Mobilmachung Weltkrieg

| | Neue Urkunden zur Geſchichte des Weltkrieges

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Rußlands Mobilmachung für den Weltkrieg

Neue Urfunden zur Geſchichte des Weltkrieges

Mit 5 Anlagen und 2 Kartenſkizzen

Berlin 1919 Ernſt Siegfried Mittler und Sohn ö Kochſtraße 68 71

Alle Rechte aus dem Geſetze vom 19. Juni 1901 ſowie das Überſetzungsrecht ſind vorbehalten.

Inhaltsverzeichnis.

Seite

Rußlands wobümachun g 1 n Wel I. Bis 10 Uhr abends Auggen Nachrichten 12

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen wc.

richten ziehen ließen ee e 0 4 9 III. Deutſche Gegenmaßnahmen 13 IV. Was hatte ſich am 26. 9885 in 5 tulfächlich ereignet? 14 Basen 1914 . I. Bis 10 Uhr abends e e ae EN 14 II. Schlüffe, die ſich damals aus den eingegangenen Nach⸗ richten ziehen ließen ee III. Deutſche Gegenmaßnahmen 16 IV. Was hatte ſich am 27. Juli in Rußland talſächlich ereignet 16 iet n I. Bis 10 Uhr abends e e ache te ni 17 II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen dag richten ziehen ließen N 19 III. Deutſche Gegenmaßnahmen. 19 IV. Was hatte ſich am 28. 0 in Rußland tatſächlic ereignet? 19 ieee . 20 I. Bis 10 Uhr abends . ri e 20 II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Mad richten ziehen ließen 28 III. Deutſche Gegenmaßnahmen 24 IV. Was hatte ſich am 29. re in Rußland tatſächlich ereignet? 24 90. Juli 1914 ja I. Bis 10 Uhr abends ae Sadırdlan Ra 25 II. Schlüffe, die ſich damals aus den eingegangenen dag. richten ziehen ließen 29 III. Deutſche Gegenmaßnahmen 30

IV. Was hatte ſich am 30. Juli in Rußland tatſächlich N, 30 1*

Seite 31. Juli 1 . I. Bis 12 Uhr 1 en Nachrichten

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen 5 richten ziehen ließen £ 34 III. Deutſche Gegenmaßnahmen 34

IV. Nachrichten, die von 12 He mittags bis 11 Uhr abends eimliefen 34

V. Schlüſſe, die ſich ER aus be RER ES Nach⸗ richten ziehen ließen 35 VI. Was hatte ſich am 31. Juli in Rußland tatſächlich ereignet? 36 1. Auguſt t ðͤ b 236 I. Nachrichten, die bis 5 Uhr nachmittags inldeleg Ei 86

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen en

richten ziehen liegen \ 5 III. Deutſche „„ dingt ser 31189 Schluß wort „Hun Akad U dene. 89 Anlagen.

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Rußlands Mobilmachung.

Der Prozeß Suchomlinow hat die Umſtände, unter denen der Mobilmachungsbefehl der ruſſiſchen Armee und Flotte zuſtandekam, an das Licht der Offentlichkeit ge— bracht. Weniger bekannt iſt bisher die Tatſache geblieben, daß Rußland bereits vor Ausſpruch der Mobil— machung in weiteſtgehendem Maße Kriegsvorbereitungen getroffen hat. Das authentiſche Beweismaterial des General- ſtabes, das im nachfolgenden veröffentlicht wird, liefert den Beweis dafür. |

Schon in den Jahren 1911 und 1912, beſonders aber ſeit 1913 arbeitete die ruſſiſche Heeresleitung plan⸗ mäßig darauf hin, die Mobilmachung dadurch abzukürzen, daß ſie einen großen Teil der bei uns zur eigentlichen Mobilmachung gehörigen Maßnahmen vor deren Aus⸗ ſpruch zu erledigen ſuchte. Wir haben in den letzten Jahren vor dem Kriege viel von „Probemobilmachung“, „Kriegsvorbereitungsperiode“, „Zurückbehaltung des aus— gedienten Jahrgangs“ und dergleichen gehört, aber der Laie konnte ſich keinen Begriff von dem Umfang und der Tragweite dieſer Maßnahmen machen. Im folgenden wird zunächſt gezeigt werden, welch große Gefahr dieſe von der ruſſiſchen Regierung mitten im Frieden wieder- holt angewendeten Maßregeln für die Sicherheit Deutſch— lands und Oſterreich-Ungarns in ſich ſchloſſen.

Die Probemobilmachungen (opytnaja mobilisazia)

fanden in größerem oder kleinerem Umfange bei den aktiven Truppenteilen ſtatt und dienten dazu, die Mobilmachungs⸗ pläne auf ihre praktiſche Durchführbarkeit zu prüfen. Die

einzuziehenden Reſerviſten und Pferde wurden durch Abgaben anderer Truppenteile dargeſtellt. Dieſe Übungen fanden im Jahre 1913 und im Frühjahr 1914 weſentlich häufiger ſtatt als in früheren Jahren. Im Budget 1912 waren für dieſen Zweck nur 40 000 Rubel ausgeworfen, im Budget 1913 wurde die Summe bereits auf 91 000 Rubel erhöht.

Daneben wurde in den letzten Jahren vor dem Ma: immer häufiger eine andere Art von Übungen abgehalten, die einen erheblich bedrohlicheren Charakter trugen: die Kontrollmobilmachungen (Powjerotschnaja mobili- sazia). Nach den im Jahre 1911 erſchienenen „Grund— ſätzen für die Durchführung von Kontrollmobilmachungen“ umfaßten ſie folgende Maßnahmen:

a) Einberufung aller ortsanſäſſigen Reſerviſten (ge— gebenenfalls auch Reichswehrleuten) eines oder mehrerer Kreiſe,

b) Geſtellung von Pferden oder Fahrzeugen durch die Bevölkerung,

c) Abſendung der einberufenen Mannſchaften durch die Bezirkskommandos zu beſtimmten Truppenteilen,

d) Formierung dieſer Truppenteile auf Kriegsſtärke

mit Hilfe der ausgehobenen Mannſchaften, Pferde und Fahrzeuge.

Die Kontrollmobilmachungen erlaubten es ſomit, einzelne Truppenteile der ruſſiſchen Armee unter dem Deckmantel von Übungen auf vollen Kriegsfuß zu bringen. Nach Gefangenenausſagen fanden kurz vor Kriegsausbruch derartige Kontrollmobilmachungen bei folgenden Reſerve— formationen ſtatt: Infanterie-Regiment 260 am 4. Juli und Infanterie⸗Regiment 221 am 27. Juli. Infanterie⸗ Regiment 280 war am 28. Juli bereits fertig aufgeſtellt und wurde an dieſem Tage von Kiew nach Cholm be— fördert. Vielfach fanden außerdem gleichzeitig Kontroll⸗

mobilmachungen bejtimmter Eiſenbahnbezirke jtatt. Eine größere derartige Übung wurde wohl nicht ohne be— ſtimmten Zweck im Mai 1914 durch eine Kommiſſion im Umkreiſe von Warſchau abgehalten.

Neben dieſer zeitweiſen Mobilmachung einzelner Teile des ruſſiſchen Heeres ging das Beſtreben der ruſſiſchen Heeresleitung ſeit dem Jahre 1909 offenſichtlich darauf hinaus, die allgemeine Mobilmachung durch dauernde Erhöhung des Mannſchafts- und Pferdeetats der Truppen zu beſchleunigen. Die Kavallerie und reitende Artillerie waren von jeher faſt auf voller Kriegsſtärke geweſen. Sie erhielten im Herbſt 1913 und Frühjahr 1914 die ihnen noch fehlenden reitenden Maſchinen— gewehr⸗, Sappeur⸗ und Nachrichtenabteilungen ſowie die noch nicht ganz vollzählige Beſpannung der Bagagen. Damit war es möglich, jederzeit im Frieden die 12 un- mittelbar an der Weſtgrenze ſtehenden Kavallerie- und Koſaken⸗Diviſionen binnen wenigen Stunden zujammen- zuziehen und mit ihnen in das deutſch-öſterreichiſche Grenz— gebiet einzufallen.

Auch die ſibiriſchen Armeekorps waren ſeit dem oſtaſiatiſchen Kriege auf annähernd voller Kriegs⸗ ſtärke geblieben. Es war mithin möglich, ſie jederzeit ohne beſondere Vorbereitungen auf die Bahn zu ſetzen und auf den europäiſchen Kriegsſchauplatz zu befördern !).

*) Nach Gefangenenausſagen ſind tatſächlich folgende ſibiriſche Schützen⸗Diviſionen mit vorderſten Teilen bereits unmittelbar nach Ausſpruch der Mobilmachung nach der Weſtgrenze abbefördert worden:

2. Ae Schützen-Diviſion am 1. Auguſt. . = - 31. Juli.

Bl 5 „2. Auguft.

7 : | . „31. Juli.

8 = 5 = 1. Auguſt. t

ea

Die Etats der Infanterie-Kompagnien der ruſſiſchen Armeekorps an der Weſtgrenze wurden bereits im Jahre 1909 von 116 auf 158 Mann herauf⸗ geſetzt und die Pferdeetats der Feldartillerie im Weſt⸗ gebiet allmählich ſoweit erhöht, daß die Gefechtsbatterien jederzeit vollbeſpannt marſchbereit waren. Die Etats⸗ erhöhungen wurden dann im Herbſt 1913 und Frühjahr 1914 fortgeſetzt. Man bemühte ſich, ſie geheim zu halten, doch wurden darüber ſo zahlreiche Einzelnachrichten be— kannt, daß an der Tatſache nicht zu zweifeln war.

Bezeichnend hierfür iſt folgender Vorgang: Bereits im Juni 1913 war in geheimer Sitzung von der Duma über eine Erhöhung des Rekrutenkontingents verhandelt worden, und der damalige Chef des Generalſtabes ſprach am 25. Juni 1913 der Budgetkommiſſion ſeinen Dank aus für die Bewilligung des erhöhten Kontingents. Nach dem „Temps“ vom 9. März 1914, der dieſe Nachricht von wohlinformierter Seite erhalten hatte, waren auch bereits 50 000 Rekruten mehr eingeſtellt worden als in früheren Jahren. Die Mehreinſtellung wurde dadurch ermöglicht, daß man durch eine 1912 vorgenommene Anderung des Wehrgeſetzes im Jahre 1913 über ein

Gefangene des Schützen-Regiments 13 (4. Schützen-Diviſion) und Schützen⸗Regiments 41 (11. Schützen⸗Diviſion) geben an, daß ihre Truppenteile bereits im Juni, Gefangene des Schützen-Regi⸗ ments 40 (10. Schützen-Diviſion), daß ſie am 23. Juli aus der Garniſon nach dem europäiſchen Rußland befördert wurden.

Durch die Gefangenen-Ausſagen wird auch die Richtigkeit von Angaben einiger deutſcher Privatperſonen beſtätigt, die auf ihrer Rückreiſe von Oſtaſien durch Sibirien nach Europa im Mai 1914 große ruſſiſche Truppentransporte vom Oſten nach dem Weſten beob- achtet haben. Damals wurde ihnen von ruſſiſchen Offizieren die ausweichende Antwort gegeben, es ſeien entlaſſene Reſerviſten, oder auch, die Truppen würden zu großen „Generalmanövern“ in Ruß⸗ land zuſammengezogen.

= 0

Viertel eines Rekrutenjahrganges mehr als gewöhnlich verfügte“).

g Trotzdem wurde im Jahre 1913 das Rekruten— kontingent in der Höhe der früheren Jahre ver— öffentlicht“).

Weſentlich entſcheidender war die in der Spannungs- periode 1912/13 zum erſtenmal angewendete Maßnahme der Zurückbehaltung des ausgedienten Jahrganges bei den Fahnen. Während geſetzmäßig die ausgediente Mannſchaft ſpäteſtens am 31. Dezember / 13. Januar ent⸗

*) Nach dem alten Wehrgeſetz wurden im Herbſt 1912 die zwiſchen 1. Oktober 1890 und 30. September 1891 geborenen Re- kruten eingeſtellt. Nach dem neuen Wehrgeſetz wurden dagegen im Herbſt 1913 die zwiſchen 1. Januar 1892 und 31. Dezember 1892 geborenen Rekruten eingeſtellt. Es blieben daher die zwiſchen 1. Oktober 1891 und 31. Dezember 1891 geborenen Leute als Über⸗ ſchuß. Dieſer Überſchuß betrug etwa 110 000 Mann.

) Im Generalgouvernement Warſchau iſt während des Krieges authentiſches Aktenmaterial gefunden worden, wonach die im ge— heimen vom Herbſt 1913 ab erfolgte Erhöhung des Rekrutenkontin⸗ gents einwandfrei feſtſteht. Als Belege werden hier nur angeführt: g a) Geheimer Prikas des Militärbezirks Warſchau (weiter-

gegeben durch VI. Korps Nr. 827 vom 23. September 1913). Danach wird ab 1./14. November bei jedem Infanterie-Regiment der 4. Infanterie⸗Diviſion der Friedensetat um 4 Offiziere, 12 Unter⸗ offiziere und 180 Mann erhöht. Es muß als ſicher angenommen werden, daß dieſe Maßnahme auch bei zahlreichen anderen Diviſionen getroffen wurde.

b) Geheimer Prikas des Stabes des Militärbezirks Warſchau vom 14.27. Oktober 1913 Nr. 3065. Hieraus ergibt ſich eine weſentliche Erhöhung des Mannſchafts- und Pferdeetats der Artil- lerie. Es iſt ausdrücklich darin gejagt, daß das Mehr an Manns ſchaften über das gewöhnliche Rekrutenkontingent hinaus aus dem überſchießenden Viertel des Rekrutenjahrgangs 1913 genommen wird. ) Geheimer Prikas des Stabes des Militärbezirks Warſchau vom 8.21. November 1913 Nr. 3309. Hieraus ergibt ſich eine weſentliche Erhöhung der Friedensetats der techniſchen Truppen.

1

laſſen ſein mußte, wurde ſie in den Jahren 1913 und 1914 bis zum 1./14. April bei den Fahnen zurückbehalten. Da die Rekruten bis ſpäteſtens 15./28. November ein⸗

geſtellt ſein mußten, befanden ſich mithin bis zur Beendi⸗

gung ihrer Ausbildung (Ende Januar) drei bei der Kavallerie vier voll ausgebildete Jahrgänge bei der Truppe, während Deutſchland bei zweijähriger Dienſtzeit in dieſer Zeit nur einen bei der Kavallerie zwei ausgebildete Jahrgänge unter der Fahne hatte. In den Monaten Februar und März verfügte Rußland ſogar über vier ausgebildete Jahrgänge bei der Infanterie und fünf bei der Kavallerie. Bei erſterer wurde damit die Kriegs— ſtärke beinahe erreicht, bei letzterer ſogar überſchritten.

Zu Ende des Frühjahrs 1914 wurde zwar der aus— gediente Jahrgang zum Teil entlaſſen, der erhöhte Mann⸗ ſchaftsbeſtand der Truppen aber weiter erhalten. Dies geſchah vor allem durch Einziehung zahlreicher Reſerviſten und Reichswehrleute zu Übungen. Die nachſtehenden Zahlen zeigen, in welch gewaltigem Umfange die Zahl der Übungs- mannſchaften in den letzten Jahren vor dem Kriege ver— mehrt wurde:

Reſerve Reichswehr ll! 2727820. 136 000 19 12ͤüũͤ 8 000 360 000 19133 422 000 375 000

1914490 000 400 000

Neuerdings iſt durch Gefangenenausſagen beſtätigt worden, daß zahlreiche Reſerviſten und Reichswehrleute,

die in den Monaten April Juni 1914 zu Übungen ein⸗

berufen waren, bis zum Kriegsausbruch bei der Fahne gehalten wurden. Als Grund wurde ihnen meiſt „bevor⸗ ſtehende Teilnahme des Truppenteils an Kaiſermanövern“ angegeben. |

a

Am bedeutungsvollſten war jchließlich die am 17. Fe⸗ bruar / 2. März 1913 Allerhöchſt beſtätigte, geheime „Ver— ordnung über die Kriegsvorbereitungsperiode“, die eine Durchführung zahlreicher Mobilmachungsarbeiten vor Erlaß des eigentlichen Mobilmachungsbefehls geſtattete. Die Verordnung liegt jetzt in den beim Stabe des Militär- bezirks Warſchau, beim Kommando des Korps der Grenz— wache und beim XV. Armeekorps aufgeſtellten Auszügen im Original“) vor und iſt in der Überjegung beigefügt. Die Auszüge enthalten, wie die Numerierung der einzelnen Punkte zeigt, nicht ſämtliche in der grundlegenden Ver—

Anlagen 1 bis 3.

ordnung befohlenen Maßnahmen. Die aufgeführten Be⸗

ſtimmungen genügen aber, um ein einwandfreies Bild über die Bedeutung dieſes hiſtoriſchen Dokuments zu gewinnen. Der Inhalt der Verordnung iſt kurz folgender:

Zur Sicherſtellung des Gelingens der Mobilmachung und des Aufmarſches haben in Zeiten politiſcher Spannung die Militär⸗ und Zivilbehörden die in der Verordnung aufgeführten Maßnahmen zu ergreifen. Es werden je nach

dem Grad der politiſchen Spannung zwei Kategorien von

Maßnahmen unterſchieden, von denen die erſte lediglich unter Inanſpruchnahme der zur Verfügung ſtehenden laufenden Geldmittel, die zweite unter Verwendung außer— ordentlicher Kredite zur Durchführung gebracht wird. Das Inkrafttreten jedes der beiden Stadien der Kriegsvor⸗ bereitungsperiode wird durch eine Allerhöchſt zu beſtätigende Verordnung des Miniſterrats beſtimmt und durch chiffrierte Telegramme bekanntgegeben.

