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REISE SEINER MAJESTÄT FREGATTE NOVARA

UM DIE ERDE.

GEOLOGISCHER THEIL

II. BAND.

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REISE

DER

ÖSTERREICHISCHEN FREGATTE NOVARA

UM DIE ERDE

TN DEN JAHREN 18 57, 1858, 185 9

UNTER DEN BKFEHLEN DES COMMODORE

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GEOLOGISCHER THEIL

ZWEITER BAND:

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ERSTE ABTHEILtTNG, GEOLOGISCHE BEOBACHTfNGEN. ZWEITE ABTHEILUNG, PALÄONTOLOGISCHE MITTHEILl'XGEN.

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WIEN

AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRUCKEREI.

1866.

IN C01H1HISSION BEI KARL GEROLD'S SOHN.

VORWORT.

Den Inhalt dieses zweiten Bandes, mit welchem der geologische Theil des Novarawerkes seinen Abschluss findet, bilden Aufsätze, welche ur- sprünglich schon während der Reise in der Form von Berichten an die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien geschrieben waren, als solche im Manuscript aufbewahrt blieben und nun erst umgearbeitet und erweitert zur Veröffentlichung gelangen. Die Reihenfolge dieser Aufsätze findet, was die auf der Reise berührten Länder und Gebiete betrifft, so weit dieselben überhaupt Gelegenheit zu geologischen Beobachtungen boten, ihre Ergänzung in den bereits früher anderweitig erschienenen Berichten und Veröffentlichungen, welche ich mir hier zusammenzustellen erlaube :

Madeira, ein Vortrag, gehalten am k. k. polytechnischen Institute. Wien,

W. Braumüller. 1861. Nachrichten über die "Wirksamkeit der Ingenieure für das Bergwesen in Niederländisch-Indien. Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt. 1858, S. 27 7. Schreiben von Alexander v. Humboldt. Sitzungsberichte der kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften 1859, Bd. XXXVI, S. 121 (darin eine Zusam- menstellung der thätigen und erloschenen Vulkane von Luzon mit Karte). Notizen über fossile Thierreste und deren Lagerstätten in Neuholland. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. 1859, Bd. XXXV, S. 349.

VI

An diese Aufsätze allgemeineren Inhaltes schliessen sich einige Ab- handlungen an, in welchen einzelne Gegenstände der von mir mitge- brachten Sammlungen besonders bearbeitet wurden:

Dunit, körniger Olivinfels vom Dun-Mountain bei Nelson, Neu-Seeland, in der Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft. 186 4.

Über das Vorkommen und die verschiedenen Abarten von neuseeländischem Nephrit (Punamu der Maoris). Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. 1864, Bd. XLIX.

Krystallographische Untersuchung des Rothbleierzes von Lu/.on in H. Dau- ber's: Ermittelung krystallographischer Constanten, 22. Rothbleierz, Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. 1860, Bd. XLIL

Für die in der paläontologischen Abtheilung dieses Bandes enthaltene Bearbeitung javanischer und nikobarischer Fossilien spreche ich den Herrn Prof. Dr. A. E. Eeuss und Dr. C. Schwager meinen verbindlichsten Dank aus und bedaure nur, dass aus den S. 148 angeführten Gründen nicht ebenso eine Bearbeitung der von mir mitgebrachten reichen Samm- lung javanischer Tertiär- Conchylien dieser Abtheilung einverleibt werden konnte.

Zu erwähnen habe ich noch die Bestimmung, welche in Betreff der von mir während der Novarareise zusammengebrachten mineralogischen und geologischen Sammlungen vom hohen k. k. Staatsministerium auf meinen Wunsch dahin getroffen wurde, dass die Hauptsammlung mit sämmtlichen Originalien dem kaiserl. Hof-Alineraliencabinete einverleibt werde, und die Doubletten an andere wissenschaftliche Sammlungen des Kaiserstaates vertheilt Averden.

Wien im November 1866.

Dr. Ferdinand von Hochstetter.

ERSTE ABTHEILUNG:

GEOLOGISCHE BEOBACHTUNGEN.

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GEOLOGISCHE BEOBACHTUNGEN

WÄHREND DER

REISE DER ÖSTERREICHISCHEN FREGATTE NOVARA

UM DIE ERDE

IN DEN JAHREN 1857, 1858, 1859.

VON

Dr. FERDINAND von HOCHSTETTER

RITTER DES KAIS. ÖSTERR. ORDENS DER EISERNEN KRONE III. CLASSE l'ND DES KÖN. WÜRTTEMB. KRONORDENS, PROFESSOR DER MINERALOGIE UND GEOLOGIE AM K. K. POLYTECHNISCHEN INSTITUTE ZU WIEN , MITGLIED DER KAIS. LEO P OLD.-CAKOL. -DEUTSCHEN AKADEMIE DER NATURFORSCHER, CORRESPONDIRENDEM MIT- GL1EDE DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU WIEN, DER MATH. -PHYSIK. CLASSE DER KÖN. BAYER. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN, DER

BRITISH ASSOCIATION FOR THE ADVANCEMENT OF SCIENCE etc. etc.

MIT 5 TAFELN UND 33 HOLZSCHNITTEN.

Novara -Expedition. Geologischer Theil. II. Band, 1. Abtheilung.

B

XI

INHAL T.

Seite

I. Geologische Skizze von Gibraltar 1 12

Der Fels von Gibraltar besteht aus jurassischem Kalkstein. Dessen Schichtung und Lage- rung. Versteinerungen. Früherer Zusammenhang. Terrassen mit gehobenen Strandbildungen. Die „red sands". Die Sandfläche des neutralen Grundes. Die Knochenbreccie von Gibraltar. „Felsachat". Höhlen. Die St.-Michaelsgrotte. Die Martinshöhle. Umgegend von Gibraltar. Die Sandsteinformation der Carboneraberge. Bunte Mergel und Schiefer bei Algeciras. Crag bei St. Roque mit Brachiopoden, Bryozoen und Foraminiferen. Die Strasse von Gibraltar.

II. Bemerkungen über den Gneiss der Umgegend von Bio de Janeiro und dessen Zersetzung . . . 13 18

Zwei Hauptvarietäten. 1. Grauer Gneiss mit Granaten. Dessen tiefgehende Verwitterung und Zersetzung. Baira Vermelho der Brasilianer analog der „Laterite°-Bildung in Indien und auf Ceylon. Blockbildungen auf den Inseln der Bai. Kersantitblöcke bei der Tejuea. 2. Porphyr- artiger Gneiss oder Gneissgranit bildet die Kegel und Zuckerhutformen bei Rio.

III. Beiträge zur Geologie des Caplandes 19 3S

Die Cap-Halbinsel. Allgemeiner Naturcharakter. Geologische Zusammensetzung. Graniti- sche Basis. Dioritgänge. Thonschiefer des Capdistrictes. Zersetzung des Thonschiefergebirges. Bohnerzbildung. Tafelberg-Sandstein. Seine Erosionsformen. Geotektonische Bedeutung des- selben. Parallele Ketten. Aufbruchsthäler, Klüfte und Spalten. Die Hexriver-Spalte und die heissen Quellen von Brand-Valley. Bain's zweierlei Thonschiefer- und Sandsteinbildungen. Die Zonderend-Bergkette. Rubidge über die Verhältnisse bei Michell's Pass. Der petrefacten- führende Thonschiefer von devonischem Alter. Zweifelhaftes Alter des Tafelberg-Sandsteins. Die Karoo-Bildungen. Der Tafelberg-Sandstein vielleicht ein flötzleerer Kohlensandstein. Jün- gere Bildungen. Quarzite mit Pflanzenresten auf der Cap'schen Fläche. Sandsteinbildung der Macasardowns. Thoneisenstein- und Brauneisenstein -Bildungen. Adlersteine, Wiesen- und Sumpferz. Kalkstein-Bildungen. Gehobene Muschelbänke. Muschelhaufen. Heisse Quellen des Cap-Districtes.

IV. Geologische Beschreibung der Insel St. Paul im indischen Ocean 39—67

Karten von St. Paul. Relief. Äussere Form und Gestaltung. Der Krater, das Kraterbassin. Wetter bei St. Paul. Einige Grössen- und Höhenverhältnisse. Geologische Entwicklungsgeschichte. Durchschnitt an der Pinguin-Bai. Rhyolitbisches Grundgebirge. Dolerit-Durehbrüche und thonige Rhyolithische Tuffe und Breccien, Perlit und Obsidian der ersten submarinen Eruptionsperiode. Tuffbildungen der zweiten submarinen Periode. Ergüsse basaltischer Lava, Schlacken- und Tuffbildungen der dritten supramarinen Eruptionsperiode. Östlicher Steilabfall. Der Ninpinrock. Gangmassen der dritten Periode. Tachylytkrusten , Schlackenblasen. Schlackenkegel. Die Vier- Hügel. Schlackenkegel beim Nord -Point. Begrabene Schlackenkegel. Nachwirkungen der vulcanisehen Thätigkeit. Heisse Wasserdämpfe. Heisse Quellen. Badequelle, Trinkquelle. Heisse

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XII

Seite Fläche auf dem Plateau der Insel. Brauneisenstein-Bildung an der Oberfläche. Erosionswirkungen des Meeres. Bildung des Kratereinganges durch einen Bergsturz. Die Barren am Kratereingang. Untermeerisehes Plateau an der Ostseite der Insel.

Analysen von Gesteinen der Insel St. Paul von Herrn Bergrath Karl Ritter v. Hauer.

Die Insel Amsterdam 67— 70

Anhang. Die mikroskopischen Lebensformen auf der Insel St. Paul, von C. G. Fh renborg 71 82

V. Beiträge zur Geologie und physikalischen Geographie der Nikobar-Inseln 83 112

Erhebungslinie der Nikobaren. Das austral-asiatische Erhebungsfeld.

1. Die auf den Inseln auftretenden Gebirgsformationen. Die beobachteten und näher unter- suchten Localitäten. Kar-Nikobar. Batti Malve. Tillangschong. Kamorta, Trinkut, Nang- kauri. Treis und Trak. Pulo Milu. Kondul. Gross-Nikobar. Die Serpentin- und Gabbrofor- mation der Nikobaren. Tertiäre Tbon-, Mergel- und Sandsteinformation, verglichen mit ähn- lichen Bildungen auf Java. Korallenbildungen.

2. Über das Vorkommen von Kohlen und anderen nutzbaren Gesteinen oder Mineralien auf den nikobarischen Inseln.

3. Der Boden und seine Vegetationsdecke. Schema für geognostische Grundlage. Charakteristik der Bodenart und entsprechende Pflanzenformation. Der Mangrovenwald. Der Kokoswald. Der Hochwald. Der Pandanuswald. Grashaide. Der Urwald.

4. Quellen, Bäche und Flüsse.

5. Temperaturbeobachtungen, Wasser- und Bodentemperatur.

VI. Geologische Ausflüge auf Java 113 152

Junghuhn. Übersicht der Ausflüge.

1. Das Gedehgebirge. Gunung Pangerango. Der Krater des Gedeh.

2. Der Tangkuban Prahu. Kawa Upas oder der Giftkrater. Kawa Ratu oder der Königskrater.

3. Das südwestliche Grenzgebirge des Plateau'« von Bandong. Der District Rongga. Reiseplan. Tjuruk Djombong. Tj. Lanang. Tj. Kapek. Der Trachytfels Batu Susun. Tjililin. Die Kalk- brennerei von Liotjitjangkang. Die Fundorte javanischer Tertiärconchylien beim Zusam- menflusse des Tji Burial und Tjitankil, dann im Tji-Lanangthale am Fusse der Sandstein- wand Gunung Sela. Kalkbreccienfels Batu kakapa. Schlucht Tjukang Raon. Wasserfall Tjuruk Alimum. Gunung Lanang. Sangjang hölut. Die Kalksteinwand des G. Nungnang. Fläche von Radjamandala. Sangjang Tjikoro. Geologische Resultate. Eocäne Nummuliten- und Orbitulitenkalke das älteste sedimentäre Gebilde auf Java. Jüngere Tertiärbildungen. Sammlungen tertiärer Conchylien. Gliederung der javanischen Tertiärformation. Die erup- tiven Bildungen. Masseneruptionen von Trachyten. Vulcanische Kegelbildung aus Andesit- laven.

VII. Das Stewart-Atoll im stillen Ocean 153—161

Beschreibung des Atolls. Bootpassage an der Nordwestseite. Die Blumentöpfe. Die Insel Fäule. Bimsstein auf Fäule. Grosse Verbreitung von Bimsstein an der Ostküste von Australien und im Bereich der westpolynesischen Inselwelt. Geologische Folgerungen daraus.

XIII

ILLUSTRATIONEN.

Tafeln.

Seite

1. ICawa Katu oder der Kö'nigskrater, der östliche noch thätige Krater des Tangkuban Prahu auf

Java. In Farbendruck als Titelbild und zu Seite 126

2. Geologische Karte des C'ap-Districtes , 38

3. Geologische Karte der Insel St. Paul mit 2 Ansichten und 2 Durchschnitten in Farbendruck . , 70

4. Ceologischer Durchschnitt der nordwestlichen Küste von Kar Nikobar (Holzschnitt) . . . . 88

5. Das Stewart Atoll im stillen Ocean (Farbendruck) 182

Holzschnitte im Text.

Der Fels von Gibraltar 4

Der Zuckerhut an der Einfahrt in den Hafen von Rio de Janeiro 18

Durchschnitt durch den Cap-District 21

Ansicht des Tafelberges mit der Capstadt 24

Durchschnitt der Zonderend-Bergkette 30

Durchschnitt an der Pinguin-Bai (Nordostküste der Insel St. Paul) 46 und 54

St. Paul von der Ostseite gesehen " 52

Ninpinrock (St. Paul) ' 53

Basaltische Lavabänke (St. Paul) 53

Gangmasse bei der südlichen Barre (St. Paul) 55

Schlackenblase mit Tachylytkruste (St. Paul) 55

Schlackenkegel beim Nordpoint (St. Paul) 57

Begrabener Schlackenkegel (St. Paul) 5 7

Amsterdam von St. Paul aus gegen N-YV in 42 Meilen Entfernung 67

Südwestseite von Amsterdam aus 5 Meilen Entfernung 67

Südostansicht von Amsterdam 69

Der Archipel der Nikobaren (Zinkographie) 85

Chondrites Nicobarensis Höchst 88

Insel Batti Balve (Nikobaren) 89

Insel Tillangsehong (Nikobaren) 89

Durchschnitt der Südostküste von Tillangsehong 90

Durchschnitt längs des Nangkauri-Hafens (Inseln Kamorta und Trinkut, Nikobaren) 90

Durchschnitt der Insel Trak (Nikobaren) 92

Gesteins- und Vegetationskarte der Insel Pulo Milu (Nikobaren) 92

Durchschnitt der Insel Pulo Milu 92

XIV

Seite

Ansicht des höchsten Gebirgsrückens von Gross-Nikobar 93

Das Gedeh-Gebirge auf Java, Ansicht von der Fläche von Radjamandala aus . . .... 119

Durchschnitt des Gedeh-Gebirges H9

Das Kraterfeld des Tangkuban Prahu am 18. Mai 18 58 125

Durchschnitt durch das Kraterfeld des Tangkuban Prahu 125

Oberster Theil der östlichen Kraterwand des Königskraters (Tangkuban Prahu) 128

Batu Susun am Nordabhang des Gunung Bulut, Trachytfels mit säulenförmiger Absonderung (Java) .... 134 Höhlen mit essbaren Schwalbennestern im Gunung Nungnang bei Gua, eocäner Kalkstein .142

Geologische Skizze von Gibraltar. '

(jTibraltar ist ein halbinselartiger Fels mit einer mittleren Kamnihöhe von 1300 engl. Fuss, genau von Nord nach Süd gestellt, 21/, engl. Meilen lang und 3/4 breit, an drei Seiten vom Meere umgeben und nur an der Nordseite durch eine schmale sandige Landzunge mit dem Festlande von Spanien verbunden. Er besteht aus Kalkstein und trägt auch alle charakteristischen Eigenschaften einer Kalkstein- formation an sich: schroffe steile Wände, zerrissene nur mit spärlicher Vegetation bedeckte Gipfel, Grotten und Höhlen im Innern, an der Oberfläche tiefe Rinnen und runde Löcher. Diesen Charakter zeigt er vom Seespiegel, wo ihn die Bran- dung des Meeres untergräbt, aushöhlt und abspült, wo ihn Pholaden angebohrt haben, bis zum höchsten Gipfel, wo die Atmosphärilien an ihm nagen und der Regen, von dem scharfen Grat auf der gegen West abdachenden Fläche ablaufend und in Bächen herabrinnend, Furchen und Löcher ausgefressen. Die östliche Seite des Felsen ist ein senkrechter Absturz , den theilweise eine kolossale Schutthalde, an der unter dem Einflüsse der heftigen Ostwinde feiner Meeressand nach und nach gegen 1000 Fuss hoch hinauf gerückt ist, verdeckt. Die Schutthalden an der Nordostseite des Felsens liefern das Material für eine Reihe von Kalköfen, welche hier stehen. An der Westseite gegen die Stadt Gibraltar dacht der Fels mehr allmählich ab , so dass er von dieser Seite besteigbar ist. Die Abdachung entspricht der Neigung der Schichten.

Die Schichtung des Kalkes ist zwar nicht überall deutlich, am wenigsten an der untern Partie des Felsen, sie tritt jedoch sehr klar am obem Kamme hervor, besonders da, wo die Kalkbänke mit dünnen Mergelbänken wechsellagern. Man überzeugt sich leicht, dass die Hauptstreichungsrichtung der Schichten von Nord nach Süd geht und das Verflachen eben so regelmässig ein westliches ist. Nur der

1 Bericht an die kaiserliche Akademie der Wissenschaften vom 7. Juli 1857 mit einigen neueren Zusätzen.

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bn\ *

2 Dr. F. v. Hochstetter.

Neigungswinkel der Schichten wechselt; am nördlichen Theile des Felsens ist er entschieden geringer als am südlichen. Die Felsgallerien an der Nordseite steigen gleichmässig mit den Schichten auf; es scheinen demnach die unteren und oberen Gallerien bis zu St. George's Hall in zwei über einander liegenden mächtigen Kalkbänken ausgesprengt und ausgehauen zu sein. Die Neigung dieser Bänke gegen Westen beträgt höchstens 18°; am Wege von der Signalstation zur St. Mi- ehaelsgrotte wechselt der Winkel dagegen zwischen 45° und 55 und an der südlichsten höchsten Spitze des Felsens, an dem 1403 engl. Fuss hohen O'Haras Tower ragen die Schichtenköpfe der einzelnen Bänke fast senkrecht mit 70 bis 80° in die Höhe. Der Fels stellt somit eine gegen Osten ihrer Länge nach , gegen Norden und Süden quer ihrer Breite nach steil abgebrochene, gegen Westen aber mit windschiefer Fläche verschieden geneigte Felsplatte dar. Südlich ist die Platte mit steilerem Winkel geneigt als nördlich. Die dislocirende Kraft muss also südlich stärker gewirkt haben als nördlich.

Der Kalkstein des Felsen ist vorherrschend dicht, hellgrau, mit muschligem Bruch. Stellenweise nimmt er ein feines krystallinisches Korn und eine milch- weisse Farbe an. An der Nord- und Westseite ist der Fels von zahlreichen Kalk- spathadern durchzogen, die zum Theile eine beträchtliche Dicke von mehreren Füssen erreichen, sich netzförmig durchkreuzen und an der verwitterten Über- fläche des Gesteines in erhabenen Leisten hervorstehen. Auf solchen Kalkspath- adern kommen in Hohlräumen bisweilen schöne, wasserhelle und sehr flächen- reiche Calcitkrystalle von 1/i Zoll Dicke und 1 Zoll Länge vor (z. B. an der Westseite, wenige Fuss über der Meeresoberfläche), auch sehr niedliche Quarz- krystalle, welche wegen ihrer Durchsichtigkeit unter dem Namen ..Felsdiamanten" bekannt sind.

Versteinerungen sind ausserordentlich selten; das Einzige, was ich fand. waren an der Nordostseite die spiegelnden Querbrüehe von Stielgliedern von Crinoideen und in den Felsen bei der Catalanbay an der Ostseite undeutliche Gasteropodenreste. Herr Frembly, Kanzler des österreichischen Generalconsulates. der sich seit mehreren Jahren eifrig und erfolgreich mit der Geologie von Gibraltar beschäftigt und die Güte hatte mir zahlreiche Notizen darüber schriftlich zu übergeben, hatte auch sorgfältig Alles gesammelt, was in den letzten vier Jahren bei den Sprengarbeiten an der Nordostseite des Felsens gefunden worden war. Es waren vorherrschend Steinkerne von Terebratula , Rhynchonella ;, Sjpirifer, Avicula und einige Gasteropoden, die durchaus jurassischen Charakter an sich tragen. Vor Jahren soll auch einmal ein Ammonit gefunden worden sein. Herr Frembly hat seine Sammlung dem bekannten englischen Geologen Prof. D. T. Ansted, der 1857 zum Zwecke geologischer Untersuchungen sich in der Umgegend von Malaga aufhielt, zur Bearbeitung und Bestimmung zugesendet. In dem seither

Gibraltar. 3

von Prof. Ansted über die Geologie der Umgegend von Malaga und des süd- lichen Andalusiens (Quart. Journ. Geol. Soc. XV. 1859, p. 594) publieirten Aufsatz wird bemerkt, dass die Untersuchung dieser Fossilien durch MM. de Verneuil und Deshayes zu keinen wesentlich neuen Resultaten geführt, sondern nur die Ansicht von dem jurassischen Alter des Kalksteins bestätigt habe. Dagegen erwähnt Dr. Ferd. Römer in seinen anziehenden geologischen Reiseuotizen aus Spanien (Neues Jahrb. für Mineralogie, Geologie und Paläontologie 1864, p. 788), dass er bei E. de Verneuil deutliche Exemplare von Spirifcr tumidus und Rhynchonella tetraedra aus dem Fels von Gibraltar gesehen habe, die auf ein liassisches Alter des Kalkes schliessen lassen.

Interessant ist der Fels von Gibraltar durch eine Reihe geologischer Er- scheinungen, welche beweisen, dass die Säule des Hercules seit der ersten Bildung ihres Materials auf tiefem Meeresgrund in ihrer geologischen Geschichte nicht weniger mannigfachen Wechselfällen unterworfen war, als seit der Besitzergreifung des Menschen in ihrer merkwürdigen politischen Geschichte.

Der Fels von Gibraltar muss als der Rest einer weit ausgedehnten Kalkstein- formation betrachtet werden, die einst vor der Bildung des mittelländischen Meeres- beckens, welche in die Tertiärzeit fällt, einen ansehnlichen Gebirgszug bildete, der Afrika mit Europa verband. Südlich an der Küste von Marokko ist in der zweiten Säule des Hercules, dem Abyla der Alten , jetzt Monte Simia (Affenberg) genannt, die Fortsetzung der Formation zu erkennen. Nördlich aber auf dem .spanischen Festland darf man wohl den hohen spitzen Kegel, wahrscheinlich zur Sierra del Nieve südlich von Ronda gehörig, welcher genau in der Streichungs- linie von Gibraltar gelegen ist, als Fortsetzung nehmen \ Er zeigt von Gibraltar aus gesehen genau dasselbe ProHl, wie Gibraltar selbst von Süden. Bei den ge- waltigen Einstürzen, durch welche das mittelländische Meeresbecken gebildet wurde, blieb Gibraltar als isolirte Felsklippe rings vom Meere umspült stehen. Gibraltar ist nicht durch vulcanische Kräfte gehoben, wie ich oftmals aus- sprechen hörte; viel wahrscheinlicher verdankt die steil aufgerichtete Stellung der Kalkbänke ihren Ursprung Senkungen, welche beim Einbruch des mittellän- dischen Meeresbeckens stattgefunden haben. Seine jetzige Verbindung mit dem spanischen Festlande durch die nur wenige Fuss über der Meeresfläche liegende Sandebene des neutralen Grundes ist von ganz jungem Datuni.

Der gewaltsamen Katastrophe, welche Europa von Afrika durch das mittel- ländische Meer getrennt hat, scheint jedoch eine Periode langsamer Hebung gefolgt zu sein, an welcher Gibraltar eben soTheil nahm, wie andere Küstenstriche

1 In dieser Gegend ist auch auf der Carte ge'ologique de l'Espagne et du Portugal par MM. E. de Ver- neuil et E. Collomb, Paris 1864, jurassischer Kalk verzeichnet.

4 Dr. F. v. Ilochstetter.

des mittelländischen Meeres, von welchen dies längst nachgewiesen ist. Zu dieser Annahme nöthigt schon die ausgezeichnete Terrassenbildung, welche der Fels an seinem südlichen Ende zeigt.

1337

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Europa Fiats WindmiU Hills O'Haras Tower Signalstation

Der Fels von Gibraltar.

Kockgun

Neutraler Boden

Der Fels, welcher nördlich senkrecht abfällt, läuft südlich gegen Europa Point in zwei Terrassen aus. Über der untern, etwa 150 Fuss hohen Terrasse, den Eu- ropa Fiats mit dem Leuchtthurme, erhebt sich ungefähr 500 Fuss hoch eine zweite Terrasse, das Plateau der Windmill Hills. Über dieser zweiten Terrasse erst steigt der Fels mit einem steilen Böschungswinkel von 45 schnell zu seiner höchsten Spitze, dem O'Haras Tower, an. Diese Terrassen führen zu dem Schlüsse, dass zwischen den successiven Perioden der Hebung längere Perioden der Ruhe ein- traten, während welcher durch das wogende und brandende Meer die Felsklippen so abgeschliffen wurden, dass sie jetzt weit geebnete Plateau's darstellen1. Diese Ansicht wird unterstützt durch das Vorkommen von zahlreichen Bohrlöchern von Pholaden an den Terrassenwänden , so wie durch Reste von pleistocenen Meeres- ablagerungen, welche weit über dem jetzigen Meeresspiegel gefunden werden, oder durch gehobene Strandbildungen („raised beaches").

Die eine dieser Bildungen ist, wie mir Herr Frembly mittheilte, eine Muschelbank an dem Nordende bei Forbes lookout, ungefähr 150 Fuss über dem Meeresspiegel. Die Muscheln dieses Lagers, hauptsächlich Mytilusschalen, haben wenig verloren von ihrem ursprünglichen Ansehen und sind in eine rauhe, kör- nige Kalkmsse eingebettet. Eine zweite ähnliche Ablagerung findet sich an der Südostseite, ungefähr 200 Fuss über dem Meere. Sie besteht aus Massen zusammen- gebackener Muschelscherben von ganz recenten Ansehen. Eben so findet man nörd- lich von der Martinshöhle an der Ostseite eine feste kalkige Sandbank mit Schalen von Natica und Turritclla.

Als jüngste, verhältnissmässig am wenigsten gehobene Meeresablagerung muss aber eine grosse Masse von Quarzsand an der Westseite des Felsens, zwischen der Promenade („Alameda") und dem Officiersfriedhof, betrachtet werden. Diese

1 Charakteristisch sind in dieser Beziehung die tief ausgefurchten und von kleinen Grotten ausgehöhlten Felsmassen zwischen derWindmill-Caserne und dem Naval-Hospital. Nur die brandende See kann diese zerris- seneu Formen erzeugt haben.

Gibraltar. 5

Saudablagerung hat von ihrer eisenschüssigen rothen Färbung den Namen Red- sands u. Ich fand ähnlichen eisenschüssigen Sand mit einzelnen grösseren Quarz- geschieben, aber ohne Spur von eingebetteten Muscheln, wieder auf spanischem Boden am Weg nach St. Roque hinter dem Dorfe Campamento an der Nordseite der Bucht von Algeciras und zum dritten Male an der Westseite der Bucht bei Algeciras selbst, südlich von der Stadt. Diese Sandablagerung zieht sich somit ringsum die Bucht von Algeciras und dürfte der jüngste gehobene Meeresboden sein.

Die Sandfläche des Neutralgrundes, welche Gibraltar mit Spanien verbindet, ist eine moderne Dünenbildung über seichtem felsigem Meeresgrund. In dem Sande findet man die Gehäuse der jetzt noch im mittelländischen Meere lebenden Mollusken. Die heftigen Ostwinde haben den Meeressand auf dem seichten wenig bewegten Meeresarm, der früher Gibraltar von Spanien trennte, allmählich so hoch angehäuft, dass eine bleibende Verbindung mit dem Festlande hergestellt wurde. Während die Sandebene westlich sich ganz allmählich in die Bai von Alge- ciras verliert, zeigt sie südöstlich an der Blackstrapbay ihre 12 20 Fuss hohe, gegen den Wind gerichtete Steilseite. Es ist eine Flugsandbildung, eben so wie die merkwürdige Sandablagerung, welche an der Ostseite des Felsens bei der Catalan- bay bis 1000 Fuss hoch hinaufgerückt erscheint.

Grosses Interesse erregt noch die Knochenbreccie von Gibraltar. Die zahlreichen Spalten und Risse des Kalksteines sind von einer Breccie erfüllt, in welcher scharfkantige Kalksteinbrocken und Knochenreste theils durch stalak- titische Massen reinen Kalksinters, theils durch ein eisenschüssiges, kalkig-thoniges Cement verbunden sind. Die Hauptlocalität für diese Bi'eecie ist die Rosiabay an der Westseite. Man begegnet aber ähnlichen Spaltenausfüllungen auch an anderen Theilen des Felsens, z.B. bei der Windmill-Caserne in der Richtung nach dem Naval-Hospital. Die Knochenüberreste und Zähne in dieser Breccie gehören theils Pflanzenfressern, theils Fleischfressern an. Die Garnisonsbibliothek zu Gibraltar enthält einen wohlerhaltenen Schädel von Canis vulpes aus der Breccie der Rosia- bay, und in einem Stück, welches ich mitbrachte, findet sich die Zahnreihe eines oberen rechten Kiefers, die ganz mit Bos taurus stimmt. Herr Frembly theilte mir mit, dass unlängst in einer ähnlichen Breccie nahe am maurischen Castell Knochen gefunden worden seien, welche einige Arzte für menschliche Überreste erklärt haben, eine bei anderen ähnlichen Fällen oftmals ausgesprochene Vermuthung, welche sich jedoch bei genauer Untersuchung stets als unbegründet erwiesen habe '.

1 Über einen unzweifelhaften Fund von menschlichen Überresten in einer bei dem Ausgraben einer Cisterne auf der Terrasse der Windmill-Hills entdeckten Höhle berichtete jedoch kürzlich das Ausland (1SG3, p. 622). Man fand die Höhle voll Knochenerde, und in dieser neben Säugethierknoehcn, auch Men Sehenschädel, Steinwerkzeuge und Scherben von roh gearbeiteten Töpfen, ein Fund von grosser Bedeutung, der es wahr-

6 Dr. F. v. Höchste tter.

Die feinfaserigen Kalksintermassen, Karlsbader Sprudelstein in Structur und Färbung nicht unähnlich, die als sogenannter „Felsachat" zu allerlei Kunst- gegenständen verschliffen werden, sind mit jener Breccie gleichzeitige Gangaus- fiillungen.

Es bleibt nun noch über die Höhlen im Fels von Gibraltar einiges zu bemer- ken übrig. Die bedeutendste Höhle ist die St. Michaelsgrotte, deren Eingang an der Westseite in 800 Fuss Höhe liegt. Sie zeichnet sich durch schöne Tropf- steinbildungen aus und scheint eine grosse Ausdehnung, namentlich in die Tiefe zu besitzen, konnte aber bis jetzt, da nur ein kleiner Theil zugänglich ist, nicht näher untersucht werden. Sie ist von einer grossen Anzahl von Fledermäusen bewohnt. Die Martins höhle an der Südostseite, ungefähr 800 Fuss über dem Meere, ist kleiner, ihre Tropfsteine aber sind von reinerem Weiss. Eine dritte Höhle wurde vor wenigen Jahren an der Ostseite des Felsens in der Nähe von Governors Oottage entdeckt, 80 Fuss über den Meeresspiegel. Ihr unterer Theil besteht aus Sandablagerungen mit recenten Muscheln. Auch Knochen und Zähne von Pflanzen- fressern sollen darin aufgefunden worden sein. Eine alte Sage lässt durch diese Höhlen eine directe unterseeische Verbindung zwischen den beiden Säulen des Hercules bestehen, durch die der Magot (Macacus inuus), der Affe, der am Fels von Gibraltar heute noch lebt, der einzige seines Geschlechtes in Europa, den Weg von Afrika nach Europa gefunden habe.

Damit habe ich eine kurze Übersicht der geologischen Erscheinungen, welche der Fels von Gibraltar bietet, gegeben. Einige Ausflüge auf spanisches Gebiet Hessen mich noch Beobachtungen in der Umgegend von St. Roque an der Nordseite der Bucht von Gibraltar und von Algeciras an der Westseite sammeln und so eine Übersicht gewinnen über die geologische Zusammensetzung des Ter- rains, welches rings die Bucht von Gibraltar oder von Algeciras umschliesst.

Drei verschiedene Bildungen sind es, welche in diesem Gebiet auftreten. Zunächst eine mächtige, aber ganz petrefactenleere Sandsteinformation, aus einem fein körnig- weissen, bisweilen auch eisenschüssig-gelbrothen Quarzsandstein bestehend, welcher in grossen Quadern bricht. Dieser Sandstein bildet nördlich von Gibraltar den langgestreckten felsigen Bücken des Stuhles der Königin von Spanien oder die Carboneraberge. Seine Schichten zeigen eine Streichungsrichtung von Süd nach Nord mit steilem westlichem Verflachen, ganz entsprechend der Stel- lung der Kalkbänke am Fels von Gibraltar. Die hervorragenden Schichtenköpfe sind jedoch stellenweise übergekippt, so dass sie mit 80° gegen Ost einfallen. In der flachen Einsenkung zwischen den beiden parallelen Sandsteinrücken der Carbo-

scheinlich macht, dass Gibraltar noch manches Geheimniss birgt. Ob man nicht am Ende auf Gibraltar auch noch die Reste des merkwürdigen Zwergelephanten von Malta (Elephas MelitensisJ entdecken wird?

Gibraltar. 7

neraberge sieht man ein schmales Band von rothen und graugrünen Thonmergeln mit dünnen, nur wenige Zoll mächtigen Kalkschichten durchziehen. Stellt mau sich hier so auf, dass man den Fels von Gibraltar gerade südlich vor sich hat, so erkennt man, dass die südliche Fortsetzung der Streichungslinie der Sandsteinbänke in das Hangende von Gibraltar fällt, und ich stimme Herrn Frembly vollkommen bei, dass der Carbonera-Sandstein einer jüngeren Formation angehört, als der Fels von Gibraltar.1

Dieselbe Sandsteinformation setzt an der Westseite der Bucht die durch ihre üppigen Korkeiehenwaldungen berühmten Bergketten westlich von Algeciras zu- sammen. Das Flussthal des Bio de la miel stellt bis über die Donnermühle (Molino delTrueno) hinauf eine tief in dieses Sandsteingebirge eingerissene Felsschlucht dar. Bei der Donnermühle liegen so kolossale Felsblöcke zerstreut, dass man nicht weiter vordringen kann. Hier sollen einst Kupferbergwerke bestanden haben; jedoch war von Erzen keine Spur zu finden. Dem ganzen Thal entlang sieht man die mächtigen Sandsteinbänke wechsellagern mit dünnen Bändern von bunten (grau, blau, roth, grün) bald mehr thonigen, bald mehr kalkigen Mergeln, deren Lagerung sehr deutlich den oftmaligen Wechsel in der Stellung der Schichten erkennen lässt. Erst auf der Durchfahrt durch die Strasse von Gibraltar überzeugte ich mich an den Profilen, welche die Berge zwischen Pt. Carnero und Tarifa zeigen, dass in diesem Sandstein- und Mergelgebirge westlich von der Bucht von Gibraltar das vorherrschende Verflachen der Schichten ein östliches ist. Darnach würden diese Bergketten den einen westlichen, und die Carboneraberge bei Gibraltar den anderen östlichen Flügel einer Mulde darstellen, deren Synklinale Axe mit der nordsüdlichen Mittellinie der Gibraltar-Bai zusammenfällt, so dass diese Bucht auch geologisch ein Becken darstellt."

Im engsten Zusammenhange mit der beschriebenen Sandsteinformation, und wahrscheinlich nur das oberste Glied derselben bildend, stehen bunte Thon- mergel oder Schieferthone in häufiger Wechsellagerung mit sandigen Schie-

1 Ferd. Römer (a. a. O. p. 7 91) glaubt, dass zwischen Gibraltar und den Carbonerabergen die An- nahme einer grossartigen Verwerfung geboten sei, weil nordwärts von Gibraltar auf viele Meilen nirgendwo ein ähnlicher Kalkstein zu Tage trete.

2 Diese Auffassung ist direet entgegen der Ansicht von Prof. Ansted, der a. a. Orte p. 599 in der Richtung der längeren Axe der Bai von Gibraltar eine antiklinale Ilebungslinie verlaufen lässt, und die beschriebene Sandstein- und Mergelformation als das Liegende der Kalke von Gibraltar zu betrachten scheint. Die Bucht hat zwischen Gibraltar und Algeciras eine grösste Tiefe von 165 Faden. Der sandige Meeresboden steigt von dieser Tiefe ringsum gleichmässig und allmählich an, was eben diese Bucht zu einem so vortreff- lichen Hafen macht. In der Mitte zwischen dem Europa Point und Point Carnero auf der Linie, welche die Bucht südlich gegen die Strasse von Gibraltar abgrenzt, wächst die Tiefe von Nord nach Süd schnell von 200 Faden auf 400.

8 Dr. F. v. Hochstetter.

fern, in welchen ich keine andere Spur von Versteinerungen entdecken konnte, als undeutliche Fukoidenreste. Bei St. Roque bilden sie den stumpf-kegelförmigen Hügel, auf welchem das Städtchen liegt, und bei Algeciras stehen sie der Küste entlang in steil aufgerichteten, gegen Südost und Süd verflächenden Schichten an.

Bei dem Mangel an Petrefacten bleibt das Alter der beschriebenen Bildungen zweifelhaft und ich beschränke mich hier darauf, zu erwähnen, dass dieselben auf der Karte von Verneuil und Coüomb als unteres Tertiärgebirge zu den Num- mulitenbildungen gerechnet sind.

Es bleibt nun noch eine dritte, und zwar die interessanteste Bildung in der Umo-egend von Gibraltar zur Betrachtung übrig; jung tertiäre Schichten näm- lich, welche bei St. Roque mit horizontaler Lagerung die gehobenen älteren Schich- ten bedecken und sich von da nördlich bis zu den Long stables (dem Wald von Almerinia) hinziehen. Frembly bezeichnete sie als Coralline crag, da sie mit dem pliocenen englischen Sutfolk crag Ähnlichkeit haben.

Gut aufgeschlossen sieht man diese Schichten in dem Steinbruche an der Ter- rasse hinter St. Roque, auf welcher der Promenadeplatz und das Amphitheater lie- gen, so wie in den Brüchen am Wege von Campamento nach St. Roque. An ersterer Localität beobachtet man zu unterst feinen losen Quarzsand, der aber überaus reich an Bryozoen und Foraminiferen ist und eine ähnliche Foraminiforenfauna enthält, wie die pliocenen Ablagerungen bei Malaga1). Darüber liegen erhärtete, tuffartige Kalkbänke, die aus nichts anderem als mehr oder weniger fest zusammengebacke- nen Muschelscherben bestehen und gleichfalls Foraminiferen enthalten. Die Brüche zwischen San Roque und Campamento sind besonders merkwürdig, weil hier der Muschelsand (Crag) neben Bryozoen, Echiniden, Pectens, Ostreen und Haifisch- zähnen sehr zahlreiche Brachiopodenreste enthält. Aus meiner Sammlung Hessen sich folgende Arten bestimmen :

1. Terebratula sinuosa Brocchi, ) beide ausserordentlich häufig und ganze Bänke

2. complanata Defr., ( erfüllend;

3. Terebratulina caput serpentis Gniel., sehr häufig;

4. Megerlea truncata Linn., )

5. Argiope decollata Che mn., ^ seltener.

6. Morissia anomioides Seaec. )

Da 3, 4, 5, 6, noch heute im Mittelmeere lebende Arten sind, die bis zu den niiocenen Ablagerungen Italiens hinabreichen, so lässt sich an dem jungen mio- eenen oder pliocenen Alter dieser Muschelbänke nicht zweifeln.

Diese Gesellschaft von Brachiopoden ist übrigens beinahe dieselbe, welche Th. Davidson kürzlich aus den miocenen Schichten von Malta beschrieben

1 Quart. .Tourn. Geol. Soe. XV, 1859, p. 600.

Gibraltar. 9

hat1, welche den Hempstead Beds in England äquivalent sein sollen. Vier von jenen sechs Arten von St. Eoque (1., 3., 4., 5.) sind nämlich auch unter den von Davidson beschriebenen sieben Arten von Malta enthalten, die drei bei St. Roque noch fehlenden Arten von Malta sind: Terebr. minor Phil., Thecidium Adamsi Macd. und Rhynclwnella bipartita Brocci. Vielleicht kommen sie bei einer gründ- licheren Ausbeutung der Localität, als es mir möglich war, aber auch noch zum Vorschein und die Parallele wird dann vollständig.

Herr F. Karr er war so gütig die Foraminiferen der oben angeführten Schichten des Steinbruches an der Terrasse hinter St. Eoque einer näheren Unter- suchung zu unterziehen und mir über seine Resultate folgende Mittheilung zu machen.

„Nach den in den tiefern Sand- und in den höheren Kalkbänken vorkommen- den Foraminiferen scheinen beide Zonen Uferbildungen zu sein, ähnlich wie wir sie in den Bandbildungen des miocenen Beckens von Wien als Leithakalke auf- treten sehen.

Betrachten wir zuerst das aus der tieferen Zone stammende Materiale.

Es ist ein sehr loser Sand von gelber Farbe, in welchem in Menge pracht- volle Bryozoen vorkommen. Nebstbei finden sich darin Cidaritenstacheln , Cy- pridinen sehr schön , Trümmer von Muscheln (Pecten-Arten) und Schnecken (Sca- laria lammelosa), ein Brachiopode [Thecidium mediterraneum Risso) und zahl- reiche sehr schön erhaltene Foraminiferen, welche mit der lebenden Fauna des mittelländischen und adriatischen Meeres ganz übereinstimmen. Es sind auch fast durchwegs Formen, die im Wiener Becken, welches die Mittelmeerfauna besitzt, vorkommen, jedoch fehlen dieser Zone ganz die Amphisteginen und jede Spur der Miliolideen (Biloculina, Triloculina etc.), wie sie doch häufig z. B. in den Ablagerungen von Rhodus auftreten.

In folgendem Verzeichnisse sind die bei einer ziemlich genauen Durchsicht des Materiales aufgefundenen vorzüglichsten Arten enthalten und auch die Fund- orte anderer Gegenden angegeben, so wie ihr Vorkommen im Mittelmeer:

Nodosaria spinicosta d'Orb. ss Baden.

hispida d'Orb. ss Baden viv. Rimini.

Dentalina Adolphina d'Orb. s Baden, Coroncina.

pauperata d'Orb. s Baden.

semicostata d'Orb. ss Baden.

. inomata d'Orb. ss Baden.

1 Outline of the Geology of the Maltese Islands by Dr. Leith Adams and Descriptions of the Brachio- poda by Th. Davidson in Ann. Magazine of Nat. History 1864. 6. S. 1.

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. -

10 Dr. F. v. Uochstetter.

Dentalina acicula Lam. ss Coroncina, Malaga, Palermo viv. Mediterr.

acuta cl'Orb. ss Baden.

Marginidina raphanus Linn. s Baden, Coroncina, Malaga viv. Mediterr.

peduni d'Orb. s Baden.

Cristellaria cultrata d'Orb. ns Baden, Coroncina, Malaga viv. Mediterr. calcar d'Orb. s Baden, Coroncina, Malaga viv. Mediterr.

T arcuata d'Orb. ss Baden.

simplex d'Orb. ns Baden. inornala d'Orb. s Baden.

costata Ficht, u. Moll, ss viv. Marocco, Küste Afrika's.

üvigerina pygmaea d'Orb. ss Baden, Nussdorf, Coroncina, St. Quirico, Malaga viv. Mediterr. Bulimina pyrula d'Orb. h Baden, Nussdorf, Coroncina, Malaga viv. Mediterr.

pupoides d'Orb. s Baden, Nussdorf, Coroncina, St. Quirico, Malaga, Turin, Palermo

viv. Mediterr. Polymorphina problema d'Orb. ss Baden, Nussdorf. Pullenia bulloides d'Orb. s Baden, Nussdorf viv. Mediterr. Sphaeroidina bulloides d'Orb. s Baden, Coroncina, Malaga viv. Mediterr.

Orbulina universa d'Orb. hh Baden, Nussdorf, Coroncina, Malaga, Turin, Palermo v iv. Mediterr. Globigerina triloba Reuss. Ii Baden, Nussdorf.

bulloides d'Orb. h Baden, Nussdorf, Coroncina, Castell' Arquato, Malaga, Turin,

Palermo viv. Mediterr. sp ? h

Eotalia Sckreibersii d'O rb. ns Baden, Nussdorf, Coroncina, Palermo, Malaga, Turin viv. Mediterr. Partschiana d'Orb. s Baden, Nussdorf.

Beccarii d'Orb. s Baden, Nussdorf, Coroncina, Malaga, Turin, Palermo viv. Mediterr. Akneriana d'Orb. s Nussdorf. Boueana d'Orb. s Nussdorf, Baden.

Ungeriana d'Orb. ns Baden, Coroncina, Malaga, Turin, Palermo viv. Mediterr. Dutemplei d'Orb. s Baden, Nussdorf. Truncatulina lobatula d'O r b. h Baden, Nussdorf, Coroncina, Malaga, Palermo, Turin v i v. Mediterr. Asterigerina planorbis d'Orb. ss Nussdorf.

Polystomella crispa d'Orb. ns Baden, Nussdorf, Coroncina, Malaga, Turin, Palermo viv. Mediterr. FicJitelliana d'Orb. ss Nussdorf, Castell' Arquato.

Das Materiale der höheren Schichte besteht aus einem schwer aufzulösenden Gesteine, das aus weissen Quarzkörnern, Mvischeltrümmern, Bryozoen und Fora- miniferen zusammengebacken ist; es ist von gelber Farbe. Die Erhaltung der darin vorkommenden Versteinerungen ist eine sehr schlechte. Die Foraminiferen sind fast ganz calcinirt, so dass bei vielen kaum das Genus sicher bestimmt werden kann, nur einige sind mit Sicherheit erkennbar. Ihr Vorkommen ist sehr zahl- reich, doch sind weit weniger Arten als in dem unteren losen Sande enthalten und gewisse Formen wie die Truncatulinen, Rotalien, Polystomellen lassen durch ihr vorwiegend häufiges Auftreten schon ein höheres Niveau erkennen, dazu treten noch, wenngleich nur vereinzelt, auch die Amphisteginen auf. Gänzlich fehlen

Gibraltar. 1 1

die typischen Formen der Nodosarien, Cristellarien etc., wie sie die Tegel von Baden charakterisiren und die wir im Material der tieferen Zone wirklich ano-e- troffen haben.

Miliolideen sind auch hier nicht vertreten. Eine sehr schöne Frondicularia, die ich für neu halte und dafür den Namen F. Isabella n. sp. allenfalls vorschlage, ist bemerkenswerth. Sie ist 61/,, Mill. lang, von lanzettlich-eliptischer Form, hat zahlreiche spitz zusammenlaufende Kammern, ganz kleinen Nucleus, keine Sculptur.

Von anderen Foraminiferen fand sich:

Orbulina universa cl Orb. hli Polystomella Fichtelh'ana d'Orb. Globigerina biloba d'Orb. h obtusa d'Orb.

trilola Heu ss. h Gristellaria sp.

bulloides d'Orb. h Motalia sp.

, sp. wie unten. Amphistegina sp.

Truncatulina lobatula d'Orb. h Anomalina sp.

Uvigerina pygmaea d'Orb. s Textilaria sp.

Pulleyiia bulloides d'Orb. s Globulina sp. Polystomella erispa d'Orb.

Die Bryozoen weitaus nicht so schön und zahlreich wie in den tieferen Schichten; Cidaritenstacheln, Cypridinen selten; ein Haifischzähnchen."

Die Strasse von Gibraltar ist 35 Seemeilen lang, zwischen Gibraltar und Oeuta 12 Seemeilen breit, zwischen Tarifa und Alcazar Point nur 91/* Meilen, zwischen C. Trafalgar und C. Spartel aber 22 Meilen. Die Linie zwischen Tarifa und Alcazar Point bildet die Grenze zwischen Mittelmeer und Atlantik. Auf dieser Linie beträgt die grösste Tiefe 180 200 Faden (1 Faden = 6 Fuss engl.): west- lich und östlich nimmt diese rasch zu, so dass man zwischen Ceuta und Gibraltar schon 1000 Faden und nur wenig weiter östlich mit 1000 Faden keinen Grund mehr hat.

Bekanntlich ist das Mittelmeer salziger als der Ocean , nach Bouillon la Grange, in dem Verhältniss von 41:38. Da nun überdies Wollaston bei der Untersuchung von Proben von Mittelmeerwasser aus verschiedener Tiefe fol- gendes überraschende Resultat fand :

w

asser

von

Aus einer Tiefe

Spec. *

Salzgehalt

lat.

long.

von

Gewicht

in Perc.

38° 30'

30' O

45 Faden

1-0294

4-05

36° 0'

40' W

670.

1-1288

17-30

1 Die mittlere specifisehe Schwere des Mittelmeerwassers wird neuerdings zu 1-0289 angegeben.

12 Dr. F. v. Hochstetter. Gibraltar.

so glaubte Lyell zu dem Schlüsse berechtigt zu sein, dass bei der Gestaltung des Meeresbodens in der Strasse von Gibraltar die dichten salzigen Wässer der Tiefe nicht in den Ocean hinausströnien können , dass vielmehr in Folge der sub- marinen Barriere bei Tarifa und bei dem mit der Tiefe zunehmenden Salzgehalte des Wassers innerhalb der Strasse im mittelländischen Meere grosse Quantitäten von Salz sich ablagern müssen. AdmiralW. H. Smyth hält jedoch diese geistreiche Theorie nicht für wahrscheinlich, da die Anwendungen der Sonden von der Strasse bis jetzt nur Schlamm, Sand und Muscheln zu Tage gebracht haben, aber kein Salz, und glaubt eher, dass das Wasser, welches Wollaston untersucht hat. zufällig aus einer Salzquelle am Boden des Meeres geschöpft gewesen sei.

13

Bemerkungen

über den Gneiss der Umgegend von Eio de Janeiro1

und dessen Zersetzung.

lYLeine Ausflüge während des Aufenthaltes Sr. Majestät Fregatte Novara in der Bai von Eio blieben auf die nähere Umgegend der Stadt beschränkt. Ich habe zweimal den Gipfel des Corcovado2 bestiegen, besuchte die Wasserfälle in der Tejuca und machte einen Ausflug über die Bai von Rio nach der Serra da Estrella und nach der deutschen Colonie Petropolis auf der Höhe der Serra. Ausser- dem gaben die ausserordentlich zuvorkommenden Anordnungen der brasiliani- schen Regierung, welche am 19. August der Expedition den Dampfer Santa Cruz zu einer Fahrt durch die Bai zur Disposition stellte und denselben von mehreren der ausgezeichnetsten Gelehrten Brasiliens begleiten liess, Gelegenheit, auf der Fahrt durch die Bai an mehreren Inseln zu landen. So war es möglich, wenigstens in der nächsten Umgebung von Rio de Janeiro einige Beobachtungen zu sammeln, und ich nehme, so viel auch über die geologischen Verhältnisse bei Rio schon geschrieben wurde, keinen Anstand, kurz von dem zu berichten, was mir zur Anschauung kam.

Das herrschende Gestein in der Umgegend von Rio de Janeiro ist Gneiss in zwei Hauptvarietäten:

1. Die erste Varietät ist ein sehr feldspathreicher grauer Gneiss mit vielen kleinen Granaten und schwarzem Glimmer, welcher eine ausgezeichnete Parallel- structur des Gesteines bedingt. Dieser Gneiss bildet die Hauptmasse des Corco- vado-Gebirges. Er wird in zahlreichen Steinbrüchen in den Thälern von Catumby grande und Larangeiras, die zum Corcovado hinaufführen, gebrochen, da er einen guten Baustein liefert und sich vortrefflich zu grosssn Quadern und Platten behauen lässt. Der grossartige Aqueducto da Carioca, der vom Corcovado herab Rio mit

1 Aus einem Berichte an die kais. Akademie der Wissenschaften vom 11. September 1857.

2 Meine barometrische Messung ergab 22G7 engl. Fuss (2186 Wiener Fuss) über dem Meere.

14 Dr. F. v. ITochstetter.

vortrefflichem Trinkwasser versieht, ist daraus gebaut. In den Steinbrüchen bei den Bassins des Carioca-Aqueductes in halber Höhe des Corcovado sieht man häufig Bänke eines grobkörnigen Granites von granititähnlicher Zusammensetzung,1 beste- hend aus röthlichem Orthoklas mit adularähnlichem Lichtschein, grünlich-gelbem Oligoklas und braunschwarzem Glimmer in schuppigen Partien oder bandförmigen Lamellen, mit dem Gneiss wechsellagern. Auch diese granitischen Bänke führen Granaten bis zu Wallnussgrösse, entsprechend dem Korn des Granites selbst. Neben diesen Lagergraniten treten häufig auch Ganggranite auf, in Gängen von ver- schiedener Mächtigkeit, jedoch selten mächtiger als 2 Fuss. In der Serra da Estrella, am Wege nach Petropolis, sieht man den schwarzglimmerigen Gneiss, der jedoch hier nur sehr sparsam Granaten führt, von unzähligen grobkörnigen Granitadern netzförmig durchschwärmt. Diese Ganggranite sind stets reine Orthoklasgranite, mit röthlichem Orthoklas und theils braunem, theils weissem Glimmer. Bei der Papier- mühle des Dr. G. Schlich de Capanema begegnet man Granitblöcken, in welchen der braune Glimmer durch Oktaeder von Magnetit ersetzt ist. Dagegen habe ich nirgends Schörl als Übergemengtheil dieser pegmatitartigen Ganggranite gefunden. Höchst merkwürdig ist die Umwandlung, welche der schwarzglimmerige Gneiss durch Verwitterung und Zersetzung im Laufe der Zeiten erlitten hat. Die Hügel in und um Bio, mehrere Inseln der Bai und wieder viele Hügel am Fusse der Serra fallen durch ihre fast regelmässig halbkugelförmige oder ellipsoidische Gestalt auf. An der Oberfläche zeigen diese Hügel rothen sandigen Lehm, und man könnte auf den ersten Anblick glauben, eine junge Flötzformation vor sich zu haben. Burmeister scheint es auch wirklieh so aufgefasst zu haben, wenn er sagt:2 „Der Boden Brasiliens besteht überall aus einem stark eisenhaltigen und desshalb so roth gefärbten , stellenweise sandigen, tertiären Lehm, der zumal die Abhänge der granitischen Bergketten bedeckt und in den Thälern sich gesam- melt hat". Das mag in der That auch an vielen Punkten der Fall sein. Viele jener Hügel sind jedoch durch Lehmgruben tief hinein geöffnet und da erkennt man noch deutlich die ursprüngliche Gneissstructur. Auch sieht man in der lehmig zersetzten Masse festere granitische Partien als runde Kugeln mit concentrisch-schaliger Absonderung liegen, und beobachtet Pegmatitgänge, bald mehr bald weniger zu Kaolin zersetzt, oder feste Quarzgänge, welche die weiche Masse durchziehen; hier hat man also entschieden eine Bildung der lehmigen Massen in situ. Hügel von mehr als 100 Fuss Höhe sind durch und durch bis auf den innersten Kern zersetzt. Aber nicht blos die niedrigeren Hügel an der Bai zeigen diese tiefgehende

1 Echter Granitit, vollkommen ähnlich dem bekannten Granitit von Assuan bei Syene in Ägypten (dem rothen orientalischen Granit), tritt auf der Insel Paqueti in der Bai von Rio auf.

2 Reise nach Brasilien, S. 130

Rio de Janeiro. 15

Zersetzung, sondern eben so die höheren Gebirgsgegenden überall, wo die Verwit- terungsproducte, der Gebirgsdetritus, nicht durch strömendes Wasser weggeführt werden können. Auf dem gegen 300 Fuss hohen Gebirgspass, der über den Kamm der Serra da Etsrella nach Petropolis führt, kann man bei regnerischem Wetter in dem rothen Lehm fast versinken, und in den Strassendurchschnitten steht er 30 bis 40 Fuss mächtig an; eben so am Corcovado, an der Tejuca auf allen Einsattelungen, an allen vor strömendem Wasser geschützten Gehängen.

Offenbar ist es das feuchte, nasswarme tropische Klima, welches diese tief- gehende vollständige Zersetzung des Gneissgebirges vorzugsweise begünstigt. Nirgends ist mir im deutschen Gneiss- und Grranitgebirge etwas Ähnliches bekannt. Ist das Gestein auch ganz dasselbe, bei uns im kälteren Norden wird es durch den Frost in einzelne Blöcke zersprengt, die nach und nach abwittern, hier aber sieht man einzelne Gesteinsblöcke fast gar nicht, wohl aber ich möchte sagen ganze bis in das innerste Mark verfaulte Berge.

Unter tropischem Himmel, wo kein Frost die Felsmassen zersprengt und in einzelne Blöcke zerfallen macht, sondern wo eine fortwährend mit Wasserdämpfen geschwängerte warme Luft eine rasche Zersetzung von aussen nach innen bewirkt, wo starke Platzregen die zersetzten Massen immer wieder wegschwemmen, da schmelzen die Felsmassen gewissermassen allmählich ab, ohne in Schutt und Trümmer zu zerfallen. Daher das eigenthümliche Eelief der Gebirge um Bio, das so durchaus verschieden ist von den Oberflächenformen, welche nordische Gneiss- gebirge zeigen.

Der Brasilianer nennt das eisenschüssige Zersetzungsproduct der gneissischen und granitischen Gesteine Barra Vermelho.

Dieser Barra Vermelho ist aber nichts anderes, als was die englischen Geologen in Indien und auf Ceylon „Laterite" (von dem lateinischen later, Ziegelstein) nennen1. In der That wiederholt sich in dem feuchten tropischen Klima Indiens und Ceylons die Erscheinung der tief eindringenden Zersetzung des Gneissgebirges in demselben grossartigen Maassstabe , wie bei Rio de Janeiro. Auf dem Weg von Galle nach Colombo auf Ceylon, namentlich in den tieferen Strasseneinschnitten, hatte ich vielfach Gelegenheit, die Lateritbildung zu beobachten. Es ist auch hier vorherrschend ein granatführender Gneiss, aus welchem die eisenreichen Laterite sich bilden, welche die Singhalesen Kabuk nennen. Bei Bentote erscheint der Laterit als ein zelliger, cavernöser Thoneisenstein von rothgelber oder violetter

1 Siv Ch. Lyell (Elements of Geology 6. Ed. 1865, p. 598j meint freilieh, man gebrauche den Aus- druck Laterite in Indien in zu vagem Sinne und scheint ihn ausschliesslich auf eisenreiche Zersetzungsproducte vulcanischer Gesteine beschränken zu wollen, namentlich auf die rothgebrannten , ziegelsteinartigen Tuffe, welche so häufig zwischen Lavastrümen sich linden.

16 Dr. F. v. Hochstetter.

Farbe, in welchem mitunter reinere Brauneisensteine ausgeschieden sind; an anderen Punkten ist der Laterit mehr sandig oder mehr thonig und kaolinhaltig. Wo er festere Bänke, oft von 30 40 Fuss Mächtigkeit, bildet, wird er in Stein- brüchen ausgebeutet. Die Singhalesen hauen das Material in längliche eckige Stücke, welche sie statt Ziegeln zum Bau ihrer Häuser benützen. Auch auf den Strassen wird Laterit als Beschotterungsmaterial neben festem Gneissschotter benützt; er gibt das Bindemittel für letzteren ab und färbt die Strassen intensiv roth. Die Hügel von Ouvah und Newera Ellia zeigen, dass ganze Berge in Laterit umgewandelt sind. Es lässt sich darin noch die ursprüngliche Schichtung des Gneisses erkennen, und man bemerkt noch die ursprünglich eingebetteten Granaten.

Andererseits soll im Norden von Ceylon bei Jaffna der Laterit über dem Kalk liegen und in Süd- Indien bei Travancone hat Cap. Newbold im Laterit Lignit gefunden. Dies deutet entschieden auf eine sedimentäre Bildung hin. Es kommen demnach zweierlei Latente vor: Laterit gebildet in loco durch blosse Zersetzung, und Laterit auf secundärer Lagerstätte, gebildet aus dem abgeschwemmten und an einem anderen Orte wieder abgelagerten Detritus gneissischer, granitischer und syenitischer Gebirgsarten \ Eine sehr ausgedehnte sedimentäre Lateritbildung habe ich bei Madras in der Ebene zu beiden Seiten des Schienenweges nach Vellore beobachtet, während auf Singapore der Laterit in situ, und auch hier sehr häufig in der Form von zelligem Thoneisenstein, die Hauptrolle spielt. In Brasilien und auf Ceylon ist der Lateritboden der fruchtbare Boden der Kaffehplantagen, auf Singapore aber gedeihen an den Laterithügeln die Muscatnüsse ganz beson- ders gut.

Die in den Gneiss- und Granitgebirgen Mittel-Europa's so gewöhnliche Erscheinung grosser abgerundeter, zu den mannigfaltigsten Felsgruppen über ein- ander gethürmter Blöcke fehlt indess in der Umgegend von Rio de Janeiro nicht ganz. Man findet die Blockbildung wieder an den dem Wellenschlage ausgesetzten kleinen nackten Felsinseln der Bai. Oft ist es nur ein einzelner grosser runder Granitblock, der aus dem lichtgrünen Wasser hervorragt und, von Schaaren von Seevögeln besetzt, einen höchst eigenthümlichen Anblick gewährt. Oft liegen die Blöcke in grösseren Gruppen beisammen , wie zu einer Mauer über einander

1 E. F. Kelaart (Notes on the Geology of Ceylon, Journal of the Ceylon Branch of the R. Asiatic Society 1850. V. p. 87) unterscheidet auf Ceylon: 1. quarzigen Laterit, erhärteten rothen und braunen Thon mit mehr oder weniger Quarz; 2. steinmarkartigen Laterit, eine weichere weniger consistente Varietät, die sich mit dem Messer schneiden lässt, aber an der Luft erhärtet. Diese Varietät liegt häufig unter dem harten Laterit oder wechsellagert mit diesem; 3. sedimentären Laterit, gebildet aus Detritus und bestehend aus Quarzgeröllen, die in eisenschüssigen Thon eingebettet sind.

Rio de Janeiro. 1 "

geworfen. Hier ist es der fortwährende Anprall des auf- und abwogenden Wassers, der die versteckten Gesteinskliifte ausspült, erweitert und abrundet, bis die früher zusammenhängende Felsklippe in Stücke getrennt nur loses Blockwerk bildet.

Zum zweiten Male sah ich Blockbildungen in der Thalschlucht oberhalb des grossen Wasserfalls der Tejuca. Der grosse Wasserfall stürzt über horizontale Bänke von grauem Gneiss, welche mit grobkörnigen granitischen Lagen wechseln. Die mit den kolossalsten abgerundeten Felsblöcken erfüllte Thalschlucht oberhalb des Wasserfalles aber bietet eine Scenerie, welche an die berühmte Luisenburg bei Wunsiedel im Fichtelgebirge oder an das Felsmeer beim Fürstenlager im Oden- wald erinnert. Das Gestein ist der von Delesse aus den Vogesen beschriebene Kersantit oder Glimmerdiorit, bestehend aus schwarzem Glimmer, Oligoklas und Hornblende. Die Blöcke scheinen von einer mächtigen, vielfach zerklüfteten Gangmasse durch das Gneissgebirge herzurühren, welche in der Bachschlucht entblösst ist. Die Scenerie ist um so reizender, als das Wasser des Baches schäu- mend den Weg unter und über den Blöcken sucht und allenthalben zwischen den Blöcken die üppigste Vegetation aufschiesst.

2. Die zweite Gneissvarietät bei Kio ist ein sehr grobkörniger, porphyr- artiger Gneiss (Alex. v. Humboldt's Gneissgranit) mit handgrossen Orthoklas- zwillingen nach dem Karlsbader Gesetz, mit schwarzem Glimmer, wenig Quarz und sparsamen Granaten, die jedoch nirgends ganz fehlen. Charakteristich ist, dass neben Orthoklas in diesem Gneiss auch Oligoklas auftritt. Ob der porphyrartige Gneiss nur als eine locale Abänderung des herrschenden grauen Gneisses betrachtet werden darf, darüber bin ich sehr im Zweifel. Mir scheint eine etwas jüngere erup- tive — oder wenigstens intrusive Bildung wahrscheinlicher. Darwin fand bei Botafogo ein deutliches Bruchstück von granatführendem grauem Gneiss als Ein- schluss im porphyrartigen Gneiss, und sehr bemerkenswerth ist, dass die auffallen- den, für die Umgegend von Rio so charakteristischen, entweder zuckerhutförmigen oder einseitig schiefen Felskegel , so weit ich Gelegenheit hatte solche zu unter- suchen, immer aus dieser zweiten Varietät bestehen, z. B. der Gipfel des Corcovado und der Zuckerhut. Der porphyrartige Gneiss oder Gneissgranit muss also der Verwitterung mehr Widerstand leisten und im grauen Gneiss mächtige Adern oder unregelmässige Gangmassen bilden , die in Folge der fortschreitenden Denudation der Oberfläche blossgelegtwerden und zuKegeln oder Zuckerhutformen abwittern 1).

Von der Ferne erscheinen jene Felskegel wie geschwärzt, und der Länge nach von oben nach unten ganz regelmässig heller und dunkler gestreift. Bei nähe- rer Untersuchung findet man eine grossartige concentriseh-sehalige Absonderung

1 Ähnlich wie im böhmischen Mittelgebirge die mächtigen Gangmassen von Phonolith durch Auswit- terung als Kegelbcrge oder steile senkrechte Felsmassen hervorragen.

Novara-JBxpedition. Geologischer Theil. II. Ud. 3

18

Dr. F. v. Hoch st et t er. Bio de Jane/n

des compacten Gesteines als Folge der von aussen nach innen fortschreitenden Verwitterung; die schwarze Färbung der äussersten Schichte aber ist organischen Ursprungs, sie rührt von einem Überzug von Steinflechten her, während die helleren Streifen als Regenfurchen erscheinen , in welchen das Gestein mehr oder weniger blossgelegt ist. Der Gipfel des Corcovado ist durch eine Kluft in zwei Felspyra- miden gespalten, welche durch eine gewölbte Brücke künstlich verbunden sind.

Per Znikerhut an der Einfahrt in den Hafen von Rio de Janeiro.

An der rückwärtigen Seite, auf welcher der Weg hinaufführt, ist an der Grenze von grauem und porphyrartigem Gneiss auch der Unterschied der rothen lehmigen Zersetzung des ersteren und der gelben grusigen Verwitterung des letzteren sehr in die Augen fallend. Die Höhe des Gipfels aber bietet eine Aussicht über eine tropische Landschaft, deren Heize unvergleichlich und unvergesslich sind.

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Beiträge zur Geologie des Caplandes.

(Mit einer geologischen Karte.)

JL/ie Cap-Halbinsel hat mich lebhaft an Gibraltar erinnert, durch die Analogien der äusseren Gestaltung und der geographischen Lage und nicht woniger durch die Analogie der Geschichte. Hier wie dort sind es nackte Steinmassen, die sich schroff aus dem Meere erheben und hinter sich eine niedere Sandfläche haben, •welche die Verbindung mit dem (Jontinente herstellt. Die Cap'sche Fläche entspricht dem neutralen Boden von Gibraltar, und wie dieses früher wohl eine Insel war, rings von brandendem Meere umschlossen, so auch die Cap-Halbinsel. Hinter den kahlen Steinmassen der Säulen des Hercules lag der Weg offen nach der neuen Welt und hinter der nackten Felsklippe, dem „Cabo tormentoso", wie es Bartolo- meo Diaz nannte, als er im Jahre 1487 diese Barriere zwischen atlantischem und indischem Ocean zuerst umschiffte, lag die Strasse zu Indiens Schätzen und Herrlichkeiten. Das Vorgebirge der Stürme wurde zum Vorgebirge der guten Hoffnung. Blutige Kämpfe wurden gekämpft um diese dürren Bergplätze zwischen Völkern verschiedener Bace und zwischen Völkern derselben Bace, bis es dem Überlegenen gelang, dort eine unbezwingliche Feste zu errichten der civilisirten Welt gegenüber, hier zu dem rohen Wilden christliche Beligion zu bringen und Alles, was Kunst und Wissenschaft und Staatsleben erfunden haben als Probe menschlicher Cultur.

Die geologischen Verhältnisse Südafrika's und namentlich der Cap-Halb- insel sind bereits vielfach beschrieben worden, theils in Beisewerken, theils in einer umfangreichen speciell geologischen Literatur über Südafrika und das Cap. Barrow, Basil Hall, Carmichael, Dr. Smith, W. B. Clarke. C.Darwin, Krauss, Dr. G. Atherstone, A. G. Bain, A. Wyley,1 Dr. B. N. Bubidge2

1 A. Wyley war 1S57 Eegienmgsgeologe der Cap-Colonie, und hat mir viele Freundschaftsdienste erwiesen, für welche ich ihm zu grossem Danke verpflichtet bin.

2 Herrn Dr. Rubidge verdanken wir eine schöne Sammlung; von paläozoischen und mesozoischen Fossilien aus Südafrika.

20 Dr. F. v. Hoch-Fetter.

sind die Namen derjenigen Männer, welche durch selbstständige Beobachtungen an Ort und Stelle sich um die Geologie von Süd-Afrika verdient gemacht haben, während wir Hausmann, Krauss, Murchison, Owen, Dr. F. Sandberger, Morris, D. Sharpe, Salter, Dr. Hooker, Grey Egerton die wichtigsten paläontologischen Arbeiten über die Vorkommnisse der Cap-Colonie verdanken.

Meine geologischen Ausflüge während eines dreiwöchentlichen Aufenthaltes am Cap, vom 2. 26. October 1857, beschränkten sich zunächst auf die Cap-Halb- insel selbst. Ich habe den Tafelberg bestiegen und bin von Simonsbai aus zur südlichen Spitze der Cap-Halbinsel, zum eigentlichen Cap der guten Hoffnung gewandert. Eine Tour von acht Tagen führte mich ferner nach Stellenbosch, Paarl, Wellington, durch Bainskloof nach Worcester, dann zu den heissen Quellen im Brandvalley, nach Gnadenthal und zu den Stahlthermen von Caledon, endlich über den Sir Lowrypass durch Hottentottenholland und die Cap'sche Fläche zu- rück nach Cape Town. So sehr mich auf dieser kleinen Beise die grossartige wilde Gebirgswelt, die mir entgegen trat, entzückte, so sehr mich die freundli- chen Dörfer und Städtchen in den fruchtbaren Thalebenen zwischen den steilen 4 6000 Fuss hohen Gebirgsmauern mit ihren zuvorkommenden Einwohnern, die uns Fremde überall mit der grössten Gastfreundschaft aufnahmen, überraschten, und so viel Interessantes mir sonst begegnete, so bot die Natur selbst doch im Ganzen wenig, was nicht schon die Cap-Halbinsel zur Anschauung gebracht hätte.

Die Cap-Halbinsel ist in der That, was Vegetation, Thierwelt und geologi- sche Structur anbelangt, gleichsam ein Auszug aus der natürlichen Beschaffenheit eines grossen Theiles von Südafrika. Wer an den zerrissenen, zerbrochenen, von den Atmosphärilien angenagten, ausgehöhlten und abgewasehenen Felsmassen des Tafelberges, in seinen tiefen wilden Schluchten, in den Wäldern der grau- grünen Protea argentea an seinem Fusse, auf seinem weit ausgedehnten, wahre Karrenfelder tragenden Felsplateau voll stagnirender Wasserpfützen herumge- klettert ist, wer von da weiter durch die gepriesenen Weinberge von Constantia auf flachen vegetationsreichen Hügeln, weiterhin über sandige Plateau's, über nackte Felskämme, über Bäche mit dunkel kaffeebraunem Wasser, über Sand- dünen und Moorgründe bis zu der äussersten Südspitze der Halbinsel, zu dem 800 Fuss hohen Sandsteinfelsen, der schroff abfallend in die sturmbewegte See das eigentliche Cap der guten Hoffnung bildet, gewandert ist, der mag ziemlich eine Vorstellung davon haben, wie es im südlichen Afrika auf 100 englische Meilen landeinwärts und von der St. Helena-Bai bis zum Gamntoos-Biver westlich von der Algoa-Bai, auf einem Küstenstrich von 400 engl. Meilen Länge aussieht; denn über diesen ganzen Theil von Südafrika sind dieselben Formationen ver- breitet, die auf der Cap-Halbinsel selbst auftreten. Bain's geologische Karte und

Cap der guten Hoffnitng.

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Durchschnitte von Südafrika1 geben, wenn auch die Deutung der einzelnen For- mationen nicht immer die richtige ist, doch im Allgemeinen ein gutes Bild von der Zusammensetzung des Landes. Diese Karte liegt auch der hier beigegebenen Kartenskizze mit wenigen Abänderungen zu Grunde.

Granit, Thonschiefer und Sandstein (Quarzit) sind die herrschenden Gesteine. Der Thonschiefer bildet das Grundgebirge, er ist von Granit durchbrochen und in den Contactzonen theilweise zu einem krystallinischen, gneissähnlichen Ge- steine umgewandelt. Die Sandstein- und Quarzitformation ruht entweder auf granitischer Basis oder in diseordanter Lagerung auf dem Thonschiefer - Grund- gebirge. Die gegenseitigen Verbandsverhältnisse dieser drei Formationen zeigt bei- stehender Durchschnitt durch die Cap- Halbinsel und die nordöstlich daran grenzenden Districte.

sw.

Uap-Halbinsel

Cap'sche Flache

<; rosser IJergfluss

,i! tißklool

Brecde

Hex

1500'

River

Riverkette

"Wüi-cester

5000'

1. Granit mit Dioritg'angen.

2. Gneiss.

3. Thonschiefer, devonisch. 5. Quarzit mit Pflanzenrp.strn.

4. Tafelberg-SandMein (Quarzit). 6. Braun- und Thoneiseustt-inbildungen.

Durchschnitt durch den Cap-District.

7. Flugsand.

Wiewohl ich, was Vorkommnisse anbelangt, nichts wesentlich Neues be- schreiben kann, so haben mich doch meine Beobachtungen theils zu einer von Bain's Auffassung abweichenden Ansicht über die Thonschiefer- und Sandsteiu- formationen in dem bezeichneten Gebiete, theils zu einigen Folgerungen über die geotektonischen Verhältnisse der Cap'schen Formationen geführt, welche ich kurz entwickeln will.

1. Granit. Die Platte Klip am Fusse des Tafelberges im Weg von Cape Town auf seine Höhe, und das Bett des aus der Tafelbergschlucht kommenden kleinen Baches wenig ab- und aufwärts von der Platte Klip zeigt den Thonschiefer und Granit in unmittelbarer Berührung mit einander. Der Granit ist hier porphyr- artig durch grosse Karlsbader Zwillinge, er enthält Gneisseinschlüsse und ver- zweigt sich in zahlreichen Apophysen in die Schichten des zu einem schwarz- glimmerigen, sehr feinkörnigen, gneissartigen Gesteine veränderten Thonschiefers,

A. G. Bain,On the Geology of Southern Africa. Trans. Geol. Society of London. 2. Series. Vol. VII.

Part. IV.

22 Dr. F. v. Hochsletter.

der nach Stunde 9 10 streicht und mit 80 gegen Westen einfällt. Eine ähn- liche Contactstelle bei Green Point haben Clarke und Darwin 1 beschrieben.

Die granitische Basis der Cap- Halbinsel ist auf deren Ostseite unter dem Sand der Cap'schen Fläche versteckt, sie tritt erst wieder zu Tage längs der Meeres- küste an der False Bai vom Muysenberg angefangen über Calk Bai in Simons Bai bis zum Smith's Winkle. Bei Millerspoint sieht man den Granit noch in einer Höhe von 800 bis 1000 Fuss über dem Spiegel des Meeres unter den darüber lie- genden Sand Steinfelsen anstehen. Vom Smith's Winkle bis Cap Point tritt der Granit nirgends mehr zu Tage. Die Sandsteinbänke senken sich bis zum Spiegel der See und bilden am Cap selbst weit in's Meer hineinragende, von furchtbarer Brandung gepeitschte Klippen, deren Schichten ostwestlich streichen und mit 5 10° gegen Nord geneigt sind. Auf der bezeichneten Küstenstrecke ist der Granit durchaus porphyrartig und bildet vom brandenden Meere rund abgewaschene und abgewitterte kolossale Blöcke, die, so weit die Fluth reicht, über und über bedeckt sind mit Patellen und wo sie unzugänglich in der Brandung des Meeres liegen, die Brutplätze der Cormorans bilden. Die sogenannte Arche Noäh bei Simons Bai ist ein solcher Granitblock, der einzeln aus dem Meere hervorragt, und wahr- scheinlich sind die gefährlichen unterseeischen Biffe der False Bai ebenfalls Gra- nitklippen.

Längst bekannt und oft erwähnt ist der D iorit d urchbruch auf der Ein- sattelung zwischen dem Tafelberge und Löwenkopf. Nirgends jedoch fand ich eine Stelle beschrieben, die zwischen Simons Bai und Millerpoint in der Nähe von Bocklandspoint liegt, wo man einen gewaltigen, in der Brandung liegenden Gra- nitblock durchsetzt sieht von schmalen Apkanitgängen. Mehrere parallel neben einander laufende Spalten des Granites von zwei bis sechs Zoll Dicke sind wie ausgegossen von dem dichten schwarzen Gestein, das man, wäre man in einer basaltischen Gegend, unbedingt für Basalt erklären müsste, zumal da es, freilich ganz im Kleinen, auch eine ausgezeichnete säulenförmige Absonderung senkrecht auf die Gangwände zeigt. Ich halte das Gestein für einen dioritischen Aphanit. Die schwarze Masse schneidet vollkommen scharf am Granit ab.

Ausserhalb der Cap-Halbinsel habe ich Granit bei Stellenbosch, Paarl und Wellington beobachtet. Letzterer Ort liegt auf Granit, der jedoch nirgends in Felsen ansteht, sondern nur durch grusige Verwitterung sich zu erkennen gibt. Bei Paarl bildet der Granit den 1500 Fuss hohen Paarlberg, der als Granitkuppe schon aus weiter Ferne kenntlich ist durch die nackten, abgerundeten Felsmassen seiner Gehänge und die grossen Blöcke an seinem Fusse. Am Weg nach Stellen- bosch, links von der Strasse, und bei Stellenbosch selbst zeigt der Granit nicht

Clarke W. B. Procced. Geol. Soc. III, p. 419. Darwin, Geol. Observation?. London 1851, p. 147.

Cap de?- guten Hoffnung. 23

den gewöhnlichen porphyrartigen Charakter, seine Grundmasse wird viemehr fein- kornig, oft fast kryptokrystalliniseh, der schwarze Glimmer erscheint in schup- pigen Partien, der Feldspath in einzelnen kleineren Krystallen, die löcherig aus- wittern, der Quarz in weingelben Dihexaedern, kurz der Granit wird Granit- porphyr und nimmt ganz den Habitus derjenigen Granitvarietät an, welche ich fast um einen Erdquadranten nördlicher bei Karlsbad in ähnlicher Gesellschaft mit porphyrartigem Granit gefunden und „Karlsbader Granit" 1 genannt habe.

Wo der Granit zwischen der Cap -Halbinsel und der ersten hohen Sandstein- kette zu Tage tritt, bildet er gewöhnlich abgerundete Kuppen und Hügel.

2. Thon schiefer, bald halbkrystalliniseh und petrefactenleer, unserem deutschen Urthonschiefer ähnlich., bald von echt sedimentärem Charakter und dann mit Spuren von Fossilien ist auf der Cap-PIalbinsel und im Capdistrict weit verbrei- tet und bildet das eigentliche Grundgebirge der Gegend. Er wechsellagert stellen- weise mit untergeordneten Bänken von versteinerungsführeudem , grauwackenarti- gem Sandstein (bei Worcester, Gnadenthal u. s. w.). Nirgends erreicht der Thon- schiefer bedeutende Höhen, er bildet vielmehr das flache wellige Hügelland am Fusse der grossen Sandsteingebirge und tritt zwischen den Sandsteiuketten überall in den Niederungen der Hauptthäler wieder zu Tage. Seine Schichten sind steil aufge- richtet und zeigen eine allgemeine Streichungsrichtung von Südost nach Nordwest.

Höchst auffallend ist die tiefgehende Zersetzung des Thonschiefergebirges, welche schon Bain und Darwin2 erwähnen. Sie ist das vollständige Analogon der tiefen Zersetzung des Gneissgebirges bei Bio de Janeiro. 3 Der Fahrweg von Stellenbosch nach Paarl, gleich ausserhalb des Städtchens Stellenbosch, sowie der Tunnel bei Bainskloof, welchen Bain erwähnt, sind die hauptsächlichsten Punkte, wo ich diese Zersetzung selbst beobachten konnte. Bei Stellenbosch ist der Thon- schiefer zu einer weichen, durch Eisen gelb und roth gefärbten, lehmigen Masse geworden, in der die schiefrige Structur sehr deutlich in den abwechselnd gelben und rothen Lagen hervortritt. Charakteristisch ist, dass allenthalben der Thon- schieferboden von einem eisenschüssigen, gelben, sandigen Lehm voll kleiner Brauneisensteinknollen, echten Bohnerzen, bedeckt ist; oder wo der Lehm fehlt, da fehlen wenigstens die Bohnerze nicht. Ich wTeiss keine andere Erklärung für diese weitverbreitete Erscheinung an der Oberfläche des Thonschieferterrains, als dass die Bohnerze durch Umwandlung des im Thonsehiefer ursprünglich enthal- tenen Schwefelkieses in Brauneisenstein entstanden sind. Diese Bohnerze gehören in gleicher Weise dem petrefactenleeren Thonsehiefer der Küstenregion, wie den

1 Höchste tter, Karlsbad, scino geognostischen Verhältnisse etc. 1856, p. 12.

2 Bain a. a. O. p. 180. C. Darwin a. a. 0., p. 149. 5 Vgl. p. 15.

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Dr. F. v. Hoch.stetter.

petrefactenführenden Thonschiefern weiter landeinwärts zu. Die Termiten wählen vorzugsweise diesen eisenschüssigen lehmigen Boden, um auf ihm ihre 2 3 Fuss hohen kegelförmigen Haufen aufzubauen, welche in der Physiognomik der süd- afrikanischen Landschaft eine so grosse Rolle spielen. Die flachen Gehänge der Thonschieferrücken, aufweichen der Eegen die lehmigen Theile weggefiösst, das schwerere Bohnerz aber liegen gelassen hat, bilden natürliche Strassen, welche mit Bohnerz beschottert sind. Der einzige Fehler dieser sonst ganz vortrefflichen Naturstrassen ist der, dass sie nicht horizontal, sondern immer nach einer Seite geneigt sind. Man muss immer auf einer schiefen Ebene fahren.

Mehrmals habe ich auf solchen schiefen Ebenen eine reihenförmige Anord- nung der Bohnerze bemerkt, als wären dieselben in lange parallele Eiefen gestreut. Die Erscheinung ist so auffallend, dass man von der Ferne geackerte Furchen zu sehen glaubt. Eine analoge Erscheinung bieten auch häufig die Sanddünen am Meere, und die Flugsandablagerungen in den Flussthälern und an Berggehängen, wo die im Sande wachsenden Pflanzen wie in künstlich angelegte Furchen gesetzt erseheinen. Im Sande ist die Erscheinung die Folge der vom Winde erzeugten Sandwellen, die Wellenberge bedecken das nur eine geringe Höhe erreichende Mesembrycmthemum , welches überall die Hauptsandpflanze ist, und nur in. den Wellenthälern ragen die Pflanzen hervor. Bei den Bohnerzen muss die reihen- förmige Anordnung eine Wasserwirkung sein, das Regenwasser fliesst in stär- kerem und schwächerem wellenförmigen Strom über die schiefe Ebene und schwemmt die Bohnerze auf diese Weise in langen Reihen zusammen.

3. Sandstein. Die kolossale Entwicklung petrefactenleerer Sandsteine, Con- glomerate und Quarzite1, welche gewaltige, durch breit und tief ausgefurchte Längenthäler getrennte Gebirgsketten bilden , ist der am meisten charakteristische Zug in der Geologie von Südafrika.

Der Tafelberg

Capstadt.

Löwenberg

Der Anblick der aus völlig horizontalen Sandsteinbänken mit einer Gesammt- mächtigkeit von 2000 Fuss auf granitischer Basis ruhenden und bis zu 3500 Fuss

1 Eine Mächtigkeit von 10 12.000 Fuss, wie sie Bain (a. a. 0. S. 181) annimmt, ist doch wohl etwas zu hoch geschätzt.

Cap der guten Hoffnung. 25

über dem Meeresspiegel aufgebauten senkrechten Felsmauer des Tafelberges mit den beiden „Schilderhäusern" dem Löwenberg und Teufelsberg zur Seite, ist nicht weni- ger grossartig und eigenthümlich, als der Anblick der jenseits der Cap'schen Fläche sich steil erhebenden, nordsüdlich streichenden Gebirgsmauer des Hottentot's Hol- land oder der blauen Berge, welche mit ihren zackigen, wild zerrissenen Formen an die Kalksteingebirge unserer Alpen erinnern. Die höchsten Gipfel dieser Gebirge erglänzten, als ich sie Anfangs October zuerst sah, noch von weissen Schneefeldern.

Hat man über Bains Kloof die ei'ste Gebirgskette überstiegen, so erblickt man jenseits des Thaies des Breede Biver eine zweite noch höhere Parallelkette, die Hexriverkette. Über den Michells Pass gelangt man bei Ceres in ein zweites Längenthal, Warme Bokkeveld genannt, und erst der Übergang über eine dritte Parallelkette führt bei Karoo Poort auf das südafrikanische Hochland , in die sogenannte grosse Karoo. Eine doppelte und dreifache Biesenmauer, nur von den tiefen Querspalten der Flussläufe durchbrochen, ist es also, welche das Innere von Afrika nach Süden und Westen von dem Gebiet der Oceane absperrt. Und alle diese Gebirge sind Sandsteinketten, welche vorherrschend aus demselben Sandstein und Quarzit bestehen, wie der Tafelberg, und den wir desshalb vorderhand als Tafelberg-Sandstein bezeichnen wollen. Er lagert ungleichförmig über dem Thonschiefergrundgebirge, theils horizontal über steil aufgerichteten, vielfach gefalteten Thonschiefern, welche die Basis der Saudsteiuketten bilden, theils in gestörten Lagerungsverhältnissen. Die aufgerichteten Bänke bilden zackige Berg- gipfel, die horizontal gelagerten Bänke aber Tafelberge.

Ich übergehe die oft geschilderten petrographischen Verhältnisse des Tafel- berg-Sandsteins1 und erwähne nur die höchst bizarren Erosionsformen, welche die Quarzite, die die Hauptmasse des Sandsteingebirges ausmachen, zeigen. Das Tafelbergplateau ist ein wahres Karrenfeld. Man sieht an den einzelnen hervor- ragenden Felsplatten die wunderlichsten Formen; hier sind lange Binnen, dort halbkugelförmige Löcher ausgefressen. Manche Felsplatte steht wie ein Tisch auf einem dünnen abgewitterten Fusse, andere ragen als spitze Nadeln empor, wieder andere als Menschen- und Thiergestalten , oder mit was die Phantasie die- selben immer vergleichen mag. Die einzelnen Bänke erreichen eine bedeutende Mächtigkeit und sind kubisch zerklüftet. Die Hauptrichtung der Zerklüftung geht auf dem Tafelbergplateau genau von Nord nach Süd und hat jene regelmässigen Furchen veranlasst, in welchen gelb-braunes Wasser stagnirt, und die der Ober- fläche des Tafelberges das Ansehen geben, als hätte man versteinerte Meereswelleu vor sich.

1 Darwin a. a. 0. p. 151. Dr.- Abel, Narrativc of a Journey in the Interior of China etc. London, 1819. p. 295. Clarke, Proceed. Geul. Soc. III. p. 418.

Novaia-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. 4

26 Dr. F. v. Hochstettn:

Für die Tektonik und den landschaftlichen Charakter der Gebirge des Cap- landes ist keine andere Formation von solcher Bedeutung, wie die Formation des Tafelberg-Sandsteines. In mächtigen, deutlich geschichteten Bänken lagert diese Formation auf der Unterlage gefalteter und gepresster Schiefer und spielt hier die- selbe Bolle, wie in unseren Alpen der Kalkstein, der in zahlreich über einander geschichteten Bänken auf den bunten „Werfener Schiefern", welche der unteren Trias angehören, ruht. Wie die Kalkmassen der alpinen Kalksteinzone durch die grossen geologischen Ereignisse bei der Erhebung der Alpen in einzelne Schollen /erbrochen und in Längsketten zerrissen wurden, deren steile Felswände die Gross- artigkeit des Landsehaftsbildes der Kalkzone bedingen, so verhält es sich auch mit dem Tafelberg-Sandstein. Die ursprünglich in horizontalen Lagen gebildeten Schichten von Sandstein und Quarzit finden sieh keineswegs überall horizontal. Sie sind vielfach steil aufgerichtet. Schon auf der Cap-Halbinsel selbst kann man da und dort Störungen beobachten, welche die Schichten bis zu 15 und 20° Nei- »•une' aufgerichtet haben. Am eigentlichen Cap der guten Hoffnung senken sich die Bänke flach ins Meer. Jenseits der Cap'schen Fläche aber sieht man im Sir Lowrypass auf der Höhe der Hottentots-Hollandberge die Schichten fast senk- recht aufgestellt und dann gegen Ost allmählich mit immer geringerem Neigungs- winkel sich senken. Die Sandsteinmassen sind ausserdem von langen Bruchlinien durchzogen, welche zu breiten Längsrhälern ausgewaschen sind, in Avelchen die Unterlage der Sandsteinformation, der Thonschiefer, zu Tage tritt, und diese Län- genthäler sind durch Querspalten mit einander verbunden, welche in Süd-Afrika den bezeichnenden Namen „Kloof", d. h. Kluft, führen. So sind parallel ziehende Ketteno-ebinre gebildet, deren schroffe Felsmassen in den bizarrsten Formen in die Höhe starren, oder wo die Sandsteindecke nur in einzelne mächtige Schollen zerbrochen ist, Tafelberge mit öden, zerklüfteten, von Karren durchfurchten Pla- teaus. Ich will im folgenden nur auf einige der wächtigsten Bruchlinien und Quer- spalten hinweisen, welche sich auf der Karte leicht verfolgen lassen.

Vom Gamtoos Biver östlich bis zum Hex Biver in der Gegend von Worcester westlich, zieht sich das Sandsteingebirge durch tiefe Längenthäler in drei, stel- lenweise in vier und sogar in fünf Parallelketten getrennt, von Ost nach West parallel der Meeresküste. In demselben nahezu rechten Winkel aber, in welchem beim Cap der guten Hoffnung die Meeresküste nach Norden umbiegt, brechen auch jene Parallelketten auf einer das Cap und Worcester verbindenden diago- nalen Linie, welche jenen rechten Winkel halbirt, plötzlich ab und streichen von da an nordwärts bis zu dem über 6000' hohen Sneeuwkop. Die in der diago- nalen Bichtung von Nordost nach Südwest laufende tiefe Querspalte des Hex- riverthales bei Worcester trennt die beiden Gebirgsschenkel genau im Scheitel des Winkels.

Cap der guten Hoffnung. 27

Wie das ostwestliche Randgebirge aus mehreren durch tiefe Längenthäler getrennten Parallelketten besteht, eben so auch der von Süd nach Nord streichende Theil des Gebirges. Vom Frensh Hoek Pass im Süden zieht sich in den Cardowe- und Oliphantsbergen eine Kette von 3 4000 Fuss, in einzelnen Kuppen sogar von 6000 Fuss Meereshöhe, bis zur Donkinsbai; die Längsth'äler des Breede River und des Oliphants-River sind tief und breit ausgewaschene Aufbruchsthäler, in welchen der Thonschiefer wieder zu Tage tritt. Das südliche Ende dieser Sand- steinkette hat einen sehr charakteristischen Steilrand, der von Brandvalley an aus Nordost an Villiersdort vorbei zum Frensh Hoek Pass gegen Südwest streicht und genau in die Forstsetzung der diagonalen Hexriverspalte fällt. Diesem Steilrand entspricht ohne Zweifel eine Dislocationsspalte, die sich beim Frensh Hoek Pass fortsetzt und eine merkliche, gegenseitige Verschiebung der nördlichen und süd- lichen Gebirgsketten bedingt. Denn die ganze Kette der Hottentots-Hollandberge südlich von Frensh Hoek bis zum Cap Hanglip erscheint gegen die nördliche Gebirgskette etwas gegen West verschoben. Vielleicht ist in dieser Verschiebung zugleich der Grund der fast senkrechten Schichtenstellung zu suchen, die man auf der Höhe des Sir Lowry Passes, der über die Hottentots-Hollandberge führt, beobachtet. Bei der Tour durch Bainskloof, den Pass, der über die nördliche Gebirgskette führt, habe ich diese steile Schichtenstellung nirgends gesehen. Daher auch die unter einem fast rechten Winkel gegen West vorspringende Sandstein- masse des Helderberges bei Stellenbosch. Im Hintergrunde dieses Winkels entspringen auf jener Dislocationsspalte die Quellen des grossen Bergflusses. Von Paarl aus hat man eine recht deutliche Ansicht dieser Verhältnisse.

In jener Dislocationsspalte haben wir aber auch den einfachen Erklärungs- grund für die heissen Quellen von Brand-Valley, welche mit 61 C. gerade am Fusse des Sandsteingebirges hervorbrechen. Diese Quellen liegen auf der grossen Querspalte, welche zwischen den Quellen des Hexrivers und den Quellen des Zonder End Rivers die südafrikanischen Küstengebirge durchbricht, und von den Quellen des Zonder End Rivers an in der Spalte des Frensh Hoek Passes sich südwestlich fortsetzt. Die heissen Quellen liegen an derjenigen Stelle dieser Spalte, wo sie deutlich nicht als einfache Aufbruchsspalte, sondern zugleich als verticale Verwerfungsspalte auftritt. Dadurch sind alle notwendigen Bedingungen zur Bildung heisser Quellen, wie diejenigen von Brand-Valley, gegeben und umgekehrt ist die Existenz dieser Quellen ein weiterer Beweis für die Existenz jener Spalte. Alle Reisebeschreiber, welche diese Quellen schildern, drücken zugleich ihre Verwunderung aus, dass solche Quellen in einem Lande existiren, wo weit und breit keine Spur vulcanischer Thätigkeit zu entdecken sei. Das heisse Wasser von Brand-Valley ist reines Wasser ohne irgendwelche mineralische Bestandteile, ähnlich den Thermen von Pfeffers und Gastein. Würden sie vulcanischen Ursprungs

4*

28 Dr. F. v. Hochstetter.

sein, so wäre dieses Fehlen aller Bestandtheile unerklärlich. 80 aber dringt das atmo- sphärische Wasser fast nur durch zerklüftete Quarzite, in welchen es keine lösliehen Stoffe vorfindet, in die Tiefe bis auf das wasserdichte Thonschiefer-Grundgebirge und kommt auf der Dislocationsspalte durch hydrostatischen Druck wieder zu Tage. Da die umliegenden Sandsteingebirge eine Meereshöhe von 4 5000 Fuss erreichen, so bedarf es nur eines einseitigen Einsinkens einer mächtigen Sand- steinscholle um circa 1000 Fuss, um jene Temperatur von Gl zu erklären.

Ich erwähne noch, dass ähnliche Störungen, wie ich sie auf der Linie von Worcester zum Frensh Hoek Pass nachgewiesen zu haben glaube, auch an der nördlichen und südlichen Grenze des auf Bain's Karte als obersilurisch bezeich- neten dreieckigen Thonschiefer-Gebietes zwischen Worcester, Swellendam und Caledon vorhanden sein müssen, da auch diese beiden Seiten des Dreiecks auf- steigende warme Quellen haben, nördlich die heisse Quelle in der Kokmanns Kloof, südöstlich die warmen Quellen von Caledon. Aber auch die niedersteigen- den kalten Quellen treten ausschliesslich auf den Bruchlinien und in den Kloof s zu Tage, während die Gebirge völlig wasserarm sind. Die atmosphärischen Wässer dringen durch das zerklüftete Sandsteingebirge in die Tiefe bis auf die wasser- dichte Unterlage, welche der Thonschiefer bildet, und die Quellen entspringen überall auf der Grenze beider Formationen, da wo durch Bruchlinien die unter- irdische Wasserführung des Gebirges abgeschnitten wird1.

Man hat die Ereignisse, durch welche der Tafelberg-Sandstein in einzelne Gebirgsketten und Tafelberge zerrissen wurde, häufig, aber ganz mit Unrecht, in Verbindung gebracht mit den Granitdurchbrüchen am Cap; denn diese sind jeden- falls viel älter, und gehören einer Periode lange vor der Ablagerung der Sand- steinformation an. Dagegen beweist der parallele Verlauf jener Gebirgsketten mit der Küstenlinie einerseits und mit der Grenzlinie der Karoobildungen anderseits, dass die longitudinalen Aufbrüche der Sandsteinformation abhängig sind von der Gestalt und Bildung der ganzen südafrikanischen Continentalmasse. Der Tafel- berg-Sandstein bildet gewissermassen den Band der grossen Continentalplatte, welche aus den zonenförmig oder beckenförmig über einander gelagerten For- mationen der grossen Karoo besteht; dieser Band ist in vielfach parallelen Bruch- linien niedergebrochen, und die Küstenlinie selbst bezeichnet wohl nur die am tiefsten gehende Bruchlinie.

Bevor ich zur Frage nach dem geologischen Alter des Cap'schen Thonschie- fers und des Tafelberg-Sandsteines komme, muss ich noch einen sehr wesentlichen Punkt berühren, in welchem meine Auffassung von der Bain's abweicht.

1 Veryl. auch Dr. F. Krauss, Über die Quellen des südlichen Afrika's. Leonhard und Bronn, Neues Jahrbuch der Mineralogie 18-13, p. 151.

Cap der guten Hoffnung. 29

Bain unterscheidet auf seiner Karte von Südafrika zwei T honschiefer- und zwei Sandsteinformationen: 1. den petrefactenleeren Thonschiefer des Capdistric- tes (Nr. 2 auf Bain's Karte) und discordant darüber lagernd den Tafelberg-Sand- stein (Nr. 3), 2. die petrefactenführenden Thonschiefer, die jenseits des Michell's- Passes im warmen und kalten Bokkeveld auftreten und gleichfalls von einer petrefactenleeren , sehr mächtigen Sandsteinformation überlagert sind, welche nach Bain's eigenem Ausdruck dem älteren Tafelberg-Sandstein äusserst ähnlich ist, und die in einzelnen Punkten 6840 Fuss Meereshöhe erreichenden Sandsteinketten des Cedar-Berges, des Swarte-Berges und des kalten Bokkeveld bildet. Über dieser zweiten Sandsteinformation sollen dann noch einmal pctrefactenfiihrende Schiefer folgen, in ihren Fossilien identisch mit den unter dem Sandstein liegenden Schiefern: die obersten Thonschiefer erstrecken sich bis in die Karoogegenden und verschwin- den unter der Zone von Thonsteinporphyr, mit welcher die eigentliche Karoofor- niation beginnt. Auf Bain's Karte ist diese zweite Thonschiefer- und Sandsteinfor- mation mit gleicher Farbe gemalt und mit Nr. 4 als obersilurisch (?) bezeichnet.

Ich sehe vorderhand davon ab, dass von den Paläontologen die versteine- rungsführenden Schiefer für devonisch erklärt wurden, und bemerke auch also- gleich, dass ich jene Gegenden jenseits des Michell's-Passes nicht kenne: allein auf Bain's Karte ist auch ein unregelmässig dreieckiges Gebiet zwischen Worcester, Swellendam, Gnadenthal undCaledon mit der Farbe 4 als oberer Thonschiefer und Sandstein bezeichnet, das ich aus eigener Anschauung kenne. Bei der grossen Begel- mässigkeit, mit der sich in Südafrika die geologisch höher liegenden Formations- glieder in parallel laufenden Zonen an einander anschliessen, wie Bain's Karte sehr schön zeigt, ist dieses dreieckige Stück zwischen Worcester, Swellen- dam, Gnadenthal und Caledon, das ausserhalb der eigentlichen Zone der oberen Thonschiefer- und Sandsteinformation liegt, höchst auffallend. Bain muss seine Gründe gehabt haben, warum er die in dieser Gegend auftretende Thon- schiefer- und Sandsteinformation zur obern Abtheilung rechnet und vom C'ap'schen Thonschiefer und vom Tafelberg-Sandstein trennt; in den die Karten begleitenden Erläuterungen sind diese Gründe leider nicht angeführt. Ohne Zweifel beruht diese Auffassung: aber darauf, dass die Thonschiefer des bezeichneten Gebietes petrefactenführend sind. Davon habe ich mich wenigstens an einem Punkte, der in jenes Dreieck fällt, überzeugen können. Ich fand nämlich in den Thonschiefern bei Villiersdorf auf der letzten niederen Einsattelung, die man von Brand -Valley her überschreiten muss, ehe man zu der Farm des Herrn Pretorius und in die Ebene von Villiersdorf gelangt, Spuren von Petrefacten. Wenn das, was ich bei anfan- gender Dämmerung in aller Eile, da wir vor völlig- einbrechender Nacht noch jene Farm erreichen mussten, sammeln konnte, auch nicht so gut erhalten ist, dass sich die Arten bestimmen lassen, so sind es doch entschiedene Fossilreste und

30 Dr. F. v. Höchstetter.

zwar Crinoiden- und Brachiopodenreste, letztere undeutliche Abdrücke wahrschein- lich von Orthis pahnata in einem weichen gelb verwitterten Thonsehiefer. An dem- selben Flügel zeigt der Thonsehiefer, dessen Schichtenköpfe überall hervorstehen, stellenweise eine den nassauischen Sericitschiefern ähnliche Beschaffenheit. Die Schiefer sind gelblich-weiss, seidenglänzend und fühlen sich fettig an, fast wie Talkschiefer. Am ganzen Hügel streichen die Schichten von Südwest nach Nord- ost und fallen mit 80° gegen Nordwest. Gerade gegen Nordwest liegt aber in einer Distanz von kaum einer halben englischen Meile der von Nordost gegen Südwest streichende, oben besprochene Steilrand der hohen Sandsteinkette, die sich von Fren*h Hook aus nördlich zieht.

Die Schiefer fallen also unter dieses Sandsteingebirge ein, welches entschieden aus Tafelberg-Sandstein besteht. Die petrefactenführenden Thonsehiefer, obgleich sie örtlich um circa 3000 Fuss tiefer liegen, als die obersten Sandsteinbänke der Gebirgskette, könnten aber immerhin geologisch einem höheren Horizont ange- hören, da ja am Fusse jener Sandsteinkette, wie ich oben auseinandergesetzt habe, eine Dislocationsspalte verläuft. Allein auch die Zonderend-Bergkette besteht aus Tafelberg-Sandstein und ich konnte mich durchaus nicht überzeugen, dass die Sandsteine und Quarzite dieses Gebirgszuges, welche petrographisch vollkommen identisch sind mit den Sandsteinen und Quarziten Nr. 3 bei Bain, den versteine- rungsführenden Thonschiefern eingelagert seien, wie es nach Bain's Auffassung, der auch diese Bergkette zu seinem Nr. 4 rechnet, sein müsste.

Zonderend -Berge.

5000' Ylllier'.dcrf

3. Petrefacten führender Thonsehiefer (devonisch). 1. Tafelberg-Sandstein.

Durchschnitt der Zonderend-Bergkette,

Die Darstellung der Lagerungsverhältnisse, wie ich sie auf dem beigefügten Durchschnitte gebe, ist das Eesultat von Beobachtungen, welche ich beim Über- gang von Villiersdorf in das Thal des Zonderend Rivers über den Dunkcrshoek Pass am westlichen Ende der Gebirgskette gemacht habe. Ich fand am nördlichen Fusse der Gebirgskette die Thonschieferschichten nach Nordost streichend, mit einem bald steileren, bald flacheren Einfallen gegen Nordwest, hierauf feinkörnigen weissen und eisenschüssigen gelben Sandstein mit thonigem Bindemittel, der gleichfalls nach Nordost streicht, aber mit 15° gegen Südost fällt, dann Quarzite mit demselben Streichen und einer Neigung von 40 45° gegen Nordwest, endlich auf den höchsten Punkt des Passes steil aufgerichtete Quarzite mit ostwestlichem Streichen und mit 80° gegen Süden fallend. Was ich sah, führte mich zu der Über-

Cap der guten Hoffnung. 31

zeugung, dass die Sandsteine und Quarzite des Dunkershoekberges discordant über den versteinerungsführenden Thons chiefern liegen, wie es allenthalben beim Tafelberg-Sandstein der Fall ist.

' Der petrefactenführende Thonschiefer des Zonderend-Districtes verhält sich also zu den Sandsteingebirgen dieser Gegend genau eben so, wie die petrefacten- leeren Thonschiefer des Capdistrictes zum Tafelberg-Sandstein. Dieser Schluss würde mich jedoch keineswegs berechtigen, auch an der Richtigkeit der Auffassung Bain's, so weil sie die Bokkeveld-Districte betrifft, zu zweifeln, wenn nicht Dr. It. N. Rubidge seither über die Verhältnisse bei Michell's-Pass Bemerkungen publicirt hätte,1 welche überhaupt daran zweifeln lassen, dass am Cap zwei verschiedene Sandsteinformationen unterschieden werden können.

Auf dem in den Geolog. Transact. (2 Ser. , Vol. VII, pl. 21, Fig. 1) von Bain oeoebenen Durchschnitt bildet Michells-Pass die Grenze beider Formationen. Bain lässt hier die Tafelberg-Sandsteine plötzlich steil einfallen unter die petrefacten- führenden Thonschiefer des Bokkeveld bei Ceres, und versetzt demgemäss die weiter nördlich liegenden Sandsteinketten der Zwarteberge und Cedarberge. welche über den fossilienreiehen Schiefern liegen, in einen höheren Horizont. Ru-bidge, der verdienstvolle Nachfolger Bain's in der Erforschung der Geologie von Süd-Afrika, will dagegen gefunden haben, dass die nördlich einfallenden Quar- zite bei Ceres nur silificirte Schiefer seien, welche allerdings eonform zwischen den unveränderten Schiefern liegen, aber gleich diesen von den Quarziten der Bokke- veldberge überlagert seien, die er dem Tafelberg-Sandstein zurechnet. Die Quarzite seien durchaus von jüngerem Alter als die Schiefer, und diese selbst lassen sich nicht wohl in petrefactenführende und petrefactenleere trennen, zumal da man neuerdings devonische Trilobiten und Spiriferen auch in den Schiefern der süd- lichen Districte bei Cap St. Francis, Klein -Winterhoek und bei Jeffery's-Bai gefunden habe.

Wenn diese Ansicht, wie ich glaube, die richtige ist, so hat man es am Cap statt mit zwei Thonschiefer- und zwei Sandsteinformationen nur mit je einer zu thun, einer grossen Thonschieferformation mit untergeordneten glimmerigen Sand- stein- und Quarzitzügen, welche das Grundgebirge bildet, und einer discordant darüberliegenden, sehr mächtigen Conglomerat-Sandstein- und Quarzitformation, dem Tafelberg-Sandstein, der eine ausserordentliche Verbreitung besitzt, ausschliess- lich die höheren Gebirgsketten bildet und von Rubidge sogar im Namaqualande nachgewiesen wurde, wo er Spuren von Fucoiden und anderen Pflanzenresten führt. 8

1 Dr. R. N. Rubidge, on some Points in the Geology of South Africa. Quart. Journ. Geol. Society 1859. Vol. XV, p. 195.

Quart. Journ. Vol. XII, p. 239 u-id Vol. XIII, p. 235.

32 Dr. F. r. Hochstetter.

Was nun das Alter der Thonsehiefer betrifft, so kamen Dr. F. Sandberger

und .Dr. Sliarpe1), welche die bis jetzt aufgefundenen Petrefacten untersucht und beschrieben haben, zu dem übereinstimmenden Resultate, dass die Fauna der Schieferformation einen devonischen Charakter an sich trage. Sharpe gibt (a. a. O. S. 204 206) eine Liste von 35 verschiedenen Species von Trilobiten, Crinoideen, Brachiopodcn und Lamellibranchiaten, nebst einem Tentaculiten, Belle- rophon und einer Theca. Diese Fossilien stammen von folgenden Localitäten: Cold Bokkeveld, warm ßokkeveld, Cedarberg, Hottentots Kloof, Kokmanns Kloof, GydowPass, Leo Hoek. Sharj)e bemerkt ausdrücklich, dass unter diesen Fossilien keine einzige echt silurische Art, ja nicht einmal ein rein silurisches Geschlecht vorkomme, und das Zusammenvorkommen von Homalonotus, Phacops, Tentaculiten und breitflügeligen Speriferen mit Cucullella, Bellerophon, Conularia, Chonetes und Strophomena durchaus für devonische Formation spreche. Dr. Sandberger hat einige Species sogar mit europäischen Arten aus dem Devonischen identificirt. Da- gegen spricht sich aber Sharpe aus: „wir können, sagt Sharp e(S. 206), Dr. S and- berger nicht beistimmen, wenn er gewisse Brachiopoden etc. mit europäischen Arten devonischer Fossilien identificirt. Die einzige Localität, wo vorläufig einige dieser südafrikanischen Species gefunden wurden, sind die Falklands-Inseln, und es ist sehr bemerkenswerth, dass von den neun Species, welche Mr. Darwin von diesen Inseln mitgebracht hat (2 vol. of Quarterly Journal pl. 10 11), fünf in Mr. Bain's Sammlung vom Cap enthalten sind.2 Diese interessante Thatsache beweist uns, dass die devonische Formation eine sehr weite Verbreitung in der südlichen Hemisphäre hatte; aber, so weit unsere Kenntniss jetzt geht, war sie von Arten bevölkert, verschieden von denen, welche zu derselben Periode in den nördlichen Regionen lebten, wenn auch sehr nahe verwandt mit ihnen. Dies ist in Übereinstimmung mit Allem, was wir von der Vertheilung der Fossilien in der paläozoischen Zeit wissen".3

Weiteren Untersuchungen muss es überlassen bleiben, zu entscheiden, ob aller Cap'sche Thonsehiefer devonischen Alters ist, oder ob nicht doch ein Theil

1 Dr. F. Sandberger, Über einige paläozoische Versteinerungen des Caplandes in Leonhard's und Bronn's Jahrbuch 1852, p. 581. D. Sharpe and J. W. Salter: Description of Palaeozoie Fossils froni South Africa. Transäet, of the Geol. Soe. 2 Ser. Vol. VII. 1856, p. 203.

~ Diese Arten sind Orthis palmata Morris & Sharpe, Strophomena SvMvani Sharpe, Spirifer antaretius Morris & Sharpe, Sjririfer Orbignii Morris & Sharpe, Orbicula Bainii Sharpe.

3 Eben so bemerkt Sharpe (S. 202) von den seeundären Fossilresten des Zwartkops- und Sunday-Rivers : „Keine einzige Species kann identificirt werden mit irgend einer europäischen, aber die Formen, denen sie am nächsten stehen, sind die des mittleren und unteren Ooliths. " Diese Resultate sind von höchstem Interesse. Sie beweisen eine Trennung des organischen Lebens durch eine äquatoriale Zone schon in den ältesten Perio- den der Erde, ganz so wie sie noch heute existirt.

