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NORD- 1 NF» ('E.\TßAL- AFRIKA

ii) (K'ii Jahren 1S41) bis 1S55

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Dr. Heinrich Barth.

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Dr. Ileinr. liarth's

REISEN UND ENTDECKUNGEN

in Nord- und ( 'entral-Af rika.

Drilkr iband.

INHALT DES DRITTEN BANDES.

Kapitel I. Regenzeit in Kükaua 1851. S. 1.

Beschränkte pekuniäre Lage der Reisenden 1. Grenze der tropischen Regen in Bömu 3. Anfang der Feldbestellung in Kükaua 4. Plan, die östlichen Ufer des Tsäd zu besuchen 6. Overweg's Sorglosigkeit in Verarbeitung seiner Reisenotizen 8. Politische Verhältnisse im Su- dan 9. Hinfälligkeit des Reiches von Sokoto 12. Das Fest „'ATd el Fotr" in Kükaua 13. Die Reiterei von Bümu 15. Ankunft von Briefen aus £uropa 17. Lage der Reisenden in Bömu 18. Vorbe- reitung zur Reise nach KSnem 19.

KIapitel IL Zug nach Känem. 8. 21.

Aufbruch aus Kükaua 21. Der Diener Mohammed ben Ahmed 22. Ungünstige Nachricht von den USl&d Slimän 25. Nahrungsmittel der Bewohner des östlichen Seeufers 26. Nomadische Lager der Rinder- hirten 29. Ankunft in der Stadt 31. ilochzeitsfeierlithkeiten in Bömu 31 (Anmerkung). Der Fluss Komidugu 32. Der elek- trische Fisch im Flusse 33. Vereinigung mit Overweg und der übri- gen Reisegesellschaft 34. Ausflug nach der Mündung des Kom&dugu 35.

Übergang über den KomÄdugu 37. Die Stadt Bärua 38. Salz- bereitung an den Ufem des TsSd 41. Das Dorf NgÄgimi 42. Ver- ödung der Orte Läri und Wüdi 43. Kine Elephantenheerde am Tsäd 45.

Das Grenzdorf Beri 46. Verschiedene Strassen von Ngegiini nach Berl 48 (Anmerkung). Die Natronbecken am Nordufer des Tsäd 49. Unfall des Reisenden 50. Eine grosse Schlange 52. Ankunft im La- ger der UelSd Slimän 54.

Kapitel JH. Die Horde der üeläd Slimän. S. 56.

Frühere Schicksale der Horde 56. Grosse Niederlage der Ilorde durch die Tuareg 58. Die Horde kommt unter die Hoheit Börau's 59. AllmähUcher Verfall der Horde 60.— Audienz beim Scheich Rhet 61.

VT Inhalt des dritten Bandes.

Verhandlung über den Besuch des Bahhr el Ghasäl 62. Nächtlicher Tumult 64. Flucht einer Sklavin 6.5. Der Bit el Küma 67. Ab- zug eines Theiles der Horde nach Kükaua 68. Der Landbau in Kä- neni 69. Der Jude 'Abd-Allah 70. Der Tebu-Häuptling Hallöf 71.

Vergebliche Alarmirung des Lagers 72.

KAriTKL IV. Schitäti. Die östlichen begünstigtcrcn Thäler Kä- ncms. S. 74.

Abmarsch nach Osten 74. Der Bir el Fteim 75. Gedrückte Lage der Kanembü 76. Anerbietungen Hallüfs 79. Verhandlung mit Scheich Rhet 80. Fäki 'OthmSn 80. Das Thal B^rendö 82. Der Thalkesscl ToSder 83. Das Thal Schelükko 85. Das Thal Aghö 86.

Vorbereitung zum Kampfe 87. Raubgier der Trossbuben 89. Das Thal Gessgi 90.— Das Thal Ssigge-ssl 91. Das falsche Wadi el Gha- sÄl 93. Das Thal A'läli A'dia 95. Der Häuptling Keghdmma 96. Feindlicher Angriff 97. Besorgliche Lage der Reisenden 99. Rück- kehr in die Landschaft SchitSti 101. Das Lager am Brunnen Yegil 103.

Körperliche Erschöpfung des Reisenden 105. Verlegung des Lagers nach AmÄnko 107. Rückreise nach Kükaua 108. Ankunft in Kü- kaua 111.

Kapitel Y. Kriegsrüstungen gegen Mandara. S. 112.

Aufbruch von Kükaua 112. Das Lager bei Kükia 113. Charakte- ristik LÄmino's 115.— Das Lager bei Y5di 116.— Die Stadt Marte 119.

Lager bei Xla 120.— Die Stadt Diköa 122.— B6mu*s Verkehrswege mit Europa 123. Abschaffung des Sklavenhandels in Bomu 124. Die Schüa-Araber 125. Das Innere der Stadt Diköa 127. Ankunft 'Abd e' Rahmän's 128. Der Fluss Yiloe bei Diköa 129. Der Wochen- mirkt in der Stadt 131. Notiz über iiimba Ssämbo's Hecreszug 133. Geographische Kenntnisse der Bomauer 134.

Kapitel VI. Die Grenzlandschoften der Schüa. 8. 136.

Lager bei A'fage 137. Zuckergewinnung im Sudan 138. Lager bei Diggera; grosse Kälte 141. Stehendes Sumpfgewässer in Bomu 142. Die Gewässer um den Tsäd herum 143. Beilegung des Streites mit Mändara 144. Wilder Reis 146. Das Lager in derWildniss 147. Der Müssgu- Fürst A'dischen 149. Zug durch die Landschaft \Vo- lödje 150. Werth der Nadeln in dieser Landschaft 152. Eine Art wilder Katze, „ssümmoli'* 153.— Der Webervogel 154.— Dichte Wild- niss, von Elephanten durchzogen 155. Eintritt in das Land der MüssgTi 156. Kombehälter der Müssgu 158. Lager beim Müssgu- Dorfe K6rom 159. Verzeichniss der Müssgu-Herrschaften 160. Der M&llem Djömme 162. Audlena A'dischSn's beim Vezier 163. Poli- tiaeho IiSge der MÜBsgu 165. Oyerweg's Besuch bei A'dischlfn 167.

Lalialt des dritten Bandes. vii

Kapitel VJLl. Die Landschaft der seichten Sumpfgewasscr. Was- serscheide zwischen den Flüssen Benue und Schäri. S. 168.

Dm Dorf Bögo 168. Die Verbreitung der Delebpalme 1C9. Über- fall eines Mdssgu- Distriktes 171. Gänzliche Venv'irrung im Nach- trapp 173. Die Bomu-Kamcele 175. Xürpcrbildung derMussgu 176.

Äussere Erscheinung der Müssgu 178. Aufbruch gegen die Tü- buri 179. Zug gegen D4mmo 181. Das Dorf Dommo 182. Die Landschaft uro Denimo 185. Unterwerfung zweier Kirdi-Häuptlingc 186.

Priester bei den Mussgu 187. Düngung der Felder 188. Der Fluss von Lögonc 189. Ein Wasserkampf mit den Müssgu 191. Absendung eines Couriers nach Kükaua 192. Eine kleinere Khasia nach Südost 194. Der Sserbowel in der Landschaft Wülia 196. Die Wasserverbindungen zwischen dem Tsäd und Benue 198. Bück- kehr nach dem Lager 200. Hast am Xgäldjaro von Demmo 202.

Kapitel Ym. Rückkehr nach Boruu. S. 205.

Uohes Alter des Tabaksbaues in Central - Afrika 205. Blinde Alarmi- rung des Lagers 207. Prachtvolle Landschaft 208. Die Produkte des Müssgu-Landes 209. Benennungen des Rindes in den Central-Afri- kanischen Sprachen 210. Die Grenze von Wülia und Bärea 211. Lanze, gefunden in einem Dorfe der A'bare 212. Zeichnung einer an- geblichen Müssgucrin 213. Anfall des Heeres durch Bienenschwärme 214.

Ein erfolgloser Raubzug 217. Wahrscheinliche Lage der Herrschaft Füss 218. Eintritt in ödere Gegenden 219. Die zerstörte Residenz Bäga 221. Kornkammern und Gemächer in der ehemaligen Wohnung des KÄbischme 222. Erfolg des Heereszuges 224. Die Berghöhen von Wasa 227. Rückkehr nach Ngomu 229. Geographische Re- sultate des beendigten Zuges 2.30. Vorbereitung zu einem neuen Aus- fluge 231.

Kapitel IX. Abreise nach Baghirmi. Die Landschaft Kotokö.

S. 232.

Ausrüstung des Reisenden 232. Abreise von Ngomu 233. Ein SchBa-Araber wird in Dienste genommen 235. Das Dorf Kostäri 236.

Natrongehalt des Wassers 237. Gruppe von Euphorbien 238. Die Dörfer Dabua, GudjSri und HAkkum 239. Die Stadt Ngälä 240.

Die Stadt Ren 243. Der Distrikt Rdngana 244. Die Stadt A'fade 245. Die Städte des Reiches Kotok5 246. Eigenthümliche Antilopenart 247. Die Sümpfe um Kala herum 248.

I

Kapitel X. Die Pro\inz Logon. Logon birni. 8. 250.

Die Stadt Kala 250. Die Stadt Hülluf der Zauberer 252. Eintritt in das Stadtgebiet von Logön 253. Die Stadt Logon birni 254.

viii Inhalt des dritten Bandes.

Palast des Statthaitors 255. Audienz beim Keghimma 256. Audienz beim Sultan 257. Wohnung desselben 259. Persönlichkeit des Sul- tans 2t)0. Der Fluss von Lögone und seine Boote 261. Der Was- serkönig 262. Grosse Gastfreundlichkeit des Sultans 263. Beschif- fung des Plusses von Logone 264. Über die Flussnamen im Sudan 266.

Historische Notizen über Logone 269. Heutige politische Lage des Staates 271. Die Grosswtirdenträger des Reiches Logone 272. Pro- dukte und Industrie von Logone 21 ii, Das Volk und seine Sprache 274.

Kapitel XI. Die beiden Flüsse. Eintritt in Baghirmi. S. 276.

Abreise von Logone 276. Das Vorkommen des Rhinozeros im Su- dan 278. Ankunft an den Ufern des Schäri 279. Umtriebe Hadj Ahmed's 280. Übergang über den SchSri bei Mele 283. Eintritt in Baghirmi 285. Fauna der Landschaft 286. Gezwungene Rück- kehr nach MelS 287. Das Dorf Mele 288. Der Fluss SchSri 289.

Abreise nach BügomÄn 291. Die Dörfer MustafadjT, Biigari und MatuSri 292. Ankunft in Bügomdn 295. Der Marktverkehr in Bü- gart 296. Das Dorf Bäkadä und der Hadj Bü-Bakr Ssadik 299. Verwilderter Zustand des Landes 301. Kampf mit den weissen Amei- sen 302. Das Dorf Bäkadä 303. Äussere Erscheinung der Baghir- mior 305. Pilgerkarawane in BAkada 306. Handelsleute und Kara- wanen in Baghirmi 307. Feldbau bei B&kada 308. Antwort vom Vicestatthalter 309.

Kapitkl XII. Versuch, das Land zu verlassen. Verhaftung.

Endlicher Einzug in Mäsena. Mäsena's Eigenthümlichkei-

ten. S. 311.

Aufbruch von Bakadä 311. Ankunft in McSkori 312. Der Honig- kukuk 313.— Das Dorf KoUe-köUc 314.— Das verödete Dorf Mdrga 315.

Nachtlager in der Wildniss 317. Ankunft in Kokorotsche 318. Ungeheuere Ameisenhügel bei Mele 320. Ankunft in Mele 321. Verhaftung des Reisenden 322. Aufbruch nach Mäsena 324. An- kunft daselbst 327. Audienis beim Vicestatthalter 328, Der Pullo Fäki Ssämbo 330. Anderweitige Bekanntschaften 333. Lächerliche Botschaft des Vicestatthalters 335. Aberglaube der Baghirmier 337. Tauschmittel und Marktverkehr in Mäsena 338. Schwierigkeit des wei- teren Vordringens nach Osten 342. Marktverkehr in A'bu-Gher 343.

Kapitel XIII. Beschreibung der Stadt Mäsena. Ankunft des

Sultans. Endliche Abreise. S. 345.

Topographie der Stadt 345. Backsteinmauem im Sudan 346. Der Residenzpalast in Mäsena 347. Bauweise der Stadt 349. Arztliche Praxis des Roisenden 350. Die Frauen der Baghirmier 351. Hadj

Inhalt des dritten Bandes. u

Ahmed's Terdrttssliche Lage 353. Kampf mit den Ameisen 354. Kegcnmangcl 356. Rückkehr des Sultans 357. Der Paradezug des Sultans 358. ZuTorkoramenhcit des Sultans 361. Ankunft von Brie- fen aus Europa 362. Mangelhafte Ausrüstung mit Geldmitteln 364. Verdächtiger Besuch von Ilofleutcn 365. Beschwichtigung des Arg- wohns der Eingeborenen 367. Audienz beim Sultan 368. Weitere Verhandlung mit dem Reisenden 371. Zweite Audienz beim Sultan 372.

Tod Maina's BelÄdeml 373. Unfreundlichkeit der Städter 375. Marktpreise in Mäsefia 376. Endliche Beurlaubung des Reisenden 377.

Abreise von Mäsena 379.

Kapitel XIV. Überblick über die Geschichte von Baghirmi. ^Ulgcmciner Zustand des Landes und seiner Bewohner. S. 380.

Quellen zur Geschichte Ost -Sudans 380. Frühere Schicksale Ost -Su- dans 383. Gründung dos Reiches Baghirmi 385. Erste Herrscher von Baghirmi 387. Kampf Baghlrmi's gegen WÄdäi" 389. Unter- werfung des Landes unter Wddä'i 390. Erneuerter Angriff der Bor- nauer auf Baghirmi 392. Jetzige Lage des Landes 393. Natürliche Vorzüge Baghirmi's 395. Beschwerliche Verbindung des Landes mit der Nordküste Afrika's 396. Die Landschaft südlich von Baghirmi 397.

Die Nahrungsmittel des Landes 398. Flora Baghirmi's 400. Bewaffnung der Baghimüer 401. Verfassung und Beamtenthum 403. Das Abgabenwesen 404.

Kapitel XY. Rückreise nach Kükaua. Herrn Dr. Overweg^s Tod. 8. 406.

Abreise von Mäsena 407. Aufenthalt in Kokorotsche 409. Ankunft in A'-ssü 410. Übergang über den Schäri 411. Rast in einem Schüa- Dorfe 412. Übergang über den Fluss bei Logon 414. Ankunft in A'fade 415. Das Dorf VVangara 416. Sumpfige Niederung am Tsäd 417. Zusammenkunft mit Dr. Overweg und Eintritt in Kükaua 418. Audienz beim Scheich 419. Körperliche Entkräftung Overweg's 421.

Ernstliche Erkrankung desselben 423. Overweg's Tod 425.

Anilvng I, zur Käncm-lieisc. Beschreibung der östlichen Theile Känems nach Angaben der Eingeborenen. S. 429.

Die heutige Hauptstadt MÄö 430. Die Umgebung derselben 431. Die Umgebung des Tsäd 433. Itinerar von Mäö nach Täghghcl 433. Itinerar von Biri nach Täghghel 435. Der Bahhr el GhasÄl 437. Strassen vom Tsäd nach Burgu 443. Die Stämme der Tebu 444.

Uartb'B R«i»«ii. UI. **

^ Inluüt dett dritten Bandes.

Vn»*vn\. H. jsur Küiiem- Heise. Zusummcnstellung der geographi-

■aKvu \n^U»en, welche in dem „Diwan" oder dem Berichte des

luuou Alnued ben Ssofiya über des Königs Edriss Alaöma

^\'Ul/.u>^» von lk')mu nach Känem enthalten sind. S. 449.

^'VhU^v hVMaug 449.— Zweiter Feldzug 459.— Dritter Feldzug 4«1. - Niorirr FeWaug 464. Fünfter Feldzug 471. .— Letzter Feldzug 474.

XMiwti III, zum Mussgu-Feldznge. Bericht über die verschie- dem'n Uoitereiabtlieilungen , aus welchen das Bornu-Heer bei «lern Feldzuge nach Mussgu bestand. S. 476.

An II AN« lY. Städte und Dortschaften der Provinz Logen oder Kogonc. JS. 481.

Anhang V. Depesche von Lord Palmerston. S. 483.

Amian« vi. Abriss der Geschichte von Wadai. S. 485.

Aniianc; VII. Ethnographische Beschreibung von Wadai. S. 500.

AxiiANfi VIII. Die Regierung von Wadai. S. 510.

Anhang IX. Sammlung von Itinerarien zur Feststelhing der Topograi)hie Wadai's und Baghirmi's. S. 527.

I. Strassen von Mäsena nach Wära .527.

II. StraKisen im Inneren Wd<lAi*H 53.5.

III. Strassen im Inneren Bagliinni's .553.

BKiTrHSTi'CKK eines meteorologischen Tagebuches. S. 585.

In den Text eingedruckte Holzschnitte.

1. Kombehälter im Müssgu-Lande 158.

2. Dreizack, in einer Hütte der A'barc gefunden 212.

3. Knochen in der rntorlippc eines Müssgu-Weibes 2 LS. •1. Kornkammer in der Residenz zu Bäga 222.

5. Gnindriss derselben 222.

♦». Grundriss der Wohnung des Sultans von Logonc und des Keghämma 259.

7. Plan der Stadt Mäsena 345.

8. Eiserner Haken, im Dorfe Lägia in WädÄi verfertigt 544.

Inhalt de» dritten Bandes.

XI

A II s i c li t V 11.

1. Der Komädugu bei 'Ml.

2. Elephantenheerde am Tsäd 45.

3. Bir cl Fteim 75.

4. Henderl Ssigge-ssl 91.

5. Amsäkai, ein Kanenibü-Häuptling 110.

6. MÜ8go 171.

7. Ein Mussgu-Häuptling zu Pferde 179.

8. Das NjTÄldjam bei Deiunio 185.

9. Zeltenlager in Müsgo 206.

10. Wülia 208.

11. Wülia 212.

12. Das Innere einer Müssgu- Wohnung 222.

13. Lager bei Wanza 227.

14. Der Schäri bei Mole 283.

15. Der Kiuzug des Sultans in seinen Palast in Mäsena 358. IG. Logon birni 414.

K cl r t e 11.

Nr.

10. Karte der Route von Kükaua nach Känem, 11**" Sept. bis 14**" Not. 1851. Maassstab : Vi^oodooo.

11. Karte der Koute von Kükaua nach Müssgu, 25»"" Nov. 1851 bis 1***" Febr. 1852. Maassstab: '/boooqd-

12. Karte der Route von Kükaua nach Mäsena, .5**" März bis 21"**" Aug. 1852. Maassstab : Vgoooop-

\

I. KAPITEL.

Regenzeit in, Xükaua 185 1.

Ich hatte bei meinem Aufbruch nach Adamaua die Haupt- stadt Bornu's in bester Gesundheit verlassen; aber ich hatte von jener Reise die Keime ernstlicher Krankheit zurückge- bracht und der Aufenthalt in der Stadt, wenigstens zu dieser Jahreszeit, war nicht eben dazu geeignet, meinen Zustand zu verbessern. Gewiss würde es erepriesslicher für mich gewesen sein, wenn ich im Stande gewesen wäre, mich unverweilt nach einem gesünderen Orte zurückzuziehen; aber kleine, jedoch zur Zeit höchst wichtige Geschäfte hielten mich in Kükaua zurück.

Es war nöthig, die endlich angekommenen Waaren zu ver- kaufen, um uns irgendwie flott zu halten, indem.wir die drin- gendsten Schulden bezahlten und die zu weiteren Forschungs- reisen nothwendigen Mittel beschafften. Es fand sich Waare zum Belauf von 100 Pfund Sterling; da ich aber gezwun- gen war, die Artikel für baares Geld loszuschlagen, ergab sich ein beträchtlicher Verlust. Denn aller grössere Handel in diesen Ländern wird auf zwei- oder selbst dreimonatlichen Kj-edit abgeschlossen und am Ende geschieht die Zahlung nicht in baarem Gelde, sondern fast ganz allein in Sklaven. Gewiss ist es Bedürfiiiss für einen Reisenden, mit einör Aus- wahl solcher Artikel versehen zu sein, welche die Geschenke bilden, die er den Häuptlingen zu machen hat, und auch in vielen Landschaften in Ermangelung einer allgemein gültigen

Barth'« B*bM. 111. 1

J

2 I. Kapitel.

Landesmünze zum Austausche nöthig sind; aber für seine täglichen Bedürfnisse sollte der Reisende nicht auf den Ver- kauf von Waaren angewiesen sein. Allerdings ist es keine Frage, dass ein Europäer, der sich ruhig in einem Orte nie- derliesse und enge kaufmännische Verhältnisse mit den Ein- geborenen anknüpfte, eine grosse Menge interessanter Beleh- nmgen sammeln könnte, die der Aufmerksamkeit des stets umherwandemden Reisenden, dessen Zweck mehr in der Er- forschung entfernter Gegenden beruht, wahrscheinlich entge- hen würden. Aber auf der anderen Seite ist es in diesen Ländern schwierig, ja unmöglich, Handel mit ausgedehnter geographischer Forschung zu verbinden.

Überdies war ich gezwungen, meinen Freunden, um sie bei guter Laune zu erhalten, zahlreiche Geschenke zu machen, und hatte sehr häufig Anzüge nicht allein für sie selbst und ihre Frauen, sondern selbst für ihre Diener und Anhänger zu beschaffen, so dass. Alles zusammengenommen, die Mittel, die mir die Waaren im Werthe von 100 Pfimd Sterling ge- währten, nur sehr kurze Zeit ausreichen konnten.

Ich habe bemerkt, dass, als ich nach Kukaua zurückkehrte, der Anbau des Bodens noch nicht begonnen hatte. Wirklich war das ganze Land so versengt, dass es überaus schwierig war, hinreichend Futter für die Pferde zu finden; denn der ganze Vorrath trockenen Grases war verbraucht und frische Kräuter waren noch nicht zu haben. In meinen täglichen No- tizen findet sich die Bemerkung, dass ich am 5*««^ August 12 Rottel für ein Bündel trockenen Grases „kela kadjimbe" bezahlte, ein ungeheuerer Preis in diesem Lande imd völlig hinreichend, eine ganze Familie mehrere Tage zu unterhalten. Das aber war der ungünstigste Augenblick; denn in wenigen Tagen schoss frisches Gras auf imd befriedigte allen Mangel Da ich diesen Gegenstand einmal bespreche, muss ich auch erwähnen, dass das Gras von Kukaua' voll von Pennisetum diatichum „nglbbi" mit der stacheligen Samenkapsel

\

Regcnseit in Kükaua. 3

ist und Pferde aus anderen Gegenden gewöhnlich sehr schlecht dabei fahren, da sie einen Widerwillen dagegen haben, ihr Maul mit den kleinen Stacheln dieses Grases anzufüllen.

Der Regenfall war im Jahre 1851 sehr reichlich und ich bin sicher, dass er die von Herrn Dr. Vogel im Jahre 1854 gefun- dene Regenmenge bei weitem übertroffen haben würde, wenn er gemessen worden wäre. Es fielen allein während des Mo- nats August zwölf sehr bedeutende Regengüsse, die zusammen wahrscheinlich schon 30 Zoll überstiegen. Auch darf man nicht vergessen, dass der Regenfall in Eükaua nicht die Re- gel für eine weite Landschaft, sondern eine Ausnahme bildet, was dem gänzlichen Mangel an Bäumen imd an Anhöhen in der Umgegend zuzuschreiben ist. Ich bin daher der Ansicht, dass Herrn Dr. Vogel's Angabe*), die Linie tropischer Regen beginne erst südlich von Kükaua, mit einigem Vorbehalt zu verstehen sei; denn wenn er den Regen in der bewaldeten Landschaft in einiger Entfernung nördlich von der Hauptstadt, Z¥rischen Dau-erghü und Kalfluä, gemessen hätte, so würde er wahrscheinlich schon ein verschiedenes Residtat gefunden ha- ben. Gewiss versteht Herr Dr. Vogel hier unter tropischem Re- gen eine tropische Regenfülle und nicht den regelmässig wie- derkehrenden Regenfall, der durch die aufsteigenden Strö- mungen erhitzter Luft verursacht wird, und schliesst desshalb Eükaua von der Zone tropischer Regen aus, wie sich denn sicherlich die Hauptstadt Bömu's in dieser Hinsicht mehr der mittleren Regenmenge von Europa anschliesst. Es wäre aber grundfalsch, dies zu verallgemeinem und eine Linie südlich von Kükaua durch den Sudan oder selbst nur durch Bomu zu ziehen. Wie ganz anders muss der Regenfall auf dem Tsäd sein und wie g^nz anders selbst in den waldigen und sumpfigen Gegenden am Komädugu ! In der Nacht des S^^^ Au-

*) In einem seiner Briefe, der im Journal of Üie Royal Oeogr, Soc,, vol. XXV, 1S66, p. 241, abgedruckt worden ist.

4 L Kapitel.

gust fiel ein überaus heftiger Regen, der nicht allein unseren Hofraum unter Wasser setzte, sondern auch mein Gemach, das 72 Fuss tiefer lag und nur eine niedrige Schwelle hatte, in einen kleinen Teich verwandelte, was nicht wenig dazu beitrug, meinen fieberhaften Zustand sehr bedeutend zu ver- schlimmem, und wodurch auch der grösste Theil meines Ge- päckes verdarb.

Am 5^^^ August fiel zum ersten Male Regen, ohne von Ge- witter begleitet zu sein, während die Regenzeit im Allgemei- nen mit erschrecklichen Gewitterstürmen hereinbricht Der Überfluss an Wasser störte das üppige Dasein der „kanam galgalma", der grossen, ausgewachsenen und nicht larvenarti- gen Termiten, die so lange von unserem Zucker und anderen Vorräthen gezehrt hatten, und am 6ten August verschwanden sie alle auf einmal vom Boden und erfüllten die Luft als ver- gängliche geflügelte Geschöpfe, in welchem Zustand sie vom Volke „tsütsu" oder „dsüdsu" genannt werden und geröstet zur Nahrung dienen. Ihre Lebenskraft ist so beschränkter Natur und sie scheinen so schwach zu sein, dass sie sehr lä- stig werden, wenn sie in jeder Richtung auf den Mann und senie Nahrung fallen. Von jedem Schwärm dieser Insekten scheint nur ein einziges Paar bestimmt zu sein, den Tag schnellen Unterganges zu überleben; alle übrigen sterben eines gewaltsamen Todes.

Die Stadt fing jetzt an, einen von dem früheren ganz vei> schiedenen Anblick zu gewähren; aber während es erfreulich war, die Trockenheit gehoben, frisches Gras und junge Saat überall aufschiessen und die traurige Einförmigkeit der Ascle- j>ias gigantea verdrängen zu sehn, so waren doch anderer- seits die ausgedehnten Lachen, die sich überall in den Ver- tiefungen des Bodens bildeten, der Gesundheit keineswegs zuträglich, besonders da man an solchen Stellen allerlei Un- rath und krepirtes Vieh hinzuwerfen pflegte. Die Folge hienon war, dass meine Krankheit sich verschlimmerte, so

Regenzeit in Kdkaus. 5

sehr ich auch dagegen ankämpfte, indem ich mich durch kleine Ausritte so viel wie möglich in Bewegung erhielt. Man war jetzt überall bei der Feldarbeit beschäftigt, obgleich der Boden in der Umgegend der Stadt nach der mannichfalti^en BeschafiFenheit desselben keineswegs auf eine gleichmässige Weise bestellt und ein grosser Theil, welcher aus „ange" und „firki" dem feinen, schwärzlichen, fast sandlosen Humus besteht, dem Anbau des Wintergetreides (Holcus cemuus) „massakuä'^ vorbehalten wird.

Am 8^^ August gewährte die Landschaft ein sehr beleb- tes Schauspiel, indem die Domänen in Gaudnge von einer ' bei Trommelschlag arbeitenden grossen Anzahl Leute bestellt wurden. Diese Arbeiten dauerten bis zum 15*«» August, an welchem Tage Herr Dr. Overweg die Ehre hatte, dem Scheich von Bomu seine Büdduma-Freundc vorzustellen. Die ganze Natur war nunmehr zu ein(?m heiteren Leben erwacht: die Bäume trieben frisches Laub, die Jungen der Vögel wurden flügge. Ich beobachtete mit vielem Vergnügen den kleinen Haushalt einer befiederten Familie; derselbe enthielt fiinf Junge, von denen das älteste und kühnste am 12*^^ August seine Stärke zu versuchen anfing, während die vier anderen am 14ten zusammen ausflogen.

Heirathen finden um diese Zeit, wo die Getreidepreise hoch stehn, nur selten statt; die Ehen werden gewöhnlich nach der Ernte, wo das Getreide billig ist, geschlossen. Die lan- desüblichen Hochzeitsfeierlichkeiten sollen weiter unten be- schrieben werden.

Am 5*«> September erhielten wir die erste Probe von neuer weisser Negerhirse „argüm möro" , welches junge Korn, am Feuer geröstet, recht angenehm schmeckt, aber um diese Zeit für einen Leckerbissen gilt, indem man das neue Ge- treide in beträchtlicher Menge erst Ende Novembers oder An- fang Dezembers zu Markte bringt, nachdem die ganze Ernte, welche eine geraume Zeit in kegelförmigen Haufen ^^„bügga"

I

im Pf^lde ^Ipism hai:. pamsRdnmcibai ndtsr jjsSmdkr v^rt ist,

M(^m Frftnnrf, der V#»3di*r. ife«5eii wrssoxue Anfini hinftir.htlich nu*ini*r rjff*sundlißit ich anf da» Würmste k*>nn^n hftlv^. wüimohte ^far. das» ich wahrimd Begemnl n^ht in d^r ri^uh v^^rhleiben im'khte. mui da^erwiasle. dasB nns nj»in#*ntlirh vv>l dAran laff. die örtlichen ÜÄr des Taid- .'''=^/^'^ ani ^or^rh**n. vj lie?»» er mir am 11*™ Amnist meldm. ick If örm<* miriTn*=^hr den Bahhr el Ghasal b<?«icheii- ein Uiitefiidi- mf^, w^lche^ ^. wi^ bereits erwähnt, ünflingfirh fSr manög- Hfh f^kViirt. hatf/r. waren ron Kanem günstigere Nach- rif-ht/^n ^nflfftrofFen : da irh jedoch an einem anderen Orte 7r,n dr^m p«^»Iitisrhen Znstande dieses zerrütteten Landes und d^n fU,rf, imnnt^rbrrKthen wüthenden Kampfe zwbchen B&nn nT»d Vf^dii an^fnhrlirh^ sprechen werde, so bemerke ich hier r»Tir. dAft«? die ^f^fTsmürti^ im Sold des Yeziers stehenden Uelld HVrrufiri anf ihrf^m letzten Raubzuge emige Erfolge erlangt haf f^T» . wie (U-nn gerade an dem Tage memer Rückkehr von Ad;»rr»Äria f>ericbtet wurde, dass dieselben 150 Pferde nnd zfMrfvhf Kameele f.Tbentet hätten, was sich jedoch nadiher fiU nne j(r^/<<!*e t 'bertrf jibnng erwies.

V/^ W/ir nuH zwar der Charakter dieser Lente, welche ohne Tr^ij^ft /n d^^i ziigellosesten Räubern in der Welt gehören, rf'4)d ^iit bekannt; da es jedoch der ausdrückliche Wunsch fhr Ur'Mhvhc^} K#^giemng war, dass wir die Länder öst- lich nm See erkunden Holltcn, und da das dortige Grebiet vtfw fri^dlirlieri Vc-rkelir gänzlich ausgeschlossen imd vom Ifoniii-Mofe mAhni so gut wie aufgegeben war, so stand uns keifF nnd(*ri'r Weg offen, als unsere friedlichen Bestrebungen ffiif den w^üii^er heÜHanien dieser Horde zu vereinigen. Auch waren die Helfld Hlirnftn für derlei Verbindungen bereits eini- f^ernniwReti vdrbfreiiet, da Hie, während sie noch ihre grasrei- i\wu Wdlinwii/e an der grossen Syrte inne hatten, mit den Mnglllndern in öft^«re freundschaftliche Berührung gekommen

Plan, die östlichen Ufer des Tsad zu besuchen. 7

waren. Wir hatten um so weniger eine Wahl, da sämmtliche nordöstlich und östlich vom Tsäd liegenden Gaue gegenwärtig mehr oder weniger von Wädai, welches damals mit Bömu Krieg führte, abhängig waren und man uns gleich Anfangs erö&et hatte, es stehe uns frei, überall hinzugehn, nur nicht nach Wadai. Anstatt es mit eigener Bj-aft zu versuchen, die östlichen Gemarkungen von Känem seinem östlichen Ne- benbuhler wiederzunehmen, oder ihn doch wenigstens zu ver- hindern, sich daselbst festzusetzen, hatte es der Vezier ge- wagt, dazu die Überbleibsel des kriegerischen und dermalen heimathlosen Stammes der Ueläd Slimän zu verwenden. Zu dem Behufe hatte er mit diesen Arabern eine Vereinbarung getroffen und es übernommen, sie mit Pferden, Flinten und Schiessbedarf zu versehen. Um also diese ungastlichen Ge- genden, welche in Europa beträchtliche Aufmerksamkeit er- r^ hatten, zu besuchen, waren wir genöthigt, diese Gelegen- heit zu benutzen. Ich zeigte demnach am IG^en August dem Vezier an, ich sei bereit, mich zu den Ueläd Slimän in Borgu zu begeben, worauf er den Wunsch ausdiückte, dass auch Herr Dr. Overweg sich dem Zuge anschliessen möge, da der Aufenthalt in Kükaua während der Regenzeit sehr unge- sund sei

Herr Dr. Overweg war am 9^^^ August von seiner interes- santen Beschiffung des Tsäd nach Maduari zurückgekehrt In Hinsicht auf diese Fahrt wird es Jeder schmerzlich be- dauern, dass der kühne Reisende durch frühzeitigen Tod ver- hindert wurde, einen vollständigen Bericht über dieselbe zu liefern. Die von ihm hinterlassenen Materialien gestatten kaum, mehr davon zu sagen, als was schon Herr Dr. Petermann ^us ihnen zusammengestellt hat. Indem er in dem Englischen Boote, welches wir den ganzen Weg durch die unabsehlichen Sand- und Steinstrecken der Wüste hierher gebracht hatten, das seichte WaBserbecken des Tsäd befuhr, hatte er einen grossen Theil der Inseln besucht, welche in ihm zerstreut he-

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' 8 I. Kapitel.

gen und, zuweilen zu blossen Sanddünen beschränkt, zuwei- len zu weiten grasreichen Niederungen sich ausdehnend, eine Bevölkerung in ihrer eigenthümlichen nationalen Unabhängig- keit fristen, welche den Üben-est einer grossen, von den Ka- non fast ganz vertilgten Nation bildet. Es war eine kleine, in sich abgeschlossene Welt, mit der Herr Dr. Overweg so in Be- rührung gekommen war und von welcher wir allmählich nähere Kunde zu erlangen hoffen konnten. Seine Gesundheit war bei der Rückkehr vortrefflich, viel besser, als zur Zeit, wo ich zu- letzt wieder mit ihm in Kükaua zusammengetroffen war. Da ihm die triftigen Gründe, welche unser Freund, der Vezier, für seinen Wunsch hatte, dass wir während des letzten Theiles der Regenzeit nicht in den sumpfigen Niederungen bei der Hauptstadt verweilen möchten, sehr wohl bekannt waren, so willigte er ein, sich mir auf diesem gewagten Zuge nach dem Nordosten anzuschliessen.

Diese Gegenden hatten bereits bei unserer Abreise von Mursuk Herrn Dr. Overweg's besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Mit den unermesslichen Schwierigkeiten, welche der Bereisung dieser ungastlichen Strecken entgegenstehen, noch nicht vertraut, hatte er sich oft der trügerischen Hoff- nung hingegeben, einst mit unserem jungen Tebu- Bur- schen Mohammed el Gatröni die fruchtbarei;! und malerischen Thäler von Borgu und Uadjanga durchstreifen zu können. In dieser Beziehung sowohl, als auch wegen meines eigenen da- mals so geschwächten Gesundheitszustandes, welcher mir wäh- rend des Zuges nach Känem nur einen geringen Theil der mir angeborenen Energie Hess, ist es überaus zu bedauern, dass mein unglücklicher Gefährte, der sich nie recht bewusst zu sein schien, dass sein Leben in Gefahr sei, die Ungewiss- heit seiner Rückkehr in die Heimath nicht in Erwägung zog und einen Bericht über seine Forschungen ausarbeitete. Wä- ren alle von ihm nach und nach gesammelten Nachrichten und gewonnenen Anschauungen zu den meinigen hinzugekom-

Die politischen Verhältnisse des Sudan. 9

men, so würden diese Länder jetzt viel besser bekannt sein, als es der Fall ist Anstatt aber seine Mussestunden dazu zu be- nutzen, eine auch für Andere lesbare Abschrift seiner Notizen zu machen, liess er sie sänuntlich flüchtig mit Bleistift auf kleine Papierschnitzel geschrieben, so dass sie selbst für ihn nach Verlauf einiger: Zeit unlesbar werden mussten. Es ist Schade, dass das bedeutende Talent, welches Dr. Overweg be- sass, nicht mit einem mehr praktischen Wesen verbunden und ausschUesslicher den Studien, denen er sich gewidmet, zugewandt war.

Der politische Horizont des Sudan füllte sich damals mit bedeutungsvollen Ereignissen, welche theils wirklich, theils nur scheinbar von Wichtigkeit waren. Welche Vortheile auch Bomu aus seiner centralen Lage ziehen mag, so hat diese doch zugleich die Gefahr zur Folge, mit dem einen oder anderen seiner Nachbarländer in fortwährende Zwistig- keiten verwickelt zu werden. Und daraus ergibt sich, dass sich dieses Reich unter einer schwachen Regierung auf die Dauer nicht wird erhalten können; es muss entweder fort- während seine Eroberungen über die angi-enzenden Länder ausdehnen, oder es wird bald überwältigt werden.

Im Norden ist das Reich der 'Ossmanli, welches, obwohl im Lineren schwach und zerfallen, doch mit seinen aussen- liegenden Gliedeni Alles, was in seinem Bereich ist, zu er- greifen droht. Im Nordwesten sind die Tuareg, welche zwar nicht eine sehr bedrohliche einheitliche Macht bilden, aber bei jeder Gelegenheit bereit sind, ihre Beute zu erhaschen; im Westen das Reich von Sokoto^ von grosser Ausdehnung, jedoch unbeschreiblich schwach in Folge des ungeregelten Zustandes seiner nur locker vereinigten Provinzen und der kraftlosen Regierung eines friedlich gesinnten Fürsten, so dass gerade um diese Zeit der Statthalter einer Provinz die Flammen des Aufruhrs und der Empörung weit um sich her verbreitete, während ein anderer Lehnsträger im Süden des

10 L KapiteL

Reiches den Besitz der Länder, welche die jährliche Sklaven- zufubr liefern, streitig machte. Im Osten Bömu's dagegen liegt ein Reich, das, mit der jungfräulichen Stärke eines noch, barbarischen Zustandes begabt, die Keime grosser Macht- entwickelung in sich trägt, sofern es ihm gelingen sollte, die verschiedenartigen Elemente, aus denen es besteht, yoU- kommen zu bewältigen und ineinander zu verschmelzen, ich meine Wadäi.

Die Verhältnisse zu den 'Ossmanli waren zu der Zeit eigen- thümlicher Art. Wie wir in dem geschichtlichen Berichte über Bomu gesehn haben, umfasste dieses Reich vormals al- les Land bis Fesän, ja den südlichen Theil von Fesän selbst und sogar Wadän; aber seit seinem Verfalle während der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sind diese Gren- zen aufgegeben worden, wodurch die Verkehrsstrasse nach dem Norden meistens sehr unsicher wurde. Ein solcher Zustand der Dinge aber muss nothwendig überaus nach- theilig auf ein Land wirken, welches in vielfacher Beziehung auf die ihm von Norden her zufiiessenden Mittel angewiesen ist. Der Regierung des Landes muss es daher, da sie bei ih- rer gegenwärtigen Schwäche nicht im Stande ist, die Sicher- heit dieser wichtigen Verkehrsstrasse herzustellen, angenehm sein, wenn eine andere Macht ein solches Resultat herbei- fuhrt. Der Vezier erklärte daher in einer Unterredung, die ich nach meiner Ankunft im April mit ihm bezüglich der vorhandenen Aussichten auf einen geregelten Verkehr mit England hatte, es würde ihm sehr erwünscht sein, wenn die Türken Kauär und besonders Bilma in Besitz nehmen, bei den Salzgruben dieses Ortes ein Fort erbauen und in das- selbe eine Besatzung legen wollten, um die Tuareg von Air in Schranken zu halten und sie für alle auf der Fesäner Strasse vorfallenden Räubereien verantwortlich zu machen. In Folge dieser Mittheilung machte ich nun der Brittischen Regierung die Eingabe, sich bezüglich dieses Gegenstandes

Die politiBcben Verbftltnisse des Sudan. 11

mit der Hohen Pforte in Verkehr zu setzen, welches auch geschah.

Die Sache hatte jedoch für Borau auch ihre sehr bedenk- liche Seite. Man konnte fragen, ob die Türken, wenn sie sich einiQal in Bilma festgesetzt, nicht damit umgehen wür- den, sich auch das ganze Land der Tebu zu unterv^erfen. Ja, es war sogar zu befurchten, dass sie nur zu dem Behufe, ihre Herrschaft auszudehnen, dort festen Fuss fassen möch- ten. Als daher in Bomu die Nachricht ankam, es sei der ehrgeizige Hassan Baschä mit sehr ausgedehnten Yerhaltungs- befehlen wieder als Statthalter von Fesän eingesetzt worden, fühlte sich der ganze Hof von Bomu beunruhigt. Diese Nach- richt übte auf die Willigkeit des Scheichs und Veziers, mit der Englischen Regierung in freundschaftlichen Verkehr zu treten, einen gar bemerkenswerthen Einfluss aus.

Am 5*«n August waren sie nicht ijn Stande, ihre Besorg- niss zu verbergen, es möge eine zahllose Schaar von Eng- ländern ihr Land überströmen, nachdem ihnen einmal in Folge des jetzt von Ihrer Brittischen Majestät Regierung vor- gelegten Vertrages freier Zutritt gestattet worden sei; denn obwohl ihnen die Armuth ihres Landes im Vergleich mit Europa nicht unbekannt war, so pflegten sie dies doch mit- unter zu vergessen.

Am Nachmittag des 6*«» kam der Bote mit jener Nach- richt an und noch an demselben Abend Hess mir Hadj Be- schlr anzeigen, dass sie bereit seien, den Vertrag zu unter- zeicliuen. Bei späterer Gelegenheit drückten sie ihren eifri- gen Wunsch aus, die Englische Regierung möge es sich an- gelegen sein lassen, die Ausführung der ehrgeizigen Absich- ten des Statthalters von Fesän zu verhindern.

Ich hatte mich aber schon damals davon überzeugt, dass die nördliche Strasse durch die Wüste sich für den Euro- päischen Verkehr nicht eigne, und dass eine bequeme, meh- rere hundert Meilen in das Innere des Erätheiles hinein-

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12 I. Kapitel.

führende Strasse, welche nicht sehr weit südlich von Eano, dexa grossen Stapelplatze Inner -Afrika's, und nur 200 Meilen in gerader Linie südlich von Kükaua sich hinzieht, in dem Flusse Benue entdeckt worden sei.

Was das Reich von Sokoto betrifft, so fiel in jene Zeit ein Ereigniss, welches, während es einen augenscheinlichen Beweis von der Hinfälligkeit dieses ausgedehnten, aus weit- läufigen Provinzen bestehenden Reiches lieferte, sich für Bomu als überaus vortheilhaft erwies. Am Isten August traf näm- lich die Nachricht ein, dass Bo&ri oder Bochäri (der ver- bannte Statthalter von Chadedja, welcher diese Stadt mit bewaffneter Hand eingenommen und seinen Bruder getödtet hatte) einem sehr zahlreichen, aus den Streitkräften der Pro- vinzen Kanö, Bautschi, Katägum, Marmar und Boberu be- stehenden Heere, das Aliu, der Herrscher von Sokoto, unter der Führung seines Premierministers 'Abdu Gedädo gegen ihn gesandt, eine so entschiedene Niederlage beigebracht habe, dass mehrere Hunderte in dem Kom&dugu, dem grossen Flusse von Bomu, ihren Tod gefunden haben sollten. Im Frühjahre, während sich Herr Dr. Overweg in Göber aufhielt, hatten die Mariadaüa und Göberaüa einen sehr erfolgreichen Kriegszug nach S&nfara ausgeführt, und der Herrscher von Sokoto ver- mochte sich nicht anders an ihnen zu rächen, als dass er nach Kanö den Befehl sandte , meine Freunde, die Asbenaua, von deren Stammgenossen sich viele an jenem Zuge bethei- ligt hatten, aus der Stadt zu vertreiben. Dieser Befehl wurde denn auch ausgeführt, so dass nur der bekannte Kandake (derselbe, dessen Herr Richardson in der Beschreibung sei- ner früheren Wüstenreise so oft Erwähnung thut) durch die Vermittelung der Leute von Ghadämes in der Stadt bleiben durfte.

Die unmittelbare Folge dieser politischen Verhältnisse war, dass sich der Hof von Bomu bemühte, mit den Asbenaua oder den Tuareg vonAsben, mit welchen derselbe sonst kei-

Die politischen Verhältnisse des Bndan. 13

neswegs in gutem Einvernehmen stand, in freundschaftlichen Verkehr zu treten, und daher die im letzten Kriege gegen dieselben gemachten Gefangenen freigab. Das Bündniss dehnte sich bis Göber aus, und der eifrigste Wunsch des Veziers war, geradezu auf Kanö los zu marschiren. Die Er- oberung dieses grossen Stapelplatzes war das hohe Ziel, wel- ches sich der Ehrgeiz dieses Mannes vorgesteckt hatte; er besass jedoch dazu keineswegs hinreichende Thatkraft und Selbstbeherrschung. Der Statthalter jenes. Platzes aber, be- stürzt über den Sieg des Bochäri, welcher nun seine Raub- züge in diese reiche Gemarkung ungehindert auszuführen vermochte, vertheilte 60 Bemuse und 3000 Dollar unter die Mallemin, um sie zu bewegen, Allah für das Heil des Vaterlandes anzuflehen.

Wir haben oben gesehn, dass die Bornuesen ihren Bezie- hungen zu Adamaua eine feindliche Richtung gegeben hat- ten ; sie brauchten jedoch von dieser Seite nichts zu befürch- ten, da der Statthalter jener Mark mit den Angelegenheiten seines eigenen Landes vollauf zu thun hatte.

Ich füge hier nun noch ein Wort über Wadai bei; denn dies war die Seite, nach der sich die Blicke des Bornu- Volkes mit der grössten Besorgniss richteten. Vor 7 Jahren war Bomu beinahe von Waddi erobert worden; man suchte sich also auf jede Weise von dorther Kunde zu verschaffen. Aber auch von dorther lauteten die Nachrichten augenblick- lich günstig; denn obgleich sich das Gerücht von dem Tode des Sultans Mohammed Scherif als falsch erwiesen hatte, so bestätigte sich doch die Kunde, dass das Land mit den Abü- Ssenün oder Kodoyl in einen blutigen Bürgerkrieg gerathen und eine grosse Anzahl der cinflussreichsten Männer in dem Kampfe erlegen sei.

Indessen nahmen die Angelegenheiten in der Stadt ihren gewöhnlichen Lauf, nur dass das „'Aid el Fotr" oder „Ngu- meri aschäm^' (das die grosse jährliche Fastenzeit abschlies-

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14 * I. Kapitel.

sende Fest), wenn auch nicht vom Volke, welches we- nig Theilnahme zeigte, doch aber vom Hofe mit grossem Pompe begangen wurde. An anderen Orten, wie z. B. in Kanö, scheint das erwähnte Fest mehr volksthiimlich ge- feiert zu werden ; die Kinder . der Schlächter „masufau- tschi" in jener Stadt besteigen dann mehrere eigens für jenen Tag gemästete Ochsen, indem sie sich zwischen die Homer setzen und die Thierö vermittelst um den Nacken und am- Hinterbeine befestigter Stricke leiten. .Unter dem gemeineren Volke von Börnu dagegen betheiligte man sich an dem Feste fast nicht weiter, als dass man seine besten Kleider anlegte; auch ist es in grösseren Haushalten allge- meiner Gebrauch, dass man an jenem Tage den Dienern ein neues Hemd zum Geschenk macht.

Auch ich legte am Morgen meine beste Kleidung an, be- stieg mein Pferd, welches sich von den Anstrengungen der letzten Reise wieder ein wenig erholt hatte, wenn es auch noch keineswegs für eine neue derartige Untemehmimg geeignet war, und begab mich nach der Oststadt „billa gedibe" . Die grosse, von der Weststadt kommende Hauptstrasse war gedrängt voll Leute zu Fuss und zu Pferde, welche hin- und hei-wogten, Alle auf's Beste angethan. Es hatte vorher geheissen, dass der Scheich seine Gebete in der Moschee verrichten werde; es fand sich aber bald, dass er ausser- halb der Stadt beten würde, da starke Abtheilungen Reiterei zum Nordthore (der „tschinna yaläbe") hinausritten. Um zu hören, wo die Festlichkeit stattfinden solle, begab ich mich nach dem Hause des Veziers und traf ihn gerade, als er inmitten eines Schwarmes wohlgeputzter imd gut beritte- ner Anhänger herausgeritten kam.

Zugleich kamen aus verschiedenen Richtungen mehrere Züge Reiterei heran, bestehend aus einer Anzahl Schwadro- nen von je 100 200 Mann, jede von ihrem Hauptmann „kaschella'' gefuhrt; die ganze Mannschaft, besonders

Das Fest 'Aid el Fötr. 15

die schwere Reiterei, war in den prachtvollsten Anzügen. Die Reiter tragen meistens einen langen, dick wattirten Rock „degfbbir" ^ darüber mehrere Toben von verschiedener Farbe und mit allerlei Zierath, und ihre Kopfbedeckung be- stand in einem Helme „büge" ,.dem unserer mittelal- terlichen Ritter sehr ähnlich, aber von leichterem Metalle und mit den prahlendsten Federn geschmückt. Ihre Streit- rosse waren . insgesammt in Kriegszeug gekleidet, nämlich in dicke Decken „libbedi" , welche aus verschieden- artig gestreiftem Zeuge gefertigt waren und aus drei Thei- len bestanden; die Füsse derThiere blieben unbedeckt, wäh- rend der Kopf vom mit einer Metallplatte sowohl beschützt, als auch geschmückt war. Andere trugen einen Panzer, von welchem eine Art „ssillege'^ und eine andere „komä- komi-ssübe" genannt wird. Bei der Schilderung des Müssgu- Zuges werde ich Gelegenheit haben, diese Heergattung dar- zustellen.

Die leichte Reiterei trug nur je zwei oder drei hell-schim- memde Toben und kleine Mützen von weisser oder anderer Farbe ; die Offiziere und begünstigteren Diener jedoch waren mit Bemusen von feinerem oder gröberem Zeuge angethan, die malerisch so über die Schultern geworfen waren, dass man das reiche Seidenfutter am meisten zu sehn bekam.

Alle diese stolzen Schwadronen, in welchen gar viele herr- liche Pferde prunkten, zogen nach dem Nordthore der Billa gedibe, während die Reiterbedeckung des Scheichs selbst, welcher noch in der Weststadt geblieben war, von Südwest herkam. Diese letztere Truppe gewährte, wenigstens in der Femsicht wie bei theatralischen Vprstellimgen , einen wahrhaft grossartigen Anblick. Den Zug eröfl&iete eine An- zahl Reiter; dann folgten die Livree-Sklaven des Scheichs, mit Flinten bewafinet, und zuletzt kam der Scheich selbst, als Zeichen seines priesterlichen Standes mit einem weissen Bemos angethan, welcher sehr schön gegen seine Kopfbe-

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kleidung, einen dunkelrothen Shawl, abstach. Hinter ihm folgten vier prächtige Schlachtiosse , mit seidenen Decken von verschiedenen Farben behangen, das erste Streitross mit Weiss und Gelb, das zweite mit Weiss und Brami, das dritte mit Weiss und Hellgrün und das vierte mit Weiss und Kirsch- roth. Dies war unstreitig der interessanteste und bemer- kenswertheste ITieil des Aufeuges. Nach den Pferden folg- ten die vier grossen Fahnen „äläm" des Scheichs nebst den vier kleineren der Musketiere, imd eine zahlreiche Schwa- dron Reiterei schloss das Ganze.

Mit dem Zuge des Scheichs vereinigten sich nun die an- deren Corps und das ganze Heer zog in der Richtung von Dau-erghü ungefähr 1 Meile weit vor die Stadt hinaus. Hier schlug man das Zelt des Scheichs auf, welches aus einer sehr weiten, blau imd weiss gestreiften Kuppel imd aus zur Hälfte weissen, zur Hälfte rothen Vorhängen bestand; die letzteren blieben halb geöffnet und gestatteten einen Blick über das Ganze. In diesem Zelte verrichteten der Scheich, der Vezier und die Grosswürdenträger ihre Gebete, während die zahlreiche Mannschaft zu Pferde und zu Fuss sich höchst grossartig und malerisch im Felde umher gruppirte.

Ich umwanderte indessen die interessanten Gruppen imd suchte die Stärke der verschiedenen Abtheilungen zu zäh- len. Das Resultat befriedigte zwar nicht die hoch ge- spannte Erwartung, welche man in mir erregt hatte; doch waren mindestens 3000 Mann Reiterei und 6- bis 7000 Mann Fussvolk, das letztere zum Theil nur mit Pfeil und Bogen bewafl'net, auf dem Platze. Die Menge der Zuschauer war ebenfalls sehr gross.

Die Ceremonie dauerte nicht lange ; bereits um 9 Uhr rief die „ganga^' die Anfuhrer zum Aufsitzen, und die dichte Menschenmasse zertheilte und schaarte sich in verschiedene Abtheilungen. Der Zug nahm seinen Weg um die Nordwest- ecke der Oststadt und betrat dieselbe durch das Westthor;

Das Fest Aid el Fotr. 17

bei dem grossen Gedränge stand ich jedoch davon ab, vom Scheich Abschied zu nehmen, mid wandte mich daher in Begleitung von zwei sehr ritterlichen und wohlberittenen jungen Arabern aus Ben-6häsi langsam über den sich zwi- schen beiden Städten ausbreitenden freien Raum zurück und machte in einiger Entfernung von dem Ostthore der Weststadt Halt, um die Kaschella's, welche in diesem Stadt- theile wohnen, vorbeikommen zu sehn.

Es waren ihrer 12 oder 13, aber nur wenige von ihnen befehligten über 100 Mann Reiterei ; am stattlichsten zeigten sich Fügo 'Ali, 'Ali Marghi, 'Ali Dendal, 'Ali Ladän, Beläl, Ssälah Kandä und Djerma.

Es fiel auf, dass kein Schüa zum Feste gekommen war; aber ich glaube, sie thun. dies überhaupt selten ; nur mitun- ter kommen sie zum „'Aid el Kebir" oder „Ngümeri laiäbe". Es ist bemerkenswerth, dass auch dieses kleinere Fest hier mit so viel Glanz gefeiert wird, was sonst im Mohammedanischen Sudan nur bei der „Laia" der Fall ist; dies rührt vielleicht von Egyptischen Einwirkungen her; denn der Gebrauch ist wenigstens so alt, wie die Zeit des Königs Edriss Alaöma. ' Ich hatte die unaussprechliche Freudö, durch den am 6^^ August angekommenen Boten ein beträchtliches Päcktchen Briefe aus Europa zu erhalten. Insgesammt enthielten sie Versicherungen sowohl von dem grossen Interesse, das man allgemein an unserem Unternehmen nahm so wenig Nä- heres auch von unseren bisherigen Schritten noch bekannt geworden war , als auch davon, dass Mittel geschafft wer- den sollten, die uns befähigten, imsere Reisen fortsetzen zu können, ohne gar zu grosse Entbehrungen zu erdulden.

Ich sammelte daher den kleinen Rest der mir bei meinem kränklichen Zustände verbliebenen Energie und beendigte den Bericht über meine Reise nach Adamaua. Diese Arbeit, so kurz sie auch war, verursachte mir zwar viele Schwierig- keiten, wurde aber auch, zusammen mit der Nachricht von

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18 I. Kapitel.

Herrn Dr. Overweg's glücklicher Beschiflfung des Tsäd, am S^^ August abgesandt und in Europa mit gi'ossem Beifall aufge- nommen. — Mit den Briefen und einigen Exemplaren des Malteser „Portfolio" erhielt ich auch etliche Nummern des Londoner „Athenaeum", welche mir ganz besondere Freude machten.

Im Allgemeinen war unsere Lage in Bömu nicht eben übel. Wir standen im freundschaftlichen Vernehmen mit der Regierung, wurden vom Volke im Allgemeinen nicht nur geduldet, sondern selbst hochgeachtet, und sahen einen un- ermesslichen, ebenso interessanten", wie nützlichen Wirkungs- kreis vor unseren Augen aufgethan. Abgesehen von dem Klima, war nur Ein misslicher Umstand vorhanden; dieser be- stand nÄmlich darin, dass unsere Mittel zu beschränkt waren, um uns vom Scheich und seinem Vezier ganz unabhängig zu machen; denn die uns bis jetzt zugekommenen kldnen Hilfs- summen waren nicht für unsere Bedürfnisse hinreichend und gar bald dahin. Kaum waren wir im Stande, uns durch unseren Kredit aufrecht zu erhalten und die unumgänglich- sten Bedürfnisse zu decken. Herr Dr. Overweg hatte vom Scheich ein sehr schönes Pferd erhalten und war ausserdem noch genöthigt gewesen, eine Anzahl Toben anzunehmen, welche er dann' unter die Büdduma- Häuptlinge verschenkt hatte, und Scheich und Vezier betrachteten ihn beinahe als in ihren Diensten stehend. Er verlor daher mit der Repa- ratur oder vielmehr mit dem Versuche der Reparatur ihrer Uhren und dergleichen Dingen unendlich viel von seiner kost- baren Zeit, und um gegen den verstorbenen Reisenden ge- recht zu sein, müssen wir diese eigenthümliche Lage, in der er sich befand, wohl in Anschlag bringen. Solche Dienste hatte ich gleich von Anfang an abgelehnt und wurde daher als minder nützlich betrachtet, so dass ich oft den Vorwurf zu hören hatte: „'Abd el Kerim faidansse bdgo", „'Abd el Kerim ist zu nichts nütze". Selbst ich war jedoch keines-

Lage in Borna. 19

wegs von dem Wohlwollen des Scheichs und Veziers unah- hängig und hatte Alles, was ich besass, aufzuopfern, um von Zeit zu Zeit ihre Gunst durch ein kleines Geschenk neu an- zufachen.

Das Pferd, welches sie mir bald nach meiner Ankunft ge- schenkt hatten, erwies sich als unfähig für solche Strapazen, wie sie mit einer langen Reise verknüpft sind, und dasjenige, welches ich vor meiner Adamaua- Heise gekauft hatte, war zu sehr erschöpft, um bald wieder eine andere Reise mitma- chen zu können, und nachdem ich nun zwei andere Kameele gekauft und mich sonst für einen neuen Zug ausgerüstet hatte, vermochte ich bei meinen gegenwärtigen beschränkten Mitteln nicht, mir auch noch ein gutes Pferd zu verschaffen. Indem ich mich daher dessen erinnerte, was mir der Vezier bezüg- lich des ersten Pferdes bemerkt hatte, liess ich ihn wissen, er würde mich sehr verbinden, wenn er mir ein Pferd zum Geschenk machen wollte. Er war wirklich so freundlich, mir vier Thiere zu senden, um eins davon auszuwählen; da mir jedoch keines von allen gefiel, nahm ich kein einziges, indem ich ihm einfach bemerkte, es sei unmöglich, unter vier Gäulen „kadara" ein Pferd „fir" auszu- wählen. Dieser Wink wurde nach einiger weiteren Ausein- andersetzung von meinem Freunde verstanden, und er sandte mir am Abend des 7*en September ein Thier aus seinem eigenen Stalle, welches mir denn auch auf meinen vier fol- genden Campagnen ein treuer und edler Gefährte war, bis es im Dezember 1854, auf meiner Heimreise von Timbuktu, in Kanö nebst einem seiner Gefährten von einer gefährli- chen Krankheit dahingerafft wurde.

Dieses Pferd war überall, wohin mich in der Folge meine Wanderungen führten, bei allen hohen Personen, vom Sultan von Baghirmi an bis zu den Häuptlingen der Tademekket und Auelinmiiden bei Timbuktu, ein Gegenstand des Neides ; seine Farbe war ein eigenthümliches Grau, schön leoparden-

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20 L Kapitel.

artig gefleckt. Die Kanöri stimmteQ bezüglich des auf das- selbe anzuwenderiden Namens nicht überein; Einige nannten es „scheggarä", während Andere glaubten^ ihm gebühre der Name „keri ssassarandi". Das Thier war sehr lebhaft und liebte es, seine schöne Figur auf's Vortheilhafteste zu zeigen, wie denn die Bomu-Pferde überhaupt sehr feurig" und unruhig sind. Es war ein vortrefflicher „kerl-ssa", d. h. es hatte einen sehr schnellen Schritt, bis letzterer, wie dies nur zu oft der Fall ist, durch das Reisen in Gesellschaft von Kameelen ver- dorben wurde; aber wegen seines muthwilligen Wesens ward ihm oft der Vorsprung abgewonnen. Von seiner Stärke legt die Länge der Reisen, welche es als mein treuer Gefährte zurücklegte, einen vollständigen Beweis- ab, besonders wenn man den kriegerischen, wissenschaftlichen und Zehrvorrath in Anschlag bringt, den ich stets bei mir führte. Es war ein „ngirma", jedoch nicht von der grössten Höhe, und Herrn Dr. Overweg's Pferd war beinahe eine halbe Hand höher; aber während das meinige an Gewandtheit einem Löwen glich, var das seinige schwerfällig wie ein Hippopotamus.

Im Besitze eines solchen Pferdes rüstete ich mich frohen Muthes für meine neue Fahrt, welche ich in dem doppelten Lichte eines Unternehmens für die Zwecke der Wissenschaft und einer Gesundheitsreise betrachtete; denn meine Körper- kräfte drohten in dem ungesunden Klima von Kükaua zu erliegen. Ausser zwei Tesäner Burschen hatte ich noch zwei zu den Ueläd Slimän gehörige Araber, Namens Bü-Sed imd Hossen ben Här, in meine Dienste genommen.

n. KAPITEL.

Zug nach Kaneni. .

[Dannerstag, 11^^ September 1851,] Ich hatte mich ent- schlossen, die Stadt vor den Arabern zu verlassen, um Zeit genug zu gewinnen, während der ersten Tage langsam reisen zu können. und so meinen geschwächten Körper, nach einer 40tägigen Ruhe in der Stadt, wieder, allmählich an die Be- schwerden eines anhaltenden Marsches zu gewöhnen. Ich hatte mich mit hinreichendem Mundvorrath versehen, na- mentlich mit Summita, Dueda (Nudeln), Mohamssa (aus Waizen bereiteter grpbkömiger Kusskuss) und Näkia (eine Art Kuchen, aus Reis, Butter und Honig bereitet), von jedem zwei Häute voll. Alles dies wurde nebst dem ge- ringen Grepäck, welches ich auf dieser Fahrt mitzunehmen gedachte, in zwei lederne Säcke „keua" gesteckt, welche die Last meiner beiden Kmeele bildeten.

Nachdem ani Morgen Alles bereit war, begab ich mich zum Vezier, um von ihm Abschied zu nehmen und mit mei- nem früheren Diener Mohammed ben Bü-S&d, dem ich 35 Dollar schuldete, abzurechnen. Hadj Beschir war wie gewöhn- lich freundlich und liebenswürdig; was aber meinen frühe- ren Diener betrifft, so musste ich ihm, da ich nicht einen einzigen Dollar in baarem Gelde besass, eine AnweisiUig von 75 Dollar auf Fesän ausstellen. Wir hatten auch eine lange Auseinandersetzung bezüglich der beträchtlichen dem Fesä- ner Kaufmann Mohammed e' Ssfäksi schuldigen Summe, und

22 n. Kapitel.

da es unmöglich war, diese Angelegenheit auf der Stelle zu ordnen, so sah ich mich genöthigt, ihre vorläufige Abschlies- sung Herrn Dr. Overweg zu überlassen; denn ihre endliche vollkommene Entledigung fand diese widerliche Geschichte erst nach Ablauf des folgenden Jahres.

Wie denn dergleichen Dinge den Reisenden seiner besten Stunden und halben Thatkraft zu berauben pflegen, so hat- ten alle diese unangenehmen Geschäfte auch meine Abreise so lange verzögert, dass gerade die Sonne unterging, als ich zum Stadtthore hinausritt. Meine kleine Reisegesellschaft war noch. sehr unvollständig; denn als ich in die hohen, wogenden Hirsengefilde, welche die kleine nördliche Vorstadt gänzlich den BUcken entzogen, hinaustrat, fand sich nur ein armer junger Mann, den ich eigentlich gar nicht einmal gemiethet hatte, als mein Gefährte vor ; die drei anderen von mir gemie- theten Diener waren unter diesem oder jenem Vorwande zu- rückgeblieben. Der Bursche, welcher sich zur rechten Zeit eingefimden hatte, war Mohammed ben Ahmed aus Fesän. Ich hatte denselben schon im verflossenen März (es war in Güm- mel) fiir 2 Spanische Dollar monatlich zu miethen gewünscht oder vielmehr wirklich gemiethet; aber die Ssuakena, seine Gefährten in der Kafla, mit welcher er soeben von Norden gekommen war, hatten ihm davon abgerathen, in die Dienste eines Christen zu treten, so dass er sein Wort brach und, mit jener Kafla seine Reise fortsetzend, mich mit nur einem einzigen brauchbaren Diener im Stiche liess. Er hatte aber inzwischen Zeit gehabt, sein unwürdiges Verfahren vollkom- men zu bereuen; denn er war in Eanö an den Rand des Grabes gerathen und dann, von seinen früheren Freunden verlassen, im grössten Elende nach Kükaua gekommen. Da hatte er mich denn um Verzeihung und Mitleid gebeten, so dass ich ihm nach einiger Einrede zu bleiben erlaubte, ohne ihn jedoch zu miethen. Erst nachdem ich in der Folge seine Anhänglichkeit zu mir erkannte, erhielt er von mir

Abreise nach Kanem. 23

monatlich 1 Dollar; 2 Dollar bekam er erst nach meiner Abreise von Sinder (im Januar 1853), auf meinem Timbuktu- Zuge, wo ich genöthigt war, allen meinen Leuten höheren Lohn zu zahlen. Es war also dieser Bursche, der mir, als ich auf dem Känem-Zuge die Stadt verliess, mit meinen ^beiden Kameelen folgte.

Alles umher zeigte Fruchtbarkeit und Wachsthum, gbgleich die Umgegend der Hauptstadt keineswegs das schönste Ackerland Bömu's begreift, und durch die frische in der freien Natur wehende Abendluft gestärkt, zog ich fröh- lich dahin. Ich hatte, den östlichen Pfad eingeschlagen und sah mich vergebens nach einer zum Lagerplatz geeigneten Stelle um. Endlich erblickte ich zwei von meinen zurückge- bliebenen Leuten und fand auch zugleich links vom Wege auf etwas ansteigendem sandigen Bo^en einen Platz, wo wir imser Zelt bequem aufschlagen konnten. Ich war froh, der Einförmigkeit und Enge der Stadt enteilt zu sein; denn nichts in der Welt macht mich so glücklich, als eine weite offene Landschaft, ein bequemes Zelt und ein schönes Pferd. Ich hatte jedoch keineswegs ein ganz behagliches Lager; denn weil ich es vergessen hatte, mein Zelt zu schliessen, wurde ich so sehr von den Mücken belästigt, dass ich fast nicht schlafen konnte. In Folge der Nähe des See's fiel in der Nacht ein so starker Thau, dass das Zelt am Mor- gen ganz nass war, als ob es in's Wasser getaucht worden wäre.

[Freitag, 12^^ September.] Ungeachtet dieser Unbe- quendichkeiten erwachte ich am Morgen mit frohem Herzen und kümmerte mich wenig um die Fliegen, welche, den nächtlichen Quälern, den Mücken, folgend, mich nun anzu- greifen kamen. Ich Hess mich vor dem Zelte- nieder, um mich meiner Freiheit zu erfreuen. Es war ein schöner Mor- gen, und ich blieb stundenlang sitzen, im ruhigen Genüsse der einfachsten Landschaft denn der See im Osten war

24 IL Kapitel.

nicht sichtbar und kaum ein einziger Baum belebte die Ge- gend — ; aber die tiefe Stille, welche in der Natur herrschte, athmete solche Heiterkeit und Zufriedenheit, dass ich mich ebenso glücklich wie gestärkt fühlte. Ich dachte gar nicht daran, zu schreiben oder zu studiren, sondern verträumte den ganzen Tag. Am Abend erscliien auch der dritte von meinen Leuten; er brachte eine Zeile von Herrn Dr. Over- weg mit, an mich adressirt, mit der Aufschrift; „m campo caragae Aethiopiensis^ („karäga" heisst „Wil^niss").

[Sonnabend, 13^^ September,] Im Laufe des Morgens, nachdem der Thau einigermassen abgetrocknet war, beschloss ich, mit meinem Lager eine kleine Strecke weiter vorzu- rücken, musste jedoch einen mehr westlichen Pfad einschla- gen, wegen der vielen sumpfigen Lachen, die sich am Ende der Regenzeit in der Einsenkung am Fusse der Hügel von Dau-erghü gebildet hatten. Der Pflanzeuwuchs ist während dieser Jahreszeit selbst in diesem einförmigen Striche reich zu nennen.

Nachdem wir endlich die Korn- oder vielmehr Hirsenge- filde von Dau-erghü erreicht hatten, erstiegen wir bald die Sandhügel, wo sich die ganze Beschaffenheit der Landschaft änderte; denn Dum -Gestrüpp höi^te fast gänzlich auf und Retem (Spartium junceum oder monospermum) ward der ge- wöhnliche botanische Schmuck des Bodens überall da, wo . der Ackerbau eine Stelle frei gelassen hatte, während reich- belaubte Mimosen die Einförmigkeit des Ackerlandes unter- brachen. Nachdem ich mehrere Gruppen von Dörfern, wel- che zusammen einen beträchtlichen Bezirk bildeten, zur Seite gelassen hatte, gewahrte ich zur Rechten am Fusse eines Abhanges eine jetzt von einem grünen Gewässer an- gefüllte Thalmulde, wo bald nach Beendigung der Sommer- emte jene besondere, „massakuä" genannte Sorghum-Pixi an- gebaut wird. Der von einigen Akazien beschattete Ort war sehr einladend, und da ich, obgleich erst 2 Stunden unter-

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Zog Dach Känem. 25

wegs, wegen meiner Schwächlichkeit und Unpässlichkeit be- reits ermüdet war, beschloss ich, während der Hitze hier zu rasten;

. Ich hatte mich soeben auf dem Boden ausgestreckt, als mir mitgetheilt wurde, es sei ein Bote von Rhet, dem Häupt- ünge der üeläd Slimän, mit der Nachricht vorbeigekommen, dass sich dieser unstäte und räuberische Stamm von Borgu nach Känem zurückgezogen habe. Dies war eine gar unbe- friedigende Nachricht, da mir nach Allem, was ich vernom- men, Borgu als ein Land von vielem Interesse erschien (we- nigstens von gleich grosser geographischer Bedeutung wie Air oder Asben), welches, im Besitz von tiefen Thälem und Schluchten und von lebendigen Quellen bewässert, ausser einer grossen Fülle vortrefflicher Datteln, wenigstens an einigen be- günstigten Stellen sogar Trauben und Feigen erzeugt.

Der heutige Morgen war etwas trübe gewesen, aber gegen Mittag kam die Sonne zum Vorschein und wir hatten von unserer vortheilhaften Stellung am Abhänge eine weite Aus- sicht über eine, wenn auch keineswegs malerische, doch im reichsten Pflanzenkleide sich entfaltende Landschaft. Es fand sich kaum ein kahler Fleck; die ganze Oberfläche war grün, mit der einzigen Ausnahme, dasis die fast reifen Ähren der Afrikanischen und Indischen Hirse sich bereits gelbbraun zu färben anfingen. Das Getreide, dessen höchste Halme nicht über 15'Fuss massen, stand jedoch bei weitem nicht 80 hoch wie dasjenige, welches ich später, auf meiner Heim- reise von Timbuktu, in den üppigen Thälem des reichen Kebbi antraf. Mehrere vorüberziehende Kanembü belebten die Landschaft.

Als die Hitze der Mittagsstunden nachliess, brach ich mit meiner kleinen Gesellschaft wieder auf und setzte meinen Marsch nach Norden fort. Nach ungefähr 1 Stunde kamen wir bei einer links am Wege gelegenen, vom Regen gebilde- ten grossen Lache vorbei, an deren von einer Akazienhol«-

26 IL KapiteL

zung bewachsenem Ufer eine zahlreiche Heerde gut gehalte- nen Rindviehes weidete.

Gegen Abend fanden wir mit einiger Mühe einen Pfad, welcher uns durch das Ackerlapd nach Alainik führte, einem in der hohen Hirsensaat fast ganz verborgenen Dörflein. Wir wurden auf eine ziemlich kühle Weise empfangen, wie es der Fremde überhaupt in allen Dörfern in der Nähe von Haupt- städten erwarten muss, deren Einwohner mit fortwährenden Ansprüchen auf ihre Gastfreundschaft heimgesucht werden. Da ich aber meine Wohnung und Alles, was ich sonst be- durfte, bei mir führte, so fragte ich nicht viel nach ihrer Begegnung und mein Zelt war bald in einem Hofe aufge- schlagen. Ich wurde jedoch unangenehm berührt durch einen Wortwechsel, welcher zwischen meinem Geleitsreiter und dem Hausherrn ausbrach, da Letzterer jenen sein Pferd niclit an der Stelle, wo er es wünschte, anbinden lassen wollte; ja, mein Begleiter unterstand sich sogar, unseren Wirth zu schlagen. Solcher Behandlung sind die Unterthanen in die- sen Ländern, wo zum grossen Theil Sklaven das Regiment füliren, fortwährend ausgesetzt.

[Sonntag, W^ September i\ Nach einer erquickenden nächtlichen Ruhe brach ich etwas später als am gestrigen Tage auf und wand mich auf einem schmalen Pfade durch das Gefilde, wo ausser Sorghum auch Karäss (Hibücus escu- lentus) gebaut ward. Dieses Gemüse bildet in Gegenden, wo die Blätter des Affenbrodbaumes „küka" und des „hadjilrdj" (Balanites Aegyptiacus) mangeln, für die Einge- borenen eine wesentliche Würze der Suppen. Obgleich die Stadt Kükaua ihren Namen von dem Umstand erhalten hat, dass an der Stelle, wo der Scheich Mohammed el Känemi, der Vater des gegenwärtigen Herrschers, die Stadt grün- dete, sich ein Baum dieser Art vorfand, so gibt es doch bei Kukaua in einem Umkreise von mehreren Meilen kaum eine einzige Küka.

Zug nach Kinem. 27

Der Himmel war bewölkt xmd die Landschaft wurde noch einförmiger, als am vorigen Tage. Wir trafen einen kleineu Trupp einheimischer, mit gedörrten Fischen handelnder Leute. Diese Fische bilden durch ganz Bomu einen beträchtlichen Handelsartikel; denn obgleich den Kanon gegenwärtig der Besitz und selbst der Niessbrauch der herrlichen in ihrem Gebiete sich ausbreitenden Wasserfläche des „tsäde" vorenthalten ist, so ist doch der Fisch, welchem ihre Vor- fahren den Namen „bü-ni" „Speise" (von „bü", essen) gegeben haben, immer ein wesentlicher Bestandtheil ihre Speisen und Brühen geblieben.

Das Gefilde war hier weniger sorgfältig bestellt, aber doch, wenn auch nur in weiteren Zwischenräumen, mit Bäumen mannichfacher Art besetzt. Ausser domigem Talha-Gestrüpp kamen besonders vor Hadjilidj oder Bito (Baiamtes Aegy- pttacus)^ Ssellm, Kurna, Sserräch und Gherret (Mimosa nilotica). Etwas weiterhin, kurz ehe wir das Dorf Kali- kagori erreichten, sah ich ein Weib, welches die Samen einer essbaren, „kreb" oder „kaschä" genannten Poa (wovon es mehrere Arten gibt) einsammelte, indem sie eine Art leich- ten Korbes über die üppige Wiese hinschleifte. Die Samen dieser Gräser werden von den Bewohnern Bomu's, Baghir- mi's und Wädai's in grosser Menge als Nahrungsmittel be- nutzt, .besonders von den Arabischen Ansiedlem in diesen Ländem, den Schüa; jedoch habe ich wenigstens in Bomu die schwarzen Eingeborenen sich nie dieser Speise bedie- nen sehn, wogegen dieser Same in Baghirmi selbst von den Reichen sehr geschätzt wird. Der Leser wird im Ver- folge meines Berichtes sehn, dass in Mäsena vorzugsweise diese Poa meine Nahrung bildete; sie gibt ein leichtes, schmackhaftes Gericht, erfordert aber reicliliche Zuthat von Butter.

Nachdem wir den Wald betreten hatten und bei verschie- denen kleinen Lachen vorübergekommen ^iraren, lagerten wir.

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28 n. EapiteL

als die Hitze zunahm, an einer der letzteren. In diesem Striche war die „gherret" „üm-el-harka" oder „kingar" genannte Mimosa nilotica sehr häufig; ihr Holz ist zu Sät- teln und mancherlei anderen Dingen sehr geeignet und dient verkohlt zur Pulverbereitung. Mein alter geschwätziger, ob- gleich nicht sehr rüstiger Gefährte Bü-Sed beschäftigte sich damit, neue Zeltpfiöcke aus diesem Holze zu schneiden, da dieselben in dem harten schwarzen Boden dieses Land- striches bald abbrechen; zu gleicher Zeit eröffnete er mir mit dem Beistande Hossen ben Här's den ersten Blick in das Treiben der zahlreichen in Känem und am Bahhr el Ghasal wohnenden Stänune. Die Frucht der Gherret odei- eigentlich die Gherret selbst denn dieser Name kommt ursprünglich der Frucht zu und wird nur missbräuchlich auf den Baum selbst angewendet ist im äusseren Ansehen der Frucht des Tamarindenbaumes sehr ähnlich und bildet na- mentlich bei der Ruhr eine wichtige einheimische Arznei, und ihr verdanke ich wahrscheinlich meine Genesung, als ich bei meinem zweiten Aufenthalte in Sokoto (im Septem- ber 1854) von dieser gefährlichen Krankheit befallen wurde. Dieser Baum ist gleichfalls von wesentlichem Nutzen in der Gerberei, besonders bei der Zubereitung der Wasserschläu- che, jenes zu Wüstenreisen so unentbehrlichen Geräthes. Der Kadjidji ist hier gleichfalls häufig. Von der ungefähr nussgrossen Wurzel dieser kleinen Pflanze machen die Ein- heimischen einen sehr ausgedehnten Gebrauch als Räucher- werk.

Spät am Nachmittage setzten wir unsere Reise durch die von offenen Stellen vielfach unterbrochene Waldung fort. Nach- dem wir unseren Pfad einige Meilen weit verfolgt hatten, ver- liessen wir denselben und schlugen eine mehr östliche Richtung durch eine freundlich gebügelte Landschaft ein, die mit dich- tem Grün bekleidet und von zahlreichen Heerden beweidet war, da die Kanembü, gleich den Fulbe, während eines

Zug nach Kinem. 29

Theiles des Jahres oft in beträchtliche Entfernung wandern und alles Vieh aus den nördlich von Ngömu gelegenen Ge- genden während der kalten Jahreszeit hierher getrieben wird. Da wir. jedoch hier kein Wasser finden konnten, so hatten wir uns in der entgegengesetzten Richtung nach diesem für eine behagliche nächtliche Ruhe so unentbehrlichen*Elemente umzusehn. Einen sehr rauhen Strich durchstreifend, gelangten wir endlich zu einem Hürdenlager „beri" , welches eine Anzahl Kanembü mit ihren Heerden hier zeitweilig gebildet hatten, während ein grösserer Ben sich gerade in östlicher Richtung nach den Ufern des Tsäd zu in Bewegung setzte. Auch hier war kein Wasser zu finden und Milch nur sehr wenig zu haben.

[MorUcy, 15*^ September.] Ehe wir noch bereit waren, brach das ganze nomadische Lager auf; das Vieh zog voran, Männer, Weiber und Kinder folgten mit ihrem kleinen Haus- rath, den sie mit Hilfe von Eseln fortschafften. Die haupt- sächlichen oder vielmehr einzigen Geräthe dieser wandern- den Rinderhirten bestehen in langen Stangen, an welchen die Milch aufgehängt wird, den Schläuchen „ssdkti" für die Milch und das Wasser, den Kalabaschen und den Gras- iSaschen „koriö" . Die Männer sind durchgängig mit langen hölzernen Schilden „ngäua fogobe" und Speeren bewaffnet und, wie bereits bei einer früheren Gelegenheit an- geführt, oft höchst phantastisch gekleidet.

Nachdem wir die Kameele beladen und unseren Marsch eine Strecke fortgesetzt hatten, eiTeichten wir den zeitweiligen Lagerplatz einer anderen grossen Heerde, deren Hüter sich anfanglich gar unfreundlich zeigten imd uns nicht einen Tro- pfen von ihrer Milch gemessen lassen wollten; ihr barsches Wesen verwandelte sich jedoch bald in die äusserste Freund- lichkeit, als mich Mädi, ein älterer Bruder Fügo Ali's, un- seres Freundes in Maduäri, erkannte. Er wollte sogar dar- auf bestehen, dass ich auf .der Stelle lagern und den Tag

30 ' n. Kapitel.

in seiner Gesellschaft zubringen sollte , und es hielt schwer, ihn zu bewegen, mich meinen Marsch fortsetzen zu lassen, nachdem ich so viel vortreffliche Milch genossen, als der Ma- gen nur zu vertragen vermochte. Etwas weiterhin gelangten wir auf die Hauptstrasse imd fanden auf der westlichen Seite des Weges eine beträchtliche Lache mit schlammigem Was- ser, womit wir zwei Schläuche anfüllten. Gewiss ist nichts schädlicher für einen Europäer, als solches stehendes trübes Wasser J aber wählend oder kurz nach der Regenzeit ist man kaum im Stande, sich anderes zu verschaffen.

Bald darauf war ich Augenzeuge einer Probe der Behand- lung, welcher die Bewohner dieser Länder fortwährend voA den königlichen Dienern ausgesetzt sind; denn als wir eine scliöne Schaafheerde antrafen, ergriflf mein Geleitsreiter das fetteste Stück der ganzen Heerde trotz des Geschreies des Schäfers, den ich vergebens zu trösten suchte, indem ich ihm den Werth des Thieres bot. Als wir uns während der Hitze unter dem spärlichen Schatten einiger Gäuo gelagert hatten, schlachteten meine Leute das Schaaf, aber, wie gewöhnlich, ass ich nur ein wenig von der Leber. Der Schatten war so spärlich und die Hitze so drückend, dass ich mich, als wir Nachmittags ein wenig weiter zogen, sehr schwach fühlte und bald zu lagern genöthigt war.

[Dienstag f 16^^ September,^ Nach nächtlicher Ruhe in mei- nem reinlichen Zelte fühlte ich mich sehr gestärkt. Bald nach unserem Aufbruche trafen wir eine grosse, zur Weide hierher gesandte Heerde Pferde und begegneten dann einer zweiten Fisch -Kafla. Mein Geleitsmann begehrte, dass ich mich ohne weiteren Aufenthalt nach der Stadt begebe, von wo er zurückzukehren hatte, und obgleich ich bald sehr ermüdet war und Rast zu machen wünschte, wollte er doch durchaus nicht anhalten. Die Gegend ist bis auf mehrere Meilen südlich vom Komadugu sehr einförmig und kahl und man sieht den hohen Tamarindenbaum hinter der Stadt

Zug nach Känem. Die Stadt Yö.i 31

aus solcher Entfernung, dass der Reisende, der denselben hervorragenden Gegenstand so lange Zeit stets vor Augen hat, ausserordentlich ermüdet, ehe er ihn erreicht. Die Dümpalme ist der vorherrschende Baum dieser flachen Landschaft, bil- det jedoch nur vereinzelte Gruppen, während der Boden im Allgemeinen äusserst kahl ist.

Indem ich mit meinem BeschütÄer vorausritt, erreichten wir endlich die Stadt und betraten , nachdem wir die kleine, vor der Stadt sich ausbreitende Vorstadt passirt hatten, das Innere, noch imschlüssig, ob wir inner- oder ausserhalb der Stadt einen Rastort suchen sollten. Die Stadt besteht aus sehr engen Gassen, wo eine drückende Hitze herrschte und ein so unangenehmer Geruch von getrockneten Fischen verbreitet war, dass mir der Aufenthalt in ihr ganz uner- träglich vorkam. Wir ritten jedoch, da wir einmal hier wa- ren, nach der Wohnung des Schitima oder Schitima Yöma, wie der vollständige Titel des Statthalters lautet. Der- selbe war gerade mit den Vorbereitungen zu einer neuen Hochzeit beschäftigt, und eine grosse Masse Getreide war als Vorrath für den neuen Haushalt vor dem dazu bestimmten Theile des ansehnlichen, aus Lehm aufgeführten Gebäudes aufgehäuft*). Wir ersuchten seine Leute um Quartier imd

*) Die HochzeitsfeierUchkeiten ^^nigi" dauern in Borna eine ganze Woche. Am ersten Tage schmaust man „näkia", den bereits erwähnten be- liebten Teig; am zweiten „tiggra", einen trockenen , sehr stark mit Pfc£fer gewürzten Brei; am dritten „ng4dji'% das gewöhnliche, aus Sorghum berei- tete Gericht y wo möglich mit etwas Fischbrähe. Der vierte Tag ist der „liktere", wie ich glaube, daher so benannt, weil dann der Braut „lar6- ssa" die Zierathen, welche sie bisher als Zeichen der Jungfrauschaft ge- tragen hat, abgenommen werden; am fünften wird die Braut auf eine Matte „büschi" gesetzt, Ton welcher sie sich siebenmal erhebt und ebenso oft nach einander niederkniet (diese Ceremonic heisst „büschiro" oder „bü- tschiro gen&tsain*') ; am folgenden Tage, welcher ein Freitag sein muss, findet das Kopfwäschen der Braut statt, welche Ceremonie von ihren Freundinnen unter Gesang vollzogen wird, und am Abend wird sie dann auf ein Pferd ge- setzt und in das Haus des Bräutigams gebracht, wo nun der Schluss der

d2 n. KapiteL

man wies uns eine grosse Hütte innerhalb eines kleinen Ho- fes in einem anderen Theile der Stadt an, wohin wir uns be- gaben. Es war mir jedoch nicht möglich, mich in diesem engen, von einer kleinen Gauo spärlich beschatteten Hofraum irgend behaglich zu fühlen. Fast erstickt und mich sehr unwohl fühlend, stieg ich wieder zu Pferde, eilte zum Thore hinaus und war froh, als ich wieder im Freien war.

Ungefähr 900 Schritt vor der Stadt schlugen wir dann bei Ankunft der Eameele das Zelt unter einer schattigen Ta- marinde auf; ich streckte meine matten Glieder ß.uf dem Bo- den aus und versank, der Ruhe mit Lust geniessend, einige Stunden in einen Zustand halber Bewusstlosigkeit Ich war so ermüdet von meinem Morgenritt, dass ich mit Besörg- niss daran dachte , was aus mir werden solle , wenn meine Reisegefährten mich eingeholt haben würden, wo mir dann Anstrengungen ganz anderer Art bevorstanden.

Sobald ich mich hinreichend erholt hatte, um von meinem Lager aufzustehn, machte ich einen kleinen Gang, um ^ine Ansicht vom Flusse „komädugu" zu erhalten. Derselbe bildete jetzt eine schöne Wasserfläche, indem das Bett ganz voll „tsimbüUena" war, und eilte mit reissender Strö- mung dem Tsäd zu. In der That konnte ich damals kaum vermuthen, dass ich später mehrere Tage lang in dem trocke- nen Bett dieses Flusses lagern würde, welchen, wie bestimmt und klar auch die Angaben der Mitglieder der vorigen Ex- pedition bezüglich seines wirklichen Laufes waren, Captain W. Allen doch ^u einem Kunstkanal seiner Einbildungskraft benutzt hat, um die überflüssigen Gewässer des Tsäd in den Kuära zu leiten. Die Ufer des Komädugu sind hier sehr ma-

Nig& begangen wird. Die Kanöri unterscheiden sehr genau eine Heirath mit einer „Jungfrau" „f6ro" oder „f^ro kuyänga" . Ton einer solchen mit einer „Wittwe" „k&mo s&uar" , sie haben aber auch noch einige an- dere feine Unterscheidungen.

Die Stadt und der Komädagu. 33

lerisch, indem sie von herrlichen Tamarinden und Dümpalmen j^nsim" beschattet werden , wozu sich am nördlichen Ufer noch mancherlei schön belaubte Akazien gesellen. Im Schatten der Tamarinden zieht man eine sehr gute Baum- wolle und etwas weiter unterhalb am Flusse erzeugt man um diese Jahreszeit Waizen in regelmässigen, vermittelst des „Schadüf" oder „Lambuna" künstlich bewässerten Anlagen. Baumwolle und eine massige Menge Waizen sind die einzi- gen Erzeugnisse dieser Gegend, ausser den Fischen und der Frucht der Dümpalme (Cucifera)^ welche letztere eine we- sentliche Würze des „kunü", eines aus Negerhirse bereiteten Breies, bildet Hirse und Sorghum wird hier nur wenig ge- baut und andere Cerealien fehlen ganz. Auch Vieh ist nicht eben viel in vorhanden, öö dass nur wenig Milch zu ha- ben ist. Fische, von denen der Fluss mehrere sehr schmack- hafte Allen führt, sind hier die hauptsächlichste Speise.

Ich sah hier auch ein Exemplar des elektrischen Fisches. Er war gegen 10 Zoll lang, sehr fett, und konnte den Arm eines Mannes auf mehrere Minuten gefühllos machen; sein Rücken war aschgrau und sein Bauch ganz weiss, Schwanz und hintere Flossen roth. Herr Dr. Overweg machte eine Skizze von einem solchen.

Während der Nacht erhob sich ein heftiger Sturm, so dass wir die Stricke an den Zeltstangen gut befestigen mussten; es fiel jedoch kein Tropfen Regen, denn die Regenzeit war für Bömu so gut wie vorüber.

[Mittwochj 17^^ September.] Ich genoss am Morgen die An- sicht des Flusses und schwelgte jn der frischen Kühle, welche an seinen üfem herrschte. Männer badeten, Weiber holten Wasser, Reisende setzten über, indem sie entweder mit ihren Kleidern auf dem Kopfe hinüberschwammen, oder auf ein Paar Kalabaschen, die durch ein Joch mit einander verbunden waren, mit dem halben Leibe unter Wasser« hinübersteuerten. Eine am vorherigen Tage angekonmiene Kafla „karabka"-

B«rth'» R«Um. lU. 3

34 ILKapiteL

Tebu ans Känem war jenseits gelagert: denn dieselbe durfte den Fluss nicht eher überschreiten, als bis Erlaubniss fiir sie eingeholt war, da mehrere Monate im Jahre dieser Floss oder dieses. Thal eine Art Qoarantaine bildet während sonst wenigstens kleine Karawanen nach Belieben hinüber nnd her- über passiren können.

Das einzige Boot auf dem Flosse, aof welchem auch wir selbst übersetzen sollten, war eine Makara, gebildet von mehreren Paaren Kalabaschen und Ton der gebrechlichen Art, wie sie bereits in einem früheren Theile dieses Werkes beschrieben worden ist Leider war es nnmöglich, den schö- nen Schatten der herrlichen Tamarinden angestört zu gemes- sen, wegen der Menge Ton Pelikanen und sonstigem Wasser- geflügel, welches deren Zweige bewohnte.

Indem ich einen Theil meines Grepäckes umstellte, fand ich die weissen Termiten mit der schnellstmöglichen Zerstörung meiner Ledersä'cke und blatten emsig beschäftigt; wir waren also genöthigt, Alles umzupacken und das Gepäck auf eine dicke Unterlage von Zweigen zu legen. Die Termiten sind in dieser Gegend sehr zahlreich, obwohl ihre Anlagen nur von massiger Grösse und durchaus nicht mit den grossartigen Bau- ten zu vergleichen sind, welche ich später in Baghirmi vorfand. ' [Donnerstag , l^if*^ September i\ Ungefähr 2 Stunden nach Mittemaoht kam Herr Dr. Overweg mit einem der Ange- sehensten unter den Ueläd Slimän, Namens Chälef- Allah, an und meldete, dass unsere kleine Truppe heranrücke. Dieselbe erschien jedoch erst um 10 Uhr Morgens, wo einige der Mu- thigsten und am besten Berittenen, ihre Flinten schwingend, je zwei und zwei auf mein Zelt zugeritten kamen. Es waren ihrer im Ganzen 25 Mann zu Pferde, etwa 12 Mann zu Kameel und gegen 8 Mann zu Fuss, ausser den Kindern. Sie schlugen ihre Zelte etwas östlich von denunserigen auf und bildeten ein reges Lager, dessen Eintracht jedoch, wie es bei solchen Leuten natürlich ist, von baldigen Zankausbrüchen bedi-oht war.

Ausflug an die Mündung des Komädugu. d5

Ich fühlte mich etwas stärker und machte daher am Nach- mittage mit meinem Gefährten einen Ritt in westlicher Rich- tung, längs des Südufers des Flusses. Der im Ganzen von West nach Ost gehende Fluss beschreibt hier oberhalb der Stadt beträchtliche Biegungen und ist von niedrigeren Ufern eingeschlossen, als dies an der Fürth der Fall ist. Der Pflan- zenwuchs war hier sehr reich ; der von gewaltigen Tamarinden dicht beschattete Boden war von mannichfaltigen Kräu- tern, die gerade jetzt in Blüthe standen, bedeckt. Auf den flachen Landspitzen am ,Ufer liegen mehrere kleine, aus niedrigen und leichten Mattenhütten bestehende Fischer- dörfer, bei welchen sich lange Reihen von Stangen zum Dörren der Fische hinziehen, eben jetzt sehr reichlich, namentlich mit Barben , behangen. . Wii* genossen eine Zeit lang die Aussicht auf die stille Flussscene und kehrten dann längs der Südseite der Stadt -zurück. Hier 'befinden sich mehrere Hügel, welche, obgleich gegenwärtig mit Pflanzen überwachsen, ganz das Ansehen von Schutthaufen haben, die sich im Laufe der Zeit um die wahrscheinlich einst weiter ausgedehnte Stadt anhäuften.

[Freitag j 19^^ September.] Herr Dr. Ovei-weg und ich, beglei- tet von Chälef- Allah und einöm Führer, machten einen Ritt längs des Flusses, um, wo möglich, dessen Mündung zu er- reichen; es zeigte sich jedoch, dass sich am Südufer gar kein Pfad dahin vorfindet. Nur am jenseitigen Nordufer führt ein Weg nach der dort an der Mündung gelegenen be- trächtlichen, jedoch bei dem gegenwärtigen geschwächten Zustande Bomu's den Einföllen der Tuareg sehr ausge- setzten Kanembü-Ortschaft Bosso. Nachdem wir daher bis zum Dorfe oder vielmehr zur ummauerten Stadt Fatse, deren Mauern ab^r verfallen und deren Einwohnerschaft auf ein Dutzend Familien herabgesunken war, vorgedrungen, sahen wir uns zur Rückkehr genöthigt. Ich für meine Person war übri- gens noch kaum im Stande, einen langen Ausflug vorzunehmen ;

36 n. Kapitel.

denn als ich mein Pferd wieder besteigen wollte, fiel ich besinnungslos zu Boden, und nach unserem Lager zurück- gekehrt, hatte ich am Abend einen heftigen Fieberanfall*).

[Sonnabend j 20**^ September.] Es war am Tage vorher beschlossen worden, heute den Fluss zu überschreiten, wozu wir die Erlaubniss des Stadtherm eingeholt hatten; da je- doch der Bote des Veziers noch nicht angekommen war, so wollten wir lieber noch einen Tag warten. Ich fühlte mich ein wenig wohler und machte eine Skizze der Stadt und der sie umziehenden Dümpalmen; dann bereitete ich mich, so gut, wie ich konnte, auf den anstrengenden Ma^ch vor, der mir nun in Aussicht stand.

Wir erfuhren heute ein schönes Probestückchen von dem Charakter derFreibeutep, mit denen wir uns behufs der Zwecke unseres Unternehmens in Verbindung gesetzt hatten. Die kleine Tebu-B^arawane, welche, wie oben bemerkt, aus Känem mit der Nachricht angekommen war, Waddi habe mit allen den Ueläd Slimän feindlichen Stämmen ein Bündniss zur Vertilgung der Letzteren abgeschlossen, hatte erst heute Erlaubniss er- halten, den Fluss zu überschreiten. Es waren harmlose Leute, welche einige Lastthiere mit geringem Gut, hauptsäch- lich Datteln, beladen hatten; ^sobald sie aber an's diessei- tige Ufer herübergekommen waren, hielten unsere Gefährten Bath, wo die gewaltsamsten Anträge durchdrangen, so dass die armen Tebu, oder, wie diese Araber sie nennen, Kreda, überfallen und all ihrer Datteln beraubt wurden. Die Beute wurde sodann vertheilt und der grösste Theil derselben war bereits verzehrt , oder verschleppt worden, als ein bejahrter Araber hinzukam, der seinen Genossen

*) Herr Dr. Overweg hat später die Stadt B6aao besacht, aber weder be- züglich desLaafes desFlasses, noch bezüglich seiner £inmündaiig in denTsSd irgend etwas weiter bemerkt, als dass der Fluss unterhalb FAtse eine nörd- lichere Bichtung einschlägt.

Übergang aber den Komädugu. 37

Über die Schändlichkeit ihres Verfahrens Vorstellungen machte und sie überredete,' den Rest des Raubes, so weit es möglich war, wieder zu sammeln und den Eigenthümem zurückzu- stellen. Da der Bote des Veziers im Laufe des Abends an- kam, wurde der Übergang über den Fluss auf den folgenden Tag bestimmt festgesetzt.

[SonrUtzg, 2l9ten September^ Wir waren zu früher Stunde in Bewegung, um bei Zeiten über den Fluss zu kom- men, da keine anderen Fahrzeuge zum Übersetzen vorhan- den waren, als zwei je aus drei Jochen Kalabaschen be- stehende Mäkara's. Die Kameele hatten, da sie im Wasser am schwersten zu bändigen sind, zuerst überzusetzen und nach vieler Mühe und mit genauer Noth, was hauptsächlich Folge von der Unebenheit des Bettes war, da sich das Was- ser am Südufer eine Vertiefung, die gegenwärtig 10 11 Fuss betrug, ausgegraben hatte, während es in der Mitte nur 6 7 Fuss tief war gelangten die des Wassers meist uxigewohnten Thiere alle glücklich auf das Nordufer hin- über, wo sie sich ungestört an dem Laube der schönen Mimosen gütlich thun konnten. Die Pferde folgten zu- nächst, und zuletzt wir selbst mit dem Gepäcke.

Etwa um 9 Uhr Morgens befand ich mich im Flusse auf meiner dreibündigen Mdkara und durchschnitt das Wasser mit sehr ungleichmääsiger Bewegung, je nachdem die beiden vom angespannten schwarzen Schwimmer der gebrechlichen Fähre einen Ruck gaben. Es war ein schöner Tag und die Flussansicht, belebt von so vielen Thieren und Menschen, recht interessant; da ich jedoch den ganzen Morgen der Sonne ausgesetzt gewesen, war ich froh, etwas Schatten zu finden. Nachdem dann der ganze Zug gelandet und die Hitze etwas nachgelassen, beluden wir die K^jneele und setzten unseren Marsch fort

Wir hatten nun fürderhin keinen anderen Schutz zu erwar- ten, als den uns unsere eigenen Waffen zu gewähren ver-

38 II. Kapitel.

«

mochten; denn das Land im Norden des Komädugu befindet sich thatsächlich im Besitz von Freibeutern, so dass, ob- gleich sich Scheich *Omar's Herrschaft dem Namen nach bis Berl und selbst bis jenseits dieses Ortes erstreckt, derselben nur da Achtung gezollt wird, wo sie mit Waflfengewalt auftritt.

Das jetzt von uns durchzogene Land hatte dieselbe Beschaf- fenheit, wie das in der unmittelbaren Nähe der Hauptstadt und wie es in der Nähe von Landsee'n so gewöhnlich ist; es bestand nämlich aus einem harten, schwarzen Humusboden mit kurzem Graswuchs und wenigen vereinzelten Bäumen. Da wir eine Heerde Schaafe trafen, setzten unsere Gefährten nach und ergriffen drei fette Widder, worauf sofort zu lagern beschlossen wurde.

[Montag , 22«^^ September.^ Während der ersten 10 Mei- len unseres -Marsches blieb die Gegend von ungeßlhr gleicher Beschaffenheit, worauf wir offenes^ zum grössten Theile be- stelltes Ackerland erreichten und bald die Lehmmauem von Bärua erblickten, obgleich dieselben, rings von aus Schutthau- fen entstandenen Hügeln eingeschlossen, kaum erkennbar wa- hren. Nahe beim Südwestthore der Stadt zieht sich die Strasse über einen solchen Hügel hin, wodurch die Mauer als Schutz- wehr ganz nutzlos und das gesammte Innere der Stadt dem Auge des Reisenden blossgelegt wird.

Die Stadt besteht aus einer dicht zusammengedrängten Masse von Hütten, die meistens keinen Hofplatz haben, aber hier und da vo.n einer Mimose oder „kuma" beschattet werden, und gewährt ein anziehendes Muster Inner- Afrikani- scher Bauart. Die Einwohner, deren Mangel an Thätig- keit man deutlich an diesen Schutthügeln erkennt, ver- lassen sich jedoch nicht auf die Stärke ihrer Mauern, und zur Schmach des Scheichs von Bömu, der von ihnen Tribut erhebt und ihren Schulzen bestellt, zahlen sie den Tuareg gleichfalls Schoss. Sie gehören meistens zum Kficnembü-

Die audt BAnia. 89

Stamme, doch sind auch mehrere Yedinä oder Büdduma hier ansässig.* Ihre hauptsächliche Nahrung und einzige Handelswaare besteht in Fischen, welche sie in grosser Menge im See fangen, dessen nächste Buchten je nach der Jahreszeit etwa 2 3 Meilen entfernt sind und von denen sie wegen ihrer freundschaftlichen Beziehungen zu den kriege- rischen Freibeutern des See's nicht ausgeschlossen werden, wie dies mit. den Einwohnern von Ngomu und anderen Ort- schaften der Fall ist. Mit Getreide sind sie nicht hinläng- lich versehen und sie scheinen, nicht genug Mühe auf dessen Erzeugung zu verwenden, vielleicht weil ihnen bei dem im- öicheren Zustande des Landes nicht verbürgt ist, dass sie auch ernten, was sie säen. Baumwolle haben sie nicht, sondern sie tauschen für ihre Fische Baumwollenstreifen „gäba- gä" und Kleidungsstücke ein. Gäbagä und Külgu (weisse Baumwollhemden) sind die besten Artikel, welche ein Reisen- der auf den Markt bringen kann, der hier für seine Wüsten- reise über Bilma getrocknete Fische, welche dort die gesuch- teste Waare sind, einzukaufen wünscht.

Bei deni kein sehr gutes Wasser enthaltenden Brunnen an der Nordseite der Stadt erwarteten die zu unserem Zuge gehörigen Reiter die Kameele. Einige zerstreut ste- hende Hadjilidj {Baiamtes Aegyptiacics) und verkrüppelte Talhabäume verbreiteten einen kärglichen Sohatten über die Stoppelfelder, dje keineswegs von sorgfaltigem Anbau zeug- ten, und ich war froh, als wir einen kleinen Vorrath an Wasser eingenonmien hatten imd nun unseren Marsch fortsetzten. Wir liessen bald die kümmerlichen Spuren von Ackerbau hinter uns und erreichten von Siwäk-Büschen (Capparis sodata) bestandenes sandiges Hügelland. Als wir dann etwas weiter- hin den Kamm einer niedrigen Reihe Sandhügel erstiegen hatten, gewannen wir zum ersten Male einen Anblick des Tsäd oder wenigstens des von ihm überschwemmten Sumpf- wiesenlandes.

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n. EBfriiaL

Die ganze Landschaft war nun dicht mit __

sen. Etwas mehr als 1 Meile weit zogen wir auf der san- digen Anhöhe entlang, dann säegen wir hinab und ver- folgten unterhalb einen vom dichtesten Pflanzenwucha um- ächlossenen Weg. Diese untere Strasse, sowie die ganze von uns durchzogene Strecke bis nach Xgegimi wurde später ( im Jahre 1S54) völlig überschwemmt und dürfte wohl niemak wieder betreten werden; als ich daher im Jahre 1S55 diese Strasse zog. war ich genöthigt. einen Umweg zu machen, indem ich mich an den Sandhöhen entlang hielt, wo früher die Stadt Wüdi lag.

Wir bezogen bald darauf ein Lager an einer von Gebüsch etwas freien Stelle, hart am Ostfusse eines massigen Hügels ; das Domengestrüppe war jedoch auch hier so dicht, dass ich mich lange vergeblich nach einer davoti freien Stelle um- sah, um mich niederlegen zu können, und ich fühlte mich erst behaglich, als Bü-Sed mir einen Platz mit seiner Axt lich- tete. Unser nur etwa 600 Schritt vom sumpfigen Ufer des See's befindlicher Ruheplatz erwies sich keineswegs als eine zum Lagern geeignete Stelle, und es machte sich nothwen- dig, während der Xacht mehrere Wachen aufeustellen. Dessen- ungeachtet verschwand einer von meinen gefüllten Wasser- schläuchen von der Stange, an welcher derselbe am Abend zum Kühlen aufgehängt worden war, und die Araber such- ton mich zu überzeugen, dass eine hungrige. Hyäne ihn fort- gCHcldeppt habe; es war jedoch wahrscheinlicher, dass einer von ihnen der Dieb gewesen war.

[fJienstag, 23'^^ September.] Wir setzten unseren Marsch durch das dichte, überall von Elephanten - Spuren und -Koth durchzogene Domengestrüppe fort Hier und da war die Capjmrts gerodet und wir trafen grosse Feuer- i)liit'/e an, wo man deren Wurzeln zu Asche gebrannt hatte. Auch fanden wir mehrere von den Dreifussen vor, deren die Anwohnor der Lagune sich bedienen, um die Asche mit

Salxbereitang an den Ufern des Tsad. 41

Wasser durchzuseihen und die darin enthaltenen Salztheile zu lösen und auszusondern. Der reine Salzgehalt wird hierauf durch Versiedung der Soole hergestellt. Das gewonnene Salz wird von Kanemhü's "nach Kükaua verführt; die Salz- sieder selbst sind aber Büdduma.

Auf unserer Rückkehr von Känem trafen wir einen zahl- reichen Haufen dieser freibeuterischen Inselbewohner, und auch auf meiner Heimreise im Jahre 1855 fand ich sie in vollem Betriebe dieses Geschäftes. So schwach und ge- schmacklos dieses Salz auch ist, so ist es doch jedenfalls vorzüglicher, als das von den Bewohnern Kotokö's aus Rin- derkoth bereitete. In Miltü am oberen Schäri oder Bd-bussö wird ein ziemlich gutes SaJz aus einem im Flusse wach- senden Grase hergestellt. Die Müssgu bereiten, wie wir sehn werden, diese dem grössten Theile des Menschengeschlechtes so unentbehrliche Waare oder wenigstens eine ihr cähnliche Substanz aus der Asche von Hirsen- und /Sor^fAww-Stroh.

Als wir aus dem Unterwald in freies Feldland hinausge- treten waren, kamen wir bei einer beträchtlichen Salzsiede- rei vorbei, wo wenigstens 20 irdene Pfannen in Betrieb waren. Das Salz lag in grossen dreieckigen Stücken, welche in irdenen Formen abgegossen waren, umher. Eine Anzahl Leute war gerade damit beschäftigt, von einer nahen Seebucht Lehm herbeizutragen, um daraus neue Formen zu machen. Indem wir uns in der Nähe dieser Bucht hielten, genossen wir des frischen, über den Flachsee dahinziehenden Luftzuges, den das Gestrüpp bisher von uns abgehalten hatte, und machten zeitig am Nachmittage Halt. Eine kleine Tebu-Karawane war in unserer Nähe gelagert und hatte hier ohne Zweifel die Nacht zubringen wollen ; es gefiel den Leuten aber die Nach- barschaft unserer gesetzlosen Gefährten nicht, wesshalb sie alsbald aufluden und davon zogen.

[Mittwochs 24*^^ September.] Unser Weg führte nun durch fruchtbares Weideland mit einem Strich Unterholz zur Lin-

42 IL Kapitel.

ken. Es war ein schöner kühler Morgen. Wir kamen an einer ausgedehnten* Lache vorhei, wo sich grosse Schwärme von allerlei Wassergeflügel aufhielten. Herr Dr. Overweg machte auf seinem stattlichen und hohen, aber gar- schwer- fälligen und ungelenken Rosse einen erfolglosen Versuch, ein Paar Eelära (Antilope Ärahica ? Äigocerus eUtpsipryninus f) *) zu erjagen, aber in muthwilligen Sprüngen flohen sie durch die herrliche Grasflur dahin. Um 9 Uhr erreichten wir den wohlbekannten Ort Ngegimi und sahen uns sehr getäuscht, blos ein armseliges offenes Dorf vorzufinden. Wirklich ent- behrten die vereinzelt gelegenen runden Hütten, aus denen es bestand, selbst jenes geringen Grades von Wohnlichkeit und Bequemlichkeit, der sich auch bei dieser leichten Bauart bis zu einem gewissen Punkte erreichen lässt. Die hungrigen Einwohner wollten für einige Hühner, die wir zu erhandeln wünschten, durchaus nichts annehmen, als Getreide, dessen wir in diesen öden Gegenden selbst zu sehr benöthigt waren, als dass wir es für Dinge von nicht entsprechendem Werth hingegeben hätten.

Die Lage von Ngegimi ist sehr ungünstig, da der Macht- haber von Bomu die Grenzen seiner thatsächlichen Herrschaft hinter den Eomadugu zurückgezogen hat, wesshalb die arinen Einwohner in fortwährender Furcht leben, von Raubzügen der Tuareg heimgesucht zu werden. Zwei Jahre später wurde dieses Dorf auch wirklich von den . freibeuterischen Horden ausgeplündeirt und einige Monate darauf sahen sich die we- nigen Einwohner, welche nicht in die Sklaverei geschleppt worden waren, in Folge der hohen Überfluthung des Ts&d genöthigt, ihren bisherigen Wohnplatz gänzlich zu verlassen und ein neues Dorf £ftn Abhang der Sandhügel zu bauen, wo

*) Die Kellra ist, glaabe ich jetzt, wohl gewiss identisch mit dem Äi- gocerus eUipsiprymnwt. Sie hat viel Ähnlichkeit mit der bei Anderson (S. 448) abgebUdeten „lech6\

Zunehmende Verödung der Nordufer des Tsäd. 43

ich es Ende Mai 1855 antraf. Was die beiden von Denham und aapperton erwähnten Ortschaften Wödi (einst ein gros- ser Ort und gelegentlich Sitz der Bömu-Könige) nnd Läri betrifft, so sind sie längst verlassen worden, indem Wüdi 1838 und Läri etwas später von den Tuareg eingenommen und geplündert worden ist Gegenwärtig bezeichnen nur einige Dattelpalmen, deren Frucht die kleinen schwarzen Känem- Datteln an Güte weit übertreffen soll , auf den Sandhügelij ungefähr 12 Meilen südwestlich von Ngegimi die Lage des einst berühmten Wüdi. Dennoch stand Ngegimi dermalen dem Namen nach unter der Aufsicht des Kaschella Haisen oder Hassan.

Meinen Betrachtungen über das Geschick des einst mäch- tigen Reiches Känem und den stetigen Vordrang der Berber- Rasse in das Herz des Sudans nachhängend, sass ich theil- nahmlos auf meinem Pferde, als wir diese unwohnliche Ort- schaft verliessen und über die völlig flache Ebene dahinzo- gen, die früher ohne Zweifel Seeboden gewesen war und es so bald wieder werden sollte. Sie war bald dürr und kahl, bald wieder mit dichtem Pflanzenwuchs bedeckt. Zu unserer Linken ward sie von .einer Reihe Sandhügel umzogen, welche die natürliche Abgrenzung des Seebeckens bildeten. G«gen Mit- tag erreichten wir eine tiefe Bucht des See's, welche in die- ser gegenwärtig so öden und leblosen Landschaft das fri- scheste Grün verbreitete. Nachdem wir die Pferde zur Tränke gefuhrt und einen hinlänglichen Wasservorrath für die Nacht eingenommen hatten, zogen wir durch die hier nicht über 1500 Schritt breite Ebene und erstiegen dann einen breit sich vorschiebenden Sporn der Sandhügelkette, wo ^wir unser Lager aufschlugen.

Es war ein erfreulicher Lagerplatz, wo das Herz wohl im Gefühl der Freiheit sich erheben möchte. Vor uns nach Süd- osten hin erstreckte sich das Marschland des Flachsee's ein, ivenigstens seiner Bestimmung nach, unabsehbar weites Reis-

44 n. Kapitel.

feld bis an die Grenze des Horizonts; jedoch war kein „weisses Wasser" oder offenes Seebecken zu erkennen, nicht einmal zusammenhängende Seearme, nichts als eine unermess- liehe, von unbestimmt begrenzten, bald sich verengenden, bald sich erweiternden Kanälen durchzogene Marschfläche, so weit nur das Auge reichen konnte. Südwestwärts erstreckte sich das grüne Weideland, durch das wir gekommen, bis weit jenseits Ngegimi's. Es war hier ein Gemälde von einer der fruchtbarsten, dabei aber der Verödung gänzlich preisgege- benen Landschaften der Erde aufgerollt. Doch lebte in mii* ein schwacher Funke von Hofeung, dass diese Verödung nicht immer hier herrschen wel*de, und ich schmeichelte mir, dass meine Arbeiten in diesen Gegenden dazu beitragen möchten, hier einst die ersten Keime neuen Lebens und fri- scher Thätigkeit zu säen.

Meine Gefährten schienen meine Gefühle keineswegs zu theilen. Ihrem bösen Treiben überlassen, waren sie umher- gestreift und hatten einige Kanembü-Viehzüchter, die sie an- getroffen, nicht nur ihrer Milch, sondern auch der Gefasse, welche dieselbe enthielten, beraubt Im Laufe des Nachmittags wandten sich daher einige ehrwürdige Alte an Herrn Dr. Over- weg und mich, die einzigen redlichen Leute, die sie* in die- ser zügellosen Bande zu finden erwarten konnten, und dran- gen in uns um Erstattung des Geraubten. Glücklichei-weise war es uns möglich, ihnen nicht nur ihre Gefasse wieder ver- schaffen, sondern ihnen auch einige kleine Geschenke machen zu können.

[Donnerstag, 2ö»t^ 8eptember,'\ Indem wir von unserem Lagerplatz auf der Anhöhe wieder herabstiegen, durchzogen wir eine schmale Grasfläche zwischen den Sandhügeln im Norden und einer blauen Seebucht im Süden , wo sich die üppigen Wiesen weiter in den See hinein erstreckten.

Um 7 Uhr Morgens hatten wir das Glück, eines der an- ziehendsten Schauspiele zu gemessen, welche diese Gegen-

Eine Elcphantenheerde am See. 45

den in ihrer jetzigen Verödung darzubieten vermögen. Rechts in der Feme irückte eine ganze Heerde Elephanten in regel- mässigem Aufzuge langsam heran zur Tränke, einer Heer- schaar vernünftiger Wesen nicht unähnlich. Den Vortrab bil- deten die Männchen, deutlich an ihrer Grösse erkennbar, in regelmässiger Schlachtordnung; in. einem kleinen Abstände folgten die Jungen, in einem dritten Zuge die Weibchen, und den Nachtrab des ganzen Zuges bildeten fünf Männchen von ungeheuerer ürösse.- Die letzteren bemerkten uns, obgleich wir in ziemlicher Entfernung waren und uns ganz ruhig ver- hielten; einige von ihnen warfen Staub in die Luft, wir stör- ten sie jedoch nicht. Es waren ihrer zusammen 96 Stück.

An die Stelle des schönen frischen Wiesengrundes trat nach einer Weile eine trockenere Ebene, die, mit einer Art Heide bewachsen, eine ziemlich trübselige Landschaft darstellte. Um 10 Uhr kamen wii* zu eirier grossen Heerde Rinder „beri" , versammelt bei einem kleinen Weiler „dauar" , welcher aus leichten, hochgiebeligen Hütten bestand, deren Wände aus Hirsenstroh vermittelst dreier Strohringe zusammengehal- ten imd mit Kuhmist dünn überworfen waren. Obgleich wir Milch erhielten, führten dennoch einige von unseren Gefähr- ten, nicht zufrieden damit, ihren Magen füllen zu können, ein schönes Füllen unter dem Verwände davon, dasselbe gehöre den Büddüma, welche Feinde des Scheichs seien. Bald nach unserem Aufbruch stiessen wir auf einen kleinen Zug Ochsen mit einer Dattelladung. Hier wurden nicht nur alle Dat- teln enthaltenden Schläuche weggenommen, sondern Einer der Schurken ergriff auch eins von den Lastthieren und trieb es ungeachtet alles Wehklagens des Eigenthümers mit sich fort Und doch waren die so gemisshandclten Leute Unterthanen des Herrschers von Bomu und die Ueläd Slimän nannten sich dessen Freunde und Söldner!

Schöne frische Weiden und dürre, nur mit Heide bewach- sene Sirecken folgten auf einander in der einförmigen, auch

46 II. Kapitel.

nicht von einem einzigen Baume unterbrochenen , völlig fla- chen Ebene. Wir schlugen endlich unser Lager bei einem verlassenen Weiler von Viehzüchteni auf, welcher in einem grossen Kreise angelegt war und aus ungefähr 20 kleinen kegelförmigen Hütten bestand, unsere Ruhe wurde bald durch ein lärmendes Gezänk unterbrochen, welches sich über die so unrechtmässig erhaltenen Datteln erhob, und einige der bei dem Streite betheiligten Araber 4camen in mein Zelt, um meine Entscheidung über ihre Ansprüche anzurufen, wo ich denn das ganze Verfahren der im Laufe des Tages verübten schamlosen Räubereien, namentlich auch den Raub des Füllens zu rügen. nicht unterliess. Es war dies jedoch eine missliche Frage und sie erregte die Leidenschaften der Betheiligten so bedeutend, dj^s Einer von ihnen, Namens Ibrahim, mit einem geladenen Gewehre in mein Zelt ge- laufen kam und Jedem eine Kugel durch den Kopf zu ja- gen drohte, der von Ungerechtigkeit und Räuberei rede. Was Bacher und 'Abd e' Rahmän, die im thatsächlichen Besitze des Pferdes waren, betrifft, so wollten sie uns verlassen und sich davon macheu.

Das gewaltsame Verfahren unserer Beschützer hatte, in die- ser fast verödeten Gegend einen solchen Schrecken verbrei- tet, dass am Abend zwei Ochsen und eine Menge Milch aus blosser Furcht von einem benachbarten Berl zum Geschenk gebracht wurden. Die Nacht war, wenn auch nicht kalt, doch frisch, und es fiel ein schwerer Thau.

[^Freitag, 26»ten Septeinber.] Wir erreichten um Mittag die erste Hüttengruppe des Dorfes Beri, nachdem wir kurze Zeit einer herrlichen und zahlreichen Viehheerde einer der schönsten, die ich je im Inneren Afrika's angetroffen habe gefolgt waren, um, wo möglich, einen Trunk frischer Milch zu erhalten , worauf wir eine ziemlich tiefe Bucht des Flach- see's durchsetzt hatten. Wir lagerten jedoch an einer unge- achtet der Nähe des Wassere überaus heissen, völlig schatten-

Der Ort Beri. 47

losen sandigen Stelle, gegen 300 Schritt vom Dorfe, welches sich in beträchtlicher Länge von Norden nach Süden erstreckt.

Beri ist, jedenfalls seit der Glanzzeit des Königreichs Bömu, ein Ort von Bedeutung, der in der Geschichte des grossen Königs. Ednss Alaöma, von dessen Zeitgenossen Imäm Ahmed Ydrfasst, häufig erwähnt wird. Es ist ein durch seine Lage sehr bedeutender Posten, wo ein von Bomu nach Känem zie- hendes Heer das Seeufer verlässt und gewöhnlich eine Zeit lang Halt machen muss, um sich für den nachfolgenden Marsch zu erholen und frischen Mundvorrath einzunehmeni Bis vor wenig Jahren hatte hier ein Bomauischer Statthalter Namens Schitima Aba seinien Sitz; er gab jedoch den Po- steiv auf und zog den Aufenthalt in der Hauptstadt vor.

Ich bemerke hier, dass es eigentlich zwei Plätze Namens Ben gibt, welche nur wenige Meilen von einander entfernt sind. Die Ortschaft, bei der wir gelagert waren, heisst ge- nauer „Beri-kurä" „Gross-Beri" , die andere fuhrt den Beinamen „fute" oder „futebe" ^- „die westliche" von ih- rer mehr westlichen Lage; diese ist gegenwärtig sehr zurück- gekommen, so dass wir sie unbeachtet zur Seite liegen lies- sen. Die Einwohner von Beri sind grösstentheils Kanembü von der Sippschaft der Ssugurti, einer grossen Abtheilung je- nes Stammes, welche aber in dem letzten Kampfe der frü- heren Dynastie beträchtlich gelitten hat (schon in den Hee- reszügen des Edriss werden diese Ssugurti als etwas östlich von Beri wohnend angegeben) ; ausserdem sind in Beri viele Btidduma ansässig. Die gesammte Bewohnerschaft beträgt wohl kaum mehr als 2000 Köpfe.

Ich war sehr froh, als das geraubte Füllen, sowie auch der Lastochse n%ch abermaligem heftigen Zanke von den Räu- bern, ausgeliefert wurden. Einer der gestern uns geschenkten Ochsen wurde heute geschlachtet und unter-die ganze Truppe vertheilt Was mich betriflft, so labte ich mich mit etwas fri- scher Milch. Obgleich die Leute hier grosse Viehheerden

48 IL KmpiteL

besitzf-n and nach dem Xamen des Ortes, welcher ^ Vieh- hürde'* bedeutet, wohl auch immer besessen haben, so 'ist dfK-h im I)orfe. wie überhaupt oft im Sudan, nur wenig Milch zu haK'U. da nur der unmittelbare Bedarf der Eigenthümer hierher gebracht wird uml das Vieh weit entfernt ist Cber- haujit sind die Hilfsquellen der Ortschaft gering. Getreide ^fc-ird fast gar nicht gebaut, in Folge des unsicheren und trost- losen Zustandes des Landes, Die Einwohner stehn fortwäh- rend in Verkehr mit den Yedinfi, derjenigen gewöhnlich B6d- dunia genannten Abtheilung der Kotokö, welche die Seeinseln bewohnt. Die Kntfemung des Dorfes vom See wechselt na- türlich beträchtlich. Im Augenblick unserer Anwesenheit auf der Hinreise war die nächste Bucht diejenige, über welche wir am Morgen gekommen waren; die Einwohner nahmen damals ihren Wasscri>edarf von jener Bucht Bei unserer Kückreise dagegen war das Ufer ganz nahe am Orte, Der Mangel an ßreni^hok ist sehr fühlbar; es findet sich kaum ein (einziger Baum in der Umgegend *).

[SoHua/jendf 27'f^^ Sej^tember.] Wir verliessen nun das Seeufer, indem wir ganz gemach ein wenig aufwärts stiegen, hatten aber am Morgen einen schwierigen Marsch, um die vielen vom See gebildeten und sich zwischen den Sandhü- gciln hindurchwindenden sumpfigen Buchten und Natron- beck(jn zu vermeiden. Was diese Natronbecken betriflPt, wel- che nach Major Denham's Bericht viele irrthümlichc Vor- stellungen bezüglich der Natur des Tsäd-See's veranlasst haben, so bemerke ich, dass das Natron oder die Soda

*) Ich fUge hier die Ilaltpunkto eines anderen Weges von Ngcgimi nach lierl hei: liter Tag: Nguhö, eine von Küri bewohnte offene Dorfschaft, wo man vor Eintritt der llitse ankommt und übernachtet ; 2(«>' Tag: Tabünte, die crHto Ortschaft in Kinem ; 3ter Tag : Berl. Einige bleiben auf der Reise von NgrKiTiii nach Der! die !•<• Nacht in Turra, die 2^« in Balaia. Ich will hiiT nur hminrkrn, doss, wenigstens in früherer Zeit, Ben eigentlich nicht lu KAnoni g<Tcchnut wurde.

Die Natronbecken am Nordufer des Tsäd. 49

nicht ursprünglich im Wasser, sondern im Boden enthalten mid alles Wasser im Tsäd -See vielmehr frisch ist*); wenn jedoch nach dem Rücktritt der Überschwemmung Wasser in einem Becken zurückbleibt, wo der Boden mit Soda ge- schwängert ist, so theilt sich natürlich diese Beschaffenheit dem Wasser mit. Die Folge davon ist, dass es um den Tsäd umher viele solche Becken gibt, welche je nach der Jahreszeit entweder frisch oder bitter sind ; denn die im Boden enthaltene Soda hat nur geringe Wirkung, so lange das Becken tief ist, und macht sich erst bei abnehmender Wassermenge geltend. Von derselben Beschaffenheit scheint der See Boro in Känem zu sein, dessen ich weiter unten erwähnen werde. Ich erinnere hier den Leser an meine früher gemachten Bemerkungen bezüglich der Bedeutung des Natronhandels zwischen Bömu und Nüpe oder NyfS.

Da wir keine Führer hatten denn wer hätte sich be- reitwillig den Händen so zügelloser Räuber, wie unsere Ge- fährten waren, preisgeben mögen? , so war es für uns eine gar schwierige Aufgabe, aus diesem Labyrinthe von Süm- pfen und Lachen herauszukommen. So erreichten wir nach einigen Meilen eine schmale, aber sehr morastige Lache, über welche wir, wie es schien, setzen mussten.

Da ich ein lebhaftes Thier, einen vortrefflichen „saiär", ritt, so war ich den Übrigen etwas voraus und hatte nur drei Reiter vor mir. Beim Moraste, dessen Beschaffenheit leicht erkennbar war, angekommen, ritten wir Einer hinter dem Anderen; Chälef- Allah war mein Vorraann. Als der erste Reiter einige Schritte in den Morast hineingekommen war, stürzte er, brachte jedoch sein Pferd wieder auf die Beine, machte wieder eine Strecke vorwärts und sank dann aber-

*) Die yollkommcn reine Sässwasser - Natur des TsSd ist auf das Schla- gendste bestätigt worden durch des verdienstvollen Prof. Ehrenberg Analysen des von Dr. Vogel heimgesandten TsSd- Schlammes (Abhandlungen der Berl. Akad., Juni 1856, S. 323 338).

Bwth'* Salami. IIL 4

50 U. Kapitel.

mals; nun war er aber dicht am festen Boden und kam da- her ziemlich gut hinüber. Da dies die anderen Reiter, wel- che vor mir waren, sahen, hielten sie plötzlich an und woll- ten umkehren. Dadurch wurde mein Pferd zur Seite, ge- drängt; es schwankte, von dem Morast beunruhigt, vorwärts und stürzte auf die Kniee nieder ; wieder in die Höhe ge- bracht, machte es sodann, um hindurchzukommen, einige wilde Ansätze, fiel aber nach zwei odör drei vergeblichen Versuchen auf die Seite und ich gerieth darunter. Der Mo- rast war hier etwa- 4 Fuss tief. Ich erhielt von den Vor- derhufen meines Pferdes auf Kopf und Schultern einige em- pfindliche Schläge; doch gelang es mir nach langer An- strengung, mich endlich aus dieser uninteressanten Lage glücklich zu befreien. Ich trug einen weissen Bemus über einer Nyffi-Tobe und ein Paar Pistolen im Gürtel, so dass man sich leicht vorstellen kann, welche Figur ich spielte, als ich den festen Erdboden erreichte. Nun blieb mir aber noch die schwierige Aufgabe, mein Pferd herauszuziehen, welches, nachdem es sich einigemal mit verzweifelter Anstrengung hin- und hergeworfen hatte, jetzt regungslos auf dem Mo- raste lag. Ich hatte bei- dieser Gelegenheit eine gute Probe von der Hilfe , welche wir in* Fällen der Noth von unseren Gefährten zu erwarten hatten ; dehn sie sahen ruhig zu, ohne mir den geringsten Beistand zu leisten. Herr Dr. Overweg war eine Strecke zurück und versah mich, als er ankam, mit etwas trockener Kleidung.

Die Stelle wäre ohne diesen Unfall ganz interessant ge- wesen, da hier, begünstigt von dem reichen Boden und eben diesem Morste, ein schönes Feld mit rothem Ngaberi (von der besonderen, „mössogä" oder vielmehr ,,massakuä" genannten Sorghum- Art) stand; die Saat war im üppigsten Gedeihen und fing eben zu reifen an. Es war das herrlichste Feld der Art, welches ich auf meiner Reise zu sehn bekam.

Glücklicherweise schien die Sonne ziemlich warm; denn

Unfall des Reisenden. öl

nach dem unverhofften ßade und bei meinem fieberhaften Zustande fing ich an, mich etwas kalt zu fühlen. Wir setzten unseren Marsch zuerst längs einer anderen Laclie, welche aber frisches Wasser enthielt, fort imd kamen dann, nachdem wir etwas aufwärts gestiegen waren, zu einer san- digen, reich mit Gras und Mimosen bewachsenen Fläche. Auf diesem ansteigenden Boden schienen wir ganz ausser dem Bereich des See's zu sein; unser Erstaunen war daher gioss, als wir ein Paar Meilen weiterhin zu einem . anderen schö- nen Becken mit frischem klaren Wasser kamen. Bei dem Zustande, in dem ich mich befand, war ich recht froh, als. wir uns frühzeitig am nördlichen Ufer dieses kleinen See's lagerten, .wo einige Sserrächs leidlichen Schatten ge- währten.

Ich war eben damit beschäftigt, meine Kleider, Waffen, das Sattelzeug und meine Tagebücher zu trocknen, als sich An- zeichen eines herannahenden Gewitters kundgäbßn^ wess- halb ich, um nicht an demselben Tage zweimal durchnässt za werden, mein Zelt aufschlagen liess. Nach einem wüthen- den Sturme entlud sich ein Platzregen, und ungefähr ein Dutzend unserer Gefährten flüchteten sich in meine kleine, schwächliche Behausung; doch gelang es nicht Allen, sich vor der Nässe zu schützen, da der Regen so heftig war, dass er zur Thür hereindrang. Das Gewitter hielt über eine Stunde an, und da die Pferde, Kameele und alles Gepäck vollkommen durchnässt waren, so wurde beschlossen, hier die Nacht zu verbleiben.

[SontUiig, 28'^en September.] Aus irgend einem anderen Grunde, aber hauptsächlich auch desshalb, um den zweiten Ochsen zu schlachten, zu vertheilen und in „gedid" zu schnei- den, blieben wir hier den ganzen Morgen. Die Sonne war längst in Saual (Nachmittag) übergetreten, als wir unseren Marsch durch die sandige , leicht gewellte Landschaft wieder antraten, welche dicht mit Kräutern bewachsen war, namentlich

52 n. Kiqtitel.

mit Nessi, Bü-rekkeba (Panicum colonum) *) und der donige- fiedertcQ Klette (Pennisetum distichum); dazu gesellten Bich Doch mancherlei Mimosen, hauptsächlich die Talha und die U'iu el barka (Mimosa nilotica). Unsere Gefährten fanden mehrere Strausseneier und trafen auch eine grosse Heerde Gazellen. Die Gegend ward weiterbin dichter bewaldet und gestaltete sich da, wo wir unser Lager für die Nacht aufschlugen, zu einer sehr interessanten Landschaft; doch war die Gefahr von Seiten reissender Tbiere beträchtlich, und wir hörten fast die ganze Nacht hindurch das Gebrüll eines Löwen.

[Montag, 29"^ Septe7nberi\ Zu früher Stunde brachen wir auf. Der Landstrich blieb von derselben Beschaffenheit, wie am gestrigen Tage, und zeigte manches schöne Exem- plar der Mimosa auf, hier einen vom Alter gebrochenen, dort einen von SchlingjiHanzen umwundenen Baum. Eine Art dieser Schlingpflanzen erzeugt die von den Kanöri „fitö" genannte und von mir bereits erwähnte rothe saftige Frucht Während wir um 8 Uhr gruppenweise weiter zogen, hiel- ten zwei von unseren Reitern, welche etwas voraus waren, plötzlich bei einer grossen, dichtbelaubten Gherret an und ritten mit lautem Geschrei zu uns zurück. Wir kamen her- bei und sahen eine ausserordentlich grosse Schlange, welche drohend von den Asten jenes Baumes herabhing. Als sie uns gewahrte, suchte sie sich zu verbergen, fiel aber, von mehreren Kugeln getroffen , herunter , worauf wir ihr sofort den Kopf abschnitten. Sie war 18 Fuss 7 Zoll lang und mass am dicksten Theile des Körpers 5 Zoll im Durchmes- ser ; ihre Haut hatt« eine schöne, grünlich-bunte Farbe. Zwei

*) Ich maaa mich biet wegen eines Iirthomea entschuldigen, der lon mir im ersten Bimde begnognn norden istj ich habe nämlich dort da« ran den Arabern bn-r^kkebi" genannte hohe Knotengras mit Avena Fornkalii iden- tificirt. Du ist jedoeh nicht ganz richtig, da das letztere Gras dem „schedjret el djcmcl" der Araber entspricht.

Eine grosse Schlange. 58

Eingeborene, welche sich uns gestern angeschlossen hatten, schnitten das Ungeheuer auf und nahmen das Fett heraus, das sie für vortrefflich erklärten.

Unser heutiger Ritt war überhaupt recht anziehend, da das Land hier bedeutend reicher zu werden anfing; aber für meinen schwachen Gesundheitszustand dauerte er zu lange, so dass ich nach einem Tstündigen Marsche so sehr ermü- det war, dass ich absteigen und mich niederlegen musste. Die meisten Araber blieben bei uns, die Übrigen setzten mit 'Ali ben 'Aissa den Marsch zum Brunnen fort.

Als wir am Nachmittag wieder aufbrachen, war der Land- strich während der ersten 8 Meilen ebener, wurde aber so- dann hügelig, und um 5 Uhr erstiegen wir eine bedeutende Hügelreihe, die ^ir erst zu unserer Linken hatten; dieselbe erwies sich als höchsten Kulminationspunkt dieser ganzen Landschaft, obgleich sie sich wahrscheinlich nicht mehr als 700 Fuss über den Spiegel des Tsäd erhebt. Wir durchzo- gen . dann zwei Thalkessel , welche grosse Lieblichkeit be- sassen, namentlich der zweite, in dessen von hohen Lehnen eingeschlossenem Grunde sich eine auffällige Terrasse von Kalksteinbidung vorfand. Doch war die Anmuth dieser bei- den Thäler nur gering im Vergleich mit dem Henderi (Thal) Foio oder Foyo, in welchem wir in einiger Entfernung vom Brunnen unser Nachtlager nahmen; denn die Thalsohle war dort mit einer ununterbrochenen, an manchen Stellen ganz undurchdringlichen Pflanzenmasse überwachsen. Hier konnte "der Botaniker mit Sicherheit darauf rechnen, einige neue Arten zu finden; die gewöhnlichsten Bäume aber waren die- selben verschiedenen Species der Acacta, welche in allen diesen Landschaften vorwalten, nämlich die Küma (Cornus), die Sserräch, die Um el barka (Mimosa nüottca), der Ha- djilTdj (Balanitea Aegyptiacua) und die Talha (Mimosa f er- rugtnea)y alle mit Schlingpflanzen reich umwunden und den kühlsten Schatten geirährend.

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54 * n. KapiteL

Diese Thäler sind natürlich, da sich daselbst die einzigen Wasserplätze befinden, wegen der reissenden Thiere, nament- lich der hier sehr zahlreichen Löwen, bei Nacht sehr gefähr- lich.— Unsere Gefährten empfingen hier vom Scheich Rhet, dem jungen Häuptlinge der UelSd Slimän, eine Botschaft.

[Dienstag j 30f*^ September i\ Wir blieben hier nicht nur den Vormittag, sondern auch die heisse Tageszeit hindurch ge- lagert Während ich im kühlen Schatten einer Mimose ruhte, erhielt ich einige werthvoUe Angaben über die verschiedenen Stämme, welche gegenwärtig das Land Känem bewohnen, und über ihre Ansiedelungen; ich übergehe jedoch dieselben hier, da es geeigneter sein dürfte, alle von mir zu verschiedenen Zeiten in dieser Beziehung gesammelten Nachrichten in einem aUgemeinen Berichte zusammenzustellen, welcher im Anhang gegeben werden soll.

Am Nachmittage liess man die Kameele und den schwere- ren Theil des Zuges vorwärts ziehen und die Reiter folgten ungefähr eine halbe Stunde später, nachdem sie die Pferde zur Tränke gebracht hatten; anstatt aber in einer Wildniss, wo kein regelmässiger Pfad gezogen war, die Spuren des voraufgezogenen Trosses sorgfältig zu verfolgen, ritten sie sorglos voran, und fanden bald, dass sie jede Spur verloren hatten. Nun- wurde in grosser Verwirrung nach allen Rieh- tungen hin gejagt. Dies ermüdete mich ungemein; denn nichts ist für einen Menschen von geschwächter Gesundheit so verdriesslich, als hin und her zu wandern, ohne zu wissen, wo er den so ersehnten Ruheplatz zu erwarten hat. Nach- dem wir einen Kundschafter nach dem anderen ausgesandt, fanden wir endlich, die Spur und erreichten unsere Leute nach Sonnenuntergang.

[Mitt^ooch^ pten Oktoberi] Frühzeitig aufgebrochen, trafen wir nach zweistündigem Ritt einen lleiter, welcher vom La- ger der Ueläd Slimän kam und uns in ihrer Wildniss will- kommen hiess. £[aum hatte er seinen Gruss bestellt, als in

Ankunft im Lager der U6lad Slimän. 55

fast, ununterbrocheiier Reihenfolge aus dem Dickicht zur Bechten und Linken Araber hervorstürzteri, ihre Flinten ab- feuerten und uns mit ihrem gewöhnlichen Feldgeschrei: „ya riäb, ya riäb!" begrüssten. Wir rückten auf diese Weise eine halbe Stunde lang vorwärts und machten dann Halt, um in feierlicherer Form die Begrüssungen einer zahlreicheren von einem Mann von Bedeutung geführten Reiterschaar in Empfang zu nehmen.

Nachdem der von den Pferdehufen aufgewehte Staub sich etwas gelegt hatte, erblickten wir nun hier, wo die Waldung etwas mehr gelichtet war, die gesammte Reiterei der Ueläd Slimän im besten Aufzuge in einer Linie vor ims aufge- stellt, ihren Häuptling Rhet, Sohn des Ssef e' Nasr ben Rhet, und dessen Oheim 'Omar, Sohn Rhet's und Bruder 'Abd el DjelÜ's, in ihrer Mitte. Dieser, von mir und Herrn Dr. Over- weg nicht. erwartete feierliche Empfang machte einen grossen Eindruck auf uns; man gestattete uns jedoch nicht lange, passive Zuschauer zu bleiben, indem die Araber, die mit uns aus Kükaua gekommen waren, uns aufforderten, der Reihe voraus zu galöpiren, um den Häuptlingen unsere Ehrerbietung zu bezeigen. Wir eilten daher unseren neuen Freimden gerade entgegen und begrüssten sie mit unseren Pistolen. Sie erwiderten unsere Komplimente und Wessen uns willkommen, worauf sich. der junge Rhet mit blankem Schwerte an die Spitze seiner Schwadronen stellte, die uns unter dem fortwährenden Rufe : y4 riäb, ya riäb ! " nach dem Lager geleiteten, wo man uns unseren Zeltplatz anwies.

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m. KAPITEL

Die Uordo der UeUd Slimän.

So hatten wir nunmehr unser Geschick mit demjenigen dieser Rotte von Freiheutem verknüpft. In Folge ihrer wil- den, ruhelosen Lebensweise waren sie aus ihren ursprüng- lichen Wohnsitzen an der Syrte*) vertrieben worden und hatten sich nach einer langen Reihe abenteuerlicher Erlebnisse end- lich unter der Führung Mohammed's, Sohnes *Abd el Djelil's, in diesem Grenzlande zwischen der Wüste und den fruchtbaren Strichen des Sudans auf den Trümmern des alten König- reiches Känem niedergelassen, wie in ganz entsprechender Weise in der westlichen Hälfte der Wüste die üeläd Ammer (die Ludamar Mungo Park's) auf den Trümmern des Reiches Melle ihre räuberische Macht begründet hatten. Damals zählten die Ueläd Slimän eine beträchtliche Mannschaft und konnten, da sie aus allen Araber -Stämmen vom Rif bis Fesän grossen Zuzug von Abenteurern hatten, 900 1000 Mann Reiterei in's Feld stellen. Sie wandten nun ihre Auf- merksamkeit unseren Freunden, »den Kel-owi, zu und fingen an, deren Kameele, welche den Salzhandel von Bilma be- trieben, als Raub davon zu führen. Jene Salzkarawanen sind, wie der Leser sich aus dem früher Angeführten er- innern wird, immer von sehr bedeutender Stärke; doch ist

*) Ich vorweise hier nur auf die lebhafte Beschreibung, welche Capt. Lyon {NarrcUlve, p. 54) von der früheren Macht dieses Stammes gibt.

^ Frühere Schicksale der Horde. 57

es fast unmöglich, der uns von mehreren Personen gemachten Angabe unbedingt Glauben zu schenken, dass die Ueläd Slimän den Tuareg innerhalb 2 oder 3 Jahre über 30,000 Kameele abgenommen hätten , ja nach Einigen sogar 50,000.

Wären sie auf diese Weise auch nur eine kurze Zeit lang fort- gefahren, so hätten sie in ganz Inner- Afrika eine unermessliche Umwälzung hervorgebracht; denn die Kel-owi würden nach dem Verlust ihrer Kameele Haussa nicht länger mit Salz ha- ben versehen und ohne Salz nicht länger den für ihr Beste- hen nothwendigsten Bedarf eintauschen können; sie hätten sich also entweder dem Hunger preisgeben, oder mit Ge- walt in den Besitz fruchtbarerer Bezirke von Sudan setzen müssen. Aber bevor sie noch zu jenem Aussersten getrieben wurden, ermannten sie sich zu einer kräftigen Anstrengimg gegen ihre Feinde, und dies geschah mit Erfolg; denn, alle Mannen in den verschiedenen Stämmen von Air oder Asben, ja selbst viele der umherwohnenden Stämme aufbietend, versammelten sie ein Heer von wenigstens 7000 Mann, haupt- sächlich zu Kameel, jedoch auch mit Einschluss einer zahl- reichen Reiterei zu Pferde, und zogen nun, im Anfange des Jahres 1850, heran, um den Löwen in seiner eigenen Höhle anzugreifen.

Ich bin geneigt anzunehmen, dass die Bomauer hierbei die Hand im Spiele hatten; wenigstens konnte die Nach- barschaft einer kriegerischen und ruhelosen und dabei so zahlreichen Horde, wie die Ueläd Slimän sie damals unter Mo- hammed's Führung bildeten, keinem irgend umsichtigen und vorsichtigen Machthaber in Bömu gänzlich gleichgültig sein. Freilich, seitdem die Macht Bomu's dermassen abgenommen hat, dass es den täglichen Übergriflfen der Tuareg nicht selbst hinlänglich Widerstand leisten konnte, war es für seine Machthaber von grossem Nutzen, einen starken und kräftigen Verbündeten zu besitzen, um jene in Zaum zu halten, aber dieser durfte keineswegs selbst wieder gefährlich werden.

58 IIL Kapitel.

Wie dem aber auch sei, die Araber verliessen ihre sehr feste Verschanzung bei Keskaua (welche sie, als ihnen der beabsichtigte Kriegszug der Kel-owi kund geworden, am Tsäd-Ufer angelegt hatten, und welche die Tuareg, wie diese mir selbst gestanden , nie würden haben einnehmen können) und zerstreuten sich, in der Voraussetzung, ihre Feinde wären nicht im Stande, ihre Absichten auszuführen. Alle die zuge- zogenen Stcämme, wie die Gedädefah, die Ferdjän, die Urfilla, die Ftaim, die Ssuässi, die Temäma, die Dhohob, mit der den Tuareg abgenommenen Beute bereichert, waren voll Begierde, diese Beute in Sicherheit nach Hause zu bringen, und begaben sich daher auf die Heimreise über Küfifara.

Der Rest der Araber war eben im Wadi 'Aläli, wohin mich meine. Leser bald zu begleiten haben werden, gelagert, als ein Kundschafter mit der Nachricht ankam, eine grosse Schaar der Tuareg sei in der Nähe. Die Araber sollen jedoch diesem Berichte keinen Glauben geschenkt haben und daher, ehe sie noch ihre Vorbereitungen treffen konnten, plötzlich von allen Seiten von. der zahlreichen Feindesschaar umringt worden sein. Auch muss man bedenken, dass die- selben meistens nur mit Flinten bewalfnet waren, welche zwar in einem Reitereitrelfen sehr nützlich sind, wo sich der Reiter nach dem Feuern zurückziehen kann, aber im nahen Handgemenge und auf beschränktem Räume von geringem Nutzen sind; nur Wenige besassen Pistolen, noch Wenigere Schwerter. Die Kel-owi hingegen hatten neben ihrer grossen Anzahl den Vortheil besserer Waffen, indem sie ausser Flin- ten, die sie allerdings nur selten zu gebrauchen verstehen, Speer, Schwert und Dolch führten. Die Folge davon war, dass die Araber, nachdem sie eine kleine Anzahl der Feinde im Vor- dertreffen getödtet hatten, bald überwältigt und hingemetzelt vnirden, so dass nur die Hälfte von ihnen entkam. Der Häuptling Mohammed selbst nahm seinen Weg schwer ver- wundet durch die Schaar der Feinde und soll bald darauf,

Grosse Niederlage der Horde durch die Tnareg. 59

wie es heisst, von einem Tebu- Weibe, das ihn erkannte, er- schlagen worden sein. Said, der kühnste, wie auch gewalt- samste Streiter derUeläd Slimän, fiel auf der Wahlstatt, zu- sammen mit den herzhaftesten Kämpen der kleinen Horde. Die Tuareg machten eine sehr beträchtliche Beute, nicht nur an Kameelen und Sklaven, sondern auch an Silber; denn die besiegten Häuptlinge hatten einen grossen Reichthum aufge- häuft So war die Blüthe der Truppe vernichtet, waren nur die minder Tapferen und Jüngeren übrig geblieben.

Der Vezier von Bomu nahm nun den jungen Rhet, der jetzt die Häuptlingsschaft und den geringen verbliebenen Rest von Macht und Veimögen ererbt hatte, unter seinen beson- deren Schutz und traf mit ihm und dem übriggebliebenen Bruchstück des Stammes die Vereinbarung, dass sie ihm dafür, indem er sie mit den benötliigten Pferden und Flinten versehe, nach jedem Feldzuge einen bestimmten Theil ihrer Beute liefern sollten. Gewiss hätte sich eine solche, mit schnel- len Pferden versehene und mit Flinten bewaffnete Reiterei, wenn scharf in Dienstordnung und Unterwürfigkeit gehalten, an der Nordgrenze von Bomu sehr nützlich erweisen kön- nen, um einerseits dem Vordringen der Tuareg, andererseits dem der Wddai Einhalt zu thun. Die grosse Schwierigkeit aber, welche der Vezier nicht bewältigt zu haben scheint, be- stand darin, die freibeuterischen Streifzüge einer solchen Rotte irgend einer politischen Regel zu unterwerfen.

Der Vezier sandte nun den jungen, kaum über 20 Jahre alten Häuptling mit dem gesammten Überreste der Ueläd Slimän nach Känem und behielt seine Mutter, sowie die Weiber und kleinen Kinder einiger ihrer Hauptleute als Geissei für ihre Treue in Kükaua zurück. Von Anfang an bestand jedoch eine starke Partei gegen den jungen Häupt- ling, der noch keine Grossthat vollbracht hatte, und dessen einziges Verdienst darin bestand, der nächste Verwandte des 'Abd el Djelil zu sein.

eO m. Kapitel.

'Omar, sein Oheim, der sich von Jugend auf religiöser Übungen befleissigt hatte und ein Meräbet genannt wurde, hatte eine zahlreiche Partei, und ausserdem gab es mehrere Männer unter ihnen, welche sich für ebenso wichtig hielten, als ihren Häuptling. In Ermangelung persönlichen Einflusses konnte also Khet mit seiner kleinen, im Ganzen nur 250 Reiter zählenden Rotte nur geringe Erfolge erzielen.

Alle in Känem und den umliegenden Landschaften angesie- delten Stämme waren ihre natürlichen Feinde: die Noreä oder Nudrma und die Schendaköra und Medema, die Ssd- kerda und die Karda im Bahhr el Ghasäl, die Bültu, die Worhda, die üeläd Raschid, die Diggana oder Daghana, die üeläd Hamid, die Hommer und die Mahamid in Churma, sie alle sannen auf ihre Vernichtung, während sie nur in den Lasdlä oder el Asäla jenseits Eärkä oder Eargha und in dem Kanembü- Stamme der Fugäbü Anhänger hatten. Alle benachbarten Stämme legen ihnen den Namen „Minneminne" oder „Menemene" („die Fresser") bei, und dieser Name, obgleich aus der Völlerei dieser Araber entstanden , lässt sich auch ganz passend auf ihr räuberisches Wesen beziehen*).

Im Verlaufe dieser Auflösung und kleinen Umtriebe legten sich die Achtbarsten unter ihnen auf den Handel, während Andere in. ihre ursprünglichen Sitze heimzukehren trachteten, und als ich Bömu im Mai 1855 verliess, hatte sich der Rest der kleinen Horde in zwei gesonderte Lager gespalten, und die Auflösung oder der gänzliche Verfall der Gemeinde stand nahe bevor.

Diese Horde war es denn, mit der, um die Zwecke unseres Unternehmens so weit es uns nur irgend möglich war, zu er- reichen, Herr Dr. Overweg und ich unser Geschick zu ver- binden genöthigt waren; aber unglücklicherweise fehlte es uns an dem wesentlichsten Mittel, um ein mehr als gewöhnliches

*) Die TSbu nennen sie „Erdi mädö" (,»die rothen Feinde'") oder „YögodS"".

Audienss bei dem Scheich Rhet 61

Interesse für unsere Personen oder die Zwecke unserer Sen» düng zu erregen, nämlich an werthvollen Geschenken.

Während unsere Leute die Zelte aufschlugen, gingen wir zum Scheich Rhet und zu 'Omar, um unsere Aufwartung zu machen und uns mit ihnen, ehe wir zu ernstlicheren Geschäften schritten, freundschaftlich zu besprechen. Sie schienen dies auch erwartet zu haben, indem sie sich im Schatten eines Baumes in geringer Entfernung von unseren Zelten niedergelegt hatten. Rhet, welcher aus einer langen Pfeife, nach Weise der Türken, rauchte, war ein leidlich hüb- scher junger Mann , hatte aber eine mangelhafte Aussprache und nichts Gebietendes -in seinem Wesen. Nachdem wir die gewöhnlichen Komplimente gewechselt und einige allgemeine Fragen hingeworfen, gingen wir wieder fort und erhielten bald darauf ein Geschenk von Datteln und Milch.

Sehr viele von den Arabern machten uns einen Besuch, und ein Renegat-Jude aus Tripoli, *Abd Allah, mit dem Bei- namen „el Mussulmäni", schien uns nicht einen Augenblick verlassen zu wollen, indem er uns fortwährend von seinen Abenteuern erzählte und seine Wichtigkeit andeutete, auch uns seiner uneigennützigsten Ergebenheit zu versichern nicht verfehlte. Obgleich seine frühere Religion von der unseri- gen verschieden war und er diese wieder mit einer anderen aus blos weltlichen Rücksichten vertauscht hatte, so hielt er sich doch fiir berechtigt, eine Art Verwandtschaft mit uns zu beanspruchen und hatte die Geneigtheit, uns mitunter seine Vettern (Ueläd ämi) zu nennen. Noch war hier ein anderer Mann, welcher sich uns zuvorkommend zu erweisen und in unsere Freundschaft einzuschleichen suchte; dies war ein Egyptier Namens Ibrahim, ein schöner schlanker Mann, welcher augenscheinlich ursprünglich von guter Familie war; er war jedoch von Hause entflohen und führte nun in dieser Genossenschaft ein rastloses, beschwerliches und reuevolles Leben.

62 m. Ki^iteL

Als die Tageshitze etwas nachgelassen hatte, bereiteten wir das kleine Geschenk vor, das wir dem Scheich Bliet zu geben gedachten. Es bestand in . einem rothen Tuchbemus von vorzüglicher Arbeit, einem Pfund Gewürznelken, «inem Pfund Djaüi (Benzoe) und einem Rasirmesser. Wir wussten wohl, dass es ein etwas unbedeutendes Geschenk war in Be- tracht des Beistandes, welchen wir von diesen Leuten er- heischteUj um unseren Zweck zu erreichen; wussten jedoch auch, dass die Sache eigentlich eine uns vom Vezier von Bömu, der diese Leute als in seinem Dienste stehend be- trachtete, erwiesene Gunst war.

Lidern wir also auf die Freundschaft, welche in früheren Zeiten, als der Stamm noch an der Syrte wohnte, zwischen demselben und dem Englischen Konsul in Tripoli bestanden habe, Bezug nahmen und einen Brief von Herrn Frederic Warrington (dem Sohne des früheren Englischen Konsuls), wel- cher den angesehensten Leuten im Stamme persönlich wohlbe- kannt wat*, überreichten, erklärten wir unumwunden, dass wir in der Absicht hierher gekommen seien, um mit ihrer Hilfe die Bereisung des östlichen Seeufers und namentlich des Bahhr el Ghasal, welcher seit längerer Zeit in unserer Heimath viel Literesse erregt habe, zu versuchen. Scheich Rhet ent- gegnete aber sofort, es sei ihnen unmöglich, ups nach jener Landschaft zu bringen, da dieselbe wegen der vielen von verschiedenen Seiten und von feindlichen Stämmen dorthin ausgeführten Raubzüge die gefahrvollste in allen diesen Ge- genden sei.

Nach einem bedöutungslosen Gespräch über die Engländer verliessen wir den Häuptling und begaben uns mit einem ganz gleichartigen Geschenk zu seinem Ohöim, dem wir nun die Zwecke, die uns hierher geführt, noch nachdrücklicher vorzustellen suchten. Ich drückte es als meine Ansicht aus, dass, wie sie einerseits der Brittischen Regierung einen sehr ervninschten Dienst leisten würden, wenn sie uns in den

yerhandlaiigen über den Besucli des Bahhr el GhasäL 63

Stand setzten, die Art der Verbindung zwischen dem Babhr el Ghasal und dem See genau zu erkunden, so andererseits ein beträchtlicher Theil des Tadels auf sie fallen würde, falls wir unseren Plan nicht auszuführen vermöchten, da sie sich stets als den Engländern zu grossem Dank verpflichtet ausgegeben hätten. 'Omar ben Rhet ben Ssef e' Nasr räumte alles dieses ein, zweifelte jedoch sehr, ob die Horde bei ihrem gegenwärtigen geschwächten Zustande im Stande sein würde, uns nach jener "Gegend zu bringen, die gänzlich unter der Herrschaft von Wadai stehe. Die Erwähnung des Bahhr el Ghasal veranlasste ein Gespräch über das Flusssystem zwischen dem Tsäd und dem Nil, wobei 'Omar höchst ven- worrene Angaben vorbrachte, welche anzuführen nutzlos sein würde. Aber bezüglich jenes grossen Wadi selbst fanden wir, dass er in Übereinstimmung mit den erfahrensten Leuten unter diesen Arabern behauptete, dass selbiges nicht am See auslaufe, sondern von dorther seinen Ursprung nähme und doch ist diese Ansicht natürlich unrichtig.

Wir verabschiedeten uns dann bei 'Omar und kehrten zu unseren Zelten zurück. Der Lägerplatz befand sich auf einer sandigen, offenen, aber doch leicht gewellten, anmuthigen und mit einzelnen Mimosen geschmückten Fläche, an deren Fusse sich ein Thal hinzieht, welches die Brunnen Yongo oder Bü-Halima enthält und eine Fülle des reichsten Pflanzen- wuchses darbietet. Die Zelte und Mattenhütten der Araber nahmen einen ausgedehnten Platz ein, welcher mit keinerlei Umfnedigung oder sonstiger Schutzwehr versehen war.

Da die "Sonne untergegangen war, legte ich niicb ausser- halb meines Zeltes nieder, um nach einem heissen und mühevollen Tage der abendlichen Kühle und Stille zu gemes- sen. Alles war ruhig und schien in Frieden gebettet zu sein, aber diese Stille wurde plötzlich durch ein wildes Geschrei und Gekreisch, welches die Weiber im westlichen Theile des Lagers erhoben, unterbrochen. Eilends griffen wir zu

64 IIL Kapitel.

den Waffen, indem wir glaubten, ein Feind sei in's Lager gedrungen. Der Ruf: „älä e' dhahai*! äla e' dhahar!" „in den Sattel! in den Sattel!" erscholl von allen Seiten und eine Anzahl Reiter jagte an uns vorüber. Nach allgemeinem Tumult ergab sich jedoch, dass es nur einige Räuber gewesen waren, welche in der Abenddämmerung die Kameele ange- fallen, zwei oder drei Leute in die Flucht gejagt, einen Rei- ter getödtet und einen Theil der Heerde fortgetrieben hatten. Unsere Freunde setzten den Räubern nach und holten sie bald ein, worauf sich dieselben mit Hinterlassung ihrer Beute in das Dickicht flüchteten.

. So hatten wir gleich am ersten Tage unserer Ankunft in dieser kleinen Horde eine Probe von dem Charakter unserer gegenwärtigen Fahrt. Das Wehklagen der Weiber über den erschlagenen Mann erscholl traurig durch die Nacht und mahnte uns an das Geschick, das vielleicht in kurzer Zeit uns selbst befallen möchte. Spät in der Nacht, . als der Lärm sich gelegt hatte, sandte uns Scheich Rhet eine junge Kuh zum Geschenk.

[Donnerstag, 2^^ Oktober.] Wir blieben den ganzen heu- tigen Tag im Lager und zogen viele werthvolle Auskunft über den südöstlichen Theil des See's und die anliegenden Theile-ein*), so dass der Tag sehr angenehm verfloss.

Auch am folgenden Tage fiel nichts Besonderes vor, ausser dass die wichtige Nachricht eintraf, der in Mäö seinen Sitz habende Agid von Wadai sei auf die Botschaft von dem von den Arabern auf jene Stadt beabsichtigten Angrifi' entflohen. Diese Nachricht, falls sie sich bestätigte, gab uns einige schwache Hoffnung auf die Möglichkeit, nach dem östlichen Seeufer vorzudringen, und die Araber machten demge- mäss ihre Anschläge. Lidem Hadj 'Abbäss, welcher mit uns gekommen war, um von den Arabern Hadj Beschlr's Antheil

*) AUe diese Angaben sind im Anhang snsammengestoUt.

Flacht einer Sklavin. 65

an der vqn ihnen auf dem letzten Raubzuge gemachten Beute zu erheben, in einigen Tagen nach Ktikaua zurückzukehren hatte, so schrieb ich dem Vezier einen Brief hinsichtlich un- serer geringen Aussichten auf die vollständige Ausführung unseres Planes. Den Rest des Tages genoss ich, behaglich im Schatten eines Baumes ausgestreckt, der Ruhe, welche jedoch durch Zänkereien unter meinen Leuten sehr gestört wurde.

[Sonnabend y 4*^ Oktober^ Früh am Morgen, als Alles noch stille war, erweckte mich der wehmüthige Gesang eines Ara- bers, welcher zwischen den Strophen seines Liedes sich den Thränen hinzugeben schien. Dieser tief gefühlvolle Gesang, welcher so unerwartet inmitten dieser zügellosen Horde, wo gemeiniglich nur die niedrigeren Eigenschaften des Menschen zum Vorschein kamen, sich vernehmen Hess, übte auf mich einen grossen Reiz aus; da jedoch der Sänger von meinem Zelte etwas entfernt war, so konnte ich nicht verstehen, was seinen Gram veranlasst habe, erfuhr es auch nachher nicht. Denn ein anderer Gegenstand, der aber vielleicht gerade im Zusammenhang mit dem Gram des Sängers stand , hatte die Aufmerksamkeit der Araber erregt. Die schönste unter den Sklavinnen, welche einen Theil der dem Vezier von dessen Beamten Hadj 'Abbäss zu überbringenden Beute aus- machten, war während der Nacht entflohen', man hatte vom frühesten Tageslichte an Nachsuchungen angestellt, aber sie waren erfolglos geblieben. Endlich entdeckte man ihr Hals- band, ihr Gewand und Überreste ihrer Gebeine sie war den Raubthieren zur Beute gefallen. So hiess es wenigstens. Die schöne Sklavin gehörte zu den Yedinä oder Büdduma und soll grosse Reize besessen haben. Man glaubte, dass ihr Verlust den Vezier sehr betrüben würde , welcher, wie ich be- reits erwähnt habe, ein grosser Liebhaber ethnologischer Man- nichfaltigkeit weiblicher Schönheit war. Diese Angelegenheit veranlasste vielen ärgerlichen Wortwechsel, da das Mädchen

Barth'« BcImo. UI. 5

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I '

66 in. Kapitel.

dem Hadj 'Abbäss noch nicht überliefert worden war, als sie die Flucht ergriff.

