Jodmethyl zu dem Rosanilin zusetzt, als zur Bildung von violett oder blau erforderlich ist. Die Farbe selbst ist jodhältig.

Das Malachitgrün wurde Anfang des Jahres 1878 von Oskar Döbner im berliner TJniversitätslaboratorium entdeckt. Döbner stellt es durch Erhitzen von zwei Molecülen Dimethyl- anilin, welches etwa mit der Hälfte seines Giewichtes Chlorzink vermischt ist und allmäligem Zusatz von ein Molecül Benzo- trichlorid dar.

Das Dimethylanilin ist ein Anilin, worin die zwei am N hängenden Wasserstoffatome durch zwei CH^ G-ruppen ersetzt sind, das Benzotrichlorid ist ein Toluol, welches an Stelle der drei H des CHg radikales drei Atome Chlor enthält, diese zwei Körper wirken in der Weise aufeinander ein, dass sie drei Mo- lecüle Salzsäure bilden, welche von dem zugemengten Chlorzink aufgenommen werden. Der Farbstoff kommt seit Mitte des Jah- res 1878 in den Handel, erzeugt von der Actiengesellschaft für Anilinfabrikation zu Berlin.

Das Anilingelb oder Anilinorange tritt als Nebenproduct bei der Fuchsindarstellung als harzähnlicher Körper auf und

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wurde durch Nicliolson aus den Fuchsinrückständen isolirt; es färbt Seide und Wolle prächtig gelb. Seine Abscheidung aus den Rückständen geschieht durch Salpetersäure, da das salpetersaure Salz unlöslich ist.

Anilinschwarz, eigentlich ein dunkles Grün, wird durch Einwirkung von heftigen Oxydationsmittehi auf Anilinöl erhalten ; so durch Einwirkung von chlorsaurem Kali und Kupferchlorid auf salzsaures Anilin.

Ein neues Anilinschwarz ist das unter dem Namen Lukas- schwarz von Petersohn in den Handel gekommene Schwarz, dessen werth volle Eigenschaften darin bestehen, dass es bei der Verwen- dung bereits Farbe ist und zu seiner Entwicklung nur noch schwach oxydirt zu werden braucht. Es ist eine flüssige Masse aus Anilin und Kupferacetat bestehend, die mit Kleister vermengt aufgedruckt wird, an der Luft tritt die schwarze Earbe hervor, befördert wird das Entwickeln derselben durch Einhängen der bedruckten Stoffe in eine feuchte, auf 40^ erwärmte Atmosphäre.

Anilinbraun (Havannahbraun) nach de Laire durch Erhitzen von Anilinblau oder violett mit salpetersaurem Anilin auf 240^ erhalten. Ein anderes Braun, Bismarckbraun, wird erhalten durch Schmelzen von Euchsin mit salzsaurem Anilin.

Es sind diese Farben complizirte Substitutionsproducte, deren Zusammensetzung nur durch rationelle oder aufgelöste Formeln verständlich gemacht werden kann.

Nicholson sandte 1859 an Hofmann eine Probe von Fuchsin zur Erforschung der Natur des Farbstoffes mit dem Bedeuten, dass es aus Anilinöl, also aus dem bei der Destillation des Steinkohlentheers erhaltenen, leichte Oele liefernden Aminen mit Arsensäure dargestellt sei. Hofmann sah wohl alsbald, dass er es mit einer Base zu thun habe, konnte sich aber deren Bil- dung aus dem Anilin nur auf Umwegen erklären Als er dabei die Bildung des Fuchsins nochmals vornahm, u. zw. aus reinem, durch trockene Destillation von Indigo dargestelltem Anilin, be- kam er trotz Einhaltung der von Nicholson mitgetheilten Yer- fahrungsweise nicht eine Spur von Kosanilin; daraufhin unter- suchte er solches Anilin, aus welchem das eingesendete Präparat - dargestellt wurde und fand, dass es einen weit über 50 7o he- 3

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tragenden Antlieil an Tolnidin, also die um ein Atom KolilenstofF reichere Verbindung als das Anilin, enthielt; dadurch war der Schlüssel zur Erklärung gegeben, man wurde sich klar, dass zur Bildung von Bosanilin das Vorhandensein von zwei verschie- denen Körpern unumgänglich nothwendig sei. Toluidin für sich gibt ebenso wenig Rosanilin als Anilin.

Nachdem also nur Toluidin und Anilin Fuchsin geben, wandte man sich an die Isolirung der ersteren nach Cupiers Vorschlag und mengte sie in dem richtigen Verhältnisse. Darauf- hin waren die vielen prächtigen Farben, die eben behandelt wur- den, entdeckt, denn man wusste nun, von welcher Seite dem Grundstock der Farbe, dem Rosanilin, zu Leibe gegangen wer- den muss. Wie gesagt, verdanken wir diese epochemachende Arbeit Hofniann und seinen Schülern, welche die Natur der Base und deren Substitutionsfähigkeit aufklärten, denn alle diese Far- ben enthalten an Stelle einzelner Wasserstoffatome andere, aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehende Gruppen. Genau wurde die Constitution des Rosanilinmolecüls erst am Anfang des vori- gen Jahres unter Zuhilfenahme der von vielen hervorragenden Chemikern publicirten Arbeiten, von den Vettern Fischer im Lie- big’schen Laboratorium in München aufgeklärt, und von diesen dem Rosanilin der wissenschaftliche Name Triamidotriphenyl- methan gegeben.

/ C,H, NH,

CH^ CßH, NH,

NH.

Da bis in die jüngste Zeit zur Darstellung von Violett, Blau und Grün die vorherige Bildung von Rosanilin unausweich- lich war und andrerseits diese wieder im grossen Massstabe nur unter Zuhilfenahme von Arsensäure inögKch war, so erwuchs daraus grosse Gefahr für die Fabriken, indem sie mit den in grosser Menge sich bildenden arsenhaltigen Rückständeii nicht wussten was anzufangen sei, da sich in vielen Fällen die Re- generirung des Arsens nicht lohnte. Es war die schweizer Bundes- regierung, welche die Darstellung von Fuchsin mittelst Arsen- säui’e verbot, wenn nicht die arsenhaltigen Rückstände unschäd- lich gemacht werden. Andererseits war durch den grossen Con-

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sum von Jod, nothwendig zur Darstellung von Violett, Blau und Grün, dessen Preis durch die wenigen Jod producirenden engli- schen und französischen Pahriken enorm in die Höhe geschraubt, dass man die so dargestellten Producte seiner Preise halber nicht an Mann bringen konnte.

Allein es fand der Geist des Forschers neue Wege, um diese fast unüberwindlich gescliienenen Schwierigkeiten zu über- winden. Es konnte dies nur auf zweierlei Wegen erreicht werden, 1. durch möglichst vollständige Hückgewinnung des in die Fabri- kation eingetretenen Arsens , oder 2. Ersatz der Arsensäure durch einen anderen, nicht giftigen Körper, welcher Anilin in Posanilin überführt und keine giftigen Nebenprodukte liefert.

Das Jahr 1872 war für die Fuchsinfahrikation von der grössten Bedeutung, denn es gelang Brünning in Höchst am Main die Darstellung des Fuchsins so auszuhilden, dass von der Arsen- säure gänzlich Umgang genommen werden konnte. Wer die ausserordentlichen Gefahren und Missstände kennt, die sich an den Gebrauch so grosser Quantitäten Arsensäure, wie solche bis- her nÖthig, knüpfen, wird darin einen grossen Fortschritt er- blicken, den die Theerfarbenindustrie seit ihrem Entstehen er- fahren hat. Die dieser Methode zu Grunde liegende Beaction ist beinahe so alt, als die AnilinfarbstofPindustrie, denn schon im Jahre 1860 erhielt Lauth durch Erhitzen eines Gemenges von Anilin mit Nitrobenzol und Zinnchlorid, Fuchsin. 1866 nahm Coupier auf die Darstellung von Fuchsin in ähnlicher Weise ein Patent, ohne dass sich jedoch dieses Verfahren in die Praxis ein- gebürgert hätte. Die Schwierigkeiten, auf Grund der angeführten Reaction ein concurrenzfähiges Product zu erhalten , /sind wohl sehr bedeutende, aber sie wurden überwunden. In der Fabrik von Meister, Lucius und Brüniiing hi Höchst bei Frankfurt am Main wird seit November des Jahres 1872 Fuchsin in der eben l^ezeichneten Weise dargestellt und füllte an der Weltausstellung in Wien von 1873 ein ehrendes Blatt in den Berichten über die technische Chemie aus. Das Product wurde mit dem höchsten Preise auf allen Ausstellungen, wo es erschien, ausgezeichnet. Der chemische Prozess bei diesem Verfahren ist der, dass das Nitrobenzol seinen Sauerstoff und das Anilin seinen Wasserstoff zur Bildung von Wasser hergibt, welch’ letzteres vom Zinnchlorid

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aufgenommen wird, die organischen Reste aber treten zur Ros- anilinbildung zusammen.

Da aber ein nur verhältnissmässig kleiner Theil Fuchsin als rother Farbstoff in den Handel kommt, der grösste Theil hin- gegen in der Fabrik zur Herstellung anderer FarbstofPe verwendet wird, so ging man darauf aus, diese Farbstoffe mit Umgehung des Rosanilins darzustellen und die Darstellung des Fuchsins auf ein Minimum zu beschränken.

Diese Ideen haben sich realisirt und Anilinviolett , wie Anilinblau brauchen nicht mehr aus Rosanilin dargestellt zu werden.

Bald, nachdem weiland Emil Kopp gezeigt hatte, dass im Rosanilin ein Theil des Wasserstoffes durch Gruppen von Kohlen- stoff und Wasserstoff ersetzt werden kann, dass die Farbe des rothen Fuchsin bei Eintritt solcher Gruppen verschwindet und sich in violett und blau verwandelt, beobachtete auch Lauth, dass durch Einschieben derselben Gruppen in Anilin und Tolui- din diesen Körpern die Eigenschaft ertheilt wird, durch den Einfluss oxydirender Agentien, welche mit dem nicht methylir- ten Anilin rothe Farbstoffe geben, hier violette Farben zu lie- fern. Diese Thatsache wurde bald practisch verwerthet. Die französischen Färber Poirrier und Chapat Als arbeiteten im Sinne Lauth’s, der seit 1866 bei der Darstellung seiner violetten und blauen Farben nicht nur die Bildung von Rosanilin mit Arsen- säure umging, sondern auch den Verbrauch von Jod so weit herabdrückte, dass dieses nur mehr zur Darstellung von Jod oder Hoffmanns-grün nöthig war. Er brachte nämlich Anilin mit Anilinsalzen zusammen, wobei Salmiakgeist austrat und an Stelle von Wasserstoff im Anilinsalz der Rest des anderen Anilin- molecül eintrat. (Im selben Sinne lassen sich auch andere Grup- pen mit dem Anilin vereinigen.) Diese substituirten Aniline haben aber die Eigenschaft, zu ihrer Oxydation der Arsensäure nicht zu bedürfen ; sie gehen , mit Toluidin gemengt in das ge- wünschte Product auch dadurch über, dass man sie mit anderen Oxydationsmitteln, wie z. B. mit dem, zu diesem Zwecke beson- ders geeigneten Tetrachlorkohlenstofl’, behandelt.

C 01,

Verli. N.-F.-V.

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Eine gänzliche Beseitigung der Jodverbindungen in der Anilinfarbenfabrication konnte in der Hinsicht nicht eintreten, als das sogenannte Jodgrün in nicht unbedeutender Menge her- zustellen war.

Nach Bardy’s Vorschlag kann man statt Jodmethyl auch das weniger kostspielige Chlormethyl anwenden, nur ist das Arbeiten mit diesem Präparate wegen seiner physicalischen Eigen- schaften — ungünstig.

Sobald die Yiolettfabrication sich aber einmal auf den er- wähnten Standpunct erhoben hatte, folgten Versuche, das theure Jod auch bei der Gründarstellung zu umgehen. Eine erste Er- rungenschaft bildet darin, das Jodgrün durch Einwirkung von Jodmethyl auf Methylanilin violett und nicht aus Rosanilin zu bereiten. Der Verbrauch an Jod wird dadurch vermindert, weil das Bosanilin mehr Jod nöthig hat in Grün verwandelt zu wer- den, als das Methylanilinviolett, welch’ letzterer Körper bereits eine gewisse Quantität an Alkyl (d. i. Methyl oder Aethyl) die man durch Einwirkung von Jodverbindungen einführen will enthält.

Da das Jod, wie Hofmann und Girard zeigten, ein consti- tuirender Bestandtheil des Jodgrüns ist und somit dasselbe bei der Anwendung in der Färberei verloren geht, so war es umso erfreulicher, als Baubigny die Entdeckung machte, dass das Jod- methyl durch das ziemlich billigere Methylnitrat ersetzt werden kann. Baubigny hat gezeigt, dass Methylnitrat, durch Einwir- kung auf Methylanilinviolett einen grünen Farbstoff erzeugt, der vom Hofmann -grün, wie Appenzeller nach wies, nur dadurch ver- schieden ist, dass er die Nitrogruppe statt Jod enthält. Dieses Verfahren ist in der Anilinfabrikation trotz der Gefahr des Ar- beitens mit Methylnitrat ziemlich allgemein geworden, und hat somit den letzten Beitrag geliefert um die Anilinviolett- und Grünfabrikation sowohl vom Rosanilin, als vom theuren Jod unabhängig zu machen.

Wie in der Violett- und Grünbereitung Aenderungen ein- getreten sind, so können wir solche auch in der Blaufabrication constatiren. Die wichtigsten blauen Anilinfarbstoffe wurden er- halten durch Einwirkung von Rosanilin auf Anilin. Es entstand

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liiediircli das sogenannte phenylirte Blan. Sobald der Blanbildungs- process richtig interpretirt war, ^d. h. sobald man erkannte, dass das ans Rosanilin und Anilin erzeugte Blau durch Phenylirung des Rosanilins sich gebildet hatte, kam man bald auf den Gre- danken, dasselbe in anderer Weise herzustellen, nämlich durch Phenylirung des Anilins, Mischen dieses Körpers mit toluidin- liältigem Anilin oder phenylirtem Toluidin und Oxydiren des Gemisches. Girard ist auch richtig in angedeuteter Weise zum Ziele gelangt. Er Hess sich, auf Versuche gestützt, ein Verfahren patentiren, nach welchem er zweifach phenylirtes Anilin und Toluidin mit oxydirenden Substanzen behandelte, als oxydirende Substanzen nahm er Dicarbonhexachlorür.

C, CI,

Farben, als deren Mutter Substanz die Carbolsäure zu be- trachten ist, sind : die Pikrinsäure, jene ächte gelbe Farbe, be- sonders geeignet zum Gelbfärben von Seide, welche Farbe ent- steht beim Zusammentreffen der Epidermis mit Salpetersäure. Technisch wird diese Farbe erhalten durch Vereinigung von starker Salpetersäure mit Creosot. In Frankreich stellt man jährlich 80 bis 100,000 Kilo Pikrinsäure dar, welche theils als gelber Farbstoff, theils als die daraus darstellbare braune Farbe verwendet werden. Die braune Farbe ist das Granatbraun, grenat soluble, erhalten durch Einwirkung von Cyankalium auf Pikrinsäure; der- wissenschaftliche Name des Farbstoffes ist Isopurpursaures Kali .

Das Corallin ist ein scharlachrother Farbstoff, der nach Kolbe und Schmidt durch Erhitzen eines Gemenges von Creosot, Kleesäure und Vitriolöl entsteht.- Wie jüngst von Caro nachge- wiesen, ist das Corallin identisch mit der von Runge im Theer entdeckten Rosolsäure. Der Process der künstlichen Darstellung dieser Farbe ist kurz : die Schwefelsäure zerlegt die Kleesäiuv in COg und CO, und das COg wirkt auf das Creosot.

Eine neue, interessante Klasse von Farbstoffen ist jene, welche mit dem Namen der Azofarbstoffe belegt wurde (vcm Azot, Stickstoff, wie ihn die Franzosen nennen), da jeder dieser Farbstoffe Stickstoff enthält.

9*

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Das Ausgangsmaterial ist wieder Anilin, welches mit salpetri- ger Säure, nämlich der um ein Atom Sauerstoff ärmeren Säure, als die Salpetersäure ist behandelt wird. Die einfachste dieser comphcirten Verbindungen ist ein gelber Farbstoff das Anilingelb.

Nimmt man statt dem gewöhnlichen Anilin, ein Anilin, worin zweimal die G-ruppe NHg enthalten ist und behandelt diess in derselben Weise mit salpetriger Säure, so entsteht ein brauner Farbstoff. Auf diese Weise lassen sich auch rothe, grüne und blaue Farbstoffe erhalten, sie zeichnen sich sämmtlich durch grosse Farbenpracht aus und was besonders hervorzuheben ist, ihre Bildung ist vom theoretischen Standpunkte aus genau be- kannt, und daher die technische Ausbeute mit dem grösst- möglichsten Procentsatz verbunden.

Eines Farbstoffes muss ich gedenken, umso mehr, als er sich hier anreiht, es ist dies das Fluorescein, welches Bayer 1875 entdeckte, es wird erhalten durch Erhitzen von Resorzin, d. i. ein Creosot, welches zwei Atome Sauerstoff enthält mit einer Benzoesäure, die zweimal jenes Radical enthält, welches in der gewöhnlichen Benzoesäure nur einmal enthalten ist (beste- hend aus C, H und 0).

Mengt man zu diesen zwei Körpern ein wasserentziehendes Mittel, wie Schwefelsäure, und erhitzt, so entsteht unter Aus- tritt von Wasser eine prächtig rothe Flüssigkeit, die im auf- faUenden Lichte gelbgrün erscheint. Erhitzt man das Fluorescein mit Brom in geschlossenen Gefässen, so entsteht ein rother Farb- stoff, der mit vollem Rechte den Namen Eosin von aeos, der Morgenröthe führt, sein Feuer ist wahrhaft bezaubernd.

Die Reihe der sich direct vom Benzol ableitenden Farben wäre erschöpft und noch habe ich einen Farbstoff zu behandeln, der noch vor wenigen Jahren fast ausschliesslich nur durch An- bau gewonnen wurde, ich meine das Krapproth. Im Jahre 1762 führte ein Armenier den Bau der Krappwurzel, Färber- röthe, Rubia-tinctorum in Avignon welches noch vor Kurzem der Centralpunkt der französischen Krapp-Production war, ein, deren Bedeutung darnach ermessen werden kann, dass allein im De- partement Vaucluse jährlich für 15 Millionen Franc Krappwurzel

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erzeugt wurden, für deren Absatz der Staat durcli Einfübrung der rothen Hosen bei der französisclien Armee sorgte. Die Ent- deckung der künstlichen Darstellung des Krapproth’s aus dem Steinkohlentheer durch G-raebe und Liebermann hat nun die blühende Cultur beinahe gänzlich zum Erlöschen gebracht. Im Jahre 1875 producirte Deutschland allein in zwölf Fabriken für 15 Millionen Mark künstliches Alizarin, zwei Fabriken bestanden in der Schweiz und je eine in England und Frankreich. Die Fabrikation dieses Farbstoffes hat daher von Jahr zu Jahr be- trächtlich zugenommen und wird voraussichtlich bald im Stande sein, den Krappbau aus Europa gänzlich zu verdrängen, da das Rohmaterial bei der Bereitung des Leuchtgases als Nebenproduct ; gewonnen, in hinreichender Fülle vorhanden ist. Die jährliche . Production von Alizarin in Europa beträgt nämlich 48 Millionen Kilogramm ; um diese Menge zu ersetzen, muss der Theer von 20 Millionen Centner Steinkohlen verarbeitet werden. England aber verbraucht allein schon über 40 Millionen Centner Stein- kohle zur Gasbereitnng. Diese Zahlen sind von Interesse, indem sie zeigen, dass es dem forschenden Greiste des Chemikers ge- lang, aus einem früher werthlosen Material enorme Schätze her- vorzuzaubern und dadurch grosse Strecken fruchtbaren Landes seiner ursprünglichen Bestimmung, der Erzeugung von Nahrungs- , mittein zurückzugeben.

Diese Farbe wird aus den höchst siedenden Antheilen des Theer’s durch mehrere Operationen gebildet. Nach Crace-Calvert scheint das Anthracen, die Muttersubstanz des künstlichen Krapp- rothes, erst in dem letzten Theil der Theerdestillation gebildet zu werden. Es scheidet sich aus dem grünen Schmierfett aus imd wird, wie früher erwähnt gewonnen.

Um zu der rothen Farbe, dem Krapproth zu gelangen, löst man das Anthracen (gebildet durch Verschweissung dreier Benzol - kerne) in Eisessig

!

(

i

und fügt Chromsäure oder chromsaures Kali hinzu; der Zusatz des in Eisessig gelösten Oxydationsmittels erfolgt so lange, bis die gelbrothe Farbe der Chromsäure noch verschwindet, d. h. bis noch Anthracen da ist, welches zwei WasserstofPatome abgibt und an deren Stelle zwei Atome Sauerstoff aufnimmt. Begünstigt wird die Aufnahme des Sauerstoffes durch Erwärmen des Beac- tionsgemisches. Ist der Punct erreicht und bleibt die rothe Farbe der Chromsäure stehen, so scheiden sich nadefförmige Crystalle aus, deren Menge durch Zusatz von Wasser, in welchem das gebildete Product unlöslich ist noch zunimmt.

Durch Subümiren werden die Krystalle, welche den Xamen Anthrachinon führen, gereinigt. Der Name Antrachinon ist ge- bildet aus den Worten Anthracen imd Chinon, letzteres der Sammelname einer Körperclasse, welche im Benzol an Stelle zweier Wasserstoffatome zwei Atome Sauerstoff in benachbarter Stellung enthalten. Das Anthrachinon bildet in reinem Zustande schön gelbe Nadeln, die einen Schmelzpunct von 273® C. be- sitzen. Dieser Körper wird mit so viel Brom gemengt, dass je zwei Atome des letzteren Gelegenheit finden, in je ein Molecül des ersteren einzutreten;

Antrachinon

das Gemenge wird darnach in geschlossenen Gefässen so lange auf 160® erhitzt, als noch unverbrauchtes Brom beim Oefihen des Gefässes in Form brauner Dämpfe auftritt Die erhaltene Masse wird mit Benzol gekocht, worin sich Alles auflöst luid beim Erkalten des Lösungsmittels das bromirte Anthrachinon in hellgelben Nadeln ausfällt.

Erhitzt man das Bibromanthrachinon mit Kalilauge auf 180® bis 200®, so gehen die zwei Bromatome aus der Verbindung heraus und treten an Kalium, wo sie Bromkalium bilden, an Stelle der ausgetretenen zwei Bromatome treten die, die Lauge zusammensetzenden Atomgruppen , welche aus Sauerstoff und W asserstoff bestehen.

23

HO

HO

Der auf diese Weise gebildete Körper heisst Alizarin, jener rothe Farbstolf, dessen Bildung angestrebt wurde. Der Farbstoff wird mit Salzsäure abgeschieden, da er an, im TJeberschuss vor- handene Kalilauge als Alizarinkalium gebunden war.

In neuester Zeit umgeht man das im Preise sehr hoch stehende Brom und wendet statt dessen Schwefelsäure an, nur entsteht beim Erhitzen mit Kalihydrat statt Bromkalium, schwefelsaures Kali. Nach einem englischen Patente von Caro, G-räbe und Liebermann behandelt man das Anthracen mit Sal- petersäure, wodurch sich nicht nur das Anthrachinon, sondern gleichzeitig auch der, der Schwefelsäureverbindung entsprechende Körper bildet; dieser kann zur Bildung von Alizarin sofort mit Kalilauge behandelt werden. Die fabriksmässige Herstellung des künstlichen Alizarins, um welche sich ausser den Entdeckern Gräbe und Lieb ermann, welche es 1869 in die Technik einführ- ten, noch Gessert in Elberfeld, Brüning in Höchst und Perkin in London, Verdienste erworben, bildet eines der schönsten j Blätter in der Geschichte der chemischen Technologie. Wie ge- : ring die Menge des natürlichen Krapprothes heute schon ist, erhellt daraus, dass das aus Avignon im Jahre 1868 exportirte . Krapproth einen Werth von 36 Millionen Franc repräsentirte, während die im Jahre 1878, also 10 Jahre später von dort ex- portirte Menge an Krapp nur mehr einen Werth von 4 Millionen Franc ausmachte.

Dem nimmer ruhenden Geiste wird es gelingen, noch viele jener Producte, welche die Natur bis heute ausschliesslich liefert und deren producirte Menge somit vom Gedeihen oder Nicht- gedeihen abhängt, künstlich darzustellen.

Ich erwähne hier nur die Fruchtäther, mit deren künstli- chen Darstellung sich vor 10 Jahren fast alle hervorragenden

/

24

Chemiker beschäftigten; so befassen sich mit der künstlichen Darstellung des Indigoblaues heute eine ganze Reihe, der auf dem Grebiete der synthetischen Chemie mit den schönsten Er- folgen thätig gewesenen Fachmänner. Obzwar es schon ge- lungen ist, das Indigoblau künstlich herzustellen, so Hegt die Methode seiner Darstellung heute noch in den Kinderschuhen, denn die bisher erzielten Erfolge sind noch keineswegs dazu an- gethan, um mit einiger Rentabilität diesen Fabricationszweig auszubeuten, aber bald werden wir von der Einführung dieses Farbstoffes in die Praxis zu hören bekommen und haben dann jene Männer, die unablässig an der Erreichung dieses Zieles, wie ein Bayer in München und Sommaruga in Wien thätig sind, sich die Krone auf das Haupt gesetzt.

Enumeratio Coleopterorum Posoniensium.

Adalek Pozsony rovar-faunäjänak ismeretehez

összeällitotta

R6zsay EmiK

Ifir. Irath fogymnasiumi taiiar es egyleti muzeumi ör.

Pozsony videke tehelyröpü-faunajanak nagy reszet 1868-ik evben tettem közze a pozsonyi kir. katk. fdgymnasium programm- jaban, összeallitva a Kassa es Pozsony videken eldfordulökat. Azota tizenegy ev mult el, bogy tanari teenddim következteben szükre mert szabad öraimban szorgalmas gyüjtes folytan sok, videkünkre nezve uj es meg nem ismertetett nemekre es fajtakra akadtam, melyeket a fenntidezett programmban felsoroltakboz toldalekkepen csatolni szandekom vala; jobbnak veltem azonban, Pozsony videke eddig ismeretes tebelyröpüek-faunajat összefog- lalni es mint egeszet a pozsonyi termeszet- es orvos-tudomanyi tarsulat közlönyeben közzetenni.

Ezen összeallitasomnal, tekintettel voltam Bo 11a Janos pozsonyi kath. nepiskolai igazgato lir nttörö „Beitrag zur Kennt- niss der Koleopteren-Fauna Pressburgs, 1859“ czimii ertekezesere, bathatosan tamogattak egyletünk tevekeny tagjai közdl : Bog sch Janos realtanodai tanar, Kemp eien Kado magy. kir. penzügyi tanacsos, Tauseber Bela orvostudor, pozsony-värosi elsö fdorvos, különösen pedig Steltzner Nandor cs. kir. bely- tartotanacsi nyug. igazgato, egyletünk lelkes alelnöke es muzeu- munknak több even at faradhatatlan öre, az altal, bogy gyüjte- menyeiket hasznalatul atengedtek. Fogadjak ezen szivessegökert balas köszönetem nyilvanitasat.

Nem hagybatom emlites nelkiü azt sem, bogy egyes fajta- kat Pozsony faunajaban sorolom fei daczara annak, bogy azok Pozsonytol tavolabbra eso helyekrdl, p. o. Kajkarol, Vöröskdrdl, Farkasvölgyrdl jutottak gyüjtemenyembe. Ugy biszem, ezzel nem nagyot vetettem, niintbogy varosunk övet ugyanazon begylanez es ugyanazon ligetek, basonlo floraval mint az emlitett belyeken,

Verh. N.-F.-V. 3

26

hataroljak, azert bizonyära azon rovarok Pozsony körül is fel- talalhatök lesznek.

A pozsonyi tekelyröpüek itt következö nevsorat „Dr. J. P. E. Stein, Catalogus Coleopterorum Enropae, Bero- lini 1868“ czimii katalogus nyoman allitottam egybe. Az egyes fajtak megbatarozasanal nebanynak kivetelevel „Bedten- bacber Fauna Austriaca, 2-te Auflage“ czimu muvet hasznaltam.

A f-tel jelzettek Bella Janos urnak az 1859-ki „Verhand- lungen des Vereins für Naturkunde zu Pressburg, IV. Jahrgang “- ban foglalt fenntidezett czimu ertekezeseben, sajnos, nem egeszen megbizhatö „autor“ nevvel jelentek meg, ezeket tudtommal eddig mäs gyüjtdk nem talältak.

A *-al jelzetteket nem magam fogtam, hanem a fenntneve- zett gyüjtdk egyikenek vagy masikanak gyüjtemenyebdl, mint Pozsony videken fogottakat vettern at.

Hogy az egyes lelhelyekrdl oly bdvebb leirast nem adok, amind *a videki faunak vagy florak összeallitasanal behatdbb tanulmanyozas vagy összehasonlitas vegett szokasos, arra azon meggydzddes vezetett, mely szerint az egyes nemek es fajtak tartdzkodasi helye a meghatarozo könyvekbdl ügyis legnagyobb- reszt ismeretes; a videk reszletes leirasa pedig az attekintest nem növelne es alig ferhetne közlönyünknek szükre szabott keretebe.

Kelt Pozsony, 1879. marczius hoban.

Carabidae.

Cicindela L.

campestris L.

V. affinis Fisch. hybrida L. Sylvicola Dej. sinuata Fahr. littoralis Fahr. Germanica L.

Omophron Latr.

limbatiis Fahr.

Notiophilus Dum.

aqnaticiis L.

palustris Duft. semipimctatus Fahr.

Elaphrus Fahr.

uliginosiis Fahr.^ cupreus Duft. ülricbii Bedt. riparins L. aureus Müll. Blethisa Bon.

multipunctata L. Carabus L.

coriaceus L. nodulosus Creutz. intricatus L.

27

f depressus Bon clathratus L.

Ulrichii Germ. cancellatiis Fahr. graniilatiis L. nemoralis III. convexus Fahr. hortensis L.

Linnei Panz. scabriusculiis Oliv. Scheidleri Fahr.

V. Preissleri Duft. glabratiis Payh. violaceus L.

V. purpurascens Fahr. Hiingaricus Fahr.

Calosoma Weber.

iiiquisitor L. sycoplianta L. sericeum Fahr.

Nebria Latr.

livida L picicornis Fahr. brevicollis Fahr.

Leistus Fröhlich.

rufomarginatus Duft. ferrugineus L. Fröhlichii Duft

Clivina Latr.

fossor L

Dyschirius Bon.

globosus Herhst saliüus Schaum.

Bracliinus Weber.

crepitans L. explodeiis Duftschm. sclopeta Fahr.

Drypta Fahr.

emarginata Fahr.

Odacantlia Fabr.

melaiiura L.

Demetrias Bon.

unipunctatus Germ.

Dromius Bon.

longiceps Dej. linearis Oliv. agilis Fahr. quadrimaciilatus L. fasciatus Dej. melanocepbalus Dej.

Blecbrus MotschulsJcy.

maurus Sturm,

Metabletus Schmidt- Goebel. obscuroguttatus Duft. pallipes Dej. truncatelliis L. punctatellus Duft.

Apristus Caudoir.

quadrillum Duftsch.

Lebia Latr.

cyanocepbala L. chlorocepbala Ent H. criix minor L. humeralis Sturm. baemorrhoidalis Fahr.

Cymindis Latr.

cingiüata Dej. homagrica Duftsch.

Masoreus Dej.

Wetterhalii Gyll.

Loricera Latr.

pilicornis Fahr.

Panagaeus Latr.

crux major L qiiadripustulatus Sturm.

Callistus Bon.

limatus Fahr.

Clilaenius Bon.

festiviis Fahr. spoliatus Rossi. vestitus PayJc.

Schrankii Duftsch uigricornis Fahr liolosericeus Fahr.

3^

28

Oodes Bon.

helopioides Fahr.

Badister Clairvüle.

unipustiüatus Bon. bipustulatus Fahr.

Brosens Bam.

cephalotes L.

Pogonus Bej.

luridipennis Germ.

Patrobns Bej.

excavatus Payk

Sphodms Glairville.

leiicoplithalmiis L jantbinus Duft sch.

Calathus Bon.

cisteloides III fulvipes Gyll. fuscus Fahr. melanoceplialus L

Doliclius Bon.

flavicornis Fahr.

Ancliomenns Erichs.

angusticollis Fahr. prasiuus Thunh. albipes Fahr. oblongiis Fahr. t impressiis Banz. t sexpunctatus Fahr. parumpuDctatus Fahr. vidims Banz.

V. moestiis Duftsch. versutiis Sturm. lateralis Itedt. pelidiius Duftsch.

Platyderus Steph.

rufus Duft.

Feronia Latr.

punctata B'ahr. cuprea L.

V. affinis 8t. viatica Dej. lepida Fahr.

\ subcoeriüea Schh.

\ picimana Duftsch.

I crenata Duftsch.

inaeqiialis Beyron. aterrima Bayk. nigra Schalter. nigrita Fahr. anthraciua III. gracilis Dej. minor Gyll. oblongopiinctata Fahr. Illigeri Banz. cylindrica Herhst. Kokeilii Müler.

I maiira Duft.

\ metallica Fahr.

j striola Fahr.

carinata Duftsch. parallela Duftsch. terricola Fahr.

: Amara Bon.

striatopunctata Dej. ovata Fahr. nitida Sturm. communis Banz. vulgaris Banz. familiaris Duftsch. ingenua Duftsch. i t livida Fahr. (?)

* bifrons Gyll.

I crenata Dej.

\ aulica Banz.

\ torrida III.

!

j fulva de Geer.

j apricaria Bayk.

j Patricia Duft.

I Zabrus Clairvüle.

I gibbus Fahr.

I blaptoides Creutz.

I Diachromus Erichs.

I Germanus L.

I

Anisodactylus Bej.

binotatus Fahr. nemorivagus Duftsch.

29

Harpaliis Latr.

obscurus Fahr. punctulatus Duftsch.

V. laticollis Mannh. azureus Fahr. cordatiis Duftsch puncticollis Payk ? rufibarbis Fahr. hospes Sturm. niiicornis Fahr. griseiis Panz. calceatus Duftsch ferrugineus Fahr. t Hottentotta Duftsch.

* laevicollis Duftsch. hoiiestiis Duft. distingueiidus Duftsch aeneus Fahr.

V. confusus Dej. discoideus F'ahr rubripes Duftsch. latus L.

* luteicornis Duftsch.

* neglectus Dej. melancholicus Dej. tardus Panz.

Fröhlicbii Sturm. Serripes Schh. hirtipes Panz, semiviolaceus Dej. impiger Duftsch. anxius Duftsch. picipennis Duftsch.

Stenolophus Bej.

vaporariorum Fahr. Skrimsliiranus Steph. discopliorus Fisch. dorsalis Fahr.

* exigims Dej meridianus L.

* coiisputus Duftsch.

Bradycellns Erichs.

placidiis Gyll. harpaliims Dej. collaris PayJc.

Treclms Clairville.

minutus Fahr.

* obtusus Er. palpalis Dej.

Tachys Schaum.

* parvulus Dej.

Bembidium Latr.

guttula Fahr. biguttatum Fahr. assimile Gyll.

* fumigatum Duftsch. quadrimaculatum L. quadriguttatum Fahr. articulatum Panz.

* Sturmii Panz.

* Doris Panz.

* gilvipes Sturm. tenellum Er. pusillum Gyll. lampros Herhst.

V. velox Er. modestum Fahr. decorum Panz. rufipes Gyll.

* fasciolatum Duftsch. cumatile Schiödte. tibiale Duftsch. testaceum Duftsch. Andreae Fahr.

Y. ? femoratum Sturm. littorale Oliv. fluviatile Dej.

* lunatum Duftsch. splendidum Sturm. pygmaeum Fahr. flammulatum Clairv. varium Oliv.

* epliippium hiarsh. prasiuum Duftsch. punctulatum Drapicz. Striatum Fahr.

Tacliypus Lacordaire.

pallipes Duftsch. flavipes L.

30

Dytiscidae.

Cnemidotus Bl.

caesus Duft sch.

Haliplus Latr,

fulvus Fahr. flavicollis Sturm. cinereus AuhL ruficollis de Geer.

Hyphydrus Bl.

ovatus L.

Hydroporus Clairv.

inaequalis Fahr. picipes Fahr. geminus Fahr. pictus Fahr. bilineatus Sturm. planus Fahr. pubescens Gyll. vittula Er. palustris L. aiigustatus Sturm. lineatus Fahr.

Noterus Clairv.

crassicornis Fahr. sparsus Marsh.

Laccopliilus Leach.

hyalinus Thoms minutus Sturm.

Colymbetes Clairv.

fuscus L. pulverosus Sturm. adspersus Fahr. consputus Sturm. collaris Payk. Grapii Gyll.

Ilybius Erichs.

uliginosus L. ater de Geer.

Liopterus EschschoU^.

agilis Fahr.

Agabus Leach.

uliginosus L. femoralis Payk.

cbalconotus Panz. maculatus L. clidymus Ol. bipunctatus Fahr. guttatus Payk. subtilis Er. bipustulatus L.

Cybister Curtis.

Roeselii Bergstr.

Dytiscus L.

latissimus L. marginalis L. circumcinctus A. dimidiatus Bergstr.

Acilius Leach.

sulcatus L. fasciatus Er.

Hydaticus Leach.

Austriacus Sturm. Hybneri Fairm. transversalis Fahr.

Gyrinidae.

Gyrinus Geoffroy.

mergus Ahr. marinus Gyll.

Hydrophilidae.

Hydropbilus Geoffroy.

piceus L.

aterrimus Eschsclf.

Hydrous Brülle.

caraboides L. flavipes St.

Hydrobius Leach.

fuscipes L. oblongus Herhst.

Pbilhydrus Soli er.

testaceus Fahr. melanocepbalus Fahr. marginellus Fahr.

Helochares Muls.

lividus Forst.

31

Laccobius Erichs.

minutus L.

Berosus Leach.

spinosus Stev. aericeps Gurt, luridus L.

Limnebius Leach.

trimcatellus Thunb. papposus Muls. atomus Duftsch.

Spercheus Kugelann.

emarginatus Schaller

Helophorus Fahr.

imbilus Fahr.

? grandis lU. granularis L. griseus Herbst. dorsalis Marsh. aqiiaticus Fr.

Hydrochus Gcrmar.

carinatus Germ. elongatiis Schaller.

Ocbthebius Leach.

pygmaeus Fahr.

Cyclonotum Erichs.

orbiculare Fahr.

Sphaeridium Fahr.

scarabaeoides L. bipustulatus Fahr.

Cercyon Leach.

uiiipunctatum L. quisquilium L.

* pygmaeum III. anale Payk.

Cryptopleurum Muls.

atomarium Fahr.

Staphylinidae.

Aleochara Gravh.

t fuscipes Gravh. t tristis Gravh t lanuginosa Gravh.

Atemeies Steph.

emarginatus Gravh.

Myrmedonia Erichs.

cognata MaerJcel. similis Maerhel. limbata Payk. canaliculata Fahr.

Cilea du Val.

silphoides L.

Tachiims Gravh.

fimetarius Fahr.

Tachyporus Gravh.

solutus Er. Hypnorum Fahr

Conosoma Kraals.

pubescens Grav. bipustulatum Grav.

Bolitobius Steph.

inclinans Grav. atricapillus Fahr. exoletus Er.

Bryopoms Kraals.

rufus Er.

Quedius Steph

dilatatus Fahr. t fulgidus Fahr.

Creophilus Steph.

maxillosus L.

Emus Curtis.

hirtus L.

Leistotropbus Perty.

t nebulosus Fahr. murinus L.

Staphylinus L.

fulvipes Scop. pubescens de Geer. Caesareus Cederh.

Ocypus Steph.

olens Müller. cyaneus Payk. similis Fahr. picipes Heer. fuscatus Grav.

32

picipennis Fahr. fulvipennis Er.

Philontlius Curtis.

t splendens Fahr. intermeclius Lac. t laevicollis Lac. t carbonarius Gyll. t corruscus Er. f corvinus Er. t bipustiüatus Er.

•j* sangiiinolentus Grav. t agilis Grav. t fumarius Grav f varians Payk.

Xantholiiius Scrv.

t rein eens Grav. punctulatus Payk f tricolor Fahr. glaber Nordm. linearis Oliv.

Metoponcus Kraatz.

brevicornis Er.

Paederus Grav.

littoralis Grav. riparius L t longicornis Auh ruficollis Fahr.

Stenus Latr.

biguttatus L. bipunctatns Er.

Oxyporus Fahr.

t rufus L. maxillosus Fahr

Bledius Bteph.

t opacus Block

Oxytelus Grav.

t piceus Jj.

Micropeplus Latr.

porcatiis Fahr.

P s e 1 a p h i (1 a e.

Tyrus Äuhe.

mucronatns Panz.

Trichonyx Chaudoir.

Märkelii Auh.

Batrisus Äuhe.

* formicarius Auh.

* veniistus Beiclih.

Bryaxis Leach.

* sanguinea L. fossiüata Beichenh. haemoptera Auh. Helferi Schmidt. haematica Beichh.

Clavigeridae.

Claviger Preysler.

foveolatus Müll.

Seydmaenidae.

Seydmaenns Latr.

tarsatiis Müll

Silphidae.

Choleva Latr.

angnstata P'ahr. cisteloides Fröhl. Catops Payk.

chrysome leides Panz rotnndicollis Kellner. Serie ens Panz.

I Silpha L. ^

littoralis L. tboraeiea L. quadripunctata L. riigosa L. sinnata Fahr. dispar Rerhst. earinata III. retieulata Fahr. obseura L. laevigata Fahr. atrata L. Necroplioriis Fahr.

Germanieus Lj. humator Fahr.

33

vespillo L. mortuorum Fahr.

Agyrtes FröJd.

glaber Paylc. castaneus Payh. Anisotoma III.

* dubia Kugel. pallens Sturm.

Liodes Latr.

humeralis Fahr. axillaris Gyll. glabra Kugel. orbicularis Herhst. Agathidium III.

seminulum L

* laevigatum Er. mandibulare Sturm.

Scaphidiidae.

Scaphidium Oliv.

quadrimaculatum Oliv.

Scaphisoma Leach.

agaricinum Oliv. boleti Panz. assimile Er.

Histeridae.

Hololepta PayJc.

plana Füssly.

Platysoma Leach.

depressum Fahr.

Hister L.

inaequalis Fahr. 4-maculatus L. unicolor L. cadaverinus Ent. H. terricola Germ. merdarius Ent. H. distinctus Er.

* neglectus Germ. carbonarius Ent. H. purpurascens Herhst.

Verh. N.-F.-V.

stercorarius Ent. H. sinuatus Hl. quadrinotatus Scrih. funerstus E. bissexstriatus Fahr. duodecimstriatus Schrnh. V. 14-striatus Gyll. corvinus Germ. Paromalus Erichs.

complanatus Hl. flavicornis Herhst. Haeterius Erichs.

sesquicornis Preysl.

Sapriims Erichs.

semipunctatus Fahr. immundus Gyll.

* virescens Payk. arenarius Mars. conjungens Payk. Gnathoncus Duval.

rotundatus Hl.

OnthopMlus Leach.

striatus Fahr.

Abraens Leach.

globulus Creutz. globosus Ent. H. Acritus Le Conte.

minutus Fahr.

\

Phalacridae.

Phalacrus Eayh.

corruscus Payk.

Olibrus Erichs.

aeneus Hl. bicolor Fahr. liquidus Er.

Millefolii Payk. geminus Hl.

Nitidulariae.

Cerciis Latr.

pedicularius .L

4

34

bipustulatus Payh. Dalmatinus Er. Brachypterus Kugelann.

gravidus III.

Epuraea Erichs.

aestiva L.

Nitidula Fahr.

flexuosa Fahr. quadripustulata Fahr. Soronia Erichs,

grisea L.

Omosita Erichs.

discoidea Fahr.

Pria Steph.

Dulcamarae III.

Meligethes Kirhy.

aeneus Fahr. Symphyti Heer. serripes Gyll. Pocadius Erichs.

ferrugineus Fahr.

Cychramus Kugelann.

fungicola Heer. luteus Fahr. Rhizophagus Herbst.

cribratus Gyll. bipustulatus Fahr.

Trogositidae.

Trogosita Oliv.

Mauritanica L.

Peltis Geoffroy.

oblonga L.

Colydiidae.

Ditoma Hl.

crenata Herhst.

Aulonium Erichs.

sulcatum Ol.

Colydium Fahr.

elongatum Fahr.

' Bothrideres Erichs.

I

! contractus Fahr.

Cerylon Latr.

histeroides Fahr. deplanatum Gyll.

Cucujidae.

Brontes Fahr.

planatus L.

Laemophloeus Erichs.

testaceus Fahr.

Paediacus ShuJcard.

dermestoides Fahr.

Silvanus Latr.

\

\ frumentarius Fahr.

\ unidentatus Fahr.

Cryptophagidae.

TelmatopHLus Heer.

Sparganii Heer.

Antherophagus Latr.

pallens Ol.

Cryptophagus Herhst:

saginatus Sturm. cellaris Scop. dentatus Herhst. dorsalis Sahlh. Atomaria Steph

cognata Er.

Lathridiidae.

Lathridius Hl.

* liliputanus Mannh.

* exilis Mannh. planatus Mannh. minutus L.

Corticaria III.

I pubescens Gyll.

* piligera Mannh.

* ferruginea Marsh. gibbosa Herhst

I distinguenda Comolli.

35

Mycetophagidae.

Mycetophagus Hellwig.

quadripustulatus L. piceus Fahr. decempunctatus Fahr. atomarius Fahr. Litargus Fahr.

bifasciatus Fahr.

Typhaea Kirhy.

fumata L.

Dermestidae.

Dermestes L.

vulpinus Fahr. Frischii Kugl. murinus L. undulatus Br ahm. atomarius Er. tesselatus Fahr. laniarius Er. lardarius L. Attagenus Latr, pellio L.

Scbaefferi Herhst. vigintiguttatus Fahr. megatoma Fahr. Megatoma Herbst.

undata L.

Hadrotoma Erichs.

marginata Payh.

Trogoderma Latr.

versicolor Creuts.

Anthrenus Geoffroy.

Scropbulariae L. Pimpinellae Fahr. varius Fahr. museorum L. claviger Er.

ßy rrhidae.

Nosodendron Latr.

fasciculare Ol.

Syncalypta DilUvyn.

spinosa Rossi

Curimus Erichs.

hispidus Erichs.

Byrrlms L.

* ornatus Panz. pilula L. dorsalis Fahr.

Cytilus Erichs.

varius Fahr.

Morychus Erichs.

nitens Panz.

Geory ssidae.

Georyssus Latr.

* pygmaeus Fahr.

Parnidae.

Pärnus Fahr.

prolifericornis Fahr. lutulentus Er. auriculatus III.

Heteroceridae.

Heterocerus Fahr.

parallelus Gehl. marginatus Fahr. laevigatus Panz.

Lucanidae.

Lucanus L.

Cervus L.

V. hircus Herhst. Dorcus Mac Leay.

parallelopipedus L

Platycerus Geoffroy.

caraboides L.

Aesalus Fahr.

scarabaeoides Panz.

Scarabaeidae.

Sisiplms Latr.

Scbaefferi L.

Gymnopleurus III.

4*

36

Mopsus Pallas. cantharus Er. Caccobius Thomson.

Schreberi L.

Copris Geoffroy.

lunaris L.

Onthophagus Latr.

Hübneri Fahr.

Taurus L. nutans Fahr. Austriacus Panz. vacca L.

coenobita Herbst. fracticornis Preyssl. nuchicornis L.

Lemur Fahr.

Camelus Fahr. semicornis Panz. furcatus Fahr. ovatus L.

Oniticellus Lepelletier et Serv.

flavipes Fahr.

Aphodius III,

erraticus L. scrutator Herbst. subterraneus L fossor E.

haemorrhoidalis L. foetens Fahr. fimetarius L.

* ater de Geer. granarius L. sordidus Fahr. rufescens Fahr.

Ingens Creutz. immundus Creutz. bimaculatus Fahr. plagiatus L. lividus Ol. inquinatus Fahr. melanosticus Schm. sticticus Panz.

* pictus Sturm. tessulatus Paylc.

obscurus Fahr. tbermicola Schmidt. porcus Fahr. scrofa F.

* tristis Panz.

* pusillus Herbst. merdarius Fahr. prodromus Brahm. punctatosulcatus Sturm. serotinus Panz. consputus Creutz. obliteratus Panz. rufipes L.

luridus Paylc. depressus Kugl. pecari Fahr. sus Fahr. carinatus Germ. porcatus Fahr.

Ammoecius Muls.

brevis Er.

Rbyssemus Muls.

asper Fahr.

Psammodius Gyllh.

caesus Panz.

Ochodaeus Lepelletier et Serv.

chrysomelinus Fahr.

Bolboceras Kirhy.

unicornis Schrank.

Odontaeus Klug.

mobilicornis Fahr.

Geotrypes Latr.

stercorarius L.

V. putridarius Er. mutator Marsh. sylvaticus Panz. vernalis L.

Letrus Scop.

cephalotes Fahr.

Trox Fahr.

sabulosus L. scaber L.

Hoplia III.

graminicola Fahr.

37

Himgarica Burni.

Homaloplia Steph.

ruricola Fahr.

Serica Mac Leay.

holosericea Scop. brunnea L. Melolontha Fahr.

vulgaris Fahr.

V. albida Bedt. Aceris Er. Hippocastaui Fahr. Polyphylla Harris.

fullo L.

Anoxia Laporte.

pilosa Fahr.

Rhizotrogus Latr.

solstitialis L. ochraceus Knoch. assimilis Herhst. aestivus Ol. Anisoplia Laporte.

fruticola Fahr. t depressa Er. bromicola Herrn. crucifera Herhst. adjecta Er. Austriaca Fahr. lata Er.

Phyllopertha Kirhy.

horticola L.

Anomala Köeppe.

Vitis Fahr.

Friscbii Fahr.

Oryctes Hl.

nasicornis L.

Oxythyrea Muts.

stictica L.

Cetonia F'abr.

liirtella L. viridis Fahr. speciosissima Sco^)- affinis A^idersch. marmorata Fahr.

aenea Gyll. metallica Fahr. aurata L.

Osmoderma Lepell. et Serv.

eremita L.

Gnorimus Lepell. et Serv.

variabilis L.

TricHus Fahr.

fasciatus L. abdominalis Menetr. Valgiis Scriha.

hemipterus L.

ßuprestidae.

Buprestis L.

Mariana L. lugubris Fahr. Capnodis Eschseh.

tenebrionis L.

Dicerca Eschsch.

Berolinensis Fahr. aenea L.