Zum erſten Stadium der Kriegsvorbereitungs— periode gehören folgende wichtigere Maßnahmen.

1. Steigerung der Leiſtungsfähigkeit der ſtaatlichen Fabriken.

*) Die Originale wurden während des Krieges erbeutet.

2. Beſondere Sicherung der Staatsfabriken und Magazine.

3. Einrichtung der Kriegszenſur.

4. Verſendung der Transportüberſichten für den Auf⸗ marſch an die Truppen.

5. Einſetzung von militäriſchen Bahnhofskomman⸗ danten und von Leitern der militäriſchen Verpflegungs⸗ ſtationen auf den Bahnhöfen.

6. Ausſtattung der Truppen mit Verpflegung und Munition.

7. Prüfung der für die Mobilmachung erforderlichen Unterkünfte und Backöfen.

8. Beſchleunigte Ausbildung der Rekruten und älteren Mannſchaften.

9. Einberufung von Nejerve- und Reichswehrmann⸗ ſchaften zu Übungen in dem für das laufende Jahr feſt⸗ geſetzten Umfange. Die Übungsmannſchaften ſind unter Anlehnung an die Mobilmachungsüberſichten auf die Grenz⸗ korps zu verteilen. Militärpflichtigen werden keine Aus⸗ landspäſſe mehr ausgefertigt. Aktive oder zu Übungen eingezogene e werden nicht mehr zur Reſerve entlaſſen.

10. Rückkehr der außerhalb ihrer Garniſonen befind⸗ lichen Truppen in die Garniſonen und Rückberufung der Beurlaubten und Abkommandierten zu ihren Truppenteilen.

11. Aufſtellung des Grenzſchutzes. Dies geſchieht , unter dem Deckmantel von Manövern“.

12. Einkleidung der Mannſchaften, Verpaſſen der Ge⸗ ſchirre, Neubeſchlag der Pferde.

13. Einrichtung von Tag- und Raſhtbetrſen im Fern⸗ ſprechdienſt.

14. Aufſtellung des Bahnſchutzes im Grenzhobedt

15; e von Gold und We be in das Innere.

Su,

16. Einrichtung des Kriegsnachrichtendienſtes und der verſchärften Spionageabwehr.

Das zweite Stadium der Kwisgsworbeveitungs⸗ periode umfaßt folgende wichtigere Maßnahmen:

1. Aufſtellung des Bahnſchutzes auch im Innern des Reiches.

2. Einberufung von Reſerve- und Reichswehrmann— ſchaften zu Übungen in einem die Kredite des laufenden Jahres überſteigenden Umfange.

3. Beginn der Armierung der Feſtungen und des Be— reitlegens der Verpflegungsbeſtände im Aufmarſchgebiet.

4. Abſchub der Familien von Militärperſonen und der Kranken aus dem Grenzgebiet ins Innere.

5. Ankauf der Pferde für die Bagagen der Grenzwache.

6. Abſchieben des rollenden Materials von den Grenz⸗ bahnſtrecken nach rückwärts. Ausländiſches rollendes Material wird feſtgehalten.

7. Bereitſtellen der zur Zerſtörung von Bahnſtrecken beſtimmten Kommandos.

8. Verbot des Auslaufens der für militäriſche Zwecke beſtimmten ruſſiſchen Handelsſchiffe aus ruſſiſchen Häfen. Auslegen von Minenſperren.

Die Kriegsvorbereitungsperiode trat (vgl. Anlage 3 und Seite 19) offiziell erſt am 13./ 26. Juli 1914 in Kraft. Bereits vorher aber wurde in den Monaten März Juni eine ganze Reihe Maßnahmen getroffen, die den offenſicht— lichen Zweck hatten, den glatten, reibungsloſen Verlauf der eigentlichen Mobilmachung vorzubereiten. Zum Teil decken ſich dieſe Maßnahmen ſogar bereits vollkommen mit den für das erſte Stadium der Kriegsvorbereitungsperiode vorgeſehenen.

Großer Wert wurde vor allem darauf gelegt, die pünktliche und rechtzeitige Geſtellung der erſt im Mobilmachungsfalle einzuberufenden Reſerviſten

Anlage 3.

Zur

und Reichswehrleute ſicherzuſtellen. Dazu fanden wiederholte Prüfungen der Mobilmachungsvorarbeiten der Zivilbehörden bis hinab zu den Gemeindeſchreibern ſtatt. Die Kontrollverſammlungen wurden weſentlich ſtrenger gehandhabt als in früheren Jahren, die Beſtimmungen über Grenzüberſchreitung von Wehrpflichtigen verſchärft.

Durch große Pferdeaufkäufe im Auslande wurden die für die Erhöhung der Friedensetats notwendigen Pferde beſchaffrt. Um die Geſtellung ausreichender Pferde für den Mobilmachungsfall ſicherzuſtellen, erfolgte am 27. März ein Pferdeausfuhrverbot, das zunächſt nur Reitpferde um⸗ faßte, um der Maßnahme etwas von ihrer provozierenden Schärfe zu nehmen. Durch mehrere weitere Verbote wurde dann bis Ende Juli allmählich die ganze Ausfuhr geſperrt. Die Muſterung der im Mobilmachungsfall zu ſtellenden Pferde und Fahrzeuge fand überall auffallend häufig ſtatt. |

Schließlich wurden die bereits im Jahre 1913 in großem Umfang betriebenen Ankäufe von Kriegs— material in verſtärktem Maße auch im erſten Halbjahr 1914 fortgeſetzt. Namentlich wurden eine Menge Gegen-

ſtände aus dem Ausland bezogen, die die ruſſiſche In⸗

duſtrie gar nicht oder nur in beſchränktem Umfange her⸗

zuſtellen vermochte, wie Geſchütze und Richtmittel der

Artillerie, Laſtkraftwagen, Scheinwerfer, Feldbahnmaterial,

Funkenſtationen, Flugzeuge uſw. Dabei wurden die Frachten zum Zwecke der Geheimhaltung falſch deklariert

(3. B. Gewehrläufe als Röhren, Geſchütze als Maſchinen⸗ teile u. dgl.). Ebenſo wurden die für den Mobilmachungs⸗ betrieb noch fehlende Mengen an Kohle in kurzer Zeit beſchafft und die Leiſtungsfähigkeit der Bahnen durch Ver⸗

mehrung des rollenden Materials (darunter 400 neue

Lokomotiven) erhöht. Überall fand ferner eine Ergänzung

der Verpflegungsbeſtände ſtatt. Dazu wurde von

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Mitte Juli ab eine faſt völlige Einſtellung der Getreide— ausfuhr angeordet. Die ſtaatlichen und privaten Fabriken der Kriegsinduſtrie vergrößerten ihre Betriebe. An den im Bau befindlichen Feſtungen wurde mit Hochdruck ge— arbeitet. Das Gold wurde ſeit 1913 ſyſtematiſch ins Land und aus dem öffentlichen Verkehr gezogen.

Dieſe Maßnahmen ſuchte man gegenüber dem Aus— lande mit allen Mitteln geheim zu halten. Deutſchen und öſterreichiſch-ungariſchen Reichsangehörigen wurde zu dieſem Zwecke das Reiſen außerordentlich erſchwert. Bei— ſpielsweiſe wurde Anfang April in den Gouvernements Kowno, Suwalki und Grodno angeordnet, daß deutſche Reiſende ſich nicht länger als 24 Stunden in dieſem Ge— biet aufhalten dürften. Sämtliche Kreischefs deutſcher Ab— ſtammung wurden aus dem Grenzgebiet nach Innerrußland verſetzt, die Anſiedlung deutſcher Koloniſten innerhalb 7 km von der Grenze und im Bereich der Feſtungen wurde verboten. Die Zenſur erfuhr eine außerordentliche Ver— ſchärfung. Deutſche Zeitungen, die militäriſche Nachrichten aus Rußland brachten, wurden nicht zugelaſſen. Seit dem Serajewoer Attentat war ruſſiſchen Offizieren und Mann— ſchaften der Grenzübertritt ſtreng verboten.

Wir wenden uns nun zu den entſcheidenden Tagen kurz vor Kriegsausbruch. Um ein einwand— freies Bild darüber zu gewinnen, in welchem Maße Ruß— lands Kriegsvorbereitungen vorgeſchritten waren, ſind im nachfolgenden die im Generalſtabe vom 26. Juli 1914 ab einlaufenden wichtigeren Nachrichten tageweiſe zuſammen— geſtellt worden. Dabei wird bemerkt, daß nur diejenigen Nachrichten aufgenommen worden ſind, die aus zuverläſſiger Quelle ſtammten oder von mehreren Stellen übereinſtimmend eingingen. Für jeden einzelnen Tag iſt angegeben, welche Schlüſſe man aus den Nachrichten ziehen mußte und welche Maßnahmen dementſprechend von deutſcher Seite

RN 1

getroffen wurden. Es ergibt fich daraus, daß Deutſchland im Beſtreben, den Frieden zu erhalten, die notwendigen Gegenmaßnahmen ſo ſpät als irgend möglich traf, und daß ein weiteres Hinausſchieben die Sicherheit des eigenen Grenzgebietes aufs äußerſte gefährdet hätte.

26. Juli 1914.

I. Bis 10 Uhr abends eingegangene Nachrichten.

A. Verhalten der a e Nichts Auffallendes.

B. Truppenverſchiebungen.

Sämtliche Truppen des europäiſchen Rußlands haben Befehl, unverzüglich aus den Lagern in die Standorte zurückzukehren. Die 1. Garde-Kavallerie-Diviſion kehrte bereits am 25. Juli zur Niederhaltung von Arbeiter— unruhen nach Petersburg zurück“).

C. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. Junker hier (Petersburg) ſchon heute, ſtatt in drei Wochen, zu Offizieren befördert. Begeiſterung für Krieg gegen Sſterreich beſonders bei jungen Offizieren. |

2. Verbot ergangen, von heute ab*auf ein Jahr be⸗ ſtimmte Nachrichten über Heer und Flotte zu veröffent- lichen. (W. T. B.)

3. In Petersburg und Moskau nebſt den dazuge— hörigen Gouvernements Zuſtand des außerordentlichen 125 des en Schutzes erklärt. (W. T. B.)

*) Später beſtätigt durch ein Telegramm vom 12./25. Juli an den Chef des Stabes des Militärbezirks Warſchau. (Akten des Generalgouvernements Warſchau Nr. 1057 vom 7. Juli 1916.)

l

D. Nachrichten bezüglich Mobilmachungsbefehl.

1. „Halte Gerüchte, daß Mobilmachung der Militär- bezirke Warſchau, Moskau, Kiew, Odeſſa bereits befohlen, daß dagegen für Wilna, Petersburg, Kaſan nur Vor— bereitung, ohne Reſerviſteneinziehung, angeordnet ſei, noch für unbeſtätigt. Zweifellos wird alles dafür vorbereitet.“ (Attaché, Petersburg.)

2. Mobilmachung, wenn auch noch langſam, im N (Aus Rußland zurückgekehrter Kaufmann.)

3. Botſchafter Iswolski äußerte bei Durchfahrt durch Bahnhof Wirballen gegenüber dem Gendarmerie-Oberſt⸗ leutnant Wedenjapin: „In den Militärbezirken Kiew und Odeſſa iſt geſtern (25. Juli) Abend Mobilmachung be— fohlen worden.“ |

4. Miniſter Saſonow erklärte dem Botſchafter Graf Pourtalès, er könne garantieren, daß keinerlei Mobil- machungsorder ergangen ſei. Es würden jedoch „gewiſſe militäriſche Vorbereitungen getroffen, um nicht überraſcht zu werden“.

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den cee Nachrichten ziehen ließen.

Die Zurückberufung der Truppen aus den Sommer⸗ lagern in die Garniſonen, die Verſchärfung der Zenſur und andere militäriſche Maßnahmen laſſen die Lage als ernſt erſcheinen. Ein Mobilmachungsbefehl iſt jedoch an— ſcheinend noch nicht ergangen, da hierüber aus dem Grenz— gebiet unmittelbare Nachrichten vorliegen müßten.

III. Deutſche Gegenmaßnahmen.

Von deutſcher Seite wurden an dieſem Tage lediglich vorbereitende Maßnahmen für Anſtauung der Netze und Obra getroffen. Sie mußten, falls fie über⸗ haupt wirkſam werden ſollten, frühzeitig eintreten.

Rußlands Mobilmachung. 2

Anlage 3

e

IV. Was hatte ſich am 26. Juli in nußland a tatſächlich ereignet?

Aus Anlage 3 ergibt ſich, daß die Kriegsvor— bereitungsperiode am 26. Juli 1914 für das ganze Gebiet des europäiſchen Rußland in Kraft trat“). Es ge⸗ langten nicht nur die Maßnahmen des erſten, ſondern ſo⸗ fort auch die des zweiten Stadiums zur Durchführung.

27. Juli 1914. I. Bis 10 Uhr abends eingegangene Nachrichten. A. Verhalten der Grenzwache.

Grenzkordons gegenüber Neidenburg, Jarotſchin und Landsberg (Schleſien) ins Innere zurückgezogen. Grenz⸗ kordon Pitſchen marſchbereit. Ruſſiſche Offiziersfamilien der Grenzwache gegenüber Neidenburg ſollen am 27. nach⸗ mittags nach Warſchau reiſen. Beſtände der Grenzwache gegenüber Jarotſchin ſollen nach Konin gebracht werden. Grenze gegenüber Neidenburg für Verkehr nach Rußland geſperrt, dortige Grenzbrücke ſoll abgetragen werden.

B. Truppenverſchiebungen.

1. Drei Militärzüge zu 15 Wagen mit 300 Mann des Infanterie-Regiments 109 und eine Batterie am 27., 3 Uhr

) Das Inkrafttreten der Kriegsvorbereitungsperiode am 26. Juli wird außerdem zweifelsfrei beſtätigt durch: a) Chiffretelegramm des Chefs der livländiſchen Gouvernements⸗ Gendarmerie-Verwaltung an den Chef der Rigaer Gendarmerie— Verwaltung vom 14./27. Juli. Nr. 858. b) Geheimes Schreiben des Gouvernements Livland an den Chef der livländiſchen Gouvernements⸗Gendarmerie-Verwaltung vom 14./ 27. Juli. Nr. 300. |

vormittags, von Kowno her in Wirballen eingetroffen. (Drei Meldungen.)

2. Truppen aus Übungslagern in Kowno eingerückt.

3. Rollendes Material wird in Wilna geſammelt.

4. Nacht 26.27. Juli Artillerie von Kiew in öſtlicher Richtung abmarſchiert. (Konſul, Kiew.)

C. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. Ruſſiſcher Genſt.⸗Oberſt Petrowski, der in Koeſen weilt, wird in der Nacht 26./ 27. telegraphiſch nach Warſchau zurückgerufen.

2. Beurlaubte ruſſiſche Offiziere am 27. aus Bad Ciechocinek zu ihren Truppenteilen telegraphiſch zurück— berufen.

3. Kommandeur der 11. Kavallerie-Diviſion von Kiew nach Garniſonort Dubno abgereiſt.

4. In Kowno Kriegszuſtand)). Konſulat Kowno.

D. Nachrichten bezüglich Mobilmachungsbefehl. 1. Reiſende melden: „In Kowno vollſtändige Mobil- uus, jedoch iſt N kein öffentlicher Befehl dazu er⸗

gangen.“

2. Über London kommt Nachricht, daß der Zar den Be⸗ ſchlüſſen des Miniſterrats, die auf militäriſche Maßregeln gingen, zugeſtimmt habe. Ein Gerücht beſagt, daß die ruſſiſche Regierung fünf Armeekorps mobiliſieren wolle.

3. Botſchafter, Petersburg, drahtet am 26. Juli an Reichskanzler, Militärattaché halte es für ſicher, daß für Kiew und Odeſſa Mobilmachung befohlen worden ſei. Bei Warſchau und Moskau ſei dies fraglich und bei den anderen Bezirken wohl noch nicht der Fall.

Später beſtätigt durch Befehl des Gouvernements Kowno vom 13.26. Juli 1914 Nr. 55.

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II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Nachrichten ziehen ließen. 5

Das an einigen Stellen der Grenze feſtgeſtellte Zurück⸗ gehen der Grenzwache ins Innere war deshalb auffallend, weil nach zahlreichen von früher her vorliegenden Nach— richten dieſe Maßnahme erſt bei Ausſpruch des Mobil⸗ machungsbefehls zu erfolgen hatte“). Da der Vorgang jedoch nur vereinzelt feſtgeſtellt war, ließ er noch keinen ſicheren Schluß zu, daß der Mobilmachungsbefehl bereits erlaſſen ſei.