Es gab jedoch sonst noch gar mancherlei Zwist in dieser kleinen Horde, und als der Beamte des Veziers seine Ab- reise .antrat, benutzte eine sehr grosse Anzahl Araber diese Gelegenheit, sich nach Kiikaua zu begeben, während nur Wenige hatten mitgehn sollen. Wir selbst erlitten für unsere Zwecke einen sehr ernstlichen Verlust durch die Abreise des Scheich 'Omar, Rhet's Oheim, der durch seine Erfahnnig und Kenntniss der Engländer, welche die seines jungen Nef- fen bei weitem übertraf, für uns sehr nützlich hätte werden können. Er hätte ims jedenfalls mittheilen sollen, dass er abzureisen beabsichtigte, da seine Annahme unseres Geschen- kes uns voraussetzen liess, dass er die Verpflichtung über- nehme, uns in unserem Plane nach Kräften zu unterstützen; so fühlten wir uns nun bei unseren so beschränkten Mitteln bitter getäuscht. Allein, waren auch unsere Aussichten nicht eben viel versprechend, so wussten wir doch jetzt, dass wir wenigstens etwas weiter kommen würden, da der Aufbinich des Lagers auf den nächsten Tag festgesetzt war.

[Sonntag, 5ten Oktober.] Nachdem die Kameele nebst einer Bedeckung von Fussvolk am Morgen aufgebrochen waren, ritten wir und die anderen Reiter zuvörderst aus, um unsere Pferde. am Brunnen zu tränken, den wir, weil er von unseren Zelten etwas entfernt war, noch nicht besucht hatten. Das Thal hatte den wild-üppigen Charakter, welcher den Thalsenkungen Känems eigenthümlich ist; es übertraf sogar die meisten an malerischer Wildheit, und ein frösteln- der Luftzug kam uns aus dem für Sonnenstrahlen undurch- dringlichen Walde entgegen, welcher die Thalsohle in dichtester Fülle bedeckte. Die Brunnen, deren mehrere waren, boten ein lebhaftes und anziehendes Schauspiel dar, als die Reiter in ihrem malerischen Anzüge, welcher aus der Landestracht ihrer früheren Heimath und der ihrer gegenwärtigen Wohn-

Dor Bit c) Käras. 67 ''

f)tt7^ bunt zasammengesotzt ist,- diese Qnellen umdi-iingten, um ihre hageren, aber ausdauernden Güule zu tränkeD.

Als wir dann nach unserem bisherigen Lagerplatze ziirück- kphrU-n, war AJIea verlassen und Einsamkeit und Sülle war an die Stelle der regen Wohnstätte einer streitsüclitigen; wortreichen Menge getreten; wir eilton also über den leicht gewellten, schön liewaldeten Sandboden weiter und Ijolten un- sere Kanicele bald ein. Unser heutiger Bestimmungsort war nicht fem und bereits um Mittag lagerten wir auf einer schö- nen Sandhügelung ; unterhalb derselben zog sich ein anderer Thalkessel hin, welcher namentlich mit Küma-Bäumen üppig . bewachsen war, woher auch die dortige Quelle den Namen „Bir el Küma" empfangen hat. Das aus Arabern und Tebu gemischte IiOgor war sehr ausgedehnt und seine Lage konnte nur gesund sein, obwohl wir während unseres Aufenthal- tes auf dieser Anhöhe den Unterschied zwischen der nächt- lichen Eiihle und der Hitze der Mittagsstunden ausseror- dentlich emptindlicb fanden. Da wir sehr guteu Appetit hätten, bereiteten wir uns den ungewohnten Genuss einer Schildkrötensuppe. Schildkröten sind in dieser Gegend gar nicht selten, obwohl meistens sehr klein; von der Grösse, wie wir sie in Air gesehn hatten, sind mir hier keine vor- gekommen und ich habe auch nie davon gehört.

[Monlaff, 4'"" Oktoher.] Heute war der Tag des 'Aid el Kebir. Bei Sojinenaufgang begab ich mich darum nach einem kühlen, schattigen Platze, der etwas sudlich von unse- rem Lager war; aber eben diesen Platz liatten die Araber, ohne dass ich es wusste , zur" Verrichtung ihres Festgebetes gewählt. Gewöhnlich beteten imr Wenige von ihnen; heute aber begaben sich die angesehensten Personen unter ihnen, Scheich Rhet an der Spitze, nach diesem Platze und ver- richteten daselbst ihre Gebete mit Feierlichkeit and, wie es schien, selbst mit Inbrunst.

Wie bedeutsam aber auch dieser Tag für unsere Mohamrae- _

€8 m. Ki^itel.

dänischen Begleiter war, so erwies er sich doch für uns als ein sehr unglücklicher, dessen Ereignisse für unseren Plan, in die gefahrvollen Landschaften am östlichen Ufer des Tsäd vorzudringen, nur wenig Erfolg versprachen; denn ein be- trächtlicher Theil des Stammes (150 Mann mit 70 Pferden) brach an diesem Tage nach Kükaua auf, zu unserem unaus- aprechlichen Verdruss und, wie es schien, auch zum Arger des jungen Häuptlings; dies ward uns wenigstens klar, als wir Letzterem um Mittag einen Besuch abstatteten. ' Bei un- seren beschränkten Mitteln und dem unansehnlichen Charak- ter unserer Mission konnten wir natürlich nicht erwarten, dass diese ungeordnete Horde unsere Wünsche und Absich- ten zur Richtschnur bei ihren Angelegenheiten machen sollte. Ihr Verfahren war jedoch offenbar nur durch einen gewissen hartnäckigen Unabhängigkeitssinn und durch Eifersucht ver- anlasst worden und schien in offenem Widerspruch gegen den Wunsch ihres jungen Häuptlings zu stehn. Um 1 Uhr Nachmittags zogen sie ab und wir beförderten durch sie einen Brief, in dem wir unsere Unzufriedenheit über einen Zustand der Dinge aussprachen, welcher uur einen gar trüb- seligen Erfolg für tmser Unternehmen vorausseht! liess.

Aber während wir uns in unseren wesentlichen Erwartun- gen so getäuscht fanden, ward für unsere leiblichen Bedürf- nisse desto besser gesorgt; denn am Morgen kamen mehrere Fugäbü mit einer Anzahl Schaafe an, welche sie zu '/i Dollar das Stück verkauften, und setzten uns so in den Stand, dem religiösen Verlangen unserer Diener nach einem Extra-Gerichte an diesem ihrem Feiertage genügen zu können. Am Abend traf eine von Bömu kommende grosse Qchscnkarawane ein, welche mit Getreide oder vielmehr Negerhirse beladen war; dadurch wurden die Lebensmittel etwas billiger. In Folge der Ankunft dieser Reisegesellschaft konnten wir nicht nur selbst Getreide zu billigeren Preisen kaufen, sondern erhielten auch vom Häuptlinge welches zum Geschenk.

Der Landbta In Kanein. 69

Das in dem vei'wilderten und Terödcten Lande selbst ge- zogene Getreide reicht für die Bevölkerung, trotzdem dass diese 80 sehr zusammengeschniolzen ist, nicht aus; auch war das letzte Jahr an sich ein ungünstiges gewesen. Wir sehn jedoch aus ImSm Ahmed's Bericht, dass schon damals we- nigstens ein grosser Theil des Landes auf fremde Zufuhr angewiesen war, und in Wahrheit trifft die von Maknsi in einer anderswo angeführten Stelle hervorgehobene Ar- muth dieser Landschaften einen grossen Theil des Landes Kanem.

Aller Kauf in Känem wird vermittelst der gewöhnlichen weissen Bömu-Hemden, welche die allgemeine Landestracht bilden, al)geschlossen ; schwarze Toben werden hier nur von den Wohlhabenden getragen. Selbst die in Känem angesie- delten Araber tragen meistens nur diese weissen Baumwol- lenbemden nebst einem Halk von demselben Zeuge, und nur die bemittelten Leute unter ilinen können sich einen wolleneu Mantel anschaffen; wir wurden wegen unserer Ausstattung in dieser Beziehung nicht allein heftig beneidet, sondern auch fortwährend angebettelt. Die Kleidung der Weiber wird gleichfalls aus diesen Toben gemacht, indem man sie in die regelmässigen oblongen Stücke,, aus welchen sie be- stehen, zerschneidet und dann der Länge nach zusammen- näht

IDietistag, 7'«" Oktober.] Da wir genöthigt waren, hier zu bleiben, ohne bestimmte Aussicht zu haben, damit irgend etwas Erspriesaliches zu erzielen, so hielten wir uns wenig- stens für berechtigt, die Gastfreundschaft unserer Wirthe anzusprechen; wir gaben daher unseren Wunsch zu erken- nen, etwas mehr Milch zu erhalten, da wir selbst weder Kühe, noch weibliche Kameele besässen. Das Gesuch wm^e gewährt. Wir gewöhnten uns darauf gänzlich an Kameel- milch und fanden dieselbe allmählich schmackliafter und gesünder, als Kuhmilch; ich schreibe die Wiederherstellung

70 ni. ELapitel.

meiner geschwächten Körperkräfte hauptsächlich dieser Kost zu. Die Töchter der Ben! Hassan brachten zwar im- mer • einige Milch in's Lager, dieselbe war aber gewöhn- lich in einem widerlichen Übergangszustande vom Süss zum Sauer und die Gefässe (die aus Palmblättem verfertig- ten Koriö's) pflegten, da sie nie ausgewaschen ¥nirden, einen höchst Übeln Geruch zu haben, welcher sich der Milch mit- theilte.

Da der abtrünnige Jude Abd Allah (el -Mussulmfini) bei allen unseren Geschäften mit dem Häuptlinge den Vermittler Spielte*, so machte ich ihm heute eine rothe Leibbinde zum Geschenk und hielt ihn auch fortan durch gelegentliche kleine Gaben bei guter Lauqe. Dieser Mann war ein wun- derliches • Exemplar eines Jüdischen Abenteurers. Er war aus Tripoli gebürtig, hatte aber wegen eines von ihm ver- übten Mordes aus seiner Heimath fliehen müssen. Er flüch- tete sich zum Stamme der üeläd Slimän, wo er seinen Jü- dischen Glauben mit deni Mohammedanischen vertauschte und Schutz fand. Nachdem er sich als Silberschmied ein ziemliches Vermögen erworben . hatte , beraubten ihn seine neuen Gefährten diese Araber wohnten damals im Tebu- Lande seiner Schätze. Hierauf trennte er sich eine Zeit laug von ihnen und machte in Gesellschaft von zwei anderen abtrünnigen Juden, Namens Mü-ssa und Ibrahim, eine Reise in den mittleren Sudan, -=— ein denkwürdiges Ereigniss, denn sie wftren die Ersten . ihres Volkes , welche jene Strasse zo- gen. Als er dann von dem Wohlergehen der üeläd Slimän in Känem hörte, verband er sich abermals mit denselben und ward Freibeuter. Er war ein sehr guter Reiter, seine Reitkunst ersetzte jedoch iiür wenig den Mangel an Muth.. Trotzdem war er uns .in vieler Hinsicht nützlich, obgleich wir uns dabei in Acht nehmen musstcn, dass uns die Leute mit diesem Jüdischen Abenteurer nicht in zu nahe Verbin- dung brachten.

Dar Tlbii'-Hauptliiig HallGf. 71

Ich begann auch heute die AuBarheitung meines kleinen Vo- kabulars der Tebu-Sprache (oder vielmehr der „Modi Teda"), und zwar fiir's Erete der in Boi^ heimischen Mundart; diese letztere weicht sowohl Ton deijenigen, welche die Einwohner Büma's reden, als auch tod dem Idiom, welches in dem süd- lich Yon Fesfin gelegenen Striche gesprochen wird, beträcht- lich ab. Ich erkannte schon gleich damals die nahe Ver- wandtschaft dieser Sprache mit dem Kanöri, während sie kaum ein auch nur öusserhches Verbindungsglied mit der Berber-Sprache aufweist.

[Mittwoch, Stet Okiober,] Das einzige bemerkenswerthe EreignisB des heutigen Tages bestand in der Ankunft Hal- lüf's, eines kriegerischen Tebu- Häuptlings, mit 17 Reitern der Fugabü Tebu, und ilir ritterlicher Aufritt vor das Zelt dos Scheichs Ehet machte ihrer Reitkunst alle Ehre. Halltlf, ein Mann von grossem Wüchse und gewaltiger Körpcrstärko wie man es selten bei diesen Leuten antrifft und in diesen Gegenden wegen seiner Tapferkeit berühmt, war frü- her ein entHcbiedener Feind Bömu's gewesen, jetzt aber für dessen Interessen gewonnen worden; er fürchtete sich jedoch noch so sehr vor den Romauem, dase er sich während der Anwesenheit des Hadj 'Abbäss (des Veziers Abgeordneten) den Ueläd Slim&n nicht anschUcssen mochte, kain aber nun; sobald er von dessen Abieise gehört hatte. Er war eben kein gewissenhafter Mann, wie ich bald erfuhr, als er mit den Fugäbü uns einen Besuch inachtc und uns, sobald er sich vorgestellt hatte, um Gift bat. Wir schlugen ihm natürbch seine Bitte kurzweg ab. Er Hess sich dann mit seinen Gelahrten ruhig nieder und fand grosses Vergnügen an der Musik meiner Spieldose, welche ich wirklich nebst der Ulir auf meiner ganzen Reise für das geeignetste Instru- ment fand, um die Eingeborenen von der grossen Überlegen- heit dos Europäischen Genie'« und der Kunstfeitigkeit der Europäer zu überzeugen. Diese Leute zeigten sich sehr em-

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72 m. Kapitel.

pfänglich für die lebhaften Weisen, welche das kleine Instru- ment aufführte, und sassen eine lange Zeit stille, um sich an der geheimnissvollen Musik zu ergötzen. Bald ward die kleine Dose der Hauptgegenstand allgemeiner Unterhaltung, imd Scheich Rhet begehrte gleichfalls, mit dem geheimniss- vollen Kästchen bekannt zu werden.

Der Tag endete jedoch nicht auf so harmlose Weise; denn es kam schlimme Kunde. Hadj 'Abbäss hatte nämlich auf dem Wege nach Bomu bei Ngegimi eine Truppe Kindin an- getroflFen und hiess die Araber vor einem Überfall auf der Hut sein. Unruhe und Besorgniss verbreitete sich daher durch das Lager und Streifwachen wurden in allen Richtun- gen durch das Land entsandt.

[Freitag, lO^n Oktober.] Am Morgen ward berichtet, man habe bei einem Brunnen in der Umgegend drei Tua- reg zu Pferde und fünf zu Kameel angetroffen, und alsbald wurde Lärm geschlagen. Alle Araber sassen auf und auch wir folgten ihrem Beispiele, obgleich ich äusserst schwach war, während mein Pferd, das nun mehrere Tage Ruhe und gutes Futter gehabt hatte, kaum im Zügel zu halten war, als es so viele Genossen einhergalopiren und muthwillige Sprünge machen sah.

Das ganze Lager zeigte ein sehr kriegerisches Ansehen; der WaflFenruf erwies sich jedoch als ungegründet. Wir kehr- ten also in's Lager zurück und fingen an, unser Gepäck zu ordnen, da wir den schwersten Theil desselben hier lassen und nur so wenig wie möglich auf dem weiteren Marsch nach Osten mitnehmen sollten ; denn die Nachricht von der Flucht des Chalifa von Wadai aus seinem Sitze M&ö, wo Niemand zur Vertheidigung dieses Platzes gegen ihren Anfall verblie- ben sei, hatte den Arabern Hoffnung auf Plünderung gemacht. Zugleich jedoch richteten sich die Blicke unserer Freunde mit Sehnsucht nach Bäteli, den berühmten Weidegründen im Nordlaufe des Bahhr el Ghasäl, 2 Tagereisen jenseits Ege,

Vorbereitang zn einem Raubzuge nach Osten.

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WO dermalen grosse Kameelheerden versammelt sein sollten. Sie w(\llten aber natürlich nicht verlauten lassen, nach wel- chem Ziele in Wahrheit ihr Heereszug gerichtet sei, und spra- chen daher bald von diesem, bald von jenem Punkte als dem Bestimmungsorte ihrer Plünderung.

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IV. KAPITEL.

Schitäti. Die- östlichon bcgfinstigtcren Thälcr Käne'nis.

[tionnahend, IV^ Oktober^ Während die älteren Leute zur Vertlieidigung des Lagers, der Angehörigen und des Eigen- thumes zurückgelassen wurden, machten wir selbst uns am folgenden Tage auf, um den rüstigeren Theil der Horde auf seinem Heereszuge zu begleiten. Wir nahinen dazu nur je ein Kameel und zwei unserer Leute mit.

Die Ländschaft, durch welche unser Weg führte, war von demselben Charakter, wie ich ihn schon bei früher durchzo- genen Gegenden Känems beschrieben habe: eine sandige Ebene, mit Bäumen mittlerer Grösse fast durchgehend« Mimosen geschmückt und in * günstigen Jahi*eszeiteu zum Anbau von Sorghum wohlgeeignet, hie und da durch tiefe Einsenkungen von bald grösserer, bald geringerer Ausdehnung* unterbrochen. Diese sind meist hinreichend mit Wasser ver- sehen, um schöne Pflanzungen oder Waizenfelder hervorzubrin- gen, und jetzt bei dem verwahrlosten Zustande, in den dieses Land versunken ist, mit üppigem Wald wüchse bedeckt, der. nur den Thieren der Wildniss zur sicheren Zufluchtsstätte dient. Zur Blüthezeit des. Landes bildeten aber diese Einsen- kimgeh die Anziehungspunkte grösserer und kleinerer städti- scher Mederlassungeh. Einen solchen unregelmässigen Thal- kessel durchschnitten wir etwa 8 Meilen von imserem Haupt- quartier und wählten unseren Lagerplatz auf dem höheren Terrain, das den „Bir el Ftaim" beherrscht

Der Bir el Ftiim. 75

Der Th'alkess^l^ welcher diesen Brunnen enthält^ ist jedoch nicht ganz von derselben Beschaffenheit, wie die meisten die- ser Einsenkungen , sondern, hat einen besonderen Charakter. Denn während die übrigen hinreichenden Raum zum Anbau besitzen, ist dieser Thalgrund sehr eng und die umgebenden Thalwäride, Wenigstens die auf der Nordseite, steigen zu grös- serer Höhe an, als die allgemeine Erhebimg des Landes be- trägt. Ich entwarf eine Skizze von dieser wilden Stätte, die nur augenblicklich von einigen Reitern belebt wurde.

Auf der den Thalgrund überragenden Anhöhe lag sicher- lich in alter Zeit ein ansehnlicher Ort, während jetzt nur ein kleines Dorf der Fugäbü Kobber die Höhe krönt. Dr. Over- weg und ich stiegen , ehe wir ims nach uns^renu Lagerplatz wandten, der auf der Höhe des südlicheren Abhanges gewählt war, in einiger . Entfernung . von den leichten Hütten dieser Leute ab und machten ihnen einen Besuch, welcher fremid- lich aufgenommen wurde.

Kaum hatten wir uns hier niedergelassen, als uns die An- wohner ein aus Lidischer Hirse (Sorghum miUjare) bereite- tes Gericht mit saurer Milch brachten und sich freundlich zu uns setzten, um uns über die zwischen ihrem und un- serem Lande obwaltende Verschiedenheit zu befragen. Sie thaten auch viele Fragen politischer Natur, natürlich nach dem engen Kreise ihres eigenen politischen Lebens bemessen. So fragten sie uns, ob unsere Landsleute Freunde oder Feinde von Dar-För oder von Wäddi wären; denn diese. Länder mit Bomu zusammen begriffen ihren politischen Horizont. Hier in Känem hatte man selbst von Franzosen und Russen noch nichts gehört und konnte sich nur eine sehr schwache Idee von einem Inglls machen. Dass sie von der zersplittei-ten Deutschen Kraft etwas gehört hätten, war natürlich von vom herein nicht zu erwarten. Wir zeigten ihnen unsere Instru- mente und sie drückten nicht geringes Erstaunen darüber aus, indem sie an unseren guten Absichten fast irre wurden;

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76 IV. Kapitel.

denn sie konnten sich kaum vorstellen, dass wir, im Besitze solcher Mittel, die ihnen übermenschlich schienen, nicht zum Schaden unserer Nebenmenschen nur . auf unseren eigenen Vortheil bedacht sein sollten. Sie brachten uns ein Löwen- feil und bald darauf ein anderes schmackhaftes Gericht von „deschische", aus Waizen bereitet, mit Datteln gewürzt und mit vortrefflicher Butter übergössen. Die letztere gewann vor- zugsweise unseren ganzen Beifall, da sie nichts von dem wi- derlichen, um nicht zu sagen schmutzigen, Geschmacke an sich hatte, welcher der Bomu-Butter eigenthümlich ist.

Während wir uns mit diesen Leuten unterhielten, wurden wir uns immer mehr unserer ungünstigen Lage in diesem Lande bewusst und fühlten tief den Nachtheil, der uns dar- aus erwuchs, dass wir ims nicht stets in der Gesellschaft und unter dem Schutze dieser Leute befinden konnten, der Eingeborenen eben dieses Landes, mit dessen charakteristi- schen Zügen sie uns so ungleich besser bekannt gemacht haben würden, als jene Bande gesetzloser Räuber, die in Wirklich- keit kein anderes Interesse an demselben nahm, als inwie- weit es ihre Beutegier befriedigte. Aber diese armen Ein- geborenen hatten weder Macht noch Ansehen , und wir hatten uns überzeugt, dass da, wohin die Araber uns nicht geleiten könnten, der Schutz dieser Leute sicherlich nichts vermöge. Wir fühlten aber die gedrückte Lage dieser Kanembü völlig ; denn ungeachtet ihrer Verbindung mit den Arabern wur- den sie von denselben mit schnöder Verachtung behandelt und die stolzen Söhne des Nordens vergassen nie, ihrem tiefen Hohne Ausdruck zu geben, so oft sie von den ver- fluchten („am bü") Keräda sprachen; denn den Namen Ke- räda legen sie den Fugäbü bei*). Es ist nur zu natürlich.

*) Ich muss hier bemerken, dass sich gerade beim Stamme der Fugäbü eine interessante Vermischung des Kanöri- mit dem Tcda-Stamme zeigt. In gewis- ser Hinsicht scheinen sie eine Art Ton Mittolglied zwischen diesen beiden nahe Terwandten KationaUtäten zu bilden.

Gedrückte Lage der Kanembo. 77

dass der Verkehr dieser beiden verschiedenen Stämme weder innig noch aufrichtig sein kann, und die Landeseingeborenen warteten nur den Tag ihrer Rache ab und der wurde ihnen gerade im Augenblicke zu Theil, als ich im Sommer 1855 das Land verliess.

Wir wurden endlich aus unserer behaglichen Ruhe und un- seren geistigen und materiellen Genüssen, die uns unsere einge- borenen Känera- Freunde boten, durch ein Gewitter aufge- schreckt, das sich über unseren Häuptern gesammelt hatte und nun auf ims herabzustürzen drohte, und wir eilten von diesem hohen, die ganze Umgegend beherrschenden Punkte foii, die tiefe Schlucht nach Norden umgehend, nach unseren Zelten zu; aber es fiel nur wenig Regen. Am Abend stellten sich zwei Schüa vom Stamme der Ben! Has- san ein, und da sie von den Dörfern der Worhda kamen und für Spione angesehn werden konnten, oder da man we- nigstens befürchtete, sie würden nach ihrer Rückkehi* den Anmarsch der Araber verrathen, so wurden sie in Fesseln gelegt.

[Sonntag j 12^^ Oktober,] Wir machten einen kurzen Marsch nach einem anderen Brunnen. Auch er liegt in einem tiefen Kessel von bedeutendem Umfang, der für den vortrefflichsten Anbau eine sehr geeignete Stätte darbieten würde und in Wirklichkeit einst dargeboten hat, der aber gegenwärtig von üppigst wuchernder wilder Pflanzenfülle gänzlich durchwach- sen und rein unpassirbar geworden ist, so dass wir nur mit grosser Mühe mit den ersten Reitern zum Brunnen vordrangen. Das Wasser war sehr schlecht und überaus ungesund, voll von Schwefelgas. Niemand hatte eine geraume Zeit den Brunnen benutzt, die Araber seit wenigstens 7 Jahren nicht an diesem Platze gelagert. Daher schrieb sich die reiche Fülle des ausgezeichnetsten Kameelfutters; aber die Gefahr vor wilden Thieren war natürlich in gleichem, Grade gross. Der Boden war voll von Elephantenkoth und wilde Tauben

78 . IV. kapitol.

triebpii in grossen Schwärmen ihr Spiel in dem üppigen Walddiekicht.

Der Platz für unser Lager Ward auf dem Ilochhoden ge- wühlt, welcher den reichen Thalkcssel auf der Ostseite be- herrscht und mit einem tiefen Gehänge von 300 400 Fuss zu ihm hinabsteigt. Hier legte ich mich in dem kühlen Schatten eines üj)pigen „sserräch" nieder, nicht weit vom Al)- himge, und übersah von hier die Züge der Fugäbü, welche im Laufe des Tages mit ihrem kleinen beweglichen Hausrath ankamen, indem sie ihren früheren Aufenthalt am Bir el Ftjum verlassen hatten.

Am Abend statteten wir Scheich Rhet einen Besiich ab und waren, wie gewöhnlich, genöthigt, ihm und seinen Ge- fälirten von Europäischen Verhältnissen zu erzählen, wäh- rend es für uns so unendlich viel interessanter gewesen sein würde, den Erzählungen aus ihrem eigenen Leben zuzuhor- chen, einem Leben voller Begebenheiten, ebenso wild als ruhelos, jedoch nicht selten auch reich an poetischen Zügen.

[Montag y 13^^ Oktober.'] Das Wetter war kühl und ein starker Nordwind machte es empfindlich. Obgleich wir zu einem leichten und schnellen Marsch gerüstet waren und den grössten Theii unseres Gepäckes zurückgelassen hatten, blieben wir doch heute und den folgenden Tag hier, und ich erhandelte ein Schaaf für eine weisse Tobe, (Jie ich in Kü- •kaua für 40 Rottel gekauft hatte, indem ich ausser dem Schaafe eine Ssaa oder Sekka Negerhirse erhielt, um den Kauf voll zu machen. Später erhielt ich noch eine schöne fette Ziege , die wir noch heute schlachteten und ilir Fleisch recht gut. fanden. Des längeren Aufenthaltes mir bewilsst, hatte ich meine Ruhestätte im Schatten des Sserräch gereinigt, und während ich hier der Ruhe pflegte , der ich in jneinem angegrifi*enen Zustande so sehr bedurfte, kam der Tebu-Häupt- ling Hallüf, und setzte sich zu einem Gespräche zu mir. Er versicherte mich, dass er im Stande sei, uns nach Karkä oder

Ilallöf^s Anorbietungcn. 70

Kargha zu bringen, dem sumpfigen Insellande im südöst- lichen Winkel des Tsäd, das einen vollständigen, in seinen schwankenden Umrissen ewig wandelbaren Archipel kleiner Inseln bildet Er bot uns seine Dienste zu einem solchen Zwecke an, aber er fürchtete, wie er sagte, Scheich Rhet's Eifersucht. Indem ich es vermied, auf sein Anerbieten ein- zugehen, ehe ich mich erst seiner Machtvollkommenh(iit vergewissert hätte, nahm ich mit ihm mein kleines Tebu" Wörterbuch durch und verbesserte einige leichte Versehen.

IlaÜüf war ein umgänglicher Mann, aber weder ich noch Herr Dr. Overweg trauten ihm, und nachdem wir uns be- rathen, hielten wir es für das Beste, uns an den Araber- Häuptling zu wenden, lim seine Meinung darüber einzuholen, ob er glaube, dass Hallüf im Stande sei, uns .mit einiger Sicherheit nach Karkä zu geleiten.

Scheich ßhet nahm keinen Anstand, zu erklären, dass Hallüf durchaus unfähig sei, zu erfüllen, wessen er sich rühme, und bat uns, mit Geduld abzuwarten, bis Nacli- richten von Bomu ankämen, wohin er Botschaft gesandt habe, um sich in Bezug auf unseren Plan, die östliche Seite des See's zu besuchen, und auf seine eigenen Schritte Raths zu erholen. Wir dagegen glaubten uns befugt, zu er- warten, dass ihm der Vezier gleich im Anfange, als er uns nach Känem aussandte, Befehl gegeben habe, uns in der Aus- fühning unserer Pläne, mit denen er schon damals vollstän- dig bekannt war, nach Kräften zu unterstiitzen. Wir konnten uns kaum irgend ein günstiges Resultat von dem Umstände versprechen, dass der Häuptling sich jetzt aus solcher Entfer- nung Raths erhole. Wir beklagten uns daher bei 'Abd Allah über des Scheichs Lauigkeit, und indem wir voraussetzten, dass er es nicht zufrieden sein würde, uns unter dem Schutze Hallirfs zu lassen, weil er erwarten musste, dass der Letz- tere einige hübsche. Geschenke von uns erhalten und er selbst- dabei leer ausgehen würde, erklärten wir ihm, dasd wir uns

80 IV. Kapitel.

selbst in dem Falle, dass wir mit Hallüf gingen, als noch un- ter dem Schutze des Scheichs stehend betrachten würden, denn er sei es, dem wir Hallüf 's Bekanntschaft verdankten; wir würden daher gewiss nicht verfehlen, ilim ein ansehnliches Geschenk zu machen, im Falle das Unternehmen uns ge- lingen sollte.

Diese Erklärung schien volle Wirkung zu haben, und wir erhielten im Laufe des Abends die befriedigende Botschaft, dass es uns gestattet sein sollte, mit Hallüf zu gehn, aber dass wir dem Scheich ein anständiges Geschenk zu machen hätten, abgesehen von dem grossen Zelte, das ich selbst für mich in Tripoli bereitet hatte. Völlig bereit zu jeder Art Opfer, um den ausdrücklichen Wunsch der Regierung, die uns gesandt, auszufuhren, imd gehoben durch die Aus- sicht, dass, doch etwas geschehen möchte, machten wir Scheich Rhöt am Abend einen Besuch, konnten es aber nicht zu einem bestimmten Abkommen bringen.

Es war viel Gerede von einem gewissen Keghamma, der allein die Macht besässe, uns nach Karkä zu bringen, wäh- rend es hiess, dass uns Hallüf höchstens bis Mäö zu bringen im Stande wäre; aber damals konnten wir nicht dahinter kommen, wer dieser Keghamma eigentlich sei; wir erfuhren jedoch, dass er in einem Platze Namens Kärafu, in der Richtung von Mäö gelegen, seinen Sitz habe.

[Dienstag, 14^^ Oktober.] Ein heftiger, mit Sand ge- schwängerter Wind machte den Aufenthalt im Freien un- freundlich, und ich zog es daher vor, in meinem Zelte zu bleiben. Hier setzte ich meine Studien in der Tebu-Sprache fort und unterhielt mich if^benbei mit dem Fäki 'Othmän. Dies war ein Mann, der durch seinen milden Sinn einen auffallenden und interessanten Gegensatz gegen den gesetz- losen und zanksüchtigen Charakter dieser Räuberhorde bil- dete; auch besass er weniger Vorurtheil und abergläubische Ansichten. Im Laufe des Nachmittags besuchten mich meh-

Notizßn über Schitati. 81

rere Fugäbü ; sie betrugen sich insgesammt mit Anstand und waren nicht lästig.

Endlich ward beschlossen, dass wir am nächsten Donners- tag mit Hallüf nach dem Bahhr el Ghasäl und Karkä auf- brechen sollten, und obgleich wir bedauerten, die Verhand- lung nicht zu einem bestimmteren Absclilussc gebracht zu haben , gaben wir uns doch der Hoffnung hin , dass wir im Stande sein möchten, unseren Zweck zu erreichen. Da ward uns plötzlich am Abend gemeldet, dass Hallüf sein Verspre- chen zurückgenommen habe, und dass also femer keine Rede davon sein könne, mit ihm zu gehn.

Was der Grund dieses plötzlichen Umschlages war, kann ich nicht angeben; aber alle unsere Gegengiünde waren un- haltbar und mangelhaft, da wir nicht im Stande waren, ihnen durch gute Geschenke gehöriges Gewicht zu geben. Es war kaum möglich, dass die Botschaft, die Tuareg hätteu drei Viehheerden von einem ein Paar Meilen von der Stadt entfernten Dorfe fortgetrieben, auf diese Politik irgend einen Einfluss ausüben konnte.

[Mittwoch j löte^^ Oktober.] Ich war so glücklich, einige nähere Kachrichten über die Provinz Schitati einzusammeln, die wir nun betreten hatten. Es war offenbar eine der volk- reichsten Gegenden des alten Reiches Känem, wo die be- rühmtesten und mächtigsten Städte lagen, vor- allen das uralte Aghö uiid die neue, aber gewaltige Stadt Ghami Kiyäla (hiervon wird im Anhange ausführlicher die Rede sein). Da wir nun das entferntere Karkä aufgeben mussten, machte es uns nicht geringe Freude, zu hören, dass wir uns endlich am ' nächsten Tage mit der ganzen Horde vorwärts bewegen sollten.

[Donnerstag j 16*^ Oktober.] Wir hatten kaum unsere La- gerstätte verlassen, als wir auf einen Elephantenpfad stiessen. Er führte augenscheinlich zu einem Brunnen und war viel betreten, ein unzweideutiger Beweis, dass die gewaltigen

Barths RwImo. 111. 0

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82 IV. Kapitel.

Thiere in dieser verwüsteten und verwilderten Gegend, wo der Mensch kaum eine Spur seiner Anwesenheit hinterlassen hat, in grosser Anzahl hausen. Wir verfolgten den Pfad eine weite Strecke, und indem wir in schnellem Schritte vorwärts rückten, durchschnitten wir nach etwa 6 Meilen Weges eine sehr schöne Thalsenkung oder vielmehr einen Thalkessel, der sich von Süd nach Nord erstreckte und jedes Erzeugnisses fähig war; gegenwärtig aber sah man hier nur wenige Spu- ren menschlicher Thätigkeit und Industrie an einem kleinen Waizenfeld, das mit Hilfe von Ziehbrunnen, bei den Arabern „chdttatlr" genannt, wie wir sie schon wiederholentlich auf unserer Wanderung angetroflfen hatten, bewässert wurde. Eben diesen Namen hat man in der Folge der ganzen Ortlichkeit gegeben; ihr einheimischer Name ist, wenn ich nicht irre, „Yakallogö".

Unser Pfad führte uns dann zu einem anderen Thalkessel, der ganz die Gestalt eines alten Circus hatte und dessen Bo- den reich mit Natron geschwängert war. Sein Name ist „Berende". Nach einem kurzen Halt hier, um den Kameelen theils den Genuss des ihnen zuträglichen Minerals, theils einen Anbiss des den Rand des Kessels umgebenden reichen Kraut- wuchses zu gestatten, setzten wir unseren Marsch fort; und während unser Tross dem geraden Pfade folgte, wandten wir, Herr Dr. Overweg und ich, uns südwärts ab und besuchten einen anderen Thalkessel, Namens „Boro". Dieser Kessel, ob- gleich klein an Umfang, hat eine grössere Tiefe und in seinem Grunde einen See, der je nach der jedesmaligen Jahreszeit und der Wassermenge, die er enthjilt, gleich mehreren anderen Wasserbecken um den Tsäd her, bald ein Süsswassersee, bald ein Bittersee genannt werden kann. Nun war während der letzten Regenzeit nur sehr wenig Regen in Känem gefallen und folglich der See augenblicklich von nur kleinem Umfang. Er hatte nämlich etwa 1^ Meile in Umfang und beschränkte sich auf den tieferen südlichen Winkel des Beckens, während

Der Thalkessel Toader. 88

der nördliche Theil dicht bewaldet war. Dieser Theil wird überhaupt selten überschwemmt.

In früheren Zeiten war hier viel Anbau und ein kleines Dorf (zur Blüthezeit des Landes wohl ein grösserer Ort) lag am Rande des See's. Jetzt ist Alles wüst und öde und un- ser Führer aus Känem, Müssa Bede, nicht eben geneigt, länger als nöthig an einem solchen Orte zu verweilen, drängte vorwärts. Wir mussten daher schneller hinwegeilen, als wir gewünscht hätten, und stiegen das steile östliche Gehänge hinauf, welches wohl sicherlich 400 Fuss hoch ist. Hier gewannen wir eine Aussicht über einen weiten Landstrich, aber Alles war eine ununterbrochene und unübersehbare Wild- niss ohne eine einzige Spur friedlicher menschlicher Thätig- keit. Das einzige Zeichen von Leben, das wir gewahrten, war eine Schaar von fünf Männern, die aus der Feme un- sere Bewegungen beobachteten. Wir kehrten daher eilig zu unserer Heerschaar zurück, um sie von diesem Umstände in Kenntniss zu setzen, worauf sogleich eine Anzahl Reiter zu ihrer Verfolgung abgeschickt wurde.

Indem wir nun in Gesellschaft unserer Raubfreunde den Marsch fortsetzten, durchzogen wir etwa ^li Stunde vor Mit- tag wiedfer einen ITialkessel Namens Toäder. In seinem süd- lichen Theile befindet sich ein Seebecken, das aber augenblick- lich trocken war, und um seinen Rand umher sind mehrere Brunnen. Der Boden war hier dicht mit Unterholz bewachsen. Einige Meilen weiterhin aber erreichten wir einen ausgedehn- teren und überaus anmuthigen Thalkessel. Obwohl mit rei- cher Pflanzenfülle bekleidet, war er doch nicht in so wildem Zustande und von demselben undurchdringlichen Charakter, vrie manche von denen, welche wir ge^ehn hatten. Der Grund schien darin zu liegen, dass er weniger tief war, nur etwa 150 Fuss unter dem Niveau der höheren Sandfläche. Es ist unzweifelhaft, dass am Rande dieses schönen Thaies eine der Hauptstätten des alten Känems zu suchen ist, aber sonder-

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84 IV. Kapitel.

barerweise habe ich seinen Namen nicht erfahren oder auch vielleicht vergessen, ihn aufeunotiren.

Hier machte die Heerschaar während der Tageshitze Halt und Alles lagerte sich in nachlässigen Gruppen, je nachdem Interesse oder Anhänglichkeit die Leute zusammenführte, un- ter den schönen Sserräch- und Küma- Bäumen. Aber der Platz war eben zu baumreich und zu dicht beschattet zu einem nächtlichen Lager, sowohl der wilden Bestien halber, als auch wegen der Gefahr eines plötzlichen feindlichen Überfalls. Auch war bei aller Anmuth der Boden dieses schönen Thal- grundes voller Skorpione und mein Leibwächter Bü-Sed ward von einem älteren Vertreter dieses gefahrlichen Geschh^chtes sehr ernsthaft gestochen.

Demgemäss ward, als der Dhohor vorüber war, Befehl zum Aufbruch gegeben und wir erstiegen, indem wir uns im Thale entlang hielten, dessen östlichen Abhang, hier einen ganz of- fenen, von Bäumen fast entkleideten Platz zu unserem Lager wählend. Die Araber brachten uns hier einen jimgen Strauss, den sie im Thale gefangen hatten, und wir führten eine lange imerspriessliche Unterhaltung mit ihnen; denn es musste uns natürlich daran gelegen sein, ihr Wohlwollen zu erhalten.

[Freitag, 17f^n Oktober,] Zu sehr früher Stunde brachen wir zu einem langen, mühevollen Tagesritt mit mehr südlicher Richtung auf. Ungeachtet aller Sorgfalt, die ich auf mein Befinden wandte, und obgleich ich mich sehr in Acht nahm, konnte ich mich doch nicht von meinem kränklichen Zustande erholen und war für Strapazen überaus empfindlich.

Im Anfange unseres heutigen Marsches war das Land är- mer an Baumwuchs als gewöhnlich, aber es wurde bewalde- ter, nachdem wir das „Assfüra" genannte Thal passirt hatten. Dieser Kessel, der nur geringe Ausdehnung hat und auf al- len Seiten von steilen Gehängen umschlossen ist, enthält eine grosse Menge Brunnen ausgezeichneten Wassers; aber sein Boden, der meist steinig ist, hat fast gar keinen Pflanzen-

Das Thal ScheMkko. 85

wuchs, hie und da eine Gruppe Düm-Gestrüpp ausgenommen. Da also hier der- Aufenthalt keineswegs anziehend war, ritt ich mit dem Mussulmäni etwas vorauf, aber ich fand bald, dass er weit davon entfernt war, den Weg zu kennen, indem er sich viel zu weit südlich hielt, wesshalb ich lieber zu den Unserigen zurückkehrte. Es war, wie es schien, ursprünglich die Absicht gewesen, von hier aus dir-ekt in südöstlicher Rich- tung vorzudringen ; aus irgend einem mir unbekannten Grunde jedoch hatte man diesen Plan aufgegeben, vielleicht, um die Feinde irre zumachen, und die Richtung gänzlich verändert, indem man nordöstlich marschirte.

Die Bildung der Oberfläche des Landes bietet hier eine grössere Mannichfaltigkeit dar; anstatt einer ausgedehnten, un- unterbrochenen und gleichmässigen Fläche, wie im westlichen Theile Känems, folgen sich hier Thal und Hügel in schneller Abwechselung. Nachdem wir mehrere kleine Einsenkungen die- ser Art passirt hatten, erreichten wir ein beträchtlicheres Thal Namens Djenä ü Schelukko. Hier zeigte sich Anbau von Korn oder vielmehr Indischer Hirse, aber die Felder waren von den Elephanten ganz und gar zerstört. Selbst auf der Hochfläche *) war Korn gebaut worden , aber die Ernte war wegen der Kargheit des Regens gänzlich fehlgeschlagen. Denn Känem ist, wie schon Makrisi sehr richtig bemerkt hat, ein sehr dürres Land, obwohl in alter Zeit eben des reicheren Anbaues und der grösseien Pflanzenfülle halber auch der Regenfall hier jedenfalls viel stärker gewesen sein muss, als in gegenwärtiger Zeit. Gewiss konnte aber auch zur Blüthe- zeit des Landes eine gelegentliche fürchterliche Hungersnoth nicht ausbleiben. Keine Spur von menschlichen Wohnungen war hier zu sehn.

Unsere Leute hatten es sich eben in diesem schönen Thale

*) Im Englischen Original (Bd. III. p. 90) hat sich hier ein Schreib- oder Druckfehler eingeschlichen ; statt ,,«/ thc fooi of the aloptT muss es nämlich heissen: „on the h'ufher U>.v.eC\

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99 TW, KapiflnL

ht^fnfiia gKtnd^bt um hkr Se hgiasen TacefiBtondai ZQzdbrm* f^. ah plötzlich fkr BefeU zum AofbnieiL lam. S> stiegen wir /ieitn aimiüi^ wieder zn Pferde:.

I>ajt (..and wurde jetzt hogeliger md wir erreiditeii bald den ^.hr>fkefi. bnnmenreiclieii ThalkesBel A^bö. sb dessen Rande eine der ältesten imd berohmtesten städtischen Anae- dehmgen de$i frnberen Reiches Einem hg. Jetzt ist aoch die^ Statte eine Einöde. Wir machten dann einen knnm Hah in dem flachen Thale NondoL mn unsere Pferde zn trin- ken und nm üdlbst mit Wasser zn rersorgen; denn hier ist aof^h heutigen Tages noch einiger Landban zn sehn nnd nm zwd ofler drei Ziehbrannen ^chattaür^ lagert sich jetzt in St^ipfpeln übendes Ackerland nmher. Da sich Jeder mit Meinem R/iHne znerst nach dem Brunnen zn drangen sachte^ um \m der Annäherung an das Gebiet des Feindes nicht hin- ter der Haupttruppe zurückzubleiben, so herrschte hier grosse Unruhe und Verwirrung. MeinKameelweibchen, ein sehr feines, kldrifm Tliier, aber für solche Parforcemärsche etwas zu schwer bf'lmh?n, war im letzten Trosse, und da es wiederum ganz zu- letzt von hier aufbrach, blieb es bald hinter der ganzen Heer- H(;haar zurück, und ich bemühte mich umsonst, es vorwärts zu tiringcn.

IlifT war das Land wiederum ebener als im letzten Theile uuHcrm MarH(^h(m. Wir hätten nur Ein, aber freilich langge- Mir(;(;ktcH Thal Namens Maina-ssa auf unserer Rechten. Zu niciriPin (Jlücke machte; die ganze Heerschaar um 2 Uhr Nach- niittnj^M oincii lungeren Halt, so dass mein Kameel sich wie- der finHchlicKHcn konnte ich hatte es schon aufgegeben. Dw kl(un<^ rüstige Schaar stellte sich in einer langen Reihe auf, nm h\v\\ zur Tapferkeit zu ermahnen und Befehle zu er- tlu'ih'n flir dim Fall eines Zusammentreffens mit dem Feinde. Kt'iii Pardon sollte gestattet werden; ein Jeder., der sein IMrid od(T Kanie(»l cinbüssen würde, sollte für den Verlust rnlHchiidigt werden.

Vorbereitnng sqm Kampfe. 87

Dies waren die Hauptpunkte, aber ausserdem wurde noch gar Vieles ausgerufen, was mir, der ich am Ende der Schlacht- linie stand, unverständlich blieb. Zwei Reiter sprengten der Reihe entlang und schwenkten weisse Banner über ihren Kö- pfen. Diese Banner waren wahrscheinlich ei'st für diese Ge- legenheit gemacht, da ich früher nichts davon bei der Bande gesehn hatte, und die ganze Scene hatte viel Schaugepränge und eitel Spiel an sich. Als die Anrede vorüber war, spreng- ten mehrere kleine Reitertrupps vor die Linie hinaus, als „imän", das heisst, als durch einen Eid verpflichtet, entweder zu siegen oder zu sterben.

Endlich setzten wir unseren Marsch fort, indem sich die Linie in mehrere kleine unregelmässige Abtheilungen auflöste, wie der Zufall oder Zuneigung die Leute zusammenbrachte; aber wir kamen bald wieder zu einem anderen Halt. Man war unter sich nicht einig und es folgte eine lange Verhandlung, in deren P^olge drei der Fugäbü-Reiter in südlicher Richtung abgeschickt wurden, um einen erfahrenen Führer zu holen.

Nach längerer Unterbrechung ging es wieder vorwärts durch eine schön gewellte und gutbewaldete Gegend und wir wähl- ten um Sonnenuntergang einen Platz zu unserem Lager, wo wir, wie es hiess, ruhen sollten, bis der Mond aufgegangen wäre, indem zugleich dringende Verbote ergingen, ein Feuer anzuzünden, damit der Feind unsere Nähe nicht gewahr würde. Die Dunkelheit war jedoch kaum eingetreten, als sich in süd- östlicher Richtung grosse Feuer sehn Hessen, die eine un- unterbrochene Flammenrcihe bildeten. Ein Jeder überaeugt« sich, dass dies nicht gewöhnliche Feuer zum Hausbedarf seien, sondern Feuerzeichen der Landesbewohner unter einan- der, und es wurde daraus geschlossen, dass der Feind Nach- richt von unserem Anrücken habe und seine Freunde zusam- menrufe. Demgemäss kam der Befehl, imverzüglich aufzu- brechen und den Marsch fortzusetzen; aber kaum waren die Kameele beladen und Alles zum Marsch bereit, als der Ge-

88 .IV. Kapitel.

genbefehl kam, wir sollten bleiben, wo wir wären. Das Ge- päck ward also wieder abgeladen, als plötzlich wieder der Befehl erlassen wurde, aufzubrechen.

Diese Befehle und Gegenbefehle schienen ihren Grund eher in der ungenügenden Kriegszucht der gesetzlosen Bande !zu haben, wo jeder Mann von einiger Erfahrung und ein wenig Tapferkeit etwas zu sagen hatte, als in der Absicht, einen etwa lauschenden Spion irre zu führen. Aber was immer die Ursache gewesen sein mag, es war höchst unangenehm und ich konnte meine beiden Leute, Bü-Säd und Ahmed, die sich eben nicht durch Energie auszeichneten, kaum dazu bewegen, ein zwei- tes Mal mein Kameel zu beladen, während sich alles übrige Volk mit grosser Rüstigkeit zum Marsche bereit machte und davonzog, sobald es fertig war. Die Folge davon war, dass ich mit meinen Leuten von Anfang an Hinter der übrigen Schaar zurückblieb. Dazu kam nun aber unglücklicherweise noch, dass das Gepäck so schlecht gepackt war, dass, als wir uns nun endlich vom^ärts bewegten, mehrere Stücke her- abfielen und wieder zurechtgelegt werden mussten. Da dies nun mehr als einmal der Fall war, ward der Zwischenraum, der mich von der Ilecrschaar trennte, so gross, dass zuletzt nicht einmal das leiseste Geräusch von ihr zu uns drang, um die Richtung unseres Marsches danach zu bestimmen, so dass ich nur im Stande war, meine Leute nach den Sternen zu lei- ten; denn zur Kompassbeobachtung war es zu dunkel. Um die Sache noch schlimmer zu machen, war der Boden mit hohem Gras bedeckt und es desshalb nicht möglich, in schnellem Marsche vorzudringen. Der Baumwuchs war hier spärlich.

Endlicli wurden die Araber gewahr, dass ich zu weit zu- rückgeblieben war, und es gelang Herrn Dr. Overweg's Vor- stellungen, sie zu bewegen, um Mittemacht einen Halt zu machen, wo ich sie denn einholte. Wir erleichterten dann die Bürde des Kameeies und setzten unseren Marsch in an- gestrengtem Schritte durch die dunkele Nacht fort. Die fer-

Raubgier der Trossbuben. 89

nen Feuer, welche die Dunkelheit einigermassen erhellten, ga- ben, uns zugleich ein Vorgefühl des ernstlichen Widerstandes, den wir finden würden.

[Sonnabend, 18*^ Oktober.] Etwa 2 Uhr Morgens, wo wir hö- heres Terrain erreichten, stiegen wir ab und legten uns neben unseren ermüdeten Pferden nieder, um ein Stündchen Ruhe zu genicssen. Dann setzten wir, stets in derselben südöstlichen Richtung, unseren Marsch mit grosser Rüstigkeit etwa eine Stunde lang fort, wo wir auf gewelltem und mit Gebüßch dicht bewachsenem Sandboden einen kurzen Halt machten. Die Reiterei sprengte hier vorauf, während Herr Dr. Ovei%eg und ich mit dem Packtross zurückbliebenr

Hierbei waren 60 bis 70 Kameele, beritten von jungen Leuten und nicht über 10 Jahre alten Knaben, die mit so grosser Begierde auf Beute lauerten, dass sie nur mit Mühe von einigen der erfahrenen Krieger, die absichtlich zurück- gelassen worden waren, zurückgehalten werden konnten. End- lich rückten wir langsam vorwärts, mussten aber bald zum zweiten Mal Halt machen, da sich nicht ein einziger Schuss hören Hess, um uns zu leiten; als aber der Tag dämmerte, Hessen sich die raubgierigen Buben nicht länger zurückhal- ten und es ging vorwärts.

Hier hatten wir vor uns eine schwache Ansicht einer im- regelmässigen Thalbildung im Schmucke einiger wenigen Pal- men, die in der unstäten Beleuchtung der Morgendämme- rung der Landschaft einen interessanten und ganz neuen Charakter verliehen. Indem wir ^ann diese Thalebeue durch- schnitten, stiegen wir gemach auf höheren Boden hinan und erreichten ein kleines Dorf, dessen Hütten sich jedoch durch Geräumigkeit auszeichneten. Um die Bande zusammenzu- halten, wandten wir uns von dieseni Dorfe nördlich ab, aber die am besten Berittenen und Verwegensten stürmten doch auf ihren leichten Mehäi-a davon, um zu sehn, ob in dem ver- lassenen Orte etwas für sie zurückgelassen wäre.

f

i.

90 IV. Kapitel.

Etwas Anbau war in der Nähe des Dorfes zu sehn , aber im Allgemeinen verblieben der Landschaft auch hier die augenscheinlichsten Spuren der Verödung. Endlich milderte sich ihr trockener, dürrer Charakter und wir stiegen in ein regelmässig gebildetes Thal Namens Gessgi hinab, das 7- bis 800 Schritt Breite hatte und von hohen Sandsteinklippen geschlossen war.

Dies war die erste regelmässige Thalbildung, die wir auf unserer Reise nach Eänem sahen, höchst bedeutend als ein Beispiel der ausgebildeteren Thäler, welche diesen südöstlichen Theil Kanems auszeichnen, während alle Einsenkungen in den westlichen Landschaften eher den Charakter unregel- mässiger Thalmulden hatten, mit mehr oder weniger Voll- kommen gebildetem Gehänge. Dieses Thal dagegen, wel- ches hier von Nord nach Süd gerichtet war, bildete augen- scheinlich die gelegentliche Rinne eines kleinen Stromes und war. in Folge der über die ganze Weite sich verbreiten- den Feuchtigkeit mit mehreren Gruppen Palmbäum'en, hie und da auch mit Kornfeldern geschmückt.

Es war also kein geringes Interesse, mit welchem Herr Dr. Overweg und ich dieses Thal betrachteten , aber auch unsere Freunde, die raublustigen Araber -Buben, fanden gleichfalls hier etwas für sie Anziehendes und jeder Rest von Ordnung hörte in unserer kleinen Schaar auf, indem sich das junge unerfahrene Volk in allen Richtungen zerstreute. Einige machten sich hinter einige Schaaf heerden, die man im Thale gesehn hatte, während Andere die Hütten eines kleinen Wei- lers plünderten, der am westlichen Rande des Thaies lag. In dieser wilden Unordnung, in der wir beiden Europäer und Deutsche fast allein gelassen wurden, war es höchst glücklich für uns, dass von den Eingeborenen Niemand lauerte, da sie leicht unsere ganze Bande in ihrer voll- kommenen Zersprengung hätten aufheben können.

Nachdem wir uns umsonst in allen Richtungen nach den

Das Thal H^nderi-Ssfgge-ssT. * 91

Spuren der Reiterschaar umgeschaut, erstiegen wir den öst- lichen Band des Thaies; er war ausserordentlich steil und machte unseren beladenen Kameelen grosse Schwierigkeit Da sammelten sich denn auch unsere Gefährten, besorgt, wenn sie zurückblieben, sich dem Verderben preiszugeben, allmählich um uns, und wir lückten langsam in unserer durchgängig südöstlichen Richtung weiter, wo wir bald an ein anderes und begünstigteres Thal kamen, das Henderi- Ssigge-ssT heisst. Hier war der Thalboden mit einem dich- teren Palmenhain geschmückt und im Schatten der schlan- ken Bäume wogten schöne Waizenfelder in frischer grüner Pracht, während die Ähren anfingen, sich gelblich zu fär- ben, — ein ganz ungewohnter Anblick für uns. Oben dage- gen, nahe am steil (etwa 120 Fuss) in das Thal abfallenden Ab- hang, waren Felder mit einheimischer Hirse, die schon völlig gereift, aber noch nicht geemtet war. Alles zusammen, die grüne Saat unten im Thale, leicht beschattet von den male- rischen Federblättern der schlanken Palmen darüber, in deren Dickicht die Flüchtlinge Schutz suchten, der hohe Bahmen der braunen Sandsteinklippen, dann die trockene reife Saat der stämmigen Hirsenpflanzen und der eben in Brand gesteckte Weiler oben am Bande, bildete eine inter- essante Scene, die in beifolgender Ansicht dargestellt ist.

Während wir dann nach einigem Aufenthalte am steilen Bande des Thaies weiter zogen, bemerkten wir, dass die Eingeborenen, die sich mit Einschluss von 2 oder 3 Beitem in den Hain zurückgezogen hatten, unsere Bewegungen beob- achteten, und unsere wilden, gesetzlosen Gefährten erhoben ein Schlachtgeschrei, um diese Leute zu schrecken, als wir an einer Stelle, wo der Thalrand sich allmählicher absenkte, in die Thalsohle hinabzusteigen anfingen. Ungeachtet ihres gewaltigen Geschreies aber würden 5 Beiter genügt haben, diesen ganzen Trupp unbärtiger junger Bursche über den Haufen zu werfen. Einige von ihnen spielten mit dem

92 IV. Kapitel.

Hahne ihrer Flinten, ohne nur mit Kugeln versehen zu sein, um so mehr bemühte sich Herr Dr. Overweg und auch ich, unsere Leute an der Spitze des migeordneten Zuges zusam- menzuhalten, und wir thaten klug daran. Denn die Eingebore-

nen machten einen plötzlichen Ausfall aus ihrem Versteck auf die Nachzügler und bemächtigten sich zweier Kameele , mit denen sie unverzüglich ihi-en Rückzug deckten, während die jugendlichen, noch kura zuvor so verwegenen Reiter zeitig ab- sprangen und davon liefen. Unsere kriegerischen Genossen waren jetzt voll von Gestikulationen und wilden, drohenden Geberden, aber Niemand wagte es, die kleine feindliche Truppe aiizugreifen und ihr ihre Beute streitig zu machen.

So erstiegen wir die östliche Thalwand; aber waren wir schon vorher unschlüssig gewesen, wohin wir uns wenden sollten, so waren wir jetzt völlig im Unklaren, welche Richtung die Reiterschaar eingeschlagen haben möchte. In- dem wir daher ohne bestimmte Richtung auf- und abzogen, litten wir nach unserem langen Tages- und Nachtmarsche ausserordentlich an Ermüdung; denn unsere unsichere Lage erlaubte uns nicht, abzusteigen und einen Augenblick der Ruhe zu pflegen, und zu der körperlichen Mattigkeit gesellte sich die Sonnenhitze, da es fast Mittag geworden war, und ich selbst befand mich in einem schrecklichen Zustande der Erschöpfung.

Endlich gewahrte man einige Reiter in grosser Entfer- nung, jenseit einer flachen Thalsenkung, wie sie eine ge- raubte Viehheerde vor sich hertrieben, und so aus der ge- fährlichen Lage gerissen, in der wir uns bis jetzt befunden hat- ten, jedes genügenden Schutzes beraubt, passirten wir eilig das Thal, um zu unseren kriegerischeren und erfahreneren Freunden zu stossen. Als wir uns dann mit ihnen vereint hatten, wandten wir uns gemeinsam nach einein Platze etwas weiter dieses ansehnliche Thal abwärts, wo ein kleiüer Weiler und Stoppelfelder waren. Hier hoffte ich endlich ein wenig

Das falsche Wadi el Ghas^l. 98

Buhe ZU findien und legte mich in dem spärlichen Schatten einer Talha nieder; ' unglücklicherweise jedoch war kein Brunnen hier und nach einem kurzen Halte und einer Be- rathung wurde Befehl zum Aufbruche gegeben. Kaum war ich. im Stande, mein Streitross wieder zu besteigen und der Schaar.zu folgen.

Die Araber gaben diesem Thale, das sehr flach war und keine Dattelpalmen hervorbrachte, den Namen: „Wadi el Ghasal", jedoch konnte ich nicht erfahren, wie sein wirk- licher Name sei: <lenn es hat nichts in der Welt mit dem berühmten und grösseren Thale zu thun, das gewöhnlich von den Arabern so benannt wird. Der Brunnen war nicht fem, nämlich in einem anderen schönen Thale oder Kessel Namens Mssallat oder Amssdllat, tiefer als das sogenannte Wadi el Ghasal, aber flacher als Ssigge-ssT sowohl wie Gessgl. Es war mit Mimosen in wilder Üppigkeit durchwachsen und in seinem tiefsten Theile mit Ziehbrunnen „chattatlr" versehen, vermittelst deren eine schöne Baumwollenpflanzung bewässert wurde, die erste, die wir in Känem sahen.

Die Araber hatten nicht eben sehr bedeutende Beute ge- macht; denn die Worhda hatten zeitig Nachricht von ihrem Anrücken erhalten und gerettet, was sie konnten. Der Ge- sammtertrag des Heereszuges bestand in 15 Kameelen, etwas mehr als 300 Stück Hornvieh und etwa 1500 Schaafen und Ziegen. Man war einige Zeit in grosser Besorgniss um Rhet und einen Trupp Reiter, die mit ihm in grössere Entfernung vorgedrungen waren; aber auch er stiess hier wieder zu uns mit einer zahlreichen Schaafheerde, die er erbeutet hatte.

Wir waren geschäftig, unsere Pferde zu tränken und unsere Schläuche zu füllen. Aber da gab's wenig Müsse; denn kaum hatten wir angefangen, Wasser zu ziehen, als Alarm sich verbreitete; die Worhda griffen uns an und 3 Schwa- dronen Reiter wurden gebildet, um den Tross imd die Beute

'M IV. Kaintel.

ZU scliiitzeii, indem der Haupttrupp auf der südüstiichen Seite zum Thale hinausstürmte. Aber obgleich der Feind bis auf eine bedeutende Entfernung zurückgetrieben wurde, ward doch die Absicht, sich am Abhänge neben diesem Brunnen zu lagern, als zu gefährlich aufgegeben und man entschied, sich weiter vom Feinde zu entfernen; dennoch aber schien man immer noch nicht den Plan aufgegeben zu haben, nach Mäö vorzudringen. Es kostete uns eine beträchtliche Zeit, aus diesem bewaldeten Thale herauszukommen, indem die Araber besorgt waren, bei einem neuen Angriffe des Feindes den erbeuteten Raub wieder einzubüssen.

Endlich gelang es, die Heerden in Sicherheit voran zu treiben, und wir brachen auf. Indem wir zum Thale hinaus- rückten, erklimmten wir einen Felsrücken und stiegen von hier, mit südwestlicher Richtung, etwas vor 2 Uhr Nachmittags, in den engeren östlichen Theil eines tiefen und anmuthigen Thaies hinab, das hier mit einem hübschen Dattelhain ge- schmückt ist, während sich sein westlicher Theil zu einer gut angebauten Einsenkung erweitert

Hier machten wir einen etwa halbstündigen Halt, um die Thiere zu tränken und unsere Schläuche zu füllen; denn nicht einmal hier hielt man es für rathsam, zu lagern, und betrachtete überdies den Ort als einen unheilschwangeren. Dies ist nämlich die Stätte, wo im Jahre 1850 die Kel-owi die Ueläd Slimän überfielen und diese damals so mächtige Raubhorde fast vernichteten.

Nach einem so kurzen Halt setzten wir also unseren Marsch fort. Ich war jetzt so völlig erschöpft, dass ich gezwungen war, in kurzen Zwischenräumen abzusteigen und mich einen Augen- blick niederzulegen. So blieb ich einmal hinter der ganzen Schaar zurück und war nur mit der grössten Anstrengung im Stande, mich wieder in den Sattel zu heben. Dennoch schleppte ich mich fort, bis wir endlich gegen Sonnenuntergang am Rande des in ein tiefes Thal absteigenden Abhanges

Das Thal Aläli A'dia. 95

einen Platz für unser Lager wählten. Ich war nun, ganz kurze und ungenügende Unterbrechungen abgerechnet, 34 Stunden zu Pferde gewesen und fiel besinnungslos zu Boden, zum grossen Entsetzen Henn Dr. Overweg's und unserer Leute, die mich als in den letzten Zügen liegend betrachteten. Aber nach Verlauf einer Stunde erholte ich mich ein wenig, und nachdem ich eine gute nächtliche Ruhe genossen, fühlte ich mich am nächsten Morgen viel stärker, so dass ich mich selbst einiger Anstrengung unterziehen konnte, die nicht ge- rade unumgänglich nöthig war.

[Montag, 20^^^ Oktober.] So stieg ich denn mit upseren Leuten, als sie Wasser holen wollten, in das Thal hinab. Es führt den Namen A'läli A'dia oder Djeräd von einem kleinen Weiler, der auf dem Gipfelpunkt der Ebene über dem Thal- rande liegt und Aläli heisst. Der Brunnen war sehr reich- lich, und das Thal prangte mit Dattelpalmen, aber der Bo- den zeigte keine Spur von Anbau. Der Abhang der Thal- wand vom Lagerplatz in den Thalkessel hinab war sehr steil und fast 130 Fuss hoch.

Unsere Freunde hatten ihr Lager „dauar" oder „firke" in den möglichst kleinsten Bereich zusammengezogen und es mit ihrem Gepäck bestmöglich verbarrikadirt^ da alle leeren Ledersäcke, die sie mit auf den Raubzug genommen hat- ten, jetzt mit dem vom Feinde aufgespeicherten Korn ge- füllt waren. Bei alledem aber waren sie keineswegs leichtem Muthes und schienen nicht genau zu wissen, wie sie sich ver- halten sollten, ob weiter vordringen oder zurückkehren. Mehrere Fugäbü und Leute Hallüf s fanden sich ein, um dem Scheich Rhet ihren Gruss zu bieten, und eine Person von bedeutendem Ansehen mit dem Titel „Keghamma" oder ge- nauer „Keghamma futebe" („Kriegshauptmann des Westens"), eben derselbe Mann, von dem wir so viel Gerede gehört hatten, kam auch und machte mir einen Besuch in meinem Zelte. Denn in meinem höchst angegriffenen Zustande war

96 ly. KapiteL

ich gezwungen, als die Sonne drückend wurde, in Erman- gelung eines Baumschattens mein Zelt aufzuschlagen. So kam es, da das meinige das einzige Zelt im Lager war, dass ich Besuche von mehreren Partieen erhielt, die in Ruhe zu frühstücken wünschten; unter Anderen kam auch ein Mann Namens Kedel Baträm, Hallüfs Bruder.

Keghämma, dieser uns schon früher so viel gepriesene Häuptling, trat mit der Behauptung auf, dass er sicherlich im Stande wäre, uns nach Karkä zu bringen; aber dies er- wies sich als ein blosser Vorwand und er nahm selbst bald darau/ sein Versprechen vor dem Scheich zurück. Der Ge- genstand unserer Wünsche lag noch in weiter Feme vor uns, aber unser Freund Rhet war der Meinung, .dass er uns schon weit genug gebracht hätte, um mehr Geschenke zu verdienen , und gab uns deutlich seinen Wunsch durch *Abd Allah zu verstehen. Glücklicherweise hatte ich einen hüb- schen gelben, mit Golduaht besetzten Tuchkaftan bei mir und gegen Abend, als ich von einem heftigen Fieberanfalle, der mich im Laufe des Nachmittags plötelich befallen hatte, wieder frei war, gingen wir zum Häuptling, um ihm unsere Aufwartung zu machen. Während wir ihm den Kaftan zum Geschenk machten, erklärten wir ihm, dass wir zufrieden sein würden, wenn wir in den Stand gesetzt wären, den unter dem Befehle des Keghdmma stehenden Gau zu be- suchen. Aber die Lage der Araber ward bald gefährlicher und man dachte an weiter nichts, als mit der grösstmög- lichen Eile westwärts zurückzukehren.

Da ich meines fieberhaften Zustandes halber in den letzten Tagen fast gar keine Nahrung zu mir genommen hatte und überaus schwach war, lag ich schlaflos in meinem Zelte, als sich im letzten Theile der Nacht ein gewaltiger Alarm im Lager erhob. Ruhelos mich auf meinem Lager umher- werfend, hörte ich, wie die Araber ihre Pferde bestiegen und mit ihrem üblichen Sclilachtgeschrei : „y4 riäb, yd riäb", in

Feindlicher Angriff. 97

mehreren Abtheilungen im Lager umherritten. Dennoch blieb ich ruhig auf meiner Matte liegen und Hess mich selbst dann nicht aus meinem lethargischen Zustand erwecken, als ich die Nachricht erhielt, dass eine zahlreiche feindliche Ar- mee gegen das Lager anrücke; vielmehr nahm ich diese Nachricht mit der Gleichgültigkeit auf, mit der ein von Krankheit Erschöpfter selbst die wichtigsten Begebenheiten betrachtet.

Ich bewegte mich nicht einmal, als mit der ersten Mor- gendämmerung des 2l»ten Oktober der Feind wirklich bis auf geringe Entfernung heranrückte umd unsere Freunde das Lager verliessen, um die Schlacht anzubieten. Ich hörte dar- auf etwa 10 Schüsse fallen, dachte aber nicht daran, dass die Araber geschlagen werden würden. Plötzlich kündigte mir Herr Dr. Overweg, der vom ersten Alarm an sein Pferd gesattelt hielt, mit einem Angstschrei an, dass unsere Freunde geschlagen seien, schwang sich auf sein Pferd und galopirte davon. Mein berittener Diener, Bü-Sed, hatte längst die Flucht ergriffen; eiligst sattelte Mohammed mein Pferd, und durch die Gefahr mit neuer Lebens- kraft beseelt, warf ich meinen Benius über, nahm Flinte und Pistolen, warf meinen Doppelsack über den Sattel, schwang mich hinein und eilte in westlicher Richtung da- von, indem ich meinen Diener sich fest an dem Schweif an- halten liess.

Es war die höchste Zeit zur Flucht; denn in demselben Momente drang der Feind auf der Ostseite in das Lager ein. Alles war geflohen und ich sah nur den Hauptsklaven Rhet's, der mich flehentlich bat, das Prunkschwert seines Herrn mit- zunehmen, damit es nicht in des Feindes Hände falle. Ich war jedoch noch nicht weit vom Lager, als ich nahe hinter mir schiessen hörte, und indem ich mich umwandte, sah ich die Reiterei der Araber sich sammeln und mit dem Geschrei „he keleb, keleb" dem Feinde wiederum zuwenden, der sich

96 IV. KaplteL

zerstreut hatte, um Beute zu machen. Ich eilte indess, diese Nachricht Herrn Dr. Overweg zu bringen, welcher mit den zu Kameel berittenen Arabern, ja selbst mehreren zu Pferde, in grössere Entfernung auf einen Hügel geflüchtet war, wo sie sich postirt hatten; mehrere dieser feigen Araber hatten sich nicht geschämt, auf der Flucht ihre Flinten wegzuwer- fen. Ich kehrte dann mit meinem Begleiter zum Dauar zu- rück, aber zu. unserer grossen Verwunderung fanden wir, dass nicht allein ä11' unser übriges Gepäck verschwunden, sondern selbst von meinem Zelte nicht eine Spur übrig ge- blieben war.

Die Worhda, nur von dem Englischen Zelte mit seinem rothen Knopfe und von Scheich Rhet's Gepäck angezogen, hatten die Habseligkeiten der übrigen Leute kaum berührt und mein Zelt als hübsche Beute auf ihren Köpfen davon- geschleppt; aber die Araber verfolgten sie und nahmen ih- nen den Raub wenigstens theilweise wieder ab. Ein Engli- scher lederner Sack, der mir gehörte und einige werthvolle Artikel enthielt, war vom Feinde aufgeschnitten worden, aber, wie es schien, gerade in demselben Augenblicke, als unsere Freunde ihn einholten; denn es fehlte nichts dann. Unser hauptsächlichster Verlust bestand in unserem Koch-* geschirr und unseren Vorräthen; meine Journale und In- strumente hatte ich in meinem Doppelsack gerettet, aber in der Eile ein kleines Englisches Gebetbuch, das dem ver- storbenen Herrn Richardson gehört hatte, auf meiner Matte liegen lassen, und diesen Verlust bedauerte ich sehr.

Das Zusanmientrefifen war, wenn man die geringe Zahl der Kämpfenden in Anschlag bringt, auf beiden Seiten nicht ohne ansehnliche Verluste abgegangen; von den Arabern waren 4 auf dem Schlachtfelde geblieben, vom Feinde dagegen 34 Herr Dr. Overweg war eifrig bemüht, einige unserer Freunde, welche schwer verwundet waren, zu verbinden. Alle waren in der äussersten Wuth über die Unverschämtheit, wie sie

Besorgliche Lage der Reisenden. 99

es nannten, mit der „diese Hunde" von Kreda es gewagt hätten, sie in ihrem eigenen Lager anzugreifen, und sie schwu- ren, dass sie nun aufbrechen würden, lim all' ihre Dörfer und ihr Korn zu verbrennen.

Wirklich brach alsbald die Reiterei auf, kehrte aber im Laufe des Nachmittags etwas schweigsam, mit trüben Ge- sichtern und ungünstiger Botschaft zurück, und vor Son- nenuntergang waren unsere Freimde noch einmal genöthigt, ihr eigenes Lager gegen einen zweiten Angriff der uner- schrockenen Eingeborenen zu vertheidigen; jedoch gelang es ihnen auch diesmal, den Feind zurückzuschlagen. In diesem Kampfe zeichnete sich Hallüf vor Allen durch seine Tapfer- keit aus, indem er 3 oder 4 Tebu mit eigener Hand töd- tete, obwohl er nur mit dem Speer kämpfte.

Ungeachtet dieses kleinen Sieges aber waren die Vorbe- deutungen für die folgende Nacht überaus ungünstig, und die Ueläd Slimän würden sich unmittelbar aus dem Staube gemacht haben, wenn sie nicht die Besorgniss gehegt hätten, dass der grössere Theil imvDunkel der Nacht die Flucht er- greifen möge und auf eine schimpfliche Flucht grosser Verlust an Leben und Eigenthum folgen würde. Demzufolge ward be- schlossen, den nächsten Morgen zum Aufbruch abzuwarten. Es war jedoch eine ängstliche und ruhelose Nacht; denn die Araber hatten die gewisse Nachricht erhalten, dass im Laufe jener Nacht eine Schwadron von 30 40 Wäddi- Reitern zu dem Feinde stossen würde, worauf dann ein- letzter Angriff auf sie geschehen solle. Sie waren sich wohlbewusst, dass der Feind eben nur aus Mangel an Reiterei geschlagen wor- den war. Aus Vorsorge blieben alle Pferde gesattelt, ein- zelne Trupps umritten fortwährend das Lager imd der Wacht- ruf erschallte ununterbrochen durch die Nacht Der am meiisten Aufgeregte und Furchtsamste von Allen war der Re- negat-Jude 'Abd Allah; fest davon überzeugt, dass dies seine letzte Nacht sein würde, war er mit der grössten Angstlich-

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100 IV. KapiteL

keit bemüht, sich ein Basirmesser za versch^^en, um sich vor der Todesstande seinen Kopf scheeren zu können.

[Mittwoch, 22*f^ Oktober.^ Glücklicherweise ging die Nacht vorüber, ohne dass sich der Feind zeigte, and mit Tagesanbruch ward das Zeichen zum Aufbruch gegeben, worauf sich Jeder bemühte, seinem Nachbar den Vorsprung abzugewinnen. Wirklich kam der Feind, nach einer uns später zugekommenen zweifellosen Nachricht, etwa 1 Stunde später beim Lager an; da er aber sah, dass wir schon ab- gezogen waren, hielt er es nicht für rathsam, uns zu ver- folgen.

So liessen wir den interessantesten Theil Känems hinter uns, eine Landschaft, einst dicht besetzt mit grossen, volk- reichen und berühmten Städten (wie Ndjimie, Aghäfi und alle die Plätze, welche ich nach dem Berichte der Kriegs- züge des Ednss Alaoma im Anhang 11 beschreiben werde) und durchzogen von zahlreichen begünstigten Thälem voll von Dattelbäumen..

Indem wir zuerst eine westliche und dann eine südwest- liche Richtung verfolgten, durch ein nicht eben besonders in- teressantes Land, erreichten wir gegen 8 Uhr Morgens ein weites Thal, Namens Takulum, mit reicher frischer Weide und schönem Baumwuchs. In diesem Thale in dessen Nähe, nämlich im Thale Kdrafu, das ich im Anhange noch weiter erwähnen werde, die gewöhnliche Residenz des Keghamma ist angekommen, war man der Meinung, dass wir nun ausser Gefahr seien, und beschloss, Pferde und Kameele zu tränken und ihnen etwas Fütterung zu gönnen. Ich für mei- nen Theil war äusserst dankbar dafür, in dem Schatten einer chi*würdigen Akazie, nahe an dem sanften, die schöne griine Mulde umgebenden Abhänge, ein Paar Stunden Ruhe zu erhalten. Aber gerade in der grössten Tageshitze ver- liessen wir diesen anmuthigen Ruheplatz und folgten einer mehr nordwestlichen Richtung, die uns mit allmählichem

Rückkehr in die Landscbafl Schitäti. 101

ÄDstieg in einen ziemlich bewaldeten Distrikt führte. Hier war jüngst alles Gras verbrannt worden oder brannte noch, und an einer Stelle war es selbst ..mit einiger Gefahr ver- knüpft, uns einen Weg durch die Flammen zu bahnen. Die- ses alljährlicheyerbrennen des Grases, welches ich schon frü- her erwähnt habe, scheint eine im ganzen Sudan gebräuch- liche Sitte zu sein.

Gegen Abend ward das Land ganz offen und vor uns liess sich ein kleiner Höhenzug sehn, an dessen westlichem Fusse unser Lagerplatz sein sollte; aber er schien sehr ent- fernt und es war völlig dunkel, als wir in zwei getrennten Lagern Halt machten, indem wir nicht im Stande waren, unseren Bestimmungsort zu erreichen, unser Abendessen war überaus einfach; denn da wir bei der Einnahme des Lagers bei Aläli unsere ganze Provision eingebüsst hatten, mussten wir uns mit einigen schlechten Datteln begnügen dem Einzigen, was wir von Scheich Rhet erhalten konnten.

[Donnerstag y 23'^^ Oktober^ Während imsere Leute in Gesellschaft des Packtrosses und eines Theiles der Reiterei mit den Kameelen die gerade Strasse verfolgten, schlugen Herr Dr. Overweg und ich mit Scheich Rhet und seinem Trupp eine mehr nördliche Richtung ein und brachten die heissen Tagesstunden in einem freundlichen Thale zu. Es war unzweifelhaft eines der schönsten Thäler, die wir im Lande angetroffen hatten, nur dass es keine Dattelpalmen hervorbrachte; aber die Landschaft Schitäti, die wir nun wiederum betreten hatten, scheint der Palme keineswegs günstig zu sein, während Schiri und die Nachbarschaft von M&ö an diesen Bäumen sehr reich sind.

En Theil des Thalgrundes war in Kornfelder umgewan- delt, die mit Hilfe von Chdttatlrs bewässert wurden; neben diesen Ziehbrunnen befand sich eine Gruppe von Hütten, während ein grösseres, aber gegenwärtig verlassenes Dorf am Rande des Abhanges liegt, der das Thal beherrscht; es

102 IV.- Kapitel.

heisst Burka-drusso oder Burka-drusto. Hier genossen wir einige Stunden lang einer ununterbrochenen Ruhe , aber aus- serdem war unser Genuss höchst beschränkter Art, da wir nichts zum Frühstück hatten, als eine Handvoll Datteln und einen Trunk Wasser. Trotz dieser schmalen Kost war aber unser materieller Mangel unbedeutend in Vergleich mit dem bitteren Gefühl fehlgeschlagener Hoflfhung, das uns bedrückte ; denn wir sahen nun deutlich ein, dass wir alle Hoffnung, den Bahhr el Ghasäl oder selbst nur Mkö zu erreichen, aufgeben müssten, imd doch war es nur eben dies gewesen, was uns vermocht hatte, unser Schicksal mit demjenigen die- ser Raubhorde zu vereinigen. Um diese Expedition . unter- nehmen zu können, hatten wir alles uns gebliebene Eigen- thum verbraucht und konnten desshalb keineswegs mit ih- rem Ausgange zufrieden sein.

Als die Tageshitze vorüber war, setzten die Araber ihren Marschiert und wir folgten ihnen, indem wir zum Thale auf den höheren Boden hinaustraten und eine anmuthige, schön mit Bäumen und Büschen geschmückte Landschaft durchschnitten. Wir Hessen einen Thalkessel Namens Nükko zu unserer Linken (eine von den drei Thalsenkungen Schi- täti's, welche diesen Namen fuhren); weiterhin passirten wir dann ein anderes, das Am^ko heisst Als uns die herein- brechende Nacht auf dem Marsche überraschte, setzten un- sere Gefährten ihre Pferde in Galop, um zeitig im Lager anzukommen, während wir es vorzogen, unseren Weg lang- sam zu verfolgen.

Das Land ward hier gewellter und weiterhin sogar felsig und rauh. Wir verfolgten in der Dunkelheit unsere nordwestliche Richtung, so gut wir konnten, und waren nicht wenig erfreut, als wir endlich die Feuer des Lagers erblickten ; denn letzteres war diesmal nicht auf der höchsten Erhebung des Terrains, son- dern in einem Thalkessel unweit vom Brunnen aufgeschlagen. Der Name desselben ist Bir el Hamesch oder Yegil; gewöhnlich

Das Lager am Brannen Tegil. 103

wird er „Yiggeli" ausgesprochen. Unsere Freude, das Lager

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hier zu erreichen, war um so grösser, als wir daselbst nicht al- lein alle unsere Leute und unser ganzes Gepäck v.orfanden, son- dern auch Vorräthe, ein bei unserem halbverhungerten Zustande nicht unwichtiger Umstand. Natürlicherweise wur- den wir mit Freuden von denjenigen unserer Diener begrüsst, welche wir mit dem Rest der Araber am Bir el Eüma zurück- gelassen; sie waren in grosser Bekümmemiss wegen unserer Sicherheit gewesen, da ihnen viele ungünstige Gerüchte über die Schicksale unserer Heerschaar zu Ohren gekonynen wa- ren, und hatten das Lager vor mehreren Tagen vom Blr el Küma nach diesem Platze verlegt, w.o sie nun mit der grössten Sorge unserer Rückkehr entgegenharrten.

Das Erste, was wir zu thun hatten, war, eine grosse Schale Kameelmilch anzugreifen, und so behaglich gestärkt, ruhten wir vor unseren Zelten im Genüsse der erfrischenden Abend- kühle. Das Lager „dauar" aber war höchst eng, da es mit der dem Feinde abgenommenen Beute angefüllt war. Die Leute hockten aus Furcht, der Feind möchte ihnen folgen, ganz eng zusammen und hielten gewissenhaft Wache. Unter solchen Umständen konnte es nicht fehlen, dass die Trauerklagen der. Frauen über die Gefallenen, welche, von lauten Klagetönen auf der grossen Trommel begleitet, dumpf durch die Nacht hallten, einen tiefen Eindruck auf das ohnedies erregte Gemüth machten. Jedoch blieben wir hier auch den folgenden Tag ungestört und genossen körperliche und geistige Ruhe um so mehr, da das Wetter sehr drückend war.

Hier war es, wo wir die Nachricht erhielten, dass die Schwadron Wadai-Reiterei, welche zum Beistande der Worhda gekommen war und am vorhergehenden Tage den Arabern so viel Furcht und Angst verursacht hatte, nach Mäö zurück- gekehrt sei ; und eine höchst unterhaltende Anekdote ward uns von ihnen erzählt, diiB zugleich zeigt, in welch' hoher Achtung diese W4d&i-Reiter bei den Arabern stehn und welche Furcht

104 IV. Kapitel.

die Letzteren wiederum vor den Ersteren haben. Dreissig Wa- dai-Reiter sollten in Folge der dringenden Bitten der Worhda zu ihnen gestossen sein und gemeinsam mit ihnen die Spu- ren unserer Freunde verfolgt haben, indem die Worhda ihnen vorstellten, dass eine grosse Anzahl der Letzteren ge- tödtet sei.

So kamen sie zeitig am Morgen bei unserem Lager in Xläli an, das wii' etwa eine Stunde zuvor verlassen hatten, so dass der von unserer Schaar aufgewirbelte Staub noch deutlich in der Entfernung sichtbar war. Als jedoch die Worhda die Wädäi- Leute anspornten, jene Heerschaar an- zugreifen, wollten sich die Letzteren zuvor überzeugen, wie Viele von den Arabern in dem letzten Treffen gefallen wären, während 34 Worhda getödtet sein sollten. Als sie daher nur 2 Gräber fanden, behaupteten jene, dass jedes der Gräber 10 Leichen enthielte; aber die Wädai- Leute waren keineswegs so leichtgläubig, sondern öffneten die Gräber, um sich von der Tapferkeit ihrer Bundesgenossen zu überzeugen. Als sie aber nur 2 Leichen in jedem der Gräber fanden, schimpften sie die Worhda Lügner und fühlten wenig Nei- gung , den kühnen Eä,ubem zu folgen , die so viele Feinde getödtet hatten, während sie nur so Wenige der Ihrigen ver- loren. Allerdings mag dies Geschichtchen voi^ unseren Freun- den, den Ueläd Slimän, etwas aufgeschmückt sein, wie denn die Letzteren keineswegs leugnen konnten, dass ausser einer Menge anderer Beute aus ihrem eigenen Lager, die der Feind glücklich davon geschleppt, der Häuptling der Worhda sich mit dem rothen Bemus brüsten konnte, den wir dem Scheich Rhet zum Geschenke gemacht, ja dass er sich selbst rühmen durfte, diesen kühnen Streitern 4 Pferde abgenommen zu haben.

[SonrUag, 26'*^ Oktober,] Diesen und den folgenden Tag waren die Araber insgesammt damit beschäftigt, Briefe nach Kukaua zu söhreiben oder vom Fäki schreiben zu lassen,

Körperliche Erschöpfung des Reifenden. 105

da ein Eilbote im Begriffe stand, dahin aufzubrechen. Ich fiir meine Person war fast der Einzige, der nicht einen Brief zu Stande brachte; aber ich besass zu solcher geistigen An- strengung nicht Energie genug und lag lethargisch in meinem Zelte, indem ich von Zeit zu Zeit meine hinschwindenden Kräfte mit einem Trunk Kameelmilch stärkte. Hätte ich nur Kraft genug besessen , Müsse würde ich genug gehabt haben, um das Tagebuch über meinen Ausflug in die östlichen Land- schaften Käncms auszufüllen; aber zu solcher Arbeit war ich vollkommen unfähig, und die Folge war, dass dieser 'Theil meines Tagebuches stets in einem sehr rohen und un- ausgeführten Zustande blieb. Unendlich hätte die Beschrei- bung dieser Gegend an Lebendigkeit und Bestimmtheit ge- winnen können, vor Allem aber wären wenigstens die wichtig- sten Punkte der vergleichenden Geographie an Ort und Stelle aufs Reine gebracht worden.

Scheich Rhet, welcher der Meinung war, dass wir ihm höchlichst dafür verpflichtet wären, dass wir so viel vom Lande gesehn hätten, forderte eine Menge Dinge von uns; wir konnten jedocjji nur wenige seiner Wünsche befriedi- gen. Wir erklärten ihm unsererseits, dass wir mit' demje- nigen, was wir gesehn, keineswegs zufrieden wären, und dass wir, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, entschlossen seien, so bald als möglich nach Kükaua zurückzukehren, und Hessen ims nicht durch seine Vorstellungen, dass er selbst in 5 oder 6 Tagen nach der Hauptstadt Bomu's aufzu- brechen beabsichtige, von unserem Vorhaben abbringen.

[Montag f 27»ten Oktober.'] Der Eilbote nach Kükaua brach im Laufe des Morgens auf. Am Abend machte eine Schaar Freibeuter einen Angriff auf die Kameele der Araber, sie wurden aber von der Reiterei verfolgt, die stets für jeden Fall bereit ist, und wurden gezwungen, ihre Beute im Stiche zu lassen, so dass sie kaum mit dem Leben davon kamen. Der Thalkessel, in welchem der Brunnen liegt, ist

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106 . lY. Kapitel.

reicher, als es gewöhnlich der Fall ist, und enthielt mehrere Teiche stehenden Wassers, aus denen das Vieh getränkt wurde. Selbst ein wirkliches Rohrdickicht war hier zu sehn und hie und da die Höhle eines Löwen, und der Fürst der Wildniss verfehlte nicht, seinen Tribut von den verschifedenen Arten der Thierwelt -zu erheben, die den Besitz unserer Freunde ausmachten, und bezeugte hinlänglich seine Neigung zu einiger Abwechselung in seinen Mahlzeiten ; denn ein Pferd, ein Kameel iind ein Bullochse wurden nach einander seine Beute.

[Dienstag y 28«ten Oktober.] Da wir sahen, dass sich eine Reisegesellschaft sammelte, um ifäch Kükaua zu gehn, wäh- rend die Araber die Absicht hatten, noch einmal wieder nach Burka-drusso zurückzukehren, so wandten wir uns unverzüg- lich an den Häuptling, um ihn von unserer, Absicht in Kennt- niss zu setzen, die Karawane zu begleiten. Ein Haupt der Haddäda oder vielmehr Büngo, kam im Lager mit Friedens- anerbietungen von Seiten der Schiri an und'stattete uns einen Besuch ab , gemeinsam mit Kedel Baträm , dem früher er- wähnten Häuptling, welcher der Schwiegervater des GhalTfa von Mao war. Auch Kobber oder vielmehr das Haupt der Kobber und andere angesehene Leute der Fugäbü .stellten sich ein und ich unterhielt sie mit meiner Spieldose.

Nebenbei bereiteten wir uns zu unserer Rückreise vor und ich kaufte einen kleinen Lederschlauch ganz leidlicher Dat- teln für eine halbe Türkedi, während ich dem Renegaten 'Abd Allah, der zwischen uns und dem Häuptling den Ver- mittler gemacht hatte, um nicht sein Schuldner zu bleiben, einen Djerld (d. i. ein in Djirbi gewirkter feiner HÄik)- zum Geschenk machte.

Diese ganze Zeit fühlte ich mich sehr unwohl, ein Um- stand, den ich ganz vorzüglich den grossen Veränderungen der Atmosphäre zuschreibe, indem die Nächte kühl und die Tage sehr warm waren.

Yerlegang des Lagen nach AmAnko. 107

[Freitag, 3P^^ Oktober,] Ungeachtet unserer bestimmten Absicht, nach Kükaua zurückzukehren, mussten wir uns doch noch einmal wieder nach Osten wenden, da die Araber ihr Lager nach Amänko verlegten, dem Thalkessel, wel- chen wir auf unserem Wege von Burka-drusso nach Yegil zur Seite gelassen hatten. Viel Ungewissheit und Streit über die Stätte, die sie zu ihrem Lager wählen sollten, hatte unter ihnen geherrscht; denn ihre Lage war bei der geringen Anzahl der zurückgebliebenen Streiter allerdings gefährlich.

Es war ein glücklicher Umstand für uns, dass auch die am folgenden Morgen eingetrofifenen- höchst ungünstigen Nachrich- ten in Betreff der Sicherheit der Strasse nach Bömu auf die Bestimmung des Aufbruches der Karawane für den 2*«» Novem- ber keinen Einfluss hatten. Am Morgen kam nämlich Einer der Ueläd Slimän in Begleitung zweier Bömu-Reiter von Kukaua an, mit Briefen vom Vezier, in deneu er die Araber in den dringlichsten Ausdrücken bat, ihr Lager ohne Verzug nach Keskaua am Ufer des See's zu verlegen, wohin er nicht ver- fehlen würde den ganzen Rest ihres Stammes zu schicken, welcher sich zur Zeit in der Hauptstadt aufhielte; denn er hätte bestimmte Nachricht, versicherte er sie, dass die Tuareg eine andere Expedition, und zwar in grossem Maassstabe ge- gen sie vorhätten.

Die Nachricht schien wohlbegründet zu sein; denn die 3 Boten waren auf ihrem Marsche zwischen Bärua und Nge- gimi wirklich einer Schaar Tuareg begegnet, von denen 3 zu Fuss und die Übrigen zu Pferde gewesen, und nur dadurch entkommen, dass sie sich in die vom See gebildeten Sümpfe zurückzogen. Diese Nachricht verbreitete natürlicherweise grosse Besorgniss unter den Arabern; aber sie wurden densel- ben Tag noch mehr beängstigt durch die Botschaft, dass ein Trupp von 15 Wädai- Reitern in einem benachbarten Thale im Hinterhalt läge. In Folge davon ward eine Schwadron

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108 IV. Kapitel.

ausgesandt, um die Umgegend zu durchstreifen; sie kehrte jedoch zurück, ohne irgend Jemanden gesehn zu haben.

[Sonntag j 2fen November,] Endlich erschien der Tag un- serer Abreise von Känem. Sicherlich that es uns sehr leid, das östliche Ufer des See's unerforscht lassen zu müssen; aber wir hatten uns überzeugt, dass der Charakter unserer Mission uns nicht länger erlaube, imser Geschick der (lenossen- schaft dieser Freibeuter anheimzustellen. Wir hatten einige Mühe, alles zu unserer Rückkehr Nöthige in Bereitschaft zu setzen; denn die Kameele, die wir auf diesem Zuge mit- genommen hatten, waren so erschöpft, dass sie nicht im Stande waren, selbst nur das geringe Gepäck fortzuschaffen, welches uns geblieben war, und wir hatten zu Scheich Rhet's Freigebigkeit unsere Zuflucht zu nehmen. Auch schenkte er uns 2 Kameele, die wundörbarerweise gerade eben nur für die kurze Reise bis Kükaua ausreichten; denn das eine derselben fiel bei unserer Ankunft in der Stadt ein Paar Schritt vom nördlichen Thore und das zweite in geringer Entfernung vom südlichen in dem Augenblicke, als wir Kü- kaua auf unserer Expedition nach Müssgu verliessen.

Die Karawane, mit der wir unsere Rückreise antraten, war zahlreich, aber Alles waren Kanembü, die das Wenige an Hab und Gut auf Packochsen und ein Paar Kameelen fort- schafften, und ausser uns selbst waren nur 2 Reiter dabei. Dennoch befanden sich einige angesehene Leute und selbst einige Frauen unter ihnen, deren übermässiger Schmuck an Glasperten einen grösseren Mangel an Bildung beurkundete, während ihre angenehmen regelmässigen Züge und schlanken Formen einen lebendigen Gegensatz gegen die häusliche Physiognomie und die viereckigen Formen der Bomu - Frauen bildeten. Die Verschiedenheit zwischen den Bomu und Ka- nembü ist höchst auffallend, obgleich es nicht leicht ist, diese Erscheinung auf historische Weise zu erklären aber wahr- scheinlich ist sie die Folge der grösseren Mischung des nach

Rückreise Dach Kükaua. -* 109

£6mu ausgewanderten Volkes mit den früher hier angesie- delten Negerstämmen.

Wir waren so glücklich, unsere Rückreise ohne irgend einen ernstlichen Unfall zu vollenden, obgleich wir einige leichte Beimruhigungen hatten. Die erste dei'selben befiel uns, als wir uns der Stadt Beri näherten und alle Einwoh- ner an einer engen Passage in geringer Entfernung von der Stadt in Schlachtordnung aufgestellt fanden, und im ersten Augenblick erhob sich ein grosser Alarm auf beiden Seiten. Aber wir erfuhren bald, dass sie uns für Tuareg gehalten hätten. Es hatte nämlich kurze Zeit zuvor eine zahl- reiche Raubbande der Letzteren mit etwa 200 Eameelen und ebenso vielen Pferden alles zu Beri gehörige Vieh fort- geschleppt.

Der Zustand des Landes war so unsicher, dass die Ein- wohner Herrn Dr. Overweg ungeachtet seiner ernsthaftesten Protestationen nicht gestatteten, hiei^ zu bleiben, so dass er genöthigt war, die Reise in Gesellschaft der Kafla fortzu- setzen. Gewiss, im Falle wir einer leidUch starken Truppe Tuareg begegnet wären, würden imsere Gefährten uns sehr wenig Schutz gewährt haben. Wir waren jedoch so glück- lich, diesen unsicheren Strich Landes gerade zu einer Zeit zu passiren, wo eben ein Raubzug jener Horden, mit Beute beladen, seinen Rückweg angetreten hatte.

Ernsthafter war im Anfang ein anderes ZusanimentrefFen, als wir eine halbe Tagereise jenseits Ngegimi einer Schaar von mehr als 40 Biidduma begegneten , die mit Speer und Schild bewaffnet und nur mit einem Lederschurz angethan waren. Sie waren damit beschäftigt gewesen, aus den Wurzeln der „ssiwäk" (Cappar.18 aodata) Salz zu bereiten, und als sie den vorderen Theil unserer Reisegesellschaft durch den dichten Wald daher- kommen sahen, fingen sie einen Angriff an , so dass Herr Dr. Overweg imd ich gezwungen waren , ein Paar blinde Schüsse über ihre Köpfe weg zu feuern, worauf sie uns unbelästigt unse-

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110 - IV. Kapitel.

ren Marsch fortsetzen Hessen; denn ausserdem, dass sie sich bewusst waren, dass wir stärker wären, als sie vermuthet hatten, erkannten sie auch einige ihrer Freunde unter den Eanembü. Immerhin glich unser ganzer Marsch Von Ngegimi nach Bärua durch das dichte Unterholz, mit welchem die Ufer des See's hier überwachsen' sind, mehr einer Flucht als einem ruhigen Marsch.

Am 10*6» November erreichten wir den Komadugu, und nach einer lebhaften Verhandlung mit dem Statthalter „sqhi- tima" , der in der Stadt residirt, wurde mir und mei- nem Gefährten erlaubt, den Fluss am selbigen Nachmittag zu passir^n. Denn seit der Verödung der nördlichen Pro- vinz ist es bei den Herrschern Bomu's Gebrauch gewor- den, den Fluss als eine Art politischer Quarantaine zu benutzen, ein Verfahren, das sie natürlicherweise nur an- wenden können, so lange der Fluss voll ist, während ihn den grösseren Theil des Jahres hindurch ein Jeder nach Gut- « dünken passiren kann. Selbst mit uns übrigens war man strenger, als man hätte erwarten sollen; denn nachdem wir den Fluss schon passirt hatten, gestattete man uns nicht, unsere Reise nach der Hauptstadt fortzusetzen, ehe der Bote, der dorthin gesandt war, um unsere Ankunft anzuzei- gen, mit der ausdrücklichen Erlaubniss zu unserer Weiterreise zurückgekehrt wäre.

Das Uferland am Komadugu war sehr verändert, da der Fluss jetzt seinen höchsten Stand erreicht hatte. An- sehnliche Strecken waren mit Waizen bebaut und regel- mässig in kleine viereckige Beete von 4 bis 5 Fuss im Durchmesser getheilt, die jeden Morgen und Abend ver- mittelst Schöpfeimer und kleiner Wasserrinnen, bewässert wurden.

Wir erreichten Kukaua am 14*«»^ nachdem wir unterwegs in Dau-erghü, wo sich jetzt ein grosses Wasser angesammelt hatte, einem Trupp von etwa 50 Ueläd Slimän begegnet waren, die

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Ankunft in Ktikava.

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ZU ihren Gefährten in Känem stossen wollten. Anch sie be- stätigten uns die Nachriclit, die wir schon 'vom Yöma gehört hatten, dass der Scheich und sein Vezier im Begriffe stän- den, auf eine Kriegsunteraehmung auszurücken. Nach einem freundlichen Empfang vx)n Seiten unseres Wirthes, des Ve- ziers, konnten wir daher in unserem eifrigen Bemühen, keine Gelegenheit unbenutzt zu lassen, mit neuen Gegenden dieses Welttheiles bekannt zu werden, nicht umhin zu versuchen, auch diesen Ejiegszug auszubeuten, wie schwierig es auch in Folge unseres gänzlichen Mangels an Mitteln für uns war, die nöthigen Vorbereitungen für einen anderen Feldzug zu treffen , und obgleich die Bestimmung des Heereszuges nicht einmal ganz gewiss war.

V. KAPITEL.

KriegsrÜstungen 'gegen Mändara.

Von der angreifenden Expedition nach Känem in unser Hauptquartier zurückgekehrt, verliess ich schon nach 10 Ta- gen, am 25«*«^ November 1851, Kükaua wieder, um mich einem neuen Heereszuge anzuschliessen. Um diese Zeit war ich sowohl als Herr Dr. Overweg gänzlich von Mitteln entblösst, da noch nichts von den für uns bestimmten Hilfsgeldem an- gekommen war, und ich hatte beträchtliche Schwierigkeit, mich mit dem für diese Reise Nöthigen auszurüsten, während mein Begleiter noch auf unser krankes Kameel warten musste, das sich auf der Weide befand.

Schon am Sonnabend vorher waren Scheich und Vezier mit dem Keni des Heeres aufgebrochen. Wohin es ging, war noch gar nicht bestimmt, wenigstens nicht öflfentlich bekannt, und als dii'ektes Ziel ward nur Mändara angegeben, um den Für- sten dieses kleinen, von Bergen geschützten Ländchens zum Ge- horsam zu zwingen. I)ie Hauptsache aber war, dass die Kisten und Sklavenräurae leer waren und gefüllt werden mussten; woher, war Nebensache. Es war schon jetzt viel Gerede von einem Ausbruche der Feindschaft zwischen 'Abd e' Rahmän und dem Vezier, da der Erstere in enger Beziehung zum Für- sten von Mdndara stand, und dies war auch der Grund, wess- halb Herr Dr. Overweg anfangs lieber zurückbleiben wollte.

hvi meiner Armuth hatte ich jetzt keinen berittenen Die- ner und mein ganzer Tross bestand in meiner treuen Naga

„djige", wie die Kanöri das weibliche Kameel nennen , die sich auf der Känem-Reise vortrefflich bewälirt hatte, und zwei höchst unbedeutenden, geist^s- und körperschwacben Fc- sSuern, Mohammed ben Habib und Mohammed ben Ahmed.' Glücklicherweise hatte die küblere Jahreszeit meine Gesund- heit wieder sehr gei^tärkt und mein Pferd, obgleich es zu dieser Zeit kein grosses Übermass von Kräften bcsass, sich auch wie- der von seinem kleinen Unwohlsein erholt. So verfolgte ich bei massig warmem Wetter wohlgemuth die mir bekannte Ngomu- Strasse, die jetzt aber einen bei weitem weniger ermüdenden Charakter hatte, als vor 3 Monaten bei meiner Rückkehr von Ädamaua. Damals war hier noch Alles dürr und trocken, kaum ein einziger frischer ilalm war aufgeschossen, und ich hatte meinen Wasservorrath bei Kaine mit MUbe aus einem tiefen Brunnen schöpfen müssen. Jetzt war der Boden mit frischen Kräutern bedeckt, die Bäume waren neu belaubt und bei Käine, wo der Scheich mit seinem Kriegstross das erst« Nachtlager nahm, hatte sich ein grosses Wasserbassin gebildet. Dieses Bassin, von schön belaubten Bäumen umgeben, hält sich 2 bis 3 Monate nach der Regenzeit, wo es dann allmählich eintrocknet. Jetat tränkte ich ohne weitere Mühe mein Pferd und ritt dann den beiden Fesänem nach. Hier begegnete ich meinen Freunden Hadj Edriss und Schitima Makaremma, die vom Lager zurückkamen und mir mittheiften, dass der Scheich heute jenseits Ngömu in Kükia lagere; ich hielt daher während der heissen Stunden diesseits Ngömu eine kleine Rast, um am Nachmittag, ohne weiteren Aufenthalt in der Stadt, gleich direkt das Lager zu erreichen. Denn rings um die Stadt ist im Umkreis von 1 'Stunde fast Alles baum- loses Äckerfeld.

-Ich mochte etwa eine Stunde gerästet haben, als Herr Dr. Overweg mir mit der unerfreulichen Botschaft nachkam, dass sein Kameel bei Käine gefallen sei und selbst ohne Ge- päck nicht wieder aufstehen wolle. Während er' daher bei

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114 V. Kapitel.

mir blieb, sandte er seinen Diener Ibrahim voraus, um vom Vezier ein anderes Kameel zu erbitten. Wir folgten später und nahmen unseren Weg direkt zum Lager, während der Pfad von Reitern, Kameelen und Fussgängem belebt war. Das Land war auf dieser Seite nur stellenweise angebaut; doch fiel uns etwa 2 Meilen hinter Ngömu eine sorgfältig ge- pflegte Baumwollenpflanzung in's Auge und nahe beim Dorfe Kükia zeigte sich schöner Landbau.

Diese ganze fruchtbare Ebene ward im Jahre 1854 ein Raub der Überschwemmung des Tsäd, herbeigeführt durch ein Einsinken des Bodens, wodurch das Land die wunder- barste Veränderung erlitt. Hier gewannen wir den ersten Blick auf das Zeltlager; aber es schien keineswegs bedeutend zu sein und war auch erst im Entstehen begriffen, da bis jetzt nur die nächste Umgebung des Hofes versanmielt war.

Das „ngdufate" hatte seine bestimmte Anordnung und un- sere Stelle ward uns neben dem Zeltgehöft Lammo's, in eini- ger Entfernung östlich von dem Gezelte Hadj Beschir's, an- gewiesen. Da Jeder der Grossen wenigstens einen Theil sei- nes Harims mit auf den „kengu" nimmt, so genügt ihnen ein einfaches Zelt nicht, sondern es wird mit Hilfe von Vorhän- gen aus gestreiftem Baumwollenzeug eine leichte Umzäunung umher angebracht, um grössere Heimlichkeit für die Häuslich- keit zu gewinnen. Für den Scheich und den Vezier ward sogar bei jedem Lagerorte, so lange wir uns auf Bömu-Gebiet be- fanden, stets eine Umzäunung aus Mattenwerk errichtet. Denn es ist unrichtig, dass, wie man gesagt hat, das Königslager

„keleno" in Bomu von dem allgemeinen Heerlager

„ngaufate" getrennt sei, und man ersieht, aus dem Geschichtswerke des Imäm Ahmed, dass dies auch früher nicht der Fall war. Das gewöhnliche Kriegsvolk hatte wei- ter keinen Schutz, ausser dass sich Einzelne leichte, hochge- giebelte kleine Hütten aus dem Rohre des Indischen Kornes errichteten, das jetzt in Fülle auf den Stoppelfeldern umherlag.

Charakteristik Lamlno^s. 115

Lamlno habe ich schon früher zuweilen erwähnt, ich muss aber hier einige Worte mehr von ihm sagen, da wir durch diesen Eriegszug in nähere Beziehung zu dieser eigenthüm- lichen Persönlichkeit kamen. Wir finden hier ganz dasselbe Verhältniss wie in Europa, wo notorische Spitzbuben mitun- ter die trefflichsten Polizeibeamten abgeben. So war Lamlno

eigentlich El Amin früher ein gefurchteter Strassen- räuber gewesen und nun chef de police oder Zwangsmeister

„sserki-n-karfi" , wie die Haussa- Leute sagen würden geworden ; er leistete dem sanfteren Vezier durch seine Hart- herzigkeit und Schamlosigkeit vortreffliche Dienste und wir nannten ihn daher nur „die schamlose Linke". Einkerkern und peitschen lassen war sein Hauptvergnügen ; er konnte in- dessen auch sehr sanftmüthig und liebenswürdig sein, imd nichts amüsirte HeiTn Dr. Overweg und mich mehr, als wenn er uns in höchst sentimentalen Ausdrücken von seiner Liebe zu der begünstigten Beherrscherin seines Herzens erzählte, die er auf dem Kriegszuge mit sich führte. Auch war es überaus spasshafl, den Schrecken wahrzunehmen, den er empfand, wenn wir die Erde mit einem Straussenei verglichen, da es ihm bei seiner Schwere imd Plumpheit unbegreiflich war, wie er sein Gleichgewicht darauf bewahren sollte.

[Mittwoch, 26»i^ November.] Die vor dem Zelt des Scheichs ertönende grosse Trommel gab früh am Morgen das Zeichen zum Aufbruch und in breiter Schlachtordnung „bäta" *) rückte das Heer mit seinem mächtigen Reitertrosse über die mit hohem Rohr bedeckte Ebene hin, die nur hie und da Anbau zeigte. Ich blieb jedoch diesmal noch bei den Ka- meelen und Lastochsen, die mit Fussgängem und vereinzelten Reitern in langen, unabsehbaren Zügen zur Seite marschir-

*) Dies ist die wahre Bedeutung Ton „bata", nicht, wie KoUe in seinem Wörterbuche angibt, ^ytroop''. ,,Bäta'* ist der Oegensata Ton „fugunkä- dagu", „Biner hinter dem Anderen*^ .

116 V. ^apiteL

ten, wähl-end eirßelne Trupps Kanembü in ihrer spärlichen, meist aus Lumpen zusamnfengeflickten oder blos aus einem Schurzfell bestehenden Kleidung. und mit ihren leichtert Holz- schilden unter munteren Zurufen am Lastzuge vorübereilten.:

So erreichten wir mit einem Marsch von etwa 12 Meilen die Baum woUenfelder von Yedi, einem nicht unansehnlichen Städtchen, das sich, von einer gut erhaltenen Thonmauer um- gebeuj auf einer Hügelreihe zur Linken hinzog, während das Land auf der Nordwestseite sich ah sandige Fläche ausbrei- tet, die nur von wenigem Gesträuch und Dümgestrüpp ^ „ngille" und wenigen vereinzelten Dünq)almen unter- brochen wird. Auf dieser Seite bildet sich etwa eine Vier- telstunde von der Stadt nach der Regenzeit ein ansehnlicher Teich, an dessen Ufern die Yedenser Zwiebelgäcten anlegen und durch Ziehbrunnen „chattatir" bewässern.

Die Sonne brannte sehr stark, während die Zelte aufgeschla- gen wurden, und um- Mittag war die Hitze höchst bedeutend. Wunderbarerweise versäumte ich diese ganze Zeit, thermo- metrische Beobachtungen anzustellen, und ich befürchte fast, dass Herr Dr. Overweg eben nicht aufmerksamer auf diesen Gegenstand war. Der Grund dieser Unterlassung war, dass wir stets. des Morgens so sehr früh aufbrachen und um Mit- tag gewöhnlich keinen Schatten in der Nähe unserer Zelte hatten; denn das Innere unserer sonnigen Behausungen, wo alle Gegenstände fast ebenso gut Schatten warfen, wie draus- sen, konnte natürlich nicht maassgebend sein für die Tempe- ratur der Luft.

Unser Beschützer Lamino sandte uns dann ein vortreffliches Gericht in Milch gekochten Reises mit aufgelegtem Honig- brod. Der Reis war von ungewöhnlicher Weisse, während er sonst in Bömu keineswegs besonders gut ist. Dann kam auch eine Schüssel mit Honigbrod vom Vezier und wir hielten es für unsere Pflicht, ihm und durch seine Vermittelung dem Scheich .unsere Aufwartung zu machen. Der Scheich war in

Das Lager bei TedL 117

seiner getäumigen Thonbehausung aiHSserhalb der Stadt ab- gestiegen und gab gerade den Leuten des Ortes grosse Au- dienz. Bald nach den gewöhnlichen Begrüssüngsfonneln ward die Unterhaltung durch den Vezier auf Denham (Eaeis Cha- lil) gerichtet, der einst mit Kaschella Bärka ghanä und mit Bü-Chalüm denselben Weg gezogen sei, und es kam dann des anwesenden alten Mallem Schädeli oder Chadeli damals einfacher „fäki" oder „f Tgi" Verhalten zum Christen (Den- ham) zur Sprache, der von des Ersteren feindlicher Gesinnung so treuen Bericht erstattet hat. Der alte, jetzt sehr mächtige Mallem tischte zur Vergeltung eine Beschreibung der Scene auf, wie er den Major, nach der schmählichen Niederlage aus- geplündert imd kaimi mit dem Leben davongekommen, in plenis naturalibua gesehn habe, mit allen den Insignien dem „tschl kadugübe" , die den Ungläubigen von dem •Gläubigen unterscheiden.

Die' Weise, in der diese ganze Geschichte aufgefasst wurde, zeugte von der aufgeklärten Duldsamkeit. dieser Herren.. Der Scheich sandte uns sogar am Abend zwei Hammel, eine Last Indischer Hirse ,>ngaberi" und zwei Schüsseln zu- bereiteter Speise, und da uns nun auch ein hier angesessener lustiger Spielmann, den wir von früher her kannten und der Herrn Dr. Overweg auf seiner Tsäd-Fahrt begleitet hatte, be- wirthete, so war des Schmausens kein Ende. Übrigens fehlte auch geistige Unterhaltung nicht, da der wissbegierige Vezier auf diesem Heereszuge, wo er mehr Müsse hatte, als daheim in seinem Palaste, so viel als irgend möglich von uns lernen wollte *). Auch den folgenden Tag blieben wir hier liegen, da mehrere Kriegei-schaaren hier ztmi Heere stossen sollten. Der Mangel an Holz machte sich sehr fühlbar.

*) Zwischen Tödi and dem Tsäd liegen folgende Orte: Lalge oder Lega, ein ansehnliches ummauertes Städtchen, Dihhua oder Döbna, Djfggeri, M&- nauäse, Qördinä und Mögolim.

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118 V. Kapitel.

[Freitag, 28«^«n November.] Das „ngaufate" rückte bis Marie vor. Gleich südlich von Yedi dehnt sich eine unabsehbar weite, ganz kahle, nur hie und da mit einzelnen spärlichen Mimosen bewachsene Ebene aus; dies ist der -Anfang des „firki"- oder schwärzlichen Humusbodens, der in den südlichen Gegenden Bömu^s so weite Strecken einnimmt und von dem ich im vorigen Bande wiederholt gesprochen habe. Aber der auf dieses eigenthümliche , mit der grossen Sumpflache des Tsäd in der engsten Verbindung stehende Terrain angewie- sene Anbau der „massäkuä'' oder „mossogä" (Holcus cemuus) war dies Jahr nach spärlicherem Regen keineswegs gut aus- gefallen.

Ich war mit meinem Kameel vorangezogen , als mich der Vezier gewahr wurde und mich zum Scheich rufen Hess. Nachdem mich dieser sehr freundlich begrüsst hatte, fragte er mich, warum ich meine Pistolen stets im Leibgürtel trüge und nicht am Sattel aufhinge, und lobte meine Vorsicht, als ich mich auf Raeis Chalil's Unfall berief, der, auf seinem unglücklichen Mandara-Zuge vom Pferde geworfen, ohne eine Waffe in der Hand blieb. Er meinte jedoch, wir hätten jetzt, bei einem so grossen Heereszuge, solche Fährlichkeiten nicht zu befürchten, bemerkte mir indess sehr schmeichel- haft, dass er mein Beispiel, das Chronometer stets um den Leib gegürtet zu tragen, nachgeahmt habe und sehr zweck- mässig finde.

Der Heerestrupp ritt hier wiederum hinter den vier Fah- nenträgem des Scheichs und einem Djerma in breiter, sich stattlich entfaltender Schlachtordnung, ward aber bald durch eine Strecke Unterwald auseinandergesprengt und in eine lange Reihe zusammengedrängt Der Lagerplatz war an der Nordwestseite der Stadt gewählt, und als der Scheich bei der für ihn bestimmten Mattenbehausung abgestiegen war, sprengten Alle, mit Einschluss des Veziers, in schnellster Carriere heran; ich musste, imi nicht umgeritten zu werden,

Die Stadt MArte. 119

ein Gleiches thun, erhielt aber doch, als ich Halt gemacht hatte, von einem mir nachfolgenden Reiter, der mit grosser ^'^^^' "^li iHiiu^ einen sehr schmerzlichen Seiten-

grossen Schaar ist stets

Bniama, meinem Stadt Marte, um [eden Freitag ab- gehaiit;ii, jf^MBrartdTKiumen umgebenen freien

Platze, welcher sich vor dem westlichen Thore der Stadt ausbreitet; aber er war heute, wenigstens um diese Tages- zeit, durchaus unbedeutend. Er ist ganz ohne Buden imd Negerhiise „argüm möro" , Butter und Trinkschalen waren fast die einzigen zum Verkauf ausgebotenen Gegen- stände; ebenso war auch die Zahl der Verkäufer und Käufer nur gering. Ich ritt dann um die ganze Stadt herum, die ungefähr 4000 Einwohner hat und gut ummauert ist. Auf der Südseite ist die wohlerhaltene Mauer von Untergebüsch um- geben, während sich auf der Ostseite, wo die meisten und wasserreichsten Brunnen sind, einiger Anbau befindet, der jedoch dies Jahr von geringer Ausdehnung war. Beson- ders interessant ist eine kleine, aus grossen Rohrhütten be- stehende Vorstadt auf der Nordseite, wo neben Kanöri-Volk mehrere Fulbe- oder Felläta-Familien wohnen. Die ziemlich genau orientirte Stadt hat auf jeder Seite ein Thor, nach der Marktseite aber zwei; ihr Inneres besteht meist aus Thonwohnungen und engen Strassen. Vom gewöhnlichen Treiben in derselben konnte man natürlich bei der Anwe- senheit einer solchen Heerestruppe nichts sehn; aber es war mir interessant, dass Billama's Mutter auf dem sehr kleinen Marktplatz innerhalb der Stadt eine Bude hatte. Märte, sowie Alä gehören Malay Ibram, dem ich am folgenden Tage, wo wir hier noch liegen blieben, einen Besuch ab- stattete.

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120 V. KapiteL '

Unsere Zelte waren jetzt so mitgenommen, dass sie wäh- rend der Mittagshitze nur höchst geringen Schutz darboten und uns sehr unbequeme Stunden zubringen liessen^ Denn mein grosses Zelt konnte ich, da es ein Eameel :^m Trans- port und mehrere Leute zum Aufschlagen erforderte, in meinen damaligen Verhältnissen nicht gebrauchen.

[Sonntag y 30«ten November.] Da ich am gestrigen Abend ein schweisstreibendes Mittel eingenommen hatte, blieb ich heute Morgen lange hinter der Truppe zurück, mn erst die Sonne aufgehen zu lassen. Es war weit erfreulicher, den schönen Morgen in Ruhe gemessen zu können, obgleich das Land Anfangs eine fast Ununterbrochene nackte „firki"- Ebene jnit rauhem zerklüfteten Boden darstellte, die nur auf dem schmalen Pfade ein leichtes Portkommen bot. Nahe vor dem Dorfe Marte-ghanS „Klein - Marte" stapd der Holcua noch auf den Feldern, die Ähren waren aber fast sämmt- ' lieh von der Truppe abgepflückt; dann folgte „karäga" (un- bebautes, mit Mimosen bewaldetes Land). Ich ruhte ein Stündchen unter einer Gruppe prächtiger, dichtkroniger Ta- marinden zur Seite des Weges (bei zwei kleinen, freundlich gelegenen Dörfern , wo sich auch einige Abtheilungen des Heeres gelagert hatten), um die Mittagshitze vorübergehn. zu lassen und etwas gastfreundliche Pflege zu finden, was im gros- sen Lager nicht möglich war; denn da gibt es kein Kom- missariat und Jeder sorgt für sich selbst, so gut er kann, zum grossen Nachtheil der Landschaft, durch welche der Marsch geht, selbst im eigenen Lande.

Kurz vor 10 Uhr erreichten wir das Lager, welches auf der Westseite der Stadt Alä, wo die Brunnen sind, aufgeschlagen war, während die Nordseite von schönen Bäumen umgeben ist. Alä ist .eine nicht unansehnliche Stadt, von einer leid- lieh erhaltenen Thonmauer umschlossen, mit je zwei Thoren auf der Nord- und Westseite und je einem auf der Süd- und Ostseite. Das Innere der Stadt ist von grossen Bäumen,

Lager bei A15. 121

meistens Tschedia's ^ ^Äe^na elastica) und Küma's, belebt,

.während sich die Hütten durch hoch aufsteigende Dächer

'auszeichnen, welche zuweilen von BÄukengewächsen der

Cucurbita lagenarta hübsch umschlungen sind ; Thonwoh-

nungen sieht man hier nur wenig.

Da mich der Scheich schon seit mehreren Tagen wiederholt um meinen Kompass gebeten hatte, in der Meinung, es wäre ja genug, wenn nur Einer von uns beiden . ein solches Instru- ment besässe, sandte ich ihm meine Spieldose, an der er stets grosses Vergnügen gefunden hatte , mit dem Bemerken zum Geschenk, dass ich solche Gegenstände verschenken könnte, aber keine Instrumente. -^ Von Lamino erhielten wir heute etwas gut zubereitetes Hasenfleisch, wie denn im Laufe des . Tages mehrere Hasen eingefangen worden waren.

[Montag, i«'<^ Dezember.] Bald nach unserem Aufbruche hatten wir ein kleines Dickicht zu passiren, und es entstand hier- wegen der Indisciplin des Heeres ein höchst unerfreu- liches Drängen und Stossen, wobei ein oder zwei Reiter stark verletzt wurden. Sowohl bei solchen Gelegenheiten, als auch in dichtem Walde sind die grossen Arabischen Steigbügel von unschätzbarem Werthe, indem sie das ganze Bein schützen und, geschickt damit manövrirt, jeden Zudring- ling in ehrerbietiger Entfernung halten. Mit Englischen Steigbügeln— davon bin ich fest überzeugt würde ich auf meinen Reisen um beide Beine gekommen sein.

Unser Weg führte dann wieder über einförmigen „firld"*)- Boden und wir Hessen mehrere Felder mit Indischer Hirse zur Seite, welche recht schön standen. Einzelne Dörfer

*) Es ist mir höchst wahrscheinlich, dass Kölle's Bemerkung (S. 400 seines Wörterbaches i)nter dem Worte „sangafaram** [d. i. „schingafaram"]) über einen Distrikt P^rgi, dessen Hauptstadt Dfköa sei, ein blosses Missverständniss des allgemeinen Ausdruckes „flrki" ist. Wenn ich dann und wann Einiges an KöUe's Arbeiten rüge, so geschieht es nur desshalb, weil sie in ihren Hauptzügen vortrefflich sind.

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122 y. Kapitel.

liegen überall zerstreut, selbst in scheinbar unangebautcn Gegenden, obgleich diese Provinz keineswegs viele kleine An- siedelungen hat ausser den Schüa-Dörfem , indem die Bewohner mehr in befestigten Städten zusammengedrängt leben.

Auf den „firki"- Boden folgte Untergebüsch, das sich bis an die Mauern der grossen Stadt Diköa erstreckte, welche von hohen, sich prächtig ausbreitenden Bäumen überragt wurden, während die westliche Seite, an der entlang wir ritten, dicht mit Frauen und Kindern besetzt war; ein grosser Zug Frauen, die ihren Oberherm bei seiner Ankunft auf dem Lagerplatze begrüsst hatten, kam uns im besten Putze entgegen. Ich ward angenehm üben-ascht durch die ungleich vortheilhaf- tere Körper- und Gesichtsbildung, die sie vor ihren Lands- männinnen in der Hauptstadt auszeichnete. Besonders auffallend war mir der geringe Anbau, den man bei dieser so grossen Stadt antraf; wenigstens war auf der Westseite derselben nur weniges, von einer Waldung mächtiger Bäume begrenztes Ackerfeld zu sehn. Ich hörte bei dieser Gelegen- heit, dass dies Jahr wegen des geringen Regenfalles so gut wie gar keine „mössogä"- Ernte gewesen sei.

Das „ngaufate" fing an, sich hart ausserhalb der südlichen Stadtmauer zu bilden, wo sich ein baumloser, tief- sandi- ger Platz, rings umher von Walddickicht umgeben, ausbrei- tet. Obgleich im Dezember, war die Sonnengluth doch sehr stark, und ich setzte mich, die Kameele erwartend, in den Schatten einer dichten Bito (Balanitea Aegyptiacua)^ bis das stets sich weiter ausbreitende Lager naher und näher rückte und ich dem Kaschella Djätto meinen Platz einrämnte. Er bot mir dafür ein schönes, krystallhelles Stück frisch vom Baume gepflückten Gummi's an, das voll flüssiger Süssigkeit war; in solchem Zustande ist dasselbe überaus erfrischend und bildet hier nicht weniger als in Timbuktu einen Lecker- bissen.

B(5nio*8 Verkehrswege mit Europa. 128

Das wie aus dem Boden hervorspriDgendc Heereslager mit seinen mannichfaltigen, für den Augenblick gebildeten, leichten Wohnungen, den verschiedenen Truppengattungen, der Menge zum Theil vortrefflicher Pferde aller Farben, dann die ankommenden Züge der Lastthiere, Kameele und Packochsen, mit dem Hausgeräth und den wohlverhüllten Frauen, Alles bildete ein überaus interessantes Bild ; denn jetzt hatte sich schon fast das ganze Kriegsvolk zusammen- gefunden, so dass sicherlich 20,000 Menschen mit 10,000 Pferden und wenigstens ebenso vielen Lastthieren hier ver- sammelt waren. Über die Bestandtheile des „kebü" werde ich im weiteren Verlaufe unseres Heereszuges einiges Nähere angeben.

Am Abend, nachdem sich die übrigen gewöhnlichen Gäste des Veziers, als Lamino, Abü-DAüd (einer der angesehensten Schüa- Häuptlinge), Salah, Grema Melüd u. A. m., entfernt hatten und nur Hadj Edriss dageblieben war, entspann sich zwischen uns und unserem Gönner ein sehr ernstes Gespräch über die Mittel Bomu's, sich wieder zu seiner früheren Grösse emporzuschwingen, wobei natürlich das Prinzip dieser ver- heerenden Rhasien und Sklavenjagden zur Sprache kam und dagegen der Grundsatz einer wohlgeregelten Regierung, so- wie auf Herrschaft und dauernde Eroberung abgesehener Kriegszüge aufgestellt wurde. Besonders machte ich den Vezier darauf au&nerksam, dass es, da sie den Türken ein- mal nicht trauen könnten, ihr erstes Interesse hätte sein sol- len, sich den grossen südlichen Strom, welcher ihnen leicht Alles, dessen sie bedürfen möchten, aus Europa zuführen könnte, frei zu halten. Er schob die ganze Schuld auf die früheren Sultane des Landes; aber die armen Leute liatten, als sie das Land der Köana beherrschten, wohl keine Idee davon, dass der dieses Gebiet durchschneidende Strom di- rekt dem Meere zuflösse, und wenn sie es ahnten, so war der feindliche Gegensatz zwischen Isslam und Christenthum

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124 V. Kapitel.

ZU damaliger ' Zeit noch so gross, dass sie eben aus dem Grunde, weil jener Strom den Christen einen leichten Zu- gang in ihr' Land eröffnete, jede engere Verbindung mit dem- selben für sehr gefährlich halten mussten. Jetzt ist dies aber ^anz anders, und es ist gar keine Frage, dass ein energischer Häuptling vom Benue aus ganz Central -Afrika beherrschen könnte. Energie ist jedoch leider gerade das, was diesen Leuten fehlt.

Herr Dr..Overweg betonte bei dieser Gelegenheit in einer begeisterten Rede die Abschaffung des Sklavenhandels, wo- gegen der Vezier geltend machte, dass ihm die Sklaven die Mittel an die Hand gäben, Feuerwaffen zii kaufen. Da hatte er gerade den Nagel auf den Kopf getroffen ; denn eben die Begierde nach den Feuerwaffen der Europäer hat den Skla- venhandel an der ganzen Westküste hervorgerufen. Aber wozu wollen diese Leute Gewehre haben ? Nicht um sich da- mit eine überwiegende Herrschaft zu verschaffen, sondern besonders eb^ desshalb, um wieder Sklaven einzufangen und mit einem guten Vorrath dieser schmählichen Handelswaare sich diejenigen Luxusartikel Europäischer Civilisation zu ver- schaffen, mit welchen sie. bekannt geworden.

Indem ich also auf die Ansichten unserer Freunde ein- ging, erklärte, ich dem Vezier, dass ihr Land gar vieles Andere erzeuge, wofür sie Feuerwaffen erhalten könnten, ohne alle ihre Nachbarländer wüste zu legeji und Noth und Elend über so viele Tausende zu bringen. Ich erzählte auch von den letzten Unterhandluilgen mit Dahome, wo dann unser Freund bestimmt erklärte , dass , wenn die Englische Regierung ihnen 1000 Gewehre und 4 Kanonen geben könne, sie den im Handelsvertrage schon von Richardson als zu ge- fährlich ausgelassenen Artikel über die Abschaffung des Skla- venhandels sotori, unterschreiben wollten. Könnten sie sich mit dem Benue in Verbindung setzen,, so wäre dies et- was Leichtes: durch das Gebiet der Türken aber imd durch

Abftchaffang des SklaveDhan^^ls in Börnu. 125

die Wüste eine solche Menge von WaflFen zu schaflfen, würde keineswegs ohne Schwierigkeit soin. Und die Hauptsache ist die Frage nach der Dauerhaftigkeit dieser Dynastie. Der Vezier seihst uhteriag schon nach .2 Jahren, und Scheich 'Omar, der nun wieder zur Herrschaft gekom- men , wie lange wird er sich ohne eine feste Stütze halten ?

Aber der Sklavenhändel ist jetzt wenigstens faktisch, wie es

scheint) an. der .Nordküste abgeschafft und es muss dieser Umstand besonders auf das ganz in der Mitte gelegene Börnu einen sehr grossen Einfluss ausüben besonders wenn jetzt endlich wirklich ^in regelmässiger Verkehr auf dem Benue emgeleitet wird.

Es war unsere Bestimmung, hier mehrere Tage liegen zu bleiben; denn während* sich, das eigentliche Kanöri-Volk schon ziemlich zusammengefunden hatte, waren erst höchst wenige Schüa angekommen, die meist in diesen südöstlichen Gebieten des Landes wohnen. In der.That ward unser La- ger, dessen südwestlicher Theil, wo wir gelagert waren, schon von vornherein nicht sehr weitläufig gewesen war, von Tag zu Tag enger und Mancher irrte ruhelos umher. Einem angeseheneren Manne unter diesen neu angekommenen Schüa, Namens Hadj Hamadän, von den Ha-ssünna, der von seinem gewöhnlichen Wohnsitz im Wadi Guskäb , im fernen Osten ge- legen, auf einige Zeit nach Loggene gekommen war, wo er Ver- wandte hatte, erzeigte ich eines Abends Gastfreundschaft. Aber die Schüa haben, wie ich schon bei anderer Gelegenheit bemerkt habe, in ihrem Charakter ietwas entschieden Jüdi- sches und ergreifen, wenn man ihnen einen Finger reicht, nur zu leicht die ganze Hand ; sonst würde ich mich näher mit ihnen eingelassen, haben. . ..

Ih e Einwanderung in diese Gegenden , die wenigstens vor mehreren Jahrhunderten erfolgte, ist sicherlich nicht ohne In- teresse, und sie bewahren, wie icfh schon andergwo bemerkt, den 'charakteristischen Typus* ihrer Rasse sehr Bestimmt. Ihr

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126 V. Kapitel.

Arabischer Dialekt ist sehr eigenthümlich, und während er An- spruch auf eine ungleich grössere Reinheit macht, als das ver- dorbene Patois des Maghreb, yorzüglich durch Beibehaltung der reichen Verbalformen, so hat er doch im Anfang etwas überaus Auffallendes durch die scharfe Vokalisirung und ihr ewiges „kutsch, kutsch" «ganz und gar" und „ber- ketek" „zu Gnaden" , das sie wahrhaft lächerlich hin- ter jedes dritte Wort einschieben. Ein so knechtisches Kom- pliment haben sie oflFenbar in der unterthänigen Stellung ge- lernt, in der sie in diesen Negerländem stehn, obgleich sie hier in Bornu noch ziemlich glimpflich behandelt werden, be- sonders seitdem ihnen durch Tiräb, der zu den Sdlamät ge- hörte, die höchste und einflussreichste Würde im Lande zu Theü geworden ist. Aber wir werden sehn, wie schlecht sie noch heute in Wädäi behandelt werden.

Von Kanon ^Leuten fehlten ausser kleineren Trupps nur noch die beiden Kaschella's 'Ali Marghi und Djerma; sonst waren mit Ausnahme von Kaschella Mdnso, meinem gast- freundlichen Wirthe in Surrikulo, dessen Anwesenheit an seinem Posten der Tuareg halber zu wichtig war, alle Ka- schellanate und Truppenabtheilungen von diesseit des Komä- dugu versammelt. Denn von Yen, Ghäladl und Damägherim, das heisst den Provinzen jenseit des Komädugu, ist Niemand verpflichtet, an diesen Kriegszügen des Scheichs Theil zu nehmen, sondern Jeder bleibt auf seinem Posten.

Eine höchst eigenthümliche und auffallende Erscheinung im Lager war ein Targi-Bote, der in Folge der oben ange- deuteten Friedensvorschläge nach Kükaua gekommen war und den der als zeitweiliger Viceregent dort zurückgelassene Mallem Mohammed dem Heereszuge nachgesandt hatte.

Die Stadt Diköa, die oft als Residenz der Könige von Bornu gedient hat, war wohl einiger Aufmerksamkeit werth, und am Nachmittage unseres zweiten Rasttages stattete ich ihrem Inneren einen Besuch ab, wiederum in Gesellschaft

Das Innere der Stadt Dfköa. 127

Blllama^s. Wir ritten zum westlichen Thore hinein, wo ich dann sah, dass die Mauern, die wohl 30 Fuss Höhe haben, im Inneren, gleich denjenigen der Hauptstadt, abgestuft sind und unten eine ansehnliche Breite haben; sie waren übri- gens in bester Ordnung.

Sobald wir das Innere betreten hatten, fielen mir die hohen und der Spitze ermangelnden „kögi ngmibe" , oben ganz abgerundeten Hütten auf, wie ich deren schon in anderen Städ- ten bemerkt hatte, und je weiter wir kamen, um so besser gefiel mir das Innere der Stadt, wie mir ihr Äusseres gleich beim ersten Anblick durch seine Grösse imponirt hatte. Grosse, weitkronige, herrliche Bäume, als Ngäbore (Ficus), Tschedia (Kautschuk) und Küma, breiteten ihren Schatten überall aus und gegen ihre breite Laubkrone bildeten 2 oder 3 ver- einzelte Gonda oder, wie der Kanöri sie nennt, „bam- büs Mdsarbe" (Garica Papaya) mit ihren eigenthümlichen federartigen Kronen und ihrem glatten, jungfräulichen Stamm einen lebendigen Gegensatz, während die Hecken und Um- zäunungen der Höfe zum Theil von der „dagdägeF^ einer üppig hinrankenden Schlingpflanze, belebt waren. Der eigentliche Kern der Stadt schien ganz aus Thonwohnungen zu bestehen.

So kamen wir zum Hause des Statthalters „mainta" , der eine gewisse Unabhängigkeit geniesst und dem ich, wenn' ich ein anständiges Geschenk bei mir gehabt hätte, einen Besuch gemacht haben würde. Ganz fürstlich war der von der herrlichen Krone einer Besina elastica (der schönsten, die ich in Bornu gesehn habe) beschattete und mit Pferde- bäumen — „dateram" versehene kleine Platz vor seinem Hause, der „fäge" „oflfene Rathssaal'' ^ von einem grossen Kreise Menschen besetzt, unter denen eine Bande Musik auf- spielte.

Die Stadt hat wohl nicht unter 25,000 Einwohner, deren Hauptbeschäftigung Baumwollenweberei ist, aber es ist hier

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128 V. Kapitel. ~

selbst eine Pulverstampferei ; denn Pulvermählen gibt es hier noch nicht, sondern das Pulver wird iA einem grossen höl- zernen Mörser gestampft, und ich kam in der Folge in Ba- ghfnbi jedes Mal, wenn ich meinen gebrannten Kaffee stam- pfen liess, da ich keine Kaffeemühle besass., in den- Ver- dacht, Pulver zu bereiten.

Leider wai" durch die Anwesenheit des Heeres die fried- liche Beschäftigung der Einwohner gestört, und anstatt des Klopfens von Geweben, das in vielen Städten Sudans einen so angenehmen, reges gewerbliches Leben veranschaulichen- den Ton hat, hörte man nichts als den Schall des. Pulver- stampfens, der aus einer auf sehr ^fachep G^iTLndsätzen be- ruhenden Pulverfabrik, wo 8 Sklaven beschäftigt waren, hervorschallte.

So setzten Billama und ich unseren Ritt nach dem kleinen Nachmittagsmarkt „durria" fort, fanden ihn. aber augenblicklich, wo jdas Heerlager das Stadtleben ganz in den Hintergrund drängte und wo die Bewohner sich wohl nicht ganz ohne Grund vor Gewaltthätigkeiten fürchteten, unbedeu- tend. Die Stadt gefiel mir so wohl, dass ich nicht umhin konnte, einem Diköaner, der meinen Begleiter begrüsste, mein Wohlgefallen mit „atema billa ngiUa" „das ist eine schöne Stadt" auszudrücken, worauf. er in stolzem Bürgergefühl entgegnete: „äte billa deka geni, dte billa maiwa" „das ist keine Landstadt, das ist eine Residenz" .

Nahe bei dem Nordnordwestthore sah ich sqhr viel Ka- räss (Hibiscus esculentits) in den die Hüttea umgebenden kleinen Höfen. Wir wollten eigentlich von hier unseren Weg nach dem westlichen Thore fortsetzen, als wir draussen eine Reiterschaar herankommen sahen und 'Abd e' Rahmäu, den Bruder Scheich 'Omar's erkannten , der vielleicht nicht in den besten Absichten hierher kam. Während ich daher mei- nen Weg langsamer fortsetzte, ausserhalb der Stadt mich nach Osten wendend, eilte Billama, dem Kronprätendenten.

Der Flti88 T^oft bei Diköa. 1S9

den üblichen Beitergruss zu bringen. Wir ritten dann über Nord nach der Südwestseite ' der Stadt hin , die in ihrer ganzen ansehnlichen Länge vom Lager eingenommen war, das von den an der Mauer befindlichen Schutthaufen aus einen interessanten Anblick darbot. In der That hatte d^r nordöstliche Theil, der von grossen Bäumen beschattet wird, einen bei weitem anmuthigeren Charakter als derje- nige, wo unsere Zelte standen. Es fiel mir auf, dass die so völlig viereckige Stadt doch so unregelmässig orientirt ist, ziemlich nach halben Himmelsgegenden^ imd ich glaube bei- nahe, dass dies absichtlich geschehen ist, um Yortheil und 'Nachtheil der jedesmaligen Richtung gleichmässiger unter die Einwohner zu vertheilen. Die Stadt hat auf jeder Seite nur Ein Thor, auf der Südostseite hingegen, nach der Seite des Marktplatzes, besitzt sie zwei Thore.

Aber um den Lebenskreis der Bewohner von Diköa recht zu würdigen, war es nöthig, den südöstlich von der Stadt nahe vorbeiziehenden „komadugu^', den Yäloe, zu besuchen, und ich machte mich am Nachmittag des 4ten Dezember dorthin auf. Er war an dieser Stelle etwa nur 2 Engl. Mei- len von unseren Zelten entfernt und zog hier von Süd nach Nord durch dichte Waldung hindurch; das eigentliche Bett war etwa 20 Klaftern breit und von 12 15 Fuss hohen Ufern eingeschlossen, an denen sich ein ununterbrochener Saum der herrlichsten Baumkronen mit dem frischesten Laube hin- zog, meist FtctiS' Alten ^ besonders die mit der Tamarinde wetteifernde „ngdbore". Gegenwärtig jedoch enthielt dasselbe nicht mehr einen zusammenhängenden Wasserstrom, sondern war in mehrere völlig abgesonderte Wasserpfuhle von 1 bis 1^ Fuss Tiefe zerrissen. Dennoch aber war das Wasser kühl und selbst wohlschmeckend, obgleich es keineswegs sehr rein war und bei .der grossen Menge Pferde, die täglich darin ge- tränkt wurden, auch gar nicht rein sein konnte. Wie ich schon so oft erwähnt habe, sind es gerade diese stehenden

Btf1k*t BdMD. in. 9

laO y. Kapitel.

Wasserpfuhle, die im Sudan so viel Krankheiten erzeugen', be- sonders den Guinea- Wurm und sonstige Hautausbrüche.

* Dies ist derselbe Komädugu, den wir schon auf der Reise nach Adamaua im Gebiete von Udje kennen gelernt haben. Über seinen unteren Lauf aber sind die Angaben nicht ganz übereinstimmend. Wir werden nämlich im weiteren Verlaufe unserer Unternehmung die Angabe des Hadj Edriss, „dass er von hier nach Misne, Yon da nach Large zöge, beide Ort- schaften etwas westlich lassend, dann aber westlich an Hok- kum entlang in den Tsäd fliesse^\ etwas modificiren müssen; denn die kleine zeitweilige Wasserrinne zwischen BiUa Bü- tübe und Hokkum ist kaum geeignet, den ansehnlichen Wasserstrom, den zuweilen der Yaloe bilden muss, in den Tsäd abzuführen.

Die beiden Ufer waren jetzt dicht von Pferden und Rmdem bedeckt, die sich hier am reichen Grase labten, und kein schattiger Baum war zu finden, wo sich nicht eine Truppe Kanembü oder Kanöri behaglich gelagert hätte. Überall war das Dickicht von BaumwoUenfeldem unter- brochen, die den Reichthum von Diköa ausmachen; aber ich wunderte mich nicht wenig über deren gänzlich verwahr- losten Zustand. In der That nicht allein Unkraut, sondern hohe Büsche und Bäume unterbrachen überall die Baum- wollenstauden und gestatteten ihnen kaum Raum, sich aus- zubreiten. Dennoch aber bezeugte ihre Fülle, welch' ein unendlicher Wohlstand in diesen Gegenden begraben liegt. Undurchdringliches Dickicht machte zuletzt meinem Vordrin- -gen ein Ende imd ich kehrte auf einem anderen, westlicheren Pfade zurück, während ich unwillkürlich im Stillen über den stärkeren Sinn der alten Bomu-Könige für Naturfülle und Naturschönheit nachdachte, da sie ihren Sitz in den be^ günstigteren Gegenden ihres Reiches aufschlugen, wie Ghasr- Eggomo und Diköa, während die jetzige Residenz in der einförmigsten, trostlosesten Cregend gewählt ist Die Lage

Der Wochenmarkt in DfkSa. 131

von Ghasr-Eggomo scheinen sie sogar durch mehrere künst- liche Becken, in die sie den Fluss ableiteten, verschönert zu haben. In der That, der als Mensch und Fürst ausge- zeichnete König Edriss Alaöma konnte, wie sein Geschicht- schreiber, der Imäm Ahmed, berichtet, als er die Stadt Fika im südwestlichen Theile seines Reiches besuchte, nicht um- hin, den berühmten Bergsee, der in. einiger Entfernung da- von hegt, zu besuchen. Ein reicher Lebenskeim liegt in diesen Wasserläufen, und ich bin überzeugt, er wird einst geweckt werden.

Während ich' so nach unserem Lagerplatz zurückkehrte, kam ich an dem täglichen Nachmittagsmarkt -r „durria" vorbei, der hier an der westlichen Seite des Lagers gehal- ten wurde und recht belebt war. In der That blieb er wenig hinter demjenigen der Residenz selbst zurück, und dies war keineswegs zu verwundem, da hier an Menschen wenigstens ebensoviel und an Pferden unendlich viel mehr versammelt war, als die gewöhnliche Bevölkerung von Kü- kaua beträgt. Nicht allein Korn, Fleisch, Bohnen, Erdnüsse und sonstige Lebensmittel waren hier zu haben, sondern auch kleine Luxusgegenstände, und ein reger Tauschhandel ging vor sich^ da es den Käufern an Geld mangelte, sowohl Muscheln („kungona"), als Baumwollenstreifen („gabagä"). Ich bemerkte auch, dass besonders auf dieser Seite, wo das Lager von dichter Baummasse ganz hart begrenzt wurde, eine lebendige Umscldussmauer von leichten Kanembü ge- zogen war, welche die Wache hatten. Denn obgleich wir noch mitten im eigenen Lande waren, so fangt doch bei der unenergischen Regierungsweise schon hier einige Un- sicherheit an, und gleich am ersten Abende unseres Lagems an dieser Stätte war der Ausruf oder viebnehr Tronmielruf „gangema" durch das „ngaufate" gegangen: „Jeder solle vor Pferdedieben auf seiner Hut sein."

Übrigens war unser Aufenthalt hier ganz interessant, obgleich

ir^ iTAT ii^%uuj^ viärufi dtflGssaeBBaBiiai ^sifibaiAa^iEiiJ ^^^''^^ ^^^»»nmm «uwffiadk Ik^Minnki vs4. Wir iSanda sät 4>w vAii^itii vuj 4w V^wr «f <i« fi>i(irhiftiriilnvn.r«6ift, «Aldi ijl^ Hr>C^|«i^tt^ mvd ba Seite scsetit. is daa ö&ic-

Fr^!3iiff4«(«u 4*1^ il«: friuu^fiklive iQ3ti& bei $j^ fiUa aofiD- ^$f^ mi «iMf*rr^ v#Jk«NW Usterpdb» «ad üntierlMiscii aasfaal- ((TU. v/4i^ ihum ^kr dbnrordige Hadj Ed[n«& den köni^icbeii Wäx^iMT ^^^#. In Afr Tkat w^u* es Tergno^icli. zn sehn. wi^ 4^ Kdi^rb kmuHU Minkter beneidete, ab er eines Tass v^ri^r AmiM; mit *iti^ eng amdblies«enden. beha^bJi wannen tUiU^jsu^i IfM^nAei «ah, und er mbete nicht eher, bis aneh <(!T d^ri t»^i warma» Klei/langjsi>tär:k rem nns erhalten hatte.

i^tit^m tu Kit hatten wir oaserem alten Freonde Annör tirid ntnuim zahlreichen Verwandten mit unseren Tüiidschen ^it^Utti HUMhilUm rnÜM^en, aber bis zur Unterjacke und Un- UtfWm*, mufifti wir hi« jetzt noch nicht herabgestiegen. Xa- iürlU^h liatUfTi Aumt Bomu- Fürsten Überfioss an Eleidong, ttt>4fr KWitn war weit und wenig auf Kälte berechnet, und ich \m\Ht %i'\itm riiifhrfach angejfutirt, wie empfindlich der Afri- kaiM;r g^^g^m die Kälte ist; auch bin ich davon überzeugt, (IfiMH in (bfn ludssen Gegenden Central-Afrika*s eine gute La- dung wurmen (Jnter/x*ugCH schnellen Abgang finden würde, ziitfial wenn sie während des Monats Dezember oder Januar einiriifR. Dagegen bewirtheten auch jene uns nach Kräften, und ich war dem Vezicr sehr dankbar für einen Hut Zucker, womit er meinom Mangel abhalf; denn nichts ist in diesem Lande erfnmlicticr, als eine Tasse wohlschmeckenden Kafiee's, b gleieb clor Zuciker natürlich zur Noth entbehrlich ist. Auch war OK inU^rc^HHant zu sehn, wie eifrig unser Freund bemüht war, uuN j(ule irgend erwünschte Mittheilung zukommen zu loMNen.

Notis über A'mba-S8Ambo*B Heereszug. 133

In der That liess mich der Vezier eines Abends in aller- grösster Eile rufen, als sollte ich ihn vom Tode erlösen, imd was war es? Es war ihm einBomauer in die Hände gekom- men, der ebenfalls, wie mein alter Freund, der Millem Ka- töri, den bedeutungsvollen Heereszug A'mba-Ssambo's an die Meeresküste mitgemacht, aber, während Katöri dann mit dem Haupttheil des Heeres nach Mbäfu gegangen war, so- gar noch die Ufergrenze mit überschritten und nach lötägi- ger Fahrt (an klippiger Küste entlang) eine Insel überfallen hatte, wo sie eine Menge Gewehre erbeuteten, deren Besitzer insgesammt Leute in Jacken in ein grosses Schiflf ge- flohen seien. Das Schiflf war der Beschreibung nach ein Europäisches; denn von der Kleidung jener Leute allein lässt sich noch nicht auf Europäischen Ursprung schliessen, da auch viele Eingeborene an jenen Küsten umher Euro- päische Kleidung tragen. Ich bin jedoch darüber nicht ganz gewiss, ob sie einen grossen Fluss oder die oflfene See be- schiflften. Jedenfalls ist dies ein Faktum, welches grosses In- teresse erregen musste ; aber ich glaube kaum, dass einer der Stiitthaltcr von Adamaua sich so bald wieder an's Meer wa- gen wird, nachdem sie ein Englisches DampfschiflF den Fluss hinauf bis an die Grenze ihres Landes haben kommen sehn. Derselbe Kanöri- Kriegsmann theilte mir auch mit, dass bei jenem Heereszuge alle Pferde an Würmern gestorben seien.

Bei dieser Gelegenheit erzählte ich dem Vezier von der eigenthümlichen Meeresherrschaft des Imäm von Maskat, was ihm, als ein bisher ganz unbekanntes Faktum, ausser- ordentliches Interesse gewährte. In der That, so wie im Mittelalter die Araber, selbst die im fernen Westen, durch die Reisen des unternehmenden Ebn Batüta und ande- rer wackerer Männer über die Ostküste dieses Kontinentes bessere Kenntnisse besassen, als die Europäer, so ist hier jetzt alle Kenntniss jener Gegenden verschwunden, und ich werde es nicht leicht vergessen, mit welchem Erstaunen die

184 y. Kftpttel.

Araber in Timbuktu meinen Angaben über die Sitze und die Macht ihrer Glanbensgeüossen in jener Gegend zuhörten und sich einer wahrhaft kindischen Freude darüber überliessen, dass es selbst in Gegenden, die sie nie nennen gehört, Mosle- min gäbe. Nur in Sokoto traf ich einen Mann, der noch Sso- fäla dem Namen nach kannte; es war der gelehrte Kaderi CAbd el Kader) dan TäflPa (Müstapha).

Auch Billama kam häufig und gab mir manche neue 6e* lehrung. Östlich (ein wenig nördlich) von Diköa liegt in geringer Entfernung die ebenfalls mit einem Erdwall umge- bene Stadt Adjin, welche dem Absa gehört, während Diköa's Einkünfte dem Mala Massa Mdndara zufliessen. Diese bei- den Städte sind Yon Kanori bewohnt, während die ebenfalls lunmauerte Stadt. Gaüa, die etwa 2 Stunden westlich (etwas südlich) von Diköa liegt, von Gdm-erghü bewohnt wird und Residenz eines kleinen eingeborenen Statthalters dieses Vol- kes ist, Namens Billama Ssära; der kleinere Herr, Billama Djakoe, hat seinen Sitz in Degimba*). Ich erfuhr noch bei dieser Gelegenheit, dass die Gäm-erghü keinen anderen Tri- but zu liefern haben, als Butter.

Ausserdem hatte ich mich jetzt mit vollem Eifer auf das Studium der Kanöri-Sprache gelegt **), die mich erst durch die Schwierigkeit ihrer grammatischen Formen abgeschreckt hatte, und ich konnte keinen besseren Lehrer haben, als

. *) Siehe, wa8 ich im zweiten Bande über diese Gegend gesagt habe. ♦*) Mein Kanöri- Wörterbuch wird mit meinen anderen Wörterbüchern sehr bald nachfolgen; denn obgleich es sich in manchen Beziehungen nicht mit Köllo's vortrefflichen Arbeiten messen kann, so ist doch auch in anderer Hinsicht viel reichhaltiger, besonders in nationalen Beziehungen, und gibt für die meisten Ausdrücke die allgemeiner gebräuchliche Aussprache. Kölle hat den grossen Nachtheil, sein Wörterbuch nach den- Aussagen .eines einzigen Mannes niedergeschrieben zu haben, der Über 20 Jahre von seiner Heimath getrennt gewesen ist. Die schwierigeren und verwickeiteren Aoristformen, wie sie der rerdienstvolle Missionar in seiner Grammatik gibt, gestehe ich, nie im Gebrauch gefunden lu haben.

Stadium der Kanon-Sprache.

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den gebildeten Hadj Edriss, welcher selbst ein Kanöri war und viele Jahre im Oriente, besonders in Medina, gelebt hatte, wodurch er, so zu sagen, halb arabisirt war» Ich werde später etwas über die „Nadelpension" sagen, auf die ich diesen respektabeln alten Bettler gesetzt hatte.

»

M.K.

Die OremxIam^sehftftciL der Schäa.

[H<mnahendj ß*^ Dezemler.] Endlicli Teriiessen wir unser Lager bei Dikoar noch immer in roOs^diger Ungewiss- heit, ob es gegen Mandara f^andala> ginge, da sich der Saltan diese» kleinen, aber Ton Berggmppen gut beschützten I^andr^ noch immer nicht unterwerfen wollte. Die ron dort herkommenden Gerüchte waren in der That der verschie- dfmst^^ Art, und einen Augenblick war der kleine Herr je- nrrs I^indes wie es schien wirklich zum Widerstände (jntwrhloHWjn und hatte sich auf die Bei^e zurückgezogen, zu* grosser lV;unnihigung Hadj Beschir's, der mich und Herrn I>n Overweg angelegentlich fragte, was nun zu thun sei und wie man den Feind mit der Reiterei auf den Bergen angrei- ffrn könne. Denn die Stärke der Kanöri, so viel sie davon norh besitzen , beruht fast allein auf ihrer Reiterei , da die frühen'. Vortrefflichkeit der Kanembü - Infanterie, welche nur auf der enthusiastischen Anhänglichkeit zu ihrem Führer bestandc^n zu haben scheint, längst (mindestens seit dem Sturze der alten Dynastie) verschwunden ist, und am we- fri^Mt<?n konnte der Vezier bei diesen Leuten Sympathie fin- den, (bi d(?r grösHt(5 Theil von ihnen eine entschiedene Vor- lieb(5 für 'Abd cj' Rahmän hatte. Die Berghöhen Mandara's, HO w(!it u'li Mi(5 aus Denham^s Beschreibung kannte und nach «I<?ni, was ich von den westlich angrenzenden Höhen auf meiner Heise nach Yöla gesehn hatte, schienen allerdings

Lager bei AYage. 137

für Kavallerie nicht zugänglich zu sein, ja kaum für eine so unbeholfene und des Bergsteigens ungewohnte Infanterie, wie die fast nur an Ebenen gewöhnten Kanembü und Kanöri sind.

Das ganze Land war, als wir am Morgen aufbrachen, in dichten Nebel gehüllt und dadurch wurde die Passage des Komadugu, welche im ganzen Heere eine grosse Stockung verursachte, um so schwieriger. Wir hatten dann einen dichten, aus Bito's (Bcdanites Aegyptiacus) und Kindins (Mimosa) bestehenden Wald zu passiren und hierauf wur- den wir zur Linken eine umwallte Stadt gewahr^ über deren Mauern reichkronige Bäume anmuthig herüberragten; es war A'fage, eine ansehnliche, jedoch hinter Diköa zurückste- hende Stadt. Nach nur kurzer Unterbrechung folgte . ein anderes Städtchen zur Rechten, Namens Kodege, dessen Mauern sich jedoch in gänzlich verfallenem Zustande be- fanden; ihre Breschen waren augenblicklich dicht mit Zu- schauem und Zuschauerinnen besetzt.

Schon zu früher Stunde lagerten wir uns westlich von So- igoma, einer anderen ummauerten Stadt; aber der Lager- platz war, wie es schien, etwas sonderbar gewählt, da es hier kein Wasser gab und die Pferde desshalb insgesammt nach Äfage zur Tränke zurückgeführt werden mussten.

Ich hatte kaum mein Zelt aufgeschlagen, als der grau- same Polizeiminister Lamino „kärgo dibbi, kindi dibbi", wie sich Hadj Edriss über ihn ausdrückte einen grossen Raubmörder Namens Barka-ngölo, der mit seinem Nacken in die schwere, 4 5 Fuss lange Holzklemme gespannt war, mir vorführen und ihn zu seiner und, wie er meinte, auch meiner Belustigung sich mit einem anderen ebenso einge- klemmten Sträfling gegenseitig durchpeitschen li^ss. Um ihn los zu werden , beschenkte ich ihn als Anerkennung für die verschiedeneu Gerichte, welche er uns gelegentlich zuschickte, mit einer ansehnlichen Menge Nelken iiir seine in der Koch-

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188 TL Kapitel.

kunst wohlbewanderte Aäischa, und er wiederholte mir mit verliebtem Lächeln, dass er sie sehr lieb habe und „sie ihn auch", dies sei doch das Schönste auf Erden. So sentimen- tal war diese dicke, nichts weniger als liebenswürdige Fleisch- masse, und ich war* froh, als er sich entfernt hatte.

Wir näherten uns jetzt feindlichem Lande, und am Abend erscholl das „gangema" durch das Lager: die Kameele, de- ren Tross bisher die Eeiterei sehr gehemmt hatte, sollten sich erst nach dem Aufbruch der letzteren in Bewegimg setzen. Später hatten wir noch eine belebte Unterhaltung beim Yezier über die ersten Anfange des Scheich Mohammed el Känemi, welche ich oben bei der (reschichte Bomu's benutzt habe.

Sögoma ist in dieser Richtung die letzte Stadt auf Bömu- Gebiet, und wir lagerten uns am folgenden Tage in einem Distrikte Namens Mä-ssa, nahe bei einem dicht mit Wasser- pflanzen — namentlich der Pistia stratiotes angefüllten Sumpfwasser, bei dem in einiger Entfernung mehrere Schüa- Weiler umherlagen. Auf dem Wege passirten wir etwas Baumwollenbau und Stoppelfelder. Hier (in Md-ssa) wird hauptsächlich „ssabade" (Sorghum saccharatum) *) gebaut, das süsse Indische Korn, yon dem mir schon in Diköa mein Freund Mala Ibräm ein grosses Bündel zugeschickt hatte; einige von diesen Rohrhalmen waren 14 Fuss lang, was mich damals in Erstaunen setzte, mir aber hernach im Vergleich zu dem baumhohen Rohr, das ich in den Thälem von Kebbi antraf, gering erschien. Auch diesen Abend traktirte uns der Vezier mit dem Marke solchen Rohres, das in schnee- weissen Stangen von etwa 8 Zoll Länge sauber auf einem Strohteller präsentirt wurde. Das Gespräch kam auf diese Weise natürlich auch auf die Gewinnung des Zuckers, eines Artikels, welcher den Grossen dieser Länder als eines der

*) Dies ist das „takanU'' der Haussaua, welches gewöhnlich für Zucker- rohr genommen wird.

Znckergewiiinutig im Sudan. 189

edelsten Erzeugnisse Christlicher Industrie erscheint^ bis sie e]^ahren, auf wie unheilige Weise er gereinigt wird, wor- auf sie dann in die missliche Alternative gerathen, ob sie die- sem Genüsse entsagen oder sich über die Skrupel ihres Glaubens hinwegsetzen sollen.

Das „ss&bade" würde jedenfalls einen reichen Ertrag an Zucker liefern; wir haben aber gesehn, dass in einigen Ge- genden des Sudans Zuckerrohr wild wächst, und werden bei Sökoto eine kleine Zuckerplantage nebst Raffinerie finden, betrieben von einem PuUo, der 25 Jahre in Brasilianischer Sklaverei gelebt» hat.

Unsere Unterhaltung in diesen Afrikanischen Soireen beim Vezier ward zuweilen so gelehrt-, dass selbst Ptolemäus mit seinem jyMandaros oros'* herbeigezogen wurde. (Es ist für den Archäologen, welcher alte und neue Namen so gern mit einander in Verbindung bringt, sehr Schade, dass dieser Berg, 'anstatt mit dem „Mdndara" genannten Wandala-Ländchen zu- sammenzufallen, fem am Atlantischen Ocean seine wirkliche Lage hat.) Unser Wirth fand grosses Vergnügen an jeder Art Belehrung, nur fehlte ihm leider die männliche Energie, etwas auszuführen.

[Montag, 8ien Dezember,'] Wehe den Gegenden selbst in Freundesland , durch welche hier ein Heereszug seinen Weg nimmt! Wir passirten heute einige ausgedehnte Ge- treidefelder, die in voller Pracht standen; aber ihre reich- sten Ähren fielen trotz alles Schreiens der auf hohen Ge- rüsten sitzenden Sklaven den hungrigen Reitern zu ihrem und ihrer Thiere Unterhalt anheim. Diese Gerüste heissen hier „görgo", und anstatt dass wie ich das schon an- derswo beschrieben habe die an denselben befestigten Stricke blos mit einem vegetabilischen Stoffe bestrichen sind, was verursacht, dass sie, in Bewegung gesetzt, einen die Vögel verscheuchenden Schall hervorbringen, sind hier hohle Gefässe „käre" daran befestigt.

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140 Tl. KspitsL

Das I^ager ward bei den zerstreuten Weilem Ton Dele oder Delhe bezogen, einer schon von Denham anf seinem unglück- lichen Mindara-Zoge berührten, aber wie die ganze Strasse Tiel weit südlich verlegten Ortlichkeit.

Die Hütten in diesen Schüa- Weilem haben insgesammt ein hohes, znckerhotartig abgemndetes Dach mit muregelmässig aufgelegtem und von Stricken festgehaltenem Kohrwerk, wie ich das schon anderswo beschrieben habe; hier aber ist die- ses Dach gewöhnlich sehr freundlich mit den Ranken der ,^sagade'^ oder ,,knbewa" geziert Diese gekocht überaus wohlschmeckende Kürbisart ist der Cucurbita Mdopepo eng verwandt, wenn nicht mit ihr identisch, und auch in Timbuktu, wo sie das Hauptgemüse bildet, überaus häufig.

Die lange Regenzeit erfordert hier, wie in Adamaua, Stal- lungen für das Vieh, und dies sind umfangreichere Hütten von ähnlicher Bauart wie die vorerwähnten, nur dass die unteren Tlicile der Wände nicht aus Thon bestehen, sondern einen halb offenen Verhack aus Baumstämmen bilden. Die hier sowohl wie im benachbarten, nach dem Hadj A'maka benannten, Wei- ler angesessenen Schüa heissen Bulgöa oder 'Auissia^ und ich erfuhr hier manches Neue über die verschiedenen Stamm- abtheilungen dieser interessanten Arabischen Kolonisten im Negerlande , werde jedoch Alles bei einer anderen Gelegen- heit zusammenstellen. Unser Lagerplatz war so dicht mit Untergebüsch bewachsen, dass das Aufschlagen des 2Jeltes ge- raume Zeit erforderte.

Die Verschiedenheit der Temperatur zwischen der Mittags- liitze, wo wir um 2 Uhr Nachmittags im gelüfteten Zelte stets 34^ bis 36^ Celsius hatten, und der Nacht, wo das Ther- mometer oft auf 10° bis 12° sank, war so gross, dass ich mir eine bedeutende Erkältung zuzog, und es war mir aus diesc^m Grunde selir lieb, dass wir den folgenden Tag hier liegen blieben. Der Vezier war so aufmerksam, als ich am Abend aus seiner Soiree wegblieb, mir einen Sklaven mit

Lager bei Diggera. Grosse Kälte. 141

einem Räucherbecken zu schifcken; jedoch war der herrische Bube sehr unzufrieden mit mir, da ich es nicht so machen wollte, wie er es mir vorschrieb. Es ist nämlich Sitte bei ihnen, wenn sie sich erkältet haben, nicht nur den Kopf über ein Räucherbecken zu halten, was ich für genug hielt, sondern auch, das Becken unter ihre weite Tobe setzend, mit derselben alle Luft abzuschliessen und die ganze Rauchmasse, indem sie die Halsöffiiung am Kopfe zusammenziehen, mit dem Gesichte aufzufangen. Wirksam ist dies gewiss, aber es war mir etwas zu viel.