Cap der guten Hoffnung. 33

und namentlich der petrefactenleere Schiefer der südlichen Districte älter ist. Nur das sollte hier nachgewiesen Averden, dass auch die petrefactenführ end en devonischen Schiefer unter dem Tafelberg-Sandsteine liegen.

Über das geologische Alter des petrefactenleeren Tafelberg-Sandsteines und aller ihm äquivalenten Saudsteine und Quarzite in Süd-Afrika herrschen noch vielfache Zweifel. Man hat diese Sandsteinformation bereits allen Formationen vom Silurischen bis zum bunten Sandstein zugezählt. 1 Nach den bisherigen Ausein- andersetzungen haben wir nun aber wenigstens nach unten eine bestimmte Grenze. Die discordante Lagerung desTafclberg-Sandsteines gegen die devonischen Schiefer und der gänzlich verschiedene petrographische Charakter der beiden Ablagerungen bilden eine so scharfe Formationsgrenze, wie sie nur überhaupt vorkommen kann. Mit der Ablagerung des Tafelberg-Sandsteines in nachdevonischer Zeit begann eine völlig neue Periode der geologischen Entwickelungsgeschichte Süd-Afrika's. Und wenn aus Bain's Beobachtungen unzweifelhaft hervorgeht, dass auf diese Sand- steinformation weiter nördlich dielvaroobildungen in concordanterLageruug folgen, so dass der Tafelberg-Sandstein die Basis oder wenigstens den Band des aus- gedehnten Karoobeckens bildet, so wird es am naturgemässesten sein, den Tafel- berg-Sandstein und die ganze Beihe der Karoobildungen als Ablagerungen einer zusammenhängenden Zeitperiode zu betrachten.

Nach Bain's Untersuchungen war die grosse Karoowüste einst ein grosses Binnenmeer oder ein Binnensee. Ihre Bildungen sind vorherrschend Süsswasser- biklungen, durchbrochen von Porphyren und Melaphyren (Trapp). Die grosse Karoo ist die ausgedehnte Fundstätte von Süsswasserconchylien , von eigenthüm- lichen Pflanzenresten, worunter namentlich Cycadeen, von verkieselten Hölzern, von heterocerken Fischen (Valaconiacus- Arten) und von jenen höchst merkwür- digen, von Owen beschriebenen, Dicynodo n-Resten , den Besten eines Beptils mit säugethierartigem Oberkiefer, schildkrötenartigem Unterkiefer, krokodilartigem Hinterhaupte und eidechsenartigem Schädel.2 Das geologische Alter dieser eine Gesammtmächtigkeit von gegen 10.000 Fuss erreichenden und über ungeheure Länderstrecken, bis weit über den Orange Kiver, ausgedehnten Bildungen ist noch im Zweifel. Englische Geologen halten sie für ein Äquivalent des englischen New Bed Sandstone, der permische und triassische Glieder umfasst. Die Analogie der Grundlage von Thonsteinporphyr und die durchsetzenden Trappgänge, wahr-

1 Dr. F. Kr au ss beschrieb den Tafelberg-Sandstein als bunten Sandstein ; Bain rechnete ihn früher zur Steinkohlenformation, später beschreibt er ihn als untersilurisch, und wenn Bain's Auffassung richtig wäre, dass er am Michells Pass zwischen petrefactenf ühren den Thonschiefern liegt, so müsste er devonisch sein, da diese Thonsehiefer devonisch sind.

2 Transact. geol. Soc. 2. Ser. 1856. Vol. VII, p. 225. Einige interessante Dicy/iodon-Reste verdanke ich der Güte des Herrn Mc Lac hl an in Stellenhosch.

Novara-Eipedition. Geologischer Theil. II Ild. °

34 Dr. F. v. Hochstetter.

scheinlich Melaphyre 1, mit den Verhältnissen des Rothliegenden in Mittel-Europa würden für Lower New-Red sprechen, während die Pflanzenreste, namentlich die Cycadeen, besser mit einem jüngeren triassischen oder jurassischen Alter stimmen. Halten wir daran fest, dass dieKaroobildungen, wenn nicht ganz so doch wenigstens in ihren tieferen Gliedern dem Rothliegenden entsprechen, so fällt die Bildung des Tafelberg-Sandsteines zwischen die devonische und permische Periode, also in die Steinkohlenzeit. Ein weiterer Beleg für diese Deutung ist auch die Thatsache, dass man, wie "Wyley erwähnt,2 bei Swellendam und Riversdale in Schichten, welche zum Tafelberg-Sandstein gehören, Lepidodendron gefunden hat, und dass nach Bain und Äthers tone in den östlichen Theilen der Colonie im District von Uitenhagen die Steinkohlenformation in der That mit schwachen Kohlenflötzen auftritt, im Übrigen aber petrographisch sich nicht wesentlich vom Tafelberg-Sandstein unter- scheidet. Mit dieser Auffassung kehre ich also zu der ursprünglichen Deutung Bain' s zurück, welcher in seinen ersten Arbeiten den Tafelberg-Sandstein zur Stein- kohlenformation gerechnet hatte.

Ist der Tafelberg-Sandstein ein flötzleerer Kohlensandstein, so hat er sein voll- ständiges nicht blos petrographisches , sondern auch stratigraphiscb.es Analogon in der mächtigen und weit ausgedehnten Sandsteinformation Ost-Australiens, in dem sogenannten Sydney-Sandstein (Dana) oder Hawkesbury-Sandstein (W. C. Clarke), welcher die kohlenführenden Schichten von New-South-Wales über- lagert, 3 und entweder noch zur Kohlenformation selbst oder zur permischen Formation zu rechnen ist.

4. Jüngere Bildungen. Dahin rechnen die Cap-Geologen zunächst eigen- thümliche Sandsteinbildungen, die da und dort unter dem mächtigen Flugsande der Dünen, welche die Cap'sche Fläche bedecken, hervorragen. Bain4 erwähnt die durch das Vorkommen von Pflanzenresten interessante Stelle nahe beim Tiger- berg zwischen dem 10. und 11. Meilenstein von Cape Town aus. Es ist ein nur 20- 30 Fuss hoher Hügelzug, der sich unmittelbar rechts an der Strasse nach Somerset West aus dem Sand der Fläche erhebt. Zu unterst sieht man in den Gruben an der Strasse eisenschüssig-gelben Lehm, wahrscheinlich ein Zersetzungs- product des Thonschiefers. Der Lehm ist bei trockener Witterung von Salzkrusten weiss überzogen, darüber liegen den Hügel überdeckend feinkörnige Quarzite,

1 Die Geschiebe vom Orange River mit Achatgeoden , welche man so häufig in den Sammlungen sieht, sind entschieden Melaphyrmandelsteme.

A. Wyley, (ieolog. Report upon the Goal of the Stromberg and adjoining Districts. Cape Town 1 S b 6 , p . 7 .

3 Hochstetter, Notizen über fossile Thierreste in Neuholland. Sitzungsb. d. k. Akad. d. Wiss. 1859.

4 A. a. 0. p. 192.

Ccqi der guten Hoffnung. 35

die früher eine zusammenhängende Decke gebildet zu haben seheinen, jetzt aber in einzelne grosse Schollen zerbrochen sind. Dieser Quarzit, wahrscheinlich eine Süsswasserbildung, ist voll von Pflanzenresten. Es sind theils kantige, theils mehr runde und geriefte Stengel, welche equisetumartigen Sumpfpflanzen anzugehören scheinen. Cianz ähnliche Reste aus einem Brauneisenstein vom Jostenberg habe ich durch die Güte des Herrn Med. Dr. Versfeld in Stellenbosch erhalten. Auch bei Weinberg soll ein weisser Sandstein mit ähnlichen Pflanzenresten vorkommen, eben so beiSwellendam. Die calamiten- oder equisetumartige Natur dieser Pflanzen- reste, die zum Theile an Calamites arenaceus und Equisetum columnare des Keupers erinnern, lassen mich an dem jungen Alter dieser Sandsteinbildungen zweifeln.

Eine zweite Sandsteinablagerung, welche ich nirgends angeführt finde, beob- achtete ich au einem Hügel am rechten Ufer des Erste Rivers, nahe seinem Aus- flusse in die False Bay. Ein heiliger Platz der Muhamedaner, ein sog. Krammat, liegt auf diesem mit Dünensand bedeckten Hügel, den man am besten von Mr. Cloete's Farm in Zandvliet aus besucht. Die Gegend führt den Namen Macasar- downs. Die Hügel sind ungefähr 100 150 Fuss hoch über dem Bette des Erste Rivers und haben ihre felsige Steilseite gegen Nord am rechten Ufer des Flusses. Die Treppe, die zu dem Krammat führt, ist zum Theile in diesen Sandstein ge- hauen. Es ist ein lockerer Sandstein mit kalkigem Bindemittel, der aus Quarz- körnern und Muscheltrümmern besteht. Er ist sehr deutlich geschichtet, die Schich- ten streichen von Nord nach Süd und fallen sehr regelmässig mit 15 20 gegen Westen. Ich konnte leider nichts Ganzes und Erkennbares an Muschelresten finden. Die Land- und Seemuscheln, welche an der Oberfläche liegen, stammen alle aus dem Dünensande, den der Südostwind über den Hügeln aufhäuft.

Thoneisenstein- und Brauneisensteinbildungen. (Vergleiche Bain S. 191, Darwin S. 143.) Alle niederen Theile der Capgegend, und haupt- sächlich die Abhänge der Gebirge auf der Grenze des Sandsteins und Thonschie- fers sieht man überzogen von einer Decke von jungen eisenschüssigen Bildungen, die sich den Unebenheiten der Oberfläche anschliessen, und bisweilen eine Mäch- tigkeit von 10 bis 12 und mehr Fuss erreichen mögen. Die unteren flachen Ge- hänge des Tafelberges, des Löwenkopfes, der Berge bei Simonsbai, grosse Theile der Capflats, auch im Lande fast alle Berggehänge unterhalb der Sandsteingrenze sind überzogen mit diesen eisenschüssigen Krusten. Bald ist es ein eisenschüssiger gelber Lehm mit Bohnerzknollen, bald Quarzsand durch Eisenoxydhydrat gebunden, bald grobe Conglomerate mit demselben Bindemittel, bald reiner Brauneisenstein.1

1 Nach W. K. Clarke besteht der Boden der gepriesenen Weinberge von Constantia aus zersetztem Granit, überlagert von einer harten oft 100 Fuss dicken Schichte, die aus Quarzgeröllen und einem eisen - schlissigen Cement besteht.

5 *

36 Dr. F. v. Hochstetter.

Sehr charakteristisch ist für die sandigen Bildungen dieser Art eine zelliffe Structur. Das dem sandigen Detritus infiltrirte Eisenoxydhydrat verbindet einzelne Theile zu festem einschüssigem Sandstein, welcher andere Theile losen Sandes rinffs uraschliesst. Die sogenannten „Adlersteine" sind bei diesem Structur- Verhältnis* eine sehr häufige Erscheinung, und wo in Schottergruben diese Ablagerung auf- geschlossen ist, da sieht man, indem der lose Sand an den Wänden der Grube herausfällt, die Masse löcherig und zellig anstehen, vuleanischer Schlacke ähnlich, für die sie von Laien oftmals gehalten wird.

Diese Eisensteinbildungen haben eine sehr allgemeine Verbreitung im ganzen Küstengebiet von Süd-Afrika und sind ein Analogon der brasilianischen, ceylonesi- schen und indischen Lateritbildung.1 Sie sind in der T hat nichts anderes als eine Lateritbildung aus dem Detritus der Tafelberg-Sandsteinformation und des Gap'schen Thonschiefers. Beide Gesteine sind eisenhaltig, der Thonschiefer enthält vitrioles- cirenden Eisenkies, der Sandstein Eisenoxydul und Eisenoxyd, durch das er zum Theil intensiv roth gefärbt ist. Namentlich ist es der Eisengehalt des Sandsteines, welcher durch das durchsickernde, allerlei Moderstoffe enthaltende Tagwasser fort- während ausgelaugt wird und am Fusse der Gebirge, auf der Grenze des Sand- steines und Schiefers, auf der alle Quellen entspringen, als Eisenoxydhydrat sich absetzt und die hier aufgehäuften Detritusmassen cementirt oder stellenweise auch reines Brauneisenerz, Wiesenerz und Sumpferz, bildet. In der Umgegend der Capstadt und überall auch landeinwärts bilden diese eisenschüssigen Massen das Beschotterungsmaterial. Daher der hässliche rothe Staub, der, überall auf den Strassen vom Südostwind aufgewirbelt, in der Capstadt die Vegetation, die Häuser und Alles rothgelb übertüncht.

Eine grossartige Entwicklung dieser Eisensteinkruste beobachtete ich bei den warmen Quellen von Caledon. Die Eisensteinkruste bildet hier am südlichen Abhang des Zwarteberges eine sehr deutliche und charakteristische Terrasse. Sie reicht bis unmittelbar an die steil sich erhebenden Sandsteinfelsen, und bildet selbst kleine Felsen. Ihre Dicke mag an einzelnen Stellen bis 20 Fuss betrafen. Wo das Erz frisch ansteht, hat es mitunter Glaskopfstructur und bildet eine feste, mehr oder weniger poröse, psilomelanartige Masse mit metallisch glänzenden Bruch von eisenschwarzer Farbe, an verwitterten Stellen ist die Kruste schwarzbraun und gelbbraun und verhält sich wie Brauneisenerz.2 Die plattige oder schiefrige Structur, die man beobachtet, spricht für allmählichen periodischen Absatz. An der Ober- fläche ist die Kruste erdig verwittert und bildet einen intensiv schwarzen Boden, in

1 Vergl. S. 15. Sir George Grey, 1857 Gouverneur der Capeolonie, zeigte mir ein Stück g:diegen Gold im Gewichte von 4 Pfund Sterling, welches bei Swellendam in einer ähnlichen Eisensteinkruste wie die von Caledon gefunden

worden sein soll.

Gap der guten Hoffnung. o~

welchem eine üppige Vegetation gedeiht. (Vergl.Krauss a.a. 0. S. 158.) Percival

in seiner Beschreibung des Vorgebirges der guten Hoffnung hat diese Eisenkruste

für Lava gehalten und darin die Ursache der heissen Quellen von Caledon entdeckt?!

Kalksteinbild ungen. Analog den eben beschriebenen Eisensteinbildungen

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sind die jüngeren Kalksteinbildungen der Küstengegend. Wie im Lande Eisen das Bindemittel abgibt für sandigen und thonigen Detritus, so ist an der Küste Kalk das Lindemittel für den Meeressand, der von der Brandung und vom Winde aufgehäuft wird. Bei Cape Town selbst, über die Amsterdambatterie hinaus in der Richtung gegen Eobbeneiland, ist das Thonschiefergrundgebirge überlagert von Meeressand, der die 20—30 Fuss, in einzelnen Hügeln bis 50 Fuss über den mittleren Meeres- spiegel aufsteigende Strandfläche bildet. Her Thonschiefer tritt nur in der Bran- dung selbst in nackten Klippen zu Tage. Dieser Meeressand ist theils loser Flugsand, wie ihn das brandende Meer ausgeworfen, theils erhärtet durch ein kalkiges Bindemittel. Die festeren Partien bilden im losen Sand die mannigfaltig- sten Formen , die man mit Asten und Zweigen u. dgl. vergleichen mag. An andern Punkten bilden sich auf ähnliche Weise auch feste Kalkbänke und Kalk- tuffe. Auf Eobbeneiland soll eine solche feste Kalkablagerung vorkommen voll von Besten recenter Meeresmuscheln. An der Buffalos-Bai nahe dem eigentlichen Cap derj guten Hoffnung und an mehreren anderen Punkten der Cap-Halbinsel kommen in einem ähnlichen Kalkstein, der aber keine Muschelreste einschliesst, 250 Fuss über dem gewöhnlichen Spiegel der See Höhleu vor, deren Boden voll von Meeres- sand und Meeresm usch ein ist und in welchen man auch Menschenknochen, nament- lich Hottentottenschädel, gefunden haben will. Ich konnte den Punkt leider nicht besuchen. Darwin (a. a. O. S. 144) erwähnt bei Besprechung ähnlicher Kalk- bildimgen an der Südküste von Australien auch diejenigen an der Südküste von Afrika, und berührt die verschiedenen Fragen, zu welchen diese an den Küsten der südlichen Continente so weit verbreiteten Bildungen Veranlassung geben. Ihre junge Bildung ist unzweifelhaft, ihre hohe Lage spricht für eine Hebung der Küstengebiete, an denen sie vorkommen. W. B. Clarke findet Beweise einer jüngsten Erhebung des Landes am Cap der guten Hoffnung bis zu 400 Fuss, und Mr. Layard theilte mir mit, dass sich an der ganzen südafrikanischen Meeres- küste vom Cap bis Port Elisabeth 20 25 Fuss, an einzelnen Stellen selbst 100 Fuss hoch über dem Meere eine Museheibank hinziehe, an einzelnen Punkten mit feste- ren Bänken von 6 Fuss Mächtigkeit, und dass in diesen Muschelbänken neben leben- den Species auch eine Peeten-Art gefunden werde, die bis jetzt lebend noch nicht entdeckt wurde. Eine anderes Bewandtniss hat es aber jedenfalls mit jenen zahlrei- chen Muschelhügeln, welche hauptsächlich aus lose aufgehäuften, verkalkten Schalen von Patellen und Iluliotis bestehen, und längs der Küste, z. B. zwischen Simons Bai und Millerspoint oft in Höhen von 1UÜ Fuss über dem jetzigen

38 Dr. F. v. Hochstetter. Cap der guten Hoffnung.

Meeresspiegel angetroffen werden. Es ist die allgemeine und auch wohlbegründete Ansicht, dass diese Muschelhügel von den Hottentotten herrühren, welche die Muscheln gefischt, die Thiere gegessen und die Schalen am Ufer zusammengewor- fen haben. Dasselbe °ilt in der Umgebung von Rio de Janeiro von Haufen von Austernschalen, die am Ufer hoch über dem jetzigen Meeresspiegel gefunden werden und die Reste der Mahlzeiten der Indianer sind. Dasselbe erwähnt Darwin von Van Diemensland und von Neuseeland. Es sind die Küchenreste der wilden Völker der südlichen Hemisphäre.

Heisse Quellen. Von den heissen Quellen des Capdistrictes , über deren Bildung ich schon oben gesprochen, kenne ich die von Brandvalley und Caledon aus eigener Anschauung. Sie sind schon von Kraus s1 gut beschrieben worden. Die Quelle von Brandvalley liegt zwischen "Worcester und Villiersdorf am Bande eines ausgedehnten Kesselthales dicht unter einem Sandsteinhügel, hinter welchem sich das Sandsteingebirge bis zu 4000 Fuss Meereshöhe erhebt. Sie bildet ein grosses dampfendes Bassin von 40 50 Fuss Durchmesser und 3 4 Fuss Tiefe. Das Wasser ist krystallklar, geschmack- und geruchlos; es sprudelt in der Mitte des Beckens, wo aus dem Boden zahlreiche Blasen von Kohlensäure aufsteigen, lebhaft auf. Am Rande des Beckens zeigte das Wasser eine Temperatur von 62 ' 7 C (Lichtenstein gibt jedenfalls viel zu hoch S2'3 C au, Burchell aber über- einstimmend mit meiner Messung 62 '3 C. , eben so Maclear 6292 C). Es ist die heisseste Quelle Süd-Afrika's. Von den Granitblöcken, welche Lic htenstein2 bei Brandvalley gesehen haben will , fand ich keine Spur. Wahrscheinlich hielt Lichtenstein den grobkörnigen Sandstein mit thonigem Bindemittel, der das Hauptgestein der Gegend ist, für Granit. Der Boden des Quellenbassins ist theils sandig, theils thonig. Die thonigen Stellen erscheinen als schneeweisse Flecken. Nur 300 Fuss von der heissen Quelle entfernt entspringen zwei kältere Quellen mit einer Temperatur von 2595 C. und 22° C.

Die Quellen von Caledon, welche bei diesem Städtchen am südlichen Ab- hänge des Zwarteberges entspringen, sind sogenannte Stahlthermen, die beim Abflüsse grosse Mengen von Eisenoxydhydrat absetzen und dadurch am Berg- abhange eine mächtige Eisenkruste gebildet haben (vgl. S. 36). Die Temperatur der Quellen fand ich übereinstimmend mit den Angaben von Krauss für die obere Quelle = 47°S C. , für die untere = 46°2 O.

1 A. a. O. p. 156— 157.

2 Lichten s tei n, Travels in Southern Africa. London 1812.

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Geologische Beschreibung'

der Insel St. Paul im indischen Ocean.

Mit einer geologischen Karte.)

JSt. Paul im indischen Ocean ist eine vulcanische Insel. Ihre äussere Gestalt und Form ist so charakteristisch, dass jede auch noch so unvollkommene Karten- skizze , wie sie der holländische Seefahrer William de Vlaming1), der die Iusel im Jahre 1696 besucht hat, und später 1793 Mr. Parish auf der chinesi- schen Gesandtschaftsreise des Earl of Macartney gegeben hat, die vulcanische Natur anschaulich macht. Es ist, wie Alexander v. Humboldt, dessen dringen- dem Anrathen wir den Besuch der Insel verdanken, in seinen physikalischen und geognostischen Erinnerungen sagt, „die Gestaltung, welche den Geognosten an Santorin, Barren Island und Deception- Insel aus der Gruppe der Süd-Shet- lands Inseln lebhaft erinnert". Auch Sir Charles Lyells erwähnt diese Analogie der äusseren Form und kommt bei der Discussion der Frage über die Bildung der berühmten Caldera auf der Insel Palma auf St. Paul zu sprechen , von welchem er bei dieser Gelegenheit die von Capt. Black wood im Jahre 1842 entwor- fene und von der englischen Admiralität 1849 publieirte Karte nebst den dazu gehörigen Ansichten mittheilt. Er erwähnt St. Paul als charakteristisches Bei- spiel einer Classe von vulcanischen Inseln, in deren Krater dem Ocean ein Weg zum Eintritt gebahnt ist. Zu Capt. Black wo od's Karte ist keine detaillirtere Beschreibung gegeben. Aber eine durch ihre Einfachheit und Wahrheit ausge- zeichnete Beschreibung ist in dem von Sir George Staun ton herausgegebenen3 Beisewerke über des Earl of Macartney's Gesandtschaftsexpedition nach China

1 Ylaming's St. Paul yergl. in Ilist. gen. des Voyages. T. 16, p. 80.

2 Prineiples of Geology 9. Aufl. 18Ö3, p. 416. Elements of Geology 6. Aufl. 1865, p. 635 636.

3 An authentie account of an Embassy from the king of Great Britain to the Emperor of China by Sir George Staunton. London, 17<J7. Vol. I, p. 203 227.

40 Dr. F. v. Hochstetter.

enthalten und in dieser Reisebeschreibung finden wir die von dem Schiffsarzte jener Gesandtsehaftsexpedition (Dr. Gillan) herrührenden, für den damaligen Standpunkt der Wissenschaft ganz vortrefflichen geologischen Bemerkungen über St. Paul, die ich bis in die Einzelheiten wahr fand. Aus dieser Beschreibung ging unzweifelhaft hervor, dass die Insel noch Spuren von vulcanischer Thätigkeit zeigt, und demgemäss ist sie auf Darwin 's Karte der Vulcaue1 als thätiger Vulcan bezeichnet.

Die neuesten und besten Karten der Insel sind:

1. Die von der englischen Admiralität am 8. Mai 1860 herausg-eo-ebene Karte Nr.1691, aufgenommen von Lieut. Hutchison und J. W. Smith, Mast. H. M. S. Herald, Capt. Denham 1853, im Maassstab 12.00Q ;2 die dazu gehörige Beschreibung der Insel ist im Naut. Magaz. 1854, p. 68 75 enthalten.

2. Die von der österreichischen Admiralität 1862 herausgegebene Karte: Insel St. Paul von Commodore B. v. Wüllerstorf- ürbair, Befehlshaber Sr. Maj. Fregatte Novara 1857, im Maassstab £5^55 der Natur, mit 2 Ansichten.

Die k. k. Fregatte Novara kam am 18. November 1857 Abends in Sicht der Insel, und ankerte am 19. November Morgens an der nordöstlichen Seite vor dem Eingang in das Kraterbassin. Nach einer vorläufigen Recog-nosciruno- der Insel am 19. November wurden am 20. die nöthiffen Instrumente und die für astronomische und magnetische Beobachtungen vorgerichteten Hütten ausgeschifft, und letztere auf der Anhöhe hinter den Fischerhütten aufgestellt. Jeder von uns ging an seine Aufgabe. Zu diesen Aufgaben gehörte auch eine möglichst genaue Detailkarte der Insel. Während mehrere der Herren Officiere 3 beschäftigt waren, mittelst eines Theodoliten von einer gemessenen Basis aus Hauptpunkte des unteren und oberen Kraterrandes trigonometrisch zu bestimmen, und mittelst des Messtisches von diesen Punkten aus die äusseren Contouren der Insel aufzu- nehmen, machte ich mir neben den speciell geologischen Beobachtungen die Terrainzeichnung der Insel zur Aufgabe. Zu diesem Zwecke musste ich mir, da die Arbeiten gleichzeitig waren, und die trigonometrischen Resultate oder das Netz des Messtisches nicht schon fertig zur Terraineinzeichnung vorlagen, selbst-

Ch. Darwin, Geological Observation?. London 1851.

In der Angabe des Maassstabes auf di r englischen Karte ist seltsamer Weise ein Irrthum untergelaufen, indem d r Maassstab der Kart' um die Hälfte zu klein, nämlich 1 : 24.278 angegeben ist, und die Länge, welche als eine Seemeile bezeichnet ist, nur einer halben Seemeile gleichkommt. Derselbe Irrthum findet sich in James Horsburgh's India Directory, London 1855, Vol. I, wo die Länge von St. Paul von NW. nach SO. zu ö 10 Meilen, die Breite zu ö Meilen angegeben wird, während diese Dimensionen in Wirk- lichkeit kaum die Hälfte betragen.

An den geodätischen Arbeiten auf St. Paul haben sich die Herren Fregatten-Fähnrich Eugen Krono- wetter, Fregatten-Fähnrich Gustav Battlogg und Marine-Cadet Mich. v. Mariassi betheiligt.

Insel St. Paul. -1 1

ständig mittelst der Boussole und mit Hilfe eines Stampf ersehen Taschen- Nivellirinstrumentes, das mir die Hauptdistanzen gab, eine Karte der Insel ent- werfen. Zu meiner grossen Befriedigung ergab sich nach Vollendung der Ar- beiten eine last vollkommen genaue Übereinstimmung meiner Karte mit den durch Theodolit und Messtisch gewonnenen Resultaten, so dass meine Terrain- zeichnung vollständig in das ausgeführte geometrische Netz passte. Von dem Maler der Expedition, Herrn Selleny, wurden nach den durch den Messtisch bestimmten Punkten und Richtungen die äusseren Contouren der Insel auf's ge- naueste skizzirt, und so hatte die Zusammenstellung und Zeichnung einer voll- ständigen Karte der Insel keine weitere Schwierigkeit mehr. Sie wurde von Herrn Selleny im Massstabe von 132 W. Kl. = 1 W. Zoll oder der Natur 9jü4 ausge- führt. So liegt die Karte jetzt als Product gemeinschaftlicher Arbeit vor.

Da aber die Form der Insel so überaus charakteristisch ist, so schien es auch von Werth, dieselbe wirklich körperlich im Relief, im Modell, darzustellen. Dieser mühsamen Arbeit unterzog sich nach unserer Rückkehr der k. k. Artillerie- Hauptmann (jetzt Major) Herr J. Cybulz und führte sie meisterhaft durch. Die Karte, verschiedene Profile und Durchschnitte, welche ich schon an Ort und Stelle zu diesem Zwecke gezeichnet und gemessen hatte, waren so viele Hilfsmittel, dass ich sagen zu dürfen glaube: das Modell ist völlig naturgetreu bis iti's kleinste Detail und bringt besser, als es jede Beschreibung vermag, die ganze Insel, wie sie erscheint, zur Anschauung. Das Original-Relief wurde in der k. k. Staats- druckerei zu Wien auf galvanoplastischem Wege vervielfältigt, und die so gewon- nenen galvanoplastischen Abdrücke wurden durch die Liberalität des früheren k. k. Marine-Obercommando's an verschiedene wissenschaftliche Institute des In- und Auslandes vertheilt.

St. Paul bildet von West gesehen einen mit 10° ansteigenden flachen, oben abgestumpften Kegel , der am Uferrande mit mehreren kleinen Schlackenkegeln besetzt ist. Die Ostseite zeigt einen hohen, steilen Felsabsturz, welcher sich in der Mitte öffnet und den Einblick gewährt in einen im Vergleich zur Höhe und Flächenausdehnung der Insel immensen Krater, in welchen das Meer aus- und einfluthet. Diese Öffnung des Kraterbeckens verdankt ihren Ursprung ohne Zweifel einem Bergsturz, durch welchen ein grosser Theil der Insel in's Meer versank und die ursprünglich geschlossene und regelmässig elliptische Form der Insel wesentlich verändert wurde. Die Insel hat jetzt eine unregelmässig vier- eckige Gestalt. Ihre grösste Länge von NW. nach SO. beträgt nahezu 3 See- meilen (= 3/4 geogr. Meilen) , ihre grösste Breite von SW. nach NO. mit Ein- schluss des Kraterbassins etwa 2 Seemeilen (= % geogr. Meile), ihre Oberfläche

Novara-Expedition. Geologischer Thcil. II. Bd. '*

42 Dr. F. v. Hochstetter.

umfasst circa 1,600.000 Quadratklafter oder :/g österr. Quadratmeile. Das Krater- bassin hat einen mittleren Durchmesser von 3800 W. Fuss und eine Tiefe von 30— 34 Faden (150 170 W. Fuss). Der mittlere Durchmesser des oberen Krater- randes dagegen misst 4G00 W. Fuss und seine höchsten Spitzen erheben sich 840 W. Fuss über den Meeresspiegel. Die ganze Tiefe des Kraters beträgt dalier circa 1000 Fuss und seine Wände fallen steil mit durchschnittlich 52° in die Tiefe, während die äussere Oberfläche der Insel, ein kleines Plateau an der Nordseite ausgenommen, das oben nur mit 3 5 , dann an seinem Rande mit 20 25 verflächt, ringsum vom Kraterrande sehr allmählich mit einem Böschungswinkel von durchschnittlich 13 gQgen die Meeresküste abdacht und am Uferrande mit senkrechten 100 bis 200 Fuss hohen Felswänden in die See abstürzt. An ihrem Ufer- rande ist die Insel besetzt mit mehreren kleinen Schlackenkegeln, die gleichsam parasitisch an dein Hauptkörper sitzen. Ein steilerer Böschungswinkel von 25 35 und kraterähnliche Einsenkungen auf der Spitze von 1 300 Fuss Durchmesser und 30 bis 60 Fuss Tiefe sind für diese Schlackenkegel charakteristisch. Sie gehören mit den Lavaströmen, welche aufbauend jenes Plateau gebildet haben und mehr vereinzelt an den übrigen Seiten vom Kraterrande über die Insel geflossen sind, einer letzten jüngsten Periode vulcanischer Thätigkeit an. Die vor diesen jüngsten Eruptionen gebildeten Theile der Insel verdanken ihren Ursprung zum Theil sub- marinen Ausbrüchen, vielleicht von einem ganz andern Centrum aus, als das der letzten Thätigkeit war. Der immense Krater ist durch theilweisen Einsturz und dadurch Erweiterung der letzten centralen Ausbruchsstelle gebildet und gibt der ganzen Insel die höchst charakteristische Form und interessante Physiognomie. Es war mir immer gleich überraschend, so oft ich auch den Anblick schon gehabt hatte, wenn ich von der Meeresküste über die rauhen Felsen zerklüfteter Lava- ströme und durch dichte Grasbüsche an dem flachen Gehänge mühsam aufwärts steigend plötzlich an die scharfe Felskante des oberen Kraterrandes vortrat, und von sehwindelnder Höhe in den tiefen trichterförmigen Abgrund hinab sah, der ein ruhiges Wasserbecken umschliesst, das durch ein enges Thor den Blick hin- ausleitet auf das stürmisch bewegte Weltmeer.

St. Paul, mitten in einem ungeheuren Weltmeere, mehr als 2000 Seemeilen entfernt von den den regelmässigen Gang der Witterung störenden Einflüssen der Länder und Gebirge, hat ausserdem für die physikalische Geographie noch eine besondere Bedeutung als eine meteorologische Beobachtungsstation, wie man sie sich kaum vollkommener denken kann, um die Drehungsgesetze des Windes auf der südlichen Hemisphäre und alle damit im Zusammenhange stehenden meteoro- logischen Erscheinungen zu studiren. Wir hatten sechs vollständige Winddrehun- gen während der 18 Tage unseres Aufenthaltes auf und bei der Insel vom 19. November bis 7. December 1857, also gewissermassen sechs Wettertage,

Insel St. Paul 43

deren Verlauf vollkommen analog und gesetzmässig war, so dass wir, nachdem wir die Gesetzmässigkeit erkannt hatten, in den letzten Tagen unseres Aufent- haltes auf der Insel mit voller Sicherheit das Wetter vorhersahen.

Der "Wettertag auf St. Paul beginnt nämlich bei wolkenlosem Himmel mit vollkommener Windstille oder mit schwachem Luftzug aus Osten. Das Barometer steht hoch, das Thermometer nieder. Langsam fängt ersteres an zu fallen, die Temperatur steigt, der Himmel umwölkt sich zuerst mit Schäfchen-, dann mit Haufenwolken; der Wind wird stärker, kommt jetzt aus Nordost, nimmt aber wieder ab, je mehr er sich gegen Nord dreht. Das Barometer fällt fort, während das Thermometer steigt; aus den Haufenwolken sind jetzt Regenwolken gewor- den und Guss kommt nun über Guss. Die Atmosphäre ist dunstig, oft schwül, und St. Paul hängt tief herab voll Nebel. Regen und Nebel dauern fort, während der Wind heftig aus Nordwest zu blasen anfängt und sich bis zum Sturme steigert, das Barometer erreicht seinen tiefsten Stand. Der Wind nimmt wieder ab. geht über in Westwind, dann in Südwestwind, das Barometer steigt, der Himmel heitert sich allmählich auf, die Luft wird rein und kühl; aus dem Südwestwinde wird unter fortwährendem Steigen des Barometers immer entschiedener Südwind und die Sonne steht klar am wolkenlosen Himmel, der so rein lacht, als wäre nie ein Wölkchen an ihm gewesen. Das herrliche Wetter dauert fort, während der Wind gegen Südost dreht und endlich in vollkommene Windstille übergeht. Das Baro- meter steht am höchsten, das Thermometer am niedrigsten. Ein Wettertag, d. i. eine vollständige Winddrehung von Ost bis wieder zu Ost ist vorüber, 72 Stunden sind verflossen. Charakteristisch ist, dass die Winddrehung von Ost über Nord bis West stets viel langsamer vor sich ging, in 48 Stunden nämlich, während die andere Hälfte der Windrose von West über Süd nach Ost nur '24 Stunden brauchte. Daraus folgt, dass wir während jeder vollständigen Winddrehung zwei Tage trübes regne- risches Wetter hatten und nur einen Tag schönen heiteren Himmel. Liessen wir uns am ersten Tage durch den halbheiteren Himmel bei Nordostwind verleiten hinauszu- gehen auf die luftigen Höhen der Insel, so kamen wir sicherlich tropfnass zurück. Am zweiten Tage fuhr ein solcher Sturmwind durch den Krater, der bis tief herab in Nebel gehüllt war, und der Regen strömte der Art, dass wir uns nicht versucht fühlten, das schützende Strohdach zu verlassen. Aber am dritten Tage lockte der helle Sonnenschein schon am frühesten Morgen hinaus auf die Höhen zur Arbeit. Die im meteorologischen Theile des Novarawerkes publicirten stündlichen Beob- achtungen geben die Zahlenwerthe zu dieser allgemeinen Schilderung des Wet- ters auf St. Paul.

44 Dr. F. v. Hoch stetter.

Einige Grössen- und Höhenverhältnisse der Insel.

Äusserer Umfang = 7 Seemeilen oder 13A ö'sterr. Meilen.

Nordostseite =3 Seemeilen.

Westseite ( Länge = 2

Südseite ) = 2

Flächeninhalt = 2-136 Quadrat-Seemeilen oder nahe

7s ö'sterr. Quadratmeile. Krater , oberer Kraterrand:

grösster Durchmesser = 5490 W. F. (nahezu 1 Seemeile).

kleinster = 4590

höchster Punkt, Wüllerstorf 's-Höhe an der

Nordwestseite = 841

tiefster Punkt an der Südseite = 669

mittlere Höhe = 755

Am Spiegel des Meeres:

grösster Durchmesser des Kraterbassins . . . = 3984

kleinster = 3444

grösste Tiefe des Bassins, ziemlich in der Mitte = 170 = 34 Faden. Gesammttlefe vom oberen Kraterrande (mittlere

Höhe) bis zum Boden des Kraters . . . = 925

Einfahrt in das Kraterbassin:

Breite der Einfahrt zwischen beiden Barren . . = 306

geringste Tiefe der Einfahrt bei Tiefwasser . . = 3

Hochwasser . . = 8

Länge der nördlichen Barre = 620

südlichen = 1002

Distanz des Durchbruches am oberen Krater- rande = 4440

Mittlere Neigung der inneren Kraterwand zum Hori- zont (der Winkel variirt zwischen 48 und

58°) = 52°

Mittlere Abdachung der Insel = 13°

Insel St Paul. 45 Höhen über dem mittleren Wasserspiegel1 in Wiener Fnss:

A b

Terrasse des Fischerwohnhauses 28 '0

Novara-Observatorium auf der Müller's Höhe liinter den Fischerhütten 138-9

Brutplatz der Pinguine am Wege von den Fischerhütten auf das Plateau 355-0

Nin Pin Rock, 255 engl. Fuss auf der engl. Admiralitätskarte .... Punkte am oberen Kraterrände:

VI. A. Battlog's Höhe, die erste Höhe am nördlichen Kraterrände

(auf der englischen Karte 845 engl. Fuss) 785-4 803 7

VII. Einschnitt am Kraterrande 688-8

B. Zweite Höhe am Kraterrände, wenig höher als A 808-6

VI IL G. Mariassi's Höhe, zweithöchster Punkt der Insel .... 840*5 8449

IX. Einschnitt am Kraterrände 808-3

X. D. Wüllerstorf's Höhe, höchster Punkt am östlichen Krater- rände (auf der englischen Karte 860 Fuss) 841-0 875-3

XL Höhe am östlichen Kraterrande 779 5

XII. E. Novara-Höhe (auf der englischen Karte 862 Fuss, der

Punkt ist jedoch entschieden niedriger als X.) 770 2 737-0

XIII. Einsenkung des Kraterrandes an der Südseite 678-0 659-1

XIV. F. Höhenpunkt am südlichen Kraterrände 712 8 705-7

XV. Niederster Punkt am südlichen Kraterrande 661-8 656-6

XVI. G. Kronowetter's Höhe 714-9 711 -6

Vierhügel am West-Point: der südwestlichste Schlackenkegel 280-0

Specifisches Gewicht des Seewassers im Kraterbassin bei

14° C 1-0245.

1 VI XVI ist rlie ursprüngliche Bezeichnung der von Herrn Fregatten-Fähnrich Battlog trigono- metrisch gemessenen (A) Punkte, A G die ursprüngliche Bezeichnung der von mir barometrisch (b) gemes- senen Punkte. Meine Beobachtungen habe ich mittelst der correspondirenden Beobachtungen auf dem Novara-Observatorium berechnet.

46

Dr. F. v. Mochstetter.

Die Betrachtungen über die petrograpliische Natur der Laven von St. Paul so wie über das verschiedene Alter der verschiedenartigen Laven, ferner die Schlüsse, welche sich daraus auf die, geognostische Bildungs- geschichfe der Insel ziehen lassen, lassen sich am besten anknüpfen an die Beschreibung eines Durchschnittes, welchen die nordöstliche Steilseite der Insel von der nördlichen Barre angefangen längs der Pinguin-Bai in höchst ausge- zeichneter Weise darbietet. Es ist dies der einzige zugängliche Theil der äus- seren Steilseite der Insel, und bei weitem die instructivste Stelle der ganzen Insel.

Dieses Profil, welches auf dem beistehenden Holzschnitte möglichst natur- getreu wiedergegeben ist, zeigt uns ein S)rstem regelmässig über einander liegen-

Südost.

2a. 3.

Durchschnitt an der Pinguin-Bai. (Nordoatkü'ste der Insel.)

ersten Periode.

1. Rhyolith.

2. KhyoJithische Tuffe und Breccien mit Perlit,

Obsitlian und Bimsstein. 1a. Veränderter Rhyolithtuff.

Eruptionsproducti der zweiten Periode.

3. Dolerit.

4. Thonig-sandige Tuffe. 4u. Latent.

dritten Periode.

5. Abwechselnde Schichten von basaltischen

Laven nnd Schlacken.

6. Basaltische Gangmassen.

der Lava-, Tuff- und Schlaclcenschichten, von mächtigen Eruptivmassen durch- brochen und von schmalen Gängen und Adern durchzogen. Die Schichten fallen mit circa 30° gegen SO. ein. Die tiefsten und ältesten Glieder müssen daher an der nördlichen Ecke auftreten. Hier sieht man zu unterst, gleichsam als tue Grundlage oder als das Grün dge birge der ganzen Insel, mäch- tige Felsmassen eines vielfach zerklüfteten, an der Oberfläche röthlich erschei- nenden Gesteines (1). Die Felsen, die sich senkrecht aus dem brandenden Meere erheben und leider auch bei Ebbe gänzlich unzugänglich sind, lassen aus der Ent- fernung etwas wie eine horizontale Schichtung wahrnehmen. Zahlreiche grosse Gerolle, welche am Strande der Pinguin-Bai liegen und sich nur an dieser Stelle der Insel finden, und eben so Fragmente in den höher liegenden Tuffschichten

Insel St. Paul. 4 <

gehören unzweifelhaft diesem ältesten Gesteine von St. Paul an. Dasselbe hat, wenn frisch, eine graublaue Farbe, bei beginnender Zersetzung aber eine röthliche Farbe, und ist von dichtem kryptokrystallinischem Gefüge. Höchst auf- fallend ist die lamellare gebänderte Structur, die auf den ersten Anblick an ein äusserst dünngeschichtetes Sedimentgestein erinnert, das aus abwechselnd dunkler und lichter gefärbten Lagen besteht. Die einzelnen Lagen entsprechen ihrer Natur nach am meisten der Grundmasse eines Felsitporphyrs, und einzelne mikro- skopisch kleine Krystalle lassen sich als glasiger Feldspath, ohne Zweifel Sanidin, erkennen, so dass ich keinen Anstand nehme das Gestein für fei si tischen Ilhyolith mit lamellarer Structur zu erklären. Damit stimmt auch der hohe Kieselsäuregehalt und das niedere specifische Gewicht. Die chemische Ana- lyse ergab nämlich einen Kieselsäuregehalt von 72*61 Percent, während das spe- cifische Gewicht 2-409 beträgt. Neben den Stücken mit felsitischer Grundmasse finden sich unter dem Strandgerölle auch mehr glasige, d.h. lithoidische Varietäten dieses Rhyoliths, welche dem lamellaren Lithoidit vom Taupo-See auf Seeland (vgl. I. Bd., S. 113) vollkommen ähnlich sind. Da das Gestein etwas magnetisch ist, so muss es in seiner Grundmasse auch mikroskopisch kleine Magneteisenkör- ner enthalten.

Nirgends sonst auf der ganzen Insel habe ich dieses rhyolithische Gestein wiedergefunden. Dasselbe scheint von der Ecke der Pinguin-Bai angefangen nörd- lich unter dem böchsten Theile der Insel noch eine Strecke weit die tiefste über dem Meere sichtbare Basis der Insel zu bilden, so viel sich wenigstens von der See aus nach der Färbung der Felsen schliessen lässt.

Jüngere basaltische Gänge durchsetzen diese rhyolithische Basis der In«el und darüber folgen mächtig entwickelt rhyolithische Tuffe undB reeeien (2), mannigfach durchsetzt und verändert (2a) von den jüngeren Eruptivmassen. Die Gesammtmächtigkeit der Tuffe und Breccien mag bei 150 Fuss betragen. Sie bilden die senkrechte Felswand der Pinguin-Bai, die wir so genannt haben, weil in dieser kleinen Bucht beim Ninpinrock die Pinguine (Catarractes chyrysocome Forst er) ihren Landungsplatz haben und zu Hunderten das Ufer besetzt halten, ehe sie ihre beschwerliche Wanderung zu dem 355 Fuss über dem Meeresspiegel auf einer Anhöhe über der Fischercolonie gelegenen Brutplatz antreten. Ein kleiner Bergrutsch an der Bai hat dem Terrain einen stufenförmigen Abfall gegeben, wel- cher es den am Lande so unbehilflichen Vögeln möglich macht den hochgelegenen Brutplatz zu erreichen. Dieser Punkt ist. in der That die einzige Stelle am äusseren Inselrande, wo man vom Meere aus auf die Fläche der Insel hinaufklimmen kann. Jene Tuffe und Breccien bestehen vorherrschend aus einem lockeren sandigen Agglomerat von schaumig aufgeblähtem Rhyolith (Bimsstein), von Perlit, Obsi- dian und eckigen Fragmenten felsitischer und lithoidischer Ryolithe. Sie zeigen

48 Dr. F. v. Hochstetler.

sehr deutliche Schichten, die sich theils durch verschiedene Grösse der eingebet- teten Bruchstücke, theils durch verschiedene Färbung der Masse schmutzig gelbgrün, riithlich und dunkelbraun sind die Hauptfarben, von einander unter- scheiden, theils durch die in einzelnen Schichten häufiger als in anderen vorkom- menden Fragmente. In den tieferen Schichten sind die Bimssteinstücke entschieden grösser als in den höheren; dort kopfgross, hier höchstens wallnussgross. Sie lassen sich jedoch aus der Tuffmasse nicht auslösen, sondern zerfallen leicht zu Staub und Sand. Die Farbe des Bimssteins ist gelbgrün, grau und braun, und man darf, wenn ich von Bimsstein spreche, keineswegs an die feinfaserigen, seiden- glänzenden Bimssteine von Lipari denken. Sehr charakteristisch sind die in die- sen Bimssteintuffen eingebettet liegenden Gesteinsfragmente. Es sind eckige Bruch- stücke ausschliesslich von den oben beschriebenen rhyolithischen Gesteinen, ge- mengt mit perlitischen und obsidianartigen Massen. Dagegen findet sich keine Spur von den doleritischen und basaltischen Gebirgsarten, die ich später noch zu beschreiben habe.

Diese Erscheinung spricht deutlich genug für den Zusammenhang dieser wahr- scheinlich submarin gebildeten Tuffe mit dem ältesten Eruptivgestein der Insel, mit dem Rhyolith. In den tieferen Schichten ist auf dem Profil durch punktirte Zeichnung eine etwa 4 Fuss mächtige Bank besonders angedeutet, die fast aus nichts anderem besteht als aus Fragmenten des Grundgebirges und durch jüngere Gänge verworfen ist. In den höheren Schichten werden diese Fragmente immer seltener; die tiefsten Schichten enthalten also die grössten und die meisten Bruchstücke. An der Oberfläche zeigen die Stücke immer eine röthliche Verwitterungsfarbe, wenn sie auch inwendig noch ganz frisch graublau sind.

Auch die Obsidi an stücke werden wie die Bimssteine von den liegenden nach den hangenden Schichten immer kleiner und haben in den grösseren oft kopfgrossen Stücken der liegenden Schichten durch grau-grünliche Farbe und durch rundkörnige Structur mit splittrig-schaliger xVbsonderung mehr Perlit- charakter. Der Kieselsäuregehalt dieser perlitischen Massen beträgt 70*53 Percent, ihr speeifisches Gewicht ist 2-355. In den hangenden Schichten dagegen lassen sich aus kleineren perlitischen Partien mit splittrig-schaliger Absonderung sehr niedliche haselnussgrosse bis wallnussgrosse sammtschwarze polyedrische Kugeln auslösen, welche die volle Sprödigkeit und den ausgezeichneten muschli- gen Bruch echten Obsidianes haben und an das Vorkommen der Marekanitkugeln oder an die Obsidiankerne in den coneentriseh-schalig zusammengesetzten Perliten der ungarischen Rhyolithgebiete erinnern. Das speeifische Gewicht dieser Obsidian- kugeln beträgt 2-441. Manche dieser Kugeln zeigen auch die bei Obsidianen häufig vorkommende dunklere und lichtere Farbenstreifung , sie sind aber stets undurch- sichtig und unterscheiden sich dadurch vom Marekanit.

Insel St. Paul. 49

Die Tuffe, die in den tieferen Schichten ein mehr massiges Ansehen mit undeut- licher Schichtung haben, werden in den obersten Bänken mehr und mehr dünn- geschichtet und bekommen durch die kleinen Bimssteinstücke und durch die Ob- sidiankugeln ein sehr hübsches buntscheckiges Ansehen; der Fallwinkel der Schichten nimmt ebenfalls von unten nach oben ab, indem er von 45° allmählich bis auf 20° gegen SO. sinkt.

Die Pinguin-Bai an der Nordostseite von St. Paul ist die einzige Stelle der Insel, wo kieselsäurereiche Gemenge der Rhyolithgruppe in hyalinen und felsi- tisehen Varietäten auftreten. Wir haben in diesen sauren rhyolithischen Gesteinen jedenfalls die ältesten Bildungen der Insel vor uns, Massen, mit deren Eruption die vulcanische Thätigkeit, welche das Eiland bildete, begonnen hat. Die ausgezeichnete Schichtung der Tuffe spricht für submarine Vorgänge bei diesen ersten Bildungen.

Auf diese erste Periode vuleanischer Thätigkeit folgt eine zweite Periode mit gänzlich verschiedenen, und zwar basischen Producten. Ein zweites massiges Eruptivgestein und damit im Zusammenhange stehende Tuffe, welche die Bruchstücke desselben einschliessen, bezeichnen in ähnlicher Weise diese zweite Periode, wie der felsitische Rhyolith und die Bimssteintuffe die erste.

Die Rhyolithtuffe sieht man an zwei Punkten des Profils der Pinguin-Bai durchbrochen von sehr mächtigen Gangmassen eines graubraunen deutlich kry- stallinischen Gesteins (3), welches als ein Gemenge von glasigem Labradorit und Mas neteisen nebst Au°it und Olivin zu den Doleriten zu stellen ist. Die nörd- liehe Gangmasse ist die mächtigere, an einzelnen Stellen ist sie wohl mehr als 100 Fuss mächtig. Sie tritt auf der Grenze zwischen dem Bhyolith-Grundgebirge und den Bimssteintuffen zu Tage, und durchbricht dann die letzteren. Die Gang- masse links, die südlichere, hat eine Mächtigkeit von 5 bis 6 Klaftern. Beide Gangmassen bilden compacte Felsmassen, die nur in der Nähe des Saalbandes einzelne Hohlräume zeigen. Das Gestein ist ausgezeichnet krystallinisch, hat bei ganz frischem Bruch eine dunkel bläulich-graue Farbe, wird aber an der Luft gelb- lichgrau und ist an der verwitterten zersetzten Oberfläche schmutzig graubraun. Die überwiegende Hauptmasse des Gesteins bildet ein trikliner glasiger Feldspath (Mikrotin Tschermak), dessen kleine, nur 2 bis 3 Linien langen dünntafelförmi- gen Krystalle mit stark glänzendem Blätterbruch deutlich erkennbar sind und die charakteristische Zwillingsstreifung zeigen. Ich halte die Krystalle für glasigen Labradorit. Die übrigen Bestandtheile treten nicht ebenso deutlich hervor. Die zweite Rolle der Menge nach spielt jedenfalls Magneteisen, das sich aus dem Pulver in grosser Menge mit dem Magnet ausziehen lässt und die stark magne- tischen Eigenschaften des Gesteines bedingt. Einzelne kleine, nicht magnetische schwarze Körner mit muschligem Bruch halte ich für Augit, und ein vierter

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. '

50 Dr. F. v. Hochstetter.

in manchen Handstücken deutlich genug erkennbarer Gemengtheil ist endlich Olivin, aus dessen Beimengung sich auch die Änderung der Farbe des frischen Bruches erklärt. Das specifische Gewicht ist 2*812 und der Kieselsäuregehalt beträgt 52-83 Percent. Wir haben also ein entschieden basisches Gestein der Basaltgruppe, einen sehr feldspath- und magneteisenreichen Dolerit. Ich hatte die- sen Dolerit im Verdacht, nephelinhaltig zu sein ; jedoch liess sich Nephelin weder mineralogisch noch chemisch nachweisen.-

Derselbe Dolerit, gleichfalls mit ausgezeichnet krystallinischer Structur, findet sich wieder an der nördlichen Kraterwand der Insel theils in losen Blöcken, theils in anstehenden Felsmassen, welche die unterste Partie an der Kraterwand unmittelbar über dem Wasserspiegel des Kraterbassins von der Fischercolonie angefangen bis ungefähr gegenüber dem Eingange in das Bassin bilden. Am Wege nach der warmen Badequelle sieht man rechts einen der grössten Doleritblöcke durchsetzt von einer etwa 1 Fuss mächtigen grobkörnigeren Gangmasse, die mineralogisch aus denselben Gemengtheilen besteht und zahlreiche kleine Hohl- räume umschliesst. Übrigens ist die Beobachtung an der inneren Kraterwand sehr ersehwert theils durch die Unzugänglichkeit der meisten Punkte, theils durch die dichte Grasbedeckung.

Bei den Dolerit-Gangmassen der Pinguin-Bai sind noch einige besondere Erscheinungen zu erwähnen. Die kleinere südliche Gangmasse zeigt an ihren Grenzflächen ausgezeichnete Sahlbänder. Das krystallinische Gestein ist nämlich zu beiden Seiten begrenzt zunächst von einer 1 Fuss breiten rothbraunen schlacki- gen Masse mit grossen unregelmässigen Hohlräumen, und dann wieder 1 Fuss breit von einem dichten stahlharten basaltartigen Gestein von grauschwarzer Farbe mit muschligem Bruch. Ausserdem sind die durchbrochenen Rhyolithtuffe an den Contactflächen sehr merklieh verändert und zwar in eine schwarze schwammige Obsidian ähnliche Masse umgeschmolzen. Bei der mächtigen Hauptgangmasse erstreckt sich diese Einwirkung auf mehrere Klafter Entfernung, so dass das ver- änderte Gestein (2a) ein wahres Obsidianeonglonierat darstellt. Bei der kleineren südlichen Gangmasse ist die Einwirkung nur auf eine Entfernung von wenigen Füssen sichtbar.

Auch die Doleritdurchbrüche scheinen von Tuffbildungen begleitet gewesen zu sein. Diese Tuffe der zweiten Periode (4) überlagern an der Pinguin-Bai in einer Mächtigkeit von 60 80 Fuss gleichförmig die Bimssteintuffe der ersten Periode. Sie zeigen eine ähnliche Färbung wie die Bimssteintuffe, sind zu unterst röthlich, dann grünlich-gelb, dann wieder gelbgrün gefärbt und endlich zu oberst ziegel- roth gebrannt (4a) durch die darüber liegenden Lavaschichten der dritten Periode. Die grünliche und lichtröthliehe Färbung geht flammig in einander über. Sie bestehen aus einer thonig-sandigen Masse, die, wenn sie feucht ist, sich fettig

Insel St. Paul. 51

anfühlt, und wo sie durch darüber geflossene Lavaströme gebrannt wurde, zu einem ziegelsteinartigen intensiv rothen Gestein, zu sogenanntem Laterit1, erhärtet ist. Diese thonigen Tuffe schliessen, wiewohl selten, noch einzelne Fragmente des rhvolithischen Grundgebirges ein, dagegen enthalten sie keine Spur von Obsidian oder Bimsstein. Charakteristisch dagegen sind die Bruchstücke von Dolerit, welche sie eingebettet enthalten. Die Klüfte durch den Tuff sind von Calcit erfüllt; und die Tuffe selbst enthalten neben erbsengrossen Calcitmandeln sehr zahlreich rund- um ausgebildete glasige Labradoritkrystalle von weingelber Farbe ein- gebettet, die mitunter einen halben Zoll lang und dick werden. Von Augit da- gegen keine Spur. Auch diese Tuffe zeigen eine deutliche Schichtung und dürften eine unterseeische Bildung sein. In ihnen findet sich noch keine Spur von den jüngsten basaltischen Laven anders, als gangförmig; denn erst über ihnen sind diejenigen Laven- und Schlackenschichten (5) ausgebreitet, welche in zahlreicher Wechsellagerung die Hauptmasse der Insel bilden, und einer dritten Periode vulcanischer Thätigkeit angehören.

Erst dieser dritten Periode vulcanischer Thätigkeit verdankt St. Paul als Insel seine supramarine Existenz und seine eigenthümliche Form. Wo immer unter dem Weltmeer der Centralpunkt der vulcanischen Thätigkeit für die früheren Perioden gelegen sein mag, die grosse centrale Ausbruchsstelle der jüngsten Periode ist bezeichnet durch den tiefen fast kreisrunden trichterförmigen Kessel, in den jetzt von einer Seite durch einen schmalen Eingang das Meer ein- tritt und mitten im stürmischen Ocean ein stilles ruhiges Wasserbecken bildet. Aus diesem gewaltigen Krater sind bei wiederholten Ausbrüchen die Massen geschmolzener Lava ausgeflossen, welche allmählich die Insel aufgebaut haben. Der äussere steile Uferrand der Insel zeigt in oftmaliger Wechsellagerung über einander schwarzsraue Lavabänke und rothbraune Schlackenschichten. Am nord- östlichen, gegen 600 Fuss hohen Absturz der Insel, welcher einen Querschnitt der Insel blosslegt, zumal an der südlichen Hälfte desselben, kann man wenigstens 50 gleichförmig über einander liegende Schichten zählen steinige Lavabänke abwechselnd mit Schlackenbänken und gelben oder rothen erdigen Schichten , welche alle von der steil niedergebrochenen inneren Kraterwand gegen den äus- seren Inselrand verflachen, durchschnittlich mit 8 bis 10°, die höher liegenden Schichten etwas steiler als die tiefer liegenden. Dasselbe Verhältniss, darf man annehmen, gilt ringsum für die ganze Insel. Am westlichen und südlichen Umfang der Insel erscheinen daher die Schichten horizontal, eben so wie an der inneren

1 Sil- Ch. Lyell (Elements of Geology 6. Ed. p. 59S) nennt solche rothe Tuffe „Laterit" (von Later, Ziegelstein). Man darf jedoch diese vulcanischen Latente nicht verwechseln mit den Lateritbildungen, wie sie in tropischen Gneiss- und Granitgegenden als Zersetzungsproducte dieser Gesteine vorkommen. (Vgl. S. 15.)

7*

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Dr. F. v. Hochstcttcr.

Kraterwand, wo freilich die üppige Grasvegetation das meiste verdeckt. Eine Ansicht der Insel vom Ankerplatz der Schiffe an der Nordostseite lässt sehr deut- lich diesen regelmässigen Bau erkennen.

St. Paul von der Ostseite gesehen, 1 Seemeile Distanz.

Das Profil an der Pinguin-Bai zeigt sehr charakteristisch die Lava- und Schlackenschichtender dritten Periode (5) in ungleichförmiger Lagerung über den älteren Tuff bildungen; denn dieRhyolithtuffe der ersten Periode haben vor der Ablagerung der Eruptionsproducte der dritten Periode offenbar eine Denudation ihrer Oberfläche erfahren.

Die tiefste Schichte, welche die jüngeren Bildungen von den älteren trennt, ist eine nur wenige Fuss mächtige gelbe sandige Tuffschichte, welche schwarze, sehr poröse Schlackenstücke enthält. Darüber liegen dann steinige Lavabänke in fortwährender Wechsellagerung mit Schlacken- Agglomeraten. Die schlackigen Schichten sind immer von einer geringeren Mächtigkeit (1 2 Fuss), als die festen Lavabänke, Sie zeigen bald eine mehr röthliche, bald eine mehr violette, bald eine schwärzliche Färbung, ihre Blasenräume sind häufig blau angelaufen und die Kluftflächen überzogen mit weissen Ch alced on krus ten und mit Hyalith. Schöne Exemplare dieser Mineralien habe ich jedoch nirgends gefunden. Die Lavabänke erreichen eine Mächtigkeit von durchschnittlich 4 6 Fuss, nur an wenioen Punkten von 8 und 10 Fuss. Das Gestein ist eine Basaltlava mit dichter grauer oder blau-schwarzer Grundmasse, die ziemlich stark magnetisch ist, und mehr oder weniger reichlich unregelmässig ausgebildete, bis erbsengrosse mehr rundliche als tafelförmige Körner von einem triklinen glasigen Feldspath porphyrartig eingeschlossen enthält, daneben nicht selten auch Augit- und Olivin- körner. Übrigens bekommen diese Laven ein sehr verschiedenartiges Ansehen, je nachdem sie mehr oder weniger porös, mehr oder weniger reich an Feldspath- krystallen, und mehr oder weniger zersetzt sind. Namentlich poröse, schlackige Laven sind überaus häufig. Säulenförmige Absonderung tritt nirgends deutlich hervor. Dagegen zeigen einige Felsmassen im Hintergrunde des Kraterbassins eine ausgezeichnete plattige Absonderung.

Der zuckerhutförmige Inselfels nördlich von der Einfahrt in den Krater, wel- cher auf der englischen Karte von Black wo od als Ninpinrock bezeichnet ist, besteht in seiner unteren Hälfte, so viel sich aus der Entfernung entnehmen lässt. der Fels ist nicht zugänglich aus einem von Tuffbänken überlagerten mas-

Insel St. Paul.

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sigen Gestein, in seiner oberen Hälfte aber aus ausgezeichneten, fast horizonta- len Lava- und Schlackenschichten. Ich habe 19 Schichten schwarzgrauer Lava von 3 4 Fuss Mächtigkeit, abwechselnd mit eben so vielen weniger mächtigen Schlackenschichten, gezählt und nebenstehende Figur gibt ein Bild des Ninpin- rocks, wie dieser sich von der Uferseite bei der Pin- guin-Bai repräsentirt. Die Durchschnitte am äusseren Inselrande, wo die Lava- und Schlackenschichten im Querschnitt zu Tage treten, Mnpmrock

zeigen, wie die einzelnen Lavabänke sich neben und über einander auskeilen, da jede einzelne Bank einem Lavastrom entspricht, der nicht die ganze Inselfläche

man telförmig überdeckte, sondern

in einem bald breiteren, bald schmäleren Strom erstarrte.

Sämmtliche Eruptionen, wel- che die vielfach neben und über einander liegenden Ströme basal- tischer Lava lieferten, welche die Hauptmasse der Insel bilden, waren übermeerisch. Eigentliche sedimentäre Tuffschichten treten daher zwischen den Lavabänken der dritten Periode nicht auf. Einzelne schmale, theils roth, theils gelb gefärbte erdige Bänke zwischen den steinigen Lavabänken darf man wohl als alte Schich- ten von Dammerde ansehen , welche wieder von jüngeren Laven überströmt und zu förmlich ziegelsteinartiger Masse, zu Latent, gebrannt wurden.

Die jüngsten Lavaergüsse, mit welchen die eruptive Thätigkeit der Insel erlosch, bilden die jetzige Oberfläche der Insel. Trotz der starken Verwitterung, welche selbst die jüngsten Ströme zeigen, lassen sich doch einzelne Ströme deutlich vom oberen Kraterrande herab gegen den äusseren Inselsaum verfolgen. Nur gegen Westen , wo die ganze Breite der Insel vom oberen Kraterrande bis zum Meere nicht mehr als 560Klafter beträgt, reichen diese jüngsten Ströme bis an den steilen Uferrand; an der Nordseite des Kraterrandes haben sie hoch aufbauend den plateauförmigen Buckel gebildet, dem die höchsten Punkte der Insel ange- hören; an der Südostseite aber fehlen Lavaströme von jüngstem Datum ganz. Hier sind es dünngeschichtete sandige Aschenbänke, welche die Oberfläche der

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Basaltische Ijavahänke.

54

Dr. F. v. Hochstettei

Insel bilden. Sie erreichen eine Gesammtmächtigkeit von 2 bis 3 Klafter und ver- flachen mit 10° gegen Südost. Diese Aschenschichten sind eben so durch einen senkrechten kahlen Absturz an der Kraterwand entblösst, wie sie sich an der öst- lichen Bruchseite der Insel regelmässig verflächend weit herab verfolgen lassen. Gerade der niederste Theil des oberen Kraterrandes ist von ihnen gebildet.

Die jüngsten Lavaströme unterscheiden sich von den älteren nur durch eine mehr poröse schlackige Structur, enthalten aber wie jene glasigen Labradorit ein- gesprengt. Auf dem nur mit 3 abdachenden Plateau bilden sie breite zu- sammenhängende Schichten von 3 bis 5 Fuss Dicke, von dem Plateaurand ange- fangen, wo das Terrain mit 20 25° abdacht, erscheinen sie nur als schmale (1 bis 3 Klafter breite) und wenig mächtige (1 2 Fuss hohe) Felsriegel, die an ihrer Oberfläche zum Theil noch ausgezeichnet wellige Flussfiguren zeigen. Oft sind diese Lavaströme aber auch zu grossen schlackigen Schollen auseinander- gerissen, zu kleinen Felskegeln aufgestaut und von weit klaffenden Spalten durch- zogen, so dass sie ein nur äusserst schwierig zugängliches Terrain bilden.

Gangmassen, welche der dritten Periode angehören, sind weit seltener zu beobachten, als man erwarten sollte. An der inneren Kraterwand entzieht an zu- gänglichen Stellen die Grasbedeckung dem Auge alles Gestein, und so sehen wir uns wieder auf den Durchschnitt an der Pinguin -Bai verwiesen, wo neben den älteren Gangmassen auch jüngere Gänge (6) sehr charakteristisch auftreten. Auf

Südost.

Durchschnitt an der Pinguin-Bai (Nordostküste der Insel). G. jüngste basaltische Ganymassen.

der nördlichen Hälfte des Durchschnittes haben wir drei solcher Gänge, wovon der nördlichste sich mehrfach verzweigt. Diese Gäno-e bestehen aus einem dichten basaltartigen Gestein mit Labradoritkrystallen, sie durchsetzen das rhyolithische Grundgebirge, die Bimssteintuffe, den Dolerit und zum Theil sogar noch die Lava- schichten der dritten Periode, stehen also jedenfalls mit den jüngsten Eruptionen im Zusammenhang. Ihre Mächtigkeit beträgt 2 5 Fuss; auf die Bimssteintuffe haben sie in ganz ähnlicher Weise umwandelnd eingewirkt, wie der Durchbrach des Dolerites. Ausserdem haben aber alle diese Gänge, wo sie durch die Bims- steintuffe gehen, ein sehr charakteristisches Tachyl yt -Sah 1 band. Der schwarze obsidianähnliche Tachylyt bildet 2 3 Linien, stellenweise 1/i Zoll starke Platten,

Insel St. Paul.

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deren stark glänzende Masse mit muschligem Bruch ganz allmählich in die matte Grundmasse des Ganggesteines mit splittrigem Bruch übergeht. Der Tachylyt er- scheint hier aufs bestimmteste als eine in odasartiffem Zustande erstarrte Basaltlava. Die Gänge auf der südlichen Hälfte des Durchschnittes, welche die roth gebrannten Tuffe und die darüber liegenden Schlacken- und Lavaschichten durchsetzen, zeigen kein Tachylyt-Sahlband. Diese Gänge sind nur 1 bis 2 Fuss mächtig und bestehen aus einer basaltartigen Lava ohne eingesprengte Krystalle , die in der Mitte etwas porös, gegen die Contactfläche hin aber immer dichter wird. In den Hohlräumen und Klüften finden sich bisweilen Hyalithüberzüge. Diese Gänge zeigen auch keinerlei Einwirkung auf das Nebengestein.

Eine weitere Gangmasse habe ich noch an der steilen Felswand bei der süd- lichen Barre beobachtet. Mit 2 Fuss Mächtigkeit durchsetzt sie vielfach zerklüftete und sehr poröse schlackige Lavabänke, wie der beigegebene Holzschnitt anschau- lich macht. Das Gestein der Gangmasse ist fein porös und parallel zu den Gang- wänden in 2 3 Zoll dicke Platten abge- sondert. Nach aussen geht die Gangmasse wieder allmählich in eine dünneTachyly t- kruste über. In die Klüfte des Neben- gesteins sind ausserdem von der Gangmasse aus grosse Sehlackenblasen eingetrieben von 2 Fuss Länge und 1 V/2 Fuss Höhe, die in langgezogenen Spitzen enden. Inwendig sind diese Schlackenblasen hohl, ihre 1 2 Zoll starke Hülle besteht aus rothbrauner poröser Schlackenmasse, die nach aussen in schwarzen Tachylyt übergeht, der die ganze Blase umhüllt. Dünne Taehylytadern ziehen sich von einer Blase zur andern, schi«kenMa»e mit Tachyiytkmste.

Noch bleiben, gleichfalls als ein Product der jüngsten Ausbruchsperiode, kleine Schlackenkegel zur Betrachtung übrig, mit welchen die Insel an ihrem Uferrand besetzt ist. Die meisten dieser Sehlackenkei>-el sind von der Brandung unterspült, und ihre Ruinen bilden die Ecken der Insel. Am vollkommensten erhalten sind am West-Point die Vierküg-el; auf der der geologischen Karte beigegebenen Ansicht rechts treten sie deutlich hervor. Vier kleine Kegel stehen hier fast in einer geraden Linie von SW. gegen NO. hinter einander. Der grösste derselben erhebt sich am äussersten Inselrand und bildet die weit vorspringende westliche Ecke derselben, den West-Point. Er erhebt sich etwa 300 Fuss über den Meeresspiegel, 150 Fuss über die Oberfläche der Insel und stellt einen sehr regel- mässigen Kegel dar mit einem Böschungswinkel von 25° auf der Südseite, von 35° auf der Nordseite. Die Spitze hat einen Durchmesser von 300 Fuss und trägt

Gangmasse bei der südlichen Barre.

56 Dr. F. v. Hochstetter.

eine schüsseiförmige Krater-Einsenkung von 50 Fuss Tiefe. Die Südwestseite ist von der Brandung abgespült und in der steilen Schlucht, die hier in's Meer abfällt, sieht man die horizontalen Lavabänke scharf absetzen an den Schlackenmassen.

Der zunächst liegende etwas niederere Kegel ist vollständig erhalten. Sein oberer Durchmesser beträgt 280 Fuss, sein Krater ist 40 Fuss tief. Von dem west- lichen Fusse gehen zwei kleine Lavaströme dem Meere zu, eine Erscheinung-, welche der vierte Kegel noch ausgezeichneter zeigt.

Der dritte noch niederere Kegel ist ausgezeichnet durch die vollkommen kreisrunde Form seines Gipfels und die gleiche Höhe seines Kraterrandes, der Krater misst 200 Fuss im Durchmesser und 30 Fuss in der Tiefe.

Die drei beschriebenen Kegel erheben sich aus der fast horizontalen Insel- fläche längs dem Meeresufer. Der vierte Kegel in dieser Reihe erhebt sich schon auf dem unteren Abhänge des mehr und mehr ansteigenden Terrains. Er ist weni- ger regelmässig gestaltet als die drei anderen, da sein Kraterrand gegen SW. durch- brochen ist und zwei kleine Lavaströme entsendet, die, auf einer kaum mit sich senkenden Fläche ausgeflossen , zwei parallele nur wenige Fuss hohe Felsplatten mit einer Breite von 6 Klafter und einer Länge von 50 Klafter bilden. Hinter diesem vierten Keo-el erhebt sich die Insel steiler mit einem Neiö-une;swinkel von 12 15° und ihre Oberfläche ist bedeckt von jungen Lavaströmen.

Dass die Vierhügel einer der jüngsten Eruptionen ihren Ursprung verdanken, geht schon aus ihrem Erhaltungszustande hervor, noch entschiedener aber aus der Thatsache, dass diese Schlackenkegel 1793 bei dem Besuch, welchen die Gesandt- schaftsexpedition des Earl of Macartney auf den Schiffen „Lion" und „Hindostan" der Inse] gemacht hat, noch heiss gefunden wurden. Der Berichterstatter Dr. Gil- lan bemerkt wörtlich: „An der West- und Südwestseite sind vier kleine regelmässig geformte Kegel mit Kratern in ihren Centren, in welchen die Lava und andere vulcanische Substanzen jeden Anschein neuerer Bildung haben. Die Hitze ist noch immer so gross und es strömt fortwährend eine solche Masse von Dämpfen aus zahllosen Spalten, dass es keinem Zweifel unterliegt, dass sich dieselben noch kürz- lieh in einem Zustande der Eruption befanden. In einem auf die Oberfläche gestellten Thermometer stieg das Quecksilber auf 180° F., und wenn es unter die Asche ver- senkt wurde, auf 212°. Es würde noch viel höher gestiegen sein, wäre die Scala nicht blos bis zum Siedepunkt eingetheilt gewesen. Der Boden zitterte unter den Füssen, ein mit Gewalt auf denselben geworfener Stein gab einen hohlen Ton zurück und die Hitze war dermassen intensiv um den Krater, dass der Fuss nicht für 1/i Minute in derselben Stellung gehalten werden konnte, ohne Gefahr zu laufen, zu versengen." „Die Oberfläche dieser vier erst in neuester Zeit aufgethürmten Kegelberge ist nur mit Asche bedeckt, nicht die geringste Spur von Vegetation findet sich."

Insel St. Paul.

57

Da diese Beschreibung keinen Zweifel übrig lässt über die Erhitzung der Vierhügel noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts , bei unserem Besuche jedoch keine Spur mehr davon wahrzunehmen war, während das Plateau der Insel, das ich später beschreiben werde, noch dieselbe Erhitzung zeigte, wie zu Macartney 's Zeiten, so muss man annehmen, dass diese Hügel in der That sehr jungen Alters sind, und dass die Abkühlung in den locker angehäuften Schlackenmassen nur rascher vor sich ging als in den eompacteren Lavaströmen, aus welchen jenes Plateau gebildet ist.

Nördlich von den Vierhügeln liegen zwei weitere kleine Schlackenkegel, der eine dicht am Uferrand und durch den Andrang der Wogen ebenfalls schon theil- weise zerstört, so dass sein Krater gegen die Seeseite geöffnet ist; der andere liegt weiter zurück auf der Inselfläche, ist daher noch ganz erhalten, aber so nieder, dass er zwischen den mächtigen Lavaströmen , die ihn umgeben , kaum hervortritt.

Das instructivste Bild gibt der kleine Schlackenkegel, welcher die nördlichste Spitze der Insel (Nord- oder Smith-Point) bildet. Er ist nur noch halb erhalten, die andere Hälfte hat das Meer verschlungen. Dadurch ist an dem gegen 150 Fuss hohen Steilrand der Insel ein Durchschnitt des Kegels blossgelegt, den der bei- stehende Holzschnitt wiedergibt.

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Schlackenkegel beim Nord-Point.

Der Kegel erhebt sich nur etwa 50 Fuss über die Oberfläche der Insel. Der Gipfel zeigt eine flache Kratereinsenkung. Die Masse des Hügels besteht aus einem Agglomerat von schwarzen und rothbraunen Schlacken, in welchem zwar keine eigentliche Schichtung, aber doch eine Abgrenzung einzelner Lagen parallel zur äusseren Hügelcontour zu erkennen ist. Zu beiden Seiten des Schlackenkegels sind jüngere Lavabänke der ursprünglichen Böschung der Agglomeratmasse angelagert, so dass dadurch die untere Hälfte des Kegels bedeckt erscheint. An der Ostseite habe ich gegen 20 steinige Lavabänke gezählt, an der Westseite gegen 12.

Unweit von diesem halb begrabenen Schla- ckenkeo-el sieht man am nordöstlichen Steilrand der Insel dem Nord Islet gegenüber den Durch- schnitt eines von jüngeren Lavaströmen ganz

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd.

Begrabener Sclilaekenkegel. S

58 Dr. F. r. Hochstetter.

überdeckten Schlackenkegels, der sich auf der Oberfläche der Insel nur durch eine plateauförmige Terrasse zu erkennen gibt.

Wenden wir uns jetzt zur Südseite der Insel, so ist der Süd-Point selbst durch die Ruine eines Schlackenkegels gebildet, von dem jedoch nur etwa noch ein Viertel erhalten ist. Eben so bildet die südöstliche Ecke der Insel ein niederer, von NW. nach SO. sich ziehender Schlackenhügel, der in der angegebenen Pachtung hinter einander fünf kraterähnliche Einsenkungen zeigt. Hier scheint der Schla- ckenausbruch durch eine längere Spalte stattgefunden zu haben. Ein weiterer Eruptionspunkt liegt zwischen den beiden letztgenannten Schlackenausbruchsstel- len. In einer unbedeutenden Erhebung des Uferrandes sieht man hier noch den letzten Rest eines vom Meere schon gänzlich weggespülten Schlackenkegels, und eben so erkennt man an dem Absturz südlich vom Kratereingang noch die Reste eines kleinen Schlackenausbruchs.

Im Ganzen haben wir also 12 seitliche Ausbruchspunkte, die alle dem äusseren Inselrande angehören, jedoch viel zu unbedeutend sind, als dass man ihnen als Eruptions-Centren einen wesentlichen Theil an dem Aufbau der Insel zuschreiben dürfte. Der grosse centrale Hauptkrater der Insel bezeichnet den Canal, durch welchen diejenigen Massen zum Ausbruch gelangten, welche den Hauptkörper der Insel bilden. Diese selbst ist nur mehr die Ruine eines voll- ständigen vulcanischen Gerüstes. Theile eines submarinen Tuffkegels und die grössere Hälfte des Lavakegels sind noch erhalten, von einem centralen Schlacken- und Aschenkegel aber, dessen Massen einst den Krater erfüllt haben, und der sich über dem jetzigen Kraterrand vielleicht mehr als zur doppelten Höhe der jetzigen Insel erhoben haben mag, sind kaum mehr Spuren zu entdecken. Diese Massen sanken, nachdem die vuleanische Thätigkeit erloschen, in den Ausbruchscanal zurück, ein Theil der steilen Felswände des Lavakegels brach nach, und so wurde durch Einbruch oder durch Einsturz das immense Kraterbecken gebildet, in welches bei einem späteren Ereigniss, durch einen gewaltigen Bergsturz an der Nordost- seite der Insel, das Meer einen Einlass fand1. Ich habe mir viele Mühe gegeben, an dem wegen seiner Steilheit sehr schwer zugänglichen inneren Kraterrand noch Spuren des versunkenen Schlackenkegels zu linden und nur eine einzige Stelle entdeckt, die aber unzweifelhaft für die oben auseinandergesetzte Bildungsweise des Kraters spricht. Der obere Kraterrand zeigt nämlich ringsum eine scharfe Kante, von der ab einerseits die Insel nach aussen allmählich abdacht, nach innen steil in das Kraterbassin abfällt. Nur eine einzige Stelle beim höchsten Punkt der

1 Ich kann der Ansicht meines Freundes Dr. Roth (Zeitsohr. d. deutsch, geol. Ges. XV. Bd., 3. Ilft. p. 456) durchaus nicht beistimmen, dass die Form der Insel darauf hinzuweisen scheine „dass aus vier kleine- ren rhombisch angeordneten Kratern durch Aufsprengung endlich der eine jetzige grosse Krater entstand.

Insel St. Po/t/. 59

Insel macht davon eine Ausnahme. Schon vom Bassin aus wird man auf diese Stelle aufmerksam, da sie eine braunrothe Färbung zeigt, die man sonst nirgends an der inneren Kraterwand bemerkt. Es ist eine mächtige Schlackenscholle, welche hier an der inneren Kraterwand hängen geblieben und nicht mit in die Tiefe ver- sunken ist, wiewohl dies jeden Augenblick droht, da man oben bemerkt, wie diese Scholle bereits durch eine breite Spalte von den fest über einander liegenden Schichten des Lavakegels losgetrennt ist. Diese Scholle ist das einzige Überbleibsel der versunkenen Massen, welche den Krater früher erfüllt haben.

Nachwirkungen der vulcanis che nThätigkeit zeigen sich hauptsächlich auf der nördlichen Hälfte der Insel, wo die Producte der jüngsten Eruptionsepoche besonders mächtig angehäuft sind. Diese Nachwirkungen bestehen in heissen Wasserdämpfen , in Kohlensäureexhalationen und warmen Quellen, die sich an der unteren Kraterwand von der nördlichen Barre angefangen längs der nördlichen Seite des Kraterbassins beobachten lassen. An der südlichen Seite des Krater- bassins fehlen diese Erscheinungen gänzlich; übrigens lassen sie sich meist nur bei Ebbe beobachten, da die betreffenden Punkte bei Hochwasser überfluthet sind.

So sieht man gleich an der Barre rechts, und zwar an ihrer inneren Seite gegen das Kraterbassin zu, neben dem künstlich aufgeführten Molo bei Tiefwasser aus den sandigen Stellen zwischen dem grossen Gerolle, durch das die Barre gebildet ist, heisses Wasser unter Entwicklung von Gasblasen aufsteigen; und wie wenn man neben einem Dampfkessel stünde, hört man zischend und dumpf rauschend die Wasserdämpfe durch das Blockwerk, aus dem der Molo aufgeführt ist, fahren. Bei kühlem Wetter, z. B. wenn die Lufttemperatur nicht mehr als 16° C. beträgt, dampft es aus allen Fugen und Klüften zwischen dem locker aufgehäuften Gerolle und der Boden ist durch die durchströmenden siedend heissen Wasserdämpfe so sehr erwärmt, dass man den Fuss nicht lange auf einer und derselben Stelle halten kann. Will man ein Heisswasserbassin haben, so braucht man blos einige Steine wegzuräumen und im Sande sich ein Loch auszugraben; dieses füllt sich nach wenigen Secunden mit heissem Wasser, und sprudelnd unter Gasentwicklung quillt immer neues nach. Das Thermometer stieg in solchen Gruben auf 96° C. Man würde es ohne Zweifel bis zum Siedepunkt bringen, wenn man ein grösseres and tieferes Loch ausgraben und dasselbe vor der Vermischung mit Seewasser schützen würde. Blaues Lackmuspapier wurde von dem Wasser roth gefärbt durch die in demselben enthaltene Kohlensäure; an der Luft setzt das Wasser Eisenocher ab. Wir haben also einen Eisensäuerling mit stark mineralischen Geschmack, jedoch wird der reine Geschmack durch die Vermischung mit Seewasser gestört. Das Wasser war an der beschriebenen Stelle heiss genug, um einen Versuch der Begleiter Macartney's zu unserem Spasse wiederholen zu können. Auf dem Molo stehend, angelten wir aus dem fischreichen Kraterbassin Fische und fingen Krebse.

60 Di: F. v. Hockstetter.

und ohne uns von der Stelle bewegen zu müssen, konnten wir diese in ein kleines Heisswasserbassin fallen lassen , wo sie nach wenigen Minuten zu unserem Früh- stück heiss abgesotten waren. Jedoch nur bei besonders niederer Ebbe zur Zeit des Voll- oder Neumondes wird diese heisse Stelle hinreichend blossgelegt. Bei Fluth zeigt das Seewassar hier am Ufer oft 20° C. , während es in der Mitte des Bassins nur 14 15" C. hat.

Etwa 170 Klafter von dieser Stelle liegt am Fusse der Kraterwand die „warme Badequelle" (Punkt e der Karte). Die Fischer von St. Paul haben hier der Natur etwas nachgeholfen ; sie haben die Steine weggeräumt und ein zwei Klafter langes und V/2 Klafter breites Bassin gebildet, aus dessen Grund unter Entwicklung von Kohlensäureblasen heisses Wasser aufsprudelt. Zur Fluthzeit ist das ganze Becken überschwemmt, zur Ebbzeit aber sinkt der Wasserspiegel des Kraterbassins so tief, dass der Boden des künstlichen Bassins etwa noch einen Fuss unter dem Wasserspiegel liegt. Dann füllt sich das Bassin bis zu 3 Fuss Höhe mit warmem Quellwasser und bildet mit dem zurückgebliebenen Meerwas- ser eine Mischung von 30 35" C, die ganz vortrefflich zum Baden geeignet ist. Bei sehr niederer Ebbe stieg die Temperatur im Bassin auch bis auf 44° C. Auch diese Quelle entwickelt Kohlensäure und setzt ziemlich viel Eisenocher ab. Sie ist die wasserreichste der Insel, allein untrinkbar, weil ihr Wasser stets mit Seewasser vermengt ist.

Hundert Klafter von ihr entfernt liegt aber eine heisse Trinkquelle. Ein rundes kleines Bassin, 5 Fuss lang und 4 Fuss breit, ist in dem mürben zersetzten Fels, aus dem die Quelle hervorbricht, ausgearbeitet. Bei Hochwasser ist dasselbe ebenfalls überspült, aber bei Tiefwasser liegt sein Grund ungefähr 1% Fuss über dem Meeresspiegel und das kleine Bassin ist dann etwa 1 Fuss tief mit Wasser gefüllt. Da es einen guten Abfluss hat, so ist das Wasser gegen Ende der Ebb- zeit ganz rein von Seewasser. Zu dieser Zeit untersuchte ich die Quelle mehr- mals. Dieselbe zeigt keine Spur von G asent wickelung. Die Zufluss- eanäle, der Boden des Bassins und der Abflusscanal sind weiss incrustirt von einer dünnen Schichte kohlensauren Kalkes. Das Wasser ist krystallhell und hat einen stark mineralischen Geschmack, rothes Lackmuspapier wird schnell blau gefärbt, also eine entschieden alkalische Reaction. Diese Quelle unter- scheidet sich daher wesentlich von den beschriebenen Eisensäuerlingen. Das Wasser ist so heiss, dass man die Hand nicht darin halten kann. Die Temperatur beträgt 55—56° C.

Da St. Paul ausser dieser warmen Quelle kein trinkbares Wasser hat, so müssen die Fischer, welche auf der Insel leben, wenn ihnen das Regenwasser, das sie sich von den Dächern der Hütten mittelst Rinnenleitungen in grosse Bottiche sammeln, ausgeht, zu diesem Wasser ihre Zuflucht nehmen. Es ist abgekühlt voll-

Insel St. Paul. 61

kommen trinkbar, freilich mit den Wirkungen einer starken alkalischen Mineral- quelle; '

Untersucht man von der letztbeschriebenen Quelle an weiterhin das Ufer, so entdeckt man heisse Stellen erst wieder im Hintergründe des Kraterbassins, wo bei Tiefwasser auf einer Strecke von vielleicht 250 Klaftern ein flacher Sandstrand trocken liegt. Wie am Molo, so strömt auch hier durch den Sand überall siedend heisser Wasserdampf hervor. Ich grub das Thermometer 1 Fuss tief ein und sah es an verschiedenen Stellen auf 92° C, 74° C, 91° C, 94° C, 85° C. steigen.

Aufsteigende Dampfwolken machten mich aufmerksam, liier auch die steile Kraterwand selbst zu untersuchen, so weit ich hinaufklimmen konnte, und zu meinem Erstaunen sah ich an vielen Punkten etwa 100 Fuss über dem Niveau des Kraterbassins heisse Wasserdämpfe mit grosser Gewalt hervorbrechen. Die Kra- terwand ist bedeckt von einer dichten Gras- und Binsenveq-etation auf einer locke- ren von Wurzelfasern filzig verwebten Erde. Wo die Dämpfe hervorströmen, da sieht man nun Löcher durch die Erde gerissen, die Vegetation zerstört und Tau- sende von Asselleichen 2 liegen rings um das Loch. Ein Beweis, dass die Wasser- dämpfe oft plötzlich hervorbrechen, da und dort, wie sie durch die Felsspalten im Innern gerade den Weg finden. Solche Löcher, denen heisser Dampf ent- strömte, fanden sich sehr viele an dieser Stelle, einige 4 Fuss weit, andere nur wenige Zoll weit. Von anderen Gasarten ausser Wasserdampf und Kohlensäure konnte ich jedoch keine Spur entdecken.

Noch höher hinauf an der Kraterwand, beinahe am obersten Rande, bezeich- nete ein grosser schwefelgelber Fleck versengte Moosvegetation das Aus- strömen von heissen Dämpfen auch an dieser Stelle. An der südlichen Wand des Kraters dagegen konnte ich nichts von heissen Dämpfen wahrnehmen, was mir um so auffallender war, als auf der in Staunton's Werk gegebenen Abbildung der Insel gerade an der Südseite der Insel hochaufwirbelnde Dampfwolken gezeich- net sind 3.

1 Im Quart. Journ. Geolog. Soc. V, II, p. 112 113 gibt Dr. Bostok die Analyse eines heissen Wassers von St. Paul, das 212° F. zeigte.

100 Gran des Wassers enthielten:

Chlornatrium 2'3 Gran.

Schwefelsaures Natron . . . . 0-0 03

Chlorcalcium 0-340

Chlormagnesium 0-059

Verlust 0-038

2-7 90 feste Bestandteile.

2 Kellerasseln leben auf St. Paul in unglaublicher Menge in dem filzigen Gewebe der Graswurzeln.

3 Eben so wenig konnten wir irgendwelche Feuererscheinungen beobachten, wie sie Macartne y's Reise- begleiter beschreiben: „Das Eiland erscheint in der That in einem solchen Zustande vulcanischer Entzündung,

62 Dr. F. v. Hochstetter.

Dagegen fand ich die heisse Fläche auf dem Plateau der Insel noch ganz so, wie sie Dr. Gillan beschreibt.

Diese heisse Fläche findet sich auch auf dem schon früher erwährten Plateau an der Nordseite des Kraters. Dieses Plateau zerfällt nämlich sehr charakteristisch in zwei Partien. Die östliche zeigt keine Spur von Erhitzung mehr; sie ist sehr felsig; überall ragen nackte Steinklippen von poröser Lava und von Schlacken aus dem dichten hohen Graswuchs hervor; ein flaches Gerinne, das sich gegen den die nördlichste Spitze der Insel bildenden Schlackenkegel herabzieht, trennt die- sen Theil des Plateaus von einem schmäleren westlichen, der noch fast seiner ganzen Ausdehnung nach erhitzt ist, als wären die Lavaströme, die ihn bilden, noch nicht völlig erkaltet. Am intensivsten erhitzt erseheint dieser Theil an seinem westlichen Eand , da wo das Plateau mit 20 25° abfällt. Die heissesten Stellen geben sich schon aus der Entfernung durch eine andere Vegetation zu erkennen, indem auf den wannen und durch Wasserdämpfe fortwährend feucht gehaltenen Flächen an dieStelle der Grasvegetation eine üppige Moos- und Lycopodiurn-Vege- tation (Lycojjodium cernwum) von saftig grüner Farbe tritt. Die schwefelgelben Flecken in den saftig grünen Moosflächen geben sich bei näherer Untersuchung als durch allzugrosse Hitze versengte kranke Moosflächen zu erkennen. Diese Moosflächen sind stets mit Wassertropfen behangen, wie von starkem Thau, da der heissen Fläche eine Menge Wasserdampf entströmt. Wo die Entwicklung von Wasserdampf heftiger ist, da bemerkt man runde röhrenförmige Löcher, oder auch lange schmale Spalten, die theils parallel mit dem Kraterrand, theils quer gegen denselben verlaufen. Man sieht in solchen Löchern und Spalten den Boden zu einer rothen oder gelben schlammigen Masse zersetzt und muss sich sehr hüten, hineinzutreten, da man mehrere Fuss tief versinken und sich be- deutend beschädigen würde. Das Thermometer zeigte schon 1 Fuss tief eingegra- ben Siedhitze und die ausströmenden Dämpfe färbten blaues Lackmuspapier roth. Die Gesammtausdehnung der heissen Fläche mag 200 Klafter von S. nach N., und SO Klafter in der Breite betragen. Schnee bleibt auf dieser Fläche natürlich nie liegen.

Die Oberfläche der Insel zeigt nur an verhältnissmässig wenigen Punk- ten das nackte ursprüngliche Gestein. Theils durch den zersetzenden Einfluss der Atmosphärilien, theils durch die dem Boden entströmenden kohlensäurehaltigen heissen Wasserdämpfe sind die porösen Laven und Schlacken oberflächlich stark zersetzt zu einer eisenschüssig gelben oder rothen Lehmmasse. An einzelnen kah-

dass von dem Verdeck der Schiffe des Nachts auf der Höhe der Insel mehrere Feuer bemerkt weiden konnten, welche zwar hauptsächlich aus den Ritzen der Erde hervorkamen, aber in anderer Beziehung an die nächtlichen Flammen von Pietra Mala in den Gebirgen zwischen Florenz und Bologna erinnerten. Während des Tages konnte man nur Rauch sehen "

Insel St. Paul. 63

len Stellen sieht man die erdigen Schieliten überzogen von Krusten von nieren- förmigen Brauneisenstein, der sich besonders ausgezeichnet auf der heissen Pla- teaufläche findet.

Die zersetzte Lava hat aber im Allgemeinen einen vortrefflichen Boden gelie- fert für das lange Gras, das sich beinahe über alle Theile der Insel ausgebreitet hat. Die fasrigen Wurzeln dieses Grases , welche in allen Richtungen durch die zersetzte Lava und die vulcanische Asche dringen, haben eine Humusschichte, oft von mehreren Fuss Tiefe gebildet. Diese Humusschichte ist von leichter schwam- miger Beschaffenheit und an vielen Orten durchfurcht von den Sommerregen und den Strömen des schmelzenden Schnees, der im Winter 3 4 Fuss hoch liegen soll an solchen Stellen, wo die vulcanische Hitze nicht hinreichend ist seine An- häufung zu verhindern. Da der Boden, wo nicht nackter Fels zu Tage tritt, sehr weich und schwammig ist und voll von Löchern, welche die Seevögel zur Auf- nahme ihrer Nester graben, so ist es sehr beschwerlich, darauf zu gehen. Der Fuss bricht durch und sinkt bei jedem Schritte tief in den Grund ein. ein Umstand, der eine Wanderung über die Insel trotz der geringen Ausdehnung derselben sehr ermüdend macht.

Die Erosion durch das Meer, die zerstörende Wirkung der Wellen, offen- bart sich in grossartiger Weise schon in den äusseren Umrissen der Insel. Der senkrecht abfallende Uferrand hat nirgends eine geringere Höhe als 100 Fuss. Der furchtbare Wellenschlag der tosenden Brandung untergräbt unaufhörlich die Lavabänke und fortwährend brechen die ihrer Unterlage beraubten Felsmassen nach. Die Schlackenkegel, welche auf der Uferterrasse sich erheben, sind dadurch schon zum Theile ganz zusammengebrochen und in den Wogen des Möeres ver- schwunden, theils stehen sie nur noch halb oder zu einem Viertel. Abrutschungen und Felsstürzen begegnet man überall am Uferrande. An der westlichen Seite der Insel zwischen den vier Hügeln und den beiden nördlich davon gelegenen Schla- ckenkegeln ist durch einen solchen Felssturz an der steilen Uferseite eine Terrasse gebildet, welche die Pinguine erreichen können und zu einem ihrer Brutplätze gewählt haben. Dies ist der zweite Pinguinplatz auf der Insel, der von einer noch weit grösseren Anzahl dieser Seevögel besetzt gehalten ist, als jener an der Ost- seite der Insel nördlich von der Einfahrt. Ein Blick auf die Karte zeigt am nord- östlichen Uferrand der Insel einen noch viel bedeutenderen bogenförmigen Aus- bruch und eine Abrutschung der losgebrochenen Masse um wenigstens 200 Fuss in die Tiefe.

Im grössten Maasstabe hat jedoch der Bergsturz gewirkt, der das ganze öst- liche Viertel der Insel unter den Spiegel des Oceans versenkte und diesem den Eintritt in den Krater eröffnete. Nur einem solchen Ereigniss kann ich die Bildung des Kratereino-ano-es zuschreiben.

ßj. Dr. F. v. Hochstetter.

Sir Charles Lyell (im „Manual of Elementary Geology" V. Ausg. p. 513) knüpft an die Betrachtung der Karte und der Ansicht der Insel folgende Bemer- kungen an: „Jeder Krater, sagt Lyell, muss an einer Seite um vieles niedriger sein, als an allen anderen, nämlich an der Seite, gegen welche die vorherrschen- den Winde nicht blasen, und nach welcher also bei Eruptionen die ausgeworfene Asche und die Schlacken selten geführt werden können. Es wird ferner an dieser Windseite oder niedrigsten Seite ein Punkt der allernicdrigste sein, so dass in dem Falle einer partiellen Senkung des Landes die See hier in den Krater ein- dringen kann, so oft die Fluth steigt, oder so oft der Wind von dieser Seite bläst. Aus demselben Grunde, aus dem die See fortwährend einen Eingang in die Lagune eines ringförmigen Korallenriffs offen erhält, kann diese Passage in den Krater nicht ausgefüllt werden, sondern die See wird dieselbe bei Tiefwasser, oder so oft der Wind wechselt, ausputzen."

Geo-en diese im Allgemeinen gewiss sehr wahre Betrachtung erlaube ich mir. was ihre Anwendung auf St. Paul betrifft, wenige Bemerkungen. Die Coni- munication zwischen dem Ocean und dem Kraterbassin ist an der Ostseite der Insel geöffnet. Diese Seite ist mit Rücksicht auf die vorherrschenden Winde bei St. Paul keineswegs die Windseite. Unsere eigenen Beobachtungen während eines dreiwöchentlichen Aufenthaltes auf St. Paul stimmen vollkommen überein mit den auf den Windkarten von Admiral Fitzroy enthaltenen Angaben , nach denen zu allen Jahreszeiten die Westwinde die vorherrschenden sind. West- liche Winde zwischen NW. und SW. sind aber nicht blos die vorherrschenden, sondern auch die stärksten Winde , während Ostwinde so selten sind , dass gerade diese Ostseite der Insel den einzig sicheren Ankerplatz für Schifte bietet, da sie zu allen Jahreszeiten die Seite unter dem Winde ist. Damit stimmt auch recht gut iiberein, dass die durch die Luft ausgeworfenen Schlacken und Aschen hauptsächlich an der südöstlichen Seite der Insel sich in mächtigen Schichten aufgehäuft finden. Andererseits sind aber gerade diese Theile nicht die höchsten des oberen Kraterrandes, sondern relativ die niedrigsten, wenngleich sie nur um 100 Fuss niedriger sind als die höchsten Gipfel des Kraterrandes. Denkt man sich das durch den Durchbruch der See fehlende Stück des Kraterrandes ergänzt, so würde dieses Stück, da es die südliche relativ niedrigste Seite des obern Kraterrandes mit der nördlichen relativ höchsten verbindet, gerade eine mittlere Höhe haben. Die trichterförmige, nach unten sich verengende Gestalt des Kraters hat zur Folge, dass ein senkrechter Riss durch eine Seite, eine Dis- locationsspalte , am oberen Kraterrand ein verhältnissmässig grösseres Stück abschneidet als an der Basis. An der dem Eintritt des Meeres geöffneten Seite der Insel misst daher die Entfernuno- von einer Seite des Durchbruchs zur anderen am obern Kraterrand 740 Klafter, am Spiegel des Meeres aber nur 270 Klafter,

Insel St. Paul. 65

Und diese letztere ursprüngliche Breite des Einganges ist jetzt noch weiter ver- engt durch zwei aus mächtigem Gerolle durch die Gewalt der Wogen aufgehäufte Barren, die nur eine Einfahrt von 51 Klafter Breite bei mittlerem Wasserstand in das Kraterbassin offen lassen.

Alle diese Verhältnisse führen nothwendig zu dem Schlüsse, dass der Ein- gang in das Kraterbassin nicht durch den Andrang der Wogen an der ursprüng- lich niedersten Seite des Kraterrandes sich gebildet hat, sondern einer Dislocation, dem Versinken eines grossen Inseltheiles in die Tiefe, seinen Ursprung verdankt. Die von NW. nach SO. streichende Dislocationsspalte , nach welcher der Bruch stattfand, entstand erst nach dem Erlöschen der vulcanischen Thätigkeit. Das Meer hat nichts zur Erweiterung des durch dieses Ereigniss geöffneten Kraterein- ganges beigetragen, sondern vielmehr, indem die Brandung mächtiges Gerolle zu natürlichen Dämmen aufwarf, den Eingang verengt. Ja, Vlaming fand 1G96 den Eingang sogar ganz gesperrt durch einen solchen Damm , so dass das Boot mit Anstrengung darüber hingezogen werden musste. Möglich ist es immerhin, dass gewaltige Ost- oder Nordoststürme, wie solche bisweilen vorkommen, die Barren dergestalt verändern, dass der Eingang zeitweilig ganz abgesperrt wird.

Diese Barren am Kratereingang bilden eine vollständige Sammlung der Gesteinsarten der Insel, freilich in kolossalem Massstabe, da die von der Brandung abgerollten Blöcke durchschnittlich 20 30 Kubikfuss Inhalt haben, zum Theil sogar die gewaltige Grösse von 1 Kubikklafter erreichen. Diesem Kubikinhalt entspricht ein Gewicht von nicht weniger als 300 Centnern. Und solche Massen bewegt die Brandung noch hin und her. Bei mittlerem Wasserstand beträgt die Breite dieser Barren durchschnittlich 25 Klafter, ihre mittlere Höhe über dem Meeresspiegel 8 10 Fuss. Bei starken Ost- und Nordostwinden soll es aber nach der Erzählung der Fischer keine Seltenheit sein, dass die Wogen über die Barren hinweg- bis in das Kraterbassin schlafen. Der Grund der Einfahrt besteht nicht aus Felsen, sondern ebenfalls aus grobem Gerolle, jedoch sinkt der Boden sowohl nach dem Bassin, als auch nach der Seeseite hin ziemlich schnell in die Tiefe.

Sehr charakteristisch ist die Stellung der Barren; die nördliche Barre hat eine Richtung von NNO. nach SSW., die südliche von WNW. nach OSO. Beide machen daher in ihrer Richtung nahezu einen rechten Winkel mit einander, des- sen Spitze nach dem Kraterbassin hin liegt und dessen Schenkel sich gegen das Meer öffnen. So haben sie von Natur genau die Lage, die man künstlichen Dämmen geben müsste, sollten diese das Kraterbassin vor dem Andrang der Wogen am besten schützen , und denselben zugleich die grösste Widerstandsfähigkeit entge- gensetzen.

Einen directen Beweis für die Ansicht, dass ein Theil der Insel versunken, liefert das untermeerische Plateau an der Ostseite, das die Form der Insel ziem-

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. 9

66

Dr. F. v. llochstetter.

lieh vollständig zu einer abgeschlossenen Ellipse ergänzt. Das Meer hat über die- sem Plateau eine mittlere Tiefe von 20 30 Klaftern, dieselbe Tiefe, welehe das Kraterbassin zeigt. Auf der Karte ist die Ausdehnung des Plateaus eingezeichnet und sind die Lothungen in Wiener Fuss eingetragen. Nach aussen fällt das unter - meerische Plateau steil ab, das Meer erreicht plötzlich grosse Tiefen, gegen die Insel steigt es allmählich an und ist mit demselben sehiesspulverförmigem schwar- zem Sand bedeckt, der auch an der Pinguin-Bai zwischen dem groben Gerolle den .Strand bildet und zum allergrössten Theile (y) aus Magneteisen besteht. Der nicht magnetische Th eil des Sandes enthält hauptsächlich Quarz-, Olivin- und Obsidian- körner.

Nachträglich erhalte ich von Herrn Bergrath Karl Ritter v. Hauer, Vorstand des chemi- schen Laboratoriums der k. k. geologischen Reichsanstalt, noch folgende quantitative Analysen von Gesteinen von St. Paul mitgethcilt.

A. Kieselerdereiche Eruptionsproducte der ersten Periode:

1. Felsitischer Rhyolith mit laniellarer Structur. Spec. Gew. 2-409. S. 46 47 beschrieben.

2. Perlit ans den Rhyolithtuffen der Pinguin-Bai. Spec. Gew. 2-355. Vergl. Beschrei- bung S. 48.

Das Mineral sribt ein lichtcraues Pulver, welches auch nach starkem Glühen unverändert bleibt; gibt beim Erhitzen viel Wasser ab. AYird von Säuren auch für sich angegriffen , aber doch nur theilweise zerlegt.

3. Marekanitartige Obsidianku geln aus den Rhyolithtuffen der Pinguin-Bai. Spec. Gew. 2-441. S. 48.

Schwarz, glasig. Das Mineral gibt zerrieben ein lichtgraues Pulver, schmilzt leicht und bildet dann eine graue blasige Schlacke.

100 Theile enthielten:

l.

Gliihverlust 1-65.

Kieselsäure 71-81 .

Thonerde 14-69 .

Eisenoxydul 3'9 7 .

Manganoxydul

Kalkerde 1-57.

Magnesia Spur .

Kali 2-27 .

Natron 2-70 .

98-66

B. Basische Eruptionsproducte der zweiten und dritten Periode:

4. Labr adoritrci eher körniger Doleri t. Spec. Gew. 2-812. Vergl. Beschrei- bung S. 49—50.

5. Dichte labradoritführende Basaltlava. Spec. Gew. 2-785. Beschreibung S. 52.

o#

3.

. 7-82 . .

0-34

. 67-53 . .

72-30

. 12-50 . .

1 1-58

. -1-98 . .

6-02

. 0-19 . .

. 2-15 . .

1-96

. 0-12 . .

. 2-'J8 . .

2-49

. 1-18 . .

5-63

9 9 --15

100-32.

Amsterdam,. 67

Von beiden Gesteinen wurden Pauschanalysen gemacht, welche die mittlere Zusammen- setzung der Gesamnitinasse repräsentiren. Die chemische Zusammensetzung erwies sich fast völlig gleich, wie die folgende Zusammenstellung zeigt.

4. 5.

Glühverlust 0-78 . . . 0-23

Kieselsäure 51*09 . . .51-69

Themerde 18-48 . . . 16-26

Eisenoxydul 13-49 . . . 15-26

Manganoxydul 0-05 . . . O06

Kalkerde 8-72 . . 7-76

Magnesia 4-12 . . . 4-37

Kali 1-78 . . . 1-90

Natron 1-99 . . . 2-00

100-50 . . . 99-53. Bezüglich der Methode der Analysen ist nur in Kürze zu erwähnen, dass für die Bestim- mung der Alkalien mit Atzkali aufgeschlossen wurde. Die Bestimmung der Glühverluste geschah bei hoher Temperatur. Die Bestimmung der Eisenmengen neben Thonerde wurde durch Titrirung mit einer sehr verdünnten Lösung von übermangansaurem Kali ausgeführt.

Die Insel Amsterdam.

Amsterdam liegt 12 Seemeilen nördlich (NzW.) von St. Paul entfernt und ist bei klarem Wetter von den Höhen auf St. Paul recht R-ut sichtbar. Die Insel zeigt von St. Paul aus gesehen beistehendes Profil.*

Amsterdam von St. Paul aus gegen NzW. in 42 Meilen Entfernung

Am 7. December 1857 Morgens, nachdem wir den Abend zuvor St. Paul verlassen hatten, lag Amsterdam in 5 Meilen Entfernung gegen Nord vor uns , so dass nun die einzelnen Züge seiner Form und Gestalt sichtbar waren.

2553 Fuss

27S4 1'uaj.

Südwestseite von Amsterdam, aus 5 Meilen Entfernung.

SSdecke.

9*

68 Dr. F. v. Hochstetter.

Das Eine war jetzt schon deutlieh, dass die Insel vulcanisch sei wie St. Paul. Dieselben Schlackenkegel mit kraterähnlichen Vertiefungen zeigten sich am unte- ren Abhang, wie auf St. Paul, nur zahlreicher und grösser in demselben Verhält- nisse, als diese Insel überhaupt an Grösse, Umfang und Höhe St. Paul übertrifft.

Die höchste Spitze war in Wolken gehüllt. An der Westseite zeigt die Insel senkrechte Felsabstürze, gegen 2000 Fuss hoch, und steile Gehänge von tief ein- gerissenen Schluchten durchfurcht, gegen Süd- und Südost dacht sie allmählich ab, mit ungefähr 30 . Die Südspitze präsentirte sich als ein niederes vorspringendes Cap, hinter welchem wir an der Südostseite eine zugängliche Landungsstelle hofften.

Es wurden daher Boote ausgesetzt, in welchen wir an die Insel heranfuhren. Als wir näher kamen, konnten wir in mehreren Wasserrinuen, die vom höchsten in Wolken gehüllten Pick über den flachen Abhang sich herabzogen, deutlich Wasser sehen, das wie ein Silberfaden durch die Furchen zog und am Steilrand des Ufers, der an der Südwestseite gegen 200 Fuss hoch ist, als kleiner Bach über die horizontalen Lavabänke ins Meer stürzte. Wenn diese Bäche durch Regen ange- schwellt sind, mögen sie jene Cascaden bilden, welche frühere Seefahrer erwäh- nen. Zwei kleine Flecke hoch oben am Abhänge, weiss wie Schnee, konnten wir uns nicht erklären. Das Grün, das die ganze Insel bedeckt, schien einer ähnlichen GrasA-egetation wie auf St. Paul anzugehören.

Als wir dem Ufer auf einige Kabeln nahe wraren , trafen wir grosse Fucus- bänke von demselben antarktischen Biesentang (Marcocystls pyrifera) , der auch bei St. Paul die Fucusflächen an der Ostküste der Insel bildet. Nur mit aller An- strengung der Buderer kamen wir durch diese schwimmenden Wiesen, die überaus fischreich sind, vorwärts.

Jetzt waren wir so nahe am Ufer, dass man das Gras, die Farnkräuter, die aus den Felsspalten hervorwachsen, sehen konnte. Aber, obgleich die See draus- sen glatt war, wie ein Spiegel, verursachte doch das langsame Auf- und Abwogen des Oceans eine so starke Brandung, dass an ein Anlegen nicht zu denken war. Wir fuhren in nordöstlicher Richtung an der Küste hin. Die Südspitze wrar nur eine vorspringende Felsecke, hinter der sich die Küste in nordöstlicher Bichtung mit schroffem Steilabfall von 150 200 Fuss Höhe weiterzog. Endlich, nachdem wir 7 Seemeilen wreit von der Fregatte gerudert waren, trafen wir an der Südost- küste zwischen zwei Felsriffen, die dammartig ins Meer hinausstehen, eine ruhigere Stelle. Ein kleiner Anker wurde ausgeworfen, und wnewohl mit einiger Schwie- rigkeit kamen wir doch alle glücklich auf festen Boden. Aber da waren nur ungeheure Lavablöcke, theils von der Brandung abgerollt und von feuchten Algen schlüpfrig überzogen, so dass man nur mit grösster Vorsicht darauf gehen konnte, theils eckig, als wären sie eben erst aus ihrem Lager losgebrochen. Hinter dem Blockwerk, welches den Strand bildet, erhob sich eine 200 Fuss hohe senkrechte

Amsterdam. 69

Felsruauer. Sie bestand aus horizontal über einander liesrenden steinigen Lava- bänken, wechselnd mit rothen und braunen Schlacken und gelben Tuffen. In den Löchern und Höhlen der Felswand, den leeren Räumen von losgebrochenen Gesteinsblöcken oder von Blasenräumen in den Lavaschichten, haben zahllose See- schwalben ihre Nester. Ein Erklettern dieser Felswand war unmöglich; allein ich gab mich gerne zufrieden, denn mein geologischer Hammer hatte Material genug zur Bearbeitung.

Die steinigen Lavabänke an der Südostseite von Amsterdam bestehen aus einer porösen Labradoritlava. Eine schwarzgraue basaltische Grundmasse, die ziemlich porös ist, hat sehr zahlreiche unregelmässig ausgebildete Körner und Krvstalle von Mikrotin (ohne Zweifel glasiger Labradorit) eingesprengt. Daneben tritt in einigen Lavabänken als zweiter Gemengtheil und gleichfalls sehr reichlich eingemengt Olivin auf. Wir haben also auf Amsterdam Laven von ganz analoger Zusammensetzung, wie die jüngsten Laven auf St. Paul.