Alni Fisch.

Poecilonota Eschsch.

conspersa Gyll. rutilans Fahr. decipiens Mannerh. Ancylochira Eschsch.

rustica L.

flavomaculata Fahr.

MelanopHla Eschsch.

decostigma Fahr.

Anthaxia Eschsch.

Cichorii Oliv. umbellatarum Fahr. auricolor Herhst. maiica Fahr.

Salicis Fahr. candeiis Panz. nitida Rossi. grammica Lap. iiitidula L. morio Fahr.

38

sepulchralis Fahr. quadripunctata L. t praticola Laferte. Ptosima Solier.

flavoguttata III.

V. sexmaculata Herbst.

V. undecimmaculataÄerös^.

Acmaeodera Eschseh.

taeniata Fahr.

Chrysobothrys Eschsch.

affinis Fahr. t Solieri Lap.

Coraebus Laporte.

t undatus Fahr. elatus Fahr.

Agrilus Solier.

sexguttatus Herbst biguttatus Fahr. sinuatus Oliv. viridis L. coeruleus Bossi. betuleti Batzeh.

* pratensis Butzeh. tenuis Batzeh. angustulus Hl. laticornis Hl. olivicolor Kiesw. hastulifer Batzeh. aurichalceus Bedt.

* convexicollis Bedt.

* cupreus Bedt

Cylindromorpbus Kiesw.

fiium Gyll.

Tracbys Fahr.

minutus L. troglodytes Gyll

Eucnemidae.

Drapetes Redt.

equestris Fahr.

Tbroscus Latr.

elateroides Heer.

Melasis Oliv.

buprestoides L.

Microrhagus Eschsch.

pygmaeus Fahr.

Nematodes Latr.

fiium Fahr.

Xylobius Latr.

Alni Fahr.

Elateridae.

Adelocera Latr.

varia Oliv.

Lacon Laporte.

murinus L.

Drasterius Eschsch.

bimaculatus Fahr.

Elater L.

sanguineiis L. lytbropterus Germ. sanguinolentus Schrank. pomorum Geoffr. crocatus Geoffr. balteatus L. elegantulus Schönh. scrofa Germ.

Megapentbes Kiesw.

sanguinicollis Banz. tibialis Lac.

Betarmon Kiesw.

bisbimaculatus Schh.

Cryptohypniis Eschsch.

4-pustulatus Fahr. tenuicornis Germ. pulchellus L.

4-guttatus Lap. lapidicola Germ

Cardiophorus Eschsch.

thoracicus Fahr. discicollis Herbst, rufipes Fourcr. musculus Fr. asellus Fr. cinereus Herbst.

V. testaceus Fahr.

39

Equiseti Herbst. rubripes Germ. Melanotus Eschsch.

iiiger Fahr. rufipes Herbst. crassicollis Er. Limonius Eschsch.

nigripes Gyll. cylindricus PayTc. minutus L. parvulus Pans.

Athous Eschsch.

niger L.

haemorrboidalis Fahr. vittatus Fahr. longicollis Oliv. Corymbites Latr.

haematodes Fahr. castaneus L tesselatus L. insitivus Germ. melancbolicus Fahr. holosericeus L aeneus L. impressus Fahr. latus Fahr.

V. milo Germ bipustulatus L.

Ludius Latr.

ferrugineus L.

Agriotes Eschsch.

ustulatus Schalter. flavicornis Bedt. t sputator L. lineatus L. obscurus L. aterrimus L.

Galliens Lac.

Sericosomus Bedt.

V. fugax Fahr.

Ctenonychus Steph.

filiformis Fahr.

Adrastus Eschsch.

limbatus Fahr.

pallens Er. lacertosus Er. pusillus Fahr. humilis Er.

Dascillidae.

Helodes Latr.

minuta L. testacea L Cypbon Fayh.

coarctatus PayJc. variabilis Thunb.

Malacodermata.

Dictyoptera Latr.

sanguinea L.

Eros Newman.

rubens Gyll. minutus Fabr. flavescens Bedt. Lampyris L.

noctiluca L. splendidula L Pbospbaeims Lap.

bemipterus Geoffr.

Cantharis L.

* V. cyanipennis Bach. violacea Payh. fusca L. rustica Pall. obscura L. opaca Germ. nigricans Müll. dispar Fabr. elypeata Hl. rufa L. thoracica Oliv. Ragonycha Eschsch.

fulva Scop. fuscicornis Oliv. testacea L. pallida Fabr. atra L.

denticollis Schümm.

40

Silis Latr.

nitidula Fahr.

Malthinus Latr.

flaveolus Payk.

Malthodes Latr.

sanguinolentus Fall mysticus Kiesw. guttifer Kiesw. maurus Bedt. misellus Kiesw. profanus Kiesw.

Drilus Oliv.

concolor Ahr.

Apalochms Erichs.

femoralis Er.

Malachius Fahr.

aeneus L, scutellaris Er. rubidus Er. bipustulatus L. viridis Fahr. marginellus Oliv. geniculatus Germ.

* elegans Oliv. spinipennis Germ.

Axinotarsus Mötsch.

pulicarius Fahr. marginalis Er. ruficollis Oliv.

Antocomus Erichs.

equestris Fahr. fasciatus L.

Attalus Erichs.

analis Banz. alpinus Giraud.

Ebaeus Erichs.

pedicularius Schrank. appendiculatus Er.

Hypebaeus Kiesw.

flavipes Fahr.

Charopus Erichs.

pallipes Oliv. concolor Fahr.

Troglops Erichs.

albicans L.

Colotes Erichs.

maculatus Castein.

Henicopus Steph.

pilosus Scop.

Dasytes PayJc.

niger L. subaeneus Schh. coeruleus de Geer. plumbeus Oliv. obscurus Gyll fusculus III.

Dolicbosoma Steph.

lineare Bossi.

Haplocnemus Steph.

Pini Bedt. floralis Gyll.

Danacea Lap.

pallipes Banz. marginata Küst.

Byturus Latr.

fumatus Fahr.

Cleridae.

Tillus Oliv.

elongatus L unifasciatus Fahr.

Opilus Latr.

mollis L.

domesticus Sturm. t pallidus Oliv.

Clerus Geoffr.

mutillarius P'ahr. formicarins L.

Tricbodes Herbst.

apiarius L. favarius III.

Corynetes Herbst.

ruficornis Sturm. violaceus L.

Hylecetus Latr.

dermestoides L.

41

Ptinidae.

Hedobia Sturm.

imperialis L regalis Duft,

Ptinus L.

variegatus Bossi. für L.

pusillus Sturm. latro Fahr. testaceus Ol. bideus Ol.

Niptus Boieldieu.

creiiatus Fahr.

Gibbium Scop.

scotias Fahr.

Anobiidae.

Anobium Fab.

pertinax L. domesticum Fourcr. rufipes Fahr. paniceum L.

Xestobium Mötsch.

tesselatum Fahr.

OHgomerus Redt.

brunneus Oliv.

Ptilinus Geoffr.

pectinicornis L. costatus Gyll.

Xyletinus Latr.

ater Banz. pectinatus Fahr. laticollis Duft

Dorcatoma Herbst.

Dresdensis Herhst. chrysomelina Sturm.

Sinoxylon Duft.

muricatum Fahr.

Apate Fahr,

capucina L.

Psoa Herbst.

vieniiensis Herhst.

Lyctus Fahr.

canaliculatiis Fahr. pubescens Banz.

Cis Latr.

Boleti Sco'p. micans Herhst. hispidus Bayk. Jacquemartii Mellie. castaneus Mellie.

Enneartbron Mellie.

affine Gyll.

Tenebrionidae.

Gnaptor Fisch.

t spinimanus Ball.

Blaps Fahr.

obtusa Sturm. mortisaga L. fatidica Sturm.

Crypticus Latr.

quisquilius L.

Pedinus Latr.

femoralis L.

Opatrum Fahr.

sabulosum L. pusillum Fahr. Viennense Duft.

Microzoum Redt.

tibiale Fahr.

Bolitopbagus III.

reticulatus L.

Diaperis Geoffr.

Boleti L.

Hoplocephala Lap.

haemorrhoidalis Fahr.

Scapbidema Redt.

aeneiim Bayk.

Platydema Lap.

violaceum Fahr.

TriboHum Mac Leay.

ferruglneum Fahr. madens Charp.

Hypophloeus Hellwig.

depressus Fahr. castaneus Fahr. bicolor Oliv.

Alphitobius StepJi.

cbrysomelinus Herbst.

Tenebrio L.

obscurus Fahr. molitor L.

Helops Fahr.

lanipes L. quisquilius Fahr.

Nothus Oliv.

bipunctatus Fahr.

Lagriariae.

Lagria Fahr.

birta L.

Pedilidae.

Scraptia Latr.

fuscula Müll.

Xylopbilus Latr.

populneus Panz.

Cistelidae.

AUecula Fahr.

morio Fahr.

Cistela Fahr.

fulvipes Fahr. fusca Hl. murina L atra Fahr.

Mycetochares Latr.

flavipes Fahr. bipustulata Hl. barbata Latr.

Cteniopus Solier.

sulphureus L.

* sulphuripes Germ. nigrita F'ahr

Omopblus Solier.

lepturoides Fahr.

Pythidae.

Rhinosimus Latr.

planirostris Fahr.

Melandry ida e.

Eustrophus Latr.

dermestoides Fahr.

Serropalpus Hellenius.

striatus Hell.

Melandrya Fahr.

caraboides L.

Anthicidae.

Notoxus Geoffr.

monoceros L. coriiutus Fahr.

Formicomus Laferte.

pedestris Bossi.

Anthicus PayJc.

floralis Fahr.

* gracilis Panz. antherinus L. hispidus Bossi.

Pyrochroidae.

P3rrochroa Fahr.

coccinea L. rubens Fahr. pectinicornis Fahr.

Mordellonia.

f

Tomoxia Costa.

biguttata Gyll. /

Mordelia L. '%

duodecimpunctata Bossi. 4 maculosa Naez. fasciata Fahr. villosa Schrnk. aculeata L.

Mordellistena Costa.

abdominalis Fahr. brunnea Fahr.

43

* variegata Fahr. inaequalis Muls. t micans Germ. pumila Gyll. Anaspis Geoffr.

frontalis L.

V. lateralis Fahr. thoracica L flava L.

phalerata Germ.

Meloidae.

Meloe L,

Proscarabaeus L violacea Marsh. autumnalis Oliv. limbata Fahr. decora Brandt. variegata Donov. rugosa Marsh. scabriuscula Br. reticulata Br. Cerocoma Geoffr.

Schreberi Fahr. Schäfferi L. Mylabris Fahr.

variabilis Pall. Fuesslini Panz tenera (?) Alosimus Muls.

Syriacus L

Lytta L.

vesicatoria L.

Epicauta Redt.

dubia F'ahr.

Hapalus Fahr.

bipunctatiis Germ. bimaculatus L. Sitaris Latr.

t melauura Küst.

0 e d e m e r i d a e.

Sparedrus Schmidt.

testaceus Andersh.

Asclera Schmidt.

sanguinicollis Fahr. coerulea L. Oedemera Oliv.

Podagrariae L. flavescens L. virescens L. lurida Marsh. Anoncodes Schmidt.

adusta Panz. rufiventris Scop. fulvicollis Scop. viridipes Schmidt. Chrysantbia Schmidt.

viridissima L.

Curculiones.

Mylacus Schönh.

seminulum Fahr.

Otiorhyncbus Germ.

laevigatus Fahr. multipunctatus Fahr. V. irritans Germ. villosopunctatus Gyll. uiiicolor Herhst. orbicularis Fahr. raucus Fahr. conspersus Germ. j * Fraxini Germ.

: Ligustici L.

\ t alpicola Boh. S.

I ovatus L.

i veliitiiius Germ.

! maxillosiis Gyll. S-

' t fmiicularis Schönh.

Stomodos Schönh.

gyrosicollis Boh. S.

i Peritelus Ger mar.

hirticoriiis Herhst. griseus Oliv. leiicogrammus Germ. Omias Schönh.

* conciuuus Boh. S.

44

Barypeithes du Val.

* Chevrolati Boh. S.

Platytarsus Schönh.

* priiinosus Boh. S. echinatus Bonsd.

Trachyphloeus Germar.

scabriiisculus L.

Phyllobius Schönh.

alneti Fahr. psittacinus Germ argentatus L. maculicornis Germ. oblongus L. mus Fahr.

Piri L.

ruficornis Redt. Pomonae Oliv. Myorhinus Schönh.

albolineatus Fahr.

Tropiphorus Schönh.

mercurialis Fahr.

Liophloeus Germ.

nubilus Fahr.

Herbstii Gyll. S. lentus Germ. Strophosomus Billbg.

obesus Marsh. retusus Marsh. faber Herhst. squamulatus Herhst. Sciaphilus Schönh.

t muricatus Fahr.

Eusornus Germ.

ovuliim III.

Brachyderes Schönh.

incanus L

Sitones Schönh.

8-punctatus Schönh. sulcifrons Thunhg. tibialis Herhst. t V. brevicollis Schönh. lineellus Gyll. Waterhousei Walton.

* KegensteinensisHerbsit, Cambricus Steph. lineatus L.

lateralis Gyll. discoideus Gyll. hispidulus Fahr. tibiellus Gyll. humeralis Steph.

Metallites Schönh.

atomarius Oliv. margiiiatus Steph.

Polydrosus Germ.

undatus Fahr. fiavipes de Geer. corruscus Germ.

* flavovirens Gyll. cervinus Gyll. clirysomela Oliv.

Picus Fahr. sericeiis Schall. micans Fahr.

Scytropus Schönh.

mustela Herhst.

Tanymecus Germ.

palliatus Fahr.

Chlorophanus Germ.

viridis L. pollinosns Fahr. salicicola Germ. graminicola Gyll. Brachycems Fahr.

muricatus Fahr.

Minyops Schönh.

variolosus Fahr.

Molytes Schönh.

coronatus Latr. Germanus L. glabratus Fahr. Plinthus Germ.

porculus Fahr.

Alopbus Schönh.

triguttatus Fahr.

Hypera Germ.

45

punctata Fahr. fasciculata Herbst. maciüata JRedt. palumbaria Germ. Rumicis L.

* Arundinis Fahr.

* suspiciosa Herbst. Plantaginis de Geer. miirina Fahr. variabilis Herbst. Polygoni Fahr. striata Boh. S. meles Fahr. nigrirostris Fahr.

Cleoims Schönh.

opbtbalmicus Bossi. marmoratus Fahr. trisulcatiis Herbst. roridus Fahr. sulcirostris L. nebulosus L. turbatus Fahr. obliquus Fahr. cinereus Schrank. alternans Oliv. coenobita Fairm. punctiventris Germ. albidus Fahr. varius Herbst. segnis Germ. Rhinocyllus Germ.

iatirostris Latr.

Larinus Germ.

Stiirnus Schall. Jaceae Fahr. planus Fahr. obtusus Gyllh. Carlinae Oliv. senilis Fahr.

Lixus Fahr.

paraplecticus L. turbatus Gyllh. Ascanii L.

* Myagri Oliv. angustatus Fahr.

bicolor Oliv. pollinosus Germ. filiformis Fahr. Bardanae Fahr. Lepyrus Germ.

colon Fahr. binotatus Fahr. Hylobius Schönh.

Abietis L. fatuus Bossi. Pissodes Germ.

Piceae Hl.

Pini L. notatus Fahr. Grypidiiis Schönh.

Equiseti Fahr.

Erirhinus Schönh.

bimaculatus Fahr. acridulus L.

* pillumus Gyllh. infirmus Herbst. vorax Fahr. macropus Bedt. costirostris Gyllh. occalescens Gyllh. majalis Payk. pectoralis Banz. villosulus Gyllh. Mecinus Germ.

piraster Herbst.

Bagous Germ.

lutosus Gyllh.

Anoplus Schönh.

plantaris Naetzen.

Brachonyx Schönh.

indigena Herbst.

Balaninns Germ.

Elepbas Gyllh. glandium Marsh. nucum L. turbatus Gyllh. crux Fahr. Brassicae Fahr. pyrrlioceras Marsh.

46

Anthonomus Germ.

Ulmi de Geer. pomorum L. spilotus JRedt.

Rubi Herbst. t druparum L. Acalyptus Schönh.

rufipennis Gyllh.

Orchestes III.

Populi Fahr.

Stigma Germ Salicis L. Lignyodes Schönh.

enucleator Fans.

Ellescliiis Schönh.

Scanicus Payh.

Tychius Germ.

quinquepunctatus L.

* squamulatus Gyllh. iunceus Beichh.

* Meliloti Steph. cuprifer Panz.

Cionus Clairv.

Scrophulariae L Verbasci Fahr. Olivieri Bosenschld. Thapsus Fahr. hortulaiius Marsh. olens Fahr.

Blattariae Fahr.

Nanophyes Schönh.

Lytbri Fahr.

Gymnetron Schönh.

cylindrirostris Bedt.

V. plagiatus Gyllh. spilotus Germ.

* collinus Gyllh. Linariae Panz. toter Fahr. noctis Herbst. pilosus Gyllh longirostris Dej. graminis Gyllh. Campanulae L.

Acalles Schönh.

turbatus Boh. S. hypocrita Boh. S.

I Cryptorhynchus Bl.

j Lapatbi L.

Ramphus Clairv.

flavicornis Clairv.

Mononyclms Schönh.

Pseudacori Fahr.

Coeliodes Schönh.

Quercus Fahr. guttula Fahr. fuliginosus Marsh. didymus Fahr. Ceuthorhynchus Schönh.

albovittatus Germ. macula-alba Herbst. suturalis Fahr. syrites Germ.

Erysimi Fahr. contractus Marsh. nanus Gyll.

Ecbii Fahr. radula Gyll.

Rapbani Fahr. Borraginis Fahr. abbreviatus Gyll. crucifer Ol.

Andreae Germ. asperifoliarum Gyllh.

* campestris Gyllh.

* arquatus Herbst.

* quadridens Panz.

* marginatus PayTc. punctiger Gyllh. quericola Fahr. denticulatus Schrnlc.

* pollinarius Torst. sulcicollis Gyllh.

Tapinotus Schönh.

sellatus Fahr.

Phytobius Schönh.

velatus BecTc.

Rhinoncus Schönh.

47

* Castor Fahr. bruchoides Herbst. pericarpius Fahr.

Baris Germ.

* nitens Fahr. Artemisiae Herbst. picinus Germ. chloris Fans. cMorizans Germ. Lepidii Germ. Abrotani Germ. T-album L.

Sphenophorus Schönh.

piceus Pall. abbreviatus Fans. Calandra Clairv.

granaria L.

Oryzae L.

Dryophthorus Schönh.

lymexylon Fahr.

Cossonus Clairv.

linearis L. cylindricus Sahib. Bhyncolus Creutz.

elongatus Gyllh. culinaris Beiclib. trimcorum Germ.

Magdalinus Schönh.

violaceus L. duplicatus Germ. Cerasi L. aterrimus Fahr. barbicornis Latr. Pruni L.

Apion Herbst.

Pomonae Fahr. cerdo Gerst. rugicolle Germ. Cardiiorum Kirh. Onopordi Kirh.

* vernale Fahr. radioliis Kirh. dispar Germ. pubescens Kirh.

varipes Germ.

Fagi L.

ebeninum Kirh. minimum Herbst Pisi Fahr. columbinum Germ. pavidum Germ. miniatum Germ. frumentarium L. brevirostre Herbst. violaceum Kirh.

Scoly tidae.

Hylastes Erichs.

ater Payk.

* ? cunicularius Er. decumanus Er.

Hylurgus Latr.

ligniperda Fahr. piniperda L. minor Hartig. Hylesinus Fahr.

crenatus Fahr. Fraxini Fahr. vittatus Fahr. Scolytus Geoffr.

destructor Oliv. multistriatus Marsh. Ulmi Keät.

* Pruni Batzh.

Bostrychus Fahr.

stenographus Duft. typograpbus L. Laricis Fahr. curvidens Germ. Xylocleptes Ferrari.

bispinus Duft.

Pityophtliorus Eichhoff.

micrograpbus Gyllh.

Dryocetes Eichhoff.

I villosiis Fahr.

!

j bicolor Herbst.

Xyleborus Eichhoff.

dispar Fahr.

48

Saxesenii Bat sh. monograplius Fahr. dryographus Er.

Platypidae.

Platypus Herbst.

cylindrus Fahr.

Attelab idae.

Apoderes Oliv.

Coryli L.

intermedius Hellio.

Attelabus L.

curculionoides L.

Rhino maceridae.

Rhynchites Herbst.

auratus Scop.

Bacclms L. aequatus L. aeneovirens Marsh. interpunctatus Steph. conicus III. pauxillus Germ. Germanicus Herhst. nanus Payh. betuleti Fahr.

Populi L. sericeus Herhst. pubescens Herhst. ophtbalmicus Steph tristis Fahr.

Betulae L.

Anthribidae.

PlatyrMims Clairv.

latirostris Fahr.

Tropideres Schönh.

albirostris Herhst. niveirostris Fahr. bilineatus Germ.

*) Peldänyaim közöl nemelyek ränczolt tehelyekkel birnak. Talän väl

Anthribas Geoffr.

albinus L.

Bracbytarsus Schönh.

scabrosus Fahr.

Cer amby cidae.

Spondylis Fabr.

buprestoides L.

Aegosoma Serville.

scabricorne Scop.

Prionus Geoffr.

coriarius L

Cerambyx L.

heros Scop. cerdo Fahr.

Purpuricenus Serville.

Koehleri L.

Rosalia Serville.

t alpiiia L.

Aromia Serville.

moschata L.

Callidium Fabr.

Hungaricum Herhst.^) clavipes Fahr. violaceum L. dilatatum Payk. sanguineum L. unifasciatiim Oliv.

Alni L. variabile L.

Hylotrupes Serville.

baiulus L.

Asemum Eschsch.

Striatum L.

Criocephalas Muls.

rusticus L.

Clytus Fabr.

detritus L. arcuatus L. liciatus L.

finoman-, mäsok pedig durvan-

Ü?!

49

floralis Pall. arvicola Oliv. arietis L.

Rhamni Germ. semipunctatus Fahr. oriiatus Fahr. Massiliensis L. plebejus Fahr. mysticus L.

Deilus Serville.

fugax Fahr.

Anisarthron Bedt.

barbipes Charp.

G-racilia Serville.

pygmaea Fahr.

Stenopterus Oliv.

rufus L.

Dorcadion Balm.

t aethiops Scop. fulvum Scop. rufipes Fahr.

Lamia Fahr.

textor L.

Monochamus Latr.

sutor L.

Acanthoderes Serville.

varius Fahr.

Astynonms Sleph.

aedilis L. atomarius Fahr. griseus Fahr.

Liopus Serville.

nebulosus L. punctulatus PayTc.

Pogonocherus Latr.

fasciculatus de Geer. hispidus Fahr.

Mesosa Serville.

curculionoides L. nubila Oliv.

Anaesthetis Muls.

testacea Fahr.

Agapaiithia Serville.

Verh. N. F. V.

angusticollis Gyllh. micans Panz. violacea Froel. Saperda Fahr.

carcbarias L. scalaris L.

Tremulae Fahr. punctata L. populnea L. Polyopsia Muls.

praeusta L.

Stenostola Bedt.

ferrea Schrnk

Oberea Muls.

oculata L.

erytbrocephala Fahr. linearis L.

Pbytoecia Muls.

Argus Fahr. affinis Panz. virgula Charp. lineola Fahr. rufimana Schrnk. ephippium Fahr. Solidaginis Bach. cylindrica L. nigricornis Fahr.

* birsutula Fahr. virescens Fahr. molybdaena Dalm f scutellata Fahr. Calamobius Guerin.

gracilis Creutz.

Necydalis L.

minor L. umbellatarum L. Pbamnusium Latr.

Salicis Fahr.

Rhagium Fahr.

mordax Fahr. inquisitor Fahr. indagator L. bifasciatnm Fahr. Toxotus Serville.

5

50

meridianus L.

Quercus Götz.

Pachyta Serville.

Lamed L. sexmaculata L. cerambyciformis Schrnlz collaris L.

Strangalia Serville.

aurulenta Fahr. quadrifasciata L. revestita L. armata Herbst. annularis Fahr. attenuata L. nigra L.

bifasciata Müller melanura L. septempunctata Fahr.

Leptura L.

virens L. testacea L. sanguinolenta L. maculicornis de Geer. livida Fahr. Anoplodera Muls.

sexguttata Fahr.

Cortodera Muls.

suturalis Fahr.

G-rammoptera Serville.

tabacicolor de Geer ruficornis Fahr.

ßruchidae.

Urodon Sehönh.

rufipes Fahr. pygmaeus Gyllh. suturalis Fahr. Spermophagus Steven.

Cardui Gyllh.

Bruchus L.

marginellus Fahr.

* varius Ol.

Cisti Fahr.

Pisi L. semiuarius L. luteicoruis Ill.\ pubescens Germ.

Chry somelidae.

Orsodacna Latr.

Cerasi Fahr.

V. nigricollis Oliv.

V. humeralis Latr.

Donacia Fahr.

deötipes Fahr. Lemnae Fahr.

V. Sagittariae Fahr. brevicoruis Ähr. sericea L. discolor Hoppe. semi-cuprea Panz. Menyantbidis Fahr. t linearis Hoppe. Typhae Prahm. Fenuica PayTc. Zeugophora Kunse.

* subspinosa Fahr. scutellaris Suffr. flavicollis Marsh. Lema Fahr.

cyanella L. flavipes Suffr. melauopa L. Crioceris Geoffr.

merdigera L. brunnea Fahr. 14-pimctata Scop. 12-puuctata L. 5-punctata Fahr. Asparagi L. Clythra Laicharting.

pilicollis Lac. cyanicornis Germ. trideutata L. humeralis Schneid. lougimana L. lougipes Fahr.

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quadripunctata L. laeviuscula Matzh. concolor Fahr. cyanea Fahr. flavicollis Charp. affinis III. xanthaspis Germ. aurita L. bucephala Fahr. scopolina L. quadrimaculata L.

Eumolpus Kugln.

obscurus L.

Vitis Fahr.

Chrysoclius Redt.

pretiosus Fahr.

Paclinepliorus Redt.

tesselatus Duft. arenarius Fahr.

Pales Redt.

ulema Germ.

Colaspidema Lap.

SopMae Schall.

Cryptocephalus Geoffr.

laetus Fahr.

Coryli L. cordiger L. variabilis Schneid sexpunctatus L. interruptus Suffr. laevicollis Gehl coloratus Fahr.

* elongatus Germ. violaceus Fahr. virens Suffr. sericeus L. aureolus Suffr. Hypochoeridis L. lobatus Fahr. villosulus Suffr. duodecimpunctatus Fuhr. nitens L. nitidulus Gyllh. quadriguttatiis Germ.

Moraei L. flavipes Fahr. flavescens Schneid.

V. frenatus Fahr. ianthinus Germ. fulcratus Germ. flavilabris Payh. tesselatus Germ. bilineatus L. connexus III. vittula Suffr. minutus Fahr.

Populi Suffr. gracilis Fahr.

Hübneri Fahr. labiatus L. geminus Gyll. octoguttatus Fahr. bistripunctatus Germ. bipunctatus L. bipustulatus Fahr.

Pachybrachys Suffr.

Hippophaes Suffr. hieroglipbicus Fahr. histrio Oliv.

V. bisignatus Bedt. fimbriolatus Suffr. Timarcba Latr.

tenebricosa Fahr. coriaria Fahr. metallica Fahr. Chrysomela L.

fimbrialis Küst. stapbylea L. crassimargo Germ. varians Fahr. Goettingensis L. Rossia III. t haemoptera L. sanguiuolenta L. marginalis Duft. limbata Fahr. marginata L.

Schach Fahr. lurida L.

5-^

52

violacea Panz. Menthastri Suffr. graminis L. fastuosa L. cerealis L.

V. Megerlei Fahr.

V. mixta Küst. polita L. lamina Fahr. fucata Fahr. geminata Payk.

Lina Redt.

aenea L.

vigintipunctata Scop. cuprea Fahr Lapponica L.

Populi L.

Tremulae Fahr.

Entomoscelis Redt.

Adonidis Fahr. dorsalis Fahr. Gonioctena Redt.

rufipes de Geer. viminalis L. Gastrophysa Redt.

Polygoni L.

Kaphani Fahr.

Plagiodera Redt.

Armoraciae L.

Phaedon Latr.

pyritosus Olir. sabulicola Suffr. Cochleariae Fahr. Phratora Redt.

Vitellinae L vulgatissima L. Prasocnris Latr.

aucta Fahr. marginella L. Phellandrii L Beccabungae III. Adimonia Laicharting.

Tanaceti L. rustica Schall

I florentina Medt.

I rufa Duft.

I Capreae L.

i

j Gallemca Fahr.

j Viburni Payk.

i xanthomelaena Schrnk.

I

j lineola Fahr.

I Calmariensis L.

\ Agelastica Redt.

: Alni L.

I Phyllobrotica Redt.

\ quadrimaciüata L.

\ adusta Fahr.

\ Lnperus Geoffr.

circumfusus Marsh.

I pinicola Duft.

i rufipes Fahr. ^

flavipes L

\ Haltica Geoffr.

Erucae Oliv. oleracea L. rufipes L.

Helxinis L. pubescens Ent. H. impressa Fahr. ferruginea Scop. Modeeri L. fuscipes Fahr.

Malvae III. fuscicornis L.

Brassicae Fahr. excisa Redt, sinuata Redt. nemorum L. vittula Redt. atra E. H.

Lepidii E. H. antennata E. H.

Bubi Payk Cyparissiae E. H cyanella Redt. Pseudacori Redt. Euphorbiae Fahr. lacertosa Rosenh.

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Longitarsus Latr.

Linnaei Duft.

Echii E. H. fusco-aeneus Itedt. Anchusae Payk. niger E. H. luridus Scop.

Verbasci Pam. pratensis All. atricapillus Duft. pusillus Gyll. femoralis Marsh. tabidus Fahr.

PlectrosceKs Uedt.

concinna Marsh. aridella Payk. aridula Gyll Psylliodes Latr.

Dulcamarae E. H chrysocephalus L. cyanopterus III. attenuatus E. H. affinis Payk. rufilabris E H. Apteropeda Redt.

graminis PJ H.

Argopus Fischer.

lieraisphaericus Duft.

Hispa L.

atra L.

Cassida L.

Austriaca P'abr murraea L. vittata F'ahr. sanguinosa Suffr. rubiginosa III. vibex L. stigmatica Suffr.

* rufovirens Suffr. sanguinolenta Fahr. lucida Suffr.

* oblonga III. nobilis L.

subreticulata Suffr.

lineola Creutz. nebulosa L. obsoleta III. ferrugiiiea Fahr atrata Fahr. equestris Fahr.

Erotylidae.

Engis Fahr.

humeralis Fahr. rufifrons Fahr.

Triplax Payh.

Russica L

Tritoma Fahr.

bipustulata F'ahr.

Endomy chidae.

Dapsa Latr.

denticollis Germ.

Lycoperdina Latr.

succincta L.

Bovistae F'ahr.

Endomy chus Pam.

coccineus L.

Coccinellidae.

Hippodamia Muts.

tredecimpunctata L. septemmaculata de Geer.

Coccinella L.

novemdecimpunctata L mutabilis Scrih.

Botbnica Payk bipuuctata L. marginepunctata Schll. impiistulata L. quatuordecimpustulata L variabilis III. septempunctata L.

Halyzia Muts.

ocellata L. oblongoguttata L. tigriiia L.

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quatuordecimguttata L. bis-septemguttata Schall. sedecim-guttata L. bis-sexguttata Fahr. vigintiduo-pimctata L. conglobata L.

Micraspis Redt.

duodecim-punctata L.

Chilocorus Leach.

bipustulatus L.

Exochomus Redt.

quadripustulatus L.

Hyperaspis Redt.

* campestris Herbst. Reppensis Herbst.

Epilaclina Chevr.

undecimmaculata Fahr. globosa Schneid. impunctata L.

Platynaspis Redt.

villosa Fourcr

Scymnus Kugln.

quadrilunatus Hl. nigrinus Kugln. pygmaeus Fourcr. marginalis Bossi. frontalis Fahr.

Abietis PayJc. fasciatus Fourcr. discoideus Hl. analis Fahr. haemorrhoidalis Herbst. capitatus Fahr. minimus PayJc, ^ Coccidula Kugln.

scutellata Herbst. rufa Herbst. Lithophilus Fröhlich.

connatus Fahr.

Sitzungsberichte

über die allgemeinen Versammlungen in den Jahren

1873—1870.

Yersammlung

am 25. Januar 1873.

Herr Präses - Stellvertreter Vicebürgermeister M. Grottl führte den Vorsitz.

Herr Prof. Liebleitner hielt einen Vortrag über die Le- bensweise der Spinnen und deren Bedeutung im Haushalte der Natur.

Hierauf theilt Herr Director Steltzner Folgendes (nach der Brochure des Prof. Dr. F. Cohn, in Virchow und Holzen- dorff’s Sammlung wissenschaftlicher Vorträge) über Bacterien mit.

Die wichtige, umfangreiche Bolle, welche diese minutiösen Wesen im Haushalte der Natur spielen, veranlasst mich, der ge- ehrten Versammlung den Inhalt dieses Heftes auszugs- und stellen- weise mitzutheilen.

In der artenreichen Classe der Infusorien, deren einfache Structur, Bewegung und sonstige Eigenschaften den Naturforscher oft im Zweifel lassen, ob er ein Thier oder eine Pflanze vor sich habe, hat man mittelst sehr starker Microscope Wesen vom ein- fachsten Baue, und kleiner als alle bisher Bekannten entdeckt, und Bacterien (vom Griechischen : Bacterion, Stäbchen) genannt.

Unter den stärksten Vergrösserungsgläsern sehen sie nicht grösser aus als die Puncte und Commas eines guten Drucks ; das Verhältniss ihrer Grösse zum Menschen ist gleich dem Sandkorne zum Montblanc.

Und dennoch sind diese kleinsten und einfachsten Wesen von der allergrössten Bedeutung, indem sie mit unwiderstehlicher Gewalt die wichtigsten Vorgänge der lebendigen und leblosen Natur beherrschen, und selbst in das Dasein des Menschen zu- gleich geheimniss- und verhängnissvoU eingreifen.

Ihre Gestalt gleicht bald einer Kugel oder einem Ei, bald

einem kurzen oder längeren Stäbchen oder Faden, bald einem Korkzieher oder einer Schraube.

Ihr Körper besteht aus einer meist farblosen, eiweissartigen Substanz, in der starkglänzende Fettkörnchen eingelagert sind und die von einer in Kali unlöslichen Haut eingeschlossen ist.

Nach der Gestalt können wir Kugel-, Stäbchen-, Faden- und Schraubenbacterien unterscheiden, welche dann wieder in Gat- tungen und Arten eingetheilt werden.

Der Verfasser hat 6 Gattungen unterschieden, und die kugeligen und eirunden alsMicrococcus, die kurzen Stäbchen als Ba ct erium, die geraden Fädchen als Bacillus, die wellig gelockten als Vibrio, die kurzen steifen Schrauben als Spi- rillum, endlich die langen biegsamen Spiralen als Spiro- chaete bezeichnet.

Fast alle Bacterien besitzen 2 verschiedene Lebenszustände, einen beweglichen und einen ruhenden. Unter gewissen Bedin- gungen sind sie ausserordentlich lebhaft, fahren in einem Wasser- tropfen durcheinander gleich einem Mückenschwarme, schwimmen hurtig vorwärts, dann ohne umzukehren wieder eine Strecke zu- rück, bald langsam zitternd, oder raketenartig fortschiessend, bald darauf der Quere nach gedreht wie ein Kreisel, oder längere Zeit ruhend, um wieder plötzlich wie der Blitz davon zu fahren.

Mit allen diesen Bewegungen ist eine rasche Achsendrehung verbunden, was man am deutKchsten bei den geknickten Stäbchen bemerken kann. So scheinen die wellenförmigen Vibrionen und die schraubenförmigen Spirillen sich aalgleich zu schlängeln, ob- wohl sie völlig steif sind. Es gibt auch Arten die sich nie zu bewegen scheinen, wie die Kugelbacterien und die Bacterien des Milzbrandes.

Die meisten älteren Beobachter haben die Bacterien als Thiere betrachtet, da ihre Bewegungen für willkührliche aufgefasst wurden, und wenn diese auch einer inneren Lebensthätigkeit zugeschrieben werden sollen, obgleich keine Bewegungsorgane sichtbar sind, so ist dennoch kein Zweifel, dass der Anschein der Willkühr nur eine Täuschung, dass ihre Bewegungen keine Seelenthätigkeiten leiten, denn ähnliche Bewegungen werden bei vielen microscopischen Pflanzen bemerkt, wie z. B. bei den Kiesel- zellen (Diatomeen) und Schwingfäden (Oscillarien) oder bei den

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Schwärmsporen und Samenkörperchen der Algen und Pilze wäh- rend ihrer Fortpflanzung.

Aus Allem geht die höchste Wahrscheinlichkeit hervor, dass die Bacterien Pflanzen, u. zw. den Oscillarien verwandt seien.

Die Bacterien pflanzen sich durch Quertheilung fort, wachsen nämlich bis zur doppelten ursprünglichen Grösse, schnüren sich dann in der Mitte ein und zerbrechen schliesslich in ihre 2 Hälften, welche sich wieder in kurzer Zeit in 2 Theile theilen, und so fort.

Je wärmer die Luft, desto rascher verläuft die Theilung und Vermehrung, wird bei niederer Temperatur langsamer und hört in der Nähe des Gefrierpunctes ganz auf.

Nach der Theilung entfernen sich die Bacterienhälften von einander oder bleiben kettenartig aneinander gereiht, bilden generationsweise Ballen, oder verbinden sich zu Haufen, welche schon dem freien Auge als farblose, oder auch farbige Gallert oder Schleimmassen erscheinen, als weisse Flöckchen oder Fäden im Wasser schvdiftmen, oder am Boden von Flüssigkeiten sich flockig absetzen.

Von der unglaublichen Massenentwicklung der Bacterien gibt der Verfasser durch Berechnungen eine Vorstellung, von welchen ich nur Folgendes hervorhebe :

Angenommen, dass eine Bacterie innerhalb einer Stunde in 2, diese wieder nach einer Stunde in 4 u. s. w. sich theilen, so beträgt die Zahl der Bacterien in 24 Stunden bereits über 16 72 Millionen.

Die gemeinste Art der Stäbchenbacterien, Bacterium Termo, hat die Gestalt eines kurzen Cylinders von Viooo Millimeter Durch- messer und etwa 7öoo Millimeter Länge. Ein Hohlmaass von 1 Cubicmillimeter würde von 633 Millionen Stäbchenbacterien aus- gefüllt werden. Nehmen wir den Baum, den das Weltmeer ein- nimmt, gleich der Erdoberfläche an, und seine Tiefe im IVHttel gleich 1 Meile, so ist der Gesammtinhalt des Oceans 928 Cubic- meilen; bei stetig fortschreitender Vermehrung würden die aus einem Keime entstandenen Bacterien schon nach weniger als 5 Tagen das ganze Weltmeer vollständig erfüllen.

Setzen wir das specifische Gewicht einer Bacterie dem des Wassers gleich, so wägen 636 Milliarden Bacterien 1 Gramm, nach 48-stündiger Vermehrung fast 1 Pfund, nach 3 Tagen

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dagegen erreicht die Nachkommenschaft einer Bacterie schon ein Gewicht von 148,356 Centn er. Diese Berechnungen machen uns allein die kolossalen Arbeitsleistungen der Bacterien verständlich. Hieraus folgt aber nicht, dass ihre Vermehrung stets in der be- rechneten Weise stattfinde. Da die Bacterien selbstverständlich den Stoff, der ihren Körper bildet, nicht selbst erzeugen, sondern von aussen als Nahrung aufnehmen, so steht diese im Verhält- nisse zu ihrer Vermehrung, und können sich nicht mehr Bacterien bilden, als ihnen Nahrung geboten wird. Dazu kommt noch, dass die übrigen Pflanzen und Thiere auf dieselben Nährstoffe ange- wiesen sind, wodurch die Existenz gegenseitig streitig gemacht wird, und der Kampf um’s Dasein auch die Vermehrung der Bac- terien, wie aller übrigen Wesen in Schranken hält. Die Presshefe- fabriken geben aber ein anschauliches Beispiel, zu welchen un- geheuren Mengen sich die Hefepilze bei ausreichender Nahrung und Abhaltung der Concurrenz anderer Wesen vermehren können.

Die Bacterien gehören zu den verbreitetsten Wesen, fehlen weder in der Luft noch im Wasser, heften sich an die Oberfläche aller festen Körper und entwickeln sich nur da massenhaft, wo Zersetzung, Verwesung, Gährung und Fäulniss stattfindet.

Wasser, in das thierische oder Pflanzenstoffe gebracht wurden, wird trübe, milchig, weil sich darin Bacterien vermehren, bei fort- schreitender Fäulniss der Stoffe, unter Entwicklung übelriechen- der chemischer Verbindungen. Die Trübung nimmt endlich ab, das Wasser wird klar und geruchlos, der organische Stoff ist aufgezehrt, und die Bacterien häufen sich am Boden des Ge- fässes als unbeweglicher weisser Niederschlag, ihre Ver- mehrung beginnt aber bei Zufügung neuer Substanz.

Auch in feuchter Luft vermehren sich die Bacterien, so- bald sie in Zersetzung begriffene Stoffe finden. Im dumpfigen Speiseschrank bilden sie auf gekochten Kartoffeln, Käse etc. schleimige, farblose oder gefärbte Ueberzüge, auch der weiss- liche Schleim an den Zähnen wird grossentheils von Bacterien gebildet.

Woher kömmt es nun aber, dass sich stets Bacterien in faulenden Stoffen entwickeln? In welchem Verhältnisse stehen sie zur Fäulniss?

Wenn die Ansicht richtig wäre, dass die Fäulniss oder Ver-

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wesung organischer Körper ein rein chemischer Prozess, der Ver- brennung oder der Verwitterung der Gesteine, dem Kosten der Metalle vergleichbar sei, die Bacterien aber dabei nur eine Neben- rolle spielen, so müsste Fäulniss todter Körper unter geeigneten Bedingungen auch dann eintreten, wenn die Bacterien von den- selben fern gehalten werden.

Versuche haben gezeigt, dass dem nicht so sei.

Abt Spallanzani gab thierische und vegetabilische Stoffe in ein Glaskölbchen mit Wasser, kochte sie darin und löthete den Hals des Kölbchens während des Kochens zu. Das Ergeb- niss war, dass die eingeschlossenen Stoffe nie faulten. Man machte die Einwendung, dass die Fäulniss desshalb nicht statt- finde, weil beim Kochen die athmosphärische Luft ausgetrieben, der Zutritt neuer Luft durch das Zulöthen des Kölbchens ver- hindert, folglich kein Sauerstoff darinnen war.

Dr. Schwann änderte den Versuch dahin ab, dass er den Kolbenhals erst dann zuschmolz, nachdem er in selben durch ein glühendes Kohr Luft eintreten Kess, wobei natürKch lebendige Keime zerstört wurden.

Schröder und Kolb verstopften den Hals des Kölbchens mit gereinigter Watta; die nach dem Erkalten eingedrungene Luft setzte zwischen den Fasern der Baumwolle wie in einem Filter alle Keime ab.

Pasteur endKch bog den in eine Spitze ausgezogenen Kolbenhals hakenförmig nach unten, ohne ihn zu schmelzen, die in der Luft enthaltenen Keime, welche der Schwere folgend, sich gewöhnlich in offenen Gefässen absetzen, konnten nunmehr nicht in’s Innere des Kölbchens gelangen. In allen 3 FäKen trat keine Fäulniss ein. Hieraus folgt :

Wenn man Thier- oder Pflanzenstoffe der Siedhitze aussetzt, werden die daran beflndKchen Bacterien zweifeKos getödtet ; sorgt man gleichzeitig dafür, den Zutritt anderer zu verhindern, so faulen jene Stoffe nie, auch dann nicht, wenn athmosphärische Luft allein zugelassen wird. Hierin besteht ja die Appert’sche Aufbewahrungs-Methode von Speisen.

Aus Allem dem geht nun der höchst interessante Schluss hervor, dass die Bacterien nicht die zufälKgen Begleiter, sondern

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die TJrsaclie der Fäulniss seien; Fänlniss ist also ein von Bac- terien erregter clieniisclier Prozess.

Nicht der Tod, wie man gewöhnlich glaubt, erzeugt die Fäulniss, sondern das Lehen jener unsichtbaren Wesen. Ohne die Lebensthätigkeit der Bacterien würden alle Geschöpfe, auch nach ihrem Tode, Form und Mischung beibehalten, so gut wie die Mammuth- und Rhinocerosleichen, die seit Jahrtausenden im sibirischen Eise eingefroren, sich mit Haut und Haaren unver- sehrt erhalten haben, aber nach dem Schmelzen des Eises in wenigen Tagen der Verwesung verfallen, weil die Bacterien in der Nähe des Gefrierpunctes ihre Thätigkeit einstellen, während sie bei höherer Temperatur sich sofort vermehren und Fäulniss erregen.

. Hier kann ich nicht umhin die gewichtigen Worte des Ver- fassers vollständig anzuführen.

„Die gesammte Naturordnung ist darauf gegründet, dass die Körper, in denen das Leben erloschen, der Auflösung anheim- fallen, damit ihre Stoffe wieder neuem Leben dienstbar werden können. Denn die Masse des Stoffes, welche sich zu lebenden Wesen gestalten kann, ist auf der Erde beschränkt; immer die nämlichen Stofftheilchen müssen in ewigem Kreisläufe von einem abgestorbenen in einen lebenden Körper übergehen; ist auch die Seelen Wanderung eine Mythe, so ist die Stoffwanderung eine naturwissenschaftliche Thatsache. Gäbe es aber keine Bacterien, so würden die in einer Generation der Thiere und Pflanzen ver- körperten Stoffe auch nach deren Ableben gebunden bleiben, wie es die chemischen Verbindungen in den Felsgesteinen sind; neues Leben könnte sich nicht entwickeln, weil es ihm an Körperstoff fehlen müsste. Indem Bacterien in rascher Fäulniss jeden abge- storbenen Leib zur Erde werden lassen, machen sie allein das Hervorspriessen neuen Lebens und damit die Fortdauer der le- bendigen Schöpfung möglich.“

Durch Bacterien und ähnliche microscopische Wesen wird aber auch eine ganze Keihe chemischer Veränderungen hervor- gerufen, welche Gährungserscheinungen, und die Veranlasser der- selben, Fermentpilze genannt werden. Indem ich des Ver- fassers eingehende Besprechung dieser Erscheinungen übergehe, glaube ich hier nur erwähnen zu sollen, dass Bacterium Termo das Ferment der Fäulniss sei, die Alcoholgährung , Ober- und

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Unterhefe durch den Alcohol-Hefepilz, die Essigsäure im Bier und Wein, das Sauerwerden der Milch, des Sauerkrautes, der Grurken, und andere Gährungen, wie Buttersäuregährung, Käse- bildung, durch Bacterien und ihnen verwandte Spaltpilze be- wirkt werden.

Besonders interessant sind die Eermentpilze aus der Classe der Kugelbacterien, welche Farbstoffe erzeugen. Der Verfasser erinnert hierbei an die uralte Sage, dass von Zeit zu Zeit sich auf Speisen Bluttropfen bilden können und wie diese Erscheinung als Unheil drohendes Zeichen galt, das den Zorn der Gottheit anzeigt, verborgene Verbrechen offenbart und blutige Sühne er- heischt, — und zahllose Opfer fielen diesem finsteren Aber- glauben. — Mit der Aufklärung hörte das Blutwunder auf, aber erst seit den letzten Jahrzehnten erkannte man, dass den Wunder- berichten eine naturwissenschaftliche Thatsache zu Grunde liege.

Ehrenberg hat zuerst die Bluterscheinung erforscht, solche auf gekochten Speisen, Kartoffeln, Keis, Mehlkleister, Fleisch, Milch und Hühnerweiss vorgefunden, und als Anhäufung un- zähliger Kugelbacterien (Micrococcus prodigiosus) constatirt, welche sich von eiweishaltigen Speisen ernähren, dieselben zer- setzen und durch eigenthümliche Pigmentgährung den rothen EarbestofP erzeugen. Auch andere Färbungen erscheinen in feuchter Luft auf gekochten Speisen, in Gestalt schneeweisser, schwefelgelber, orangerother, grüner, violetter, blauer und brauner Flecken, Tröpfchen und Schleimmassen; alle diese Farben, den Anilinpigmenten verwandt, werden durch Kugelbacterien erzeugt. In der sich blau färbenden Milch sind Stäbchenbacterien als Er- zeuger des Farbestoffes nachgewiesen.

Endlich (sagt der Verfasser) hat sich in jüngster Zeit ein ungeahnter Einblick in geheimnissvolle Lebensthätigkeiten der Bacterien eröffnet, durch welche dieselben mit dämonischer Ge- walt über Wohl und Wehe, ja über Leben und Sterben der Menschen entscheiden.

Häufiger vielleicht als je, in Folge des gesteigerten Völker- verkehrs, sind in den letzten Jahrzehnten Menschen und Thiere von der Gottesgeissei der Epidemien heimgesucht worden, die mit unaufhaltsamen Schritten von Stadt zu Stadt, von Land zu Land wandern, einen einzelnen Ort nur eine Zeit lang lieim-

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suchen, dann gleichsam ermattend verschwinden, um an einer anderen Stelle ihr Werk fortzusetzen, um meist erst nach län- gerer Zeit wieder zurückzukehren. Nur zu oft vergeblich bemüht sich ärztliche Kunst und Wissenschaft, der verheerenden Grewalt dieser Krankheiten ihre Opfer zu entreissen, oder ihrem Gange durch Vorbeugungsmassregeln Schranken zu setzen. So ver- schieden auch die einzelnen Krankheitsbilder, so haben doch alle Epidemien, Cholera, Pest, Typhus, Diphtherie, Pocken, Scharlach, Hospitalbrand, Kinderpest und wie sie alle heissen, gewisse ge- meinschaftliche Züge : die Krankheit entsteht nirgends von selbst, weder aus äusseren noch aus inneren Ursachen; sondern sie wird aus einem anderen Orte eingeschleppt, wo sie bereits früher herrschte, durch einen Kranken oder durch Gegenstände, die mit einem Kranken in Berührung waren; sie verbreitet sich nur durch Ansteckung. Hat die Ansteckung stattgefunden, so vergehen Stunden, und selbst Tage, ehe die Zeichen derselben äusserKch hervortreten, nach einer gewissen Zeit der Incubation bricht die Krankheit aus durch gewaltsame Störungen in der gesetzmässigen Lebensthätigkeit aller Organe, vom Gehirn bis zum Verdauungs- system, — der Kranke leidet, als stände er unter dem Einflüsse eines Giftes, welches in sein Blut eingedrungen; und wie er selbst durch einen Giftstoff angesteckt, so verbreitet er das Gift weiter, im Athem, im Schweiss, in den Ausleerungen, selbst in den Kleidern oder der Wäsche. In manchen Krankheiten sammelt sich der Ansteckungsstoff in concentrirtester Form in besonderen Pusteln und Blattern, deren klarer Saft schon in der geringsten Menge einen Gesunden vergiftet, sobald er in dessen Blutlauf aufgenommen wurde, und ihn unter den nämlichen Krankheits- erscheinungen zum Erzeuger des nämlichen Giftes werden lässt. Beim Hospitalbrand, beim Leichengift genügt schon der Hauch, der am Messer des Chirurgen oder des Anatomen haftet, um jede offene Wunde zu vergiften. Beim Milzbrand steht fest, dass eine Fliege das Gift von einem kranken auf ein gesundes Thier über- tragen kann.