[Mittwoch j 10^^ Dezember, \ Als wir unseren diesmal nur kurzen Marsch fortsetzten, um das Lager nach dem nahen Diggera zu verlegen, wechselten Wildniss „karäga" und Ackerland „külo" mit einander ab. Bei ausseror- dentliqh empfindlicher Kälte^ „so dass wir um 10 Uhr Vor- mittags nicht mehr als 22^ C. im Zelte hatten" ein Aus- druck Afrikanischer, nicht Nord-Europäischer Empfindung , blieben wir in Diggera die folgenden ö/fage liegen, und glücklicherweise war unser Lagerplatz behaglicher, als bei Dele.

Während dieser Rasttage unterhielt ich mich, wenn ich nicht besondere Nachrichten zu sammeln Gelegenheit hatte oder mit meinem Kanöri-Wörterbuch beschäftigt war, überaus gern mit der Lektüre allgemeiner Lelirbücher, um nicht bei der Anschauung dieser speziellen Verhältnisse das Allgemeine zu vergessen. Leider hatten wir überhaupt nicht alle die Bücher mit, die wir auf unserer Reise hätten brauchen kön- nen; denn bei der gegenwärtigen Unternehmung konnte ich auf meine einzige Kameellast nur sehr wenige mitnehmen. Ich 'fing hier auch mit Hilfe zweier Mandara-Sklaven mein Wör- terbuch der Mandara-Sprache oder vielmehr der „ära Wdn- dala" an, das ich später zu vervollständigen Gelegenheit hatte.

Unser Lagerplatz selbst hatte übrigens ein beträchtliches Interesse, da er das erste vollkommene Beispiel jener flachen

142 VL KxpiUÜ.

stagnirenden Wasserarme darbot, die so ganz und gar cha- rakteristisch für die Äqnatorial-Länder dieses Erdtheiles ^sind und offenbar Anlass zu den verschiedenen Angaben über die Richtung vieler Flussläufe gegeben haben. Man muss* jedoch unterscheiden zwischen solchen Gev^ässem, die mit grösseren Flüssen in unmittelbarer Verbindung stehn und sich oft pa- rallel mit diesen, ganz wie die todten Hinterwasser am Ganges, hinziehen, und eiölchen, die ganz unabhängig em kleines Was- sersystem für sich bilden. Zu der letzteren Gattung scheint dieses Sumpfwasser „ngaljam", wie diese Art Gewässer von den Kanöri genannt wird zu gehören, obgleich einige Schüa behaupteten, dass es bis nach dem Tsäd hinzöge. Kei- nesfalls ist es unwahrscheinlich, dass diese Wassermenge nach der Regenzeit gemeinschaftlich mit den Wasserbecken bei Sengeri den Komadugu Lebai oder Lebe ganz vorzugsweise speist. Dieses Wasser begrenzte südlich unseren Lager- platz.

Ich wandte mich zuerst nach Osten, wo das „ngaufate'' bis hart an die herrlichen, das Wasser umgebenden Bäume, meist Sykomoren „ngäbore" .— imd Tamarinden „tem- süku" reichte. Hier war es im höchsten Grade belebt und fast unter jeder schönen Tamarinde war eine Gruppe ge- lagert. Das Wasser war jetzt wahrscheinlich schon bedeutend gefallen und nur an wenigen Stellen offen, im Übrigen aber meist mit Sumpfgras dicht durchwachsen; es war ganz flach und das grasige Bett hatte nur eine leichte Einsenkung. Ich verfolgte es ziemlich weit nach Nordnordwest, sah mich dann aber durch den dichten Baumwuchs gezwungen, umzukehren, und wandte mich nun nach West, zuerst am südlichen Ufer des hier fast ganz unterbrochenen Sumpfwassers entlang, dessen Ausdehnung zur Regenzeit durch die grossen, sich üppig ausbreitenden Bäume hinlänglich bezeichnet wird, dann, mehrere Dorfgruppen zur Linken lassend, stets aufwärts,, bis ich es an einer Stelle passirte, wo es ansehnlich breit und .

Die Gewässer um den Tsäd henun. 143

im Durchschnitt etwa 30 Zoll tief war. Besonders durch die unregelmässige Linie seiner Ufer unterschied sich dieses Ge- wässer von den ausgc^bildeteren „ngäljams", die ich in der Folge nicht allein in dem sich zwischen dem Benue und Schäri ausbreitenden Flachlande, sondern auch im mittleren Stromsystein des grossen westlichen Stromes I'-ssa sehn sollte.

Diese „Wiesenwasser", wie ich sie am liebsten bezeichnen möchte, ziehen sich oft in schnurgerader oder regelmässig schön geschweifter Linie, künstlichen Kanälen gleich, dahin, und dies ist der Grund, dass sich an eines der bedeutendsten Gewässer, den berühmten „Ras el mä" oder „A[raf-n-dman", 3 Tagereisen westlich von Timbuktu, die Tradition knüpft, dass es ein künstlich angelegter Kanal wäre, um Waläta mit dem grossen Flusse in Verbindung zu setzen.

Ganz anderer Natur ist der grosse „barrein" oder „bür- rum", der bekannte Bahhr el Ghasal, von dem wir oben ge- sprochen haben, ein breites sandiges Wadi, mit reichem Baum- wuchs begrenzt und durchwachsen. Dieses eigenthümliche Thal, welches näher zu untersuchen uns leider nicht vergönnt war, bildete den Gegenstand unserer Unterhaltung am Sonn- tagabend beim Vezier und es entspann sich eine wissen- schaftliche Disputation, welche gewiss allen Hohn über die ver- wahrloste Bevölkerung dieses Welttheiles hätte zum Schwei- gen bringen können. Allerdings waren hierbei zwei Arabör, aber doch wenigstens vom zehnten Geschlecht her emgeborene Schüa, die Hauptleiter der Unterhaltung, nämlich Abü-Daüd und Scheich ^Abbäss, und mehrere Kanöri nahmen lebhaf- ten Antheil an derselben; fatalerweise war Kaschella Beläl, der jene Gegenden sehi* genau kennt, nicht zugegen. Die Un- tersuchung über die Ostgrenze des Tsäd, seine Abgeschlos- senheit vom Fittri und die Neigung des „bürrum" ging so in^s Einzelne, dass ich unendlich bedauerte, nicht Bleistift und Papier zur Hand zu haben. Die Hauptangaben sind jedoch

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144 VL K*piteL

schon oben bei der Besprechung jenes eigenthümlicben Rinn- sales benutzt.

Hier in Diggera, wo wir nur noch einen guten Tagemarsch von der Hauptstadt von Wandala entfernt waren, musstesich nun der Zweck des Feldzuges entscheiden. Ich habe schon oben angeführt, wie beklommen unserem Freund, dem Hadj Be- schir, zu Muthe war, als die Nachricht einlief, dass der kleine Herr von Wandala, dessen Ahnherr einst ein zahlloses Bömu- Heer zersprengt hatte, zum Widerstände entschlossen sei. Darauf war man einige Tage still gewesen, sogar sehr still und kleinlaut. Da erschien nun heute ein Diener des eigen- sinnigen Vasallen mit einem, wie es hiess, vorläufigen Ge- schenk von zehn schönen Sklavinnen und dem Versprechen vollständiger Unterwerfung. So hiess es. Den Boten sah ich ich glaube, es war der „thuje" , vom Geschenk aber sah ich nichts, und das ist allerdings sehr natürlich, da diese Herren vom weiblichen Geschlechte nicht gern etwas sehn lassen, was sie für sich selbst haben wollen. Ein Man- darauer aber oder vielmehr ein „är- Wandala", wie sie sich selbst nennen, den ich im nächsten Jahre in Baghirmi traf, wollte nichts davon wissen und betheuerte, dass sein Herr, der mächtige „tukse" von Chachündala eigentlich „chach- Wandala" so fern davon gewesen wäre, sich den anmassenden „Mothake" dies ist der Name, welchen sie den Kanöri geben zu unterwerfen, dass er sie vielmehr of- fen verhöhnt hätte. Welche der beiden Angaben wahr ist, weiss ich nicht; das Wahrscheinlichste aber ist, dass sich der Vasall zu einer kleinen Nachgiebigkeit verstand, um dem Lehnsherrn eklatanten Schimpf zu ersparen.

Wie dem immer sein mag, der Vezier theilte uns am Abend in sehr heiterer Stimmung mit, dass die Angelegen- heit mit Mdndara den glücklichsten Ausgang genommen habe, demzufolge nun Scheich 'Omar mit einem kleinen Theile des Heeres umkehren, er selbst aber mit dem bei weitem

Beilegung des Streites mit Mdndara. 145

grösseren eine Bhasia nach Müssgu unternehmen werde und dass wir ihn natürlich begleiten würden. Nun wussten wir wohl, dass es bei einem solchen Zuge vorzüglich, ja fast allein auf Sklavenjagd abgesehen sei; es verlohnte sich aber doch wohl der Mühe, sich mit eigenen Augen zu überzeugen, was wahr sei an den Grausamkeiten, welche den Mohammedanern bei die- sen Streifzügen zur Last gelegt werden, und mehr noch eine Gegend zu besuchen, die von so grosser Wichtigkeit sein musste, um das viel besprochene und ebenso oft falsch darge- stellte Verhältnlss zwischen dem System des Afrikanischen Cen- tralbeckens und des grossen westlichen Flusses zu entscheiden, was auf friedlichem Weg zu thun wii* keine Aussicht hatten. Dass Müssgu nicht, wie Major Denham es dargestellt hat, ein Bergland oder vielmehr ein Bergdorf sei, davon hatten wir uns schon überzeugt, aber es war schwer, sich eine klare Anschauung von den zahUosen Gewässern zu machen, die nach der Beschreibung unserer Berichterstatter das Land nach allen Seiten durchziehen sollten.

Vom Lande Mändara oder vielmehr Wdndala wiH ich nicht sprechen; Herr Dr. Vogel hat es später selbst besucht, und wie er durch die astronomische Bestimmung der Haupt- stadt Möra der ganzen Niederlegung dieser Gegenden einen festen Halt gegeben hat, so wird er uns ja wohl auch hoffent- lich nach glücklicher Heimkehr gewiss eine vollständige und anziehende Beschreibung dieses kleinen, aber interessanten Ländchens liefern, in dem er sich eine längere Zeit aufge- halten hat. Dann kann ich sehn, ob ich etwa Einiges zu be- merken habe, was seiner Darstellung widerspricht. Ich will hier nur erwähnen, dass Herr Dr. Overweg Manches über dies Land, das er immer einmal zu besuchen wünschte, gesammelt haben muss; aber höchst wahrscheinlich hat er auch diese Notizen auf zerstreuten Kladden, wie es seine unglückliche Sitte war, verkommen lassen. Das ziemlich vollständige Wör- terbuch, das ich von der Sprache des Landes gesanmielt

Bwth't ItolMii. IIL 10

U$ TL

****^^ Wird iehr taM Mchfolgen; idb habe schon oben »«t. i^m die Sp»cb« ^^ Gam-erj^u ein blosser UMki ^ ^t^OfäsLn-fipr^he ist

[Mtifyeoch^ n^ Dezember.] Endlich ging es an's \w rmtVm, und zwar in n^«»^' °^^ ^ ▼« einem Eoropier be- tretene Gegenden; aber mwer Aufbruch verzögerte sich am Morgen sehr wegen der Trennung des Lagers. Der Vezier brach zuerst auf, mit dem bei weitem grössten Theile der Heeresmacht des y^iehvT , dessen Bestandtheile , was die Kavallerie betrifft, i^^h am Schlüsse dieses Abschnittes mittheilen werde.

Die Gegend nahm gleich am Anfange unseres Marsches einen neuen interessanten Charakter an. Wir hatten schon hier in Bomu viel einheimischen Reis gegessen, uns gewaltig üljer seine Schwärze und schlechte Qualität aufgehalten, ob- gleich die kochverständige Liebste des sentimentalen Po- lizeiministers ihn sehr schon weiss zu machen wusste, und dabei gehört, dass er in den südlichen Provinzen des Landes wild wachse; aber wir hatten noch keinen gesehn, und es war hier hinter Dfggera, wo wir das erste wilde Reisfeld „schinkÄfaram" mitten im Walde erblickten, nachdem wir Steppelfelder mit untermischten Bohnen passirt hatten. Da wunderten wir uns denn nicht mehr, dass die Qualität hier nicht sehr gut sein kann, da nichts natürlicher ist, als dass der höchst verständige Elephant, der die Vorlese hat, sich das lieste aussucht, so dass hernach von den Leuten, meist Scbüa, die sich diesem Geschäfte hingeben, nur das einge- sammelt wird, was er übrig gelassen hat. Die Ernte geschieht bald nach der Regenzeit.

Die ganze Wildniss war hier, obgleich nicht sehr dicht be- waldet, voll von Wasserpfuhlen und dicht durchwachsenen Reis- feldern. In der That hatte die Gegend heute etwas Tropisches; unK(»r Lagcri)latz befand sich wieder hart an einer von wildem IU>iH umgebenen PfUtzenlache, umschlossen von einem Saume

Du Lager in der WilduiM. 147

wmtkroniger, üppiger Bäame, und war so voll von Elephan- teuBporen, dass kaum ein ebener Platz von 2 3 Fusa Durch- messer gefunden werden konnte, was keineswegs sehr ange- nehm war bei dieser wilden Art zu leben, ohne Stuhl, Diwan oder Bettstelle. Denn der Boden ist so entsetzlich hait, dass die Ränder der von den unzierlichen Pfoten des Elephanten verursachten Löcher den auf blosser Matte und Teppichen ruhenden Reisenden abscheulich drücken. In der That war auf dieser ganzen ßeise der „lÄteram" das „Grabinstrument" (von „Itlugin", ich grabe) , ein dicker hölzerner, 2{ 3 Fuss langer und mit einer schwcr«m eisernen Doppelkante ver- sehener Knüttel, das nothwendigste Instrument, nm ein Loch zu machen fiir den „dateram" das „Hemmwerkzeug" , das heisst Pferdebaum*). Gewöhnlich gräbt hier zu Lande der Reiter dies Loch mit seiner Lanze ; in diesem eisenharten Moorboden aber war es nicht möglich, in jetziger Jahres- zeit auch nur die kleiaste Ö&ung zu machen. Während der Regenzeit dagegen ist der Boden natürlicherweise um so weicher und kaum passirbar.

Es war sehr überraschend für mich, dass heute eine Giraffe gefangen wurde, da ich mir eigentlich die Vorstellung ge- macht hatte, dasB dieses scheue Thier nicht in den dichter bewohnten Ländern nahe am Äquator lebe, und da es vor- züglich an dem Rande der Fruchtländer und der Wüste ge- funden wird, in jenen weiten baumrcichen Hochsteppen, die wir durchzogen hatten, ehe wir in's A&ikanische Flachland hinabstiegen. Ich überzeugte mich aber bald, dass dies Thier auch in den Wildnissen , die in diesen Gegenden die dichter bewohnten Distrikte unterbrechen, keineswegs sel- ten ist.

■) „ditcreni" Ton Kollo Ubergtuigwi komnit obawo tod „dingin" (hier in der Bedeatimg „ich mache itatui, hftlte (»rück"), wla „Uter«tn" ron „Ungin" her.

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148 YI. Kapitel.

Als ich am Abend meinen Bemus überzog, hatte ich das Unglück, von einem beim Aufrollen der Matten in denselben gerathenen Skorpion in den Mittelfinger gestochen zu werden. Da ich im Dunkeln das Thier nicht gesehn hatte, hielt ich die Wunde im ersteh Augenblick für einen Biss jener abscheulichen schwarzen Ameisen, den mir die Leute als augenblickUch fast ebenso schmerzhaft dargestellt hatten, imd versäumte es, mir die Hand schleunig abzubinden, wodurch es kam, dass das Gift mir weit den Arm hinaufdrang und ihn 2 Tage fast unbrauchbar machte. Als wir noch spät am Abend zum Veziier gingen, fanden wir seinen Audienzsaal von den Elephanten- spuren- so dicht durchwühlt, dass es überaus unangenehm war, sich auf dem blossen Boden niederzulassen, und wir gin- gen desshalb bald wieder fort. In der That ist diese Gegend einer der elephantenreichsten Plätze in Afrika und es sind der oben erwähnte Platz Fatauel und das auf meiner Reise nach Baghirmi noch weiter zu erwähnende Djena in Löggene die bedeutendsten Märkte für Elfenbein.

[Donnerstag,' ISten Dezember.] Herr Dr. Overweg und ich pflegten jetzt früh beim Aufbruche uns gewöhnlich bei des Veziers Gezelt einzufinden, um ihn zu begrüssen und in seiner Nähe zu reiten. Im weiteren Verfolge deis Rittes hielt ich mich dann gewöhnlich etwas hinter dem dichtesten Trupp, eben vor seinem berittenen Harim, und auf den engen Waldpfaden, wo des Drängens und Stossens oft zu viel war, meist hinter seinen Leitpferden. Von beiden, berittenen Dienerinnen und Leitpferden, führte der Vezier nur die be- scheidene Zahl von 8 bei sich; der Scheich hattfe eine Schaar von 12 Kebsweibem bei sich, aber auch das war bescheiden, da wir bald den kleineren Herrn von Baghirmi mit 45 hol- den Gefahi'tinnen vom Heereszuge zurückkommen sehn wer- den. Diese Schönen waren insgesammt in weisse wollene Bernuse gekleidet, mit ganz verhülltem Gesicht, und wurden streng bewacht; in der That wollte der Eunuch nichts von

Der Mdssga-Fürat Xdischen. 149

meinem Beweggrund hören, dass ich mich in ihrer Nähe hielte, weil hier am wenigsten Gedränge wäre ; aber er durfte mich doch nicht auf so peremptorische Weise fortjagen, wie er es mit Anderen machte, die das Unglück hatten, in ilire Nähe zu kommen.

Wir hatten schon heute das Beispiel eines ausgebildeteren Wiesen Wassers , das sich mit reichem Graswuchs quer vor unseren Weg legte, und das Heer gewährte hier einen höchst malerischen Anblick, als es am östlichen Rande desselben,* dichten Baumwuchs hart zur Linken, hinzog. Durch dichte Waldung traten wir von hier in die schöne freie Landschaft des mehrere Gruppen umfassenden ansehnlichen Dorfes Wo- lödje hinaus. Hier ergötzte ich mich an dem Anblick einer charakteristischen Scene, nämlich einem Trupp raubend in ein Dorf eindringender Beiter, die dessen Ältermann mit gutem Erfolg mit Hilfe eines grossen Baumstammes zu Paaren trieb. Etwas jenseit dieses Weilers ward der Lagerplatz ge- wählt, 1 Meile östlich von einem weit ausgedehnten, von herr- lichen Baumgruppen umgebenen Wiesenwasser.

Die abendliche Unterhaltung beim Vezier hatte einmal wieder ein bedeutendes geographisches Interesse durch die Anwesenheit des vom unterworfenen Müssgu-Fürsten Adischen zurückgekehrten Boten, der stets den Unterhändler gemacht hatte und das Land sehr wohl kannte, obgleich er selbst nicht weiter vorgedrungen war, als bis Kade. Aus der ganzen Art und Weise übrigens, wie sich der Vezier mit ihm be- rieth, leuchtete eine grosse Unbestimmtheit hervor; erwusste durchaus noch nicht, wohin er sich wenden solle. Den Für- sten Fuss oder Puss hörten wir schon hier mit einem gewissen Respekt nennen; man fiirchtete, ihn anzugreifen. Es war eine Art von Ironie, wie der Bot« angab, dass man am Hofe Adischen's über die Ankunft der Rhasia überaus erfreut sei. Dabei schilderte er die Sitten dieses nur äusserUch zum Iss- läm bekehrten Hofes. Seine Majestät Adischen lege sich des

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150 VI. Kapital.

Abends im vollständigsten Deshabille vor den Augen seiner Leute zu seinen Sklavinnen, deren er 200 habe. Dies schien allerdings nicht blosse Verleumdung zu sein, da es auch schon früher der gemüthliche Kaschella Beläl berichtet hatte, der bei ihm zu Gaste gewesen war. Beläl erklärte zugleich, dass er es versucht hätte, ihn von dieser Unsitte abzubringen, aber vergeblich. Es ist auch sehr möglich, dass dieser kleine Herr, der die Sache seiner Landsleute verrathen hat, um sich die Gimst seiner Gebieter zu erwerben, wie sie behaupten, ihnen gelegentlich, wenn sie ihn besuchen, den Niessbrauch seiner Sklavinnen erlaubt, und dass er sich ihnen über- haupt so verächtlich wie möglich macht. Davon aber dürfen wir nicht auf die Sitten dieser Leute überhaupt schliessen; wir werden sehr bald einen höchst entwickelten Sinn für Häuslichkeit bei ihnen finden, obgleich es sich von selbst versteht, dass sie das geschlechtliche Verhaltniss ganz vom natürlichen Standpunkte nehmen und, sowie sie ihre Schaam nicht vor einander verhüllen, auch keinen Grund sehn, sich bei geschlechtlicher Vermischung in das Dunkel der Heim- lichkeit zurückzuziehen.

[Freitag, 19ten Dezember.'] Die Feldlandschaft, durch die unser Weg führte, als wir am Morgen unseren Lagerplatz ver- liessen, war über alle Maassen lieblich und luftig und ganz für Hirtenstänmie , wie die Schüa und Fulbe sind, geeignet; aber auch Spuren von Landbau, ja selbst von Baumwollen- feldem fanden sich. Dann trat Dümgebüsch „ngille" auf, das wir seit der Umgebung von Kukaua fast gar nicht zu Gesicht bekommen hatten, und weiterhin beherrschten stolze Dümpalmen die anmuthige freie Landschaft, durch die der „kebü" in langgestreckter Schlachtordnung „bäta" und in mannichfach gruppirten und bunt gekleideten Haufen dahinzog: die schwere Kavallerie in ihren dick wattirten Röcken oder Panzerhemden und Kettenpanzern mit in der Sonne glitzernden Helmen, unter ihrer eigenen Last fast er-

Zug durch die Landschaft Wolodje. 151

liegend; der leicht gekleidete Schüa auf hagerem aber ab- gehärtetem Rappen und nur mit einer Handvoll Wurfspeere bewaffnet; der eingebildete, selbstgefällige fürstliche Sklave in seinen seidenen Toben; die halbnackten Kanembü-Speerleute mit Schild imd Speer, ihrem halbzerrissenen Schurz und ih- rer Berberischen Kopftracht, und in der Feme der Zug der Kameele und Lastochsen, Alles voll Muth und in der Erwartung reicher Beute den unbekannten Landschafben im Südosten zustrebend.

Es war ein herrliches Gefühl der Freiheit, das mich be- seelte, als ich auf meinem muthigen Streitross in der schö- nen Morgenbeleuchtung durch diese weite, -unabsehbar sich hinstreckende und doch . so reich geschmückte Ebene zur Seite dieser bunten Heerschaar dahinzog. Noch hatte kein Blut dieses Heer besudelt und Schaaren unglücklicher, ihrer Heimath entrissener und in die Knechtschaft geführter Sklaven waren noch nicht mit den Reihen der Krieger ge- mischt. Wohlgemuth zog Alles dahin nach Südost, den selbst ihnen meist unbekannten Gegenden zu. Dann und wann be- lebte sich der Heereszug, wenn eine Gazelle aufsprang und scheu zwischen die einzelnen weit zerstreuten Gruppen ge- rieth, wo dann leichte Kanembü-Schildträger und Schüa-Rei- ter mit ihren Lanzen hinter der ihren Gaumen reizenden Beute hinterdrein waren und der tausendfach wiederholte Ruf: „kolle, külle" („lass ab, lass ab", nämlich sie gehört schon uns) , „göne, göne" („greif zu, greif zu"), von einem Trupp zum anderen enschoU; oder wenn ein schwerfälliges, feistes Perl- huhn, aus dickem Busch aufgeschreckt, über die Köpfe dahin- flog, alsbald gezwungen, sich wieder niederzulassen, imd so nach vergeblicher zaghafter Flucht die Beute seiner Ver- folger wurde, oft in mehrere Stücke zerzaust.

Die weit offene Gegend schien in weite Ferne zu locken, aber auch heute war der Marsch nur von kurzer Dauer, und schon vor 8 Uhr Morgens waren wir daran, imser Lager

152 TL KapiteL

wiederum au£m8chlagen. Diese ganze Landschaft wird noch in dem weiten Distrikt Wolödje einbegriflfen , das Wasser jedoch, das unserem Lagerplatz zur Seite war, führt den be- sonderen Namen „Koda-ssale", wo auch, wie in ganz Wolödje, die Bene-sse wohnen. Östlich von Kodd-ssale liegt die Ort- schaft Lauäri, während der oben erwähnte ansehnliche Bezirk gleiches Namens bis hierher hinabreicht; nahe westlich liegt Ssüggeme, dahinter U'lba, südwestlich davon Meme und nord* westlich Momo. Alle diese Ortschaften werden von Kanöri und Schüa gemeinsam bewohnt; dahinter breitet sich Wild- niss „karäga" aus.

Mein „kökana" Billama ich hielt nämlich auch eine kleine „nogona" „Diwan" , bei der mein alter Freund von Adamaua und Hadj EdrTss die ersten Hof leute ,,ko- kanäua" bildeten, aber auch gelegenthch andere Leute sich einfanden, wie mein Ngomu- Freund Kaschella Kottoko, der gleichfalls die Rhasia mitmachte , Billama also erzählte, dass er im genannten Orte für 3 Nadeln den täglichen Be- darf seines Pferdes erhandelt, für 2 eine hölzerne Schüssel „bükuru" gekauft habe und für 6 weitere eine Menge Fleisch von einem jungen Rinde erhalten solle. Wie ich nämlich meinen Geheimrath EdrTss auf Nadelpension gesetzt, so hatte ich auch meinem Flügeladjutanten Billama, aller- dings neben manchen anderen grösseren und kleineren Ge- schenken, auch einige Hundert Nadeln gegeben, um seinen Haushalt auf dem Kriegsstand zu bestreiten. Nadeln hatten in der Residenz gar keinen Werth, hier aber in der Pro- vinz waren sie sehr geschätzt; aber nur Wenige waren so schlau gewesen, sich damit zu versehen. In der That war dieses einfache Erzeugniss Eiu*opäischer Industrie auf meiner Reise nach Baghirmi mein Hauptsubsistenzraittel , das mir. den ehrenwerthen Titel „Nadelprinz" verschaffte.

Auch den folgenden Tag blieben wir hier liegen, da sich die Truppe zum Marsch durch wildes, unangebautes Gebiet

Eine Gattung wilder Katze „sBÜmmoH". 153

mit Kom zu versehen hatte. Jedes der umliegenden Dörfer hatte zwei Ochsenlasten Kom zu liefern , das jedoch bei der Vertheilung nur der nächsten Umgebung Lamlno's anheimfiel, während der ganze übrige ungeheuere Tross auf sich selbst angewiesen war und natürlich zum grossen Theil heimlich oder oflfen den Bewohnern des Distriktes zur Last fallen musste. Alles Kom ward auf Eseln foiigeschafft.

In diesem Lager machte der Vezier Herm . Dr. Overweg einen kleinen Löwen zum Geschenk. Bei früherer Gelegen- heit hatte er ihm schon einen „ssümmoli" gegeben, d. i. eine Art wilder Katze von nicht eben häufigem Vorkom- men, die nicht allein Gazellen, sondern selbst Kälber an- fallen soll. Sie war von hellbrauner Farbe, der hintere Theil jedoch schwara, und hatte sehr spitze, aufrecht stehende Ohren „ssümmo" , ein Umstand, von dem der Name abgeleitet worden ist; die Ohren sind ausserdem mit einem schwarzen Streifen geschmückt. Eine grosse Menge eigenthümlicher Geschichten wird vom Volke in Be- zug auf die Wildheit dieses Thieres erzählt , und nach dem, was wir selbst zu beobachten Gelegenheit hatten, scheint es in der That ein wunderbares kleines Geschöpf zu sein; denn, obgleich noch sehr jung und klein, war es doch äusserst wild und ganz und gar Herr des jungen Löwen. Beide Thiere wurden mit gekochter Milch gefüttert, die sie sehr liebten; aber die beständige schwingende Bewegung, die sie auf dem Rücken der Kameele in der Tageshitze ertragen mussten, hatte in kurzer Zeit ihren Tod zur Folge.

[Sonntcu/, 2Pten J)ezember.] In dichtem Gedränge brachen wir auf, um unseren Marsch in der anfänglich noch ziemlich lichten Wildniss fortzusetzen, dem lebhaften Tummelplatze grosser Elephantenheerden, wie die Menge von Koth und die oft schachbretartig den Boden dicht markirenden Spu- ren bezeugten. Nach etwa 6 Meilen, nachdem wir eines Sumpfes halber oder aus sonst irgend einem Grunde einen

154 YL Kapitel.

spitzen Winkel beschrieben hatten, verdichtete sich die Wildniss und wir setzten unseren Maxsch in schöner Wald- landschaft fort. Leider konnte man, wie das auf solchen Zü- gen, wo man nicht mit Müsse sich umsehn kann, stets der Fall ist, nicht auf das Einzelne achten, besonders da die Bomu- Pferde meist sehr böse und wild sind und man überall mit Thieren zusammenkam, die wüthend ausschlugen. Aber der Hauptcharakter dieses Waldes war, dass dichtes Dümge- büsch den Boden bedeckte, mittlere Bäume, zum Theil Mi- mosen, zum Theil von anderen Ai-ten, die Hauptwaldung bil- deten und grössere, üppig weit sich ausbreitende Bäume, meist Ficus-Arten , die niedere Holzung in schön gegliederte Grup- pen theilten. Adansonien schienen sich hier ganz zu verlieren, und wir sahen, so viel ich mich erinnere, im ganzen Müssgu- Gebiet nur wenige Exemplare dieses sonst im Sudan so ge- wöhnlichen Baumes. Unsere Aufmerksamkeit ward hier auch gefesselt durch die höchst kunstvollen Nester des Webervogels, die wie die Destillirkolben eines Chemikers von den Zweigen herabhingen, obgleich wir den kunstfertigen Erbauer dieser sorgfältigen Behausungen nicht zu sehn bekamen. Unser La- gerplatz war auch mit zahlreichen Fächerpalmen geschmückt, die das übrige Laubholz sehr malerisch unterbrachen. Durch ihre Höhe, die bei vielen gegen 30 Fuss erreichte,, unterschied sich diese Fächerpalme durchaus von der Chamaerops hu- milisy der sie sonst ähnelt, und näherte sich der Chamae- rops Martiana. Der Wald war hier so dicht, dass nur der Platz, wo der Vezier selbst mit seiner nächsten Umgebung lagerte, frei von Gebüsch war. Es war das erste Mal, dass wir einen leidlichen Marsch machten, obgleich die ganze Marschweise doch ein deutlicher Beweis eines verweichlichten Hofes war, wenigstens bei der Art der Kriegführung in die- sem Lande, wo nur Übernimpelung einen bedeutenderen Er- folg sichern kann. Am Abend kam ein kleines Begrüssungsgeschenk von dem

Dichte Wildniss, Ton Elephanten durchzogen. 155

Müssgn-FüTsten Adischen an, bestehend in 5 Pferden und 20 Ochsen. Aber während so die einflussreicheren Männer im Heere mit Nahrung wohlversehen wurden, war der grössere Theil keineswegs gut daran und die Meisten fanden sich auf das Mark des Dümgestrüpps „ngille" angewiesen, wel- ches von den Bomauem witzigerweise „kumbu billabe" „die Nahrung der Landstadt" genannt wird. Ein guter Jäger indessen könnte sich bessere Nahrung verschafit haben imd wir erhielten vom Vezier sogar ein kleines Straussenei.

Es war zu bedauern, dass wir absichtlich die gewöhnli- chere und besuchtere Strasse, welche über mehrere Ansiede- lungen der Fulbe oder Felläta geht, vermieden hatten, um den Letzteren keine Unruhe zu verursachen ; denn in mehr als Einer Beziehung wäre jene Strasse bei weitem interessanter ge- wesen, sowohl von einem natürlichen Gesichtspunkt aus, als in Bezug auf den politischen Zustand des Landes. Denn dann würden wir deutlich erkannt haben, wie jenes rastlos vordringende Volk das kleine Königreich Mändara ' täglich mehr und mehr einengt

[Montag, 22^^^ Dezember.] Dichte Wildniss hielt noch während der ersten 3 Meilen unseres Marsches an, dann aber lichtete sie sich etwas und machte sehr ansehnlichen Reis- feldern Platz, die jedoch zum grossen Theile verbrannt waren. Der ganze Boden dieser Gegend yrar ein ununter- brochenes Netz von Elephantenlöchem , die den Marsch sehr erschwerten und einige Pferde lähmten; ja der arme Ssälah, ein jüngerer Bruder Hadj Beschir's, stürzte und brach den linken Arm. Eine Elephantenheerde war in der Nähe und eines dieser Thiere, das zwischen die Reitertrupps gerieth, ward getödtet; jedoch war keine Zeit, es abzuschlachten, obgleich einige Stücke herausgeschnitten wurden. Hier war wieder Alles mit Dümgestrüpp bedeckt, dann aber hörte es auf und es zeigte sich wieder viel wilder Reis und hie und da ein Teich, von herrlichem Baumwuchs rings umgeben und

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156 VI. Kapitel.

augenblicklich belebt durch Gruppen von Reitern, die hier ihre durstigen Gäule tränkten. Unser Marsch betrug, vrie der gestrige, etwa 15 Engl. Meilen. Unsere Kost war heute äussei-st manniehfach , ja sogar etwas zu kräftig für dies Klima, wie sich sehr bald zeigte. Denn ausser unserer ge- wöhnlichen Zeltkost Reis öder „mohämssa" mit Bohnen bekamen wir heute ein Gericht Hasenfleisch, ein Gericht Elephantenfleisch, das durchaus essbar war und grosse Ähn- lichkeit mit Schw^einefleisch hatte, und einen allerdings nicht sehr schmackhaften Fisch Namens „begeli" aus dem nahen Wasserpfuhl.

[Dienstag, 239ten Dezember^ Heute war ein bedeutender Tag unseres Feldzuges und manche der angeseheneren Leute hatten ihre gewöhnliche Kleidung gegen einen glänzenderen Anzug bei Seite gelegt. Wir betraten nun Üas Müssgu- Ge- biet und kamen zugleich in Berührung mit zwei grundver- schiedenen Elementen, die liier am Nordrande diese freie, un- abhängige heidnische Völkerschaft auf alle Weise zu beein- trächtigen suchen. Das eine war ein Theil ihrer selbst, aber von ihr aus eigennützigem Verrath losgerissen; das andere in Nationalität und Religion dem Prinzipe nach ihr gegenüber- stehend, nämlich die am weitesten nach Nordost vorgeschobe- nen selbstständigen Gemeinden der siegreichen Djemmää der Fulbe oderFelläta, die bis hierher, wie wir oben gesehn haben, ein ganz festes Reich zu begründen angefangen haben, wäh- rend sie in ihren weiteren Versuchen auf Bömu und Baghlrmi gescheitert sind.

Auf unserem heutigen Marsche mussten wir zweimal Halt machen, das erste Mal, weil Füi-st Xdischen mit einem Trupp seiner sattellosen Reiter auf meist kleinen Pferden herankam, das zweite Mal, als eine Schwadron von etwa 200 Fulbe -Reitern unter Anführung eines Kriegshauptmannes, Chürso's, des Herrn .von Fette, das wir bei früherer Gelegen- heit schon mehrfach erwähnt und auf diesem Marsche schonend

Eintritt in das Land der Mdssga. 157

in einiger Entfernung westlich gelassen, zum Bomu- Heere stiess, um an dem Kriegszuge Theil zu nehmen, der die ihnen verhassten und bis jetzt noch hinter den natürli- chen Deichen ihnen überlegenen Müssgu- Stämme schwächen sollte. Denn in dieser Beziehung ging ihre Politik sicher- lich Hand in Hand mit derjenigen der Bömu-Leute, obgleich es nicht wenig auffällig ist und die laxe Verbindung dieser Lehnreiche klar zeigt, dass, während der Herr vonAdamaua jetzt auf fast feindlichem Pusse mit dem Beherrscher von Bömu stand, einer seiner Lehnsleute mit dem Letzteren sich verbünden sollte. Übrigens scheint die Verbindung die- ser so .entlegenen Provinz der ausgedehnten Besitzungen der Fulbe mit Yöla sehr lose. zu sein, imd ich habe nichts über den Tribut erfahren können, den die einzelnen Statthalter zu bezahlen haben. Unglücldicherweise hatte die reiche und mannichfaltige Kost von gestern sehr nachtheilig auf mich gewirkt, so dass ich mich genöthigt sah, mich bei den Ka- meelen zu halten, und den Begegnungsscenen nicht in der Nähe beiwohnen konnte»

Nach diesem Aufenthalte weiter ziehend, erreichten wir eine halbe Stunde vor Mittag das nördlichste Müssgu -Dorf, Namens Gabari, von reichen Kornfeldern umgeben. Alles bot ein trauriges Bild der Plünderung und Verwüstung dar. Am Abend zuvor war durch das Lager der Ausruf ergan- gen, aus den Dörfern A'dischen's dürfe nichts geraubt werden, weder Mensch noch Thier, vom Rinde herab bis zur Henne, Korn allein wäre beutefrei. So war in den Gehöften Alles beschäftigt, die eben eingeeniteten Ähren der rothen Indischen Hirse „ngaberi keme" , die hier mit Ausschluss von weisser Hirse und von Negerhiree „argüm möro" wächst, auszudreschen und auf die Pferde zu laden. Der grösste Tlieil der Ernte stand übrigens noch auf .dem Felde, was auffallend war, da die Bewohner doch ahnen konnten, dass der Heereszug diesen Weg nehmen würde, und da

IfiB TL K^teL

vir lange genug gezögert hatten, überdies die Saat reif war. Selbst das in langen raupenarügeD Gewinden bis zu 15 Fuss Länge für die trockene Jahreszeit in den Bätunen aufge- speicherte nahrhafte Sompfgras ward von der Reiterei mit- genommen nnd trotz des Verbotes auch manches zurncl^e- lassene Zicklein, Huhn und Gerätb. Von den Eingeborenen selbst aber liess sich Niemand sehn; Alle, obgleich Unter- thanen A'discben's, hatten es für rathsamer gehalten, ihre Sicherheit durch sclmeUe Flucht selbst zu wahren , als sich der Diskretion dieser ungeordneten und schlecht disciplinir- ten Heeresmasse zu überlassen.

Der AnbUck dieser Raubscenen war um so betrübender, da das Dorf ein Bild eines gewissen behaglichen Lebens und selbst eines gewissen Grades von Industrie seiner Be- wohner darstellte. Im Allgemeinen enthielt jeder Hof eine Gruppe von drei bis sechs Hütten, je nach der Zahl der Weiber des Eigenthümers. Die Wände der Wohnungen be- standen ohne eine einzige Ausnahme aus Thon, und aus demselben Material bestanden in den Gehöften der Wohl- habenderen selbst die Umzäunungen oder ümschlussmauem, während die Wohnungen der Armeren von leichten Zäunen aus trockenem Rohr eingeschlossen waren. Die Dächer der Hütten waren mit grosser Sorgfalt gedeckt, wenigstens ebenso soi^sam als in irgend einem Dorfe Bömu's, und sie waren weit besser als Strohdächer.

Diese Uüssgu-Hütten zeigten in der Form ihrer Giebelung selbst Spuren verschiedener Style, die vielleicht auf eine gewisse Stu- fenfolge im Leben zurückzuführen sind. Fast jeder Hufraum schloss ausser den Hüt- ten und einem grossen, 12 15 Fuss hohen Kombehälter aus Thon noch ein Scbatten- dach ein. Die Kombehälter (s. nebenste- '- heude Abbildung) haben ein gewölbtes, eben-

Lager beim MdBBga-Dorfe Körom. 159

falls ans Thon bestehendes Dach mit einer aufspringenden Mündnng, welche wiederum von einem kleinen Strohdach geschützt wird, in der Weise, wie die Skizze zeigt.

Aus den Kornfeldern, die hie und da von schönen Küma- Bäumen beschattet waren und überhaupt ein Bild der Fülle gaben, traten wir gegen Mittag in ganz ofiPenes Weidesumpf land von ansehnlicher Ausdehnung hinaus, das durch den Gegensatz des frischen, freien Grasteppichs gegen das mit hoher, gelbreifer Saat prangende und in Waldung eingeengte Ackerland einen höchst angenehmen Eindruck machte. So zogen wir, etwas ansteigend, von den vereinzel- ten flachen Wasserpfuhlen auf eine Gruppe grosser, prächtig sich ausbreitender Bäume zu, welche die Felder vor einem anderen Dorfe beschatteten. Das Dorf hiess Körom und gehörte einem dem A'dischen untergebenen Häuptling, den we- nigstens die Bomu-Leute „Mai Dabla^' nannten, dessen eigent- licher Name jedoch „Feikama" oder vielmehr „fei*) Earna'' zu sein scheint; es lag, wie wir gleich sehn werden, in nicht weiter Entfernung von Kade, der Ortschaft Ädischen's, selbst

Auf diesen Feldern war der Vezier abgestiegen imd das Lager fing an, sich zu bilden. Schon war ein grosser Theil der überaus prächtigen Karäge- Bäume, die wir hier im Mussgu- Lande in reicherem Wüchse sahen, als irgendwo sonst, selbst das Marghi-Land nicht ausgenommen, der gan- zen Krone beraubt, um die grösseren Gezelte von aussen mit einem Verbacke zu versehen, und in der Folge blieb zu unserem tiefen Bedauern keiner dieser majestätischen Bäume verschont Die grössteu derselben hatten etwa 80 Fuss Höhe und ihre Kj-one konnte kaum geringeren Durchmesser haben, aber das Laub ist nicht so dicht und regelmässig abgerundet, wie bei den Tamarinden „ngabore" (liestnä elcistica). Nur die bei ihrem ungeheueren kandelaberartigen Astwerk

*) DieMÜHgu-Leute drücken ,, Fürst" mit „P^i" oder »»fei" ans.

7<>ndiriiu. boA Luf^r wxr 'nean^ iheaa& -mm mui dem Tinery^m^ £>i«ten. hi)«!iiäC mbi^äiiizu^fi. I^ar $iHiiBüBii ward

KjkTiTjri. 7*^lTii!ilCrCr i«cIIL UL AiCälL AzailBCflHItäMfisdiläL Kult

\i;sdt^XiAfA yefi2nij<uiä0>=Q^c tÜN'fi« bäOe aienfie Abbild f^me Vm^ikXifiüf^ca, beim Visier.

Wir yJLv^nf^ hürT die biridäL fr>i^!Eii#i«L Tice. dnAv&nt- halL AfrT Tom &!I^*»mäZL meoaiziiädieiL ScASiiipankLe ab» über- ai» Uik^iL^wenh var: da vahnsd «irr Zeh aDe Adbdieii Memilf^tf^ und imAhhängigen MöäeeTZr-Siamme hznlandtich ge- warnt A^irin mosbteiL mn skfa auf dxwiL ÄJtsnS ^iase^ zn ma- r^h^rn and Tor einem plötzliirhäi Übiczfill auf OmMr Hut m vnn : aber eben de^balb hatte er Ton strategKcfaer Seite ge- wLrsi nkht« Empfehlenswerthes-

Da wir hier aL?o sdU lagen und in unseren Verhältnissen an ein weitete ('mhersch weifen nicht zu denken war. sah ich mich na/;b Nacfaricfaten ron dem Lande mn. das wir soeben betre- U'U hatten, and war 90 glücklich, in Said, einem freigelassen uffXt HkiaTen Lamino's. der ein geborener Mdsägu war. einen (hrH ]jHhfhA wohlkundigen )Iann zu finden. Er und ein Mann Hti'A dern MünSgu-^Me Luggeu gaben mir folgendes Veizeich- um ?rin MiJitsgu-IIerrschaften: Mäyum. nahe östlich von Kade, d'?r \%ffM(\('.m Adiftchen's. dann ein kleiner Ort Namens MSga. f»;trka, jetzt verlaftsen, Massanafa mit dem Fürsten Assana- fi;i, ri^Hi weU;hf;m die ganze Herrschaft benannt ist; Ma- nibiiA,rk;i, linlrio; Makalne, höchst wahrscheinlich ursprünglich b^rnanrit nach einem Fürsten Namens Kalne oder Akalne, aber ((e(</;fiwürtig lUf^idenz d(.*s mächtigen Häuptlings Kabisclime; KHiirrin; M/iHa^a, lU.»Kidenz des schon oben erwähnten sogenann- ten FiirMten Fuhk, dessen eigentlicher Name jedoch Ngeumäta will M(»ll, da „Fijsh" der Name der Herrschaft ist; Lüggeu, Ba- n*ii, r»(i^ijfila mit dem F'ürsten Hüyüm, Mbogtam, Beubeu, Kiib&HHeiiii mit dem Fürsten Margo, Kalän, Ngelmöng, Mö-

VeneichnisB der Mdsi^-Hemohaflen. 161

rom mit dem Fürsten Ssader&nsa, Büllum, Bege, Mddalang, Eäsuei, das wir auf unserem weiteren Marsche östlich liegen Hessen; die Herrschaft Eäkala, Duän oder Aduän in südwest- licher Richtung ; Gemei, eine grosse Ortschaft in südöstlicher Richtung; Wülia, Demmo, Äudege, Agsse. Manche dieser Ort- schaften oder vielmehr Bezirke werden wir selbst in der Folge berühren, die übrigen kann ich nicht genauer topographisch angeben. Ich will nun einige Bemerkungen über die Müssgu im Allgemeinen beifugen. .

Die Müssgu oder Müssekü sind eine Abtheilimg des gros- sen Volksstammes der Mä-ssa *) , der die Kötokö oder M4- kari, die Bewohner von Logon oder Logone, die Mändara oder är-Wändala mit den Gäm-erghü angehören, sowie augenschein- lich auch der grosse Stamm der Bätta, ja selbst vielleicht der- jenige derMbäna. Am engsten jedoch sind die Miissgu mit den Logonesem verwandt, die, wie wir bald sehn werden, eine ganz junge, sich blos in politischer Hinsicht wegen ihrer grös- seren Civilisation von jenen absondernde Gemeinde, aber kei- neswegs einen national getrennten Stamm bilden. Unter den verschiedenen, in ihren Dialekten zum Theil sehr abweichenden Gruppen der Eotokö scheinen ihnen Ngäla und Elessem der Sprache nach am nächsten zu stehn. Jedoch sind auch die Dialekte der in so viele einander feindlich gegenüberstehende Gemeinden zersplitterten Mä-ssa-Müssgu sehr mannichfaltig und so verschieden, dass man mich versicherte, die Leute von Lüggeu verständen nicht leicht die von Wülia und Demmo. Leider hatte ich aber keine Gelegenheit, von den anderen Dialekten ausser demjenigen v.on Lüggeu Proben zu sammeln.

Über einzelne Sitten dieses Yolksstammes werde ich im Ver- lauf unseres Feldzuges sprechen; hier will ich nur angeben,

*) Die Baghirmi-Leutc nennen sie daher noch his auf den heutigen Tag nie anders als „Ms-ssa Müssekü". Leider habe ich es yersäumt , nachzuforschen, wie die Leute yon Logone sie nennen.

Buth's B«lMD. la 11

162 VL

dass ihr Torzüglichster r^ssäfi"", um mich eines Hanssa-Wor- tes za bedienen, oder Fetisch, wie man an der Küste sa- gen würde, gleich dem der Marghi, eine lanzenartige, j^ete" genannte Holzstange sein soll; aber der Unterschied der Kulte ist jedenfalls bedeutend, da bei den Marghi die Holz- stange mehr ein Symbol als ein Bild zu sein scheint und die eigentliche Verehrung der heiligen Ortlichkeit gilt Bei den Müssgu-Stämmen sah ich keine heiligen Haine.

Am Nachmittag wohnte ich einige Zeit der Versammlung beim Vezier bei, wo ein interessant und abenteuerlich aus- sehender alt^r Mann, der M&llem Djemme oder Djümma, die Hauptrolle spielte. Die Geschichte dieses Mannes ist nicht ohne Bedeutung und zeigt, welches Feld sich ehrgeizigen Moslemin in den Heidenstaaten im Süden ihrer Länder er- öffnet Vom alten Scheich, nämlich Mohammed el Amin el Kanemi, wegen Ungehorsams einst mit Todesstrafe bedroht, hatte sich der Schüa unter die Heiden geflüchtet und hier allmählich auf eigene Hand eine kleine Herrschaft gegründet; jetzt war er aber verjagt und kam nun zum Vezier, um sich von ihm wieder einsetzen zu lassen. Natürlich besass er grosse Kenntniss des Landes imd war desshalb sehr willkonmien; sei- nen Zweck aber erreichte er, wie wir sehn werden, doch nicht. Ich habe schon in dem Adamaua behandelnden Abschnitte den Weg von dem südlichsten Punkte, den wir auf diesem Müssgu-Zuge erreichten, nach den von mir erforschten Punk- ten in jenem Lande auf die Autorität dieses Mannes ange- geben. Leider aber war er nicht mittheilend, oder vielmehr ich hatte nichts Hübsches, um es ihm schenken zu können, sonst hätte ich von ihm unendlich viel über diese Länder erfahren können, die in nicht gar femer Zukunft für die Europäer von grosser Bedeutung werden müssen, der so um- fassenden Wasserverbindung wegen, die sich, wenn man den natürlichen Wasserläufen nur ein wenig nachhilft, bis in das Herz des Kontinentes eröffiiet Diese Länder zvrischen dem

Audienz des A'dischen beim Yezier. 163

Benne und Schäri scheinen in der That die reichsten und ihrer fast gänzlich ebenen Beschaffenheit wegen der Kultur am meisten fähigen Länder des Erdtheiles zu sein. Nach der Regenzeit natürlich, wenn die unzähligen Wasserrinnen, die das Land fast ohne Abfluss durchschneiden, überfliessen, kann das Klima in den Ebenen selbst für Europäer nicht gesund sein; vereinzelte Berghohen aber sind von der Natur durch diese üppigen Flachländer hin ausgestreut, um gesün-^ dere Stätten für Ansiedelungen zu gewähren.

Als die Hofleute „kokanaua" nach längerer Bera- thung sich hinter die Vorhänge zurückzogen, um einen Im- biss aus des Veziers Küche einzunehmen, entfernte auch ich mich aus dem grossen Audicnzzelte des Heerführers; aber ich war kaum eine Strecke fortgegangen, als mich der Ve- zier zurückrufen liöss und auch einen Boten absandte, um Herrn Dr. Overweg aus seinem Zelte holen zu lassen, „der Fürst Adischen nämlich käme zur öffentlichen Audienz". Ich kehrte also in des Veziers Zelt zurück, wo die Hofleute be- reits die ihnen ihrem Range gemäss zukommenden Plätze auf dem Boden rings um ihren Führer eingenommen hat- ten, während Letzterer selbst auf einem Rohrdiwan sass, wel- cher ihm auf dem ganzen Feldzuge nachgetragen wurde. Nach kurzer Weile kam dann der Müssgu-Häuptling an, zu Pferde aber ohne Sattel und von seinen drei Brüdern begleitet. Eine grosse Menge Neugieriger aus dem Lager hatte sich vor dem Zelte des Veziers versammelt und ver- schonte Adischen keineswegs mit Spott und Zudringlichkeit; er liess sich jedoch durch die Frechheit der Sklaven eben nicht verblüffen, sondern bewahrte seine fürstliche Würde. Die Vorhänge des geräumigen Audienzzeltes wurden in die Höhe gehoben und der Kerdi-Fürst, eine kleine, gedrungene Gestalt mit eher milden, als wilden Zügen und anscheinend von einem Alter zwischen 50 und 60 Jahren, trat herein. Er

war mit einer schwarzen Tobe bekleidet, trug aber keine

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164 VI. Kapitel.

Beinkleider und erscliien mit unbedecktem, glattgeschorenem Haupte.

Auf dem Boden niederknieend und mit Händeklatschen die Worte „Allah ngübheru degäl" „Gott gebe dir ein langes Leben!" wiederholend, streute er Staub auf sein Haupt, nach dem knechtischen Gebrauche des „kati götsin". So- bald aber der auf den Trümmern seiner Nationalität sich sträu- bende, auf allen Seiten seines Landes von Feinden bedrohte Häuptling diese erniedrigende Geremonie ausgeführt hatte, nahm er seine Würde wieder an und beschwerte sich nun über seine westlichen Nachbarn, die Fulbe oder Felläta (oder, wie die Müssgu sie nennen, „Tschögtschogo"), welche dem Bömu- Heere zuvorgekommen wären und Kühe und anderen Raub aus seinem Gebiete fortgeschleppt hätten. DerHadj versicherte ihn, dass solche Unbilden in Zukunft nicht mehr geduldet werden sollten, er sei ganz und gar im Schutze Bömu's. Auf seinen Wink wurden dann einige Packete entfaltet und Ädischen ward vom Kaschella Beläl, seinem ehemaligen Gaste, * zuerst mit einer neuen, schönen, dunkelblauen Nüpe-Tobe (dem „Elephantenhemde"), hierüber dann mit einer reichen seidenen Tobe (zu wohl 40,000 Muscheln) und zuletzt mit einem darüber gewundenen Egyptischen Shawl bekleidet. Während dann die eiteln, sich im Gefühle ihrer höheren Ci- vilisation überhebenden Kokanaua ihn in ihrer unpolitischen Kurzsichtigkeit auslachten, wünschte ihm der gemüthliche alte Beläl auf recht herzliche Weise langes Leben und rief ein- mal über das andere : „ngubberu degä meina, ngübberu degä meina". Seine Brüder wurden dann mit weiten Hemden aus gestreiftem Manchester „äferit" bekleidet.

So war aus diesem kleinen heidnischen Müssgu -Häuptling eine Art Bomauischen Amtmannes geworden und er fristete auf diese Weise seine armselige, unbeneidenswerthe Exi- stenz, — mit welchen Opfern, das werden wir später sehn. Die Müssgu - Nation ist in der That auf allen Seiten so

Politische Lage der Mdssgiu 165

eng Ton Feinden nmgeben, dass sie sich nur durch die grösste Einigkeit vor dem Verderben retten könnte ; ' statt dessen aber ist sie in viele kleine Herrschaften zerstückelt, die, an- statt sich einander beizustehen, sich über ihr gegenseitiges Ungemach freuen. In Wahrheit, nur die Menge der sumpfi- gen Gewässer, welche ihr Land nach allen Seiten hin durch- ziehen und dasselbe während des grössten Theiles des Jahres für feindliche Heere ganz unzugänglich machen (auch während der übrigen Zeit gewähren ihnen die Hauptgewässer natür- liche Vertheidigungslinien, hinter die sie sich zurückziehen können), erklärt es, wie das Land oder wenigstens einzelne Bezirke desselben noch so dicht bevölkert sind, wie wir es finden werden.

Im Norden die imenergischen , aber durch ihre zahlreiche Reiterei und den Vortheil von Pulver und Blei furchtbaren Kanöri; im Westen und Südwesten die unruhigen, rastlos vordringenden Fidbe ; im Nordosten die eng verwandten, aber durch die Verschiedenheit der Religion ihnen jetzt gegen- überstehenden Logonescr; im Osten die wilden Bagrimma, sie im Fanatismus eines vermeintlichen Isslam und im Ge- nüsse imd in der Beutegier des Sklavenraubes verfolgend; alljährlich von allen Seiten niedergehetzt und um viele Hun- derte, ja Tausende, seiner fortpflanzungsfähigsten Bewohner beraubt: so ist es natürlich nicht anders möglich, als dass dieser unglückliche Volksstamm im Laufe der Zeit un- terliegen muss.

Es war heute Weihnachtstag, und da Herr Dr. Overweg und ich, als Hamburger, dieses Fest durch eine ausserordentliche Abendmahlzeit feiern wollten, sahen wir uns, aber leider ver- geblich, nach Fischen um, welchen Genuss die Sumpfwasser doch in Aussicht stellten. Mit Elephantenfleisch hatten wir bittere Erfahrung gemacht es war, obgleich nicht un- schmackhaft, entschieden für den schwachen Zustand unse- rer Magen zu kräftig oder unverdaulich und Giraflfenfleisch,

166 VI. Kapitel.

das den höchsten unserer Afrikanischen Genüsse bildete, war leider auch nllcht aufzutreiben. Desshalb erquickten wir uns denn in Ermangelung höherer Genüsse mit einer Extra-Por- tion von Kaflfee und Milch.

Die Fulbe waren heute noch nicht zur Audienz gekommen und desshalb ward beschlossen, noch den folgenden Tag hier zu bleiben; diese verweichlichten Höflinge sind keine Freunde übergrosser Anstrengung. Dem gemeinen Kriegsvolk, das keine Löhnung hatte und sich auch seinen Mundvorrath selbst verschaflfen sollte und zwar ohne plündern zu dür- fen, da wir auf befreundetem Gebiete waren , konnte aber ein solcher Aufenthalt nur unerträglich sein, und wäh- rend daher am folgenden Tage die Leute von Fette und Bögo gerade zur Audienz waren, rückten zahlreiche Kanembü- Trupps sowohl vor das Zelt des Veziers, als auch vor dieje- nigen anderer Grossen und gaben ihre Ungeduld durch Schüt- teln mit den Schilden und durch ihr eigenthümliches , nicht sehr sanft tönendes Geschrei zu erkennen. Während nämlich bei früheren Heereszügen die Schüa und Kanembü oft weit vorauszogen, um sich ihren Bedarf leichter verschaflfen zu können, war jetzt strenger Befehl gegeben worden, dass Nie- mand dem Hauptzuge vorausgehn dürfe.

Herr Dr. Overweg machte diesen Nachmittag dem Füi'sten A'dischen in Kade, dem Hauptorte seines Landes, welcher etwa 2 Engl. Meilen südöstlich lag, einen Besuch und brachte eine Ziege als Geschenk zurück ; er schien aber sonst keinen grossen Genuss von seinem Ausflug gehabt zu haben. Es wäre gewiss interessant gewesen, hier, in dem Orte dieses den Kanöri befreundeten Häuptlings, die Sitten dieser Leute zu studiren; aber es schien mir nicht räthlich, mich näher mit ihnen einzulassen, da die Kanöri schon ohnedies zu ge- neigt waren, uns mit diesen Kerdi zusammenzuwerfen, was sich mein Begleiter ruhig gefallen Hess, wozu ich aber, da es uns in ihrer Meimmg sehr herabsetzen musste, höchst

Oyerweg^s Besuch bei A'dischen.

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wenig NeigUDg verspürte. Auch konnten sich diese unglückli- eben, nur dem Zwange der Verhältnisse nachgebenden Herren von Kade, da sie alles nationale Gefühl verleugnen mussten, bei der Anwesenheit einer solchen Heeresmasse unmöglich in ihrer wahren Natur geben; ja, sie waren eher geneigt, ihren „kefö" selbst zu verleugnen.

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Vn. KAPITEL.

Die Landschaft der seichten Sumpfgewasser. Wasserscheide swischen den

Flössen Benue und Schfiri.

[Freüctg, 26»*^ Dezember. 1 Wir setzten nun endlich un- seren Marsch fort, und zwar mit grosser östlicher Abbiegung von unserer südsüdöstlichen Hauptrichtung, um Ead€, Adi- schen's Residenz, zu umgehn und mit Plünderung zu ver- schonen. Die Heeresmasse war in mehrere Trupps getheilt, von denen sich einige weiter westlich am Rande einer mit Bäumen eingefassten Wasserrinne entlang hielten; dennoch aber war das Gedränge an einem die Ebene durchschnei- denden, von hohen Ufern eingeschlossenen Rinnsale nichts weniger als erfreulich. Hier stand das Korn „massäkuä" (Holcus cemutis) noch unreif auf dem Felde; dann folgte offenes Weideland.

Wir lagerten schon nach einem Marsche von weniger als 10 Meilen, nachdem wir hinter Eade eine ganz südliche Rich- tung angenommen hatten, bei einem Dorfe Namens Bögo, das einst sicherlich mit der gleichnamigen Fidbe -Ortschaft im Westen einen zusammenhängenden Gau gebildet hat. Die Einwohner waren auch hier insgesammt geflohen, obgleich ihr Häuptling, welcher Bakschämi heisst, ein Verbündeter und Freund A'dischen's war.' Die Hütten des Dorfes waren sorgfältig gebaut, aber nur wenige Bäume verliehen durch ihren Schatten den Gehöften einige Gemüthlichkeit. Unter dem vorgefundenen Hausgeräth befanden sich auch Fischkörbe

Verbreitoog der Del<Hbpalme. 169

„kSyan", wie die Kanöri sagen , von denen einige mit trockenem, aus der rothen Holcus-Art bereiteten Teige ange- füllt waren; aber die Leute. rührten ihn nicht an, aus Furcht, er möchte vergiftet sein. Bei einer früheren Gelegenheit wa- ren nämlich mehrere Leute durch einen Topf mit Honig, den die Eingeborenen auf ihrer Flucht absichtlich zurückgelassen hatten, vergiftet worden.

Schon auf unserem Marsche hatten wir jenseits der Was- serrinne (zur Rechten) in der Feme eine Felshöhe erblickt; von Bögo aus sahen wir sie nun in nordwestlicher Richtung in schärferen Umrissen, und dahinter in schwächeren den entfernteren zusammenhängenden Höhenzug Mändara's, den ich aber leider nicht niederlegen konnte, da ich keinen zwei- ten Winkel zur Berechnung der Entfernung fand.

[Sonnabend, 27«ien Dezemher.'] Der erste Theil unseres Mar- sches führte heute durch lichte Waldung ; dann traten wir in freieres Sumpf land hinaus, welches mit hohem frischen Grase bewachsen und voll ungeheuerer Fusstapfen von Elephan- ten war; auch Perlhühner wurden hier in Menge gefangen. Nur hie und da überragte eine einzelne Mimose die flache Linie der grasigen Savanna.

Nach einem Marsch von 6 Meilen erblickten wir die erste Delebpalme im Müssgu- Lande. Schon zu wiederholten Ma- len habe ich bei der Erzählung meiner Reisen die Aufmerk- samkeit des Lesers auf diese schöne Fächerpalme gelenkt; aber in allen Örtlichkeiten, wo ich sie bisher beobachtet hatte, war sie meist nur vereinzelt vorgekommen. Selbst in Adamaua ist sie auf besonders begünstigte Stellen beschränl^ während sie sogar in einigen ausgedehnten Provinzen dieses Landes, wie z. B. in Büban-djidda, ganz fehlt. Jetzt hatten wir -aber das Land erreicht, wo dieser schöne und nützliche Baum

wahrscheinlicherweise nur eine Varietät des berühmten Borasstis flaheüiformis der gewöhnlichste und vorherr- schende Vertreter der Pflanzenwelt ist; die Müssgu nennen

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ihn in ihrv^r ^h^nrhi» .-iin*i"'. Vom VxifHici-Liiiifie %iiHiic *r *irh in Swt minn&^rhrarlumeni Ziue *iarrii rfie «ifOichiai

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f^vlum .rt#>pp^lfeWcnt ^fe von ^miwen. *icli w*3t AnsbrvHtsm- 4#^ KÄmKMn h#>d^iutftK w#Y(im. atui madite einen abersui» fr^ndlkh^n tnui b^haoücfam Emiinzck. Wir wurden ab«3' \v9AA fffsw^hr. dsv» a^ Fmrhtboriceit nnd Sciiönlieic «iüs ('0fin^ fi^r y^thhi^nciaift ein«» gramen Wasers znznsoiirpi- f>^ ^, d^ikiL ^Ihsi an Krokrufilfn und Xjzornta's nicht arm. rort f-jnifgfju kWn^n Kano^ä belebt war: es häuft wahr- wii^Xu'M mit dem imr wenige Meilen entfernten Fhiss zu- «lammen« Troiz der Sehonbeit der Landschaft war dieselbe d^»^:h verlaA^^: denn die Bewohner waren sammtli«:h ent- flohen. — I>er (ht geb^jrt dem Ma^ikko. einem Häuptling, der KAbiA^hme ah I>;hn4herm anerkennt

Am NV;hmittag erhielt ich einen kurzen Besuch des Herrn ^(m yit'Ah'}}^^ dn^fT ziemlich bettelhaften Persönlichkeit Er war alu IVite an den F^äreten ron ^landara geschickt worden find i^Hm Ton der Hanpti$tadt jenes kleinen Landchens an- g#;kommf7n, Za dieser Keise hatte er Ton M5ra ans 3 Tage gf^braticht, Inderm er die erste Nacht in Mokoschi, die zweite in KMte g^iM'hlafen hatte nnd hente von dort hierher gekom- men war ; die ganze Strecke lässt sich aber in 2 starken Ttip(,tmuirn('hf*n machen.

\Hnnnfnfjf 2H»i^ Dezember,] Es war ein interessanter Tage- umrnt'h, der nns nime wichtige Züge von Land und Volk dieser Zorin etiihiillte, aber uns um so mehr bedauern liess, dass wir diPHn Mffhrnin Lniidschaft nicht in unserem eigentlichen Cha- rnktifr i\ln friedliclio Iteiscnde durchziehen konnten, sondern

Überfall eines Mdssgu-Distriktes. 171

uns gezwungen sahen, die Gesellschaft dieses Heeres scho- nungsloser und blutgieriger Sklaveujäger zu suchen, welche, ohne Gefühl für die Schönheit des Landes und das behag- liche Lebensglück seiner Bewohner, nur darauf bedacht wa- ren, sich mit dem Raube desselben zu bereichem.

Als wir nach etwas weniger als 5 Meilen aus dichter Wal- dung hervortauchten, betraten wir Stoppelfelder, besetzt mit zahlreichen Hüttengruppen und schönen Bäumen, in deren Asten wieder lange Gewinde von nahrhaftem Frühlingsgrase der Sumpfniederungen für den Bedarf der dürren Jahreszeit aufgehängt waren. Die Landschaft war äusserst anmuthig; mehrere kleine Teiche belebten die Weiler, ähnlich wie in den Dorfschaften unseres Heimathlandes, ausser dass Gänse und Enten fehlten. Das einzige Leben, das sich aber jetzt hier zeigte, war Raub und Zerstörung*). Die Bauweise der Hütten und die ganze Anordnung der Gehöfte hatte grosse Ähnlichkeit mit derjenigen des ersten Dorfes, welches wir bei unserem Eintritt in dieses Land gesehn hatten; die Gi- pfel der Komschober waren im Allgemeinen hier mit einer Art Nacken versehen, dessen Öffnung mit einem kleinen Strohdach bedeckt war. Breite, wohlbetretene Pfade, von dichten Zäunen eines besonderen, auf Kanöri „magara" ge- 'nannten Busches, den ich bei der Erwähnung der Felder von Dauanö (in der Provinz Kanö) schon beschrieben habe, begrenzt; durchzogen die Felder in allen Richtungen und gaben ein Zeugniss von der grossen Sorgfalt der Eingebo- renen.

Aber ein anderer Gegenstand zog meine Aufmerksamkeit ganz besonders auf sich, da er Zeugniss ablegte von einem gewissen Bildungsgrade, welcher die stolzen Mohammedani- schen Bewohner dieser Länder beschämte, wiewohl er auf

*) In der Ansicht dieser Landschaft ist nicht dieser Augenblick der Zcrsto- ningy sondern die Ruhe, die ihr vorherging, aufgefasst und das herannahende Unglück nur durch die Rauchsäule im Hintergründe angedeutet.

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172 Vn. Kapitel

der anderen Seite allerdings zugleich einen lebendigen Beweis ihres Aberglaubens lieferte. Während nämlich die zum Isslam übergetretenen Bewohner des Sudans in Bezug auf die Be- stattung ihrer Todten überaus nachlässig sind und die Grä- ber nicht hinreichend gegen die wilden Thiere schützen, sodass die meisten Leichen in wenigen Tagen eine Beute der Hyänen werden, hatten wir hier regelmässige Grabmäler vor uns, mit grossen, schön gerundeten Gewölben gedeckt, deren Gi- pfel bei einigen mit ein Paar quergelegten Baumstämmen, bei anderen mit einer irdenen Urne geschmückt waren. Die- selbe Art der Verehrung, die von diesen Heiden ihren Vor- fahren gezollt wird, ist in einem grossen Theile Afrika's vor- herrschend, und wie sehr auch immer die besonderen Ge- bräuche, welche mit dieser Verehi'ung der Vorfahren ver- bunden sind, von einander abweichen mögen, so ist doch überall das Prinzip dasselbe. Aber zu keiner Zeit und bei keiner Gelegenheit bedauerte ich es mehr. Niemanden zur Hand zu haben, um mir die Gebräuche dieser Leute erklä- ren zu können, als damals, wo ich diese Stätten einheimi- scher eigenthümlicher Weltanschauung vor mir sah. Die Urne enthält höchst wahrscheinlich den Kopf des Verstor- benen; was aber die Baumstämme bedeuten sollten, kann ich nicht sagen. Es wäre jedoch nicht unmöglich, dass bei dieser verschiedenen Ausschmückung auf das Geschlecht der verstorbenen Person Rücksicht genommen wird.

Während ich mich der Anschauung dieses Bildes eines be- haglichen, wenn auch geistig noch so beschränkten, Volksle- bens überliess, vergass ich in dieser Träumerei ganz meine eigene persönliche Sicherheit; denn der Vezier, der heute, ohne dass ich es wusste, auf seinem kräftigen Schlachtross seinen Marsch äusserst schnell fortgesetzt hatte, war weit vor- aus und ich hatte nur eine Handvoll Schüa in meiner Nähe. Als wir nun aus der dichten Waldung in einen anderen gut angebauten und dic^t bewohnten Gau hinaustraten und in den

Gänzliche^Verwimmg im Nachtrupp. 173

Stoppelfeldern jede Spur eines betretenen Pfades aufhörte, sah ich plötadich, dass ich vom Hauptzuge gänzlich abgeschnit- ten war. In wilder Unordnung irrten hier einzelne Reiter zwischen den Zäunen der Gehöfte hierhin und dorthin, wäh- rend dort ein Eingeborener in äusserster Verzweiflung sein Heil in der Flucht suchte; hier ward ein Anderer aus seinem Versteck hervorgeholt, dort diente ein oben im dichten Laube einer „ngabore" Hockender zum Ziele von Pfeilen und Kugeln; einzelne Schüsse fielen in verschiedenen Richtungen. Ein klei- ner Trupp Schüa war unter einem Baume versammelt und suchte ein Rudel geraubten Viehes zusammenzuhalten. Um- sonst wandte ich mich an Schüa und Kanöri mit der Frage, wohin sich derVezier gewendet; Keiner konnte mir Auskunft geben. Ich ritt also kreuz und quer durch die Ortschaft, um zu sehn, ob ich nicht selbst die Spur des Haupttrupps auffin- den könnte, aber die Spuren gingen unbestimmt hin und^her. Verschiedene Trupps, in gleicher Ungewissheit wie ich selbst, kamen mir entgegen und ich schloss mich einem derselben an. Einige „libbedi" und Leute des Veziers befanden sich dabei, aber Niemand wusste, wo der Heerfilhrer war, selbst nicht der Diener, der den Teppich trug, auf welchen sich sein Herr bei der Ankunft an einem Lagerplatze niederzulassen pflegte. Da hörten wir in einiger Entfernung hinter uns eine Gänga schlagen, und als wir dem Schalle nachgingen, fanden wir eine ansehnliche Menge Reiter jeder Gattung, gewiss über 1000 Mann, auf einem freien Platze versammelt. Wir hör- ten nun hier, dass die Kerdi den Zug an seiner dünnsten Stelle durchbrochen und dass der Vezier seihen Marsch eiligst fortgesetzt hätte, der Nachtrab aber sich hier zer- streut habe. Würden diese armen Kerdi, denen es wahrlich nicht . an Muth fehlt, von erfahrenen Anführern geleitet und wai'teten die rechte Gelegenheit ab, sie könnten in die- sen dichten Waldungen, wo Reiterei nur ein Henmmiss ist, diesem meist feigen Tross unendliche Verluste beibringen und

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174 VII. Kapitel

ihn leicht ganz zersprengen. Aber die grosse Schwäche der Müssgu-Stämme liegt in dem Umstände, dass sie keine Pfeile haben, sondern nur mit Lanze und Handeisen kämpfen ; sonst würden sie sicherlich diese lästigen Nachbarn in ehrfurchts- voller Entfernung halten können. Welchen geringen Nutzen die Letzteren aber aus dem Gebrauche der Feuerwaffe zie- hen, darüber hatte ich hinreichende Gelegenheit zu urthei- len; denn mehrere Gewehrleute baten mich dringend um Feuersteine, da sie die ihrigen entweder verloren, oder diese sich nicht bewährt hatten.

Endlich setzte sich der ungeordnete Tross in Bewegung; aber die Unschlüssigkeit und Furcht vor einigen etwa im Dickicht versteckten Kerdi war so gross, dass wir wieder umkehren mussten, nachdem wir schon eine gute Strecke vorwärts gegangen, weil der Haupttross zurückgeblieben war. Indem wir dann einer westlicheren Richtung folgten, er- reichten wir durch dichte Waldung ein grosses sumpfarti- ges Wiesenwasser mit unterbrochenen Wasserflächen, wohl 1 volle Meile breit und mit hohem Sumpfgrase bedeckt. Hier erblickte ich zu meiner grossen Freude einen beträchtlichen Theil der Reiterei, in langen Reihen ihre Pferde tränkend, und erfuhr zu meiner Beruhigung, dass das Lager in der Nähe sei; denn mit dem ungeordneten Tross, in dessen Ge- sellschaft ich soeben gezogen war, hätte ich keinem Angriff ausgesetzt zu sein gewünscht.

Ich tränkte daher mein Pferd am Rande des grossen Sumpf- wiesenwassers und folgte dann vergnügt dem dumpfen Schalle der grossen' Trommel des Veziers. Den Lagerplatz fand ich nur wenige Minuten östlich vom Rande dieses grünen „ngdl- djam" auf reichen, von schönen grossen Bäumen beschatteten Stoppelfeldern. Hier fand ich Herrn Dr. Overweg, der sich immer hart am Vezier gehalten hatte, und wir setzten uns in den Schatten eines Baumes, um die Ankunft unserer Ka- meele abzuwarten, über die wir einige gegründete Besorgniss

Die B<5nia-Kameele. 175

hegten; denn die ersten Eameele waren ohne Gepäck beim Lagerplatz angekommen, da sie bei der Flucht ihrer Führer die Last abgeworfen hatten. Dieser Umstand war aber dem letzteren Theile des Trosses nur vortheilhaft, da der Vezier in grosser Besorgniss nun zwei Kaschella's mit ihren Schwa- dronen ausschickte, um den Tross sicher einzubringen. So kamen unsere Thiere glücklich herbei, obgleich sie wirklich in Gefahr gewesen waren, von den Kerdi, die sich hinter dem Rücken des eigentlichen Heeres wieder gesammelt hatten, an- gegriffen zu werden. Es war gewiss ein unglaublicher Un- verstand, den Tross so ohne Schutz zu lassen.

Die Bömu-Kameele sind halbe Mehära, und während sie die Kameele der Wüste an Stärke einigermassen übertreffen, haben sie ein gutes Theil von deren Schnelligkeit. Li der That ist nicht allein das Kameel, welches die Kriegstrommel trägt und diesen Gebrauch werden wir selbst in Baghirmi finden , stets dicht hinter dem Heerführer, wie schnell dieser auch immer vorwärts inicken mag, sondern auch seine übrigen Kameele mit den Zelten, dem Proviant und den fürstlichen Köchinnen sind gewöhnlich in nur geringer Entfernung, und die besten Kameele der Kokanaua mit deren Sklavinnen oder Kebsweibem halten sich hart hinterdrein.

Die Ortschaft, wo wir unser Lager aufgeschlagen hatten, heisstKäkalä und ist eine der bedeutenderen im Müssgu-Lande. Eine grosse Menge Sklaven war heute eingefangen worden und noch am Abend ward nach einem Kampfe, in welchem drei Bomu-Reiter fielen, eine bedeutende Anzahl eingebracht Ln Ganzen sollten an diesem Tage 1000 Sklaven gefangen worden sein, aber sicherlich belief sich die Beute nicht unter 500. Die erwachsenen Männer, meist hochgewachsene Leute, aber keineswegs mit sehr einnehmenden Zügen, wurden ohne Schonung abgeschlachtet, oder man liess sie sich vielmehr verbluten , indem man ihnen ein Bein abhieb ; ihre Zahl be- lief sich auf 170. Ihr Vorderkopf war, anstatt rückwärts ge-

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176 Vn. KapiteL

neigt ZU sein , bei den Meisten sehr hoch und die -Gesichts- linie gerade, aber ihre buschigen Augenbrauen, weit offe- nen Nasenlöcher, aufgeworfenen Lippen, hohen Backenkno- chen und ihr grobes buschiges Haar gaben ihnen ein sehr wildes Ansehen. Die Gestaltung der Beine mit den nach in- nen gebogenen Knieknochen war besonders hässlich. Über- haupt waren sie knochiger und ihre Glieder weniger schön abgerundet, als bei den Marghi. Sie waren insgesammt von schmutzig-schwarzer Farbe, weit entfernt von jenem glänzen- den Schwarz, das bei anderen Stämmen einen so wohlgefäl- ligen Eindruck macht und mit der dunkelen Hautfarbe eini- germassen aussöhnt. Die Meisten von ihnen trugen einen kurzen Bart; Mehrere hatten ihre Ohren mit kleinen Ku- pferringen geschmückt, und fast Alle trugen ein aus Dümge- strüpp „ngille" grob geflochtenes dickes Tau um den Hals.

[Montag, 29*ten Dezember.] Bald nach unserem Aufbruch vom Lagerplatz hatten wir das „ng&ldjam" zu passiren, das hier gleichfalls mit hohem Grase dicht durchwachsen und wegen der zahllosen, von Elephantenpfoten herrührenden Lö- cher überaus schwierig zu passiren war. Dann traten wir wie- derum in dichte Waldung ein, wo mir mein alter Haussa- Freund, der „kokia", zum ersten Mal wieder begegnete, ein Baum von mittlerer Grösse, mit grossen Blättern und Früch- ten von der Grösse eines Apfels. Diese waren jetzt noch grün, sollen aber selbst reif nicht essbar sein. Dieser Baum einwies sich in der Folge als auch in diesen Waldungen des Müssgu- Landes sehr häufig, wie ich ihn auf meinen früheren Reisen schon in anderen Gegenden gefimden hatte. Über den La- gerplatz für heute herrschte grosse ünschlüssigkeit. Ein energischer Heerführer hätte höchst wahrscheinlich den Marsch so schnell wie möglich fortgesetzt, um den nächsten Bezirk unerwartet zu überfallen ; wir aber machten schon lange vor. Mittag, allerdings gegen den Willen einer starken Partei, mit*

Besnch A'dischen^s bei dem Reisenden. 177

ten im Walde Halt Der benachbarte Teich, aus dem das ganze Heer getränkt werden sollte, hiess es, enthalte nicht hinreichend Wasser, und ein gewaltiger Waldbrand, der viel- leicht ursprünglich absichtlich angelegt war, um den Platz zu reinigen, aber sich plötzlich zu gewaltsam ausbreitete, rückte höchst bedrolilich ganz hart auf uns los, so dass wir uns eiligst zurückziehen mussten. Jedoch ward endlich be- stimmt, hier zu lagern. Das Wasser, an dem man den Be- sitzer einer kleinen Rinderlieerde fand, der, nichts Böses ali- nend, hierher gekommen war, um sein Vieh zu tränken, und abgeschlachtet wurde, erwies sich als ein umfangreicher und ansehnlich tiefer Teich.

Allmählich trafen die Kameele ein, die Zelte wurden auf- geschlagen, leichte Hütten errichtet, das Lager bildete sich und ein Jeder überliess sich der Ruhe, als am Nach- mittag plötzlich Alarm geschlagen wurde und Alles zu den Waflfen eilte und die Pferde bestieg. Es schien un- glaublich, dass der Feind ohne Einheit und gute Leitung eine solche Heeresmasse von über 10,000 Mann Reiterei und noch mehr Fussvolk angreifen sollte, obgleich ich überzeugt bin, dass ein muthiger Überfall von einigen hundert ent- schlossenen Kämpen diese ganze eitle und feige Schaar über den Haufen geworfen haben würde. Der Alarm erwies sich denn auch als vollkommen grundlos. Der Anlass dazu war, dass einige der uns begleitenden Fulbe gesehn, wie drei Kerdi- Weiber sich an das Wasser schlichen, und daraus gefolgert hatten, dass die Feinde in der Nähe seien und spioniren wollten; denn die dichte Waldung umher verhinderte jede Femsicht.

Als sich das Lager endlich wieder beruhigt hatte, kam der Fürst A'dischen mit einem ansehnlichen Gefolge seiner Sattel- und kleiderlosen Reiter an mein Zelt, und da ich ihn einlud, kam er zu mir herein. Er hatte ein besonderes Anliegen, nämlich sich einen Ausschlag an den Lippen hei-

B*rth*s BdMo. 111. 12

178 Vn. EapiteL

len zu lassen; damit jedoch wies ich ihn an den „tahib'', wie Herr Dr. Overweg sich nennen liess. Der kleine halb- civilisirte Häuptling hatte nichts Anziehendes imd Interessan- tes, und ich war froh, als ich ihn mit einigen kleinen Ge- schenken abgefertigt In der That ist der Unterschied zwi- schen den Marghi imd den Müssgu, obgleich ihre Sprache, wie ich angegeben, auf eine entfernte Verwandtschaft hinweist, sehr gross und durchaus zum Nachtheil der Lietzteren, deren Grestalten, wenn auch zum grossen Theil ebenso gross, we- niger Ebenmass und deren Züge etwas höchst Abschrecken- des haben. Ich bemerkte keinen Schmuck an diesen LfCuten, wie die schönen Eisen- oder vielmehr Stahlringe der Marghi, wodor an den Höflingen, noch an dem gemeinen Manne. AdiHohön hatte sich den Kopf geschoren, um sicli das Ansehn oint'H Moslim zu geben, und trug eine Tobe; von seinen Be- ^l(«itorn trug nur Einer ein Hemd, die Übrigen hatten ihre Iliinon mit einem ledernen Schurz verhüllt. Am merkwürdig- Mtim ist bei diesen Leuten die Art, wie sie sich zu Pferde hai- ton; sie ist wahrhaft barbarisch; denn absichtlich machen sie eine breite oflfene Wunde auf dem Rücken ihrer kleinen stämmigen Pferde, um festzusitzen, und wenn sie schnell reiten wollen, ritzen sie sogar oft noch ihre Beine auf der inneren Seite auf, damit sie durch das herabrieselnde Blut an den Seiten ihrer Pferde festkleben ; denn sie entbehren Alles, Sattel, Bügel und Zaum, und haben nichts als eine Halfter, ihr Thier zu leiten. Sie tragen gewöhnlich nur Einen Speer, aber mehrere Handeisen „goliö" . Der „göliö" ist offenbar ihre beste Waffe, nicht allein im Handgemenge, sondern auch aus der Feme, indem sie dieses scharfe und doppelspitzige Eisen sehr geschickt von der Seite werfen und Beine von Menschen und Pferden wegschneiden; so wenigstens behaupteten meine Freunde. Es mag sich aber wohl auf schwere Wunden beschränken. Einige ihrer Häup- ter schützen ihren Oberkörper durch einen starken Panzer,

Aufbrach gQg&n die Tdburi. 179

der aus Büffelfell gemacht ist, indem sie das Haar nach innen tragen, wie beifolgende Ansicht darstellt.

Während der Nacht, wo ich keinen Schlaf finden konnte, vertrieb ich mir die Zeit mit den Possen des Rufers, der dafür sorgte, dass die Leute nicht zu tief schliefen, und be- sonders, dass eine Gruppe Wächter nicht in Schlaf ver- fiele. Vorsicht war hier gewiss höchst nöthig.

[Dienstdg, 30»*^ Dezember.'] Dies sollte der letzte Ta- gemarsch unseres Heerzuges gegen Süden oder vielmehr Südosten sein. Die ersten 10 oder 11 Meilen ging es durch so dichte Waldung, dass wii* oft Mühe hatten, uns durchzuwinden, und dass die unruhigen, oft überaus bös- artigen Bomu- Pferde, zwischen dem Dickicht zusammenge- klemmt, in die unangenehmste Berührung mit einander kamen. Hier pries ich wieder im Stillen meine massiven Steigbügel, die schonungslos gegen Baum und Mensch ihren Platz bewahr- ten. Dieser ganze Wald bestand aus mittelgrossen Bäumen, wo die „kökia", der oben erwähnte Baum mit der apfelar- tigen Frucht, ganz vorherrschend war; fast kein einziger grösserer Baum liess sich sehn. Alles Wild war natürlich von der grossen Menschenmasse verscheucht worden, aber mir fiel die Seltenheit von Ameisenhügeln auf, bei der star- ken Feuchtigkeit, die in diesen ausgedehnten Flachländern ob- waltet.

Wir hielten uns ganz gerade auf Daüa zu, die oben er- wähnte Ortschaft der Tüfuri oder Tüburi, einer Abtheilung der grossen Völkerschaft der Fari oder Fall, an deren Wiederun- terjochung nicht allein dem Mallem Djümma, sondern den in den östlichen Distrikten Adamaua's angesessenen Fulbe über- haupt unendlich viel gelegen war. Diese Partei hatte in den Kriegsberathungen der letzten Tage den Sieg davon ge- tragen über die Feigheit des grössten Theiles der Kanöri- Kokanäua; jetzt aber, wo wir diesem als kriegerisch be- kannten Stamme nahe rückten und wo es sich darum han-

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180 VIL KApitel.

delte, ob wir in Zeit von 3 oder 4 Stunden mit ihnen hand- gemein werden sollten, ward die Sache bedenklicher. An einem herrlich frischen, von grossen reichen Ngabore umzäun- ten „ngäldjam", das nach einem Marsche von 4 Stunden die einförmige Waldimg unterbrach, ward Halt gemacht, und während die Reiter ihre Pferde in dem seichten, von Gras und Schilf durchwachsenen Wiesenwasser tränkten, ward eine lebhafte „nogona" im Schatten einer prächtigen Sy- komore gehalten. Hier nun ward entschieden, dass wir wenigstens nicht heute nach Daua und gegen die Tüburi, sondern für^s Erste ganz östlich auf Demmo losmarschiren sollten. Die Fulbe ' gaben ihren Punkt wahrscheinlich so leicht auf, weil der Vezier ihnen die feste Hoffnung machte, dass er, nachdem er sein Hauptquartier in Demmo bezogen und den dort gemachten Raub an Sklaven und Heerden sicher im verschanzten Lager deponirt hätte, einen Streif- zug nach Daüa unternehmen würde. Aber wir werden sehn, was ihn abhielt, wenigstens nach seiner eigenen, heimlich ims gemachten Aussage, diesen Plan auszufuhren, wodurch wir um den Besuch jener so überaus interessanten und wichtigen Landschaft kamen, die wir schon bei früherer Ge- legenheit besprochen haben*).

Während unseres Haltes betrachtete ich mit dem lebendig- sten Interesse diese reiclie, vielbewegte Scenc, eine Masse von einigen tausend Reitern mannichfaltigster , reiclister Farben- pracht, mit ihren muthigen Streitrossen aller möglichen Gat- tungen, vom „ngirma" zum kleinen stämmigen „kadära", vom dunkelschwarzen „kera" durch alle Schattirungen von Braun und Grau zum hellweissen „keri", obgleich ganz weisse Pferde inBomu sehr selten sind: aU' dies Gewimmel von Menschen und Pferden am grünen Saume eines schmalen Sumpfwassers

*) Im sweiten Theil, wo ich auch Herrn Dr. VogeFs glorreichen Tdburi- See gehörig gewürdigt habe.

Zug gegen D^mmo. 181

entlang, hart begrenzt von einem dichten Wald grosser, dichtbelaubter Bäume.

Nach nur viertelstündigem Halte waren wir wieder im Sattel, ohne die Ankunft der Kameele abzuwarten, die jetzt unter dem Schutze zweier Kaschellas zogen, und setzten unseren Marsch fort, aber nun mit ganz veränderter Rich- tung, indem wir das von Norden nach Süden ziehende Sumpfwasser nahe unterhalb unseres Haltplatzes passirten, an einer Stelle, wo es völlig trocken, aber voll von tiefen Löchern von Elephantenfusstapfen war. Die Wildniss war hier eine Zeit lang lichter, aber nach etwas mehr als 2 Mei- len hatten wir ein äusserst dichtes Walddickicht vor uns, so dass es für rathsam erachtet wurde, einen Augenblick Halt zu machen, damit erst recognoscirt würde, ob hier etwa ein Feind im] Hinterhalt liege. In der That muss man diese armen Eingeborenen bedauern, die bei solchen natür- lichen Verschanzungen sich nicht besser gegen diese ebenso grausamen als feigen Eindringlinge zu vertheidigen wissen. Natürlich sind diese dichten Waldungen, die jede kleine Herrschaft, ich möchte sagen, jede Ortschaft von der an- deren trennen, selbst eine Folge des Unverstandes und der barbarischen Blindheit dieser Heidenstämme, die, ohne ein gemeinsames nationales Band, nicht allein sich einander nicht beistehen, sondern wohl gar noch einander befehden.

Kaum hatten wir uns einen Weg durch das Dickicht ge- bahnt, als wir ein anderes Wiesenwasser vor uns hatten, das aber im gegenwärtigen Zustand eher einem wirklichen Sumpfe glich, durch welchen sich die Pferde nur mühsam durcharbeiten konnten. Nachdem wir dann wieder festen Boden gewonnen, hatten wir um Mittag abermals ein Sumpf- gewässer zu passiren; dann aber öffiiete sich das Land, und indem die Fahnen entfaltet und alle Tronuneln geschlagen wurden, sprengte der grösste Theil der Reiterei zum AngriflF oder vielmehr zum blossen Raube voraus; denn kein Feind

182 yn. Kapitel.

liess sich sehn. Gleich darauf erreichten wir die Dorfgrup- pen von Demmo und machten jetzt jeden Augenblick Halt, um uns nach dem zum Lagern geeignetsten Platze umzu- sehn; aber die Angabe, dass nahe vor uns ein grösseres Wasser sei, lockte den Vezier weiter, während zahlreiche Delebpalmen hinter den schattigen Akazien hervortraten. Da erblickten wir plötzlich ein breites Wassersal vor uns, breiter, als wir noch eines in diesem Lande gesehn, wohl über 2 Engl. Meilen weit und mit einem ansehnlichen oflfe- nen Wasser, auf dem sich zwei Kähne der Eingeborenen zeigten*).

Wir zogen bis hart an den Rand des Wassers, das hier tief zu sein schien, obgleich eine Anzahl hungriger Kanembü das erste offene Wasser passirt hatten und in dem zwischen ihm und dem hinteren Arm liegenden Sumpfgrase einige Fische zu erhaschen suchten. Drüben vom gegenüberliegen- den Ufer ragte ein ganzer Wald von Delebpalmen über die niedrigere Vegetation hervor und lockte zu sich hinüber. Die Richtung dieses Wassers war hier von SW. nach NO. und es soll sich nach übereinstimmenden Angaben, ob- gleich es nur beim höchsten Wasserstande einigermassen fliessend ist, mit dem Serbewel vereinen, wie der obere Theil des Flusses „ere" oder „lagham" von Logone ge- nannt wird.

Hier standen wir eine Zeit lang und schauten sehnsüchtig nach dem anderen Ufer hinüber; es war eine höchst inter- essante , eigenthümliche Landschaft , überaus charakteristisch für diese flachen Äquatorialländer Afrika's, von denen man

•) Ganz von derselben Natur, wenn auch niclit in unmittelbarem Zusam- menhange mit diesem flachen Wiesenwasser von D^mmo, ist entschieden das NgÄldjam bei Daüa im Lande der Tüburi, das durch Herrn Dr. Vogel, wel- cher CS gleich nach dem Beginn der Begenzeit sah, wo es schon ziemlich voll Wasser war, unter dem Namen „Tüburi-See" eine so unverdiente Berühmtheit erlangt hat.

Das Dorf Ddmmo. 183

früher eine so gänzlich falsche Vorstellung hatte. Anstatt des massenhaften Mondgebirges waren die wenigen Berg- höhen, die wir gefunden, ganz vereinzelt; anstatt eines wüsten Hochlandes weite, unendlich fruchtbare Flachlande, kaum 1000 Fuss über dem Niveau des Meeres, von unzähligen brei- ten Wasserrinnen fast ohne alles Gefalle durchzogen. Nur nach SW. erblickte man in der Entfernung von etwa 16 Meilen die vereinzelte Felshöhe der Tüburi.

Aber nicht weniger anziehend, als die Scenerie der Land- schaft, war der Anblick der Heerschaar unserer Gefährten, die hier am Rande des Wassers dicht zusammengedrängt standen. Nur höchst Wenige von ihnen waren je zuvor so weit vorgedrungen und sie blickten mit Neugierde und Er- staunen auf diese Landschaft. Gern wären sie über das Wasser gegangen , um die armen Heiden zu verfolgen , von denen sich die Erwachsenen mit wenigen Ausnahmen noch eben glücklich gerettet hatten; aber doch ward eine grosse Menge Sklavinnen und junger Kinder eingefangen. Denn die Männer waren erst geflohen, als sie an der Masse der vom Heereszug aufgetriebenen Staubwolke erkannt hatten, dass nicht einer der gewöhnUchen kleinen Raubzüge heranrücke, die sie gewohnt waren und denen sie Stand hielten. Auch eine ziemliche Anzahl von Füllen nebst Rindern ward einge- bracht.

Nachdem wir lange Zeit den Anblick dieser Landschaft genossen, die an Mannichfaltigkeit und Reichthum die öde Umgebung von Kükaua so weit übertraf, zogen wir uns wieder etwas zurück, um uns vor den Mücken zu schützen, die nah an diesen Wassern natürlich in grosser Fülle hausen, und lagerten uns mitten zwischen den rauchenden Trümmern der soeben in Brand gesteckten Hütten. Das ganze Dorf, noch vor Kurzem eine Stätte der Wohlhabenheit und des Glückes, war zerstört und verödet, und abgeschlachtete Männer lagen über- all zerstreut zwischen den Ruinen umher. Kleine Abtheilungen

184 Vn. Kapitel.

leichter Reiterei versuchten den Feind zu verfolgen, und am Nachmittag entstand in ziemlicher Entfernung ein Schar- mützel, so dass ein Kaschella zu Hilfe geschickt werden musste , und es ward uns berichtet , dass 3& Schüa gefallen seien, eine Angabe, die sich jedoch hernach nicht ganz be- stätigte. Auch im Ngäldjam kamen übrigens heute meh- rere Bomu- Reiter um.

[Mittwoch, 3P^^ Dezember.] Wir blieben diesen und die folgenden Tage hier liegen, weil die Bomu -Leute wirklich beabsichtigten, dieses Land ihrer Herrschaft zu unterwerfen. Bei den Verhältnissen, in denen wir uns befanden, gelang es mir leider nicht, so viel Nachrichten einzuziehen, als ich vriinschte. Die eingefangenen Sklaven sagten aus, dass die Eameele bei ihren Landsleuten ausserordentliches Entsetzen erregt hätten, und dass sie nicht vor dem Heere der Strei- ter, sondern vor diesen Thieren geflohen seien. In der That waren früher nur kleinere Rhasien so weit gekommen. Da ich keine erwünschten Mittheilungen fand, streifte ich auf unserem Lagerplatze umher.

Die Hütten waren insgesammt aus Thonmauem erbaut ge- wesen, die eine Dicke von 4 6 Zoll besassen und dem Brande getrotzt hatten; die aus Rohr bestehenden Dächer waren eingestürzt. Der Durchmesser der Hütten wechselte zwischen 8 und 12 Fuss und jede schien 'im Inneren ihre grosse Komume gehabt zu haben, während einige auch eine kleine, einem Backofen nicht unähnliche, besondere Koch- stelle besassen. Im Ganzen genommen war jedoch die Ein- richtung der Gehöfte weniger behaglich, als ich sie in ande- ren Dörfern dieser Landschaft zu sehn Gelegenheit hatte; auch bemerkte ich hier nicht so grosse Gehöfte. In der Mitte des Dorfes waren einige ausgedehnte Teiche, welche von Menschenhand gemacht zu sein schienen. Unser Lager „ngäufate" war gestern in seinem ganzen Umfange mit einem starken Verback von Domengesträuch umgeben

Die Umgebnng von D^mmo. 185

worden, aber mehr desshalb, um die Sklaven an der Flucht, als um den Feind am Eindringen zu verhindern.

Am Nachmittag machte ich einen Ritt zum Lager hinaus nach dem nahen Ngaldjam, dessen Ufer von Pferden, Rin- dern und ruhenden oder badenden Menschen belebt war. Von hier aus entwarf ich die Skizze , nach der die Ansicht des Ngaldjam von Herrn Bematz ausgeführt ist. Dann ritt ich nach Osten am Ufer entlang, bis ich an eine Stelle kam, wo das Wasser ganz aufzuhören schien, so dassman wenig- stens eine bedeutende Strecke weit trockenen Fusses hinein- gehn konnte ; aber drüben auf der südöstlichen Seite, jenseits eines schmalen Stückes Land , das sich durch seinen Baum- wuchs als eine zur Regenzeit von beiden Armen abgeschlos- sene Insel zu erkennen gab, zog sich ein ansehnlicher Was- serstreifen hin. Ich wäre gern noch weiter gezogen, aber mein Begleiter ward, wohl nicht ohne Grund, ängstlich, da wir uns schon zu weit von der Tränke entfernt hatten. Ich sollte jedoch bald mehr von diesem Flachwasser zu sehn und selbst zu fühlen bekommen. Als ich in's Lager zurückge- kehrt war und mit BiUama über dies weite Flachland sprach, führte er mir einen aus dem Müssgu-Orte Lüggeu gebürti- gen Sklaven, Namens 'Abd AUähi, zu, der mich versicherte, dass sich das Land nicht ununterbrochen auf weite Entfer- nung in so ebener Fläche ausdehne, sondern dass sich in Süden oder vielmehr Südsüdost ein Berg Namens „Attongo" erhebe.

Hier in Demmo brach mir das Jahr 1852 an und ich hegte damals die HoSnung, im Verlaufe desselben in das Land der Wissenschaft zurückkehren zu können, nicht ah- nend, dass ich noch 3 Jahre mehr in diesen Ländern eines fast rohen Naturzustandes zubringen sollte, stets den wech- selnden Eindrücken neuer Entdeckung und Enttäuschung, bald freundlicher, bald schnöder Behandlung und vielerlei Noth, Trübsal und Krankheit ausgesetzt.

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186 YIL Kapitel.

Wir blieben auch am Neujahrstag hier ruhig liegen, aber besassen nur wenig, um ihn feiern zu können; auch wenig sonstige Unterbrechungen gab es, mit Ausnahme einer inter- essanten Verhandlung am Nachmittag beim Vezier, die ich hier einzahlen will.

Dem intriganten Schüa - Häuptling Mfillem Djümma, den sein Ehrgeiz nicht ruhen liess, war es nämlich gelungen, nicht allein den entflohenen Vorsteher von Demmo (der Ort- schaft, wo wir gelagert waren), sondern auch den vom näch- sten Dorfe jenseits des Ngaldjams, welcher am meisten für seine Sicherheit fürchtete, an sich zu locken und beide zu überreden, sich öffentlich zu unterwerfen und um die Imäna Bomu's nachzusuchen. Sie erschienen heute in Folge des- sen vor der „nogona" imd warfen Staub auf ihr Haupt; als sie aber nun ihre Unterwerfung beschwören sollten, schwur zwar der Fürst von Demmo, indem er eine Handvoll Erde aufhob und durch seine Finger gleiten liess, aber der Fürst von jenseits des Ngaldjams verweigerte den Schwur desshalb, weil diese Erde, da es nicht sein Grund und Boden sei, zu seinem Eid nicht passe. Er wolle erst, sagte er, eine Handvoll Erde aus seinem eigenen Lande holen. (Dieser Schwur mit der Erde der Heimath kommt auch bei den Alten vor.)

Als dann die beiden Herren, welche ihre Schaam bis dahin nur sehr unvollständig mit einem schmalen Lederstreifen be- deckt hatten, mit schwarzen Toben bekleidet wurden, zog der Herr von Demmo die seinige über den Kopf, unbeküm- mert darum, dass andere Theile unbekleidet blieben, und un- ser etwas übermüthiger Freund, der Vezier, rief ihm lachend zu : „so recht, der Kopf ist mehr werth als das Glied". Zur Belustigung der Versammlung stiessen sie auch in ihr klei- nes Hom, das jeder vornehmere Müssgu bei sich trägt*) und

**) Siehe die bereits erwähnte Abbüdnng des MAssgu-Häaptlings.

Prieatar bei den Mdsagn. 187

welches einem Jagdhorn sehr ähnlich ist; in der Handha- bung dieses Instrumentes war jedoch der Priester, der die beiden Fürsten begleitete, geschickter als diese selbst^ indem er einen ganz melodischen und weit schallenden Ton hervor- zubringen vermochte.

Es war das erste und einzige Mal, dass ich bei diesen heid- nischen Völkern einen eigenen Priester sah, und es that mir überaus leid, dass ich mit diesem Manne nicht näher in Be- rührung kam und auch von anderen Leuten keine weitere Auskunft darüber erhalten konnte, was sein besonderer Berufe- kreis sei, um beurtheilen zu können, inwieweit der Kultus die- ser inneren Stämme mit dem derjenigen an der Südwestküste übereinstimme. Aber ich glaube im Allgemeinen nicht zu ir- ren, wenn ich annehme, dass das priesterliche Amt bei die- sen Stämmen im Inneren weniger entwickelt ist, als bei de- nen an der Küste; denn bisher hatte ich wenig ausgebilde- ten Fetischdienst bemerkt. Auch dieser Mann erhielt ein Hemd zum Geschenk, aber nur ein weisses von sehr unter- geordneter Qualität, und ich glaube nicht, dass er es lange trug, nachdem er die Versammlung dieser civilisirten Höflinge verlassen.

Als Preis seiner wohlwollenden Aufnahme brachte der Herr von Demmo, wie das gewöhnlich in so zerrissenen Gemein- den der Fall ist, die Bereitwilligkeit zum Verrath seiner Lands- leute mit, indem er versprach, das Heer nach einer grossen, wie dies erklärt wurde, „ummauerten" Stadt zu führen, wo sie reichlich Beute machen würden. Demzufolge also ward ein grosser Streifzug auf den folgenden Tag angesetzt, den der Vezier in Person anführen wollte.

[Freitag, 2ten Januar 1852.] Während der frühen Morgen- stunden verhielten wir uns ganz ruhig, wahrscheinlich um die benachbarten Häuptlinge glauben zu machen, dass wir gar nicht die Absicht hätten, irgend etwas zu unternehmen. Dann brachen wir plötzlich mit fast der gesammten Reiterei und

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188 YIL Kmpitel.

einem Theile der Eanembö - Schildträger auf, unter Leitung unseres neuen Freundes und Bimdesgenossen, des Herrn von Demmo, der sich in seiner schwarzen Tobe noch überaus lin- kisch und sonderbar auf seinem kleinen Gaule benahm. Da sich die Nachricht von dem Heereszuge nun einmal weithin verbreitet hatte, mussten alle Eingeborenen fem und nah auf ihrer Hut sein. So war es nur zu natürlich, dass die erste Ortschaft, die wir nach einstündigem Marsch durch lichtere Waldung erreichten, völlig verlassen war. Die Landschaft war überaus lieblich, reich bewässert und schön mit Bäumen ge- schmückt. Der Landbau vnirde so sorgfältig betrieben, dass selbst Dünger in regelmässigen Entfernungen auf die Felder getragen war, das erste Beispiel solcher Industrie, das ich in ganz Central - Afrika sowohl bei Mohammedanern als bei Heiden gesehn. Diese ganze Landschaft bis Demmo heisst Wü- lia, den besonderen Namen der Dorfschaft aber konnte ich nicht erfahren. Die Einwohner hatten so viel Müsse zur Flucht gehabt, dass das zum Raube Zurückgelassene über- aus wenig betrug, und wir setzten desshalb unseren Marsch ohne Aufenthalt in nordöstlicher Richtung fort.

Wir passirten nach etwa 4 Meilen Weges ein anderes, nur 10 15 Zoll tiefes Wiesenwasser, gegenwärtig von weitem Grasland umgeben, das einen Theil des Jahres hindurch un- ter Wasser steht und dann den Anblick eines ausgedehnten See's gewähren muss. Überall umher war dieses frische grüne Becken mit üppigen i^tcw«-Bäumen und „karäge" besetzt und einzelne schlanke Dümpalmen ragten malerisch aus dem grü- nen Laube hervor; nach Delebpalmen aber sah man sich ver- geblich um.

Eine andere, jetzt gleichfalls von ihren unglücklichen Be- wohnern verlassene Dorfschaft folgte und dann wieder ein offenes Wiesenland, durch das sich jetzt eine schmale Was- serrinne von Südwest nach Nordost hindurchzog. Sie war etwa 100 Schritt breit und so überaus regelmässig zwischen unge-

Der Flosa von L^gone. 189

fahr 10 Fuss hohen deichartigen Ufern eingeschlossen, dass sie ganz das Aussehen eines künstlichen Eanales hatte, eine £i- genthümlichkeit, die ich später vielfach nicht allein hier, son- dern auch an den ähnlichen Gewässern am sogenannten Ni- ger bemerkte. An der Stelle, wo wir sie passirten, war die eigentliche Wasserrinne ganz unterbrochen und wir schritten trockenen Fusses hindurch; jedoch war dies wohl künstlich von den verfolgten Eingeborenen bewerkstelligt, um eine schnelle Verbindung mit dem Flusse, in dem sie allein ihre Rettung sahen, offen zu halten. Ohne Aufenthalt zog daher die Heerschaar weiter, in der Hoffnung, die Flüchtigen noch einzuholen, ehe sie den Fluss passirt hätten. Denn hier wa- ren wir ganz nahe am Westufer des Flusses von Logon oder Logone, den des Landes Unkundige gewöhnlich Schäri nen- nen, obgleich dieser Name, der ganz ausschliesslich der Sprache von Kotokö angehört, doch nur dem östlichen grösseren Arm und dann dem vereinigten Flusse unterhalb Kussuri zukommt. Hier an dieser Stelle ward uns der Fluss, der im Allgemei- nen in der Müssgu-Sprache „arre" oder „ere" genannt wird, mit dem besonderen Namen Serbewel bezeichnet, der gleich- falls wohl sicher der Müssgu-Sprache angehört und eine eigen- thümliche Bedeutung haben mag. Höher aufwärts, wo wir seine Bekanntschaft im weiteren Verlaufe unserer Forschun- gen machen werden, führt er die Namen Ba-Gun und B4-Bei, da „bd" der allgemeine Ausdruck für „Fluss" in der Sprache von Baghirmi und der eingeborenen Stämme der Ssom-rei ist, sowie dies Wort auch der Sprache der Manding oder Man- dingo angehört.

Bald standen wir am Ufer des schönen Stromes, der selbst jetzt noch ein ansehnlicher Fluss von etwa 600 Schritt Breite und so tief war, dass ein Trupp von sechs Schüa, die sich in ihrer unwiderstehlichen Beutegier hineingewagt hatten, vom Strome fortgerissen und die Beute eines Dutzend muthiger Eingeborenen wurde, die in zwei Booten lauernd auf und ab

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190 Vn. KapiteL

fuhren, wohl sicher, das8 wir ihnen ohne Fahrzeuge nicht fol- gen könnten, obgleich es bei dem Überfluss an Bäumen einer solchen Heeresmasse mit einiger Energie leicht gewesen wäre, ein Paar Flösse zu bauen.

Die Ufer des Flusses waren hier augenblicklich im Durch- schnitt 25 Fuss hoch; man darf jedoch nicht vergessen, dass dies keineswegs der geringste Stand des Flusses ist, der im Gegentheil, wie wir auf der Reise nach Baghirmi sehn wer- den, bis zum Mai fallt und dann nicht allein hier im oberen Laufe, sondern selbst bei I^ogon bimi furthbar ist Das ge- genüberliegende Ufer war weniger hoch, sah aber in seinem reichen Baumschmuck überaus einladend aus; der armen Eingeborenen wegen sah ich es aber gern, dass wir nicht hinüber konnten, und ich glaube, selbst unser Freund, der Hadj Beschir, überschaute diese interessante Flusslandschaft mit mehr wissenschaftlicher Theilnahme als Ingrimm. Leider hatte ich diesmal mein Femrohr nicht bei mir, war aber so glücklich, den Fluss noch an einer anderen Stelle weiter auf- wärts zu sehn.

Nachdem wir ehiige Minuten hier am Hochrande des Flusses gestanden und in den langsam sich dahinwälzenden Strom hinabgeschaut hatten, wendeten wir unsere Thiere zur Rückkehr, während unsere Freunde sich mit dem Gerede trösteten, dass die Kerdi, wenn sie ihnen entgangen wären, doch ihren Feinden, den jenseits des Flusses in der Imäna Baghirmi wohnenden Heiden, in die Hände gefallen seien. Phantasiereichere Berichterstatter wollten sogar wissen, der Sultan von Baghirmi selbst sei gerade mit einer Rhasia drü- ben gewesen und habe die Geflüchteten insgesammt „ge- gessen".

So wandten wir denn dem Flusse den Rücken, mein Euro- päischer Gefährte und ich überaus zufrieden mit unserem Tagewerk, das uns an die Ufer dieses schönen Stromes ge- führt hatte, unsere Begleiter aber höchst schweigsam und

Wasserkampf mit den Mdssgu. 191

ergrimmt, dass ihnen die erwartete Beute entronnen war. In der That, wo das gehoflfte El Dorado der ummauerten Stadt voll von zur Knechtschaft bestimmten Knaben und Mädchen eigentlich sei, konnte ich nicht recht erfahren. Die ganze Beute des heutigen Tages belief sich auf eine Hand- voll Sklaven, Unglückliche, die Krankheit oder Hochsinn abgehalten hatte, ihre heimathliche Hütte zu verlassen, ein Paar Kühe, einige Ziegen, Hühner, etwas Matha-Kom, be- sonders aber Erdmandeln (Arachis hypogaea)^ wovon grosse Lasten von den hungrigen Kanembü nach Hause geschleppt wurden.

Da bot sich willkommen ein Gegenstand, woran das ge- täuschte Heer seine Erbitterung auslassen konnte. In der langen kanalartigen Wasserrinne nämlich, die ich vorhin er- wähnt habe und wo wir jetzt unsere ermüdeten Thiere tränkten, zeigten sich vier Eingeborene, die, offenbar im Ver- trauen auf ihren Muth und ihre Geschicklichkeit im Schwim- men, hier im tiefen Wasser ihre Zuflucht genommen hatten, um beim Abzug des Heeres den Ihrigen ein Zeichen zu geben. Diese kleine Heldenschaar beschloss man also zu opfern und das ganze zahlreiche Reiterheer stellte sich in dichten Gliedern an beiden Seiten des Wassers auf. Jedoch war es nicht so leicht, als es schien, und alles Feuern der schlechten Schützen war umsonst, da die Müssgu höchst ge- schickt untertauchten. Da liess der Vezier einige Kanembü in's Wasser gehn und es entspann sich ein höchst eigenthüm- licher Kampf, wie ich ÄhnUches nie gesehn, em Wasserkampf mit Schild und Lanze, der wahrhaftig nicht geringe An- strengung erforderte; denn während die Leute sich mit ihren Füssen über dem Wasser erhalten mussten, hatten sie zu- gleich den Speer zu schleudern und den Wurf des Gegners zu pariren. Die armen Müssgu kämpften nicht allein für ihr eigenes Leben, sondern gleichsam für ihre Nationalehre. Es waren grosse, muskulöse Gestalten, die einzeln den Kanembü

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Hier ging wäbrimd der beiden folgenden Tage, angeachtet den auf den 4^ Jannar fallenden ''Aid el Moläd. die ror- laufige Tlii^lfing #ler Sklarim mfaig ror nich, nur gestört durch die klaglich#;n Üfumfm^ die bei der Menge ganz kleiner Kin- der nicht afjiibl/rili^fn krönten; riele von diesen armen Ge- nchi'fpfen wurden fK;bonnngfiloft an» den Armen ihrer Mutter hm^crvitmt^ um nu: nie wieder zu sehn« Erwachsene Männer wanm fant gar niclit darunter. Ich werde später noch ein- mal ytm dcmi Ausfall der ganzen Beute dieses Heereszuges und vom Antheile des Heerführers sprechen.

Kin bedeutendes Ereigniss war die Absendung eines Boten nai;h Käkaua, fUr mich doppelt interessant des eigenthümli- ch<!n Weges hall>er, auf dem er geschickt werden musste, da der Weg, auf dem wir gekommen waren, von Seiten der ver- zweifelten Eingeborenen jetzt äusserst gefährdet war, wie denn hier noch kürzlich ein Trupp von mehreren Reitern und FiisHgängern bis auf Einen gänzlich aufgehoben worden war. Der Bote, der jetzt gesandt wurde, musste also seinen Weg über die Ortschaften der Fulbe nehmen, von Demmo nach K&fto, von hier nach dem Fulbe-Orte Bögo, von wo er

Absendnng eines Gönners nach Kdkaoa. 198

der früher beschriebenen grosse^ Strasse folgen sollte. Eine Eskorte von 15 Kanöri und 2 Fulbe oder Felläta ward dem Boten mitgegeben, da besonders der erste Tagemarsch sehr gefährlich war.

Es wurde die letzten Tage viel von einem grossen Zuge gegen die Tüburi gesprochen, den wir mit dem ganzen Lager thun sollten, und Herr Dr. Overweg und ich freuten uns herzlich darauf, weil die Felshöhe, die wir schon am Tage unserer Ankunft in der Feme gesehn, uns in die- sem ganz flachen Lande von ausserordentlichem Interesse schien. Aber ich habe schon oben angegeben, dass die Ka- nöri eine gewisse heilige Scheu vor dieser Stätte hatten, und der wahre Grund war sicher, dass sie mit Recht fürchteten, die Kerdi würden sich auf die Felshöhe zurückziehen und ihnen, da sie Wasser in Überfluss in der Nähe hatten, erfolgreichen Widerstand leisten, obgleich es hiess, dass einst ein einziger Kaschella, nämlich 'Ali Fugomämi, bis dahin seinen Raub- zug erstreckt habe. Die Fulbe, denen diese freie Heiden- gemeinde ein Dom im Auge war, bestanden dringend darauf, der schlaue Vezier aber behauptete später gegen Herm Dr. Overweg und mich, dass er jenen Heereszug aus Politik ver- mieden habe, um diese letzte Schranke jenes rastlos sich aus- breitenden Hirtenvolkes auf dieser Seite nicht mit eigener Hand niederzureissen. Der Usurpator 'Abd e' Rahmän drang im Anfang der Regenzeit 1854 bis in's Tüburi-Land vor, of- fenbar nur aus Ehrgeiz, um sich rühmen zu können, weiter vorgedrungen zu sein, als sein damals glücklich von ihm besieg- ter Nebenbuhler, der Vezier ; dadurch ward es Herm Dr. Vo- gel möglich, jenen höchst interessanten Punkt zu bestimmen*), dem er durch seinen vermeintlichen grossen Binnensee, den

*) In der Ziffer der von ihm heimgesandten Bestimmung ist leider ent- schieden ein Fehler, wesshalb ich dieselbe ganz unberücksichtigt habe lassen müssen.

k's IMmd. ul 13

194 VIL KApitel.

Nährer des ungeheueren Benue-Flusses, noch mehr Bedeutung zu geben versucht hat.

[Montag, ö^en Januar, '\ In tiefer Finstemiss, etwas nach Mittemacht, kam der Führer des Heereszuges an mein Zelt und raunte mir zu, dass es auf eine weite Rhasia ginge, aber nicht nach dem ersehnten Tüburi, und dass auch das Ge- päck hier bleiben solle. Obgleich ich lieber gewünscht hätte, die Felshöhe am Anfange des nordöstlichsten Zuflusses des Niger- Systems zu besuchen, war ich doch entschlossen, keine Gelegenheit vorübergehn zu lassen, meine geographi- schen Kenntnisse so weit wie möghch auszudehnen, und liess mein Pferd satteln. Herr Dr. Overweg dagegen, als er hörte, dass der Vezier nicht in Person den Zug anführe, son- dern dass der junge Bü-Bakr, Sohn des Scheichs, den Befehl übernehme, blieb zurück, und da ich keinen berittenen Die- ner hatte und einem Fussgänger einen so weiten Marsch nicht zumuthen konnte, sah ich mich gezwungen, ganz allein mit- zuziehen.

In leisen Tönen, um nicht die Nachricht durch Verrath vorauseilen zu lassen, bliesen die Homer Bü-Bakr's die Strei- ter mittlerweile zusammen , und nachdem wir mit einiger Schwierigkeit das enge Thor des Verhackes passirt hat- ten, sammelten wir uns; dann ging es in ostsüdöstlicher Richtung vorwärts. Jedoch hat die Natur diese armen Wil- den so gut geschützt, dass sie nicht so leicht überrumpelt werden können.

Glücklich passirten wir bei eintretender Helligkeit das erste ziemlich breite Wasser des so weiten Ngäldjam von Wülia, fanden aber grosse Schwierigkeit bei der Passage eines an- deren Wassers mit tiefem Sumpfboden, der so morastig war, dass mehrere Pferde stürzten, selbst einige, deren Reiter abge- stiegen waren, und ich selbst war nicht wenig besorgt wegen meines unruhig schnaubenden Streitrosses. Endlich hatten wir jedoch diesen Morast hinter uns imd glaubten schon

Eine Rhasiaiiftoli' Südost. 195

Alles liberwiinden zu haben, als wir plötzlich ein anderes und zwar ungleich tieferes Wasser vor uns sahen, das wir nur mit ungeheuerem Aufenthalte passiren konnten. In der That, ich musste lachen, wie wir fast eine ganze Stunde lang vollkommen im Moraste feststeckten und kaum vom Flecke kamen, während die armen Eingeborenen vor uns, die von mei- nen Freunden überrumpelt werden sollten, mit aller Gemüth- lichkeit Haus und Hof in Sicherheit bringen konnten. Den meisten Pferden ging das Wasser über den Kücken, mir selbst aber auf meinem stattlich hohen Gaule bis 3 Zoll ober- halb des Kjiiees. Ein muthiger, geschickt angeführter Feind, der uns bei dieser Passage angegriffen hätte, würde den gröss- ten Theil der Pferde erbeutet und die Mannschaft in die Flucht geschlagen haben.

Nach zweistündiger Anstrengung hatten wir endlich die- ses breite Wiesen wasser glücklich hinter uns; wenn es voll Wasser ist, muss es offenbar einem grossen, unabsehbar langen Binnensee von 3 bis 4 Meilen Breite gleichen. Nun ging es auf dem trockneren Wiesenboden, der bei dem höch- sten Stande des Wassers auch überschwemmt ist, in drei weit getrennten Hauptmassen schnell vorwärts, obgleich ein grosser Theil des Heeres bei dem tiefen Wasser in das Lager zurückgekehrt war, wohl nicht so sehr aus Furcht vor dem feuchten Element, als weil einzusehn war, dasd durch solchen Aufenthalt alle Aussicht auf Beute verlo- ren sei.

So erreichten wir die ersten Weiler und bildeten nun eine zusammenhängende Schlachtlinie; aber Alles war entflohen. Wie wir uns dann dem Flusse näherten, denn ihm wandten wir uns wieder zu gaben die Trommeln und die Homer der Kaschella das Zeichen zum Angriff, und der bei weitem grössere Theil des Heeres stürmte fort, bis auf die nächste Umgebung Bü-Bakr's und die sieben die beiden Flügel bildenden Kaschella's. Kaum waren sie fort, als ein

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196 yn. Kapitel.

Diener des Heerführers mit seinem Pferde in eine 12 Fuöö tiefe und weite Grube fiel und dadurch einen langen Aufenthalt verursachte. Jedoch war Müsse genug ; denn die Eingeborenen hatten schon glücklicherweise Zeit gefunden, sich jenseits des Flusses zu retten, und Kaschella Beläl, der muthigste und energischste Eriegshauptmann des Reiches, schien es unter seiner Würde zu halten, sich noch umsonst zu bemühen, wo Alles schon verloren war. Wenigstens woUte er die Winke Bü-Bakr's voraufzueilen nicht verstehen imd blieb mit den übrigen Hauptleuten ruhig halten, während der Mann aus der Grube gezogen wurde; das Pferd war todt. Hätten die Müssgu mehrere solche Löcher .gegraben, wie es die Ein- wohner Bömu's beim Heranrücken der Tuareg machen, so hät- ten sie der Reiterei einen hübschen Verlust beibringen können. Endlich ging es weiter über das sandige, schön bebaute Land, und nachdem wir eine ansehnliche Ortschaft passirt, die noch zum ausgedehnten Gaue Wülia gehört, aber einen besonde- ren Namen hat, erreichten wir kurz vor 11 Uhr das weitere oder Überschwemmungsufer des Serbewel, bis wohin er sich in der Regenzeit ausbreitet, um dann bei seinem Zurücktreten weit ausgedehnte Wasserteiche zurückzulassen, die eine Fülle des frischesten Krautes auf dem flacheren Graslande nähren. Dieses Ufer war etwa 8 Fuss hoch; an der Stelle weiter abwärts, wo wir den Fluss vor ein Paar Tagen berührt, war es nicht so ausgebildet, dort aber war das erste Ufer höher. Auch am Benue war es der Fall, dass an einigen Stellen ein sehr bestimmtes Ufer gegen den höchsten Stand der Überschwemmimg gebildet, an anderen aber die Linie, die der Fluss, wenn er über sein eigentliches Bett hinausgetreten ist, erreicht, auf flachem grasigen Ufer unbestimmt ge- lassen war, und so ist es natürlich mit allen Flüssen in diesen Zonen.

Etwa 2000 Schritt innerhalb dieses äusseren grasigen Ufers war das, hier nur 10 Fuss hohe, sandige innere Ufer, das

Der Serbewel in der Landschaft Wülia. 197

den Strom jetzt begrenzte. Er kam hier von S250. (mag- netisch), verliess jedoch etwas unterhalb der Stelle diese Rich- tmig, um eine andere, nämlich nach W. bei Nord, zu verfolgen ; weiter aufwärts war sein jenseitiges Ufer reich mit Bäumen bewachsen, unter denen Deleb- und Dümpalmen hervorschau- ten ; Dörfer aber waren nicht zu sehn, obgleich hier am öst- lichen Ufer eine Ortschaft Namens Kar liegen soll.

An der Stelle, wo wir den Fluss erreichten, war er an- sehnlich breit, wenigstens 1200 Schritt, und bildete eine Sandinsel, und das war offenbar der Grund gewesen, wess- halb man den Raubzug nach diesem Punkte gelenkt hatte, indem man hoffte, der Fluss werde hier eine Fürth bil- den, was auch zuweilen nach spärlicher Regenzeit der Fall sein mag und selbst dieses Jahr in Zeit von 2 Monaten gewiss eintreten musste. Augenblicklich aber war das nicht der Fall und die raubgierigen Schüa ritten verzweiflungs- voll zwischen der Insel und unserem westlichen Ufer hin und her.

Auch ich wandte mich nach der Insel, obgleich ich schon sah, dass an ein weiteres Vordringen nicht zu denken sei. Der erste, breitere Arm war an der tiefsten Stelle nur 18 bis 19 Zoll tief und musste in kurzer Zeit ganz aus- trocknen, wo dann die Sandbank das Knie dieser Fluss- biegung bilden würde; der östliche Arm aber, der nur etwa 200 Schritt breit zu sein schien, war von ansehnlicher Tiefe und hier floss der Strom mit bedeutender Gewalt. Der alte Abu Daüd, welcher mir an der Südspitze der Sandinsel be- gegnet war und mich an das östliche Ufer derselben beglei- tet hatte, bezeichnete die ganze Natur des Stromes mit dem einen, aber vielsagenden Worte „yäkul", d. h. „er isst" (nämHch den, der sich hineinwagt).

Es wäre um so gefährlicher gewesen, sich hineinzuwagen, als auf dem gegenüberliegenden, nur etwa 4 Fuss hohen Ufer eine Anzahl hochgewachsener, kräftiger Eingeborenen

Xm VIL Kmpitel.

tttand, die sich über unsere UDfähigkeit, den Fluss zu pas- siren, lustig machten und offenbar bereit waren, jeden sich Hinüberwagenden gastfreundschaftlich zu empfangen. Es wäre natürlich ein Leichtes gewesen, diese Leute wegzubla- sen imd so die Landung frei zu halten; aber ich sah nicht einen einzigen Kanöri, sondern nur Schüa, die sich stets am weitesten wagen, auf der Insel. Jedoch auch sonst waren die Kerdi nicht ganz unthätig, diese Passage, welche allein ihre geflüchteten Familien drüben schützte, zu vertheidigen ; es fuhren nämlich etwas oberhalb im Flusse vier Kähne auf und ab, drei davon mit je vier, das vierte, grössere aber mit zehn kräftigen Gestalten bemannt.

Natürlich kann in einem so zerrissenen Lande wie dieses, wo jede kleine Gemeinde einen eigenen, schroff gegen die Nachbarn abgegrenzten Staat bildet , wie im alten Latium und in Hellas kein grosser Flussverkehr sein, und diese vier Kähne bildeten wahrscheinlich die ganze Schiffsmacht, welche den Anwohnern des Flusses hier zu Gebote stand. Das unermessliche Feld, welches die Natur in diesen so fruchtbaren und von schiffbaren Strömen durchzogenen Län- dern Central - Afrika's für die menschliche Thätigkeit und Industrie eröffnet hat, musö bei solchen Lebensverhältnissen brach liegen; aber es wird ausgebeutet werden, sobald der rastlos vorwärts strebende Sinn des Europäers auch diese Länder in sein Gebiet zieht, und das kann nicht ausblei- ben. In der That, ich bin davon überzeugt, dass in 50 Jah- ren Europäische Fahrzeuge vom Busen von Biafra aus regel- mässigen alljährlichen Verkehr mit dem grossen Becken des Tsäd unterhalten werden.

Eine fast ununterbrochene Verbindung ist von der Natur selbst angelegt (von der Mündung des sogenannten Niger an bis zur Einmündung des mäyo Kebbi), und diese Strecke ist für Boote von nicht mehr als etwa 3 Fuss Tiefe ohne wei- tere Vorkehrung schiffbar; aber der mäyo Kebbi scheint in

Die Wasserrerbinduiigeii zwischen dem Tsad und BenaS. 199

seinem gegenwärtigen, sich weit auf flachem Grasboden aus- breitenden Bette, nur für ganz flache Kähne, wie die der Eingeborenen, fahrbar. Diese können nun beim höchsten Wasserstande unzweifelhaft bis Daua (im Tüburi - Gebiete) hinauffahren, wo Herr Dr. Vogel jenes sich seeartig erwei- ternde grosse Becken besucht hat, das ihm ein selbstständi- ger centraler See zu sein schien. Wenn von hier aus nicht wirklich eine Bifurkation mit dem Serbewel oder oberen Flusse von Logone existirt, nämlich vermittelst des gros- sen, breiten Ngaldjam von Demmo was sehr wahr- scheinlich ist*) , so beträgt doch die Wasserscheide höch- stens 20 See- oder 5 Deutsche geographische Meilen, und zwar ganz flachen Landes , während wohl ohne Zweifel das sich an die Granithöhe von Tüburi anschliessende Felslager ganz umgangen werden kann. Das Niveau des Tsäd scheint ganz dasselbe zu sein, wie das des oberen Benue zwischen dem Taepe (der Verbindung mit dem Färo) und Gewe oder der Einmündung des mäyo Kebbi; wenigstens erhebt sich der Benue an der erwähnten Stelle allem Anschein nach nicht mehr als 850 900 Fuss über den Meeresspiegel. Dieser flache Arm muss also fast ebensoviel Gefalle haben, als der Fluss von Logone von Wülia an bis in den Tsäd. Diese reiche Ausstattung der Natur wird, wie ich hoffe, eines Tages ausgebeutet werden, obgleich hier alle Verhältnisse erst eine Grundumwälzung erfahren müssen, bevor ein regel- mässiger friedlicher Verkehr eingeleitet werden kann.

Jedoch ich habe fast vergessen, den Ort anzugeben, wo ich

•) Herr Dr. A. Petermann hat mich in seiner klaren Anschauung für geo- graphische Verhältnisse darauf aufmerksam gemacht, dass die grössere Was- sermenge, welche ich im östlichen Theile des Ngaldjam fand, wo ich es am 5ten Januar (auf dem Hinwege <les Zuges) passirte, dafür su sprechen scheine, dass es sich in dieser Richtung absenke und also mit dem Tüburi-Wasser in Verbindung stehe. Beweisend ist aber dieser Grund bei der Natur jener Wiesenwasser allerdings nicht.

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200 YU. KapiteL

war, als ich diese Bemerkungen machte; ich stand auf der Insel im Flusse. Der alte Abu Däüd trieb mich endlich zur Bückkehr, und mit Recht; denn schon war der grösste Theil der Schuä an's westliche Ufer zurückgekehrt und drohte uns allein zu lassen. Es schien keineswegs angenehm, von den Eingeborenen im Rücken angegriffen und vielleicht gar von der Mannschaft der Boote abgeschnitten zu werden.

Wir traten jedoch nicht sogleich unseren beutelosen Rück- marsch an, sondern zogen erst ein wenig am westlichen Ufer abwärts , wo auf einer schmalen, steil abgerissenen Insel, die nur durch einen engen, aber tiefen Kanal vom Festufer los- getrennt war, ein Dutzend hochherziger Eingeborenen stand und einer solchen Übermacht, wie die unserige, Hohn zu sprechen wagte. Mehrere Kanöri- Gewehrleute feuerten auf sie, aber ohne den geringsten Erfolg; denn entweder verfehl- ten die Kugeln vollständig das Ziel, ungeachtet der grossen Nähe, oder sie prallten wegen ihrer Leichtigkeit, da sie wie gewöhnlich hier zu Lande aus Zinn bestanden und aus- serdem von kraftlosem, verknallendem Pulver getrieben wur- den, sogar von den schwachen, aus Rohr geflochtenen Schil- den ab, mit denen sich jene Streiter schützten. Kein Einzi- ger ward getroffen, wenigstens so lange ich Zeuge dieser glorreichen Scene war; aber ich hielt es bald für rathsam, mich zurückzuziehen, da mehrere Bomu-Leute, welche sahen, dass ich meine Flinte bei mir hatte, mich dringend auffor- derten, auf diese Spötter zu schiessen, und -mich dann, als ich es verweigerte, mit dem gewöhnlichen „'Abd el Kerlm feida nsse bägo" „*Abd el Kenm ist ein nutzloser Mensch" überhäuften. Steine gibt es im ganzen Müssgu-Lande nicht, ausser nahe an den vereinzelten Granithöhen (wie die bei den Fulbe- Ansiedelungen und im Lande der Tüburi), sonst hätte man jene Leute mit Steinwürfen angreifen können, und wohl nachhaltiger als mit den Zinnkugeln. Die eigenthümlichen Rohrschilde, womit sich diese Eingeborenen schützten, hatte

Rückkehr nach dem Lager. 201

ich später Gelegenheit in der Nähe zu sehn; sie sind ohen etwa 16, unten 22 Zoll breit und etwa 40 Zoll lang, aber ausgewölbt, und bestehen aus sehr dichtem Flechtwerk des- selben Rohres, woniit die Hütten gedeckt werden.

Etwas vor Mittag machten wir uns auf den Heimweg, nicht gerade sehr mit Beute überladen, da nur 15 Sklaven meistens unglückliche alte Weiber, die ihre heimathli- chen Hütten nicht hatten verlassen können oder wollen in die Hände meiner Freunde gefallen waren; aber dafür Hessen diese ihren Ingrimm an den Wohnungen jener Un- glücklichen aus, und all' die behaglichen und reichen Ort- schaften, welche wir passirten, wurden ein Raub der Flam- men. Dies war allerdings ein empfindlicher Verlust für die Leute, nicht sowohl wegen der Hütten, die sie leicht wieder aufbauen können obgleich das auf den Feldern stehende Stoppelrohr, welches *bei schnellem und leichtem Hüttenbau benutzt wird, gewöhnlich mit abbrannte , als wegen der Kommagazine, da die Ernte schon längst eingebracht war und wohl nur Wenige die Vorsicht gehabt hatten, ihren Wintervorrath in Katamören zu verbergen, wie ich deren bei den Marghi beschrieben habe, aber hier gar nicht sah, wenn nicht vielleicht die oben erwähnte Grube zu einem sol- chen Zwecke bestimmt war. Auch hatten die Flüchtigen in der Eile wohl nur einen kleinen Theil ihres Komvorrathes retten können.

So ist nicht allein die Fortfühnmg der Sklaven und das Ab- schlachten der älteren Gefangenen bei den traurigen Folgen solcher Sklavenjagden in Anschlag zu bringen, sondern auch die gewöhnlich darauf folgende Hungersnoth, die in vielen Fällen gewiss eine grosse Menge dieser Unglücklichen hin- rafft, obgleich sie die Natur mit so unzähligen seichten und dabei fischreichen Gewässern versorgt hat, die ihnen ihre Existenz auch in solchen Fällen sehr erleichtern müssen. Auf diesen Pimkt komme ich später wieder zurück

202 VIL Kapitel.

Die Waldungen, welche diese Ortschaften von einander schieden, bestanden fast ausschliesslich aus Talhabäumen „kindin" , die gerade in der Blüthe waren und einen lieblichen Duft verbreiteten; hie und da schössen dazwischen vereinzelte Dümpalmen „Idnsim" auf. Delebpalmen sah ich in diesem Gaue gar nicht; aber jenseits des Flus- ses (in SO.) hatte ich, wie schon angegeben, deren in der Feme erblickt.

Nach 48tündigem Ritt erreichten wir wiederum das breite Ng&ldjam von Demmo, aber an einer anderen Stelle, als wo wir es am Morgen mit so ungeheuerem Zeitverluste passirt hatten. In der That, hätten wir es am Morgen hier, wo es unendlich weniger Wasser enthielt, durchsetzt, so hätten die armen Müssgu wotl kaum Zeit zum Entkommen gehabt. Ich Hess die Haupttruppe der Reiter an einem grösseren Wasserbecken ihre Pferde tränken und setzte ohne Unter- brechung meinen Marsch fort, dem heimischen Zelte zu; denn da ich über 12 Stunden zu Pferde gesessen hatte, ohne Rast und ohne etwas zu geniessen, litt ich sehr Hunger. Es kostete mir aber volle 1^ Stunden, um dieses hier meist trockene, mit hohem Sumpfgras angefüllte, an einigen Stel- len sehr sumpfige und von Elephantenlöchem durchbrochene eigenthümliche Bassin zu passiren, welches, wenn es voll Wasser ist, wirklich den Anblick eines sehr ausgedehnten See's gewähren muss. Nachdem ich noch 1 Meile an dem Nordwestrande dieses Schilfmeeres, das mit schönen Bäumen geschmückte sandige Festland zur Rechten lassend, hingezo- gen war, kam ich endlich in meiner leichten Leinwandbe- hausung an, wo mich volle Schüsseln erwarteten; und es war dies eines der wenigen Male im Sudan, wo ich mich erinnere, mit wahrhaft Europäischem Appetite gespeist zu haben.

Der Vezier war sehr gnädig und rühmte meinen Muth, dass ich ganz ohne befreundetes Gefolge diese ferne Rhasia

Bast. am Ngdldjsm Ton D^inmo. 203

begleitet habe; aber die Kauöri, welche mitgewesen waren, verkümmerten mir das Lob durch ihr „feida nsse bägo". Dies wurde denn überhaupt eines meiner Beiwörter in diesem Lande und war der Grund, dass ich bei den meisten Leu- ten weniger populär war, als Herr Dr. Overweg, der seinen Europäischen Charakter mehr bei Seite setzte. Das „afi feida nsse?" „wozu ist er nütz?" ist ein nicht allein den Europäer, sondern selbst den Barbaren und Halbbarba- ren in den menschlichen Verhältnissen leitendes Prinzip.

Den folgenden Tag blieben wir ganz ohne Grund hier lie- gen, wenn es nicht etwa desshalb geschah, um den verweich- lichten Hofleuten „kokanaua" , die den gestrigen Zug begleitet hatten, einige Ruhe zu gönnen; dabei nahm der Vezier Gelegenheit, mit meinem enthusiastischen Wunsch, weiter nach Süden vorzudringen wo möglich wenigstens bis zum Äquator , seinen Spass zu treiben, indem er zum grossen Entsetzen der Kokanaua vorgab, dass er die Absicht habe, noch viel weiter vorzudringen.

In der That, zu Zeiten konnte Hadj Beschir überaus lie- benswürdig sein; auch besass er Verstand genug, um zu begreifen, wie sich Europäer verleiten lassen könnten, so ge- fahiToUe Reisen zu unternehmen, obgleich er kaum fähig war, den Muth völlig zu würdigen, den ein solches Unterneh- men voraussetzt. Er hatte wiederholt mit mir über meinen Plan, nach der Ostküste vorzudringen, gesprochen und war der Ansicht, dass eine Schaar von 10 Europäern im Stande sein würde, ihn auszuführen, wiewohl er von der Menge der Wasserläufe in jenen Äquatorialgegenden grosse Hindernisse erwartete, imd es kann kaum zweifelhaft sein, dass dies eins der grössten bei einem solchen Unternehmen sein würde. Um mich über meine getäuschte Erwartung, noch weiter in's Innere vorzudringen, zu trösten, Hess er auch Mallem Djümma rufen, um mir zu erzählen, wie weit der kühne Pullo- Eroberer Büba jenseits Büban-djidda vorgedrungen sei ; aber

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VIII. KAPITEL.

Rückkehr nach Bornu.

[Mittwochs 7<«w Januar.^ An diesem Tage traten wir unsere Rückkehr an. Es war wunderbar genug, dass gerade in dem Augenblick, als in der Frühe die Trommel zum Aufbruch geschlagen wurde, eine Mondfinsterniss eintrat; aber unser Heerführer liess sich dadurch nicht, wie Nikias vor Syrakus-, irre machen. Allerdings liess er Herrn Dr. Overweg rufen, um sich von diesem über das von ihm wohl bemerkte Phä- nomen belehren zu lassen, aber sonst kümmerte es ihn nicht weiter.

Wir hielten uns jetzt im Ganzen östlicher, als auf unserem Hinwege, näher an den Fluss von Logone. Eine kurze Strecke lichterer Waldung trennte den Kulturdistrikt von Demmo von einer anderen Ortschaft, wo ausser Holcus auch Tabak auf den Feldern gebaut wurde. Schon früher hatten wir viel Tabak- bau gesehn und waren zu der Überzeugung gekommen, dass, so sonderbar das bei der allgemein bekannten Thatsache des späten Gebrauchs dieser Pflanze bei den Arabern auch scheinen mag, er hier einheimisch und nicht erst in neuerer Zeit ein- geführt sei. Auch hatten wir bemerkt, dass nicht allein die Männer, sondern selbst Frauen hier zu Lande leidenschaftlich Tabak rauchen. Hier aber waren wir nicht wenig erstaunt, Tabak und Baumwolle in friedlicher Vereinigung auf einem und demselben Stück Feld gebaut zu sehn. Von Baumwolle hatten wir in der That sonst noch gar nichts im Müssgu-

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l/;*v yM/z^lhni »Ar r^rrUiVrii. Lur frimg^e zurückgebliebene Hnhu^ rrrt/ti v^rrfrjjrt zwivrh^rfi fk-n Hütten nmher. Es war ^'tr^ *^'J#f l*/ri[*vrf 'f;*$(. /kr L^H«^rste. den wir während liieses ^fifr/z^t V*M/jtiifr< hatUrri, indem da» Thermometer um Ij Uhr Sf9J.U$ftiiUiiV,K m kijhUm .Scliatten wjseres schönen Feigenbau-

Ah ^'u'h S\Ur^ ui ihtt erfrlvrhenden Kühle des Abends der Kulii; tiuA \W\U',rVt'\i ü}>irrlie}»», entstand plötzlich ein gewaltiger Alurriff mU'iu fh WwhH, die. Kerdi griflfen das Lager an. Die 'I roiiirii/'l wirbiflte und AlhfH eilte durch einander. Der Alarm war wi iirtfHK dann mein (lefahrte sein Zelt aufgab und sich mit Hf'Uu'U I/euten in (Im (mczcH des Veziers zurückzog, wobei ich aiM'li ttieineri bei<l('n FeHuriem erlauben musste. dort Sicher- \u*ii '/M H\U'hf*u. Ich Hclbst blieb bei den Zelten; denn ich hiiiU* wellig I#UHt, meincj Lagerstätte noch einmal plündern zu laHNietif wio ch in KAnem der Fall gewesen war. Bald ergab

!

Blinde AlarmiruDg des Lagers. 207

es sich jedoch, dasses ein ganz blinder Alarm sei, der dadurch entstanden war, dass die den Umkreis des Ngäufate bewa- chenden Kanembü einen Trupp mit uns ziehender Fulbe oder Felläta für Feinde gehalten hatten, was die Furcht dieser Leute um so mehr erregte, als heute wirkhch ein Trupp von etwa 20 Schüa von den Kerdi aufgehoben worden war. Die Haupiverluste bei solchen Raubzügen treffen immer diese raubgierigen Araber, die sich am weitesten wagen; aber es geUngt ihnen hierdurch auch, manchen Raub heimUch in ihre Heimath abzuführen. Kein Einziger derselben hat ein Feuer- gewehr, Alle sind nur mit Lanzen bewaffnet, gewöhnlich einer Stosslanze „kassakka" , und vier kleinen Wurfspeeren „bällem" ; sehr Wenige haben Schilde.

[Donnerstagy 8ten Januar,^ Wir erreichten nach einem Mar- sche von etwas mehr als 1 Meile einige Weiler, wo Dum- und Delebpalmen in seltener Gruppirung zusammenstanden, die, wie sie aus dem Flammenmeere, das die Dorfschaft verzehrte, hervorragten, einen höchst eigenthümlich malerischen Anblick gewährten. Dahinter zog sich wiederum das Flüsschen mit seinem klaren Wasserstreifen haii im Osten heran, wäh- rend drüben ein reiches Grasland sich ausbreitete, mit lich- terem Baumwuchse im Hintergrunde, über den nach OSO. eine leichte Hügelkette herüberragte, offenbar schon auf der Ostseite des Arre oder Flusses von Logone. Es bot sich ein überaus frischer, weit umfassender Blick über diese unge- heuere Weidelandschaft dar, und es war mir höchst erfreu- lich, dass der Vezier auf dem bedeutend ansteigenden westli- chen Ufer, an dem wir mit der Reiterei entlang zogen, einen Augenblick Halt machte, nicht so sehr aus wissenschaft- lichem Interesse, obgleich auch ihm diese Landschaft Freude machte, als weil er vielleicht einen Angriff der Eingeborenen, deren eine ziemliche Menge in der Feme zwischen den Bäu- men sich sehn liess, auf den Packtross befürchtete. So gruppirte sich die Menge der in buntscheckige, malerische

208 Vin. KapiteL

Tracfit gekleideten Kokanäua und Heerführer nahe bei einem just in Flammen auflodernden Gehöft und gewährte selbst einen höchst eigenthümlichen , lebensvollen Vordergrund zu dem ganzen Bilde ; aber ich war froh, Wtährend unseres kur- zen Aufenthaltes nur die Umrisse der Landschaft selbst zu Papier zu bringen, mit dem langen, schmalen Streifen des an der anderen Seite des Wassers entlang ziehenden Pack- trosses und einzelnen Reitertrupps dazwischen.

Die Schönheit der Landschaft sowohl, als das wüste Bild der Zerstörung gab mir Gelegenheit, mich mit unserem Freunde und Beschützer in ein Gespräch über die PoUtik einzulassen, die sie gegen diese Eingeborenen verfolgen, indem ich ihm vorstellte, wie unendlich verständiger es von ihnen wäre, wenn sie die Müssgu dieses schöne Land in Ruhe bestellen liessen und sich begnügten , einen ansehnlichen Tribut von ihnen zu erheben. Der Vezier aber entgegnete mir, dass sie nur durch die gewaltsamsten Mittel diese ihre Unab- hängigkeit über Alles liebenden Kerdi zur Unterwerfung zwingen könnten, dass er desshalb ihre Kornmagazine ver- brenne, um sie durch Hunger zu zwingen, und leider fühlten sie diesen weniger, da die Menge der Gewässer ihnen einen Übei-fluss von Fischen darböte.

Man muss auch bedenken, welche Art von Tribut diese Leute erheben sollen ; Vieh hat für sie nicht viel Werth und andere Produkte als Korn kennen sie kaum; Sklaven sind also das Einzige, was sie von ihnen wollen ; durch gewaltsa- mes Fortführen der Letzteren zwingen sie dieselben zur Un- terwerfung und nach dieser erheben sie von ihnen einen fried- lichen Tribut an Sklaven. Dies Alles wird anders wer- den, sobald ein regelmässiger, friedlicher Handelsverkehr auf dem Benue in das Herz dieser Länder eröffnet ist und eine stete Nachfrage nach den natürlichen Erzeugnissen derselben statt findet, als da sind Baumwolle, vegetabilische Butter, Erd- mandeln, Elfenbein, Rhinoceroshömer, die Fiber der üalo-

Die Produkte des Mdssga-Landes. 209

tropis oder Asclepias gigantea^ Wachs, Häute Und unzähliges Andere. Der Vezier selbst, obgleich ein strenger Moslim, war zu aufgeklärt, um die Verbreitung des Isslam in den Vordergrund zu stellen, obgleich ihn natürlich die Überzeu- gung, dass diese Unglücklichen als Heiden „kofar" oder „kerdi" solche Behandlung verdienten, gegen ihre Leiden stumpf machte.

Wir passirten darauf das Wasser, wo es nur geringe Tiefe hatte, und auch ein anderes flacheres und breiteres Wiesen- wasser und traten dann in schön hügeliges Land ein, wäh- rend uns ein Arm des Wassers nahe zur Linken bUeb. Die ganze Landschaft war aufs Schönste angebaut und dicht bewohnt; Weiler folgte auf Weiler und grosse Bäume, meist Ficua- Arten und GirafFenbäume „karäge" umhüllten das Ganze mit der lebendigsten Pflanzenfülle. Einige Hütten zeichneten sich aus durch ihre freundliche Umrankung mit der scllon oben bei den Schüa - Weilern erwähnten „ssagade" (Cucur- hitacea)y die wahrscheinlich mit der Melopepo identisch ist, und das Ganze bot einen um so lebensvolleren Anblick, als gerade der Tabak*) in Blüthe stand, wodurch man sich in Gebiete der höchsten Civilisation versetzt glaubte.

In solcher Landschaft lagerten wir früh am Morgen, wo wiederum hart zu unserer Rechten ein hübsch gewundenes Rinnsal herantrat , indem sich der Boden in schöner frischer Neigung etwa 20 Fuss weit hhiabsenkte; der Wasserarm war nur etwa 90 Schritt breit, aber hier ansehnlich tief und voll des klarsten, schönsten fliessenden Wassers, sanft an dem (Jelände dahingleitend, um sich weiterhin in der Ebene zu verlieren. Hier legte ich mich ein Stündchen träumend in den Schatten einer grossen „karäge", mich den bezaubern- den Eindrücken eines solchen wechselvollen Wanderlebens

*) Leider vergass ich es, mich danach zu erkondigen, ob dieMüssga einen eigenen, einheiiuischen Namen für „Tabak" haben.

D«rth's ReiMn. IIL 14

f

210 Vm. KapiteL

Überlassend, die den Reisenden für alle Entbehrungen ent- schädigen und ihn stets mit neuer Begierde erfüllen, sich wei- teren Wagnissen auszusetzen. Meine zarte, aber leichtfüssige und mühgewohnte Näga blieb heute ungewöhnlich lange aus und kam erst mit den Nachzüglern des ganzen Trosses an; Reiter hatten ihr im Gedränge die Last abgeworfen und meine beiden kraftlosen Fesäner hatten Mühe gehabt, sie wieder in Ordnung zu bringen.

Ich habe schon früher erwähnt, welche Mühe uns der harte Alluvialboden in diesem Lande beim Zeltschlagen ver- ursachte; hier aber war Alles lockerer Sandboden, wahr- scheinlich als Flussschranke angehäuft.

Die leichteren Truppen hatten sich heute gleich nach un- serer Ankunft zerstreut und brachten eine ansehnliche Menge Vieh von den benachbarten Dörfern ein. All' dies Vieh ist, wie iclf schon oben erwähnt habe, nur von mittlerer Grösse und die Kühe geben entsetzlich wenig Milch. Die Müssgu sowohl, wie die Marghi und verschiedene Abtheilungen der engver- wandten Kötokö geben dem Rinde einen dem Haussa nahe sich anschliessenden Namen, während die Batta dasselbe mit einem entschieden von den Fulbe entlehnten Ausdruck bezeichnen*). Solche Beziehungen sind insofern interessant, als sie einigermassen einen Blick in die Kulturgeschichte dieser Länder werfen lassen.

«

Eine interessante Unterbrechung des sonst keineswegs durch Kampf und Heroismus ausgezeichneten Heereszuges fand heute statt, indem einer der bei dem neulichen Streifeug für

*) Die Müssgu nennen das Rind ,,8ei" (die Kuh ,,sei menl*'), die Marghi, Q&m-erghli, die A'fade, NghfiU und Yedina oder Büdduma : ,,thä". Bei den Bätta hei^t die Kuh „nako" oder ,,nakei", was entschieden aus dem Fulfülde-Wort „n^gge"* (Plur. „nei") entstanden ist; diese Pluralform „nei" haben die Fari und Koana oder Kwona aufgenommen. Ich komme anderswo auf diesen in- teressanten Gegenstand lurück.

Grenze yod Wt&lia und BärSa. 211

todt ausgegebenen Schüa zwar verwundet, aber noch lebend unter einem Baume gefunden wurde.

[Freitag, 9^^^ Januar,'] Die ganze Landschaft, in der wir uns seit dem SO^tcJi Dezember bewegten, gehört zu Wülia, das entscliieden einer der fruchtbarsten und am reichsten bewässerten Striche der Erde ist. Erst am folgenden Tage ver- liessen wir diese schöne Landschaft, nachdem sie sich noch in ihrer ganzen Anmuth gezeigt, mit phantastisch gruppirten Deich- und Diimpalmen. Ein verödeter Grenzbezirk, bald bestehend aus giünem Sumpf land, durchwühlt von Tausen- den von Elephanten und desshalb überaus schwierig für die Passage der Reiterei, bald bewachsen mit dichter Waldung, in rascher Aufeinanderfolge und Abwechselung, bildete die Scheide 'zwischen Wülia und dem schon früher von uns besuchten Gebiete von Barea, bewohnt von einem Stamme der Müssgu Namens Abare. Wir verfolgten jedoch keineswegs eine gerade Marschroute, sondern beschrieben einen gi'ossen Winkel mit östlicher Abbiegung, und es schien fast, als wenn es die Absicht des Heerführers gewesen wäre, noch einmal an das Ufer des Flusses selbst vorzudringen; und dass ihn nur die ausgedelmten Sumpfstrecken von der Ausführung seines Planes zurückhielten. Streng geschieden und ganz ohne friedlichen Verkehr unter einander, wie diese verschiedenen kleinen Stämme sind, waren die A'bare ganz ohne Nachricht vom Anrücken des Heeres geblieben, bis wir durch die dichte Wildniss auf sie heranrückten, und sie hatten kaum Zeit, sich mit ihren Familien aus der Dorfschaft in das Dickicht der Waldung nach Osten zu flüchten. Aber sie wurden verfolgt, und während der Kampf im Anfang eine Zeit lang zweifelhaft gewesen, wurden sie durch das Hinzuströmen einer immer grösseren Menge von Kriegsvolk bald überwältigt, so dass die Beute des heutigen Tages, besonders an kleinen Müssgu -Rindern, sehr bedeutend war. Aber auch Sklaven, besonders junge Knaben und Mädchen, wurden in ziemlicher

212 Vra. KapiteL

Menge eingebracht, während wir des Anblickes der abge- schlachteten Erwachsenen durch die Entfernung vom Schlacht- felde überhoben waren.

Wir lagerten in geringer Entfernung von unserem früheren Lagerplatz bei Kakala auf den Stoppelfeldern zwischen der Dorfschaft, wo der Boden wieder aus dunkel- schwarzem, überaus hartem Erdreich bestand. Kurz ehe wir das Dorf erreichten, passirten wir ein umfassendes Feld von wildem Reis, wobei mir auffiel, dass wir in Wülia nichts derglei- chen gesehn hatten. Die Dorfgruppen waren anmuthig mit einigen schönen Exemplaren der Delebpalme geschmückt, und ich benutzte die Gelegenheit, um eine Skizze dieser Scene einer behaglichen, von übermüthigen Feinden zerstör- ten Wohnstätte des Menschen zu entwerfen. Die Hütten waren im Allgemeinen von derselben Bauweise und zeigten etwa denselben Grundplan, wie die oben beschriebe- nen ; in einer derselben fand ich eine dreispitzige Lanze oder Harpune, einer gewöhnlichen Heugabel sehr ähn- lich, nur mit dem Unterschiede, dass die mittlere Spitze ungleich länger war; auch der Stiel war sehr lang, ungefähr 8 Fuss. Sie war wahrscheinlich mehr zum Fischstechen als zur WaflFe bestimmt; sonst wäre sie wohl jetzt nicht zurückgelassen worden. Übri- gens wurde ja auch der Römische trtdens zu beiden Zwecken benutzt. In ganz kurzen Märschen rückten wir nun Bomu wiedel* nä- her, indem wir uns meist im Allgemeinen in geringer Entfer- nung östlich von unserer früheren Strasse hielten, jedoch im Anfang sie, so lange wir den ausgebreiteten Gau Barea durch- zogen, ein wenig zur Rechten Hessen. Wir lagerten am folgen- den Tage wieder inmitten einer weit ausgebreiteten Oi-tschaft, deren Felder besonders von üppigen Bito-Bäumen (Balanites Aegyptiacus) beschattet wurden, auf eisenhartem Erdreich. Ich hatte soeben mein Zelt aufschlagen lassen, als HSmed, der Sohn

ll

I

ZeichnuDg einer angeblichen Müssguerin. 213

Ibrahim Wädäi's, zu mir sandte, ich möchte ihn doch besu- chen, und als ich der Einladung folgte, stellte er mir eine ge- stern eingefangene Sklavin vor, die ich zeichnen sollte; denn er wusste, dass ich nach dem Ursprung und den Gebräuchen die- ser Stämme genaue Nachforschungen anstellte. Diese Sklavin war allerdings werth, gezeichnet zu werden, da sie eine der stattlichsten Frauen war, die ich im Müssgu-Lande sah, aber ich hatte starken Verdacht, dass sie nicht von Müssgu-, son- dern von Marghl- Abkunft war. Denn im ganzen Lande Müssgu hatte ich keine Leute von rother Hautfarbe gesehn, sondern Alle hatten dieselbe schmutzig -schwarze oder sogenannte jycaß au laiV'Fsirhe; diese Person aber war röthlich. Aller- dings trug sie einen grossen »Knochen in der Unterlippe, das Nationalzeichen der Müssguerinnen, aber dies mochte sie an- genommen haben. Sie selbst wollte nicht sprechen, um mich über ihren Ursprung zu belehren, noch mir erlauben, meine Skizze zu vollenden. Sie war schön gewachsen, mit Aus- nahme der Beine, die etwas eingebogen waren, von hohem Wuchs und schöner Brust. Ihre Züge waren nur wenig durch den Knochen entstellt; ihr Hals war mit Perlenschnüren geschmückt, aber diese waren ihr nicht eigenthümlich , ebenso wenig wie ihr baumwollenes, um die Hüften geschlagenes Tuch, das ihr erst von ihrem neuen HeiTu, in dessen Hände sie gefallen, gegeben war. Denn die Nationaltracht der Müssguerinnen besteht in nichts als einer schmalen, runden, seilähnlichen Binde, aus Bast ge- dreht, die zwischen den Beinen durchgezogen und um die Hüften befestigt wird. Merkwürdig war der Fund dreier Briefe, welche man den von Kükaua kommenden Boten, die, wie ich oben berichtet, unterwegs vonKerdi aufgehoben worden waren, mitgegeben hatte; sie wurden nämlich in der Tasche einer in einer Thonurne versteckten Tobe gefunden, offenbar dem Gewände des Mannes, der sie gebracht hatte und erschlagen worden war, und die Briefe waren mitsammt der Tobe ge-

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214 ym. KmpiteL

waschen worden. Da der Feldzug an grossen Thaten und inter- essanten Ereignissen so arm war, wurde diesem kleinen Um- stände eine grosse Wichtigkeit beigelegt Offenbar aber hatte der Vezier Nachricht, wo der Bote aufgehoben worden war, und hatte wohl desshalb hier besondere Nachsuchung anstellen lassen.

[ßonrUag, 11*^ Januar^ Diesen Moi^en machte sich beim Aufbruch die Übereilung, mit der die Kanöri die Dörfer, in denen wir gelagert hatten, in Brand zu stecken pflegten, bevor wir dieselben ganz verlassen hatten, besonders fühlbar und ein ungeheueres Gedr«änge entstand zwischen den bren- nenden Hütten. Auch diese Landschaft war wieder von einer der unzähligen Wasserrinnen oder Hinterwasser durch- zogen, die dieses nahe an das Flusspaar des Tsäd grenzende Land auszeichnen, und wir passirten das Wasser mehr- mals von der einen auf die andere Seite. Die armen Einge- borenen schienen sich hier im Bewusstsein ihrer Schwäche zu neuer und ungewohnter Energie erhoben zu haben, indem sie einen grossen Erdwall aufgeführt; aber sie hatten sich gezwungen gesehn, ihn halbvollendet zu lassen.

Nachdem kaum 3 Meilen zurückgelegt waren, lagerten wir in einem Dorfe, das bereits einmal zei-stört worden zu sein schien. Die Gehöfte mit ihren Hütten lagen in Gruppen über einen weiten Raum zerstreut und waren von Acker- oder vielmehr Stoppelfeld umgeben; dasselbe war von den schönsten Akazien- und Karäge - Bäumen beschattet, welche selbst die prächtigen Bäume von Korom an Fülle übertrafen. Natürlich wünschten die Vornehmen, in dem Schatten dieser herrlichen Bäume ihre Lagerstätten zu errichten ; aber kaum hatte das Volk angefangen, es sich hier bequem zu machen, als sie von einem Schwann grosser Bienen überfallen wur- den, die sich ihnen hinter die Ohren setzten und sie auf's Ausserste plagten, gleichsam als wollten sie das Ungemach ihrer Gebieter rächen und die Lieblingsruhestätten derselben gegen die frevelhaften Eindringlinge schützen. Es ist wohl-

Anfall des Heeres durch Bienenschwärme. 215

bekannt, dass Bienenschwänne fast die Aufhebung der Ex- pedition Mungo Park's (auf seiner zweiten Reise), sowie auch derjenigen Major Grey's zur Folge hatten; hier aber flüch- tete ein ganzes Heer vor diesen kleinen Geschöpfen. Erst durch Anzünden grosser Rauchfeuer vermochten sich selbst die entfernter Gelagerten vor ihnen zu schützen. Wir hat- ten vorher im Müssgu- Lande keine Bienenzucht bemerkt; hier aber waren zahlreiche, aus ausgehöhlten dicken Baum- stämmen bestehende Bienenkörbe in den grösseren Bäumen aufgestellt. Auch an Turteltauben war die so gut mit Tei- chen und dichtem Laubholz versehene Landschaft nicht arm ; Papageien jedoch findet man in diesem ganzen Gebiete nicht und wohl überhaupt nicht nördlich vom S^en Grad.

An dieser anmuthigen Stätte blieben wir den folgenden Tag gelagert, während sich ein Theil des Heeres aufmachte, um wieder nach unserem früheren Lagerplatze bei Käkala, der nur wenige Meilen in südlicher Richtung von hier ent- fernt war, vorzudringen und die dort gelegenen Ortschaften zu übernimpeln. Diese Mannschaft kehrte jedoch am Abend mit leeren Händen zurück. Leider konnte ich über die zwischen unseren beiden nahe zusammenfallenden Strassen und den östlichsten Ansiedelungen der Fulbe gelegene Land- schaft fast gar keine Nachrichten erhalten, und dieses Grenz- gebiet scheint in der That durch die verheerenden Erobe- rungszüge jenes rastlos vordringenden Stammes fast ganz ver- wüstet worden zu sein ; wenigstens geht der Weg von Demmo nach Kafta-Baüdi, den, wie oben erwähnt, die nach Kükaua abgesandten Boten zu nehmen hatten, durch eine Waldung von gewaltiger Ausdehnung.

Wir hatten heute in unserer Kost eine erfreuliche Ab- wechselung, indem wir einen in dem nahen Wasser gefange- nen, ansehnlich grossen, vortrefflichen Fisch erhielten. Über- haupt schien die Landschaft, welche wir jetzt betreten hat- ten, vorzüglich reich an Fischen zu sein.

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216 Vm. Kapitel.

[Dienstag, 13*^ Januar.'] Als wir am heutigen Morgen unseren Marsch fortsetzten, fanden wir den Boden überall von kleinen Dämmen und Kanälen durchschnitten, vermit- telst deren die Einwohner eine grosse Menge Fische fangen, die bei hohem Wasserstande in diese Abdeichungen hinein- schwimmen und dann, nach Schliessung des einzigen Zugan- ges, nicht wieder heraus können. Allenthalben war der Bo- den voll von Elephanten-Spuren und -Koth. Dichte Waldung und offenes Weideland wechselten mit einander ab und die erstere ward hier meist von einem aus Akazien bestehenden Unterholze mit Kalgo- imd Kökia-Bäumen, als Oberholz, ge- bildet.