Dagegen waren die Zurückberufung beurlaubter Offi⸗ ziere, die Erklärung des Kriegszuſtandes in Kowno und die Bildung eines Grenzſchutzdetachements aus aktiven Truppen in Wirballen neue, ſichere Anzeichen dafür, daß außergewöhnliche militäriſche Maßnahmen getroffen wurden.

III. Deutſche Gegenmaßnahmen.

Von deutſcher Seite wurde an dieſem Tage lediglich eine verſtärkte Bahnbewachung durch Beamte (nicht durch Militär) in den der Grenze naheliegenden Gebieten und im Bezirk der Eiſenbahndirektion Berlin angeordnet. (Durch Reichskanzler. Ausführung nicht vor 28. Juli.)

IV. Was hatte ſich am 27. Juli in Rußland | tatſächlich ereignet?

Der zweite Tag der Kriegsvorbereitungs— periode war planmäßig verlaufen.

*) Später ſtellte es ſich heraus, daß dieſe Maßnahme offen⸗ bar überſtürzt entgegen den von oben kommenden Weiſungen ge— troffen war. Vgl. 29. Juli, I, A. 1.

28. Juli 1914.

I. Bis 10 Uhr abends eingegangene Nachrichten. A. Verhalten der Grenzwache.

1. Grenzkordons gegenüber Wilhelmsbrück, bei Filipowo, auf Bahnhof Grajewo, gegenüber Piſſakrug und in Gegend Gorzno zur Verſammlung ins Innere abgerückt. Stab der 10. Grenzwach-Brigade von Rypin nach Mlawa abmarſchiert.

2. Lazarette der Grenzwache in Rypin und Fili— powo aufgelöſt.

3. Pferdeaushebung im Grenzgebiet findet ſtatt gegenüber Schildberg, Kempen, Illowo und im Induſtrie⸗ gebiet gegenüber Königshütte. An mehreren Stellen werden keine Pferde mehr nach Deutſchland herübergelaſſen.

4. Familien der Offiziere und Beamten reiſen ab bei Piſſakrug, Grajewo und Mlawa. An mehreren Stellen unterbleibt dieſe bereits begonnene Maßnahme auf tele⸗ graphiſchen Befehl.

5. Kaſſe der Grenzwache wird bei Grajewo ins Innere gebracht.

6. Grenzverkehr an zahlreichen Stellen völlig geſperrt. f

7. Sprengkommandos (Pioniere) bei Kaliſch und Wirballen eingetroffen.

8. Eiſenbahnmaterial wird an mehreren Stellen jenſeits der Grenze zurückgehalten und ins Innere befördert.

B. Truppenverſchiebungen. 1. Garniſonen Suwalki und Grajewo von den Übungs⸗ plätzen zurückgekehrt. 5 2. Beſetzung des Bahnhofes Wirballen durch In⸗ - fanterie-Regiment 109 mit Koſaken und Artillerie erneut

5

gemeldet, Infanterie-Regiment 110 ſoll als weitere Ver- ſtärkung am 27. Juli eingetroffen fein. Bei Oſſowiez ſollen mehrere Regimenter Kavallerie verſammelt ſein. Prasnyſz ſoll ſtärker belegt ſein, bei Rypin hätten Koſaken bereits am 26. Juli Grenzſchutz übernommen.

3. Auf Warſchauer Bahnhöfen viel Militär feld— marſchmäßig zum Abtransport bereit. (Drei Meldungen.)

4. Bei Warſchau und Kowno ſteht Infanterie im Bahnſchutz.

5. Im Gebiet von Riga werden alle Waggons ent⸗ laden und der Militärverwaltung zur Verfügung geſtellt.

C. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. Einberufung von Reſerveoffizieren in ene (Militärattache, Petersburg.)

2. Vier Meldungen über Reſerviſteneinziehungen.

3. Feſtung Oſſowiez nach außen völlig abgeſchloſſen.

4. Unternehmer der ruſſiſchen Verpflegungsſtationen ſchon am 26. Juli angewieſen, alle Vorkehrungen zur Ver— pflegung größerer Truppenmaſſen zu treffen. Aus Warſchau werden Verpflegungsbeſtände nach auswärts gebracht.

5. Dünamünde mit Minen geſperrt. (Militärattaché, Petersburg.)

6. Rußland kauft alle Papiere, die es bekommen kann. Goldvorrat der Warſchauer Reichsbank wird weg— geſchafft. Wechſel auf polniſche Plätze werden nur unter Vorbehalt entgegengenommen.

D. Nachrichten bezüglich Mobilmachungsbefehl.

1. Kriegsminiſter Suchomlinow gab dem deutſchen Militärattaché am 26. Juli, abends, das Ehrenwort, daß noch keinerlei Mobilmachungsbefehl ergangen ſei. würden vorläufig lediglich Vorbereitungsmaßnahmen ge⸗ troffen, kein Reſerviſt eingezogen, kein Pferd ausgehoben.

3

Militärattahe iſt der Anſicht, daß Mobilmachung zwar noch nicht ausgeſprochen, aber ſehr weitgehende vor bereitende Maßnahmen getroffen ſeien.

2. Nach zahlreichen übereinſtimmenden Meldungen Mobilmachung in den europäiſchen Militärbezirken Ruß⸗ lands im Gange. Hierbei die Militärbezirke Odeſſa, Kiew, Warſchau öfters, jene von Wilna, Moskau und Peters— burg ſeltener genannt.

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Nachrichten ziehen ließen.

Das Zurückgehen der Grenzwache iſt wiederum an vereinzelten Stellen feſtgeſtellt worden. Es verdichten ſich die Meldungen über Pferdeaushebungen*) und Bereit— ſtellung rollenden Materials. Als ſicher kann die Auf ſtellung des militäriſchen Bahnſchutzes und die Einrichtung der Minenſperren in den Häfen gelten.

Ob ein Mobilmachungsbefehl ergangen iſt, iſt wiederum zweifelhaft geworden. Der Militärattache ſchränkt ſeine unter „27. Juli“ in Meldung D3 gegebene Auf⸗ faſſung wieder ein (D J).

III. deutſche Gegenmaßnahmen. Von deutſcher Seite wurde an dieſem Tage noch

7 keinerlei beſondere Maßnahme getroffen.

IV. was hatte ſich am 28. Juli in Rußland tatſächlich | ereignet?

Der dritte Tag der Kriegsvorbereitungs— periode war planmäßig verlaufen. |

5 Spätere Nachrichten aus dem beſetzten Gebiet haben er⸗ geben, daß Pferdeaushebungen bereits vom 26. Juli ab überall in einem Umfange ſtattfanden, der weit über das in der Verordnung über die Kriegsvorbereitungsperiode vorgeſchriebene Maß hinausging.

29. Juli 1914. I. Bis 10 Uhr abends eingegangene nachrichten. A. Verhalten der Grenzwache.

1. Rückmarſch der Grenzkordons an der oſt- und weſtpreußiſchen Grenze an einigen Stellen beſtätigt, an anderen Stellen hat die Grenzwache jedoch wieder die frühere Aufſtellung eingenommen. Von den Kordons in Gegend Thorn ſind vorläufig nur die Bagagen abgefahren. An der poſenſchen Grenze iſt nur die Grenzwache zu Fuß zurückgegangen.

2. In Herby und mehreren anderen Orten werden zur Ausfuhr aus Rußland beſtimmte Pferde nicht mehr über die Grenze gelaſſen. An mehreren Stellen der Grenze werden ab 29. Juli nachmittags keine Güter mehr nach Rußland angenommen. Gegenüber Skalmierzyce werden keine Päſſe mehr über die Grenze ausgeſtellt.

3. Am Bahnhof Grajewo werden durch Sappeure Minen gelegt. Bahnhof Alexandrowo millitäriſch beſetzt (dabei 20 Pioniere mit Sprenggerät). Bahnkörper öſtlich Skalmierzyce zur Zerſtörung vorbereitet.

B. Truppenverſchiebungen.

1. Garniſonen Czenſtochau, Bendzin, Radom und Kielce aus den Lagern zurückgekehrt.

2. Grenzſchutzdetachement Wirballen ſicher durch Infanterie-Regiment 110 und ein Dragoner- (oder Ko⸗ ſaken⸗?) Regiment verſtärkt. Hier werden Geſchützſtände und Schützengräben ausgehoben (drei Meldungen). Auch an verſchiedenen anderen Stellen der oſtpreußiſchen Grenze zwiſchen Suwalki und Schirwindt haben Armeetruppen den Grenzſchutz übernommen. Raczki am 29. Juli früh durch

Infanterie, Kavallerie und Artillerie beſetzt. Bei Mar⸗ jampol werden Maßnahmen zur Verpflegung größerer Truppenmaſſen getroffen. In Filipowo wird Quartier für 2000 Mann vorbereitet. Bei Grajewo und Dlottowen wurde Grenzwache anſcheinend durch Infanterie verſtärkt. Stärkere Kräfte bei Szezuzeyn verſammelt (zwei Miel- dungen) “).. In Mlawa am 29. Juli früh Huſaren-Regi⸗ ment 6**) und Teile zweier Infanterie-Regimenter ein⸗ gerückt. Nach unverbürgter Nachricht ſollen von Oſtrolenka Truppen zur Grenze marſchieren. Bei Brzesc (ſüdweſtlich Wlozlawek) ſtärkere Kräfte in der Verſammlung erneut beſtätigt.

3. Militäriſcher Bahnſchutz wurde an Strecken Komno— Wirballen, Warſchau —Kaliſch und an der War- ſchau— Wiener-Bahn beſtätigt, an den Bahnſtrecken nord- weſtlich Warſchau und bei Riga neu feſtgeſtellt.

4. Aus Warſchau rücken zahlreiche Truppen feld- marſchmäßig mit Feldfahrzeugen aus (wohl zum Bahn⸗ oder Grenzſchutz). Auf Kaliſcher Bahnhof in Warſchau wurde am 28. Juli mittags Militär verladen. Aus Riga iſt das Huſaren⸗Regiment 16 am 27. Juli abends nach der Grenze abgerückt (zwei Meldungen).

5. Truppen aus Odeſſa, 3 Regimenter aus Kiſchi⸗ new und erheblicher Teil der Truppen aus Kiew (7. und

*) Aus Fernſprüchen des 4. Don-Koſaken- Regiments aus Szezuczyn und des 4. Dragoner⸗Regiments aus Grajewo an das VI. Korps ergibt ſich, daß dieſe Regimenter am 28. Juli in obige Garniſonorte zurückgekehrt waren. (Akten des Generalgouverne— ments Warſchau Nr. 1097 vom 7. Juli 1916.)

**) Aus Fernſpruch Nr. 14 des XV. Korps an Generalquartier⸗ meiſter des Militärbezirks Warſchau ergibt ſich, daß das 6. Huſaren⸗ Regiment mit berittener Sappeurabteilung bereits am 27. Juli mittags in Mlawa eintraf. (Akten des Generalgouvernements Warſchau Nr. 1097 vom 7. Juli 1916.)

a

8. Eiſenbahn-Regiment, Infanterie-Regiment 166) an die öſterreichiſche Grenze abgegangen.

6. Rollendes Material wird überall von der Grenze nach dem Innern geſchafft.

C. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. Reſerviſten und Reichswehrleute werden nach Oſſowiez einberufen. An anderen Stellen im nordmelt- lichen Polen erhielten Reſerviſten nur Anweiſung, ſich bereit zu halten. In Odeſſa wurden am 27. Juli viele Reſerveoffiziere einberufen. In Moskau wurden in der Nacht 27./28. Juli Reſerviſten des 1. Huſaren-Regiments einberufen. Militärattaché hat ebenfalls Nachrichten, daß in verſchiedenen Reichsteilen Reſerviſten einberufen wurden.

2. Beurlaubte der Twer-Dragoner in Moskau haben am 28. Juli Befehl erhalten, ſofort zur Truppe zurück⸗ zukehren. Zahlreiche beurlaubte Offiziere fahren von Moskauer Bahnhöfen ab.

3. Pferdeaushebung findet im ganzen Gebiet der Gouvernements Warſchau, Kaliſch und Plozk ſtatt. Auch bei Petersburger Truppenteilen ſollen nach glaubwürdigen Nachrichten Pferde eingeſtellt ſein.

4. Kriegszuſtand in Grodno (hier wird an Fejtungs- werken gearbeitet) und Dünamünde.

5. Minenſperrung der Hafeneinfahrt von Riga durch zwei Meldungen erneut beſtätigt. Bei Helſingfors und Dünamünde Leuchtfeuer gelöfcht*). Fahrt in finniſchen Schären zwiſchen Hangö—Helſingfors verboten. Ruſſiſche Marineoffiziere reiſen am 29. Juli von Danzig ab.

6. Bei Myslowitz kommen 40 ruſſiſche Deſerteure über bie: 8

x) Aus einer ſpäteren Nachricht wurde bekannt daß Hafen | und Kriegsſchiffe in N am 28. Juli in 8 We | wurden. N a

.

D. Meldungen bezüglich Mobilmachungsbefehl.

1. In Moskau am 28. Juli abends Mobilmachung angeblich im Gange. Es heißt auch in Kiew, Warſchau und Wilna. In Moskau ſollen im ganzen drei Regi— menter mobiliſiert ſein.

2. Am 28. Juli abends Meldung aus Petersburg, daß Gerüchte ſich verdichten, daß Militärbezirke Kiew, Warſchau, Odeſſa, Moskau Mobiliſierungsbefehl erhielten, in Militärbezirken Wilna, Petersburg, Kaſan Vorbereitungen im Gange ſeien.

3. Generalſtabschef General Januſchkewitſch eröffnete dem deutſchen Militärattahe am 29. Juli 3 Uhr nach- mittags, der Kriegsminiſter habe ihn beauftragt, nochmals zu beſtätigen, daß alles wie vor drei Tagen geblieben ſei. Er gab ſein Ehrenwort in feierlichſter Form, daß bis zur Stunde nirgends Einziehung eines einzigen Mannes oder Pferdes erfolgt ſei.

„In Anbetracht der poſitiven und zahlreichen Nach— richten über erfolgte Einziehungen muß ich das Geſpräch als einen Verſuch der Irreführung über den Umfang der bisherigen Maßnahmen halten.“ (Militärattaché Peters— burg.)

4. Für Militärbezirke Odeſſa, Kiew, Warſchau Mobil— machungsbefehl ergangen, aber noch Nicht veröffentlicht.

5. Reuters Bureau erfährt, daß am 28. Juli abends im Süden und Südweſten Rußlands eine teilweiſe Mobil- machung angeordnet iſt.

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Nachrichten ziehen ließen.

Die planmäßige Abſperrung der Grenze ſchreitet weiter fort. Dagegen wird die Zurücknahme der Grenz— wache an mehreren Stellen wieder rückgängig gemacht. Dies kann als Beſtätigung dafür gelten, daß der eigent⸗

liche Mobilmachungsbefehl, wenigſtens an der deutſchen Grenze, noch nicht erlaſſen iſt (. 27. Juli, II, 1. Abſatz).

Die Nachrichten über Aufſtellung aktiver Truppen im Grenzſchutz verdichten ſich. Außer bei Wirballen ind anſcheinend auch bei Szezuczyn, Mlawa, Brzesc (ſüd⸗ weſtlich Wlozlawek) und Kaliſch Detachements in der Bil- dung begriffen.

Auch die von mehreren Stellen erneut gemeldete Einberufung von Reſerviſten und Aushebung von Pferden laſſen die Lage weſentlich ernſter erſcheinen.

Die unter D angeführten allgemeinen Nachrichten laſſen ebenfalls den Schluß zu, daß der eigentliche Mobil- machungsbefehl zwar noch nicht ergangen iſt, die geheimen militäriſchen Vorbereitungen Rußlands jedoch ſchon weit fortgeſchritten ſind.

III. Deutſche Gegenmaßnahmen. Maßnahmen von deutſcher Seite an dieſem Tage: a) 1 Uhr nachmittags Befehl zur Rückbeförderung der

| Truppen von den Übungsplätzen in die Standorte.

b) 10.40 Uhr abends Befehl zur Rückberufung der Urlauber.

c) 11.30 Uhr abends Befehl, daß die gefährdeten Eiſenbahnſtrecken durch aktive Truppen zu bewachen ſeien. s i

d) 11.30 Uhr abends Befehl zum Beginn des Ausbaues von Armierungsſtellungen auf fiskaliſchem Gelände.

Die Ausführung der Befehle erfolgte entſprechend ſpäter bei b, e und d erſt am 30. Juli.

IV. Was hatte ſich am 29. Juli in Rußland tatſächlich ereignet? Anlage 4. Der vierte Tag der Kriegsvorbereitungs— periode war planmäßig verlaufen.

1

Am Abend wurde der Allerhöchſte Befehl gegeben, demzufolge ſämtliche Reſerviſtenjahrgänge für die Militärbezirke Odeſſa, Kiew, Moskau und Kaſan, ſowie für die Flotte einberufen wurden. Außerdem wurden in den genannten Militärbezirken Pferde und Wagen ausgehoben.

30. Juli 1914. I. Bis 10 Uhr abends eingegangene Nachrichten. A. Verhalten der Grenzwache.

1. Militärfamilien reiſen, wie einwandfrei feſtgeſtellt, aus Grajewo, Mlawa und bei Gollub, die Gouvernements— und Kreisverwaltung aus Kaliſch ab.