Nach kurzer Rast brachen wir wieder auf, um doch vielleicht noch einen Punkt zu finden, wo es möglich wäre auf die Fläche der Insel zu gelangen. Wir ruderten an der nordöstlich streichenden Küste weiter. Der Charakter der Küste blieb derselbe. Der Steilabfall nahm an Höhe wohl etwas ab. betrug aber immer noch wenigstens 100 Fuss. An mehreren Stellen sieht man schwarze Basaltgänge und rothbraune Schlackenkegel, wie auf St. Paul. Erst nachdem wir 3 Seemeilen weiter gerudert waren, trafen wir an der südöstlichen Ecke der Insel wieder einen Punkt, wo eine Landung versucht werden konnte. Wir konnten uns mit einiger Geschicklichkeit vom Boot aus auf einen Felsblock hinaufschwingen und waren damit wieder am Lande. Der Uferrand war hier weniger steil, ein mit Gras und Binsen bewachsener Grat zog sich von oben nach unten ; hier konnten wir ver- suchen zur Höhe zu gelangen. Nach einer halben Stunde mühsamen und zum Theil gefährlichen Kletterns standen wir oben, 120 Fuss über der Brandung. Dichtes binsenartiges Gras von Manneshöhe, halb verdorrt, halb grün, hier vom Sturm und Regen geknickt, dort gerade aufstehend, bedeckte die Fläche der Insel

Siidecke. Südost-Ansicht von Amsterdam.

und stellte einem weiteren Vordringen eben so grosse Hindernisse entgegen, wie wenn es der dichteste Urwald gewesen wäre. Nur mit grösster Anstrengung konnten wir einen kleinen kahlen Schlackenkegel erstiegen, der 20 Schritte von der Steile lag, wo wir die Plattform der Insel erreicht hatten. Eine Viertelstunde

70 Dr. F. r. Hoch stetter.

entfernt an dem flachansteigenden Gehänge lagen in der Grasheide grüne Buseh- inseln, die unser höchstes Interesse erregten; allein der Abend war gekommen, es hätte Stunden gebraucht, um dorthin zu gelangen, und wir mussten an die Rückkehr zur Fregatte denken.

Am 8. December Morgens war Amsterdam schon unseren Blicken ent- schwunden. Unsere Resultate blieben so leider nur kleinstes Stückwerk. Nur die Südwest- und Südostseite der Insel kam uns zur Anschauung, die Nord- und Nordostseite blieb uns unbekannt.

Der günstigste Landungsplatz liegt wahrscheinlich an der Nordostküste. Die Gesammtoberfiäche der Insel mag achtmal so gross sein als die von St. Paul, also etwa eine deutsche Quadratmeile betragen. Der höchste centrale Gipfel erreicht nach unserer Messung eine Meereshöhe von 2784 W. Fuss, der westliche Gipfel von 2553 Fuss.

St. Paul und Amsterdam sind so völlig isolirt von der ganzen ihnen ver- wandten Welt vulcanischer Inseln, dass man in Betrachtungen über ihre Lage in Bezug auf andere vulcanische Eruptionslinien einen ungeheuren Spielraum hat. Die nächsten und verwandtesten Inseln sind Kerguelen-Eiland 600 Seemeilen ent- fernt, die Crozet-Inseln 1100, die Prinz Edward-Inseln 1800 und Tristan d'Acunha im atlantischen Ocean gegen 4000 Seemeilen entfernt. Jedoch alle diese Inseln liegen dem 40. Grade südlicher Breite verhältnissmässig nahe, und hält man diese ostwestliche Richtung fest, die an der Südspitze von Afrika als geotek- tonische Linie eine grosse Rolle spielt, so folgen auf der dazu senkrechten Linie gegen Norden von Tristan d'Acunha aus, derselben Richtung, welche die zweite geotektonische Hauptlinie in Südafrika ist und zugleich die Richtung des Ein- sturzbeckens des atlantischen Oceans bezeichnet nahe 0 von Ferro die vulca- nischen Inseln St. Helena, Ascension, die Cap Verds, die Canaren, Azoren und endlich Island. In derselben Richtung von St. Paul aus aber liegen nach Norden auf einer Linie nahe 90 von Ferro oder 75 -80 östlich von Greenwich die Koral- len-Inselgruppen derChagos, Maldiven und Lakediven, südlich aber Kerguelen- Eiland und die erst neu entdeckten Macdonald-Inseln. Mit ähnlicher Bedeutung wie auf dem südafrikanischen Continente tritt diese Nord-Süd-Richtung auch in Asien als die Mittellinie von Vorderindien und als die westliche Küstenrichtung von Ceylon charakteristisch hervor.

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Inst I St. Paul. 7 1

ANHANG.

Die mikroskopischen Lebensformen auf der Insel St. Faul.

Von C. G. Ehrenberg. '

Oasen in grossen "Wüsten und schwer zugängliche Inselländer in von der Heimat fernem Ocean erfüllen den Naturforscher oft mit Sehnsucht nach Kenntniss der daselbst vorhandenen Lebensformen. Es scheint etwas Jungfräuliches, von Menschen nicht entweihtes Ursprüngliches daselbst möglicherweise erhalten zu sein, dessen Kenntniss einen tieferen Blick in die ursprüng- lichen Lebensbildungen unseres Planeten gestattet. Andererseits wird wenigstens die Erwar- tung rege, an abgeschiedenen Orten gewisse naturgemässe Variationen eines einfacherenLebens- tvpus beisammen und im Zusammenhange übersichtlich zu finden, welche sonst durch zahllose Vermischungsgelegenheit bis zum Unkenntlichen der Urformen verändert sind. Mit Hingebung und Aufopferung, mit klopfendem Herzen pflegt der jugendliche, aber auch der ältere Natur- forscher sich solchen dem Verkehr verschlossenen Punkten, wie einem Heiligthum zu nähern. Erfahrung und ruhigeres Alter kühlen manche warme Hoffnung ab, aber immer von Neuem erwacht der Gedanke, dass auf irgend einer fernen, grossen oder kleinen Insel irgend ein Schatz dieser Art, wie ja Neuholland seine Beutelthiere, Neuseeland und Madagascar ihre Riesenvögel, dort lebend, hier kaum todt, bewahrt haben, zu heben sein werde.

Die ziemlich gleich-weit, etwa 3000 Seemeilen, vom Vorgebirge der guten Hoffnung und Adelaide in Neuholland mitten im Südocean gelegene 'kleine Insel St. Paul, welche seit 1633 durch Antonio van Diemen als die südlichere der Doppel-Insel Amsterdam und St. Paul zuerst bekannt und benannt worden, ist neuerlieh von der Kaiserlich-Österreichischen Welt- unisegluugs-Expediiion der Fregatte Novara auf Alexander von Humboldt's speziellen Wunsch in den nautischen und naturwissenschaftlichen Beziehungen mit aufopferndem Eifer und Gründlichkeit untersucht worden. Die grosse Entfernung dieser Insel vom regeren Welt- verkehr und die in dem beschreibenden Theile der Reise nun schon vorliegende Übersichtlich- keit rücksichtlich des grösseren dem blossen Auge zugänglichen Lebens auf derselben hat mich angeregt, die mir von Herrn Prof. Hochstetter, dem Geologen der Expedition , über- sandten Schlacken, Sand- und Erdproben einer genauen Prüfung in Betreff des mikroskopi- schen Lebens zu unterwerfen, und ich versuche hiermit die Resultate derselben den so uner- müdlichen und verdienstvollen Bemühungen iener Forscher als Dank anzuschließen.

1 Ich bin dem berühmten Verfasser zu grossem Danke verpflichtet, dass er die Gü:e hatte, die von mir zum Zwecke mikroskopischer Untersuchung gesammelten Proben einer so eingehenden Untersuchung zu unterziehen, welche zu diesen interessanten Resultaten geführt hat.

72 CG. Ehrenberg.

Übersicht und Charakteristik der Materialien.

a) Von der Küste und Basis des Kraters.

1. Sand von den heissen Stellen dicht am Ufer des Kraterbeckens. Die Stelle wird zur Fluthzeit vom Meere bedeckt. Das Thermometer stieg in i/3 bis 1 Fuss Tiefe auf 74°, 85°, 91°, 92°, 94° C. (=59—75° R.j. Für die blossen Fasse war die Stelle ober- flächlich unleidlich, bis zum Verbrennen beim flachen Einsinken. Die Probe selbst ist trocken, ein mittelfeiner dunkel grauer, sich scharf anfühlender Sand mit vielen schwarzen, gelblichen und weissen Körnern, meist etwas gröber als gewöhnlicher Streusand. Säure bewirkt kein merkliches Brausen. Beim Glühen werden viele der dunklen Theilehen blasser und die braunen gelblicher. Aus zehn Analysen der mit destillirtcm Wasser abgeschlämmten feinsten Theilc ergab sich nur eine geringe Mischung von organischen Theilehen in einer weit überwiegend aus viel- fach doppeltlichtbrechenden Schlackenfragmenten verschiedener Färbung bestehenden Sand- masse. Namentlich verzeichnen Hessen sich nur 2 Polygastern, 3 Phytolitharien, sämmtlich ganz vereinzelt. Wegen der geringfügigen Beimischung der letzteren hat dieser Sand offenbar keinen Zusammenhang mit dem Humus der Insel, und wenn auch die beiden Polygastern einen Zusam- menhang mit dem dortigen Meere ausser Zweifel stellen, so fehlen doch alle beigemischten Kalktheilchen des Meeressandes. Der Sand besteht sonach aus feinen Schlackentheilen und aus einigen zufällig eingemischten und angeschwemmten feinsten Land- und Meeresorganismen.

Jede der hier angezeigten Analysen bezieht sich, wie sonst, auf etwa '/8 Kubiklinie (Nadel- kopfgrösse) auf Glimmer dünn mit Wasser ausgebreiteter, getrockneter und mit Oanadabalsam überzogener Masse, welche in allen ihren kleinsten Theilehen bei 300 Diameter Vergrösserung geprüft ist.

2. Stein aus der heissen Trink quell e mit Kalksinter und Oscillarien über- zogen. Es sind mir zwei fast zweizeilige breccienartige, nicht poröse, aber grobkörnige Stein- proben zugekommen, die in einer schwarzen festen Grundmasse weisse unförmliche, oft 1 Linie grosse, zuweilen auslösbare Körner führen, welche an ihrem Rande glasartig, in der Mitte meist undurchsichtig weiss sind. Die Quelle hat 55°0 C. Wärme, reagirt etwas alkalisch und hat einen stark mineralischen Geschmack. Zur Fluthzeit bedeckt sie das Meerwasser. Die Proben haben die Wände einer natürlichen Zuflussröhre gebildet. Einen Theil des Sinterüberzugs löst Salzsäure unter Brausen auf, ein wesentlicher Theil bleibt unverändert. Von diesem wieder ist ein Theil filzig, aus sehr feinen organischen Elementen erbaut, ein anderer erdig. Die filzigen Massen sind zum Theil grünfärbig (waren lebend), zum Theil farblos, weiss (todt?). Die grünen sind sämmtlich Oscillarienfilze, deren eine sehr feine der Ose. labyrinthiformis sehr gleicht, die andere etwas stärkere lebhafter grün ist. Die blassen gelblichen und weissen Filze sind aus denselben verblassten Formen, oft aber auch aus dichten Colonien von bisher unbekannten Formen Fhalarina Wüllerstorfii ', Oymbojplea Novarae, Collosigma Scherzeri und Collorhaphis Sellenyi gebildet, zwischen welchen verschiedene andere Formen vereinzelt liegen. Im Ganzen Hessen sich daraus mit 20 Analysen, ausser den Oscillarien, 14 Polygastern, 4 Phytolitharien (worunter 3 Spongolithen ) und 1 Sehmetterlingsschüppehen verzeichnen. Die neuen Genera sind meist formlose Gallerten, in denen ohne Ordnung zerstreute und dicht gehäufte Navicula- ceen liegen.

3. Sehlacke von der Küste mit Serpula bedeckt. Das etwas mehr als -'zöllige Schlackenstück ist a 'n- porös, von dunkelbrauner Grundmasse , gleicht einem fest cementirten

Insel St. Faul 73

dunkelbraunen Saude und hat ähnliche weisse am Rande glasartige, von Säure nicht angegrif- fene Einschlusskörner, wie Nr. 2. Die Serpulae sind meist mit einem grünen dünnen Algen- anflug überzogen. Das vorher stark allseitig durch Abblasen von allem fremden Staub befreite Stück wurde in destillirteni Wasser in einem passenden Glase wiederholt stark geschüttelt, wodurch eine feine Trübung des Wassers entstand. Im Bodensatz fanden sieh, bei 20 Analysen, 42 organische Formen: 12 Polygastern, 12 Phytolitharien, 14 Polythalamien, 2 Polycystinen, 1 Bryozoon, 1 Zoolitharie.

4. Schwarzer grober Sand von der Küste. Der Sand gleicht grobem Schiess- pulver und enthält nur wenig weissliche kieselerdige Theilchen. Viele der schwarzen Körner folgen dem Magnet und erscheinen als Magneteisensand. Organische Formen fanden sich nicht.

b) Von der oberen Vulcanfläche.

5. Raseneisenstein vom oberen Kraterrande. Die Probe besteht aus einigen zoll- grossen Bruchstücken einer schlackenartigen oder Raseneisenstein ähnlichen Gebirgsart, welche grobkörnig und löchrig, von Farbe braunroth ist. Die verwitterte Oberfläche ist weisslich, die frischen Bruehflächen zeigen viele mehrere Linien grosse Nester von hochrothcr ocherartiger mürber Erde. Hie und da sind festere glasartig glänzende Streifen in der Masse. Säure wird ohne Brausen eingesogen, Glühen ändert die rothe Farbe nicht. Nach starkem Abblasen der Oberfläche wurden die hochrothen mürben inneren Theile in destillirteni Wasser zerdrückt und nach Entfernen des abgeklärten Wassers mit Salzsäure gekocht. Die Flüssigkeit wurde grün- lich und eine vom Eisen befreite weissliche Kieselerde blieb zurück. In zehn Analysen dieser Masse fanden sich IG auffallende organische Formen: 6 Polygastern, 6 Phytolitharien, 3 Poly- cystinen,' 1 Geolith. Sehr deutliche entschiedene Meeresformen waren gemischt mit sehr deut- lichen auffallenden Süsswasserformen anderer Art als in den übrigen Verhältnissen.

6. Hochrothe Er de von den höchsten Punkten der Insel unter dem Rasen. Der ganze obere Kraterrand zeigt solche rothe Erde, anscheinend als die oberen zu Eisenocher oder Brauneisenstein zersetzten Lava- und Schlackenschichten. Die Probe ist eine lebhaft rost- rothe feine Erde, welche mit Säure nicht braust und beim Glühen erst schwärzlich, dann nur sehr wenig dunkler roth wird, ja zuletzt die erste Farbe wieder annimmt. Beim Schlämmen suspendirt sich das Meiste im Wasser und nur geringe Sandkörnchen bleiben zurück, welche auch, während die Masse unfühlbar fein ist, zwischen den Fingern rauhe Theiichen bilden. Kochen der rothen Erde mit Salzsäure zieht Eisen aus und lässt eine weisse im Volum kaum verkleinerte Erde zurück.

Diese Erde ist bei mikroskopischer Prüfung überaus merkwürdig. Sie besteht, mit Aus- schluss weniger quarzigen, selten glasigen Sandkörnchen, ganz und gar aus wohl erhaltenen feinen und auch gröberen Kieseltheilchen von Gräsern, denen seltene Polygasterschalen bei- gemischt sind. Dass diese, einzeln mit dünnem im Mikroskop bei 300 maliger Vergrösserung verschwindenden Eisenoxydüberzuge versehenen Theilchen durch Verwittern und Zerfallen von Lava- und Schlackenschichten entständen, wie es den Anschein hat, ist ihrer scharfen wohl erhaltenen Formen halber unmöglich, wohl aber ist umgekehrt ein Zusammenbacken und Ver- sintern der zerfallenen Grasvegetation zu schlackenartigen Gesteinsschichten der Oberfläche und

1 Über die in dieser Probe vorkommenden Polycystinen bemerkte Prof. Ehrenberg in einem Briefe, dass ihr Vorkommen höchst auffallend sei, da er dieselben bis jetzt nur aus Eocenschichten und aus grosser Meerestiefe kenne.

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. ^-O

74 C. G. Ehrenberg.

ein mit Eisenoxyd färbendes Spiel des Vulcans mit solchen Massen auch bei stärkeren Hitze- graden denkbar und der Umstand, dass der Eisengehalt kein Hydrat, sondern wasserfreies Oxyd, also ganz verschieden von dem so ähnlichen Eisenocher ist, begünstigt diese Ansicht. ' Bei zehn Analysen haben sich 25 Phytolitharien, darunter 1 Spongolith und überdies 1 Poly- ester als constituirende Elemente feststellen lassen. Der unorganische geringe Sand ist nicht glasartig, sondern stark doppeltlichtbrechend und seinen weissen Theilchen gleich verhält sich der als Labradorit bezeichnete weisse Mengungstheil der Schlacken. Die Lithosphäridien sind überwiegend und sind die kleinsten Formen. Lithostylidium rüde ist gross und oft auch sehr zahlreich. Obschon jene Lithosphäridien stets scharf und glatt in ihren Umrissen sind, erscheinen die Lithostylidien meist schwammig und wie zerfressen. Einer ihrer chemischen Bestandtheile scheint ihnen entzogen zu sein. Nicht selten finden sich die als Lithosemata bezeichneten sternförmigen Formen.

7. Dunkelbraune Erde unter dem Rasen der höchsten Oberfläche. Die stumpf dunkelbraune feine, nass schwarze Erde braust nicht mit Säure. Beim Glühen wird sie erst schwärzlich, dann dunkler braun als vorher. In derselben finden sich viele dem blossen Auo-e auffallende Wurzelfasern dortiger Pflanzen. Beim Abschlämmen bleibt ein feiner bunter Sand, in welchem viele Phytolitharien eingebettet sind. Lithosphäridien sind selten, häufig aber Anqihidiscus truncatus und Lithostylidium Clejisammidium mit L. rüde. Keine Lithosemata. Im Ganzen fanden sich in zehn Analysen 4 Polygastern, 21 Phytolitharien als Kieseltheile von Gräsern, kein Spongolith.

8. Dunkelbraune Erde unter dem Rasen der höchsten Inselgegend. Stumpf dunkelbraune Erde, welche mit Säure nicht braust, beim Glühen erst schwarz, dann weiss wird. Zwischen den Fingern beim Reiben unfühlbar. In zehn Analysen fanden sich 24 organische Formen, sämmtlich Kieseltheile von Gräsern, darunter 1 Meeres-Spongolith, wahrscheinlich vereinzelt eingeweht.

Diese Erde gleicht in Gestalt, Reichthum und Mischung der Formen vollständig der rothen Erde Nr. 6. Es ist nur ein kleiner in der Masse verschwindender, aber doch die braune Farbe gebender Theil verrotteten Zellgewebes der Pflanzen (wahrer Humus) beigemischt. Dagegen fehlt der Eisengehalt gänzlich. Diese Thatsache ist in sofern wichtig, weil dadurch das Eisen in Nr. 6 als denselben Grastheilen nicht zukommende, fremde Zumischung deutlich wird, sei es durch vuleanische Einwirkung, sei es durch nichtvulcanische Wasserablagerung. Der schein- bare schwarze Humus der Insel, wo er von vulcanischem Staube ganz frei ist, ist nur durch Phytolitharien mit geringen lösliehen Zellstoffen gebildet und ohne Kalk.

9. Rother Fumarol en tho n auf dem Insel-Plateau am höchsten Krater- rande. Die Probe ist eine in Klumpen zusammengebackene rostbraune trocken mürbe, feucht plastische thonartige Erde, welche beim Reiben zwischen den Fingern sich scharf sandig anfühlt. Die Farbe ist etwas stumpfer roth als Nr. 4, mehr lehmartig. Beim Zuthun von Säure erfolgt kein Brausen, keine Veränderung. Beim Glühen wird die Masse erst schwärzlich, dann rothbraun, dunkler als vorher, nicht blutartig. Beim Kochen mit Salzsäure wird sie sehr blass, weisslich. Bei Vergrösserung von 300 mal i. D. erscheint die Hauptmasse als ein sehr feiner Thon. Bei zehn Analysen derselben fanden sich nur drei nennbare Formen als organische Mischung. Beim Abschlämmen des massenhaften feinsten Thones fanden sich im scharfsandigen

Diese Erden sind geglühter Grasboden. Sie verdanken ihren Ursprung ohne Zweifel Grasbränden der Ober- fläche ohne Vulcanismus. Dr. F. v. H.

Insel St. Paul. 75

Rückstand eines Uhrglases zahlreichere Lithostylidien , aber doch nur wenige wohl erhalten. Verschiedene halb zersetzte Stäbchen mochten ebendahin gehören. Am auffallendsten waren beigemischte viele durch Kochen in Salzsäure unveränderte, oft sehr kleine Kugeln, rund und oval, sehr glatt, im Inneren feinzellig. Da ich einmal vier zusammenhängend, deren mittlere kleiner, und auch unregelmässig gestaltete fand, so habe ich diese Gebilde als hyalithartige Morpholithe verzeichnet. Oft gleichen sie einem Haliomma, enthalten im Inneren Luft in vielen kleinen Zellen, in welche rings vom Kande aus allmählich Balsam dringt und weiden bei polari- sirtem Lichte oft, nicht immer, opalisirend. Letzterer Charakter schliesst sie vom Organischen besonders deutlich aus.

10. Laubmoos-Rasen von feuchtem schwarzbraunem Humusboden. Die Probe ist ein zollgrosser sammetartiger dichter Moosrasen ohne Fructitication, vielleicht ein Bryum. Nach Aufweichen und Drücken eines Theiles in destillirtem Wasser fanden sich als Wassertrübung in zehn Analysen 8 Polygastern (6 Diatomeen), 16 Phytolitharien, darunter 2 Spongolithen, zusammen 24 organische Formen. Vorherrschend sind braune unregelmässige Theilchen, worunter viele kleine Phytolitharien-Fragmente. Pinnularia boreah's und Litko- stylidium rüde sind sehr zahlreich, das Übrige vereinzelt.

11. Lebhaft grünes Laubmoos auf schwarzem Humuslager. Die Probe ist ein zollgrosser Moosrasen mit grossen lebhaft grünen einem Hyjpnum ähnlichen Stämmchen und anhängenden Flechten- (Cladonien-) Spuren. Dergleichen lebhaft grüne Moose zeigten sich am Abhänge des Vulcankegels, nahe dem höchsten Kraterrande an den heissesten Stellen. In destillirtem Wasser zerrührt lieferte die Erde in zehn Analysen 8 Polygastern, 15 Phyto- litharien, zusammen 23 Formenarten. Zwischen vielem braunen verrotteten Zellgewebe sind besonders Lithostylidien und Arcella Globuh/s, auch Pinnularia borealis zahlreich, aber V.itnolia amphioxys nur selten.

12. Lebhaft grüner Laubmoos-Rasen von einer heissen Stelle. Zollgrosses Stück eines lockeren Moosrasens mit Flechtenanflug von Cladonien und verschiedenen Laub- moosen vom oberen Kraterrande. In zehn Analysen nadelkopfgrosser Mengen unter Wasser ausgebreiteter und mit canadischem Balsam überzogener feinster Theilchen wurden 6 Poly- gastern, 18 Phytolitharien, 1 Bärenthier-Ei, also 25 Formenarten beobachtet. Die grösste Masse des Humuslagers ist braun durchscheinendes verrottetes Zellgewebe. Lithostylidien und besonders Pinnularia borealis sind überaus zahlreich, sammt Difflmjia Seminulum. Eunotia arnphioxys ist nicht selten, das Übrige vereinzelt.

13. Grüner Anflug an feuchten Abhängen auf Humuslager. Die Probe besteht aus dünnen schwarzen Abschälungen der oberhalb grünlichen Humuslage. In destillir- tem Wasser auf die von mir oft angezeigte Weise aufgeweicht und abgeschlämmt, zeigte der feine Bodensatz im Uhrglase in zehn nadelkopfgrossen Mengen 28 organische Gebilde: 11 Polygastern, 16 Phytolitharien, 1 Bärenthier und dazwischen fanden sich Zelltheile von Gras mit Spaltöffnungen. Die Mehrzahl der Polygastern sind Arcellinen und die beiden Haupt-Weltbürger Pinnularia borealis und Eunotia arnphioxys. Die Phytolitharien sind nur Crastheile. Das Bärenthierchen ist von dem sehr verbreiteten Macrobiotus Hufelandii nicht zu unterscheiden und nicht selten.

14. Laubmoos-Rasen eines Sphagnum ohne erdige Unterlage. Die Probe besteht aus vier reinlichen Stämmchen von drei Zoll Länge ohne Fructification. In destillirtem Wasser aufgeweicht ergab die Hälfte derselben durch öfteren Druck eine feine Trübung des Wassers. In zehn Analysen des Bodensatzes im Uhrglase fanden sich: 6 Polygastern, 7 Phy-

10*

76 C. G. Ehrenberg.

tolitharien, 2 kleine Samen, zusammen 15 Formen. Difflugien sind sehr zahlreich, besonders Seminulum und Frauenfeldn, von ersterer zuweilen 4 6 in Einem Seefelde.

15. Grüner Lebermoos-Rasen auf feuchtem schwarzen Humus. Die etwa zwei Zoll breite Probe enthält hauptsächlich nur Jungerniannien , dazwischen aber auch viele Farnkapseln und Samen. Aus zehn Analysen der feinsten Erdtheilchen Hessen sich 31 Formen- arten entwickeln, 10 Polygastern, 14 Phy tolitharien, 3 Räderthiere, 1 Anguillula, 2 kleine Samen und ein Gras-Epidermis ähnlicher Pflanzentheil. Überwiegend zwischen verrotteten Pflanzentheilchen sind die Arcellinen, besonders Difflugia areolata. Die Räderthiere sind nicht selten, doch niemals zahlreich beisammen. Die Difflugien scheinen sich mit diesen in den Blatt- winkeln der Moose aufzuhalten.

Die Übersicht der sämmtlichen Formen findet sich in der beigehenden Tabelle.

Resultate.

Die sämmtlichen mikroskopischen Formen der Insel St. Paul, welche hiermit zur Kenntniss kommen, sind :

Organische kieselerdige Formen: Organische weiche Formen :

35 Bacillarien (Polygastem), 3 Räderthiere,

5 Polycystinen, 2 Bärenthierchen,

67 Phytolitharien, 1 Anguillula,

2 Geolithien. 13 Arcellinen (Polygastern),

1 Sehmetterlingsschiippchen,

7 Pflanzentheile,

Organische kalkerdige Formen: 2 Oscillarien-Pflanzen.

14 Polythalarnien, 1 Bryozoon, Unorganische Formen:

1 Zoolitharie. 7 Arten.

101.

Hierzu kommen einzeln beobachtete Mäusehaare und gefärbte blaue und rothe Wollhaare, die von Kleidern der Menschen oder von Löschpapier stammen. Von allen 161 Arten sind 76 selbstständige Lebensformen, die übrigen organischen sind charakteristische Theile grösse- rer Organismen, meist von Gräsern und Spongien. Von unorganischen Charakterformen sind 7 verzeichnet. Ausser diesen 154 organischen und 7 unorganischen Formenarten hat das Mikro- skop bei 300maliger und auch darüber hinausgehender Vergrösserung keine Spuren anderer Form Verhältnisse erkennen lassen.

Die sämmtlichen verzeichneten Bildungen gehören den schon in der Mikrogeologie ange- zeigten weit auf der Erde verbreiteten sechs Classen und ihren bekannten Familien an. Unter ihnen sind aber doch sechs Formen, welche mit neuen generischen Namen zu bezeichnen waren, die daher besonders charakteristisch für die kleine Insel sein mögen. Es sind die Genera Collorhaphis, Collosigma, Cyrnbojplea, Fhalarina der Diatomeen, Chaetotrochus der Polythala- raien und Lithosema der Phytolitharien. Im Ganzen sind 29 Formen von den 154 niemals wo anders auf der Erde bisher von mir beobachtet worden, nämlich 15 Polygastern, 11 Phytoli- tharien, 1 Polythalamie vielleicht mehr, 2 Räderthiere. Selbstständige Organismen sind unter diesen 18.

Scheidet man diese Formen in Landformen und Meeresformen, so sind 48 von den 154 organischen dem Meere angehörig, die übrigen 106 sind Land- und Süsswassergebilde.

Insel St. read. 77

Da sich Bärenthierchen und Räderthierclien in einigen der Proben erkennen Hessen, so versuchte ich alsbald mit aller Sorgfalt, ob sie wohl im Wasser Lebenszeichen geben würden und sich zu voller Lebensthätigkeit entwickeln Hessen, was man gewöhnlich unrichtig als Wie- dererweckung vom Tode bezeichnet hat. Die im December 1857 gesammelten, 1861 mir zuge- kommenen, also über drei Jahre alten trockenen Materialien Hessen jedoch in keiner der dazu geeigneten Formen Lebenszeichen erkennen, obschon ich bei früheren Versuchen aus anderen Ortlichkeiten, selbst nach vier Jahren noch, erhaltenes Leben beobachten konnte. Man erweckt keine todten Organismen, auch die kleinsten nicht!

Es unterliegt ferner keinem Zweifel, dass das selbstständige mikroskopische Leben der Insel mit diesen 76 selbstständigen Formen nicht abgeschlossen sein kann. Unter ruhigen Ver- hältnissen und darauf gerichteter Forschung mag das, wie sehr auch wenig in die Augen fallende stagnirende Schnee- und Regenwasser oder schlammige Erde noch zahlreiche, im Tode spurlos verschwindende Formen zu erkennen geben, wie ich sie vor nun 40 Jahren in den Wüsten Afrika's nachweisen konnte.

Unter den 76 selbstständigen kleinen Formen sind 8 schaalenlose (Pflanzen, Anguillulae, Räder- und Bärenthierchen), 13 häutig gepanzerte Arcellinen, 40 kicselschaalige (Diatomeen und Polycystinen) und 15 kalkschaalige (Polythalamien und Bryozoen).

Mehrere der selbstständigen kicselschaaleiiführenden Formen sind in ihren Ortlichkeiten sehr zahlreich, allein es gibt keine aus ihnen bestehenden Kieselguhre, Tripel oder Polirschiefer. Dagegen ist das sogenannte Humusland sehr vorher) sehend aus den 57 Kieseltheilen von Grä- sern, einiges auch mit von Naviculaceen, gebildet.

Da es nach den eifrigen Feststellungen der Botaniker der Expedition nur 11 phanero- gamische ursprüngliche Pflanzen und nur 7 Gräser auf der Insel gab, so sind die sämmtlichen 57 Kieseltheile von Gräsern, welche die obere Dammerde unter dem Rasen bilden, unzweifel- haft von diesen 7 Gräsern abstammend. Die wenig zahlreichen vereinzelten Spongolithen gehören dem Meere an und tragen zur Masse nirgends wesentlich bei.

Der im oberen Theil der Insel kiesclguhrartige, vorherrschend aus Phytolitharien beste- hende Grasboden oder das Humusland ist im nassen Zustande schwarz, trocken braun, oft aber ist es in der Nähe von Fumarolen lebhaft ocherartig rostroth (Nr. 5, 6, 9). Durch Glühen werden jene schwarzen Erden nicht roth, sondern weiss. Der Eisengehalt ist demnach kein Bestandtheil der Phytolitharien, sondern ein hinzugeführter fremder Bestandtheil, unzweifelhaft durch die vulcanischen Fumarolen. Wenn die rostrothe Erde, welche, wie berichtet wird, hier und da als Verwitterungsproduct desRaseneisensteins und Brauneisensteins erscheint, sich überall so verhält, wie dieProben ergeben, so wird man genöthigt, ihrer Zusammensetzung aus Organischem halber, die Vorstellung umzukehren und die dortigen mit solcher Erde in Verbindung stehenden Gebirgs- arten als aus derselben vielfach zusammengebacken, erhärtet und umgewandelt zu betrachten.

Wichtig erscheint hierbei die geringe Mischung des Phytolitharien-Humus mit unorgani- schem Sande und vulcanischen Aschen. Es lässt sich hiervon unzweifelhaft mancher Schluss auf die Thätigkeit des Vulcans ziehen. Lässt sich die ungefähre Jahresmasse der Ilumusbildung taxiren, so wild man aus der Mächtigkeit der Dammerde die letzte Zeit der Ruhe des Vulcans annähernd beurtheilcn können. Aschenfälle müssten so reinen Phytolitharien-Humus sofort in seiner Mischung stark verändert haben. Die Proben betreffen aber auffällig gewesene tiefe Massenverhältnisse und nicht die dünnste Oberfläche.

Ferner erlauben die untersuchten Erden und Gebirgsarten die Ansicht auszusprechen, dass überall die lockeren Dammerde-Bedeckungen, schwarz oder roth, Süsswasseibi'dungen sind.

78 C. G. Ehrenberg.

Mit Ausnahme von Nr. 5 sind alle verzeichneten Meeresformen von Küstenpunkten aus dem Bereiche der Fluth. Eine bedeutende Meereseinwirkung auf die durch die Grasvegetation bedingte Dammerde und die davon abhängigen obersten Gebirgsarten ist nirgends durch Mischung mit Meeresformen angezeigt, daher lässt aber auch die seit 1696 erfolgte Verbindung des Kratersees mit dem äusseren Meere nicht auf einen damals das Oberland berührenden Meeresaufruhr und Schwall schliessen.

Die Gebirgsart Nr. 5 vom oberen Kraterrande (840 Fuss) erscheint als ganz besonders interessant. Sie gleicht einem Baseneisenstein und ist mir so bezeichnet worden. Der organischen reichen marinen Mischung nach spricht mich dieselbe mitten unter den Süsswasserbildungen als jener alte Meeresboden an, welchen der Vulcan bei seiner Erhebung wenig verändert in die Hohe gedrängt und mit Eisenoxyd imprägnirt hat. ' Vielleicht lassen sich aus anderen Materialien der Sammlungen der Novara noch ähnliche Belege, besonders auch für die Mächtig- keit der Masse entwickeln.

Schon vor acht Jahren habe ich aus der noch südlicher polwärts in jenem Ocean gelegenen Kerguclens-Insel 56 mikroskopische Formen verzeichnet, von denen auch 22 Arten abgebildet wurden. In der Mikrogeologie sind 1854 diese Untersuchungen publicirt worden. St. Paul und Kerguelens- Insel haben demnach 23 Formenarten gemein: 14 Polygastern, 8 Phytolitharien, 1 Anguillula. In Kerguelens-Land fand ich ein neues Genus Disvphonia, das neuerlich auf dem Montblanc (1859 Monatsber. 779) in gleicher Art und in Neuseeland (1861 Monatsber. 887) in einer besonderen Art wieder vorgekommen ist. In St. Paul sind fünf besondere Genera auf- gefunden und es dürfte bemerkenswerth sein, dass die vom Monte Kosa und dem Himalaya von mir verzeichnete Difflvgia Serninulum mit 9 bis 10 anderen zum Theil neuen Arten dieses Genus von dort sehr zahlreich mitgebracht worden ist.

Die Insel St. Paul gehört, den vorhandenen Anzeigen aus ihrer Substanz nach, so weit sie geprüft werden konnte, nicht zu den vor der letzten grossen Erdkatastrophe schon über dem Wasser vorhanden gewesenen Festländern, sie erscheint als eine vulcanische Hebung der neueren wenn auch vorgeschichtlichen Zeit. Alle neuen Genera mikroskopischer selbstständiger Wesen gehören dem Mineral- und Salzwasser, nicht dem Lande an. Die Lithosemata sind Kieseltheile aus Gräsern, deren eines als Lithostylidium comtum des Passatstaubes, ein anderes als Lithostylidium ornatum, früher von mir verzeichnet und abgebildet worden ist. Spuren ganz unbekannter eigenthümlicher Typen des organischen Lebens, wie sie Neuholland, Neuseeland und Madagascar zeigen, fehlen auch für das mikrosko- pische Leben in. St. Paul.

Aus allen untersuchten Proben geht aber auch in St. Paul ein reiches erdbildendes, un- sichtbar mächtiges organisches Leben hervor. Wer geneigt ist das Unsichtbare für unbedeutend zu halten, wird es unbeachtet lassen. Ich selbst habe diesen neu erschlossenen isolirten Herd des kräftig wirkenden kleinen Lebens nicht ohne tiefe Theilnahme betrachten können und wünsche sehr, dass viele Keisende angeregt sein möchten, nach Kräften die weitere Entwicklung des grossen unsichtbaren Erden und Felsen bildenden Naturlebens zu fördern. Vielleicht dient gegenwärtige Mittheilung dazu gewisse Gesichtspunkte in Übersicht zu bringen, welche mehr- faches Interesse zu erwecken im Stande sind.

* Die Meeresformen dürften doch wohl blos eingeweht sein. Dr. F. v. H.

Insel St. Paul.

79

Vei'zeiclmiss der mikroskopischen Lebensformen auf der Insel St. Paul.

** bedeutet Neue Genera, * Neue Arten, 0 Festlandformen , X Meeresformen, K auch in Kerguelens-Land beobachtete Arten.

Die Personennamen der neuen I.ocalformen betreffen die See-Offieiere und Naturforscher, welche sich um gründliche

Kenntniss der Insel verdient gemacht haben.

K

K

K

K

K

K

Polygastern : 4*. Achnanthes australist . . . .

ventricosa . . . . Anaulus? J elinehii . . . . Arcella constricta

Enchelys

Olobulus

Iliddnlphia tridentata . . . . Cocconei's Pediculus? . . . . G'ymboplea Novarae . . . Collorhaphis Sellenyi . . Collosigma Scher zerii . . Coscinodiscus eccenlricus? . .

marginal us? . . . .

Difiuggia Hoberti (Müller)

areolala

ciliata

lineala

Liostomum . . . .

Oligodon

Schwartzii . . .

Batl loggii . . .

Seminulum . . .

Frauenfeldii . .

Diplonei's ?

Eunotia amphioxys

Gallionella laevis

Gomphonema gracile

Gramm atophora excellens .

oceanica

stricia

nodosa?

Navictda affinis?

nana

Semen

Zelebori . . . . Pkalarina Wüllerstorfii Pinnidaria borealis

Dactylus

leptogongyla ....

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C. G. Ehrenberg.

O Pinnularia Pauli na . . .

0 subconstricta.

II viridis

X Rhaphoneis fasciata ....

X n Kronoweiterii

0 Stauroneis Semen

0 -1

0 Synedra?

0 Traahelomonas laevis , . .

Phytolitharien: 67.

0 Amphidiscus anceps ....

0 Alois

0 truncatus ....

0 Lithodontium furcatum , .

0 Plalyodon ....

0 B rostratum ....

0 Scorpius ....

0 Lithosema actinophoebe

0 comlum

0 dentatum . . .

0 Euodon ....

0 Eupelecium . .

0 syncephalum .

0 ventricosum

X Lilhosphaera osculata . . .

0 Lilhosphaeridium irreguläre .

0 r margaritella .

0 Ovulum ... .

0 Lithostylidium Amphiodon .

0 aiigulatum . . .

0 annulatum . . .

0 biconcavum . . .

0 Catena

0 Cauda Draconü?

0 elavatum ....

0 Clepsammidium .

0 crenulatum . . .

0 Crux

0 curvatum ....

0 denticulatum . .

0 falcatum ....

0 Formica ....

0 fusiforme ....

0 Hemidiscus . . .

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10 11 12 , 13 ; 14.; 15

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Insel St. Paul.

81

Lilhostylidium Hirundo .

,, hispidum . . .

., irreguläre . . .

laeve

,, Lance a . .

Lima

ohliquum . . .

oblongum . . . ovatum ....

, Piscis ....

quadratum . .

Bajula ....

,, r«(Ze

Securis .... serpentinum . .

Serra ....

, sinuosum . . .

spiriferum . . .

Subula .... Terebra ....

., tornatum . .

Trapeza . . .

Trabecida . . .

triquetrum . .

unidentaium . .

ventricosum . . Spongolithis acicularis . ,

Actis

y aspera ....

., Caput serpentis

clavus ....

n Fuslis ....

longiceps . . .

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14

Polythalainien : 14. Aristerospira

Cenchridium

C'hae totrochus LTochstetleri

Globigerina ternata

Orammostomutn

Guttulina

Planulina

Prorospira

Rotalia

Novara-Expedition. Geologischer Theit, II. Bd.

11

82

C. G. Ehrenbe7-g. Insel St. Paul.

X X X

X X X X X

X

X

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X 0

Eotalia ? . . Spirolocidina Textilaria . , i

Polycystinen : 5. Dictyospiris Clathrus . . . .

Halionima?

radiatum . . . ,

Lithopera? ,

Spirillina imperforatä . . .

Geolithien: 2.

Dictijoliihis megapora . . . micropora? . . .

Zoolitharien: 1.

Coniactis Triceros

Eäderthiere : 3.

Callidina hexaodon

Monodon

Sancti Pauli

Bärenthiere : 2.

ilacrobiottis Hufelandii?

Ova hispida

Insecten: 1. Schmetterlingspüppchen

Moos-Korallen: 1. Bryozoon

Fadenwünner : 1. Anguillula brevicauda

Pflanzentheile: 9.

Gras-Stomatien

Gras-Epidermis

Poröse Zellen

Moossamen

Nierenfö'rmige Samen, glatt .... ,. rauh ....

Farnsamen

Oscillaria labyrinihtformis

al. sp. . .

Summe des Organis chen : 154

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31

Unorganisches: 7.

Kugel-Morpholithe

Ei-Morpholithe

Ketten-Morpholithe

Magneteisen-Sand

Kieselsand, doppelt lichtbrechend einfach lichtbrechend Eisenoxyd

GanzeSurame: 161

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83

Beitrage

zur

Geologie und physikalischen G-eographie der Mohär-Inseln.

_L)ie Nikobar-Inseln gehören einem Erhebungsfelde an, das sich aus dem Golf von Bengalen bis weit in die Südsee verfolgen lässt. Unter dem 18. Grad nörd- licher Breite in der Gruppe der Cheduba-und Eeguain-Insel an der Küste von Aracan beginnend, durch die Gruppe der Andamanen und Nikobaren, dann in Sumatra, Java und der Südwestgruppe der Sunda-Inseln fortsetzend, biegt sich diese Erhebungslinie in schiefliegender „£"-Form durch Neu-Guinea nördlich um den Continent von Australien und bildet in Neu -Irland, den Salomons-Inseln, Neuhebriden und Neuseeland einen gegen West concaven Bogen , als dessen äusserstes südliches Ende die kleine Gruppe der Macquarie-Insel unter 50° süd- licher Breite betrachtet werden kann. Diese Linie, die aus der nördlichen Erd- hälfte durch 70 Breitegrade in die südliche sich schlängelt, ist als Erhebungslinie oder Erhebungsfeld charakteristisch bezeichnet durch zwei ihrer Natur nach gänz- lich verschiedene, nichts desto weniger gleich grossartige und in einer gewissen Beziehung zu einander stehende Erscheinungen, durch die Thätigkeit des Erd- innern, wie sie im Vulcanismus zur Erscheinung kommt, und durch die Thätigkeit der Korallenthierchen, wie sich im Bau von derjenigen Art von Korallenriffen äus- sert, welche Darwin als „Fransenriffe" oder Küstenriffe von den Damm- und Lagunenriffen unterschieden hat.

Beide Erscheinungen, der Vulcanismus mit seiner hebenden Kraft und die Bildung von Küstenriffen, stehen in einer bestimmten Beziehung zu einander, die Darwin's Beobachtungen ausser Zweifel gesetzt haben, ohne dass aber dess- wegen beide Erscheinungen auf allen Theilen jener Linie neben einander auftreten müssten. Wie in den südlichen aussertropischen Breiten, wo das Leben der Koral-

li *

84 Dr. F. v. Hochstetter.

lentkiere aufhört, der Vulcanismus das allein bezeichnende ist, so muss in den tropischen Breiten nördlich vom Äquator, wo dieser stellenweise ganz fehlt, die eigenthümliche Art der Korallriffbildung hauptsächlich als Beweis dienen für die fortoesetzte Linie der Erhebung. Das ist der Fall auf den nikobarischen Inseln.

Zwischen der Vulcanreihe von Sumatra und den die Andamanengruppe an ihrer Ostseite begleitenden vulcanischen Inseln Barren-Eiland und Narcondam bilden die nikobarischen Inseln eine vulcanlose Lücke.

Was auch das von völlig unzugänglich gebliebenen Urwäldern und Grasfluren bedeckte Innere der nikobarischen Inseln noch bergen mag, am unwahrscheinlich- sten ist das Auftreten jüngerer vulcanischer Gesteine. Ich habe zwar an der Nord- seite von Kar Nikobar, der nördlichsten der Inseln, zwei Stücke eines porösen basaltischen Gesteines gefunden, ein handgrosses Gerolle im Walde bei dem Dorfe Mus, und ein grösseres eckiges Fragment im Korallensand am Strande bei dem Dorfe Saui; jedoch es ist weit mehr Grund anzunehmen, dass diese Stücke im Wurzelwerk angeschwemmter Baumstämme an die Küsten von Kar Nikobar trans- portirt worden sind1 oder gar dass sie Überbleisel aus den Reisetaschen der däni- schen Naturforscher auf der Corvette „Galathea" waren, die im Jahre 1846, kurz bevor sie an der Nordseite von Kar Nikobar ans Land stiegen, das vulcanische Barren-Eiland besucht hatten, als dass die Stücke aus dem Innern der Insel selbst stammen. Ich habe vergeblich die Bach- und Flussgerölle von Kar Nikobar nach ähnlichen Stücken durchsucht, und auf den übrigen Inseln, an denen wir landeten, ist mir nirgends etwas ähnliches vorgekommen.

Dagegen sind die nikobarischen Inseln als ein Glied in einer Kette von Erhebungen aus dem Ocean, die in früheren geologischen Perioden begonnen haben und heute noch fortdauern, sehr bestimmt charakterisirt durch gehobene Korallenbänke und durch den Fortbau der Küstenriffe,, die langsam, aber im Laufe von Jahrhunderten und Jahrtausenden merkbar das Territorium der Inseln vergrössern.

Das in sfeiner ganzen Ausdehnung oben angedeutete austral-asiatische Erhebungsfeld hat in den nikobarischen Inseln eine mittlere Richtung nach N. 20° W. oder von SSO. nach NNW. bei einer Länge von 148 Seemeilen (= 37 geographische Meilen) und einer mittleren Breite von IG Seemeilen (•= 4 geographische Meilen). Diese Richtung ist zugleich auf allen Inseln die Hauptstreichungslinie der Schichten, während das Verflachen bald gegen 0., bald gegen W. gerichtet ist. So fallen also auch die Synklinalen und antiklinalen Linien

1 Chamisso erwähnt den Transport von Steinen in den Wurzeln gestrandeter Baumstämme auf der riadek-Gruppe, und Darwin führt ein ähnliches Beispiel von den Keelings-Inseln an. (Darwin's natur- wissenschaftliche Reisen II. Theil, S. 2-12.)

Nikobar-Inseln.

85

im geognostischen Bau die Inseln mit der Richtung der grossen geognostisehen Hebungslinie, welche die Nordspitze von Sumatra mit der Andamanengruppe ver- bindet, vollkommen zusammen.

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Der Archipel der Nike-baren.

Die Gesammtoberfläche sämmtlicher Inseln berechnet sieh zu 33 bis 31 deut- schen Quadratmeilen.

86 Dr. F. v. Hoclistetter.

1. Die auf den Inseln auftretenden Gebirgs-Formationen.

Zur richtigen Beurthcilung der im Folgenden gegebenen Resultate seien mir einige Vorbemerkungen erlaubt.

Geognostischen Detailuntersuchungen stehen derzeit auf den nikobarischen Inseln die grössten Schwierigkeiten im Wege. Vorerst sieht man sich überall nur auf den Meeresstrand beschränkt, da undurchdringliche Wälder und Grasheiden das Innere der Inseln gänzlich unzugänglich machen und jede Gesteinsunterlage verbergen. Auf den nördlichen kleineren Inseln ist dieser Umstand weniger von Bedeutung, da man sich hier leicht überzeugt, dass die am steilen Meeresstrand auftretenden Gesteine, wenn man sie an einer entgegengesetzten Seite der Insel wieder in denselben Lagerungsverhältnissen antrifft, die ganze Insel durchziehen. Anders ist dies aber bei den grösseren südlichen Inseln. Namentlich zeigt die grösste der nikobarischen Inseln Sambelong oder Gross-Nikobar, das mit einer Oberfläche von 17% geographischen Quadratmeilen grösser ist als alle übrigen Inseln zusammengenommen, in Bergketten, die bis nahe au 2000 Fuss Meereshöhe reichen, in Hügelreihen und tief eingeschnittenen Flussthälern eine solche Mannig- faltigkeit der Oberflächengestaltung, dass man keineswegs annehmen kann, das, was man an einem einzelnen Punkte des Strandes beobachtet, sei bezeichnend auch für die ganze Insel. Und leider hat man, da die Mündungen der Flüsse gewöhnlich von Mangrovensümpfen umschlossen sind, nicht einmal an Flussgeschieben einen Anhaltspunkt auf die Gesteinszusammensetzung des Innern der Insel zu schliessen. Aber auch am Meeresstrande noch stellen sich der geognostischen Untersuchung Schwierigkeiten in niederschlagender Weise entgegen. Wo das spähende Auge des Geologen vielversprechende Felsen sieht, da macht gewöhnlich die Brandung das Landen unmöglich, und wo man landen kann, da trifft man meist nur niederen flachen Sandstrand. So sieht man sich auch am Meeresstrande wieder auf die wenigen Punkte reducirt, wo es bei Ebbe möglich ist vom sandigen Strand einen felsigen Vorsprung zu umgehen; und bei alledem war ich stets noch auf denjenigen Theil der Küste beschränkt, der dem jeweiligen Ankerplatz der Fregatte nahe lag, da keinerlei Versprechungen und Anerbietungen es möglich machten, die Einge- benden zu bewegen, mit ihren Canoe's weitere Fahrten zu unternehmen, und eben so wenig von Seite der Fregatte ein Boot mir zur Disposition gestellt werden konnte. Mögen andere Geologen, die nach mir die Inseln besuchen, in dieser Be- ziehung glücklicher sein.

Meine Beobachtungen blieben daher auf folgende Punkte beschränkt:

1. Nordwestliche Küste von Kar Nikobar: eine niedere Steilküste, die ihrer ganzen Längenausdehnung nach zugänglich ist. Mächtige Thonbänke mit einzelnen, Fucoiden führenden, festeren Sandsteinbänken sind an dieser Küste

Nikobar-Inseln. 87

überlagert von gehobenen Korallenbänken (Korallen-Conglomerat und Korallen- Sandstein), die an einzelnen Punkten noch in unmittelbarer Verbindung mit leben- den fortbauenden Küstenriffen stehen.

2. Südliche Bucht von Kar Nikobar: flaches Korallenland mit Fran- senriffbildung und jungen Sandsteinbänken in der Brandung.

3. Die Novara-Bucht an der Westküste von Tillangschong: steil ansteigende Serpentin- und Gabbrofelsen, Conglomeratbildung in der Brandung, Küstenriffe.

4. Der Canal zwischen Kamorta und Nanq-kauri oder der Nans-- kauri-Hafen: eine tiefe Querspalte durch gelbe magnesiahaltige Thonmergel, die mit Serpentin- und Gabbro-Tuffen wechsellagern, durchbrochen von Serpentin und Gabbro. Ausgedehnte Korallriffbildung im Canal, aber sehr beschränktes Korallenland.

5. Die kleinen Inseln Tr eis und Trak nördlich von Klein-Nikobar: steil aufgerichtete thonige Sandsteinschichten mit eingebetteten Braunkohleno-eröllen, Korallen-Conglomeratbänke und Fransenriffe.

6. Pulo Milu, eine kleine Insel an der Nordseite von Klein-Nikobar: aus steil aufgerichteten Sandsteinschichten bestehend, mit flachem Korallenland, Süss- wasseralluvium und Fransenriffen um die ganze Insel.

7. Insel Kondul an der Nordseite von Gross-Nikobar: abwechselnde Sand- stein-, Sandsteinschiefer- und Thonmergel-Schichten. Flaches, sehr beschränktes Korallenland, Süsswasseralluvium, Fransenriffe.

8. Eine kleine Bucht an der Nordküste von Gross-Nikobar: Sandsteinhügel, Salz- und Brackwassersümpfe.

9. Ostseite der Südbucht (Galathea-Bucht) von Gross-Nikobar, in welche der Galatheafluss mündet: Sandsteinberge, flaches Korallenland, Korallen- Conglomeratbildung in der Brandung, Fransenriffe, Braunkohlenstücke am Strande.

Diese Punkte sind mit Ausnahme von Kar Nikobar dieselben, welche schon der bewährte dänische Geologe Dr. Kink, welcher die Expedition der königl. dänischen Corvette „Galathea" begleitete, im Jahre 1846 gesehen und nebst vielen andern Theilen des Archipels, welche ihm ein längerer Aufenthalt von vier Monaten auf den Inseln Gelegenheit bot zu besuchen, ausführlich in einem beson- deren Werke beschrieben hat: „Die nikobarischen Inseln, eine geographische Skizze mit specieller Berücksichtigung der Geognosie. Kopenhagen 1847.''

Ich habe, was die wissenschaftliche Ausbeute anbelangt, die nikobarischen Inseln gänzlich unbefriedigt verlassen trotz der verhältnissmässig langen Zeit eines vollen Monats, die wir in ihren Gewässern zugebracht haben; ich weiss, wie wenig meine Beobachtungen die geognostische Kenntniss der Inseln, so weit wir sie Dr. Kink verdanken, erweitern; denn gerade die grössten Objecte, die Inseln

88 Dr. F. v. Hochstettcr.

Teressa, Kaischal, Kleiu-Nikobar und Gross-Nikobar blieben mir eine vollstän- dige terra ineognita. Allein ich bin mir bewusst, alles getban zu baben, was unter den gegebenen Verhältnissen möglich war, und darnach mögen die wenigen Beobachtungen, welche ich geben kann, beurtheilt werden.

Kar Nikobar ist eine niedere Insel, deren mittlere Höhe über dem Meeresspiegel unge- fähr 45 Fuss beträgt; nur zwei Rücken, die 150 200 Fuss Meereshöhe erreichen dürften, ragen im Innern über die Waldmassen empor, die beinahe die ganze Insel bedecken. Die West-, Süd- und Ostküste sind flache Sandküsten, an welchen Nordwest- und Südostmonsun über den die •ranze Insel ringsum einfassenden Fransenriffen Korallen- und Muscheltrümmer höher und höher anhäufen. Die Südküste ist zum Theil sumpfig. Nur die Nordküste oder eigentlich die Nord- westküste, die Ufer der Bucht von Saui, stellen eine Steilküste dar, deren nackte von der Bran- dung unterspülte Wände einigen Einblick in die geologische Structur der Insel gestatten und deren Profil auf beistehender Tafel im Maassstabe des im hydrographischen Theile des Novara- werkes publicirten Detailplanes der. Bucht von Sani gegeben ist.

(Siehe nebenstehende Tafel.) Das östliche Ufer dieser Bucht steigt von N. gegen S. allmählich höher und höher bis zu etwa 60 Fuss Meereshöhe an und umschliesst zwei kleine Seitenbuchten, in welchen unter gehobenen Korallfelsbänken, welche die vorspringenden Felsecken bilden, mächtige Bänke von grauem Thon zu Tage treten. Sehr charakteristisch ist, dass die Grenze der kalkigen und thoni- gen Schichten an der Oberfläche der Küstenterrasse zugleich eine scharfe Vegetationsgrenze ist, indem auf dem thonigen Boden an die Stelle der Kokospalme, der Pandanus, Casuarinen und Gräser treten, welche stellenweise förmliche Grasheiden bilden.

Die thonigen Ablagerungen sind ohne deutliche Schichtung kubisch zerklüftet. Die vor- herrschende Farbe ist lichtgrau, nur einzelne Bänder sind dunkler gefärbt; andere sind eisen- rostig und enthalten zahlreiche concentrisch-sckalige ßrauneisensteinknollen. Der Thon ist etwas kalkhaltig, braust mit Säure. An der südlichen Seitenbucht tritt zwischen den Thonbänken auch eine festere sandige Bank von 2 3 Fuss Dicke auf, von deren hervorragenden Theilen grössere oder kleinere Platten abbrechen; an einer dieser Platten beobachtete ich den Abdruck einer

grösseren Fucus-Art, von welcher der nebenstehende Holzschnitt ein getreues Abbild gibt. Die Streichungsrichtung der an beiden Buch- ten flach sattelförmig gelagerten Schichten ist von SSO. nach NNW. (Stunde 10 bis 11 des Compasses). Die grösste Mächtigkeit, mit wel- cher die Schichten zu Tage treten, beträgt 20 30 Fuss. Als rein marine Bildung ist diese Thonablagerung an der Nordküste von Kar Nikobar charakterisirt durch die zahlreichen Foraruiniferen, welche

> ' sie enthält. Dagegen ist es mir nicht gelungen, ausser undeutlichen

schlecht erhaltenen Bivalven irgend welche erkennbare Mollusken-

CHondriU. NMtaren.i. Höchst. ^.^ darJn aufzufinden.

Weiter gegen S. senken sich die thonigen Schichten wieder unter das Niveau des Meeres und an ihre Stelle treten an der immer höher, aber auch immer unzugänglicher werdenden Steil- küste von neuem Korallenkalkbänke, in welchen die Brandung tiefe Höhlen ausgewaschen hat, und welche überlagert sind von mächtigen, an der verwitterten Oberfläche ziemlich mürben, aus Muschel- und Korallensand bestehenden weissen Gesteinsbänkcn.

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Nikobar-Inseln.

89

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Südseite

Insel Batti Malve. }'/, Seemeilen Entfernung.

2. März 1858.

Am Arecaflusse, im innersten Winkel der Bucht von Saui, stürzt das etwa 60 Fuss hohe Plateau wie an einer Dislocationsspalte plötzlich ab, und das südliche Ufer der Bucht zeigt nichts Anderes als einen flachen, kokosreichen und stark bewohnten Sandstrand.

Aus einzelnen Bachgeschieben, welche ich sowohl an der Nord- als auch an der Südseite

fand, schliesse ich, dass im Innern der Insel irgend wo ein grauer feinkörniger Sandstein mit

feinen weissen Glimmerschüppehen und dichter Kalkstein ansteht. Die Eingebornen benützen die

Sandsteingeschiebe als Schleifsteine.

Die Bearbeitung der sehr gut erhaltenen Foraminiferen aus den oben beschriebenen

Thonbänken hat Herr Dr. Konrad Schwager in München freundlichst übernommen. Seine

sehr werthvolle Arbeit wird diesem Capitel über die Nikobar-Inseln angeschlossen werden, und

ich erlaube mir in betreff der Resultate auf diese Arbeit selbst hinzuweisen.

Batti Malve ist eine kleine Felsinsel ringsum mit steil abfallendem Ufer. An der Südost-

und Ostseite erhebt sie sich in zwei Terrassen etwa bis zu 150 Fuss Meereshöhe. An der West-

und Nordwestseite läuft sie in eine niedrige Felsplatte aus. So viel man aus einer Entfernung

von 2 3 Seemeilen

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naher kamen wir nicht -»a -irmiffntF ''"

schliessen kann, ist die In- sel unzugänglich. Der äus- sere Uferrand erscheint nur mit Gras, das Innere aber mit dichtem Buschwald bewachsen, an dessen Rande da und dort die Wipfel von Kokospalmen hervorragen. Nur Kar Nikobar gegenüber kann das Eiland den Eindruck eines „verhältnissmässig nackten Felsen" machen, wie Steen Bille sagt. Die daselbst auftretenden Gesteine sind aller Wahrscheinlichkeit nach dieselben, wie auf Kar Nikobar.

Tillangschong ist dem flachen Kar Nikobar gegenüber eine steile und schmale, von NW. nach SO. langgestreckte Gebirgsinsel, welche aus zwei, durch einen nur gegen 30 Fuss hohen Sattel getrennten vielkuppigen Bergrücken besteht. Beim Zusammentreffen beider Berg- rücken ist an der Süd- ostseite eine tief ein- schneidende Bucht ge- bildet, welche zur Zeit des Nordwestmonsums einen vortrefflichen An- kerplatz bietet. Die we- niger steil ansteigende südwestliche Küste ist von einzelnen Felsklip- pen begleitet, während die nordöstliche Küste -#--- - ^tL' '_- ■-— ~~

eine in schroffen Wän- Insel Tillang>»chong. rsüciwestneite.)

den abfallende Steilküste darstellt. Die höchsten Kuppen gehören dem nördlichen Theile der Insel an und mögen eine Meereshöhe von 500 Fuss erreichen. Serpentin und Gabbro bilden jedenfalls die Hauptmasse der Insel. In der kleinen Bucht an der Südwestküste der Insel Novarabucht , in welcher die Fregatte einige Stunden geankert war, bestehen die

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. 12

90

Dr. F. v. Hockst ctte;

450'

stark zerklüfteten unregelmässigen Felsmassen am Ufer, und eben so die dicht bewaldeten Berg- gehänge, so weit sich in kleinen felsigen Bachschluchten beobachten Hess, aus massigem gemei- nem Serpentin, der häufig von Hornsteinadcrn durchzogen ist. Der Strand bot eine wahre Musterkarte der verschiedenfarbigsten Serpentin-, Jaspis- und Hornsteingerölle, daneben aber auch äusserst zahlreich Gerolle eines dunkelschwarzgrünen krystallinischen Diallag-Gesteines, das jedenfalls unweit an derselben Küste in grösseren Felsmassen anstehen muss.

Am Fusse der Hügel bildet sich aus eckigen Serpentin-Fragmenten und aus in Zersetzung begriffenen Massen eine eisenschüssige Breccie, während in der Brandung die Serpentingerülle

durch Korallen- und Muschelsand zu festen Sandstein- und Conglomcrat- bänken verkittet werden, die ganz und gar an Verde antico, Ophicalcit, erinnern. Das Plateau des Küstenriffs erstreckt sich 2 300 Fuss weit vom Steilrand des Ufers in's Meer. Die ganze Insel war mit dichtem Urwald bedeckt, der auch auf dem Serpentin- boden üppig gedeiht.

Auf dem südlichen Theil der Insel und an der Ostküste Hessen sich, als wir vorbeifuhren, steil aufgerichtete dünngeschichtete Gesteine erkennen, die an der südöstlichen Bucht in mäch- tigen Felsplatten mit fast senkrechter Schichtenstellung und säulenförmig zerklüftet empor- ragten, ihrer eigentlichen Natur nach jedoch mir unbekannt blieben, da ich leider darauf ange- wiesen war, das Fernrohr statt des geologischen Hammers zu benützen.

Kamorta, Trinkut, Nangkauri nebst Katschal bilden die mittlere Gruppe der nikobarischen Inseln. Vor der östlichen Einfahrt in den Canal zwischen Kamorta und Nangkauri liegt Trin- kut, eine niedere von Korallriffen umfranste Insel, an deren Südküste weissgelbe Thonmergel- bänke zu Tage treten. Mannigfaltiger gestaltet ist Kamorta einerseits und Nangkauri andererseits.

Der vielbuchtiee Canal zwi-

Inael Tillangschong,

Durchschnitt an der Siidostküste.

1. Korallenbildung. 2. Serpentin und Gabbro. 3. Breccien. 4. Steil aufgerichtete geschichtete Gebirgsarten.

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Kamorta.

Trinkut- Canal

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Inseln Komorta und Trinkut.

Durchschnitt längs des Nangkauri-Hafens.

1. Gabbro und Serpentin. 2. Breccien und Tuffe. 3. Thonmergel mit sandigen Schichten.

4. Korallenbildungen.

sehen beiden Inseln, der Nangkauri - Hafen, ent- spricht einer Querspalte, der Trinkut -Canal einer Längsspalte; die steilen Ufer des ersteren bieten daher den lehrreichsten geologischenDurchschnitt. Die enge westliche Einfahrt in den Nangkauri-Canal ist durch zwei vorspringende Fels- ecken bezeichnet, welche die Brandung durchspült und zu natürlichen Felsthoren ausgewaschen hat. Beide Felsufer, die mit gegen 80 Fuss hohen senkrechten Wänden ansteigen, sind von einer groben Breccie gebildet, die aus festeementirten eckigen Trümmern von Serpentin und Gabbro besteht. An der Kamorta-Seite konnte ich keine Spur von Schichtung in diesem Trümmergestein wahrnehmen, die Felsen sind hier in grosse quaderförmige Blöcke zerklüftet. An der Nangkauri- Seite wechseln aber gröbere Bänke mit feineren tuffartigen Bänken, die von SSO. nach NNW . streichen und sehr steil mit 85° gegen W. einfallen. An der Kamorta-Seite treten an zwei Punk- ten unter dem Trümmergestein, das Bink wohl ganz richtig als Reibungsbreccie aufgefasst hat,

Nikobar-lnseln. 9 1

Klippen eines bald mehr Serpentin- bald mehr gabbroartigen Massengesteins zu Tage und unter den Strandgerüllen fand ich auch zahlreiche Geschiebe des rothbraunen, von weissen Calcit- adern durchzogenen Gesteins, welches Rink als Eurit bezeichnet.

Die Erscheinungen an der westlichen Einfahrt des Nängkauri-Hafens sind also in jeder Beziehung analog denjenigen an der nur wenige Meilen weiter nördlich gelegenen Einfahrt in die Ulala-Bucht, welche Rink auf einem Profil (a. a. O. S. 68) dargestellt hat. Die weiter nördlich liegenden, in ihrer äusseren Form oft an vulcanische Kegelformen erinnernden und zum grossen Theile waldlosen Bergkuppen auf der Westküste von Kamorta, die Höhen von 4 500 Fuss errei- chen, bezeichnen ohne Zweifel den weiteren Zug der Serpentin- und Gabbrogesteine, welche auf Kamorta und Nangkauri in einer Längenspalte von SSO. nach NNW. durchgebrochen sind.

Im Innern des Nangkauri-Hafens treten, wo an vorspringenden Ecken die Gesteine bloss- lie"-en, wohlgeschichtete weissgelbe Thonmergel auf, welche mit feinkörnigen Sandsteinbänken und mit Serpentin- und Gabbrotuffen wechsellagern. Am instruetivsten in dieser Beziehung ist die steile südöstliche Ecke von Kamorta, an der die Küstenlinie in den Trinkut-Canal umbiegt. Hier steht die Thonmergelformation in 30 80 Fuss hohen Wänden gut aufgeschlossen an. An der Südseite der Ecke hat man den Querbruch der Schichten, die mit 25 bis 30° gegen W. verflachen, während an der Ostseite auf dem Längsbruch die Schichtenköpfe horizontal über ein- ander ausstreichen. Der Thonmergel ist versteinerungsleer, von gelblich-weisser Farbe und war an den senkrechten Wänden mit Zoll langen, weissen seidenglänzenden Krystallfasern bedeckt, die sich bei der Untersuchung als schwefelsaure Magnesia ergaben. Der Thon selbst enthält nach der Analyse Rink's neben kieselsaurer Thonerde, Eisenoxyd und Talkerde.

Die weissgelben, völlig kalkfreien Thonmergel von Kamorta und Nangkauri haben eine grosse Berühmtheit erlangt, seit Prof. Ehrenberg « bei Untersuchung der von Dr. Rink mit- gebrachten Proben erkannte, dass sie wahre Polycistinenmergel sind, wie die Polycistinenmergel von Barbados der Antillen, in welchen Ehrenberg 1848 über 300 Arten entdeckt hat, und die von Prof. Forbes für eine miocene Tertiärbildung gehalten werden. Ehrenberg sagt: „Ganz besonders schön entwickelt ist dieses Materiel auf der Insel Kamorta, wo ein etwa 300 Fuss hoher Berg bei Frederikshavn sowohl unten, als in der Mitte, und oben bunte Polycistinenthone trägt, während die Mongkata-Hügel auf der Ostseite der Insel nach Rink ganz und gar aus einem meerschaumähnlichen leichten weissen Thone bestehen, der meiner Analyse zu folge ein ziemlich reines Conglomerat der prächtigen Polycistinen und ihrer Fragmente mit vielen Spon- giolithen ist." Die Analyse einer Probe von Nangkauri ist auf Tafel XXXVI der Mikrogeologie abgebildet. Die Polycistinen-Arten der Nikobaren sind nach Ehrenberg häufig dieselben, welche den Polycistinenmergel von Barbados in fast gleicher geographischer Breite bilden, doch H'ibt es auch neue Formen dabei.

Mit den Thonmergel-Bänken, die da und dort eckige Fragmente von Serpentin und Gabbro einschliessen, wechsellagern nahe im Niveau des Meeres festere Bänke eines psephitischen Gestei- nes, das aus fest verkitteten eckigen Fragmenten von Serpentin und Gabbro besteht, und desshalb am besten als Gabbrotuff bezeichnet werden dürfte. Charakteristisch ist, dass diese Gabbrotufte wieder grössere und kleinere Schollen von Thonmergel umschliessen. An der Ostküste bei dem Dorfe Inaka (Enaka) zeigte sich zwischen dem Thonmergel ein röthlicher glimmeriger Sandstein.

Ähnlich sind die Verhältnisse an der gegenüberliegenden Nordostküste von Nangkauri. Zwischer den Dörfern Iniiang und Malacca tritt der weissgelbe Thonmergel in wenig geneigten

1 Ehren berg, Berl. Akademie. Monatshefte 1850. S. 47C.

12 *

92

Dr. F. v. Hochtjtettrr.

Schichten zu Tage, zwischen Malacca und Injäong aber liegt eine steile Felsecke, an der sich diese Schichten fast senkrecht aufrichten, und' nach und nach einem Trümmergestein von Ser- pentin und Gabbro Platz machen. An der vorspringenden Ecke selbst steht man vor einem steil- ansteigenden Fels von ungefähr 60 Fuss Höhe, dessen zerklüftete und verwitterte Oberfläche schwer die eigentliche Natur des Gesteins erkennen lässt. Doch überzeugt man sich bald, wenn es gelingt einen frischen Bruch zu schlauen, dass man es hier mit einem massigen Diallaf- gestein zu thun hat. Aus einer fast dichten Feldspathmasse schimmert der blättrige Diallag deutlich hervor. Schmale Quarzadern durchziehen dieses Gestein. Von da bis zu dem Dorfe Injäong ist der Strand wieder flach, und erst jenseits des Dorfes sieht man zum zweiten Male hohe dunkelfarbige Felsmassen anstehen, die ein Massengestein verrathen. Das sind die beiden Funkte, welche auch Rink auf seiner Karte als plutonisch bezeichnet hat.

Treis undTrak. An der nordwestlichen Spitze der kleinen Insel Treis bilden steil aufgerichtete

Bänke eines feinkörnigen thonigen Sandsteins von grünlich-grauer Farbe ein niederes Steilufer.

wsw ono. Dieselben Gesteinsschichten,

wechselnd mit dünngeschieh - tetem sandigem Schiefer, zei- gen am südöstlichen Steilran- de der nur wenige Kabeln ent- fernten kleinen Insel Trak beistehenden Durchschnitt: Die Schichten bilden neben einer Dislocationsspalte einen Sattel, und streichen von SSO. nach NNW. Hier war es, wo ich in einer der Sandsteinbänke ein abgerolltes Stückchen Braun- kohle eingebettet fand, von derselben lignitartigen Braunkohle, von welcher ich auf der Insel Treis am Strande einige grössere, gleichfalls abgerollte Stücke gefunden hatte. Von Kohlen- flötzen war jedoch keine Spur zu entdecken; was man an jenem Profil aus grösserer Entfernung wegen der schwarzen Färbung dafür halten konnte, war nur der Schatten tiefer ausgewitterter, weicherer Sandsteinbänke oder die etwas dunklere Färbung einzelner Schichten.

Pulo Milu, die kleine Insel an der Nordküste von Klein-Nikobar, die Dr. Rink in allen

Insel Pulo Milu.

Durchschnitt nach der Linie A B.

A

Sandstein und Schieferthon. Insel Trak.

Korallenbildmig.

A

Gesteins- und Vegetations-Karte.

Buscfrwald. Hochwald.

Kokoswald.

1. Sandstein.

2. Korallenconglomerat. '.i. Korallen- und Muschel

sand.

4. Küstenriff.

5. Sü'sswasser- Alluvium.

P&ndanusw&ld.

ihren Eigentümlichkeiten so

vollständig und vortrefflich beschrieben, bestellt in ihren höheren

Nikobar- Inseln.

03

Tlieilen aus einem grauen sehr feinkörnigen, glimmerigen und kalkhaltigen Sandstein, welcher mächtige Bänke bildet. Sehr häufig beobachtet man kugelförmige Concretionen , welche an der mürben verwitterten Oberfläche wie Kanonenkugeln hervorragen. Von Versteinerungen keine Spur. Zwischen den mächtigen Bänken lagern dünngeschichtete sandige Schiefer. Die Schichten streichen von SSO. nach NNW. und fallen mit 4.~> gegen 0. ein. Dr. Rink erwähnt ein fossiles Harz im Sandstein der Insel Milu. (S. 50.)

Besonders lehrreich war mir Pulo Milu, weil sich hier vollkommen klar die Abhängigkeit der Vegetation von dem Boden und der geognostischen Grundlage erkennen liess. Die Vegeta- tions- und Gesteinsformationen decken sich in ihren Verbreitungsgebieten, wie das beigegebene Kärtchen zeigt, vollständig. Die Sandsteinhügel sind von Buschwald bedeckt, der Korallen- Kalkboden von Hochwald, den salzigen Kalksandboden am Strande nimmt der Kokoswald ein, und der Süsswassersumpf am Abhänge der hufeisenförmigen Hügelreihe trägt den üppigsten Pandanuswald, den wir auf den nikobarischen Inseln gesehen.

Die Küste von Klein-Nikobar, dessen Berge gegen 1000 Fuss Meereshöhe erreichen, haben wir nicht betreten.

Kondul, zwischen Klein- und Gross-Nikobar, besteht aus einem 1 </a Seemeilen langen und eine halbe Seemeile breiten Hügelrücken, dessen Schichten gegen NNW. streichen und mit 70° gegen O. einfallen. Die Westseite ist die Steilseite. Die Schichten bestehen aus einet- Wechsellagerung von bald mehr sandigen, bald mehr thonigen Schichten. Der Sandstein ist vorherrschend gelblich-weiss mit eisenschüssigen rothbraunen Partien. Die thonigen Schichten bestehen zum Theil aus fettem plastischem Thon, zum Theile aus bröckeligem gelbem Thon- mergel, mit zwischenliegenden dünngeschichteten sandigen Schiefern. Undeutliche Algenreste und kleine abgerollte Kohlenstückchen waren die einzigen organischen Reste, die ich fand.

Gross-Nikobar. Was soll ich von Gross-Nikobar berichten? Ausser einigen Sandsteinhügeln an der Nordküste und den Sandsteinketten an der Ostseite der Galathea-Bucht im Süden habe ich nichts gesehen. Gross-Nikobar mit seinen Bergen von 2000 Fuss Meereshöhe ist geologisch noch eine vollständige terra incognita.

Ansicht des höchsten Gebirgsrückens von Gross-Nkiobar v I' r Nordwestseite, in 2 Seemeilen Entfernung von der Küste. 23. Mir/ I85S.

Ein höchst merkwürdiges Erdbeben, das vom 31. Oetober bis 5. Dccember 1847 auf den nikobarischen Inseln zu derselben Zeit, da auch im mittleren und westlichen Java Erdbeben ver- spürt wurden, geherrscht haben soll, findet man aus der Pinang Gazette in Junghuhns Java II. Tbl. S. 940 beschrieben. Dabei soll an einem Berge von Gross-Nikobar Feuer gesehen worden sein. Sollte der höchste Gipfel von Gross-Nikobar vulcanisch sein? Die Form ist die eines vulcanischen Kegelberges, und wie Junghuhn sagt, dass man an der Südküste von Java ans Land steigen und Tage lang durch Sandstein- und Schieferthonschichten wandern kann, ohne durch irgend eine Erscheinung auch nur eineSpur von den grossartigen vulcanischen

04 Dr. F. v. Hoehstetter.

Natur Jara's zu bekommen, so kann auch das Innere von Gross-Nikobar Formationen bergen, von denen man an der Küste keine Ahnung bekömmt. Indess ich lege auf das auf Gross-Nikobar angeblich gesehene Feuer kein Gewicht, wohl aber scheint die Beschreibung des Erdbebens wahrheitsgemäss zu sein, da ich die darin erwähnten Bergstürze auf Kondul selbst gesehen habe

Diese wenigen Beobachtungen zusammen mit den Erfahrungen von Dr. Rink üeben uns von der geologischen Natur der nikobarischen Inseln folgendes, wahr- scheinlich aber noch sehr unvollständige Bild.

Auf den nikobarischen Inseln spielen die Hauptrolle drei verschiedene Bil- dungen: 1. eine eruptive Serpentin- und Gabbroformation; 2. eine aus Sand- steinen, S chieferthonen, T honmergeln und plastischem!1 hon beste- llende wahrscheinlich jung-tertiäre Meeresformation; 3. recente Korallen- bildungen.

Die Serpentin- und Gabbroformation der nikobarischen Inseln trägt einen ausgezeichnet eruptiven Charakter an sich. Die tertiären Sandsteine, Sehie- ferthone und Thonmergel erscheinen durchbrochen, ihre Schichten theils steil geneigt, theils in flache, parallele, wellenförmige Falten gebogen. Jene Mas- sengesteine sind begleitet von gröberen und feineren, aus eckigen Fragmen- ten der Massengesteine bestehenden Trümmergesteinen, welche theils als wirk- liche Reibungsbreccien sich auffassen lassen, theils als sedimentäre Tuffe, die mit den Thonmergelschichten wechsellagern. Die Eruption dieser plutonischen Massen scheint also in eine Zeit zu fallen, da die Bildung der marinen Sedimente zum Theile schon vollendet, zum Theile aber noch im Gange war. Sie sind emporgebrochen auf Spalten, deren Hauptrichtung von SSO. nach NNW. mit der Längenrichtung der ganzen Inselgruppe überhaupt zusammenfällt. Am aus- gedehntesten treten Serpentin und Gabbro auf den mittleren Inseln auf, auf Tillangschong, Teressa, Bomboka, Kamorta und Nangkauri; sie bilden hier Hügelketten von 2 500 Fuss Meereshöhe, deren Oberflächenform mitunter ausserordentlich an die Kegelform junger vulcanischen Bildungen erinnert. Die liebende Kraft hat dagegen auf den südlichen Inseln am stärksten gewirkt und hier Sandsteine und Schiefer wahrscheinlich bis zu 1500 und 2000 Fuss Meeres- höhe erhoben, auf den niederen nördlichen Inseln am schwächsten.

Was die sedimentären Bildungen betrifft, so hat Rink die auf den nördlichen Inseln auftretenden thonigen Ablagerungen als „Älteres Alluvium" von den Sandstein- und Schieferthonbildungen der südlichen Inseln, die er als „Braunkohlenbildungen" aufführt, getrennt und betrachtet jene als ein Product der plutonischen Gebirgsarten, gebildet durch chemische und mechanische Zerstörung von nur localem Charakter. Darnach zerfällt der Archipel der Niko-

Nikobar- Inseln. 95

baren bei ihm in zwei geologisch verschiedene Gruppen eine Auffassung, der ich mich nicht anschliessen kann.

Die Thone und Thonmergelbildungen der nördlichen Inseln Kar Nikobar, Teressa, Bomboka, Kamorta, Trinkut, Nangkauri und die Sandsteine und Schiefer - thone der südlichen Inseln Katschal, Klein- und Gross-Nikobar erscheinen mir nur als petrographisch verschiedene Producte einer und derselben grossen Bildungs- periode. Für die Altersbestimmung dieser marinen Formation hat man allerdings nur sehr wenige Anhaltspunkte, da einzelne in Braunkohle verwandelte Stücke von Driftholz, fucoidenartige Pflanzenreste, Foraminiferen und Polycistinen die einzi- gen Beste sind, welche bis jetzt in ihren Schichten aufgefunden wurden. Allein alle diese Beste sprechen mehr oder weniger deutlich für ein jungtertiäres Alter.

Zu demselben Resultat führt der Vergleich mit der geologischen Beschaffen- heit derjenigen Inseln, welche mit den Nikobaren auf einer und derselben Hebungs- linie liegen, insbesondere der Vergleich mit Sumatra und Java. Ich zweifle keinen

O 7 O

Augenblick, dass die Thon-, Mergel- und Sandsteinformation der nikobarischen Inseln ihr vollständiges Analogon hat in den tertiären Bildungen auf Java, die ich dort selbst zu studiren und zu vergleichen Gelegenheit gehabt habe, und die uns in ihrer Verbreitung und Gesteinsbeschaffenheit zuerst durch den leider zu früh verstorbenen, um die physikalische Geographie Java's so hoch verdienten Fr. Junghuhn bekannt geworden sind.

Auf der Insel Java besteht nach Junghuhn1 % der Oberfläche aus Alluvial- boden. Dieser herrscht besonders auf der Nordseite der Insel und reicht von der Küste einwärts bald nur eine, bald 5 bis 10 engl. Meilen, % besteht aus vulcanischen Kegeln und den nächsten Umgebungen derselben, wo tiefer liegende Gesteinsbildungen mit vulcanischen Producten überschüttet sind. Diese Kegel nehmen vorzugsweise das Innere der Inseln ein, in einer öfters verdoppelten Reihe von West nach Ost, während % der Oberfläche aus Tertiärgebirgen bestehen. In mannigfachen Auftreibungen, bald in flachen wulstförmigen Erhebun- gen, bald in schollenartigen Emporrichtungen, umgibt dieses Tertiärgebirge die Vulcanreihe jeder Zeit auf zwei Seiten, sowohl auf der Süd-, als auf der Nord- seite. Auf der Nordseite unterlaufen die weniger hoch emporgetriebenen Tertiär- schichten den Alluvialboden und haben daher an der Oberfläche eine geringe räumliche Ausdehnung. In ungleich höherem Grade aber sind die Tertiärschichten auf der Südseite der Vulcane, sowohl was Höhe, als horizontale Ausdehnung betrifft, entwickelt. Man sieht sie am häufigsten in Schollen zerspalten, die nach einer Seite zu nach Norden, d. i. nach den Vulcanen zu, immer höher ansteigen und in ihrem höchsten Bande 2, 3, ja 4000 Fuss hoch aufgerichtet sind. Und an der

1 Fr. Junghuhn. Java III. HJ., S

96 Dr. F. v. Hochstetter.

Südseite hauptsächlich ist es auch, wo im neptunischen Gebirge Javas plutoni- sche Eruptionsgesteine vorkommen , die zum Theile nur schmale scharf begrenzte Gänge sind, ohne Einfluss auf die Bildung und Form der Oberfläche, zum Theile aber auch wirklich kleine Bergketten und isolirte Bergstöcke bilden, ähnlich den Serpentinen und Gabbro's der Nikobar-Inseln. An der Tjiletuk-Bai (der südlichen Seitenbucht der Wynkoops-Bai an der Südküste von Java) scheinen sich nach den Berichten des holländischen Bergingenieurs Huguenin1 in der That die geo- logischen Verhältnisse der Nikobaren zu wiederholen. Sandsteine, Conglomerate und sehr mächtig entwickelte Grünsteinbreccien bilden neben Eruptivgesteinen aus der Grünsteinfamilie die daselbst auftretenden Formationen. Und diese Eruptiv- gesteine sind, wie ich mich an Exemplaren in der Localsammlung zu Beuten- zorg überzeugte, Serpentine, Gabbro's und Aphauite, ganz wie ich sie auf den Nikobaren gesehen hatte. Eben so scheinen die kreideweissen Thonmergel in den mittleren Gegenden von Bantam und die feinen weissen Mergel in den südlichen (regenden von Tjidamar, welche Junghuhn (a. a. 0. S. 13) erwähnt, ganz übereinstimmend mit den Thonmergeln der Nikobaren.

Zur Zeit meines Aufenthaltes auf Java (1858) kam ich nach dem, was mir damals die Literatur bot, und nach dem, was ich selbst gesehen hatte, zu der Ansicht, dass man, abgesehen von den Kalksteinbildungen, deren Stellung im tertiären Schichtencomplex Java's noch eine zweifelhafte ist,2 in der Schichten- folge des javanesischen Tertiärgebirges zwei Hauptgruppen unterscheiden müsse:

1. Eine untere kohlenführende Gruppe: zahlreiche bauwürdige Flötze biruminöser Pechkohle (Braunkohle) sind eingelagert in quarzige, nicht kalkhaltige Sandsteine und Schieferthone mit verkieselten Baumstämmen, aber wenigen oder keinen Meeresconchylien. Dahin rechnete ich die von Junghuhn im südwest- lichen Java entdeckten Kohlenflötze, so wie die Kohlenformation am Kapuas- flusse in West-Borneo und die ausgedehnten Kohlenfelder im südlichen und östlichen Borneo, endlich die Kohlen von Benkulen auf Sumatra, und zahlreiche andere Vorkommnisse im indischen Archipel.

2. Eine obere flötzleere Gruppe: ein Thon- und Sandsteingebirge mit plastischen Thonen, Schieferthonen, Thonmergeln, kalkhaltigen Sandsteinen , mit trachytischen Tuffen, Breccien und Conglomeraten, und reich an Meeresconchylien, fossilen Pflanzenresten, fossilem Harz, aber statt Flötzen nur mit Kohlennestern.

Untersuchungen nach der Anwesenheit von Steinkohlen an der Tjiletuk-Bai, von 0. F. IL J. Huguenin (mit einer geologischen Karte) 1856. Natuurkundige Tijdschrift voor Nederlandsc-h Indie, Tlieil XII, S. 110.

Nach Junghuhn ist der Kalkstein das jüngste Glied der ganzen Formation , und wird stets nur in oberflächlichen oben aufliegenden Bänken gefunden.

Nikobar '-Inseln. 97

Gründe, welche ich an einem anderen Orte entwickelt habe,1 hatten mich bestimmt, ein eocenes Alter dieser Schichtencomplexe für wahrscheinlich zu halten. Diese Ansicht mag auch für die untere Gruppe noch jetzt gelten, während ich mich in Betreff der oberen Gruppe gerne den Ansichten meines Freundes Baron v. Bichthofen und den Deductionen von H. M. Jenkins 2 anschliesse, wonach dieser petrefaetenreiche Schichtencomplex von jüngerem miocenem Alter zu sein scheint.3 Dieser oberen miocenen Schichtengruppe nun, vermuthe ich, ent- sprechen die tertiären Bildungen auf den Nikobaren, wenngleich hier petrefaeten- reiche Fundorte, welche diese Vermuthung bestätigen könnten, erst nachgewiesen werden müssen. Dass auch auf dem Mittelglied zwischen Java und den Nikobaren, auf Sumatra, diese tertiären Bildungen nicht fehlen, ist zweifellos. Gewiss mit Recht sagt Junghuhn (a. a. 0. S. 8): „Die Tertiärformation scheint sich unter- meerisch über den ganzen indischen Archipel zu erstrecken, da überall, wo inner- halb der Ausdehnung dieses Archipels Theile der Erdkruste über den Spiegel des Meeres erhoben vorkommen, auch die neptunische Formation zum Vorschein tritt. Mit Sicherheit ist mir dieses bekannt vom nördlichen Sumatra, wo das Tertiär- gebirge namentlich in den Battaländern gefunden wird. Die Dasein in der Bai von Tapanuli diese Inseln liegen gerade in der Fortsetzung der Nikobaren nebst den angrenzenden niedrigen Gestaden von Sumatra und auch zum Theil die Berge bei Tuka bestehen mit Ausnahme der Trachytinsel Dungus Nasi aus mehr oder weniger erhobenen Sandsteinschichten, welche Tertiärmuscheln, wenn auch nur sparsam, enthalten." So scheint es hauptsächlich die Südküste von Java und die Südwestküste von Sumatra zu sein, wo sich die geologischen Verhältnisse der Nikobaren wiederholen.

Serpentine, Gabbro's und dioritähnliche Massengesteine (Grünsteintrachyte wie in Ungarn) bezeichnen auf Java den Anfang der Eruptivbildungen, mehr und mehr echt traehytische Gesteine folgen nach, und der bis in die Jetztzeit fortdau- ernde Aufbau gewaltiger vulcanischer Gerüste bildet den Abschluss der gross- artigen Eruptiverscheinungen im indischen Archipel. Dabei scheint die Eruptions- linie auf Java sich langsam von Süd nach Nord, auf Sumatra von Südwest nach Nordost verrückt zu haben, so dass dieselbe im Gebiete der Nikobaren östlich von der Inselgruppe vorbeistreichen würde in derselben Länge, auf der sie östlich von der Ilauptgruppe der Andamanen in dem vulkanischen Barren Island und Narcon- dam wieder hervortritt.

'.Nachrichten über die Wirksamkeit der Ingenieure für das Bergwesen in Niederländisch-Indien. Jahrb. .1. k. k. geol. Reichsanst. 1858, 8. 277.

1 II. M. Jenkins, ou sorae tertiary Mollusca from Mount Sela (Java). Quart. Journ. Ueolog. Society. Febr. 1864.- F.Baron v. Richthofen, Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft Bd. 14, S. 327.

3 Vergl. den Abschnitt über Java in diesem Werke. Novara- Expedition. Geologischer Theil. II. lid. I ^

9S Dr. F. v. Hochstetter.

Das junge tertiäre Alter der Serpentin- und Gabbro-Durchbrüche auf den Nikobaren und eben so auf Java bat ein vollständiges Analogen in den Serpentin- und Gabbro-Durchbrücben Central-Italiens, welche nach Signor Perazzi in Turin und Prof. Sa vi theils der Eoeen-, theils der Miocenzeit angehören und wegen ihrer Kupfererzführung von bergmännischer Bedeutung sind.

Die dritte Hauptformation der Nikobaren sind Korallenbildungen, welche der jüngsten Periode, der Jetztzeit, angehören. Auf Kar Nikobar, Bomboka und mehreren andern Inseln findet man mächtige Korallenbänke, theils aus dichtem Korallenkalkstein, theils aus Korallen- und Muschel-Conglomerat bestehend, bis zu 30 und 40 Fuss über den jetzigen Spiegel der See erhoben ; auf allen Inseln aber sieht man das ursprüngliche Areale vergrössert durch ein flaches Korallen- land, das nur durch die höher aufgeworfene Sanddüne des Strandes getrennt ist von den im Fortbaue begriffenen Korallriffen, die als Fransenriffe sämmtliche Inseln nniffeben. Wenn jene o-ehobenen Korallenbänke ein entscheidender Beweis sind für Hebungen der Inseln, die noch stattfanden nach der ersten Hebungs- epoche, welche wohl mit der Eruption der Serpentin- und Gabbromassen zusam- menfällt, so lässt sich auf der andern Seite die Bildung des flachen nur wenige Fusse über den Meeresspiegel erhobenen Korallenlandes durch Aufhäufung von Korallenbruchstücken, von Sand und Muschelschalen auf der seichten Oberfläche der Fransenriffe durch Wellen und Brandung erklären. Eine detaillirte Beschrei- bung der Eigenthümlichkeiten der nikobarischen Korallenriffe und der Bildung des niederen Korallenlandes hat schon Rink (S. 88 u. s. w.) gegeben.

2. Über das Vorkommen von Kohlen und anderen nutzbaren Gesteinen oder Mineralien auf den nikobarischen Inseln.

Die Kohlenfrage bildete einen Hauptgegenstand der Untersuchung schon bei der ersten wissenschaftlichen Expedition nach den nikobarischen Inseln, die im Jahre 1845 von dem dänischen Consul Mackey in Calcutta, dem Engländer Lewis und den beiden Dänen Busch und Löwert unternommen worden. Ihre Lösung war zum zweiten Male eine Aufgabe des die königl. dänische Gorvette „Galathea" begleitenden Geologen Dr. Rink. Der Tagesbefehl Kr. 5, welcher die Instructionen und Anweisungen zur Aufnahme und Untersuchung der Nikobar- Inseln von Seite der wissenschaftlichen Expedition auf Sr. Majestät Fregatte „Novara" enthielt, machte auch mir die Beantwortung dieser Frage zur Pflicht. 1 Das Thatsächliche in dieser Beziehung ist nun Folgendes.

1 Diese Instruction lautete: „Nach den Berichten der Naturforseher der dänischen Expedition sollen Steinkohlen und vielleicht auch edle Steinarten vorkommen. Soferne sich dieses bewahrheiten sollte, sind Proben in genügender Menge mitzunehmen, eben so in dem Falle, als Metalle sich vorfinden möchten. Im

Nikobar-Inseln. 99

Die Eesultate der ersten Expedition waren beschränkt auf den Fund einzelner Stücke von „Steinkohlen" an dem Strande der südlichen Inseln. Dr. Rink fand Kohlenpartien an verschiedenen Stellen der Inseln Klein-Nikobar, Treis, Mihi und Kondul. „Diese Kohlenpartien zeigten sich aber allenthalben als isolirte Massen von 1 2 Zoll Mächtigkeit." Die, wie ich schon oben bemerkt habe, unrichtige Bezeich- nung „Braunkohlenbildung u für die Sandsteine und Schiefer der südlichen Inseln auf der Rink' s Buche beigegebenen geognostischen Karte könnte zu Missverständ- nissen Veranlassung geben; aber Rink selbst drückt (Seite 53) sein Resultat in folgenden Worten aus: „Es scheint sich jedenfalls nichts den Kohlenbildungen des südöstlichen Asiens Entsprechendes auf den Nikobar-Inseln zu finden." „Die Kohlenpartien waren hin und wieder ohne Ordnung bald in Sandstein, bald in Schiefer eingebettet, und scheinen mir desshalb von Treibholz herzu- rühren, welches nebst dem Thon und Sande abgesetzt wurde. Ich fand nirgends etwas, das auf eine Anhäufung von Pflanzenmassen in bassinförmigen Vertiefun- gen hindeuten könnte, in denen die Pflanzen an Ort und Stelle gewachsen und wodurch die umgebenden Thonmassen von organischen Stoffen durchdrungen und mit Pflanzentheilen gemengt worden wären. Es ist also jedenfalls noch die Frage, ob jene Braunkohlen in bedeutenderer Menge vorkommen, worauf freilich die Menge und Grösse^ der gesammelten Gerolle zu deuten scheinen."

Auch mir ist es nur geglückt einzelne Stücke von Braunkohle zu finden. Die ersten Stücke fand ich am Strande der kleinen Insel Treis; es war eine muschlige Braunkohle, aber noch mit deutlicher Holzstructur. Die Stücke waren alle abge- rollt und das grösste davon, 5 Zoll lang, 4 Zoll breit und 2 Zoll dick, war von Pholaden angebohrt. Ich zweifle nicht, dass diese Stücke aus den Sandstein- oder Scliieferthonschichten der Insel Treis herrühren, war jedoch erst auf der gegen- überliegenden kleinen Insel Trak so glücklich, ein kleines ebenfalls abgerolltes Stück Kohle aus dem anstehenden Sandsteinfels selbst herauszuschlagen. In ganz ähnlicher Weise fand ich auf Kondul und an der Südseite von Gross-Nikobar kleine Braunkohlenstücke theils am Strand, theils im Sandstein- und Schieferfels, und sicherlich ist dieses Vorkommen über die ganze südliche Inselngruppe ver- breitet. Die Beschaffenheit aller gefundenen Braunkohlenstücke spricht dafür, dass es nur vereinzelte eingebettete Treibholzstücke waren, die zu Kohle wurden, dass dieselben aber nicht grösseren Kohlenflötzen angehörten, durch deren Zerstörung sie in jüngere Schichten gekommen sind. Kur am Strande von Pulo Mihi fand ich Gerolle echter Steinkohle mit der plattenförmigen Structur, wie sie nur in

Allgemeinen aber ist in geologischer Beziehung zu berichten, in wie weit aus den bestehenden Gebirgsarten auf das Vorkommen von nützlichen Mineralien u. s. w. geschlossen werden konnte. Von den Flüssen und Quellen ist die Temperatur zu messen u. s. w."

13"

100 Dr. F. v. Eochstetter.

Kohlenflötzen vorkommt. Es ist jedoch weit wahrscheinlicher, dass diese Schwarz- kohlenstücke von dem die königl. dänische Corvette „Galäthea" im Jahre 1846 begleitenden Dampfer Ganges herrühren, der sich längere Zeit bei Pulo Mihi aufhielt, als dass sie aus nikobarischen Kohlenflötzen stammen.

Ich rauss daher Rink's Ansicht vollkommen beistimmen, dass, so weit sieh Beobachtungen anstellen lassen, nichts für die Existenz von eigentlichen Kohlen- becken auf den Nikobar-Inseln spricht und dass das Vorkommen von bau- würdigen Kohlenflötzen nicht wahrscheinlich ist. Übrigens ist das Terrain der Inseln Gross- und Klein-Nikobar gross genug, um unter der dichten Urwald- bedeckung Formationen zu bergen, die sich am Meeresstrande durch keine Spur verrathen. Ehe das Innere dieser Inseln zugänglich gemacht ist, wird sich die Frage wegen Kohlen auf den Nikobaren zu keinem anderen Resultate bringen lassen, als dem, welches schon durch die erste Expedition festgestellt wurde.

Eben so ungünstig muss das Urtheil in Bezug auf das Vorkommen von Erzen oder anderen nutzbaren Mineralien lauten. Es ist bis jetzt nichts dergleichen auf den Nikobar-Inseln gefunden worden. Gold und Edelsteine sind zum Theile reich verbreitet über Inseln und Küstenstriche, die mit den Nikobar-Inseln geo- logisch zu einem und demselben Erhebungsfeld gehören, wie ich früher ausein- andergesetzt habe. Die Eingebornen, denen jene Kohlenstücke längst aufgefallen sind, die Glasperlen, Silberstücke u. dgl. als Schmuck verwenden, welche die Pflanzen und Thiere ihrer Inseln recht wohl kennen, und für alle häufigeren Erscheinungen, für alle nützlichen Producte des Thier- und Pflanzenreiches beson- dere Namen haben, haben bis jetzt unter den Gesteinen ihrer Inseln nichts ent- deckt, was sie als Schmuck oder zu anderen nützlichen Zwecken verwenden könnten. Die einzigen Erzspuren, die ich fand, waren Spuren von Schwefel- und Kupferkies fein eingesprengt in diorit- und serpentinartige Gesteinen. Die Mög- lichkeit des Vorkommens von Kupfererzlagerstätten in den eruptiven Bildungen der Inseln lässt sich nicht läugnen ; jedoch ist bis jetzt kein Fund gemacht, der direct darauf hinweisen würde. Dagegen sind die Inseln reich an brauchbaren Baumaterialien. Die Sandsteine der südlichen Inseln müssen vortreffliche Werksteine liefern; die plastischen Thone der nördlichen Inseln lassen sich ohne Zweifel eben so gut zu Ziegeln und Backsteinen verarbeiten, wie zu Thonwaaren. Die Eingebor- nen von Tschaura fabriciren daraus grosse irdene Geschirre. Kalk endlich bietet der Meeresstrand an allen Inseln in unerschöpflicher Menge in den Korallenbildungen.

3. Der Boden und seine Vegetationsdecke.

Eine von Menschenhand unangetastete, durch Cultur noch nicht veränderte, völlig ursprüngliche Vegetationsdecke wird in ihrer charakteristischen Verschieden- heit immer ein sehr wahrer Ausdruck der verschiedenartigen Bodenbeschaffenheit

Nikobar-Inseln.

101

eines Landes sein, so wie die Bodenarten selbst das unmittelbare Produet der verschiedenartigen Gesteins-Unterlage. Eben so wird der Charakter der Urvege- tation sehr bestimmt die grössere oder geringere Fruchtbarkeit des Bodens erken- nen lassen, vorausgesetzt natürlich, dass der zweite Hauptfactor für dasWachsthum der Pflanzen, die atmosphärischen Einflüsse im Allgemeinen für das zu betrach- tende Gebiet dieselben sind. Das ist aber auf den Nikobar-Inseln in hohem Grade der Fall. Weder der Unterschied der Breite von der nördlichsten zu der südlich- sten der Inseln (21/., Breitegrade), noch der Unterschied der absoluten Höhe (die höchsten Gipfel auf Gross-Nikobar erreichen etwa 2000 Fuss Meereshöhe) ist gross genug, um für einzelne Inseln oder einzelne Lagen auf den Inseln eine solche Verschiedenartigkeit der klimatischen Verhältnisse zu bedingen, dass davon allein ein veränderter Vegetationscharakter abhängig wäre. Gestein, Boden und Vegetation stehen daher auf den Nikobar-Inseln in so directer Beziehung zu ein- ander, dass die Grenzbestimmungen einer Gesteinskarte und einer Vegetations- karte sich grossentheils decken miissten. Leider ist der Entwurf solcher Karten für die grösseren völlig unzugänglichen Inseln unmöglich, ich konnte nur ver- suchen, die kleine Insel Mihi in der nordwestlichen Bucht von Klein-Nikobar in dieser Weise darzustellen (vergl. S. 92).

Das Resultat der Beobachtungen lässt sich in folgendem Schema übersicht- lich zusammenstellen :

Geognostische Grundlage.

Charakteristik der Bodenart.

Entsprechende Pflanzenforuiation.

1. Salz- und Brackwasser - Sumpf, feuchtes Salzwasser- Alluvium.

Culturuufiihigcr Sumpfboden.

Mangrovcnwald.

2. Koralleneonglomerat und Koral- lensand, trockenes Meeres-Allu- vium.

Fruchtbarer Kalkboden. Hauptbe- standteile: kohlensaurer und phosphorsaurer Kalk.

Kokoswald.

3. Koralleneonglomerat und Koral- lensand, nebst trockenem Süss- wasser- Alluvium.

Fruchtbarer Kalk-Sandboden.

Hochwald.

4. Süsswassersumpf und feuchtes Süsswasser- Alluvium.

Culturfähiger Sumpfboden.

Paudanuswald.

5. Plastischer Thon, magnesiahal- tiger Thonmergel , Serpentin zum Theil.

Unfruchtbarer Thonboden. Haupt- bestandteile : kieselsaure Thon- erde und kieselsaure Magnesia.

Grasheide.

Ij. Sandstein, Schieferthon, Gab- bro, trockenes Fluss-Alluvium.

Alkalien- und kalkreicher locke- rer thonig-sandiger Boden, sehr fruchtbar.

Buschwald. (Der eigentliche Ur- wald.)

102 Dr. F. v. Hochstett

er.

Eine detaillirte Ausführung des in diesem Schema Angedeuteten gehört zum grossen Theile in das Gebiet des Botanikers. Hier handelt es sich jedoch nur darum, die einzelnen Pflanzenformationen in ihren Hauptzügen in mehr allgemei- nen Bildern zu schildern, die nichts destoweniger die charakteristische Verschieden- heit derselben deutlich erkennen lassen. Ich darf diese Bilder wohl mit Hecht nikobarische Waldbilder nennen. Nähert man sich im kleinen Boote der Küste einer der Inseln, so befindet man sich oft schon mitten im Walde, noch ehe man den Fuss auf trockenen Boden setzen kann, im Mangrovenwald. Und betritt man die Küste selbst, so ist man an trockener sandiger Stelle im Kokoswald, an sumpfiger Stelle im Pandanuswald. Und will man aus all diesem Wald hinaus, so kommt man immer wieder in den Wald, in einen Hochwald mit riesigen Bäumen und in einen dicht verwachsenen Urwald oder Buschwald, durch welchen man vergeblich durchzudringen sucht. Nur auf den nördlichen Inseln kann es gelingen, sich durch- hauend durch dicht verflochtenes Gestrüppe, plötzlich auf freie Grasflächen zu kommen. Kokos- und Mangrovenwald sind ausschliesslich Küstenwälder. Sie haben sich in das Gebiet der Küste getheilt und ihre Gebiete sind scharf von ein- ander abgegrenzt, gewöhlich durch vorspringende Felsecken, auf denen ausnahms- weise auch dem Buschwald gestattet ist sich an der Küste zu zeigen.

Der Mangrovenwald. Der Mangrovenwald ist ein Wald im und am Meere, beschränkt auf Salz- und Brackwassersümpfe. Seichte schlammige, vor Brandung geschützte Ufer, die während derFluth regelmässig von Salzwasser überschwemmt -werden, oder tief eingeschnittene Meeresbuchten, in welche Flüsse münden, sind das Gebiet, auf welchem die Mangroven gedeihen. An den Flüssen ziehen sie sich oft weit in's Innere, so weit als bei Fluth das Salzwasser ein- dringt oder so weit das Wasser von der Mündung aufwärts brackisch ist. Da solche tiefe Buch- ten und Flüsse auf den grösseren südlichen Inseln häufiger sind als auf den nördlichen, so ist auch der Mangrovenwald dort häufiger, der Kokoswald in demselben Masse seltener. Zwei Hauptformen geben dem Walde der Brackwassersümpfe seine Physiognomie. Dieselben stehen nicht gemischt unter einander, sondern bilden an den Ufern getrennt zwei sehr charakteristi- sche Säume. Der äussere Saum ist gebildet von einer Pihizophoren-Art (Bruguieria Rkeedii Blume), deren saftig grüne, üppige Laubkrone mit glänzenden Blättern und langen kerzen- artigen Früchten unmittelbar auf der Wasserfläche liegt, auf einem Unterbau von bogenförmig ausgespannten Wurzeln, die ein dichtes Netzwerk bilden. Hinter diesem äusseren Busch- wald steht ein Hochwald, aus dessen sumpfigem Boden, der während der Ebbe trocken liegt, allenthalben knorrige Wurzelkniee oder Wurzelspitzen hervorragen, als wäre er mit Pfosten ausgeschlagen. Dazwischen erheben sich 60 80 Fuss hoch auf pandanusartigen Wurzelstelzen schlanke gerade Stämme, die oben an knorrigen Asten eine saftig grüne Laubkrone tragen. Kein Unterholz stört den Durchblick durch die Säulenhallen dieses Waldes, aber Millionen von grossen Sumpfschnecken, Cerithien (Pyraeus palustris Lin. und Telescopium fuseum Chm.) liegen im schwarzen modrigen Schlamme, so dass man ganze Schiffsladungen davon sammeln könnte; und Schnepfen und Reiher aller Art gehen da auf ihren Fang aus. Tiefe fischreiche Canäle, die man mit den Canoes der Eingebornen befahren kann, ziehen sich in Sehlangen-

Nihobar-Inseln. 103

Windungen oft weit durch diese Mangrovensümpfe und man trifft am Ende solcher Canäle in versteckter Lage nicht selten Dörfer der Eingebornen, wie auf der Insel Trinkut das Seeräuber- dorf Dschanoha; oder man gelangt durch eine allmählich sich verändernde Vegetation, für die das Vorkommen einer stammlosen Wasserpalme (Nipa fructicans) charakteristisch ist, aus dem Brackwasser in das Süsswasser eines Flusses. Da der Mangrovenwakl nur im salzigen Brack- wasser gedeiht, sich aber in den sumpfigen Thälern der Flüsse von deren Mündung oft weit hinein in's Land erstreckt, so weit als das Wasser brackisch ist, so kann er plötzlich vernichtet werden, wenn durch ein stürmisches Ereigniss die Mündung des Flusses mit einer Sandbarre versperrt und dem fluthenden Meerwasser der Eintritt versagt wird. Die Wälder sterben dann ab im süssen Wasser. Die hohen Stämme stehen da abgedorrt, gebleicht, ein gespenstiger Leichengarten zwischen üppig grünen Urwaldhügeln1. An die Stelle des Salzwassersumpfes tritt ein Süsswassersumpf, den nun Pandanusse für sich in Beschlag nehmen; und damit ist dem Meere nicht blos ein neues Stück Land abgewonnen, sondern wo miasmatische Dünste früher das Leben des Menschen gefährdeten, da laden jetzt riesige Pandanusfrüchte zum Genüsse ein. Das sumpfige Brackwasseralluvium, das Terrain der Rhizophoren und Cerithien, muss als ein völlis' culturunfähiffer Boden betrachtet werden. Er nimmt im Verhältnis« zur Oberfläche der Inseln nur ein sehr geringes Areale ein, ist aber trotzdem von einer unheilvollen Bedeutung. Denn man darf wohl mit Recht annehmen, dass die nikobarischen Inseln ihr ungesundes Klima hauptsächlich diesen Brackwassersümpfen verdanken, wie sie sich von der Mündung der Flüsse oft meilenweit in's Innere der Inseln ziehen. In diesen Sumpfgebieten veranlasst der Vv echsel des süssen und salzigen Wassers ein Absterben der Organismen, deren Existenz an das süsse Wasser gebunden ist, im Salzwasser, und umgekehrt. Die Ebbe legt weite Strecken trocken und es treten Faulnngs- und Verwesungsproeesse ein, welche die Atmosphäre mit den giftigsten Fiebermiasmen erfüllen.

In grossartiger Weise kam mir dieser Kampf der schaffenden und zerstörenden Natur an der Nordküste von Gross-Nikobar zur Anschauung, in einer tief einschneidenden seichten Meeresbucht (westlich vom Gangeshafen), in welche ein Fluss mündet. Ein schmaler, seichter Canal führt durch die hauptsächlich aus Korallentrümmern 4 bis 5 Fuss hoch über das höchste Wasserniveau aufgeworfene Sandbarre aus der Meeresbucht in das Flussthal. Dieser Canal gestattet dem Seewasser bei Fluth den Eintritt in das Flussbett. Auf dem seichten Schlamm- grund der Flussufer, der zur Fluthzeit überschwemmt ist, bei Ebbe aber trocken liegt, wucherte zwei bis drei Seemeilen flussaufwärts in üppiger Fülle junges Mangrovengebüsche. Neben dem jungen Wuchs standen aber abgedorrt und gebleicht tausend hohe Stämme eines alten abgestorbenen Waldes. Der Anblick war im höchsten Grade überraschend und die einzige Erklärung, die sich mir für die auffallende Erscheinung darbot, war die, dass dieser alte Wald im süssen Wasser abgestorben sei zu einer Periode, während welcher die Flussmündung durch die Sandbarre so versperrt gewesen, dass dem fluthenden Meerwasscr der Eintritt versagt war. Später hat der Fluss die Barre von neuem durchbrochen, so dass jetzt das Meerwasser wieder Zutritt hatte, und unter dem todten Wald ein neuer aufwachsen konnte. Morgens bei Sonnen- aufgang, als wir zu der Stelle kamen, lag weisser Nebel über dem todten Sumpf und miasmatische Dünste verpesteten die Luft. Das sind die Plätze, welche Gift aushauchen; bei Allen, die den Platz sahen, drückte sich ein und dasselbe Gefühl in der Ansicht aus, dass das einer der «■cfährlichsten Fieberwinkel sein müsse.

1 Siehe Holzschnitt in dem beschreibenden Theile des Novarawerkes II. Bd., .S. 4M.

104 Dr. F. v. Roch stett>rr.

Fruchtbar, cultnrfähig und gesund zugdeich erscheint dagegen das Korallenland und das trockene Meeres- und Süsswasseralluvium, welchem am Meeresstrande der Kokoswald und hinter demselben bis an den Fuss der ansteigenden Berge und Hügel ein prachtvoller gemischter Hochwald angehört. Das ist das Gebiet, welches die Bewohner der Inseln zu ihrem Wohnplatz auserwählt haben, das ihnen Alles zum Leben Nothwendige liefert.

Der Kokoswald. Wie ein heiteres Lebensbild neben einem düsteren steht neben den schweren einförmigen Laubmassen der Mangroven der luftige freie Kokoswald. Ohne Auf- hören rauscht die Brandung über vielgestaltige Korallenfelder zur weissschimmernden Sand- küste, die in sanftem Bogen sich von Felsecke zu Felsecke schwingt. Sie wirft Korallentrümmer und Sand höher und höher auf und baut das Land langsam immer weiter. Die schweren Früchte, vielleicht von fernen Gestaden hergeführt, die sie ausgeworfen, sind aufgegangen auf diesem Korallensand, und ein Kranz üppiger Palmenkronen auf schlankem Stamme beladen mit tausend schweren Nüssen ladet den Menschen zum Leben ein. Ohne Kokospalme wären die Inseln wahr- scheinlich heute noch unbewohnt, auf dem Kokoswald beruht die ganze Existenz der nikoba- rischen Race.