Sehr interessant und anmuthig wurde die Landschaft, als wir einen etwa 100 Schritt breiten offenen und klaren Fluss eine der zahllosen Wasserrinnen in diesem Afrikanischen Holland erreichten, welcher, auf beiden Seiten mit einem Saum schlanker Delebpalmen „kamelütu" eingefasst, bei der reinen Morgenluft und prächtigen Beleuchtung einen überaus malerischen Anblick gewährte. Wir passirten ihn hier, liessen ein Dorf zu unserer Linken und erreichten dann, an der westlichen Seite des Flusses auf dem von ihm ge- nährten frischen Rasenteppich hinziehend, 1 Meile weiterhin einen Punkt, wo ein von Osten kommender oder dahin zie- hender, etwas kleinerer und gleichfalls von Hj^phänen dersel- ben Gattung umgürteter Arm des nahen Flusses sich mit dem Hauptwasser vereinigt. Die Richtung dieser Gewässer ist kaum zu erkennen, da das Land, ausser beim höchsten Wasserstande, fast gar kein Gefälle hat.

Die fruchtbare, überaus malerische Landschaft jenseits dieses schmalen, sich gleichmässig hinziehenden Wasserarmes war übrigens keineswegs verlassen und überall liessen sich Eingeborene sehn. Der Heerführer machte daher, mit der Fronte gegen sie gekehrt, einen kleinen Halt, indem er die Nachzügler heranrücken und an der Passage des Flusses,

Erfolgloser Raubzug. 217

WOZU sie aus Beutegier nicht übel Lust hatten, verhindern liess. Man beschloss jedoch in entschieden sehr unkriege- rischem Sinne, erst die Ankunft der Kameele abzuwarten und mit Gemächlichkeit zu lagern, um einen Imbiss zu sich zu nehmen. Wir bogen also westlich vom Wasser ab, in eine Dorfschaft hinein, und lagerten hier auf den Stoppelfeldern.

Plötzlich, gerade um Mittag, stieg der Vezier, ohne dass ich vorher Kenntniss davon erhielt, mit allen Kaschella's wieder zu Pferde, um die Eingeborenen jenseits des Wassers anzugreifen; aber diese Armen, welchen volle Gelegenheit geworden war, die ganze Stärke des Heeres zu veranschla- gen, hatten die ihnen gogöimte Mussezeit wolil weislich be- nutzt, um die Ihrigen und ihre Habe in Sicherheit zu brin- gen; denn der Serbewel oder Fluss von Logone zog hier in nur etwa 4 Meilen Entfernung vorüber und konnte den Ver- folgten, da ihre Gegner keine Boote besassen, bei seinem jetzigen Stande vollkommene Sicherheit gewähren.

Trotzdem dass die Truppe nicht weit zog und schon nach 3 Stunden wieder umkehrte, bedauerte ich es doch sehr, diese Gelegenheit versäumt zu haben, nicht allein den schö- nen Fluss von Logone noch einmal, und zwar an einer ande- ren Stelle, zu sehn, sondern auch jene malerische, palmen- reiche Landschaft, die oflFenbar eine der schönsten in dieser ganzen Gegend war, noch einmal zu besuchen. Herr Dr. Over- weg, der frühzeitig Nachricht von dem Vorhaben des Heerfüh- rers erhalten hatte, war diesmal glücklicher als ich. Der Heereszug war gezwungen, von unserem Lageiplatze aus erst wieder nach der Stelle zurückzukehren, wo wir am Morgen das Gewässer passirt hatten. Der grosse Fluss, den sie 3 bis 4 Meilen jenseits erreichten, hatte ein zusammenhängen- des Bett und war nicht furthbar.

Wie reich an bezeichnenden Namen nicht allein der Dorf- schaften, sondern auch der zahllosen Gewässer und Sümpfe muss diese weite schöne Landschaft sein ! Aber der feindselig

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218 Vm. Kapitel.

eindringende Fremdling lernt von allen diesen Verhältnissen nichts kennen, und das Meiste, was er erfahren kann, sind die Namen der hauptsächlichsten Ortschaften. In der That ist für einen fühlenden, wissbegierigen Reisenden nichts trost- loser, als einen solchen Baubzug zu begleiten; aber bei den gegenwärtig in diesen Ländern noch obwaltenden Verhält- nissen muss er entweder den Besuch vieler Gegenden ganz aufgeben, oder eine solche Gelegenheit ergreifen. Er wird dann aber auch das Recht haben, mit um so mehr Bestimmt- heit von dem Elend zu sprechen, das durch diese Raubjagden über die schönsten und volkreichsten Gegenden dieses Welt- theiles gebracht wird. Ich glaube, dass diese zwischen dem schmalen Komadugu und dem Flusse gelegene Landschaft die oben erwähnte Herrschaft Füss bildet, deren Fürst von unseren Freunden wegen seiner grossen Macht so sehr ge- fürchtet wurde.

Heute war der kühlste Tag, den wir bis jetzt auf un- serem Zuge gehabt hatten, indem das Thermometer um 1^ Uhr Nachmittags im Baumschatten nur 29 ^ C. zeigte. Dies war dem frischen Nordwinde zuzuschreiben, der um Mittag wehte; denn während der Nacht war es nicht so kalt, als später. Das Thermometer stand während dieser Zeit bei Sonnenaufgang immer zwischen 13^° und 15 ^ und bei Sonnenuntergang zwischen 23^ ^ und 25 ^.

[Mittwoch, 14t^ Januar,'] Während eines etwas länger als gewöhnlich dauernden Marsches änderte sich der Charakter des Landes vollständig, und nicht eben zum Vortheil; denn anstatt reich mit Bäumen geschmückter Landschaften betraten wir kahle Flächen, nur spärlich mit kümmerlichen Mimosen be- wachsen und kaum zum Kombau fähig, welche besonders bei trüberer Beleuchtung einen höchst unerfreulichen Eindruck machten. Der Anfang des Marsches war jedoch sehr angenehm; denn wir kehrten zuerst an das Ufer jener schönen, klaren Wasserrinne zurück, an der entlang wir uns gestern gehalten

Eintritt in ödere Oegrenden. 219

hatten, zur Linken Unterwald und jenseits schönster An- bau und Palmen. Leider verhinderte aber dichter Nebel eine weite Aussicht, da es bekanntlich in Afrika die Januartage sind, wo das Wetter meist trübe ist und oft, wie auf unserem Marsche von Däraerghü, etwas Regen fällt. (Ich werde im Verlaufe meiner Reise Gelegenheit haben, mehr hierüber zu sagen.) Das Gewässer war hier breiter, als an der gestern berührten Stelle, imd ein Nilpferd „ngurütu" , ein Thier, das wir, wohl nur der grossen Heeresmasse halber, mit der wir diese Gegenden durchzogen, sonst weniger Ge- legenheit fanden zu beobachten, steckte seinen unförmlichen Kopf zum Wasser heraus. Die Ufer waren auch hier ganz flach.

Sobald wir diesen schönen und klaren Wasserarm verlas- sen hatten, ward der Charakter der Landschaft über alle Maassen trübselig und öde, und wir passirten einen Weiler von so armseligem, unbehaglichem Aussehn, wie ich bisher in diesem Lande, wo alle Wohnstätten ein Bild der Behag- lichkeit und des Wohlstandes bieten soweit letzterer in einem Lande wie Afrika zum behaglichen Leben erforderlich ist , noch nichts dergleichen wahrgenommen hatte. Keine Spur von Anbau war auf dem nackten schwarzen Boden um- her zu sehn, und es war klar, dass sich die Bewohner dieses Weilers nur vom Fischfang nähren konnten.

Weitcfrhin schmückten allerdings einzelne Kamelütupalmen das Land, aber sonst behielt es denselben Charakter, und die Weiler, welche wir passirten, hatten wenig mehr Einla- dendes. Der Boden zeigte deutliche Spuren davon, dass sich zur Regenzeit die Überschwemmung über das ganze Land erstreckt. Ein weiter Raum war hier ausschliesslich mit dem A'ghül bedeckt, den ich seit Taganäma mich nicht erinnerte gesehn zu haben.

Dann führte unser Weg durch jetzt fast ganz ausgetrock- netes Sumpfgrasland, welches mit einer Menge kleiner Erd-

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220 Vm. KapiteL

dämme durchzogen war; wir mussten hier mehrmals yon unserer Richtung abgehn, um noch nicht ausgetrocknetem Sumpfwasser auszuweichen. Hierauf folgte ganz nackter Bo- den mit vereinzelten Büscheln von Sumpfgras, überragt von kümmerlichen Karäge- Bäumen von kaum 15 Fuss Höhe, während wir sie sonst in diesem Lande bis zu einer Höhe von 70 80 Fuss und mit einer Krone von ebenso grossem Durchmesser zu sehn gewohnt gewesen waren. So weit das Auge reichte, war die BeschafiFenheit des Bodens von der- selben traurigen Natur. Ganz vereinzelt zeigte sich etwas Fächerpalmen-Buschwerk, das gewöhnlich die gegabelte Fä- cherpalme (Hyphaena cucifera) ankündigt; hier aber war, wenigstens auf unserem Wege, nichts von dieser zu sehn.

Endlich schien das Sumpfland ein Ende zu nehmen; aber nichts als missrathene Stoppelfelder mit wenigen zerstreuten, kläglich aussehenden Hütten trat an seine Stelle, und die wenigen Bäume, die zu sehn waren, zeigten denselben kläg- lichen, verschnmipften Wuchs, wie in dem vorher von uns passirten Distrikt. Das durch so melancholischen Anblick er- mattete Auge erfreute sich endlich an einem frischen Felde mit „niassäkuä" (Holcus cernuus)^ so klein, verschrumpft und licht die Saat auch stand. Schon hier traten neben den ge- wöhnlichen Hütten andere von höchst eigenthümlicher und vor- trefflicher Bauart auf, die ich weiter unten besprechen werde, und die nur ein zum Bauen ausgezeichneter Thonboden auf- zuführen gestattet. Indem wir dann wieder in eine Sumpfgras- ebene eintraten, erreichten wir ein 40 50 Schritt breites, aber ziemlich tiefes offenes Gewässer „komddugu" , das sich, von etwa 10 Fuss hohen Ufern eingeschlossen, in schö- ner Krümmung durch die Ebene wand. Auch hier fanden wir eine Furthstelle, wo das jetzt stillstehende Wasser völlig unterbrochen war, und ritten fast trockenen Fusses hindurch.

Der Vezier hatte auf Adischen's Rath seinen Lagerplatz in geringer Entfernung von hier zwischen den halbzerstörten

Die zerstörte Residenz Baga. 221

Hüttengruppen von Bäga gewählt, der schon im vorigen Jahre vom Kaschella 'Ali Fiigomämi geplünderten Residenz des Für- sten oder Häuptlings Kabischme, den die Kanöri gewöhnlich Käbschime nennen. Dahin ritt ich also, während der Haupt- theil des Reitertrosses sich in den hier etwas besser stehen- den Kornfeldern zerstreute, um die halb reifen Ähren für sich selbst und ihre hungrigen Gäule einzusammeln. Glück- lich, wer zuerst kam, denn die Späteren fanden entweder gar nichts, oder nur ganz grünes, ungesundes Korn.

Das ganze für das Lager gewählte Terrain war überaus kahl und öde, besonders nach der östlichen Seite, wo es nur in weitem Umkreise von kleinen Mimosen begrenzt ward; aber die Dorfschaft selbst und besonders das fürstliche Gehöft Kabischme's erregte mein Interesse ausserordentlich, sowohl wegen der vortrefflichen Ausführung des Materiellen in der Bauweise, als auch wegen der behaglichen Häuslichkeit, die sich im Ganzen aussprach, und ich that wohl daran, diesen Baulichkeiten gleich nach meiner Ankunft, ehe der Packtross ankam, die ernsteste Aufmerksamkeit zuzuwenden, da das verlassene Gehöft Kabischme's in der Folge ein „ha- rim" wurde, indem es derVezier für seine häuslichen Zwecke ganz wie gemacht fand. Leider liess die gesammte Einrich- tung des Palastes sich nicht mehr erkennen, da alles Holzwerk weggebrannt war, besonders die die inneren Gehöfte ausfül- lenden Schattenhallen. Das Ganze war jetzt ein leerer, offener, ziemlich abgerundeter Hofraum von grossem Umfange, rings umher von mehr oder weniger zerstörten Hütten umgeben und an den vier Ecken, wenn man bei einem fast runden Gebäude von Ecken sprechen darf, mit höchst eigenthümli- chen und reich verzierten Räumen versehen, die meine Auf- merksamkeit zuerst auf sich zogen, da sie von einem Kunst- und Ordnungssinn zeugten, den ich hier zu finden nicht erwar- tet hatte. Es waren kleine runde Gemächer von etwa 8 Fuss Durchmesser und wenigstens 12 Fuss Höhe, eingeschlossen

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Es war (in runvsts. unbe-

24 Fuss lh^^^■hlUI■^M■r. Hin- geben von oiniT otwa 7 Fuss holion luid 1 Fuss dii-ki-ii ITionmaiier, wi-K-he oben und an dt'ii Ei-k.'n sorgfjiltig ab- (('■piit/t war. Sobald mau durch den 4 Fuss hüben und etwa 2 Vu^n br<-iU:n Hingang getreten war. hatte man gleich znr f.iiiki-n ';iii<- mit dftr Wand parallel lanfende und nut ihr einen ÜJ ftinh br«it»;M Itaum abscbliessendc , etwa IJ Fuss hohe

223

nn. KtfättL

v«m dicken, iusiserst saaber jEe^tteten ThoniräDden und mit f^ncm ganz engen, etwa 14 Zoll breiten nnd dnrch ein vor-

Ä springendes Portal verlängerten Eingang von 6 Foss Höbe Terseben. Das Äussere war aof regelmässige Weise höchst eigentbiimbch geschmückt, indem Reiben aufspringender Kippen oder Wulste nm das Ganze herum- liefen, wie es der neben^ebende Holzschnitt darstelle Diese eigenthümbchen Kammern. nach der Analogie schon oben beschriebener ähnbcber Maga- zine, die übrigens nnten keinen Zugang hatten, und nach der AusHage der Leute , waren nichts als wohlgeschätzte Kombe- hälter, dienten aber vielleicht zugleich als Schlafzimmer iu der kalten Jahreszeit. Sie fanden sich an allen vier Ecken ganz genau von derselben Bauart; aber der Xordostwinkel des Ge- hüft^M war in dieser Hinsicht von ganz besonderem Interesse, weil hier mit diesem Magazin eine andere überaus cigen- thümliclic Iläuuilichkcit verbunden war, die eine sehr schöne Ide*! eines gemüthlichen häuslichen Lebeos gibt, wie man es walirli<;h bei diesen Leuten nicht erwartet. Dies ist daher auf der beifolgenden Ansiclit zur Anschauung zu bringen ver- 8ur;lit worden, während der nachstehende Grundriss das Ge- nauere zeigen wird.

Es war ein rundes, unbe- . decktes Gemach von etwa r 24 Pubs Durchmesser, um- geben von einer etwa 7 Fuss hohen und 1 Fuss dicken Tbonmauer, welche oben und an den Ecken sorgfaltig ab- gctputüt war. Sobald man durch den 4 Fuss hohen und etwa 2 l'uHS breiten Eingang getreten war, hatte man gleich üur [linken oino mit der Wand parallel laufende und mit ihr einen 2J Fuss breiten Uaum abschliessende, etwa 1^ Fuss hohe

Ein Gemach in der Resident zu Baga. 223

und 1 Fuss breite Thonwand oder vielmehr Thonbank (4), die sich um mehr als die Hälfte des Umfangs des Gemaches herumzog, aber, um einen leichteren Zugang zu dem schma- len Gange zwischen ihr und der Wand zu haben, etwa in der Mitte unterbrochen war, indem die beiden Enden der so ge- bildeten Bänke mit vorspringenden Absätzen versehen waren. Der so abgeschlossene schmale Raum war zur Stallung für drei Kühe bestimmt, deren jede an einen besonderen Pfahl angebunden ward. So hatte die niedrige Wand entschieden zwei ganz verschiedene Bestimmungen, indem sie einmal als Absonderungsmittel, dann aber auch als Sitzbank diente, die sich um den eigentlichen Mittelpunkt dieses Gemaches herum- zog, eine Schattenhalle, die durch ein auf vier Pfählen ru- hendes Dach aus Rohr, und Kräutern gebildet war und den deutlichsten Beweis lieferte, dass dies Gemach nicht etwa als unvollendet, etwa noch der Bedachung entbehrend, sondern ganz entschieden als ein „ämS dio'' abgeschlossener, offener, kleiner Hofraum anzusehen sei. Rechts von diesem Schatten- dach war die Kochstelle (5), eine in ihrer Ai-t höchst sauber und nett eingerichtete Küche, eingeschlossen von zwei ganz niedrigen Thonwänden und gebildet von vier steinartig ge- formten Thonaufsprüngen von etwa 6 Zoll Höhe, die eben auf sehr einfache Weise zwei Kochstellen zum Aufsetzen von Tö- pfen darboten, während sie einzeln von je drei Steinen hätten gebildet werden müssen. Zwischen der Küche, dem Schatten- dach und dem Ende der Thonbank, gegen die erstere noch durch eine besondere Mauer abgesperrt, führte ein breiter Gang auf das besondere Gemach (8), das wir als Kommaga- zin kennen gelernt haben und das mit einer feuerfesten Mauer, ungleich dicker als die des eben beschriebenen offenen Raumes, umgeben war ; aber der Gang war vermauert und bildete jetzt nur einen Rezess zu irgend welchem Zweck. Zwischen der Kochstelle und der Thür war ein von zwei schmalen Seiten- wänden eingeschlossener Raum, der wahrscheinlich nach der

224 Tm. KainteL

übereinstimmenden Einrichtung anderer Hütten dazu be- stimmt war, die Waesenirne zu halten.

Diese vier so sorgsam abgeschlossenen und überaus war- men Gemächer waren demVezier bei der ansehnlichen Kälte, die wir hier während eines mehrtägigen Aufenthaltes zu er- tragen hatten, höchst erwünscht, indem er darin seine Skla- vinnen und sich selbst behaglichst einquartieren konnte. Die Kälte an diesem so ausgesetzten Platze war so empfind- lich, dass die ganze schwarze Welt und die beiden Weissen obendrein umkommen zu müssen glaubten. In der Tbat, die armen nackten, aus ihren warmen Hütten gerissenen Müssgu - Sklaven erholten sich erst wieder um Mittag, wäh- rend sie in der Nacht vor Kälte geschrieen ; dennoch zeigte das Thermometer am Donnerstag Morgen den lÖ'«" Januar etwas vor 6 Uhr 10^° C, die grösste Kälte, die wir auf diesem Zuge erfahren; um Mittag stieg es auf SOj".

Der Grund, wesshalb wir an diesem so höchst unerfreu- lichen Orte mehrere Tage liegen bleiben mussten, war, weil man beabsichtigte, hier die ganze Beute zu theilen, ehe wir das feindliche Gebiet verliessen, da, auf befreundetem Boden angekommen, natürlich nichts mehr diese undisciplinii'tcn Banden zusammenhalten konnte. Dies ist die gewöhnliche Sitte auch im Wädäi und Dar-För. Obgleich die Rhasia an den einzelnen Punkten nicht besonders glücklich gewesen zu sein schien, so belief sich doch die gesammte Beute auf eine gute Menge Sklaven, wie angegeben wurde, 10,000. aber wahrscheinlich nicht mehr als etwa 3000; denn die Zahl wird von den Heerführern gemeiniglich übertrieben, um sich, mit dem Erfolg der Rhasia zu brüsten. Eine grosse Menge von dieser Anzahl waren bejahrte Frauen, die nicht so schnell hatten die Flucht ergreifen können, und Kindei- unter 8 Jahren. Die Erwachsenen, mit Ausnahme einiger Feig- linge, die keinen Widerstand gezeigt hatten, waren, wie ge- sagt, getödtet worden; jedoch schätze ich die Zahl derselben

Gesammtergebniss des Heeres^nges. 225

sehr gering, auf 200 300, da sich fast die gesammte er- wachsene männliche Bevölkerung gerettet hatte. Von diesen Sklaven erhielt der Heerführer den dritten Theil, ausser- dem aber nahm er für sich selbst den ganzen Betrag einer Sklavenhetze in Beschlag, mit der es folgende höchst eigen- thümliche Bewandtniss hatte.

Am Nachmittag des 17^^^ Januar zogen zwei Kaschella's aus, um, wie es hiess, von den benachbarten Dörfern Pferde- futter einzusammeln, brachten aber am Abend als ihren Haupterwerb an 800 Sklaven imd viele Rinder ein. Diese hatten sie nämlich mit A'dischen's, natürlich so gut wie er- zwungenem, Einverständniss von sdnem Gebiete entführt, als eine Art friedlichen Tributes. Zu solchen Schändlichkeiten muss sich dieser jämmerliche Fürst verstehen, um seine fürst- liche Würde zu behaupten; denn man kann kaum sagen, dass er auf diese Weise sein Land vor Baub schützt, da er fortwährend ausgesogen wird imd die auf Raubzüge gegen seine noch unabhängigen Landsleute ausziehenden Bömu- Heere mit Allem zu versorgen hat. Wir haben schon oben gesehn, wie seine Unterthanen, um nur ihr Leben und das Kostbarste ihrer Habe zu retten, beim Herannahen des Heereszuges entfliehen mussten. Natürlich sucht dieser Ver- räther seiner Nation eine ihm nicht eifrig ergebene Ort- schaft zum Opfer aus, aber was muss die Folge davon sein in dem Verhältnisse des Volkes zum Fürsten? Jede Spur des Vertrauens muss schwinden. Es ist in der That fast im- glaublich, wie er bei solchem Regimente bestehen kann, da sein ganzes Fürstenthum kaum mehr als 15 Meilen oder V4 Grad in der Länge und noch viel weniger in der Breite zu betragen scheint. Seine Unterthanen schienen jedenfalls wohl befugt zu sein, für sich selbst zu sorgen, und es war ihnen denn auch gelungen, bei eingetretener Dimkelheit den Räu- bern wenigstens einen Theil der erbeuteten Rinder wieder abzunehmen, und der Vezier selbst bezeigte dem unter-

Bcrth't BaiMo. HL « 15

226 Tm. Kapitel.

thänigen VasalleDfiirsten seine Huld, indem er ihm 200 der ältesten, fast nutzlosen Weiber wieder zustellen liess, mit dem freundlichen Bemerken, sie sollten das Land bestellen und er wolle, wenn er wiederkomme, den Ertrag davon essen. Dies klang fast wie bittere Ironie. Der Vezier hatte sonst gegen uns ausgesprochen, „dass er den Ädischen, der treu an ihm festhalte, stark und mächtig wünsche, damit er dem Vor- dringen der Felläta (Fulbe), deren eifrigster Gegner er wäre, in diesen Gegenden Einhalt thun möge".

Bei dieser Gelegenheit hatte ich mich erkundigt, ob nicht A'dischen im vorigen Jahre einmal gegen sie aufsätzig ge- wesen sei, da ich von Reisenden gehört hatte, dass der Weg von Adamaua nach Logone seinetwegen nicht sicher sei ; aber der Hadj versicherte mich, dass diese Unterbrechung des Verkehrs auf der genannten Strasse nicht von der Aufsätzig- keit Ädischen's, sondern davon hergerührt habe, dass er gegen die in sein Gebiet räuberisch eingefallenen Schüa Repressalien geübt habe. Die Stellung dieses kleinen Für- sten ist allerdings überaus eigenthümlich. Losgerissen von seinen Landsleuten und ihnen feindlich gegenüberstehend, hat er sich gegen die unablässig vordringenden Fulbe auf der einen, gegen die räubeiischen und nur schwach von ihrem Oberherm im Zaum gehaltenen Schüa auf der an- deren und gegen Logone auf der dritten Seite zu vertheidigon. Mit dem letzteren kleinen Ländchen jedoch scheint er im Ganzen auf freundlichem Fusse zu stelm. AngebUch verän- derte sich übrigens der Zustand der Verhältnisse bedeu- tend in Folge dieses Heereszuges, indem der oben erwähnte, sehr gefürchtete Häuptling „Füss" oder vielmehr Ngeu- mäta sowohl, als Kabischme zur Friedensbitte und Unter- werfung in's Lager kamen; aber die Weise, wie man davon sprach, war keineswegs so grossprahlend, wie man hätte er- warten sollen.

[Montag, 19^^ Januar.] Wir traten nun von hier un-

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Die Berghöhen von Wasa. 227

Seren Rückmarsch nach Kükaua an. Wir inussten zuerst nach der Fürth des seichten Wasserarmes zurückkehren und setzten dann unseren Marsch durch eine schöne grasige Ebene fort, indem wir einen oder zwei Weiler passirten und einige Felder mit heimischem Korn zur Seite liessen. Dann lagerten wir uns, nach einem Marsche von ungefähr 10 Meilen. Schon an diesem Tage hatten wir m der Entfernung nach Westen einige kleine Erhebungen bemerkt; da wir aber nur sehr kurze Tagemärsche machten, en-eichten wir den Gau von Wäsa, der sich durch seine Felserhebungen aus- zeichnet, nicht vor dem 22steii^ wo wir zwischen den beiden Felshöhen, welche dieser Örtlichkeit ihien eigenthümlichen Charakter verleihen, unser Lager bezogen.

Es verursachte uns ausserordentliches Vergnügen, nachdem wir die flachen angeschwemmten Ebenen Bomu's und Müss- gu's* durchzogen , uns wieder einmal im Angesicht einer Er- hebung zu finden, wenn auch nur von mittlerer Höhe, und diese Felshöhen von Wäsa hatten ein sehr malerisches Aus- sehn. Die Thalebene zwischen ihnen, wo wir unseren Lager- platz gewählt, war ziemlich arm an Baumwuchs; aber es fanden sich einige schöne wilde Feigenbäume am nordöst- lichen Fuss der westlichen Höhe, wo sich ein Wasserbecken in einer tiefen, geräumigen Höhle gebildet hatte. Nach diesem Platze wandte ich meine Schritte unmittelbar nach unserer Ankunft, ehe noch die Kameele bei uns eingetroffen waren, und brachte hier eine behagliche Stunde im Anblicke der inter- essanten Scene zu, wie die zum Heere gehörigen Pferde hierher zur Tränke geführt wui'den und immer neue Züge vom Lager ankamen, während das reiche Laub der Bäume umher einen anziehenden Gegensatz gegen die steilen Fels- klippen bildete.

Nachdem ich eine Skizze von dieser Örtlichkeit entworfen hatte, die in der gegenüberstehenden Ansicht dargestellt ist, begab ich mich wieder zu meinem Gefährten und wir beschlos-

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228 Vm. KapiteL

sen, die höhere der beiden Erhebungen zu ersteigen; jedoch fühlte ich mich, besonders da ich mir eine heftige Erkältung zugezogen hatte, nicht mehr stark genug, auch nur eine Höhe wie diese, von weniger als 700 Fuss *) über der Ebene, zu er- reichen, während Herr Dr. Overweg, der sich damals bes- serer Gesundheit erfreute, als ich, den Gipfel erstieg. Diese Felserhebungen sind zahlreich von schwarzen Affen besucht, während selbst Raubthiere in grosser Menge hier ihr Lager haben. Die von den Granitblöcken gebildeten Spalten sind mit kleinen Bäumen und Sträuchem geschmückt. Die Aus- sicht von hier über die immense Ebene nach Süden, die sich von einem ununterbrochenen Streifen mittelhoher Bäume um- säumt fand, war sehr charakteristisch, indem die einförmige Linie im Vordergrunde von der anderen Felshöhe angenehm unterbrochen ward.

Wäsa gehört schon zum Gebiete von Logone und besteht aus mehreren kleinen Weilern, deren Bewohner im Allge- meinen zu den Schüa gehören, deren Amtmann „lauän" aber ein Mann aus dem Eroberungsvolke der Fulbe ist. So macht sich der Einfluss dieses Stammes nicht allein durch die Gewalt der Waffen imd durch kühneren Muth im Wege verheerender Kriege, sondern fast noch mehr auf friedlichem Wege, durch geistige Überlegenheit geltend und verschafft sich Eingang in alle Gegenden und Reiche Central -Afrika's.

Es war in Wäsa, wo wir die Nachricht erhielten, dass ein Eilbote von Fesän angekommen sei, der aber von den Tuareg der Briefe und anderen Gegenstände, die er uns bringen sollte, beraubt worden wäre. Dies war natürlicherweise eine betrübende Botschaft, obgleich wir zur Zeit nicht er- warten konnten, Geld oder sonst irgend etwas von grossem Werthe zu erhalten.

*) Herr Dr. Vogel, der gleichfalls diesen Punkt im Jahre 1854 besuchte, fand die Erhebung der Ebene 920 Fuss über dem Niveau des Meeres, wäh- rend die beiden Höhen bezüglich 1300 und 1600 Fuss erreichten.

Rückkehr nach Ngömn. 229

[Donnerstag, 228^en Januar.] Ein merkwürdiger Anlass zur Verzögerung des Aufbruchs ward diesen Morgen gegeben, der, wenn es noch irgend eines Beweises bedurfte, wohl dazu geeig- net war, dem Yezier die Augen zu öflFnen über den Abgrund, der vor ihm lag. Sein ebenso starkes wie schnellfüssiges Lieblingspferd, das er täglich ritt, war heute früh plötzlich fast spurlos aus der Mitte des Lagers verschwunden, trotz aller wartenden Sklaven imd trotz sichernder Fussketten, und es dauerte geraume Zeit, bis es aus grosser Entfernung zurückgebracht werden konnte. So verliessen wir erst zu später Stunde diese interessante Örtlichkeit und lagerten nach einem guten Ritt durch einen sehr reichen, aber un- genügend bebauten Strich Landes in kurzer Entfernung von einem seichten Gewässer, das von ansehnlicher Breite und mit den schönsten Bäumen geschmückt war. Diese Örtlich- keit heisst Sengiri, ein Name, der höchst wahrscheinlich mit der ünvermeidlichkeit der Wasserpassage im Zusammen- hange steht; denn wir werden denselben Namen da wieder- finden, wo wir auf dem Wege von Kukaua westlich den Komadugu von Bomu zu überschreiten haben.

Von diesem Sengiri aus erreichten wir mit massigem Marsche Diggera und nahmen Quartier in unserem alten Lager, ja, wir schlugen unsere Zelte über demselben, noch vollkommen kenntlichen Kreisrund auf, wo sie vor 2 Mo- naten gestanden hatten. Auf dem weiteren Marsche von Dig- gera aus machten wir nun jeden Tag an demselben Platze Halt, wo wir auf unserem Ausmarsch gelagert waren, bis wir Ngomu erreichten.

[Sonntag, P^^ Februar.] Bei unserem Einzug in die Hauptstadt wurde viel Ceremonie und Etiquette beobachtet und die ganze Heeresmasse *), zum wenigsten derjenige Theil derselben, welcher noch nicht entlassen war, wurde in dich-

*) Über die Bestandtheile der Reiterei siehe den Anhang III.

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2d0 YIII. Kapitel.

ter Schlachtlinie aufgestellt, um auf ehrenvolle Art die mili- tärischen Begrüssungen entgegenzunehmen, welche dem An- führer bei seiner siegreichen Rückkehr dargebracht wurden. Ausgezeichnet vor Allen, welche zur Begrüssung kamen, war Rhet, der Häuptling der üeläd Slimän, der hier vor ein Paar Tagen von Känem eingetroffen war, wo wir ihn zurückge- lassen hatten und von wo er einen erfolgreichen Feld- oder vielmehr Raubzug gegen die Künkuna in Karkä unternommen hatte. Indem er an der Spitze einer kleinen Schaar von 20 30 Reitern, durch malerische Tracht ausgezeichnet, in schnellster Carriere heransprengte, gewährte dieser kleine Araber-Häupt- ling ein interessantes und lebensvolles Beispiel von Reit- kunst, das einen auffallenden Gegensatz gegen die schwer- fälligen Bewegungen der ungelenken und trägen Gestalten der Neger bildete und uns einigermassen mit unseren Ge- fährten auf dem Känem -Zuge aussöhnte.

Auch uns selbst, die beiden fremden Wanderer, erwar- tete bei dem Wiederbetreten unseres alten Quartieres in der Stadt eine aussergewöhnliche Bewirthung, indem wir mit einem besonderen, aber von der Jahreszeit abhängigen Lecker- bissen der Kanöri, bestehend aus dem frischen Samen des „masr" (Zea Mays) genannten Kornes , der in eigenthüm- Ucher Weise geröstet wird, traktirt wurden.

Das war der Ausgang eines Feldzuges, der uns einen leich- ten Femblick in die reich bewässerte Zone der Äquatorial- landschaften eröffnete, wo sich wegen des geringen Gefälles der Flüsse bei der ungeheueren, ihnen plötzlich zugcführten Wassermenge, unzählige Hinterwasser und seichte Wasser- läufe auf wenig ausgetieftem Wiesengrund bilden. Und doch hatte man von eben diesem, einen grossen Theil des Jahres der ungeheueren Wasserfülle wegen fast unpassirbaren, Län- dergürtel die Meinung gehegt, dass er als hohe Gebirgskette eine unübersteigliche Barriere bilde. Dieser Zug hatte uns femer mit Stämmen in Verbindung gebracht, die als dem

Yorbereitnng za- einem neuen Ausflüge.

231

Zustand wilder Bestien sich nähernde Wilde dargestellt wor- den waren, während wir bei ihnen manche Keime eines be- scheidenen menschlichen Glückes fanden.

Allerdings betraten wir jene Gegenden nicht unter solchen Umständen, wie es für uns wünschenswerth war; wir hatten uns im Gegentheil in der Nothwendigkeit befunden, uns mit einer Heeresmacht in Verbindung zu setzen, deren einziger Zweck war, über diese in ihrem kindlich - natürlichen Zu- stande sich glücklich fühlenden Menschen Verheerung und Elend zu bringen. Da wir aber keine Macht besassen, die- ses Unheil zu verhüten, waren wir doch froh, im Stande zu sein, so viel zu sehn. Augenblicklich befanden wir uns ganz ohne Mittel, da weitere Unterstützungen nicht eingetroffen waren; aber ich verzweifelte desshalb nicht, und um mich in den Stand zu setzen, mein Glück, ehe ich heimkehrte, noch einmal in einer anderen Richtung zu versuchen, ver- kaufte ich ausser anderen Sachen selbst mein grösseres Zelt und verwendete einen Theil des so Erhandelten dazu, mein kleines Zelt mit einheimischer Baumwolle zu. füttern; denn in seinem damaligen Zustande zerfiel es in Lumpen und sein Gewebe war so dünn geworden, dass es weder vor Regen noch Sonne schützte.

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K. KAPITEL.

Abreise nach Baghirrai. Die Landschaft Kotoko.

Am Isten Februar 1852 war ich nach Kükaua zurückge- kehrt und am 4^^^ März brach ich wieder auf zur Reise nach Baghiimi. Ich hegte jedoch keineswegs grosse Zuver- sicht auf das Gelingen meines Unternehmens. Der Sultan von Baghirmi, hiess es, sei von seiner Hauptstadt abwesend imd auf einem Zuge nach dem südöstlichen Theile seines Gebietes begriffen; doch würde ich ohne grosse Schwierig- keiten bei dem den Sultan vertretenden Vice-Statthalter Zu- tritt und von demselben die Erlaubniss erhalten, mich jenem Zuge anschliessen zu dürfen, und somit Gelegenheit finden zur Bereisung jener südlicheren Provinzen , welche für mich allein ausführen zu können nicht in Aussicht stand. Ich wen- dete mich also an den in Kükaua residirenden Agenten jenes Fürsten, einen Eunuchen. Dieser Mann war in der zweiten Schlacht bei Ngäla von den Kanöri zum Gefangenen gemacht worden und dann zur Würde eines Mestrema (d. i. ersten Eu- nuchen) des Sultans von Börnu emporgestiegen. Obgleich ich ihm ein kleines Geschenk mitbrachte, empfing er mich doch ziemlich kalt und machte mir nicht viel Hoffnung auf Erfolg.

Meine Mittel waren gänzlich erschöpft und ich war genö- thigt, den kleinen Vorrath an Geschenken, welchen ich über- haupt mitzunehmen vermochte, zu hohen Preisen und auf Kredit zu kaufen. Ich hatte nur zwei sehr unbedeutende Diener, nämhch Mohammed ben Habib und Mohammed ben

Abreise von Ngörnu. 233

Ahmed, zwei junge, aus Fesän gebürtige Burschen von ebenso beschränktem Verstände, wie anspruchsvoll als Moslemin und ohne alle Kenntniss von dem Lande, welches ich besuchen wollte. Mein Lastvieh bestand einzig in einem Pferde für mich selbst und einem weiblichen Kameele, um mein Gepäck fortzuschaffen. Bei so geringer, ja selbst armseliger Zu- rüstung begab ich mich gar nicht mit dem zuversichtlichen Muthe, der den Erfolg sicher stellt, auf die Reise ; aber ent- schlossen, nach Europa zurückzukehren, falls nicht bald neue Mittel eintreffen sollten, wollte ich noch einen letzten ver- zweifelten Versuch wagen, um etwas auszurichten, bevor ich das Land gänzlich verliesse.

Herr Dr. Overweg begleitete mich bis Ngomu, wo wir bei unserem Freunde, dem Kaschella Kotokö, abstiegen. Es machte mir bei meinem gegenwärtigen kümmerlichen Zu- stande grosse Freude, hier durch einen Privatboten vom Ve- zier ein kleines Packet Kaffee und vom M&Uem Mohammed einen Hut Zucker zu empfangen. Solche Beweise uneigen- nütziger Freundschaft sind für den Reisenden in einem frem- den Lande eine grosse Befriedigung.

[Freüagy ö^en März.] Beim Beginne der Baumwollenpflan- zung nahm ich von meinem Europäischen Gefährten Ab- schied; er selbst beabsichtigte, in Kaschella Kotokö's Beglei- tung einen Ausflug längs des Seeufers zu machen, nach Ma- duäri, demselben Orte, wo ihm binnen wenigen Monaten zu erliegen beschieden war.

Der Mestrema hatte mir zur Begleitung einen Reiter mit- gegeben, es war aber keineswegs ein Mann, wie ich ihn mir wünschen mochte. Hätten Ethnologen seine Gesichts- züge als den allgemeinen Typus der Negerrasse aufgestellt, so hätten sie sich wohl für berechtigt halten können, der letzteren e^jer eine Verwandtschaft mit dem Affen, als mit dem Menschen beizumessen. Sein gemüthloses, aber dabei eingebildetes Wesen entsprach seinem Ausseren vollkommen.

234 IX. KapiteL

Die Wasser des grossen Sumpfsee's, um dessen Ufer wir uns in nicht grosser Entfernung herumwanden, hatten be- reits beträchtlich abgenommen und schöne, frische, von zahl- reichen Heerden beweidete Matten blossgelegt, während kleine, nach dem Rückzuge der Fluth stehngebliebene Lachen die einförmige Ausdehnung der Ebene unterbrachen. Auf diesen fruchtbaren Gründen wird in grosser Menge Baum- wolle gezogen und dieser Anbau könnte noch weit stärker betrieben werden. Die Leute waren überall mit der Land- arbeit beschäftigt, während auf allen brach liegenden Fel- dern die üppige Asclepiaa oder Calotropis gigantea wieder ihre Herrschaft zu üben anfing. Kaum ein Baum war zu sehn; nur als wir weiter zogen, traten nach und nach ein- zelne grössere Vertreter der Pflanzenwelt auf.

So kamen wir an dem Dorfe Kükiya vorbei, wo wir auf dem Müssgu-Zuge zuerst übernachtet hatten. Hier ward der tiefe Sandboden mitunter von einer vereinzelten Gruppe von Dornbüschen belebt, während arme Leute hie und da nach der bereits schon einigemal erwähnten Binsennuss „habb el äsis" oder „nefü" (Cyperus esculentus) gruben. Auf einer sonst nur mittelmässig bestellten Strecke Landes gewährte ein schönes Waizenfeld einen herrlichen Anblick; es gehörte mehreren angesehenen Hofleuten -^ „kokanaua" in Kü- kaua. Wir tränkten hier unsere Pferde und wollten, nach- dem wir noch eine Strecke weiter gezogen waren, in einem dem Hadj Ibrahim gehörigen Weiler während der Tages- hitze Halt machen, wurden jedoch sehr imgastfreundlich auf- genommen und rasteten daher in einiger Entfernung vom Dorfe im Schatten eines Kautschukbaumes (Bestna elastica). Dieser Baum zeichnete sich durch einen besonderen Zauber „ssäfi" aus, welcher einen Beweis von den vielen in die- sen Ländern noch verbliebenen heidnischen Gebj^äuchen lie- ferte. Derselbe bestand aus zwei auf einander gestellten, mit einem eigenthümlichen Stoffe angefüllten Töpfen und sollte

Ein Schna- Araber wird in Dienst genommen. 235

die Fruchtbarkeit der Stuten des Dorfes sichern. Da diese Stelle ein gewöhnlicher Rastplatz der Reisenden ist, so wim- melte der Boden von Insekten, besonders der grossen Art der „kari", womit das Vieh in diesem Lande gewöhnlich behaftet ist.

Als wir am Nachmittag unseren Marsch fortsetzten, be- gegnete uns eine Karawane Karaeele und Lastochsen mit einer Ladung Negerkorn, die Einer von den Leuten unseres Freundes Lamino von der Pflanzung seines Hen-n nach der Stadt brachte. Wir erreichten frühzeitig Yedi, an dem wir ebenfalls auf unserem Müssgu-Zuge vorbeigekommen waren. Ich hatte die Absicht, innerhalb der Stadt einzukehren; die Strassen waren jedoch so eng, dass ich mein Lager lieber ausserhalb aufschlug. Ein junger Schüa- Bursche bot mir hier seine Dienste an; derselbe hatte uns bei dem Brunnen, wo wir unsere Thiere tränkten, unentgeltlich Beistand ge- leistet und dafür von mir als Belohnung einige Nadeln er- halten. Da ich sehr eines Dieners bedürftig war, nahm ich sein Anerbieten an und überzeugte mich im Verlaufe meiner Reisen, dass ich sehr wohl daran gethan hatte; denn ob- gleich mir der junge Bursche anfangs einige Mühe machte und sich mitunter etwas unbeholfen anstellte, so erwies er sich doch im Ganzen als sehr brauchbar.

Am Abend zeigte sich ein junger Mann Namens Degedji, welcher Herrn Dr. Ovei-weg auf dessen Tsäd-Fahrt begleitet hatte, sehr gastfreundlich gegen mich. Derselbe war Bar- bier und Musikant in Einer Person, aber dabei ein ziemlich lockerer Bui'sche.

Wir verfolgten die gerade Strasse nach Ngäla. Die an- fangs offene Landschaft bedeckte sich allmählich mehr mit Dnmge})üsch und weiterhin mit allerlei Bäumen mittlerer Grösse. Ausser der Frau meines Geleitsreiters, die ihren Va- ter in Baghirmi besuchen wollte und wenigstens im Vergleich mit ihrem Gemahle eine leidliche Person war, hatte sich ein

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236 IX. KapiteL

gar freundlicher Mann Namens Kägo unserer kleinen Trappe angeschlossen. Derselbe war mit den Mitgliedern der frühe- ren Expedition bekannt gewesen und liess es sich sehr ange- legen sein, mir über die Eigenschaften der verschiedenen Bäume und Sträucher, welche diese Wildniss schmückten, Auskunft zu ertheilen, namentlich über den Kari, den Ka- raua und den Lätram. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass eine gewisse Krankheit, welche man für die Schand- marke einer dicht gehäuften Bevölkerung halten möchte, auch in diesen Ländern gar nicht selten ist; sie wird hier „dun" genannt. Von der reichen Ergiebigkeit dieses gegen- wärtig der äussersten Verwahrlosung anheimgegebenen Lan- des zeigen sich die Beweise überall. Die Bevölkerung der kleinen, über die Landschaft zerstreuten Dorfschaften besteht halb aus Kanon, halb aus Schüa, und ich war überrascht, in einem Dorfe, welches einem gewissen M&llem Talbai Ssämi gehört, Felläta oder Fulbe mit Kanöri vermischt anzutref- fen. Die meisten Schüa hatten diese Dorfschaften bereits verlassen, um ihrer Gewohnheit gemäss zeitweilig nach an- derweitigen Wohnsitzen zu wandern.

Wir machten bei Zeiten im Dorfe Kostäri Halt, dessen Bewohner mich bereits bei einer früheren Gelegenheit gesehn hatten. Sie schienen sehr arm zu sein , was jedoch wohl ih- rer Trägheit beigemessen werden kann. Ihren eigenen An- gaben nach besteht ihr Unterhalt fast ausschliesslich in dem Wassergeflügel, welches die flachen sumpfigen Seeufer in un- zälüigen Schwärmen bewohnt; auch war wirklich das ganze Dorf voll von wilden Gänsen und Enten. Es gelang mir je- doch, ein wenig Milch, etwas Honig und Kreb oder Kaschä zu erhalten. Das letztere ist eine Grasart, welche wahrschein- lich mit der Poa Abyssinica identisch ist, jedoch in ver- schiedenen Arten vorkommt, von welchen hier in Bornu zwei, das „kaschä ngorgo" und das „kaschä magäia", die haupt- sächlichsten sind, während es in Wäddi' drei oder vier Arten

Natrongehalt des Wassers. 237

gibt („dendng", „liliak", „schorok" und „tanfafanang") nebst einer Abart, „feie" genannt.

Es ist sehr merkwürdig, dass, während das Wasser der grossen Tsäd-Lache selbst frisch ist, das meiste des in dieser Landschaft ganz hart am Rande des Seeufers vorgefundenen Wassers Natron enthält. An diesem Orte war es so stark mit diesem Mineral gesättigt, dass es kaum trinkbar war, was sich bei der äusserst drückenden Beschaffenheit der Luft um so fühlbarer machte. Beim Antritt meiner Reise und nach einem längeren Aufenthalt in der Stadt war ich ohnedies in so geschwächtem Zustande, dass ich meine Kräfte vermittelst eines kleinen Restes von Mastixspiritus, den ich mitgenom- men, wieder herstellen musste. Die Hitze war so heftig, dass ich mich nicht wenig erleichtert fühlte, als sich am Nach- mittag ein schwacher Wind erhob. Meine armen Thiere waren jedoch noch schlimmer daran als ich selbst, da sie von einer grossen blutsaugenden Fliege geplagt wurden.

Die Strasse, auf welcher Major Denham längs des Südufers des Tsäd reiste, ist gegenwärtig wegen der Unsicherheit des Landes gänzlich aufgegeben, sowie der von ihm erwähnte, etwa 3 bis 4 Stunden nordöstlich vom hiesigen Platze gele- gene Ort oder vielmehr Gau Kesskäri jetzt gänzlich verlassen ist, wesshalb wir eine mehr südliche Strasse einschlugen.

Was hier zuerst unsere Aufmerksamkeit auf sich zog, war eine Heerde Wildschweine, eine in diesen Gegenden für mich sehr seltene Erscheinung. Ich fand jedoch diese Thiere spä- ter in der Nähe der Ufer des Schäri sehr zahlreich, indem sie dort sogar einen beträchtlichen Theil der Nahrung der Eingeborenen, die Mohammedaner nicht ausgenommen, zu bil- den schienen.

Als wir auf dem engen, durch die Waldung fuhrenden Pfad dahinzogen, wies der Pflanzenwuchs plötzlich eine neue und sehr bemerkenswerthe Erscheinung auf; denn wir trafen hier auf eine Gruppe von zehn bis zwölf baumartigen Euphorbia-

238 ^IX. Kapitel.

ceen. Ich habe kleinere Euphorbien auf meiner Reise durch Damerghü und selbst in Haussa erwähnt, seitdem aber war mir die Euphorbie im Sudan nicht wieder zu Gesicht ge- kommen. Hier dagegen bildete diese Pflanze Bäume von ge- wiss nicht unter 30 35 Fuss Höhe; ihre saftvollen und üp- pigen cactusartigen Blätter bildeten einen auffallenden Gegen- satz zu dem einförmigen und dürren Laube der Mimosen, welche ringsumher standen. Der Boden muss in dieser Ge- gend von sehr eigen thümlicher Beschaffenheit sein; denn ich habe auf meiner ganzen nachlierigen Reise die Euphorbie nie wieder eine solche Höhe erreichen sehn; die grösste Höhe derselben, die mir noch vorkam, betnig nur 20 Fuss; dies war im Mussgu-Lande an einer ganz vereinzelten Stelle. Auch auf meiner Reise nach Baghirmi traf ich nicht ein einziges, auch noch so kleines, Exemplar dieser Pflanze wieder an.

Der Theil der Waldung, welchen wir nun durchzogen, hatte ein frischeres Ansehen und die Scene belebte sich durch einen Trupp Reiter, dem wir begegneten, worauf wir 5 Uhr Nach- mittags im Dorfe Dabua ankamen. Hier fanden wir freund- liche Aufnahme, wozu das einnehmende Wesen meines heite- ren Gefährten Kägo nicht wenig beitrug, während die afl'en- artigen Grimassen meines offiziellen Geleitsreiters ganz unbe- achtet blieben. Man reichte uns Geflügel, Milch und Neger- kom zum Abendessen. Der Platz ist gut mit Wasser ver- sehen und der Brunnen nur 5 Klaftern tief.

[Sonntag, 7fen März.] Als wir wieder aufbrachen, betraten wir einen sehr dichten Theil des Waldes („karäga tsilim", wie die Kanöri sagen) mit einer reichen Mannichfaltigkeit von Bäumen ; aber alle waren nur von mittlerer Grösse und unt(T ihnen nicht ein einziger Tamarinden- oder Affenbrodbaum. Als wir aber weiter kamen, öffnete sich die Landschaft etwas mehr, indem an die Stelle der „karäga tsilim" die „dirride" „lichtere Waldung" trat, und Zeichen von Acker- bau fingen an, sich sehn zu lassen. Ich bemerkte hier, dass

Die Dörfer Gndjari und Hofknm. 2d9

der Thonboden „firki" oder „ange" mit kleinen Furchen durchzogen war, um das Wasser während der Regenzeit für den Anbau der Mässakuä zurückzuhalten; auch schien etwas Banmwollenbau betrieben zu werden. In diesem Gau war die Bevölkerung ebenfalls aus Schüa und Kanöri gemischt.

Das Dorf Gudjäri, bei dem wir weiterhin vorbeikamen, zeichnete sich durch eine grosse Töpferei aus. Wir begeg- neten hier einer zahlreichen Karawane Lastochsen mit einer Getreideladung, die nach der auf meinem Müssgu-Zuge er- wähnten Stadt Diköa unterwegs war; denn es ist, wie da- selbst bemerkt wurde, der dortige Anbau gänzlich auf Baum- wolle beschränkt, so dass die Einwohner ihren gesammten Gretreidebedarf einführen müssen. Die Baumwolle wird nicht auf Lastthicren,. sondern auf den Köpfen der Eingeborenen transportirt, und weiterhin begegneten wir einem zahlreichen Zuge solcher Leute, was denn einigermassen das Ansehen von Gewerbfleiss hatte. Wir kamen auf unserem Wege an vielen von jenen schwarzen, „firki" oder „änge" genannten morasti- gen Stellen vorbei, welche ich bei einer früheren Gelegenheit beschrieben habe, und erreichten 8J Uhr Morgens die kleine Dorfschaft Hokkum.

Wir hatten diesen Weg in der Absicht eingeschlagen, das bittere Brunnenwasser des Dorfes Djemage zu vermeiden, fanden es jedoch hier noch schlimmer; denn es gab eben gar kein Wasser im Dorfe und wir mussten in grosse Entfer- nung schicken, um uns einen kleinen Vorrath zu verschaffen, der keineswegs von angenehmer Beschaffenheit war. Dieser Wassermangel scheint jedoch nur aus der Nachlässigkeit der Einwohner zu entspringen; denn die Bininnen sind nicht über 3 Klaftern tief und die Überschwemmung d(^s Tsäd tritt mitunter so nahe heran, dass es nöthig befunden wor- den ist, das Dorf an der Xordseite durch einen Deich zu schützen. Wir rasteten hier während der Tageshitze im Schatten eines Kuma- Baumes, dessen Fiiicht wir, da sie

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240 IX. KapheL

gerade reif war, in Ermangelung eines höheren Genusses nicht verschmähten.

Ich bemerkte hier mit Erstaunen, dass man Salz aus der Verbrennung von Viehmist gewinnt. Es ist in der That merkwürdig, zu welcher Aushilfe die ärmeren Leute im Sudan schreiten, um sich mit diesem Artikel zu versehen, der allen Stufen der menschlichen Gesellschaft zu einem unentbehr- lichen Bestandtheil der gewöhnlichen Nahrung geworden ist.

Ungefähr V2 Stunde nach unserem Aufbruche am Nach- mittage kamen wir bei einem beträchtlichen Binnsale an, das, mit schönen, weit sich ausbreitenden Bäumen umsäumt, eine sehr anmuthige Erscheinung bot. Es wird Koma- dugu Imbulü oder Mbulü genannt. Nach der Behaup- tung meines Gefährten Kägo ist es von dem Ydloe oder Ko- mädugu von Diköa gänzlich verschieden, und nach dem, was ich auf meiner Rückreise in Erfahrung brachte, scheint er Recht zu haben. Das Rinnsal hatte gegen 12 Fuss hohe Ufer imd eine Breite von 60 75 Fuss; die Tiefe des Wassers betrug aber nur IJ Fuss; eine Strömung war nicht be- merkbar. Der Baumwuchs war, auch nachdem wir dieses Gewässer verlassen, von grösserer Mannichfaltigkeit , aber durchweg ziemlich niedrig. Wir bemerkten hier in grosser Menge das bereits fiüher erwähnte, „kreb" oder „kaschä" ge- nannte Gras, welches einen beträchtlichen Nahrungsbestand- theil der iinniiwu B(;völk(Tung bildet. Wir kamen bei verschiedenen giin/li(^li vc^rlassenen und verfallenen Städten vorbei, dann chirch cmi dicJites Gestrüppe, wie wir es kaum in der Nähe (nuvv groMMnn Stadt anzutreffen erwarteten, und erreichten um 5 Uhr die? Tlionnuuiern von Ngäla.

Das Innere iU*r Htadt hat inn sehr eigenthümliches An- sehen, wie nicjhtM cl(»r Art im Stidan sich wieder findet, ob- gleich der Plntz f<*«m»tiwllrtig in sehr verfallenem Zustande ist; denn dc^r gOMiinunt^' iiltcro Stadttheil besteht aus Lehm- wohnungen, welche auf einer hohen Terrasse erbaut sind.

Die Stadt NgSla. 241

Der Palast des Statthalters ist wirklich etwas ganz Stau- nenswerthes für diese Regionen, indem derselbe mit seinem gewaltigen Unterbau und hoch emporragenden Ringmauern einer förmlichen Citadelle gleichsieht.

Uns wies man in dem geräumigen Hause des Gedädo oder Delätu, in welchem Herr TuUy starb, unsere Wohnung an; dasselbe war, wie sonst die ganze Stadt, im grössten Verfall. Die Zeiten der Meram, der geliebten Frau des Scheich Mohammed el Amin el Känemi, waren vorüber, und Ngäla's Reichthum war von den Sklaven des gegenwärtigen Scheichs und dessen Vezier verzehrt worden. Der einst prächtige Palast der Meram selbst ist nichts als ein grosser öder Ruinenhaufen.

Die mir überwiesene Wohnung war jedoch in einem ziem- lich gut erhaltenen Zustande und enthielt ein oberes Stock- werk, wo ich gegen die Schwärme von Mücken, mit welchen der Ort behaftet ist, ziemlich geschützt war.

Wir blieben den ganzen folgenden Tag hier liegen und unter Anderem stattete ich dem Statthalter einen Besuch ab; es that mu* aber einigermassen leid, dass der vortheil- hafte Eindruck, welchen das imposante Äussere des Palastes auf mich gemacht hatte, durch den verfallenen und veröde- ten Zustand des Inneren wieder zei'stört wurde. Die ganze Gemarkung ist gegenwärtig in einem höchst vernachlässigten Zustande, wodurch angedeutet scheint, dass der Beherrscher dieses Landes seme Unfähigkeit, die hiesigen Unterthanen gegen einen anderen Einfall Wadäi's vertheidigen zu können, anerkenne.

Der Statthalter war nicht eben ein sehr intelligenter Maim; er machte mich aber zuerst auf den Umstand auf- merksam, dass die Einwohner der Stadt Ngäla eine eigen- thümliche, vom Kanöri ganz verschiedene Mundart haben. Ich fand nachher, dass dieselbe selbst von den Dialekten der anderen bedeutenden Plätze in der Gemarkung Kotokö ver-

B«rth'« RaiMn. UI. 16

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242 IX. KapiteL

schieden, dagegen mit der Sprache der Tsfid- Insulaner (der sogenannten Büdduma, deren wirklicher Name aber Yedinä ist) einerseits und der der Müssgu andererseits sehr nahe verwandt ist. In einiger Entfernung von Ngäla liegt die Stadt Ndiffu oder Ndifü, welche eine der letzten Festun- gen des Stammes der Ssoi oder Ssö, deren ich in mei- nem geschichtlichen Abrisse des Reiches Bomu wiederholt Erwähnung gethan habe, gewesen sein soll. Angeblich sind daselbst wiederholt schöne Schmucksachen ausgegraben worden.

[Dienstag, 9*^ März,] Ich hatte auf der westlichen Seite der Stadt kaum Spuren von Anbau bemerkt, und als ich am nächsten Tage meinen Marsch fortsetzte, fand ich deren eben- so wenig auf der anderen Seite. Die Umgegend von Ngäla, namentlich die nordöstliche Seite, ist jedoch in den Augen des Bomu- Volkes von grossem Interesse, da hier das Schlacht- feld zweier wichtiger Zusammentreffen mit den Baghirmiem liegt, in deren ersterem, im Jahre 1233 der Hedjra, der Sultan Dünama fiel Meine Gefährten, die sich des ganzen Verlaufs jenes Kampfes sehr wohl erinnerten, bezeichneten mir mit patriotischem Enthusiasmus die verschiedenen Stel- lungen, welche ein jeder Schlachthaufen eingenommen hatte.

Die Gegend wurde jedoch äusserst einförmig; eine fast ununterbrochene Ebene von jenem schwarzen Thonboden, dessen oben erwähnt worden, streckte sich in weite Feme hin. Diese Ebene verwandelt sich aber während der Regen- zeit, wo hier sämmtlicher Boden überschwemmt ist, in ein unermessliches Getreidefeld , welches jene eigenthümliche, Massäkuä genannte Sorghum- oder Holcus-Art erzeugt. Dann aber ist diese Landschaft kaum für Pferde, geschweige für Kameele passirbar. Einige kleine Dörfer, von Schüa be- wohnt, wurden in einiger Entfemung im Süden bemerkt. Wir hatten dann einen langen Aufenthalt, indem wir in einer niedrigen Mimosenwaldung, welche diese Ebene um-

Die Stadt Ren. 243

gibt, den Weg verloren, bis wir endlich eine Dorfschaft Namens Ssittahe erreichten, wo wir während der Tageshitze Rast machten. Diese Ortschaft besteht aus zwei besonderen Gruppen, von welcheu die eine grosse runde Rohrhütten für die Regenzeit und die andere leichte längliche, gänzlich aus Matten errichtete Wohnungen für die trockene Jahres- zeit enthält. Hier wurden wir von einem Mallem, welcher früher ein beträchtliches Vermögen besessen, aber durch Erpressungen von Seiten der Sklaven seines Landesherm viel eingebüsst hatte, gastfreundlich bewirthet. Es sind diese unverschämten Hofsklaven, die, ohne Interesse für die Wohlfahrt der Einwohner, dem Lande so viel Schaden verursachen.

Was die Niederlassungen der Araber in der Gemarkung Kotokö betrifft, so werden sie nicht über 200 Jahre alt sein. Die meisten von diesen Arabern gehören zu dem zahlreichen Stamme der Ssalamät.

Am Nachmittage erreichten wir, nachdem wir 4 Stunden weiter gezogen, die Stadt Ren. Diese, früher ein beträchtli- cher, jetzt aber fast verödeter Platz mit verfallenen Mauern, hat jedoch ein sehr malerisches Ansehen, indem schöne, reich belaubte Feigenbäume die Trümmer hoher, wohlgebau- ter Thonwohnungen übei*wölben. Meine Wohnung war hier besser, als ich erwartet hatte, eine vortrefflich gebaute Hütte, mit allen Bequemlichkeiten versehen, die ein solches Gebäude nur gewähren kann. Die behagliche Ruhe, welche mir das saubere Ansehen meiner Hütte versprach, wurde jedoch durch Schwärme von Mücken, welche einem grossen Sumpfe an der Nordseite der Mauer ihr Dasein verdankten, gar sehr gestört. Die Stadt Ren war ehemals der Mittel- punkt eines kleinen Königreichs, aber gegenwärtig völlig ver- ödet ist. Die dortigen Einwohner haben einen besonde- ren Dialekt. Der Statthalter war ganz beredt in der Be- schreibung des Elendes, in das seine Untergebenen versunken

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244 IX. Kapitel.

seien, erwies sich aber dessenungeachtet sehr gastfrei ge- gen mich.

Indem wir den erwähnten Sumpf bei Seite Hessen, zogen wir weiter durch einen fruchtbaren und gut bevölkerten Gau, der von offenen Weilern reich belebt war, während zahlreiche Küma-Bäume, jetzt eben mit Frucht beladen, die Komgefilde schmückten. Es gefiel mir wohl, zu bemerken, dass die Bewohner denselben Gebrauch wie die Mussgu haben, nämlich ihren Vorrath an Heu und Futterkraut wähi-end der trockenen Jahreszeit in den Baumästen aufzubewahren. Die Bewohner sind insgesanmit Araber, zu den Ueläd Megebel gehörig, deren Häuptling Tssa A'sche genannt wird; der Gau heisst Ranganä. In einer beträchtlichen Entfernung im Süden üegt die ummauerte Stadt Dema, welche dem Scheich Abba gehört. Die Araber sind entweder Viehzüch- ter oder Getreidebauer; etwas weiterhin fanden wir jedoch auch Baumwollenbau. Nach dieser kleinen Unterbrechung betraten wir wiederum Firki-Boden, wo mich mein Gefahrte auf eine neue, „ütutü" genannte Grasart aufmerksam machte, deren Same ausser dem erwähnten Kreb einen gl'ossen Theil der Nahrung der ärmeren Leute in dieser Gegend abgibt.

Dichte Reihen schöner Tamarinden bezeichneten die Nähe eines Rinnsales, welches selbst jetzt vqn Bedeutung war, in- dem es über 100 Fuss Breite und 3 Fuss 9 Zoll tief Wasser, jedoch keine bemerkbare Strömung hatte. Ein kleiner Kahn, welcher am Ufer lag, schien anzudeuten, dass es mitunter nicht durchwatet werden kann, was ich auch auf meiner Rückreise selbst erfuhr, als ich es bei Legäri, etwas weiter unterhalb, wo es eine weite Krümmung nach Westen bildet, passirte. Dieses Rinnsal, welches während der Regenzeit dem See eine beträchtliche Wassermenge zu- führt, heisst Komädugu Lebe. Ehemals stand die bedeu- tende Stadt Ssulö an dem jenseitigen Ufer; diese ist aber ge-

Die Stadt Afade. 245

genwärtig verlassen und die Ruinen sind mit dichter Wal- dung durchwachsen. Etwas weiterhin bezeugten die Überreste einer anderen alten Stadt die frühere Wichtigkeit dieser Ge- gend. Wir nahten uns nunmehr der grössten Stadt im Lande Kötoko, aber es waren kaum Spuren von Anbau bemerkbar, mit Ausnahme einer jungen Baumwollenpflanzung, und die dichte Waldung reichte bis an die Mauern der ausgedehnten, aber in schleunigem Verfall begriflfenen Stadt.

Das ganze Innere der Stadt Afade ist gegenwärtig ein grosser Schutthaufen, aus welchem hie und da ein in etwas baulichem Zustande befindliches Gebäude hervorragt, und ihre grösste Zierde besteht jetzt in einem prachtvollen Fei- genbaume von der „büske" genannten Art, welche, wie ich glaube, mit dem von den Arabern bei Timbuktu, ,due" ge- nannten Baume identisch ist. Ich erinnere mich jedoch nicht, je wieder ein so herrliches und üppiges Exemplar die- ser Familie des Pflanzenreiches angetroffen zu haben, als dieser „büske" von A'fade war; freilich wird seine Pracht durch die traurige Sccne umher gehoben. Indem er sein gewaltiges, undurchdringliches Dach vom frischesten und lieblichsten Grün über einen grossen Theil des Platzes vor den hohen Ruinen der Behausung des Statthalters ausbrei- tete, bildete er den Versammlungsort „fage" für die Müssiggänger dieser einst so betriebsamen und wohlhaben- den, aber jetzt gänzlich herabgesunkenen Stadt.

Meine in dem oberen Stockwerke eines Hauses befindliche Wohnung war ziemlich leidlich; sie war luftig und gewährte eine Aussicht über die umliegenden Stadttheile, wobei ich denn die Vortrefflichkeit des Thones, aus dem die Häuser erbaut sind, bewundem musste. (Der Thon scheint über- haupt in früherer Zeit im Lande Kotokö die leichteren Bau- stoffe, wie Rohr und Stroh, gänzlich ausgeschlossen zu haben.) Ich bemerkte, dass selbst viele von den runden Hütten eine beträchtliche Höhe hatten und mit einem flachen Thondache

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246 IX, KapiteL

versehen waren* welches eine hübsche, mit einer niedrigen Brustwehr umzogene Terrasse bildete.

Ehedem scheint in diesem kleinen Königreiche Kotokö ein beträchtlicher Grad von Bildung geherrscht zu haben. Übri- gens war dasselbe nicht ein einziges Reich, sondern zerfiel in eine Gruppe von Fürstenthümem, welche, wie aus der grossen Mannichfaltigkeit der Mundarten ersichtlich ist denn jedö grössere Stadt (als lüessem, Gulfe und Küssuri, Makari und Mäfate, Afade, Ren und endlich Ngäla mit der etwas ab- weichenden Form von Ndiflfu und den Nachbarorten) hat ihre besondere Mundart , von einander ganz unabhängig waren. Wenn wir nun erwägen, dass diese Landschaft in dem von Ebn Chaldün*) erhaltenen Verzeichnisse der Negerländer des Ebn Süd (1283 n. Chr.), worin selbst die Kürl (die Bewoh- ner von Kargha) nicht vergessen sind, nicht vorkommt, wäh- rend sie von MakrTsi **) augenscheinlich ei-wähnt wird : so dürfte sich daraus ergeben, dass sie erst im Laufe des vier- zehnten Jahrhunderts zu Bedeutung gelangte. Obgleich wir die Verhältnisse, aus denen dies entsprang, nicht genau anzu- geben vermögen, lässt sich doch annehmen, dass der Kampf zwischen den beiden mächtigen üynastieen von Bornu und Buläla wesentlich zu diesem Aufschwung beitrug.

Was den Dialekt von Äfade betrifft, von welchem ich ein kurzes Wörterverzeichniss ansammelte, so scheint er ein Übergangsglied zwischen der Mundart der Yedinä ***) , der Tsäd-Insulaner, einerseits und derjenigen der Müssgu ande- rerseits zu bilden.

In der Gemarkung Äfade besteht ein grosser Theil der

*) £bn Chaldüii, Arab. Text, vol. I, p. 200 ; trad. S. Macguckin de Slano, vol. II, p. 116.

•*) Makiisi bei Hamaker, Spec. Catalog.y p. 206: /^X^^lj .

***) Ich wiederhole hier die, wie ich glaube, bereits an einer anderen

Stelle gemachte Bemerkung, dass unter Makilsi's LÜUi meiner Ansicht nach die T^diiüi zu verstehen sind.

Eigenthümlicbe Antilopenart. 247

Bevölkerung aus Schüa, hauptsächlich vom Stamme der E' Nedjaime und Ueläd Abu Chodhair. Der Statthalter war zur Zeit gerade abwesend, indem er einen kleinen Zug unter- nommen hatte, um diese sehr unstäten und oft widerspen- stigen Leute zu züchtigen. Ungeachtet seiner Abwesenheit behandelte man uns sehr gastfreundlich und wir erhielten zum Abendessen ein Schaaf , mehrere Schüsseln mit Neger- kom und ein vortrefflich zubereitetes Gericht sehr schmack- hafter Fische aus dem Flusse Lebe; auch hatten wir keinen Mangel an Milch.

Es wäre gewiss sehr interessant gewesen, hier einige Tage verweilen zu können, um eine klarere Einsicht in die Eigen- thümlichkeiten dieser Provinz zu erlangen; da jedoch das entferntere Ziel meiner Reise einen längeren Aufenthalt nicht gestattete, so setzte ich am folgenden Tag meinen Marsch fort. In allen diesen Städten trifft der Reisende die un- bequeme Einrichtung, dass die Thore nicht weit genug sind, um beladene Kameele hindurch zu lassen.

Als wir die Heerstrasse da, wo die Waldung durch etwas Baumwollenbau unterbrochen wird, erreichten, erblickte ich zwei schöne Exemplare der hier „tigdim" genannten Anti- lope, welche graufarbig, niedrig gebaut und, wie ich glaube, mit der Antilope annulipes entweder identisch oder doch ihr nahe verwandt ist. Sonst ist mir diese Antilopenart im Sudan nicht wieder vorgekommen.

Weiterhin, wo der Boden aus jener, von den Eingeborenen „kabe" genannten, in der dürren Jahreszeit überaus harten Erdart bestand und spärlich mit Zwergmimosen bewachsen war, belebten so giosse Schwärme von Perlhühnern, wie ich noch nie vorher gesehn hatte, das Gestrüppe. Ich bemerkte hier mit grossem Interesse die rothe Art des Negerkomes, welche von den gebildeteren Stämmen des Sudans nicht an- gebaut zu werden scheint, aber das Hauptnahrungsmittel der heidnischen Völkerschaften im Süden ist

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248 IX. Kapitel.

Nachdem wir bei einem Schüa- Weiler „Berl Schüabe" vorbeigekommen waren, wurde die Landschaft mannichfalti- ger. Ein beträchtlich grosser, mit schönen Räumen umsäum- ter Teich, der gegenwärtig aber ausgetrocknet war, ei*streckte sich zu unserer Linken, und zu unserer Rechten lagen die Ruinen der ehemaligen grossen Stadt Ssü, welcher Name mit dem alten Stamme der Ssö oder Ssoi, der einst dieses ganze Land bis nach Kala beherrschte, Zusammenhang zu haben scheint. Eine arme Frau, vor Altersschwäche unfähig, die Marktstadt zu erreichen, sass an der verfallenen Stadt- mauer imd bot den Vorübergehenden die wenige Baumwolle zum Kauf an, die sie hatte reinigen können. Das Land ist, namentlich wegen des wilden Treibens der Schüa-Araber, in einem solchen Zustande , dass auch diese Strasse für un- sicher gehalten wird, so dass mein kleiner Trupp nebst mehreren Leuten aus Logon, die sich uns angeschlossen hat- ten, genöthigt war, sich eng zusammenzuhalten. Die Strasse theilt sich hier, indem ein breiterer Pfad nach der Stadt Küssuri und ein schmalerer, südwärts gehender, den wir ein- schlugen, nach Logon birni oder Karnak Logone führt.

Wii' kamen hierauf bei zwei Dörfern vorbei , Namens De- bäbe Gesäua und Debäbe Ngaia, von welchen das letztere auch noch den sehr bemerkenswerthen Zunamen Krönik hat und nach Angabe der Bewohner dortiger Gegend die Haui)t- stadt oder eine der Hauptstädte der einst so mächtigen Ssö gewesen ist. Den genauen Zeitpunkt ihrer Zerstöiimg ver- mag ich nicht zu bestimmen; aber sie fand wahrscheinlich während der Regierung des grossen Kanöri- Königs Edriss Alaöma (zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts) statt. In neuerer Zeit ward der Boden der hiesigen Umgegend mit dem Blute zahlreichen Bornu- Volkes getränkt, nämlich hi dessen wilden Streitigkeiten mit seinen Nachbarn, den Ba- ghirmi oder Bägrimma, und es war in einem dieser Kämpfe, und zwar bei der ummauerten Stadt Miltam, wo vor 40 Jah-

Die Sümpfe um Kala herum. 249

ren (1232 d. H.) der Scheich Mohammed el Känemi seinen ältesten und geliebtesten Sohn verlor.

Wir tränkten misere Thiere an einem seichten Strome, der sich im Wiesengrunde ausbreitete, setzten dann unseren Marsch fort und mussten um 11^ Uhr einen sehr schwie- rigen Sumpf überschreiten, wobei mehrere von unseren Leu- ten stecken blieben. Diese ganze G-egend ist theilweisen Überschwemmungen ausgesetzt; es sclieint aber sehr bemer- kenswei-th, dass dieselben nicht während oder am Ende der Regenzeit, sondern mehiere Monate später ihre grösste Höhe erreichen, und als ich später (Ende August), während des hohen Standes der Regenzeit, durch dieses Land reiste, fand ich, dass nicht nur dieser, sondern auch die anderen Sümpfe beträchtlich weniger Wasser enthielten, als im Mäi*z. Dieser Umstand entsteht aus der eigehthümlichen BeschafiFenheit des Tsäd, welcher sein höchstes Niveau im November erreicht, wo sich alle aus den verschiedenen Flüssen und Strömen kommenden Gewässer über den gesammten Bereich der Lache ausgebreitet haben, während der Verlust durch Verdunstung dann auch viel geringer ist, als in den heissen Monaten.

Nachdem wir eine sehr dichte Waldung, die voll von wil- den Schweinen war (denselben schienen diese niedrigen, sum- pfigen und dicht bewachsenen Gründe an den Ufern des Schäri vorzüglich zu behagen), durchschnitten hatten und dann über einen anderen Sumpf gekommen waren, wo die Waldung endlich lichter wurde, gewahrten wir die hohen Thonmauem der Stadt Kala, welche ein lieblicher Hain un- geheuerer Feigenbäume umzog und eine einzelne riesige, ob- wohl etwa« gebeugte Palme mit ihrer kleinen Fächerkrone überragte.

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X. KAPITEL.

Die Provinz Logo n. Logonbirni.

Kala ist die erste Stadt im Gebiete von Logön oder L6- gone, dessen Grenzen wir kurz vorher überschritten hat- ten. Durch ein äusserst enges Thor, welches kaum mein schlankes Kameel, nachdem die ganze Ladung abgenom- men worden war, durchliess, zogen wir in die Stadt ein. Gleich beim ersten Anblick erschien ihr Äusseres auffallend abweichend von den soeben verlassenen Gegenden; denn wälirend die Wohnungen einen gewissen Grad von Gesittung anzeigten, glichen die Einwohner selbst mehr heidnischen Völkerschaften, als den Moliammedancni. Wir wurden so- fort von einem Haufen 7 bis 12 Jahre alter Knaben um- ringt, welche, schlank und wohlgebaut, völlig nackt waren. Dies sieht man im eigentlichen Bomu selbst bei Sklaven fast niemals. Die Form ihrer Gesichtszüge war sehr verschieden von dem in Bomu vorherrschenden Typus und deutete ande- rerseits mehr natürlichen Verstand und Vei-schlagenheit an. Ich habe bereits beim Müssgu-Lande bemerkt, wie sehr der Zustand der Wohnungen gegen die Kleidung oder vielmehr gegen den Mangel an Kleidung der Eingeborenen abstach; aber hier war es noch auffallender, da die Wohnungen mei- stens nicht runde konische Hütten, sondern geräumige, hohe Thonhäuser von länglicher Form waren. Ich wurde in einem dieser Gebäude beherbergt, fand es aber sehr schwül und voller Staub.

Die Stadt Kala. 251

Die Stadt schien im äussersten Verfall begriffen und nur der mittlere Theil derselben noch bebaut und bewohnt zu sein. Die einzigen bemerkenswerthen Gegenstände waren zwei Pal- men, von welchen ich die eine bereits von aussen bemerkt hatte; ich fand nun, dass es nicht Dattelpahnen, sondern Fä- cherpalmen waren. Sie waren niclit gabelförmig, gehörten nicht zur Cucifera Thebaica und waren ebenso wenig Delebpalmen. Dieselben waren jedenfalls die höchsten Bäume der gefächer- ten Familie, die ich je gesehn zu haben mich erinnere; ihre Höhe war bei dem kleinen, auf den höchsten Wipfel be- schränkten Blätterbüschel um so überraschender.

Da die Stadt nichts von Interesse darbot, ging ich am Nachmittage hinaus und ruhte ein Paar Stunden im Schat- ten eines jener schönen Feigenbäume, welche, von einem grossen und tiefen Sumpfe befruchtet, die Stadt rings um- ziehen ; aber so angenehm ich mich während des Tages er- holt hatte, um so trauriger brachte ich die Nacht zu, da eben dieser stehenden Lachen wegen die Stadt voll von Mücken ist, 80 dass ich und alle meine Gefährten kein Auge schliessen konnten.

Wir standen daher lange vor Tagesanbruch auf und hat- ten bereits um 4 Uhr Morgens das Stadtthor hinter uns. Es findet selbst bei dem gegenwärtigen zerrütteten Zustande die- ser Gemarkung noch beträchtlicher Baumwollenbau statt, aber dieser Anbau ist hier einer unermesslichen. Ausdehnung fähig. Hierauf folgten Äor^Äww-Felder und weiterhin verkündete das Blöken des Viehs und das Glucken der Hennen das Dasein eines Schüa-Dorfes, welches in geringer Entfernung zur Lin- ken lag. Angebaute Stellen wechselten mit Waldung ab, wo das Wildschwein überall häufig war, und zahlreiche Dorf- schafben lagen umher, die jedoch gegenwärtig alle verlassen waren, da die Einwohner, welche zu den Schüa gehören, wäh- rend der trockenen Jahreszeit nach Südwesten an ein seich- tes Rinnsal wandern, das gewiss mit dem oberen Laufe des

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252 X. Kapitel.

rmbulü in Verbindung steht, und wo sie für ihr Vieh fri- schere Weiden finden. Dieses Ngäldjam ist unter den Namen BauTsch, Madef und Burbede weit und breit bekannt. Wir passirten sodann zur Linken die Stadt U'lluf , Hulluf oder Helib , welche mit einer hohen Lehmmauer umzogen und ge- rade wie Kala von reichkronigen Feigenbäumen fast verhüllt ist. Diese Stadt, deren Name von den Arabern „Elf ausge- sprochen wird und über deren Ursprung sie höchst unge- reimte Überlieferungen haben, ist wegen der vermeintlichen Hexerei und Zauberei ihrer Einwohner verrufen, was der ein- zige Grund war, dass meine Gefährten hier während der Ta- geshitze nicht Halt machen wollten.

Wir setzten also unseren Marsch fort und kamen, nachdem wir einen anderen Sumpf überschritten hatten, in eine gut an- gebaute Gegend, wo viel Sorghum gebaut, wurde. Es wun- derte mich jedoch, die hüttenähnlichen Haufen der Getreide- schober — „bägga argiimbe", wie sie im Kanöri heissen noch auf dem Felde stehn zu sehn.

Wir lagerten etwas jenseits der zeitweiligen Dorfschaft des Scheich el Chasses, dicht an einem ausgedehnten Gewässer, im Schatten einer schönen Tamarinde. Dieses Gewässer trock- net, wie mich die Leute versicherten, jährlich nur eine kurze Zeit ein, worauf die Regen es alsobald wieder anfüllen. Alle diese einheimischen Araber sind, wie bereits bemerkt wurde, sehr ungastlich und die Leute aus dem Dorfe boten uns kei- nerlei Erfrischung an ; es gelang mir jedoch, für einige Nadeln etwas Honig zu kaufen.

Als wir am Nachmittage wieder aufbrachen, fanden wir es sehr schwierig, die Sümpfe zu vermeiden. Das Land war mit- unter gut angebaut und erzeugte ausser Sorghum die ge- fleckte Art Bohnen ; es überraschte mich jedoch, inmitten der Stoppelfelder junge Saat der „massäkuä" genannten Sorghum- Art aufschiessen zu sehn. Das ist in diesen Ländeni eine seltene Erscheinung im Monat März, da dieses Winterkorn

Eintritt in das Stadtgebiet Logdn. 258

gewöhnlich während des Dezembers oder Januars geerntet wird. Wir betraten hierauf einen Wald und erreichten auf gewundenem Pfade das ziemlich beträchtliche Dorf Miinke, welches zu Logon gehört, aber meistens von Kanöri bewohnt wird. Hier schlug ich mein Zelt auf dem Marktplatze auf, von einer Anzahl Neugieriger ungemein behelligt.

Das Land, welches wir durchzogen, als wir uns der Haupt- stadt von Logon näherten, war von reicher und finichtbarer Beschaflenheit, aber nur mangelhaft angebaut. Ausser Ge- treide fand sich beträchtlich viel Baumwolle ; zahlreiche Bäume mannichfaltiger Art erhöhten die Anmuth der Landschaft, durch ihr schönes, reiches Laub, welches die Einförmigkeit, die sonst der Lmer- Afrikanischen Waldung eigen ist, gänzlich aufhob. Im Unterholze herrschte das Dümgestrüppe vor, all- mähUch aber fing der „liaräss" oder „karäge"-Baum an, den Vorrang zu gewmnen. Die Schoten dieses Baumes, welche die Samen enthalten, sind ein Lieblingsfutter nicht nur für Kameele, sondern auch für Affen und Schweine, welche beide in dieser Landschaft sehr zahlreich zu sein scheinen und in bestem Emvernehmen mit einander leben. Zahlreiche Höh- len desT^dschweins (Orycteroßus Aethio^iensis) wurden gleich- falls bemerkt.

Wir trafen eine Anzahl von Reisenden und zu Markte zie- henden Leuten, welche uns freundlich grüssten, wodurch sich denn die Nähe einer grösseren Oiischaft andeutete. Diese Andeutung wurde bestätigt durch das Ei-scheinen mehrerer Weiber, welche aus der Stadt gekommen waren, um Brenn- holz für den Markt zu sammeln. Ich wurde angenehm über- rascht, meine alte majestätische Bekannte aus dem Mussgu- Lande, die Delebpalme „urai" hier wiederzusehn. An- fangs liess sie sich nur einzeln sehn , mit * ihrer stolzen fä- cherartigen Belaubung hoch über die zahlreichen Karäge- Bäume, welche noch den Vorrang im Pflanzenwuchs behaup- teten, emporragend; aber sowie an die Stelle des Thon-

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254 X. Kapitel.

bodens Sand trat, erschien eine grosse Gruppe in gedräng- ter Ordnung und voll von Früchten. Doch waren sie auf diese Stelle beschränkt und ich traf bis nach der Stadt hin weiter keinen Baum dieser Art an.

Als wir die Stadtmauer gewahrten, wechselte mein Reiter seine Kleidung, indem er eine schillernde schwarze Nüpe-Tobe anzog, um seinen Einzug mit grösserem Glanz zu halten, wäh- rend ich das Vergnügen hatte, hier wieder einige frühere Rei- segefährten zu treflfen, in deren Gesellschaft ich auf meiner Adamaua -Reise über den Benue gesetzt war, und die sich nun, anstatt die Reise in ihre Heimath im Westen fortzu- setzen, wieder auf dem Wege nach Osten befanden, eher um ihren kleinen Handelsspekulationen nachzugehen, als um noch einmal die heiligen Stätten ihres Glaubens zu besuchen. Wir betraten hierauf die Hauptstadt von Logon Logön bimi oder Kamak Loggon, wie sie bei den Schüa, oder Kämak Logone oder Loggene, wie sie bei den Kanöri heisst . Die Stadt hat auf dieser (der nordwestlichen) Seite nur Ein Thor, und dies war so eng, dass wir dem Kameel die La- dung abnehmen mussten, ehe wir durchkommen konnten. Die Rührigkeit und Betriebsamkeit der Stadt ist natürlich auf die östliche oder Flussseite gerichtet, und hier hat sie sieben Thore.

Das Innere der Stadt hatte auf der Seite, wo wir sie be- traten, keineswegs ein sehr reges Ansehen. Die ersichtlich von der ärmeren Bevölkerung bewohnten Hütten waren in einem elenden Zustande, und das einzige Anziehende in der. Scene bestand in einer Gruppe Dümpalmen, welche sich an der Nordseite dieses ärmlichen Stadttheiles erhob. Das An- sehen des Platzes besserte sich jedoch, als wir weiter in's Innere vordrangen; hier sind die Strassen ziemUch breit, und es überraschte mich der in seiner Art grossartige Charakter der Hauptstrasse „dendal" , welche durch den Palast des Sultans „miarä^^ an der Südseite imd das Haus

Logön birnL 255

des Keghämma „ibälaghuän" an der Nordseite gebil- det wird.

Der Eingang zum Palaste des Sultans „raäna miarä" in der Sprache von Logon („kelakü Logon") befindet sich an der Ostseite, an einem offenen, von einigen Bäumen beschatteten Platze; hier hatte ich eine geraume Zeit zu Pferde zu warten, während man meine Wohnung bereit machte, da die Etiquette mir nicht gestattete, abzusteigen. Die Sonne brannte sehr heftig und meine Lage war durch- aus nicht angenehm ; es gewährte mir jedoch Unterhaltung, die Schwärme von Falken und anderen Vögeln zu beobach- ten, welche in den Wipfeln einer Gruppe hoher Dümpalmen nisteten, die über die etwas verfallenen Mauern der dem Palaste gegenüber gelegenen Moschee herüberragten.

Ich hatte auch das Vergnügen, einen alten Freund des Major Denham zu treflfen, nämlich Beläl, welcher ihn auf seinen Zügen nach dem Schärf und nach Känem begleitete. Dieser Mann, welcher eigentlich M&di hiess und einen höchst liebenswürdigen, gutmüthigen Charakter und fast etwas Europäisches in seinem Wesen hatte, blieb während der Zeit meines ferneren Aufenthalts in Bömu mein Freund. Sein Geschäft in dieser Stadt war gegenwärtig, den jähr- lichen Tribut, welchen der Fürst des Landes Logon dem Scheich von Bornu zu entrichten hat, zu erheben.

Die mir angewiesene Wohnung befand sich im oberen Stock- werke des Palastes des Ibdlaghuän, welcher mich durch seine vorzügliche und selbst grossartige Bauart in Erstaunen setzte. Dieser sehr geräumige Palast besteht aus einer Anzahl von Flügeln, welche kleine vierseitige Höfe einschliessen und ein oberes Stockwerk mit vielen grossen Gemächern haben. Der einzige Theil, welcher der sonstigen Grossartigkeit des Gebäudes nicht entsprach, war die Treppe, welche gar dun- kel und unbequem war. Mein eigenes Zimmer hatte nicht weniger als 35 Fuss Länge, 15 Fuss Breite und ebensoviel

256 X. Kapitel.

in der Höbe und erhielt sein Licht durch zwei halbkreisför- mige Fensteröffnungen, die natürlich keine Glasscheiben hatten, aber vermittelst eines der Öffnung entsprechend ge- bildeten Ladens von Rohr geschlossen werden konnten. Die Decke war giebelförmig eine hier zu Lande auffallende Erscheinung und mit einer Strohlage ausgefüllt.

Aber nicht nur meine Wohnung war vortrefflich, son- dern auch die Behandlung, die ich erfuhr, war äusserst gastfrei; denn ich hatte kaum das mir bestimmte Gemach in Besitz genommen, als eine Schüssel mit einer ausgezeich- neten Mehlspeise erschien. Es ist aber auffallend, welchen diebischen Gelüsten das Volk von Logon ergeben ist; gleich die erste Andeutung, welche ich davon erhielt, war eine offizielle Warnung, mich vor den Sklaven meines Hauses in Acht zu nehmen.

Nachdem ich mich ein wenig erholt ho-tte, ging ich mit dem Kaschella Mädi aus, um dem Ibalaghuän oder Keghämma meine Aufwartung zu machen. Wir fanden ihn in dem, auf dem S. 259 folgenden Grundrisse, mit a bezeichneten Gemache. Zuerst war er für mich unsichtbar, denn er sass hinter sei- nem Mattenvorhange, dem „parpar" oder „farfar" , wel- chem die Haussa die humoristische Benennung „munafeki" („Sünder") beilegen, und welcher aus einem feinen Bin- sengrase gemacht ist; er gestattete mir jedoch bald, mich ihm zu nahen. Er war ein grosser, ältlicher Mann mit einem freundlich lächelnden Gesichte. In seinem Benehmen war nichts, was verrieth, dass er von unfreier Geburt war, wie denn auch seine Stellung in der That eine hohe war; denn er war die zweite Person im kleinen Königreiche und seine Wüide entsprach der eines Premiermiuistei's oder Veziers. Sein Name ist Herdege. Ich machte ihm ein kleines Geschenk, das, so unbedeutend es war, ihn doch zu befriedigen schien, und zeigte ihm dann das sei- nem Herrn zugedachte. Arm und von Mitteln entblösst.

^ Aadienz beim Sultan von Lögone. 257

wie ich auch dermalen war, hatte ich beschlossen, meine eigenen Türkischen Beinkleider von schönem braunen Tuche, die ich kaum einmal angehabt, wegzugeben, um meine Bahn zu ebnen; denn ausser diesem Gegenstande hatte ich nur Kleinigkeiten anzubieten, wie Turbane, Messer, Schee- ren, Weihrauch imd einiges Gewürz. Der Keghämma zollte meinem Geschenk Beifall, und ich begab mich daher sofort mit M&di Beläl zum Sultan „miarä", um ihm meine Ehrerbietung zu bezeigen.

Der Palast des Sultans ist ein sehr ausgedehntes Gebäude, von einer 14 Fuss hohen Mauer umgeben und ungefähr von gleicher Höhe mit dem Hause des Keghämma.

Der- öflFentliche Thcil des Gebäudes besteht aus einer Reihe von grossen , durch überdachte Gemächer von einander ge- trennten Höfen. In dem ersten Hofe, im Grundrisse mit a be- zeichnet, waren in einer Art leicht gebauter Schattenhalle die Eunuchen (oder, wie die Logone-Leute sagen, die „Bille- Melägem") versammelt. Ich wurde hier nicht wenig über- rascht, zwei eiserne Kanonen zu finden, freilich nicht von sehr guter Arbeit und von hohem Alter, aber doch selbst mit Laflfetten versehen. Hier hatte ich eine Zeit lang zu warten, um angemeldet zu werden, und betrat dann ein zweites Vorzimmer, mit b bezeichnet; Alles war sehr sauber und ordentlich, natürlich waren die Höfe wohl ausdrücklich ausgefegt. Der Hofraum hatte nicht unter 100 Fuss in der Länge und etwa 30 Fuss in der Breite. Wir gingen hierauf noch durch ein anderes Vorzimmer mit einem Hofraum von gleicher Grösse und kamen endlich in den öffentlichen Audienzhof, wo auf einem erhöhten Gerüste der königliche Thron stand ein roh gearbeiteter und roth angestrichener Sitz, mit einem aus Dielen gezimmerten Baldachin über- deckt, aber doch ganz eigenthümlich und im Prinzip von Allem verschieden, was ich sonst im Sudan gesehn. Der Sultan be- fand sich aber augenblicklich nicht hier, sondern in seinem

Bwth'« ItolMn. ra. 17

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258 X. Kapitel. ^

Privatzimmer e^ wo er hinter einem Mattenvorhange sass, und man forderte mich auf, ihn anzureden, ohne dass ich ihn sah. Ich richtete also meine Anrede auf Kanori an den Easchella Madi, von dem sie in die Landessprache verdol- metscht wurde. Ich meldete dem Miarä, der Sultan Inglis, welcher während der Regierung des früheren Herrschers von Logone (des Miarä Ssäle) den Chalilu (Major Denham) her- gesandt, habe jetzt mich beauftragt, ihm meine Ehrerbietung zu bezeigen. Er nahm dieses Kompliment sehr beifällig auf und erkundigte sich wiederholt nach der Gesundheit des Sultans der Nassära Inglis. Nachdem er mich vermittelst seines Vorhanges, ohne selbst beobachtet werden zu können, gehörig beäugelt imd auch gefunden hatte, dass ich einiger^ massen wie ein menschliches Wesen aussehe und offenbar von harmloser Natur sei, und nachdem auch das Geschenk vor ihm ausgebreitet worden war, liess er mich in sein Gemach eintreten und begrüsste mich sehr freundschaftlich, indem er mir die Hand schüttelte. Er ersuchte mich hierauf, ihm die Geschenke zu erklären, und freute sich besonders über die Englischen Fabrikate, die grossen Stopfnadeln sogar inbegriffen; denn so klein und geringfügig diese Dinge auch waren, so hatte er dergleichen doch nie vorher ge- sehn. . Er zählte sogar die Nadeln, eine nach der anderen, und bestimmte für jede Partie eine Eigenthümerin in sei- nem Harlm.

Die vorzüglichste Gunst, die ich mir von ihm zu erbitten hatte, bestand darin, mir zu gestatten, den Fluss bis auf eine gewisse Entfernung hinauf beschiffen zu dürfen; dieses Gesuch bewilligte er mir und entliess mich dann sehr gnädig.

Folgendes ist der Grundriss der Wohnungen des Sultans und des Eeghänmia:

WohnoDg des Saltans von Lögone.

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C

II

D E ND AL

A. Wohnung des Sultans.

•. Grosser Hofraum. b. Zweiter Hoframn, gegen 100 Fnss lang und 30 Fnss breit. c. Dritter Hofraum. d. Innerer Hofraum mit Schoppen und Thron. e. Gemach des Sultans. f. Stallung.

B. Wohnung des Keghamma.

1. Grosser Hofraum. 2. Treppe, welche nach den oberen Gemachem führt. 3. Hofraum. 4. Zweiter Hofraum. 5. Zimmer des Keghimma mit zwei Buhebänken, von welchen das im Hintergrunde über die Flur er- haben ist.

6. Schattendach Tor dem Paläste, aus Matten und Pfählen errichtet.

7. Kautschukbaum.

8. Moschee „dab&ldemä" , Ton einigen Fächerpalmen in Log6n „gu- ruru" genannt beschattet.

Yüssuf das ist der Name des gegenwärtigen Sultans, oder nach der Logone- Aussprache Y'ssuf ist ein grosser, beleibter und gutgebauter Mann von ungefähr 40 Jahren, mit vollen Gesichtszügen und einem etwas schwermüthigen Gesichts- ausdrucke, welchen ich seiner eigenthümlichen und abhän-

17»

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260 X. Kapitel.

gigen politischen Lage als Beherrscher eines Meinen König- reiches zwischen zwei mächtigen Nachbarn, von denen er fortwährend Belästigungen zu erleiden hat, zuschreibe. Er ist ungefähr 19 Jahre Sultan gewesen und war bei Den- ham's Besuche ein junger Mann, um welche Zeit sein Vater, Ssale, und sein ältester Bruder, 'Abd el Kenm, sich in die Regierung theilten oder vielmehr darum stritten. Er hatte noch zwei andere ältere Brüder, welche Tschiröma und Marüfi hiessen und beide vor ihm starben. Es ereignete sich bei oder kurz vor seinem Regierungsantritte, dass, wie es scheint, in Folge eines Einfalles, welchen Daüd, einer der Kriegs- sklaven des Scheich Mohammed el Känemi, in das Land machte, Logone in die Lage einer zinspflichtigen Provinz von Bomu kam und ihm ein jährlicher Schoss von 100 Sklaven und einer gleichen Zahl von Hemden oder Toben auferlegt wurde. Vor jener Zeit soll der Fürst dieses kleinen Länd- chens nur ein jährliches Geschenk von zwei Sklaven ent- richtet haben.

Man erwies uns eine überaus gastfreundliche Behandlung, ja es schien fast, als wolle unser Wirth durch das Über- maass von Gastlichkeit unser Wohlsein zerstören; denn am Abend schickte er uns vier gewaltige Schüsseln mit vortreff- lichem, aus Sorghum zubereiteten Pudding, nebst Fleisch und Suppe, und früh am folgenden Morgen abermals eine grosse Schüssel voll mit Honig versüsster Grütze imd bald nachher noch drei oder vier Schüsseln. Glücklicherweise waren ge- nug Personen da, um diesen reichlichen Vorrath von Speise zu verzehren; wir hatten nämlich eine grosse Menge von Kükaua nach ihrer Heimath zurückkehrender Baghirmi-Leute bei uns, denen ich diese Leckerbissen zustellte, welche Güte sie aber hernach mit Undank vergalten.

Begierig danach, einen Blick über die Stadt zu erlangen, machte ich am Nachmittag in Begleitung eines wohlberitte- nen, zum Gefolge meines Freundes Kaschella Mädi gehören-

Der Flnss von Lögone und seine Boote. 261

den Beiters einen Spazierritt, indem wir uns zum Westthor hinaus begaben, dann nach Osten umbogen und den Fluss entlang zogen. An dieser Ecke beschreibt der Fluss, welcher hier 550 600 Schritt breit ist , eine sich bis auf 1 Engl. Meile von der Stadtmauer entfernende Krümmung; sein west- liches Ufer war hier niedrig, während sich das gegenüberlie- gende 12 15 Fuss hoch erhob.

Wohl 40 50 Boote, meistens von einer Breite von 4 Fuss am Boden und von 6 Fuss am oberen Bande und durch einen gewaltig grossen Schnabel ausgezeichnet, belebten den Fluss. Alle diese Boote sind von derselben Bauart, wie die der Büdduma, nur dass sie aus stärkeren Planken, und zwar meistens von Birgim-Holz, gezimmert und gewöhnlich grösser sind, während die der Büdduma aus dem gebrechlichsten Materiale, nämlich Fögo-Holz, bestehen. Die Planken sind vermittelst Seile, welche durch neben den Fugen gebohrte Löcher gezogen sind, an einander befestigt imd die Fugen mit Binsenbüscheln bedeckt; die letzteren werden dann ver- mittelst dünnerer Stricke, welche durch kleinere und darauf mit Gras gut verstopfte Löcher gezogen werden, fest ange- schnürt

Die Höhe des Schnabels scheint sowohl durch die Seich- tigkeit des Wassers, als auch durch die Heftigkeit der Strö- mung während der Höhe des Flusses, welche ich auf meiner Rückreise ebenfalls kennen lernte, bedingt zu werden. Gegen- wärtig war das Wasser ziemlich seicht und mehrere Sand- bänke lagen offen zu Tage. Vorzüglich erregten die Fischer- boote meine Aufmerksamkeit; sie waren mit grossen Netzen versehen, welche vom Hinterschiff an zwei sehr langen Stan- gen, von den Kanöri „müsko ndi" „die beiden Hände" imd von den Logone-Leuten „ssemi" genannt, herabhingen.

Wir hielten uns längs des Flusses, der allmählich sehr nahe an die Stadtmauer herantritt. An der Stelle, wo er sich am meisten nähert, befinden sich Kornfelder, welche

262 TL KapiteL

fortwährend vom Flusse aus bewässert werden; die Halme waren gegenwärtig 1^ Fuss hoch. Waizen ist, wie ich schon anderswo bemerkt habe, erst in neuerer Zeit im Sudan ein- geführt worden, wird überall nur wenig gebaut und ist auch nur unter seinem Arabischen Namen, „el kämeh", bekannt; er ist bei der Masse der Bevölkerung nicht beliebt und gilt für eine fürstliche Speise. Dieses Getreide ist natürlich auch schon desswegen theuerer, weil es, da die tropischen Regen für die zarte Pflanze zu heftig sind, nicht von selbst fort- kommt, sondern nur in der trockenen oder vielmehr kühlen Jahreszeit an Fluss- oder Sumpfufem vermittelst künstlicher Bewässerung gezogen werden kann.

Durch die Flussansicht nicht wenig ergötzt, erreichten wir das östlichste von den Thoren an der Südseite der Stadt, als plötzlich ein alter Mann an uns herantrat imd mir mit ge- bieterischer Miene untersagte, den Fluss zu besichtigen, ja mir sogar befahl, mich' augenblicklich zurückzuziehen. Dies setzte mich einigermassen in Verwunderung, da ich doch die Er- laubniss des Sultans hatte und nicht zu begreifen vermochte, wem ausser diesem hier die Befugniss zustehen könnte, mir, was dieser erlaubt hatte, zu verbieten; aber mein Gefährte theilte mir mit, dies sei der „marä-leghä" „König der Ge- wässer" — , welcher unbeschränkte Gerichtsbarkeit über den Fluss „lägham" besässe. Ich hatte zwar viel von der Autorität des Gewässerkönigs „sserki-n-rüa" in den Kuära-Ländem gehört und gelesen, wusste aber nicht, dass ein ähnlicher Gebrauch auch hier bestehe. Verwirrt und beschämt begab ich mich durch das nächste Thor in die Stadt zurück.

Da dicht bei diesem Thore das Haus des Ghäladlma oder Maläghuän stand, stattete ich Letzterem einen Besuch ab. Er war ein Mann von etwas weichlichem Charakter und ich traf ihn in einem dunkelen, stark durchräucherten Ge- mache. Der Besuch war nur dadurch von Interesse, dass

Grosse Gastfrenndliclikeit des Sultans. 263

jener mir einige weitere Einsicht in das Hofceremonial die- ses kleinen Königreiches gab, dessen Dasein selbst noch vor wenigen Jahren von einem so eminenten Manne, wie Herr Fresnel*), geleugnet wurde.

Als ich nach Hause zurückgekehrt war, begab ich mich so- gleich zum Keghämma, um von ihm bezüglich der Autorität sei- nes Kollegen, des Wasserkönigs, Auskunft zu erhalten, und er versprach mir, dass ich am folgenden Tage den Fluss ohne ir- gend ein Hindemiss solle besuchen, ja auch beschiffen können. Es war aber in der Stadt so viel Gerede von meiner Aufnahme des Flusses, dass ich im Laufe des Nachmittags genöthigt war, den Vezier noch einmal zu besuchen. Er wünschte nämlich dringend zu wissen, ob ich, wenn ich mich in einem Boote einge- schifft hätte, nicht etwa in's Wasser spränge, um nach Gold zu suchen; hierauf antwortete ich ihm, „dass ich mich zu sehr vor den Krokodilen fürchtete". Diese Andeutung schien viel zur Beschwichtigung seiner Besorgniss beizutragen; denn er schien die Europäer bisher für eine Art übernatürlicher We- sen, die von aller Furcht frei seien, gehalten zu haben.

Der gastfreie Charakter unserer Bewirthung blieb sich so gleich, dass 200 Personen mit den Gerichten, die mir zuge- schickt wurden, hätten gespeist werden können, und Ausser diesen einheimischen Gerichten sandte mir mein freundlicher Wirth für mich selbst ein grosses fettes Schaaf und einen ungeheueren Krug mit Milch. Diese glänzende Behandlung er- regte aber die Eifersucht und den Neid der oben erwähnten Baghirmi- Leute, obgleich sie selbst von der Freigebigkeit des Sultans gegen mich den grössten Vortheil zogen. Nach dem, was ich bemerkte, glaube ich annehmen zu können, dass der Beherrscher dieses kleinen zinspflichtigen König- reiches im Allgemeinen die gewiss weise Politik beobachtet,

•) BuUeHn de la SocUU de Oiogr. de Paria, sörie III, vol. XI, p. 30; YoL XIV, p. 159.

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264 X. Kapitel.

seine Gäste gut zu behandeln; doch wurde ich wahrschein- lich vom Sultan noch besonders begünstigt.

Ich hatte meinen Plan, den Fluss zu beschiffen, mit be- sonderem Vergnügen verfolgt, obgleich ich natürlich von An- fang an nicht erwarten konnte,, grosse Erfolge zu erzielen; denn die Mittel, welche mir zur Zeit zu Gebote standen, ge- statteten mir nicht, etwaige bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden, und ausserdem reichte die Gerichtsbarkeit die- ses kleinen Fürsten von Logone nur eine kurze Strecke längs der Flussufer.

Um 8 Uhr Morgens war ich an Bord meines kleinen Boo- tes — „wöam"*) . Ich glaubte eines von der grössten Art bekonmicn zu können, es war aber keines zu haben. Das Boot, das ich endlich erhielt, mass nur 25 Fuss in der Länge und 4 Fuss in dei' Breite, war jedoch ziemlich stark, indem es aus neu geschnittenen Planken bestand und auf die oben beschriebene Weise verstopft war, bei welcher Schiffsbauart ein Fahrzeug freilich nicht eben vollkommen wasserdicht wird. Die Boote haben keine anderen Sitze, als auf den Boden ge- legte Rohrbündel, wobei der Passagier durch nichts gegen das stets eindringende Wasser geschützt ist.

Wii: setzten nach dem jenseitigen Ufer über und kamen bei zahlreichen, jetzt aus dem Wasser emporragenden Sand- bänken vorbei, während die Stadt einen ganz interessanten Anblick darbot, indem Dümpalmen „gurüru", ein Paar Delebpalmen „murgüm" und eine vereinzelte Dattel- palme — „diffino" **) über die Mauer emporragten , eine

*) Dieses Wort ist nur eine andere Form des Tedinä-Ausdrucks für „Boot" „pum** .

**) Es ist merkwürdig, dass die Dattelpalme in allen diesen Ländern bis Baghirroi die Haussa-Bcnennung „debino" führt, woraus erhellt, dass sie zu- erst in jenen Theil des Sudans eingeführt wurde. Selbst die Fulbe von Sö- koto haben keinen anderen Namen dafür, während die yon Adamaua den Na- men der einheimischen Dattel, der Addua (Balanüea Ae^yptiaeusjy darauf an-

Beschiffung des Flasses von Lögone. 265

sehr bemerkenswerthe Erscheinung, da es sehr selten vor- kommt, dass diese drei Palmenarten gemeinsam an einer Stelle wachsen.

Indem der Fluss die Stadt umzieht, bildet er eine starke Krümmung und ändert seine westöstliche Richtung in eine nördliche und nordwestliche. Während wir am Ostufer hin schifften, machten mich meine Gefährten auf ein sehr ho- hes, von ihnen „korökorö" genanntes Rohr aufmerksam, wel- ches aber nichts Anderes ist, als der Papyrus, der, wie schon bemerkt worden, an den Ufern des Tsäd wächst und den wir auch in verschiedenen kleineren See'n, besonders im Lande Münio, wiederfinden werden. Es war mir höchst interessant, zu hören, dass die hiesigen Eingeborenen daraus ein Zeug „gabagä" verfertigen, das meiner Ansicht nach mit dem von den Arabischen Schriftstellern erwähnten „uorsi" einerlei sein muss, da „berdi" der Egyptische Name für Pa- pyrus ist. Ich vermisste hier jedoch mehrere Rohrarten, die am Tsäd wachsen, namentlich den Bole ; auf meine Erkundi- gung nach der schönen Art, aus der das zierliche Mattenwerk „kassär" oder „farfar" gemacht wird, in dessen Verfertigung die Logone-Leute so berühmt sind, theilte man mir mit, dass es nur bei der grossen Marktstadt Djinna wachse, welche ich schon bei einer früheren Gelegenheit erwähnt habe und auf welche ich unten näher zurückkommen werde. Ich war sehr begierig, zu erfahren, wie die Eingeborenen den Fluss nennen, welchem vom Major Denham der Name Schärf oder Schäry gegeben worden ist, und ich wurde in meiner schon vorher gefassten Ansicht bestätigt, dass dieser Fluss nicht der Schärf selbst, sondern ein kleinerer Arm desselben sei; denn Major Denham vermochte während seiner kurzen Anwesen- heit hieselbst sich nicht bewusst zu werden, dass der Fluss,

wenden. Die Namen dieser Palme im Sonrhay und Mäba oder in den WädäT- Sprachen sind hiervon jedoch ganz unabhängig und selbststandig.

266 X. EApItel.

welchen er bei der Stadt Logon sah, nicht derselbe sei, den er bei Küssuri gesehn, sondern nur ein Arm desselben, und zwar der kleinere.

Alle den Flüssen von den verschiedenen Völkerschaften im Sudan gegebenen Namen haben jedoch keine weitere Bedeu- tung, als eben die allgemeine von „Wasser", „Fluss", wie bei dem westlichen grossen der Mandi oder Mandingo, dem Tssa der Sonrhay, dem Eghirreu der Imö-scharh, dem Mäyo der Fulbe, dem Gulbi der Haussa, dem Kuära der Yöruba, dem Benue der B&tta, dem Komädugu der Kanöri, dem öst- lichen Bä der Baghirmi, dem Fittn der Küka, dem Bat-hä der Araber von Wadai'. So bedeutet auch der Name „Schärf" nichts als „Fluss", nämlich „Fluss von Kotokö", dessen Sprache dieses Wort angehört. Das Wort „Tsäde" oder vielmehr „Tsädhe" ist ebenfalls nichts weiter, als eine verschiedene Aussprache desselben Namens, dessen ursprüngliche Form wahrscheinlich „ssäre" oder „ssäghe" ist.

Dieser kleinere westliche Arm des Schärf heisst bei den Eingeborenen von Lögone „läghame na Lögone", das heisst: der Fluss („l&gham") von Lögone ; aber weiter stromaufwärts hat derselbe verschiedene Namen, je nach den Plätzen, bei welchen er vorüberfliesst, indem ihn z. B* die Müssgu in ihrer eigenen Sprache im Allgemeinen „fire" oder „Arre" nennen, welches wieder bloss „Fluss" heisst, während er an einer ande- ren, von mir auf meinem Zuge nach Müssgu erreichten Stelle den besonderen Namen „Serbewel" fuhrt, dessen Bedeutung mir unbekannt ist Jedoch zurück zu unserer klejnen Fluss- reise.

Unterdessen kamen wir bei dem Dorfe Honkel an der Westseite des Flusses vorbei, welches, wie wir bald zu er- wähnen haben werden, in der früheren Geschichte dieses Lan- des von grosser Wichtigkeit war. Da der Fluss hier seinen Lauf ändert, so näherten wir uns wieder dem westlichen Ufer und wurden gewahr, dass wenigstens die halbe Einwohner-

Die Be8ohi£fiii]g des FloMes von Lögone. 267

Schaft herausgekommen war, um zu sehn, was der Christ auf dem Flusse thue; denn sie konnten sich nichts Anderes vor- stellen, als dass ich den Fluss mit der Absicht befuhre, nach Gold zu suchen. In der Mitte des Gedränges befanden sich einige Leute zu Pferde in sehr auffallender Tracht; man sagte mir, es seien soeben angekommene Boten von dem Müssgu- HäupÜing Adischen. Ich bemerkte bald, dass sie in einer Kleidung prunkten, welche sie von ihren Unterdrückern auf dem von mir und Herrn Dr. Overweg mitgemachten Zuge er- halten hatten.

Indem ich dicht am jenseitigen Ufer ein Krokodil den Kopf ein wenig aus dem Wasser emporheben sah, konnte ich nicht umhin, auf dasselbe einen Schuss zu thun, worauf die Menge in ein lautes Beifallsgeschrei ausbrach. Aber die Diener des Sultans, welche mich im Boote begleiteten, hatten bereits schon einige Zeit Unruhe gezeigt und wünschten dringend, dass ich umkehre. Als ich nun eine vereinzelte schöne Delebpalme „margum", wie sie hier heisst erreicht hatte, konnte ich ihren dringenden Vorstellungen nicht länger widerstehen. Wir hatten hier eine weite Aussicht über den Fluss, dessen Richtung im Ganzen S20O. war.

Alle die herrlichen grossen Ströme, mit welchen die Natur diese Länder ausgestattet hat, sind gegenwärtig kaum von irgend einem Nutzen für die Uferanwohner ; kein Verkehr, ausser zwischen den nächsten Ortschaften, wird betrieben''). Es ist hier der menschlichen Thätigkeit ein weites Feld zur Verbesserung eröffnet, wenn diese Landschaften die Aufmerk- samkeit und Einwirkung Europa's auf sich gezogen haben werden.

Wir wendeten ^mser Boot und liessen es mit der Strömung schwimmen. Die Oberfläche des Wassers war so glatt und

*) Ich moM jedoch bemerken, dass die KQri mitunter Getreide bis naeh fi^omin bringen.

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268 X. Kapitel

einladend, dass ich der Versuchung nachgab, ein Bad zu neh- men, und die Menge am Ufer erhob ein lautes Geschrei, als sie den weissen Mann über Bord springen sah; aber ihr Erstaunen war gross, als ich, nachdem ich eine Zeit lang im Flusse, dessen Strömimg für meinen geschwächten Körper zu stark war, umhergeplätschert, mit leeren Händen wieder herauskam ; sie seien betrogen, hiess es nun, da man gesagt, ich wolle nach Gold suchen. Als ich aber an's Land ging, war das Gedränge so sehr gross, dass mir meine Gefährten mit ihren Peitschen einen Weg durch die Menge öfl&ien mussten, und ich war wirklich froh, als ich das Haus des Keghamma oder Ibälaghuän wieder erreicht hatte.

Dieser kleine Ausflug kam mir jedoch theuer zu stehn; denn als die erwähnten Leute aus Baghirmi, unter welchen ein gewisser Hadj Ahmed der Vornehmste war, mich ein solches Aufsehen erregen sahen, fanden sie sich wahrschein- lich veranlasst, zu besorgen, dass, wenn ich während der Abwesenheit des Herrschers in ihr eigenes Land kommen würde, ich in dem Königreiche Unruhen erregen möchte. Der Fürst von Logone hatte gleichfalls eine bei weitem zu hohe Vorstellung von meinen Fähigkeiten gefasst und er- suchte mich dringend, einige Zeit bei ihm zu verbleiben, indem er glaubte, ich könnte ihm dazu behilflich sein, sich von seinen Nachbarn unabhängiger zu machen. Unter An- derem begehrte er auch, ich solle die beiden vorerwähnten Kanonen abfeuern ; aber sie erfüllten mich nicht mit dem Zu- trauen, das zu wagen.

Ich konnte mithin nur mit vieler Mühe den Sultan be- wegen, mich meine Reise nach Osten fortsetzen zu lassen; weil ich aber sah, dass, wenn ich hier noch einige Tage bliebe, das Wenige, was ich noch übrig hatte, ausge- geben sein würde, so beharrte ich fest bei meinem Ent- schlüsse, meine Entdeckungen über die meiner Vorgänger auszudehnen; denn es war bereits dem Major Denham ge-

Historische Notizen fiber Lögone. 269

lungen, diesen Platz zu erreichen, obgleich er denselben nur sehr unvollständig beschrieben und die geographische Lage ganz unrichtig angegeben hat.

Ich begab mich also am folgenden Morgen zum Miarä Y'ssuf, um von ihm Abschied zu nehmen, und fand ihn in dem im Risse mit / bezeichneten Hofraume, den er als Stallung zu benutzen schien ; sein gesammter Marstall bestand jedoch nur aus drei oder vier Pferden, aber von ziemUch gutem Ansehen. Er sass auf einer Lehmbank „ssegäge" und war sehr einfach gekleidet, mit einem rothen Tuche als Kopfeeug. Er war sehr gütig und freundlich und bat mich angelegentlich, mich nicht zu lange in Baghirmi aufzu- halten, sondern so bald wie möglich in sein Land zurück- zukehren. Unsere Unterredung fand auch bei dieser Ge- legenheit, wie bei der vorherigen, in Kanöri statt. Ehe ich jedoch dieses kleine Fürstenthum verlasse, will ich noch ein Paar allgemeine Bemerkungen hinzufügen.

Logone ist, wie es scheint, nicht ein nationaler, sondern ein politischer Name, dessen eigentliche Bedeutung ich jedoch nicht habe ausfindig machen können*). Die Einwohner ge- hören zum grossen Volksstamme der Mä-ssa, deren ich be- reits früher erwähnt habe, und sind die nächsten Stammver- wandten der Müssgu und dann der Einwohner von Man- dara „ar-Wandala" und der Kotokö. Dir politisches Bestehen als Volk von Logone (oder, wie sie sich selbst nen- nen, „Logode Logon") ist erst neueren Ursprungs**), und der Isslam wurde noch später bei ihnen eingeführt. Ihr Land be- stand früher, gleich dem der Müssgu, aus einer Anzahl kleiner Fürstenthümer, unter denen Honkel das mächtigste war, bis

*) Ich glaube, dass derselbe mit dem Flusse „lÄgham" in keinem Zusammenhange steht, sonst würden sie ihn nicht „Idghame na L6gone" nennen.

**) Der Name kommt in den Annalen des Edilss Alaöma nicht Tor.

y>i^. \jMlfm igfinJ^^. maA dem ^u

4^51 tomi^M r^^rki^ AIkt dfeser Fint «»1 kM» !(adkMi|Kr wwf» IbniieD, «nd es gdb liiwiK voU Mf maßht$H IMBUMMdaner in der Stadt I>er Mass H*4fe, d^ aUi»; Fint w<ld»eD I>eii]uaii bcsadite. der \x Aß^k ^^:||^wr«^MMMi HermdMTS Tteof , toD der Enle 4m fckJfMtk F&nt«» da» Landes gewesen sein, der ach fMki» Mk^ni«. Xadi Anderen war ein aherer Köni^ hf'h MdtjKha Ißjhmkf der erste MosUm. was andi gar nidit wa)if«d]i^ijnKdi ist, da sich ans den Xamen einiger nnto- den K^/rfigimf w^leb« dem Ssde Torangingen, nnrerkennbar er- gifit, dass wenigstens eine ansserliclie Einwirkong des bslam si^^li bereits viel früher bemerkbar machte.

Was die Xachfolge der Könige Ton Mi-ssa bis Ssäle be- triffitf m %ehtani es, dass aaf Ms-ssa ein Fürst Namens l/ngo An&^ssmadu folgte, and aaf diesen TTngo Ana-logon, r#/ri weldi/fm Fürsten möglicherweise der gegenwärtige Xame dr«s Landes IJpft^me herrührte. Anf ihn folgte zuerst Mögha 'Mi, fK>dann MOgha Kader nnd endlich Ssalikuä, Ssä- Wh Vorgänger. Die Mohammedanische Religion ist folglich yahmfaMn in diesem Lande im Allgemeinen nicht über 60 Jahre alt; es ist nelbst vielen von den jüngeren Einwohnern difT Htailt recht wohl erinnerlich, dass ihre Väter von Ge- burt Heiden waren und erst später Mohammedaner wurden. Aber auch noch jetzt ist der Isslam hieselbst von der rohesten Art, und die ganze Kenntniss von religiösen Dingen, welche die Einwohner, mit Ausnahme weniger hoch gestellter Personen, bcHitzen, besteht in einigen auswendig gelernten , aber unver- Htandcnon Phrasen und in der Anwendung der Beschneidung. Auf dorn Lande dagegen hängen auch noch gegenwärtig die meistern Leute dem Heidenthum an.

Die Einwohner von Lögone kämpften wiederholt mit ihren

Heatige polituche Lage des StMtes. 371

Nachbarn und Stammgenossen von Mandara, und zwar nicht ohne Erfolge sie sollen auch die Stadt Mele am Ostufer des Flusses Schfiri zerstört und alle männlichen Einwohner derselben erschlagen haben. Die früheren Sultane von Bömu scheinen die Einwohner von Logone in ziemlich ungetrübter Ruhe belassen zu haben und mit einem leichten Schoss be- hufs Anerkennung der Abhängigkeit zufrieden gewesen zu sein. Gegenwärtig aber ist der Tribut beträchtlich, im Ver- haltmss zu der geringen Ausdehnung des Landes, und über- dies hat der unglückselige kleine Fürst auch noch dem Sultan von Baghirmi, von dessen Unterthanen er fortwäh- rend Plackereien auszustehen hat, einen Tribut zu ent- richten. —

Der Name, welchen die Einwohner von Logone ihren west- lichen Nachbarn beilegen, ist interessant, da dessen Ursprung in eine ferne Zeit zurückzugehen scheint; sie nennen sie nämlich „Billangare" oder vielmehr „bille Ng&re", welcher Name wahrscheinlich von Ngaru, der alten Hauptstadt des Ghäladi, der vorerwähnten westlichen Provinzen des Börnu- Beiches, abgeleitet ist; „bille" bedeutet „Leute" im Allge- meinen. Ihre östlichen Nachbarn, die Einwohner von Ba- ghirmi, nennen sie „Mokkode", was vielleicht mit Makada im Zusanunenhang steht Der letztere Name wird häufig auf das Land westlich von Abyssinien angewandt und selbst von Krapf, meiner Ansicht nach sicher irrthümlich, durch „Christenland" erklärt

Von Südwesten dringen die Fulbe oder FellSta schwer auf Logone ein. So ist, wie wir auf dem Müssgu-Zuge gesehen haben, der Amtmann des Dorfes Wäsa, welches zum Gebiete von Logone gehört, ein Pullo oder Felläta.

Die Einwohner von Logone scheinen in früherer Zeit häufig Einfälle in das Land ihrer Nachbarn und Stammesgenossen, der Mussgu, ausgeführt zu haben, um sich mit Sklaven zu versehen; aber 8 Jahre vor meiner Ankunft erlitten sie

272 X. KapiteL

in jener Gegend eine so scharfe Züchtigong, dass sie seitdem ihrff Feldzüge dahin eingestellt haben. Bei jener Gelegen- heit verloren sie ihren Oberbefehlshaber, den Keghammä oder Ibalaghuän Ydhia*), den Er'bauer des wirklich grossartigen Palastes, in dem ich wohnte. Dieser Befehlshaber unter- nahm einen Streifzug ins Müssgu-Land, nicht, wie gewöhn- lich, zu Lande, sondern zu Wasser, und wurde, als er bei einem Dorfe Namens Gummel an's Land ging, überfallen und nebst den tapfersten seiner Genossen von den Einge- borenen des Landes niedergemacht.

Die Regierung scheint eine beschränkte Monarchie zu sein, indem der Fürst von einer Anzahl Grosswürdenträger um- geben ist, welche den Diwan die „talubä", identisch mit der „nogonä" des Bömu- Volkes bilden. Der erste von diesen Grosswürdenträgem ist der Ibalaghuän ; auf ihn folgt der Malaghuän oder Ghäladima, dann derMairäi, dann der Madam, der Marä-Leghä (König des Wassers oder Hafen- meister), der Ulanghdi oder Tschiröma (der Thronfolger), der Maraimarbä, der Madamätiä, der Madäm uchssäm, der Inthäua, der Mäghauen achthäm, der Masaghe achthäm und der Maghaie -mute.

Das Gebiet von Logone hat eine höchst vortheilhafte Lage an zwei beträchtlichen, in geringer Entfernung weiter strom- abwärts sich vereinigenden Ströme, dem Flusse von Logone, Lägham oder E're im Westen und dem Schärf oder im Osten, und das kleine Königreich könnte sich der gedeih- lichsten Verhältnisse erfreuen, würde es nicht von mäch- tigen, von allen Seiten eindrfngenden Nachbarn überwältigt und imterdrückt. Aber während die Bomauer einen mehr regelmässigen Trfbut erheben, scheinen die Baghirmier die

*) Folgendes ist ein Verzeichniss der Ib&laghuin, so weit sie mir bekannt geworden sind: I'ba-Gäre, I'ba-Kyäri, rba-'Othmän, I'ba-Käder, l'ba-A'bü, l'ba-A'dem, I'ba-Ssliide, I^ba-Y^hia, I'ba-Herdege.

Produkte und Industrie von Lögone. 273

armen Gxenzanwohner von Logone mit der grössten Unge- rechtigkeit zu behandeln und sie nach Willkür allerlei Leistungen zu unterwerfen. Es ergibt sich dessenungeach- tet aus dem Verzeichniss der Ortschaften in Logone, welches im Anhange gegeben werden soll, dass das Land noch im- mer ziemlich bevölkert ist, wenn sich auch freilich nicht sagen lässt, dass es sich in einem blühenden Zustande befinde.

Als animalische Nahrung dienen den Eingeborenen vorzugs- weise Fische i»klyi" , welche der Fluss in grosser Menge liefert; an Rindvieh „nthä" wie auch an Schaafen „üfu" ist dagegen grosser Mangel, und allem Anschein nach haben ihre Nachbarn sie dieser Wohlstands- quelle beraubt; die einheimischen Araber besitzen jedoch ziemlich beträchtliche Heerden von Rindern und Schaafen. Auch Geflügel ist nicht sehr zahlreich, dagegen ist das Schwein „sse-sse" überaus häufig und scheint von den Eingeborenen vielfach als Speise benutzt zu werden. Ausser Sorghum oder, wie es hier heisst, „makalä" und Hirse

„wiyo" („fiyo" der Kotokö und Yedinä) Reis ist mir nicht vorgekommen wird beträchtlich viel Baum- wolle — „mpdtaki" gewonnen, imd Weberei bildet die hauptsächlichste Industrie der Bevölkerung. Ihre Hemden

„labü" sind wirklich von vortrefflicher Arbeit, ihr Indigo „mögone" ist jedoch nicht sehr gut, auch sind sie nicht sehr geschickte Färber*).

Ausser der Baumwolle, welche in ihrem niedrigen, reich be wässerten Lande in fast unbeschränkter Menge gewonnen wer- den könnte, bildet das schon erwähnte schöne Mattenwerk,

*) Man sieht, dass mein Urtheil in dieser Beziehung sehr von dem Den- ham's (Travels and Discoreries, vol. 1, p. 237) abweicht;' aber Denham be- suchte nie Kanö und hatte daher keinen Maassstab zur Vergleichung der be- siehungsweisen Qüte.

B«rth's RalMn. lU. \%

274 X. Kapitel.

dessen gewöhnlichere Sorte „parpar" oder „farfar" und dessen feinere „möman" heisst, eines der gerühmtesten Erzeugnisse des Landes; ihre hölzernen Näpfe „dalguam" und ihre runden. Strohdeckel „kille" sind gleichfalls bemerkens- werth; die hölzernen Näpfe sind von sehr vorzüglicher Ar- beit, viel besser als die in Kükaua, wenn auch die Stroh- deckel nicht die Vortrefflichkeit der in Dar-För gelieferten Waare erreichen.

Überhaupt ist der hiesige Volksstamm mit viel Geschick- lichkeit begabt und dabei, besonders die Weiber, von meistens zierlicherer Körpergestalt, als der von Bomu. Es ist merk- würdig, dass sie dieselbe Art von Tättowirung anwenden, wie die Kanöri, nämlich meistens sechs vom äusseren Augen- winkel über die Wange zum Mund herab gezogene krumme Linien; auch haben sie dasselbe Wort dafür*), wie die Ka- nöri, obgleich ihre Sprachen in sonstiger Hinsicht so gänz- lich verschieden sind.

Mein Aufenthalt im Lande war zu kurz, um mit Entschie- denheit über die moralischen Eigenschaften der Einwoh- ner sprechen zu können. Die von Denham**) bemerkte Be- nutzung von Eisenstücken als Umlaufsmittel ist längst abge- kommen, imd gegenwärtig besteht das feste Werthmaass des Landes in Kattunstreifen von 2 3 Zoll Breite.

Bezüglich der Sprache der Logoner gerieth Denham da- durch in den entschiedensten Irrthum, dass er sie für einer- lei mit der Baghirmi- Sprache hielt; denn obgleich die Sprache, welche er reden hörte, wirklich Bagrimma war, welches hier selir viel gesprochen wird, ist doch die ein- heimische Sprache, welche die Leute unter einander aus- schliessUch reden, ganz verschieden vom „tar Bagrimma" und der Sprache der Müssgu nahe verwandt. Die Eingeborenen

*) Die Kanori nennen sie „beli", die L6god6 Logone „bei". ••) Denham, vol. 1, p. 238.

Die Sprache von Lögone.

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nennen ihre Sprache „kelakü - Logone". So weit ich damit bekannt geworden bin, ist die Aussprache selir schwierig wegen der häufigen aspirirten Laute, namentlich des ch und ^, durch welchen letzteren Hauchlaut diese Sprache einige äussere Ähnlichkeit mit dem Englischen hat.

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XL KAPITEL

Die beiden Flusse. Eintritt in Baghfrmi.

[Dienstag, Ißten März.] Es war 10 Uhr Morgens, als ich Kdmak Lögone verliess, um in unbekannte, von einem Euro- päischen Fuss noch nie betretene Regionen vorzudringen, und bald darauf sass ich im Boote, während unsere Pferde, das Kameel und der Lastochse durch den Fluss theils schwam- men, theils wateten. Das Wasser war meistens seicht, ob- gleich an einigen Stellen gegen 8^^ Fuss tief; die Strömung betrug gegen 3 Meilen in der Stunde. Das Land hatte um diese Zeit ein ganz anderes Aussehen, als bei meiner Rück- kehr aus Baghirmi. Die niedrigen Gründe, welche in späte- rer Jahreszeit gänzlich überschwemmt werden, sahen jetzt sumpfig und trübselig aus, imd ich beschleunigte meine Schritte, um dieser ungesunden , von den Strahlen der Mittagssonne glühenden Gegend zu enteilen.

Nur dann und wann kam eine kleine Stelle Baumwollenfeld im hohen Gestrüppe zum Vorschein. Dicht am Flusse befin- det sich kaum ein einziger Baum, aber weiterhin, wo das Land mehr angebaut ist, erschienen hie und da vereinzelte Karäge-Bäume nebst zerstreuten Gruppen von Hütten. Da ich während der letztverflossenen Tage der Mittagssonne nicht ausgesetzt gewesen und die Hitze sehr gross war, so sah ich mich nach einer Stelle um, wo ich während der heissesten Stunden Halt machen könnte, und stieg, sehr gegen den Wunsch meiner nach einem guten Mittagsessen begierigen

Abreise Ton L<5g^ne. 277

Gefährten, im kühlen Schatten eines schönen breiten Feigen- baumes — „ngabore'', bei den Logoncm „serra" genannt ab, nicht weit von einer nach Norden zu gelegenen Dorf- schaft Namens Ssö-sso, während sich zu unserer Rechten ein Rinnsal durch eine sanfte Einsenkung im grünen Wiesengrund ohne irgend ein wahrnehmbares Gefälle hindurchwand. Diese seichten Rinnsale sind, wie ich bereits bei meiner Reise nach Müssgu zu bemerken Gelegenlieit nahm, eine der bezeich- nendsten Eigenthümlichkeiten dieses Theiles von Inner- Afrika, das man früher für ein dürres, wüstes Hochland hielt. Nackte Buben plätscherten und spielten im Wasser umher, in Gesell- schaft und im besten Einvernehmen mit einer Anzahl Wild- schweine, welches Thier ich nirgend im Sudan in solcher Menge gesehn habe, als in der Nähe des Schäri. Kälber und Ziegen weideten im Felde mit Wildschweinen in ihrer Mitte.

Als wir um 2 Uhr Nachmittags unseren Marsch fortsetz- ten, bemerkte ich mit Vergnügen zahlreiche schöne Pferde- heerden bei den Schüa-Dorfgruppen, welche das Rinnsal be- grenzte , wobei grosse, reich belaubte Bäume die Anmuth der Landschaft erhöhten. Es fand sich hier viel Zwiebelbau. Zur Rechten unseres Pfades erstreckten sich weite Felder von einem eigenthümlichen Winterkorn, von den Logonem „ss&f- farä" imd von den Kanöri „keriräm" genannt. Diese Felder gehören dem Landesherm; ausserdem wird aber in diesem Theile von Lögone sehr wenig Getreide gebaut, da man sich vor den Baghirmiem fürchtet, welche zu ernten pflegen, was jene armen Leute gesäet haben. Man bemerkt jedoch mit- unter kleine Baumwollenpflanzungen.

Nach einem Marsche von 9 Meilen erreichten wir Bäta, einen halb verlassenen Ort mit sehr zerfallener Lehmmauer; die wenigen verbliebenen Hütten, so einfach und unansehnlich sie auch waren, deuteten jedoch einigen Gewerbfleiss und Rein- lichkeit an, von Gastlichkeit aber erhielten wir keinen Beweis. Die Autorität des Miarä Y ssuf schien durchaus unbeachtet

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278 XL KajfTitel.

ZU bleiben, da diese armen Leute, und zwar nicht ohne Grund, erkläii;en, weil ihr Landesherr sie nicht gegen die Erpres- sungen ihrer Nachbarn beschütze, brauchten sie auch seine Befehle nicht zu beachten. Es war daher durchaus nicht nöthig, dass mich der Diener des Sultans weiter begleitete; denn wurden seine Befehle schon hier nicht berücksichtigt, so hatte man dies weiterhin noch viel weniger zu erwarten.

[Mittwochy 17t^ri März,] Wir setzten also unsere Reise ohne diesen Diener fort. An der Ostseite der Stadt war etwas Anbau bemerkbar, indem das Land hier sehr sumpfig und während der Regenzeit überschwemmt ist; es ist mit dich- tem Gestrüppe bewachsen, in welchem wilde Tliiere in Menge hausen. Dicht unter der Obei-fliiche des Bodens findet sich Wasser, und der Bnmnen bei einem Schüa-Dorfe, an wel- chem wir vorbeikamen, war nur 3 Klaftern tief. Bei dem Dorfe Atmartschäri, das wir zur Rechten liegen Hessen, zeigten sich Spuren von Anbau, indem die Waldung gerodet war, um Raum für Kornfelder zu gewinnen. Das Dorf wird von Ka- nöri bewohnt. Bald darauf wurde die Waldung dichter als vorher, indem Scldingpflanzen die Bäume hinaufkletter- ten und in Gewinden von den Zweigen herabhingen. Hier sah ich zum erstenmale die Spur des Rhinoceros, welches in allen westlichen Theilen des Sudans mit wenigen Ausnah- men so gut wie gar nicht vorkommt *). Es führt bei den Ein- wohnern dieses östlichen Theiles von Logone den in Baghinni ül)lichen Namen „binii", während es in der einheimischen Landessprache „ngirme" heisst; im Kanöri heisst es „bdr- kadjdn" oder „kdrgaddn", unter welchem Namen es höchst auffallenderweise bereits von El Edrisi **) ei'wähnt wird, aber nicht mit Bezug auf Afrika, sondern bei Indien. Es wird von den Einwohnern, welche auf den schmalen Pfaden ihres

*) In der Knglisclicn Ausgabe habe ich mich in diesem Falle etwas zu be- stimmt ausgedrückt; denn das Rhinoceros kommt in Libtako vor. «♦) Scherif cl Edrisi, trad. Jaubcrt, vol. I, p. 72 : (jlcXTlST

Ankunft am Scliari. 279

heimischen Walddickichts oft mit diesem grimmigen Thiere zusammentreffen, sehr gefürchtet.

Ich war ein wenig vorausgeritten, als ich plötzlich durch die Zweige der Bäume den prächtigen Spiegel eines gros- sen Flusses, viel grösser, als derjenige von Logone, ge- wahrte. Tiefe Stille herrschte ringsum und die durchsichtige Oberfläche des Wassers wurde auch nicht vom leisesten Wind- hauche bewegt; keine Spur von Menschen oder Tliieren war zu sehn, mit Ausnahme von zwei Flusspferden (bei den L6- gonem „nie" geheissen), welche sich am Ufer gesonnt hatten und sich bei unserer Annäherung in's Wasser stürzten. Dies also war der wirkliche Schnri, das heisst „der grosse Fluss der Kotokö" (denn „schäri" bedeutet, wie gesagt, nichts als „Fluss"), welcher, verstärkt durch den kleineren, aber doch beträchtlichen Fluss von Logone, jenes grosse stagnirende Wasserbecken bildet, das diesem Theile des Sudans seine eigenthümliche Gestaltung gibt. Der Fluss fliesst an dieser Stelle von S 30 W. nach N 30 0., macht aber bedeutende Krüm- mungen und kommt weiter stromaufwärts von S. und sodann in einer Schlinge aus 038N.

Das Ufer, auf dem ich des stillen, aber schönen Schau- spiels genoss, ist mit dichter Waldung bestanden und gegen 15 Fuss hoch. Keine menschHche Wohnung war zu sehn, mit Ausnahme der kleinen Dorfschaft A'-ssü am jenseitigen Ufer. Die Spiegelglätte des Wassers wurde nur dann und wann durch das Aufspringen eines Fisches unterbrochen; kein WasseiTogel war zu sehn, auch nicht ein einziges Boot. Endlich bemerkten wir am jenseitigen Ufer, welches flach und sandig ist, den Fährmann, der uns durch Zeichen bedeu- tete, noch etwas weiter flussaufwärts zu gehn, damit wir bei der Überfahrt durch die Strömung nicht zu weit abwärts getrieben werden möchten. Wir gingen also gegen 1200 Schritt weiter aufwärts, ich machte es mir im Schatten eines Bau- mes bequem, während ich das Boot erwartete, und hing dem

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280 XL Kapitel.

angenehmen Gedanken nach, dass ich nun bald ein neues Land betreten würde, das noch von keinem Europäer besucht worden war.

Endlich kam das Boot heran, aber sobald die Fährleute erkannten, wer wir seien, nahmen sie eine befremdete und geheimnissvolle Miene an und erklärten, dass sie uns nicht übersetzen könnten, ohne vorher ihren Herrn, den Amtmann von A'-ssü, befragt zu haben. So ungewöhnlich dies Verfah- ren auch schien, so ahnte ich doch noch nicht, wie sich die Sache eigentlich verhielt. Wir setzten uns daher ruhig am Ufer nieder, um die Antwort abzuwarten, die wir für eine blosse Förmlichkeit hielten. Die Luft war sehr schwül und der Himmel trübe; Gewölk hing über dem Flusse, das Her- annahen der Regenzeit verkündend. Um die tödtlichen Sta- cheln der Blutfliegen von den Pferden abzuhalten, zündeten wir ein Rauchfeuer an. Die Stiche dieser Fliege sind fast so gefährlich, wie die der „tsetse" in den südlichen Theilen die- ses Kontinentes , und viele Reisende verlieren all' ihre Pferde an den Ufern dieses Flusses; aber glücklichei-weise ist sie auf diese Ufer beschränkt.

Meine Ruhe ward plötzlich gestört durch die Ankunft eines zahlreichen Zuges Pilger, die nach Mekka unterwegs waren, alle vom Stamme der Fulbe oder Felläta, und zwar grösstentheils aus dem westlichen Sudan, nur einige aus Gottokö, einem wenig bekannten Lande zwischen Bambara und Kong. Unter ihnen waren auch die Leute, welche mich auf meiner Reise nach Adamaua begleitet hatten, imd denen ich zum zweiten Male bei der Stadt Logone begegnet war. Ich machte denselben ein Geschenk von Nähnadeln, um ihnen bei ihrem löblichen Unternehmen eine kleine Unterstützung zu- gewähren. Während wir zusammen plaudeiiien , kehrten die Bootsleute mit der Staunen erregenden Antwort zurück, dass mir der Amtmann des Dorfes verbiete , über den Fluss zu setzen.

Umtriebe Hadj Ahmed's. 281

Wir vermochten uns erst kaum voraustelleu , worin die Ursache dieses unvorhergesehenen Hindernisses hestehe, his uns die Bootsleute mittheilten, dass Hadj Ahmed, das Haupt der mehrerwähnten, von Kükaua nach ihrer Hei- math zurückkehrenden Baghirmier, erklärt habe, ich sei eine höchst gefährliche Person, und es habe ihnen selbst der Vezier von Bomu gesagt, es sei ernstliche Gefahr vor- handen, dass, falls ich während der Abwesenheit des Sul- tans Baghirmi betreten sollte, ich den Thron umstüi-zen und das Land zu Grunde richten würde. Da sich einige von den angesehensten Männern des Dorfes im Boote befanden, so wandten wir jedes Mittel an, um sie von der Ungereimt- heit dieser Verläumdung zu überzeugen; aber Alles war vergeblich, und es unterlag weiter keinem Zweifel, dass man uns jedenfalls an dieser Stelle nicht würde übersetzen lassen.

Ich war einen Augenblick unentschlossen, ob ich nach Logon bimi zurückkehren und daselbst die Rückkunft eines zum Sult^ von Baghirmi zu sendenden Boten abwarten, oder ob ich mein Glück an einer anderen Stelle des Flusses versuchen sollte. Ich wusste mir nicht zu erklären, von woher die Schwierigkeit komme, ob es wirklich der Vezier von Bomu sei, der diese Umtriebe angestiftet habe, da ihm bekannt war, wie ernstlich mein Wunsch sei, wo irgend möglich, nach Wädai vorzudringen, oder ob es der Sultan von Logone sei, der glauben mochte, wenn er mich auf diese Weise zur Rückkehr nöthige , würde er mich bewegen kön- nen, länger bei ihm selbst zu verweilen. Ich hatte den Baghirmier, so viel ich wusste, niemals beleidigt, sondern im Gegentheil ihn und seine ganze Truppe in der Stadt Lo- gone bewirthet und ihm noch besonders einige kleine Ge- schenke gemacht ; er" mochte aber neidisch auf mich gewesen sein, weil er den Sultan von Logone mich mit solcher Zu- Torkommenheit beehren sah. Er war nach Kükaua gekom-

282 XL KapiteL

men, um daselbst einige Waaren zu kaufen, die in Baghinni nicht zu haben waren und welche er wieder an den Sultan des Landes mit Gewinn zu verkaufen gedachte. Er hielt mich vielleicht auch für einen Kaufmann, der mit ihm concurri- ren möchte. Nach Erwägung aller dieser Punkte beschloss ich endlich, den Versuch zu machen, ob ich nicht an einer anderen Stelle über den Fluss kommen könne.

Wir kehrten also etwas über 2 Meilen auf demselben \V(»ge zurück, auf dem wir gekommen waren, um die Leute glauben zu machen, dass wir uns wieder nach Logone wen- deten, und bogen dann nach Norden ab. Unser Weg führte in nordöstlicher Richtung hier durch dichte Waldung, dort über kh'ine Dorfschaften, wo fast kein Getreide, wohl aber etwas Baumwolle, welche die Einwohner selbst verarbeiteten, gebaut wurde, bis wir das grössere Dorf Biigari erreich- ten. Hier wurden wir von den Einwohiieni, welche, wie die der meisten Weiler der Umgegend, zum Kanöri-Stamme ge- hören, sehr freundlich aufgenommen und erhielten unver- züglich einen grossen Hofraum zu unserem Gebrauche ange- wiesen. Meine Gefährten erzählten den Leuten, wir hätten den geraden Weg nach Mele verfehlt, und sie versuchten mich sogar für einen ScherTfen auszugeben, aber unglück- licherweise war ein Mann im Dorfe anwesend, der mich bei der Fähre von A-ssü gesehen hatte, so dass nicht eben grosse Hoffnung vorhanden war, den Fluss an einer anderen Stelle ohne fernere Schwierigkeit überschreiten zu können.

Ich war dessenungeachtet entschlossen, kein Mittel unver- sucht zu lassen, um die Gelegenheit, ein neues Land zu er- forschen, nicht zu versäumen. Für eine üöra (ein kurzes Hemdj versprach mir der Billama des Dorfes einen Führer, der mich am folgenden Morgen an die Fähre von Mele brin- gen sollte.

\Domierstay, 1^^^^ März.] Vor Tagesanbiiich traten wir unser heimliches Untemehmen an. Der schmale, rauhe Pfad fiihi-te

Übergang über den Scbari bei Mele. 283

uns sogleich in den Wald, geleitet von einem schlanken, wolil- gebauten, kräftigen und halbnackten Burschen, der mit Bo- gen und Streitaxt bewaffnet war. Dann ward die Waldung von Baumwollenpflanzungen und Getreidefeldeni unterbrochen, sämmtlich den Einwohnern des Dorfes, wo wir übernachtet hatten, gehörig, bis wir endlich auf die Heerstrassc, die in grossen Krümmungen von Logone nach Mele zieht, hinaus- traten. Das Unterholz war hier anfänglich stark mit Düm- gestrüppe „ngiUe" vermischt, aber bald darauf änderte sich der Anblick der Landscliaft plötzlich, indem sich zu unserer Linken schöne niedrige Wiesengründe ausbreiteten, durclizogen von stehenden Lachen, den t Überresten der vor- jährigen Uberschwemnmng, während wir zu unserer Kcchten die dicht mit W^ald durchwachsenen Ruinen der früheren Stadt Yessinekr hatten.

Hier erhielten wir zum zweiten Male eine Ansicht jenes herrlichen Flusses, welclier die Westgrenze des Königreichs Baghirrai bildet, und an dessen Überschreitung mich unbe- kannte Leute durch ihre Umtriebe verhindern wollten. Das Flussufer fällt hier in zwei Abstufungen ab und bildet einen oberen Abhang, der gegenwärtig mit grünem Rasen bedeckt war, und einen unteren von lockerem Sand, der sich 15 Fuss über das Wasser erhob. Hier störten wir wiederum einige Krokodile auf, die sich behaglich gesonnt liatten; aber wir verloren keine Zeit, sondern gaben alsbald dem Fährmann jenseits Zeichen, herüberzukommen. Mittlerweile zog ich mich liinter das Rohrdickicht am Ufer zurück, um eine kleine Skizze von der Flussscene mit dem Dorfe am jenseitigen Ufer zu entwerfen. Zu unserer grossen Freude sahen wir bald ein Boot vom gegenüberliegenden Dorfe ab- stossen, sich um die in der Mitte des Flusses befindliche Sandbank herumziehen und zu uns herankommen. Das Ge- lingen unseres Planes hing nun von wenigen Minuten ab ; so- bald daher die Fährleute an unserem Ufer angelegt hatten,

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284 XL Kapitel.

bezahlten wir, was sie forderten, und sprangen in das Boot, welches gross und bequem war.

Es gereichte mir zu grosser Freude, obwohl ich nicht ohne einige Besorgniss war, dass ich mich auf dem herrlichen, hier gewiss nicht unter 1800 Fuss breiten Flusse eingeschifit sah. Die Sandbank liegt etwas mehr nach dem Ostufer zu und die Strömung („ngäda" im Kanöri, „dmma-uä" im Lögone) hält sich durchaus nur an jener Seite, während der Fluss an der westlichen Seite langsam dahinfliesst und meistens nicht sehr tief zu sein scheint; im Fahrwasser zeigten die Stan- gen der Fährleute 15 Fuss Tiefe. Das Kameel, die Pferde und der Lastochse schwammen beim übersetzen an der Seite des Bootes, nur dass sie am Nordende der gegenwärtig etwa 400 Schritt langen Sandbank entlang gingen. Die Strömung zwischen der Sandbank und dem Ostufer war sehr stark und das Wasser tief, glücklicherweise aber die Ent- fernung nur etwa 600 Fuss.

So fuhren wir in den kleinen Hafen von Mele ein und wurden, als wir an's Land stiegen, von einem Ichneumon, das frei umherlief und mit dem Schwänze wedelte, freundlich bewillkommt. Es mochte dies ein glückliches Vorzeichen bei meiner Ankunft im Lande scheinen. Auch die Leute, welche in einer kleinen Werfte, wo die gewöhnlichen Flussschiflfc er- baut werden, auf mannichfaltige Weise beschäftigt waren, empfingen uns sehr freundlich, besonders, da ich einem ge- wissen Beamten, „kaschella" betitelt, ein kleines Geschenk gemacht, auch dem Fährlohn für die Bootsleute einige Na- deln beigefügt hatte. Ich wurde angenelmi überrascht durch die wohlgefälligen Formen des weiblichen Geschlechtes, ihr anmuthiges Wesen und ihren gutstehenden Kopfputz, was Alles sie sehr vortheilhaft nicht nur von den Kanöri- Wei- bern, sondern auch von den Lögoneserinnen unterscheidet.

Sobald wir unser Kameel wieder beladen und Begrüssun- gen ausgetauscht hatten, zogen wir weiter, indem wir das

Eintritt in BaghirmL 285

höhere, sich hier 25 Fuss erhebende Ufer hinanstiegen und das Dorf dicht am steilen Ufer zur Linken liegen Hessen. Aber kaum waren wir 1 Meile weiter gegangen, froh, trotz aller uns entgegengestellten Hindemisse in dieses Land vor- gedrungen zu sein, als wir einen Mann auf uns zukommen sahen, den mein Reiter sogleich als einen Diener des Amt- manns von A'-ssü erkannte. Dieser Umstand musste unsere Hoffnung sehr herabstimmen. Hätte der Amtmann von A-ssü seine Schuldigkeit mit mehr Vorsicht gethan und am Abend vorher oder früh am Morgen einen Boten abge- sandt, so wäre ich wohl nie nach Baghirmi gekommen.

Als wir den Mann mit seiner unheilvollen Botschaft seinen Weg hatten fortsetzen lassen denn er wagte es nicht, sich gegen uns seines Befehles zu entäussern , fanden wir es nach kurzer Überlegung am gerathensten, den offenen Weg zu ver- lassen und in die Stoppelfelder einzubiegen ; denn es wird hier beträchtlicher Anbau von den Einwohnern Mele's betrieben. Dieses Dorf ist nämlich, obgleich es dicht am Flusse liegt, mehr ein landwirthschaftliches als ein Fischerdorf. Neuer Acker- boden wurde soeben gerodet; den Bäumen wurden sämmtliche Zweige und Aste abgehauen, so dass nur ein kurzer Stamm stehen blieb, um die Kleidung der Arbeiter gegen die Amei- sen oder vielmehr Termiten zu schützen. Das ganze Land war gut angebaut und von zahlreichen Bäumen beschattet, so dass es einen recht freundlichen Anblick darbot

Nach einem halbstündigen Marsche durch die Stoppeln traten wir auf einen wohlbetretenen Pfad hinaus, welcher von IQessem herkam, einem beträchtlichen, weiter flussab- wärts gelegenen und noch zu Kotokö gehörigen Dorfe mit einer eigenthümlichen Mundart. Wir verfolgten nun diesen Weg und erreichten bald ein seichtes, grasreiches Gewässer von der mehrerwähnten Art in Baghirmi heissen dieselben „kamane"' oder „guguli" . Es wurde durch eine Niederlas- sung von Schüa- Viehzüchtern vom Stamme der 'Agaife belebt

286 XL KapiteL

und erstreckte sich in grosser Länge von SSW. nach NNO^ so dass es eine wesentliche Eigenthümlichkeit dieses Landes- theiles bildet; es wird Ambussäda oder Mbussäda genannt. An der Stelle, wo wir es überschritten, war das Wasser nur 1 Fuss tief und das ganze seichte Bett mit dem reichsten Pflanzengrün bedeckt.

Wir hielten uns hierauf hart an der Ostseite des Wiesen- gewässers und hatten zur Linken ansteigenden Boden, der mit einem prächtigen Gürtel, besonders schöner wilder Fei- genbäume besetzt war. Die Landschaft erinnerte mich an das Müssgu-Land, nur war das Rinnsal nicht so breit und es brach keine Delebpalme durch das Laub der anderen Bäume, „wie ein Wald über dem Walde" hervorragend. Eine fast unun- terbrochene Reihe von Dorfschaften besäumte diesen schma- len Streifen fruchtbaren Grüns und hie und da sah man eine Ginippe von Leuten aus der dichten Belaubung hervorkom- men, während zahlreiche Viehheerden über den marschigen Wiesengrund einherstreiften und, mitunter nur mit dem Ober- körper aus dem Wasser ragend, die frischen jungen Gras- sprossen abweideten. Schöngefiederte Vögel von allerlei Gattung und Grösse schweiften umher: hier rauschte der riesige Pelikan vom benachbarten Baume hernieder, dort stand der Marabu (Ciconia Marabu), einem alten Manne gleich- sehend, mit dem Kopfe zwischen den Schultern; hier stol- zirte der gewaltige blaugefiederte „dedegami" einher, indem er seiner Beute nachspürte, weiterhin der Plotus mit seinem langen schlangenailigen Halse; dort forschte der weisse Ibis begierig nach Futter, und dazwischen watschelten allerlei Enten „geddegabü" oder „dabä" , flogen und flatterten zahlreiche kleine Vögel in grösseren und kleineren Schwär- men umher. Dann und wann brach ein Wildschwein aus dem Dickicht hervor, von einem zahlreichen Gefolge von Fer- keln begleitet, und rann eilends in's kühle Wasser. Hier war ein reichhaltiges, ja unerschöpfliches Feld für den Jäger,

GesEwungene Rückkehr nach Mele. 287

aber ich konnte nicht an's Jagen denken, denn ich war mir gar wohl bewusst, dass etwas im Gange sei, um meinem weiteren Vordringen im Lande ein Ende zu machen.

Es wäre vielleicht gescheidtcr gewesen, ohne Aufenthalt weiter zu ziehen; ich empfand aber die Hitze der Sonne zu stark, und da ich doch nicht mit Gewalt durch das Land reisen konnte, ruhte ich lieber während der Tageshitze im Schatten eines schönen breiten Ngabore oder Ngäto (wilden Feigenbaumes) zur Seite eines Schüa- Dorfes. Ich suchte hier vergebens bei den Einwohnern Einiges zu meiner Erfrischung einzutauschen; zu meinem grossen Erstaunen war weder Milch, noch sonst etwas zu haben, obgleich man überall Vieh in zahlreicher Menge weiden sah. Aber die Leute sagten mir, gerade, weil so viel Vieh auf einem so schmalen Streifen von Weideland zusammengedrängt sei, hät- ten sie so wenig Milch. Diese Schüa, welche zum Stamme der Ueläd 'Ali gehören, nennen dieses seichte Gewässer nach ihrem Oberhaupte „mssel el Hadj "Ali".

Ruhig, obwohl nicht ohne Besorgniss, hatte ich mich in der schattigen Kühle ausgestreckt, als wir den Häuptling von Mele mit sieben oder acht bewaf&ieten Schüa herankommen sahen. Sie wandten sich zuerst an meinen Reiter Grema, der es sich im Schatten eines anderen Baumes bequem gemacht hatte. Nachdem sie ihre Sache mit ihm abgemacht hatten, kamen sie dann zu mir und erklärten, dass sie mir nicht gestatten könnten, meine Reise fortzusetzen, da sie gehalten seien, Ver- haltungsbefehle aus der Hauptstadt abzuwarten, worauf ich denn meinerseits sofort erklärte, dass ich gern ein Paar Tage warten wolle, jedoch unter der Bedingung, dass sie mir eine Wohnung überweisen und mich mit Lebensmitteln versehen wollten. Sie drückten ihre Zufriedenheit mit meiner Willfäh- rigkeit aus, erklärten aber, dass sie mir im Weigerungsfalle alle Schüa in der Nachbarschaft nachgesandt haben würd^ um mich unterwegs zu beunruhigen. Der Häuptling von Mele

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288 XL KapiteL

versicherte mich hierauf, er werde, wenn ich nach seinem Dorfe zurückkehren wolle, dafür Soi^e tragen, dass ich mit Allem^ was ich bedürfe, namentlich mit Geflügel und Milch, hin- reichend versehen würde.

Ich genehmigte daher, dass Grema die Reise allein fort- setze, um meine Briefe nach der Hauptstadt zu bringen, wäh- rend ich meinen Rückweg nach Mele antrat Auf einem ge- raderen als dem vorher von mir eingeschlagenen Wege kehr- ten wir in 1^ Stunden nach dem Dorfe zurück, wo ich die- ses Land zuerst betreten hatte.

Mele hat eine ganz interessante Lage auf dem steilen Ufer eines grossen, schiflfbaren Flusses, der hier seinen Lauf ändert und die bisher eingehaltene westöstliche Richtung gegen eine süd nördliche vertauscht. Sehr angenehm hätte ich hier einige Tage in Betrachtung der anziehenden Scenerie zubringen kön- nen, wenn mich nicht stets die Sorge um die Weiterreise beun- ruhigt hätte. Unter diesen Umständen vergingen mir die 6 oder 7 Tage, die ich hier zubrachte, gar trübselig, und die Einwohner fingen an, sehr misstrauisch gegen mich zu werden, weil sie bemerkten , dass mein Lieblingsaufenthalt im Schat- ten eines schönen Baumes am Flussufer war , von wo ich eine weite Aussicht über den Strom nach Norden und We- sten hin hatte. Der Verkehr auf dem Flusse war sehr un- bedeutend, nur höchst selten sah man ein Boot vorbeifahren. Mitunter belebte sich aber die langgestreckte Sandbank durch ein Krokodil, das aus dem Wasser hervorkam, um sich zu sonnen, oder durch die fröhliche Dorfjugend, welche hinüber- schwamm, um nach ihrem Fischergeräthe zu sehn und die Netze zu trocknen. Sowohl an Fischen wie an Krokodilen ist der Fluss sehr reich und das Fleisch der letzteren ist bei den Eingeborenen sehr beliebt. Ich sah auch etwas weiter abwärts am Strande eine eigenthümliche Vorkehrung oder eine Art Zaubergeräthe , an einem Baumstamme angebracht, um, wie es schien, die Wasserholenden vor einem plötzlichen

Der Fluss Schäri. 289

Angriff dieser gefrässigen Thiere zu schützeD. Ausserdem ent- hält der Fluss ein sehr grosses, wahrscheinlicli mit dem Ayü des Benue und des Niger dem Manatus Vogelü iden- tisches Thier *).

Nordöstlich ward das Dorf von einer dichten Waldung be- grenzt, durch welche sich in geringer Entfernung das untere Ende der Ambussäda zog, die hier einen überaus üppigen Pflanzenwuchs hatte und ein Lieblingsaufenthalt der Wild- schweine war. Ich bemerkte hier aucli Affen in beträchtli- cher Anzahl.

Es war während meines Aufenthaltes in Mele, dass ich zu- erst eine deutliche Vorstellung vom Laufe des Schäri und von dessen Verhältniss zum Flusse von Logone erhielt, welche Flüsse sich beide etwas unterhalb Küssuri bei einer Ortschaft Namens Ssina Fatscha vereinigen; auch zog ich viele Nach- richten — freilich nicht eben von der deutlichsten und be- stimmtesten Art über (Ue am oberen Laufe beider Flüsse liegenden Orte und Herrschaften ein. Ich hörte, dass der Schäri im vorigen Jalire über seine Ufer ausgetreten und sogar in die Hütten der Einwohner eingedrungen sei. Und doch erhoben sich an dieser Stelle die Ufer gegenwärtig mehr als 40 Fuss über den Wassei-spiegel !

Der dem Flusse gewöhnlich beigelegte Name „Schäri" gehört, wie schon bemerkt, der Sprache der Kotokö an ; die Baghir- mier nennen ihn nur „Ba ' und unterscheiden seine verschie- denen Theile nach den anliegenden Ortschaften, wie Bä-Mele, Bä-Bü-ssö, Bä-Gün, während ihn die Araber hier Bahr-Mele und etwas weiter aufwärts nach dem anderen Dorfe Bahr- A-ssü nennen. Wenn daher zuweilen der ganze Fluss A-ssG

*) Ich glaube, dieses Thier ist dasjenige, welches Burekhardt (Reisen in Nnbien, Anhang, 2<e Originalausgabe, I. S. 433) als den /vCp9^l anführt.

Dieser Name muss ihm von den SchOa gegeben worden sein, ich habe ihn jedoch selbst nicht nennen hören.

Bwth't lUlMn. lU. i^

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290 XI. Kapitel.

genannt wird, so verhält es sich damit ganz so, als wenn man den Komädugu Waübe, Yeu oder nennt

Aber wälirend ich so in Beziehung auf den herrlichen Strom Gelegenheit hatte, meine Zeit nicht ganz unerspriesslich zu verwenden, war meine Beköstigung keineswegs so angenehm, wie man mich hatte erwarten lassen; denn weder Geflü- gel, noch Milch war zu haben und die frischen Fische des Flusses, die ich mir mitunter durch ein gutes Geschenk zu verschaffen wusste, bekamen mir bei dem schwächlichen Zu- stande meines Magens nicht gut, so vortrefflich und wohl- schmeckend sie auch waren. Es wird ein kleiner Markt in £die, einem 5 Meilen von hier entfernten Dorfc, und ein etwas be- deutenderer Mittwochsmarkt beim Dorfe Tschinge gehalten, aber auf beiden ist wenig zu haben, und, was die Hauptsache war, ich hatte nicht, was die Leute wünschten.

Meine Ungeduld steigerte sich durch die unverkennbaren Vorzeichen der herannahenden Regenzeit, während mir Schwärme von Mücken auch die nächtliche Ruhe raubten. Der Himmel war gewöhnlich trübe und in der Frühe hüllte zu- weilen ein dichter Nebel die ganze Landschaft ein ; des Mor- gens war die Luft ziemlich kühl, aber Mittags wurde es schwül und im Laufe des Nachmittags erhob sich oft ein heftiger Wind. Alle meine Pläne waren vereitelt, während ich so gern dem Sultan auf seinem Zuge Gesellschaft geleistet hätte, obgleich die Nachrichten aus dem Lager keineswegs ganz gün- stig lauteten. Es hiess nämlich, die heidnischen Einwohner von Gögomi, gegen die er Krieg führte, wären von ihrer Berg- feste herabgekommen und hätten eine grosse Menge Volks erschlagen ; unter den Gefallenen sollte sich auch ein wohlbe- kannter Araber aus dem Westen (Marokko), der den Zug mit- gemacht hatte, befinden.

[Donnerstag^ 2ö9t€n März.] Es war gegen Mittag, als zu meiner grossen Freude mein Gefährte Grema 'Abdü aus der Hauptstadt zurückkehrte. Er war begleitet von zwei Dienern

Abreise nach Bügomän. 291

des Serma oder Kadamdnge, des vom Sultan während seiner Abwesenheit mit dem Oberbefehl über die Hauptstadt betrauten Statthalters. Ich fand mich jedoch in meiner Erwartung, mich nun ohne weiteren Aufenthalt nach der Hauptstadt begeben zu können, getäuscht; denn die Boten überreichten mir eine Ur- kunde mit einem grossen schwarzen Siegel, des Inhalts, dass ich die Antwort des Sultans in Bügomän, einer weiter strom- aufwärts gelegenen Stadt, abwarten und inzwischen von den Einwohnern dieser und der benachbarten Stadt Mission mit frischen Fischen und Milch versorgt werden solle. So sehn- lich ich mich nun auch dem Sultan selbst anzuschliessen wünschte, so wusste ich doch nichts gegen diese Anord- nung einzuwenden und war froh, wenigstens von der Stelle zu rücken, wenn auch nur ein wenig.