Gegenüber Thorn halten Grenzwachoffiziere Anſprachen an die Truppe, in denen ſie Preußen die Schuld am Kriege geben.

Gegenüber der öſterreichiſch— Ange e Grenze ſteht Grenzwache noch, hat aber Bagagen abgeſchoben.

2. Grenze geſperrt: bei Eydtkuhnen am 30. Juli, 7 Uhr abends,“) bei Kaliſch und Thorn am 30. Juli, früh.

3. Vorbereitung zur Zerſtörung der Bahn öſtlich Skalmierzyee und Vorhandenſein von Spreng— kommandos in Alexandrowo und bei Herby erneut be— ſtätigt. .

B. Truppenverſchiebungen.

1. In unmittelbarer Nähe der Grenze ſind feſtgeſtellt: Huſaren-Regiment 16 (aus Riga) in Libau, 3. Kapallerie-Divifion von Jurborg bis ſüdlich Wir- ballen, 2. Kavallerie⸗Diviſion cle ſüdlich bis

0) Spätere Meldung beſagt, daß bier 5 Perſonenverkehr

noch am 31. Juli mittags beſtand.

1

gegenüber Marggrabowaz; vorläufig ſchwächere Truppen aller Waffen bei Raczki beſtätigt; Teile des 18. Schützen⸗ Regiments in Filipowo; Teile der 4. Kavallerie-Diviſion im Marſch von Bjalyſtok zur Grenze ſicher be— obachtet. In Szezuczyn bisher nur das 4. Dragoner- Regiment (Friedensgarniſon). In Mlawa außer Teilen der Infanterie-Regimenter 7 und 8 das Huſaren-Regi⸗ ment 6 erneut beſtätigt.

Garniſon Wlozlawek (15. Hufaren-, 3. Ulanen- Regiment, 20. reitende Batterie) kriegsmäßig marſchbereit. Andere Meldung beſagt, daß dieſe Truppen durch zwei weitere Kavallerie-Regimenter und eine reitende Batterie verſtärkt ſeien.

Eintreffen des 3. Schützen⸗Regiments von Rob mit Bahn in Kaliſch beftätigt (drei Meldungen)*). In Czen⸗ ſtochau wurde das 7. Schützen-Regiment (Friedens⸗ garniſon), außerdem das 14. Don⸗Koſaken⸗Regiment aus Bendzin dort feitgeftellt**).

Bei Soſnowice Grenzwache durch eine Kompagnie verſtärkt.

2. In der Nacht 27./28. Juli wurde in Warſchau das Infanterie-Regiment 32, in Skierniewice das Infanterie-Regiment 31 nach Soſnowice verladen. Von Warſchau und Iwangorod gehen Truppentransporte (dar⸗ unter 36 Geſchütze) zur öſterreichiſchen Grenze. Zweite

*) Aus Meldung des XIV. Korps an den Militärbezirk Warſchau ergibt ſich, daß das II. Bataillon des 3. Schützen⸗Regiments am 30. Juli in Kaliſch eintraf. (Akten des Generalgouvernements Warſchau Nr. 1097 vom 7. Juli 1916.)

**) Nach Fernſpruch des XIV. Korps an den Militärbezirk Warſchau traf außer den in Czenſtochau garniſonierenden Teilen der 14. Kavallerie⸗ Diviſion (14. Huſaren und 23. reitende Batterie) auch das 14. Don⸗ Koſaken⸗Kegiment am 30. Juli dort ein. (Akten des General- gouvernements Warſchau Nr. 1097 vom 7. Juli 1916.)

Brigade der 8. Infanterie⸗Diviſion von Warſchau nach Lomza abgegangen. In Warſchau treffen zahlreiche Truppentransporte aus dem Innern ein.

Am 28. Juli, mittags, ſtarke Truppentransporte durch Kiew. Andere Nachrichten beſagen, daß die 9. Infanterie— Diviſion ſeit dem 29. Juli von Poltawa nach Kiew be— fördert wird. Entgegen mehreren anders lautenden Mel— dungen ſtellt der Militärattaché in Petersburg feſt, daß bis 30. Juli noch keine Truppen von Petersburg ab—

befördert wurden.

3. Militäriſcher Bahnſchutz an Bahn Warſchau Alexandrowo, Warſchau —Skierniewice (L.⸗G.⸗Regiment Litauen), Skierniewice —Soſnowicſe (L.-G.-Regiment Kexholm und Orenburg-Koſaken), Iwangorod —Kielce (5. Schützen⸗Regiment).

4. Rollendes Material wird weiter aus Grenz gebiet ins Innere gebracht. Warſchauer Bahnhöfe und Bahnhof Landwarowo (weſtlich Wilna) mit Leerzügen

überfüllt. 5. Dampfer zum Truppentransport in Finnland ge= chartert.

C. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. Junkerſchule Wilna aufgelöſt.

2. Armierung und Verproviantierung der Feſtungen Oſſowiez, Lomza, Pultuſk und Nowogeorgiewſk ſicher beobachtet.

3. Allgemeine Reſerviſteneinziehung zunächſt noch nicht feſtgeſtellt. Dagegen werden den Wehrpflichtigen die Grenzkarten abgenommen. Am 29. Juli arbeiten noch

ruſſiſche Reſerviſten auf ſchleſiſchen Gruben. Erſt ſpät

abends ſichere Nachricht, daß am 30. Juli früh in Moskau Reſerviſten aller Jahrgänge lernen wurden.

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4. Pferdeaufkäufe feſtgeſtellt: bei Tauroggen, Su⸗ walki, Raczki, gegenüber ganzer weſtpreußiſcher, poſenſcher und ſchleſiſcher Grenze.

Pferdeeinfuhr aus Rußland an ganzer Grenze verboten.

5. Kaſſen aus Wlozlawek in der Nacht 28. Juli nach Warſchau, aus Auguſtow und Bjalyſtock am 28. Juli nach Moskau abgeſandt, Reichsbankſtelle Kowno nach Luga verlegt. Sparkaſſen und Reichsbankſtellen in Czenſtochau und Soſnowice geſchloſſen, Gelder nach dem Innern weg— gebracht. Die Lodzer Filiale der Reichsbank eskomptiert nicht mehr Wechſel auf Polen. Das Archiv des Militär⸗ bezirks Warſchau wurde nach Wilna gebracht.

6. An ganzer ruſſiſcher Oſtſeeküſte Feuer gelöſcht. Dem Dampfer Prinz Eitel Friedrich wurde beim Einlaufen in den Petersburger Hafen die Funkenſtation abgenommen. Beſtätigung der Minenſperre bei Riga und Dünamünde.

D. Meldungen bezüglich Mobilmachungsbefehl.

1. Mobilmachung für Moskau, Odeſſa, Kiew und— Warſchau mit, für Petersburg und Wilna ohne Reſerve— einziehungen RETTEN

2. Kriegszuftand*) joll am 29. Juli abends, bzw. in der Nacht 29./30. Juli in Libau, Suwalki, Grodno, Wilna und Petersburg verkündet worden ſein. In Petersburg ſoll J. A.⸗K. Mobilmachungsbefehl am 29. Juli nachmittags, die Flotte am 30. Juli 2 Uhr vormittags,

*) Die Meldungen laſſen nicht einwandfrei erkennen, ob es ſich um Verkündigung des Kriegszuſtandes oder bereits um den eigent- lichen Mobilmachungsbefehl handelt. Es ſcheint, daß in einzelnen Orten der zunächſt vertraulich bekanntgegebene Mobilmachungsbefehl vorzeitig veröffentlicht wurde. So iſt ſpäter aktenmäßig feſtgeſtellt worden, daß er in den Kreiſen Lukow und Grodzisk bereits am 29. Juli angeſchlagen wurde. f

die 37. Infanterie-Diviſion am 30. Juli nachmittags er— halten haben.

In Warſchau ging das Gerücht, daß der Mobil— machungsbefehl am 30. Juli 12 Uhr mittags veröffentlicht werden ſolle, jedoch unterblieb die Veröffentlichung. In Kaliſch wurde er Mitternacht 29./30. Juli ausgegeben, dann aber wieder zurückgezogen.

Nach ſicherer Nachricht vom 29. Juli aus Moskau ſoll hier der Mobilmachungsbefehl am 30. Juli beſtimmt ver— öffentlicht werden. |

3. Meldung aus Petersburg am 30. Juli früh*), daß der Mobilmachungsbefehl für die Militärbe— zirke Odeſſa, Kiew, Moskau und Kaſan veröffent— licht wurde, noch nicht aber für die Militärbe— zirke Wilna, Petersburg und Warſchau.

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Nachrichten ziehen ließen.

Im Verhalten der Grenzwache iſt keine mejent- liche Anderung feſtzuſtellen. Eine allgemeine Räumung der Grenze iſt noch nicht erfolgt.

Die Bildung von Grenzſchutzdetachements ſchreitet jedoch weiter fort. Außer dem am Vortage ermittelten ſcheint ein weiteres bei Soſnowice zuſammenzutreten. Neu und für das eigene Grenzgebiet bedrohlich ſind die Nach— richten über Zuſammenziehung der Kavallerie— Diviſionen. Die 2. und 3. Kavallerie-Diviſion ſtehen bereits mit Vortruppen dicht an der Grenze, die 4. iſt anſcheinend im Begriff, ſich bei Grajewo—Szezuczyn, die 15. bei Wlozlawek und die 14. bei en zu ver⸗ ſammeln. |

) Bereits am 29. Juli abends war die amtliche Mitteilung der ruſſiſchen Regierung darüber eingegangen. (S. Weißbuch Seite 7.) Rußlands Mobilmachung. 3

8

u ee

Stärkere Truppentransporte laufen aus Innerrußland nach dem Grenzgebiet“).

Die allgemeine Mobilmachung für die Militär⸗ bezirke Odeſſa, Kiew, Moskau und Kaſan iſt am 29. Juli abends veröffentlicht worden. Aber auch aus zahlreichen Orten der Militärbezirke Petersburg und Wilna liegen vorläufig zwar noch unbeſtimmte Meldungen vor, daß die Mobilmachung auch dort befohlen wurde. Im Militär- bezirk Warſchau ſcheint ſie unmittelbar bevorzuſtehen.

III. Deutſche Gegenmaßnahmen.

Von deutſcher Seite wurde bei einigen Grenzkorps mit der Aufſtellung des Grenzſchutzes begonnen. Auch für die Flotte wurde „Sicherung“ befohlen. Außerdem wurde der Beginn der Armierungsarbeiten an den Grenzfeſtungen angeordnet. Beurlaubte Offiziere des Generalſtabes wurden zurückberufen.

IV. Was hatte ſich am 30. Juli in Rußland tatſächlich ereignet? Der fünfte Tag der Kriegsvorbereitungs— periode war planmäßig verlaufen. Darüber hinaus wurden in den ſüdlichen und zentralen Militärbezirken

Er Daß bereits vor oder bei Ausbruch der Mobilmachung zahlreiche Truppenteile ob mobil oder immobil, bleibt dahinge— ſtellt aus den Garniſonen zur Grenze abbefördert wurden, iſt durch zahlreiche Gefangenenausſagen einwandfrei feſtgeſtellt. Aus dem bisher hierüber bearbeiteten Material ergibt ſich folgendes:

Es wurden aus ihren Garniſonen abbefördert:

am 23., 25. und 29. Juli je 1 Truppenteil

- 24. Juli 2 verſchiedene Truppenteile „26. und 27. Juli je 5 . .

28. Juli 4 .

30. Juli 18 . -

31. Juli 35 z -

PR: ;

Odeſſa, Kiew, Moskau und Kaſan jeit dem Morgen ſämtliche Jahresklaſſen der Reſerven einberufen, ſowie Pferde und Fahrzeuge ausgehoben. Damit wurden in dieſen Militärbezirken die letzten Maßnahmen zur Beendigung der Mobilmachung der aktiven Ver— bände getroffen und mit der Aufſtellung der Reſerve— Diviſionen und Koſaken-Regimenter zweiten und dritten Aufgebots begonnen.

Der Befehl für die allgemeine Mobilmachung wurde nachmittags von Petersburg erlaſſen. Er rief in ſämtlichen Militärbezirken des europäiſchen und aſiatiſchen Rußlands nicht nur alle Reſervejahrgänge, ſondern auch die Reichswehr erſten Aufgebots zu den Fahnen.

Der 31. Juli wurde als erſter Mobilmachungs— tag feſtgeſetzt. |

Der Grund, weshalb man bis zum 5. Tage der Kriegsvorbereitungsperiode, dem 30. Juli, mit der Heraus— gabe des allgemeinen Mobilmachungsbefehls gewartet hatte, war offenbar der:

Der Erlaß des allgemeinen Mobilmachungs— befehls mußte zweifellos die Mobilmachung Deutſchlands im Gefolge haben. Man wollte daher die im geheimen ſich vollziehenden Maßnahmen der Kriegsvorbereitungs— periode erſt voll zur Durchführung kommen laſſen. Aus dem gleichen Grunde erließ man den Mobilmachungs— befehl vom 29. Juli abends (ſ. Anlage 4) in der ver- ſchleierten Form einer Teilmobilmachung gegen Oſterreich—

Ungarn, begann aber tatſächlich gleichzeitig mit der Auf— ſtellung der zentralruſſiſchen Reſerve-Diviſionen, die ebenſo zur Verwendung gegen Deutſchland in Frage kamen.

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Anlage 4.

31. Juli 1914. I. Bis 12 Uhr mittags eingegangene Nachrichten. A. Verhalten der Grenzwache.

1. Soeben drei Grenzwachkordons gleichzeitig ange— zündet. | 2. Kordonhäuſer bei Slupzy brennen ſeit 30. Juli 10 Uhr abends.

3. Zahlreiche Kordonhäuſer brennen.

4. Eiſenbahnbrücke bei Graniza heute 2 Uhr nachts in die Luft geſprengt. Südlich Kreuzburg geht Grenz— wache ins Innere zurück. (Garn.⸗Kdo. Kattowitz, an 7 Uhr vormittags.)

5. 14. Grenzwach-Brigade anſcheinend zum Bahn— ſchutz abmarſchiert.

6. Grenzwache gegenüber Thorn teilweiſe nach Demo— lierung der Kordons abmarjchiert.

7. 11., 12. und 13. Grenzwach-Brigade über Nacht abmarſchiert.

B. Truppenverſchiebungen.

1. Aus Kowno ſind die Infanterie-Regimenter 109, 110 und 111 ſowie Dragoner— He ing 3 zum Grenze ſchutz ausgerückt.

2. Stärkere Kräfte bei Grodno und Oſowiez in der Verſammlung.

3. Ruſſiſche Kavallerie⸗ Patrouillen haben bei Schönſee, Fort Balk und Rucak die Grenze überſchritten.

4. Verſammlung der 15. Kavallerie-Diviſion durch Abmarſch des 15. Dragoner-Regiments von Plogzk beſtätigt. Von Warſchau ſollen Truppen in Richtung Wlozlawek marſchieren.

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5. Von Baku 28. Juli Truppentransport mit Bahn nach dem Innern Rußlands.

. €. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. In Petersburg werden Arbeiter für proviſoriſche eee der Hauptſtadt angeworben.

2. In Nieſzawa, gegenüber Thorn, wurde ein Kahn mit 6000 Ztr. Getreide (für Danzig beſtimmt), ferner in Abo (Finnland) ein für Lübeck beſtimmter Getreidedampfer und in Riga Dampfer Renate feſtgehalten.

3. In Warſchau empfing e e am 30. Juli Munition.

D. Meldungen bezüglich Mobilmachungsbefehl.

1. Oberamtmann aus Goldenau hat ſchriftlichen Bes fehl in Händen, wonach ruſſiſche Mobilmachung für heute früh 7 Uhr bei Rajgrod angeordnet iſt.

2. In Mlawa nachts rote Plakate angeſchlagen, wo— durch ſämtliche Jahrgänge einberufen (angeblich nur für Gouvernement Plozk). In Bjalyſtock geſtern 5 Uhr nach— mittags, in Grajewo 12 Uhr Mitternacht Mobilmachung ausgeſprochen. Meldungen werden aus mehreren anderen

Orten gegenüber Allenſtein beſtätigt. | 3. In Herby rote Plakate angejchlagen, durch welche die Mobilmachung für 12 Uhr mitternachts angeordnet.

4. Mobilmachungsbefehl im Militärbezirk Warſchau geſtern, 7 Uhr abends, erlaſſen.

5. Mobilmachungsbefehl in Otlotſchinek und Wlozlawek angeſchlagen.

6. Einberufung von Reſerviſten in Weruſchow und mehreren anderen Orten beſtätigt.

7. Botſchafter, Petersburg drahtet: Die allgemeine Mobilmachung der Armee und Flotte iſt Nee Erſter Mobilmachungstag der 31. A

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II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Nachrichten ziehen ließen.

Auch im deutſchen Grenzgebiet (Militärbezirk Warſchau und Wilna) iſt die Mobilmachung öffent— lich ausgeſprochen worden. Als unzweifelhafte Be— weiſe dienen:

1. Zurückgehen der Grenzwache an der ganzen Grenze, unter teilweiſer Zerſtörung der Kordonhäuſer; 2. Anſchlagen des Mobilmachungsbefehls (rote Plakate) in zahlreichen Orten des Grenzgebiets. An drei Stellen wurden deutſche Schiffe feſtgehalten, bei Thorn von ruſſiſchen Patrouillen die Grenze über— ſchritten.