Rechnet man die Einwohnerzahl sämmtlicher Inseln zusammen auf 5000 Seelen, nimmt man ferner an, dass jeder Mensch täglich drei Kokosnüsse braucht, was nicht zu viel gerechnet sein dürfte, da der Nikobareneser kein anderes Wasser als Kokosnusswasser trinkt und ausser ihm selbst auch seine Schweine, Hunde und Hühner von Kokosnüssen leben, so gibt das einen jährliehen Verbrauch von durchschnittlich 5*/s Millionen Nüssen. Die jährliche Ausfuhr an Nüssen von allen Inseln zusammen kann ungefähr auf 10 Millionen geschätzt werden (Kar Nikobar allein führt 2 3 Millionen aus. Daraus ergibt sich ein jährlicher Bedarf von 15 16 Millionen Kokosnüssen. Eine Palme trägt aber durchschnittlich 40 Nüsse im Jahre; für einen Ertrag von 16 Millionen Nüssen wären somit 400.000 Kokospalmen noth wendig und auf jeden Bewohner würden 80 Palmen kommen. Da aber 400.000 Kokospalmen als Wald, wie er auf den Nikobaren vorkommt, bequem auf einer halben deutschen Quudratmeile Platz haben, so wäre dies das ungefähre Areal des Kokoswaldes auf den Inseln; also weniger als der sechzigste Theil ihrer Gcsamnitobei fläche, die 33 34 deutsche Quadratmeilcn umfasst. Auf den nördlichen Inseln nimmt der Kokoswald ein verhältnissmässig grösseres Gebiet ein, während er den südlichen Inseln, namentlich Gross-Nikobar, fast ganz fehlt. Die nördlichen Inseln sind daher auch bei weitem die bewohnteren, und die Kokospalmen sind dort als Eigenthum vertheilt, während sie auf den südlichen Inseln das freie Gemeingut Aller zu sein scheinen.

Der Nikobare lebt nicht blos vom Kokoswald, sondern er lebt auch im Kokoswald ' und hat sich damit nicht blos die bequemste Lage für seine Hütte ausgesucht, sondern auf dem trockenen, den Winden ausgesetzten Korallsandboden gewiss auch die gesündeste. Steigt mau an einem kokosbewaldeten Strande an's Land, so kann man sicher darauf rechnen, dass sich das blumenreiche Gebüsche von Hibiscus, Guettarda oder Scaevola, das wie eine künstliche Hecke den Kokoswald gewöhnlich nach aussen gegen das Meer zu umsäumt, wenn man am Strande hingeht, öffnet und die Hütten der Eingebornen sich zeigen. Und wie schnell lernt auch der flüchtige Reisende die Kokospalme schätzen! Wenn wir ermattet und schweisstriefend aus der schwülen Luft der Laubwälder zum Strande kamen, zu dem von erfrischendem Luftzug durch- streiften Kokoswabl, und der Nikobare, sonst so träge und bewegungslos, nun flink wie eine Katze, seine Füsse mit demselben Bastband verbunden, das ihm sonst so malerisch die schwarzen

i Siehe den Holzschnitt, .las Dorf Saui darstellend, im beschreibenden Theil des Novarawerk.es II. Bd., S. 16.

Nikobar- Inseln. 105

Locken umschliessend als Stirnband dient, zum Wipfel der höchsten Palme kletterte, wenn dann die schweren Nüsse donnernd zur Erde fielen und in freier Hand durch einen sicher geführten Hieb mit der scharfen Säbelklinge geöffnet und dargereicht wurden, wie erquickend und labend war uns da der kühle Trunk des Wassers aus der jungen Nuss, und wie appetitlich zugleich aus dem natürlichen Gefäss von zartem weissen Fleisch mit grüner Umhüllung! Wem so die junge Nuss durch den gefälligen „Wilden" frisch vom Baume gebrochen in tropischer Soruiengluth zur Labung gedient, nur der kennt die Köstlichkeit dieser Frucht, welche an reichbesetzter euro- päischer Tafel alt und vertrocknet als Rarität aufgetischt Jeder als fade und geschmacklos ver- ächtlich zurückweisen wird.

Die Kokospalme wird von den Nikobarensern wohl nicht eigentlich eultivirt, aber doch gepflegt; die junge Pflanze wird gewöhnlich eingehegt, um sie vor den Schweinen zu schützen. Der Kokoswald ist meist frei von Unterholz, nur selten durch Gras und Gestrüpp verwachsen, aber ausser den Fusswegen, die durch ihn von Hütte zu Hütte oder von Dorf zu Dorf führen, doch keineswegs einladend zum Spaziergang, da der ganze Boden voll alter Schalen und dürrer Blattzweige liegt, so dass man fortwährend stolpert. Der Kokoswald ist auch fast nirgends ganz unvermiseht. Er lässt den Hochwald, der gewöhnlich hinter ihm liegt, cleichsam zwischen sich durch bis an das Meeresufer vordringen. An solchen Stellen trifft man Fi'cus, Barringtonia , Her'nandia, Termmah'u, Calophyllum mit ihren Riesenstänirnen und schat- tigen Laubkronen dicht am Strande, mit tausenden von Schmarotzern bedeckt, die Wurzeln von der Brandung bespült. An diese gewaltigen Laubbäume, die dem Landenden häufig als Erstes entgegentreten, am offenen Strande in ihrer ganzen majestätischen Grösse sichtbar, knüpft sich hauptsächlich der Eindruck von der Grossartigkeit und Üppigkeit der Vegetation auf den niko- barischen Inseln.

Die Kokospalme steht überall nur am äusseren Rande des flachen Korallenlandes. Sie ist nirgends über die ganze Fläche dieses Landes bis zum Fusse der Hügel verbreitet, obgleich sie da eultivirt eben so gut gedeihen müsste, wie am Strande. Die Fläche hinter^dem Saum des Kokoswaldes ist von einem Wald eingenommen, den ich als Hochwald vom eigentlichen Ur- wald oder Buschwald unterscheide.

Der Hochwald. Dieser Hochwald ist ein Laubwald, wenn auch nicht ausschliesslich. Man begegnet überall neben den Riesenstämmen von Ficus, Calophyttum, Terminal in , Hernandia, Thespesia, Sterctdia u. s. w. auch der zierliehen Arecapalme (Areca KatechitJ , der stacheligen Spanischrohrpalme (liotang oder Calamus) und einzelnen Exemplaren von Pandanus. W ollte ich eine botanische Aufzählung geben, so müsste ich noch sehr viele weitere Namen zusammenstellen. Allein ich will hier nur den Gesammteindruck schildern. Der Hochwald ist selten so verwachsen, dass man sich nicht durchhauen könnte. Häufig findet man denselben von den Fusssteigen der Eingebornen durchschnitten und kommt, wenn man diese verfolgt zu Pisangpflanzungen (Musa paradisiaca), zu kleinen Gartenparcellen mit Zuckerrohr, Orangen, Yams u. s. w., die sich die Eingebornen hier angelegt haben, oder man trifft eine kleine Waldhütte, unter der aus einem umgeschlagenen Eheangstamm (Calophyttum inophijllam, das Schiffsbauholz der Nikobareneser), ein Canoe ausgehöhlt wird. Wregen seiner leichteren Zugänglichkeit war dieser Wald das Haupt- Jagdrevier unserer Zoologen und Jagdfreunde, die hier eine reiche Beute von Vögeln aller Art, Fledermäusen, Eichhörnchen u. s. w. machten.

Den schönsten Hochwald sah ich an der Südküste von Kar Nikobar. Ein gut betretener Fusssteig führte von dem Kokoswald am Strande mitten durch den Wald, die südwestliche Ecke der Insel abschneidend, an die Westseite. Die Eingebornen liatten mich vergeblich abzu-

NovartL-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. 1^

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halten gesucht, dem Wege zu folgen, und ihre gewöhnlichen Mallirworte, dass ich in „Jungle- kommen werde, der voll giftiger Schlangen sei, vergeblich aufgebraucht; ich wollte einmal tiefer in's Innere kommen und folgte daher mit einem meiner Collegen dem Fusssteig. Ein junger Nikobareneser, ein wahrer Antinous seiner Eace vom schönsten ebenmässigsten Körperbau, war uns lange gefolgt, mit einem Male aber seitwärts im Walde verschwunden. Wir gingen im tiefsten Schatten fort zwischen hundert stämmigen Banianbäumen , die aber hier in eben so kolossale Höhe gewachsen, wie in Indien in die Breite, zwischen Stämmen mit gewaltigen Mauerwurzeln, von deren Kronen Stricke und Seile von allen Dicken herabhängen, an denen man wie an Tauen zur Höhe klettern könnte, zwischen Bäumen mit platter makelloser Rinde und anderen mit zerrissener narbiger Rinde, die bedeckt war mit tausend Schmarotzerpflanzen, unter denen ein grosser prächtiger Strichfarn (Asplenium Ni'dus) am meisten in die Augen fällt. Grosse Krabben mit feurigrothen Scheeren an einem Leib von dem schönsten Blauschwarz liefen vor uns in ihre Löcher, von denen der Boden des Waldes voll ist. Rechts und links raschelte es im dürren Laub von Eidechsen, in den Kronen der Bäume musicirten Cykaden- schwäime, grüne rothwangige Papageien flogen kreischend von Baum zu Baum und von den Asten und Zweigen ertönte der Ruf des Mainavogels und der dumpfe Lockton der grossen nikobarischen Waldtaube. Wie ferner Donner wurde die Brandung allmählich wieder hörbar, einzelne Kokospalmen und Pandanen mischten sich unter die Laubbäume, Alles Zeichen, dass wir uns der Küste wieder näherten. Mit einem Male ein Gestöhne und Geächze in dem Dickicht, eine schwere durchbrechende Masse siehe da, ein fettes Mutterschwein mit vier Jungen, das uns aber, da wir uns ganz stille hielten, nicht bemerkte. Ich wollte sehen, wel- chen Eindruck ein plötzlicher Schuss auf das Thier machen würde. Der Schuss ging in die Luft, das Schwein stand einen Augenblick mit aufgerichteten Borsten und entfloh dann ins Dickicht. Aus dem Dickicht aber von der anderen Seite traten wie hergezaubert zehn Ein- geborne , alle mit langen Stöcken, mit ihren Messern und Säbelklingen. „Take care", „take care" war ihr gemeinschaftlicher Ruf; es waren dieselben Gesichter, die uns beim Eingang in den Wald gewarnt und dann verlassen hatten. Siewaren also offenbar nachgeschlichen, um uns zu beobachten, und kamen augenblicklich zum Vorschein, als sie Gefahr für ihre Sehweine fürchteten. So wild die nackten braunen Kerls mitten im Walde aussahen, so seltsam war die Frage ihres Anführers: „how many shoot?a Es klang, als wollten sie unsere Streitkraft der ihrigen gegenüber erfahren; allein sie waren alsbald besänftigt, als wir uns auf einen umge- worfenen halbvermoderten Baumstamm setzten und Kokosnüsse zum Trinken verlangten. I liak war einer von ihnen auf Befehl des Anführers oben auf einer nahen Palme und dröhnend fielen die Nüsse zu Boden. Da sassen wir und um uns kauerten die „Wilden" heute kamen sie mir so vor rauchend und betelkauend, und auf ihren Lockruf kamen auch die so erschreckten Schweine herbei und wurden nun mit den ausgetrunkenen Kokosnüssen tractirt. Ich betrachtete mit innigem Behagen die ganze Scene. Es war so ganz die rechte Staffage für den Hochwald; braune nackte Menschen, schwarze borstige Schweine, ein grosser Wald voll Papageien.

Der Pandanuswald. Wie neben dem Kokoswald auf trockenem Sandboden die Mangroven- sümpfe stehen, so tritt an die Stelle des Hochwaldes auf sumpfigem Boden der Pan danus- wald. Die Mangrovensümpfe sind Salzwassersümpfe, die Pandanussümpfe Süsswassersümpfe. Pandanusse wachsen auf den nikobarischen Inseln überall auf jedem Terrain, man sieht Panda- nusse im Kokoswald, im Hochwald, im Urwald, auf den Grasfluren, Pandanusse von wenigstens drei verschiedenen Arten. Aber ganze Wälder von Pandanus, wo dieser merkwürdige Baum jede andere Vegetation, ausser einigen Areca- und Rotangpalmen, gänzlich verdrängt hat, trifft

Nikobai - Inseln. 107

man blos auf sumpfigem Süsswasser-Alluvium längs dem Laufe der Flüsse und Bäche, haupt- sächlich nahe dem Meere, wo die Flüsse stagnirendc Wasserbecken bilden. Hier ist es Panda- nus Milore, die grösste Pandanus-Art, welche die Wälder bildet. Ich habe dafür, dass der I'andnnuswald, den wir auf Pulo Milu, einer kleinen Insel an der Nordseite von Klein-Nikobar, getroffen, das eigenthümlichste frappanteste tropische Vegetationsbild ist, das wir gesehen.

Der Pandanuswald lässt sich mit nichts vergleichen, er ist so eigenartig, so fremdartig, als wäre er Überbleibsel aus einer früheren Erdperiode. Ich zweifle auch, ob er irgendwo so üppig und srrossartio' sich wiederfindet wie auf den nikobarischen Inseln, wo der Pandanus den Brod- fruchtbaum der Südsee ersetzt. Staunend ob der bizarren Laune der Natur, betrachtet man die seltsamen Bäume, die spiralförmig geordnete Blätter haben, wie die Dracänen, Stämme wie die Palmen, Aste wie Laubbäume, Fruchtzapfen wie Coniferen, und doch nichts von alledem sind sondern etwas ganz Besonderes für sich. 40 50 Fuss hoch, durchschnittlich so hoch wie die Palmen, stehen auf Pulo Milu die Pandanen, schlanke glatte Stämme, die auf einem 10 12 Fuss hohen Wurzelsockel stehen wie auf einem künstlich aus rund gedrechselten Stäben aufgebauten konisch zusammengestellten Pfeilerwerke. Manche dieser Wurzelstäbe erreichen den Boden nicht und ahmen in ihrem Jugendzustand als Luftwurzeln die unaussprechlichsten Formen nach. Nach oben wiederholt sich dieselbe Form in den Ästen. An diesen hängen Fruchtkolben l</2Fuss lang, 1 Fuss dick, im reifen Zustande prächtig'orangegelb, mit hellgrünen Tupfen, und während man oben hinaufschaut, ob einem die centnerschwere Frucht nicht auf den Kopf fällt, stolpert man unten über die Füsse, die der Wald einem von allen Seiten vorhält. Der Pandanus ist auf den nikobarischen Inseln nicht gepflegt, er wächst in üppigster Fülle wild und ist nach der Kokospalme für die Eingebornen die wichtigste Nahrungspflanze, die eigentliche Charakter- pflanze der nikobarischen Inseln. Die immensen Fruchtkolben, welche der Baum trägt, bestehen aus vielen einzelnen keilförmigen Früchten, die roh sich nicht gemessen lassen; aber in Wasser abgekocht, lässt sich eine mehlhaltigc äpfelmusartige Masse auspressen, das sogenannte „Mellon" der Portugiesen, das mit dem Fleische der jungen Kokosnuss zugleich genossen das tägliche Brod der Eingebornen ausmacht. Der Geschmack dieses Pandanusmuses steht in der Mitte zwischen Apfelmus und gelben Rüben und ist dem Europäer keineswegs unangenehm. Ist die mehlhaltigc Masse ausgepresst, so bleiben die holzigen Fasern der Frucht bürsten- oder pinsel- artig übrig und werden von den Nikobarenesern auch als natürliche Bürsten benützt, die getrockneten Blätter des Baumes liefern das Papier für die nikobarischen Cigarretten.

Grasheide. Hat man sich durch Hochwald und Pandanuswald hindurch gearbeitet und das flache Korallenland hinter sich, so gelangt man gewöhnlich an den Fuss von Hügeln, die sich auf den grösseren südlichen Inseln, auf Klein- und Gross-Nikobar, bis zu Bergen von 1000 und 2000 Fuss Meereshöhe erheben, auf den nördlichen Inseln aber 500 600 Fuss nicht übersteigen. Diesem Hügel- und Bergland gehören gewiss 30 Quadratmeilen von der Gesammtoberfläche der Inseln (33 34 Quadratmeilcn) an. Es ist zusammengesetzt aus den Gesteinen der eruptiven Serpentin- und Gabbroforrnation und aus den früher geschilderten thonigen und sandigen tertiären Gebilden. Die Eruptivgesteine haben einen verhältnissmässig geringen Verbreitungs- bezirk. Wo feldspathreiche Gabbroarten das Terrain bilden, kann der durch die Verwitterung dieser Gesteine erzeugte Boden als fruchtbar bezeichnet werden; er trägt eine dichte Urwald- decke; aber auch die Serpentininsel Tillangschong ist mit üppigem Urwald bedeckt. Dagegen zeigt sich ein auffallender Unterschied in der Vegetationsbedeckung des tertiären Bodens.

Die Hügel auf den nördlichen Inseln sind zum grossen Theile nur mit hohem Gras bewachsen, die Hügel und Berge der südlichen Inseln dagegen ganz mit dichtem Urwald

14*

108 Dr. F. v. Hochstetter.

bedeckt. Dieser Unterschied beruht auf einem sehr wesentlichen Unterschied in der Bodenzu- sammensetzung. Das Hügelland der nördlichen Inseln besteht aus einem unfruchtbaren mage- ren Thonboden, das Hügel- und Bergland der südlichen Inseln aus einem eben so fruchtbaren kalkhaltigen thonig-sandigen Boden.

Wo das üppigste Tropenklima nichts anders hervorzubringen vermochte, als steifes trockenes Lalanggras (Imperata) und rauhe scharfe Halbgräser (Scleria, Cyperus, Dijplaceum) , da hat die Natur dem Boden deutlich genug den Stempel der Unfruchtbarkeit aufgedrückt, und gerade auf solche unfruchtbare Grashügel, die aus der Feine zwischen dem Wald so heimatlich wie üppige Weizenfelder anlocken, hatten die Colonistcn am Nangkauri-Canal ihre Häuser und Gälten gebaut. Das Gras wächst nun hoch über ihren Gräbern, die Brandung spielt mit den Ziegeln, aus denen sie gebaut, und Haus und Hof, Garten und Feld, Weg und Steg sind spurlos verschwunden. Auf Kar Nikobar habe ich diese Grasheiden zum Theil abgemäht gesehen, weil die Eingeborncn das Gras zur Dachbedeckung benützen, 'auf Kamorta standen grosse Strecken in Feuer und Flammen, dass der Himmel bei Nacht blutroth die Fregatte erleuchtete, die im Nang Kauri-Hafen vor Anker lag.

Die Grasvegetation, sagt Rink (S. 136), welche den grössten Theil dieser Inseln bekleidet, ist in den Thälern und am Fusse der Hügel sehr dicht und hoch, wird aber nach oben allmäh- lich dünner und niedriger. An den feuchteren Stellen mögen wohl viele weiche und saftvolle Gräser vorkommen; allein auf den Gipfeln der Hügel, wo der trockene magnesiahaltige Thon- stein hin und wieder aus der spärlichen Ackererde hervorragt und theilweise mit einem groben eisenhaltigen Sande bedeckt ist, während die Regengüsse alle feineren Theile, die sich allmählich durch die Verwitterung bilden, in die Thäler hinabspülen, trifft man im Allgemeinen nur sehr dürre und scharfe kieselhaltige Gramineen und Cyperaceen. Die vielen Arten, die durch diese verschiedenartigen Localitätcn bedingt werden, gehören wohl grösstentheils zu den Geschlech- tern : Panicum, Agrostis, Eleusine, Chloris, Paspalum, Marisous, Chjnerium, Andropogon, Fimbri'stylis, Kyllingia; auf den Gipfeln der Hügel besonders den Sacharineen (dem berüch- tigten Lalang der Malayen) und sklericnartigen Cyperaceen an.

Das für eine etwaige spätere Cultur der Inseln wichtigste Terrain bleibt daher das Sand- stein- und Sehieferthongebirge der südlichen Inseln mit seinem fruchtbaren thonig-sandigen Boden. Die Oberfläche der Inseln Klein- und Gross-Xikobar mit den kleinen Inseln Pulo Mihi und Kondul beträgt zusammen nahe an 22 Quadratmeilen; auf das Hügel- und Bergland kann man 20 Quadratmeilen rechnen, d. h. nahezu zwei Drittel der Gesammtoberfläche. Diese Inseln sind desswegen für eine Colonisation die wichtigsten und ein Vergleich mit Ceylon und Pulo Penang lehrt, was da gedeihen kann, wo jetzt dichter undurchdringlicher Urwald alles bedeckt.

Der Urwald. Berg und Thal ist von ihm voll und das Küstenvolk von Gross-Nikobar erzählt von einem wilden Volksstamm, von „Waldmenschen" („Jugle men") mit langen Haaren, die keine Hütten bewohnen, die auf den Bäumen des Urwaldes hausen, von wildem Honig, von Wurzeln und von Jagd leben. Aber kein europäisches Auge hat diese Waldmcnschen gesehen, kein europäischer Fuss ist durch den Urwald gedrungen in's Innere. Wir sind wohl viel herum- geklettert in ßachschluchten, die sich hineinziehen in diese Urwälder, wir sind bewundernd vor Farnbäumen gestanden, die dreissig Fuss hoch, wie Palmen, ihre zierlichen Kronen aus dem Schatten des Waldes zum Licht erheben, echte Urwaldskinder, die mit ihren durch lepidoden- dronartige Blattnarben gezierten Stämmen sogar an die Urwelt erinnern, wir haben Affen ver- folgt, mit Säbel und Schwert uns durchhauend, aber ich glaube fast, es ist leichter Tunnels und Stollen durch feste Felsmassen zu treiben, als durch nikobarische Urwälder Wege zu bahnen.

Nikobar-Inseln. 109

Jene dunklen Wälder auf Hügeln und Bergen, über die die schlanke Nibongpalme (ArecaNibong) mit ihren Blüthcn und Fruchtbüscheln am Stamme und unterhalb der Krone, das eigentliche Wahrzeichen der nikobarischen Inseln, hoch die vom Nordostwind nach einer Seite gedrehten Wipfel erhebt, sind uns ein Räthsel geblieben, und eben so ihre Menschen und Thiere. Nur Ein Bild schwebt mir in lebhafter Erinnerung, das ich dem Urwald zurechne. Ich sah es auf Kar Nikobar, als ich auf kleinem Kahne den Commodore einen kleinen Fluss hinauf begleitete, der in die nördliche Bucht mündete.

Da erhob sich die schlanke Nibongpalme am steilen Flussufer aufsteigend bis zu 100 Fuss Höhe, und neben ihr die zierliche Katechupalme. Riesige Laubbäume mit niederen dicken Stämmen wölbten ihre schattigen Laubkronen über den Fluss, Fandanen hoch auf Stelzen spie- gelten sich im glatten Wasser. Bambusgebüsche, belebt von Schmetterlingen, Nymphäen-artige Wasserpflanzen, grüne Algenbänke, Vegetation in üppigster Fülle im Wasser, am Uter und in der Luft über uns. Denn überall hing es herab in Blättern und Blüthen, in dicken und dünneren lebendigen Tauen, und eine ßiesenguirlande zog sich in hohen Bogen über den Fluss, gewunden wie eine Schraube, selbst Schmarotzer und umhängt und umwunden von tausend grünen und blühenden Schmarotzern. Beschreiben lässt sich das Bild nicht, nur die Kunst des Malers könnte es nachahmen.

4. Quellen, Bäche und Flüsse.

Die jährliche Regenmenge der nikobarischen Inseln ist nicht bekannt. Allein sie ist wahrscheinlich eine sehr bedeutende; ich halte 100 Zoll nicht für über- trieben, da die beiden Jahreszeiten, die man unterscheidet, die trockene Zeit während des Nordostmonsuns vom November bis März, und die nasse Zeit wäh- rend des Südwestmonsuns vom April bis October auf den Inseln nicht so scharf getrennt erscheinen, wie auf den naheliegenden Festlandsküsten, und nach den bisherigen Erfahrungen auch während der trockenen Jahreszeit Gewitter und Regenschauer keine Seltenheit sind. Der trockenste Monat des Jahres dürfte der März sein. Wir hatten im ganzen Monat März während unseres Aufenthaltes auf und bei den Inseln nur dreimal Regen, ziemlich heftige Gewitterregen. Im April werden sie häufiger, bis dann im Mai und Juni der Südwestmonsum fortwährend schwere Regenwolken über die Inseln wälzt.

Wenn daher nicht besondere geologische Verhältnisse einen raschen Abfluss der gefallenen Regenmassen bedingen, so müssen die Inseln im Allgemeinen wasser- reich sein. Und davon konnten wir uns, so ungünstig auch das Ende der trockenen Jahreszeit für den Wasserstand von Flüssen und Bächen war, doch überzeugen. Selbst die kleinsten Inseln, wie Pulo Mihi und Kondul, wenn auch ihre kleinen Bäche kaum mehr flössen, hatten doch noch einen Überfluss an süssem Wasser in den häufigen bassinförmigen Vertiefungen der Bachbette. Von den waldigen Höhen von Tillangschong rieselten überall noch kleine frische Quellwasser. Die zahl- reichen Bäche und Flüsse der grossen südlichen Waldinseln Klein- und Gross- Nikobar haben das ganze Jahr hindurch reichliches Wasser. Dagegen scheinen

110 Dr. F. v. Höchste tter.

die nördlichen Inseln, so weit thonige Ablagerungen verbreitet sind, wasserarm zu sein; das gilt namentlich für Nangkauri, Kamorta, Trinkut und wahrschein- lich auch für Teressa und Bomboka. Die kleinen Bäche auf Nangkauri und Ka- morta, die in den Nangkauri-Hafen münden, fand ich ganz vertrocknet. Die Einge- bornen tranken nur Kokosnusswasser und holen das süsse Wasser, welches sie sonst zum Hausbedarf, z. B. zum Abkochen von Melori, brauchen, wahrscheinlich aus den Süsswasserpfützen, die da und dort in den Bachrinnen sich finden. Brunnen habe ich hier ausser dem alten halbverfallenen Brunnen der mährischen Brüder bei dem Dorfe Malacca auf Nangkauri nirgends gesehen. Kar Nikobar, obwohl gleichfalls aus thonigen Schichten bestehend, wie die genannten Inseln, hat trotz- dem keinen Mangel an gutem Trinkwasser, da das ausgedehnte über die Meeres- fläche um 8 12 Fuss erhobene Korallenland die Anlage jener merkwürdigen Brunnen erlaubt, deren süsses Wasser mit der Ebbe und Fluth füllt und steigt. Die Erklärung dieser seltsamen Erscheinung liegt nicht darin, dass der poröse Korallenfels das Seewasser filtrirt, sondern ist vielmehr einfach die, dass das leichtere Begenwasser auf dem schwereren Seewasser schwimmt, und der poröse Korallenfels nur die gänzliche Vermischung des Süss- und Salzwassers verhindert. Ich habe auf Kar Nikobar bei den Dörfern Mus und Saui mehrere solcher Cister- nen gesehen, die alle 8 10 Fuss tief durch den Korallenfels bis nahe zum Meeres- spiegel bei höchster Fluth gegraben sind und gutes Trinkwasser enthielten. Ausser- dem mündet aber in die nördliche Bucht von Kar Nikobar ein Fluss, dem wir wegen der an seinen Ufern so üppig wachsenden Arecapalmen den Namen Arecafluss gegeben haben, der gegen zwei Meilen weit landeinwärts mit flachen Booten befahrbar ist, und bei den kleinen Flussschuellen , zu denen man dann kommt, ein gutes Trinkwasser führt, das nur wenig kalkige Bestandtheile auf- gelöst enthält.

Von Mineralwässern oder warmen Quellen ist mir nichts bekannt geworden. Die Thonmergelfelsen am Nangkaurihafen sieht man aber mit zolldicken Krusten schwefelsaurer Magnesia, Bittersalz, in feinen seidenglänzenden Fasern überzogen; das deutet auf einen Gehalt der Thonmergel an schwefelsaurer Magnesia, so dass vielleicht durch Graben von cisternförmigen Löchern in diesen Thonmergeln in ähnlicher Weise Bittersalzwässer erzeugt werden könnten, wie dies mit den Bitter- salzmergeln bei Bilin in Böhmen geschieht.

5. Temperatur-Beobachtungen.

Da nach den Instructionen von Flüssen und Quellen die Temperatur zu messen war, und diese Aufgabe, wo sich Gelegenheit dazu bot, mir zufiel, so erlaube ich mir noch, die wenigen Bestimmungen, welche in dieser Richtung möglich waren, nebst einigen weiteren Temperaturbeobachtungen hier mitzutheilen.

Nikobar-Inseln. 111

a) Wassertemperaturen.

(1 1 Den 23. Februar auf Kar Ni kobar, Wasser in dem Brunnen bei dem Dorfe Sani in 8 Fuss Tiefe unter der Oberfläche, in völligem Schatten 25-7 C.

(2) 27. auf Kar Nikobar, Arecafluss im Schatten des Urwaldes . . . 25-0

(3) 4. März auf Till angschong, Westseite, eine Quelle im Schatten des Ur-

waldes 25-5

(4) eine zweite Quelle 26-0°

(5) 8. auf Nangkauri , alter Brunnen der mährischen Brüder bei dem

Dorfe Malacca, Wasser in 8 Fuss Tiefe im Schatten 2o-7

Wenn es erlaubt wäre, aus diesen wenigen Beobachtungen einen Schluss auf die mittlere Jahrestemperatur der nikobarischen Inseln zu ziehen, so ergäbe sich als Mittel eine Temperatur von 25'58° C.

Ich habe noch von einer Anzahl weiterer Brunnen und Bäche die Temperatur gemessen: da derer Wasser jedoch zeitweise der Sonne ausgesetzt ist, so ergaben sich sehr abweichende Resultate, z. B.

auf Kar Nikobar:

den 24. Februar, Brunnen bei Mus, Wasser in 3 Fuss Tiefe 27-0 C.

25. Bach zwischen Mus und Saui 27-8

26. Fluss bei Saui 29-0°

auf Kamorta: 9. März, zwei Bäche mit schlammigem, stagnirendem Wasser 27'0

a u f P u 1 <"> M i 1 u : 18. stagnirendes Bachwasser 26-5

b) Bodentemperaturen.

Um weitere Anhaltspunkte für die Bestimmung der mittleren Jahrestempe- ratur zu gewinnen, stellte ich einige Bodentemperatur-Beobachtungen an, wTelche folgendes Resultat ergaben :

Den 8. März auf Nangkauri bei dem Dorfe Inuang zeigte das Bodenthermo- meter, nachdem dasselbe an einem stets beschatteten Orte sechs

Stunden lang in 3'/3 Fuss Tiefe eingegraben war 25-7 C.

20. auf Kondul, gleichfalls in 3'/a Fuss Tiefe nach sechs Stunden . 25-3

Aus diesen beiden Beobachtungen ergibt sich wieder, übereinstimmend mit obigem aus den Quellentemperaturen gefundenen Mittel, ein Mittel von 25*5 C.

Diese Zahl ist niedriger als die bisherigen Angaben, die freilich auch nicht auf maassgebenden Beobachtungsreihen beruhen. Rink, der während seines Aufent- haltes auf den Inseln vom Jänner bis Mai 1846 das Thermometer nie unter 25 C. und nie über 33 C. in vollkommenem Schatten gesehen hat, hält 28 C. für die wahrscheinlichste Zahl. Nach Johnston's physikalischem Atlas geht der Wärme- äquator der Seeoberfläche mit 30-5° C. mitten durch die Inselgruppe und nach

112 Dr. F. v. Ilochstetter. Nikobar-Inseln.

demselben Atlas fallen die Inseln in den Bereich der Jahresisotherme von 26-l C. mit einer Januarsisotherme von 25-0 C. und einer Juliisotherme von 27-2° C. Was die Monatsmittel betrifft, so ergeben sieh aus den Beobachtungen der dänischen Corvette „Galathea" von vier zu vier Stunden:

1846 für Januar 28-2° C.

Februar 28-6° C.

Nach den stündlichen Bordbeobachtungen Sr. Maj. Fregatte ,Novara", wie dieselben im nautisch-physikalischen Theile veröffentlicht sind, ist das Mittel: Air die Tao-c 23.-28. Februar 1858 27-2° C.)

n

, Mittel 27-25 C. 1.— 26. März 27-5

Damit stimmt recht gut die Bodentemperatur, welche ich in 1 Fuss Tiefe fand: bei Saui am 26. Februar 27-7° C, auf Kondul am 20. März 27-0° C. und auf Gross-Nikobar am 26. März 27-0° C, also Mittel 27-26° C.

Was endlich die Tagesmittel betrifft, so sind dieselben für die Zeit unseres Aufenthaltes bei den Nikobaren in den Bordbeobachtungen gegeben. Auf Kar Nikobar kam ich auf den Gedanken, ob nicht die Temperatur des Wassers der jungen Kokosnüsse, wenn dieselben um die Tagesmitte von einem schattigen Baumwipfel frisch abgeschlagen werden, ziemlich genau der mittleren Tages- temperatur entspräche.

Ich fand am 26. Februar bei zwei Nüssen eine Temperatur von 27-2° C. und 27-4° 0., im Mittel 27-3*" C. Das Bordjournal gibt für denselben Tag als Mittel 27-3° C.

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Geologische Ausflüge auf Java.

tfava und Junghuhn! beide Namen sind unzertrennlich. Mit ihnen ist die Er- innerung an den Glanzpunkt meiner Reiseerlebnisse verknüpft. Mein erstes Bestreben nach der Ankunft in Batavia am G. Mai 185$ war, Franz Junghuhn aufzu- suchen, der damals zu Lembang bei Bandong lebte. Auf der Reise dahin hatte ich Gelegenheit mich einer Partie anzuschliessen, welche die Novara-Gesellschaft auf den Gipfel des Pangerango ausführte, und den thätigen Krater des Gunung Gedeh zu besuchen. Von da weg über Tjandjur und Bandong reisend traf ich am 17. Mai bei Junghuhn in Lembang ein. Mit welch offener Freundschaft ich hier aufgenommen wurde, kann ich nicht warm genug rühmen. Von Lembang aus bestieg ich den nahegelegenen Vulcan Tangkuban Prahu. Da der Besuch weiterer Vulcane in der mir zugemessenen Zeit nicht leicht möglich war, so berathschlagte ich mit Junghuhn eine Tour, auf welcher es mir möglich sein sollte auch eine Anschauung von dem javanischen Tertiärgebirge und seinem Petrefactenrekh- thum, so wie von den älteren Eruptivgesteinen auf Java zu bekommen. Eine Reise nach den südwestlichen Grenzgebirgen des Hochplateau's von Bandong, namentlich nach dem Listricte Rongga, versprach alle gewünschten Aufschlüsse und zugleich reiche Sammlungen von Petrefacten. Allein die Ausführung schien schwierig. Ich musste von allen Wegen und Stegen abgelegene, schwach bevöl- kerte Gebirgsgegenden besuchen, Schluchten durchwandern, in welche sich ausser Junghuhn selten ein Europäer verloren, und zu alledem hatte ich kaum eine Woche Zeit, da ich schon am 24. Mai wieder in Batavia zurück sein sollte. Allein trotz allen scheinbaren Schwierigkeiten wurde die Reise ausgeführt. Junghuhn hatte eine genaue Reiseroute für mich entworfen und diese dem Residenten von Bandong, Herrn Vi scher v. Gaasbeek, so wie dem Regenten von Bandong Raden Adipattie Wira Rata Ku sunia mitgetheilt, mit der Bitte, alles Nöthige vorzubereiten. Leider wurde ich, da Junghuhn von einem Unwohlsein betroffen

Novara- Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. !■•

114 Dr. F. v. Hochstetter.

war, des Genusses beraubt, von ihm selbst, dem gründlichsten Kenner des Lan- des, begleitet zu sein; allein ich bekam an Herrn Dr. E. de Vry, welcher damals Junghuhn in seinen chemischen Untersuchungen unterstützte, einen sehr gefälli- gen Reisebegleiter, dem ich für seine Aufopferung, mich auf der ganzen zum Theil sehr mühsamen Reise begleitet zu haben, zu grossem Danke verpflichtet bin.

Wenn ich es nun unternehme, das, was ich auf Java1 in den wenigen Wochen meines Aufenthaltes gesehen, zti beschreiben, so bin ich mir vollkommen bewusst, wie wenig Neues ich darin bieten werde. Denn Junghuhn's berühmtes, in wahr- haft Humboldt'schem Geiste geschriebenes Werk über Java enthält in der That eine so vollständige Beschreibung der geologischen, physikalischen und pflanzen- geographischen Verhältnisse von Java, wie wir sie nur von wenigen Ländern der Erde besitzen. Ich stimme vollkommen den Worten meines Freundes Baron v. Richthofen , der nach mir im Jahre 1861 das Glück hatte, mit Junghuhn einen Theil von Java zu bereisen, bei, wenn er sagt:'- „Welch' unendlicher Reich- thuin an Material, welche Fülle an mühsam errungenen Beobachtungen in diesem Meisterwerke enthalten sind, das wird erst klar, wenn man selbst einen Theil des Landes sieht, und auf jedem Schritt bis in die entlegensten Gegenden nur ein Ab- bild jener genauen Beschreibungen erblickt." Dieses Werk ist ein unvergängliches Denkmal für Junghuhn und legt das vollste Zeugniss ab von der riesigen physi- schen sowohl wie geistigen Kraft und Ausdauer, mit welcher dieser grosse Mann, der jetzt leider nicht mehr zu den Lebenden zählt, ausgestattet war.

1. Das Gedeh-Gebirge.

Von der Rhede von Batavia sieht man in blauer Ferne hoch hervorragend über das Flachland, das die Nordküste von Java bildet, mächtige Bergmassen, schöne kegelförmige Berggipfel. »Sie führen bei den Seeleuten den Namen des „grossen Gebirges" oder „der blauen Berge". Am frühen Morgen, bei Sonnenaufgang strahlen die Berge von der Morgensonne beleuchtet rein und klar weit hinaus in's Meer. Der dreigipflige zerrissene Bergkegel rechts ist der Gunung Salak, ein ausgebranntes vulcanisches Gerüste, aus dem noch im Jahre 1699 von Blitz und Feuerstrahlen und gewaltigen unterirdischen Kanonaden begleitet, ungeheure Massen von Sand und Schlamm hervorbrachen, welche als Schlammströme, losgerissene Baumstämme, Kadaver von wilden und zahmen Thieren, von Kroko- dillen und Fischen mit sich führend, bei Batavia in das Meer sich ergossen und die Mündungen von Flüssen und Bächen verstopften. Seither liegt dieser Berg,

1 Franz Junghuhn, Java, seine Gestalt, Pflanzendecke und innere Bauart, deutsch von .1. K. Hass- karl H Bde., Leipzig 1854.

J Ferdinand Freiherr v. Richtli o fe n, Bericht über einen Ausflug in Java. (Zeitschrift der deutsch, geolog. Gesellschaft lsfi-2.)

Geologische Ausflüge auf Java. 115

zerrissen und zerborsten bis in's innerste Eingeweide, todt da, und friedliche Cul- turen, üppiger Urwald ziehen sich an seinem einst so furchtbaren Gehänge in die Höhe. Links vom Salak an Umfang und Höhe um Vieles bedeutender, erhebt sich das Gedeh-Gebirge. Der höchste Punkt, ein schlanker regelmässiger Kegel, das ist der 9326 Par. Fuss hohe G-unung Pangerango,1 und neben ihm links, fast in gleicher Höhe, kann ein gutes Auge am frühen Morgen, wenn die Sonne die Gipfel beleuchtet, die nackten Felswände des thätigen Kraters des Gedeh erkennen und vielleicht dann und wann eine leichte Dampfwolke aufsteigen sehen. Schon um 10 Uhr aber lagern sich Wolken um die luftigen Gipfel. Die Wolken häufen sich gegen Mittag, und um 3 Uhr Nachmittags, fast mit ausnahmsloser Regelmässigkeit, hängt ein schweres Gewitter an den Bergen, dessen Blitze noch in später Abenddämmerung die Rhode von Batavia erleuchten.

Die luftigen Höhen des Pangerango und Gedeh, sie waren das Ziel unserer Sehn- sucht vom ersten Augenblicke an, als wir sie erblickten. Was musste es für ein Genuss sein, nachdem man fünf Monate tief unten am Spiegel der See in den feuch- ten, erhitzten Schichten der Atmosphäre gelebt hat, nun einmal auf 9000 Fuss Höhe wieder frische, trockene Bergluft zu athmen. Unsere Sehnsucht wurde be- friedigt, unser Wunsch ging in Erfüllung.

Am 14. Mai machten wir uns von Buitenzorg aus, dem Wohnsitz des General- gouverneurs, auf den Weg. Die holländische Regierung hatte für die Reise Alles auf das Vortrefflichste angeordnet. Wir erreichten über den Megamendungpass Abends Tjipanas am Fusse des Gedehgebirges und brachen am 15. Morgens zu Pferde auf nach dem Pangerango. Der Berg lag tief herab in schwere Wolken verhüllt und versprach uns wenig Günstiges für eine Aussicht von seinem Gipfel. Ein Reitsteig ist angelegt bis auf die Höhe; wohl führt der Pfad oft steil an tiefen Abgründen vorbei, aber die javanischen Pferde, eine kleine kräftige Race, klettern sicher und ausdauernd auch die steilsten Stellen hinan. Die Gesellschaft bestand aus 30 Reitern, da eine beträchtliche Anzahl von Eingebornen als Leib- und Ehrengarde unserem Zuge sich angeschlossen hatte, und die sonst so einsamen Wälder waren belebt von hunderten von Menschen, die mit Pferden, Lebensmitteln, Betten, Tischen und Stühlen hinaufzogen zu dem hohen Gipfel, auf dem wir die Nacht zubringen wollten. Noch ein gutes Stück aufwärts von Tjipanas sind die Gehänge des Gebirges frei von Wald bis auf etwa 4000 Fuss Höhe. Man sieht kleine

1 Junghuhn nennt den hohen Eruptionskegel, welcher gewöhnlich den Namen Pangerango führt Mandalawangi, und dagegen den alten Kraterwall, der sich an ihn anschliesst, Pangerango. Er folgt dabei der Benennung, wie sie bei den Bewohnern auf der Buitenzorger Seite , welche beide Gebirgstheüe sehen, und sie durch diese Namen unterscheiden, im Gebrauehe ist. Von der Tjipanas-Seite sieht man nur den Eruptions- kegel, der bei den Bewohnern der Preanger Regentschaft Pangerango heisst. Von hier aus aber wird der Berg gewöhnlich bestiegen ; daher dieser Name der gebräuchlichere.

15 '

116 Dr. F. v. II ochstot ter.

Dörfer zerstreut liegen und reitet über Wiesflächen, auf denen Büffel weiden, oder durch Tabak- und Kaffeepflanzungen. Da, wo der Wald allmälich beginnt, wo uralte Riesenstämme gleichsam als einzelne Vorposten stehen geblieben sind, hält man verwundert bei üppigen Artischoken und Erdbeerfeldern an und begrüsst die wohlbekannten Kinder der Heimath auf dem fremden Boden. Mitten unter ihnen steht aber ein gar seltsamer Gast mit schlanker, pyramidenförmiger Krone. Ein Dach schützt ihn vor den senkrechten Strahlen der Sonne, durch einen Zaun ist er abgegrenzt, sogar ein eigenes Wächterhaus ist zur Seite gebaut und eine blecherne Tafel bei dem Baume trägt die Aufschrift : ^Cinchnna catisaya1- . Also ein China- rindenbaum, eine jener kostbaren Chinapflanzen, welchen die holländische Regie- rung in ihren Chinaplantagen zum Nutzen und Frommen der Menschheit auf Java eine neue Heimath gegründet hat.

Von Tjipodas führt der Weg weiter an einer tiefen , von der üppigsten Vege- tation erfüllten Bachschlucht hin in einen majestätischen Wald, in dem die riesigen Stämme des Rasamalabaumes (Liquidambar Atimgiana) 80 bis 100 Fnss hoch sich in die Lüfte erheben, aus einem echt tropischen Unterholze von wilden Musaceen und zierlichen Baumfarren. So ging es aufwärts bis zu der plateauförmig ausge- breiteten Thalfläche Tjiburum (d. h. „Rothwasser"), der ersten Station, 5100 Fuss hoch. Eine Bretterhütte mit einem kleinen Versuchsgarten zur Cultur ausländi- scher Gewächse aus kälteren Zonen, die hier waldeinsam über den von Menschen bewohnten Regionen liegt, zeugt von der Thätigkeit des botanischen Gärtners zu Buitenzorg, dem man überhaupt die Anlage des ganzen Weges auf den Gipfel des Pangerango zu danken hat. Wir hielten uns nur so lange auf. bis die Pferde um- gesattelt waren. Dann ging es mit frischen Pferden rüstig aufwärts, steil bergan auf schmalem Zickzackwege fort und fort durch stille, düstere Waldmassen, durch die kein Ton hallte, als das Schnauben der mühsam kletternden Pferde und das dumpfe Rauschen der Bergwasser in tiefen Schluchten. Man kommt dem rauschen- den Bache näher und näher und erblickt mit Staunen endlich einen in der kühlen Bergluft dampfenden Wasserfall heissen Wassers. Die 45 C. warme Quelle Tji-olok oder Schwefelwasser, gleich am Ursprung ein ganzer Bach, bricht sprudelnd aus einem Trachytfelsen dicht beim Wege hervor und stürzt brausend und schäumend in eine tiefe, mit den herrlichsten Baumfarren erfüllte Seiducht. Ich habe nie ein üppigeres, an die Urzeiten der Erdbildung unmittelbarer erinnerndes Naturbild gesehen, als hier den Wald voll Baumfarren, eingehüllt in die warmen Dampf- massen, die von einem vulcanisch -heissen Quell aufsteigen. Gleich daneben stürzt ein zweiter Bach von kaltem, frischem Bergwasser in die Schlucht. Verkündet schon die heisse Quelle die Nähe vulcanischen Feuers, so zeugt ein Stein- und Schuttfeld, das nun überschritten werden muss, von der verheerenden Macht des nahen Kraters des Gedeh, aus dem die unterirdischen Kräfte nicht glühende Lava-

Geologische Ausflüge auf Java. 117

ströme, aber von Zeit zu Zeit gewaltige Stein- und Schlammmassen emporstossen, die, an den steilen Gehängen herabströmend, Alles verwüsten und verheeren.

Gegen 10 Uhr erreichten wir die zweite 7200 Fuss über dem Meere gelegene Station K an dang Badak, das heisst Versammlungsort der Rhinozerosse. Die Thiere sollen hier einzeln immer noch vorkommen : allein dass eine Schaar von nahezu 100 Menschen und fast ebenso vielen Pferden zu viel Geräusch und Lärm in die sonst so einsamen Waldungen bringt, um das scheue Thier nicht zu ver- scheuchen, und dass wir uns daher aus eigener Anschauung von der Richtigkeit der Benennung nicht überzeugen konnten , ist leicht begreiflich. Auch hier steht eine Bretterhütte, die schon mehrmals durch glühende Steine, die der Gedeh ausgewor- fen, niedergebrannt worden sein soll. Der Weg trennt sich jetzt und führt einer- seits zum thätigen Krater des Gedeh. den man nur zu Fuss erreichen kann, anderer- seits zum Gipfel des Pangerango. Wir wechselten zum zweiten Male die Pferde und hatten noch das letzte Stück Weges vor uns, den über die übrigen Gebirgsrücken hoch emporragenden steil ansteigenden Kegel des Pangerango. Er lag ganz in dichten Nebelwolken verborgen und nur an den steilen kurzen Zickzacklinien des Weges konnte man erkennen, dass dieser an einem freistehenden regelmässigen Kegel hinaufführe, der mit einer Neigung von 25 bis 30° ansteigt. Nun machte sich auch die kühle Luft der höheren Regionen in vollem Masse fühlbar und was man fühlte, das illustrite der Wald auch durch seine veränderte Vegetation. Zwar er- scheinen immer noch Baumfarren bis hinauf zum höchsten Gipfel, aber schon lange nicht mehr neben riesigen Rasamalastämmen, sondern zwischen krüppelig und knor- rig aussehenden niederen Bäumen, deren Stämme mit frischgrünen Mooskissen überzogen sind und von deren Ästen langes graugrünes Bartmoos herabhängt, das malerisch absticht von den rothen Blüthen der Bäume. Es ist ein Wald von Leptospermum und Tkipaudia, der üppig den ganzen Kegel bis zur höchsten Spitze überzieht1.

Es war gerade Mittag, als wir von Südost her den Gipfel des Kegels betraten. -Mir war Junghuhn's Beschreibung, als er im Jahre 1839, der erste Sterbliehe diese Höhe betrat, in frischer Erinnerung; „ich fand keine Spur eines mensch- lichen Treibens," sagt er, „und wand mich mühsam auf Rhinozerospfaden durch das tief überhängende Blättergewölbe des Gesträuches. So gelangte ich durch die Wal- dung zu einem kahlen Grund in der Mitte des Gipfels, wo ein Rhinozeros am Bache lag und ein anderes am Rande des Wäldchens weidete. Schnaubend flogen sie auf und davon!" Wie ganz anders sah es doch jetzt aus.

1 Der Gipfelwald des Pangerango besteht hauptsächlich aus folgenden Pflanzen: Thipaudia vulgaris, mit rothen Blüthentrauben , Leptospermum javanicum mit kleinen weissen Blüthen, Andenaria javanica = Gnapholiwn drboreum, Myrica javanica und zwei ffliododendron-Arten.

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Die etwas eoncav vertiefte, gegen Südwest, wo ein klares Brünnlein, der Ursprung des Tji Kuripan, die höchste Quelle auf Java, entspringt, sich senkende Gipfelfläche glich fast einem Heerlager. Überall Menschen und Pferde und lustig lodernde Feuer und neben einem Erdbeergarten voll reifer Früchte eine wohn- liche, vor Wind und Wetter schützende Hütte. Aber leider Alles in dickem, fein rieselndem Wolkennebel. Wir hofften vergeblich den ganzen Nachmittag auf hei- teren Himmel; nur kurze Augenblicke waren es, in welchen der Südost- Passat der höheren Luftregionen, der sonst der eigentliche Herr dieser Höhen ist und den rein- sten blauen Himmel über ihnen wölbt, Herr wurde über den Nordwest-Monsun der tieferen Regionen , der , an der westlichen Kraterkluft des Mandalawangi herauf- streichend , fortwährend Wolken über den Gipfel des Pangerango wälzte. So interessant dieser Kampf des feuchten Luftstromes der Tiefe und des trockenen Luft- stromes der Höhe war, so war es doch ärgerlich, dass der Südostwind nicht Herr werden konnte. Nur auf Augenblicke war wie durch Gucklöcher bald da, bald dort ein kleines Stück Landes unter unseren Füssen sichtbar und nur einmal lag der nahe Abgrund des Gedeh-Kraters offen da. Erst in der Nacht wurde es sternhell, wir mussten uns also wegen der Aussicht auf den nächsten Morgen vertrösten und uns heute begnügen mit dem, was uns zunächst umgab, und das war keineswegs ohne Interesse. Wächst doch hier oben eine Blume, die zu den schönsten gehört, welche die Natur hervorgebracht hat und die auf keinem anderen Fleck Erde bis jetzt gefunden wurde, die von Junghuhn hier entdeckte und von ihm benannte Primula irrvperiaMs (jetzt Cankrienia chrysantha de Vriess genannt) und mit dieser seltenen Blume in Gesellschaft eine Menge anderer Pflänzchen, die heimathlich an Alpenregionen erinnerten; durch das Gebüsch aber schlüpfte einsam und wenig scheu ein drosselartiger Vogel (Turdus fumidus) , der nebst einem kleinen zier- lichen zaunkönigähnlichen Genossen die einzigen beflügelten Bewohner der Berges- höhe bildet.

Die Sehnsucht einmal wieder tüchtig zu frieren, war bei den Meisten bald gestillt; es war in der That empfindlich kalt bei 8 bis 9 Cels., und als die Nacht einbrach, da wählte wohl Jeder in der Hütte seinen Platz mit Vorliebe möglichst nahe bei dem lustig knisternden Ofenfeuer.

Das Gedeh-G ebirge als Ganzes ist eines der grossartigsten Vulcangerüste Java's. Ein kolossaler Lavakegel umschliesst in einem ungeheuren Krater, dessen Rande nördlich der G. Seda-Ratu (8900 Fuss), südlich der Mandalawangi (8150 Fuss) angehören, zwei Eruptionskegel.

Der nordwestliche Kegel, der Pangerango, ist 9326 Par. Fuss hoch, und erloschen, aus Lapilli und vulcanischer Asche in der regelmässigsten Gestalt auf- geschüttet. Neben ihm in einem Abstände von nur '/4 deutschen Meile gegen Südost und mit ihm durch den 7870 Fuss hohen Rücken Pasir Alang verbunden, erhebt

Geologische Ausflüge auf Java.

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sich der zweite Eruptionskegel, Gr. Gedeh, fast zu gleicher Höhe (9230 Fuss). Er hat einen abgestumpften, innen durchbohrten Gipfel und auf dem Boden des durch Einsturz gebildeten Kraters erhebt sich ein kleiner neuer Eruptionskegel mit einem Kraterschachte, dem thätigen Krater des Gedeh. Bei klarem Wetter sieht man vom Pangerango herab durch die Kraterschlucht des Gedeh bis hinein in diesen Krater, ein Anblick, der am 16. Morgens der Reisegesellschaft in seiner vollen Grossartiffkeit geschenkt war1.

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Gedeh. Pangerango.

Das- CJerieh-ftebirge von rter Fläche von Radjamandala ans.

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8! ' B540' 9230' 7870' 9326'

Juirchechnitt des Gerten-Gel-irges.

Von zwei Gefährten begleitet, hatte ich mich am 16. noch vor Tagesanbruch auf den Weg nach dem Gedeh-Krater aufgemacht. Kurz vor der Station Kan- dang Badak führte der Weg ab von dem Reitsteig, den wir gekommen waren. Wir mussten zu Fuss auf einem ganz verwachsenen, selten betretenen sehmalen Pfade emporklimmen und kamen bald aus dem Walde heraus auf die losen Stein- und Aschenfelder, die von niederem Gebüsche und Gras nur spärlich bewachsen, den Abhang des Gedeh-Kegels bilden. Ein starker Schwefelwasserstoff-Geruch kam uns von der Solfatara entgegen , die unter dem Krater in einer wilden, von nacktem

1 Vergl. den Holzschnitt im beschreibenden Thefle des Noyarawerkes II- Bd., S. 160

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Gestein erfüllten Felsschlucht liegt. Weisse Wasser- und Schwefeldämpfe dampften hervor aus der dunklen, an ihrem oberen Rande schwefelgelb beschlagenen Fels- spalte; wir stiegen mühsam aufwärts und gelangten endlich an den Rand des Einsturzkraters. Welcher Contrast, wenn man von hier vorwärts und wenn man rückwärts blickte!

Rückwärts stand klar vom Fusse bis zur Spitze der schöne üppig grün be- waldete Kegel des Pangerango, hell schimmerte von seiner Höhe das dort errich- tete trigonometrische Fernzeichen, während aus dem Walde Schüsse herüberhallten, ein Zeichen, dass die Reisegesellschaft auf dem Rückweg vom Gipfel war. Vor uns aber öde wüste graue Steinmassen, die hohe amphitheatralisch geformte Felswand des Einsturzkraters, regelmässig aufgebaut aus säulenförmig abgesonderten Lava- bänken, und unter ihr der dampfende Eruptionskegel, ein wüster Stein- und Schutt- haufen in grau, gelb, roth. weiss und schwarz.

Aber wir waren noch nicht am Ziele unserer Wanderung. Wir mussten erst hinab- und dann wieder hinaufklettern.

Jetzt erst standen wir am Rande des thätigen Kraters. Ein trichterförmiger x\bgrund von 250 Fuss Tiefe, oben mit einem Durchmesser von ungefähr 400 Fuss lag vor mir, sein Grund erfüllt mit Schlamm, in welchem da und dort gelbliche Wasserpfützen standen. Die Thätigkeit war bei meinem Besuche eine äusserst ge- ringe. Der mich begleitende Sundanese Raksamangala, ein Unter-Steuerbeamter von Tjipannas, der denKrater zu wiederholten Malen, zum letzten Male im Jahre 1857 besucht hatte, behauptete, er habe den Krater nie so ruhig gesehen wie diesmal. Er sei sonst immer voll Dampf gewesen, so dass man nicht bis zu seinem Grunde habe hinab sehen können. Der Kraterboden selbst zeigte keine Spur von Gasentwick- lung, dagegen dampfte der östliche ziemlich stark zerklüftete Theil des Krater- kegels an der Kraterseite und an der Aussenseite an sehr vielen Punkten. Auch an der westlichen Aussenseite, an der wir heraufgestiegen waren, fanden solche Dampfentwicklungen statt, die an den Klüften und Sprüngen, durch die sie hervor- drangen, weisse Krystallnadeln von Alaun absetzten. Von schwefeliger Säure oder von Schwefelwasserstoffentwicklung war keine Spur zu erkennen, wiewohl die gelb- liche Farbe des Kratersees und die gelbliche Färbung an den Wänden unten im Krater nur von Schwefel herzurühren schienen. Neben dem Hauptkrater westlich hatte sich ein kleines kraterähnliches Loch in den Fuss des Eruptionskegels eingesenkt, das stärker als der Hauptkrater dampfte, und einen sehr entschiedenen Seh wefelw asserstoffger uch verbreitete. Der Kraterkegel selbst schien mir seiner Hauptmasse nach aus einer Schutthalde zu bestehen, die sich beim Einsturz des grossen Gedehkraters gebildet haben musste. Nur die obersten Schichten durch Auswürflinge aufgeschüttet sind. Die Oberfläche stellte eine rissig-zersprun- gene Schlammkruste dar, aus der gröberes Block werk hervorragte alles eckige

Geologische Ausflüge auf Java. 121

Gesteinsfragmente. Kur Wasser, Wasserdämpfe, Schlamm und eckige Gesteins- trümmer sah ich hier, aber keine Spur von geschmolzenen Massen, die der heutige Krater des Gedeh zu Tage gefördert hätte.

Die gegen 1000 Fuss hohen senkrechten amphitheatralischen Felswände des grossen Gedehkraters, an welche der kleine den jetzt noch thätigen Krater enthal- tende Eruptionskegel angelehnt erscheint, bieten einen grossartigen Anblick dar. Zu oberst liegen dünngeschichtete Sande oder Aschen und Lapilli, wie sie über Jen gan- zen äusseren Abhang desGedehkegels zerstreut sind, und in ihrer losen Aufhäufung das Ersteigen des Kegels sehr erschweren. Diese neuen Auswurfsmassen bilden aber nur wenig mächtige Schichten am obersten Theile des Gedehkegels. Darunter liegen an der Kraterwand die kolossalen Dünke der alten Andesitlaven, welche den Gedeh aufgebaut haben. Einzelne Bänke mögen eine Mächtigkeit von 100 Fuss erreichen. Man sieht diese Lavaströme in dem Querbruch, welchen die Kraterwand darstellt, sich nach einer oder nach beiden Seiten hinauskeilen, und kann deutlich dieSchla- ckenmassen erkennen, in welchen dieselben gleichsam eingebettet liegen, und welche

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die einzelnen Bänke trennen, jedoch im Vergleich zur Mächtigkeit der Lavaströme selbst nur eine unbedeutende Mächtigkeit besitzen. Durch die dunklere roth- und schwarzbraune Farbe heben sich diese Schlackenschichten von den grauen Andesit- bänken sehr deutlich ab. Die letzteren sind in senkrechtstehende Säulen von 6 bis 10 Fuss Dicke zerklüftet. Das am Gedeh-Gebirge vorherrschende Gestein ist ein fein- körniger grauer Andesit, ähulich den Pyroxen-Andesiten von Westland auf [sland oder manchen Amphibol- Andesiten (Mikrotinit Tscherm., grauer Trachyt von Richthofen) Ungarns und Siebenbürgens. Die Hauptmasse bildet feinkörniger Mikrotin , nur sehr untergeordnet sind Einsprengunge von Amphibolnadeln, reich- licher dagegen kleine schwarze Körner von Magneteisen und Augit.

Aus dem grossen Krater des Gedeh zieht sich in nordöstlicher Richtung eine oben weit geöffnete und durch eine hoch aufragende Triimmermasse zweige- theilte, nach unten aber am steilen äusseren Gehänge des Gedehkegels sich mehr und mehr verengende und vertiefende Kraterschlucht. Sie verliert sieh schon bei K. Bandak, da wo die Abhänge des Pangerango und Gedeh sich treffen; die Fort- setzung der Kraterschlucht von hier an bildet das zwischen den Gehängen des Gedeh und Pangerango eingesenkte Thal. Diese Kraterschlucht ist ein sehr lehrreiches Beispiel für die Bildung der unter dem Kamen Caldera bekannten Kraterspalten, wie sie nicht weniger grossartig auch die gewaltige in südwestlicher Richtung aus dem ungeheuren längst erloschenen Pangerangokrater ziehende Schlucht, die tiefste Kraterschlucht auf ganz Java, darstellt.

Diu ch jene Schlucht bekommt der grosse Krater des Gedeh ein spaltenför- miges Ansehen. Er stellt in dieser Beziehung eine sehr instruetive Mittelform dar zwischen den von Kratermauern kreisförmig umschlossenen Gipfel-Krateren und

Novara-Eatpedition. Geologischer Theil. IT. lid. 16

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den seitlichen .spaltenartigen Krateren, wie sie an vielen Vulcanen Java's so charakteristisch vorkommen. '

Suchen wir eine Vorstellung zu gewinnen von der Art und Weise der Bildung eines Kraterfeldes, wie es der Gunung Gedeh gegenwärtig darbietet, so müssen wir von einer ursprünglich geschlossenen Form des Gedehkegels ausgehen, der seiner Zeit den Pangerango nicht unbedeutend überragt haben mag. Ein Erdbeben oder die im Innern des Berges durch die allmälich erkaltenden und sieh zusam- menziehenden Lavaschichten entstandenen Hohlräume haben dann einen Einsturz veranlasst. Der Gipfel brach einseitig ein und einTheil der Trümmermassen ist gegen Norden abgerutscht und hat in dieser Richtung eine Furche gebildet, welche ab- wärts durch strömendes Wasser im Laufe der Zeiten immer tiefer ausgerissen wurde, und die jetzt der Abzugscanal der Schlamm- und Trümmermassen ist, welche der noch thätige Krater von Zeit zu Zeit auswirft. Was auf Salomon Müller's Karte des G. Gedeh als „wahrscheinlich ältere" und vielleicht „jüngere Lavaströme" an- gegeben ist, sind nur lose Trümmer- und Schuttmassen, welche sich durch die nörd- liche Kraterspalte zwischen dem Gunung Piompang und derSolfatara des Gedeh am Abhänge hinabziehen und am Ausgang der Kraterspalte zu ganzen Bergen aufgehäuft liegen. Grossartige Wasserwirkungen sind es vor Allem andern, die sich in dieser Kraterschlucht bemerkbar machen.

Wie nach abwärts eine Schlucht, so hat sich aber oben am Fusse der Krater- wand durch die abstürzenden Massen ein Querdamm gebildet, hinter welchem sich die atmosphärischen Wässer ansammeln können. Diese dringen auf der tiefen Spalte am Fusse der Kraterwand ein bis auf noch nicht völlig erkaltete Lavamassen, und an den glühenden Massen zu Dampf verwandelt, veranlassen sie von Zeit zu Zeit Ausbrüche aus dem jetzt noch thätigen Krater. Die ganze historische Thätig- keit des Gedeh lässt sich daher vergleichen mit den Explosionen eines Dampf- kessels, der geheizt ist durch die im Innern des Berges noch nicht erkalteten, in rothglühendem Zustande befindlichen Lavamassen. Wasser, Schlamm und Steine hat der Berg zu wiederholten Malen bis in die neueste Zeit (am 28 Mai 1852, am 14. März 1S53) ausgeworfen, ferner feinen Sand und vulcanische Asche, die bis nach Batavia flog; auch glühende Steiutrümmer, glühender Sand wurden mitgerissen und bildeten die Feuergarben, die man sah; aber bis zu h eissflüssigen Lavaströmen, bis zu geschmolzenen Lavatropfen oder vulcanischen Bomben hat er es in historischer

Z. li. am G. Salak , Malawar, Merabu, Gelunggung. Die kreisförmigen centralen Kratere können im Laufe der Zeit durch die in Folge von Eruptionen stattfindenden Veränderungen des Kraterfeldes zu seitlichen spaltenartigen Krateren umgewandelt werden, die, wie der seitliche Krater des G. Gelunggung bewiesen hat, eine nicht weniger furchtbare Thätigkeit entwickeln als die centralen Kratere, bis endlich die Kraterspalte zur todten Kraterschlucht wird.

Geologische Ausflüge auf Java. 1'23

Zeit nicht mehr gebracht. Dazu scheint seine innere Lebenskraft nicht mehr auszu- reichen. Er ist eben so in seinem letzten Stadium, im Stadium der Fumarolen- und Solfatarenthätigkeit, wie alle übrigen Vulcane Java's. Es ist die letzte Eeaction des inneren Feuers gegen das von aussen eindringende atmosphärische Wasser. Selbst die thätigsten Vulcane auf Java, der G. Guntur und G. Lamongan, liefern nur „Lavatrümmerströme", glühende Gesteinsstücke und glühende Asche, aber keine eigentlichen Lavaströme. '

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2. Der Tangkuban Prahu.

An der Nordseite des Plateau's von ßandong, einem wahren Eden zwischen donnernden Vuleanbergen, einer unerschöpflichen Reiskammer für das ganze Sundaland, erhebt sich eine lange Gebirgskette 6000 Fuss über den Spiegel der See, 4000 Fuss über die Hochebene von Bandong. Drei Hauptgipfel treten in dieser Gebirgskette besonders hervor. Der Sundanese gewohnt, die Natur- erscheinungen, welche sein herrliches Vaterland bietet, mit Namen zu benennen, welche eine charakteristische Eigenschaft ausdrücken oder eine sinnbildliche Bedeu- tung haben, nennt den östlichen abgestumpft kegelförmigen Berggipfel Gunung JBukit Tungul, d. h. abgebrochener Baum oder Stumpf, und meint, dass der mitt- lere lange Rücken, der Tangkuban Prahu oder der umgekehrte Kahn, aus dem umgeworfenen Stamme jenes Baumes gebildet wurde und dass der vielgezackte dritte Gipfel, der Burangrang, d. i. Baumäste, die Krone des Baumes mit

1 Die Unterscheidung von drei Hauptperioden in der Thätigkeit der Vulcane Java's, wie sie Junghuhn (Java II, p. 640 641) gibt, ist gewiss vollkommen naturgemäss.

Erste Periode: Erguss von trachytischer Lava (Amphibol- und Augit-Andesite) in feurig-zähem, nicht vollkommen geschmolzenem oder leichtflüssigem Zustande; in Folge dessen Aufbau der vulcanischen Kegel durch stufenförmig übereinander liegende mächtige Trachytbänke.

Zweite Periode: Erguss von flüssiger Lava, theils trachytisch (andesitisch), t.heils (in selteneren Fällen) basaltisch, in Strömen.

Dritte Periode der jetzigen Thätigkeit: Auswurf von Asche, Sand und Lavafragmenten, die roth- glühend herauskommen, aber eckig sind und sich nur als losgerissene Stücke der älteren Laven darstellen. Wo in rund abgeschlossenen Kraterschächten ohne Abfluss das atmosphärische Wasser sieh zu Kraterseen an- sammelt, da verursacht die Vermengung dieser Schutt- und Trümmermassen mit dem Wasser der Kraterseen Wassereruptionen und furchtbar verheerende Schlammströme.

Ob aus dem Mangel sichtbar werdender geschmolzener Lava an der Oberfläche in der Jetztzeit auf eine Lavaarmuth in der Tiefe des vulcanischen Herdes geschlossen werden muss, d. li. auf ein allmäliehes Erlöschen des innern Feuers, auf eine Abnahme der vulcanischen Kraft überhaupt, oder ob, wie Junghuhn meint, die wahre Ursache dieser Erscheinung derselbe Grund ist, welcher die Seltenheit heftiger Erdbeben in diesem an Vulcanen und Solfataren doch so überreichen Lande bedingt, nämlich die Leichtigkeit, womit die unterirdischen Dämpfe aus weiten, fast nie verstopften Öffnungen strömen können, deren wie Essen auf einer Spalte von West nach Ost vier Dutzend offen stehen, lasse ich dahingestellt.

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Asten und Zweigen sei. So verbindet der Sundanese die drei vulcanischen Haupt- gipfel jener nördlichen Gebirgskette durch ein Bild. Nur der mittlere langgestreckte Kücken, gerade derjenige Berg, dessen Form am wenigsten solches vermuthen lässt, ist heute noch ein thätiger Feuerberg. Sein Kraterfeld, bietet eines der grossartig- sten Schauspiele in der Vulcanwelt Java's.

Am 18. Mai Morgens brach ich in Begleitung von Herrn Dr. de V r y, dem Freunde Junghuhn's, von Lembang aus nach dem Tangkuban Prahu auf. Der Regent von Bandong hatte uns vortreffliche Reitpferde von echter Macassar-Race geschickt, und gefolgt von einer Anzahl berittener Sundanesen standen wir nach zweistündigem Ritt durch herrliche Urwälder am Rande des Kraters.

Dichte Nebelwolken erfüllten den Abgrund, an dessen Rande ich stand; ich konnte nichts sehen; ich wusste nicht, ging es da tief hinab, war der Abgrund weit und breit; ich hörte nur ein fürchterliches Sausen und Brausen aus verschiedenen Richtungen, das aus grosser Tiefe heraufdrang, als arbeiteten da unten hundert Dampfmaschinen, oder als stürzten schäumende Wasserfälle über hohe Felsen. Einzelne Bäume am Rande des Abgrundes waren abgestorben und sahen schwarz wie verkohlt aus; ich schrieb es den schwefligsauren Dämpfen zu, die ich roch, und die wohl, wenn der Krater in voller Thätigkeit, mit vernichtender Stärke sich ent- wickeln mögen. Und hier in diesen Abgrund sollte ich hinabsteigen auf einer schmalen, steilen Felskante, die zwischen senkrechten Felswänden im Nebel sich verlor! Es war mir unheimlich zu Mulhe, als ich den Javanen, die vorauskletterten, folgte.

Glücklicherweise hoben sieh die Nebel während unserer mühseligen Fahrt in die Tiefe, und mit einem Male lag klar vor mir der ganze furchtbare Abgrund vom oberen Rand bis zum Boden. Ich sah mit Überraschung und Erstaunen, dass die Felskante, auf der wir standen, nur eine schmale Mittelrippe war, die zwei tiefe, fast kreisrunde Kraterkessel, gemeinschaftlich umfasst von einer elliptischen hoch sich erhebenden Kratermauer, trennte. Im Gegensatz zu dem mehr spalten- artigen Charakter des Gedehkraters ist der Krater des Tangkuban Prahu eines der schönsten Beispiele eines rings von steilen Kraterwänden umschlossenen kessei- förmigen Kraters und dazu noch eines höchst merkwürdigen Doppel- oder Zwillings-Kr a t e r s.

Der westliche Kessel heisst Käwa Upas oder Giftkrater, der östliche Kawa Ratu oder Königskrater. Das ganze Kraterfeld hat von "West nach Ost einen Durch- messer von einer viertel deutschen Meile. Die Ellipse des oberen Kraterrandes misst in der Länge ungefähr 6000 Fuss, in der Breite 3000 Fuss. Ich stieg zuerst auf den Boden des Giftkraters. Ungefähr die Hälfte der Fläche des Kraterbeckens nahm ein seichtes trübes Wasserbecken ein, dessen fast schwefelgelb aussehendes Wasser einen adstrinffirenden alaunartigen Geschmack hatte und stark sauer reagirte.

Geologische Ausflüge auf Java.

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aber keine merklich erhöhte Temperatur besass. An den 1000 1200 Fuss hohen Kraterwänden zog «sieh die Vegetation, grünes Buschwerk, fast bis zum Grunde herab. Auf dem trockenen Theile des Kraterbodens war Vorsicht am Platze. Denn der ganze Grund um den Kratersee bis zu den steil ansteigenden Kraterwänden bestand eigentlich aus nichts Anderem, als aus dampfenden Solfataren, aus löche- rigen, rissigen Schlamm- und Schwefelkrusten, die man mit einem Stocke, ehe man

Das Kraterfeld des Tangkuban Prahu am 18. Mai 1858.

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Kawa Upas, der Giftkrater. Kawa Ratu, der Kö'nigskrater.

a. Kraler See. b. Trockener Kraterboden. c Solfatare. >l Schutt-Ti

Durchschnitt durch das Kraterfeld des Tangkuban Prahu.

sie betrat, vorsichtig prüfen musste, wenn man nicht Gefahr laufen wollte einzu- brechen. Man wäre zwar nicht in eine unergründliche Tiefe versunken; allein ein Fussbad in dem heiss brodelnden angesäuerten Schlamm wäre wenig rathsam gewesen. Stiess man die Krusten auf, so schimmerten an der Unterseite

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die glänzendsten reinsten Schwefelkrystalle entgegen. Dieser Schwefel, der hier zu kleinen Hügeln, die wie Maulwurfhaufen aussehen, aufgethürmt liegt, ist es, der die Javanesen bisweilen in die schauerliche Tiefe lockt. Die stärkste, oft den ganzen Krater mit ihren Dampfwolken erfüllende Solfatare lag an der östlichen Seite des Kessels dicht am Steilabsturz des Grates, auf dem wir herabgestiegen waren, neben einem kleinen brodelnden Wasserbecken. Der Wasserdampf fuhr furchtbar zischend aus einer Schwefelröhre. Was ich roch, war reiner Schwefel- geruch, keine Spur von Schwefelwasserstoff, nur dann und wann ein schwacher Geruch nach schwefliger Säure. Die Auswürflinge, welche auf dem schlammigen Absatz des Kraterbodens zerstreut lagen, bestanden aus kleineren und grösseren eckigen Andesitstücken in allen Stadien der Zersetzung. Durch die Einwirkung der schwefligsauren Dämpfe wird das Gestein gebleicht, weich und locker. Mehr vereinzelt waren schwarze und rothe Schlacken, poröse bimssteinähnliche Massen und rund abgeschmolzene concentrisch-schaalig sich absondernde Bomben, umge- schmolzene Andesitstücke.

Ein ganz anderes Ansehen bot der östliche Krater, der Königskrater. Die Kraterwände, die hier nur 500 bis 600 Fuss hoch sind, standen nackt und kahl da bis zur Höhe; man konnte im ersten Momente glauben, ein Schneefeld vor sich zu haben mitten im grünen Urwald. So bleich, weissgrau sieht hier alles Gestein aus, zersetzt und verwandelt durch die sauren Dämpfe, welche dem Boden entströmen. Und auf den weissen öden Steinmassen überall schwarze, verkohlte, knorrige Stämme von Sträuchern und Bäumen, die Beste der früheren Vegetation, die Zeugen der letzten Eruption im Jahre 1846, bei der der Königskrater heissen, von Schwefelsäure geschwängerten Schlamm, Sand und Steine auswarf, weit im Um- kreise die Waldung tödtend und verheerend. Doch schon jetzt keimt wieder üppi- ges Grün von Farren , von Polypodium vulcanicum und von der der Heidelbeere ähnlichen Thibaudia vulgaris, die in diesem Krater recht eigentlich heimisch ist, zwischen den nackten Steinen hervor und neben dem durch die Einwirkung der schwefligsauren Dämpfe und des schwefelsäurehaltigen Schlammes ganz braunkoh- lenähnlich veränderten verkohlten Busch- und Baumwerk.

Die Mittelrippe hatte am Ubergangspunkt in den zweiten Krater eine Höhe von etwa 100 Fuss über dem Boden des östlichen Kraters und ist an dem gegen diesen geneigten Steilabhang von dampfenden mit Schwefel incrustirten Bissen durchzogen. Sie besteht aus vulcanischem Schutt, Sand, Asche und eckigen, in allen Stadien der Zersetzung begriffenen Gesteinsfragmenten. Gegen den Krater flacht sich dieselbe in eine breite Schuttterrasse aus, welche die ganze östliche Hälfte dieses Kraterkessels ausfüllt, und auf der man bis zum Kraterboden gelangen kann. Diese Schuttterrasse ist von tiefen AVasserrissen durchfurcht, die in einen Haupt- riss münden, der dem Kraterboden zuführt, an dessen tiefstem Punkt am östlichen

Geologische Ausflüge auf Java. 127

Rande eine mit furchtbarer Gewalt Wasserdämpfe ausstossende Solfatare lag. Die Wasserrisse waren alle trocken, nur im Hauptrisse standen noch einige Tümpel reinen atmosphärischen Wassers. Eine bemerkenswerthe Erscheinung an den steilen Seiten der Wasserrisse sind Felspyramiden, im Kleinen, was die berühm- ten Bozen er Felspyramidenim Grossen sind, und eben so wie diese entstanden. Jede der kleinen 1 bis 2 auch 3 Fuss hohen Pyramiden trägt auf ihrer Spitze ein grösseres oder kleineres eckiges Lavastück und verdankt ihre Existenz eben dem schützenden Einflüsse dieses Steines. Die Säule selbst besteht aus feinerem Sand und Schutt. Junghuhn beschreibt und bildet dieselbe Erscheinung ab vom Sandstrom in der Kraterschlucht des G. Kelut (11. p. 468). Die Kraterwände lassen nur an einzelnen Punkten, wo weniger Schutt angelagert ist, Spuren von den säulenförmig abgesonderten Lavabäuken erkennen, aus denen sie bestehen; alles ist grau, nur nach oben zeigen sich mehr gelbe und braunrothe Farben.

Der Kraterboden des Königskraters liegt etwa 100 Fuss tiefer als der des Giftkraters. Die Kraterwände sind aber wohl um volle 200 Fuss niedriger als die des letzteren, so dass der Königskrater fast schon am Ostabhange des Tangkuban Prahu liegt. Wird durch einen neuen Ausbruch die östliche Kraterwand zerstört, so wird der Krater mit der Zeit zu einem spaltenartigen Seitenkrater, und endlich zu einer todten Kraterschlucht mit Fumarolen und Solfataren werden. Der Krater- boden war bei meinem Besuche trocken, und von vielen dampfenden Rissen durch- zogen, welche das Betreten gefährlich machten.

Dr. Bleeker, welcher den Berg im Jahre 1816 und 1850, beide Male vom Tjatter aus, bestieg (vgl. Natuurk. Tijdsch. I. p. 151), fand 1850 den Krater Kawa Ratu beinahe ganz in Ruhe. Nur an drei Punkten des Kraterbodens ent- wickelten sich kleine Dampfmassen, die sich aber nicht hoch in den Krater erhoben. Während 1816 der Kraterboden nicht zugänglich war wegen hoch aufwallenden Schlammes, mit dem er ganz bedeckt war, konnte man 1850 den Boden des Kra- ters wieder grösstentheils betreten. In der Mitte des Bodens befand sich ein weites Becken, das bis wenige Fusse zu seinem Rand mit Wasser gefüllt war. An den oberen Theilen der Kraterwände blühten eine Anzahl Thibaudien. Die östliche •Bergabdachung, deren Wald durch den Ausbruch vom Mai 1816 verwüstet war, hatte noch dasselbe Aussehen wie vor vier Jahren. Tausend dürre, todte Baum- stämme, einige Fuss über dem Boden abgebrochen, erinnerten noch lebendig an die Heftigkeit der damaligen Eruption.

Höchst ausgezeichnet und in überraschender Weise regelmässig ist die Rippen- bildung am Aussengehänge des Kraters Kawa Ratu, namentlich an dessen Ostseite. Der beistehende Holzschnitt gibt das Profil der oberen Krater wand an dieser Seite. Daraus ist ersichtlich, dass nur die jüngeren Auswurfsmassen in ihrer Schieb.-

128 Dr. F. v. Höchst etter.

tuno- der aus- und einspringenden Rippenform sich concordant anschliessen, wäh- rend die älteren Tuff- und Aschenschichten am inneren Kraterrande in ungestörter

Oberster Theil der östlichen Kraterwand des Königskraters.

Horizontallinie erseheinen. Diese Schichten sind daher älter, als die Bildung der Rippen, die nur dem Abfluss atmosphärischen Wassers an einem einst höheren Kegelgehänge zugeschrieben werden kann. Jene Schichten sind dagegen jünger und wahrscheinlich die Producte der letzten Eruption. Denn der Wald an der Ober- fläche ist hier an der Ostseite völlig zerstört, man sieht nichts als schwarze knorrio-e Baumstämme, die wie auf einem Schneefelde stehen. Erst weiter abwärts beg iiint grüner Wald.

Was die Bildung des merkwürdigen Doppelkraters des Tangkuban Prahu betrifft, so kann ich mich mit der Ansieht nicht einverstanden erklären, dass beide Kessel einst ein grosser elliptischer Krater gewesen, und erst durch die aus Aus- wurfsmassen aufgehäufte Mittelrippe getrennt worden sein. Allerdings besteht diese Mittelrippe grossentheils , namentlich in ihren unteren niedereren Partien fast nur aus Schutt, aber oben bei der Hütte sieht man deutlich noch anstehende Andesitbänke in die Mittelrippe vorspringen, und ich glaube, dass. ein andesitischer Felsgrat den eigentlichen Kern der Mittelrippe bildet, der von den Auswurfs- massen nur bedeckt wurde. Es ist somit wahrscheinlich, dass durch jeden neuen Ausbruch die Mittelrippe mehr und mehr zerbrochen wird, und so die beiden Kessel nach und nach zu einem verschmelzen.

Über die im Kraterfeld des Tangkuban Prahu stattgehabten Veränderungen hat Junghuhn Aufzeichnungen gemacht. Die Kraterseen des Tangkuban Prahu sind klein im Vergleich zu den Kraterseen anderer Vulcane auf Java, und von sehr veränderlicher Natur. Im Jahre 1837-und 1848 bei den Besuchen von Junghuhn waren es nur Schlammpfützen, daher der Schlammausbruch am 27. Mai 1846 nur unbedeutend; er überschüttete nur die oberste Region der Berggehänge auf der Ost- und Kordostseite.

Die Lava des Tangkuban Prahu ist ein feinkörniges, von feinen Poren durch- zogenes rauchgraues Gestein, in welchem sich Mikrotinit-Kryställchen und Augit erkennen lassen. Eine Analyse davon hat kürzlich Dr. Otto Prölls (Neues Jahrb. 1864, S. 427) mitgetheilt, und das Gestein als Dolerit bezeichnet. Ich würde vor- ziehen, dasselbe als Pyroxen-Andesit zu den Andesiten zu stellen.

Geologische Ausflüge auf Java. 129

3. Das südwestliche Grenzgebirge des Plateaus von Bandong, der District

Rongga.

Die Dankbarkeit gegen den Eesidenten von Bandong, Herrn V isolier von Gaasbeek und gegen Raden Adipatti, den Regenten von Bandong, macht es mir zur Pflicht, in Kürze zu erwähnen, in welch ausgezeichneter Weise diese Herren dafür Sorge getragen haben, dass ich den von Junghuhn entworfenen Reiseplan '

1 Der von Junghuhn entworfene Reiseplan war folgender:

Reiseplan für Herrn Dr. Hochstetter und de Vry von Lembang bis Radjainandala.

19. bis incl. 23. Mai 1858.

Erster Tag. 19. Mai. Von Bandong zu Wagen über Tjimai und Lewi gadjah bis durch die Tji- Taruni-Kluft. Von hier zu Pferd am jenseitigen linken Ufer der Kluft aufwärts, bis wo die kleinen Wasserfälle liegen: 1. Tjuruk-Kapek, 2. Tjuruk-Lanang. In der Nähe schöne Entblössungen hoher Wände von Süsswas- ser-Schichten. Junghuhn's Java III. 287 und 3. Tjuruk-Djompong, über Porphyrstufen. III. 250. Vom Djompong- Wasserfalle zu Pferd weiter zum Batu Susun am Abhänge des G.-Bulut. III. 150. und von da nach Tjililin (dem Hauptorte des Districtes Rongga). Von hier ist der Javan Tschakra di Pura voraus- geschickt worden, um in Tji-Lanang-Thale nach Petrefacten zu graben.

Zweiter Tag. 20. Mai. Von Tjililin zu Pferd zu der Kalkbrennerei Lio tjitjangkang. III. 74 P. und 85 80 und von da weiter westwärts ins Tji-Lanang-Thal , nebst einigen kleinen Seitenthälern und Neben- bächen, besonders Tji-Burial und Tji-Tangkil, wo im Schutt der eingestürzten Seitenwände viel gut erhaltene fossile Conchylien gefunden werden. III. 72. Von da weiter aufwärts in die höheren Gegenden des Tji-La- nang-Thales zum Fusse der Sandsteinwand G.-Sela (auf der rechten Thalseite), wo die Schichten sehr reich an Fossilresten sind und die Conchylien an ihrer ursprünglichen Lagerstätte, d. h. in noch nicht zerbröckelten Sandstein eingebettet erblickt werden. Auch fossiles Harz. III. 181. In einem der zunächst liegenden Dörfchen übernachten. (Der Pasanggrahan Gunung alu am Tji-Dadap liegt eine Stunde weiter entfernt und höher.)

Dritter Tag. 21. Mai. Vom Tji-Lanang-Thale zum kleinen Grenzdorfe Tjatjabang und auf der Reis.e dorthin besuchen : 1. den Hornblendeporphyrkoloss G.-Karang auf der linken Seite des T.-Lanang-Thales. 2. Den Kalkbrecciefelsen Batu kakapa im Tji-tjamo-Thale. III. 130. Zu Tjatjabang wird gefrühstückt und wenn es noch Zeit ist vor dem Frühstücke, sonst nach dem Frühstücke besucht folgende wichtige Punkte der Erosionskluft : 3. Tjukang raon III. 141 und 4. Tjuruk-Alimun, der grösste Wasserfall des Tji-tarum III. 251, woselbst Grünstein und zwischen diesem Wasserfalle und dem Dorfe Tjatjabang ein Gang grobkörnigen Diorits.

Vierter Tag. 22. Mai. Von Tjatjabang herabklettern schief an der linken Tji-tarumkluftwand hin bis in den tiefsten Grund der Erosionsspalte Sangjang hölut III. 54 mit saigeren Schichten. Die später zu besuchenden, ebenfalls perpendiculär stehenden Kalkbänke liegen am äusseren Saume dieses Schichtengebirges, zwischen Traebyt und Eruptionsgesteinen.

Zu Tjatjabang frühstücken und weiter reisen über die Grenzbergkette G.-Lanang ins Dorf Gua am Fusse der steilen Wand des Kalksteinfelsen G.-Nungnang mit der Vogelnesthöhle dicht neben dem Dorfe. III. 193.

Fünfter Tag. 23. Mai. Früh von Gua aufbrechen und am Nordfusse des G.-Nungnang hingehen bis zur Tji-Tarum. Auf einer Fähre übersetzen und besuchen: 1. Die Höhle Sangjang tjikoro, die unmittelbar am jenseits rechten Ufer liegt (vergl. über Kalkfelsen III. 193) und wenn es nicht zu spät wird, die merk- würdigen Höhlen 2. Gua Silanang und 3. Gua tjikasang in den Kalkfelsen, genannt G. Gua und Bundut, bei einer von welchen die perpendiculäre Aufrichtung des Ganzen besonders deutlich ist.

Weiter von da nach Radjainandala am grossen Postwege, wo der Wagen wartet, um nach Tjandjur zu gehen.

Sechster Tag. 24. Mai. Von Tjandjur nach Batavia.

Novai'a-Expedition. Geologischer Theil. II. Ret. 17

130 Dr. F. v. Hochstetter.

vollständig ausführen könne. Zugleich mag das ganze Arrangement dieser Reise zeigen, wie man auf Java unter dem Schutze und mit der Empfehlung der hollän- dischen Regierung reist.

Der Bruder des Regenten von Bandong, eine echt ritterliche Natur, war mein und Herrn de Vry's Ehrenbegleiter. Für alle materiellen Bedürfnisse hatte der Re- gent von Bandong auf's Luxuriöseste gesorgt. Vier Diener und ein Koch mit einer grossen Anzahl von Kuli's wurden jedesmal auf die in der Reiseroute bezeichneten Rastplätze, oft mitten im Wald, auf einem Berge oder in einer Thalschlucht voraus- geschickt, so dass wir, wenn wir ankamen, die reich besetzte Tafel bereit fanden. Wo für die Mittagsrast oder das Nachtlager kein Pasanggrahan oder sonst keine taugliche Hütte sich vorfand, da wurde schnell aus Bambus und Palmblättern, dem Material, aus dem der Javanese tausend zum Leben nothwendige Dinge zumachen versteht, eine wohnliche Hütte mit Speisezimmer, Schlafzimmer und Baderaum eigens neu gebaut. Um keine Zeit zu verlieren, mussten bei dem schwierigen Terrain die Reitpferde täglich 3 bis 4 mal gewechselt werden; die frischen Pferde standen überall schon bereit. An die Punkte, wo Petrefacten gesammelt werden konnten, waren eigens Leute vorausgeschickt, die graben mussten und Alles Ge- fundene zusammenlegen, so dass ich das Brauchbare aus dem Gegrabenen und Gefundenen nur auszusuchen hatte und ohne Zeitverlust so auch eine Sammlung zusammenbrachte. Die selten betretenen Wege in den abgelegenen Gebirgs- gegenden fand ich alle neu hergerichtet, und ich sage nicht zu viel, wenn ich er- wähne, dass wohl 40 oder 50 kleine Brücken und Stege, aus Bambus geflochten und mit Bambusgeländern versehen, eigens hergerichtet werden mussten, um die Wege reitbar zu machen. Überall aber, wo es galt vom Weg ab in tiefe Schluchten hinabzusteigen, die höchstens ein Geologe besucht, weil er dort natürliche Auf- schlüsse findet, waren die Wege ganz neu gebahnt und auf felsigem Terrain alle Hindernisse durch eingehauene Stufen und angelegte Bambusleitern überwunden.

Nicht weniger als 38 berittene Sundanesen, alle in festlich geschmückter malerischer Nationaltracht, die Häuptlinge der Districte, die wir besuchten, mit ihrem Gefolge, hatten sich uns angeschlossen. Die Zahl der Lastträger aber, die zur Bedienung dieses Reiterzuges nothwendig waren, habe ich nicht gezählt. Mit Musik und Tanzspiel wurden wir Abends in den Dörfern empfangen, die zu unserem Nachtquartier bestimmt waren, und unter Musik und Zusammenströmen der ganzen Bevölkerung stiegen wir am frühen Morgen, wenn der Tag graute, wieder zu Pferde.

Geologische Ausflüge auf Java. 131

Das durchreiste Terrain umfasst den südwestlichen Theil des Plateaus von Bandong, den District Rongga auf der Südseite des Tjitarurnflusses zwischen des- sen erstem Wasserfalle Tjuruk-Djombong bei der nördlich in das Plateau vor- springenden vielkuppigen Trachytkette und dem Durchbruche durch die westliche Grenzkette, welche das 2500 Fuss hohe Plateau von der um 1200 Fuss tiefer gelegenen Fläche von Radjamandala trennt. Südlich lehnt sich dieses Gebiet an die Gehänge eines höheren zum Theil vulcanischen Gebirgsjoches zwischen dem Gunung Patua und Gunung Kendeng an, welches die Wasserscheide zwischen Süd- und Nord-Java bildet. Der Tji Lanang und Tji Sokan, zwei Nebenflüsse des Tji Tarum, sind die Hauptgewässer dieses aus neptunischen, vulcanischen und plu- tonischen Gebilden auf das mannigfaltigste zusammengesetzten und für die Geolo- gie von Java sehr wichtigen Gebietes, welchem Junghuhn, wie er an verschie- denen Stellen seines Werkes erwähnt (z. B. III. S. 57, 194, 251), eine mono- graphische Bearbeitung widmen wollte, zu deren Ausführung er jedoch meines Wissens nicht mehr gekommen ist. Auch mein Freund Baron v. Bichthofen, welcher nach mir im Jahre 1861 Java bereiste und über seine Ausflüge daselbst so anziehende Mittheilungen gemacht1 hat, hat gerade diesen Theil des Landes nicht gesehen, so dass ich es für gerechtfertigt halte, den Bericht über meine Reise etwas ausführlicher zu geben.

19. Mai. Um 6 Uhr Morgens fuhren wir von Bandong ab. Wir konnten in der ersten Stunde noch die grosse Poststrasse in der Richtung nach Tjandjur benutzen, und lenkten bei Tjilokotot in südwestlicher Richtung auf eine Landfahrstrasse ab, deren Zustand der Art war, dass die Pferde durch die landesübliche Vorspann von Büffeln ersetzt werden mussten. Der Weg führte über eine Einsattlung zwischen zwei domfö'rmigen Kuppen, den äussersten Ausläufern einer Hügelkette, die in nördlicher Richtung weit in das Plateau von Bandong vorspringt, steil abwärts zum Tjitarum-Flusse. Jenseits, die südliche Begrenzung der fruchtbaren Plateaufläche bildend, lag vor uns vollkommen wolkenfrei die hohe Gebirgskette mit dem G. Malawar, dessen Solfatare Kawa Wajang ein Fundort von silberweissem Federalaun ist, und der gleichfalls er- loschene G. Patua.

Jene Hügelkette besteht aus traehytischen Gesteinen. An der Strasse selbst hat man jedoch keine Gelegenheit sich von der petrographischen Bescbatt'enheit des Gesteins näher zu überzeugen, da Alles tief hinein zu rother Erde zersetzt ist. Erst in der Fortsetzung der Hügel- kette jenseits des Tjitarum findet man bessere Aufschlüsse. Aber schon die Form der Hügel ist ausserordentlich charakteristisch. Es sind niedere domfö'rmige Kuppen und Kegel, die sich 2 bis 500 Fuss hoch über die Plateaufläche erbeben und im Kleinen die Form grosser vulcanischer Berge nachahmen. Sie sind waldlos und oft bis zur Spitze angebaut. Mich haben diese Kuppen an die nikobarischen Hügel auf Kamorta erinnert, die gleichfalls nicht vuleanisch sind, sondern Masseneruptionen dioritischer und byperitischer Gesteine ihren Ursprung verdanken. Abwärts an den Gehängen des Tjitarum-Tbales treten die jüngeren Sedimcntbildungen, welche die Plateau-

Ferd. Freih. v. Rirhthofen, Bericht über einen Ausflug in Java, Zeitschrift d. deutsch, geol. Ges. 1862.

17

132 Dr. F. v. Hochsletter.

fläche zusammensetzen, in Geröll-, Sand- und Thonbänken zu Tage. Um 9 Uhr hatten wir den Tjitarum, den Hauptfluss des Plateaus von Bandong, der seine Quelle am Gunung Malawar hat, und der weiter abwärts, da wo er das westliche Grenzgebirge durchbricht, grossartige Wasser- fälle bildet, erreicht. Hier schon ist er ein ansehnlicher Strom mit starkem Gefälle, der sein Bett tiefer und tiefer eingräbt und auf seinem Laufe durch jene Hügelkette die ersten Wasserfälle Tjuruk Djombong, Tj. Lanang, Tj. Kapek bildet, bei welchen man neben traehytischen Eruptivgesteinen zugleich hohe Wände der jüngsten Süsswasserschichten des Plateaus von Ban- dong aufgeschlossen sieht. Diese Punkte waren das nächste Ziel unserer Reise.

Schon hier waren wir aber am Ende fahrbarer Strassen ; der Wagen wurde zurück- geschickt, wir setzten auf einer über drei aus riesigen Baumstämmen ausgehöhlten Kähnen- mittelst Bambus zierlich geflochtenen Brückenfähre auf's linke Ufer über, wurden hier an der Grenze des Districtes Rongga vom Districtsoberhaupt, dem Wedanah und seinen Unterbeamten begrüsst und setzten nun die weitere Reise zu Pferde fort. Wir ritten am linken Flussufer thal- abwärts und waren bald an der Stelle, wo wir zu dem ersten und obersten Wasserfalle des Tjitarum hinabzuklettern hatten. Ein frisch gestufter Fussweg machte das leicht möglich.

Tj uruk1 Djombong ist der erste Wasserfall des Flusses. Er liegt nahe der Grenze, wo der Tjitarum in seinem Laufe nach Westen aufholt ein in einem flachen Bette fliessender Plateau- strom zu sein, und in eine vielkuppige Traehytkette eintritt, welche von den Gehängen des G. Tilu und G. Patua wie eine mächtige Gangmasse in nördlicher Richtung in das Plateau von Bandong vorspringt. Die Erosionskluft ist hier kaum 100 Fuss tief. Ein prachtvoller Kiara- baum , der unten am schäumenden Flusse steht, wölbt sein schattiges Laubdach über den Be- schauer, der auf einer vorspringenden, von Farnkräutern und Moos bedeckten Felsterrasse die Naturscenerie betrachtet. Die Wassermasse des Flusses stürzt in einer Breite von circa 100 Fuss brausend über zwei Hauptstufen, die zusammen eine Fallhöhe von 30 Fuss bilden. Etwas weiter flussaufwärts bemerkt man eine dritte kleine Stufe. Zwischen jenen beiden Haupt- stufen liegt mitten im schäumenden Wasser ein mit Gesträuch bewachsener Fels, und unterhalb der zweiten Stufe ragt aus dem zischenden, brausenden Strudel malerisch eine zweite etwas grössere Felsinsel mit Baumgruppen hervor. Die Felswände am linken Ufer zeigen ein sehr feldspathreiches etwas Hornblende und Quarz führendes trachytisch.es Massengestein von por- phyrischer Structur und lichter Farbe mit einer Neigung zu plattenförmiger Absonderung. Dasselbe hat einige Ähnlichkeit mit dem Csetatye-Gestein von Vö'röspatak in Siebenbürgen und dürfte am ehesten mit den von Dr. Stäche unter dem Namen Dacit beschriebenen siebenbür- gischen Quarztrachyten zu vergleichen sein. Es war mir jedoch nicht möglich einen frischen Bruch zu schlagen. Von geschichtetem Gebirge ist hier nichts zu sehen.

Erst etwa eine halbe englische Meile unterhalb dieses Wasserfalles tritt der Fluss in die traehytische Hügelkette selbst ein und erscheint hier zwischen der kleinen Kuppe KorerKotok am linken Ufer und dem regelmässig kegelförmigen G. Selatjan am rechten Flussufer ein- gezwängt. Hier liegen die beiden anderen Wasserfälle, zunächst: Tjuruk Lanang Das Fluss- bett ist hier schon tiefer eingerissen; die Ufer sind steil und felsig, so dass es nur mittelst Bambusleitern möglich war, bis zum Niveau des Flusses hinabzusteigen. Tj. Lanang ist mehr eine Stromenge als ein Wasserfall. Die anstehenden Felsen sind ausserordentlich zähe und be- stehen aus einem Mikrotinit mit dichter graugrüner Grundmasse ohne deutliche Hornblende.

1 Das malayische Wort Tjuruk bedeutet „Wasserfall" und ist aus Tji-Uruk abgekürzt.

Geologische Ausflüge auf Java. 133

Eine am linken Ufer senkrecht abgestürzte Wand entblösst auch eine Sehichtenreihe von sedi- mentären Gebilden. Das Profil ist folgendes:

G Fuss Ackererde.

8 grobes Gerolle. 12 brauner Sandstein mit thonigen Schichten. 10 kleineres Gerolle. 20 brauner dünngeschichteter Sandstein.

Diese Schichten liegen vollkommen horizontal in ungestörter Lage auf den im Flussbette anstehenden Felsmassen. Sie gehören zu den jüngsten Süsswasserbildungen, welche das Plateau von Bandong ausgeebnet haben.

Nach kurzer Rast brachen wir auf zum Tjuruk Kapek, dem dritten Wasserfall, der nur wenige Schritte unterhalb des Tj. Lanang liegt, zu dem man aber einen ziemlichen Umweg machen muss. Auch Tj. Kapek ist mehr eine Stromenge als ein Wasserfall. Der Fluss, hier nur 24 Fuss breit, fällt über eine 6 Fuss hohe Sandsteinstufe, welche den untersten Schichten in obigem Profil entspricht. Der Sandstein besteht aus feinem vulcanischem Sand.

Ich konnte mich hier von der Richtigkeit von Junghuhn's Ansicht überzeugen, dass das Material der sogenannten Süsswasserschichten des Plateaus von Bandong grösstentheils vulcani- schen Ursprungs ist, und dass dieses Plateau eben so wie alle anderen Centralflächen Java's durch vulcanische Aus wurfsm assen, Trümmer von Lava, durch Asche und Sand angehöht und ausgeebnet ist, während darunter ältere tertiäre Schichten liegen und darüber theilweise Fluss- alluvionen. In der That, um eine Vorstellung zu bekommen, woher das Material zur Ausebnung und Bildung solcher Flächen, wie sie die niedere Plateaustufe von Tjandjur und Radjamandala und das höhere Plateau von Bandong darstellen, darf man sich nur an die Ungeheuern Trümmer- und Schlamm-Massen erinnern, welche die Vulcane Java's zu verschiedenen Zeiten ausgeworfen haben, z. B. der G. Gelunggung im Jahre 1822, dessen Schlammströme eine Fläche von 45 Pfählen1 um 50 Fuss erhöht haben.

Unser nächstes Ziel war der Felskegel Batu Susun, der am Abhänge des G. Bulut thurmförmig über die Waldung hervorragend schon aus der Entfernung sichtbar war. Je tiefer wir in die Berge kamen, desto reizender wurde die Landschaft. Regelmässige Kegel und Kuppen, die in malerischer Perspective hinter einander liegen, theils bewaldet, thcils bebaut bis zur höch- sten Spitze, dazwischen idyllische Thäler, durchströmt von frischen klaren Bergwässern und im Grunde derselben üppig grüne Reisfelder in Terrassen über einander, zwischen Palmen und Bambusgebüsch einzelne malayische Hütten, Alles das sind Bilder, welche sich tief in die Erinnerung einprägten. In freundlichen Thälern fort langsam ansteigend und zuletzt auf steilen Pfaden, die über grusig verwittertes Gestein führten, erreichten wir nach 2 Uhr am Fusse des Felskegels eine freie offene Anhöhe mit der herrlichsten Aussicht, und fanden auf diesem schönen Platze auch Alles auf's Vortrefflichste vorbereitet zu unserer Labung und Stärkung.

Der Batu Susun ist eine thurmförmige oder eigentlich pagodenähnliche Felsmasse, die sich am bewaldeten Abhänge des G. Bulut frei erhebt und in dicke re"elmässi»-e Säulen gegliedert erscheint. Die Ansicht, welche ich hier mittheile, habe ich von unserem Rastplatze aus skizzirt. Es ist keineswegs leicht, sich von der mineralogischen Zusammensetzung des Gesteines zu überzeugen, da es kaum gelingt, ein frisches Stück zu finden oder einen frischen Bruch zu schlagen. Dennoch liess sich so viel feststellen, dass das Gestein seiner petrographischen Natur

i Ein Pfahl ist etwas weniger als eine englische Meile = 4671 Par. Fuss.

134

Dr. F. v. Hochstetter.

nach zu den Sanidin-Oligoklastrachyten gehört. In einer grauen felsitisehen Grundmasse liegen kleine gestreifte Mikrotinkry stalle neben grösseren rissigen Sanidinkrystallen und einzelnen kleinen Hornblendenadeln porphyrartig eingewachsen. In den dunklen Urwäldern am oberen Berggehänge machen sich gleichfalls Felswände bemerkbar, welche eine säulenförmige Abson- derung zeigen. Am Fusse des Berges aber ist das Gestein zu einem rothen lehmigen Grus ver- wittert, in welchem man da und dort weisse kaolinische Nester bemerkt. In diesen zersetzten Massen liegen dann noch feste, concentrisch-schalig sich absondernde Blöcke eines deutlich kristallinischen Gemenges von Hornblende und triklinem Feldspath.

Batu Sneun am Nordabh&nge des Gummg Bulut, Trachytiels mit säulenförmiger Absonderung.

Die Mahnung desWedanah, der auf drohende schwarze Gewitterwolken deutete, veranlasste uns zum Aufbruch. Wir hatten aber kaum am Fusse des Berges einen besseren breiteren Reit- weg erreicht, als sich der Platzregen über uns ergoss. Der Weg war durch den Regen fast grund- los geworden. Als der Regen aufgehört, da zirpte und zwitscherte es aus allen Gebüschen, die Thierwelt schien jetzt erst lebendig geworden zu sein; denn wie es früher ruhig und stille war, so ging jetzt ein Höllenlärm los, an dem sich allerlei Thierstimmen betheiligten ; am lau- testen kreischten grosse Cycaden. Wir ritten fort am Fusse der Berge durch eine stark bevöl- kerte Gegend. Die kleinen Dörfer, die wir passirten, liegen kaum eine halbe englische Meile von einander; wir passirten gegen acht solcher Dörfer. Diese Ansiedlungen sind stets umzäunt und liegen hinter den Baumgruppen fast versteckt. Der Weg führt nie durch das Dorf, immer

Geologische Ausflüge auf Java. 135

aussen an der Umzäunung hin. Diese Umzäunung ist tlieils eine natürliche durch Bambus- gebüsch, oder ein künstlicher, häufig doppelter Bambuszaun. Zwischen beiden Umzäunungen stehen dann Areca-, Zucker-, Kokospalmen, Pisang u. s. w., so dass ein förmlicher Wald, welcher eine Auslese aller nützlichen Tropengewächse enthält, die Dörfer umgibt1.

Wir erreichten Tjililin, den Hauptort des durch seinen Petrefactenreichthum so berühm- ten Districtes Rongga, den Wohnsitz des Wedanah, bei einbrechender Nacht und wurden feierlich mit Gamelangspiel in dem festlich erleuchteten Pasanggrahan empfangen. Die Über- raschungen waren aber nicht zu Ende. Das Beste hatte sich der Wedanah noch vorbehalten. Nach dem Abendessen schleppten vier Männer einen schwer beladenen Tisch in das Speise- zimmer, schwer beladen mit Steinen und Petrefacten, welche der Wedanah, von Jung- huhn dazu angeleitet und aufgemuntert, in seinem Districte gesammelt hatte und mir nun als freundliches Geschenk überreichte. Die Petrefacten waren alle sorgfältig nach Arten geordnet und mit einer in javanischen und lateinischen Lettern geschriebenen Etiquette des Fundortes versehen. So hatte ich, noch ehe ich zu den Fundorten selbst gekommen, eine sehr ansehnliche Sammlung beisammen. Der Name dieses Wedanah von Tjililin, des Freundes der „Geologen", wie er sich betitelte, möge auch in Europa genannt sein; er heisst „Mas Djaja Bradja.

20. Mai. Als der Tag graute, sass ich wieder zu Pferde; Musik spielte uns zum Abschied. Es galt heute die wichtigsten Petrefactenfundorte des Districtes Rongga zu besuchen. Der Morgen war schön. Auf den Bergen lag, als wir ausritten, noch Nebel, den die Sonne all- mählich verzehrte. Wir folgten einem breiten Fahrweg nach dem Bergdorfe G. Alu. Der Weg führte zunächst über zwei in Geröll-, Tuff- und Sandschichten tief eingerissene Thäler. Gedeckte Holzbrücken führen über diese Gebirgsbäche. Der erste ist nach Junghuhn's Karte der Tji Batununggul. Horizontale Schichten von Gerolle und gelbem Lehm treten an seinen steilen Ufern zu Tage. Der zweite Fluss, den man überschreitet, ist der Tji Tjere. Der schwarzflimmernde Sand im Wege zeigte deutlich, dass wir noch immer im Gebiete kornblende- haltiger Gesteine waren, aber es ist alles so sehr zu eisenschüssiger rother Erde zersetzt, dass man kein anstehendes Gestein auffinden kann. Die Gerolle im Flusse gehören verschiedenen Trachytvarietäten an. Im Flusse selbst aber treten vulcanische Tuffe in etwas gehobenen Bänken zu Tage, die ich noch zu dem Schichtensysteme des Plateaus von Bandong rechne, das hier buchtenförmig in das Bergland hereinreicht und sich hier abgrenzt.

Von da führte der Weg langsam bergan immer höher in das Gebirge, in immer weniger bevölkerte Gegenden. Lalanggras bedeckt die Gehänge, und nur im höheren Gebirge von 3000 bis 4000 Fuss Höhe liegen noch dunkle Urwaldmassen. Wir hatten um 9 Uhr das auf einer Anhöhe gelegene Dorf Liotjitjangkang erreicht, und brachen nach kurzer Rast nach der Kalkbrennerei auf, die etwas abseits von der Strasse am Fusse des Pasir Dungul liegt.

Pasir Dungul bei der Kalkbrennerei von Liotjitjangkang ist eine runde, oben flache Kuppe, auf deren Höhe Kalk in kleinen Gruben gegraben wird. Es ist der einzige Punkt in der ganzen Gegend, wo Kalk gewonnen werden kann. Der Kalk gehört einer ungefähr 3UO Fuss langen und eben so breiten Bank an. Wie mächtig die Bank ist, lässt sich nicht erkennen. Die Gruben sind nur 6 bis 8 Fuss tief. Es ist ein gelblichweisser dichter Kalkstein von vielen kry- stallinischen Adern durchzogen, der eine unregelmässig zerklüftete zerbröckelte Masse dar- stellt. Man erkennt dazün zahlreiche Korallenfragmente, Trümmer von Cidariten und eine

1 Junghuhn I. p. 169 gibt eine Zusammenstellung aller Gewächse eines solchen Dorfwaldes.

136 Dr. F. v. Hoch stetter.

Menge schlecht erhaltene Schalen von Conchylien. Schon die Lagerung dieser Kalkbank deutet darauf hin, dass sie eine der jüngsten Bildungen des javanischen Flützgebirges ist.

Von da weg ging es nun immer höher in's Gebirge. Um 11 Uhr hatten wir das Bergdorf Kampong Djelak, 11 Pfähle von Tjililin entfernt, erreicht. Von hier mussten wir in die tief eingerissenen Schluchten desTjilanang und seiner Nebenflüsse hinabklettern, wo die durch Junghuhn's Sammlungen so berühmt gewordenen Fundorte javanischer Tertiärchonchylien liegen. Die von Junghuhn zunächst bezeichnete Stelle war der Zusammenfluss der kleinen, aber reissenden Gebirgsbäche T j i Burial und TjiTankil. Der Javan Tschakra di Pura aus Tjililin, ein von Junghuhn angeleiteter Petrefactensammler, war schon den Tag zuvor mit einem Dutzend Kulis vorausgeschickt worden, um hier nach Petrefacten zu graben.

Die Partie war keineswegs angenehm; der steile Fusspfad, welcher in aufgeweichten zersetzten Tuffmassen zur Bachschlucht hinabführt, war so bodenlos, dass ich mich nur mit grö'sster Mühe durchzuarbeiten vermochte. Nachdem wir ungefähr 800 Fuss herabgestiegen waren, kamen wir zur Stelle. Ich vergass die Beschwerlichkeiten schnell bei dem Anblicke einer ganzen Sehaar brauner halbnackter Gestalten, die mitten im Wasser stehend damit beschäftigt waren, grosse, von den Ufern aus einer sandigen Thonschichte losgerissene Blöcke mit spitzen Bambusstäben zu durchstechen und zu vei kleinern, um die darin eingebetteten Fossilien heraus- zulösen. Die Ausbeute war eine überaus reiche, trotzdem dass die Schalen, so lange dieselben die Bergfeuchtigkeit besitzen, sehr zerbrechlich sind und es daher nur bei grösster Vorsicht gelingt, sie ganz auszulösen. Der grösste Theil meiner von Batavia aus nach Wien gesandten Sammlung stammt von dieser Localität beim Zusammenflusse des Tji Burial und Tjitankil, zweier Nebenflüsse des Tji Lanang.