Unser Weg hielt sich, als wir das Dorf verliessen, am steilen nordöstlichen Ufer des Flusses entlang. Ein wenig oberhalb Mele vereinigt sich mit dem Hauptarm ein kleiner östlicher Nebenarm, und die so gebildete Insel ist dickt be- waldet und scheint mit Ausnahme eines kleinen Fischerwei- lers ganz im Besitze der wilden Thiere belassen zu sein; denn wir gewahrten deutlich eine Heerde von ungefähr 12 Antilopen, von der „Mohor" oder „Himraie" (Antilope Soem- meringii) genannten Art, und zu unserer Verwunderung auch eine Schaar von nicht weniger als 21 Krokodilen, die sich, alle ruhig auf dem sandigen Strande auf dem Rücken lie- gend, sonnten. Keines derselben war aber von besonderer Grösse, das längste mass nur 12 15 Fuss.

Unser Marsch war ziemlich kurz, indem meine Gefährten für uns in der 2^ Meilen weiter aufwärts am Nebenarme gelegenen kleinen Dorfschaft Limschi Herberge nahmen. Dies war ein leidlich betriebsamer Oil und mehrere Boote lagen hier am Ufer. Da ich soeben eine solche Menge Kro- kodile gesehn hatte, wunderte ich mich nicht wenig, die Weiber, welche Wasser holten, sich olme Furcht im Flusse

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292 XL Kapitel.

baden zu sehn; aber der Arm, obgleich nur etwa 100 Schritt breit, schien ansehnlich tief zu sein und keine Sandbänke zu haben. Die gegenüberliegende Insel war auch hier dicht bewachsen, aber etwas weiter aufwärts liegt eine Dorfschaft Namens O'diö. Unsere Aufnahme im Dorfe war sehr un- freundlich, was mir eben keine günstige Vorstellung von dem Ansehen des Vicestatthalters, unter dessen Schutze wir doch reisten, einflösste.

[Freitag y 26»^^ März.] Unser Marsch führte während der ersten 1^ Meilen durch Stoppelfelder, worauf wir in einen dichten Wald kamen, der von Schlingpflanzen durch- wunden, sonst aber gar einförmig war und der neubeleben- den Kraft der Regenzeit entgegenharrte. Wir hatten fort- während das seichte Rinnsal Mbussäda oder Mssel el Hadj 'Ali zur Linken, bis wir dasselbe nach einer Wegestrecke von 5 Meilen überschritten. Wir setzten sodann unseren Marsch durch angebautes Feld fort, wo ausser Hirse auch etwas Baumwolle gezogen wurde, darauf durch gelichtete Waldung und erreichten nun bald das Dorf Mustafadji, den Geburts- ort der Frau meines Geleitsmannes Grema 'Abdü.

Hier wurden wir ohne Verzug untergebracht, die Hütten waren aber weder durch Grösse, noch durch Bauart bemer- kenswerth, indem sie ganz aus Stroh und Rohr bestanden und nur der untere Theil mit einem leichten Lehmüberwurfe versehen war, so dass während der Tageshitze die Luft darin zum Ersticken heiss ward. Die Einwohner sind alle Kanöri, die seit der Verfallzeit von Bornu hier, sowie in anderen Ortschaften Baghirmi's eingewandert sind und die hier be- merkbare geringe Kultur eingeführt haben, namentlich die an diesem Platze in beträchtlicher Ausdehnung betriebene We- berei und Färberei. Der Schäri oder ist hier in gerader Linie nur wenig über 7 Meilen westlich entfernt, und die Überschwemmung tritt bis dicht an das Dorf heran, indem sie sich längs der flachen Thalbildungen und Rinnsalen,

Die Dörfer BdgarT und Matuän. 293

welche das Land durchschneiden, hinwindet. Eine grosse Strecke Land war hier mit einheimischem Korn bestellt.

Die Einwohner des Dorfes erwiesen sich sehr gastfrei, und der Schwiegervater meines Gefährten machte mir ein fettes Schaaf zum Geschenk. Die einzige Schwierigkeit machte das Wasser, indem der Bninnen ungeachtet seiner Tiefe von 15 Klaftern nur einen geringen Vorrath lieferte. Über- haupt scheint Baghirmi ausserordentlich an Wassermangel zu leiden.

Wir blieben hier den ganzen folgenden halben Tag und brachen erst Nachmittags um 2J Uhr auf, indem wir eine südwestliche Richtung einschhigen. Die Landschaft, die wir nun durchzogen, war gut bevölkert und zeigte viel An- bau von Baumwolle, und es war hier, wo ich dieselbe zum ersten Male in Furchen bestellt fand, eine Bestel- lungsart, die, wie ich glaube, in Amerika und Indien allge- mein üblich, im Sudan aber sehr selten ist; die auf den Rainen befindlichen Stauden waren gegenwärtig blätterlos. Alle Baumwollenanpflanzungen, welche ich bisher im Sudan angetroffen hatte, waren sich selbst überlassen und daher in einem verwilderten Zustande; hier aber schien ein sorgfälti- ger Betrieb stattzufinden. Beim Dorfe Mütkoml ward meine Aufmerksamkeit auf die grosse Menge von Eseln gelenkt; der Boden war hier voll von den Höhlen des „fenek" (Mega- lotis), von den einheimischen Schüa „Bü-IIassen" genannt.

Indem wir unseren Marsch über einen festen und trockenen Thonboden fortsetzten, liessen wir weiterhin das grosse Dorf Bügan zur Seite und kehrten etwas vor Sonnenuntergang im Dorfe Matuärf ein, welches einem reichen und gelehr- ten Manne Namens Legäri Bü-Müssa gehört, und fanden eine sehr freundliche Aufnahme. Diese Leute waren eben- falls Kanöri, und ich bemerkte mit viel Vergnügen als Zei- chen von Gewerbfleiss eine kleine zwei Gruben enthaltende Färberei.

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294 XL Ka^L

[Sonntag y 2S**^ März.] Wir setzten unsere Beise früh- zeitig fort und näherten uns jetzt der Stadt Bugomän, wo ich die Befehle des Sultans abwarten sollte. Das Land zeigte beträchtlichen Anbau, und zahlreiche landwirthschaft- liche Weiler, von den Baghirmiem „yoeö" genannt, lagen umher; gegenwärtig standen aber alle leer, da sie nur während der Regenzeit von den ..Feldhänden", wie ein Ame- rikaner sagen würde, bewohnt werden.

Nachdem wir etwa 4 Meilen weiter gezogen und durch eine marschige Wiese mit zahlreichen Rhinocerosspuren ge- kommen waren, standen wir abermals am üfer des grossen Flusses von Baghirmi, des Schäri oderBä, welcher mir hier, wo er einen weiten, flachen, sandigen Strand bildete*), an- fänglich in Vergleich mit dem grossartigen Ansehen, das er weiter thalabwärts hat, gar unbedeutend vorkam, so dass ich ihn beinahe nur für einen Nebenarm gehalten hätte; allein meine Leute versicherten mir wiederholt, dass dies nicht der Fall sei, indem sich der Nebenarm, welcher weiter aufwärts, etwas oberhalb der Stadt Miltu, sich vom Hauptstrome ab- sondert und bei Bii-ssö und Batschikam vorbeifliesst, mit dem Hauptflusse unfern von hier, bei der Stadt Misskin, deren höhere Bäume von hier aus in Sicht waren, wieder vereinigt habe. Die Richtung des Flusses ist hier auf eine lange Strecke gerade von Süden nach Norden; er kömmt aber weiter aufwärts, oberhalb Misskin, aus SSO. Das Ufer ist an dieser Seite sehr niedrig, wesshalb sich der Fluss während der LT)erschweramungszeit hier sehr weit ausbreitet. Bei der sanften Abdachung des Bettes ist der Fluss bis ziemlich weit vom Ufer seicht, jedoch wahrschein-

*) Bevor ich zum Hauptfluss kam, hatte ich einen Bach mit sehr kaltem uiul klarem Wasser zu überschreiten, welcher in einer dem Flusse entgegen- gesetzten Richtung floss ; aber sein Vcrhältniss zum Hauptstrom blieb mir un- bekannt, da mich auch nachher Erlebnisse in dieser Gegend verhinderten, dasselbe weiter zu ergründen.

Ankunft in Bügoraan. 295

lieh auf der gegenüberliegenden Seite, bei der Stadt Bügo- män, wo das Ufer steil ist, von grösserer Tiefe.

Die Stadt hat aus dieser Entfernung einigermassen das Ansehen eines verfallenen Ortes, wenigstens was die Ring- mauer betriflft; sie war jedoch reichlich mit mannichfaltigen Bäumen geziert, unter welchen Deleb- und Dümpalmen in anmuthiger Weise hen'orragten. Es war eben Markttag und eine Anzahl Leute hatte sich in der Morgenkühle am südöstli- chen Strande, wo auch wir angekommen, versammelt, der Rück- kehr des Fährbootes wartend, so dass das Ganze eine recht belebte Scene darbot. Aber allmählich verlor sich das Ge- räusch, und die Hitze der auf dem Sande widerstrahlenden Sonne wurde fast unerträglich ; denn trotz meiner Warnung hatten wir den grünen Gürtel von Bäumen und Pflanzenwuchs hinter uns gelassen und waren weit auf das flache, sandige Ufer hinausgegangen, welches jetzt bis unmittelbar an's Wasser trocken war. Mein Geleitsmann war mit den beiden Dienern des Serma in die Stadt gegangen, um meine Ankunft anzu- melden und dem Amtmanno den Befehl des Vicestatthal- ters, dass ich hier weitere Verfügungen des Sultans abwar- ten solle, mitzutheilen, aber sie kamen nicht zurück. Ver- gebens suchte ich mich gegen die sengenden Sonnenstrah- len zu schützen, indem ich mit dem Teppiche eine Überda- chung über mir bildete; die Sonnenhitze ist in diesen Erd- strichen nie heftiger, als gerade vor Anbruch der Regenzeit, und wir hatten gewöhnlich um 2 Uhr 106° bis 110°. Als der Mittag vorüber war, wurde ich ungeduldig, beson- ders desshalb, weil ich nichts zu essen hatte und auch kein Brennholz da war, um selbst das einfachste Mahl zu kochen.

Endlich etwas vor 3 Uhr kehrten meine Boten zurück, aber man sah es ihnen gleich an, dass sie keine Überbringer günstiger Nachrichten waren. Der Amtmann von Bügomän verweigerte dem ausdrücklichen Befehl seines Landesherm, des Sultans von Baghirmi, Gehorsam und lehnte es ab, mich

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296 XI. Kapitel.

in die Stadt zu lasseu. Es blieb uns also nur übrig, nach dem Dorfe MatuärT, wo vrir so freundlich bewirthet worden waren, zurückzukehren. Indem wir daher das Schaaf, das wir noch nicht hatten schlachten können , mit fortschleppten, kehrten wir auf demselben Wege, den wir gekommen, zurück.

Wir blieben in Matuarl den folgenden Morgen, und ich hatte hinlänglich Zeit, über meine Lage in diesem Lande nachzudenken. Es unterlag keinem Zweifel, dass die Mehr- heit der Einwohner gegen Fremde sehi' stark eingenommen war, und ich hielt es daher für das Geeignetste, nach Lögone zurückzukehren und dort des Sultans Antwort abzuwarten; aber meine Gefährten waren dieser Meinung nicht, sondern erklärten, dass es mir nicht freistehe, das Land zu verlassen, nachdem ich es einmal betreten. Es wurde also beschlos- sen, dass wir in der Richtung nach der Hauptstadt weiter gehen und dann nach Maassgabe der Umstände handeln soll- ten. Wir brachen nur desshalb nicht sofort auf, weil meine Gefährten durch den ausgedehnten Wald, den wir vor uns hatten, zur Nachtzeit zu reisen wünschten, da während einer ganzen Tagereise kein Wasser anzutreffen war und unsere Leute keine Wasserschläncho hatten.

Um meine Mussozeit anzuwenden, machte ich einen Spa- ziergang nach dem schon erwähnten Dorfe Bügari, wo Markt- tag war, und ich freute mich, in Betracht der geringen in diesen Ländern herrschenden Entwickelung der Lebensver- hältnisse einen ziemlich regen Verkehr auf dem Markte an- zutreffen. Es waren gegen 20 Stück Rindvieh, 60 80 Schaafe und ein Dutzend Esel zum Verkauf ausgeboten, ferner ein gutes Sortiment von schwarzen und weissen Toben und ein reich- licher Vorrath von Butter und Honig, von Hirse, Bohnen und Erdmandeln; die letzteren waren besonders in Menge vorräthig und lieferten hinreichenden Beweis, dass auch in diesen Gegenden jener werthvoUe Handelsartikel in i-eich- licher Fülle wächst und ein hauptsächliches Nahrungsmittel

Der Maiitverkehr in Biigari. 297

der Bewohner bildet; das Ausgebot von Baumwolle aber war nur beschränkt.

Die Stapelwaare des Marktes bestand in Toben, Halbtoben und einfachen Baumwollenstreifen „farda" von 3 Zoll Breite und 3 4 Drä Länge. Leider ermangelte ich dieses Werthmaasses gänzlich, und die Leute verwarfen verächtlich die elenden kurzen Hemden „döra" , welche ich von Bomu mitgebracht hatte, so dass ich ungeachtet des reich- lichen Ausgebotes auf dem Markte leicht unversorgt geblieben wäre. Es gelang mir jedoch, einige Farda für Nadeln zu kaufen, indem ich 4 Nadeln für je eine Farda bezahlte; auch kaufte ich etwas Butter für einige Glasperlen.

Die ganze Gegend ist nur sehr kärgUch mit Wasser ver- sehen, und der Brunnen in MatudrT, welcher nur 2^ Klaftern tief ist, lieferte gar wenig. Die Brunnen in Biigari waren 3 lOaftern tief, gaben aber auch nicht mehr. Wollte man freilich zu grösserer Tiefe graben und gehörige Brunnen her- stellen , so würde man Wasser in hinlänglicher Menge er- halten; aber die Leute gehn lieber täglich in ein weit entfern- tes Dorf, um ein wenig Wasser zu holen, als dass sie sich einige Wochen lang anstrengten, um einen für längere Dauer berechneten Brunnen herzustellen.

Nachdem wir von der gesammten männlichen und weib- lichen Einwohnerschaft des Dorfes herzlichen Abschied ge- nommen hatten, begaben wir uns um 3 Uhr Nachmittags wieder auf den Weg und setzten mit Ausnahme eines kurzen Haltes, den wir bei Sonnenuntergang in einem Weiler Namens „Büru-nyigo" „Hyänenhöhle" machten, un- sere Reise ununterbrochen bis 11 Uhr Nachts fort. Der eben erwähnte Weiler liegt am Saume der Wildniss, und hier hatten wir die Pferde zu tränken und unseren eigenen Wasserbedarf einzunehmen, sowie ich auch einigen Leuten, die mir den ganzen Weg von Bügari aus gefolgt waren, Arznei geben musste.

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296 XL KapiteL

Nachdem wir etwas über 5 Stunden in der Mitte des Waldes gerastet hatten, ohne von Menschen oder Thieren belästigt zu werden setzten, wir unseren Zug durch die Wal- dung fort. Sie bestand hier aus dichtem Gestrüppe, in welchem grössere Bäume immer seltener wurden; hierauf lichtete sie sich, und Schwärme von Turteltauben schie- nen die Nähe von Wasser anzudeuten, obgleich freilich diese Art von Andeutung sich mitunter als ganz unrichtig erweist.

Als wir den Wald, der während der Regenzeit einen gar verschiedenen Anblick gewähren muss, verlassen hatten, wur- den bald Spuren früheren Anbaues sichtbar, selbst von Se- sam (von den Kanöri „marraschi", von den Baghirmiem „kärru" genannt), wie an der Tiefe der Furchen zu erken- nen war. Selbst die jetzt hier herrschende Dürre vermochte nicht die Einwohner einiger kleiner Weiler aus ihren gelieb- ten Hoimathssitzen zu vertreiben; sie zogen ein elendes Da- sein daheim den Bequemlichkeiten der Fremde vor. Wir begegneten einem zahlreichen Haufen von Weibern und Kin- dern, welche lieber jeden Morgen und Abend ihren unent- behrlichen Wasserbedarf mehrere Meilen weit herholen, als ihr heimisches Dorf aufgeben wollten.

Wir kamen nun durch einen anderen, gleichfalls von Wasser entblössten Weiler, Hessen mehrere von angebauten Feldern umgebene Dorfschaften in einiger Entfernung liegen und er- reichten endlich das ersehnte El Dorado, wo sich Wasser vor-' fand. Da war, wie zu erwarten stand, reges Leben am Brun- nen, welcher die ganze durstige Nachbarschaft zu versorgen hatte. Menschen, Kameele und Esel drängten sich umher, be- gierig des Augenblicks harrend, wo die Reihe an sie kom- men würde; und da der Bromnen 10 Klaftern tief war, verging natürlich eine beträchtliche Zeit, ehe sie alle be- friedigt werden konnten. . Vom Volke freundlich begrüsst, schlug ich mein Zelt bei einem grossen Kautschukbaum

Der Hadj Bü-Bakr Ssadik. 299

„tschedia" auf, welcher jedoch nur spärlichen Schatten gab, da das junge Laub noch nicht ausgeschossen war.

Ich kostete hier zum ersten Male eine Schüssel Sesam, wel- cher ganz wie ein dicker Brei aus Hirse bereitet war, aber, mit der gewöhnlichen Afrikanischen Brühe von Küka- oder Affen- brodbaum-Blättem nur schwach gewürzt, mir nicht eben ein sehr leckeres Gericht schien. Das Dorf, das Mokori genannt wird, hat ein wohnliches Aussehen; das Indigostampfen in den Färbergruben ging hier unaufhörlich, selbst während der Tageshitze, vor sich. In der Nähe wohnten einige Fulbe- oder Felläta- Schäfer, und ich erhielt hier für einige Glas- perlen etwas Butter, sowie auch etwas Reis, nämlich wil- den; denn der Reis wird hier nicht angebaut, sondern nur in der Wildniss aus der vom Elephanten und Rhino- ceros übrig gelassenen Saat eingelesen. Ich hätte hier über- haupt recht guter Dinge sein können, hätte mich nicht die Ungewissheit meiner Lage im Lande beunruhigt.

Als wir am Nachmittag unsere Reise fortsetzten, führte unser Weg durch eine fruchtbare Landschaft, die theils mit Hirse, theils mit Sesam bestellt war, bis wir bei der ersten Gruppe des Dorfes Bäkadä anlangten, welches aus vier ge- schiedenen Weilern besteht. Hier wünschten meine Gefährten für mich Herberge zu nehmen ; aber glücklicherweise weigerte sich der Amtmann des Dorfes, uns aufzunehmen, so dass sie genöthigt waren, die Gastlichkeit eines anderen Weilers an- zusprechen, wo ich denn das Glück hatte, in dem Hause eines Mannes Aufnahme zu finden, dessen Bekanntschaft zu den angenehmsten Erinnerungen meiner Reise gehört. Dies war Hadj Bü-Bakr Ssadik, ein hagerer alter Mann von sehr liebenswürdiger Gemüthsart, dem ich für viele Güte und wichtige Auskunft zu grossem Danke verpflichtet wurde.

Während meine Leute mein Zelt auf seinem kleinen, durch ein halbverfallenes Wetterdach etwas beschränkten Hof- ramne aufschlugen, sass der gute Mann staunend daneben,

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300 XL Kapitel.

und als er sich durch die Art meiner ^Behausung von mei- ner eigenen Abkunft tiberzeugt hatte, erzählte er mir auf gut Arabisch, dass er dreimal die Wallfahrt nach Mekka gemacht und die grossen Schiffe der Christen auf der See von Djidda gesehn habe. Er erinnerte sich genau der sämmtlichen Ortschaften, die er im Verlauf seiner langen Wanderungen besucht hatte.

Hoch erfreut, dass mich der Zufall mit einem solchen Manne zusammengeführt, entsandte ich am folgenden Morgen meinen Gefährten Grema *Abdü und die beiden Boten nach der Hauptstadt, um dem Vicestatthalter anzuzeigen, dass der Amtmann von Bügomän seinem ausdrücklichen Befehl den Gehorsam und mir die Aufnahme in der Stadt verweigert habe, und um anzufragen, was nun aus mir werden solle. Ich schloss ein Geschenk bei und ersuchte ihn dringend, mir entweder den Eintritt in die Hauptstadt, oder die Rück- kehr nach Bornu zu gestatten. Grema versprach, am fol- genden Morgen mit einer entscheidenden Antwort zurückzu- kehren; er hielt jedoch nicht Wort, sondern blieb volle 7 Tage aus, obgleich die Hauptstadt nur 10 Meilen entfernt war. Es traf sich daher sehr glücklich, dass ich Bü-Bakr Ssadik's Gesellschaft hatte; denn Niemand vermochte mir eine solche Einsicht in die Beschaflfenheit und Geschichte dieser Gegenden zu geben, wie dieser Mann.

Er gab mir eine lebhafte Beschreibung von dem grossen Nationalkampfe, den seine Landsleute gegen Bornu geführt, und bei dessen Schlachten er meistens betheiligt gewesen war. Er hob mit Recht hervor, dass die Sklaven seines Herrn den Scheich Mohammed el Känemi zweimal geschla- gen und dass der Scheich nur durch den Beistand zweier auf einander folgender Sultane von Fesän, des Müstapha el A'hmar und Muckeni's, endlich den Sieg errungen und nach Zerstörung der Städte Babäliä und Gaui und nach Besitz- nahme der Hauptstadt sich zeitweilig zum Herrn des Landes

Verwilderter Zustand des Landes. 301

gemacht Labe. Er beschrieb mir mit unverstelltem Behagen, wie seine Landsleute die Felläta, welche die Djemmära in ihrem Vaterlande hätten errichten wollen, zurückschlugen, und wie sie nachher einen erfolgreichen Rachezug gegen Bögo, eine der Niederlassungen dieses Volkes, ausführten.

Bü-Bakr war wirklich in jedem Sinne des Wortes ein Patriot zu nennen. Obgleich ein seinem Sultan treu ergebener Unter- than, betrachtete er doch mit der tiefsten Bekümmerniss den Verfall seines Vaterlandes, mit Hinblick auf den Wohlstand und Einfluss, dessen es sich vor der Zeit erfreute, wo es *Abd el Kerlm Ssabün, der Sultan von Wadai, eroberte, seine Schätze raubte, den König zinspflichtig machte und ganze Schaaren der Einwohner in die Sklaverei schleppte. So war die gesammte Wohlfahrt des Landes vernichtet worden, und nicht nur dessen Reichthum an Silber und Vieh verschwunden, sondern es hatte sich auch, wie er es in dem Trübsinn seines Gemüthes ansah, Verfall und Verderben über die Natur selbst verbrei- tet; — denn ganze Gemarkmigen, welche früher reich ange- baut und mit Dorfschaften bedeckt gewesen wären, seien jetzt zur Wildniss geworden, und früher reichlich mit Wasser versehene Gegenden litten jetzt die äusserste Dürre. Wür- mer, sagte er mii*, verzehrten ihr Getreide und Gemüse und verurtheilten sie zur Hungersnoth.

Dies Alles war wahr, so weit es den gegenwärtigen Zu- stand des Landes betraf; denn wenn ich gleich nicht sagen kann, ob dessen natürliche Beschaflfenheit jemals viel günsti- ger war, so gab es doch bezüglich seiner Regierung und po- litischen Bedeutung einst eine Zeit, wo es sich eines besseren Gedeihens erfreute. Es hat wirklich den Anschein, als ob das Land von göttlicher Züchtigung heimgesucht würde, zur Strafe für die Vergehen der Vorfahren und das gottlose Leben des früheren Herrschers. In keinem von mir be- reisten Lande in ganz Sudan habe ich so ungeheuere Schaa- ren von zerstörenden Würmern und ein solches Vorherrschen

302 XL KspiteL

von Ameisen oder Termiten gefunden, wie in BaghirmL Na- mentlich schwärmt der „hallu-uendi", ein grosser schwarzer Wurm, so lang, aber viel dicker, wie die grösste Raupe, hier in Millionen und verzehrt einen sehr beträchtlichen Theil der Landeserzeugnisse. Bö-Bakr zeigte mir auch ein an- deres, viel kleineres, aber nicht minder gefrässiges Insekt, den „kundjungdjüdu*', einen ungefähr Va Zoll langen Käfer von gelber Farbe, an welchem aber die armen Einwohner, wie es auch in anderen Theilen von Afrika mit den Heu- schrecken geschieht, ihre Rache zu nehmen nicht verfehlen, indem sie das Insekt, wenn es auf ihre Unkosten dick und fett geworden ist, selbst verspeisen, eine Sitte, welche, wie so manche andere, noch von ihrem früheren heidni- schen Zustande herstammen mag, wie es denn auch bei den Ssokorö noch allgemein üblich ist, einen grossen ,,demäna" genannten Käfer zu essen.

Auf andere Arten von Würmern werde ich weiter unten zurückzukommen haben; was aber die schwarzen (Termes mordax) und weissen Ameisen (Termes fatalis) betrifft, so führte ich selbst mit ihnen wiederholt während meines Aufent- haltes im Lande eine erbitterte, aber erfolglose Fehde. Be- reits am zweiten Tage meiner Anwesenheit in Bäkadä be- merkte ich, dass die weisse Ameise (Termes fatalis) mein Bett, das ich auf einer groben, aus den dicksten Binsen ge- machten Matte „ssiggedi", wie sie auf Kanöri, oder „läba", wie sie auf Baghirmi heisst ausgebreitet hatte, mit gänzlicher Zerstörung bedrohe. In Ermangelung besseren Schutzes ei*sann ich daher ein Auskunftsraittel, das nach mei- nem Dafürhalten mein Lager gegen die ferneren Angriffe die- ser unerbittlichen Eindringlinge sicherstellen sollte, indem ich mein Bett mit der dicken Binsenmatte und einer dünneren Matte auf drei sehr dicke Stangen legte ; aber ich hatte bald Veranlassung, zu entdecken, dass diese gefrässigen Insekten nicht durch derlei Mittel abzuschrecken seien ; denn ich fand

Kampf mit den '^reissen Ameisen. d03

2 Tage nachher, dass sie nicht nur ihre Schanzen längs der Stangen gezogen und deren Ende erreicht, sondern sich auch durch die beiden groben Matten durchgefressen, ein grosses Stück meines Türkischen Teppiches verzehrt und verschiedene •andere Gegenstünde zerstört hatten. Und während meines ferneren hiesigen Aufenthaltes konnte ich nur mit der grössten Mühe diese Insekten von der Zerstörung aller meiner Sachen abhalten ; denn ihre Gefrässigkeit und Zerstörungskraft scheint bei Anbruch der Regenzeit zuzunehmen, und diese nahte jetzt mit schnellen Schritten heran.

Das Wetter war ausserordentlich schwül; wir hatten am 3ten April das erste Gewitter, und von diesem Tage an brach fast täglich ein solches los ; jedoch fiel im Ganzen nur we- nig Regen.

Das Dorf Bakadä selbst enthielt natürlich wenig An- ziehendes. Es war in früherer Zeit nur ein „yöeö" (ein Skla- ven- oder Landwh'thschaftsdorf) gewesen, während damals die Herren der Feldarbeiter in einer anderen Ortschaft Na- mens Küstia gewohnt und sich erst seit einigen Jahren hier niedergelassen hatten; es ist jedoch auch jetzt noch ei- gentlich nur ein Ackerbaudorf, indem blos Getreide erzeugt wird und die Einwohner nicht eine einzige Kuh besitzen, so dass Milch und Butter für grosse Luxusartikel gelten, ja selbst nicht einmal ein Huhn zu haben ist. Was aber Getreide be- trifi't, so ist Bäkadä nicht ohne Bedeutung, sondern im Ge- gentheil einer der wichtigsten getreideerzeugenden Plätze im Lande, besonders für Sorghum ngaberi" oder, wie sie es hier nennen, „uä" während weisse Hirse „tschengo" nicht 80 viel gezogen wird.

Sonntags wird beim westHchen WeUer ein Markt gehalten ; derselbe ist aber sehr armselig und war es um so mehr für mich, da die Leute sich weigerten, irgend einen der kleinen Artikel, die ich noch besass, als Zahlung anzunehmen, und mein ganzes Vermögen bestand damals aus 3000 Muscheln

d04 XI. Kapitel.

d. i. ein wenig über einen Spanischen Thaler , aus einem kleinen Vorrath Glasperlen, einigen Spiegeln und liauptsächlich aus Nähnadeln, während die Leute auch hier die schon erwähnten, mir gänzlich fehlenden Kattunstreifen ver- langten. Das gesammte Ausgebot von Luxusartikeln auf dem' Markte bestand in einem einzigen elenden Schaafe, und als Vertreter des gebildeten Auslandes fand sich ein halber Bo- gen Schreibpapier.

Sonst gab es im Üorfe gar nichts von Interesse, mit Aus- nahme meines liebenswürdigen, verständigen und gütigen Wirthes Bii-Bakr Ssadik. Der arme Alte war entrüstet über die Nachlässigkeit, mit der man mich behandelte; er war aber schwach, schüchtern und ohne Einfluss in höheren Kreisen. Die Auskunft, welche ich nach und nach von ihm während meines einförmigen hiesigen Aufenthaltes sammelte, findet sich im Anhange an den betreffenden Stellen vor. Es war belustigend, zu sehn, wie der gute Mann während der ganzen Zeit, wo er sich mit mir unterhielt, nicht einen Augenblick müssig war; denn entweder nähte er, theils an einem Kleidungsstücke für sich selbst, theils an einem Um- wurf für eine seiner Frauen, die er in der Hauptstadt hatte und bald zu besuchen gedachte, oder er schabte eine als Arznei dienliche Wurael, oder wählte Indigo aus, um seine Tobe zu färben, oder las, wenn er nichts Besseres zu thun hatte, einzelne Getreidekörner vom Boden auf, da er es in seinem frommen Siim für eine Sünde hielt, eine so herrliche Gottesgabe zu verschleudern.

Die anderen Einwohner des Ortes waren zierahch ohne Bedeutung; ich hatte viel Mühe mit dem Manne, der uns bei unserer Ankunft Aufnahme verweigert hatte; denn in- dem er krank war und ein Abfiihnmgsmittel brauchte, fand ich die gewöhnlichen Mittel, mit denen ich versehen war, für seinen herkulischen Leib zu schwach, bis es mir endlich durch eine Dosis von einem halben Dutzend Unzen

Äussere ErscheinUDg der Baghirmier. 805

Glaubersalz, vermischt mit 3 oder 4 Drachmen Wmmpulver gelang, ihn von der Wirksamkeit meiner Ai-zneien zu über- zeugen.

Im Allgemeinen sind die Baghirmier viel ansehnlicher von Gestalt, als die Bomauer; die Männer übertreffen letztere an Grösse und Muskelkraft, wie sie es auch an Muth und That- kraft thun; besonders aber ist der Wuchs der Weiber un- vergleichlich vorzüglicher. Die Baghirmierinnen sind nämlich im Allgemeinen wohlgebaut, schlank und nicht so vierschrö- tig, wie die hässlichen Bornauerinnen, haben ebenmässige Glieder, regelmässige Züge und einen angenehmen Ge- sichtsausdruck; einige mit gi'ossen, dunklen, schönen Augen könnte man selbst hübsch nennen. Sie haben nichts von den weiten Nasenlöchern ihrer westlichen Nachbarinnen, welche durch die garstige Koralle im linken Nasenflügel noch mehr entstellt werden. Während der Haarputz der Bomaueriimen hauptsächlich in einer Masse von Fett oder Butter besteht, die sie auflegen, wenden die Baghirmierinnen beträchtliche Sorgfalt auf die Frisur, und die Art, wie sie das Haar ganz in der Form eines Helmbusches tragen, steht ihnen vortrefflich, da sie der hohen, wohlgebauten Gestalt ausnehmend gut entspricht. Es ist desshalb nicht ohne Grund, dass die Frauen von Baghirmi im Sudan weit und breit berühmt sind. Ihre Kleidung ist sehr einfach, der in Bornu üblichen ähnlich, und besteht in der um die Brust befestigten schwarzen Türkedl; Von den Reicheren wird ge- wöhnlich noch eine zweite Tiirkedi über die Schultern ge- worfen.

Die Weiber sehen im Allgemeinen sehr gesund aus, aber die Männer leiden viel an einem eigen thümlichen Übel, wel- ches in der Landessprache „mukdrdam" genannt, von den Arabern aber mit dem Guinea -Wurme unter Einer Benen- nung, nämlich „ferentit" oder „ärük", begriflen wird, obgleich es davon sehr verschieden zu sein scheint. Es besteht näm-

Barth'« Belsan. Ul. 20

306 XL KapiteL

lieh in einem Wurme, welcher die kleine Zehe bewohnt und dieses Glied, beim Gelenk anfangend, allmählich zerfrisst, so dass es aussieht, als wenn es mit einem Faden abgebunden wäre. Ich halte dieses Insekt für identisch mit der Malis Americana oder Sauvagesii oder, wie es gewöhnlicher heisst, Pulex penetrans^ einem in Amerika wohlbekannten, sehr klei- nen schwarzen Insekte. Diese Krankheit ist in hiesiger Ge- gend so verbreitet, dass man unter zehn Leuten wenigstens Einen findet, der nur vier Zehen hat.

Dann und wann belebte sich das Dorf durch die Ankunft einer Karawane von Pilgern oder einer Truppe von einhei- mischen Reisenden „tugürtschi'' oder „fatäki" . Von den Pilgern befanden sich einige mit einem Schatze wirrer Eindrücke der geschauten, aber von ihnen kaum verstandenen Dinge auf der Heimreise, während andere mit den beschränk- ten Vorurtheilen ihrer fernen Heimath ostwärts zogen. Es wa- ren unter ihnen Leute aus allen Theilen des Sudans ; aber un- glücklicherweise konnte ich ihnen weiter nichts anbieten, als Nähnadeln, mit welchem Artikel ich sie für ihre beschwer- liche Reise bereitwillig unterstützte, weil für den Reisenden nichts von grösserer Wichtigkeit ist, als sich das Wohlwol- len dieser Leute zu erwerben, welche in diesen Gegenden die Träger der öffentlichen Meinung sind. Meine Freigebig- keit mit Nähnadeln und nichts als Nähnadeln erwarb mir desshalb bei diesen witzigen Leuten den Titel „malärlbra" „Nadelnprinz" ; aber obgleich sie immerhin von Nutzen war, insofern sie meine freundliche Gesinnung zu erkennen gab, so war dies doch kaum hinreichend, um einen nähe- ren Verkehr anzuknüpfen. Von einem dieser Wanderer aus der Feme, einem sehr einsichtsvollen, aus Kebbi gebürtigen Manne, erhielt ich jedoch die erste Mittheilung über die dichte Bevölkerung jener reichen, fruchtbaren Landschaft, die ich bald selbst besuchen sollte.

Auch ein zahlreicher Zug Pilger aus Wandala oder Man-

Pilger- und Handelskarawanen. 307

dara erregte viel Aufsehen, 'und ich gerieth mit ihnen in eine lebhafte Unterhaltung über das Verhalten ihres Fürsten „tukse-male" zum Herrscher von Bornu; denn sie stellten schlechterdings ni Abrede, dass sich ihr Fürst unter- worfen habe, um jenes zahlreiche Heer, das wir vor einigen Monaten nach Müssgu begleitet hatten, von seinem Lande ab- zuhalten. Die ärmeren Mitglieder der Karawane zogen un- ter Trommelschlag durch die Weiler, um durch Sammeln von Almosen die Mittel zur Fortsetzung ihrer verdienstlichen Reise zu erhalten, während die Reicheren zu meinem Wirthe kamen imd von ihm ihren Getroidebedarf kauften. . Auch ausserdem bot der Handelsverkehr des Dorfes, wo ich mich so lange aufhalten musste, ungeachtet der Unbe- deutsamkeit des Marktes noch manche andere interessante Erscheinungen dar. Unter Anderen Hessen sich hier mitunter kleine Trupps von Haussa-Kaufleuten „dangarünfa" sehn ; es waren schlanke, thätige Burschen, an Strapazen ge- wöhnt und mit kleinem Gewinne zufrieden, welche kleine Packete mit Indigo gefärbter Hemden und anderer Waaren den ganzen Weg von Kanö nach Baghirmi auf dem Kopfe getragen hatten, um dieselben gegen die schönen Esel von Dar-För, welche von Reisenden aus dem Osten hierher ge- bracht werden, zu vertauschen.

Nicht weniger interessant war der Durchzug einiger Leute, welche zu einer in ^^asena angekommenen zahh^eichen Kara- wane Djelläba aus Nimrö Wi'idai gehörten; es waren ih- rer etwa 12 mit ungefähr 20 Lastochsen und Eseln. Die Fracht der Karawane bestand hauptsächlich in Kupfer von dem grossen Kupferbergwerk „el Höfra" (hn Süden von Dar- För), welches sie westwärts bis nach Kanö brachten, wo die- ses schöne Metall gegen das von den Arabischen Karawanen aus Tripoli eingeführte alte Kupfer den Markt behauptet. Die in Bakadä angekommenen Leute waren jedoch die Är- meren von der Truppe, und ihre Waare bestand ausschliess-

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306 XL Kapitel.

lieh in einem vorzüglichen Steinsalz, welches die T§bu-Gu- rä,än vom Bürrum oder dem Bahhr el Ghasal nach Wära bringen, wo es von den Djelläba aufgekauft und bis nach Logon und Küssuri vertrieben wird. Ich kaufte für einen Bogen Papier etwas von diesem Salz und fand es, von einem entschieden fischigen Geschmack abgesehen, vortrefflich.

Ich stieg nur selten zu Pferde, da ich absichtlich Alles vermied, was Aufmerksamkeit oder eifersüchtige und nei- dische Gefühle erregen konnte; am lO^^^i wurde ich jedoch zu einem langen Ritte genöthigt, weil sich mein Kameel

damals mein einziges Lastthier verlaufen hatte.

An der südöstlichen Seite des Dorfes befindet sich eine sehr einförmige Waldung, wo viel hohes Riedgras wächst, während die anderen Seiten meistens angebautes Land ent- halten, welches von Hadjilidj („djänga", wie er hier heisst), Nebek- oderKüma*)- und Talha-Bäumen (hier „kelaia" ge- nannt) beschattet wird. Ich fand es bemerkenswerth , dass alle Felder, selbst die, auf denen Hirse und Sorghum gebaut wurde, in tiefen Furchen „deräba" bestellt waren, ein Betrieb des Getreidebaues, der mir im Sudan bisher nicht vorgekommen war. Ausser Getreide ward viel Sesam

„karru" , Baumwolle „nyere" und Indigo „alT- ni" gebaut; die Pflanzen waren gegenwärtig 2^ 3 Fuss hoch und blätterlos. Auch an der Nordostseite war eine beträchtliche Waldung und der einförmige Wuchs mittel-

*) Der Name dieses im ganzen Sudan so häufigen Baumes ist in den Formen Koma, Kürna, Kürnahl, Kümi, Kirna eines der am weitesten ver- breiteten Wörter für Gegenstände im Gebrauche des Menschen, wonach man vermuthcn sollte, dass der Baum in den gegenwärtig mit ihm bewachsenen Gegenden nicht einheimisch, sondern daselbst von einem einzelnen Punkte aus eingeführt worden sei. Diese Folgerung erscheint jedoch bei näherer Unter- suchung als nicht probehaltig. Der Baum ist jedenfalls nicht aus einem nördlicheren Klima in den Sudan verpflanzt worden, so wenig wie der Bala- nites Aegypiiacus und die Cucifera^ welche irrthümlich Thebaica genannt wird, während sie eher den Namen Nigritica verdient.

Antwort vom Vicestatthalter. 309

grosser Mimosen ward von mehreren Gruppen schöner Bäume, darunter viele breitästige Kalgo's, anmuthig unterbrochen; der Wald war reich an Perlhühnern und Gazellen. Der Bo- den war bereits von der Nässe leidlich durchfeuchtet ; schöne Büschel saftigen Grases schössen hie und da auf, und ich konnte mein Pferd an einer Pfütze tränken; aber diese Fülle des nassen Elementes war natürlich nur eine zeitwei- lige Folge des schweren Regenfalles in der verflossenen Nacht, und die armen Einwohner litten, da ihr tiefer Brunnen bei- nahe trocken war, nach wie vor schmerzlich von der Dürre. Nur allein wegen des Wassers hatte ich wiederholt Zwist mit den Eingeborenen; denn sie wollten meinem Pferde kaum einen hinlänglichen Antheil gewähren, obgleich ich dafür eine beträchtliche Summe zu zalilen hatte.

Ich wusste mich inzwischen kaum länger zu gedulden. Endlich, am Abend des 6ten April, kehrte mein Geleitsmann Grema, den ich am Slsten März nach der Hauptstadt ge- sandt hatte, um mir unverzüglich eine bestimmte Antwort zu bringen, mit einem Boten des Vicestatthalters zurück, aber nicht, um eines meiner beiden Gesuche zu gewähren, sondern um mich vielmehr zu bereden, geduldig zu warten, bis vom Sultan selbst eine Antwort ankommen würde. Da- mit ich inzwischen keinen Hunger leiden möchte, brachten sie mir ein Schaaf zum Schlachten und ein Hemd, um dafür in einem benachbarten Dorfe Lebensmittel einzukaufen; da jedoch ausser Hirse und Sorghum nichts zu haben war , er- klärte ich es für durchaus unerlässlich , mich entweder nach der Hauptstadt kommen, oder zurückkehren zu lassen. Ich ersuchte Grema, bei mir zu bleiben; er gab aber vor, er müsse unbedingt nach der Hauptstadt, wo sein Diener krank liege, zuriickkehren. Da ich nicht vermuthete, dass er mich im Stiche lassen wolle und die Absicht habe, sich dem Zuge des Sultans anzuschliessen, liess ich ihn gehn imd beschloss, noch einige Tage geduldig zu harren.

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XI. Kapitel. Antwort vom Vicestatthalter.

Es dauerte mir aber denn doch zu lange, und als am 13ten auch mein freundlicher Wirth Bü-Bakr Ssadik selbst in die Hauptstadt ging, hatte ich Niemanden, der meine Un- ruhe beschwichtigte. Ich hatte mich vennittelst meines Wir- thes noch einmal an den Vicestatthalter gewandt und ihn ersucht, mich ohne weiteren Aufschub in die Hauptstadt zu lassen, und Bü-Bakr hatte es mir auf das Bestimmteste zugesagt, dass ich vor Donnerstag Abend (also am löten April) eine entscheidende Antwort haben sollte. Da ich auf diesem Baghirmi - Zuge zum Transport meines Gepäckes nur Ein und noch dazu schwaches Kameel besass, so hatte ich fast gar keine Bücher mitgenommen, und die geringe Auskunft, die ich einzuziehen vermocht hatte, reicht« nicht hin, um meinem rastlos voi-wärts strebenden Geiste genug Nahrung zu gewähren; ich empfand daher grosse Niedergeschlagen- heit.

Die Folge davon war, dass ich, als auch der Donnerstag verflossen und weder Bü-Bakr selbst, noch eine Botschaft von ihm angekommen war, nun beschloss, meine Drohung zur Ausführung zu bringen und mich am nächsten Morgen auf den Rückweg zu begeben.

XII. KAPITEL.

Versuch» das Land zu verlassen. Verhaftung. Endlicher Einzug in Mäscna. Mäsena's Eigenthümliehkciten.

[Freitag, i6''«'* ApriL'] Mit Tagesanbrucli stand ich auf, um mich reisefertig zu machen. Der Himmel war trübe und es regnete etwas, wodurch einige Zögerung entstand; sobald aber der Regen nachgelassen hatte, liess ich mein Eameel packen und das Pferd satteln. Mehrere von Bü-Bakr's Ver- wandten und Freunden versuchten mich zum Bleiben zu be- wegen, aber mein Entschluss stand fest, und indem ich auf die Behandlung, die icli in diesem Lande erfahren hatte, hin- wies, stieg ich zu Pferde und ritt davon. Meine drei Diener, ebenfalls über ilire Behandlung verdriesslich, folgten mir, wenn auch keineswegs frohen Muthes.

Wir kehrten auf demselben Pfade zurück, den wir gekom- men w^aren ; aber der Regen hatte denselben fast unkenntlich gemacht, und wir hatten grosse Mühe, die rechte Spur zu verfolgen. Die Sonne schien nach dem Regen der vergange- nen Nacht mit gewaltiger Stärke, wie es so oft im tropischen Klima der Fall ist. Da es nun nicht meine Absicht war, heimlich zu entfliehen, so beschloss ich, während der Hitze in Mokorl Halt zu machen, und schlug ruhig mein Zelt auf; denn ich erwartete bestimmt, dass man mich hier suchen würde, wenn man meiner Person bedürfte.

Nach der schmalen Kost, auf welche ich so lange Zeit in Bäkadä beschränkt gewesen, freute es mich sehr, mir hier

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312 XII. Kapitel.

ein Huhn, etwas Butter und Milch verschaffen zu können, und es war für mich eine Festtagsfreude, mich an diesen einfachen Genüssen zu erquicken. Die Art, wie ich diese Lebensmittel kaufte, war sehr umständlich, indem ein langer Tauschhandel vermittelst Glasperlen, Nähnadeln und etwas Natron, das ich vonKukaua mitgebracht hatte, stattfand. Der Preis des Huhnes war 3 Stopfnadeln. Bei Erwähnung dieser Nadeln halte ich es für passend, die Verpflichtung anzuerkennen, die ich in dieser Beziehung gegen Herrn Charles Beke, den Abyssinischen Rei- senden, habe, auf dessen Rath ich mich in London mit einem kleinen Sortiment dieser Waare versehen hatte. In Mittel- Sudan fand ihr Werth keine Anerkennung, aber hier in Ba- ghirmi waren mir die groben Nadeln von vortrefflicher Eng- lischer Arbeit äusserst nützlich und ich verdanke ihnen zum Theil meinen Unterhalt im Lande.

Ich unterhielt mich ruhig mit den Leuten über meine Lage; sie benahmen sich sehr freundlich gegen mich und rie- then mir, falls im Laufe des Tages keine Nachricht von der Hauptstadt eintreffen sollte, den Weg über K(Slle-K611e, Marga und Djogode, welches letztere ein Ort von beträchtlicher Grösse sei, einzuschlagen, um so den Huss beim Dorfe Kiessem zu erreichen, wo ich nach Küssuri übersetzen könnte. Ich erhielt hier von einem Felläta *) oder Pullo Namens *^Abd el Kader einige wichtige Mittheilungen über das Flusssystem von Wa- däi. Der Tag wäre übrigens sehr angenehm verflossen, hätte sich nicht gegen Mittag ein starker Wind erhoben und mein Zelt mit Staub und Sand angefüllt. Der Himmel war be- wölkt, es fiel jedoch kein Regen.

Etwas nach Sonnenuntergang, wo sich das Gedränge am Brunnen, der eine ausgedehnte Nachbarschaft mit Wasser

*) Die in Bornu und den benachbarten Ländern übliche Form ,, Felläta" ist nach meinem DafUrhalten ursprünglich ein Plural, obgleich sie fortwährend als Singular gebraucht wird.

Rückreise. Der Honigkukuk. 313

versorgen musste, verloren hatte, mass ich die Wärme des Wassers in demselben und fand 30 j\^ C. Der Brunnen war 15 Klaftern tief, die Temperatur der Luft betrug zur Zeit 30° und war um 1 Uhr Nachmittags 37^ö^ t'- gewesen.

Ich brachte die Nacht nicht eben sehr erfreulich zu, indem der Boden von Schwaben Ameisen (Termes mordax) wim- melte, so dass das Kameel, wie auch das Pferd sich unruhig umherwälzten und unseren Schlaf fortwährend störten. Früh am Morgen setzte ich dann meine Reise westwärts ruhig fort. Wald und Acker wechselten mit einander ab, wobei der An- bau aus Hirse, Sesam und Baumwolle bestand. Weiber lasen Hadjilidj-Blättcr auf, die sie in Ermangelung der geschätzte- ren AflFenbrodbaum-Blätter zur Bereitung der geschmacklosen, bei ihrer täglichen Mehlspeise gebrauchten Brühe benutzen. DerHadjilidj war der am meisten vorkommende Baum ; ausser- dem fand sich der von den Schüa „hömain" genannte Baum, gegenwärtig ohne Blätter, aber mit Früchten bedeckt, welche die Grösse einer Aprikose haben und im reifen Zustande von den Bewohnern gegessen werden. Auch die „tsada" mit kirsch- artiger Frucht, von den Schüa „abüdedje" genannt, war hier sehr häufig.

Mein aufgeweckter Schüa-Bursche, der mich das Land jetzt von einer ganz anderen Seite ansehn Hess, als ich es früher vom Standpunkte der einheimischen schwarzen Bevölkerung betrachtet hatte, machte mich hier auf den Honigkukuk (Cuculus indicator) aufmerksam, welcher von den Schüa „sclmeter" genannt wird und ein verwandeltes altes Weib sein soll, das ihr verlorenes Söhnchen sucht und mit „schneter, schneter !" beim Namen ruft. Dieser kleine Vogel hat überall in Afrika zu allerlei seltsamen Mährchen Veranlassung ge- geben.

Fünf Meilen weiter wünschten wir ip einem seitwärts von der Strasse gelegenen Weiler Namens Bagäü Wasser zu er- halten; als wir uns aber dem Brunnen näherten, stürzte ein

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l'm ^J f'hr Mf]fru/:nsi n.ih^frten wir nn* dem I>jrtV KoDe- Kollf*, wf-k'hf-M an-» rl^r fVme einf-n frr^^j^sartijren Anblick dar- br>t. tndr'in frs von zw<-i stattlichen Ilelebpalmen und einem lieblichen Taro^irindenhaine geziert war: was aber das Was- nfT anlan^'t. Vf war (-> damit nicht viel besser bestellt^ als in dem Dorfe. an«* dem wir vertrieben worden waren, indem hinsichtlich dir-«f?s anentbehrlichen Dementes ron einer b^rinahe 1 Meile etitfemten Schwesterdorfschaft abhing. Die iHirre der vor mir liegenden Strecke nöthigte mich jedoch, hier Halt 7M machen, um einen Vorrath von Wasser einzu- nehmen, und das war der eirund, warum ich von Bagäü aus dicHcn weiten Umweg nehmen musste.

AIm wir es uns im Schatten der Tamarinden bequem ge- macht hatten, kamen einige Leute aus einem von uns unter- wegs /tir Seite gelassenen Dorfe zu uns, um Arzneien zu er- halten, imd di(j Weise, wie sie sich für meine Bemühung erkc'nntlich zeigten, bewies so viel Zartgefühl und Artigkeit, ibiMH ich die Annahme ihres Geschenkes nicht ablehnen konnte,

Das verödete Dorf Märga. 315

obgleich ich im Allgemeinen keine Bezahlung fiir meine Heil- mittel nahm. Als sie sich nämlicli verabschiedeten , banden sie ein Schaaf, das sie mitgebraclit liatten, an den Baum, un- ter welchem wir ruhten, indem sie blos meinen Dienern an- deuteten, es sei ein Geschenk für mich.

Ungeachtet der grossen Hitze während der Mittagsstunden hielt ich es für's Beste, meine Reise ohne Aufschub fortzu- setzen ; denn alle mir ertlieilte Auskunft stimmte darin über- ein, dass die vor uns liegende Strecke eine ausgedelmte was- serlose Wildniss sei. Es waren jedocli deutliche Spuren vorhanden, dass während der Regenzeit dieser trockene Wald mitunter zu einem ausgedehnten Morast wird, besucht von Heerden von Giraffen und anderem wilden Gethier. Zuerst war die Waldung licht; als wir aber weiter kamen, bekleidete sie sich mit dichtem Flechtwerk von Schling- pflanzen, welche von den einheimischen Arabeni „ssella', im West- Arabischen Dialekt aber gheläf " genannt werden. An vielen Stellen kam ein eigen thümliches Rohr vor. von den Schüa, die daraus Schreibfedern machen, „häl"' genannt, und hie und da schössen frische Grasbüschel auf, von der befruch- tenden Kraft des Regens hervorgerufen. Es ist dieses junge saftige Kraut, das besonders das Rhinoceros anzieht. So öde diese Wildniss gegenwärtig auch war, so fand sich doch, dass sie zeitweilig auch ein Schauplatz beträchtlicher mensch- licher Betriebsamkeit ist; denn Sesam- und selbst Indigo- felder fielen in's Auge.

Dreizehn Meilen w^eiter erreichten wir einen Weiler, wel- cher augenscheinlich der Ort Marga war, bezüglich des- sen unsere Berichterstatter ungewiss waren, ob wir die Ein- wohner antreffen würden, oder nicht. Wir betraten den Weiler, aber nicht ein einziges menschliches Wesen war zu sehn; der Ort war leblos, verlassen und halb in Ruinen. Doch hatte man in einigen Häusern Habseligkeiten zurück- gelassen, welche, da die Thüren nicht fest genug ver-

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816 Xn. KApHeL

schlössen waren, der Ehrlichkeit der Voroberkommeoden überlassen blieben.

Der Pfad theilte sich hier, und wir hatten offenbar, um über Djogode weiter zu reisen, den nördlichen einzuschla- gen; aber unglücklicherweise war auf diesem Pfade keine frische Fussspur bemerkbar, während der südliche viel be- nutzt schien, und meine armen Diener, welche mir bisher schweigsam, obwohl niedergeschlagen, gefolgt waren, brachen in ein lautes Wehklagen aus, als sie mich den unbetretenen Weg einschlagen sahen, indem sie ausriefen, ich wolle ihr, sowie mein eigenes Leben in dieser öden Wildniss auf- opfern. Ich stellte ihnen vergeblich die Nichtigkeit ihrer Ein- wendungen vor und liess mich endlich, obwohl mit einem unbehaglichen Vorgefühl, bewegen, ihrem kläglichen Flehen nachzugeben, indem ich den südlichen Pfad einschlug.

Es war Sonnenuntergang, als wir einen anderen Weiler erreichten, welcher, aus grossen, wohnlichen Hütten be- stehend, uns zuversichtlich erwarten liess, hier bequeme Her- berge zu finden; aber wir fanden bald, dass auch hier kein menschliches Wesen zurückgeblieben war. Nur eine Gruppe von fünf Antilopen mit aufrecht stehenden Hörnern (Oryx), hier „tetel" genannt, stand furchtlos in geringer Entfer- nung und starrte uns neugierig an. Es war das erste Mal, dass ich dieses schöne Thier in wildem Zustande sah; ich fand es jedoch nachher häufig in diesem Lande und traf es auch einmal am Komadugu von Bomu an.

Nachdem wir uns überzeugt hatten, dass der Brunnen trocken war, setzten wir unseren Marsch fort, da wir es nicht für gerathen hielten, in einem verlassenen Dorfe (unes solchen Landes zu übernachten , und betraten aber- mals ein Dickicht, wo es viel geregnet zu haben schien, so dass ich sogar mein Pferd tränken konnte, wo aber die Gefahr vor reissenden Thieren durch das Vorhandensein von Wasser sehr vermehrt wurde. Nachdem wir noch 2 Meilen

Nachtlager in der Wildniss. 317

weiter gezogen, hielten wir es, da es sehr dunkel war, für das Gerathenste, die Nacht über Halt zu machen ; wir wählten also eine kleine von Holzung freie Stelle, brachten das Ge- päck, das Kameel, das Pferd und das Schaaf in die Mitte und überwiesen jedem von uns eine Ecke, wo wir ein Feuer unterhalten wollten. Wir hatten jedoch kaum angefangen, uns in der Nähe nach trockenem Reisholze umzuschauen, als die wilden Thiere in allen Theilen der dichten Waldung ein tobendes Getöse erhoben; ich war daher genöthigt, mehrere Schüsse abzufeuern, ehe wir ein kleines Feuer anzumachen im Stande waren, worauf wir, indem wir beim Suchen die Brände vor uns herwarfen, bald hinlänglich Brennholz sammel- ten. Ich konnte jedoch meine jungen und unerfahrenen Ge- fährten nur mit Mühe dazu bringen, während der Nacht wechselsweise Wache zu stehn und die Feuer zu unterhal- ten, besonders da wegen eines Nordostwindes, der um Mitter- nacht zu wehen anfing, das Holz sehr schnell verbrannte.

Ich hatte die Vorsicht gehabt, mir eine Anzahl Patro- nen bereit zu legen, als plötzlich zwei Hyänen hereinstürz- ten, welche sich gedeckt von der Holzung herangeschlichen zu haben schienen, und denen es beinahe gelang, unser Schaaf zu erhaschen. Aber eine von ihnen büsste für ihre Verwegenheit mit dem Leben, und auf diese Weise, in- dem wir bald Brände schleuderten, bald Schüsse feuerten, hielten wir während des übrigen Theiles unserer ruhe- losen Rast an diesem Orte die wilden Thiere glücklich von uns ab.

Als wir früh am Morgen aufbrachen, fanden wir un- ter unseren Ledersäcken fünf Skorpione; sie waren höchst wahrscheinlich von der Hitze des Feuers angezogen worden, da sich dieses Thier sonst nach einem Regenfalle nur selten

sehn lässt. Die Waldung wurde nun bald lichter, und mein

>

Schüa-Bursche machte mich auf den sonderbaren Umstand aufmerksam, dass der „dib", welcher hier sehr häufig vor-

3W XIL

kommt, ^inen ünrath immer .inf «iem rnnen. wdsBeiL Heek feines AmelHenimoelH ablest. D«Hr Be^Esu ^schien iebr be- tr^hflieh gewe^ien zn .^in, and eine Meäe ireitiabiiL ksune« wir hei einem srftHsif^n Teiche anfi baki dakoad bei üineiü wtt.ii nr^'fjmfiVfiin vorbei, welcher rings omfai^ eine FaDe des p;*ücbti^ten ^/ra^^ei^ erzengte. Der Boden bestauid hier aa» fej^tem Thon and der Fttaozenwnch» war mannicfaMtig : btitld aber tolgte aaf den Wald ansgeiiehntes Aekeriand. we^ rhen die Nahe einer bedeutenden Ortachaä: ankftnttigte>

(ek wumte refbt gut. da^ä wir die Strasse nach Dju^otie eme beträchtliche Strecke znr Rechten hatten liegen laäeen, aber es TerdroH?» mich sehr, Ton den Leuten , wekhen wir begegneten r za h^Sren^ dass wir Kukorotsche jor uns hatten, daft^telbe Dorf, dnrch das wir aof dem Wege toq Mele nach ßiigf>män gekommen. Da ich demnach jöies Dorf wie- der berühren mnsnte. so beschlich mich die bange Xh- nnng, en möge mir ein MLssgeschick zustosöen und mir nicht vergfjnnt <^in, dieses Land so bald zn yerlassen: ich fasste mich jedf>ch and bereitete nuch aof 4^ Unangenehm- fite vor.

I>ie I^andschaft gewann non ein heiteres Ansehen, und wir langten bei einem ausgedehnten und augenscheinlich tiefen Gf5wä8ser an, das ringsum von herrlichen, reichbe- laubten Bäumen geschmückt war. Viele Weiber vom be- nar:bbarten Dorfe holten liier Wasser; auch wir nahmen einen Vorrath ein, zogen dann weiter und machten Halt im Schatten einen wliönen Hadjirülj im Angesicht des Dorfes. Rindvieh iiikI Ksel weideten in grosser Anzahl umher und erwiesen den Wohlstand der Einwohner. Kokorotsche ist ein wichti- ^(•r l'lat/ im Leben des Landes, indem es nebst Bügo- infin der llHUptstadt den grüssten Theil des Bedarfs an nir«<e liefert.

KntHcldoMHen , zum bösen Spiele gute Miene zu machen, lieHH ich meinem L(»ute das Schaaf schlachten und machte es

Ankunft in Kökorotsche. 319

mir so bequem wie möglich, indem ich meinen Teppich, be- schädigt, wie er von den Bakadä-Ameisen war, auf dem Erd- boden ausbreitete und mir überhaupt den Anschein der grössten Gemüthsruhe gab. Ich wusste damals noch nicht, dass es in diesem Lande nur dem Sultan und einigen Gross- würdenträgern gestattet ist, auf einem Teppich zu sitzen. Während das Fleisch auf dem Feuer kochte und einen un- gewohnten Genuss in Aussicht stellte, empfing ich einen Besuch von Grema 'Abdü's Schwiegervater, meinem Wirthe in Müstafadji, und seine Mienen und Winke bestätigten meine ungünstigen Vermuthuugen. Ich einzahlte ihm, wie es mir ergangen, seit ich bei ihm gewesen, wie der Statthalter von Bugomän sich geweigert, mich in seiner Stadt aufzunehmen, und wie ich 18 Tage in Bakadä gesessen und vergeblich auf die Erlaubniss in die Hauptstadt kommen zu dürfen, gewartet habe. Ich zeigte ihm meinen Teppich und erzählte ihm, dass ihn die Ameisen halb verzehrt, und wie wir an hin- länglicher Nahrung und an Obdach beim Eintritt der Regen- zeit Mangel gelitten hätten. Es tl^t ihm sehr leid, dass ich nicht mit mehr Rücksicht behandelt worden war, er gab es jedoch als seine Ansicht zu erkennen, dass der Vicestutt- halter mir auf diese Weise nicht gestatten werde, das Land zu verlassen.

Unglücklicherweise war dieser Mann nicht offen genug, um mir zu gestehen, dass bereits Boten aus der Hauptstadt an- gekommen seien; ebenso wenig gab mir der Dorfvorsteher „billama" oder vielmehr „goUennange" oder „gar", wie er hier heisst , welcher gerade mit einer zahlreichen Mann- schaft ankam, als ich aufbrechen wollte, den entferntesten Wink davon. Ob er in der Absicht kam, mich zurückzuhalten, und nur Anstand nahm, sein Vorhaben auszuführen, weiss ich nicht. Jedenfalls würde es für mich besser gewesen sein, hätte sich mein Geschick hier statt in Mele entschieden. Wie es nun einmal war, gab mir der Dorfvorsteher einen von sei-

820 XIL KapiteL

nen Leuten mit, um mir den Weg nach dem Flusse zu zeigen, und ich brach ungefähr 1 Stunde nach Mittag auf.

Beträchtliche, vor 7 Tagen gefallene R^enschauer hatten die dürre Beschaffenheit der Landschaft umgestaltet und deren Lebenskräfte neu geweckt. Der ganze Gau trug das heitere Kleid des Frühlings. Frische Wiesengründe breiteten sich aus, und wir kamen bei einigen ausgedehnten Wasser- flächen vorbei, umsäumt von welligen Ufern im glänzendsten Grün. Wir kamen auch durch verschiedene Dörfer, unter welchen eines Namens Mai-Dalä sich durch sein sauberes Ansehen auszeichnete, indem die meisten Hütten neue Stroh- dächer zum Schutze gegen den Regen erhalten hatten. In einem dazwischen belegenen Walde erregten wiederum Dümbüsche und Dümpalmen, hier „kolongo" genannt, meine Aufmerk- samkeit wegen des weiten Gebietes, welches diese Pflanze in Inner -Afrika eimiimmt, während man irrthümlich be- hauptet hatte, dass sie ausschliesslich Ober-Egypten angehöre. Wir überschritten hierauf das seichte Gewässer Ambussäda, wo der blaugefiederte, r^hfüssige, hier „dellük" genannte Vogel in grosser Anzahl umherplätscheile , und naheten uns nun abermals dem Dorfe, wo ich zuerst dieses Land be- treten hatte.

Auch hier war während meiner kurzen Abwesenheit eine grosse Veränderung eingetreten. Die Äcker wurden ausge- stockt, um sie für die Arbeiten der Regenzeit vorzubereiten, und die Büsche und Baumstümpfe verbrannt, um die befruch- tende Aschendüugung zu benutzen. Wir waren vorher noch nie dem Flusse so nahe entlang gekommen, und ich war er- staunt über die ausserordentliche Grösse der Ameisenhügel, welche nicht die gewöhnliche spitzauslaufeude Kegelform, sondern vielmehr eine den von mir am Bonue gesehenen ähnliche Form, nur eine beträchtlichere Grösse hatten, in- dem sie 30 40 Fuss hoch und dabei so sanft abgerundet waren, dass ihr Umfang an der Basis in einigen Fällen über

Ankunft in Meli. 321

200 Fuss betrug. Das Dorf selbst hatte in der Zwischen- zeit ein ganz verändertes Ansehen erhalten, indem in Folge der nahenden Regenzeit eine Anzahl neuer Hütten errichtet und die älteren mit neuen Strohdächern versehen waren. Alle diese neuen Wohnungen bestanden nur aus Rohr und Mattenwerk, hatten aber dennoch ein sauberes und freund- liches Ansehen. Als ich das Dorf betrat, wurde ich von den Einwohnern als ein alter Bekannter begrüsst, und ich schlug ruhig mein Zelt an der früheren Stelle auf.

[Montag y 19^^ Aprt'L] Dies war für mich ein denkwür- diger Tag, bestimmt, mich ein grösseres Maass imbeugsa- mer Geduld zu lehren. Nach einer ruhigen Nacht be- gab ich mich früh zum Vorsteher des Dorfes, um mit ihm über mein Überschreiten des Flusses zu sprechen, und ich machte ihm zugleich ein kleines Geschenk. In Baghirmi gibt es, wie in Logone und anderen Theilen von Sudan, einen besonderen Beamten für den Flussverkehr. Dieser Beamte, welcher in Baghirmi den Titel „alifa-bä" („Kemän-Komadu- gube", d. i. „Beamter des Flusses") führt, hat einen Agenten oder Kaschella in jedem Dorfe an den Flussufem, wo es eine Fähre gibt, und der hiesige Agent war zur Zeit ab- wesend. In der Zwischenzeit unterhielt ich mich mit ver- schiedenen von meinen früheren Betannten imd traf unter An- deren einen Einwohner von Djogode, der es sehr bedauerte, dass ich den Weg nach jenem Orte verfehlt hätte, da ich daselbst gut behandelt worden wäre, weil fast alle Einwoh- ner Kanöri sind. Der Statthalter jenes Ortes, welcher, wie der von Moitö, den Titel „alifa" hat, war abwesend, wie dieser Mann mir sagte, um sich dem Heere des Sultans an- zuschliessen.

Während ich mich so unterhielt, kam der Vorsteher des Dorfes plötzlich in mein Zelt und theilte mir mit, dass Bo- ten vom Vicestatthalter angekommen wären, um meine Wei- terreise zu verhindern ; da er mich dann fragte, was ich nun

Barth'« BdMo. III. 21

wff ^#9 ntif rjw'tvn n ^Hr^HRsn. '^^liispai jä. am leaa. IVvrtVorif »Hi^r :*niiie flim^ SinnHic^ -srasi -aat ^/oitat ^aurnr- ,innq^ rt^ffmi^ixu»' nvt "Ttsuarir. -s ^ mr ncär .aar "ni»g»fa*ff, .fki^ «iz int a#ü«pn ' m' za 'v^hsszniiBKi. im <? sicär oiai-

mmi mir wpfni&fjtmt^ -TtaaOifn ^>iItK üe jaübe Zkac 3l ttan. be- nfti^hhfl]^<»fi Dorä^ SIew#*ai ambniieesL kann. ^Hmtihlu'fc itu^r Ttfi#i nu^r L^nb^ in ism Zm^. ^vnnmt 3iaa mick piü^-

lieh *TXtiff im! .n#*^iu^ ?'L««!*i» ji F-?»s**in TtrSEE.

F^ war ^>Hwhr -»in »Jinitk. ük« üe "ratiie « nnar^aga^c 7*>r *u»h aifUf: 'i«**»! iHtö» -jih. ihr Viiräib»*a TFanniiüt. :§o wfir<<#» irh mirh Tii^üpn-tu: au*jii**r Wjifei itiin»ait äuunai: ah^r ühArrskHi'ht; an*l iih^^nrjiitscr* wie iüä war. antErwart ki mi^h a*^itnWiir, ohne iuicfa rmr ein Wirt la ^recüöi. <i»tti«r ^^^;»itth$ifi^fm ß^^biTuiluna: Dii^ L^^nCki ^ciueppcsn zmilit aar tüPvcv^. Waifim. ViTufem ;MU!h mräi ♦i»»pd4!k: fort ja ae Le^s«fn

n<">fn^i*r. 4^t* fComp«»» aiwi mem Tasebiinfa- Sie ^Jilogien aIs- 4^mn m^n Z^it ab tmd leimen miüfa. unter einen od^^en H/h/»|,p^^. wo k^h v/^)fi 2ir#>i fJienem des Vicestätthahers be-

N'A/:h /li^^^^rm ^mpör^Tkikn Verfahren mnsgte ich mir andi fKi^'h 7fm f-inem fVief^er f lalbheiden Moral predigen lassen, in- fU'ifi «f rr>K'b f^rrnnhuif.. mein Ge^ichick mit Gednld zn ertra- j^/'f» ^l/rrin \]h^ k/yrnriie TOfn Gfitt

H^'lfmi fnf*iu4' \fmurr waren anfangs gefesselt worden; da sie «b^r ^^r^w^ffMlH^rn, rlaiM i#:h, wenn man sie nicht freigäbe, ohne hII^< ((^(^Hfffffing »^?jri würde, nahm man ihnen die Fesseln wie-

Verhaftung des Reisenden. 823

der ab, und sie hielten sich getreulich zu mir, um mein Miss- geschick zu lindem. Am Abend bestieg der Sklave des Allfa- mein Pferd,, nahm eine meiner Pistolen mit und ritt fort nach Mäseüa.

Nachdem ich bis zum Abend ruhig an dem mir überwie- senen Platze verblieben war, befahl ich meinen Dienern, mein Zelt zurückzuverlangen; zu meiner Freude wurde die- ser Forderung genügt, und ich verbrachte die folgenden 4 Tage still und in mein Geschick ergeben, obgleich wie ein Sklave gefesselt, in meinem Zelte. Glücklichei-weise hattench die Beschreibung von Mungo Park's erster Reise bei mir, und die Schilderung seiner Leiden unter den Ludamar (Ueläd 'Ammer) hätte mir nie einen so hohen Genuss gewähren kön- nen, wie in meiner jetzigen Lage, und sein Beispiel verfehlte nicht, meine Geduld zu stärken.

Während ich mich in diesem Zustande befand, dachte ich darüber nach, welche Möglichkeit für Europäer vorhanden sei, diese Länder zu civilisiren, und ich kam zu dem Ergebniss, dass es zu diesem Behufe unumgänglich nothwendig sein würde, die günstigste Strecke des Landes zwischen den Flüs- sen Kuära, Benue und Kadüua zu kolonisiren und somit Handelsverkehr und Civilisation nach allen Richtungen im Inneren des Welttheiles zu verbreiten; ich schrieb daher an Ort und Stelle die Worte in mein Tagebuch: „Dies ist das einzige Mittel, welches dem gewünschten Zwecke entspricht; alles Übrige ist vergeblich."

Am Abend des 23sten April ich lag noch immer ge- fesselt in meinem Zelte kam mein Freund aus Bdkadä, Hadj Bü-Bakr Ssadik, auf meinem Pferde an, und entrüstet, als er meine Fesseln sah, befahl er, dieselben unverzüglich abzunehmen. Ich bat ihn darum, mir zu verzeihen, dass ich mich für einen freien Mann gehalten und nicht gewusst hätte, dass ich ein Sklave sei, da mir die wirkliche Beschaffen- heit meiner Lage in diesem Lande nicht bekannt gewesen.

324 Xn. KapiteL

Er aber lobte mein Benehmen migemein, indem er erklärte, ich hätte nicht anders handeln können, und versprach mir, ich solle nunmehr ohne irgend weiteren An£schab die Haupt- stadt besuchen.

Durch diesen günstigen Wechsel der Dinge beruhigt, dankte ich der Vorsehung dafür, dass sie mich aus dieser widerwärti- gen Lage gezogen, und betrachtete meinen Unfall als eine heilsame Lehre für die Zukunft Meine ganze Habe wurde mir zurückgestellt, auch meine Waffen mit Ausnahme der na#h der Hauptstadt gebrachten Pistole. Ich musste mich jedoch noch den folgenden Tag gedulden, weil der Haupt- diener des Vicestatthalters noch nicht angekommen war und auch mein Pferd, das die Reise nach der Hauptstadt und zurück mit grosser Schnelligkeit gemacht hatte, einiger Ruhe bedurfte.

[Sonntag, 25«^^ ApriL] Früh am Morgen begaben wir uns nun abermals auf die Reise nach Osten. Obgleich ich in diesem Lande bisher keine sehr freundliche Behandlung erfahren hatte, so war ich doch bereit, lieber Alles zu er- dulden, als den Besuch der Hauptstadt aufzugeben. Meine armen Diener hingegen waren anders gesinnt; denn da ihnen das wissenschaftliche Interesse abging, empfanden sie die materiellen Entbehrungen desto mehr; sie betrachteten un- sere beabsichtigte Reise ostwärts mit Schaudern und warfen wehmüthige Blicke auf das jenseitige Ufer des Flusses, wel- ches sie aller Entbehrungen und Verdriesslichkeiten zu über- heben versprach.

Ich zog jetzt zum vierten Male die Ufer des Flusses ent- lang; letzterer hatte gegenwärtig seinen niedrigsten Stand erreicht („Bä nedonge", wie die Baghirmier sagen) und war, seitdem ich ihn zuletzt gesehen hatte, 1 2 Fuss gefallen, so dass ein weiterer beträchtlicher Theil der Sandbank bloss- gelegt war.

Man hat in Europa keine Vorstellung von der Lage eines

Zog nach Misefia. 325

einzelnen schutzlosen Reisenden in diesen Gegenden. Hätte ich meinen Wünschen folgen können, so wäre ich gleich beim Eintritt in das Land diesen mächtigen Fluss entlang, bis zur Quelle hinauf, gezogen; aber der Reisende ist in diesen Ländern nur ein Sklave, der von den Launen eines unver- ständigen imd argwöhnischen Volkes abhängt. Alles, was ich unter den gegenwärtigen Umständen noch auszurichten erwarten konnte, bestand darin, bezüglich des oberen Laufes des Flusses bestimmte Auskunft einzuziehen; denn so sehn- lich ich auch gewünscht hatte, an dem Feldzuge des Sultans Theil zu nehmen, konnte ich doch nach Allem, was ich er- fahren hatte, kaum glauben, dass man mir erlauben werde, in grosse Entfernung vorzudringen.

Wir machten heute nur einen ziemlich kurzen Marsch; denn nachdem wir während der Tageshitze beinahe 6 Stun- den in einem Dorfe Namens Käda-bakaläi gerastet hatten, zogen wir nur 3 Meilen weiter und lagerten dann in einem anderen, neu erbauten Dorfe Namens Käda-märga, wo die Einwohner des gleichnamigen, von ihnen verlassenen Dorfes Obdach gesucht hatten. Der Ort hatte ein sauberes Aus- sehen und besass eine Färberei „bükko alinbe" ; auch wurde er von einer Anzahl zahmer Strausse belebt. Der Brunnen enthielt bei einer Tiefe von 10 12 Klaftern einen reichlichen Vorrath an Wasser , das aber von schlechter Be- schaflfenheit war.

Am folgenden Tage hatten wir unseren Verlust an Zeit wieder gut zu machen und rasteten daher nicht eher, als bis wir unser Nachtlager, einige Meilen jenseits Bäkadä, erreicht hatten; denn ungeachtet meiner Hochachtung gegen Bü-Bakr Ssadik weigerte ich mich doch, in dem Orte, wo ich so lange zurückgehalten worden war, irgend länger zu verweilen oder ihn auch nur wieder zu betreten. Die Waldwildniss war durch die Regenfalle zur Aufnahme ihrer zeitweiligen Bewoh- ner, der Schüa, vorbereitet, und der Brunnen von Bakadä,

fMenjiUuf. 27^>^^ ApriL^ Fnäi am HJMyyw bESK&ot wir ^mi . •im •TOfflirfa TimpriBi Et^yrtiinumyywit waA ^fm Kiwtyit^ rier T^neesihita»» 2a ern>sfiic9B. Di» Lmd war snt und mit Bimnen. nameotlidi Tdlias and ^^^^j?«««

^mtK*kt: die <j«!treide&ifier waren jocb inor in Furcben ^APT^iMk'^ büsCdlL Der Bt)«iesi beataml ans Snnd. ^fcber weiterem war er rfaome mui büiiete mefaroe grtMBe IWkim. in deoen Äck wahroui «^ Regptmpit becfentBide WamerpfotSDRii an»ftTniin4n. Wer war ifie r,^iMfai4»#t: ^qq ^rhöiuni Tamarimlenhaamai imd aaaBeniem. nuck ^un emir- 9m Dnmpftlmün fielebc

Dann betraten wir einen raek nüt 6ras bewacksenen and för Viehznrbt wobl^eeisneten <jan. Ser lebten einsiewait- (ierte Fremdlinge Tom Sebna' and Fefläta-Stamme . wie das gewöbnlirh anter ihnen der Fall ist. aaf dem bestäi Fasse beisammen: denn die AhnHcbkeit der Sitten dieser beiden Stämme hat sie. ongeaehtet ihrer ▼^osckiet^o^i Abkonft and gän^li^b ▼ersrhiedenen 5*prache. aberall in die engste Ver- binrhing gebracht and in bemerkenswerther Weise die An»- breitöng de» letzteren Stammes über ein so weites Gebiet rrm Ontral-Afrika erleichtert. Die Hatten dieser Yiehzück- ter ftind von denen der eingeborenen BewcAner sehr abwei- chend, indem rie einesthefls riel geraomiger sind, am aach dem Vieh l^aiz geben zu können^ and andererseits dieRohr- beda/'hnng in »ehr leichter and nachlassiger Weise besorgt int; (h^tn (Iv^ne Jjevde pflegen ihre Wohnstatten gewöhnlich mit der Jahrcftzeit za rerändem and lassen es sich desshalb fiirlif an^f.'le^fyn »ein, viel Mühe auf dieselben zu verwenden.

AIr wir HO unwrren Marsch fortsetzten, erhielten wir plötz- lich ^ifiHi filick über cfine offene, mit dem frischesten Grün b^l(U»)dnt4i Horikiing, in der Ruinen von Lehmwohnungen weit iri<rhrr*it(3t itmlii^rlagen. Dies war Mäsena, die Hauptstadt

Ankunft in Mäsefia. 927

des Landes, die jetzt ganz denselben trümmerhaften und ver-' ödeten Charakter trug, wie der übrige Rest des Landes.

Die Stadt war in früheren Zeiten von weit grösserem um- fang; die Mauer war in der Folge eingezogen worden, war aber noch immer viel zu gross für die Stadt und befand sich augenblicklich im kläglichsten Zustande des Verfalls. In der That scheint das ganze Land von Baghirmi, verheert durch einen höchst unheilvollen Bürgerkrieg und niedergetreten von seinen Nachbarn, hinzusiechen, bis es seiner Bestimmung ge- mäss entweder sich einmal wieder erhebt, oder dem ersten Eindringling zur Beute fallt.

Jedoch war es mir nicht vergönnt, die heilige Umschluss- mauer dieser verödeten Hauptstadt ohne weitere Belästigimg zu betreten; denn indem ich genöthigt war, dem Vicestatt- halter eine Botschaft zuzusenden, um ihm meine Ankunft anzuzeigen, liess man mich länger als 1^ Stimden vor dem Thore warten, obgleich hier auch nicht der geringste Schatten zu finden war. Nach dieser Demüthigung ward es mir gestattet, meinen bescheidenen Einzug zu halten. Nur wenige menschliche Wesen waren zu sehn und offene Wie- sengründe breiteten sich auf ansehnliche Entfernung aus, vor- züglich auf der rechten, südlichen Seite der Stadt. Dann betraten wir das bewohnte Viertel und ich ward in einer Thonwohnung einquartiert, die in einem offenen Hofraum stand, der gleichfalls mit einer niedrigen Thonmauer um- geben war. Die Wohnung enthielt ein luftiges Vorderge- mach, das meinem Geschmack ganz zusagte, und vier kleine Hintergemächer, die allerdings nicht eben sehr luftig waren, sich aber doch als höchst nützlich erwiesen, um Gepäck und Vorräthe aufzubewahren.

Ich hatte kaum von meiner Wohnung Besitz genommen, als sich eine Menge Leute einstellten, um mich im Namen des Vicestatthalters zu begrüssen, und kurze Zeit darauf liess sich ein vertrauter Sklave desselben se^n, dem ich meine

I

328 XIL KAfb^

Geschenke überreichte. Diese bestanden in einem Stack ge- druckten Kattuns, gross genag für eine Tobe, in einem £g3rp- tischen Turban, verschiedenen Arten wohlriechender Sach^i, wie „machbil"' der Frucht einer Art Täia , Jubän" Benzoin und einer betrachtlichen Menge Sandelholz, das in den Ländern östlich Ton Bomn sehr hoch geschätzt wird. Indem ich dieses kleine Geschenk dem Diener überlie- ferte und es mit meinem ergebenen Grusse begleitete, erklärte ich, dass es mir unmöglich sei, dem Vicestatthalter persön- lich au£mwarten, bevor er mir meine Pistole ¥riederer8tattet habe, die mir allein noch von allen den Dingen, die man mir in Mele abgenommen hatte, fehlte, und nach einiger Unterhandlung kamen wir überein, dass mir der Statthal- ter die Waffe ausliefern sollte, sobald ich mich ihm vor- stellte, ohne dass ich nöthig hätte, ein einziges Wort darüber zu verlieren.

Demgemäss brach ich am Nachmittag mit Bü-Bakr auf, um dem Vicestatthalter meinen Besuch abzustatten; ich fand in ihm einen ziemlich wohlwollenden Mann, etwas über die mittleren Jahre hinaus, in einfacher dunkelblauer Tobe, die schon ein gutes Theil ihres früheren Glanzes eingebüsst hatte. Nachdem ich ihn begrüsst, erklärte ich ihm, dass unverdiente Vernach- lässigung und Mangel an gehöriger Nahrung mich bewogen hätten, meinen Rückweg anzutreten, nachdem ich mich über- zeugt, dass ich hier nicht willkommen sei; denn es sei, ver- sicherte ich ihn, unser dringendster Wunsch, mit allen Für- sten der Erde auf friedlichem Fusse zu leben und sie mit uns bekannt zu machen. Obgleich mir die Abwesenheit des Landeshemi nicht unbekannt gewesen wäre, hätte ich doch keinen Anstand genommen, ihm einen Besuch zuzudenken, da man mich versichert habe, dass es möglich sein würde, auf dem Heereszuge zu ihm zu stossen.

Der Emir Edrlss denn so redete ich nach Bü-Bakr's wohlmeinender Instruktion den Statthalter an entschul-

Audienz beim Yicestatthalter. 329

digte dann seine Landsleute damit, dass sie, mit unse- rem Charakter unbekannt, mich behandelt hätten, wie sie mit Jemandem von ihrem eigenen Stamm verfahren sein wür- den, wenn er sich gegen die Vorschriften des Landes vergan- gen hätte. Er Hess mir dann Angesichts der ganzen versam- melten Menge meine Pistole zurückgeben und forderte mich auf, geduldig die Ankunft des Sultans abzuwarten. Ich konnte nichts Anderes thun, als seinen wohlgemeinten Rath zu befolgen und mir die Zeit so gut wie möglich zu ver- treiben.

Bei der Abwesenheit des Landesherm und der übrigen vor- nehmsten Personen gewährte die Stadt zur damaligen Zeit einen ruhigeren und mehr todten Anblick, als es gewöhnlich der Fall ist; denn als ich meinen ersten Spaziergang durch die Stadt machte, ward ich betroffen von dem Charakter der Einsamkeit; der sich den Augen auf allen Seiten kundgab. Glücklicherweise gab es in der Stadt einen Mann, dessen Ge- sellschaft und Unterhaltung mir grosse Erleichterung meiner Lage gewährte.

Am Nachmittage, während ich mich, auf meinem einfachen Lager ausgestreckt, mit Lesen beschäftigte, erhielt ich einen Besuch von drei Männern. Einer derselben war augenschein- lich ein Mann von Negerabkunft und zeigte in seinen gerun- y.elten Zügen eine Laufbahn voll Unruhe und Missgeschick, hatte aber sonst nichts sehr Bemerkenswerthes an sich. Es war Hadj Ahmed, ein Mann von Bambara-Ursprung und in früheren Zeiten in Tauät wohnhaft, der sich aber nach einem sehr wechselvollen Leben zuletzt in Medina angesiedelt hatte. Hierbei war er zuerst in den Goldgruben von Bambük be- schäftigt gewesen, hatte hernach kleine Handelsreisen von Tauät nach Timbuktu unternommen, auf denen er zweimal von den Tuareg ausgeplündert worden war, und ebenso auch Agades und Kanö besucht. Von Medina aus hatte er den Feldzug Ibrahim Baschä's mitgemacht, in den Schlachten

330

von Akkä und Deraddje gefoditen und war cbmn auf mehrere Reisen bis Bassni und Baghdad gesdod^t wcH^n, Ins es nun zuletzt in seiner Steüiing ak Diener der grossen Moschee in Medina sein Schicksal gewesen war. nadi diesem Lande ans- gesandt zn werden, um Ton dessen Sultan ein Geschenk an Verschnittenen für den Tempel in Medina za erhalten.

Der Zweite nnter den Besuchern war ein Mann ehrwürdi- gen Aassehens, mit feinen Zögen mid einem huschten Sil- berbarte. Dies war das religiöse Haupt ron Bidderi, einem Orte, Ton dem ich weiter unten mehr sagen werde.

Der Dritte war der Fäki Ssimbo. ein sehr hochgewachse- ner und hagerer Pullo mit einem spärlichen Barte und aus- drucksToüen Gesichtszügen, nur dass er des wichtigsten, das menschliche Antlitz am meisten belebenden Zuges entbehrte, indem er ganz und gar blind war. Zu jener Zeit kannte ich diesen Mann noch nicht, Termuthete aber, sobald ich ihn in lebendiger und ausdrucksToller Weise eine Fülle Ton Kennt- nissen entwickeln hörte, fast sogleich, dass dies der Mann sein möchte, den ich so viel hatte rühmen hören. Jedoch setzte mich die erste Frage, die er an mich richtete, einiger- massen in Erstaunen, indem er sich erkundigte, ob die Chri- sten nicht zu den Beni-Issräil gehörten, das heisst, zu den Juden. Dieser bei rielen Moslemin des Inneren verbreitete Irrthum beruht natürlich darauf, dass sie von der Natio- nalität des Messias auf die der Anhänger seiner Lehre schliessen.

Dies war die erste Unterhaltung mit diesem Manne, der von nun an am meisten dazu beitrug, meinen Aufenthalt im Orte erträglich zu machen. Gewiss konnte ich es kaimi erwartet haben, in einem so abgelegenen Orte, wie Mäsena ist, einen Mann zu linden, der nicht allein in allen Zweigen der Arabi- schen Literatur wohlbewandert war, sondern selbst diejenigen Theile von Aristoteles und Plato, die in's Arabische übertra- gen oder vielmehr ganz in den Isslam aufgenommen worden

Der Pullo FÄki Ssämbo. 331

sind, nicht nur gelesen hatte, sondern sie selbst handschrift- lich besass, und dem ausserdem die gründlichste Kenntniss von den Ländern beiwohnte, die zu besuchen er Gelegenheit gefunden hattiß.

Seine Vorfahren, die zu demjenigen Stamme der Fulbe ge- hörten, der Fittobe heisst, waren nach den südlichen Land- schaften Wadäi's ausgewandert, wo sie sich im Dorfe Bärek- alla ansiedelten. In der Jugend hatte ihn sein Vater, der selbst gelehrt war und ein Werk über Haussa geschrieben hatte, nach Egypten geschickt, wo er viele Jahre in der Mo- schee el As-har den Studien mit grösstem Eifer obgelegen hatte. Er hatte dann den Entschluss gefasst, die Stadt Sebid in Yemen zu besuchen, die sich wegen der hier blühenden Wissenschaft der Logarithmen „el hessäb" bei den Arabern einer grossen Berühmtheit erfreut; aber als er die Stadt Gunfüda erreicht hatte, vereitelte der damals zwischen den Türken und Wahabiten wüthende Kampf seine Pläne und er war nach Dar-För zurückgekehrt. Indem er sich dann einige Zeit hier niedergelassen, hatte er einen höchst merk- würdigen Feldzug in südwestlicher Richtung bis an den Band eines grossen, westlich fliessenden Stromes mitgemacht, der von ungeheuerer Bedeutung in dem zukünftigen Verlaufe Afrika- nischer Expeditionen werden kann. Nachdem er dann end- lich nach Wadäi zurückgekehiii war, hatte er an jenem Hofe, besonders während der Regierung von Abd el Asis, eine be- deutende Rolle gespielt, bis ihn der gegenwärtige König, Mo- hammed Scherif, auf Grund seines intimen Verhältnisses zu dem eben erwähnten Fürsten von seinem Hofe verwies und in die Verbannung nach Westen schickte, wo ihn zu dem übri- gen Unglück das schwere Missgeschick der Blindheit ereilte.

Nachdem ich einmal die Bekanntschaft dieses Mannes ge- macht hatte, ward es meine Gewohnheit, ihn täglich zu be- suchen, und er war immer hoch erfreut, mich zu sehn oder vielmehr meiner Unterhaltung zuzuhören, da er Niemanden

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Anderweite Bekanntschaften. 333

von denjenigen, welche ich seiner Familie zu geben mich genöthigt fand. Er litt nämlich an der Leber und glaubte, dass Brechmittel das beste Heilmittel in der Welt wären. Die einzige Unannehmlichkeit in meinem Verkehr mit diesem Manne bestand darin, dass ihm selbst ebensoviel daran lag, hinsichtlich der Länder der Christen und jener Theile der Erde, mit denen er weniger oder gar nicht bekannt war, von mir Belehrung zu erhalten, als mir daran lag, von ihm zu lernen. Ausserdem aber hatte er als Ausleger des Mohammedanischen Gesetzes der „scherlä" selbst viel Beschäftigung und unsere Unterhaltung wurde dadurch oft gestört.

Ausser diesem Mann und Hadj Ahmed war Slimän Einer derjenigen, mit denen ich während meines Aufenthaltes in diesem Lande den häufigsten Verkehr hatte. Er war Einer von jenen reisenden, handelnden und zugleich bettelnden Ara- bern, ein Scherif, wie er sich selbst nannte, aber eigentlich ein Felläh, ein Eingeborener Egyptens, zur Zeit in Mekka angesiedelt, der viel umhergereist war, sehr feine Sitten hatte und, obgleich gerade kein gelehrter Mann, doch einen gewissen Grad von allgemeiner Kenntniss besass, vorzugs- weise in Bezug auf die Länder Wadai* und Dar-För, wo er sich längere Zeit aufgehalten hatte. Er war auf seiner Reise nach Konstantinopel von Herrn Brand, dem Englischen Kon- sul in Smyrna, unterstützt worden und besass so eine gewisse Anhänglichkeit an Europäer, besonders an deren Spenden.

Aber der gross te Theil der Belehrung, die ich mir zu ver^ schaflFen im Stande war, vor Allem, was Wadai betraf, ging von einem jungen Eingeborenen jenes Landes aus, Namens Ibrahim (Fäki Ibrahim), vom Stamme der Abü-Schärib. Mit diesem aufgeweckten jungen Menschen brachte ich täglich mehrere Stunden sehr angenehm und nützlich zu und er schloss sich so eng an meine Person an, dass ich ihn gern mit nach Sokoto genommen haben würde, wohin er

334 Xn. KapiteL

sich ZU begeben wünschte, nm unter d^ Leitung der Fulbe sein Wissen zu erweitem.

Es war um so wünschenswerther, mit anderen Leuten auf freundschaftlicherem Fusse zu stehn, als meine Beziehungen zum Vicestatthalter etwas kalter Art waren. Nachdem er mir eine erste leidliche Bewirthung hatte zu Theil werden lassen, Hess er mich einige Tage ohne ein Zeichen von Gast- freundschaft, ausser dass er mir einmal einen Strohteller voll von der Frucht des Bito- Baumes „hadjilidj" sandte, den ich aber nicht annahm. Es war ein Mann ohne Ein- sicht und hatte nicht die geringste Vorstellung von den wis- senschaftlichen Untersuchungen eines Europäers.

Da ich nur wenig Bewegung hatte, wurde ich gegen Ende dieses Monates sehr unwohl, so dass ich es für rathsam hielt, mich 5 Tage lang jeder Art von Nahrung zu enthal- ten, mit Ausnahme eines mit zerhackten Zwiebeln, etwas Ho- nig und einer starken Dosis schwarzen PfeflFers gewürzten Auf- gusses von Tamarinden, eine Art von Getränk, das dem Europäer abscheulich vorkommen muss, das aber dem fieber- kranken Reisenden in jenen heissen Gegenden in seiner er- frischenden und kühlen Beschaffenheit einen wahren Genuss bereitet. Da ich mich durch mein Unwohlsein überzeugte, dass der Aufenthalt in dieser Stadt, wenn mir nicht gestattet würde, umherzureisen , meiner Gesundheit zu nachtheilig sein würde, so ersuchte ich den Statthalter auf das Drin- gendste, mir zu erlauben, nach Westen zurückzukehren ; aber er wollte unter keiner Bedingung zugeben, dass ich vor der Ankunft des Sultans die Stadt verliesse. Diese ungünstige Stimmung des Statthalters gegen mich nahm allmählich einen noch ernsteren Charakter an; denn bei seiner Unfähigkeit meine Bestrebungen und Forschungen zu verstehen, musste er nothwendig in Bezug auf mein hiesiges Treiben Argwohn fjissen.

Ich sass am 21>^i^ Juni ruhig in meiner Wohnung, als

Lächerliche Botschaft des SUtthalters. 335

einer seiner Diener, Agid Mü-ssa, plötzlich hereintrat und mir nach einigem Zögern und wenigen einleitenden Bemerkungen Tom Statthalter eine Botschaft folgenden Inhaltes überhrachte : er wünsche zu wissen, ob, wie das Gerücht in der Stadt umginge und wie ihm die Leute hinterbracht hätten, es wahr sei, dass, sobald ein Gewitter aufstiege und wenn das Gewölk am Himmel ei-schiene, ich meine Wohnung verliesse und den Wolken geböte, sich zurückzuziehen; denn die Leute hätten ihn versichert, dass sie zu wiederholten Ma- len bemerkt hätten, wie die Wolken, sobald ich sie mit einer gewissen gebieterischen Miene betrachtete , vorüberzögen, ohne einen einzigen Tropfen Regen zu bringen.

Der AgTd Mü-ssa hatte mir wiederholt seine wohlwollende Gesinnung zu erkennen gegeben und pflegte mich gelegent- lich zu besuchen. Der Lihalt seiner Botschaft war aber so abgeschmackt und lächerlich, dass ich, so ernst auch bei dieser Gelegenheit sein Ausdruck war, doch nicht umhin konnte, in ein lautes Gelächter auszubrechen; denn ich em- pfand ein aufrichtiges Vergnügen an diesem unverhohlenen Aus- druck des wahrhaft heidnischen Charakters bei diesen angebli- chen Mohammedanern. Aber mein Freund bat mich dringend, die Angelegenheit in einem ernsteren Lichte zu betrachten und wohl zu bedenken, welche Antwort ich seinem Herrn schicken wollte. Ich ersuchte ihn dann, dem Statthalter zu erklären, dass kein Mensch, weder durch Zauberformeln, noch durch Gebet, im Stande sei. Regen herbeizuführen oder zu verhindern, sondern dass der Leiter aller Dinge Regen sende, wo und wann es ihm immer gefiele. Ich fügte jedoch hinzu^ dass, wenn er der Ansicht sei, meine Gegenwart stifte im Lande Unheil, er mir erlauben möge, mich zu entfernen, dass ich nichts Besseres wünschen könne, als dies, und dass ich dann Tag und Nacht ununterbrochen um Regen beten wolle, während ich gegenwärtig selbst keineswegs einen grossen Überfluss von Regen wünschen könne, da ich befurch-

336 XO. EifiteL

ten miisste, dass er mir den Rückzug darcb za grosses Aoscliwellen des Flusses abschnitte.

Der Bote entfemte sieb dann mit meiner Antwort, kehrte aber nach einer Weile mit folgendem Endbescheid des Statthalters zurück: es väre seine eigene Meinung, dass kein menschliches Wesen im Stande sei. Regen zu ver- hüten, aber wir Alle wären Diener des Allmächtigen, und wie sie ihre Gebete um Regen an ihn richteten, so solle auch ich mein Gebet zu dem ihrigen gesellen; dann solle es mir auch gestattet sein, sie zu rechter Zeit in Sicher- heit zu verbissen; im Gegentheil aber, wenn ich gegen sie übel gesinnt wäre, würde er mir gleichfalls übel begegnen. Dabei Hess er mich, um mich einzuschüchtern, davon in Kennt- niss setzen, dass sie aus einem ähnlichen Grunde eijist zwei bedeutende Religionshäupter von Bidderi getodtet hätten.

Von der Art war der (.'harakter der Leute, mit denen ich zu thun hatte, ungeachtet sie sich als aufgeklärte Mohamme- daner ansahen. Um mir einen Beweis seiner wohlwollenden Gesinnung zu geben, oder höclist wahrscheinlich, um sich zu überzeugen, ob nicht die mir bereitete gute Bewirthung einigen Einfluss auf die Menge des Kegenfalles haben möge (da er mich für euien Elfenkönig aus höhereu Regionen zu halten schien), sandte mir der Statthalter am Abend eine Schüssel voll vortreftficben Puddings, reich mit Butter über- gössen, und einen kleinen Topf Hirsen giütze „medide" , mit der Frucht der Dümpalme gewürzt. Ja, er versprach mir selbst Korn für mein Pferd ; da ich ihm jedoch keinen Regen zum Entgelt schickte, wie er erwartet zu haben schien, er- streckte sich seine Gastfreundschaft nicht weiter.

Es war meine Gewohnheit gewesen, wenn sich ein Gewitter sammelte, auszuschn, um mich zu überzeugen, von welcher Seite es käme, da dies in diesen tropischen Gegenden eine Frage von nicht geringem Interesse ist; aber der absurde Abei^aube dieser Leute beunruhigte mich so, dass ich kaum

Aberglaabe der Baghfrmier. 837

diese Gewohnheit fortzusetzen wagte. In Bezug auf den Aberglauben der Eingeborenen muss ich hier eines Falles Erwähnung thun, der meinem Freunde Ssambo begegnete. Während ich eines Tages mit ihm in ernsthaftem Gespräch über die zahlreichen Sekten des Isslam begriflfen war, ward unsere Unterhaltung plötzlich durch das Erscheinen einer der Töchter des Sultans unterbrochen, die ohne Weiteres in die Hütte trat und meinen Freund in den beleidigendsten Aus- drücken beschuldigte, ihr durch seine Zauberkraft einen ihrer Sklaven entwendet zu haben. Wunderbarer jedoch als sol- ches Betragen von Seiten der Eingeborenen war es, dass ein Mann von so gewaltigem Wissen wie Ssambo über- haupt inmitten solcher Barbaren, wie diese waren, leben konnte, ohne fortwährend der Hexerei oder Zauberei ver- dächtigt zu werden.

Ich werde nie den Tag vergessen, wo ich einst meinen Freund besuchen wollte und den unglücklichen, alten, blin- den Mann in seinem Hofraume vor der Thür der kleinen Rohrhütte, wo er gewöhnlich den Tag zuzubringen pflegte, inmitten eines Haufens von Handschriften sitzend fand, an denen er sich jetzt nur noch wie Polyphem an seinen Schaafen durch Betasten ihrer ledernen Umschläge erfreuen konnte. Unwillkürlich ward ich an einen Ausspruch des um die Kenntniss des nordwestlichen Theiles von Afrika hochver^ dienten, aber sonst keineswegs seiner Arabischen Kenntnisse halber preiswürdigen Jackson erinnert, worin er sagt, dass die Zeit kommen möchte, wo die Texte der Klassiker mit Hilfe von Handschriften aus dem Inneren des Sudan ver- bessert werden würden.

Diese Erfahrungen in Bezug auf den Charakter der Ein- geborenen machten mich noch vorsichtiger, als ich von An- fang an gewesen war, sobald ich ihre Schwächen erkannt hatte, und da ich hörte, dass das Vorrecht des Gebrauches eines Teppichs auf gewisse Beamte beschränkt sei, schaffte ich

B«rlh'* B«Imd. m. 22

meinen aheiL halb roa den Termiten inBikadä lerfiresseiien Teppich bei Seite, wiewohl mein La^er auf dem Erdboden mit blosser Unterlage einer groben Rohrmatte keineswegs sanft war. Der Markt Jcasskä** * i nahm einen grossen Theil meiner Zeit imd meiner Gedanken wahrend des ein- förmigen Aufenthaltes in diesem Platze in Anspruch, nicht so sehr wegen seiner eigenen Bedentnng. als Tielmehr wegen- meiner Armnth. da ich gervnmgen war. ein Kxumer im klein- sten Maassstabe zn werden. Denn da ich kanm etwas An- deres besass. als eine geringe .Vnzahl Nadeln, war ich gezwun- gen, taglich einen meiner Diener anf den )Iarkt zn senden^ nm mit Hilfe dieses so höchst winzigen Artikels Eoro- päiscber Industrie zu rersuchen. die umlaufende Landesmünze einzuhandeln.

Dif^ gangbare Münze in Baghirmi besteht in Baumwollen- streifen „fdrda" . ähnlich denen, welche ich auf meiner Reise nach Adamaua beschrieben habe von sehr unre- gelmässiger Länge, bald länger, bald kürzer, aber im Allge- meinen von 2 „drÄ" Länge und einer Hand Breite . aber von sehr verschiedener Güte. Grössere Gegenstände werden ge- und verkauft mit Hemden „chalag** (Plur. ^chol- gänj, wie sie von den Arabern, ..boF, ¥rie sie von den Eingeborenen genannt werden , deren Werth. je nach ihrer Grösse und Güte, von 70 bis 150 .,färda" wech- selt. Ich erhandelte eine ,.färda" gegen eine gewöhnliche Englische Stopfnadel oder gegen 4 gewöhnliche Nähna- deln aus Nürnberger Fabrik, aber später verdoppelte ich den Preis.

Ausser Nadeln blieb mir sehr wenig übrig, mit Ausnahme einiger Spiegel von der runden Art, welche in Lyon für

*) Wir )uibf?n hinr einen klaren Beweis, dass sich ein gewisser Grad von Bildung von BAma aas über die benachbarten Länder in Osten Terbreitet hat ; pkaK<ikn" ist nämlich eine leichte Umwandelang des Kanöri- Wortes „kässakQ".

Marktverkehr in Mäsena. 839

1 Sou feil geboten werden, die ich aber hier für den hohen Preis von einem Hemde „chalag" verkaufte, während eine bessere Art Spiegel, die ich in London für 8 Pence ge- kauft hatte, 4 „chalag" oder vielmehr „cholgän", die unge- fähr 1 Dollar an Werth gleichkamen, einbrachte.

Was Muscheln („keme-keme", wie sie hier genannt wer- den) betriflFt, so haben sie keinen Umlauf auf dem Markt, sondern bilden eine Waare füi- sich, als Ausfuhrartikel in die Gebiete der Heiden, wenigstens die Muscheln von grösserem Umfang, welche bei den Einwohneni jener Gegen- den sowohl wie bei den Ueläd Raschid sehr gesucht sind, so dass man für 2000 derselben einen jungen Sklaven von der „chomässi" und für 3000 einen von der „ssedässi" genannten Gattung bekommt. Denn dieses einfache Volk trägt nicht allein diese Muscheln als Schmuck, vorzugsweise die Frauen, welche sich das Hintertheil mit ihnen bedecken sollen, son- dern sie machen auch Mützen daraus, mit welchen sie die Köpfe ihrer verstorbenen Verwandten schmücken, während die Ueläd Raschid vorzugsweise die Köpfe ihrer Kameele und Pferde mit diesen beliebten „keme-keme" (oder „kemti", wie sie in Wädai genannt werden) zieren.

In früherer Zeit ward hier nur jeden Donnerstag Markt gehalten, aber kurze Zeit vor meiner Ankunft hatten es die Leute für vortheilhaft gefunden, täglich einen zu ha- ben, so dass jetzt jeden Tag von 8 Uhr Morgens bis 11 Uhr Vormittags und von 3 Uhr Nachmittags bis Sonnen- untergang Markt gehalten wurde. Natürlicherweise war der Markt nicht eben besonders gut versehen, sondern auf die blossen Lebensbedürfnisse beschränkt, indem der grösste Luxusartikel, der sich hier vorfand, in Zwiebeln bestand, einem Artikel, der nicht gerade in jeder Gegend Central - Afrika's zu haben ist. Im Anfang waren diese Zwiebeln auf dem Markte von Mäsena sehr billig, indem 8 für 1 „farda" verkauft wurden; aber mit der Annähe-

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340 XIL KapilaL

ruDg der Regenzeit stiegen sie im Preis, und ich hielt es für zweckmässig, mir einen kleinen Vorrath davon anzu- schaffen, da ich dieses Gemüse für meine Gesundheit über- aus erspriesslich fand. Auch möchte ich jedem Reisenden in diesen Landschaften rathen, sich stets mit Zwiebeln wohl zu versorgen ; denn sie können sowohl zur Würze anderer Speise dienen, als auch, in Scheiben geschnitten und mit Tamarinden gemischt, zur Bereitung eines kühlen imd höchst erfrischenden Getränkes gebraucht werden. Die schwarzen Eingeborenen machen jedoch, wie ich schon bei anderer Ge- legenheit erwähnt habe, im Allgemeinen keinen Gebrauch von Zwiebeln, um ihre Nahrung damit zu würzen, da dieser Kulturzweig zugleich mit Waizen erst in bezüglich junger Zeit von den Arabern aus dem Norden in diese Länder einge- führt worden ist. Aber die eingeborenen Araber „Schiwa" und die Araber von der Küste „Wasseli" gebrauchen dieses Gemüse in grosser Ausdehnung, und zwar sowohl als Würze anderer Speisen, als auch als Arznei, vorzüglich bei Fieberfallen, Pocken und Urinbeschwerden, die bei ihnen sehr gewöhnlich und eine Folge davon sind, dass sie während der Tageshitze marschiren.

Ausser den oben erwähnten Artikeln bestand die auf dem Markte reichlichst vorhandene Waare in Korn, vorzugsweise Negerkom (Pennisetum typhoideum), imd die hierin Handeln- den hatten einen besonderen, im nördlichen Theile des Mark- tes dazu bestimmten Platz, unter einem schönen Tamarinden? bäum („mäss") dem ältesten Theile der Stadt , welcher den Anlass zum Namen Mäsena (Mäss-ena) gegeben haben soll, wie ich weiter unten zu entwickeln Gelegenheit haben werde. Ausser Bohnen („mondjo") und Erdmandeln, die hier „wüli" oder „büli" heissen, fand sich auch reichlich Salz („kä- ssa") in Folge der Anwesenheit der Djeläba von Wadai, von welchen ich einigen auf meinem Wege begegnet war; doch ward es nur in sehr kleinen Portionen verkauft. Dieselben

Marktverkehr in Masena. 341

Leute verkauften auch Natron („ngiUu"), das durch dieTebu von der Grenze der Wüste herbeigebracht wird. Milch („ssi") und Butter („bugü*') waren theuer, aber sauere Milch („ssT tschäle") in Menge vorhanden, sie wird vorzugsweise von den Töchtern der Ben! Hassan in die Stadt gebracht. Honig („tedji"), woran in vielen Ländern ein so grosser Reichthum ist, war hier kaum zu bekommen. Dafür fanden sich stets auf dem Markte ein Paar Stück Schaafe und Rindvieh und zuweilen liessen sich ein Paar Hühner sehn; gelegentlich machte auch ein Pferd von unansehnlichem Ausseren Pa- rade. Baumwolle (,.nylre") war nicht sehr reichlich, auch sah ich nicht ein einziges Mal Indigo („alini") auf dem Markt. Rother Pfeffer (,,schlta"j bildete einen kleinen Handelsartikel für sich, der in geringen Partieen von den Bomu-Händlem feil geboten wurde.

Der wichtigste und fast ausschliessliche Artikel Euro- päischen Erzeugnisses („ngä-ssan Seila") bestand in Glasper- len, „mündjo" genannt, vorzugsweise den kleinen rothen, welche hier in grosser Menge verkauft und nach den Hei- denländern ausgeführt werden. Ich verkaufte auch einige von der grossen Art, „nedjüm" genannt, welche bei den Schüa sehr beliebt ist. Kattun, hier „schöter" genannt, ist eine Seltenheit auf dem Markte und wird vielmehr privatim an die grossen Männer des Landes verkauft.

Kanö-Waaren, hier „kalkobängri" oder „ngä-ssan degö" genannt, bilden einen hervorstechenden Punkt in der Statistik des Marktes, vorzüglich TürkedT („bolne"), während die Kanö- und Nyffi- Toben, „hol godäni" genannt, nur mit ge- nauer Noth mit der einheimischen Manufaktur wetteifern können, da die Bomu- Leute oder vielmehr die MakarT und Kotokö die Kunst der Färberei in Baghirmi eingeführt ha- ben, obgleich in Mäseiia selbst, so viel mir bekannt, keine einzige Färberei besteht. Sklaven („beli") wurden nicht auf den Markt gebracht, sondern alle in den Häusern ver-

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XII. Kapitel.

kauft, ein Umstand, der ein gewisses Gefühl der Schick- lichkeit anzuzeigen schien; später jedoch, nach der Rück- kehr des Heereszuges, fehlte dieser Artikel keineswegs auf dem Markte.

Elfenbein wird nicht auf den Markt gebracht, sondern die geringe Menge dieses Artikels, die man hier überhaupt feil bietet, wird im Inneren der Häuser verhandelt; zuweilen aber machen die Araber, welche dieses Land besuchen, ein sehr einträgliches Geschäft darin. Der Preis der Pferde wird im Allgemeinen nach Sklaven abgeschätzt und der Werth der letzteren ist in diesem Lande sehr niedrig, wie man aus dem abnehmen mag, was ich oben hinsichtlich der kleinen Summe gesagt habe, die man in den südlich ge- legenen Ländern für sie zahlt. Aber die von hier ausge- führten Sklaven werden nicht geschätzt, da sie mehr als die Eingeborenen anderer Länder Krankheiten ausgesetzt sein und gewöhnlich in sehr kurzer Zeit sterben sollen. Allerdings werden aus Baghlrrai gebürtige Sklavinnen hoch geschätzt; da sich aber fast alle Landeseinwohner, wenigstens dem äus- seren Anschein nach, zum Isslam bekennen, so werden in ge- genwärtiger Zeit nur höchst wenige in die Sklaverei ver- kauft, während sie früher in Folge der grossen Sklaven- jagden des Baschä von Fesän allerdings über Nord -Afrika zersprengt waren. Die Schüa oder Schiwa schliessen im All- gemeinen ihren Handel mit Kühen ab.

Obgleich meine Mittel beim Antritt dieser Reise überaus beschränkt waren, hatte ich es dennoch nicht für unmöglich gehalten, dass es mir gelingen könnte, nach Wadai vorzu- dringen, oder selbst die Nil-Länder zu erreichen, und ich über- liess mich oft dem Vergniigen, meinen kleinen Vorrath von Habseligkeiten zu überzählen, indem ich die Vorstellung ver- folgte, wie ich, indem ich Alles, was ich besässe, weggäbe, solch' ein Unternehmen ausführen könnte. Aber ich über- zeugte mich bald, daas ich gezwungen sei, alle solche Pläne

Marktverkehr in A^n-Gher. 343

aufzugeben , und obschon ich glaube, dass ein Reisender, der mit hinreichenden Mitteln und einem hohen Grad von Ge- duld und Ausdauer versehen ist, Wadäi mit Erfolg von dieser Seite erreichen könnte, bin ich doch überzeugt, dass ihn der Herrscher jenes Landes sicherlich ein ganzes Jahr bei sich zu- rückhalten würde. Dazu kam noch zu jener Zeit der vollkom- men unsichere Zustand aller politischen Verhältnisse in WA- däi, die ich im Anhang entwickeln werde.

Mein einziges Bestreben beschränkte sich also darauf, einige Plätze in der Nachbarschaft zu besuchen, und ich war be- sonders begierig, jenen kleinen Flussarm zu Gesicht zu, be- kommen, welcher sich bei der Stadt Miltü vom Hauptflusse absondert und der Hauptstadt bis auf etwa 9 Meilen nahe kommt. Aber der Vicestatthalter wollte mir nicht gestatten, den Platz zu verlassen, noch wollte er selbst zugeben, dass ich das etwa ebenso weit in nordnordwestlicher Richtung ent- fernte A'bü-Gher besuchte, wo jeden Sonnabend ein bedeutender Markt gehalten wird; es half mir nichts, dass ich ihm erklärte, es sei für mich unumgänglich nöthig, dorthin zu gehn, um mir den nöthigen Vorrath an Lebensmitteln zu verschaffen. Ich musste mich damit begnügen, meinen Leuten, die ich hin- schickte, aufzutragen, auf alles Charakteristische besonders aufmerksam zu sein.

Diese fanden den Markt von Äbu-Gher von etwa derselben Bedeutung, wie den kleinen Nachmittagsmarkt die „dur- rla" in Kükaua, nur dass in Äbü-Gher mehr Vieh war; sie zählten etwa 100 Stück Schaafe und ebensoviel Rind- vieh. Der Markt war wohlversehen mit Sorghum, Butter und Baumwolle, aber Negerkom war nur wenig zu sehn. Ausser Toben bestanden die hauptsächlichsten Artikel in Hacken zum Landbau, Muscheln und Natron vom Bahhr el Ghasäl; auch das „kadjidji" genannte einheimische Räucherwerk war in Menge vorhanden. Als Merkwürdigkeit erwähnten meine Leute eine Art Brod „tiggra" , aus der Frucht des „ha-

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344

XIL KapHeL Maiktrerkehr io Alra-Crher.

djflidj (BalaniteB Aegyptiactts) der ^bito'' der Kanon bereitet und ^ime^ genannt.

AI« einen Beweis der grossen Verschiedenheit der Sitten und Gebräuche, welche in diesen Gegenden herrschen, will ich hier erwähnen, dass die ,,färda" in A'bü-Gher, welche die stehende Münze des Marktes bildet, von der in Mäsena übli- chen verschieden ist und 3 „dra" an Länge und eine Hand- breite an Weite misst. Das Dorf A'bü-Gher selbst besteht aus zwei Häusergruppen, getrennt durch eine leichte Elinsen- kung, wo der Markt abgehalten wird. Die Ortschaft hat eine bedeutende Anzahl Fulbe oder Felläta unter ihren Einwoh- nern, die eigentlich die Gründer der Dorfschaft waren.

Überzeugt, dass man mir nicht gestatten wolle, den Platz, wo ich war, zu verlassen, fasste ich mich in Geduld und suchte mir gelegentlich etwas Bewegung im Umkreise der 8tadt zu machen. Indem ich mich so bald zu Fuss, bald zu Pferde umhertrieb, gewann ich allmählich eine allgemeine Übersicht der Stadt, welcher ich im beifolgenden Grundplan Gestalt gegeben habe. Obgleich er nur sehr unvollkommen ist und keineswegs auf vollständige Genauigkeit Anspiiich ma- chen kann, wird er doch dazu dienen, dem Leser eine ziem- lich deutliche Vorstellung von der Stadt zu geben.

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XIII. KAPITEL.

Beschreibung der Stadt Mäsena. Ankunft des Sultans. Endliche Abreiße.

Die Stadt Mäsena breitet sich über eine ansehnliche Fläche aus; ihr Umfang beträgt etwa 7 Meilen, aber nur etwa die Hälfte davon ist bewohnt. Das hauptsächlichste Viertel be- findet sich in der Mitte der Stadt, auf der Nord- und West- seite des Palastes des Sultans, während wenige abgesonderte Viertel und vereinzelte Gehöfte zerstreut umherliegen. ' Der charakteristischste Punkt der Stadt besteht in einer tie- fen, muldennrtigen Einsenkung, die sich in grosser Länge hinzieht und die Stadt von West nach Ost durchschneidet, auf dieselbe Weise, wie die Stadt Kanö von der Djakara durchschnitten wird. Denn diese Vertiefung der Hauptstadt Baghirmi's füllt sich in der Regenzeit mit Wasser und wird desshalb von den Eingeborenen „bedä", von den Arabern „el bahr" genannt, während sie einen Theil der trockenen Jah- reszeit hindurch mit der reichsten Weide bekleidet ist. Es ist auffallend, dass nicht allein in dieser Beziehung die Stadt Mäsena mit Kanö einige Ähnlichkeit hat, sondern dass auch, ganz wie bei dem grossen Marktplatz Haussa's, ihre Ober- fläche von vielen anderen Vertiefungen und Löchern unter- brochen wird, welche die Bininnen enthalten und sich wäh- rend der Regenzeit in tiefe Wasserpfuhle verwandeln, die durch Anhäufung alles Unrathes der Stadt viele verderbliche Dünste entwickeln. Im Allgemeinen aber trocknet der Boden, der aus Sand besteht, nach einem Regenfall sehr schnell ab. Das hauptsächlichste Viertel der Stadt liegt auf der süd-

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346 XIII. Kapitel.

liehen Seite der grossen Einsenkting; aber selbst dieses cen- trale Viertel ist nichts weniger als dicht bewohnt und hatte während der 3 ei*sten Monate meines hiesigen Aufenthal- tes einen um so öderen Charakter, als der Sultan mit dem Hofe abwesend war. Der Mittelpunkt dieses Viertels, weni- ger rücksichtlich seiner Lage, als wegen seiner Bedeutung, ist der Palast des Sultans. Die Gesammteinrichtung dieses Gebäudes ist im Allgemeinen der Einrichtung der Häupt- lingsresidenzen in anderen Städten analog; es besteht aus unregelmässigen Ginippen von Thongebäuden und Hütten; allein der Palast hat eine Eigenthümlichkeit, welche ihn in sehr hervorragender Weise von allen anderen Gebäuden der Art in diesen Ländern unterscheidet, und zwar besteht die- selbe darin, dass die Umschlussmauer des ganzen Gebäudes nicht aus an der Sonne getrockneten Lehigstücken, sondern aus wirklich gebrannten Backsteinen gebaut ist.

Ich habe bei Schilderung meiner Reise von Kanö nach Kü- kaua Gelegenheit gehabt, die Ruinen der Stadt Ghambarü zu beschreiben. Auch sie bestehen aus diesem Material, und dasselbe ist der Fall mit den Ruinen von Ghasr - figgomo, der alten Hauptstadt „bimi" von Bomu, die ich im weiteren Verlaufe meiner Reise beschreiben werde. Aber gegenwärtig sieht sich der Reisende in irgend einer der Städte des Sudans vergeblich nach so soliden Bauten um, und ich war desshalb nicht wenig erstaunt, hier dergleichen zu finden, wo man es am wenigsten erwarten sollte *). Der Ein- druck des Rückschrittes von einem höheren Grade schon er- rungener Bildung und Macht, der sich dem Wanderer im Sudan oft aufdrängen muss, war um so grösser. Es ist in der That allein den verheerenden Kriegen zuzuschreiben, dass sich diese Königreiche nicht mächtiger entwickelt haben.

*) Ausserhalb der Stadt, auf der Strasse nach A'bu-Gher, sieht man noch eine liuine aus gebrannten Backsteinen.

Der Residenzpalast in Masena. 347

Der Palast war wenigstens 50, wahrscheinlich aber be- deutend über 100 Jahre alt und befand sich gegenwärtig im Zustande bedeutenden Verfalles. Leider versäumte ich es, nach dem Namen des Fürsten, der die Umschlussmauer des gan- zen Gebäudes baute, genau zu forschen. Es bildet ein Vier- eck von etwas oblonger Gestalt, dessen Vorderseite gegen Nordwesten gerichtet ist, und niisst 2300 2400 Schritt im Umfang. Bei solcher Grösse muss es einst ein sehr starkes Gebäude gewesen sein, indem die Mauern an ihrer Basis un- gefähr 10 Fuss Dicke haben und ursprünglich nahe an 20 Fuss hocli waren; das Eingangsthor besteht aus starken hölzernen Planken, die gut mit Eisen beschlagen sind.

Bei unserem Eintritt gelangten wir zuei*st auf einen offe- nen Hofraum, in dessen östlichem Theile sich ein grosses ob- longes Gebäude oder eine Halle erhob, die von Lehm erbaut war. Es war die gewöhnliche Stätte öffentlicher Audienz. Ne- ben dieser grossartigeren Halle war eine Hütte, wo der „kada- mange" oder „serma" denn mein Freund war kürzlich im königlichen Hofdienst einen Grad aufgerückt , der, wie ich bemerkt, als Vicestatthalter eingesetzt war, seine offizielle Re- sidenz hatte, während weiter nach Westen eine andere Hütte die Eintrittshalle zu den inneren oder Privatgemächem des Sultans bildete. Die letzteren werde ich bei Gelegenheit mei- ner Audienz beim Landesherrn beschreiben und will hier nur bemerken, dass der Palast kurze Zeit vor meiner Ankunft durch eine im Inneren ausgebrochene Feuersbrunst bedeutend gelitten hatte.

Sein ganzer südöstlicher Theil, der mit einer besonderen Mauer umgeben ist, dient ausschliesslich für das weibliche Personal des königlichen Haushaltes und ist voll Hütten, de- ren Zahl ich natürlich nicht anzugeben im Stande bin, da ich keinen Zutritt zu diesem heiligen und verschlossenen Theile der Residenz hatte. Mündlichen Angaben nach soll der Sul- tan zwischen 300 und 400 Frauen haben. Die Hütten sind

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348 XIII. KapiteL

von verschiedener Grösse und Bauart, je nach dem Charak- ter, der Beliebtheit und Wichtigkeit der Bewohnerinnen.

Vor dem Palaste breitet sich ein geräumiger, mit sechs Karäge-Bäumen geschmückter Platz aus, auf welchem seitwärts vom Eingange des Palastes ausserdem noch ein schöner Ta- marindenbaum steht. Auf der Westseite stösst das grosse Haus des Kriegshauptmanns „fätscha" an die könig- liche Residenz, während nach Osten eine Moschee von klei- nen Verhältnissen mit einem Minaret an ihrer Nordwestecke auf den Platz vortritt. Die anderen Seiten werden von den Wohnungen einiger der hauptsächlichsten Höflinge, wie des „mandja", des „serma" und des „barma", eingenommen. Die Hauptstrasse der Stadt mündet auf diesen Platz an seinem nord- westlichen Winkel aus, und in ihr stehen die Gebäude einiger der übrigen Hauptpersonen des Hofes. An der Stelle, wo diese Strasse an der nördlichen Seite der tiefsten der oben erwähnten Gruben (12) vorbeiführt, wird sie von einer anderen Haupt- strasse geschnitten, welche in gerader Linie vom Thore kommt, das nach Xbü-Gher fuhrt, und den Marktplatz durchschneidet.

Meine eigene Wohnung lag an der Südwestecke des be- wohnten Viertels. Sie hatte den Vortheil einer offenen und luftigen Lage, aber ebenso auch den Nachtheil, dass sie von fast jedem Theil der Stadt aus sichtbar war, so dass ich nicht aus meinem Zimmer heraustreten konnte, ohne von al- len Leuten in der Nachbarschaft beobachtet zu werden. Wel- che Folgen dieser Umstand hatte, habe ich schon Gelegen- heit gehabt zu erwähnen.

In ihrem verfallenen Zustand bot die Stadt einen mannich- faltigeren Anblick dar, da alle offenen Stellen mit frischem Wiesengrund belebt waren. Aber in der ganzen Stadt sieht man keine Spur von Industrie und das Ganze hat den Charakter einer blos künstlichen Wohnstätte der unmittel- bar mit dem Hofe in Verbindung stehenden Personen. Der Marktplatz, dessen grösster Schmuck neben der oben er-

Bauweise der Stadt. 349

wähnten Tamarinde eine Dattelpalme ist die einzige, die man in der ganzen Stadt sieht , ist beschränkt und hat nicht eine einzige Bude oder ein einziges Wetterdach, so dass die Leute genöthigt sind, sich selbst so gut wie möglich zu schützen, indem sie an jedem Markttage ein neues zeitweiliges Schat- tendach bauen. Das grösste Interesse gewährt die „bedä" oder der „bahr", besonders auf der Südwestseite, wo diese Einsenkung von einigen malerischen Gruppen Dümpalmen und anderen reicher belaubten Bäumen begrenzt wird. Am westli- chen sowohl als am südöstlichen Ende, in der Nähe des Marktes, sieht man dagegen eine ansehnliche Menge von Ge- müsegärten. Eine Folge der eigenthümlichen Beschaffenheit der „bedä" scheint es zu sein, dass die direkte Verbindung zwischen dem nördlichen und südlichen Viertel, die während der trockenen Jahreszeit durch einen guten Pfad unterhalten wird, während der Regenzeit gelegentlich unterbrochen ist

Die Bauart der Wohnungen ist im Allgemeinen gut und die Bedachung der Hütten mit grosser Sorgfalt, ja selbst mit Nettigkeit ausgeführt. Aber der Thon ist keineswegs von gu- ter Beschaffenheit zum Bauen, so dass die Thonwohnungen während der Regenzeit so wenig Sicherheit darbieten, dass die meisten Leute dann lieber die Rohrhütten beziehen; ich selbst hatte him^eichend Gelegenheit, mit dem hinfalligen Cha- rakter dieser Bauten bekannt zu werden. Jedoch gibt es auch einige gut aussehende Thongebäude auf dem Wege nach Äbü-Gher, besonders eines uiit zwei Stockwerken, was man hier selten sieht.

Die Stadtmauern sind im Allgemeinen in einem solchen Zustande des Verfalls, dass die Thore in der Wirklichkeit alle Bedeutung verloren haben; jedoch sind noch immer neun Thore oder vielmehr Öffnungen in der Mauer in Gebrauch. Die meisten derselben liegen auf der Südseite, während sich im Norden nicht ein einziges Thor findet, da dieses Stadtviertel so verlassen ist, dass es mit dichtem Unterholz überwachsen

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d@0 Xm. KftphcL

Ist. RuDcl um die Stadt her liegen mehrere Weiler von ein- gelx>renen Arabern Schüa oder Schlwa , besonders rom Stamme der I^eni Hassan, welche die Stadt mit Milch und Butter versorgen. Auf der Südseite besonders bildet sieh während der liegenzeit eine ausgedehnte Lache stehenden Wassers, die dann der ganzen Umgegend einen anderen Cha- rakter verleiht.

So verstrich meine Zeit, indem ich bald studirte, bald einen Spaziergang machte, entweder zu Fuss oder zu Pferde, jetzt dem Statthalter einen offiziellen Besuch abstattete, zu anderen Zeiten wieder mit meinem Freunde Ssambo eine interessante Unterhaltung hatte. Aber viel Zeit ward auch dadurch in Anspruch genommen, dass ich den Leuten Arznei verabreichen musste, besonders während der ersten Zeit mei- nes Aufenthaltes; denn der kleine Vorrath an Arzneien, den ich mitbrachte, ward schnell verbraucht. Aber selbst wenn ich einen grösseren Vorrath gehabt hätte, möchte ich bei der ungastfreundlichen Behandlung, die ich erfuhr, bisweilen in Versuchung gekommen sein, den geringen Beistand, den ich gewähren konnte, diesen Leuten voi-zuenthalten, und im Anfange setzte mir der Kadamange nicht wenig zu, indem er mich zu mehreren alten Weibern schickte, die vor Jahr und Tag ihre Glieder gebrochen hatten und in jeder Hinsicht ganz reif für die Gruft waren. Da legte ich einen amtlichen Pro- test dagegen ein, dass ich in Zukunft zu Patientinnen von so hohem Alter geschickt würde.

Aber bisweilen waren auch die Kranken recht interessant, besonders die Frauen, und es machte mir eines Morgens niclit wenig Vergnügen, als eine schöne, wohlgewachsene junge Dame in Begleitung eines Dieners des Statthalters sich einfand und mich dringend bat, ihre Mutter zu besuchen, die unpässlich sei. In der Meinung, dass ihr Haus nicht weit entfernt sei, folgte ich ihr zu Fuss, hatte aber die ganze Stadt zu durchwandern, da sie in der Nähe des nach Abu-

Die Frauen der BagMrmier. 351

Gher führenden Thores wohnte, und es verursachte meinen Freunden einige Unterhaltung, mich mit dieser jungen Dame durch die Strassen schreiten zu sehn. In Zukunft aber pflegte ich, wenn ich meine Patientin besuchen wollte, mein Pferd zu besteigen, und die Tochter des Hauses war stets höchlich vergnügt, so oft ich kam, und legte mir oft sehr eindringende Fragen vor; so fragte sie mich, wie es mit meinem Haushalte ginge, da ich so ganz allein wirthschafte, und üb ich kürzlich Honig und Butter eingekauft habe. Sie war eine recht hübsche Person und würde als solche selbst in Europa angesehen worden sein, mit der einzigen Aus- nahme ihrer Haut, deren glänzendes Schwarz ich damals ganz wohlgefällig fand , ja zu weiblicher Schönheit fast wesentlich.

Auch die Prinzessinnen, die Töchter des abwesenden Für- sten, welche hier zu Lande ebenfalls den Titel „Mairam" führen, oder, wie das Wort gewöhnlich ausgesprochen wird, „Meram", besuchten mich gelegentlich, unter dem Vorwand, Arzneien zu bedürfen, und unter Anderen kam einst ein munteres junges Mädchen von schlankem Wüchse und an- muthigen, aber etwas coquetten Manieren, in Begleitung einer älteren Schwester von ernsterem Wesen und vollerem Wüchse. Sie klagte mir, dass sie an einem Augenübel leide, und bat mich zu sehn, was es sei; als ich mich ihr dann aber in ernster Weise näherte, ihre Augen mit grosser Aufmerksamkeit untersuchte, ohne im Stande zu sein, auch nur den kleinsten Fehler zu entdecken, und ihr nun erklärte, dass Alles in Ordnung sei und dass ihre Augen gesund und schön seien, brach sie in ein gewaltiges Gelächter aus und wiederholte in coquetter und übermüthiger Weise: „schöne Augen, schöne Augen!"

Eis herrscht, wie ich schon bemerkt habe, eine grosse Ver- schiedenheit zwischen dem weiblichen Geschlechte der Ka- nöri und der Baghirmier; die letzteren haben durchaus den Vorrang und verdienen sicherlich, unter die schönsten

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352 XIIL Kapitel.

Frauen im Sudan gezählt zu werden. Allerdings werden sie von den Fulbe oder Felläta an schlanker Form und heller Hautfarbe übertroffen, aber sie übertreffen jene wiederum bei weitem an stattlichem Wüchse und symmetrisch und wohlgefäl- lig gebildeten Gliedern, und der Glanz und die Schwärze ihrer Augen sind in ganz Sudan berühmt. Von ihren häuslichen Tugenden kann ich jedoch nicht sprechen, da meine Beobach- tungen zu wenig zahlreich sind, um mich zu berechtigen, eine Meinung über eine so schwierige Frage zu äussern. Ich will nur sagen, dass ich in dieser Hinsicht Manches zu ihrem Nachtheil gehört habe, und ich muss bekennen, dass ich nicht Alles für Verläumdung halten kann.

Ehescheidung ist sehr häufig unter ihnen, je nach der Veränderung der Neigung, und ich glaube, dass die Ba- ghirmi- Leute Liebeshändeln mehr zugethan sind, als ihre Nachbarn. Unter den jungen Leuten sind blutige Fehden aus solchen Anlässen keineswegs selten, wie denn der Sohn des Statthalters selbst zur Zeit in Gewahrsam war, weil er einem seiner Nebenbuhler eine ernstliche Wunde beigebracht hatte. In dieser Hinsicht sind die Baghirmier sehr ver- schieden von ihren phlegmatischen westlichen Nachbarn, den Kanöri, und nähern sich dem Charakter der Ein- wohner Waddi's, welche berüchtigt sind wegen der wüthen- den Streitigkeiten, in die sie oft durch Liebesangelegenheiten verwickelt werden.

Ausser den kleinen Vorfällen meines eigenen alltäglichen Lebens, die mir Beschäftigung gaben, waren es auch bis- weilen kleine Privatangelegenheiten meiner Freunde, die mir einige Unterhaltung gewährten. So war es bald mein alter Freund Bü-Bakr aus Bakadä, der sich über seine Frau be- klagte, die hier in Mäsena wohnte und seinen Haushalt nicht so gut und ökonomisch besorgte, wie er es wünschte, und wenn er gelegentlich in die Stadt kam, ihn nicht mit der Freundlichkeit behandelte, die er zu verdienen glaubte.

Hadj Ahmed*s yerdriessliche Lage. B53

SO dass er endlich zu der Überzeugung kam, es sei das Beste, sich von ihr zu scheiden; zu einer anderen Zeit ver- folgte mein alter, rastlos thätiger Freund einen entlaufenen Sklaven, welcher den Versuch gemacht hatte, über den Ba- tschikäm zu entfliehen.

Ein anderes Mal war es mein Freund Hadj Ahmed, der sich gegen mich über das Fehlschlagen seiner Erwartungen beklagte, und wie ihm seine Feinde und Nebenbuhler zuvor- kämen. Wirklich war dieser Mann hier zu Lande in einer sonderbaren Lage, und es gelang mir nie, seiner Geschichte völlig auf den Grund zu kommen. Wie ich früher erwähnt habe, war er von Medina hierher gesandt worden, um vom Könige von Baghirmi ein Geschenk an Verschnittenen zu er- halten; aber jetzt, nachdem er hier etwa 1^ Jahre verweilt, fortwährend vom Landesherrn hingehalten und vertröstet, war ein zweiter Bote angekommen, der, wie es schien, die Früchte seiner Mühen einernten sollte. Hadj Ahmed hatte den Sultan im vorigen Jahre auf seinem Heereszuge be- gleitet und bei dieser Gelegenheit beinahe sein Leben ein- gebüsst, indem er von einer jener rohen eisernen Streit- äxte, welche die hauptsächliche Waffe der heidnischen Stämme im Süden bilden, eine schwere Kopfwunde erhalten hatte. Er war daher zu dem Schluss gekommen, dass es besser sei, dieses Mal zu Hause zu bleiben; aber er fand kein Ende im Klagen über die knickerige und ungastfreund- liche Behandlung des Statthalters. Die Lage meines Freun- des ward um so bedauernswürdiger, als seine Sklavin, die einzige, welche er zur Zeit hatte, die Flucht ergriff, indem sie ihre Herrin, welche mit ihr vor die Stadt hinausgegan- gen war, zu Boden warf und sich davon machte.

Scenen wie diese fielen täglich vor, und ich hatte häufig Gelegenheit, meinen Freunden zu beweisen, dass die Macht und Stärke der Christlichen Reiche Europa's vorzugsweise auf ihrer Fähigkeit beruhe, ohne Unterlass ihre Lebens-

Bitftti'i BaiMn. UI. 23

354 Xin. Kapitel.

kraft aus eigenen freien Elementen zu erneuen, sowie auf dem gänzlichen Fernhalten vom Sklavenhandel. Ich zeigfe ihnen femer, dass die Sklaverei die hauptsächlichste Ursache des schnellen Ubersturzes aller Mohammedanischen Dyna- stieen und Reiche gewesen sei, die je geblüht hätten.

Dann war es wieder mein Freund Slimän, der mir Unter- haltung gewährte. Ausser Gegenständen von ernsthafterer Natur gab er mir bisweilen auch Geschichtchen aus seinem häuslichen Leben zum Besten. Er hatte nämlich einen wan- kelmüthigen Charakter und war gewöhnt, zeitweilige Verbin- dungen mit eingeborenen Frauen auf die Dauer eines Mona- tes einzugehen, die ihm natürlich manchen Einblick in die Sitten des weibliehen Geschlechtes in den Ländern, die er auf seinen Wanderungen passirte, eröffneten.

Bald war es wieder irgend ein Phänomen in der Natur, das mir einige Beschäftigung gewährte. Zu den schädlichen Insekten, an denen das Land Baghirmi reich ist, gehört die grosse schwarze Ameise (Termes mordax), welche auf Ka- nöri „kingibbu" oder „kangifu" und in der Baghlrmi-Sprache - dem „tar Bdgrimma" „kissino" heisst, und dies Insekt ist nicht eben eine der geringsten Landplagen. Ausser einigen kleineren Scharmützeln mit demselben hatte ich eines Ta- ges einen sehr verzweifelten Kampf mit einer zahlreichen Schaar dieser kleinen gefrässigen Geschöpfe zu bestehen, die meine Wohnung mit einer dummen Beharrlichkeit angiiifen, die höchst unterhaltend gewesen wäre, wenn sie nicht meine ganze Existenz zu nahe berührt hätte. In ununterbrochener, dichter Linie von der Breite eines Zolles kamen sie eines Morgens plötzlich über die Mauer meines Hofraumes, dran- gen in die Halle, welche mein Staats- und Schlafzinmier bil- dete, und marschirten geradewegs auf meine Vorrathskam- mer zu. Da aber unglücklicherweise mein Lager in ihrem Wege war, griffen sie mich selbst in höchst unbarmherziger Weise an und zwangen mich bald zur Flucht. Wir fielen

Kampf mit den Ameisen. 365

dann über sie her, tödteten diejenigen, die sich auf Raub zerstreut hatten und sich schon zum Theil, mit schweren Hirsekörnern beladen, wieder davon machen wollten, und ver- nichteten den Haupttheil des Heeres , wie er auf dem Pfade entlang marschirt kam, mit Feuer; aber frische Legionen ka- men heran, und es kostete uns wenigstens 2 Stunden, ehe wir die Reihen der feindlichen Heeresmasse völlig durchbre- chen und den Rest in die Flucht jagen konnten.

Bei dieser Gelegenheit schienen die bissigen Ameisen ganz und gar durch den Vorrath von Korn angezogen worden zu sein, den ich mir kurz zuvor von Bakadä hatte kom- men lassen; aber im Allgemeinen behauptet man, dass ihre feindlichen Angriffe nebenbei auch eine wohlthätige Wirkung haben; denn wenn sie die Hütten der Eingeborenen einneh- men, zerstören sie alle Art von Ungeziefer, selbst mit Ein- schluss der Mäuse. Aber während diese schwarzen Ameisen in vielen Gegenden des Sudans in mancher Hinsicht mit Recht die „Auskehrer der Häuser" genannt werden können und so einen wichtigen Platz in dem Prozesse der Natur einnehmen, werden sie auch oft auf der anderen Seite wie- der eben durch ihre Raubgierde nach dem, was der Mensch eigentlich lieber für sich selbst behält, höchst nützlich. Denn sie sammeln einen solchen Vorrath von Korn ein, dass die armen Eingeborenen nicht allein dieser Gegenden, sondern selbst längs der Ufer des sogenannten Niger, wie ich wieder- holt zu bemerken Gelegenheit hatte, ihre Höhlen ausgraben, um sich in den Besitz der von ihnen gesammelten- Vorräthe zu setzen.

Neben diesen grossen schwarzen Ameisen findet sich die kleine rothe, welche in Bömu „kitta-kitta" und in Baghirmi „kissasse" genannt wird, in grosser Anzahl und wird oft höchst lästig, und zwar eben durch ihre ausserordentliche Klein- heit, da sie leicht in alle Arten Kleidungsstücke eindringt, ohne beachtet zu werden. Ich fand oft grosses Vergnügen

856 Xin. Kapitel.

daran, eine Schlacht zwischen dieser kleinen rothen Ameise und der in Bomu „kanäm", hier „niö" genannten weissen Ardhe (Temies fatcUts) zu beobachten; es dauerte nicht lange, so wurden die letzteren von den Kriegern der rothen Ameise besiegt, ja diese kleinen Thierchen schleppten die viel schwereren Feinde als guten Proviant für die kommende Zeit der Noth mit Leichtigkeit und Behendigkeit in ihre Löcher. Denn die weisse, larvenhafte Tervies ist machtlos, sobald sie ihre unterirdischen, Schutz gewährenden Gänge verlässt, welche ihr Stärke verleihen, wie die Erde dem Antäus, wesshalb sie die Araber so bezeichnend „Kinder der Erde" oder „Erdwürmer" „el ardha" nennen.

Die Regenfälle, welche im Anfang mit bedeutender Heftig- keit eingetreten waren, hatten später fast ganz aufgehört, so dass das Gras auf dem offenen unbebauten Feldland innerhalb der Stadt ganz verwelkte und dass viele Leute, welche im Vertrauen auf das erste Erscheinen des Regens ihre Saat gleich damals dem Boden anvertraut hatten, sich traurig ge- täuscht fanden. Ich habe schon Gelegenheit gehabt, zu er- zählen, dass die Eingeborenen sammt ihrem Häuptlinge diesen Zustand des Wetters meinem verderblichen Einflüsse zuschrieben. Jedoch verursachte es mir nicht geringes Ver- gnügen, so oft ich einen kleinen Ausflug zu Pferde in die Umgegend der Hauptstadt machte, mich zu überzeugen, dass das freie Land weniger an Trockenheit litt, als das Innere der Stadt. Aber selbst draussen war bis jetzt we- nig Anbau zu sehn. Es kam mir sehr bemerkenswerth vor, dass sowohl hier, wie in den anderen Theilen des Lan- des, vorzüglich in der Umgegend von Bakadä, das Korn im Allgemeinen in tiefen Furchen „deräba" gebaut wurde, eine Art des Anbaues, die ich in keinem anderen Lande, durch das mich meine Reisen in Central - Afrika bisher geführt, beobachtet hatte. Ich musste mich jedoch selbst bei diesen kleinen Ausflügen in Acht nehmen; denn

Rückkehr des Sultans. 357

die Leute schöpften Argwohn, so oft ich zu Pferde stieg, und, das erste Mal, wo sie mich davon galopii'en sahen, ver- mutheten sie, ich wollte entfliehen, und machten Alarm.

Diese ganze Zeit meines Aufenthaltes in der Hauptstadt war der Sultan „bänga" abwesend. Natürlich ver- folgte die zurückgebliebene Bevölkerung seine Bewegungen mit dem grössten Interesse, und die falschen Berichte, die von Zeit zu Zeit einliefen, unterhielten eine ununterbrochene Aufregung. Als ich das Land zuerst betrat, war der König in bedeutende Entfernung nach Südosten vorgedrungen imd belageiie einen Ort Namens Gögomi, der, auf einer felsigen Anhöhe gelegen und von Natur stark befestigt, einen langen Widerstand leistete, so dass das Heer der Belagerer einen grossen Theil seiner besten Streiter einbüsste, unter Anderen einen Arabischen Scherif, der den Feldzug mitmachte. Aber endlich ward der Ort doch eingenommen und die Hofleute bewogen den Fürsten, nach Hause zurückzukehren, da sie so viel Hungersnoth zu leiden hatten, dass der grösste Theil des Heeres genöthigt war, sich mit der Frucht der Delebpalme zu ernähren; denn diese Palme, die, wie ich schon anderswo erwähnt, wahrscheinlich mit dem Borassus flahelliformis identisch ist, scheint in manchen südlichen Pro- vinzen Baghirmi's der am häufigsten vorkommende Baum zu sein.

[Sonnabend^ 3*^ Julu] Nach wiederholten falschen Ge- rüchten von des Sultans Annäherung rückte er endlich wirk- lich heran, und die Aufregung der ganzen zurückgebliebenen Bevölkerung war natürlich sehr gross, denn fast alle kampf- fähigen Männer waren länger als 6 Monate vom Hause ent- fernt gewesen.

Es war gegen 9 Uhr Morgens, als sich das Heer der Süd- seite der Stadt näherte. Schimmernder Pomp und barba- rische Pracht ward in Fülle entfaltet, aber die Truppe war keineswegs zahlreich, sondern auf die Anzahl der zur

358 XIII. Kapitol.

Einwohnerschaft der Hauptstadt Gehörigen beschränkt, indem sich der Rest schon in allen Richtungen zerstreut hatte und nach den bezüglichen Wohnstätten heimgekehrt war. Die Folge davon war, dass sich nur 700 800 Reiter „mala- ssinda" beim Heere befanden; aber mein Freund, der Schenf Slimän, der, so weit ich Gelegenheit hatte seine Wahrhaftigkeit zu prüfen, keineswegs zu Übertreibungen ge- neigt war, versicherte mich, dass sich selbst auf ihrem Heim- marsche wenigstens 2000 Mann Reiterei beim Heere befun- den hätten. Mein Freund hatte nämlich vor geraumer Zeit, erbittert durch die spärliche Bewh'thung des Statthaltei's, die Hauptstadt verlassen, um sich dem Heere anzuschlies- sen, oder vielmehr um der königlichen Huld näher zu sein.

An der Spitze des Heeres ritt der Kadamange, umgeben von einer Abtheilimg Reiterei, in seiner Stellung als Stell- vertreter des Fürsten während dessen Abwesenheit; dann folgte der Barma, und hinter diesem ward ein langer Speer von eigenthümlicher Gestalt cinhergetragen , der in der Ge- schichte dieses Landes einen sehr wichtigen Gegenstand bildet. Seine ursprüngliche Bestimmung ist, ein Idol dar- zustellen, das von dem Mutterstaat Keuga Mataia herüber- gebracht sein soll und entschieden eine grosse Ähnlichkeit mit dem „fete" der Marghl und Müssgu hatte.

Gerade vor dem Sultan ritt der Fatscha (Kriegshaupt- mann), der die zweite Person im Reiche ist, ähnlich deui Keghdmma im alten Bomu- Reiche; in früheren Zeiten be- sass er, wie wir sehn werden, eine ausserordentliche, wahrhaft fürstliche Gewalt, Der Sultan selbst tnig einen gelben Ber- nus und ritt einen Grauschimmel, dessen Vortrefflichkeit jedoch kaum zu erkennen war, da er in Kriegszeug „hb- bedl" von buntgestreiftem Zeug gekleidet war, wie ich es auf meinem Müssgu -Feldzuge beschrieben habe. Auch der Kopf des Sultans selbst war kaum sichtbar, nicht allein wegen der vor und neben ihm befindlichen zahlreichen Rei-

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Der Paradezug des Sultans. 359

ter, sondern ganz besonders wegen zweier Schirme der eine von grüner, der andere von rother Farbe , welche ein Paar Sklaven auf jeder Seite neben ihm trugen.

Sechs Sklaven, deren rechter Arm in Eisenblech gekleidet war, fächelten ihm mit Straussenfedern, die an langen Stangen befestigt waren, Külilung zu; um ihn her ritten fünf Häupt- linge, während auf seiner Rechten der Gheletma und andere vornehme Leute des Landes sich zeigten. Diese ganze Gruppe um den Fürsten herum bildete ein so wildes Gewirr, dass es unmöglich war, alle besonderen Züge mit Genauigkeit zu unterscheiden; aber so weit ich im Stande war, die Be- Schreibung der Eingeborenen zu verstehen, waren etwa 30 In- dividuen in Bernuse gekleidet, während die Übrigen nichts als schwarze oder dunkelblau gefärbte Hemden trugen. Auch der Kopf dieser Hofleute war meist unbedeckt Dicht hin- ter dieser Gruppe folgte das Kriegskameel, das der Tromm- ler — „kodganga" ritt, der seine Geschicklichkeit auf zwei an jeder Seite des Thieres befestigten Pauken zur Schau stellte; neben ihm ritten drei Musikanten, von welchen zwei je einen „buki" oder, wie es hier heisst, „kädja", d. i. ein kleines Hom, trugen und der dritte ein „djödjo" oder „söso", d. i. eine Art doppelter Egyptischer „derabüka".

Gewiss war das Aussehen dieses Theiles des Zuges, der sich um die Person des Königs selbst gruppirte, nicht ohne grossartigen Effekt ; aber derjenige, welcher hinterdrein folgte, war noch charakteristischer in Hinsicht auf die barbarische Pracht und die ganze Lebensweise solcher Afrikanischen Höfe. Diese Gruppe bestand aus einer langen, gleichmässi- gen Reihe von 45 bevorzugten Sklavinnen oder Konkubinen „habbabät" des Sultans, welche zu Pferde und vom Kopf bis auf den Fuss in einheimisches schwarzes Baumwol- lentuch gekleidet waren; jede hatte rechts und links einen Sklaven.

Die Prozession endete mit einer Reihe von 11 Kameelen,

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360 Xni. Kapitel.

welche das Gepäck trugen. Auch die Zahl der Infanterie „maladjä" war etwas beschränkt, da auch der grössere Theil von ihr schon nach den bezüglichen Wohnstätten zurück- gekehrt war; aber andererseits waren fast alle Städter heraus- gekommen, um das siegreiche Heer auf seiner Heimkehr zu sehn.

Der König hielt jedoch an diesem Tage noch nicht seinen Einzug in die Hauptstadt selbst, sondern war in Überein- stimmung mit einer geheiligten Sitte der Herrscher des Lan- des gezwimgen, für die folgende Nacht sein Quartier draus- sen zwischen den Ruinen des ältesten Viertels auf der West- Seite der jetzigen Stadt zu nehmen; erst Sonntag den 4ten Juli, gegen Mittag, zog er feierlich in Mäsefia ein. Diesmal bildeten jedoch die „habbabät" keinen Theil der Prozes- sion, da sie schon früh am Morgen in die Stadt gekom- men waren; aber diese Lücke war ausgeglichen durch die Theilnahme einer grösseren Anzahl Reiter, während hinter dem zu Kameel berittenen Trommler ein anziehender krie- gerischer Zug folgte, welcher aus 15 feurigen, sämmtlich in Kriegszeug gekleideten Streitrossen bestand und, wie es schien, für das ernsthafte Spiel des Mars besser geeignet war, als die Reihe anmuthiger Fräulein.

Bei Gelegenheit seines Einzuges in die Stadt führte der Bänga in seiner Triumphprozession sieben heidnische Häupt- linge, unter denen der von Gogomi die hervorragendste Er- scheinung und die grösste Zierde des Triumphzuges bildete; denn er war nicht weniger bemerklich seiner hohen, stattli- chen Gestalt halber, als besonders wegen des Umstandes, dass er der Herrscher eines ansehnlichen heidnischen Staa- tes (mit einer Hauptstadt in fast unzugänglicher Lage) ge- wesen war. Auch erregte er die Theilnahme des blutgieri- gen, aber witzigen Baghirmi - Volkes , indem er sich mit viel Laune in sein Schicksal fugte, obgleich dasselbe keinesfalls beneidenswerth war; es herrscht nämlich hier zu Lande der

Zurorkommenheit des Sultans. 361

Gebrauch, diese fürstlichen Gefangenen entweder zu tödten, oder zu entmannen, nachdem man sie eine Zeit lang durch alle Höfe des Palastes geführt hat, wo man dann den Frauen imd Lieblingssklavinnen des Sultans erlaubt, ihre launenhaf- ten und übermüthigen Neigungen in aller Art rohen Scher- zes und Unsinnes an diesen Leuten auszulassen. Die ab- scheuliche Sitte der Verschneidung wird vielleicht in keinem Lande Inner -Afrika's in solcher Ausdehnung geübt, wie ge- rade in Baghimii.

Obwohl der Fürst gegen 6 Monate vom Hause entfernt gewesen war, schien doch die Beute an Sklaven nicht be- deutend gewesen zu sein, und der ganze Antheil des Sul- tans selbst mochte in etwa 400 Individuen bestehen. Viel- leicht aber hatte er schon früher einen Theil nach seiner Hauptstadt geschickt; denn seine ganze Stellung macht es ihm wohl zur Pflicht, seine Beute vor den Nachbarn etwas geheim zu halten.

Der Fürst durchzog langsam die Stadt, entlang der vom westlichen Thore kommenden Hauptstrasse und dem „den- dal" oder „bokö", bis er unter dem Jauchzen des Volkes und dem Händeklatschen „kabello" oder „tofadji", wie es hier heisst der Frauen seinen Palast betrat.

Er erwies mir gleich von Anfang an viel Aufmerksamkeit und sandte mir, obgleich ich ihm meinen Gruss noch nicht dargebracht hatte, noch an demselben Nachmittag nach sei- ner Ankunft zwei Boten, um mich willkommen zu heissen. Diese Boten waren der Bruder und der Sohn eines der er- sten Männer des Landes, welcher den Namen oder vielmehr Titel „Mäina Belademl" führte und eine Art Bomauischen Konsuls war. Unglücklicherweise war jedoch dieser vortreff- liche Mann, der mir von allen Leuten als einer der verstän- digsten Männer des Landes dargestellt wurde, in angegriffe- nem Gesundheitszustande aus dem Feldzuge zurückgekehrt und sollte in wenigen Tagen seiner Krankheit erliegen.

362 XIII. Kapitel.

Als ich den Boten des Fürsten mittheilte, wie rücksichts- los ich behandelt worden wäre, versicherten sie mich, dass ihr Herr nichts davon gewusst; er habe, sobald er von meiner Ankunft gehört, dem Statthalter den Befehl ertheilt, mir eine milchende Kuh zu stellen. Die Boten gingen dann fort und kehrten mit einem Schaaf, etwas Butter und einem grösseren Vorrath von Kreb (dem Samen der schon früher besprochenen Poa) zurück.

Am folgenden Morgen stattete ich Maina meinen Besuch ab, begleitet von meinem früheren, verlaufenen Führer Grema ^Abdu, der sich, nachdem er mich in Bäkadä meinem eigenen Geschick überlassen, dem Sultan auf seinem Feldzuge ange- schlossen hatte. Maina war sehr krank und das Zimmer, wo er lag, so dunkel, dass es mir bei meiner Überzeu- gung von dem ernsthaften Charakter seiner Krankheit einen Vorwand gab, ihm die Verabreichung von Arznei zu verwei- gern, und dies war für mich ein sehr glücklicher Umstand, da sonst sein Tod, der nach wenigen Tagen eintrat, von diesen wild -fanatischen Leuten sicherlich nur mir und mei- nen Arzneien zugeschrieben worden wäre.

Im Laufe desselben Abends erhielt ich die Nachricht von der Ankunft eines Boten von Kükaua mit Depeschen für mich, da die Karawane von Fesän endlich eingetroffen sei; weil ich aber schon zu wiederholten Malen mit ähnlichen Berichten getäuscht worden war, überliess ich mich nicht eiteler Erwartung. So brach nach ruhig vollbrachter Nacht der 6to Juli an, welcher Tag einer der glücklichsten meines Lebens werden sollte ; denn nachdem ich über ein Jahr ohne Mittel irgend einer Art gewesen war und mit meinem Ge- schick gekämpft hatte, in dem Bestreben, vor meiner Heim- kehr noch so viel wie möglich zu thun, sah ich mich plötz- lich beauftragt, die Zwecke dieser Unternehmung in grösse- rem Maassstabe auszuftihren, und fand hinreichende Mittel mir zu Gebote gestellt, um dieselben zu erreichen.

Ankunft von Briefen ans Europa. 363

Der Bote verstand ßich jedoch sehr gut auf seine Sache ; denn er brachte mir, obgleich er zwei grosse Briefpackete für mich hatte eines mit Depeschen vom Auswärtigen Ministerium der Englischen Regierung und ein anderes mit einer grossen Anzahl von Privatbriefen , blos das erstere, welches in Kükaua sehr sorgsam in einen langen Streifen feiner Baumwolle „gabagä" gepackt und noch in ro- thes und gelbes Leder eingenäht worden war, ohne auch nur mit einem einzigen Worte des zweiten Packetes Erwäh- imng zu thun. Erst nachdem ich mit Müsse die Depeschen, welche mich mit dem Vertrauen der Englischen Regierung beehrten, gelesen und seinen Eifer mit einem neuen Hemde belohnt hatte, ging er schweigend fort, kehrte aber bald mit dem zweiten Briefpacket und einem anderen, das 10 Türkedi's enthielt, zurück. Diese Türkedi's, einheimisches Baumwollen- fabrikat von Kanö, wurden mir auf Herrn Dr. Overweg's Ver- langen vom Vezier von Bomu zur Unterstützung gesandt und ich machte sogleich drei davon dem Boten imd seinen bei- den Gefährten zum Geschenk.

Die Menge von Privatbriefen, aus England sowohl, wie aus Deutschland, war sehr bedeutend; insgesammt enthielten sie die Anerkennung dessen, was ich gethan hatte, die grösste Belohnung, welche ein Reisender in diesen Gegenden jemals begehren kann. Vor Allem machte die lebendige Theilnahme, welche die Königsberger Geographische Gesellschaft an un- serem Unternehmen genommen hatte, den erhebendsten Ein- druck auf mich und versetzte mich plötzlich aus diesem Lande der Sklaverei in die höchsten Sphären freien, idealen Strebens. Gewiss war aber auch die Verantwortlichkeit, welche mir auf diese Weise aufgebürdet war, sehr gross, und der Schluss, zu dem ich durch lange Erfahrung gelangt war, „dass ich nicht im Stande sein würde, die vielen übertriebe- nen Erwartungen, welche von meinen zukünftigen Untemeh- mimgen gehegt wurden, zu erfüllen", war drückend genug. In

864 Xin. KapiteL

fast allen Privatbriefen nämlich, vor Allem aber in dem vor- trefflichen Schreiben des Herrn Ritters von Bmisen, war die Überzeugung ausgesprochen, dass ich mit meinem Grefahr- ten im Stande sein würde, selbst ohne übergrosse Anstren- gung und in bezüglich kurzer Zeit, den gaqisen breiten, un- bekannten Gürtel des äquatorialen Afrika zu durchschnei- den und die Südostküste zu erreichen; ja man betrachtete uns zur Zeit gleichsam schon als glücklich in Mombäss an- gelangt.

Nun hatte ich allerdings selbst die Idee eines solchen Un- ternehmens wenigstens theilweise veranlasst, mich aber im Verlaufe meiner Reisen vollkommen von der Unmöglichkeit desselben überzeugt, ausser vielleicht mit Aufopferung einer langen Reihe von Jahren, wozu ich meinen Gesundheitszu- stand ganz ungenügend fand, und nur mit Hilfe einer Schaar ganz zuverlässiger und aufrichtig anhänglicher Männer, sowie ausgerüstet mit einem ansehnlichen Vorrath von Mitteln. Ich fand dagegen zu meinem nicht geringen Erstaunen und Be- dauern, dass die Summe von 800 Pfund Sterling, die uns von Lord Palmerston zu Gebote gestellt war, ein todtcr Buch- stabe blieb; nicht ein einziges Pfund dieser Summe war von Tripoli befördeii; worden, indem man eine schon früher ab- geschickte Sendung, im Ganzen zum Werthe von etwa 600 Pfund Sterling (mit Inbegriff einer Summe von 1000 Thalem von Sr. Majestät dem Könige von Preussen und 400 Thalern von meinem Vater), wovon das Meiste durch die Unachtsam- keit und gewissenlose Vernachlässigung des Agenten länger als ein Jahr in Fesän gelegen hatte, für hinreichend hielt, obgleich die Gesammtmasse unserer Schulden diese ganze Summe überstieg.

In dieser ungewissen Lage, zu der nur das Übennaass von freundlicher und wohlwollender Gesinnung Anlass ge- geben hatte, verursachte es mir grosso Freude, zu finden, dass die Englische Regierung und insbesondere Lord Pal-

Verdächtiger Besuch von Hoflenten. S65

merston mich auf ein ausführbareres Projekt hinwiesen, in- dem sie mich zu dem Versuch aufforderten, Timhuktu zu er- reichen. Diesem Plane wandte ich daher meine volle Auf- merksamkeit zu und schwelgte in meiner Einbildungskraft mit hohem Entzücken bei dem Gedanken, ein Nachfolger in der glorreichen Laufbahn Mungo Park's zu werden.

Für den Augenblick jedoch war ich noch in Baghirmi, das heisst in einem Lande, wo unter dem Schleier des Iss- lam eine grössere Menge abergläubischer Vorstellungen ob- waltet, als in vielen rein heidnischen Ländern des Inne- ren, und wo Argwohn und Unverstand mir noch manche schlimme Lage bereiten konnten. Mitten im Genüsse meiner brieflichen Schätze, die mich soeben in den Bereich des po- litischen und wissenschaftlichen Lebens Europa's zurückge- führt hatten, während alle Briefschaften aus jenen fernen Ge- genden auf meinem einfachen Lager ausgebreitet lagen, ward ich plötzlich durch einen meiner Diener unterbrochen, der in mein Gemach geeilt kam und mich rasch davon benach- richtigte, dass eine zahlreiche Schaar von Hofleuten soeben mein Gehöft betreten habe.

Ich hatte kaum Zeit gehabt, meinen Schatz unter der Matte verbergen zu können, als die Hofleute in mein Ge- mach eintraten, so dass sich dasselbe in wenigen Augen- blicken mit schwarzem Volk und schwaraen Toben anfüllte. Es waren ausser dem Statthalter „kadamange" und den beiden Verwandten Mäina's gegen 20 Personen, und die Art, wie sie sich betrugen, war so auffallend, dass ich fast befürchtete, ich möchte zum zweiten Male in Gefan- genschaft gesetzt werden. Es konnte keine Frage sein, dass sie von den zahlreichen Briefschaften, welche mir zugegangen waren, Nachricht erhalten hatten; aber ausser meinen eige- nen Briefen hatten die Bornu- Boten auch einen Brief ihres Herrn an den Herrscher „banga" von Baghirmi mitge- bracht, worin Scheich *Ömar den Letzteren, der ihm in ge-

366 Xm. Kapitel.

wisser Hinsicht tributär war, aufforderte, mir ohne Verzö- gerung zu erlauben, in Gesellschaft der Boten nach Bomu zurückzukehren. Ausserdem aber hatte man seit dem ersten Augenblick meiner Ankunft starken Verdacht gehegt, dass ich ein Türkischer Spion sei, und es fand sich selbst ein Pilger aus dem fernen Westen, welcher sich bemühte, mit dem beschränkten Vorrathe seiner geographischen und ethno- logischen Kenntnisse den Leuten zu beweisen, dass ich ein Amaut, also entschieden ein Türkischer Söldling sei; denn dies, so behauptete jener kundige Reisende, seien die einzi- gen Erdbewohner, welche Strümpfe trügen (ich besass näm- lich damals noch einige Paare dieses Europäischen Luxus- artikels und trug sie zuweilen).