III. Deutſche Gegenmaßnahmen.

Von deutſcher Seite wurde darauf 1 Uhr nach- mittags der Zuſtand drohender Kriegsgefahr gage ordnet. |

IV. Nachrichten, die von 12 Uhr mittags bis 11 Uhr abends einliefen.

A. Verhalten der Grenzwache.

1. Grenzwache an der Grenze des Roſenberger und Beuthener Kreiſes unter teilweiſer Abbrennung der Kor⸗ dons zurückgegangen.

2. Grenze bei Soſnowice und Herby mittags noch nicht von der Grenzwache geräumt. Kordons jedoch auch hier teilweiſe verbrannt.

3. Brücke über die Przemſza öſtlich Myslowitz geſprengt.

B. Truppenverſchiebungen. 1. Dragoner-Regiment 4 (aus Grajewo) und Grenz⸗ wache verſammeln ſich bei Szezuczyn.

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2. Von Lomza marſchieren Truppen auf Grajewo.

3. Infanterie-Regiment 22 aus Oſtrolenka nach Lomza abgegangen.

4. 13. Kavallerie-Diviſion anſcheinend um Sieradz, 14. Kavallerie-Diviſion um Czenſtochau in Verſammlung.

5. Starkes Detachement bei Czenſtochau-Herby.

6. In Soſnowice und Bendzin ſollen Infanterie und Artillerie ſtehen.

7. Außerdem allgemeinere Nachrichten über Truppen— verſchiebungen von Warſchau nach der öſterreichiſchen Grenze, aus dem Innern nach Grodno und nach Auguſtow.

8. Sicherheitsbeſatzungen der Feſtungen Oſſowiez und Nowogeorgiewsk ſtehen. |

C. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. Einberufung der Reſerviſten und Reichswehr erſten Aufgebots bis zum 43. Jahr wird von allen Nachrichten- ſtellen einwandfrei beſtätigt. Überall ſind angeſchlagen: rote Zettel Mobilmachungsbefehl), blaue Zettel (Einberufung der Reichswehr erſten Aufgebots) und weiße Zettel (Befehl über Pferdegeſtellung). Erſter Mobilmachungstag iſt der 31. Juli. |

2. Zahlreiche Überläufer kommen über die weſt— preußiſche Grenze.

3. Sämtliche ruſſiſchen Torpedoboote, U-Boote und Flieger haben Libau verlaſſen. Häfen von Helſingfors und Riga für Privatverkehr geſchloſſen.

V. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Nachrichten ziehen ließen.

Das Zurückgehen der Grenzwache, die Verſammlung der 4. und 14. Kavallerie⸗Diviſion, ſowie der Grenzſchutz⸗ detachements Czenſtochau und Soſnowice werden beſtätigt. Neu gemeldet wird die Verſammlung der 13. Kavallerie⸗

Diviſion bei Sieradz. Die Truppentransporte aus dem Innern des Reiches an die Grenze dauern an.

VI. Was hatte ſich am 51. Juli in Rußland tatſächlich ereignet?

Seit dem Morgen wurde in den ſüdlichen und zen— tralen Militärbezirken außer den bereits ſeit dem 30. Juli früh einberufenen Reſervejahrgängen auch die Reichswehr erſten Aufgebots einberufen. In den nördlichen und ſibi— riſchen Militärbezirken wurden frühmorgens ſämtliche Jahr- gänge der Reſerve und Reichswehr erſten Aufgebots ein- gezogen. er

Im übrigen verlief im ganzen Reich der erſte Mobilmachungstag planmäßig.

1. Auguſt 1014.

I. Nachrichten, die bis 5 Uhr nachmittags einliefen. | A. Verhalten der Grenzwache. 8

1. Überall iſt die Grenzwache zurückgezogen. Auch an der ganzen öſterreichiſch-ungariſchen Grenze ſind die Grenzwachbrigaden durch reguläre Truppen abgelöſt. 2. j | ſowie bei Grajewo feſtgeſtellt.

B. Truppenverſchiebungen.

1. Hauptkräfte des III. Korps bei und weſtlich Ko wno verſammelt. Teile Richtung Jurborg abmarſchiert. Garniſon Dwinsk (zum III. Korps gehörig) wurde bereits am 28. Juli abends zum größten Teil mit der Bahn ab- befördert.

2. Bei Auguſtow mehrfach ſtarke eee und Artillerie gemeldet.

3. In Szezuczyn außer zwei Kavallerie— Regimentern auch Infanterie und Artillerie, in Kolno ſtärkere Infanterie

8

in der Verſammlung. Regimentsnummern 13, 14, 23 und 24 (aus Lomza und Oſtrow) erkannt.

4. Bei Ciechanow Schanzarbeiten und Artillerie in Stellung.

5. Bei Wlozlawek ſoll Infanterie aus Warſchau eingetroffen ſein.

6. In Kaliſch wurde Artillerie ausgeladen.

7. An der Strecke Kielce —Iwangorod ſtärkere Kräfte in Verſammlung. Von Iwangorod nach Warſchau laufen ſeit 31. Juli mittags unaufhörlich Leerzüge in Richtung Warſchau.

8. Teile der 2. Garde-Diviſion ſollen bereits von Petersburg nach Kurland befördert ſein.

9. Fortwährende Truppentransporte von Kiew nach Weſten, ſowie in der Nacht 28./29. Juli auf der Strecke Wjasma Smolensk Breit Warſchau. Am 30, Juli mehrere Militärzüge auf der Fahrt von Moskau nach Smolensk.

C. Sonſtige auffallende Maßnahmen.

1. Grenzverletzungen:

a) Generalkommando VI meldet am 31. Juli abends: Heute nachmittag ein Flugzeug bei Pr. Herby, an— ſcheinend ruſſiſch, geſichtet. Heute, 10 Uhr abends, drei Flugzeuge vom Turmpoſten nördlich Breslau geſichtet. | 3 II. /Snfanterie - Regiment 156 und Regiment

Jäger zu Pferde 11 melden übereinſtimmend: Am 31. Juli, 10 Uhr abends, überfliegen bei Neuduck zwei Flugzeuge von Rußland nach Deutſchland die Grenze.

c) Generalkommando V meldet am 1. Auguſt: 3 Uhr

nachmittags zwei Koſakenpatrouillen öſtlich Sie—

| mianice, Kreis Kempen, feſtgeſtellt. |

2. Eifrige Armierungsarbeiten bei een 15

b

II. Schlüſſe, die ſich damals aus den eingegangenen Nachrichten ziehen ließen. In der Nähe der Grenze ſind bisher feſtgeſtellt:

a) Im Raum zwiſchen Njemen unterhalb Kowno und Auguſtow ausſchließlich: 3. und 2. Kavallerie-Diviſion, dahinter III. Korps mit Hauptkräften bei Kowno, mit ſtarken, gemiſchten Detachements bei Wirballen, Suwalki und Raczki.

b) Im Raum ziſchen Auguſtow einſchließlich und der unteren Weichſel: Je ein Detachement aller Waffen bei Auguſtow, Kolno, Szezuczyn und Mlawa-Ciechanow. Bei Szezuczyn außerdem die 4. Kavallerie-Diviſion, bei Mlawa-Ciechanow wahrſcheinlich die 6. Kavallerie-Diviſion.“)

c) Im Raum zwiſchen unterer Weichſel und öſterreichiſcher Grenze: 15. Kavallerie-Diviſion bei Wlozlawek, 13. Kavallerie-Diviſion bei Sieradz, 14. Kavallerie⸗Diviſion bei Czenſtochau, je ein Detachement bei Wlozlawek, Kaliſch, Czenſtochau und Soſnowice. Dahinter zwiſchen Kielce-Iwan— gorod Kräfte in der Verſammlung.

Es war als ſicher anzunehmen, daß die ruſſiſche Armee bei Ausſpruch ihrer Mobilmachung bereits den größten Teil ihrer Kriegsvorbereitungen im geheimen vollzogen hatte. Seit geſtern (31. Juli) Morgen war die offizielle Mobilmachung im Gange und ſieben Kavallerie Diviſionen ſowie zahlreiche ſtärkere gemiſchte Detachements in unmittelbarer Nähe der Grenze in der Verſammlung, die jeden Augenblick in deutſches Gebiet einfallen konnten. Aus Innerrußland rollten bereits ſeit Tagen zahlreiche

*) Gefangene des Dragoner-Negiments 6 dieſer Diviſion geben | an, daß ihr Regiment bereits am 29. Juli aus der Garniſon Oſtro— lenka an die Grenze nach Myſsyniec ausrückte.

| |

a

Truppentransporte in das Grenzgebiet. An vier Stellen war die Grenze von feindlichen Patrouillen, an mehreren Stellen von feindlichen Flugzeugen überſchritten worden.

II. Deutiche Gegenmaßnahmen. Seine Majeſtät der Kaiſer entſchloß ſich daher am 1. Auguſt, 5 Uhr nachmittags, den Mobilmachungsbefehl zu erlaſſen.

Schlußwort.

Die jahrelangen Rüſtungen Rußlands vor dem Kriege gingen darauf aus, ſeine Millionen⸗Armeen ſchon im Frieden auf einen ſolchen Stand der Kriegsbereit⸗ ſchaft zu bringen, daß an dem Tag, an dem der Zar die allgemeine Mobilmachung anordnete, ſich ſofort die gewaltige Flut aus Oſteuropa und Aſien über Oſt⸗ preußen ergießen konnte. Die Vorbereitungen auf den Krieg ſtehen unter dem leitenden Gedanken, die Maß⸗ nahmen der Mobilmachung ſchon im Frieden vorweg⸗ zunehmen.

Die Friedensſtärken, die die ruſſiſche Re⸗ gierung veröffentlichte, ſtanden nur auf dem Papier. In Wirklichkeit hatte Rußland ſchon im Winter 1912/13 und im Winter 1913/14 infolge der Zurück⸗ haltung des ausgedienten Jahrgangs faſt / Million mehr unter den Fahnen. Der erhöhte Mannſchaftsſtand wurde auch nach der im Frühjahr 1914 erfolgten teil⸗ weiſen Entlaſſung des alten Jahrgangs dadurch auf⸗ recht erhalten, daß ſowohl das Rekrutenkontingent wie ganz beſonders die Zahl der Übungsmannſchaften beträchtlich geſteigert wurde. Während noch 1911 456 000 Reſerviſten und Reichswehrleute eingezogen wurden, betrug ihre Zahl im Jahre 1914 890 000 Mann,

1

alſo das Doppelte. Die in den Monaten April Mai 1914 angeblich zu „übungen“ eingezogenen Mann⸗ ſchaften wurden bis zum Kriegsausbruch unter den Fahnen zurückbehalten. Rußland hatte ſomit im Sommer 1914 mehrere hunderttauſend, wahr: ſcheinlich ½ Million Mannſchaften mehr ver- fügbar, als die etatsmäßige Friedensſtärke betrug. f | Hand in Hand mit der Vermehrung der aftiven Truppen gingen Ankäufe großen Stils von Pferden, Verpflegungsbeſtänden und Kriegsmaterial aller Art. Die Probe- und Köontrollmobilmachungen gaben den Truppenbefehlshabern die Mittel, um weitere Kriegs⸗ vorbereitungen zu treffen. Hiervon haben ſie in den Julitagen 1914 in einem noch gar nicht feſtzuſtellenden Umfange Gebrauch gemacht, ſo daß ſchon vor der am 26. Juli beginnenden Kriegsvorbereitungsperiode viele Truppenteile auf vollen Kriegsfuß gebracht waren. Dieſe auf einen baldigen Krieg hinzielenden Maß⸗ nahmen ſuchte man durch falſche amtliche Angaben, durch ſcharfe Zenſurmaßnahmen ſowie durch Erſchwerung des Grenz⸗ und Reiſeverkehrs geheim zu halten. Waren ſomit bis zum Juli 1914 ſchon gewaltige militäriſche und wirtſchaftliche Kräfte Rußlands in ſteter Arbeit zu einem großen Teile mobil gemacht, ſo brachte die am 26. Juli in Kraft tretende „Kriegs— vorbereitungsperiode“ nunmehr endgültig ſämtliche aktiven Truppen des europäiſchen Rußlands auf Kriegsfuß. Mit der Armierung der Feſtungen wurde begonnen. Der Bahnſchutz wurde im ganzen Reich geſtellt. Das rollende Material der Eiſenbahnen wurde aus dem Grenzgebiet entfernt, die Familien von Militärperſonen wurden ins Innere zurückgeführt. Der Kriegsnachrichtendienſt, die Kriegs⸗

A,

zenſur und verſchärfte Spionageabwehr traten in Kraft. Die Grenze wurde faſt hermetiſch abgeſchloſſen.

Hinter dieſem Schleier und hinter dem „unter dem Deckmantel von Übungen“ aufgeſtellten Grenzſchutz vollzog ſich tatſächlich nichts anderes, als eine Mobil⸗ machung der geſamten aktiven Streitkräfte des euro⸗ päiſchen Rußlands. An der vollen Kriegsſtärke fehlten nur noch einige Mannſchaften und ein Teil der Pferde.

Auf das aſiatiſche Rußland brauchte die „Kriegs⸗ vorbereitungsperiode“ nicht ausgedient zu werden; waren doch die in Sibirien ſtehenden Armee⸗ korps ſeit dem oſtaſiatiſchen Kriege auf an- nähernd voller Kriegsſtärke geblieben.

Auch an der Küſte begannen am 26. Juli ernſte Mobilmachungs vorbereitungen. Die für militäriſche Zwecke beſtimmten Handelsſchiffe wurden zurückgehalten, Minenſperren gelegt. | Die ruſſiſche Kriegsbereitſchaft ſteigerte ſich ſomit ſeit dem 26. Juli Tag für Tag in immer bedrohlicherem Maße. Deutſchland beſchränkte ſich dieſer Gefahr gegenüber auf ganz vereinzelte Sicherungsmaßnahmen, unterließ aber, im Beſtreben, den Frieden zu erhalten, peinlich jede Maßnahme, die als Vorbereitung der Mobilmachung hätte gedeutet werden und daher zu Gegenmaßregeln Veranlaſſung geben können.

Unter Ausnutzung der deutſchen Friedensbereit⸗ ſchaft unternahm Rußland am 29. Juli einen weiteren Schritt, um ſich einen Vorſprung in der Mobilmachung zu ſichern. Am Abend des 29. Juli wurde der Allerhöchſte Befehl gegeben, demzufolge ſämt⸗ liche Reſerviſtenjahrgänge für die Militär⸗ bezirke Odeſſa, Kiew, Moskau und Kaſan, ſowie für die Flotte und die Koſaken⸗Formationen einberufen wurden. Außerdem wurden in den ge⸗

.

|

nannten Militärbezirken die Pferde und Fahrzeuge ausgehoben. Damit wurden hier die letzten Maß⸗ nahmen der Mobilmachung der aktiven Verbände ge⸗ troffen und die Aufſtellung der Reſerveformationen begonnen. Ein Blick auf die Karte genügt, um die Tragweite dieſes Vorgehens zu erkennen. Die am 29. Juli angeordnete „Teilmobilmachung“ rich- tete ſich keineswegs nur gegen Sſterreich-Ungarn. Sie umfaßte vielmehr zwei Drittel des euro⸗ päiſchen Rußlands, und zwar gerade die Ge⸗ biete, wo die Maſſe der Nationalruſſen anſäſſig waren, ſomit auch die überwiegende Maſſe der Reſerveformationen zur Aufſtellung gelangten. Die völlige Mobiliſierung von zwei Dritteln des euro⸗ päiſchen Rußlands in Verbindung mit der vollen Kriegs⸗ bereitſchaft der ſibiriſchen Truppen ſowie den einer Mobilmachung fait gleichkommenden Maßnahmen in den Nordweſtbezirken war in gleicher Weiſe auch eine ſchwere Bedrohung Deutſchlands.

Dieſe umfaſſenden Kriegs vorbereitungen konnten trotz der Abſperrung der Grenze nicht verborgen bleiben. Sie mußten von deutſcher und öſterreichiſch⸗ungariſcher Seite Gegenmaßregeln hervorrufen. Zunächſt freilich wurde in Deutſchland nur der Beginn einzelner Ar⸗ mierungsarbeiten in den Feſtungen angeordnet, Truppen wurden von den übungsplätzen zurückbefördert und Urlauber zurückberufen.

Rußlands Kriegsvorbereitungen hatten am 30. Juli bereits einen ſolchen Grad erreicht, daß nunmehr ſeine Millionenheere unverzüglich an und über die Grenzen geworfen werden konnten. Schon rollten aus Inner⸗ rußland die mobilen Truppen heran. Jetzt trug die ruſſiſche Regierung keine Bedenken mehr, den Befehl für die allgemeine Mobilmachung zu erlaſſen. Der 31. Juli wurde als erſter Mobilmachungstag beſtimmt.