Vergeblich blieb bis in die neueste Zeit jeder Versuch, in dem Ansteckungsstoffe, welcher durch Berührung die Krankheit erzeugt, oder in dem Contagium, mit Hilfe des Microscops lebende Wesen wirklich aufzufinden.

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Die erste Entdeckung microscopischer Organismen in einer ansteckenden Krankheit verdanken wir Davaine, welcher im Jahre 1863 im Blute milzkranker Kinder, einige Stunden vor deren Tode, unzählige feine fadenförmige Körperchen beobachtete, die meist doppelt so lang als Blutkörperchen, sich durch Thei- lung vermehren, und von den gewöhnlichen Fadenbacterien sich nur durch den Mangel an Bewegung unterscheiden ; Davaine bezeichnete sie deshalb als Bacteridien. Auch der Mensch ist einer ansteckenden Krankheit unterworfen, die dem Milzbrände sehr nahe verwandt ist, der Brandbeule (pustula maligna), auch in diesen Fällen ist sein Blut von Bacteridien erfüllt.

Yon vielen Epidemien, bei denen seitdem Bacterien beob- achtet wurden, führt der V erfasser folgende an :

Die Bräune (Diphtherie), die Blutvergiftung (Pyämie), Kuh- und Menschenpocken, in deren klarer Lymphe, sowie in den Aus- leerungen der Cholerakranken, welche mit Keiswasser verglichen werden, unzählige Bacterien nachgewiesen wurden. Selbst die Seidenwürmer unterliegen einer Epidemie, bei der Bacterien auf- treten.

„Aber folgt denn aus der Glegenwart der Bacterien, dass dieselben auch wirklich mit der Epidemie zu schaffen haben? Ist es nicht eben so gut möglich , dass diese microscopischen Wesen nur zufällige und unwesentliche Begleiter der Krankheit sind, wie ja Bacterien sich bei Grährung und Fäulniss entwickeln, ohne den mindesten Einfluss auf die Glesundheit auszuüben?“ Diese Fragen beantwortet der Verfasser folgendermassen : „Koch ist das durch die neuesten Forschungen verbreitete Licht nicht hell genug, um dieses dunkle Gebiet ganz über- schauen zu lassen ; noch ist der neu gewonnene Boden nicht so fest, um das Gebäude einer unerschütterlichen Theorie darauf zu gründen. Doch das wissen wir bereits, dass die Bacterien der Contagien nicht die nämlichen Arten sind, welche Fäulniss er- regen ; sie lassen sich von den letzteren meist schon unter dem Microscop durch ihre Form unterscheiden ; sie stehen unter ganz anderen Lebensbedingungen; ja sie kämpfen oft mit den Fäulniss- bacterien auf dem nämlichen Boden um das Dasein, und werden von diesen ausgerottet, wenn sie unterliegen. Das hat schon Davaine gefunden, als er beobaclitete , dass mit beginnender

Vt'ih N. F. V. Q

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Fäulniss, oft schon 48 Stunden nach dem Tode eines Thieres, die Milzbrandbacterien verschwinden, sobald die gemeinen Stäbchen- bacterien sich masslos vermehren. Während aber ein Blutstropfen voll Milzbrandbacterien einem gesunden Binde eingeimpft, nach 24 bis 36 Stunden den Tod bringt, so ist die Impfung mit ge- faultem Blute ohne Bacteridien wirkungslos. Durch Eintrocknen verlieren die Milzbrandbacterien ihre Lebensfähigkeit nicht , da- her gelingt auch die Ansteekung durch getrocknetes Blut.

Bekanntlich geben durch ein dichtes Filter, einen Tbon- cylinder, oder eine Membran nur klare Flüssigkeiten; feste Körpereben, und wären sie noch so klein, werden vom Filter zurückgehalten. Diese Erfahrung benutzten Cb ave au und Klebs, um zu beweisen, dass bei Pyämie (Blutvergiftung), Sep- ticämie (Blutzersetzung) und Blattern das Contagium nicht in den flüssigen Tbeilen des Eiters oder der Lymphe seinen Sitz haben können, sondern in den misroscopiseben Kugelbacterien, welche sich darin entwickeln. Indem sie nämlich diese An- steckungsstoffe durch ein Filter seihten, ermittelten sie, dass die klare Flüssigkeit, welche durch das Filter gegangen, ihre An- steckungsfähigkeit verloren hatte, während die auf dem Filter zurückgebliebenen festen Substanzen wirksam blieben.

Alle diese Thatsachen machen es in hohem Grade wahr- scheinlich, dass die in vielen Krankheiten bereits nachgewiesenen Bacterien die Träger und Erreger der Ansteckung, dass sie die Fermente der Contagien sind. Wir halten an der Hoffnung fest, dass sich an eine vollständigere und klarere Erkenntniss dieser Thatsachen auch die Auffindung neuer Methoden knüpfen wird, um dem furchtbaren Feinde mit besserem Erfolge als bisher ent- gegen zu treten. Der Kunst des Arztes würden dadurch be- stimmte Gesichtspunkte gegeben, auf welche sie hinzuwirken hat. Es handelt sich um die drei Fragen : auf welchem Wege ge- schieht, und auf welche Weise verhindert man die Uehertragung von microscopischen Fermentorganismen? und durch welche Mit- tel wird die Vermehrung derselben gehemmt?

Alle Desinfections-Massregeln, alle Heilversuche müssten nach der einen oder der anderen Bichtung hin eingreifen ; beson- ders würde auch das Wasser ins Auge zu fassen sein, von dem festgestellt ist, dass es seihst in scheinbar reinstem Zustande

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clocli die Zufuhr von Bacterien und anderen Fermentorganismen leicht vermittelt.

Wir haben gesehen, dass bei aller Fäulniss und Gährung, dass in vielen Krankheiten sich Bacterien entwickeln, und in riesigen Verhältnissen vermehren, sobald ihre Keime einmal Zu- gang gefunden, dass diese kleinsten Wesen gerade durch ihre Massenentwicklung die grossartigste Arbeit verrichten. Aber woher stammen die ersten Keime? Mit dieser Frage haben sich die Naturforscher bis in die neueste Zeit beschäftiget, und sie in verschiedenem Sinne beantwortet.

Die Einen erklärten ihr Entstehen aus organischen Ele- menten, und machen eine Urzeugung (Generatio aequivoca) gel- tend. — Die Andern bestreiten, dass lebende Wesen jemals anders entstehen, als aus Keimen, die von Wesen gleicher Art abstammen.

Die angegebenen Versuche haben zweifellos bewiesen, dass die Bacterien und die ihnen verwandten Fermentpilze eben so wenig durch Urzeugung entstehen, als andere lebende Wesen. Vorurtheilslose Nachprüfung hat auch keinen Beweis geliefert, dass, wie Einige in neuerer Zeit meinten, die Bacterien mit Hefe-, Brand- oder Schimmelpilzen in entwicklungsgeschichtli- chem Zusammenhänge stehen, die Einen aus den Anderen her- vorgehen.

Hören wir nun, welchen Vermuthungen der Autor über die Entwicklungsgeschichte der Bacterien Kaum gibt, indem er sagt : „Wir haben das Gewicht einer Bacterie auf 157,000 Milliontel eines Milligranes berechnet; wir wissen, dass diese unendlich leichten Körperchen bei der Verdunstung durch die verdampfen- den Wassertheilchen mit fortgeführt, in der Luft als Sonnenstäub- chen umherschwimmen, und mit dem Staube wieder herabfallen, aber auch durch Luftströmungen über unermessliche Strecken geführt, und gewiss auch in ausserordentliche Höhe getragen werden können. Möglicherweise werden diese Stäubchen durch aufsteigende Luftströme mitunter so weit emporgehoben, dass sie der Anziehung unseres Planeten entzogen, in den Weltraum ge- langen; die Existenz eines Weltstaubes ist aus verschiedenen kosmischen Lichterscheinungen wahrscheinlich. Der Weltraum ist ausserordentlich kalt, doch iiaben Versuche erwiesen, dass

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selbst ein vielstündiges Einfrieren bei 18^ die Bacterien nicht tödtet; sie verfallen durch die Kälte in Erstarrung, ans der sie beim Aufthanen erwachen, und unter günstigen Umständen sich sofort zu vermehren beginnen. Es ist vielleicht nicht unmöglich, dass ein von der Erde aufgestiegenes Bacterienstäubchen eine Zeit lang im Welträume umherschwimmt, dann in die Atmo- sphäre eines anderen Weltkörpers gelangt, und wenn es auf die- sem die geeigneten Lebensbedingungen vorfindet, dort sich weiter vermehrt. Es lässt sich aber auch umgekehrt die Möglichkeit denken, dass aus irgend einem Leben ernährenden Weltkörper die Keime einer Bacterie oder eines ähnlichen äusserst kleinen und einfachen Wesens als Stäubchen in den Weltraum geführt werden, und dass ein solcher Keim schliesslich in die Atmosphäre der Erde gelangt, und auf deren Boden sich absetzt. So lange das Urmeer, welches einstmals die aus glühendem Zustande er- starrte Erdrinde bedeckt hatte, noch über 60^ erhitzt war, so lange war eine Entwicklung eines solchen Keimes nicht möglich ; sobald aber die Abkühlung unter diesen Temperaturgrad gesun- ken war, musste der fremde Lebenskeim in dem mit Salzen reich gesättigten Urmeere alle Bedingungen zu einer unbegrenzten Vermehrung finden; wir haben berechnet, dass in wenig Tagen der ganze Ocean mit solchen Wesen erfüllt sein könnte. Aus diesem ersten lebendigen Keim, in dem die Eigenthümlichkeiten des Thier- und Pfianzenreiches noch nicht geschieden waren, konnte das Gresetz der Entwicklung, der Kampf ums Dasein, die natürliche Züchtung, die geographische Isolirung, und manche andere bekannte oder unbekannte Kraft alle die verschiedenen Formen der Thier- und Pflanzenwelt fortbilden, welche in der Vergangenheit wie in der Gregenwart die Erde bewohnten, und bewohnen.

Wir wissen wohl, dass wir mit solchen Betrachtungen weit über die Grenzen der exacten Naturwissenschaft hinausschweifen. Wenn der Naturforscher auch sich der Beschränktheit seines Wissens stets bewusst bleibt, und mit Resignation sein Nicht- wissen eingesteht, wo seine Werkzeuge, Versuch und Beobach- tung, ihn im Stiche lassen, so kann er doch nicht immer der Sehnsucht des Faust widerstehen „zu schauen alle Wirkungs- kraft und Samen“ und er überlässt sich gerne der Verlockung,

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durch die Phantasie die Lücken zu ergänzen, welche die nüch- terne Forschung nicht auszufüllen vermag.“

Obwohl ich die Aufmerksamkeit schon geraume Zeit in Anspruch genommen, glaube ich dem Zwecke noch durch ein kurzes Pesume in F olgendem zu dienen :

Es gibt Wesen, und zwar die kleinsten aller bisher be- kannten, in der Klasse der Infusorien, Bacterien benannt, und wohl zum Pflanzenreiche gehörig, welche überall in der Natur Vorkommen und sich in unglaublichen Massen vermehren. Sie sind Ursache der Fäulniss, Verwesung und Grährung, sowie von Farbstoff-Erzeugung, ja sie wurden in Contagien nach- gewiesen, und scheinen Veranlasser von Epidemien, was jedoch, sowie ihr Ursprung, bisnun noch nicht festgestellt ist.

Indem ich mir schmeichle, meine Aufgabe, das Interesse der geehrten Versammlung für diesen so hochwichtigen G-egen- stand zu erregen, nach Möglichkeit gelöst zu haben, erlaube ich mir noch das vorliegende Heft zur Lecture anzuempfehlen, um sich meinen immerhin nur skizzenhaften Vortrag zu ergänzen.

Am Schlüsse der Versammlung legte der Vereins-Secretär Dr. K a n k a zahlreiche Geschenke auswärtiger wissenschaftlicher Institute an Büchern und Zeitschriften vor.

Versammlung

am 12. März 1873.

Herr Dr. Ruprecht hielt einen Vortrag über die essbaren Wurzelknollen der Bataten. Diese stammen von einer Schling- pflanze aus der Familie der Convolvulaceen , der Batatas edulis (Chois.), welche im tropischen Amerika einheimisch, jetzt in allen tropischen Gegenden, selbst in Europa angepflanzt wird. Die Pflanze gehört zur Unter abtheilung der Gattung Ipomaea, und ist gleich dieser eine sehr schöne Zierpflanze mit schönen, bei 2 Zoll langen, innen purpurrothen, aussen röthlich gestrahlten, trichterförmigen Blüthen In Europa gelangt sie indess im Freien nicht immer zur Blüthe. Die Wurzelknollen Averden oft 1 Fuss lang und 2 3 Zoll dick, sind walzen- oder spindelförmig, mei-

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stens etwas gelD?liinmt, aussen mit einer den Kartoffeln älinli- chen Schale versehen, innen weiss, ziemlich fest und reich an Hilchsaft. Zuhereitet sind sie den Kartoffeln sehr ähnlich , und bieten eine leichte verdauKche, gesunde Nahrung.

Im Vergleich zu den Kartoffeln stehen die Bataten diesen an Wassergehalt und dem G-ehalt an Proteinstoffen fast gleich, dagegen an Amylumgehalt bedeutend nach; ferner enthalten sie statt Dextrin Zucker, und zwar in bedeutend grösserer iffenge, dann ^uel mehr Salze und die in den Kartoffeln fehlende Pectin- säure (Pflanzensclileim). Die Cultur der Bataten ist eine sehr einfache; man pflanzt sie fort sowohl durch Beiser oder Triebe alter Pflanzen, als auch durch abgeschnittene Schösslinge und Scheiben von den Wurzeln, die man 3 Puss von einander ent- fernt pflanzt. Die Banken lässt man fortkriechen, drückt sie stellenweise in die Erde und legt einen Stein darauf. Man lässt sie einige Monate so wachsen, bis die hinteren Blätter gelb werden, dann gräbt man die eingedrückten Kniee mit den Knol- len aus und lässt die übrigen Banken stehen. So geben die Ba- taten auf demselben Felde einige Jahre Ertrag; später werden die Knollen immer kleiner und bleiben zuletzt ganz aus.

So verfährt man jedoch nur dort, wo die Bataten leicht fortkommen. In unserem Klima dürfte dieses Verfahren jedoch kaum genügen. Die vorgewiesenen Exemplare stammen aus dem G-arten des Herrn Grafen Carl Zichy in Cziffer bei Tirnau, der die Setzlinge durch Herrn Grafen Kärolyi erhielt, welcher sie aus Mexico mitgebracht hatte. Doid wurden sie im rigolten Boden gepflanzt, an Stöcken in die Höhe gezogen, wo sie zu- gleich als Zierpflanzen dienten, und die zweijährigen Wurzeln ausgegraben.

Hierauf hielt Herr Professor Lu eich einen Vortrag über künstliche Eiserzeugung, welchen er mit interessanten Experimenten erläuterte. Die Eisbereitung beruht wesentlich auf der physikalischen Thatsache, dass bei dem schnellen Hebergang einer Substanz aus dem flüssigen in den gasförmigen Zustand eine grosse Menge Wärme gebunden, d. h. Kälte erzeugt wird. Wenn schweflige Säure, das Product der Verbrennung von Schwe- fel, in condensirtem flüssigen Zustande in ein Gefäss mit Wasser geschüttet wird, so erfolgt ihr Uebergang in den gasförmigen

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Zustand so schnell und wird dadurch eine solche Kälte erzeugt, dass der grössere Theil des Wassers in Eis verwandelt wird. Dieselbe Eigenschaft, durch rasche Verdunstung Kälte zu er- zeugen, findet man bei dem flüssigen, condensirten Ammoniak.

Hierauf beruht nun der Carre’sche Eisbereitungs- Apparat, welcher gegenwärtig nach verschiedenen Verbesserungen, die an demselben vorgenommen wurden, allgemein verwendet wird. Es besteht derselbe aus mehreren Theilen. Zuerst wird Ammoniak (im gasförmigen Zustand) erzeugt durch Einwirkung von Aetz- kalk auf ein Ammonsalz. Das so erhaltene Ammoniakgas wird darnach in einen Behälter (Condensator) geleitet, wo es conden- sirt, d. h. in flüssigen Zustand überführt wird. Nun leitet man dasselbe in den eigentlichen Eiserzeugungsapparat, in welchem das sich schnell in Gas umwandelnde Ammoniak eine solche Kälte erzeugt, dass das in blechernen Köhren oder Hohlcylindern zu diesem Behufe befindliche Wasser in verhältnissmässig kurzer Zeit zu schönem, dichten, reinen Eis gefriert. Das in Gas um- gewandelte Ammoniak wird aufgefangen und wieder zum Con- densator geleitet, um neuerdings, in flüssigen Zustand versetzt, denselben Process durchzumachen.

Es ist bemerkenswerth, dass der Verlust an Ammoniak hierbei ein ganz geringer ist, indem bei einer Erzeugung von 40 Centnern Eis nicht mehr als zwei Pfund Salmiakgeist ver- loren gehen. Was die Kosten der künstlichen Eisbereitung an- belangt, so wurde berechnet, dass dieselben bei einer Eismaschine, welche vier Centner Eis stündlich, also täglich 48 Centner er- zeugt, der Centner auf circa 5 Sgr. zu stehen kommt.

Nach diesem, mit vielem Interesse angehörten Vortrag, welcher noch durch Vorweisung und Erklärung von Zeichnungen der Carre’schen Eismaschine erläutert wurde, legte der Herr Vereins-Custos F. Steltzner folgende Geschenke für das Vereins-Museum vor: 1 Meerspinne von Herrn Dr. Koväcs; 1 Alge von Herrn H. Noisser; 1 ausgestopftes F eldhasen- Monstrum von der Frau Baronin v. Splenyi; 2 Mineralien von Herrn Edmund v. Szalay; 1 Petrefact von Herrn Dr. M. Tisch ner; 2 ausgestopfte Vögel, 8 Vogel eier, 4 Conchylien von Herrn Director F. Steltzner; 73 Speeles Conchylien, 1 Seeigel, 2 Seesterne und 15 Korallen-Species wurden durch

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Tausch für verschiedene Douhletten acquirirt. Den freundlichen Grebern wurde der Dank des Vereines ausgesprochen.

Schliesslich legte der Vereins-Secretär Herr Dr. Kanka zahlreiche, in der letzten Zeit eingegangene Geschenke an Bü- chern und Zeitschriften für die Vereinsbibliothek vor, und wurde als neues Vereins-Mitglied der k. k. Stabsarzt, Herr Dr. H. Ha- welka, aufgenommen.

Jahresversammlung

am 16. April 1873.

Den Vorsitz führte der Herr Präses-Stellvertreter Moriz Gottl, Vicehürgermeister der k. Freistadt Preshurg. Er eröff- net die Versammlung mit einem Hückblick auf die Schicksale des Vereins in der letzten Zeit, und theilt mit, dass es leider noch immer nieht gelungen ist, einen Präses des Vereins aufzu- finden, und dass nebst der Berichterstattung der bisherigen Functionäre, die Neuwahl der Ausschussräthe und Functionäre die Hauptgegenstände der heutigen Generalversammlung bilden.

Hierauf trug der Vereins-Secretär Dr. Kanka folgenden Bericht vor :

Hochgeehrte Versammlung! Zum zweiten Male seitdem ich die Ehre habe die Secretariatsgeschäfte dieses Vereins zu füh- ren, tritt die Pflicht an mich heran. Ihnen über den Stand und die Thätigkeit des Vereins während der seit der letzten General- versammlung verflossenen Zeit Bericht zu erstatten. Was den Personal stand der Mitglieder betrifft, so ist derselbe der Zahl nach unverändert geblieben. Es sind nämlich von den in unserem letzten Verzeichniss angeführten 98 Mitgliedern uns leider durch den Tod entrissen worden 6, nämlich : die Herren Bachopulo, Bajusz, Bokränyi, Kubiss, Pappenheim, Wurst; aus- getreten sind 8, nämlich : die Herren Bednarik, Böhmer, Haas, Helmär, Kreybik, Nehrer, Srb, Simonyi. Dieser Verlust von 14 Mitgliedern ist jedoch durch 14 neu eingetretene wieder ersetzt worden, so dass der numerische Stand der Mitglieder heute wieder 98 beträgt, wovon 84 in Presburg domiciliren, 14 aus- wärtige sind.

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Was die Aeusserungen der Yereinsthätigkeit anbelangt, so habe ich darüber Folgendes zu berichten : Im Jahre 1871 wur- den ausser der Jahresversammlung 4 allgemeine Versammlungen, im Jahre 1872 aber 7 allgemeine Versammlungen gehalten; nebst- dem fanden, mit Ausnahme der Sommermonate, regelmässig mo- natlich ein-, zuweilen auch zweimal Sitzungen der medicinischen Section statt, in welchen viele seltene, interessante Krankheits- fälle vorgeführt, die wichtigsten Gegenstände der medicinischen Praxis und Wissenschaft mit besonderer Berücksichtigung der localen Verhältnisse besprochen wurden. Das demnächst zu er- scheinende Heft unserer Vereinsschrift wird ausführliche Berichte sowohl über die allgemeinen, als die ärztlichen Versammlungen enthalten.

Einen wesentlichen Theil der Wirksamkeit unseres Vereins bildet die Erhaltung und Vermehrung unseres Museums. Wie sich die geehrten Mitglieder durch den Augenschein überzeugen können - und es wäre wünschenswerth, wenn dies öfter ge- schähe — ist darüber nur Bühmenswerthes zu berichten. Bei den geringen Mitteln, die uns zu Gebote stehen, ist nicht nur Alles in bester Ordnung und Aufstellung conservirt, sondern auch viel Neues hinzugekommen. Wir verdanken dies einzig und ausschliesslich der rastlosen, mit vielen Opfern verbundenen Thätigkeit unseres hochgeehrten Vereins-Gustos, des Herrn Di- rectors Steltzner, welchem ich dafür den Dank des Vereins protocollarisch auszusprechen beantrage. Wie einst Ludwig XIV. von sich sagen konnte: l’etat c’est moi, so können wir mit mehr Recht von ihm sagen : unser Museum, das ist er. Seiner Thätig- keit haben wir es auch zu verdanken, dass die Besichtigung unseres Museums dem allgemeinen Publicum zugänglich gemacht wurde. Der von Jahr zu Jahr zunehmende Besuch desselben spricht für die Nützlichkeit dieser Einrichtung. Auf Antrag des Herrn Gustos hat der Vereins- Ausschuss bestimmt, dass von Anfang Mai bis zum Beginn des Winters wöchentlich zweimal, nämlich Donnerstags und Sonntags in den Vormittagsstunden das V ereins-Museum dem Publicum zur Besichtigung eröffnet sei ; es ist zu erwarten, dass auch jener Theil der Bevölkerung, der an Wochentagen verhindert ist, diese Einrichtung als eine neue und unentgeltliche Bildungsquelle gern benützen wird.

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lieber den Stand unserer Yereins-Bibliotbek ist leider der Herr Bibliothekar Dr. B ö c k h durch Krankheit verhindert. Näheres mitzutheilen. Ich freue mich Ihnen berichten zu können, dass die Hauptquelle derselben, unsere Verbindung mit auswär- tigen und inländischen gelehrten Vereinen ungeschmälert fort- besteht, und dass dieselbe in der letzten Zeit durch Anknüpfung neuer Verbindungen noch vermehrt wurde.

Einer erfreulichen Thatsache muss ich noch erwähnen, die zwar nicht unmittelbar den Verein betrifft, insofern aber, als sie von einem unserer Mitglieder ausgeht, uns alle interessiren muss ; es ist diess die Ausstellung der ausgezeichneten Arachniden- Sammlung von Prof. Dr. Böckh*), welche zur Absendung an die Wiener Weltausstellung bereit ist, und bei den Fachmännern gewiss grosses Interesse erregen wird.

lieber unsere finanziellenV erhältnisse wird der V ereins- Cassier Herr Dr. B i g e 1 e ausführlich berichten. Wir können sie unseren schwachen Kräften gemäss, wenigstens nicht als un- günstig bezeichnen. Einen sehr erfreulichen Zuwachs haben die- selben im vergangenen Jahre erhalten durch ein Legat von 500 fl., welches der Vereins-Cassa von einem ehemaligen Mitgliede dieses Vereines, dem, um die Ornithologie Nordungarns sehr verdienten weil. Herrn J. Gr. Keiner in der Zips zugekommen ist. Im Ausschuss wurde der Antrag gestellt, diese Summe als Reiner- Stiftung dem Vereine unantastbar mit der Bestimmung zu er- halten, dass die jährlichen Interessen derselben zur Anschafiiing von Naturalien für das Vereins-Museum verwendet werden. Es erübrigt nun die Genehmigung dieses Antrages von Seite der geehrten General- Versammlung.

Ich erlaube mir noch einen, unsere Vereins-Cassa betreffen- den Gegenstand der geehrten Versammlung vorzulegen. In den letzten Tagen des Monates März 1. J. erhielt das Vereins-Secre- tariat die Zuschrift eines aus Mitgliedern der zoologisch-botani- schen Gesellschaft in Wien zusammengetretenen Comite’s, worin

*) Prof. Dr. Georg B ö c k h , der emsige Araclinidenforsclier, ist leider am 12. Januar 1874 einer langwierigen Krankheit erlegen. Siehe Verhdlgen des Ver. f. Natur- und Heilkunde in Presburg, Neue Folge, 2. Heft, 1874, dessen reichhaltige Arachniden-Sammlung sammt der dazu gehörigen Fach- bibliothek wurde für das k. ung. National-Museum in Budapest angekauft.

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mitgetlieilt wird, dass die Absicht bestehe, dem hochverdienten Herrn Dr. Ritter v. Frauen feld, aus Anlass seiner nunmehr 18-jährigen erfolgreichen Wirksamkeit als Secretär dieser Gesell- schaft, eine Ehrengabe zu überreichen, und die Mittel dazu durch eine Subcription zu sammeln. Nachdem der gestellte Termin zur Einsendng von Beiträgen zu kurz war, um zu diesem Zwecke eine allgemeine Versammlung zu berufen, und es andererseits als Pflicht erschien, dass unser Verein nicht zurückstehe bei Anerkennung der Verdienste jenes hochgeachteten Mannes, der sich unserem Vereine und dessen einzelnen Mitgliedern stets freundlich entgegenkommend erwiesen hat, so hat der Ausschuss beschlossen, einstweilen 20 fl. zu diesem Zwecke aus der Vereins- Cassa zu entnehmen und mich zur Absendung dieser Summe an das betreffende Comite zu ermächtigen, mit dem Vorbehalte je- doch, dass diese Summe durch eine, bei Gelegenheit unserer General- Versammlung zu eröffnende Subcsription gedeckt, und der Vereins-Cassa, welche dieselbe schwer entbehrt haben würde, zurückerstattet werde. Ich erlaube mir daher diesen Subscriptions- Bogen hiermit vorzulegen , und um nachträgliche Genehmigung dieser Anordnung zu bitten.

Und nun gestatten Sie mir, hochgeehrte Herren, indem ich mein Amt als Secretär dieses Vereines statutengemäss in Ihre Hände zurücklege. Ihnen meinen innigsten Dank für das mir bisher geschenkte Vertrauen auszusprechen, und Sie zu bitten, auch fernerhin die Zwecke dieses Vereins durch Ihre rege Theil- nahme zu fördern. Wenn die Leistungen desselben nicht so be- deutend waren, als es wünschenswerth wäre, so liegt die Ursache in den Schwierigkeiten und Hindernissen, mit welchen jedes, auf geistigen Fortschritt zielende Unternehmen bei uns zu kämpfen hat. Es fehlt uns an Arbeitskräften, wie auf materiellem, so auch auf geistigem Gebiete ; gestehen wir es aber ehrlich und offen : es fehlt uns oft auch an Arbeitslust. Inmitten einer, von materiellen Strömungen durchtränkten Zeit bleibt wenig Baum für rein geistige Bestrebungen. Bei uns gibt es noch ausserdem manche specielle Hemmnisse des allgemeinen geistigen Fortschrittes. Zu diesen gehört, meiner Ansicht nach, auch die Mannigfaltigkeit der Sprachen.

Indessen unser Verein, der nur rein culturelle Zwecke ver-

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folgt, besteht, und dass wir inmitten des hochgehenden materiel- len und politischen Treibens noch bestehen, das möge uns das Bewusstsein unserer Lebensfähigkeit, und die tröstende Hoffnung geben, dass die Keime, die wir pflegen und erhalten, vielleicht in einer besseren Zukunft reichere Früchte tragen werden!

Die in diesem Berichte enthaltenen Anträge wurden von der Versammlung einstimmig genehmigt, worauf Herr Gustos Dir. F. Steltzner den Bericht über den Stand des Museums vorlegte.

Der Yereins-Cassier Herr Dr. Big eie legte hierauf den Cassabericht in folgenden zwei Ausweisen vor.

Ausweis

über die Einnabme und Geschäftsgebahrung bei dem Vereine für Naturkunde in Presburg vom 10. Juni 1871 bis 16. April 1873.

An Cassarest laut Bechnungsabschluss ddto

10. Juni 1871

Jahresbeiträgen für die Jahre 1871 1872

Für die von weiland dem Herrn J. G. Heiner als Geschenk erhaltenen 500 fl. Sparcassa- Zinsen vom 16. April bis 31. Dec. 1872 .

An Verkauf von Vereinsschriften Pflanzen .....

Diplomstaxen von neu eingetretenen Mitglie- dern im Jahre 1871 .....

84 fl. 627

21

6

3

60 kr. 70

89

48

Einnahme Ausgabe .

13

Summa 1257 fl. 32 kr.

1257 fl. 32 kr.

454 1

Cassa 803 fl. 31 kr.

Ausweis

über die Ausgaben in den Vereinsjahren vom 10. Juni 1871 bis 16. April 1873.

Pro Druckkosten für Vereinsschrift und Bücher-

catalog ........ 270 fl. 25 kr.

400 Empfangsbestätigungskarten . . . 2 60

Buchbinder für die Einbände . . . 20

Postporto für eingelangte Vereinsschriften 23 72

Fürtrag 316 fl. 57 kr.

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TJebertrag

Für Brennmaterialien ......

das Reinigen der ansgestopften Thiere die Reinigung der Localitäten pro 1871 und

1872 .

Stempel und Postporto der Reiner’sclien Erb- schaft ........

An Monatsbeiträge pr. 1871, 1872 und 1873 an den Museumsdiener Döka . . . .

Monatsbeiträge an den Diener Kagerer 1871 11 Monate .......

Monatsbeiträge an den Diener pro 1872 pr. Jänner bis

März 1873 .......

Summa

316 fl. 57 kr. 11 24

55

55

40 50

33

36

55

5)

454 fl. 1 kr.

Zu Reclmungs-Scrutatoren werden über Antrag des Herrn Vicepräses bestimmt : die Herren Dr. Tauseber, Prof. Könyöki, Frenzl; zugleich werden dieselben ersucht, nach Abnahme der Wahlzettel „das Scrutinium“ vorzunehmen.

Heber Antrag des Herrn Dr. Grotthardt wird noch dem ganzen Ausschuss, speciell dem Herrn Vicepräses, Bürgermeister M. Grottl, sowie dem Yereins-Secretär Dr. Kanka der Dank protocollarisch ausgesprochen.

Während des Scrutiniums liest Herr Custos Dir. Steltz- ner geologische Betrachtungen nach einem, von Herrn Th. Mil- lian eingesendeten Manuscript vor. Hierauf wird als Resultat des Scrutiniums folgendes Wahlergebniss bekannt gemacht : ab- gegeben wurden 39 Stimmen ; gewählt wurden : zum Vicepräses Herr Bürgermeister M. Gottl (mit 37 Stimmen), zum Secretär Dr. C. Kanka (32), zum ersten Secretär-Stellvertreter Dr. Rup- recht (21), zum zweiten Secretär-Stellvertreter Dr. Tauscher (17), zum Bibliothekar Prof. Dr. Böckh (36), zum Custos Di- rector F. Steltzner (31), zum Cassier Dr. A. Rigele (36). Zu Ausschussräthen wurden gewählt die Herren : L u c i c h, Grotthardt, Konschil, Könyöki, Kempelen, Schnel- ler, Treulich, Rozsay, Liebleit n er, Fuchs, Wille r- ding. Ambro, Geller, Zlämal.

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Als Resultat der während der Versammlung stattgefunde- nen Subscription für Eückersatz der, vom Ausschuss aus der Vereins-Cassa einstweilen angewiesenen 20 fl., ergibt 38 fl.; über allseitig gut geheissenen Antrag des Herrn Vicepräses wird be- schlossen, den Ueberscbuss von 18 fl. dem Vereins-Museum zu- zuwenden.

Schliesslich wird Herr Heinrich Klinger als neues Vereins- raitglied aufgenommen.

Versammlung

am 17. December 1873.

Den Vorsitz führte der Herr Vicepräses M. Grottl.

Herr Dr. J. v. Pantocsek hält einen Vortrag über eine botanische Heise in Dalmatien, der Herczegowina und Montenegro. Der wesentliche Inhalt ist den Mitgliedern durch die im 2. Heft neuer Folge (Jahrgang 1871 1872) dieser Vereinsschrift enthaltene Puhlication bekannt.

Herr Dr. Schlemmer hält einen Vortrag über die Zelle als Baustein der Organismen. In der Einleitung berührt der Vortragende den Einfluss, welchen die Speculation im Gegensätze zur objectiven Forschung auf die Entwicklung der Naturwissenschaften ausgeübt hat, und bespricht dann, nach einem kurzen geschichtlichen Rückblick auf die Haller’sche „Faser“ und das WollF’sche „Bläschen“ als Formelement, die Kennzeichen der Pflanzen- und Thierzelle, ihre gemeinschaftlichen und unterscheidenden Merkmale.

Er hebt hervor, wie im Laufe der letzten 10 Jahre durch Brücke, L. Beale und M. Schulze Zellmembran und Kern an Bedeutung verloren, dagegen das Protoplasma gewann und dass letzteres sein Leben vorausgesetzt als Zellindividuum ohne die beiden anderen bestehen könne.

Als Lebensäusserungen des Protoplasma sind anzusehen : Bewegung, Stoffwechsel, Wachsthum und Erzeugung Seines- gleichen. Die erste und vierte dieser Aeusserungen wurde direct beobachtet, die beiden anderen aus den Erscheinungen des Zellen- lebens zur Evidenz erwiesen.

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fis werden dann die wichtiersten neueren Daten über Be- wegung des Protoplasma sowohl Gestaltveränderung als Locomotion sowie deren Bedingungen namhaft gemacht.

Die Membran und der Kern können unter bestimmten Um- ständen beide vorhanden, aber für unsere Untersuchungsmittel unsichtbar sein (Verschiedenheit der Brechungsindices). Bei der Besprechung der Zellengenese wird der Theilung, Furchung, Sprossung und endogenen Vermehrung, sowie der generatio aequivoca gedacht; gegen letztere spricht zwar die Beobachtung, allein ihre Möglichkeit muss zugegeben werden.

Die verschiedenen Formen und Grössen der Zellen, ihre Verbindungsweisen zu ganzen Geweben mit oder ohne Zuhilfe- nahme von Zwischensubstanzen (Intercellular-Substanz) bilden den Uebergang zur Besprechung der Art und Weise, wie sich ein Organ, resp. ein ganzer Organismus aufbaut, um als Zellen- Staat durch die Thätigkeit seiner Individuen fortzubestehen.

Den Schluss des Vortrages bildet eine Reflexion über die Folgerungen, welche aus der Genese jeder Zelle von einer ande- ren vor ihr vorhanden gewesenen, zu ziehen sind.

Hierauf legt Herr Gustos Dir. Steltzner folgende Ge- schenke vor, welche vom 13. März bis 26. November 1873 für das Vereins-Museum eingegangen sind :

Von Herrn Oberlieutenant Carl v. Stankiewitz 1 aus- gestopfter Vogel; von Herrn Dr. Josef Stern 1 ausgestopfter Vogel; von Herrn Franz Preisak 1 ausgestopftes Pferd; von Herrn v. Magyary 1 getrockneter Fisch; von Herrn Julius Langer, Realschüler, 2 Vogeleier und 1 ausgestopfter Maul- wurf; von Herrn David Lunzer 1 Insecten-Nestbau ; von Herrn August Paulikovits 1 Schneckengehäuse; von Herrn Ernest Langer 2 Schneckengehäuse ; von Emil Stiller, Normalschüler hier, 31 Conchylien; von Herrn FMLieut. M. v. Signorini 4 Arragonit-Incrustationen ; vom Realschüler Fr. Weyde 2 Petre- facten, 1 Schnecke, 2 Mineralien; von Herrn Johann Tschida

9 Palmenblätter-Stücke ; von Herrn Ignatz Neumann, Jurist, 17 Käfer; von Herrn Leopold Ditrich, Oberförster zu Stixen- stein, 9 Petrefacten; von Nie. Talcsik, Gymn. -Schüler hier, 1 Petrefact ; von Herrn k. Finanzrath R. v. Kemp eien

10 Schmetterlinge, 2 Petrefacten; von Herrn F. Chris te, frauz.

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Sprachlehrer, 17 Schmetterlinge; von Herrn Dir. Ferd. Steltz- ner 1 Kolibrinest und Ei, 6 ausgestopfte Vögel, 16 Vogeleier, 1 präparirte Krabbe, 4 Baumwollkapseln , 1 rothe Edelkoralle, 1 afrikanische Pflanzenknolle; von Herrn Dr. Barts Wurzel einer Acazie. Ankauf : 1 ausgestopfter Affe, 1 ausgestopfter Vogel.

Als neue Mitglieder wurden aufgenommen : Herr Dr. Franz Jeschko, Assistent an der k. Landeshebammenschule zu Pres- burg, Herr Dr. Moriz Heller, Jur. utq. Dr., Landes- und Wechselgerichts- Advocat in Presburg.

Yersammlung

am 21. Januar 1874.

Herr Prof. Liebleitner hält einen Vortrag über den Bernstein. Er gibt zuerst die physicalisch-chemischen Eigen- schaften desselben, hierauf beschreibt er das Vorkommen des- selben, die geognostischen Verhältnisse, unter welchen er ge- funden wird, worauf er über die Gewinnung desselben spricht.

Herr Dir. Steltzner spricht über den Wald und dessen Bedeutung im Haushalte der Natur.

Herr Prof. Könyöki macht einige Mittheilungen über Pfahlbauten, namentlich die in denselben bisher Vorgefundenen Naturalien.

Herr Dir. Steltzner legt folgende Geschenke für das Museum vor :

Von Herrn Hud. v. Kempelen, k. Finanzrath, 133 Spe- cies Conchylien und 1 Petrefact; von Herrn Dr. von Panto- csek 120 Species Vogeleier; von Herrn Generalstabs-Major V. Ettner 54 Mineralien und 4 Petrefacten; von Herrn Julius V. Langer, Realschüler, 1 abnormes Hühnerei; von Nie. Tal- csik, Gymnasialschüler, 1 Minerale und 2 Schneckengehäuse; von Herrn F. Steltzner, pens. Hi fsämter-Director, 2 Albatros- Flügelknochen, 1 ausgestopfter Vogel, 2 Vogeleier.

Neue Mitglieder wurden aufgenommen : Sr. Hochwürden Herr Th. Ascher, Domherr. Herr J. Nep. Batka, Actuar des Stadthauptmann -Amtes der k. Freistadt Presburg. Herr Anton

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Dirnbach, k. k. Cassier in Pension; Herr Anton v. Imely, Landes- und Wechselgericlits-Advocat ; Herr Anton v. Langer, pensionirter k. Finanzrath; Herr Julius Menczer, Magister der Pharmacie und Besitzer der Apotheke zum hl. Stephan.

Yersammlung

am 25. Pehruar 1874.

Den Vorsitz führte der Herr Vicepräses M. Gottl, das Vereinsmitglied Herr Dr. J. Pantocsek hält folgenden Vor- trag über die Abhängigkeit alles organischen Lebens von Clima und Boden.

Welch’ mächtigen Einfluss Darwins Werke auf die Ent- wicklung der naturhistorischen Forschung ausüben, wissen wir alle, die wir uns die Mutter Natur zur Basis unserer Studien genommen haben. Die von dem englischen Forscher entwickelte Theorie wirkt gleich einem Fermente, Gährung auf dem Felde der naturgeschichtlichen Disciplinen veranlassend. Hier ist es umsonst, der Strömung Dämme zu stellen, die letzteren bewir- ken vielmehr die Hegulirung derselben.

Der populärste Paragraph der Darwin’schen Theorie ist wohl der „Kampf um’s Dasein“, welcher heute schon zu ganz gewöhnlicher Phrase geworden. Die Wichtigkeit dieser 3 Worte wird aber Niemand bezweifeln, wie auch die Behauptung nicht, dass der Kampf um’s Dasein nur vom Boden und Clima ab- hängig ist. Diese Behauptung unterstützen wesentlich die Ver- wandtschaftsbeziehungen welcher immer Gattung des Thier- und Pflanzenreiches, wenn wir dieselben einer analytischen Unter- suchung unterwerfen. Wir kommen dabei, ohne zu wollen, zur Anfertigung eines Stammbaumes derselben. Die Analyse wird uns als Grundprincip nur wenige aufPallende Merkmale lassen, welche aber auch allen übrigen Species eigen sind; dies lässt uns behaupten: „Alle Arten einer Gattung haben nur einersehr geringen Zahl von Arten ihre Existenz zu verdanken, die vielen anderen heute bestehenden Arten seien nur Modificationen, ent- standen durch Einwirkung des Clima und des Bodens auf die Urtypen.“

Verh. N. F. V.

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Die Untersuchung der grossen Zahl von Pflanzen lässt uns dieselben in folgende eintheilen :

a) ubiquitaere Arten, welche einen grossen Verbreitungs- kreis besitzen ;

b) endemische Arten, deren Verbreitungskreis ein be- schränkter ist;

c) Monotypen, welche nur auf einzelnen Puncten vorzu- kommen- pflegen und eine Art zugleich die Gattung bildet.

Diese drei Unterschiede der Organisationen lassen uns be- haupten : „Nur die ubiquitaere Art biete die grössten Chancen zur Erhaltung ihrer Gattung, die endemischen Arten und Mono- typen aber hätten eine sehr problematische Zukunft.“ Ferner dass die Pflanzen einen Ausgangspunct hatten, von welchem es ihnen möglich war, unter günstigen Verhältnissen sich weiter zu verbreiten. Da die Vermehrung der Pflanzen in den meisten Fällen durch Samen geschieht, derselbe aber von der Pflanze in der Form eines Kreises um sich selbst gestreut wird, so ist es recht passend, den Punct, von welchem aus sich eine Pflanze weiter verbreitete , das „Vegetationscentrum“ zu nennen. Jede Pflanze hat ihr Vegetationscentrum. Dasselbe zu bestim- men, ist bei den Arten von grosser Verbreitung recht schwierig, während die endemischen Arten und Monotypen es durch sich selbst thun.

Von welchem Einfluss das Clima, die Art und Lage des Bodens auf die entstandenen Organisationen war, ersehen wir schon daraus, dass die endemischen Arten und Monotypen den weiteren Austausch ihres Centrum am Continente nur deshalb nicht ausführen konnten, weil ihnen bei ihrer Wanderung theils grosse Gebirge, Schluchten und Thäler, theils aber ganz ver- schiedene Bodenarten und Clima ein unüberwindliches Hinderniss entgegenstellten, woraus der Satz folgt : „dass die endemischen Pflanzen in demselben Maasse zahlreicher werden , als die Hin- dernisse ihrer Verbreitung wachsen.“ Es ist nun einleuchtend, dass vor Allem Hochgebirge es sein werden, welche die meisten endemi- schen Arten bieten ; während in den Tiefebenen, wo solche mecha- nische Hindernisse nicht bestehen, die Vegetationscentren nur da deutlich erkennbar sind, wo Gebirge die Wanderung aufhalten.

Die Vegetationscentren der mittel- und nordeuropäischen

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Gebirge bilden, nach dem Reich thnm ihrer endemischen Erzeug- nisse geordnet, folgende Reihe : Alpen 190, Pyrenäen 88, Kar- paten 29, Cevennen 2, Ural 1.

Wie weit nun die Tiefländer gegen die Gebirge an Pflan- zen von beschränktem Wohngebiete zurückstehen, ersehen wir daraus, dass was am engen Raume die mechanischen Hindernisse der Wanderungen bewirken, solches in den Ebenen durch den langsamen Wechsel der climatischen Werthe erfolgt. Die Zahl der endemischen Arten der mitteleuropäischen Tiefländer ist sehr beschränkt ; für Frankreich und Asturien 21, für Ungarn 12. Ordnen wir die französischen Gewächse, so ersieht man, dass sie fast sämmtliche von der atlantischen Küste stammen, von wel- cher sie sich auch nicht sehr weit entfernen, was darin seinen Grund hat, dass sie sich wie Halophyten des Seestrandes ver- halten, die daher die Küste nicht verlassen konnten. Wo dies aber nicht der Fall ist, sind es verschiedene climatische Bedin- gungen, wie die Milde des Winters, die überaus verlängerte Vegetationsperiode und vielleicht auch der Einfluss der grossem Feuchtigkeit der Luft. Der Endemismus Ungarns ist noch nicht überall sicher festzustellen, weil die Flora der Walachei und Bulgariens bis jetzt fast unbekannt geblieben ist. Indess kann man nach dem Verhältniss derjenigen Pflanzen, welche in den Nachbarländern bereits nachgewiesen sind, sich eine Vorstellung davon machen, in welcher Richtung ein Austausch stattgefunden hat. Es lässt sich sicher erkennen, dass die Puszten, die späteste Bildung des Landes, keine eigenthümliche Pflanze besitzen, son- dern ihre Vegetation grösstentheils aus den russischen Steppen entlehnt haben. Die endemischen Pflanzen unseres Flachlandes bewohnen besonders die Wiesen und Wälder der Hügelgelände oder den Feldboden ihres anstehenden Gesteines. Eine mono- typische Malvacee (Kitaibelia) ist die ausgezeichnetste Erschei- nung unter diesen eigenthümlichen Erzeugnissen!

Forschen wir nach der eigentlichen Heimath mancher Ar- ten, so erschwert recht bedeutend die Lösung unseres Problemes der Austausch der Pflanzen zwischen den einzelnen Abschnitten des Gebietes und mit den Nachbarländern, in vielen Fällen lässt sich aber die Richtung der Wanderung, welche stattgefunden, recht gut erkennen. Forbes suchte in seiner Arbeit über den

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Ursprung der britischen Flora diese Aufgabe dadurch zu lösen, dass er die Mittelpuncte des Wohngebietes zur Bestimmuag der Heimath benutzte. Er kam zu dem Ergebniss, dass die meisten Pflanzen Grrossbritanniens auf die Verbindung mit Deutschland hinweisen und dass sich von diesen vier kleinere Reihen von Arten unterscheiden lassen, von denen zwei dem Tieflande an- gehören und die eine das südwestliche England und das südliche Irland mit dem Westen, die andern den Südosten Englands mit dem Norden Frankreichs verknüpfen, die beiden andern sodann die Gebirge West-Irlands mit den Pyrenäen, und die Hochlande Schottlands und Wales mit den norwegischen Fjelden in Bezie- hung setzen. Auf diese Grundlage baute er seine geologischen Hypothesen, aber die Thatsachen lassen sich ebensowohl auf Wanderungen zurückführen, deren Richtung zu bestimmen sie, für sich betrachtet, nicht genügen würden. Fügen wir aber hinzu, dass auf den britischen Inseln keine Endem- Arten nachgewiesen sind, dass keine Gattungen Vorkommen, die daselbst mehr Arten enthielten, als in den Ländern, mit denen der Austausch statt- fand, und dass die letzteren überhaupt eine reichere Flora be- sitzen, von welcher eben nur ein bestimmter Antheil das Meer zu überschreiten vermochte, so erscheint der Schluss gerechtfer- tigt, dass die Wanderungen in der Richtung vom Kontinent an erfolgt sind, und also die ganze Flora Grossbritanniens als eine von auswärts angesiedelte zu betrachten sei.

Der nicht endemische Character des europäischen Nordens und der jenseits des 50. Parallelkreises gelegenen Inseln des atlantischen Meeres beweist, dass die Florenbestandtheile zum Theile aus Sibirien, zum Theile aus den südlicher gelegenen Gebirgen Europa’s herbeigeführt sein können, er ist aber auch in geologischer Beziehung besonders bemerkenswerth. Denn es geht daraus die Unabhängigkeit der Lage der Vegetationscentren von dem Alter des Festlandes hervor. Zwischen England und Island sind alle geognostischen Formationen von den ältesten bis zu den jüngsten vulkanischen und tertiären Bildungen nicht bloss vertreten, sondern Skandinavien gehört, da sein Gneiss- plateau in weitestem Umfang von jüngeren neptunischen Ab- lagerungen unbedeckt ist, zu denjenigen Theilen der Erde, die seit den frühesten Zeiten der Vorwelt über das Meer hervor-

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ragten. Die heutigen Vegetationscentren zeigen sich daher hier nur geographisch, nicht aber geologisch geordnet und in welcher Periode der Erdbildung diese organisirenden Thätigkeiten statt- fanden, lässt sich nur aus der Vergleichung mit den unterge- gangenen Schöpfungen schliessen, nicht aus der Beschaffenheit des Bodens, dem die gegenwärtigen entsprossen sind. Gerade die reichsten Centren, wie die der Alpen, gehören zu den neuesten Hebungssystemen und weisen darauf hin , dass die Erzeugung der heutigen Flora erst in der jetzigen Erdperiode erfolgte, aber eben nicht überall stattfand. Sollte man hiernach geneigt sein anzunehmen, dass der Untergang der vorausgegangenen Tertiär- flora durch die Anhäufung des Eises bewirkt sei, so ist dagegen zu erinnern, dass die Thatsachen, die den Vorstellungen über die Glacialperiode zu Grunde liegen, auf grössere Ausbreitung der Gletscher in den Gebirgen sich beschränken, die ebensowohl von vermehrter atmosphärischer Feuchtigkeit, als von vermin- derter Wärme bedingt sein konnte.