Der Tji Burial von rechts ist der Hauptbach. An seinen Ufern und in der Bachsohle selbst stehen die petrefactenführenden Thonschichten mit nahezu horizontaler Lag-erung an. Hauptsächlich aber sind es die aus diesem Lager losgerissenen, im Bachbette zerstreut liegenden Blöcke und der Schutt der eingestürzten Uferwände, die für den Sammler von Wichtigkeit sind. Sie bestehen aus theils etwas sandigem, theils sehr fettem schwarzem Thon. Die linke Ufer- seite des Tji Tankil zeigt die petrefactenführenden Thone nicht, sondern hier steht Trachyt und zwar Sanidin-Oligoklastrachyt mit vielen kurzsäulenförmigen Hornblendekrystallen an. Die Bach- einrisse sind voll von Blöcken und Geschieben dieses Traehyts. Nirgends hat man aber Aufschluss, ob derselbe die Thonschichten durchbricht oder nicht. Der Trachyt hat frisch eine graue Farbe, wird aber bei der Zersetzung roth oder weiss. Über den petrefactenführenden Schichten lagern mächtige trachvtisehe Conglo mer at- und Tuffmassen in horizontalen oder nur wenig geneig- ten Bänken, die gänzlich petrefactenleer sind und bei weitem die Hauptmasse des höheren Ge- birges, das zwischen Tjililin und Gunung Alu bis zu 3000 und 3500 Fuss ansteigt, zusammen- setzen. Die Strasse von Kampong Djelak weiter nach G. Alu, die immer höher und höher in's Gebirge steigt, durchschneidet in tiefen Einschnitten und Hohlwegen diese Conglomerat- und Tuffschichten; sie sind indess meist so sehr zersetzt zu eisenschüssig rothen lehmigen Massen, dass ihre petro«raphische Natur schwer zu erkennen ist. Trotzdem habe ich mich von echten Trachyt conglom eraten und von traehytisehen Bim s s t ei n t uff en vollkommen überzeugt. Es sind menschenleere Gegenden, durch die wir kamen, waldlose, aber mit fast manns- hohem Lalanggras wild überwucherte Berggehänge. Da und dort stehen Bambusgebüsche, ein- zelne Bäume, und in den Schluchten namentlich Baumfarngruppen, ein Terrain für Wild- schweine, Hirsche, wilde Büffel, und demgemäss auch für den Königstiger, dem diese Thiere reiche Beute liefern. Wir ritten rasch und erreichten das Bergdorf Gunung Alu schon um 2 Uhr.

Geologische Ausflüge auf Java. 137

Im Pasanggrahan war Alles zu unserer Aufnahme vorbereitet. Ein schweres Gewitter, das über die hohen dunklen Waldberge, die hinter dem Dorfe ansteigen, gezogen kam, brach aus, als wir kaum unter Dach waren, und verhinderte uns an weiteren Unternehmungen. Ich benützte daher die Stunden des Tages noch zum Ordnen und Verpacken der reichen Sammlungen, die ich gemacht hatte.

Gunung Alu, ein kleines Gebirgsdorf mit ungefähr 1000 Einwohner, liegt auf der breiten Fläche des Tjidadap- Thaies am Fusse des gleichnamigen Berges, der einen Theil der centralen, mit Urwald bedeckten Gebirgskette G. Ke'nde'ng ausmacht, welche hier die Wasserscheide zwischen Nord und Süd von West-Java bildet. Der Tji Dadap, ein wilder Gebirgsbach mit krystallklarem Wasser, stürzt dicht an dem Dorfe vorbei brausend dem Ti i S okan zu.

21. Mai. Sobald das erste Tagesgrauen den Weg sichtbar machte, brachen wir auf nach dem Tji Lanangthale zum Busse der Sandsteinwand Gunung Sela, dem zweiten sehr reichen Petrefactenfundorte im Districte Rongga. Der Weg von den Höhen hinab zur Bach- sohle war hier, da die Berggehänge sanfter sind, etwas besser und konnte fast ganz zu Pferde zurückgelegt werden. Wir waren schon um 7 Uhr zur Stelle.

Das linke Ufer ist von einer Alluvialfläche gebildet, die von einem steilen, ganz mit Gebüsch verwachsenen Bei gabhange begrenzt ist. Der Gunung Sela liegt am rechten Ufer und ist nicht etwa eine hervorragende Bergkuppe, sondern eine durch Abrutschungen an dem Gehänge entblösste Gesteins-wand. Um zu den Aufschlüssen zu gelangen, muss man das Bach- bett überschreiten. Hier sieht man zu unterst, vom Flusse bespült, eine grauschwarze Thon- schichte, in welcher tausend und aber tausend Korallentrümmer mit Muschelfragmenten ein- gebettet liegen, so dass schon aus der Ferne diese Schichte durch ihr weiss gesprenkeltes An- sehen in die Augen fällt. Diese Schichte erinnerte mich lebhaft an den Boden eines Pandanus- sumpfes auf der nikobarischen Insel Pulo Mihi, wo der schlammige Alluvialboden ganz mit Korallentrümmern und Muschelresten bedeckt war. In ähnlicher Weise muss diese Schichte früher an einer Meeresküste einen niederen Korallenboden gebildet haben, der allmählich wieder unter den Spiegel des Meeres sank, so dass die folgenden Schichten sich darüber ablagern konnten. Das nächst höhere Glied sind nämlich petrefactenleere dunkel graublaue, mehr mergelige Thone, in fast horizontalen Schichten gelagert. Dieselben sind klüftig zersprungen und die Kluftflächen mit feinen Gypsnadeln bedeckt oder nur weisstüpfelig beschlagen. In diesen Thonmergelbänken liegen septari en-ähnliche Kalkmergelknollen eingebettet, von der verschiedenartigsten Grösse und Form, rissig zersprungen und von weingelben Calcit- adern durchzogen. Diese Kalkconcretionen sind gewöhnlich ganz voll von Muscheln , haupt- sächlich Austern; ihre Schalen haften aber so fest an der Kalkmasse, dass es nur selten gelingt, mehr als blosse Steinkerne herauszuschlagen. Darüber folgt endlich mit einer Mächtigkeit von 150 bis 200 Fuss ein feinkörniger Sandstein. Dieser bildet die Sandsteinwand des Gunung Sela, an deren Fuss grosse herabgestürzte Blöcke für den Geologen das Material sind, aus welchem er sehr wohlerhaltene Petrefacten und grössere und kleinere Stücke eines fossilen Harzes in grosser Menge herausschlagen kann. Der Sandstein ist kalkhaltig, frisch graublau und ein sehr festes Gestein von fast kristallinischem Ansehen; die abgestürzten Blöcke sind aber an ihrer Aussenseite gelbbraun und mürbe. Über die eigentliche Natur dieses Sandsleines geben kleine Hornblendekrystalle und ein beträchtlicher Gehalt an Magneteisen Aufschluss, die man darin findet, und die anzeigen, dass man es mit einer sandigen Tuffbildung zu thun hat,

Nüvara-Kxpetlhion. Goologischor Thell. II. Bd. l's

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deren Material trachy tischen Eruptionen seinen Ursprung verdankt. Mit den Sandsteinschichten wechsellagern einzelne gröbere C ong-lomeratbänke.

Den Gesammtcomplex dieser Schichten halte ich für vollkommen äquivalent mit den am Zusammenflüsse des Tji Burial und Tji Tankil aufgeschlossenen Schichten. Es sind die tiefsten Glieder, welche in Fluss- und Bachthälern des Districtes Rongga aufgeschlossen sind. Tiefere Schichten treten nirgends zu Tage. Übereinstimmend mit der ersten Localität fand ich auch hier wieder höher oben an den Berggehängen echte Bimssteintuffe.

Vom G. Sela weg folgten wir dem Tji Lanangthale. Wir hielten uns an der linken Thal- seite auf einem Reitsteig, der bald auf den plateauförmigen Höhen, bald tiefer am Berggehänge in kleine Seitenschluchten des Tji Lanangihales hinab und dann wieder steil bergan führte. Die Gegend ist spärlich bewohnt; wir kamen auf dreistündigem Ritt, bis wir den Tji Lanang selbst überschritten, nur an zwei oder drei kleinen, zwischen Bambusgebüsch und Baum- gruppen auf den Terrassen der Thalgehänge versteckt liegenden Kampongs vorbei. Der Weg war bodenlos, und nur in Folge der Nachbesserungen, die eigens wegen unserer Reise gemacht worden waren, überhaupt passirbar. Geologisch habe ich hier nichts Neues gesehen; roth zer- setzte Tuffbänke, wechsellagernd mit Bimssteintuffen und grauen Mergelbänken bilden die Berggehänge. Den „Hornblen deporphyrkoloss G. Karang", der in der Reiseroute bezeichnet war, mussten wir, um Zeit zu gewinnen, links zur Seite lassen. Gegen Mittag über- schritten wir auf einer neu gebauten Fähre den Tji Lanang, der hier 30 bis 36 Fuss breit ist, und machten auf der plateauförmigen Anhöhe des jenseitigen Ufers bei dem Dorfe Tjinanka Halt. Wir waren hier aus dem höheren Berglande wieder heraus, und befanden uns auf plateau- förmigen mit Lalanggras und Gebüsch bewachsenen Höhen, welche die südwestliche Fort- setzung des Plateaus von Bandong bilden, und in welche Bäche und Flüsse, die dem Gebirge entströmen, ihr Bett mehr oder weniger tief eingerissen haben. Nur nördlich, gleichsam als mauerförmiger Rand des Plateaus, erhoben sich wieder höhere bewaldete Kuppen und Berg- rücken, denen wir uns nun mehr und mehr näherten.

Bei dem Dorfe Tjibulu lenkten wir links vom Wege auf einen schmalen Fusspfad ab, um den Kalkbreccienfelsen Batu Kakapa im Tji Tjamothale zu besuchen. Der Fluss, zwischen Felsbänke eingeengt, bildet hier reissende Stromschnellen. Die Felsbänke bestehen aus einer höchst merkwürdigen Breccie. Dichter, zum Theil halbkrystallinischer weisser Kalk, bildet das Bindemittel für grössere und kleinere eckige und scharfkantige Fragmente von hornblendeführen- den traehytischen Gesteinen aller Art von weisser, grauer, grünlich-schwarzer und rother Farbe und für Kalksteintrümmer, welche zum Theil eine ausgezeichnete Korallenstructur besitzen. Es ist also eine Kalktrachytbreccie. Die sichtbare Mächtigkeit dieser Breccienbänke beträgt 20 Fuss, und bemerkenswerth ist, dass hier die Schichten ganz horizontal liegen.

Um 3 Uhr erreichten wir das kleine Bergdorf Tjatjabang. Tjatjabang liegt 2126 Par. Fuss hoch über dem Meere, in der westlichen Ecke des Plateaus von Bandong, am südlichen Fusse des dicht hinter dem Dorfe bis zu 2633 Par. Fuss sich erhebenden Gunung Lanang. Dieser bildet die Grenze zwischen dem Districte Rongga und Tjihe'a. Dieser G. Lanang ist ein Theil der Gebirgskette, die wie eine Mauer westlich und südwestlich zwischen dem Gunung Burangrang und der centralen Kette G. Kendeng in einer Streichungsrichtung (nach Stunde 4 5) von WSW. nach ONO. das Plateau von Bandong von der um volle 1200 Fuss tiefer lie- genden plateauförmigen Terrasse von Radjamandala trennt. Diese Gebirgskette hat daher ihre Steilseite gegen Nord, gegen das letztgenannte Plateau, während sie vom Plateau von Bandong aus, beziehungsweise von Tjatjabang nur als eine 6- bis 800 Fuss hohe Hügelkette erscheint.

Geologische Ausflüge auf Java. 139

Bei Tjatjabang wird sie von dem Tjitarum durchbrochen. Er hat sein Bett schon weiter ober- halb, wo wir ihn bei den Stromschnellen Tjuruk Djombong, Lanang und Kapek kennen gelernt haben, 100 150 Fuss tief in die Schichten des Plateaus von Bandong eingerissen, durchbricht nun aber hier, die grossartigsten Wasserfälle auf Java bildend, in einer tausend und mehr Fuss tiefen l engen Felsschlucht das aus Eruptivgesteinen und steil aufgerichteten sedimentären Schichten bestehende Grenzgebirge, um nach diesen gewaltigen Kaskaden auf der Terrasse von Radjamandala als schiffbarer Fluss ruhig weiter zu fliessen.

Die ganze Grossartigkeit javanischer Natur entwickelt sich in dieser schauerlichen von Urwald bedeckten und von wilden Thieren aller Art durchstreiften Felskluft. Es sind haupt- sächlich drei Punkte: Tjukang Raon, Tjuruk Alimun (oder Halimun) und Sangjang Hölut, an welchen man tief unten, recht eigentlich im Herzen, in den Eingeweiden des Gebirges, den Bau der durchbrochenen La langkette studiren kann. Die Punkte liegen sehr nahe bei einander an dem durch sein enges Felsbett dahinbrausenden Strome. Um aber von dem einen zum andern Punkte zu gelangen, muss man immer wieder zu dem Dorfe Tjatjabang auf das Gebirgs- plateau zurück und von neuem 1000 Fuss tief an steilen Berggehängen und Felswänden hinab- und heraufklettern. Der Besuch dieser Punkte ist eine der anstrengendsten Partien und für ungeübte Bergsteiger selbst nicht ganz ohne Gefahr. Es ist daher leicht begreiflich, wenn Junghuhn im Jahre 1854 schreiben konnte, dass, obwohl Tjuruk Alimun („Staub- oder Nebel- fall ") der grösste Wasserfall auf der Insel Java sei, doch wie es scheine, ausser ihm noch kein Europäer diesen Punkt besucht habe. Die Eingebornen hatten indess Alles aufgeboten, um die Punkte leichter zugänglich zu machen. Ich fand frisch gestufte Steige, Leitern, Rotangseile und konnte so Junirlmlin's Fussstapfen foljren.

Am 21. Nachmittags war nur noch der Besuch von Tjukang Raon möglich. Wir mach- ten uns um 4 Uhr zu Pferde auf den Weg, mussten aber die Pferde bald zurücklassen, und dann weiter hinab klettern, zum Theil auf Leitern. Wir waren glücklich nach einer halben Stunde unten, und meine sundanesischen Begleiter nicht wenig von der grossartigen Naturscene über rascht, die ihnen eben so neu war wie mir. Der Fluss stürzt mit furchtbarer Gewalt durch ein enges, nur 12 Fuss breites Felsthor mit senkrechten Felswänden, die sich 30 Fuss hoch erheben, und ist in dieser Höhe von einem mittelst Rotangseilen an riesige Urwaldstämme fest- gehängten Bambussteg überbrückt, der malerisch über dem schäumenden Abgrunde hängt. Die Felsspalte ist 12 Fuss breit und vielleicht 150 Fuss lang. Die zugängliche Stelle, von der aus man das Schauspiel betrachten kann, liegt wenige Schritte oberhalb auf vorspringenden Fels- klippen, von denen man in einen schäumenden Wasserkessel hinabsieht, in welchem die Was- sermassen, ehe sie den Ausweg durch das enge Felsthor finden, sich wirbelnd drehen. Brau- sende Wassermassen, starre Felsklippen und dunkler schattiger Urwald; keine Thierstimme kann das Brausen des Wassers übertönen, nur die Salanga-Schwalbe, die in dem Felsen nistet und ihre essbaren Nester baut, sieht man in schnellem Fluge über den schäumenden Strom hinziehen.

Die Felsen bestehen aus aufgerichteten Bänken einer groben Trachyt- und Kalk- breccie, die petrographisch und geologisch identisch ist mit der oben beschriebenen Breccie vom Batu kakapa. Näher dem Gebirgsrande erscheinen also die Schichten hier aufgerichtet, so dass sie bei einem Streichen nach Stunde 6 7 mit 30 gegen Süd, somit einwärts gegen die Plateauseite verflachen. Die Schichtung ist unmittelbar vor der Felsspalte am deutlichsten.

1 Bei Sangjang Hölut liegt das Niveau des Flusses 990 Par. Fuss über dem Meere.

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Die zusammengebackenen Fragmente erscheinen hier jedoch viel grösser als am Batu kakapa, es sind mitunter ganz gewaltige eckige Felsblöcke, die durch dichten Kalkstein cementirt sind. Diese Blöcke bestellen aus einem hornblende- und mikrotinreichen Trachyt (Amphibol-Andesit) mit grünlich-grauer Grundmasse, der viele Ähnlichkeit hat mit manchen ungarischen Grünstein- traehyten. Auch der Kalkstein erscheint wieder in eckigen Fragmenten und zeigt in vielen Stücken sehr deutlich Korallenstructur. Die traehytischen Trümmer überwiegen jedoch der Menge nach bedeutend die Kalksteintrümmer und setzen daher die Hauptmasse der Felsen zusammen. Von dieser Localität, und zwar als ein Fragment in dem Trümmergestein gefun- den, stammt die merkwürdige Koralle, welche von Herrn Prof. Dr. Reuss als ein neues Genus und als eine neue Art unter dem Namen J'objsolenia Sochstetteri beschrieben worden ist.

Über diesen Breccien am oberen Berggehänge habe ich nur zersetzte Tuffe und Mergel- schichten bemerkt, nichts von eruptiven Massengesteinen oder von Gangmassen.

Wir waren mit Sonnenuntergang wieder zurück in Tjatjabang.

22. Mai. Mit Tagesanbruch wurde aufgebrochen nach dem Wasserfall Tj uruk Alimun. Der fallenden Wassermasse nach ist dies der grösste, wenn auch nicht der höchste Wasserfall auf Java. Die gewaltige Wassermasse des Stromes, eingeengt auf 10 bis 12 Fuss, stürzt über eine 40 Fuss hohe Felswand. Man gelangt auf schwierigen Wegen mit Hilfe von Bambusleitern, die an den Felsen angebracht sind, an die linke Flussseitc und steht auf einem Felsvorsprunge dem grossartigen Falle gegenüber. Unter sieh hat man ein wirbelndes Wasserbecken, aus dem der Gischt hoch aufspritzt, umgeben von malerischen Felswänden, überragt von dem steil ansteigen- den dunkelbewaldeten Gebirge. Das donnerähnliche Getöse des Falles, das schäumende Wasser und die ganze Scenerie der wilden Gebirgsschlucht wirken belaubend und beängstigend auf das Gemüth, und man eilt, nachdem man sich das Bild eingeprägt, von den Felsen Stufen abge- schlagen, gerne wieder hinauf in sonnigere freundlichere Höhen. An der rechten Uferseite neben dem Wasserfalle steht Trachyt an, in ungeheure unregelmässige Blöcke zerklüftet, am linken Ufer aber unmittelbar zur Seite des Standpunktes erheben sich Felsen mit deutlich säulenförmiger Absonderung, welche aus einer sehr zersetzten weiss und grün gesprenkelten traehytischen Gebirgsart bestehen, die wohl wieder am meisten Ähnlichkeit mit ungarischen Grünsteintrachyten hat, und von Junghuhn als Diorit bezeichnet wurde. Höher hinauf am Berggehänge begegnet man steinharten Tuffen und Breccien, so dass es scheint, als ob hier die Breccienbank von Tjukang Raon am Berggehänge steil hinaufziehe.

Wir waren schon um 7 Uhr zurück in Tjatjabang und verliessen dann dieses Dorf, um unsere Reise über den Gunung Lanang nach Sangjang hölut fortzusetzen. Der Berg erhebt sich ausserordentlich steil hinter dem Dorfe, und die Sonne brannte unerträglich, bis wir die Höhe und damit den schattigen Wald erreicht hatten. Oben an der Grenze des Districtes verabschiedete sich der Wedanah von Tjililin und der Wedanah des Districtes von Tjihea wurde unser Führer.

Der Gunung Lanang besteht aus einem grobkrystallinischen Dolerit mit Mikrotin, Hornblende, Augit und Olivin. Viele runde, concentrisch-schalig sich ablösende Blöcke liegen an der Südseite zerstreut oder ragen in den Wegeinschnitten aus lehmig zersetzter Gesteins- masse hervor. Dieser Doleritdurchbruch des Gunung Lanang ist eine sehr merkwürdige Er- scheinung, da basische Gesteine der Basaltgruppe auf Java eine grosse Seltenheit sind. Jedoch nur an der Südseite bis zum Gipfel steht Dolerit an, an der Nordseite, die nicht weniger steil als die Südseite abdacht, tritt wieder geschichtetes Gebirge zu Tage und zwar zuerst sehr

Geologische Ausflüge auf Java. 141

zersetzte Tuffe, dann Tkonmergel und sandige Schichten, die nach Stunde 6 7 streichen und mit 40 gegen Süd einfallen. Eine herrliche Aussicht eröffnete sich uns, als wir an der Nordseite herabstiegen. Es waren wieder bekannte Gegenden, die reiche, herrlich eultivirte Fläche von Tjandjur und Radjamandala, aus der sich majestätisch das Gedeh-Gebirge und weiter östlich die Vulcankette des Burangrang und Tangkuban Prahu erhebt.

Nachdem man an der Nordseite etwa so tief herabgestiegen ist, dass man die Höhe des Plateaus bei Tjatjabang wieder erreicht hat, muss man für Sangjang hölut den breiten Weg nach Gua verlassen und rechts auf einen kleinen Fusspfad abbiegen. Die Partie nach Sang- jang hölut ist höchst beschwerlich; denn man muss nahe an 1000 Fuss hinab und wieder hinaufsteigen, aber sie ist lohnend und der Punkt geologisch wichtig. Steil aufgerichtete, fast senkrecht stehende Sandsteinbänke engen das Strombett plötzlich ein und lassen nur ein 10 Fuss breites Eelsthor offen, durch das die Fluthen schäumend hindurchstürzen. Vor dem Felsthor befindet sich ein etwa 100 Fuss weiter, furchtbar gährender Wasserkessel, in welchem das Wasser des Stromes mit furchtbarer Gewalt über niedere Felsstufen und über grosses Blockwerk herabstürzt und aus dem es an den quer vorspringenden Felswänden mächtig aufbrandend durch das enge Thor abfliesst. Jenseits am rechten Ufer kommt aus dunklem Urwald ein krystallhelles Gebirgswasser, und der Ruf der durch die hier gewiss höchst seltenen Menschengestalten aufgeschreckten Affenheerden „Ost, Od" tönt selbst durch den Lärm der stürzenden und schäumenden Wassermassen. Die Felsbänke oder Felsplatten, welche coulissen- artig hinter einander vorspringend das Felsthor bilden, zeigen im Grossen eine rhoroboidische Zerklüftung der Sandsteinbänke. Die Schichtung ist eine höchst ausgezeichnete, dünnere und dickere Bänke, durchschnittlich 2 3 Fuss mächtig, liegen wie die Blätter eines Buches regel- mässig auf einander, streichen nach Stunde 6 7 und verflachen mit 72 75 gegen Süd. Also immer steilere Fallwinkel, je mehr man sich dem Gebirgsrande nähert. Der Sandstein ist ausserordentlich fest und kalkhaltig. Völlig erschöpft kamen wir wieder auf der Höhe an und setzten nach kurzer Käst unseren Weg fort bergab in die tiefe Schlucht, in der zwischen dem G. Lanang und dem Gunung Nungnang das kleine Dorf Gua liegt.

Man steigt in das Thal herab fortwährend über die Schichtenköpfe von Mergeln und Tuffsandsteinen. Sehr charakteristisch sind Kalksteinbrocken, welche man in den Sandsteinen mitunter eingeschlossen findet. Kalkstein muss also vorhanden gewesen sein, ehe diese sandigen Tuffe, ehe die Trachyt- und Kalkbreccien, welche ich früher beschrieben habe, sich gebildet haben, ein Kalkstein, der älter ist als alle diese Schichten, älter selbst als die petrefacten- f'ührenden Schichten des Districtes Rongga, der das Liegende aller bisher beschriebenen Schichtencomplexe bildet.

Und dieser Kalkstein ist allerdings in kolossaler Entwickelung vorhanden, er tritt als tiefstes Glied am äussersten Bruchrand des Gebirges auf. Der G. Nungnang, die directe Fortsetzung des G. Kendeng, ist ein Theil dieser Kalksteinformation. Senkrecht steigt die Kalksteinwand des G. Nungnang aus der Tiefe, ein grossartiger Anblick, wenn man sie vom G. Lanang herabsteigend gerade gegenüber hat, und wenn sie in tiefem Schatten daliegt. Da und dort blickt der weisse Kalkfels nackt hervor aus üppiger Urwaldvegetation, deren Einwurzeln an senkrechten Felswänden man kaum begreifen kann; und tief unten in der ost- westlich streichenden Schlucht zwischen den hohen Fels- und Bergwänden des G. Lanang und G. Nungnang liegt, von Kokos- und Arecapalmen umgeben, das kleine Berg- und Walddorf Gua, unser Reiseziel für den heutigen Tag, das wir schon um 1 Uhr erreicht hatten.

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Geologische Ausflüge auf Java. 143

Acht Hütten und vierzig Menschen machen das ganze Dorf aus, wir vermehrten also die Einwohnerzahl tust um das Doppelte und brachten nach dem einsamen abgelegenen Wohnplatz weniger armer, aber in ihrer Armuth glücklich zufriedener Menschen ein seltenes Leben. Die acht Hütten liegen in zwei Reihen einander gegenüber auf der linken Seite des Baches, der durch die Schlucht fliesst, und schliessen so einen viereckigen Platz ein, in dessen Mitte für unseren Besuch eine besondere Hütte eingerichtet war.

Guaist ein malayisches Wort, welches „Höhle" bedeutet. Das Dorf hat diesen Namen von den „Höhlen", welche der G.Nungnang enthält. Nachdem die Sonne um 3 Uhr hinter den hohen Bergwänden, welche Gua umgeben, untergegangen war, brachen wir auf nach der Höhle. Diese liegt nur wenige hundert Schritte vom Dorfe entfernt; sie sah ganz anders aus, als ich mir gedacht hatte.

Der Kalkfels steigt unmittelbar über dem Dorfe mit fast senkrechten Wänden 4 bis 500 Fuss hoch an. Man kann den ganzen G. Nungnang am besten als eine ungeheure oblonge Kalkplatte betrachten, die aus ihrer ursprünglichen horizontalen Lage durch grossartige Störungen zu fast senkrechter Stellung aufgerichtet ist und so als steiler Kalkfels hervorragt. Der Lage des Felsens von WSW. nach ONO. entspricht auch die Schichtung des Kalkes, in der man sich ohne genauere Beobachtung leicht täuschen könnte, da eine nahezu horizontale Zerklüftung oder Absonderung leicht für Schichtung gehalten werden kann. Die Schichtung ist aber entschieden der Art, dass die einzelnen Schichten nach Stunde 5 streichen und mit 80 gegen Süd verflachen. So haben wir am Rande des Gebirges angelangt, die steilste Schichten- Stellung, aber immer noch keine Überkippung. Die steilen Felswände des G. Nungnang an dessen Südseite entsprechen daher der Schichtung und von ihnen lösen sich auch fortwährend Felsplatten von 2 bis 3 Fuss Dicke ab, die zertrümmert am Fusse des Berges liegen. Gegen die Nordseite aber hängen die Schichten mit 10 über; daher ist die Nordseite auch nichts anderes als ein Chaos von durcheinander geworfenen Felsblöeken und zertrümmerten Fels- platten. Das beigegebene Bild der Höhle Gua zeigt deutlich die horizontale Absonderung und die verticale Zerklüftung der ganzen Felsmasse. Die erstere entspricht einer Richtung nach Stunde 12 mit einem Verflachen von 25 gegen Ost; die senkrechte Spaltenbildung aber folgt einer Richtung nach Stunde 12 mit einem Verflachen von 75 gegen West. Der horizon- talen Absonderung entspricht eine merkwürdige Kalkspathaderbildung. Diese Kalkspathadern von 1 Linie bis zu 1 Zoll Dicke sind in einem Abstand von l/t oder 1/i Fuss durchschnittlich so regelmässig in parallelen Flächen ausgebildet, dass man leicht für Schichtung halten könnte, was nur Absonderung ist.

Auf der gegen Ost geneigten Absonderungsfläche der untersten etwas vorspringenden Felsplatte steigt man bis zu einer angelegten Leiter. Diese führt auf die Absonderung.-.fläche einer zweiten Felsplatte, von der aus man zu der eigentlichen Höhle am Fels weiter hinauf- klettern muss, ein halsbrecherisches Wagniss, dessen Gefahr durch ein schwankes, oben be- festigtes und herabhängendes Rotangseil, an dem man sich beim Klettern halten kann, keines- wegs vermindert wird, und auf das der gerne verzichtet, dessen Aufgabe es nicht ist, mit Lebens- gefahr die essbaren Schwalbennester, an welchen die Höhlen sehr reich sind, zu sammeln. Diese Höhlen also sind nur tiefe klaffende Felsspalten, Felsrisse, welche den Fels von oben nach unten durchziehen, in welchen die niedliche Schwalbe Collocalia esculenta ihre ess- baren Nester baut. Gegen Abend sah man hoch oben die Schwalben pfeilschnell aus- und ein- fliegen, und die von dem Regenten von Bandong, dessen Eigenthuni die Höhlen sind, bestellten Sammler brachten mir einige der Nester.

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er.

Was endlich die pctrographische Beschaffenheit des Felsens anbelangt, so besteht er grösstenteils aus einem dichten, gelblich-wcissen Kalkstein mit musehligeni Bruch , der häufig von milchweissen Kalkspathadern durchzogen ist, in dem ich aber trotz aller Mühe, die ich mir sali, keine Korallenstructur zu erkennen vermochte. Daireiren sind einzelne Bänke ganz erfüllt von kleinen, rundlichen, nummulitenartigen Seheiben. Eine genauere Untersuchung zeigte, dass diese Schichten der Hauptsache nach aus einer Art des Genus Orbitoides beste- hen, deren einzelne Exemplare so fest mit dem kalkigen Bindemittel verkittet sind, dass sich keines vollständig herauslösen lässt. Das Gestein springt stets so, dass nur die schmalen Verticaldurchschnitte, aber nie die mittleren Horizontalschnitte sichtbar werden. Zwischen den zahlreichen Querschnitten dieser Hauptform sind sparsamer auch Durchschnitte von Orbituliten und sehr selten auch einige nummulitenähnliche Durchschnitte zu erkennen.

Ich habe noch zu erwähnen, dass dicht am Fusse des Kalkfelsens im Wege die Schichten- köpfe von grünlich-grauen Thonmergcln wechsellagernd mit 1 bis 2 Fuss mächtigen sandigen Bänken zu Tage treten, die genau wie der Kalkfels streichen nach Stunde 5—6, aber scheinbar mit 5U gegen Nord einfallen. Ich sage scheinbar, denn offenbar ist diese Fallrichtung nur durch eine oberflächliche Überbiegung der Schichten an dem steilen Abhang bedingt.

Schneckensammlern bietet der G. Nungnang eine überaus reiche Ausbeute. '

23. Mai. Der letzte Tag der Reise war gekommen ; wir brachen frühzeitig von Gua auf und hatten, der Schlucht des Guabaches in westlicher, dann in nördlicher Richtung folgend, immer bergabwärts bald die Fläche von Radjamandala erreicht. Wir waren am Fusse des Bruchrandes auf einer freien Fläche. Die Sonne stand klar am wolkenlosen Himmel, dess- gleichen der Gedeh und Pangerango am wolkenlosen Horizont. Die Gegend ist noch wenig eulti virt, wir ritten fast fortwährend durch Lalanggras, mit dem niederer Buschwald abwech- selte, und erreichten bald den Tjitarum an der Stelle, wo die Poststrasse von Tjandjur nach Bandong denselben überschreitet. An den Uferwänden des Flusses, der sein Bett 30 Fuss tief eingegraben hat, sind die das Plateau von Radjamandala bildenden Schichten sehr schön entblösst. Es sind horizontal gelagerte sandige Tuffschichten und mächtige Geröllbänke, alle von jüngerem Alter, aus vulcanischem Schutt gebildet. Wir ritten in der Richtung nach Bandong bis zum Pasanggrahan von Radjamandala, um von hier aus noch die Höhle von Tjikoro zu besuchen. Wir hatten eine volle Stunde scharf zu reiten wieder in der Richtung nach dem Gunung Nungnang, aber immer auf der rechten Uferseite des Tjitarum uns haltend.

Sangjang Tjikoro liegt im Walde versteckt am Fusse des Gebirgsrandes. Während man südwestlich aus dem Walde noch die fast senkrecht stehenden Kalkbänke des G. Nungnang herausragen sieht, liegen hier am Fusse des Gebirges die Kalkbänke vollkommen horizontal im Bette des Tjitarum. Ein Arm des Flusses hat sich seinen Weg unter einer solchen horizontal liegenden Kalkscholle hindurch gebahnt und fliesst eine ansehnliche Strecke weit unterirdisch

1 Ich habe folgende Arten gesammelt, wovon einige neu waren:

Cyclostoma corniculum Mause. Bulimus perversu* Li im.

cüifemm Mouss. Xanina bataviana v. d. Busch.

, Aglae So«. _ gemina v. d. Busch.

Opisthoporus javanus n. sp. Pfr. Ilelix rotaloria v. d. Busch.

Alycaeus Ilochstetteri n. sp. Pfr. ., planorbis Less.

Bulimus acutissimtis Mouss. _ papua Less.

, glandula Mouss. .. solidula Pfr.

Geologische Ausflüge auf Java. 145

in einer Höhle, die von üppiger Vegetation umgeben ein sehr malerisches Bild darbietet. Der Punkt hat aber geologisches Interesse hauptsächlich dadurch , dass Nichts klarer die ausser- ordentlich gestörten Lagerungsverhältnisse zur Anschauung bringen kann , als die Thatsache, dass man hier ein und denselben Scliichtencomplex von mächtig entwickelten Kalkbänken am linken Flussufer zu einer schroffen Felsmauer fast senkrecht emporgehoben sieht, am rechten Ufer aber in einer tief unter jener Bergkette liegenden Fläche in ungestörter horizontaler Lagerung. Dem Rande des Gebirges muss also eine gewaltige Verwerfungsspalte 'entsprechen, der Rand muss ein Bruchrand sein.

Der ursprüngliche Plan war, von hier aus noch die merkwürdigen Höhlen Gua Silanang und Gua Tjikasang in den Kalkfelsen G. Gua und Bundut zu besuchen. Diese Kalkfelsen liegen in der ostnordöstlichen Fortsetzung des G. Nungnang ganz in der Nähe der Poststrasse nach Bandong, da wo diese von der Fläche von Radjamandala über den Bruchrand nach dem Plateau von Bandong aufsteigt. Die perpendiculäre Aufrichtung des Schichtensystems am Bruch- rande des Bandonger Grenzgebirges soll hier besonders deutlich zu sehen sein. Jedoch ich musste auf den Besuch dieser Punkte, wenn ich heute noch Tjandjur erreichen wollte, verzich- ten. So kehrte ich von Sangjang Tjikoro direct nach Radjamandala zurück, und kam Abends in Tjandjur und am nächsten Tage in Batavia an.

Ich komme nun zu den Resultaten, welche sich aus den mitgetheilten Beob- achtungen ziehen lassen und will zuerst denjenigen Punkt besprechen, in welchem ich mit den Ansichten anderer Beobachter am wenigsten übereinstimme.

Als das älteste Gebilde in dem bereisten Terrain betrachte ich die mächtig entwickelten Kalksteinbänke , welche an der Dislocationsspalte zwischen dem Plateau von Bandong und der Fläche von Radjamandala zu Tage treten. Sie sind durch gewaltige Störungen in ungeheure Schollen zertrümmert. Die steil, beinahe bis zu senkrechter Schichtenstellung aufgerichteten Schollen, aus welchen auf der linken Seite der Tjitarumkluft der Gunung Nungnang, auf der rechten der G. Batu gedeh, Gua, Bundut und Awu bestehen, bilden einen Zug von schroffen, hoch hervorragenden Kalksteinkämmen, welche von West-Süd-West nach Ost-Nord-Ost streichend das Plateau von Bandong gegen die Fläche von Radjamandala ab- grenzen. Beim G. Awu verschwindet dieser Kalksteinzug unter den jüngeren Aus- füllungsmassen des Plateaus. Trotz der steilen fast senkrechten Aufrichtung ist die südliche Neigung der Bänke doch noch vollkommen deutlich. Als das nächst höhere Glied erscheinen die mächtig entwickelten Sandsteine und Mergel, welche bei Sangjang hölut im Hangenden des Kalksteinzuges gleichfalls mit steiler süd- licher Schichtenstellung vortrefflich aufgeschlossen sind. Diese umschliessen am Gunung Lanang Kalksteintrümmer; es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass das Sandsteingebirge des Plateaus von Bandong jünger ist als das Kalkgebirge. Jene Kämme von Kalkfels sind keineswegs, wie Junghuhn (III, S. 57) die Sache auffasste, übergekippte Schichten, welche vormals das oberste horizontal liegende Glied des Sandsteingebirges waren. Der Kalkstein vom G. Nungnang ist das

NovaraExpcdition. Geologischer Theil. II. Band. 19

146 Dr. F. v. Hockstetter.

einzige Gebilde im Plateau von Bandong, in dessen Masse sich kein eruptives Material nachweisen lässt. Er erscheint als ein ruhiger Meeresabsatz, dessen Bil- dung der stürmischen Periode der Eruptionserscheinungen im indischen Archipel vorausgegangen sein muss. Zu allen übrigen Sedimentär-Gebilden des Plateaus von Bandong, welche von entschieden jüngerem Alter sind, haben theils Massen- eruptionen, theils vulcanische Ausbrüche das Hauptmaterial geliefert.

Ich halte daher auch heute noch an der von mir schon früher ' ausgesproche- nen Ansicht fest, dass diese Kalksteinbildungen von eocänem Alter sind und der Nummulitenformation angehören, wiewohl v. Richthofen neuerdings die Ansicht aussprach, dass die Nummulitenformation und eocäne Bildungen überhaupt auf der gesammten Insel zu fehlen scheinen. 2 Kann man auch über das Vorkommen von Nummuliten neben Orbitoides und Orbituliten im Kalkstein vom G. Nung- nang noch im Zweifel sein, so ist dasselbe doch in einer äquivalenten Kalkbank der Preanger Regentschaft vollständig sicher nachgewiesen. Ich habe von Jung- huhn zahlreiche Kalksteinstücke erhalten, welche von der Kalkbank stammen, in welcher die Höhle Linggomanik 3 liegt. Dieser schmutzig weisse, mehlig verwitterte Kalkstein zeigt neben zahlreichen und zum Theil gut auslösbaren kleinen Orbi- tuliten auch ziemlich häufig deutliche Durchschnitte eines kleinen radial gestreiften Nummuliten. Die Durchschnitte, so wie die feine Radialstreifung der herausgelösten Exemplare stimmen am meisten mit dem Charakter kleiner Formen von Nummu- lites Rammondi Defr. Sparsam kommt in dem Gestein überdiess eine grössere Form von Orbitoides vor, die jedoch meist nur im Querschnitt zu beobachten ist.

Diese älteren dichten Nummuliten- und Orbitulitenkalke sind es, welche in anderen Gegenden von Java, wie Junghuhn beschreibt (III. S. 190, 1. S. 192, 8), als oberste Decke ein kohlenführendes Sandsteingebirge überlagern, welches be- sonders mächtig im südwestlichen Java auftritt und nicht verwechselt werden darf mit dem mächtigen und petrefactenreichen Tuffsandsteingebirge des Districtes Rongga, auf dessen jüngeres Alter schon aus der Thatsache geschlossen werden muss, dass seine Schichten entschieden über den Nummuliten- und Orbituliten- kalken lagern, dass sie Kalkbreccienbänke und selbst grosse inselförmige Massen des älteren Kalksteines eingeschlossen enthalten (Junghuhn, III. S. 194, 15), endlich, dass zu ihrer Bildung zum grossen Theile eruptives Material beige- tragen hat.

Wenn daher Junghuhn nach der Detailbeschreibung der einzelnen Kalk- steinvorkommnisse auf Java in den Folgerungen (III. S. 217) zu dem Resultate

1 Nachrichten über die Wirksamkeit der Ingenieure für das Bergwesen in Niederländisch-Indicn , im Jahrb. der k. k. geol. Reiehsanstalt. 9. 1858. S. 277.

2 A. a. 0. S. 331.

3 Junghuhn, Java III. S. 765, S. und S. 204, 22.

Geologische Ausflüge auf Java. 14 7

kommt, dass die Kalkbäuke auf Java, ohne Ausnahme, nie mit einer andern Schicht bedeckt gefunden werden, sondern stets als das oberste, jüngst gebildete Glied der Tertiärformation auftreten, so ist dies ein Fehlschluss, welcher theils auf unrichtiger Auffassung der Lagerungsverhältnisse beruht, theils auf dem Mangel der Unter- scheidung der älteren Nummuliten- und Orbitulitenkalke von jüngeren Korallen- kalken, welche, wie z. B. der oben beschriebene Korallenkalk von Liotjitjangkang, die jüngeren tertiären Sedimente überlagern.

Ich betrachte es daher jetzt als feststehende Thatsache, dass auf Java, eben so wie auf Borneo (am Kapuasfiusse und am Riam Kiwa) und auf Luzon (bei Binangonan an der Laguna de Bay J), Nummulitenkalke vorkommen, und dass solche Nummulitenkalke am Plateau von Bandong als tiefstes Glied der tertiären Sedimente auftreten.

Über dem Kalkstein des nordwestlichen Grenzgebirges im District Rongga lagert ein zum wenigsten 1000 1500 Fnss mächtiger Complex von Sedimenten, die man mit vollem Rechte trachy tische Sedimente nennen kann, da submarine trachytische Eruptionen das Hauptmaterial zu ihrer Bildung geliefert haben. Es sind zu unterst hauptsächlich thonige , sandige und mergelige Tuff bildungen, zwischen welchen in der Nähe eruptiver Massen grobe Trümmergesteine vonTrachyt und Kalkstein eingeschlossen sind; nach oben herrschen trachytische Conglomerate. Die tieferen, wohlgeschichteten, pelitischen und psammitischen Glieder dieses Schichtencomplexes haben, wie die Aufschlüsse in der Grenzbergkette des G. La- nang und bei Sangjang hölut beweisen, an den Störungen, welche das Kalkstein- gebirge aufgerichtet haben, vollen Antheil genommen. Weiter gegen Süden in den tiefen Thaleinschnitten des Tji-Lanang, mit seinen Nebenflüssen, erscheinen die- selben weniger gestört, und hier liegen die berühmten , oben näher beschriebenen Petrefacten- Fundorte (Tji-Burial und G. Sela), von welchen bei weitem die grösste Anzahl der wohlerhaltenen javanischen Tertiärfossilien herstammt, welche die Museen in Leyden, Wien, Berlin2 und London enthalten. Es ist sehr zu be- dauern, dass diese Sammlungen bis heute noch keine vollständige Bearbeitung erfahren haben,3 aus der sich sichere vergleichende Schlüsse über das Alter jener Ablagerungen mit europäischen Tertiärbildungen ziehen Hessen.

1 Dieses Vorkommen, welches Freih. v. Richthofen in der Zeitschrift der deutsch, geolog. Gesellsch. 1862, S. 258 beschrieben, kenne ich aus eigener Anschauung und habe mich schon im Jahre 1858 dort von dem Vorkommen von Nummuliten überzeugt.

- In der v. Richtho f en'schen Sammlung zu Berlin befinden sich auch 3 400 Stücke von Tjitavu an der Südküste der Preanger Regentschaft.

3 In der neuesten verdienstvollen Arbeit von Mr. Jenkins (On some Tertiary Mollusca from Mount Sela in the Island of Java, Quart. Journ. Geol. Soc. 1863. 45.) sind leider nur sehr wenige Arten beschrieben. Bei dieser Gelegenheit sei mir auch erlaubt, zu bemerken, dass in dem Abschnitt über die Geologie des Mount-

19 *

148 Dr. F. v. Hochstetter.

Die schöne Sammlung, welche ich im Jahre 1860 dem k. k. Hof-Mineralien- cabinete in Wien übergeben habe, enthält 175 Arten in vortrefflich erhaltenen und sehr zahlreichen Exemplaren, von welchen 110 den Univalven, 40 den Bival- ven und 25 den Echinodermen und Korallen angehören; ein reiches Material, dessen Bearbeitung mein Freund Dr. M. Hörn es, der als vorzüglicher Kenner tertiärer Fossilien dazu besonders berufen gewesen wäre, gerne sich unterzogen hätte, wenn nicht die von Herrn Herklots in Leyden begonnene aber leider sehr langsam fortgeführte Beschreibung dieser Fossilien eine gleichzeitige Bearbeitung durch einen zweiten Forscher als unthunlich hätte erscheinen lassen. So kann ich hier statt der gehofften und angestrebten Monographie der javanischen Tertiärfossilien nur die wenigen Bemerkungen einschalten, welche mir Herr Dr. Hörnes darüber mit- getheilt hat. x

„Die grosse Anzahl der Conus-Xvten (11), ferner der Oliva- und Ancillaria- Arten, endlich die grossen Pyrulen, welche der Pyrula bucephala Lam. verwandt sind, lassen keinen Zweifel über den tropischen Charakter der javanischen Tertiär- fauna übrig. Diese Verhältnisse veranlassten die Herrn Junghuhn und Herklots, einige dieser Arten mit jenen des Pariserbeckens zu identificiren und die Tertiär- ablagerungen von Java für Eocen zu erklären. Jenkins wies das Unrichtige dieser Ansicht nach und zeigte, dass unter den 22 Arten, die ihm aus einer Samm- lung von Herrn Com. de Groot zur Verfügung gestanden waren, 3 jetzt lebende, 13 neue Arten und 6 unbestimmbare enthalten waren. Von den neuen Arten glaubt Jenkins, dass sich mehrere noch an den Küsten von Java oder anderen Inseln des indischen Oceans lebend finden dürften. Jenkins glaubt sich also zu dem Schlüsse berechtigt, dass die Tertiärschichten von Java in ihrem Alter den Miocen- schichten von Bordeaux und denen des Wienerbeckens entsprechen dürften."

„Da Herr Herklots in Leyden die seit 1854 unterbrochene Herausgabe der Fossilien von Java fortzusetzen gedenkt und mir auch 10 Tafeln eingesendet hat, worauf unsere sämmtlichen Arten vortrefflich abgebildet sind, so enthalte ich mich einer weiteren Namengebung dieser Objecte, um die Wissenschaft nicht mit

Sela-Districtes bei Jenkins zwei gänzlich verschiedene und weit von einander liegende Localitäten , nämlich der G. Sela am Fusse des G. Tjerimac im Kuningan-District und des G. Sela im Districte Rongga mit einander verwechselt und als eine und dieselbe Localität aufgefasst sind. Derjenige G. Sela, von welchem die von Jen- kins beschriebenen Fossilien herstammen, ist die auch von mir besuchte und oben beschriebene Sandstein- wand G. Sela im Tjilanang-Thale des Districtes Rongga, nicht aber der G. Sela im Kuningan-District, auf welchen sich der grösste Theil der Bemerkungen Jenkins', so wie der Junghuhn's Werk entlehnte geo- logische Durchschnitt (S. 49 des Separatabdruckes) beziehen. Nur der Absatz S. 48 von ,.Respecting this bis bituminous clay" betrifft den richtigen G. Sela im Rongga-District.

Herr Prof. Dr. Reuss hatte die Güte, die Bearbeitung der Korallen zu übernehmen, deren Resultate ich diesem Bande noch einverleiben konnte.

Geologische Ausflüge auf Java. 149

einer neuen Reihe von Namen zu belasten , kann aber nicht umhin zu bemerken, dass sich in der von Herrn Dr. v. Hochstetter gesammelten Suite nicht nur sämmt- liche von Jenkins beschriebene Arten finden, sondern dass auch mehrere davon im k. k. zoologischen Cabinete theils mit lebenden Formen identificirt, theils als sehr verwandt hervorgehoben werden können, wie z. B.: mit Strombus urceus Linn. von Ceylon; St. deformis Gray von Hongkong; Ranella, buffonia Lam. von den Nikobaren; Pyrula Dussumieri Val. von Hongkong; P. pugilina von Ceylon und Madras u. s. w. Bei einem genaueren Studium dieser Fossilreste, so wie einer sorg- fältigen Vergleichung derselben mit den in den angrenzenden Meeren lebenden Formen, dürfte es sich herausstellen, dass die petrefactenführenden Schichten des Districtes Rongga auf Java noch jüngeren Alters sind als selbst Jenkins ange- nommen, und dass ihre Fauna zur jetzigen Fauna des indischen Oceans in gleichem Verhältnisse stehe, wie die Fauna subappenniner Schichten zur Fauna des an- grenzenden adriatischen und mittelländischen Meeres."

Nach diesen Resultaten glaube ich die 1858 J gegebene Gliederung der java- nischen Tertiärformation, in Bezug auf das Alter der verschiedenen Schichten- gruppen wesentlich abändern zu müssen, so dass wir jetzt folgendes Schema bekommen :

1. Eocän-Formation.

a) Untere Gruppe, kohlenführendes Schichtensystem, haupt- sächlich im südwestlichen Java von Junghuhn nachgewiesen. Zahl- reiche abbauwürdige Flötze bituminöser Pechkohlen sind eingelagert in quarzige, nicht kalkhaltige Sandsteine und in Schieferthone. Verkieselte Baumstämme häufig, aber wenige oder gar keine Meeresconchylien.

b) Obere Gruppe, Orbituliten- und Nammalitenkalke mit dichtem Kalkstein und älterem Korallenkalk, mächtig entwickelt und in steiler Schichtenstellung im westlichen Randgebirge des Plateaus von Bandong.

2. Miocän-Formation.

a) Untere Gruppe, flötzarmes Thon-, Mergel- und Sandstein- gebirge mit Kalk- Trachytbreccien und Tuffsandsteinen, im Districte Rongga (Preanger-Regentschaft) , in den Thälern des Tjiburial und Tji- Lanang sehr reich an Meeresconchylien ; Kohlennester und fossiles Harz kommen häufig vor, Braunkohlenflötze selten. Dieser Gruppe gehören wohl auch die von Prof. H. R. Göppert beschriebenen Pflanzenreste2

1 Im Jahrb. der k. k. geol. R.-A. 9. Jahrg. S. 293 294.

2 Göppert. Die Tertiärflora auf der Insel Java. Gravenhage 1854 und neues Jahrb. 1864, p. 177. Göppert bemerkt hier, dass die Flora eine auffallende Verwandtschaft mit der gegenwärtigen des Fundortes zeige und manche Arten sogar mit ihr identisch zu sein scheinen.

150 Dr. F. v. Hochstetter.

aus den Tuffschichten bei dem Dorfe Tanguug (Preanger Reg. Distr.

Tjandjur) an. b) Obere Gruppe, trachytische Tuffe und Conglomerate, nebst jüngeren

Korallenkalken. Diese Gruppe ist vielleicht auch von jüngerem als

miocänem Alter. In die Zeit der miocäuen Ablagerungen fällt der Anfang der grossartigen eruptiven Bildungen im indischen Archipel. Unter diesen lassen sich ältere Masseneruptionen theils auf nordsüdlichen Querspalten, theils auf ostwest- lichen Längsspalten, von den jüngeren vulcanischen Eruptionen, welche auf ostwestliche Längsspalten beschränkt erscheinen, sehr bestimmt unterscheiden.

Alles, was ich im Districte Rongga an Massengesteinen und zu Sedimenten ausgebreitetem eruptivem Materiale gesehen habe, schreibe ich der älteren eruptiven Thätigkeit zu. welche sich in submarinen Masseneruptionen äusserte, die durch eine sehr lange Periode fortgewirkt haben mögen, bis nach einer bedeutenden Hebung des Landes durch supramarine Thätigkeit der Aufbau der grossen Vulean- kegel Java's begann. Der eigenthümliche, vielgipflige, in das Plateau von Bandong nordwärts vorspringende kleine Gebirgszug, welchen der Tjitarum abwärts vom Tjuruk Djombong durchschneidet, mit seinen zahlreichen kegel-, dorn- und halb- kugelförmigen Kuppen dem G. Karang, Singa, Bulut, Pamidangan, Awu, Awar, Djombong u. s. w. und mit seinen säulenförmig gegliederten Felsthürmen (wie der Batu Susun) ist ein höchst ausgezeichnetes Beispiel eines durch Massen- eruption auf einer nordsüdlichen Querspalte entstandenen Trachytgebirges. Jung- huhn nennt diesen Gebirgszug (III. S. 249, 26) ein Porphyrgebirge, v. Richt- hofen aber vermuthete (a. a. 0. S. 331), dass er aus Grünsteintrachyt bestehe. Keines von beidem ist der Fall. Die mineralogische Zusammensetzung der Gesteine in dieser Kette schwankt, wie aus der früher gegebenen Beschreibung der einzel- nen Localitäten hervorgeht, hauptsächlich zwischen Sanidin-Oligoklastrachyten und hornblendereichen Oligoklastrachyten, welch letztere allerdings mitunter den Charakter von Grünsteintrachyten annehmen. Es ist also eine trachytische Kette, in welcher sehr mannigfaltige Trachytvarietäten auftreten. Die anstehenden Trachyt- massen erscheinen entweder als Gangmassen im geschichteten Gebirge, oder als stockförmige Kerne, eingehüllt in mächtig entwickelte trachytische Conglomerate. Die vielkuppige Bergkette des G. Parang an der Nordseite des Plateaus von Bandong zwischen den Vulcanen G. Gedeh und Burangrang, welchen der Felskoloss G. Bongkok angehört, (Junghuhn III. S. 248, 25) ist ohne Zweifel ein ganz ähnlich zusammengesetztes trachytisches Massengebirge.

Dass aber auch Gesteine von der petrographischen Zusammensetzung der ungarischen und siebenbürgischen Dacite auf Java nicht ganz fehlen, das beweist der Quarztrachyt vom Tjuruk Djombong, so wie das interessante Gestein

Geologische Ausflüge auf Java. 151

vom Tjuruk Tjinias,1 welches Junghuhn (III. S. 230) als Feldsteinporphyr mit Quarz-, Glimmer- und Hornblendekrystallen beschreibt und von dem ich einige Handstücke mitgebracht habe. Dieses Gestein, aus welchem die niedlichsten Quarzdihexaeder, % 3/4 Zoll lang, auswittern, das in seiner graugrünen, durch Mikrotin weissgesprenkelten Grundmasse ausserdem scharfkantige sechsseitigeBiotit- prismen und kurz-säulenförmige Krystalle von Hornblende enthält, ist ein ausge- zeichneter quarzführender Grünsteintrachyt, ganz analog den Daciten von Stäche. Hieher dürfte auch noch Manches gehören, was von Junghuhn als Diorit (z. B. S. 223. E.), als Syenit- und Hornblendeporphyr angeführt ist. Da, wie die ost- westliche Gangmasse des G. Langnang beweist, unter den älteren Masseneruptionen auch Dolerite nicht fehlen, so ergibt sich überhaupt eine überaus grosse Mannig- faltigkeit in der petrographischen Entwicklung der Masseneruptionen der Miocän- periode, welche ihr vollständiges Analogen in der Zusammensetzung und Natur der ungarischen und siebenbürgischen Trachytgebirge hat, soweit diese Massen- eruptionen ihren Ursprung verdanken.

Im Gegensatze zu den älteren Masseneruptionen zeigen die vulcanischen Producte der Quartärperiode eine auffallende petrographische Einförmigkeit. Die Gesteine und Laven der zahlreichen und so gewaltigen Vulcankegel Java's sind entweder Hornblende- oder Augit-Andesite; die kieselsäurereichsten und die am meisten basischen Gemenge , also rhyolithische und augitreiche basal- tische Laven scheinen fast ganz zu fehlen. Wenn ich die Laven der javanischen Vulcane für Andesitlaven erkläre, so stehe ich damit scheinbar im Widerspruch mit der Auffassung meines Freundes v. Richthofen und mit den Resultaten, zu welchen Dr. Pro 11s 2 durch die chemische Untersuchung einiger Laven von Java gekommen ist. Richthofen (a. a. 0. S. 331) spricht sich nämlich dahin aus, dass die an den Vulcankegeln Java's in grossen Massen auftretenden Trachyte , so weit seine Beobachtungen reichen, sämmtlich Hornblende -Oligoklasgemenge zu sein scheinen, während auf Japan, Formosa, Luzon und auf Mindanao mehr Andesite herrschen. Er vergleicht die javanischen Hornblende- Oligoklastrachyte mit der- jenigen Gruppe trachytischer Gesteine, welche er in Ungarn als „graue Trachytefc von den älteren „Grünsteintrachyten" unterschieden hat, und beschränkt den Namen Andesit auf augitführende Oligoklasgesteine. Die „grauen Trachyte" Richthofen's umfassen aber verschiedenartige Gesteine, unter welchen sich, wie das Dr. Stäche in der Geologie Siebenbürgens gezeigt hat, hornblendeführende Sanidin- Oligoklastrachyte und andesitische Trachyte, d. h. Oligoklasgesteine, welche Hornblende und Augit führen, sehr bestimmt unterscheiden lassen. Fasst

1 In Junghuhn's Catalog der geolog. Sammlung von Java, 'S Gravenhage 185-1. S. 57, Nr. C03.

2 Pro 11s, Chemische Untersuchung einiger Gesteine von Java; neues Jahrb. für Mineralogie 18G4, S. 428.

152 Dr. F. v. Hochstetter. Geologische Ausflüge auf Java.

man den Begriff Andesit etwas weiter, so dass man darunter nach dem Vorgange von Dr. Roth und Dr. Zirkel sowohl Hornblende als auch Augit führende Oligo- klasgesteine (Amphibol-Andesite und Augit-Andesite) versteht, so wird man ohne Anstand die meisten Laven der Vulcankegel Java's, selbst wenn sie zum grossen Theile nur Hornblende-Oligoklasgemenge sind, zu den Andesiten rechnen dürfen. Dass auch augithaltige Andesit-Laven vorkommen, davon habe ich mich am G. Gedeh und Tangkuban Prahu selbst überzeugt, und solche basische Andesit- laven sind es, welche, wie dies Dr. Prölls durch die Untersuchung der Lava des Gunung Slamat und des Tangkuban Prahu gezeigt hat, in ihrer chemischen Zu- sammensetzung basaltischen und doleritischen Gesteinen ganz nahe kommen.

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Das Stewart -Atoll im stillen Ocean.

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-Uie auf der englischen Admiralitätskarte (Pacific Ocean Sheet 6 vom Jahre 1856) als „Stewart Island" oder „Sikyana" in lat. 22' S. und long. 162" 58' 0. v. Gr. angegebene Gruppe niederer Koralleninseln wurde am 10. Mai 1791 von Capitän Hunt er entdeckt. Es sind zwei grössere bewaldete und bewohnte und drei kleinere ebenfalls bewaldete, aber für gewöhnlich unbewohnte Inseln, die auf einem zu einem ausgezeichneten Atoll sich zusammenscbliessenden Korallenriff liegen, mit einer tiefen Lagune in der Mitte.

Das Stewart- Atoll gehört in die Reihe der niederen Koralleninseln, welche in einer Richtung von SO. nach NW. der Kette der Salomons-Inseln parallel liegen und diese nordöstlich in einer Entfernung von ungefähr 120 Seemeilen begleiten, wie Ontong Java oder L. Howe I. , Simpson I. le Maire oder Tasman- Insel, Mortlok u. s. w. Erst in der letzten Zeit haben die Stewart-Inseln für die Schiff- fahrt einige Bedeutung gewonnen, weil sie an der grossen Fahrstrasse zwischen China und Australien liegen, und hier den Schiffen Gelegenheit gegeben ist, einige frische Lebensmittel, namentlich Sehweine, Hühner, Kokosnüsse, Taro u. dgl. einzunehmen. Die Inseln haben Überfluss daran, und die friedlichen gast- freundlichen Eingebornen etwa 200 an Zahl theilen gegen Kleider, Werk- zeuge, Tabak u. dgl. oder auch gegen Geld gerne davon mit.

Die Inseln liegen im Gebiete des Südost-Passates, und eine Landung ist nur an der Nordwestseite im Lee des Riffes möglich, wo bei ruhiger See und zur Fluth- zeit Boote durch einen engen seichten Canal in die Lagune und auf dieser leicht nach den einzelnen Inseln gelangen können.

Die Fregatte „Novara" berührte die Stewarts-Inseln auf ihrer Fahrt von Shanghai nach Sydney am 17. October 1858, theils um den Naturforschern Ge- legenheit zu geben, eines der merkwürdigsten Atollriffe zu sehen, theils um einige frische Lebensmittel für die Mannschaft einzunehmen, da nach einer langen, durch

"Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Baod

20

154 Dr. F. v. Hochstetter.

Stürme im chinesischen Meere und durch hartnäckige Windstillen bei den Karo- linen- und Salomons-Inseln ungewöhnlich aufgehaltenen Seefahrt Scorbut sich zu zeigen begann. Da mir nicht bekannt ist, dass das Stewart-Atoll schon früher genauer besehrieben wurde, so will ich versuchen, eine solche Beschreibung zu geben, und durch eine freilich nur mit sehr unvollkommenen Mitteln und flüchtig entworfene Kartenskizze zu erläutern.

Das Stewart-Atoll hat eine unregelmässig sichelförmige oder halbmondförmige Gestalt, convex gegen Süden, concav gegen Norden. Seine grösste Länge von Ost nach West beträgt 572 Seemeilen, seine grösste Breite von Süd nach Nord 3 See- meilen, der Umfang 16 Seemeilen (4 deutsche geographische Meilen).

Die Inseln des Atolls sind folgende :

1. Sikdiana der Eingebornen oder „big- Island", d. i. die grosse Insel der Seefahrer, die Hauptinsel des Atolls. Sie liegt an der östlichen Spitze des sichelförmigen Riffes, und ist etwa 1 Seemeile lang, 7s Seemeile breit. Das Dorf der Eingebornen, wo auch ihr Häuptling lebt, befindet sich an der Westseite der Insel, d. h. an der inneren, oder der Lagunenseite des Atolls. Etwa s/i Seemeilen westlich von Sikeiana auf dem nördlichen Theile des Atolls liegt

2. Bärena, ein kleines üppig bewaldetes, jedoch unbewohntes Eiland von kaum 74 Seemeile Umfang. Gegenüber Sikeiana in der nordwestliehen Ecke des Riffes, 372 Seemeilen von ersterem entfernt liegt

3. Fäule oder „small island", die zweitgrösste Insel des Atolls von etwa 1 Seemeile Umfang. An der Westspitze unter Kokospalmen bilden ungefähr 20 armselige Hütten ein kleines Dorf (de Käina der Eingebornen). Südwestlieh von Fäule an der Westseite des Riffes liegen die zwei kleinen Inseln

4. Maduiloto, etwa mit 1 Seemeile Umfang, und südlich davon

5. Madüawe, mit ungefähr 3 , Seemeilen Umfang. Die beiden letztgenannten Inseln sind gleichfalls bewaldet, von den Eingebornen aber, wie es scheint, nur gelegentlich besucht.

Diese fünf Inseln sind der einzige bewohnbare, trockene Boden des Atolls: ihre Gesammtoberfläche beträgt im Ganzen kaum mehr als 9/Sä einer Quadrat-See- meile. Rechnen wir nun die Oberfläche des ganzen Atolls bei einem Umfang von 16 Seemeilen und einer durchschnittlichen Breite von3 s Seemeilen zu 6 Quadrat-See- meilen, so verhält sich das bewohnbare Land zur Oberfläche des Atolls wie 1:21"3.

Die Inseln sind schmal und niedrig; sie erheben sich nur so hoch über das Niveau der höchsten Fluth, als Wind und Wellen Sand und Korallentrümmer auf- häufen können. Ihre Lage, wie ein Blick auf die Karte zeigt, bestätigt aufs über- zeugendste eine Thatsache, für welche fast alle näher bekannten Atolle Beweise liefern, dass die Inseln hauptsächlich an vorspringenden Ecken der Riffe liegen, gegen welche die Brandung von zwei Seiten anstürmt, also da. wo durch vereinte

Das Stewart- Atoll im stillen Ocean. 155

Wirkung von zwei Seiten die Umstände zur Anhäufung von Sand und Korallen- triiinmern am güngstigsten sind. Sikeiana und Fäule, die beiden Hauptinseln, liegen gerade in den spitzen Ecken des halbmondförmigen Atolls.

Das Korallriff ist vollständig geschlossen, nirgends führt ein tieferer für Schiffe fahrbarer Canal durch dasselbe in die Lagune. Nur an der Nordwest- seite existirt ein schmaler und seichter Riffcanal, durch welchen bei günstigem Wetter Boote in die Lagune gelangen können. L>ieser Canal oder diese Boot-Passage liegt zwischen der Insel Fäule und Maduiloto, etwa 3/4 Seemeilen von letzterer nördlich. Sie ist leicht zu finden, da sie durch zwei mit Vegetation bedeckte Korallenfelsen, welche ich ihrer eigenthümlichen Gestalt halber die „Blumentöpfe" genannt habe (vgl. die Skizze eines derselben auf der beigegebenen Tafel), be- zeichnet ist. Die beiden Blumentöpfe bleiben bei der Einfahrt in den Canal links, die Insel Maduiloto rechts liegen. Als wir am 17. October Morgens V/.> Uhr, gerade zur Ebbezeit, mit den Booten vor der Passage ankamen, schoss ein reissender Strom aus der Lagune durch den seichten etwa 8 Fuss breiten, aber höchstens V/2 Fuss tiefen, gegen 300 Fuss langen Riffcanal uns entgegen, so dass das- Seitenboot, das in die Lagune gebracht werden sollte, nur ganz leer und selbst dann noch nur mit grösster Anstrengung hindurch geschoben werden konnte, während dasselbe Abends um 4 Uhr nach der höchsten Fluth, die ungefähr um 2V2 Uhr eingetreten war, schwer beladen ohne Anstand durchfahren konnte, da die Tiefe überall wenigstens 3 -1 Fuss betrug. Aber auch dann war eine starke Strömung aus der Lagune in die See bemerkbar, so dass es scheint, dass jederzeit bei Ebbe und Fluth dieser seichte Canal diejenige Stelle ist, durch die das Wasser, welches die heftige Bran- dung an der Südostseite fortwährend über das Riff in die Lagune wirft, abfiiesst. Die Lage des Riffeanals an der Nordwestseite des Atolls bestätigt auch hier wieder das allo-emeine Gesetz, dass solche Canäle sich bei den Atolls stets an der Lee- seite, d. h. an der Seite unter dem Winde befinden. Für das im Bereiche des Südost-Passates liegende Stewart-Atoll ist nämlich die Südostseite die Wetterseite, gegen welche das ganze Jahr hindurch eine sehr heftige Deinung anstürmt.

Die Oberfläche oder die Plattform des Riffes dacht von aussen nach innen flach ab. Ihre Breite beträgt 1/3 '/2 Seemeile. Zur Fluthzeit ist das ganze Riff unter Wasser, mit Ausnahme der Inseln und einzelner grösserer Felsblöcke, die namentlich an der Wetterseite der Insel und südlich von Fäule an der durch das Riff gebildeten Bucht über die Oberfläche hervorragen , bei Ebbe werden an der Leeseite auch einzelne Theile der Plattform trocken gelegt.

Die bemerkenswerthesten jener Felsen sind die beiden „Blumentöpfe", von den Eingebornen .,Wanija und Fatuolei" genannt, an der Nordwestseite des Atolls zwi- schen Fäule und Maduiloto. Sie liegen ziemlich genau in der Mitte des Riffes. Die Frage, welche sich bei ihrem Anblick alsbald aufdrängt, ist die: sind das die An-

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156 Dr. F. v. Eochstetter.

fange einer Iuselbildung oder die Reste einer Insel'?1 Gewiss nur das letztere. Eine ringsum bei Fluth von der Brandung unterwaschene, mit dem Korallriff selbst durch einen breiten Fuss festverwachsene, aus Korallenconglomerat bestehende Felsmasse von 8 10 Fuss Höhe trägt üppiges Buschwerk und Kokospalmen voll schöner Früchte, als hätte man ein Stück aus einem Kokoswald von einer der Inseln hier auf den vasenförmigen Korallfels gesetzt. Es ist nicht denkbar, dass eine solche Vegetation von allen Seiten überhängend über ihre Grundlage auf einem höchstens 20 Fuss breiten isolirten Felsblock sich ansiedeln konnte. Die Form des Felsen trägt überdies zu deutlich das Gepräge, dass er von der Brandung unterspült ist. Die Höhe stimmt so vollkommen überein mit der Höhe der Inseln, dass man zu der Annahme genöthigt ist, die beiden „Blumentöpfe" seien nur die Reste einer Insel, welche derOcean, wie er sie früher gebildet, so nun zum grössten Theil wieder zerstört hat.

Leider war die Zeit unseres Aufenthaltes auf dem Stewart-Atoll, der nur von Morgens bis Nachmittags dauerte, zu kurz, um Korallenstudien machen zu können, und durch Tiefenmessungen an der Aussen- und Innenseite die unterseeische Ge- stalt des Riffes näher zu untersuchen. Was ich in dieser Beziehung kurz anführen kann, ist Folgendes: Die Lagune scheint ziemlich tief zu sein, wenigstens 20 bis 30 Faden tief; denn ihr Wasser hat ganz die tiefe blaue Farbe des umgebenden Oceans. Die Boote können an der Lagunenseite des Riffes so anlegen, dass man auf der einen Seite auf das bei Ebbe mit 1 V/., Fuss Wasser bedeckte Riff aus- steigen kann, während man auf der andern Seite des Bootes keinen Grund siehr. An der Aussenseite des Riffes wurde von der Fregatte aus in fünf Faden Distanz vom Riff mit fünf Faden Grund gefunden, in vier Kabeln Distanz aber mit 200 Faden kein Grund, das Riff fällt also nach aussen sehr steil in die Tiefe, und da das Meer rings um das Atoll rein ist, so können selbst die grössten Schiffe ganz dicht herankommen.

Von den fünf Inseln des Atolls habe ich nur Fäule besuchen können. Über diese Insel mag mir daher gestattet sein, noch Einiges mitzutheilen.

1 Jukes in der Narrative of the Surv. Voyage of the Fly erwähnt auf den Kiffen des grossen Barriers an der Nordostküste Australiens ebenfalls Blöcke, welche 200 Yards von der äusseren Riffgrenze liegen, und nur bei Hochwasser von den letzten Brechern noch erreicht werden. Sie scheinen nicht lose auf dem Riff zu liegen, sondern einen hervorstehenden Theil seiner Masse selbst zu bilden. Sie sind zusammengesetzt aus einer Species Porites in der Stellung, wie sie wächst. Die Blöcke sind oft 20 24 Fuss lang, 10 12 Fuss hoch, haben eine sehr rauhe zerfressene Oberfläche, an der mau die Hochwasserlinie deutlich erkennen kann. Sir rasen auch bei Hochwasser trocken hervor. Jukes vermuthet, dass sie unter Wasser gebildet wurden, und durch eine Hebung ausser Wasser kamen, da sie durchaus aussehen wie die Überbleibsel grösserer von der Sie allmählig zerstörter Korallfelsmussen.

Das Stewart-Atoll im stillen Ocean. 157

Fäule bildet einen i/3 Seemeile laugen und ungefähr 1/s Seemeile breiten Lan dsstreifen , der sich 8 10 Fuss über das mittlere Meeresniveau erhebt. Ein weiss schimmernder Sandstrand umfasst wie ein Rahmen die mit üppiger Vegetation bedeckte Insel. An der östlichen Ecke der Insel treten compacte Steinplatten eines aus Korallentrümmern und Muschelschalen zusammengebackenen Conglomerates zu Tage. Die Steilseite der Insel ist, wenn man überhaupt von einer solchen sprechen kann, die Nordseite. Die unterspülten und zum Theil ganz entwurzelten Kokospalmen an dieser Seite beweisen, dass die Brandung bisweilen über die ganze Plattform des Riffes bis an den Kokoswald vordringt, und dass das Meer, was es früher gebildet, auch wieder zu zerstören droht. Der Sand des Strandes an der offenen Meeresseite ist gröber und mit grösseren Korallen- und Muschelschalen- Fragmenten untermischt, auch mit etwas steilerer Böschung aufgeworfen, als an der Seite der Lagune. Die ganze Insel dacht flach ab von der Seeseite nach der Lagunenseite. Diejenigen Theile des Strandes , welche bei Ebbe trocken liegen, sind an der Lagunenseite von ganz feinem Kalkschlamm bedeckt, in welchem eine Fucus-Art wächst, und in dem ich sehr häufig die orbitulitenähnlichen Scheiben einer grossen lebenden Foraminiferen-Species, wahrscheinlich Marginipora ver- tebralis Quoy & Gaym.. fand. Auf der Strandgrenze haben sich hier an der Lagunenseite der Insel auch Mangroven (Rhizoplwra Mangle L.) angesiedelt, die üppig gedeihen. Die Oberfläche der Insel ist mit einer üppigen Baum- und Ge- sträuchvegetation bedeckt, aussen .Kokoswald, im Innern ein gemischter Laub- wald.

So weit der Kokoswald reicht, ist der Boden kalkig, er besteht aus Kalksand, d. h. aus Korallen- und Muschelfragmenten. Als ich aber aus dem Kokoswald in den Laubwald eindrang, wo Pandaneen und Brotfruchtbäume so üppig uud gross wie auf den Nikobaren gedeihen, wo gewaltige hochstämmige Waldbäume sich er- heben, tawa, pini pini, tugufala, tenatu und wie sie die Eingebornen alle heissen, da war ich nicht wenig überrascht, am Boden Bimsstein zu finden, und zwrar so häufig, dass dagegen der kalkige Untergrund ganz verschwindet. So weit der Laub- wald reicht, reicht auch das Bimssteingeschütte, lauter kleine höchstens walnuss- grosse abgerollte Stücke von einem feinporösen braunen Bimsstein , der im Wasser schwimmt. Wo der Bimsstein aufhört , da beginnt wieder der Kokoswald. Die horizontale Verbreitung des Bimssteines fällt mit der Ausdehnung des Laubwaldes zusammen. Ich suchte mich nun auch zu überzeugen, wie mächtig der Bimsstein hier liege, und während ich nach einer passenden Stelle, um zu graben, suchte, kam ich zu einer Pfütze mit stagnirendem Wasser mitten im Wald, wo ich den Aufschluss, den ich wünschte, natürlich hatte. Die flache Einsenkung des Bodens, in dem sich das Regenwasser zu einer Pfütze von circa 18 Fuss Durchmesser an- sammelt, zeigte an ihren Rändern compactes Korallenconglomerat , welches die

258 Dr. F. v. Sockstette?:

Grundlage der Insel bildet, anstehend. Ringsherum lagen die Bimssteine nur ober- flächlich zerstreut in der Humusschichte, welche den Korallenfels bedeckt,

Wie kommt nun Bimsstein hierher?

Nur die See kann denselben ans Land gespült haben, eben so wie sie die Saamen und Keime aller der Pflanzen ans Land gespült hat, welche auf dem Bims- steinboden so üppig gedeihen. Ähnliches ist von früheren Reisenden schon ander- wärts auf Inseln beobachtet worden.

Darwin1 erwähnt kleine Trümmer von Bimsstein , die zusammen mit den Saamen ostindischer Pflanzen an das Keeling-atoll im indischen Ocean getrieben worden sind. Ebenso führt Dana2 an, dass Fragmente von Bimsstein und Harz durch die Wellen zu den Tarawau-Inseln transportirt werden, und dass der Bims- stein am Ufer von den Weibern gesammelt werde, um damit den Boden der Taro- pflanzungen zu verbessern. Auch auf Tukaafo wurde Bimsstein gefunden, und Dana sagt, dass vulcanische Asche bisweilen durch die Atmosphäre über diese Inseln verbreitet werde, wie auf den Tonga-Inseln, wo in dieser Weise der Boden verbessert wurde, und an einzelnen Stellen eine rothe Farbe bekam.

Jedoch auf Fäule verhält sich das nicht ganz ebenso. Trotz aller Mühe , die ich mir gab, konnte ich nicht ein einziges Stückchen Bimsstein, das neu ange- schwemmt wäre, am jetzigen Meeresstrande finden. Auch habe ich im umgebenden Meere, in welchem wir durch Windstillen und widrige Winde 14 Tage lang wie gebannt lagen, nirgends ein Stückchen schwimmend beobachtet, obgleich bei Wind- stille die Oberfläche des Wassers so glatt war, dass man jedes Stäubchen hätte sehen müssen. Die Anschwemmung des Bimssteins auf den Stewart-Inseln ist daher keine neue, oder noch jetzt fortdauernde Erscheinung; es muss vielmehr seit diesem Ereigniss eine lange Zeit verflossen sein, lange genug, dass eine ansehnliche Ilumusschichte und eine Baumvegetation entstehen konnte, wie sie jetzt schon viele Generationen alt die Insel bedeckt.

Ein ganz analoges Vorkommen von Bimsstein erwähnt der englische Natur- forscher Jukes, welcher Capitän Blackwood bei dessen Aufnahmen in der Torresstrasse begleitete. Jukes erwähnt3, dass er bei Cape Upstart an der Ost- küste von Australien, auf niedrigen nur wenige Fuss über der höchsten Fluthgrenze liegenden Flächen, die an der Oberfläche aus Sand, unten aus compactem Korall- fels bestehen, unter dem Gras und unter den Wurzeln der Bäume Bimssteingerölle gefunden. ,Wo immer wir landeten von Sandy Cape bis Cape Upstart, wurde

1 Naturwiss. Reisen, deutsch von E. Dietzenbach. 2 Thl., p. 245.

United St. Expl. Exped. Vol. X, Geology p. 7 7.

3 Narrative of the Surr. Voyage of H. M. S. Fly by J. Beete Iukes Vol. I, p. 53, lJ-J, 337.

Das Stewart- Atoll im stillen Ocean. 159

diese eigenthümliche Thatsaehe beobachtet.'* „In der Umgegend von Cape Upstart waren die Bimssteinstücke gewöhnlich von Wallnussgrösse, glatt abgerollt, leicht genug, um im Wasser zu schwimmen, und von olivengrüner oder grauer Farbe. Sie wurden nie höher als 1 5 Fuss über dem Spiegel der See gefunden, nie im Wasser schwimmend gesehen, oder am Ufer selbst neu angeschwemmt beobachtet, sondern immer nur unter Gras und alten Bäumen und bisweilen im Korallenconglomerat eingebettet, das, obwohl von recentem Ursprung, die See gegenwärtig bespült.'* Ganz in derselben Lage über der Fluthhöhe auf einer Grasfläche wurden Bims- steingerölle auf der Lizard-Insel innerhalb des grossen Barrierriffes an der Nordküste von Australien gefunden. Diese Bimssteingerölle sind nach Jukes über- haupt auf allen Flächen, an der Ost- und Nordostküste von Australien, die nicht mehr als 10sFuss über dem Hochwasser liegen, seien diese nun aus Korallen- conglomerat oder anders gebildet, eine sehr gewöhnliche Erscheinung. Sie wurden bei Wollongong, 50 Meilen südlich von Port Jackson, und ebenso auf den Wallis- Inseln in der Endeavour-Strasse und an vielen zwischenliegenden Punkten gefun- den. Die Herren Bev. W. ß. Clarke und N. P. Wilton haben Bimssteingerölle unter ganz ähnlichen Verhältnissen an den Küsten von New South Wales beobachtet. So gewinnt dieses Vorkommen von Bimsstein in so kolossaler Ausdehnung an der ganzen Ostküste von Australien in einem Gebiete von 2000 Seemeilen Länge und im Bereich der westpolynesischen Inselwelt ein nicht unbedeutendes geologi- sches Interesse. Die Umstände, unter welchen sich der Bimsstein in diesem Gebiete findet, sind überall genau dieselben:

1. Man findet die Bimssteingerölle nie oder höchst selten am gegenwärtigen Ufer neu angespült oder schwimmend in der See. Wo man sie am jetzigen Ufer findet, da sprechen die Umstände eher dafür, dass sie aus dem Sand und den Flächen hinter dem Strand herabgespült, als an den Strand ausgeworfen wurden.

2. Man findet sie überall auf Flächen, ungefähr 10 Fuss über der jetzigen Hochwasserlinie, wo sie durch den gewöhnlichen Wellenschlag selbst bei Spring- fiuthen nicht hingeführt werden können, oft eine ganze Seemeile vom Strand entfernt.

Jukes zieht aus diesen Thatsachen folgende geologische Schlüsse: Die Ausbreitung dieser Bimssteingerölle ist kein sehr neues Ereigniss. Nimmt man an, sie seien durch die gewöhnliehe Brandung angeschwemmt worden, so muss an vielen Stellen seit der Zeit ihrer Anschwemmung das Land um eine ganze Seemeile dem Meere zu gewachsen, also ein langer Zeitraum verflossen sein. Will man annehmen sie seien durch eine plötzliche Welle von ungewöhnlicher Höhe ans Land geworfen worden, so könnte das Ereigniss wohl ein verhältniss- mässig junges sein; aber dagegen spricht die gleichmässige Ausbreitung der Bims- steine über so grosse Flächen, die ansehnliche Menge, in der man sie angehäuft findet, und der Umstand, dass man sie, wie im Korallenfels an Baine's Insel auch

160 Dr. F. v. Hochstetter.

eingebettet findet in das Koralleneonglomerat, welches die Flächen, über welchen sie ausgebreitet liegen , bildet.

Die Ausbreitung der Bimssteingerölle fällt demnach nach Jukes in die Zeit der Bildung des Korallenconglomerates selbst. Dass beide jetzt 8 oder 10 Fuss über der höchsten Fluthgrenze liegen, beweist nicht nothwendig, eine allgemeine allmählige Hebung der Ostküste von Australien um so viele Fusse. Wohl aber lasst sich daraus mit Sicherheit schliessen, dass längs der ganzen Ost- und Nord- ostküste von Australien, wo die Bimssteingerölle und das Koralleneonglomerat zusammen vorkommen, in neuester Zeit keine Senkung stattgefunden hat, sondern dass diese ganzeKüste durch eine lange Periode sich entweder langsam gleichmässig um 8 10 Fuss gehoben hat, oder aber vielleicht wahrscheinlicher gänzlich stationär geblieben ist.

Diesen von Jukes ausgesprochenen Ansichten kann ich mich nicht unbedingt anschliessen. Durch allmählige Anschwemmung einzelner Stücke in einem langen Zeitraum lässt sich das weit verbreitete, in allen Verhältnissen vollkommen gleich- bleibende Vorkommen nicht erklären. Es muss ein Ereigniss gewesen sein, ein gewaltiger Vulcanausbruch im südpaeifischen Ocean , der ungeheuere Bimsstein- massen über das Meer ausschüttete, und ich sehe durchaus nichts Unwahrschein- liches oder den Thatsachen Widersprechendes in der Annahme, dass mit diesem Vulcanausbruch auch Erdbeben verbunden waren , und dass eine plötzliche Welle von ungewöhnlicher Höhe, eine grosse Erdbebenwelle, wie sich solche ja selbst in jüngster Zeit von der Küste von Californien bis nach Japan und China durch den ganzen paeifischen Ocean fortgepflanzt haben, der Träger der Bimssteine an nahe und ferne Küsten ringsum den Eruptionsmittelpunkt war. Ja, mir scheint diese Annahme sogar nothwendig, da sich sonst nicht leicht erklären lässt, warum die Bimssteine überall gerade in einem und demselben Niveau über der höchsten Fluth- linie liegen. Man müsste sonst annehmen, dass alle jene Küstenflächen von S 10 Fuss über der Hochfluth sich genau in derselben Zeit gebildet haben, und dass die Bimssteine gerade zur rechten Zeit gekommen seien, um theils noch in den Korallfels eingebettet zu werden, theils denselben zu bedecken. Dass aber auch bei der Annahme einer grossen plötzlichen Erdbebenwelle das Ereigniss kein neues, sondern ein verhältnissmässig altes, d. h. wenigstens Jahrhunderte altes ist, das beweist die Vegetation, welche auf dem Bimssteingeschütte aufgewachsen ist, und die Humusdecke, welche sich gebildet hat.

Es würde kaum zu einem Resultate führen, dem Vulcane, der die Bimssteine auswarf, genauer nachspüren zu wollen. Die Phantasie hat in den zahlreichen Vulcanen näherer und fernerer Inseln wie der Neu-Hebriden, der Nitendigruppe u. s. w. grossen Spielraum.

Das Stewart-Atoll im stillen Ocean. 161

Der zweite Gesichtspunkt, von dem aus die Ausbreitung des Bimssteingerölles auf den Atollen und australischen Riffinseln von geologischer Bedeutung ist, ist der, dass dadurch bewiesen ist, dass die Senkung, aus welcher Darwin 's geist- reiche Theorie die Bildung von Atoll- und Barrierriffen erklärt, in diesem Theile des Öceans entweder eine so langsame ist, dass sie sich selbst im Laufe von Jahr- hunderten nicht nachweisen lässt, oder dass die Niveauverhältnisse durch eine lange Periode hier stationär geblieben sind.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung endlich dieses Bimssteingeschüttes, wenn ich so sagen darf, ist die, dass der Boden der bewohnbaren Inseln dadurch Bestand- teile erhält, welche eine viel reichere und mannigfaltigere Vegetation ermög- lichen, als der blosse Korallensandboden. Darwin .erwähnt von der Keelings- Insel nur 22 ursprünglich einheimische Pflanzenspecies, Dr. Pickering von der Paumotugruppe 28 oder 29 Arten. Auf dem Stewart- Atoll ist die Vegetation jeden- falls reicher und enthält gewiss die doppelte Anzahl von Arten1. Dem Bimsstein verdanken die Eingebornen die hochstämmigen Waldbäume, aus deren Holz sie ihre Kanoes verfertigen.

1 Leider ist es mir nicht möglich, ein vollständiges Yerzeichniss der Flora des Stewart-.Atoll zu geben, da die botanische Sammlung der Expedition sehr unvollständig ist und nur folgende Arten enthält: Risophora Mangle L. Tacca pinnatifida Forst. (TaccaceaeJ.

Euphorbia Taitensis Boiss. Isolepis n. sp. (üyperaceaej.

Schmidelia n. sp. (SapindaceaeJ. Rottböüa n. sp. GramineaeJ.

Bassia n. sp. (SapotaceaeJ. Vittaria plantaginea Bory

Lippia nodifloi'a Rieh, ß repens fVerbenaceaeJ. Asplenium laserpitifoUum

Farne.

Proeris cephalida Foir. ) 1 Laub-, 1 Lebermoos und eine Flechte.

Fleurya Interrupt'

epha/ida Foir. )

l (vrticaceaej. nterrupta Gau dich )

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. -*

ZWEITE ABTHEILUNG:

PALÄONTOLOGISCHE MITTHEILUNGEN.

Inhalt.

I. Prof. Dr. A. E. Reuss, Über fossile Korallen von der Insel Java.

(Mit 3 Uthographirten Tafeln.)

II. Dr. Conrad Schwager , Fossile Foraminiferen von Kar flikobar.

(Mit 4 lithographirten Tafeln.)

21 *

165

I.

Über fossile Korallen von der Insel Java.

Von Prof. Dr. A. E. Reuss.

(Mit 3 lithographirten Tafeln.)

_L)ie Korallen, deren Beschreibung die nachfolgenden Blätter enthalten, wur- den mir von Herrn Prof. Dr. v. Hochs tetter und Herrn Direotor Dr. Hörn es freundlichst zur Untersuchung überlassen \ Ersterer hatte sie von seiner Novara- fahrt mitgebracht und bei Gelegenheit seiner geologischen Ausflüge durch einen Theil der Insel Java selbst gesammelt. Sie stammen mit Ausnahme der Polysolenia Hochstetteri sämtlich aus den sedimentären Schichten der Sandsteinwand Grunung: Sela im Tji-Lanangthale des Districtes Rongga. Die erwähnte Polysolenia Hoch- stetteri ist der Trachyt- und Kalkbreccie von Tjukang Raon in der Lalang- Kette entnommen (S. 139). Inderseiben sind nachv. Hochstetter's gefälliger Mittheilung zahllose, bisweilen grosse Trümmer von hornblendereichem Trachyt und dichtem Kalkstein durch ein Kalksteincäment gebunden. Die Kalksteinfragmente zeigen häufig deutliche Korallenstructur. Einem solchen Bruchstücke ist die beschriebene Koralle entnommen.

Die Thierversteinerungen Java's haben bisher nur eine sehr beschränkte Bearbeitung gefunden. Die Echinodermen wurden von J. A. Herklots-' beschrie- ben; eine Anzahl tertiärer Mollusken wurde von H. M. Jenkins a untersucht und publicirt. Letzterer Abhandlung ist die Beschreibung einer neuen Koralle der Heliastraea Herklotsi von Duncan beigegeben4. Weitere Nachrichten über die fossilen Anthozoen Java's fehlen bisher gänzlich.

Ich lasse nun die Beschreibung der von mir untersuchten Arten folgen.

' Sie befinden sich jetzt im k. k. Hof-Mineraliencabinete, welchem sie Prof. v. Hochs tetter übergeben hat.

2 Description des restes fossiles d'animaux des terrains tertiaires de l'ile de Java, recueillies sur les lieux par M. Fr. Junghuhn. 4me partie: Echinodermes. Leyde, 1854.

3 H. M. Jenkins on sorne tertiary Mollusca from Mount Sela im Quart, journ. of the geol. Soc. of London 1864. Vol. 20, pag. 45 ff.

1 Ebendaselbst pag. 72. Taf. VII, Fig. 9a dd.

166

Prof. Dr. A. E. Reuss.

A. Anthozoen mit undurchbohrten Wandungen (A. apora).

I. ASTRAEIDAE.

1. A. CONGLOMEKATAE.

Stylocoenia M. Edw. et H.

1. St. depauperata n. sp. (Taf. 1, Fig. 1). Es liegt nur ein schlecht erhaltenes Bruchstück eines etwas zusammengedrückten kurzen fingerförmigen Lappens vor und ich würde mich der Bestimmung desselben enthalten haben, wenn es nicht ein Merkmal darböte, durch welches es von allen bekannten Arten dieser Gattung leicht unterschieden werden kann. Es ist diess die Zahl der Septallamel- len. Die rundlichen sehr ungleichen, höchstens 1-5 2 Millim. im Durchmesser haltenden Sterne zeigen nämlich nur sechs dünne Lamellen, zwischen welchen nur selten ein Rudiment einer secundären Lamelle zu entdecken ist. Die Axe endet oben in einem dicken cylindriscken in weiter Ausdehnung freien griffeiförmigen Höcker.

Die Zwischenränder der Sterne sind ungleich, aber ziemlich breit. Soweit der abgeriebene Zustand es zu beurtheilen gestattet, scheinen sie mit feinen körnigen Höckern besetzt zu sein. Besonders an jenen Punkten, in welchen mehrere Zellen an einander grenzen, nimmt man Spuren grösserer Höcker wahr.

Anisocoenia nov. gen. '

Die im Querschnitte sehr unregelmässigen Zellenröhren sind in ein falsches Cönenchym eingesenkt, das durch ihr Verwachsen mittelst der blattartig erwei- terten Rippen und durch reichliche Entwicklung von Exothecalzellen zwischen denselben entsteht. Die in Grösse und Distanz sehr wechselnden Sterne vermehren sich durch extracaliculäre Knospenbildung. Sie sind völlig axenlos und ihre Ränder eingesenkt. Die am freien oberen Rande ungezähnten und auf den Seiten- flächen beinahe glatten Septallamellen sind sehr ungleich, indem sich eine wech- selnde Anzahl derselben auf das drei- bis vierfache verdickt und einzelne sich gabelförmig spalten (d. h. in ihrem äussern Theile verwachsen sind). Die Endo- thecalzellen sind spärlich entwickelt.

Am nächsten schrieest sich die Gattung, die sich mit keiner der bekannten verbinden lässt, an Phyllocoenia an , von welcher sie jedoch durch das Verhalten der Septallamellen wesentlich abweicht.

1. A. crassisepta m. (Taf. 1, Fig. 2). Die Zellensterne des dickästigen oder fingerförmig-ästigen Polypenstockes sind sehr ungleich und unregelmässig gestaltet, selten rundlich, meistens verzogen und gelappt. Sie erreichen einen Durchmesser von bis 7 Millim. und sind durch schmälere, am oberen Rande sehr stumpf gekantete Zwischenräume geschieden. Wenn diese Kante etwas abgerieben

1 Von xmiijOG ungleich.

Über fossile Korallen von der Insel Java. 167

ist, beobachtet man eine die Sterne trennende sehr zarte Furche. Eben so feine Furchen strahlen von dem Sterne aus, je eine aus dem Zwischenräume zweier Septallamellen ausgehend, und eine andere auf dem oberen Rande jeder Septal- lamelle bis zu ihrem inneren Rande verlaufend.

Die obere Decke dieser Zwischenräume ist ziemlich dick , wesshalb sie auch nicht so leicht einbricht und besser erhalten ist. Entfernt man sie jedoch durch Anschleifen, so kommen die ziemlich dicken Wandungen der Zellenröhren zum Vorschein, so wie das die sich Iamellös ausbreitenden Rippen verbindende Exothecal- gewebe. Man beobachtet zwischen je zwei Zellensternen eine Doppelreihe senk- rechter prismatischer Lücken, welche durch ziemlich dicke, etwa 1 1-5 Millim. von einander abstehende, schwach nach aussen geneigte Exothecallamellen in vier- eckige Zellen abgetheilt werden. Es entsteht daraus eine Art falschen Cönenchyms.

Die Zellensterne sind wenig vertieft, ohne centrale Axe, deren Stelle ein kleiner Hohlraum einnimmt. Die Zahl und Beschaffenheit der Septallamellen ist sehr wandelbar. Je nach der Grösse der Sterne zählt man 14 29 Lamellen, so dass in den kleinen der dritte Cyclus nur theilweise, in der grössten aber auch noch ein kleiner Theil des vierten Cyclus entwickelt ist. In Beziehung auf Grösse und Dicke ist ihre Bildung sehr ungleich und unregelmässig. 1- 6 in jedem Sterne sind sehr dick, verdünnen sich auch nach innen nicht und endigen mit stumpfem innerem Rande. Bisweilen erscheint dieser sogar etwas verdickt. In manchen Sternen spalten sich 1 2 dieser dicken Lamellen gabelförmig, was auf Verwachsung zweier Lamellen in ihrem äusseren Theile beruhen dürfte. Die jüngsten 9 15 Lamellen sind sehr kurz und dünn. Auch nach oben endigen die Lamellen mit dickem, über- diess ganzem ungezähntem Rande und überragen den Sternrand nicht. Ihre Seiten- flächen sind beinahe glatt und werden nur durch spärliche, weit abstehende, sehr schief nach innen geneigte Endothecallamellen verbunden. Im unteren Theile der Zellenröhren stehen dieselben jedoch etwas gedrängter.

Prionastraea M. E d w. et II.

1.? M*r. dubia m. (Taf. 1, Fig. 3). Diese Species, von der ich nur ein man- gelhaft erhaltenes Exemplar untersuchen konnte, ähnelt in mancher Beziehung der ? Fr. diversiformis Mich. sp. aus den Miocänschichten von Turin und Bordeaux (Michelin iconogr. zoophyt. pag. 59, Taf. 12, Fig. 5), unterscheidet sich aber schon durch die weit geringere Grösse der Zellensterne, deren Durchmesser nur höch- stens 6 7 Millim. beträgt. Dieselben sind übrigens meistens nicht rundlich, son- dern mehr weniger verlängert polygonal und werden nur durch schmale, oben flache Wandungen geschieden. Die Axe ist massig entwickelt, papillös. im Quer- schnitte schwammig. Man zählt 24 28 Septallamellen, von denen gewöhnlich 12 14 dickere- bis zur Axe reichen. Die damit abwechselnden sind dünner und meistens nur halb so lang. Einzelne der jüngeren Lamellen biegen sich mit ihrem

168 Prof. Dr. A. E. Reuss.

inneren Ende gegen die älteren und verschmelzen damit. Auf den Seitenflächen zeigen sie schräg nach oben und innen aufsteigende Linien und werden durch dünne, ziemlich entfernte, nach innen geneigte, oben etwas convexe Endothecal- lamellen verbunden. Zunächst der Axe werden sie überdies? von einzelnen unregel- mässigen Löchern durchbohrt.

Bei dem mangelhaften Erhaltungszustande muss die generische Verwandt- schaft unserer Koralle unentschieden bleiben. Das Vorhandensein einer Axe schliesst dieselbe an Prionastraea an , von welcher sie jedoch durch die auch im unteren Theile an einander geschlossenen Röhrenwandungen und den wahrschein- lichen Mangel starker Zähnung am oberen Eande der Septallamellen abweicht. Vollständigere Exemplare werden die obwaltenden Zweifel in der Folge wohl beseitigen.

2. FAVIDEAE. Favoidea nov. gen.

Die knolligen Polypenstöcke ähneln im Allgemeinen der Gattung Favia, mit welcher sie auch in Beziehung auf die geringe Regelmässigkeit der Sterne und die Art ihrer Vermehrung übereinkommen. Diese geschieht, wie man sich klar über- zeugen kann, durch allmälige Theilung der Sternzellen.

Von der anderen Seite nähert sich unser Fossil den Phyllocoenien, besonders in der Unregelmässigkeit der Zellensterne, dem Vorhandensein eines falschen Cönenchyms und dem Mangel der Axe.

Trotz der grossen Verwandtschaft mit Favki kann dasselbe aber doch nicht damit vereinigt werden. Schon der gänzliche Mangel der Axe, welche bei Favia stets mehr oder weniger, mitunter beträchtlich entwickelt ist, tritt hindernd ent- gegen. Man sieht sich daher genöthigt, die in Rede stehende Koralle zum Typus einer neuen Gattung zu erheben, welche neben Favia zu stellen ist und in der Reihe der Favideen dieselbe Stelle einnimmt, an Avelcher Phyllocoenia inner- halb der Gruppe der sich durch Knospenbildung vermehrenden conglomerirten Astraeiden steht.

1. JF. tMunghuhni m. (Taf. 1, Fig. 4). Es liegt ein 2-5 3 Zoll grosses Bruchstück eines auf der Oberseite flach gewölbten Knollens vor, das, abgesehen von der etwas abgeriebenen Oberfläche, sehr wohl erhalten ist. Die Zellensterne sind unregelmässig gestaltet, fast nie kreisförmig, beinahe stets mehr weniger in die Länge gezogen, nicht selten etwas verbogen und gelappt. Bisweilen sind sie in der Mitte an einer oder selbst an beiden Seiten eingeschnürt, offenbar in der Theilung begriffen. Sie sind sehr ungleich und gewöhnlich ziemlich weit von einander entfernt. Der längere Durchmesser übersteigt 6 Millim. kaum. Kur kleinere Sterne, die vor Kurzem erst durch Theilung selbstständig geworden sind, zeigen sehr schmale Zwischenräume. Ihr Rand ragt nicht über die Oberfläche her-

Vier fossile Korallen von der Insel Java. 169

vor. Auf den die Sterne trennenden Zwisehenbrücken stehen um dieselben feine radiale Furchen, welche jene der Nachbarsterne nicht immerzu erreichen scheinen.

Wo durch Abreibung die obere dünne Platte verloren gegangen ist, kömmt das Exothecalgewebe zum Vorschein, welches die Zwischenräume der lamellösen Rippen, die die Zellenröhren verbinden, bis zum oberen Ende erfüllt. Man erblickt in zwei Reihen stehende, durch dünne senkrechte Wandungen geschiedene vier- seitige Vertiefungen, die ein beinahe regelmässiges Gitterwerk bilden.

Dasselbe tritt am deutlichsten auf Verticalschnitten hervor. Die dünnen senk- rechten Rippenlamellen werden nämlich durch etwa (>75 1 Millim. von einander abstehende horizontale oder nur wenig geneigte Querlamellen verbunden, wodurch ein feines Netzwerk mit nur wenig ungleichen Maschen entsteht.

Die wenig tiefen Zellensterne sind axenlos und man erkennt deutlich den freien fast senkrecht absteigenden inneren Rand der Septallamellen. Die Zahl der sehr ungleichen Septallamellen beläuft sich auf 27 3*. Unter denselben sind sechs oder höchstens sieben am meisten entwickelt und reichen beinahe bis zum Centrum des Sternes, ohne sich jedoch zu berühren, indem sie daselbst einen kleinen Raum frei lassen. Aber auch sie besitzen sehr ungleiche Dicke, verdünnen sich jedoch stets nach innen hin.

Zwischen je zwei dieser Lamellen liegen in der Regel 3 5 kleinere, von denen die jüngsten sehr kurz und dünn sind. Es sind daher drei Cyclen von Lamellen vollständig, ein vierter nur theil weise entwickelt.

Sämtliche Lamellen sind dünn , mit zerstreuten sehr kleinen Höckerchen besetzt und zeigen überdiess spai*same äusserst dünne, sehr stark bogenförmig nach innen absteigende Endothecallamellen, die in Zahl, Form und Dicke von den Exothecallamellen sehr abweichen. Der obere freie Rand der Septallamellen scheint mit sehr feinen Zähnchen besetzt zu sein.

3. FUNGIDEAE (LOPHOSERINAE).

Cycloseris M. E d w. et H.

1. C. nicueensis mich, sp.'f (Taf. 1, Fig. 5). (M. Edwards bist. nat. des corall. III. pag. 53. Cijclolites nicaeensis Michelin iconogr. zoophyt. pag. 266, Taf. 61, Fig. 1.) Mir standen zwei unvollständig erhaltene Exemplare zu Gebote, an denen man aber im Stande war, die characteristischen Merkmale ziemlich deutlich zu erkennen. Das eine, dessen Rand stellenweise abgebrochen ist, hat 50 Millimeter im Durchmesser und scheint im Umrisse rundlich gewesen zu sein. Das andere, von welchem nur ein Segment vorhanden ist, besitzt eine beträcht- lichere Grösse (Durchmesser 82 Millim.).

Die Unterseite ist flach, mit wenigen breiten und flachen concentrischen Runzeln , ohne Spur von Anheftungsstelle. Radiale Rippchen von sehr ungleicher

Novara-Expedition. Geologischer Theil. IL Iid. -*

170 Prof. Dr. A. E. Beuss.

Grösse bedecken sie zum grössten Theile. Die primären reichen bis in geringe Entfernung vom Centrum, dessen nächste Umgebung nur mit feinen in radiale Reihen gestellten Körnchen besetzt ist. Zwischen diese schieben sich immer kür- zere ein, so dass ihre Länge nach dem Alter des Cyclus, welchem sie angehören, wechselt. Alle sind schmal, niedrig, aber ziemlich scharfrückig, am Rücken mit einer Reihe feiner Körner versehen.

Die Oberseite des kuchenförmigen Polypenstockes ist wenig gewölbt mit rundlicher, nur wenig verlängerter enger Centralgrube. An dem kleineren Exem- plare zählte ich 166 Radiallamellen. Jedoch mag ihre Zahl leicht noch etwas grösser sein, da die obere Seite des Polypenstoekes stellenweise etwas incrustirt ist. Es dürften daher beiläufig sechs vollständige Cyclen vorhanden sein. Sämt- liche Lamellen sind an den Seitenflächen mit feinen, in verticalen Reihen stehenden Körnchen besetzt und, wie man sich stellenweise überzeugt, in der Tiefe in gleichen Abständen durch senkrechte Trabekeln verbunden. Jene der drei ersten Cyclen sind ziemlich und zwar gleich dick. Zwölf derselben reichen beiläufig bis zum Centrum. Die übrigen nehmen an Länge und Dicke ab. Jedoch pflegen die viel dünneren Lamellen des vierten Cyclus sich mit den sich nach innen hin sehr rasch verdünnenden Lamellen des dritten Cyclus in der Nähe des Sterncentrums zu ver- binden. Jene des letzten Cyclus sind sehr kurz und dünn.

Wie aus dieser Beschreibung hervorgeht, stimmt das javanische Fossil mit jenem aus dem Eocän von Nizza in allen wesentlichen Characteren überein und ich sehe mich ausser Stande, Merkmale aufzufinden, welche eine Trennung recht- fertigen würden.

B. Anthozoen mit durchbohrten Wandungen (A. perforata). I. MADREPORLDEAE.

a. MADREPORINAE.

Madrepora L.

1. NM. Herklotsi in. (Taf. 2, Fig. 1). Ich hatte zur Untersuchung nur Bruch- stücke cylindrischer Zweige, die calcinirt und an der Oberfläche meistens sehr ab- gerieben waren. Nur an einem derselben war diese besser erhalten. Die etwa i Millim. im Durchmesser haltenden Sterne stehen in ziemlich regelmässigen alter- nirenden Längsreihen und ragen in Gestalt stumpfer, etwas schräg nach aufwärts gerichteter Höcker vor. Man zählt sechs sehr dünne Septallamellen, von denen aber gewöhnlich nur zwei gegenüberstehende stärker entwickelt sind, so dass sie in der Mitte der Sternhöhlung zusammenstossen. Die übrigen sind sehr kurz. Die Aussenwand der Sternhöcker trägt zahlreiche (meist 24) regelmässfge Längsreihen sehr kleiner Höckerchen.

Über fossile Korallen von der Insel Java. 171

Die Sterne derselben Längsreihe stehen etwa 2-5 4 Millim. von einander ab, während je zwei Nachbarreihen etwa 3 Millim. von einander entfernt sind. Die Oberfläche des dieselben verbindenden Cönenchyms ist uneben und mit in unregel- mässigen Reihen stehenden spitzigen Körnern bedeckt. Zwischen denselben sind ziemlich weit entfernte, selten rundliche, gewöhnlich unregelmässige, oft schlitz- förmig verlängerte Löcher eingesenkt. Im Querbruche erscheint das Cönenchym spongiös. Auf der Innenseite der Zellenröhren beobachtet man entfernte , zum Theile reihenweise geordnete längliche Poren.

Ich habe die Species nach Herrn J. A. Herklots benannt, der sich durch Untersuchung der Echinodermen schon so grosse Verdienste um die Kenntniss der fossilen javanischen Fauna erworben hat.

3. m. Duncani m. (Taf. 2, Fig. 2). Ebenfalls Bruchstücke eylindrischer Äste, auf denen die nur 1-2 1*5 Millim. grossen, selbst bei wohlerhaltenem Zu- stande kaum über die Oberfläche vorragenden Sterne in unregelmässige Längs- reihen geordnet sind, die weiter (2-5 4-5 Millim.) von einander abstehen, als bei der vorigen Species. Ihre Stellung ist überhaupt eine unregelmässigere. Die sechs Septallamellen sind wenig entwickelt; nur in manchen Sternen erreichen zwrei einander gegenüberstehende Septa eine solche Länge, dass sie zusammenfliessen und gleichsam eine verticale Scheidewand durch die Mitte der Sternhöhlung bilden. Stets sind sie aber sehr dünn und zerbrechlich. Es ist daher nicht unwahrschein- lich, dass sie in den meisten Sternen weggebrochen sind. Die Zellenwandungen sind von kleinen reihenweise stehenden Poren durchbrochen.

Die Oberfläche des reichlichen Cönenchyms zeigt in einer Richtung etwas verlängerte Körner, wrelche oft ganz oder nur an der Basis in wurmförmig ge- krümmte runzelartige Erhöhungen zusammenfliessen. Zwischen dieselben sind ebenso unregelmässige schmale Furchen eingesenkt, die stellenweise eine bedeu- tendere Tiefe erreichen und deren Grund von entfernten , gewöhnlich in der Rich- tung der Furchen verlängerten, oft schlitzförmigen Poren durchbrochen wird. Auf dem Querbruche erscheint das Cönenchymgewebe durch wurmförmig gewundene Canäle schwammig.

Ich habe die Species Herrn M. Duncan gewidmet, dem verdienten Durch- forscher der fossilen Korallen Westindiens, welcher zugleich die einzige bisher bekannte fossile Koralle von der Insel Java beschrieben hat.

b, TURBINARINAE.

Dendracis M. E d w. et H.

1. O. Haidingeri Rss. (Reuss in den Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss. in Wien, Bd. 23, pag. 27. Taf. 8, Fig. 2 5.) Die vorliegenden Bruchstücke der walzenförmigen Stämmchen sind sehr schlecht erhalten, stimmen aber in allen

172 Prof. Dr. A. E. Beuss.

wahrnehmbaren Merkmalen mit der genannten Species aus den oberen Nummu- litenschichten der Umgebung von Oberburg in Steiermark überein.

c. POLYSOLENIDEAE.

Polysolenia nov. gen.

1. M*. Hochstetteri in. (Taf.2, Fig. 3). Dieser Species liegt ein Fragment von etwa 2-5 Zoll Höhe und 4 Zoll Breite zu Grunde, das in einer Trachyt-Kalk- breccie eingehüllt war. Da es nirgend mehr seine ursprüngliche Oberfläche dar- bietet, konnte über die Gestaltung des Polypenstockes, die Beschaffenheit der Zellensterne u. s. w. keine Auskunft erlangt werden. Dagegen gestattete der übri- gens günstige Erhaltungszustand des Fossilrestes, seinen inneren Bau an Quer- und Längsschliffen genau zu studiren.

Bei flüchtiger Betrachtung des Querschnittes ergibt sich eine grosse Ähnlich- keit mit der Gattung Polytremacis d'Orb. Dieselbe verschwindet jedoch, sobald man sich bei genauerer Untersuchung von der völligen Abwesenheit der queren Dissepimente, welche die tabulaten Korallen überhaupt characterisiren, so wie von der abweichenden Anzahl der Septallamellen überzeugt.

Die engen, nur etwa 2 Millim. im Durchmesser haltenden Zellenröhren, welche sich durch seitliche Knospung mehren, sind in ein reichliches Cönenchym ein- gesenkt, so dass sie 2-5 4 Millim. von einander entfernt stehen. Das Cönenchym besteht aus langen, ziemlich dicken, geraden, neben einander liegenden Röhren, deren runde oder sehr breit-elliptische Durchschnitte man auf dem Querschliffe des Korallenstockes sehr leicht mit freiem Auge wahrzunehmen vermag. Stellen- weise beobachten sie eine einigermassen regelmässige Vertheilung, indem sich um eine centrale Bohre sechs andere im Kreise gruppiren. Ihre gemeinschaftlichen Wandungen sind dick, da ihre Dicke die Hälfte des Durchmessers der Röhren- höhlung beträgt.

In dieser Structur des Cönenchyms verräth unsere Koralle eine überraschende Ähnlichkeit mit Polytremacis und Heliopora , von denen sie jedoch in den übrigen Details der Structur wesentlich abweicht. Denn die Höhlung der beschriebenen Röhren geht, ohne durch Quersepta abgetheilt zu sein, ununterbrochen durch ihre Gesamtlänge hindurch, wovon man sich an Verticalschnitten vollkommen über- zeugt. Dagegen sind ihre Wandungen keineswegs ununterbrochen, sondern werden von zahlreichen Löchern durchbohrt, durch welche die Röhrenhöhlungen mit einander communiciren. Dieselben sind ziemlich weit, indem ihr Durchmesser die Hälfte ihrer Abstände von einander oder selbst noch etwas mehr beträgt. An Ver- ticalschnitten des Korallenstockes gewinnt man überdiess die Überzeugung , dass diese Quercanäle bei sämtlichen benachbarten Röhren in einem fast genau über- einstimmenden Niveau liegen, so dass dadurch ein sehr zierliches und regelmässi-

über fossile Korallen von der Insel Java. l~o

ges, selbst dem freien Auge wohl sichtbares Gitterwerk gebildet wird. Es gewinut gleichsam den Anschein, als ob das Cönencbym aus parallelen senkrechten Säul- chen bestehe, welche insgesamt durch ziemlich dicke, in gleichem Niveau liegende Querbrücken mit einander verbunden sind.

Sehr abweichend verhalten sich die röhrenförmigen Sternzellen. Sie besitzen keine eigenthümlichen Wandungen , sondern werden unmittelbar von den netz- förmig durchbrochenen Wandungen der Cönenchymröhren begrenzt, von denen auch die sehr ausgebildeten Septallamellen entspringen. Bei etwas flüchtiger Be- trachtung zählt man in jedem Sterne acht Lamellen; die genauere Untersuchung lehrt jedoch, dass zwei derselben, durch besondere, fast doppelte Dicke ausge- zeichnet, durch einen bis über die Hälfte eindringenden Einschnitt gabelförmig gespalten werden. Dadurch reducirt sich ihre Zahl auf die normale Sechszahl. In seltenen Fällen beschränkt sich die Dichotomisation auf eine Lamelle, so dass man sieben Radiallamellen im Sterne zählt.