Jedoch, sei dem, wie -ihm wolle, die Hofleute scheuten sich, unverhohlen mit dem wirklichen Zwecke ihres Besuches hervorzutreten, und schützten daher anfangs vor, dass sie gekommen seien, um die Geschenke zu sehn, welche ich für den Sultan mitgebracht hätte; da ich dieselben schon lange in Bereitschaft gehalten hatte, zeigte ich sie ihnen ohne Weiteres. Sie bestanden in einem guten rothen Tuchkaftan, den ich in Tripoli für 9 Spanische Tbaler gekauft hatte; einer Repetiruhr von Nürnberg für 10 Thaler, mit einer ge- flochtenen seidenen Schnur von Tripolitanischer Arbeit; einem Turban mit seidener Borde; einem Englischen Messer und einigen dergleichen Scheeren; Nelken und mehreren anderen Kleinigkeiten. Die Uhr verursachte das grösste Erstaunen, da sie zur Zeit in gutem Zustande war; es war jedoch im- merhin Schade, dass wir nicht mit guten Englischen Waaren versehen worden waren und uns desshalb angewiesen fanden, schlechte Artikel, wie imd wo sie sich auf unserem Wege darboten, aufzulesen. Die Höflinge verlangten auch mein Femrohr zu sehn, und ein solches Instrument konnte natür- lich ihr Erstaunen nur noch erhöhen.

Dann verlangten sie nach vielem Zusammenducken und lei-

Beschwichtigung des Argwohns der Eingeborenen. 367

sem Berathen, das mir ein etwas unheimliches Gefühl ein- flösste, das Buch zu sehn, in das ich Alles, was ich sähe und hörte, niederschriebe. Ohne Zaudern nahm ich mein Tagebuch heraus und zeigte es ihnen, musste aber vorher auch dessen Echtheit betheuem. Um ihren Argwohn gründ- lich zu beseitigen, las ich ihnen dann freiwillig mehrere Stel- len daraus vor, die sich auf die Geographie und Ethnogra- phie des Landes bezogen, und es gelang mir, ihnen ein herz- liches Lächeln abzugewinnen und ihre gute Laune so zu wecken, dass sie selbst einige Namen hinzufügten, wo meine Verzeich- nisse mangelhaft waren. Sie baten mich dann^ das Buch ihrem Herrn vorlegen zu dürfen, und ich genehmigte ihr Gesuch ohne Weiteres.

Meine Offenheit machte die Intriguen meiner Feinde voll- kommen zu Schanden und beschwichtigte den Argwohn der Eingeborenen; denn sie waren überzeugt, dass ich, wenn ich irgend eine böse Absicht beim Niederschreiben meiner Be- merkungen über ihr Land gehabt hätte, sicherlich Alles auf- bieten würde, das Geschriebene zu verbergen.

So gingen sie davon, indem sie mein Tagebuch mitnahmen, und man hinterbrachte mir später, dass der Landesherr alle gelehrten Männer der Stadt berufen hätte, um ihre Meinung über das Buch zu hören. Vielleicht war es auch vortheilhaft für mich, dass die Hauptperson unter den Letzteren mein Freund Ssdmbo war. Denn dieser, der mit meinen Forschun- gen wohlbekannt war, stellte meine Aufzeichnungen als eine höchst unschuldige und rein wissenschaftliche Sache dar, und da nun Niemand mein Buch lesen konnte, ward es mir ganz unbeschädigt wieder zurückgegeben. Ss&mbo erzählte mir den Hergang der ganzen Angelegenheit am Nachmittag, wo er mir einen Besuch abstattete, wobei er mir auch bemerk- lich machte, dass der einzige Grund, warum ich heute noch keine Audienz beim Sultan erhalten hätte, der oben erwähnte Brief des Scheich von Bornu sei, der in gewissem

368 XIII. Kapitel.

Grade dasUnabhängigkeitsverhältniss Baghirmi's verletzt habe. Auch erhielt ich in der That vor dem 8^^^ Juli keine Au- dienz.

[Donnerstag, S^^^ Juli.] Ich hatte soeben, während einige Freunde bei mir zum Besuche waren, zu Ssdmbo geschickt, um ihn zu bitten, meine Abreise zu beschleunigen, als Grema "Abdü in Begleitung eines Dieners des Banga er- schien, um mich zu ihm zu führen. Ich Hess also Ssambo bitten, mich zum Fürsten zu begleiten, sowie auch meinen guten alten Wirth.aus Bäkadä, Bü-Bakr, der gerade in der Stadt anwesend war. Gemeinsam gingen wir nun in den Palast.

Hier ward ich bei meiner Ankunft in einen inneren Hof- raum geführt, der im. Grundplan mit d bezeichnet ist, wo Hofleute zu beiden Seiten einer Thür sassen, welche in ein inneres Gemach führte. Die Öffnung dieser Thür war mit einem durchsichtigen Vorhang aus Rohr „kassar" oder, wie es hier heisst, „pärpara" verdeckt, wie ich solche in meiner Beschreibung der Hauptstadt von Logone erwähnt habe. Der Thüröffnung gegenüber, inmitten der beiden Rei- hen der Hofleute, liess man mich mit meinen Gefährten nie- dersetzen.

Ich war etwas ungewiss, an wen ich mich wenden sollte. Niemand liess sich sehn, der sich in irgend einer Weise vor den Übrigen ausgezeichnet hätte ; denn alle anwesenden Hof- leute waren gleichmässig höchst einfach in schwarze oder vielmehr dunkelblaue Toben gekleidet und Keiner hatte eine Kopfbedeckung. Ich fragte daher, ehe ich meine Anrede begann, mit lauter Stimme, ob der Sultan 'Abd el Kader an- wesend sei, und eine hörbare Stimme liess sich hinter dem Vorhang vernehmen, er sei anwesend. Natürlich hätte ich lieber gewünscht, dem Sultan von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, aber ich war wenigstens nun sicher, dass er es war, den ich anredete. Ich begrüsste ihn daher so-

Audiens beim Sultan. 369

wohl von meiner Seite, als auch von Seiten der Regierung, die mich ausgesandt, indem ich ihm erklärte, dass die Eng- lische Regierung, als eine der Hauptmächte Europa's, nichts dringender wünsche, als mit allen Fürsten der Erde Bekannt- schaft zu machen, selbst mit denjenigen im Sudan. Denn es sei ihr unablässiges Bestreben, den Handel ihrer üntertha- nen, welche die ersten Handelsleute der Welt wären, in jeder Richtung nach Möglichkeit auszudehnen ; wir seien die besten Freimde des Sultans von Stambul. So, sagte ich, sei ich denn auch gekommen, um freundschaftliche Verhältnisse mit ihnen anzuknüpfen, wie wir Freundschaft und vertragsmässi- gen friedlichen Verkehr mit fast allen Nationen der Erde hät- ten. Allerdings könnten sie uns nicht viele Handelsartikel bieten, zumal da wir den Sklavenhandel mit Abscheu be- trachteten, aber dennoch wären wir im Stande, ihr Elfenbein zu würdigen, und selbst wenn sie nichts für den Handel hät- ten, wünschten wir mit ihnen auf gutem Fusse zu stehn.

Ich versicherte den Herrn von Baghirmi femer, dass, ob- gleich unsere Sitten und unsere ganze Lebensweise ganz und gar verschieden von denen vieler Nationen der Erde und so auch von den ihrigen seien, doch Alle, die mit uns nähere Be- kanntschaft hätten, unseren ausgezeichneten Charakter sehr gut kennten und auch wüssten^ dass wir im höchsten Grade zuver- lässig und voll wahrer Gottesfurcht seien und keinen anderen Zweck hätten, als die Wohlfahrt des Menschengeschlechts, all- gemeinen friedlichen Verkehr und Austausch von Bedürfhissen.

Ich ging dann auf einen Gegenstand über, der unmittelbar Bezug auf mein Verhältniss hatte, und versicherte den Für- sten und seine Hofleute, dass wir beim Niederschreiben von Bemerkimgen über die Länder, welche wir besuchten, durch- aus keinen bösen Zweck verfolgten, sondern nur beabsichtigten, ims so genau wie möglich mit der Regierung, den Gebräu- chen und Sitten des betreffenden Landes bekannt zu machen und volle Einsicht zu gewinnen, was wir von ihnen kaufen

Barth'a R«iMn IIl. 24

370 XHL Kapitel

und was wir ihnen verkaufen könnten. So hätte schon Rala Challl (Major Denham) die Absicht gehabt, dem Vater 'Abd cl Käder^s einen Besuch zu machen, aber die feindlichen Verhältnisse, welche damals zwischen Baghirmi und Bomu obwalteten, hätten ihn an der Ausfuhrung seines Planes ver- hindert und, als er bis Logone vorgedrungen gewesen wäre, zur Umkehr genöthigt. Obgleich mich aber ganz dieselben Beweggründe hierher geführt hätten, Beweggründe, die nur das Beste ihres eigenen Landes zum Zwecke hätten, wäre ich doch von seinen eigenen Leuten hart behandelt worden ; aber der Grund davon sei, dass sie mit meinem wahren Charak- ter nicht hinreichend bekannt gewesen wären. Mein dringend- ster Wunsch sei gewesen, ihn auf dem Heereszuge zu beglei- ten, um ihn in seiner vollen Macht kennen zu lernen, aber seine Leute hätten mir nicht erlaubt, meinen Plan auszufüh- ren. Aber darüber könnte ich mich nicht so sehr beklagen, da wir schon gewohnt wären, in einem eben erst betretenen Lande nicht gleich mit vollem Wohlwollen aufgenonmien zu werden.

Ich hielt meine Anrede auf Arabisch, während mein blin- der Freund Ssambo das Gesprochene Wort für Wort in die Baghirmi-Sprache übertrug imd mir auch gelegentlich, wenn er glaubte, dass ich mich zu starker Ausdrücke bediene, einen Wink gab. Dann ward das Packet, welches meine Geschenke enthielt, hervorgeholt und vor mir niedergelegt, damit ich es mit eigener Hand öflfnen und dabei den Gebrauch eines je- den Gegenstandes erklären möchte, wobei ich denn nicht ver- säumte, die Uhr einigemal schlagen zu lassen.

Zum Schlüsse fügte ich dann hinzu, dass es nun, nachdem ich in diesem Lande fast 4 Monate lang wie ein Gefangener zurückgehalten worden, mein aufrichtiger Wunsch sei, ohne weiteren Aufenthalt nach Kükaua zurückzukehren, wo ich gar Manches zu besorgen hätte, während ich hier für den Augen- blick von Mitteln gänzlich entblösst sei; ich versprach dage-

Weitere Verhandlung mit dem Reisenden. 371

gen, wenn er mir volle Sicherheit gewähren wollte und die Umstände es erlaubten, würde ich entweder selbst oder mein Gefahrte später einmal in sein Land zurückkehren. Nachdem eine derartige Zusicherung gegeben und meine Rede im All- gemeinen gutgeheissen war, entfernte ich mich.

Ich war kaum in meine Wohnung zurückgekehrt, als mir die beiden Verwandten Maina Belademi^s, Mäina Eänadl und Ssabün, einen Besuch abstatteten. Sie hatten ein höchst mysteriöses Aussehen und machten mich nach einigen Um- schweifen mit der wichtigen Botschaft bekannt, deren Über- bringer sie waren. Es war nichts weniger als die Frage, ob ich nicht eine Kanone bei mir hätte. Ich drückte natürlich mein Erstaunen darüber aus, dass sie glauben könnten, ich sei mit einem solchen Artikel versehen, während ich mein ganzes Ge- päck auf dem Rücken eines schwachen Eameeles fortschafifte, worauf sie entgegneten, dass, wenn ich keine EAnone bei mir hätte,^ der Sultan zu wissen wünsche, ob ich nicht im Stande sei, selbst eine solche zu verfertigen. Nachdem ich meine Unfähigkeit zu einer solchen Leistung erklärt, entfernten sie sich, kehrten jedoch am nächsten Tage zurück. Sie brach- ten mir viele Empfehlungen von ihrem Herrn, der, wie sie sagten, dringend wünsche, dass ich von ihm eine hübsche Sklavin als Geschenk annähme, und auch die Absicht habe, mir ein Eameel zu schenken und zwei Reiter zu bewilligen, die mich nach Bomu zurückgeleiten sollten. Ich erklärte ihnen, dass ich, obgleich das Unangenehme meiner einsa- men Lage von mir wohl empfunden werde, doch vom Sultan weder Sklaven noch Sklavinnen annehmen könne, und dass ich überhaupt nichts sehnlicher wünsche, als die Erlaubniss zur Abreise zu erhalten ; jedoch würde ich sehr dankbar sein, wenn er mir einige Proben ihrer Erzeugnisse geben wollte. Die Boten versprachen mir dann, dass ich am nächsten Tage eine zweite Audienz bei ihrem Herrn haben solle, und sie hielten Wort.

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a72 Xm. KapiteL

Auch diesmal konnte ich dem Fürsten nur meine Huldi- gung darbringen , ohne ihn zu . sehn. Ich wiederholte mein Gesuch, dass er mir erlauben möge, ohne weiteren Aufent- halt abzureisen, da ich dringende (reschäfte in Kükaua hätte; aber ich erhielt zur Antwort, dass der Sultan, obgleich mir die Strasse offen stehe, als der mächtige Herrscher eines gros- sen Landes mir nicht erlauben könne, mit leeren Händen ab- zureisen. Um jedoch meinem Gesuch möglichsten Nachdruck zu geben, schenkte ich ihm ein kleines Femrohr und unter- wies seine Leute in dessen Gebrauch.

Als ich in meine Wohnung zurückgekehrt war, kamen meine Freunde, um mir anzuzeigen, dass es ihres Herrn Absicht sei, mir für die Geschenke, die er von mir erhalten, ein glänzen- des Gegengeschenk zu machen; aber ich versicherte sie, dass mir nichts so wichtig sei, als eine schleunige Rückkehr nach Börnu, da ich doch einmal keine Aussicht habe, die Erlaub- niss zu erhalten, weiter östlich vorzudiingen. Aber alle meine Versicherungen waren nutzlos, da die Leute zu wenig mit dem Charakter der Europäer bekannt waren, und es fanden sich zu viele Personen, die, wenn mir selbst nichts daran lag, et- was zu erhalten, dieses doch ihren eigenen Wünschen ange- messener fanden. Ich war also genöthigt, mich in Geduld und Resignation zu fügen.

Mittlerweile erfuhr ich, dass der Fürst im Anfange gefürch- tet habe, ich möchte ihn vergiften oder vermittelst eines Zau- bers tödten, und dass er wiederholt mit seinen Gelehrten und Rathgebem erwogen habe, wie er sich gegen meine Zau- berkraft schützen solle. Jedoch schon am zweiten Tage nach meiner ersten Audienz hatte er mir die Genugthuung wider- fahren lassen, den Aufseher des Flusses „chalifa bä" und dessen Diener „kaschella" , der mich in Mele in Ketten gelpgt hatte, zu mir zu schicken, um mich öffentlich um Verzeihung zu bitten. Ich hatte ihm solche von Herzen bewilligt, da ich zu wohl einsah, dass der Reisende in einem

Tod Main« BeUdernfs. 378

nie zuvor yon Europäern betretenen Lande freundliche und rücksichtsvolle Behandlung kaum erwarten kann.

Jener in Baghirmi angesessene Pullo oder Felläta, der da- durch, dass er in den Fährleuten am Grenzflusse Furcht und Argwohn gegen mich erweckte, die Hauptursache der schnö- den Behandlung wurde, die ich erfahren musste, war einige Zeit vor Ankunft des Sultans von meinem gutmüthigen Freunde Bü-Bakr von Bäkadä bei mir eingeführt worden, wo er denn sehr gegen meinen Wunsch darauf bestand, durch einen Eid zu betheuem, dass er nichts zu meinem Nachtheil beabsichtigt habe. Dies bewerkstelligte er auf eine gar ge- schickte Weise, indem er schwor, dass er den Fährmann nicht angeregt habe, mich im Flusse zu ertränken, welches Ver- brechens ich ihn aber gar nicht geziehen hatte. Da ich je- doch hier mit Jedermann in gutem Vernehmen zu stehn wünschte, erklärte ich mich befriedigt und entliess ihn. Bei allen diesen Gelegenheiten hatte sich die Aufrichtigkeit der Freundschaft, welche Bu-Bakr für mich hegte, in reichem Maasse bewährt, indem er, mit dem heftigen Wesen der Europäer wohlbekannt, nicht aufhörte, mich zur Geduld zu ermahnen „ssabr, ssabr", „känadi, känadf ' ^ gewiss die gewichtigsten Worte für den Reisenden in diesem Lande.

Ich hatte die Hoffnung gehegt, vor dem grossen Feste ,/Ald el kebir", hier „Ngümre ngölo" genannt (19*«^ Juli) meine Abreise anzutreten ; aber es kam heran, ohne dass Anstalten zu derselben gemacht worden wären. Es ist hier landesüblich, dass die Einwohner aller umliegenden Ortschaf- ten zur Feier dieses Festes in die Stadt kommen; für die Würdenträger jedes Ortes ist dies sogar eine Pflicht, durch deren Verletzung sie in eine schwere Strafe verfallen würden. Aber diesmal wurde das Fest in einen Trauertag verwandelt; denn es war in der Frühe desselben Tages , wo. M&ina Be- l&deml, allgemein als der vortrefflichste Mann im Lande ver- ehrt, starb, ein schwerer Verlust für den Sultan selbst,

874 Xm. Kapitel.

dessen vollkommenes Vertrauen er genoss und dessen Vater er, als derselbe von seinem Fätscha verfolgt wurde, das Le- ben gerettet hatte.

Seinem eigenen Wunsche gemäss wurde der Verstorbene nicht in oder in der Nähe der Stadt begraben, sondern in der mehrere Meilen entfernten Ortschaft Biddeli, wo, wie ich bei anderer Gelegenheit ausführen werde, der Isslam zuerst in diesem Lande Wurzel fasste und wo noch gegenwärtig meh- rere hochstehende geistliche Würdenträger ihren Sitz haben.

Dieser zwar nicht unvorhergesehene Trauerfall trübte doch das ganze Fest. Es war Mittag, als der Sultan den Palast ver- liess, um seine Gebete in dem alten verfallenen westlichen Viertel zu verrichten; denn, wie bereits wiederholt bemerkt worden, ist es eine geheiligte Sitte im ganzen Sudan, dass der Landesherr an diesem Tage seine Gebete ausserhalb der Stadt verrichte. Nachdem der Fürst bis nach Dhohor in der alten Weststadt, wo ein Zelt für ihn aufgeschlagen war, verweilt hatte, kehrte er zur Residenz zurück; aber wie der Tag ungünstig begonnen hatte, so endigte er auch mit einem bösen Anzeichen; denn am Abend erhob sich ein so heftiges Gewitter, dass drei Gemächer im Inneren des Palastes mit furchtbarem Krachen einstürzten, was im ganzen Stadtviertel einen solchen Alarm erregte, als wäre die Stadt von Fein- desmacht mit Sturm eingenommen.

Glücklicherweise hatte ich selbst hinreichende Fürsorge ge- troffen, das Dach meines Hauses dauerhafter zu machen, so dass es, obgleich die Flur vollständig überfluthet wurde, völ- lig fest blieb. Ich hatte nämlich schon einige Tage vorher bemerkt, dass der Balken, welcher als Hauptstütze der Ter- rasse diente, gebrochen war; nachdem ich nun bei meinem Wirthe vergeblich um Ausbessenmg desselben angehalten, liess ich von meinen Dienern einen grossen Pfahl aus einem be- nachbarten Hofraume wegnehmen und ihn als Stütze auf- richten.

Unfreundlichkeit der St&dter. 375

Seit des Sultans Rückkehr hatte sich die Regenzeit mit grosser Heftigkeit eingestellt, so dass es fast täglich regnete. Viele der Eingeborenen schlössen daraus, dass es erst ihrem Fürsten gelungen sei, den von mir über die Stadt verhängten Zauber zu lösen. Die offenen Plätze imd weiten unbewohn- ten Viertel der Stadt kleideten sich in Folge des Regens wie- der in das frischeste, freimdlichste Grün imd der Bedä oder Bahhr füllte sich mit Wasser. Auch war seit der Rückkehr des Zuges ein viel lebhafterer Verkehr in der Stadt; ich trieb mich jedoch nicht so viel umher, wie vorher, und zwar nicht sowohl der Nässe, als des pöbelhaften Benehmens der Skla- ven wegen; denn diese Menschen, welche keine andere Klei- dung für angemessen halten, als ein schwarzes Hemd, und deren geistige Bildung auf der niedrigsten Stufe steht, hiel- ten sich fortwährend über meine Kleidung auf und standen überhaupt, nur Wenige ausgenommen, nicht in gutem Verneh- men mit mir.

Meiner Armuth halber, welche mir nicht gestattete, viel zu verschenken, ausser Nadeln, hatte ich freilich den Titel „Nadelnprinz" „maläribra" , den sie mir beilegten, wohl verdient; sie hatten mir jedoch noch einen anderen Beinamen verliehen , welcher so viel wie „Vater der drei" bedeutete und daraus entstanden war, dass ich zuweilen ausser Strümpfen dünne Schuhe und darüber starke Überschuhe trug, wäh- rend diese Leute gewöhnlich barfuss gehn und nicht ein- mal Sandalen tragen, ausser wenn sie einen sehr entfernten Weg zu machen haben.

Obgleich ich mich also mehr zu Hause hielt, besuchte ich doch mitunter den Markt, welcher, wenn auch in mancher Be- ziehimg jetzt besser versehen , des Regenfalles und der gegen- wärtigen Feldarbeiten wegen nicht so regelmässig abgehalten und auch nicht von so vielen Verkäufern besucht wurde, wie früher. Es wurden jetzt Sklaven zu Markt gebracht, mitunter gegen 30, und zum Preise von je 25— 30Cholg&n oder ChalSg

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376 XHL Kapitel.

(„lebü", gewöhnliche weisse Hemden), gleich 6 7 Spanischen Thalern, verkauft. Auch Vieh war gegenwärtig zahlreich, indem es nicht nur von den heidnischen Stämmen, welche nur ge- ringe Heerden von kleiner Rasse zu besitzen scheinen, ein- geführt, sondern in noch viel beträchtlicherer Anzahl den Schüa- Stämmen der Deghaghera, angeblich zur Bestrafung ihres Ungehorsams, gewaltsam weggenommen worden war. Der Preis eines guten fetten Ochsen betrug 8 Cholgän, nicht ganz 2 Spanische Thaler. Während meines Aufenthaltes in Mele hatte ich bemerkt, dass Schaafe aus Baghirmi nach Bömu verführt werden.

In meiner Erwartung, ohne weiteren Verzug aufbrechen zu dürfen, fand ich mich arg getäuscht, und es verstrich ein Tag nach dem anderen ohne Anstalten zur Abreise. Ich hatte ausserdem Ursache, mich über die Beköstigung zu beklagen; denn obgleich mitunter ein Gericht vom Sultan kam, so blieben dieselben doch viel häufiger aus; aber man erklärte mir auf meine Erkundigung, dass die Sklaven, welche mir meine Speise zu bringen hätten, dieselbe für sich behielten.

Erst am Isten August überzeugte ich mich, dass meine Abreise nahe bevorstehe, da die' Sklaven meines Wirthes das Erdreich in meinem Hofraume aufzugraben anfingen, um „deräba" oder „bamia" (Hihiscus esculentus) zu säen; denn wenn ich länger hätte bleiben sollen, würde mein Kameel bald die Saat zerstört haben. Doch verflossen noch mehrere Tage, ehe endlich Alles zu meiner Entlassung ge- ordnet war.

Endlich am 6*6» August ward mir feierlicher Abschied gege- ben ; denn am Nachmittag kam vom Sultan ein langer Aufzug, geführt von Serma oder Kadamange, Ssabün und Kanadi,und überbrachte mir ein Geschenk von 50 Hemden jeder Art, zusammen zum Werthe von etwa 30 Thalem. Unter diesen Hemden befanden sich 7 feinere, welche ich sämmtlich nach England schickte, mit Ausnahme eines halbseidenen, das ich,

BenrlAabimg des Reisenden. S77

weil es sehr leicht war, für meinen eigenen Gebrauch zurück- behielt; der Rest bestand in 23 besseren weissen .und 20 ge- wöhnlichen Markt -Toben.

Indem mir Serma diese königliche Gabe überreichte und dabei bemerkte, der Sultan bedauere, dass ich nichts Werth- volleres, weder Sklaven noch Elfenbein, von ihm annehmen wolle, gab er mir nun die amtliche Erklärung, dass es mir jetzt freistehe, abzureisen, wann es mir beliebe, dass bisher weder das Volk von Baghirmi mich, noch ich das Volk von Baghirmi gehörig gekannt habe, dass ich aber, wenn ich später zurückkehren wollte, Baghirmi wie meine Heimath betrachten könne. Ich liess dem Sultan für sein Geschenk, sowie für die Erlaubniss zur Abreise meinen Dank abstatten, sagte jedoch den Boten, wenn man wünsche, dass dieses Land von mir oder meinem Bruder (Gefährten) jemals wieder besucht werden solle, so sei es unumgänglich nothwendig, dass uns der Sultan einen ausdrücklichen Erlaubnissschein mit seinem königlichen Siegel ausstelle. Sie sagten dies zu und eröflEneten mir femer, dass mich von Seiten des Sul- tans ein Mann bis zum Flusse begleiten werde, um mich gegen fernere Ränke der Fährleute, meiner erbitterten Feinde, zu schützen.

Die Freigebigkeit des Sultans, wenngleich nicht sehr gross, setzte mich doch in den Stand, meinen Freunden und Dienern einige Belohnung zu gewähren. Ich hatte bereits die von Kü- kaua erhaltenen Türkedl unter die mir am nächsten Stehenden vertheilt, 2 oder 3 ausgenommen, für die ich auf dem Markte Lebensmittel kaufte. Ich vertheilte nun 30 von diesen To- ben unter Serma's Leute, meine eigenen Diener, den Ffiki Ssambo, Bü-Bakr und meine anderen Freunde. Der arme Hadj Ahmed, der hier nur mit grosser Noth seinen Lebensunter- halt fand, war äusserst dankbar für mein Geschenk und ver- richtete inbrünstige Gebete für meine glückliche Heimkehr, obschon es ihm viel lieber gewesen wäre, wenn ich ihn auf

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878 Xm. KApiteL

seiner Reise nach Osten, durch Widdi und Dar-For, befrei- tet hätte.

Aber obgleich ich bei meiner ersten Ankunft in diesem Lande ein solches Unternehmen ausführen zu können gehofft hatte, so hatte ich mich doch im Laufe meines hiesigen Aufenthaltes überzeugt, dass es, abgesehen von meinem gänzlichen Mangel an geeigneten Mitteln, unverständig sein würde, dergleichen unter den gegenwärtigen höchst ungünsti- gen Umständen zu versuchen, nachdem in Wädäi ein ver- heerender Bürgerkrieg gewüthet und der Sturm noch nicht beschwichtigt ward; dabei war meine Stellung in diesem Lande zu ungewiss, um mir die Übermittelung hinlänglicher Zuschüsse behufs Durchführung eines so grossartigen Unter- nehmens von Kukaua aus sicher zu stellen. Ausserdem aber, wenn ich auch recht gut wusste, ein wie grosses Interesse dem Reiche von Waddi zukommt, sowohl bezüglich der weiten Erstreckung seiner politischen Macht, wie der grossen Man- nichfaltigkeit seiner Bevölkerungselemente, ingleichen wegen seiner Lage an der Wasserscheide der Becken des Tsäd und des Nil , so blieb mir doch kein Zweifel darüber, dass West- Sudan am mittleren Laufe des sogenannten Niger ein viel grossartigeres und ergiebigeres Feld für meine Bemühungen sein würde. Doch war dermalen zur Unternehmung einer Reise nach Wadai der Umstand einigermassen günstig, dass die Boten des Sultans (oder vielmehr des Djerma oder Serma, eines der mächtigsten Beamten jenes Landes, welcher die In- spektion dieser Provinz hat) gerade hier anwesend waren, be- hufs Erhebung des Tributes, den das gegenwärtig geschwächte Baghirmi seinem mächtigeren Nachbar entrichten muss.

Was meinen Freund, den Scherif Slimän, betrifft, so be- nahm er sich bei dieser Gelegenheit sehr anständig, indem er durchaus keine Hemden annehmen wollte und sich nur einige kleine Luxusartikel, wie etwas Kampher und eine Englische Scheere, erbat.

Endliche Abreise von Masena. 379

Als die Verzögerung meiner Abreise gehoben war, wurde ich endlich mit der Ursache derselben bekannt; denn am 8ten August Nachmittags erschien mein edler Gefährte Grema Abdü, der mich, ehe ich noch die Hauptstadt eiTcichte, ohne alle Umstände verlassen und sich überhaupt ganz un- nütz erwiesen hatte, und zeigte mir an, es sei jetzt Alles für unsere Abreise bereit, indem er die 5 Sklaven erhalten, die er nach Kükaua zu bringen habe, theils für seine eigene Rechnung, theils für Rechnung seines Herrn, des Mestrema, welcher, wie schon bemerkt, in der Hauptstadt Bornu's un- gefähr die Stellung eines Konsuls einnimmt. So schien es denn in der That nicht länger zweifelhaft, dass ich nun endlich diesen Ort verlassen würde ; denn am folgenden Tage schickte mir der Sultan als Abschiedsschmaus eine grosse Schüssel Reis und Fleisch, welche in einer Fülle von Butter schwammen, und selbst mein karger Wirth, der Serma oder Kadamänge, schickte ein anderes Gericht. Am 10t«n August verliess ich denn wirklich die Hauptstadt von Baghirmi, wo ich allerdings länger verweilt hatte, als ich wünschte, weil ich mich nicht frei im Lande umher bewegen durfte, wo es mir jedoch gelang, reichhaltige wichtige Auskunft einzu- ziehen, von welcher dasjenige, was sich auf die Geschichte und allgemeine Beschafifenheit des Landes bezieht, im fol- genden Abschnitt zusammengestellt werden soll, in der Hoff- nung, dadurch das Interesse des Lesers für diese wenig be- kannten Gegenden anzuregen. Dagegen soll das übrige mehr geographische Material im Anhange gegeben werden.

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XIV. KAPITEL.

Überblick über die Geschichte Ton Baghfrmi. Allgemeiner Zustand des

Landes und seiner Bewohner.

Die Hilfsquellen bezüglich der Geschichte des östlichen Sudans sind noch kärglicher, als die geringfügigen Urkunden zur Geschichte des westlichen Theiles Nigritiens, welche, wie ich mir schmeichele, durch meine Arbeiten wenigstens in grösserer Ausdehnung, als man vorher auch nur geahnt, beleuchtet worden ist. Aber während wir für das König- reich Sonrhay mit den berühmten Städten Gögö und Tim- buktu im Tarich des Ahmed Bäbä einen fast ununterbroche- nen historischen Bericht besitzen und uns für Bomu, gleich- falls durch die Chroniken jenes Reiches und Imäm Ahmed's Erzählung, ein ziemlich reichhaltiger Stoff zu Händen ge- kommen ist, sind für Ost -Sudan (welches die Länder Ba- ghirmi, Waddi oder Dar-Ssuläi und Dar-För begreift) noch keine solche Urkunden aufgefunden worden, und wir besitzen dafür ausser der von den Einwohnern selbst einzuziehenden Auskunft nur vereinzelte dunkele Angaben, welche uns von den Arabischen Schriftstellern des Mittelalters überliefert worden sind.

Was sich von diesen Angaben im Allgemeinen auf Känem und dessen Hauptstadt NdjTml oder Ndjimie bezieht, habe ich bereits in meinem historischen Abrisse des Reiches Bomu angeführt, imd in Betreff der östlicheren Länder er- wähnen diese Schriftsteller weiter nichts, als die allgemeinen

Quellen zur Gescbichte Ost-Sudans. 881

Namen von Stämmen, wie die Sorhaua imd die Bädjö *), wel- che von Ebn Said und auf dessen Gewähr von Äbü'l Fedä als Stammverwandte angeführt werden**).

Der einzige Autor, welcher diese östliche Hälfte des Su- dans näher berührt, ist der gewöhnlich unter dem Namen Leo Africanus bekannte Spanische Maure, welcher innerhalb dieser Grenzen ein grosses und mächtiges Königreich, von ihm Gaöga genannt, beschreibt. Dieser Name hat, besonders wegen seiner Ähnlichkeit mit dem Namen der Sonrhay-Haupt- stadt, welche er in der gewöhnlichen Arabischen Schreibweise anführt, zu vielfacher Verwirrung und zahlreichen grundlosen Hypothesen Veranlassung gegeben. Wenn wir jedoch Leo's Angaben, die, weil sie erst nach Verlauf mehrerer Jahre aus dem Gedächtniss niedergeschrieben worden, allerdings höchst unbestimmt sind, vergleichen, namentlich das, was er über die politischen Verhältnisse Gaöga's zu dem Reiche Bomu sagt : so kann es durchaus keinem Zweifel unterliegen, dass sein „Gaöga" das von den Bomauem nach seinen Be- herrschern, den Buläla, benannte Beich ist. Der Grund, warum er es Gaöga nennt, liegt auf der Hand; denn die Buläla, ursprünglich ein Zweig des fürstlichen Hauses von Känem, geführt von Djil (mit dem Beinamen Schikomemi,

*) In Betreff des Namens B&dj5 herrscht eine beträchtliche Schwierigkeit; denn er ist gänzlich unbekannt, während die Dädjö ein wohlbekannter Stamm sind, welcher im zehnten Jahrhundert des Isslam in Dar-För herrschte und selbst noch gegenwärtig „Xäs Faräön" genannt wird. Wir können jedoch nicht annehmen, dass der Name Badjö ein blosser Schreibfehler für D&djS sei, wenn wir nicht jene Schriftsteller eines sehr ernstUchen Irrthumes be- schuldigen wollen, da die Dädjö ganz verschiedenen Ursprungs tou den So- rhaua, welche zur grossen Familie der Tdda gehören, zu sein scheinen, wäh- rend der Ursprung der Ersteren in den Gebirgen von Fasoglö zu suchen sein dürfte, und jene Schriftsteller erklären ausdrücklich die B&djö für Stamm- verwandte der Sorhäua. DieB&djö können mit den B^dcyät identisch sein. Über die Sagh&y des Makrisi und die Ssoka des Masüdi habe ich meine Mei- nung bereits bei einer früheren Gelegenheit ausgesprochen.

•*) Ebn Said in Äbü'l Fedä, S. 1Ö8.

383 XIV. Kapitel.

nach seiner Matter Schikoma), gründeten ihr Reich im (jebiete der Eüka *), eines Stammes, der in früherer Zeit grosse Macht besass, indem er alles Land im Osten von Baghfrmi bis weit in's Innere von Dar-För hinein inne hatte; sein Hauptsitz aber war im Orte Schebina am Bat-hä, während er sich gegenwärtig in der Gemarkung Fittri**) befindet

Indem die Buläla in ihren neuen Wohnsitzen den Isslam, sowie auch das Arabische Alphabet „warasch" und eine gewisse Gresittung einführten, scheinen sie daselbst bald zur Herrschaft gelangt zu sein und gründeten dann J&uö***) als ihre neue Hauptstadt. Wenn wir die Verhältnisse der Länder im Osten des Tsäd in diesem Lichte betrachten, so beseitigen wir dadurch alle Schwierigkeiten, welche die An- gaben bezüglich Gaöga's zu machen scheinen; denn wenn Leo bemerkt, die Sprache des Landes sei dieselbe wie die von Bomu, so bezieht sich dies oflfenbar auf die Sprache des im Lande herrschenden, aus Bomu gekommenen Stammes, mit dem er während seines dortigen Aufenthaltes in Berüh- rung gekommen war, während die Buläla, noch gegenwärtig die herrschende Familie in Fittri, jetzt durch Verheirathung und Vermischung mit der einheimischen Bevölkerung ihre eigene Sprache vergessen und die der Küka angenommen ha- ben. Als Leo seine Beschreibung von Afrika verfasste oder vielmehr den Sudan bereiste denn von dem nach seiner Wiederabreise Vorgefallenen scheint er nur unvollkommen unterrichtet gewesen zu sein , hatten die Buläla gerade den Höhepunkt ihrer Macht erreicht, indem sie Herren von

*) Die Baghirmier verknüpfen noch heutzutage die Buläla sehr eng mit den Kanori, indem sie diese „Bio**, jene aber )»Blo BulSla" nennen.

**) Ich bemerke, dass „Fittri" ein Wort der Küka-Sprache ist und genau wie „Tsad", ,,Ssäri'' oder „Schari" Mos „Fluss", „See" bedeutet.

•*•) Die Form „jAuö" ist gerade so gebildet, wie der Name der gegen- wärtigen Hauptstadt von Kinem, Mäuö, und wie der der Hauptstadt des Son- rhay-Reiches, G^ö, Oauö, Q5gö.

Frühere Sohioksale Ost-Sudans. 383

ganz KSnem waren, und mochten also (nachdem sie, wie uns Makrisi und A'bü'l Fedä berichten , in der letzten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts selbst den grossen Stamm der So- rhaua ihrer Herrschaft unterworfen hatten) ganz füglich mit den Hen'schem von Egypten in vertraute politische Bezie- hungen getreten sein, da schon Makrisi (100 Jahre vor Leo) in Egypten hinlänglich Gelegenheit fand, die allerjüngsten Nachrichten über das regierende Haus von Känem und über alle wichtigen Beziehungen des Landes zu sammeln.

Ebenso leicht ist es zu erklären, warum Leo den Fürsten von Gaoga einen Moslim nennt, während doch die einheimi- schen Gelehrten ausdrücklich behaupten, der Isslam sei nicht vor dem elften Jahrhimdert der Hedjra, dessen Anfang ge- nau mit dem des siebzehnten Jahrhunderts unserer Zeitrech- nung zusammenfällt, folglich ein Jahrhundert vor Leo's Reise nach Afrika, in diese Gegenden eingeführt worden. Leo redet nämlich nur von den Fürsten selbst, deren re- ligiöses Bekenntniss wahrscheinlich ohne Einfluss auf die ein- heimische Bevölkerung blieb; seine Angaben stimmen daher völlig mit den aus Makrisi zu entnehmenden überein; denn zur Zeit des letzteren Geschichtschreibers waren die Fürsten von Känem eben die Beherrscher jenes Königreiches, das Leo Gaöga nennt, obgleich sie damals wahrscheinlich Ndji- mie, das sie dem Herrscher von Bömu abgenommen, zu ih- rer Hauptstadt gemacht hatten*).

Dieser scheinbare Widerspruch findet noch eine weitere Erklärung in dem Umstände, dass, bald nachdem Leo diese Gegenden bereist hatte, das heidnische Volk der Tündjur sein Reich von Dar-För bis hart an die Grenzen von Baghirmi ausdehnte und der Verbreitung des Isslam eine starke Schranke entgegensetzte. In Bezug auf den Namen 'Omar, welchen Leo

*) über ihre Hauptsitze zur Zeit des Edrfos Alaöma 8. Anhang II zur Känem-Eeise.

384 XIV. KapiteL

dem damaligen Könige derBuläla gibt, habe ich bereits an- derwärts meine Meinung ausgesprochen. Die Tündjur, von deren ursprünglicher Sprache, welche fast erloschen zu sein scheint, ich mir keine Proben habe verschaflfen können, sol- len aus Dongola gekommen sein, wo sie sich von dem wohl- bekannten, ursprünglich in Benese sesshaften Egyptischen Stamme der Batalessa abgetrennt hatten. Von Dongola aus vordringend, besiegten die Tündjur zuerst, wie es heisst, die Dadjö, welche damals, wie bereits erwähnt worden ist, Dar- För beherrschten, imd verbreiteten sich im Laufe der Zeit über ganz Wädai und einen Theil von Baghirmi. Eadama, ungefähr 3 Tagereisen südwestlich von Wära und auf halbem Wege zwischen Malam und Kaschemere gelegen, war die Hauptstadt ihres ausgedehnten Reiches. In Wädai' behaup- teten sie ihre Herrschaft, zufolge der einheimischen Tradition, 99 Mondjahre, während der östhche Theil dieser lockeren Reichsverknüpfung verschiedenartiger Völkerschaften, wie er zuerst erobert worden war, so auch ihnen zuerst entrissen wurde, indem Küro die Tündjur besiegte und kurze Zeit vor der allgemeinen Einführung des Isslam das heidnische Kö- nigreich Dar-För gründete. Dieser Küro war der dritte Vor- fahr Slimän's, des ersten Moslimfürsten von Dar-För. Der mittlere Theil des Tündjur -Reiches wurde dagegen von 'Abd el Kerim, dem Begründer des Mohammedanischen Reiches Wadai, gestürzt (nach der Tradition im Jahre 1020 der Hedjra).

Wir unterlassen es jedoch, auf die Geschichte der Könige von Wadäi hier weiter einzugehen, insofern dieselbe mit dem hier betrachteten Lande nicht näher in Berührung steht*), und beschränken uns auf einige Bemerkungen bezüglich der Könige von Baghirmi selbst.

*) Einen kurzen Abriss der Oeschichte ?on W&däi' findet man in An- hang VL

Gründung des Reiches Baghirmi. 885

Baghirmi*) erhob sich, wie es heisst, ans der Finstemiss des Heidenthums , welche die östlichen Theile des Sndans bedieckte, erst eine geraume Zeit, nachdem in West -Sudan mächtige Königreiche gegründet worden waren, einige Jahre nach der Einfuhrung des Isslam in Wädäi. Aber wie das Herrschergeschlecht, welches das Königreich Wadäi gründete, vom Auslande gekommen war, so scheinen auch die Gründer von Baghirmi daselbst eingewandert zu sein, und die Gegend, von der sie eingewandert, scheint wenig zweifelhaft, obgleich sie selbst, gleich allen herrschenden Stämmen im Sudan, ihren Ursprung viel lieber von den Be- wohnern von Yemen herleiten möchten. Sie wissen jedoch recht wohl und erkennen es auch offen an, dass die Eingebore- nen von Kenga, Kirssua und Ilirla eine mit ihnen nahe ver- wandte Völkerschaft sind; sie wollen aber glauben machen, dass der Häuptling Dokkenge auf seinem Zuge von Yemen an jenen Plätzen einige von seinen Genossen als Statthalter einsetzte. Was Hirla betrifft, so erkennen sie dessen An- sprüche auf Ebenbürtigkeit nicht an, sondern leiten den Na- men jenes Ortes, sowie das dortige königliche Geschlecht, von einem Sklaven Dokkenge's Namens Cherallah ab. Bei näherer Nachfrage gestehen jedoch die Baghirmier selbst ein, dass ihr Ursprung nicht in grösserer Entfernung zu suchen sei, als zu Kenga oder Kenga Matäia**) und dass

*) So wird der Naino im Lande selbst gewöhnlich ausgesprochen , oft aber klingt er wie Bagrimmi, und die Adjcktivform ist jedenfalls Brfgrimma, was häufig wie Barma ausgesprochen wird. Die Gelehrten schreiben ohne Unter-

Scheidung ^ JK^ und ^ /-^^ > während die Bomauer ^^^J9L^ (Begharmi)

oder , ^ «VAw^ (Bekärmi) schreiben.

**) Nach allem hier Bemerkten scheint es sehr zweifelhaft, ob die Ibkärem {^ «U^^Jl) , von £bn Said in der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahr- hunderts erwähntf mit diesem Königreiche wirklich identificirt werden können ;

Barth*« RsiMii. ni. 25

386 XIY. Kapitel

dieser Ort, 5 Tagereisen östlich von Mäsena und 3 lange Tage- reisen südsüdöstlich von Jäuö gelegen und durch die seltsame Form des dortigen Heidenthums ausgezeichnet, der ursprüng- liche Sitz ihrer Könige war; denn nicht nur betrachten dieBa- ghirmier Kenga mit tiefer, heiliger Verehrung als ihren Ur^ sitz, welchen angreifen oder unterwerfen zu wollen unerlaubt sei, sondern sie haben auch gewisse Embleme, welche bei besonderen Gelegenheiten zur Schau gestellt werden und welche, wie sie behaupten, von Kenga hergebracht sind. Diese Embleme bestehen in einem sehr langen Speer, wel- cher bei gewissen Gelegenheiten vor dem Könige hergetragen wird, einer kleinen Pauke und einem Bügelhorn. Die Sprache von Kenga ist der von Baghirmi nahe verwandt, obgleich sie auch einige davon abweichende Bestandtheile enthält, und bilden diese beiden Mundarten mit derjenigen der Küka zusammen Eine Sprache.

Die Auswanderer um auf unsere Hauptfrage zurückzu- kommen — drangen unter der Leitung ilires Häuptlings Dok- kenge, wie es heisst, auf der durch die Niederlassungen Hirla, Kirssua und Nairomä eine Ortschaft unfern von Mäseiia, am Bätschikäm bezeichneten Strasse vor.

Als dieser heidnische Fürst vor 300 Jahren sein neues Kö- nigreich gründete, soll sich an der Stelle, wo jetzt die Haupt- stadt liegt, nur eine armselige Ansiedelung von Fulbe-Vieh- züchtem befunden haben, und der Ort erhielt seinen jetzigen Namen, wie die Baghirmier selbst sagen, von einer grossen Tamarinde „ärdeb" (in der Bagrimma-Sprachc „mäss") imd einem Felläni-Mädchen Namens Ena, das bei demselben Milch verkaufte. Diese Fulbe (oder Felläta, wie sie überall in Ost -Sudan heissen) sollen durch die jährlichen Einfälle

es mag natürlich mehrere Jahrhunderte vor der Gründung des Königreiches einen Stamm dieses Namens gegeben haben. Die erste unzweifelhafte Erwäh- nung von Baghirmi oder Baghdrmi findet sich in dem früher mitgetheilton Berichte ImSm Ahmed's von EdrTss Alaöma's Zügen nach KSnem.

Erste Herrscher von Baghirmi. 387

der Buläa grosse Bedrängniss gelitten haben, und Dokkengc übernahm es nun, sie gegen jene zu beschützen. Mit Ausnahme dieser Felläta- Ansiedelung, einiger Arabischen oder Schüa- Stämme*), welche, wie namentlich die Benl Hassan, schon da- mals sich im Lande auszubreiten angefangen hatten, und endlich der Einsiedelei eines Felläta - Scheichs oder heiligen Mannes zu Bidderi (einer Ortschaft 9 Meilen östlich von Mäseiia), der jedoch, so einsam er auch war, einen sehr bedeutenden Einfluss auf die Einführung des Isslam in diese Länder ausübte, waren sämmtliche Einwohner des Landes, wie auch der Häuptling Dokkenge selbst, Heiden.

Li der Mitte des Landes lagen, sämmtlich an dem kleinen, gewöhnlich Bdtschikäm genannten Arme des Schäri, vier kleine Königreiche, Matia, Mdbberät, Marine und Mere oder Damre. Nachdem sich Dokkenge bei der, wie gesagt, Mä- sena genannten Stelle festgesetzt und eine kleine Nieder- lassiyjg gebildet hatte, soll er sich diese vier Königreiche durch List unterworfen, dann auch die Buläla zurückge- trieben und somit in kurzer Zeit ein beträchtliches Gebiet erworben haben. Seine Regierung soll von langer Dauer ge- wesen, ihm dann sein Bruder Lubetko und diesem Delubirni gefolgt sein, unter dessen Regierung sich das Königreich Ba- glurmi beträchtlich weiter ausdehnte. Als Delubimi's ältester Sohn, Malö, den Thron bestiegen hatte, fand er sich bald in einen hartnäckigen Kampf mit 'Abd - Allah , einem jünge- ren Bruder, verwickelt, welcher, weil zum Isslam bekehrt, sich mehr zum Tlirone berechtigt glaubte. Anfänglich von Malö geschlagen , soll 'Abd - Allah seinen Bruder darauf mit Hilfe der heidnischen Stämme besiegt und ihn endlich nach einem mehrtägigen blutigen Kampfe innerhalb der Stadt des Lebens beraubt haben.

*) Dass dio Araber sich schon so frühzeitig in jenen Gegenden ausgebreitet haben, ist eine durch ImSm Alimcd's Bericht ToUstandig bestätigte Thatsacho.

25«

388 XIV. Kapitel.

Nachdem *Abd-Allah sodann den Thron bestiegen und seine Herrschaft mit dem Blute seiner gesammten Verwandtschaft befestigt hatte, soll er jedoch die Wohlfahrt seines Landes, in dem er den Isslam einführte, bedeutend gehoben, auch die Hauptstadt zu ihrer gegenwärtigen Ausdehnung erweitert ha- ben. Der Ajifang seiner Regierung fällt ungefähr 10 Jahre nach der Gründung des Reiches Wädai durch 'Abd el Kerim, Yäme's Sohn, und auf ihn folgten 14 Moslim- Könige von Baghirmi.

'Abd-Allah's erste Nachfolger waren Wondja, Lauem und Bugomända, von welchen Fürsten wenig oder nichts bekannt ist. Hierauf aber folgte eine glorreiche Regierung, welche in der Geschichte Baghirmi's Epoche machte die des Kö- nigs Mohammed el Amin, in Folge seiner Wallfahrt nach Mekka auch „el Hadj" genannt; denn dieser Fürst verwal- tete nicht nur die Angelegenheiten seines Landes mit grös- serer Gerechtigkeit, als seine Vorfahren, und hob es im. An- sehen seiner Nachbarn, sondern er erweiterte auch beträcht- lich dessen Gebiet und Machtstellung, indem er einerseits das vormals zu Känem gehörige, damals aber unabhängige Reich Babäliä unterwarf und dessen König Kdbdu tödtete, andererseits in entgegengesetzter Richtung seine Eroberungen bis nach Gogomi, einer starken und unzugänglichen Nie- derlassung 7 oder 8 Tagereisen südöstlich von der Haupt- stadt, ausdehnte, derselben Feste, welche während meines hie- sigen Aufenthaltes vom gegenwärtigen Sultan zum zweiten Male erobert wurde, was als eine wahre Grossthat galt. Auch wird es den Bemühungen Mohammed el Amin's zuge- schrieben, dass nun die Mehrheit seiner Unterthanen sich zum Isslam bekannte.

Diesem ruhmwürdigen Fürsten folgte sein Sohn 'Abd e' Rah-

man, dessen Todesjahr mit annähernder Gewissheit bestimmt

werden kann, indem diese Begebenheit mit der Geschichte

der Nachbarländer in Verbindung steht; denn weil er sich

Kampf Bagbirmrs gegen Wädd'i. 389

gegen die, wie es scheint, während Ldueni's Regierung ein- gesetzte Oberherrlichkeit Börnu's aufgelehnt hatte, wurde vom Scheich ^Mohammed el Känemi der Beistand des 'Abd el Kerim Ssabün, Sultans von Wädai, welcher im Jahre 1815 starb, gegen ihn nachgesucht. Der leichte Sieg, welchen der kraftvolle und rücksichtslose Herrscher von Wädäi, der das ihm gemachte Anerbieten begierig ergrifif, über das Baghirmi- Vülk davontrug, wird den Folgen einer verheerenden Pest, welche den grösseren Theil der erwachsenen Bevölkerung des Landes hinweggerafift hatte, zugeschrieben, sowie dem Umstände, dass der Befehlshaber des Heeres „fdtscha" ^ gegen seinen Landesherm feindlich gesinnt, mit seiner gesamm- ten Abtheilung die Flucht ergriff und ihn in der Schlacht im Stiche liess. Ssabün tödtete 'Abd e' Rahmän sammt dessen vornehmster Gattin „ghümssu" , schleppte einen gros- sen Theil der Bevölkerung, ingleichen sämmtliche wäh- rend der blühenden Machtverhältnisse Baghirmi's gesammelte Schätze hinweg und beschenkte Mallem Ngarmäba Beri, *Abd e' Rahmän's jüngeren Sohn, mit dem Königstitel. Als aber Ssabün das Land wieder verlassen hatte, kehrte 'Othman, 'Abd e' Rahmän's ältester Sohn, mit dem Bei- oder Schimpf- namen Bügomän, welcher, während der König von Wädai das Land verheerte, jenseits des Schäri in der Stadt Bügo- män (demselben Orte, dessen Statthalter mich nicht aufneh- men wollte) Zuflucht gefunden hatte, alsbald zurück, besiegte seinen jüngeren Bruder, blendete ihn und bestieg dann den Thron.

Als der König von Wddäi diese ungünstige Nachricht er- hielt, kehrte er abermals nach Baghirmi zurück, schlug 'Oth- män in der Schlacht bei Moitö, trieb ihn aus dem Lande und setzte dessen Bruder auf den Thron. Sowie aber Ssa- bün den Rücken gewandt, erschien auch'Othmän wieder, er- tränkte seinen Bruder im Flusse und bemächtigte sich aber- mals der Herrschaft. Es war ihm jedoch nicht vergönnt,

390 XIV. Kapitel.

sich seiner Beute lange in Ruhe zu erfreuen; denn indem sich zwischen ihm und Rueli, seinem Fdtscha (demselben, der sich auch gegen seinen Vater so feindselig bewiesen), ein Zwist erhob, wurde von diesem Manne, der durch persönliche Eigen- schaften die seinem Amte innewohnende Macht ungemein erhöht und sich die Unterstützung einer 2ahlreichen Partei erworben hatte, der Sultan der Herrschaft entsetzt und des Landes verwiesen und dessen jüngerer Bruder, el Hadj, den wir zur Unterscheidung von einem früheren Sultan dieses Namens Hadj den Zweiten nennen wollen, mit der Landesherrlichkeit bekleidet. 'Othmän flüchtete sich von Bügomän, seinem gewöhnlichen Zufluchtsort, weiter nach Gulfe, der Kotokö-Stadt an der westlichen Seite des Schäri, wo er ein Heer versammelte, aber vom Fätscha angegriflfen und besiegt wurde. Er flehte jetzt den Scheich el Känemi um Beistand an und brachte auch mit Hilfe der Schüa von Bomu ein neues Heer zusammen, mit dem er abermals zurückkehrte, aber in der Schlacht bei Schäul wiederum be- siegt wurde.

Durch List über den Fluss entkommen, suchte er jetzt Zuflucht bei'Amanük, dem aus Major Denham's Abenteuern wohlbekannten mächtigen Häuptlinge der Däghana- Schüa; allein es blieb ihm kein anderer Ausweg, um den Verfolgun- gen seines Gegners zu entgehen, als sich in die Arme seines alten Feindes, des Königs von Wadai, zu stürzen, wo er denn Beistand erhielt, jedoch unter der Bedingung, welche er auf den Kuran eidlich zu beschwören hatte, dass er und seine Nachkommen dem Fürsten von Wadäi einen beträchtlichen Tribut zahlen sollten. Dieser alle 3 Jahre zu entrichtende Tribut besteht in 100 gewöhnlichen Sklaven, 30 schönen Sklavinnen, 100 Pferden und 1000 Hemden „cholgän" (auf Wadai „derketü" genannt), ausserdem in 10 Sklavinnen, 4 Pferden und 40 Hemden für den Serma oder Djerma , den Oberaufseher dieser Provinz.

Unterwerfung des Landes unter Wäddi. 391

Nachdem *" Othmän durch diese Vereinbarung, welche Ba- gh'rmi ebenso sehr zur tributären Provinz von Wädai machte, wie dasselbe früher in Bezug auf Bomu der Fall gewesen war, Beistand erhalten, kehrte er in sein Heimathsland zu- rück, wo er seinen mächtigen Widersacher, den endlich sein Waffenglück verliess, besiegte, indem derselbe bei Kökotsche am Batschikäm und bei Xssü am Schäri entscheidende Nie- derlagen erlitt. Der Fätscha, der in Logon birni Zuflucht gesucht und gefunden halte, lieferte dem 'Othmän zwar noch eine Schlacht bei einer Ortschaft Namens Dindor, wo dessen Hilfsvolk aus Wadäi in grosser Anzahl geblieben sein soll; allein die Logoner fürchteten, Rueli werde den Kampf nicht durchzuführen vermögen und sie würden für den ihm gewähr- ten Schutz zu büssen haben. Um dem zuvorzukommen, hielten sie es daher für geeigneter, ihn seinem Feinde zu überliefern, was sie auch durch List bewerkstelligten. Der ehrgeizige Mann soll dann in Wädai gestorben sein, indem ihn 'Othmäa an Ssabün auslieferte.

Der unstäte Fürst von Baghirmi erlangte einige Ruhe, so lange Ssabün lebte ; Yüssuf aber, dessen Nachfolger, war mit ihm unzufrieden und stellte daher einen anderen Prätenden- ten Namens Djarinüme auf. Kaum hatte aber 'Othmän die- sen Feind überwunden, was er ohne grosse Mühe that, so sah er sich bereits wieder in einem anderen Theile des Lan- des zimi Kampfe genöthigt Mohanmied el Känemi, Scheich von Bomu, hatte ihn nämlich bei der Wiederbesteigung des Thrones blos zu dem Behufe unterstützt, die alte Oberherr- lichkeit Bomu's über Baghirmi wieder herzustellen, und da er nun fand, dass er seinen Zweck nicht erreicht hatte, fing er offene Feindseligkeiten mit ihm an, welche einen Kampf veranlassten, der eine Reihe von Jahren mit gleichem Erfolge auf beiden Seiten fortgeführt wurde, jedoch kein weiteres Er- gebniss hatte, als die Verheerung der beiderseitigen Grenz- gemarkungen. Der Scheich von Bomu, damals in anderwei-

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892 XIV. Kapitel.

tige Schwierigkeiten verwickelt, sah ein, dass er allein Ba- ghirmi nicht werde bewältigen können, und soll daher \ei Yüssuf, Baschä von Tripoli, um Hilfe nachgesucht haben, der ihm denn im Jahre 1818 Müsstafä el A'hmar, damals Sultan von Fesän, nebst Muckeni und dem Scheich el Barüd zur Hilfe sandte, welche Baghirmi's ganzen nordwestlichen Theil ver- heerten, die dortigen wichtigsten Plätze, Babaliä und Gäui, zerstörten und eine grosse Anzahl von Sklaven davon führten, unter denen sich auch Agld Müssa befand, einer meiner haupt- sächlichsten Berichterstatter über Baghirmi.

Dies trug sich um die Zeit von Capt. Lyon's Reiseunter- nehmung zu. Später kehrte Muckeni noch einmal zurück, mit *Abd el Djelil, dem berühmten Häuptlinge der üeläd Slimän, welcher bereits den früheren Zug in untergeordneter Stellung mitgemacht hatte. Da aber Muckeni mit diesem ausgezeich- neten Anführer in Zwist gerieth, weil Letzterer seinem Plane, in Bomu einzufallen, nicht beitreten wollte, so kehrte er selbst nach Hause zurück und sandte an seiner Statt den Hadj Ibrahim, welcher die Stadt Moitö plünderte und brand- schatzte und ihre Einwohner in die Sklaverei führte, wäh- rend 'Abd el Djelil in Känem dasselbe that. Sodann folgte im Jahre 1824 die zweite Schlacht von Ngäla, von welcher Major Denham in seinem Reisewerke eine Beschreibung ge- geben hat. Ungeachtet seines theilweisen Erfolges war der Scheich von Bömu dennoch nicht im Stande, die Baghirmier gänzUch zu unterwerfen ; denn obgleich nicht so zahlreich und nicht im Besitz einer so vortrefflichen Reiterei wie ihre Nach- barn, waren sie den Letzteren doch an persönlicher Tapfer- keit weit überlegen.

Während 'Othmän's unruhiger Regierung ward Baghirmi auch noch von einer anderen Seite bedroht, nämlich von den Fulbe oder Felläta, welche, dem dunkeln Drange einer fort- währenden Vergrösserung ihres Gebietes und ihrer Macht folgend, vor 30 Jahren auch einen Einfall in Baghirmi mach-

Jetzige Lage des Landes. 393

ten; allein sie wurden zurückgeschlagen und die Baghirmier rächten sich durch einen erfolgreichen Zug gegen Bögo, einen der bedeutendsten Plätze derFulbe, östlich von Wändala oder Mändara gelegen, den ich bei der Reise nach Adamaua und dem Mussgu-Zuge erwähnt habe. Während das Land von diesen ununterbrochenen äusseren und inneren Fehden schwer litt, scheint 'Othmän einen Versuch gemacht zu haben, sich mit Känem in Verbindung zu setzen, wahrscheinlich um eine Verkehrsstrasse nach der Küste durch Vermittelung der Ueläd Slimän hier „Minne-minne" genannt zu eröfifnen, welche durch einen plötzlichen Wechsel der Dinge genöthigt worden waren, in denselben Grenzgemarkungen vom Sudan ein Un- terkommen zu suchen, mit welchen ihr Häuptling 'Abd el Dje- lil im Verlaufe seiner Sklavenjagden bekannt geworden war.

'Othmän Bügomän scheint, im Ganzen genommen, ein ge- waltthätiger Despot gewesen zu sein, der keinen Anstand nahm, Fremde so gut wie seine eigenen Unterthanen zu plündern; ja, er achtete so wenig irgend ein Gesetz, mochte es menschlichen oder göttlichen Ursprungs sein, dass er glaubwürdigen Behaup- tungen nach seine eigene Tochter heirathete *). Er scheint aber ein kraftvoller Mann und mitunter selbst edelmüthig und frei- gebig gewesen zu sein. Er starb im letzten Monat des Jahres 1260 d. H. oder gegen Ende des Jahres 1844 unserer Zeitrech- nung, und ihm folgte sein ältester Sohn, 'Abd el Kader, der gegenwärtige Herrscher von Baghirmi, der mit seinem Vater fast während dessen ganzen Lebens auf keinem freundli- chen Fusse gestanden und desshalb eine Reihe von Jahren in Güiin, der damaligen Hauptstadt von Adamaua, zugebracht hatte.

'Abd el Kader entging mit genauer Noth einer grossen Ge- fahr, welche gleich im ersten Monat seiner Regierung über

*) Nach Anderen heirathete er auch seine Schwester. Wie es scheint, be- schuldigte man seinen Vater ähnlicher Verbrechen.

394 XIV. Kapitel.

ihn hereinbrach, indem Mohammed Ssäleh, der Herrscher von Wadäi, mit einem Heere gegen ihn heranzog, so dass 'Abd el Kader aus seiner Hauptstadt flüchtete und sich mit Volk und Schätzen nach Mdnchfa zurückzog, wo er sich in einer starken Stellung hinter dem Flusse und mit den Booten auf den Flügeln zur Schlacht rüstete. Als aber der Sultan von Wddäi die Stärke seiner Stellung sah, liess er ihm kundthun, er wolle ihm nichts zu Leide thun, so lange er die durch den Eid seines Vaters gelobte Unterwürfigkeit beobachte; wirklich scheint er auch den Baghf rmiem weiter keinen Scha- den zugefügt zu haben, als dass er sie ihrer Kleidung, des gewöhnlichen schwarzen Hemdes, beraubte, auf welches die Einwohner von Wdddi sehr nei(fisch sind, da ihnen selbst die Färbekunst nicht bekannt ist.

Nachdem diese Gefahr vorüber war, hielt es 'Abd el Kader, der mir von Allen, die mit ihm näher bekannt zu werden Ge- legenheit hatten, als ein Mann von gesundem Verstände und grosser Gerechtigkeitsliebe geschildert ward, obgleich er nicht eben sehr freigebig sein mag, für das Geeignetste, auch mit seinen westlichen Nachbarn, den Kanöri, freundschaftliche Be- ziehungen aufrecht zu erhalten. Erleichtert ward dies dem Herrn von Baghlrmi durch den Umstand, dass seine Mutter die Tante des Scheich 'Omar ist. Die Baghirmier wenigstens behaupten, dass ihr Fürst mehr in Folge dieses verwandt- schaftlichen Verhältnisses, als aus Furcht oder im Gefühl sei- ner Schwäche in die Entrichtung des Tributes, welcher in 100 Sklaven jährlich besteht, gewilligt habe.

Nachdem er auf solche Weise den Frieden mit seinen bei- den Nachbarn hergestellt, hat es sich 'Abd el Kader beson- ders angelegen sein lassen, sein Gebiet nach jener Seite, die ihm allein offen blieb, nämlich nach der Südseite oder den Heidenländem hin, auszudehnen und seine Macht zu vergrös- sern, und er hat dies auch, jedes Jahr mehrere Monate im Felde zubringend, mit Erfolg gethan. Er hat eine grosse An-

Natürliche Vorzüge von Bagliirmi. 395

zahl heidnischer Häuptlinge unterjocht, von denen er einen be- stimmten alljährlichen Tribut erhebt, eine Anordnung, die bisher fast unbekannt gewesen sein soll. Dieser Tribut besteht natürlich fast ausschliesslich aus Sklaven, welche sich die heid- nischen Häuptlinge nur durch Befehdung ihrer Nachbarn ver- schaffen können. In Sklaven besteht daher fast ausschliesslich der Reichthum des Sultans; er kann sich aber durch dieses Mittel seine dringendsten Bedürfnisse, nämlich Pferde und Feuerwaffen, sowie auch einige Luxusartikel verschaffen.

Nur mit starkem, obwohl unterdrücktem Unwillen ertragen die Baghlrmier die Abhängigkeit, in welcher sie zu ihren bei- derseitigen Nachbarn stehn, und es unterliegt keinem Zwei- fel, dass sie, wenn es irgendwie die Umstände erlauben, die erste Gelegenheit ergreifen werden, ihr Joch abzuwerfen, ob- wohl der an Wddäi zu entrichtende Tribut schwer auf ihnen lastet und jede Sammlung ihrer Kräfte erschwert.

Die mittlere Lage Baghirmi's ist freilich dessen staatlicher Unabhängigkeit nicht sehr günstig; das Land besitzt jedoch den grossen Vortheil eines mächtigen westlichen Grenzflusses, welcher nicht nur eine natürliche Schutzwehr gegen den west- lichen Nachbar bildet, sondern auch, da sich Bagliirmi an mehreren Stellen über denFluss hinüber nach Westen erstreckt, ein sicheres Vertheidigungsmittel gegen Angriffe des mächtigen östlichen Königreiches gewähren kann und bereits wiederholt gewährt hat.

Dies ist fast der einzige Nutzen, welchen das Land von der grossen, ihm von der Natur verliehenen Gabe hat*), einem in allen Jahreszeiten schiffbaren Flusse, welcher das halbe Gebiet des Landes umzieht und mitten durch dasselbe einen Arm sendet, den Batschikäm, der während des grössten Theiles des Jahres schiffbar ist und leicht zu jeder Jahreszeit für kiei-

*) Die Boote der Kalcäma, der südlichen Insulaner des TsSd, bringen je- doch mitunter Getreide bis BügomSn.

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396 XIV. Kapitel.

nere Fahrzeuge schiffbar gemacht werden könnte. Dieser AnD| welcher sich der Hauptstadt bis auf 9 oder 10 Meilen nähert, macht einen ITieil der südlichen Gemarkungen zur Insel.

Der grosse Missstand, unter dem Baghirmi leidet, ist, dass es ihm an einer geraden Karawanenstrasse nach der Nord- küste fehlt, und dass es folglich bezüglich seines Bedarfes an Europäischen und Arabischen Erzeugnissen von der be- schränkten Zufuhr auf dem weiten Umwege durch Wädäi oder Bomu abhängt, wodurch der Preis der Waaren bedeu- tend erhöht und der Verkehr bei Feindseligkeiten mit diesen Ländern gänzlich unterbrochen wird. Dies war auch die Ur- sache, warum das Königreich der Buläla (Leo's Gaöga) sich zu solcher gewaltigen Macht erhob, nachdem es in den Besitz von Känem gekommen war. In früherer Zeit, als das König- reich Bomu augenscheinlich vom Gipfelpunkte seiner Macht schon herabzusteigen angefangen hatte und dort auf die rege Laufbahn thatkräftiger und unternehmender Herrscher die schwache Regierung frommer, aber saumseliger Fürsten ge- folgt war, scheinen sich die Baghirmier in dieser Beziehung ohne viele Umständlichkeit selbst mit ihrem Bedarf versorgt zu haben, indem sie fortwährend Raubzüge auf der Kara- wanenstrasse von Fesän nach Bornu ausführten und Eigen- thum, selbst Silber, von grossem Betrage erbeuteten, aus welcher Quelle der von 'Abd el Kerim Ssabün, dem König von Wadä'i, in Mäsena vorgefundene Schatz entsprungen sein soll. In anderer Richtung erstreckten sich früher ihre Raub- züge bis in's Batta- und Marghi-Land.

Werfen wir nun einen übersichtlichen Blick auf das Land, so finden wir, dass es in seinem gegenwärtigen politischen Bestand von gar engen Grenzen umschlossen wird, indem es sich in seiner grössten Länge nordsüdlich nur etwa 240 und in seiner grössten Breite gegen 150 Meilen erstreckt. Ein so kleines Königreich würde durchaus nicht im Stande sein, sich gegen seine beiden mächtigen Nachbarn zu behaupten,

Die Landschaft südlich von Baghirmi. 897

wenn ihm nicht in den heidnischen Ländern im Süden so unversiegbare Hilfsquellen zu Gebote ständen.

Das ganze Land, so weit es das eigentliche Baghirmi bil- det, besteht aus einer flachen Ebene mit einer unmerklichen Abdachung nacji Norden und einer Erhebung über das Mee- resniveau von ungefähr 950 Fuss ; nur im nördlichsten Theile des Landes, nördlich von einer durch Moitö gezogenen Li- nie, gibt es einzelne Hügel oder Berge, welche die Wasser- scheide zwischen dem Becken des Fittri und demjenigen des Tsäd bilden (diese beiden Becken stehen mit einander in keinerlei Verbindung). Während aber Baghirmi eine Ebene ist, scheinen die aussen liegenden südöstlichen Gemarkungen gar gebirgig zu sein, mid einige dortige Gebirge, besonders die Gruppe Gere, scheinen eine solche Höhe zu erreichen, dass die Kälte daselbst sehr empfindlich fühlbar wird und während der kälteren Monate mitunter Hagel oder Schnee fällt. Aus den Mittheilungen der Eingeborenen, besonders wenn man die von Belel Kole gegebene Beschreibung berück- sichtigt, dürfte man schliessen, dass es in jener Richtung einige Vulkane gibt. Im Süden muss es ebenfalls beträcht- liche Gebirge geben, wo die drei Flüsse Benue, Schäri und der Fluss von Logone und wahrscheinlich noch mehrere an- dere entspringen ; aber sie müssen in grosser Entfernung, weit jenseits des Bereiches der mir zugekommenen Nachrichten, liegen. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass in diesem Theile des Kontinentes an keinen ewigen Schnee oder auch nur an einen solchen zu denken ist, der geraume Zeit lie- gen bliebe; auch ist durchaus keine Nothwendigkeit für eine solche Annahme vorhanden, da der Regenfall am Äquator vollkommen hinreicht, um zahlreiche unversiegbare Quellen zu speisen und die jährlichen ungeheueren Flussanschwellun- gen zu verursachen, welche die Uferlandschaftea auf so er- staunliche Weise überschwemmen. Damit fällt es mii* jedoch keineswegs ein, das Dasein von Schnee in den Äquatorial-

398 XIV. Kapitel.

landschaften Afrika's überhaupt zu leugnen; denn in Damot, Ssämen, Kaffa und anderen umliegenden Ländern gibt es entschieden manche Berghöhen, wo sich eine geringe Menge Schnee's einen Theil des Jahres über hält, und ich sehe keinen Ginind, warum das nicht auch mit anderen, süd- licher, imfern der Ostküste gelegenen Berghöhen der Fall sein sollte; aber darüber kann kein Zweifel sein, dass das An- schwellen der Fliisse in diesen Gegenden nichts mit dem Schmelzen grosser, auf Berghöhen angesammelter Schnee- massen zu thun hat. Die Schwellzeit scheint bei den er- wähnten drei Flüssen genau zusammenzufallen, aber die reis- sendste Strömung scheint der Fluss von Logone zu haben.

Der Boden Baghirmi's besteht theils aus Kalk „a&e" , theils aus Sand „ssinaka" und bringt demgemäss ent- weder Negerhirse „tschengo" (Penmsetum) oder Sor- ghum — „wä" hervor; diese zwei Getreidcarten bilden mit ihren verschiedenen Abarten das Hauptnahiningsmittel der Einwohner von Baghirmi, sowie von fast ganz Sudan. Ausserdem wird beträchtlich viel Sesam „karru" ge- baut, welcher Betrieb diesem Lande, wie auch mehreren heid- nischen Ländern, wo diese Sämerei bei vielen Stämmen den hauptsächlichsten Theil der Nahrung zu bilden scheint, ein ganz eigenthümliches Ansehen gibt. In anderen Gemarkun- gen Baghirmi's sind Bohnen „mongo" die vorherr- schende Speise; aber Erdmandeln „büli" scheinen nur in beschränkterem Maasse gebaut zu werden.

Waizen wii'd, mit Ausnahme einer kleinen Stelle innerhalb der Stadt für den Privatgebrauch des Sultans, gar nicht ge- baut. Auch Reis wird nicht gezogen, aber nach dem Re- gen in der Waldung, wo er in Sümpfen und zeitweiligen Lachen wild wächst, in grosser Menge gelesen (in der That bildet eine gute Schüssel Reis mit einem tüchtigen Stück Butter und Fleisch eines der wenigen guten Gerichte, die mir in Baghirmi vorgekommen sind). Ein anderes sehr viel

Die Nahrongsmittel des Landes. 399

benutztes Nahrungsmittel gewähren verschiedene Arten eines Grases, einer Poa^ die, wie ich glaube, mit der Poa Abyssi- nica identisch ist und hier von den schwarzen Eingeborenen „tschenna", von den eingeborenen Arabern (den Schüa) „kreb" genannt wird; die in Baghirmi gewöhnliche Art wird „djö- djö" genannt und nicht nur von den Armen, sondern auch von den Reichen als Speise benutzt. Hierüber vermag ich selbst vollkommen aus Erfahrung zu sprechen, indem ich während meines langen Aufenthaltes in diesem Lande, abge- sehen von etwas Reis, fast ausschliesslich von dieser Poa lebte. Ich fand dieselbe, wenn sie mit einer gehörigen Menge But- ter zubereitet oder in Milch gekocht war, recht schmackhaft; freilich ist sie nur eine leichte Speise, und wenn sie so keine Verdauungsbeschwerden verursacht, stillt sie auch den Appetit nur auf kurze Zeit und flösst eben keine übei'flüssige Stärke ein.

Von Gemüsen hat man ausser „gongo" (den Blättern des AflFenbrodbaumes „küka" ) und mitunter denen des Ha- djilidj „djanga" , aus welchen die armen Leute ihre gewöhnliche Zukost bereiten, besonders „moluchla" („go- nermo", Corchorius oUtorius) und „deräba" oder „bamia" („gobälto" und „geddeglr"). Auch Wassermelonen „ger- laka"CO ? sowie die Melopejw „kürtschi"(?) genannte Cucurbita- Art ^ deren ich schon früher Erwähnung gethan habe, werden in einiger Ausdehnung gezogen. Innerhalb der Stadt werden viele Zwiebeln „bässal" gebaut, aber we- niger für den Gebrauch der Einwohner, als der den Oil be- suchenden Fremden.

Von Rohstoflfen für die Industrie gewinnt man Baumwolle „nyere" und Indigo „alinl" in für den Be- darf der Einwohner hinlänglicher Menge; beide Artikel wer- den aber meistens von den in dieses Land eingewanderten Bomauem gezogen.

Der Boden scheint keineswegs von ungünstiger Beschaffen- heit zu sein, wenn auch bei weitem nicht so ergiebig, wie in an-

400 XIV. Kapitel.

deren Theilen des Sudans; nur leidet das Land, wie ich oben bemerkt habe, sehr an Dürre, und Termiten und Würmer vereiteln in grossem Maasse die Arbeiten des Landmannes.

Von den Bäumen, welche im Lande am häufigsten und dem Menschen am nützlichsten sind, habe ich besonders die Tamarinde „ardeb" , in Baghirmi „mäss" genannt, zu erwähnen, einen durch seine Frucht ebenso nützlichen, wie durch sein Laub schönen Baum. Die Frucht der Ta- marinde bildet, meiner Ansicht nach, wegen ihrer erfrischen- den und kühlenden Eigenschaften bei einer grossen Anzahl leichter, diesem Klima eigenthümlicher Krankheiten das beste und sicherste Mittel. Ihr zunächst folgt die Delebpalme (hier „kaue" genannt), welche an mehreren Stellen des Landes häufig vorkommt, obwohl sie in den äusseren Gemarkungen im Süden noch viel häufiger ist; sodann die Dümpalme, die zwar nicht ganz so häufig, jedoch in mehreren Theilen des Landes in beträchtlicher Anzahl gefunden wird ; ferner der Ha- djilidj „djdnga" (Dahmites Aegyptiacus)^ dessen Frucht nicht allein essbar ist, sondern dessen Blätter auch (gleich denen des Aft'enbrodbaumes , welcher hier nicht sehr stark vorzukommen scheint) als Zukost benutzt werden; endlich der Körna oder Kirna (Cornus) und die Sykamore «bili" . Viele der in Haussa gewöhnlichen Bäume, wie die Kadeiia (Bassia Parka) und die Doröa (Parkia)^ kommen hier, we- nigstens in den von mir besuchten Gegenden, gar nicht vor; jedoch „habb el melük" (Croton tiglium) ist häufig, und ich selbst versah mich bei meiner Rückkehr aus diesem Lande zum Ersatz meiner verbrauchten Europäischen Arzneien mit einem Vorrath dieses kräftigen Abführungsmittels.

Bergbau gibt es gar nicht. Eisen wird von den äusseren Gemarkungen eingeführt, namentlich von Giirgara aus, einem 20 25 Meilen vom Flusse entfernten Orte, wo der Sand- stein beträchtlich viel Eisenerz zu enthalten scheint. Natron kommt vom Bahhr el Ghasal.

BewaffnuDg der Baghirmier. 401

Die Eigenthümlichkeiten des Landes und die Topographie der Städte und Dorfschaften werden in einem besonderen Abschnitte des Anhanges beschrieben werden; ich bemerke also hier nur noch, dass die Gesammtbevölkerung des Lan- des kaum die Zahl von IJ Millionen zu übersteigen scheint und dass die ganze Heeresmacht bei dem gegenwärtigen hetabgekommenen Zustande des Königreiches mit Noth über 10,000 Mann Fussvolk und 3000. Mann Reiterei begreift

und zwar mit Einschluss der Schüa, welche die schwarze Bevölkerung in der Pferdezucht übertreffen , wähi*end die Reiterei von Wadäi auf 5- bis 6000 Mann und die von Dar- För auf mehr als 10,000 Mann anzuschlagen ist.

Die üblichste Waflfe in Baghirmi ist der Speer „nyiga" , während Bogen „kä-kesse" und Pfeil „kesse" sowohl in Baghirmi selbst, als auch in den nach Süden zu gelege- nen heidnischen Ländeni selten sind. Der Schild ist eben- falls sehr wenig in Gebrauch und nur unter dem Kanöri- Namen „ngaua" bekannt; noch seltener ist die werthvollere Rüstung „ssüllug" , und ich sah auch fast keine ein- zige Feuerwaflfc im Lande. Dagegen sind fast sänmitliche heidnische Bewohner dieser Gegenden mit dem von mir noch in so vielen anderen Ländern angetroffenen Handbeil bewaff- net, welches von den Kanöri „goliö", hier aber „ndjTga" ge- nannt wird, so dass sich die Namen für Speer und Beil nur duich Einen Buchstaben von einander unterscheiden. Nur wenige Baghirmier sind reich genug, um sich ein Schwert

„kasskara" anzuschaffen, welche Waffe sie auch nicht zu schmieden vermögen , und sogar der eigenthündiche , am linken Ai*me getragene Dolch „kiä" , welcher nach dem Vorgang der Tuareg in dem gi'össten Theil des Sudan ein- geführt worden, ist höchst selten.

Da ich über die körperliche Gestalt der Bewohner Baghir- mi's bereits mehrmals gesprochen habe, bemerke ich hier nur, dass sie ein schöner Menschenschlag sind, ganz verschie-

Banh's B«iMn. lU. 26

402 XIY. Kapitel.

denen Stammes von den Kanöri, aber, wie die Sprache zeigt, mit den Küka und verschiedenen anderen Stämmen im Osten nahe verwandt. Sie selbst nennen ihre Sprache „tar Ba- grimma". Den Isslam haben sie erst in jüngerer Zeit ange- nommen und die Mehrzahl verdient auch noch heutigen Ta- ges mehr den Namen von Heiden, als von Mohammedanern. Das Maass der Kenntnisse, welche sie besitzen, ist nur ge- ringfügig; nur die wenigen Eingeborenen, welche die Wall- fahrt gemacht, wie Bü-Bakr Ssadik, sind einigermassen mit dem Arabischen vertraut; Leute von einiger Gelehrsamkeit gibt es unter ihnen nicht. Jedoch will ich erwähnen, dass am 258^en Mai der Kadamange Almosen spendete, weil sein Sohn die einmalige Lektüre des Kuran vollendet hatte und zur zweiten überging wodurch für die Familie der Tag zu dem Feste des „chätem el kuran" wurde. Nur unter den Felläta oder Fremden aus Wädai gibt es Gelehrte. Die ein- zigen Industriezweige, in denen^ sie einigen Fortschritt ge- macht haben, sind die Künste der Färberei und der Weberei, welche sie beide auch in Waddi eingeführt haben, obgleich in Baghirmi selbst die Weber und Färber meistens Kanöri sind. Schwarze Toben sind bei den Männern viel üblicher als in Bomu, und auch die Bolne oder Tüi-kedi, welche ge- wöhnlich die einzige Kleidung der Weiber bilden, sowie das Oberkleid „debdalena" sind schwarz gefärbt. Eng- anschliesende Hemden „tarkldji" , in Wädäi die ge- wöhnliche weibliche Kleidung, werden wenig getragen.

Die Regierung von Baghirmi ist eine unumschränkte Mo- narchie, welche weder durch ein aristokratisches Element, wie in Bomu, noch durch einen solchen Ministerrath, wie wir ihn in den Haussa- Staaten gefunden haben, gemässigt wird. Die Obliegenheiten der verschiedenen Staatsämter scheinen keineswegs genau bestimmt und desshalb dem Ermessen oder Missbrauch der Beamten überlassen zu sein, wie wir denn gesehn haben, dass der Fatscha während 'Othmän's Regie-

Verfassang und Beamtentham. 403

rung eine solche Macht erlangt hatte, dass er gegen den König selbst einen langen und erfolgreichen Krieg zu führen vermochte.

Der Titel des Königs ist „banga". Das Amt des Fatscha entspricht genau dem des Keghdmma in Bomu; hierauf folgt das Amt des Ngarmäne (Ministers des königlichen Haushalts) und das des Gheletma, welches Wort aus „gha- ladima" verderbt ist. Sodann kommen der Gär-Moien- mänge (Verwalter der offenen Weiden und Wälder), der Milma, dessen Amt aus Bornu eingeführt sein soll, femer der Gär-Ngöde, der Gär-Nginge, der Serma und der Kada- mänge, welch' letzterer ursprünglich der Lehrmeister der Söhne des Königs war. Ausser diesen haben die Hauptleute „bärma" und die Statthalter der bedeutendsten Ort- schaften beträchtliche Macht, namentlich der Elifa-Moitö (Statthalter von Moitö), wie auch der Elifa-Bä (Beamte der Gewässer). Von diesen Würdenträgem sind die folgenden befugt, auf einem Teppich zu sitzen : der Fätscha, der Bdrma, der Gheletma, der Milma, der Gär-Moienmdnge, der Bang Bu-ssö, der Bang Dam, der Elifa-Moitö, der Ellfa-Bä. Von den Hofbeamten sind nur der Fatscha, Mäina, Gär-Moien- mange, der auch schlechthin Mdnge genannt wird, und der Bärma freie Leute, die übrigen sind Sklaven; jedoch kann ich nicht sagen, ob dies in allen Fällen prinzipmässig ist oder mehr von Umständen abhängt. Wir haben gesehn, dass der Sultan während seiner Abwesenheit von der Haupt- stadt einen der untergeordnetsten Höflinge, den Kadamänge, zum Reichsverweser gemacht hatte.

Des Sultans Mutter „kuh-bänga" steht in hohem Ansehen, ohne jedoch die grossen Machtbefugnisse zu be- sitzen, welche wir die Mdgira in Bomu haben ausüben sehn und welche wir auch bei der Möma in Wädäi antreffen werden. Der Thronanwart, hier, wie in Bomu, „tschiröma" betitelt, geniesst beträchtlichen Einfluss, welcher nicht be-

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404 XIY. KapiteL

stimmt begrenzt ist. sondern Ton seiner Persönlichkeit ab- Längt Obgleich der Titel des Sultans so Terschieden tod dem des Königs Ton Borna ist haben doch die Prinzessinnen denselben Titeln wie in jenem Lande, nämlich ^^eram^, und dieser Titel ist selbst in Wddäi eingeführt worden.

Bezüglich der vom Könige erhobenen Auflagen ,4^den- bdnga'^ genannt erlaubte mir meine Lage im Lande nicht, genaue Auskunft zu erlangen ; ich beschränke mich da- her in dieser Beziehung auf einige allgemeine Bemerkungen. Die Ton den Mohammedanischen Bewohnern des eigentlichen Baghirmi zu entrichtenden Auflagen sind von zweierlei Art, indem sie theils in Getreide, theils in Baumwollenstreifen beste- hen. Die Getreideauflage, die dem Tsidiräm Mäibe in Bomn und dem Kürdi-n -Kassa in Haussa entspricht, wird hier „motten-banga" oder, wie es gewöhnlich ausgesprochen wird , „mötten-banki" genannt ; die andere Auflage dagegen heisst „fdrda - n - banga". Viele Ortschaften haben auch eine Ab- gabe in Butter zu entrichten, obschon die Schüa oder, wie sie hier heissen, die Schlwa (die einheimischen Araber) die gewöhnlichen Hoflieferanten von diesem Artikel sind.

Die Schlwa von Baghirmi gehören besonders zu den fol- genden Stämmen: den Ssälamät, Beni Hassan, Ueläd Mü-ssa (einem sehr kriegcrisclien Stamm), Ueläd 'Ali und den Degha- ghera. Sie wohnen im ganzen Lande zerstreut, besitzen aber einige Dorfschaften fast ausschliesslich für sich selbst. Die Auflage, welche diese Araber zu entrichten haben, besteht hauptsächlich in Vieh und wird „djengal" genannt; dieselbe ist sehr beträchtlich. Ob diese Araber von Baghirmi, gleich denen von Bomu, auch dem Könige alle Hengste einzuliefern haben, indem sie nur die Stuten für sich behalten dürfen, weiss ich nicht genau, ich glaube aber, dass es der Fall ist.

Die bedeutendste Auflage aber, wol(*lio der Sultan be- zieht, besteht in den Sklaven, w<»loho dio yanspliichtigen heid- nischen Gemarkungen zu entrichten haben, namentUch die

Das Abgabenwesen.

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Häuptlinge von Miltü, Dam, Ssomrei nebst vielen anderen, von deren Gebieten und Macht man durch die von mir zusammengetragenen Itinerarien einige Auskunft erlangt. Dieser Sklaventribut begründet die Stärke und den Reich- thum des Königs von Baghinni, welcher fortwährend be- strebt ist, seine Macht über die benachbarten heidnischen Völkerschaften auszudehnen.

Die Einwohner von Ba^hirmi haben ihrem Landesherm eine höchst knechtische Unterwürfigkeit zu bezeigen; wenn sie sich ihm nahen, müssen sie nicht nur mit unbedeck- tem Haupte erscheinen, sondern auch das Hemd von der linken Schulter herunterziehen und den Kopf mit Staub be- streuen. Sie leiden übrigens im Allgemeinen keine schwere Be- drückung und besitzen selbst eine viel grössere Redefreiheit, als die Einwohner mancher Europäischen Staaten; aber na- türlich hängt in diesen Ländern, wo es keine geregelte Ver- fassung gibt. Alles von den persönlichen Eigenschaften des jedesmaligen Füi*sten ab, und Glück und Unglück der Be- wohner ist an seine Launen geknüpft.

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XV. KAPITEL.

Rückreise nach Kükaua. Herrn Dr. Overweg's Tod.

Hatte ich gleich einst das Ziel verfolgt, nach dem oberen Nil vorzudringen, so^ war ich doch froh, als ich mich am IQten August westwärts wandte, da ich seitdem die Gewiss- heit erlangt hatte, dass ein solches Unternehmen unter ge- genwärtigen Umständen unmöglich sei.

Man hatte mich so oft mit dem Versprechen meiner end- lichen Abreise getäuscht, dass ich dem Boten, welcher am Morgen dieses Tages vom Serma ankam, um mir anzuzeigen, ich könne mich jetzt reisefertig machen, nicht traute und mich nicht rührte, bis der Serma selbst erschien und die Sache bestätigte, wobei er mir zugleich mittheilte, ich würde des Sultans Brief in Betreff meiner Sicherheit bei einem künftigen Besuche bei dem Maina Ssabün vorfinden.

Ich liess also von meinen Dienern das Gepäck in Ord- nung bringen; bevor ich jedoch aufbrach, erhielt ich den Besuch einer grossen Anzahl von Höflingen mit einem Agid an der Spitze, um von mir Abschied zu nehmen und zum letzten Male ihr dringendes Anliegen vorzubringen, dem Sul- tan meinen schönen „keri-ssassarandi" (Gaul) zu verkaufen. Dies Gesuch musste ich jedoch abschlagen, indem ich ihnen sagte, ich brauche selbst mein Pferd und sei nicht als Kauf- mann, sondern als Gesandter in ihr Land gekommen. Sie hat- ten stets mit Unwillen gesehn, dass ich mein Pferd nicht ver- kaufen wollte, da alle Leute, welche von der anderen Seite von

Abreise von Masena. 407

Bomu nach diesem Lande kommen, Pferde zum Verkauf eigens mitbringen. Sie rächten sich daher dadurch, dass sie mir noch einen anderen Beinamen, den eines stolzen und hochmüthigen Mannes „derbaki ngölo' ertheilten. Aber ich würde mich um Alles in der Welt nicht von dem Gefährten meiner Mühen und Gefahren getrennt haben, ob- gleich er seine Fehler hatte und damals allerdings nicht bei guter Leibesbeschaffenheit war. Ich hatte ein Vorgefühl, dass mir das Pferd noch auf manchem Zuge ein nützlicher Genosse sein werde, und es sollte mich in Wirklichkeit noch 2 Jahre lang tragen und den Neid meiner Freunde und Feinde in Timbuktu erregen, wie es hier gethan.

Nachdem ich den Brief des Sultans erhalten, mit dessen Inhalt ich mich nur höchst zufrieden erklären konnte*), ging es nun endlich im Ernste fort, imd das Herz schlug mir hoch vor Freuden, als ich nun zum Westthore hinaus in's Freie kam und einmal wieder meiner Freiheit genoss.

Das ganze Land war mit dem schönsten Grün bekleidet, die reichsten Weidegründe und herrlichsten Getreidefelder wechselten mit einander ab. Allerdings war die Höhe, welche das Getreide erreicht hatte, auffallend verschieden, indem es auf einem Felde gegen 5 Fuss hoch stand und eben in's Korn schoss, während auf einem anderen, dicht daneben, die zarten Halme eben aus der Erde emporsprossten. Weil nämlich im Anfange der Regenzeit beinahe 4 Wochen lang kein Re- gen gefallen war, so hatte dies damals viele Leute abgehal- ten, die Saat dem Boden anzuvertrauen. Etwas weiterhin fand viel Anbau von Bohnen statt.

Indem mir jetzt die Absteckung des Pfades, mit dem ich vollkommen vertraut war, weiter keine Schwierigkeit machte, konnte ich mich dem allgemeinen Eindrucke der so

*) Ich sandte diesen Brief mit des Sultans Siegel an das Brittische Mi- nisterium der auswärtigen Angelegenheiten in London.

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408 XV. Kapitel.

gänzlich umgestalteten Landschaft unge8t<)rt hingeben. Jen- seits des Felläta- Dorfes, das ich auf meinem Auszuge er- wähnt habe, mussten wir eine weite Wasserfläche überschrei- ten, und der Grund war zu wiederholten Malen äusserst schwierig für mein Kameel, so dass wir hinsichtlich des mar- schigen Bodens von Logone höchst besorgt wurden. Auch verfehlten die Leute, die uns auf der Strasse begegneten, nicht, uns zu bedeuten, dass dies nicht das rechte Thier für diese Jahreszeit sei, und ohne Frage sind Packochsen zur Reise in diesem Theile des Jahres wegen ihres sicheren Trittes Kameelen weit vorzuziehen, obgleich es wieder viele Schwierigkeit macht, sie über die Flüsse zu bringen.

Wir kamen im wohlbekannten Dorfe Bäkadä gerade zur rechten Zeit an, um einem heftigen Gewitter zu entgehen, das mit geringer Unterbrechung den ganzen Nachmittag anhielt; da ich jedoch meinen Wirth nicht zu Hause traf, nahm ich auf meine eigene Verantwortlichkeit von seiner Hütte Besitz und beschwichtigte nachher den Unwillen meines alten guten Freundes, dessen Gastlichkeit von allen Wanderern auf dieser offenen Heerstrasse so oft beansprucht wurde, mit einem Ge- schenke von zwei feinen weissen Hemden. Ich fühlte tiefes Mitleid für ihn, indem ihm am folgenden Tage, den wir hier zubringen mussten, die ganze Schaar, die sich unserer Truppe angeschlossen hatte, zur Last fiel; ich hätte jedoch wohl erwarten können, dass er wenigstens mir selbst seine Gast- freundschaft noch auf einen Tag länger würde haben ange- deihen lassen, da wir uns für immer trennen sollten und ich hier gegen meinen Wunsch zurückgehalten wurde. So aber ist der Charakter des Volkes von Baghirmi in seinem gegenwärtigen herabgekommenen politischen und moralischen Zustande.

Meine Gefährten waren am Morgen noch nicht ganz zur Reise bereit. Es regnete während des grösseren Theiles der folgenden Nacht, und nur mit Mühe konnte ich am Morgen

Aufenthalt in Kökorotsche. 409

meine Leute in Bewegung bringen und musste endlich wirk- lich Gewalt anwenden, um unseren Zug wieder in Gang zu setzen. Ein Europäer hat keine Vorstellung davon, wie die Thätigkeit eines Reisenden in diesen Ländern durch die Tnigheit und Lässigkeit der Eingeborenen gelähmt wird.

Endlich waren wir unterwegs und kehrten nach einem massigen Marsche in KöUe-koUe ein. In Folge des starken Regenfalles hatte auch hier die Landschaft ein höchst reiches und üppiges Ansehen; aber überall auf den Feldern liess sich der lange schwarze „haluessi" genannte Wunn, welcher den Saaten so grossen Schaden verursacht, in ungeheuerer Anzahl sehn. Die Dorfschaften, mit deren Aussehen wir wäh- rend der trockenen Jahreszeit so genau vertraut gewesen, waren kaum wieder zu erkennen, indem die Hütten durch die hohen Saaten jetzt dem Blicke völlig entzogen waren.

Am folgenden Tage gelangten wir nach Kokorotsche, nach- dem wir glücklich über einen sehr schwierigen Morast ohne Unfall gekommen waren. Die ganze Waldregion, die auf mei- nem Auszuge auch nicht einen einzigen Tropfen Wasser enthielt, war jetzt in eine fortlaufende Reihe von Sümpfen verwan- delt, und die Oberfläche trug überall eine dichte Pflanzen- decke. Während dieser Jahreszeit schlagen die Schüa- Ara- ber hier ihre zeitweiligen Lager auf.

In Kokorotsche mussten wir uns auch noch einen zweiten Tag aufhalten, um den Boten des Sultans abzuwarten, der mich gegen die ferneren Ränke der Fährleute, gegen die ich grösseres Misstrauen hegte, als selbst gegen Europäische Po- lizeioffizianten , in Schutz nehmen sollte. Inzwischen schloss sich uns auch Grema 'Abdü's Frau, die sich diese ganze Zeit über bei ihrem Vater in Müstafadji aufgehalten hatte, wieder an, und aller weitere Aufenthalt schien beseitigt. Gewiss ist ein solcher Besuch einer verheiratheten Frau im väterlichen Hause sehr geeignet, Europäern eine bessere Vor- stellung vom Afrikanischen Familienleben beizubringen. Man

410 XV. Kapitel.

weiss in der That in Europa wenig davon, wie freundschaft- lich in diesen Ländern Mann und Weib mit einander leben, und es war dieser liebenswürdige Zug, der mich einigermas- sen mit meinem Gefährten aussöhnte, gegen den ich sonst sehr eingenommen war.

[Sonnabend y 14^ August^ Wir traten nun endlich unsere Reise mit Ernst an. Es hatte schon am Nachmittage des vori- gen Tages sehr stark geregnet, und nun hatten wir am Morgen wiederum einen heftigen Regenguss, welcher volle 2 Stunden anhielt und unsere Abreise beträchtlich verzögerte. Die Ent- fernung bis zum Flusse war nicht gross, aber der letztere Theil des Weges von so schlechter Beschaffenheit, dass mein Kameel seine Ladung nicht weniger als sechsmal abwarf, so dass meine Diener fast zur Verzweiflung gebracht wur- den und mir erst mehrere Stunden nach meiner Ankunft in A'-ssü nachkamen, nachdem ich es mir bereits in einer vor- trefflichen Hütte bequem gemacht hatte. Sie war aus sauber geglättetem Lehm sorgfältig erbaut, und es that mir herzlich leid, zwei unverheirathete alte Damen, welche sie bewohnten, aus ihr vertreiben zu müssen.

Sobald ich etwas ausgeruht hatte, brach ich auf, um den Fluss in Augenschein zu nehmen. Die grossailige Erschei- nung dieses Flusses hatte mich, als ich, von Logone kommend, ihn zum ersten Male gewahrte, in Erstaunen gesetzt und es hatte mir jedesmal Freude gemacht, wenn in Mele mein Blick auf den schönen Strom fiel; gegenwärtig hatte er nun aber beträchtlich zugenommen und bildete eine Wasserfläche von wenigstens 3000 Fuss Breite, von zahlreichen Werdern durchsetzt, während das diesseitige hohe, sanft abfallende Ufer in reiche Saaten des Egyptischen Kornes „masr" (Zea Mays) gekleidet war. Mehrere kleine Kähne oder viel- mehr Boote lagen am Strande , aber ich sah mich vergebens nach einem um, welches gross genug für mein Kameel gewesen wäre, indem ich gegründete Furcht hegte, dasselbe dem Strome

Übergang über den Flnss. 411

anzuvertrauen. Ich bemerkte jedoch mit Vergnügen, dass die Strömung nicht sehr reissend war, indem sie mir nicht über 3 Meilen die Stunde zu betragen schien. Leider war auch heute sehr nasse Witterung, so dass es nicht so ange- nehm war, imiherzustreifen , als sonst wohl der Fall ge- wesen wäre.

X-ssü war früher eine, umwallte Stadt, aber der Wall hat jetzt ein ebenso verfallenes Aussehen, wie überhaupt das ganze Land; die Einwohner, für die die ^ähre eine fort- währende Quelle des Gewinnes ist, scheinen jedoch leid- lich wohlhabend zu sein. Nach diesem Dorfe, das vor- mals von grösserer Bedeutung gewesen zu sein scheint, als jetzt, wird der Fluss mitunter der „Fluss von A-ssü" genannt; er sollte aber nie „der Fluss Ä-ssü" genannt werden. Auch hier befindet sich ein Beamter oder Aufseher der Fähre mit dem Titel Kaschella*), ganz wie im Dorfe Mele.

Wir mussten uns anfänglich eine Meile weiter stromab- wärts begeben, um den bei der Hinreise erwähnten flachen, sandigen Strand zu erreichen. Endlich nach langem Zögern wurden die Boote gebracht und das Übersetzen begann. Die Pferde kamen zuerst, indem drei oder vier längs der Boote schwammen; es war aber eine schwierige Aufgabe für die im Boote sitzenden Leute, sie zu leiten, und ungeachtet aller ihrer Anstrengungen und alles Geschreies der am Ufer ver- bliebenen trieb die Strömung mehrere vom Boote fort und eine ziemliche Strecke den Fluss hinab; eines derselben, ein schö- ner schwarzer Gaul, ertrank. Es war die äusserste Zeit, \fO der Fluss für Pferde noch passirbar ist; denn während des ganzen Monates September wird der Übergang, wie die Leute mich versicherten, nie versucht Ich selbst kam mit Pferd und Gepäck glücklich ohne Unfall hinüber, und nachdem

*) Kaschella ißt eigentlich ein B6mu- Titel, aber in diesen Ortschaften an der Westgrenze Baghinui's allgemein in Gebrauch.

412 XV. Kapitel.

ich einen Schuss abgefeuei*t hatte, um meine Freude auszu- drücken, nun den Händen des fanatischen Baghirrai- Volkes ent- kommen zu sein, setzte ich unverzüglich meinen Marsch fort, indem ich mich fürchtete, mein Pferd den so äusserst gefahr- lichen Stichen der „tsetse"-Fliege blosszustellen, welches Insekt glücklicherweise nur an den unmittelbaren Ufern des Flusses haust; wenigstens ist es mir sonst nirgends vorgekommen. Es ist eine grosse gelbe Art und überaus giftig und gefährlich. So hatte ich^ nun wieder das Gebiet meines Freundes Yüssuf, des Fürsten von Logone, betreten und konnte mich frei und ohne Gefahr vor Belästigung bewegen. Das Wetter war sehr feucht, und ich musste zweimal in kleinen Dorf- schaften, die inmitten reicher Getreidefelder lagen, einkeh- ren, um heftigen Regengüssen zu entgehen. Der ganze Gau heisst Mokorö und begreift ausser mehreren von Logone-Leu- ten „Logode Logon" bewohnten Dorfschaften 10 Schüa- Weiler; in einem von diesen nahmen wir Herberge. Diese Schüa zeichneten sich jedoch nicht durch ihre Gastfreiheit aus, und erst nach langer Unterhandlung konnte ich ein Unterkommen in einer ihrer Hütten finden. Letztere sind für diese Gegenden sehr geräumig, indem sie 50 bis 60 Fuss Durchmesser haben; auch besitzen sie die bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit, dass sie mit einer Art von Schlafzinrnaer versehen sind, welches die Mitte der Wohnung einnimmt und in einem etwa 3 Fuss über dem Boden erhöheten, 20 Fuss langen, 6 8 Fuss breiten und ebenso hohen Gemach be- steht, das im Inneren durch Scheidewände in mehrere Kam- mern getheilt und ringsum von jenem vortrefflichen, ^us feinem Rohr gemachten Mattenwerk umstellt ist, durch dessen Verfertigung die Einwolmer von Logone sich so sehr auszeichnen. Dies Mattenwerk ist von dunkeler Farbe, und ich war überrascht, auf meine Erkundigung, wie es gefärbt werde, zu hören, dass dies durch Einsenken der Matten in schwarze schlanunige Thonerde geschieht. In diesem ver-

Rast in einem Schua-Dorfe. 413

schlossenen Gemach, „ghurära" genannt, finden diese Leute während der nächtlichen Ruhe Schutz gegen die zahllosen Mückenschwärme, von denen dieses niedrige Marschland heim- gesucht wird.

Ich hatte natüilich keine Ansprüche auf diesen bevorrech- teten Platz, der den Familienmitgliedern vorbehalten ist; ich richtete mich daher auf der erfiöheten Thonbank beim Ein- gange ein, wo mich die Mücken zwar behelligten, jedoch, da die Thür frühe geschlossen ward, auch die Aufmerksamkeit des grausamen Insektes durch das in der Hütte befindliche Vieh stärker angezogen wurde, in nicht allzu unerträglicher Anzahl. Sonst wurde ich recht gut behandelt, denn der Wiith war ein reicher Mann Namens Adim und seine Frau sogar eine Piinzessin „meram" von Logone; sie war überdies eine geschwätzige und freundliche Person. Sie be- wiitheten mich bald nach meiner Ankunft mit einem kleinen Pfannkuchen und am Abend mit einer Schüssel voll Milch- reis. Es war äusserst interessant, die eigenthümliche Le- bensart dieser Leute zu beobachten und sie ihr Arabisches Idiom reden zu hören, das noch nicht den Vokalreich- thum, der ursprünglich die Sprache bezeichnete, eingebüsst, wenn auch in sonstiger Beziehung^ sehr an Reinheit verloren hat. Sie bewahren mehrere auffallende Gebräuche, die sie mit ihren Brüdern im Osten in Verbindung erhalten nament- lich das Gesetz der Blutrache „e' dhie" *) und die Infi- bulation der jungen Mädchen zur praktischen Gewähr- leistung thatsächlicher Unschuld. Die hiesigen Araber ge- hören zum grossen Stamme der Ssalamät.

•) Bezüglich dieses Gebrauches ist Burkhardt („Reisen in Nubien'*, 2«« Ori- ginalausgabe, Anhang I, S. 434) sehr richtig unterrichtet; aber im Allgemei- nen verunstalten allerlei Irrthümcr seine die Länder östlich vom Tsäd betref- fenden Angaben, nicht nur in der Geographie, sondern auch in der Ethnologie dieser Gegenden, indem er fortwährend einheimische und Arabische Stämme mit einander verwechselt.

414 XV. Kapitel.

Nach einem Marsche von 8 Meilen durch eine theils mit Negerhirse angebaute, theils aus Sümpfen bestehende Ebene gelangten wir am Ib^^^ August nach dem Flusse von Logone. Wegen der sehr beträchtlichen Flussanschwellung waren wir diesmal genöthigt gewesen, einen Pfad ganz verschieden von dem, den wir auf unserem Auszuge gekommen, einzuschlagen. Die Landschaft war ganz umgestaltet und die kleine Boden- senkung, durch die wir unweit unseres Landungsplatzes da- mals gekommen, war zu einem schiflfbaren Flussarm gewor- den, auf welchem mehrere Boote von beträchtlicher Grösse hin- und herfuhren. Der Fluss entfaltete jetzt eine sehr weite Wasserfläche, welche weder von Sandbänken, noch von Werdern unterbrochen war, und wenn sie auch dem Flusse Schärf nicht an Breite gleichkam, denselben doch an Schnel- ligkeit übertraf, indem die Strömung augenschehilich über 3^ Meilen oder wohl über 4 Meilen die Stunde betrug.

Die Stadt Logon mit ihren dreierlei sich über die Lehm- mauem emporschwingenden Palmen lud mich vom jenseitigen Ufer aus zu wirthlichem Obdachc ein, und da ich eifrigst wünschte , ohne fernere Zögenmg Kükaua zu erreichen , so fuhr ich, nachdem ich eine in der beifolgenden Abbildung gegebene Skizze entworfen hatte, sofort über, um am folgen- den Tage meine Reise fortzusetzen. Als ich jedoch dem Keghamma meinen Besuch abstattete, konnte ich ihn nur mit der grössten Mühe bewegen, mich fortziehen zu lassen, und er weigerte sich anfänglich schlechterdings, dies zu ge- statten, indem er es für eine Schande seines Herrn erklärte, mich mit leeren Händen zu entlassen. Aber ich wollte es lieber aufgeben, vom Fürsten Yüssuf persönlich Abschied zu nehmen, so leid es mir auch that, nicht warten zu können, bis mein freundlicher Wirth einige Toben, als Probestücke der heimischen Industrie, für mich bereit hatte.

Es regnete während der Nacht und des folgenden Mor- gens und wir hatten einen schwierigen Marsch durch das

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Ankunft in A'fade. 415

tiefe Marschland von Logone; wir zogen jedoch bis 4 Uhr Nachmittags weiter, worauf wir % Meilen jenseits U'lluf oder Hulluf, der oben erwähnten Stadt, Halt machten, da sich meine Gefährten auch diesmal zu sehr vor der schwarzen Kunst der Einwohner fürchteten, um in der Stadt selbst ein Unterkommen für die Nacht zu suchen. Wir wurden aber auch in dem Dorfe, wo wir einkehrten, anfänglich schlecht empfangen, so dass meine Gefährten unsere Aufnahme er- zwingen mussten; doch gelang es mir allmählich, mit dem Manne, der so sehr wider Willen unser Wirth geworden, in freundschaftliche Beziehungen zu treten, und es glückte mir endlich sogar, für einige von den grossen, „nedjüm" genann- ten Glasperlen etwas Geflügel, Milch und Korn zu erhalten, so dass wir es uns ziemlich behaglich machen konnten. Da die hiesige Gegend sehr von Dieben heimgesucht sein sollte, trafen wir demgemäss unsere Vorsichtsmaassregehi.

Am folgenden Tage erreichten wir Afade, indem wir über Kala gegangen waren, wo ich zu meiner Verwunderung den Sumpf ungeachtet der vorgerückten Jahreszeit viel geringer ausgedehnt fand, als bei der Hinreise. (Diese auffallende Erscheinung erklärt sich durch den Umstand, dass diese Sümpfe von der Flussüberschwemmung gespeist werden, wel- che, trotz der Regenfälle, bis in den September hinein fort* während abnimmt, worauf dann der Fluss wieder voll wird und abermals austritt.) Der letzte Theil der Strasse nach A'fade war sehr sumpfig, weil jene unwirthliche „kabe"- Strecke fast gänzlich unter Wasser stand.

In Afade suchten mich meine Gefährten durch allerlei Kniffe einen oder mehrere Tage zurückzuhalten; aber unge- achtet der freundlichen Aufnahme, welche ich bei dem Statt- halter des Platzes gefunden, war mir doch zu viel daran ge- legen, Kükaua zu erreichen, um ihnen nachzugeben, so dass ich, meinen Dienern befehlend, mir so bald wie möglich zu folgen, am nächsten Morgen imverzüglich meine Reise fort-

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416 XV. Kapitel.

setzte. Die Strasse war aber überaus unwegsam, und ich sah mich gezwungen, eine von meiner Herreise ganz ver- schiedene, nämlich mehr nördliche Richtung einzuschlagen, um die unzugänglichen Moräste bei der Stadt Ren und die sehr schwierige Strasse von Ngäla zu vermeiden.

Nach einem 11 stündigen Marsche, auf dem wir verschie- dene grössere und kleinere Dorfschaften und zahllose Sümpfe passirten, stiegen wir für die Nacht in einem von Schüa und Fulbe bewohnten Dorfe mit dem auffallenden Namen Wan- gara ab ; es erforderte aber eine längere Unterhandlung, um Aufnahme zu erhalten, da diese Leute im Vertrauen auf die Schutzwehren, welche ihnen die benachbarten morastigen Ufergelände des Tsäd darbieten, ein gar unabhängiges We- sen haben. Nachdem wir aber einmal näher mit einander bekannt geworden, wurden wir freundlich behandelt. Der Billaraa des Dorfes war ein Tündjuraui, der von Mondö nach diesem Orte ausgewandert war; er hatte jedoch die eigen- thümliche Mundart seines Stammes vergessen.

Während meines nächsten Tagemarsches führte ich ein gar amphibienartiges Leben, indem ich mich ebensoviel im Wasser, als auf festem Boden befand; denn ausserdem, dass ich von einem heftigen Regenschauer, welcher den grössten Theil des Tages über anhielt, durchnässt wurde, hatte ich noch drei beträchtlich angeschwollene Bäche ohne die Hilfe eines Bootes zu passiren, wobei ich mich zweimal entkleiden und, indem ich Kleidung und Sattel auf dem Kopfe befestigte, mit dem Pferde hindurchschwimmen musste. Der erste Bach war der Mülu, ungefähr 1000 Schritt jenseits des dem Ka- schella Beläl gehörigen Städtchens Legäri; der zweite ist wahrscheinlich der Mbulü (Major Denham's Gumbalaram) jenseits des auf einer kleinen Anhöhe liegenden Dorfes Dä- gnla. Beim Mülu leisteten uns die Einwohner von Legäri Beistand, aber beim Mbidü waren ich und mein Mallem, mit dem ich rüstig vorausgeeilt war, auf unsere gegenseitige

Sumpfige NiedoniBg am Tsad. 417

Hilfe angewiesen. Die reissende Strömung des letzteren, zwischen steilen (8 Fuss hohen) Ufern eingedämmten Baches setzte meinen Genossen nicht wenig in Schrecken, bis ich mich entkleidete und, mich auf meine Erfahiimg im Schwim- men verlassend, ihm den Weg wies. Glücklicherweise kam ein Fischer auf einem einfachen, aus grossen an einander gebundenen Kürbissen bestehenden Flosse, wie ich sie schon bei früherer Gelegenheit beschrieben habe, herangeschwom- men, mit dessen Beistand wir denn ohne Unfall unsere Pferde und Kleidungsstücke hinüber brachten. Während wir uns so abmühten, stellte sich Grema 'Abdü bei uns ein, welcher, da er mich an meinem Entschlüsse festhalten sah und sich schämte, nicht mit uns zusammen in der Haupt- stadt ankommen zu sollen, endlich Frau und Sklaven zurück- gelassen hatte und uns nachgeeilt war. Wir setzten sodann unseren Zug bei fortdauernden Regengüssen durch dieses Marschland fort und gelangten beim Dorfe Hokkum zum dritten Bache , den wir jedoch trotz seiner Heftigkeit, ohne abzusteigen, überschritten , indem uns das Wasser gerade bis an den Sattel reichte.

Als wir endlich beim Dorfe Gudjäri den schwarzen Thon- boden, aus welchem diese ganze, in der gegenwärtigen Jah- reszeit in einen ununterbrochenen Sumpf verwandelte Allu- vialebene besteht, verliessen, trat ein leichter Sandboden auf, so dass wu- von nun an unseren Marsch behaglicher fort- setzen konnten. Nachdem wir im Dorfe Debua einen kleinen Imbiss eingenommen hatten, rasteten wir nicht eher wieder, als bis wii' das 1 Meile nordöstlich von Yedi gelegene Dorf Boglüöa erreicht hatten. Hier wurden wir gut beherbergt und bewirthet und waren bis spät in die Nacht hinein mit dem Trocknen unserer ganz durchnässten Kleidungsstücke beschäftigt.

[Freitag, 20»ten August] Wir hatten nun nur noch Eine gute Tagereise bis Kükaua; als wir aber nach einem 6stün-

B«trth't ReiMn. lU. 27

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418 XV. Kapitel.

digen Ritte die Stadt Ngornu erreichten, konnte ich nur mit der grössten Mühe meine Reiter von der Stelle bringen. Sie waren nämlich völlig ermüdet denn die Bomauer sind heutigen Tages nicht mehr an so grosse Anstrengungen ge- wöhnt — und wünschten, hier bei ihren Freunden auszu- ruhen. Meine Gefährten waren in der That an Leib und Seele so gänzlich erschöpft, dass sie, seltsam genug, dicht bei der Hauptstadt den Weg verloren, da die hochstehende Saat freilich der Landschaft ein ganz verändertes Aussehen gab. Der grosse Teich von Kaine war jetzt ausgedehnter, als ich ihn je gesehn, und hatte den Pfad auf eine beträcht- liche Strecke überschwemmt.

Ich hatte einen Mann vorausgeschickt, um dem Vezier und Herrn Dr. Overweg meine Ankunft anzuzeigen; dann hatten wir bei einer der vielen stehenden Lachen eine kurze Zeit Halt gemacht und waren eben im Begriff, wieder zu Pferde zu steigen, als mein Freund dahcrgalopirt kam. Unser Wie- dersehn war beiderseitig ein höchst freudiges, da wir dies- mal viel länger von einander getrennt gewesen waren, als je vorher; auch hatte man in Kükaua sehr beunruhigende Nachrichten über meinen Empfang in Baghirmi erhalten. Herr Dr. Oven^eg hatte inzwischen eine sehr interessante Reise nach dem südwestlichen Gebirgslande von Bornu aus- geführt und war bereits vor 2 Monaten von dort zurückge- kehrt ; aber ich war höchst erstaunt, dass er ungeachtet die- ser langen Ruhe viel schwächer und erschöpfter aussah, als ich je früher bemerkt hatte. Er theilte mir mit, dass er seit seiner Rückkehr viel gekränkelt habe imd sich auch jetzt noch nicht hergestellt fühle, beschrieb mir aber auf die lebhafteste und aufmunterndste Weise die Mittel, welche zu unserer Verfügung gestellt worden waren, und mit den kühnsten Entwürfen für die Zukunft betraten wir die Stadt. Hier fand ich mich nun, wieder in den Besitz meiner alten Wohnung gelangt, von Genüssen umgeben, denen ich während

Rückkehr nach Kükana. 419

des letzten Halbjahres fast entfremdet worden war, wie Kaffee und Thee mit Milch und Zucker.

Es war ein sehr glücklicher Umstand für mich, dass sich meine Ankunft nicht einen halben Tag verzögert hatte ; denn sowohl die Karawane, wie der Courier waren abgegangen, letzterer vor 4 Tagen, so dass die Leute meinten, es würde nicht mehr möglich sein, ihm meine Briefe nachzusenden. Der Vezier aber, den ich früh am folgenden Morgen be- suchte und welcher mich sehr freundlich aufnahm, stellte mir drei Reiter, die den Courier einholen sollten. Da ich glück- licherweise meine Briefe und Depeschen in Baghirmi beant- wortet hatte, so brauchte ich nur mein Packet zurecht zu machen; die Reiter holten jedoch den Courier erst in einer Entfernung von 40 Meilen jenseits Ngegimi ein, im Herzen der Wüste. Meine Diener kamen nicht vor dem folgenden Abend an, und zwar in einem sehr trübseligen Zustande, in- dem sie sowohl mit dem Kameel, als mit dem Gepäck viele Noth gehabt hatten.

[Mo7itagj 23fften August.] Wir hatten heute eine wichtige Privataudienz beim Scheich, in der ich nach dem Austausche der üblichen Komplimente die Gelegenheit ergriff, mich gegen ihn über die gegenwärtigen Verhältnisse der Expedition deut- lich auszusprechen. Er gab den Wunsch zu erkennen, die Englische Regierung möchte mich zum Konsul bestellen, worauf ich ihm erwiderte, dass dies unthunlich sei, da es mir vielmehr obliege, unbekannte Länder zu erforschen, mit denselben Verkehr anzuknüpfen und sodann in die Heimath zurückzukehren; die Englische Regierung sei zwar von dem eifrigen Wunsche beseelt, die freundschaftlichsten Beziehun- gen mit Bomu einzuleiten, unsere wissenschaftliche Mission erstrecke sich jedoch weit über die Grenzen seines Gebietes hinaus. Ich theilte ihm zugleich mit, dass sich die Regie- rung in ihren letzten Depeschen dahin ausspreche, wir möch- ten, falls es sich als unmöglich erweisen sollte, in südlicher

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420 XV. Kapitel.

oder östlicher Richtung vorzudringen, uns westlich wenden und Timbuktu zu erreichen suchen.

Diese Mittheilung schien sowohl den Scheich, als auch den Vezier ungemein zu erfreuen; denn sie fürchteten nichts so sehr, als dass wir nach Wddä'i gehn und mit dem Sultan jenes Landes in freundschaftlichen Verkehr treten möchten. Aus diesem Grunde war ich auch davon überzeugt, dass der Vezier sicherlich nichts für mich gethan hatte zur Siche- rung einer guten Aufnahme in Baghirmi, vielleicht aber in entgegengesetzter Richtung nicht unthätig gewesen war. Der Scheich erklärte jedoch, dass er, wie er imserem gegenwär- tigen Vorhaben, unser Glück in westlicher Richtung zu ver- suchen, grossen Beifall schenke, uns doch auch nicht daran hindern würde, selbst nach Wadäi zu gehn, da es ja den Unterthanen Ihrer Brittischen Majestät nach dem ausdrück- lichen "Wortlaute des Vertrages freistehe, sich hinzuwenden, wohin es ihnen beliebe, obschon er erst einige Tage später und nach zahlreichen Zögerungen und Ausflüchten den Vertrag wirklich unterzeichnete. Ich drückte dann noch die Hoff- nung aus, dass uns die Umstände, ehe wir das Land ver- liessen, gestatten möchten, die von uns und der Englischen Regierung gleich stark begehrte Aufnahme und Erforschung des Tsäd zu beendigen. Unsere Ansprache, sowie die Ge- schenke fanden eine huldvolle Aufnahme und wir wurden dann mit Herzlichkeit entlassen.

Am letzten August unteraeichnete der Scheich den Vertrag und machte uns dabei die Hoffnung, dass, wenn wirklich Eng- lische Kaufleute in das Land kommen und also nach an- derer Waare, als Sklaven, nachfragen sollten, dann der Skla- venhandel allmählich abgeschafft werden könne.

Ich war nunmehr in den Stand gesetzt, alle unsere peku- niären Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Dieselben waren in einem höchst verwickelten, ja verzweifelten Zu- stände, da wir ausser der grossen, dem Kaufmann Moham-

Körperliche EntkrttftnDg Dr. Overweg's. 421

med e' Ssfäksi schuldigen, an Ort und Stelle zu schaffenden Summe von 1275 Thalern dem Vezier allein 500 Spanische Thaler schuldeten. Weil wir nicht bei allen Beträgen Baar- zahlung leisten konnten wir hatten ja nur eine Baarsen- dung von 1050 Thalern von der Regierung erhalten , so ver- glich ich mich mit dem Kaufmanne dahi^, dass ich ihm 200 Thaler baar und einen Wechsel von 1500 Thalem (auf Fesän) gab, wogegen ich alle kleineren Schulden, sowie auch die beim Vezier baar bezahlte.

Wir hätten nunmehr, wenn auch mit nur massigen Mit- teln, allerdings recht Bedeutendes leisten können, wäre es uns beschieden gewesen, beisammen zu bleiben; aber wäh- rend im Anfange alle unsere Anstrengungen durch die Geringfügigkeit unserer Mittel, welche keine umfassende- ren Unternehmungen gestatteten, gelähmt worden waren, wollte es nun unser Geschick, dass, als endlich hinlängliche Mittel eingetroffen waren. Einer von uns beiden erliegen sollte.

Ich habe bereits bemerkt, dass ich durch das erschöpfte Aussehen meines Genossen übeiTascht wurde, als ich densel- ben bei meiner Rückkehr vor dem Thore der Hauptstadt traf; tief betrübte es mich nun , den ersten Eindruck durch fer- nere Beobachtungen bestätigt zu finden. Da er sich nach einer kleinen Luftveränderung sehnte, es auch unserem Zwecke, der Erforschung des Tsäd, ganz entsprach, den Zustand des Komadugu in dieser Jahreszeit zu beobachten, während grös- sere Unternehmungen gegenwärtig nicht möglich waren, so kamen wir überein, dass er einen kleinen Ausflug nach dem unteren Theile des Flusses machen sollte. Demgemäss reiste er am 29^ten August in Gesellschaft eines Edelmannes zweiten Ranges „kokana" nach Adjiri ab, welche Ortschaft, un- weit westlich vom Gau Dütschi gelegen, jenem Edelmanne ge- hörte.

Ich begleitete ihn bis zur Dorfschaft D4u-erghü und wir

422 XV. Kapitel.

trennten uns mit der Zuversicht, dass ihm der Ausflug recht zuträglich sein würde. Herr Dr. Overweg fand auch viele Unterhaltung an dem reichen Pflanzenwuchs des Komd- dugu, welcher um diese Jahreszeit, während des Steigens des Flusses, in voller Kraft stand. Er erfuhr durch Erkundigung bei den Eingeborenen die sehr interessante Thatsache, dass der Komddugu, welcher während der trockenen Jahreszeit aus einer Reihe von einzelnen Pfützen besteht, am 2l8ten oder 228ten Juli einen ununterbrochenen, ostwärts dem Tsäd zu- ziehenden Strom zu bilden anfängt und dann 7 Monate lang, also bis Mitte Februars, zu fliessen fortfährt; im Monat No- vember fängt er an, über seine Ufer auszutreten. Aber so sehr sich auch mein Freund für die ihn umgebenden Gegen- stände interessirte, so musste er sich doch für deren aufmerk- same Beobachtung nicht stark genug gefühlt haben ; denn die von ihm auf diesem Ausfluge verzeiclmeten Bemerkungen sind äusserst kurz und unbefriedigend, während es von Wichtig- keit gewesen sein würde, hätte er den Lauf des Flusses mit einiger Genauigkeit aufnehmen können. Bei so geschwäch- tem Zustande beging er die Unbedachtsamkeit, den letzten Tagesmarsch seiner Rückreise nach Kükaua, am 13ten Sep- tember, zu sehr zu beeilen, und ich bemerkte mit Bedauern, als wir zusammen zu Abend assen, dass ihm der Appetit fast gänzlich fehlte.

Mit der Unzuträglichkeit des Klima's während des Monats September vollkommen bekannt, kamen wir beide überein, uns so viel wie möglich Bewegung und täglich einen klei- nen Ritt zu machen. Wir verabredeten demgemäss auf Sonn- tag den IQten September einen Besuch in Dau-erghü; aber unglücklicherweise verhinderte uns ein Geschäft, das wir zu erledigen hatten, früh am Morgen aufzubrechen. Da nun mein Freund an jenem Tage starkes Kopfweh hatte, so sclilug ich vor, unseren Ausflug auf einen anderen Tag zu verschieben; er meinte jedoch, dass ihn die freie Luft stärken würde. Wir

Dr. Ovcrweg's Erkrankung. 428

brachen daher während der Tageshitze auf; doch schien die Sonne nicht sehr hell und Herr Dr. Overweg verfehlte nicht, sich den Kopf so viel wie möglich gegen die Sonnenstrahlen zu schützen.

Nachdem wir uns im Schatten eines herrlichen Hadjilldj erholt hatten, hielt sich Herr Dr. Overweg für stark genug, jagen gehn zu können, und war so unvorsichtig, dass er sich bei der Verfolgung eines Wasservogels in tiefes Was- ser begab imd, ohne auch nur ein Wort davon zu sa- gen, den ganzen Tag über in seinen nassen Kleidern blieb. Ich hatte keine Ahnung davon, bis er nach unserer Rück- kehr in die Stadt spät am Abend seine Kleider am Feuer trocknete.

Obgleich er den ganzen Tag über in Bewegung gewesen, vermochte er doch nicht, unser einfaches Abendessen zu ge- niessen , er klagte jedoch nicht. Am folgenden Morgen aber fühlte er sich so schwach, dass er nicht vom Lager aufzustehn vermochte. Anstatt nun ein schweisstreibendes Mittel zu neh- men, wie ich ihm ernstlich rieth, war er so eigensinnig, gar keine Arznei brauchen zu wollen, so dass seine Krankheit mit beunruhigender Schnelligkeit zunahm und am folgenden Tage seine Zunge wie gelähmt und seine Aussprache ganz undeut- lich, ja rein unverständlich war. Er wurde sich nun selbst der Gefahr bewusst, in der er sich befand, und erklärte, er werde in der Stadt nicht genesen können, er müsse durchaus eine Luftveränderung haben, und hege die Hofl&iung, dass er, wenn ich ihn nach Mdduäri schaffen könnte, bei unserem Freunde, dem Kaschella Fügo 'Ali, bald wieder hergestellt werden würde.

Es war eine schwierige Aufgabe, meinen kranken Genos- sen nach dem gewünschten Orte zu bringen, welcher über 8 Meilen von Kukaua entfernt ist. Obgleich er die Reise am Donnerstag Morgen antrat, vermochte er doch nicht seinen Bestimmungsort vor Freitag früh zu erreichen. Ich machte

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424 XV. Kapitel.

Fügo 'Ali ein Geschenk, damit er ihn sorgfaltig pflege, ord- nete das sonst noch Erforderliche an und kehrte alsdann nach der Stadt zurück, um meine Depeschen zu schliessen; aber noch am selbigen Abend kam einer von den Dienern, die ich "bei Herrn Dr. Overweg zurückgelassen hatte, mit der Nachricht zu mir, dass es viel schlimmer mit dem Kranken gehe und dass. sie nicht ein einziges Woii: von ihm ver- stehen könnten.

Ich stieg alsbald zu Pferde und fand, in Mäduäri ange- kommen, meinen Genossen im beklagenswerthesten Zustande im Hofraume liegen, da er sich hartnäckig geweigert hatte, in der Hütte zu schlafen. Er war in kaltem Schweisse gebadet und hatte alle Decken von sich geworfen. Er er- kannte mich nicht und wollte weder mir, noch sonst Jemand gestatten, ihn zuzudei*ken. Sobald Delirium eintrat, mur- melte er fortwährend ganz uuvei^ständliche Worte, in welchen ein Gewirre von allen Begebenheiten seines Lebens enthal- ten zu sein schien, sprang wiederholt rasend von seinem La- ger auf und rannte mit solcher Wuth gegen die Bäume und das Feuer, dass vier Männer ihn kaum zurückzuhalten vermochten.

Gegen Morgen wurde er endlich ruhiger und hielt sich still auf seinem Lager, ohne dass ich bemerkte, wie seine Kraft schon ganz gebrochen sei. In der Hoflfnung, er habe die Krisis überstanden, glaubte ich, nach der Stadt zurück- kehren zu köimen. Ich fragte ihn. ob er etwas Besonderes wünsche, und er deutete an, er habe mir etwas zu sagen ; es war mir aber unmöglich, ihn zu verstehen. Aus dem, was sich bald ereignete, kann ich nur den Schluss ziehen, er habe mir im Bewusstsein des nahen Todes seine Familie empfeh- len wollen.

Am Sonntag Morgen sehr früh kam Herrn Dr. Overweg's erster Diener mit der Nachricht zu mir, dass der Zustand meines Freundes höchst bedenklich sei und dass er nicht ein

Dr. Overweg's Tod. 425

Wort mehr gesprochen, seitdem ich ihn verlassen habe, son- dern regungslos daliege. Ich ritt unverzüglich nach Mdduäri, aber ehe ich noch das Dorf erreichte, kam mir ein Bruder Fügo 'Ali's entgegen und erklärte mir mit Thränen in den. Augen, unser Freund sei verschieden. Mit Tagesanbruch, wäh- rend einige Regentropfen fielen, hatte sich sein Geist nach kurzem Kampfe vom Körper gelöst.

Am Nachmittag legte ich ihn in sein Grab; es war im Schatten eines schönen Hadjilidj gegraben und gegen Raub- thiere wohlgeschützt. So starb mein einziger Freund und Gefährte im SOstcn Jahre seines Lebens, in der Blüthe der Jugend. Es war ihm nicht beschieden, seine Reisen zu voll- enden und glücklich heimzukehren; aber er fand einen höchst ehrenvollen Tod im Dienste der Wissenschaft. Es ist in der That ein bemerkenswerther Umstand, dass er seine Grab- stelle selbst bestimmte, genau am Rande jenes See's, durch dessen Beschiffung er seinem Namen ewige Berühmtheit ver- schafft hat. Sicher war es ein Vorgefühl des herannahenden Todes, dass ihn die unwiderstehliche Sehnsucht nach dieser Stelle erfasste, wo er dicht an der Seite des Bootes starb, in dem er seine Reise gemacht hatte. Viele Einwohner des Dorfes, denen er während seines wiederholten hiesigen Auf- enthaltes wohlbekannt geworden war, beklagten bitter seinen Tod, und sie werden gewiss des „Tabib", wie er genannt wurde, noch lange gedenken.

Tief erschüttert und voll von trüben Betrachtungen über meine verlassene Lage kehrte ich am Abend nach der Stadt zurück; aber unsere Wohnung, welche mein Gefährte wäh- rend meines Aufenthaltes in Baghirmi bedeutend verbes- sert und durch Übertünchen mit Gyps, von dem er im Hofraume eine Schicht vorgefunden, verschönert hatte, er- schien mir jetzt gänzlich verödet und überaus trübselig. War es nun gleich ursprünglich mein Vorhaben gewesen, noch einen Versuch zu machen, nach dem Ostufer des Tsäd vor-

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XY. Kapitel. Rückkehr nach der Stadt

zudringen, so kam mir doch jetzt jeder längere Aufenthalt an diesem Orte so unerträglich vor, dass ich mich zur unge- säumten Abreise nach dem grossen westlichen Strome ent- schloss, um neue Länder zu sehn und mit neuen Menschen in Berührung zu kommen.

ANHANG.

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Zur Känem - Reise.

Beschreibung der östlichen Theile Käneras nach Angaben der Eingeborenen.

Indem ich eine allgemeine Beschreibung derjenigen Gegen- den Känems versuche, welche ich nicht selbst besucht habe, muss ich mein Bedauern ausdrücken, dass ich während mei- ner Anwesenheit im Lande keine Kenntniss von der hand- schriftlichen Geschichte der Kriegszüge des Königs EdrTss Alaöma in eben jene Landschaft hatte. Denn mit Hilfe des reichen Vorrathes an wichtigen, sowohl historischen wie geographischen Daten, die in jenem Werke enthalten sind, würde ich im Stande gewesen sein, der Beschreibung der von mir durchzogenen Landschaften grösseres Interesse zu verleihen und vielleicht selbst die Lage mancher bedeuten- deren ihrer früheren Ortschaften zu identificiren.

Die frühere Hauptstadt von Känem war, wie wir gesehn haben, Ndjimi oder Ndjimie, dessen ungefähre Lage weiter- hin angedeutet werden soll. Der gegenwärtige Hauptort (wenn dieses Wort sich noch auf ein solches Land, wie Kä- nem jetzt ist, anwenden lässt) ist Mao oder vielmehr Mäö *), ein schon zu Edrlss Alaöma's Zeiten sehr wichtiger Ort.

•) Dieser Name Avird im Arabischen auf verschiedene Weise geschrieben.

Imäm Ahmed gibt zuweilen die Form \^SUC , dann wieder iaLc ; aber die

wirklich einheimische Form scheint Mäö zu sein, welcher Name mit G&ö, wie die Hauptstadt des Sonrhay - Reiches heisst, ToUstandig übereinstimmt. £s

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430 Anhang I.

Wir wünschten angelegentlichst, diese Stadt zu erreichen, und es würde auch wohl gelungen sein, hätten die Ueläd Slimän den Zug, dem wir uns angeschlossen, mit ihrer ge- sammten Mannschaft ausgeführt, anstatt der Hälfte derselben zu erlauben, sich nach Kükaua zu entfernen. Die Stadt scheint etwa 20 Meilen südöstlich von HenderT Sslggc-ssi zu liegen und gegenwärtig nur dünn bewohnt zu sein, indem die Einwohnerzahl wohl sicherlich nicht 3000 bis ' XX) über- steigt; doch soll sie noch immer einen beträchtlichen Um- fang haben. Um die Stadt zieht sich eine Ringmauer, deren Zustand, da sie aus Lehm erbaut und daher jährlicher Ausbesserung benöthigt ist, gar sehr von dem jedesmaligen Zustand des Landes abhängt. Dattelpalmen zieren in gros- ser Anzahl den Ort. Er ist Sitz eines Chalifa, dessen Macl;it höchst unsicherer und ungewisser Natur ist, da sie gänzlich von der zeitweiligen Oberherrlichkeit von Wadai oder Bornu abhängt, wesshalb es gemeiniglich zwei Chalifen gibt, einen, welcher wirkliche Gewalt hat, und einen anderen in der An- wartschaft, jenen bei der ersten Gelegenheit mit Hilfe der ihn begünstigenden Macht zu vertreiben. Der berühmte König von Wädäi, Abd el Kerim Ssabün, war es, dem zuerst die An- sprüche zufielen, welche die Buläla, die Fürsten der damals von Wädäi eingenommenen Länder Fittri und Küka, durch Eroberung auf das Königreich Känem er\^orben hatten.

Kehren wir jedoch nach Maö zurück! fiier wird jeden Mittwoch ein Markt gehalten, welcher jedoch wegen des sehr unsicheren Zustandes des Landes gegenwärtig schwerlich von besonderer Bedeutung sein kann. Die Einwohner der Stadt scheinen zu einer besonderen Sippschaft zu gehören; denn

ist keineswegs unwahrscheinlich, dass der Name Matan, welchen Ebn Said und nach ihm A'bü'l Feda (S. 162) einem wohlbekannten Platze Känoms geben, im Namen Milö seinen Ursprung gehabt hat, obgleich sie ihn hart am Ufer des Tsad („bahlret KOrl") und nördUch tou Ndjfraie ansetzen.

Die Umgebung der Stadt M4o. 431

die Teda nennen sie Beräncma. Den Ursprung dieses Na- mens habe ich nicht in P>fahrung bringen können. Er könnte mit dem Namen Börnu* in einem gewissen Zusammenhang zu stehn scheinen, hat aber jedenfalls nichts mit dem Namen Beräuni zu thun, der den Teda selbst von den Kel-owi und anderen Fremden gegeben wird.

Zwischen Maö und Henden Ssigge-ssi scheint es noch ver- schiedene fruchtbare Thäler zu geben, wo die Dattelpalme in grösserer oder geringerer Menge gedeiht, unter welchen die folgenden besonders rühmlich bekannt sind: das Thal Kdrfu oder Kärafu, einige Meilen von Mäö, unter der Herr- schaft des Keghämma Gürde, Nachfolgers des Keghdmma Ssintal; das Thal Yegi an der Westseite und nicht weit von Kdrfu, das Thal Badänga, gleichfalls nicht weit davon, sehr reich an Dattelpalmen, und das Thal Kedalä, welches dem Häuptling Tschefande*) gehört; femer die Thäler Hamädji (dem Fügo gehörig?), Galtarä und Mäpal. Das Mäpal-Thal soll die Grenze der Dattel in dieser Richtung bilden. An der Westseite von Mäö liegt noch eine bewohnte Ortschaft Namens Kadjidi, aber sie hat keine Dattelbäume.

Das obere Gessgi-Thal, das sich nach Aussage der Leute von Süden nach Norden senken soll, wird TelerT-Tschemö genannt und ist der Sitz der SchM, zu welchen die Fugäbu oder, wie der Name oft ausgesprochen wird, Fogubö Schiri gehören, die bitteren Feinde der Worhda, welche das eigent- liche Gessgi-Thal bewohnen. In dieser Gegend liegt auch noch das Lillöa-Thal.

Nördlich von Mäö und östlich oder vielmehr südöstlich in geringer Entfernung von Aläli liegt die Ortschaft Kul&kulä, gleichfalls von Kanembü bewohnt. Welche Lage die von dem gegenwärtig unter dem Befehle eines Keghdmma „ke-

*) Die letztere Angabe ist vielleicht nicht ganz richtig. Das Kanöri- Wort ,, tschefande'* bedeutet: „er hat gefunden'*.

432 Anhang I.

ghämma gedibe" stehenden Stamme Kemalla bewohnte Ortschaft Beräda , die gleichfalls im Norden von Mäö liegen soll, in Bezug auf die letzterwähnten Ortschaften hat, weiss ich nicht genau zu sagen; sie liegt wahrscheinlich ein wenig mehr östlich. Mehrere, gleichfalls nördlich von Mäö gelegene Thäler werden von den Medele bewohnt, einem nomadischen Stamm im Besitze von grossen Rindvieh- und Schaaf heerden ; nach diesem Stamme ist auch oflFenbar das Thal Medele, oder, wie der Name gewöhnlich ausgesprochen wird, „Madele", das wir selbst passirten, benannt. Endlich liegt in dieser Gegend noch das Güm-ssa-Thal, bewohnt von dem Tebu- Stamme der Güm-ssua, welche von den weiter unten erwähnten Gümssu ver- schieden zu sein scheinen, obgleich ich darüber ungewiss bin.

Ostnordöstlich von Mäö liegen die Ortschaften Kammegrl und Djugö, welche von einer eigenthümlichen Sippschaft be- wohnt werden, die bei den Arabern „cl Mällemm" heisst, deren einheimischen Namen ich aber nicht habe erfahren können; ich glaube aber, dass sie mit dem Haddäda genannten Stamme, dessen urspiünglicher Name „Bungu" oder noch eigenthümlicher „Dügu" ist, identisch sind.

Etwas weiter westlich von Mäö entfernt befinden sich die zahlreichen Wohnplätze der Schitäti, nach denen die ganze Landschaft bezeichnet wird. Von diesen Ortschaften besuchten wir mehrere, wie Yegil, Aghö (schon im frühen Mittelalter ein wichtiger Platz), Arndnko, Burkadrusso, Boro. Ausser diesen sind die folgenden die bedeutendsten unter ihren zeitweiligen Wohnplätzen: Berinde, Linkero, Kinti, Hederke, Din, Ge- ringe, Tyiro, KüUa, Lariska, zwei verschiedene Ortschaften mit dem Namen Nünku, Kaii oder Kö, Lischegö, KelemrT, Dele, Toäder, Geno, LergedjT, Yiggela, Maina, Yiggii, Yakülge, Bngale*), Büni, Tschanga, Ndurö, Lodore, zwei verschiedene

*) Bdgale ist gewiss ein interessantes Beispiel von der Homonymie Afrika- nischer Namen in oft weit auseinander liegenden Landschaften.

Die Umgebung des Tsad. 433

Plätze mit den Namen Kiäla, Bolleli, Küttua, Mi, Kadjirö, Äddufo, Yerö.

Ich wende mich nun südwärts von M&ö dem südöstlichen Gestade des Tsäd - See's zu, der, nachdem sein inneres Becken durch Herrn Dr. Overweg's BeschifFung im Allgemeinen er- kundet ist, nun nach diesen Angaben auch in seinen äusse- ren Umrissen ziemlich genau dargestellt werden kann, ob- gleich es freilich gar sehr zu bedauern ist, dass es uns nicht gelang, diesen Landstrich selbst zu erreichen imd seine wesentliche Beschaffenheit aus eigener Ansicht zu erforschen.

I. Itinerar von Älaö iiacli Tdglighel (in genau süd- licher Richtung).

Ister Tag: Royendü, eine von den Wguegim, einer besonde- ren Sippschaft der Teda oder Tebu, bewohnte Ortschaft.

2ter Tag: Beiangara*), Ortschaft der Dibberi, welche die Kanöri- Sprache reden und der ursprüngliche Stanmi der Fugäbü sein sollen. Ankunft vor der Hitze des Tages.

3ter Tag : Ghalä, beträchtliche Dorfschaft der Kubberi oder Kobber, welche die Kanöri - Sprache reden.

4ter Tag : Djekere, eine gegenwärtig unansehnliche , aber frü- her bedeutende Ortschaft, bewohnt von den Kdnku, einem Stamme oder einer Sippschaft der Kanembü (vielleicht identisch mit den Künkunä oder Kakenna.)

5ter Tag: Ankunft vor der Hitze beim Brunnen Lefädu, wo keine Wohnungen sind; nach kurzer Rast Aufbruch und Ankunft in Mailo, einer an einem fischreichen See gele- genen Ortschaft, bewohnt von den Haddäda oder Bungu, einer eigenthümlichen Völkerschaft, welche die Kanöri-

*) Der Name Belängara hat ein eigenthttmlichcs Aussehen; er ist wahr- scheinlich von dem Ursprung der Bewohner abgeleitet , denn „bille 'Sgire" ist der Name, womit noch heute die Bewohner von Lögone die Kanöri bescichnun.

Barth'» KaiMn. UI. 28

434 Anhang L

Sprache redet, beinahe ganz nackt geht, indem sie nur einen ledernen Schurz trägt, und mit Pfeil und Bogen und einem eigenthümlich gestalteten Handeisen „göliö" bewaflfnet ist. Es sind geschickte Bogenschützen , und werden sie angegriffen, so ziehen sie sich in die dichten Wälder ihrer Heimath, welche den allgemeinen Namen Bari zu führen scheint und wiederholt schon von Imäm Ahmed erwähnt wird, zurück und verstehen ihre po- litische und religiöse Unabhängigkeit sie sind Heiden gut zu vertheidigen. Zu ihnen gehört der wohlbe- kannte Stamm, welcher wenigstens bei den Ueläd Slimän den Namen Duarda Hadjra führt. Ein bekannter Ort der Haddäda ist Dimäri, der Wohnsitz des Mala Dima. Auch residirt hier ein Häuptling der Tübur, eines Stammes, dessen genauere Beziehungen mir unbekannt sind. In Bäri wird jeden Donnerstag ein Markt gehalten, wahr- scheinlich in dem Mäö am nächsten liegenden Theile. Im Jahre 1853 verbündeten sich die Ueläd Slimän eng mit den Haddäda und brachten so dem Beamten von Wädai, dem Agid el Bahhr, eine Niederlage bei. [Um einen allgemeinen Begriff von dieser wenig bekannten Landschaft zu geben, ist das folgende Itinerar von Kü- ssuri nach Mäö, nach den Angaben des Kanemma-Häupt- lings Xmssakai, von grosser Bedeutung: Ister Tag: Man schläft in der Wildniss. 2ter Tag: Man schläft in der Nähe von Kaü Abüddala,

einer Felserhebung am See*). 3ter Tag: Yamanük Kalema, ein grosses offenes Dorf,

offenbar so benannt von dem kriegerischen Häuptling

Ämanük oder Yämanük, der aus Denham's Bericht

wohlbekannt ist.

*) Denham, Bd. 1. S. 261 der Originalausgabe. Zwei Strassen, welche diesen wichtigen Punkt mit .Vbü-Gher und M$16 Terbinden, sollen am Ende dieses Bandes gegeben werden.

Die Umgebung des Tsad. 435

4ter Tag: Bari, ein ausgedehnter Bezirk, früher unter der

Autorität des Scheichs von Bömu, unweit vom Ufer

des See's. 5tor Tag : Dimäri, ein ansehnlicher Platz, Dima (Mala Dima)

gehörig, der von A'mssakai, einem Statthalter von Kä-

nem, benannt wird. 6ter Tag: Gümssu, eine in einem Thale, das reich an

Dattelpalmen ist, gelegene und von Kanembü und

Schiia bewohnte Ortschaft. 7ter Tag: Mandö oder Mondö, ein grosser Marktplatz,

früher unter dem Chalifen von Bömu. 8ter Tag: Mäö.]

6ter Tag: Taghghel, eine am Ufer der sumpfigen Lache ge- legene Ortschaft, bewohnt von den Eadjidi, die viel Ge- treide bauen und grosse Heerden von Kameelen be- sitzen — eine bei der Lage des Ortes auffallende Er- scheinung. Ankunft vor der Hitze des Tages. Man kann, wenn man es wünscht, von Djekere sofort weiter gehn und Taghghel noch selbigen Tages bei Sonnenunter- gang erreichen.

Die Richtung aller Thäler „wddiän" , welche man auf diesem Wege durchschneidet, ist westöstlich.

n. Von Berl iiacli Taghghel längs des Ufers *) der

Lache.

»

Ister Tag: Kologo.

2tcr Tag: Kesskaua oder Kisskaua, bewohnt von den Kub- beri, welche viel Getreide, hauptsächlich Masr ( Zea Mays), sowie auch Bohnen bauen imd viel Rindvieh be- sitzen. In früheren Zeiten lag noch eine Dorfschaft oder

*) Wenn man bei einem solchen Sumpf gewässer , wie der Tsad ist, über- haupt von einem Ufur sprechen kaan.

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436 Anhang I.

ein Bezirk Namens Kesskaua, am südlichen Ufer der Sumpflaclie, 1 Tagereise westlich von Ngäla. 3ter Tag: Köskodö.

4ter Tag: Talgin, eine ansehnliche offene Dorfschaft. Un- fern ist ein Thal mit Dattelpalmen. Man kann Talgln von Beri aus leicht in 2 Tagen erreichen, indem man in Kesskaua übernachtet.

[Von Talgin geht die gerade Strasse nach M^ö in 3 Ta- gereisen folgendermassen : Ister Tag: Mänigä, eine von Tebu und Kanembu be- wohnte Ortschaft, wie es scheint, an einem Arme der grossen Lache gelegen. 2ter Tag: Eine Dorfschaft, bewohnt von Tebu, unter der Herrschaft des Kaschella Batscha, mit einem nicht unbedeutenden Markte, wo besonders viel Datteln ver- kauft werden. 3ter Tag: Maö; Ankunft bei Sonnenuntergang, nachdem man während der Hitze in einer oflFenen Ebene mit Dattelpalmen Rast gemacht.] 5ter Tag : Wüli oder Füli ; von hier fühii eine andere Strasse

nach Mäö. 6ter Tag: Kununü. 7ler Tag: Kdnanä.

8ter Tag: Forrom, eine auf festem Lande belegene Oii- scbaft oder ein Bezirk, von der Insel gleichen Namens wohl zu unterscheiden, gter Tag: Ngillewä. lOter Tag: Medi.

llter Tag: Taghghel. (Ich will hier nur bemerken, dass Tdghghel nicht mit Denham's Tdngalia zusammenfallen kann, da die letztere Ortschaft 1 Tagereise südUch*)

*) S. Dcnham, Bd. I. S. 265. In dieser Stelle scheint beinahe ein Missrer- ständniss obzuwalten, nämlich t^hi a datf^ („in einem Tageraarsch") zu stehn

Der Bahhr el Ghasäl. 437

oder vielmehr südwestlich vom Bahhi* el Ghasäl lag, während Tdghghel 1| Tagereisen nördlich davon liegt.)

IIL Der Bahlir el Ghasäl, „Biirrum" *) von den Ka- nenibu und „Föde" von den Tebu-Guraän genannt.

Alle bezüglich dieses vielbesprochenen Thaies, das wir so sehnlich zu erreichen gewünscht hatten, mir gewordenen Mittheilungen stimmen in der sehr merkwürdigen Angabe überein, dass es nicht von der Wüste nach der Lache zu, sondern von der Tsäd- Lache nach der Wüste zu abgedacht sei. Alle Zeugen sagen aus, dass es gegenwärtig trocken sei, aber vor weniger als 100 Jahren das Bett eines Flusses oder Kanales gebildet habe, durch welchen eine Wasserverbin- dung zwischen dem Tsäd und Bürgu stattgefunden. Einige behaupten sogar, es lebe noch ein sehr alter Mann, der in früher Jugend diesen Weg zu Wasser gemacht habe. Natür- lich ist alles dieses mehr als apokryphisch und gar nicht denkbar, dass das Land Bürgu nicht mehrere 100 Fuss über dem Niveau des grossen Central- Afrikanischen Flusssackes läge, denn das ist wohl das schlagendste Wort, mit dem wir die Tsäd-Lache zu bezeichnen im Stande sind. Die Stätte, wo dieses sehr grosse , gegenwärtig trockene und mit Bäumen dicht durchwachsene Wadi in den Tsäd mündet, ist nahe süd- lich von einer Ortschaft Namens 'Aliman, welche 1^ Tagerei- sen südlich von Täghghel entfernt sein soll, indem man nach Aufbruch von Tdghghel zuerst in Kirtschimma übernachtet und dann vor Mittag in 'Ah'mari ankommt. Die Verbindung zwischen der Sumpf lache und dem Thale soll aber gegen- wäi*tig bei einer Stelle Namens Ssüggera (von den Arabern Mes- räk genannt) durch Sandhügel unterbrochen sein, und zwar der

statt „(rnce'\ ,, eines Tages'*, ,,in früherer Zeit*', nämlich als der SchQa-HanptUng noch mächtig war.

*) In der Vorrede steht ,,bärrem**, was eine andere Form desselben Kamens ist und im Allgemeinen „Wasserplatz**, „Brunnen** bedeutet.

I

438 Anhang I.

Ai-t, dass die Tsäd- Wasser selbst beim höchsten Stande ver- hindert werden, in das Burrum einzutreten. Jedoch wird hier weiter landeinwärts ein anderes Becken gebildet, das gelegentlich Hedebä genannt wird.

a) Von 'Alimari nach Moitö*). Ister Tag: Kedäda, ausschliesslich von entflohenen Sklaven

bewohnt, die hier ihre Freiheit wiedergefunden haben. 2ter Tag: Kedigi, von Asale'- Arabern bewohnt. 3ter Tag: Moitö (s. Anh. VIIL).

b) Von 'Alimari nach Edrnak Logone (2^ Tagereisen). Obgleich einige meiner Berichterstatter offenbar auf Grund der vielen kleineren Thäler, die sich an den grossen Bürrum anzuschliessen scheinen, der Meinung waren, dass es ein Zweigthal gäbe, durch welches der Bahhr el Ghasäl mit dem Fittri, d. h. der Sumpflache der Küka, dem Fluss- sacke des Bat-hä, in Verbindung stehe, so stimmte doch die Mehrzahl derselben darin überein, dass gar keine solche Verbindung bestehe, dass aber verschiedene, von ein- ander unabhängige Thäler zwischen beiden gelegen seien. Mehrere Umstände scheinen diese Angabe völlig zu bestä- tigen, — vor allen derjenige, dass die Reisenden zwischen Yaö und Moitö gar kein von Norden kommendes Thal passiren.

Die Richtung des Biirrum ergibt sich für einen beträcht- lichen Theil seines Verlaufes aus der Strasse, welche von Mao nach Yäö, dem Hauptort der Provinz Fittii führt und nach den Berichterstattern eine fast genau östliche Richtung verfolgt. Ister Tag: Kalkalä, nicht zu verwechseln mit dem vorher

erwähnten Orte Kulakulä; ein kurzer Marsch. 2ter Tag: Güdjer, wo man während der Hitze Rast hält, dann am Nachmittag aufbricht und auf der Strasse über-

*) Der Aussprache nach, und wenn "man die Schreibweise der Araber unbe- rücksichtigt lässt, könnte man diesen Xamen auch „McutÖ" schreiben.

Der Bahhr el Ghasjll. 439

nachtet. Die hiesige Umgegend scheint den allgemeinen Namen Ssagöre zu führen, meiner Ansicht nach nicht ver- schieden von Yagöre, dem Namen der Landschaft, in welclier Mondö belegen ist.

3ter Tag: Toröro, ein Brunnen im Bürrum. Ankunft vor Eintritt der Mittagshitze „käila" . Zu Pferde soll man den Weg von Mäö nach dem Bürrum in Einem Tage machen. Man hält hier während der Hitze Rast, bricht um Dhohor (2-J Uhr Nachmittags) wieder auf und lagert bei Sonnenuntergang noch immer im Wadi.

4Ur Tag: Lager beim Anfang der Hitze, noch immer in demselben Wadi.

5ter Tag : In einem anderen (V) Wadi, wahrscheinlich einem sich abzweigenden Arm.

ßter Tag: Schegeräi, ein wasserreicher Brunnen (anderen Berichtei-stattem nach im Bürrum).

7ter Tag: Hadjidjat.

gter Tag: Ijager zwischen den Felsen im Wadi Fäli.

9ter Tag: Fittri.

[Ich gebe hier die Strasse von Yäö nach Mäö, nach dem Berichte des Buläla*) Ibrahim: Ister Tag: Fäli, ein felsiges Thal, schon im Gebiete von

Baghirmi. 2tcr Tag: Aüni, ein von Baghirmi-Lcuten bewohnter Weiler. 3ter Tag : Bükko, ein von Baghirmi-Leuten bewohnter Weiler. 4ter Tag : Schegeräi, ein von Tebu-Gurään bewohntes Thal. 5ter Tag: Bahhr el Gliasdl. 6ter Tag : Kedäda, eine von Tündjur bewohnte Ortschaft Es

ist eine sehi* wichtige Frage, ob dieses Kedäda mit dem

vorher erwähnten einerlei sei.

*) Ich gestehe, dass ich nicht genau weiss, wie die Singnlaxform ron Bu- lala lauten niüsste.

I

440 Anhang I.

7ter Tag: Mondö, ansehnlicher Ort im Bezirk Yagöre, dess- halb auch zuweilen Mondö Yagöre genannt, bewohnt von Tündjur (dieser eigenthümlichen Völkerschaft wird am Ende dieses Bandes noch näher erwähnt werden), Wadai- Leuten und Arabern. In demselben Bezirk Yagöre liegt auch die Ortschaft Bugdrma, beherrscht von dem Häupt- linge Kedl-Adümmo. Mondö wird von Denham*) als ungefähr 10 Stunden zu Pferde von seiner Station im Lager der Düggana entfernt aufgeführt Es ist der Sitz eines Statthalters, früher unter der Regierung von^Bömu, jetzt aber (wenigstens 1851) unter der von Wäddi. Der gegenwärtige Statthalter ist Fügobo-Bakr oder A'bakr (eigentlich Abü-Bakr). Auch der Agid el Bahhr hat hier häufig seinen Aufenthalt.

8ter Tag: Yagübberi (so wahrscheinlich nach dem Kanembü- Stanmie der Kübberi genannt), bewohnt von Tündjur.

9ter Tag: M&ö.]

Es ist hier am geeignetsten, die von den Ueläd Slimän uns mitgetheilten Stationen längs des berühmten Bürrum an- zuführen, wodurch sich nach Vergleichung mit den obigen Itinerarien ein ungefährer Umriss der Windungen dieses be- rühmten Thaies, wie sie in der später erscheinenden allgemei- nen Karte angesetzt sind, herausstellen wird.

Wenn man bei *Alimari anfängt und immer das Bürrum entlang zieht, so sind die üblichen Stationen die folgenden: Geren Hebäl Schegeräi Fadjädja Münarak Scheddera Toröri Haradibe GelemnT Hagedji Tülb-bahr (Tül-el-bahr?) Tschüaru Ege.

Die Lage von Ege wird ziemlich genau festgestellt durch

*) Denham, Bd. I. S. 262 ff. Es ist nicht ganz klar, ob Denham die .50 Meilen (S. 267) bis Mendoo (Mondö) oder bis M^ö rechnet, obgleich das Letz- tere wahrscheinlich ist. Der Name Korata Mendooby (S. 267) bedeutet die Kerida oder Kreda (Fugäbü) von M6ndö.

Der Bahhr el Ghasäl. 441

Vergleichung mit einem weiter unten anzuführenden Itinerar von Ngegimi nach jener weidereichen Thallandschaft. Vorher muss jedoch einer Schwierigkeit Erwähnung geschehen, die einige Ungewissheit in der Darstellung dieser Gegenden übrig lässt. Diese Schwierigkeit betrifft die Stelle Schegeräi, welche in der letzterwähnten Mittheilung als ein Platz und Brunnen im Bürrum selbst, in den anzuführenden Itinera- rien aber mehr als ein besonderes Thal bezeichnet wird; jedoch kann nach gehöriger Überlegung kein Zweifel an der Identität obwalten. Das grosse Burnmi hat offenbar mehrere kleinere Abzweigungen. Wegen der die grosse Schlangen- windung des Thaies klar vor Augen stellenden Identität von Toröri in den verschiedenen Itinerarien kann von einem Zwei- fel nicht entfernt die Rede sein.

Der Weg von Ngegimi nach Ege berührt folgende Statio- nen: Maiidjät bir Nefä-ssa bir Scherifa bir el Höscha el Hamir bir Hadüdj bir el 'Att-esch bir ben Miissebl bir Ssali Kederi Dira oder Diri Birfo (ich bin nicht gewiss, ob ursprünglich bir Fo) Ege.

Ich gebe nun den Weg vom Bir el Kürna*) (dessen Lage wir auf unserer eigenen Reise selbst kennen lernten) nach Ege über bir el *Att-esch und Müssebl. Ister Tag: Langer Marsch. Ankunft beim bir el 'Att-esch

bei Sonnenuntergang. Richtung nördlich. 2ter Tag: Rast in der Wildniss um Dhohor. 3ter Tag: Bir ben Müssebi, nach vierstündigem Marsche. 4ter Tag : Rast in der Wildniss um 'Asser (ungefähr 4^ Uhr

Nachmittags). 5tcr Tag: Nach vier- oder fünfstündigem Marsche Ankunft

*) ich bemerke hier, dass ich mit Bezug auf Känem den Namen dieses weit verbreiteten Baumes gewöhnlich „kdma" geschrieben habe; sonst ist f,k6ma" gebräuchlicher.

I

442 Anhang I.

beim bir el Borfo, welcher bereits ausserhalb der Grenzen von Känem liegt. Es ist augenscheinlich, dass dieser Brunnen nicht mit Birfo einerlei ist. 6ter Tag: Rast an einer Stelle mit vielem Hhäd, aber we- nigen Bäumen. 7ter Xag: Ege; Ankunft bei Sonnenuntergang. . Ege ist eine weit berühmte flache, weidereiche Thalland- schaft — in welcher Kukiirde als eine bemerkenswerthe Stätte angeführt wird , zeitweilig von verschiedenen Stäm- men besucht, die hierher kommen, theils um ihre Kameele an den hiesigen Quellen zu tränken, welche den gedeihli- chen Wuchs des Kameeis (wahrscheinlich ihres Natron- oder Salzgehaltes wegen) aufs Trefflichste befördern sol- len, theils um die Frucht des Ssiwäk (Gapjjaris sodata oder ßalvadora Persica) zu sammeln, welche in diesem Theile des Thaies in grosser Menge wächst, weiter aufwärts aber seltener vorkommt. Die stärksten unter diesen Stämmen waren früher die unten in dem Verzeichniss der Tebu-Stämme angeführten Bultu oder Biltu, welche «inst die Nakassa be- herrschten, die Haläl e' Debüs ein Arabischer Schimpf- name; der eigentliche Name des Stammes ist mir nicht be- kannt — und die Chiät e' Rih ebenfalls ein Spottname , Ferner kommen häufig nach Ege die Mu-ssu, die Ssakerda und die von den Kedl Lauäti- beherrschte Abtheilung der Fugäbü, zuweilen auch die üeläd Slimän. Weil jedoch Ege bei vielen Stämmen als ein vortrefflicher Platz für ihre Ka- meelheerden sehr beliebt ist, so werden natürlich auch zahl- reiche Raubzüge dahin ausgeführt.

Von Ege aus scheint sich das Bürrum oder der Bahhr el Gha- sdl nach NW. oder wenigstens nach NNW. zu wenden, nämlich nach Tangür hin, das 2 Tagemärsche von Ege entfernt ist. Hier scheint das Land wirklich ein weites Becken zu bilden ein Umstand, der die Angabe der Eingeborenen, dass sich das Biir- rum vom Tsäd aus abwärts senke, als weniger unsinnig er-

Strassen nach Btirgn. 443

scheinen lässt, da Tangür nach der allgemeinen Annahme das Ende des Bümim bildet. Eine hier angestellte hypso- metrische Beobachtung würde die Frage über das Gefälle des Bürrum und die Richtigkeit der merkwürdigen betreffen- den Angabe der Eingeborenen auf der Stelle entscheiden. Einige Leute behaupten jedoch, dass sich diese grosse Thal- bildung noch weiter in Burku oder Bürgu hinein erstrecke. Eine oder zwei Tagereisen nördlich von Tangür liegt die Ort- schaft Bdteli, nicht minder berühmt als Ege wegen ihres vorzüglichen Schlages Kameele (von welchen ich selbst mit- unter eines besass), imd Degirschim.