Der Austausch der mitteleuropäischen Flora war mit der Südeuropa’s der umfassendste. Hier gestattet die Art, wie die einzelnen Pflanzen verbreitet sind , mit noch weit grösserer Sicherheit, als im Norden zu schliessen, dass die Wanderungen in beiden Richtungen stattgefunden haben. Wenn auch auf den Gebirgen des Südens entsprechende climatische Verhältnisse wiederkehren, so ist doch das Vorkommen der in höheren Brei- ten einheimischen Gewächse daselbst durchweg ein sporadisches, sie sind von andern Arten begleitet, die diesseits der Alpen nicht gefunden werden. In umgekehrter Richtung verlieren sich diejenigen Pflanzen der Mediterranflora, die in die französische oder ungarische Vegetationszonen eintreten, allmälig mit den geänderten clima tischen Bedingungen, So ist es fast in jedem Falle leicht die ursprüngliche Heimat der einzelnen Arten zu erkennen und da die Anzahl der südlichen Gewächse, welche die Grenze der Mediterranflora überschreiten, etwa um das Fünf- fache geringer ist, als die der jenseits der iVlpen wiederkehren- den, die aus nördlichen Breiten abstammen, so erhöht sich da- durch der selbstständige Character der Flora unseres Gebietes sehr bedeutend.

Schon oben wurde der Verknüpfung unserer Puszten mit

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der Flora der russischen und asiatischen Steppen gedacht, auch gezeigt, dass die Wanderung hier in westlicher Richtung erfolgt sei. Wie wohl durch die Karpathen getrennt, treten die Steppen doch in der Moldau, wo sie zwischen dem Sirth und Pruth die Wälder zurück drängen , nahe genug an die Puszten heran, um die Ansiedlung zu erleichtern. In umgekehrtem Sinne rücken aber auch zahlreiche Pflanzen des mitteleuropäisches Gebietes in die Steppe ein, nicht bloss solche, die wegen der Kürze ihrer Vegetationsperiode verschiedenen Climaten angepasst sind, son- dern auch viele andere, weil sie an den Flüssen und auf den Gebirgen sich wie in ihrer Heimath entwickeln können. Von grösserem Interesse sind die, wenn auch nur vereinzelnten Bei- spiele, dass Stauden des Hochgebirges (z. B. Astragalus Onobry- chis) in den Steppen wiederkehren, unstreitig weil dieselben einer kurzen Entwicklungsperiode bedürfen, die ihnen in beiden Fällen zu Gebote steht, ohne dass sie von der Wärme oder anderen climatischen Werthen in gleichem Grade beeinflusst werden.

Das Auftreten einiger aussereuropäischer Pflanzen in un- sern Florengebieten, wie Erigeron canadense, Rudbeckia laci- niata, Xanthium spinosum etc., lässt sich auf Einschleppungen, bedingt durch Handel und Schifffahrt, zurückführen.

Durch obige Auseinandersetzung ersehen wir, dass Clima und Boden auf die Vertheilung der Pflanzen wirklich ein wirkt, und so die verschiedenen Floren und deren verschiedene Formen bedingt.

Nun fragt es sich, ob Clima und Boden auch auf die Artenbildung einen directen Einfluss bilden oder nicht? Wenn wir darüber Versuche in unsern Gärten anstellen, so kommen wir fast nie zu einem befriedigenden Resultate, vielmehr müssen wir einsehen lernen : „dass geänderte Lehensbedingungen die Pflanzenarten tödten können, dass sie eine kümmernde Existenz derselben veranlassen können, aber in keinem Falle eine directe Umwandlung in eine neue, den neuen Verhältnissen angepasste, sich in der Nachkommenschaft mit diesen neuen Merkmalen er- haltende Art veranlassen.“ Doch wenn auch die Garten- versuche uns so sehr im Stiche lassen, um so mehr bestätigt uns, von welchem Einfluss das Clima und der Boden bei Bildung

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einer neuen Art sei, die Cerealien- Cultur. Lehrreich sind die Erfahrungen, die man in Norwegen (Schübler) hierüber gesam- melt und eingesehen hat, dass es besonders die Gerste ist, welche einen hohen Grad von Fähigkeit besitzt, climatische Varietäten zu erzeugen ! Bei ihr findet eine Acclimatisation statt , die durchaus dem Darwin’schen Gesetze der Zuchtwahl entspricht, welches hier besonders hervortritt. Ist in eine hochnordische Gegend Saatkorn eingeführt worden, so werden vielleicht nur einzelne kräftige Individuen ihre Samen völlig zur Reife bringen können, und, da nun diese allein zu neuen Saaten benutzt wer- den, so entstehen mit jedem Jahre vermöge der Erblichkeit solcher Eigenthümlichkeiten, grössere Mengen von frühreifen Aehren und zuletzt bildet sich eine Varietät, deren Character eben in einer grösseren Beschleunigungsfähigkeit des Wachs- thums, in einer kürzeren Vegetationszeit besteht, wie solches im hohen Norden, wegen des kurzen Sommers, von hoher Wich- tigkeit ist. Als Stammpflanze unseres Weizens wird Aegylops ovata gehalten, also die Art einer anderen Gattung, welche sich von Triticum nicht nur in der Form der Aehre, sondern auch durch die gleichzeitigen, am Rücken abgerundeten, an der Spitze abgestutzten und begrannten Kelchspitzen unterscheidet. Die von Eaber durch 12 Jahre angestellten Versuche zeigten nun, dass die der Mediterranflora eigene Ae. ovata durch Cultur in Ae. triticoides übergehe, welche Art manche Botaniker für einen Bastard von A. ovata und Tr. vulgare halten ; fortgesetzte Cul- tur erzeugt aus Ae. triticoides die Ae. speltaeformis, die man als Triticum- Art betrachtet, da ihre Aehre schon ganz unseren Weizenähren gleicht, welche auch grosse mehlreiche Körner bietet.

Wir sehen also aus diesen Versuchen im Grossen, dass dieselben in unseren Gärten nur räumlicher Hindernisse halber nicht gelingen.

Schliesslich lässt sich die Frage stellen, ob wohl die oben ge- schilderten Resultate auch von Rückwirkung für die Systematik und den Begriff der naturhistorischen Art sind? Wir müssen dies nur bejahen. Dass dem wirklich so ist, erkennen wir besonders, wenn wir die Verbreitung einer ganzen Gattung verfolgen und uns die Grenzen der Verbreitung ihrer Arten geographisch dar-

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stellen. So werden wir wohl finden, dass nur wenige Arten einen grossen Verbreitungskreis aufweisen, während an den Rändern der Grenze es zur Bildung von andern Arten gekom- men ist, die gleich Inseln von der Art mit grosser Verbreitung umgeben sind. Wir sind hier vollkommen berechtigt dieselben als climatische Varietäten zu betrachten, welche sich von Jahr zu Jahr kräftigen, vermehren, endlich zu wirklicher Art werden, um mit der Zeit mit der Art, von welcher sie sich durch Clima und Boden differencirten , in die lebhafteste Concurrenz zu tre- ten, vielleicht auch selbe zu verdrängen ! Solche Differencirungen einer Art können wir recht gut bei den Genus Dianthus, Cyti- sus, Hieracium, Ruhus, Rosa etc. beobachten, es sind dies eben lebenskräftige Stämme, welchen ihre Zukunft durch die Fähig- keit sich den Einwirkungen des Clima’s und Bodens zu fügen, gesichert ist, während Arten, z. B. Rhododendron Chamaecistus, Zinnea borealis und Empetrum nigrum, weiche in spärlichen Exemplaren in unsern Hochgebirgen an weit entlegenen Stand- orten Vorkommen, ohne dass sie da oder dort eine climatische Varietät bilden würden, wo sie sehr verschiedenen äusseren Ein- flüssen ausgesetzt sind, als Arten angesehen werden müssen, die wenigstens für unsere Florengebiete dem Aussterben nahe sind!

Ich glaube, dass sich die hier geschilderten Beobachtungen, da sie für das Leben der Pflanze von so grosser Wichtigkeit sind, auch auf das Thier beziehen lassen, denn auf dem Dasein der Pflanzen beruht ja, wie Humboldt in den Ansichten der Natur es so prachtvoll auseinandersetzt, das Dasein der thieri- schen Schöpfung. Unablässig sind sie bemüht, den rohen Stoff der Erde organisch aneinander zu reihen und vorbereitend durch lebendige Kraft zu mischen, was nach tausend Umwandlungen zur regsamen Nervenfaser veredelt wird. Derselbe Blick, den wir auf die Verbreitung der Pflanzendecke heften, enthüllt uns auch die Fülle des thierischen Lebens, das von jener genährt und erhalten wird!

Der Vereins-Secretär Dr. Kanka legt vor die von der löbl. Direction der Waagthalbahn dem Vereins-Museum gütigst- gespendeten Resultate der Bohrungsversuche aus An- lass der projectirten Donau-Ueberbrückung bei Presburg.

Herr Waagthalbahn -Inspector Victor Brausewetter

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schildert das technische V erfahren bei der pneumatischen Fundirung, welche gegenwärtig beim Brückenbau in An- wendung genommen wird. Der lehrreiche Vortrag wurde mit grossem Beifall aufgenommen.

Der Secretär Dr. Kanka berichtet über die, im Namen des Vereins stattgefundene Uebergabe einer Glückwunschadresse an Hofrath Prof. Rokitanszky in Wien, aus Anlass seines 70-jährigen Geburtsfestes. Ferner legte derselbe die für die Vereinsbibliothek eingelangten Druckwerke vor.

Als neueingetretene Vereins-Mitglieder werden angemeldet: Herr Minis terialrath Dr. Adolf v. Hollän, Director des k. ung. Landeskrankenhauses in Presburg; Herr Johann v. Csatto- gänyi, Privatier in Presburg; Herr Dr. Mathias Dobrovics, Secundararzt im k. ung. Landeskrankenhause.

Versammlung

am 24. März 1874.

Den Vorsitz führte der Herr Vicepräses M. Gottl.

Herr Director Steltzner theilt Folgendes über ein, im vorigen Jahre dem Vereins-Museum zugekommenes Feldhasen- Monstrum mit :

In der Versammlung am 12. März verflossenen Jahres hatte ich die Ehre, als Geschenk der Frau Baronin v. Splenyi, eine merkwürdige Hasen-Monstrosität vorzuzeigen, welche von einem Bauern auf einem Besitzthum der verehrten Spenderin zu Csermend im Neutraer Comitate, Frühlings des Jahres 1866, und zwar in der Vertiefung eines Düngerhaufens auf dem Felde, noch lebend gefunden wurde, nachdem die alte Häsin eben den- selben verlassen hatte. Bald darnach verendete das Wesen, und man fand nach dessen Ausweiden 2 Herzen und 2 Lungen, welche auch der besagten Dame vorgewiesen wurden. Weitere anatomische Untersuchungen wurden leider nicht vorgenommen, weil kein Sachverständiger zugezogen werden konnte, mir aber dieses Exemplar nur ausgestopft zukam.

Diese persönlich erbetenen Aufklärungen, welche mir die Frau Baronin nun kürzlich gütigst ertheilte, und die mir bei

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der damaligen Vorweisung nicht bekannt waren, sind jedoch nicht die alleinige Ursache, warum ich auf diesen Gegenstand zurückkomme.

Betrachten Sie, meine Herren, diese Zwillings-Missgeburt, bestehend aus zwei freien mit je zwei normalen Füssen ver- sehenen Hinterleibern, einem gemeinsamen Vorderleib mit vier regelmässigen Vorderfüssen und einem gemeinsamen Kopfe mit vier Ohren und zwei Augen, und ohne MundöfPnung, da ich trotz sorgfältigem Suchen keine solche fand, eine Falte zwischen den Ohren gegen die Kückenseite des einen Individuums aber nur durch Eintrocknung der nicht genügend gespannten Haut entstanden glaube.

Betrachten Sie, sage ich, dieses merkwürdige Monstrum ! Sie halten sich gewiss berechtigt, es für ein Unicum zu erklä- ren, und werden der Natur nicht zumuthen, ein zweites ähnli- ches zu erzeugen. Und doch existirt ein solches, gleichsam nach einer Chablone geformtes.

Die Mittheilungen aus dem Vereine für Naturkunde in Keichenberg enthalten im IV. Jahrgange 1878 die Beschreibung und Abbildung einer merkwürdigen Zwillings-Missgeburt von Hasen, welche dem Berichterstatter Herrn Prof. Dr. Th. Watzek von einem Herrn Wilhelm Siegmund zukam. Diese Missbildung besteht aus zwei in der grösseren freien Hälfte regelmässig aus- gebildeten Individuen, die jedoch in den oberen Körperparthieen verwachsen, im Besitze eines einzigen gemeinsamen Kopfes mit nur einem Auge sind (unser Exemplar besitzt 2) und einer aus- gebildeten Mundöffnung gänzlich entbehren. Die beiden mit ein- ander verwachsenen Individuen sind von gleicher Länge und messen vom Scheitel bis zur Schwanzwurzel an 4 Zoll. (An unserem Exemplare misst das eine Individuum 4^2 Zioll, das andere 5 Zoll, welche Verschiedenheit jedoch zunächst der Aus- stopfer veranlasst haben kann.) Rumpf und Gliedmassen sind an beiden in den richtigen Verhältnissen gebaut, und las- sen keinen Unterschied zwischen dem Einen und dem Anderen erkennen. Zu beiden Seiten des Auges stehen flache länglichrunde Ohren, das eine offenbar dem Individuum A, das andere dem B angehörend. Auf der augenlosen Seite (der gleichfalls mit einem Auge versehenen anderen Seite unseres Exemplares) stehen

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ebenso zwei Ohren, und sind dieselben gleich wie die der ande- ren Seite durch einen quer von einem zum anderen verlaufenden Hautsaum am Grunde verbunden. Noch ist zu erwähnen, dass sich auf der augenlosen Seite, oberhalb der Ohren, in der Mittel- linie eine kleine Hervorragung zeigt (bei dem unsrigen nicht), die wohl als die Andeutung eines Maules angesprochen werden kann. Eine gründliche Untersuchung des anatomischen Details, des Gehirnes etc. konnte nicht stattfinden, weil das Gebilde nur ausgestopft vorlag.

Herr Professor G. Lu eich berichtet über Verfälschungen von Nahrungsmitteln, insbesondere des Kochsalzes , des Essigs und demonstrirt die zur Erkennung der Verfälschung dienenden Heagentien.

Herr Gustos Dir. Steltzner legt folgende für das Vereins- museum von ihm selbst gespendete Gegenstände vor : 2 ausge- stopfte Vögel, 4 Vogeleier.

Der Vereins- Secretär Herr Dr. Kanka legt zahlreiche, der Vereinsbibliothek in letzter Zeit zugegangene Geschenke an Büchern und Zeitschriften vor.

Als neue Mitglieder werden angemeldet: Herr Carl Beitl, k. k. Major i. P. ; Herr Edmund v. Szalay, Dr. der Hechte, General-Secretär der Waagthalbahn-Gesellschaft; Herr Anton Windisch, Kaufmann in Presburg.

Jahresversammlung

am 29. April 1874.

Den Vorsitz führte der Vicepräses Herr M. Gottl. Der- selbe eröffnet die Versammlung, indem er seine Freude über den zahlreichen Besuch derselben ausdrückt und die Hofinung daran knüpft, dass auch die fernere Theilnahme der Mitglieder eine rege sein werde. Die Versammlung wird vom Vorsitzenden im Sinne der Statuten als beschlussfähig erklärt.

Der Vereins-Secretär Herr Dr. C. Kanka trägt hierauf folgenden Bericht über die Vereinsthätigkeit im verflossenen Jahre vor.

Hochgeehrte Versammlung! Wenn ich in meinen früheren

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Jaliresberichten ein gewisses Gefühl der Befangenheit nicht ver- hehlen konnte, welches ans dem Umstand hervorging, dass das Bestehen unseres Vereines in Folge der geringen Theilnahme und der Unzulänglichkeit der Mittel als schwankend und un- sicher erschien, so freut es mich, meinen diessjährigen Jahres- bericht mit der Bemerkung eröfPnen zu können, dass sich in unseren Vereins -Verhältnissen ein Umschwung zum Besseren vollzogen zu haben scheint, und dass Momente vorhanden sind, welche zu der ermuthigenden Hoffnung berechtigen , dass unser Verein nicht nur bestehen, sondern auch einer weiteren gedeih- lichen Entwicklung entgegengehen werde. Diese Momente basiren vor Allem auf der Thatsache, dass die Zahl unserer Mitglieder trotz der nicht unbedeutenden Verluste, die wir durch den Tod und durch den Austritt mehrerer Mitglieder erlitten, sich nicht vermindert, sondern vermehrt hat, sowie auf dem Umstande, dass die Thätigkeits-Aeusserungen des Vereinslebens reger, dass das Interesse und die Theilnahme der Mitglieder lebhafter ge- worden ist.

Was zuvörderst den Personalstand der Mitglieder anbe- laDgt, so hat sich derselbe von 98 auf 121 erhöht, wovon aller- dings 13 abzurechnen sind, indem 9 Mitglieder meist in Folge von Veränderung des Domicils ausgetreten sind, 4 aber durch den Tod uns entrissen wurden. Ein herber Verlust traf unseren Verein besonders durch den Hintritt des allgemein geachteten Dr. und Prof. Böckh, welcher seit Begründung desselben regen Antheil nahm, durch viele Jahre die Stelle unseres Bibliothekars versah, und durch zahlreiche interessante Vorträge, besonders aus dem Gebiete der Arachnidologie, worin er sich einen Namen erworben hat, in unseren Versammlungen lebhaftes Interesse zu erregen vermochte. Auch in dem leider zu früh dahingeschiede- nen Primararzt und Dr. Zlamal hat besonders die medicinische Section ein rühriges, thätiges Mitglied verloren. Leider muss ich diesen noch den erst in den letzten Tagen dahingeschiedenen, in seinem Fach ausgezeichneten Kozics hinzufügen, der durch seinen biederen Character, seinen Fleiss, seine unermüdliche Thätigkeit in der Verwerthung aller wissenschaftlichen und practischen Fortschritte im Gebiete der Photographie sich ver- dientermassen die allgemeine Achtung erworben hat.

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Was den Personalstand -unserer Vereinsleitung betrifft, so I ist derselbe unverändert geblieben. Seit Jahren entbehrt unser ; Verein einen Präses; im hohen Grade wünschenswerth wäre es,

; wenn es uns gelingen möchte, an die Spitze desselben einen Mann zu gewinnen, der durch seine hohe allgemeine und natur- I wissenschaftliche Bildung unseren Bestrebungen einen kräftigen Impuls zu geben vermöchte. Es ist dies ein wichtiger Factor I unseres Vereinslebens, und unsere Hoffnungen auf eine gedeih- ! liehe Fortentwicklung desselben sind wesentlich darauf be- I gründet.

I Was die Aeusserungen der Vereinsthätigkeit anbelangt, so

, habe ich darüber Folgendes zu berichten. Im Jahre 1873 wur- I den 7 allgemeine Versammlungen, 9 Versammlungen der medi- cinischen Section, mithin im Ganzen 16 Versammlungen gehalten.

I Dieselben erfreuten sich einer zunehmenden Theilnahme und I haben die darin gehaltenen Vorträge das allgemeine Interesse I erregt. Zu lebhaften und wichtigen Erörterungen haben nament- I lieh in der medicinischen Section die im Verlaufe des vergange- I nen Jahres aufgetretenen Epidemien Veranlassung geboten, sowie j die

I Vorführung interessanter Krankheitsfälle und pathologisch-ana- I tomischer Präparate vielfach von namhafter wissenschaftlicher Bedeutung waren.

Nach mehrjähriger Unterbrechung ist es gelungen, durch Herausgabe eines neuen Heftes unserer Vereinsschrift auch für weitere Kreise ein Zeichen unserer Vereinsthätigkeit zu liefern, i Die darin enthaltene Abhandlung unseres geehrten und fleissi- i gen Vereinsmitgliedes, Herrn Josef v, Pantoesek über die I Flora und Fauna Montenegro’s , der Herczegowina und Dalma- I tiens ist eine sehr . verdienstliche Arbeit und wird von der wis- senschaftlichen Welt gewiss mit Dank und Interesse aufgenom- men werden. HofPentlich werden es in Zukunft die Umstände und unsere Vereinsmittel gestatten, dass die noch rückständigen Berichte, besonders über die medicinische Section in kürzeren Zwischenräumen zur Publication gelangen werden.

Ueber den Stand unseres Museums wird der Herr Gustos Director Steltzner ausführlicher berichten. Ich habe nur im Allgemeinen zu bemerken, dass nicht nur Alles in gutem Stand

Mittheilungen der Aerzte des Landeskrankenhauses durch

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erhalten, sondern auch trotz der Geringfügigkeit unserer Mittel mehrfachen Zuwachs erhalten hat. Dass wir Alles dies nur der unersetzlichen und aufopfernden Thätigkeit unseres Herrn Gus- tos verdanken, ist Ihnen bekannt und ich beantrage daher, dem- selben den Dank des Vereines protocollarisch auszusprechen und die Bitte daran zu knüpfen, er möchte auch fernerhin seine uns so werthvolle Mitwirkung nicht versagen. Der Besuch des Mu- seums von Seite des Publicums war im verflossenen Sommer ein zunehmender, und es zeigt sich darin eine Bestätigung der er- freulichen Thatsache, dass das Interesse für naturwissenschaft- liche Gegenstände in weiteren Kreisen zunimmt, und dass mit- hin unser Verein durch Eröffnung des Museums für allgemeine Besichtigung, dem Publicum ein unentgeltliches Bildungsmittel geliefert hat, wodurch der allgemeine Fortschritt und die Ver- breitung nützlicher Kenntnisse gefördert werden.

lieber den Stand unserer Bibliothek kann leider dies- mal kein ausführlicher Bericht geliefert werden, da der Ver- walter derselben, unser tief betrauertes Mitglied Dr. Böckh nicht mehr unter den Lebenden ist. Wir wollen hoffen, dass wir durch die Erwerbung einer neuen rüstigen Kraft dieselbe einer treuen pflegenden Hand werden übergeben können. Ich kann nur im Allgemeinen, was den Theil unserer Bibliothek, welcher die namhafteste Zunahme erfahren hat, nämlich die von aus- wärtigen Vereinen und Gesellschaften eingehenden periodischen Publicationen betrifft, bemerken, dass dieselben regelmässig von mehr als 100 Quellen eingehen, und dass unser Verein diesen werthvollen Geschenken gegenüber um so mehr zu grossem Danke verpflichtet ist, als das von ihm als Gegengabe Gebotene verhältnissmässig gering ist.

lieber den Stand unserer Cassa wird der Vereins-Cassier Herr Dr. Big eie genauer berichten, und ich kann hier nur mit Befriedigung aussprechen, dass unter seiner treuen und pünctli- chen Verwaltung der financielle Zustand unseres Vereines ein geordneter, und trotz der geringen Mittel kein Deficit vorhan- den ist.

Es erübrigt mir nur noch, meinen innigsten Dank Ihnen, hochgeehrte Herren , für das mir bisher geschenkte ehrende Vertrauen auszusprechen, und Sie zu bitten, mir dasselbe auch

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für die übrige, mir statutenmässig zugewiesene Functionsdauer zu erbalten. Nehmen Sie auch meinen innigsten Dank für die, den Vereinsinteressen bisher erwiesene freundliche Theilnahme und erlauben Sie mir die Bitte daran zu knüpfen, dass Sie die- selbe auch fernerhin bewahren und durch Anregung und Förde- rung auch in weiteren Kreisen bethätigen möchten. Wenn die Resultate unserer Vereinsthätigkeit auch keine bedeutenden zu nennen sind, so glaube ich, können wir in Anbetracht der gros- sen Schwierigkeiten und Hindernisse, womit wir zu kämpfen haben, dennoch ohne unbescheiden zu sein, annehmen, dass sie nicht werthlos sind. Wir massen uns auch nicht an, ein Verein von Gelehrten zu sein, der auf dem Gebiete der Naturwissen- schaften die Welt mit neuen Entdeckungen, mit tiefen Forschun- gen bereichert. Wir wollen nur als Freunde der Naturwissen- schaften gelten, die von der grossen Bedeutung durchdrungen sind, welche das Studium der Natur für unsere Zeit, für den gesammten Culturfortschritt der Menschheit in sich birgt. Und eben darin sehe ich eine tröstende Hotfnung, eine Bürgschaft für das Bestehen, für das fernere Gedeihen unseres bescheidenen Vereins. Was die mechanischen, die chemischen Kräfte sind auf dem Gebiete der Materie, das sind die Ideen in der geistigen Welt. Sowie jene die Bewegung der Atome im Raume bedingen, so sind die Ideen die Motoren der geistigen Thätigkeit. Beide wirken nach ewigen, unabänderlichen Gesetzen, nach den Ge- setzen der Nothwendigkeit. Eine solch’ mächtige, die Geister unserer Zeit bewegende Idee ist die, dass es Aufgabe derselben ist, die Erscheinungen und die Gesetze der Natur immer genauer zu erkennen, immer tiefer zu erforschen, die Grenzen unserer Erkenntniss bis zu jenen der äussersten Möglichkeit immer wei- ter hinauszustecken, dadurch dem Besitze der Wahrheit immer näher zu kommen, die rohe Materie dem Geiste immer mehr dienstbar zu machen und damit diesem zu immer freierer Macht- entfaltung und Vervollkommnung zu verhelfen. Lassen Sie uns, geehrte Mitglieder, aus dem Bewusstsein, dass wir im Dienste dieser Idee, wenn auch nur als geringe Handlanger und in be- schränktem Masse mitwirken , Muth und Kraft zur Arbeit schöpfen, mit Energie und Ausdauer gegen die Apathie und Gleichgültigkeit kämpfen, die sich der Geister so leicht bemäch-

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tigt, und in dem beruhigenden Gefühl unsern Lohn finden, dass wir den Aufgaben der Menschheit gegenüber nach Kräften unsre Pflicht gethan haben!

Der Antrag des Vereins-Secretärs, dem Herrn Vereins- Custos Dir. Steltzner für seine besonders hervorragenden ver- dienstvollen Leistungen den Dank der Versammlung protocolla- risch auszusprechen, wird unter lebhafter Zustimmung der Ver- sammlung angenommen.

Hierauf berichtet der Vereins-Custos Herr Dir. Steltzner Folgendes über den Zustand des Vereins-Museums :

Nachdem seit meinem in der General- Versammlung am 16. April V. J. erstatteten Berichte, die Sammlungen des Ver- eines im Allgemeinen um 148 Species vermehrt wurden, beste- hen dieselben nunmehr in folgenden Arten :

27 Säugethieren, 168 Vögeln, 26 Keptilien, 49 Fischen, 2336 Insecten, 84 Spinnenthieren, 33 Krustenthieren, 7 Würmern, 480 Weich thieren, 18 Strahlthieren, 30 Korallen, 55 Skeleten, Schädeln, Knochen, Zähnen und Häuten, 151 Eiern von Vögeln und Reptilien, 2l Vogelnestern, 5 Insektenbauen, 6911 Pflanzen, 105 Hölzern, 11 Früchten, 31 animalischen und vegetabilischen Monstrositäten, 492 oryctognostischen Mineralien , zahlreichen petrographischen und paläontologischen Species, einer Sammlung von Harnsteinen, 1 Wachspräparate, 3 geognostischen Tabellen, 12 Tafeln mit Raupenbildungen, und endlich in vielen Doubletten.

In dankbarer Anerkennung, dass ausser 2, aus Vereins- mitteln angekauften ausgestopften Thieren, der übrige Zuwachs von 146 Species in Geschenken besteht, drängt es mich doch mein Bedauern darüber auszudrücken, dass Bewohner Pressburgs und dessen Umgebung, naturhistorische Geschenke an auswärtige reichdotirte Museen senden, die sie wiederzusehen vielleicht nie mehr in die Lage kommen, während wir dafür sorgen, dass solche in unseren Sammlungen für sie und ihre Nachkommen erhalten werden, und ich richte daher die Bitte an die geehrten Vereins-Mitglieder, in ihren Bekanntenkreisen gefälligst dahin zu wirken, dass solche Spenden diesem näher liegenden Museum hier zufliessen mögen, was ja im eigenen Interesse der Geber liegt, indem ihnen dieselben bei der Zugänglichkeit dieser Samm- lungen nicht verloren gehen, ja gewissermassen als Gemeingut

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des hiesigen Publicums gelten. Ein Beweiss, dass dessen Inte- resse mit den Vermehrungen unseres Museum auch zunimmt, liegt schon im Besuche desselben, der im Gegenhalte vom Jahre 1872 zum Jahre 1873 um 1491 Personen sich steigerte, im Er- öffnungsjahre 1869 aber 452, im jüngst verflossenen Jahre schon 2889 Besucher nachwies.

Wenn ich dem Erfreulichen auch hier wieder Unliebsames folgen lasse, so ist die Lust mancher Sammler : da zu nehmen wo sie finden, daran Schuld. Die bemerkten Verluste sind zwar nicht von Belang, doch hinreichend meine Aufmerksamkeit an- zuregen und Massregeln dagegen zu ergreifen. (In erster Beihe stünde wohl die Belehrung der Schuljungend über das Sträfliche solcher Aneignungen, die auch ihre Ausschliessung vom Besuche zur Folge haben könnten, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte.)

Diese Verluste mögen aber nicht darin gesucht werden, dass einige Posten der Sammlungen in meinem gegenwärtigen geringer beziffert sind, als im verflossenen Jahres-Berichte, hievon muss ich mir selbst die Schuld zur Last legen, indem i ich damals Exemplare irrig auch als S p e c i e s zugezählt ' hatte, die nur als Doubletten gelten, welche Fehler sich bei ^ jetziger üeberzählung herausstellten.

; Hiernach erübrigt nur noch die Abstattung meines wärm-

: sten Dankes für die in Ihrem Vereine mir anvertraute Stelle,

' die ich statutenmässig der geehrten Versammlung zur gefälligen [ Verfügung überlasse.

Nach dem, mit lebhaften Beifall aufgenommenen Bericht des Herrn Vereins-Custos, legt Herr Dr. A. Rigele, Vereins- Cassier, folgenden Bechnungsausweis über den Stand der Vereins- Cassa vor :

. Laut Bechnungsabschluss dto 9. April 1873 ver- blieben an Cassarest ..... 803 fl. 23 kr.

. ! An Jahresbeiträgen eingehoben .... 357 80

Einnahme 1161 fl. 3 kr.

. 1161 fl. 3 kr.

, . 387 12

Cassa 773 fl. 91 kr.

8

Einnahme Ausgabe .

S Veih. N. ¥. V.

>'

t I

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A u s g ab e n

vom 16. April 1873 bis 22. April 1874.

Dem Vereinsdiener Kagerer den Monatslohn pro April bis December 1873 und vom 1. Jän- ner bis letzten April 1874, d. i. für 13 Mo- nate ä 3 fl. .

Dem Museumsdiener Doka den Monatslohn pro April bis December 1873 ä 2 fl. 50 kr.

Dem Kaufmann Wimmer für Brennmaterialien .

Für das Vereinsheft pro 1874 dem Buchdrucker Herrn Wigand ä conto gezahlt .

Buchbinderarbeit gezahlt ....

Drucksorten

Summa

39

fl.

kr.

22

V

50

n

6

n

82

))

300

1)

«

10

)?

55

8

»

80

55

387

fl.

12

kr.

Im Sinne der Statuten entsendet der Vorsitzende zur Prü- fung der Rechnungen die Herren : Finanzrath v. Kempelen und Rittmeister Schneller.

Im Sinne der Statuten dankt der Herr Vicepräses im Na- men des ganzen Ausschusses (ausser dem, im vorigen Jahre auf drei Jahre gewählten Vereins- Secretär Dr. Kanka) ab, indem er die Anwesenden zur Vornahme der Neuwahl aufPordert und die Herren Prof. Bog sch, Prof. Könyöki und Dr. Tauscher das Scrutinium vorzunehmen ersucht.

Während des Scrutiniums hält Herr Prof. Liebleitner folgenden, sehr beifällig aufgenommenen Vortrag über das Leben unserer Nattern.

Es ist eigenthümlich, wie uns durch die Erziehung Ab- scheu, Eckel und Furcht vor gewissen Thieren eingeflösst wird. Spinnen, Asseln, Ohrwürmer und mancherlei andere niedere Thiere, besonders Kröten und Frösche, vor Allen aber Schlangen werden von vielen Menschen mit wahrem Entsetzen betrachtet. Ammenmärchen und Kinderstuben-Erzählungen haben einen un- auslöschlichen Eindruck auf das jugendliche Gemüth geübt und es gehört der feste Wille eines Erwachsenen dazu, um solche kindische Furcht zu beseitigen und damit einem besonderen Zweige der Naturbeobachtung die Thüre zu öffnen. Die Amphibien mit ihrem kalten Blute, der schleichenden Bewegung

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und ihrem geheimnissvollen Aufenhalte sind ganz besonders gefürchtet und verachtet; die Frösche, Kröten und Molche, weil man sie für hässlich und gefährlich hält, die Schlangen, weil der Unbewanderte sofort an die Giftzähne und an tückische Bisse denkt und so in jeder Schlange einen gefährlichen Feind des Menschen erblickt. Es ist daher kein Wunder, dass unsere Schlangen als gefährliche Ungeheuer verfolgt und wo sie sich blicken lassen, getödtet werden. Der Held, der diese That voll- bracht hat, nimmt sich nicht einmal die Mühe, das Opfer, das mit zerschmettertem Haupte und zerquetschtem Körper zu sei- nen Füssen liegt, näher zu betrachten; es ist todt und wird in die nächste Hecke geworfen.

Unsere Schlangen sind gewiss nicht hässlich ; ja, wen nicht eine tiefgewurzelte Furcht allzusehr gegen sie einnimmt, der betrachtet sie gewiss gern, ihre graciösen Bewegungen des schlanken Körpers, das kluge Auge, die regelmässig gepanzerte und beschuppte Haut, die verschiedenen Zeichnungen darauf üben auf den unbefangenen Beobachter einen eigenthümlichen Beiz aus.

Ungarn hat eine ziemliche Anzahl von Schlangen , von denen einige auch in mehreren Abarten in Beziehung der Farbe und Zeichnung Vorkommen. Es sind folgende :

Pelias Berus, die Kreuzotter ; Vipera Ammodytes, die Sand- viper; Anguis fragilis, die gebrechliche Blindschleiche; Tropido- notus Natrix (Coluber), Wasserschlange, auch Bingeinatter ge- nannt; Tropidonotus tessellatus, gewürfelte Wasserschlange; Zacholus (Coluber) austriacus, die österreichische Zornschlange; Zamenis Aesculapii, Aesculapschlange ; Ailurophis vivax, die Katzenschlange.

Von diesen 8 Schlangenarten sind nur die Kreuzotter und die Sandviper giftig.

Ueber den Bau der Schlangen erlaube ich mir nur anzu- führen, dass die Aeste der Unterkinnlade durch ein Ligament mit einander verbunden sind, wodurch eine bedeutende Ausdeh- nung des Bachens möglich wird. Die Schlangen haben eine kleine Hirnschale, ihr Gehirn ist wenig ausgebildet, dessen Oberfläche ist ganz glatt und ohne Windungen. Dagegen ist das Bücken- j mark bedeutend entwickelt und besonders stark sind die Nerven.

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Die Zähne sind nach hinten gekrümmt, in die Firste der Kiefer eingewachsen und mit einem Schmelze überzogen.

Die Schlangen kommen mit der ihnen im Alter zukommen- den Anzahl von Zähnen zur Welt. Die giftigen Schlangen haben ausserdem einen entweder an der Aussenseite mit einer Kinne versehenen, meistens aber einen hohlen Giftzahn, der mit Zahn- fleisch umgeben ist ; sie bringen eine eigenthümliche giftige Flüssigkeit in die Wunden, die in einer in der Gegend der Schläfe am hintern Ende der Lippendrüse gelegenen Giftdrüse abgesondert wird. Dieser Giftzahn wird durch die grosse Be- weglichkeit des Oberkiefers aufgerichtet und nach vorwärts ge- schlagen, wodurch er eine tiefe Wunde verursachen kann. Es ist auch constatirt worden, dass ein Wechsel der Giftzähne statt- flndet, indem die alten durch neu hervorwachsende verdrängt werden. Die Schlangen haben keine Augenlider, die Pupille ist entweder oval oder rund. Die Ohren sind stets von der Körper- haut bedeckt. Die Nasenlöcher münden in die Mundhöhle, sind also von aussen nicht sichtbar. Die Zunge ist von einer Scheide umgeben, lang, sehr weit ausstreckbar und endet in zwei feine Fäden.

Lungen und Herz der Schlangen sind nur unvollkommen entwickelt. Die Lungen sind arm an Blutgefässen, das Herz hat keine Scheidewände der Kammern; es tritt demnach bei der Zusammenziehung des Herzens nur ein Theil des Blutes zu den Athmungswerkzeugen, der andere aber gelangt gleich in die ein- zelnen Theile des Körpers, ohne die Athmungsorgane durchströmt zu haben. Aus dieser Unvollkommenheit der Athmung und des Blutlaufes ist auch die geringe Körperwärme der Schlangen zu erklären. Die Schlangen vermehren sich theils durch Eier, die eine pergamentartige Schale haben, theils bringen sie lebende Junge zur Welt. Das Wachsthum geht, abgerechnet in der ersten Lebenszeit, sehr langsam von statten, so dass sie oft erst im 10. bis 15. Jahre ausgewachsen sind. Besonders entwickelt ist bei den Schlangen die Muskelkraft; erstaunlich ist, wie flink sie sich vorwärtsbewegen und die Hälfte ihres Körpers fast senk- recht aufzustellen vermögen; auch klettern sie auf Bäume und bekanntlich sind die grossen Schlangen im Stande, Hirsche und Gazellen mit Leichtigkeit zu erdrücken. Die Haut der Schlangen

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besteht aus einer schuppenartig gefalteten Lederhaut und aus einer Oberhaut, welche auch die Augen überzieht und bei der Häutung gewechselt wird.

Nach dieser kurzen Einleitung komme ich zu unseren ein- heimischen Schlangen.

Die Kreuzotter, Pelias Berus, wird wenig über 2' lang und bei 1" dick; der Bücken des Männchens ist röthlich oder grünlich grau, beim Weibchen bräunlich grau; auch findet man ganz dunkle; längs des Bückens zieht sich ein schwarzes Zickzackband, neben welchem in den Einbuchtungen beiderseits schwarzbraune Flecken liegen; auf dem Hinterhaupte hat sie einen schwarzen kreuzförmigen Flecken. Am Kopfe befinden sich 3 Schildchen; am Bauche herrscht die schwarze Farbe vor. Im Graumen hat sie an jeder Seite 10 kurze spitzige Zähne, im Oberkiefer hat sie einen langen hohlen Giftzahn und hinter demselben mehrere kleine.

Die Kreuzotter liebt sonnige, sumpfige Wiesen in Ebenen und sonnige Plätze in Bergwäldern, wo Heidel- und Preissel- beeren wachsen; auch findet man sie an steinigen Stellen auf Alpen, wo sie bis zu einer Höhe 6000' zuweilen angetrofiPen werden. Schon im April oder Anfangs Mai erwacht sie aus ihrem Winters chlafe und verweilt bis Anfangs November im Freien. Im Hochsommer bringt sie 12 20 Junge zur Welt, die nur langsam wachsen und erst im 7. Jahre ausgewachsen sind. Die Jungen bedürfen keiner besondern Pflege von ihrer Mutter und suchen sich selbst ihre Nahrung. Die Kreuzotter nährt sich vorzüglich von Mäusen , verachtet aber auch nicht junge Vögel und Maulwürfe, Eidechsen und Frösche. Sie findet sich meist nur einzeln und sonnt sich gern auf Holzstämmen, auf Steinen und im Grase. Dieses thun indessen nicht nur unsere Schlan- gen, sondern auch die in den heissen Zonen lebenden, welche sich auf Steinen liegend beinahe von der Sonne braten lassen.

Die Kreuzotter ist fast in ganz Europa anzutreffen. Wenn sie gereizt wird, beisst sie auch Menschen und grössere Thiere und ihr Biss ist gefährlich, zuweilen auch tödtlich, besonders in grosser Hitze. Schwindel und Ohnmacht sind die nächsten Fol- gen davon; grössere Thiere, wie Pferde und Kühe erliegen sel- ten dem Tode ; es erfolgt gewöhnlich nur eine Anschwellung des

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gebissenen Theiles und längeres Kränkeln. Dem Igel soll indess der Schlangenbiss nicht schaden und man behauptet, dass er die Kreuzotter aufsucht und mit besonderer Lust verzehrt.

Im südlichen Ungarn, bei dem Bade Mehadia, bei Fiume, in Dalmatien findet sich die Sandviper, ViperaAmmody- tes. Sie ist der Kreuzotter ähnlich, hat ein schwarzbraunes, breites Zackenband auf dem Rücken und runde schwarzbraune Flecken an den Seitenwinkeln. Auch findet sie sich mit 4 Rei- hen schwarzer Flecken auf dem Rücken. Die Unterseite ist schwärzlich und weiss gesprengelt. Auf der Schnauzenspitze hat sie eine aufrecht stehende, fleischige Warze, welches ihr eigen- thümliches Kennzeichen ist. Die Sandviper ist die giftigste unter den europäischen Schlangen; doch zur Beruhigung ängstlicher Gemüther muss ich anführen, dass ich trotz vielfacher Erkundi- gung bei hiesigen Herren Aerzten nicht einen Fall von Schlangen- biss in Erfahrung bringen konnte, ein Beweis, dass speciell in Presburgs Umgebung giftige Schlangen höchst selten sind. In den 3Ö-ger Jahren soll, so hörte ich von einem alten Freunde, in der Nähe der Strohhütte ein Holz sammelndes Weib gebissen worden sein, doch kann ich auch diesen Fall nicht verbürgen. Und nun kommen wir zu den giftlosen Schlangen.

Die Blindschleiche, Anguis fragilis, gehört eigent- lich zu den Eidechsen, ist oben röthlichbraun , unten graulich- braun ; im Alter hat sie dunkelblaue Flecken auf dem Rücken. Die Jungen sind kupferfarbig und haben ein schwarzes Längen- band auf dem Rücken. Sie liebt feuchte schattige Waldgegenden und hält sich theils in Erdlöchern, theils unter dem Laube auf. Man findet sie von Mitte April bis Ende October; das Weibchen legt 10 14 lebende Junge, welche erst im 10. Jahre vollkommen ausgewachsen und dann 16" lang sind. Ihre Nahrung sind Insecten, Spinnen, Schnecken und Regenwürmer. Der Schwanz bricht leicht ab, daher man sie gebrechliche Blindschleiche oder auch Bruchschlange nennt.

Die Aesculapschlange, Zamenis Aesculapii, hat strohgelbe Lippen, im Nacken weisslich, am Scheitel gelbbraun, die Oberseite schwarzgrün, der Bauch einförmig strohgelb. Man findet aber auch eine grauschwarze Abart. Sie erscheint erst Ende Mai und legt Ende August 12 18 lose Eier von längli-

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eher Form, etwas grösser als ein Taubenei, in einen Haufen zu- sammen unter Heisig, Laub und Erde. Ihre Nahrung besteht in Mäusen und jungen Vögeln, die sie gewöhnlich aus den Nestern holt, da sie sehr leicht auf Sträucher, ja selbst auf Bäume klettert. Sie lässt sich unter allen einheimischen Schlan- gen am leichtesten zähmen. Viele halten dafür, dass diese Schlange von den Römern, als zum Dienste des Aesculap ge- hörig, in unser Vaterland, sowie nach Deutschland gebracht worden sei, wo sie sich acclimatisirte und theilweise auch ver- änderte. Aesculap’s vorzüglichster Tempel befand sich zu Epi- daurus im Pelopones. Als einst in Rom eine verheerende Pest wüthete, schickten die Römer zehn Abgeordnete in diesen Tem- pel. Als diese den Tempel betraten, kroch unter der Bildsäule des Aesculap eine Schlange hervor, und wand sich durch die Strassen von Epidaurus dem Schilfe zu. Als die Römer nach Italien zurückkehrten und die Tiber aufwärts fuhren, verliess die Schlange das Fahrzeug und blieb auf einer Insel liegen, die Pest aber erlosch. So erzählt die Sage.

Die 3' lange Katzenschlange, Ailurophis vivax, ist graubraun , schwarz gesprengelt mit grossen viereckigen schwarzbraunen Flecken auf dem Rücken. Sie kommt aber nur in den ungarischen Küstenstrichen vor.

Die Ringelnatter, Coluber natrix, ist am Ober- körper grünlichgrau mit einzelnen zerstreut stehenden schwarzen Puncten; die Seitenränder der Schuppen sind weiss, die Bauch- und Schwanzschilder sind abwechselnd halb schwarz, halb weiss. Die Lippen sind weiss mit schwarzen Querstreifen. Im Nacken hat sie zwei gelblichweisse, bisweilen auch pomeranzgelbe ei- förmige Flecken. Diese Flecken waren für das Volk von jeher so aufPallend, dass man sie in Kronen verwandelte und die Ringelnatter Schlangenkönigin nannte. Man findet sie ge- wöhnlich 4' lang ; doch sollen auch schon 7' lange getroffen wor- den sein. Von April angefangen findet man sie allenthalben in stehenden Gewässern, Sümpfen und moorigen Wiesen, selbst noch in einer Höhe von 4500' ; oft auch in der Nähe der Häuser an Zäunen, unter Holzhaufen und Dünger. Sie geht der Wärme nach und wird daher auch bisweilen in Ställen, Kellern, ja selbst in Betten gefunden. Sie kann gut schwimmen und heisst

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darum auch Wasserschlange. Die Paarung geht im Frühjahre vor sich und im August legt das Weibchen bald in schlammige Erde, bald in Mist einige Dutzend Eier in der G-rösse eines Tauheneies, welche in einem Klumpen an einander kleben, aus denen in drei Wochen die Jungen auskriechen, die Anfangs zu- sammen leben. Ende October verkriecht sie sich in die Erde oder unter Mist, um zu überwintern. Ihre Nahrung besteht aus Fröschen, Molchen und kleinen Fischen; auch sucht sie Milch auf, um davon zu naschen. Sie verbreitet einen Knoblauchähnli- chen Geruch. Von dieser Schlange findet man im südlichen Europa auch verschiedene Abarten, wovon eine Art ganz schwarz ist.

Die gewürfelte Wasserschlange, Tropidonotus tessellatus, oben lichtgrünlichbraun mit 4 Keihen schwarz- grüner, würfeliger Flecken und schwarz und weissem Unterleibe, hält sich gern in der Nähe schwefeliger Quellen auf, wo sie sich im Schatten der am Ufer stehenden Sträucher aufhält, sonst aber in der Lebensweise mit der vorhergehenden übereinstimmt.

Endlich die österreichische Zornschlange, auch glatte Natter, (Coluber) Zacholus Austriacus ge- nannt, hat einen graulich weissen , hie und da gesprenkelten Unterleib ; die Grundfarbe des Oberleibes ist braun , auf dem Rücken hat sie 2 Reihen dunkelbrauner Flecken. Ein schwarz- brauner Streifen zieht sich von der Schnautzspitze bis hinter die Augen und ein ebenso gefärbter Flecken, der gegen den Rücken zu gabelig wird, befindet sich im Nacken. Sie wird etwas über 2' lang und findet sich allenthalben in schattigen Wäldern. Sie bringt gewöhnlich ein Dutzend lebender Junge zur Welt, von denen einige bisweilen noch in einer feinen Eihaut ein geschlossen sind , die aber bald platzt ; sie nährt sich von Eidechsen und Mäusen. Sie ist sehr bissig und verliert diese Eigenschaft selbst in langer Gefangenschaft nicht. Ein Freund der Natur hatte sich einen Schlangenkasten eingerichtet; derselbe war eine höl- zerne leichtgearbeitete Kiste von etwa 3' Länge und Breite und 9'' Höhe; den Boden bedeckte er zum Theil mit groben Steinen und Sand, zum Theil belegte er ihn mit Rasen; in der Mitte derselben war ein Schüsselchen mit Wasser, dessen Rand mit dem Rasen in gleicher Ebene lag. Eine Glasscheibe deckt den

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Kasten fast ganz ; eine etwa handbreite Stelle dient zur zeit- weisen Lüftung und zum Hineingeben des Futters; diese Oetf- nung wird durch eine kleinere Scheibe geschlossen, die nicht so leicht bricht als die grosse, wenn sie immer gehoben wird. In diesen Kasten gab er alles mögliche Gethier: Schlangen, Blind- schleichen, Eidechsen, Frösche, Regen würmer, Spinnen, Raupen, Käfer, Fliegen. Es gewährte unserm Naturbeobachter im Zimmer ein besonderes Vergnügen, das Leben und Treiben dieser ver- schiedenen Thiere zu belauschen und er veröffentlichte seine Wahrnehmungen in einer in Wien erscheinenden Lehrerzeitung, Volksschule genannt, ohne Angabe seines Namens. Insbeson- dere beobachtete er die zwei beschriebenen Nattern, die Ringel- und glatte Natter, und sagt :

Es ist nicht schwer die Schlangen, selbst giftige lebendig zu fangen, wenn man unbemerkt bis in die Nähe gekommen ist. Man drückt den Kopf mit einem Stocke zur Erde und packt sie kräftig hinter demselben. Sie schlingt sich zwar um den Arm, drückt und sucht sich zu entwinden, aber vergebens, sie ist ge- fangen. Ist der Kasten eine Art Arche Noah, so hat man gar selten Gelegenheit einen Schlangenimbiss zu belauschen. Den meisten Schreck äussern Frösche, wenn sie in den Schlangen- kasten kommen ; beim leisesten Annähern der Natter enteilen sie ihrem Feinde in weiten Sprüngen in das entgegengesetzte Ende des Kästchens; ist aber dieser erste Schreck überwunden, so leben sie wochenlange freundlich mit und neben einander. Zählt man aber nach einiger Zeit die Häupter seiner Gefange- nen, so fehlt bald eine Eidechse, bald ein Frosch und an dem geschwollenen Körper der Natter kann man sehen, dass sie eine Mahlzeit gehalten. Dann kann sie aber wieder Wochen und Monate lang fasten, es schadet nichts, wenn durch irgend einen Umstand Futtermangel eintritt. Jetzt wird wieder eine schöne, kräftige Eidechse in den Kasten gesetzt; kaum fühlt sie sich frei von der Hand, so eilt sie pfeilschnell dem Rasenverstecke zu. Noch schneller ist aber die Natter da und hat sie am Leibe gepackt. Aber die Eidechse ergibt sich nicht so schnell; eine rasche Wendung und sie hat ihre Feindin im Rücken gepackt und sich festgebissen. Nun ist ein Augenbliek Ruhe. Dann rückt die Natter durch Hin- und Her schieben der Kiefer dem Kopfe

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der Eidechse immer näher ohne loszulassen. Diese dagegen zerrt und windet sich und schlägt mit dem Schwänze, aber nur selten gelingt es ihr sich zu befreien. Sie entwischt, wird aber rasch desto sicherer gepackt und der Kampf beginnt aufs Neue. Die Schlange sucht durch alle möglichen Windungen die festgebis- sene Eidechse loszureissen und gerade da hat man die beste Gelegenheit die wunderbare Geschmeidigkeit und Biegsamkeit auch unserer Schlangen zu beobachten. Endlich hat sich die Natter befreit, um nun ihr Opfer desto rascher zu verschlingen. Der Kopf der Eidechse kommt dem drohenden Bachen immer näher und verschwindet endlich in dem eben so grossen Kopf der Natter. Der übrige Körper folgt rasch nach. Die Kinnladen schieben sich immer hin und her, greifen immer weiter aus; die obern Theile der Vorderbeine gleiten nach einander in den Bachen und schmiegen sich dabei dicht an den Körper an ; aller Widerstand hat aufgehört, nur dann und wann verräth ein krankhaftes Zucken die letzte Lebensthätigkeit des Opfers. Auch die Schlange arbeitet ruhig und nur ein theilweises Schlagen mit dem Schwänze verräth die Nachwehen der heftigen Gemüths- bewegung. Die schwierigste Partie ist der Hinterleib mit den Hinterbeinen, da die Eingeweide sich zurückgedrängt haben; der Natter treten ob der Anstrengung beim Würgen die Augen noch weiter aus dem Kopfe, aber auch diese Schwierigkeit wird über- wunden und in wenigen Augenblicken ist dann auch der Schwanz verschwunden. Ist die Mahlzeit vorbei, so zieht sich die Schlange nach langsamen kurzen Spaziergang in eine Ecke zurück, sie gähnt mehrmals , als wollte sie durch das weite Aufreissen des Bachens die verrenkten Kinnladen wieder einrichten ; sie züngelt, leckt zufrieden die Lippen, säuft auch manchmal und überlässt sich dann einer längern Buhe.