Sie reichen bis zum Sterncentrum und verschmelzen dort mit einander zur compacten Masse. Ob eine selbstständige Centralaxe vorhanden sei, wie es nicht unwahrscheinlich ist, lässt sich nicht entscheiden, da leider nirgend die Oberfläche der Sternzellen erhalten geblieben ist.

Ein anderer sehr auffallender Character der Septallamellen ist ihre ausneh- mende Dicke, welche die Dicke der Wandungen der Cönenchymröhren noch über- trifft. Dadurch wurden die freien Zwischenräume, welche sie zwischen sich liessen, ungemein verengt, wenn man nicht etwa annehmen will, dass die ursprünglich dünneren Lamellen erst später in Folge des Versteinerungsprocesses bedeutend verdickt worden sind. Jedoch ist diess wenig wahrscheinlich, da die Verdickung in diesem Falle kaum überall so gleichmässig erfolgt wäre und man auf den Quer- schnitten der Lamellen wenigstens stellenweise Spuren der Begrenzung der Auf- lagerungsschichten wahrnehmen würde.

Noch mehr weichen die Radiallamellen in anderer Beziehung von den Wan- dungen der Cönenchymröhren ab. Statt gleich diesen gitterförmig durchbrochen zu sein, stellen sie beinahe ununterbrochene Kalkblätter dar und auf Vertical- schnitten entdeckt man nur hin und wieder einen seltenen durchbohrenden Canal.

Wendet man die nun möglichst vollständig dargelegten Charactere unserer Koralle dazu an, ihr eine bestimmte Stelle im Systeme anzuweisen, so gelangt man zuvörderst zu der schon früher ausgesprochenen Überzeugung, dass dieselbe wegen des Mangels der Querdissepimente nicht der Ordnung der tabulaten Korallen beigezählt werden könne. Dagegen wird man durch die gitterförmig durchbrochenen Wandungen genöthigt, dieselbe in die Abtheilung der perforirten Korallen (der Madreporarien M. Edwards) zu versetzen. Geht man in die Unterabtheilungen dieser Gruppe näher ein, so ist es klar, dass die Poritiden, bei welchen das Septal-

174 Prof. Dr. A. E. Reust.

System nur aus Reihen mehr weniger rudimentärer Trabekeln besteht, von unserer Betrachtung ausgeschlossen werden müssen, da die javanische Koralle sehr voll- kommen entwickelte Septallamellen besitzt. Es kann also hier nur von der Unter- abtheilung der Madreporideen die Rede sein. Innerhalb derselben sondert M. Edwards drei Familien , von denen jedoch die Eupsammiden wegen ihres Mangels an selbstständigem Cönenchym hier nicht in Betrachtung kommen können. Aber auch die Charactere der Madreporinen im engeren Sinne, bei welchen zwei Hauptlamellen stets viel mehr entwickelt sind als die übrigen, lassen sich auf unseren Fossilrest nicht anwenden. Am meisten nähert sich dieser der dritten Gruppe der Madreporideen, den Turbinarineen, welche mit einem reichlichen spon- giösen oder netzförmigen Cönenchym wenigstens sechs regelmässig entwickelte Radiallamellen verbinden. Doch auch hier passt nicht das sehr regelmässige aus parallelen Röhren zusammengesetzte Cönenchym, in welcher Beziehung vielmehr eine Annäherung an Heliopora und Vohßremads unter den tabulaten Korallen Statt findet. Es muss daher das in Rede stehende Petrefact den Typus einer neuen Gattung und selbst einer neuen Familie bilden. Ersterer habe ich nach ihrer röhri- gen Structur den Namen ..Polysolenia" , der Species aber den Namen ihres hoch- verdienten Entdeckers beigelegt.

2. PORITIDEAE. "

Pontes Lam.

1. 1*. incrassuta in. (Taf. 2, Fig. 4). Es liegt nur ein Bruchstück von unbe- stimmt knolliger Gestalt vor. Die 4 Millimeter grossen Sterne sind polygonal, sehr seicht vertieft und undeutlich von einander gesondert. S 18 besonders in ihrem äusseren Theile dicke, nach innen sich verdünnende deutliche Lamellen, von denen 6 8 bis zum Centrum reichen, während die übrigen früher oder später sich mit den Nachbarlamellen verbinden, so dass einzelne derselben ästig erscheinen. Sie sind mit kleinen spitzigen Höckern besetzt und von regellos gestellten Löchern durchbohrt. Auf ihrem in.nern Theile, von ihnen nicht immer deutlich gesondert, erheben sieh 6 8 runde körnerartige Kronenblättchen, welche in einfachem Kranze die centrale, in Gestalt eines Körnchens vorragende Axe umgeben.

•**• sp. ? Das einzige untersuchte Bruchstück hat durch Einwirkung der Atmosphärilien so sehr gelitten, dass selbst die Gattung, der es angehört, nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann. Die ein fast regelmässiges feines Gitterwerk bildende Aussenwand der Zellenröhren, so wie die eben so durchbrochenen und zu einem lockeren Netzwerk verschmolzenen Septallamellen setzen es ausser Zweifel, dass das Fragment einer Anthozoe aus der Gruppe der Poritiden angehört. Die mit ihren deutlichen Aussenwänden unmittelbar, ohne dazwischentretendes Cönenchym, verwachsenen Röhrenzellen verweisen dasselbe in die engere Unterabtheilung der Poritinen. Die Zellensterne sind aber zu mangelhaft erhalten, als dass man ihre

I 'ha- fossile Korallen von der Insel Java. 175

Details mit Sicherheit erkennen möchte. Stellenweise glaubt man jedoch sechs körnerartige Kronenblättchen wahrzunehmen, welche ein ebenfalls körnerartiges Axenknöpfchen umgeben. Diese Merkmale würden für die Gattung Porites sprechen, mit welcher aber das Vorhandensein deutlich geschiedener Zellenwandungen nicht wohl stimmt. Die Entscheidung muss bis zur Untersuchung vollständigerer Exem- plare aufgeschoben werden.

Litharaea M. E d w. et II.

1. Mj. affinis in. (Taf. 2, Fig. 5). Die Species, welche kleine Knollen mit convexer Oberfläche bildet, steht der L. Websteri M. Edw. aus den Eocänschichten von Brackleskam-Bay 1 sehr nahe. Die 4 5 Millimeter grossen, seicht vertieften, polygonalen Sterne sind nicht durch einfache dünne Wandungen geschieden, sondern durch ein wenngleich spärliches schwammiges Cönenchym verbunden, dessen Oberfläche mit spitzigen Höckerchen regellos besetzt ist. Die spongiöse Axe ist sehr stark entwickelt und ihre Oberfläche erscheint im wohlerhaltenen Zustande mit stark vorragenden scharfen Körnern besetzt. Ein Querschnitt in geringem Abstände von der Oberfläche lässt ihre schwammige Beschaffenheit deutlich erkennen.

In der Begel zählt man in jedem Sterne 2-i Radiallamellen , die sich nach aussen kaum verdicken. Die primären und seeundären sind gleich entwickelt; jene des dritten Cyclus dagegen sind kurz, krümmen sich gegen die seeundären und verschmelzen mit denselben schon in der Hälfte des Abstandes ihres Ursprunges vom Axenrande. Sämtliche Lamellen sind an den Seiten sehr stark gekörnt; die verlängerten Körner fliessen oft mit jenen der Nachbarlamellen zusammen, so dass diese durch Querfäden verbunden erscheinen, wodurch ein Netzwerk mit rundlichen Löchern entsteht. Ein Verticalschnitt des Korallenstockes zeigt die fast regelmässig gefensterte Structur der Septallamellen sehr deutlich. Viel weniger regelmässig ist die genetzte Beschaffenheit des die Sterne verbindenden Cönenchyms.

Dictyaraea nov. gen.

Die hieher gehörigen Korallen haben in ihrer Physiognomie grosse Ähnlich- keit mit einer von Michelin2 unter dem Namen „Älveopora elegans" beschriebe- nen Species. Orbigny3, in der Überzeugung, dass diese, insbesondere in Bezie- hung auf ihren Septalapparat, den Character der Alveoporen nicht an sich trage, stellte dafür eine besondere Gattung ^Gonia?'aeau auf. Irrthümlich aber hielt er den mit der Michelin'schen Species vollkommen identischen Porites elegans Leym.4 für davon verschieden und zog ihn als St. elegans zu der Gattung Stephano-

1 M. Edwards brit. foss. eorals. pag. 38. Taf. 6, Fig. 1.

2 Iconogr. zoophyt. pag. 2 76. Taf. 63, Fig. 6.

3 Prodrome de pale'ont. stratigr. II. pag. 334.

1 Leymerie inllem. de la soe. geol. de Fr. 2de Ser. Vol. I. Taf. 13, Fig. 1.

17(1 Prof. Dr. A. E. Reuss.

coenia, so dass dieselbe Species von ihm unter zweierlei Namen und in zwei weit entfernten Gattungen aufgeführt wird. Michelin citirt selbst den Parties elegans ausdrücklich als Synonym seiner Alveopora. Wahrscheinlich wurde Orbigny durch die in Folge des Versteinerungsproeesses Statt gehabte Ausfüllung der Lücken in den Wandungen und Septallamellen der Koralle durch Kalksubstanz irregeführt. Es liegen mir selbst dergleichen Exemplare vor. Dagegen vermag man an anderen deutlich die netzförmig durchbrochene Beschaffenheit, welche die Koralle mit Sicherheit den Poritiden zuweist, zu erkennen. Schon Michelin sagt 1. c. in seiner kurzen Diagnose ausdrücklich: ,.lamellis septimentisque perfo- ratis", und Orbigny hat sie wohl ebenfalls desshalb zum Typus einer besonderen Gattung erhoben und mit einem Kamen belegt, dessen Klang schon an die Pori- tiden erinnert. Nur die mangelhafte Beschaffenheit der untersuchten Exemplare dürfte M. Edwards abgehalten haben, zu demselben Resultate zu gelangen. Er gesteht ja selbst zu, nicht im Stande gewesen zu sein, die Gegenwart der Kronen- blättchen mit Sicherheit zu erkennen. (Hist. nat. des Corall. IL pag. 168.)

Ich bin daher der Ansicht, dass die von Orbigny aufgestellte Gattung Goniaraea für die mehrerwähnte Koralle beibehalten werden müsse. Leider ist die von dem Gründer derselben gegebene Diagnose sehr schwankend und un- bestimmt, denn sie beschränkt sich auf die Worte: „Calices hexagones en eontact les uns avec les autres, ä parois edevees; cloisons tres marquees; peutetre des palis. Ensemble dendroide".

Diese Diagnose würde nun wohl auch auf die zu beschreibenden zwei java- nischen Korallen passen. Geht man aber etwas genauer in ihre Untersuchung ein, so überzeugt man sich, dass zwischen ihnen und der Goniaraea elegans so wesent- liche Unterschiede obwalten, dass an eine Vereinigung nicht zu denken ist. Ich glaube für dieselben eine neue Gattung vorschlagen zu müssen, welche ich mit dem Namen „Dictyaraea" bezeichne. Ihre bedeutendsten Abweichungen von Gonia- raea liegen in dem Mangel der griffeiförmigen Axe, der geringen Zahl der Septal- lamellen, so wie in der sehr grossen Unregelmässigkeit der Sterne und Septa, welche sich an den älteren Theilen des ästigen Polypenstockes zu erkennen gibt.

1. JU. micrantha in. (Taf. 2, Fig. 6; Taf. 3, Fig. 1, 2.) Die in grosser Zahl vorliegenden schlanken, walzenförmigen, gegen das Ende hin sich verdünnenden Äste sind mit dicht aneinander gedrängten, gewöhnlich unregelmässig polygonalen, ziemlieh tiefen Sternzellen von 2 3 Millimeter Grösse bedeckt. Die dieselben trennenden Wandungen sind an jüngeren Zweigen ziemlich hoch, aber dünn, scharf- rückig, am oberen Rande regellos höckerig und hin und wieder von einzelnen kleinen Löchern durchbohrt. An den älteren Theilen der Stämmchen werden sie aber dicker, mit weniger kantigem Rücken und grösseren aber stumpferen Höckern.

Über fossile Korallen von <hr Insel Java. 17 7

Von der Peripherie der Sterne gehen sechs, seltener fünf oder sieben dünne, ■wenig regelmässige Septa aus, die nach kurzem gesondertem Verlaufe zusammen- fliessen und in der Mitte der dadurch entstandenen Platte eine kleine rundliche Öffnung lassen, welche gleichsam die Stelle der Axe einnimmt. Selten fehlt diese Öffnung; aber auch dann erhebt sich die meistens flach bleibende Centralgegend nur selten und wenig. Um das Centrum herum steigt aus jedem Septum ein ziem- lich hoher körniger Höcker empor. Diese, gewöhnlich sechs an der Zahl, bilden einen deutlichen Kranz von Kronenblättchen (palis).

Untersucht man einen Vertical schnitt durch die Zellenröhren, die senkrecht auf der Längsaxe der Stämmchen stehen, so beobachtet man, dass sowohl die Wandungen der Zellenröhren, als auch ihre Septallamellen unregelmässig von Löchern durchbohrt werden und dass die Septa sich vielfach mit einander ver- binden. Ein Querschnitt durch einen Ast des Polypenstockes bietet daher ein wurmförmig spongiöses Gewebe dar, das im Centrum der Stämmchen lockerer, gegen die Peripherie hin compacter wird.

An älteren Stammstücken von grösserem Durchmesser werden sowohl die Umrisse der flachen Sternzellen, als auch die Radiallamellen sehr ungleich und unregelmässig. Letztere fliessen grösstentheils in eine unebene Platte zusammen und nur ihrem Ursprünge zunächst erscheinen sie durch ungleiche löcherartige Lücken geschieden. Die Kronenblättchen verschwinden zuletzt gänzlich.

2. U. anomala m. (Taf. 3, Fig. 3, 4.) Die ebenfalls walzenförmigen Bruch- stücke der bäum- oder fingerförmig-ästigen Koralle kommen seltener vor, als jene der vorigen Species, und ähneln bei flüchtiger Betrachtung sehr den älteren Zwei- gen derselben. Bei sorgfältigerer Untersuchung bieten sie jedoch mehrere constante Unterscheidungsmerkmale dar.

Die dicht an einander liegenden polygonalen Zellensterne sind grösser (bis fünf Millimeter im Durchmesser haltend), an den älteren Stammtheilen seichter, in senk- rechter Richtung etwas in die Länge gezogen und stets viel unregelmässiger gestaltet. Die trennenden Zwischenwände erscheinen bei massiger Dicke und Höhe am freien Rande verdickt und durch sehr ungleiche Höcker uneben. Acht bis zwölf sehr un- gleich dicke Septallamellen sind nur im äussersten Drittheil oder höchstens in der äusseren Hälfte von einander geschieden und fliessen nach innen in eine verhältniss- mässig grosse unebene Platte zusammen, die nur bisweilen an wechselnder Stelle von einem kleinen Loche durchbohrt wird. Der obere Rand der Septa ist ebenfalls mit spitzigen Körnern besetzt, die gewöhnlich sehr regellos stehen und in Mehr- zahl vorhanden sind. Nur selten bilden sie nach Art der Kronenblättchen einen regelmässigen Kranz um das in tieferem Niveau liegende Centruin des Sternes.

An älteren Bruchstücken der Stämmchen werden sowohl die Umrisse der Sterne als auch die Septallamellen so unregelmässig, dass die Oberfläche nur

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II Hd. 26

178 Prof. Dr. A. E. Reuss.

ein regelloses Netzwerk grober runzelartiger Erhöhungen darbietet, in welches zerstreute ungleiche Löcher eingesenkt sind.

Der Querschnitt der Stämmchen zeigt ein schwammiges Gewebe mit wurm- förmig gewundenen Zwischenwänden, das noch etwas gröber ist als bei der vorigen Species.

Alveopora Q- et G.

1. A. polyacantha in. (Taf. 3, Fig. 5.) Von dieser, früher nur in der heutigen Schöpfung bekannt gewesenen Gattung habe ich zuerst eine fossile Species A. rudis Rss. aus den oberen Nummulitenmergeln von Oberburg in Steiermark1 beschrieben. Die tertiären Schichten der Insel Java umschliessen Formen, die von der beschriebenen Art unzweifelhaft verschieden sind.

Eine derselben, welcher ich den oben angegebenen Namen beilege, war allem Anscheine nach fingerförmig-ästig, mit schwach zusammengedrückten Ästen. Die Sternzellen sind rundlich oder etwas polygonal, ungleich, etwa 2 Millimeter gross. Die ziemlich dicken unebenen Wandungen werden von elliptischen Löchern durch- brochen, die in (3- 8 oft unregelmässigen Längsreihen stehen. In jüngeren Zellen- röhren sind ihrer nur 3 4 vorhanden. Im oberen Theil der Röhren sind sie klei- ner und stehen weiter von einander ab; im unteren Theil dagegen nehmen sie sehr an Grösse zu und rücken einander so nahe, dass sie nur durch schmale Zwischen- brücken geschieden -werden. Die Löcher der Nachbarreihen pflegen zu alterniren.

Zwischen diesen Reihen von Öffnungen entspringen von der inneren Wand der Zellenröhren gewöhnlich ebenfalls 6 8 oder in jüngeren Zellen 3 4 senkrechte Reihen von schlanken, oft gebogenen Dornen, die selten nur kurz sind, meistens in der Mitte der Röhren sich kreuzen und sehr oft zu einer falschen Axe verschmelzen. Bisweilen verbinden sie sich zu einem lockeren Netz- werk, das den unteren Theil der Röhre erfüllt. Auch der obere freie Rand der Röhrenwandungen ist mit zahlreichen schlanken und spitzigen kürzeren Dornen regellos besetzt.

2. A. bvevispina m. (Taf. 3, Fig. 6.) Sie liegt gleich der vorigen Species nur in Bruchstücken schwach zusammengedrückter Aste vor. Die rundlichen oder etwas polygonalen Sterne sind ungleich, die grössten messen 2*5 Millimeter. Die dicken Wandungen sind ohne Ordnung mit spitzigen Höckern oder kurzen Dornen besetzt und werden in der Regel von sechs Längsreihen von Löchern durchbohrt, die zwar auch, wie bei A. polyacaniha, im unteren Theile grösser werden, aber doch im Allgemeinen auf geringere Dimensionen beschränkt bleiben und weiter von einander abstehen. Einzelne dieser Löcher, ja ganze Reihen der- selben fehlen, wodurch ihre Stellung oft recht unregelmässig wird.

1 Denkschriften d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien. Bd. XXIII, pag. 28. Taf. 9, Fig. 1.

fj 'her fossile Korallen von der Insel Java. 179

Mit den Löchern alterniren sechs, seltener sieben bis acht oder in den jünge- ren Zellen eine geringere Anzahl Reihen von Septaldornen, die im oberen Theil der Röhren nur kurz sind oder selbst zu spitzigen Höckern zusammenschrumpfen, •während sie im unteren Theile, wenngleich nicht so constant und in so hohem Grade, wie bei der vorigen Species, sich verlängern, sich in der Mitte kreuzen und mit einander verwachsen.

3. A. hystrix in. (Taf. 3, Fig. 7.) Diese Species ist ebenfalls ästig. Die tiefen polygonalen, etwa 1*5 2*2 Millimeter grossen Sterne werden durch verhält- nissmässig dünne Wandungen geschieden, deren freier Rand mit gedrängten , nach allen Seiten gerichteten, schlanken Dornen besetzt ist. Die sehr schlanken, im oberen Theile der Röhren stachelartigen, im unteren Theile verlängerten faden- förmigen und in der Mittellinie der Röhren verschmelzenden Septaltrabekeln stehen gewöhnlich in 12 Längsreihen (2 Cyclen), deren abwechselnde gewöhnlich kürzer sind. Die die Wände durchbohrenden und mit den Septaldornen reihenweise wechselnden Löcher sind sehr klein und stehen oft weit von einander ab.

Ob die drei oben beschriebenen Arten nicht etwa doch nur verschiedene Formen oder Alterszustände derselben Species sind, muss die Untersuchung zahl- reicher besser erhaltener Exemplare lehren.

C. Anthozoen mit vollständigen Querdissepinienten (A. tabulata). I. FAVOSITLDEAE.

1. CHAETETINE A E.

Beaumontia M. Edw. et II.

1. B. inopiuata in. (Taf. 3, Fig. 8.) Das vorliegende Bruchstück trägt einen offenbar paläozoischen Character an sich und stimmt trotz dem sehr ab- weichenden geologischen Niveau, welchem es entstammt, in allen Merkmalen mit der Gattung Beaumontia M. Edw. et H. überein, die bisher nur in den Schichten der devonischen und Steinkohlenformation aufgefunden worden war. Sie schliesst sich in dieser Beziehung an die der Kreideformation angehörigen Gattungen Koninckia M. Edw. und Btylophyllum Rss. an. Aus tertiären Gebilden war jedoch bisher keine dieser Gruppe angehörige Anthozoe bekannt gewesen.

Dass unser Fossilrest den tabulaten Korallen beizuzählen sei, lehrt das Vor- handensein zahlreicher vollständig entwickelter Querdissepimente. Durch den Mangel des Septalapparates und der die benachbarten Zellenröhren verbindenden Communicationsröhren wird sie den Chaetetineen zugewiesen. Denn der letzt- genannte Character gestattet nicht, sie der Gattung Michelinia de Kon. aus der Gruppe der Favositineen, mit welcher sie übrigens eine sehr grosse Analogie besitzt, beizuzählen.

23 *

180 Prof. Dr. A. E. Eeuss.

Der Polypenstock besteht aus geraden, sieh durch Einschieben neuer ver- mehrenden, unregelmässig polygonalen Zellenröhren, welche ohne vermittelndes Cönenchym mit ihren Wandungen dicht an einander liegen. Sie haben bis 7 Millimeter im Querdurchmesser. Auf dem Querbruche nimmt man deutlich wahr, dass die Wandungen der einzelnen Bohren sich unmittelbar berühren, wenn sie sich auch nicht schwer von einander trennen lassen. Nur hin und wieder treten sie etwas aus einander und lassen kleine löcherartige Lücken zwischen sich. Stellenweise bemerkt man eine ganze Reihe kleiner Löcher an der Grenze zweier Eöhren, indem die Aussenwandungen derselben fein längsgerippt und mit einer zarten Epithek überkleidet sind. Wenn nun die Längsrippen zweier Röhren gerade auf einander zu liegen kommen, so bilden ihre Zwischenräume enge Lücken, die sich im Querbruche durch kleine Löcher zu erkennen geben. Auf der natürlichen Oberfläche des Polypenstockes sieht man auf den Zwischenwänden der Zellen- röhren eine mitunter ziemlich tiefe Rinne, in der die die Wandungen trennende feine Furche verläuft.

Auf dem Längsbruche überzeugt man sich, dass die Röhrenhöhlung durch sehr dünne und ziemlich entfernt stehende Querdissepimente vollständig in über einander liegende Fächer abgetheilt wird. Sie gehen theils in beinahe horizontaler Richtung ununterbrochen quer durch den Röhreneanal hindurch oder sie verlaufen, was häufiger der Fall ist, in mehr weniger schräger Richtung und verbinden sich dann mit den zunächst darunter liegenden Querlamellen. Da sie in diesem Falle eine nach oben mehr weniger convexe Gestalt besitzen, so nehmen die dadurch begrenzten Abschnitte des Röhrencanals eine grossblasige Form an.

Der Septalapparat ist nicht entwickelt, wohl aber erscheint die Innenseite der Röhrenwandungen mit zahlreichen flachen Längsstreifeu bedeckt, die sich dem bewaffneten Auge sehr fein und unregelmässig gckörnelt darstellen und wohl als Septalrudimente zu betrachten sind. Dieselben erstrecken sich bis auf den Rand- theil der oberen Fläche der Querscheidewände, während der übrige Theil dersel- ben fein und regellos gekörnt ist. Die Unterseite dagegen zeigt ungleiche con- centrische Anwachslinien.

Die queren Verbindungscanäle, welche bei den Favositinen die benachbarten Zellenröhren verbinden, fehlen bei unserer Koralle; nur sehr selten beobachtet man stellenweise ein grösseres rundliches, die Wandungen durchbohrendes Loch, das aber auch erst später zufällig entstanden sein kann.

Welche Gestalt der ganze Polypenstock besessen haben mag, muss unent- schieden bleiben, da nur ein Bruchstück desselben vorliegt.

Von der sehr ähnlichen Gattung Michelinia unterscheidet sich unsere Koralle durch den Mangel der die Communication der Röhren bewerkstelligenden Poren und durch die spärlicheren, mehr regelmässigen, weniger bläsehenartigen Quer-

Über fossile Korallen von ehr Insel Java. 181

dissepimente, während sie in Beziehung auf die Septalstreifen mein- damit über- einstimmt, als mit Beaumonlia. Die der Kreideformation eigentümliche Gattung Koninckia dagegen weicht durch die von grossen unregelmässigen Löchern durch- bohrten Wandungen und die sechs Reihen kurzer entfernt stehender conischer Septaltrabekeln ab.

2. POCILLOPORINEAE.

Pocillopora Lamk.

1. JP. •ßciil.in.si in. (Taf. 3, Fig. 9.) Es liegt nur ein etwas abgerolltes Bruchstück des unteren zusammengedrückten Theiles eines etwa 20 Millimeter breiten, an den Seiten etwas höckerigen Zweiges vor. Die runden etwa 1*5 2 Millimeter im Durchmesser haltenden Sterne stehen von einander beiläufig 2-3 Millimeter ab und sind durch reichlicher entwickeltes Cönenckym von einander geschieden.

Im Allgemeinen ähnelt unsere Species sehr der von Duncan beschriebenen P. crassoramosa aus den Nivajd-Schiefern auf S. Domingo.1 Die seichten Zellen- sterne sind von einem schwachen erhabenen Rande eingefasst. Die Zellenröhren werden durch vollkommen horizontale Dissepimente unterabgetheilt, die bald nur sehr dünn, bald stark verdickt sind und in diesem Falle durch die eintretende Convexität ihres mittleren Theiles eine Andeutung der übrigens fehlenden Colu- mella liefern. Am Bande entdeckt man Rudimente von 12 Septallamellen, von denen bisweilen die abwechselnden 6 8 etwas deutlicher hervortreten. Bisweilen werden sie nur durch Grübchen angedeutet, die zwischen ihren Ursprungsstellen in das Querdissepiment eingesenkt sind.

Das Innere der Zweige wird durch dünnwandige, gedrängt liegende Zellen- rühren erfüllt; gegen die Peripherie hin werden dieselben durch sich dazwischen einsetzendes vollkommen compactes Cönenchym auseinander gedrängt.

Ich habe die hier beschriebene Koralle zu Ehren von Herrn H. M. Jen k ins benannt, welcher die fossilen Mollusken von Java einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen hat.2

Um ein begründetes Urtheil über die Fauna eines Districtes, sei es eine bbende oder fossile, über ihren Character und ihre Beziehungen zu anderen Faunen zu fällen, wird vor Allem eine erschöpfende Kenntniss derselben er- fordert. Bei fossilen Faunen ist die gründliche Ausbeutung der sie beherbergenden Lagerstätten die unerlässliche Bedingung zur Aufstellung einer stichhältigen An- sicht über ihr Alter. Die Kenntniss einzelner aus ihrem Zusammenhange gerissener

1 Quart, journ. of gcol. soc. of London 1SG4. Bd. 20, pag. 40. Taf. o, Fig. 2. " Quart, journ. of geol. soc. of London. Vol. 20. 1864. pag. 45 ff.

182 Prof. Dr. A. E. Reuss.

Glieder derselben, wie sie eine flüchtige vielseitig behinderte geologische Wande- rung liefern kann, genügt dazu nicht; ja sie kann, wenn ihr ein zu grosses Gewicht beio-eleot wird , zu sehr täuschenden Resultaten führen. Alle diese Bedenken machen sich im hohen Grade geltend, sobald man sich anschickt, ein Urtheil über die auf den vorangehenden Blättern beschriebenen Korallen Java's zu fällen. Erschwert wird dieses Bestreben noch wesentlich dadurch, dass wir uns in völliger Unkenntniss befinden über die Korallen, welche noch jetzt an den Küsten Java's und der zunächst gelegenen Inseln leben. Wir müssen uns hier mit der allgemeinen Kenntniss der Korallen des rothen, indischen und stillen Meeres begnügen, welche aber selbst noch als eine sehr lückenhafte bezeichnet werden muss. An denselben Mänoeln leidet auch unser Wissen über die Anthozoenfauna der westlichen Meere, welche zum Behufe der Vergleichung von grosser Bedeutung sein muss.

Mit noch weit grösseren Gebrechen ist unsere Kenntniss der fossilen Korallen- faunen behaftet. Nur über jene Europa's stehen uns umfassendere Resultate zu Gebote. Aus Java selbst wurde, wie schon früher Erwähnung geschah, bisher nur eine Species Heliastraea Herklotsi von Duncan beschrieben. Über die fossilen Korallen Ostindiens besitzen wir durch Haime1 unvollständige Nach- richten. Denn Duncan, der die von Lieut. Blagrove zusammengestellte und von Haime benützte Sammlung einer genaueren Durchsieht unterzog, berichtet,2 dass Haime aus derselben nur jene Species veröffentlichte, welche mit Arten des europäischen Eocän identisch oder denselben doch sehr analog sind, eine bedeu- tende Anzahl aber mit Stillschweigen überging, welche einen offenbar miocänen oder selbst pliocänen Character an sich tragen. Im Falle, dass sämtliche gesam- melte Korallen in der That demselben Schichtencomplexe entnommen sind, dürfte selbst der Ausspruch über das eocäne Alter derselben einer Modification bedürftig sein. Jedenfalls müssen wiederholte Untersuchungen in dieser Richtung abgewartet werden.

Den Untersuchungen Duncan' s verdanken wir endlich werthvolle Auf- schlüsse über die fossilen Anthozoen der westindischen Inseln, welche uns ge- statten, wenigstens ein theilweises Urtheil über diese Fauna zu fällen und sie zur vorläufigen Vergleichung zu benutzen.

Mir selbst wurde die Gelegenheit geboten, 21 Species fossiler Korallen von der Insel Java zu untersuchen, von welchen 20 von demselben Fundorte der Sandsteinwand Gunung-Sela— stammen. Von denselben sind zwei— eine den cong-lomerirten Astraeiden, die andere den Poritiden angehörig nicht näher

1 d'Archiac et J. Haime deseription des animaux foss. du groupe nuromulitique de linde. Paris L853. pag. 183—194. Taf 12.

2 Quart, journ. of geol. so<\ of London, Vol. 20. 186 1. pag. G6.

Über fossile Korallen von der Insel Java. 183

bestimmbar. Eine Species ein Pontes ist nur der Gattung nach bestimmbar. Die 17 vollständig bestimmten Arten vertheilen sieh auf nachstehende Weise auf die einzelnen Familien der Anthozoen:

( ( Stylocoenia . . 1"

\ Astraeidae conglomeratae 3. < Anisocoenia. . 1.

( ,7 - / / Prionastraea . 1.

Authozoa apora 0.( {

I Favideae 1 Favoidea .... 1.

f Fungideae 1 Cycloseris ... 1.

/ \ Madreporineae ... 2. Madrepora . . 2.

i Mtiilri'iiiirithtir O. , . 7-17 -1

V -1 ( lurbiiiiirinae .... 1. JJenaracis ... 1.

Anthosoa perforata 10. \ \ r ui 1

r •> \ ) . . ) Litharaea ... 1.

1 Poritideae 7. \ Fontineae <.

Anthosoa tabidata 2.\ Favositideae 2 i .

( roct

Porites 1.

Litharaea ... 1. Di'ctyaraea . . 2.

Älveopora ... 3.

aetetineae 1. Peaumontia . . 1-

Voporideae ... 1. Pocillopora . . 1.

\ Älveopora ... 3

Es walten mithin die Anthozoen mit durchbrochenen Wandungen vor, indem sie beinahe 59 Procent der Gesamtzahl bilden. Unter denselben ragen wieder die Poritiden durch Zahl und iMannigfaltigkeit der Formen hervor. Auffallend ist der Mangel der Turbinoliden und einfachen Astraeiden; jedoch ist daraus keines- wegs auf das gänzliche Fehlen derselben zu schliessen, denn Junghuhn führt selbst in den von ihm gegebenen Petrefactenverzeichnissen eine Anthozoe an. die er wohl irrthümlich mit Turbinolia complanata Gold f. {Trochosmilia compla- nata M. Edw. & IL), einer Species der Gosaukreide, verbindet. Ich hatte selbst nicht Gelegenheit, sie zu untersuchen. Sehr merkwürdig ist dagegen das Auftreten einer exquisit paläozoischen Form der Beaumontia inopinata m. in einem jugendlichen Tertiärgebilde.

Von den in dem obigen Schema zusammengestellten 17 Arten glaube ich nur zwei mit schon bekannten Arten identiflciren zu können. Alle übrigen 15 Species sind neu und für vier derselben sehe ich mich sogar genüthigt, drei neue Gattungen aufzustellen, da ich sie keiner der schon bestehenden generischen Sippen einzuverleiben vermag. Dieses Überwiegen bisher unbekannter Formen darf uns hei unserer sehr beschränkten Kenntniss der fossilen Anthozoen tropischer Gegen- den und insbesondere Java's nicht befremden. Auch unter den untersuchten 31 javanischen Echinodermen führt Herklots nur eine schon anderweitig beschrie- bene Species neben 30 neuen Arten auf. Jenkins fand unter den von ihm be- stimmten 15 fossilen Mollusken aus Java 13 neue bisher unbekannte Formen.

Die Vergleich ung der betreffenden Tertiärschichten Javas mit anderen schon festgestellten geologischen Horizonten kann schon aus dem eben angeführten

184 Prof. Dr. A. E. Reuss.

Grunde nur eine sehr mangelhafte und unsichere sein. Es tritt alter noch ein zweiter sehr bedeutungsvoller Factor hinzu. In Europa herrschte nach den uns zu Gebote stehenden Daten ein tropisches Klima zuletzt während der Eocän- periode, deren Mollusken einen vorwiegend tropischen Character an sich tragen. Bald darauf schon während der Miocänzeit haben die klimatischen Ver- haltnisse sich wesentlich geändert, eine Änderung, die sich in der Mollusken- fauna dieser Formalion deutlich ausprägt. In den tropischen Kegionen herrscht jetzt noch ein tropisches Klima und wir finden daselbst nicht nur in den jüngeren Tertiärgebilden, sondern auch noch in den jetzigen Meeren eine Fauna, welche eine sehr grosse Analogie mit der europäischen Eocänfauna verräth. Diese unläugbare Thatsache muss, wenn sie nicht die gebührende Beachtung findet, bei der Beur- theilung des Alters der verschiedenen Tertiärfaunen zu sehr folgenreichen Irr- thümern führen. Übrigens haben schon Jenkins und Duncan auf diese Um- stände am mehrfach angeführten Orte ein besonderes Gewicht gelegt.

Auch bei der Untersuchung der fossilen Korallen Java's verlangen sie ihre volle Berücksichtigung. Die zwei schon früher beschrieben gewesenen Species Dendracis Haiäingeri Rss. und Cycloseris nicaeensis Mich. sp. liegen beide in den Eocängebilden Europa's; erstere in den oberen Nummulitenmergeln von Oberburg in Kärnthen, die von gleichem Alter mit den Schichten von Castelgomberto sind, letztere in den unteren Nummulitenschiehten von Nizza. Eine dritte Species Litharaea affinis m. steht der L. Websteri M. Edw. et H. aus dem ebenfalls eoeänen Londonclay sehr nahe. Die einzige bisher bekannte fossile Alveopora ent- deckte ich in den oberen Nummulitengebilden von Oberburg. Die der neu aufge- stellten Gattung Dictyaraea zunächst verwandte Gnniaraea d'Orb. gehört dem Nummulitenterrain an. Eben so sind die fossilen Stylocönien hauptsächlich in den europäischen Eocänschichten zu Hause.

Wollte man sich auf die Würdigung dieser Thatsache allein beschränken, so würde man sehr leicht zu einseitigen Ansichten über das geologische Niveau jener Schichten Java's geleitet werden, denen die untersuchten Korallen ent- nommen sind. Es ist daher unerlässlich , dem Character der heutigen Fauna der

o

dortigen Meere Rechnung zu tragen. In Ermanglung von unmittelbaren Auf- schlüssen über die Anthozoenfauna Java's können wir leider nur die sehr lücken- haften Angaben über die Fauna des indischen Meeres und der Südsee zum Aus- gangspunkte nehmen. Selbst eine flüchtige Vergleichung derselben lehrt uns aber schon, dass die Gattungen Cycloseris, M'idrepora, Pontes, Aheopora, Pocilloporo. welche in der jetzigen Schöpfung Repräsentanten aufzuweisen haben und welche wir auch unter den beschriebenen fossilen Korallen Javas vertreten finden, mit der vorwiegenden Anzahl ihrer Arten eben den tropischen östlichen Meeren an- gehören. Es steht mithin der von Hochs tett er, Jenkins und Duncan ausge-

Über fossile Korallen von der Insel Java. 185

sprochenen Ansicht, class die untersuchten versteinerungsreichen Schichten Java's dem Miocän oder vielleicht selbst noch einer jüngeren Tertiärepoche angehören mögen, kein Hinderniss entgegen. Durch die Verhältnisse würde selbst die Mög- lichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass Arten, die während der Eocänperiode in europäischen Meeren lebten, in Folge der eintretenden klimatischen Wan- delungen, in die östlichen tropischen Meere auswanderten und dort in einer späteren Zeitepoche ihre Existenz noch fortsetzten. Dadurch würde das auch von Jenkins und Dune an beobachtete auffällige Vorkommen eoeäner Species in jungtertiären Schichten tropischer Kegionen eine befriedigende Erklärung finden. Ein feststehen- des Urtheil muss jedoch bis zu dem Zeitpunkte aufgeschoben bleiben, in welchem uns eine umfassendere und gründlichere Kenntniss der lebenden und fossilen Faunen dieser Gegenden und ihrer wechselseitigen Verhältnisse zu Gebote stehen wird.

Was die Polysolenia Hochstetteri m. aus der Breccie vonTjukang-Eaon betrifft, so lässt sich über ihr Alter um so weniger ein bestimmtes Urtheil fällen, als die- selbe einem der zahlreichen Kalksteinfragmente dieser Breccie entnommen ist. Wenn nun diese gleich den jüngeren Tertiärschichten Java's angehört, so kann doch das Alter der offenbar älteren Kalkfragmente nicht mit Sicherheit festgestellt werden.

N<rvara. Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. "*

187

IL

Fossile Foraminiferen von Kar JTikobar.

Von Dr. Conrad Schwager.

(Mit i lithographirten Tafeln.)

EINLEITUNG.

Unter je extremeren Verhältnissen organische Formen sich finden, deren Ver- gleich zur Feststellung irgend einer bestimmten Regel ihres gemeinschaftlichen Verhaltens dienen soll, desto klarer muss sich zeigen, welchen dieser Erschei- nungen allgemeine Gesetze zu Grunde liegen , und -welche blos das Resultat localer Verhältnisse sind. Der Vergleich von Faunen weit von einander entfernter Localitäten gewinnt in Folge dessen eine besondere Bedeutung, und ich bin daher Herrn Prof. v. Hochstetter sehr zu Danke verpflichtet, dass er mir die Gelegenheit zu einer derartigen Untersuchung geboten hat, indem er mir die tertiären Foraminiferen von Kar Nikobar, welche bei den eingehenden For- schungen der Novara -Expedition aufgesammelt wurden, zur Bearbeitung über- gab. Trefflicher Erhaltungszustand und Formreichthum der mir übermittelten Proben bieten überdies eine wesentliche Unterstützung bei der Durchführung der gegebenen Aufgabe, und erleichtern sehr den Vergleich mit bereits bekannten Formen. Da es sich jedoch nicht blos um die systematische Bearbeitung handelt, sondern so weit es eben thunlich ist aus den Resultaten derselben Schlüsse über die geognostische Stellung der Schichten , aus denen die Foraminiferen stammen, gezogen werden sollen , diese aber wesentlich von dem Umfange abhängen, welchen man dem zu Grunde gelegten Specienbegriffe beilegt, so erlaube ich mir vor Allem etwas genauer darauf einzugehen, welche Grundsätze ich für den- selben als leitend angenommen habe. Unter den verschiedenen Wegen, aufweichen man zu diesem Begriffe gelangen kaun , erscheint es mir hier am Vorteilhaftesten, jenen zu wählen, der von den Gesetzen ausgeht, denen die organischen Kräfte unterliegen; da diese sich aber in den höher entwickelten Formen am schärfsten

■24*

188 Dr. Conrad Schwager.

aussprechen, so wird wohl das Schema der Entstehung einer solchen den besten Anknüpfungspunkt zu weiterer Erörterung bieten.

Eine Zelle im Mutterorganismus erhält durch die Befruchtung einen An- stoss zu selbstständiger Entwicklung. Anfangs zerfällt sie blos in gleichartige Theile, diese sondern sich später in Gruppen, deren jede nach einem bestimmten Plane sich entwickelt, ihr eigenthümliche Functionen übernimmt. Der neue Organismus verläset den Zusammenhang mit jenem, dessen integrirender Be- standteil er bisher war, und beginnt ein selbstständiges Leben, als ein Glied in der Reihe aus einander entstandener Wesen.

Versucht man nun, diesen Vorgang durch die allgemeinen Gesetze zu er- klären, welche die Materie als solche beherrschen, so gelangt man bald zu der Überzeugung, dass , wenn auch ein grosser Theil , vielleicht sämmtliche der physiologischen Vorgänge sich auf chemisch-physikalische Kräfte zurückführen lassen, für die Bildung der organischen Form diese Erklärung nicht ausreicht, dafür vielmehr eine besondere Ursache vorausgesetzt werden muss , deren Wirkungen blos in dem lebenden Körper sich äussern. Für den ersten Augen- blick scheint zwar allerdings eine nicht unbedeutende Analogie mit den Wirkungen der Krystallisationskraft hervorzutreten, denn, so wie sich in Folge des Ein- flusses derselben, die in bestimmten Richtungen angezogenen und abgestossenen Moleküle zu der gesetzmässigen Gestalt des Krystalls zusammenlegen, so reiht sich auch in der organischen Welt, einer innern Ursache gehorchend, Atom an Atom zu der bestimmten Form der Zelle und den daraus entstehenden Gewebs- formen. Abgesehen nun von dem wesentlichen Unterschiede, dass der Krystall durch Anlagerung, die organische Form durch Ausscheidung weiter gebildet wird, so ist der Aufbau organischer Wesen überdies im Ganzen durch die Ungleich- artigkeit der Zusammensetzungstheile gekennzeichnet, die in bestimmter Reihen- folge sich bilden, bestimmte einander mehr oder weniger bedingende Sphären im Individuum einnehmen.

So weit wir aber noch davon entfernt sind die Ursachen selbst zu kennen, welche diese, der organischen Welt eigenthümlichen Erscheinungen zur Folge haben, so treten uns doch überall die Gesetze entgegen, denen sie gehorchen, ja manches was dieses Gebiet berührt, liegt so sehr in dem Bereiche alltäglicher Erfahrung, dass die allgemeinsten Bezeichnungen ihren Ursprung darin finden. Ist ja doch die gewöhnliche Benennung organischer Wesen auf den Begriff der Formähnlichkeit genetisch verwandter Individuen gegründet.

Bei der genaueren Feststellung dieses Begriffes zeigt sich zwar allerdings, dass die Grenze zwischen derartigen, einander nahe stehenden Formengruppen nur in den seltensten Fällen scharf markirt erscheinen , ja oft die Variabilität der Individuen blos ein künstliches Zusammenfassen gestattet.

Fossile Foraminif eren von Kar Nikobar. 189

Diese scheinbare Unbestimmtheit löst sieh jedoch bei näherer Betrachtung in grosse Gesetzmässigkeit auf. Schon die normale Ähnlichkeit zwischen Mutter- und Tochter-Individuen weist darauf hin , dass die morphogenetischen Kräfte derselben, als ein bestimmter Akkord, wenn ich mich dieses musikalischen Aus- druckes hier bedienen darf, der einzelnen Ursachen, deren Wirkungen in ihrer Gesammtheit den Organismus bedingen, in beiden Fällen wesentlich dieselben sein müssen, und wenn es möglich wäre sie in mathematische Form zu kleiden, einem und demselben Ausdrucke entsprechen würden. Die individuelle Variabilität ist dieser Hypothese nicht im Wege, denn es lässt sich nicht anders erwarten, als dass die complicirte morphogenetische Formel des Organismus, unbeschadet ihrer Bestimmtheit, variable Grössen enthalte.

Die so modificirte Beständigkeit setzt jedoch voraus , dass sich die morpho- genetischen Partialkräfte gewissermassen im Gleichgewichte befinden, in so ferne man diese Bezeichnung bei einer Reihe auf einander folgender Wirkungen ge- brauchen kann, denn wäre diess nicht der Fall, so müsste nothwendig eine Tendenz zur Fortbildung, in der Richtung der vorherrschenden Kraft sich äussern, und dies so lange, als sie nicht durch eine entsprechende Gegenwirkung auf- gehoben würde. Nimmt man aber noch jene , für die Organismen so ganz besondere Eigenthümlichkeit hinzu, dass das ganze, oft so complicirte Gesetz ihres Aufbaues, bereits im Keime, gewissermassen latent bestimmt sei, und dass tief eingreifende Störungen im Mutterorganismus eine entsprechende Umbildung in der Tochterform erzeugen, so erhält man das beste Kriterion für die Stich- hältigkeit oder Unrichtigkeit der eben angegebenen Theorie, in dem Verhalten der Bastardformen, d. h. jener Individuen, die aus einer Vereinigung von Altern hervorgegangen sind, deren Bildungsgesetze verschiedenen morphogenetischen Formeln entsprechen. Ist nämlich die Annahme richtig, dass bei jenen Individuen die durch eine ganze Generationsreihe hindurch keine wesentliche Umänderung- erfahren, ein gewisses Gleichgewicht der gestaltbildenden Kräfte vorhanden sei, so müssen die Bastardformen jene Erscheinungen zeigen, die aus einer Störung, des Aufbau-Gesetzes resultiren. Es müssen sich in diesem Falle die morpho- genetischen Kräfte, die in den Altern im gleichen Sinne wirken, in den Nach- kommen summiren, daher die Organisationssphäre, deren Ursprung sie sind, in dem neuen Organismus eine besonders starke Entwicklung erlangen, jene dagegen, deren Tendenz eine entgegengesetzte war, zurückgedrängt werden. Da aber kaum anzunehmen ist, dass die, aus beiden vereinigten Bildungsgesetzen hervorgehende Gestaltungsformel die Einzelnkräfte bereits derart gruppirt habe, dass sie sich das Gleichgewicht halten können, so muss bei solchen Formen ein Streben nach Um- bildung sich äussern, das entweder bei der Erreichung einer oder der andern Älternform, oder auch in der Bildung eines neuen morphogenetischen Akkordes

190 Dr. Conrad Schwager.

sein Ziel findet. Die concreten Erscheinungen weisen nichts auf, was dieser An- nahme entgegen wäre.

Wo immer es im Thier- oder Pflanzenreiche zur Bastardbildung kommen mag, immer finden wir bei den daraus hervorgegangenen Formen eine grössere oder geringere Tendenz zu abnormen Bildungen und Entwicklungen und niemals werden wir die Variabilität der etwaigen Nachkommen vermissen, deren Ziel man als das Umschlagen zu der Alternform zu bezeichnen pflegt. Was dagegen die vollständige Umbildung einer Art in die andere betrifft, so fehlt uns allerdings dafür bis jetzt der bestimmte Nachweis, doch lassen viele, besonders paläontolo- gische Vorkommnisse mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf schliessen.

Bei den erwähnten Vorgängen ist aber überdiess wesentlich zu beachten, dass die vegetative Entwicklung durch diese morphologische Störung keineswegs nothwendig irritirt werden muss, ja im Gegentheile nicht selten bei solchen Individuen sogar gehoben erscheint. Dafür ist nun allerdings die Erklärung etwas schwieriger zu finden, doch dürfte in der Beobachtung, dass sehr nahe stehende Varietäten häufig eine kräftigere Nachkommenschaft erhalten, als aus der Ver- einigung sehr ähnlicher Individuen hervorgeht,1 der leitende Faden zur Lösung dieser Frage gegeben sein. Überhaupt sind es die Resultate der künstlichen Züchtung, die trotz der scheinbaren Anomalien, die sie zeigen, sehr dazu bei- tragen, manche Vorgänge in der Natur klar zu machen, wozu sie ja auch bereits von vielen Seiten benützt wurden.

Besonders auffallend ist in dieser Hinsicht und scheinbar mit dem bisher Gesagten gar nicht in Einklang zu bringen, dass es dem Menschen gelingt, durch das fortgesetzte Festhalten einer oder der anderen Eigenschaft bei einer Ver- bindung von thierischen oder pflanzlichen Organismen Wesen zu erhalten, die gewissermassen den Gesetzen gehorchen, die er ihnen willkürlich vorschreibt, jene Formen annehmen, die er zu seinen Zwecken am vortheilhaftesten findet. Hier ist es nun vor allem der Erfahrungssatz, dass durch eine je grössere Folge von Generationen eine bestimmte Rassenform festgehalten wird, sie desto mehr an Beständigkeit gewinnt, der sogleich auf die Erklärung dieser Erscheinung leitet; denn, was ist natürlicher, als dass durch diese Reihe von Umbildungen die übrigen Kräfte Zeit erhalten, sich um jene, die man ihnen, gewissermassen als Kern gegeben hat, zu gruppiren, und so ein mehr oder weniger labiles Gleichgewicht zu erreichen. Diese Gleichgewichtsform aber, die dadurch markirt ist, dass sie äusseren verändernden Einflüssen einen blos mehr oder weniger geringen Wider- stand entgegensetzt, findet sich auch in der Natur, und dieser Zustand ist es denn, der ganz besonders den von Darwin so scharf gezeichneten Einflüssen des

' Nägeli: Bedingungen des Vorkommens von Arten u. s. f. in den Sitzungsber. d. bair. Akad. d. Wissensch. 1865 II, Heft IV, pag. 115, 416.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 191

Kampfes um das Dasein unterliegt, so wie er ebenfalls als ein Resultat derselben, als eine Folge der von diesem Forscher sogenannten natürlichen Zuchtwahl be- trachtet werden kann.

Überblickt man nun das bisher Gesagte, so ergibt sich daraus, dass, wenn diese Betrachtungen und die daraus gezogenen Schlüsse überhaupt richtig sind, der Begriff der Art in der Natur begründet und nicht erst künstlich hineingelegt ist. Dabei lässt sich aber allerdings nicht läugnen, dass damit noch wenig gewonnen ist, indem die Hauptschwierigkeit in der Bestimmung der Grenzen dieses Begriffes liegt. In dieser Hinsicht wird der individuellen Auffassung in einzelnen Fällen immer ein mehr oder minder bedeutender Spielraum bleiben , zu bestimmen, welche der vorhandenen Verschiedenheiten man als wesentlich zu betrachten habe, und welche nicht.

Obwohl diese Unbestimmtheit sich in der praktischen Anwendung wohl nie- mals, wenigstens nicht in allen Fällen, aufheben lassen wird, so glaube ich, dass sie zum mindesten theilweise dadurch gemildert werden kann, wenn man mög- lichst streng die constanten Formen von den variablen und beide von den Mittel- formen trennt, indem durch das Beiziehen der letzteren noch mehr des vagen Elementes in den Artbegriff hineingebracht wird, als für die praktische Behandlung bereits darin liegt.

Aber selbst wenn man den Begriff der Art nicht als etwas natürliches ansieht, und das Vorhandensein von Reihen gleicher Formen, blos als ein Resultat des Kampfes um das Dasein , im Vereine mit der unbegrenzten Variabilität der organischen Form betrachtet, braucht man solche Ruhepunkte um so notwendiger, als sie die Basis zur Beurtheilung jener Formen abgeben müssen, die blos durch vereinzelte Individuen repräsentirt werden. Mehr aber noch als das nothwendige Hervorheben constanter Formen, liegt in der Consequenz der Ansicht von der Umänderung der Art, dass man blos jene Individuen als Ubergangsformen zwischen zwei gegebenen annehmen kann , bei denen auch in der That ein Über- gang factisch denkbar ist, wesshalb selbstverständlich räumlieh weit entfernte Localitäten, wenn an denselben die Grundformen fehlen, auch keine Vermittlungs- formen liefern können, es müsste denn die Möglichkeit einer Wanderung dahin nachweisbar sein. Dass eben so in der Paläontologie die Zeitfolge wesentlich in das Gewicht fällt, so wie, dass die Identität von Formen, die in verschiedenen Etagen liegen, immer zweifelhaft bleibt, so lange deren Vorkommen nicht auch in den, unter gleichen Bedingungen abgesetzten Zwischenlagern nachgewiesen sind, bedarf wohl kaum der Erwähnung.

Nachdem ich so meine Ansicht über den theoretischen Begriff der natur- historischen Grunddistinctionen ausgesprochen habe, erübrigt mir nur mehr einiges über die Anwendung derselben hinzuzufügen.

192 Dr. Conrad Scktoager.

Der Natur der Sache wäre es wohl allerdings am entsprechendsten, die er- wähnte Trennung derart durchzuführen, dass man für Art, Varietät und Über- gangsform getrennte Namen benützen würde, der bisherigen Speciesbezeichnung entsprechend; denn, wenn die beiden letzteren blos innerhalb der Art unter- schieden werden, so erhält diese eine solche Ausdehnung, dass die darauf ge- bauten Schlüsse nothwendig an Schärfe verlieren müssen, abgesehen davon, dass die Bezeichnung mit drei Namen, zum mindesten viel Unbequemes an sich hat, anderer Inconvenienzen nicht zu gedenken. Andererseits würde wieder durch die stricte Anwendung dieser Regel eine derartige Legion von Namen geschaffen, dass man nothwendig einen Mittelweg aufsuchen muss. Dieser scheint sich nun darin zu finden, dass man solche Varietäten, welche durch eine irgend bedeutende Zahl von gleichen Individuen repräsentirt werden, ebenfalls mit selbstständigen Namen bezeichnet, die Übrigen aber den Arten nicht unter- sondern nebenordnet, die auf dieselben bezogenen Schlüsse daher streng von jenen sondert, die sich auf das Verhalten der reinen Art beziehen.

Dies wäre denn auch die Regel, die ich bei der folgenden Beschreibung der Foraminiferen aus den mir übergebenen Proben von den Nikobaren befolgt habe.

Was die Classification betrifft, so wurde das System von Prof. Reuss benützt, mit einer kleinen Umänderung, auf deren Noth wendigkeit ich von dem Urheber dieser Eintheilung selbst aufmerksam gemacht wurde.

Wie schon Ca rp enter hervorhebt, so finden sich nämlich in der Gruppe der Rotalien, in dem Umfange genommen, den man ihr bisher gab, sowohl Formen mit doppelten Scheidewänden, als auch solche, deren Kammern blos mit dem Rande auf den vorhergehenden aufliegen. Dieser wesentliche Unterschied dürfte genügen, um eine Trennung beider Formen zu rechtfertigen, wesshalb alle bisherigen Rotalienformen mit doppelten Scheidewänden bei Botalia belassen, die übrigen aber dem Genus Discorbina unterordnet wurden.

Die Zusammenstellung der gesammten Resultate, die sich aus der Bearbeitung der Nikobaren -Foraminiferen ergaben, findet sich in dem Resumd, das der systematischen Beschreibung der Arten angehängt ist.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikdbar. 193

Systematische Übersicht und Beschreibung der Arten.

I. Foraminiferen mit sandig-kieseliger Schale. UVELLIDEAE.

ATAXOPHRAGMIÜM MAGDALIDIFORME m.

Taf. IV. Fig. 1.

T. oblonga teneris granulis silicea infra supraquc corrotundata raru subcompressa juvenilis globosa loculis regulariter glomeratis composita adalta subcylindrica loculos subaltos vix cameratos suturis paene horizontalibus constrictos continen.s. Aper- tura cuneata, decurrens in (medio) frontis septalis ultimi. loculi.

Typische Form. Das durchschnittlich massig verlängerte Gehäuse walzenförmig, wenig oder gar nicht seitlich zusammengedrückt, oben und unten gerundet, im Jugendzustande voll- ständig kuglig. Die oberen, in einer dreizeiligen Spirale aufsteigenden, flach gewölbten Kammern äusserlich fast so hoch als breit; der Innenraum jedoch in Folge der gewölbten Septalflächen niedrig, überdies noch durch mehr oder weniger regelmässige, radial gegen die Längsaxe gestellte Secundärsepta unten abgetheilt. Die Näthe beinahe horizontal, deutlich, doch meist sehr flach. Die commaförmige Mündung liegt in einer Längsimpiession, die in der Richtung der Axe des Gehäuses, an der Innenseite der letzten Kammer, unweit des Randes, mit dem sie an die vorletzte sich anschliesst; herablauft. Die Schale ist ziemlich dick, von meist gleichförmigen Kieselkörnern gebildet, die in einer etwas lichteren, theilweise kalkigen Grundmasse ein- gebettet sind.

Abweichungen. Bei dieser Art hat sich keine Form gefunden, die eine nennenswerthe Abweichung von der normalen Entwicklung aufzuweisen hätte.

Verwandtschaft. Die cylindrische Gestalt und durchgehends gleiche Breite trennt diese Art von allen bisher bekannten Ätaxoji/tragmien-Formen.

Vorkommen. Nicht selten in beiden Thonlagen.

Mittlere Länge 108 Millim. Breite 0-57 Millim.

ATAXOPHRAGMIÜM SUBOVALE m.

Taf. IV. Fig. 2.

T. suboval/'s infra plus minusve obtuse fastig ata supra in toto declivis, granis teneris aeqnalibusque silicea. Locidi aequaliter accrescentes subrentricosi suturis obliquis aliquanto insectis notati. Apertura commatiformis.

Typische Form. Das schmal eiförmige, nach oben etwas schief abgestutzte, im Quer- schnitte elliptische Gehäuse von etwas gewölbten, ziemlich hohen, in dreizeiliger Spirale auf- steigenden, massig i*asch anwachsenden Kammern gebildet. Die Näthe schief, deutlich, scharf, stossen in der Mitte, in einer breiten Zickzacklinie, zusammen. Die letzte Kammer fällt nach Innen

Novara-Expedition. OeMngischcr Tlieil. TT. B.inrt 25

194 Dr. Conrad Schwager.

mein- oder weniger schräg «ab und trägt in einer seichten Mulde dieser Fläche, otwas unter der Mitte derselben, die scharfe, nach unten zusammengezogene, kleine Mündung. Die Schale ist ziemlich dünn, deren Kieselkörner klein, von wenig Zwischenmasse getrennt.

Abweichungen. Diese reduciren sich bei der vorliegenden Art auf die nach unten mehr oder weniger flach konisch zulaufende Form mancher Gehäuse.

Verwandtschaft. Die meiste wenn auch immerhin sehr entfernte Ähnlichkeit hat diese Form noch mit Bultmina pupoides d'Orbigny aus den Wiener Tertiärschichten, von der sie sich jedoch, abgesehen von der Grösse und Schalenbeschaffenheit durch die grössere Zahl d.er niedrigeren Kammern, und die Form und Lage der Mündung unterscheidet.

Vorkommen. Einzeln in beiden Thonlagen.

Mittlere Länge 0-7 Millim.. Breite 0-4 Millim.

ATAXOPHRAGMIUM LACERATUM m.

Taf. IV. Fig. 3.

T. antecedenU simüis majoribus inaequalibusque granulis subseparatis silicea in parte posteriori subobtusa. Loculi aecrescentes paene plani versus antecedentes supra leviter tantum. infra margine scabroso rudi propensi, siduris conspieuis horizontalibus notati. Apertur a oblong a infra contractu.

Typische Form. In der Gesammtgestalt hat diese Art eine nicht unbedeutende Ähn- lichkeit mit der vorhergehenden, doch ist sie meist kürzer, gedrungener. Die Schale ist dünn, mit wenig Kieselkörnern, die einzeln in einer kalkigen Masse, von stets beinahe krystallinischem Aussehen, eingebettet sind. Die Oberfläche ist unglcichmässig rauh, wie aufgerissen. Die beson- ders im Anfangstheile ziemlich rasch anwachsenden Kammern, anfangs niedrig, im oberen Theile wenig breiter als hoch, fast flach, im Unterrande meist plötzlich mit einer besonders rauhen Fläche abfallend, wodurch die Schale etwas treppenförmig abgesetzt erscheint. Die Näthe deutlich, horizontal, blos manchmal durch die Schalenbeschaffenheit etwas verdeckt. Die letzte Kammer nach innen schräg abschüssig, trägt unweit des unteren Septalrandes, hart an der obersten Nath. die commaförmige, kleine Mündung.

Abweichungen. Der vorhergehenden gegenüber zeigt diese Form schon etwas mehr Veränderlichkeit, sowohl in der grösseren oder geringeren Abstumpfung des unteren Theiles als auch in der Höhe der Kammern.

Verwandtschaft. Ausser der vorhergehenden ist mir keine Form bekannt die der vor- liegenden besonders nahe stehen würde.

Vorkommen. Vereinzelt in beiden Thonlagen.

Mittlere Länge 0-7 Millim.. Breite 0-35 Millim.

PLECANIUM LYTHOSTROTUM m

Taf. IV. Fig. 4.

T. rugosa lata lateribus svbplanis pars inferior obtuse angulata acutis kebe- tibusve marginibus oblique divergentibus convexi fronti septali adjuneta. Loculi aequa- liter aecrescentes in summa parte laterum depressi. nonnunquam in media parte inflati subdeclivis suturibus acutis separat/. Frons septedis subconve.ra infra apertura oblonga transverse perforata.

Typische Form. Sehr rauh, breit, mit flachen oder wenig gewölbten Seiten. Im Umrisse der untere Theil gerundet oder ziemlich stumpfwinkelig; die scharfen oder etwas abgestutzten

Fossile i'oraminiferen von Kar Nikobar. 195

Seitenränder mit geringer Divergenz gegen die stumpfwinkelige wenig gewölbte Endfläche ansteigend. Die Schale massig dick mit ungleichen hervorragenden, im Verhältnisse zur Zwischen- masse bedeutend vorherrschenden Kieselkörnern. Die Kammern niedrig flach, gleichmässig an- wachsend, etwas schief gegen die Hauptaxe geneigt. Die Mündung klein, länglichrund im unteren Septalrande der letzten Kammer ausgeschnitten.

Abweichungen. Trotz der, bei den rauhschaligen Formen sonst nicht unbedeutenden Abweichungen, ist diese Form sehr beständig, unbedeutende Veränderungen in Breite und Dicke, sowie in der Symmetrie des Aufbaues abgerechnet.

Verwandtschaft. Auch zu dieser Form findet sich keine von den bereits bekannten, die einen näheren Vergleich zulassen würde.

Vorkommen. Häufiger in den unteren, seltener in den oberen Thonschichten.

Mittlere Länge. 1-19 Millim., Breite. 0-8 Millim.

PLECANIÜM LAXATUM m.

Taf. IV. Fig. 5.

T. spissis granulis silicea breviter euneata a lateribus camerata frontibus septa- libus subinflatis. Loculi humiles multo crescentes subtus plant supra informam cymatii attolluntur, suturis perspieuis areuatisque separati. Apertura transversa oblonge quadr angularis.

Typische Form. Kurz keilförmig, sehr rasch an Dicke zunehmend mit etwas winkelig gewölbten Seiten, ziemlich aufgeblähter Septalfläche. Bei den kaum vollständig ausgebildeten Exemplaren, die allein gefunden wurden, der Umriss beinahe gerundet schief rhombisch. Die Kammern in der Höhendimension ziemlich rasch anwachsend, niedrig, gebogen, schief gegen die Axe geneigt. Die Seitenfläche nach unten flach; manchmal sogar etwas concav, am Ober- rande dagegen zu einer gerundeten, nach unten rascher abfallenden, seitlich verflachten wall- artigen Leiste erhoben. Am Unterrande der letzten Septalfläche findet sich die länglich vier- eckige ziemlich hohe etwa der Hälfte von der Septalnath entsprechende Mündung.

Abweichungen. Die wenigen gefundenen Exemplare zeigen keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten.

Verwandte chaft. Diese Form Hesse sich etwa noch mit TextUaria abbreviata d'Orbigny aus den Wiener Tertiärschichten vergleichen, in soferne beide kurz und keilförmig sind, doch die scharfen Bänder, die geringere Wölbung der Seiten und das Belief der Kammern scheiden sie vollständig.

Vorkommen. In der oberen Thonlage.

Mittlere Länge. M Millim., Breite. 0-9 Millim.

PLECANIÜM SOLITUM m. Taf. IV. Fig. 6.

T. oblonga acute euneata ex obliquo camerata margine snbeurvato. Frontes sep>- tales camerati angulis perobtusis fastigati. Loculi subarcuati inflati perspieuis acutis suturibus separati. Apertur a transversa oblonga basi paenultimae frontis septalis ad- juneta.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, keilförmig nach unten zugespitzt. Die Seiten gewölbt in einem scharfen, geraden oder wenig gebogenen Bande zusammenlaufend. Die Septal-

2.r)*

196 Dr. Conrad Schwager.

flächen aufgetrieben, unter sehr stumpfem Winkel gegeneinander geneigt. Die Kammern gewölbt, seltener gerundet, winkelig erhoben, schwach gebogen, etwas gegen die Hauptaxe geneigt, durch deutliche scharfe Näthe getrennt. An dem Unterrande der letzten Septalfläche findet sich die quere spaltenförmige nicht sehr breite Mündung. Die Schale ist ziemlich dünn, gleichmässig sandig", verhältnissmässig- g-latr.

Vorkommen: Selten sowohl in dem unteren als auch oberen Thone von Kar Nikobar.

Unter den bekannten Plecanien-Formen findet sich keine, die sich an die eben beschriebene näher anschliessen würde, indem bereits die geraden oder doch sehr wenig gebogenen, zur beinahe scharfen Spitze vereinigten Seitenränder, das gleichmässig rasche Dickerwerden der Schale, in der Richtung nach oben, verbunden mit den gewölbten, etwas schief abfallenden Seitenflächen, genügende Anhaltspunkte liefern, um sie von allen übrigen Arten dieser Gruppe zu unterscheiden. Was die Hauptform betrifft, so lässt sich diese noch am ehesten mit jener der Textilaria acciculata d'Or bigny (Ann. sc. nat. 1826, pag. 263, Taf. XI, Fig. 1 4) vergleichen, die sieb jedoch, abgesehen von allen anderen Unterschieden, bereits durch die winkelig gewölbten Septalflächen wohl unterscheiden lässt.

BIGENERINA NICOBARICA m.

Taf. IV. Fig. 7. Mittlere Länge l-öMillim.

T. sublevigata, spissü subaequalibusque granuMs silicea, oblong a late lingulata paulum arcuata. margines laterales subparallelos versus attenuata, inferioribus locu- lorum partibus prqjectis serrata. Loculiprimum regulariter alternantes; arcuate deflexi d rinde simplici serte superstrueti. plurimum aegualiter sensimque crescentes, rarius pullt conferti-pauh areuati, infra declives, nonnunquam seeundum partem posteriorem in formarn undat paulum proeidui, tolluntur. Apertura loculorura alternantium lunata modo textilariarum sita, aliter fismra terminali idtimi loculi repraesentata.

Typische Form. Länglich, sehr flach gewölbt, nach oben zu wenig an Breite zunehmend, mit beinahe parallelen zugeschärften Seitenrändern, die durch die meist vorstehenden unteren Kammerenden ein zackiges Aussehen bekommen. Ober- und Unterrand im Ganzen zugerundet. Die schiefen, stark gebogenen, alternirenden Kammern besonders im Anfangstheile niedrig, etwas gewölbt, gegen die untere Nath meist rascher abfallend. Die deutliche scharfe Mittelnath eine Zickzacklinie, die von den bogenförmigen Anstossflächen der beiderseitigen Kammerreihen gebildet wird. Die Seitennäthe tief, jedoch meist gerundet. Bei vollständig ausgebildeten Ge- häusen folgt auf den textilarienartigen Untertheil auch eine Reihe etwas höherer, von einer mehr oder weniger deutlichen Randcompression eingefasster Kammern, die durch gebogene, anfänglich meist etwas schief stehende Näthe getrennt werden. Bei derartig ausgebildeten Formen wird die Mündung durch eine schmale Spalte im Oberrande der letzten Kammer gebildet, ausserdem durch eine halbmondförmige, an dem Unter- und Innenrande der letzten Kammer gelegene Öffnung repräsentirt. Die Schale verhältnissmässig glatt, ziemlich dünn, von gerundeten, kleinen, gleichmässigen, in einer kalkigen Grundmasse eingebetteten Kieselkörnern gebildet.

Abänderungen. Die meisten Verschiedenheiten zeigen sich bei dieser Form in dem Anfangstheile. welcher die untere Rundung des Gehäuses bildet. Die Zahl der denselben zusammen- setzenden Kammern ist nämlich sehr bedeutenden Schwankungen (zwischen 5 und 14) unter- worfen: da aber die Gesammtform kaum bedeutend davon altcrirt wird, so gleicht sich dies in letzterem Falle durch die geringe Höhe der betreffenden Kammern und deren dichte Gedrängt-

Fossile Foraminif'eroi von Kar Nikobar. 197

heit wieder aus. Eine andere Abweichung zeigt sieb darin, dass die Biegung dieser Kammern, deren zwei und zwei im normalen Zustande beinahe einen Halbkreis einschliessen, manchmal so bedeutend wird, dass sie unter der nicht ganz selten etwas knopfförmig erhobenen Embrional- kammcr beinahe zusammengreifen. Bei den Kammern der mittleren Abtheilung zeigt sich ausser- dem, jedoch ziemlich selten, an dem nach unten scharf abfallenden Kammerrande ein schmaler gerundeter Saum ; auch sind die letzten in einer Reihe gestellten häufig etwas schief aufgesetzt, wodurch das ganze Gehäuse etwas nach der Seite gebogen erscheint.

Vorkommen. Nicht selten in dem unteren, seltener in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form ist bereits in der Hauptform von allen bekannten Gaudryinenformen derart verschieden, dass sie mit keiner derselben einen näheren Vergleich ziil'isst

CLAVULINA VARIABILIS m.

Taf. IV. Fig. S. Mittlere Länge 0-8 Millim.

T. granulis magnis inaequalibusque silicea, oblong a aliquando gracilis, corrotun- data, subtiis inflata supra detruneata. Loculi depressi partis primordialis Atazo- phragmiiformis spiraliter conglomerati, suturibus obscuris separati sequentes alter- nantes subalti, vix arcicati, plerumque horizontales, rarius plus minusve declives pro- fundus suturis notati. Testae perfectae simplicem seriem aliorum subinflatorum, suturis liorizontalibus profundis separatorum loculörum praeterea proferunt. Apertura termi- nalis ce?itralisque} levis rotunda plerumque fistulate producta.

Typische Form. Ziemlich schlank, beinahe drehrund, im Anfangstheile meist etwas birnförmig erweitert, oben abgestutzt. Die niedrige Kammer der unteren Partie, ataxophragium- ähnlich zusammengeballt, durch seichte undeutliche Näthe getrennt, die folgenden zweireihig, ziemlich hoch, meist horizontal, doch auch nicht selten ungleich schief, schwach gewölbt, durch scharfe Näthe getrennt. Bei vollständig ausgebildeten Gehäusen folgt zuletzt meist noch eine Reihe gewölbterer, höherer Kammern, die durch horizontale, tiefe, scharfe Näthe getrennt werden. Die Mündung ist klein, terminal, rund, in der Mitte der abgeflachten Septaltläche der letzten Kammer gelegen, meist eingesenkt, glatt, jedoch auch häufig zu einer feinen cylindrischen Röhre erhoben.

Abänderungen. Die bei dieser Form vorkommenden nicht unbedeutenden Verschieden- heiten resultiren beinahe alle aus der Veränderlichkeit, welche die relativen Grössen- und Ent- wicklungs -Verhältnisse der einzelnen Theile derselben zeigen. Dem entsprechend kommen kurze dicke Formen vor, bei denen der ataxophragmiumartige Theil vorwiegt, der plecaniumartige beinahe oder oft ganz fehlt; in anderen Fällen ist ersterer auf ein kleines Knöpfchen an dem unteren Ende reducirt, das ganze Gehäuse lang stabförmig, grösstentheils von zweizeilig ange- ordneten Kammern gebildet; übrigens können aber auch alle zwischen diesen beiden Extremen liegende Formenreihen vorkommen.

Ausser den eben angegebenen Verschiedenheiten zeigt sich auch noch nicht selten eine Abweichung darin, dass die sonst fast horizontalen Kammern ungleich und schief werden, und so gewissermassen eine Mittelform zwischen ein- und zweizeiligem Aufbau hervorgebracht wird, ohne jedoch der stabförmigen Hauptform Eintrag zu thun.

Vorkommen. Häufig in beiden Thonlagen von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Es erinnern besonders manche Formen dieser Art sehr an Haplo. phragmium, doch sind es insbesonders jene mit theilweisc zweizeiligem Aufbaue, die mich

198 Dr. Conrad Schwager.

bewogen haben, dasselbe hierher zu stellen. Übrigens ist es auch wieder dasselbe Merkmal, das ^ie hauptsächlich von den bekannten Clavulinen unterscheidet. Vorkommen. Häufig in beiden Thonlagen.

GAUDRYINA SUBROTUNDATA m.

Taf. IV. Fig. 9. Mittlere Länge 0-7 Millim.

T. teneris subaequalibusaue granulis silicea, longinqua, sectione horizontali cor- rotundata, utrimque complanata. Pars primotica perverse piriformis, loculis spiraliter struetis, subaltis, declivibus obsourisque suturis disjunetis composita. Pars superior midto longior superne rix latescens, loculis altis stibarcuatis regidariter alternantibus, profundis horizontalibusque suturis separates, constituta. Apertura corrotundata, margini in- feriori et interiori ultima, loculi adjacens.

Typische Form. Stark verlängert, mit gerundetem Durchschnitte, etwas abgeflachten Seiten; unten gerundet, oben schief abgestutzt. Der Anfangstheil ein verkehrt birnförmiges Atoxophragmium mit spiralig aufgebauten, nicht sehr hohen, etwas schrägen, durch seichte undeutliche Näthe getrennten Kammern gebildet. Der weit aus grössere, stabförmige, nach oben zu unmerklich an Grösse zunehmende Obertheil von etwas gewölbten, gleichmässig alternirenden hohen Kammern zusammengesetzt, die durch beinahe horizontale Näthe getrennt werden. Die mittleren Anstossflächen beider Kammerreihen stumpfwinklig. Die massig grosse Mündung unmittelbar über der Nath in einer Einsenkung der schief einfallenden, flach gewölbten Septal- fläche der letzten Kammer gelegen. Die Schale nicht sehr rauh, von wenig hervorragenden, ziemlich grossen, gegen das Bindemittel überwiegenden Kieselkörnern gebildet.

Abänderungen. Diese Form wurde blos in einem Exemplare gefunden.

Verwandtschaft. Diese Art ist von allen bekannten Gaudryinen durch ihre gerundete, beinahe stabartige Form wohl unterschieden.

GAUDRYINA PAVICULA m.

Taf. IV. Fir,. 10. Mittlere Länge 1-4 Millim.

T. magnis et contertis granulis silicea., superne rotundata, crasse euneiformis, ex obliquo complanata, margine detruncata. Pars primotica ataxophragmii par plerum- que humilis, perverse piramidalis trigona, locidis suhangustis suturis obscuris separa- tio composita. Loculi partis euneiformis alternantes alti plani profundis acutisque suturis notati fere subito ad partem extremam , struetam simplici Serie locidorum subconcameratorum humilium suturis profundis horizontalibusque separatorum transeunt. Apertura magna rotunda, subdeplanatam partem centralem frontis septalis ultimi loculi perforans.

Typische Form. Verlängert mit breiterem im Ganzen flach und dick keilförmigem, im Anfange dreikantigen Untertheile, engerem drehrundem Ende. Die Kammern der verneuilinen- artigen unteren Partie von dreizeilig angeordneten, niedrigen, durch flache linienförmige, undeut- liche, etwas schiefe Näthe getrennten Kammern gebildet, meist sehr kurz; rasch in den folgen- den übergehend, dessen Kammern zweizeilig, hoch, flach, durch tiefe, horizontale Näthe getrennt sind. Der Endtheil von ziemlich niedrigen, drehrunden, etwas gewölbten, in einer Reihe auf einander gestellten, durch horizontale tiefe Näthe getrennten Kammern gebildet. Die Mündung

Fossile Foraminiferen von Kur Nikobar. 199

wird durch eine massig grosse, runde eingesenkte Öffnung in der abgeflachten Septalfläche der letzten Kammer repräsentirt.

Die Schalenbeschaffenheit rauh, durch das Hervorragen einzelner der ungleichen mit wenig Kalk verbundenen Kieselkörner.

Abänderungen. Die meisten Verschiedenheiten ergeben sich bei dieser Art dadurch, dass das Verhältniss der einzelnen Aufbau-Formen nicht unbedeutenden Variationen unterliegt, indem ausser dem gewöhnlichen Falle, dass die zweizeilige Anordnung überwiegt, auch nicht selten jener eintritt, dass diese beinahe, oder sogar vollständig zurücktritt, und der ganze Unter- theil verneuilinenartig entwickelt erscheint. Solche Formen sehen dann der Gaudryina solidam ziemlich ähnlich, um so mehr, als manchmal noch eine bedeutende Abstumpfung der Kanten dazu kömmt; doch sind sie stets kleiner und schlanker, auch fehlen ihnen immer die gewölbten dreizeilig angeordneten Kammern der oberen Abtheilung dieser Form.

Vorkommen. Sehr selten in beiden Thonlagen von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Ausser der eben erwähnten Ähnlichkeit einzelner Formen dieser Art mit jenen der G. solida findet sich auch eine solche, besonders bei unausgebildeten Individuen mit vorwiegend dreizeiliger Anordnung der Kammern, mit G. rugosa d'Orbigny (Mem. soc. geol. d. France IV. 1. p. 44, Taf. 4, Fig. 20, 21) aus der Kreideformation; doch hat letztere stets niedrigere meist mehr hervorragende Kammern und im stets scharfrandigeren , dreikantigen Theile coneavere Seiten, sowie sie auch grösstentheils viel kleiner ist als die Nikobaren-Art. Dieselben Merkmale, mit Ausnahme jenes der grösseren Kammerwölbung, sowie auch die grössere Glätte der Schale, lassen ebenfalls die gaudryinenartige Entwicklung von Tritaxia tri- carinata Reuss (Forarn. d. westph. Kreide XII. Bd. d. Sitzgsber. Akad. Wissenseh. Wien 1860. pag. 84, Taf. XII, Fig. 1 und 2), mit deren manchen Formen unsere Art beinahe noch grössere Ähnlichkeit zeigt, wohl unterscheiden.

GAUDRYINA SOLIDA m.

Taf. IV. Fig. 11. Mittlere Länge 15 Millim.

T. crassula viagnis inaequalibus, paulum prominentibus granulis silicea, oblonga. subtus obtuse trigona, supra vix latescens corrotundata. Farn verneuiliniformis ex obliquo subconeava, rarius subconveza, loculis subplanis depressis in intervalla ad- versorum midtum projecüs, laevibus suturis notatis construeta. Pars mperna minus regidariter tritexta, locidis oblongis corrotundatis, suturis fere horizontalibus separatis. constituta. Apertura magna subrotunda ex infera parte front/'s septalis ultimi non- nunquam etiam aliquantum penidtimi et tertii locüli exseeta.

Typische Form. Ziemlich kurz, gedrungen, mit im Ganzen beinahe drehrundem Haupt- körper, stumpfwinkligem verkehrt pyramidalem nicht sehr hohem Untertheile, dessen Ränder zugerundet, die Seiten meist flach, jedoch auch manchmal schwach gewölbt, seltener merklich concav sind. Die Endfläche des Gehäuses im Ganzen schief abgestutzt. Die Kammern des Anfangstheiles flach, nicht sehr hoch etwas nach aussen abfallend, durch seichte, nicht sehr deui- licheX äthe getrennt, die Trennungslinie zweier Kammerreihen spitzwinkelig zickzackförmig, von den zusammengeneigten Innenflächen der einzelnen Kammern gebildet. Die Kammern des Ober- theiles gerundet, deren Höhe kaum der halben Breite gleich. Die Näthe der einzelnen Umgänge beinahe horizontal, tief scharf; jene der aufeinander folgenden Kammern meist bogenförmig, seltener winkelig. Alle Kammern in dreizeiliger Spirale aufgerollt. Die eingesenkte Mündung

200 Dr. Conrad Schwager.

ziemlich gross, im Innenrande der letzten Kammer eingeschnitten, nicht selten auch noch etwas in die vor- und drittletzte hinübergreifend. Die Schale sehr rauh, von ungleichen grossen, her- vorragenden, mit wenig kalkiger Bindemasse verkitteten Kiselkörnern gebildet.

Abänderungen. Diese Art scheint sehr beständig zu sein, denn mit Ausnahme der. manchmal bedeutend gerundeten Kanten ihres verneuilinenartigen Theiles, wodurch sie aller- dings ein etwas fremdartiges Aussehen erhält, sind keine bemerkenswerthen Variationen vor- gekommen.

Vorkommen. Nicht ganz selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Auch diese Art zeigt mit manchen der dickeren Formen von Gate- dryina rugosa d'Orbigny eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit, doch lässt sie sich von derselben schon durch ihren kürzeren weniger scharfrandigen Untertheil leicht unterscheiden, abgesehen von der nicht unbedeutenden Grössendiffercnz, die beide Formen ebenfalls trennt.

GAUDRYINA BACCATA m.

Taf. IV. Fig. 12. Mittlere Länge 0-8 Millim.

'/'. valde et aequaliter arenosa, oblonga, plemmque plus minusve cochleate torta, ad partem superiorem paidlum aecrescens infra perverse pyramidalis , superne oblique detruncata. Loculi prominentes camerati, subalti ad suturam inferam decli- viores primo trite.rti cochleate strueti, suturis fere horizontalibus profundis notati sequentes alternantes altiores plerumque plus minusve subglobosi. Apertura transverse depressa fissura infimam partem fr ontis septalis ultimi loculi perfor ans.

Typische Form. Das gewöhnlich nach oben zu im Ganzen nicht sehr verbreiterte Gehäuse verlängert, mehr oder weniger schraubenförmig gedieht; unten verkehrt pyramiden- förmig, aber schief abgeschnitten. Die gewölbten ziemlich hohen Kammern nach dem unteren Rande meist merklich rascher als nach oben abfallend, in dem unteren Theile in dreizeiliger Spirale angeordnet, durch tiefe, scharfe, meist sehr wenig schräge Näthe getrennt. Die folgenden zweizeiligen nicht selten ebenfalls etwas schraubenförmig aufgebauten Kammern meist stärker gewölbt, durch beinahe horizontale, tiefe, scharfe Näthe geschieden. Die Mündung eine niedrige, ziemlich breite quere Spalte im Unterrande der Septalfläche der letzten Kammer. Die Schale dünn, meist sehr wenig rauh, von kleinen, gleichmässigen mit viel, manchmal beinahe über- wiegender, Kalkmasse verbundenen Kieselkörnern gebildet.

Abänderungen. Die Individuen dieser Art sind besonders in der Hauptform nicht unbedeutenden Veränderungen unterworfen, die, wenn sie auch blos in Schwankungen der quantitativen Verhältnisse begründet sind, denselben doch ein ganz verändertes Ansehen zu geben vermögen. Manchmal ist der dreizeilige Untertheil überwiegend entwickelt, mehr oder weniger gedreht, sehr selten die Kanten ganz gerade; diese Formen werden dick, gedrungen, oder der untere Theil ist beinahe verkümmert, die zweizeilige Anordnung überwiegt, das Ge- häuse wird lang schlank. Auch die einzelnen Kammern können mehr oder weniger gewölbt, im Untertheile des Gehäuses sogar ziemlich flach werden, mit dem Alter mehr oder minder rasch an Grösse zunehmen; die gerundete, etwas unter der Mitte der Seiten gelegene Kante mehr oder weniger entwickelt sein oder auch dagegen ganz verschwinden. Auch die Mündung ist manch- mal höher und kurz, statt wie gewöhnlich lang und spaltenförmig.

Vorkommen. Nicht selten, sowohl in dem oberen als auch unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die nächste Verwandtschaft zeigt diese Form mit der nächstfolgenden G. uva m., so dass man die Notwendigkeit ihrer speeifischen Trennung wohl in Zweifel setzen

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. . 201

konnte, um so mehr als sich Übergangsformen finden, bei denen sich kaum entscheiden lässt, zu welcher Art sie zu rechnen wären. Nichts desto weniger ist aber die Scheidung beider darin begründet, dass sie zwei im Ganzen bestimmte parallele Reihen, mit beinahe gleicher Anzahl von Repräsentanten bilden, die allerdings an den Grenzen zusammenfliessen; jedoch meist in ihren typischen, wohl trennbaren Extremen entwickelt sind.

GAUDRYINA UVA m.

Taf. IV. Fig. 13. Mittlere Länge 1 Millim.

T.in toto perverse pyramidalis nonnunquam plus minusve cochleate texta superne lala infra usque ad loculum embrionalem aequaliter deminuta plerumque multo majore parte tritexta loculis declivibus, supra camer atis, ad suturam inferam obtuso mar gine plus minusve praecipitibus, praecipue ad circuitum accrescentibus, alia super aliam plurimum perspicue squamatim subpositis constituta. Loculi partis distichi plerumque altiores et convexiores, fere horizontalibus acutis profundisque suturis notati. Apertura magna transversa paulum alta obtuse quadrilatera in infima parte frontis septalis ultimi loculi sita. Putamen paulum crassum granulis siliceis parvis subaequa- libusque, pauca materia calcaria intergerina conglutinatis constitutum.

Typische Form. Das Gehäuse ist kurz, im Ganzen verkehrt pyramidenförmig mit dem durchschnittlichen Verhältnisse der Höhe zur grössten Breite wie 4 zu 3; die Endflächen stumpf- winkelig zusammenstossend. Die ziemlich niedrigen, in ihrem Obertheile gleichmässig gewölbten, vorzugsweise in der Richtung von innen nach aussen anwachsenden Kammern mit gerundeter Kante rasch zu dem unteren Saume abfallend, im Anfange dichter gedrängt dreizeilig ange- ordnet, später höher, zweizeilig aufgebaut, mit meist merklichen hervorragenderen Seiten als es bei den ersteren der Fall ist. Alle sind durch gerade tiefe scharfe etwas nach aussen abfallende Näthe getrennt. Auch bei dieser Art macht sich häufig die Tendenz zu spiraler Drehung bemerk- lich, doch fehlt sie auch nicht selten ganz, wo dann die einzelnen Kammerreihen durch tiefe, gerade Furchen getrennt erscheinen. Die an dem Unterrande der Septalfläche der letzten Kammer gelegene, quere Mündung ist ziemlich gross, länglich viereckig. Die Schale meist etwas rauh, doch feinkörnig, von kleinen beinahe gleichmässigen, mit nicht viel kalkiger ßindemasse zusammengeklebten Kieselkörnern gebildet.

Abänderungen. Auch diese Form ist wie die vorhergehende nicht unbedeutenden Ver- änderungen unterworfen, doch liegen sie bei derselben grösstenteils blos in der verschiedenen Höhe der einander mehr oder weniger umfassenden Kammern und dem mehr oder minder deut- lich vorwiegenden, rascheren Anwachsen in der Richtung von Innen nach Aussen; auch ist die spirale Wendung, wie bereits erwähnt, nicht sehr beständig.

Vorkommen. Nicht selten in beiden Thonlagen von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Ausser der bereits erwähnten Verwandtschaft mit G. baoeata zeigt diese Form auch eine auffallende Ähnlichkeit mit G. globulifera Reuss (Zeitschr. d. geol. Ges. IV, 1. Heft, pag. 18) aus dem Septarienthone von Görzig, und besonders sind es die Formen, bei denen die spirale Wendung mangelt, welche, wenn eine grössere Aufgelriebenheit der Kammern noch hinzukömmt, sich von derselben kaum unterscheiden Hessen, wenn nicht der untere kanten- artige Abfall der Kammerseiten da wäre, der sich selbst im äussersten Falle doch wenigstens durch ein starkes Heiabrücken der grö'ssten Kammerbreite ausspricht.

Xovara- Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. 26

-0- Dr. Conrad Schwager.

II. Foraminiferen mit compacter porcellänartiger Kalkschale.

MILIOLIDEA.

BILOOULINA LUCERNULA m.

Tap. IV. Fig. 14. Mittlere Länge 0-7 Millim.

T. pauttum nitida, putamine subcrassa, in extremis lineamentis elliptica , sitpra infrague coartata. Locidi tergo concamerati, annosi fere semiglobosi idtimus angusta fronte ventrali in toto summo ad inumplus minusve aequaliter subconcava ad marginem hebetatum subdeclive, supra infraque prona corrotundata partem dorsalem locidi inferioris complectitur. Collum subproductum , superne coartatum ventrem ve?'sits declive abscisum, summam aperturavi parvam rotundam, dente malleiformi subob- siructam continens.

Typische Form. Das Gehäuse im Umrisse elliptisch an beiden Enden etwas verengert. Die hoch gewölbten, im Alter beinahe halbkugligen Kammern mit mehr oder weniger, im Ganzen von oben nach unten etwas concaver, ziemlich schmaler, unbedeutend nach aussen abfallender, sehr flach gewölbter Bauchfläche, welche mit gerundeter Kante in die Rückenfläche übergeht. Der vorgebeugte Ober- und Untertheil der letzten Kammer umfasst die Enden der vorletzten, allein sichtbaren, die blos mit ihrem gewölbten Rückentheile hervorragend, von einer deutlichen, winkeligen Nath umgrenzt wird. Die Mündung an dem Ende des etwas ausgezogenen, nach oben schwach verengerten Halses gelegen, klein, rund, mit einem kleinen, hammerförmigen Zahne versehen. Die Schale matt, ziemlich dick, im verwitterten Zustande striemig.

Abänderungen. Die Varietäten dieser Form sind weniger ausgesprochen in der ver- änderten Gestalt der einzelnen Kammern, die, höchstens mit Ausnahme der grösseren oder geringeren Aufgetriebenheit der bedeutenderen oder geringeren Länge sehr constant ist, als viel- mehr blos in der Art des Anschlusses der einzelnen Kammern begründet. Eines der extremsten Vorkommnisse dieser Art ist die auf Taf. I, Fig. 17 abgebildete Triloculinenform, die besonders mit der von Williamson in seiner Bearbeitung der recenten Foraminiferen von Grossbritannien ^On the rec. Furaminif. of Great Brit. pag. 84, Fig. 180 und 181) als Miliolina trigonula be- schriebene und abgebildete Form von Tril. trüjonula d'Orbigny so sehr übereinstimmt, dass, wenn sie sich nicht eben als blosse Varietät von Bit. lucernula herausstellen würde, man sie bei- nahe damit vereinigen könnte. Die Vereinigung mit der erwähnten Biloculinenform ist näm- lich darin begründet, dass sich Formen finden, die einander nicht vollständig umfassen und daher umgeben sind mit einer tiefen, von den spitzwinkelig zusammengeneigten Bauchflächen beider sichtbaren Kammern gebildeten Nath. Nun aber zeigt sich dieses Verhältniss manch- mal auf einer Seite stärker als auf der anderen, und führt so zuletzt zu der angeführten Trilo- culinenform.

Vorkommen. Nicht ganz selten in beiden Thonlagen von Kar Nikobar. Verwandtschaft. Die Formen dieser Art zeigen eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit der von d'Orbigny in den (Ann. d. sc. nat. 1826, pag. 297, Nr. 1, Taf. 16, Fig. 1 4) beschriebenen und abgebildeten Biloculina bulloides, weniger mit dem unter demselben Namen ausgegebenen Modell Nr. 90, doch unterscheidet sie sich sehr wohl von derselben durch die mehr gegen die Enden gerückte Verschmälerung, die engere Bauchfläche und den deut- lichen Hals.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 203

BILOCULINA MURRHLNA m.

Taf. IV. Fig. 15. Mittlere Länge 0-55 Millim.

T. crassula breviter elliptica, juvenilis oblonga, adulta transversa. Pars media loculorum inflata suhlata ad marginem extensum, acutum subtus arcuate exsectum molliter deplanata. Frons ventralis lata, excepto collo et infima parte plana, sutura acida lineari terminata. Sola camerata pars penidtimi loculi eminens, excepta parte infima et suprema semiturgida concentrica costa laminosa errecta ornata. Apertura parva subrotunda transverso sublunari dente claihrata, collum breve submetale horizontaliter desectum perforans. Putamen illucidum nitidum.

Typische Form. Das Gehäuse ist massig dick, im Ganzen kurz elliptisch und zwar derart, dass bei den jüngeren Formen die Längsachse mit jener der Ellipse übereinstimmt, während bei den ausgebildeten gerade der umgekehrte Fall eintritt. Die Kammern sind in der Mitte gleichmässig gewölbt, anfangs ziemlich rasch, weiter allmälig gegen den beinahe flügel- artig verschärften Rand abfallend. Dieser ist im Untertheile der letzten Kammer bogenförmig ausgeschnitten, an beiden Enden des Bogens zu kurzen Spitzen ausgezogen. Die Bauchfläche der letzten Kammer beinahe mit der Medianebene des Gehäuses zusammenfallend, flach, nur an dem kugelförmigen, ziemlich scharf abgesetzten Halse und dem etwas verdickten unteren Ende erhoben. Die blos mit der mittleren gewölbten Partie hervorragende vorletzte Kammer, mit Ausnahme des oberen und unteren Endes, von einer etwas vom Rande entfernten, concentrischen, schief abstehenden, mehr oder weniger entwickelten Randleiste umgeben, welche sich auch manchmal ganz ähnlich an dem Rücken der letzten Kammer vorfindet. Die Mündung klein, rundlich mit einem queren hammerartig angesetzten halbmondförmigen Zahne versehen, an dem gerade abgestutzten Ende des kurzen conischen Halses gelegen.

Abänderungen. Diese Art ist in ihrem Gesammtcharakter sehr constant, so dass sich keine irgend bemerkbar charakterisirte Varietäten finden.

Vorkommen, runzeln in dem oberen, seltener in dem unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Obwohl diese Art in ihrer elliptischen Hauptform, sowie auch in dem ausgerandeten Untertheile und den zugeschärften Rändern mit mehreren bekannten Formen Ähnlichkeit zeigt, so ist sie doch von allen durch Hals und Mündung, verbunden mit der Zahn- form, sehr wohl unterscheidbar.

QUINQUELOCULLNA RUGOSA d'Orbigny. (Ann. 3U. nat. 1826, pag. 303. No. 45.)

Taf. IV. Fig. 16. Mittlere Länse 0-8 Millim.

T. ruida, ossi pruni comparabilis , subellip>tica supra infraque subcontraeta, ex obliquo corrotundate angulosa subelata, ad marginal* obtuse avgidosum plus minusve comprtssa. Loculi quinque conspicui subangusti. tres priores solo margine prominentes. Suturae plurimum obscurae, rarius lineares, conspicuae. Loculus ultimus infra pro- clinatus in extremis lineamentis corrotundatus, affinem partem penidtimi complecteit* superne in collum subelongatum et acuminatum, aperturam parvulam i-otundam, parva simplici tenuique deute semiexpletam ferens, produetus.

Das rauhe unansehnliche Gehäuse einem Pflaumenkerne nicht unähnlich, von dem Ellip- tischen genähertem Umrisse, verengertem Vorder- und Hintcrrandc. Die Seiten winkelig gewölbt

26*

204 Dr. Conrad Schwager.

seltener gerundet, gegen den stumpfen Rand zu zusammengedrückt. Gewöhnlich fünf Kammern sichtbar, doch meist die Näthe derart verwischt, dass sieh deren Grenzen schwer bestimmen lassen, obwohl die flach gewölbten Kammerseiten nicht sehr breit sind, und daher einen ziemlich bedeutenden Theil der drei ältesten der sichtbaren Kammern frei lassen. Die letzte Kammer nach unten ziemlich stark vorgebogen, im Umrisse gerundet, die Spitze der nächst jüngeren umfassend; die Form der letzteren im Obertheile des Gehäuses dem entsprechend modificirt. Die sehr kleine, mit einem geraden, einfachen Zahne versehene Mündung meist an dem Ende einer kurzen schnabelartigen Verlängerung gelegen.

Abänderungen. Diese Form ist in ihrem Gesammtcharakter sehr beständig und die vorhandenen Verschiedenheiten reduciren sich darauf, dass die Kammern manchmal etwas mehr oder weniger zusammengedrückt sind, wo dann gewöhnlich die drei jüngsten der sichtbaren stärker hervorragen und durch deutliche Näthe markiit werden ; auch fehlt manchmal die hervor- ragende Mündungsspitze, das Oberende wird breiter, kurz abgestutzt. Alle übrigen Abänderungen werden blos durch die etwas veränderlichen Dimensionsverhältnisse hervorgebracht.

Vorkommen. Häufig in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die Nikobarenformen stimmen mit einer Art aus dem Subappenin von Coroncina in allen ihren Abänderungen so vollständig überein, dass ich nicht anstehe, sie damit zu identificiren; und da d'Orbigny in den Annales d. sc. natur. 1825, pag. 136, No. 24 und Prodrome III. Bd., pag. 195, No. 574 eine Quinqueloculina rugosa aus demselben Horizonte anführt, welche Bezeichnung unter den angeführten Subappenin-Formen noch am ehesten auf unsere Art anwendbar wäre, so nehme ich diesen Namen dafür auf, obwohl es eben nur eine Ver- muthung bleiben muss, dass die betreffende, bei Coroncina vorkommende Art gemeint war, da er diesen Fundort für seine Q. rugosa. nicht angibt, auch weder eine Beschreibung noch Abbil- dung derselben liefert.

QUINQUELOCULINA EBOREA m.

Taf. IV. Fig. 18 ab c. Mittlere Länge 05 Millim.

T. hrevis graniformis , lineae paullum ellipticae, latera parum camerata. Loculi quinque conspicui, tres veteriores plerumque margine tantum eminentes, duo juniores partim lati, latera -plana vel paululum camerata, quae margine plus minusve perspicue erecto subito ad labra capsulae , late corrotundateque obtusa descendunt. Extremus loculus ab inferiore parte pronus aperturalem penultimi finem circumplectens , supra ad recipiendam loculi partem exmarginatus in extremaparte vix prolongata oblique obtusus. Apertura parvula dente crasso plane lunateque diffiso dentata. Capsula levis ovalis eborea.

Typische Form. Kurz kernförmig von annähernd elliptischem Umrisse mit ziemlich flach gewölbten Seiten. Von den fünf sichtbaren Kammern ragen die drei ältesten blos mit einer Kante hervor, doch sind sie stets ziemlich weit entblösst, durch scharfe Näthe markirt. Die zwei letzten sind nicht sehr breit, an den Seiten etwas gewölbt, diese mit einer mehr oder weniger deutlich erhobenen Kante plötzlich gegen die breit und gerundet abgestutzten Ränder des Gehäuses abfallend, seltener in der Peripherie zur gerundeten Kante verschmälert. Die letzte Kammer im unteren Theile nach vorwärts übergreifend, den entsprechenden Theil der vorletzten umfassend, im oberen zur Aufnahme derselben etwas ausgerandet. Die Mündung klein, mit

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 205

einem ziemlich dicken, flach halbmondförmig gespaltenen Zahne versehen, an dem etwas schief abgestutzten, nicht besonders hervorgehobenen Oberende der letzten Kammer gelegen.

Abänderungen. Obwohl dieselben meist blos darin bestehen, dass die Kammern etwas schmäler werden und die inneren stärker hervorragen , oder dass die Seite, an der die dritt- und viertletzte sichtbar sind, im Ganzen mehr hervortritt, das Gehäuse einen mehr dreieckigen Durch- schnitt erhält, so geben sie doch der ganzen Form gleich ein ziemlich verändertes Aussehen, das noch merklicher wird, wenn die Seitenränder der abgestutzten Kanten des Gehäuses mehr zugerundet sind, was gewöhnlich an jener Seite, wo vier Kammern sichtbar sind, stärker der Fall ist. Ganz fehlen dieselben jedoch nie und sie sind im Vereine mit den breiten Rändern und der Gesammtform des Gehäuses stets ein gutes Kennzeichen dieser Art.

Vorkommen. Vereinzelt in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. In der Seitenansicht erinnert die vorliegende Form allerdings etwas an Quinqueloculina peregrina d'Orbigny aus den Wiener Tertiärschichten, doch ist sie von derselben so wie von einer ähnlichen noch unbeschriebenen Art aus dem Grobkalke von Paris bereits durch die breiten Ränder genügend unterschieden.

III. Foraminiferen mit poröser Kalkschale.

A. Mit fein poröser Schale.

u. Ovulititlea.

OVULITES?

Taf. V. Fig. 26. Länge 0-6 Millim.

Eine höchst eigenthümliche Form, bei der es noch sehr zweifelhaft ist, ob es auch richtig sei sie zu Ovulites zu stellen. Es zeigen allerdings die beiden Öffnungen keine Bruchflächen die daraufhindeuten würden, dass es blos eine abgetrennte Kammer einer vielkammerigen Art sei, auch spricht die Structur der Schale nicht dafür, dennoch ist diese Möglichkeit nicht ganz aus- geschlossen, wesshalb ich sie auch vor der Hand unbenannt gelassen habe.

Das Gehäuse ist elliptisch an beiden Enden abgestutzt und von flach trichterförmig ein- gesenkten Öffnungen durchbohrt. Über die Schale laufen dünne seichte Längsrippen, die durch gleich breite Zwischenräume getrennt werden. Bios in den letzteren laufen gleichmässige Reihen ziemlich grosser Poren herab, die im oberen und unteren Theile der Schale etwas kleiner werden und in ganz ähnlicher Weise die glatten Innenwände des Gehäuses durchbohren. Die Schale ist dick, im Innern spongiös. Wie es scheint, wird sie durch Überlagerung verdickt, da sich con- centrische Lamellen von derselben ablösen lassen.

b. Mthubiloitlefi.

LAGENA CAEPÜLLA m.

Taf. IV. Fig. 20 ab. Mittlere Länge 0-4 Millim.

T. vitrea caepiformis ad inferiorem partem magis descendens in media haud raro ptaulum inflexa; ad partem superiorem exiens in collum longum lenissime decrescens. . Super totam capsulam tenues rugae direetae rarius flexae, ad perpendiculam ereetae circumeunt plerumque latioribus intervallis separatae ad inferiorem partem pluribus rugis insertis auetae. In infima latere haud raro surgunt ad coronam tenerarum brevium sptinanim, unde paullatim aüenuatac ad inferiorem partem centralem in formam bidlae erreetam coneurrunt.

206 Dr. Conrad Schwager.

Typische Form. Das glasige, ziemlich dünnschalige Gehäuse zwiebeiförmig, nach unten rascher als nach oben abfallend, in der Mitte der Unterseite nicht selten sogar etwas eingesenkt; nach oben in einen langen, sehr allmählig verdünnten Hals ausgezogen. Über das ganze Gehäuse laufen gerade, seltener etwas schraubenförmig gebogene, senkrecht erhobene, feine Rippen, die durch meist ziemlich breitere Zwischenräume getrennt werden und sich nach unten durch Ein- schiebung vermehren. An der Unterseite erheben sich dieselben nicht selten zu einem Kranze von feinen kurzen Spitzen, von denen aus sie allmählig verflacht, gegen den knopfförmig erhobenen unteren Centraltheil zusammenlaufen.

Abänderungen. Bei dieser Art sind mir keine nenncnswerthen Verschiedenheiten vorgekommen.

Vorkommen. Ganz vereinzelt sowohl in dem unteren als oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. In der Hauptform zeigt die Art von den Nikobaren eine sehr bedeutende Ähnlichkeit mit der Lagena semistriata William son (Ön the rec. Foram of Great Brit. pag. 6, Taf. I, Fig. 9) doch ist ihre Berippung so constant verschieden von der bei letzterer angegebenen, dass dieses Merkmal wohl als ein unterscheidendes gelten kann. Von Lagena striata d'Orbigny (Voy. dans l'Amerique merid. Foraminif. pag. 21, Taf. XI, Fig. 12), der sie in der Entwicklungs- form ihrer Rippen etwas näher steht, ist sie durch die abgerlaehtere Unterseite und die mehr aus- gesprochene Zwiebelform wohl unterschieden.

LAGENA GRACILIS Willi am son. Taf. IV. Fig. 21 a u. b. Mittlere Länge 0-49 Millim. Williams on in Annais and mag. of nat. hist. London 2. ser. Vol. I. pag. 13, Taf. 1, Fig. 5. Parker und Jones 1. c. 2. ser. XIX, pag. 6, Taf. 11, Fig. 24.

Keuss die Foraminif. Familie der Lageniden XLVI. Bd. d. Sitzgsber. Akad. Wissensch. in Wien, pag. 331. Taf. 4 Fig. 58—66 und Taf. V, Fig. 62.

Unsere Art stimmt in der spindelförmigen Gestalt, der Vertheilung und Zahl der Rippen, so wie in der Variabilität derselben so vollständig mit L. gracüis überein, dass ich nicht anstehe sie damit zu vereinigen, obwohl die Spitze an keinem der gefundenen Exemplare verlängert, sondern stets stumpf, meist etwas callös verdickt ist.

LAGENA FORMOSA.

Taf. IV. Fie. 19 4 und c. Mittlere Länge 0-8 Millim.

T. vitrea splendida ovalis rar ms elliptica, latera plus minusve camerata con- juneta in marginem obtuse .angulatian et orä lata plana in extremis lineis piriformi circumclusum. Praeterea haud raro in utroque latere altera parallelq lamella reperitur quae totarn paene capsulam praeter Collum et infimas partes ambit. Apertura sita in extrema tenni siphoniformi prolatione corporis principaHs, ab ora alaria item com- plexa,foras tenuis et in form am lata* rimac, introrsus ad fistulam praeeeps angustata, incisa in prostomatiformi parabolice compressa densatione foras corrotundata, intror- sus pjaene ad peipendiculum descendente, lateribus praeeeps attenuatis alte decurrens in margine nrae alariae. Margo ipse formatus duobus lamellis separatis per subspissas radiatas directus taenias, nonnunquam in iufima parte inßatus caeca quasi repetitione cuspidis compresse coniea, basi ad capsulam adjuneta. Fistulae eo modoformatae cum. corpore principali plerumquc conjunetae sunt mqjoribus aperturis rarius solis venis

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 207

foraminaiibus transnintilns intcr se conjunguntur. Hae venae foraminales tenuissimae, vermiculate curvatae, omnino haud spissae, versus marginem et collum ubi partim in pariete locidi continuuntur in formam fäsciculorum conjunctae. Ora alaria item parvidis foraminibus cum foraminibus corporis principalis recta via conjunctis perforata.

Typische Form. Das glasig glänzende Gehäuse oval, seltener elliptisch mit meist ziem- lich stark gewölbten Seiten, die sich in mehr oder weniger stumpfwinkeligen Rändern vereinigen und von einem breiten, flachen, im Umrisse birnfö'rmigen Flügelsaume umfasst werden. Ausser demselben findet sieh nicht selten noch beiderseits eine zweite parallel abstehende Lamelle, die etwas von demselben entfernt, mit Ausnahme des Halstheiles und des unteren Endes, beinahe um das ganze Gehäuse herumläuft. Die an dem Ende einer dünnen, flaschenlialsartigen, von dem Flügelsaume ebenfalls umfassten Verlängerung des Hauptkörpers gelegene Mündung nach aussen seicht und breit spaltenförmig, nach innen zur gerundeten Röhre rasch verengert. Sie liegt in einer mundstückartigen parabolischen, zusammengedrückten, nach aussen gerundeten, nach innen senkrecht abfallenden Verdickung, die mit rasch verdünnten Seiten an dem Rande des Flügel- saumes ziemlich weit herabgreift. Der Saum selbst ist von zwei dünnen Blättchen gebildet, die durch ziemlich dicht stehende radiale senkrechte Leisten getrennt werden. In seinem untersten Theile ist derselbe nicht selten mit einer gewisserinassen blinden Wiederholung der Spitze ver- sehen, welche von mehr oder weniger flachen Paraboloidsegmienten gebildet wird, die mit ihrer Basis sich an die Mittelkapsel anschliessen, an den Rändern dagegen unmerklich in den Flügel- saum übergehen. Die durch die oben erwähnten Radialplättehen gebildeten Röhren des Saumes communiciren mit dem Hauptkörper meist durch grössere Öffnungen, seltener wird die Verbin- dung blos durch die herüberlaufenden Porencanäle vermittelt. Diese sind äusserst fein, meist etwas wurmartig gekrümmt, im Ganzen nicht sehr dicht gestellt, blos geg-en den Rand zu und besonders in der Halsregion, wo sie theilweise in der Kammerwand fortlaufen, bündelartig ver- einigt. Der Flügelsaum ebenfalls fein porös, die Poren desselben mit jenen des Hauptkörpers in unmittelbarer Verbindung.

Abänderungen. Diese sind bei der vorliegenden Art nicht ganz unbedeutend, doch bei den Jugendformen viel merklicher als bei den ausgewachsenen , die gewöhnlich in der ange- gebenen typischen Form entwickelt sind. Es fehlen jedoch auch bei diesem Entwicklungszustande einzelne bemerkenswerthe Verschiedenheiten nicht, und zwar zeigen sie sich hauptsächlich in der Bildung des Saumes und der Spitze. Bei ersterem können die Lamellen eng an einander liegen oder weit von einander abstehen, deutliche oder kaum merkliche Radialröhren einschliessen; auch ist derselbe manchmal an dem unteren Rande etwas ausgeschnitten, an den Seiten des Aus- schnittes zu kurzen Spitzen vorgezogen, welche Formen dann den Übergang zu der noch zu beschreibenden L. seminiforirris m. bilden. Was die Spitze betrifft, so fehlt manchmal die ange- gebene callöse Verdickung des Mündungsrandes, auch ist die Mündungsröhre nicht selten statt von einer einzelnen Centralröhre, von einem ganzen Bündel derselben durchzogen. In einzelnen Fällen, und zwar wie es scheint, immer nur bei den schlankeren Formen ist die Röhre stark ver- längert, dünn, ebenfalls an dem Ende ohne Verdickung, wie die Taf.V, Fig. 21 abgebildete, und diese zeigen dann viel Ähnlichkeit mit Lagenu lagenoides Williamson (On the rec. loraminif. of Great Brit. pag. 11, Taf. I, Fig. 25 und 26) und besonders mit der Fig. 25 abgebildeten Form, wogegen an dem Randsaume von Fig. 26 Radialstreifen angegeben sind, die wohl aut ähnliche Structurverhältnisse hindeuten, wie sie die Nikobarenformen zeigen. Was die Jugend-

208 Dr. Conrad Schwager.

formen von Lagena formosa betrifft, so sind manche von beinahe rundem Umrisse, andere wieder ländlich ; die einen besitzen bereits einen ziemlich entwickelten Flügelsaum, während er anderen beinahe vollständig fehlt, welch letztere in diesem Falle nicht selten viel Ähnlichkeit mit Lagena marginata Walk, zeigen. Es ist jedoch nicht ganz sicher, ob nicht einzelne der angeführten Formen selbstständigen Gruppen angehören, und es wird sich dies blos durch die Untersuchung eines umfangreichen Materiales entscheiden lassen.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als auch unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Ausser der eben erwähnten Verwandtschaft mit Lagena marginata Walk, selbst und der Lagena lag <enoides Williams on, lässt sich ein Anschluss an alle Lagenen der Gruppe der L. marginata nicht verkennen, und es ist blos die verschiedene Auffassung des Artenbegriftes, die mich hindert, sie, dem Vorgange Williamson's entsprechend , derselben Art als blosse Varietät unterzuordnen.

LAGENA SEMINIFORMIS m.