Nach diesen Mittheilungen bezüglich des südöstlichen Thei- les von Känem und des Bümmi gehe ich nun zu den mir bekannt gewordenen Strassen von diesen Gegenden nach Bürku oder Bürgu über (schon Capt. Lyon hat über dies Land einige interessante Bemerkungen gemacht), imd zwar zu der Strasse von Eye nach Yen oder Beläd el '^Oniiäny dem Hauptorte von Bürku. (Richtung: NNO.) Ister Tag: Tarö oder Trö, ein Thal mit bitterem Wasser. 2ter Tag: Karo; Ankunft vor der Hitze des Tages. 3tcr Tag: Aüdanga, Brunnen mit viel Buschwerk. 4ter Tag: Tungurki; Ankunft vor der Hitze des Tages. 5ter Tag: Yaiö el Kebir, Brunnen mit Dümpalmen. Un- fern davon Yaiö-el-srhir. gter Tag: Yen, nachdem man am 6*«^ Tage die Grenzen von Bürku überschritten und dann zuerst die Quelle *Am Te- lekka erreicht hatte. Die Umgegend von Yen ist reich an Weideland und Palmen. Die Dorfschaft besteht mei- stens aus steinernen Hütten , die Einwohnerzahl schwankt aber sehr. Es gibt verschiedene Häuptlinge im Orte, un- ter welche die Gewalt vertheilt ist und von welchen Lenga oder, wie sein Titel ist, Täua Lenga der einflussreichste zu sein scheint. Ausser ihm leben hier die Häuptlinge:

I

444 Anbang I.

Yüorde, Kälome und Biddu, welch' letzterer zu den Bid- dua gehört; auch hält sich Kedel-Agre, der Häuptling der Bultu, hier zuweilen auf. In Teki, einer durch eine grosse Quelle befruchteten OrtschafE, wohnt noch ein an- derer Häuptling, welcher zu den Tiyoua gehört und Ge- henni genannt wird. Galäkka ist der Name einer ande- ren der hauptsächlichsten Ortschaften Bürku's,

Yen ist 11 Tagereisen von 'Arädha oder 'Orädha*) ent- fernt, dem Sitze der Mähamid, dessen Lage mit grosser Sicherheit durch seine Entfernung von Wära bestimmt wer- den kann:

Ister Tag: Wen, 3ter Tag: Tschirogia, 7tcr Tag: Oschim, llter Tag: 'Arädha.

Ich fuge hier einige Angaben über die Stämme und Sipp- schaften der Tebu, namentlich über ihre gegenwärtigen Wohn- plätze bei, welche Angaben nach dem, was ich über dieses Volk bereits in meiner Untersuchung über die Geschichte des Königreichs Bomu (Bd. II. S. 299 ff.) beigebracht habe und was ich über dasselbe noch im weiteren Verlaufe meines Berich- tes bei meiner Heimreise im Jahre 1855 zu bemerken haben werde, nothwendigerweise kurz sein müssen.

Die Tebu, Tübu oder vielmehr Teda halte ich noch immer auf das Entschiedenste für nahe Verwandte derKanöri, und ich glaube, dass die von mir früher (Bd. U.) erläuterten histori- schen Beziehungen zwischen den beiden Völkern meiner auf linguistische Gründe gestützten Ansicht zur mächtigen Bestä- tigung dienen. Die Araber, namentlich die Ueläd Slimän, fü- gen dem Namen „Tebu" gewöhnlich das Wort „Graän" oder „Guraän" hinzu, welches ich auf den so oft von Leo Africanus erwähnten Bezirk „Goran" oder, wie Marmol schreibt, „Go-

•) Ich bin nicht ganz sicher in der Schreibweise dieses Namens, glaube jedoch, dass er mit p geschrieben wird.

Die Stämme der Tebu. 445

rhan" glaube beziehen zu dürfen. Die Tebu selbst habe ich nie «dieses Wort gebrauchen hören , nach dessen Bedeutung ich jedoch zu fragen vergass. Ich bemerke nur noch, dass die Tebu in ihrer eigenen Sprache den Kanöri den Namen „Tiigubä", den Imö-scharh aber den Namen „Yeburde" geben.

Ich will nun zuerst die bereits gelegentlich erwähnten, in und um Känem wohnenden Tebu -Stämme auffuhren, mich dann nach Norden und von da nach Südosten wenden.

Die bedeutendsten in Känem scsshaften Stämme sind die Worhda, die Dogörda, die Gadeä, die Yeorma*) und die Fidda; in Lümna am Komadugu Waübe die federe; nördlich vom Komadugu bis nach Beduäram die Bülgudä, von den Ara- bern und Bomauern Däsa genannt; unfern von Beduäram die Wandala, ein bereits von Capt. Lyon, sowie auch von Denham erwähnter Stamm**); unweit von den Letzteren die Aüssa; beim Brunnen Aghadem die Bolodüa, von den Kanöri „am Wadebe" genannt; am Burrum, welches die Tebu „Fede" nen- nen, entlang wohnen die Karda, gemeiniglich Kreda genannt und in verschiedene Sippschaften getheilt, von welchen die Gelimma, die Gra-ssön (dies halte ich mehr für den Namen eines HäuptUngs, da die Stämmenamen sämmtlich in einen Vokal auslauten) und die Buköschele die angesehensten sind; die Schindaköra mit dem Häuptling Abu Nakür, die Ssa- kerda mit den Bakaikore, die Medemä und die Nöreä, ge- wöhnlich Nuormä genannt***); inEge und Bäteli die Mü-ssu mit dem Häuptling Wüdda ; in Tangür die Nakassa, von de-

*) Die Yeönna sowohl wie die Tümm^lme und Yeggadä sind von den Tua- rcg fast gänzlich vernichtet worden.

**) Was den ebenfalls von beiden genannten Reisenden (Lyon, S. 265 ; Den- ham, Bd. I. S. 42 und sonst oft) erwähnten Stamm Traita betrifft, so scheint mir derselbe kein einheimischer Name zu sein ; ich bin wenigstens nicht im Stande gewesen, über den Wohnsitz des so benannten Stammes Auskunft zu erlangen. Denham nennt ihn an einer Stelle „die Leute von Traita**.

***) Unter diesem letzteren Kamen auch Burckhardt bekannt (Travels in Niil/ia, 2nd ed., Ap. I. p. 43öJ.

}

446 Anhang I.

nen die Un mit dem Häuptling Mäina (kein Eigenname, wie es scheint) eine Abtheilimg bilden; inBilma oder Bulma .dies letztere ist wahrscheinlich die richtige alte Form und im Wadi Kauär, wie es die Araber seit vielen Jahrhunderten nen- nen, oder „henderi Teda", wie es die Eingeborenen als das Uauptthal ihres Stammes bezeichnen, die Ge-sserä oder Ge-ssedi.

In Tibessti (Tibessti ist ein allgemeiner Name, der früher einen weiteren Umfang als gegenwärtig bezeichnet zu haben scheint, aber nur scheinbar die ganz fremde Form des Stamm- namens Tebu bestätigt) und in Bäteli : die Temaghera *), ein sehr interessanter Stamm von alter historischer Wichtigkeit (s. Bd. II), welcher zur Zeit des Edriss Alaöma in Nguruti in Känem seinen Sitz hatte, mit dem Häuptling Gurde, Teharke's Nachfolger ; die Gonda oder Gunda, deren alter Häuptling Ta- her Assar vor einiger Zeit starb, in Borde (Capt. Lyon's Ber- dai), einer der bedeutendsten Oi-tschaften in Tibessti, und an anderen Stätten ; die Arindä in Dirkemäu, einer anderen Ort- schaft in Tibessti, mit dem Häuptling Keneme ; nördlich von Tibessti, im Thale Täö, die Abö, ein Name, der oft irrthüm- lich für den einer Ortschaft angesehen worden ist; man hat mich aber ganz bestimmt versichert, dass es nur ein Stamm- name sei.

Diese zuletzt genannten Stämme bilden in ihrer Gesammt- heit, wie ich glaube, die gewöhnlich „Tebu Reschäde", in der einheimischen Sprache aber „Tedetü" genannte Gruppe.

In O'djanga oder Wadjanga**), der östlich an Tibessti und

*) Dieses Wort scheint ein Berber-Element zu enthalten, was jedoch wohl mehr scheinbar als wirklich sein dürfte. Imam Ahmed schreibt stets deutlich „Tumäghira".

•♦) S. Lyon's Bericht, S. 266, wo eine etwas übertriebene Boschreibung der Bewässerung der Landschaft, dio freilich nicht überall ganz unfruchtbar sein dürfte, gegeben ist. bYcsncl im lUtUehn lie la Soc, Oeogr, de Par'n. Serie UI. VoL 14, p. 175.

Die Stftixmie der Tebn. 447

nordöstlich an Bürku grenzenden Landschaft, in der Richtung von Küffara*), sitzen dieWonya mit dem Häuptling Onökke; südlich von ihnen die Matätena oder Gürin, in fruchtbaren Thälern, die sogar Feigen hervorbringen.

In Bürku sind die folgenden Stämme: die Bültu, von den Arabern mit dem Spottnamen „Nedja el Keleb" bezeichnet, mit dem mächtigen Häuptling Kedel-Agre (von welchem auch die Kirdidä in Klrdi, die Guruä in Gur und die Elbueda in Elbue abhängig sind), während eines Theiles des Jahres in Yen, aber nach der Dattelernte gewöhnlich in dem Bezirke Kere- Bürku und zu anderen Jahieszeiten in Ege wohnhaft; die Yenoä mit dem Häuptlüige Alanga oder vielmehr Lenga in Yen ; die Dösa mit dem Häuptlinge Kälema in Büdda, einem Thale östlich von Yen; die Yerda in einer Ortschaft gleichen Na- mens ungefähr eine halbe Tagereise östlich von Yen, mit dem Häuptling Yile ; die Teyeuä in Teke, einer fruchtbaren Land- schaft oder Thalebene, gegenwärtig unter der HeiTschaft des Gehenni, indem der frühere Häuptling Ssahäi, der Vater einer zahlreichen Familie, gestorben ist; in dem grossen Thale 'Arädha, an der Grenze von Wdddi, die Mohede, früher un- ter 'Othmän Belede, welcher vor Kurzem gestorben ist. In noch grösserer Entfernung sind dann die Wohnsitze des zahl- reichen und mächtigen Stammes der Sorhaua, der schon im 13*^11 Jalirhundcrt den Isslam annahm.

Ich müsste jetzt den Stamm der Terauye oder Bedeyät oder, wie sie von den Arabern genannt werden, der A'ua, welche die Landschaft tnnedi bewohnen, aufführen, wenn ich sicher wäre, dass derselbe zum Volke der Tebu gehört. Aber die wenigen Wörter ihrer Sprache, welche ich habe erfahren können, wie Wasser, Feuer, sind völlig verschieden von den entsprechenden Wörtern in der Tebu-Sprache, wie:

*) Zu KüfTara gehört Kebabo, ein Ort, der Ton den Einwohnern Bürku'a fjTesser" genannt wird.

J

448

AnhaDg L

Wasser

Feuer

Terauye mi, djö,

Teda eyL uuem.

Jedoch mögen dies nur Dialektverschiedenheiten sein, wie das oft der Fall ist.

finnedi wird von einer grossen Anzahl von Thälem durch- schnitten, von welchen eines Käüle und ein anderes, in der Nähe von Wäddi, Nlyu genannt wird. Einer unter den Häupt- lingen der Terauye ist Rüs-si, welcher durch seine Theil- nahme an den Handelsunteniehmungen des Königs "Abd el Ke- rim Ssabün von Wddäi wohlbekannt geworden ist*). Er war im Jahre 1851 noch am Leben und ist ein Moslim, während sonst die Terauye meistens Heiden sind.

*) S. Fresnel, BuUetin de Ui Soc. de G4offr. 1849, Ser. UI, Tom. XL

p. 5:$.

IL

Zur Kaiiem- Reise.

Zusammenstellung der geogp*aphischcn Angaben, welche in dem ,,Diwan"f oder

dem Berichte des ImSm Ahmed ben Ssoflya *) über des Königs Edrlss Alaoma

Feldzüge von B6mu nach Käncm, enthalten sind.

Erster Felclzug.

1 Tagemarsch: Ghambarü (l^^^-s^c), nachdem er von Bimi Ghasr-figgomo aufgebrochen ist.

1 Tagemarsch: Santam {(^j)-

1 Tagemarsch: Kischfmua (öj4.io ), indem er sich west- wärtis zurückgewandt hatte.

1 Tagemarsch: Santam, indem er wieder die östliche Rich- tung eingeschlagen hatte.

V 1 Tagemarsch: Ghotüa (»y^).

Mehrere (kui-ze) Tagemärsche: Beri {^Jr?)' Wer König la- gerte jedoch nicht in der Stadt Berl selbst, sondern rings

' um einen befestigten Platz (äaJ^) Namens Ghatigha

(^JÄÜlc), welcher, nach anderen Angaben, in nur geringer Entfernung von der Stadt Beri liegt. . Berl war ein

t

*) Siehe, was ich im zweiten Bande über diesen Mann gesagt habe. Ich bemerke hier ein- für allemal, dass die Namen im Manuskripte im Ma- ghrebi- oder Warasch - Style geschrieben sind, hier aber im östlichen oder A'bü -'Omar -Style wiedergegeben werden.

D«rth'B RelMii. lU. 29

I

450 Anhang IL

durch seine Lage berühmter Platz, welche für den Ver- kehr zwischen Bomu und Ksnem von grosser Bedeutung war*).

1 Tagemarsch : Furtü (y ^). Ankunft um die „kaila*' oder „kiyüla", nachdem er bei Ssakala (äXCav), einer unbe- wohnten (3rtlichkeit (yVS^), und bei der Stadt Ghayawa

(}yfiC) vorübergekommen war. Die Stadt Furtü oder Furtüa ist von der grössten Wichtigkeit für die Geogra- phie von Känem, da sie mit dem von Makrisi erwähn- ten I'kll oder I'keli identisch ist. Imäm Ahmed schreibt

o o^

äXJi. Sie hatte ausserdem noch einen dritten Namen,

> ^ o ^

nämlich Ghaldjadü oder Ghaldjadiiä ((^v-XsnXc). 1 Tagemarsch: Aläle (^^i); bei östlicher Richtung.

1 Tagemarsch: Ghibüa-kandjiyis (iAsruj ^^j-^c), eine un-

\i ^ 40' ^

m

bewohnte Ortlichkeit.

1 Tagemarsch: Daghäl ((J^^).

1 Tagemarsch: Bürum ifrf)-

1 Tagemarsch: Koro (jjj <-^).

1 Tagemarsch: Kessuadä ^Oy*S\

.- ; 1 Tagemarsch: Ghumämf (^ycWc).

y y 1 Tagemarsch: Ssülü oder Ssülüa (»^^). Diese Ortschaft

war, nach einer anderen Stelle des Kanöri-Geschicht-

Erster Feldzag. 451

Schreibers*), ein Sitz der Kenaniya, welcher Stamm in fiüherer Zeit den Hauptbestandtheil der Bevölkerung von Känem ausgemacht zu haben scheint, aber dem Volke von Bomu feindlicli gegenüber stand und durch die Feld- züge des Edriss offenbar sehr gelitten hat (s. weiter unten).

1 Tagemai-sch: Mülghim (i**^).

^ y 9

1 Tagemarsch: Kurü oder Kurüä (Ur^).

1 Tagemarsch: Meladjerä, ein Fluss**) ((^•'**mJI i-sn^t

1 Tagemarsch: Rimbauä (U-5-^).

l Tagemarsch : Mäö (hier \^^ , aber bald darauf Uv^c und

S. 16 {y^ [aus Versehen selbst (J[J^] geschrieben). Er kam kurz vor „ssauäl" hier an.

Da die Lage von Beri von uns selbst bestimmt und auch die von Mäö mit annähernder Genauigkeit gegeben worden ist, so könnte der ganze Weg, angenommen, dass derselbe in einer einigermassen geraden Linie laufe, mit einiger Ge- nauigkeit in einer Karte niedergelegt werden. Die Unsicher- heit nimmt natürlicherweise zu, wenn wir über diesen Ort hinaus nach dem südöstlichen Theile von Känem vordringen.

Mäö war damals ein in ganz Känem berühmter Ort, ob- gleich zu der Zeit kein mächtiger Häuptling hier seinen Sitz hatte; 'Abd el Djelil, der Buläla- Fürst, residirte damals in

Yitukui'ma (oder Yutükurma, denn beide Foimen, Ä/O

♦) Manuskript, S. 101.

**) Dieser Fluss ist eine wichtige Eigonthümlichkeit des Landes und könnte Yon einem die südlichen Theile von KSnom besuchenden lieiscndcn leicht iden- tificirt werden.

29«

452 Anhang ü.

und Ä/Op=3yS?» kommen vor*)), das von Mäö „megTl" (d. h. etwa 5 6 Stunden schnellen Marsches) in südöstlicher Richtung entfernt gewesen zu sein scheint.

Von Mäö zog Edriss in nördlicher Richtung nach Wa-ssdmi (^yoL*^) (S. 18), welches einen bis gegen Ssauäl anhal- tenden Marsch davon entfernt ist, wälirend das Bu- läla-Heer nach Klrssila (äa^-I^zi) kam, das möglicher- weise westlich von Wa-ssämi lag**). Die Buläla flohen (um dhahüe ") ; Edriss richtete dann seinen Zug nach den südlichen Landschaften Känems und kam zwischen

Dhohor und 'Asser in Manmaua (ää^Ä/o) an, wo es kein Wasser gab.

Von hier nach Ta-ssa (äa*o) oder Tu-ssa (ämÖ). Ankunft um Ssauäl. Es war offenbar ein beträchtlicher Ort, da der König daselbst 8 Tage blieb. Hier flohen die Bu- läla zum zweiten Male.

Von Ta-ssa nach Ndjimie oder Schimie (hier aamaJI, etwas

weiter unten *6sr) und einige Zeilen vorher *a**Ji geschrie- ben), der alten Hauptstadt vor Daüd's Zeit. Ankunft vor Ssauäl. Leider gibt der Geschichtschreiber nicht die Richtung an, welche sein Fürst hier verfolgte.

Hier liess Edriss an den Gräbern der alten Könige Bornu's den Kuran dreimal lesen.

*) Solche zwei verschiedene Formen kommen bei vielen Kanöri- und Tebu- Kamen vor, wie Bulma und Bilma, „btirni" (wie Imäm Ahmed stets schreibt) und „birni", u. a. m.

**) Dies ist jedoch sehr zweifelhaft; denn die Buläla zogen sich auf ihrer Flucht nach Osten zurück.

Erster Feldzag. 458

Von Ndjfmie zog Ednss nach A'ghäfi (cj^^^Oj ^^ ^^^ ^^' festigter Ort der Bulala war. Er kam (nach einem kur- zen Aufenthalte auf dem Marsche) um Dhohor an und fand d.aselb8t das feindliche Heer vor, welches sofort die Flucht ergriff.

Von Alghäfl nach Ssendü (öa<-Xa*a/).

Von Ssendü nach I'kima (ä^j ().

Von I'kima kehrte er nach Äghafi zurück und feierte da- selbst nach altem Brauche von Bomu das 'Aid el Fotr.

Von A'ghäfi nach Fifi-ssi (ämaaW) , wo er,. indem er am

Abend aufgebrochen und die ganze Nacht hindurch mar- schirt war, am Morgen ankam. Er machte hier grosse Beute, da 'Abd el Djelil die Flucht ergriff.

Von Fifi-ssi kehrte er in 2-J Tagen nach A'ghäfi zurück,

während sich 'Abd el Djelil in Gha-ssikü (IjX^mac) , nörd- lich von A'ghäfi, befand.

Von Äghäfi wandte sich EdrTss nach Ndjimie, indem er bei Anfang des 'Asser aufbrach und um „el äschä" ankam.

Von Ndjimie zog er sodann in schneUem Marsche (vom

Dhohor bis „mughreb") nach Melima (^WaX/o).

Von Melima nach Gha-ssikü.

Von Gha-ssikü kehrte er über Melima und Ndjimie nach Aghäfi zurück und hielt dort eine geraume Zeit Hof, in- dem er die Häuptlinge der Buläla und selbst die der Ara- ber und der Bewohner der Landschaft Fittri zu sich be- rief und die Regierung von Känem dem Fäki Mohammed ben Abd- Allah, übertrug.

Von A'ghäfi zog Edriss nach Ghamtilü, dem Be*gräbnissorte des Biri ben Dünama.

454 Anhang II.

Von Ghamtilü südwärts nach Beläghi ( clXj).

[Während König Edriss nach Beläghi ging, besuchte sein Imäm, Ahmed ben Ssofiya, indem er sich mehr west-

lieh hielt, eine alte Moschee Namens (J^y <-V^im4/o,

augenscheinlich eine der ersten Stätten des Mohamme- danischen Gottesdienstes im Lande Känem.]

Von Beläghi wandte sich Edriss wieder südwärts, in der Richtung der Sumpf lache (^^/jl*^) {jjO ^sniJt Sqä. (jJi),

nach Fissla (&aaaa5) , wo er eine lange Zeit verweilte und

Gesandtschaften von den Arabern, den Küka oder viel- mehr Kükü (1^=3^=3) und den übrigen Bewohnern Fittil's empfing.

Von Fissla wandte sich Edriss westwärts nach Bomu zu:

Zuerst nach Diyauä v]^*-^) , wo er sich etwas aufhielt.

Von Diyauä nach Ghalä oder vielmehr Ngalä (^^).

Von Ngalä nach A'uano (^^v-

Von Äuano nach 'Alüa (ö^Ac).

Von 'Alüa [kehrte er zurück (?)] nach Ngalä.

Von Ngalä nach Madaghama (Ä442lXc), wo sich ihm Mo- hammed ben 'Abd-Allah mit seinem Heere anschloss.

Von Madaghama kehrte Edriss auf die Nachricht von 'Abd el Djelil's abermaliger Rückkehr nach Yitükurma wieder ostwärts nach Ngalä zurück und ging von dort wieder nach Madaghama.

Von Madaghama kam er, in geradem Marsche auf Bornu, in einem langen Tagemarsche nach Ssülü.

Erster Feldzag. 455

Von Ssülü nach Keghu-ssiti (Äia^uiT ).

Von Keghu-ssiti nach Ssiki (äJCama üÜLsit) , einem Orte,

der damals die Grenze zwischen Bornu und Käneni bil- dete, wesshalb hier beim Durchmarsche die Trommel ge- rührt wurde.

Von SsTki nach dem Gau der Ssugurti oder Ssukurti \^J^y

Von Ssugurti nach Bulughi {iyS).

Von Bulüghi nach Ngughiiti (Ngurüti) (^J».c%c, weiter unten

y y ••

Ä3^ÄC geschrieben).

Von Ngughiiti nach Berl.

[Aber des Königs direkte Rückkehr nach Bornu wurde verhindert; denn er erhielt in Berl Kunde von einer bei Yitükurraa zwischen *Abd el Djelll und Mohammed, dem Statthalter von Känem^ gelieferten Schlacht, in welcher der Letztere unzweifelhaft besiegt worden war. Er kehrte daher noch einmal nach Osten zurück, indem er sein Heer in zwei Abtheilungen trennte und davon nur eine mit sich nahm.]

Von Berl nach Ghatighi (hier sonderbarerweise Äc^lc

^ ••

geschrieben), demselben befestigten Piatee, der oben als

ganz in der Nähe von Berl liegend erw<ähnt worden ist,

und wo sich die Heere zu sammeln pflegten.

Von Ghatighi oder Ghatiga nach Ngughüti.

Von Ngughüti nach Bulüghi.

Von Bulüghi nach Kirteti (V) (^_jÄ3-==).

Von Kirteti nach Keghu-ssiti.

}

456 Anlumg IL

ou Keghu-ssiti nach Ririkmi (^^^»^[^).

Von Ririkmi nach Ghami-Kiäla \^^^^(^r^) , einer grossen

ummauerten Stadt, offenbar eines von den beiden von mir früher als zu Schitäti gehörig erwähnten Eiala.

Von Ghami-Kiäla nach Yesembü (im-mao), wo er, in der Nacht aufgebrochen, bei beschleunigtem Marsche nach Sonnenaufgang ankam; dieser Ort scheint jedoch nicht in der Richtung seines Zuges gelegen zu haben, da er von hier zurückkehrte, um den geraden Weg fortzu- setzen.

Von dort nach Wa-ssämi.

Von Wa-ssämi nach Melima, wo er umKaila(etwa 11 Uhr) ankam.

Von Melima nach Ndjiuiie (östlich), wo er am Abend an- kam.

Von Xdjimie nach Äghäff oder der Festung von A'ghäfi, wo er, nach Mittemacht aufgebrochen, vor Sonnenaufgang ankam. Er verfolgte von liier aus den *Abd el DjelÜ und nahm einen Theil von dessen Smtäla nebst der Königin Ghiimssu Wäbi gefangen.

Von A'ghäfi kehrte er nach Ndjimie zurück.

[Der Chalifa Yenma Yaghä, welchen Edriss mit den Kranken inWa-ssami zurückgelassen hatte, setzte von

da seinen Marsch langsam nach Norden (^Q^ ^i

(JUä5() fort und kam zuerst nach Diru (p?«->) ;

von Dim nach Madhimi [m^^^ ;

von Madhimi nach Ndjlmie, wo er Edriss antraf.]

Erster Feldzug. 457

Von Ndjlmie zogEdriss selbst ostwärts nach Kauäl jO]^' »), wo er um Dhahaüe (gegen 9 Uhr Vormittags) ankam.

Von Kauäl brach er um Mittemacht auf, zog zuerst süd- wärts, wandte sich bei Tagesanbnich ostwärts, indem er sich allmählich immer mehr nach Norden hielt, und über- fiel die Tebu (offenbar beim Bahhr el Ghasdl). Von die- sem Raubzuge kehrte er dann nach Kauäl zurück.

Von Kauäl wendete er sich wie es scheint, auf einem langen Umwege nach Ndjimie zurück, indem er zu-

erst nach Saghi [Scheghi, Schiri (?)] (ääm») ging, das er bei Sonnenuntergang erreichte.

Von Saghi (Schiri?) brach er bei Sonnenaufgang auf und

gelangte über I'kma (*♦!> i) und Ghurfala ( V^r^) nach

Ndjimie. Edriss traf gerade zur rechten Zeit hier ein; denn der Buläla-König hatte auf seinem Wege nach Ba- ghlrmi oder, wie es hier in der im Kanöri üblichen

o^-

Form geschrieben ist, Bagharmi (cj^r^) Nachricht von Edriss' Rückkehr nach Känem erhalten und sein Heer dem Feinde entgegengeführt, ja, es war ihm fast gelungen, das Lager des Bornu-Heeres durch plötzlichen Überfall zu nehmen, als Edriss eben ankam und ihn zum Rückzug nöthigte.

Von Ndjimie zog Edriss nun nach Ghimarä (»r-»^).

Von Ghimarä in südlicher Richtung nach Ssatöm (r^^), einem unfern von Yitükurma gelegenen Orte.

Von Ssatöm nach Daghelü oder Dagheluä (UAco), wo

'Abd el Djelil sich aufhielt, jedoch nun die Flucht ergriff. (Daghelü ist wahrscheinlich identisch mit T&ghghel.)

458 Anhang IL

Von Daghelü kehrte Edriss nach Ssatöm zurück und traf seinen Vezier in Karglia - Ssimssim (**am>*' Äc -^^ *) ).

(Daghelü lag also südlich oder im südlichen Theile von Kargha.)

[In Ssimssim hatte Edriss eine Zusammenkunft mit

einigen Arabern (Schüa) und Tebu oder Tübu («w4^*), wie Imäm Ahmed gewöhnlich schreibt Die Letzteren zogen es in ihrer Bedrängniss vor, nach Bömu zu wan- dern, während die Ersteren, welche sich eines engen Bündnisses mit dem Bomu- Könige erfreuten, in K&nem verblieben.]

Von Ssimssim zog Edriss nördlich nach Bari (cfjv) (augen- scheinlich der oben erwähnte Gau).

[Der Vezier, welchen Edriss in Ssatöm zuiückgelassen, lintt<\ um sich mit ihm in Ssimssim wieder zu vereinigen, l^loichfalls Bari ** ) dun hzogon.]

Von Bari zog Ednss nnch Mandö ((_5^-^-^) (Mandö Yagöre).

Von Mandö zog Ednss nordwärts und erfuhr, dass der Feind westwärts ziehe; er änderte daher die Richtung seines

Marsches, bis er KiUki (V) (V^\Ja^=> vAX^) erreichte. 'Abd el DjeUl wurde verfolgt und floh in die Wüste.

*) Mniu Mamiftkripl hat hier einen kleinen Schreibfehler, indem der erste Thcil dieses Xamens wiederholt ist.

*•) In Biri traf der Vewer ©ine fremde Kafl«, die er plünderte (^cAJi

r^K *di). K«nm« war WÄhrwheinlich ein Statthalter von Kafi , der oben

erkühnten Stadt in Schitati. Xhel el .Vrmi «teht offenbar mit dem früher er- wähnten Mestidjed A'rmi in Verbindung.

Zweiter Feldsug. 459

[Der in Mandö gebliebene Befehlshaber Midalä ben Fa- tima folgte seinem König langsjim nach, lagerte aber den- noch nach seinem Aufbruche von Mandö nicht eher, als bis er M&ö zur Seite gelassen hatte. In diesem Lager er- hielt er den Befehl, nachYira zu kommen, und zog zuerst nach Yikima,

von da nach Yira (»r:*), wo er um Hedjir (d. i. ein wenig nach 12 Uhr) eintraf.]

Von dort zog Edriss nach Ssitati (wahrscheinlich Schitäti) (IxIoaa/, wie es an drei Stellen geschrieben ist*)).

Von Schitäti wandte er sich westwärts zur Heimkehr nach Bomu, schlug aber am ersten Tage sein Lager ganz in der Nähe auf, wo die Araber (Schiia) Abschied von ihm nahmen.

Von hier zog er langsam nach Beri **) , wo die Beute ver- theilt und alle diejenigen Gefangenen, welche freie Leute waren, ohne Lösegeld zu ihren Familien und Stämmen entlassen wurden. Dies geschah einem sehr bemerkens- weilhen, seit alten Zeiten von den Buläla auf ihren Raub- zügen nach Bomu beobachteten Gebrauche zufolge: ein Cluster Keim von Völkerrecht.

Zweiter Feldzii«;.

Kaum hatte Edriss Alaöma seine Statthalter und Befehls- haber entlassen, um für einen zweiten Feldzug nach Käncm

*) Es erhellt hieraus, dass der oben Torkommende Name VdXJ^^^^ ein blosser Schreibfehler ist. ' "

•*) Dieser Name ist aus Versehen hier einmal (^%0 und an einer an- deren Stelle ^^f^ geschrieben.

I

458 Anhang IL

Von Daghelü kehrte Edrlss nach Ssatöm zurück und traf seinen Vezier in Kargha - Ssimssim (i^mm^ Äc-^d*)).

(Daghelü lag also südlich oder im südlichen Theile von Kargha.)

[In Ssimssim hatte Edriss eine Zusammenkunft mit

einigen Arabern (Schüa) und Tebu oder Tübu (v^^), wie Imäm Ahmed gewöhnlich schreibt. Die Letzteren zogen es in ihrer Bedrängniss vor, nach Bomu zu wan- dern, während die Ersteren, welche sich eines engen Bündnisses mit dem Bomu -Könige erfreuten, in Känem verblieben.]

Von Ssimssim zog Edrlss nördlich nach Bari (cf; v) (augen- scheinlich der oben erwähnte Gau).

[Der Vezier, welchen Edriss in Ssatöm zurückgelassen, hatte, um sich mit ihm in Ssimssim wieder zu vereinigen, gleichfalls Bari**) durchzogen.]

Von Bari zog Edrlss nach Mandö ((J^*^) (Mandö Yagöre).

Von Mandö zog Edriss nordwärts und erfuhr, dass der Feind westwärts ziehe; er änderte daher die Richtung seines

Marsches, bis er Kitaki (V) (V^ ^>^— a lXAmjJI) erreichte. 'Abd el DjelTl wurde verfolgt und floh in die Wüste.

*) Mein Manuskript hat hier einen kleinen Schreibfehler, indem der erste Theil dieses Namens wiederholt ist.

♦*) In Bari traf der Vezier eine fremde Kafla, die er plünderte (^^lXJI

r _/0 %a]\ Kaüma war wahrscheinlich ein Statthalter von Kau , der oben

erwähnten Stadt in Schitati. Ähel el A'rmi steht offenbar mit dem früher er- wähnten Messdjed A'rmi in Verbindung.

Dritter Feldzug. 461

Von Ben kehrte Edriss nach Ghambarü zurück, und zwar wie nach Imäm Ahmed's Bericht anzunehmen ist mit ganz ausserordentlicher Schnelligkeit; denn er machte diesen Weg, dessen Länge in gerader Linie 130 geographische Mei- len beträgt, in 25 Stunden wirklichen Marsches, mit Berüh- rung folgender Punkte:

^y -

Aufbruch von Beri um 'Asser; Ankunft in Kebüa (ö^J^ um 'Aschä.

Aufbruch von Kebüa am Morgen; Ankunft in Kikeri

(ö^,^i£=5) um Kalla.

Aufbruch von Kikeri am Nachmittag; Ankunft in Debübü

(jf^y^O oder (Oj3o) um 'Aschä. Aufbruch von Debübü am Morgen; Ankunft in KuSyah

(&j1ä%) um Kaila.

Von hier in einigen Meilen (vom Anfang bis zum Ende des 'Asser) nach Ghambanl.

Dritter Feldzug.

Nach kurzer Käst rüstete sich Edriss alsbald zu einem ferneren Zuge, um vor der Dattelnemte nach Känem zurück- zukehren.

Das Heer sammelte sich in Ghatigha, unfern von Berl.

Von dort aus zog er längs des Ufers des Tsäde oder Tsädi (ülS* ^jaruJt O J^ r^V**';}) nach Ngughüti.

Von Ngughüti nach Bulüdji. Von Bulüdji nach dem Ssugurti-Gau. Von hier nach Röro, wo er seine leichte Elite-Reiterei vor- aussandte.

i

462 AnhüDg IL

o

Von Roro nach Kimissno ((^m»»^=d lXXjJI), wo er um Ssauäl ankam.

Von Kimissno brach er bei *Asser- Anfang auf und erreichte

bei beschleunigtem Marsche Lebä (W) , eine berühmte Ortschaft mit künstlich bewässertem Ackerland, vor Son- nenuntergang.

Von Lebä zog er ostwärts nach Ghami-Kiäla (in 2\ Tagen).

Von Ghanii-Kiäla brach er um *^Asser auf und zog ostwärts nach I'ssembü oder Yissembü. Nur bei Sonnenuntergang wurde abgestiegen, um zu kochen und die Pferde zu füt- teiTi, und sodann der Marsch unverzüglich die ganze Nacht hindurch fortgesetzt; erst bei Tagesanbruch stieg man wieder ab, um das Gebet zu verrichten, zog aber hier- auf ohne Rast weiter bis jenseits Wa-ssämi, das unfern (^^offenbar westlich) von Yissembü lag, wo Edriss reiche Beute machte.

Von Yissembü zog er nach Delli {^O lXX-jJ)), einem we-

gen seines Dattelnreichthums und seiner sonstigen Frucht- barkeit berühmten Orte. Hier Hess er die Datteln in al- len verschiedenen Stufen der Reife einsammeln.

Von Delli wandte sich Edriss nach Westen, um sich mit seinem Befehlshaber Yiruma Yaghä zu vereinigen, worauf er, davon benachrichtigt, dass die Tebu ihn abzuschnei- den beabsichtigten, diese angriff und ein furchtbares Blut- bad unter ihnen anrichtete.

Von hier ging er nach dem „grossen Brunnen" (der Name desselben ist nicht angegeben).

Von hier unter der Führung eines erfahi'cnen Tebu nach Ghami-Kiäla.

Von Gharni-Kiäla wandte sich Edriss ostwärts nach den dattelnreichen Ortschaften und Thälern; er lagerte in

\

Dritter Feldtug. 463

Von hier zog er, ohne Halt zu machen,' bis nach Yidh (LW:>)

oder Yidhi (^^^<^) , einer besonders wegen ihrer Datteln

berühmten Landschaft

Von da wandte er sich südwärts und kam nach Fögha (äCj5), einer gleichfalls dattelnreichen Ortschaft. (Noch eines ande- ren Ortes mit Dattelpalmen, Namens Debekü, wird hier Erwähnung gethan.)

Von Fögha zurück nach Delli oder vielmehr etwas jenseits dieser Ortschaft.

Von da zog er mehrere Tage in südlicher Richtung bis I'wana (^^O» i'^ südlichen Känem gelegen.

Von hier über Delmi nach Daghelii oder Daghuluä (hier

UaCO geschrieben), dem oben erwähnten Ort, welchen der Geschichtschreiber bei dieser Gelegenheit als bei dem Volke von Känem besonders beiühmt und als äus- serst wohlhabend darstellt. Sein Weg führte an zahl- reichen Wasseransammlungen oder Lachen vorüber, wel- che damals gerade voll Wasser waren; an emer dersel- ben übernachtete er. Als er am folgenden Morgen in der Stadt ankam, fand er, dass sich die Einwohner geflüch- tet hatten; aber die Koiäm und die zu Kameel Beritte- nen setzten ihnen in nördlicher Richtung nach und mach- ten reiche Beute.

Der König der Buläla floh inzwischen mit seinen An- hängern in die Wüste.

Edriss kehrte nach Bomu heim. Zuerst kam er nach Ngalä, einer Gruppe von Dorfschaften oder vielmehr einem Gau (VAc j^^Xjüt (^t IXc cXX^t).

J

464 AnhüDg II.

Von Ngalä nach Tentebü ()y^Xi3).

Von Tentebü nach Röro.

y

Von Röro nordwärts nach Ssiru {^r^)» Zum Aaszuge ge- brauchte Edriss einen Tag und eine Nacht ('^^ ^^)t aber beim Heimzuge marschirte er von Ssiru nach Röro nur vom Morgen an bis zum Sonnenuntergang, so dass die Entfernung nicht sehr gross sein kann, da er damals mit Beute beladen war (dieselbe bestand namentlich aus Rindvieh und Ziegen, Kameele aber waren nicht erbeutet

worden).

-<»

Von Röro nach Limärä (kW), wo er 2 Tage rastete.

Von dort nach Ghayauä.

Von Ghayauä nahm er einen anderen Weg nach Dilärä (kUo) , wo er die eine Hälfte seines Heeres zurückliess,

während er mit der anderen nach Ghambarü zurückkehrte.

Vierter Feldzug *).

Im nächsten Jahre, am ersten Sonntage des Schauäl, ver- liess Edriss abermals Ghambarü und zog über Samtam, I'ta- naua, Ben, Ngurüti oder Ngughüti, Ssugurti und Röro nach Kessüdä.

Von Kessüdä ging er, die Strasse nach Ghumämi bei Seite lassend, nach Ssiki.

Von SsIki nach Ririkma (*^5p^).

Von Ririkma nach Wagham (it^j)- Von Wagham nach Wa-ssaml.

*) Nach Imäm Ahmed's Bericht ist dies der fünfte Zug des Königs.

Vierter Feldzug. 46&

Von Wa-8saml nach Mao oder Mauö (hier Ui^ geschrieben).

Von Mäö nach Ghamirä (»r-»^).

Von Ghamirä nach Ndjlmie, der Hauptstadt von Känem

Von Ndjlmie nach Beläghi, wobei er einen grossen Wasser- voiTath mitnalim.

Von Beläghi nach A'ghäfi, wo er, nachdem er um 'Asser aufgebrochen, vor Sonnenuntergang ankam.

Von A'ghäfi nach Ghaudjaia; Ankunft um Ssauäl.

Von Ghaudjaia nach Ragharkü y^r^j)*

Das Bornu-Heer wurde in seinem befestigten Lager (bei letzterem Orte) am 25«ten Dhu el kadä zur Nachtzeit von den Buläla angegriffen, worauf ein heftiger Kampf er- folgte, in welchem das Bomu-Volk eine grosse Nieder- lage, sowie einen beträchtlichen Verlust an seiner Habe erlitt und das Lager beinahe vom Feinde genommen wurde.

Von Ragharkü zog Edriss nach Delli, worauf die Buläla

ihre letzte Festung, Aghö ((^» oder |^Vi aufgaben, einen sehr alten Platz, welchen sie, nachdem von Edriss alle ihre Festungen in Känem (selbst die beiden anderen berühmtesten Plätze , I'kima und A'ghäfi) zerstört worden, wieder hergestellt hatten*).

^) Ich füge hier die ganze Stelle des GcschichUchreiben , welche Ton der grössten Wichtigkeit ist, bei:

bS\ B^j^l öüOLsJ( Uoa.! 5^[y( UjÜir Opjo

Barth! lt«U«n. iii 30

J

466 Anhang IL

Aghö lag offenbar am Rande des Thalkessels {^^^)i bei dem wir am lO*«" Oktober auf unserem Zuge vorbei- kamen, und Dein ist identisch mit dem oben unter den fruchtbarsten Ortschaften von Schitäti erwähnten Orte.

Von Delli zog Edriss ganz langsam südlich auf Eelu (^^^) zu, bis er über den Fluss gekommen war, welcher Eänem von Kelu trennt "'). Er setzte seinen Marsch bis nach Listeii

\jj [jcf ÖOJl{j| l^ÄxllS- (J\Ai\ äJyJjÄ leXAXSli* LjaÄJt ^1 ^ ^\jo\ XiXAJt gUjJf ^^Oü K^^ j»j»f y^ OM Löalj ^XTolJLiJl vA ^^ 5^

^UjI j.jis^\^ y ^g^' i:;lcjl ^^Ja ^^ |yy3

[jv^l,? ^jja5l J<i y^ Äjljyj ^ikjf oyfc'jj

*) Diese Stelle ist vom grösstcn Interesse, wesshalb ich die Worte des Autors anführe:

i:)\ (J\ iX^/o IX^ aAr oXj ^JJ« (j-A^f Xa^U ^t

••

Der Verfasser spricht gana deutlich Ton einem fliessenden Wasser und nicht Ton einem trockenen Thale ; es ist jedoch nicht klar, ob es ein unabhängiger

Vierter Feldzug. 467

(^JCmJ) fort, von welcher Ortschaft angegeben wird, dass

sie früher dem Stamme der Kilabetl (^Ä^^u ) gehört

••

und eine grosse Anzahl von Hütten oder Zelten (ö^-aIO

OjaXJ») enthalten habe.

Ich würde vermuthen, dass Kelu der Gau der Kaleäma im südöstlichen Theile des Tsäd sei, wäre nur irgend erwähnt, dass Edriss durch Bari und Kargha gekommen sei ; so viel ist jedoch gewiss , dass es ein langer, mehr- tägiger Marsch war.

Von Kelu wandte sich Edriss nordwärts zurück und lieferte dem Buläla-Könige 'Abd el Djelil vor Kiäyaka (äCj^T,

etwas weiterhin weniger korrect Ä> Ia> ) eine blutige

Schlacht.

Eiäyaka war ein Gau, in welchem die Buläla nach der Zerstörung ihrer anderen Festungen, I'kima, Aghäfi imd Aghö, eine neue Festung erbaut hatten, wie es heisst, auf Anregung der Prinzessinnen. Diese Feste oder vielmehr

diese Gruppe von drei verschiedenen Foils, Yekl (^_jX^), Makaranna (Äi -X.-/©) und Kurkuriua (^r^r^)*)^ wurde

Fluss oder ein TheU des Tsad war. Man yergleiche die SteUe in der Torher- gehenden Note, wo er von demselben Kelu spricht und es ^.STl/Jl /«wO S<«X^^I

nennt, und auch die folgende Note.

*) Ich gebe hier die merkwürdige SteUc

C*^ ^ - ^Si^"^^^ SftJyiJf y*j u^

' > *

O^Oa.!^ töClbj »jj^j.r jAäyOj ai^ jAÖyOj

30

J

468 Anhang IL

ein grosser und wichtiger Platz, indem die Buläla die Ein- wohner aus allen Theilen Känems, mit Ausnahme der von

Tetdlüa oder Tetälü (jy^O und der von Afägi (wU) *j, hierher verpflanzten. Sie brachten namentlich alleTebu hier-

her, selbst die Keserdä (So^mS^)^ was höchst wahrschein- lich ein Schreibfehler statt Ssakerdä ist, so dass nur We- nige von diesem Stamme in Känem zurückblieben. Die Bu- läla schlössen ausserdem ein enges Bündniss mit der Bevöl- kerung der südlichen Landschaften(y^4jJl ^Q^ A^ V5 ^^^ Volke von Kargha, um es mit Getreide zu versehen, das es für Toben und Vieh erkaufte. Dieser Verkehr hörte erst bei der Ankunft des Edriss in Ragharkü auf.

Die bei diesem wichtigen Platze (Kidyaka) gelieferte Schlacht wurde nach einem grossen Blutbade auf beiden Seiten durch des Königs Edriss persönliche Tapferkeit ge- wonnen. Er zog darauf in die Stadt ein, lagerte daselbst 2 Tage lang, während welcher Zeit die Trommel fort- während gerührt wurde, und brannte sodann den ganzen Ort nieder.

Von Kiäyaka wandte sich Edriss ostwärts und zog nach Mi (ä>c lXXmäJI) ^ wahrscheinlich dem oben als zu Schitäti ge-

y^ LUa^SJljJ V^^y r^yÖCjf yAaaz'l du^ öOjf aX^b

*) Der ersto dieser beiden Namen steht offenbar in Zusammenhang mit dem Namen des Stammes der Tetäla, einer Abtheilung des grossen Volkes der Ssö oder Sseu, das vom Könige EdrTss fast vernichtet wurde und dessen Überreste sich in die Marschgründc des Tsad flüchteten (s. die chronologische Tafel im II. Band, unter Edriss Kegierung). Der Name A'fSgi erinnert an A^fage, welches jedoch nicht eine Stadt in KSnem ist und keinesfalls hier gemeint sein kann.

Vierter Feldzng. 469

hörig erwähnten Orte dieses Namens, obgleich dadurch die Lage von Kidyaka sehr weit nach Westen gerückt wer- den würde, da sich aus den Worten des Schriftstellers er- gibt, dass die Entfernung zwischen beiden Städten be- trächtlich war.

[Inzwischen verfolgte sein Vezier den *Abd el Djelil nach Kauäl, augenscheinlich dem oben erwähnten Ort.

Von Kauäl nach Kucäka (^o |^).

Von Kuäka nach I'tandua, das ebenfalls bereits früher erwähnt worden ist.

Von I'tandua aus warf sich der Vezier Edriss ben Ha- run auf die Tebu und machte grosse Beute, während sich 'Abd el Djelil in die Wüste flüchtete. Er brach sodann auf und vereinigte sich mit seinem Herrn in Mi, wo sie das 'Aid el kebir feierten.]

Von Mi kehrte EdrTss nach Kidyaka zuiück.

[Von Kidyaka aus sandte der König den Farkama Mo-

hammed nach Kala (eülToXjjJl ^().]

EdrTss selbst 'zog von Kiayaka nach Gharikü , wo er eine lange Zusammenkunft mit den Arabern hatte.

Von Gharikü aus zog er weit nach Norden hin, gegen die Tebu, während er den schweren Theil seines Heeres nach Ndjimie sandte.

Nach Besiegung der Tebu kehrte er nach Tinu {^f^^) zu- rück.

Von Tinu'zog er nach Ndjimie südwärts, von Dhohor bis Sonnenuntergang und vom Morgen bis Ssauäl.

In Ndjimie erschienen die Tebu, um ihre Unterwürfig- keit zu erklären, und im Ssanssdnne (offenbar das befe- stigte Ijager seines Heeres), wohin sich der Sultan sodann begab, empfing er Gesandtschaften von den Bewohnern

i

470 Anhang IL

von Fittri {LJr^ «AX^ \Al) und von dem Araber- oder

Schüa-Häuptlinge '^Ali ben Yerdha, sowie aach einen Bo- ten vom Stamme der Küka (äX^ (J^^' *^^W^ l:>^)*

(Es ist mir unbekannt, was Mili bedeutet, ich halte es je- doch für den Namen einer besonderen Ortschaft oder Ab- theilung der Küka.) Während seines hiesigen Aufenthal- tes wurde er von den Arabern reichlich mit Getreide ver- sehen.

[Von Ndjimie aus entsandte Ednss einen Theil seines Heeres zur Verfolgung 'Abd el Djelil's, welcher sich west- wärts gewandt hatte und dann wahrscheinlich nach Nor- den gezogen war, da das Bomu-Volk sich zuerst nord- wärts richtete. Nachdem es eine grosse Entfernung er- reicht hatte, ohne auf *Abd el Djelil zu stossen, gab es die

Verfolgung auf und plünderte die Stadt Kiriua (ö^^-^J").

Von Kiriua zogen sie nach Mäö, um den Sultan zu er- warten.]

Edriss selbst begab sich von Ndjimie westwärts nach Gha-

mirä (»r^J^) und schloss ein Bündniss mit dessen Ein- wohnern.

Von Ghamirä südwärts nach (?) *) , wo er. eine Zeit lang blieb.

Von jener Ortschaft, welche irgendwo im Süden, in der Nähe von Kargha, liegt, kehrte Edriss nach Mäö zurück, wo er sein Heer antraf

Von Mäö begab sich Ednss auf die Heimkehr nach Bomu :

Zuerst kam er nach Malehi (cjQ^^)«

*) Hier ist auf S. 99 des Texte« etwM »usgelMsen.

Fünfter Feldzng. 471

Von MÜehi nach Müli Ghim und MüU Füll

Von Müli nach Ssülü (Wy**), wo er bei der Ortschaft Flyü

((Ja5) sein Lager aufschlug.

Von Ssülü nach Kessüdd (^OyM^^=>),

Von Kessüdd über die wohlbekannten Ortschaften Rörö,

Ssugurti, Bulüdji, Ngughüti nach dem berühmten Orte

Ghdtigha oder Ghdtighi bei Berl. Von Ghätigha nach I'tanäua, indem er um 'Asser aufbrach

und um 'Aschä ankam. Von rtanäua nach Ruäya. Von Ruäya nach Ghambarü.

Fünfter Feldzug.

Nachdem Edriss zehn Tage in seiner Lieblingsstadt Gham- barü unter gi'ossen Festlichkeiten verbracht hatte, rüstete er sich zu einem neuen Zuge nach Känem, nämlich gegen den Stamm der Kenänie (SAiUxJf SXa^J. Ich habe von diesem

Stamme bereits bei einer früheren Gelegenheit gesprochen, und ich muss gestehen, dass ich den einheimischen Ursprung des Namens Kenänie bezweifle, vielmehr das damit bezeichnete Volk für identisch halte mit den Haddäda oder Bongu, welche einst einen sehr zahlreichen Stamm gebildet zu haben scheinen und vielleicht überhaupt die eigentlichen Ursassen von Kä- nem gewesen sind. Damals war der Hauptsitz dieses bemer- kenswerthen Stammes zu Ssülü, einer bereits öfter erwähn- ten Ortschaft, wesshalb der Stamm gemeiniglich unter der Be- nennung „das Volk von Ssülü" (^y** A^O bekannt war. Aus Furcht aber vor dem Bomu- Könige, dessen Zorn sie durch ihr Raubwesen erregt hatten, verliessen sie [ihren Wohn-

J

472 Anhang ü.

sitz, während er von Känem zurückkehrte, und zogen fort nach Kargha (Äc-f) *).

Edriss sammelte sein Heer in Fakarä, um die Mitte des ersten Djumäd.

Von Fakarä zog er nach Dalikina (^UxJo), wo er um KaÜa ankam.

Von Dalikina nach Maddua (öjl<-^) ; Ankunft um Kdila.

Von Maddua nach Keri Kurüku (^^^r^^^); Ankimftum Mittag.

Von Keri Kurüku nach Kuri Keramnu (öja^o-^ ö-Jj.

Von Keramnü nach Wurni (^^j); Ankunft um Kdila.

Von Wurni nach Lebüdu; Ankunft um Mittag.

Von Lebüdu nach Kessüdd.

Dann über Bulüdji, Beri (irrthümUch geschrieben anstatt BüiTum) nach ßörö. In ßörö um Mittag angekommen, ver- liess er es wieder um *^Asser, verrichtete die Mughreb-Gebete

bei einem Ghadir, Kitandka (ä> va>j ) genannt, brach am

Abend wieder auf und kam um 2 Uhr Morgens in Ssiki an.

In Ssiki theilte er sein Heer in drei Abtheilungen, von welchen eine mit den Keghdrama südwärts nach Ririkma

(Ä4^^-Jj) und anderen Ortschaften der Kendnle und

*) Der Autor fügt (S. 103) folgende interessante Worte hinzu:

Fünfter Feldzng. 473

eine andere mit den Yerima nordwärts nach Mdi und den benachbarten, von demselben Stamme bewohnten Gauen zog.

Edriss selbst schlug die mittlere Strasse nach Didi {lJ^.^)

und anderen benachbarten Ortschaften ein, machte grosse Beute (ungefähr 1000 Sklaven) und kehrte dann zurück.

Von Didi nach Rirfkrifa, wo er um 'Asser ankam.

Von Rlrikma weiterziehend, schlug er sein Lager bei einem berühmten Ethelbaume auf, welcher die Grenze von Kä- nem bezeichnete, nachdem er während der Tageshitze ein Paar Stunden lang beim Teiche „ghadir" Kitanäka, wo er um Ssauäl ankam, gerastet hatte.

Von der Grenze (welche in der Nähe von Ssiki s. oben gewesen sein muss) nach Rörö.

(Von dort auf der grossen Strasse nach Bimi.)

Von Rörö nach Bürrum (hier ist wieder aus Versehen Beri geschrieben).

Von Bürrum nach Bulüdji.

Von Bulüdji nach Furtu.

Von Fürtu nach Melfifl (nicht eine Ortschaft, sondern ein Teich oder Wasserbecken [,^_^Xa1A4^ ^_^4-mmJi Uoyartj), offenbar nicht weit von Beri.

Von Melfifi nach der Ortschaft Merdali {(Jo^ ^-ViwjJf).

Von Merdali nach Ghüi Kefüküa (ö^J^XJö^)^ wo er eine

Karawane von Bomu- und Tebu-Kaufleuten mit vielen Pferden traf.

Von dort nach Ghighir (r*^ OjAJt ^-XXjJf), indem er

um Dhohor aufbrach und gegen Ende des *^Asser dort ankam.

J

474 Anhang II.

Von Ghlghir nach Ghiskiru (fj J^ImaC tXV^f).

Von dort nach Samtam.

Von Samtam nach Ghambarü, nachdem er über den Fluss -A-^xJi i^arLjJ) gesetzt.

Von Ghambarü nach Bimi oder Bümi, wo er am Abend an- kam.

Das Ergebniss dieses Zuges war die völlige Demüthigung des Kendnie-Stammes , der bisher der zahlreichste in Känem gewesen war.

Letzter Feldzug nach den Grenzen von Känem.

Als Edriss in Bimi die Nachricht erhielt, Mohammed ben 'Abd-Allah, den er zum König von Känem gemacht hatte, habe, hauptsächlich mit Hilfe der Araber oder Schüa und nament- lich des mächtigen Häuptlings *Ali ben Yerdha den Buläla- König 'Abd el DjelTl besiegt, kehrte er im Ssauäl noch ein- mal nach Känem zurück und zog:

von Ghambarü nach Samtam;

von Samtam nach Ghetü;

von Ghetü nach Milu;

von Mllu nach Ledä (l<-^);

von Ledä nach Burkumüa (»^45^3);

von Burkumüa nach Ghauäli (^U^); von Ghauäli nach Milti; von Milti nach Beri (hier ^r^ geschrieben); von Beri nach Ghayauä;

von Ghayauä nach Melhü (J^Q^);

Letzter Feldzag. 475

von Melhü nach Dighimssil ( W»co);

von Dighimssil nach Hughulghula (ääXäXä.) bei Dilaram ,

von Hughulghula nach Roro; von Rörö nach Kessüdd;

von Kessüdd nach Ssiki (hier mit dem Beinamen &4-O1O \8ic\ bezeichnet).

Hier traf er Mohammed ben üibd- Allah , den neuen König von Känem, und hatte mit ihm eine lange Unterredung be- züglich der Grenzen ihrer Königreiche,, worin sie überein- kamen, dass das gesammte Keghusti und das gesammte Ssiru (Schiri?), wie auch Babäliä zu Bomu gehören sollten*). Die letztere Bedingung ist besonders von grosser Wichtigkeit.

Mohammed Ben *Abd- Allah schwor den Eid des Gehorsams und die Befehlshaber der Buläla legten demgemäss zwei Eide ab, einen dem Könige von Bomu und den anderen dem von Känem.

Nachdem Ednss eine Musterung seines Heeres gehalten, kehrte er über Ssiki, Rörö, Dflaram, Buludji, Ghayauä, Beri, Multi, Didl, Milu, Ruäya, Bersselma, Ghataua und über den Komädugu ((^xUx^f ^.aruif) nach Bimi zurück

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i

m.

Zum Müssgu-Feldzuge.

Bericht über die verschiedenen Reiter ei- Abtheilungen, aus welchen das Borna- Heer bei dem Feldzuge nach Müssgu bestand.

a) Die einlieimischen Araber (Schüa). Lauän Hadji, Häuptling der A'mdjege, der in Ämdage seinen

Sitz hatte. Fügo Dermän (*Abd el Rahmän) aus Bainge. Fügo A'dige aus Mälemn, einer Dorfschaft im Bezirk Wolödje. Fügo I'nus (Tünes) aus Maleuä. Fügo Dermän aus Wolamssdy. Fügo Kolone, Häuptling der Ssäradji, aus Yelöenni. Mai Asche, Häuptling der Mäyin, aus Aschegri. Fügo Pdlama aus Pälamari. Fügo Hamma aus Mdgariä. Mdfonlma aus Mdfoni. Fügo Mohammed aus Aissärem. Fügo Köre aus Keringur. Lauän Hämed aus Karauäru. Lauän Mohammed aus Gobeö. Fügo Adam aus Kadje. Lauän Slimän aus Slimän. Mai Kalama aus Kala. Fügo Hämed (gewöhnlich Abu Daüd genannt), Häuptling

der Kohälema, aus Kümbedä, nördlich von Yedi*).

*) Jeder Schua-Häuptling hatte einige Hundert Reiter bei sich. Nur zwei

Reiterei-Abtheilungen des Börnu-Heeres.

477

Scheich Ssäle aus Molüt, mit ungefähr 100 Mann. Scheich Tauru aus Ngomäti.

Fügo Badaue, der Sohn des Hadj Beschir, mit nur wenig Reitern.

b) Kaiiöri, Freie und Sklaven.

Sklaven des Scheichs:

L«i«hte Ucit«r«i.

dchwcr« Reiter«! „liblwdi" .

Kaschella Beläl

200

30

'Ali MarghT

200

30

Kaschella Ssäle

100

20

Kaschella 'AhdeUehi ('Ahd - Allah) .

80

16

Kaschella Säi

150

20

Kaschella 'Ali- Dendal ....

90

20

Drei andere Offiziere niederen Grades,

zusammen mit ....

21

Sklaven des Veziers:

Kaschella Djäto . . .

200

34

Kaschella Cheralla ....

150

20

Kaschella Kobtar A'djime

140

25

Kaschella Hadji Kakdu

80

15

Kaschella Tümbede ....

100

18

Kaschella Bä-sso

40

10

Berittene Musketiere des Scheichs:

Kaschella Abdellehi (verschieden von

dem vorher erwähnten) .

20

Kaschella Serma

30

Kaschella Magadji ....

10

Kaschella Billama (mein Fremid)

32

Kaschella Mdllare

20

Musketiere des Veziers:

Kaschella Meheme ....

10

grosse Häuptlinge schlössen sich dem Zuge nicht an, nämlich Mohammed Ku- n^u, Häuptling der Schcg&u, und Lauin Gibdo aus Lerdö.

478

Aiibang in.

Kaschella Fatälla

Kaschella Masfid

Hadji Urfay

Hadji Ramadhän

Bedaue

Mali Mä-ssa Mändarä . . . .

Yagha Ghana

MMlem Tschadeli

Mohammed Gädjeml . . . . Mohammed Bü-'Alagh . . . .

Legiwodda

Kaschella 'Omar

Kaschella 'Omar Döra . . . . Wdsseli (ein Offizier Mestrema's, des er- sten Eunuchen)

Kaschella 'Ali Agün (ein Offizier Abaisso's) Kaschella Bäggar (ein anderer Offizier

desselben)

A'mdji (ein Mann des Dighama) Kaschella Mohammed Marghi (ein Offizier

des 'Abd e' Rahmän) . Schitima Mädu ....

Schitima Yöma (Statthalter von Yö, mit

den Mobber) .... Schitima Fugöma .... Schitima Sabelauma Schitima Yauama .... Schitima Bössoma ....

Schitima 'Abdü

Schitima 'Abademma

Höflinge und Anhänger des Veziers:

Grema Milüd

Lamino

8

10

100

16

60

12

50

30

80

20

100

10

60

1

20

40

8

50

6

30

40

10

28

8

40

30

1

80

5

30

40

50

10

40

20

20

10

200

33

150

21

Beiterei-Abtheilaogen des Börnn-Heeres.

479

Bäscbara (Offizier des Lamlno) .

Dynama Gadjaremma .

Scheich 'Abbäss ....

Hamsa Ueled el Göni .

Karaberima

Baläl

Adamu

'Abdellehi Schlntiri Mallem Malerama .... Abräss ..;... Kaschella Said (Offizier des Mallem Mo- hammed)

Abba Massta (Sohii des alten Scheichs

Mohammed el Känemi) Abba Bagar

XVdcvl ••••••

Beschir

Assan (Sohn 'Ali's , Enkel des Mohammed

el Känemi)

Kässelma

Yenma

Erima ......

U'noma (Tebu- Häuptling) Fagodöma (Häuptling von Koiäm) . Murdjüma (Koiäm) ....

Käüma*) (Koiäm) ....

Ssenua Babudma (Koiäm) Ssenua Kindagoma (Koiäm) Kotoko (Känemma- Häuptling) .

Leicht« B«it«r#L

Schwer« Reiterei

13

20

7

20

7

60

3

8

18

8

16

6

6

30

60

10

90

13

90

16

10

30

1

13

5

10

200

100

80

60

40

100

30

*) Ein Offizier mit dem Titel „kÄüma^ wird bereits in Imäm Ahmed's Ge- schichte erwähnt; derselbe wurde wahrscheinlich ursprünglich nach der Ort- schaft Käu oder in Schitäti in KSnem so genannt.

480

Anhang lUL Beiterei-A1>theUiuigen des B^ma-Heeres.

Sckwc

Fugo 'Ali (aas Madoari) .... 20

Sintelma 10

Kanöri: Leichte Reiterei 4181, oder vielmehr in runder Zahl 4500 Maun Tda viele kleine Abtheilnngen ausgelassen sind;; schwere Reiterei 472, oder rund 500.

Schüa: Gegen 8000 Mann.

IV.

Städte und Dorfschaften der Prorinz Logön oder L6gone *).

Im nordwestlichen Theile der Provinz: Kündi, Gerle, Ssina, Godoni, Gemang, Kokofiä, Kiddebä, Ngulaua, Maserä, Dolo, Kasere, Unko-älem, Thägulü, Kärsse, Guäfa, Dlffil, ein ande- res Thägulü, Muchsse, Gosenäke, Modeä (Dorfschaft der Mut- ter des regierenden Fürsten I'ssufj, Biuäl, Mägui, Uanänukl, Mätke, Findlle, Ssuäntegä, Tsi, MossöggolT, ü'lessemme, Ngäme, Dügguhi, Kutteläha, Ngätsi, Ssäude, Djilbe, Tilde, Kala, Hulluf oder Ilelib, Ilakä, Kässessä nebst anderen in die- ser Gegend.

Im südöstlichen Theile: Golonderä, Degenie, Ssigge, Bä- geäni, Bllle, Ilöia, Hännene, Uäsa, Ldbane, Gurfäi am Flusse, Tschide, Ndjeggere, Ssige, U'ltseme, Ssilim, Käbe 'Imadhe oder West-Käbe, Bäge, ein an Elfenbein reicher Ort, Djlnna, nach der Hauptstadt die grösste Stadt des kleinen König- reiches und wichtig wegen der Menge des dort zu Markte gebrachten Elfenbeins, wie auch wegen der dort verfertigten feinen Matten, die ich schon bei früherer Gelegenheit erwähnt habe; Kalassimö, eine Tagereise westlich von Djlnna; Käbe demä oder ngölo „Gross-Käbc" , die Grenzstadt gegen Bügomän die Grenze selbst bildet ein Kenkang genannter Morast , Ssü, U'mssa, Madeägo, Tümbalä, der grösste Ort

*) Nur die grösseren Orte sind hier erwähnt, die meisten hahen King- mauern, die aber gegenwärtig durchgängig in VerfaU sind.

Barth'» Beben. III. 31

482

Anhang IV. Stftdte und Dorfschaften der ProT. Log<5n.

jenseits des Flusses, d. h. des Flusses von Logone oder des Lagham; Mele, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Orte am Ostufer des Schäri; Fuldji, Kuldji mit einem fast unabhängigen Statthalter; Fongol und Mere, beide am Flusse; Göfa, Diä, Ngultssemi, Ueindlle, Djemädo, O'deö, ein grosser Ort; Ngösso, Sitz eines Statthalters.

V.

Depesche von Lord Palmerston.

Auswärtiges Amt, 7»««» Oktober 1851.

Mein Herr!

Im Auftrage des Viscount Palmerston habe ich den Em- pfang Ihrer Zuschrift vom 19ten April dieses Jahres aus Küka in Bomu, in welcher Sie den in der Nacht vom 2*«^ zum 3t«n des vorhergehenden Monats März zu Nghurutua zwischen Sinder und Küka erfolgten traurigen Todesfall des Herrn Ri- chardson mittheilen, zu bescheinigen und Ihnen dafür zu danken.

Da die Expedition somit gerade vor dem Schlüsse desjeni- gen Hauptabschnittes ihrer Arbeiten, welcher mit der Erfor- schung des Tsäd-Beckens endigen sollte, ilires Hauptes be- raubt ist, so ist Ihrer Majestät Regierung der Ansicht, dass nichts weiter fehlt, um die Hauptzwecke der Expedition des Herrn Richardson für erledigt halten zu können, als die Ab- schliessung dieser Erforschung.

Ich bin desshalb von Lord Palmerston angewiesen, Ihnen mitzutheilen, dass es sein Wunsch ist, Sie und Dr. Overweg möchten nach beendigter Aufnahme des Tsäd-See's und sei- ner Ufer den übrigen Theil Ihrer in Afrika entworfenen Pläne genau so zur Ausführung bringen, wie dies geschehen sein würde, wenn Herr Richai-dson noch lebte und Sie sich von ihm nach Massgabe des im Dezember 1849 in Triplikat ab- gefassten Übereinkommens, von welchem Sie und Dr. Overweg je ein Exemplar besitzen, getrennt hätten.

31«

484

Anhang Y. Depeaclie ron Lord PSüaentoB.

Zar Zeit der Zeichmmg jenes Papieres scbeiiieii Sie die Ab- sicht gehegt zu haben, bei Ihren ferneren Forschungen ösüich nach dem Nil oder südöstlich nach Mombäs Torzadringen.

Mögen Sie nun noch bei diesem Vorhaben beharren oder jetzt Grand haben, eine westliche Richtung nach Timbokta hin Torzoziehen, so bin ich von Lord Palmerston angewie- sen, Ihnen zu eröfinen, dass er Tolle Zufriedenheit darin findet^ Urnen die Fortführang der bisher anter der Leitang des Herrn Richardson gestandenen Expedition bis zu deren gänz- licher Vollendung anzuvertrauen.

Sie werden sich daher hiermit für bevollmächtigt erachten, die Leitung der Expedition zu übernehmen, und ein solches Verfahren einhalten, welches Ihnen nach reiflicher Erwägung der allgemeinen Zwecke, die Ihrer Majestät Regierung bei der Ausseudung der Expedition nach Inner-Afirika zu erzielen beabsichtigte, am geeignetsten scheinen dürfte.

Diese Zwecke werden Sie in der Herrn Richardson ertheil- ten Original-Iustruktion, von welcher eine Abschrift für Ihre Benutzung und Weisung beifolgt, angegeben finden.

Ich bin, mein Herr,

Ihr ergebener

H. Waddington.

Herrn Dr. BarÜi,

VI.

Abriss der Geschichte von Wädäi.

In dem Abschnitte, in welchem wir die Geschichte von Ba- ghirmi behandelten, haben wir gesehn, das^ der Stanuu der Tündjur ein grosses Reich gründete, das, da es nur aus einer Anhäufung verschiedener, leicht zusammengefugter Elemente bestand, in weniger als 100 Jahren nach seiner Gründung zerschmettert und in Stücke zerrissen wurde. Der Theil, welcher sich zuerst vom Hauptköri)er absonderte, umfasste die östlichen Landschaften, indem Küru, der dritte Vorgän- ger Slimän's, des ersten Moslim-Königs von För oder Dar- För , die Tündjur besiegte und die Herrschaft über jene Ge- genden für den Stamm der Foraui gewann.

Der mittlere Theil und eigentliche Kern des Reiches der Tündjur dagegen ward, einheimischer Tradition zufolge, im Jahre 1020 der Hedjra vom Gründer des Mohammedanischen Reiches von Wadai, 'Abd el Kerim, dem Sohne Yäme's, über- wunden.

Wöda, der Sohn Yäme's, der zum Stamme der Gemir *) gehörte, die damals in Schendi angesiedelt waren und sich zum Isslam bekehrt hatten, war mit seinen Landsleuten in die Gegenden ausgewandert, die später, ihm zu Ehren, wie es

*) Die Herleitang des Ursprunges dieser kiiniglichen Familie von den jib- bassiden ist ein blosses üimgespinnst. Ich selbst besitze einen Brief mit dem königlichen Siegel, das diese anmassende DeTise trügt.

I

486 Anhang VI.

heisst, unter dem Namen Waddi begriflfen wurden, und hier soll er im Reiche der Tündjur ein bedeutendes Ansehn genos- sen haben. Sein Enkel 'Abd el Kerim soll Statthalter gewisser Provinzen des Königs Däüd gewesen sein, der damals das Reich der Tündjur beherrschte, aber schon die mächtige Hand seines östlichen Nachbars Slimän, des ersten Mohammeda- nischen Königs von För, gefühlt hatte.

Angeregt von religiösem Gefühle, soll dieser Edelmann meh- rere Jahre in Bldderl zugebracht haben, einem etwa 10 Mei- len östlich von der Hauptstadt des Königreichs Baghfrmi ent- fernten Orte, welche Hauptstadt jedoch zu damaliger Zeit noch nicht existirt zu haben scheint. Biddcrl war nämlich eine der Ortschaften in jener Gegend , wo sich seit frühen Zeiten Leute von dem weit verbreiteten Stamme der Fulbe angesie- delt hatten und unter ihnen eine Familie, die vermöge unbe- strittener Heiligkeit und ansehnlicher Belesenheit angefangen hatte, bei der Einführung des Isslams einen bedeutenden Einfluss auf einen weiten Kreis der umliegenden Provinzen auszuüben. Das Haupt dieser Familie nun, Namens Moham- med, soll "Abd el Kerlm, den Enkel Wöda's, sowie seine Be- gleiter, Aniälek, den Häuptling der Marfa, der in einem Orte Namens Hoggene angesiedelt war, den Massaläter Mümin, den A'bü-Schärib Dedebam und den Djelläbi Wüel-Banän, zu der Idee begeistert haben, die heidnische Herrschaft der Tündjui* zu stürzen und an ihrer Statt ein neues, auf denisslam gegründetes Reich zu stiften.

'Abd el Kerlm kehrte in seine Heimath zurück, breitete seine Unabhängigkeitsideen aus und stand dann nach Ver- lauf weniger Jahre gegen seinen Lehnsherrn Däüd auf, machte Madabä, einen etwa 10 Meilen nördlich von der späteren Stadt Wära gelegenen Bergort, zu seinem Wohnsitze und legte so nach verzweifeltem Kampfe den Grund zum Königreich Wä- dai, wie er da« Land seinem Grossvater zu Ehren benannte. *Abd el Kerlm soll nach langer Regierung gestorben sein, nach-

Abriss der Geschichte von WAä&L 487

dem er zum Nachfolger seinen Sohn Charüt bestimmt hatte, den wir Charüt den Ersten nennen können. Dies ist der König, der Wära gründete und diese Stadt, die mit natürlichen Wäl- len umgeben ist (ein Umstand, der den Grund zu ihretn Namen „die von Hügeln umgebene Stadt" abgab), zu seiner Residenz erhob. Auch er soll mehrere Jahre regiert haben, worauf ihm sein ältester Sohn, Charif, nachfolgte, der nicht so glücklich war wie sein Vater und Grossvater, sondern im dritten Jahre seiner Regierung von dem kriegerischen Stamme der Täma, den er zu unterwerfen trachtete, erschlagen wurde.

Charifs Nachfolger war Yaküb *Arüss, sein jüngerer Bru- der, der sich stark genug fühlte, einen Heereszug in's Innere von För zu unternehmen. Denn da MüsÄ, der damalige Kö- nig jenes Landes, der Sohn und Nachfolger Slimän's, des ruhmvollen Gründers dieses Mohammedanischen Königreiches an Altersschwäche zu leiden anfing , mag 'Arüss gehofft ha- ben, nur geringen Widerstand zu finden; aber er wurde ge- schlagen und zu schleunigem Rückzug gezwungen. Diesem Fürsten folgte sein Sohn Charüt H., der während seiner vier- zigjährigen Regierung grössere Ruhe genossen und mehr bür- gerliches Glück begründet zu haben scheint, als man in einem aus so verschiedenartigen Elementen zusammengesetz- ten Reiche erwarten sollte.

Der Sohn dieses Königs war Djöda oder Dj&ude mit dem Beinamen Charif e' Tlmän, besser bekannt unter seinem Eh- rentitel „Mohammed Ssuläi" oder „Ssule" (in der Bedeu- tung „der Befreier"). Dieser Titel wurde ihm von seinen Un- terthanen beigelegt in Folge des Sieges, durch den er sein Land von dem Joche der Forauer befreite, die unter dem Befehle A'bü '1 Kä-ssem's, des zweiten Sohnes Ahmed Bokkor's und des sechsten Mohammedanischen Königs jenes Landes, Wädäi mit einem gewaltigen Heere überzogen hatten, um es sich tributpflichtig zu machen. Es war dies der siegreiche und ruhmwürdige König, der Wädäi zu einem von seinen Nachbarn

I

488 ^ Anhang VI.

geehrten und gefiirchteten Reiche erhob und ihm seinen an- deren Namen, nämlich „Dar-Ssuläi" *), gegeben hat.

Ebenso war es dieser König, der am Schlüsse seiner Regie- rung Käjiem, oder mindestens den besseren Theil desselben, den Händen des Sultans von Bomu entriss, durch die Erobe- rung sowohl von Mondö oder Mandö, der Stadt der Tündjur, als auch von Maö, der Residenz eines vom Sultan von Bomu eingesetzten Chalifa. Dies war der Anfang der Feindselig- keiten, die noch heutigen Tages zwischen Bomu und Wadäi* bestehen. Mohammed Ssuläi soll, wie sein Vater, 40 Jahre regiert haben.

Ihm folgte sein Sohn Ssäleh mit dem Beinamen Derret. Dieser Prinz ist mir fast einstimmig als ein schlechter Fürst geschildert worden, aber dies scheint wenigstens theilweise dem Umstände zuzuschreiben zu sein, dass er eine bedeutende Anzahl 'Ulama dem Tode überlieferte, da diese Leute in Wä- ddi grosses Ansehen geniessen. Jedenfalls beschleunigte er seinen Tod, indem er das Rachegefühl der Mutter seines äl- testen Sohnes, Abd el Kerim, die zum Stamme der Mälänga gehörte, durch eine ihr zugefügte Beleidigung rege machte. Denn auf ihren Antrieb, wie es heisst, rückte ihr Sohn 'Abd el Kerim gegen seinen Vater in's Feld, während sich der Letztere im 8ten Jahre seiner Regierung mit einem Heere gegen die Mädalä, die Bewohner eines Ortes nahe bei Ma- dabä und nicht weit von den Sitzen der Malanga, gewendet hatte. In einer blutigen Schlacht gelang es dem Sohne, sei- nen Vater zu besiegen, der bei dieser Gelegenheit fiel. Dies geschah im Jahre 1805. Die Umstände, wie ich sie hier gegeben, sind, obgleich von anderen Darstellungen stark abweichend, dermassen festgestellt, dass sie keinen Zweifel übrig lassen.

*) In dieser Benennung wird es kaum möglich sein, den durch Arabisch- Mosliraischen Einfluss in diese Gegenden eingeführten Ausdruck „dar" „das Haus", „das Reich" wegzulassen. Ein einheimischer Fordui dagegen wird kaum je den Namen Där-För gebrauchen.

Abriss der Geschichte von Wädäi. 489

*Abd el Kerim, besser bekannt unter seinem Beinamen Ssa- bün, den er sich in späterer Zeit erwarb, bestieg den Kö- nigsthron von Wddäi mit dem Blute seines Vaters besudelt, verlieh aber alsbald seiner Regierung einen solchen Charakter, dass Alle darin übereinkommen, sie als eine der weisesten dar- zustellen, die man je in diesem Theile der Erde hat kennen lernen.

Das Erste, was er that, war allerdings mit schmählicher Unterdrückung des Schwächeren verbunden. Es bestand darin, dass er sich selbst und sein Land mit dem Raube von Baghlrmi bereicherte, dessen Bewohner in der Entwickelung mensch- licher Verhältnisse viel weiter vorgeschritten waren, als ilire östlichen Nachbarn, und sich ausserdem durch ihre Raubzüge nach Dirki, im grossen Tebu-Thale „henderi Teda" auf der Fesän-Strasse, grosse Reichthümer erworben hatten, nicht allein in Korallen und Gegenständen stattlicher Gewandung, sondern auch in Silber (Österreichischen und Spanischen Tha- lern). 'Abd el Kenm soll, übertriebener Angaben Anderer nicht zu gedenken, nach dem Berichte glaubwürdiger Perso- nen fünf Kameelladungen , das heisst ungefähr 1500 Pfund Gewicht, an Silber mit sich fortgeführt haben. Unter seiner Regienmg geschah es auch, dass, wie ich bei früherer Gele- genheit erwähnt habe, Baghlrmi für immer eine tributäre Provinz Wadai's wurde.

Nachdem dieser Fürst auf solche Weise ein mächtiges Kö- nigreich gegründet hatte, bestand der Hauptgegenstand sei- ner Anstrengungen darin, eine direkte Verbindung mit den Häfen an der Küste des Mittelmeeres zu eröffnen, um sich auf diese Weise selbst leicht mit Erzeugnissen versehen zu können, welche vor der Plünderung Baghfrmi's den Bewohnern Wa- dai's so gut wie unbekannt waren.

Während ich nun zu der Auseinandersetzung der Anstren- gungen 'Abd el Kerim's auf diesem Felde, wie sie vom ver- storbenen Herrn Fresnel in seiner Abhandlung über Wadai ge-

I

490 Anhang VI.

geben worden, um so weniger hinzuzufügen habe, als jene Ent- wickelung offenbar den Hauptgegenstand der Untersuchungen dieses Gelehrten bildete, muss ich die Irrthümer berichtigen, welche in den Angaben desselben über den Tod jenes Königs und die Regierung seines Nachfolgers enthalten sind. '^Abd el Kerim Ssabün starb im lOten Jahre seiner Regieining, das bestimmt in das Jahr 1815 fällt, in einem Orte nahe bei Wära, Namens Djünne, wo er ein Heer gesammelt hatte, um, wie mich wohlunterrichtete Personen versichert haben, gegen den Herrscher von Bornu oder vielmehr den Scheich Mohammed el Kanemi einen Krieg zu beginnen. Denn der Letztere, begierig, die Landschaft Känem, die ihn adoptirt hatte, wieder zu ihrem früheren Glanz zu erheben, wünschte dringend, jenes Land, den Kern des Bornu - Reiches , wieder aus den Händen 'Abd el Kerim's zu befreien.

Ssabün stai*b so plötzlich, dass er ausser Stande war, sei- nen Nachfolger zu ernennen; aber Joder, den ich über die- sen Punkt befragt habe, hat mich versichert, dass an Vergif- tung nicht zu denken gewesen sei. Ausserdem sind andere mit jenem Ereigniss verknüpfte Umstände keineswegs der Ali;, wie sie von Herrn Fresnel dargestellt sind. So zum Beispiel hatte Ssabün gar keinen Sohn Namens Ssekssän. Er hinterliess nämlich sechs Söhne, deren ältester, Namens Ä-ssed, von einer Mutter aus dem Stamme der Kondongö geboren war, während Yüssuf, der zweite, und noch drei andere Söhne 'Abd el Kerim's von einer und derselben Mutter geboren waren, die zum Stamme dei* Mädabä gehörte. Was die Mutter Dja- far's betrifft, jenes jungen Wadäi-Prinzen , der durch seinen langen Aufenthalt in Tripoli und zahlreiche interessante Aben- teuer in Europa und besonders in England *) nicht ganz un- bekannt ist, so gehörte sie einem anderen Stamme an.

*) S. Herrn Konsul Barker's oder vielmehr Lieutenant (jetzt Rear-Admiral) Sir Henry Srayth's Story of Jafar im United Service Journal, 1830.

Abriss der Greschichte von Wildäi. 491

Als daher Ssabün gestorben war, ohne einen Nachfolger er- nannt zu haben, erhoben sich die Parteigänger des Stammes der Mddabä gegen die Kondongö oder die Partei Ä-ssed's, und nachdem es ihnen gelungen war, ihre Gegner zu besiegen und A'-ssed zu tödten, setzten sie Yüssuf auf den Thron. Dieser Prinz, dem zuweilen der Beiname Charifäin gegeben wird, ohne dass derselbe jedoch allgemein im Lande bekannt war, regierte zuerst unter der Vormundschaft seines Onkels Abu Rokkhiye, dann, nachdem er sowohl seinen Onkel, wie den gleichfalls mächtigen Agid der Mahamld, Namens Dömmo, getödtet, 16 Jahre lang in der tyrannischsten Weise über Wäddi, bis er im Anfange des Jahres 1830 auf den Antrieb seiner Mutter Ssimbil getödtet wurde. Niemals hat über Wd- däi ein König Namens 'Abd el Kader geherrscht, und Major Denham hatte vollkommen Recht, wenn er im Jahre 1823 den damals regierenden Fürsten jenes Landes den unmittel- baren Nachfolger Ssabün's nannte.

Dem Yüssuf folgte sein Sohn Räkeb, der noch im Kindcsalter stand und schon nach 17 oder 18 Monaten an den Pocken starb, worauf ein Mann, der zu einem Zweige der königlichen Familie gehörte, Namens 'Abd el 'Asis, ein Sohn Rädama's, dessen Vater Gändigin ein jüngerer Sohn Djöda Mohammed Ssuläi's war, während seine Mutter gleichfalls zum könig- lichen Stammbaume gehörte, den Thron bestieg. Untei'stützt von dem kriegerischen Stamme der Kodoi(oderBü-Ssenün, wie sie ihrer rothen Zähne halber von den Arabern genannt wer- den), unter dem er seinen Aufenthalt gewählt, gelang es ihm auch, seine Stellung während eines fast ununterbrochenen Kampfes mit seinen Gegnern zu behaupten. Der erste Zusam- menstoss, den er zu bestehen hatte, war gegen die Kelingen gerichtet, die nicht etwa Djäfar, den rechtmässigen Thronerben, begünstigten, sondern einen anderen Prätendenten Namens Kede aufstellten; sie wurden jedoch bei einem Orte in der Nachbarschaft vonWära, Namens Folkotö, gänzlich geschlagen.

t

492 Anhang VT.

Kaum hatte *Abd el 'Asfs angefangen, einige Ruhe zu gemes- sen, als der Stamm der Kondongö, seine bergigen Wohnsitze verlassend, gegen ihn zu Felde rückte; aber sie wurden in einer Schlacht in der Nähe eines Ortes Namens Burtai gleichfalls geschlagen und beinahe vernichtet 'Abd el ^Asls, den mir meine Freunde als einen Mann von ausgezeichneten Eigenschaften und grossem Verstände schilderten, starb gleich- falls nach einer Regierung von 5^ Jahren an den Pocken, worauf dann sein junger Sohn Adam, der damals noch im Knabenalter stand, auf den Thron gesetzt, aber nach wenig mehr als einem Jahre wieder entthront und in ehrenvolle Ge- fangenschaft nach För oder Dar-För geschleppt wurde.

Die Umstände, welche diese Revolution herbeiführten, wa- ren folgender Art: Mohammed Ssäleh, ohne triftigen Grund „e' Scherif" genannt, der Wädäi schon lange zuvor heimlich betreten hatte, dem es aber nicht möglich gewesen war, einen Anhang zu gewinnen, hinlänglich stark, um ihn in den Stand zu setzen, seine Ansprüche auf die Nachfolge als Bruder Ssabün's ofifen gültig zu machen, hatte sich endlich au Mo- hammed Fddhl, den König von För, gewendet und diesen Für- sten durch das Versprechen, dass er ihm alljährlich einen ansehnlichen Tribut zahlen wolle, dazu vermocht, ihm zu der Erlangung des Königthumes von Wädai Beistand zu leisten. Bei dem Elend, in welches das Land damals durch eine ernst- liche Hungersnoth gestürzt war, bedurfte es zur Eroberung Wdddi's nur des Beistandes zweier Hauptleute „^ade" , nämlich *Abd e' SsTd's und 'Abd el Fat-ha's, während keiner der Grossen des Landes einen ernsthaften Widerstand lei- stete, mit Ausnahme des Kämkoläk des Stammes der Kodoi, dessen Anstrengungen aber vergeblich waren.

Von Mohammed Ssäleh, der auf diese Weise mit Hilfe einer fremden Macht im Monat Tom el auel des Jahres der Hedjra 1250 (im Juli 1834) den Thron bestieg, kann man wohl sagen, dass er sich um das Beste des Landes bemüht

Abriss der Geschichte von Wädäi'. 493

hat; aber die letzten Jahre seiner Regierung sind sicherlich unglücklich gewesen, sowohl für ihn selbst, als für seine Un- terthanen.

Das Erste, was Mohammed Ssäleh mitemahm, um seine Unterthanen oder vielmehr sich selbst zu bereichem und seine Herrschaft weiter auszudehnen, war ein Feldzug gegen Karkä oder Kargha, den aus Inseln und halbversunkenen Wiesen- und Weidegründen bestehenden Sumpfgau im südöstlichen Winkel des Tsäd, den ich in meiner Beschreibung von Känem besprochen habe; und es gelang ihm, von hier eine grosse Menge Vieh fortzuführen. Vielleicht lag auch ein Grund, wesshalb er diesen Hecreszug unternahm, darin, dass sich ein anderes Glied der königlichen Familie, nämlich Nur e' Din, der durch Yüssuf und Fürba in gerader Linie von Ssäleh Derret abstammte, in jenen sumpfigen und beinahe unzu- gänglichen Gau zurückgezogen hatte, und vermittelst des Ein- flusses, den er sich über die benachbarten Stämme zu ver- schaffen wusste, leicht in späterer Zeit als Prätendent hätte auftreten können. Im nächsten Jahre marechirte Mohanmied Ssäleh gegen die Täma, jenen unbesiegbaren und räuberi- schen Stamm, der seine Wohnsitze in einer bergigen Land- schaft 4 Tagereisen nordöstlich von Wära hat, und beklei- dete, nachdem er sie besiegt und ihren Häuptling getödtet hatte, einen anderen Mann mit dessen Würde. Aber die Täma vertrieben den eingesetzten Häuptling, als der Kö- nig den Rücken gewandt hatte, so dass der Letztere ge- zwungen war, im folgenden Jahre einen zweiten Heereszug gegen sie zu unternehmen, wo er sie dami noch einmal be- siegte und zwang, einen Mann Namens Ibrahim als ihr Haupt anzuerkennen.

Hierauf miternahm Mohammed Ssäleh im Jahre 1846 jenen Zug gegen Bornu, von dem ich jn der chronologischen Ta- belle der Geschichte jenes Reiches eine kurze Beschreibung gegeben habe, da er von Herrn Fresnel sehr falsch dar-

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494 Anhang VL

gestellt worden ist Denn obgleich der König von Waddi bid in das Herz von B6rnu eindrang, erreichte er doch nicht sei- nen Zweck, die alte Dynastie der Ssaefua in ihre Rechte als Herrscher von Bomu wieder einzusetzen, sondern fiihrte im Gegentheil den g<änzlichen Ruin derselben herbei, so dass sein Zug keineswegs als sehr glücklich ausgeführt' betrachtet werden kann. Allerdings führte er eine ansehnliche Beute hinweg, aber er verlor dagegen einen beträchtlichen Theil seines Heeres, sowohl in der Schlacht von Küssuri, als auf seinem Rückmarsch nach Hause, ganz besonders beim Über- schreiten des Schärf.

Auf seinem Rückmarsch erlangte der König jedoch noch einen kleinen Vortheil, indem er seine Wafifen gegen die ana Bahhr el Ghasal angesessenen Tebu-Stämme richtete. Er un- terwarf sie und legte ihnen einen jährlichen Tribut auf. Von dieser Zeit erst scheint sich das Amt des Agld ol bahhr her- zuschreiben.

Nach diesem immerhin höchst denkwürdigen Zuge nach Boniu unternahm Mohammed Ssäleh keinen weiteren Feldzug, sondern er sah sich, nachdem er 3 oder 4 Jahre ruhig zu Hause geblieben war, gezwungen, die Kraft eines Theiles seines Rei- ches in blutigem Kampf gegen den anderen aufzureiben.

Ursprung und Grund dieses Bürgerkrieges, der Wdddi bis zur Zeit, wo ich den Sudan verliess, in sehr geschwächtem Zu- stande erhielt, ist in der wirkUch oder auch nur vorgeblich ein- getretenen Blindheit des Königs zu suchen. Denn dieses kör- perliche Gebrechen, das ihn, wenn es begründet war, nach den Landesgesetzen zur weiteren Hen-schaft unfähig machte, abge- sehen von seiner durch Habsucht hervorgerufenen allgemeinen Unpopularität , gab seinen Gegnern, den Kodoi, die A'dam als ihren rechtmässigen Herrscher betrachteten, einen Vor- wand, ihn nicht länger als ihren Herrn anzuerkennen. Dies war der Anlass, dass er, um seinen öffentlichen und gehei- men Feinden zu entgehn, im Jahre 1850 die alte Residenz

Abriss der Geschichte von Wädill 495

aller früheren Könige von Wadäi, von Charüt dem Ersten herab, verliess und den Sitz der Regierung von Wära nach Abeschr verlegte. Dies ist ein unbedeutendes Dorf, etwa 20 Meilen südlich von Wära, im Gebiete der Kelingen, der Anhänger des Königs, gelegen und fast ganz ohne Wasser, so dass sich Mohammed Ssäleh aus beiden Gründen hier ziem- lich sicher fühlte.

Der Kampf, eine lange Zeit im Stillen genährt, brach nicht vor 1851 aus, wo der König im Monat Schäbän gezwungen war, gegen die Kodoi zu marschiren, die ihn, unterstützt von einem Theil der A'bl oder A'bü Schärib, in ihren Bergen erwarteten, von wo sie dann, als er dem Fusse der Höhen nahe gekommen war, am Freitag den 9ten Schäbän mit grosser Heftigkeit auf ihn herabstürzten, so dass sie seine Reihen durchbrachen und nach Niedermetzelung einer grossen Menge Leute höheren Ranges, unter denen sich auch A'bü Horra, der alte blinde Bruder des Königs, und seine eigene Toch- ter Fatima befanden, bis zu seiner eigenen Person durch- drangen und nahe daran waren, ihn zu erschlagen, als es seinen Leuten gelang, ihm das Leben zu retten. Aber zu kühn gemacht durch diesen Erfolg, wagte es der Feind am näch- sten Tage, seine Bergfeste zu verlassen und in die Ebene hin- abzusteigen, wo er in Folge der überlegenen Zahl und der vorzüglicheren Reiterei des königlichen Heeres überwunden wurde und nach einem empfindlichen Verlust, der jedoch mehr die Reihen ihrer Kampfgenossen, der Abu Schärib, als ihre eigenen lichtete, Zuflucht in den Bergen suchte. Ungeachtet dieses Verlustes jedocli, den sie in der eben erwähnten Schlacht erlitten, welche von den Eingeborenen die Schlacht von Tor- bigen oder Djälkam genannt wird, haben die KodoI, als ein kriegerischer Stamm, keineswegs ihr Recht aufgegeben ; selbst während meines Aufenthaltes in Baghirmi hiess es, dass sie bei der Absicht beharrten, den Kampf nach beendigter Ernte zu emeuem.

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496 Anhang VI.

So weit habe ich die Geschichte des Landes in der De- pesche behandelt, welche ich nach meiner Rückkehr von Ba- ghirmi heimsandte, und die Bemerkung, mit der ich da- mals meinen geschichtlichen Bericht von Wadäi scUoss, ist seitdem in sehr auffallender Weise bestätigt worden. Meine Worte waren: „Die Uneinigkeit, welche gegenwäiüg im Her- zen von Wadai herrscht, ist um so folgenreicher, als der König Mohammed Ssäleh mit seinem ältesten Sohn Moham- med auf schlechtem Fusse zu stehn scheint. Der Thronerbe blieb bei der Übersiedelung des Hofes nach Abeschr in Wära zurück und soll sich, nachdem er wiederholt vorgeladen wor- den war, vor seinem Vater zu erscheinen, in die südlichen Landschaften des Reiches zurückgezogen haben."

Nur wenige Monate später, als ich diese Zeilen geschrie- ben, erhielten wir in Bornu die Nachricht von dem Aus- bruche eines Bürgerkrieges zwischen Vater und Sohn; ein langer blutiger Kampf begann, in welchem Mohammed, der Sohn Mohammed Ssäleh's, nicht allein seinen Vater, sondeni auch seine Brüder besiegte, obgleich sie einen star- ken Anhang hatten, während er selbst in Folge seiner Ge- burt (als Sohn einer Ausländerin, einer Felläterin von Kor- dofän) sich ganz allein auf seine eigene Energie und seinen persönlichen Muth verlassen musste. Hieraus erklärt sich auch von selbst das gewaltsame Verfahren des Usurpators, dem natürlich der ganze Landesadel feindlich gegenüber- stand; so soll er eine grosse Niederlage unter den angese- hensten Männern des Landes angerichtet haben.

Über den gegenwärtigen Zustand der politischen Verhält- nisse des Landes bin ich nicht genau unterrichtet; ich habe jedoch gehört, dass dieser König von einem seiner Brü- der entthront worden sei. Sollte Herr Dr. Vogel, der, wie wii' nun wissen, über Känem und Fittri Baghirmi erreicht und sich dann von da wieder nördlich um Wadai herum gewandt hat, wider Erwarten so glücklich sein, mit dem

Abriss der Geschichte von Wdddi. 497

Leben davonzukommen, so werden wir von diesem interes- santen Lande bald mehr hören; aber leider lassen selbst die letzten Nachrichten (vom 20*«» Juni) aus Borgu nur we- nig Hoffnung, dass das Leben des ebenso rüstigen und un- erschrockenen, wie aufgeweckten und tief wissenschaftlich gebildeten jungen Mannes, der eine so reiche Zukunft in Leben und Wissenschaft vor sich hatte, verschont geblieben sei; es ist vielmehr zu befürchten, dass fürderhin auch Wära unter den zahlreichen Grabstätten Europäischer Reisenden figuriren wird, welche sich im Inneren des Afrikanischen Festlandes zer- streut finden. Allerdings ist eine schwache Hoffnung in diesem Augenblicke (Anfang September 1857) wieder aufgetaucht; möge das Bestreben, nichts unversucht zu lassen, um das Schicksal des kühnen Forschers zu enthüllen, wenigstens dazu beitragen, uns einen Blick auf den Faden seiner Bemühungen werfen zu lassen. Allein auch im Falle, dass sich die Nach- richt bestätigte, Eduard Vogel sei vom Fürsten von Wädäi, sei es im Zorn über eine ihm von anderer Seite her ange- thane Beleidigung oder aus Fanatismus, enthauptet worden, würde das Leben meines jungen Freundes nicht als vöUig nutzlos weggeworfen zu betrachten sein, und sein Tod selbst würde künftigen Reisenden einen Schirm gegen ein ähnliches Schicksal gewähren.

Dies ist eine kurze Skizze der Geschichte Wadai's, so weit mich meine Nachforschungen in Baghirmi in den Stand setz- ten, mit ihr bekannt zu werden. Für die Genauigkeit meiner Angaben im Allgemeinen kann ich bürgen, wie weit sie auch von Berichten Anderer abweichen mögen.

Ich schliesse nun einige allgemeine Bemerkungen an.

Das auf diese Weise durch die, wenn auch unsystemati- schen, aber doch energischen Bemühungen mehrerer Fürsten in ein ausgedehntes Königreich vereinigte Land hat seine grösste Längenausdehnung in der Richtung von WNW. nach OSO. und erstreckt sich ungefähr vom 15*e» Grad östl. L. von

Barth't BcUen. in. 32

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498 Anhang VI.

Greenwich bis zum 238ten Grad und vom 15^ bis 10^ nördL Breite*). In Bezug auf seine physische BeschafiFenheit will ich hier nur eine kurze Skizze der eigenthümlichsten Züge entwerfen, indem ich die Darlegung des Einzelnen den Iti- nerarien überlasse, da die ganze Kenntniss, die wir von dem Lande besitzen, nicht von eigener Anschauung herrührt, son- dern von diesen Itinerarien abgeleitet ist.

Das eigentliche Wddai ist ein ziemlich ebenes Land, aber unterbrochen von einer grossen Menge vereinzelter Berge .von trockener und dürrer Beschaffenheit, und unfähig, beständi- gen Quellen Nahrung zu geben; selbst die einzigen Quellen, von deren Vorhandensein im Lande ich Kunde einsammeln konnte, nämlich diejenigen in der Nähe der Ortschaft Hamien im Thale Waringek, sollen heisses Wasser enthalten. Das ganze Land hat eine Neigung von Ost nach West, d. h. mit anderen Worten vom Fusse des Djebel Märra in För nach dem Becken des Fittri, des besonderen Landsee's der Küka, der alle Feuchtigkeit aufiiimmt, die während der Regenzeit von den kleineren Wasserläufen herabgeführt wird und sich im grös- seren Thale des Bat-hä ansammelt. Nur das Wadi Kia scheint hiervon eine Ausnahme zu machen, da es, hart an der genannten Bergkette entlang von Nord nach Süd lau- fend, nach der Angabe der meisten meiner Berichterstatter keine Verbindung mit jenem Becken zu haben scheint und möglicherweise einem Arme des Nils zufliesst. Im nörd- lichen Theile Wädäi's, wo das Land von wüsten Gauen be- grenzt wird, gibt es mehrere kleinere Wasserläufe „saraf ", wie sie hier genannt werden , die im Sande dahinsterben.

In Bezug auf das zwischen den beiden Landsee'n, dem Fittri auf der einen und dem Tsäd auf der anderen Seite, gelegene Land habe ich schon an einer anderen Stelle ge- zeigt, dass es eine höher gelegene Landschaft ist, welche

*) Im Englischen Texte ist hier ein Schreibfehler.

Abriss der (beschichte von Wiidäü

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alle Verbindung zwischen den beiden Seebecken abschneidet, während die Wasserläufe und Thäler die natürlichen Stras- sen bilden, an denen entlang die Wohnplätze der Anwohner liegen. Auch über diese Landschaft werden wir ganz an- deren Aufschluss erhalten, wenn Herr Dr. Vogel, der, wie wir nun wissen , diese Gegend im März vorigen Jahres auf dem Wege von Känem nach Fittri durchzogen hat, noch am Leben sein sollte, oder wenn wenigstens seine letzten Papiere gerettet werden.

Was die äusseren Provinzen des Reiches betriflft, so ist ihr Charakter, so weit sie nach Süden liegen, augenschein- lich mannichfaltiger und reicher an perennirenden Wasser- läufen, als der Kern des Königreiches selbst; aber die sie betreflfenden Nachforschungen sind noch nicht weit genug gediehen, um uns in den Stand zu setzen, eine allgemeine Darstellung derselben zu geben.

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Ethnographische Beschreibung von Wädäi.

Vfiä&i ist in jeder Hinsicht ein noch junges Reich, in dem die verschiedenartigsten Elemente mit beinahe unbeschränk- ter, das Gesammtwesen des politischen Körpers schwächen- der und entkräftender Macht neben einander bestehen. Des- senungeachtet ist die Mannichfaltigkeit dieser Elemente in einem so ausgedehnten Gebiete wie Wdddi keineswegs aus- serordentlich für diese Gegend der Erde; denn die Zahl der verschiedenen hier gesprochenen Dialekte übertriflFt nicht die Anzahl derjenigen, die man in Fümbinä redet; ja selbst in Bomu, wo in Folge eines ausgleichenden und centralisiren- den Regierungssystems mehrere Stämme im Laufe der Zeit fast ganz vernichtet worden sind, überschreitet die Zahl der innerhalb der Reichsgrenzen bis heute noch geredeten Spra- chen fünfzehn.

In Wdddi hat man zuerst zwei grosse Gruppen von einan- der zu unterscheiden : die einheimischen oder eingewanderten Negerstämme auf der einen und die Arabischen Stämme auf der anderen Seite. Ich will zuerst die Negerstämme betrach- ten, indem ich eine vollständige Liste derselben mittheile und jedesmal einige Bemerkungen in Bezug auf ihre Stärke und ihre politische Macht hinzufüge. In Bezug auf ihre Ver- wandtschaft Äter einander aber kann man bis jetzt nur we- nig mit Gewissheit sagen, da noch keine Wörterverzeichnisse ihrer Sprachen vorliegen. Ich selbst war nicht im Stande,

Ethnographische Beschreibung von Wädäi. 501

mir deren mehr als drei zu verschaflfen, nämlich einmal von der Sprache des Hauptstammes (der Mäba) dann von der- jenigen der Küka und endlich von derjenigen der Abii oder AT)u Schärib. Die Wohnplätze dieser Stämme wird man besser aus der Sammlung von Itinerarien, als aus diesen all- gemeinen Angaben kennen lernen.

Ich fasse zuerst die Gruppe von Stämmen in's Auge, welche das eigentliche WädÄ'i oder Mäba (in der hier nach Arabischer Weise gebräuchlichen Form als Dar -Mäba be- kannt) bewohnen und eine und dieselbe Sprache, „böra Mäbang" genannt, reden, von der ich ein leidlich vollständi- ges Wörterverzeichniss (mit mehr als 2000 Wörtern) nebst einer grossen Menge Phrasen (mit Einschluss des Vater- unsers) zu sammeln im Stande war. Diese Gruppe besteht aus den folgenden Stämmen oder vielmehr Abtheilungen: den Kelingen*), welche mehrere, etwa einen Tagemarsch süd- lich von Wära gelegene Dörfer bewohnen; den Malanga**), im Nordosten; den Mädabä und den Mädalä, nahe bei den Letzteren, und den Kodoi, d. i. Bergbewohnern (von „kodök", der Berg). Die Letzteren werden von den Arabern wegen ihrer rothen Zähne, welche Farbe sie durch die Beschaffenheit des Wassers in jenen Bergstätten erhalten sollen, Bü-Ssenün (Sin- gular „Ssennaui") genannt; dort in den Bergen bewahren sie ihre körperliche Kraft und ihren unabhängigen, freiheitslie- benden Sinn und sie werden einstimmig als der tapferste von allen Stämmen Wdddi's anerkannt. Die berühmtesten unter den Bergstätten der KodoT sind: Kürungun (der Sitz ihres Häuptlings), Bümdan, Mögum, Bürkuli, Mutüng und Warschekr, welche Ortschaften sämmtlich einen Tagemarsch östlich von Wära liegen.

*) Der Namo wird im Arabischen, welches gar nicht Hihig ist, die so vielen Ncgcrsprachcn eigenen Nasenlaute wiederzugeben, (O^ gesclirieben.

**) VäV.A/0 geschrieben.

502 Anhang VIL

Auf die Eodoi folgen die kleineren Abtheilungeu der Kunö, der Djimbo, der Abu Gredäm, der Ogodöngda, der KauSk, der Aschkiting, der Bili, der Bilting, der *Am-G&- mara, der Koromboi, der Girri (in Am-deKk wohnend), die Leute von Schefeii, die Minga (in dem „Firscha" genannten Gau angesessen), die Amirga (Bewohner von Mäschek), die Leute von Andobü, die von Schibi, die von Tara, lauter in der Nachbarschaft von Wära gelegene Ortschaften.

Alle eben aufgezählten Mäba- Abtheilungen, zu denen viel- leicht noch einige andere kleine Bruchstücke gehören, sol- len einen gänzlich von einander verschiedenen Charakter be- sitzen und ganz selbstständige Körperschaften bilden. Die zahlreichsten unter ihnen sind die Kelingen, die Eadjdnga, die Malänga und die Eodoi; aber der Vorrang der Ersteren beruht auf nichts, als auf dem Umstände, dass die gegen- wärtige Königin -Mutter „mömo" , die in Wddäi einen gewissen Einfluss ausübt, zu diesem Stamme gehört.

Aber weder von den Kelingen, noch von irgend einem an- deren der erwähnten Stämme, welche die Gruppe von Mäba oder Dar-Mäba bilden, stammten die Könige von Wddäi ursprünglich ab, sondern diese gingen aus den oben erwähn- ten Gemir, einem Stamme von ganz verschiedener Nationali- tät, hervor, und nur aus diesem Grunde, nicht etwa mit Rücksicht auf ihre Macht, die gegenwärtig ausserordentlich geschwächt ist, weise ich diesem Stamme, welcher sich durch ein besonderes Idiom auszeichnet, den zweiten Platz an.

Ich zähle mm die verschiedenen Abtheilungen der Abu Schärib oder A'bil auf, deren Stamm in seiner Gesammtzahl die ganze Gruppe von Mäba übertreffen soll; aber die von ihnen gesprochenen Dialekte sollen so sehr von einander ab- weichen, dass die Leute der einen Abtheilung nur mit Noth diejenigen der anderen verstehen können, so dass als allge- meine Umgangs- und Verkehrssprache die „böra Mäbaug" gilt, die allen angesehenen Landeseinwohnem bekannt ist, zu

Ethnograplusclie Beschroibung von Wädäi. 503

welchem besonderen Stamme sie immer gehören mögen. Ich erwähne zuerst die Kbü. Schärib Menagön und Maraxit, die eine gemeinsame Sprache reden, von der ich ein ausgawähl- tes Wörterverzeichniss , das etwa 200 Wörter umfasst, nebst einer Übersetzung des Vaterunsers gesammelt habe. Auch muss ich mit diesem Stamme die Täma gruppiren, die nach ganz positiven Angaben mit den Ersteren nahe verwandt sein sollen, obgleich die Wohnsitze dieser beiden Stämme gegen- wärtig weit von emander geschieden smd, indem die Mena- gön und Mararit etwa 6 Tagemärsche südlich von Wära an- gesessen sind, während die Täma, wie oben angegeben, einen bergigen, 4 Tagemärsche nordöstlich von der Hauptstadt ge- legenen Gau bewohnen.

Dieser kriegerische Stamm, der sich vorzugsweise durch seine Geschicklichkeit im Gebrauche des Speeres auszeichnet, scheint gegenwärtig, wenigstens in gewissem Sinne, seine Un- abhängigkeit, die er länger als 2 Jahrhunderte mit Erfolg vertheidigt hat, verloren zu haben. Allerdings gelang es ih- nen im Anfang, einen Mann Namens Bilbildek, den der ge- genwärtige König von Wddä'i über sie eingesetzt hatte (an- statt ihres früheren unabhängigen Häuptlinges E' Nur, den er hatte enthaupten lassen), zurückzutreiben; aber der nach einem zweiten Feldzuge vom Könige eingesetzte Amtmann Ibrahim scheint wirklich seine Stellung in einem ihrer wich- tigsten Wohnplätze, Namens Nanäua, zu behaupten. Auch sollen die Täma gegenwärtig die Märkte von WddÄi* besu- chen, während die „kai Mäba" (die Leute vom eigentlichen Mäba) es nicht wagen, auf die Märkte der Täma zu gehn. Die Letzteren besitzen eine grosse Menge Pferde, aber nur wenig Rindvieh.

Auf die Täma lasse ich die Abu Schärib Gnorga*) und Darna folgen, welche östlich von den Menagön und Mdrarlt

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504 Anluuig VIL

angesessen sind; dann die Al)ü Schärib Kübu, die in Goninga, nahe. bei ^dabü, wohnen; die Abu Schärib Ssungöri*), die einen Gau von beträchtlichem Umfange nach der Grenze von För hin bewohnen, untermischt mit den Md-ssallt, und vorzugsweise wegen der Zucht einer schönen Rasse hochge- wachsener Pferde berühmt sind; die Abu Schärib Schäli, nahe bei den Ssungöri; die A'bü Schärib Schochen, die vor- zugsweise den wohlbekannten gleichnamigen Ort bewohnen; die Abu Schärib Bubala, eng verbundene Freunde der Kodoi, deren östliche Nachbarn sie sind, und endlich die Ueläd Djemma, die gleichfalls der grossen Gruppe der Abu Schärib angehören, aber, wie man behauptet, durch ein besonderes Idiom, oder wohl vielmehr durch einen besonderen Dialekt, ausgezeichnet aind.

Dieser Gruppe schliesse ich die Md-ssalit an, die nach den Abu Schärib am zahlreichsten sein sollen und möglicher- weise mit den Ssungöri, mit denen sie untermischt wohnen, etwas verwandt sind. Dennoch aber scheint der Zustand von Barbarei, in den die Mä-ssalit versunken sind, von der alier- niedrigsten Art zu sein; ja sie sollen selbst Menschenfleisch nicht verschmähen, und besonders wird dieser Vorwurf gegen diejenige Abtheilung derselben erhoben, welche in der Ort- schaft Nyessere, nahe an der Grenze von För, leben.

Nach den Md-ssalit erwähne ich zunächst, auf Grund der Nachbarschaft ihrer Wohnplätze, den Stamm der *AlT und wende mich dann rückwärts nach der Umgegend von Wära, wo ich zuerst die Mimi nennen will, einen Stamm, der sich, wie es heisst, durch eine besondere Sprache auszeichnet. Dann nenne ich eine Gruppe, die mehrere Stämme begreift, über deren Verwandtschaftsgrad aber erst dann Sicheres fest- gestellt werden kann, wenn man von ihren Sprachen oder Dialekten Wörterverzeichnisse und grammatische Beispiele

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Ethnographische Bcsohreibong von Wädäi. 505

gesammelt hat; es sind die folgenden Stämme: die Moeö*) mid die Marfa, die Eörunga oder, wie sie von den Arabern genannt werden, E&ringa und die Kaschemere. (Es ist nicht unwahrscheinlich, dass zwischen diesen Stämmen und den Mä-ssallt eine Art Verwandtschaft stattfindet.)

Ich zähle jetzt die Kondongö auf, einen Stamm, welcher früher bedeutende Kraft besass, aber gegenwärtig durch den gegen ^bd el *AsIs geführten Kampf und eine darauf folgende Hungersnoth sehr geschwächt ist. Sie sind besonders wegen der Vorzüglichkeit ihrer Weberei berühmt.

Ich erwähne nun noch als besondere Stämme oder Natio- nalitäten: die Kabbäga, im Südosten von Wära, nahe bei den Kübu; die Mübi, am Bat-hä; die M4rta; die Dermüdi oder Darämdutü; die Bäkka oder Uelad el Bachcha, nahe bei Maldm ; die Birkit, nahe an den Grenzen von För, wo sie auch zahlreich sind; die Täla; die Kadjägsse oder Kadjä- gasse, hart an der SSW.-Grenze des eigentlichen Wädäi, und (nicht weit von ihnen) die Tündjur, der Rest jener mächti- gen Völkerschaft, welche einst alle diese Länder beherrschte und deren Bruchstücke jetzt vorzugsweise in M^arä ange- siedelt sind, einer Ortschaft, die zu Dar-Soyüd gehört.

Femer nenne ich die Küka, welche vorzugsweise am un- teren Laufe des Bat-hä entlang angesiedelt sind, sowie inFittri, wo sie, was die Sprache betrifft, mit den Buläla eine gemein- same Gruppe bilden, geschieden von den vorher erwähnten Stämmen Wädäi's, aber eng verbunden mit den Bewohnern Baghirmi's, mit deren Sprache, wenigstens was die eine Hälfte der sie bildenden Elemente betrifft, diejenige der Küka identisch ist.

Auf die Küka müssen wir die Dädjö folgen lassen, einen Stamm, der selbst noch jetzt, obgleich seine alte Macht hin-

*) Der Name wird ^^yO oder ,^ geschrieben.

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506 Anhang VIL

geschwunden, sehr zaUreich* ist Was ihre Wohnsitze in Widäi betrifiPt, so sind sie vorzugsweise südöstlich von den Küka angesiedelt, mit denen sie einige entfernte Verwandt- schaft haben. Vielleicht sind diejenigen Elemente in der Sprache der Küka, die mit der Sprache der Bewohner von Baghirmi keine Übereinstimmung haben, identisch mit den entsprechenden Ausdrücken der Sprache der Didjö. Auch in Bezug auf die Verwandtschaft zwischen den D&djö und den A'bü Telfän, welche Letztere einen 2 Tagemärsche süd- südwestlich von Birket Fdtima gelegenen beiden Gau be- wohnen, sind wir noch nicht im Stande, zu einer klaren An- sicht zu kommen. Die Abu Telfän scheinen, wenigstens so weit die Civilisation in Betracht kommt, einen sehr niedrigen Rang einzunehmen und stehn bei den Bewohnern von Wädäi' in dem Rufe von Heiden „djendchera" ; sie sind jedoch reich an Pferden und Rindvieh.

In der Provinz Dar-Soyüd, am mittleren Laufe des Bat-hä gelegen, habe ich noch einen besonderen Stamm zu er- wähnen, nämlich die Kaüdara, die in einem ansehnUchen Orte Namens Kinne wohnen und eine besondere Sprache re- den sollen.

Ehe ich nun die Stämme aufzähle, welche die äusseren Provinzen nach Süden bewohnen und erst theilweise unter- worfen sind, will ich erst die So-rbdua oder, wie der Name in Wadai ausgesprochen wird, So-chäua erwähnen, sowie die Guraän, zwei grosse Abtheilungen der Tebu oder vielmehr Teda, welche die Wüste im Norden von Wadä'i bewohnen, Reichthum an Heerden besitzen und sich dem Herrscher von Wadai unterworfen haben.

In den südlichen Provinzen sind zu nennen : die Ssilla, an- gesessen in dem gebirgigen Gau südsüdwestlich von Schenlni; die Bändalä, nahe bei Djedji ; die Rünga, die das Land süd- westlich von Ssilla und 15 Tagereisen von Wära bewohnen und ebensowohl an För wie an Wadai Abgaben zahlen; die

Ethnographische Beschreibang von Wäddi. 507

D&ggel, deren Hauptstadt Mangära ist, nördlich von Runga und westlich von Ssilla; die Gülla, die von sehr schönem Körperbau und zum Theil kupferfarbig sein sollen, westlich von Rünga; die Fäna, südlich von Gülla; die Birrimbirri, südsüdöstlich von Wädä'i; die Sseli, südlich von Rünga, und endlich die Kutingära.

Dies ist ein etwas trockenes Verzeichniss der zahlreichen Stämme, die zu der schwarzen Bevölkerung von Wddai ge- hören. Nur fortgesetzte Untersuchungen im Inneren jenes Landes selbst und Sanmilungen von Wörterverzeichnissen ihrer Sprachen sind geeignet, den zwischen ihnen bestehenden Grad von Verwandtschaft festzustellen.

Was nun die andere grosse Gruppe betrifiFt, nämlich die Arabische Bevölkerung von Wädai die „"Arämka Dar Mä- bana", wie sie in der Landessprache genannt werden, da sich die Leute vonWäddi' des in Baghirmi undBömuso allgemein gebräuchlichen Ausdruckes Schüa oder Schiwa niemals be- dienen — , so umfasst sie folgende Stämme, die seit unge- fähr 500 Jahren in Wädä'i angesessen sind. Zuerst die M&- hamid, die mächtigsten unter allen , reich sowohl an Eamee- len als an Kleinvieh; sie wohnen oder ziehen vielmehr um- her in den Thälem nördlich von Wära, und zwar besonders im Wadi 'Orädha, 2 Tagemärsche von jenem Platze, wo sie Herr Dr. Vogel besucht zu haben scheint, der uns jedenfalls, wenn ihm noch glückliche Heimkehr beschieden ist, eine le- bensvolle Beschreibung von dem Wanderleben diesed heerden- reichen Stammes liefern wird. Nahe bei ihnen die Ben! Helba, die politisch mit den Tündjur verbunden gewesen sein sollen; die Schlggegät, zum Theil in enger Verbindung mit denMi- hamld, zum Theil in der Nähe von Djedji angesessen; die Ssebbedi; die Ssef e' dm und die Beni Hassan. Die Letzte- i*en, denen wir schon in Bomu und Känem begegneten, wo sie in grosser Anzahl verbreitet sind, scheinen sich auch in Wädd'i kaum besserer Zustände zu erfreuen und eine grosse

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506 Anhang YII.

Menge derselben schweift im östlichen Sudan umher, um mit ihrer Arbeit etwas zu verdienen, während die Übrigen in der Regenzeit nach einer £tang genannten Örtlichkeit wandern, die nordöstlich Ton Wära, zwischen dem Gebiete der Täma und dem der So-rhdua, liegt.

Während alle diese Stämme im Norden von Wära umher- streifen, sind diejenigen, welche ich jetzt folgen lasse, wenig- stens einen Theil des Jahres im Thale des Bat-hä angesiedelt Dies sind erstens die Missirie, der dritte Stamm unter den Wd- ddi- Arabern in Bezug auf die Kopfzahl und in zwei Abtheilun- gen zerfallend, nämlich die Missirie Sorük „die Schwarzen"- und die Missirie Homr „die Rothen" ; der Hauptsitz der- selben ist DombolL Dann kommen die Chosäm, die Nächsten bezüglich der Menge, die Soyüd, Djaätena, Ssabbade und die 'Abidie, zu welchen man noch die Nuaibe hinzufügen kann, die sich mehr nördlich vom Bat-hä halten. Nächst diesen sind dann die Ssäbalät zu nennen, ein etwas armer Stamm, der Viehzucht für den Bedarf des Königs treibt und dessen Haushalt mit Milch versorgt. Südlich von den Ssungöri sind die Wohn- sitze der Korobät, deren Hauptort Tendjing ist, östlich von Tündjung, das wiederum 2 Tagereisen von Schenlni entfernt liegt.

Auf den reichen Weidegründen 4 Tagereisen südöstlich von Blrket Fdtima, die von einem seichten Wasserlauf, einer Art Indischer NuUah, Namens Bahhr e' Tini, genährt werden, sind die Wanderstämme der Kolomät und der Terdjem, während nach dem südwestlichen Ende des Reiches zu, am Rande einer anderen, wahrscheinlich stromlosen NuUah, die nach dem Namen des Stammes, den ich soeben erwähnen will, be- zeichnet wird, die Sitze der Ueläd Raschid sind, nahe am östlichen Grenzbezirk der heidnischen Tributärprovinzen von Baghirmi. Ein Theil von ihnen ist selbst mitten unter jenen heidnischen Stämmen angesessen, vorzüglich unter den Büa Küli, mit denen sie Heirathsgemeinschaft zu haben scheinen.

Ethnogpraphische Beschreibung Ton ViM&i,

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Sie sind ganz besonders reich an Pferden von kleinem Schlag und haben ansehnlichen Grundbesitz.

Endlich ist noch eine andere Gruppe Arabischer Stänune zu erwähnen, die ihr Vieh an einem anderen seichten Wasser weiden, das gleichfalls nur wenig Fall zu haben scheint und gewöhnlich O'm e' Timän genannt, aber auch häufig nach den Stämmen bezeichnet wird, die an seinem Rande angesessen sind. Ostwärts, nicht weit von den Bdndalä, haust der zahl- reiche Stamm der Ssälamät; westlich von ihnen wohnen die Hemäd und endlich die Schdrafa, die auch gelegentlich den Bahhr e' Tini besuchen. Neben diesen, nach den Westgren- zen des Reiches zu, sind die Düggana oder Däghana angesie- delt, die in früheren Zeiten von Bömu abhängig waren.

Was die Farbe aller dieser Arabischen Stämme betriflft, so kann man sie in zwei Gruppen theilen, nämlich in die „So- rük" und in die „Homr". Zur ersten Gruppe, welche die dun- kelfarbigen Stämme umfasst, gehören hauptsächlich die nach eben diesem Charakter „Sorük" genannten Missirie *) und die 'Abidie , während die Mahamid, die Raschid, die Ghosäm, die Hamide und die übrigen oben erwähnten Stämme die bei weitem zahlreichere Gruppe der „Homr" bilden.

*) Im Englischen Text ist hier ein Druckfehler.

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vin.

Regierang yon WAd&T.

Aus der vorhergehenden Darstellung der verschiedenen Ele- mente der Bevölkerung von Wädäi* ergibt sich schon, dass auch die Regierung eine verschiedenartig zusammengesetzte, der Übereinstimmung und Einheitlichkeit ermangelnde sein müsse. Bei Untersuchung der in der Regierung dieser man- nichfaltigen Völkerschaften beobachteten Verwaltungsart haben wir zuvörderst zu bemerken, dass (ohne Zweifel nach dem Vorgange von Dar-För) das gesammte Reich von WddÄi in vier grosse Provinzen getheilt ist, nämlich: die Einwohner- schaft der westlichen Gemarkungen die „Lulül-endi" , die der südlichen die „Motay-endi" , die der östlichen die „Talünt-endi" und die der nördlichen die „Tür- talü" . Diesen vier grossen Abtheilungen oder Provinzen ist je ein Kamkoläk vorgesetzt: der Kamkoläk des Westens, ge- genwärtig K. Nehed, welcher in Gosbeda, einem zu Mäschek (3 Tagereisen westsüdwestlich von Wära) gelegenen Dorfe, sei- nen Sitz hat ; der Kamkoläk des Südens, gegenwärtig Moham- med, welcher in Kürkuti am Betehä, 2 Tagereisen südlich von Wära, residirt; der Kamkoläk des Ostens, gegenwärtig Abäkr (Abu Bakr) Ueled Meram , welcher nahe an der Grenze von Dar-För seinen Sitz hat, und der des Nordens, gegenwärtig Scheich -el-'Arab, Tondö's Sohn, welcher in Megeren, gegen 20 Meilen nördlich von Wära, seinen Hof hält.

Neben diesen vier vornehmsten Statthaltern „kemäkel"

Kegierung Yon WddaY. 511

(Plural von „kamkoläk") gibt es noch vier untergeordnete, „Kamkoläk-endikrek" genannt, welche die Stellvertreter der ersteren zu sein und ausserdem noch einige besondere Oblie- genheiten zu haben scheinen. Dieselben sind g^enwärtig: Kam- koläk Nässr, welcher dem K. Nehed beigeordnet ist; K. He- djäb, welcher im Süden steht; K. Kelingen und Kamkoläk Rakeb.

Diese Kemäkel haben im Allgemeinen die Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten in den Provinzen, Macht über Leben und Tod, und erheben die „dhiäfa", eigentlich „das Gastgeschenk", einen nach der Grösse der betreffenden Ortschaft abgemessenen Tribut. Ihre Gerichtsbarkeit scheint sich jedoch durchaus nicht auf die Arabische Bevölkerung zu erstrecken, und selbst bei den einheimischen Stämmen schei- nen viele Ausnahmen von derselben zu bestehen, indem meh- rere Stämme, namentlich die Täma, die Kodoi, die Buläla, die Middogö und einige von den Abü-Schärib, ihre selbst- ständigen mächtigen Häuptlinge besitzen, auch mehrere heid- nische Stämme ihre früheren eingeborenen Fürsten behalten haben. Ausserdem sind sehr viele von einheimischen Stäm- men bewohnte Orte den ursprünglich als Statthalter über die Araber-Stämme bestellten A'gade oder Agid's zugewiesen wor- den, so dass die Kemäkel auf den Kriegszügen eine bei wei- tem geringere Macht unter ihrem Befehle haben, als die Agade.

Endlich ist in der östlichen Provinz ein besonderer Agid e' ssybbha (ssäbah) bestellt worden, der von dem Kamkoläk des Ostens unabhängig ist und in Bir-Taiul an der Grenze von Dar-För seinen Sitz hat, obgleich sich seine Gerichts- barkeit ursprünglich nur über den Stamm der Korobät er- streckte.

Es folgt nun ein Verzeichniss der gegenwärtigen AgTds oder A'gade, der von ihnen beherrschten Stämme und deren ein- heimischer Häuptlinge:

512 AnliaDg VIIL

Shm an AgM. Nmm 4m BAaptUaca. Katoa 4m

'Abd e' Ssaläm Hagar . . M&hamTd,

iM&Uem Burma*) ii.Dendini**) Beul Helba.

Ichamis ITeled SSbe . . . S^bbedl.

Dj^rma, Mohammed Ssi- YTtanZld ScbfggeriU

leh'8 Nefife . . . . U jj« ^Ssef e* Dia.

fGoddfim - ,,

(Bern Hassan.

MSssa GhabSsch .... Uelid Djenirb.

Scherf e' Din Mahaiie Ueläd 'Ali.

H&gene Tarima Missine Sortik.

DÄgga MagÄddam Missine Homr.

(Kamkolak NehSd.) AUadjid Soytid.

M&mmedi Biyat NnÜbe.

T^ j 1X11 1. ro jui All vx iSchecb SsSleh DjÜiena.

FadaUllah (Fadhl-AUah) J., ^ ,. ,,";

(AI Baher Düggana.

Dj6nna Schögoma . . (Mir unbekannt.) Chosim.

^Dilla )

Hanno s_^, > Hamide.

(R&dama )

Barka Messer .... Ssindur 'Abidio.

Dj6rma 'Abd el 'Asis . Ssäleh Kölomät.

Qädi Fäkih Yaküb T6rdjem.

Bached, Agid e' ssybbba (SUt unbekannt.) K6robät.

^Diyäb, mit dem Beinamen

„Ssidi Dj^nün" . . . Ssdlamat.

Ssiid '{Bekek, dessen Tochter mit

dem Könige Djedd el Mola Terheirathet ist ... Schdrafa.

Horr Scheich Andjo Ssdbbada,

Danna Halib, eine Fran .... Raschid.

(Unbekannt.) Mäfer Ssdbalät.

'Abd-el-Wähed . . . Biyäb Debäba, eine Abthei- lung des gleichnami- gen Stammes. Fäkih 'All oder' AlTo, Agid- fA'dim, nach welchem Charithi

el-bahhr genannt , des- ) die höchste Gewalt im> Assälc'

sen Vater in der Schlacht i Stamme hat. ) Tebu-Stämme,

bei Küssuri blieb . lA'b KaschoUe Kreda

/Schinnaköra. iSsdkerdä.

Birre Xbu Nakör ^Ssdkere.

iMadamce. (Fämdlle.

*) Welcher in Gdlum Kuscha seinen Sitz hat.

*♦) Welcher in A'm-Ssidr wohnt, einem 1 Tagereise nordwestlich von Wära und ungefähr ebenso weit von Gdlum Kuscha entfernten Saraf.

Regierung von Wädäi. 513

Diese Ägiden, unter denen Djerma, dem halb Wädäi* gehö- ren soll, der mächtigste ist, besitzen grosse Autorität im Kriege wie im Frieden; denn sie haben nicht nur die Auf- sicht über die Geschäfte ihrer Bezirke und die Erhebung des Tributs, sondern auch das Aufgebot der Kriegsmannschaft und deren Anführung in der Schlacht; auch unternehmen sie fortwährend grosse Raubzüge auf eigene Rechnung. Nach Djerma ist der Agid-el-bahhr, welchem Moito, die nordöst- liche Grenzstadt von Bagbirmi, einen besonderen Zins (unab- hängig von dem allgemeinen Tribut, den Baghirmi an Wa- dä'i entrichtet) zu zahlen hat, durch seine zahlreiche Reiterei der mächtigste; auf ihn folgen, wie es scheint, der Agid der Djaätena und derjenige der Düggana. Der Agid-e'-Ssybha ist sehr verrufen wegen der Erpressungen und Unannehndich- keiten, denen Reisende und Pilger durch ihn fortwährend aus- gesetzt sind, wesshalb diese sein Gebiet auch möglichst ver- meiden.

Jeder von diesen Ägiden hat einen Chalifa oder Stellver- treter, Agid-el-Birsch genannt, den er in seinen Bezirk sen- det, wenn er selbst nicht zu gehn wünscht; einige von die- sen üben auch selbstständig eine beträchtliche Macht aus. Diesen Beamten ist Seitens des Sultans noch ein Emm bei- geordnet, welcher die Erhebung der Abgaben zu überwachen und zu kontroliren, wie auch darauf zu achten hat, dass der gehörige Theil, nämlich die halbe Dhiäfa, dem Sultan zuge- stellt werde.

Abgaben. Die Abgaben oder Steuern hier „diwän" genannt sind je nach dem Reichthum und den Erzeugnis- sen der einzelnen Bezirke bemessen und daher sehr ver- schiedener Art. Im Allgemeinen aber hat jeder Einwohner einer Stadt im eigentlichen Wddäi neben ausserordentlichen Beisteuern und Geschenken für seine Person 2 Mudd ein 21 Handvoll Korn („duchn") haltendes Maass zu entrich- ten und ausserdem gemeinschaftlich mit den andern Einwoh-

lUrth'» ItolMn. IIL 33

I

514 Anhang VIU.

nern derselben Stadt eine bestimmte Anzahl Kameele zn lie- fern, während bei den Arabern jeder Familienvater alle 3 Jahre eine Käffala von zwei Stück Vieh oder, falls er ein Fäkih ist, von einem Stück zu stellen hat. Ausser dieser allgemeinen Auflage gibt es besondere für die schwarzen Eingeborenen; so hat zum Beispiel jede Dorfschaft an jedem grossen Mo- hammedanischen Feiertage ilu*em Adjuädi, d. h. der Person, welcher es als Einkommen überwiesen ist, ein Machaldie ein Maass von 3 Mudd oder Medäd Duchn, ausserdem einem Hofbeamten, „Ssidi-e'-Derb" genannt, wie auch dem „Ssldi- el-Albeue" einen gleichen Betrag zu entrichten, während grös- sere Dörfer oder Städte nach Verhältniss mehr, bis zu 10 Me- chäli, zu geben haben ; ausserdem müssen die kleineren Dör- fer bei Ablieferung der Auflagen an den König ihrem Adjuädi eine Kameelladung Duchn, die grösseren Ortschaften aber mehrere schenken. Die eingeborene Negerbevölkerung des eigentlichen Wadai hat kein Vieh und keine Tokäki (Kattun- streifen) einzuliefern, es sei denn auf den augenblickUchen und ausdrücklichen Befehl des Königs; bei der Festsetzung ihrer Abgaben wird vielmehr die besondere Art der Erzeug- nisse ihres Wohnsitzes und der Grad ihres Wohlstandes in Anschlag gebracht; die Ssungöri zum Beispiel, deren vor- treffliche Pferde ich schon erwähnt habe, sollen jährlich eine Abgabe von 100 Pferden entrichten, während die Abgaben der Gemir und Tündjur ausschliesslich in wildem Reis be- stehen, mit welchem sie den königlichen Haushalt zu versehen haben.

Was die Araber betriflft, so haben sie ausser der oben er- wähnten allgemeinen Auflage „käflfala" dem König selbst die „nöba" zu geben, bestehend in der alle 4 Jahre erfolgen- den Lieferung einer Kuh von jedem vierten Mann; ferner hat jedes Lager an jedem Feiertage eine junge Kuh zu lie- fern, und endlich sind die Araber sehr von der kostspieligen Dhiäfa belästigt, welche sie, wie bereits bemerkt, dem Agid-

Begierung von Wddäi. 515

el-Birsch bei dessen jährlichem Besuche zu entrichten haben, während die W&däi, wie wohlbekannt, die in ihrem Lande wohnhaften Araber in anderer Hinsicht in strenger Unterwür- figkeit halten und sie dadurch verhindeni, sich beträchtliches Vermögen zu erwerben. Was femer die Mahamid betrifft, so besteht deren Abgabe gänzlich in Kameelen, und sie sol- len deren alle 3 Jahre 1000 Stück liefern, während die'Abi- die, die selbst nur sehr wenig Vieh besitzen, aber die Vieh- züchter des Königs sind, ihre Abgaben in Butter entrichten.

Ebenso verschieden sind die Auflagen der „diwän" in den aussen liegenden Gemarkungen Wädai's. So entrichten die Dädjö 1000 Tokäki, ausserdem Honig, in welch' letzterem Artikel die gesaramten regelmässigen Leistungen der Gemar- kungen Ddggel, Kebait und der Bändalä bestehen, während Ssllla ausser Honig eine bestimmte Anzahl von schönen Skla- vinnen liefert, Bünga aber ausser seiner Quote jenes gesuch- ten Artikels (Honig) jährlich 100 grosse Elephantenzähne oder den halben Werth davon in Sklaven gibt. Die Auflagen von Gulla und den anliegenden heidnischen Ländern bestehen al- lein in Sklaven. Von den Tebu-Stämmen liefern die So-rhdua eine bestimmte Anzahl von Pferden und die Gur&än, so weit sie von Wddäi abhängig sind, eine solche von Kameelen.

Endlich ist hier noch des Diwans zu gedenken, den der König von Baghirmi seit der Zeit entrichtet, wo 'Othmän, der Vater des gegenwärtigen Herrn jenes Landes, bei Ssabün um Hilfe zur Wiedereroberung seines Landes vom F&tscha an- hielt, wie in meinem Berichte über Baghirmi erwähnt worden ist. Dieser Tribut, welcher gerade während meiner Anwesen- heit in Mäsena erhoben wurde, besteht in 100 Pferden jegli- cher Art, 100 Sklaven, 30 schönen Sklavinneu „sseräri" und 1000 Hemden „gumssän" . Dieser Tribut, in Ba- ghirmi im Gesammtwerth von 2500 3000 Spanischen Tha- lem, wird alle 3 Jahre entrichtet, nebst einem Geschenk von 10 Sseräri, 4 Pferden und 4 Gumssän an den Djerma Ueled el

33»

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516 Anhang Vm.

Meram, welcher die Oberaufsicht über dieses abhängige König- reich führt. Es gibt nämlich einen Oberaufseher „kurssi" für jede Gemarkung ausserhalb des eigentlichen Wddäi, und der Djerma ist nicht nur Agid über die oben erwähnten Araber- Stämme, sondern auch Kurssi vonBaghirmi und ganz Fittri, so- wie auch derDddjö und derMiddogö. Der gegenwärtige Kurssl von Rünga, Namens Scherif, hat seinen Wohnsitz in Schenini, welches nebst den anliegenden Dorfschaften seinen Bedarf an Lebensmitteln zu liefern hat, und von hier begibt er sich jähr- lich in die Provinz, um die Auflagen zu erheben. Auch die üeläd Raschid haben, theils wegen ihrer beträchtlichen Ent- fernung von der Hauptstadt, theils auch, wie es scheint, we- gen ihrer Versunkenheit im Heidenthum, einen eigenen Kurssl, obgleich sie ausserdem gemeinschaftlich mit den Ssälamat unter einem eigenen Agid stehn.

Der Fäscher und dessen Mitglieder. Bezüglich der inne- ren Regierung des Landes beschränke ich mich, da eine eigent- liche Civilverwaltung gar nicht besteht, auf Aufzählung der Mitglieder des königlichen Rathes des „fäscher" , in dem der gegenwärtige Sultan Mohammed Scherif jedoch niemals erscheint. Dieser Rath hält seine Sitzungen auf einem ofiFe- nen, gleichfalls Fäscher genannten Platze, wo überhaupt alle öffentlichen Angelegenheiten verhandelt werden. Der Vorstand des Fäschers und der Erste unter seinen Mitgliedern den „Fäscher-Mele" in Machtbefugniss ist der Ssing-Melek, in wörtlicher Bedeutung so viel wie „Thormeister", der aber augenscheinlich die Stellung und Machtbefugniss eines Ve- ziers hat, indem alle die innere Verwaltung betreffenden An- gelegenheiten hauptsächlich von ihm verhandelt werden. Der gegenwärtige Ssing-Melek soll ein Mann von Einsicht sein; er lieisst Aschen und ist der jüngere Bruder des mächtigen Djerma Ueled el Meram, der ihn sowohl an Reich- thum, als an Einfluss übertrifft, wälirend er in der ceremo- niellen Rangordnung des Fäschors zunächst auf jenen folgt.

Rcgiemng von WädAi. 517

Sodann kommen: der Kamkoläk Räkeb, welcher die Stel- lung eines Majordomus zu haben scheint; der Emin 'Abd- Allähi, ein Bruder des Ssing-Melek, welcher Oberaufseher der Hemden, d. h. Privatschatzmeister, des Sultans ist; der Kurssi Äbü Bakr, Abu Horra's Sohn, dessen oben bereits gedacht wurde, gegenwärtig im Gebiet der Kodoi stehend; Kurssi *Abd - AUähi , der Oberaufseher der Ueläd Raschid ; der Agid el Mdhanud; der Agid der Ueläd Raschid; der Agid el DjÄatena; der Agid c' Ssalanität; der Agid el Cho- säm; der Agid el Birsch; der Agid el f]dden; der Maige- nek, der Befehlshaber des unmittelbaren Vortrabs des Sul- tans auf Kriegszügen, dem Djerina im Heere des alten Kö- nigreiches Bomu gleich; der Kamkoläk Mohammed Wökih'k; der Kamkoläk Nehed; der Kamkoläk Tandö; der Kamkoläk Abu Bakr; der Agid el 'Abidie; der Kurssl Rünga; der Agid e' Ssybba; der Kamkoläk Atamän ('Othmän); der Agid Am- marga, ein Hofhaushaltsbeamter; der Agid Ssälem , der Ober- aufseher der Getreidelieferungen für den Palast; der Agid Yüngo, ebenfalls ein Beamter für das Innere; der Milleng- Dlme, Challfa des Kamkoläk der südlichen Marken ; der Mil- leng-türi, Challfa des Statthalters der Ostmarken; Moham- med Djegeles, Challfa des Agid el Mahamid ; Mohammed Da- häba Bodda, Stellvertreter des Kamkoläk Mohammed; der Challfa Föd, dessen Standquartier im Süden ist; Kubär, ein Adjuädi, dessen Wohnsitz in Äbgudäm, 11 Tagereisen südlich von Wära, ist, und Andere von geringerer Autorität.

Die Reihenfolge, in welcher ich hier die Mitglieder des Ra- thes aufgezählt habe, ist ungefähr ihre Rangordnung. Die Kö- nigin-Mutter — „mömö" hat mitunter ihren Beirath abzu- geben, erscheint aber nie in der Versammlung selbst.

Das Heer. Auch in Betreff des Kriegswesens beschränke ich mich auf wenige Worte. Nach mehrfachen genauen Nach- forschungen glaube ich mich nicht zu irren, wenn ich die Rei- terei von Wädäi, in welcher, wie fast in allen diesen Ländern,

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518 Anhang Vm.

die Hauptstärke des Heeres besteht, auf 7000 Mann veran- schlage. Gegen 1000 Mann dieser Reiterei tragen das Pan- zerhemd — die „derret" ; doch nimmt die Zahl derselben jährlich zu, indem in Folge des Verkehrs mit Ben-Ghäsi jede Karawane von dorther einige Kameelladungen mitbringt, welche um den Preis von 1 oder 2 Sklavinnen das Stück ver- kauft werden. Die Pferde sollen vortrefflich sein ; jedem Wet- ter und jeder Hitze ausgesetzt, nie unter Dach oder Schat- ten gebracht, besitzen sie die äusserste Ausdauer, wobei sie jedoch, wenigstens die der Grossen, reichlich mit Milchreis gefüttert werden sollen. Die Pferde des Sultans führen sämmt- lich den Titel „aruäil" (Sing, „rauäü"), wobei aber jedes noch seinen besonderen Namen hat. Nur wenige Leute im Heere besitzen Flinten, indem eingeborene Wäddi-Männer selbst mich versichert haben, es gebe deren nur gegen 300. Die Stärke des WÄdÄi- Volkes beruht in dem Gebrauche der Speere, während die Föraui sich vornehmlich auf das Schwert ver- lassen.

Die Rangordnung der Befehlshaber bestimmt sich haupt- sächlich nach der Anzahl der von ihnen in's Feld gestellten Truppen. Ausser dem Sultan und dem Ssing-Melek ist Nie- mand dem Djerma Agid der Mähamld gleichzustellen, auf den der Djerma *Abd el Asis und der Kamkoläk Räkeb fol- gen; diese sind sämmtlich freie Leute. Nach ihnen kommen Sklaven, nämlich: der mächtige Agid-el-bahhr; Fadalälle, der Agld der Djädtena; Ssäid, Agld der Ssdlamät; Ddnna; Ddgga , der „edderi", d. i. Befehlshaber des Nachtrabes ; Mä- geue ; El Horr ; Hanno, Agld der Hamide, welcher aber kein Sklave, sondern ein geborener Wddäui ist; der Djerma Scho- goma, Käflfa und Andere.

Es gibt mehrere Hauptleute in des Sultans eigener Reite- rei mit dem Titel Djerma, wie Djerma Angarütü, Djerma Dhohob, Djerma Rebek, Djerma Kaukob, Djerma Hassan, Djerma Ssiäde, Djerma Dhähab, Djerma Fudhl, welcher ge-

Regiernng von WädäY. 519

gewöhnlich in Känem steht; Djerma Mongö und Djerma Benäi.

Ilofhaushalt Den Vorrang im Haushalt des Sultans von Wddäi haben die Söhne des Monarchen die „kolötu" und die Töchter desselben die „meram" . Zur Zeit mei- ner Anwesenlieit in Baghirmi gab es fünf Kolötu. Mohammed, der Thronerbe, der schon damals mit seinem Vater auf keinem guten Fusse stehn sollte, ist der Sohn einer Pullo- oder Fe- latnle-Frau, welche Mohammed Ssäleh in Kordofän heira- thete, wesshalb man in WädÄi seiner Thronnachfolge mei- stens abhold ist. 'All und Adim haben eine gemeinsame Mut- ter, Mädem Schekoma; Chodr, der drittgeborene Sohn, und Machmüdi haben eine andere Mutter. Nach den Kolötu und Meram kommen die Häbbabät oder, wie sie in der Sprache der Wddäui heissen, die Ellssi (Sing, „elik") die Frauen oder Konkubinen des Sultans , unter denen Schekoma und Ssokäi die begünstigtsten sein sollen.

Die am Hofe angestellten Beamten sind die folgenden: die königlichen Hof bedienten Baräkenä-Koli ; die könig- lichen Zeltner Daläli-Koli oder Ssiäd el Albeue ; die Boten Tuerät ; die Speerträger Motor-Mele ; die Pagen und Kammerdiener Tangna-Koli ; die im Schop- pen oder der Halle („legedäbe") stehenden Boten Ayäl- Legedäbe ; die Stallmeister Koraiät oder Ssiäd elChel ; die Meister der Hemden und Tokäki Gdrrafln oder Ssiäd el Cholgän , und endlich die Eunuchen, die Meister der Frauengemächer Artu (Sing, „arak") oder, wie sie hier heis- sen, Schiüch.

Beschaffenheit der Städte und Dorfachaften, Die Ort- schaften in ganz Wddä'i sind im Allgemeinen klein, und es ist mir von Eingeborenen selbst versichert worden, dass es keine Stadt gäbe, die über 1000 einzelne Wohnungen ent- hielte. Wära, bis jüngst Haupt- imd Residenzstadt, war im Jahre 1852, in Folge der Verlegung des Begierungssitzes

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520 Anhang Vin.

nach Abeschr, in fortwährender Abnahme des Wohlstands und zunehmender Verödung begrififen und enthielt kaum 400 Häuser, während Nimrö, der berühmte Hauptsitz der Djelläba, nicht über 200 enthielt. . Im Allgemeinen sind die Ortschaften der Kodol am ausgedehntesten, indem einige bis gegen 600 Häu- ser zählen , während die der Mimai am kleinsten sein sollen. Der grösste Ort von ganz Wddäi soll Kodogus, 2 Tage- märsche westlich von Schenini, sein.

Die Wohnungen bestehen, wie in allen Theilen des Sudans, aus Gruppen von runden, glockenförmigen Hütten aus Rohr- geflecht — in der Wdddi - Sprache „mdhareb" oder „ssa- mavi" genannt und mit einer Mauer oder einem Zaun „scherägena-dall" umfriedigt, aber nur in seltenen Fäl- len (namentlich die Wohnungen des Königs, der Standes- personen und der Djelläba) aus Lehm erbaut. Die Araber dagegen wohnen in tragbaren Hütten, aus Matten zusam- mengesetzt, die sie selbst aus Delebpalmbliittem flechten und welche von den Wdddui „reri" genannt werden.

Verhehr und Marktplätze, Der Grosshandel ist fast ganz in den Händen der Djelläba, welcher eigenthümliche Stamm, den ich oben nicht unter den einheimischen Stäm- men aufgeführt habe, vor 100 Jahren aus dem Nilthale in beträchtlicher Anzahl in dieses Land eingewandert und ge- genwärtig hauptsächlich, obwohl nicht ausschliesslich, in Nimrö, 8 Meilen südwestlich von der früheren Hauptstadt Wära gelegen, angesiedelt ist. Diese Kaufleute von Geburt treiben ihre Geschäfte in Gesellschaften, von welchen jede ihre eigene Reiselinie hat: so geht eine Gesellschaft jähr- lich nach Rünga; eine andere besucht die Kupfergewerke südlich von För; wieder eine andere verführt ihre Waaren nach den entfernten südwestlichen Gegenden, in das Gebiet der Ueläd Raschid und in Baghirmi's heidnische Grenzlän- der (Beddnga, Gögomi, Audi); wieder andere bereisen die Märkte von Baghirmi, Logone und Bornu (wie sie sich denn

Regierung von WAdili. 521

während meines Aufenthaltes in Mäsefia daselbst in solcher Anzahl eingefunden, dass sie sich ausserhalb der Stadt, auf der Strasse nach A'bü-Gher, eine grosse Dorfschaft erbaut hatten), während noch andere alljährlich die Märkte von För und Kordofän beziehen und endlich andere, nament- lich die Reicheren, die neuerdings eröffnete Karawanenstrasse nach Ben-Ghäsi, über deren Geschichte Herr Fresnel so aus- führlich berichtet hat, in Betrieb nehmen. Jeder dieser Ge- sellschaften wird auf die Dauer der Reise vom Sultan ein Vorstand „agid" beigegeben, welcher demselben für die sehr beträchtliche, von dem sich ergebenden Gewinnste zu erhebende Abgabe haftet.

Die Aii:ikel, mit denen dieser Handel betrieben wird, sind hauptsächlich die folgenden: Salz, von den Mähamid und Tebu nach Nimrö und Wära gebracht, wo es von den Djel- läba im Grossen aufgekauft und in die entferntesten Gemar- kungen, selbst bis nach Logone, verführt wird ; Kupfer, haupt- sächlich von dem beriihmtcn Bergwerke „el Hofrah", sowie von Riinga kommend und meistens, und zwar zu hohen Preisen, nach Bornu verführt; Euro])äische Waaren (nament- lich feine Tuche, Bemuse, Panzer, Glasperlen imd sonstiger Zierath, Kaliko, Papier, Nähnadeln u. dergl. m.), von den Ben -Ghasi- Karawanen, sowie über För von Egypten aus eingeführt und hauptsächlich bei den Rungauern, den Ueläd Raschid und in Baghinni gegen Elfenbein umgetauscht, das sodann mit grossem Gewinne von Wära nach Ben-Ghäsi ausgeführt wird ; Esel von der aus Osten stammenden Rasse, welche in den westlichen Theilen des Sudans sehr begehrt sind ; Türkedi, Tabak, Kohol und mancherlei andere^on den Haussa-Händlem nach Baghirmi gebrachte und dort von den Djelläba eingetauschte Artikel. Der wichtigste Handelsgegen- stand aber besteht, wie im Sudan überhaupt, so auch im Lande Wdddi in Sklaven.

In ganz Wäddi gibt es keinen Marktplatz, wo sich ge-

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522 Anhang YHI.

meinsame Niederlagen der Hauptprodukte des Landes vor- fänden, weder in Wära oder Nimrö, noch sonst wo, und man muss sich selbst die unentbehrlichsten Lebensbedürfnisse aus beträchtlicher Entfernung herbeischaffen. So müssen sich die Einwohner von Wära, sowie auch die M&hamid, wenn sie einen Vorrath von Duchn, ihrem Hauptlebensmittel, ein- kaufen wollen, nach Girre, einem etwas westlich von Nimrö gelegenen Orte, oder nach den Dorfschaften der Kodol be- geben, oder sie gehn auch wohl in die Niederlassungen der Kaschemere (wie Eüldi, Butir, Kimdungö, Komaig, Hedjir), während man in den südlichen Gemarkungen dieses Nahrungs- mittel am billigsten in Abker, Gnamünia und Mistachede, so- wie im Thal des Bat-hä, besonders in Dumböli, Räss el Fll, Ssummükedür, Agllba, in Kössi-wähed („Einhütte") und in Assäige kauft.

Als festes Werthmaass im Verkelu* gilt die Tokia (Plural: „tokäki"), bestehend aus 2 Kattunstreifen, 18 Drä lang und 3 breit, aus kleineren Streifen zusammengesetzt, welche zwar die in Bagblrmi, Bornu und dem West-Sudan üblichen beträchtlich an Breite übertreffen, ihnen aber an Güte nach- stehen. Mit diesem Umlaufsmittel werden alle kleineren Um- sätze betrieben, während man grössere mit Vieh, in wel- chem der Hauptreichthum des Landes besteht, oder mit Skla- ven macht ; Thaler sind erst in jüngster Zeit durch die Kauf- leute von Ben-Ghäsi eingeführt worden. Man kauft für 1 To- kia di*ei oder vier Schaafe bei den Mähamid, die, wie bereits erwähnt, sehr grosse Schaafheerden besitzen und bei denen sie also am billigsten sind; mit 30 Schaafmüttem erhandelt man 1 Kuh und mit 12 bis 15 Kühen ein gutes Pferd. Fer- ner erhält man für 1 Tokia 4 bis 5 Ueba ein Maass, wel- ches den achten Theil einer Ochsenladung ausmacht Duchn, wenn derselbe am theuersten ist, und 6 Ueba nach der Ernte, während man für 1 Kuh 30 bis 36 Ueba und für 1 Ochsen 16 bis 20 bekonmit.

Regiernog roxi Wädäi. 523

Industrie. Es ist einleuchtend, dass in einem neu* ge- gründeten Königreiche, das, wie Wädai, aus einer losen Zu- sammenhäufung fast gänzlich barbarischer Stämme besteht, der Kunstfleiss nur die rohesten Erzeugnisse liefern kann, wie Waf- fen und Ackergeräthe, zu welchen man sich einheimischen Eisens bedient, neben dem man auch noch in Runga, sowie in geringerer Menge im Wadi Djelingak Kupfer findet. Die Wadauer wissen sogar nicht einmal den schönen Indigo, der in ihrem Lande wächst, zu verwenden, um ihre Kleider oder vielmehr ihre Hemden zu färben ; es gibt nämlich unter ihnen nur Wenige, die sich etwas Besseres als dieses wesentlichste Kleidungsstück anzuschafifen vermögen. Man sagt selbst, dass die Mehrheit des Volkes vor Vertheilung der grossen Beute, die 'Abd el Kerim Ssabün in Baghirmi machte, keine Klei- dung ausser dem Lederschurz besass. Die Indigo - Färberei ist gänzlich in den Händen der in Wadai sesshaften Baghfr- mier und Bomauer, besonders der letzteren, welche neben mehreren anderen die folgenden namhaften und wichtigen Färbereien besitzen : erstens Djemll e' Ssld, eine 2 kurze Ta- gereisen südwestlich von Wära entfernte Ortschaft, deren Einwohner hauptsächlich den Ruhm besitzen, am schönsten blau zu färben; diesem Orte zunächst steht Blrbaschon, eine andere Bomauische Ansiedelung zwischen Djemil e' Ssid und Wära. Femer sind berühmte Färbereien: Schalla und Leyin, westlich von Djemll e' Ssid, und Biren, eine nicht unbeträcht- Hche Ortschaft an der Betehä, 2 Tagereisen südwestUch von Wära. Andere Bomauische Färber sind sesshaft in Kanip- galä, 2 Tagereisen südlich von Wära, und in Derdigl, 1 Ta- gereise südlich von Karringalä, und noch andere in Kelingen Messer, einer Ortschaft in der Gemarkung der Kelingen. Ein schwarzes oder blaues Hemd ist jedoch noch immer ein gros- ser Luxusartikel in Wäddi und gilt als eine Auszeichnung für Standespersonen, wesshalb die Wadauer auf ihrem Zuge gegen Bomu, wie oben erzählt, dadurch ihren Zorn kühlten,

524 Anhang VIII.

dass sie allen Baghfrmiern und Bornauern, die sie ei^riffen, die schwarzen Hemden abnahmen, anstatt die Leute selbst in die Sklaverei zu führen.

Gelehrsamkeit. Niemand wird in einem Lande wie W4- däi sehr ausgebreitete Gelehrsamkeit erwarten; dennoch sind die Wadauer Fäkih und 'Ulama bezüglich ihrer Eenntniss des Kuräns unter allen Völkern des Sudans beiühmt, die Fulbe oder Fellani nicht ausgenommen. Ausser dem Kurün besitzen sie mehrere kleine Bücher oder Abhandlungen, welche sowohl zu grammatischer als auch zu religiöser Belehrung all- gemein gelesen werden, nämlich : Nöh, Elfiye, Chalil, Ressäla, A'chdar-Mandhüm, A'chdar-Manssür, Bakädi, Taälik, A'bü-el- Hassan, Thamcän al djonne, 'Ädjcli oder A'udjeli el kubbara, Audjeli-el-Usstha und andere. Das religiöse Recht die „scheriä," wird mit grosser Geschicklichkeit von die- sen Fäkih (Doktoren) gehandhabt; der Landesbrauch die „ssiässa" übt jedoch auf die Entscheidungen grösseren Einfluss, als das Buch.

Als der grösste Doktor in Wadäi gilt in jetziger Zeit all- gemein ein Mann vom Stamme der Abü-Schärib, überall unter dem Namen Fäkih-el-bahhr bekannt, viele Jahre hindurch der Genosse Mohammed Ssäleh's, während derselbe obdach- los umherwanderte, worin wahrscheinlich der Grund liegt, dass ihn der wilde König nicht, wie so viele andere gelehrte Männer, hinrichten Hess, wie denn unter Anderen der Scheich- el-Herän, ein ebenfalls dem begabten Stamme der Abü-Schä- rib entsprossener grosser Doktor, unter dem Verwände hin- gerichtet wurde, er habe Mohammed Ssäleh seinen Feinden, den Kodol, verrathen; ebenso auch der grosse und gelehrte Imäm Mohammed Glrga.

Speisen. Als Hauptnahrung dient den Einwohnern von Wadai, wie denen der meisten Theile des Sudans, Duchn (Pennisetum tyiilioidenm) ; sie haben jedoch auch Waizen und Reis. Ausserdem sind sie reichlich mit Fleisch und leidlich

Regiemng von Wid&i. 525

mit Milch und Butter versehen und haben daher nicht nö- thig, sich jeden Tag des unschmackhaften Breies zu bedie- nen, der aus gedörrten und zerriebenen Fischen bereitet und dann wie ein Laib Brod gestaltet wird, in welcher Form die Speise „menditschek" heisst, während man den gedörrten Fisch in seiner natürlichen Form „fertene" nennt. Sie besitzen im Gegentheil eine grosse Mannichfaltigkeit von Gerichten, von welchen ich eine kurze Liste geben will, ohne jedoch nach den Regeln kulinarischer Kunst erklären zu können, wie je- des zubereitet wird. Ich bemerke vorher nur noch, dass man sich hier nicht des in anderen Theilen Sudans so ausschliess- lich benutzten grossen hölzernen Mörsers „funduk" oder „kdrru" bedient, sondern den Duchn auf Steinen zerreibt, an welchen Wädäi keinen Mangel hat, wälirend in manchen Theilen von Bomu und Baghirmi nicht ein einziger Stein zu sehn ist. Aus Duchn werden die folgenden Gerichte berei- tet: Damirge, das gewöhnliche tägliche Gericht; Massäfifa, eine in Wädäi sehr beliebte Speise; Reschefa, ein anderes aus Duchn und Milch bereitetes Gericht; Takärin, Riudsfett- duchn; Kfssere; Denässi; Amköschu; Ssüri; Kökor; 'AdjTne amräfa; Rotöto und Ssubäi; endlich ein aus Sesam berei- tetes Gericht Namens Amkeleno. Unter dem Kuchenwerk nennt man: KiUikäb, aus Duchn und Honig; Matabba, aus Reis und Honig; Käk, aus Duchn oder Reis mit Butter, Ho- nig und Datteln ; 'Adjine serka, und endlich Fduorö, aus in Milch gesottenen und dann abgekühlten Datteln bereitet. Un- ter den Fleischspeisen sind die Ueka und das Schaham el ke- bel die beliebtesten Gerichte. Von berauschenden Geträn- ken ist das von den Arabern Merissa genannte zu erwähnen, von welchem es drei Arten gibt, den „bilbil" „rothen" , den „äkebesch" „weissen" und den „hal" genannten.

Indem ich diesen Abriss von Wdddi beschliesse, muss ich bemerken, dass derselbe vollständig in Baghirmi im Jahre 1852 abgefasst worden ist. Ich habe das Werk „/>e Voyage au

526

AnhftDg YIIL Regierung von WidiS..

Ouadd'tf^ im Jahre 1851 vom hochverdienten Herrn Jomard und Herrn Perron herausgegeben, erst im Jahre 1855 zu Ge- sicht bekommen und in demselben auch nicht zur Umände- rung eines einzigen Wortes Veranlassung gefunden. Der Bericht des Scheich e' Tünssi ist überaus werthvoU bezüglich der ge- sellschaftlichen Verhältnisse des Volkes, aber voll von Über- treibungen hinsichtlich der staatlichen Angelegenheiten, wie z. B. der Stärke des Heeres, des Tributs von Baghfrmi u. s. w.

Sammlung Ton Itinerarien zur Feststellung der Topographie Widät's und

Baghirmi's.

I. Strassen von Mäsena nacliWära. Richtung: ost-

nordüstlicli.

a)Itinerar Hadj Bü-Bakr Ssadik's aus Bdkadä, der diese Strasse dreimal bereiste. Marsch täglich etwa 6 Stunden.

Ister Tag: Baläu, grosser Baghirmi-Ort mit besonderem Scheich. DerWeg passirt Bldderi, die von mir wiederholt erwähnte Ortschaft '

2ter Tag: Dilfin, Baghirmi-Ort. Die Brunnen überall tief.

3ter Tag: Kindji, die letzte der eigentlichen Baghirmi - Ort- schaften, schon gemischt mit Schüa*).

4ter Tag: Wenesse, Schüa-Ort mit Anbau.

5ter Tag: Birka, Ort der Ueläd Müssa, die als der kriege- rischste Stamm unter den Schüa dargestellt werden.

6ter Tag : Tümssa, eine von Küka bewohnte, aber zu Baghirmi gehörige Ortschaft.

7ter Tag: Kein Ort. Man bricht am Abend wieder auf, schläft dann etwas und erreicht am Morgen des

8ten Tages: Gela, die erste Ortschaft von Fittri.

*) Kindji ist 2 Tagereisen oststtdöstUch Ton Moitö, der grossen Ortschaft, an der sich östlich ein Berg erhebt, der einzige in Baghirmi.

528 Anhang IX.

I

9ter Tag: Melme, ansehaliche Ortschaft mit grossem Markt am Dienstag. Man hat sich bis hierher fast nördlich gehal- ten und wendet sich nun östlich.

lO^er Tag : Yäuö, die Hauptstadt von Fittrf, an der nördlichen Seite des Bat-hä, nahe an seiner Mündung in den See Fittri, grosser, aber offener Ort (erst von den Buläla ge- baut, vor deren Ankunft Küdu der Hauptort in Fittrl war), Residenz Djuräb's ben Abu Ssekln, des gegenwärtigen Bu- läla-Fürsten. Das ganze Land ist reich an Weidegründen. Von Melme nach Yäuö wendet man sich in einem Winkel erst östlich, dann südlich.

llterTag: Sseta, Oil der Buläla.

12tcr Tag: Hafir, Lager ohne Ortschaft, noch zum Gebiet Fittrl gehörig.

13ter Tag: Djeddäda, Lager ohne Ortschaft im Sandthal des in Schlangonwindungen hinziehenden Bat-hä, der in der trockenen Jahreszeit nur stehende Pfuhle bildet.

14ter Tag: Ssürra, eine nur zeitweilig von den Arabischen Djäätena, welche in der Regenzeit hierher kommen, be- wohnte Örtlichkeit. Sie gehört zu Wdddi.

löter Tag: Dlfda, Ortschaft der Arabischen Cliosäm.

16ter Tag: Nedjme, Ortschaft der Arabischen el Hemedät.

ITter Tag: Kundjur, Ortschaft der Arabischen Küka.

18t*^rTag: Derraänia, Ortschaft der Arabischen Küka. Einen Tagemarsch östlich (etwas südlich) von Dermäma liegt Abu Telfän, ein grosser, von heidnischen Dddjö bewohn- ter Berg.

lOter Tag: Birket Fdtinia, ein weites, vom Bat-hä gespeistes Wasserbassin ausserhalb der Nordseite des Wadi's, mit einer Ortschaft der Arabischen Massmädja; jedoch auch die Ersegät weiden hier.

20ster Tag: Rähet el Challa, grosser Wasserpfuhl mit einer Ortschaft der Dädjö (unter Wäddi stehender Schwarzer) und Ertäna.

Strassen von Masena nach Wära. 529

2l8t6r Tag: Odjöb, Ortschaft der Mä-ssallt, von Schwarzen bewohnt, mit Ertana.