Durch eine solche Buhe nach geschehener Mahlzeit bereitet sie sich auch zur Häutung vor, welche bei unsern Schlangen fünfmal im Jahre vor sich geht. Hierbei löst sich die Haut zu- erst an den Lippen und schält sich über dem Kopfe ab. Dann kriecht die Schlange in den verschiedensten Windungen zwischen Basenstücken, Steinen und Moos durch und streift dabei die alte Haut nach hinten zu ab. Diese findet sich dann in den wunderlichsten Verschlingungen im Kasten, die Aussenseite

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innen, aber oft ohne andere Verletzung als am Kopfe; selbst die Augen lassen keine Löcher zurück auch sie haben eine neue Haut erhalten.

Seit dem letzten Krasse vor der Häutung sind mehrere Wochen vergangen und nun stürzt sich die Schlange mit Heiss- hunger auf ein neues Opfer. Es ist erstaunlich, welche Bissen die Schlangen verschlucken können. Von der Boa wissen wir, dass sie ihre Beute durch Einschleimen leichter verschluckbar macht, bei unsern Schlangen hat mein Gewährsmann dergleichen nie bemerkt, wohl aber hat er gesehen, dass eine Hingelnatter einen grossen, ganz mit Laich gefüllten Frosch verschlungen hat, der wenigstens viermal so dick war als sie selbst, so dass es wahrhaft als Häthsel erschien, wie er durch Kopf und Schlund passiren konnte. Freilich ist auch der Bau der Fresswerkzeuge der Schlangen höchst merkwürdig. Die zwei Seiten der Unter- kinnlade haben keine knöcherne Verbindung, sondern sind durch ein sehniges Band vereiniget.

Der Obertheil des Hachens besteht ebenfalls aus 4 beweg- lichen, mit spitzen Zähnen besetzten Knochen (2 Oberkiefer und 2 Gaumenbeine) ; durch diese Vorrichtung kann sich der Hachen, besonders die Unterkinnlade erstaunlich ausdehnen. Auch haben die eigentlichen Schlangen kein Brustbein und die Hippen kön- nen so dem Drucke der verschlungenen Beute nachgeben. Die Blindschleichen hingegen haben ein Brustbein , zwei Schulter- blätter und zwei Schlüsselbeine, und unterscheiden sich dadurch von den Schlangen. Doch verfolgen wir die Beobachtungen unse- res Naturfreundes weiter. Die Hingelnatter lebt sehr friedlich und beisst nur sehr selten, während die glatte Natter heftig und bissig ist, weshalb sie wohl auch den Namen Zornnatter erhalten haben mag; doch verletzen beide dabei kaum die Haut und nur Spuren von kleinen blutigen Fleckchen zeigen, wo ihre feinen Zähne einschlugen.

Einmal hatte ich, schreibt der schon öfters erwähnte Be- obachter, Gelegenheit Zeuge eines merkwürdigen Kampfes zu sein, den zwei glatte Schlangen in ihrem Jähzorn ausführten, einer Scene, die wohl nicht häufig beobachtet wird.

Ich hatte im Kasten zwei glatte Schlangen, die schon lange in Eintracht und Friede mitsammen hausten. Da wurde

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ich eines Tages eilends gerufen, denn eine Schlange wollte die andere fressen. Nach der dringenden Art der Mittheilung konnte ich nicht an einen Scherz glauben und doch war es mir gar zu unwahrscheinlich, da beide Nattern nahezu beinahe gleich gross waren. Als ich kam, hatte wirklich die eine den Kopf der andern schon vollkommen verschlungen und kaum war noch ein Theil des Nackenfleckens sichtbar. Es war ein entsetzliches Würgen, um die Beute weiter zu verschlingen. Der Körper krümmte sich dabei krankhaft, die Kiefer arbeiteten und schoben, aber es ge- lang nicht. Das Opfer lag unterdessen regungslos da und nur von Zeit zu Zeit verrieth noch ein Schlag mit dem Schwänze oder ein Zucken das Leben. Nach minutenlanger Buhe begann die Arbeit des Verschlingens aufs Neue. Erschreckend war der Anblick des dickaufgetriebenen Kopfes mit den weitvorstehenden, starr blitzenden Augen. Leider hatte Niemand den voraus ge- gangenen Kampf und die Dauer desselben beobachtet; aber die- ses Würgen dauerte noch zwei Stunden, ohne dass das Opfer weiter in den Bachen der Feindin vorgerückt wäre. Da machte ich dem Kampfe eine Ende. Ein Druck hinter dem Kopfe des Angreifenden mit dem Daumen und Zeigefinger, und diese öflhete entsetzlich weit den Bachen, das Opfer zog rasch den Kopf zu- rück und beide Nattern eilten in die entgegengesetzten Ecken des Kastens. Von da an lebten sie wieder als gute Freunde und es ist nie wieder ein Angriff der einen auf die andere gemacht worden.

Ich ersah hieraus, dass die schwächere Natter die war, welche schon länger in der Grefangenschaft lebte (nämlich nahezu ein Jahr), obgleich sie die grössere war.

Das Ueberwintern unserer Nattern ist sehr leicht. Selbst wenn noch lebendes Futter im Kasten ist, wird es nicht berührt. Meist liegt die Schlange im Moose und nur wenn die Sonne warm durch die Glasdecke scheint, wird sie etwas lebhafter. Das Frühjahr trifft sie sehr abgemagert, aber bei reichlicher Kost kommt bald wieder die frühere Beleibtheit und Lebhaftig- keit.

So dehnbar wie Bachen und Schlund , ebenso biegsam und schmiegsam ist auch der übrige Körper. Sie schlüpft durch Spal- ten und Bisse, die man für viel zu enge hielte, um ihr ein Ent-

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weichen zu ermöglichen. Aber auch mit Schlauheit wissen sie die Mittel zur Flucht zu finden, und es sind die Ringelnattern darin besonders gewandt. In einer Ecke des Kastens heben sie sich senkrecht empor und drücken mit dem Kopfe so lange nach aufwärts, bis die Grlasplatte auch nur ein klein wenig nachge- geben hat, dann schiebt sie den Kopf als Keil ein und sehr rasch hat sich der übrige Theil des Körpers nachgeschoben. Es kam häufig vor, dass die Magd beim Reinigen des Zimmers eine Schlange entdeckte , aufschrie und davonlief. Und so bietet ein Schlangenkasten Stoff zu einer Menge interessanter Beobachtun- gen, nicht nur der Nattern, sondern auch der Frösche und Ei- dechsen, welche zu ihrer Nahrung gehalten werden.

Nach Beendigung des Vortrages wird das Resultat der stattgefundenen Wahl verkündet, und zwar : zum Yereinspräses wurde gewählt : Herr Baron Dionys v. Mednyänszky (mit 39 St.); zum Präses-Stellvertreter: Herr Moriz Gottl (mit 41 St.); zum 1. Secretär- Stellvertreter Herr Dr. Martin Rup- recht (mit 41 St.) ; zum 2. Secretär-Stellvertreter Herr Dr. Bela Tauscher (mit 40 St.), zum Custos Herr Dir. F. Steltz- ner (mit 42 St.); zum Cassier Herr Dr. A. Rigele (mit 41 St.) ; zum Bibliothekar Herr Dr. J. Pantocsek (mit 32 St.); zu Ausschussräthen wurden gewählt die Herren : Dr. Gotthardt, Dr. Geller, Prof. Könyöki, Prof. Liebleitner, Prof. Dr. Ambro, k. Finanzrath R. v. Kempelen, k. k. Oberstabsarzt Dr. Konschil, Prof. Rözsay, Rittmeister Schneller, Prof. L u c i c h , Prof. Fuchs, k. k. Regimentsarzt Dr. Treulich, Dr. Schlemmer, k. k. Oberstabsarzt Dr. v. Willerding.

Als neue Vereinsmitglieder wurden aufgenommen : Herr Dr. M. Stibränyi, Bezirks- und Gerichtsarzt; Herr Dr. H. Deutsch, Advocat und Redacteur der Presburger Zeitung ; Frl. Josefine Uri, Vorsteherin der k. ung. Lehrerinnen-Präpa- randie in Presburg.

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Äusserordentliclie Yer Sammlung

am 18. November 1874.

Veranlassung zu dieser ausserordentlichen Versammlung gab die Anwesenheit des Nordpolfahrers, Herr Dr. Julius Kepes, welcher der Einladung des Vereinsausschusses, in einer Vereins- versammlung Einiges über die eben beendigte grossartige Expe- dition in die Nordpolgegend mitzutheilen, freundlichst entsprach. Das lebhafte Interesse, welches sich im Publicum dafür aus- sprach und der allgemeine Wunsch, an dieser Vorlesung theil- nehmen zu können, veranlasste die Vereinsleitung, diese Ver- sammlung zu einer ausserordentlichen insofern zu gestalten, als zu derselben nicht nur den Vereinsmitgliedern und ihren Ange- hörigen, sondern auch dem grösseren Publicum der Zutritt ge- stattet werde. Es wurde zu diesem Behufe der städt. Redouten- saal als Locale für die Versammlung ausersehen, da voraussicht- lich der Andrang des Publicums ein sehr bedeutender zu werden versprach; der Vereins-Secretär wurde ermächtigt, sowohl den Vereinsmitgliedern, als nach Massgabe des Raumes den Nicht- mitgliedern unentgeltlich Eintrittskarten zu verabfolgen.

Nachdem der Vereinsausschuss beschlossen hatte, die Mit- glieder der österr. -ungarischen Nordpol - Expedition , Payer, Weyprecht, Kepes, sowie den Schöpfer derselben, G-raf Hans Wilczek, zu Ehrenmitgliedern des Vereines zu ernennen, so fand vor Beginn der Vorlesung in einem Nebenzimmer des Redoutensaales die Uebergabe der Ehrendiplome durch den V ereinspräses Herrn Baron Dionys v. Mednyänszky und dem Vereinsausschuss statt, wobei der Herr Präses herzliche Worte der Anerkennung an Herrn Dr. Kepes richtete. Herr Dr. Kepes drückte für diese ihm, seinen Gefährten und dem Schöpfer der Expedition, Grafen Wilczek erwiesene Auszeich- nung seinen wärmsten Dank aus und versprach, die Ehren- diplome für die drei nichtanwesenden Herren denselben zuzu- mitteln.

Indessen hatte sich der geräumige Redoutensaal mit einer dichten Zuhörermenge gefüllt (es mögen der ausgegebenen Kar- ten nach an 2000 gewesen sein , darunter auch ein schöner Damenkreis), welche mit Spannung dem Erscheinen des Herrn Dr. Kepes und dem Beginne der Vorlesung entgegensahen.

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Nach 6 Uhr Abends wurde Herr Dr. Kepes vom Vereins- ausschuss in den Saal und auf die Tribüne geleitet, wobei er mit stürmischen Eljens empfangen wurde.

Der Vereinspräses Herr Baron v. Mednyanszky er- ölFnete die ausserordentliche Vereins- Versammlung in ungarischer und deutscher Sprache, und bezeichnete als einzigen Gegenstand der Tagesordnung eine der glänzendsten und anziehendsten Thatsachen aus dem Feldzuge der Wissenschaft in unseren Ta- gen : die österr.-ungarische Nordpol-Expedition. Der Verein hat dieses kühne Unternehmen von Anbeginn mit lebhaftem Interesse verfolgt, später die Besorgnisse, die im Verlauf der Zeit auf- tauchten, getheilt, umsomehr endlich die allgemein sich laut machende Freude mitempfunden, als die glückliche Beendigung desselben bekannt wurde. Gleich bei Einlangen der ersten Nach- richten sendete der Verein eine telegraphische Begrüssung an die Heimkehrenden, dann hat er die Herren Payer, Wey- precht, Dr. Kepes und Graf Wilczek unter seine Ehren- mitglieder aufgenommen, und als die Vertreter der Expedition unsern vaterländischen Boden betraten, hier im Weichbilde die- ser Stadt sie unter zahlreicher Betheiligung des Publicums sym- pathisch begrüsst. Da nun der besonders erfreuliche Umstand eingetreten, dass Dr. Kepes in unserer Mitte erschienen, um uns seine hochinteressanten Erlebnisse mitzutheilen, gereiche es ihm zur besonderen Ehre, den Herrn Dr. Kepes als nunmehr dem Verbände des Vereines angereihtes Mitglied zu seinem Vor- trage einzuladen.

Bauschender Beifall folgte der Eröffnungsansprache, worauf Herr Dr. Kepes seine Vorlesung begann, welche er theils in ungarischer, theils in deutscher Sprache hielt; deren Inhalt wird weiter unten mitgetheilt.

Die Zuhörer folgten dem Vortrage mit ungetheilter Auf- merksamkeit und brachen sowohl im Verlauf, als nach Beendi- gung desselben in stürmischen Beifall aus.

Zur Vervollständigung der Geschichte dieses Tages, welcher für alle Wissensdurstigen Presburgs ein Festtag war, sei noch bemerkt, dass zu Ehren des gefeierten Gastes Abends im städt. Theater eine Festvorstellung gegeben, und hierauf ein glänzen- des Bankett im Hotel Palugyay abgehalten wurde.

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Vorlesung des Herrn Hr. Julius Kepes

üter die

österr.-ungarisclie Hordpol-Expedition, gehalteu am 18. November 1874 im städt. Redouteiisaale zu Presburg.

Hochgeehrte Damen und Herren !

Ich fühle mich geehrt, der Aufforderung des Presburger Aerzte- und Naturforscher- Vereines über die österr. -ungarische Nordpol-Expedition, der edelmüthigen Bewohnerschaft der alt- ehrwürdigen Krönungsstadt Presburg, der Stadt, die mich bei meiner Rückkehr in mein th eures Vaterland zuerst empfing, Mittheilungen zu machen, hiemit nachkommen zu können.

Mit Freuden ergreife ich nunmehr die Gelegenheit, um, so weit meine bescheidenen Kräfte dies gestatten, zu erzählen, wie wir in jener rauhen, sturmdurchdobten, eisumstarrten Welt ge- lebt; ich werde Ihnen in kurzen Umrissen von den bei einer derartigen Reise unvermeidlichen Widerwärtigkeiten und von unserer glücklichen Heimkehr erzählen, welch’ letztere wohl bis ans Unglaubliche wunderbar genannt werden darf.

Mit schönen Plänen und kühnen Hoffnungen verliessen wir am 14. Juli 1872 unter den herrlichen Strahlen der Mitternachts- sonne den Hafen von Tromsoe; auf das Schiff hatten wir den norwegischen Schiffscapitän Carlsen als Harpunier genommen.

Bekanntlich hatte die Expedition eigentlich zum Zweck, die nördlichste Durchfahrt zu versuchen , obgleich Einige unter uns dieses Ziel als ein ideales betrachteten, gaben wir uns doch der Hoffnung hin, dass es uns vielleicht dennoch gelingen werde, die Behringer Strasse zu erreichen. Sicher aber hofften wir bis zum Cap Czeljuszkim vorzudringen, was schon an und für sich ein seltenes Resultat gewesen wäre.

Am 23. Juli zeigten sich unter 74^ 30' nördlicher Breite einzelne kleine Eisstücke ; je weiter wir vorwärts kamen, um so mächtiger und dicker ward das Eis , und schon am nächsten Morgen war es unmöglich weiter vorzudringen; das Schiff war vom Eis umschlossen. Bis Ende Juli brachten wir thatlos und ohne uns vom Flecke zu rühren, die Zeit hin; endlich begann, von günstigen Winden aufgetrieben, das Eis dennoch sich ein wenig zu zertheilen, und wir dampften sofort weiter.

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Unter dichtem Eise kamen wir, die Ufer von Novaja Semlja 100 Meilen weit hinter uns lassend, in die Nähe der Admiral- inseln. Mühevoll drangen wir vorwärts, als bei den PankatjelF- inseln sich uns wir glaubten unsern Augen nicht trauen zu dürfen in westlicher Richtung eine österreichisch-ungarische Flagge zeigte.

Bald darauf erfuhren wir, dass Graf Wilczek auf dem „Isbjörn“ in unserer Nähe sei. Salutschüsse wurden gewechselt und eine Viertelstunde später erschien am Bord des „TegettholF“ ein gar lieber Gast, in beiden Händen je ein Glas Champagner haltend. Wie herzlich und freudevoll das Wiedersehen auf die- sem verlassenen, traurigen Punkte der Erde war, das beweist wohl auch der Umstand, dass wir von dieser Minute ab unzer- trennlich beisammen blieben. Nebeneinander dahinsegelnd, er- reichten wir die tiefer liegenden Barnutz-Inseln.

Doch konnten wir nicht weiter dringen, weil in unserer Nähe, von einem heftigen West-Süd- West- Wind getrieben, ent- setzliche und dichte Eismassen mit unglaublicher Geschwindig- keit gen Norden zogen.

Damals ahnten wir noch nicht, dass dies der angenehme Eilzug sei, der uns als seine Passagiere aufnehmen werde, und dass uns derselbe abwechslungshalber einen ganzen Winter hin- durch mit angenehmen Eispressungen unterhalten werde, um uns schliesslich trotz alledem in die Nähe eines funkelnagelneuen Landes im hohen Norden zu bringen.

Neun angenehme Tage verbrachten wir da zusammen alltäglich machten wir Ausflüge auf die Insel; Wilczek photo- graphirte die hervorragenden Punkte, am 16. August legte er dort für uns auch die Lebensmittel nieder, am 18. feierten wir mit grosser Freude und mit möglichstem Pompe den Geburtstag des Königs, bis endlich am 21. August mit schwerem Herzen die beiden Schiffe von einander Abschied nahmen. Wir dampften gen Nord- West und Graf Wilczek segelte südwärts. Unser fort- währendes Streben war dahin, Cap Czeljuszkim zu erreichen, anders aber stand es im Buche des Schicksals geschrieben.

Ungefähr Mitternacht mochte es sein, als das Schiff zwi- schen dichtes Eis gerieth, welches Anfangs zwar noch einiger- massen getheilt schien, von Viertelstunde zu Viertelstunde aber Verh. N. F. V. 9

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immer dichter wurde, so dass das Schiff zwei Stunden nachher vollkommen vom Eise eingeschlossen war und unbeweglich dalag.

Ohne Kummer und Sorge gingen wir zur Kühe in der Hoffnung, dass das Eis ebenso auseinander gehen werde, als es uns eingeschlossen.

Allein der „Tegetthoff“ war von jenem Augenblicke ange- fangen eine Beute des mächtigen Eises ; er verlor seinen Willen, seine Freiheit; sein grausamer Feind hielt mit Hydraarmen sei- nen Leib umspannt und liess ihn oft fühlen seine Kraft und seine Macht. Von nun an bestimmten die herrschenden Winde die Kichtung seines Curses und trieben ihn nach ihrer Laune hin und her. Er war kein Schiff mehr, sondern eine im unendli- chen Eismeer schwimmende, in entsetzlichen Eismassen begra- bene, hölzerne Burg.

Bis zum 9. September blieb das Eis um uns herum unver- ändert. Indessen war viel Schnee gefallen, Fröste traten ein, das Thermometer zeigte des Nachts schon 15 Grad Celsius, in Folge dessen das Eis um uns herum fester zusammenfror.

Am 9. September zertrümmerte ein plötzlich entstandener heftiger Nordost die einzelnen Eisstücke; er zertheilte die Eis- felder; — wir glaubten unsere Befreiungsstunde habe schon ge- schlagen, und versuchten mit Dampfkraft die Ausfahrt. Allein trotzdem, dass die das Schiff umringende Eisschichte kaum einige Schritte weit reichte, zeigte sich jede Arbeit und jede Bemühung fruchtlos; wir konnten uns aus unserem Eiskerker nicht be- freien.

Fortwährend glänzten vor unseren Augen die eis- und schneebedeckten Gebirge Novaja Semlja’s und die Gipfel und Spitzen schienen einander zu fragen : „Warum kommen die Be- wohner jener sonderbaren hölzernen Burg nicht in unsere Mitte, warum lüften sie nicht den geheimnissvollen Schleier, der uns bedeckt seit Erschaffung der Welt?“ 0, ihr Berge, o ihr Spitzen, hättet ihr gewusst, welche Tantalus q^ualen wir aus- standen ; wie sehnten wir uns, da wir euch so nahe waren, eure Gipfel zu erklimmen, eure jungfräulichen Spitzen ! Doch das zwischen uns liegende Eis war so hoch aufgehäuft, zeigte solche Gestalten , dass ausser den Eisvögeln und den Eisbären kein lebendes Wesen zu euch dringen konnte.

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Am 10. October waren wir 76^ 50' nördlicher Breite und 65^ 22' westlicher Länge. Am 5. October sahen wir zum letzten Male Novaja Semlja’s Eisberge, des Nachts erhob sich ein Ost- Nordost und trieb uns binnen 24 Stunden 38 Meil. nach Norden.

Bis zum 13. October war das Eis ruhig, so ruhig, dass wir glaubten, es sei harmlos wie die Lilie, deren Farbe es trug,

' und wir trösteten uns schon mit dem Gedanken, dass wir den ersten Winter inmitten des Eisgetöses hafenlos zubringen würden.

An diesem Tage entstanden ungefähr um 10 Uhr Vormit- tags in den uns umgebenden Eisfeldern Bisse; die ganze Um- gebung befand sich in kaum wahrnehmbarer, aber gefährlicher Bewegung. Aber schon um 11 Uhr Hess uns das Eis ganz und

igar seine schreckensvolle Macht fühlen; es zeigte keine Farbe mehr, und als wäre jedes Eisstück ein Ungeheuer der Unterwelt, I so grausam und so fürchterlich warf sich jedes einzelne gegen i unser Schiff; rechts und links, vorne und hinten begannen sich die zusammengerüttelten Eismassen aufzuthürmen ; an einzelnen 1 Stellen waren sie schon höher als das Verdeck. Das Schiff ' krachte in allen Fugen, das Hintertheil wurde von den sich

! unterschiebenden Massen in die Höhe gehoben, während sich die Leeseite tief neigte; sein mächtiger Gegner schnürte ihm von i Minute zu Minute fester und enger den Leib zusammen, als ' wollte er ihn in dieser Umarmung zerreiben. Er schien keine . Gnade zu kennen, er schien sagen zu wollen : „Was sucht Ihr hier an diesem Schreckensort, wo nur Eisbären und Seehunde geduldet werden?“ Er schien sich zur Probe gemacht zu haben die Worte Schiller’s :

Denn die Elemente hassen Das Gebild der Menschenhand.

Die Musik, welche diese nicht sehr angenehme Scene be- gleitete, war haarsträubend; noch jetzt tönt mir in den Ohren lie gedehnte Weise der Eismassen; denn wenn das Eis anfängt |ich in Bewegung zu setzen, bringt es durch die Beibung ohr- erletzende, wehklagende, gedehnte Laute hervor. Mac Clintoc beschreibt dies sehr treffend, indem er sagt : „Als ob 50,000 'ngeschmierte Wagen knarrend auf einem schlechten Pflaster dhren. Allein das Geheule hört auf, wie die Eismassen das jchiff erreichen; dann donnert und rollt es, die Schiffsborde

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krachen und es entsteht ein Lärm, in dem das Kommandowort verloren geht.“

Diese entsetzliche Eispressung traf die Bewohner des Schif- fes ganz unerwartet, nicht einmal die Pelze waren bei der Hand.

Wir schieden uns sogleich in drei Theile, Jeder zu einem anderen Boot gehörig, und Jeder entschlossen, im Falle das Schiff sinken sollte, von den auf dem Deck befindlichen Jollen und den Lebensmitteln so viel als möglich auf das Eis zu wer- fen, dann im Augenblicke des Sinkens zu dem betreffenden Boote zu eilen, dasselbe klar zu machen und nachzuspringen.

Doch, Gott sei Dank, all’ das war nicht nöthig; nach 12 Uhr liess uns der Feind so viel Ruhe, dass wir in die Ka- jüten zum Mittagsmahle gehen konnten. Wir glaubten damals, das würde unser letztes Mahl auf dem Schiffe sein. Da es Sonn- tag war, bekam Jeder ein Glas Wein. Es fiel Niemanden ein sich niederzusetzen, Jeder steckte in die Tasche oder verzehrte, was er erreichen konnte, stehend.

Niemals in meinem Leben habe ich so traurig angestossen, als an jenem Sonntage, als die Gläser auf ein glückliches Wieder- sehen zusammenklangen; unwillkürlich drängten sich uns die ' Thränen in die Augen, glauben Sie, nicht aus Furcht, aber die Scene war so schrecklich- feierlich, dass ich meinen Gefühlen I : freien Lauf lassen musste. ;

Kaum hatten wir Zeit die Gläser zu leeren, da der Feind j schon einen neuen Angriff in’s Werk setzte. Noch einmal krachte , das Schiff, noch einmal drohten es die Eismassen zu begraben, !; bis sich endlich das Eis eines Besseren besann, und den ganzen übrigen Tag lang ruhig blieb. ,

Seit dem 13. October gab es kein ruhiges Eis mehr, die Ji oben beschriebenen Scenen wiederholten sich fast jeden Tag, die j, Abwechslung bestand nur darin, dass es einen Tag stärker, den | - andern schwächer presste. Das Schiff wechselte oft seine Stel- | lung, neigte sich bald rechts, bald links und das Hintertheil |- hob sich immer mehr.

Dieser Belagerungszustand währte bis zum 25. Februar. J Während dieser Zeit waren wir immer bereit das Schiff' zu ver- ^ lassen; zwei Kähne mit Lebensmitteln und Kohlen hatten wir /

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nende Eisstück aus, doch schien keines stark genug zu sein. Es hatte sogar den Anschein, als ob das einzige Streben der Eis- massen auf die Zertrümmerug dieser gerichtet wäre, da diese fast immer in der grössten Gefahr waren. Fast bei jeder Pres- sung mussten wir hinausspringen und die Nachen mit den Lebens- mitteln in Sicherheit bringen.

Wir hatten zwei Eishäuser gebaut, dass wir, im Falle wir das Schiff verlieren sollten und ein Sturm entstünde, wenigstens im ersten Augenblicke vor dem Erfrieren sicher seien. An den äusseren Schiffsrändern hatten wir an wichtigen Stellen starke Balken befestigt, die das Eis nach Thunlichkeit zurückhalten und die Borde schützen sollten.

Doch was nützte all’ das! Bei der nächsten Gelegenheit hörten die beiden Eishäuser zu sein auf und die Balken wurden zu Papierschnitzeln zusammengedrückt.

So viel hatten wir mit aller Müh’ und Arbeit erreicht, dass wir endlich einsahen, dass alle Anstrengung vergebens sei; denn so sehr waren wir unvermögend etwas zu unserem Schutze zu unternehmen, als wären wir Vierundzwanzig ebensoviel Amei- sen auf dem Schiffe. Seit dieser Zeit hatten wir keine ruhige Nacht mehr; während des ganzen Winters hatten wir höchstens zwei- bis dreimal Gelegenheit uns zu entkleiden. Wenn wir mit Pelzstiefeln in unsere Pelze gehüllt, mit einem Revolver um- gürtet, in der Hand einen kleinen, das Allerunentbehrlichste enthaltenden Sack, in unser Loch schlüpften , um Ruhe zu su- chen, konnten wir kaum eine Viertelstunde schlafen, ohne dass die auf dem Verdecke befindliche Wache nicht den Schreckens- ruf, das Memento mori, verkündet hätte : Alle Mann auf Deck I

Müde, schläfrig, sprangen wir da auf, stürzten auf’s Ver- deck, und was sahen wir da!

In rabenschwarzer Nacht, die ewig anh alten zu wollen schien, kollerten sich wie Mühlräder die Eisschollen ; die zu Bein erstarrten Taue peitschten die Mastbäume, düster heulte der Nord, das im Schnee und Eis begrabene Schiff krachte, knarrte; zur Letzt war um uns kein einziges Eisstück, auf das wir mit Sicherheit zu treten getrauten.

Am 19. October sahen wir die Sonne zum letzten Male. Das Schiff wurde von den herrschenden Winden in der ersten

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Hälfte des Winters in nordöstliclier Richtung getrieben. Am 4. Februar batte es 78® 42' nördl. Breite und die grösste west- liche Länge 73® 18' erreicht. Dann trieb es wieder nach West- Nordwest.

Endlich am 16. Februar erschien nach langem Warten, wenn auch nur sehr wenig über dem Horizonte, die längsterwartete Sonne wie ein blutigrotber Halbkreis, die ganze Umgebung, wie auch die Spitzen der Eisberge mit Purpurrötbe überschwemmend. Lange liess sie auf sich warten, doch endlich kam sie wieder, dass sie die in tiefem Schlummer ruhende Natur zu neuem Le- ben erwecke.

Wenn die Sonne schon überall die Erzeugerin des Lichtes, des Lebens ist, was ist sie gar da oben? Wenn sie endlich in ihrer lange entbehrten wunderbaren Pracht erscheint und den Eisbergen und Eisspitzen unaufhörlich in den herrlichsten Far- ben erglänzende Grewänder leiht und vor ihrer Macht selbst der rauhherzigste Eisberg sich beugt und in Freudenthränen aus- brechend, ob ihrer wohlthätigen Wärme aufzuthauen und sich aufzulösen beginnt, dann wird der auf dieser Welt irrende Sterbliche zum Götzendiener und ist bereit, die liebe Sonne als Gottheit zu verehren.

Am 25. Februar unternahm das Eis seinen Abschiedssturm gegen uns. Der „TegetthofP‘ blieb im ganzen Feldzug Sieger, aber diese Siege waren in der That Pyrrhussiege, denn das Schiff litt sehr.

Seit diesem Tage genossen wir fortwährend der lange ent- behrten Ruhe.

Vom 15. April 1873 bis Ende September arbeiteten wir unaufhörlich, um das Schiff zu befreien, oder wenigstens aus seiner schlechten Lage in ein anderes Wasserbecken zu bringen. Vergebens arbeiteten wir daran den ganzen Sommer. Vorne ge- lang es uns zwar ein Becken zu bilden, aber am Hintertheil des Schiffes fanden wir, nachdem wir 30 Fuss gegraben hatten, noch immer Eis.

Diese Arbeiten waren überaus anstrengend, weil wir mei- stens 15 20 Fuss grosse Eisflötze durchsägen mussten; die ab- gesägten Theile mussten in kleinere Theile gesprengt und fort- transportirt werden. Wir versuchten die Eisstücke auch mit

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Schiesspulver zu sprengen, jedoch erfolglos wegen der Elastici- tät des Eises.

Während des Sommers gerieth das Schiff durch das Schmel- zen des unterliegenden Eises und Schnee’s von Tag zu Tag in eine üblere Lage. Das Hintertheil desselben hob sieb immer höher, während das Backbord so tief sank, dass die Mastbäume und die Schiffswand mit Balken gestützt werden mussten, um das Umstürzen zu verhüten. Unter diesen Verhältnissen floss der Sommer dahin. Unsere Gefühle waren in der That traurig. Uns schreckten nicht die langweilige Nacht, nicht die Eispres- sungen, noch die unaufhörlichen Gefahren ; all’ das gewöhnt man schliesslich, nicht allzuhoch anzuschlagen. Aber unausgesetzt quälte uns der Gedanke, dass schon zwei Sommer und ein Win- ter verflossen und dass wir, denen hochherzige Patrone mit so viel Opferwilligkeit ein so reich, sorgfältig und prachtvolles Schiff ausgerüstet hatten, dass wir, die mit den kühnsten Plä- nen die Entdeckungsfahrt angetreten hatten, bisher nichts ande- res waren, als Eisabenteurer. Diese Gedanken bedrückten uns unaufhörlich, als am 30. August ein ausserordentlich glückliches Ereigniss eintrat.

In der Geschichte der Expedition bleibt dieser Tag mit goldenen Buchstaben eingetragen. Denn dies war endlich der ersehnte Tag, welcher uns nach so vielen Gefahren und Müh- seligkeiten, die wir in diesen schreckensreichen Jahren erdulden mussten, den schönsten Lohn bot.

Während des ganzen Vormittags verhüllte ein dichter Nebel den Horizont. Es kam der Nachmittag, an welchem ge- wöhnlich Jeder, seine Cigarre sich anzündend, in seine enge Kajüte kroch, um die Zeit mit Lesen auszufüllen.

Orel und Brosch gingen auf’s Verdeck. Nach einigen Mi- nuten entschloss ich mich, gleichfalls hinaufzugehen. Kaum trat ich hinauf, als der dichte Nebel, wie auf höheres Kommando, langsam sich zertheilte , als ob ein Theatervorhang allmälig hinaufgezogen würde. Die Sonne, welche bisher von Wolken umhüllt war, erschien im herrlichen Glanze und tränkte mit ihren goldenen Strahlen das unermessliche Eisfeld, welches wie eine mit Milliarden von Diamanten besetzte, schauervoll endlose Silberplatte strahlte.

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Kein Luftzug regt sich ; die Luft ist durchsichtig, wie nur in dieser Höhe. Die feierliche Stille stört nicht einmal der Flug eines Vogels ; so still und reglos ist die Natur, dass man mei- nen mochte, in diesem Moment beginne die Gottheit mit der Schöpfung der Welt.

Es mochte Uhr sein. Der Nebel hatte sich vollständig zertheilt. Da, wie auf ein Gotteswort, erscheint von Westen den ungläubig dareinstarrenden Augen ein mit mächtigen Berggipfeln bedecktes Land. Wir stürzen nach unsern Fernröhren und rufen aus voller Kehle : „Land! Land! Land!“

Alles stürzte aufs Verdeck um das Unglaubliche anzu- staunen ; kaum sind die Armen fähig es zu erkennen. Hatten sie doch Derartiges schon ein Jahr lang nicht gesehen, und wenn sie es gesehen , dann hätten die Eispressungen des stürmischen Winters und das Gekrache des SchifPes es aus ihrem Gedächt- nisse ausgetiigt.

Jetzt nahte der feierliche Augenblick der Taufe des neu- entdeckten Landes. Wie bei jeder TaulFeier der Wein ein un- ausbleibliches Erforderniss, so auch hier. Der Stab und die Mannschaft erschien daher mit Gläsern versehen, und unter dreimaligem „Harrah“-Hufe vollzieht sich die Taufe und die Welt ist von diesem Augenblicke ab um das Franz- Josephs-Land reicher.

Den ersten Punkt, welchen wir erblickten, nannten wir „Cap TegetthofP.“ In den Monaten September und October Hes- sen wir uns längs der Küste hin- und hertreiben, und der nördlichste Punkt den wir erreichten, war ungefähr der 80. Breite- grad; am 3. und 4. November befanden wir uns unter 79^ 5P nördlicher Breite und 58® 56' westlicher Länge, beiläufig 272 Meilen vom Lande entfernt; diesen Punkt verliess auch das Schiff nimmer . . . Hier setzte es sich fest und dort wird es haften bleiben, Gott weiss wie lange noch.

Ende October hatten wir zum ersten Male das Glück, das neue Land betreten zu können, welches wir feierlich, Namens Sr. Majestät in Besitz nahmen.

Am 22. October nahm die Sonne zum zweiten Male Ab- schied von uns , und erst am 24. Februar war uns ihr Anblick wieder vergönnt. Doch wie angenehm verbrachten wir diesen

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Winter im Vergleiche zum vorigen! Wir genossen fürwahr Freudentage. Wir arrangirten Festlichkeiten; den Weinachts- abend feierten wir in einem prächtigen Eispalaste , welchen die Mannschaft eigens zu diesem Zwecke, nach den Anleitungen eines gelehrten Architecten erbaute. Die Männer trugen grössere Eisstücke zusammen, aus welchen dann regelmässige Ziegel ge- schnitten wurden; der wässerige Schnee ist ein ausgezeichneter Kitt; er macht die Ziegel eisenfest zusammenfrieren. Solcherart wurde der Palast binnen zwei Tagen fertig, das Innere mit Wimpeln austapeziert, in der Mitte einer langen Tafel prangte der Christbaum; er war nicht grün, dafür zierten ihn Flitter aus rothem Papier. An seinen trockenen Zweigen hingen die Greschenke, welche von edler Frauenhand in Triest und Pola zu diesem Zwecke gespendet worden waren.

So angenehm verbrachten wir jene Weihnacht in dem fun- kelnden Alabastersaale, dass Jeder, der die zufriedenen, freude- strahlenden Gesichter erblickt hätte, wohl gedacht haben würde: das sind einmal Männer, die mit ihrem Lose zufrieden, ja viel- leicht überaus glücklich sind.

Am Sylvesterabend hielten wir einen grossartigen Umzug mit flammenden Fackeln, dreimal um das Schiff herum.

Das neue Land bezahlte getreulich seine Steuer, indem es uns jede Woche zwei Unterthanen zusandte, die des prädesti- nirten Glückes genossen, von uns vor den Kopf geschossen und verspeist zu werden. Diese eigenthümliche Steuer lieferte beständig frisches Fleisch für unsere Küche; diesem Umstande haben wir es zu verdanken, dass der Scorbut nicht grössere Dimensionen annahm und die vorgekommenen Fälle keinen trau- rigen Ausgang hatten. Allein das neue Land wurde um 67 Unter- thanen ärmer.

Wir konnten öfter, für die Gesundheit so nothwendige Spaziergänge machen. Wie vergnüglich und genussreich ist doch ein solcher Spaziergang an einem schönen Tage oder in einer schönen Nacht gleichwohl, ob des Tages oder Nachts, da fortwährend Nacht ist wer vermag eine solche Nacht zu schildern? Ich weiss wahrhaftig nicht, was schöner ist: ein Tag um Mitternacht, oder eine Nacht am Vormittag. Denn schöner flimmern zu dieser Zeit dort oben die Sterne, prächtiger strahlt

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der Mond, durchsichtiger ist die Luft und blauer der Himmel. Und wenn erst das Nordlicht seine Strahlen wild herumschiessen lässt, dann möchte man meinen, der liebe Grott habe das Him- melsgewölbe mit einem unausgesetzt die Farbe wechselnden Flammenmeere übergossen, dann verblassen die Sterne und verblasst auch der in seinem Silberglanze strahlende Mond und es ist Einem, als würden die funkelnden Himmelskörper sich immer weiter entfernen.

Und hat dieser wunderbare Glanz Dein Auge ermüdet und ruht Dein Blick auf den endlosen Eisfeldern, vergeblich forscht er nach menschlichen Spuren. Es erschaut keinen blätterlosen Baum, kein Vogelsang erfreut das Ohr und kein einziges leben- des Wesen unterbricht die Todtenstille. So ruhig, so stille ist Alles um Dich, dass Du den eigenen Athem ermessen und die Pulsschläge Deines Herzens abzählen kannst.

Nichts störte unsere Zufriedenheit und Freude, als die Krankheit des armen Krisch. Seit Monaten schon siechte er dahin, ohne das Krankenlager verlassen zu können. Die Symp- tome seiner Krankheit vermochte ich im April 1873 zuerst wahr- zunehmen, und schon damals bereitete ich die Freunde auf den traurigen Ausgang vor.

Unter allen Ereignissen der ganzen Expedition war kein einziges, welches eine so traurige und schmerzvolle Erinnerung zurückgelassen hätte in der Brust eines Jeden von uns, als die Krankheit und der Tod unseres unglücklichen Freundes.

An das Siechbett gefesselt hörte er mit der grössten Auf- merksamkeit der am 23. Februar gepflogenen Berathung zu und freute sich wie ein Kind als wir beschlossen, am 20. Mai die Heimreise anzutreten, obschon er dazumal nimmer im Stande war sich auf den Füssen zu erhalten.

Ist unter jenem starren Clima schon das Leben traurig, wie traurig ist erst der Tod, wie niederschlagend ein Begräb- niss in der Polargegend ! Keine menschliche Phantasie vermöchte sich hievon eine Vorstellung zu machen. Es ist, wie unser Dich- ter sagt: „Die Phantasie ist ein Adler mit fliegenden Schwingen, ermüdet jedoch bis sie dahin gelangt.“

Lebhaft und klar kann ich mich noch des stürmischen Märztages erinnern es war am 19. als wir den theuren

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Freund bestatteten. Ich sehe, wie der mit den Schiffswimpeln bedeckte Sarg auf dem Schlitten ruht; ich sehe in die Pelze gekleidete Matrosen, wie sie, bis an den Leib in Schnee versin- kend, die schmerzerregende Last ziehen. Es ist, als sähe ich noch jetzt die tiefe Felsspalte, welche das neue Land dem Ver- ewigten als Grab beschied, da selbst nach dreitägigem Forschen eine andere Stätte nicht zu finden war. Dort ruht unser unver- gesslicher Freund auf dem „Cap Wilczek“ in einer tiefen Fels- spalte; ausser dem wild stürmenden Unwetter, das über seinem verlassenen Grabe braust, stört nichts seine Ruhe. Aber dieses ist so schrecklich. Wenn irgend etwas auf der Welt vorhanden wäre, was die Todten aus dem ewigen Schlafe empor zu rütteln vermag, dann wäre dies ohne Zweifel der schauerliche Sturm, der die Polargegend heulend durchzieht.

Wenn im Verlaufe der Jahrhunderte wieder einmal Men- schen den Boden des „Cap Wilczek“ betreten sollten, dann wird ihren erstaunten Blicken ein einfaches Kreuz begegnen, das ihnen erzählt: „Hier ruht ein Held, der aus der fernen Heimath hieher kam und im Dienste der Wissenschaft sein Leben liess.“

Während des ganzen Winters war Jedermann beschäftigt. Weyprecht, Brosch, Drei stellten mit unermüdlichem Fleisse in Eishäusern die bei solchen Expeditionen so wichtigen magneti- schen Observationen an.

Wie bereits erwähnt, wurde in dem am 23. Februar ab- gehaltenen Officiersrathe beschlossen, dass wir das SchiflP, theils weil dieses sich nimmer länger halten konnte, theils zu Folge meines ärztlichen Gutachtens am 20. Mai um 8 Uhr Abends verlassen sollen. Mit jenem Tage wurde das Schiff zu einer im Eise aufgepflanzten vielseitigen Fabrik. Jede Hand war beschäf- tigt, um die nöthigen Dinge zu verfertigen. Drei Schleifen wur- den erbaut, um auf ihnen die Boote fortzuschaffen; die Lebens- mittel wurden vorbereitet und geordnet. Payer kehrte am 4. Mai von seiner auf dem Lande gemachten Entdeckungsreise zurück; am 15. Mai war Alles zur Abreise Nöthige fertig gebracht.

Zu diesem Zwecke wurden drei Boote designirt, von denen zwei je 17 und eines 15 Y2 Schuh lang war. Nach zwei Wochen ging die Hälfte der Mannschaft auf das Schiff zurück und brachte noch ein Boot herbei. Ferner standen uns noch drei mit Lebens-

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mittein beladene Schlitten mit je 7 8 Centnern Eigengewicht, und je 14 Centnern Last zur Verfügung.

Nach einer Unterbrechung geht der Redner auf den Rückzug über. Er schildert in lebhaften Farben die furcht- baren Schwierigkeiten des Abzuges und erzählt von der Tages- eintheilung auf diesem Marsche, der einzig in seiner Art ist. Um 6 Uhr Morgens Reveille durch die Wache, hierauf Zuberei- tung einer dicken Breisuppe, welche nebst Schiffzwieback das Frühstück bildete. Um 7 Uhr verliess man die Boote und ging an die Arbeit des mühevollen Fortschleppens. Doch vorher musste sich Jeder mit Schnee waschen; eine Reinigungsmethode, die bei Nordwind ziemlich rauh war. Mittags wurde Thee mit Rum und Zucker, sowie Chocolade genommen. Um 2 Uhre wurde wieder eingespannt und bis 7 Uhr gearbeitet. Gern würde man sogleich die Augen zum Schlafe geschlossen haben, aber zuvor musste noch die liebe Breisuppe genommen werden. Die Zeit wechselte nur zwischen opfermuthiger Anstrengung und dem Schlaf in tiefer Ermüdung.

Am 29. Mai traf man eine Insel, welche von der trost- losesten Oede war, die zu denken ist. Sie blieb namenlos. Doch gewährte sie, weil sie südlich lag, einigen Schutz vor dem Eise. Die einzige Zerstreuung an diesen Tagen bestand darin, dass man Möven fing, ihnen rothe Schleifen um den Hals schlang und sie dann wieder frei Hess; die einzige Freude war das Er- scheinen von Bären. Wasser wurde bisher mittelst Alkohol und Schnee bereitet, aber der Alkohol verminderte sich jetzt, und man bereitete das Wasser, indem man den Schnee in Blasen auf dem Körper wärmte.

Auch über die Hunde bei der Expedition macht Dr. Kepes einige Mittheilungen. Die Hunde hoffte man zurückzubringen. Einer derselben war am Nordpol zur Welt gekommen; als die- ses Thier nun zum ersten Male das schwärzlich bewegte Wasser sah, erschrack es derart, dass es sich hinlegte, regungslos blieb und endlich zu Grunde ging. „Der zweite war ein kleiner Lappe, der nur die eine Furcht hegte, am Schiffe Zurückbleiben zu müssen ; und der dritte war uns in Wien als von einem sibiri- schen Israeliten gebracht, verkauft worden, aber wir überzeugten uns bald , dass er der treue Gefährte eines Wiener Greisslers

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gewesen. Beide Thiere mussten wir erschiessen, weil sie auf den Booten die Seekrankheit bekamen.

Noch eine kleine Skizze entwirft der Redner, welche das Publicum sehr heiter stimmt. Auf der Rückreise war zum Unglücke der Tabak ausgegangen. Einige Matrosen aber hatten in der Vorahnung dessen kleine Quantitäten zusammengespart. Als dies bekannt wurde, entstand eine förmliche Morgen- und Abend- börse. Es war possierlich und zugleich rührend anzusehen, wie für eine Pfeife Tabak ein Pfund Chocolade , später auch ein Pfund Chocolade, eine Ration Schiffszwieback und ein Mittag- mahl gegeben wurde. Da brach am 9. Juli auch hier der grosse Krach aus. Der Commandant verbot nämlich unter Androhung strenger Bestrafung die Fortdauer dieser Börse, und so wurden die Tabakaktien werthlos. Der Redner spricht weiter :

„Um uns herum war das Eis so hoch aufgethürmt, dass wir uns weder nach vorne, noch nach rückwärts rühren konnten. Acht Tage verbrachten wir auf einem entzwei gesprungenen Eisfelde und Einige dachten wohl schon an die Rückkehr zum Schiffe. Aber auch diese wäre nicht thunlich gewesen, denn trotz- dem das Schiff uns nahe lag, so hätte doch höchstens ein Vogel dahin gelangen können, und der hätte auch hoch fliegen müssen.

Diese Stelle nannten wir scherzweise den Hafen von Aulis, denn wir schmachteten gerade so nach günstigen Wind, wie sei- ner Zeit die gegen Troja ausgezogenen Griechen. Endlich am 15. Juli erbarmte sich Boreas unser und befreite uns mit einem wohlthätigen Hauche aus der Gefangenschaft. Das Eis begann sich zu zertheilen, und von diesem Augenblicke an waren wir so glücklich, dass wir am 15. August die Eislinie durchbrochen hatten. Bequem und genussreich war diese Reise nicht. Ganz und gar nicht. Wir schleppten die Boote über die Eisfelder und in den Wacken (offene Gewässer) ruderten wir. An vielen Stellen aber vermochten wir weder mittelst Boot, noch mittelst Schlitten weiter zu kommen, da stiessen wir das Eis mittelst langer Stan- gen zurück. Solcherart bildeten sich enge Kanäle, durch welche die Boote hindurchgezwängt werden konnten.

Jeden Abend um 8 Uhr zogen wir die Boote auf eine Eis- tafel, auf welcher wir die Nacht verbrachten und einen kräftigen Schlaf hatten. Zum Entsetzen Aller rief der Wächter und Un-

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glücksrabe Pospischil Allarm, und man sah, dass vom Winde getrieben neuerdings die Eisschollen sich zudrängten und die Boote einzuschliessen drohten ; es musste mehrmals unter Todes- angst und mit übermenschlicher Anstrengung der Wall durch- brochen werden. Am 15. August erreichten wir die Eisgrenze. Mit dreimaligem „Hurrah“-Bufe spannten wir die Segel auf und mit Wonne segelten und ruderten wir hinaus in die offene See.

Vollständige Windstille herrschte, die See war so glatt wie ein Spiegel und die Mitternachtssonne spiegelte sich prachtvoll im unendlichen Ocean. Es war, als segelten wir am Gmundner See. Glücklich erreichten wir am 18. August die „Adrniralitäts“- Halbinsel, wo wir seit drei Monaten zum ersten Male glücklich ruhen durften. Am 23. und 24. hatten wir böse Nächte : ein heftiger Sturm tobte, das aufgepeitschte Meer wogte wild und schier hätte es unsere Boote in seinen himmelhohen wallenden Wogen begraben. Die Boote füllten sich zur Hälfte mit Wasser; die darinnen sassen, harrten, bis auf die Haut durchnässt, zähne- klappernd, der Dinge, die da kommen wollten. Die Wogen gingen so hoch, dass die Boote, trotzdem sie nur wenig Schritte von einander entfernt waren, einander aus dem Gesichte verloren.