Taf. V. Fig. 21. Mittlere Länge 0-47 Millim.

T. in ipsa Capsula corrotundatis lineis, latcribus subcameratis supra in Collum ßstuliforme prolongata . prostomatiforrne exiens. Tota cap-sula circumclusa ora lamel- losa in toto extremo scalpelliformi in margine inferiore plus minusve arcuate exseeta. Apertura transversa fissura , intus praeeeps coartata ad ßstulam collarem. Putaminis struetura ut in Lagena formosa.

Typische Form. Das Gehäuse im Gesammtumrissc lang eiförmig an dem unteren Ende ziemlich stark ausgerandet. Die Centralkapsel von gerundetem Umrisse mit gewölbten, gegen die Ränder gerundet abfallenden Seiten, die allmählig in den breiten flachen Flügelsaum über- gehen. Der Obertheil in einen langen gleichmässigen, etwas zusammengedrückten Röhrenhals verlängert, der in einen mundstückartigen Ansatz endigt. Nicht selten findet sich auch bei dieser Form die bei L. formosa erwähnte flach paraboloidische untere Fortsetzung der Kammer. Die Schalenstructur jener der Lagena formosa entsprechend.

Abänderungen. Diese Form scheint, so gering auch die Unterschiede sind, die sie von der L. formosa trennen, sehr beständig zu sein, es beschränken sich nämlich die vorhandenen Variationen darauf, dass die Radialröhrchen des Saumes, die jedoch stets viel feiner bleiben als bei L. formosa, mehr oder weniger entwickelt sind, oder die schon angegebene zusammengedrückt paraboloidische Fortsetzung der Centralkapsel vorhanden ist oder fehlt. Auch ist es in einem Falle vorgekommen, dass ich selbst mit der stärksten mir zu Gebote stehenden Vergrösserung keine Poren in der Schale zu entdecken vermochte.

Vorkommen. Selten, sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Wie bereits erwähnt wurde, schliesst sich diese Form sehr nahe an Lag. formosa an und gehört so wie diese in die Gruppe der Lagena margaritata Walk.

LAGENA CASTRENSIS m.

Taf. V. Fig. 22. Mittlere Länge 0-57 Millim.

T. in extremis lineis rotundata a lateribus sidicompressa supra exiens in Collum breve suberassum. Ipsa Capsula formata duobus plus minusve cameratis sectoribus, ornatis aequalibus pustuliformibus margaritis, in marginem exaeuatum conjunetis. In cireuitu praeter frontem aperturalem ora alaeformis circumit, a lateribus

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 209

duae similes, quae tres inter se taertiis transversa directis junctae saepe nullis paene intervallis . Apertura rotunda in media fronte terminali ad perpendiculum obtuso. Foramina ut in Lagena formosa.

Typische Form. Das Gehäuse im Umrisse gerundet, im Ganzen etwas seitlich zusammen- gedrückt, nach oben zu in einen kurzen, ziemlich dicken Hals verlängert. Die Centralkapsel von zwei mehr oder weniger gewölbten Kugelsegmenten gebildet, die mit gleichmässig ver- teilten pustelartigen Erhöhungen besetzt, sich in einem zugeschärften Rande vereinigen. Rings um den Centraltbeil läuft ein dicker, gegen ersteren beinahe überwiegender Rand, der von drei Lamellen gebildet wird, deren eine an der Peripherie herumgeht und bis an den Rand der Mündungstiäche hinaufgreift, die beiden anderen etwas nach innen gerückt mit der ersteren parallellaufen. Alle drei sind durch dicke Querlamellen verbunden, die überdies noch eine spongiöse Ausfüllung zwischen sich aufnehmen, welche nicht selten derart entwickelt ist. dass die Zwischenräume beinahe vollständig von derselben ausgefüllt werden. Die Mündung eine runde Öffnung in der Mitte der senkrecht abgestutzten Terminalfläche. Die Porenvertheilung jener der Lagena formosa entsprechend, doch die Poren durchschnittlich etwas gröber als es bei jener der Fall ist.

Abänderungen. Diese Form ist sehr beständig und mit Ausnahme des mehr oder weniger verlängerten Halses ist mir kaum irgend eine merklichere Abweichung vorgekommen.

Vorkommen. Einzeln in dem oberen Thone, selten in dem unteren, von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Auch diese Art schliesst sich nahe an die Lagena formosa m. an und stellt gewissermassen eine üppigere Entwickelung dieses Typus dar, indem Kapselschale und Flügel sich bedeutend verdicken, doch ist sie in ihrer Eigenartigkeit so beständig, dass eine Abtrennung vollständig gerechtfertigt erscheint.

FISSURINA STAPHYLLEARIA m.

Tak. V. Fig. 24. Mittlere Länge 0-7 Millim.

T. in extremis lineis piriformis a lateribus subcoiaprevsa, ad marginem rotun- datwm angustata supra prolongata in. cuspidem crassam parabolice lineatam in inter- sectione ellipticam, transitu paene ocadto. In parte inferiore utrimque fere semper tubera duo suberassa corniculata surgunt rarius unum complurave minora minus regularia adjuneta. Apertura fissura lata terminale, intus sensim infistulam collarem coartata. Putamen tenuibus spissis aequabilibus venis foraminalibus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse ist im Umrisse birnförmig, etwas seitlich zusammen- gedrückt, im Rande zur gerundeten Kante verschmälert. Nach oben verlängert sich dasselbe in eine dicke Spitze von parabolischem Umrisse und elliptischem Durchschnitte, die sich allmälig und unmerklich aus dem unteren Theile erhebt. An beiden Seiten des Untertheiles finden sich stets zwei ziemlich kräftige hörnchenartige Fortsätze, denen sich nur selten noch eine oder mehrere weniger regelmässige zugesellen. Die Mündung eine breite Terminalspalte, die sich nach innen allmälig zur Ilalsröhre zusammenzieht. Die Schale ist ziemlich dick, von dicht- stehenden äusserst feinen radial verlaufenden Capillarporen durchbohrt.

Abänderungen. Diese sind bei der vorliegenden Form ganz unbedeutend und beschrän- ken sich darauf, dass die Mündungsspitze mehr oder weniger deutlich ausgesprochen, grösser oder kleiner sein kann; auch können sich, wie bereits erwähnt, die Stachelanhänge etwas vor- mehren, doch ist mir kein Fall vorgekommen, dass sie ganz gefehlt hätten.

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Band 27

210 Dr. Conrad Schwager.

Vorkommen. Einzeln, sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Am nächsten steht unserer Form auch die Fissurina globosa Borne- mann (Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. VII. Bd., 1855, pag. 317, Taf. XII, Fig. 4), doch unterscheidet sich dieselbe von der Nikobaren-Art sehr wohl durch ihren schneidig zusammen- gedrückten Oberrand.

FISSURINA CAPILLOSA m.

Taf. V. Fig. 25. Mittlere Länge U'35 Millim.

T. in extremis lineis elliptica supra infraque subangustata a lateribus totis sub- compressa. Corpus prindpale formatus duobus sectoribus ettipsoidalibus in medio alte voncameratis , circumchisis ora a lateribus externa, supra infraque angustiore, in margine obtusa, canaliculo paene circumeurrente incisa. Apertur a angusta fissurae-

formis in extremo collo brevi compresso. Putamen perforatum spissis foraminibus

foras in tenuissimas fistulas capülaceas continuatis.

Das Gehäuse im Umrisse elliptisch nach oben und unten zu etwas verengert, von den Seiten im Ganzen zusammengedrückt. Der Hauptkörper von zwei Ellipsoiden gebildet, die in der Mitte ziemlich hoch gewölbt, in gerundeter etwas ausgezogener Kante vereinigt sind, und von einer in den Seiten nach aussen erweiterten, oben und unten schmäleren Saume umfasst werden. Dieser ist im Rande abgestutzt und von einer beinahe ringsherum laufenden Rinne ein- geschnitten. Die schmale schlitzähnliehe Mündung an dem Ende des zusammengedrückten kurzen Halses gelegen. Die Schale von ziemlich dichtstehenden Poren durchbohrt, die sich nach aussen als sehr feine haarartige Köhrehen fortsetzen.

Abänderungen. Diese Art ist blos in wenigen Exemplaren gefunden worden, die einzig darin verschieden sind, dass die Haarbekleidung einmal schwächer, das andere Mal stärker entwickelt war.

Vorkommen. Sehr vereinzelt in der oberen Thonlage von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Auch diese Art scheint der Lagena fosmosa sehr nahe zu stehen, mit der sie in der Schalcnbeschaffenheit bedeutende Ähnlichkeit besitzt.

NODOSARIA LEPIDULA m.

Taf. V. Fig. 28. Mittlere Länge 0-9 Millim.

T. citrea tenuis. infra aequabiliter in cuspidem coartata. Loculi X vel XV plurumque sphaeroidales infra magis quam supra cnartati, acutis rectis suturis sepa- rat/' — rarius magis prolongati ovales profundis plerumque incissuris separati rari us densi in parte inferiore. Prop>e maximam diametron loculorum X vel XII rugae decurrunt breves acutae supra praeeeps attenuatae, infra in coronam spinarum ^urgentes rarius prolongatae vel praeterea densi tenues pili. Apertura parva, papillaruin Corona circumdafa. Putamen perforatum foraminibus densis tenuibus.

Typische Form. Das glasartige, ziemlich dünnschalige Gehäuse verlängert, nach unten zu gleichmässig zur Spitze verschmälert. Die 9 15 meist dem kugligen genäherten, durch scharfe horizontale Näthe getrennten Kammern, nach unten etwas rascher als nach oben zusam- mengezogen, seltener mehr verlängert, ausgesprochen eiförmig. Sie sind meist durch ziemlich tiefe Einschnürungen getrennt, seltener gedrängt, was dann, wenn es auch der Fall ist, doch blos im Untertheile stattfindet. In der Region des grossen Durchmessers laufen an den Kammern

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 211

10 12 kurze gerundete erhobene Rippen herab, die sich nach oben rasch verflachen, nach unten dagegen als ein Kranz abstehender Stacheln loslösen. Seltener sind diese Rippen mehr verlängert oder auch ausser denselben noch leine dichtstehende Haare vorhanden. Die Mündung klein, von einem Papillarkranze umgeben. Die Sehale von ziemlieh diehtstehenden Poren durchbohrt.

Abänderungen. Diese Art umsehliesst einen grossen Formenkreis, bei dem es sehwer hält, die Grenzen genau zu bestimmen. Was vor Allem jene Varietäten betrifft, die sieh näher an die typische Entwickelungsform anschliessen, so sind diese stets nodosadienartig, gerade, gleichmässig zur unteren Spitze verschmälert, und sie variiren meist blos darin, dass die unteren Kammern niedriger, breiter und nicht selten beinahe flach werden. Die Stachelkränze sind in diesem Falle meist viel unregelmässiger oder lösen sieh sogar in eine gleichmässige Behaarung auf; auch sind solche Individuen meist grösser und derber als die normal entwickelten. Im Gegensatze zu der eben erwähnten Formenreihe kommt auch eine andere Art der Entwicklung vor, jedoch seltener, hat aber dagegen einen weit mehr veränderten Gesammthabitus zur Folge. als es bei den Varietäten der ersteren Art der Fall ist. Diese Reihe ist dadurch ausgezeichnet, dass die Einschnürungen, welche die Kammern trennen, tiefer greifen, auch die einzelnen Kam- mern mehr oder weniger statt der kugelähnlichen Gestalt eine eiförmige erhalten. In den extremsten Fällen sind dann die länglichen Kammern durch dünne, kurze, allmählig in die Kammerenden übergehende Röhren verbunden. Diese Formen bleiben auch in diesem Falle nicht immer nodosarienartig gerade, sondern, als ob sie nicht mehr genügend Halt behalten würden, zeigen denselben meist eine mehr oder minder bedeutende gleichmässige Krümmung, und schliessen sich so näher an die Denttiföna consobrina d'Orbigny aus dem Wiener Tertiär- becken an. Eine dieser Entwickelungsrichtung angehörige Form ist Taf. V, Fig. 27 abgebildet. Ob die äusserst kleinen, durchschnittlich blos 0-2 Millim. langen Nodosarienformen, die ausser den etwas längliehen Kammern ganz mit dem Typus der eben beschriebenen über- einstimmen, ebenfalls zu Nodos, lepidula gestellt werden sollen, wage ich nicht zu entscheiden.

NODOSARIA ARUNDINEA m.

Tai. V. Fig. 43, 44 und 45.

T. cannaeformis . tenuis supra paene nihil in latitudinon aecrescens, levigata perlonga /wisse videtur sed propter proceritatem ita fragilis, ut perraro plures quam duo loculi cohaerentes reperiantur. Loculi longi, cylindrici, octies vel duodecies lon- giores quam latiores, in fintbus )>raeceps ad suturas, acutus horizontales descendentes. Apertura ignota.

Typische Form. Das stabförmige, sehr dünne, nach oben zu im Ganzen unmerklich an Breite zunehmende Gehäuse scheint sehr lang gewesen zu sein (es finden sich Bruchstücke bis zu 4 Millim. LängeJ, doch war es seiner grossen Dünne wegen so zerbrechlich, dass es nur in den äussersten Fällen gelingt, mehrere Kammern im Zusammenhange zu erhalten. Diese sind lang cylindrisch, durchschnittlich 8 12 mal länger als breit, an den Enden ziemlich rasch, doch mehr oder weniger gerundet gegen die nächst älteren abfallend, durch horizontale Näthe getrennt. Mündung unbekannt. Ob das unten gezeichnete Stück dazu geholt, ist noch zweifelhaft.

Abänderungen. Diese Form variirt insoferne, als vor Allem die Höhe der Kammern noch eine weit bedeutendere sein kann , als sie für die typischen Formen angegeben wurde, auch sind dieselben manchmal lang spindelförmig, doch sehr selten so bedeutend aufgetrieben, wie das Fig. 38 abgebildete Bruchstück.

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212 Dr. Conrad Schwager.

Vorkommen. Häufig in beiden Thonlagen von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Unsere Form steht jedenfalls der Nodosaria longicosta d"Orb. (For. de Vienne, png. 32, Taf. I, Fig. 10) sehr nahe, so dass man wohl in Zweifel sein kann, ob eine Trennung von derselben gerechtfertigt sei, doch ist sie von der letzteren dadurch unterschieden, dass ihre Enden nie so scharf und plötzlich nach unten abfallen, wie es hei dieser der Fall ist.

NODOSARIA PERVERSA m.

Taf. V. Fig. 29. Mittlere Länge 0-9 Millim.

T. tenuissima, stilo similis, extremi loculi mirum in modum plerumque sensim latitudine decrescentes. Loculi fere altiores quam latiores paene cylindrici, contra suturas acutas profundus praeeeps corrotundateque descendentes. Loculus embrionalis plus minusve piriformis, infra contractus in cuspidem vix eminentem sed acutum separatus a loculo affini latiore corrotundatioreque incissura quam ceteri. Supremus loculus supra in longum Collum extractus, in fine apertura parva circumdata tenui radiorum Corona. Putaminis struetura parvulis foraminibus.

Typische Form. Das sehr dünnschalige glasartige Gehäuse stiftähnlich, nach oben zu meist wieder verschmälert, was ihm ein ganz eigentümliches Aussehen verleiht. Die Kammern durchschnittlich etwas höher als breit, beinahe cylindrisch, gegen die scharfen tiefen Näthe rasch und gerundet abfallend. Die Embryonalkammer meist mehr oder weniger deutlich birn- förmig, nach unten zur kurzen feinen Stachelspitzc rasch zusammengezogen. Die letzte Kammer nach oben allmälig in eine verlängerte Halsröhre ausgezogen, die an ihrem Ende die kleine, von einem feinen Strahlenkranze umgebene Mündung trägt'. Über das ganze Gehäuse laufen feine, ziemlich dicht gedrängte, wenig erhabene Rippchen. Die Schale fein porös.

Abänderungen. Die Formen dieser Art zeigen eine ziemlich bedeutende Neigung zu variren, die sich hauptsächlich darin ausspricht, dass die einzelnen Kammern nicht selten un- regelmässig entwickelt erscheinen; bald die untersten beinahe gleich gross sind, nach oben mit einem Male sich kräftig entwickeln, ein andermal in bunter Reihe, die eine hoch, die andere niedrig aufgebaut sind; oder dass eine oder die andere Partie weit stärkere breitere Ein- schnürungen besitzt als es bei den normal entwickelten Formen der Fall ist. Trotzdem sind diese Formen stets sehr leicht zu kennen und insbesondere durch ihre dünne eigentümliche Schale, die so sehr an jene der Uvigerinen erinnert, charakterisirt.

Vorkommen. Nicht ganz selten, sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Diese Art ist in ihrem Gesammthabitus so eigentümlich, dass sich nicht leicht eine Dentalinenform findet, die einen näheren Vergleich mit derselben zulassen würde.

NODOSARIA DECEPTORIA m.

Taf. V. Fig. 30. Mittlere Länge 1-3 Millim.

T. ublonga ad partim inferiorem paululum angustata infra vix conspicue inflata. Loculi elliptici subplani in utroque fine suturis conspieuis horizontal ibus corrotundate angulose conjuneti. Super totam capsulam decurrunt costulae direetae vel fiexae fili- formes, intervallis majoribus separati. Loculus embrionalis infra breve corrotundate- que coartatus. Apertura parvula radiata.

Typische Form. Das Gehäuse mehr oder weniger verlängert, im Ganzen nach oben sehr allmälig erweitert, im Anfangstheile wenig merklich aufgetrieben, nach oben und unten ziemlich

Fossile Foramimferen von Kar Nikobar. 213

rasch zur stumpfen Spitze verschmälert. Die Kammern wenig- gewölbt, elliptisch, durch gerundet winklige Einschnürungen getrennt. Die Näthe horizontal, deutlich. Über das ganze Gehäuse laufen gerade fadenförmige Rippen, die meist von merklich breiteren Zwischenräumen getrennt werden. Die kleine fein gestrahlte Mündung an dem Ende einer warzenartigen Erhöhung der letzten Kammer gelegen. Die Schale glasartig, massig dick, gleichmässig porös. Die gefundenen Exemplare machen den Eindruck als ob diese Art noch einer weit bedeutenderen Entwicklung fähig wäre.

Abänderungen. Diese Art, welche im Allgemeinen durch ihre dem cylindrischen genäherte Gestalt und die zugestutzten Enden ausgezeichnet ist, variirt, wie bereits erwähnt wurde, etwas in der Berippung, auch wachsen die Kammern in Betreff ihrer Höhe nicht immer regelmässig an, wodurch jedoch die Gesammtform nicht wesentlich alterirt wird.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Einige, wenn auch ziemlich entfernte Ähnlichkeit zeiget diese Art mit den weniger typisch entwickelten Formen der D. perversa, doch ist sie bereits durch ihre dickere Schale und weniger dicht stehenden stärkeren Rippen von derselben stets leicht zu unterscheiden.

NODOSARIA INCONSTANS m.

Taf. V. Fig. 31. Mittlere Länge 0-2 Millim.

T. in latitudinem sensim aecrescens supra infraque corrotundata. Loculi haud raro inaequales, aeriae »imiles, plerumque altiores quam latiores, suturis acutis hori- zontalibus s&parati rarius super ior es profundioribus incissuris disjimeti. Loculus embrionalts plerumque paulo altior quam sequentes vix latior: super omnes currunt spissae rarius latioribus intervallis separatae filiformes temässimae rugae saepius in parte inferiore loculi infimi exientes in coronam spinarum brevium tenuissi- inarum. Locu/u» finalis in parte siiperiore corroiundatus cuspide absolute erreeta verrucaeformi acuatus, in fine apertura parva circumdata corona levium impres- sionum. Putamen suberassum parvulis föraminibus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse in der Breite langsam und gleichmässig anwachsend, oben und unten im Ganzen zugerundet. Die nicht selten etwas ungleichen Kammern tonnen- ähnlieh, meist durchschnittlich etwas höher als breit (doch tritt auch nicht selten das umgekehrte Verhältniss ein), durch scharf eingeschnittene horizontale Näthe getrennt, die oberen manchmal durch eine tiefere Einschnürung geschieden. Die Embryonalkammer meist etwas höher als die nachfolgende, doch kaum breiter, nach unten zusammengezogen. Über das ganze Gehäuse laufen feine, ziemlich dicht stehende, gerade durch seltener merklich breitere Zwischenräume getrennte, ladenartige Rippen, die manchmal in dem Untertheile mit einem Kranze feiner Spitzen endigen. Die Endkammer im oberen Theile zugerundet mit einer ziemlich deutlich abgesetzten warzen- artigen Spitze versehen, die an ihrem Ende von der kleinen, gestrahlten Mündung durchbohrt ist. Die Schale massig dick, fein porös.

Abänderungen. Die vorliegende Form ist in ihrem Gesammteindrucke nicht unbedeutend veränderlich. Einmal ist das Gehäuse nach unten ziemlich bedeutend verschmälert, ein andermal dem cylindrischen genähert. Die einzelnen Kammern sind in manchen Fällen, besonders im oberen Theile, mehr oval, durch tiefere Einschnürungen als gewöhnlich getrennt, die Rippen beinahe grösstenteils ungleich.

214 Dr. Conrad Schwager.

Vorkommen. Nicht selten in der oberen Thonlage von Kar Nikobar. Verwandtschaft. Diese Form steht der vorhergehenden ziemlieh nahe, doch ist sie stets kleiner, nach unten mehr verschmälert, ihre Kammern durch schärfere Näthe getrennt.

NODOSARIA MACULATA m.

Taf. V. Fig. 33. Mittlere Länge Vi Millim.

T.formata IV V ovaUbus loculis in latitudinem sensim, in altitudinem praeeeps aecrescentibus, separatio per rotundas, subprofundas incissuras. Singuli loculi altiores quam latiores, horizontalibus filiformibus vix conspieuis suturis notati. Loculus embrio- nalis corrotundatus paulo latior breviorque quam sequentes raro in latere inferiore spina brevis tenuis. Apertura in nullo, quod reperi, exemplari servata. Putamen crassum splendidum densis tenuibus venis foraminalibus perforatum, videtur maeu- latum rarifuscis regularibus maculis inspersis, in uno exemplari inventis. seeundum naturam non postea ortis.

Typische Form. Das Gehäuse von vier bis sechs eiförmigen, allmälig in der Breite ziemlich rasch in der Höhe anwachsenden Kammern gebildet, die durch gerundete, ziemlich tiefe Einschnürungen getrennt werden. Die einzelnen Kammern höher als breit, durch horizontale fadenartige, kaum bemerkbare Näthe markirt. Die Embryonalkammer gerundet, etwas breiter und kürzer als die nachfolgende, blos in seltenen Fällen an ihrer Unterseite mit einem kurzen feinen Stachel versehen. Die Mündung an keinem der gefundenen Exemplare erhalten. Die dicke, glänzende, von dichten, feinen, radialen Haarröhrchen durchbohrte Schale scheint gefleckt o-ewesen zu sein, da sich graubraune regelmässige Flecken an einem der Exemplare finden, die ihrer Beschaffenheit nach kaum erst später entstanden sein können.

Abänderungen. Diese beschränken sich bei dieser Art darauf, dass die Kammern manchmal etwas länger werden und ungleichmässigcr entwickelt sind als es bei den typischen Formen der Fall ist.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar. Verwandtschaft. Diese Art zeigt eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit mehreren behaarten Formen, ist jedoch durch ihre glatte dicke Schale sehr wohl kenntlich.

NODOSARIA HOCHSTETTERI m.

Taf. V. Fig. 32. Länge 0"8 Millim.

T. supra paulatim aecrescens infra tenui cuspide acuata, formata VI VIII loculis in altitudinem valde aecrescentibus. in parte superiore ovalibus, separates per incissuras subprofundas, in parte inferiore cylindricis. Suturae horizontales profundae acutae. Loculus embrionalis paulum major quam sequentes, cllipticus. Super totam capsulam VIII vel XII ruc/ae absolute erreetae surgunt (duabus crassis fere una tenuior interserta est). In loculis superioribus prope maximam loculorwu diametron breves spinae deßectunt, infra solutae, supra paulatim in rugas transeuntes rarius rugis omnino deßeientibus major spinarum multitudo, nonnunquam super totam partem inferiorem loculorum. et saepe foramina putaminis foras prolongata in tenues pilos. Apertura in nullo. quod reperi exemplari bene servata.

Fossile Tthraminiferen von Kar Nikobar, 215

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, nach oben sehr allmälig anwachsend, im untersten Theile etwas aufgetrieben und mit einer kurzen dünnen Stachelspitze versehen. Die acht, meist etwas höher als breiten, in ersterer Dimension ziemlieh rasch anwachsenden Kam- mern im oberen Theile eiförmig:, durch ziemlich tiefe Einschnürungen getrennt, im unteren beinahe cylindrisch. Die Näthe scharf, horizontal. Die Embryonalkammer etwas grösser als die nachfolgende elliptisch. Über das ganze Gehäuse laufen 8 12 abgesetzte, erhobene Rippen, von denen gewöhnlich zwei stärkere eine schwächere zwischen sich aufnehmen. An den oberen Kammern heben sich in der Region der grössten Kammerbreite knrze Stacheln von denselben ab, die nach unten frei abstehen, nach oben allmälig in deren Rand übergehen. Selten fehlen die Rippen ganz, und es findet sich eine grössere Menge der Stacheln, die sogar manchmal die untere Partie der Kammer ziemlich dicht bedecken; auch sind in diesem Falle die Poren der Schale meist zu feinen Haaren verlängert. Die Mündung an keinem der gefundenen Exemplare vollständig erhalten.

Abänderungen. Mit Ausnahme der bereits angedeuteten Verschiedenheiten, der grösse- ren oder geringeren Höhe der Kammern, und etwa noch der Tiefe der Einschnürungen, sind diese Formen sehr beständig und trotz der angegebenen Variationen stets kenntlich.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als unteren Thon von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Obwohl diese Form der Kodosaria lepidtda m. jedenfalls sehr nahe steht, so lässt sie sich doch bereits durch ihre mehr oder weniger verdickte Embryonalkammer stets von derselben leicht unterscheiden.

NODOSARIA TYMPANIPLECTRIFORMIS m.

Taf. V. Fig. 34. Mittlere Länge 2-2 MHIim.

T. formata IV VI loculis, procera swpra infraque corrotundata. Loculus em- brionalis rotundatus vel breve ellipsoidalis latior quam sequentes; ceteri loeuli in latitu- dinem vix in altitudinem praeeeps aecrescentes , elliptici, fere duplo vel quadruplo altiores quam latiores, acutis horizontal/ Ixt* suturis separat/. Apertura parva rotunda circumdata corona ineissurarum. Putamen erassum, densis tenuibus foraminibus radiatis perforatum.

Typische Fo rm. Das von vier bis sechs Kammern gebildete Gehäuse meist ziemlich schlank, oben und unten zugerundet. Die Embryonalkammer kugelförmig oder ellipsoidisch, breiter als die nächstfolgende; die übrigen in der Breite kaum, in der Höhe rasch anwachsend, im Umrisse elliptisch, durchschnittlich zwei bis viermal so hoch als breit, durch horizontale linienförmige Näthe getrennt. Diese werden durch die Kamnierenden gebildet, welche mit stumpfen, in der grössten Tiefe gerundeten, einspringenden Winkeln aneinander stossen. Die Mündung klein, rund, mit einem Kranz von Einschnitten umgeben. Die Schale ziemlich dick, fein und radial porös, meist ziemlich glatt, doch auch manchmal fein behaart.

Abänderungen. Im Ganzen ist diese Art sehr beständig und variirt mit Ausnahme der bereits angegebenen Verschiedenheiten, blos etwas in der grösseren oder geringeren Höhe und Autgetriebenheit der Kammern.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Im Ganzen sieht diese Form der vorhergehenden jedenfalls sehr nahe, doch ist sie durch die deutlich winkligen Einschnürungen, die durchschnittlich grössere Höhe der Kammern und die Beschaffenheit der Schalenoberfläche von derselben wohl unterschieden.

216 Dr. Conrad Schwager.

NODOSARIA RECTA m.

Taf. V. Fig. 35. Mittlere Länge 2-8 Millim.

Testae maximum fragmentum quod reperi formatum VIII loculis supra vix in latitudinem accrescentibas. Loculi oblongi oblique piriformes infra mayis coartati quam supra a tergo rtiagis concamerati quam a latere ventrali. Suturae directae linei- formes sitcu in infimis incissuris rotundatis , loculo* separ<mtibus, et in tergo pro- fundioribus quam in latere ventrali. Apertur// paulum lateri ventrali appropinquata subgrandis circumdata com obliquo nassaeformi parvulis radiis formato.

Typische Form. Das Gehäuse des grössten der gefundenen Bruchstücke von acht Kammern gebildet, nach oben kaum an Breite zunehmend, was wohl für eine ziemliche Länge sprechen würde. Die Kammern länglich, schief birnförmig, nach unten rascher verschmälert als nach oben, im Rücken stärker gewölbt als auf der Bauchseite. Die geraden, feinen, wenig markirten Näthe liegen in der Tiefe der gerundeten Einschnürungen, die auf der Kückenseite tiefer eingreifen als auf der Bauchseite. Die Mündung ist excentriseh, ziemlich gross, an dem Ende einer fischrenssenähnlichen, schief kegelförmigen Erhöhung gelegen.

Abän derungen. An die eben beschriebene Form schliessen sich andere, in dem Gesammt- eindrucke ähnliche an, die zwar in der Wölbung mit derselben übereinstimmen, jedoch schiefe Näthe besitzen, auch kürzer zu sein scheinen und möglicher Weise einer besonderen Art angehören.

Vorkommen. Sehr selten in dem oberen Thone von Kar iSikobar.

Verwandtschaft. Unter den bereits bekannten Formen weiss ich keine, welche einen näheren Vergleich mit der vorliegenden zulassen würde, indem ihr stabförmiger Aufbau ver- bunden mit der Form der Kammer sie von allen anderen leicht unterscheiden lässt.

NODOSARIA FISTÜCA m.

TÄF. V. Fig 37. Mittlere Länge 0\8— 1-2 Millim.

T. clavata .supra plus minusve praeeeps in latitudinem et in altitudinem saepe etiam rriagis praeeeps acerpscens. Loculi elliptici plerumque in parte conspieua infra paulum angustiores quam supra, suturis horizontalibus acutis separati. Loculus embrionalis infra dilatatus ad cuspidem centralem raro praeeminentem praeeeps contractus. Apertura subgrandis rotunda. in nullo quod reperi. exemplari tota servdta. Putamen vestitum pilis tenuibus vel suberassis.

Typische Form. Das Gehäuse nicht sehr verlängert. Die Kammern nach oben zu ziemlich rasch in der Breite, eben so, ja manchmal noch schneller in der Höhe anwachsend. Dieselben sind im Ganzen elliptisch , jedoch der sichtbare Theil der älteren nach unten meist merklich schmäler als nach oben. Die Embrionalkammer eiförmig, etwas breiter als die nächst- folgende, nach unten rasch zur Spitze zusammengezogen, die sich nur selten in einen kurzen feinen Stachel fortsetzt. Die Näthe horizontal, scharf. Die Mündung ziemlich gross, rund, jedoch an keinem der gefundenen Exemplare unbeschädigt erhalten. Die Schale ziemlich dünn mit feinen oder grübet en Porenhaaren bekleidet.

Abänderungen. Obwohl so zu sagen der Stock dieser Formen in seinem Gesammt- charakter sehr beständig ist, so schliesst sich doch unmittelbar an denselben eine Reihe von Formen an, bei denen entweder das eine oder das andere Merkmal, manchmal aber auch beinahe

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 217

alle weniger hervortreten als es bei den typisch entwickelten Formen der Fall ist. EineAbände- rung dieser Art wird durch die auf Tat'. V, Fig. 36 abgebildete Form repräsentirt. Der Charak- ter der Umrisslinien ist sich im Ganzen gleich geblieben, doch gewissermassen abgeschwächt, die Wölbungen sind schwächer, selbst die Porenhaare feiner, so zwar dass sie für den ersten Augenblick einen von der typischen Form ganz verschiedenen Eindruck macht; doch bietet sie bei näherer Betrachtung blos quantitative Unterschiede, die zur specifischen Trennung nicht ausreichen.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Ve r wandt schaft. Durch ihre keulenförmige Gestalt, verbunden mit dem constanten Merk- male der Behaarung ist diese Art von allen bekannten Dentalinenformen leicht zu unterscheiden.

NODOSARIA PYRULA d'Orb.

Taf. V. Fig 38. Mittlere Länge 1-5 Millim.

T. valde splendida prolongata, formata loculis ellipticis, supra infraque per fistulas conjunetivas, capsulis aequales sensim contractu:. Suturae horizontales tenues, rix conspicuae. Apertur a ignota.

Typische Form. Das Gehäuse ist verlängert, von gerundet spindelförmigen, beider- seits in Haschenhalsartige, röhrenförmige Einschnürungen auslaufenden Kammern gebildet. Die Näthe horizontal, sehr fein, kaum bemerkbar Die Embryonalkammer des einzigen gefunde- nen Exemplares durch eine weit dickere Röhre mit der nächstfolgenden verbunden als es bei den übrigen der Fall ist, doch ist es wahrscheinlich, dass dies nicht der normalen Entwicklung ent- spricht.

Vorkommen. In dem unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Mit Ausnahme des erwähnten Verhältnisses der Embryonalkammer

zei"-t unsere Form eine so bedeutende Ähnlichkeit mit der von Williamson in seinen Bear-

beitung der recenten Foraminiferen von Grossbritannien pag. 15, Taf. II, Fig. 39 als Nodosaria

pyrula d'Orb. beschriebenen und abgebildeten Art, dass ich nicht umhin kann, sie damit zu

vereinigen.

NODOSARIA POLYSTOMA m.

Taf. V. Fig. 39. Mittlere Länge 2-7 Millim.

T. parum splendida, formata VI vel VII loculis, supra prolongata, infra sensim acuata infine corrotundata. Loculi in latitudinem leniter in altitudinem praeeeps aecres- centesfere duplo vel triplo altiores quam latiores in extremis lineis totis oblongo tra- pezoidales, lateribus a margine obtuso rotundato , prope maximam latitudinem in media inferiore parte sito, ad suturas utrimque conice coartatis. Loculus embryonalis parvus infra rotundatus rix ab insequente distinetus. Apertura in fine rotundato loculi supremi, formata duobus circulis alternantibus perforationum, parvulam aper- turam centralem cireumcoronantium.

Typische Form. Das wenig glänzende, manchmal auch sehr fein und kurz behaarte Gehäuse nach oben und unten, im Ganzen ziemlich langsam zugespitzt, die Enden zugerundet. Die in der Breite allmälig, in der Höhe rasch anwachsenden Kammern durchschnittlich 2 bis 3mal höher als breit, von im Ganzen beinahe trapezoidalem Umrisse, indem von der, in der Region der grössten Breite gelegenen, stumpfen, gerundeten Kante (die etwa an dem unteren Ende des dritten Viertheiles der Kammern sich befindet) die Seiten sich gerundet kegelförmig

Novarn-Expedition. Geologischer Theil. II. Band.

2S

218 Dr. C o n r ad S c h w a g e r.

o-egen die beiderseitigen Nätlie verschmälern. Die Embryonalkammer klein, unten zugerundet, von der nächstfolgenden kaum verschieden. Die Mündung an dem gerundeten Oberende der letzten Kammer gelegen, von zwei alternirenden Kreisreihen von Durchbohrungen gebildet, welche die kleine terminale Centralöffnung umgeben.

Vorkommen. Selten in dem oberen Thonc von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Schon durch ihre Mündung ist diese Art von allen bekannten Nodosarien-Formen wohl unterschieden, doch ist es allerdings noch fraglich, ob dieses Merkmal auch constant sei, oder ob dasselbe nicht auf Rechnung einer abnormen Entwicklung der weni- gen gefundenen Exemplare zu setzen wäre; übrigens ist sie aber auch durch ihre Gesarnmt- gestalt von den bereits bekannten Formen dieser Gattung wohl unterschieden.

NODOSARIA SETOSA m.

Taf. V. Fi«. 40. Mittlere Länge 1-5 Millim.

T. formata V Vlloculis, supra in latitudinem paulum aecrescens, infine utro- que corrotundata. loculi quorum altitudo ad latitudinem fere ut III ad II in altüudinern aequaliter aecrescentes, elliptid. loculus embryonalis parabolicus, cuspide ad infra versa. Incissurae inter loculos non profundae, angulatae, corrotundatae in suturis horizontalibus tenuibus vix conspieuis. Apertura parva rotunda radiata ; puta- men suberasswn, ornatum spinis fistulaüs plervmque suberassis.

Typische Form. Das Gehäuse von 5 6 Kammern gebildet, nach oben zu wenig an Breite zunehmend, an beiden Enden zug-erundet. Die Kammern, deren Höhe sich zur Breite durchschnittlich wie 3 zu 2 verhält, in der Höhe ziemlich gleichmässig anwachsend, elliptisch. Die Embryonalkammer mit nach unten gekehrter Spitze kurz, zugerundet, kegelförmig, im oberen Theile einfach gerundet. Die Einschnürungen zwischen den Kammern nicht sehr tief, gerundet winklig. Die Näthe horizontal, fein, wenig bemerkbar. Mündung klein, rund, gestrahlt. Die Schale massig dick, mit meist ziemlich starken Stachelhaaren besetzt.

Abänderungen. Es finden sich zwar ganze Reihen von Formen, die sich durch ihre constante Behaarung und die elliptischen Kammern an die vorliegende anschliessen würden, doch zeigen sie alle einen so verschiedenen Gesammthabitus, dass man blos einen kleinen Kreis, höchstens in der Höhe der Kammern, und der Tiefe der Einschnürungen variirender Formen, zu unserer Art rechnen darf.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die meiste Ähnlichkeit hat auch unsere Art mit N. aculeata d'Orb. (Foraminif. de Vienne, pag. 35, Taf. I, Fig. 26) und N. conspureata Rss. (Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. III. Bd. 1851, pag. 50, Taf. III, Fig. 3) doch ist sie von beiden bereits durch die oben stets zugerundete Endkammer leicht zu unterscheiden.

NODOSARIA THOLIGER.V m.

Taf. V. Fig. 41. Länge 0-7 Millim.

T. oblong a formata loculis V cameratis infra magis quam supra contractis, f n latioribus quam altioribus, separatis per incissuras angulatas rotundatas. Suturae in angusiissimo incissurarum loco sitae, specilliformes tenues sed expressae; super has breria rugarum rudimenta in longitudinem currunt saepe in latera loculorum. depla-

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 2 1 9

nata. Loculus embryonalis rotundatiis ; loculus finalis cuspide conica paulum producta. Apertura parva radiata.

Typische Form. Gedrungen, von fünf gewölbten, nach unten stärker als nach oben zusammengezogenen, durchschnittlich unbedeutend breiteren als hohen Kammern gebildet, die durch winklige, gerundete Einschnürungen getrennt werden. Die Näthe an der engsten Stelle derselben gelegen, fadenförmig, fein, doch deutlieh; über dieselben laufen kurze, rudimentäre längslaufende Rippen, die sich sehr bald in die Kammerwände verflachen. Die Embryonalkam- mer gerundet, die Endkammer mit einer ausgezogenen, kegelförmigen Spitze versehen. Mün- dung klein gestrahlt.

Abänderungen. Die wenigen Exemplare, die gefunden wurden, zeigen keine auffallen- deren Verschiedenheiten.

Vorkommen. Sehr selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. In der Gesammtgestalt zeigt Lingulina rotundata d'Orb. aus den Wiener Tertiärschichten eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit unserer Art, doch unter den Nodosarien ist mir keine Form bekannt, die sich an dieselbe näher anschliessen würde.

NODOSARIA TOSTA m.

Tap. V. Fig. 42. Mittlere Länge 2-3 Millim.

T. valde prolongata, supra in latitudinem paene nihil, in longitudinem loculorum praeeeps aecrescens. Loculus embryonalis breris fusifonnis. latior quam insequens j reliqui paene cylindrici versus suturas acutas horizontales paululum contractu Super capsulata in longitudinem V VIII altae acutae deßexae lamellosae costae nonnun- quam paucis insertis costis auetae. Putamen suberassum tenuissimis foraminibus perforatum. Apertura ignota.

Typische Form. Das Gehäuse sehr verlängert, dünn, nach oben zu blos ganz allmählig und unmerklich verdickt. Die Kammern beinahe cylindrisch, gegen den oberen und unteren Theil sehr schwach verengt, durchschnittlich etwa viermal so hoch als breit, durch gerade, scharfe, horizontale Näthe getrennt. Die Embryonalkammer im Ganzen elliptisch, etwas breiter als die nächstfolgende. Über das ganze Gehäuse laufen der Länge nach 5 bis 8 hohe, scharfe, verbogene, nicht selten sogar lamellenartige Rippen, die sich manchmal durch Einschiebung vermehren. Die Sehale massig dick, von sehr feinen Radialporen durchbohrt.

Abänderungen. Im Ganzen seheint diese Form sehr beständig zu sein und höchstens etwas in der Höhe der Kammer und der oft sehr bedeutenden Entwicklung und Zahl der Rippen zu variiren. Fraglich ist noch, ob derselben, in Berippung und Schlankheit des Gehäuses sehr ähnliche Formen, die sich jedoch nach unten ziemlich rasch und gleiehmässig verschmälern, ebenfalls hieher zu zählen sind, oder bereits einer anderen Art angehören.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Diese Form ist durch die Stärke und Art der Berippung, bei so bedeutender Schlankheit allen bekannten Dentalinenformen gegenüber wohl gekennzeichnet.

NODOSARIA GLANDIGENA m.

Tar V. Fig. 46. Mittlere Länge 0-9 Millim.

T. compaeta formata IV loculis (exemplaria autem quae reperi, imperfecta viden- tur) subcameratis et praeter ultimum et primum infra paulum angustatis. Loculus

28*

220 Dr. Conrad Schwager.

embryonalis infra rotundatus supra paidatim pronus ad suturam. Loculus final \is ad suturam praeceps et rotundate contractus. Incissurae subprofundae, angulatae, suturae prqfundae acutae. Apertura rotunda laevigata. Putamen parvulis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse bei den gefundenen Exemplaren, die jedoch nicht vollendet gewesen zu sein scheinen, gedrungen, von vier Kammern gebildet, deren Höhesich zur Breite durchschnittlich wie vier zu drei verhält. Dieselhon sind ziemlich gewölbt und mit Ausnahme der ersten und der letzten nach unten etwas verschmälert, die Embryonalkammer zur Nath rasch und gerundet zusammengezogen, nach oben allmählig konisch verschmälert, in der Spitze gerundet. Die Einschnürungen massig tief, winkelig, die Näthe tief, scharf. Die Schale massig dick, fein porös.

Abänderungen. Diese sind bei der vorliegenden Art in so ferne nicht unbedeutend, als die Kammern gewöhnlich nicht gleichmässig anwachsen, bald die eine oder die andere zurückbleibt, eine andere dagegen stärker entwickelt ist als ihrer Stellung- in der Reihe ent- sprechend wäre; auch wechselt die Tiefe der Einschnürungen ziemlich stark. Trotzdem lässt jedoch die Gestalt der einzelnen Kammern diese Art stets leicht erkennen.

Vorkommen. Nicht ganz selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

NODOSARIA KOINA m.

Taf. Y. Fig. 47. Mittlere Länge 1-6 Millira.

T. vitrea, splendida, levigeda, partim prolongata, infra sensim et aequaliter angustata. Locidi camerati et vel supra vel infra magis inflati, omnino aeqae lati ac alti, suturis acutis horizontalibus separati. Loculus embryonalis plerumque paidum major quam insequens. Loculus terminalis supra obtuse acuatus. Apertura parva simpliciter rotunda vel vix conspicue radiata.

Typische Form. Das glasartige glänzende, oben und unten zugespitzte Gehäuse massig verlängert. Die Kammern gewölbt, mit scharfen horizontalen Näthen aneinander stossend, durchschnittlich deren Höhe der Breite gleich. Die Embryonalkammer etwas grösser als die nächstfolgende, nach unten kurz paraboloidisch zugespitzt. Die Endkammer meist von ähnlicher Form, jedoch im umgekehrten Sinne von einfachen runden oder auch undeutlich gestrahlten Öffnungen durchbohrt.

Abänderungen. Diese sind bei der vorliegenden Art nicht unbedeutend und werden besonders dadurch hervorgebracht, dass die Kammern nicht nur häufig in Betreff der Grössen- zunahme (in der Richtung nach oben) unregelmässig entwickelt sind, sondern auch, und beinahe noch mehr, durch den Umstand, dass dieselben bald im oberen, bald im unteren Theile stärker aufgebläht erscheinen.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwan dts chaft. Die nächste Verwandte hat diese Art jedenfalls in der vorhergehenden, der sie, sowohl was Glanz als was die Schalendicke betrifft, so wie auch in der Porenvertheilung sehr ähnelt; doch ist die letztere zu gross, als dass man sie für eine embryonale Entwicklung der vorliegenden halten könnte.

NODOSARIA GOMrHIFORMIS.

Taf. V. Fig. 48. Mittlere Länge VI Millim.

T. perlocidosa , prolongata, infra paidatim angustata, stepra breinter acuata. Loculi primi parum camerati, humiles densi, sub finem capsidae camerati, plus minusve

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 221

'puriformes, praeceps in altitudinem accrescentes : ultimus loculus sphaeroidalis, vel plus minusvc longe ovalis. Suturae horizontales, ab initio lineares, vix conspicuae, mpra notabiles, profundae acutae. Supra totam capsulam tenues, ad perpendiculum ereetae rugae currunt, in primis localis plerumque eminente fine exientes, in idtimis autem haud raro sensim dilabentes , quorum tum in loco aequabiles capilli foraminales reperiuntur. Apertur a parva, radiata.

Typische Form. Das vielkammerige Gehäuse verlängert, nach unten allmälig ver- schmälert, oben kurz zugespitzt. Die Kammern im Anfange sehr wenig gewölbt oder selbst ganz flach, niedrig, gedrängt, gegen das Ende des Gehäuses mehr oder weniger aufgeblasen, rasch an Hohe zunehmend. Die letzte Kammer ist dem kugligen genähert, birnfürmig oder auch mehr oder weniger länglich oval. Die horizontalen Näthe im Anfange linear, nicht sehr bemerkbar, nach oben zu deutlich, tief, scharf. Über das ganze Gehäuse laufen dünne, senkrecht erhobene Kippen, die an den ersten Kammern meist mit hervorstehenden Enden auslaufen, bei den letzten dagegen sich nicht selten allmälig verlieren, und in diesem Falle oft von gleich- massig vertheilten Porenhaaren ersetzt werden. Die Mündung ist klein und gestrahlt.

Abänderungen. Diese werden meistens dadurch hervorgebracht, dass die Kammern besonders im oberen Theile höher werden als es bei den typischen Formen der Fall ist. Auch ist manchmal das Gehäuse unten etwas dicker, als bei dem gezeichneten Individuum, weniger deutlich zugespitzt. Die Rippen wechseln auch nicht unbedeutend und sind manchmal rasch, ein andermal mehr allmälig erhoben, mehr oder weniger eedränet

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als auch unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die nächste Verwandtschaft hat diese Art mit der Nodosaria in- constans , von der manche Formen, die nach unten stärker als gewöhnlich verschmälert sind, Exemplaren der vorliegenden Art, die im unteren Theile mehr als gewöhnlich stark sind, sehr ähnlich sehen können, doch sind die letzteren stets durch die grosse Zahl der Kammern und durch die, wenn auch nicht immer stark markirte untere Spitze wohl kenntlich.

NODOSARIA HOLOSERICA m.

Taf. V. Fig. 49. Mittlere Länge 1-3 Millim.

T. formata HI vel IV lociclis, paene aequalibus informam sphaerae cameratis, per latas profundus, rotundatas incissuras separatis. Suturae vix conspicuae, hori- zontales, lineares. Loculus terminalis cuspide ereeta siphonali acuatus. Tota Capsula tenuissimis capillis foraminalibus consita.

Typische Form. Das Gehäuse von drei, höchstens vier beinahe gleich grossen, kuglich gewölbten Kammern gebildet, die durch breite, ziemlich tiefe, gerundete Einschnürungen von einander getrennt werden. Die Näthe sind kaum bemerkbar, horizontal, linienförmig", die End- kammer mit einer erhobenen Siphonalspitze versehen. Das ganze Gehäuse ist mit sehr feinen Porenhaaren bedeckt.

Abänderungen. Die wenigen gefundenen Exemplare zeigen keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Diese Form erinnert sehr an die Dentalina conspurcata (Reuss, Zeitschrift d. deutsch, geol. Gcsellseh. Bd. in, 1851, pag. 59, Taf. 3, Fig. 3), doch ist sie von

222 D?: Conrad Schwager.

derselben durch die stets gerundete Embryonalkarumcr und die weit feinere Behaarung sehr wohl unterschieden.

NODOSARIA SUBRADICULA m.

Taf. V. Fig 50. Mittlere Länge 1-5 Millim.

T. subbrevis, infra paullatim angustata, ab utroque fine in cuspidem extracta. Loculi fere quatuor concamerati, paene phaeroidales. saepe maxima latitudo ad infra paululum depressa. Incissurae sep>arantes subprofundae, angulatae, in imis cavis suturae acutae, horizontales. Super totam capsulam tenuissimae, directae rugae (seu costulae) cwrunt, latioribus intervallis separatae, haud raro in latere inferiore loculi ullimi quasi corona spinidarum tenuium finalium eminentes, circa spinam cen- tralem tenuem surgentes. Apertura posita in fine fistulae siphonalis, plus minusve pro- longatae, saepe perprolongatae . Putamen subcrassum, densum, foraminibus parvulis perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse ziemlich kurz, nach unten langsam verschmälert, an beiden Enden zur Spitze ausgezogen. Die vier, höchstens fünf Kammern, aus denen es gewöhn- lich besteht, gewölbt, beinahe kuglig, mit meist unmerklich nach unten gerücktem grösstem Breitedurchmesser. Die trennenden Einschnürungen ziemlich tief, winkelig. Die Näthe scharf, horizontal. Über das ganze Gehäuse laufen feine gerade Rippen, die durch meist etwas breitere Zwischenräume getrennt weiden und nicht selten an der Unterseite der letzten Kammer als ein Kranz feiner Endspitzen hervorragen, die sich rings um den dünnen Centralstachel erheben. Die Mündung an dem Ende einer verlängerten, nach oben langsam verengerten Halsröhre gelegen, zu der sich der obere Theil der letzten Kammer zusammenzieht. Die Schale massig dick, dicht und fein porös.

Abänderungen. Im Ganzen ist diese Form sehr beständig und selbst die etwas ab- weichenden Formen lassen sich stets leicht erkennen. Am häufigsten kommt es vor, dass blos zwei Kammern gebildet werden und solche Formen sehen dann der von Williamson in seinen Foraminif. of Great Britain. Taf. II, Fig. 36 abgebildeten Form ausnehmend ähnlich, wie überhaupt unsere Form von der englischen, an dem betreffeaden Orte pag. 15 beschriebenen kaum abzutrennen sein wird. Wenn ich trotzdem die Nikobarenform neu benenne, so geschieht dies blos desshalb, weil sich die von Williamson gebrauchteLinneische Bezeichnung auf eine glatte Form bezieht, die mit der vorliegenden blos eine sehr entfernte Ähnlichkeit besitzt. (Linne ed. Gmelin Tom. I, pars VI, pag. 3373 „N. testa oblonga ovata articulis torosis glabris.") Auch die von Linne citirten Abbildungen bei Ledermüller (mikr. Augenerg.) Taf. 8, Fig. e und Taf. 4, Fig. s wie bei Plancus (de conch. min. not. Taf. I, Fig. 5), so wie jene von Montagu (Testacea Brittanica Taf. VI, Fig. 4 und Taf. XIV, Fig. 6 weisen auf For- men, die mit unserer keineswegs übereinstimmen).

Vorkommen. Nicht selten sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Art besitzt, trotzdem sie sehr wohl markirt ist, dennoch einen ziemlich ausgedehnten Verwandtschaftskreis; so zeigen vor Allem die von Ledermüller 1. c. Taf. 4, Fig. x und Taf. VIII, Fig. f trefflich abgebildeten Formen, die im Subappenin von Sienna nicht selten sind, eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit unserer Art, von der sie sich jedoch durch ihre mehr oder weniger ausgesprochen elliptischen Kammern und die geringere Grösse unterscheiden. Auch Nodos, tenuicostata Costa (Palaeontologia del

Fossile Foramini feren von Kar Nikolai: 223

regno d! Napoli pag. 160, Taf. XII, Fig. 5 und Taf. XVI, Fig. 8—13), die möglicherweise mit der eben erwähnten identisch ist, zeigt viel Ähnlichkeit, ist jedoch durch die Form ihrer Kammern wohl unterschieden. Nodosaria spinicosta d'Orbigny (For. d. Vienne pag. 37, Taf. I, Fig. 32, 33), die in der Hauptform unserer Art beinahe noch näher steht als die vorher- gehenden, ist durch ihr charakteristisches Relief von derselben deutlich verschieden.

NODOSARIA TORNATA m.

Taf. V. Fig. 51. Mittlere Länge 0-78— VI Millim.

T. spleiidida, paulum prolongata si regularis et perfecta est, quod non sem- per accidit formata loculis, cameratis, humililus, supra vix in latitudinem accres- centilus. Suturae profundae , acutae, horizontales. Loculus emlrionalis paulo major quam insequens, infra angustatus. Locidus terminalis compressus, in formam sphaerae rotundatus, in medio latere superiore perforatus apertura 'parva rotunda, levigata. Putamen sultenue, parvulis foraminilus.

Typische Form. Das Gehäuse glänzend, massig verlängert, wenn es regelmässig ent- wickelt ist, was nicht immer der Fall ist, von gewölbten im Ganzen niedrigen, nach oben zu kaum an Breite zunehmenden Kammern gebildet. Die Näthe sind tief scharf horizontal. Die Embryonalkammer ist etwas grösser, als die nächstfolgende, nach unten zu etwas verschmälert. Die Endkammer gedrückt, kuglig, in der Mitte der Oberseite von der kleinen runden, glatten Mündung durchbohrt. Die Schale ist ziemlich dünn und porös.

Abänderungen. Diese sind bei der vorliegenden Form nicht selten, indem blos die untersten Kammern typisch entwickelt sind, die oberen sich nach Art jener der Bentalina koina jedoch mehr oder weniger unregelmässig entwickeln, auch meist ungleich grösser sind als die unteren. Manchmal wird in diesem Falle die oberste Kammer konisch zugespitzt, die Mündung gross, von einem Stäbchenkranze umgeben.

Vorkommen. Nicht selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Unter den bereits bekannten Formen steht jedenfalls Nodosaria aim- oigua Neugeboren (Foraminif. von Ober-Lapugy. Abhandl. d. Akad. d. Wissensch. Wien 1856, pag. 7, Taf. I, Fig. 13 16) der Nikobarenform am nächsten, unterscheidet sich jedoch von derselben bereits sehr wohl durch die niedrigeren Kammern und die im Allgemeinen tiefe- ren schärferen Näthe.

NODOSARIA EXILIS m.

Taf. V. Fig. 52. Mittlere Länge 10 Millim.

T. prolongata, procera, infra sensim angustata. Locidi longi, elliptici, supra praeeeps in altitudinem aecrescentes, purum camerati, separati suturis horizontalilus. Locidus emlrionalis infra rotundatus. Finis tdtimi locidi in wdllo exemplari meo ser- vatus erat. Apertura parva, tenuilus radiis radiata. Putamen tenue, foraminilus pertenuilus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, schlank, und allmälig nach unten verschmä- lert. Die langen elliptischen Kammern nehmen nach oben rasch an Höhe zu, sind wenig gewölbt, und durch scharfe horizontale Näthe getrennt. Die Embryonalkammer unten gerundet, das Eude der letzten Kammer an keinem Exemplare erkalten. Die Mündung ist klein, fein gestrahlt. Die Schale dünn, sehr fein porös.

22-i Dr. Conrad Schwager.

Abänderungen. Diese Art wurde blos in wenigen Exemplaren gefunden, die mit ein- ander sehr übereinstimmen.

Vorkommen. Sehr vereinzelt in dem oberen Tbone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Eine sehr nahe Verwandte besitzt unsere Form in der Dentalina gracillima Costa (Palaeontotogia del regno di Napoli Taf. 16, Fig. 22), doch scheinen bei letz- terer die Kammern im Obertheile noch rascher und weniger regelmässig angewachsen als bei der Nikobarenform. Leider wurde keine Beschreibung derselben gegeben.

NODOSARIA INSECTA m.

Taf. V, Fig. 53 u. 54. Mittlere Länge 1 Millim.

T. spdendida, laevigata, plus minusve prolongata, paulidum curvata supra aut sensim aiä paene nihil in latitudinem accrescens. Loculi fere siformam normalem spectas camerati, breviter elliptici, separati incissaris angidatis, profundis ut in figura 54 ; plerumque autem pars major minorve capsulae inferioris formatier loculis, plus minusve cylindricis , in ipsa sutura ad eam pronis ut est in figura 53. Suturae horizontales, subacutae. Loculus embryonalis rotundatus , infra prolongatus in spinam suberassam, absolute ereetam. Loculus terminalis oblique paraboloidalis, vel rotundatus et in fistulam siphonalem extractus. Putamen crassum. tenuibus et densis foraminibus perforatum.

Typische Form. Das glatte glänzende Gehäuse ist mehr oder weniger verlängert, etwas gebogen, nach oben zu entweder langsam oder beinahe gar nicht an Breite zunehmend: bei gewissermassen nach dem reinen Grundtypus entwickelten Formen sind die Kammern gewölbt, kurz elliptisch, durch winklige tiefe Einschnürungen getrennt, wie es in Fig. 52 sicht- bar ist; gewöhnlich jedoch ist eine grössere oder geringere Partie des Untertheiles von mehr oder weniger cylindrischen, an den Enden rasch gegen die Nath einfallenden Kammern gebil- det, wie in Fig. 51. Die Näthe sind horizontal, ziemlich tief und scharf. Die Embryonalkammer ist gerundet, nach unten in einen starken abgesetzten Stachel verlängert. Die Endkammer schief- parabolidisch, oder auch blos gerundet und in eine Siphonalröhre ausgezogen. Die Schale dick, fein und dicht porös.

Abänderungen. Mit Ausnahme der bereits erwähnten, allerdings sehr bedeutenden Verschiedenheiten, die zwischen den angegebenen Grenzen liegen, ist diese Form sehr bestän- dig und durch den starken Glanz der Schale und den kräftigen Stachel, der meist aus einer callösen Verdickung des unteren Theiles der Embryonalkammer sich erhebt, ausgezeichnet.

Vorkommen. Nicht ganz selten in dem oberen und unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Diese Art ist, besonders in der gewöhnlichen Form der Entwicklung, so eigenthümlich, dass sie nicht leicht einen genaueren Vergleich mit bereits bekannten For- men zulässt.

NODOSARIA CRASSITESTA m.

Taf. V. Fig. 55. Mittlere Länge 3-3 Millim.

T . prolongata, paulum ineurvata, in parte superiore fere angustata, supra infra- que perobtuse' acuata. Loculi paulatim et aequaliter in altitadinem accresceides, obliqui latiores quam altiores, parum camerati. Super totam capsulam in longitudinem currunt rugae, sabereetae , flexae , pluribus rugis insertis aaetae, paidum latioribus intervallis,

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 225

in quae sensim exeunt et dilabuntur , separatae. Suturae tenues vix conspicuae. Apertura parva, tenuissimis radiis radiata, postica infine loculi terminalis, informam pupillae prolongati. Putamen crassum, tenuibus foraminibus capillaceis perforatum.

Typische Form. Das etwas gebogene Gehäuse ist verlängert, im oberen Theile ge- wöhnlich etwas verschmälert, oben und unten sehr stumpf zugespitzt. Die Kammern allmäüg und gleichmässig in der Höhe zunehmend, schief, breiter als hoch, wenig gewölbt. Über das ganze Gehäuse laufen, von etwas breiteren Zwischenräumen, in die sie allmäüg übergehen, getrennte, erhobene, verbogene Längsrippen, die sieh manchmal durch Einschiebung ver- mehren. Die Nähte sind seicht, schwer bemerkbar. Die Mündung klein und sehr fein gestrahlt, an dem Ende einer warzenartigen Verlängerung der Endkammer gelegen. Die Schale isf. dick und feinröhrig.

Abänderungen. Diese beschränken sich darauf, dass einzelne Formen schlanker sind als die abgebildete. Doch behalten sie stets den Hauptcharakter derselben.

Vorkommen. Selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Unter den bereits bekannten Formen steht unserer Art jedenfalls die Dentalina dirergens (Reuss, zur Fauna der deutschen Oberoligoc. Bd. L. der Sitz^sber. Akademie d. Wissensch. in Wien pag. 22, Taf. IV, Fig. 10) sehr nahe, sowohl was die verhältnissmässig dicke Gestalt, als auch die Art der Berippung betrifft, doch unterscheidet sie sich von derselben durch die schwächere Biegung und den schrägen Abfall der Kammern.

NODOSAKIA SKOBINA m.

Taf. V. Fig. 56. Mittlere Länge 1-2 Millim.

T. longa, perverse fusiformis infra paidatim acuata. Loculi humiles sensim aecrescentes , purum camerati sub finem magis notati perverse oviformes profundis suturis separati. Suturae horizontales profundae acutae. Super totam capsulam rugae currunt sensim ereetae rarius magis absolute surgentes aequabiles irregulariter ftexae paullum latioribus intervallis separatae, Apertur a in fine loculi terminalis plus minusve paraboloidalis posita parva tenuibus radiis radiata. Pidamen suberassum foraminibus capillaceis perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, im Ganzen etwas ungleich spindelförmig, nach unten allmählig, zuletzt mit zunehmender Raschheit zugespitzt. Die Kammern eiförmig, deren Aussenfiächen im unteren Theil des Gehäuses unmerklich oder gar nicht gewölbt, im oberen dagegen meist ziemlich gerundet sind. Sie sind durchschnittlich weniger hoch als breit, im unteren Theil der Schale merklich gedrängter, als in dem oberen. Die Nähte deutlich, horizontal. Über das ganze Gehäuse laufen allmälig erhobene, seltener mehr scharf abgesetzte, ziemlich gleichmässig vertheilte, unregelmässig verbogene Rippen, die durch etwas breitere Zwischen- räume getrennt werden. Die Mündung an dem Ende der paraboloidischen Endkammer gelegen, fein gestrahlt. Die Schale massig dick, fein radial porös.

Abänderungen. Diese sind bei der vorliegenden Form nicht sehr bedeutend und beschränken sich darauf, dass die Kammern bald etwas länger bald kürzer sind als bei der Nor- malform, auch nicht selten in der oberen Partie des Gehäuses ziemlich abgeschnürt erscheinen.

Vorkommen. Vereinzelt in dem unteren Thone von Kar Nikobar.

Novarn-Expedition. Geologischer Theil. II. Band. 29

226 Tir. Conrad Schwager.

Verwandtschaft. Diese Art steht, was Beschaffenheit und Verzierung der Schale betrifft der vorhergehenden ziemlich nahe, doch unterscheidet sie sich von derselben durch den stärker zugespitzten Untertheil, der sogar manchmal einen kurzen Stachel trägt, vor Allem jedoch durch die weit geringere Grösse. Grösser noch ist jedoch die Verwandtschaft mit Nodo- saria gompkiformis und manche Formen beider Arten streifen jedenfalls sehr nahe aneinander, doch hat letztere stets eine dünnere Schale und niedrigere zahlreichere Kammern.

NODOSARIA STIMULEA m.

Taf. VI. Fig. 57. Mittlere Länge 5-4 Millira.

T. procera valde prolongata vix curvata X XII locidis formata. Loculi primordiales altero tanto altiores quam latiores, subcameratt, convexitas a tergo supra lenissime, in latere inferiore loculorum magis ad loeulos prona et declivis a fronte aut planior et aequalis aut supra convexior quam infra. Loculus embrionalis prae ceteris non eminens infra in teneram spinae cuspidem prolongatus. Loculus terminalis longus oblique paraboloidalis. Apertura parva radiata. Suturae obliquae profundae acutae. Putamen suberassum tenuibus spissis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse ist sehr verlängert unmerklich gebogen, in der Richtung nach oben sehr wenig an Dicke zunehmend. Die 10 12 Kammern, aus denen es im ausgebil- deten Zustande besteht, sind durchschnittlich zweimal so hoch als breit, etwas gewölbt, und zwar derart, dass auf der Bauchseite die Wölbung nach oben allmälig, nach unten rascher gegen die Naht abfällt; während auf der Rückenseite das umgekehrte Verhältniss stattfindet; seltener entspricht der beiderseitige Umriss mehr einem gleichseitigen Bogen. Die Embryonal- kammer, welche aus der Reihe der übrigen nicht heraustritt, ist nach unten in einen dünnen Stachel verlängert, die letzte Kammer nicht selten verhältnissmässig länger als die übrigen, etwas schief paraboloidisch. Die Nähte schief und scharf. Die Mündung klein, gestrahlt. Die Schale massig dick, von dichten feinen Radialporen durchbohrt.

Abänderungen. Ausser der bereits erwähnten Variante, dass der Längsumriss der Kammer einen mehr oder weniger gleichmässigen Bogen darstellt, kommt es auch manchmal vor, dass diese Wölbung, besonders im unteren Theil des Gehäuses, sehr schwach wird, oft beinahe verschwindet, wodurch derartige Formen ein sehr verändertes Ansehen erhalten, doch bleiben sie stets durch die geringe Biegung des Gehäuses, die etwas schiefen Nähte und die Form der Endkammer kenntlich.

Vorkommen. Einzeln in dem untern Thonc von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Obwohl die vorliegende Form mit keiner der bisher bekannten eine nähere Übereinstimmung zeigt, so lässt sie sich doch noch am ehesten mit der Dentalina elegans d'Orb. (Foram. de Vienne pag. 45, Taf. I, Fig. 52 56) vergleichen, von der sie sich jedoch durch die höheren Kammern , die schiefen Näthe und die stets geringere Biegung wohl unter- scheidet.

NODOSARIA INTERTENUATA m.

Taf. VI. Fig 58. Mittlere Länge Ol) Millim.

T. fragilissima prolongata procera vix curvata supra infraque acuata. Loculi quatuor sensim et aequaliter aecrescentes triplo tanto altiores quam latiores, fusiformes, in superiore parte latiores, subcamerati. Incissurae profundae plane angulatae. Suturae

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 227

tenuissimae horizontales. Apertura parvula tenuissime radiata, Sita infine superiore loculi ultimi aequaliter ad cuspidem coartati. Putamen subtenue parvidis foraminibus.

Typ i seil e Form. Das Gehäuse verlängert, schlank, unmerklich gebogen, oben und unten in eine Spitze auslaufend. Die vier langsam und gleichmässig anwachsenden Kammern durch- schnittlich etwa dreimal so hoch als breit, massig gewölbt, spindelförmig, mit etwas nach oben gerücktem grösstem Breitendurchmesser. Die Einschnürungen zwischen den Kammern tief, doch fiachwinklig. Die Nähte sehr fein horizontal. Die Mündung sehr klein und tein gestrahlt, an dem Ende der Siphonalspitze gelegen, zu welcher sich die letzte Kammer zusammenzieht. Die Schale dünn fein porös.

Abänderungen. Es wurden blos wenige Exemplare gefunden, die keine auffallenden Vers chiedenheiten zeigen.

Vorkommen. Selten im unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Was besonders die Form der Kammern betrifft, so schliesst sich unsere Art sehr nahe an die Nodosaria Mariae d'Orb. (Foram. de Vienne pag. 33, Tai'. I, Fig. 15 und 16), doch fehlt ihr die dort erwähnte Streifung an dem Untertheile der Kammern, so wie auch die Gesammtform der Kammern doch nicht so streng spindelförmig ist als bei letzterer Art. Durch die Länge der Kammern, die Biegung des Gehäuses und den unteren Stachel schliesst sich unsere Form ebenfalls ziemlich nahe an die Dentaltna sjpinigera Neu geb. (Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien 1856, Sepaiatabdruck pag. 22, Taf. III, Fig. 16) an, von der sie sich dagegen durch das deutlichere Anwachsen und die bedeutendere Dicke der Kammern wohl unterscheidet.

NODOSARIA PROTUMIDA m.

Taf. VI. Fig. 59. Mittlere Länge 1-3 Millim.

T. in formam clavae forviata curvata infra praeeeps angustata. Loculi partis

primordialis humiles, plani posteriores camer ati a tergo magis quam a latere ven- trali. Loculus terminalis plus minusve conspicue inflatus. Super totam capsidam, praeter loculum ultimum et nonnunquam penultimum rugae currunt, altae declives aequabiles quidem, sed irregulariter ineurvatae plerumque pluribus rugis insertis auetae. Apertura posita infine loculi terminalis in formam siplionis prolonqati, paulum lateri appropinquati, circumdata corora papillarum. Putamen vitrt um tenue tenuibus foraminibus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, etwas gebogen, unten zugespitzt, nach oben rasch und meist ziemlich gleiclimässig anwachsend, blos zu Ende mehr aufgetrieben. Die Kammern im Anfangsthcile beinahe dach, die folgenden gewölbt, die letzte, selten auch die vorletzte stark aufgebläht. Die Endkammer in der Richtung nach oben gerundet konisch zu- sammengezogen in eine Röhrenverlängerung auslaufend, welche an ihrem Ende die von kleinen Knöpfchen umgebene Mündung trägt. Beinahe über das ganze Gehäuse, doch meist mit Aus- nahme der letzten Kammer, oder doch eines Theiles derselben, laufen feine, dachförmige, stets etwas spiral gebogene, nicht sehr regelmässige Rippen, die durch etwas breitere Zwischen- räume getrennt werden, und sich nach oben zu durch Einsehiebung, seltener durch Spaltung, vermehren. Dieselben stehen an ihrem unteren Ende mehr oder weniger deutlich ab, wodurch der unterste Theil des Gehäuses einen sägeförmigen Umriss erhält. Die Schale dünn, fein porös.

Abänderungen. Diese sprechen sich besonders darin aus, dass der Grad der Zunahme an Dicke, in der Richtung nach oben, nicht unbedeutend variirt, auch fehlt in einzelnen Fällen

29*

228 Dr. Conrad Schwager.

die Siphonalspitze; im Übrigen ist jedoch die vorliegende Art sein- beständig und stets leicht wieder zu erkennen.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Diese Art ist in ihrem Gesammthabitus so eigentümlich, dass sie nicht leicht einen näheren Vergleich mit irgend einer bekannten Form zulässt.

NODOSARIA FUSTIFORMIS m.

Taf. VI. Fig. 60. Mittlere Länge 4-9 Millim.

T. laevlgata splendida valde prolongata paulum curvata, formata XIV XVI loculis. Loculi camerati, ab initio paulum latiores quam altiores in altitudinem magis praeeeps aecrescentes, nt in parte superiore altiores quam latiores sint. Loculi superiores magis concamerati , seriaeformes infra paulo magis inflati quam supra. Loculus embrionalis ellipticus, infra contr actus , rarius tenui cuspide acuatus, paulo magis inflatus quam insequens et major. Locidus idtimus plerumque paulum an- gustior quam antecedentes plus minusve piriformis, versus marginem inferiorem praeeeps descendens; supra paraboloidaliter acuatus; in ejus fine apertura parum excentrica, parvida radiata. Tutamen crassum tenuissimis venis foraminalibus radiatis perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse ist von 15 bis 16 Kammern gebildet, stark verlängert, wenig gebogen, nach oben langsam und gleichmässig an Dicke zunehmend, an beiden Enden ziemlich rasch zusammengezogen. Die Kammern tonnenähnlich, besonders im oberen Theile des Gehäuses, ziemlich gewölbt, mit nicht selten etwas nach unten gerücktem grösstem Durch- messer; durchschnittlich etwas höher als breit, durch tiefe, scharfe, horizontale Näthe getrennt. Die Embryonalkammer nach unten kurz zugespitzt, wenig grösser und breiter als die nächstfol- gende. Die Endkammern paraboloidisch an ihrem terminalen Ende von der sehr kleinen, mit einem feinen Strahlenkranze umgebenen Mündung durchbohrt. Die Schale glatt, ziemlich dick, von feinen Radialporen durchbohrt.

Abänderungen. Das seltene Vorkommen dieser Form Hess es nicht anders erwarten, als dass sich bisher keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten bei derselben gefunden haben.

Vorkommen. Selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die nächste Verwandte hat unsere Form jedenfalls in der Dentalina p?'aelonga Costa (Palaeontologia del Regno di Napoli pag\ 167, Taf. XII, Fig. 21 27), doch unterscheidet sie sich von derselben durch ihre bedeutendere Grösse, die geringere und gleich- massigere Biegung und etwas raschere Dickenzunahme. Auch Dentalina elegans d'Orbigny (Foraminif. de Vienne pag. 45, Taf. I, Fig. 52 -56) zeigt eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit unserer Art, doch sind deren Kammern verhältnissmässig länger als bei letzterer, auch ist die längliche Embrionalkammer verhältnissmässig grösser, mit einem weit stärkeren Stachel versehen.

NODOSARIA TAURICORNIS m.

Taf. VI. Fig. 61. Mittlere Länge 3-2 Millim.

T. splendida crassa, supra paulatim, versus inferiorem cuspidem praeeeps angustata. Loculi obliqui, latiores quam altiores praeter duo vel tres Ultimos, camerati ventro magis quam a latere dorsali, separati incissuris corrotundatis ; in parte inferiore

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 229

subplani. Suturae perspicuae haud acutae. Apertura in nullo quod reperi exemplari servata est. Putamen ßstulis foraminalibv.s densissimis radiatis tenuissimis perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, gebogen, jedoch im unteren Theile weit stärker als im oberen, in der letzteren Partie allmälig an Dicke zunehmend, unten mit zu- nehmender Raschheit zur Anfangsspitze verschmälert. Die Kammern anfangs sehr schwach gewölbt oder ganz flach, später besonders auf der Bauchseite ziemlich gewölbt, mehr oder weniger schief. Die Näthe divergirend, tief scharf. Die Embrionalkammer nicilt besonders markirt, die Mündung unbekannt. Die von aussen glatte glänzende Schale dick, von dichten, haarröhrchenähnlichen, radialen Porencanälen durchbohrt.

Abänderungen. Diese äussern sich hauptsächlich in der geringeren Dicke mancher Formen den normal entwickelten gegenüber ; auch ist in einzelnen Fällen die Wölbung von Bauch und Rückenseite weniger differirend als es gewöhnlich der Fall ist.

Vorkommen. Sehr vereinzelt in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Eine sehr nahe Verwandte hat unsere Form in der Dentalina Ver- neuilii d'Orbigny (Foraminif. de Vienne pag. 48, Taf. II, Fig. 7, 8) und sie könnte selbst möglicherweise damit identisch sein, doch so weit das vorhandene Vergleichsmateriale reicht, scheint sie sich von letzterer durch die stets bemerkbare Verschiedenheit in der Wölbung beider Seiten der Kammern, so wie durch die schiefen Nähte des Obertheiles constant zu unterscheiden.

NODOSARIA COSTAI m.

Taf. VI. Fig. 62. Mittlere Länge 2-1 Millim.

T. valde prolongata aequalitcr curvata procera, infra paulatim angustata. Loculi aeqtialiter aecrescentes oblongi duplo altiores quam lafiores paulum camerati. Loculus embrionalis subinflatus paulum major quam insequens infra cortice cuspidatus Suturae horizontales subacutae. Apertura parva in fine paulum ereetae cuspidis ex- centricae loculi finalis. Putamen subtenue.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, schlank, massig gebogen. Die Kammern durchschnittlich etwas mehr als zweimal so hoch als breit, nicht sehr gewölbt, lang tonnenförmig, auf der Bauchseite etwas stärker aufgetrieben als auf der Rückenseite. Die Nähte horizontal, ziemlich tief und scharf. Die Embrionalkammer etwas grösser und dicker als die nächstfolgende, nach unten in eine kurze Stachelspitze verlängert. Die Endkammer nicht besonders ausgezeichnet, an ihrem Ende die seitliche, strahlenförmig eingeschnittene, deutlich abgesetzte, ziemlich grosse Spitze tragend. Die Mündung klein, die Schale massig dick.

Abänderungen. Diese beschränken sich darauf, dass in einzelnen Fällen die Länge der Kammern geringer ist als bei den normalen Formen, auch sind dieselben besonders in dem unteren Theile des Gehäuses manchmal beinahe flach, und mehr oder weniger blos durch die durchscheinenden Scheidewände markirt.

Vorkommen. Selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die meiste Ähnlichkeit hat unsere Form mit der Dentalina scripta d'Orbigny (Foraminif. de Vienne pag. 51, Taf. II, Fig. 21 23), doch ist sie stets glatt, der grösste Durchmesser der Kammern nicht nach unten gerückt.

230 Dr. Conrad Schwager.

NODOSARIA INSOLITA m.

Taf. VI. Fig. 63. Mittlere Länge 1-8 Millim.

T. haud longa, infra praeceps et aequaliter angustata, formata loculis humilibus, valde cameratis, qui in medio, erecti, angulo obtuse corrotundato ad suturas descendunt. Loculus embrionalis paulum oblongus non eminens. Apertura simpliciter rotunda. Putamen subcrassum splendidum, tenuissimis venis foraminalibus radiatis perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, nach oben ziemlich rasch und gleich- massig an Breite zunehmend. Die Kammern des Untertheiles etwas länger als hoch, die oberen jedoch merklich niedriger, alle stark gewölbt, durch tiefe, scharfe, horizontale Näthe getrennt. Die Embryonalkammer nicht besonders ausgezeichnet. Die Endkammer und die vollständige Mündung unbekannt.

Abänderungen. Diese Form scheint sehr beständig zu sein, denn mit Ausnahme kleiner Unregelmässigkeiten in der Entwicklung der einzelnen Kammern sind mir keine beson- deren Verschiedenheiten vorgekommen.

Vorkommen. Einzeln in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Diese Art schliesst sich sehr nahe an die Nodosana ambigua Ncug. (die Foraminiferen von Ober-Lapugy. Aus dem XII. Bande der Denkschriften d. kais. Akad. d. Wissensch. Wien, 1856, Separatabdruck pag. 7, Taf. I, Fig. 13 16), doch unterscheidet sie sich von derselben durch die stets raschere Verschmälerung zur Anfangsspitze, die niemals so dick ist, wie sie für die letzteren Formen angegeben wird.

NODOSARIA HIRCICORNUA m.

Taf. VI. Fig. 64. Mittlere Länge 2-3 Millim.

T. prolongata, arcuata, ad supra leniter accrescens, declivis nonnunquam tarnen ad partem finalem Herum paidulum contracta. Loculi declives, aequaliter accrescentes in inferiore parte, latiores quam altiores, in super iore magis lati; a tergo vix came- rati, a latere ventrali in parte inferiore magis inflati. Loculus embrionalis paulum longior quam insequens, infra in cuspidem subtenuem, exiens. Suturae obliquae, profun- dae. Super totam capsulam rugae erectae declives subflexae decurrunt vix latioribus intervallis separatae, nonnunquam fissione aut intercalatione auctae. Apertura infino cuspidis erectae paene in margine dorsali sita, in media corona papillarum. Putamen subcrassum spissis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse von 12 13 Kammern gebildet, schlank bogenförmig gekrümmt, nach unten in einen ziemlich starken Stachel auslaufend. Die Kammern sind schief, yleichmässig anwachsend, im unteren Theile weniger hoch als breit, im oberen die Breite über- wiegend. Dieselben sind auf der Rückenseite sehr schwach gewölbt, die Bauchseite, besonders bei den jüngsten Kammern, im Untertheile ziemlich aufgebläht. Die Näthe tief, schief, scharf. Die Oberfläche des Gehäuses, doch meist mit Ausnahme der letzten Kammern, ist mit längs- laufenden, meist unregelmässig spiral verbogenen, dachförmigen Rippen geziert, die durch gleichbreite Zwischenräume getrennt werden, und sich nach oben durch Einschiebung ver- mehren. Die Embryonalkammer etwas dicker als die nächstfolgende. Die Endkammer schief birnförmig, mit erhobener gerundeter Spitze, welche die kleine, randständige, von Papillen umgebene Mündung trägt. Die Schale ziemlich dick, dicht radial porös.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 231

Abänderungen. Die wenigen gefundenen Individuen zeigen keine auffallenden Ver- schiedenheiten.

Vorkommen. Selten in dem unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Unter den bekannten Formen ist wohl eine derjenigen, die sich noch am ehesten mit der vorliegenden Art vergleichen lassen, die Dentalina acicularis Costa (Palaeontologia del regno di Napoli pag. 170, Taf. XII, Fig. 24), doch ist sie nach unten weit stärker zugespitzt, die Kammern weniger gewölbt.

NODOSARIA HISPIDA m.

Taf. VI. Fig. 65. Mittlere Länge 1-6 Millim.

T. sublonga in parte superiore vix latescens in parte inferiore ad cuspidem, initialem celeriter contracta. Loculi ab initio plani vix conspicuis suturis liorizontalibus separati posteriores plus minusve inflati praeceps accrescentes suturibus profundus acutis notati. Apertura in nullo, quod reperi, exemplari servata. Putamen subcrassum pilis crassis consitum.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, im überwiegenden oberen Theile beinahe vollständig gerade, kaum an Breite zunehmend, in dem unteren gebogen, rasch zur Anfangs- spitze verschmälert. Die Kammern des unteren Theiles flach, kaum unterscheidbar, die folgen- den tonnenförmig, ziemlich gewölbt, in der Höhe rasch anwachsend, durch tiefe scharfe, hori- zontale Näthe getrennt. Die Endkammer eiförmig nach oben paraboloidisch zugespitzt. Die Mündung an keinem der gefundenen Exemplare vollständig erhalten. Die Schale massig dick, mit ziemlich dichtstehenden dicken Stachelhaaren bedeckt.

Abänderungen. Soweit sich solche bei den wenigen gefundenen Exemplaren zeigten, scheinen sie sich darauf zu beschränken, dass der Grad der Verschiedenheit des oberen und unteren Theiles des Gehäuses etwas schwankt.

Vorkommen. Selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Am ehesten lässt sich unsere Form noch mit der Dentalina pilosa Keuss (die marinen Tertiärschichten Böhmens XXXIX. Bd. d. Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien 1860, pag. 5, Taf. III, Fig. 1) vergleichen, mit der sie die stachelige Oberfläche und die tonnenförmige Gestalt der Kammern gemein hat; doch ist letztere nach unten weit weniger scharf zugespitzt, deren Kammern weit gleichmässiger anwachsend. .

NODOSARIA EQUISETIFORMIS m.

Taf. VI. Fig. 66. Mittlere Länge 2-1 Millim.

T. longiscata in toto ad supra leniter accrescens in parte infima tarnen ad locu- lum embrionalem Herum paulum accrescens. Loculi vix in latitudine praeceps in alti- tudine accrescentes, ab initio subplani, posteriores paulum et aequaliter inflati, suturis liorizontalibus subacutis separati. Loculus embrionalis paulum major quam insequens ad infra conice cuspidatus. Loculus ultimus in fine paraboloidnli apertura minuta rotunda radiata perforatus. Super totam capsidam rugae decurrunt filiformes paido latioribus intervallis separatae. Apertura subcrassa parvulis spissis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, wenig gebogen, im Ganzen nach oben sehr wenig an Breito zunehmend, in der untersten Partie gegen die Anfangsspitze wieder etwas

232 Dr. Conrad Schicager.

verdickt. Die Kammern in der Höhe ziemlich rasch und gleichmässig anwachsend, massig gewölbt, tonnenförmig, durch ziemlich scharfe, horizontale Näthe getrennt. Die Embryonal- kammer etwas grösser und dicker als die nächstfolgende, nach unten kurz und gerundet, konisch zugespitzt. Die Endkammer nach oben paraboloidiseh zugespitzt, an ihrem terminalen Ende die kleine gestrahlte Mündung tragend. Über das ganze Gehäuse laufen der Länge nach dünne, fadenförmige, mehr oder weniger gerundete Hippen, die durch kaum breitere Zwischenräume getrennt werden. Die Schale massig dick, von dicht gedrängten feinen Radialporen durchbohrt.

Abänderungen. Jene Formen, die sich an die typischen anschliessen, sind wenig ver- änderlich, blos in der grösseren und geringeren Schlankheit, einzelne individuelle Abnormitäten ungerechnet, verschieden. Fraglich ist dagegen, ob eine Reihe von Formen, die mit den eben erwähnten die Gestalt der Kammern und die Berippung gemein haben, sich jedoch nach unten mit etwas zunehmender Raschheit zur Spitze verschmälern, ebenfalls hieher zu zählen wären. Letztere schliessen sich sehr nahe an die Dentalina pungens Ileus s (Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellsch. 1831, pag. 64, Taf. III, Fig. 13) von Hermsdorf, mit der sie möglicher Weise zu vereinigen sein werden.

Vorkommen. Nicht ganz selten in den Tbonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form zeigt in der Gesammtform eine nicht unbe- deutende Ähnlichkeit mit der Nodosaria taureiformis; doch ist sie durch die Höhe der Kam- mern und die gerippte Oberfläche von derselben stets leicht zu unterscheiden.

NODOSARIA NEÜGEBORENI m.

Taf. VI. Fig. G7. Mittlere Länge 1-5 Millim.

T. elongata paidum curvata ad, supra leniter latescens. Loculi plus minusve divergentes, obliqui, in altitudinepraeceps aecrescentes , in parte ventredi paulum arcuati, suturis acutis separati. Locidus finalis oblique paraboloidis. Apertura parva, rotunda, radiata, paene in margine dorsali sita. Putamen subtenue parvulis spissis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, im Untertheile merklich, im oberen kaum gebogen, wenig an Breite zunehmend. Die Kammern mehr oder weniger divergirend, schief, anfangs niedrig, nach oben rasch an Höhe zunehmend, im Rücken kaum, auf der Bauchseite schwach gewölbt. Die Näthe deutlich, ziemlich tief und scharf. Der Embryonaltheil durch die starke Divergenz der Kammern meist ziemlich marginulinen-ähnlich sehr rasch und gerundet zur Spitze verschmälert. Die letzte Kammer schief eiförmig, mit abgesetzter ziemlich grosser, radial gefurchter Spitze, welche die kleine, nicht selten beinahe randständige Mündung tragt.

Abänderungen. Diese sind bei der vorliegenden Form ziemlich bedeutend. Die Bie- gung des Gehäuses ist manchmal grösser als bei der gezeichneten Form, ebenso dagegen nicht

&

selten wieder geringer. Die Divergenz der Kammern sowie die Schrägheit derselben wechselt ebenfalls nicht unbedeutend, sowie auch der Grad der Höhenzunahme bei denselben nicht immer der gleiche ist.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Eine sehr nahe Verwandte hat unsere Form in der Dentalina Römeri Neugeb. (die Stichostegier von Ober-Lapugy. Separafabdruck aus den Abhandl. d. k. Akad. Wiss. Wien 1836, pag. 18, Taf. II, Fig. 13 17), und es wäre sogar möglich dass sie mit der- selben identisch ist, doch scheint sie sich durch das stumpfere Unterende und die ausgezogene Spitze der letzten Kammer constant von derselben zu unterscheiden.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 233

NODOSARIA ELEGANS d'Orb.

Taf. VI. Fik 68. Mittlere Länge 11 Millim. JJentalina eleyans d'Orb. Foraminif. de Vienne, pag. 45, Tab. I, Fig. 52 50.

T. splendida laevigata procera paidum curvata formata XII XV loculis seriaeformibus , infra subdensatis pn~ horizontales profundus acutas suturas con- junctis. Loculus embryonalis subdensatus infra in spinam prolongatus. Loculas termi- nalis subj/iriformis cuspide erecta, rotundata paidum excentrica. Apertura parva radiata. Putamen subcrassum densum spissis foraminibus.

Typische Form. Das glatte glänzende Gehäuse lang, schlank, etwas gebogen, von 12 bis 15 tonnenähnlichen, nach unten nieist etwas verdickten Kammern gebildet, die in horizon- talen, tiefen Näthen zusammenstossen. Die Embrionalkammer etwas verdickt, nach unten in einen Stachel verlängert. Die Endkammer mit erhabener, gerundeter, etwas exeentrischer Spitze, die Mündung klein, gestrahlt. Die Schale ziemlich dick, fein porös.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwan dtschaft. Die vorliegende Form stimmt so sehr mit der angegebenen d'Orbigny'- schen Art überein, dass ich glaube, sie unbedenklich damit vereinigen zu können.

NODOSARIA STILIFORMIS m.

Taf. VI. Fig. 6'J. Mittlere Länge 2-2 Millim.

T. procera tenuis valde prolongata infra paulatim et aequaliter angustata in cuspidem tenuem. Locidi in alt'itudinem praeeeps aecrescentes fere duplo vel duplo et dimidio altiores quam latiores paulum camerati, separat/' suturis plerumque rotundatis. Super totam capsulam sex vel novem costae currunt, altae, sensim ereetae curvatae separatae intervallis rotundatis, immissis. Suturae conspicuae, horizontales. Apertura in mdlo, quod reperi exemplari Vita servata, Putamen subcrassum parvulis fora- minibus.

Typische Form. Das Gehäuse ist beinahe gerade, schlank, dünn, stark verlängert, nach unten zu allmälig und glcichmässig zur Spitze verschmälert. Die Kammern in der Höhe rasch anwachsend, durchschnittlich zwei bis dritthalbmal höher als breit, schwach gewölbt, lang tonnenförmig, durch zwar deutliche, doch nicht scharfe, horizontale Nähte geschieden. Über das ganze Gehäuse laufen der Länge nach 6 bis 9 hohe, allmälig erhobene, etwas gebogene Rippen, die durch gerundet eingesenkte Zwischenräume getrennt werden. Die Mündung und Endkammer an keinem der gefundenen Exemplare vollständig erhalten. Die Schale massig dick, fein porös.

Abänderungen. Diese zeigen sich besonders in der Bcrippung, indem die Rippen manchmal hoch lamellenartig, ein andermal mehr ausgesprochen dachförmig sich erheben; im übrigen ist jedoch die Gesammtform sehr beständig und blos in dem Grade der Schlankheit etwas varirend.

Vorkommen. Einzeln in dem oberen, sowohl als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Art schliesst sich ziemlich nahe an die bei der No- dosaria equisetiformis erwähnte Varietät mit zugespitztem Unterende an, doch ist letztere nie so gleichmässig zur Anfangsspitze verschmälert, wie die Formen der ersteren.

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Band.

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234 Dr. Co n r a d Schta age r.

NODOSARIA GRACILESCENS m.

Taf. VI. Fig. 70. Mittlere Länge 0-6 Millim.

T. paulum prolongata , in latere ventrali jiroccclente eminens, a tergo multo planior, infra sensim et aequaliter coacuata. Loculi valde obliqui a latere ventrali et infra magis inflati, quam in tergo subplane camerato. Suturae perobliquae, pro- fundae acutae. Apertura posita in fine loculi terminalis, prolongati in longam cuspidem lateri appropinquatam , parvida, plerumque cireumdata Corona pupillarum tenuium. Tutamen vitreum, parvulis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, etwas gebogen mit vortretender Bauch- nicht sehr coneaver Rückenseite, nach unten allmälig und ziemlich gleichmässig, mit wenig merklich zunehmender Raschheit, verschmälert. Die Kammern sind sehr schief, auf der Bauch- seite, und besonders der unteren Partie derselben etwas aufgebläht, auf der Rückenseitc weit weniger gewölbt. Die Nähte tief, scharf. Die Embrionalkammcr mit einer dünnen Stachelspitze versehen. Die Endkammer nach oben allmälig zur dünnen Röhrenspitze ausgezogen, die an ihrem Ende die kleine, von einem Papillenkranze umgebene Mündung trägt. Die Schale dünn, glasartig, fein porös.

Abänderungen. Die Formen, welche man als bestimmt zu der vorliegenden Art gehö- rig betrachten kann, scheinen sehr beständig zu sein, doch kommen noch andere vor, die in der Gesammtform sehr ähnlich sind, doch sich nach unten schärfer zuspitzen auch mit flachen Rip- pen versehen sind, und hei denen es noch zweifelhaft ist ob sie eine selbstständige Art repräsen- tiren, oder blos eine besondere Entwicklungsform der vorliegenden bilden.

Vorkommen. Sehr selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. In der Gesammtgestalt erinnert unsere Form nicht unbedeutend an die Dentalina legiimen Reuss aus der Kreide, doch ist sie von derselben durch die weit schie- feren Nähte, und die nicht verdickte Anfangsspitze, sowie die Grösse bereits wohl unterscheidbar.

NODOSARIA BREVICULA m.

Tak. VI. Fig. 71. Mittlere Länge 0-9 Millim.

T. brevis formata tribus vel quatuor loculis, supra rotundata , infra spina abso- lute su?-gente, plerumque ineurvata acuata. Loculi camerati supra paulum aecre- scentes, suturis profundis horizontalibus notati. Loculus embrionalis subglobosus inse- quentes elliptici, incissuris corrotundate angulosis separati, Loculus finalis supra in brevem cuspidem magna rotunda apertura pjerforatam exiens. Putamen subtenue.

Typische Form. Das Gehäuse kurz, gerade, von drei bis vier Kammern gebildet. Diese sind elliptisch, in der Breite kaum, in der Höhe ziemlich rasch anwachsend, durch ziemlich tiefe, gerundet winklige Einschnürungen getrennt. Die Nähte horizontal, deutlich, scharf. Die Embrionalkammcr beinahe oder vollständig kuglig, in der Mitte ihrer Unterseite mit einem scharf abgesetzten dünnen, meist etwas gebogenen Stachel versehen. Die Endkammer zieht sich nach oben zur kurzen, röhrenförmigen erhobenen Spitze zusammen, die von der grossen, run- den, glatten Mündung durchbohrt ist. Die Schale ziemlich dünn.

Abänderungen. Die wenigen gefundenen Exemplare stimmen sehr mit einander überein.

Vorkommen. Selten in dem Thone beider Horizonte von Kar Nikobar.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 235

Verwandtschaft. Es ist mir keine Form bekannt, die sich an die vorliegende näher anschliessen würde.

NODOSARIA ADOLPHINA d'Orb.

Taf. VI. Fig. 72. Mittlere Länge 1-1 Millim.

Ilaec Dentalinae forma et longa procera j testae figura et loculorum forma et ornatus genere adeo similis est formae quam d'Orbigny protulit loco supra citato, ut cum illa non conjungi non possit.

Typische Form. Die Nikobarcnform zeigt eine so grosse Übereinstimmung mit der erwähnten d'O rbigny'schen Art, dass ich, trotzdem sie in der Bildung der Embrionalknmmer abweicht, sie dennoch nicht glaube von derselben trennen zu dürfen. Der Stachel nämlich in den die d'Orbigny'sche Form nach unten ausgeht, fehlt bei unserer Form vollständig, auch ist bei letzterer die Embrionalkammcr nicht grösser als die nächstfolgende.

Abänderungen. Nach Bruchstücken zu urtheilen, die jedoch im Gesammtcharakter sich ganz an die typischen Formen anschliessen, scheint diese Form auch ganz glatt vorzukommen, dagegen in anderen Fällen die Zahl der Stachel sich nicht unbeträchtlich zu vermehren. Auch die Tiefe der trennenden Einschnürungen scheint einem nicht unbedeutenden Wechsel unter- worfen zu sein.

Vorkommen. Die typische Form sehr selten im oberen Thone von Kar Nikobar die Abänderungen vereinzelt in den Thonen beider Horizonte.

Verwandtschaft. Besonders in manchen Varietäten schliefst sich diese Form sehr nahe an die Nodosaria lepidula m. und in manchen Fällen ist es nicht leicht zu entscheiden, in welche der beiden Gruppen man eine oder die andere Form einreihen soll.

NODOSARIA sp.

Taf. VI. Fig. 73. Mittlere Länge 1-9 Millim.

Typische Form. Obwohl von der abgebildeten Form blos Bruchstücke gefunden wur- den, so wollte ich sie ihres eigenthümlichen Ansehens wegen nicht ganz übergehen. Die vor- handenen Kammern sind beinabe alle gleich gross, annähernd kuglig, etwas gedrückt; durch tiefe Einschnürungen geschieden. Besonders der Untertheil der Kammern ist mit ziemlich dicht- stehenden, starren, abwärts gekehrten Stachelhaaren bedeckt. Die Mündung ziemlich gross, an dem Ende einer ganz kurzen, röhrenartigen Fortsetzung der letzten Kammer gelegen, die bei- läufig in der Mitte von einem kragenartigen Saume umfasst wird. Es schliesst sich diese Form jedenfalls ziemlich nahe an die vorhergehende, doch genügen die vorhandenen Bruchstücke nicht einen nähcicn Vergleich darauf zu gründen.

Vorkommen. Selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

NODOSARIA SUBTERTENUATA m.

Taf. AT. Fig. 74. Mittlere Länge 0-5 Millim.

T. sublonga claviformis laevigata vel tenuibus pilis foraminalibus consita. Loculi camerati super iores in altitudine praeeeps aecrescentes , angulosis subprofundis incis- suris separati. Suturae acutae horizontales. Loculus embrionalia paidum major quam insequens. Loculus ultimus supra cuspidem tenuem ferens in fine apertura m/nuta perforatam. Putamen tenue.

30*

23G Dr. Conrad Schwag

er.

Typische Form. Das Gehäuse massig* verlängert, keulenförmig, glatt, oder mit feinen Porenhaaren bedeckt. Die Kammern gewölbt, in der Höhe viel rascher als in der Breite zuneh- mend, durch massig tiefe, winklige Einschnürungen getrennt. Die Xäthe horizontal, tief, scharf. Die Embrionalkammer etwas breiter, grösser als die nächstfolgende, kuglig. Die Endkammer elliptisch, an ihrem terminalen Ende mit einer dünnen, abgesetzten Stachelröhre verseilen, welche die kleine, glatte Mündung trägt. Die Schale dünn, glasartig.

Abänderungen. Die wenigen gefundenen Exemplare zeigen keine besondere Verschie- denheiten.

Vorkommen. Selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form zeigt eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit der Nodosaria protunrida m. doch ist sie von derselben durch ihre weit geringere Grösse bereits leicht zu unterscheiden.

Ausser den hier beschriebenen Nodosarienarten findet sich in den mir übergebenen Proben noch eine ganze Reihe theils in Bruchstücken, theils zu vereinzelt vorkommenden Formen, die jedoch der ungenügenden Anhaltspunkte zur genaueren Bestimmung wegen übergangen werden müssen. Hier dürfte es wohl auch am Platze sein, der Taf. V, Fig. 23 abgebildeten Form zu er- wähnen, die zwar möglicher Weise eine Lagena sein kann, was sich jedoch nicht mit genügender Sicherheit entscheiden Hess, wesshalb ich ihre Beschreibung erst hier gebe.

Das Gehäuse ist annährend kuglig oder von kurz elliptischem Umrisse, nach oben zur kurzen, mehr oder weniger deutlichen Spitze ausgezogen, im unteren Theile entweder einfach gerundet, oder auch manchmal etwas eingesenkt, in der Mitte mit einer kleinen knopfartigen Erhabenheit versehen. Über das ganze Gehäuse laufen 18 24 dachförmige, doch eben so oft scharf abgesetzte Rippen, die meist durch etwas breitere Zwischenräume geschieden werden, und sich im unterstenTheile des Gehäuses als ein Kranz vorragender Spitzen ablösen. Die Mündung glatt, oder fein gestrahlt, nicht selten auf einem gerundeten Hügel gelegen, der mittelst eines Absatzes in den Hals übergeht. Dieser Absatz, der sich allerdings nicht immer findet, ist es nun, welcher der Möglichkeit Raum gibt, dass man es blos mit den Kammern einer stark ein- geschnürten Nodosarie zu thun habe, etwa ähnlicher Art wie jene, der das Taf. VI, Fig. 75 abgebildete Bruchstück angehören dürfte.

Vorkommen. Vereinzelt in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

FRONDICULARIA FOLIACEA m.

Taf. VI. Fig. 7G. Mittlere Länge 1-2 Millim.

T. plana foliacea, paene elliptica, finibus subacutis, lateribus plerumque aequali- bus in formis adultis maxima latitudo saepe valde ad infra depressa. Loculus embrionalis ellipticus aliquando sub insequence loculo dilabeus paulum crectus, tenuissimis rugis in longitudinem ormatus ceteri aequaliter aecresceutes (ratio Jiaud raro ioti circumambientes, posteriores subalte dependentes aut in interiore latere magis proni quam in exteriore haud raro impressio tenuis invßnitur in reversione interiore, paulum dilatata; latera rotundata. Suturae perspicuae , profundae. Apertur a fissura terminalis tenuis obliqua. Putamen tenue spissis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse flach von annähernd elliptischem oder ovalem Umrisse, gerundet zugespitztem, doch zuletzt stumpfem Oberende. Bei jungen Exemplaren der untere Theil im Umrisse dem oberen ähnlich, bei älteren mehr oder minder breit gerundet. Die

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Embryonalkammer kreisförmig, oder elliptisch, klein, wenig erhoben mit sehr feinen Längslinien geziert; manchmal mit der nächstfolgenden beinahe vollständig zusammenfliessend. Die folgenden Kammern umfassen anfangs den unteren Theil der nächst jüngeren vollständig, später greifen sie blos mehr oder weniger tief an denselben herab. Sic sind ziemlich breit, entweder gleich- mässig gewölbt oder, besonders im mittleren Thcile, etwas rascher gegen die innere Nath ab- fallend, auch findet sich manchmal an der Umlegungsstelle eine seichte Impression. Die Näthe sind scharf, tief. Die Mündung eine rjucre Spalte an dem terminalen Ende. Die Schale dünn, von dichten, äusserst feinen Porenkanälen durchbohrt.

A.bänderungen. Mit Aufnahme der bereits erwähnten Verschiedenheiten in der Breite der Formen, die besonders durch die verschiedenen Altcrszuständc bedingt werden, haben sich keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten gefunden.

Vorkommen. Selten in dem oberen sowohl als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die nächste Verwandte hat unsere Form in der Frondicularia wliain- garoiea Stäche (die Foraminiferen der tertiären Mergel des Whaingaron-Hafens pag. 210, Taf. XXII, Fig. 4.3), doch ist sie nach unten nie scharf zugespitzt; die Kammern breiter, die initi- iere Impression ganz fehlend, oder doch weitaus geringer als sie bei letzterer gezeichnet wurde.

GLANDULINA LABIATA m.

Taf. VI. Fig. 77. Mittlere Länge 1-3 Millim.

T. splendida laevigata crassa breve fusiformis, db'psoklalis , supra infraque

paulum contractu. Loch//' vetustiores parva tantum parte eminentes tenuibus suturis

linearibus horizontalibus notati. Apertura paulum immissa parce lunatec curvata, <l< i/te rotundato dentata. Putamen subtenue tenuissimis foraminibus.

Typische Form. Das glatte, glänzende Gehäuse ist dick spindelförmig, dem elliptischen genähert, oben und unten etwas zusammengezogen. Die älteren Kammern sehen blos mit einem nicht sehr bedeutenden Theile hervor und sind durch kaum merkliche horizontale Näthe ge- schieden. Die Mündung terminal, halbmondförmig oder gerundet winklig, mit einem etwas hervorragenden Zahne versehen. Die Schale dünn, sehr fein und dicht porös.

Abänderungen. Die vorliegende Art variirt etwas in der Länge und Breite, auch kommt es nicht ganz selten vor, dass sich der untere Theil ziemlich stark zuspitzt, doch wird sie durch die Mündungsverhältnisse stets sehr wohl charakterisirt.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. In der Allgemeingestalt, so wie auch in dem Verhältnisse wie die Kammern von den nächstjüngeren umfasst werden, steht unsere Art der Glandulina inflata Bornemann (die fossilen Foraminiferen von Hermsdorf, Zeitschrift deutsch, geol. Gosellsch. VII. Bd. 1855, pag. 320, Taf. XII, Fig. 6) ausnehmend nahe, doch ist es auch hier die Mund- öffnung, die sie von derselben constant unterscheidet.

GLANDULINA SOLITA m.

Taf. VI. Fig. 78. Mittlere Länge 1 Millim.

T. splendida oblonga ovalis. Loculi subcamerati suturis prqfundis horizon- talibus separatio adultiorum aliquantum magna pars inferiori parti juniorum inclusa. Loculus finalis conice exiens apertarei terminali magna radiata perforatus. Putamen subtenue.

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238 Dr. Conrad Scktoager.

Typische Form. Das Gehäuse ist länglich, eiförmig, nach oben im Ganzen etwas konisch zugespitzt. Die Kammern massig gewölbt, ein ziemlich bedeutender Theil derselben ■sichtbar. Die Näthe horizontal tief, scharf. Die Endklammer nach oben etwas ausgezogen it dicker Spitze, welche von der massig grossen terminalen von einem Kreise radialer Ein- schnitte umgebenen Mündung durchbohrt wird. Die Schale massig dick, mit glatter, glänzender Aussenfläche.

Abänderungen. Im Ganzen ist die vorliegende Form ziemlich beständig und variirt blos etwas in der Höhe der Kammern und deren grösseren oder »-einigeren Wölbung.

Vorkommen. Sehr vereinzelt in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Eine, unserer Art ziemlich nahestehende Form ist die Olandulina discreta Reuss (Neue Foraminiferen des Wiener Tertiärbeckens Abhandl. d. Akad. Wissensch. Wien I. Bd. 1850 pag. 366, Taf. XL VI, Fig. 3), mit der sie auch die Neigung der oberen Kam- mern theilt, weniger zu umfassen und mehr Nodosarienartig auf einander zu folgen; doch ist die Art aus dem Wiener Bei ken im Untertheile schärfer zugespitzt, die Kammern daselbst von den nachfolgenden weit stärker umfasst, als es bei jener von den Nikobaren der Fall ist.

PLEUROSTOMELLA ALTERNANS m.

Tai.'. VI. Fig. 79 und 80. Mittler.' Länge l't Millim.

T. duobus formis typicis repraesentata , inta sensim in se transeuntibus , ut eas discernere non possim. Altera series formarum, infra paulatim et aequaliter angustatae X vel XII loculis formatae paululum altioribus quam latioribus, plerumque valde concameratis inflatio maxima infra et extra separatis suturis haud valde obliquis, rotundatis. Ultimus loculus in latere inferiore plant septalis plerumque suturam habet visibilem decurrentem , quasi loculorum latera ab initio non tota circu- meant, et posiea eorum fines ferruminentur. Pars superior paulatim immissee, circum- clusa margine supra magis notate eminente. Apertura magna paululum infra mar- ginem posita obliqua, supra arcuata, infra formata tribus minoribus curvaturis raro pluribus et'irregularibus exmarginationibus. Altert typi formae magis cylindratae ; in parte superiore haud raro minore diametro quam in media. Loculi oblongi minus so! aequalius camerati suturis perobliquis separati. Putamen suberassum parvulis spissis radiatis venis foraminalibus.

Typische Form. Die Formen dieser Art sind nach zwei in ihren Extremen allerdings sehr verschiedenen Typen entwickelt, die scharf zu scheiden mir bisher nicht gelang, weshalb icli sie zusammen behandle. Die eine Formenreihe verschmälert sich naeh unten allmälig und ffleichniässie, und wird im ausgebildeten Zustande von 10—12 Kammern gebildet, deren Breite nur wenig von der Höhe übertreffen wird. Sic sind meist stark gewölbt, die grösste Aui'getriebenheit entschieden nach unten und aussen gedrängt. Die Näthe sind schief, besonders in den Seiten des Gehäuses vertieft, gerundet, seltener massig scharf. Die letzte Kammer zeigt meist an der Mitte des Unterendes ihrer Septalfläche eine grösstentheils stark verwischte, herab- laufende Nath, als ob die Kammerwände anfangs nicht vollständig herumgegangen wären, und deren Enden sich erst später durch zwischen gelagerte Masse vereinigt hätten. Der obere Theil der Septalfläche senkt sich allmälig ein und wird von dem nach oben immer deutlicher hervor- tretenden Rande umfasst. Die Mündung ist gross, etwas unter dem Rande gelegen, quer, oben

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 239

einfach bogenförmig;, im unteren Tlieile von drei Bögen ausgeschnitten, seltener mit noch mehr und dann meist etwas unregelmässigen Ausrandungen.

Die Formen des anderen Typus sind mehr walzen-spindelförmig, deren Kammern länglich, weniger, dagegen gleichmässiger gewölbt, die Näthe sehr schief. Das untere Ende des Gehäuses ist dicker als bei den vorerwähnten Formen, das Ende dagegen gewöhnlich schmäler als die Mitte. Die Schale beider Formenreihen ist massig dick, nach Art der meisten Nodosarien von dicht liegenden, feinen, radialen Porcnröhrchen durchbohrt, die Aussenflächc glatt glänzend.

Abänderungen. Obwohl innerhalb der angegebenen Grenzen die Veränderlichkeit der Formen eine bedeutende ist, so bleiben sie im Ganzen ihrem Hauptcharakter stets treu, und es haben sich keine Abänderungen gefunden, die verdienen würden besonders hervorgehoben zu werden.

Vorkommen. Nicht besonders selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Unter den bekannten Pleurostomellcnformen steht die P. fusiformis Rss. (Sitzungsberichte der Akad. Wissenschaft. Wien 1860, pag 205, Taf. VIII. Fig. 1) aus dem Minimusthone von Rheine, unserer Art, und besonders der zuerst beschriebenen Varität ziemlich nahe, doch unterscheidet sich dieselbe sehr wohl dadurch, dass ihre Kammern sowie auch die der 1. c. pag. 60, Taf. VIII, Fig. 2 aus dem Senon angegebene /'/. subnodosa Rss. blos abwechselnd nach einer und der andern Seite geneigte Näthe besitzen, wählend die Kam- mern unserer Art beinahe immer vollständig alterniren.

PLEUROSTOMELLA BREVIS m.

Tai-. VI. Fig. St. Mittlere Länge 0-81 Millim.

T. brevis, lineis paene ellipticis infra nonnunquam coni.ee acuminata. Locuh <quinque vel sex valde accrcscentcs , camerati, aequaliter alternantes, separati suturis profundus, acutis, rectis vel paulum pronis. Frons septalis locidi idtimi plus minusve immissa, corroiundata margine, in formam valli erecto in latera sensim transiente. In media suprema parte hujus frontis rima rede descendens, duabus taeniis conjuneta, quarum marginem summum circumßexa plerumque paulum continuatur. Putamen nubcrassum, tenuibus radialis foraminibus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse ist kurz, gedrungen von annähernd elliptischem Umrisse mit etwas verschmälerten Enden, deren unteres manchmal zugespitzt erscheint. Die 5—6 rasch anwachsenden, gewölbten Kammern, von denen es gebildet wird alterniren gleichmässig und werden durch tiefe, scharfe, horizontale, oder wenig abschüssige Näthe getrennt. Die Septal- fläche der letzten Kammer ist mehr oder weniger eingesenkt, von einem wallartig erhobenen Rande umgeben, der allmälig in die Seitenflächen übergeht. In der Mitte der obersten Partie dieser Fläche befindet sich die senkrecht herablaufcnde Mündungsritzc, die beiderseits von zwei schwachen, gerundeten Leisten begleitet wird, und nicht selten auch deren obere Ränder umschliesst. Die glatte, glänzende Schale ist wie jene der vorhergehenden Art von dicht lie- genden radialen Capillarporen durchbohrt.

Abänderungen. Obwohl die vorliegende Form im Gesainmtcharaktcr sehr beständig- ist, und nicht leicht verkannt werden kann, so variirt sie doch nicht ganz unbedeutend, theils in der grösseren oder geringeren Gedrungenheit, den als typisch hervorgehobenen Formen gegen- über, theils auch in der bereits angedeuteten Gestalt des Unterendes das manchmal zugerundet, ein andermal scharf zugespitzt vorkommt, so wie auch alle Mittelformen zwischen beiden sich finden.

240 Dr. Conrad Schwag

i r.

Vorkommen. Nicht ganz selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die schlanksten Formen der vorliegenden Art schlicssen sich ziemlich nahe an die kürzesten der Reihe h von der vorhergehenden Art an, doch in allen Fällen, die ich beobachten konnte, waren sie bereits durch die Mündungsverhältnisse leicht zu unterscheiden.