228ter Tag: Foröli, Ortschaft der Ssiäda, einer Abtheilung der Mä-ssalit.

238ter Tag: Am Hadjar*), Ortschaft der Mä-ssalit.

248terTag: Djemest(Djumes)el bedha, Ortschaft der Mä-ssalit, an dem Ellbogen des Bat-hä, der von Süden kommt und den man hier verlässt

25«ter Tag : Bororit, grosser Ort im eigentlichen Wdddi. Man wendet sich jetzt von Ost nach Nordost.

268ter Tag: Am - schdrarlb , ein grosser, zu Wäddi' gehöriger Ort.

278ter Tag: Mäschek, grosser Ort

288ter Tag: Nimrö, Ort der Djelläba, mit Thonwohnungen. Die Brunnen haben eine Tiefe von 3 Klaftern. Süd- lich von Nimrö ist der Bergort Tolfü.

298ter Tag: Wära, Hauptstadt von Vf&d&i und bisherige Re- sidenz, von Sandhöhen, die nur im Süden und Norden (Nordwesten) einen Zugang lassen, eingeschlossen. Durch den südlichen Zugang, den „lingak Embelkenä", betritt man die Stadt, indem man Bürtay zur Seite liegen lässt. Alle Wohnungen, den Palast ausgenommen, sind aus Rohr erbaut Der Rathsplatz „fascher" ist nichts als ein offener, mit Bäumen („ssayäl") besetzter, ge- räumiger Platz. Die Brunnen innerhalb der Stadt haben eine Tiefe von 9 Klaftern, ausserhalb sind sie nicht tief. Der Palast liegt an dem östlichen Höhenzug; der westliche heisst Tire, hat einige Hütten und ist militä- risch besetzt. Westnordwestlich von Wära liegt Tonä und nach Osten, nahe daran, Gandigin. Nimrö ist von Wära aus etwa 8 Meilen entfernt.

*) Im Englischen Text (S. 564) ist hier ein Fehler; es steht nämlich ,/Ain Hajar" statt „Am Hajar".

B«rth'B B«iMii. lU. 34

530 Anhang IX.

b) Strasse von Bororit nach Mäsena. Richtung westlich

(etwas südlich).

Nach dem Fäki Ibrahim aus dem Stamme der A^bl Schirib H^nagon.

Ister Tag: Hillet e' Schech, ein grosser, von Sklaven des Sul- tans, von Arab Soyüd und von Buläla bewohnter Ort Man passirt am Morgen mehrere kleine Weiler, bringt die Mittagshitze (etwa von 10 Uhr Vormittags bis 3 oder 4 Uhr Nachmittags)*) in Angürma Tauemät zu, einer Ortschaft des Dar -Soyüd, weit nördlich vom Bat-hä, der bei Ma- lam die Betehä aufgenommen.

2ter Tag : A'm-debang, ein grosser, von Näss Küka bewohnter Ort auf Sandboden „gös" , etwa 1^ Tagemärsche nördlich vom Bat-hä gelegen. Man hält im Dorfe Modo, welches an der Rähet Ssaribe liegt, einem von Norden her genährten, auf Thonboden stehenden Wasser.

3tcr Tag: Ein grosser Ort der Soyüd. Man hält in Dokeät, einem Ort der 'Arab Soyüd. Im Dar-Wäddi selbst be- stehen die Dörfer der Araber aus „gesch"-Hütten, ausser- halb aber aus transpoilabehi Matteuhütten, welche von den Wadäi-Leuten „weri" genannt werden.

4ter Tag: Scheg el hadjilidj, eine Ortschaft der Küka und Buläla unter Agid Fadalällah, fern vom Bat-hä. Man hält unterwegs.

5tcr Tag: Nega, ohne Ort; unfruchtbares, nur mit Talha- bäumcn bewachsenes Land, ohne Wasser. Man hält in A'mbirke, einem kleinen Orte.

6ter Tag : A'm - Djimesi. Man hält in einer Ortschaft der Bu- läla.

7tcr Tag: Chatit, ein Ort der Buläla. Ibrahim war den gan- zen Morgen in A'm-Djimesi geblieben und erst um 'Asser aufgebrochen.

*) Ich werde diesen mittägigen Halt in Zukunft nur mit dem Ausdrucke ,, halten" bezeichnen.

Strassen von MäseTia nach Wara. 531

gter Tag: Ein kleiner Ort. Man hält in einer von Bornu- Volk bewohnten Ortschaft.

gter Tag: Angarruendi, ein ansehnlicher Ort der Missirie. Man hält in A'm-Scheräi, einer Felläta- Ortschaft mit vielen Kühen.

IQter Tag: A'rda, ein Ort der Küka und Buläla am Bat-hä. Man hält in Schebina, einem am Bat-hä gelegenen wohl- habenden Ort der Küka, die hier früher sehr mächtig waren. Der Bat-hä hat jetzt an seinen Ufern durchaus keine Delebpalmen mehr, da alle in der grossen Hungers- noth vor 17 Jahren gefallt worden sind, um das nahrhafte Mark als Speise zu benutzen.

llterTag: A'm-alaui, wohlhabender, vonWddduiund'ArabDjaä- tena bewohnter Ort, fem vom Bat-hä, der hier nach Süden ausbiegt. Bis A'm-aläui ,wo Ibrahim 2 Tage blieb, ist Alles Dar-Mäba. Man hält am Morgen in einem kleinen Orte. [Von A'rda an hat man sich etwas Nord von West ge- wandt.]

12ter Tag: Man lageii; auf dem sandigen Boden des Bat-hä; kein Ort. Man lässt Ssürra zur Rechten, in der nördli- chen Ausbiegung des Thaies, liegen.

Man macht an diesen Tagen keinen Halt um Mittag, sondern geht von Morgen bis Mittag.

13ter Tag: Charüb, im Rinnsal des Bat-hä; ohne Ort.

14ter Tag: Djeddäda, ofifene Lagerstätte im Bat-hä.

15ter Tag : Sseta, eine Ortschaft der Buläla, in ihrem Gebiete Fittri.

16ter Tag: Gamssa, Oii; der Buläla auf der Südseite des Bat-hä.

17tcr Tag: Yäua oder Yäö, Hauptstadt der Buläla, nahe am Nordufer des Bat-hä. Middogö ist von hier etwa 12 Stunden (in ostsüdöstlicher Richtung) entfernt.

18ter Tag : Melme, eine aus 3 Weilern bestehende, bedeutende Marktortschaft, nicht weit vom Nordufer des See's Fittri. Zwischen Yäua und Melme bildet die Strasse einen Winkel.

34«

532 Anhang IX.

IQter Tag: Man lagert gegen Mitternacht im Walde, nach- dem man an einem Brunnen gehalten hat und von da um Dholior aufgebrochen ist. Bis zu diesem Brunnen ist die Richtung westlich, von hier aber bis Mäsena südlich.

20ter Tag: Moitö, die erste Ortschaft Baghirmi's, welche je- doch an den Agid el Bahhr für sich einen besonderen Tribut von 400 Hemden zahlt, sowie einige andere Klei- nigkeiten.

Sie besteht aus fünf Dörfern , von denen drei in einer Reihe am Südfusse einer Felserhebung liegen und zwei abgesondert am Ostfusse einer anderen Erhebung. Zwi- schen den beiden ansehnlichen Felserhebungen, von denen sich die östlichere lang hinstreckt, zieht sich der Weg durch Fittrl.

Bei dem östlichen Dorfe der westlichen Gruppe wird wöchentlich zweimal Markt abgehalten, nämlich Dienstags und Donnerstags; derselbe ist aber viel unbedeutender, als der von Melme. Moitö ist der Sitz eines Chalifen des Sultans von Baghirmi.

Man hält am Vormittag in kleinen Dorfschaften „hil- lelät" der Küka, von wo man, um Dhohor aufbrechend, spät in Moitö ankommt.

2l8ter Tag: Hillet 'Arab, die man am Morgen erreicht, nach- dem man am Abend aufgebrochen ist und in der Nega geschlafen hat.

228ter Tag: Garra, wo man am Morgen ankommt, nachdem man am Abend aufgebrochen ist und bei Arabern über- nachtet hat.

238ter Tag: Djiläss. Ibrahim war am Morgen aufgebrochen und hatte in einem Orte der Küka Halt gemacht.

248tcr Tag: A'bü-Gher, eine wegen ihres Sonnabendmarktes bedeutende, aus zwei durch den Marktplatz getrennten Dörfern bestehende Ortschaft von Felläta-Ursprung. Das südliche Dorf ist ganz von Fellata bewohnt, das nördliche

Strassen ron Misefia nach Wära. 533

von kleinen Handelsleuten. Der Name hat, so viel ich habe ermitteln können, nichts mit „dbü kern" (dem Na- men des Rhinozeros) zu thun.

258ter Tag : Ssobiö, Dorf des Mallem Ssäleh Tündjuräui, eines sehr gelehrten Fäki. Ankunft am Morgen, nachdem man am Abend aufgebrochen ist und am Wege geschlafen hat.

268ter Tag: Mäseüa, ganz nahe.

Von A'bü-Gher an ist die Richtung südsüdöstlich.

c) Strasse von Mäsena nach Wära.

Nach dem Ffiki 'Ali MalÄnga.

Ister Tag: A'bü-Gher.

2ter Tag: Yeläss (der oben erwähnte Baghirmi-Ort).

3ter Tag: A'bü-Gerra.

4ter Tag: Moltö (die oben erwähnte, um Felshöhen herum

gelegene Gruppe von Dörfern). Etwa 7 Stunden nördlich von Moitö liegt die Ortschaft

Aüni (gleichfalls mit einer Felserhebung), 1 Tagemarsch

nordwestlich Gossüss (auch mit einer Bergerhebung) und

2 Tagemärsche nordöstlich Angora, eine Ortschaft der

Küka. 5ter Tag: Kalkalle, ein Baghirmi-Ort. Starker Marsch. 6ter Tag: Melme, eine grosse Ortschaft mit kleinen Weilern. 7ter Tag: Sseta, ein nördlich vom Bat -ha gelegener grosser

Ort. Man lässt Yauö zur Rechten. gter Tag: Ssürra, blosser Lagerplatz ohne Ort. gter Tag : Djeddäda, nur Lagerplatz. lOtor Tag: Geltssa, Lagerstätte, llter Tag: Difde, ein Ort der Ssdlamät und Küka, welche

das Wasser des sich hier nördlich herumwindenden

Bat-hä trinken. 12ter Tag: A'm-aldui, Ort der Malänga, fem vom Bat-hä.

Kurzer Marsch. Bis hierher reichen von Wära aus die

„mensel Ssultän^' (die königlichen Reisequartiere).

i

584 Anhang IX.

13terTag: Angarruendi, ein Ort der Ueläd Hassen, fem vom Bat-hä, der sich nach Süden gezogen.

14ter Tag: Escheraie, ein Weiler der Felläta.

15ter Tag : Tanile, ein Ort der Djelläba (mit Thonwohnungen und „gesch"- Hütten), fem vom Bat-hä.

16t«r Tag: Birre, ein Ort des Mallem Mohädjar, des A^d der Ssebbade.

Birket Fatima, der grosse Ort der Ssiäde Massmddje und Sitz ihres Agjd, mit Thon- und „gesch"- Wohnungen, ist von hier (in südlicher Richtung) 6 Stunden entfernt.

17ter Tag: A'bü Gerra, ein grosser Ort der Ueläd Bü-Ss^d.

18ter Tag: Berega, ein Ort der MaUnga. Starker Marsch.

19tcr Tag: Megerä, ein Ort der Tündjur und Djelläba anoi Wadi Elmä, das sich nördlich in die „gisän" zieht

208ter Tag: Dokeät, ein ansehnlicher Ort der Näss Girri, an einem Wadi gelegen, das reich an Löwen und Rhinoze- ros ist.

21sterTag: Düggull, ein Ort der 'Arab Raschid, „fokarä sudie" (d. h. durch friedlichen Lebenswandel, ein geringes Quan- tum von Gelehrsamkeit und geringen Besitz sich auszeich- nende Leute), nahe bei Am-debäng.

22stcr Tag : Am-Bateta, ein Ort der 'Arab Missirle, in Nega, ohne Wadi.

23ster Tag : Tdmmedäl Hummelän mit 'iVrab Missirle.

24ster Tag: Bir Ssünta, ein wohlhabender Ort Bomauischer Djelläba.

25ster Tag: Biri Yeuö, ein Ort der Mägena Machmüdi.

26ster Tag : A'm-Set ein Ort von Fokarä der Missine bewohnt, mit kleinem „sardf ".

278tcr Tag : A'm-Schererib, ein Ort der Terdjem, mit „sardf " ; drei Felshöhen aus rothem Gestein erheben sich hier.

288ter Tag: Am-Dekik, ein Ort der Näss Glrri, von Ssabün erbaut und von den Leuten „Karaak Wddär' genannt als wäre es die Hauptstadt des Landes.

Strassen im Inneren WddäJTs. &35

298ter Tag: Firscha, ein Ort der Näss Mänga.

softer Tag: Kältegge, ein Ort der Mänga.

3l8ter Tag: Nimrö, ein Djelläba-Ort mit einem grossen Fäki

Namens Göni Meress. 32Bter Tag: Wära.

n. Strassen im Inneren WMdi*s. a) Strasse von Wära nach Schenini. Richtung südlich.

Nach dem Fäki Ibrahim.

Ister Tag: Abeschr, früher ein kleiner Ort der Kelingcn, seit 3 Jahren aber vom Sultan Scherif zu seiner Residenz ge- macht; in Folge dessen ist es dichter bewohnt und mit einigen Thonwohnungen versehen. Ankunft um Dhohor, indem man am Morgen zuerst Tara passirt, einen „mensel Ssultän", wo Yüssuf Charifäin starb und das früher ein grosser Ort war; dann den ansehnlichen Ort Kay-wäna, femer Ganänga, Nyaldng (Djelläba-Ort), Djiküb, und end- lich U'tulö. Von Nimrö nach Abeschr ist ein starker Tagemarsch.

2ter Tag: Kelingen Kiri, eine hügelige Ortschaft des Sultans, dessen Mutter von hier gebürtig ist, und Wohnsitz des Kamkoläk Räkeb. Man hat auf dem Wege Dilebät passirt.

3ter Tag: Kindji Minrak, eine Ortschaft der Kadjanga, die wolil 40 Dörfer in diesem hügeligen und gebirgigen Gaue bewohnen, am Nordufer der Betehä. Man hält in Errin- manga, einem in ebener Landschaft gelegenen Orte.

4ter Tag: Denam, ein Ort der A'bü Schärib. Man passirt am Morgen Am-dirdi, einen Ort der Kadjanga, dann FÄrrel imd Gändigin (am Westfusse einer Felserhebung), hält in Be- dlne, passirt Güngerüm (insgesammt Ortschaften der Ka- djanga), dann KordufiÜ und endlich Gelebe, den Geburts- ort des Fäki Ibrahim.

586 Anhang IX.

5tcT Tag: Schenlni, ein Ort der Abu SchSrib Menagon und Märarit, die jedoch mit den Bili, den Kodoi, den Mimi, den Ganänga, den Buläla und den "Arab Chosäm gemiBcht sind. Man passirt am Morgen Am-bürtunü, einen Ort der Dädjö am Nordfusse einer Felserhebung, an deren West- fusse ein Ort der Djelläba liegt, während sich im Osten eine Ortschaft der Missirie ausbreitet. Nachdem man westwärts um den Berg herumgegangen ist, passirt man das Wadi el Hamra, ein weites, in seinem oberen Laufe (bei Koriö, Gundur u. s. w.) mit Deleb- und Dattelpalmen und mit 'Ardeb besetztes , hier aber zur Saat benutztes Thal, das sich etwas nordwestlich, bei Ssunkütu Maläm, mit dem Bat-hä vereinigt; passirt dann eine „nega" oder „elan" (d. i. eine mit Talhabäumen bewachsene Ebene) und erreicht Habile, einen Ort der Abu Schärib, Wohn- sitz des Mallem Sachai'ie, wo man hält. Hierauf passirt man Ablubän, wo sich das Wadi Habile mit dem Wadi el Hamra vereinigt, und kommt, nachdem man das dem Wadi el Hamra zuziehende, breite und tiefe Wadi Dirren- gek passirt hat, in Schenlni an.

Die Abu Schärib in Schenlni sind, wie oben angegeben, mit den Bili u. s. w. gemischt.

b) Strasse von Schenlni nach Boront über O'grogö.

Nach dem Fäki Ibrahim.

Ister Tag: Abkar 'Abd el Chälik, ein Dorf des Gaues Abkar, der noch folgende Dörfer zählt: Abkar Djembong, eines der grösseren Dörfer Waddi's, mit etwa 600 Hütten, A. Mototong, A. Bendaldng, A. Täuahbe, A. A'mdjedäge, A. Hedjellidjong, A. Hedjerbassän (von den Arabern „Hadjar A'bü Hassan" genannt), A. Gognotang, A. Dillit, A, Dje- mil e' Ssid. Man wendet sich am Morgen zuerst west- lich, passirt das Wadi el Hanu-a und da« Dorf Mistachede, von wo man sich nordwestlich wendet, das Wadi Wdrringek

Btrassen im Inneren Wdddi*8. 537

nahe zur Rechten, und Rogrogö passirt. Man ruht wäh- rend der Hitze in Meri (Ort der zu den WädÄui gehörigen Ogodongde und Gämara), nachdem man das Wadi War- ringek überschritten hat, das sich zwischen Rogrogö west- lich und A'blubän östlich mit dem Wadi el Hamra verei- nigt, passirt dann Sserira und Magällemek, sämmtlich noch auf dem rechten Ufer des Wdrringek, und endlich dicht vor Abkar 'Abd el Chälik Abkar Hedjellidjong.

2ter Tag: Namwürren, Ort der KadjÄnga. Man passirt am Morgen Hämien, den einzigen durch warme Quellen mit süssem Wasser ausgezeichneten Ort Wädäi's, mit kleinen Felsaufsprüngen am Wadi W^drringek. Das Wasser ist so warm, dass man die Hand nicht hinein halten hann, kühlt sich jedoch bald an der Luft ab. In Hämien wohnt Fäki Djabür, aus dem Stamme der A'bü Schärib. Man pas- sirt dann Sachäli, einen Ort der Bändalä, und hält in KarÄngaldk. Am Nachmittag überschreitet man das Wadi Wärringek noch einmal, welches von Nordwesten kommt, nämlich von Morrö, einem Ort der KadjÄnga, von wo es sich nach der Nega Adjädje zieht, dann nach Marfa und von hier östlich nach Kulbü, welches von Hdmien 3 Stun- den westnordwestlich entfernt liegt. Von KarängaUk geht man nach Kirengel, einem Ort der Bändalä, westlich und nördlich vom Wadi Kirengelnäk; letzteres zieht südlich über Nyära, wo sich das Wadi Korkotö mit ihm ver- einigt, dem Wadi Wdrringek zu. Das Land „gös" (Sand) und „tln" (Lehm) geht nach Himeda und von hier nach Namwürren.

3ter Tag: Djömbo Fokarän am Wadi Ingöndjobök, einem von Norden kommenden grossen Wadi mit vielem Zwie- belbau, welches dem vom Orte nur wenig entfernten Be- tehä zuzieht Man passirt am Morgen F&ring&ng, einen Ort der Kadjdnga, dann Künigi, dann Fütela nyammuk guäna G,giess die Butter ein", von seinem Butterreichthume

538 Anhang DL

SO genannt), dann Firti, sämmtlich Ortschaften der Eadjänga, setzt hierauf über den Betehä, aus dem die Bewohner Firti's trinken, und hält in Nyemer Hedjilldje, einem un- ter dem Agid der Djaätena stehenden Ort der Eadjänga^ nordwestlich vom Betehä, der hier Ton Norden kommt. Man geht nun nach Nyemer Tergemenge, noch am Betehä, den man jetzt zur Linken oder östlich li^en lässt, und erreicht Djombo.

4t«r Tag: O'grogö, das Ibrahim um dieKdfla (d.h. um die Mit- tagshitze) erreichte, nachdem er Djombo Lärscheri am Be- tehä, Djombo Ssuebe und Djombo D^gal, lauter von Wä- ddui* bewohnte Ortschaften, passirt hatte. Er wollte von O'grogö zu den Mähamid im Wadi 'Orädha gehn, um sich bei diesem reichsten Araber -Stamme im Lesen des Kuräns auszubilden und zugleich nicht mit leeren Händen auszugehn. Da jedocli damals gerade die Kodoi mit dem Sultan kämpften, was diese zwischen den Kelingen und KodoT hinführende Strasse unsicher machte, entschloss er sich, nach Baghirmi zu gehn, und wandte sich daher jetzt westlich, dann nordwestlich nach Bororit zu. Er brach noch an demselben Tage auf und schlief in Kindji-Mlnrak, einem grossen, aus 5(K) Hütten bestehenden Dorfe der Kadjdnga und (leburtsor^je des Ssäleh Derret. Er passirte vorher Djombo Ssdrkale und Gündogin, eine aus drei Wei- lern bestehende Dorfschaft der KadjÄnga. Richtung west- lich, etwas südlich.

5ter Tag: O'scheua, eine südlich vom Betehä gelegene Ort- schaft der Kascheniere. Man passirt am Morgen Gössmin, in sandiger Landschaft gelegen, dann Tongong, einen kleinen Weiler Tschekoma's, der Mutter Mohammed's, des ältesten Solmes des Scherifen, von Kadjdnga bewohnt; dann Dje- räd am Betehä, ebenfalls von Kadjdnga bewohnt, endlich Ofülek , ein von Moslimischen Dddjö bewohntes Dorf, und hält in Biren, einem ansehnlichen Ort mit gemischter Be-

Strassen im Inneren Widdf s. 539

«

völkerung (derNässKorongo, Gärdäi, Kolotdng und Djün- gorÄng) auf der Südseite des Betehä und 16 17 Stun- den südlich von Wära. Man geht dann üher Biren Kenga, einen Ort der WadÄui, und Kaschemere am Betehä, auf diese Weise O'schena erreichend.

6ter Tag; A'm-charüba, grosser Ort der Kaschemere, früher Abu Horra, dem Bruder des Scherifen, der in der Schlacht bei Torbigen fiel, gehörig. Die Kaschemere bereiten un- ter allen Bewohnern Wädai's die reichsten und schmack- haftesten Speisen. Man passirt am Morgen Kelti, einen an- sehnlichen Ort der Kaschemere, dann Bütere, beide auf der Südseite des Betehä, und hält in Fünduk, einem anderen Ort der Kaschemere, von wo A'm-charüba ganz nahe ist.

7ter Tag: Kdure, Ort an der Nordseitc des Bet«hä, wo man des guten Essens wegen übernachtet. In dieser Beziehung sind die Bewohner von Kaure die Ausgezeichnetsten nach den Kaschemere, sowie nach ihnen die A'bü Godäm und die MÄrfa. Man überschreitet am Morgen den Betehä, lässt Nydngalä, einen Oii; der Djelläba an der Nordseite des Betehä, rechts liegen und wendet sich westwärts mit etwas nördlicher Abweichung, passirt dann Hidjerät, einen Ort der Jjcute der Schiüch (A^erschuittenen) der Hdbba- bät (Konkubinen des Sultans), fem vom Betehä, hält dann in Hidjer, einem Orte, der früher der Lieblingstochter des Scherifen, Namens Fdtima, die bei Torbigen erschlagen wurde, gehörte, jetzt einer Tochter Tschekoma's über- tragen, nicht sehr weit vom Betehä. Kaure liegt von hier westlich mit etwas südlicher Abweichimg. Der Betehä wendet sich von Kaure südlich nach Maläm, einem von einer Abtheilung der Täma bewohnten Ort, 10 12 Stun- den südlich von Kä.ure, etwas westlich abweichend.

8ter Tag: Bororlt, eine von Kaschemere, Wadaui, Arabern und Ueläd Huschta (so wird das Gesinde der früheren Sultane genannt) bewohnte, grosse Ortschaft und „mensel

540 Anhang DL

Ssultän". Sie besteht aus etwa 20 Weilern, deren grösster Bororit Hadjar heisst. Man passirt am Morgen mehrere kleine Weiler, in deren einem man wahrend der Tages- hitze rastet.

c) Strasse von Wära nach Dumta, erstem Ort För's oder

Dar-För's.

Nach Hadj Ssadik. Dnrchschnittsmaass etwa 10 Engl. Meilen den Tag.

Ister Tag: GÄttakarak, Ort der WädÄui. 2tor Tag: Gattakardk, gleichnamiger Ort der Kelingen. 3ter Tag: Wäueledä, Ort der WadÄui.

4ter Tag : Kelmedi, grosser Ort der Ssungori mit ansehnlichem Markt „tarf e' dar" , die letzte der Ortschaften Wd- dÄ'i's. Östlich von diesem Orte sind aufspringende Felsen, hinter denen sich die Täma- Wegelagerer verstecken. 5ter Tag: Tumtubaia, Brunnen in der Challa. 6ter Tag: Assünga, ein mit Delebpalmen bewachsenes Wadi mit fliessendem Wasser im Charif. (Wadi Assünga ist allem Anschein nach mit Wadi Kia identisch.) 7ter Tag: Dumta, erste Ortschaft Dar-För's.

[Dumta ist nach Hadj Ssadik 8 Tagemärsche von Keb- kabie entfernt: later Tag: Bir Degig, Oil mit besonderer Ertäna. 2ter Tag: O'ra, Ort. 3tcr Tag: A'm-düchen, Ort. 4ter Tag: Kulkuläia, Ort. 5ter Tag: Konge, Ort mit grosser Djama. 6ter Tag : Wadi Bare, sich nach Südsüdost ziehendes Thal,

dicht bewohnt. 7ter Ssultän 'Omar, grosser Ort am Bare und am Fusse

einer Felserhebung. 8ter Tag : Kebkabie, grosser Ort der Djelläba, mit Thon- Wohnungen und sehr besuchtem Dienstags- und Don- nerstagsmarkte. Warme Quellen.

Strassen im Inneren WiddTs. 541

Von Kebkable bis Tendelti sind 8 Tagemärsche: Ister Tag : Bir Nabek, Brunnen in der Challa, mitten zwi-

sclien den Bergerhebungen des Märra. 2ter Tag : Käura, Brunnen mit spärlichem Anbau im Gebirge.

3ter Tag 4ter Tag 5ter Tag 6ter Tag

Küru, Ort im Gebirge, mit Djama. Schebena, Ort der Djelläba im Wadi. Djello, aus Lehm gebautes Dorf der Djelläba. Moele, Ort mit Thon- imd „gesch"-Wohnungen. Tiefer Brunnen. 7ter Tag: Maddüp, kleiner Ort. 8ter Tag: Tendelti, Stadt in Dar-För. Demnach von Dumta nach Tendelti im Ganzen 16 Tage- märsche.]

d) Strasse von Schenini nach Dumta.

Nach FSki Ibrahim.

Ister Tag: Derdjili, Ort der 'Ali (Schwarzer) mit besonderer Ertäna. Man passirt am Morgen Bärekälla und hält in MitschirT, beides ebenfalls Ortschaften der 'Ali.

2ter Tag: Bürtay, Gruppe von zwei Dörfern der 'Ali. Man hält in AläschL

3ter Tag: Harrünek, ansehnlicher Ort im Gebirge, bewohnt von Md-ssalit und 'Ali. Ankunft vor Dhohor. Man passirt früh am Morgen Ssäniö, gleichfalls einen Bergort der 'Ali, wo das Thal des Bat-hä seinen Anfang nimmt, 2 Tagerei- sen ostnordöstlich von A m-gontüra, einem Orte der Kübu.

4*er Tag: Dulla, Ort der Mä.-ssalTt in ebener Landschaft.

5ter Tag: Kia, ein Thal mit Thonboden, das in seinem obe- ren Laufe Assünga heisst und durch Delebpalmen und einen anderen Baum Namens „djäch-djach" belebt ist. Man hält bei Mämur, einem Wasser am Fusse einer Felserhebung.

6ter Tag: Murli, Ort der Md-ssalit, aber schon zu För gehö- rig. Man passirt am Morgen Wadi Kädja und macht hier während der hcissen Stunden Halt.

542 Anhang IX.

7ter Tag: Dumta, kleine Ortschaft mit wenigen Datteln, die Residenz Hdnafi's „mukdäm Hänafi".

e) Strasse von Schenini nach Djurlü.

Nach FSki Ibrahim.

l8t€r Tag: O'guma, Ort der A'bü Scharib. Man passirt A'blu- bän und HabTle.

2ter Tag: Adekke, von Küka bewohnter Bergort. Man pas- sirt Glegiss, Were, Schach-haen, sämmtlich Orte der A'bü Schärib, dann den Bergort Tara, weiterhin Tara Goror- gorä, einen Ort der Täma, und dann Gäskundji, einen Ort der Küka.

3tcr Tag: Betehä, das so genannte Thal, der kleine Bat -ha, ohne Ort. Mau passirt Tündjüug und Kültumö, von Näss Wadaui bewohnt, sowie Tammäni, einen Ort der Ssungöri. Säramtliche Orte liegen in der Ebene.

4ter Tag: Djurlü, Bergort der Ssungöri, die mit den Md-ssallt gemischt, diese ganze Landschaft vom Betehä an bewoh- nen. Djurlü ist die Residenz der Grossen der Ssungöri. Der Berg selbst ist in Vergleich mit den übrigen Berger- hebungen Wddäi's sehr hoch, aber kerne Tagereise breit. Er ist nach Ibrahim der Ursprung des Betehä, während der Bat-hä selbst seine Quellen im Ssoniö hat.

f) Die Hauptortschafteu im Betehä, von Biren aufwärts.

Nach dem Fäki Ibrahim.

Westlich von Biren liegt Aüschena oder O'schena, auf der gegenüberliegenden oder nördlichen Seite des Wadi Mür- schudü; dann östlich, aufwäi*ts, Ofüla, ein Ort der Dädjö; ferner Djemer Hedjilidje, ein Ort der Kadjanga, und Koro- riang, auch von Kadjdnga bewohnt, und Fii-ti, ebenfalls (alle diese Orte liegen an der Südseite des Wadi's); an der Nordseite üossminni, dann A'mmärga, dann die aus sechs

Strassen im Inneren WiA&Ca. 543

oder sieben Dörfern bestehende Ortschaft Schokän, nämlich Seh. Kordofän, Seh. Bdtarän, Seh. Aberbi, Seh. Mini u. s. w. (alle von Bili bewohnt); dann östlich davon Schime, ein Ort der Mimi und Koromboi; dann Agurbo, ein Ort der Mimi; Kunö, eine Ortschaft der Kodol, und Kawäk. Dann folgen die Ortschaften der Ssungöri.

Alle diese Ortschaften zeichnen sich besonders durch ihren Zwiebelbau aus. Bei Etlm (westlich von Biren, mit einer Bergerhebung) bauen die Sklaven des Sultans für Letzteren Korn.

g) Strasse von Schenini nach Nyessere. Richtimg südöstlich.

Ister Tag: A'm-gontüra, ein Ort der A'bü Schärib, am Süd- ufer des Bat-hä gelegen, mit dem sich hier das von Dir- djeli (4 Tagemärsche nordwestlich von Biren) über Marfa- Ogumö und Dobbur kommende Wadi Issera vereinigt Man passirt am Morgen Bärekdlla, einen Ort der A'bü Schärib, dann Gumtüdj, einen Ort der Gnorga, und hält in Daline, ebenfalls einem Ort der Gnorga.

2ter Tag: Ketteke, ein Ort der Md-ssallt. Man passirt am Morgen UrüUa, nicht weit östlich von A'm-gontura gelegen, dann Nebbegäga, einen Ort der A'bü Schärib, und betritt nun das Gebiet der Md-ssalit, worauf man ihre Dorf- schaften Ola Ssdbbalät imd Ola Ddbangät passirt

3ter Tag: Challa. Man hält in Wadi Kla.

4ter Tag: Nyessere, ein Ort der Mä-ssalit oder genauer der Ambüss, einer Abtheilung der Mä.-ssalit, die man der Menschenfresserei beschuldigt. Der Ort gehöii; schon zu För.

h) Strasse von Schenini nach Möku, oder den Eisengruben.

Richtung westlich.

Die Möku befinden sich bei der aus zwei Weilern beste- henden, von den Baruala bewohnten Ortschaft Schdkkayäk,

T

544 Anhang IX.

t

die eine Grube zur Seite der Ortschaft, die andere südlich da- von in zwei gesonderten Bergerhebungen; nicht weit westlich von Schdkkayäk, in der Erhebung hart am Dorfe Ligia, ist eine andere Eisengrube, wo man 100 Hacken „dje- räri" von der nebenstehenden Gestalt für einen Och- sen kauft.

Das Eisen aus diesen Möku, das man in kleinen Steinen nur von obenauf wegnimmt, wird von den Schmie*den in den nahen Schmiededörfem Fähem (südlich von Sch&kkayäk), A'blubän (südlich von Fähem), Müruske (südlich von Sch4k- kayäk) und Gossmän verarbeitet.

Auf dem massigen Marsche von Schenini bis Sch&kkayäk passirt man Misstachede, Rogrogö und berührt dann zwei zu der grossen, von Mimi, Gelma, A'bü Schärib und Kanöri be- wohnten Ortschaft Manga gehörige Weiler, nämlich Mdnga Dlrdige und Mdnga Abakiiiak. Die übrigen zu dieser Ort- schaft gehörigen Weiler heissen Mänga Kordäle, Mä.nga Me- rende (nördlich von Schdkkayäk), Mänga Müttong, M4nga A'beyÄng (Wohnsitz der Abu Schärib) und Mä.nga Miri, von wo ein kurzer Weg über Sscrlr und Magällem nach Abkar Hädjilidj führt.

Eine andere bedeutende Eisengrube ist bei Kädjam, 4 Stan- den westsüdwestlich von Tökhili im Gaue Djedji, und deren Eisen wird von den A'blebay nach A'tarek (zwischen Abkar und Mdnga Merende) zu den Haddäd Mönnu gebracht, die auch das von den Djelläba von dem bekannten Berg- werke Höfrah (im Süden Dar-För's) aus eingeführte Kupfer verarbeiten.

i) Strasse von Schenini nach Ssillä, über A'ndelä. Richtung

erst südsüdwestlich, dann südlich.

Nach dem Fäki Ibrahim.

Ister Tag: A'ndelä, eine theils von Wädäui, theils von Bdn- dalä bewohnte Ortschaft. Man passirt am Morgen Sehe-

Strassen Im Inneren W^diTs. 545

chülke, eine aus zwei Weilern bestehende und von Ogo- dongde bewohnte Ortschaft, nahe bei Schenini ; dann Tor- döna, gleichfalls von Ogodongde bewohnt; dann das Wadi el Hamra, und hält in Ssünkutü. Hierauf passirt man Ssunkutü Djidnak oder Nyilik, überschreitet nun den Bat-hä, der etwas weiter oben (bei Ssünkutü Maldm) das Wadi el Hamra aufgenommen hat, und passirt dann den Ort Agflbe, drei von Wäddui bewohnte Weiler, und, nahe bei A ndelä, Agflbe Angnereda.

2t«r Tag: Schakäk, ein Ort der Bandalä; Sandboden mit Felsaufsprüngen. Starker Marsch. Man hält am Brun- nen Kadäda, ohne Anwohner, aber mit vielen Bäumen, besonders Dümpalmen.

3ter Tag: Tschilimna, ein Ort der Bäudalä imd der A'blebay, in dessen Nähe, gegen Westen, die Ssälamät, Mfssirle und Djedji wohnen. Man sieht von hier aus die Berghöhen von Ssillä, dessen Bewohner den Markt von Tschilimna mit Honig imd sowohl getrockneten, als auch frischen Fischen versorgen. Man hält um Mittag im Wadi Bochäss, das südlich in das grosse Wadi Diwe ziehen soll. Das letz- tere fliesst neben Djedji und wird von Einigen für iden- tisch gehalten mit dem Bahhr Ssdlamät, der MangSra passirt, dann (1 Tagereise von Mangära) „Gede" oder „Bahhr el Hemät" und weiter imten „0 m e' Tlmän" oder „Bahhr Ssälamäf' heisst; Ibrahim meint, dass er sich mit dem Gewässer von Rünga vereinigt. Ausser den Hemät und Ssalamät weiden auch die Scharafa ihre Heerdcn an sei- nen Ufern.

4ter Tag: SsiDä, von Ibrahim selbst aber nicht betreten. Man hat am Morgen das Wadi Diwe passirt, welches sich auf lehmigem Boden weit ausbreitet und voll von Fischen ist. Die Ssillä sind hübsche Leute, die sich nicht durch Einschnitte verunstalten. Yüssuf Charifaln machte einen Raubzug hierher.

Btfth't R«Uen. UI. 35

546

Anhang HL

j.-i.t

k) Gerader Weg nach Ssillfi.

Ister Tag: Dümboli, ein Ort der Missirie, nahe westlich vc Bäss el Fil oder TdndjakndL Man passirt am Morge Schochülke, dann Abdjefili, einen Ort der Ogodongc mit dem kleinen Wadi A'bü Ghänem („Al)ü Chänem'" aui gesprochen) im Süden, das sich imweit Ssunkutü mit dei Wadi el Hamra vereinigt, und hält hierauf in Ssöromö, ai Nordufer des Bat-hä gelegen, der nahe östlich vom W&d&i Orte Maräi hinfliesst.

2ter Tag: Challa. Man passirt den grossen Berg Eadjessk«

3ter Tag: Ssillä. Ankunft am Morgen.

1) Strasse von Wära nach Bünga. Bichtung südlich, dann

westlich.

Nach Hadj SsadÜL.

Ister Tag: Eine Ortschaft der Kondongö mit einer grosse und langen Bergerhebung.

2ter Tag: Andischa, ein Wddäi-Ort.

3ter Tag: Hauära, ein in ebener Landschaft gelegener W^ däi-Ort.

4ter Tag: Betehä, ein Wadi mit Wdddi- Anwohnern.

5ter Tag: A'fi, ein Wddäi-Ort am Fusse der Berghöhen.

6ter Tag: Kemeri, ein Wddäi-Ort. Ebene Gegend; nur ii Süden entfernte Berghöhen.

7ter Tag : Eine Ortschaft der Tschaima, Sklaven der Bändali welche Honig bereiten.

8ter Tag: Kodoguss, eine der grössten Ortschaften Wddäi' von Talba - Arabern bewohnt. Kodoguss ist aber nac Ibrahim vielmehr ein Ort der Abu - Schärib, Kadjägass und Dermüdi, 3| Tagemärsche von Schenini entfernt (ma schläft die Iste Nacht in U'rka, einem Oi-t der Wddäi und Bdndalä am Bat-hä; die 2*^ Nacht in Am-bürtuni von Wdddui und Bdndalä bewohnt, und zwar sind di Letzteren zahlreicher, und die 3te Nacht in einem Orl

Strassen im Inneren Wäd^'^s. 547

dessen Namen der Berichterstatter vergessen hat); Rich- tung westsüdwestlich.

9ter Tag: Td el Gadem.

lOter Tag: Kädjam, ein am Westfusse eines Berges gelege- ner Ort.

llter Tag: Mangära, vom Berichterstatter irrthümlich die Hauptstadt von Kebet oder Kadjdgasse genannt.

Von Mangära nach Ssillä ist es 1 Tagemarsch. Rich- tung östlich.

12t«r Tag: Gurära, Lagerplatz in der Challa.

13ter Tag: Meterbe.

14ter Tag : Donäss , Name des Herrn von Rünga (des Nachfolgers von Sseblr), der an För und Wadai Tribut zahlt.

Rünga liegt nach Hadj Ssadik zu Wära wie Mandara zu Küka, und zu Tendelti wie der Felläta-Ort Bögo (an der Ostseite von Mandara) zu Mäsena.

m) Strasse von Schenini nach Rünga.

Nach Fäki Ibrahim's Angabe, der diesen Weg nicht selbst bereist hat.

Ister Tag: A'ndalä.

2ter Tag: Schakäki.

3ter Tag: Djedji, ein Distrikt mit ungefähr 20 Weilern.

4ter Tag: Kerere, ein Ort der Mäsmadje.

5ter Tag: ChaUa.

6ter Tag: Kebet, äussere Provinz- Wadai's (ist nicht iden- tisch mit Kadjagasse, das zum eigentlichen Wadäi ge- hört).

7ter Tag: Challa.

8ter Tag : Mangära *), Hauptstadt von Däggel, auf einer Fels- erhebung und an einem grossen stehenden, von den Ara- bern „bahhr e' Tlhi" genannten Wasser gelegen.

•) ,,maiigära" bedeutet in der Däggel-Sprache „Fels**.

35»

548 Anhang IX.

9ter Tag: Ein grosses, in der Regenzeit weit ausgedelmtes

Wiesenwasser auf Thonboden. lOter Tag: Rünga. Ankunft am Morgen.

Südlich von Rünga befindet sich nach Fäki Ss&mbo

die „Dar-Meng" genannte Provinz.

n) Strasse von Tendelti nach Rünga. Richtung südlich.

Nach Hadj Ssadik.

Ister Tag: Koriö, ansehnlicher Marktort. Starker Marsch (bis 'Asser). Geht man langsam, so ruht man während der Hitze an der Rahet Birbidi, schläft in A'm-habfle und erreicht Köriö erst am anderen Morgen. Der Markt wird daselbst am Dienstag xmA Donnerstag abgehalten.

Ein Theil der Pilger wendet sich vom Gebiete der Ssungöri über Djebel Heress direkt nach Koriö. 2ter Tag: Djurtöba, ein Ort der Buläla und Küka. 3ter Tag: Abeschr, Ort der Foraui. 4ter Tag: Wägif, ein von Baghirmi-Volk bewohnter Ort 5ter Tag : A'm-kordess, ein anderer Baghirmi-Ort. Das ganze

Land besteht aus Sandboden. 6ter Tag: Sselälo, ein grosser, von Bömu-Volk bewohnter

Ort. 7ter Tag: A'm-madjüra, ein ansehnlicher und wegen des Ver- kehrs mit den Kirdi - Ländern bedeutender Ort, Sitz des Gouverneurs von Birket, bewohnt von Mä-ssalit, Dadjö, Baghirmiern und Foräui.

[Ein anderer Weg von Tendelti nach A'm-madjüra ist nach Hadj Mohammed folgender: Ister Tag: Dhifän Haggeröna, ein Ort der D4djö jen- seits Koriö, das man passirt. Starker Marsch. 2ter Tag: A'm-harräss, ein neuer, von einem aus Harräss (in Kordofän) stammenden Mann erbauter und von Foraui und Baghirmi- Leuten bewohnter Ort.

Strassen im Inneren W&d&Cn. 549

3ter Tag : A'm-kardü88, ein von Foräui bewohnter Ort des

Scheteta (identisch mit Am-kordess). 4ter Tag: HiUet el Makdüm KhaM. 5ter Tag: A'm-madjüra, 2^ Tagemärsche von Tebeldle, 3 Tagemärsche von der Höfra und ungefähr ebenso weit vom Bahhr el Ersegät entfernt A'm-madjüra ist sehr reich an Delebpalmen und besitzt einen bedeu- tenden Sonntagsmarkt, den die Ersegät mit Butter versorgen. Die Bewohner des Ortes sollen vorzüglich vermittelst Wod&'s und Tabaks Sklavenhandel treiben.] gter Tag: Gldja, ein von Foräui und Gullä bewohnter Ort,

(damals) von Mohammed Sseteba regiert. 9ter Tag: Mädjam, ein Ort der Üirab Taäscha; auch Md-

ssalit wohnen daselbst lOter Tag: Bähet Chäli, in der Challa; ohne Anwohner, lltor Tag: Bali. 12ter Tag: Dum Asseheba. 13ter Tag: Dum Ardeba. 14ter Tag: Challa. löter Tag: Debe, ein Dorf der Bünga (Heiden), auch von

einigen 'ürbän (wandernden Arabern) bewohnt 16ter Tag: Tarkämu, Challa mit Bömu- Anwohnern. 17tor Tag: Die Eesidenz des Herrn von Bünga, Donäss', nach dem der Ort gewöhnlich bezeichnet wird ; sein eigentlicher Name ist mir nicht bekannt

o) Grössere Ortschaften im Fittri und Kabailen der Bulüa.

Nach dem BulSla Ibrahim.

In dem „defii Meläda" genannten Gaue : Temssa, Keschegä, Tlggedi (wo ein geflüchteter Sultanssohn aus Bömu residiren soll), Göla, Dübunör, Gela, Käbberä, Möio, Dögo, Gälo.

In El Gösa: Melme, Küdu, Amäna, Gügu, Ssege, A'gene, Baiälla, Bögo, Schege, Bürrigö, Befdrkamä, Denni, Gollo, Y4ü, Gämssa, WägalS, Sseta.

&50 Anhang IX.

Kabailen (Geschlechter) der Buläla : Loflfeuä (die „Ssoltana", d. i. das herrschende Geschlecht), Gidjo, Batt&ua, Argumuä, Tschelmuä, Wädeuä, Kässeuä, Djillua und viele andere (we- nigstens 20, nach der Überlieferung aber 99). Der Stamm- vater der Buläla ist Djili (Djfl Schikomemi), welcher aus Eänem kam.

p) Einige Nachrichten über den Fittri und den Bat-hä.

Nach 'OthmSn, den Ssabün gefangen ans Baghirmi weggeführt, mit Znsatzen

von Hadj Ssadik.

Der See „fittri" bedeutet in der Sprache der Eüka nichts Anderes, als „Thal", „Seebecken", und fällt daher ganz mit der Bedeutung von „tsäd" zusammen hat 2 Tagemärsche im Umfang, ist durchaus mit frischem Wasser auf Thonbo- den versehen und ringsumher mit reichem Wiesenland, aber nur spärlichem Baumwuchs umgeben, während das Thal des Bat-hä von Reihen schöner Bäume bewaldet ist. Kein Wadi mündet in den See, ausser dem Bat-hä, und er hat durchaus keinen Abfluss, indem die Verdunstung auf dem sich während der Überschwemmung weit ausbreitenden fla- chen Wasserbecken so gewaltig ist. In der Mitte des nur flachen See's liegt eine Insel Namens Modo, deren heidnische oder wenigstens halbheidnische Bewohner, zu den schon den Küka unterwürfigen A'bü Sslmmin gehörend, den See mit klei- nen , aus ausgehöhlten Baumstämmen bestehenden Nachen, die 2 bis 3 Menschen fassen, befahren. Von Fischen gibt es im See den das Wasser schlagenden „angöla" und den „bolbüt"; „ssemmak" gibt es hier nicht. Die um den See umher gelegenen Hauptortschaften sind von Yaö aus: Debu- nöro, Tamssa oder Temssa, Gela, Gölo, Dago, Gdmssa (das etwa 12 Meilen von Yäö entfernt ist, aber weit vom See zu- zück, dessen Ufer, wie die des Tsäd, sehr wandelbar sind). Fünf Nefi'er haben im Fittri ihre Weideplätze ; die Ben! Maleki besitzen daselbst viele Kameele; die DjäÄtena, die Hamide und

Strassen im Inneren WädäTs. 551

ein Theil der Kreda, sowie selbst andere Tebu-Stämme kom- men im Sommer hierher. Im Charif, wo die Araber-Stämme fortziehen und wo Alles überschwemmt und von Schwärmen von Mücken heimgesucht wird, werden die Kameele des Fittri selbst, wie die des Sultans, in Hütten untergebracht, wohin ihnen das Futter geschafft wird; andere werden mit Matten bedeckt.

Die Hauptortschaften am Saume des Bat-hä entlang sind: Sseta, Dlfde, Heneu, Djurundü, A'm-charüba, Durmämi, Ssigö, Mugdära, Birket Fatima (ein Ort der Mdssmadje an der Westseite der Rahet und nördlich vom Wadi), A'm-ssiddre, AI A'fanln und endlich der Gau Dar-Soyüd.

Von Mlddogö, das 1 Tagemarsch von Yäö entfernt ist, nach Birket Fätima sind 4 Tagereisen; man geht über A'b Seräfa, eine Ortschaft der Küka mit kleinen Felshöhen, He- djel, einen anderen Ort der Küka, und Beuo.

q) Strasse vom Fittri nach Mäö. Richtung nordwestlich.

Nach dem Buläla Ibrahim.

Ister Tag: Fäli oder Färi (ursprünglich Fäghi [?]), ein von Baghirmi- Leuten bewohnter Weiler, zwischen Felsen ge- legen, in einer Art Wadi-Einsenkung.

2tor Tag: Aüni, Baghirmi- Weiler mit Felsaufsprüngen.

3ter Tag: Bukkö, Baghinni-Weiler.

4ter Tag: SchegerÄie, ein Wadi, in dem die Gurään ihre Kameele weiden.

5ter Tag: Bahhr el Ghasäl, eine weite, baumreiche Wadi- Einsenkung.

6ter Tag: Kedäda, eine Ortschaft der Tündjur.

Kedäda ist 1 Tagemarsch von 'Alimari entfernt, wo sich das östliche Ende des Tsäd in früherer Zeit in den Bahhr el Ghasäl ergossen haben soll, während jetzt Sand- dünen die Verbindung imterbrechen.

7tor Tag: Mondö, eine andere Ortschaft der Tündjur. Ihr Herr heisst Abäkr.

bb2 Anhang IX.

8ter Tag: Yagubberi, ein Weiler der Tündjur.

gter Tag: Maö, Wohnsitz des Chalifen WidfiTs und Stand- quartier Djerma Mongo's. Die Einwohner Maö's heissen in der Gurään-Sprache Beränemä.

Herr Dr. Vogel scheint diesen höchst interessanten, schon fiüher von mir besprochenen Ort besucht zu ha- ben; wir werden daher, wenn er am Leben geblieben ist, bald Näheres davon hören.

r) Strasse vom Fittri nach Maö.

Nach einem Wadauer.

Ißter Tag: Chabini, Gurään- Ansiedelung mit vielem Wasser. 2t«r Ts^: El Chasälät, ein Wadi, das nach dem Bahhr el Ghasä ziehen soll und von Däggana oder D^hana be- wohnt ist. 3ter Tag: Schegeraie, Wadi mit Giirään-Bevölkerung. 4ter Tag: Delebät, Wadi. 5ter Tag: El Gret, Wadi. 6ter Tag: Maö.

Der Berichterstatter behauptet, Wadi Färi zur Rechten gelassen und den Bahhr el Ghasäl gar nicht passirt zu ha- ben. — Ein anderer Referent ging von Maö nach Fittri über Kälkalä, Güdjer, den Brunnen Toröro im Bahhr el GhasäL Wadi Schegeraie (mit vielem Wasser) und die Fel- sengruppe Hadjidjät im Wadi Färi.

Ul)er diese ganze Strasse wird ims HeiT Dr. Vogel, wenn er glücklich zurückkehrt, reichen Aufschluss geben.

s) Strasse von Wära nach Wädi 'Orädha.

Nach Fäki Ibrahim und 'Ali (vom Stamme der Malänga).

Ister Tag: Böbok, Ort der Kadjlgadji, eines Wadai-Stammes. Man reist zum Nordwestthore von Wära hinaus auf der nach dem Dorfe Bäteme, das mau gleich bei der Stadt passirt, „lingak Batemelek'' genannten Strasse und passirt

Strassen im Inneren Wäddfs. 553

weiterhin .das Dorf I'nding und dann Korummüdi, ein von Fesänem bewohntes Dorf.

2tcr Tag: Tatsere, eine von Wadaui bewohnte Ortschaft. Man hält in T&chscha.

3ter Tag: 'Orädha, ein an Weideland sehr reiches Wadi oder „saräf ", wo die Mdhamid im Sommer weiden, während sie im Charif nach Tüitu und Ssübbu ziehen.

Östlich vom Wadi 'Orädha ist das Wadi Ssubb, 2 Ta- gemärsche von der Berglandschaft der Täma. Die grosse Karawanenstrasse von Fesän über Borgti nach Wära be- rührt 'Orädha. ['Ali machte folgenden Umweg nach Wadi 'Orädha, wohin

die Wädäi'schen Fäki gern gehn, weil sie bei den reichen

Arabern durch Lesen und Schreiben leicht ein Rind oder

eine Anzahl Schaafe verdienen:

Ister Tag : Böbok.

2ter Tag: Kurssö, ein ansehnlicher Ort der Mimi.

3ter Tag: Tatsere. All' dies Land besteht aus Sandboden.

4ter Tag: Annan, ein Ort der Fokarä aus dem Stamme der Mahamid, wo ihre Häuptlinge wohnen, nämlich Mahmud *^Abd e' Ssaläm Ueled Tschötscho und Hagar Ueled Belle.

5ter Tag: Rehedo, eine andere Wohnstätte der Mahamid.

6ter Tag: Ssubb, ein nach West ziehendes Saräf, wo eben- falls die Mahamid weiden.

7ter Tag : 'Orädha.]

m. Strassen im Inneren Baghfrmi's.

a) Grössere und kleinere Ortschaften am Schärf, von Bügom&n

aufwärts.

Märdja, kleines Dorf; Misskin, ansehnliche umwallte Stadt; Mäbi, kleiner Ort, wo sich der Bätschikäm mit dem Schärf vereinigt; Mainpa (oder Manchfa); Andja; Mölan; Gelende; Makelü; O'ngo oder O'nokö; Bündjul; Balenere (mit Erd-

i

564 AnliaBg IX

mauer); Mondo (mit Erdmauer); Moro; MadelaipS; Baingane; Laffiäta; Gedo; Müssgu; Boäi; Miän; M6golo;Käba; Djilim; Mäbbele (mit grosser Erdmauer); L&ffanä (mit verfallener Erdmauer); Bu-ssö, grosse Ortschaft; Mongaiä (Bä-Ngörgo- loDg); Bin; Koromafe; Täbe; Mädjim; Bubür; Dere; Göfiia; Tschlromadl; Miltü.

b) Strasse von Mäsena nach Läffanä und Bu-sso.

Ister Tag: Mogdl, jenseits des Fürth - Ortes Batschikim, ober- halb des gleichnamigen Flusses gelegen, der sich bei Täpe (nahe bei Miltü) vom oberen Schäri trennt, aber bei Mebi, einem kleinen Ort in der Nähe von Misskin, wieder mit ihm vereinigt. 2*er Tag: Mangagullafe.

3ter Tag: Gäram, von Kanon bewohnte Oilschaft. 4ter Tag: Man schläft in der Challa. 5tcr Tag: Bedä-kürtschi, Baghirmi-Ort unterhalb Bu-ssö's. 6ter Tag: Dendäm, Baghirmi-Ort. 7tcr Tag: Laffanä.

[Bedä-kürtschi liegt näher an Mäbbele und Laffanä, als an Bu-ssö. Bu-ssö ist nach Agid Müssa ungefähr so weit von Mäsena entfernt, wie Logon bimi oder Moftö, und kann von der Hauptstadt aus in 3 starken Tagemär- schen erreicht werden: Ister Tag: Gäuin Hadji. 2tcr Tag: Bedä-kurtschi. 3ter Tag: Bu-ssö.]

c) Strasse von Mäsena nach Bu-ssö.

Nach Hadj Ssadlk.

Ister Tag : Bdtschikam, kleiner Ort an der Südseite des gleich- namigen Flussarmes, der nach Hadj Ssadlk kurz vor der Regenzeit kaum 30 Schritt breit ist, zur Regenzeit aber eine bis zu 1 Engl. Meile sich ausdehnende Wasser-

Strasse im Iimeren Baghfrmrs. 565

fläche bildet. Man passirt den Fluss, der nach der grös- seren, an seinem Nordufer gelegenen und früher von einem eigenen Sultan regierten Ortschaft I'r auch Bä-I'r heisst, gewöhnlich an dieser Stelle.

2*«Jf Tag: Bultun, grosses, von Kanöri bewohntes Dorf.

3ter Tag: Bedä-kurtschi, mit grossem Sumpfwasser („bedä"), woher der Name des Ortes. Man hält in Dilfin, einem Kanöri-Orte.

4ter Tag: Dendäm, Baghirmi-Ort.

5ter Tag: Bu-ssö, grosse, theils von Heiden, die jedoch auch Kleidung tragen, theils von Moslemln bewohnte Stadt mit vielen sogenannten Mällems, das heisst Leuten, die ein Paar Phrasen aus dem Kurän schreiben können.

d) Strasse von Bu-ssö nach Miltü. Richtung südöstlich.

Ister Tag : Kiär, weit vom Fluss entfernt ; die Einwohner trin- ken nur aus Brunnen. Man passirt am Morgen den Fluss und hält sich dann in geringer Entfernung östlich von demselben, mit etwas südlicher Abweichung.

2*er Tag: Täpe*), grosser Ort an der Südseite des Flusses. Richtung südsüdöstlich.

3ter Tag: Miltü, grosse Kirdi-Ortschaft, jetzt von Bä, dem Sohne 'Ali Fendjär's, der vor 2 Jahren in Mäsena starb, regiert; weit ausgedehnt. Die Einwohner besitzen eine grosse Menge von Pferden und bereiten aus dem Fluss- rohr eine Art Salz, das sie in zuckerhutartiger Form weithin verkaufen. Bei Bölo, ein wenig östlich von Miltü, trennt sich der Bätschikdm vom Schäri.

e) Ortschaften vom B£tschik&m aufwärts. Richtung süd-

südöstlich.

Batschikdm, der Furth-Ort; I'r, ansehnlicher Ort; Mogal;

*) Agid Müssa scheint sich hier versehen und KiSr und TSpe umgestellt zu haben.

556 Anhang IX.

Mäbberät, einst der Sitz einer selbstständigen Herrschaft Mäss-enäu, Ort der Trompeter des Sultans der „boäga" Belamedi, Baghfrmi-Ort; Mämssa; Tschikoriä; Bugolöbe Küttutü; Diggeli; Mässere; Gdyokö; Mfrre oder Mere, früher Sitz einer eigenen Herrschaft, des Fürsten Damre; Döl; Me- gele oder Megede; Yeläl; Dimkir; Marine; Mub; Beti; Nglr- bing; Ssagemäta, die letzte Baghlrmi-Ortschaft, jenseits deren das von Heiden bewohnte Land Ssdruä anfängt.

f) Strasse von Mäsena nach Kirbe, der Hauptstadt von

Ssäruä.

Ister Tag: Bätschikdm.

2ter Tag: Nairomä, Ortschaft an einem kleinen Flusse, der sich bei I'r in den Bätschikdm oder Bä-I'r ergiesst. Hier wird jeden Freitag ein bedeutender Markt gehalten.

3ter Tag: Ngdttara. Ankunft etwa um 10 Uhr.

4ter Tag: Djil, ein Dorf. Ankunft etwa um 10 Uhr.

5tcr Tag : Ssdgemäta, Baghirmi-Ort am Bdtschikdm. Starker Marsch.

ßter Tag: Negi. Ankunft etwa um 10 Uhr.

7ter Tag: Mongolä, ein Ort am Schäri, schon zu Ssdruä ge- hörig.

8tcr Tag: Klrbe, Residenz des Sultans A'bü von Ssdruä; so wird derselbe wenigstens in Baghlrmi genannt.

Kirbe ist 1 Tagereise vonKiär und vonTäpe (oder Miltü), aber näher an Kiär.

Von Kirbe nach Middobö, einer anderen bedeutenden Stadt von Ssdruä, führt der Weg über Dan oder Dana.

Andere Ortschaften Ssdruä's sind : Togilä, Ddngua, beide am Bdtschikdm; Dan, Mirti, Djilang, Mirkin, Mongolä, Djimmir, Djö, Belai, Mut, Bile, sämmtlich am Schäri ge- legen.

Von Dana nach Lairi ist 1 starker Tagemarsch, etwa 30 Meüen.

Strassen im Inneren BagMrmi's. 557

g) Strasse von Miltü nach Gogomi. Richtung nordöstlich.

Nach Agid MSssa, mit Zusätzen Ton lUmadhän.

Ister Tag: Attar, Ortschaft von Ssdruä; man hat am Morgen gleich bei Miltü den Schärf überschrftten , der hier von Süden kommt. Starker Marsch.

2*«' Tag: Kome, Bergort der Heiden, umgeben von vier Ber- gen, von denen einer Täbe und ein anderer Bofio heisst. Kome ist 1 Tagereise von Middobö in nördlicher Richtung entfernt.

3ter Tag: Belel Kole, eine von Natur ausserordentlich ver- theidigte Wohnstätte der Ssokorö, ringförmig sich um einander herziehende Felsreihen mit je nur Einem Zu- gang und mit Wasser im Inneren. Der Fürst haust auf einer Felserhebung in der Mitte dieses eigenthümlichen Bergkessels ; die übrigen Bewohner wohnen zwischen den Felsreihen. Nahe dabei ist ein Schüa-Ort. Zwischen Kome und Belel Kole liegt etwas seitwärts Djötol.

4ter Tag: Gogomi, Bergort in einem Kessel mit engem Zu- gang, bewohnt von einem Stamme der Ssokorö mit einem früher sehr mächtigen Häuptling, den aber jetzt der Sultan von Baghlrmi besiegt und gefangen eingebracht hat. Die Djelläba Wdddi's gehen bis hierher und bringen Europäi- sche Erzeugnisse.

Von Gogomi bis Kenga sind 5 oder 6 kurze Tagereisen über Büdir, einen Ort auf einem steilen Berge mit Quell- wasser am Fusse und auf der Höhe; etwa so hoch lie- gend wie Tibesti. Nahe östlich bei Gogomi liegen: Ssim, Bergort ; B&ddege, Bergort, beide von Ssokorö bewohnt, de- ren Bewaffnung in Bogen und Pfeil besteht; Gal, Bergort mit seichtem Wassersal; Tumki, Bergort; Kenga Mataia.

h) Strasse von Mäsena nach Gogomi.

Ister Tag: Bidderi, ansehnliche Ortschaft, berühmt wegen der für die Ausbreitung des Isslam in diesen Gegenden

556 Anliang IX«

überaus wichtigen Familie von Schiüch (d. h. in diesem Falle: durch ihre Frömmigkeit und Belesenheit weit und breit verehrte Häupter des Glaubens) und bedeutend durch ihren Freitagsmarkt, wo jedoch nicht die gewöhn- liche Münze des Marktes von Masena gangbar ist, nämlich Farden und Cholgän, sondern nur die schönste GräbagS 20 für 1 Chalag.

2tor Tag: Müdda, Baghirmi-Ort.

3ter Tag: Dechdrue, grosse Ortschaft der Dechächera oder Deghäghera (Araber).

4ter Tag: Eüri, Schüa-Ortschaft an einem stehenden Wasser.

5ter Tag: Massk&u, ebenfalls Schüa-Ort.

6ter Tag: Gatö, Schüa-Ort mit Teich.

gter Tag: Djenä, grosse ummauerte Bergstadt der Ssokorö, die den von den Baghlrmiem „dernäna" genannten Käfer essen sollen. Djenä liegt zwischen Gogomi und Korne in einer hügeligen Landschaft.

9ter Tag: Gogomi, 2 Tagereisen von Middobö. Richtung öst- lich mit etwas nördlicher Abweichung.

Der Weg von Gogomi nach A'bü Telfän geht über Bä- nem, Bälli, Ssim, Kondolä und Kengetä.

i) Abtheiluugen der Büa.

Die dem Sultan von Baghfrmi unterworfenen Abtheilungen dieses zahlreichen Stammes sind folgende: Büa Nyeldang, die mächtigsten von allen; die BüaGamkül(Gamkül*) ist von Mid- dobö, der Grenzortschaft von Ssäruä, 12 Engl. Meilen in öst- licher Richtung und von Gogomi 2 Tagemärsche südlich ent- fernt, letzterer Weg durch eine wilde Gebii'gslandschaft füli-

*) Es ist sehr wahrscheinlich, dass Gamkdl mit dem vom Neger Wogga dem Herrn Mac Queen beschriebenen Kimkul identisch ist (s. Journal of tfie Jioyal Oeoijr, Soc., Vol. XV. p. 374). „Koome" in eben diesem höchst kurzen und ungenligenden Bericht (S. 375) ist wohl sicherlich mein Belel Korne.

Strassen im Inneren Baglifrmi*s. 669

rend; östlich und südöstlich von Gamkül liegen, etwa 12 15 Meilen entfernt, die beiden Bergortschaften Konnäle und Sa- rakella, die von einer Frau als Königin regiert werden und unabhängig sind); die Büa I'r, die Büa Wage und die Büa Schok.

Unabhängig sind: die Büa La, sehr zahlreich und in meh- rere Familien und Ortschaften zerfallend; die Büa Künne; die Bfia Gingli; die Büa Möke; die Büa D&mla; die Büa Kurmän; die Büa Gew, deren Distrikt eine hohe Bergerhebung mdt Wasser auf der Spitze enthält; die Büa Dokerö; die Büa Güm; die Büa Ladön; die Büa Tünia; die Büa Kürbul; die Büa Kullünga oder Kelänga, deren Gebiet 2 Tagereisen von Kome entfernt ist, mit einem Berg; die Büa Malbön ; die Büa Bulül, und endlich die Büa Mubb und die Büa Küli, die eine , Gebirgslandschaft nahe bei den Ueläd Raschid bewohnen.

Die Nyilem, zu denen nach Agid Müssa die Dass&r gehö- ren, während Andere sie zu den Büa zählen, wohnen hart an der Nordostseite des Flusses. Jenseit der Dassär kommt man zu den Kölum, den Nyü und in geringer Entfernung nach Furä, von Gambai bewohnt.

k) Strasse von Mäseha nach Eenga Matdia.

Istor Tag: Nairomä, der oben genannte Marktort.

2t«r Tag: Mille, Ort mit Sonntagsmarkt.

3ter Tag : Kirssua, ansehnliche Ortschaft an einem kleinen Ge- wässer oder vielmehr einem Wiesensal auf Thonboden „ssel" oder „mssel" , das im Charif nach Barkadana, Sidigiä, Bulülu und dem ansehnlichen, von einem eigenen Herrn regierten Gämmara abzieht. (Ob identisch mit dem Mssel von Debbäba?)

4ter Tag: Hlrla, Ortschaft eines mit den Bägrimma eng ver- wandten Stammes.

5ter Tag: Beddnga, ansehnhche Gebirgsortschaft eines Stam- mes der Ssokorö, mit mächtigem Herrn, welche aber

560 Anhang IX.

äusserlich zum Isslam bekehrt sind. Die Bewolmer klei- den sich und tragen keinen entstellenden Gesichtsschmuck, sondern die Frauen nur die so allgemein verbreitete Na- senperle und Perlen im Ohr. Die Waddi'schen Djellaba bringen auch hierher ihre Waaren. Sie haben nicht Bo- gen und Pfeil, sondern nur Lanze und Handeisen. Das Wasser dieser Gebirgsgegend soll nach den Angaben Mo- hammed Büme's, der sich hier viele Jahre aufgehalten hat, durch das Gebiet der Ueläd Raschid in den Nil fliessen, aber es ist sehr zweifelhaft.

[Von Bedänga nach A'bü Telfän sind 3 Tagemärsche in ostnordöstlicher Richtung. Man geht über B&mmanS und Miggedi.] 6ter Tag: Kenga Mat&ia, die Hauptort«chaft eines mit den Baghirmi eng verwandten Stammes, dessen Sultan sehr mächtig ist und über ein ansehnliches Gebiet herrscht, zu welchem Djou, Gal und Ddmbar gehören. Das Hauptpro- dukt dieser Landschaft ist Sesam. Mein neuer Referent, der eben erwähnte Mohammed Büme, bestätigte mir vollkom- men Alles, was mir Agid Bürku früher über den sonder- baren Kultus dieser Heiden mitgetheilt hatte. Nach dem- selben fliesst das Wasser von Gogomi über Lim, Gal, Bänam und Kenga in die „gisän", die sandige Wildniss im Süden des Fittri, ab. Kenga ist nach demselben von Yäö 4 Tagereisen in südlicher Richtung entfernt. Der Weg führt über Ngar-ssära, die Oilschaft eines mächtigen Herrn, die etwa 2 Tagereisen von beiden Orten und ebenso weit von Middogö ist. Nach dem Buläla Ibralüm erreicht man Kenga in 3 (starken) Tagereisen von Yäö über Garia, Morbö und BüUum. Übrigens ist der Mai'sch von Bedanga nach Kenga ein langer und unsicherer, den man in etwa 16 Stunden meist zur Nachtzeit zurücklegt, indem man Abends aufbricht und am nächsten Tage mit Eintritt der Hitze Kenga erreicht.

Strassen im Inneren Baghirmi^s. 561

k) Strasse von Mäsefia über Lairi nacli Bu-ssö.

Ister Tag : Gögo. Man macht während der Mittagshitze Halt

in Mala. 2ter Tag: Ngög. 3ter Tag: Duing.

4ter Tag: Müro. Lauter kurze Märsche. oteF- Tag : Lairi, grosser Baghirmi- Ort östlich (südöstlich) von

Kirssua und an demselben Wassersal, 1 guten Tagemarsch

von Togilä entfernt, von wo Attar 2 Tagereisen entfernt

ist, indem man am Bätschikdm schläft. 6ter Tag: Gapkong. Kurzer Marsch. 7ter Tag: Bu-ssö, nachdem man etwa auf der Hälfte des

Weges den Bdtscliikam überschritten hat.

1) Strassen von Mäsena über Kolle nach Lairi und von KoUe

nach Moitö.

Strasse von Mäsena nach Lairi.

Istor Tag: Sseta. Man passirt Bidderi, Mandeln, Dabinen und Gadäu auf dem Wege.

2terTag: A'mdjeri, nachdem man Mabbela, DeiTedjä, Melede, Bindebiö und Tauyin passirt hat.

3ter Tag: Kolle, ansehnlicher Baghirmi-Ort, 1 Tagereise von Kirssua entfernt, von wo ein Wiesen wasser „ssel" über DoldegT und Für zieht.

4tcr Tag: Lairi. Starker Marsch.

Strasse von Kolle nach Moitö über Debäba.

Ister Tag: Kirssua Djibilgi, an einem Wassersal; mit beson- derem Häuptling.

2ter Tag: Hirla, Bergort.

3ter Tag: Djokko, Ortschaft der Küka.

4ter Tag: Debäba, grosse, in mehreren Weilem auseinander- liegende Ortschaft der Schüa, mit reichen Weideplätzen und Wassersalen. Debäba ist 2 Tagereisen von Baläu entfernt, indem man in Kö-ssi, einem Kanöri-Orte, schläft

I

562 Anhang IX.

und zwischen Kö-ssi und Baläu ein anderes Ssel über- schreitet. 5ter Tag: Moitö. Guter Marsch.

m) Strasse von L&ffanä nach Bang-Bai. Schneller Marsch, wie er auf Heereszügen üblich ist Richtung: bis Lai südlich.

Ister Tag: A'Uöa, von Heiden bewohnte Ortschaft, in Abhän- gigkeit von Baghirmi. Man passirt am Morgen den Schäri oder vielmehr Bä-Bu-ssö, wie er hier genannt wird.

2ter Tag: Gürgarä, grosse Ortschaft einer ansehnlichen Völ- kerschaft, von wo alles in Baghfrmi verbrauchte Eisen kommt.

3ter Tag: Tschäken, grosse Ortschaft mit besonderem Häupt- ling. Ankunft Mittags.

4ter Tag: Djogdö, grosser Ort, theilweise mit Thonwohnun- gen, zu dem grossen Reiche GäbberT gehörig.

5ter Tag: Lödji, Ortschaft mit besonderem Herrn, Namens Krki, dem Sohne Belät's.

6ter Tag: Gunn, Ort am Bd-Gunn, wie hier der Fluss von L6- gone genannt wird. Fast jede Ortschaft hat ihre beson- dere Ertäna. Das Land bringt Sorghum^ Fül, Erdmandeln „koltsche" und Melonen hervor.

7ter Tag: Lai, an derselben Seite des Ba-Gunn, Sitz Ssügu- lum's, des Sohnes Nöba's. Der Fluss ist reich an Fi- schen und voll von Booten. Südlich von Lai scheint sich nach dem Berichterstatter ein aus dem Felläta- Gebiet (von Büban-djidda) kommender Arm mit dem Flusse zu vereinigen. Übrigens ist mein Referent der Ansicht, dass der Fluss von Logone und der Fluss von Dai, Miltü, Bu- ssö und A'-ssu nur Arme eines und desselben Stromes seien, der sich oberhalb Dai theilt.

gter Tag: Mül, nachdem man bei Lai den Fluss überschrit- ten und sich nun mit etwas südlicher Abweichung west- lich gewandt hat.

Strassen im Inneren Baghirmrs. 563

gter Tag: Koio, Ortschaft mit besonderem Herrn. Das Erd- reich ist trockener Thon.

lOter Tag: Kiagör, mit besonderem Herrn; nahe. Etwa 6 Stunden von Kiagör, östlich mit etwas nördlicher Ab- weichung, liegt Bari, in gebirgiger Landschaft.

llter Tag: Nong, eine andere zu Baghirmi gehörige Ortschaft.

12ter Tag : Dögo, die letzte Ortschaft von Baghirmi, bis wohin der Kriegszug vordrang. Das ganze Land producirt Honig in Masse, ist reich an Ziegen und Schaafen, hat aber durch- aus keine Kühe. Duchn (Pennisetum typhoideum) ist die Hauptnahrung; von den Bäumen sind der Butterbaum („tä- bur") und die Delebpalme die ausgezeichnetsten. Das Erd- reich ist dunkelroth (Lehmboden). Von Dögo nach Büban- djidda sind es nach diesem Referenten 2 Tagemärsche.

n) Strassen von Mabbele nach Lai und Ssälin, und von Tschä-

Tschaken nach Kim.

Nach Agid Müssa.

Strasse von Mabbele nach Lai.

Ister Tag : Gürgarä. Weiter Marsch, bis 'Asser.

2t«i^ Tag: Tschäken, ansehnliche Ortschaft mit eigenem Häuptling, als Knotenpunkt verschiedener Strassen wich- tig, indem südlich die Strasse nach Lai, südwestlich die nach Kim und westsüdwestlich die nach Dam abgeht.

3ter Tag: Djogdö, bedeutender Ort. Nahe.

4ter Tag: Tscholol, 4 Stunden östlich von Gunn entfernter Ort.

5ter Tag: Nyinga. Nahe.

6ter Tag: Lai, grosse Ortschaft an der Ostseite des Flusses von Logone.

[Geht man von Lai, nachdem man den Fluss passirt hat, westsüdwestlich, so erreicht man in 10 12 Meilen Nung-Tschire *) und dann Tschüa (mit besonderem Herrn), Mälo, Dükko und Baibotö.]

*) Mung-chir^ im Englischen Texte ist ein Bruckfohlcr.

36

564 Anhang IX.

Strasse von Tschäken nach Kim. Ister Tag: Gunögunö. Etwa 20 Meilen. 2ter Tag: Kim, grosse Ortschaft am Flusse von Logone.

Kim ist 3 Tagemärsche von Demmo in Wülia, dem ent- ferntesten Pmikte, den wir auf unserem Mussgu- Heeres- zuge erreichten, entfernt, so dass diese Verbindungsstrasse von der höchsten Wichtigkeit für die Niederlegung aller jener Gegenden ist: Ister Tag: Djimän, am Flusse. Ungefähr 10 Meilen. 2ter Tag: Kar. 20 Meilen. 3ter Tag: Demmo.

Kim ist von Lai 2 gute Tagemärsche in südsüdöstlicher Richtung entfernt. Man schläft in Bissme am Flusse.

Von Kim aus sieht man bei der fast baumlosen Beschaffen- heit dieser Landschaft mit trockenem Thonboden die Bäume von £re, einer an der Westseite des Flusses in nordwest- licher Richtung gelegenen Ortschaft. Dieser Ort wurde wahrscheinlich von seiner Lage an einem Einschiffungsplatz oder einer Fürth so benannt, indem „dre" in der Mussgu- Sprache „Fluss" bedeutet. Marraba, die grosse Ortschaft des Mögom, liegt 10 12 Meilen von Kim, auf der anderen Seite des Flusses und in einiger Entfernung von demselben. Strasse von Lai nach Ssälin. Richtung östlich, mit etwas

nördlicher Abweichung. Ister Tag: Tschlre, grosse Ortschaft des Sultans Kassardk, neben dem es hier noch zwei andere Herren gibt, mit be- sonderer Ertäna. Tschlre zeichnet sich durch eine ausge- dehnte Pflanzung fruchttragender Dattelpalmen aus, die bewässert und gut gepflegt wird. In Tschire gibt es weder Esel, noch Katzen ; Pferde werden von Ba- ghirmi eingefühi't. Starker Marsch von 25 Meilen. 2t*?r Tag: Massrö. Etwa 30 Meilen.

3ter Tag: Ssälin, Sultansresidenz und hauptsächlicher Markt von Dam.

Strassen im Inneren Baghfrmi^s.

565

Von Ssälin nach Dämmuk, der Hauptstadt von Ssomrai, ist es 1 Tagereise in südöstlicher Richtung. Strasse von Mäseüa nach Ssälin. Ister Tag: Mogal. ,

2ter Tag 3ter Tag 4ter Tag 5ter Tag 6ter Tag 7ter Tag 8ter Tag

Djeldjelli, Kanöri-Ort.

Beda-kürtschi.

Bu-ssö.

Tündjurkü, Kerdi-Ort.

Gürgarä.

Limmi.

Ssälin, Hauptortschaft von Dam oder, wie das

Land vielleicht richtiger genannt wird, Ndam. o) Strasse von Mäsena nach Bäng-Bai.

Xach Agid Biirku.

Ister Tag: Kagä.

2ter Tag: Garäm.

3ter Tag: Mabbele.

4ter Tag: Gürgarä oder vielmehr eine der drei Dorfschaften, aus denen dieser Distrikt besteht, während das südliche Dorf nach Tschäken, das westliche nach Tschedjiräki hin liegt.

5ter Tag: Mätele.

6ter Tag: Kim, grosse Ortschaft, wo ein Kaschella (Fluss- aufseher) des Sultans von Baghirmi residirt.

7ter Tag: Marrabä. Ankmift um *Asser (wohl bei schwerer Passage des Flusses).

8ter Tag: Domanä. Ganze Tagereise.

9ter Tag: Bissai. Ankunft um Mitüig.

lOter Tag: Bai Kuri.

llter Tag: Bai Toi, eine der vier grossen Herrschaften.

12ter Tag: Köman.

13ter Tag: Kaktia.

14tor Tag : Müdumbim, eine der vier grössten Ortschaften oder Herrschaften von B£ng-Bai.

&66 Anhang IX.

15ter Tag: Keni, ebenfalls eine der vier Herrschaften.

16ter Tag: Debdjogeme.

17ter Tag: GombaL

18ter Tag: Tdpolö, die Herrschaft des mächtigsten Fürsten

in Bäng-Bai. igter Tag: Mdssentä.

p) Strasse von Bu-ss5 nach Bäng-Dai. Schneller Marsch,

Heereszug.

Ister Tag: Täbe, grosse Ortschaft an der Südseite des Flus- ses, den man am Morgen überschreitet

2*er Tag: Kiär, kleinere Ortschaft, entfernt vom Flusse.

3ter Tag: Miltü, grosse, weit ausgedehnte Ortschaft nahe an der Südwestseite des Flusses.

4ter Tag 5ter Tag 6ter Tag 7ter Tag

Bald, entfernt vom Flusse. Scheggi,

Mül, grosse Ortschaft.

Ssarä-Gule, Residenz des Sultans Koina, Sohnes des

berühmten Gossdegä, nach dem gewöhnlich Ort und Land

benannt werden. Die Bewohner trinken nur aus Brunnen.

gter Tag: Digti, hat einen eigenen Herrn.

gter Tag: Gär-Kümra oder Ssarä-n-Gär-Kümra, eine andere

Herrschaft mit mächtigem Oberhaupt. lOter Tag: Bdng-Dai, andere Herrschaft an einem ansehn- lichen Fluss, den mein Referent derselbe, dessen An- gaben der Route m) zu Grunde liegen den Fluss der Fellän oder Fulbe nennt. Dai und Fong sind die bedeu- tendsten Herrschaften in Ssarä.

q) Strassen von Miltü nach Dai und von Lai nach DaL

Nach Agid MQssa.

Strasse von Miltü nach Dai. Richtung südlich. Ister Tag: Mül, grosser Ort. Starker Marsch, bis Sonnenunter- gang (etwa 35 Meilen).

Strassen im Inneren Baghirmi's. 567

2ter Tag : Ssarä-Gossdegä. Etwa 25 Meilen Wegs südlich mit

etwas östlicher Abweichung. 3ter Tag : Kumra. Ankunft um "Asser. 30 Meilen in südlicher

Richtung. 4ter Tag: Dai, grosse Ortschaft in dicht bewohnter Landschaft

am oberen Schäri, der hier von Süden nach Norden fliesst,

aber sich bei Miltü nach Nordwesten wendet. 25 Meilen

in südsüdöstlicher Richtung.

Strasse von Lai nach Dai. Ister Tag: Bai Fir, besondere Herrschaft am Fluss von L6-

gone. 2ter Tag: Bai Kagä, eine andere zu Bai gehörige, fem vom

Flusse gelegene Herrschaft, von Waldung umgeben ; nahe

bei Massrö. 3ter Tag: Dai, nachdem man den Fluss den Schari

überschritten. Dai liegt nach der ausdrücklichen Angabe

eines anderen Berichterstatters an der westlichen Seite

des Flusses, ganz so, wie Kamak Logone am Flusse liegt.

r) Strassen von Mäbbele nach Fong und von Fong nach Bu-ssö.

Nach Hadj Ssadik.

Strasse von Mdbbele nach Fong.

Istcr Tag: Gürgarä, von Heiden bewohnte Ortschaft jenseits des Flusses. Weit.

2tor Tag: Ssotto, von Heiden bewohnte Ortschaft.

3ter Tag: Garn, andere Ortschaft. Das Land producirt Sor- ghunij Bohnen, Duchn und viele Delebpalmen, auch Bdua, eine Art süsser Melonen (Cucurbita melopepo),

4ter Tag : Djogtö, grosser, zu Ssomrai gehöriger Ort, 1 Tage- reise von Kim entfernt.

5ter Tag: Tscholol, Herrschaft des Sultans Kiki.

6ter Tag : Pam, grosse Ortschaft. Ausser Schaafen gibt es hier noch Rinder.

7ter Tag: Mlddigi.

J

&6B Anhang IX.

8tor Tag: Ledanga. Alles in ebener Landschaft.

Ijter Tag : Tschlre, die oben erwähnte Ortschaft mit dem Pal- monhain.

lOter Tag; Bröto.

lltor Tag: Mürki, ansehnliche Ortschaft mit grossen, „rüin" geuaimten Bäumen.

12ter Tag: Dam Passar.

13tor Tag: Fong oder Dam Fong, ansehnliche, nach ihrem Herrn „kenüss Fong" -^ so benannte Herrschaft. Fong liegt etwa 30 Meilen südwestlich von Gossdegä und von Tschire. Von Lai ist es l^ Tagereisen entfernt, indem man den Fluss überschreitet.

Strasse von Fong zurück nach Bu-ssö.

Ister Tag: Tümmak, an einem kleinen Wassersal.

2tcr Tag: Mül, grosse Ortschaft. Nahe östlich von hier liegt Fälik.

3ter Tau: Ssok.

4tür Tag: Ur. Lauter besondere Ortschaften und Herrschaf- ten mit eigener Ertäua oder wenigstens Dialekten.

b^^r Tag: Godak.

i\icT Tag: Betang Godak. Gadang, ehi grosser Ort. ist von hier 1 Tagereise östhch entfernt und kann in einem gut<?n Tagemai*sch von Bu-ssö aus erreicht werden.

Iwt Tag: Gonda.

Sior Tag: Bu-ssö,

>) Orte von Btltschikdm abwärts und Strasse von Mäsena

nach Müssgu.

Orte von Batschikam abwärts. Ssigir; Mädjir; Bakiil: Mdnga: Tarngölo; Bukäbe; Matia. früher bedeutender i^il und Sitz einer besondei'en Herrschaft» mit givssem Markt am Sonnabend; Mdnlja; von hier entwe- der, indem man sich diesseits des Flusses hält, nach Bäla Mä^s;^ oder, indem man ihn übei>chreitt*t. nach Mission, beide

Strassen im Inneren Bagbirmrs. 560

Orte am grossen Flusse Schäri gelegen, mit dem sich der Bdtscbikäm bei Mebi wieder vereinigt.

Kokorotsche, der Ort, der nächst Bügomän die meiste Saat nach der Hauptstadt liefert, liegt 1 Stunde nördlich vom Bätschikäm; der Weg von hier nach Bäla Mässa führt über Bekeri und Heia.

Strasse von Mäsena nach Müssgu.

Ister Tag : Bekäbe oder Bukäbe. ansehnlicher Ort mit Erdwall, am Bdtscbikäm.

2ter Tag: Mdtia.

3tcr Tag: Manchfa, ansehnliche Stadt an der Ostseite des Schäri. Man überschreitet am Morgen den Bdtschikära.

4ter Tag: Müssgu, Kerdi-Stadt am Flusse von Lögone. Man

überschreitet am Morgen den Schäri. Weiter Marsch.

Gebt man langsam und hält sich am Fluss entlang, so

. schläft man die Iste Nacht in 0 nokö, die 2t© in Bäingane

und erreicht erst am 3^^^ Morgen Müssgu.

Von Müssgu nach Gunna, einer grossen Kerdi-Ortschaft der Mässa, ist es nicht über 1 Tagemarsch.

t) Strasse von Mäsena nach Bang- Bai. Richtung gewunden.

Nach Agid Bürku. (VerÖfifentUcht im Journal of the B, O, S. 1852 , jetzt aber berichtigt.)

Ister Tag: fr, am Flusse Bä-IV, der nach Osten (Westen?) fliesst. Ankunft am Morgen.

2ter Tag : Bätschikdm, Baghf rmi-Ortschaft an der Südseite des- selben Flusses oder vielmehr eines Arms des Schäri. Nahe.

3ter Tag: Garäm. Ankunft gegen Anfang der Hitze, worauf der Referent um Dhohor wieder aufbrach und in der Ka- räga schlief.

4tcr Tag: Laffanä, an einem grossen, nach Osten (Nord- westen?) fliessenden Flusse, dem Schäri.

5ter Tag: Auf dem Sandufer des Flusses, der in einem gros- sen Boote überschritten wuide.

570 Anhang DL

6ter Tag: Ba-880, Ortschaft mit mächtigem Henn, am Nord- ufer des Flusses, den der Referent wieder zurüclqiassirte.

7ter Tag: Mirti, eine Insel im Schäri mit fielen Booten; das Wasser ist jedoch wegen der vielen Sjt)kodile gefahr- lich.

8ter Tag: Haldnga, eine Ortschaft am Nordufer des Schari, die mit Bu-ssö einen Herrn gemeinsam hat

9tcr Tag : Tabe, grosse Stadt am Südufer des Flusses mit ge- mischter Bevölkerung.

lOtcr Tag: Gadäng, Kerdi-Ortsdiaft weit vom Flusse. An- kunft um Dhohor.

lltcr Tag: Kiär, eine aus kleinen Weilern bestehende Dorf- schaft, abseits vom Flusse gelegen.

12ter Tag: [Miltü], grosser Ort mit vielen Pferden, damals (1850) dem mächtigen Herrn Ali Fendjär gehörig, der bald darauf hochverelirt in der Hauptstadt von Baghirmi starb.

IS^«" Tag: Ortschaft des Bang -Dam, der von allen Leuten allein Kleidung trägt. Das Land umher ist voll kleiner Weiler mit viel Baumwuchs auf Sandboden. Die Elin- wohner essen Pferdefleisch.

14tcr Tag: l'ssemrai oder Ssomrai, grosser Distrikt des Sul- tans („bang'') Wondja, dessen Boden aus Thon besteht, Ankunft früh am Morgen.

15ter Tag: Eine andere Ortschaft von Tssemrai mit einem besonderen Herrn Namens Bürsso. Die Bewohner des ganzen Landes trinken nur aus Brunnen von 2 3 Klaf- tern Tiefe und essen hauptsächlich rothes Sorghum. Der Boden besteht aus Thon; die Felder werden von einigen grossen Bäumen beschattet.

I6t«r Tag: Fätschang Göngaue, Herrschaft eines grossen Sul- tans, dessen Land dicht bewohnt und voll Wasserfurchen „ssel" oder „ngaldjam" ist, die jedoch nur zur Re- genzeit, wo das Land unpassirbar ist, Wasser haben.

Strassen im Inneren Baghlrmrs. 571

17ter Tag: G&bberi oder vielmehr eine grosse Ortschaft (Djogtö?) im Gebiete von Gabberi, die man am Abend erreicht, nachdem man um Mittag geruht hat. Die Ein- wohner haben als Waffe nur das Handeisen, das sie in ihrer Sprache „djigadji" nennen. Sie besitzen viele Pferde und viel Rindvieh, sollen aber dennoch, wie die Bewohner des ganzen Landes des Bdng-Wondja, nur Hundefleisch essen. Ausserdem schlachten sie unter einer grossen Sykomore „djimes" Hunde, Schaafe und Hühner zu Ehren ihrer Gottheit und begleiten diese Handlung mit einer lauten, auf Rindshäuten erzeugten Musik. Sie rauben und bekriegen sich gegenseitig.

18ter Tag: Korinina, grosse Ortschaft des Sultans Koina (eines Sohnes Gossdegä's), im Inneren von einem Ei^wall, dann von einer weiteren Holzumfassung und nach aussen hin von Gräben und Bäumen umgeben. Rings um den so befestigten Hauptort liegen viele kleine Weiler umher. Die Einwohner tragen nur einen Lederguii; um die Hüften und beschneiden sich nicht. Sie haben viel Bohnen.

19ter Tag: Eine grosse, dem Sultan Gossdegä gehörige Ort- schaft des Gebietes Ssarä, deren Bewohner viel Duchn, Sorghum und Bohnen bauen und einen nützlichen Baum, den Täbur, pflanzen. Letzterer trägt Früchte wie Datteln, hat eine grosse Krone, aber kleine Blätter, und sein Mark, das weiss wie fett ist, bildet die Butter und das Öl der Einwohner. (Denselben Baum fand ich später am Niger.)

208ter Tag: Ssarä-ngär-Kümra, eine Ortschaft mit stehendem Wasser, irrthümlich als dem Sultan Gossdegä gehörig angegeben.

2l8ter Tag: Ssarä -be-Dai, Ortschaft des Sultans Ssdria (der viele Pferde besitzt), am oberen Schäri. Ganzer Tage- marsch mit Ausruhen.

228tcr Tag: Yäldang (oder Nyeldang), Stamm und Ortschaft der grossen Völkerschaft der Büa, die im südlichen Theile

572 Anhang IX.

ihrer Landschaft einen hohen Berg bat, wohin sie sich zur Kriegszeit flüchtet.

23«ter Tag: Gamkül, Ortschaft einer anderen Abtheilung der Büa. Der Boden besteht aus Sand mit Felsaufsprüngen, die mit Bäumen bekleidet sind, und ist von kleinen Rinn- salen durchschnitten. Giraffen, Löwen, Elephanten und Schweine hausen in dieser Gegend; die letzteren bilden die Hauptnahning der Bewohner.

248tcr Tag : Dan Madobö (oder Middobö), jenseits eines Berg- zuges gelegen, den man überschreitet, und dem Sultan Gare gehörig. Das Land trägt Kotton, Duchn und Sor- yhum.

258ter Tag: Dan Bebe, Ortschaft des Sultans („gär") Godä. Das Land, welches zur Regenzeit von Wasserströmen durchzogen wird, bringt Kotton und Sorghum hervor.

268ter Tag: Korne, in gebirgiger Landschaft gelegen. Die Leute wohnen jedoch miten am Fusse der Berghöhen und steigen nur zur Zeit der Feldarbeit hinauf, weil ilire Saat auf den Berghöhen wächst; sie haben nur Brunnen. Kurzer Marsch.

278tcr Tag: Komare, in einer gebirgigen Landschaft, welche Kotton producirt. Die Einwolmer tragen nur einen Leil>- gurt und verehren einen Felsen als ihren Gott; jedoch soll es auch einige Moslemin unter ihnen geben.

2!S»tcr Tag : Andi, Ortschaft der Ssodjigä, die ihre Pferde wie si(!h selbst bekleiden sollen. Die Landschaft ist gebirgig. Voller Tagemarsch.

Andi ist von Gogomi 2 Tagemärsche entfernt (man geht über Djili) und liegt 30 Meilen nördlich von Gamkül.

29ster Tag: Burdä, grosse Ortschaft der Gännanga oder viel- mehr Mdnga mit einem tiefen, fischreichen See (ob iden- tisch mit dem See Bissä, den man zwischen Gogomi und Andi passirtV).

30ster Tag : Tamki, Ortschaft der Ssokorö, die mit Lanze und

Strassen im Inneren Baghirmi's. 573

Bogen bewafifnet sind und sich, die Weiber ausgenommen, kleiden. Sie sollen gekochte Eidechsen essen, haben aber auch Sorghum, Ihre Landschaft ist gebirgig.

3 Ister Tag: Goberä, ein Kerdi-Ort in gebirgiger, baumreicher Landschaft.

328ter Tag: Bäng-Bai, eine an der Südseite eines ansehnlichen, fischreichen, ostwärts fliessenden Stromes gelegene grosse Stadt; sie steht unter dem Häuptling Ssarä Gulä. (Alle diese Angaben sind vollkommen richtig; aber dieses Bdng- Bai ist gänzlich verschieden von dem Gebiete Bai am Flusse von Logone. Der Fluss ist nach Ramadhän identisch mit dem Bahhr Raschid, der nach ihm von hier über Tamkl, Audi, Nyeldang und Gamkür zieht und sich bei Nilem mit dem Schäri vereinigt.) Die Einwohner leben wie das Vieh, haben nur Schleudern und bauen keinen Kotton.

Bdng-Bai ist 4 Tagemärsche von Abu Telfän und 2^ von Middogö entfernt.

u) Strasse von Mäsena nach Rünga und Ssillä. Weg nicht gerade, sondern mit westlicher Abweichung.

Nach Agid Burku.

Ister Tag: Ginim, eine ansehnliche Ortschaft mit Erdwall und gi*osser Dschäma aus Thon. Es gibt hier viele Bäume von der „äriss" genannten Art

2tcr Tag: Am-djerri, ein Ort von mittlerer Grösse mit Holz- wall, bewohnt von Elephanten- und Löwenjägem. Man passirt Wald.

3ter Tag: Kirssua (Djibilki [V]), an einem Gewässer gelegen, das nach Nordnordwest zieht, viele Fische enthält und von den Anwohnern (zur Regenzeit) in „buchssa", jenen grossen, schon bei früherer Gelegenheit beschriebenen Kürbissen, beschifft wird. Waldige Gegend.

4ter Tag: Kirssua Hirla, Ortschaft mit einem mächtigen Häuptling, um deren südliche Seite sich ein grosses, mit

574 Anhang IX.

Bäumen bewachsenes Gebirge herumzieht Die Einwohner sind halb Heiden, halb Moslcmm. Starker Marsch.

5ter Tag: Beddnga, eine mit Holzwall umgebene Ortschait, um die sich im Westen ein Berg herumzieht; nur von Hei- den bewohnt. Mit grossen Feigenbäumen „djimes'^ ^ die für heilig gehalten werden. Der Boden ist nach Nor- den zu Sand, nach Süden Thon. Die Brunnen sind etwa 5 Klaftern tief. Der „gär'' Bed&nga ist von Baghfrmi abhängig.

6ter Tag: B&mmenä, Heidenort im Gebirge, dessen Bewohner nur aus Bnmnen trinken. Die Hütten bestehen aus Rohr. Nahe.

7ter Tag: O'le Mdntandjä, grosser Heidenort Der Obertheil der Hütten besteht aus Rohr, der Untertheil aus Thon. Der Referent ruhte um Mittag an einem grossen Berge in der Ghalla.

8ter Tag : Ssömo, Ortschaft mit Quellen, theils oben auf einem Berge, theils am Fusse desselben gelegen. Die Einwohner, insgesammt Heiden, haben Pferde, Kühe und Schaafe, es- sen Schweinefleisch und bauen, was bemerkenswerth ist, viel Kotton. „Tetel" (Anttlo2)e oryx) sind zahlreich; da- neben ein Thier, „wdktotö" genannt, wie eine Katze, aber ohne Schwanz, vielleicht identisch mit dem früher be- schriebenen „ssümmoli".

gter Tag: Gellä, Ort mit besonderem Herrn, an einem klei- nen, nach Süden ziehenden Gewässer, Muggerü genannt, welches reich an Fischen ist und zur Regenzeit mit Buchssen beschifft wird.

10t«r Tag: Gär-Ssära oder Ngär-Ssära, grosse Heidenortschaft mit mächtigem Herrn Namens Maket, an einem stehen- den, nur zur Regenzeit fliessenden Gewässer „ssel" , das man mit Buchssen befährt oder auf einem von der einen nach der anderen Seite gespannten Tau überschreitet Auf dem Wege ruht man an einer Gruppe von vier Brun- nen, am Fusse eines Gebirges.

Strassen im Inneren Baghirmi's. 575

llter Tag: Dimbar, grosser Heidenort, blos aus Rohrhütten bestehend, dessen Herr Gär-Dogö heisst. Meines Referen- ten Geburtsort.

12ter Tag: Bänam, grosser Ort, -in dessen Nähe sich ein ho- her Berg erhebt, der „tot Schfmme". Das Land bringt Duchn, Sesam, Sorghum und viel Kotton hervor. Die Feld- arbeit wird nicht, wie gewöhnlich im Sudan, von den Wei- bern verrichtet, sondern von den Männern, indem die er- steren die Oberhand besitzen.

13ter Tag: Gorgor, Ortschaft mit kleinem Gewässer, nur dem Namen nach zu Baghlrmi gehörig, in gebirgiger Landschaft mit vielem rothen und blauen Gestein. Die Höhen steil aufspringend. Die Einwohner haben Lanze und Schwert (höchst beachtenswerth), nur Wenige Bogen.

14ter Tag: Lete, in gebirgiger Landschaft. Ganz nahe.

15ter Tag: Bubü, mittelmässiger Ort. Ganz nahe.

leter Tag: Tscheiemi, grosser Ort.

17ter Tag: Kenga Matiia, grosse Ortschaft mit mächtigem Sultan, bei einem östlich vom Orte sich von Norden nach Süden hinziehenden Wassersal. Nahe bei Kenga steigt eine steile Gebirgswand aus buntem Gestein auf, so bunt wie ein Teppich und dicht bevölkert mit Vögeln, daher „Vater der Vögel" oder „Vogelfels" genannt. An ihrem Fusse halten die Bewohner zur Sommerszeit bei ihrem Tempel ein grosses Fest ab. Der Tempel besteht aus einer geräu- migen Hütte, über deren Kopfspitze ein Gefäss schwebt, das aufsteigen soll, wenn Feinde kommen, und wieder herab- steigen, wenn sie weg sind. Sie schlachten hier Hühner und Hammel, bringen Sorghum und Lupinen mit und säen sie, worauf noch am selbigen Tage Alles reifen soll, so dass sie die Frucht schneiden, kochen und essen. Sie stellen dann zwei Frauen auf einen hölzernen Mörser „kdrru" oder „fimduk" zu jeder Seite der Hütte, kleiden sie prächtig, worauf sie sich in Pferde verwandeln

576 Anlumg IX.

und den Kdmi prügeln, der selbst wie ein Pferd auf- springt.

Diese fabelhaften Angaben, sie mögen nun auf was im- mer für einem Betrug beruhen, wurden mir ganz unabhän- gig auch von anderen höchst glaubwürdigen Referenten eraählt. Das über der Hütte schwebende Gefäss soll ihre Gottheit vorstellen.

Nach dem erfahrenen Ramadhän Degedji liegen zwi- sch(4i Kenga und Belel-Kole folgende Bergortschafiten in kui-zen Etappen von einander: Ger (Gere, siehe weiter un- ten), grosse Bergortschaft mit vielen Bewohnern; Ssära, dem Sultan Moche gehörig; Bedänga; Bämmenä; Badjäu und Mere (Bergortschaft an dem nach Audi ziehenden Wasser); dann Djennä, Kedil, Kotkol und Belel-Kole.

IS^c^ Tag: Ss»är, grosser Ort auf und am Fusse eines grossen Berges, auf dem der mit einer Erdmauer umgebene Pa- last des Sultans steht, der am „äid el kebir" die ihm un- tergebenen kleineren Herren, die ilmi Geschenke bringen, traktirt, wozu er eine Menge Rinder schlachtet.

I9tcr Tag: Doi, grosser Ort mit besonderem Herrn. Nahe.

2Ü8ter Tag: Dangal, ()i*tschaft oben auf einem Berge, in ge- birgiger Landschaft.

2l8ter Tag: Banal, grosse Ortschaft am Fuss eines steil auf- steigenden Gebirges, mit zahlreicher Reiterei. Der Berg oder Gebirgszug, ,.Gcre" genannt, soll sich über 30 Tage- reisen lang hinziehen und auf seinen, von Thälern, in de- nen sich zur Regenzeit Wassersale bilden, und von fisch- reichen Bergsee'n unterbrochenen, Ilölien zahlreiche Dorf- schaften enthalten, deren Bewohner sich kleiden und reiche Heerden besitzen. Aber zuweilen soll es hier oben sehr kalt sein und Schnee oder wohl Hagel fallen. Dieses ganze Land steht unter der Oberholieit von Kenga.

228tor Tag : Ion, grosse Ortschaft aan Fusse des Berges unter- halb Kenga. «i ,

Strassen im Inneren Baghirmrs. 577

238ter Tag : Tamki (s. oben), grosse Ortschaft mit dem Sultan Bischära Milkete. Tamki ist geraden Weges von Kenga nur 1 Tagereise südwestlich entfernt.

24«ter Tag: Göber, Ort auf einer Bergerhebung von rothem Gestein, dessen Bewohner, mit Bogen und Pfeilen bewaff- net, sehr furchtbar sind. Die Landschaft ist mit mehre- ren Rinnsalen versehen.

258ter Tag: Djaifi, (iruppe mehrerer Dörfer oben auf dem Berge.

268ter Tag: Minedogö.

278ter Tag : Mlddogö, Bergortschaft oder vielmehr Distrikt mit gegen 40 Weilern, um eine vereinzelte Bergerhebung her- umliegend, mit einem Herrn Namens A'bü Choddr. Die Einwohner Hüchteten sich bei dem Einfalle der Wdddi's im Jahre 1852 auf den Berg, wo sie sich 7 Monate lang hielten, bis das Heer Wdddi's abzog.

288ter Tag : Drongolö, Dorf der A'fanin, einer Abtheilung des Stammes der Küka oder vielmehr eines einheimischen, den Letzteren unterworfenen Stammes, am Thale des Bat-ha, mit stehenden Wasserpfuhlen.

298ter Tag: Kündjur, Ortschaft der Küka.

SQstcr Tag: A'm-Chariiba, Distrikt mit vielen kleinen Dorf- schaften am Bat-hä, dessen Ufer h^r mit zahlreichen Düm- palmen (DelebpalmeuV) besetzt sein soll. Ganz nahe.

3l8ter Tag: * Kornai, grosse Ortschaft der Küka, ganz aus Rolu'hütten bestehend. Das Hauptprodukt ist Duchn.

32ster Tag: Birket Fdtima, grosses stehendes Wasser am nördlichen Ufer des Bat-hä, von wo aus man eine grosse Ortschaft sieht.

338ter Tag (der Referent wendet sich jetzt südlich): Ansehn- liche Ortschaft der Massmadje, Araber mit Heerden, am Fusse des Gebirges, auf dessen Gipfel Heiden wohnen. Die Landschaft ist reich an grossen Bäumen.

348ter Tag : Ansehnliches ' ^orf der Dadjö. In der Challa wan-

Uarth't Roben. UI. 37

I

578 Anhang IX.

dert eine grosse Menge Fellän oder Fulbe mit ihren Heer- den umher.

358ter Tag: Korbe (V), grosse Ortschaft oder viehnehr Distrikt der Mässalät (die der Referent fälschlich für Araber hält) an einem Gewässer Namens Berekat, mit zahlreichen Heer- den, aber höchst diebischen Einwohnern. Nördlich von den Wohnungen der Mässalät ist nach dem Referenten kein eigentliches Gewässer.

368ter Tag : Weiler der *Arab Ssälamät , gemischt mit Heiden und selbst halb Heiden, am Bahhr e' Tini, einem still- stehenden Gewässer.

378ter Tag: Distrikt der Ueläd Raschid.

SSster Tag: Grosse Ortschaft der Bdndalä, wo viel Honig producirt wird.

398ter Tag : Dar-Sseli, grosser Distrikt, ganz eben, mit grossen Bäumen.

408terTag: Ssofdlauen, kleiner Ort, von Arabern bewohnt, die der Referent für Heiden erklärt, mit 'Abd e' Rahmän Djöko als Häuptling an ihrer Spitze.

4l8ter Tag: Grosser Ort des Herrn von Rünga. Das Land ist von vielen Bergen unterbrochen.

42«ter Tag: Dar-Schila, gebirgiges Land mit einem nach Ost fliessenden Fluss, jopseits dessen Dar-Dinga liegt.

v) Strasse von Kükaua über Lögoue und Bu-ssö nach

Bang-Bai.

Nach den Angaben von Sklavenhändlern.

Ister Tag: Ngomu.

2ter Tag: Ngäla.

3ter Tag: A'fade.

4tcr Tag: Kala Kabe.

5ter Tag: Hdllebü.

6ter Tag: Kala Guril.

7ter Tag: Kdrnak Logone oder Logon bimi.

Strassen im Inneren Baghfrmrs. 579

Ster Tag: Kübu ngölo, grosse umwallte Stadt.

9ter Tag: Bügomäu, grosse Stadt unter dem Sultan Massen, an der Westseite des Schäri.

lOter Tag : Mayemba oder Manchfa, an der anderen oder Ost- seite des zwischen diesen beiden Städten fliessenden gros- sen Flusses.

llter Tag: Müssgu, zei'streute Weiler in einer Landschaft mit einzelnen Höhen. Man hält sich immer am Wasser ent- lang.

12ter Tag: Baien ere.

13ter Tag: Mondö.

14ter Tag: Murö.

15ter Tag: Gurumbdnga.

16ter Tag: Gadö.

17ter Tag: Kokotschö.

18ter Tag: Mafele, immer am Fluss entlang gehend.

19ter Tag: Laflfanä.

208ter Tag: Bu-ssö, grosser Ort unter einem bedeutenden Häuptling.

2l8ter Tag: Mirti, Ort auf einer Insel im Schäri.

228ter Tag: Birrl. Alles am Flusse.

238tcr Tag: Mongolä, dessen Herr Binlgo heisst.

248ter Tag: Mütu, Ort an demselben Fluss, mit Booten, Unghurütu, und Krokodilen. Von dichter Waldung um- grenzt.

25ster Tag: Bargnä, ansehnlicher Ort.

268ter Tag: Djö (nicht Yö), eine andere Heidenortschaft.

278ter Tag: Billai, die letzte Ortschaft am Flusse Schäri.

288ter Tag : Nigi, Dorf in einer Landschaft mit kleinen Rinn- salen, die dem grossen Flusse zuziehen.

29ster Tag: Togilä, am Bdtschikäm.

SOater Tag: Kerbe, grosser Ort in waldiger Gegend.

3l8ter Tag: Goreö.

328ter Tag: Bükkabe, eine an einem Fluss g(^loi^ene Ortscliaft.

37*

i

580 Anhang IX.

338ter Tag : Limmirkai, am grossen Fluss, 1 Tagereise vor Attar. 348ter Tag: Bekang. Die Einwohner aller dieser Orte gehn nackt, sind nur mit dem Handeisen bewaffnet und essen Hundefleisch.

358ter Tag: KcSrbol, eine andere Ortschaft an demselben Flusse.

368tef Tag : Büa Dassär (so benannt nach dem Sultan Dassär). Die Einwohner essen Rind- imd Pferdefleisch und binden sich die Schweife der Pferde um die Hüften; der Baum „delu" vertritt ihre Gottheit.

378ter Tag: Köna.

388ter Tag: Nyegel.

398ter Tag: Nilem, eine hochgelegene Ortschaft auf einer in- selartigen Landspitze zwischen dem Schäri und einem Zufluss (dem Wasser von Andi), auf der Ostseite.

408ter Tag: Kunnö.

4l8ter Tag: Djenge. grosser Ort am Fusso des hier aus der Ebene aufsteigenden Gebirges.

428ter Tag: Gaschäffar, ein Ort im (iebirge.

43ster Tag: Tengi, ein Ort in gebirgiger Gegend und an der Westseite eines Flusses (des Schäii?).

448ter Tag: Fätum, in ebener, baumreicher Gegend am Fluss.

458ter Tag: Köm.

46ster Tag: Kümra (Ssarä-ngär-Kiimra), in einer Gebirgsland- schaft gelegen.

478ter Tag: Bang-Bai, ein (in diesem Theile) nicht ebener Di- strikt mit vier Häuptlingen, von denen einer Djimdil heisst.

488ter Tag: Küdumür, Ortschaft mit einem Berge.

49ster Tag: (jedjemir. Ort mit einem Berge und einem süd- wärts laufenden Flusse.

oOster Tag: Bang-Derlr, Gebirgslandschaft mit einem Flusse, wo der „kö" (ein Baum mit grossen Früchten) zahlreich vorhanden ist.

Strassen iiu Inneren Baghirnii's. 581

ölster Tag: Dai, in gebirgiger Landschaft und mit einem Fluss.

528ter Tag: Guräl, eine in ebener Landschaft gelegene Ort- schaft; sie wird von bösartigen Menschen von rother Hautfarbe bewohnt.

ößster Tag: Tscholol, Ortschaft des Häuptlings Kiki.

548ter Tag: Djogtö, grosse Ortschaft.

[Alles keine starken Märsche.]

558tcr Tag : Mugmö, in einer ebenen, baumreichen Landschaft mit nur kleinen Wassersalen (ohne fliessendes Wasser). Der Boden bringt Duchn hervor. Elephanten und reis- sende Thiere, besonders Hyänen, sind selir zahlreich.

568ter Tag: Gam, ein in ebener Landschaft gelegener Ort. Die Bewohner gehn sämmtlich nackt einher, essen Hunde- fleisch und haben nur Handeisen.

578ter Tag: Ssomrai, ebene Landschaft mit einem kleinen Wasserlauf.

ödster Tag : Yälma, ebene Gegend. Man ändert nun seine Rich- tung.

öQsterTag: Dolemä, in ebener Landschaft gelegen, mit dem vo- rigen zu Ssomrai gehörig. Grosse Bäume ; der Boden trägt nur Duchn. Die Leute besitzen Hunde, Rinder und Schweine.

eOster Tag: Tschlre, grosse Ortschaft.

6l8ter Tag: Gdbberi, ebene Landschaft. Kein fliessendes Wasser, sondern nur Brunnen.

628ter Tag: Kimre.

Strasse von Moitö nach Babäliä.

Nach Ramadhän DegSdji.

Ister Tag: Augüra, Küka-Ort.

2ter Tag: Dimdim, Wadi, wo die Bewohner Moitö's Natron

holen und in welches die Schüa gern ihre Heerden

treiben. 3ter Tag: Kargha. 4ter Tag: Babäliä.

J

582 Anhang IX.

Strasse von Mäsena nach Meddebä. Ister Tag: Bäkadä. Kurzer Marsch. ) 2ter Tag: KollekoUe. Kurzer Marsch, f ^"^'^^ ^J Tagemär-

^ y sehen abzumachen.

3ter Tag: Marga. Kurzer Marsch. )

4ter Tag: Djogode, eme grosse, von Kanöri bewohnte Ort-

, Schaft, Residenz eines Chalifen. 5ter Tag: Meddebä.

w) Strasse von Mäsena über Gäui nach M&ö.

Nach Agid MQssa.

[Der Berichterstatter wurde vor 9 Jahren von 'Othmän Bü- gomän nach Känem geschickt, um Mohammed, den Sohn *A.bd el Djelil's, zu begrüssen und ihm zur Einleitung von Unter- handlungen eine Anzahl Sklaven als Geschenk zu übergeben. VjY ward vom C!halifen 'Ali beinahe getödtet, und die Unter- handlungen zerschlugen sich bald in Folge der Unsicherheit des Weges. I Ister Tag: A'bü-(ihcr. 2ter Tag: Tschekkä. 3tcr Tag: Derdja.

4tor Tag: Meddebtä, etwas oberhalb Kiessem, am Schäri ge- legen. 5terTag: Giiui, früher eine bedeutende Stadt jetzt aber mit nur wenig Einwohnern, nachdem es vom Scheich Moham- med el Känemi zerstört worden, der es im Jahre 1234 d. H. (18'vi9 n. Chr.) mit Hilfe Müsstafa el A'hmars und Muckeni's einnahm.

(laui ist von Kiessem etwa 20 Meilen entfernt, fjtor Tag: Eine Ortschaft der 'Arab Yamanük oder der l)ä-

ghana, an einem stehenden Wasser gelegen. 7tiT Tag: Kidik.

v<ter Tag: BabäüA, früher Sitz einer besonderen Ileri-schall mit eigtMiem Dialekt (demselben, der in Ih'igomän gespro- chen wird), aber seit seiner Zei-störung durch Miisstafa

Strassen iin Inneren Bagbirmrs. 583

el ATimar und Muckeni (in demselben Jahre wie Gaui) iast ganz verlassen; nur umher noch einige Anwohner. Babäliä ist etwa 12 Meilen vom Schäri entfernt und einen starken Tagemarsch (30 Meilen) von Gaui.

9^er Tag: Siän, eine zu Kärkä oder Kargha gehörige Ort- schaft.

10*«r Tag : Ein nahe am See gelegener, zu Kärkä gehöriger Weiler.

llter Tag:

12ter Tag: ( ^j^.^^ ^^.^^^ _ ,^j,i^j^^„ _ ^^^^ g^j.j^-

13ter Tag:

14ter Tag:

löter Tag: Ort der Nefässa.

16ter Tag: Ort der'Arab Känem. Starker nächtlicher Marsch

(vor 'Asser bis zum Morgen des folgenden Tages). 17ter Tag: M&ö.

x) Ortschaften am Schäri, von Bügomän abwärts.

Von Bügomän am Flusse abwärts liegen: Yaiiya; Bäla Mässa (mit Erdwall); Kudjl; A'-ssü oder Aissü (mit einem im äussersten Verfall befindlichen Erd wall); Ndära; Mai Dalä; Gedie; Mele.

Von Mele am Flusse abwärts liegen: Meddebä; Kiessem, ansehnlicher Ort mit einem eigenen, zur grossen Gruppe der Kotokö gehörigen Idiom, 20 Meilen von Mele entfernt; Ti- bälo; Scheggua oder Kindji Biirgu, mit der Fürth Ssina- Fätscha, wo sich der Fluss von Logone mit dem Schäri verei- nigt; Gulfe; Mafang; Schdui, ein aus Denham's Beschreibung wohlbekannter Ort; Mäkari, ein sehr wichtiger Ort, sowohl wegen der Schifffahrt auf dem Schäri und Tsäd, als auch wegen seiner Färbereien; (ich empfehle daher dessen Besuch späteren diese Gegenden erforschenden Reisenden auf's Drin- gendste).

584

Anhang IX. Strassen im Inneren Bagblrmrs.

Das überaus wichtige Itinerar einer von A'm-madjüra (iii: Süden Dar-För's) in südwestlicher Richtung durch Bända (oder, wie es von diesen von Arabischer Kultur berührten Stämmen genannt wird, Dar-Bända) bis zum Rande eines grossen, westlich fliessenden Stromes gehenden Strasse vill ich hier nicht weiter besprechen, sondern verweise auf das Jounud of the liof/al Geoyrajfhical Hoviety^ 1853, vol. XXIIL p. 12(.). Nur das will ich noch bemerken, dass dieser grosse Strom für künftige, in grossartiger Weise weiter strebende Reiseunternehmungen einen Hauptpunkt der Erforschung bil- den nmss.

MUCHSTÜCKE

eines meteorologischen Tagebuchois.

Datam.

Stunde.

' Grade Celsiua.

Bcmerkuiig;en.

JnU 1851.

28.

29. 30.

31.

ÄuyUHL 1. 2.

3. 4.

Souneuaufg.

26

Mittag

27

Mittag

31

Sonncnaufg.

25

Mittag

34

Sonnenunterg.

32

Sonnenaafg.

23,3

Mittag

32

Sonnenunterg.

30

Mitug

35

Bewölkter Himmel; es fallen einige Regentropfen.

Um 8J Uhr Vorm. ein heftiges, von Regen begleitetes Gewitter, wel- ches bis 11 Uhr anhält.

Während der Nacht mehr Regen.

Früh am Morgen ein Gewitter; um 10 Uhr Vorm. einige Regentropfen.

Keine Beobachtungen.

In der Nacht vom 2ten zum 3*cn ein heftiges Gewitter , begleitet von den stärksten Regengüssen , die wir überhaupt noch in dieser Re- genzeit gehabt hatten.

Keine Beobachtungen.

In der Nacht vom 4*«» zum 5t«« wie- der ein sehr starker Regengnss, welcher bis zum Morgen anhielt, aber weder von Donner noch von Blitz begleitet war. Keine Be- obachtungen.

r)8(j

Brachstücke eines nietcorologigcheu Tagebuches.

Datum.

Stunde.

Grude Celsius .

Bemerknnf^n.

Au4piHt.

5.

6. 7. 8.

9. 10 11. 12.

13 - 14. 15.

16.

17 - 18.

19.

20.

21. 22. 23.

24. 2h. 2B.

27 28. 2!». 30. 31.

1 Uhr Nachm.

Mittag Mittag Mittag

ßonncnaufg.

Mittag

Mittag

Mitt4ig Mittag

Mittag

Mittag

23

29 26 32

22

23

31,5

32 33

31

32

Um 9^ Uhr Vorm. ein starker Re- genguss, welcher bis 11 Uhr an- hielt und dem einige WindstÖsse vorhergingen und einige Donner- schlage folgten.

Am Morgen bewölkter Himmel.

l'm lOj Ulir Vorm. Regen.

Am Morgen schönes Wetter, gegen Mittag bewölkter Himmel und um 2 Uhr Nachm. ein heftiges, von starkem Regen begleitetes Gewitter.

Am Morgen regnerisch, nachher Son- nenschein.

Schönes Wetter. Keine Beobach- tungen.

Um 11 Ihr Vorm. ein sehr heftiger Schauer, der aber nicht lange an- hielt.

Keine Beobachtungen.

Um 11 Uhr Vorm. Regen und am Nachm. wieder. Keine Beob- achtungen.

Bewölkter Himmel. Keine Bcob.

Keine Beobachtungen.

Schönes Wetter.

In der Nacht ein Gewitter mit hefti- gem Regen. Keine Beobachtung.

Keine Beobachtungen.

Bewölkter Himmel.

Um 9 Uhr Ab. ein .sehr schweres CJewitter mit ziemlich viel Regen.

Kalter Nordwind.

Keine Beobachtungen.

Um 1\ Morg. ein schweres Gewit- ter mit etwas Regen. Keine Beobachtungen.

Keine Beobachtungen.

Schönes Wetter. Keine Bcob.

Keine Beobachtungen.

Bruchstücke eines metcorologischeu Tagebuches.

587

DHtum.

Stande.

Grade

Celsius.

1

Benicrkuiigren.

September,

^

1

1.

1

Schönes Wetter. Keine Beobach- tungen.

2.

Mittag

25

1

Um 10 Uhr Vorm. ein von starkem Regen begleitetes Gewitter.

3.

Am Morgen bis beinahe zum Mittag Regen, nachher schönes Wetter. Keine Beobachtungen.

4.

Mittag

31

Während des Nachm. etwas Regen.

5.

Keine Beobachtungen.

6.

Mittag

32

7.

*****

Viel Regen, zuweilen hcttig, zuwei- len schwach. Keine Beobach- tungen.

8.

Mittag

30

1).

Mittag

32

10.

Keine Beobachtung.

11.

Schwerer Thau. Keine Beobach- tungen.

12.

Mittag

33

13.

Mittag

32

Bewölkter Himmel ; die Sonne bricht aber allmiihlich durch.

14.

Sonnenaufg.

25

15.

Schweres Gewitter. Keine Beob- achtungen.

16.

Sonnenaufg.

23

17.

Keine Beobachtungen.

18.

2 Uhr Nachm.

37

in der Stadt }t».

19.

2 Uhr Nachm.

37

2().

2 Uhr Nachm.

3(5

Heftiger Ostwind.

Sonneiiuntcrg.

31

21 - 22.

Keine Beobachtungen.

23.

2i Uhr Nehm.

32

Um 9 Uhr Ab. ein Gewitter mit et- was Regen.

24 2«.

. .

Keine Beobachtungen.

27.

.

Während des Nachm. ein Gewittrr mit viel Regen. Keine Beob- achtungen.

28 2J».

*

Keine Beobachtungen.

30.

Sonnenaufg.

21

A'dftet».

1 l'hr Nachm.

39

Heisser Nordwind (von der Wüste).

DU-m.

Slunde.

Gridt

Okivhfr.

1. •i.

2 Uht N»chm.

36-

Keine Bcohachtungoi.

3.

Mitt.g'

38

2 L hf NMhra.

40

4.

Mitt^

»i

2 Uhr NMbm.

40

5.

Mitug

37

^ Ubr Ab.

Sti

H.

Mitlmg

38

2 Uhr NtcbiD.

41

7.

20

MilUg

39

2 tlir Nachm.

41

8.

Mitug

40

■2 Uhr N.chm.

41

;t.

Mittag

33

2 Uhr Kachln.

40

Im f-iidüsien ein Gewitter; gegen

iii.

Miciag

40

■2 Uhr N-cbm.

44

tili (icH im-r: am .\hend etwas Kegi ii.

11.

Milug

Gegen Mittag iL.bt E-ich von allen 2 l hr Naibm. etwas Kegen.

\2.

Mittag

3T

i Uhr Nachm.

3S

ia-14.

Heftig<.'r N..r<lslunn. Keine Btc.l.-

\:,.

Minag

3P

- 21.

Keine Ikvbaehluiigen.

22.

Mittag

se

23.

■2 Uhr Nachm.

42

•11.

2 Übt Nachm.

43

2fi.

1 Uhr Nachm.

43

Ä.

2 Uhr Nachm.

42

Miiiag

41

2 Uhr Nachm.

\t

Um SUhrNaehui. .ii<. l.ie-iltir aus !-üiien fr^K «VjWd Ifegi'n.

3«.

20.

2 Uhr Nachm.

•^

Bniclutflcke eines metcorologiachen Tagebncliea.

l>«lBm.

Slunde.

Geld.

Olilun.

N<.i-e«U-er.

1-30,

Keine Beobachtnngon.

1.

2.

1 Uhr Nachm.

36

3.

11 Uhr Nehm.

18 36

4.

Keine Buubnchtungen.

&.

1) Ihr Nohn>.

28

Diläia.

Dichter Nebel tm Morgen, w

fig in dieser Jalir^nKeit.

ie hXil-

6.

11 Uhr Nehm.

35

7.

Keine BeobBchtungen.

a

H Uhr Nehm.

34

!l 10.

n.

14 Uhr Nehm.

32

12.

8oimen«ufg. 1) Uhr Nehm.

12 32

la

KeinD Ueubkchtangen.

14.

11

15.

Keine Beobacbtmigen.

16.

8<ll1]lUllRUrir.

13

17.

Keine Bcoliach Hingen.

18.

51 Uhr Murg.

13

19.

Bouiieimurg.

"

2a

2 Uhr Naohm.

11 30

21.

11

22.

8onn..aafg.

H

23-25.

Keine licobaolilungeii.

26.

14

27.

Sonnen «11 fg.

14 23

28-29.

Keine Beobachtungen.

30.

16

31.

Januar 18Ö2. 1.

Keine UonbMhtnngcn.

2.

Bonnenaufg.

IS

3.

UitUg

15 S6

BrachitOeke rinei meteorolugiaohen Tagefcooliei

„.„.

Slniul^

.ä^uV

Januar.

i.

Mittag Sonnonanterg.

SO 28

5.

(i. 7.

tinonenaufg. IJUlirNtlini.

15 15 38

8.

6 Uhr Morg. 1 übr Nachm.

16 33 25

9.

flonnenaufg.

äUtirN»chnt.

8oDncnuiiWirg.

14 36

la

n.

HonnCDaufg.

17 35

in kühlem Baumschattpn.

li Uhr Nehm.

38

(ionneimiilcrg.

28

la.

IVh K*chm. ».mnenunterg.

15 31 25

Vi.

Sonne iiaufg.

14

m'hrNchm.

29

in achr kühlem Schatten und einem kühlen Nordwinde.

bei

SümiüEiiLit«rg.

24

u.

Sonnenaufg. Sonnensufg. Mittag

14 11 31 SO

16.

äonDSDaufg. Mittag

11 35

17.

li Uhr Nehm.

13 32

1».

1 ühr Nachm.

14 30

19-20.

Keine Be-ihachtitngen.

21.

Sonnen unterg.

14 24

22.

13

ÄJ.

Sonnen all fg.

15

24.

Brnchstflcke eines meteorologischen Tagebnchet

Dilnm.

"■

<^'Z.

B..„.u„„..

Jannnr.

26.

13

26.

11

14 Uhr Nehm.

34

ta.„u.,„,.

24

•21.

Sonnenaufg.

14

28.

HitUg

37

an.

15

.

30-31.

Keine Iteobaclitungcn.

Februar. 1.

2.

Sonnenaufg.

13

Mittag

24

18

a

15

12i Uhr MilL

21

4

13

Sonnen unterg.

22

5.

Sonnenwifg.

16

Mitug

26

Sonnenuntorg.

22

ti.

17

12i Uhr Mitt.

27

24

7.

8onnen«afg.

17

Mitlag

29

SonnBiiunHng.

2!>

a

llfi

1 Uhr Naehm.

27

.'^ninjeimntcrg.

26

!l.

Sonnenaufg.

17,5

Mittag

31

26

10.

Sonnenaufg.

m

Mittag

31

Sonnenunterg.

26

11.

20

Mittag

3b

27

u.

Sonnenaafg.

21

iDet«amIagiieb«n TagobsebM.

/■rtr-mr.

12.

MitUg

33

SonnenuDterg.

30

13.

21

MitUg

37

^oiin^oiiterg.

31

14.

S,,„n...nfB.

21^

Heftiger »Innn.

11 cur Nehm.

37

ir>.

Soiitienaufg.

21

11 Uhr Nehm.

37

Sonne-cutcrg.

80

1«.

Runnenaurg.

21

121 l'hr Mitt

37

)<oiiiiciian(crg.

31

17.

22

1-JJ Uhr MitL

30

31

la

21

li Uhr Nthm.

38,;.

31

19.

ScjIlTlMl»ufg.

21,-1

IJ Ihr Nehm.

37

.Vth Ahenl ncUMlchl.

•20.

>f„.m..naufg.

20

l'ii l.'lir MiM,

3!»

•21.

20

Wtthrc...l .Iie««r gti.tcn Zeil viele

1-1 Uhr Nehi...

37

Krankhoilcii in Kiikniin.

2-2.

SoilllUIIBUfg.

lit

IfChrNcbm.

32

Soniicmintcrg.

20

■2:i.

8i>iiiittiaufg.

20

It ChrNuhm.

31

Souiii'iiuiitL'rg.

24.

11»

1 Ulir Nachm.

31

25

Zi.

Sunncnaiifg.

18

SM.

Ht

1 Uhr Sothra.

32

So.„..,m.,>erg.

27

•21.

Smiiicuaiil'g.

Ifl

Bmchstüakc emex meteoToIngiftehen TJigebucb««.

F^niar.

27.

2 Uhr Nachm.

33

27

28.

äonnonaufg.

lil,5.

lUhrNufhm.

33

Sonnenuntrrg,

28

Mlirz.

1.

2U

12i Uhr Miti.

33

30

2.

21

1 Uhr Nucliiii,

36

30

3.

SooneniBlg.

22

I Uhr Naclim.

38

4.

ßonnenaafg.

22

1| Uhr Nclim.

m

r..

1 j Uhr Mchm.

36

Sonne nunlcrg.

30

li.

26

li Uhr XcUm.

37,5

27

7.

Sounenaufg.

22

IJ Uhr Nehm.

34

2!»

8.

22

H Uhr Nehm.

36

30

H.

10.

21,.-.

1

H Uhr Nehm.

37

32

11.

12.

1} Uhr Nclim.

34

13.

T^H/im IHt»;. - Im 21 Uhr Nuchn,. elKas Regen. Kein« Iteohach-

14.

Sonnenaufg.

22

15.

2 Uhr Nachm.

34,.'l

Ib.

IJ Uhr Nehm.

37

17.

Sonnanaufg.

24

Schwer hewöUter Himmel.

BmchfltDcke eines metoomlngiiiolien Tagebncliei.

HL-1

r Nehm

iiniifK.

l^ChrN'clim

S..iin

imiit«.

2 Uhr

Niichiii

»Ollll

na«f«.

nn

r Xchi»

Soiui

nutiterg

S..ni)

«....%.

an.

Nachm

Mitwg

14 Uhr Nclmi.

1} L-I,r No

K vi IIP Ilcibwliliingcn.

11 Ulir Seil »»Ig.

'fg-

Diui rrntu 'lunittitr in der licgenzoit. IlL-r Iliiiiind am Morgan <]iuht l><- \\-;[in, t'üiidiie Liit'i, Dil' Soiini- iiriehr niicli l'iir durch die Wnl- ki-u, u1)or Vj Stunde nach Mittag crlu'lit sich ihtH (Jcwitti-r »jidlieh in gi-rihger Knlfcmiiii^, von vn ua Uis ItAkuilä vurdriiigl. Vini I rUr bis 1 Ulir -A-i Min. Nielimit- lugs i^iiiigu Bchwi'rü Hegentropien, «■•■lehnn 'inige lieftige WiiulHtr'.ssi-

Um 11 Uhi- V.irjiiiil. saniiiiehi sich dichte Kcgi^nnolk.'ii, ua Hillt Jedi.ch kein Ifegi-n.

Brucbstücke eines meteorologischen Tagebucbes.

505

Datum.

Stande.

Grade CeUiiis.

Bemerkungen.

April,

I

5.

Sonnenaufg.

27,5

Um 5 Uhr Morg. erhebt sich ein von

1\ i:iir Nehm.

33

etwas Regen begleitetes Gewitter

Sonnenunterg.

32

und hält bis 8 Uhr an, worauf die Sonne durch die Wolken bricht, während es noch fortwährend don- nert. Um 9J Uhr regnet es wie- der etwas und der Himmel bleibt während des ganzen Tages be- wölkt.

♦>.

Sonnenaufg.

25

Der Himmel dicht bewölkt; Gewit- ter in Norden.

1 J Uhr Nehm.

41

7.

Sonnenaufg.

22,2

1 Uhr Nachm.

41,4

2 Uhr Nachm.

43

Sonnenunterg.

35

8.

Sonnenaufg.

25

Bewölkter Himmel.

Mittag

35

Um 11 Uhr regnet es etwas, hört

aber mehrmals wieder auf, wäh- rend sich das Gewitter allmählich

nach Norden verzieht.

li Uhr Nehm.

40

Sonnenunterg.

34

Um 8 Uhr Abends erhebt sich ein Gewitter in Osten, von starkem Wind, aber nur wenig Regen be- gleitet. Während der Nacht ist es sehr schwül.

9.

Sonnenaufg.

27

Bewölkter J^immcl und schwüle Luft ; um 8 Uhr Morg. fallen einige Re- gentropfen.

2 Uhr Nachm.

37

10.

1 Uhr Nachm.

40

Um 3 Uhr Morg. ein Gewitter ohne

Sonnenunterg.

38

Wind, aber mit beträchtlichem Re- gen, welcher 1\ Stunden anhält.

11.

Sonnenaufg.

25

Bewölkter Himmel.

H Uhr Nehm.

39,5

Sonnenunterg.

31

Am Abend ein Gewitter aus We- sten, wobei jedoch nur einige Re- gentropfen fallen.

12.

Sonnenaufg.

24

Bewölkter Himmel; schwül.

:w

r>fHi

Brochstücke eines meteorologischen Tageboehea.

Datum.

Stande.

12.

13.

14.

If).

1«.

17. \H.

VX

Unide CeUlac

14 L'lir Nehm. 3;'»

.SniinenniitcriT. 37.3

Soniieiiaufg.

21

1| Uhr Nehm.

31»

SonnennDtorg.

33

Sonneiiautg.

23

Mitta«;

31»

2^ L'hr Xchiii.

Ma

Sonnenaiiterg. 31,:?

!i?oniienaufg. 2;')

li Ihr Xchm. 36

2 Uhr Xachm. 39

. Sonnenunterg. 32,2

Sonncnaufg. 27

1 l'hr Nachm. 37,.'>

Sonnenunterg. 27

BCBBCfkOOfCIl.

Um 2 Uhr Nachm. ein Gewitter in der Feme, nach Osten lu, wel- ches »ich allmählich nähert and bei Sonnenuuteigang mit niiauf- hürlich aufeinanderfolgenden Don- nerschlägen und Blitsen entladet, begleitet Ton iinr wenigen Regen- tropfen, aber ron heftigen Wind- dtössen, bis um 8 Uhr Ab. ein schwerer Kegengnss folgt, der ge- gen 2 Stunden anhält.

Um Mittag ziehen sich starke Wol- ken zusammen« worauf um 1 Uhr Nachm. erst einige grosse Regen- tropfen fallen, nach denen ein schwerer Schauer folgt, welcher 10 Minuten anhält. Der Himmel bleibt bowJ'lkt.

L'ni 7 rhr Morg. fallen einige Regen- tropfen, aber nachher klärt sich der Himmel Huf und am Nachmittag weht ein sanAcr Wind. In der fol- genden Nacht regnet es etwas.

Am Morgen bewölkter Himmel und etwas Rogen.

Um Mittag erhebt sich ein heftiger Wind aus Südosten und der Him- mel wird wieder dicht bewölkt.

Keine Beobachtungen.

Um 2 Uhr Morg. heftiger Nordost- wind. — Keine Beobachtungen.

Keine Beobachtungen.

Schwüles Wetter. Keine Beobach- tungen.

Bruchtitäcke eines meteorologischen Tagebaches.

597

Datum.

Stunde.

Grade

Celsius.

Bemerkungen.

April, 21.

22. 23.

24. 25.

26.

27. 28.

29.

30.

li Uhr Nehm.

li Uhr Nehm.

Mittag

124 ^'l>r Mitt.

IJ Uhr Nehm.

40

38

39 35

39

Um 2 Uhr Nachm. zieht sich ein Gewitter in Südosten zusammen, worauf es um 3^ Uhr erst leicht zu regnen anfUngt und dann von 3 Uhr 45 Min. bis 4 Uhr 15 Min. ein schwerer Schauer folgt, wo- durch sich die Luft sehr erfrischt Der Regen hört hierauf auf, wäh- rend es fortdauernd unter starken Windstössen aus Ostnordost don- nert; aber bei Sonnenuntergang fängt der Regen wieder an und dauert 2 Stunden.

Keine Beobachtungen.

Die>^Sonne bricht um 8 Ulir Vorm. durch die Gewitterwolken.

Bewölkter Himmel, aber kein Regen.

Nachm. 4 Uhr ein kurzer, aber hefti- ger Schauer; einige Donnerschläge folgen, obwohl keine vorhergingen.

Dicht bewölkter Himmel. Die Sonne brichtzwarum 94Uhr Vorm. dnrc]^, die Luft bleibt jedoch schwül.

Am Nachmittag ein Gewitter mit star- kem Wind, aber ohne Regen.

Mäneiia, Schwüle Luft. Keine Beobachtungen.

Am Nachmittag zieht sich ein Ge- witter zusammen , das uns jedoch nur einige Regentropfen am Abend bringt Keine Beobachtungen.

Der Himmel den ganzen Tag be- wölkt Am Nachmittag zieht sich in Süden ein Gewitter zusammen, wobei es aber nicht regnet Keine Beobachtungen.

Am Nachmittag ein Gewitter und in der folgenden Nacht schwere Ro- gengüsse, welche gegen 2 Stunden anhalten. Keine Beobachtungen.

Bewölkter 11 immel. UieSonne bricht Ulli 10 Uhr Vorm. durch das Gc- niilke, jedoch nur auf einige Mi- nutcD. [rm 4 Uhr Nacbin. Bobwere Oewillerivotken mit vielem Wettcr- i leuchten, wobei es aber otcht ng- ' HCL Keine Beolisdli tunken. L'm TiJ lihr Katliiu. livtiL'U ticli dun- kele tiRwillFrwolktn lusanimi-u, vcrKcbwindcn aber in weatlicfacr Kichtung. Keine Beobachton-

m it UhT Vunu. Mcigen Geirittcr- wulkcn !n Sadwestcn auf, beglt-i- let von Htarkem Winde, n'oranfcin

McbwKrer l£egcn«chsncr fiilgt, di-r

2 .'iiiiiicicii anhält. Keine BciJi-

nrhiiiiigL'ii.

ein (iuwitter, Keine Bcobacbtim-

1 L'lir Kaehm, 34 Ijnir.Nchm. 3r>

I i^riirNciiui. au

j 1] tlir Ndiin. ; 35,;l ljrhrNi.-lim. m

2 riir Kachni. 1 Sl.i 2 L'lir Nucliiii. 37

Oiüni-r Morgen. Am Nachmitlace wellt ein Htarkcr Wiiitl. ileitereii Welter.

Cm 'ij riir Vorniitt. ein sehr brl-

ligcr Siurm. Keine Iteobneli*

I tuilgeli.

Diulit bewnlktL'rllinmiel: die t«,»!»,.'

KL-Iii'iiit mir dnnn und nann. Um

I 11 rhrVunn. klHil sieb dns Wi-l-

IiT iiuf, wird judoeh am Nachinit-

I tut; iil'Cnnals triil«>. Um 2 l'br

: Nuclim. bnclit dns (i<-wiiler los,

I OH r(');]iel nlicr iiii-ht viel.

Bruchstücke eines iiieteorologischeii Tagcbuclios.

im

Datum.

Stunde.

Grade Celsius.

Bemerkangen.

Mai. 15.

16.

17.

18.

19. 20.

21.

22.

23. 24.

25.

2 Uhr Nachiu.

li Uhr Nehm.

2 Uhr Nachm.

...

Sonnenaufg. li Uhr Nehm.

Sonnenaufg. Sonnenaufg. IJ Uhr Nehm.

2 Uhr Nachm.

30

31,3

33

24 35

20 25 36

36

Der Himmel den ganzen Tag be- wölkt. Um 1} Uhr Nachm. ein Gewitter in der Ferne, nach Osten hin. Von 4 5 Uhr regnet es sehr heftig, worauf der Regen gänzlich aufhört, bei Sonnenun- tergang aber wieder anfUngt, dann und wann von Donner begleitet, was gleichmässig bis 8j Uhr am folgenden Morgen fortdauert. Keine Beobachtungen.

Kurz vor Mittag hatte sich das Wet- ter etwas aufgeklärt, wird aber am Nachmittag wieder trübe.

Dicht bewölkter Himmel ; die Sonne kommt jedoch um 10 Uhr Vorm. zum Durchbruch.

Trübes Wetter. Keine Beobach- tungen.

Heiteres Wetter.

Kein Gewitter. Keine Beobach- tungen.

Um Mittag leichte Gewitterwolken, von starkem Wind, aber keinem Regen begleitet, worauf sich der Himmel bald aufklärt.

Kein Gewitter. Keine Beobach- tungen.

Heiterer, frischer Morgen.

Heiteres Wetter. Während des Nach- mittags bilden sich leichte Wolken. Am Abend Wetterleuchten.

Windig. Der Himmel ziemlich trübe. Nach 5 Uhr Nachm. Gewitterwol- ken im Westen und im Nordosten und nach der letzteren Richtung hin Wetterleuchten ohne Donner. Nach Sonnenuntergang regnet es, in der Stadt nur wenig, ausser- halb aber mehr.

fÜNl

Hruchstücke eines meteorologisclien Tagebaches.

Datum.

Stande.

Grade Celaiiu.

BenicrkwigMi.

Mai, 26.

27.

28.

21».

30.

Jvn'i. 1.

2.

.S.

4.

Sonnenaofg. 23

2J Uhr Ncbm. 32

I Sonnenaufg. , 26

! li Uhr Nehm. 1 36

Sonnenaufg. { 24

H Uhr Nehm. | 35

ßonnenunterg. 1 33,4

»Soiincnaufg. | 23

2 Uhr Nachm. 35,6

; Sonnenautg. ! 23,6 1 Ulli- Nachm. 35

j Der Ilimmel etwas bewölkt. Am ! Abend ein Gewitter, aber in der

Stadt kein Regen. : Der Himmel etwas bewölkt.

Nach Sonnenuntergang Wetterleuch- ten und Wind.

; Um 5 Uhr Nachm. rugnet es etwas bei Sonnenschein, aach donnert CS einmal.

I

I

4} Uhr Nehm.

27

Um 2 Uhr Nachm. heftige Wind- 8tJ>sse.

Heiteres Wetter. Keine Beobach- tungen.

Trüber Himmel. Um 6J Uhr Morg. etwas Regen mit entferntem Don- ner. Nachher klHrt sich der Him- mel auf. Keine Beobachtungen.

Trüber Himmel; die Sonne kommt erst um 5 Uhr Nachm. zum Durch- bruch. — Keine Beobachtungen.

Trüber Himmel, kalte Luft und ein starker Südostwind, bis die Soitne endlich durchbricht und die Wol- ken zerstreut. Keine Beobach- tungen.

Um 9 Uhr Ab. zieht sich ein Ge- witter zusammen, es regnet aber nur wenig. Keine Beobachtun- gen.

Keine Beobachtungen.

Um 3J U'hr Nachm. ein heftiges Ge- witter mit starkem Nordsturme, worauf ein schwerer, aber nur kurzer Rogenguss folgt

Bioicbstückc eines meteorologischen Tagebuches.

GOl

Datum.

! stunde.

1

Grade Celsius.

1

i Bemerkungen.

Juni

7.

Sonnenaufg.

24

Dicht bewölkter Himmel.

8.

Sounenaufg.

24,6

Schwere Gewitterwolken, welche die

14 Uhr Nehm.

35

Sonne um 9 Uhr Vormitt. durch- bricht Am Abend in Westen Wet- terleuchten.

a

Heiteres Wetter. Keine Beobach- tungen.

10.

Sonnenaufg.

25

IJ Uhr Nehm.

35

Am Nachmittag bilden sich Gewit- terwolken und um 4 Uhr fÄllt ein leichter Regen.

11.

2 Uhr Nachm.

a5

Nach 4 Uhr Nachm. ein Gewitter (aus Süden) ohne Regen.

12.

Sonnenaufg.

23,4

Am Abend in Westnordwest Wetter-

2 Uhr Nachm.

34

leuchten.

13.

Sonnenaufg.

25

1} Uhr Nehm.

34

Am Nachmittag bilden sich Gewit- terwolken und um 3^ Uhr don- nert es in der Ferne im We- sten. Um 5i Uhr regnet es het- tig in Norden, aber nicht in der Stadt (Mäsena).

14.

Sonnenaufg.

27

Trübe. Nach 3 Uhr Nachm. im

H Uhr Nehm.

34

Nordosten ein heftiges Gewitter; um 3^ Uhr beginnt der Regen bei uns und hält, meistens heftig, mit- unter gelinder, bis 7 Uhr Ab. an. Auch in der folgenden Nacht reg- net es etwas.

15.

Sonnenaufg.

23,5

Sehr trübe. Um 6 Uhr 25 Min. Morg.

2 Uhr Nachm.

30

regnet es wieder etwas. Erst

Sonnenunterg.

24

1 Uhr Nachm. bricht die Sonne durch die Wolken.

16.

Sonnenaufg.

21

Trübe. Am Abend in Norden und

2 Uhr Nachm.

30,6

Nordosten Wetterleuchten.

17.

Sonnenaufg.

25

Trübe; die Sonne bricht nur dann und wann durch. Um 6 Uhr Ab. bildet sich in Westen ein Gewit- ter, ohne uns jedoch zu erreichen, während sich ein anderes Gewit-

^2

Bruchstücke eines tnetcoi ologischen Tagebuches.

Datum.

Htunde.

Grade Celsius.

Bemerkungren.

Juni.

18.

Soiinenaufg. 2 Uhr Nachm.

19. *)

21.

Suuucnaufg.

23 32

23

23.

24.

2h.

ter in Ostsüdost EUBammenzieht und gleichfalls nur mit Wetterleachteii und ohne Regen vorüberzieht.

Dicht bewölkter Himmel ; die Sonne bricht nur selten durch. Um 4 Uhr Nachm. in Westen ein Gewitter ohne Regen. Nach Sonnenunter- gang heftige Windstösse.

Um 2^ Uhr Nachm. entfernter Don- ner; von Osten kommen dichte Gewitterwolken heran und über- ziehen den ganzen Himmel , ohne jedoch Regen zu bringen. Am Abend Wetterleuchten.

Heiteres Wetter.

Um 5 l.'hr Nachm. ein Gewitter mit heftigem Sturme, aber ohne Regen.

Trübe; die Sonne scheint nicht vor Naclimittag und auch da nur zu- weilen. Am Abend Wetterleuchten in Westen und Ostnordosten.

Am Morgen heiter, aber um 12^ Uhr Mitt. zieht sich aus Südwesten ein Gewitter zusammen, worauf um 1 Uhr Nachm. einige Tropfen fal- len und um 2} Uhr etwas mehr Regen kömmt.

Heiterer Morgen. Um 6 Uhr Ab. zieht sich in Osten ein Gewitter zu- sammen, bringt aber nur einige Regentropfen.

In der vorhergehenden Nacht regnete es 2 Stunden lang ziemlich stark. Um 3^ Uhr Nachm. erhebt sich ein heftiger Sturm und der Him- mel bewölkt sich in Osten.

*) An diesen» Tage zerbrach das letzte Thcmionioter, das ich auf dieser Heise bei mir hatte; in Folge dessen vom 20»»«" Juni bis 2**" September gar keine Beobachtungen.

liruchstücke üiiies iiieteoroli»giäclieii 'J'ugebucheH.

603

Datum.

Stunde

Grade Celsius.

Bemerkungen.

Juni 26. 27.

28.

2«h

30.

Juli, 1.

2.

3.

Heiteres Wetter.

Um 3 Uhr Nachmittags ein Gewitter aus Westsüdwest ; fallen jedoch ' nur einige Regentrupfen und das Gewitter zieht in südlicher Rich- tung vorüber.

Heiterer Morgen, der Himmel mit leichtem Gewölk überzogen. Um 4 Uhr Nachm. bildet sich ein schweres Gewitter in Westen und entladet sich daselbst, ohne uns mehr als einige Regentropfen zu bringen.

Der Himmel ist am Morgen heiter, bewölkt sich aber am Nachmittage und in der Nacht regnet es ein wenig.

Trübe. Um 5 Uhr Nachm. zieht sich ein Gewitter zusammen, ohne dass es anfllnglich regnet. Um 7 Uhr Ab., nachdem sich das Gewölk in Westen und Norden entladen hat, fllngt es auch bei uns an zu regnen, und zwar ^2 Stunde lang mit grosser Heftigkeit, worauf es gelinder fortfUhrt.

Am Morgen ein heftiger Schauer, der etwa 1} Stunden anhält; der Regen fUhrt bis 11 Uhr Vorm. fort, tropfenweise zu fallen, worauf um 2. Uhr Nachm. die Sonne zum Vor- schein kommt.

Vormittags heiter, bis sich um 3 Uhr Nachm. in Südwest ein schweren Gewitter bildet, aber, ohne dass ein einziger Regentropfen OlUt, nach Süd und Nordwest zieht.

Um 5^ Uhr Nachm. bildet sich in Süden ein Gewitter, begleitet von

I

netcorolugiselien Tagebnchcs.

einem heftigen Scbaaer, wcluher gegen So HiDUtcD jtiihiLlt, worauf »ach knracr rnlerbrechung nocli Ewci andere, nich) goiiE k> heflige Sclianer folgen.

Gegen Sonnenuntergang in Usten ein Gewitter, worauf hefligor Regc'n Ailgl; letalerer fUngl nacli kimer L'nterbrechuiii; von Nencm an und dauert bis lum Morgen.

Sebr trflber Morgen i etnaii Regen.

Kein Hegen.

Uegeii Mittag bildet sich in WcBten em Gewitter und um 3 Ihr Nachm. fnllen Giuigi> llc-gciilropfeii, wiirniif CD nni 4 Uhr lieflig regnet und nach kurier Unterbrechung no<-h einmal zu regnen annngt.

Her tlinimel den ganlcu Tag trfiiii-: BChwülo Luft: um Mitlag etwas Regen.

Trübe; die Sonne kommt nur Kelten zum Vorschein. E* regnet mitun- ter etwas, bcBondcTS um 3 l'hr S.chm, , und Ab. 6 Uhr fBllt «in heftiger, bis 11 Uhr anhaltender Schauer, wobei aber weder donnert, noch büliL

Derilimme) abwechselnd trübe und heiler.

Heiterer Morgen: um Hittag bilden sieb in i*iiden Ocwitterwolkcii und um 1} l'hr Nachm. fllllf mi fclin .■- rn Schauer, welcher mit unaotgo- aetzter llcfligkoit 1 {Stunde lang onhKlt und dann minder heftig biit um 5 l.'hr forlduuerL

Trlllier lliuiincl und feuchte LiiO, bi^ Eich da» Wetter um Mit- tag aufkifin, worauf bk wKrmer

Braobstiicke aines meteorologischen Tagebncliea,

wird, l'm 10 Chr Ab. weht ein riiarkeT Stnnn, noniaf liegen folgt, ivcluhiT bii luiu Morgen iDhüIt.

Trüber Uimnjel bi» Mittag, wo die Sonne lum Vorachein liomml. Am Abend zieht aus Süden ein Gewit- ter heran , wobei ea '/, Stunde lang liefcig und dann gelinder regnet, bis abermals ein starker Schauer loHbricht.

Trüber Himmel am Morgen, worauf die Sonne glanivoll dos Gowült durchbricht. Am Abend Wetter- leuchten.

Der Uimniel ain Murguu heiter, gc- h'oi Mitlag wo sieb eiu kalter Wind .■rbDbi^Ti, hcwülkt. Um tij Uhr Ab, sieht ans Südost ein ge- waltiges (Jfniltir litTuii begleitet Von Regen ivpli^fn'i rni gleicher Heftigkeit bi» 7j L'lir anbHit und dann bis 0 l'br 20 Min. gelinder fortdauert.

Dos Wetlcr schön, um Mittag aber [wai schwül kein Qewittcr.

Der llinmicl nni Morgen mit leieb- tcm Gewölk bedeekL Cm 4 Uhr Nachm. sind aus t^üdwcst und lu- gl(:ich Alls Norden achwaric Ge- ivitferwolkeii im Anzugj nm 6 Uhr 2lJ Min. Ab. b.giiint der Regen und hlllt mit mclirodcr weniger Heftig- keit hiH a Uhr 10 Min. an, worauf er eine kurze Zeit aufhört und dann wieder anfangt.

Der ilimmol «m Morgen bewölkt.

Um b Uhr Nachm. sohwarxo Oewit- terwolkpii im Anzug, begleitet von heiligem Regen, welcher von G4 bis 0 Uhr Ab. anbUlt und wKh-

(yti\ Brnchfttuckf eine» mc-trornlikgiscben Tagebvehes.

Patuin. Btantle. Oliio#

Jf'/i. ;

rend der ersten Stande mit ^rwi- äer Heftigkeit flUt.

:^». Um 5| Uhr Murg. fingt der Regen

, wieder an and danert bis S-^ ITlir.

I Um 1 Uhr und dann am 3 l'hr

I

Nachm. fUlIt wieder leichter Re- gen, sowie anch von b UTir Ab. bis 1 Uhr nach Mittemmcbt.

1^1. ' . . Der Himmel am Morgen bedeckt:

es fallen einige Regentropfen. i Nachher schwane Gewitterwolken im Anzug, es regnet aber nieht.

22, ' Ziemlich heiterer Himmel. Am Abend

rückt von Norden ein Gewitter heran, lieht aber, einige Tropfen ausgenommen . uhne Reg^n vor- über.

2.'J. . . (iegen Morgen regnet es 1 Stunde

lang, worauf die Wolken ver- .seliwinden, sich jcd«.K!li am Nach- ' i mittag wieder zusaninienziehen.

! alier ohne Regen zu bringen.

'24. . . Am M«»rgen sehweben leichte Wol-

I ken ülier un«« liin: in der Feme

heiterer Horiz«int. Am Abend bil- 1 »let sich in <.>sten ein schwarzes

(ifwiiter, woliei jedi>ch nur zwi- schen jSJ und ?<J Uhr einige Re- gfntrojifen fallen.

•>r, ! Der am Morgen trübr Himmel klärt

Äff* '• ^^

sich um Mittag auf. Am Abend «;rosst.T Hof um dt-n Mond. 2j;. . . Um 4 Ulir Morg. ein leichter Regen-

schauer: «ler Himmel Meibt dicht brwiilkt bis S Uhr Vurm., worauf , sich die Wolken verziehen und

ein heiterer Tag l)eginnt.

27, Der Hinmiel am Morgen heiter. Am

I Nachmittag ziehen aus .Siids(idt»st

i Kegeuwidken lieran . welche vnii

Brnchatncke eines meteorologischen Tagebuches.

G07

Datum.

Stunde.

Grade CelBius.

Bemerkungen.

Juli,

28.

30. 31.

AiigusL

2.

3.

C).

(>.

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5^ bis 10 Uhr Ab. schweren Re- gen bringen, der während der er- sten 3 Viertelstunden mit beson- derer Heftigkeit fällt, dann aber etwas nachlässt

Kein Regen.

Ziemlich bewölkter Himmel. In der Nacht regnet es 1 Stunde lang, wobei ein heftiger Sturm weht.

Kein Regen.

Um 4 Uhr Nachm. zieht von Süden ein Grewitter heran, geht aber, ohne Regen zu bringen, nach Westen vorüber.

Heiteres Wetter.

Am Morgen ziemlich trübe; nach» her kommt die Sonne zum Vor- schein. Bald nach Sonnenunter- gang zieht aus Südsüdost ein (ic- witter heran und um GJ Uhr Ab. fängt es an zu regnen ; der Regen dauert die ganze Nacht hindurch, jedoch nur gelind.

Um 5i Uhr Morg. regnet es wieder, zuweilen geliud , zuweilen heftig, aber doch im Ganzen nicht viel. Um 10 Uhr Vorm. kommt die Sonne zum Vorschein.

Kein Regen.

Um 6 Uhr Ab. zieht ein Clewit- tcr aus Nordost und ein anderes aus Westen heran ; aber beide gchn vorüber , ohne Regen zu bringen.

Am Nachmittag ein Gewitter, wobei es von 5^ bis 10 Uhr Ab. ziem- lich stark regnet.

Kein Regen.

netcorologischen T*gebn«hei,

rin UitUg Diu BchwercH GcwiltPT mus Oiteii, ä»» «icli um 12) Ulir mit gro«BGC HrftJgkeit eutladel, aber nur 10 Min. Ung anhnlL Em regnet wieder von a Uhr 22 Hin. bu 2Ubr40Miii., wolwi ein itar- ker Slunn weht. Von 7J irhr bis A Ulir 20 Min. Ab. Olli al«rma1ii

TtüUs un-i rc^-iitriwl.cfl Weilet. Am Morgen fallen einige Trojifen nnil um II Uhr 20 Min. regnet es ge- lind, worauf wanner SomiL'näk'liciii folgt.

Der Bogen, wclclicr fast diu ganze Naulit iilicr angebnlleii, hürl kan vor 7 L'br Morg. auf.

Um Mitlag eicIicii Kcgcnwulkcn über uns hin , es fallt ii aber nur we- il igti Trupfeii.

In der vorhergehe udcii Nacht gelin- der Itvgeu ulinc Ucwitter: es reg- net wieder um 10 Uhr Vorm., dann um 2 l'hrNaehui. heftiger und um 4 Ihr 22 Min. »och einmal. Der .1 bleibt den ganien Tag

bcwi'.lkt.

Am Morgen tUUt ein 2 ätuudcii wah- render liuftigor Schauer -worauf ein zweiter , aber küraemr ftilgl. Der Himmel hleibt fast den gan- zen Tug bewülkt und am Nncli mittag milt wieder etwas Itegeli.

L'ui Mittag ein neliwcrev Schauer, weli'lier \'j Stunde kug aiiliHK; wührund des NaehiuittagH regnet

Der Himmel den ganzen Tag diclit liowülktt regnet auch mehr-

Bruchstücke eines meteorologischen Tagebuches.

609

Datum.

Stunde.

Grade CeUiiiB

Bemerkungen.

AtiffUSt, 16.

17.

18. 19.

20.

21. 22. 23.

24. 25.

26.

27 31.

September. 1. 2.

3.

4.

5. 6.

7.

8-10.

Barth'a R«Imii. IIL

Sonnenaufg.

Sonnenaufg.

Sonnenaufg. Sonnenaufg.

Sonnenaufg.

« .

I

23

26

26 25

23

Um 6 Uhr Morg, f&llt »/, Stunde

lang ein heftiger Schauer. Schöner, heiterer Morgen. Um Mittag

bewölkt sich der Himmel und um

12^ Uhr fallen einige Tropfen ;

später, während des Nachmittags,

fällt mehr Regen. Zuweilen der Himmel bewölkt und

etwas Regen. Regnerischer Tag; der Regen fängt

um 11 Uhr Vorm. an und dauert

bis 3 Uhr Nachm. Um 11 Uhr Vorm. fällt etwas Regen,

aber viel mehr rings umher in der

Nähe. Um 2 Uhr Nachm. etwas Regen. Kukaita^ Kein Regen. Um 3 Uhr Nachm. beträchtlicher

Regen. Um 4 Uhr Nachm. gelinder Regen. Um Mittag zieht sich ein Gewitter

zusammen, aber es fällt kein Re- gen. Der Himmel um Mittag bewölkt, aber

kein Regen. Kein Regen.

Heiteres Wetter.

Um Mittag bildet sich ein Gewitter; am Nachmittag gelinder Regen.

Der Himmel am Nachmittag bewölkt, aber kein Regen.

Am Morgen fallen einige Regen- tropfen. ,

Kein Regen.

Um 10^ Uhr Vorm. ein Gewitter mit ziemlich viel Regen.

Ein warmer, heiterer Tag.

Kein Regen. Keine Beobachtungen.

39

■H...

nimde.

Ap(«^.

11.

I^UhrNacbm.

37

Um4 UhrNschn. ein Gewitter ohne BegeD.

12.

2 Uhr Nmcbm.

86.7

Schönei Wetter.

la

An Nachnilt*g hefUger nnd kal- geo.

14.

1 in>r Nachm.

85

IB.

26,7

le.

Heiteret Welter. Keine Beobach- itmgen.

17.

IJ Uhr Nohm.

36

18.

27

19.

26

2 Uhr Nachm.

36

20.

Sonnen «nfg.

26

BewOlliler liimmel ; die Sonne kommt »war um Mittag tum Vowchein, aher nur anf knrae Zeit In Osten ein Gewitter, doch fallen bei noa nur wenige TropEen.

21.

KoDDeiianfg.

26

11 Uhr Nehm.

36

Um b Ubr Nachm. ein Gewitter; am Abend einige Regentropfen,

22-2(1.

gen.

21.

FrQh am Margen geUnder Kegen. Keine Bcobachtnngen.

28. .

Kein Regen. Keine Beobachtun- gen.

29.

li Uhr Nehm.

36

30.

Sonnen anfg.

27

2 Uhr Nachm.

38

OIctebtr.

1-2.

Kein Kegen. - Keine Beobachtun- gen.

.■J,

Sonnenaufg.

25

1} Uhr Nehm.

36,!

res(;e«fitter, aber nur wenige Re- gentropfen.

4.

Sonnenaufg.

26

ii.

Sonnenanfg.

26

H Uhr Nohm.

38

Bruchstücke eines meteorologischen Tagehuches.

611

Datum.

stunde.

Grade Celsius.

Demerkungren.

Oktober,

G 10.

«

Keine Beobachtungen.

11.

In der vorhergehenden Nacht ein Ge- witter und ziemlich viel Regen. Keine Beobachtungen.

12 13.

Ileitercs Wetter. Keine Beobacli- tungen.

14.

Um 10 Uhr Vorm. ein starker Sturm, wobei einige Regentropfen fallen ; die Regenwolken isiehcn jedoch nach Südost vorüber.

15.

Sonnenaufg.

22,2

14 Uhr Nehm.

35,6

16.

«

Bewölkter Himmel, aber um Mittag klärt es sich auf. Keine Beob- achtungen.

17.

Sonnenaufg.

24

18.

Sonnenaufg.

22

1 J Uhr Nehm.

37

19.

Sonnenaufg.

22

20.

* .

Am Abend ein starker Sturm, wel- cher ein Gewitter anzukündigen scheint. Keine Beobachtungen.

21.

« *

Am Nachmittag ein Gewitter mit ge- lindem Regen um 3 Uhr Nachm., welcher y^ Stunde lang anhält und dann nach kurzer Unterbrechung noch einmal anfängt. Keine Beobachtungen.

22.

. .

«

Am Nachmittag ein Gewitter, aber in unserer Nähe kein Regen. Keine Beobachtungen.

23 - 31.

Sonnenaufg.

21-22

An allen diesen Tagen weht viel

14 Uhr Nehm.

35-36

Wind.

November,

1 10.

Keine lieobachtungen.

11.

Sonnenaufg.

20

12.

Sonnenaufg.

19,6

13.

Sonnenaufg.

19

14.

Sonnenaufg.

18,5

tcomlngiiichcn Taf^ebnchei.

..,.,..

ÜIDndc.

c-;".«.

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Xweu^rr.

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HciuieiiMüg.

18,3

111'IitNcLid.

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IG.

11 lllir Nehm.

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17.

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18-ait.

Itinchfitilcke clueü n

■■»rnliigiiicbcn Tagabocbn.

IJIhrNcbin. j Smiiiunnufg. 1

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Keine Beobkcbtungeu.

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II. Sept. bis 14. Not. 1851.

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Stanford University Libraries Stanford, California

Retum thi« book on or befor« date due.