Am 24. August gegen Morgen beruhigte sich die See, und wir, die im ersten Boote sassen, Hessen die Blicke vergeblich über den endlosen Ocean schweifen ; wir sahen von den Freunden keine Spur, wir hatten einander im Sturme verloren. Wir waren über die Massen beunruhigt, zogen das Boot an’s Trockene und machten aus dem am Ufer Vorgefundenen Treibholz ein grosses Feuer an, am Feuer trockneten wir die durchnässtenn Kleider auf dem Leibe.

Nach einigen Stunden langten die Uebrigen zu unserer un- säglichen Freude allmälig ein. Gegen Mittag verliessen wir das Cap Britwien und um sechs Uhr Abends erblickten wir in der Müller- und Dunenbucht ein Boot mit zwei Mann. Ich mache gar nicht den Versuch die Freude zu schildern, die uns das Herz schwellte. Wenig fehlte, dass wir vor Uebermass des Ent- zückens nicht wahnsinnig wurden.

Wie die Seeräuber stürzten wir auf das Boot zu und der vierundzwanzigste Mensch, nach dessen Anblick wir uns so lange, so aus tiefster Seele gesehnt, erzählte uns, dass im Innern der

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Bucht zwei Schiffe aus Archangel sich befinden und auf unsere zweite Frage : ob Friede oder Krieg sei in der Welt, wusste er uns nur mit der interessanten Neuigkeit aufzuwarten, dass der französisch-deutsche Krieg bereits beendet sei und der Niemszky derzeit mit Niemandem sich herumschlage.

Die Bootsmänner machten Miene, als wollten sie etwas sagen und trauten sich nicht mit der Sprache heraus; endlich sagten sie den verschämten Wunsch: „Wuttky!“ Vergebens er- klärte man ihnen, dass man selbst keinen Brantwein habe ; schliesslich wurde ihnen Alkohol gegeben, sie schlürften ihn gie- rig und führten dann die Gesellschaft im Fluge davon.

Diese einfachen russischen Fischer empfingen uns so herz- lich, so liebenswürdig, dass ich es nicht genug zu rühmen weiss. Kapitän Boronin nahm uns sofort auf seinem Schiffe auf, am Abend des nächsten Tages verliessen wir die Bucht und nach glücklicher neuntägiger Fahrt gelangten wir post tot discrimina rerum in den Bereich europäischer Civilisation.“

Yersammlung

am 16. December 1874.

Den Vorsitz führte der Vicepräses Hr. Bürgermeister Mo- ritz G 0 1 1 1.

Herr Prof. Fuchs hält einen Vortrag über den, vor Kurzem stattgefundenen Durchgang der Venus durch die Sonne, und erläuterte die dabei stattfindenden astronomi- schen Verhältnisse durch Zeichnungen und Modelle. Der ebenso anziehende als lehrreiche Vortrag wurde mit allgemeinem Beifall aufgenommen.

Herr Finanzrath K. v. Kempelen hält hierauf einen Vor- trag über den Zug und die Wanderung der Vögel nach den von Adolf und Carl Müller über diesen Gegenstand ver- öffentlichten ausgezeichneten Arbeiten, welche einen tiefen Ein- blick in das Leben und die Eigen thümlichkeiten der Vögel ge- statten. Der in schwungvoller Sprache verfasste Vortrag wurde mit vielem Interesse aufgenommen.

Der Vereins- Custos Herr Dir. Steltzner berichtet hierauf

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über die Verwendung der Reiner’schen Stiftung zu Anschaffun- gen für das Museum, indem er folgende Verrechnung vorlegt :

Empfang.

Von dem in 500 ff ö. W. bestehenden ffeinerfonde wurden die seit 16. April 1872 bis 1. Juli 1874 entfallenen Interessen durch den Vereins-Cassier Herrn Dr. Higele dem Gefertigten übergeben mit 65 fl. 72 kr.

Ausgaben.

Hievon bei dem Naturalienhändler J. Erber in Wien erkauft : 1 ausgestopften Dachs pr. 14 fl , 1 aus- gestopfte Boa Constrictor 15 fl., an Verpackungs- kosten 1 fl. 60 kr., an Transportspesen 2 fl. 20 kr., zusammen laut 2 Beilagen . . . . 32 fl. 80 kr.

Herrn Göschl, Ausstopfer hier, für 1 ausgestopften Gemsbock 20 fl., für 1 ausgestopften Birkhahn 10 fl., für 1 ausgestopften Haselhahn 3 fl. 50 kr., zusammen laut dessen Rechnung . . . 33 50

An Trägerlohn für die Post 3 angeführten Gegen- stände . . . . . . . . 40

Summe 66 fl. 70 kr.

Die aus Eigenem bestrittene Mehrausgabe ab 98

Summe dem Empfange gleich 65 fl. 72 kr.

Hierauf legt derselbe folgende, dem Vereins-Museum als Geschenke zugekommene Naturalien vor :

Vom Herrn Finanzrath v. Kempelen 1 Röhrenwurm; vom Herrn General v. Valeregno 1 ausgestopfter Vogel ; vom Herrn Rittmeister v. Schneller 1 Schmetterling, 1 Molch und 4 Mi- neralien; vom Herrn Professor v. Rozsay 1 Kröte und 3 Mi- neralien; von den Herren Carl Christe und Josef Giessl 20 Mineralien; vom Herrn Kindervater 1 Wasser- Drahtwurm ; vom Herrn Carl Heuffel Ei chenblatt- Gallen ; von den Gymna- sial-Schülern Knirsch, Stefan T ö r ö k und vom Normal-Schüler St. G r i e s 1 Schmetterling und 5 Käfer ; vom Herrn Director Steltzner 8 Mineralien, 1 Moos, 1 Flechte, 1 ausgestopften Vogel, 4 Vogeleier, 1 Tarantel, 1 Seeigel, 1 Höhlenbärenzahn, 142 Conchylien-Species, 179 Käfer, 112 Schmetterlinge, 7 Spiritus- Präparate.

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Der Vereins-Secretär Dr. Kanka legt hierauf die in der letzten Zeit der Yereinsbibliothek zugekommenen Geschenke vor, worunter er besonders bervorbebt das vom Vereinsmitglied und Professor an der k. Landesbebammenscbule zu Presburg, Herrn Dr. Ambro gütigst gespendete: Szüleszeti tankönyv szülesznök szamara (Lehrbuch der Geburtshilfe für Hebammen).

Schliesslich wurden als neue Mitglieder aufgenommen: Herr Anton V. Andreanszky, Concipist bei der k. Ungar. Pinanz- direction in Presburg; Herr Edmund Bügel, Dr. der gesumm- ten Heilkunde, k. k. Marinearzt a. D. ; Herr Theodor Edl, k. Hatb; Herr Heinrich Hofer, Kaufmann; Herr Johann Hu- bert, Dr. der Medicin ; Herr Theodor Kuchynka, Zahnarzt ; Herr Udalrich Prohaszka, k. k. Oberarzt; Herr Friedrich Schiller, Kaufmann ; Herr Anton Schlemmer, Dr. der Ge- sammtmedicin und Assistent in Wien; Herr Michael Szigany, Dr. der Medicin und Oberarzt der Barmherzigen; Herr Johann Dietrich, Professor an der städt. Oberrealschule in Presburg ; Herr Carl Polikeit, Professor ebendaselbst; Herr Franz v. Udvardy, k. Hath und Vorstand der k. Finanzdirection in Presburg; Herr Carl Wiedermann, Director des k. Staats- gymnasiums in Presburg; Herr Emerich Wodianer, Beamter der ersten ung. Assecuranz- Gesellschaft ; Hr. Ferdinand Lichten- thal. Wund- und Geburtsarzt in Presburg.

Yersammlung

am 20. Januar 1875.

Den Vorsitz führte der Herr Vereins-Präses Baron Dionys V. Mednyanszky. Er hebt die Wichtigkeit der neueren Unter- suchungen über das Vorkommen der Heb laus (Phylloxera vastatrix) hervor, und fordert Herrn Professor Rozsay auf, das über die Naturgeschichte dieses gefährlichen Feindes der Weinberge bisher Bekannte gefälligst mitzutheilen. Herr Prof. Bözsay bemerkt, dass er das bisher über dieses Thier Bekannte aus den Annalen der Önologie, Termeszettudomänyi Közlöny 1872, dann besonders nach den Berichten von Dr. L. Rösler im steierischen Landboten und österreichischen landw. Wochen-

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Verh. N. F. V.

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blatt zusammengestellt habe, und fährt hierauf folgendermassen fort :

Veranlassung gab mir zu dem heutigen Vortrage über die Reblaus die erschreckende Nachricht von den furchtbaren Ver- wüstungen derselben in den Weinculturen der Versuchsstation Klosterneuburg einestheils, anderentheils das wiederholt auf- tauchende Gerücht von dem Vorhandensein dieses gefährlichsten Feindes der Rebe in den Weingebirgen unserer Gegend. Das letztere anbelangend kann ich so viel constatiren, ist der erste Lärm im Jahre 1872 nicht ohne Grund gewesen, jedoch das ver- wüstende Insekt nach den vorgenommenen Untersuchungen von Dr. G. Horvath, Gustos am Fester Museum, welcher dies- bezüglich die Tirnauer Gegend besuchte, als Eumolpus vitis sich ergab, dessen Larvenzustand merkwürdiger Weise erst jetzt genauere Aufklärung erhielt, trotzdem das Thier, besonders in Frankreich schon wiederholt verwüstend aufgetreten war. Die genaue Untersuchung ergab, dass die Larve der eigentliche Ver- wüster sei, indem selbe die Wurzel vernichte, während der Kä- fer nur die Blattfläche auf eigenthümliche Weise benage.

Die jüngsten Gerüchte, auch im Termeszettudomänyi Köz- löny als Privatnachricht angeführt, dürften sich vor der Hand noch als unbegründet erweisen, obwohl wir alle Ursache haben auf unserer Hut zu sein, indem meines Wissens die hiesige Wein- schule mit Klosterneuburg als Bezugsquelle in Verbindung ge- standen. Doch betrachten wir uns unseren kleinen, doch um so gefährlicheren Feind der Rebe etwas näher.

Phylloxera vastatrix gehört in die grosse Familie der Aphiden, es ist mithin in Kürze ihr ganzer Lebenslauf an- gedeutet, nämlich Vermehrung auf geschlechtlichem und unge- schlechtlichem Wege, sogenannte Ammenzeugung und Ernährung durch Saugen organischer Stoffe. Die Larven anfänglich gelb, später orangeroth, dann olivengrün und vor dem Absterben bräunlich, sind von nach rückwärts zugespitzter länglicher Form, nach der dritten Häutung erreichen sie eine Länge von 0*75™™ und zeigen dann auf den einzelnen Leibessegmenten warzen- ähnliche Fleckchen. Die Fühler sind dreigliederig, kurz und am Ende abgestutzt mit einzelnen Härchen versehen, wie auch der ganze Körper mit solchen zerstreut besetzt ist. Der fleischige

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Schnabel ist schwertförmig, seiner ganzen Länge nach vertieft znr Aufnahme der vier, meist freien spitzigen Saugröhrchen ge- eignet, manchmal ist eines von diesen verkümmert, oder zwei mit einander verwachsen. Die sechs Füsse sind verhältnissmässig kurz und besitzen am Endgliede hackenförmige scharfe Krallen.

Hat die Reblaus eine entsprechende Stelle zur Nahrungs- aufnahme auf einer Rebwurzel gefunden, dann drückt sie die fleischige Scheide des Schnabels an den Körper, bohrt die feinen spitzigen Saugrörchen durch Gegenstemmen der Füsse und Rück- wärtsbewegung des Körpers so tief als möglich in das saftige Zellgewebe der Wurzel. Dr. Rösler beobachtete die Thiere mehrmals bei dieser Manipulation und fand die zarteren Wurzeln von den Fusskrallen ganz zerkratzt, was auf eine nicht geringe Anstrengung dieses kleinen Thierchens schliessen lässt, welches aber auch seinen eroberten und erarbeiteten Weideplatz nicht leicht wieder verlässt, ausser gezwungen durch Absterben und Verfaulen der Wurzel.

Die auf solche Weise verletzten Wurzelfasern schwellen an den angegrifl’enen Stellen knollenartig an und umgeben das Thier, welches den ausgestreckten Hinterleib hin und her bewe- gend einen Kranz von Eiern um sich her absetzt wallartig, so dass das Thier gleichsam in einer Höhlung zu sitzen scheint und nun auch ohne Vergrösserungsglas leicht erkennbar ist. In Folge des fortwährenden Saftverlustes wird das Wachsthum und die Function der Wurzelfasern gehemmt; die Anfangs gelblichen Anschwellungen gehen in kurzer Zeit in Fäulniss über und die Thiere wandern nun an die dickeren Wurzeltheile, wo sie zwi- schen den Ritzen der Rinde sich ansammeln und auch hier noch ungeschmälert das Brutgeschäft verrichten, wo dann die Eier in grösseren und kleineren Partien als röthliche Flecken zu sehen sind. Tritt endlich auch an den dickeren Wurzeltheilen Fäulniss ein, erkenntlich an dem schwarzen, blasigen, morschen Aussehen, dann entweichen die Thiere ganz, indem sie über den Erdboden hin die nächste Rebe zu erreichen suchen. Die Wanderung ge- schieht jedoch auch unterirdisch; als Beweis hiefür mag der Umstand angeführt werden, dass die Thiere bis zu einer Tiefe von 8' gefunden wurden, ja die Menge derselben nahm mit der Tiefe sogar bedeutend zu, wobei sich jedenfalls hinlänglich Ge-

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legenlieit bietet, voPx einem Stocke zum andern gelangen zu können.

Dass die Verletzungen einzelner dieser Tbiere in ihren Folgen verschwindend klein sind gegenüber dem kräftigen Wachs- thume der Rebe, ist selbstverständlich, summirt sich aber durch die Anzahl bis zur erschreckenden Landplage, denn die Ver- mehrung dieses Insektes ist eine erstaunlich rasche und nur die- ser Umstand und unsere Machtlosigkeit derselben gegenüber macht die Verwüstungen der Reblaus furchtbar, unaufhaltsam.

Die Vermehrung geschieht durch Eier, welche entweder durch Begattung befruchtet waren oder ohne vorhergegangener Befruchtung entwicklungsfähig sind. Aus den Eiern des geflü- gelten Thieres kommen, u. zw. aus den grösseren weibliche, aus den kleineren Eiern männliche Individuen zum Vorscheine. Die kaum der Hülle entschlüpften Thiere begatten sich allsogleich, worauf das Männchen bald abstirbt und das Weibchen ein im Verhältniss zu seinem Körper ungemein grosses Ei legt, welches beinahe den ganzen Mutterleib ausgefüllt hat. Dieses grosse Ei überwintert und wird zur Stammmutter einer neuen Generation für das nächste Jahr. Diese Stammmutter soll angeblich bis über 80 Eier legen, aus denen nach 3 4 Tagen wieder erblich be- fruchtete Thiere hervorkriechen, welche wieder Eier legen 6 8 Generationen hindurch. Die Vermehrung geht auf diese Art von Frühjahr bis Herbst ununterbrochen fort, woraus man dann leicht die von einem Mutterthiere herstammende jährige Generation weit über 25,000 Millionen Individuen berechnen konnte. Jede der folgenden Generationen soll weniger Eier legen als die vorhergehende, jedoch ist auch das Gegentheil beobach- tet worden. Damit aber der Schreck, den diese Thiere durch ihre erstaunliche Vermehrung hervorrufen, noch vermehrt werde, kommt zu dem Umstande des ober- und unterirdischen Wanderns der flügellosen Form nach als Ueberhuss des Bösen die leichte Verbreitung der Geflügelten, deren Flügel bei weitem grösser als der Körper, nur mit wenigen schwachen Adern durchzogen mehr als Segel bei der geringsten Luftbewegung, denn als eigen- mächtig zu gebrauchendes Flugorgan zu dienen scheint. Hieraus lässt sich leicht das sprungweise Erscheinen sogar in entfernter liegenden Gegenden erklären, während die ungeflügelte Form

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gleichsam von einem Mittelpunkte aus radial oder con centrisch sich verbreitet.

Die Nymphen, aus denen sich die geflügelten Individuen entwickeln, gleichen in ihrem Jugendzustande den geschlechts- losen Larven, ändern sich aber während der Häutungen und unterscheiden sich dann entschieden von diesen. Ihr Körper ist länger gestreckt, die Brust ist deutlich abgeschnürt und an seinen Seiten sind die Flügelscheiden als kleine Anschwellungen sichtbar. Ist die Verwandlung nahe, verlassen sie den Platz wo sie festgebohrt waren und suchen eine entsprechende Stelle zur Verwandlung. Dr. L. Rösler fand sie gewöhnlich an den oberen Wurzeltheilen nahe der Oberfläche des Bodens, ja sogar ausser- halb desselben unter der Binde des Stammes und beobachtete ihre Entwicklung gewöhnlich in den Vormittagstunden. Mit zusammengefalteten Flügeln kriechen sie gleich andern Insekten aus der Hülle, um nach einigen Stunden noch vor Sonnenunter- gang sich in die Lüfte zu erheben. Die geflügelte Form ist der ungeflügelten an Körpergestalt ähnlich, jedoch schmächtiger, 1™™ lang. Das Männchen unterscheidet sich vom Weibchen ausser geringerer Grösse und etwas stärkeren Flügeladern, besonders durch das Fehlen des Saugorgans und Darmkanals, hat also bloss die Aufgabe der Stammerhaltung. Die vier Flügel sind von wenigen Adern durchzogen und werden horizontal getragen, hie- von sind die Vorderflügel spatelförmig abgerundet, beinahe noch einmal so lang als das Thier, die Hinterflügel von ähnlicher Form, sind jedoch bedeutend schmäler und kürzer. Die Fühler sind dreigliederig, das letzte Glied lang, am Ende schief abge- stutzt. Die zusammengesetzten Augen sind kugelig und ziemlich gross, an den Seiten des Kopfes eingefügt.

Das Auftreten des geflügelten Thieres in grösserer Menge im Freien ist erst in neuerer Zeit durch verlässliche Beobachtung erwiesen worden, so z. B. in Klosterneuburg im vorigen Jahre zu Ende September, während in Frankreich die Thiere schon Ende Juli und Anfang August sich zeigten. Welche Verhältnisse bedingen wohl dieses verschiedenzeitige Auftreten ? oder ist etwa eine doppelte Generation vorhanden? Jedenfalls noch zu lösende Fragen! durch weitere sorgsame Beobachtungen. Die Flugzeit ist kurz vor Sonnenuntergang, niemals bei Nacht und erstreckt

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sich hoch über die Gipfel der Rebenstöcke. Am 26. September 1874 beobachtete Dr. Rösler förmliche Schwärme dieser Thiere und konnte mit dem Hute welche in seine Gewalt bringen, ab- gesehen von den hunderten die an den ausgestellten klebrigen Netzen hingen, oder in Spinnengewebe gerat hen waren.

Hat das geflügelte Thier seine Luftfahrt beendet und ist glücklich auf ein Rebenblatt gelangt, so wird dieses von der Reblaus angestochen und werden in die Wunde einige Eier ge- legt. Durch den Reiz der Verwundung bildet das Zellgewebe des Blattes eigenthümliche gallenartige Auswüchse, worin sich bald aus den hineingelegten Eiern Larven entwickeln und un- geschlechtlich vermehren, so dass aus den Gallen ganze Colonien von Larven hervorkriechen, die allsogleich den Wurzelenden zu- eilen, um sich daselbst festzusaugen und die eigenthümlichen knollenartigen Anschwellungen zu erzeugen und den ganzen Kreislauf von Neuem zu beginnen. Trotz den mehrfachen Beob- achtungen sind jedoch die biologischen Verhältnisse dieses Thie- res in so mancher Hinsicht noch unaufgeklärt. Dr. Rösler beob- achtete bei zwei geflügelten Thieren, dass sie Eier von verschie- dener Grösse legten, aus denen, nach seinen und Lichtenstein’s Beobachtungen in Montpellier, die kleineren sich zu Männchen, die grösseren aber zu Weibchen entwickelten, welch’ letztere nach erfolgter Begattung nur ein einziges grosses Ei zum Ueber- wintern legten. Dieses Ei will Lichtenstein als Puppe betrachtet wissen. Wie finden wir uns da zurecht? Sind die aus den Nym- phen hervorgegangenen Geflügelten geschlechtslos? oder legen nur die unbefruchteten Weibchen mehrere Eier? oder gibt es zwei verschiedene geflügelte Generationen? Fragen, die mit andern Verhältnissen noch eines eingehenden Studiums harren.

Betrachten wir in Kürze nun auch das Object der Ver- wüstung. Alle Beobachtungen und Erfahrungen stellen unzweifel- haft fest, dass die Phylloxera aus Amerika mit Wurzelreben importirt wurde, woselbst diese hauptsächlich auf den Blättern ihr Unwesen treiben soll und die erwähnten Gallen erzeugt. Bei uns führt das Thier hauptsächlich ein unterirdisches Leben, u. zw. meist nur auf europäischen Rebensorten, während die bei uns kultivirten amerikanischen Sorten weniger zu leiden haben, aber auffallender Weise überwiegend mit Blattgallen behaftet

sind, wie in ihrem Vaterlande; daraus folgt jedoch nicht, dass die Wurzel der letzteren verschont bleiben, wie der Import des Thieres und directe Beobachtung hinlänglich beweisen.

Die kranke Rebe zeigt im ersten Stadium äusserlich auch dem geübtesten Beobachter gar keine bemerkbare Abnormität weder im Wachsthume der Zweige und Ranken, noch in Ent- wicklung und Farbe der Blätter und Früchte. Gräbt man jedoch eine befallene Rebe aus, so findet man deren feinste Wurzelfasern mit den eigenthümlichen knollenartigen Anschwellungen behaftet und mit Hilfe eines Vergrösserungsglases kann man auch deren Urheber erkennen. Zumeist trifft man an den stärkeren Abzwei- gungen der Wurzeln auch die haufenweise gelegten gelblichen Eier. Gewöhnlich bemerkt man erst im zweiten Jahre ein lang- sameres Entwickeln der Rebe, die Ranken sind kleiner, die jüng- sten Triebe bleiben in der Entwicklung zurück, als ob selbe vom Froste gelitten hätten, das Holz wird schwächer, die Bee- ren reifen äusserst unvollkommen, die Blätter sind kleiner, we- niger grün, entfärben sich viel früher und fallen auch früher ab. Die schon vorher angegriffenen dünneren Wurzel sind schwärz- lich und leicht zerreiblich, ebenso die Rinde an den stärkeren Wurzelästen. Hat schliesslich, meist im 3. bis 4. Jahre die Krankheit ihre höchste Stufe erreicht, dann sterben die Reben aus und es gewährt einen äusserst traurigen, niederdrückenden Anblick, die schönsten Anlagen Stück für Stück gleichsam von einem Mittelpunkte ausgehend rettungslos dahinschwinden zu sehen. Wie erwähnt, geht ein Stock gewöhnlich im 3. bis 4. Jahre zu Grunde, jedoch kann nach Umständen dies auch innerhalb eines Jahres geschehen, je nach dem die Rebe weniger kräftig oder vielleicht weniger gepflegt und gedüngt wurde, u. dgl. Trotz den hier in Kürze angegebenen Merkmalen gibt es keines, woraus man mit Sicherheit auf das Vorhandensein der Phylloxera schliessen könnte, ausser das Ausgraben und Untersuchen der Wurzel selbst. Untersucht man bei schon stark erkrankten Stöcken die Wurzeln, so findet sich von den feinen Wurzel- haaren keine Spur und die Rindenschichte ist selbst an den dicksten Theilen schwärzlich und angefault, von den Thieren je- doch ist kaum eines mehr zu finden, da sämmtliche nach einge- tretener Fäulniss Nahrung suchend ausgewandert sind, mithin

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man die Krankheit Frösten oder sonstigen ungünstigen klimati- schen und Bodenverhältnissen zuzuschreiben sich veranlasst sieht. Hier also, an den wichtigsten Organen der Existenz, an dem Organe der Ernährung, der Erhaltung, ist die zerstörende Thä- tigkeit des kleinen, doch umso furchtbareren Feindes in aufPälli- ger Weise wahrnehmbar.

Leider müssen wir die traurige Wahrheit eingestehen, dass trotz allen bis jetzt angestellten Beobachtungen und angewen- deten Mitteln eine Verminderung oder wenigstens Beschränkung der Reblaus nicht zu verzeichnen sei, im Gegentheil deren rasches und unaufhaltsames Vordringen und allgemeinere Ver- breitung nur zu sehr in die Augen falle. Auch konnte man bis jetzt keinen, selbe mit Erfolg vernichtenden Feind beobachten. Unter den Mitteln spielt hauptsächlich Schwefel eine zwar all- gemeine, aber nicht zweckentsprechende Rolle; Phenil und Car- bolsäure wurden schon vortheilhafter angewendet. Tabak hat nur in concentrischer Lösung sichern Erfolg, also zu theuer. SchwelkohlenstofP ebenfalls theuer und gefährlich, jedoch wirk- sam; Ersatz bietet hiefür Aetzkalk mit IV2 Theile Schwefel- pulver und 20 Theile Wasser in eisernem Kessel gekocht, sowohl Lösung als Rückstand kann in die gemachten Löcher gegossen werden. Petroleum vernichtet die Rebe und den Parasiten ; Theer ist entschieden günstiger, Dr. Rösler fand in einem Umkreis von circa 3' alle Rebläuse vernichtet, freilich auch einzelne feine Würzelchen; ähnliche Ergebnisse bot Gaswasser. Entschieden am günstigsten wirkt Ammoniak in Form von guter, rationeller Düngung und sorgliches Bearbeiten die Rebe widerstands- kräftiger zu machen. Dr. Rösler fand Weinreben, die im Som- mer 1872 fast alle feine Wurzeln durch Rebläuse eingebüsst hatten, im Frühjahre 1873 nach reichlicher Düngiing wieder mit kräftigen jungen Wurzeln besetzt, welche sich in den im Erd- boden befindlichen grösseren Düngerklumpen förmlich nesterweise ausgebildet hatten und was noch mehr, nicht eine Reblaus be- herbergten.

Trotz allen bis jetzt gemachten Erfahrungen muss ich mei- nen Vortrag mit dem traurigen Bekenntnisse schliessen, dass wir noch lange nicht Herr und Meister der Phy. geworden, da noch sehr Vieles über ihre Lebensfähigkeit und Lebenszähigkeit,

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besonders unter Veränderung der Boden- und Ernährungs Verhält- nisse der Reben, zu erforschen und zu untersuchen übrig ge- blieben.

Nach Beendigung des Vortrages demonstrirte Herr Profes- sor Rozsay mehrere Exemplare der Phylloxera unter dem Mi- croscop bei 300-maliger Vergrösserung.

Der V ereins - Präses Herr Baron v. Mednyanyszky knüpft daran nach den von Planchon in der Revue de deux mondes enthaltenen Berichten folgende, besonders histo- risch interessante Mittheilungen :

Naturerscheinungen auf wirthschaftlichem Gebiete haben seit jeher durch die materielle Bedeutung ihrer Folgen Aufmerk- samkeit auf sich gezogen, namentlich aber wenn diese schädlich waren und hiedurch vielerlei Interessen in Mitleidenschaft ge- zogen wurden. Besondere Aufregung verursachen solche TJebel, die durch Intensität ihrer Wirkung und Extension ihres Umsich- greifens das Bild einer Epidemie darstellen, wobei dann die Wissenschaft interpellirt wird, über deren meteorische Verhält- nisse und organische Grundlage pflichtschuldige Auskunft zu geben, die Aitese zu begründen, die Diagnose zu stellen, und demnach die Therapie zu entwickeln, denn der Leidende meint : wozu gäbe es denn Gelehrte, wenn sie nicht Alles derart zu er- gründen und abzuhelfen vermögen? Leider ist es hiebei oft leich- ter die Erkenntniss als die Herrschaft über den Gegenstand zu gewinnen.

Unter den Plagen, die in neuerer Zeit ganze Gegenden und Productionszweige heimgesucht haben, sind als recente Beispiele erinnerlich die KartofPelkrankheit, die in den vierziger Jahren Irland, die Traubenkrankheit, die in den fünfziger die südlichen Weingegenden Europa’s in Verzweiflung versetzt hat.

Westlicher Herkunft, aus Amerika, sind diese Epidemien endemisch und heimisch geworden, und haben damit ihre erste Fremdartigkeit, aber auch ihre Heftigkeit und weitverheerende Zerstörung abgestreift.

Wieder stehen wir an der Schwelle einer solchen neuen Erfahrung, doch noch ist die Zeit zu kurz, über deren weiteren Verlauf absprechen zu können.

Schon seit 1863 hat man im südöstlichen Frankreich in

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den Weingeländen der unteren Rhonegegend ein unbestimmtes, unerkanntes Uebel wabrgenommen, das mit 1867 erschreckende Dimensionen gewann. Das Volk nannte es Weissfäule, in Ver- wechslung mit jener, welche die Reben ergreift, wenn sie in frischen Eichenrothboden gestezt werden, wo sich ein Schimmel- pilz, ein die Wurzeln verfilzendes weisses Mycelium bildet, das starken Schwammgeruch hat, wogegen im neuen Falle nichts derart zu finden war. Man berief die landwirthschaftliche Central- gesellschaft des Herault-Departements, welche im Juli 1868 die kranken Weingärten sorgfältig studirte, jedoch was heute nun wohl erklärt ist ohne ein schädliches Kryptogam oder Insekt zu entdecken. Indessen erschien der Gang und die Aus- breitung des Uebels je von einem Centrum aus so auffallend, dass die Beobachtung aller Umstände offenbar auf eine lebende Ursache hinwies. Man dehnte daher ganz richtig die Unter- suchungen immer weiter auch auf solche Weingarten theile aus, die noch nicht angegriffen erschienen, und durch fortgesetzte Wurzelen tblÖssungen fand man endlich gelbe Flecken und Strei- fen von Schmarotzerhaufen, die man sofort als Sauginsekten er- kannte und vorläufig Rhizaphis (Wurzelfloh) benannte, da man ungewiss war, ob hier ein bereits bekanntes und beschriebenes oder ein neues Thier vorliege. In der beharrlichen Voraussetzung, es müsse auch eine höhere geflügelte Form existiren, gelang es endlich nach mehrtägigem Suchen dem französischen Gelehrten Planchon, eine Nymphe zu finden, die er am 28. August 1868 sich entfalten sah, und nun das vollkommene Insekt mit 4 glat- ten Flügeln konstatirte, hiemit aber auch die Gewissheit ge- wann, dass es eine Phylloxera sei, ganz analog der Phylloxera quercus, welche auf den Blättern der Weisseiche bekannt ist.

Es blieb nur noch übrig die gewonnene Kenntniss mit jener zu verbinden, die man mit einer ähnlichen aus Amerika hatte, und die Identität herzustellen.

Die Prämissen hiezu datirten schon ziemlich lange zurück. Der Fntomolog Asa Fitsch vom Staate New-York beauftragt, die landwirthschaftlich interessanten Insekten zu studiren, ent- deckte 1854 auf Blättern der Weinrebe kleine Gallen oder hohle Warzen, die auf der unteren Blattseite eine Hervorragung bil- deten, auf der oberen eine enge, mit Haaren besetzte Oeffnung

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hatten, in deren Grund eine Art Laus sass, mit konvexem Kör- per, kurzen Füssen und einem in’s Zellgewebe versenkten Säug- rüssel. Es waren ausschliesslich Weibchen, umgeben von zahl- reichen, zuweilen mehreren hundert Eiern, aus denen ähnliche, sehr kleine, sehr bewegliche Thierchen auskrochen, die die Spitzen der Keben erklommen, dort sich entwickelnde Blätter anstachen, und so dieselbe Procedur wiederholten. Wegen der Aehnlichkeit mit den Blasen an Blättern von Ulmus und Populus, welche ein Insekt Pemphigus bewohnt, nannte Fitch seine Entdeckung an Weinblättern Pemphigus vitifoliae, ohne jedoch der Sache Be- deutung zuzuschreiben. Bald darauf indessen haben zwei andere Beobachter, Benjamin Walsh und Charles Riley, aufmerksam gemacht, dass dieses Insekt sehr schädlich sei. Dr. Henri Shimer, der sich mit demselben Gegenstand beschäftigte, entdeckte ge- flügelte Individuen, die er für die Männchen hielt, publicirte 1867 eine genaue Beschreibung, trennte das Thier mit Recht von Pemphigus und benannte es Dactylosphaera vitifoliae. Mittlerweile ward dieser angebliche Pemphigus 1853 in England in Traubentreibhäusern bei London bemerkt, und 1867 68 auch anderwärts in England und Irland. Neuerdings vom berühmten Entomologen Westwood studirt, behauptete er es als neu und nannte es Peritymbia vitisana, eruirte sogar beide Formen, die oberirdische als Gallenbewohner und die unterirdische als Wurzel- sauger, — welche Beobachtung aber erst später, aus Anlass der gleichen in Südfrankreich publicirt wurde.

Bei den vorerwähnten Untersuchungen nämlich ergab ein glücklicher Zufall, dass bei einer Kommissionsreise zum Studium der neuen Krankheit am 11. Juli 1868 Planchon zu Sorgues in Vaucluse zahlreiche solche Blättergallen fand, welche kurz dar- auf von Laliman bei Bordeaux diesmal auf amerikanischen Re- ben gefunden wurden, deren Mehrzahl an den Wurzeln Phyl- loxera hatten. Da mittlerweile durch directe Beobachtung der Metamorphose konstatirt war, dass die verschiedenen Erschei- nungsformen nur Stadien desselben Thier es seien, so war hiemit schliesslich der Beweis geliefert, dass das auf beiden Seiten des Oceans beobachtete verheerende Insekt dasselbe sei.

In dem Masse, als diese Studien sich ausbreiteten , damit aber auch zu bestimmter Klarheit führten, war auch die Frage

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angeregt, ob das nun erkannte Thier schon ursprünglich am europäischen Continent einheimisch sei oder erst neuerlich von auswärts hieher importirt wurde? Die Gelehrten ermangelten nicht Citate zu finden und darauf Hypothesen zu bauen, darunter z. B. Koressios von Athen sogar auf Strabo zurückging, andere nur in’s 18. Jahrhundert, wogegen aber die Naturhistoriker ohne Mühe und positiv sofort widerlegen konnten, dass und wa- rum diese Vermuthungen nicht zutreffend seien. Abgesehen aber hievon, musste jeder Zweifel schwinden durch die Zusammen- stellung der thatsächlich nachweisbaren Daten über die Art so- wohl, als die Oertlichkeiten des ersten Auftretens und der Ver- breitung der Phylloxera in Europa, womit dargethan wird, dass diese, sowie das Oidium, aus Amerika hieher gebracht worden. Dort aber ist ihre Heimath constatirt auf der ganzen östlichen (atlantischen) Abdachung des Continents der Union diesseits der Eelsengebirge, von Canada bis Florida, von Florida bis Texas, während sie jenseits im westlichen (pacifisehen) Gebiet nicht vorkommt. Auch schon ziemlich lange gibt es hiefür Beweise : Dr. Engelmann in St. Louis, der erste Specialist für amerikani- sche Bebenmonographie, besitzt in seinem Herbarium Blätter von Vitis monticola, welche der Botaniker Berlandier 1834 in Texas gesammelt, worauf heute noch die Gallen der Phylloxera erkennbar sind, und somit für 40 Jahre zurück einen Beleg ge- währen. Ueberdies ist die Cultur der Weinrebe in Nordamerika relativ neuen Datums, die europäische Rebe ist daselbst nie zu standhaftem Gedeihen gebracht worden, von den einheimischen widerstehen einige der Vernichtung der Phylloxera, so lässt sich erklären, dass letztere nicht schon viel länger zuvor besondere Aufmerksamkeit erregte. Eingehende Nachforschungen an den ersten Seuchenherden haben übereinstimmend überall den Zu- sammenhang der Erscheinung zurückgeführt auf die Einführung von amerikanischen Reben, so direct in der Gegend von Bor- deaux, auf Corsica und in der Region von Oporto, mittelbar im Bereich des Rhone, und Klosterneuburg, welche letztere Reben zwar von einem hannöver’schen Züchter bezogen waren, der aber direct aus den Vereinigten Staaten importirte. Auch in Potsdam fand man an einer Sendung amerikanischer Reben noch recht- zeitig, bevor sie in die Nähe von andern oder in die Erde kamen

reichliche Besatzung von Phylloxera. Auffallender ist ihr i^uftreten hei Genf, wohin eine Verpflanzung durch amerikani- sche Reben nicht erweislich, wohl aber die Einwanderung aus dem französischem Rhonethal erklärlich ist, da geflügelte In- sektenschwärme mittelst Luftströmungen leicht grössere Zwischen- räume übersetzen können. Jedenfalls ist die rasche Vermehrung und grosse Ausbreitung erstaunlich, dass diese überseeische An- siedlung hier binnen etwa 5 Jahren die Dimensionen einer er- schreckenden öffentlichen Calamität angenommen hat.

Hierüber hat Prof. Duclaux zu Lyon interessante karto- graphische Darstellungen publicirt , die durch Kombination von Earbenzonen die Entwicklung der Verbreitung zeigen. Von einem einzigen Centrum 1865 ausgehend, erscheinen bald mehrere, die sich radial vergrössern, in der Art, wie ein Oelfleck an Aus- dehnung zunimmt; dann erscheinen wieder weiter vorgeworfene Vorposten, die ihrerseits neue Verbreitungscentren bilden. Die Wanderung geschieht theils in und auf der Erde durch die flügellosen unterirdischen Thiere, theils durch die geflügelten, die in Schwärmen durch die Luft fliegen, nachdem sie ihr Werk der Zerstörung bereits durchgeführt haben, den Sitz ihrer Nah- rung krank gemacht, und weiter noch gesunde, frische suchen. Dies macht es erklärlich, dass man Anfangs, als man zunächst blos bereits abgestorbene Weinstöcke untersuchte, keine Krank- heitsursache entdecken konnte, da die Wurzeln bereits angefault, die Saftbildung verdorben, daher den Parasiten nicht mehr zu- sagend war, und diese einen solchen Stamm also gewöhnlich bereits verlassen hatten.

Da man durch den Versuch bewiesen hat, dass man an einer Rebenpflanze, ob in freiem Grund, ob in einem Gefäss, durch Aufträgen der Phylloxera alle Phänomene und den ganzen Gang der Krankheit darstellen kann, sowie im Gegensatz es gelungen ist, angegriffene Reben dadurch, dass man sie gänzlich von Phylloxera reinigte und in frische, insektenfreie Erde ver- pflanzte, zu retten, und wieder zu gesundem Vegetiren zu brin- gen, — so erscheint es dargethan, dass man eine ganz gleiche Krankheitsform vor sich hat, wie sie die Sarkopten, Cysticerken und sonstige Parasiten an Menschen und Thieren hervorrufen.

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Daher folgt naturgemäss die Indikation der Therapie: tÖdte die Ursache, so wirst Du die Wirkung beseitigen. Dies ist nun im gegebenen Falle leichter auszusprechen, als praktisch mit Erfolg durchzuführen, da namentlich fliegende, von Luftströmungen fort- getragene Insektenschwärme eine wesentliche Schwierigkeit bie- ten, sie zu vernichten.

Wohl ist nun ein Mittel von entschiedenstem Erfolg gegen die Phylloxera bekannt, leider ist es nur lokal und selbst so nur sehr selten anwendbar : die dauernde Ueberfluthung mit Wasser und dadurch Asphyxie des thierischen Lebens. Nachdem man sich überzeugt hatte, dass blosses Begiessen, selbst Berie- selung, was man gegen die scheinbare angebliche Verdorrung angewendet hatte, erfolglos blieben, war Faucon der erste, der den Muth, aber auch die richtige Einsicht hatte, dieses kost- spielige Experiment zur Bettung seiner werth vollen Pflanzungen zu wagen. Er hatte auch die Entdeckung gemacht, dass das Insekt in Wanderzügen an der Oberfläche des Bodens sich ver- breite, und zur selben Zeit (Sept. 1869) Emil Mourret von der landw. Lehranstalt zu Grignon die Wirkung des Wassers auf die Phylloxera studirt und erklärt. Wiewohl nun dieses Insekt nicht gleichwie viele andere durch eine wachsartige Materie gegen den unmittelbaren Kontakt des Wassers geschützt ist, so reicht ein vorübergehendes Uebergiessen nicht hin, Tödtung durch Erstickung zu bewirken, da im Boden immer eine Menge Luft- bläschen in den Zwischenräumen verbleiben, die zur Erhaltung des thierischen Lebens dienen. Erst wenn durch eine überdeckende Wasserschichte der Boden gegen Zutritt äusserer Luft abgesperrt bleibt, die darin eingeschlossene aber durch den hydrostatischen Druck der aufruhenden Wassersäule ausgetrieben wird, tritt die Unterdrückung der Bespiration und nach genügendem Andauern die Erstickung ein. Die Zeit auch hiefür ist verschieden, je nach der Vegetationsepoche des animalischen Lebens, denn im Sommer bei vollster Lebensthätigkeit ist bei raschem StofPwechsel der Verbrauch und Bedarf an Sauerstoff gross und unerlässlich, während dies in der Zeit schlummernder Winterruhe um ein Vielfaches weniger der Fall ist. Auch dies ist durch das Expe- riment bestätigt. Durch Eintauchen in Wasser hat Planchon im Winter 1869 70 noch nach 13 Tagen die Phylloxera nicht ge-

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tödtet gefunden, dagegen Mourrett im August 1869 binnen sehr wenig Tagen sie ersäuft sah. Versuche an Hebenpflanzen von Gaston Bazille haben gezeigt, dass nach 10 12-tägiger Ueber- fluthung Erdwürmer, die früher im Boden gelebt, an der Ober- fläche todt gefunden wurden, wohin sie offenbar, um der Er- stickung zu entgehen, herausgekrochen waren. So klar nun die Wirksamkeit einer Wasserbedeckung dargethan und erklärt ist, so wenig ist damit doch geholfen, da dieses Mittel ebene Lage und verfügbaren Wasserzufluss bedingt, was gerade bei Rebenanlagen am seltensten zutrifft. Es haben sich daher Gelehrte und Ungelehrte anderweitig aufs Erfinden verlegt, und eine ansehnliche bunte Reihe von Mitteln und Proceduren aus- geheckt, unter denen jene, die nicht geradezu phantastisch sind, sondern experimentellen Anhaltspunkt haben, trotzdem an dem Fehler leiden, dass sie entweder bloss im Laboratorium, nicht aber in der Praxis im Grossen ausführbar sind, oder die Schwie- rigkeit nicht lösen, mit der Phylloxera nicht auch zugleich die Rebe zu tÖdten, oder endlich sich auch nicht auf die in den Lüften schwärmenden Insekten ausdehnen lassen. Bereits hat die Chemie herhalten müssen mit ihrem Arsenal von Gifts tofPen und Combinationen in fester und flüssiger, selbst in Gas- und Dampfform. Kein Zweifel, dass man mit den diversen versuchten Materien die Insekten vertilgen kann; dennoch ist es ein unge- löstes Problem, wie man je nach Jahreszeit, BodenbeschafiPenheit, Zeitepoche der Vegetationsentwicklung und vielen sonstigen Nebenumständen die Wahl des StofPes, die Form und Menge der Gabe, die Methode der Anwendung anpassen solle, namentlich aber mit Beobachtung beider Zwecke : mit hinreichend kräftiger, durchgreifender Aktion die Parasiten zu födten und doch das Leben der Pflanze nicht zu gefährden?

Bei dem Kampfe des Menschen gegen das Insekt lag wohl die Frage nahe, ob es denn nicht im eigenen Bereiche auch natürliche Feinde habe, die auf seine Vernichtung ausgehen? Für die auf Blättern ansitzende Phylloxera sind deren mehrere bekannt; da aber diese Form wenig vorkommt und daher auch nicht verheerend wirkt, so ist dieser Fall kaum von Bedeutung. Viel wichtiger wäre es, gegen die Wurzelsauger einen instinkti- ven Feind zu kennen und womöglich als Hilfstruppe zum Ver-

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nichtungskrieg zu besitzen. Lange waren die Nachforschungen erfolglos, und der berühmte E-iley bezeichnete höchstens eine wurmartige Larve einer Syrpbengattung, die er im Stande ver- muthete, die Phylloxera unter der Erde zu verzehren, die pipiza radicum, die auf anderen Wurzeln Erdflöhe vertilgend gesehen wurde. Endlich neuerer Zeit in Missouri hat der gelehrte Entomolog eine Entdeckung gemacht, die man wegen ihrer Neu- heit und in ihrer Art einzigen Abnormität fast bezweifeln könnte, hätte nicht Eiley selber, der als sehr präciser Beobachter be- kannt ist, die Sache wiederholt mitangesehen. Er fand nämlich auf Eebenwurzeln eine Art weissen Acarus, der sich von Phyl- loxeren und deren Eiern nährt, in nächster Verwandtschaft zu den Käsemilben tyroglyphus steht, und da letztere sich von allerhand organischen, in Zersetzung befindlichen Körpern nähren, es umso auffallender erscheint, dass dieser als wahres Eaubthier, lebende Wesen angreift und aufspeist. Dieser tyro- glyphus phylloxerae ist somit der erste bekannte seiner Art, der lebende Beute sucht, was Eiley mit direkter Beobachtung kon- statirt hat, und öfter Zeuge seiner Kannibalen -Mahlzeiten war. Nach solcher Erfahrung möchte sich gern die Phantasie gleich ganze, gelehrige Schaaren Tyroglyphus vorstellen, die man wohl- disciplinirt und ausgehungert auf die Phylloxerenkolonien los- liesse leider ist man noch nicht so weit!

Unter den mannigfachen Eichtungen des Kampfes gegen die Verheerung dieser Parasitenseuche darf man auch jene nicht ausser Augen lassen , welche die Grundlage derselben zu refor- miren strebt, dadurch, dass die Ampelographie etwa der Kultur solche Eebsorten als Pfropfunterlage oder selbstständigen Satz bieten könnte, welche entweder von der Phylloxera ganz gemie- den oder minder heimgesucht werden, oder doch wenn schon angegriffen, vielleicht härteren Widerstand entgegensetzen und der Zerstörung zu widerstehen vermögen? Hiezu empfiehlt sich die vergleichende Betrachtung, sowohl vom botanischen als vom önologischen Gesichtspunkt, der europäischen und der ame- rikanischen Hauptformen der Weinrebe, wie sie da und dort in so vielfacher Weise der Kultur unterworfen worden, als ein Gegenstand, dessen interessante Aufgabe in direktem Zusammen- hänge mit dem leider nur allzuberechtigten Sturmläuten steht.

welches die Einwanderung und erschreckend zunehmende Aktion der amerikanischen Phylloxera hervorrief.

Herr Gustos Hirector Steltzner hält hierauf folgenden Vortrag über die Nahrung der Sperlinge.

Der Haussperling findet sich in ganz Europa und im grössten Theile Asiens, nach Norden, so weit zusammenhängende Ansiedlungen der Menschen reichen. Im Süden bewohnt er Pa- lästina, Unteregypten und Algier, Indien und Ceylon ; ausserdem ist er eingeführt worden auf Java, in Australien, Neu-Seeland, Nord- und Mittel-Amerika, wohl nicht um Schaden zu ma- chen, sondern als billige Feldpolizei, und das spricht für seine Nützlichkeit mehr, als ihn der Umstand verdächtigt, dass er sich in Walddörfern, wo kein Feldbau ist, nicht auf hält, was durch jenes von Rossmässler erwähnte drollige Geschichtchen bestätigt wird, wie es nämlich bei einer Lustbarkeit im Sachsen- Altenburgischen zwischen reichen Bauern des dortigen Osterlandes und Walddörflern zu Streitigkeiten kam, die zuletzt in Thätlichkeiten übergingen, als Erstere den Letzteren vorwar- fen : „Ihr kunnt jo nicht ämal en Sperling dernähre.“

Von jeher war der Spatz als gefährlicher Dieb in Feld und Garten verschrieen und verhasst, und es ist nicht zu läugnen, dass er da, wo er massenhaft bei einzeln liegenden Feldern und wenigen Obstbäumen als Plünderer auftritt, seine Verfolgung nöthig erscheinen lässt.

Friedrich der Grosse, erbost über die Sperlinge, Hess den Befehl ergehen, dieselben überall einzufangen, todt zu schiessen, und setzte für jeden getödteten Spatz eine Belohnung von 6 Pfennigen aus. Alles jagte nun nach Sperlingen, und in weni- gen Jahren zahlte der Staat Tausende von Thalern für diese eingelieferten Diebe. Aber die Folgen waren : die Ueberhand- nahnie der Raupen und anderer Kerbthiere in solcher Menge, dass die Bäume nicht nur frucht-, sondern auch blattlos da- standen, — dass der König seinen Befehl zurücknehmen musste, und obendrein genöthigt war, Sperlinge aus fernen Gegenden lierbeischafFen zu lassen. Die Angabe findet sich im 3. Bande von Brelims „Illustrirtem Thierleben“, Seite 150.

Rossmässler führt den Spatzen in einem Artikel seiner Zeitschrift „aus der Heimath“, Jahr 1859, selbstredend an : „Ihr

Verli. N. F. V. H

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gebt uns im Winter nichts zu essen, wenn wir im Sommer und Herbste euere Obstbäume von Insekten gesäubert haben. Aber der Hiiiiger thut weh’, er treibt uns vor euere Tennen und auf euere Hühnerhöfe, und wenn ihr so nachlässig seid, die Fenster euerer Hornböden offen stehen zu lassen, so lassen wir uns allerdings Verdientermassen euer Korn schmecken, sammt den Kornwürmern darin, denen ihr es oft lieber preisgebt, als euren darbenden Brüdern.“

Viele ausgezeichnete Naturforscher haben gegen die unge- gründete Verfolgung und ungerechte Brandmarkung der Sper- linge angekämpft, und ihr Ausspruch, dass der Nutzen den Schaden, den sie verursachen, überwiege, lässt sich mit Beruhi- gung um so leichter nachsagen, je anerkannter ihre Autorität ist. - Ich suchte jedoch auch nach Quellen mit überzeugenden ziKermässigen Angaben, und wenn ich solche bisher nicht fand, so zweifle ich dennoch nicht, dass sie existiren. Dass in dieser Richtung umfassende Beobachtungen im Freien kaum durchführ- bar seien, wird Jederman zugestehen ; ich musste deshalb meine gefangenen Vögel dazu benützen. In 2 grossen Käfigen be- sitze ich 24 ausgesprochene Körnerfresser. Das aus kleinen Kör- nern : Hirse, Mohär und Kanariengras-Samen bestehende Vorge- setzte Futter, 1^4 Seitei, wog 15Loth; der des andern Morgens Vorgefundene Rest betrug Y2 Seitei oder 6 Loth; lässt man 3 Loth für verstreut gelten, so wurdem im Laufe eines Tages 6 Loth verzehrt, was per Vogel und Tag Y4 Loth beträgt. Die Frage, wie viel Raupen einer dieser Vögel als Gewichts-Aequi- valent verzehrt haben würde, beantworte ich mir durch Abwägen von Mehlwürmern, deren 125 ein Viertel Loth geben. Zugestan- den also, dass die Spatzen Körner und Raupen in gleichen Ge- wichtsmengen konsumiren, so würden 100 derselben täglich 25 Loth Sämereien oder 12,500 Raupen zur Nahrung brauchen.