Eine Kriegserklärung Rußlands unterblieb jedoch noch. Die Gründe ſind in nachſtehendem Dokument enthalten:

„Es iſt unbedingt erforderlich, daß die Anordnung, die Verkündung der Mobilmachung ſei auch die Ver⸗

kündung des Krieges, geändert wird. Eine ſolche An⸗

Anlage 5.

ordnung kann zu ſchweren Mißverſtändniſſen in den

Beziehungen zu denjenigen Mächten führen, mit denen auf Grund dieſer oder jener politiſchen Umſtände Krieg oder die Eröffnung der Feindſeligkeiten wenigſtens nicht gleich von Anfang an beabſichtigt iſt. Andererſeits kann es ſich als vorteilhaft erweiſen, den Aufmarſch zu vollziehen, ohne die Feindſeligkeiten zu beginnen, damit dem Gegner nicht unwiederbringlich die Hoffnung genommen wird, der Krieg könne noch vermieden werden. Unſere Maßnahmen müſſen hierbei durch diplomatiſche Scheinverhandlungen*) mas⸗ kiert werden, um die Befürchtung des Gegners möglichſt einzuſchläfern.

Wenn ſolche Maßnahmen die Möglichkeit geben, einige Tage zu gewinnen, ſo müſſen ſie unbedingt er⸗ griffen werden.

In Anbetracht dieſer Ausführungen erſcheint es nützlich:

1. die Anordnung, daß die Verkündung der Mobil⸗ machung gleich bedeutend mit der Eröffnung des Krieges iſt, aufzuheben,

2. noch vor der Verkündung der Mobilmachung kurz vor dieſem Akt entſprechende Anweiſungen hin⸗ ſichtlich der Eröffnung der Feindſeligkeiten gegen die eine oder andere der Großmächte zu geben,

3. die Eröffnung der Feindſeligkeiten ſelbſt in Ein⸗ klang mit unſerer Bereitſchaft hierzu zu bringen.

) Wörtlich: iskusnymi diplomatischeskimi peregoworami.

Be

Dabei iſt anzuſtreben, möglichſt viel Zeit zu gewinnen, weshalb ohne Grund die Feindſelig⸗ keiten nicht zu eröffnen ſind. Ein Abweichen von dieſer Richtlinie darf nur im Falle offen⸗ kundiger aggreſſiver ein des Feindes ſtattfinden.“

Das Streben, Deutſchland von Gegenmaßnahmen abzuhalten, tritt klar hervor. In der Tat ließ ſich nichts Günſtigeres für die Entente und nichts Unheil⸗ volleres für Deutſchland denken, als eine Hinaus⸗ zögerung des Kriegsbeginns bis zum vollendeten Auf⸗ marſch der ruſſiſchen Heere an der deutſchen Oſtgrenze. Ausſichten auf Sieg beſtanden für Deutſchland in einem Kriege gegen Rußland ſowie Frankreich und England, deren Teilnahme in einem Kriege zwiſchen Deutſchland und Rußland ſicher war, dann nicht mehr. Trotzdem zögerte Deutſchland noch mit der Mobilmachung, als die ruſſiſche Mobilmachung bekannt wurde.

Lediglich der Zuſtand der drohenden Kriegsgefahr wurde am 31. Juli, 1 Uhr nachmittags, angeordnet. In dem Beſtreben, den Frieden zu erhalten, ging Se. Majeſtät der Deutſche Kaiſer bis zur äußerſten Grenze der Sicherheit des Reiches und ließ Rußland noch eine Friſt, um ſeine militäriſchen Maßnahmen einzuſtellen. Erſt als dieſe Friſt verſtrichen war, ohne daß eine Antwort auf die deutſche Anfrage eingegangen war, und als ſchon ruſſiſche Patrouillen und Flugzeuge die Grenzen überſchritten hatten, befahl Se. Majeſtät der Kaiſer und König am 1. Auguſt, 5 Uhr nachmittags, die Mobilmachung des geſamten deutſchen Heeres und der Nalſer bien Marine.

Anlage 1. Nur für den Dienſtgebrauch.

Prikas | an die Truppen des ſelbſtändigen Korps der Grenzwache. Nr. 54.

Petersburg, den 18. April 1. Mai 1913. Zur Beachtung. f (2. Abteilung.) Anliegend überſende ich einen Auszug aus der am 17. Februar / 2. März Allerhöchſt beſtätigten Vorſchrift über die „Kriegsvorbereitungsperiode“ zur Nachachtung und zur Aufnahme in den Entwurf der Mobilmachungsvorſchrift für das Korps von 1911. gez.: Der Kommandeur des Korps General der Infanterie Pychatſchow.

Geheim.

Beilage V

(zum Entwurf der Mobilmachungsvorſchrift für die Truppen des ſelbſtändigen Korps der Grenzwache von 1911).

Auszug

aus der am 17. Februar / 2. März 1915 Allerhöchit beſtätigten vorſchrift über die „Uriegsvorbereitungsperiode“.

Allgemeines.

1. „Kriegsvorbereitungsperiode“ nennt man die der Er— öffnung der Feindſeligkeiten vorausgehende Periode diplomatiſcher Verwicklungen, in deren Verlauf alle Behörden die notwendigen Maßregeln treffen müſſen für Vorbereitung und Sicherſtellung des Erfolges bei Rußlands Mobilmachung. | 4

der Mobilmachung des Heeres, der Flotte und der Feſtungen, ſowie für den Aufmarſch der Armee an der bedrohten Grenze.

Der Anfang der „Kriegsvorbereitungsperiode“ wird, abhängig von dem Gange der diplomatiſchen Verhand— lungen, durch Allerhöchſt zu beſtätigenden Erlaß des Miniſterrats beſtimmt.

Die Maßnahmen, die für den in Ziffer 1 genannten Zweck in der Kriegsvorbereitungsperiode durchzuführen ſind, zerfallen in zwei Kategorien.

Zur erſten Kategorie gehören die Maßnahmen, deren Durchführung auf Rechnung der gewöhnlichen Voranſchläge der betreffenden Behörden vorzunehmen iſt (Überſicht Nr. 1).

Zur zweiten Kategorie gehören diejenigen Maß⸗ nahmen, die auf Rechnung von außerordentliche Krediten durchgeführt werden ſollen. Ferner von den eventuell auf Rechnung der gewöhnlichen Voran— ſchläge durchzuführenden Maßnahmen diejenigen, deren Durchführung in der erſten Kategorie aus irgendeinem Grunde nicht erwünſcht erſcheint (Übers ſicht Nr. 2).

Nachdem der Erlaß des Miniſterrats über „das In— krafttreten der Kriegsvorbereitungsperiode“ Allerhöchſt beſtätigt worden iſt, werden die in der Überſicht Nr. 1 aufgeführten Maßnahmen der Zivilbehörden von dei oberſten Chefs dieſer Behörden nach den Angaben des Kriegs- und Marineminiſters zur Durchführung gebracht. Letzteren wird ſowohl die allgemeine Leitung der genannten Maßnahmen übertragen, wie auch die Beſtimmung darüber, ob, je nach dem wahrſcheinlichen Gegner und dem zu erwartenden Kriegsſchauplatz, dieſe Maßnahmen im ganzen Reichsgebiet oder nur in einem beſtimmten Teil desſelben durchgeführt werden ſollen und in welcher Art dies zu geſchehen hat.

Das Inkrafttreten der Maßnahmen der zweiten Kategorie (Überſicht Nr. 2) wird, je nach dem Gange der diplomatiſchen Verhandlungen, vom Miniſterrat. beſtimmt unter Angabe der Gebiete des Reiches, in denen die betreffenden Maßnahmen durchgeführt werden müſſen.

—1

14.

Vom Miniſterrat wird ferner die Frage entſchieden, ob außer den in den Überfichten vorgeſehenen Maß⸗ nahmen noch irgendwelche anderen in der Kriegs⸗ vorbereitungsperiode durchzuführen ſind und ob einige Maßnahmen der zweiten Kategorie, die in der Über—

ſicht 2 vermerkt ſind, unterbleiben können.

Alle Anordnungen über Maßnahmen, die in der Vor— bereitungsperiode durchzuführen ſind, werden durch Chiffretelegramme mit der Unterſchrift des betreffenden oberſten Chefs der Behörde übermittelt.

Überſicht Nr. 1 der Maßnahmen der erſten Kategorie, die in der Kriegsvorbereitungsperiode beim ſelbſtändigen Korps der Grenzwache durchzuführen ſind.

Die Poſten werden für die Mobilmachung vorbereitet, d. h. ſie werden feldmäßig ausgerüſtet, verbleiben aber auf ihren Plätzen und ſetzen die Grenzbe— wachung fort.

Beſtände, die zurückgeführt oder die an Ort und Stelle unbrauchbar gemacht werden ſollen, ſind für dieſe Zwecke vorzubereiten.

Die Fahrzeuge der Flottille der Korps laufen auf

Anforderung der Marinebehörde die beſtimmten Häfen an, um für die Kriegszeit komplettiert und ausgerüſtet zu werden.

. Kommandierte und Beurlaubte kehren zu ihren Trup⸗

penteilen zurück.

. Die Entlaſſung von Offizieren, Beamten und Mann—

ſchaften zur Reſerve wird eingeſtellt.

Die Liſten der Mannſchaften, die eine beſondere

Mobilmachungsbeſtimmung erhalten, werden geprüft.

Überſicht Nr. 2 der Maßnahmen die in der Kriegsvorbereitungs— periode beim ſelbſtändigen Korps der Grenzwache durchzuführen ſind.

Pferde (Kamele) für die Bagagen, die Nichtſtreit⸗ baren und die Burſchen, ſowie pie Offizierspackpferde werden angekauft. |

45

15.

16.

175

18. 19.

23. 24.

Die Bagagen werden aufgeſtellt. Fehlende Fahr- zeuge und Geſchirre werden angekauft. Die Bagagen werden beladen und rücken zu den Sammelpunkten der Abſchnitte oder Sotnien ab. ö Die Familien der Offiziere, Unteroffiziere und Be- amten erhalten das Recht, auf Staatskoſten in das Innere des Reiches abzureiſen nach denſelben Grund— faden wie ſie für den Mobilmachungsfall aufgeſtellt in

Unabhängig davon liegt es den Truppenteilen des Korps ob, in der Kriegsvorbereitungsperiode folgende Maßnahmen zu treffen.

Gemäß Überſicht Nr. 1.

Alle Anordnungen, die ſich auf Mobilmachung, Auf- marſch, ſowie Sicherſtellung alles Notwendigen im Aufmarſchgebiet beziehen, ſind zu prüfen und zu ergänzen. Die Bagagen ſind herauszuziehen und zu beſichtigen. Offiziere und Unteroffiziere find wiederholt über Or⸗ ganiſation und Taktik der Armee des entſprechenden ausländiſchen Staates zu unterweiſen. Gleichzeitig hat eine Belehrung über die Uniformen des Gegners und das für die erſten Kriegshandlungen in Frage kommende Gelände ſtattzufinden (nach Karten und Beſchreibungen). Die Ausgabe der Kriegskarten an die Truppen iſt vorzubereiten.

Es ſind Maßnahmen zur ſchärfſten eee des

Grenzſtreifens zu ergreifen.

Wenn die Beſtände der Mannſchafts⸗ und Pferde⸗

verpflegung für die erſten Tage der Mobilmachung und für die Verladung auf die Bagagen, wo eine

ſolche vorgeſehen iſt, nicht in genügender Menge vor- handen ſind, ſo iſt ſofort für die Bereitſtellung der

erforderlichen Menge dieſer Beſtände Sorge zu tragen. Die Pferde ſind umzubeſchlagen.

Es iſt für die Ergänzung der Vorräte auf den Fahr⸗ zeugen der Flottille des en. Sorge zu tragen.

1 Hr

1 —1

28.

29.

30.

3

Gemäß Überſicht Nr. 2.

Aus den Sanitätsanſtalten des Korps werden alle Kranken, die eine längere Behandlung gebrauchen,

in weiter von der Grenze entfernte Sanitätsanſtalten des Korps (oder der Militärbehörde) überführt.

In die Zahl der Pferde, die nach Ziffer 14 für die

Nichtſtreitbaren anzukaufen ſind, ſind auch Pferde für die Waffenmeiſter der berittenen Sotnien und Kom— mandos einzurechnen.

Außerdem iſt im Auge zu behalten, daß in der Kriegsvorbereitungsperiode auf Anordnung anderer Behörden folgende Maßnahmen getroffen werden:

Gemäß Überfiht Nr. 1.

. Den Truppenteilen der Armee und Flotte wird das

Recht verliehen, im Bedarfsfalle zu benutzen a) die öffentlichen und privaten Fernſprechleitungen, b) mit Einverſtändnis der Hauptverwaltung des Poſt— und Telegraphenweſens die ſtaatlichen Telegraphen- leitungen für den Fernſprechbetrieb. Die Chefs der Kreis-, Gouvernements- und Gen— darmerieverwaltungen, die Chefs der Bahn- und Polizeiverwaltungen, ſowie die Kreis- und Bezirks⸗ chefs haben die Pflicht, unter Beobachtung der Grund— ſätze für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Reiche Perſonen, die der Spionage verdächtig ſind, feſtzunehmen und davon ihrer vorgeſetzten Be— hörde und den Stäben der Militärbezirke Meldung zu machen. Mit Genehmigung der letzteren können ſie beim Miniſter des Innern die Ausweiſung der genannten Perſonen aus den ihnen unterſtellten Ge— bieten beantragen. Auf Anweiſung des Kriegsminiſteriums wird die Verſorgung der Kaſſen des Finanzminiſteriums im Grenzgebiet mit den Mobilmachungsfonds und mit den Summen, die in Bargeld zur Auszahlung von Einlagen beſtimmt ſind, durchgeführt. Maßnahmen zur Einſchränkung der Ausfuhr von Pferden, Vieh, Getreide und anderen Vorräten, die

31.

32.

33.

34. 35.

zu einer erfolgreichen Kriegführung notwendig ſind, werden ausgearbeitet.

Gemäß Überſicht Nr. 2.

In den Kriegshäfen werden die Minenſperren nach dem für die Verteidigung der Reeden vorgeſehenen Plan eingerichtet.

Es wird eine Beobachtung der die Grenze über— ſchreitenden Perſonen durch Gendarmeriebeamte an denjenigen Punkten eingerichtet, wo in Friedenszeit eine ſolche nicht beſteht.

Frachten und Waggons ausländiſcher Spurweite und ſolche, die zum Verkehr auf ausländiſchen Bahnen eingerichtet ſind, werden nicht mehr über die Grenze gelaſſen.

Grenzbahnſtrecken werden von rollendem Material geräumt.

In den ruſſiſchen Häfen werden diejenigen ruſſiſchen

Handelsſchiffe, die für den Kriegsfall für militäriſche oder Marinezwecke beſtimmt ſind, zurückgehalten. Mitteilung hierüber erfolgt von den betreffenden Be— hörden direkt.

gez.: Der Chef des Stabes Generalleutnant Kononow.

beſt.: Der älteſte Adjutant Oberſt Loſſew.

Anlage 2. Geheim.

Auszug

aus der am 17. Februar / 2. März 1915 allerhöchſt beſtätigten

ID

vorſchrift über die „Ariegsvorbereitungsperiode“.

Allgemeines.

„Kriegsvorbereitungsperiode“ nennt man die der Er— öffnung der Feindſeligkeiten vorausgehende Periode diplomatiſcher Verwicklungen, in deren Verlauf alle Behörden die notwendigen Maßregeln treffen müſſen

für Vorbereitung und Sicherſtellung des Erfolges bei

der Mobilmachung des Heeres, der Flotte und der Feſtungen, ſowie für den Aufmarſch der Armee an der bedrohten Grenze.

Der Beginn der „Kriegsvorbereitungsperiode“ wird abhängig von dem Gange der diplomatiſchen Ver— handlung durch Allerhöchſt zu beſtätigenden Erlaß des Miniſterrats beſtimmt.

Die Maßnahmen, die für den in Ziffer 1 genannten Zweck in der Kriegsvorbereitungsperiode durchzuführen ſind, zerfallen in zwei Kategorien.

Zur erſten Kategorie gehören die Maßnahmen, deren Durchführung auf Rechnung der gewöhnlichen Voranſchläge der betreffenden Behörden vorzunehmen iſt (Überſicht Nr. 1).

Zur zweiten Kategorie gehören diejenigen Maß— nahmen, die auf Rechnung von außerordentlichen Krediten durchgeführt werden. Ferner von den eventuell auf Rechnung der gewöhnlichen Voranſchläge

durchzuführenden Maßnahmen diejenigen, deren Durch—

führung in der erſten Kategorie aus irgendeinem

Grunde nicht erwünſcht erſcheint (Überſicht Nr. 2).

N

4. Alle Anordnungen über Maßnahmen, die in der

Kriegsvorbereitungsperiode durchzuführen ſind, werden durch Chiffretelegramme mit der Unterſchrift des be— treffenden oberſten Chefs der Behörde übermittelt. Für die Richtigkeit: Der General⸗

quartiermeiſter des Stabes des Militärbezirks Warſchau

Generalmajor Leontjew.

Der Stellvertreter des 1. Adjutanten Hauptmann Sliſhikow.

Auszug

aus „Überſicht Nr. 1 der Maßnahmen eriter Ordnung, die in der Kriegsvorbereitungsperiode durchgeführt werden“.