MARGINÜLINA SUBCRASSA m.

Tap. VI. Fici. 82. Mittlere Länge M Millim.

T. brevis suberassa rotundata in parte inferiore paulum prona inflexa. Locuü toti paulum camerati, latiores quam altiores aequaliter aecrescentes , supplanis con- spieuis subobliquis, paulum divergentibus suturis conjuneti. Loculus terminalis ventruosus breviter parabolice contractu» versus cuspidem ad tergum versum, subgrandem. Aper- tura parva radiata. Putamen subtenue parvulis foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse ist kurz, dick, mit gerundetem Querschnitt, etwas nach vorne gebogenem Untcrende. Die Kammern sind im Ganzen sehr wenig gewölbt, blos die letzten manchmal etwas aufgetrieben. Sie sind durchschnittlich breiter als hoch, durch wenig schiefe, etwas divergirende, deutliche, doch nicht sehr scharfe Näthe getrennt. Die letzte Kammer zieht sich nach oben zur ziemlich dicken, etwas gegen den Rücken gerückten Spitze zusammen, die von der kleinen gestrahlten Mündung durchbohrt wird. Die Schale massig dick, fein porös.

Abänderungen. So weit sich aus den wenigen gefundenen Exemplaren ersehen läs»t, so scheint diese Form hauptsächlich in der mehr oder weniger ausgeprägten Gedrungenheit zu variiren, so wie auch etwas in dem Grade der Geneigtheit ihrer Kammern.

Vorkommen. Sehr vereinzelt in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form schliesst sieh sehr nahe an die Marginulina glabra d'Orbigny (Modele 55) an, doch ist letztere stärker gebogen und besitzt im Allgemeinen niedrigere gewölbtere Kammern.

MARGINULINA SUBTRIGONA m.

Taf. VI. Fig 83. Mittlere Länge 1 Millim.

T. prolongata, diametro elliptica, reeta vel vix curvata plerumque in parte inferiore , margine a tergo paene recto , a ventre coneavo. Locidi obliqui, initio plant vt I paululum camerati p>osteriores magis inflati. Loculus terminalis piano ventrali valde camerato, supra paulatim et aequaliter contractus ad cuspidem crassam ad ttrgum versam. Apertura parva rotunda radiata. Putamen crassum, tenuibus fora- minibus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, im Umrisse mehr oder weniger deutlich dreieckig, mit elliptischem Durchschnitte, beinahe gar nicht gewölbtem Rücken und g-eradeiiijoder selbst etwas coneavem Bauchrande, der mit der gewölbten Scptalfläche der letzten Kammer unter einem gerundeten, doch deutlichen Winkel zusammenstosst. Die anfangs ziem- lich niedrigen, schief stehenden Kammern rasch anwachsend, im Untertheile meist kaum merk- lich gewölbt, die letztere ziemlich aufgebläht. Die Näthe scharf, wenig oder gar nicht diver- girend. Die Endkammer der ausgebildeten Gehäuse meist merklich grösser als die übrigen mit schief kegelförmigem Obertheile, der an seinem oberen Ende die dicke, beinahe randständige Mündungsspitze trägt. Die Mündung klein, von einem Strahlenkranze umgeben. Die Schale massig dick, fein und dicht radial porös.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 241

Abänderungen. Obwohl die Verschiedenheiten, die sich bei der vorliegenden Art gezeigt haben nicbt allzu bedeutend sind, so verändern sie doch deren allgemeines Ansehen nicht selten dennoch derart, dass es nicbt immer leicht ist sie wieder zu erkennen. Vor allem ist es die verschiedene Raschheit des Anwachsens der Kammern, in der seitliehen Ausdehnung:, die den Habitus sehr verändert, besonders wenn die oberen noch dazu etwas zurückbleiben; auch die grössere Schiefe der Näthe, den typischen Formen gegenüber, verändert das Aussehen nicht unbedeutend.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Eine, unserer Art ziemlich nahe stellende Form, ist die Marginulina similis d'Orbigny (Foraminiferes de Vienne pag. 76, Tat'. III, Fig. 15), doch ist deren Rücken- rand weit stärker gebogen, die Kammern, wie es scheint weit gedrängter als bei der Nikobaren- art, auch die Wölbung der Endkammer gleichmässiger, als es mir bei letzterer vorgekommen ist.

CRISTELLARIA PERPROCERA m. Taf. VI, Fig. 84. Mittlere Länge 13 Millim.

T. admodum prolongata si forma exculta est- supra paululum infra magis cur- vata, margine a venire et a tergo paene parallelo in crassitudinem aliquantum aecrescens lateribus subcameratis, a fronte et a tergo descendentibus , ad lineain corrotundatam conjunetis , sed in parte superiore praeeipue in latere ventrali dilabentibics, in quem locum latior marginatio succedit. Loculi fere humiliores quam latior es, oblique divergentes , ab iuitio plani, deinde camer ati. Suturae perspicuae. Loculus terminalis haud raro paulum major quam penultimus latere ventrali camerato, supra coartatus ad cuspidem: paraboloidalem, paulum pronam. Apertura suboblonga circumdata radiorum Corona. Putamen suberassum.

Typische Form. Das Gehäuse ist im ausgebildeten Zustande sehr verlängert, im oberen Theile sehr wenig, im unteren merklich gebogen, mit beinahe parallelem Bauch- und liücken- rande. In der untersten Partie ist dasselbe mehr oder weniger zusammengedrückt, mit massig: gewölbten, zu den gerundeten Randkanten gleichmässig geneigten Seiten; später werden die- selben gewölbter, die Randkanten weichen einer, nicht selten auf der Bauchseite breiteren Run- dung, die anfangs flachen, niedrigen Kammern wölben sieh zuletzt, und werden höher als breit. Die Endkammer meist ziemlich aufgebläht, mit nicht besonders markirter Septalfläche , etwas nach vorne gerückter, meist ziemlich dicker Spitze, kleiner, etwas in der Zusammendrückungs- ebene des Gehäuses verlängerter Mündung, die von einem Strahlenkranze umgeben ist. Die Näthe schwach gebogen, divergirend, deutlich. Die Schale massig dick.

Abänderungen. Im Ganzen ist die vorliegende Form sehr beständig und varirt höchstens in der verhältnissmässig etwas grösseren oder geringeren Dicke des Untertheiles, so wie auch darin, dass deren Anfangstheil einmal etwas gebogene Näthe besitzt, ganz einer typischen Cristellarie entspricht, und beinahe immer einen halben Umgang ausmacht, ein anderes Mal die Kammern dieser Partie blos fächerförmig auseinander gehen.

Vorkommen. Nicht ganz selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die nächst verwandte Form mit unserer Art ist jene, die Parker und Jones in den Annais and Magazins of Natural history pag. 2S9, Taf. X, Fig. 1 als Cristel- laria calcar Linne aufführen und die ich sogar für identisch mit der Nikobarenform zu halten geneigt bin; sie jedoch mit der typischen Gistellaria calcar Linne zu vereinigen, dazu vermag

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Bd. ■*!

242 Dr. Conrad Schwager.

ich mich nicht zu entschliessen, denn es gibt der constanten Charaktere genug, welche diese Species bezeichnen und begrenzen, wenn man nicht vereinzelte Vorkommnisse als Bindeglieder gelten lässt. Auch Marginulina tenuis Bornemann (Zeitschr. d. deutsch, geol. Gesellseh. Bd. VII., pag. 326, Taf. XIII, Fig. 14) ist in der Seitenansicht unserer Art ausnehmend ähnlich, doch scheint sie stets im Ganzen weit mehr aufgebläht zu sein, als es bei letzterer der Fall ist.

CRISTELLARIA INSOLITA m.

Taf. VI. Fig. 85. Mittlere Länge 1-2 Millim.

T. paulum prolongata, paene scalpelliformis, margine frontali et infero exmargi- nato, subprotracto , planis marginalibus a venire et a tergo subacutis vel lateribus in medio subimpressis , ad tergum convergentibus. Loculi liumiles divergentes, informam S curvati, sensim in altitudinem accrescentes. Frons septalis ultimi loculi lata et plane camerata margine rotundato transiens in latera. Apertura parva , rotunda radiata. Putamen subtenue.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, mit annähernd lanzettlicher Seiten- ansicht. Die Seiten sehr wenig gewölbt, ja selbst eingedrückt, im beinahe gleichmässig gebogenen, gerundet winkeligen Rückenrande zusammenlaufend. Die Bauchseite ebenfalls gerundet winkelig, doch breiter, mit etwas concavem Umrisse. Die Kammern niedrig, schief, divergirend, S-förmig geschwungen, langsam in der Höhe zunehmend. Die Septalfläche der letzten Kammer breit und flach gewölbt, mit gerundeter Kante in die Seiten übergehend. Die Näthe meist tief, scharf. Die Mündung klein, rund, gestrahlt, im Carinalwinkel gelegen. Die Schale massig dünn, glatt.

Abänderungen. Obwohl sich ziemlich viele Formen gefunden haben, die sich mehr oder weniger an die eben beschriebene anschliessen, meist fast blos durch den breiteren Untcrtheil unterschieden sind, so halte ich es doch für angemessen, blos jene Gruppe zu der vorliegenden Species zu zählen, deren Individuen höchstens in der Dicke und Breite des ganzen Gehäuses etwas variiren, im Gesammthabitus aber sehr constant bleiben.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem unteren als oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwand ts chaft. Eine sehr nahe Verwandte hat unsere Art in der Cristellaria cymboides d'Orbigny (Foraminif. de Vienne pag. 85, Taf. III, Fig. 30_) und besonders in der Seitenansicht dürfte es wohl manchmal schwer halten, die Formen beider Arten zu unterscheiden, doch scheint der mehr oder weniger elliptische Durchschnitt und die gleichmässig und hoch gewölbte Septalfläche der letzten Kammer die d'Orbigny'sche Art der unseren gegenüber genügend zu charakterisiren.

CRISTELLARIA POLITA m.

Taf. VI. Fig. 86. Mittlerer Hauptdurchmesser 1 Millim.

T. rotunda, subcamerata, lateribus corrotundate conicis in adidtis formis ümbilico eminente ora alaria tenui sensim extraeta. Loculi sex vel Septem unius cireuitus trianguläres, recurvati, angulis exteris rotundatis orbem centralem attingenti- bus; ad tergum continuati in tenuem lamellam carinaef armem , plerumque eminentem supra loculum antecedentem et in alam conformatam. Frons septalis a pc?iultimo cireuitu profunde incisa, paulum immissa margine rotundato transiens in latera. Apertura ßsszera oblonge rotunda ab angulo carinali decurrens , circumdata incissuris radiatis. Suturae tenues vix perspicuae. Putamen subtenue leve splendidum.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 243

Typische Form. Das Gehäuse kreisförmig, massig gewölbt, mit einfach gerundeten oder im Nabel etwas erhobenen Seiten, die an der Peripherie rasch, doch ohne Absatz in den dünnen flügelartigen Saum übergehen. Die sechs bis sieben Kammern eines Umganges dreieckig, zurück- gebogen, mit gerundetem Aussenwinkcl, von dem aus sich die Lamelle, welche auf der Rücken- fläche derselben in der Ebene des Gehäuses fortläuft, noch bis über die vorletzte Kammer hinaus fortsetzt. Diese einzelnen Lamellen, die sich bei jüngeren Individuen noch sehr wohl unterscheiden lassen, bilden in ihrem Zusammenhange den Flügelsaum. Die Näthe tangiren die Centralschcibe und sind etwas nach rückwärts gebogen, bei jüngeren Formen, wenn auch flach, so doch deutlich, bei ausgebildeten dagegen meist beinahe ganz verwischt. Die callös verdickte Nabelscheibe nicht erhoben, blos bei besonders alten Individuen manchmal etwas vorragend. Die Septalfläehe der letzten Kammer, von der vorletzten tief ausgeschnitten, meist etwas eingesenkt, mit gerundeter Kante in die Seiten übergehend, doch auch manchmal an dieser Stelle beiderseits mit einer faden- förmigen herablaufenden Rippe versehen. Die Mündung eine längliche Spalte, die vom Carinalwin- kel in der Septalfläehe herabläuft, und besonders im oberen Theile von, dieselbe radienartig um- gebenden Einschnitten, begleitet wird. Die Schale sehr fein und dicht porös , was selbst bei der Nabelschwiele, im Gegensatze zu den bei anderen Formen gemachten Beobachtungen, der Fall ist.

Abänderungen. Im Ganzen 'ist die vorliegende Form sehr beständig und es sind meist die Alters Verhältnisse, welche die augenfälligste Veränderung des Habitus hervorrufen, indem durch die stärkere Vedickung der Schale die Schärfen der Jugendformen verwischt werden, auch die glasartige Durchsichtigkeit der Schale sich verliert. Ausserdem variirt diese Form etwas in der Dicke, seltener in der Zahl der Kammern eines Umganges, die manchmal, besonders bei ausgebildeten Exemplaren, etwas grösser ist als bei den typischen Formen. Auch die Septalfläehe der letzten Kammer ist in einzelnen Fällen statt flach oder selbst etwas concav, schwach gewölbt, doch stets mit deutlichen, wenn auch gerundeten Seitenkanten.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die von Costa (Palaeontologia del regno di Napoli pag. 20. Taf. XIX, Fig. 1) als Robulina festonata var. Robulinae clypeiformis d'Orbigny beschriebene und abge- bildete Form scheint eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit unserer Art zu besitzen, jedoch %veniger involut zu sein, so wie sie sich auch durch die angegebenen Nathrippen von letzterer unterscheidet. Auch die Cristellaria gyroscalprum Stäche (Novara-Expedition Neuseeland. Abtli. Palaeoutol. Foraminiferen pag. 243, Taf. XXIII, Fig. 22) zeigt eine bedeutende Ähnlichkeit mit besonders alten Formen unserer Art, doch unterscheidet sie sich von derselben sehr wohl durch die weit dickere Nabelscheide und die Mündungsverhältnisse.

CRISTELLARIA NIKOBARENSIS m.

Taf. VI. Fig. 87. Mittlerer Hauptdurchmesser 15 Millim.

* T. lenticularis, suborbicularis rar ins paulum oblonga, utrinque corrotundate conica in medio laterum umbone calloso nonnunquam aliquantum erecto. Latera in marginem subextensum crassum corrotundatum leviler exeunt. Loculi 9 11 unius cireuitus subrecti radiantes, rarius subarcuati reflexi. Suturae plerumque rix con- spicuae nonnunquam ultimae subprofundae acatae. Frons septalis ultimi loculi plana aut paulum camerata marginibus corrotundatis. Apertura fissura in summa parte frontis et angido carinali incissuris radiatis circumdata. Putamen suberassum spissis radiatis capellis foraminalibus.

31 e

2 I I Dr. Co ii r ad -s' c // w a g e r.

Typische Form. Das Gehäuse massig gewölbt, im Ganzen annähernd kreisförmig oder, besonders bei älteren Formen, etwas länglich, mit gerundet kegelförmigen Seiten und etwas flügel- artig ausgezogenem, jedoch dickem, gerundetem Rande. Die 9 bis 11 Kammern eines Umganges flach, schwach gebogen, seltener etwas gegen den Aussenrand zu, mehr oder weniger deutlich geknickt. Die anfangs undeutlichen, zuletzt nicht selten scharfen, eingesenkten Näthe tangiren die massig grosse callöse Nabelscheibe, die meist etwas hervorragt. Die pfeilförmige Septalfläche der letzten Kammer flach, oder schwach gewölbt, mit gerundeten, doch deutlichen Kanten in die Seitenflächen übergehend. Die Mündung eine ziemlich dünne Spalte, die von dem Carinalwinkel ausgehend, sich noch etwas in die Septalfläche fortsetzt, und besonders in ihrem obersten Theile von radialen Einschnitten umgeben ist. Die Schale glatt, glänzend, von einer ähnlichen Structur wie die der vorhergehenden Art.

Abänderungen. Die vorliegende Form ist im Ganzen sehr beständig und variirt höchstens in der etwas grösseren oder geringeren Dicke, dem Umfange und der Erhebung der Nabelscheibe, und der manchmal mehr radial als tangential gestellten Näthe, so wie auch in einzelnen Fällen der Rand ziemlich scharf werden kann.

Vorkommen. Nicht selten sowohl in dem oberen, als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Auch die vorliegende Art hat unter den bereits bekannten Formen so ziemlich ihre nächste Verwandte an der Cristellaria gyroscabprum Stäche, der sie auch manch- mal in der Grösse nahe zu kommen scheint, doch gelten dieselben Unterscheidungsmerkmale wie bei der vorhergehenden Art, so wie auch der stumpfe Kiel der ersteren dieselbe wohl in den allermeisten Fällen bereits genügend kenntlich unterscheidet.

CRISTELLARIA CAELATA m.

Taf. VII. Fig. 88. Mittlere Länge 2 Millim.

T. plana suboblonga, margine inferiore et exteriore paulum divergente; exterior margo ab initio paene rectus; vix curvatus, postrema linea spirali perspicua ad frontem involvitur; inferiore coneavus, paene in media testa, angulo rotundato transit in frontem septalem idtimi loculi, cujus extrema linea subeurvata cum margine in tergo posito , Informant acuti fomicis conjungitur ; Cochleae embrionales liumiliores, divergentes, in toto ab utroque latere in formam collium erreetae, supra paulatim deplanatae, ora alaria tenui circumdatae; ceterae item divergentes, obliquae, himiiles planae, in sutura inferiore suberassa tenia in longitudinem instruetae; siinili taenia in longitudinem instruetae; similis taenia seeundum margines a tergo sitos, intus valde decurrens extra sensim in margines exiens. Apertura parva, radiata in angulo carinali posita. ~

Typische Form. Das Gehäuse sehr breit, säbelförmig flach. Der äussere Umriss bildet von dem Zusammenstossungspunkte der Bauchfläche und dem Rande der Anfangswindung an, längs des Rückens eine, mit sehr rasch zunehmendem Krümmungshalbmesser ansteigende Spirale. Beinahe in demselben Sinne, doch im Ganzen mit ersterer Umrisslinie divergirend, erhebt sich die Linie der Bauchkante, welche mit der massig gewölbten, spitzbogenähnlich mit der Rücken- kante zusammentreffenden Septalfläche der letzten Kammer, in einem gerundeten Winkel, zusammenstosst. Die niedrigen, ziemlich schnell in der Breite, weit weniger rasch in der Höhe zunehmenden, in weiter, offener Spirale aufgerollten Kammern, im Anfangsthcile, wie es scheint

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 245

vollständig eingerollt. Derselbe ist zu beiden Seiten des Gehäuses, besonders in dem Centrum der Spirale hügelartig erhoben, und verflacht sieh nach oben allmälig; auch ist er von einem dünnen Flügelsaume umgeben, an dem die einzelnen Lamellen sich noch deutlich unterscheiden lassen, die jede einzelne Kammer zu dessen Bildung entsendet hat. Die Kammern des übrigen flachen Gehäuses schräge, divergirend, sehr wenig gewölbt, gebogen, mit etwas herablaufendem Bauchende. Sie sind an den Näthen mit ziemlich starken, erhobenen Leisten versehen, die sich an eine ähnliche, längs des gerundeten Rückens herablaufende, die denselben zugleich mitbilden hilft, anschliessen. Die im Carinalwinkel gelegene Spitze gross, deutlich abgesetzt, mit tiefen radialen Einschnitten. Die Mündung klein rund.

Abänderungen. Bei der äusserst geringen Zahl der gefundenen Individuen dieser Art lässt sich auf deren Beständigkeit oder Variabilität kein Schluss ziehen, doch wäre es nicht ganz unmöglich, dass mehrere grosse, flache, doch glatte und sehr breite Formen, die jedoch alle zu unvollständig erhalten waren, um einen genaueren Vergleich zuzulassen, sich an die typischen anscli Hessen würden.

Vorkommen. Sehr selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form schliesst sich ziemlich nahe an manche Formen der Cristellarta arcuata Phil. (Beiträge zur Kenntniss der Tertiärversteinerungen des nord- westlichen Deutschlands 1843, pag. 5, Taf. I, Fig. 28) und Reuss (Sitzungsberichte der kais. Akademie der Wissenschaften Bd. XVIII, Separatabdruck pag. 39, Taf. 3, Fig. 34—36); doch scheint sich letztere durch die grössere und breitere Embryonalwindung constant zu unter- scheiden.

CRISTELLARIA (ROBULINA) CORONALUNAE Stäche.

Mittlerer Durchmesser 1 Millim. Foraminiferen aus den tertiären Mergeln des "Wliaingaroa-Hafens. Nov.-Exp. Neuseeland pag. 250. Taf.XXIII, Fig.29.

Mit Ausnahme der geringeren Grösse stimmen die Formen von Kar Nikobar so vollstän- dig mit der von Stäche gegebenen Beschreibung und Abbildung, dass ich unsere Art unbe- denklich mit der neuseeländischen vereinigen zu können glaube, doch dürfte der bessere Erhaltungszustand der Nikobarenart einiges ergänzen lassen. Der breite Flügelsaum setzt sich nämlich auch nach vorne ziemlich weit fort und bildet über der Septalfläche der letzten Kammer einen nach vorne gezogenen, allmälig verschmälerten, zuletzt zugerundeten, ziemlich langen Vorsprung, dessen Oberrand in der Umfangsspirale liegt, der untere bogenförmig ausgerandet sich an die Septalfläche anschliesst.

Vorkommen. Sehr vereinzelt sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

CRISTELLARIA PEREGRINA m.

Taf. YII. Fig. 89. Mittlere Länge l Millim.

T. oblonr/a, lineis elliptieis, lateribus paulum cameratis, in media fere deplanatis. Locidi quatuor ultimi cireuitus soll perspicui valde aecrescentes separati suturis im- missis, paulum curvatis angulo paene recto coneurrentibus. Tofam testam ora alaria circumit, lata tenuis, in qua, quod cujusque locidi proprium erat pei spicitur. Apertura in summo locido ultimo sita, simplex fistuliformis , pjaulum supra oram elata raro in superiore parte ramosa. Putamen tenue vitreum.

Typische Form. Das Gehäuse länglich, von annähernd elliptischem Umrisse, massig gewölbten, in der Mitte meist etwas abgesetzten Seiten. Die vier Kammern des letzten Umganges,

246 Dr. Conrad Schwag er.

die allein sichtbar sind, rasch anwachsend, durch eingesenkte, wenig gebogene, unter beinahe einem rechten Winkel auf einander stossende Näthe getrennt. Um das Ganze lauft ein ziemlich breiter, dünner Flügelsaum, an dem sich noch deutlich der, jeder einzelnen Kammer zuge- hörige Theil erkennen lässt. Die Mündung auf der Höhe der Endkammer gelegen, einfach röhrenförmig wenig über den Saum erhoben, selten im oberen Theile verzweigt. Die Schale dünn, glasartig.

Abänderungen. Die wenigen gefundenen Exemplare zeigen keine auffallenden Ver- schiedenheiten.

Vorkommen. Sehr selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form ist zu eigenartig, als dass sie einen näheren Vergleich mit irgend einer der bekannten Formen zulassen würde.

POLYMOEPHINIDEA.

POLYMORPHINA LABIATA m.

Taf. VII. Fio. 90. Mittlere Länge 0-9 Millim.

T. oblonga, lineis paene ellipticis, finibus plus minusve acutis. Locali valde circumjilectentes, cochleatim strueti, plerumque subventruosi, separati suturis perspieuis acutis. Apertura parva formata lunari rima, sab cuspide sita. Putamen tenue, vitreum, tenuibus foraminibus perforatum.

Typisch e Form. Das Gehäuse länglich mit beinahe elliptischen Umrissen, mehr oder weniger zugespitzten Enden. Die Kammern stark umfassend, spiralig aufgebaut, meist etwas bauchig, durch deutliche, scharfe Näthe getrennt. Die Mündung klein, von einer halbmond- förmigen, unter der Spitze gelegenen Spalte gebildet. Die Schale dünn, glasartig, fein porös.

Abänderungen. Die wenigen gefundenen Exemplare zeigen keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten.

Vorkommen. Sehr vereinzelt in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Es finden sich unter den bereits bekannten Polymorphinen-Arten mehrere, die in der Gesammtform sich sehr nahe an jene von Kar Nikobar anschliessen, doch scheint sich letztere durch die angegebenen Mündungsverhältnisse constant von denselben zu unterscheiden.

BULIMINA INFLATA Seguenza.

Taf. VII. Fio. 91. Mittlere Länge. 0-55 Millim.

(Seguenza, Prime ricerehe intorno ai rizopodi fossili delle argile pleistoceniche dei distorni di Catania, pag. 25, Taf. I, Fig. 10).

T. brevis compressa, parte, superiore corrotundata , inferiore rotunde conica. Locidi subcamerati frontibus septalibus laevibus, subinflatis, lateribus costatis infra valde decurrentibus , quorum costae tectiformes , acutae supra marginem inferiorem continuantur in spinas praeeminentes; cochleatim strueti, terni singulos cireuitus for- ma?ites, suturis acutis separati. Apertura fissura commatiformis , in summa piano ventrali locidi idtimi decurrens. Putamen tenue vitreum.

Typische Form. Das Gehäuse kurz, gedrungen, mit zugerundetem Oberthcile, gerundet konischem Untertheile. Die Kammern massig gewölbt, nach unten rasch, ja manchmal sogar kantig abfallend, mit glatten etwas aufgeblähten Septalflächen, gerippten Seiten, deren dach-

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 247

förmige scharfe Rippen sich über den unteren Rand als vorstehende Stachel fortsetzen. Sie sind in dreizeiliger Spirale aufgebaut, durch tiefe, scharfe Näthe getrennt. Die Mündung eine comma- förmige Spalte, die im obersten Theile der Bauchfläche der letzten Kammer herabläuft. Die Schale ziemlich dünn, glasartig.

Abänderungen. Mit Ausnahme der bereits erwähnten Verschiedenheiten und der etwas wechselnden Dicke ist die vorliegende Art sehr beständig.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die betreffende Nikobarenform stimmt so vollständig mit der 1. c. von Seguenza aus dem Pleistocen der Umgebung von Catania beschriebenen und abgebildeten Art, dass ich nicht umhin kann, sie damit zu identificiren. Eine andere, ebenfalls sehr nahe Ver- wandte hat unsere Art überdies noch an der Bulimina marginata d'Orbigny (Tabl. meth. p. 269, Taf. XII, Fig. 10 12); beinahe aber mehr noch an der, zu derselben Art als Bul. pupoi- des var. marginata gezogenen Form, die W illiamson in seiner Bearbeitung der recenten Fora- miniferen von Grossbritannien (pag. 62, Taf. IV, Fig. 126 und 127); so wie Parker undJones in den Annais and Magazine of nat. bist. 2 ser. vol. XIX, Taf. XI, Fig. 35 40 beschreiben und abbilden, und die sich blos durch die grössere Schlankheit des Gehäuses und bedeutendere Höhe der Kammern von der B. inflata unterscheidet, jedoch nichts desto weniger eine wohl abge- schlossene Gruppe bildet.

UVIGERINA GEMMAEFORMIS m.

Taf. VII. Fig. 92. Mittlere Länge 0-7 Millim.

T. oblo?iga, oviformis, intersectione paene circulari aut rotunde triquetra, infra acqualiter cuspidata, in fine, superiore paulum deplanata. Loculi subcamerati, oblong/', paulum obliqui, interdum plus minusve angulate ad latus demissi, sensim et ae- qualiter aecrescentes, spira triplici strueti, costas decurrentes , tectiformes , rotundatos, latis intervallis separatos habentes. Suturae incisae, rotundatae. Apertur a sita in fine fistulae tenuis, in formam tubae dilatatae, surgentis ex jjlano vel paulum inciso vertigine Ultimi loculi. Putamen suberassum, tenuibus foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse länglich eiförmig, von beinahe kreisförmigen oder ge- rundet dreikantigem Durchschnitte, im unteren Theile ziemlich gleichmässig zugespitzt, an dem oberen Ende jedoch etwas abgeflacht. Die massig gewölbten, länglichen, etwas schrägen, manch- mal mehr oder weniger deutlich winklig nach der Seite geknickten Kammern, langsam und gleich- massig anwachsend, in dreizeiliger Spirale aufgebaut, mit flachen, dachförmigen, gerundeten, durch breite Zwischenräume getrennten, herablaufenden Rippen versehen. Die Näthe vertieft, gerundet. Die Mündung an dem trompetenartig erweiterten Ende einer dünnen Röhre gelegen, die aus dem flachen oder etwas eingesenkten Scheitel der letzten Kammer emporsteigt. Die Schale massig dick, fein porös.

Abänderungen. Obwohl gewissermassen der Grundstock der Formen dieser Art einen bestimmt ausgesprochenen Charakter zeigt, der genügend erscheint, um ihre Auffassung als be- sondere Species zu rechtfertigen, so lässt sich doch nicht läugnen, dass die mannigfachen Ab- änderungen, denen dieselbe in der Schärfe der Rippen und der grösseren oder geringeren Stumpf- heit des Gehäuseuntertheiles unterworfen ist, eine nicht unbedeutende Zahl von Formen hervor- bringt, die sich so nahe an manche Extreme der nächstfolgenden Art anschliessen, dass eine Grenze sich in manchen Fällen nur sehr prekär ziehen lässt.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

2 -18 Dr. Conrad Schwager.

Verwandtschaft. Die unserer Art jedenfalls am nächsten stehende Form ist die TJvi- gerina striata Costa (Palaeontologia del regno di Napoli pag. 266, Taf. XV, Fig. 2 A. C), doch unterscheidet sie sich durch die niedrigeren, zahlreicheren Kammern und die dickere, weniger scharf abgesetzte Mündungsröhre.

UVIGERINA NITIDULA m.

Taf. VII. Fig. 93. Mittlere Länge 0'6 Millim.

T. oblonga, elliptica, finibus fere deplanatis. Lnculi camerati, fere latiores quam altiores in parte inferiore magis humiles, spira triplici strueti, saepe proni. Super eos costae tenues, filiformes , plerumque intervoll lis paulum latioribus separati decur- rn ut. in superiore parte nonnunquam vix conspicuae. In summo ultimo loculo fistula tenuis cylindrica surgit in fixe düatata informam tubae, apefturam continens. Putamen tenue, vitreum, tenuibus densis foraminibus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse länglich, elliptisch mit mehr oder weniger gerundet abgeflachten Enden. Die in dreizeiliger Spirale aufgebauten Kammern ziemlich gewölbt, nicht selten etwas nach vorne gebogen, länglich, blos im unteren Theile des Gehäuses niedrig, breit. Über das ganze Gehäuse laufen dünne, lamellose Rippen herab, die durch etwas breitere Zwi- schenräume getrennt werden, doch an den letzten Kammern manchmal fehlen. In einer herab- laufenden Einsenkung der Endkammer erhebt sieh die cylindrische Mündungsröhre, die sich im obersten Theile trompetenartig erweitert. Die Schale ziemlich dünn, von feinen dicht liegenden, radialen Porencanälen durchbohrt.

Abänderungen. Ausser den bereits erwähnten Varietäten der vorliegenden Art, die besonders dadurch, dass ihr Unlerende weit weniger stumpf ist, als es die typischen Formen zeigen, sich an die vorhergehende Art anschliessen, finden sich noch Verschiedenheiten in der mehr oder minder dichten Berippung, der grösseren oder geringeren Wölbung der Kammern, auch scheint in einzelnen Fällen die Mündungsröhre zu fehlen, und die Mündung buliminenartig zu werden, doch könnte dies leicht auf Rechnung des Erhaltungszustandes zu setzen sein.

Vorkommen. Einzeln in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. In ihrer typischen Entwicklung ist die vorliegende Art ziemlich eigenartig und nicht leicht mit irgend einer der bereits bekannten Formen zu verwechseln.

UVIGERINA CRASSICOSTATA m.

Taf. VII. Fig. 94. Mittlere Länge 1*3 Millim.

T. brevis. pressa oviformis, infra breviter cuspidata, interdum hebetafa. Lorali magni, subcamerati, fere non altiores quam latio/es, spira triplici strueti. Super tntam t<-.stiiiii. praeter frontes septales conspicuas, crassae, sensim ereetae, lamellosae, plerum- que fiexae costae, paulum latioribus intervallis separatae, supra insertis pluribus auetae. Suturae corrotundatae , parum conspicuae. Apertura in fine brevis fistulae, supra in oram catilliformem dilatatae, surgentis ex vertigine paulum inciso locidi iiltimi. Putamen suberassum, tenuibus, radialis, crebris fistulis perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse kurz, gedrungen eiförmig, im Untertheile kurz zuge- spitzt, jedoch auch nicht selten abgestumpft. Die Kammern gross, massig gewölbt, durch- schnittlich eben so hoch als breit, in dreizeiliger Spirale aufsteigend. Über das ganze Gehäuse, mit Ausnahme der sichtbaren Septalflächen, laufen kräftige, allmälig erhobene, lamellenartige,

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 249

nieist etwas verbogenen Rippen, die durch wenig breitere Zwischenräume getrennt werden, und sich nach oben durch Einschiebung vermehren. Die Näthe gerundet, meist nicht sehr deut- lich. Die Mündung an dem Ende einer kurzen Röhre gelegen, die an ihrem Ende sich in einen tellerartigen Saum ausbreitet, und sich aus dem, meist etwas eingesenkten Scheitel der letzten Kammer erhebt. Die Schale ziemlich dick, von feinen radialen, dicht liegenden Röhrchen durchbohrt.

Abänderungen. Die vorliegende Form ist sehr beständig und an ihren dicken Rippen bereits meist leicht kenntlich, nur in vereinzelten Fällen sind diese dünner, schärfer abgesetzt.

Vorkommen. Nicht ganz selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorherbeschriebene Art dürfte unter den bekannten, so ziemlieh die nächste Verwandte der vorliegenden sein, doch wird man nur selten, und zwar beinahe blos bei den zuletzt erwähnten AbänderungenAnhaltspunkte zu einem genaueren Vergleiche erhalten.

UVIGERINA HISPIDA m.

Taf. VII. Fig. 95. Mittlere Länge 1-2 Millim.

T. prolongata , paulum a latere compressa, supra valde, infra sensim angustata et hebetata. Loculi camerati, ab initio cochleate strueti, partim eminentes, posteriores informam circuli sectionum inflali, fere alternantes , extrinsecus crassis setis consiti, profundis, acutis suturis separati. Loculus terminalis in vertigine acuatus cuspide valde ereeta, supra paidum angustata, aperturam magnam, laevigatam, rotundam continente. Putamen suberassum, tenuibus, radialis foraminibus perforatum, praeter setas ut crassas claviculas in testam continuatas.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, etwas seitlich zusammengedrückt, nacli oben rascher, nach unten allmälig verengert, mit abgestumpftem Unterende. Die gewölbten Kammern im Anfangstheile meist spiralig aufsteigend, wenig vorragend, später in Form von Kugel- segmenten stark aufgebläht, nicht selten beinahe regelmässig alternirend. Alle auf der Ober- fläche mit ziemlich dicken Stachelhaaren bedeckt, durch tiefe scharfe Näthe getrennt. Die End- kammer auf ihrem Scheitel mit einer rasch erhobenen, doch nicht abgesetzten Spitze versehen, die sich nach oben etwas verengert und die grosse, glatte, runde Mündung trägt. Die Schale massig dick, fein radial porös, mit Ausnahme der Stachelhaare, die sich als dichte Zapfen in die Schale fortsetzen.

Abänderungen. Einzelne individuelle Abweichungen abgerechnet, wie z. B. das nach oben raschere Breiterwerden des Gehäuses, oder das bedeutendere Heraustreten der Kammern an den Seiten, ist die vorliegende Art sehr beständig, und stets leicht wieder zu erkennen.

Vorkommen. Nicht selten sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar. m

Verwandtschaft. Unter den bereits bekannten Formen dürfte wohl keine unserer Art näher stehen als die Lvigerina Orhignyana Czizek (Haidinger's naturw. Abhandlungen Bd. II, pag. 147, Taf. XÜI, Fig. 16 und 17), doch ist sie von letzterer durch die niedrigeren Kammern und die scharf abgesetzte, dünne Mündungsröhre leicht zu unterscheiden. Auch die Uvigerina gracilis Rss. (Zeitschr. d. deutsch, geolog. Gesellsch. pag. 77, Taf. V, Fig. 89) zeigt eine bedeu- tende Ähnlichkeit mit unserer Art, von der sie sich jedoch durch das schlankere Gehäuse und die zahlreichen kleineren Kammern unterscheidet.

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Band. "2

250 Dr. Conrad Sckw ag er.

UVIGERINA PROBOSCIDEA m.

Taf. VII. Fi«;. 9G. Mittlere Länge 0-6 Millim.

T. brevis, supra in cuspidem extracta, infra plus minusve sacciformis , magis magisque coacuata. Loeuli cochlcate slructi, fere duobus vel tribus in uno circuitu, initio parum , deinde valde camerati, interdum hemisjmaeridales , tenuibus spmis con- siti, incisis, conspicuis, rotundis suturis separati. Loculus terminales supra prolongatus in formai// r<>st<Ui, plus minusve ad extra versi, infine aperturam leingatam, rotundam continentis. Putamen praeter spinas tenuibus foraminibus perforatum.

Typisch e Form. Das Gehäuse ziemlich kurz, nach oben zur Spitze ausgezogen, der grösstentheils mein- oder minder sackähnliche Unterthei] gegen das untere Ende mit zunehmen- der Raschheit zugespitzt. Die Kammern spiralig aufgebaut, durchschnittlich zwei bis drei in einem Umgange. Sie sind anfangs nicht bedeutend, später stark gewölbt, manchmal beinahe halbkugelig; alle mit feinen Stachelhaaren bedeckt, durch vertiefte, deutliehe, gerundete Näthe getrennt. Die Endkammer geht nach oben allmälig in eine dicke rüsselartige Verlängerung über, die meist mehr oder weniger nach aussen gerückt ist und an ihrem Ende die glatte, runde Mündung trägt. Die Schale mit Ausnahme der Stachel fein porös.

Abänderungen. Obwohl die vorliegende Art vielen individuellen Abänderungen unter- worfen ist, indem die mittleren Kammern bald mehr, bald weniger zusammengeballt und gewölbt sind, die letzte nicht selten beinahe losgelöst ist u. ff. , so' wird dadurch der Gesammthabitus nicht wesentlich geändert, und es bleiben solche Formen doch meist leicht kenntlich. Nicht unbe- deutend wird jedoch die Verschiedenheit, wenn, wie es in einzelnen Fällen vorkommt, die Kam- mern ziemlich regelmässig alterniren, das ganze Gehäuse weit länger, schlanker wird. Solche Formen ähneln dann sehr jenen der vorhergehenden Art, von der sie sich jedoch durch die bedeutend geringeren Dimensionen stets leicht unterscheiden lassen.

Vorkommen. Nicht selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Art zeigt eine so ausnehmende Ähnlichkeit mit einer noch nicht beschriebenen Form aus den Mukronatenthonen der alpinen Kreide von Traunstein, dass ich bis jetzt einen durchgreifenden Unterschied nicht zu finden vermochte.

SHAEROIDINA AUSTRIACA d'Orb.

Taf. VII. Fig. 98. Mittlerer Durchmesser 0-9 Millim. Foraimniferes de Vienne pag. 284, Taf. XX, Fig. 19-21.

Die vorliegende Art schliesst sich mit Ausnahme der geringeren Entwicklung der Lippe in allen ihren Varietäten so nahe an die von Reuss aus den Schichten des österreichischen Tertiärbeckens (Denkschr. d.kais. Akad. d. Wissensch. I.Bd., 1850, pag. 387, Taf. LI, Fig. 3— 19) beschriebenen und abgebildeten Formen dieser d'Orbigny 'sehen Art, dass sie wohl damit wird vereiniget werden müssen. Die Schale von ziemlich vereinzelt stehenden Poren durchbohrt.

Vorkommen. Einzeln in dem oberen, selten in dem unteren Thone von Kar Nikobar.

SHAEROIDINA MURRHYNA m.

Taf. VII. Fig. 97. Mittlere Länge 1 Millim.

'/'. si juvenilem speetas .mbglobosa, loculis plus minusve inflatis, in parte embrio- nali paene in formam circuli struetis deinde plus minusve irregulariter conglomeratis

Fossile Foraminiferen von Kar Nikolar. 251

in adultis forrnis soli tres vel quatuor ultimi loculi perspicui , subplanis rotundatis incissuris notati. Lnculus finalis in forrnam brevis rostelli protentus in media fronte septali incissura immissa, foras corrotundata, in adver sa parte labiata, perforatus. Vutamen nitidum imperforatum.

Typische Form. Das Gehäuse anfangs kuglig mit meist etwas blasenartig vorstehen- den Kammern, die im Embryonaltheile beinahe in einer Ebene anwachsen, und stark umfassen, später mehr oder weniger unregelmässig geballt sind. Zuletzt die drei bis vier letzten Kammern allein sichtber, durch flach gerundete Einsenkungen getrennt, die jedoch manchmal beinahe vollständig verwischt sind. Die Endkammer etwas rüsselartig vorgezogen, in der Mitte ihrer Scptalfläche mit einer commaförmigen Falte versehen, die sich gegen aussen etwas erweitert und abrundet, und die Mündungsspalte umfasst, die an ihrer vorderen Seite von einer lippen- artig vorragenden Lamelle begleitet wird. Die Schale massig dick, glatt, porzellanartig; auch gelang es mir nicht Schalenporen zu finden.

Abänderungen. Mit Ausnahme der durch die Alterzustände bewirkten Verschieden- heiten, die allerdings den Habitus ziemlich verändern, ist die vorliegende Form sehr beständig und an der porzellanartigen Schale und den Mündungsverhältnissen stets leicht kenntlich.

Vorkommen. Nicht gerade selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Art ist im ausgebildeten Zustande zu eigenartig, als dass sie einen näheren Vergleich mit irgend einer der bereits bekannten Formen zulassen winde.

DIMORPHINA STRIATA m.

Taf. VII. Fig. 99 und Fig. 2. Mittlere Länge 0-9 Millira.

T. prolongata, nodosariaeformis, localis ab initio cochleate globosis , interdum ex spira duplici in simplicem transiens. Loculi latiores quam altiores, initio paulum deinde magis camerati, lateribus in suturas profundas, acutas, corrotundate et prae- ceps deeidentiuus. In medio verügine <l<j>lanato loculi terminalis fistida aperturalis, tenuis, in fine tubaeforme dilatata. Loculus embrionalis infra interdum brevi tenui ouspide acuatu.s. Super totam testam costidae tenues, crebres, filiformes, parihn* inter- vallis separatae , interdum infra ut tenuis spinula proeminentes. Putamen tenue, vitreum, tenuissimis, crebris foraminibus radialis illa spinula ut crassa clavicula in testam immissa.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, im Allgemeinen nodosarienartig, dieAnfangs- kammern jedoch spiralig geballt, welche Anordnung nicht selten zuerst in eine zweireihige und dann erst in die einreihige übergeht. Die merklieh breiteren als höheren Kammern anfangs weniger, später ziemlich gewölbt, mit gegen die tiefen, scharfen Näthe rasch und gerundet abfallenden Seiten. Die Endkammer, mit abgeflachtem Scheitel, in dessen Mitte sich eine dünne, an dem Ende trompetenartig erweiterte Mündungsröhre erhebt. Die Embryonalkammer nach unten manchmal mit einem kurzen, dünnen Stachel versehen. Über das ganze Gehäuse laufen feine, dicht stehende, fadenförmige Rippchen, die durch gleichbreite Zwischenräume getrennt werden, und sich nach unten manchmal als feine Stachel loslösen. Die Schale dünn, glasartig, sehr fein und dicht radial porös; blos wenn sie im unteren Theile stachlig ist, die Stachel als dichte Zapfen in die Schalenmasse eingesenkt.

32 *

25-2

Dr. Conrad Schioage',

Abänderungen. Die meisten und auffallendsten Verschiedenheiten werden bei dieser Art dadurch hervorgebracht, dass eine oder die andere der Aufbauformen der Kammern sich stärker oder schwächer entwickelt als gewöhnlich, womit auch in Verbindung steht, dass die den nächst folgenden Kammern gegenüber meist nicht bedeutend breitere, sackförmige Zusam- menhäufung der Kammern in einzelnen Fällen sehr bemerkbar wird, in anderen beinahe zurück- tritt. Im Ganzen ist jedoch die vorliegende Form wohl charakterisirt, und meist leicht wieder zu erkennen.

Vorkommen. Nicht selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Ver wan dts c h af t. Eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit scheinen mit unserer Art manche Formen der Nodosaria striatissima S tache (Foraminiferen aus den tertiären Mergeln des Whain- garoa-Hafens, Novara-Expedition, Neu-Seeland, pag. 198, Taf. XXII, Fig. 25) zu besitzen, doch dürften sie sich schon durch die dickeren Rippen und die Mündungsröhre, abgesehen von dem Aufbaue der Embryonalkammern, genügend unterscheiden.

TEXTILARLDEA.

TEXTILARIA GLOBIGERA m.

Taf. VII. Fig. 100. Mittlere Länge 013 Millim.

T. subprolongata , infra sensim et aequaliter angustata, supra oblique et obtusis angulis hebetata. Loculi globosi, aequaliter aecrescentes, profundis, acutis, horizontali- bus suturis separati. Loculus terminalis intus erectus, magna hon lata apertura. Putamen pustulatum, crebris curvatis canalibus foraminalibus perföratum.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, nach unten allmälig und ziemlich gleichmässig verengert, oben schief und ziemlich stumpfwinkelig abgestutzt. Die kugelförmigen Kammern gleichmässig anwachsend, durch tiefe, scharfe, horizontale Näthe getrennt. Die End- kammer an ihrer Innenseite von einer ziemlich grossen, nicht sehr breiten Mündung ausge- schnitten. Die Schale aussen mit pustelartigen Erhöhungen, von zahlreichen, gekrümmten Poren- eanälchen durchbohrt.

Abänderungen. Diese scheinen bei der vorliegenden Form verhältnissmässig nicht sein bedeutend zu sein, und sich vorzüglich auf die etwas wechselnde Divergenz der Seiten zu beschränken.

Vorkommen. Ziemlich häufig in den oberen, etwas seltener in dem unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Art zeigt eine ausnehmende Ähnlichkeit mit der Textilaria glohifera Reuss (böhm. Kreide I, pag. 39, Taf. 12, Fig. 23) und dürfte sich höchstens durch die etwas rauhe Oberfläche, und vielleicht durch die Art des Verlaufes ihrer Porencanäle von letzterer unterscheiden lassen.

TEXTILARIA PRAELONGA m.

Taf. VII. Fig. 104. Mittlere Länge 1-6 Millim.

T. longa, arta, marginibus a latere fere parallelis , reeta vel paulum curvata. Latera rotundis angulis deeidentia ad margines in fine loculorum undulatos vel media paulum ereeta. Loculi crebres, aequaliter et seneim aecrescentes, simplices obliqui, saepius fornicati, paidum camerati, infra adver sus marginem lateris inter-

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 253

dum proniores quam supra. Suturae perspicuae non acutae. Apertura subparva quadrata, supra ultimam suturam septalem sita. Putamen subcrasswn, asperum.

Typische Form. Das Gehäuse ist schmal, lang, gerade, mit beinahe parallelen Seiten- rändern, oder auch manchmal etwas seitlich gebogen. Die Seitenflächen gegen die, durch die Enden der Kammern etwas wellenförmigen Kanten des Gehäuses, gerundet winkelio- abfallend, oder auch längs der Mitte etwas erhoben. Die zahlreichen, im Ganzen ziemlich gleichmässig und langsam anwachsenden Kammern, einfach, schief, oder auch, und beinahe noch häufiger, etwas geschwungen, wenig gewölbt, nach unten, besonders gegen den Seitenrand zu, nicht selten rascher abfallend als nach oben. Die Näthc deutlich, doch nicht scharf. Die Mündung ziemlich klein, viereckig, unmittelbar über der letzten Septalnath gelegen. Die Schale massig dick, etwas rauh.

Abänderungen. Die vorliegende Dorm ist ziemlich veränderlich, bald dünn, bandarti«- bald merklich dick; das untere Ende ist bald lang, allmälig und bedeutend verschmälert, ein andermal ziemlich rasch verengert, zuletzt zugestumpft. Auch die Kammern können etwas °-e- wölbt, nicht sehr niedrig; ein andermal niedrig, flach sein. Trotz dieser Verschiedenheiten isl jedoch die vorliegende Art im ausgebildeten Zustande bereits durch ihre auffallend verlängerte Gestalt leicht kenntlich.

Vorkommen. Sehr vereinzelt, sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die nächst verwandte Form, die möglicherweise mit unserer Art identisch sein könnte, dürfte wohl die Textilaria elongata Forb es (Quart, journ. of the geol. society 1850, p. 350, Taf. XXIX, Fig. 2) aus dem Ototara Liniestone sein, doch genügt die gegebene Abbildung und Beschreibung nicht, um deren Identität feststellen zu können. Auch Textilaria attenuata Reuss (Beitrag zurKenntniss der tertiären Foraminiferenfauna. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. in Wien, XLVIII. Bd., p. 59, Taf. VII, Fig. 87), aus dem Septarienthon von Offenfach zeigt eine bedeutende Ähnlichkeit mit der Nikobarenart, doch unterscheidet sie sich von derselben bereits durch den stets vorhandenen, wenn auch nicht immer sehr deutlichen Flügelsaum.

TEXTILARIA QUADRILATERA m.

Taf. VII. Fig. 103. Mittlere Länge 0-9 Millim.

T. subpirolongata, infra sensim, supfa magis angustata, finibus corrotundatis, intersectione quadrata, marginibus informam alarum protractis, lateribus rectangalis. Loculi subcamerati vel plant, euneati, obliqüi, curvati, infra interdum detracti, in fine interiore lamna latior, rotundata. Suturae saepe taeniis rotundis, laus, paidum erectis notatae. Frontes plus minus caratae, latera subcamerata, finibus loculorum subinflatis, suturis infra cameratis vel liorizontalibus. Apertura magna, rotunde qua- drata, supra summam suturam septalem. Putamen subtenue, sparsis major ibus fora- minibus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, nach unten allmälig, oben ziemlich rasch verschmälert, die Enden zugerundet. Der Durchschnitt vierkantig, mit flügelartig vorge- zogenen Kanten, im Ganzen rechtwinkelig auf einander stehenden Seiten. Die etwas gewölbten oder auch fast flachen Kammern sind keilförmig, schief, gebogen, im unteren spitzen Ende nicht selten etwas herabgezogen; das Lumen des inneren Endes dagegen breiter, gerundet. Die Käthe

254 Dr. Conrad Schwager.

nicht selten durch gerundete, ziemlich breite, etwas erhobene Leisten markirt. Die Hauptseiten des Gehäuses mehr oder weniger ausgehöhlt, die Nebenseiten meist etwas gewölbt, mit massig aufgetriebenen Kammerenden, etwas nach oben gewölbten oder horizontalen Näthen. Die Mün- dung eine grosse, gerundet vierseitige Öffnung, etwas über der höchsten Septalnath gelegen. Die Schale ziemlich dünn, mit zerstreuten, verhältnissmassig grossen Durchbohrungen.

Abänderungen. Ausser in den bereits angegebenen Punkten variirt die vorliegende Art noch etwas in der Divergenz der Seiten und "der Dicke, auch kommen Formen vor, die etwas spiralig gewendet, oder auch auf einer Seite breiter als auf der andern sind, doch markiren sie die Hügelartig verdünnten Seiten stets so trefflich, dass man nicht leicht in die Gefahr kommt, dieselbe mit irgend einer anderen Form zu verwechseln.

Vorkommen. Ziemlich häufig in dem oberen Thone von Kar Nikobar und wie es scheint für denselben charakteristisch.

Verwandtschaft. Die vorliegende Art scheint der von Costa als Textilaria tetraedra jedoch jedenfalls nicht ganz richtig abgebildeten Foi-m (Palaeontol. del regno di Napoli p. 292. Taf. XXIII, Fig. 10 A. C.) ziemlich ähnlich zu sein, doch ist letztere jedenfalls durch den Mangel der Flügelsäume leicht von derselben zu unterscheiden. Auch Textilaria laminaris Costa (I.e. p. 294, Taf. XXIII, Fig. 15) scheint eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit unserer Art zu besitzen, von der sie sich aber ebenfalls bereits durch das erwähnte Merkmal unterscheidet.

BOLIVINA PUSILLA m.

Taf. VII. Fig. 101. Mittlere Länge 0-35 Millim.

T. prolongata, compressa, lateribus vix divergentibus , finibus infra rotundato ssupra rotunde angulato, lateribus vix cameratis, marginibus rottende angidatis. Locidi h ii m iles, crebres , alternantes, subcamerati , extra valde protii, paene recti, infra de- tracti. Suturae perspicuae, non profundae. Apertura fissura longa, arta, in ruga deeurrente in media fronte septali. Putamen tenue, vitreum, subtenuibus, sparsis fora- minibus perforatum', in superficie brevibus', decurrentibus , raro penetrantibus costulis decoratum.

Typische Form. Das Gehäuse verlängert, zusammengedrückt, mit nicht sehr diver- girenden Seiten, gerundetem Unter-, gerundet winkeligem Oberende, flach gewölbten Seiten- flächen, gerundet winkeligen Randkanten. Die niedrigen, zahlreichen, regelmässig alternirenden, etwas gewölbten Kammern nach aussen ziemlich stark abfallend, beinahe gerade, blos an dem Unterende etwas herabgezogen. Die Näthe deutlich, doch nicht sehr tief. Die Mündung eine schmale, lange Spalte, die in einer, längs der Mitte der Septalfläche herablaufenden Falte liegt. Die Schale dünn, glasartig, mit ziemlich feinen, vereinzelten Durchbohrungen; auf der Oberfläche mit kurzen, hcrablaufenden, selten vollständig durchlaufenden Rippchen verziert.

Abänderungen. Die vorliegende Form variirt nicht unbedeutend, sowohl in der Dicke und Breite des Gehäuses und der Divergenz der Seiten ; als auch in der Beschaffenheit der Schalen- oberfläche, die manchmal beinahe glatt, ein andermal mit mehr oder weniger langen, erhobenen Hippen versehen ist.

Vorkommen. Nicht selten in dem oberen, seltener in dem unteren Thone von Kar Niko- bar, doch ihrer Kleinheit wegen leicht zu übersehen.

Verwandtschaft. Die vorliegende Art zeigt eine auffallende Ähnlichkeit mit der reeen ten Bolivina costata d'Orbig-ny (Voyage dans l'Amerique me'ridionale pag. 62, Taf. ^ III,

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 255

Fig. 8), von der sie sich jedoch durch die mehr keilförmige Gestalt, den Abfall der Kammern, und meist auch durch die Art der Berippung unterscheidet.

BOLIVINA LIGULARIA m.

Taf. VII. Fig. 102. Mittlere Länge 068 Millim.

T. subprolongata , ligulaeformis , lineis paene ellipticis , infra sensim angustata, finibus corrotundatis, intersectione elliptica. Locidi alternantes , paulum latiores, quam altiores, vix camerati, paidum proni, subcurvati, lamina infra lata rotundata, extra subangustata, detracta. Suturae planae , vix conspicuae. Putamen interdum planis vix conspicuis, directis, irregularibus costulis, tenue, vitretim, foraminibus majoribus, purum spissis perforatum. Apertur a tenuis fissura in media ultima fronte septali.

Typische Form. Das Gehäuse massig verlängert, zungenförmig, im Hauptumrisse beinahe elliptisch, nach unten allmälig, jedoch wenig verschmälert. Die Enden zugerundet, der Durch- schnitt ebenfalls elliptisch. Die regelmässig alternirenden, wenig breiter als hohen, kaum ge- wölbten, wenig abfallenden Kammern etwas gebogen, mit nach innen zu breitem, gerundetem Lumen, nach aussen etwas verengert und herabgezogen. Die Näthe meist sehr undeutlich, flach. Die Oberfläche der Schale manchmal mit sehr flachen, kaum bemerkbaren, längslaufenden, unregelmässigen, rippenartigen Erhöhungen versehen. Die Schale dünn, glasartig, mit verhältniss- mässig ziemlich grossen, wenig dicht gestellten Durchbohrungen. Die Mündung eine schmale, in der Mitte der letzten Septalfiäche herablaufende Spalte.

Abänderungen. Diese Art kommt zu selten vor, als dass sich besondere Verschieden- heiten hätten beobachten lassen.

Vorkommen. Sehr selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft Die vorliegende Form scheint eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit dem Gramostomum phyüodes Ehrenberg (Microgeologie Taf. XXVI) von Catolica zu besitzen, doch da sich bei letzterem die Dicke, die bei unserer Art ziemlich beträchtlich ist, nicht erkennen lässt, auch die Kammern niedriger, schiefer sind, wage ich es nicht beide zu identificiren. Auch eine in den Tertiärschichten von May vorkommende Bolivinen-Form zeigt eine nicht unbe- deutende Ähnlichkeit mit unserer Art, doch ist sie kleiner, die Kammern niedriger, schiefer.

GLOBIGERIN1DEA.

GLOBIGERLNA CONGLOMERATA.

Taf. VII. Fig. 113. Mittlerer Hauptdnrchmesser 0-6 Millim.

T. sphaeralis, spira plus minusve perspicua, qua complures fere loculi finibus aequaliter cochleatis , pustulatis eminent. Loculi subplanae circuli sectiones, mar qi al- bus corrotundatis, ad intus versis. Apertura labiata formata per fissuras loculorum nltimi cireuitus, profunde sita, circumdata planis decurrentibus loculorum, plus minus- ve notatis. Putamen crassum, fere non grandibus foraminibus.

Typische Form. Das Gehäuse im Ganzen kuglig, mit meist mehr oder weniger deutlich ausgesprochener Spiralseite, an der eine grössere oder geringere Zahl der Kammern mit nicht selten ziemlich regelmässig spiral gestellten, blasenartig erhobenen Enden herausragt. Die Kammern haben die Form von meist ziemlich flachen Kugelsegmenten, deren Ränder zuge-

256 Dr. Conrad Schzo ag er.

rundet und etwas nach innen geschlagen sind. Die lappige Mündung wird durch die Spalten gebildet, welche die Kammern des letzten Umganges nach innen zu zwischen sich lassen. Sie lic°-t ziemlich tief, und ist von den mehr oder weniger deutlich markirten Abfallflächen der Kammern umgeben. Die Schale dicht doch nicht sehr grobporig, in letzterer Hinsicht jedoch etwas wechselnd.

Abänderungen. Wenn man von der, den Globigerinen überhaupt eigenthümlichen Veränderlichkeit absieht, so ist die vorliegende Form im Allgemeinen sehr beständig und an ihrer Kugelform, verbunden mit der tief gelegenen, von den flächig und schief einfallenden Innenseiten der Kammern umgebenen Mündung, wohl zu erkennen.

Vorkommen. Gemein in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Eine nicht ganz unbedeutende Ähnlichkeit scheint unsere Form mit der vonBaylei(Microscopical forms in saundings made by the u.s. coast survey, in Smithsonian eontribution to Knowledge vol. II, Abth. III, flg. 20 22) als Globigerina rubra d'Orb. abge- bildete Form zu besitzen, doch wachsen bei letzterer die Kammern weit rascher an, wodurch die Form eine weniger kugelförmige Gestalt erhält.

GLOBIGERINA SEMINULINA m.

Taf. VII. Fig. 112. Mittlerer Hauptdurchraeaser 0-5S Millim.

T. rotundata, triquetra raro quadrata, prout ultimus cireuitus ceteros com- plectcns tribus vel quatuor loculis formatur. Loculi globosi, planis rotundatis incissuris separat)., suturis tenuibus, li?iearibus , vix conspieuis. Apertur a formata marginibu.s interioribus loculorum conspieuorum , Informant rimae distantibus , tumidts, interdum undulatis vel rede striatis, stellaeformis , loculorum suturas profunde ineidit. Super- ficies putaminis crassi foraminibus magnis , crebribus cicatricosa raro foraminum fines expleti vel tumidi, singulis tenuioribus capilliforme prolongatis.

Typische Form Das Gehäuse gerundet drei-, seltener vierseitig; je nachdem der letzte, die übrigen vollständig umfassende Umgang, von drei oder vier Kammern gebildet wird. Dieselben sind kuglig, durch flache, gerundete Einschnürungen getrennt, mit feinen linien- fürniigen, meist jedoch fast ganz verwischten Näthen. Die Mündung wird von den spaltenartig klaffenden, etwas aufgeworfenen, nicht selten gewellten oder senkrecht auf die freie Wand gestreiften Linenrändern der sichtbaren Kammern gebildet, und schneidet sternförmig ziemlich weit in die Näthe derselben hinein. Die Oberfläche der sehr dicken Schale durch die Mündungen der grossen, dichtstehenden Durchbohrungen meist grubig, seltener die Enden der Röhren stärker ausgelullt und etwas erhoben, einzelne derselben, die dann viel feiner sind, haarartig verlängert.

Abänderungen. Im Allgemeinen ist die vorliegende Form ziemlich beständig und durch die etwas ausgebogenen Ränder der Mündung, so wie die sehr flachen Einschnürungen zwischen den Kammern, wohl kenntlich, doch finden sich nicht ganz selten individuelle Unre- gelmässigkeiten, so z. B. dass die Endkammern zusammengedrückt oder wie immer ungestaltet sind, oder rotalienartig in einer Ebene fortlaufen, nach Innen ganz losgelöst sind u. ff.

Vorkommen. Sehr häufig in den Thonen beider Horizonte von Kai- Nikobar.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 257

GLOBIGERINA BULLOIDES d'Orb.

Foraminiferes de Tienne pag. 163, Taf. IX, Fig. 4 6.

Die vorliegenden Formen stimmen so sehr mit den verglichenen von Wien und Coroncinn, dass ich nicht anstehe, sie damit zu identifiziren. Von der Globigerina seminulina, mit deren einzelnen Formen manche der eben erwähnten nicht unbedeutende Ähnlichkeit zeigen, unter- scheidet sie sich sehr wohl durch die tiefen, scharfen Näthe und die regelmässige halbmond- förmige, an der Innenseite der letzten Kammer gelegene Mündung.

Vorkommen. Häufig, sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

ORBULINA UNIVERSA d'Orb.

Mittlerer Durchmesser 0'7 Hillim.

Die gröber und gleichmässig grubige Oberfläche unserer Formen dieser Art, jenen aus dem italienischen Subappenin gegenüber, die ich besonders vergleichen konnte, scheint doch kein genügend constantes Merkmal abzugeben, um sie darauf hin als selbstständige Art abtren- nen zu können.

Vorkommen. Gemein in dem oberen, weniger häufig in dem unteren Thone von Kar Nikobar.

DISCORBINIDEA.

DISCORBINA SACHARINA m.

Taf. VII. Fig. 106. Mittlerer Hauptdurchmesser 1'8 Millim.

T. plus minusve oblong a,lineis rotundatis,in latere spirae aequaliter subcamerata, ab umbilico deciclens adver sus marginem rotundatum, labiate exsectum, planum., obtuse conicum. Loculi non latiores quam altiores, a sjpirali latere valde accresce?ites, ultimo circuitu V raro VII loculis formato , majore quam ceteros. Loculi rotunde tectiformes , proni ad profundas , acutas, radiatas suturas; in umbilico perspicuo, profundo maxime erecti, corrotundati , in marginibus lata, plana densatione lateris complexi, praeceps adver sus loculos prona, in latere aperturali ad penidtimum circuitum continuata. Apertur a fissura tenuis, formata suturarum marginibus liianti: bus loculi ultiini , a latere umbilicari paidum remota, plerumque incrustata. Putameu crassum praeter illum marginem, foramina ut in globigerinideis.

Typische Form. Das Gehäuse von mehr oder weniger länglich gerundetem Umrisse, auf der Spiralseite gleichmässig, doch nicht bedeutend gewölbt, auf der Nabelseite gegen den etwas gerundet lappig ausgeschnittenen, flachen, stumpfkantigen Rand im Ganzen flach kegel- förmig abfallend. Die Kammern beinahe ebenso lang als breit, auf der Spiralseite rasch an Grösse zunehmend, so dass der letzte, von 5, selten bis 7 Kammern gebildete Umgang gegen die übrigen bedeutend überwiegt; auf der Nabelseite dagegen blos erstere sichtbar, die Kammern gegen die tiefen, scharfen, radialen Näthe gerundet dachförmig abfallend, an dem meist deutlichen, tiefen Nabel am stärksten erhoben und zugerundet. Im Rande des Gehäuses werden diese an beiden Seiten desselben von einer breiten, flachen Verdickung der Aussenwand umfasst, die rasch, jedoch nicht hoch gegen die Kammerwände abfällt und sich besonders auf der Mündungs- seite meist bis zu dem vorletzten Umgange fortsetzt. Die Mündung eine feine Spalte, durch die klaffenden Nathränder der letzten Kammer gebildet, auf der Nabelscite etwas vom Rande ent-

Novara-Expedition. Geologischer Theil II. Bd. 33

258 Dr. Conrad Schwager.

feint gelegen, doch meist von Incrustationen verdickt, die sich nicht selten noch auf die Anfanjrs- kamruern derselben Windung erstrecken. Die Schale mit Ausnahme der erwähnten Randumfassun»- dicht und verhältnissmässig ziemlich grob, ganz globigerinenartig porös.

Abänderungen. Mit Ausnahme der bereits erwähnten Verschiedenheiten, von indivi- duellen Abnormitäten, die nicht ganz selten vorkommen, und dem Vorkommen von feinen porösen Individuen, wie sie sich auch als Ausnahmen bei den Globigerinen finden, ist die vor- liegende Form sehr beständig und stets leicht wieder zu erkennen.

Vorkommen. Häufig in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form zeigt eine ausnehmende Ähnlichkeit mit der Rotalina culihrata d'Orbigny (Ramon de la Sagra Histoire physique elc. de l'ile de Cuba ; Foraminiferes Taf. V, Fig. 7 9) doch besitzt sie niemals einen schneidigen Rand, wie er bei letzterer angegeben ist.

PLANORBULINA VULGARIS d'Orbigny.

(1. c. Foraminiferes de l'ile de Cuba Taf. V, Fig. 11—14.)

Die wenigen gefundenen Formen dieser Art stimmen ziemlich genau mit der angegebenen, die sich von der PI. ruediterranensis durch kleinere, etwas gewölbtere Kammern, deren merklich mehr auf einen Umgang kommen als bei letzterer der Fall ist, wohl zu unterscheiden scheint.

Vorkommen. Sehr selten in dem oberen Thone von Kar Nikobar.

ANOMALINA WÜLLERSTORFI m.

Taf. VII. Fig. 105 u. 107. Mittlerer Hauptdurclimesser 1 Millim.

T. compressa, lineis circulispiralibus, extra exsectis, spira plana, paulum invo- luta, media plus minusve rotundata , lafere umbilici cortice erecto, umbilico arto, non profundo , supra valde dilatato. Loculi simplices fornicati vel media spira rotundati, angulate fraeti, valde retroversi , ab initio Immiles et supra plani, separati lateribus aemaeforme erectis, latis; posteriores subcamerati, in spira intus dilatati, corrotundate proni, a latere umbilicari magis camerati, ad umbilicum rotundate im?nissi. Apertura parva, lunata, nbi ultima frons septalis marginem tangit, in latere umbilicari sutura exseeta. Putamen tenue praeter latera loculos separantia et taeniam suberassam cari- nalem, foraminibus spissis , grandioribus , in media latere spirali et supra taenias suturarum plus minusve aequaliter incrustata.

Typis che Form. Das Gehäuse gewöhnlich stark zusammengedrückt, mit kreisspiraligem, von den Aussenseitcn der Kammern etwas ausgeschnittenem Umrisse, flacher, wenig involuter Spiralseite, in der Mitte mehr oder weniger gerundet konisch erhobener Nabelseite, engem, nicht tiefem, nach oben rasch erweitertem Nabel. Die Kammern einfach bogenföimig, oder etwas in der Mitte der Windung gerundet, winkelig gebrochen, stark nach rückwärts gezogen; anfangs meist sehr niedrig und, wenigstens auf der Oberseite, flach, durch die etwas leistenartig er- hobenen und breiten, manchmal bis zum vorletzten Umgange reichenden Kammerwände ge- schieden, später massig gewölbt, auf der Spiralseite nach innen ziemlich verbreitert und zuge- rundet; rasch gegen die Inncnnath abfallend. Auf der Nabelseite meist etwas stärker gewölbt als auf der entgegengesetzten; gegen die Nabelvertiefung gerundet eingesenkt. Die Mündung- klein, halbmondförmig, von dort, wo die letzte Septalfläche mit dem Rande des Gehäuses zu- sammentrifft, an der Nabelseite hcrablaufend und in der Nath ausgeschnitten. Die Schale mit

lossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 259

Ausnahme der Kammerscheidewände und des ziemlich dicken Carinalbandes dünn, ziemlich dicht und verhältnissmässig grobporös, auf der Mitte der Spiralseite und besonders über den Nathbändern nicht selten mit mehr oder weniger unregelmässigen Incrustationen, seltener mit entsprechenden Vertiefungen.

Abänderungen. Die vorliegende Form ist ziemlich bedeutenden Veränderungen unter- worfen , indem die Entwicklungsform mit schmalen Kammern und auf der Spiralseite erhobenen Kammerscheidcwänden bei dem einzelnen Individuum, bald fast durchgehends vorkömmt, bald jedoch sehr zurücktritt und der zweiten, mit breiteren gewölbten Kammern Flatz macht oder, was noch häufiger der Fall ist, plötzlich in dieselbe übergeht. Auch darin zeigt sich eine ziem- lich bemerkbare Verschiedenheit, dass die inneren Windungen einmal mehr oder weniger ein- gesenkt sein können, die jüngeren deutlich erhoben sind und mit beinahe senkrechten, von den inneren Kammerwänden gerundet lappig ausgeschnittenen Innenrändern gegen erstere abfallen Eine noch augenfälligere Variation ist Fig. 107 abgebildet. Es kommt nämlich bei einzelnen Formen, allerdings nur selten, vor, dass nicht blos die Mitte der Nabelseite hügelartig erhoben, der Rand flach und ausgezogen ist, wie es gewöhnlich der Fall ist, sondern der Abfall o-eht gleichmässig bis an den gerundet kantigen Rand. Werden nun in diesem Falle, wie es gewöhnlich vorkommt, die Kammern breiter, weniger gebogen, so sehen dann solche Formen der Truncatu- lina Boueana d'Orbigny aus dem W'iener Tertiärbecken auffallend ähnlich und sind beinahe blos durch den Vergleich mehrerer Formen zugleich unterscheidbar.

Vorkommen. Nicht selten sowohl in dem oberen als unteren Thon von Kar Nikobar.

Verwan d tschaft. Auf den ersten Anblick und besonders von der Spiralseite zeigt unsere Form eine sehr bedeutende Ähnlichkeit mit der Planulina Ariminensis d'Orbigny (Anal. d. sc. natur. 1825 Taf. XIV, Fig. 1 3), doch hat letztere weniger deutlich gebrochene Kammern und vor allem niemals einen so engen Nabel wie unsere Art. Auch Anomalina Suessi Karr er (Über das Auftreten der Foraminiferen in dem marinen Tegel des Wiener Beckens Bd. XLIV der Sitzungsber. d. Akad. d. Wissenschaften in WTien pag. 23, Taf. II, Fig. 2) zeigt bedeutende Analogien, doch ist sie offener gewunden, deren Kammern weniger gebogen.

ANOMALINA BENGALENSIS m.

Taf. VII, Fig. 111. Mittlerer Hauptdurchmesser 11 Millim.

T. lineis paene corrotundatis, saepius irregularibus, spira plane camerata, parva vel initio coli/forme ereeta, deinde plana vel incisa, latere umbilici subalto, coniee rotundato, ad marginem tenitem, alaeforme dilatatum extracto, umbilico arto, paulum profundo vel vix perspieuo. Loculi XII XV unius cireuitus arti, a spira retrorsi - interdum marginibus angidate fractis ab initio plani, deinde subcamerati, taeniis suturarum planis, rotundatis , continuis, a latere umbilici radia^i, recti vel paulum retroversi, camerati, latis lateribus separantibus , non erectis interdum contra lateribus loculorum impressis. Apertura fissura magna, a media sutura septali parallela cum fronte spirali, priusquam marginem septalem tangit, corrotundate exiens. Latera loculorum ultimi cireuitus ab umbilico foraminibus grandibus non spissis intus nisi in lateribus separantibus nulla foramina. Planum spirae et latera separantia crassa non perforata.

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260 Dr. Conrad Schw ag er.

Typische Form. Das Gehäuse von annähernd gerundetem, jedoch meist etwas unregcl- mässigem Umrisse, auf der Spiralseite im Ganzen flach gewölbt, wenig umfassend, mit hügel- artig erhobenem Anfangstheile, der weitere flach oder selbst etwas eingesenkt; die Nabelseitc ziemlich hoch, gerundet konisch, gegen den dünnen, flügelartig erweiterten Rand des Gehäuse» allmälig ausgezogen. Die Nabelgrube eng, schwach vertieft oder beinahe vollständig verwischt. Die Kammern, deren 12 15 auf einen Umgang gehen, ziemlich enge, auf der Spiralseite zurück- gebogen, manchmal im Rande etwas winkelig gebrochen, anfangs flach, später etwas gewölbt, mit flachen, gerundeten, nicht abgesetzten Nathleisten. Auf der Nabelseite sind dieselben ent- weder beinahe rein radial, gerade oder nur wenig zurückgebogen, meist gewölbt, die Kammer- scheidewände breit, nicht erhoben; nicht selten findet jedoch das umgekehrte Verhältniss statt, so dass die Kammerwände eingedrückt erscheinen, die Scheidewände durch gerundete Leistehen markirt sind. Die Mündung eine ziemlich grosse Spalte, die von der Mitte der Septalnath beinahe parallel mit der Spiralfläche des Gehäuses verläuft und ehe sie noch den Septalrand erreicht hat, zugerundet endigt. Die Kammerwände des letzten Umganges auf der Nabelseite mit ziemlich groben und nicht sehr dichten Durchbohrungen, die, wie es scheint, später theilweise durch cal- löse Masse geschlossen werden, indem die inneren Windungen blos an den Scheidewänden Poren zeigen. Die Spiralfläche und die Scheidewände röhrig, doch wie es scheint dicht, undurchbohrt, blos bei sehr jungen Individuen erstere manchmal mit unregelmässig gestellten grossen Poren.

Abänderungen. Obwohl die vorliegende Form zur Entwicklung individueller Abnormi- täten sehr hinneigt, so dass kaum eine vollständig regelmässig gebildete Form zu finden, ist, so ist sie doch in ihrem Gesammtcharakter sehr beständig und stets leicht kenntlich.

Vorkommen. Nicht selten in den Thonen beider Horizonte von Kar Nikobar und recent an der Küste der Nikobaren.

Verwandtschaft. Unter den bereits beschriebenen Formen ist mir keine bekannt, die sich mit der vorliegenden näher vergleichen liesse, doch kommt sie, wie erwähnt, in, mit den fossilen vollständig identischen Formen, noch recent vor.

AXOMALINA CICATRICOSA m.

Taf. VII. Fig. 108 und Fig. 4. Mittlerer Hauptdurchmesser 0-75 Millim.

T. lincis circulispiralibus , suberassa, piano spirae planiore , latere umbdici rotundato; margine lato rotundato. Loculi simplices radiati, vel paulum retrorsi, IX XII unius cireuitus ab initio humiles, plani; posteriores camerati supra interdum globosi, parvi, a latere umbilici ultimus solus cireuitus conspieuus , umbilico non lato, plerumque incrustationibus oblito saepe latus spirae aeque incrustata ; loculi sparsis foraminum fovicxdis consiti, quae si coeunt superficies cicatricosa ; rarius mturae incissuris irregularibus notatae. Putamen praeter latera separantia magnis foraminibus perforatum. Apertura fissura magna, finibus rotundatis , in ultima sutura septali sup>ra marginem testae, ad umbilicum, detraeta.

Typische Form. Das Gehäuse von kreisspiraligem Umrisse, ziemlich dick, mit etwas flacherer Spiralfläche, gerundeter Nabelscite, breit gerundetem Rande. Die einfach radial gestell- ten oder etwas nach rückwärts geneigten Kammern, deren 9 12 auf einen Umgang gehen, im Anfangstheile ziemlich niedrig und flach, später gewölbt, auf der Oberseite nicht selten beinahe kuglig, wenig umfassend. Auf der Nabelseite dagegen blos der letzte Umgang sichtbar, indem die Nabelvertiefung, die an sich nicht sehr breit ist, noch überdies meist durch Incrustation

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 261

deckt erscheint. Ahnliche Incrustationen finden sich in einzelnen Partien nicht selten ebenfalls auf der Spiralseite, vorzüglich über den Kammerseheidewänden; im übrigen sind die Kammern mit unregelmässig zerstreuten Porengruben bedeckt, die nicht selten zusammenfliessen und der Oberfläche ein pockennarbiges Ansehen verleihen, seltener sind die Linien der Nätlie durch etwas unregelmässige Einsenkungen bezeichnet. Die Schale mit Ausnahme der Scheidewände von grossen, unregelmässig zerstreuten Löchern durchbohrt. Die Mündung eine ziemlich grosse Spalte mit gerundeten Enden, an der letzten Septalnath über dem Rande des Gehäuses gelegen und. nach der Nabelseite etwas stärker herabgezogen.

Abänderungen. Mit Ausnahme der bereits erwähnten Verschiedenheiten und der grösseren oder geringeren Entwiekelung des Theiles mit gewölbten Kammern, so wie einer nicht unbedeutenden Variabilität in der mebr oder weniger dichten Lage der Durchbohrungen, ist die vorliegende Form sehr beständig und leicht zu erkennen.

Vorkommen. Nicht selten sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Jugendformen, bei denen die stärkere Abflachung der Spiralseite noch nicht so ausgesprochen ist, deren Kammern enger, flacher sind, sehen besonders der von YVi Uiamson (On the recent foraminifera of Great Britain pag. 31, Taf. III, Eig. 68 und 69) als Konionina Boneana angeführten Form sehr ähnlich und sind beinahe blos durch die, wenn auch in einzelnen Fällen wenig bemerkbare, so doch stets vorhandene Verschiedenheit in der Abflachung und Involubilität beider Seiten zu erkennen. Auch zeigen Formen dieser Art einen von den ausgebildeten so verschiedenen Habitus, dass man sich sehr leicht veranlasst finden könnte, sie davon speeifisch zu trennen, wenn nicht meist, wenigstens ein Theil der sichtbaren Kammern, noch in ersterer Weise ausgebildet wäre.

R OT ALIDE A.

CALCARINA NICOBARENSIS m.

Taf. VII. Fig. 114 und Fig. 3. Mittlerer Hauptdurchmesser 0'9 Millim.

T. lineis paene sphaeralibus , fere in formam stellae exsectis per ßnes loculorum plus minusve prolongatos, obtusis cuspidibus eminentes; latera spirae et umbilici plane camer ata, margine obtuso conjuneta. Loculi a spira et umbilico recti, radiati a spira parvi, multi juniores conspicui, cochleis vix conspieuis, ab initio plani; posteriores subcamerati] ab umbilico solus ultimus circititus, X XII loculis formatus, con- spieuus; umbilicus subgrandis, incrustatus, saepius orbi conspicuo , circumdato sulcu rrgnlari; loculi hie magis camerati, interdum tectiforme proni, sutaris profundis separati. Apertur a fissura arta, in media ultima sutura septali, ex latere umbilicari exseeta. Putaminis superficies asper a, partim foraminibus cicatricosa partim gibberosa. Loculorum latera et frontes septales saepe fistulis aequabilibus, non spissis, suberassis, ad suturas curvatis perforata. Liter latera separantia majores fistulae radiatae, quae adhuc non satis perspeetae.

Typische Form. Das Gehäuse im Ganzen von annähernd kreisförmigem Umrisse, der durch die meist als mehr oder weniger verlängerte, stumpfe Spitzen vorstehenden Kammerenden steruartig ausgezackt ist, in einzelnen Fällen jedoch einfach gerundet sein kann. Die Spiralseite flach gewölbt, ebenso die Nabelseite, beide durch den im Ganzen stumpfkantigen Rand verbunden.

9g2 Dr. Conrad Schwager.

Die Kammern auf der Spiral- und Nabelseite gerade, einfach radial, auf erstcrcr nicht sehr um- fassend ein ziemlich bedeutender Theil der jüngeren sichtbar, doch die Windungen meist schwer oder gar nicht zu unterscheiden. Die einzelnen Kammern anfangs flach, später meist etwas ge- Ä auf der Nabelseite dagegen blos der letzte Umgang, der von 10-12 Kammern geb.ldet Z d) sichtbar. Der ziemlich grosse Nabel durch Incrustationen, oder häufiger noch durch eme deutiche, meist von einer unregelmässigen Furche umgebenen Na elsehe.be verdeckt; ch einzelnen Kammern daselbst meist etwas stärker gewölbt als auf der Oberseite, manchmal selbst stumpf dachförmig abschüssig, durch tiefe Näthe getrennt. Die Mündung eme schmale Spat in der Mitte der letzten Septalnath auf der Nabelseite ausgeschnitten. D.e Oberflache rauh the.ls porengrubig, die einzelnen Gruben unter einander zusammenfassend the.ls mit kleinen Hocker chen bedeckt. Die Aussenwände der Kammern und theilwe.se auch d.e äusseren The.le de Septalflächen von gleichmäßig ver.heilten, nicht sehr dicht stehenden ziemlich chcken nach den Näthen bogenförmig zugewendeten Röhrchen durchbohrt. Zw.sehen den Scheidewanden laufen überdies noch stärkere radiale Röhren, deren Verbindung, und Ausmundungswe.se .ch jedoch bis jetzt noch nicht mit Sicherheit zu erkennen vermochte, doch Schemen s.e s.ch an den Enden zu verengen oder zu theilen und mit den übrigen ähnlichen Poren zu enden. _

' Abänderungen. Die vorliegende Form ist zu abnormer Entwicklung sehr genest und es kommt selten ein Individuum vor, das nicht eine oder die andere TJnregelmäss.gke.t geigen würde, doch macht sie die eigentümlich rauhe Oberfläche z.emhch kenntlich Im ^Ganzen variirt sie mit Ausnahme der bereits erwähnten Verschiedenheiten blos noch unbedeutend .n de.

1 »icke und in dem Verhältnisse beider Wölbungen.

Vorkommen. Einzeln sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar N.kobar, ebenso.

recent an der Küste der Nikobaren. .

Verwandtschaft. Eine sehr nahe verwandte Form besitzt unsere Art in der Rotahna a.uleata d'Orbigny (Foraminiferes de Vienne pag. 159, Taf. VII Fig. 25-27), von der sie sich jedoch durch ihre geringere und gleichmassigere Wölbung bere.ts äusserl.ch untersche.det.

ROTALIA FLOSCULIFORMIS m.

Taf. VII. Fig. 109. Mittlerer Hauptdurchmesser 0'75 Millim.

T. plus minusve lenticularis, lineis circulispiralibus , in formam rosae exsectü per fines loculorum. Latera spirae et umbilici aeaue camerata vel spira plantar in excultis formis media pusüdata, ad mar ginem planum aut coneavum deplanata Cochleae lateris spiralis artae, seniores deplanatae, vix distinetae, m adverso sola ultima VI- VII loculis formata, canspicua. Loculi supra ut in ultimo ezreuitu plam vix camerati, a fronte exeuntes margine aequaliter fornicato, paulum erecto, sutura m antecedentem cireuitum immissa, acuta vel deplanata. loculi ab umbihco szmplices, radiati vel paulum retrorsi, intra raro in media Cochlea coeuntes, sed ad j vordem penduli medium tangentes. Suturae a media rosa tangente reetae, profundae, acutae, supra raro teetae margine posteriore loculi, taeniaeforme rotundate erecto, in media dilatato. Apertura fissura arta, intra medium latus umbilici ultimi suturae septaäs, interdum labiata crepidine. Putamen splendidum, lerigatum. praeter frontes septates et taeniam marginalem, foraminibus tenuissimü. spissis, radiatis perforatam.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 263

Typische Form. Das Gehäuse mehr oder weniger deutlich linsenförmig; von im Ganzen rein kreisspiraligem Umrisse, der jedoch durch die bogenförmig vorstehenden Kammerenden rosettenartig ausgeschnitten erscheint. Spiral und Nabelseite entweder gleich hoch gewölbt oder erstere etwas weniger erhoben, bei ausgebildeten Formen stets blos in der Mitte blasenartig erhoben: gegen den im Ganzen flachen oder selbst etwas coneaven Rand rasch verflacht. Die Bindungen auf der Spiralseite schmal, doch die älteren verflacht, äusserlich nicht unterscheidbar. auf der entgegengesetzten dagegen blos die letzte, von 6 bis 7 Kammern gebildete, sichtbar. Die Kammern auf der Oberseite des Gehäuses und in der jüngsten Windung flach, oder sehr schwach gewölbt und mit gleichmä-sig bogenförmigem Rande nach vorne auslaufend, der Rand in der ganzen äusseren Ausdehnung nicht selten etwas erhoben, die Nath gegen den vorhergehenden Umgang vertieft, scharf, doch auch manchmal ganz verflacht. Die Kammern der Nabelseite entweder beinahe einfach radial gestellt oder etwas nach rückwärts gezogen, mit ihrem inneren Ende meist nicht in der Windungsmitte zusammentreffend, sondern etwas nach vorne über- greifend und zuletzt zurückgebogen, die Mitte tangirend. Die Näthe von der mittleren Tangential- rosette an gerade, tief, scharf, selten nach oben durch den leistenartig und gerundet erhobenen, nach der Mitte zu etwas verbreiterten, hinteren Kammerrand verdickt. Die Mündung eine schmale Spalte, etwas unter der Mitte der Nabelseile der letzten Septalnath, nicht selten von einem lippenartigen? schmalen Vorsprunge überragt. Die Schale glatt, glänzend, mit Ausnahme der Septalflächen und des Randbandes, von sehr feinen, dichten, radialen Porencanälen durchbohrt, die nur selten und blos bei Jugendformen auf der Spiralseite etwas stärker werden.

Abänderungen. Mit Ausnahme der bereits erwähnten Verschiedenheiten und der etwas grösseren oder geringeren Dicke ist die vorliegende Form sehr beständig und nicht leicht zu verkennen.

Vorkommen. Ziemlieh vereinzelt sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Die vorliegende Form steht der RotaZina umbonata Rss. (Zeitschrift d. deutseh. geol. Gesellschaft. Bd. III, pag. 75, Taf V, Fig. 35) aus dem Septarienthone der Umgebung von Hermsdorf ausnehmend nahe und es wäre gar nicht unmöglich, dass sie mit derselben identificirt werden müsste, doch scheint sie sich durch die enteren Windungen der Spiralseite, den weit weniger, meist sogar gar nicht abgesetzten Rand der Unterseite und dessen weit geringere Schärfe, so wie die tangentiale Lage der Kammern daselbst, constant zu unter- scheiden.

ROT ALI A NITIDULA m.

Taf. VII. Fig. 110. Mittlerer Hauptdurchmesser 09 Millim.

T. lineis circumspiralibus , levibus vel undulate exsectis per latera camerafa loculorum, lateribus spirae humili, umbilici concamerato vel rotundate conico. Loculi a latere sjrirali medii plus minusve rotundati , colliformes, extra vix distineti; ultimo interdum et penultimo cireuitu artiores, plus minusve retroversi, raro radiati, supra marginibus plus minusve conspieuis, rotundatis, plerumqioe fornice ad dexteram sinistram, frontem prona; a latere umbilici loculi simplices radiati, plani, ad umbili- cum, non magnum, extra valde dilatatitm praeeeps et rotundate deeidentes. Shturae ah ambilico acutae, profundae, extra deplanatae. Frons septalis loculi ultimi directe decisa , plana , vel impressa. Apertura arta fissura. infra dilatata, in media inferiore

264: Dr. Conrad Schwager.

sutura septali. Putamen splendidum, leve, sulcrassum, tenuissimis, radiatis foramini- bus perforatum.

Typische Form. Das Gehäuse von kreisspiraligem , beinahe glattem, oder von den ge- wölbten Kammerseiten etwas wellenförmig ausgeschnittenem Umrisse; mit im Ganzen ziemlich niedriger Spiral-, dagegen hoch gewölbter, zuletzt meist wieder etwas verengerter oder gerundet konischer Nabelseite. Die Kammern auf der Spiralseite, in der mittleren Partie, mehr oder weniger gerundet hügelartig erhoben, äusscrlich nicht unterscheidbar; jene des letzten, seltener auch noch eines Theiles des vorletzten Umganges ziemlich schmal, mehr oder weniger nach rück- wärts gewendet, seltener beinahe radial gestellt; auf der Oberseite mit mehr oder weniger deutlicher, gerundeter, gegen den Rand gerückter Kante, meist sowohl nach rechts und links, als auch nach vorne abfallender Wölbung. Auf der Nabelseite die Kammern einfach radial, flach, blos bei älteren Individuen schwach gewölbt, gegen die nicht sehr grosse, nach aussen zuletzt rasch verbreiterte Nabelvertiefung, rasch und gerundet abfallend. Die Näthe auf dieser Seite vom Nabel an meist scharf, tief, nach aussen verflacht. Die Septalfläcbe der letzten Kammer senk- recht abgeschnitten, ganz flach oder selbst etwas eingedrückt. Die Mündung eine schmale, nach, unten meist etwas erweiterte Spalte in der Mitte der unteren Septalnath. Die glatte, glänzende Schale massig dick, von sehr feinen radialen Porencanälen durchbohrt.

Abänderungen. Mit Ausnahme der bereits erwähnten, haben sich bei den Formen dieser Art keine auffallenden Verschiedenheiten vorgefunden.

Vorkommen. Nicht selten sowohl in dem oberen als unteren Thone von Kar Nikobar.

Verwandtschaft. Eine unserer Art jedenfalls sehr nahe stehende Form ist die Rotalina Girardana Rss. (Zeitschrift d. deutsch, geol. Gesellschaft. Bd. III, pag. 73, Taf. V, Fig. 34, doch ist sie auf der Spiralseite weniger involut, die Kammern sind daselbst breiter und voll- ständig radial, was in diesem Grade bei der unseren niemals der Fall ist. Auch die Exemplare der Rotalia nitida Reuss (Böhmische Kreide. I. pag. 35, Taf. VIII, Fig. 32, Taf. XII, Fig. 20) aus den Mecronatenschichten der Umgebung von Traunstein zeigen eine sehr bedeutende Ähnlichkeit mit unserer Art und manche Individuen sind beinahe allein durch die etwas stärkere Involubilität auf der Spiralseite von derselben verschieden. Rotalia Soldanii d'Orbigny (Foraminiferes de Vienne, Taf. VIII, Fig. 10—12), die in der Involubilität der Oberseite unserer Art sehr nahe kommt, hat daselbst ebenfalls radiale Näthe, doch ist die Nabelfläehe deutlicher und breiter, als bei der Nikobarenform.

Fossile Foraminiferen von Kar Nikobar. 265

Übersicht der gewonnenen Resultate.

Fasst man vor allem die in der eben beschriebenen Foraminiferen-Fauna repräsentirten Arten ins Auge, so sind es besonders die Rhabdoideen, die in dieser Richtung weitaus am stärksten vertreten sind (durch 53 Arten), welches Ver- hältniss übrigens in der Wirklichkeit noch markirter hervortreten dürfte, da gerade die Individuen dieser Familie meist sehr zerbrechlich sind, und vollständige Exem- plare, die sich zur sicheren Bestimmung allein eignen, doch verhältnissmässig seltener gefunden werden. An diese Gruppe schliessen sich zunächst die Uvellideen mit 13 Arten, denen in absteigender Reihe die Polymorphinideen mit 10, die Cristellarideen und Globigerinideen mit 9, die Textilarideen mit 5, die Milioli'deen mit I, die Rotalideen mit 3 Arten, so wie die, jedoch blos durch eine zweifelhafte und sehr seltene Form repräsentirten Ovulitideen folgen. Ganz anders gestaltet sich dagegen das Verhältniss, wenn man die Individuenzahl zum Ausgangspunkte des Vergleiches nimmt. In diesem Falle sticht die Familie der Globigerinideen ganz besonders hervor, die wohl neun Zehntheile des, mit wenigen Ausnahmen blos aus Foraminiferenschalen bestehenden Schlämmrückstandes bildet; an diese schliessen sich zunächst die Rotalideen und Cristellarideen, so wie die Uvellideen und Rhabdoideen, an jene die Polymorphinideen und Textilarideen an.

Benutzt man nun die vorliegenden Daten um einen Schluss auf die Ver- hältnisse zu ziehen , unter denen die bearbeitete Foraminiferen-Fauna gelebt hat, so ergibt sich aus dem vorwiegenden Vorkommen der Globigerinen , so wie dem häufigen Auftreten der Cristellarideen und Rhabdoideen, dass, den bekannten Erfahrungen gemäss, die man in -Jetreff des Auftretens der Foraminiferen-Arten in verschiedenen Meerestiefen gemacht hat, die untersuchten Thone sich wohl in einer Tiefe von mehr als 40 Faden abgelagert haben. Auch auf einen ziemlich bedeutenden Salzgehalt an derselben Stelle der damaligen See lässt sich aus der

Novara-Expedition. Geologischer Theil. II. Band. 34

2 66 Dr. Co n r a d Sc li 10 age r.

durchschnittlich bedeutenden Grösse der vorkommenden Formen sehliessen, so wie auch die bei einem Theile derselben ziemlich bedeutende Schalendicke auf eine, vielleicht von Strömungen herrührende Bewegung des Wassers hinweist.

Was nun die geologische Stellung der untersuchten Schichten betrifft, so kommen bei deren Ermittlung vor allem die Quinqueloculina asperula Seguenza1) Bulimina inflata Seg. , Lagena appendiculata Williams on", Nodosaria consobrina d'< >rbigny sp., Cristellaria semilunaris Stäche, Sphaeroidina austriaca d'Orbigny. Globigerina bulloides d'Orb. und Orbulina universa d'Orb. in Betracht, die mit bereits von anderen Orten bekannten Formen identisch, oder nahezu identisch sind. Unter diesen sind es wieder Quinqueloculina asperula, Bulimina inflata und Cristel- laria semilunaris . welche die sicherste Identification zulassen und daher die besten Anhaltspunkte zu einem Vergleiche liefern, wozu bei -der ersteren Form noch liinzukommt, dass sie durch eine bedeutende Anzahl von Individuen repräsentirt wird. Quinqueloculina asperula und Bulimina inflata besehreibt Seguenza aus den Pleistocänschichten der Umgebung von Catania, auch findet sich letztere bei Coron- cina und an anderen Subappenin-Localitäten. Auch Cristellaria semilunaris Stäche stammt aus obertertiären Schichten des Whainagora- Hafens: es erscheint daher schon von dieser Seite wahrscheinlich, dass die untersuchten Thone jungtertiären Schichten angehören. Nimmt man noch dazu, dass Ilotalia Bengalensis und Calcarina Nicobarensis sich an der Küste von Kar Nikobar noch lebend finden, so gewinnt diese Ansicht noch an Wahrscheinlichkeit. Beinahe zur Evidenz gelangt sie jedoch dadurch, dass auch jene der bereits von anderen Orten bekannten Formen, die mit denen aus den Thonen von Kar Nikobar nahezu identisch oder ihnen doch nahe verwandt sind, beinahe durchwegs jung- oder wenigstens mitteltcrtiären Schichten angehören, wovon blos Uvigerina ptroboseidea m., Textilaria globifera Keuss und Botedia nitida Reuss eine Ausnahme zu machen scheinen, so wie sich auch nicht leugnen lässt, dass die vorliegende Foraminiferen-Fauna eine nicht ganz unbedeutende Ähnlichkeit mit jener der obersten Kreideschichten von Traun- stein besitzt. Was den zweiten Umstand betrifft, so lässt sich dieser wohl aus ähnlichen Faciesverhältnissen erklären und auch der erstere fällt bei näherer Betrachtung weg. Batedia nitida Rss. hat ebenso gut eine Anzahl nahe verwandter Formen, die bis in die Jetztzeit hinaufgehen; Textilaria globigera m. scheint sich

1 In der Beschreibung ist diese Form pag. 203 als Quinqueloculina rugosa d'Orb. angeführt, da mir Segnen za's Arbeit „Prime ricerche intorno Ai. Rizopodi fossili delle Argile pleistocoeniche dei d'intorni di Catania 1862" erst später zugänglich wurde; dessen Quinqueloculina asperula, die er pag. 36, Taf. II, Fig. 6 beschrieben und abgebildet hat, mit unserer Art vollkommen übereinstimmt. Möglicher Weise ist auch Quin- queloculina foeda Costa mit derselben identisch, doch gebührt Seguenza die Priorität, da er zuerst die^p Form kenntlich abgebildet und beschrieben hat.

Fossih Foraminiferen von Kor Nikobar.

267

trotz der bedeutenden allgemeinen Ähnlichkeit durch die Oberflächenbeschaffenheit eonstant von der Text, globifera Beuss zu unterscheiden und es bliebe blos jene, der üvigerina proboscidea m. so ähnliche Kreideform zurück, über deren Identität bei der Variabilität dieser Form blos der sehr genaue Vergleich einer grossen Individuenzahl entscheiden könnte. Überblickt man überdies die bearbeitete Fora- miniferen-Fauna im Ganzen, so hat dieselbe einen entschieden tertiären Charakter, wofür besonders das nicht unbedeutende Vorkommen der Miliolideen, so wie jenes von Dimorphina, Sphaeroidina und Orbulina spricht. Das Auftreten des Genus Pleurostomella. das bisher blos aus Kreideschichten beschrieben wurde, verliert da- durch an gegentheiliger Bedeutung, dass eine demselben zugehörige Art von Herrn Bergrath rubel in alpinen Eocänschichten entdeckt wurde und daher der Möglichkeit Baum gegeben ist. dass es auch noch in jüngere Tertiärschichten hinaufreicht. Alles dieses zusammengenommen bleibt wohl kein Zweifel, dass die bearbeiteten Thone jüngeren Tertiärschichten angehören und es bliebe nur noch die Frage zu lösen, ob die beiden Horizonte, denen die Proben entnommen wurden, sieh auch paläontologisch festhalten lassen. Im Ganzen sind die Faunen derselben beinahe identisch und es sind meist blos seltene Formen, die nicht in beiden Thonen gefunden wurden, doch unterscheidet sich der obere von dem unteren schon durch die relativ grössere Häufigkeit der Globigerinen, noch mehr aber durch das dem- selben ausschliesslich zukommende Vorkommen der Textilaria quatrilatera m.. die sich überdies in demselben durchaus nicht selten findet. Es genügt nun dieses einzelne Vorkommniss an sich allerdings noch nicht zu einer scharfen Trennung: sollte sich jedoch diese Erscheinung nicht blos als eine locale erweisen, so würde sie wohl schon auf eine geognostische Verschiedenheit hindeuten.

Die in den bearbeiteten Proben gefundenen Arten sind folgende

.1 taxophragmium magdalzdifor-

nie m.

sah ovale m.

Jaceratum m. Plecanium lyihostrotwm m.

laxatum m.

solitum m. Bigenerina Ntcobarensis m. Clavulina variabilis m. Gaudryina subrotundata m.

_ pavicula m.

soh'da m.

baccata m.

. uva m.

Bilncidina lucemula m.

murrhyna m. Qwinqueloculina asperula Seg.

eborea m. Ovulites? sp. Lctgena caepulla m.

graeilis Wi Hin m s o n.

formosa m.

seminiformis m.

castrensis m. Ftssurina staphyUearia m.

capillosa m. Nodosaria lepidula m.

arundinen m.

Nodosaria perversa m. deceptoria m.

inconstans m. maculata m. Hochstetteri in.

tympaniplectriformis m recta m. , fistuca m. pyrula d\) rb. ,. polystoma m. setosa m.

tholigera m.

tosta m.

glavdigena m. 34*

268 Dr. G. Schwager. Die fossilen Foraminiferen von Kar Nikobar.

Nodosaria koina m.

n

gomphiformis m.

»

Jioloserica ru.

n

subradicula in.

»

tortiata m.

r>

exilis m.

»

insecta in.

»

crassi'testa ru.

.-!

skobina m.

Tf

stimulea in.

7)

intertenuata m.

n

protuinida in.

»

fustiformis m.

»

tauricornis rn.

n

Gosta'i in.

n

hircicornua, m.

7)

hispida in.

»

eg « isetiforrn, is m

r>

Neugeboreni m.

y>

elegans d'Orb.

n

stiliformis m.

n

'iriicilesce-ns m.

Nodosaria brevicula in.

Adolphina d'Orb.

, subtertenuata m. Frondicularia foliacea m. Qlandulina labiata in.

.soM« m. Pleurostomella alternans in.

brevis m. Marginulina subcrassa m.

, subtrigona m. ( 'ristellaria perprocera m.

insolita in.

polita in.

Nicobar ensis ni.

caelata m.

Corona lunue btachc.

peregrina m. l'olymorphina labiata in. Bulimina inflata Seguenza. Uvigerina gemmaeformis in.

nitidula in.

crassicostata in.

Uvigerina hispida m.

proboscidea m. Sphaeroidina austriaca d'Orb.

murrhyna m. Dimorphina striata m. Textilaria globigera m.

,, praelonga m.

quatrilatera m. Boliiu'na pusilla m.

ligularia in. Globiger ina conglomerata m.

seminulina m.

bulloides m. Orbulina universa d'Orb. DiscOi-bina sacharina m. Planorbulina vulgaris d'Orb. Anomalina Wüllerstorfi m.

Bengalensis m.

cicatricosa m. Calcarina Nicobarensis tu. Rotalia flosculiformis m.

_ nitidula m.

Erklärung der Abbildungen.

Taf. I.

Fig. 1. Stylocoenia depauperata m. a Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Stuck der Oberfläche ver- grössert.

2. Anisocoenia crassisepta m. a Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Theil der Oberfläche vergrös- sert; e partieller Querschnitt; d partieller Verticalschnitt , beide vergrössert.

3. Prionastraea dubia m. ? a Ein Stück der Oberfläche in natürlicher Grösse; b ein Stück derselben vergrössert; c ein Stück des Längsschnittes vergrössert.

, 4. Favoidea Junghuhni m. a Ein Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Stück der Oberfläche ver- grössert; c partieller Verticalschnitt vergrössert.

5. Cycloseris nicaeensis Mich. sp. ? a Ein Exemplar in natürlicher Grösse, von oben gesehen; 6 untere Ansicht eines Bruchstückes in natürlicher Grösse; c vergrösserte obere Ansicht eines Segmentes.

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Erklärung der Abbildungen.

Taf. II.

Fig. 1. Madrepora Herklotsi m. a Ein Bruchstück in natürlicher Grösse, b vergrössert; c ein abgeriebenes

Fragment vergrössert. ., 1. Madrepora Duncani m. a Ein Bruchstück in natürlicher Grösse , b vergrössert; c ein abgeriebenes

Bruchstück vergrössert. 3. Polysolenia Hochstetteri m. a Ein Stück des Querschnittes in natürlicher Grösse; b ein Stück des

Verticalschnittes in natürlicher Grösse; c eine Partie des Quersehnittes, d eine Partie des Vertieal-

schnittes , beide vergrössert. , 4. Porites incrassata m. a Fragment in natürlicher Grösse; b ein Theil der Oberflache vergi-össert. 5. Litharaea affinis m. a Fragment in natürlicher Grösse; b ein Theil der Oberseite vergrössert;

c ein Stück der abgeriebenen Oberfläche vergrössert. 6. Dictyaraea mlcrantha m. a Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Theil desselben vergrössert.

Novara Exp. Geolog Thei] Bd II llcnls Korallen von Java

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Erklärung der Abbildungen.

Taf. III.

Flg. 1, 2. Dictyaraea micrantha rn. Älteste Stammstücke. Ein Theil der Oberfläche vergrößert. 3, 4,5. Dictyaraea anomala m. a Bruchstücke in natürlicher Grösse ; b ein Stück der Oberfläche ver-

grössert.

6. Aheopora polyacantha m. a Ein Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Theil seiner Oberfläche

vergrössert; c Verticalschnitt einer Sternzelle vergrössert.

7. Alveopora brevispina m. a Ein Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Theil der Oberfläche vergrössert; c Verticalschnitt einer Sternzelle vergrössert.

8. Alveopora hystrix m. a Ein Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Theil der Oberfläche ver- grössert ; c Verticalschnitt einer Zelle vergrössert.

9. Beaumontia inopinata m. a Obere Ansicht des Fragmentes, 6 Seitenansicht desselben, beide in natürlicher Grösse; c vergrößerte obere Ansicht einiger Sternzellen; d vergrösserte Ansicht eines partiellen Verticalschnittes.

10. Pocittopora Jenkinsi m. a Ein Bruchstück in natürlicher Grösse; b ein Theil der Oberfläche ver-

grössert; c ein Stück des Verticalschnittes vergrössert.

\nv,-n;i Kxj). (Jc()l(i;j. Tlicil. [id. II. licirCs. Korallen van Java.

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X

Erklärung zu Tafel IV.

Fig. 1 (a, b, c). Ataxophragmium magdalidiforme m pag. 193.

2 (a, b, <*). subovale m

3 (a, b, c). laceratum m 194.

4 (o, b, c). Plecanium lythostrotum m

5 (as, b). laxatum m r 195.

6 (a, b, c). solitum m

7 (a, ?>, c). Bigenerina Nieobarensis m . . „196.

8 (a, 6, c). Clavulina variabilis m ,,197.

9 (a, b, c). Gaudryina subrotundata m . . ,.198.

10 (o, b, c). paricula m

11 (a, b, e). solida m r 199.

12 (a, 6). baccata m 200.

13 (a, b). um m n 201.

14 (a, b, c). Biloculina lucernula (triloculine Varietät) .... „202.

15 (a, b, c). mwrhyna m n 203.

IG (a, b, c). Quinqueloculina asperula Seg. (siehe Anmerkung

pag. 266), im Texte Q. rugosa d'Orb

17 (a, 6). Biloculina lucernula m 202.

18 (a, fc, c). Quinqueloculina eborea m 204.

19 fc u. 19 c. Lagena formosa m „20 6.

19a u. 19ä\ Form mit unverdiekter Mündung. 207.

20 (a, b). caepulla m 205.

21a u. 216. gracilis AVilliamson „206.

(Schwager.)

.Ynv.ii.i Exp.. öe'olo« Thcil Bajid E. Schwager. Eoramirifferni von Kar SikoW.

TaflY

Aiimi ilrl . Klrohniavrr lilli .

Ulli u sSed i il k k.llof tr.Slaalsdmcl

Erklärung zu Tafel V.

Fig. 21. Lagena seminiformis m. . . . pag. "JOS.

22. castrensis m

23. Lagena? sp ,, 236.

24. Fissurina staphyllearia m. . . 209.

25. aapillosa m ,, '2 In.

26. Üvulites? sp , 205.

27. Nodosaria lepidula m. ... ., 210.

, 28. , m. . . .

„2 9. peroersa m 212.

30. .. deceptoria m. ...

„31. inconstans ra. . . . ,213.

32. ,, Hochstetteri m. ... 214.

„33. maculata in. . . .

34. , tympaniplectriformis 215.

.35. recta in 216.

36. fistuca m ,217.

„37. .... 216.

3.S. pyrula d'Orb. . . 217.

Fi.

3 9.

Nodosa/

Zu polystoma m. . .

Pag-

217

40.

77

setosa in

»

218

41.

n

tholigera in. . . .

77

42.

n

<osta m

»

2 1 9

43.

77

arundinea m. .

77

211

44.

77

..

»

45.

77

77

77

46.

••

glandigena in. . .

77

219

47.

n

koina in

77

220

48.

77

gomphiformis in. .

»

49.

n

holoseriea m.

77

221

50.

77

subradicula m. . .

77

2 2 2

51.

77

tornata in. .

7?

223

52.

•7

exilis in

»

53.

77

insecta m. . .

77

224

54.

77

77

55.

77

crassitesla in.

77

56.

n

skohtna m. . . .

w

225

ager.)

Xmaia Exp. Geolog. Thril. PkI.II.ScIiw.wi' Foraminiferen von KarXikolwn-

Xal>.Y,

.////,'/• ,/,•/ Stru/imauer liii.

/'/■m/1 ti. t//,-/r /ftif'ii Slaatedrackt

Erklärung zu Tafel VI.

Fig. 57. Nodosaria stimulea in.

58.

r>

intertenuata in.

n

59.

»

protumida m. . .

n

227

60.

V

fustiformis m. . . .

n

228

61.

7!

tauricornis m. . .

n

62.

n

229

63,

V)

n

230

64.

n

hircicornua m. . .

n

65.

V

n

231

66.

»

equisetiformis m. .

7)

67.

n

Neugeboreni m.

71

232

68.

»

elegans d'Orb.

7)

233

69.

7t

stiliformis m. . .

n

70.

V

gracilescens m. . .

n

234

71.

7)

n

72.

n

Adolphina d'Orb.

r>

235

pag. 226.

Fig. 73- Nodosaria Adolphina- sp. . . pag. 235.

74. subtertemiata m. . . -

„75. , sp 236.

7 6. Frondicularia foliacea in. . . ,

7 7. Glandulina labiata m. ... ,, 237.

„78. solita m ,

79. Pleurostomella alter nans ra. . ., 238.

j, öU. .

„81. brei-is m , 2 39.

82. Marginulina subcrassa m. . 240.

83. sublrigona m. . . .

,, 84. Cris/.ellaria perprocera m. . . 241.

85. insolita .... 242.

86. polita m

_ 87. ,, Nikobarensis m. . . 243.

(Schwager.)

Novara Rxp. Geploy". Tlieil.M.]] ScIiu-;i<j<t FWaiftiififVrrti \'on Kar Xikohar.

T.-il'.Y,

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Druck "<//:/'.//'//'«. ■i'/nii/.ri/ri/i ■■/•r/v.

Erklärung zu Tafel VII.

Fig. 88. Cristellaria caelata . 89. peregrina . .

,. 90. Polymorphina labiata

91. Bulimina infiata . .

,, 92. IJvigerina gemmaeformis 93. ,. nitidula . . 94. crassicostata . 95. .. hispida . . . r 96. ,. proboscidea .

97. Sphaeroidina murrhyna

98. austriaca . . ,. 99. Dimorphina striata . 100. Textilaria globiger a .

101. Bolii-ina pusilla . .

pag.

244.

2 15. 246.

247. 248.

249.

2 50.

251. 252. 254.

Fig. 102. Bolirina ligularia . .

103. Textilaria quatrilatera

104. praelonga . .

105. Anomalina Wüllerstorß

106. Discorbina sacharina

107. Anomalina Wüllerstorß

108. cicatricosa

109. liotalia fiosculiformis .

110. ,. nitidiila . .

111. Anomalina Bengalensis

112. Globigerina seminulina

r 113. conglomerata .

114. Calcarina Nicobarensis

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255

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259

n

256

n

255

261

1. Das unten gezeichnete Stück ist ein Schnitt durch das Oberende von Lagena formosa m., in der Richtung der Zusammendrückungs-Ebene. Der obere Schalentheil zeigt theilweise den siebartig durch- löcherten Rand des Gehäuses, oben ein Theil des Flügels, unten der Kammer, pag. 251. Yer- grösserung 16%.

2. Längsschliff durch die Mitte einer, ziemlich tief unten gelegenen, Schalenpartie von Dimorphina striata. pag. 251. Vergrösserung %.

3. Schliff von Calcarina Nicobarensis m., in der Richtung der Einrollungsebene, etwas über der Mitte genommen; mit den Poren der Aussemvände und den Interseptalcanälen. pag. 261. Vergrösserung * %.

4. Flächenschliff, unmittelbar unter der oberen Fläche von Anomalina cicatricosa m., zum Theil diese Fläche noch vorhanden; um die Durchbohrungen der Aussenwand zu zeigen, pag. 260. Ver- grösserung 30%.

(Schwager.)

Xoviir.t Exp ClTolou-.Theil. Band. ESdvwäger Foi-a imiiifcriii von Kar KTicobar.

Tab VII

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Autor dfl Strohmayer lith

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