Lassen wir einen Sperling die eine Hälfte des Jahres blos Körner, die andern Insekten und Körner zu gleicher Zeit ver- zehren oder was dasselbe ist , ^4 Jahre ausschliesslich Kör- ner, und nur Y4 Jahr Insekten fressen, so stellt sich nach Weg- lassung der Bruchtheile für 1 Spatzen der jährliche Verbrauch von 2 Pfd. 4 Loth Körnern und 11,406 Insekten heraus.

Fern von dem Bestreben, mich und Andere täuschen zu

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wollen, habe ich, wie man ersehen konnte, mehr die meiner Sache ungünstigeren Verhältnisse gelten lassen.

Ich will nicht behaupten, dass diese Berechnungen durch- aus massgebend und keinen Modificationen pro und contra unter- worfen seien, andere Körner, andere Kerbthiere oder Insekten- eier geben ja schon andere Zahlen, dass sie aber als aproxi- mative Basis zur Beurtheilung der Nützlichkeit oder Schädlich- keit dieser Vögel dienen können, ist wohl zulässig, und wer sich der Mühe unterziehen will den Werth von 2 Pfd. 4 Loth Kör- nern, und den, welchen 11,406 Raupen vernichten, auszumitteln, wird gewiss die Spatzen aus der Liste der proscribirten Schaden- macher streichen. Man sollte glauben, dass der Streit über die Nützlichkeit oder Schädlichkeit der Sperlinge längst beigelegt, und die Aussprüche anerkannter Autoritäten unter den Natur- forschern, die den Nutzen, welche diese Vögel uns bringen, als überwiegend angeben, wenigstens unter allen Gebildeten endgil- tig angenommen worden seien. Dass dem jedoch nicht so ist, davon habe ich mich erst kürzlich überzeugt, und ich erlaube mir eine diesbezügliche Notiz aus der „städt. Pressburger Zei- tung“ Nr. 298 V. Mts vorzulesen, die, wenn auch vielen der Herren Mitglieder bekannt, mir zur Grundlage meines heutigen Vortrages, Ihnen aber zur eingehenden Würdigung des Weite- ren dient.

„Das Hilfs-Comite für befiederte Sänger“ so schreibt man uns „hat sich eines schlechten und nichtswürdigen Co- mite-Mitgliedes in der Person des Monsieur Spatzes bedient. Denn dass Monsieur Spatz verspricht : im Sommer schädliche Insekten, Raupen etc. zu vertilgen, ist ein Versprechen, welches dieser Gamin unter den Vögeln noch nie gehalten , noch halten wird. Es ist notorisch erwiesen und constatirt, dass der Spatz nie Insekten frisst, wohl aber an Feldern und Gärten sehr grossen Schaden verursacht. Man machte das Experiment und tödtete an verschiedenen Orten, wo es gerade viel Unge- ziefer gab, viel Spatzen und secirte dieselben. In dem Magen und den Eingeweiden fand man nur vegetabilische Reste, doch keine Spur von Insekten. Dies ist, wie gesagt, an verschie- denen Orten constatirt und auch durch Fachjournale bestätigt worden. Verdienste hat sich Monsieur Spatz um unsere Felder

IP^

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und Gärten nie erworben, man könnte daher demselben höch- stens aus Mitleid wenn solches bei diesem Lumpen gerecht- fertigt wäre, einige Körner zukommen lassen, zu bessern ist er nicht. Es wäre sehr gut, wenn diese schlechten Eigen- schaften des Spatzes verbreitet würden, um bei einem event. Gesetze zum Schutze der Vögel Platz zu finden.“

So weit der Einsender. Die Kedaction schloss sodann folgende Bemerkungen an. „Wir glauben denn doch, dass der sehr geschätzte Einsender dessen Beiträgen wir gerne öfter begegnen möchten allzustreng mit Herrn Spatz in’s Gericht geht, und ihn mit Unrecht in die Beihe der blos bemitleidens- werthen Vögel rangirt. So weit wir unterrichtet sind, richtet der Spatz auf Getreidefeldern allerdings grossen Schaden an, nützt aber in Obstgärten durch Vertilgung schädlicher Insekten und der Eier derselben, die er aus den Blüthenknospen hervor- holt, mehr, als er schadet.“

Diesen Redactions -Aeusserungen unbedingt beistimmend, würde ich der launigen Feder des Herrn Einsenders stillschwei- gend mein Kompliment gemacht haben, hätte sie sich nicht so sehr an Thatsachen, an der Wahrheit versündigt, und die Be- hauptung — „es ist notorisch erwiesen und constatirt, dass der Spatz nie Insekten frisst,“ hatte mich vollends wie ein elektri- scher Funke durchzuckt, und wenn auch als Laie nicht dazu berufen, glaubte ich als Mitglied des Vereines die Pflicht zu haben, Irrthümer in naturwissenschaftlicher Sphäre zerstreuen, mich dieses undankbar geschmähten Proletariers annehmen zu sollen, und ersuchte demnach die löbl. Redaction um Aufnahme folgender Vertheid igung, die in der 2. Nummer 1. M. erschien.

„Ich fühle mich als Mitglied des hies. Vereines für Natur- und Heilkunde verpflichtet, eine Lanze einzulegen, nachdem in der 298. Nummer dieses Blattes unterm 31. vor. Mts. der Stab ül)er ihn gebrochen wurde. Als notorisch erwiesen und consta- tirt war dort angegeben, er fresse nie Insekten, und in den Ein- geweiden secirter Spatzen seien nur vegetabilische Reste, aber keine Insektenspuren vorgefunden worden, was durch Fachjour- nale bestätigt sei. Schliesslich wird Meister Spatz als unnützer Vagabund und Schadenmacher ausgerufen, dem die Wohlthat eines Gesetzes zum Schutze der Vögel nicht angedeihen solle.

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Einem so hart und apodiktisch Verurtheilten würde ich nicht wagen, als Vertheidiger zu dienen, hätte ich nicht den berühm- ten, als Autorität anerkannten Ornithologen A. Brehm und meine eigenen Beobachtungen zur Seite. Sine ira et odio trete ich dem strengen Richter entgegen, ihn verweisend auf Brehm’s schätzenswerthes Werk „Grefangene Vögel“. Dort ist Alles er- örtert, was für und wider meinen Clienten erfahrungsgemäss an- geführt werden kann, und da ich hier nicht so viel Raum zu dessen Citirung in Anspruch nehmen kann, erlaube ich mir nur von Seite 387 Folgendes wörtlich anzuführen : „Sie schaden zeit- weilig und im Einzelnen, machen sich aber im Laufe des Jahres und im Allgemeinen so verdient, dass der durch sie gestiftete Nutzen den von ihnen verursachten Schaden unbedingt aufhebt.“ Ferner vorzugsweise : „Man hat von ihren Plünderungen heim- kehrende Sperlinge untersucht und die Körner gezählt, welche sie im Kropfe hatten, oder aber gefangene ausschliesslich mit einer Getreideart gefüttert, um zu erfahren, wie viel Körner sie zu ihrer Nahrung bedürfen, u]id man ist durch Berechnungen zu wahrhaft erschreckenden Ergebnissen gelangt : aber man hat dabei vergessen, dass der Sperling wirklich nur während der Reife des Getreides und Obstes sich unbefugt seinen Zehenten erhebt, und dass also gedachte Rechnungen vom Grunde aus unrichtig sein müssen. Selbst wenn man diejenigen Körner mit in Schätzung zieht, welche er bei der Fütterung des Hofgeflü- gels stiehlt, darf man nicht ausser Acht lassen, dass er dagegen durch Aufzehren unzähliger Unkrautsamen sich nützlich macht, und durch seinen Kerbthierfang im Sommer, welchen er mit wahrer Leidenschaft im Garten, wie auf dem Felde betreibt, sich wahrhaftig den geringen Lohn bereits verdient hat, den er im Winter oder selbst während der Fruchtzeit sich wegnimmt.“ So, und noch viel Beherzigenswerthes spricht Brehm hierüber; doch um etwas Raum zur Darlegung meiner eigenen Erfah- rung zu erhalten, muss icli das benannte Buch zur weiteren Lectüre empfehlen.

„Von einem Knaben wurde mir ein Nest mit jungen Sper- lingen gebracht; dieses stellte ich in einem kleinen Käfige un- fern des Gartenhauses hin, und ich konnte aus diesem Verstecke wahrnehmen, wie zahlreiche Sperlinge (nicht nur oder wohl nicht

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einmal ihre Eltern) mit Raupen in den Schnäbeln von den Bäu- men herbeiflogen, um als barmherzige Samariter die junge Brut zu ätzen. Auf meiner Wohnung nahen Pappelbäumen hielten Spatzen ihre Conventikel und Nester, meine Blunien-Bretter aut dem langen, offenen Gange, sowie dessen Boden waren zur Maikäferzeit stets besäet mit den Flügeln und Füssen der von den Sperlingen dort tranchirten Käfer.

„Indem ich hiemit hinlänglich erwiesen zu haben glaube, dass die Sperlinge auch Insekten fressen, sich somit auch nütz- lich machen, glaube ich meine vogelfrei erklärten Clienten vor ungerechter Verurtheilung geschützt, den Landwirt h beruhigt und die böse Jugend, wenn mir ihre Eltern und Lehrer beiste- hen, von der Sperlings -Vertilgung abgehalten zu haben. Für meinen Clienten nur noch so viel Kirschen und Kornähren er- bittend, als er für vertilgte Raupen, Käfer und Unkraut-Samen verdiente, garantire ich reichlichen Ersatz der Processkosten von seiner Seite, seiner Freisprechung zuversichtlich entgegensehend.

St.«

Zu spät bemerkte ich, die fernere Behauptung nicht ent- kräftet zu haben, „dass man in secirten Sperlingen keine Spur von Insekten vorfand«, was ich hiemit kurz nachzuholen habe.

Schon die auf meinen Blumenbrettern Vorgefundenen un- verdaulichen Maikäfer-Reste geben hiezu einen Fingerzeig, der Inhalt der Maikäfer aber, wie vieler anderen Insekten, ist ja auch vegetabilischen Ursprunges; wenn also feste, nicht ver- dauliche Insektentheile vom Spatzen nicht genossen werden, dürfte es dem tüchtigsten Chemiker, wenn auch nicht unmöglich, so doch sehr schwer werden, den animalischen Ursprung der verzehrten Nahrung im Spatzeneingeweide durch unanfechtbare Analysen nachzuweisen, und diese undankbare Mühe wird sich wohl keiner von denen gemacht haben, welche, wie hervorgeho- ben wurde, jene Behauptung in Fachjournalen erscheinen Hessen.

Die Nummer 4 der „Pressburger Zeitung« brachte folgende Entgegnung :

Zum Spatzenstreite schreibt uns Baron r. : „Geehrte Re- daction ! Ich fühle weder den Beruf, noch die Lust, mich in eine Spatzen- Polemik einzulassen. Ich erlaube mir nur zu be-

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merken, dass der geehrte Herr Einsender der Erwiderung nicht zur Sache spricht, denn er bringt Citate aus einem Werke, welches von gefangenen Vögeln handelt. Seine Beobachtungen will ich durchaus nicht in Abrede stellen, aber Thatsache bleibt es, dass die Spatzen auf Feldern enormen Schaden anrichten, der durchaus nicht durch ihr Vertilgen von Insekten paralisirt wird. „Der Teufel frisst in der Noth Fliegen“, und so verhält es sich auch mit den Spatzen. Ich will hier nicht ermüdend sein und meine praktischen Beobachtungen in den Jahren 1867 und 68 zum Besten geben. Constatirt ist, dass sie Gremüsegärten und Obstbäumen sehr grossen Schaden zufügen, und ich verweise den geehrten Herrn Einsender auf die wiederholten Fachartikel der „N. Fr. Presse“ und des „Bester Lloyd“, welche in der ein- gehendsten Weise die Schädlichkeit der Spatzen betonen, vor falscher Philantropie vis-ä-vis diesen Bäubern warnen und die Landwirthe zu deren Vertilgung ermuntern. Ich bin ein auf- richtiger Natur- und Vogelfreund, besässe ich aber Felder und Gärten, so würde ich mich dennoch nicht scheuen, die Spatzen unschädlich zu machen, was aber die cultivirten Städter durch- aus nicht abzuhalten braucht, ihnen hie und da einige Brod- krummen zukommen zu lassen.“

Dem Kitzel der Bechthaberei nicht unterworfen, habe ich mich auch nicht auf weitere Erörterungen im Zeitungswege ein- gelassen, denn ich wollte den geehrten Herrn Gegner nicht auch gegen mich erbittern und am Ende noch zur Parteibildung von Spatzianern und Antispatzianern Anlass geben, die sich wie Welfen und Waiblinger bekriegen könnten. Die einen Augen- blick aufgetauchte Idee, alle drei Zeitungsblätter an Dr. Brehm zu senden, gab ich auch aus dem Grunde auf, weil sie mir vor- kam, als sollte ich die Bolle eines Schulknaben spielen, der sich nicht mehr anders zu helfen weiss, als seinen mit ihm streiten- den Collegen beim Herrn Professor zu verklagen.

So liess ich die Angelegenheit bis zum heutigen Tage auf sich beruhen, und meinen Herrn Widerpart im Siegesbewusstseiii unbehelligt. Allein wenn ich auch meine persönliche Vertheidi- gung ausser Acht lasse, so erkenne ich doch als meine Pflicht, der Wahrheit zum Durchbruche zu verhelfen, desshalb diesen Process vor das Forum der Vereins- Versammlung zu ziehen, und

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schreite demnach zur Widerlegung der Scheingründe, welche zur Aufrechterhaltung der gegnerischen Ansicht dienen sollten, deren 4 sich in der zuletzt vorgelesenen Erwiderung befinden.

Der Titel des von mir citirten Werkes „Gefangene Vogel“ hat dem Herrn Einsender die irrige Meinung beigebracht, es seien die Beobachtungen nur an Gefangenen gemacht worden, und hat mir den Vorwurf eingebracht, nicht zur Sache zu spre- chen. Ich bekenne nun, zum Theile Schuld daran zu tragen, in- dem ich es überflüssig erachtete, anzngeben, dass besagtes um- fangreiches Werk, die meisten bekannten Vögel beschreibend, sowohl deren Freileben, als ihre Wartung und Pflege in der Gefangenschaft ausführlich bespricht; auch konnte ich nicht er- warten, dass einem Brehm, der weit ausgedehnte Reisen in und ausser Europa im Interesse der Wissenschaft unternahm, zugemuthet werden könnte, er stelle seine Behauptungen nur nach Wahrnehmungen im Käfige auf. Dem widerspricht übrigens ja auch schon die in meiner Vertheidigung citirte Stelle, wo es heisst, dass der Spatz „durch seinen Kerbthierfang im Sommer, welchen er mit wahrer Leidenschaft im Garten wie auf dem Felde betreibt, den geringen Lohn bereits verdient hat.“

Meine angegebenen Beobachtungen, dass ich von Sperlingen wirklich auch Insekten verzehren sah, wurden freundlich zuge- standen, dennoch aber der geringe Werth derselben durch den bekannten Ausspruch bezeichnet : „in der Noth frisst der Teufel Fliegen.“ Dieser zweite Punkt findet leicht in der Beant- wortung der Frage seine Widerlegung : wie der Spatz im Som- mer, wo der Tisch mit allen möglichen Nahrungsmitteln für ihn gedeckt ist, in eine Nothlage komme, die ihm Insekten auf- zwingt?

Die praktischen Beobachtungen, die mein geehrter Herr Gegner in den Jahren 1867 68 gemacht zu haben sagt, und die ihm wahrscheinlich den Spatzenhass einflössten, sind mir nicht bekannt, es ist mir daher schwerer, den Werth dieses 3. Punktes auf das richtige Mass zu reduciren. Wenn späte Frülilingsfröste die Insektenwelt decimiren, in deren Folge auch ein selir geringer Ernteertrag zu erwarten , und auch der noch durch räuberische Spatzenschwärme, die der Hunger dazu treibt, in Frage gestellt wird, begreife ich vollkommen, dass man diesen

Proletariern den Krieg erklärt. Hat sich ja auch, wie erwähnt, Friedrich der Grosse zu einer Sperlings -Verdammung hinreissen lassen, wohl durch ähnliche locale und Zeitverhältnisse dazu aufgereizt. Beobachtungen und Behauptungen, die auf solche Umstände gegründet sind, kann aber keine Gemeingiltigkeit, kein allgemein - geltendes Urtheil zugesprochen werden.

Ich komme nun zur Erledigung des 4. Punktes, der in der Hinweisung auf die Fachartikel in der „Neuen Fr. Presse“ und im „Pester Lloyd“ besteht, und ich gestehe, dass ich weder diese noch ihre Verfasser kenne, die möglicherweise auch durch Verhältnisse wie die eben geschilderten veranlasst, ihre Bann- strahlen ausschleuderten, muss mir aber mit aller Achtung die Frage erlauben: Was sind das für Koryphäen der Jetztzeit, welche die Behauptungen so gediegener Männer der Wissenschaft umstossen wollen? Gehörten sie jedoch einer früheren Zeit an, in der die Naturwissenschaften noch von Fabeln strotzten, und ein Lampenanzünder seinen Oelabgang ungestraft den nasch- haften Fledermäusen, der Hirth die Milcharmuth der heimgetrie- benen Ziegen, den deshalb Ziegenmelker genannten Nachtschwal- ben zuschreiben konnte; und wenn endlich etwa gar die im 1. Artikel aufgestellte Behauptung, dass die Spatzen nie Insek- ten fressen, denselben Quellen entsprang? ach, dann haben sie ja vollends keinen Werth!

Indem ich hoffe, somit nach bestem Wissen und Gewissen : Naturforscher, Spatzen und mich vertheidigt und gerechtfertigt zu haben, empfehle ich meine Clienten Ihrer gerechten Beur- theilung, der geehrten Versammlung die Entscheidung überlas- send, auf welcher Seite das Recht sei.

Hierauf theilte der Vereins-Secretär ein Dankschreiben des Herrn Grafen Hans Wilczek für seine Ernennung zum Ehrenmitgliede mit.

Ferner legt er ein Schreiben des Vereins-Custos Herrn Dir. Steltzne r vor, womit derselbe eine Sammlung von Ab- bildungen von 1431 Species aller Thierclassen dem Verein spen- det, wofür demselben der Dank des Vereins protocollarisch aus- gesprochen wird.

Als neue Vereinsmitglieder werden aufgenommen: die Her- ren Michael G e s s n e r und Carl Koller in Presburg.

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Ye r sa m mlun g

am 18. Februar 1875.

Den Vorsitz führte der Vereins-Präses Herr Baron Dionys V. Mednyänszky. Herr Cnstos Steltzner berichtet über die neu eingelangten Geschenke an Naturalien für das Vereins- Museum, worunter besonders hervorzuheben eine ausgezeichnet schöne Sammlung von 421 Species Algen von Herrn Forstamts- Secretär C. v. Bauer, wofür der Verein den protocollariscken Dank ausspricht.

Der Vereins-Secretär Dr. Kanka legt eine Zuschrift des neu entstandenen Kecskemetvideki termeszettudomanyi tarsulat vor, worin dieser Verein seine Gründung anzeigt. Auf Antrag des Secretärs wird der Schriftenaustausch mit diesem Verein eingeleitet.

Der Herr Vereins-Präses berichtet, dass wegen der Reor- ganisation und Vergrösserung der hiesigen k. ung. Rechtsacade- mie dem Vereine die bisher von demselben benützten Localitäten gekündet wurden; er fügt hinzu, dass der Ausschuss wegen Auffindung anderer geeigneter Localitäten die nöthigen Schritte thun werde, zugleich fordert er die Mitglieder auf, im Falle denselben in dieser Hinsicht etwas Zweckdienliches bekannt wäre, dies dem Ausschuss mitzutheilen.

Der Herr Vereins-Präses hielt hierauf folgenden, mit gros- sem Beifall aufgenommenen Vortrag über die Arbeiten am Gotthard-Tunnel (auf Grund officieller Publicationen).

Die Wechselwirkung der geologischen Beschaffenheit und Configuration der Bodenoberfläche auf die Erscheinungen der menschlichen Culturgeschichte hat wenig wichtigere Schauplätze aufzuweisen, als es jene diagonal durch mehrere Längengrade streichende Erhebungslinie ist, welche unter dem allgemeinen Namen „Alpenkette“ im Herzen der abendländischen Civilisations- gebiete am Nordostrande der grössten Buchtbildung des Mittel- meeres beginnend, sich scheinbar bis an die Demarcationslinie der Donau, eigentlich aber ihrem Wesen nach wennauch in ver- ändertem Ausdruck, noch in gleicher Richtung weiter bis an die sarmatische grosse Binnenebene erstreckt.

Seit dem fernsten Beginne unserer historischen Kenntniss

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hat kein anderer Complex von orographischen Systemgruppen eine solche Rolle gespielt, eine solche Bedeutung ausgeübt, nicht allein durch centrale continentale Lage und grosse Ausdehnung, aber namentlich dadurch, dass eben hier die Brücke oder Scheide- wand für die Wellenkreise der wichtigsten zwei Strömungen internationalen Völkerlebens gelegen.

Ausläufer desselben arischen Stammes der indoeuropäischen Besiedlung von Europa, haben das lateinische und das germani- sche Element, die man fast ebenso berechtigt mit den climati- schen Beinamen des hesperischen und borealen bezeichnen könnte, an der querüber gedehnten Grebirgsmasse der Alpen die geogra- phische Linie des Ineinandergreifens ihrer Interessen, der verbin- denden oder trennenden, friedlichen oder kriegerischen Momente die Phänologie ihres Völkerlebens gefunden.

Seit jeher hat die Ueberschreitung von Gebirgsketten als Bedürfniss der menschlichen Anwohner ihres Bereiches die Auf- gabe der Aufsuchung ihrer Wegsamkeit gestellt, als jener Con- structionslinien, auf welchen die ortsverändernde Bewegung ent- weder in kürzester Richtung und Zeit, oder doch mit dem ge- ringsten Aufwand von Hebelkraft gegen eine senkrechte Höhen- differenz sich ausführen liess.

Thalsohlen, und wo sie unterbrochen sind, sogenannte Pässe, oder niedrigste Uebergangspunkte einer Erhebungslinie bildeten das Augenmerk des Verkehrs, und von den rohesten Anfängen ferner Epochen bis zu den höchsten Leistungen unse- rer Zeit den Gegenstand technischer Arbeiten.

Ein Ueberblick auf die mit dem mitteleuropäischen Gebiet der Alpen direct oder in mittelbarer Beziehung zusammenhän- genden Land- und Wasserverbindungszüge würde viel zu weit führen , daher es dem vorliegenden Zweck genügen muss, als Vorwort dazu, nur flüchtig die heutige Sachlage anzudeuten, die im Entstehen grosser Gebirgseisenbahnen ihren höchsten Aus- druck fand, und damit auch jene Richtungen als besonders wich- tig kennzeichnete, die eines so namhaften Aufwandes an Geld- und Müheleistung werth erachtet wurden.

Der Semmering war der Zeit nach der erste Schritt zur Bewältigung einer in diesem Masse noch nicht versuchten Auf- gabe, — folgte dann der Brenner, nachher der Mont-Cenis, und

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soll nun die Ergänzung dieser Fächerstrahlen eintreten , welche den weitentwickelten Gürtel von den Seealpen an bis zu den norischen zwischen Nordwest und Nordost convergirend gegen das italische Mittelmeerbereich durchsetzen.

Es ist in der folgenreichen Tragweite internationaler Ver- bindungen begründet, dass bei Schaffung solcher Unternehmun- gen weitblickende Erwägungen staatlicher Interessen ins Spiel kommen, und wie der hohe Genius Cavour’s durch den Mont- Cenis das Bündniss Italiens mit Frankreich zum Ausdruck brachte, so ist es natürlich, dass bei der nächsten Aufgabe die nächsten Betheiligten in den Wettstreit ihrer Interessen eintre- ten. Frankreich unterstützte mit seinem Schwergewicht gegen die übrigen Projekte den Simplon, dessen Bahn dem Bhonethal folgend ihm zunächst und vortheilhaftest würde. Der Tag von Sedan hat den französischen Einfluss und damit die Simplon- bahn für jetzt in den Hintergrund gerückt, dagegen nun durch das Wort Deutschlands die Entscheidung für den Gotthard er- folgte. Nebst diesem werden noch die rhätischen Alpen mit Schienen übersetzt werden, wobei nicht mehr der einst vielbe- sprochene Lukmanier, sondern der Splügen mit grosser Zuver- sicht mir vor Kurzem im Lande selbst als bevorstehend bezeich- net ward. Schliesslich darf man nicht den Arlberg vergessen, dessen Bahn zwar nicht selbst zur Gruppe der vorgenannten gehört, doch aber bezüglich des öster.-ungarischen Hinterlandes den Zutritt darstellt zu den grossen Transitlinien, die über schweizer Boden kreuzen.

Die Leistungen der Technik sind das Kesultat des Zusam- menwirkens der exacten Wissenschaften, Physik, Chemie, Natur- geschichte, sind unentbehrliche Hilfszweige zur Ergänzung, sie lehren die Körper und ihre Eigenschaften kennen, sowie die Naturkräfte, die zu handhaben und dienstbar zu machen sind. Den Fortschritt, der hierin bereits errungen worden, bekunden die Werke, die bereits geschaffen, die stets grösseren, die ge- plant werden , darunter die räumlich bedeutendsten gewiss jene sind, welche die immer wachsenden Ansprüche des Verkehrs hervorrufen : die lebendige Anschauung eines solchen im Ent-

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stehen erweckt neuerlich die Bewunderung der Macht des Gei- stes im Sieg über die Materie, und der frische Eindruck eines solchen Anblicks vom vielseitigsten Interesse, den das pulsirende cyklopische Leben am begonnenen Gotthard-Tunnel bietet, möge es rechtfertigen, wenn dieser seinem Namen nach scheinbar fremdartige Gegenstand in einem naturwissenschaftlichen Kreise zur Erörterung gebracht wird.

Die Vorgeschichte dieses Baues bis zum Beginn seiner Aus- führung datirt auf sehr kurze Zeit im Verhältniss zu den viel- fachen Vorbereitungen, die ein so grosses Unternehmen nöthig macht, und deren Genauigkeit und umsichtige Vollständigkeit zumeist die Gewähr des berechneten Gelingen verbürgen sollen.

Eben diese Vorarbeiten sind es die Ermittlung und Sammlung geodätischer und geologischer Daten, die Untersuchung und Schaffung der mechanischen Arbeitskraft und ihrer Hilfs- mittel, die Beobachtung meteorologischer Einflüsse und physika- lischer Verhältnisse, endlich die höchstwichtigen Studien über die Wahl der dienlichen Elemente der Bewegung, ihrer Appa- rate und Leistungen, welche nicht allein im speciell technischen, sondern auch im weiteren naturwissenschaftlichen Kreisinteresse anregen und anziehend beschäftigen können.

Wenn wir die angedeuteten Erfordernisse überblicken, so finden wir naturgemäss als erste Einleitung die geodätischen Operationen : genaue Nivellirung 1869 72 durch Benz und Spahn, publicirt unter Controlle von Hirsch, Director des Neuf- chatel-er, und Plantamour, Director des Genfer Observatoriums (4 Hefte), dann : 1869 71 Ermittlung der Fixpuncte für die Achse und die Mundlöcher des Tunnels, durch Otto Gelpke (publicirt Bern, 1870. Mittheil, der naturwiss. Gesellschaft, so- wie in Fachschriften Deutschlands), bestehend in : 1. Triang.

Netz mit 18 Signalpunkten, 2. Messung einer Basis bei Ander- matt, 3. Verbindung mit der eidgenöss. Triangulirung, 4. Control- messung, stationirt über das Terrain selbst. Die Ergebnisse waren :

a) Bestimmung der Achsenlänge mit einem möglichen Feh- ler von 60 Centimeter;

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b) Zusammstimmen der Nivellirung auf 98 Millimeter.

c) EintrelFen der Controlmessung von beiden Enden aus- gebend gegen Mitte auf circa Meter wegen höchst schwie- rigen, fast unzugänglichen Stationspunkten ; übrigens ist der Durchschnittspunkt von der Basis bei Andermatt auf die Achsen- mitte hin gemessen in den Signaipllock gefallen , somit hinrei- chende Genauigkeit erreicht worden.

Die Tunnelachse bildet eine Gerade von 14,900 Meter, See- höhe der Tunnelsohle am Nordende 1109 Meter, am Südende 1145 Meter. Unterschied : 36 Meter. Der Scheitelpunkt der Sohle hat 1152.^o M. Seehöhe, liegt in einer Horizontale von 180“ Länge, von wo sie nach Norden im Gefäll 43.^o“ = 5.g2 7oo? gegen Süden hin im Gefäll = D/oo abfällt (N S = 36“), ausserhalb weiter die Bahn mit 25 nach Norden, südlich mit etwas weniger weitergeht. Am Südende trifft die dem schon schmalen Tessinthale folgende Bahn in so starkem Winkel auf die Tunnelachse, dass ein Bogen von 300“ rad. ins Gebirg selbst eingelegt werden musste, daher die südliche Einfahrt eine Krüm- mung bildet, die erst in 145“ Entfernung in die Gerade ein- lenkt. Um jedoch eine gerade Visirlinie zu erhalten, hat man zuerst den Tunnel vom Tageslicht aus in der Geraden seiner Achse eingestreckt, und wird jene Einfahrts kurve erst später vollendet. Zum Anvisiren der Senkelrichtung hat man in der verlängerten Geraden der Achse gegenüber jedem Mundloch ein Observatorium eingerichtet; nicht ohne Schwierigkeit, denn am Südende ist das Tessinthal so schmal, dass man vom jenseitigen Berghang nur 348“ Gesichtslinie erzielen konnte. Am Nordende dagegen ist das Reussthal so unregelmässig in Eelsenmassen eingeschlossen, dass man einige derselben quer durchschneiden musste, um endlich 590“ zu erzielen. Der Tunnel wird zwei- geleisig gebaut, mit demselben Querschnitt wie Mont- Cenis : Scheitelhöhe 6™, Breite in Widerlagerhöhe 2“, über Boden 8“, und wo es nöthig, mit behauenem Stein ausgemauert, was bei- läufig auf die Hälfte des Ganzen veranschlagt ist. Trotz den vorliandenen genauen geodätischen Resultaten soll nochmals eine Revision der Achslinie durchgeführt werden, zu welchem Zweck man eigens den damit Beauftragten an die berliner Sternwarte

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gesendet hat, um dort astronomische Methoden einzuüben und die neuesten Calcülarten zu studiren.

Die jetzige Achse bildet zum Meridian einen Winkel nach Westen von 4^ 55' 30". 4 oder (bezüglich Bern) Azimuth o55^ 4' 29".g, wobei der Hauptsache nach die Projekte wenig abweichend waren; eine einzige Variante hatte das Südende mehr thalabwärts gerückt, wodurch (etwa 12*^ gegen den Meri- dian) die Länge zwar um 680™ mehr, aber der Scheitelpunkt der Sohle um 35™ tiefer geworden wäre, überdies das Streichen der Lagerungsklüfte in weit minder schiefer Lichtung durchsetzt worden wäre. Im Uebrigen ist das Nivellement Gotthardlinie von etwa 200 Kilometer bereits derart präcisirt, dass ein belie- biger Punkt mit annähernder Genauigkeit von 3 Centimeter be- züglich seiner Höhencote sich bestimmen lässt.

Der Tunnel liegt geographisch eben in der Sprachenscheide, die Grenze der Cantone Uri und Tessin geht quer über ihn, seine Mündungen liegen unmittelbar an zwei namhaften Flecken, nördlich Goeschenen deutsch, südlich Airolo*) welsch, wo in den technischen Amtslocalen meteorologische Observatorien in Ver- bindung mit den Staatsstationen eingerichtet wurden. Die Be- obachtungen sind namentlich bezüglich Luftströmungen und Niederschlägen auch practisch richtig, da in dieser wilden Ge- birgsgegend, sowohl die Communicationen, als Zustand und Lei- tung des Kraftwassers durch klimatische Phänomene sehr beein- flusst werden. Die Untersuchung der atmosphärischen Nieder- schläge in Verbindung mit der Beschaffenheit der Bodenoberfläche hat z. B. an der Südseite ernste Mahnungen geliefert bezüglich des Wasserbedarfs, sowie die Beachtung der Folgen häufiger Weststürme, welche bei reichlicherem Schneefalle die kahlen, steilen Grate abblasen und in gewissen Richtungen oft fabelhafte Schneemassen anhäufen. Im Winter 1873 war nicht sehr weit ober den Ausläufern der Sammelleitung des Kraftwassers 20™ hoch Schnee, so dass die Behörden für Herstellung des Verkehrs auf der dort führenden Poststrasse durch die Schneemassen einen Tunnel durchtreiben lassen mussten , der noch bis Anfang Juni nicht geschwunden war. Was in den Hochalpen, namentlich auf

Tn beiden Namen die erste Sylbe /n betonen.

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den hohen Uebergangsstrassen die Witterungselemente für eine wichtige Rolle spielen, ist bekannt.

Zunächst der geodätischen Messungen war natürlich von Wichtigkeit, alle Daten zu sammeln zur Erkenntniss der mate- riellen Beschaffenheit jenes Raumes, durch welchen die mathe- matische Linie gezogen worden, somit die Gewinnung eines geo- logischen Profils in der Richtung der Tunnelachse, und die Zusammenstellung sowohl der geognostischen Structur, als der petrographischen Qualität der Zusammensetzung und Bestand- theile der zu durchfahrenden Gebirgsmasse.

Dies ist theils durch bereits vorhandene detaillirte Auf- nahmen, theils durch Revision und Ergänzung derselben erreicht worden. Zur Grundlage dienen zwei unabhängig von einander entstandene Arbeiten : a) jene der königl. ital. geologiscben Commission, veröffentlicht durch den Ober-Inspector, Professor F. Giordano, und b) die für die topographischen und wissen- schaftlichen Publicationen der eidgenössischen Regierung ausge- führte Commissions- Aufnahme, bearbeitet von Professor Karl v. Fritsch, derzeit in Halle. Nicht allein, dass diese Arbeiten über- einstimmen, aber nachdem jene beiden Gelehrten aufgefordert wurden, sich gutächtlich und womöglich ziffermässig über die Art und Mächtigkeit der mit dem Tunnel zu durchfahrenden Gesteinsgattungen zu äussern, hat sich in den abgesondert vor- gelegten Ansichten eine derartige Analogie ergeben, die man genügend annehmen muss bei der grossen Schwierigkeit und Un- sicherheit zur Aufstellung solcher Angaben. Die ganze Gruppe, die hier in Betracht kommt, ist massig-krystallinisches Urgebirg, das aber in seinen Details manches Interessante zeigt. Der Ge- l)irgsstock zeigt in seinem inneren Bau die Erscheinung, die sich mehrfach in den granitischen Alpen wiederholt, die sogenannte Fächerform der Bildung, nämlich im Ganzen schematisch be- traclitet : dass die Kluftflächen der Aneinanderlagerung am Fassende sich mehr flach gegen das Innere ziehen, im ansteigen- den Gebirg immer mehr aufrichten, in der Mitte um die Kamm- höhe sich fast der Verticale nähern, und jenseits ebenso wieder, aber entgegengesetzt abfallen und somit vom anderen Fussende wieder gegen das Innere zu geneigt sind. Es ist dies eine Struc- tur, deren Entstehen wir uns in Anbetracht einer ihrem Typus

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und ihrer Natur nach krystallinischen Masse theoretisch ganz gut aus Analogie kleinerer Beispiele erklären können, wenn wir uns erinnern, dass bei Mineralmassen, ob homogener oder hete- rogener Zusammensetzung, wenn die Zusammenziehung im cubi- schen Raume und damit die Wirkung der unmessharen Anzie- hung der kleinsten Theile eintritt (was wir Krystallisationskraft zu nennen pflegen), dies in gewissen vorwiegenden Richtungen erfolgt, in denen bei Zusammensetzungen höherer Ordnung sich gewöhnlich zwei sich mehrminder rechtwinklig schneidende eine parallel-peripherische und eine radial-centripetale erkennen lassen. Das schönst ausgebildete symetrische Resultat hievon sind die so höchst mannigfaltigen Kugel bildungen, oder Theile davon, wie z. B. Krystalldrusen, nicht nur bei freiem Raum, sondern selbst bei umgebenden Druck in eingewachsenen Bil- dungen, ja selbst in den zahlreich in Abbildungen und zahllos in der Natur bekannten Beispielen , die im Grangbergbau so häufig, immer lehrreich, oft auch schwierig sind. Denken wir uns aus einer solchen Kugel oder Metallniederschlagsbildung ein Segment und wir haben, zwar nicht das Bild, aber die sche- matische Analogie einer platonischen krystallinischen Gebirgs- masse in Fächerform.

Die Bestandtheile des vorliegenden engbegrenzten Gesichts- feldes sind wiewohl geognostisch von einem nahverwandten Rah- men umschlossen, doch petrographisch genug verschieden. Im grossen Ganzen haben wir dem Wesen nach die engere Familie des granitischen Horizonts, überwiegend in der Erscheinungsform vorherrschender einzelner oder einiger Bestandtheile, oder vor- herrschender Richtung ihrer Aneinanderlagerung, sogenannte schiefrige Structur. Der eigentliche sogenannte Gotthardgranit (oder Fibbiagneiss) bleibt ausserhalb des Tunnelbereichs etwas WSW abseits; die Hauptmasse ist glimmerreicher Gneiss in sei- nen Abwandlungen : theils reiner und granitischer Gneiss, theils das andere Extrem der Structurform : Glimmerschiefer. Inzwi- schen aber die gewöhnlichen Begleiter, deren Physiognomie durcli Talk und Chlorit bestimmt wird, und stellenweise jene etlichen Mineralien, deren Beimischung in sehr reichlichem Mass sie zu einem wirklichen Gemengtheil eines Gebirgsgesteins erhebt, z. B. Granat, Staurolith, Aktinit, Amphibol. Die grosse Mannigfaltig- Verh. N. F. V. 12

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keit an Vorkommen und Aussehen innerhalb eines selben nicht einmal sehr vielseitigen Kreises, wie er hier vorliegt, ist wohl geeignet durch seine Anschauung lebhaft die Erinnerung wach- zurufen an das Princip der naturhistorischen Reihen auf Grund der naturhistorischen Gleichartigkeit und Aehnlichkeit, wie es mit seiner logischen Klarheit Friedrich Mohs entwickelt hat, und dessen Anwendung nicht allein in der oryktognostischen Syste- matik zeigte, aber auch in der weiteren Anwendung auf zusamm- gesetzte Gesteine einen anschaulichen und lehrreichen Weg bot, die Hauptformen geognostischer Agglomerate theils zu scheiden, theils durch Reihung von Zwischenstufen und Uebergängen bis zu Extremen verschiedener Richtung verbindend zu überblicken. Die geologischen Profile, die sowohl in der Achsenrichtung des Tunnels, theils nach von derselben östlich oder westlich gelege- nen Schnitten dargestellt wurden, bieten wohl im Detail einige Abweichungen, jedoch in der Hauptsache keine sehr wesentliche V erschiedenheit .

Das Profil in der Tunnellinie wird zufolge der Expertise qualitativ in nachstehender Reihenfolge von Nord nach Süd fort- schreitend, angegeben : Granitischer Gneiss, schieferiger Gneiss, krystallinischer Kalk, glimmerreich, dunkle Gneissglimmerschie- fer, z. Theil chloritisch, Glimmerreicher Gneiss, Glimmerschiefer mit Amphibolzonen, Schieferiger Gneiss mit Quarzgängen, Glim- merschiefer mit Granaten, Amphibolische Glimmerschiefer, oder Amphibolschiefer mit Serpentin, dioritisch, endlich am Südende anstreifend : Dolomit, Rauhwacke, Gyps, Anhydrit, jedoch nur in geringem Mass.

Eine interessante Frage bietet hier der krystallinische Kalk. Es ist nämlich eine Kalkzone bekannt, die vom Wallis her kommend, sich bis hinüber ins Rheinthal fortsetzt, somit die Richtung ihres Zuges allerdings auch vom Tunnel durchsetzt wird, und dies in der Gegend von Andermatt erfolgen sollte. Da indessen dort der Tunnel schon gut 300“ unter der Tages- fläche liegt, so ist es nicht sicher, ob die Kalkeinlagerung bis in jene Tiefe hinabdringt, ganz unbestimmbar aber, ob sie in der aussen beobachteten Mächtigkeit, oder in welcher veränder- ter Dimension werde dort angetroffen werden. Ein ähnlicher Kalkzug lässt sich auch im Süden der Gotthard-Masse nach-

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weisen bis hinüber zum Lukmanier, und äussert sich im Auf- treten verschiedener ihm zugehöriger Erscheinungsformen, bald als Kalkglimmerschiefer, bald als Dolomit, Gyps, Rauhwacke u. dgl. Diesem gehört auch jene kleine Partie an, welche gleich Anfangs hinter den Tagschichten der Südeingang des Tunnels durchbrochen hat. In dieser Gegend wird sie für Lias oder Jura gehalten, wogegen jener der anderen Seite bei Ander matt in seiner Verquickung mit Glimmer offenbar weit älter ist.

Es liegt hier kein Fall, somit kein Anlass vor, weitere Betrachtungen anzuknüpfen, die sonst sehr anziehend sind, da- rum sei nur hingedeutet auf die interessanten Probleme der metamorphischen salinischen Kalke mit Gabbro, und der sogen, jungen Granite, platonische Gesteine in eruptiver Form, z. B. wenn alter Granit durch später empordringenden jungen durch- setzt wird, oder die eigen thümliche Rolle des kohlensauren Kal- kes als chemischer oder mechanischer Gemengtheil der sogen, „sauren“ Gesteine (d. i. vom Kieselsäuretypus) der Urforma- tionen.

Die Härte und das Gefüge der im geologischen Profil des Gotthardtunnels gewärtigten Gesteine wurde in den Annahmen nicht ungünstiger vorausgesetzt, als die berüchtigten Quarzite der Seite von Modane im Mont-Cenis-Tunnel , daher man die zu Gebote stehenden Hilfsmittel für mehr als genügend erachtete, der Berechnung gemäss der Aufgabe zu entsprechen.

Dennoch scheint hierin die Gewalt der Natur den Ring- kampf des Menschen in vielfacher Weise erschweren zu wollen, denn noch bis jetzt ist es nicht gelungen, die schon seit 1873 vorausgesetzte Hoffnung zu erreichen, dass man in jedem der beiden Richtstollen, an Ort und Gegenort, monatlich je 100™ Vorgriff realisiren werde? denn nur in einigen besten Fällen hat man etliche 80 erreicht, meistens viel weniger, so dass jetzt schon sich eine derartige Verzögerung darstellt, dass den neue- sten Zeitungsberichten zufolge die Bundesregierung begonnen hat, bezüglich des Bauvertrags und seiner Consequenzen mit der Gesellschaft Erörterungen zu pflegen. Die Wichtigkeit der fortlaufenden geologischen Evidenzhaltung der Tunnelarbeit, so- wohl in technischer Beziehung bezüglich aller Phasen der je- weiligen Leistung und darauf einwirkender Einflüsse, als auch

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bezüglich von Aufschlüssen im wissenschaftlichen Interesse wohl erkennend, wurden gleich heim Einleiten der Stollenarbeit die entsprechenden Anordnungen getroffen. Es wurde betreffend die „Führung der geologischen Controle“ eine eigene gedruckte In- struction erlassen, wonach regelmässig von je 100™, und auch innerhalb derselben, so oft eine Gesteins Veränderung angetroffen wird, vorschriftliche Formatstücke aufzunehmen sind, bezüglich deren genauer Kennzeichnung, sowie Angabe aller begleitenden physikalischen und technischen Umstände eigene Drucksorten, Journalmuster angefertigt wurden, welche in 16 Colonnen alle einschlägigen Daten darstellen, u. zw.: Nummer, Kalenderdatum, petrographische Benennung, Fundortdistanz des Belegstückes, Streichen und Fallen der Gesteinslagerung, Temperatur (centi- grade) von Gestein, Wasser, Luft in und ausser dem Tunnel, dann baugeschichtliche Notizen über Leistung und Yerhältniss- zahlen von Hand- und Maschinenarbeit, Nummern der angewen- deten Profilschablonen, endlich ein weiter Kaum zu Anmerkun- gen, wo Wahrnehmungen aller Art über Wasserquantum, Mi- neralvorkommen, Arbeitsvorfälle, kurz alles Bemerkenswerthe aufgezeichnet wird. Im Anschluss und als bildlicher Ausdruck dieses Journals wird eine genaue graphische Zeichnung des fort- laufenden Tunneldurchschnitts im Grund- und Aufriss verfertigt, die auf 60 Blätter berechnet und in ihrer Vollendung zusammen 255™ lang, eine redende Darstellung des ganzen Durchstiches bieten wird.

Die Sammlung von Belegstücken wird in zahlreichen Doub- letten angelegt, und werden Serien im Pränumerationswege auch an angemeldete wissenschaftliche Institute geliefert. Mit der Aufsicht und Leitung dieser ganzen geologisch-physikalischen Aufgabe ist neuerlich als besonderer Inspector ein anerkannter Fachmann betraut Worden, Dr. Stapff, früher an der königl. schwedischen Bergakademie zu Fahlun, der vor einigen Jahren ein sehr ausführliches Werk über Gesteinsbohrung mit Maschi- nen, nebst autoptischen Studien vom Mont-Cenis veröffentlicht hat. ~ Die Ausbeute an vorzüglichen Mineralstücken ist weit spärlicher, als sich die von den herrlichen Exemplaren der Gotthardfirma angeregte Phantasie des passionirten Mineralogen gern vorstellen möchte: indessen begegnet man auch anderwärts

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im Bergbau der Bemerkung, dass in Tiefbauten die scbönausge- bildeten oryktognostischen Vorkommen minder häufig erscheinen, vielleicht nicht ohne Zusammenhang mit der Zunahme des Druckes auflagernder Massen bei zunehmender Mächtigkeit der Teufe? Ausser den schon angedeuteten kommen Krystalldrusen von Quarz, Kalkspath, Chlorit, Flussspath, blättrige Feldspathe vor, zuweilen Molybdän, auch Pyrit, und einmal als Merkwürdig- keit natives corporalisches Gold zwischen Krystall-Lam eilen ein- gewachsen in winzigen Flimmern. Angeregt hiedurch hat man die nächstgefundenen Pyrite der docimastischen Probe unter- worfen, in der Vermuthung, sie vielleicht hältig zu Anden? Doch vergebens, da man keine Spur von Goldgehalt constatiren konnte. Es ist in mineralogischer Beziehung zu bedauern, dass dieses schöne und deutlich beobachtete Auftreten von Gold so verein- zelt geblieben, wiewohl es sonst nicht überraschen kann, wenn wir an die grosse AfiPinität des Goldes zu quarzigen Lagerstät- ten denken in der alten und neuen Welt, namentlich für grani- tische wir bekannte Beispiele in unserem Gesichtskreis haben an Rauris und Magurka, ja selbst in der legendarischen Tradition, welche die moderne Wissenschaft bestätigt, dass der Granitstock der Tatra ganz imprägnirt sei von Gold. Was die Qualität des Tunnelgesteins als Baumaterial betrifft, so genügt es nicht den hier gestellten höheren Anforderungen homogenen Gefüges, feinerer Haubarkeit und glatter Fugung, wie sie ein so kost- bares Werk an Haltbarkeit und Leistungskraft seiner zu mauern- den Abschnitte beansprucht, und dies erklärt den manchem Rei- senden vielleicht vorerst aufiPallenden Umstand, dass trotzdem der Schlund des Tunnels bei Airolo unablässig gewaltige Mengen Bruchstein aasfördert, dennoch, mit grossen Kosten an Erzeu- gung und Transport, sorgfältig behauene quadratische Prismen zum Zweck der Profilauskleidung weit hergeholt werden. Ange- fangen von den kleinen Kuppen der Passhöhe am Hospiz entlang den Felsenhängen des grossartig-furchtbaren Tremolathales sieht man überall Steinbrüche angelegt und Karrenwege gebahnt bis zu der prachtvollen Poststrasse, wo fortwährend Quadersteine erzeugt und herab gegen Airolo geschleppt werden.

Die Messungen geodätischer und constructiver Richtung haben Zahlenverhältnisse, die geologischen Untersuchungen haben

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Daten über die materielle Beschaffenheit des Objectes geliefert, somit sich mit dem Gegenstand selbst der Aufgabe beschäftigt; folgt nun die Betrachtung jener Factoren, welche die Bewälti- gung derselben vermitteln sollten : die Schaffung der mechani- schen Kraft, und die Art und Form der Hilfsmittel, womit ihre Action am zweckentsprechendsten wirksam zu machen sei, anders gesagt : Triebkraft, Bewegungs- und Arbeitsapparate , wobei allerdings der leitende Grundgedanke, Wassermotoren und Ge- steinsbohrmaschinen, gegeben und ausser Frage war, die Ver- körperung desselben aber eine ebenso interessante, wie schwierige Leistungsaufgabe der modernen Technik darstellte, welche das Zusammenwirken der höchsten geistigen Macht der Wissenschaft und Praxis in Anspruch nahm.

Das Wasser erscheint an den beiden Seiten des zu bear- beitenden Gebirges in ungleicher Weise vertheilt. Am Nordhang die in steilen Cascaden immer wildschäumende Heuss^ die zu allen Jahreszeiten, auch der wasserärmsten (welche dort im De- cember fällt), beständig ein weit über Bedarf reichendes Quan- tum, und durch ihr steilabgestuftes Rinnsal eine beliebige Fall- höhe darbietet; dagegen im Innern des Gebirges bisher gar kein nennenswerthes Grubenwasser, so dass die Arbeit von Anbeginn bis jetzt bei Goeschenen unbehindert trocken vor sich geht. Ganz entgegengesetzt am Südhang, dort hat der Tessin zwar Wasser, aber kein erreichbares Gefäll, die höher gelegenen klei- nen Wasseradern aber ein geringes und unsicheres Quantum; dagegen ist unterirdisch fortwährend der Wasserandrang ein so beträchtlicher, dass er in der Durchführung allerart Arbeiten ein oft sehr ernstes Hinderniss bildet, so dass auch bezüglich des Druckes, der Lösung und Zersetzung des Gesteines dessen schädliche Einwirkung nicht ausser Betracht bleiben kann. Der Zufluss ist zeitweise bis 216 Liter per Secunde gemessen worden, und dringt meist mit starkem Druck heftig strömend aus den Klüften in First und Ulm.