A. Maßnahmen, die in allen Militärbezirken, in denen der Zuſtand der Kriegsvorbereitungsperiode e

ID

iſt, zu treffen ſind. Auf Befehl des Sriegnmeniſte rt

Die techniſchen Anſtalten der Militärbehörden werden

auf volle Leiſtungsfähigkeit gebracht. Die Arbeiter werden durch Anwerbung aufgefüllt.

In allen Staatsfabriken und Magazinen werden außerordentliche Sicherungsmaßnahmen eingeführt. Nach Einverſtändnis mit dem Miniſterium des Innern und der Marine wird die Kriegszenſur eingerichtet, die ihre Tätigkeit beginnt.

Auf Befehl der Stäbe der Militärbezirke.

Die Transportpläne für den Aufmarſch werden an

die Truppenteile, Stäbe, Verwaltungen und Anſtalten verſandt (in verſiegelten geheimen Paketen, die erſt bei Ausſpruch der Mobilmachung geöffnet werden dürfen). Auf die wichtigſten Bahnknotenpunkte werden die⸗

jenigen Offiziere kommandiert, die als Bahnhofs⸗ kommandanten für die Zeit des Krieges vorher be⸗

ſtimmt ſind. Sie En e und Tagegelder. a |

-]

1

Auf die Eiſenbahnverpflegungsſtationen werden die— jenigen Offiziere kommandiert, die als Leiter dieſer Stationen vorher beſtimmt waren. Sie haben die Eröffnung der Station vorzubereiten und erhalten ebenfalls Militärfahrſcheine und Tagegelder.

Auf Befehl der Haupt- und Militärbezirks—

Verpflegungsverwaltungen.

Aus den vorhandenen allgemeinen Reſerven werden ſo ſchnell als möglich die Verpflegungsbeſtände bei den Truppen, Verwaltungen, Anſtalten und Fabriken aufgefüllt, ferner diejenigen Verpflegungsbeſtände, die ſchon in Friedenszeiten vorhanden ſein müſſen, aber aus irgendeinem Grunde nicht vorhanden ſind.

Auf Befehl der Artillerie-Verwaltungen der Militär⸗ bezirke wird ſofort auf Anforderung der Truppenteile die zuſtändige Infanterie- und Artilleriemunition aus⸗ gegeben, die zeitweilig außerhalb der Beſtimmungs⸗ orte lagert.

Auf Befehl der Haupt⸗Artillerieverwaltung beginnt nach näherer Anordnung der Artilleriekommandeure das Laden der Geſchoſſe in den Artillerieparks. Die dazu erforderliche Zahl von Arbeitern wird nach Ein— verſtändnis des Stabes des Militärbezirks von den Truppenteilen geſtellt.

Alle Anordnungen, die ſich auf Mobilmachung, Auf-

marſch und Verſorgung des Aufmarſchgebietes beziehen, werden überprüft und ergänzt.

. Die für die Mobilmachungszeit vorgeſehenen Unter-

künfte und Backöfen werden nachgeſehen. Die Unter⸗ ſuchung erfolgt durch Kommiſſionen gemäß § 49 der Mobilmachungsvorſchrift von 1911. Alle Unregel⸗ mäßigkeiten find nach näherer Anordnung der Stadt- und Landbehörden in Ordnung zu bringen.

Die Trains werden herausgefahren und nachgeſehen. Die Kammerbeſtände werden nach Kategorien ſortiert. Die Rekruten werden beſchleunigt ausgebildet. Wiederholt haben Schießübungen und Unterweiſungen der . Manns chaften über die Kriegsvorbereitungen zu erfolgen. 8

Offiziere und Unteroffiziere ſind wiederholt über Or—

19.

ganiſation und Taktik der Armee des entſprechenden ausländiſchen Staates zu unterweiſen. Gleichzeitig hat eine Belehrung über die Uniformen des Gegners und das für die erſten Kriegshandlungen in Frage kommende Gelände ſtattzufinden. Die Ausgabe der Kriegskarten an die Truppen iſt

vorzubereiten. |

B. Maßnahmen, die nur in den Grenzbezirken der be⸗

drohten Front durchgeführt werden.

Auf Befehl des Kriegsminiſteriums. Die Mannſchaften der Reſerve und der Reichswehr werden zu Reſerveübungen einberufen, wobei die Mannſchaften der Reſerve unter möglichſter Anlehnung an die in Kraft befindliche Mobilmachungsüberſicht auf die Truppenteile des Grenzkorps verteilt werden. Aus den Reichswehrleuten werden Kommandos zur

Sicherung der Grenze, der Verkehrswege, Telegraphen—

linien und Anlagen von militäriſcher Bedeutung gebildet. Die Einberufung erfolgt auf Allerhöchſte Entſchließung durch Befehl des Kriegsminiſters. Die entſtehenden Koſten werden auf Rechnung der für Reſerviſten— übungen und Probemobilmachungen genehmigten Mittel überſchrieben. Zur möglichſt raſchen Erledigung derjenigen wirt— ſchaftlichen Fragen, die mit der Durchführung der Maßnahmen der vorliegenden Verordnung zuſammen⸗

hängen, werden den Truppenbefehlshabern die Rechte

des Militärbezirksrats verliehen.

Die Entlaſſung von Mannſchaften, die ihre aktive Dienſtzeit beendet haben, zur Reſerve wird eingeſtellt.

Auf Befehl des Militärbezirks.

Es werden Maßnahmen zur Sicherung des Grenze gebiets getroffen. | Die Maßnahmen des Nachrichtendienſtes und der Spionagegefahr werden in verſtärktem Maße auf⸗

genommen. Der Nachrichtendienſt wird den Bes dingungen der Kriegszeit angepaßt. |

Nach Möglichkeit kehren alle abkommandierten W i

teile in ihre Garniſon zurück.“

| *

8.

10;

13.

14.

16. 17.

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Die Kavallerie und die im Grenzgebiet verteilten In— fanterietruppenteile nehmen unter dem Deckmantel; von Manövern die zum Schutz der Mobilmachung und des Aufmarſches vorgeſehene Aufſtellung ein.

Auf Befehl der Kommandierenden Generale.

Mit den Mitteln der Truppe werden diejenigen Trup— penteile, Verwaltungen und Anſtalten an das Fern— ſprechnetz angeſchloſſen, in deren Unterkunftsort es keine Fernſprechſtationen gibt.

Auf Befehl der Truppenkommandeure, Verwaltungen und Anſtalten. Die Entlaſſung von Offizieren und Beamten wird eingeſtellt. Alle Offiziere, Beamte und Mannſchaften, die ſich auf Urlaub befinden, werden telegraphiſch zurückberufen.

. Die auf Kommando befindlichen Offiziere und Unter-

offiziere, deren Anweſenheit bei Beginn der Mobil— machung unbedingt notwendig erſcheint, und deren Kommandierung ohne Nachteil für den auszuführenden Auftrag unterbrochen werden kann, ſind zurückzuberufen.

Alle Befehle, die ſich auf Zurückführung wertvoller

oder überflüſſiger Gegenſtände aus dem Grenzgebiet beziehen, ſind zu überprüfen.

Die am Friedensetat fehlenden Bagagepferde werden aufgekauft. Gleichzeitig werden diejenigen Gegenſtände

beſchafft, die bei der Mobilmachung angeſchafft werden

müſſen, deren Beſchaffung aber an Ort und Stelle nicht möglich iſt.

Aus den laufenden Kantinenmitteln werden diejenigen Mengen „Zukoſt“ gekauft, die für die Zeit der Mobil⸗ machung und zur vorſchriftsmäßigen Beladung der Bagagen erforderlich ſind.

Aus den Verpflegungsmagazinen werden die für die

Mobilmachungszeit und die vorſchriftsmäßige Beladung der Fahrzeuge erforderlichen Mengen von Mehl, Graupen und Futter empfangen.

Sämtliche Pferde werden neu beſchlagen. Sämtliche Mannſchaften werden eingekleidet und be⸗ waffnet, den Pferden die Geſchirre verpaßt.

56

Im Miniſterium des Innern.

Auf Befehl der Hauptverwaltung des Poſt- und

3.

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10.

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14.

| Telegraphenweſens. Tag⸗ und Nachtbetrieb auf den Telegraphenftationen wird nach Einverſtändnis mit dem Kriegs- und Marine⸗ miniſterium, da, wo es für das Gelingen der Mobil- machung für notwendig gehalten wird, eingeführt. Den Truppenteilen der Armee und Flotte wird das Recht verliehen, im Bedarfsfalle zu benutzen a) die ſtädtiſchen, ländlichen und privaten Fernſprech⸗ leitungen, b) mit Einverſtändnis der Hauptverwaltung des Poſt⸗ und Telegraphenweſens die ſtaatlichen Tele- graphenleitungen für den Fernſprechbetrieb.

Auf Befehl des Polizeidepartements.

Es werden keine Päſſe für Grenzüberſchreitung an

Militärpflichtige mehr ausgegeben.

Auf Befehl des Verkehrsminiſteriums.“ Wo erforderlich, werden außerordentliche Sicherungs— maßnahmen an den Eiſenbahnſtrecken getroffen. Durch Beſichtigung der Strecken wird deren Leiſtungs⸗ fähigkeit für Zwecke der Mobilmachung geprüft und für die Militärtransporte noch notwendige Inſtand— ſetzungsmaßnahmen an den Eiſenbahnſtrecken getroffen.

. Die für die kriegsmäßige Ausſtattung der Bahnhöfe

und Strecken erforderlichen Vorrichtungen werden verteilt. Die Sicherung der Kunſtbauten wird verſtärkt.

Auf Befehl des Finanzminiſteriums. Es werden Vorkehrungen getroffen, daß diejenigen Truppenteile, über die ein Übereinkommen zwiſchen Kriegs⸗ und Finanzminiſterium getroffen iſt, gleich⸗ zeitig mit dem Mobilmachungsbefehl die in dem Mobil⸗

machungsplan vorgeſehenen Geldſummen empfangen

können.

Das Gold und die Wertpapiere werden aus den Banken, Kaſſen und Zollſtationen des Grenzgebiets in das Innere zurückgeführt. Es bleiben nur die

E

83

für den nächſten Bedarf notwendigen Summen an Ort und Stelle. | |

14. Die Beſtimmungen über Einſchränkung der Ausfuhr von Pferden, Vieh, Brot und ſonſtigen für die Krieg⸗ führung notwendigen Vorräten werden feſtgeſetzt.

Für die Richtigkeit: Der Generalquartiermeiſter des Stabes des Millitär⸗ bezirks Warſchau Generalmajor Leontjew. Der Vertreter des 1. Adjutanten Kapitän Sliſhikow.

Auszug

aus Überfiht Nr. 2 der Maßnahmen, die in der Kriegs: vorbereitungsperiode durchgeführt werden.

A. Maßnahmen, die in allen Militärbezirken durch⸗ zuführen ſind, in denen die Kriegsvorbereitungsperiode angeordnet wurde.

Auf Befehl der Stäbe der Militärbezirke.

1. Der militäriſche Bahnſchutz wird aufgeſtellt.

2. Die Kriegsverpflegungsbeſtände werden an ihren Be— ſtimmungsort überführt, ſoweit die Oberbefehlshaber der Militärbezirke die Verfügung darüber haben.

B. Maßnahmen, die nur im Grenzgebiet an der be⸗

drohten Front zu treffen ſind. |

| Auf Befehl des Kriegsminiſteriums.

1. Die Einberufung der Reſerve- und Reichswehrmann— ſchaften zu Übungen erfolgt in einem Umfange, der die für derartige Übungen angeſetzten Kredite des laufenden Jahres überſteigt.

2. Die Verpflegung und ſonſtigen Reſerven werden im Aufmarſchgebiet und in den Feſtungen angeſammelt.

Auf Befehl der Truppenkommandeure.

3. Die durch den Mobilmachungsplan vorgeſehenen tech- niſchen Arbeiten werden ausgeführt. Gebäude werden.

1

dabei nicht abgetragen, Wälder und Gärten nicht niedergelegt. Die Höhe der Entſchädigung für Ver— luſte wird gemäß Artikel 670 und 671 der Geſetzes⸗ ſammlung, Band IV, beſtimmt.

4. Die zur Zerſtörung von Bahnſtrecken beſtimmten Kom⸗ mandos werden an die betreffenden Stellen entjandt.

Auf Befehl der Militärbezirke.

5. Alle Kranken, die eine längere Behandlung brauchen, werden aus den Sanitätsanſtalten des Grenzgebietes in weiter rückwärts gelegene abbefördert.

6. Den Familien der im Grenzgebiet befindlichen Militär— perſonen wird anheimgeſtellt, auf Staatskoſten in das Innere des Reiches abzureiſen.

7. Auf Befehl des Bezirksintendanten werden zwiſchen dem 1./14. September und 1./14. Februar an die Truppenteile warme Sachen oder Geld zu ihrer Beſchaffung ausgegeben.

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Auf Befehl der Truppenkommandeure.

14. Diejenigen Truppenteile, deren Kriegskarten bei den Stäben der höheren Truppeneinheiten aufbewahrt ſind, kommandieren Mannſchaften zu deren Empfang.

Anmerkung: Die empfangenen Karten werden bei den Truppenteilen aufbewahrt und bei Eingang des Mobilmachungsbefehls ausgegeben. Ergeht ein ſolcher Befehl nicht, ſo werden die Karten wieder abgegeben.

| Für die Richtigkeit: Der Generalquartiermeiſter des Stabes des Militär⸗ bezirks Warſchau

Generalmajor Leontjew. Der Vertreter des 1. Adjutanten Kapitän Sliſhikow.

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Anlage 3._ Eilt. Geheim. Kommandierender General des XV. Armeekorps. 13. (26.) Juli 1914. Nr. 614, Warſchau. Dem Kommandeur der 8. Inf. Div. Stempel Es iſt Allerhöchſt befohlen worden, Mobil.⸗Abt. des den 13.26. Juli als Beginn der eee Inf. Kriegsvorbereitungsperiode im ganzen Div. 13. Juli 1914 Gebiet des europäiſchen Rußlands an⸗ Nr. 487 zuſetzen. Sie haben alle Maßnahmen * f nach der erſten und zweiten Überſicht der Beſtimmungen über dieſe Periode zu treffen, die auf Verfügung der Truppenkommandos und der Ver— waltungsſtellen auszuführen ſind. Dieſe Beſtimmungen ſind vom Stab des Be— zirks im Juli 1913 unter Nr. 2343/1035 übermittelt worden.

General der Infanterie, gez. Martos. Für den Chef des Stabes, der Oberſt im Generalſtab gez. (Unterſchrift).

Zu Anlage 3. Geheim. Auszug eheim aus der Überſicht 1 der Maßnahmen erſter Ordnung, die in der Kriegsvorbereitungsperiode zu treffen find. A. Maßnahmen, die in allen Militärbezirken zu treffen ſind, in denen der Zuſtand der Kriegsvorbereitungs⸗ periode befohlen iſt.

Auf Anordnung der Kommandierenden Generale. 1. Mit den Mitteln der Truppe werden diejenigen Truppenteile, Verwaltungen und Anſtalten an das Fernſprechnetz angeſchloſſen, in deren Unterkunftsort

es keine Fernſprechleitungen gibt.

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Bei den Truppenteilen, Stäben, Verwaltungen

und ſonſtigen Einrichtungen:

Die Entlaſſung von Offizieren und Mannſchaften zur 5 |

Reſerve wird eingeſtellt.

Alle Offiziere, Beamte und Mannſchaften, die ſich auf i

Urlaub befinden, werden telegraphiſch zurückgerufen.

Die auf Kommando befindlichen Offiziere und Unter⸗

offiziere, deren Anweſenheit beim Beginn der Mobil⸗

machung unbedingt notwendig erſcheint und deren Kommandierung ohne Nachteil für den auszufüh⸗ renden Auftrag unterbrochen werden kann, ſind zurück

zurufen.

Alle Befehle, die ſich auf Zurückführung wertvoller | oder überflüſſiger Gegenſtände aus dem Grenzgebiet

beziehen, ſind zu überprüfen.

Die am Friedensetat fehlenden Fahrzeuge und Bagage⸗ pferde ſind anzukaufen. Gleichzeitig werden diejenigen Gegenſtände beſchafft, die bei der Mobilmachung aus Wirtſchaftsmitteln angeſchafft werden müſſen, deren Beſchaffung aber an Ort und Stelle nicht möglich iſt. Aus den laufenden Kantinenmitteln werden diejenigen

Mengen „Zukoſt“ gekauft, die für die Zeit der Mobil-

machung und zur vorſchriftsmäßigen Beladung der

Bagagen erforderlich ſind.

Aus den Verpflegungsmagazinen werden die für die

Mobilmachungszeit und die vorſchriftsmäßige Beladung

der Fahrzeuge erforderlichen Mengen von Mehl, Graupen und Futter empfangen.

Sämtliche Pferde werden neu ra?

Sämtliche Mannſchaften werden eingekleidet und be— ö waffnet, den Pferden die Geſchirre verpaßt.

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Auszug

aus der Überſicht 2 der Maßnahmen, die in der Uriegs⸗ vorbereitungsperiode zu treffen ſind.

A. Maßnahmen, die in allen Militärbezirken zu treffen ſind, in denen der Zuſtand der Kriegsvorbereitungs⸗ periode befohlen iſt.

Auf Anordnung der Truppenkommandeure.

Diejenigen Truppenteile, deren Kriegskarten bei den Stäben der höheren Truppeneinheiten aufbewahrt ſind, kommandieren Mannſchaften zu deren Empfang.

Anmerkung: Die empfangenen Karten werden bei den Truppenteilen aufbewahrt und bei Eingang des Mobil— machungsbefehls ausgegeben. Ergeht ein ſolcher Befehl nicht, ſo werden die Karten wieder abgegeben.

Für die Richtigkeit: 1. Adjutant des Stabes des XV. Armeekorps, Hauptmann im Generalſtab. gez. (Unterſchrift). Zu Anlage 3. Fernſpruch Nr. 2814. Vom Stab des XV. Armeekorps an den Kommandanten der 8. Infanterie-Diviſion. Zu Nr. 614. Alle Maßnahmen ſind in geziemender Ruhe, ohne Aufregung und ohne überflüſſige Verlaut— barungen zur Ausführung zu bringen. Unterſchrieben: Für den Chef des Stabes, | Oberſt im Generalſtab

Sheltyſcheff. Mobil. Abt. des Stabes der 8. Inf. Div. 13. Juli 1914, Nr. 479.

Rußlands Mobilmachung.

Anlage 4.

Mobilmachung.

flllerhöchſter Befehl an den regierenden Senat.

Da Wir es für notwendig halten, einen Teil der Armee und Flotte auf Kriegsfuß zu ſetzen, ordnen Wir in Ausführung deſſen gemäß dem von Uns am heutigen Tage dem Kriegs- und Marineminiſter gegebenen Befehl folgendes an: | R 1. Die Mannſchaften der Reſerve werden zum aktiven Dienſt einberufen, und Pferde, Wagen und Ge- ſchirre der Bevölkerung in das Heer eingeſtellt, ent- ſprechend der beſtehenden Mobilmachungsüberſicht vom Jahre 1910: 1

In allen Kreiſen der Gouvernements Koſtroma, Moskau, Wladimir, Niſhni Nowgorod, Kaſan, Kaluga, Tula, Rjaſan, Orel, Woroneſh, Tambow, Penſa, Simbirsk, Kiew, Kurſk, Poltawa, Podolien, Charkow, Beſſarabien, Cherſon, Jekaterinoslaw, Taurien und Aſtrachan. In den Kreiſen Welſk, Nikolſk, Weliko⸗ Uſtjug, Solwytſchegod, Totem, Uſt-Syſol und Jaren

des Gouvernements Wologda, in den Kreiſen Wjatka, Glaſow, Orlow und Kotelnitſch des Gouvernements Wjatka; in den Kreiſen Perm, Werchoturſk, Jekatrin- burg, Kungurſk, Krasnoufimſk und Ochan des Gou⸗ vernements Perm; in den Kreiſen Slatouſt und Ufa

des Gouvernements Ufa; im Kreiſe Orenburg des Gouvernements Orenburg; in den Kreiſen Samara, Stawropol, Nikolajew und Nowouſen des Gouverne- ments Samara; in den Kreiſen Saratow, Atkar, Balaſchow, Wola, Petrowſk, Kamyſchin, Zarizyn und Chwalynſk des Gouvernements Saratow; in den Kreiſen Jaroslaw, Romanowo-Boriſogljebſk, Rybin, Myſchkin und Uglitſch des Gouvernements Jaroslaw;

in den Kreiſen Twer, Subzow, Rſhow, Kortſchew, Starizf und Nowotorg des Gouvernements Twer;

in den Kreiſen Smolenſk, Krasna, Jelna, Juchnow, Wjasma, Gſhatſk, Rosla des Gouvernements Smo—

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lenſk; in den Kreiſen Tſchernigow, Gorodjany, Borſa, Njeſhin, Oſtry, Koſelets, Sosnik, Konotop, Krolewetz und Gluchow des Gouvernements Tſchernigow; in den eng: Dubno, Luzk, Rosno, Kremenetz, Oſtrog,

Isjaslaw, Nowgorod, Wola, Shitomir, Owrutſch und

e des Gouvernements Wolhynien; in den Kreiſen Taganrog des Gebiets des Donſchen Heeres und im Uralgebiet. In Abänderung der Überſichten der beſtehenden Mobil— machungsvorſchrift des Jahres 1910 wird in den weiter unten genannten Kreiſen nur ein Teil der Mann— ſchaften der Reſerve einberufen, und Pferde, Fahr— zeuge und Geſchirre der Bevölkerung in dem Umfange eingeſtellt, als es zur Ergänzung derjenigen Truppen— teile, die jetzt auf Kriegsfuß geſetzt werden, und zur Sicherſtellung der Heranführung der Pferde nach den Beſtimmungsorten notwendig iſt:

In den Kreiſen Serdob und Kasnez des Gouverne— ments Saratow; in den Kreiſen Bugulma, Bugurus— lam und Buſuluk des Gouvernements Samara; in den Kreiſen Werchne, Ulymſk, Troizk und Orſk des Gouvernements Orenburg und dem Kreiſe Roſtow des Gebiets des Donſchen Heeres.

In gleicher Weiſe werden in den nachfolgenden Kreiſen nur die Mannſchaften 925 Flotte einberufen:

Petersburg, Gdow, Luga, Nowo Ladoga, Peter— hof, Zarſkoſelo, Schlüſſelburg und Jamburg des Gou— vernements Petersburg; in den Kreiſen Niſhegorod, Aeli Bjeloſerſfk, Waldai, Demjanow, Kirillow, Kreſtez, Staroruß, Tichwin, Uſtjug, Tſcherepowez des Gouvernements Nowgorod; in den Kreiſen Pfkow, Welikoluzk, Noworſhow, Opotſchez, Oſtrow, Bolchow, Toropez und Cholm des Gouvernements Pſkow; in den Kreiſen Wylk, Wenden, Wolmar, Bernau, Nolin und Jurjew des Gouvernements Livland; in den Kreiſen Reval, Weſenberg und Hapſal des Gouverne— ments Eſtland; in den Kreiſen Lyzin, Newel und Sebjeg des Gouvernements Witebſk; in den Kreiſen Welſk, Duchotſchin, Porjetſch des Gouvernements Smolenſk; in den Kreiſen Bjeſhez, Weſegon, Wyſchne— wolozk, Kajaſin, Kaſchin, Oſtaſchkow des Gouverne—

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ar ments Twer; in den Streifen Danilow und Poſche— | ſchon des Gouvernements Jaroslaw; in den reifen Archangelſk, Keni, Alexandrowſk, Meſenſk, Tineg, 5 Petſchora und Cholmogora des Gouvernements Ar— 4 changelſfk; in den Kreiſen Petroſawodſk, Kargopol und Lodeinopol des Gouvernements Olonez; in den Kreiſen Wologda, Grjaſowez und Kadnikow des Gou-— vernements Wologda und aus dem Gouvernement Nyland.

4. Die Koſaken des Don-, Kuban-, Terek-, Aſtrachan-, Orenburg- und Ural-Heeres ſind aus dem Beur- laubtenſtande einzuberufen in einem Umfange, der zur Ergänzung derjenigen Koſakentruppen notwendig iſt, die auf Kriegsfuß zu ſetzen ſind. a

Zum aktiven Dienſt werden einberufen: A. Die Reſerveoffiziere und Beamten und in ihrem

Range ſtehenden Dienſtgrade der Armee und Flotte, die Einberufungsbefehle zu denjenigen Truppen teilen, Verwaltungen, Behörden, Anſtalten und Flottenteilen erhalten, die gemäß der allgemeinen Überſicht für die Mobilmachungsvorſchrift vom Jahre 1910 jetzt auf Kriegsfuß geſetzt werden. B. Die Offiziere und Beamten der in Ziffer 4 ge— nannten Koſakenheere, die für die auf Kriegsfuß zu ſetzenden Koſakentruppenteile beſtimmt find.

Arzte, Veterinäre und Apotheker der Reſerve und des erſten Aufgebots der Reichswehr, die ent⸗ ſprechend der allgemeinen Überſicht der Mobil- machungsvorſchrift von 1910 für diejenigen Ver- waltungen, Behörden, Anſtalten und Flotten- teile beſtimmt ſind, die jetzt auf Kriegsfuß geſetzt werden ſollen.

Der regierende Senat hat zur Ausführung dieſes un-

verzüglich die notwendigen Anordnungen zu treffen. 1

Allerhöchſt eigenhändig von Seiner Majeſtät W Kaiſer unterſchrieben |

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Nikolaus. Peterhof, den 16./29. Juli 1914.

Anlage 5.

Geheim. Kopie.

Protokoll

einer beſonderen Beratung über die vorbereitenden Kriegsarbeiten bezüglich Organiſation des rückwärtigen Dienſtes an der Südweſtfront gemäß Plan A.

den 8. November 1912.

Indem ſich die Kommiſſion der Erfüllung des ihr gewordenen Auftrages zuwendet, hat ſie in erſter Linie die Redaktion derjenigen Aufgaben für notwendig gehalten, die der Armee der Südweſtfront obliegen, unter Beachtung der augenblicklichen politiſchen und militäriſchen Lage.

Der Krieg mit Oſterreich-Ungarn kann in der gegen— wärtigen Zeit eintreten als Folge des Beſtrebens dieſer Macht, Serbien der Früchte ſeines ſiegreichen Kampfes mit den Türken zu berauben und ihm den Zugang zu den Ufern des Adriatiſchen Meeres zu verwehren, mit dem Ziel wirtſchaftlicher und politiſcher Unterjochung.

Oſterreich-Ungarn wird daher gezwungen fein, den Krieg gleichzeitig auf zwei Fronten zu führen: im Süden gegen Serbien, im Nordoſten gegen Rußland. Dies muß not— wendigerweiſe eine mehr oder minder bedeutende Ver- ringerung der öſterreichiſchen-ungariſchen Kräfte nach ſich ziehen, die auf Grund der Kriegsgliederung gegen Rußland beſtimmt ſind. 6

Nach den bis jetzt bei der Hauptverwaltung des Generalſtabes vorliegenden Nachrichten ſind von den 13 Armeekorps das III. und VII. vollſtändig zum Kampfe gegen Serbien beſtimmt; möglicherweiſe werden auch vom IV. Korps bedeutende Teile nach der Südweſtfront geſchickt.

Falls die Südfront nicht weitere Verſtärkungen er— fordert, werden folgende Kräfte der öſterreichiſch-ungariſchen Armee gegen Rußland eingejeßt: ............ (es folgt eine genaue Berechnung an Bataillonen, Eskadrons und Batterien).

Trotz der jo nicht zum Vorteil Sſterreich-Ungarns veränderten Wechſelbeziehung der Kräfte iſt kaum anzu—

nehmen, daß unſer Gegner, politiſch und militäriſch er wogen, von Handlungen aggreſſiver Art Abſtand nehmen und ſich zur Verteidigung in ſeinem eigenen Gebiet ent— ſchließen wird. Nur für den Fall, daß Rußland den Zeitpunkt für den gleichzeitigen Kriegsbeginn mit Serbien verſäumen wird, kann Sſterreich-Ungarn erdrückende Kräfte nach Süden werfen, um den Kampf mit den Serben mit ſchnellen und entſcheidenden Schlägen zu beenden. Dann müſſen die an der Nordweſtfront zurückgelaſſenen, ver— hältnismäßig ſchwachen Kräfte zeitweilig zur Verteidigung übergehen bis zum Herüberwerfen von Korps der ſüd— lichen Front, wenn Rußland zu dieſer Zeit in den Kampf eingreift. | | Sobald die Djterreicher die Zahl ihrer Truppen auf der Nordoſtfront verringert haben, muß ihr Ziel mög— lichſt ſchneller Übergang zum Angriff ſein, um die Möglichkeit zu gewinnen, unſere Truppen ge— trennt, vor Beendigung, des Aufmarſches, zu ſchlagen. | Von dieſen Erwägungen ausgehend, hält es die Kommiſſion für erforderlich, die Notwendigkeit beſonders zu unterſtreichen:

1. keine Minute zur Verkündung unſerer Mobil— machung zu verabſäumen, damit wir dieſen Akt mehr oder minder gleichzeitig mit dem Gegner zur Ausführung bringen; ü - den Krieg ſo rechtzeitig zu erklären, daß unſere Operationen zur vollen Entwickelung

gelangen können, zu einer Zeit, zu der Sſterreich den Kampf mit Serbien noch nicht beendet hat.

Bei Erfüllung dieſer Bedingungen können wir auf eine ungehinderte Verſammlung des größten Teils unſerer Kräfte in der beabſichtigten Linie Lublin —Cholm Kowel Dubno—Jampol Proskurow rechnen, welche als Aus—

gangslinie für unſere Operationen angeſehen werden kann. | Gemäß der Allerhöchſt beſtätigten Beſtimmungen iſt die Aufgabe unſerer Armeen, die nach Plan A gegen Oſterreich aufmarſchieren, folgendermaßen feſtgeſetzt: „Die Vernichtung der öſterreich-ungariſchen Armee, wobei im Auge behalten werden muß, daß der Rückzug bedeutender

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*

67 Kräfte des Gegners nach Süden über den Dnyjeſtr und nach Weſten auf Krakau verhindert wird.“

Unter der Berückſichtigung deſſen, daß der Gegner am 15./16. Tage ſeiner Mobilmachung zum Angriff über— gehen kann, können für die Armeen der Südweſtfront folgende Aufgaben für die erſte Periode des Krieges, bis zum 35./37. Tag unſerer Mobilmachung, erwachſen:

„Sicherung des Aufmarſches ihrer Kräfte in der be— abſichtigten Linie. Möglichſte Verzögerung des Vor— marſches der öſterreichiſchen Armeen, denn jeder ge— wonnene Tag verſtärkt unſere Kräfte, vermehrt die Sicher— heit unſerer rückwärtigen Verbindungen. Gründliches Studium der Kräfte der anmarſchierenden öſterreichiſchen Armeen. Beim Überſchreiten beiſpielsweiſe der Linie Lublin —Cholm Kowel —Styr —Ikwa —Proskurow (am 21/23. Tage ihrer Mobilmachung) Auffangen des Vor— rückens durch Offenſive. Iſt der Gegner geſchlagen, Ein— ſetzen einer energiſchen, vielleicht auch nur kurzen Ver— folgung, in dem Maße, als es unſere vorhandenen Trans— portmittel erlauben.“ |

(Im folgenden werden die Aufgaben der einzelnen Armeen bei dieſer Offenſive, ſowie ihre etwaigen Rück— zugsſtraßen und rückwärtigen Verbindungen erörtert.)

Es iſt unbedingt erforderlich, daß die Anordnung, die Verkündung der Mobilmachung jet auch die Ver- kündung des Krieges, geändert wird. Eine ſolche An— ordnung kann zu ſchweren Mißverſtändniſſen in den Be— ziehungen zu denjenigen Mächten führen, mit denen auf Grund dieſer oder jener politiſchen Umſtände Krieg oder die Eröffnung der Feindſeligkeiten wenigſtens nicht gleich von Anfang an beabſichtigt iſt.

Andererſeits kann es ſich als vorteilhaft erweiſen, den Aufmarſch zu vollziehen, ohne die Feindſeligkeiten zu be— ginnen, damit dem Gegner nicht unwiederbringlich die Hoffnung genommen wird, der Krieg könne noch ver— mieden werden. Unſere Maßnahmen müſſen hierbei durch diplomatiſche Scheinverhandlungen maskiert werden, um die Befürchtungen des Gegners möglichſt einzuſchläfern.

Wenn ſolche Maßnahmen die Möglichkeit geben, einige Tage zu gewinnen, ſo müſſen ſie unbedingt er—

griffen werden.

In Anbetracht dieſer Auführgegeß erſcheint e

1

Verpflegungsangelegenheiten.)

die Anordnung, daß die V Verkündung der Mobi

machung gleichbedeutend mit der Verkündung de Krieges iſt, abzuändern; ö noch vor der Verkündung der Mobilmachung, k vor dieſem Akt, entſprechende Anweiſungen hinjichtl 9 der Eröffnung der Feindſeligkeiten gegen die ein 4 oder andere der Großmächte, die möglicherweiſe f Kriege teilnehmen, zu geben. die Eröffnung der Feindſeligkeiten ſelbſt in Einklan. mit unſerer Bereitſchaft zu bringen. Dabei iſt an— zuſtreben, möglichſt viel Zeit zu gewinnen, weshe ohne Grund die Feindſeligkeiten nicht zu eröffne ſind. Ein Abweichen von dieſer Richtlinie darf n im Falle offenkundiger aggreſſiver Handlungen 8 Feindes ſtattfinden.

(Zum Schluß folgen verſchiedene Erörterungen ü

Unterſchrieben iſt das Protokoll von: Generalleutnant Alexejew, Generalleutnant Swjetlow, Generalmajor Dragomirow, und Generalmajor Miller.

Für die Richtigkeit gezeichnet von Oberſt Stotſch 1

Drud von E. S. Mittler & Sohn, Berlin SW 68, Kochſtraße 68 —7l.

DEUTSCH-RUSSISCHES GRENZGEBIET.

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