Beiderseits waren die Terrain Verhältnisse schwierig und haben die Anlage kunstvoller und kostspieliger Objecte der Wasserbaukunde nöthig gemacht, bei denen sowohl die Wahl der Lage, als die Construction Rücksicht nehmen musste, dass Reservoirs und Leitungen Sommer und Winter zugänglich, so

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auch möglichst vor Lavinen, Felsstürzen, Hochfluthen und deren Zerstörungen geschützt seien.

Das wildzerrissene Rinnsal der Reuss hat eine resultirende durchschnittliche Neigung von 10 7o? i^an benützte eine natür- liche Gabelung, deren eine rasch abwendende Seite durch die Felsconfiguration beschützt wird, um die Wasserströmung auf- zufangen und durch stückweise zwischen die Felsblöcke des Strombettes gemauerte Abdämmungen zu dem gleich darunter thalab gelegenen Sammel- und Läuter -Reservoir zu führen. Letzteres ist eingewölbt, mit den nöthigen Schieberschleussen zu Füllung, TJeberfallablass und Bodenreinigung versehen, und ist durch senkrechte Wandungen, die alternirend vom Boden oder von der Decke abstehen, in Kammern getheilt, welche das ein- tretende Wasser in gebrochenem, um jene Wände auf- und ab- steigenden Strom durchlaufen muss, um auf diesem Wege schwe- bend mitgeführte feste Körper zu deponiren.

Von diesem Reservoir tritt das Wasser in die Leitung, welche aus eisernen Röhren besteht, mit Flanschen, die mit Bolzen genietet und mit Kautschuk gedichtet sind. Die Leitung bis zum Einfallrohr der Turbinen ist 796™ lang, hat eine Gefäll- höhe von 93™, welche effectiv an Nutzwirkung 85™ darstellen.

Auf der Südseite rief die Ungunst der Sachlage vielfache lange Studien hervor und machte die Wahl und Entscheidung schwer und schwankend. Da man vom Tessin durchaus keine Fallhöhe einbringen konnte, musste man zu den höheren kleinen Wasseradern greifen und bis weit über 2 Kilom. hinaufgehen. Durch bedeckte Leitungen , theils gemauert, theils gestauchte Holzfluther, führte man Wasser bis zu der Oertlichkeit, die man zur Anlage eines im Wesen dem vorerwähnten ähnlichen Sam- mel- und Läuter-Reservoirs geeignet fand, von wo wieder die Röhrentour ausging bis zum Turbinenhaus, und wegen localer Umstände mit Compensations-MufPen versehen ward. Die Länge ist hier 1810™, das Gefäll 181™, welche auf elFectiv reducirt 165™ ergeben, und in directer Anwendung auf Rotationsmotoren von mehr als 200 Pferdekraft in dieser Art vielleicht einzig dastehen.

Trotz allen Vorkehrungen ist aller Zweifel über anhaltende Sicherung reichlichen Kraftwassers nicht ganz beseitigt, da die

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Wahrnehmungen zu constant bleiben, wie auf dieser Seite, nach Süden, der Tunnel sich als Abzapfung der Tagwässer erweist, diese einschluckt und in seine Tiefen stürzen macht. Von den kleinen Fanggräben, welche an den steilen Hängen Wasser sammeln und zur Berieselung ökonomischer Nutzflächen verthei- len, sind mehrere bereits versiegt und an mehrere Besitzer für den entgehenden Nutzen Entschädigungen von der Gesellschaft bezahlt worden. Später hat selbst ein Brunnen der Gemeinde Airolo versagt, und wurde zum Ersatz Trinkwasser von jenseits des Tessin in einer Leitung herübergeführt. Es ist auch in glei- cher Weise die Klage über beschwerlichen Wasserandrang im Tunnel auf der Seite von Airolo eine anhaltende geblieben.

Wenn wir nun übergehen zu jenen Einrichtungen, womit die lebendige Kraft zu dem hier vorliegenden ganz speciellen Zweck verwerthet wird, so betreten wir ein Gebiet, das nicht allein für den Maschinentecbniker, aber für den Physiker über- haupt das reichhaltigste Interesse bietet. Es kann nur beitragen, die Würdigung der hier erreichten Constructionsleistung zu er- höhen und lehrreich zu machen, wenn man einen kurzen Rück- bKck wirft auf die unmittelbar vorangegangenen Entwicklungs- stufen, welche mit dem Lehrgeld der Erfahrung und den nimmer ruhenden Hilfsquellen des Erfindungsgeistes zu dem jetzigen Stadium geführt haben, das ohne Zweifel wieder zu vervoll- kommnetem höheren Fortschritt zu führen bestimmt ist.

Daniel Colladon, Genfer Professor, hat 1852 in Turin ein Patentgesuch eingereicht betrefiPend Tunnelbohrung mit compri- mirter Luft, und der Vorschrift gemäss demselben seine wissen- schaftliche Begründung in mehreren Beilagen angeschlossen. Diese enthielten : a) Versuche 1850 51 52 über die Wider- stände von Luft und Gasen in Röhrenleitungen, Ermittlung ihrer Reibungs-CoefiPicienten bei Fortbewegung proportional dem Lumen ; b) analytische Formeln, abgeleitet für die Anwendung am Mont-Cenis; c) Studien über Compressionspumpen, Wasser- injection, Ansammlung der Luftspannung, Uebertragung der Kraft, Fortleitung und Umsetzung derselben in weiter Entfer- nung am Stollenfeldort zum Betriebe dort verwendeter Apparate. Hiebei schlug er vor, für die Wasserkraft die Form der Turbine zu wählen, am Druck cylinder die Wärmeentbindung durch

r

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Wassermantel und Injection zu kühlen, und erörterte die Ver- wendung von Wasser als flüssigen Druckkolben. Cavour, da- mals Finanzminister, übergab die Vorlage an zwei Regierungs- commissionen, dann an die turiner königL Academie der Wissen- schaften, wonach als Ergebniss ein höchst empfehlendes Gut- achten resultirte. Diese Arbeiten erschienen noch viel später, werthvoll genug, um 1871 in den Berichten der 24. Versamm- lung der schweizer Ingenieure und Architekten ausführlich pub- licirt zu werden. Mittlerweile hatte das turiner Parlament den berühmten Genossen Sommeiller, Grandis und Grattoni einen Credit bewilligt (1854) zu Versuchen einer pneumatischen Eisen- bahn am Monte Giovi (Genua), wozu die Luft durch eine Ma- schine ihrer Erfindung gepresst werden sollte. Nachdem die Sache ohne Folge geblieben war, ordnete das Parlament bei Er- neuerung des Credits weitere Versuche an, diese Maschine zum Zwecke der Tunnelbohrung anzuwenden. Es wurde demnach 1857 bei Genua eine solche, ein grosser Wassersäulen-Compressor oder sogen, hydraulischer Widder gebaut, dabei sich ergab, dass für je 1 Atmosphäre Ueberdruck 5^>^ Gefällerhöhung erforderlich, so- mit der Nutzeffect gering, die Maschine kostspielig und selten anwendbar sei, da selten derartige Wassergefälle vorhanden sind, indem bekanntlich im Hochgebirg je höher, desto geringer die Wasserläufe, da diese erst in tieferen Zonen sich mächtiger sammeln. Trotzdem kam diese Vorrichtung in den Text des Ge- setzes über den Staatsbau am Mont- Cenis, da man damals auf keine andere Weise die industrielle Erzeugung grosser Mengen gespannter Luft zu 6 nominal = 5 effect. Atmosphäre möglich hielt.

Sofort wurden in Seraing 20 grosse hydraulische Widder bestellt für 25™ Gefäll. Südlich bei Bardonneche war man bei 46™ Höhe reichlich versorgt, nördlich bei Modano hatte man zwar Gefällshöhe genug, aber viel zu wenig Wasser. Man verfiel also auf das eigenthümliche und theure Auskunftsmittel, 6 Wasser- räder zu bauen, die aus dem tieferen Bach mittelst Druckpum- pen das Wasser zur Füllung des Reservoirs 26™ hoch heben sollten. Nach der Berechnung sollten 10 Maschinen entsprechend ihren Dimensionen und Gangtempo monatlich 259,200 Cub. met. Luft ä 6 Atmosphären liefern. Sie haben es aber bis 1862 nie

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über ein Maximum von 117,000 Cub. met. gebracht, litten im- mer an Störungen, verschlangen an Reparaturen, Zu- und Um- bauten endloses Greld, und wurden an beiden Tunnelseiten auf- gegeben.

Statt diesen unglücklichen Colossen glaubte man bald eine glänzende Lösung gefunden zu haben; 1863 beantragte der Motiven - bericht der vorgenannten drei Chef-Ingenieurs die Compression mit flüssigem Wasserkolben. Die Erfindung war lang bekannt, 1828 in Dumas’ gewerblicher Chemie abgebildet, später in Paris gebraucht, um Leuchtgas in tragbare Behälter mit 30™ Druck einzupressen. Es wurden nun ohne neue Kosten an die 6 Wasserhebungsräder diese neuerlichen Apparate mit Wasserpressung angehängt, und sollten diese täglich inclusive der Stillstände 12,960 Cub. metr. Luft liefern, während die früheren 10 nur 3900 Cub. metr., da- her man angab, diese Maschinen seien gegen die früheren um ^3 billiger und leisteten dreimal mehr.

Ein grosser Uebelstand jedoch blieb das übermässige zu bewegende Gewicht der im Hin- und Hergang in den Doppel- cy lindern zu drückenden Wassermasse, die (in Modane) allein 2600 Kilogr. und sammt den bewegenden Maschintheilen von 2 gekuppelten über 2800 Kilogr. betrug. So schwere Massen vertragen, um Stösse, Brüche, jedenfalls aber Kraftverlust zu vermeiden, nur sehr vorsichtigen, langsamen Gang, und musste man sich auf 9 Touren in der Minute beschränken. Selbst bei Dampfbetrieb, womit man am Gotthard jene provisorisch bis zur Vollendung der jetzigen Compressoren anlegte, durfte man höch- stens bis 14 15 Touren steigen, da jede schnellere Bewegung keine Mehrleistung erzielte, sondern nur Kohlenverbrauch und Kraftverlust steigerte, der auf das Rütteln der Wassermasse verloren ging. Wollte man aber einen so schwerfälligen, lang- samen Apparat mit einem sehr raschen Motor betreiben, wie z. B. eine Turbine, so würde die Uebertragung vom schnellen ins langsame mannigfache Uebersetzungen und Verzahnungen erfordern, welche den Reibungswiderstand und die Möglichkeit von Gangstörungen ungünstig erhöhen.

Abweichend von allen diesen Systemen wurde für den Gotthardtunnel definitiv die Einrichtung Colladon’s angenommen: liegende Gebläscy linder von mässigem Durchmesser mit raschem

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Gang, daher geringere Kolbenhublänge, ohne Umsetzungen direct durch den rotirenden Motor betrieben. Die Hauptneuerung be- steht in der vordem nicht bestandenen Möglichkeit, nach Belie- ben mit gänzlichem Ausschluss von Wasser, die gespannte Luft vollkommen trocken zu erzeugen und doch unter beständiger wirksamer Kühlung, somit 1. kein Wasserdunst zu beseitigen, keine lästige Eisbildung zu besorgen ; 2. die Dichtungen aus den gewöhnlichen Stoffen sein können, und so wie die Schmiermittel geschont bleiben; 3. keine Absorption stattfindet, die mit dem Druck proportional steigend gefunden ward, daher auch Erspar- niss an Kraftverlust; 4. endlich bei Verwendung mit Gasen der meist schädliche Contact mit Wasser vermieden wird. All dies wird dadurch erreicht, dass nicht allein der Luftcylinder mit einem circulirenden Wassermantel umgeben ist, aber in sehr sinnreicher Einrichtung die Kolbenstange und die Kolbenkörper selbst von einem feinen Strahl Kühlwasser durchströmt wird, und im Falle die gänzliche Trockenheit der Luft nicht gefordert wird, durch ein dünnes Köhrchen Wasser in Staubform in den Druckraum des Cylinders einbläst, das aber höchstens Viooo gesaugten Luftvolums beträgt, somit unwesentlich ist, dagegen statt Schmiere die inneren Theile gleitend erhält, überdies die Luft schon während des Zusammendrückens j^ühlt, nicht erst beim Austritt, wodurch Nutzeffect gewonnen wird.

Ebenso wohlberechnet und den obwaltenden Umständen angepasst sind die Motoren. Colladon als technischer Beirath der Bauunternehmung, beantragte Turbinen mit directer Wir- kung, ohne Vorgelage, Transmissionen, oder sonstigen Verzah- nungen, ja selbst mit Verzichtung auf das wichtige Hilfselement des Schwungrades. Dennoch ist es glücklich gelungen, die Com- pensation der Arbeitsmomente der Umdrehung und dadurch die ruhige Gleichmässigkeit des Ganges, selbst bei weiten Grenzen der Abänderung der Umlaufszeiten, in erwünschter Weise zu erreichen. Es sind nämlich je drei Compressionscjdinder auf einem gemeinschaftlichen Eisenrahmen liegend zusammgekuppeit, so dass ihre Zugstangen von einer gemeinschaftlichen gekröpften Stahlwelle unter einer Kurbelstellung von 120^ geführt werden, an deren beiden Enden je ein grosses Kammrad unmittelbar in den conischen Trieb der Turbinenachse eingreift. Die Druck-

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cylinder haben nur O.^g™ Durchmesser, die mittlere Kolben- geschwindigkeit ist gewöhnlich I.35™ per Secunde, die Länge der Bahn, aus Rücksicht des verschiedenen Einfall wassers des Motors, bei Goeschenen O.gg™, bei Airolo der Unterschied

der Hublänge und Lichte der Cylinderlänge ist auf das Minimum von 6 Millimeter herabgedrückt, dennoch erfolgen keine Stösse und ist die Schädlichkeit auch dieses geringen todten Raumes dadurch eliminirt, dass der verbleibende elastische Luftpolster beinahe hinreicht, die in der Arbeit eines Hinganges verlorene lebendige Kraft des Kolbens im Moment des Wechsels zum Rückgang wieder zu ersetzen. Die Ausgleichung der Bewe- gung ist in solchem Masse erreicht, dass wenn durch Verminde- rung des Einfall Wassers die Umlaufgeschwindigkeit bis auf die Hälfte herabgesetzt wird, dennoch selbst dann noch ein gleich- mässiges Fortgehen sich erzielen lässt. Je zwei solcher Drei- lingsgruppen sind an eine Turbine angehängt, und die Anordnung derart, dass sie selbstständig oder gekuppelt arbeiten können.

Was die Leistung betrifft, so mag es genügen, nur das Hauptergebniss zu vergleichen , wie es sich hier gegenüber dem beim Mont-Cenis darstellt. Es haben nämlich die sämmtlichen Compressoren

Mont-Cenis : Gotthard :

Bardonneclie Modane, Goeschenen Airolo,

83,104—51,240 168,096—144,840

Liter Luft per Minute durch Aspiration aufgenommen; die beiden letzteren weit mehr als das Programm vorangeschlagen hatte.

Bei der Nachrechnung des theoretischen und des relativen effectiven Volums muss der physicalische Umstand als Correctur in Betracht kommen, dass Rauminhalt und Querschnitte der Ventile, sowie die Manometer auf den normalen Barometerstand von 769 Millimeter construirt sind, wogegen die Maschinen auf einen Standort arbeiten, dem nur 660 Millimeter Quecksilber- säule entspricht, daher die Verdünnung der Luft hier nur ^%g-tel des Volums bei ersterer Normaldichte repräsentirt.

Das Hauptelement des ganzen Bewegungsmechanismus, die Turbine, musste den geschaffenen verschiedenen Wasserverhält- nissen angepasst werden, um ihren Vorzug, die Verwerthung

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geringer Wassermengen zu möglichst hohem KraftefFect, den gegebenen Umständen entsprechend auszunützen. Leichter war dies auf der Nordseite, wo die Ueuss sicheres und reichliches Aufschlagwasser gewährt. Hier ward eine neuere Form (System Girard) gewählt, das Rad senkrecht stehend, somit die Achse auf horizontalen Lagern, Radkranzdurchmesser Theilung

80 Fächer, Mitteleinströmung des Wassers, 160 Umdrehungen in der Minute. Schwieriger war die Aufgabe auf der Südseite, wo der geringe Querschnitt der verfügbaren Wassersäule durch abnorme Steigerung der Fallhöhe hydrostatisch wirksam ge- macht werden musste. Hier sind nun horizontal liegende Tan- gentialräder angewendet mit senkrecht stehender Spindel, Rad- kranzdurchmesser 1.20™, Theilung 100 Fächer, Umläufe 390 per Minute, wonach ein Punct der Peripherie in der Secunde fast 25™ zurücklegt. Diese grosse Geschwindigkeit bedingt eine sehr genaue und dauerhalte Construction. In letzterer Beziehung hat man am Material eine merkwürdige und unliebsame physicalische Beobachtung gemacht, nämlich dass alle Art Eisen, ob Guss- oder Schmiedeisen, selbst Stahl, durch den Schlag und Druck des aus dem Einfallrohr so ungewöhnlich rasch herausstürzenden Wassers in unglaublich kurzer Zeit eigenthümlich zerstört wer- den, in der Art, dass auf den Eisenflächen gleichsam granulirte Vertiefungen entstehen, und die Theile wie von Regentropfen zerfressen aussehen, so dass man Anfangs alle 2 3 Monate solche Bestandtheile auswechseln musste. Man will dies einer beschleunigten Oxydation durch die in dem fast unelastischen Wasser eingepressten Luftblasen zuschreiben, welche fortwährend heftig unter Reibung an die Eisentheile angedrückt, diese in der bemerkten Weise zerstören sollen. Da die Erfahrung gelehrt hat, dass Bronze besser widersteht, so werden nun jene Bestandtheile, die der directen Action des Wasserstrahles ausgesetzt sind, aus gehärteter Bronze angefertigt, die sich in diesem Falle 5 6 Mal haltbarer erweist als Eisen.

Die Maschinen derselben Art sind alle genau in den glei- clien Abmessungen construirt, und ist contractlich bedungen, dass die Reserve-Ersatzbestandtheile gleich ohne Unterschied und oline erst einer Appretur zu bedürfen, auf welche immer der ein- zelnen Maschinen passen müssen. Die Turbinen sind jede auf

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250 Pferdekraft gebaut, können eventuell bis 280 leisten; pro- grammmässig war gefordert mindestens 200 Pferdekraft und jede dreicylindrige Gruppe an Luft per Minute 4 Cub. metr. zu 7 Atmosphären oder bis zu 9 Atmosphären im Volum proportio- nal 9 : 7 reducirt.

Schliesslich bleiben nun noch jene wichtigen Werkzeuge anzuführen, die durch die erzeugte arbeitende Kraft in Bewegung gesetzt zur Zertrümmerung des anstehenden Gebirgsgesteins ver- wendet werden. An dieser Stelle, und zu dem dadurch vorge- zeichneten Zweck scheint es geboten, sich auf kurze Andeutung zu beschränken, da der Physiker hier nur ein und dasselbe Prin- cip in allen Varietäten begegnet, dessen Ausführung und hoch- interessante Mannigfaltigkeit in Construction , Leistung und Hilfsmitteln doch mehr den Kreisen des speciellen Technikers und Bergmanns zufällt.

Seitdem die Erfindung des Schiesspulvers in der Kriegs- kunst, wie in der Industrie ihre Umwälzung hervorgerufen, ist bis auf heute durch alle Entwicklungsstufen unermesslichen Fortschritts der Vorgang bei der Gesteinsarbeit derselbe geblie- ben. Es wird eine Eisenstange durch wiederholte Schläge in den Stein getrieben, das entstandene röhrenförmige Loch mit einer explosiven Substanz gefüllt, und durch deren momentane Wir- kung der Zusammenhang der umliegenden Masse getrennt, die dann abgeräumt werden kann. Wie bei jeder mechanischen Ar- beit, entstand auch für diese das Bestreben, die Hand durch die Maschine zu ersetzen, indessen hat es bis in die letzte Neuzeit gedauert, dass dies erfolgte, und sind es vielfältige nicht allein mechanische Ursachen, wesshalb es selbst heute noch ein selte- ner Vorgang geblieben.

Der Allerweltsdiener, der Wasserdampf, ist zu diesem Zweck nicht ohne Uebelstände, besonders in unterirdischen Tief- bauten schwer oder nicht verwendbar, daher man mit Glück auf die Luft verfiel, die man durch Verdichtung zu arbeitsfähiger Spannung brachte, wobei die Form der Bewegungsvorrichtung ein Kolben in einer Hülse von der Dampfmaschine ge- geben war.

Das bereits erwähnte Werk von StapfF enthält reichhalti- ges Material über die Entwicklung der Construction und Ver-

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Wendung der Gresteinsbohrraaschine ; der Mont-Cenis hat eine neue Phase darin gebildet, welche durch den Namen Soinmeiller’s bezeichnet ist; die Pariser und Wiener Weltausstellungen haben als Distanzmesser technischen Culturfortschrittes das jetzige Stadium dieser friedlichen Angriffswaife vorgewiesen, und der Gotthard ist geeignet, somit berufen, eine weitere Stufe zur Vervollkommnung zu werden.

Als hier die Unternehmung bis zum Angriff der Arbeit gediehen war, und die Fertigstellung und Montirung des in den Fabriken bestellten grossartigen Rüstzeugs geraumes Zeiterfor- derniss voraussehen liess, wollte man doch bis dahin die Hilfe- leistung der Maschinarbeit nicht entbehren, daher von der ita- lienischen Regierung das noch brauchbare Material vom Mont- Cenis um 630,442’05 Francs angekauft und möglichst rasch in Action gestellt wurde. Provisorische Luftcompression mit Dampf- motoren ward eingerichtet, die nach hiesiger verbesserter Auf- stellung mit 84^0 Nutzeffect arbeitete, und Sommeiller’s Bohr- maschinen angelegt. Man fand, dass sie übermässig viel Luft verbrauchen, d. h. verschwenden, zu viel manuelle Beihilfe be- nöthigen, namentlich aber das wagenartige Gestell und Trag- gerüst so schwerfällig, raumausfüllend und ungeheuerlich schwer sei, dass die Handhabung und Fortbewegung sehr ungeschickt und schwierig wird. Sie werden daher nur mehr nebensächlich benützt und allmälig umgearbeitet. Was und wie die Bohr- maschine leisten soll, ist wohl leicht zu bezeichnen, sie aber dazu befähigt herzustellen, ohne die Theile übermässig complicirt und gebrechlich zu machen, Stabilität und Handlichkeit ohne übermässiges Gewicht zu erreichen? ist immer noch die Haupt- aufgabe.

Der Bohrmeissel aus Gussstahl bildet die Achsenverlänge- rung des Luftkolbens, welcher ihn somit bei jedem Gange gegen den Stein schleudert. Der Arbeiter kann nach Erforderniss die Hublänge des Kolbens, somit das Ausholen der Bohrstange re- guliren, so dass entweder sehr rasch sehr kurze, somit auch leichtere Schläge geführt werden, oder durch Verlängerung des Hubes durch die ganze Länge des Kolbencylinders hiemit das mechanische Moment vermehrt und der Schlag heftiger wird. Die Schnelligkeit kann bis auf 500 Schläge in der Minute ge-

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steigert werden, gewöhnlich beträgt sie über oder unter der Hälfte dieser Zahl. Die arbeitende Schneide des Bohrmeisseis war auch Gregenstand der mannigfachsten Combinationen, davon man jetzt aber eine beschränkte Garnitur ausgewählt hat, um sie anpassend dem Erforderniss der Umstände in Gebrauch zu führen. Der Meissei muss nach jedem Schlag um ein aliquotes Bogensegment um seine Achse gedreht werden, was die Maschine mittelst eines Sternrädchens automatisch besorgt. Eine lange Schraubenführung endlich ermöglicht das Vorrücken im Sinne der Vertiefung des Bohrloches. Bei jedem Meisseibohrer mündet ein dünner Wasserschlauch, aus dem fortwährend ein feiner Strahl Spülwasser ebenfalls durch den Druck der arbeitenden Luftspannung in die Lochtiefe gepresst wird, um den Bohrstaub auszuschwemmen. Die Meissei haben 25 Millimtr. Durchmesser, die Löcher werden je nach der Natur des Gesteins ausgeschla- gen, von 1.^5 bis gegen 2™ Tiefe; ebenso ist die Anzahl ver- schieden, wie viel auf je einen Feldortsquerschnitt angebracht werden, von 7 8 bis 28 30, auf derselben Oberfläche gleichen Umfangs. Bezüglich der letzteren hat die Erfahrung (schon am Mont-Cenis) dahin geführt, zum Hauptzweck möglichst raschen Vorgriffes sei es am vortheilhaftesten, den Querschnitt des Richt- stollens zu beschränken, und so geht man jetzt nicht viel über 6 [^Meter Stirnfläche. Als Sprengladung der Bohrlöcher wird Dynamit verwendet, allein oder mit Pulverbesatz. Zum Ab- schiessen blieb man bei den getheerten Zündschnüren mit Pulver- seele, da die mehrere Wochen fortgesetzten Versuche mit elek- trischer Zündung zu unbefriedigend blieben und aufgegeben wurden, was zu bedauern, aber nicht zu verwundern ist, be- sonders wenn man selbst bei solchen Versuchen mitgewirkt und sich von dem unerfassbaren Eigensinn ihrer physicalischen Be- dingungen überzeugt hat.

Die verschiedenen Systeme der nach ihren Erfindern be- nannten Bohrmaschinen sind mehrfach am Gotthard vertreten, und ihr oberster Leiter, Ferroux, der am Mont-Cenis 12 Jahre Erfahrung gesammelt, ist unermüdlich beschäftigt als Eklektiker aus dem Vorhandenen die besten Combinationen neu zu ersinnen oder bestehende Maschinen verbessert umzuarbeiten. Kurz vor der Zeit meines Besuches waren vergleichende Versuche bezüg-

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licli der Bohrzeit angestellt worden, deren Resultat, wenngleich unmöglich von absolutem Werth, doch nicht ohne relatives Interesse ist. Es haben nämlich (in der ersten Hälfte 1874) mit Gussstahlbohrern von 35 Millimeter Durchmesser mit 572 At- mosphäre Luftspannung in einer Minute ausgeschlagen in Loch- tiefe :

System Sommeiller (Mont-Cenis) . . . 2.^2 Centimeter

Dubois-Francois (Frankr. Belg.) 2.^^

Mac Kean (America) ....

Ferroux (Gotthard) 4.^^

Der tägliche Vorgriff des Richtstollenfeldorts kann natür- lich kein gleichmässiger sein, da hierauf zu vielerlei Factoren fortwährend Einfluss üben; das Maximum, das in den Tabellen verzeichnet zu finden, ist 5.9q™ in 24 Stunden, an der Südseite, wo das Gestein minder hart, daher das Bohren rascher, wiewohl die sonstige Arbeit schwieriger wegen Wasserandrang und Brüchigkeit des Gesteins, die starke Zimmerung erheisc) t. Die Zeitabschnitte der Arbeit : Bohren, dann Laden und Aöschies- sen, endlich die gebrochenen Berge wegsäubern und ausfördern, sind in ihrem ersten Absatz auch ungleich, da je nach der Natur des Gesteins, Anzahl und Tiefe der Sprenglöcher variirt.

Zur Ausförderung des Bruchmaterials, nachdem es auf grosse Lowries verladen ist, dient eine kleine niedliche Locomo- tive, die aus der Tiefe des Tunnels, so weit er für sie fahrbar, 20 solche Steinkarren herausschleppt bis zum Haldensturz. Da aber die Kohle am Gotthard sehr theuer kommt, überdies Rauch und Dampf lästig sind, so versuchte man condensirte Luft. Es gelang mit bestem Erfolg ohne irgendwelche Abänderung auch nur eines Maschintheils ; hinter die Locomotive wurde auf zwei Plateauwagen ein altes oblonges Luftreservoir eingeschal- tet, mit dem Dampfzuleitungsrohr der Locomotive verbunden, und diese fährt nun ganz trefflich mit Luft, welche mit einer Füllung des Luftkessels 3 4 Fahrten bestreiten kann.

Das Freiwerden von so viel Luft aus den Bohrmaschinen trägt allerdings wesentlich bei, die Arbeitsstätte zu ventiliren, würde aber noch nicht hinreichen, daher zu diesem Zweck eine eigene Rohrleitung besteht, welche an mehreren Stellen Blas- hähne führt, bei deren Oeffnung die Luft mit heftigem Sausen

Verh. N. F. V. 13

178

herausströmt, z. B. dort wo bei den Nacharbeiten eben eine grössere Anzahl von Menschen und Grubenlichtern beisammen ist. Indessen ist man vorbereitet, dass mit der Zeit auch dies nicht genügen wird. Man hat nämlich am Mont-Cenis die Er- fahrung gemacht, dass, als man schon mehrere tausend Meter vorgerückt war, es trotz dem grossen Volum Luft, das aus den Leitungen in der Tiefe des Tunnels fortwährend entbunden wurde, nicht mehr gelingen wollte, eine Circulation ins Freie hinaus herzustellen. Etwa in einem Drittheil der Entfernung vom Mundloch lagerte eine gewissermassen todte Schicht dicker Dünste und Nebel, gleichsam eine Region der Calmen zwischen den Passatströmungen der Maschinen und der Aussenwelt. Um diesen Uebelstand zu bemeistern, will man nun hier kräftige Aspiratoren bauen , welche durch passende Windleiten das Gleichgewicht stören und das Trägheitsmoment der stockenden Dunstschicht überwinden sollen. Die Differenz mit der Aussen- temperatur wird dann wirksamer zu Hilfe kommen. Jetzt schon reicht ihre Einwirkung nicht mehr bis zu den Arbeitern, denn die Temperatur im inneren Ende des Tunnels jetzt etwa 17 19^ C. ist unabhängig von jener der äusseren Luft; auf der südlichen Seite hat man in Folge erschroteten kalten Wassers 4 C. Herabminderung der Stollentemperatur beob- achtet.

Hiemit mögen nun diese vom Standpunkt der Naturkunde ausgegangenen allgemeinen Notizen abgeschlossen sein, und nur als übersichtliche Andeutung dienen, wie reichhaltigen und viel- seitigen Inhalt, wie lebendige und anziehende Anregung der betrachtete Gegenstand für Wissenschaft und technische Praxis zu bieten vermag, besonders aber, wenn es vergönnt ist, durch persönliche Anschauung ein genussvolles und lehrreiches Ge- sammtbild zu gewinnen, dessen Eindruck und empirischer Com- mentar sich weitab nicht durch eine kurze Darstellung er- reichen lässt.

Zur Ergänzung sei noch bemerkt, dass die eidgenössische Regierung Sorge getragen hat, die Rechenschaftsberichte über die Gotthardbahn, welche als internationales Unternehmen von

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deutscher und italienischer Seite subventionirt wird, mit aner- kennenswerther Ausstattung in Druck zu legen, wovon zwei gesonderte Serien verfasst werden : 1. Monatsberichte zu 1 IY2 Foliobogen, dann 2. Vierteljahrsberichte mit Karten und Zeich- nungen, und zu letzteren als zeitweiser Anhang : Journal der geologischen Controle, sammt graphischer Darstellung des Ge- steindurchschnitts im Tunnel.

Diese Publicationen sind in liberaler Weise auch Privaten zur AnschaflPung freigestellt, somit ich mir selbe von Bern ver- schafPen konnte, und es mir zum Vergnügen gereicht, das bisher erschienene vollständige Material dem Verein für Naturkunde zur Ansicht vorlegen zu können.

Aus den statistischen Daten sei nur kurz bemerkt, dass bezüglich der Gotthardbahn der Finanzvertrag im Oktober 1871 geschlossen worden, danach im Winter 1871 72 die Gesellschaft sich constituirte, im Frühjahr die technische Abtheilung organi- sirt ward, und baldigst die Bauarbeiten in Regie begannen, bei Goeschenen am 4. Juni, bei Airolo am 1. Juli. Nach eingehen- der Verhandlung über drei OfPerte bezüglich des Gotthard- Tunnels ward derselbe im August 1872 Louis Favre aus Genf für nahe 48 Millionen Francs zugesprochen, wogegen er 8 Mil- lionen Francs als Caution erlegte mit der Verpflichtung, den Tunnel in 8 Jahren zu vollenden.

Die Arbeiter sind zumeist aus dem geographischen Gebiet der Alpen, jedoch von allen dort vorkommenden Zungen : fran- zösisch, italienisch, romanisch, deutsch, im Durchschnitt ihre Anzahl 11 12 Hundert. Es ist für Krankenpflege gesorgt, es ist eine Hilfs-Gasse mit besonderen Statuten errichtet, und in Airolo eine Kinderschule hergestellt worden. Die Hauptlinie der Gotthardbahn umfasst die Strecke von Luzern um den Vier- waldstättersee herum über den Gotthard durch das Tessinthal, Bellinzona, über den Luganer-See an die italienische Grenze, im Anschluss an die Mailand-Como-Bahn.

13*

Yerzeiclmiss

jener gelehrten Gresellschaften, mit welchen der Verein für Natnr- nnd Heilkunde in Preshurg den Schriftentausch unterhält.

(Wir bitten dieses Verzeicbniss gleichzeitig als Empfangsbestätigung ansehen zu wollen, und ersuchen jene Anstalten, die ihre Publicationen in der letzten Zeit nicht gesendet haben, dieselben gütigst nachtragen zu wollen, sowie wir erbötig sind, mangelhafte Exemplare unserer Vereinsschrift auf erfolgte Kecla- mation, so weit der vorhandene Vorrath reicht, zu ergänzen.)

Agram. Kir. egy etem.

National-Museum.

Ältenburg. Naturforsch. Gesellschaft.

Amsterdam. Kön. Akademie van Wetenschappen.

A?^na&er^(Deiiischi.) Verein für Naturkunde.

Augsburg. Naturhistorischer Verein.

Aussig a. d. Elbe. Naturwissenschaftlicher Verein.

Bamberg. Naturhistorischer Verein.

Basel. N aturfors eher- Ge sells chaft .

Batavia. Kon. naturkund. Vereeniging in nederlandis In die.

Berlin. Kön. preussische Academie der Wissenschaften.

Deutsche geologische Gesellschaft, ßedaction der Zeitschrift für die gesammten

Wissenschaften.

Redaction der Fortschritte der Physik. Botanischer Verein der Provinz Brandenburg. Bern. Naturforscher-Gesellschaft.

Allgem. schweizerische Gesellschaft für die ge-

sammten Naturwissenschaften. I>Vs^ri.s^(Siebeubürgen)Direction der Gewerbeschule.

Bologna. Accademia delle scienze.

Bonn. Naturhist. Verein der preussischen Rheinlande

und Westphalens.

181

Bordeaux.

Boston.

Breslau.

Brünn.

Bruxelles,

Budapest.

Cairo.

Cambridge.

Cassel.

Chemnitz.

Cherbourg.

Christiania.

Chur.

Crefeld.

Czernowitz.

Danzig.

Darmstadt.

Dessau.

Dijon.

Dorpat.

Dresden.

Dublin.

Elberfeld- Barmen

Societe d. Sciences physiques et naturelles. Journal natur. History.

Schlesische Gesellschaft für vaterländ. Cultur. Zeitschrift für Entomologie.

K. k. mährisch-schlesische Gesellschaft zur Be- förderung des Ackerbaues etc.

N aturforscher- Y erein.

W erner- V erein.

Academie royale des Sciences etc.

de Medecine.

Societe entomologique de Belgique.

Observatoire Royale de Bruxelles.

Magyar nemzeti Muzeum.

Magyar tudomanyos Akademia.

M. kir. termeszettudomänyi tarsulat.

M. földtani intezet.

M. földtani tarsulat.

M. földrajzi tarsulat.

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Naturwissenschaftliche Gesellschaft.

Societe des Sciences naturelles.

Kön. norwegische Universität. Naturforscher-Gesellschaft für Graubündten. Naturwissenschaftlicher Verein.

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Naturwissenschaftliche Gesellschaft.

Verein für Erdkunde u. verwandte Wissensch. Naturwissenschaftlicher Verein.

Academie des Sciences. Naturforscher-Gesellschaft. Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis. Gesellschaft für Botanik und Gartenbau.

Society of Natural history.

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Naturwissenschaftlicher Verein.

Emden.

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Naturforscher-Gesellschaft.

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Gesellsch. zur Beförderung der Naturwissensch. Gesellsch. von Freunden der Naturwissenschaften. Oberhessische Gesellsch. für Natur- u. Heilkunde. Naturforschende Gesellschaft.

Kön. Gesellschaft der Wissenschaften. Naturhistorischer Verein.

Verein der Aerzte.

Redaction des steir. Landboten.

Kaiser!. Leopol dinisch-Carolinische Academie der Naturforscher.

Naturforschende Gesellschaft.

Clausthaler naturwissenschaftlicher Verein. Naturhistorischer Verein.

Wetterauer Gesellsch. für die gesammte Natur- kunde.

Naturhistorische Gesellschaft. Naturhistorisch-medicinischer V erein.

Societas scientiarum Fennica.

L’observatoire magnetique et meteorologique. Verein für Naturwissenschaft.

Ferdinandeum für Tirol und Vorarlberg. Karpategylet.

Verein zur Verbreitung naturwiss. Kenntnisse. Naturhistorisches Landesmuseum.

Erdelyi Muzeumegylet. Orvos-termeszettudomanyi tarsulat.

Kön. physic. öconom. Gesellschaft.

Kön. Academie der Wissenschaften. Naturhistorischer Verein.

K. Academie der Wissenschaften. Naturhistorischer Verein.

Societe vaudoise des Sciences naturelles.

Kön. sächsische Gesellschaft der Wissenschaften.

183

Lins.

Liverpool.

London.

Lünehurg.

Manchester.

Mannheim.

Marburg.

MecMenburg.

Milano.

Modena.

Moscou.

München.

Neustadt a.a.Haardt

Nürnberg.

Offenbach.

Palermo.

Paris.

Passau.

Prag.

Regensburg.

Riga.

Rio de Janeiro.

Salzburg.

Stettin.

St. Gallen.

St. Louis. Stockholm.

St. Petersburg. Strasbourg.

Museum Francisco-Carolinum.

Literary and philosophical society.

Koyal society.

The Atlantic.

Naturwissenschaftlicher Verein.

Literary and philosophical society.

Verein für Naturkunde.

Naturwissensch. Verein.

Verein der Freunde der Naturgeschichte.

Reale Institute Lombarde di scienze, lettere ed arti.

Societa geologica.

italiana di scienze naturali.

Real Academia di scienze, lettere ed arti. Societe imperiale des Naturalistes.

Kön. baierische Academie der Wissenschaften. Polichia, naturwissenschaftlicher Verein. Naturhistorische Gesellschaft.

Verein für Naturkunde.

Academia di scienze e lettere.

Cosmos, revue encyclopedique.

Naturhistorischer Verein.

Kön. böhmische Gesellsch. der Wissenschaften. Verein böhmischer Landwirthe.

Naturhistorischer Verein Lotos. Zoologisch-mineralogischer V erein.

Botanische Gesellschaft.

Naturforscher- V erein.

Commission geologique de l’Empire du Bresil.

(Snr. Mayor 0. C. James.)

K. k. landwirthschaftliche Gesellschaft. Entomologischer Verein.

Naturwissenschaftliche Gesellschaft.

Academy of Science.

K. svenska-vetenskaps Academie.

Entomologisk Tidskrift.

Academie imperiale des Sciences.

Societe des Sciences naturelles.

184

Stuttgart.

Trencsin.

Trier.

Udine.

Upsala.

Utrecht.

Venezia.

Washington.

Werningerode.

Wien.

Wiesbaden.

Würzburg.

Zürich.

Ziveibrüchen.

Naturwissenschaftliche Gesellschaft. Termeszettudomänyi tarsulat.

Gesellschaft für nützliche Forschungen. Associazione agraria Friulana. ßegia societas scientiarum.

Kon. Nederlandsch meteorologic Institut.

R. Instituto Veneto di scienze, lettere ed arti. Smithsonian Institution.

Naturwissenschaftlicher V erein.

K. k. Academie der Wissenschaften.

K. k. Centralanstalt für Meteorologie und Erd- magnetismus.

K. k. geologische Reichsanstalt.

K. k. geographische Gesellschaft.

K. k. niederösterreichischer Gewerbeverein.

K. k. zoologisch-botanische Gesellschaft.

K. k. landwirthschaftliche Gesellschaft. Redaction des öst. botanischen Wochenblattes.

der entomologischen Monatschrift. Verein zur Verbreitung naturhist. Kenntnisse. Academische Lesehalle.

Leseverein der Hörer der technischen Hochschule. Verein für Naturkunde.

Physicalisch-medicinische Gesellschaft. Polytechnischer Verein.

Naturforschende Gesellschaft.

Naturhistorischer Verein.

Verzeichniss

der Mitglieder des Vereins für Natur- und Heilkunde in Presburg (bis zur

Jabresversammlung 1880.)

Die pl. t. Herren :

Alter Hermann, Med. und Chir. Dr., k. k. Hegimentsarzt. Anibro Johann, Med. und Ckir. Dr., Professor an der k. ung.

Landeskebammenschule in Presburg.

Andrdssy Eugen, Prof, am k. Staatsgymnasium in Presburg. Angermaier Karl, Bucbdruckerei Besitzer in Presburg.

Bäumler Joh. Leop. jun. in Presburg.

Batka Joh. Nep., Archivar der k. Freistadt Presburg.

BöcJch Bela, Med. univ. Dr., Secundararzt im k. ung. Landes- krankenbause in Presburg.

Bogsch Johann, Prof, an der städt. Oberrealscbule in Presb. Brehm Alfred, Dr. (Ehreninitglied).

10 Bügel Edmund, Med. univ. Dr., k. k. Landwebr-Hegmtsarzt. Geller Eerdinand, Med. Dr., practiscber Arzt in Presburg. Gsattogany Johann v., Privatier in Presburg.

Bavid Julius, Dr. pbil., Prediger der isr. Peligionsgemeinde. Degen Gustav v., Dr. juris, Professor an der k. ung. Hecbts- academie in Presburg,

Deutsch IgnaD, Dr. jur., Advocat in Presburg.

Devdn Gart v., Medicinalratb, emer. Director des kön. ung.

Landeskrankenbauses in Presburg.

Dietrich Josef, Prof, an der städt. Oberrealscbule in Presb. Dobrovits Mathias, Med. univ. Dr., pract. Arzt in Presburg. Edl Theodor, kÖn. Ratb, Präsident der Handels- und Gewerbe- kammer in Presburg.

20 Eder Johann, Seifensiedermeister in Presburg.

Erdy Stefan, Apotheker in Presburg.

E eigier Ignatz, Arcbitect in Presburg.

186

Feigier Karl, Architect in Presburg.

Fischer Josef, Privatier in Presburg.

Friedmann Karl, Med. und Cbir. Dr., pract. Arzt.

Fuchs Albert, Prof, des evang. Lyceums in Presburg.

Gessner Michael, Kaufmann in Presburg.

Gotthardt Karl, Med. und Cbir. Dr., Primararzt im k. ung.

Landeskrankenhause in Presburg.

Gottl Moritz, k. Rath, Bürgermeister der k. Preist. Presburg. 30 Gottlieh Fduard, Med. und Chir. Dr., k. k. Oberstabsarzt und Sanitätschef in Presburg.

Grailich Friedrich, emer. Prof, am ev. Lyceum in Presburg. Heiller Karl, Bischof und Stadtpfarrer in Presburg.

Heim Eduard, Med. univ. Dr., Secundararzt im königl. ung.

Landeskrankenhause in Presburg.

Heinrici Friedrich, Apotheker in Presburg.

Hecksch Alexander, Schriftsteller.

Heller Mareus, Dr. juris, Advocat in Presburg.

Holldn Adolf v., kön. ung. Ministerialrath und Director des Landeskrankenhauses in Presburg.

Imely Anton v., Privatier.

Jäger Karl, k. k. Baurath u. Inspector des Hafenbaues in Triest. 40 Jenihovszhy Heinrich, Thierhändler.

Kanha Karl, Med. und Chir. Dr., Primararzt im kön. uug.

Landeskrankenhause in Presburg.

Kassovitz David, Med. und Chir. Dr., pract. Arzt in Presb. Kempelen Rudolf v., k. ung. Finanzrath in Presburg.

Kepes Julius v., Dr., k. u. Honved-Stabsarzt (Ehrenmitglied). Klatt Virgil, Professor an der städt. Oberrealschule in Presb. Klug Leopold, Prof, an der städt. Oberrealschule in Presb. Koch Alois, Ritter v., pract. Arzt in Presburg.

Könyölä Josef, Prof, an der städt. Oberrealschule in Presb. Kovdts Georg v., Med. und Chir. Dr., zweiter Stadtphysicus in Presburg.

50 Krapp Leonhard, Buchhändler in Presburg.

Krehesz Franz, Wund- und Oeburtsarzt in Presburg. Kuchynha Theodor, Zahnarzt in Presburg.

Kvapil Karl, Med. und Chir. Dr., emer. k. k. Oberarzt, pract. Arzt in Presburg.

187

LampreeJit AndreasJ städt. Thierarzt in Preshurg.

Langer Anton^ k. ung. Finanzrath in Preshurg.

Lendvag Benjamin, Med. und Chir. Dr., Physicus des Pres- burger Comitates in Preshurg.

LieUeitner Johann, Prof, an der städt. Unterrealschule zu St. Martin in Preshurg.

Lucich Geza, Apotheker und Prof, der Chemie an der städt. Oberrealschule in Preshurg.

Mednydnszhy Dionys, Freiherr v., emer. königl. ung. Oberst- Kammergraf in Schemnitz.

60 Meissl Franz v., Apotheker in Bösing.

Modrovics Johann v., Privatier in Preshurg.

Molndr Emer ich v., städt. Buchhalter in Preshurg.

Nirschy Stefan, Gärtnermeister in Preshurg.

Oehler Ahraham, Med. u. Chir. Dr., Bezirksarzt in Malaczka. Paikrt Alois, Med. und Chir. Dr., k. k. Stabsarzt in Presb. Parcsetics Ennerich v., Privatier in Preshurg.

Bayer Julius, Bitter v. (Elirenmitglied).

Pisztory Felix, Apotheker in Preshurg.

Poliheit Karl, Prof, an der städt. Oberrealschule in Preshurg. 70 Porias A., Med. und Chir. Dr., k. k. Oberstabsarzt. Prohaszha Ferdinand, Wund- und Zahnarzt in Preshurg. Rigele August, Med. und Chir. Dr., pract. Arzt in Preshurg. Bözsay Emil, Professor am k. Staatsgymnasium in Preshurg. Ruprecht Martin, Med. und Chir. Dr., pract. Arzt in Presb. Samarjay Michael v., Director der städt. Oberrealschule in Preshurg.

Scherz Rudolf v., k. k. Oberlieutenant in der Armee.

Schiller Friedrich, Privatier.

Schlemmer Anton, Med. und Chir. Dr., Chefarzt der k. k.

Staatseisenbahn- Gesellschaft in Wien.

Schlemmer Josef, Med. und Chir. Dr., Primararzt im k. ung. Landeskrankenhause in Preshurg.

80 Schneller August, k. k. Bittmeister in Pension in Preshurg. Schreiber Alois, Privatier in Preshurg.

Sluhek Gustav, k. k. Lieutenant in der Armee.

Sölcz Rudolf V., Apotheker in Preshurg.

Stampfei Karl, k. akad. Buchhändler in Preshurg.

188

Stein Leopold, Med. und Chir. Dr., pract. Arzt in Presburg.

Steiner Josef, emer. k. k. Militärarzt.

Steinmeier Josef Med. univ. Dr., Secundararzt im k. ung. Landeskrankenhause in Presburg.

Steltsner Ferdinand, pens. k. k. Statthalt.-Hilfsämter-Director.

Stern Josef Med. und Chir. Dr., pract. Arzt.

90 Stern Moriz, Magister der Chirurgie, pract. Arzt.

Stihränyi Martin, Med. und Chir. Dr., Comitats-Bezirksarzt.

Smlay Edmund v., Dr. juris, Advocat, emer. Director der Waagthalbahn.

Szigdny Michael, Med. und. Chir. Dr., Oberarzt der Barm- herzigen in Presburg.

Ssily Coloman v., Dr. und Bector der technischen Hochschule in Budapest.

Tauscher Bäa, Med. und Chir. Dr., erster Stadtphysicus von Presburg.

Toman C., Med. und Chir. Dr., k. k. Regimentsarzt.

Tschusi- Schmidhofen Victor, Ritter v., k. k. Hauptmann in Pension, in Hallein.

Udvardy Fram v., k. ung. Finanzrath in Pension.

JJhrl Josefine, Directrice der k. Staats-Lehrerinnen-Präpa-

100 ümlauff-FranJcwell Julius, Ritter v., Dr. jur., Advocat. Veszely Karl, Med. und Chir. Dr., k. k. Regimentsarzt. Weiss Samuel, Med. und Chir. Dr., pract. Arzt.

Weyprecht Karl v., k. k. Linienschiffs-Lieutenant (Ehren- mitglied).

Wiedermann Karl, Director des k. Staatsgymnasiums Presb. Wigand Karl, Buchdruckereibesitzer.

WilcseTc Hans, Graf, Sr. Maj. geh. Rath, Excell. (Ehrenmitglied). Willerding August v., Med. u. Chir. Dr., k. k. Oberstabsarzt in Pension in Presburg.

Windisch Anton, Kaufmann in Presburg.

Wodianer Emerich, Beamter der I. ung. Assecur.-Gesellsch. 110 Wolfheis0 Adolf, Med. und Chir. Dr., practischer Arzt.

Zsigdrdy Aladdr, Med. und Chir. Dr., Assistent an der k.

randie in Presburg.

Von den

Verhandlungen

des

Vereins für Naturkunde

zu Presburg

sind bisher erschienen nnd durch die akadem. Buchhandlung Carl Stampfei in Presburg zu beziehen :

I. Jahrgang 1856.

n.

1857, 1. und 2. Heft.

ni.

1858, 1. und 2. Heft.

IV.

1859.

V.

1

??

1860—61.

VI.

??

1862.*)

VII.

’i’l

1863.*)

VIII.

1864 65.

IX.

1866.

Neue Folge 1. Heft. Jahrg. 1869 70.

2. Jahrg. 1871 72.

*) Diese unter dem Titel : Correspondenzblatt I. und II. Jahrgang.

Druck von C. F. Wigand in Pr>;sBburg'.

Ä POZSOHYI

TEl^SZETTlOllini ts 0E70E1 EEILET

KÖZLEMENYEI.

UJ FOLYAM. - 4. FÜZET.

1875—1880.

VERHANDLUNGEN

DES

t

PEESBURG.

NEUE FOLGE. - 4 HEFT.

JAHRGANG ISV5 ISSO.

POZSONY-PRESBÜR&, 1881.

SELBSTVERLAG DES VEREINS. IN COMMISSION BEI C. STAMPFEL

k. ftkad. Buchhümllcr.

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